Die Energieversorgung zwischen Regulierungs- und Gewährleistungsstaat: Die Gasnetzzugangs- und Gasnetzentgeltregulierung durch Bundesnetzagentur und Landesregulierungsbehörden [1 ed.] 9783428544059, 9783428144051

Der EU-Binnenmarkt für Energie entwickelt sich nur zögerlich. Aus Sicht der EU-Kommission ist ein zentraler Grund hierfü

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Die Energieversorgung zwischen Regulierungs- und Gewährleistungsstaat: Die Gasnetzzugangs- und Gasnetzentgeltregulierung durch Bundesnetzagentur und Landesregulierungsbehörden [1 ed.]
 9783428544059, 9783428144051

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Schriftenreihe der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer

Band 225

Die Energieversorgung zwischen Regulierungs- und Gewährleistungsstaat Die Gasnetzzugangs- und Gasnetzentgeltregulierung durch Bundesnetzagentur und Landesregulierungsbehörden

Von

Christian Bauer

Duncker & Humblot · Berlin

CHRISTIAN BAUER

Die Energieversorgung zwischen Regulierungsund Gewährleistungsstaat

Schriftenreihe der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer Band 225

Die Energieversorgung zwischen Regulierungs- und Gewährleistungsstaat Die Gasnetzzugangs- und Gasnetzentgeltregulierung durch Bundesnetzagentur und Landesregulierungsbehörden

Von Christian Bauer

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer hat diese Arbeit im Jahre 2013 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2014 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Meta Systems GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 2197-2842 ISBN 978-3-428-14405-1 (Print) ISBN 978-3-428-54405-9 (E-Book) ISBN 978-3-428-84405-0 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Für meine Eltern und meine Frau

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften im Juli 2013 als Dissertation angenommen. Die Arbeit ist zugleich der Forschungsbericht zum Forschungsprojekt „Untersuchung des Regulierungsverhaltens der Bundesnetzagentur und der Landesregulierungsbehörden bei der Regulierung der Gasnetznutzung“ des Deutschen Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung, das von Mai 2009 bis Mai 2013 vom Verfasser bearbeitet und von Prof. Dr. Eberhard Bohne, M. A., geleitet wurde. Da es sich beim Untersuchungsgegenstand um ein äußerst bewegliches Ziel handelt, konnten Rechtsetzung, Rechtsprechung und Literatur nur bis Mai 2014 berücksichtigt werden. Die kontinuierliche Fortentwicklung des Regulierungsbereichs führt dazu, dass einige Teile der Arbeit nur noch historische Betrachtungen darstellen, während die grundlegend identifizierten Probleme und Defizite sicherlich auch noch die nächsten Jahre überdauern werden. Ich danke herzlich meinen zahlreichen Interviewpartnerinnen und Interviewpartnern, ohne die der erfolgreiche Abschluss des Forschungsprojekts nicht möglich gewesen wäre. Ich danke ebenfalls herzlich den Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus dem BMWi, der BNetzA und Verbänden am Berliner Symposium des Deutschen Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung zum Thema „Vorschläge zur Verbesserung und Vereinfachung der Netzregulierung in der Strom- und Gaswirtschaft“, auf dem im Februar 2014 die Ergebnisse und Reformvorschläge des Projekts angeregt diskutiert wurden. Besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Prof. Dr. Eberhard Bohne, M. A., für die Leitung des Forschungsprojekts und die Betreuung dieser Arbeit. Seine kritischen und wertvollen Anmerkungen haben den Arbeitsprozess begleitet und die Fertigstellung der Arbeit ermöglicht. Unsere zahlreichen Diskussionen haben nicht nur dazu beigetragen, dass die Argumentation der Arbeit geschärft, sondern auch meine rechts-, verwaltungs- und politikwissenschaftliche Bildung kontinuierlich erweitert wurde und wird. Ich danke ebenfalls herzlich Herrn Professor Dr. Dr. h. c. Andreas Knorr für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens und seine ebenfalls konstruktiven und wertvollen Anregungen sowie Herrn Prof. Dr. Jan Ziekow für die Leitung der Prüfungskommission. Eine Doktorarbeit lebt und profitiert von einem anregenden Umfeld. Ich möchte mich deshalb herzlich bei allen Kolleginnen und Kollegen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Deutschen Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung und der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften bedan-

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Vorwort

ken, die mich bei meiner Arbeit begleitet und unterstützt haben. Hierzu gehören u. a. Elke Haase, Uschi Ohliger, Andrea Arendt, Carolin Tegeler, Prof. Dr. Benedikt Speer, Dr. Florian Ammerich, Dr. Matthias Damm, Dr. Margrit Seckelmann und zahlreiche weitere Personen. Zuletzt möchte ich meiner Frau Dr. Katrin Schoppa-Bauer, meinen Eltern, Gabriele und Bernhard Bauer, und meinen Schwiegereltern, Ingrid und Peter Schoppa, für die Unterstützung und Aufmunterung während der Promotion herzlich danken. Last but not least gilt besonderer Dank meiner Frau und meinem Schwiegervater für ihre großartige Hilfe bei der „Entschlumpfung“ des Manuskripts. Speyer, im Juli 2014

Christian Bauer

Inhaltsverzeichnis 1. Teil Problemstellung, Theoretischer Bezugsrahmen und Methoden A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zögerliche Wettbewerbsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Hohe Gaspreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kein Binnenmarkt für Energie und Regulierungsprobleme . . . . . . . . . . . 4. Ausgangshypothese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Liberalisierungsverlauf in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. 1998–2004: Verhandelter Netzzugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Seit 2005: Regulierter Netzzugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einführung der Anreizregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Untersuchungsprogramm und Untersuchungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Theoretischer Bezugsrahmen für die Analyse des Regulierungshandelns, Variablenkomplexe und Bewertungsmaßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundkonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Theoretischer Bezugsrahmen für die empirische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . 1. Akteurzentrierter Institutionalismus als Grundgerüst . . . . . . . . . . . . . . . . a) Akteure, Akteurskonstellation und Interaktionsformen . . . . . . . . . . . . b) Institutioneller Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Grundgerüst für die empirische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wirtschaftswissenschaftliche Theorieansätze und Konzepte . . . . . . . . . . a) Regulierungstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Normative Theorie der Regulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Positive Theorie der Regulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Neue Institutionenökonomik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Transaktionskostentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Agenturtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bedeutung der wirtschaftswissenschaftlichen Theorieansätze und Konzepte für die Analyse des Regulierungshandelns . . . . . . . . . . . . . 3. Politik- und verwaltungswissenschaftliche Theorieansätze . . . . . . . . . . .

23 23 23 23 24 25 26 27 27 28 29 31 33 34 34 34 35 36 39 39 41 41 42 44 46 46 47 48 49

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Inhaltsverzeichnis a) Konzept der Regulierungskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Regulierungsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gewährleistungsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entscheidungstheorie des Inkrementalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Strukturell-funktionale Systemtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bedeutung der politik- und verwaltungswissenschaftlichen Theorieansätze und Konzepte für die Analyse des Regulierungshandelns . . . 4. Variablenkomplexe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abhängige Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unabhängige Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Intervenierende Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Regulierungshandeln als unabhängige Variable zur Erklärung des Liberalisierungsergebnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bewertungsmaßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gewährleistungsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verantwortungsteilung im Regulierungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Staatliche Letztverantwortung für das Regulierungsergebnis . . . . . . . 2. Collaborative Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Transparente Regulierungsprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einbindung aller betroffenen Akteure in den Regulierungsprozess . . 3. Negotiated Settlements und RIIO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

C. Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Empirische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auswertung der Literatur und einschlägiger Regulierungsdokumente . . 2. Experteninterviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Normative Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49 50 53 56 58 59 60 60 61 62 62 64 64 65 65 66 67 68 68 70 70 71 71 74

2. Teil Grundlagen des Regulierungssystems A. Merkmale des Gasmarkts und Liberalisierungsdefizite . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Merkmale des Gasmarkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Importabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Leitungsgebundenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Lange Lieferketten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Hohe Konzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Langsame Entwicklung von Großhandelsmärkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Wirtschaftskrise als Motor des Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wettbewerbssituation und zentrale Liberalisierungsprobleme des Gasmarkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75 75 75 75 76 77 79 80 81 82

Inhaltsverzeichnis

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B. Akteure des Regulierungssystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Regulierungsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bundesnetzagentur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufbau und Aufgaben im Energiebereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Landesregulierungsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufsichtsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Länderausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kartellbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bundeskartellamt und Landeskartellbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zusammenarbeit mit den Regulierungsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Maßnahmen der Kartellbehörden im Gassektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Monopolkommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufgaben und Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einfluss der gesetzgebenden Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Europäische Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Regulierungsverbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) ACER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) ENTSO Gas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Regulierungskompetenzen und -verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rahmenleitlinien und Netzkodizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Konsultationsprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Verbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. BDEW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. VKU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. GEODE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. bne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. EFET . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. VIK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. VZBV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83 83 83 83 84 86 86 88 89 89 90 91 92 93 93 94 94 96 96 98 98 99 99 99 99 100 101 101 101 103 104 105 106 107 108 109

C. Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. EU-rechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Binnenmarktrichtlinien von 1996 und 1998 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorgaben für den Gasnetzzugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis b) Vorgaben für die Entflechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 2. Beschleunigungsrichtlinien von 2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 a) Vorgaben für die Regulierungsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 b) Vorgaben für den Gasnetzzugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 c) Vorgaben für die Entflechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 3. Drittes Legislativpaket von 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 a) Vorgaben für die Regulierungsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 aa) Zulässigkeit von regionalen Regulierungsbehörden . . . . . . . . . . . 114 bb) Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 cc) Aufgaben und Befugnisse der Regulierungsbehörden . . . . . . . . . 114 b) Vorgaben für den Gasnetzzugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 c) Vorgaben für die Entflechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 II. Energiewirtschaftsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 1. EnWG 1998 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 a) Netzzugangsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 aa) Stromnetzzugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 bb) Gasnetzzugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 b) Entflechtungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 c) Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 2. Verbändevereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 3. EnWG 2005 (2011) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 a) Merkmale der Regulierungskultur im Gesetzgebungsprozess . . . . . . . 121 b) Gasnetzzugangsmodell des § 20 Abs. 1b EnWG . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 aa) Merkmale der Regulierungskultur bei der Ausarbeitung . . . . . . . 123 bb) Elemente des Gasnetzzugangsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 c) Anreizregulierungsmodell des § 21a EnWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 aa) Theoretische Grundlagen der Anreizregulierung . . . . . . . . . . . . . . 126 bb) Merkmale der Regulierungskultur bei der Ausarbeitung . . . . . . . 129 cc) Rahmenregelung in § 21a EnWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 d) Entflechtungsvorschriften in §§ 7–10e EnWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 e) Regulierungsinstrumente der Regulierungsbehörden . . . . . . . . . . . . . . 132 aa) Festlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 bb) Genehmigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 cc) Missbrauchsverfügungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 dd) Anordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 4. Die Gasnetzzugangsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 5. Anreizregulierungsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 a) Merkmale der Regulierungskultur im Verordnungsverfahren . . . . . . . 137

Inhaltsverzeichnis

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b) Grundmodell der ARegV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 c) Effizienzvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 6. Kooperationsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 D. Formale, informale und formlose Instrumente im Regulierungssystem . . . . I. Formale Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Informale Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Formlose Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

145 145 148 151

3. Teil Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells A. Entwicklungsverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Konsultationskreis Gasnetzzugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Basismodell der BNetzA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Basismodell vs. Optionsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bilaterale Verhandlungen zur KoV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die erste Kooperationsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorverhandlungen zum Missbrauchsverfahren gegen die KoV I . . . . . . 2. Missbrauchsverfahren gegen das Optionsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die zweite Kooperationsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die dritte Kooperationsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. GeLi Gas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. GABi Gas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Überarbeitung der KoV II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die vierte Kooperationsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. KARLA Gas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufbau der Ko IV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wälzung der Kosten interner Bestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gemeinsame Vermarktung und Versteigerung von Kapazitäten . . . . c) Bilanzkreismanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Marktgebietsüberschreitende Transporte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Die fünfte Kooperationsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Konni Gas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Überarbeitung der KoV IV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Die sechste Kooperationsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

152 152 152 154 155 155 157 157 158 159 160 160 162 165 166 167 169 169 170 170 171 171 171 172 172

B. Instrumente zur Umsetzung und Fortentwicklung des Gasnetzzugangsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 I. Formale Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 1. Festlegung nach § 29 EnWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

14

Inhaltsverzeichnis a) Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Konsultationsprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beteiligungsasymmetrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kaum Beteiligung von LRegB und BKartA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Festlegungstenor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zurückhaltung bei der Beteiligung im förmlichen Verfahren . . . . . . . 2. Missbrauchsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kooperationsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verhandlungsdelegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Netznutzerforum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Informale Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorverhandlungen zu Festlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Informale Instrumente als Ergänzung oder Alternative zu Missbrauchsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nichtbescheidungsabsprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einfache missbrauchsabstellende Absprachen . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Mediationsabsprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Marktgestaltende Absprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Drittvertragsgestaltende Absprachen als Ergänzung zur KoV . . . . . . . . . III. Informationsasymmetrien, Transaktionskosten und Systemprobleme als Bestimmungsfaktoren des Entscheidungsverhaltens bei der Gasnetzzugangsregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Regulierungskultur als Bestimmungsfaktor des Entscheidungsverhaltens bei der Gasnetzzugangsregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

173 174 175 178 179 179 180 182 183 186 189 189 190 190 191 192 192 193 194

195 197

4. Teil Umsetzung der Anreizregulierung

201

A. Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 I. Erste Genehmigungsrunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 II. Zweite Genehmigungsrunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 B. Umstieg auf die Anreizregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Erste Regulierungsperiode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Effizienzvergleich der Verteilnetzbetreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kritik am Effizienzvergleich der Verteilnetzbetreiber . . . . . . . . . . . . . . . 4. Effizienzvergleiche der Fernleitungsnetzbetreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zweite Regulierungsperiode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Auswirkungen auf die Investitionsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

207 207 207 208 210 211 211 213

Inhaltsverzeichnis C. Instrumente bei der Umsetzung der Anreizregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Formale Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Festlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine Festlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Festlegung der Erlösobergrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Probleme des Effizienzvergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Fehlanreize und Nachsteuerungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verhandlungsspielräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Rolle der Landesregulierungsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Genehmigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Genehmigung von Netzentgelten nach § 23a EnWG . . . . . . . . . . . . . b) Genehmigung zur Anpassung der Erlösobergrenze nach § 4 Abs. 4 ARegV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Genehmigung von Besonderheiten der Versorgungsaufgabe nach § 15 Abs. 1 ARegV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Genehmigung von Investitionsbudgets/Investitionsmaßnahmen nach § 23 ARegV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Genehmigung von pauschalierten Investitionszuschlägen nach § 25 ARegV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Missbrauchsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Informale Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorverhandlungen zu allgemeinen Festlegungen nach § 29 EnWG . . . . 2. Beschwerdeverzichtsabsprachen zur Festlegung der Erlösobergrenze nach § 4 Abs. 1 ARegV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beschwerdeverzichtsabsprachen zu Netzentgeltgenehmigungen nach § 23a EnWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nichtbescheidungsabsprachen zu Missbrauchsverfahren nach §§ 30 oder 31 EnWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Leitfäden als formlose Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Informationsasymmetrien, Transaktionskosten und Systemprobleme als Bestimmungsfaktoren des Entscheidungsverhaltens bei der Anreizregulierung V. Regulierungskultur als Bestimmungsfaktor des Entscheidungsverhaltens bei der Anreizregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15 216 216 216 216 217 218 219 221 222 223 223 224 225 226 228 228 229 229 229 230 232 232 233 235

5. Teil Auswirkungen der Gasnetzzugangs- und Gasnetzentgeltregulierung auf das Liberalisierungsergebnis

239

A. Einfluss des Regulierungshandelns und der Regulierungskultur auf das Liberalisierungsergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239

16

Inhaltsverzeichnis

B. Positive Liberalisierungsentwicklung im Bereich der Gasnetzzugangsregulierung aufgrund eines am Gewährleistungsstaat orientierten Regulierungskonzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verbesserung der Wettbewerbssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die KoV als Instrument regulierter Selbstregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Informales Regulierungshandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

242 242 242 244

C. Liberalisierungsmängel bei der Gasnetzentgeltregulierung aufgrund eines am Regulierungsstaat orientierten Regulierungskonzepts . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kaum Auswirkungen der Anreizregulierung auf das Liberalisierungsergebnis II. Regulierungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Hohe Komplexität und großer Verfahrensaufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zweifel an der Methodenrobustheit und Datenqualität . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nachsteuerungsbedarf und Fehlanreize . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fehlende Transparenz und Verhandlungsasymmetrien . . . . . . . . . . . . . . . .

244 244 246 246 247 248 249

D. Der Einfluss anderer Faktoren auf das Liberalisierungsergebnis . . . . . . . . . . I. Technische Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Diversifikation von Importinfrastruktur und -bezugsquellen . . . . . . . . . . 2. Technologische Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wirtschaftliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Flexibilisierung der Beschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wachstum der Großhandelsmärkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zahl der Anbieter und Wettbewerbssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

250 250 250 251 252 252 252 252

6. Teil Ansätze eines verhaltens- und vollzugsorientierten Regulierungsmodells für den (Strom- und) Gasmarkt

254

A. Netzzugangsregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Formalisierung von Konsultationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einrichtung von Verbraucheranwälten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Öffnung der Kooperationsvereinbarung für Netznutzerverbände . . . . . . . . .

254 255 256 257

B. Netzentgeltregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Outputorientierte Anreizregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Regulierte Selbstregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. EMAS-Modell von Bohne und Frenzel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. EU-rechtskonformes EMAS-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Modell 1: Einführung von Netzgutachtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Modell 2: Einrichtung eines Regulierungsausschusses . . . . . . . . . . . . c) Modell 3: Einrichtung einer Regulierungsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . d) Modell 4: Rückkehr zur kostenbasierten Regulierung . . . . . . . . . . . . .

259 260 261 261 265 265 267 268 270

Inhaltsverzeichnis

17

C. Regulierungsfolgenabschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 I. Strategiemängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 II. Einrichtung von Folgenabschätzungseinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 Anlage: Interviewleitfaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Personen- und Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308

Abbildungsverzeichnis Abbildungen 1 und 2: Preisentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Abbildung 3: Theorie- und Konzeptbausteine der Analyse des Regulierungshandelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Abbildung 4: Variablenkomplexe für die Analyse des Regulierungshandelns . . . . 61 Abbildung 5: Unabhängige Variablen zur Erklärung des Liberalisierungsergebnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Abbildung 6: Struktur des deutschen Gasmarkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 Abbildung 7: Umsetzung einer Erlösobergrenzenregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Abbildung 8: EMAS-Modell nach Bohne und Frenzel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 Abbildung 9: Einführung von Netzgutachtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Abbildung 10: Einrichtung eines Regulierungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Abbildung 11: Einrichtung einer Regulierungsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Abbildung 12: Rückkehr zur kostenbasierten Regulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270

Abkürzungsverzeichnis 8KU ACER ARegV BDEW BDI BEB-Modell BGH BGW BKartA BMELV BMU BMWi bne BNetzA DAU DEA EFET EG EMAS-Verordnung ENTSO EnWG EU EVU EWG GABi Gas GasNEV GasNZV

Zusammenschluss acht großer Stadtwerke Agency for Cooperation of the European Energy Regulators Verordnung über die Anreizregulierung der Energieversorgungsnetze (Anreizregulierungsverordnung) Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft Bundesverband der Deutschen Industrie Netzzugangsmodell der BEB Erdgas und Erdöl GmbH & Co. KG, das als Vorbild für das Zweivertragsmodell fungiert hat Bundesgerichtshof Bundesverband der Gas- und Wasserwirtschaft Bundeskartellamt Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Bundesverband neuer Energieanbieter Bundesnetzagentur Deutsche Akkreditierungs- und Zulassungsgesellschaft für Umweltgutachter Data Envelopment Analysis European Federation of Energy Traders Europäische Gemeinschaft Verordnung 1221/2009 (EG) [Eco Management and Audit Scheme] European Network of Transmission System Operators Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz) Europäische Union Energieversorgungsunternehmen Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Festlegung in Sachen Ausgleichsleistung Gas (BK 7-08-002) Verordnung über die Entgelte für den Zugang zu Gasversorgungsnetzen (Gasnetzentgeltverordnung) Verordnung über den Zugang zu Gasversorgungsnetzen (Gasnetzzugangsverordnung)

20 GeLi Gas

GEODE GGO GPKE GWB H-Gas ISO ISO/RTO-Modell

ITO KARLA Gas Konni Gas KoV KuL Strom & Gas L-Gas LNG LRegB NIÖ Ofgem RegTP RIIO RLM RPI-X RTO SFA SLP StromNEV TEHG TSO UAG

Abkürzungsverzeichnis Festlegung einheitlicher Geschäftsprozesse und Datenformate beim Wechsel des Lieferanten bei der Belieferung mit Gas (BK 706-067) Europäischer Verband der unabhängigen Strom- und Gasverteilerunternehmen Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien Festlegung der Geschäftsprozesse zur Belieferung von Kunden mit Elektrizität (BK 6-06-009) Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen High Gas Independent System Operator US-amerikanisches Modell des Übertragungsnetzbetriebs, das „Independent System Operators“ oder „Regional Transmission Operators“ vorsieht Independent Transmission Operator Festlegung in Sachen Kapazitätsregelung und Auktionsverfahren (BK 7-10-001) Festlegung zur Berechnung eines Konvertierungsentgelts in qualitätsübergreifenden Marktgebieten (BK 7-11-002) Kooperationsvereinbarung zwischen den Betreibern von in Deutschland gelegenen Gasversorgungsnetzen Vorschlag des bne, die Kunden- und Lieferantenwechselprozesse für den Strom- und Gasmarkt zu vereinheitlichen Low Gas Liquified Natural Gas Landesregulierungsbehörden Neue Institutionenökonomik Office of Gas and Electricity Markets Regulierungsbehörde Telekommunikation und Post Revenue = Incentives + Innovation + Output Registrierte Leistungsmessung Ausgangsformel der britischen Anreizregulierung (Einzelhandelspreisindex – X) Regional Transmission Operator Stochastic Frontier Analysis Standardlastprofil Verordnung über die Entgelte für den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen (Stromnetzentgeltverordnung) Treibhausgasemissionshandelsgesetz Transmission System Operator Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 über die freiwillige Teilnahme von Organisationen an einem Ge-

Abkürzungsverzeichnis

UGA VCI VDN VEA VIK VKU VRE VV Gas VwVfG VZBV

21

meinschaftssystem für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung (Umweltauditgesetz) Umweltgutachterausschuss Verband der Chemischen Industrie Verband der Netzbetreiber Bundesverband der Energieabnehmer Verband der industriellen Energie- und Kraftwirtschaft Verband kommunaler Unternehmen Verband der Verbundunternehmen und regionalen Energieversorger in Deutschland Verbändevereinbarung Gas Verwaltungsverfahrensgesetz Verbraucherzentrale Bundesverband

1. Teil

Problemstellung, Theoretischer Bezugsrahmen und Methoden A. Problemstellung I. Einleitung Als die Europäische Kommission (1988: 7 f.) gegen Ende der 1980er Jahre ihren Bericht „Der Binnenmarkt für Energie“ vorlegte, versprach sie sich von einer Liberalisierung der Energiemärkte in den EU-Mitgliedstaaten, dass die Energiekosten für Industrie und Verbraucher aufgrund eines verstärkten Wettbewerbs zwischen den europäischen Energieversorgungsunternehmen sinken würden. Fast zehn Jahre später leiteten die so genannten Binnenmarktrichtlinien für Elektrizität (1996/92/EG) und Gas (1998/30/EG) die Liberalisierung der EUEnergiemärkte ein. Herzstück der Binnenmarktrichtlinien ist die Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs zu angemessenen Netzentgelten, um die Entstehung eines EU-weiten Versorgungswettbewerbs zu ermöglichen. Bislang wurden die mit dem Liberalisierungsprozess verbundenen Erwartungen von Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit an den deutschen Gasmarkt nur zögerlich oder gar nicht erfüllt. 1. Zögerliche Wettbewerbsentwicklung Der Wettbewerb hat sich auf dem deutschen Gasmarkt nur langsam entwickelt und galt lange Zeit gegenüber dem Strommarkt als rückständig (Monopolkommission 2009: 48 ff.), auch wenn er in jüngster Zeit deutlich aufgeholt hat und inzwischen als funktionsfähig eingestuft wird (BNetzA 2011e: 5; European Commission 2012b: 114). Deutschland hatte 1998 zur Umsetzung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs zunächst auf ein Verhandlungsmodell gesetzt, das sich als wenig wettbewerbsfördernd erwies. 2005 erfolgte der Paradigmenwechsel zum regulierten Netzzugang, welcher zur Einrichtung von Bundesnetzagentur (BNetzA) und Landesregulierungsbehörden (LRegB) zur Gewährleistung des diskriminierungsfreien Netzzugangs geführt hat. Trotz des Paradigmenwechsels bestanden nach wie vor teilweise erhebliche Netzzugangsprobleme wie die Zersplitterung des Marktes in zahlreiche Marktgebiete, die geringe Verfügbarkeit von buchbaren Transportkapazitäten, das Fehlen von standardisierten Geschäftsprozessen und ein anwenderunfreundliches Bilanzierungssystem (vgl. u. a. Monopol-

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1. Teil: Problemstellung, Theoretischer Bezugsrahmen und Methoden

kommission 2009: 60; Bundeskartellamt 2009a: 13 ff.), die schrittweise im Regulierungsprozess abgebaut werden mussten. Mit Blick auf den gemeinsamen Binnenmarkt lässt sich feststellen, dass immer noch zu wenige Kapazitäten an den Grenzkuppelstellen verfügbar sind, um ein problemloses Erreichen der europäischen Großhandelsmärkte für alle deutschen Gashändler zu ermöglichen (Bundeskartellamt 2009a: 12; Klaue 2011: 595; European Commission 2012b: 111). Beispielsweise mussten im Februar und März 2012 sieben Gaskraftwerke in Süddeutschland kurzfristig abgeschaltet bzw. heruntergefahren werden, weil es zu größeren Lieferengpässen gekommen war (Bundesregierung 2012a: 2 f.). 2. Hohe Gaspreise Der Gaspreis hat sich seit der Liberalisierung des deutschen Gasmarkts für Industrie- und Haushaltskunden mehr als verdoppelt (Bundeswirtschaftsministerium 2010: 36 ff.), und die deutschen Gaspreise liegen für industrielle Verbraucher weiterhin über dem EU-Durchschnitt (European Commission 2012b: 37). Die folgenden beiden Grafiken zeigen die Entwicklung der Gaspreise für industrielle Verbraucher und Haushaltskunden seit 2005 im Vergleich zum EU-Durchschnitt (Quelle: Eurostat).

Abbildung 1 und 2: Preisentwicklung

Im Rahmen des 2005 eingeleiteten Paradigmenwechsels zum regulierten Netzzugang wurde auch die Regulierung der Netzentgelte durch BNetzA und LRegB beschlossen, wovon man sich eine wettbewerbsfördernde und preissenkende Wirkung versprach. Dies galt insbesondere für die 2009 eingeführte Anreizregulierung, wo es in der Gesetzesbegründung heißt (Bundesregierung 2007: 38 f.): „Durch die Vorschriften dieser Verordnung wird es voraussichtlich zu einer Ab-

A. Problemstellung

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senkung der Einzelpreise im Strom- und Gasmarkt kommen. [. . .] Der durch diese Verordnung intensivierte Wettbewerb auf den Strom- und Gasmärkten wirkt sich wahrscheinlich absenkend auf das Verbraucherpreisniveau und mit leicht geschmälertem Einfluss auf das allgemeine Preisniveau aus.“ Trotz teilweise erheblicher Netzentgeltkürzungen seit 2005 konnte die Regulierung der Netzentgelte durch BNetzA und LRegB mit Blick auf die Preisentwicklung bislang keine merkliche preissenkende Wirkung entfalten. 3. Kein Binnenmarkt für Energie und Regulierungsprobleme Die EU-Kommission musste nach über zehn Jahren Liberalisierung feststellen, dass es bislang immer noch nicht gelungen ist, einen gemeinsamen Binnenmarkt für Strom und Gas zu errichten (European Commission 2011: 2; 2012a: 2 f.). Als eine Ursache für diese schleppende Entwicklung des Binnenmarkts sieht die EUKommission die fehlende oder unzureichende Umsetzung von gemeinsamen Richtlinien und Verordnungen in vielen EU-Mitgliedstaaten (European Commission 2011: 2; 2012a: 2 f.). Die für 2014 angestrebte Vollendung des Binnenmarkts erscheint ausgeschlossen (Europäische Kommission 2013: 2). Die EU-Rechtsvorschriften zur Durchsetzung eines gemeinsamen Binnenmarkts für Strom und Gas sind seit 1996 bzw. 1998 zweimal überarbeitet und verschärft worden. Ziel dieser Überarbeitungen war es, ein bestimmtes Regulierungskonzept in den EU-Mitgliedstaaten zu etablieren, das die Durchsetzung des diskriminierungsfreien Netzzugangs und die Regulierung angemessener Netzentgelte gewährleisten soll. Dieses Regulierungskonzept orientiert sich am britischen Regulierungsmodell, das zur Liberalisierung und Privatisierung von Energiemärkten in Großbritannien in den 1980er Jahren entwickelt wurde und zur Regulierung des Netzzugangs und der Netzentgelte auf die Einrichtung einer unabhängigen sektorspezifischen Regulierungsbehörde mit weitreichenden Eingriffsbefugnissen und Ermessenspielräumen setzt. Dieses Regulierungskonzept ist in die EU-Rechtsvorschriften zum Energiebinnenmarkt eingeflossen und im Rahmen des 2005 erfolgten Paradigmenwechsels in Deutschland umgesetzt worden (vgl. u. a. Eising 2000: 257; Müller 2006: 269; Bulmer u. a. 2007: 83; Bohne 2011: 256). Dieses Regulierungskonzept wird im Rahmen dieser Arbeit als Ausdruck des so genannten „Regulierungsstaates“ gesehen, der zur Regulierung liberalisierter Infrastruktursektoren auf unabhängige Regulierungsbehörden mit großen Entscheidungsspielräumen und formalisierte Regulierungsprozesse baut (Thatcher 2002: 860). Das Funktionieren dieses Ansatzes setzt voraus, dass die Regulierungsbehörden über die erforderlichen Informationen verfügen, um die richtigen Regulierungsentscheidungen zu treffen, in der Lage sind, die Einhaltung dieser Entscheidungen zu überwachen und notfalls auch gegen Widerstände durchzusetzen. Diese Voraussetzungen werden in der Realität häufig nicht erfüllt, und

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1. Teil: Problemstellung, Theoretischer Bezugsrahmen und Methoden

Vollzugsprobleme sind die Folge. Informationsprobleme und opportunistisches Verhalten der Regulierungsadressaten sorgen dafür, dass der Grad an Formalisierung und damit auch die Gefahr der Überregulierung steigt. In Großbritannien haben Umfang und Eingriffstiefe der Regulierung in beträchtlichem Maße zugenommen, was sich auch in den immer länger werdenden Rechtsvorschriften widerspiegelt (Littlechild 2009a). Gleiches lässt sich auch bei den EU-Rechtsvorschriften und ihrer Umsetzung in Deutschland beobachten. Tabelle 1 zeigt die Entwicklung der Seitenzahlen der einschlägigen Rechtsvorschriften auf EUEbene und in Deutschland. Tabelle 1 Zunahme des Regulierungsumfangs Richtlinien (Seiten im Amtsblatt)

Energiewirtschaftsgesetz (Seiten im BGBl.)

Binnenmarktrichtlinien

96/92 EG = 10 98/30 EG = 10

EnWG 98 = 6

Beschleunigungsrichtlinien

2003/54 EG = 19 2003/55 EG = 22

EnWG 2005 = 49 (+ Verordnungen)

Drittes Legislativpaket

2009/72 EG = 39 2009/73 EG = 43 + Verordnungen

EnWG 2011 = 41 (Seiten des Änderungsgesetzes)

Mit Blick auf die deutsche Regulierungssituation stellt sich die Frage der Geeignetheit dieses Regulierungsansatzes für Deutschland, da die bis zur Einführung des Behördenmodells in Deutschland vorherrschenden Regulierungsansätze und Konzepte dem so genannten „Gewährleistungsstaat“ entsprochen haben, der auf Verantwortungsteilung, regulierte Selbstregulierung und eine enge Kooperation zwischen staatlichen und regulierten Akteuren gesetzt hat. 4. Ausgangshypothese Die Ausgangshypothese der Arbeit ist, dass nicht die mangelnde Umsetzung des EU-Regulierungskonzepts für Regulierungs- und Liberalisierungsmängel in Deutschland verantwortlich ist, sondern dass dieses Konzept selbst für Regulierungs- und Liberalisierungsmängel verantwortlich ist. Es wird vermutet, dass die positive Wettbewerbsentwicklung der letzten Jahre weniger auf einseitige Behördenentscheidungen im Sinne des Regulierungsstaates, sondern vor allem auf informale Absprachen und Arrangements im Sinne des Gewährleistungsstaates zurückgeführt werden kann.

A. Problemstellung

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II. Liberalisierungsverlauf in Deutschland Die deutsche Versorgungsstruktur unterscheidet sich erheblich von der Struktur in den meisten anderen EU-Mitgliedstaaten. Die Konzentrations- und Verstaatlichungsprozesse, die in diesen Mitgliedstaaten stattgefunden haben, gab es in Deutschland nicht, weshalb im Gassektor noch immer über 700 Gasversorgungsunternehmen existieren, von denen die überwiegende Zahl nur auf kommunaler Ebene tätig ist (Monopolkommission 2009: 46). Die Vielzahl kommunaler Energieversorgungsunternehmen wurde bis zur Liberalisierung der Energiemärkte durch das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) von 1998 durch das bis dahin geltende EnWG von 1935 geschützt, das die Einrichtung geschlossener Versorgungsgebiete vorsah, um die Verbraucher gemäß seiner Präambel vor den „volkswirtschaftlich schädlichen Auswirkungen des Wettbewerbs“ zu schützen und eine „billige“ Energieversorgung durch eine staatliche Fach-, Preis- und Missbrauchsaufsicht zu gewährleisten. De facto haben Vollzugsdefizite bei der Aufsicht sowie fehlender Wettbewerbsdruck zu Überkapazitäten und überhöhten Strom- und Gaspreisen geführt (vgl. hierzu bereits die Anmerkungen im ersten Hauptgutachten der Monopolkommission 1976: 419 ff.). Die monopolistische Versorgungsstruktur wurde durch Demarkationsverträge zwischen den Energieversorgungsunternehmen und ausschließlichen Konzessionsverträgen zwischen Gemeinden und Unternehmen geregelt. Dadurch wurde ein Status quo zwischen großen überregionalen und kommunalen Energieversorgungsunternehmen festgeschrieben, der zu einem mehrstufigen System von der Erzeugung bis zum Endkundenvertrieb führte. Diese Grundstruktur hat sich – obwohl die Energiemärkte seit über zehn Jahren liberalisiert sind – im Wesentlichen kaum verändert und wird durch einen hohen Verflechtungsgrad zwischen überregionalen und kommunalen Energieversorgungsunternehmen in Form von Mehr- und Minderheitsbeteiligungen konserviert (Monopolkommission 2009: 48 f.).

1. 1998–2004: Verhandelter Netzzugang Der Gesetzgeber hoffte, die Probleme bei der Fach-, Preis- und Missbrauchsaufsicht durch die Liberalisierung der Energiemärkte auflösen zu können. Er ging davon aus, dass die Aufhebung der kartellrechtlichen Freistellung und die Anwendung der allgemeinen kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht genügen würden, um einen funktionierenden Wettbewerb in Gang zu setzen und ein missbräuchliches Verhalten der Netzbetreiber zu verhindern. Deutschland entschied sich als einziger EU-Mitgliedstaat gegen eine staatliche Regulierung des Netzzugangs und setzte stattdessen auf die in den Binnenmarktrichtlinien vorgesehene Option eines „verhandelten Netzzugangs“ (Theobald 2011: 13).

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1. Teil: Problemstellung, Theoretischer Bezugsrahmen und Methoden

Um Einzelverhandlungen zwischen Netzbetreibern und Netznutzern soweit wie möglich vorzustrukturieren, wurden auf Anregung der Bundesregierung so genannte „Verbändevereinbarungen“ zwischen den Verbänden der Energiewirtschaft und der Industrie abgeschlossen (Becker 2011: 84). Hierbei handelte es sich zunächst nur um unverbindliche „gentlemen’s agreements“, die die Netzzugangsbedingungen und Methoden der Netzentgeltfestlegung konkretisierten, die im Rahmen der EnWG-Novelle von 2003 verrechtlicht wurden. Dieses Verfahren wurde von Monopolkommission (1998: 37 ff.; 2000: 66 ff.) und Schrifttum (u. a. Schmidt-Preuß 2002: 38 ff.; Engel 2002: 87 ff.; Seeger 2002: 321 ff.; Büdenbender 2002: 375 ff.) zunächst als Beitrag zur Deregulierung aufgefasst und begrüßt. Für den Strombereich hat es auch zu durchaus akzeptablen Ergebnissen bei der Entwicklung eines allgemein anerkannten Netzzugangsmodells geführt (Glachant/Dubois/Yannick 2008: 1609), auch wenn es zunächst zu Diskriminierung neuer Marktteilnehmer kam (Becker 2011: 91) und das Verhandlungssystem neue Marktteilnehmer und Konsumenten systematisch ausschloss (Coen 2005: 390; Lohmann 2006: 47 f.; Frenzel 2007: 236). Im Gasbereich konnte man sich nicht auf ein Netzzugangsmodell einigen, und der Verhandlungsprozess scheiterte trotz staatlicher Interventionsandrohungen (Lohmann 2006: 30 ff.; Olbricht 2008: 105 ff.). Aufgrund der schleppenden Wettbewerbsentwicklung kippte auch die Bewertung des Systems der Verbändevereinbarungen durch Monopolkommission (2002: 370) und Schrifttum (u. a. Becker 2000; Brunekreeft 2002: 214 ff.; Brunekreeft/ Keller 2003; Leprich 2004), und die Einführung eines staatlich regulierten Netzzugangs wurde zunehmend gefordert. Das Bundeswirtschaftsministerium (2004: 28 ff.) plädierte zur Umsetzung der so genannten Beschleunigungsrichtlinien für Strom (2003/54/EG) und Gas (2003/55/EG) von 2003 zunächst für eine Beibehaltung und Modifizierung des bestehenden Systems, aber der Gesetzgeber entschied sich dagegen und setzte ein – weitgehend – dem Regulierungsstaat entsprechendes Regulierungsmodell um (Müller 2006: 275 ff.). 2. Seit 2005: Regulierter Netzzugang Das Regulierungskonzept des EnWG 2005 sieht die staatliche Durchsetzung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs sowie diskriminierungsfreier und angemessener Netzentgelte durch BNetzA und LRegB vor, die mit entsprechenden Gestaltungs- und Eingriffsbefugnissen ausgestattet wurden. Dabei wurde im Wesentlichen das von der EU-Kommission favorisierte britische Regulierungsmodell umgesetzt. Dieses Modell setzt sich aus den folgenden Bestandteilen zusammen (vgl. u. a. Joskow 2008a: 12 f.; Knieps 2008: 103 ff.; Leschke 2010): – Staatliche Durchsetzung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs, um zu verhindern, dass vertikal integrierte Unternehmen den Netzzugang verweigern,

A. Problemstellung

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um ihre Aktivitäten auf den – den Netzen – vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsstufen vor Konkurrenz zu schützen. – Staatliche Regulierung der Netzentgelte, um zu verhindern, dass Netzbetreiber ihre Monopolstellung missbrauchen, um überhöhte Netzentgelte zu erheben. Hierfür gilt gemeinhin die Anreizregulierung1 als vorzugswürdige Variante, da sie besonders gut geeignet sei, unternehmensindividuelle Ineffizienzen und Informationsprobleme der Regulierungsbehörden abzubauen. – Im Idealfall eigentumsrechtliche Entflechtung des Netzbetriebs von den anderen Wertschöpfungsstufen, um zu verhindern, dass vertikal integrierte Unternehmen Netzzugangsverweigerungen oder überhöhte Netzentgelte nutzen, um ihre Aktivitäten auf den anderen Wertschöpfungsstufen vor Wettbewerb zu schützen oder quer zu subventionieren. – Einrichtung unabhängiger Regulierungsbehörden mit weitreichenden Ermittlungs- und Eingriffsbefugnissen, um einen diskriminierungsfreien Netzzugang, angemessene Netzentgelte und die Einhaltung der Entflechtung durchzusetzen. Aufgrund der besonderen Ausgangsbedingungen in Deutschland kam es zu Umsetzungsproblemen,2 die sich in den zentralen Untersuchungsgegenständen der Arbeit widerspiegeln: der Umsetzung des Netzzugangsmodells und der Anreizregulierung. Die Entflechtung wird nicht untersucht. a) Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells Im Gegensatz zum Strombereich konnte im Gasbereich kein funktionierendes Netzzugangsmodell verrechtlicht werden. Die Bundesregierung (2004a: 115) wollte die Festlegung auf ein Zugangsmodell zunächst offen lassen, um das bislang praktizierte Verfahren schrittweise zu ersetzen (Müller-Kirchenbauer/Niehörster/Zander/Möller 2004: 225 ff.). Allerdings drängten die CDU-regierten Länder im Vermittlungsausschuss auf die Festlegung eines konkreten Zugangsmodells und konnten sich am Ende mit ihren Forderungen durchsetzen (Däuper 2006: 211; Becker 2011: 98). In § 20 Abs. 1b EnWG 2005 wurde das so ge1 Das Grundprinzip der Anreizregulierung sieht vor, dass die Preise oder Erlöse, die ein Netzbetreiber durch Netznutzungsentgelte innerhalb einer bestimmten Regulierungsperiode erzielen darf, durch die Regulierungsbehörde gedeckelt werden. Deshalb spricht man in diesem Zusammenhang auch von „Price-Cap-“ oder „Revenue-Cap-Regulation“. Die Obergrenzen werden im Regelfall ex-ante durch ökonometrische Vergleichsverfahren bestimmt, um Ineffizienzen aufzudecken und bei den ineffizienten Netzbetreibern Effizienzanreize zu setzen. Die Grundannahme ist, dass man sich so von Regulierungsperiode zu Regulierungsperiode den Grenzkosten des Netzbetriebs annähert. 2 Es ist davon auszugehen, dass vergleichbare Umsetzungsprobleme auch in anderen EU-Mitgliedstaaten aufgetreten sind, die nicht über die gleichen Ausgangsbedingungen wie Großbritannien bei der Privatisierung seiner Energieversorgung verfügten.

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1. Teil: Problemstellung, Theoretischer Bezugsrahmen und Methoden

nannte „Zweivertragsmodell“ 3 für den Zugang zu den Gasversorgungsnetzen festgeschrieben, das sich als inkompatibel mit der parallel ausgearbeiteten Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV) erwies, die sich am so genannten „transaktionsabhängigen Zugangsmodell“4 der Verbändevereinbarung Erdgas II orientierte (Küper 2007: 333). Problematisch war, dass die dringend erforderlichen Anpassungen der GasNZV zur Umsetzung des Zweivertragsmodells aufgrund des „enormen politischen und zeitlichen Drucks“ sowie der „Komplexität der Zugangsregelungen“ nicht mehr vorgenommen wurden (Wyl/Thole 2011: 941). Dadurch fiel letztlich der Bundesnetzagentur die undankbare Aufgabe zu, ein Netzzugangsmodell zu vollziehen, das nur rudimentär im Gesetz geregelt war und mit der Netzzugangsverordnung nicht im Einklang stand. Hinzu kam, dass ihre Ressourcenausstattung noch nicht an die neuen Aufgaben aus dem Vermittlungsverfahren angepasst war, so dass sie gar nicht in der Lage war, die an sie gestellten Erwartungen vollumfänglich zu erfüllen. Letztlich war sie auf die formale und informale Mitwirkung der Netzbetreiber und Marktakteure angewiesen. Zur Umsetzung des in § 20 Abs. 1b EnWG vorgeschriebenen Zweivertragsmodells für den Gasnetzzugang richtete die BNetzA einen Konsultationskreis ein, der sich aus Vertretern der Netzbetreiber und Netznutzer zusammensetzte und sich mit der konkreten Ausgestaltung des Netzzugangsmodells beschäftigen sollte (Däuper/Kolf 2006: 194). Das Ergebnis war eine Kompromisslösung, die in Form eines privatrechtlichen Vertrags, der so genannten „Vereinbarung über die Kooperation gem. § 20 Abs. 1b EnWG zwischen den Betreibern von in Deutschland gelegenen Gasversorgungsnetzen“ (KoV), von den Verbänden BGW (jetzt BDEW) und VKU vorgelegt wurde. Die KoV regelt die technische und organisatorische Abwicklung von Gastransporten über mehrere Netze hinweg zwischen den Netzbetreibern. Die BNetzA verfügte zwar nicht über die Ressourcen und Kompetenzen, die KoV selbst auszuarbeiten, aber sie konnte durch Missbrauchsverfahren und Festlegungen die Inhalte steuern. Aus diesem Grund musste die KoV mehrmals überarbeitet werden. Sie wird inzwischen durch die Verbände BDEW, VKU und GEODE betreut. Der Gesetzgeber entschied sich bei der 2010 erfolgten Novellierung der GasNZV, die KoV beizubehalten, und verrechtlichte sie. Nach § 8 Abs. 6 GasNZV hatten die Netzbetreiber bis Juli 2011 eine Kooperationsvereinbarung abzuschließen, die die Einzelheiten der Zusammenarbeit zwischen ihnen regelt, um einen diskriminierungsfreien, effizienten und massen3 Der Grundsatz des Zweivertragsmodells sieht vor, dass für den Transport von Gas durch mehrere Gasversorgungsnetze nur zwei Verträge notwendig sind, ein Einspeiseund ein Ausspeisevertrag. Die Entfernung und die Zahl der genutzten Netze spielen bei der Abwicklung des Transports und der Berechnung der Netzentgelte keine Rolle. 4 Das transaktionsabhängige Zugangsmodell sieht vor, dass für den Transport von Gas durch mehrere Gasversorgungsnetze für jedes Netz, das genutzt werden soll, ein eigener Vertrag abgeschlossen werden muss. Die Berechnung der Netzentgelte erfolgt an Hand eines fiktiven Transportpfades, den das Gas vom Einspeise- zum Ausspeisepunkt nimmt, und ist dadurch entfernungsabhängig.

A. Problemstellung

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geschäftstauglichen Netzzugang zu angemessenen Bedingungen zu gewährleisten. Für und gegen die KoV werden folgende Argumente ins Feld geführt: – Befürworter der KoV weisen darauf hin, dass es der BNetzA alleine niemals gelungen wäre, innerhalb so kurzer Zeit das Zweivertragsmodell umzusetzen. Sie preisen die Flexibilität und Sachnähe dieses Ansatzes. – Kritiker sehen in der KoV eine Fortführung der Verbändevereinbarungen, die von den Netzbetreibern genutzt wird, um ihre Interessen gegenüber anderen Marktakteuren zu schützen. Sie bemängeln, dass Netznutzer und Konsumenten systematisch von den Verhandlungsprozessen ausgeschlossen werden. Fraglich ist, welcher Seite zuzustimmen ist. Hier liegt ein Schwerpunkt der empirischen Untersuchung dieser Arbeit. Am Beispiel der KoV lässt sich untersuchen, inwieweit Ansätze des Regulierungs- und Gewährleistungsstaates in der Praxis miteinander in Einklang gebracht werden können und welche Rolle die unterschiedlichen staatlichen und privaten Akteure des Gasmarkts bei der Fortentwicklung des Netzzugangsmodells im Rahmen der KoV spielen und spielen sollten. Bei der KoV scheinen die Merkmale und Probleme des Gewährleistungsstaates zu überwiegen, während bei der Anreizregulierung die Merkmale und Probleme des Regulierungsstaates deutlicher scheinen. b) Einführung der Anreizregulierung Ebenso wie sich die Regelungen des generellen Netzzugangsmodells für den Gasmarkt im Gesetzgebungsverfahren geändert haben, haben sich auch die Regelungen zur Bestimmung der Netzentgelte geändert. Im Referentenentwurf (Bundesregierung 2004a) war in § 21 EnWG zunächst nur die kostenbasierte Berechnung der Netzentgelte vorgesehen, die dem Ansatz der Verbändevereinbarungen entsprach. Die Regulierungsbehörde sollte ursprünglich nur die Methoden der Netzentgeltbildung und nicht die Netzentgelte der einzelnen Unternehmen selbst regulieren (Becker 2005b: 190). Im Vermittlungsausschuss wurde diese Entscheidung revidiert und eine Ex-ante-Genehmigung der Netzentgelte eingeführt. Die Bundesnetzagentur wurde durch diese Entscheidung vor ein zentrales Problem gestellt, da sie mehrere hundert Genehmigungsanträge der Strom- und Gasversorgungsnetzbetreiber innerhalb eines halben Jahres bescheiden sollte. Hinzu kamen zwei weitere Entscheidungen des Vermittlungsausschusses, die die gegenwärtige Regulierungslandschaft entscheidend prägen: Die Einrichtung von Landesregulierungsbehörden und die Einführung einer Anreizregulierung. Ursprünglich war vorgesehen, dass nur die Bundesnetzagentur für die Regulierung der Strom- und Gasversorgungsnetze zuständig sein sollte. Im Vermittlungsverfahren haben die Bundesländer darauf gedrängt, dass sie in die Regulierung mit einbezogen werden. Dieses Vorgehen wurde von den Ländervertretern (Bundesrat 2004a: 443) damit begründet, dass die Länder aufgrund ihrer Zustän-

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1. Teil: Problemstellung, Theoretischer Bezugsrahmen und Methoden

digkeiten in den Aufsichtsverfahren vor der Liberalisierung über die entsprechende Expertise verfügen würden, die bei der Ausgestaltung der Netzzugangsund Netzentgeltregulierung nützlich sei. Der damalige Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (Bundesrat 2004b: 444) sprach sich zunächst gegen die Einrichtung von Landesregulierungsbehörden aus, da dies den bürokratischen Aufbau und das Verfahren unnötig verkomplizieren würde. Die Bundesregierung (2004b: 1) war der Auffassung, „dass ein ausschließlicher Vollzug durch eine Bundesregulierungsbehörde die sachgerechte Lösung ist, um einheitliche Wettbewerbsbedingungen und klare Zuständigkeiten zu gewährleisten“. Im Ergebnis konnten sich allerdings die Länder durchsetzen. Der Vollzug wurde zwischen Bundesnetzagentur und Landesregulierungsbehörden aufgeteilt. Die Länder, die keine Landesregulierungsbehörden einrichten wollten, konnten ihre Kompetenzen im Wege der Organleihe auf die Bundesnetzagentur übertragen (Franke 2011b: 517). Für diese Länder übernimmt dadurch die BNetzA die Aufgaben der Landesregulierungsbehörde. Insgesamt haben sich zehn Länder für die Einrichtung von eigenen Landesregulierungsbehörden entschieden. Die Zuständigkeiten der Landesregulierungsbehörden sind abschließend in § 54 EnWG geregelt worden. Sie sind nur für Energieversorgungsunternehmen zuständig, an die weniger als 100.000 Kunden angeschlossen sind und die nur innerhalb eines Bundeslandes tätig sind. Weil man befürchtete, dass eine jährliche kostenbasierte Netzentgeltregulierung aufgrund von Informationsasymmetrien nur bedingt geeignet sei, überhöhte Netzentgelte nach unten zu regulieren (Schaefer/Schönefuß 2006: 173 f.; Theobald/Hummel/Gussone/Feller 2008: 17 ff.), wurden mit § 21a EnWG die Grundlagen für die Einführung der Anreizregulierung im Vermittlungsausschuss geschaffen. Die Anreizregulierung zielt darauf ab, den Informationsbedarf von Regulierungsbehörden soweit wie möglich zu senken und die Preisentwicklung und nicht die Unternehmenskosten in den Mittelpunkt der Regulierung zu stellen, um zu verhindern, dass sich die Situation für den Netznutzer verschlechtert. Das Ausgangskonzept wurde in Großbritannien entwickelt (Littlechild 1983) und sieht vor, dass die Netznutzungspreise für eine bestimmte Periode mit einer Obergrenze versehen werden, um einen übermäßigen Anstieg zu verhindern. Dieses Konzept ist über die Jahre ausgebaut worden (Knieps 2007: 175; Jamasb/Pollitt 2007: 6166 ff.; Joskow 2008b: 544 ff.; Littlechild 2009a: 2), so dass es inzwischen zur Festlegung von unternehmensindividuellen Erlösobergrenzen eingesetzt wird, die auf der Grundlage eines Vergleichsverfahrens ermittelt werden (Bauer 2010b: 226). Von der Einführung der Anreizregulierung in Deutschland versprachen sich Monopolkommission (2004: 74 f.; 2006: 63) und Bundesnetzagentur (2006a: 50; 2007a: 149 f.; 2008a: 153 ff.) eine erhebliche Verfahrenserleichterung bei der

A. Problemstellung

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Netzentgeltgenehmigung und sinkende Netzentgelte. Die Festlegung der Erlösobergrenzen für die erste Regulierungsperiode wurde durch Probleme des Benchmarking- und Festlegungsverfahrens erschwert (Kutschke u. a. 2009: 79 f.; Bundesnetzagentur 2009a: 155; 2010a: 178 ff.; Küper 2010: 62 ff.), weshalb sich die Hoffnung auf eine Verfahrenserleichterung wohl nicht erfüllt hat. In Großbritannien – dem Vorreiter in der Anreizregulierung – sind in den letzten Jahren große Zweifel an der Praxistauglichkeit der Anreizregulierung aufgekommen (vgl. u. a. Pollitt 2008: 68 ff.; Littlechild 2009a: 1 ff.; Helm 2010: 295; Littlechild 2011: 4). Denn die Netze sind nicht in erforderlichem Maße um- und ausgebaut worden, um die Nachhaltigkeit der Netzstruktur sicherzustellen und die ehrgeizigen Klimaschutzziele zu unterstützen, da das Absenken der Netzentgelte durch die Anreizregulierung auf Kosten der Infrastruktur erkauft wurde (Pollitt 2008: 70). Deshalb wurde von der britischen Regulierungsbehörde Ofgem (2009: 3 ff.) von 2008 bis 2010 geprüft, ob die Anreizregulierung weiterhin als Regulierungsansatz geeignet sei. Dabei wurden auch Verhandlungslösungen als Alternative in Erwägung gezogen, die Ähnlichkeiten zum System der Verbändevereinbarung aufweisen (Nixon 2009: 21; LECG 2009: 96 ff.; Ofgem 2010a: 29). Im Ergebnis entschied man sich für eine Modifikation der Anreizregulierung, die durch Verhandlungselemente ergänzt werden soll (Ofgem 2010b).

III. Untersuchungsprogramm und Untersuchungsfragen Das Untersuchungsprogramm der Arbeitet gliedert sich in folgende Schritte: 1. Beschreibung und Erklärung formalen und informalen Regulierungshandelns bei der Gasnetzzugangs- und Gasnetzentgeltregulierung. 2. Beschreibung von Liberalisierungsdefiziten, die sich mit Merkmalen des Regulierungshandelns und Regulierungssystems erklären lassen. 3. Bewertung des Regulierungshandelns und Regulierungssystems sowie Entwicklung von Reformüberlegungen zur Verminderung von Regulierungs- und Liberalisierungsmängeln. Aus den zuvor gemachten Ausführungen lassen sich die folgenden Untersuchungsfragen ableiten: 1. Welche Liberalisierungsdefizite bestehen? 2. Welche Vollzugsprobleme bestanden/bestehen bei der Umsetzung des gesetzlichen Gasnetzzugangsmodells und der Anreizregulierung? Wodurch wurden/ werden sie verursacht? 3. Wie versuchen Bundesnetzagentur und Landesregulierungsbehörden, Vollzugsprobleme zu bewältigen? Welche Rolle spielen formale und informale Interaktionsprozesse zwischen Regulierungsbehörden und Marktakteuren?

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1. Teil: Problemstellung, Theoretischer Bezugsrahmen und Methoden

4. Wie wirken die Marktakteure auf den Regulierungsprozess ein? Gelingt es ihnen, ihre eigenen Interessen gegenüber Gemeinwohlbelangen im Regulierungsprozess durchzusetzen? 5. Welche Auswirkungen hat das Regulierungshandeln auf das Liberalisierungsergebnis? 6. Erweisen sich bestimmte Regulierungsstrategien als vorzugswürdig? Wie lässt sich das bestehende Regulierungsdesign fortentwickeln?

B. Theoretischer Bezugsrahmen für die Analyse des Regulierungshandelns, Variablenkomplexe und Bewertungsmaßstäbe I. Grundkonzeption Die Untersuchung ist als explorative Studie angelegt und verfolgt einen empirisch-analytischen und einen normativen Ansatz. Ziel des empirisch-analytischen Ansatzes ist es, Vollzugsprobleme bei der Umsetzung des gesetzlichen Gasnetzzugangsmodells und der Anreizregulierung sowie die Strategien und Maßnahmen der Bundesnetzagentur und der Landesregulierungsbehörden zu ihrer Bewältigung zu beschreiben und zu erklären. Ein weiteres Ziel ist es, empirisch fundierte Merkmale des formalen und informalen Regulierungsverhaltens von Regulierungsbehörden herauszuarbeiten, die bei einer vollzugsorientierten Fortentwicklung von Regulierungssystemen berücksichtigt werden müssen. Die Ergebnisse dieser Analyse bilden die Ausgangslage für die Entwicklung normativer Empfehlungen zur Verbesserung des Regulierungssystems und Regulierungsergebnisses. Als Ausgangspunkt dienen hier das Konzept der Collaborative Governance und das Leitbild des Gewährleistungsstaates.

II. Theoretischer Bezugsrahmen für die empirische Analyse Der theoretische Bezugsrahmen ergibt sich im Wesentlichen aus dem von Bohne und dem Verfasser entwickelten Ansatz einer verhaltens- und vollzugsorientierten Regulierungstheorie (Bohne/Bauer 2011). Der Ansatz greift auf unterschiedliche Theorieansätze und Konzepte der Politik-, Verwaltungs-, Wirtschaftswissenschaften zurück, um das Verhalten von Regulierungsbehörden, Regulierungsadressaten und anderen Marktakteuren im Vollzug zu beschreiben und Vollzugsprobleme zu erklären. Die Interdisziplinarität dieses Ansatzes soll sicherstellen, dass alle relevanten Merkmale der Regulierungssituation erfasst werden, die in den im Energiebereich vorherrschenden monodisziplinären ökonomischen Ansätzen ausgeblendet werden. Hierzu gehört beispielsweise informales Regulierungsverhalten. Denn erst durch die Verbindung unterschiedlicher Theo-

B. Theoretischer Bezugsrahmen

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rieansätze wird eine konsistente Beschreibung und Erklärung der Netzzugangsund Netzentgeltregulierungspraxis von BNetzA und LRegB im Gassektor möglich. 1. Akteurzentrierter Institutionalismus als Grundgerüst Herzstück des theoretischen Bezugsrahmens ist der von Mayntz und Scharpf entwickelte Ansatz des „akteurzentrierten Institutionalismus“ (Mayntz/Scharpf 1995; Scharpf 2000). Hierbei handelt es sich nicht um ein geschlossenes Erklärungsmodell, sondern um einen Theoriebaukasten, der die Akteurs- mit der Regelungsperspektive verbindet, um unterschiedliche Problemstellungen zur Steuerung und Selbstorganisation gesellschaftlicher Teilbereiche analysieren zu können (Mayntz/Scharpf 1995: 39). Der akteurzentrierte Institutionalismus ist aus der Implementationsforschung hervorgegangen. Diese hat sich seit Anfang der 1970er Jahre mit der Frage beschäftigt, warum die tatsächlichen Wirkungen von politischen Programmen und Rechtsvorschriften häufig nicht den Zielen und Erwartungen entsprechen, die bei ihrer Formulierung bestanden (vgl. u. a. Pressman/Wildavsky 1973; Mayntz 1977; Windhoff-Héritier 1980). Der Begriff „Implementation“ bezeichnet in diesem Kontext den Vollzug von politischen Programmen und Rechtsvorschriften. In der Anfangszeit der Implementationsforschung wurde der Implementationsprozess nur aus der Perspektive derjenigen untersucht, die die Programme und Rechtsvorschriften formuliert hatten, aber inzwischen ist man auch dazu übergegangen, die Perspektive der Akteure auf der Vollzugsebene mit einzubeziehen, weshalb man den Prozess von der Programmformulierung bis zur Implementation inzwischen als das Zusammenspiel mehrerer Akteure in Interaktionssystemen betrachtet (vgl. u. a. Bohne/Bauer 2011; Hill/Hupe 2002). Einen solchen Ansatz stellt der akteurzentrierte Institutionalismus dar, der eine Verbindung der handlungsbezogenen Theorieansätze der Wirtschaftswissenschaften mit den institutionenbezogenen Theorieansätzen der Soziologie und Politikwissenschaft vorsieht, um Interaktionsprozesse und Interaktionsergebnisse bei der Programmformulierung und Programmimplementation zu beschreiben und zu erklären. Zwei Faktoren sind hierbei von besonderer Bedeutung: der Eigennutz der Akteure, der ihr Handeln antreibt, und Institutionen (rechtliche und soziale Regeln), die das Akteurshandeln beeinflussen, lenken und begrenzen (Bohne/Bauer 2011: 264). Das Akteurshandeln selbst ist auf ein bestimmtes Problem bezogen, das die Akteure anhand des Status quo analysieren, um Ursache und Folgen sowie die Wirksamkeit und Vorzugswürdigkeit ihrer Handlungsoptionen zu bewerten (Scharpf 2000: 86). Die Akteure sind in der Lage, strategisch zu handeln, und tun dies auch, um ihre Interessen in Interaktionsprozessen durchzusetzen (Scharpf 2000: 107). Für die Untersuchung bedeutet dies, dass zur Erklärung der Entwicklung der Netzzugangssituation und der Netzentgelte nicht nur die einschlägigen Rechtsvorschriften und Regulierungsentscheidungen, sondern auch die Interaktionen

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zwischen Gesetzgeber, Regulierungsbehörden, Netzbetreibern, Verbänden und den anderen Akteuren betrachtet werden müssen, die sie hervorgebracht haben. a) Akteure, Akteurskonstellation und Interaktionsformen Zur Konzeption der Akteure greift der akteurzentrierte Institutionalismus auf die handlungsorientierten Rationalitätsmodelle der Wirtschaftswissenschaften zurück. Das gängigste ökonomische Modell zur Verhaltensanalyse ist das Homo-oeconomicus-Modell. Es basiert auf folgenden Grundbausteinen: Die Akteure sind eigennutzgetrieben, verfügen über gegebene und konstante Ziele und Präferenzen, die Restriktionen ihrer Handlungsalternativen (z. B. durch knappe Ressourcen) sind ihnen bekannt und sie sind in der Lage, die für sie beste Handlungsalternative zur Erfüllung ihrer Präferenzen auszuwählen (Erlei/Leschke/Sauerland 2007: 2). An diesem Grundmodell wird kritisiert, dass es nur unter bestimmten Prämissen in der Realität funktionieren kann. Denn die Akteure sind häufig nicht in der Lage, alle denkbaren Alternativen wahrzunehmen, alle möglichen Konsequenzen abzuschätzen und diese abschließend im Vergleich zueinander zu bewerten. Hinzu kommt, dass ihre Präferenzen nicht statisch sind und sich über den Zeitverlauf ändern können. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der „begrenzten Rationalität“ der handelnden Akteure (Erlei/Leschke/Erlei/Sauerland 2007: 7). Von Simon (1955: 104 ff.) wurde ein auf dieser Grundannahme beruhendes Entscheidungsmodell als Alternative zum Homo-oeconomicus-Modell entworfen. Es geht davon aus, dass Menschen in der Realität bereits zufriedenstellende Lösungen akzeptieren und nicht immer das Optimum anstreben. Das daraus abgeleitete „Satisficing-Modell“ zeichnet sich durch folgende Prämissen aus: Die Akteure sind nicht zur Optimierung von Problemlösungen in der Lage, sie vertrauen auf Routinen und Regeln, um ihre Probleme zu lösen und in komplexen Situationen handlungsfähig zu bleiben, und akzeptieren daher bereits zufriedenstellende Lösungen (Erlei/Leschke/Sauerland 2007: 8). Akteure zeichnen sich in beiden Modellen grundsätzlich durch ihre individuellen Fähigkeiten, Wahrnehmungen und Präferenzen aus (Scharpf 2000: 95). Diese Merkmale sind entscheidend, um das Verhalten von Akteuren beschreiben und analysieren zu können. Die Grundannahme des akteurzentrierten Institutionalismus ist, dass auch komplexe Akteure – die sich aus mehreren Personen und/ oder unterschiedlichen Personengruppen zusammensetzen, wie Behörden oder Verbände – über solche Merkmale verfügen, die ihr Handeln beeinflussen. Natürlich gibt es innerhalb komplexer Akteure wiederum einzelne Individuen in Form von Angestellten oder Mitgliedern, die ebenfalls eigene Ziele und Interessen verfolgen, aber diese werden für die Analyse des Verhaltens komplexer Akteure

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weitgehend ausgeblendet. Scharpf (2000: 101 ff.) teilt die komplexen Akteure in zwei Gruppen ein: kollektive und korporative Akteure. Kollektive Akteure, wie Parteien oder Verbände, werden durch ihre Mitglieder kontrolliert, und ihre Präferenzen hängen von den Mitgliedern ab, während korporative Akteure, wie Unternehmen oder Behörden, hinsichtlich ihrer Präferenzen und Autonomie eine größere Unabhängigkeit von ihren Angestellten besitzen. Das bedeutet für die Untersuchung, dass BNetzA und LRegB als eigenständige Akteure betrachtet werden, die über individuelle Ressourcen, Wahrnehmungen und Präferenzen verfügen, welche ihre Interaktionen mit anderen Akteuren, wie Netzbetreibern oder Verbänden, beeinflussen. Das wichtigste Merkmal eines Akteurs sind seine individuellen Fähigkeiten. Dieser Begriff umfasst alle Handlungsressourcen, die einem Akteur zur Verfügung stehen (Scharpf 2000: 95). Hierzu gehören nicht nur die personelle und finanzielle Ausstattung der Akteure, sondern auch ihr Zugang zu Informationen und ihre Möglichkeiten, das Verhalten anderer Akteure zu beeinflussen. Beispielsweise verfügen Regulierungsbehörden nicht nur über eine bestimmte personelle und finanzielle Ausstattung, sondern auch über bestimmte Ermittlungs- und Eingriffsbefugnisse, die sie einsetzen können, um Informationen bei den Regulierungsadressaten zu erheben oder ihr Verhalten zu beeinflussen. Unter der Wahrnehmung wird die Kombination von Wissen und Unwissen verstanden, über die ein Akteur verfügt (Scharpf 2000: 114). Die Wahrnehmung bestimmt, welche Handlungsoptionen die Akteure identifizieren und wie sie die wahrscheinlichen Resultate dieser Handlungsoptionen und die damit verbundenen Auswirkungen auf ihre Präferenzen bewerten. In diesem Zusammenhang spielen Informationsasymmetrien zwischen den Akteuren eine entscheidende Rolle, da Akteure, die über Informationsvorsprünge gegenüber anderen Akteuren verfügen, diese zu ihrem Vorteil nutzen können. Beispielsweise könnte ein Netzbetreiber in Betracht ziehen, seine tatsächlichen Netzkosten zu verzerren, um eine höhere Erlösobergrenze genehmigt zu bekommen und dadurch höhere Gewinne zu erzielen, wenn er davon ausgehen kann, dass die Regulierungsbehörde diese Handlung nicht bemerkt, weil sie nicht über die Kenntnisse und/oder Ressourcen verfügt, um seine Manipulation aufzudecken. Bei den Präferenzen handelt es sich um die Maßstäbe, mit denen Akteure die ihnen zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen bewerten (Scharpf 2000: 116 ff.). Diese werden vor allem durch das Eigeninteresse der Akteure bestimmt, aber das sie umgebende institutionelle Umfeld hat ebenfalls Einfluss auf die Präferenzen. Bei dem vorigen Beispiel mit dem Netzbetreiber würde die Möglichkeit einer Sanktionierung des Manipulationsversuchs durch die Regulierungsbehörde eine entscheidende Rolle bei der Bewertung spielen. Die Akteurskonstellation beschreibt die Vielzahl der Akteure, die an den zu untersuchenden Interaktionen beteiligt sind. Sie umfasst alle beteiligten Akteure,

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ihre Handlungsoptionen sowie die damit verbundenen Präferenzen und Konsequenzen (Scharpf 2000: 87). Grundsätzlich sieht das britische Regulierungsmodell eine hierarchische Akteurskonstellation vor, bei der die unabhängigen Regulierungsbehörden notfalls auch gegen die Zustimmung anderer Akteure das Regulierungsergebnis festlegen und durchsetzen. Allerdings können Informations-, Überwachungs- oder Sanktionsmängel dazu führen, dass die Regulierungsbehörden in eine kooperative Konstellation gedrängt werden, um ihre Präferenzen durchzusetzen. Betrachtet man beispielsweise die Fortentwicklung des Gasnetzzugangsmodells, dann besteht die Akteurskonstellation aus BNetzA, Netzbetreibern, Verbänden und anderen Akteuren, die jeweils für sich versuchen, auf die Ausgestaltung des Netzzugangs Einfluss zu nehmen, und miteinander verhandeln. Es kommt zu Verhandlungsarrangements und -prozessen im so genannten „Schatten der Hierarchie“ 5. Regulierungsentscheidungen werden zwischen Regulierungsbehörden, Regulierungsadressaten und anderen Akteuren ausgehandelt, obwohl die Regulierungsbehörden alternativ auch eine einseitige Entscheidung erlassen könnten, die von den Adressaten befolgt werden müsste. Gerade im Bereich des Ordnungsrechts – mit dessen Instrumenten in Form von Ge- und Verboten sowie Genehmigungen auch das Regulierungsrecht operiert – ist zu beobachten, dass es regelmäßig zu Einigungen im „Schatten der Hierarchie“ kommt, um möglicherweise langwierige Verfahren abzukürzen. Deshalb vermutet Fehling (2010: 1129 f.), dass informelles Vorgehen in Form von (Vor-)Absprachen „typisch“ für die Netzzugangsregulierung sei, auch wenn hierzu noch keine Untersuchungen vorliegen würden. Beispielsweise ist anzunehmen, dass Regulierungsbehörden den Regulierungsadressaten beim Erlass von Verfügungen entgegenkommen, wenn diese im Gegenzug auf die Einlegung von Rechtsmitteln verzichten. Solche Verhandlungsprozesse stehen im Mittelpunkt der empirischen Untersuchung, denn es ist anzunehmen, dass sie eine zentrale Rolle im Regulierungsprozess einnehmen. Mit dem Begriff „Interaktionsformen“ werden die Handlungsmöglichkeiten der Akteure innerhalb der Akteurskonstellation beschrieben, die durch das institutionelle Umfeld definiert werden (Scharpf 2000: 90). Die strategische Entscheidung eines Akteurs für eine bestimmte Handlungsform wird vor allem durch die Akteurskonstellation beeinflusst (Scharpf 2000: 92 ff.). Wenn die Akteurskonstellation beispielweise Verhandlungen im „Schatten der Hierarchie“ zulässt, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass die Akteure versuchen, Regulierungsentscheidungen auszuhandeln, um die Durchsetzungskosten für ihre Präferenzen abzusenken. Beispielsweise könnte die BNetzA versuchen, einen aus ihrer Sicht bestehenden Missstand durch informale Verhandlungen mit den betroffenen

5 Vgl. zum Konzept des „Schattens der Hierarchie“ u. a. Scharpf 1992: 25; ders. 1993: 145 ff.; ders. 2000: 323 ff.; Héritier/Lehmkuhl 2008: 6; Börzel 2008: 123 ff.; Töller 2008: 283.

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Netzbetreibern abzuschaffen, oder einseitig handeln und eine entsprechende Verfügung erlassen. Die Abwägung der BNetzA würde in diesem Fall durch ihre Ressourcen, Wahrnehmung und Präferenzen beeinflusst. Beispielsweise könnte sie die Verhandlungslösung bevorzugen, weil ihr die Ressourcen für einen potenziell langwierigen Rechtsstreit fehlen. Sie könnte aber auch die Verfügung bevorzugen, um ein Exempel zu statuieren, das andere Netzbetreiber vom Nachahmen abhalten soll. b) Institutioneller Kontext Unter Institutionen versteht Scharpf (2000: 77) Regelsysteme, die die Handlungsoptionen der Akteure strukturieren. Es handelt sich hierbei sowohl um formale Rechtsvorschriften als auch informale Verhaltensregeln, die sich auf die Akteure auswirken. Grundsätzlich wirken sich Institutionen nicht deterministisch auf das Verhalten der Akteure aus, sondern erweitern oder beschränken lediglich die zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen der Akteure mit Blick auf ihre Folgen (Schneider/Janning 2006: 92). Beispielsweise könnte sich ein Netzbetreiber bewusst zu einem Rechtsbruch entscheiden, obwohl dieser zu Sanktionierungen führt, wenn er das Aufdeckungsrisiko für geringer als den damit verbundenen wirtschaftlichen Vorteil bewertet. Ebenso könnte ein Netzbetreiber auf das Einlegen von Rechtsmitteln gegen eine ihm unliebsame Entscheidung der Regulierungsbehörde verzichten, weil er befürchtet, dass er dadurch seine guten Beziehungen zu den Sachbearbeitern zerstören könnte. Der „institutionelle Kontext“ ist ein Sammelbegriff für alle institutionellen Faktoren, die auf die zu untersuchende Problemsituation einwirken, und keine fest definierte Anzahl von Variablen (Scharpf 2000: 78; Bohne/Bauer 2011: 264). Im Rahmen der Untersuchung werden neben den einschlägigen Rechtsvorschriften auch Elemente der Regulierungskultur und des Ansatzes der strukturellfunktionalen Systemtheorie als Bestandteil des institutionellen Kontexts betrachtet [s. u. 1. Teil, B., II., 3., a)], die das Verhalten der Akteure prägen. c) Grundgerüst für die empirische Analyse Grundsätzlich handelt es sich beim akteurzentrierten Institutionalismus um ein Ordnungssystem, das zur Eingliederung von Partialtheorien und/oder Kausalmechanismen dient, die der Beschreibung und Erklärung des Untersuchungsgegenstandes dienen (Scharpf 2000: 65). Die Kombination unterschiedlicher theoretischer Module soll es ermöglichen, komplexe empirische Phänomene, wie das Regulierungshandeln, zu beschreiben und zu erklären. Im Rahmen der empirischen Analyse des formalen und informalen Regulierungshandelns werden unterschiedliche wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Theorieansätze und Konzepte miteinander kombiniert. Abbildung 3 (s. u.) zeigt die Zusammensetzung

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Abbildung 3: Theorie- und Konzeptbausteine der Analyse des Regulierungshandelns

dieser Theorieansätze und Konzepte im Ordnungssystem des akteurzentrierten Institutionalismus. Die im Folgenden dargestellte Zusammensetzung von Theorieansätzen und Konzepten wird im nächsten Abschnitt vertieft werden. – Problemsituation: Zur Beschreibung und Erklärung von Vollzugsproblemen im Regulierungsprozess kann die wirtschaftswissenschaftliche Agenturtheorie herangezogen werden, da Vollzugsprobleme in vielen Fällen auf Informationsasymmetrien und Probleme bei ihrer Überwindung zurückgeführt werden können. – Akteure: Zur Beschreibung und Erklärung der Akteursinteressen und des Akteursverhaltens im Regulierungsprozess kann die wirtschaftswissenschaftliche positive Theorie der Regulierung und die sozialwissenschaftliche Entscheidungstheorie des Inkrementalismus herangezogen werden. Die positive Theorie der Regulierung zeigt, dass alle Akteure im Regulierungsprozess eigene Interessen verfolgen und es zu Situationen kommen kann, in denen Entscheidungen von Regulierungsbehörden dem Schutz der Interessen der Regulierungsadressaten dienen. Die wirtschaftswissenschaftliche Transaktionskostentheorie zeigt, dass bei der Bewertung von Entscheidungsalternativen durch die

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Akteure die Transaktionskosten, z. B. in Form von Verhandlungs- und Durchsetzungskosten, eine zentrale Rolle spielen. Nach der sozialwissenschaftlichen Entscheidungstheorie des Inkrementalismus verfolgen die Akteure ihre eigenen Interessen, aber ihre begrenzte Rationalität führt dazu, dass sie nicht zur Maximierung ihres Nutzens in der Lage sind, weshalb sie in der Regel nur zufriedenstellende Lösungen suchen. – Institutioneller Kontext: Der institutionelle Kontext kann durch die wirtschaftswissenschaftliche Normative Theorie der Regulierung und das sozialwissenschaftliche Konzept der Regulierungskultur beschrieben und erklärt werden. Die Normative Theorie der Regulierung hat die Entwicklung von Regulierungsansätzen und Regulierungsmechanismen geprägt, die zu Kernelementen der europäischen und nationalen Regulierungsvorschriften geworden sind. Das Regulierungshandeln wird nicht nur durch diese Vorschriften, sondern auch durch die Regulierungskultur beeinflusst. Hierbei handelt es sich um Institutionen, die die Einstellungen der Akteure zum Verhältnis von Staat und Wirtschaft und administrative und rechtliche Traditionen widerspiegeln. – Akteurskonstellation: Die Akteurskonstellation im Regulierungsprozess lässt sich durch die wirtschaftswissenschaftliche Agenturtheorie beschreiben und erklären, da hier Prinzipal-Agenten-Verhältnisse vorliegen, die durch teilweise erhebliche Informationsasymmetrien geprägt sind. – Interaktionsformen: Die sozialwissenschaftliche strukturell-funktionale Systemtheorie zeigt, dass das formale Regulierungssystem durch ein informales Regulierungssystem ergänzt wird, das dazu dient, Systembedürfnisse zu befriedigen, die das formale System nicht befriedigen kann. Die Folge ist, dass die Akteure neben formalen auch über unterschiedliche informale Interaktionsformen verfügen. Formale und informale Interaktionen sind nach der wirtschaftswissenschaftlichen Transaktionskostentheorie mit unterschiedlichen Transaktionskosten verbunden, die auch die Wahl der Interaktionsform beeinflussen. – Entscheidungen: Nach der sozialwissenschaftlichen Entscheidungstheorie des Inkrementalismus verfolgen die Akteure ihre eigenen Interessen, aber ihre begrenzte Rationalität führt dazu, dass sie nicht zur Maximierung ihres Nutzens in der Lage sind, weshalb sie in der Regel nur zufriedenstellende Lösungen suchen und sich dafür entscheiden.

2. Wirtschaftswissenschaftliche Theorieansätze und Konzepte a) Regulierungstheorien Nach wirtschaftswissenschaftlichem Verständnis sind unter Regulierung „alle hoheitlichen Eingriffe in die Gewerbe- und Vertragsfreiheit“ zu verstehen, „die

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der Festlegung und Durchführung allgemein (universell) gültiger Spielregeln der Marktwirtschaft“ dienen (Leschke 2010: 288). Grundsätzlich gibt es zwei gegensätzliche Theorieansätze, die sich mit der Bestimmung von Regulierungsursachen und dem Regulierungszweck auseinandersetzen. aa) Normative Theorie der Regulierung Die so genannte „Normative Theorie der Regulierung“ (Knieps 2007: 181; 2010: 88 f.) geht davon aus, dass ein so genanntes „Marktversagen“ Regulierung legitimiert und erfordert. Die Theorie leitet sich aus dem neoklassischen Gleichgewichtsmodell ab. Ein Marktversagen liegt vor, wenn sich kein Wettbewerb im Sinne des neoklassischen Gleichgewichtsmodells einstellen kann, weil bestimmte Randbedingungen des Gleichgewichtsmodells verletzt werden (Knieps 2008: 11). Die dahinter stehende Grundannahme ist, dass ein Markt mit flexiblen Preisen zu einer optimalen Allokation von Ressourcen, Gütern und Dienstleistungen führt und somit die beste Möglichkeit zur Lösung von Knappheitsproblemen darstellt, weil sich auf ihm ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellt (Erlei/Leschke/Sauerland 2007: 43; Fritsch/Wein/Ewers 2007: 28). Die Funktionsfähigkeit dieses Modells setzt allerdings bestimmte Bedingungen voraus, die das Einstellen eines Marktgleichgewichts ermöglichen; hierzu gehören beispielsweise vollständige Markttransparenz, unendliche Reaktionsgeschwindigkeit der Marktakteure, konstante Präferenzen sowie eine atomistische Marktstruktur. Regulierung dient als Marktkorrekturmaßnahme dazu, eine Verletzung dieser Randbedingungen zu heilen und dadurch sicherzustellen, dass sich ein Marktgleichgewicht einstellen kann (Leschke 2010: 307). Als eine solche Verletzung wird ein so genanntes „natürliches Monopol“ gesehen, das sich durch eine subadditive Kostenfunktion in Verbindung mit irreversiblen Kosten auszeichnet (Haucap/Uhde 2008: 242). Das heißt, dass ein Anbieter aufgrund von Größen- und Verbundvorteilen oder sonstigen Faktoren einen Markt kostengünstiger beliefern kann als mehrere Anbieter und dass ein Marktzutritt neuer Anbieter aufgrund hoher Investitionskosten unwahrscheinlich ist. Natürliche Monopole gelten gemeinhin als regulierungsbedürftig, da sie einerseits dazu tendieren, aufgrund des fehlenden Wettbewerbsdrucks Ineffizienzen zu entwickeln, und andererseits die Gefahr eines Missbrauchs der Monopolmacht durch die Eigentümer bergen (Joskow 2009a: 1229). Grundsätzlich gelten die Energieversorgungsnetze als regulierungsbedürftige natürliche Monopole, da ein Netzbetreiber im Regelfall in der Lage ist, einen Markt kostengünstiger zu versorgen als mehrere Betreiber, und der Aufbau und die Instandhaltung von Netzen mit erheblichen Kosten verbunden sind (Knieps 2007: 155). Bei einem unregulierten Netzbetrieb besteht die Gefahr, dass ein vertikal integriertes Energieversorgungsunternehmen, also ein Unternehmen, das auch auf den den Netzen vorund nachgelagerten Erzeugungs- und Vertriebsmärkten aktiv ist, seine Monopol-

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stellung bei den Netzen ausnutzt, um potenzielle Wettbewerber durch Netzzugangsverweigerungen oder überhöhte Netzentgelte abzuwehren. Ursprünglich wurde sogar die gesamte Energieversorgung als regulierungsbedürftiges Monopol gesehen, weshalb es in vielen EU-Mitgliedstaaten zur Verstaatlichung der Energieversorgung oder zu einer staatlichen Preisaufsicht gekommen ist (Knieps 2008: 79). In den 1970er Jahren änderte sich diese Bewertung, und man stufte die den Netzen vor- und nachgelagerten Erzeugungs- und Vertriebsmärkte als wettbewerbsfähig ein (u. a. Gröner 1975: 409 ff.). Inzwischen ist man deshalb dazu übergegangen, nur noch die Netze als regulierungsbedürftige „monopolistische Bottlenecks“ zu sehen, die benötigt werden, um auf die vor- und nachgelagerten Märkte zu kommen (Knieps 2007: 164 ff.; 2008: 75 ff.). Aus dem der Normativen Regulierungstheorie zugrundeliegenden neoklassischen Grundmodell folgt, dass Regulierungsmaßnahmen für Netzinfrastrukturen darauf abzielen sollten, die Ausbeutungsspielräume des Monopolisten und Wohlfahrtseinbußen durch fehlenden Preiswettbewerb soweit wie möglich durch staatliche Regulierungsmaßnahmen zu reduzieren (Fritsch/Wein/Ewers 2007: 225). Folgende Regulierungsmaßnahmen werden aus diesem Ansatz als Kernelemente der Netzregulierung abgeleitet (Leschke 2010: 317 ff.; Joskow 2008a: 12 ff.; Knieps 2008: 103 ff.): – Durchsetzung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs, um den Zugang zu den vor- und nachgelagerten Märkten zu ermöglichen, – vertikale Separierung des Netzbetriebs, um Anreize zur Quersubventionierung aufzulösen, und – Regulierung der Netzentgelte, um eine missbräuchliche Preisgestaltung zu verhindern und die Effizienz des Netzbetriebs zu erhöhen. Aufgrund seines zunächst von diesem Schema abweichenden Regulierungsansatzes wurde Deutschland im wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum auch als „heavyweight laggard“ der Energiemarktliberalisierung bezeichnet (Newbery 2009: 49), während das britische Regulierungsmodell als Bilderbuchumsetzung und Goldstandard der Energiemarktliberalisierung gilt (Joskow 2008a: 15). Inzwischen wird Deutschland nicht mehr als rückständig bewertet, da sich das deutsche Regulierungssystem den Idealen des Schrifttums angenähert und die Wettbewerbssituation verbessert hat (vgl. European Commission 2012b: 70 ff.). Grundsätzlich wird von der Normativen Regulierungstheorie angenommen, dass Regulierungsbehörden zur Durchsetzung dieser Maßnahmen ohne eigene Interessen handeln und zu einer wohlfahrtsoptimalen Beseitigung von Marktunvollkommenheiten in der Lage sind (Knieps 2007: 181; Christensen 2011: 172). Gegen diese Annahmen können zwei Argumente vorgebracht werden: 1. Regulierung ist nicht per se im Gemeinwohlinteresse. Zwar werden nahezu alle staatlichen Regulierungsmaßnahmen mit dem Vorliegen eines Marktver-

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sagens begründet, aber das heißt noch lange nicht, dass auch tatsächlich eines vorliegt und/oder die Regulierungsmaßnahmen erforderlich sind (Knieps 2008: 11; Noll 2008: 1257; Lodge/Wegrich 2012: 29). Denn Regulierung kann auch dazu dienen, die Interessen bestimmter Akteure zu schützen (Baldwin/Cave/Lodge 2011: 42). 2. Regulierungsbehörden sind aufgrund von Informationsproblemen im Regelfall nicht in der Lage, wohlfahrtsoptimale Entscheidungen zu treffen, auch wenn sie es wollten, sondern handeln unter großen Unsicherheiten (Baldwin/ Cave/Lodge 2011: 43; Littlechild 2011: 4), weshalb sie einvernehmliche Lösungen mit den Regulierungsadressaten suchen. Trotz dieser Argumente gegen einen rein neoklassischen Regulierungsansatz hat dieser einen enormen Einfluss auf die rechtliche Ausgestaltung des europäischen und deutschen Regulierungsrahmens. Der Aspekt eines möglichen Staatsversagens staatlicher Regulierungsansätze wird von der Normativen Theorie der Regulierung dabei weitgehend ausgeblendet (vgl. Spanjer 2009: 3256). bb) Positive Theorie der Regulierung Die so genannte „Positive Theorie der Regulierung“ (Knieps 2007: 182 ff.; Leschke 2010: 308 ff.) ist eng mit der Implementationstheorie verbunden, auch wenn in der Literatur keine direkten Beziehungen hergestellt werden. Denn sie basiert auf der Feststellung, dass Regulierung – entgegen ihrer Zielsetzung – häufig nicht zur Wohlfahrtssteigerung beiträgt. Anstatt einer Beseitigung von Marktversagen kann Staatsversagen konstatiert werden. Denn die Grundannahme der Positiven Theorie der Regulierung ist, dass der Regulierungsprozess keine eigene Wohlfahrtsfunktion besitzt, sondern durch Akteursinteressen gesteuert wird. Diese Akteure bedienen ihre Interessen auf Kosten der Allgemeinheit (Leschke 2010: 315). Den Grundbaustein der Positiven Theorie der Regulierung hat die so genannte Capture-Theorie (Stigler 1971; Peltzman 1976) geliefert, die auf den beiden folgenden Hypothesen beruht: – Regulierungsbehörden verfolgen ebenfalls eigene Interessen, wollen ihren Bestand erhalten und müssen dafür Regulierungserfolge vorweisen. – Regulierungsadressaten wollen die Regulierung zu ihren Gunsten beeinflussen. Deshalb sind sie an einem kooperativen Verhältnis zu den Regulierungsbehörden interessiert. Diese Grundkonstellation führt dazu, dass sich Regulierungsbehörden und Regulierungsadressaten einander annähern, um ihre jeweiligen Interessen durchzusetzen. Im Ergebnis kommt es nach diesem Ansatz immer zu suboptimalen und wohlfahrtsschädigenden Regulierungsergebnissen. Die Regulierungsbehörden werden nach der Capture-Theorie, auch wenn sie es nicht wollen, zu „Gefangenen“ der Regulierungsadressaten und treffen Regulierungsentscheidungen in de-

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ren Interesse (Baldwin/Cave/Lodge 2011: 43 ff.). Diese können Regulierung dazu nutzen, Monopolrenten zu generieren und/oder sich gegen Markteintritte abzusichern. Ein klassisches Beispiel für die Capture-Problematik ist das Dilemma, in dem sich die Regulierungsbehörden bei der Netzentgeltgenehmigung befinden können. Sie verfügen nicht über ausreichend Informationen oder Ressourcen, um wohlfahrtsoptimale Preise festzulegen oder durchzusetzen. Deshalb einigen sie sich mit den Netzbetreibern auf Preise, die zu einer Absenkung der Netzentgelte führen, um einen Regulierungserfolg vorweisen zu können, obwohl diese Preise nicht dem wohlfahrtsoptimalen Preis entsprechen, den sie eigentlich festlegen sollen. Die Capture-Problematik wird dadurch verschärft, dass die Regulierungsadressaten nicht nur auf die Regulierungsbehörden einwirken, sondern auch auf politischer Ebene tätig sind, um bereits die Rechtsetzung in ihrem Interesse zu beeinflussen. Es wird angenommen, dass es vor allem wirtschaftlichen Akteuren in hochkonzentrierten Sektoren, wie der Energiewirtschaft, gelingt, die Politik zu ihren Gunsten zu beeinflussen, da sie über die entsprechenden Ressourcen verfügen, um den politischen Akteuren eine Gegenleistung für ihr Entgegenkommen zu bieten, wie einen Sitz im Vorstand oder Aufsichtsrat eines Energiekonzerns nach Beendigung ihrer politischen Laufbahn (Leschke 2010: 312). Dadurch kommt es zu Regulierungsvorschriften, die die Interessen dieser hoch konzentrierten Akteure gegenüber den Interessen der anderen Akteure schützen. Die großen deutschen Energiekonzerne stehen in dem Ruf, auf diesem Gebiet besonders aktiv und erfolgreich zu sein (vgl. u. a. Becker 2005b; Adamek/Otto 2010: 51 ff.; Gammelin/Hamann 2006: 216 ff.). Nach Becker (1996: 189 ff.) ließe sich das Problem der interessengeleiteten Beeinflussung auflösen, wenn für alle Interessengruppen der Zugang offen steht und die Interessen transparent sind, da sich dann im Wettstreit der Interessen ein Interessengleichgewicht bilden würde, das – zumindest in der Theorie – wohlfahrtsoptimal ist. Allerdings setzt sein Ansatz ebenfalls nur schwer erfüllbare Randbedingungen voraus. Haucap und Uhde (2008: 252 ff.) merken an, dass Regulierungsbehörden ebenfalls ein Eigeninteresse an Regulierung entwickeln können, um ihren Selbsterhalt zu sichern und ihre Befugnisse auszuweiten, weshalb in der Praxis häufig zu viel und zu lange reguliert würde. Man würde nur an den Symptomen des Marktversagens ansetzen, ohne sich um das Marktversagen selbst zu kümmern, da dadurch die Legitimationsgrundlage für die Regulierung wegfallen würde. Im Ergebnis stellt die „Positive Theorie der Regulierung“ dem Begriff des Marktversagens den Begriff des „Regulierungsversagens“ gegenüber (Joskow 2009b: 14 f.), der die Ineffizienz von Regulierung auf die Eigeninteressen der Akteure im Regulierungsprozess zurückführt.

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Gegen die Positive Theorie der Regulierung wird eingewandt, dass sie keine allgemeingültigen Aussagen zum Regulierungsprozess liefere, da sich in der Praxis durchaus Beispiele für wohlfahrtssteigernde Regulierungsprozesse finden ließen (Knieps 2010: 98; Christensen 2011: 183). Regulierungsbehörden streben in der Praxis durchaus an – entsprechend ihrem Regulierungsauftrag –, das Gemeinwohl zu steigern. Außerdem würde eine allzu offensichtliche Bedienung einseitiger Interessen den Unmut anderer Interessenvertreter und Protestreaktionen hervorrufen, weshalb ein „capture“ eher eine Ausnahme als eine Regel darstellen würde (Lodge/Wegrich 2012: 31 f.). b) Neue Institutionenökonomik Die Neue Institutionenökonomik (NIÖ) vereint unterschiedliche Theorieansätze, um Koordinations- und Organisationsbeziehungen zwischen Marktakteuren zu erklären, die in der neoklassischen Gleichgewichtswelt ausgeblendet werden (Richter/Furubotn 2010: 58). Laut Joskow (2008c: 19) hätten viele Fehler, die im Rahmen der Energiemarktliberalisierung gemacht wurden, vermieden werden können, wenn man die Grundannahmen der NIÖ bei der Ausgestaltung des Marktdesigns stärker berücksichtigt hätte. Zu den zentralen Elementen der NIÖ gehören insbesondere die Transaktionskostentheorie und die Agenturtheorie. aa) Transaktionskostentheorie Die Grundannahme der Transaktionskostentheorie ist, dass jedes Markthandeln mit spezifischen Informations-, Verhandlungs-, Entscheidungs- und Durchsetzungskosten verbunden ist, da sich alle Marktakteure opportunistisch verhalten und sich gegen den Opportunismus der anderen absichern wollen (Wolff 2000: 36). Institutionen spielen eine zentrale Rolle zur Absenkung dieser Kosten, indem sie gewünschte und unerwünschte Verhaltensweisen definieren. Unter dem Begriff „Transaktionskosten“ werden die spezifischen Kosten verstanden, die der Schaffung, Durchsetzung, dem Erhalt und der Veränderung von (1.) Institutionen im Sinne von objektiven Rechten, wie Grundrechten, und (2.) Institutionen im Sinne von subjektiven Rechten, wie Ansprüche aus Verträgen, dienen (Richter/Furubotn 2010: 57). Hinzu kommen nach Richter und Furubotn (2010: 57) noch die Kosten, die dem Betrieb der elementaren Grundordnung dienen, um überhaupt Institutionen einrichten, durchsetzen und verändern zu können. Denn alle Marktaktivitäten finden immer vor dem Hintergrund einer bestimmten staatlichen Ordnung statt, deren Bereitstellung und Pflege ebenfalls mit spezifischen Transaktionskosten verbunden ist, die auch als politische Transaktionskosten bezeichnet werden. Nach Richter und Furubotn (2010: 63) lassen sich diese in zwei Kategorien einteilen: Kosten für die Einrichtung, Erhaltung sowie Veränderung der formalen und informalen Ordnung des Staates sowie die Betriebskosten des Staates. Hierzu gehören u. a. die Kosten für die Schaffung und

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Durchsetzung der Rechtsordnung sowie der damit verbundenen politischen Entscheidungsfindung und des Vollzugs. Dazu gehören insbesondere die Verhandlungskosten zwischen den politischen Akteuren, wenn es um die Durchsetzung ihrer Interessen geht. Das bedeutet, dass die Kosten von Regulierung für die Gesellschaft nicht nur aus den unmittelbar damit verbundenen Staatsausgaben für die Regulierungsbehörden bestehen, sondern auch aus den politischen Transaktionskosten, die bei der (Fort-)Entwicklung und dem Vollzug von Regulierungsmaßnahmen anfallen. Glachant und Perez (2008: 359 ff.) zeigen, dass die Umsetzung der Regulierungsmaßnahmen im Sinne der Normativen Regulierungstheorie in Großbritannien einfacher war als in Deutschland, weil die Veränderung der zu Beginn der Liberalisierung in Deutschland geltenden Institutionen mit vielfach größeren Transaktionskosten verbunden war als in Großbritannien und es deshalb zunächst nur zu einer zögerlichen Umsetzung gekommen ist. bb) Agenturtheorie Ein besonderes Problem, das mit Transaktionskosten verbunden ist, ist der Gegenstand der Agenturtheorie, die sich mit der Bewältigung von Informationsasymmetrien beschäftigt. Das Modell zur Beschreibung dieses Grundproblems wird Prinzipal-Agenten-Modell genannt (Pratt/Zeckhauser 1991; Saam 2002; Erlei/Leschke/Sauerland 2007: 70 ff.; Voigt 2009: 84 ff.). Die Grundkonstellation dieses Modells ist, dass ein Akteur (Prinzipal) darauf angewiesen ist, dass ein anderer Akteur (Agent) eine bestimmte Handlung für ihn vornimmt. Beide verfolgen ihr eigenes Interesse im Sinne des „homo oeconomicus“. Es wird angenommen, dass der Agent einen Informationsvorsprung gegenüber dem Prinzipal besitzt und diesen zu seinem Vorteil bei Vertragsabschluss und Ausführung nutzen kann, indem er Informationen vorenthält oder manipuliert. Dieses Basisszenario kann durch unterschiedliche Konstellationen und Formen der Informationsasymmetrie modifiziert werden. Die Netzregulierung stellt ein klassisches Prinzipal-AgentenProblem dar, bei dem zwischen Regulierungsbehörde und Netzbetreibern teilweise erhebliche Informationsasymmetrien bestehen, deren vollständige Überwindung mit teilweise gravierenden Transaktionskosten für die Regulierungsbehörde verbunden ist. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Netzbetreiber die Informationsprobleme der Regulierungsbehörde zunutze machen, indem sie beispielsweise bei der Netzentgeltgenehmigung überhöhte Kosten beantragen, da sie davon ausgehen, dass die Regulierungsbehörde dies nicht merkt. Die Grundbotschaft der Agenturtheorie ist, dass der Prinzipal positive oder negative Anreize setzen muss, um zu gewährleisten, dass der Agent in seinem Interesse handelt und die Informationsasymmetrien abgebaut werden (Bohne/ Bauer 2011: 272). Dies kann durch unterschiedliche Mechanismen der Überwachung, Kontrolle, Sanktionierung oder Belohnung geschehen, die wiederum mit

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unterschiedlichen Transaktionskosten verbunden sind (Pratt/Zeckhauser 1991: 8). In bestimmten Konstellationen sind beispielsweise positive Anreize vorzugswürdiger als negative Anreize, da sie mit geringeren Transaktionskosten verbunden sind, aber es gibt auch den umgekehrten Fall. Letztlich läuft es für den Prinzipal darauf hinaus, die für ihn am besten geeignete Kombination zu finden. Der Abbau von Informationsasymmetrien ist das zentrale Problem jeglicher Kostenregulierung, da eine wohlfahrtsfördernde Regulierung ohne die erforderlichen Informationen ausgeschlossen ist. Fraglich ist, welche Mechanismen und Instrumente die für die Kostenregulierung erforderlichen Informationen zu den niedrigsten Transaktionskosten liefern. Hierzu sind unterschiedliche Regulierungsansätze entworfen worden, die darauf abzielen, positive und negative Anreize in einem optimalen Verhältnis zu kombinieren, um Informationsasymmetrien soweit wie möglich abzusenken, weshalb diese Form der Kostenregulierung auch Anreizregulierung genannt wird, da sie die Netzbetreiber anreizen soll, ihr tatsächliches Effizienzsteigerungspotenzial schrittweise zu offenbaren (Laffont/Tirole 1986; Laffont 1994; Joskow 2008a). Informationsasymmetrien bestehen nicht nur beim Vollzug, sondern spielen bereits bei der Rechtsetzung eine entscheidende Rolle, da der Gesetzgeber im Regelfall nicht über die für die Gesetzgebung erforderlichen Informationen verfügt und auf die Hilfe von externen Experten angewiesen ist. Diese können sich die Informationsprobleme des Gesetzgebers zunutze machen, um ihre eigenen Interessen bei der Gesetzgebung zu verfolgen. Britz (2006a: 95) merkt beispielsweise zur Formulierung einzelner Paragraphen im Zuge der 2005 erfolgten EnWG-Novelle an, dass sich der Eindruck aufdränge, dass der Gesetzgeber nicht mehr wusste, was er mit welcher Konsequenz eigentlich beschlossen hat. c) Bedeutung der wirtschaftswissenschaftlichen Theorieansätze und Konzepte für die Analyse des Regulierungshandelns Aus den zuvor geschilderten Theorieansätzen und Konzepten lassen sich folgende Annahmen zur Beschreibung und Erklärung des Regulierungshandelns ableiten: – Normative Theorie der Regulierung: Regulierungsansätze und -mechanismen der Normativen Theorie der Regulierung haben die europäischen und nationalen Rechtsvorschriften maßgeblich beeinflusst. Das Grundproblem der Normativen Theorie der Regulierung, dass ein kosten- und problemloser Vollzug als gegeben vorausgesetzt wird, ist ebenfalls in diese Rechtsvorschriften eingeflossen. Deshalb kommt es voraussichtlich zu teilweise erheblichen Vollzugsproblemen bei der Umsetzung von Regulierungsansätzen und -mechanismen. – Positive Theorie der Regulierung: Die Positive Theorie der Regulierung zeigt, dass alle Akteure – auch die Regulierungsbehörden – im Regulierungs-

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prozess eigene Interessen verfolgen. Regulierungsentscheidungen dienen deshalb nicht per se dem Gemeinwohl, sondern werden durch die Interessen der Akteure im Regulierungsprozess geprägt. Es ist davon auszugehen, dass dies auch bei Entscheidungen zur Gasnetzzugangs- und Gasnetzentgeltregulierung der Fall ist. – Transaktionskostentheorie: Die Transaktionskostentheorie zeigt, dass Regulierungshandeln mit spezifischen Transaktionskosten verbunden ist, die sich z. B. in Informations-, Verhandlungs- oder Durchsetzungskosten widerspiegeln. Vollzugsprobleme können durch zu hohe Transaktionskosten verursacht werden. Mit Blick auf formale und informale Handlungsalternativen spielen die Transaktionskosten vermutlich eine erhebliche Rolle, da informales Handeln unter Umständen mit deutlich geringeren Transaktionskosten verbunden ist als formales Handeln. – Agenturtheorie: Die Agenturtheorie zeigt, dass Informationsasymmetrien die Regulierungskonstellation und den Regulierungsprozess beeinflussen. Informationsasymmetrien zu Ungunsten von Regulierungsbehörden können von den Regulierungsadressaten genutzt werden, um ihre eigenen Interessen im Regulierungsprozess zu verfolgen, weshalb die Überwindung von Informationsasymmetrien eine wesentliche Voraussetzung für effektive Regulierungsentscheidungen ist. Die Agenturtheorie zeigt, dass dies unter Umständen nicht mit ordnungsrechtlichen Instrumenten erreicht werden kann und Verhandlungs- und Anreizlösungen die einzige Möglichkeit sind, um die Regulierungsziele zu verwirklichen. Es ist davon auszugehen, dass informale Handlungen im Regulierungsprozess diesen Zweck erfüllen. 3. Politik- und verwaltungswissenschaftliche Theorieansätze a) Konzept der Regulierungskultur Unter dem Konzept „Regulierungskultur“ (Meidinger 1987; Bohne 2010) werden Einstellungen zum Verhältnis von Staat, Wirtschaft und Bürger sowie administrative und rechtliche Traditionen verstanden, die von den handelnden Akteuren im Regulierungssystem geteilt werden. Regulierung ist nicht nur eine Frage von Rechtsvorschriften, sondern im Kontext vorherrschender Verwaltungsstrukturen, Vollzugspraktiken und der Einstellung und der Verhaltensmuster der mit dem Vollzug betrauten Akteure zu sehen (vgl. hierzu Lütz/Czada 2000: 17; 2003: 20 ff.; Schröter/Maravich/Röber 2008: 237; Baldwin/Cave/Lodge 2011: 507). Die mit dem Konzept der Regulierungskultur verbundene Grundannahme ist, dass Kultur widerstandsfähiger als Rechtsvorschriften ist, weshalb der vorherrschende Regulierungsstil gleichbleiben kann, auch wenn sich die Rechtsvorschriften ändern (Döhler 2002: 101 ff.). Im Kontext der EU-Energiemarktliberalisierung haben sich möglicherweise Regulierungskonzepte durchgesetzt, die sich als inkompatibel mit nationalen Regulierungskulturen in den Mitgliedstaaten er-

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weisen, weshalb sie in den betroffenen Mitgliedstaaten gar nicht oder nur schlecht umgesetzt wurden bzw. werden (hierzu Bohne 2010). Im Kontext dieser Arbeit werden unter den Begriffen „Regulierungs-“ und „Gewähleistungsstaat“ Ausprägungen von Regulierungskulturen verstanden, deren Merkmale formale und informale Regulierungsstrukturen und -handlungen prägen. Es wird vermutet, dass zwischen der in Deutschland bis zur Einführung des regulierten Netzzugangs vorherrschenden Regulierungskultur des Gewährleistungsstaates und der hinter den EU-Beschleunigungsrichtlinien und dem dritten EU-Legislativpaket stehenden britischen Regulierungskultur des Regulierungsstaates Inkompatibilitäten bestehen, die sich auf die Umsetzung und den Vollzug der EU-rechtlichen Vorgaben in Deutschland auswirken. Auswirkungen der Regulierungskultur auf die Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften werden im so genannten „Misfit-Ansatz“ berücksichtigt (vgl. hierzu u. a. Knill 2001: 201 ff.; Falkner/Hartlapp/Treib 2007: 396 ff.), welcher die Nicht- oder Schlechtumsetzung von EU-Richtlinien mit den Diskrepanzen erklärt, die zwischen nationalen Regelungsstrukturen, Regelungsverfahren und Regelungstraditionen und den Richtlinien-Vorgaben bestehen. Die Grundannahme ist: je größer die Diskrepanz, desto wahrscheinlicher ist es, dass es zu Umsetzungsproblemen kommt, weil die nationalen Beharrungstendenzen zu groß sind. Probleme der Energiemarktliberalisierung in Deutschland könnten auf „Misfits“ zurückgeführt werden. Die folgenden Abschnitte beschreiben die empirischen Merkmale des Regulierungs- und Gewährleistungsstaates, die bei der Untersuchung der Umsetzung der EU-Vorgaben und ihres Vollzugs betrachtet werden. Grundsätzlich muss dabei zwischen Regulierungsstaat und Gewährleistungsstaat als normativem Leitbild und als empirischem Konzept unterschieden werden: Als Leitbild fungieren sie als ein Schnittmuster, wie Regulierung aussehen soll, während sie sich als empirisches Konzept in den entsprechenden Regulierungsvorschriften und dem Regulierungsverhalten der Akteure widerspiegeln. Ein Beispiel für die Unterscheidung liefert das System der Verbändevereinbarung, welches zwar Merkmale des Gewährleistungsstaates aufwies, aber nicht dem Leitbild entsprach, weil es nicht in der Lage war, durch Selbstregulierungsmechanismen einen diskriminierungsfreien Netzzugang zu garantieren. aa) Regulierungsstaat Bislang gibt es keine allgemein anerkannte Definition des Konzepts des Regulierungsstaates. Stattdessen weisen die Begriffe „Regulierungsstaat“ und seine englischsprachige Entsprechung „regulatory state“ je nach Kontext unterschiedliche empirische und normative Dimensionen und Merkmale auf (Yeung 2010: 74). Hinzu kommt, dass die englischsprachige Debatte zum „regulatory state“ als weit lebhafter gilt als die deutschsprachige Debatte zum „Regulierungsstaat“

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(Döhler/Wegrich 2010: 34), was zur Folge hat, dass die diskutierten Merkmale und Probleme vor allem auf die EU, Großbritannien oder die USA zugeschnitten sind und sich nicht immer auf Deutschland übertragen lassen. Ein Beispiel hierfür ist die für Deutschland häufig problematisierte Weisungsunabhängigkeit von Regulierungsbehörden, die mit dem deutschen Demokratieverständnis und Verfassungsgrundsätzen kollidieren, die eine Möglichkeit der Kontrolle der Verwaltung durch Parlament und Regierung voraussetzen (Gärditz 2010: 284 f.; Ludwigs 2011a: 42 ff.). Einige Autoren unterscheiden zwischen einem US-amerikanischen, britischen und EU-Regulierungsstaat, die jeweils spezifische Merkmale aufweisen sollen bzw. durch bestimmte Regulierungssituationen gekennzeichnet sind (vgl. u. a. Majone 1996; Moran 2002; 2003; 2010; Yeung 2010; Bohne 2013): – Der US-amerikanische Regulierungsstaat gilt als Ursprung des Konzepts. Er zeichnet sich durch die Einrichtung unabhängiger Aufsichtsbehörden zur Beseitigung von Marktversagen in Form von „independent regulatory agencies“ aus, die nicht durch Tagespolitik beeinflusst werden sollen (Yeung 2010: 71 f.). Nach Moran (2003: 16) sind die zentralen Merkmale des US-amerikanischen Regulierungsstaates „command and legalization“. – Der britische Regulierungsstaat wird mit dem Zusammenbruch des Wohlfahrtsstaates und der Privatisierung verstaatlichter Industriezweige – wie der Energieversorgung – in den späten 1970er bzw. frühen 1980er Jahren in Verbindung gebracht (Yeung 2010: 73). Dies hat zu erheblichen Veränderungen der Verwaltungsstruktur und -kultur in Großbritannien geführt, die die Merkmale des US-amerikanischen Regulierungsstaates aufgreift, aber stärker auf sektorspezifische Fragmentierung, Modernisierung und Output-Orientierung ausgerichtet ist (Moran 2003: 184 ff.; Mitchell 2010: 22 ff.). – Das Konzept des EU-Regulierungsstaates wurde von Majone (1996: 55 ff.) entwickelt, um die Zunahme der Rechtsetzungstätigkeit der EU zur Umsetzung des gemeinsamen Marktes und die dahinter stehende Ideologie zu beschreiben. Der EU-Regulierungsstaat ist dadurch gekennzeichnet, dass die EU-Kommission zur Umsetzung des gemeinsamen Marktes in zunehmenden Maße Regulierungsdesign und Regulierungsvorschriften in den Mitgliedstaaten vorgibt und Regulierungskompetenzen auf die europäische Ebene verlagert werden (Yeung 2010: 69). Die EU-Kommission favorisiert zur Umsetzung ihrer Vorgaben die Einrichtung unabhängiger Regulierungsbehörden (Moran 2003: 17). Der im Rahmen dieser Arbeit verwendete Begriff des Regulierungsstaates greift die in der Diskussion zum „regulatory state“ verwendeten Merkmale auf, um diese den in der Diskussion zum „Gewährleistungsstaat“ in Deutschland verwendeten Merkmalen gegenüber zu stellen. Das im Rahmen dieser Arbeit zu-

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grundeliegende Verständnis des Regulierungsstaates spiegelt die Merkmale des britischen Modells der Infrastrukturregulierung wider (s. o. 1. Teil, A., I., 3.): – Steuerung privatisierter und liberalisierter Industrien durch umfangreiche und tiefgreifende Regulierungsmaßnahmen und Wettbewerbsregulierung, – die Einrichtung unabhängiger und sektorspezifischer Regulierungsbehörden mit weitreichenden Eingriffsbefugnissen, um diese Steuerungsaufgabe zu erfüllen, die bei der Regulierung Abstand (at arm’s length) zu Regierung und Regulierungsadressaten halten, sowie – erhebliche Ermessensspielräume der Regulierungsbehörden zur Durchsetzung der ihnen vorgegebenen Regulierungsziele. Im Regulierungsstaat soll die Leistungserbringung auf der Grundlage marktwirtschaftlicher Mechanismen geschehen, um die Erzeuger- und Verbraucherkosten soweit wie möglich zu reduzieren (Mitchell 2010: 22 ff.). Das heißt, dass sich der Staat weitestgehend aus der Leistungserbringung zurückzieht und stattdessen Wettbewerb zwischen privaten Leistungserbringern durch Regulierung schafft und fördert. Die Liberalisierung und Privatisierung von Infrastrukturdienstleistungen gilt als ein klassisches Beispiel für diesen Prozess. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem Wandel der Staatsaufgaben, der zum Übergang vom Leistungs- zum Regulierungsstaat führt (Grande 1993; Majone 1997; Mitchell 2010: 22). Die direkte Steuerung von Staatsbetrieben mittels Eigentum wird im Regulierungsstaat durch eine indirekte Steuerung der privatisierten und liberalisierten Industrien ersetzt, welche durch umfangreiche und tiefgreifende Regulierungsmaßnahmen erfolgt, um Wettbewerb zu schaffen und zu fördern. Diese Form der Steuerung wird auch als „command and control regulation“ bezeichnet (Moran 2010: 383). Levi-Faur (2011: 819) sieht den Aufstieg des Regulierungsstaates und unabhängiger Regulierungsbehörden auch als Krieg gegen die Informalität, da informale Arrangements und Absprachen prägend für die Steuerung verstaatlichter Sektoren vor der Liberalisierung waren. Moran (2003: 4) spricht in diesem Zusammenhang vom „club government“, das auf informalen Verbindungen und Absprachen in Form von „gentlemen’s agreements“ basierte und ohne größere rechtliche Regelungen auskam. Die Krise dieses Systems und die daraus hervorgehende Liberalisierung haben zum Aufstieg des formalistischen Regulierungsstaates in Großbritannien geführt. Die Regulierung im Regulierungsstaat selbst erfolgt durch weisungsunabhängige Regulierungsbehörden mit weitreichenden Eingriffsbefugnissen und großen Ermessensspielräumen (Gilardi 2008: 21; Lodge 2010: 75), die als unabhängige Fachbehörden über die erforderliche Expertise und Distanz zur Politik verfügen, um Wettbewerb zu schaffen und zu fördern (Majone 1994: 78; Majone 1996: 40). Allerdings ist diese Einschätzung umstritten, da Unabhängigkeit immer relativ ist und empirisch kein Unterschied bei der Aufgabenerledigung durch weisungs-

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unabhängige und weisungsabhängige Regulierungsbehörden festgestellt werden konnte (vgl. u. a. Helm 2006: 181; Milakovich/Gordon 2009: 532; Bohne/Bauer 2011: 246). Die Geeignetheit des Regulierungsstaates als Leitbild setzt voraus, dass Regulierungsbehörden aufgrund ihrer Expertise und bestimmter technischer Verfahren in der Lage sind, wohlfahrtsoptimale Regulierungsentscheidungen zu treffen (vgl. Mitchell 2010: 30). Ein Paradebeispiel für ein Regulierungsverfahren, das zumindest formal diesem Leitbild entspricht, ist die so genannte Anreizregulierung der Netzbetreiber. Denn sie zielt darauf ab, die Netzentgelte für die Netznutzer zu senken und die Kosteneffizienz der Netzbetreiber zu steigern. Lodge und Wegrich (2012: 248 ff.) identifizieren folgende Probleme, unter denen der Regulierungsstaat bei seiner Umsetzung leiden kann: (1.) Aufsichtsprobleme, (2.) Beteiligungsprobleme, (3.) Anpassungsprobleme und (4.) Anreizprobleme. bb) Gewährleistungsstaat Döhler und Wegrich (2010: 34) stellen fest, dass die englischsprachige Diskussion zum „regulatory state“ mit der deutschsprachigen Diskussion zum „Gewährleistungsstaat“ verwandt – wenn auch nicht deckungsgleich – ist. Dies liegt daran, dass die Merkmale des Gewährleistungsstaates durch das Konzept der sozialen Marktwirtschaft geprägt sind, das sich nicht mit den Marktwirtschaftskonzeptionen in der englischsprachigen Welt vergleichen lässt. Einerseits wird im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft extensiv in das Marktgeschehen eingegriffen, um marktexterne Gemeinwohlziele, wie beispielsweise die Sicherstellung eines angemessenen Preisniveaus, zu verfolgen. Andererseits erfolgt die Gestaltung des Marktes und die Regelung des Marktgeschehens – sofern möglich – im gesamtgesellschaftlichen Konsens und es werden umfassende Verhandlungslösungen zwischen den unterschiedlichen organisierten Interessen angestrebt, wie beispielsweise bei Branchentarifverträgen. Der Gewährleistungsstaat ist das deutsche Leitbild zur Privatisierung und Liberalisierung (Knauff 2009: 581 ff.; Bohne/Bauer 2011: 295 ff.), das sich wesentlich vom angelsächsisch geprägten Ansatz des „regulatory state“ unterscheidet (Ruge 2004: 313). Denn es zielt darauf ab, der wachsenden Überforderung des Staates auf Grund von Ressourcen- und Informationsdefiziten durch die verstärkte Einbindung privatwirtschaftlicher und gesellschaftlicher Akteure entgegenzutreten (Schoch 2008: 242). Der Ansatz des Gewährleistungsstaates strebt – im Gegensatz zu dem durch seine „staatsaktivistische Schlagseite“ (Döhler/Wegrich 2010: 35) geprägten Ansatz des „regulatory state“ – an, das Instrumentarium des Interventions- und Wohlfahrtsstaats soweit wie möglich durch eine private oder gemeinschaftliche Aufgabenwahrnehmung zu ergänzen oder zu ersetzen, um den Staat bei seiner Aufgabenerfüllung zu entlasten (Hoffmann-Riem 2006: 448). Der Staat trägt zwar nicht mehr selbst die Leistungsverantwortung, aber

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diese wird durch die so genannte „Gewährleistungsverantwortung“ ersetzt (Schuppert 2005: 26). Das heißt, der Staat ist auch weiterhin für das Ergebnis verantwortlich, weshalb er den regulatorischen Rahmen für eine private Leistungserbringung schafft und diese durch gezielte Aufsichts- und Eingriffsmaßnahmen gewährleistet, um beispielsweise ein angemessenes Preisniveau sicherzustellen. Die im Rahmen dieser Arbeit verwendete Definition des Gewährleistungsstaates ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet: – Verantwortungsteilung zwischen staatlichen und privaten Akteuren (Hoffmann-Riem 2006: 448), – kooperatives und konsensuales Arbeitsverhältnis zwischen staatlichen und privaten Akteuren, – die Steuerung privatisierter und liberalisierter Industrien soweit wie möglich durch Selbstregulierungsmechanismen (Schuppert 2001: 221 ff.) und – die Gewährleistungsverantwortung des Staates für das Privatisierungs- und/ oder Liberalisierungsergebnis (Franzius 2008: 364; Häfner 2010: 49). Der Gewährleistungsstaat verleiht Regulierung sowohl einen Wettbewerbs- als auch einen Sozialbezug, indem er neben der Schaffung und dem Erhalt von Märkten auch marktfremde Gemeinwohlbelange als gleichrangige Regulierungsziele formuliert (Franzius 2009: 439 ff.). Wettbewerb bleibt das zentrale Ziel der Regulierung, aber marktfremde Gemeinwohlbelange, wie die Versorgung sozialschwacher Bürger mit Infrastrukturleistungen, werden auch zu Zielen der Regulierung im Gewährleistungsstaat (Schiller 2012: 125 f.). Ein Grundprinzip der Aufgabenerfüllung im Gewährleistungsstaat ist die Verantwortungsteilung zwischen staatlichen und privaten Akteuren, die in unterschiedlichen Abstufungen erfolgen und durch die Kooperation staatlicher, halbstaatlicher oder privater Akteure wahrgenommen wird (Bohne/Bauer 2011: 296). Dabei gilt, dass der Staat grundsätzlich die Ergebnisverantwortung trägt, auch wenn eine Leistungserbringung durch private Akteure erfolgt. Das heißt, dass er korrigierend eingreifen muss, sobald eine Leistungserfüllung nicht mehr gewährleistet ist. Dies kann soweit gehen, dass der Staat selbst wieder die Leistungserbringung übernehmen muss, um die Leistung zu gewährleisten. Dieses Grundprinzip spiegelt sich im Konzept der „regulierten Selbstregulierung“ wider, die als Grundform der Regulierung im Gewährleistungsstaat gilt (Schuppert 2001: 221 ff.; Schuppert 2005: 35 ff.; Thoma 2008: 42 ff.). Regulierte Selbstregulierung liegt vor, wenn private Akteure bei Normsetzung und/ oder Vollzug und Überwachung tätig werden (Thoma 2008: 63 ff.). Grundsätzlich sollen Regulierungsprobleme im Gewährleistungsstaat soweit wie möglich durch die betroffenen Akteure selbst im Wege konsensualer Verhandlungsprozesse gelöst werden. Für den Fall eines Scheiterns von Verhandlungslösungen verfügt der Staat aber weiterhin über entsprechende Eingriffsmöglichkeiten, um

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eine einseitige Lösung zu erzwingen. Deshalb spricht man in diesem Zusammenhang auch von einer Verschränkung von „Hierarchie und Verhandlung“ (Becker 2005a: 49). Der Gewährleistungsstaat als Leitbild setzt voraus, dass es dem Staat gelingt, funktionsfähige Selbstregulierungsmechanismen zu generieren und – falls erforderlich – zu kontrollieren, um zu verhindern, dass diese Mechanismen zu Lasten Dritter ausgenutzt werden. Insofern kann er unter denselben Umsetzungsproblemen leiden wie der Regulierungsstaat. Als ein Musterbeispiel für regulierte Selbstregulierung gilt die Umsetzung des Umweltauditsystems nach der EMASVerordnung (Schuppert 2005: 27 ff.; Frenzel 2007: 303 ff.). Deutschland wird generell eine korporatistische Regulierungskultur nachgesagt (Literaturübersicht u. a. bei Höpner 2007: 314 ff.; Streeck 2010: 12 ff.), die im Sinne des Gewährleistungsstaates auf eine Teilübertragung von staatlichen Aufgaben auf Netzwerke von Interessenverbänden abzielt, um den Staat zu entlasten und sachnahe Entscheidungen zu ermöglichen. Das System der Verbändevereinbarung kann in dieser Tradition gesehen werden (Müller 2006: 274). Allerdings kommt die jüngere Korporatismusforschung (hierzu u. a. Streeck 2005; Brinkmann/Krenn/Schief 2006: 9 ff.; Schäfer/Streeck 2008: 210 ff.; Heinze 2008: 243) zu dem Ergebnis, dass die Marktliberalisierung in bestimmten Wirtschaftsbereichen die Verflechtungen zwischen organisierten politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Interessen auflöst und neue Regulierungskonstellationen schafft. Fraglich ist, ob und inwieweit ein solcher Befund auch auf den Energiebereich und das Regulierungssystem nach 2005 zutrifft. Tabelle 2 liefert einen Überblick über die unterschiedlichen empirischen Merkmale des Regulierungsund Gewährleistungsstaates. Tabelle 2 Merkmale des Regulierungs- und Gewährleistungsstaates Regulierungsstaat

Gewährleistungsstaat

Regulierungsinstanz

unabhängige Regulierungsbehörde mit weitreichenden Eingriffsbefugnissen und erheblichen Ermessensspielräumen

Verantwortungsteilung zwischen staatlichen und privaten Akteuren auf der Grundlage regulierter Selbstregulierung und staatlicher Ergebnisverantwortung

Regulierungsmechanismen

tiefgreifende und weitreichende Behördenentscheidungen

Selbstregulierungsmechanismen; staatliche Eingriffe zur Ergebniskorrektur

Regulierungsdistanz

Abstand zu Regierung und Regulierungsadressaten „at arm’s length“

große Nähe zwischen staatlichen und privaten Akteuren auf der Basis einer starken Kooperations- und Konsensorientierung

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1. Teil: Problemstellung, Theoretischer Bezugsrahmen und Methoden

b) Entscheidungstheorie des Inkrementalismus Die Entscheidungstheorie des Inkrementalismus beruht auf dem „inkrementellen Entscheidungsmodell“ von Lindblom (1959; 1979). Im Regulierungskontext folgt aus diesem Modell (Bohne/Bauer 2011: 276 ff.), dass größere Veränderungen von Regulierungsinstitutionen und -konfigurationen nur in Ausnahmefällen möglich sind. Ausgangspunkt ist das inkrementelle Entscheidungsmodell, das sich am Konzept der begrenzten Rationalität orientiert. Die Grundannahme des inkrementellen Entscheidungsmodells ist, dass politisch-administrative Entscheidungen sich im Regelfall am Status quo orientieren, weshalb größere Veränderungen – wenn überhaupt – nur in kleinen Schritten möglich sind. Folgende Merkmale prägen den Entscheidungsprozess (Bohne/Bauer 2011: 278 f.): – Die Problemwahrnehmung und -analyse erfolgt bruchstückhaft, da die beteiligten Akteure sich im Regelfall auf die sie betreffenden Aspekte konzentrieren. Konflikte zwischen den Akteuren in Bezug auf die Definition und Analyse des Entscheidungsproblems werden im Wege von Verhandlungen beigelegt oder bleiben ungeklärt. – Die Auswahl von Handlungsoptionen ist auf den Status quo bezogen, weshalb die Optionen als vorzugswürdiger eingestuft werden, die die geringste Statusquo-Abweichung zur Folge haben und die Interessen der dominanten Akteure widerspiegeln oder einen Kompromiss zwischen den beteiligten Akteuren repräsentieren. – Entscheidungen zielen nicht auf die endgültige Lösung des Problems ab, sondern auf eine möglichst langfristige Abmilderung der negativen Folgen der Problemsituation. – Der Entscheidungsprozess wiederholt sich so lange von vorne, bis eine zufriedenstellende Lösung gefunden wurde, wobei die beteiligten Akteure aus Fehlern und Irrtümern Lehren ziehen und die Auswahl ihrer Handlungsoptionen entsprechend anpassen. Lindbloms Ansatz ist eng mit dem Konzept der Pfadabhängigkeit verwandt. Die damit verbundene Grundannahme ist, dass bestimmte Entscheidungen beziehungsweise Entscheidungsketten dazu führen, dass sich Regulierungskonfigurationen reproduzieren und sich dadurch auf bestimmte Pfade begeben, die nicht ohne Weiteres verlassen werden können (Page 2006: 88 ff.; Lütz 2006: 20 ff.). Denn sobald sich die Akteure auf die mit dem Pfad verbundene Regulierungskonstellation eingestellt haben, entwickeln sie auch ein Interesse daran, diesen Pfad weiterzuverfolgen, da ihre Strategien und Erwartungen sich am eingeschlagenen Pfad orientieren. Ein Grundproblem von Lindbloms Ansatz ist, dass er das Zustandekommen von nicht-inkrementellen Entscheidungen ausblendet, obwohl diese neben inkrementellen Routineentscheidungen wahrgenommen werden können. Ein Beispiel

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hierfür ist der Paradigmenwechsel vom EnWG 1998 zum EnWG 2005 und die damit verbundene Etablierung der BNetzA als Regulierungsbehörde. Der Ansatz des „politischen Inkrementalismus“ (Bohne/Bauer 2011: 281) erweitert deshalb das inkrementelle Entscheidungsmodell um folgende Bedingungen, die vorliegen müssen, damit es zu nicht-inkrementellen Entscheidungen kommt, die – wie beispielsweise die Wiedervereinigung – vom inkrementellen Entscheidungsmodell abweichen: – Das Vorliegen einer Krise, die ein schnelles Handeln erfordert, – das Vorhandensein einer relativ starken und zielorientierten politischen Führung sowie – die Unterstützung durch die – zumindest einen großen Teil der – (Fach-)Öffentlichkeit. Beispielsweise hat der Abbruch der Verhandlungen zur dritten Verbändevereinbarung im Gasbereich zu einer Krise des Systems der Verbändevereinbarungen geführt. Die Unterstützung der Verbändevereinbarungen durch die Öffentlichkeit bzw. das ökonomische und juristische Schrifttum löste sich zunehmend auf. Der Druck aus Brüssel zur Umsetzung des britischen Regulierungsmodells wuchs durch das zweite Legislativpaket an. Außerdem setzten steigende Stromund Gaspreise die Bundesregierung zusätzlich unter Druck. Die Übernahme des britischen Regulierungsansatzes erschien vor diesem Hintergrund für die Bundesregierung eine sinnvolle Alternative zu sein, und sie konnte ausreichende politische Unterstützung für diesen Paradigmenwechsel hinter sich vereinen. Fraglich ist, ob dieser Druck ausreichte, um nicht nur die Rechtsvorschriften und Akteurskonstellationen der Energiemarktregulierung, sondern auch die Regulierungskultur zu ändern. Die Entscheidungstheorie des Inkrementalismus erklärt auch ein Grundproblem des Regulierungskonzepts des Regulierungsstaates: die steigende Komplexität. Nach Levi-Faur (2011: 819) ist ein Ziel des Regulierungsstaates die vollständige Formalisierung des Regulierungsprozesses: „The rise of regulation can be understood as a ,war on the informal‘ and an effort to formalize all social and political institutions.“ Aufgrund der schier unendlichen Möglichkeiten der Regulierungsadressaten, sich opportunistisch zu verhalten, wachsen Regulierungsumfang und -tiefe kontinuierlich, um unerwünschtem Verhalten und Fehlentwicklungen der Regulierung entgegenzuwirken. Littlechild (2009a: 3) merkt in diesem Kontext an, dass sich allein der Umfang der Dokumente zur Anreizregulierung in Großbritannien von Regulierungsperiode zu Regulierungsperiode verdoppelt habe. Man habe die erste Regulierungsperiode 1994 mit 240 Seiten gestartet und sei bei der dritten Regulierungsperiode in 2004 bei über 2000 Seiten gelandet, da man kontinuierlich nachbessern musste, um Fehlentwicklungen entgegenzuwirken.

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c) Strukturell-funktionale Systemtheorie Ein soziales System im Sinne der Systemtheorie vermittelt zwischen der allgemeinen Komplexität der Welt und der begrenzten Verarbeitungskapazität des Menschen, indem es spezifische Systemrollen und generalisierte Verhaltenserwartungen aufbaut, deren Nichtbefolgen vom System als Bestandsherausforderungen registriert und verarbeitet wird, so dass die Strukturen des Systems als normative Institutionen wahrgenommen werden können (Lange/Braun 2000: 32 ff.). Soziale Systeme stiften Sinn und sind auf bestimmte Ziele ausgerichtet, die sie verfolgen. Der Ansatz der „strukturell-funktionalen Systemtheorie“ (Bohne/Bauer 2011: 288 ff.) versteht Regulierung als ein soziales System, dessen Aufgaben, Akteure, Zuständigkeiten und Verfahren institutionalisiert sind und welches durch messbare Inputs und Outputs mit seiner Umwelt in Beziehung steht. Das Regulierungssystem ist durch einen hohen Grad an Formalisierung gekennzeichnet, der sich aus den einschlägigen Rechtsvorschriften ergibt. Der Ansatz der strukturell-funktionalen Systemtheorie zielt darauf ab, die Funktionalität und Dysfunktionalität formaler Organisationen und Verfahren im Regulierungssystem zu analysieren. Dabei geht es um die Frage, inwieweit die formalen Strukturen von Organisationen und Verfahren dazu beitragen, die Systemanforderungen an die formalen Organisationen des Regulierungssystems zu befriedigen. Denn formale Organisationen müssen sich neben ihrer Zielverwirklichung auch um Systemanforderungen kümmern, um ihre eigene Funktionalität und ihren Fortbestand zu sichern, damit sie überhaupt in der Lage sind, ihre eigentlichen Ziele zu verfolgen. Diese Systemanforderungen können auch als Managementprobleme verstanden werden, die man innerhalb jeder formalen Organisation findet (vgl. Bohne/Bauer 2011: 292). Zur Bewältigung dieser Managementprobleme bilden sich in formalen Organisationen formale und informale Systemstrukturen und -funktionen heraus, deren Funktionalität sich auf die Interaktionsmöglichkeiten und Interaktionen der formalen Organisation mit anderen Organisationen auswirken. Tabelle 3 (s. u.) liefert einen Überblick über mögliche Managementprobleme und damit verbundene Systemfunktionen. Gelingt es einer formalen Organisation nicht, ihre formalen Ziele zu verwirklichen, kann dies häufig auf Probleme bei der Bewältigung von Systemanforderungen zurückgeführt werden. Eine Möglichkeit zur Beseitigung solcher Störungen ist der Rückgriff auf informale Strukturen und Verfahren (s. u. 2. Teil, D., II.). Luhmann (1999: 30) hat mit Blick auf die formale und informale Organisation von „zwei komplementären Aspekten sozialer Systeme“ gesprochen, die durch „funktionale Wechselbeziehungen“ gekennzeichnet sind. Denn die Systemtheorie zeigt, dass informale Strukturen und Verfahren funktional für den Bestand sozialer Systeme sind und eine Ausgleichsfunktion zur Bewältigung von Problemen der formalen Struktur und Verfahren darstellen können (Bohne/Bauer 2011:

B. Theoretischer Bezugsrahmen

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291). Schulze-Fielitz (1995: 227) merkt in diesem Zusammenhang an, dass informale Absprachen und Arrangements nicht nur „allgegenwärtige“ und „unvermeidliche“ Verwaltungspraxis sind, sondern im Sinne der Verfahrensökonomie sogar „geboten“ sein können. Das bedeutet, dass im Regulierungssystem neben formalen Strukturen und Verfahren auch informale Strukturen und Verfahren vorzufinden sind, die der Bewältigung von Systemanforderungen dienen, die durch die formalen Strukturen nicht bedient werden können. Tabelle 3 Managementprobleme und Systemfunktionen Managementprobleme

Systemfunktionen

Erledigung der Sachaufgaben

Formale Zielverwirklichung

Verhinderung von Organisationsauflösung, Zuständigkeitsverlusten, Personalabzug, Verlust erforderlicher Finanzmittel

Erhaltung des Systembestandes

Lösung interner Konflikte

Integration

Verteilung knapper Ressourcen

Ressourceneffizienz

Bewältigung von Umweltanforderungen und -konflikten

Umweltanpassung und Konfliktlösung

Entscheidung unter Unsicherheit

Reduktion von Komplexität

(Bohne/Bauer 2011: 292)

d) Bedeutung der politik- und verwaltungswissenschaftlichen Theorieansätze und Konzepte für die Analyse des Regulierungshandelns Aus den zuvor geschilderten Theorieansätzen und Konzepten lassen sich folgende Annahmen zur Beschreibung und Erklärung des Regulierungshandelns ableiten: – Konzept der Regulierungskultur: Merkmale der Regulierungskultur des Regulierungsstaates prägen die europäischen Rechtsvorschriften zum Binnenmarkt für Energie und ihre Umsetzung in Deutschland. Allerdings ist zu vermuten, dass aufgrund der Persistenz von Regulierungskulturen die in Deutschland vorherrschende Regulierungskultur des Gewährleistungsstaates nicht durch die Umsetzung dieser Rechtsvorschriften verdrängt wurde und nach wie vor in formalen und informalen Regulierungshandlungen durchscheint. Diskrepanzen zwischen der Regulierungskultur des Regulierungsstaates und der Regulierungskultur des Gewährleistungsstaates sind möglicherweise für Regulierungsund Liberalisierungsdefekte bei der Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften verantwortlich.

60

1. Teil: Problemstellung, Theoretischer Bezugsrahmen und Methoden

– Entscheidungstheorie des Inkrementalismus: Die Entscheidungstheorie des Inkrementalismus zeigt, dass die Fortentwicklung von Regulierungssystemen im Regelfall am Status quo erfolgt. Die 2005 erfolgte nichtinkrementelle Entscheidung zum Paradigmenwechsel beim Regulierungsansatz stellt eine Ausnahme von diesem Entscheidungsmuster dar. Es ist davon auszugehen, dass die Lösung von Regulierungsdefekten, die sich aus diesem Paradigmenwechsel ergeben haben, im Sinne des inkrementellen Entscheidungsmodells erfolgt. Es ist zu erwarten, dass dadurch wie in Großbritannien auch in Deutschland die Regulierungskomplexität weiter zunehmen wird, da man Regulierungsproblemen nur inkrementell entgegenwirkt. – Strukturell-funktionale Systemtheorie: Die strukturelle-funktionale Systemtheorie zeigt auf, dass informale Strukturen und Verfahren im Regulierungsprozess eine Ausgleichsfunktion übernehmen, um Organisationsbedürfnisse im Regulierungsprozess zu befriedigen, die durch formale Strukturen und Verfahren nicht befriedigt werden können. Es ist davon auszugehen, dass informale Strukturen und Verfahren im Regulierungsprozess eine entscheidende Rolle einnehmen, um Vollzugsprobleme und Regulierungsdefekte abzumildern. 4. Variablenkomplexe Abbildung 4 (s. u.) zeigt die Variablenkomplexe für die empirische Analyse des formalen und informalen Regulierungshandelns, die aus den zuvor geschilderten Theorieansätzen abgeleitet werden können. Im Zentrum des darauf aufbauenden Interaktionssystems stehen die Regulierungsbehörden und ihre Interaktionsbeziehungen zu den anderen Akteuren des Regulierungssystems, da deren Entscheidungen als abhängige Variablen im Fokus der Untersuchung stehen. a) Abhängige Variablen Die abhängigen Variablen der Untersuchung umfassen die regulatorischen Entscheidungen zur Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells und der Anreizregulierung, welche von der Bundesnetzagentur und/oder den Landesregulierungsbehörden getroffen wurden. Hierzu gehören u. a. Festlegungen6, Verfügungen oder informale Absprachen, die die Regulierungsbehörden zur Umsetzung des gesetzlichen Gasnetzzugangsmodells und zur Einführung der Anreizregulierung getroffen haben.

6 Hierbei handelt es sich um ein zentrales Regulierungselement, das rechtlich als Allgemeinverfügung einzuordnen ist und durch weitreichende Festlegungsbefugnisse der Regulierungsbehörden großen Einfluss auf die Konkretisierung des Rechtsrahmens besitzt.

B. Theoretischer Bezugsrahmen

61

Abbildung 4: Variablenkomplexe für die Analyse des Regulierungshandelns

b) Unabhängige Variablen Die unabhängigen Variablen setzen sich aus Merkmalen der Problemsituation, des institutionellen Kontexts, der Akteure und der Interaktionsbeziehungen zwischen den Akteuren des Interaktionssystems zusammen. Die Problemsituation variiert zwischen den beiden Untersuchungsfällen. Während es bei der Netzzugangsregulierung in erster Linie um Diskriminierungs- und Wettbewerbsprobleme geht, spielen bei der Netzentgeltregulierung neben der Problematik der Festlegung angemessener Netzentgelte unerwünschte Nebenwirkungen, wie die Zurückhaltung von Investitionen, eine zentrale Rolle. Der institutionelle Kontext setzt sich aus den einschlägigen europäischen und deutschen Rechtsvorschriften, die Organisation, Verfahren und Ziele der Netzzugangs- und Netzentgeltregulierung regeln, den damit verbundenen informalen Strukturen und Verfahren sowie Merkmalen der Regulierungskultur zusammen. Hinsichtlich der Regulierungskultur wird angenommen, dass hier möglicherweise durch den 2005 erfolgten Paradigmenwechsel eine Veränderung stattgefunden hat oder stattfindet, weshalb sowohl Elemente des Gewährleistungsstaates – insbesondere bei der Netzzugangsregulierung – als auch Elemente des Regulierungsstaates – insbesondere bei der Netzentgeltregulierung – auf das Regulierungsverhalten und die Regulierungsentscheidungen einwirken.

62

1. Teil: Problemstellung, Theoretischer Bezugsrahmen und Methoden

Die Akteursmerkmale setzen sich aus der Problemwahrnehmung, den Präferenzen sowie den Fähigkeiten der Akteure zusammen. Zu den Fähigkeiten zählen neben den Ressourcen (wie Personal, Informationen, Finanzmittel) auch die Rechtsmittel, die den Akteuren zur Verfügung stehen, um ihre Präferenzen durchzusetzen. Letztere spielen vor allem bei den Regulierungsbehörden eine große Rolle, da diese über unterschiedliche rechtliche Instrumente verfügen, um auf die Netzbetreiber einzuwirken. c) Intervenierende Variablen Als intervenierende Variablen – Variablen, die die Beziehung zwischen den unabhängigen und abhängigen Variablen beeinflussen – wirken unterschiedliche Systemanforderungen auf die Akteure des Interaktionssystems ein. Diese Systemanforderungen hat letztlich jede formale Organisation zu bewältigen, um ihre Funktionalität und ihren Erhalt zu sichern. Beispielsweise sind formale Organisationen mit Blick auf ihre Ressourceneffizienz darum bemüht, ihre Ziele mit möglichst geringen Transaktionskosten zu verwirklichen, weshalb sie – wenn formale Lösungen mit zu hohen Transaktionskosten verbunden sind – versuchen werden, ihre Ziele auf informalem Wege zu verwirklichen. Für das Regulierungssystem kann man daraus folgern, dass die Regulierungsbehörden sich auf informale Lösungen einlassen werden, wenn sie auf formalem Weg aufgrund von zu hohen Transaktionskosten – insbesondere mit Blick auf die Informationskosten – nicht ihre Ziele verwirklichen können. Verhandlungslösungen sind mit Blick auf die unterschiedlichen Systemanforderungen an formale Organisationen ein guter Weg, um ihre Ressourcen zu schonen und Konflikte mit anderen Organisationen zu reduzieren. d) Regulierungshandeln als unabhängige Variable zur Erklärung des Liberalisierungsergebnisses Die empirische Analyse des Regulierungshandelns wird in einem zweiten Schritt verwendet, um den Einfluss von Regulierungsentscheidungen auf das Liberalisierungsergebnis zu untersuchen. Dadurch wird das Regulierungshandeln von der abhängigen Variable der empirischen Analyse zu einer unabhängigen Variable, um das Liberalisierungsergebnis als abhängige Variable zu erklären. Neben dem Regulierungshandeln wird das Liberalisierungsergebnis auch durch andere unabhängige Variablen beeinflusst, zu denen unter anderem die technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Gasmarktes sowie die Zahl der Anbieter und ihr Wettbewerbsverhalten gehören (s. u. 2. Teil, A., I.). Abbildung 5 (s. u.) gibt einen entsprechenden Überblick. Zu den technischen Rahmenbedingungen des Gasmarktes gehören insbesondere die Leitungsgebundenheit und die Importabhängigkeit, da die hiesigen Förderstätten den Gasbedarf nicht decken können. Hinzu kommen technische Ent-

B. Theoretischer Bezugsrahmen

63

Abbildung 5: Unabhängige Variablen zur Erklärung des Liberalisierungsergebnisses

wicklungen, die den Gasmarkt durch die Verfügbarmachung von neuen Förderquellen – durch Fracking7 – oder den Ausbau der Infrastruktur zur Einführung von Flüssiggas aus Nordafrika beeinflussen können. Strukturverändernd könnten sich die unter den Schlagworten „power to gas“ oder „Windgas“ laufenden Bemühungen, Strom aus Erneuerbaren Energien in synthetisches Erdgas umzuwandeln, auswirken, da durch die Erschließung synthetischen Erdgases ein vollkommen neuer Fördermarkt geschaffen würde. Das Regulierungshandeln kann technische Rahmenbedingungen nur bedingt beeinflussen, indem es beispielsweise den Ausbau der technischen Infrastruktur oder die Entwicklung neuer Technologien fördert, aber es wird nichts an der Leitungsgebundenheit und Importabhängigkeit des deutschen Gasmarkts ändern können. Zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die das Liberalisierungsergebnis beeinflussen, gehört insbesondere die Möglichkeit der Gasbeschaffung in den 7 Fracking ist eine neuartige Methode der Gasgewinnung, bei der in Tiefenbohrung in Resservoirgestein Flüssigkeiten eingepresst werden, um das Gas freizusetzen. Durch Fracking können neue Gasreserven erschlossen werden, die vorher nicht zur Verfügung standen. Allerdings ist diese Methode der Gasgewinnung aufgrund möglicher Umwelteinwirkungen nicht unumstritten.

64

1. Teil: Problemstellung, Theoretischer Bezugsrahmen und Methoden

Förderländern und an internationalen Großhandelsmärkten. Die geringe Zahl der Produzenten in den Förderländern und deren Preispolitik kann durch deutsches und europäisches Regulierungshandeln nicht beeinflusst werden. Das Regulierungshandeln kann lediglich den Zugang zu europäischen Großhandelsmärkten beeinflussen. Die Zahl der Anbieter und ihr Wettbewerbsverhalten haben ebenfalls einen wesentlichen Einfluss auf das Liberalisierungsergebnis. Diese werden – wenn überhaupt – nur mittelbar durch das Regulierungshandeln beeinflusst, da das Regulierungshandeln die Netznutzung und damit den Markteintritt erleichtern oder erschweren kann. Im Rahmen der Untersuchung wird in erster Linie der Einfluss des Regulierungshandelns auf das Liberalisierungsergebnis betrachtet und nicht der Einfluss anderer unabhängiger Variablen.

III. Bewertungsmaßstäbe Zur Bewertung der Ergebnisse der empirischen Untersuchung und zur Entwicklung von Reformvorschlägen bedarf es normativer Maßstäbe und Prinzipien einer „guten Regulierung“. Im Rahmen dieser Arbeit werden – gemäß dem Ansatz der „verhaltens- und vollzugsorientierten Regulierungstheorie“ (Bohne/ Bauer 2011: 295 ff.) – die folgenden zwei Aspekte als besonders relevant eingestuft: (1.) Die Möglichkeit aller betroffenen Akteure, auf den Regulierungsprozess einzuwirken, und (2.) die Transparenz des Regulierungsprozesses und der daraus hervorgehenden Entscheidungen. Diese Aspekte spiegeln sich im Leitbild des Gewährleistungsstaates, dem Konzept der „Collaborative Governance“ und dem Regulierungsansatz der „negotiated settlements“ wider, die als Ausgangspunkte für die Entwicklung normativer Maßstäbe dienen. 1. Gewährleistungsstaat Der Gewährleistungsstaat fungiert in der Untersuchung nicht nur als empirisches Konzept, sondern auch als normatives Leitbild, das auf den Prozess der Liberalisierung mit einem neuen Staatsaufgabenverständnis reagiert. Die zunehmende Überforderung des Wohlfahrtstaates durch Informations- und Ressourcendefizite soll durch privatwirtschaftliche und gesellschaftliche Lösungen aufgefangen werden, die vormalige Staatsaufgaben ergänzen, überlagern oder ersetzen sollen (Bohne/Bauer 2011: 295 ff.). Als „zentrale Erscheinungsform“ zur Erreichung von Regulierungszielen des Gewährleistungsstaates gilt die „regulierte Selbstregulierung“ (Thoma 2008: 61 ff.). Für den Regulierungsprozess lassen sich aus diesem Leitbild die folgenden beiden Prinzipien ableiten: (1.) Verantwortungsteilung im Regulierungsprozess, aber (2.) weiterhin eine staatliche Letztverantwortung für das Regulierungsergebnis.

B. Theoretischer Bezugsrahmen

65

a) Verantwortungsteilung im Regulierungsprozess Das Prinzip der Verantwortungsteilung basiert auf der Grundannahme, dass die Verantwortung für das Gemeinwohl zwischen staatlichen und privaten Akteuren aufgeteilt werden sollte, um eine effektive und effiziente Aufgabenerfüllung sicherzustellen (Schuppert 2005: 23). Das Prinzip verkörpert die Abkehr von einer „rein staatlichen Aufgabenerfüllung“ und sieht ein „Kooperationsspektrum“ zwischen staatlichen und privaten Akteuren vor (Häfner 2010: 42), welches von der Erfüllungs- bis zur Auffangverantwortung des Staates reicht (Franzius 2009: 105 f.). Für den Regulierungsbereich gilt nach Schuppert (1997: 575), dass Regulierung, wenn sie funktionieren soll, „die Interessen- und Verhandlungslogik der zu steuernden Akteure“ zu berücksichtigen hat. Daraus folgt, dass private und/oder gesellschaftliche Träger in Regulierungsprozesse und Entscheidungen soweit wie möglich einzubinden sind, wobei der Staat allerdings weiterhin die Ergebnisse zu verantworten hat und gegebenenfalls korrigierend durchgreifen muss. b) Staatliche Letztverantwortung für das Regulierungsergebnis Im Gewährleistungsstaat muss der Staat auch weiterhin die Verantwortung für das Regulierungsergebnis tragen. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass die Marktakteure in den liberalisierten Sektoren auch marktexterne Gemeinwohlziele produzieren sollen und dies nicht von sich aus tun werden, so dass der Staat auch weiterhin dafür sorgen muss, dass die angestrebten Gemeinwohlziele verwirklicht werden (Franzius 2008: 364; Häfner 2010: 49). Die staatliche Ergebnisverantwortung wird auch als Gewährleistungsverantwortung bezeichnet und spielt für die Energiewirtschaft – im Sinne einer Liberalisierungs- oder Privatisierungsfolgenbewältigung – eine zentrale Rolle (Frenzel 2007: 264 ff.). Denn der Staat hat beispielsweise dafür Sorge zu tragen, dass allen Bürgern der Zugang zu den Energieversorgungsnetzen offen steht und eine flächendeckende Energieversorgung durch die Energieversorgungsunternehmen gewährleistet wird. Im Regulierungskontext gilt das Konzept der regulierten Selbstregulierung als Ausdruck der Verantwortungsteilung und der staatlichen Ergebnisverantwortung. Die regulierte Selbstregulierung sieht vor, dass die Marktakteure auch im Bereich der klassischen Eingriffs- und Ordnungsverwaltung tätig werden können (Thoma 2008: 63 ff.). Als Musterbeispiel hierfür gilt das Umweltauditsystem nach der EMAS-VO (Schuppert 2005: 27 ff.; Frenzel 2007: 303 ff.). Hin und wieder ist auch das System der Verbändevereinbarung als Form der „regulierten Selbstregulierung“ bezeichnet worden (z. B. Herzmann 2010: 21). Diese Einstufung ist aus Sicht des Autors problematisch, da der Staat durch die Ex-post-Missbrauchsaufsicht – wenn überhaupt – nur eine eingeschränkte Verantwortung für das Regulierungsergebnis trug und ebenfalls nur eingeschränkt auf sie einwirken konnte (hierzu Schneider 1999: 468 ff.).

66

1. Teil: Problemstellung, Theoretischer Bezugsrahmen und Methoden

2. Collaborative Governance Beim Konzept der Collaborative Governance handelt es sich um einen Ansatz zur Politikentwicklung und Implementation, der wie der Gewährleistungsstaat ebenfalls auf geteilte Entscheidungs- und Ermessensspielräume zwischen staatlichen und privaten Akteuren abzielt (Donahue/Zeckhauser 2011: 4), um gemeinschaftlich Gemeinwohlziele zu verwirklichen. Besondere Aufmerksamkeit hat der Collaborative-Governance-Ansatz dadurch erregt, dass sich die Obama-Administration um eine weitgehende Umsetzung bemüht und die Einbindung privater Akteure in die staatliche Entscheidungsfindung zum zentralen Anliegen der Bundesverwaltung erklärt hat (Obama 2009). Bislang konnte sich keine allgemein anerkannte Definition von Collaborative Governance durchsetzen, aber die folgenden Merkmale weisen eine hohe Verbreitung im Schrifttum auf (Ansell/Gash 2008: 544 ff.; Donahue/Zeckhauser 2006: 469 ff.; Bauer 2010a: 241; Donahue/Zeckhauser 2011: 4 ff.; Ansell 2012: 498 f.): Beteiligung staatlicher und privater Akteure, geteilte Entscheidungsspielräume, geregelte und transparente Entscheidungsprozesse sowie eine einvernehmliche Entscheidungsfindung. Der Grundansatz sieht vor, dass alle betroffenen Akteure (stakeholder) in die Entscheidungsfindung und -umsetzung eingebunden werden sollen oder zumindest die Möglichkeit der Mitwirkung erhalten (Donahue/Zeckhauser 2011: 4 ff.). Obwohl zwischen staatlichen und privaten Akteuren geteilte Entscheidungsspielräume vorgesehen sind, müssen die Entscheidungen auch weiterhin rechtsstaatlichen Grundanforderungen genügen, so dass es verfassungsrechtliche Grenzen für die Übertragung von Entscheidungskompetenzen auf private Akteure gibt (Bingham 2010: 315 ff.). Von besonderer Relevanz ist in diesem Zusammenhang die Transparenz der Entscheidungsfindung (Donahue/Zeckhauser 2006: 509), um missbräuchlichem Verhalten durch die beteiligten Akteure vorzubeugen. Grundsätzlich wird eine einvernehmliche Entscheidungsfindung angestrebt (Ansell/ Gash 2008: 546). Dies führt im Idealfall zu einer hohen Akzeptanz der Entscheidung durch die beteiligten Akteure, stellt im Konfliktfall aber auch die Achillesferse des Ansatzes dar, da die Grundvoraussetzung hierfür ist, dass die beteiligten Akteure auch bereit sind, einen Konsens zu suchen (Ansell/Gash 2008: 557). Denn einzelne Akteure können Verhandlungen blockieren oder zum Scheitern bringen. Im Energiebereich gilt das US-amerikanische ISO/RTO-Modell als beispielhaft für die Umsetzung des Collaborative-Governance-Ansatzes (Koch 2009; 89 ff.). Beim ISO/RTO-Modell handelt es sich um ein Entflechtungsmodell für die nordamerikanische Stromversorgung, das eine freiwillige Übertragung des Betriebs der Übertragungsnetze auf Non-Profit-Organisationen vorsieht, die so genannten „Independent System Operators“ (ISO) oder „Regional Transmission Operators“ (RTO), die für das Übertragungsnetz in einem (ISO) oder mehreren (RTO) Bundesstaaten verantwortlich sind. Durch die Non-Profit-Ausrichtung des

B. Theoretischer Bezugsrahmen

67

Netzbetriebs soll ein diskriminierungsfreier Netzzugang gewährleistet werden. Die Aufsicht über die ISOs und RTOs soll nicht nur durch eine Regulierungsbehörde, sondern auch durch die Stakeholder selbst erfolgen, die in den Vorstandsgremien der Organisationen vertreten seien sollen (vgl. Schneider 1999: 316 ff.; Ziesak 2003: 98). Die Bewertung des Erfolgs dieses Organisationsansatzes fällt durchaus gemischt aus, da es durch einzelne Stakeholder zu Entscheidungsblockaden gekommen ist (Kwoka 2008: 193). Fraglich ist, ob dieser Ansatz eine sinnvolle Alternative zu den gegenwärtigen europäischen Entflechtungsmodellen darstellt, die auch als Form der „command and control regulation“ (Koch 2009: 86) bezeichnet werden. Ursprünglich wurde von der Regierungskoalition aus CDU/CSU/FDP (2009: 29) die Gründung einer deutschen Netzgesellschaft im Koalitionsvertrag angestrebt, um die Netzneutralität sicherzustellen. Der US-amerikanische Ansatz hätte sich zur Organisation einer solchen Gesellschaft durchaus angeboten. Angesichts des Verkaufs von Fernleitungsnetzen an ausländische Investoren erscheint diese Option allerdings vom Tisch zu sein. Der Koalitionsvertrag von CDU/CSU/ SPD (2013: 42 f.) sieht die Option einer deutschen Netzgesellschaft auch nicht mehr vor, sondern möchte stattdessen den Bürger am Netzausbau beteiligen. Allerdings geht aus dem Vertrag nicht hervor, wie diese Beteiligung tatsächlich erfolgen soll. Für die normative Bewertung der empirischen Analyseergebnisse lassen sich aus dem Collaborative-Governance-Ansatz die Prinzipien der Transparenz und der Einbindung aller betroffenen Akteure als Bewertungskriterien ableiten. a) Transparente Regulierungsprozesse Ein zentrales Prinzip des Collaborative-Governance-Ansatzes ist, dass er auf die Schaffung transparenter Entscheidungsprozesse abzielt. Dadurch sollen die Möglichkeiten des Missbrauchs geteilter Entscheidungsspielräume eingeschränkt und die Annehmbarkeit der Entscheidung für die betroffenen Akteure erhöht werden. Bei letzterem ist anzunehmen, dass Entscheidungen, deren Zustandekommen nachvollziehbar ist, eher akzeptiert werden als Entscheidungen, die hinter verschlossenen Türen gefällt werden. Hinzu kommt, dass Transparenz auch eine disziplinierende Wirkung auf die beteiligten Akteure ausüben kann, da diese – wenn sie sich gegen eine einvernehmliche Lösung sträuben – als „Bremsklötze“ an den öffentlichen „Pranger“ gestellt werden können. Negative Publizität kann den Verhandlungsdruck auf die beteiligten Akteure erheblich verstärken und führt zu einer „sozialen Kontrolle“ der Prozesse und Ergebnisse (Bohne/ Bauer 2011: 303). Transparenz kann sich im Regulierungskontext allerdings als zweischneidiges Schwert erweisen. Denn zu viel Transparenz kann sich negativ auf die Verhandlungsbereitschaft von Akteuren auswirken, wenn deren Forderungen und Verhandlungspositionen für alle anderen Akteure offen gelegt werden

68

1. Teil: Problemstellung, Theoretischer Bezugsrahmen und Methoden

und keine Räume mehr bestehen, um sich diskret auszutauschen und zu verhandeln (Coglianese/Zeckhauser/Parson 2004). Für den Regulierungsprozess folgt daraus, dass das Zustandekommen von Regulierungsentscheidungen so transparent wie möglich ausgestaltet werden sollte, um einem „regulatory capture“ vorzubeugen und die Annehmbarkeit der Entscheidung für die Regulierungsadressaten und Marktakteure zu erhöhen. b) Einbindung aller betroffenen Akteure in den Regulierungsprozess Ein weiteres Prinzip der Collaborative Governance, welches mit dem Prinzip der Transparenz korrespondiert, ist das Prinzip der Einbindung aller betroffenen Akteure in den Entscheidungsprozess, um sicherzustellen, dass ihre Interessen bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden. Dies setzt allerdings voraus, dass die Verhandlungspositionen der beteiligten Akteure relativ gleich sein müssen und/oder ein Interessenausgleich stattfindet, wenn man vermeiden möchte, dass sich besonders verhandlungsstarke Akteure durchsetzen. An dieser Problematik scheitern in der Praxis viele Verhandlungssysteme (vgl. Ansell/Gash 2008: 551). Denn die verhandlungsschwachen Akteure ziehen sich dann aus den Verhandlungen zurück. Dies ist beispielsweise beim System der Verbändevereinbarungen der Fall gewesen, das vor dem Verhandlungsabbruch nicht mehr von den Industrieverbänden unterstützt wurde, weil sich die Netzbetreiberverbände nicht auf die Einführung eines Zweivertragsmodells einlassen wollten (hierzu Lohmann 2006: 30 ff.). Insofern setzt die Einbindung aller betroffenen Akteure in den Entscheidungsprozess auch voraus, dass diese über entsprechende Beteiligungsmöglichkeiten verfügen. Für den Regulierungsprozess folgt daraus, dass dieser allen betroffenen Akteuren offen stehen muss und diese die Möglichkeit haben sollten, ihre Interessen einzubringen und zu vertreten. Der Prozess sollte so organisiert sein, dass ein Interessenausgleich zwischen den beteiligten Akteuren stattfindet und der Prozess nicht von bestimmten Akteuren dominiert werden kann. 3. Negotiated Settlements und RIIO Einen Regulierungsansatz, der die Grundprinzipien des Gewährleistungsstaates und von Collaborative Governance widerspiegelt, stellen so genannte „negotiated settlements“ dar. Hierbei handelt es sich um Absprachen zur Festlegung von Netzzugangsbedingungen und Netzentgelten, die von den Marktakteuren ausgehandelt und von der Regulierungsbehörde verrechtlicht werden sollen. Dieser Ansatz wurde vom britischen Ökonom Stephen Littlechild (2008) als Alternative zum gegenwärtigen britischen Regulierungsansatz entwickelt. Littlechild war in den 80er Jahren einer der Vordenker der britischen Form der Anreizregulierung (Glachant/Perez 2008: 347). Er war sogar von 1989 bis 1998

B. Theoretischer Bezugsrahmen

69

Leiter der britischen Regulierungsbehörde für den Strommarkt (Offer), die 1999 mit der Regulierungsbehörde für den Gasmarkt (Ofgas) fusionierte und zur Regulierungsbehörde für den Energiemarkt (Ofgem) wurde. In den letzten Jahren ist Littlechild (2008; 2009a; 2011) zu einem der größten Kritiker des bestehenden Regulierungsansatzes geworden, da aus seiner Sicht die Anreizregulierung nie richtig funktioniert habe (Littlechild 2009a: 4; 2011: 4). Man habe zwar die Netzentgelte absenken können, aber es sei nie gelungen, die erforderlichen Investitionen in den Um- und Ausbau der Netze vor dem Hintergrund des Klimawandels und einer neuen Energiepolitik sicherzustellen (Pollitt 2008: 70 ff.). Stattdessen sei die Netzqualität gesunken und der Ausbaubedarf gestiegen, da man sich nur auf das Absenken der Netzentgelte fokussiert habe (Littlechild 2009a: 4). Letztlich sei die Regulierungsbehörde mit ihrer Aufgabe überfordert gewesen, da sie unter erheblichen Informationsdefiziten im Bezug auf die Entwicklung der Energiemärkte und die Interessen der Marktakteure leiden würde (Littlechild 2009a: 4). Littlechilds (2008: 35 ff.) Lösungsansatz sieht deshalb vor, dass die Marktakteure bzw. ihre Vertreter unter der Moderation der Regulierungsbehörde Netzzugangsbedingungen und Netzentgelte selbst aushandeln. Seine Grundannahme ist, dass diese ihre Interessen besser direkt – als durch die Regulierungsbehörde vertreten – in den Regulierungsprozess einbringen können. Die Ergebnisse dieser Verhandlungen sollen durch die Regulierungsbehörde abschließend verrechtlicht werden. Die Aufgabe der Regulierungsbehörde soll in erster Linie darin bestehen, den Verhandlungsprozess zu überwachen und für einen Ausgleich zwischen schwachen und starken Marktakteuren zu sorgen, indem sie beispielsweise regulierungsrelevante Informationen aufbereitet und zur Verfügung stellt. Sollte der Verhandlungsprozess zu keinem Ergebnis führen, dann soll die Regulierungsbehörde wie bisher selber und einseitig handelnd tätig werden, um die erforderlichen Beschlüsse zu erlassen. Der Grundansatz weist gewisse Ähnlichkeiten zum System der Verbändevereinbarungen auf, zeichnet sich allerdings im Gegensatz zu den Verbändevereinbarungen durch die vier zuvor identifizierten Prinzipien guter Regulierung aus: (1.) Verantwortungsteilung im Regulierungsprozess, (2.) aber staatliche Letztverantwortung für das Regulierungsergebnis, (3.) transparente Regulierungsprozesse und (4.) die Einbindung aller betroffenen Akteure. Im Rahmen der Arbeit soll geprüft werden, ob und inwieweit „negotiated settlements“ eine sinnvolle Alternative oder Ergänzung für die deutsche Netzzugangsund Netzentgeltregulierung darstellen, um Informations- und Ressourcenprobleme der Regulierungsbehörden zu bewältigen. Dies geschieht auch mit Blick auf das neue britische Regulierungssystem RIIO (Revenue = Incentives + Innovation + Output) (Ofgem 2010b), das seit 2012 zur Anwendung kommt. RIIO modifiziert das gegenwärtige Regulierungssystem und

70

1. Teil: Problemstellung, Theoretischer Bezugsrahmen und Methoden

setzt auf eine stärkere Beteiligung der Marktakteure bei der Festlegung von Erlösobergrenzen. Diese Modifikation ist das Resultat einer Überprüfung der Geeignetheit der britischen Form der Anreizregulierung mit Blick auf den erforderlichen Investitionsbedarf und die Klimaschutzziele, die von 2008 bis 2010 durch die britische Regulierungsbehörde Ofgem (2009) durchgeführt wurde. Es wurde dabei auch geprüft, ob man Littlechilds Regulierungsmodell umsetzen sollte (Ofgem 2010a: 29). Auch wenn man sich im Ergebnis dagegen entschieden hat, werden trotzdem Verhandlungs- und Aushandlungsprozesse unter Beteiligung der Marktakteure eingeführt. Insofern konnten sich zumindest Elemente von Littlechilds Modell durchsetzen. Das RIIO-Modell beruht auf den folgenden Säulen (Ofgem 2010b): – Die Regulierungsperioden werden von fünf auf acht Jahre erhöht, um den Netzbetreibern eine größere Planungssicherheit zu bieten. – Die Erlösobergrenzen werden nicht mehr nur durch einen Effizienzvergleich und die Investitionsplanung der Netzbetreiber determiniert, sondern orientieren sich auch am Output der Netzbetreiber. Die Netzbetreiber sollen dadurch unternehmerische Freiheiten zurückerhalten, da sie sich selbst bestimmte Outputziele stecken können, die beim Erreichen zu einer Anhebung ihrer Erlösobergrenze führen. – Grundlage für die Berechnung der Erlösobergrenze sind die „business plans“ der Netzbetreiber, in denen sie darlegen müssen, welchen Output sie wie erreichen wollen. Die Ausarbeitung dieser Pläne orientiert sich an Outputkategorien und Vorgaben, die vor Beginn einer Regulierungsperiode von der Ofgem festgelegt werden. – Die Marktakteure müssen bei der Ausarbeitung von Outputvorgaben und business plans beteiligt werden. Auch wenn dieses Modell aufgrund der langwierigen und umfangreichen Konsultationsprozesse mit jedem einzelnen Netzbetreiber für Deutschland angesichts der Vielzahl der deutschen Netzbetreiber und des damit verbundenen immensen bürokratischen Aufwands ungeeignet erscheinen mag (Bauer 2010b; Bauer 2011), soll dennoch geprüft werden, ob einzelne Elemente – insbesondere die Beteiligungsrechte der Marktakteure bei der Erlösobergrenzenfestlegung – vielleicht dennoch einen Mehrwert bei einer Modifikation des gegenwärtigen deutschen Regulierungsansatzes versprechen.

C. Methoden I. Empirische Analyse Die empirische Untersuchung zielt darauf ab, Vollzugsprobleme bei der Umsetzung des gesetzlichen Gasnetzzugangsmodells und der Anreizregulierung so-

C. Methoden

71

wie die Strategien und Maßnahmen der Bundesnetzagentur und der Landesregulierungsbehörden zu ihrer Bewältigung zu beschreiben und zu erklären. Dabei soll auch geklärt werden, inwieweit die Merkmale und Probleme des Regulierungs- und/oder Gewährleistungsstaates auf die Ausgestaltung von Rechtsvorschriften und Regulierungsinstrumenten einwirken. Im Mittelpunkt der empirischen Analyse steht das Zusammenspiel der unterschiedlichen Akteure des Regulierungssystems bei der Ausarbeitung der untersuchten Entscheidungen. Dabei sollen unterschiedliche formale und informale Interaktionsformen aufgezeigt werden, die die Regulierungspraxis bei den beiden Untersuchungsgegenständen prägen. 1. Auswertung der Literatur und einschlägiger Regulierungsdokumente Eine zentrale Säule der Untersuchung ist die Auswertung von Primär- und Sekundärquellen zu formalen und informalen Entscheidungen der Regulierungsbehörden zum Netzzugangsmodell und zur Anreizregulierung. Hierzu gehören insbesondere veröffentlichte Regulierungsentscheidungen, Stellungnahmen und Pressemeldungen der Behörden und Marktakteure. Im Zentrum der Auswertung dieser Dokumente stehen die unterschiedlichen Interaktionen, die zu den entsprechenden formalen oder informalen Entscheidungen geführt haben. Darüber hinaus wird die wissenschaftliche Sekundärliteratur und rechtswissenschaftliche Kommentierung zu den entsprechenden Entscheidungen ausgewertet. Hierbei stehen ebenfalls die Interaktionsbeziehungen der Akteure des Regulierungssystems im Mittelpunkt, die zu den entsprechenden Entscheidungen geführt haben. Die Ergebnisse der Literaturstudie werden mit der Auswertung von Experteninterviews verglichen. 2. Experteninterviews Es wurden 23 halbstrukturierte Experteninterviews mit Vertretern unterschiedlicher Akteure des Regulierungssystems geführt, die zwischen 60 und 120 Minuten gedauert haben. Hierbei handelte es sich um Einzel- oder Gruppeninterviews. Die Interviews wurden mitgeschnitten und anschließend transkribiert oder paraphrasiert – also auf Kernaussagen reduziert –, codiert und mit MaxQDA ausgewertet (vgl. zur Methodik Meuser/Nagel 2002: 83). Die Interviews behandeln die Umsetzung des gesetzlichen Gasnetzzugangsmodells, der Anreizregulierung sowie die Geeignetheit von alternativen Regulierungsansätzen, die auf kooperative Elemente setzen.8 Einige Akteure wurden mehrfach interviewt, um Änderungen des Regulierungssystems zu erfassen und die Ergebnisse anderer Interviews zu überprüfen. Den Interviewpartnern wurde Anonymität zugesichert, weshalb nur 8

Der Interviewleitfaden ist als Anlage beigefügt.

72

1. Teil: Problemstellung, Theoretischer Bezugsrahmen und Methoden

Auszüge aus Interviews präsentiert werden, um sicherzustellen, dass keine Identifizierung möglich ist. Das Sample ist so gestaltet worden, dass die unterschiedlichen Akteursgruppen des Regulierungssystems erfasst wurden: – Regulierungsbehörden: Neben Vertretern der Beschlusskammern und Fachabteilungen der Bundesnetzagentur wurden zwei Landesregulierungsbehörden befragt, die sich in der Zahl ihrer Regulierungsadressaten erheblich unterscheiden, um das Spektrum der Landesregulierungsbehörden abzudecken. – Ministerialbürokratie: Um die Rechtsetzungsebene mitzuerfassen, wurden Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit interviewt. – Verbände: Es wurden alle Verbände befragt, die eine aktive Rolle im Regulierungsprozess einnehmen (vgl. hierzu Lohmann 2009: 10 ff.). Hierzu gehören insbesondere Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Verband kommunaler Unternehmen (VKU), Europäischer Verband der unabhängigen Gas- und Stromverteilunternehmen (GEODE), Bundesverband neuer Energieanbieter (bne), European Federation of Energy Traders (EFET) und Verband der industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK). Darüber hinaus wurde der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) befragt, der sich zwar nicht aktiv an den Regulierungsprozessen beteiligt, aber in den Medien und bei Rechtsetzungsprozessen die Interessen der Haushaltskunden vertritt. – Gasversorgungsunternehmen: Die Auswahl der Gasversorgungsunternehmen deckt einerseits die unterschiedlichen Netzebenen – überregionales Fernleitungsnetz, regionales Fernleitungsnetz – und andererseits die unterschiedlichen Marktrollen – Netzbetrieb, Großhandel, Vertrieb – ab. Neben Stadtwerken unterschiedlicher Größe wurden auch unterschiedlich große Energiekonzerne befragt. Bei entflochtenen Versorgungsunternehmen wurden, wenn möglich, neben Vertretern des Netzbetreibers auch Vertreter des Gasvertriebs befragt. Tabelle 4 zeigt eine Übersicht der interviewten Akteure und Interviews. Tabelle 4 Übersicht der Interviews Akteur

Akteursgruppe(n)

Datum

1

Bundesnetzagentur (BNetzA), Beschlusskammern

Regulierungsbehörden

16.05.2008

2

Bundesnetzagentur (BNetzA), Fachabteilungen

Regulierungsbehörden

27.07.2010

3

Landesregulierungsbehörde Rheinland-Pfalz (LRegB-RP)

Regulierungsbehörden

29.09.2010

C. Methoden

73

Akteur

Akteursgruppe(n)

Datum

4

Landesregulierungsbehörde Nordrhein-Westfalen (LRegB-NRW)

Regulierungsbehörden

08.08.2011

5

Bundesnetzagentur (BNetzA), Fachabteilungen

Regulierungsbehörden

05.09.2011

6

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)

Regierung, Ministerialbürokratie

10.08.2010

7

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)

Regierung, Ministerialbürokratie

12.12.2011

8

Bundesverband der Energie- und Netzbetreiberverband/GesamtWasserwirtschaft (BDEW) branchenverband

9

Verband kommunaler Unternehmen (VKU)

Netzbetreiberverband/Stadtwerke- 14.06.2010 verband

10

Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU)

Netzbetreiberverband/Stadtwerke- 10.09.2010 verband

11

Europäischer Verband der unab- Netzbetreiberverband/Stadtwerke- 14.06.2010 hängigen Gas- und Stromverteil- verband unternehmen (GEODE)

12

Bundesverband Neuer Energiean- Netznutzerverband bieter (bne)

10.08.2010

13

Netznutzerverband European Federation of Energy Traders Deutschland e. V. (EFET)

24.09.2010

14

Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK)

Netznutzerverband/Großverbraucherverband

26.07.2011

15

Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV)

Haushaltskundenverband

09.09.2010

16

EnBW AG

Energiekonzern, Verteilnetzbetreiber

21.06.2010

17

EnBW AG

Energiekonzern, Verteilnetzbetreiber

21.09.2011

18

Wingas GmbH & Co. KG

Energiekonzern, Fernleitungsnetz- 11.08.2011 betreiber

19

Gas-Union GmbH

Energiekonzern, Fernleitungsnetz- 27.10.2010 betreiber

20

MVV Energie AG

Verteilnetzbetreiber, Stadtwerke

31.05.2011

21

TWL AG

Verteilnetzbetreiber, Stadtwerke

18.07.2011

09.09.2010

74

1. Teil: Problemstellung, Theoretischer Bezugsrahmen und Methoden Akteur

Akteursgruppe(n)

Datum

22

Kommunale Netzgesellschaft Südwest (KNS)

Verteilnetzbetreiber, Stadtwerke

09.08.2011

23

GEODE

Netzbetreiberverband/Stadtwerke- 25.01.2013 verband

II. Normative Bewertung Die Ergebnisse der empirischen Analyse werden einer normativen Bewertung unterzogen, die sich an den vier Prinzipien kooperativer Regulierung orientiert, die im theoretischen Bezugsrahmen für die normative Bewertung ausgearbeitet wurden: (1.) Verantwortungsteilung im Regulierungsprozess, (2.) aber staatliche Letztverantwortung für das Regulierungsergebnis, (3.) transparente Regulierungsprozesse und (4.) die Einbindung aller betroffenen Akteure. Es sollen Maßnahmen und Vorschläge ausgearbeitet werden, die dazu beitragen, dass die Regulierungspraxis diese vier Prinzipien stärker berücksichtigt. Hierbei soll vor allem die Auswertung der Erfahrung mit dem kooperativen Regulierungsansatz bei der Kooperationsvereinbarung beitragen.

2. Teil

Grundlagen des Regulierungssystems A. Merkmale des Gasmarkts und Liberalisierungsdefizite I. Merkmale des Gasmarkts Erdgas ist ein brennbares Naturgas, das zu 70 bis 99 Prozent aus Methan besteht und hoch entzündlich ist (Olbricht 2008: 48). Als natürliches Produkt weist Erdgas unterschiedliche herkunftsspezifische Zusammensetzungen auf, die zu unterschiedlichen Brennwerten führen. In Deutschland werden derzeit noch zwei unterschiedliche Gasqualitäten mit unterschiedlichen Brennwerten gehandelt, H-Gas (high gas) und L-Gas (low gas). H-Gas weist einen Brennwert von 11 kWh/m3 bis 15 kWh/m3 und L-Gas einen von 9 kWh/m3 bis 10 kWh/m3 auf (Olbricht 2008: 48). Diese beiden Gasqualitäten wurden in der Vergangenheit in getrennten Netzinfrastrukturen transportiert und gehandelt, aber inzwischen ist man auch zu einem qualitätsübergreifendem Transport und Handel übergegangen (Bundesnetzagentur 2011b; 2011c: 19), was bis vor wenigen Jahren noch aufgrund möglicher technischer Probleme als undenkbar galt. Erdgas ist neben Erdöl und Kohle der drittwichtigste Primärenergieträger und deckt ca. 24 Prozent des Weltprimärenergieverbrauchs (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 2009: 20). Transport und Speicherung von Erdgas sind aufgrund seines Aggregatzustands aufwändiger als bei Erdöl oder Kohle (Olbricht 2008: 17). 1. Importabhängigkeit Erdgas wird aus unterirdischen Lagerstätten gefördert, die geographisch ungleichmäßig verteilt und regional konzentriert sind (Erdmann/Zweifel 2008: 7). Der europäische Markt wird vor allem durch Russland, Nordafrika, Norwegen und die Niederlande mit Gas beliefert (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 2009: 20; BMWi 2013: 11). Die EU-Mitgliedstaaten verbrauchen 20 Prozent des weltweit angebotenen Erdgases und können lediglich 7 Prozent davon durch heimische Produktion decken (Monopolkommission 2007: 105). Die Gasgewinnung aus inländischen Förderstätten ist in Deutschland in den letzten Jahren von 18,5 Prozent auf 9 Prozent des Eigenverbrauchs zurückgegangen (BMWi 2010: 16; BMWi 2013: 10).

76

2. Teil: Grundlagen des Regulierungssystems

Der Import von Erdgas in die EU erfolgt in der Regel über langfristige Verträge, die an den Ölpreis gekoppelt sind (Monopolkommission 2009: 44). Ausgangspunkt dieser Verträge ist ein Basispreis, der eine gemeinsame Einschätzung der Wettbewerbssituation widerspiegelt, welcher in vertraglich definierten Zeitabständen im Rahmen einer Anpassungsklausel – abhängig von der Preisentwicklung anderer substitutiver Primärenergieträger (vor allem Öl) – fortgeschrieben wird (Bundeswirtschaftsministerium 2010: 12) Die Importabhängigkeit führt dazu, dass ein Großteil der Preisbildung außerhalb der EU stattfindet, weshalb ein Vertreter des VKU darauf hinwies, dass man im Gegensatz zum Strombereich nicht alle Wertschöpfungsstufen im Gasbereich durch EU-Rechtsvorschriften regulieren könne und keinen Zugriff auf die Kartelle der Produzenten habe: „Ein Grundproblem, was man nicht lösen kann, ist, dass es nur eine beschränkte Anzahl von Lieferanten gibt. Denn es ist zumindest für mich nicht vorstellbar, dass man auch auf der Importeurebene zu kurzfristigen Verträgen kommt. Ich weiß auch nicht, ob eine solche Entwicklung im Interesse der deutschen und europäischen Energieversorgung wäre. Letztlich kann man die Wertschöpfungsstufen regulieren wie man will – so wie jetzt auch den Handel –, aber man kommt an die Produzenten nicht ran. Aus meiner Sicht ist das ein regulierungstheoretisches Problem, wenn man alle Wertschöpfungsstufen bis auf die erste Stufe regulieren kann.“

2. Leitungsgebundenheit Im kontinentalen Fern- und Nahbereich wird Erdgas durch Pipelines transportiert. Europa ist über sein Versorgungsnetz an die Hälfte der weltweiten Erdgasreserven angeschlossen. Dadurch verfügt der europäische Markt über eine relativ komfortable Ausgangslage gegenüber anderen Märkten (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 2009: 20). Beim Transport reiben sich die Gasmoleküle an den Pipelinewänden, weshalb der Druck in den Pipelines in regelmäßigen Abständen durch Verdichterstationen erhöht werden muss (Olbricht 2008: 40), so dass die Transportkosten höher sind als beispielsweise beim Strom. Die Leitungsgebundenheit wird teilweise durch die Möglichkeit der Verflüssigung von Erdgas durchbrochen. LNG (liquified natural gas) verfügt nur noch über ein 600stel des Volumens von Erdgas im gasförmigen Zustand, weshalb es auf dem Seeweg in Tankschiffen transportiert werden kann (Monopolkommission 2007: 106). Zum Transport auf dem Festland wird es in vor der Küste gelegenen Regasifizierungsanlagen wieder in seinen gasförmigen Zustand versetzt und in das kontinentale Pipelinenetz eingespeist. Es wird angenommen, dass bis zum Jahr 2020 rund 20 Prozent des Erdgasbedarfs der EU durch LNG-Lieferungen aus Afrika gedeckt werden können (BMWi 2013: 12). Das deutsche Gasnetz setzt sich „aus zahlreichen aufeinander abgestimmten Teilnetzen zusammen“ (Olbricht 2008: 39), die sich in folgende Leitungsstufen

A. Merkmale des Gasmarkts und Liberalisierungsdefizite

77

aufspalten: (1.) Hochdruckleitungen, (2.) Mitteldruckleitungen und (3.) Niederdruckleitungen (Monopolkommission 2007: 105). Die Hochdrucknetze werden als überregionale Verbundnetze von so genannten Ferngasgesellschaften betrieben, über die der Transport zu regionalen Weiterverteil- und Verteilernetzen erfolgt, die von regionalen Versorgern oder Stadtwerken betrieben werden (Olbricht 2008: 38 f.). Dem Gashandel liegt in der Regel kein tatsächlicher physischer Transport der vertraglich vereinbarten Gasmengen vom Handels-/Einspeise- zum Ausspeisepunkt zugrunde, da hierfür freie Leitungen vom Handels-/Einspeise- zum Ausspeisepunkt bestehen müssen. Der tatsächliche Transport erfolgt stattdessen im Rahmen eines Austausches von Gasmengen zwischen den vom Handels-/Einspeise- bis zum Ausspeisepunkt gelegenen Netzbetreibern, der sicherstellt, dass die vertraglich vereinbarten Mengen am Ausspeisepunkt entnommen werden können (Brodt 2008: 29). In den Interviews wurde von keinerlei systematischen Diskriminierungen beim Netzzugang berichtet. Netzzugangsprobleme seien, sofern sie vorkommen würden, auf reale oder vertragliche Kapazitätsengpässe im Netz zurückzuführen. Ein Vertreter des VKU wies darauf hin, dass Kapazitätsengpässe vor allem an den Grenzkuppelstellen beständen, da diese langfristig ausgebucht seien, weshalb viele Stadtwerke von nur wenigen Vorversorgern abhingen, da sie sich nicht selbst ihr Gas an europäischen Großhandelsplätzen besorgen könnten: „Was wir wahrnehmen – mit Blick auf unsere Mitgliedschaftsunternehmen, die Stadtwerke, die immer an Vorlieferanten mit dran hängen – ist, dass es einfach nach wie vor ein Liquiditätsproblem gibt. Die Auswahl für Stadtwerke, bestimmte Gasmengen von anderen Lieferanten zu beziehen, ist aufgrund von Kapazitätsengpässen, auch an Grenzübergangsstellen, gering; damit natürlich auch die Möglichkeit, etwas hinsichtlich einer anderen Beschaffung zu machen. Die Regelungen zum Kapazitätsmanagement kommen ja nicht von ungefähr, sondern resultieren aus der Tatsache heraus, dass die BNetzA, aber auch das BMWi, festgestellt haben, dass durch langfristige Kapazitätsbuchungen an den Grenzkuppelstellen Kapazitäten gebunden werden, die an sich technisch verfügbar wären. Dadurch leidet unterm Strich die Liquidität des Gasmarktes, so dass unsere Einschätzung ist, dass für unsere Stadtwerke die Möglichkeiten, da was zu machen, bislang begrenzt sind.“

3. Lange Lieferketten Der deutsche Gasmarkt lässt sich grundsätzlich in drei Marktstufen einteilen (Schiffer 2010: 174): (1.) Produktions- und Importstufe, (2.) Transport- und Verteilstufe und (3.) Vertriebsstufe. Insgesamt sind in Deutschland über 700 Gasversorgungsunternehmen auf einer oder mehrerer dieser Stufen aktiv. Sie lassen sich in drei Gruppen einteilen (Monopolkommission 2009: 46): (1.) überregionale Ferngasunternehmen mit Importbezug oder inländische Erdgasfördergesellschaften, (2.) regionale Ferngasunternehmen ohne Importbezug sowie (3.) regionale

78

2. Teil: Grundlagen des Regulierungssystems

und örtliche Gasversorgungsunternehmen. Während der ersten Gruppe nur ca. 20 Unternehmen angehören, setzt sich die zweite Gruppe aus ca. 40 Unternehmen und die dritte Gruppe aus ca. 200 reinen Gasversorgungsunternehmen und ca. 500 Querverbundunternehmen zusammen, die auch mit Elektrizität handeln (Schiffer 2010: 178 ff.; Monopolkommission 2009: 46). Bei den regionalen Unternehmen der zweiten Stufe handelt es sich um Versorger von Großkunden und Vorversorger von Stadtwerken und bei den örtlichen Versorgern auf der dritten Stufe um Stadtwerke, die auch die zahlenmäßig größte Akteursgruppe auf dem Gasmarkt darstellen (Lafrenz 2007: 30 ff.). Über zwei Drittel der Unternehmen auf der zweiten und dritten Stufe sind in öffentlichen oder gemischt-öffentlichprivatwirtschaftlichen Unternehmensformen organisiert und damit ganz oder teilweise in öffentlicher Hand (Bettzüge/Kesting 2011: 87). Die Lieferketten vom Produzenten/Importeur bis zum Verbraucher sind in Deutschland sehr lang, da Gas bis zu fünfmal den Eigentümer wechselt, ehe es den Endverbraucher erreicht (Olbricht 2008: 30). Die Länge der Lieferketten vom Importeur oder Erzeuger bis zum Stadtwerk oder Regionalversorger kann sich natürlich negativ auf die Verbraucherpreise auswirken, da jede Stufe Gewinne erwirtschaften muss (Olbricht 2008: 30). Allerdings kann über die Effizienz dieser Lieferketten keine klare Aussage getroffen werden, da Lieferketten mit vielen Zwischenhändlern auch in anderen Staaten mit liquiden Gasmärkten nicht unüblich sind (Funk/Milgram/Schulz 1995: 215). Abbildung 6 zeigt die Stufen und Akteursgruppen des deutschen Gasmarkts.

Abbildung 6: Struktur des deutschen Gasmarkts

A. Merkmale des Gasmarkts und Liberalisierungsdefizite

79

Die großen Fernleitungsnetzbetreiber sind aufgrund der Entflechtungsvorgaben des § 10a Abs. 4 EnWG verpflichtet, einen eigenen Markenauftritt zu entwickeln, weshalb sich die Unternehmensnamen der Netzbetreiber inzwischen deutlich von denen des Mutterkonzerns unterscheiden: Open Grid Europe (EON), Thyssengas (RWE), GASCADE (Wingas), terranets (GVS), Nowega (Erdgas Münster), Fluxys (Eni). 4. Hohe Konzentration Das mehrstufige System wird durch eine Vielzahl von Mehr- oder Minderheitsbeteiligungen der Ferngasgesellschaften an regionalen und örtlichen Gasversorgungsunternehmen gestützt (Monopolkommission 2009: 49). Lediglich die Wingas-Gruppe verfügt über keine strategischen Beteiligungen an nachgelagerten Wirtschaftsstufen und lehnt diese ab (Lafrenz 2007: 32), da sie nicht am Haushaltskundenmarkt interessiert ist. Diese Minderheitsbeteiligungen dienen der Absatzsicherung, da sie den beteiligten Unternehmen Zugang zu unternehmensrelevanten Informationen liefern, um ein maßgeschneidertes Angebot als Vorversorger erstellen zu können (Monopolkommission 2007: 111; Lafrenz 2007: 124). Dadurch sinken die Chancen für andere Wettbewerber, als Vorversorger zum Zuge zu kommen. Klaue und Schwintowski (2004) gehen sogar soweit, Minderheitsbeteiligungen der Ferngasgesellschaften als kartellrechtswidrige Vereinbarungen einzustufen, die gegen § 1 GWB verstoßen. Sie gehen davon aus, dass zwischen den Ferngasgesellschaften und den Regionalversorgern bzw. Stadtwerken durch die Minderheitsbeteiligung eine Art Grundvereinbarung zustande komme (Klaue/Schwintowski 2004: 44 ff.), die zum Gegenstand habe, auf Wettbewerb untereinander zu verzichten. Allerdings ist das BKartA dieser Auslegung bislang nicht gefolgt. Ein weiteres Problem, das zur Konzentration des Gasmarkts führt, ist, dass der Vielzahl der regionalen und örtlichen Gasversorgungsunternehmen nur eine geringe Zahl von Importeuren und Produzenten gegenübersteht. Von diesen hält E.ON Ruhrgas ca. 60 Prozent des importierten Erdgases (Monopolkommission 2007: 112). Zwar besteht zumindest theoretisch auch für Regionalversorger und Stadtwerke die Möglichkeit, Gas an europäischen Großhandelsmärkten, wie beispielsweise dem TTF (title transfer facility) in den Niederlanden, einzukaufen und selbst zu importieren, aber die benötigten Transportkapazitäten an den Grenzübergangspunkten sind kaum vorhanden und langfristig ausgebucht (Bundeskartellamt 2009a: 12). Bei der Beurteilung der Marktstellung von Gasversorgungsunternehmen greift das Bundeskartellamt (2009b: 9) trotz der Liberalisierung des Marktes weiterhin auf eine netzbezogene Marktabgrenzung zurück, da die Versorgungsunternehmen in ihrem Gebiet im Regelfall über eine besondere Stellung bei den Groß- und Haushaltskunden verfügen. Bei den Haushaltskunden werden weiterhin über 94 Prozent durch den örtlichen oder regionalen Grundversorger im Rahmen von

80

2. Teil: Grundlagen des Regulierungssystems

Grundversorgungs- oder Sonderverträgen beliefert (Bundesnetzagentur 2009b: 64). Das Bundeskartellamt schließt daraus, dass nahezu alle Gasversorgungsunternehmen über eine marktbeherrschende Stellung in ihrem Netzgebiet verfügen (Bundeskartellamt 2009a: 8; Monopolkommission 2009: 47). Allerdings hat die Zahl der verfügbaren Angebote innerhalb der einzelnen Netzgebiete in den letzten Jahren erheblich zugenommen (Bundesnetzagentur 2009b: 64 ff.), weshalb die Bundesnetzagentur (2009b: 55 ff.) die derzeitige Wettbewerbsentwicklung mit verhaltenem Optimismus bewertet. Ein Vertreter des VKU wies darauf hin, dass sich die Konzentration langsam auflöse, da der Marktanteil der E.ON Ruhrgas in den letzten Jahren zurückgegangen sei, weshalb die Wettbewerbsintensität auf den Großhandelsmärkten zunehmen würde: „Sie müssen sich mal anschauen, wie sich der Markt entwickelt hat. Die E.ON Ruhrgas hat enorm Marktanteile verloren. Die sind mal ganz anders gestartet und haben wirklich herbe Verluste eingefahren. [. . .] Wobei man sagen muss, dass diejenigen, die von der aktuellen Entwicklung profitieren, auch nicht mit ihren Erfolgen hausieren gehen. Selbst auf dem Großhandelsmarkt ist gut was in Bewegung, weil durch den Börsenhandel und Marktgebietszusammenlegungen ein paar Sachen durcheinandergeschüttelt wurden. Es ist nicht so, dass die Ruhrgas immer bestimmender Akteur bleiben wird.“

5. Langsame Entwicklung von Großhandelsmärkten Der deutsche Großhandelsmarkt für Gas war 2005 in zahlreiche Teilmärkte, die so genannten Marktgebiete, zersplittert (Monopolkommission 2009: 60). Die Zahl der Marktgebiete konnte nur schrittweise reduziert werden, weshalb sich der Großhandel zögerlich entwickelt hat. Innerhalb eines Marktgebiets kann Gas ohne Kapazitätsbeschränkungen gehandelt werden, aber für marktgebietsüberschreitende Transporte müssen entsprechende Kapazitäten gebucht werden (Bettzüge/Kesting 2011: 90). Die Zulässigkeit zur Aufteilung des Gasmarkts in Marktgebiete ergibt sich aus § 20 Abs. 1b EnWG, welcher alle Betreiber von Gasversorgungsnetzen verpflichtet, „untereinander in dem Ausmaß verbindlich zusammenzuarbeiten, das erforderlich ist, damit der Transportkunde zur Abwicklung eines Transports auch über mehrere, durch Netzkopplungspunkte miteinander verbundene Netze nur einen Einspeise- und einen Ausspeisevertrag abschließen muss, es sei denn, diese Zusammenarbeit ist technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar“. Marktgebiete repräsentieren – zumindest theoretisch – die Grenzen der technischen und wirtschaftlichen Zumutbarkeit bei der Umsetzung des Zweivertragsmodells. Die Aufteilung in Marktgebiete und die Zuordnung zu Marktgebieten bergen ein erhebliches Diskriminierungspotenzial, um Märkte abzugrenzen (Wyl/Thole 2011: 992 ff.). Denn die verfügbaren Kapazitäten zur Einspeisung an den Grenz- und Marktgebietsübergangspunkten sind größtenteils langfristig aus-

A. Merkmale des Gasmarkts und Liberalisierungsdefizite

81

gebucht (Bundeskartellamt 2009a: 12; Bettzüge/Kesting 2011: 91), was den deutschlandweiten Handel und Transport erheblich erschwert. Die genaue Aufteilung der Gasversorgungsnetze in Marktgebiete ist in der Kooperationsvereinbarung geregelt. Diese sind im Laufe der Zeit von 16 auf zwei reduziert worden. Eine Folge der Zersplitterung des Großhandelsmarkts in Marktgebiete war, dass einige Marktgebiete unter erheblichen Liquiditätsproblemen litten (Monopolkommission 2009: 60). Das bedeutete, dass innerhalb dieser Marktgebiete zu wenig Gas frei gehandelt wurde, um einen funktionierenden Wettbewerb in Gang zu setzen. Die schrittweise Reduzierung der Marktgebiete hat sicherlich zu einer erheblichen Verzögerung der Wettbewerbsentwicklung beigetragen. Tabelle 5 verdeutlicht diesen Prozess. Tabelle 5 Entwicklung der Zahl der Marktgebiete 01.10.2006 01.10.2007 01.10.2008 01.10.2009 01.04.2011 1.10.2011 H-Gas

14

9

7

3

2*

2**

L-Gas

5

5

5

3

1

0

Gesamt

19

14

12

6

3

2

* ein qualitätsübergreifendes Marktgebiet/** zwei qualitätsübergreifende Marktgebiete

In den Interviews wurde häufig bemängelt, dass die L-Gas-Marktgebiete noch nicht über ausreichend Liquidität verfügen würden, um einen funktionierenden Großhandel zu ermöglichen. Dieses Problem ist durch die Einführung qualitätsübergreifender Marktgebiete gelöst worden. Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt (2012: 159) kommen zu dem Schluss, dass die Liquidität auf den Großhandelsmärkten sich erheblich verbessert habe und dazu führe, dass viele Stadtwerke und Regionalversorger von langfristigen auf kurzfristige Verträge umstellen und flexible Beschaffungsstrategien verfolgen würden, die den Wettbewerb beleben. 6. Wirtschaftskrise als Motor des Wettbewerbs Wenn man die Gaspreisentwicklung der letzten Jahre betrachtet, dann hat sich der Erdgaspreis für Industrie- und Haushaltskunden seit 1998 mehr als verdoppelt (Bundeswirtschaftsministerium 2010: 36 ff.). Allerdings ist dieser Trend durch die Wirtschaftskrise in 2009 abgeschwächt worden. Der dadurch gesunkene Verbrauch hat zu einem Überangebot geführt (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 2009: 20 f.), was eine deutliche Erhöhung der Handelsmengen zur Folge hatte und „Deutschland zu einem der liquidesten Handelsplätze in Europa“ gemacht hat (Bundesnetzagentur 2009b: 55). Dadurch konnten „Händler, die bereits eine flexible Beschaffungsstrategie verfolgen“, Gas zu äu-

82

2. Teil: Grundlagen des Regulierungssystems

ßerst günstigen Konditionen einkaufen und die etablierten Versorger, die in der Regel mit ölpreisgebundenen Mengen handeln, unter erheblichen Wettbewerbsdruck setzen (Bundesnetzagentur 2009b: 55). Allerdings haben die Gaspreise in jüngster Zeit wieder angezogen (European Commission 2012b: 116), weshalb es sich möglicherweise nur um eine kurze Phase der Entspannung gehandelt hat. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Neueinsteiger der letzten Jahre auch in Zukunft auf dem Gasmarkt behaupten können.

II. Wettbewerbssituation und zentrale Liberalisierungsprobleme des Gasmarkts Grundsätzlich ist es schwierig festzustellen, ob auf einem Markt ein funktionsfähiger Wettbewerb herrscht, da es keinen „absoluten Maßstab“ hierfür gibt (Frenzel 2007: 33). Deshalb muss man zur Bewertung der Wettbewerbssituation auf bestimmte Indikatoren zurückgreifen: die Liquidität der Großhandelsplätze hat sich deutlich erhöht, die Lieferantenwechsel nehmen stetig zu, und die Zahl der verfügbaren Anbieter in den einzelnen Netzgebieten hat sich deutlich vervielfacht (BNetzA/BKartA 2012: 158). In den Interviews wurde die Einschätzung einer zunehmend positiven Wettbewerbsentwicklung weitgehend geteilt. Ein Vertreter eines Gashandelsunternehmens merkte an, dass sich die Wettbewerbssituation in den letzten Jahren deutlich verbessert habe: „Wir kommen langsam in Gang. Man muss dazu sagen, dass es recht ernüchternd ist, wenn man sich anschaut, dass wir vor zehn Jahren mit dem ersten Binnenmarktpaket angefangen haben, mit dem großen Ziel, einen großen europäischen Erdgasbinnenmarkt zu schaffen. Erst jetzt fängt man in Deutschland und auf europäischer Ebene an, die Themen anzupacken, die zwingend erforderlich sind, wie jetzt im Bereich Gas das Kapazitäts- und Engpassmanagement. Man beginnt jetzt, dort Rahmenbedingungen einzuführen, die eben Standard sind für die Marktteilnehmer. Was sehr entscheidend war, wo wir auch spüren, dass es sich auch positiv auf den Wettbewerb ausgewirkt hat, ist die Vereinheitlichung des Lieferantenwechselprozesses, sowohl strom- wie auch gasseitig.“

Trotzdem bleiben einige Liberalisierungsmängel weiterhin bestehen. Hierzu gehören insbesondere (vgl. Klaue 2011: 595 ff.): – die Importabhängigkeit, – die geringe Verfügbarkeit von Kapazitäten an den Grenzkuppelstellen, um Gas von den europäischen Großhandelsmärkten beziehen zu können, und – die immer noch hohe Konzentration der Unternehmen auf der Import- und Großhandelsstufe. Die Möglichkeiten der Regulierungsbehörden zur Behebung von Liberalisierungsdefiziten sind auf die Regulierung des Netzzugangs, der Netzentgelte und des damit verbundenen Netzausbaus beschränkt. Probleme wie die Importabhän-

B. Akteure des Regulierungssystems

83

gigkeit oder die hohe Konzentration der Unternehmen auf der Import- und Großhandelsstufe entziehen sich den Regulierungsmöglichkeiten der Regulierungsbehörden. Im Rahmen der Analyse werden deshalb nur die Auswirkungen des Regulierungshandels auf Liberalisierungsdefizite betrachtet, die auch durch das Regulierungshandeln beeinflusst werden können.

B. Akteure des Regulierungssystems I. Regulierungsbehörden 1. Bundesnetzagentur Die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation und Eisenbahnen ist 2005 durch das „Gesetz über Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation und Eisenbahnen“ als selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des BMWi eingerichtet worden. Sie ist aus der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) hervorgegangen. Bei der Bundesnetzagentur sind insgesamt rund 2.500 Mitarbeiter beschäftigt (BNetzA 2012a: 217), von denen allerdings nur rund 185 Mitarbeiter mit Regulierungsaufgaben im Energiebereich betraut sind (European Commission 2012b: 114). Die britische Regulierungsbehörde Ofgem verfügt hingegen über 441 Mitarbeiter und ein dreimal so großes Budget für den Energieregulierungsbereich: 79 anstatt 18 Millionen Euro (vgl. European Commission 2012b: 114; 209). Ein Vertreter der BNetzA fasste die Personalsituation der BNetzA im Energiebereich folgendermaßen zusammen: „Wir sind so groß wie die Stabsabteilung von RWE, das sind nämlich auch hundertsechzig Personen, aber wir stehen einer Netzindustrie mit achtzigtausend Mitarbeitern gegenüber, die aus siebzehnhundert Gesellschaften besteht.“

Durch die 2011 beschlossene EnWG-Novelle wird der Personalbestand im Energiebereich in den nächsten Jahren sicherlich anwachsen, da zu den Regulierungsaufgaben der BNetzA noch umfangreiche Planungsaufgaben hinzugekommen sind. a) Aufbau und Aufgaben im Energiebereich Die Bundesnetzagentur nimmt nach § 54 EnWG die im Energiewirtschaftsgesetz festgelegten Aufgaben der Regulierungsbehörde wahr, sofern nicht die Landesregulierungsbehörden zuständig sind. Die Energiemarktregulierung ist in der Bundesnetzagentur in der Abteilung 6 angesiedelt, die sich in zwölf Fachreferate auffächert. Für die förmlichen Regulierungsverfahren und -entscheidungen der BNetzA sind fünf Beschlusskammern verantwortlich: – Beschlusskammer 4: Festlegung von Eigenkapitalzinssätzen, Investitionsbudgets Strom und Gas, Individuelle Netzentgelte Strom gem. § 19 StromNEV, Leitungswettbewerbsverfahren Gas,

84

2. Teil: Grundlagen des Regulierungssystems

– Beschlusskammer 6: Regulierung des Zugangs zu Stromversorgungsnetzen, – Beschlusskammer 7: Regulierung des Zugangs zu Gasversorgungsnetzen, – Beschlusskammer 8: Regulierung der Netzentgelte im Strombereich, – Beschlusskammer 9: Regulierung der Netzentgelte im Gasbereich. Die Beschlusskammern sind gemäß § 59 Abs. 2 EnWG justizähnliche Kollegialspruchkörper. Streitig ist, ob der Präsident der BNetzA gegenüber den Beschlusskammern ein Weisungsrecht besitzt (vgl. Hermes 2010a: 840; Zeidler 2011a: 506). Bei der Umsetzung des gesetzlichen Gasnetzzugangsmodells hat, wie die Untersuchung später zeigen wird, die zuständige Beschlusskammer äußerst unabhängig von der Hausspitze agiert und Absprachen zwischen dem Präsidenten und den Verbänden der Gasnetzbetreiber ignoriert, ohne dass der Präsident daraufhin tätig geworden ist, was für ihre große Unabhängigkeit in der Praxis spricht. Die Beschlusskammern arbeiten eng verzahnt mit den Fachabteilungen zusammen, die vor allem konzeptionell arbeiten und sich um Berichterstattungssowie Repräsentationsaufgaben auf nationaler und europäischer Ebene kümmern (Zeidler 2011a: 504). b) Unabhängigkeit Die Bundesnetzagentur verfügt im Gegensatz zur britischen Regulierungsbehörde Ofgem über keine Weisungsunabhängigkeit gegenüber dem Bundeswirtschaftsministerium, das im Rahmen seiner Rechts-, Fach- und Dienstaufsicht weisungsbefugt ist.1 Allgemeine Weisungen sind nach § 61 EnWG im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Das Transparenzerfordernis soll sicherstellen, dass das Ministerium – wenn überhaupt – nur zurückhaltend von seinem Weisungsrecht Gebrauch macht (Zeidler 2011a: 504). Eine entsprechende Regelung zu Einzelweisungen fehlt, und ihre Zulässigkeit ist umstritten (vgl. Hermes 2010b: 850). Sie wird in der Literatur mit dem Argument bejaht, dass die Sicherstellung einer demokratischen Legitimationskette auch die Möglichkeit von Einzelweisungen einschließen muss, für die dann keine Veröffentlichungspflichten bestehen (Zeidler 2011a: 506). Davon unabhängig sind die EU-Mitgliedstaaten durch die Art. 35 Abs. 5 2009/72/EG und Art. 39 Abs. 5 2009/73/EG verpflichtet sicherzustellen, dass die Regulierungsbehörden ihre Entscheidungen unabhängig von allen politischen Stellen treffen können. Deshalb stellt sich die Frage, ob die Weisungsbefugnis des Ministeriums überhaupt noch EU-rechtskonform ist. Holznagel und Schuhmacher (2011: 52) haben hier schwere Bedenken und plädieren dafür, die

1 Als Argument hierfür wird in Deutschland die Notwendigkeit einer Legitimationskette der Exekutive zum Parlament angeführt, die als Ausdruck des Demokratieprinzips keine weisungsfreien Räume vorsehe (Holznagel/Schuhmacher 2011: 41 ff.).

B. Akteure des Regulierungssystems

85

BNetzA zu einer obersten Bundesbehörde aufzuwerten und eine Weisungsfreistellung in das Grundgesetz aufzunehmen. Ludwigs (2011a: 41 ff.) kommt zu dem Schluss, dass es, entsprechend des Lissabon-Urteils des BVerfG, durch das dritte EU-Legislativpaket zu keiner Verdrängung des Demokratieprinzips nach Art. 20 GG kommen darf. Dieses sieht zur Gewährleistung der demokratischen Legitimation des Verwaltungshandelns keine weisungsfreien Räume vor, weshalb die entsprechenden EU-Vorschriften nicht angewandt werden dürften. Seiner Ansicht nach könnte das Problem gelöst werden, wenn entsprechende Kompensationsregelungen geschaffen würden, um das Legitimationsdefizit einer weisungsfreien Regulierungsbehörde abzumildern, wie beispielsweise die Einrichtung eines parlamentarischen Kontrollausschusses, der die Regulierungstätigkeit der Regulierungsbehörde überwacht. Koenig, Kühling und Rasbach (2013: 260) vertreten eine weniger radikale Auffassung zu § 61 EnWG. Denn die Richtlinien würden nach wie vor politische Leitlinien zulassen, so dass allgemeine Weisungen in Form politischer Leitlinien weiterhin EU-rechtskonform seien. Nach Auffassung des Autors dürften sich solche Leitlinien keinesfalls auf die Regulierungstätigkeit der BNetzA beziehen, da sie ansonsten EU-rechtswidrig wären. Man könnte sich allenfalls vorstellen, dass allgemeine Weisungen erteilt werden, die sich auf das Behördenhandeln beziehen, das nicht direkt mit der Regulierungstätigkeit verbunden ist, wie beispielsweise die Bereitstellung von Informationen. In den Interviews wurde von Seiten der BNetzA und des BMWi immer wieder betont, dass die Unabhängigkeit der BNetzA durch das Ministerium weitgehend geachtet würde und es zu keiner direkten Einmischung in die Regulierungsgeschäfte der Behörde komme. Ein Vertreter des BMWi betonte, dass man im Normalfall nicht in die Regulierungstätigkeit der BNetzA eingreifen würde: „Ich kann dazu generell sagen, dass die Entscheidungstätigkeit und Festlegungstätigkeit der BNetzA von uns nicht beeinflusst wird, da wird die Unabhängigkeit in einem ganz hohen Maße beachtet, da intervenieren wir eigentlich nicht.“

Wenn es einmal zu Beeinflussungsversuchen komme – wurde zumindest in einigen Interviews angedeutet – dann würden diese nur auf informeller Ebene über den Präsidenten der BNetzA stattfinden, aber nicht die unmittelbare Arbeit der Beschlusskammern in der Praxis behindern. Letztlich sind unabhängige Regulierungsbehörden nach angelsächsischem Vorbild ebenfalls vor solchen Beeinflussungsversuchen nicht geschützt, so dass die BNetzA – auch wenn sie in der Literatur häufig als schwächer dargestellt wird – in der Praxis nahezu die gleiche Unabhängigkeit zu genießen scheint wie die britische Regulierungsbehörde Ofgem. Die Bundesnetzagentur verfügt über umfassende Ex-ante- und Ex-post-Regulierungsinstrumente. Eine genaue Beschreibung der einzelnen Instrumente erfolgt im Abschnitt zu den Rechtsgrundlagen [s. u. 2. Teil, C., II., 3., e)].

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2. Teil: Grundlagen des Regulierungssystems

2. Landesregulierungsbehörden Neben der Bundesnetzagentur nehmen Landesregulierungsbehörden die Aufgaben der Regulierungsbehörde nach dem EnWG wahr. Ihre Einrichtung war von der Bundesregierung zunächst überhaupt nicht vorgesehen und wurde erst auf Drängen der Länder im Vermittlungsausschuss beschlossen. Diese Entscheidung ist nicht unumstritten, da es in der Praxis zu abweichenden Entscheidungen von BNetzA und Landesregulierungsbehörden gekommen ist, die dem Ziel einer einheitlichen Rechtsanwendung entgegenstehen, weshalb die Monopolkommission (vgl. u. a. 2007: 95; 2009: 12) den Nutzen von Landesregulierungsbehörden anzweifelt. Müller (2006: 279) mutmaßt, dass die Landesbehörden vor allem eingerichtet wurden, um kleinere Stadtwerke – die im Regelfall in öffentlicher Hand sind – vor einer allzu harten Regulierung zu schützen. Dieser Vorwurf wurde auch in einigen Interviews geäußert. Hierzu merkte beispielsweise ein Vertreter eines Fernleitungsnetzbetreibers an: „Die Landesregulierungsbehörden gelten als nicht so hart. Die machen Regionalpolitik, da wird mal ein Auge zugedrückt, weil man den heimischen Stadtwerken nichts Böses will. In Bonn wird richtig geknüppelt.“

In diesem Zusammenhang ist auch die hin und wieder geäußerte Forderung – wie von einem Vertreter des VZBV – zu sehen, die Landesregulierungsbehörden abzuschaffen: „Die Landesregulierungsbehörden sind, meinem Erachten nach, vollkommen kontraproduktiv. Das war ein Kompromiss, um die Zustimmung des Bundesrats zu erwirken, und hat keinen eigenen Wert für die Regulierung.“

a) Aufsichtsbereich Der Aufsichtsbereich der Landesregulierungsbehörden wird durch § 54 Abs. 2 EnWG auf Energieversorgungsunternehmen beschränkt, an deren Netz weniger als hunderttausend Kunden angeschlossen sind und welche nicht über das Gebiet eines Landes hinausreichen. Die Aufteilung der Regulierungsaufgaben steht nach wie vor mit den EU-rechtlichen Vorgaben in Einklang, die nach Art. 35 Abs. 2 2009/72/EG und Art. 39 Abs. 2 2009/73/EG eine Aufteilung der Regulierungsaufgaben auf mehrere Stellen zulassen, wobei das Unabhängigkeitserfordernis aus Art. 35 Abs. 4 2009/72/EG und Art. 39 Abs. 4 2009/73/EG auch für Landesregulierungsbehörden gilt (Franke 2011b: 514). Während die Organisation der BNetzA im Regulierungsbereich, insbesondere das Beschlusskammersystem, im EnWG geregelt ist, fehlten entsprechende Vorschriften für die Landesregulierungsbehörden. Diese waren bis vor kurzem noch in die Organisationsstrukturen der Landeswirtschaftsministerien als Organisationseinheiten ohne Sonderstellung eingebunden. Allerdings musste sich dies durch die Unabhängigkeitsanforderungen der Art. 35 Abs. 4 2009/72/EG und

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Art. 39 Abs. 4 2009/73/EG ändern, so dass auch hier beschlusskammerähnliche Strukturen zu erwarten waren (hierzu Büdenbender/Rosin 2010: 205). Die Bundesländer haben inzwischen Regulierungskammern eingerichtet. Die Nähe der Landesregulierungsbehörden zur Politik wurde in einigen Interviews mit Verbands- und Unternehmensvertretern kritisch gesehen, da man befürchtet, dass regionale Unternehmen durch die Landespolitik Einfluss auf die Regulierungspraxis nehmen können. Ein Vertreter einer Landesregulierungsbehörde schilderte diese Nähe aber als Vorteil, um Beeinflussungsversuche leichter abwehren zu können: „Ja, das ist hier allerdings unproblematisch, weil, wenn die Verbände beim Minister oder Staatssekretär aufgelaufen sind, immer einer von uns dabei war. Eine Beeinflussung des Ministers im Vorfeld einer Entscheidung hat es eigentlich nicht gegeben, weil man bestimmte Dinge immer in diesen Gesprächen klarstellen konnte. Insofern haben wir da auch nie eine Beeinflussung durch die Hausspitze auf unsere Arbeit wahrnehmen müssen.“

Nicht alle Länder haben sich für die Einrichtung von Landesregulierungsbehörden entschieden. Denn aus ihrer Sicht wäre durch die hohen Erfordernisse an den erforderlichen Sachverstand der Behörde und die geringe Zahl der zu regulierenden Netzbetreiber ein unvertretbar hoher Verwaltungsaufwand entstanden (Franke 2011b: 515). Deshalb hat man ihnen die Möglichkeit eröffnet, die Bundesnetzagentur im Wege der Organleihe mit den Aufgaben der Landesregulierungsbehörde zu betrauen. Das EnWG enthält hierzu keine speziellen Regeln. Die Bundesregierung (2005b: 17.158) hat stattdessen in einer Protokollerklärung zum Vermittlungsausschuss ihre Bereitschaft zum Abschluss von Organleihvereinbarungen erklärt. Bislang haben Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen hiervon Gebrauch gemacht. Niedersachsen hat die Organleihvereinbarung allerdings nicht verlängert und zum 01.01.2014 eine eigene Regulierungskammer eingerichtet.2 In Fällen der Organleihe verbleibt die Rechts- und Fachaufsicht bei den zuständigen obersten Landesbehörden, weshalb sie für ihren Zuständigkeitsbereich ein Weisungsrecht gegenüber der BNetzA besitzen (Franke 2011b: 516). Fraglich ist, ob sich dieses Weisungsrecht auch auf die Regulierungstätigkeit beziehen darf, da das dritte EU-Legislativpaket die Weisungsunabhängigkeit der Regulierungsbehörden verlangt, weshalb die Organleihvereinbarungen inzwischen auf die Rechtsaufsicht beschränkt wurden. Die Regulierungskompetenzen der Landesregulierungsbehörden ergeben sich aus der Aufzählung in § 54 Abs. 2 EnWG. Ihnen obliegt: die Genehmigung der Entgelte bzw. Erlösobergrenzen für den Netzzugang, die Entscheidung, ob ein geschlossenes Verteilnetz vorliegt, sowie die Überwachung der Entflechtungsvor2 Gesetz über die Regulierungskammer Niedersachsen (RegKNG) vom 31. Oktober 2013 (Nds. GVBl. Nr. 20/2013, S. 256).

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schriften, der Einhaltung der Aufgaben von Verteilnetzbetreibern und technischen Vorschriften und die Missbrauchsaufsicht nach §§ 30 und 31 EnWG. Grundsätzlich gilt, dass Aufgaben der Regulierungsbehörde, die nicht in § 54 Abs. 2 EnWG der Landesregulierungsbehörde zugewiesen wurden, in den Zuständigkeitsbereich der BNetzA fallen (Franke 2011b: 517). Im Gegensatz zur BNetzA verfügen die Landesregulierungsbehörden nur über äußerst eingeschränkte Festlegungsbefugnisse, die sich nach § 54 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EnWG auf die Anreizregulierung beschränken und in § 32 ARegV geregelt sind. b) Länderausschuss Zur Koordination des Regulierungshandelns zwischen BNetzA und Landesregulierungsbehörden ist bei der BNetzA nach §§ 8 f. des Gesetzes über die Bundesnetzagentur ein Länderausschuss gebildet worden. Seine Aufgabe ist, nach § 60a Abs. 1 EnWG, einen bundeseinheitlichen Vollzug sicherzustellen. Darüber hinaus ist nach § 60a Abs. 2 EnWG dem Länderausschuss vor dem Erlass von Allgemeinverfügungen, Verwaltungsvorschriften, Leitfäden und vergleichbaren informellen Regelungen durch die BNetzA die Möglichkeit zur Stellungnahme zu gewähren. Vor der 2011 erfolgten EnWG-Novelle bezog sich die Möglichkeit zur Stellungnahme nur auf Festlegungsverfahren. Dies hat laut Aussage eines Vertreters einer Landesregulierungsbehörde dazu geführt, dass die BNetzA, um den Länderausschuss zu umgehen, Regelungen in Leitfäden getroffen hat: „Was uns eher missfallen hat, war die Praxis der BNetzA, Festlegungen zu vermeiden, indem man die Regelungen nicht Festlegungen, sondern Leitfäden genannt hat. Denn Leitfäden waren nicht abstimmungsbedürftig. Das hat sich jetzt durch die Neuregelung des EnWG geändert.“

Für die BNetzA ist es natürlich äußert aufwändig, sich mit allen Landesregulierungsbehörden zu koordinieren, weshalb sie sich bei zentralen Fragen darum bemüht, sich mit bestimmten Ländern vorab zu verständigen. Ein Vertreter der BNetzA merkte hierzu an: „Das sind in der Regel Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg. Wenn man die schon mal dabei hat, dann ist ein gemeinsames Vorgehen – wie bei der Regelung der Mehrerlösabschöpfung – leichter. Deshalb geht man auf diese Länder zu. Das ist ein Geben und Nehmen, bis man alle zu einer einheitlichen Verwaltungspraxis kriegt. Das ist schon schwierig.“

Dem Länderausschuss gehören neben Vertretern der Landesregulierungsbehörden auch Vertreter aus den Landesministerien an, welche die Aufgaben der Landesregulierungsbehörde durch Organleihe auf die BNetzA übertragen haben. Der Länderausschuss tagt alle zwei Monate. Daneben gibt es noch gemeinsame Arbeitskreise – wie den Arbeitskreis „Netzentgelte“ –, in denen sich BNetzA und Landesregulierungsbehörden austauschen. Die Vertreter der Landesregulierungsbehörden gaben an, dass man darüber hinaus nahezu täglich mit der

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BNetzA über Telefon oder E-Mail in Verbindung stehe, um sich auszutauschen. Ein Vertreter einer Landesregulierungsbehörde schildert den Informationsaustausch folgendermaßen: „Permanent. Das ist wirklich so. Man kennt – eigentlich – die Ansprechpartner bei der BNetzA, wenn man sie nicht kennt, dann kennt man jemanden, der sie kennt und ruft den an. Das ist jetzt keine Schelte, aber es ist manchmal schwierig, jemanden zu erreichen, weil die Kollegen der BNetzA häufig in Besprechungen sind. Das kriegt man dann aber über E-Mail geregelt. Es ist kein Problem, mit der BNetzA in Kontakt zu kommen.“

II. Kartellbehörden Regulierungs- und Kartellaufsicht sind im Kern auf dasselbe Schutzgut ausgerichtet: Die Schaffung und den Erhalt von Wettbewerb (Ludwigs 2011b: 532). Die Abgrenzung zwischen den beiden Bereichen erfolgt durch § 111 EnWG, der die Regulierung des Netzbetriebs der Kartellaufsicht entzieht und der ausschließlichen Zuständigkeit der Regulierungsbehörden zuweist. In die Zuständigkeit der Kartellbehörden fallen die den Netzen vor- und nachgelagerten Energiemärkte (Erzeugung/Import, Handel und Vertrieb). Zu Überschneidungen kann es durch die Anwendung des EU-Kartellrechts kommen – für welches die Kartellbehörden zuständig sind –, da dieses sich auch gegen missbräuchliches Verhalten von Netzbetreibern richtet (Schmidt-Volkmar 2010: 197). Beispielsweise wurden die Missbrauchsverfahren von der EU-Kommission gegen RWE und E.ON aufgrund von Netzzugangsverweigerungen, überhöhten Netzentgelten und der Abschottung des Regelenergiemarktes eingeleitet, die im Ergebnis zu einer „freiwilligen“ eigentumsrechtlichen Entflechtung der beiden Unternehmen und damit verbunden zur Einstellung des Verfahrens führten (vgl. hierzu Monopolkommission 2009: 127 ff.). Die einschlägigen Regelungen für die Kartellaufsicht über die den Netzen vorund nachgelagerten Märkte ergeben sich aus dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Diese sehen mit Ausnahme der Zusammenschlusskontrolle (§§ 35 ff. GWB) keine regulierenden Eingriffe in diese Märkte vor, sondern begnügen sich mit einer punktuellen Ex-post-Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen (§§ 19, 29 GWB) (Ludwigs 2011b: 533). Allerdings unterliegen die Energiemärkte nach § 29 GWB einer – nicht unumstrittenen – verschärften Preismissbrauchsaufsicht, um den steigenden Energiepreisen entgegenzuwirken (vgl. hierzu Monopolkommission 2009: 131). 1. Bundeskartellamt und Landeskartellbehörden Im Sinne des GWB sind in § 49 Abs. 1 das Bundeskartellamt, die nach Landesrecht zuständigen obersten Landesbehörden (auch Landeskartellbehörden) sowie das Ministerium für Wirtschaft und Technologie (bzw. der Minister) als Kar-

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tellbehörden benannt, wobei sich die Zuständigkeit des Ministeriums auf die Ministererlaubnis nach § 42 GWB im Rahmen der Fusionskontrolle beschränkt. Das Bundeskartellamt (BKartA) gehört – wie die BNetzA – als Bundesoberbehörde zum Geschäftsbereich des BMWi. Es gliedert sich in zwölf Beschlussabteilungen, die sich im Regelfall bestimmten Branchen widmen. Seit Januar 2008 gibt es eine Beschlussabteilung, die sich ausschließlich mit der Bekämpfung von missbräuchlichen Verhaltensweisen und Kartellen im Energiesektor beschäftigt (Ackermann/Petzold 2011: 525). Die Beschlussabteilungen genießen – wie die Beschlusskammern der BNetzA – weitgehende Unabhängigkeiten und haben als Vorbild bei der Einrichtung der Beschlusskammern fungiert. Die Beschlussabteilungen werden durch eine Grundsatzabteilung unterstützt, die unterschiedliche Aufgaben im nationalen und internationalen Bereich wahrnimmt. Im Energiebereich sind derzeit 14 Mitarbeiter beschäftigt, davon 11 in der Beschlussabteilung und drei in der Grundsatzabteilung (Bundesregierung 2011: 3). Die Zahl der Mitarbeiter im Energiebereich hat sich durch die 2012 eingerichtete Markttransparenzstelle auf 32 erhöht (Bundesregierung 2012b: 7). Die Landeskartellbehörden sind bei den Landeswirtschaftsministerien oder -senatoren eingegliedert und genießen dadurch – wie die Landesregulierungsbehörden – zumindest theoretisch ein geringeres Maß an Unabhängigkeit als das Bundeskartellamt. Hinzu kommt, dass sie sich allen Aufgabenbereichen der Kartellbehörden widmen müssen. Sofern keine spezialgesetzliche Zuweisung der Zuständigkeit vorliegt, erfolgt eine Zuständigkeitsverteilung nach § 48 Abs. 2 GWB. Demnach nimmt das Bundeskartellamt die den Kartellbehörden übertragenen Aufgaben und Befugnisse wahr, wenn die Wirkung des wettbewerbsbeschränkenden oder diskriminierenden Verhaltens über das Gebiet eines Landes hinausreicht. Ansonsten sind die Landeskartellbehörden zuständig. Eine Ausnahme von dieser Regelung stellt die Zusammenschlusskontrolle nach §§ 35 ff. GWB dar, welche nach § 36 Abs. 1 GWB ausschließlich dem BKartA obliegt. 2. Zusammenarbeit mit den Regulierungsbehörden Die Zusammenarbeit zwischen Regulierungs- und Kartellbehörden ist in § 58 EnWG geregelt. Demnach sind die Regulierungs- und Kartellbehörden verpflichtet, auf eine einheitliche Auslegung des EnWG und GWB hinzuwirken, weshalb in bestimmten Regulierungs- und Kartellverfahren den Kartell- bzw. Regulierungsbehörden die Möglichkeit zur Mitwirkung und Stellungnahme gegeben werden muss. Bei bestimmten Aufsichts- und Genehmigungsverfahren der Regulierungsbehörden ist hinsichtlich des Verpflichteten oder hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen sogar eine einvernehmliche Entscheidung mit den Kartellbehörden vorgesehen (§ 50 Abs. 1 EnWG). In Festlegungsverfahren wird dem

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BKartA die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Außerdem ist es Regulierungs- und Kartellbehörden gestattet, untereinander personenbezogene Daten einschließlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse auszutauschen, wenn es ihrer Aufgabenerfüllung dient (§ 58 Abs. 4 EnWG). In den Interviews mit der Bundesnetzagentur und den Landesregulierungsbehörden wurde betont, dass die Zusammenarbeit in formaler und informaler Hinsicht zwischen den Behörden gut läuft und man in regelmäßigem Austausch stehe. Allerdings wurde – insbesondere in Interviews mit Verbands- und Unternehmensvertretern – darauf hingewiesen, dass das Bundeskartellamt im Energiesektor von der BNetzA zunehmend verdrängt würde. Ein Vertreter des VIK schildert die Situation des BKartA folgendermaßen: „Denen [BKartA] ist es ja auch passiert, dass ihnen die BNetzA Kompetenzen weggenommen hat. Was früher das BKartA gemacht hat, hat die BNetzA an sich gezogen. Das BKartA sagt uns, dass es nur noch bei ganz offensichtlichen Vertragsverstößen eingreifen kann. Die sind auch nicht so glücklich darüber.“

Ein Vertreter eines Gasversorgungsunternehmens wies daraufhin, dass die BNetzA hin und wieder auch in Bereichen tätig sei, die eigentlich in die Zuständigkeit der Kartellbehörden fallen würden, die aber von dieser mangels Ressourcen nicht bearbeitet werden könnten: „Für die Kartellbehörde ist auch nicht immer erkennbar, wenn die BNetzA in den kartellrechtlichen Bereich rutscht. Die geht ja nicht bewusst und merklich über die Grenzen, sondern überschreitet diese nur hin und wieder. Damit lebt die BNetzA ganz gut.“

3. Maßnahmen der Kartellbehörden im Gassektor Im Gassektor sind die Kartellbehörden in den letzten Jahren durch drei Maßnahmen tätig geworden: (1.) Begrenzung der Vertragslaufzeiten von langfristigen Lieferverträgen, (2.) Preismissbrauchsverfahren gegen mehrere Gasversorger und (3.) eine Sektoruntersuchung der Kapazitätssituation in den Gasfernleitungsnetzen. Ein wesentliches Wettbewerbshindernis bei der Liberalisierung des Gasmarktes waren langfristige Gaslieferverträge auf allen Marktstufen. Das Bundeskartellamt hat versucht, diese Situation durch ein Bündel von Maßnahmen und Entscheidungen abzumildern (vgl. Fischer 2011: 20 ff.): – Die Freigabe von Zusammenschlussvorhaben wurde mit marktöffnenden Auflagen verbunden, – Sonderkündigungsrechte wurden für bestimmte langfristige Verträge eingeräumt und – Abnahmeverpflichtungen von Kunden in langfristigen Verträgen wurden zunächst auf 80 Prozent des Jahresbedarfs begrenzt.

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– 2004 wurden Ermittlungen gegen Ferngasunternehmen wegen der Ausgestaltung ihrer langfristigen Verträge eingeleitet. Nach dem Scheitern einer Kompromisslösung wurde 2006 durch das BKartA ein Verstoß der Vertragspraxis der E.ON Ruhrgas gegen Art. 101, 102 AEUV und § 1 GWB festgestellt und E.ON Ruhrgas der Abschluss weiterer langfristiger Lieferverträge bis zum Gaswirtschaftsjahr 2009/2010 untersagt. – Derzeit dürfen Verträge, die eine Bedarfsdeckung des Kunden von 50 bis 80 Prozent vorsehen, nicht länger als vier Jahre laufen, und Verträge, die über 80 Prozent des Bedarfs decken, nicht länger als zwei Jahre. 2008 haben das BKartA und einige Landeskartellbehörden gegen Gasversorgungsunternehmen Verfahren wegen missbräuchlich überhöhter Gaspreise in 2007 und 2008 eingeleitet. Der Großteil der Verfahren wurde durch Verpflichtungszusagen der Unternehmen zu Preissenkungen bzw. Verschiebungen von Preiserhöhungen eingestellt (Monopolkommission 2009: 131). Von Februar bis Dezember 2009 hat das BKartA die Kapazitätssituation in den deutschen Gasfernleitungsnetzen untersucht und festgestellt, dass langfristige Buchungen an den Grenzkoppelstellen und Marktgebietsgrenzen eine marktabschottende Wirkung entfalten würden (Bundeskartellamt 2009a: 3). Im Rahmen dieser Untersuchung hat das Bundeskartellamt betont, dass es sich grundsätzlich für zuständig und geeignet hält, gegen langfristige Kapazitätsbuchungen vorzugehen (Bundeskartellamt 2009a: 29). Dieser Vorstoß wurde in einigen Interviews als Konflikt zwischen BKartA und BNetzA gesehen, da hier Überschneidungen mit den Zuständigkeiten der BNetzA bestanden. Ein Vertreter des VKU schilderte die damalige Situation folgendermaßen: „Die sind im Moment dabei, offensiv einen beträchtlichen Teil der Regelungskompetenz für sich zu beanspruchen. Die haben da recht deutlich geschrieben, dass sie erst mal nichts machen werden, aber dass sie der Ansicht sind, dass sie etwas machen könnten.“

Die Situation wurde letztlich durch die GasNZV-Novelle von 2010 abgemildert, welche die Kapazitätsvergabe neu geordnet und unter Aufsicht der BNetzA gestellt hat. Parallel zur Novelle wurde von der BNetzA eine Festlegung ausgearbeitet, welche die Kapazitätsvergabe detailliert regelt. Dadurch ist der Bereich Kapazitätsvergabe – der noch als Zankapfel zwischen den beiden Behörden bestand – abschließend geregelt worden, so dass es vermutlich keine weiteren Vorstöße des BKartA in den Netzbereich geben wird.

III. Monopolkommission Die Monopolkommission ist ein unabhängiges Beratungsgremium für die Regierung auf dem Gebiet der Regulierung und Wettbewerbspolitik, dessen Organisation und Aufgaben durch die §§ 44 bis 47 GWB geregelt sind. Sie nimmt im

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Energiebereich die Funktion eines „watch dog“ ein, indem sie alle zwei Jahre ein Gutachten zur Wettbewerbs- und Regulierungssituation erstellt. 1. Organisation Die Monopolkommission besteht aus fünf Mitgliedern, die sich durch besondere volkswirtschaftliche, betriebswirtschaftliche, sozialpolitische, technologische oder wirtschaftsrechtliche Kenntnisse und Erfahrungen auszeichnen (§ 45 Abs. 1 GWB). Sie dürfen weder der Regierung, einer gesetzgebenden Körperschaft, dem öffentlichen Dienst oder einer anderen juristischen Körperschaft des Bundes angehören, noch dürfen sie eine Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberorganisation repräsentieren (§ 45 Abs. 3 GWB). Hochschullehrer und Mitarbeiter eines wissenschaftlichen Instituts sind von dieser Regelung ausgenommen. Mitglieder der Monopolkommission werden auf Vorschlag der Bundesregierung für vier Jahre durch den Bundespräsidenten berufen und können nach Ablauf ihrer Amtszeit wiederberufen werden (§ 45 Abs. 2 GWB). 2. Aufgaben und Befugnisse Als Beratungsgremium der Bundesregierung ist es die Aufgabe der Monopolkommission nach § 44 GWB, alle zwei Jahre ein Gutachten (so genannte Hauptgutachten) über den Stand und die Entwicklung der Unternehmenskonzentration, die Anwendung der Zusammenschlusskontrolle sowie sonstige aktuelle wettbewerbspolitische Fragen anzufertigen. Darüber hinaus ist vorgesehen, dass die Bundesregierung die Monopolkommission mit der Erstattung zusätzlicher Gutachten (so genannte Sondergutachten) beauftragen kann. In § 62 EnWG ist festgelegt, dass die Monopolkommission alle zwei Jahre ein Sondergutachten über Stand, Entwicklung und Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs auf den Strom- und Gasmärkten, die Anwendung der Vorschriften des EnWG sowie aktuelle wettbewerbspolitische Fragen der Energiemärkte erstellt. Die Monopolkommission kann für die Erstellung dieses Gutachtens die Akten der Bundesnetzagentur einschließlich der darin enthaltenen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse einsehen, sofern dies erforderlich ist. Die Bundesregierung ist nach § 62 Abs. 2 EnWG verpflichtet, dieses Gutachten den gesetzgebenden Körperschaften vorzulegen und dazu Stellung zu nehmen. Zur Erstellung ihrer energiemarktspezifischen Sondergutachten konsultiert die Monopolkommission nicht nur die BNetzA, sondern auch Verbände und Unternehmen (vgl. Monopolkommission 2007: 12 f.; 2009: 6 f.; 2011: 8 f.). Die Gutachten setzen sich durchaus kritisch mit den einschlägigen Rechtsvorschriften und ihrem Vollzug auseinander. Allerdings wurden bekannte Vollzugsdefizite bislang nicht systematisch analysiert.

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IV. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Für Verbände zählen Ministerien – noch vor den Bundestagsfraktionen und -ausschüssen – zu den wichtigsten Anlaufstellen, um ihre Interessen im Rechtsetzungsprozess zu vertreten (Sebaldt/Straßner 2004: 158 ff.; Niederhafner/Speth 2004: 28 ff.), da die deutsche Ministerialbürokratie über einen besonders großen Einfluss auf die Ausgestaltung und Umsetzung von Rechtsvorschriften verfügt (Schnapp 2004: 36 ff.). Sie wird auch als „informeller Gesetzgeber“ bezeichnet (Tils 2002: 314). Dies scheint umso mehr zu gelten, wenn es sich beim Regelungsgegenstand um technische und/oder wirtschaftlich komplexe Sachverhalte handelt, die sich der Fachkenntnis der politischen Führung und Parlamente entziehen. Für den Regulierungsbereich ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie das bedeutendste Ministerium. Zum einen, weil es als übergeordnete Behörde für die Rechts-, Fach- und Dienstaufsicht von BNetzA und BKartA zuständig ist. Zum anderen, weil es als federführendes3 Ministerium erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung der Regulierungsvorschriften und den damit verbundenen Entscheidungsspielraum der Regulierungsbehörden hat(te). 1. Rechtsetzung Das BMWi ist das federführende Ministerium, wenn es um Anpassungen des Regulierungsrechts geht. Das heißt, ihm obliegt die Planung und Erstellung von entsprechenden Gesetzes- und Verordnungsvorlagen. Die einschlägigen Vorschriften hierfür ergeben sich aus der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO). Von besonderer Bedeutung bei der Gesetzesproduktion ist die Beteiligung von Verbänden und Fachkreisen, um divergierenden gesellschaftlichen Interessen Rechnung zu tragen (Busse 2004: 101). Ihre Beteiligung ist nach § 47 Abs. 3 Satz 1 GGO rechtzeitig herbeizuführen. Allerdings obliegt es dem Ermessen des federführenden Ministeriums, über die Auswahl der beteiligten Verbände und Fachkreise sowie den Zeitpunkt und die Art ihrer Beteiligung zu entscheiden (§ 47 Abs. 3 Satz 2 GGO). Zum Ärger eines Vertreters der GEODE macht das BMWi durchaus von seinem Auswahlermessen Gebrauch, weshalb sein Verband erst zu einem späteren Zeitpunkt in einen bestimmten Anhörungsprozess eingebunden wurde: „Allerdings waren wir [. . .] nicht von Anfang an eingeladen [. . .]. Wir mussten uns das erstreiten. In Netzfragen sind wir sonst eigentlich immer mit dabei, aber bei dem Thema [. . .] kämpfen wir noch um Anerkennung, obwohl wir dazu beitragen können.“ 3 Der Begriff „federführend“ bezeichnet in Rechtsetzungsverfahren das Ministerium, das die Ausarbeitung der Entwürfe hauptamtlich steuert und koordiniert (Busse 2001: 99).

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Grundsätzlich gilt das BMWi als eng vernetzt mit den großen Energiekonzernen und den großen Verbänden der Energiewirtschaft.4 Zu Zeiten der Verbändevereinbarung wurden sogar Mitarbeiter von Energieversorgungsunternehmen und ihren Verbänden in das BMWi als externe Mitarbeiter entsandt, um bei der „Task Force Netzzugang“ mitzuwirken. Diese wurde 2001 als „schnelle Eingreiftruppe“ beim Ministerium eingerichtet, um bei Wettbewerbsbehinderungen zu ermitteln (Adamek/Otto 2010: 57). Die Task Force wurde 2003 wieder aufgelöst, nachdem vertrauliche Entwürfe des Ministeriums durch Mitglieder der Task Force an Unternehmen und Verbände weitergeleitet wurden (Adamek/Otto 2010: 66 ff.). In diesem Zusammenhang wurde vereinzelt behauptet,5 dass die Mitarbeiter der Task Force auch bei der Entwicklung des EnWG 2005 und den einschlägigen Verordnungen mitgewirkt haben. Allerdings hat die Bundesregierung (2006: 2) diese Behauptung als unzutreffend zurückgewiesen. Unstreitig ist, dass das Ministerium bei der Vorbereitung des EnWG mit entsprechenden Entwürfen von Unternehmen und Verbänden für das Gesetz und die einschlägigen Verordnungen versorgt wurde.6 Im Gasbereich soll das BMWi damals unter starkem Einfluss des BGW (Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft) gestanden haben (Becker 2005: 114; 2011: 98). In einigen Interviews wurde geschildert, dass durch den Informations-, Kompetenz- und Machtzuwachs der BNetzA der Einfluss von Unternehmen und Verbänden auf das Wirtschaftsministerium zurückgegangen sei, da inzwischen die BNetzA einen Großteil der Vorbereitung für Rechtsänderungen übernehmen würde. Natürlich kommt es auch weiterhin zu konkreten Beeinflussungsversuchen durch Verbände und Unternehmen, wie folgende Aussage eines Vertreters der BNetzA nahelegt: „Die Verbände kennen natürlich auch die Personalausstattung des BMWi, aber auch von uns, und versuchen da durch die Hintertür zu sagen: ,Ich habe zufälligerweise mal einen Entwurf dabei oder schicke ihnen einen elektronisch zu‘, in der Hoffnung, uns über diesen Weg, weil die beim BMWi nicht die personellen Ressourcen haben, auszubooten. Das ist natürlich auch ein taktisches Verhalten, aber das hat es schon immer gegeben. Das würden die auch machen, wenn die beim BMWi zwanzig Juristen hätten, die nur Energierecht machen.“

4 Beispielsweise wechselten in den letzten Jahrzehnten regelmäßig politische Beamte des BMWi nach Beendigung ihrer Dienstzeit zu Energieversorgungsunternehmen, weshalb Becker (2011: 262) spöttisch von einem Laufbahnende von Abteilungsleitern des BMWi in den Vorstandssesseln der Energieversorgungsunternehmen spricht. 5 Dies wurde im ARD-Magazin Monitor am 19.10.06 berichtet, was zu einer kleinen Anfrage von Abgeordneten der Grünen geführt hat (BT-Drs. 16/3431). 6 Ein Vorfall, der häufig zitiert wird, bezieht sich auf den ersten Referentenentwurf des Ministeriums zur Stromnetzzugangsverordnung. Dort soll am Rand zu § 18 vermerkt worden sein „Vorschlag RWE“ und bei einzelnen Absätzen soll „wörtlich RWE“ und „fast wörtlich RWE“ gestanden haben (vgl. Adamek/Otto 2010: 76 f.; Gammelin/ Hamann 2006: 219).

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Im Hinblick auf die Arbeitsteilung zwischen BMWi und BNetzA im Rechtsetzungsprozess äußerte sich ein Vertreter der BNetzA folgendermaßen: „Ich will es mal aus der Tagesarbeit schildern, weil wir sehr stark bei der neuen GasNZV involviert waren. Die Fachkompetenz, das Formulieren und Ausformulieren der einzelnen Paragraphen und der Begründung erfolgt hier im Haus, weil sie nur hier die Fachleute haben. Die große politische Richtung wird in Berlin vorgegeben.“

In eine ähnliche Richtung gingen die Aussagen eines Vertreters des BMWi, der allerdings betonte, dass die Leitung des Verfahrens nach wie vor beim BMWi liegen würde: „Wir nutzen den Sachverstand der BNetzA bei der Neufassung von Rechtsnormen. Da lassen wir uns berichten, wo die materiellen Schwächen und Vollzugsprobleme bei der jetzigen Regelung gesehen werden. Was die BNetzA ändern würde, wenn sie es ändern müsste. So einen Rat holen wir schon ein. [. . .] Es [das Verfahren] liegt eindeutig bei uns. Wir haben jetzt zur Umsetzung des Binnenmarktpakets unterschiedliche Teams gebildet, aber wir haben auch große Runden, wo wir die nachgeordneten Behörden einladen und die sich auch einbringen können.“

2. Aufsicht Das BMWi ist die Aufsichtsbehörde der BNetzA und verfügt über die Möglichkeit, allgemeine Weisungen und Einzelweisungen an die BNetzA zu erteilen. Allerdings ist diese Möglichkeit wie oben dargelegt [2. Teil, B., I., 1., b)] durch die Vorgaben des dritten EU-Legislativpakets weitgehend eingeschränkt worden. Das BMWi ist nicht ermächtigt, Entscheidungen der Beschlusskammern aufzuheben, da – im Gegensatz zum Kartellrecht (§ 42 Abs. 1 GWB) – eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage fehlt. Auch wenn sich das BMWi weitgehend aus den Regulierungsgeschäften der BNetzA raus hält, wurde in einigen Interviews angedeutet, dass es zumindest informale Beeinflussungsversuche über die Hausspitze der BNetzA gegeben habe. Dies scheint allerdings nur in Ausnahmefällen vorzukommen, da sich einige interviewte Verbandsvertreter sogar enttäuscht über die Zurückhaltung des BMWi als Aufsichtsbehörde gegenüber der BNetzA äußerten. Ein Vertreter des VIK schilderte die Situation des BMWi besonders drastisch: „Die sind denen über das Fachliche ausgeliefert, weil die nicht so tief gehen können, wie die BNetzA. [. . .] Die werden denen vertrauen müssen und das einfach tun. [. . .] Von einem Lobbyinteressenpunkt aus gesehen, ist es für uns schwierig, zum BMWi zu gehen und noch etwas zu bewirken.“

3. Einfluss der gesetzgebenden Organe Auch wenn das BMWi einen erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung von Rechtsvorschriften hat, haben die gesetzgebenden Organe immer noch das letzte Wort. Dies hat sich vor allem bei der Ausgestaltung des EnWG 2005 gezeigt, das

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durch politische Interventionen im Vermittlungsausschuss massiv beeinflusst wurde. Das BMWi konnte sich nicht mit seinen Entwürfen durchsetzen, und es kam im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses zu massiven Änderungen. Ursprünglich wollte das BMWi sogar das System der Verbändevereinbarungen beibehalten und modifizieren. Deshalb hatte es auf europäischer Ebene dafür gekämpft, dass das zweite Legislativpaket so ausgestaltet wurde, dass das System fortgeführt werden kann, wie ein Vertreter des BMWi schilderte: „Wir haben den verhandelten Netzzugang mit viel Kraft gesichert, und als er gesichert war, haben wir ihn weggegeben.“

Der Paradigmenwechsel vom EnWG 2003 zum EnWG 2005 und die damit verbundenen Konsequenzen waren eine politische Entscheidung, die von Vertretern von BMWi und BMU mit der damaligen Regierungskoalition erklärt wurde. Vor allem die Grünen hätten gedrängt, eine Regulierungsbehörde mit Ex-anteRegulierungsbefugnissen einzurichten. Ein Vertreter des BMU schilderte die Ausgangssituation bei der Umsetzung der Beschleunigungsrichtlinien folgendermaßen: „[Die Fortführung der Verbändevereinbarung] ist zu Anfang mal Thema gewesen, aber verworfen worden. [. . .] Der Ansatz, den man dann verfolgte, war, dass man über Regulierung Märkte schaffen wollte. Das Verrückte war, dass man in der Diskussion von Schritt zu Schritt auf das nächste Problem stieß. So kam es zu den ganzen Verordnungsermächtigungen, weil man immer mehr von denen brauchte. Man merkte plötzlich, wie das ganze System ausfaserte und auswucherte und man mit der Verabschiedung des EnWG noch überhaupt kein Gebäude stehen, sondern vielleicht gerade mal die ersten Pflöcke eingeschlagen hatte.“

Das Gasnetzzugangsmodell und die Anreizregulierung waren in der verabschiedeten Form ebenfalls nicht vom BMWi vorgesehen und sind erst im Vermittlungsverfahren konkretisiert worden. Insofern ist der Einstieg in das britische Regulierungsmodell vor allem auf politische Initiativen und weniger auf konzeptionelle Überlegungen des BMWi zurückzuführen. Die verabschiedete Form des Gesetzes ist erst im politischen Aushandlungsprozess inkrementell entwickelt worden, was sich auch im teilweise unsystematischen Aufbau des Gesetzes widerspiegelt, da es bereits bei der Verabschiedung umfangreiche a- und b-Paragraphen aufwies. Hinzu kam, dass die in diesem Prozess gemachten Änderungen nicht immer in letzter Konsequenz durchdacht und die dadurch erforderlichen Anpassungen nicht immer vorgenommen wurden. Dieser Umstand hat, wie die Untersuchung zeigen wird, zu teilweise erheblichen Unstimmigkeiten innerhalb des Gesetzes und zwischen dem Gesetz und einzelnen Verordnungen geführt. Britz (2006a: 95) merkte hierzu an, dass der Gesetzgeber am Ende wohl nicht mehr wusste, was er mit welcher Konsequenz eigentlich gerade regelt. Verbandsvertreter und Unternehmen haben in Interviews angedeutet, dass ihnen die Regulierungsprozesse bei der BNetzA lieber sind, da man hier auf Staatsseite nur mit einem Akteur verhandeln müsste, während Rechtsetzungsprozesse

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2. Teil: Grundlagen des Regulierungssystems

auf Bundesebene durch die Vielzahl der Akteure unberechenbarer seien. Ein Vertreter des BDEW schilderte die Situation im Vermittlungsausschuss zum EnWG 2005 als vollkommen unübersichtlich: „Was da im Hintergrund ausschlaggebend war, kann ich Ihnen nicht sagen. Irgendwann war es für mich bzw. uns eine absolute Blackbox, was da in diesem Vermittlungsausschuss passiert ist.“

Einige Verbandsvertreter äußerten in diesem Zusammenhang, dass es ihnen lieber sei, wenn Entscheidungen durch die BNetzA und nicht durch den Verordnungsgeber getroffen würden, da diese Prozesse aus ihrer Sicht transparenter und offener seien. In diesem Zusammenhang ist auch das folgende Statement eines Vertreters des bne zu sehen: „In dem Verordnungsverfahren haben wir den Verordnungsgeber, der Regisseur ist, dann haben wir das Kabinett und dann haben wir noch die Bundesländer, die am Ende reinspielen. Wie beispielsweise bei der GasNZV, wo sie Veröffentlichungspflichten für die Netzbetreiber gestrichen haben. Die [Netzbetreiber] sind da mit einer haarsträubenden Begründung durchgekommen [. . .]. Das wäre bei einem Festlegungsverfahren nicht passiert, weil die BNetzA die Prozesse kennt. Die kennt die ganze Geschichte und Diskussion und hat außerdem die ganzen Informationen von allen Seiten – Netznutzer, Netzbetreiber und Verbände –, so dass fehlgeleitete Argumente und Begründungen da nicht mehr durchkommen.“

Diese Aussage gilt allerdings nicht für alle Verbände. Gerade ressourcenschwache Verbände, wie der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), tendieren dazu, sich mit ihren Interessen an die Ministerialbürokratie zu wenden, weshalb im Interview mit einem Vertreter des VZBV von Verbandsseite der schwindende Einfluss des Ministeriums auf die Regulierung bedauert wurde, da man nicht über die Ressourcen verfügen würde, um sich an den aufwändigen Regulierungsverfahren der BNetzA zu beteiligen.

V. Europäische Akteure Derzeit spielt die europäische Ebene für den Vollzug noch eine untergeordnete Rolle, aber der zunehmende Einfluss der EU auf die Energiewirtschaft der Mitgliedstaaten zeigt sich deutlich, wie die Beispiele der „freiwilligen Entflechtung“ von E.ON und RWE aufgrund eines kartellrechtlichen Verfahrens der EU-Kommission gegen die beiden Unternehmen belegen [s. o. 2. Teil, B., II.]. Hinzu kommt, dass durch das dritte Binnenmarktpaket neue europäische Regelungsstrukturen geschaffen wurden, deren Entscheidungen sicherlich in die Mitgliedstaaten hineinwirken. 1. Regulierungsverbund Inzwischen kann auf europäischer Ebene von einem Regulierungsverbund (Weiß 2011: 560 ff.) gesprochen werden, der sich aus privaten und staatlichen

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Akteuren auf europäischer Ebene zusammensetzt und die Harmonisierung der Strom- und Gasmarktregulierung sowie des grenzüberschreitenden Strom- und Gashandels regelt. a) ACER Im Rahmen des dritten Binnenmarktpakets wurde die Einrichtung einer europäischen Regulierungsbehörde beschlossen. Die „Agency for the Cooperation of the European Energy Regulators“ (ACER) übernimmt Koordinierungsaufgaben zwischen den nationalen Regulierungsbehörden und wirkt bei der Erstellung von verbindlichen Leitlinien und Netzkodizes mit. Die Agentur verfügt nur über eingeschränkte Kompetenzen und leistet in erster Linie Hilfsdienste für die EUKommission, welche durch die Ermächtigung, Leitlinien und Netzkodizes zu erlassen, zur eigentlichen europäischen Regulierungsbehörde für die Energiemärkte aufgewertet wurde. In den Interviews mit Vertretern des BMWi und der BNetzA wurde angedeutet, dass ACER zwar derzeit noch keine große Rolle spiele, man aber davon ausgehe, dass eine schrittweise Verlagerung des Regulierungsgeschäfts auf die europäische Ebene stattfinden werde. Diese Einschätzung spiegelt sich auch in der folgenden Aussage eines Vertreters des BMWi wider: „Das ist ein Prozess, da wird sie [EU-Kommission] jetzt nachbohren. In der Perspektive – in zehn Jahren – wird ACER eine ganz große Rolle spielen, da werden Themen als von ,europäischer Bedeutung‘ deklariert und da wird ACER ein Mitsprache-, wenn nicht sogar Letztentscheidungsrecht bekommen. Da denkt die Kommission historisch, das haben die meisten Mitgliedstaaten gar nicht kapiert.“

b) ENTSO Gas Neben der Einrichtung der ACER wurde ebenfalls im Rahmen des dritten Binnenmarktpakets beschlossen, so genannte „European Networks of Transmission System Operators“ (ENTSOs) für Strom und Gas einzurichten. Hierbei handelt es sich um Verbände, in denen die Fernleitungs- bzw. Übertragungsnetzbetreiber der Mitgliedstaaten organisiert sind. Die ENTSOs unterstützten die ACER und die EU-Kommission bei der Erstellung verbindlicher Leitlinien und Netzkodizes. 2. Regulierungskompetenzen und -verfahren a) Leitlinien Die EU-Kommission ist nach Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 714/09 und Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 715/09 berechtigt, so genannte Leitlinien zu erlassen, die für ein Mindestmaß an Harmonisierung der nationalen Regulierungsgrundsätze sorgen sollen und sich im Gasbereich auf die Regelung des Netzzugangs, die Methodik der Netzentgeltermittlung bei grenzüberschreitenden Trans-

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porten sowie die Kapazitätsvergabe beziehen können. Bevor die Kommission Leitlinien erlässt, muss sie die europäische Regulierungsagentur ACER und ENTSO Gas konsultieren. Durch die Kompetenz, Leitlinien erlassen zu können, sind der Kommission weitreichende Rechtsetzungsbefugnisse übertragen worden, mit denen sie „ihre eigenen Vorstellungen von dem europäischen Energiemarkt“ (Lechler 2008: 171) verwirklichen kann. b) Rahmenleitlinien und Netzkodizes Im Gegensatz zu Leitlinien sind Rahmenleitlinien rechtlich unverbindliche Grundsätze, die als Rahmen für die Ausarbeitung verbindlicher Netzkodizes dienen. Sie werden – für den Gasbereich – nach Art. 6 Abs. 2 der Verordnung (EG) 715/09 auf Antrag der EU-Kommission durch die ACER ausgearbeitet und von der EU-Kommission als Grundlage zur Ausarbeitung von Netzkodizes verwendet. Die Agentur hat hierfür maximal sechs Monate Zeit. Grundsätzlich sollen Rahmenleitlinien zu einem echten Wettbewerb auf den Energiemärkten und deren effizientem Funktionieren beitragen sowie eine Nichtdiskriminierung von Netzzugangspetenten sicherstellen. Sie beziehen sich auf die Regelung des grenzüberschreitenden Strom- und Gashandels. Bei der Ausarbeitung von Rahmenleitlinien muss die Agentur nach Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 713/09 die Marktteilnehmer, Netzbetreiber, Verbraucher und Wettbewerbsbehörden ausführlich und frühzeitig konsultieren. Nach Art. 6 Abs. 3 der Verordnung (EG) 715/09 müssen über mindestens zwei Monate offene, transparente und förmliche Konsultationen durchgeführt werden. Damit eine größtmögliche Transparenz gewährleistet wird, verpflichtet Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) 713/09 die Agentur, alle relevanten Informationen zu den Konsultationen sowie deren Protokolle und Ergebnisse zu veröffentlichen. Wenn die Agentur eine Rahmenleitlinie fertig gestellt hat, leitet sie diese der EU-Kommission zu. Diese kann die Rahmenleitlinie annehmen, die Agentur zur Nachbesserung auffordern oder, wenn die Agentur einer solchen Aufforderung nicht oder nicht fristgerecht nachkommt, selbst eine entsprechende Rahmenleitlinie erlassen. Ist eine Rahmenleitlinie durch die EU-Kommission angenommen worden, fordert sie nach Art. 6 Abs. 6 der Verordnung (EG) 715/09 den ENTSO (Gas) auf, innerhalb einer angemessenen Frist von maximal zwölf Monaten der Agentur einen Netzkodex vorzulegen, welcher der Rahmenleitlinie entspricht. Der ENTSO hat nach Art. 10 der Verordnung (EG) 715/09 bei der Ausarbeitung des Netzkodex ebenfalls alle einschlägigen Akteure frühzeitig, offen und transparent zu konsultieren. Nach Abs. 3 des Artikels muss er alle eingegangen Stellungnahmen veröffentlichen und darlegen, welche Stellungnahmen bei der Ausarbeitung des Kodex berücksichtigt wurden und welche nicht. Bei den Stellungnahmen, die nicht berücksichtigt wurden, muss er begründen, warum diese nicht berücksichtigt wurden.

B. Akteure des Regulierungssystems

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c) Konsultationsprozesse Die europäischen Konsultationsprozesse – insbesondere die durch ENTSO Gas durchgeführten – wurden in mehreren Interviews als Beispiele für gute Praxis herausgehoben, weshalb sie als Referenz für die untersuchten Konsultationen der BNetzA dienen. Denn die Stakeholder können über ihr eigenes „level of participation“ entscheiden, das von Level 1 „prime mover“ über „workshop participant“, „consultant respondent“ bis zu Level 4 „inactive“ reicht, und werden dementsprechend in die Ausarbeitung mit eingebunden und mit Informationen versorgt. Alle offiziellen Dokumente des ENTSO Gas und Stellungnahmen der Stakeholder können online eingesehen werden. Die interviewten Verbandsvertreter, die an Verfahren des ENTSO Gas teilgenommen hatten, äußerten sich überwiegend positiv über die Transparenz und Offenheit dieser Verfahren. Die folgende Aussage eines Vertreters des VIK schildert das damit verbundene Vorgehen: „Die haben das sehr gut gemacht. Man konnte sich als Interessenvertreter registrieren, und dann gab es vier verschiedene Rollen. Es gab prime mover, die waren relativ stark eingebunden. Die mussten auch viel mithelfen, das hat hinter den Kulissen stattgefunden, da war ich nicht so glücklich mit. [. . .] Nichts desto trotz gab es Stakeholder-Workshops, an denen ich immer teilgenommen habe, da musste man sich vorher zwar registrieren, aber es waren immer mehr anwesend als sich registriert hatten. Es waren ca. 20 bis 25 Teilnehmer registriert und im Saal saßen bis 40 Leute. Das war ein sehr offener und transparenter Prozess. Die haben immer vorher die Unterlagen ins Netz gestellt, zum Beispiel wie sie sich ein Auktionsverfahren vorstellen. Man konnte sich immer äußern, und es gab immer eine Diskussion. Das war praktisch wie eine Abfrage, wie empfinden die Stakeholder das, und welches Votum habt ihr. Beispielsweise wurde gefragt, ob die Versteigerung langfristiger Kapazitäten als Jahresprodukt oder als Vierteljahresprodukt erfolgen soll. Da haben sich fast alle Stakeholder für das Vierteljahresprodukt ausgesprochen, und so ist es auch in den Entwurf zum Network Code [Netzkodex] aufgenommen worden. Das war fast wie eine Abstimmungsrunde. Das lief sehr gut und transparent. Es gab auch immer relativ zeitnah die Protokolle. Das war sehr gut gemacht, das soll bei den Stromnetzbetreibern beim ENTSO-E [Elektrizität] ganz anders laufen. Da beschweren sich die Kollegen, dass das sehr intransparent sei. Aber bei ENTSO-G [Gas] muss ich sagen, das war ein sehr transparenter Prozess.“

VI. Verbände 1. BDEW Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) ist im Hinblick auf seine Mitglieder und die Ressourcenausstattung der größte der im Gasmarkt aktiven Verbände, der Gasversorgungsunternehmen aller Wertschöpfungsstufen repräsentiert. Er ist 2007 aus dem Zusammenschluss des Bundesverbands der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW), des Verbands der Verbundunternehmen und Regionalen Energieversorger in Deutschland (VRE), dem Verband der Netzbetreiber (VDN) und dem Verband der Elektrizitätswirtschaft

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2. Teil: Grundlagen des Regulierungssystems

entstanden. Die Gründung des BDEW ist durch die großen Energieversorgungsunternehmen und die Politik vorangetrieben worden, um einen großen Verband zu schaffen, der die gesamte Energiebranche vertritt (Lohmann 2009: 12). Dem BDEW gehören rund 1.800 Unternehmen der Energie- und Wasserwirtschaft an (BDEW 2012: 7). Die Mitgliedschaft steht allen Energieversorgungsunternehmen offen, die in Deutschland tätig sind. Im Gasbereich erwirtschaften die Mitgliedsunternehmen des BDEW über 90 Prozent des Erdgasabsatzes in Deutschland (BDEW 2012: 7). Aufgrund seiner Größe verfügt der BDEW über den intensivsten Kontakt der Verbände mit der BNetzA und gilt auch politisch als sehr gut vernetzt, wie ein Vertreter eines Stadtwerks anmerkte: „Der BDEW ist als Fusion von VDEW und BGW sicherlich der mächtigste Verband. Der ist in den Ministerien auch hervorragend verdrahtet.“

Ein Vertreter der BNetzA merkte an, dass man von den Verbänden am häufigsten mit dem BDEW zu tun hätte: „Wir arbeiten sehr, sehr intensiv mit dem BDEW zusammen. Wir kennen ja nahezu jeden, der dort rum läuft.“

In Interviews mit Vertretern von Verbänden und Unternehmen wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass es innerhalb des BDEW aufgrund der heterogenen Mitgliederstruktur zu internen Interessenkonflikten über Verbandspositionen komme, wie ein Vertreter eines Netznutzerverbands andeutete: „Wenn Sie sich den BDEW anschauen und wer da in den Gremien sitzt, stellen Sie fest, dass da die gesamte Wertschöpfungskette versammelt ist. Dann kommt es zwischen diesen verschiedenen Teilen automatisch zu Reibungen.“

Häufig wurde in den Interviews auf Konflikte zwischen den großen Energiekonzernen und den Stadtwerken im BDEW hingewiesen, wie beispielsweise in der folgenden Aussage eines Vertreters des VIK: „Es gab beim BDEW vor Jahren wohl große Querelen zwischen den ganz Großen und den größeren kommunalen Unternehmen der 8KU [Zusammenschluss acht großer Stadtwerke, um gemeinsam Lobbying zu betreiben], weil die sich nicht durch den BDEW vertreten fühlten.“

Ein Vertreter des BDEW merkte im Hinblick auf die Konflikte innerhalb des BDEW an, dass ein Konsens innerhalb des BDEW deshalb immer auch einen Konsens der Branche darstellen würde: „Es ist für uns unglaublich schwierig, uns zu einigen, aber wenn wir uns einigen, dann können Sie fast davon ausgehen – wenn das alles vernünftig gelaufen ist und nicht zwei Wochen später jemand merkt, dass das auf keinen Fall geht –, dass, wenn das vernünftig intern konsultiert und besprochen wurde, das oft etwas ist, das einem energiewirtschaftlichen Konsens entspricht.“

Dieser These widerspricht Lohmann (2009: 12), der anmerkt, dass sich viele Gasversorgungsunternehmen nur unzureichend durch den BDEW vertreten fühlen, da dieser aus ihrer Sicht vor allem durch die großen Strom- und Gaskon-

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zerne dominiert werde. Diese Sichtweise wurde hin und wieder auch in einigen Interviews vertreten, wie beispielsweise von einem Vertreter eines Gasversorgungsunternehmens: „Ich glaube, dass es beim BGW gasorientierter war. Seit es der BDEW ist, habe ich das Gefühl, das wird von den großen Konzernen gemindet, da ist halt die E.ON dahinter. Ich habe den Eindruck, dass man da nicht viel bewegen kann.“

Grundsätzlich ist zu vermuten, dass größere Unternehmen auch einen größeren Einfluss auf die verbandsinternen Konflikte ausüben können, da sie über größere Ressourcen verfügen, um Verbandsarbeit in ihrem Interesse betreiben zu können. Allerdings kann daraus nicht geschlossen werden, dass sich die großen Energiekonzerne verbandsintern immer gegen die Interessen der kleineren Verbandsmitglieder – insbesondere der Stadtwerke – durchsetzen können. Denn der BDEW kooperiert bei seiner Lobbyarbeit regelmäßig mit den Verbänden der kommunalen Unternehmen in Form von VKU und GEODE und vertritt auch Stadtwerkeinteressen. 2. VKU Der 1949 gegründete Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU) ist im Hinblick auf seine Ressourcenausstattung und die Zahl seiner Mitglieder der zweitgrößte im Gasmarkt aktive Verband, der Unternehmen aller Wertschöpfungsstufen vertritt. Er repräsentiert rund 1.400 Unternehmen der kommunalen Ver- und Entsorgungswirtschaft und gilt als Stimme der Stadtwerke (VKU 2012). Im Gasbereich gehören 295 kommunale Querverbund- und 576 reine Gasversorgungsunternehmen dem VKU an (VKU 2012). Die VKU-Mitgliedsunternehmen haben im Erdgas-Endkundensegment einen Marktanteil von 67,7 Prozent (VKU 2012). Es besteht kein direktes Konkurrenzverhältnis zu den anderen Verbänden, die die gesamte Wertschöpfungskette repräsentieren, weshalb nahezu alle Mitgliedsunternehmen des VKU auch beim BDEW und viele ebenfalls bei GEODE Mitglied sind. Laut Lohmann (2009: 12) war die Kompetenz des VKU im Gasbereich immer sehr beschränkt, weshalb der VKU vor allem in der Vergangenheit dem BGW nachgelaufen sei. Diese Sichtweise wurde auch in mehreren Interviews mit Verbands- und Unternehmensvertretern eingenommen, wie beispielsweise von einem Vertreter der GEODE: „Der VKU hat im Grunde alle kommunalen Stadtwerke hinter sich, im Gasbereich vor allem die örtlichen Verteilnetzbetreiber. Die sind im Gasbereich nicht extrem breit aufgestellt, weil Gas bei den Stadtwerken immer eher ein Annexgeschäft zum Stromgeschäft war. Das ist zwar sehr einträglich, aber vor allem, weil der Kunde immer mitgelaufen ist. Deshalb hat man beim VKU da keinen großen Fokus drauf.“

Ein Vertreter eines Stadtwerks schilderte die Situation ähnlich: „An der Stelle hat der VKU sein Problem. Der entwickelt zu wenig Fachkompetenz, da muss er auftauchen. Es gibt 800 Stadtwerke, deshalb frage ich mich: Wo ist der VKU? Der VKU läuft dem BDEW hinter her. Das ist das große Problem.“

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2. Teil: Grundlagen des Regulierungssystems

Der VKU vertritt im Gegensatz zum BDEW nur kommunale Unternehmen, weshalb VKU und BDEW auch nicht immer dieselbe Position vertreten. Ein Vertreter des BDEW beschrieb das Verhältnis der beiden Verbände zueinander folgendermaßen: „Man hat dem VKU angeboten, die energiewirtschaftliche Fusion mitzumachen, die beim BDEW stattgefunden hat, also Netzbetreiber- und Händlerverbände zusammenzuführen, denn der VKU ist eine Teilmenge des BDEW. Wenn diese Teilmenge ein Vehikel braucht, um sich dezidiert zu positionieren, dann nimmt sie den VKU. Für die Stadtwerke im kommunalen Besitz ist klar, dass der VKU ihr Verein ist, dem fühlen sie sich näher verbunden als dem BDEW. Insofern haben wir oft die gleiche Position wie der VKU. Wenn wir Differenzen haben, dann sind die den Interessen der Verteilnetzbetreiber gegenüber den Interessen der übrigen Gaswirtschaft geschuldet.“

Allerdings leidet auch der VKU unter ähnlichen internen Richtungskonflikten wie der BDEW, weil auch zwischen den kommunalen Unternehmen erhebliche Größenunterschiede und Interessenkonflikte bestehen, wie ein Vertreter eines Netznutzerverbands anmerkte: „Der Punkt ist nur, dass gerade im Gasbereich zu beobachten war, dass der VKU wahnsinnig große Einzugsbereiche hat, von großen privatisierten Unternehmen bis zu kleinsten Netzbetreibern, wo die Interessen sehr unterschiedlich waren und das auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, relativ schwierig war. Das hat dann eher in einer abwartenden Haltung resultiert, um sich dem Mainstream anzuschließen und zu versuchen, da das rauszuholen, was funktioniert.“

Laut Lohmann (2009: 12) habe die Status-quo-orientierte Grundhaltung des VKU bei der Ausarbeitung und Umsetzung des EnWG 2005 dazu geführt, dass sich die wettbewerbsorientierteren Unternehmen vom VKU abgewandt haben und der GEODE beigetreten sind. Deshalb habe sich der VKU in den letzten Jahren immer mehr den Positionen von GEODE angenähert, um nicht noch mehr Unterstützung durch die eigenen Mitglieder zu verlieren. 3. GEODE Die „Groupement Européen des Enterprises et Organismes de Distribution d’Energie“ (GEODE) wurde 1991 gegründet, um die Interessen unabhängiger und wettbewerbsorientierter Energieversorgungsunternehmen im europäisch ausgerichteten Energiemarkt zu vertreten. Die deutsche Sektion besteht seit April 2006 (GEODE 2012). Dem Verband gehören ca. 500 Unternehmen in unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten an. In der deutschen Sektion sind ca. 200 kommunale Unternehmen Mitglied (GEODE 2012). Ein Vertreter eines Gasversorgungsunternehmens schilderte die Gründe für die Gründung der GEODE Deutschland folgendermaßen: „Der VKU ist im Prinzip ein Nachläufer zum BDEW geworden, der zwar Lobbyarbeit für die Kommunen macht, aber keine wirkliche Sacharbeit. Deshalb haben wir GEODE gegründet, weil wir gesagt haben, wir fallen hinten runter.“

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Obwohl die GEODE der kleinste der drei Verbände ist, die auch die Verteilnetzbetreiber vertreten, hat sie häufig eine entscheidende Rolle bei der (Fort-) Entwicklung des deutschen Gasnetzzugangsmodells gespielt (Lohmann 2006: 69). Nicht unumstritten ist in diesem Zusammenhang die Nähe des Verbands zur Kanzlei Becker Büttner Held (BBH), die für den Verband die Rechtsberatung übernimmt. BBH gilt als eine der einflussreichsten Kanzleien des Energiesektors, die vornehmlich kommunale Energieversorgungsunternehmen vertritt (Lohmann 2006: 59). In einigen Interviews mit Verbands- und Unternehmensvertretern wurde die GEODE als das „Verbandsmäntelchen“ der Kanzlei bezeichnet, das dazu diene, die wirtschaftlichen Interessen der Kanzlei in Rechtsetzungsund Regulierungsprozessen zu vertreten, wie beispielsweise aus folgendem Statement eines Vertreters eines Netzbetreiberverbands hervorgeht: „GEODE ist klassisch gesehen kein Verband, sondern eine Anwaltskanzlei. Das muss man einfach so sagen.“

Bei diesem Vorwurf muss man allerdings auch berücksichtigen, dass die GEODE gegen die Status-quo-Orientierung von BDEW und VKU bei der (Fort-) Entwicklung des Gasnetzzugangsmodells angetreten ist, weshalb dem Verband auch der Ruf der „Laus im Pelz“ anhaftet. Die Nähe zu BBH sorgt(e) für eine gewisse Waffengleichheit zwischen GEODE, BDEW und VKU bei der Lobbyarbeit. In der Vergangenheit ist die GEODE immer für die Entwicklung eines wettbewerbsfreundlichen Gasnetzzugangsmodells eingetreten, was sicherlich auch den Interessen der Mitglieder entspricht, so dass hier auch die Entfremdung zwischen einzelnen Mitgliedsunternehmen und Verbandspositionen nicht so groß zu sein scheint, wie es hin und wieder beim BDEW und VKU vorkommen soll. 4. bne Der Bundesverband Neuer Energieanbieter (bne) wurde 2002 gegründet, um die Interessen netzunabhängiger Lieferanten und Erzeuger zu vertreten. Dem bne gehören über 30 Energieerzeuger und Händler an, die über kein eigenes Netz in Deutschland verfügen oder rechtlich und organisatorisch entflochten sind, wie die Yello Strom GmbH (bne 2012a). Im Hinblick auf die Größe und Ressourcenausstattung des Verbands bestehen allerdings erhebliche Diskrepanzen zwischen bne, BDEW, VKU und GEODE. In einigen Interviews wurde deshalb hin und wieder auch die fachliche Kompetenz der bne-Mitarbeiter in Frage gestellt, wenn es um Detailregelungen geht. Vertreter des bne bestritten diesen Vorwurf im Interview und verwiesen auf das Know-how ihrer Mitgliedsunternehmen, das sie für ihre Lobbytätigkeit nutzbar machen könnten. In dieselbe Richtung deutet auch folgende Aussage aus einem Interview mit einem Vertreter eines Energiekonzerns: „Ich kann auch fragen: ,Was hat der bne für ein Gesicht?‘ Der heißt ,Bundesverband Neuer Energieanbieter‘, also die armen kleinen und neuen Anbieter, die geschützt werden müssen. Wer kommt von denen als Repräsentant? Die Dame von GDF-Suez,

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einem Konzern mit 220.000 Mitarbeitern, der das doppelte EBIT [earnings before income and tax] einer E.ON Ruhrgas hat. Die wachsen und wachsen. Das sind nicht die armen kleinen und neuen Anbieter, sondern die Großen machen dort einfach geschickt Industriepolitik.“

Die zentralen Kernanliegen des bne sind die Etablierung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs und angemessener Netzentgelte. Laut Lohmann (2009: 13) ist es dem bne gelungen, zum wichtigsten Verband der Netznutzer im deutschen Gassektor aufzusteigen. Für besonderes Aufsehen sorgte in diesem Zusammenhang der Versuch des bne im Jahre 2003, sich gerichtlich in die Verhandlungen zur Verbändevereinbarung Gas III einzuklagen. Zwar gelang es dem bne nicht, sein ursprüngliches Ziel zu erreichen, aber das Landgericht Berlin (2003) kam im Rahmen des Verfahrens zu dem Schluss, dass es sich bei der Verbändevereinbarung um eine unzulässige Kartellabsprache handelt. Der bne kooperiert bei seiner Lobbyarbeit hin und wieder mit anderen Netznutzer- und Verbraucherverbänden wie EFET, VIK oder VZBV. Der bne tritt außerdem regelmäßig als scharfer Kritiker der Regulierungstätigkeit der BNetzA in Erscheinung, die aus Sicht des Verbands zu netzbetreiberfreundlich sei: – „Es ist unerträglich, mit welcher Dreistigkeit die Netzbetreiber ihre Rendite auf Kosten von Netznutzern und Verbrauchern erhöhen wollen. Wir sind enttäuscht darüber, dass der Regulierer vor den Netzbetreibern eingeknickt ist.“ (bne 2011a) – „Vor allem die fehlende Transparenz über die Entscheidungsgründe der Bundesnetzagentur stößt auf Unverständnis bei bne und VZBV. Anträge der Netzbetreiber, welches NNE [Netznutzungsentgelt] sie für die nächste Periode beantragen, werden von den Netzbetreibern und der BNetzA ebenso geheim gehalten, wie die Genehmigungen selbst.“ (bne/VZBV 2009) 5. EFET Die European Federation of Energy Traders (EFET) ist ein Verband europäischer Energiehändler, der 1999 in Amsterdam gegründet wurde. EFET gehören über 80 Energiehandelsunternehmen und Banken in unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten und der Schweiz an (EFET 2012). Nahezu alle Handelsgesellschaften der großen deutschen Energiekonzerne sind Mitglied bei EFET Deutschland. Im deutschen Gassektor ist EFET seit 2000 mit der „German Gas Task Force“ tätig (Lohmann 2009: 13). 2001 wurde die deutsche Tochter des Verbands mit dem Ziel gegründet, sich an den Verhandlungen zu den Verbändevereinbarungen zu beteiligen. Ein Vertreter von EFET schilderte die damalige Situation folgendermaßen: „Als EFET die Anfrage gemacht hat, bei den Verhandlungen teilzunehmen, bekamen wir die Nachricht, dass ausländischen Gruppen – als solche wurde EFET, die in den Niederlanden organisiert ist, angesehen – ein Platz am Verhandlungstisch nicht ge-

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währt würde. Deswegen wurde damals EFET Deutschland e. V. in Berlin gegründet. EFET wurde dann auch zu den Verhandlungen zugelassen. Allerdings erst, als diese nicht fortgeführt und anschließend aufgeben wurden.“

Laut Lohmann (2009: 13) hat sich EFET immer um eine deutsche Marktöffnung bemüht, konnte aber aufgrund organisatorischer Probleme auf europäischer Ebene nie großen Einfluss in Deutschland ausüben. Im Hinblick auf die Ressourcensituation ist EFET vergleichbar mit dem bne aufgestellt, weshalb in einigen Interviews ebenfalls die Kompetenz von EFET in Frage gestellt wurde, wenn es um Detailregelungen geht. Allerdings verwiesen die interviewten Vertreter von EFET hier, wie die Vertreter vom bne, darauf, dass sie ebenfalls das Know-how ihrer Mitgliedsunternehmen für ihre Lobbyarbeit nutzen könnten. Die Verbandspositionen von EFET sind auf die Sicht von Energiehändlern ausgerichtet, wobei der Börsenhandel einen besonderen Schwerpunkt darstellt, wie aus einem Statement eines Vertreters eines Energiekonzerns hervorgeht: „EFET ist nicht nur ein klassischer Händlerverband, sondern ein Traderverband im Sinne von bank- und börsenartigem Trading, also short term und desk trading. Deren Extremposition ist immer transparent und börsenartig.“

6. VIK Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) wurde 1947 gegründet und vertritt die Interessen von industriellen und gewerblichen Energiekunden. Im VIK sind etwa 350 Unternehmen organisiert (BNetzA 2011g: 2). Der VIK spielt im liberalisierten Gassektor eine zentrale Rolle. Er war bereits an den Verbändevereinbarungen beteiligt und vertrat dort zusammen mit dem BDI die Interessen der industriellen Großverbraucher. In diesem Kontext kam es zu erheblichen Interessenkonflikten zwischen VIK, VKU und BDEW, weil der VIK im Gegensatz zu VKU und BDEW bereits zu dieser Zeit das Zweivertragsmodell als Netzzugangsmodell favorisierte (Lohmann 2009: 12). Dieser Streit führte schließlich auch zum Scheitern der Verbändevereinbarungen (Lohmann 2006: 26). Während sich der BDI aus Regulierungsprozessen weitestgehend zurückgezogen hat, ist der VIK weiterhin sehr aktiv. Seine Personalausstattung ist mit der des bne und EFET vergleichbar, aber er gilt als besser politisch vernetzt. Grundsätzlich vertreten VIK, bne und EFET ähnliche Positionen in Netzzugangs- und Netzentgeltfragen, da alle ein wettbewerbsfreundliches Netzzugangsmodell und angemessene Netzentgelte fordern, aber in Detailfragen kommt es hin und wieder zum Dissens. Beispielsweise vertritt der VIK im Hinblick auf das Bilanzierungssystem eine abweichende Position, die auf eine stärkere Entlastung der Großverbraucher abzielt. Zur Verwunderung der meisten interviewten Verbandsund Unternehmensvertreter ist es dem VIK sogar gelungen, diese Position bei der Novellierung der GasNZV in 2010 in der Verordnung zu verankern, wie ein Vertreter des VKU schilderte:

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„Diese Regelung ist klar durch VIK und VCI reingekommen. Die sind da sehr dezidiert unterwegs. Dass es tatsächlich da reingekommen ist, das hat alle in der Energiebranche überrascht.“

Ein Vertreter des VIK relativierte diese Tatsache ein wenig, indem er darauf hinwies, dass Beschwerden des VIK zwar der Auslöser für die Novellierung der Bilanzierungsregeln gewesen seien, aber man in der Sache nicht den Forderungen des VIK gefolgt sei: „Die [Regelung in der GasNZV] wird häufig mit dem VIK in Verbindung gebracht. Das ist vom Wesen her auch richtig, wir hätten sie nur in der Ausgestaltung anders eingefordert.“

Der VIK gibt hin und wieder zusammen mit dem Verband der Chemischen Industrie (VCI) gemeinsame Stellungnahmen aus der Sicht der Großverbraucher im Regulierungsprozess ab. 7. VZBV Der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (VZBV) ist der Dachverband von 51 verbraucherpolitisch ausgerichteten Verbänden, zu denen auch die 16 Verbraucherzentralen der Bundesländer gehören. Der VZBV finanziert sich zwar aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), Mitgliedsbeiträgen und Projektmitteln, ist aber an keine Weisung des Ministeriums gebunden, und seine politische Unabhängigkeit ist nach eigenen Angaben bislang durch die Regierung respektiert worden (VZBV 2012). Ziel des VZBV ist es, als unabhängige Verbraucherorganisation die Interessen der Verbraucher gegenüber Politik, Verwaltung und Justiz zu vertreten. Im Gegensatz zu den zuvor vorgestellten Verbänden ist der VZBV in Regulierungsprozessen kaum aktiv. Wenn er sich beteiligt, dann beschränkt er sich im Regelfall darauf, sich Stellungnahmen anderer Verbände – wie dem bne – anzuschließen (z. B. bne/VZBV 2009). Dies ist dem Umstand geschuldet, dass der VZBV aufgrund seiner geringen Personalausstattung bislang nicht über die Möglichkeiten verfügt hat, eigene regulatorische Kompetenzen zu entwickeln. Ein Vertreter des VZBV schildert die Ausgangsituation folgendermaßen: „Wir können uns da nur bestimmte Themen rausgreifen und sind nur im eigentlichen Gesetzgebungsverfahren aktiv und nicht mehr bei der Umsetzung der Gesetze. Wir haben, glaube ich, an keinem Verfahren der BNetzA, weder einem Festlegungs- noch einem Missbrauchsverfahren, mitgewirkt. Wir haben nur an dem Konsultationsverfahren zur Anreizregulierung teilgenommen.“

Deshalb beschränkt sich die bisherige Arbeit des VZBV im Regulierungssystem in erster Linie darauf, bei Rechtsetzungsprozessen des BMWi mitzuwirken und beim Ministerium seine Verbandsposition hinsichtlich der Markt- und Regulierungsentwicklung vorzubringen. Im Rahmen dieser Untersuchung steht der VZBV für eine Vielzahl von Verbänden und Interessengruppen, die zwar von der Regulierungstätigkeit der BNetzA betroffen sind, denen aber die Ressourcen feh-

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len, um sich aktiv in die Verfahren einzubringen und ihre Interessen zu vertreten. Diese Verbände beteiligen sich, wenn überhaupt, nur dadurch am Regulierungsprozess, dass sie sich den Positionen aktiverer Verbände anschließen und deren Stellungnahmen mitzeichnen.7

VII. Unternehmen Energieversorgungsunternehmen werden nicht nur durch ihre Verbände im Regulierungssystem vertreten, sondern treten auch als eigenständige Akteure auf. Zum einen weil sie – wie im Fall der Anreizregulierung – Adressaten von Regulierungsmaßnahmen sind und zum anderen weil sie andere Interessen als die Verbände verfolgen. Dies gilt vor allem für die großen Energiekonzerne, die es sich leisten können, eigene Abteilungen für Lobbying in Berlin und Bonn abstellen zu können. Allerdings haben die Interviews gezeigt, dass sich auch kleine Energieversorgungsunternehmen in den Regulierungsprozess einbringen, um ihre Interessen zu vertreten, wenn auch eher als Ausnahme. Ein Vertreter der BNetzA schilderte das Verhältnis von Versorgungsunternehmen und ihren Verbänden beim Lobbying in Regulierungsprozessen folgendermaßen: „Die größeren Netzbetreiber machen das gerne für sich selber. Es gibt auch große Stadtwerke, die sind zum Teil auch zusammengeschlossen – Stichwort 8KU [Zusammenschluss acht großer Stadtwerke, um gemeinsam Lobbyarbeit zu machen] –, die treten auch hier auf und die größeren Transportnetzbetreiber sowieso. Die sieht man hier zum Teil sehr oft.“

Unternehmensvertreter haben angegeben, dass es vom Thema und der Problemstellung abhängt, ob sie sich über ihre Verbände oder direkt einbringen. Grundsätzlich würden die Regulierungsbehörden sich lieber mit den Verbänden zusammensetzen, wenn es um die Fortentwicklung von Netzzugang und Anreizregulierung geht, als mit einzelnen Unternehmen, da dadurch in der Regel die Interessen mehrerer Unternehmen oder sogar der ganzen Branche abdeckt werden und nicht nur die Interessen einzelner Akteure. Ein Vertreter eines Energiekonzerns gab an, dass es eine strategische Entscheidung ist, ob man selbst tätig wird oder über die Verbände geht: „Wenn es dann Kanäle gibt, über die man sich nicht so gut einbringen kann, dann muss man eben andere Kanäle nutzen, entweder direkt oder indirekt über einen Verband, und sich dadurch Zugang verschaffen. Die BNetzA ist in der Regel offen für einen Dialog über bestimmte Themen. Wobei ich jetzt auch mitbekommen habe, dass sie offener sind, Verbände einzuladen, weil sie dann gleichzeitig mehrere Marktteilnehmer am Tisch haben und sich dann auch nicht dem Vorwurf aussetzen, sie würden nur selektiv an einzelne Marktteilnehmer herantreten.“ 7 Eine Ausnahme stellt die Beteiligung des VZBV im Konsultationsverfahren in Sachen Konvertierungsentgelt (s. u. 3. Teil, A., VI, 1.) dar, in dem der Verband eine eigene Stellungnahme abgegeben hat.

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2. Teil: Grundlagen des Regulierungssystems

Grundsätzlich scheint die BNetzA aber offen gegenüber der Beteiligung von Unternehmen an Regulierungsprozessen zu sein, da keiner der Interviewten angab, dass er Zugangsprobleme habe, wenn er mit der Agentur über ein Problem sprechen wolle. Ein Vertreter eines Stadtwerkes äußerte sich hinsichtlich der Beteiligungspolitik der BNetzA bei Workshops hierzu folgendermaßen: „Einzelnen, die noch Zugang haben wollen, wird dieser nicht verwehrt. Ich habe das Gegenteil jetzt erlebt, weil ein Kollege von einem anderen Stadtwerk mich gefragt hat, ob da was läuft, und ich hab ihn auf den Workshop aufmerksam gemacht, und der konnte dann noch dazu kommen.“

C. Rechtsgrundlagen I. EU-rechtliche Vorgaben Die EU-rechtlichen Vorgaben zum regulierten Netzzugang ergeben sich aus den Richtlinien 2009/72/EG und 2009/73/EG des dritten Binnenmarktpakets, welche die Richtlinien 2003/54/EG und 2003/55/EG ersetzt haben, die zur Einführung des regulierten Netzzugangs in Deutschland geführt haben. Diesen voran gingen die Richtlinien 1996/92/EG und 1998/30/EG, die zur Liberalisierung der Energiemärkte führten. Bulmer, Dolowitz, Humphreys und Padgett (2007: 91 ff.) merken an, dass es Großbritannien schrittweise gelungen sei, das eigene Regulierungsmodell mit Hilfe der Kommission gegen den Widerstand Deutschlands auf die europäische Ebene zu übertragen. Das britische Regulierungsmodell beruht auf der eigentumsrechtlichen Entflechtung des Netzbetriebs und der Regulierung des Netzzugangs und der Netzentgelte durch eine unabhängige sektorspezifische Regulierungsbehörde mit weitreichenden Eingriffsbefugnissen und großen Ermessensspielräumen, die „at arm’s length“ von Regierung und Regulierungsadressaten angesiedelt ist. Ein Vertreter des BMWi merkte in diesem Zusammenhang an: „. . . die Briten sind beim zweiten und dritten Paket fast mit missionarischem Eifer in die jungen Mitgliedstaaten gegangen und haben entsprechend in Brüssel gewirkt. Man muss auch sehen, dass die [Generaldirektion Transport und Energie der EUKommission] von den Fachleuten, die das zu verantworten hatten, eindeutig britisch dominiert worden ist. Die haben sich, was ihre fachliche Zuarbeit angeht, bei Consultants bedient, die ihren Sitz in London haben. Das ist schon britische Denke, die sich da voll durchgesetzt hat.“

Großbritannien versprach sich von der Übertragung des eigenen Regulierungsmodells auf die europäische Ebene einen Startvorteil auf den europäischen Energiemärkten (vgl. Eising 2000: 257; Bulmer/Dolowitz/Humphreys/Padgett 2007: 83). Die Grundzüge des britischen Regulierungsmodells sind allerdings nur schrittweise und gegen den Widerstand anderer EU-Mitgliedstaaten in die einschlägigen Richtlinien eingeflossen. Inzwischen spiegeln die EU-rechtlichen

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Vorgaben grundsätzlich die zentralen Grundelemente der normativen Regulierungstheorie und des britischen Regulierungsmodells wider: – Durchsetzung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs, um den Zugang zu den vor- und nachgelagerten Märkten zu ermöglichen (Art. 32 2009/72/EG und Art. 32 2009/73/EG), – weitgehende vertikale Separierung des Netzbetriebs, um Anreize zur Quersubventionierung aufzulösen (Art. 9 ff. 2009/72/EG und Art. 9 ff. 2009/73/EG), und – Regulierung der Netzentgelte, um eine missbräuchliche Preisgestaltung zu verhindern und die Effizienz des Netzbetriebs zu erhöhen (Art. 37 Abs. 1 2009/ 72/EG und Art. 41 Abs. 1 2009/73/EG), sowie die – Einrichtung einer unabhängigen Regulierungsbehörde mit weitreichenden Eingriffsbefugnissen (Art. 35 Abs. 4 2009/72/EG und Art. Art. 39 Abs. 4 2009/ 73/EG). 1. Binnenmarktrichtlinien von 1996 und 1998 Die Binnenmarktrichtlinien für Elektrizität 1996/92/EG und für Erdgas 1998/ 20 EG haben die Liberalisierung der Energiemärkte angestoßen. Sie verpflichteten die Mitgliedstaaten, ihre Energiemärkte zu öffnen. a) Vorgaben für den Gasnetzzugang Die Vorgaben für den Netzzugang waren im Vergleich zu den folgenden Richtlinienpaketen noch äußerst dünn. Einen ausdrücklichen Anspruch für Dritte auf einen diskriminierungsfreien Netzzugang gab es nicht. Stattdessen untersagten die Art. 7 Abs. 2 und 10 Abs. 2 der Richtlinie 1998/30/EG den Fernleitungs- und Verteilnetzbetreibern die Diskriminierung von einzelnen Netznutzern und Gruppen von Netznutzern. Die Mitgliedstaaten konnten nach Art. 14 der Richtlinie zwischen zwei unterschiedlichen Zugangssystemen bei der Ausgestaltung des Netzzugangs wählen: zum einen den verhandelten Netzzugang nach Art. 15 und zum anderen den regulierten Netzzugang nach Art. 16. Beim verhandelten Netzzugang sollten die Netzbetreiber dazu verpflichtet werden, die Bedingungen für den Netzzugang nach Treu und Glauben auszuhandeln, während beim regulierten Netzzugang die Netzzugangsbedingungen und die damit verbundenen Netzentgelte durch die Mitgliedstaaten selbst festgelegt werden sollten. Eine Verweigerung des Netzzugangs durch die Netzbetreiber war nach Art. 17 der Richtlinie nur zulässig, wenn nicht die benötigten Kapazitäten zur Verfügung stehen, die Gewährung des Zugangs dazu führen würde, dass gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen verletzt würden (z. B. Absicherung der Versorgungssicher-

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heit) oder ernsthafte wirtschaftliche und finanzielle Schwierigkeiten beim Netzbetreiber entstünden. Für neue Infrastrukturen bestand nach Art. 22 der Richtlinie die Möglichkeit, diese unter bestimmten Bedingungen von der Verpflichtung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs auszunehmen. b) Vorgaben für die Entflechtung Die Entflechtung steht nicht im Mittelpunkt der Untersuchung, weshalb sie nur kursorisch behandelt wird. Art. 13 der Richtlinie schrieb eine buchhalterische Entflechtung des Netzbetriebs bei vertikal integrierten Erdgasunternehmen vor. Dadurch sollte – zumindest beim regulierten Netzzugang – verhindert werden, dass die Netzentgelte missbräuchlich überhöht und zur Quersubventionierung der den Netzen vor- und nachgelagerten Betriebssparten genutzt würden. 2. Beschleunigungsrichtlinien von 2003 Die so genannten Beschleunigungsrichtlinien von 2003 haben die Binnenmarktrichtlinien ersetzt und in Deutschland zu einem Systemwechsel beim Netzzugang geführt. In den Erwägungsgründen zu den Richtlinien wurden die Haupthindernisse für einen „voll funktionsfähigen wettbewerbsorientierten Binnenmarkt“ beim Netzzugang und den Netzentgelten gesehen. Letztere sollten zukünftig durch eine oder mehrere Regulierungsbehörden genehmigt werden, weshalb ihnen „eine Schlüsselrolle bei der Gewährleistung eines nichtdiskriminierungsfreien Netzzugangs“ (vgl. Erwägungsgründe) zukomme. Der verhandelte Netzzugang wurde als Option für die Mitgliedstaaten gestrichen und der regulierte Netzzugang vorgeschrieben. Allerdings wurden den Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung desselben Wahlmöglichkeiten eingeräumt. a) Vorgaben für die Regulierungsbehörden Die EU-rechtlichen Vorgaben für die Einrichtung von Regulierungsbehörden haben sich aus Art. 23 2003/54 EG und Art. 25 2003/55/EG ergeben, welche in Absatz 1 die Betrauung einer oder mehrerer Stellen als Regulierungsbehörde vorsahen, die von den Interessen der Energiewirtschaft vollkommen unabhängig ist. Nach Absatz 2 sollten sie entweder selbst die Bedingungen für den Netzanschluss, den Netzzugang sowie die Netzentgelte festlegen können oder aber zumindest die Methoden, die bei diesen zur Anwendung kommen. Das bedeutete, dass man das System der Verbändevereinbarungen in Deutschland im Rahmen einer Methodenregulierung hätte beibehalten können, wenn man eine Genehmigung der Vereinbarungen durch die Regulierungsbehörde(n) vorgesehen hätte (Stern 2007: 923 ff.; Stefaniak 2008: 69). Dies war laut dem Inter-

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view mit Vertretern des BMWi auch das ursprüngliche Ziel des BMWi bei den Verhandlungen über die Richtlinien: „Beim zweiten Paket haben wir bis zum Ziel für den verhandelten Netzzugang gekämpft. Es wäre ja möglich gewesen, den beizubehalten. Das war den Briten ganz klar ein Dorn im Auge.“

Man hat sich am Ende gegen die Beibehaltung entschieden, weil sich die Haltung der Bundesregierung gegenüber dem verhandelten Netzzugang geändert hatte (s. o. 2. Teil, B., IV., 3.). b) Vorgaben für den Gasnetzzugang Die Vorgaben für den Gasnetzzugang ergaben sich aus Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2003/55/EG, welcher vorsah, dass die Mitgliedstaaten ein System für den Zugang Dritter zu den Fernleitungs- und Verteilnetzen sowie LNG-Anlagen auf der Basis nichtdiskriminierender Zugangsregeln und Netzentgelte gewährleisten. Sollte sich ein Mitgliedstaat für eine Methodenfestlegung durch die Regulierungsbehörde entschieden haben, dann sollte diese vor ihrem Inkrafttreten veröffentlicht werden. Die zulässigen Netzzugangsverweigerungsgründe nach Art. 21 der Richtlinie entsprechen den Verweigerungsgründen des Art. 17 der Richtlinie 1998/30/EG. c) Vorgaben für die Entflechtung Zu der bereits in den Binnenmarktrichtlinien vorgeschriebenen und in Art. 17 der Richtlinie 2003/55/EG fortgeschriebenen buchhalterischen Entflechtung kamen nach Art. 9 und 13 der Richtlinie noch die rechtliche und organisatorische Entflechtung für Fern- und Verteilnetzbetreiber hinzu. Nach Art. 13 Abs. 2 konnten Verteilnetzbetreiber von den neu hinzugekommenen Entflechtungsmaßnahmen befreit werden, wenn an deren Netze weniger als 100.000 Kunden angeschlossen waren. Die Verschärfung der Entflechtungsregelungen war laut den Erwägungsgründen der Richtlinie angezeigt, um „einen effizienten und nichtdiskriminierenden Netzzugang zu gewährleisten“. 3. Drittes Legislativpaket von 2009 Die Vorgaben für Regulierungsbehörde und Netzzugang in den Beschleunigungsrichtlinien sind im dritten Legislativpaket durch die Richtlinien 2009/72/ EG und 2009/73/EG erweitert worden. In den Erwägungsgründen für die Richtlinie zum Gasmarkt heißt es: „Insbesondere gibt es noch nicht in allen Mitgliedstaaten einen nichtdiskriminierenden Netzzugang und eine gleichermaßen wirksame Regulierungsaufsicht.“ Neben der Stärkung der Regulierungsbehörden liegt

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der Schwerpunkt des dritten Legislativpakets auf der Verschärfung der Entflechtungsvorgaben. Denn ohne „eine wirksame Trennung des Netzbetriebs von der Gewinnung und Versorgung“ bestünde die Gefahr einer Diskriminierung. a) Vorgaben für die Regulierungsbehörden Die Vorgaben für die Einrichtung und Ausgestaltung von Regulierungsbehörden sind im dritten Legislativpaket detailliert ausgearbeitet. aa) Zulässigkeit von regionalen Regulierungsbehörden Nach Art. 35 Abs. 3 2009/72/EG und Art. 39 Abs. 3 2009/73/EG ist es weiterhin zulässig, regionale Regulierungsbehörden zu benennen, solange diese nur für kleinere Netze zuständig sind, die weniger als drei Prozent des nationalen Strom- oder Gasverbrauchs abdecken. Hinsichtlich der Zusammenarbeit der Regulierungsbehörden auf europäischer Ebene ist – auch wenn regionale Regulierungsbehörden eingerichtet wurden – nach Abs. 2 der Art. 35 bzw. 39 der Richtlinien nur eine Stelle zu benennen, die die Aufgaben der nationalen Regulierungsbehörden auf EU-Ebene wahrnimmt. bb) Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden Nach Abs. 4 der Art. 35 bzw. 39 der Richtlinien haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Regulierungsbehörden von öffentlichen und privaten Einrichtungen rechtlich getrennt und funktional unabhängig sind und bei der Ausübung ihrer Regulierungsaufgaben „keine direkten Weisungen von Regierungsstellen oder anderen öffentlichen oder privaten Einrichtungen“ entgegennehmen oder einholen. Nach Abs. 5 der Artikel müssen die Regulierungsbehörden in der Lage sein, unabhängig von allen politischen Stellen ihre Entscheidungen zu treffen. cc) Aufgaben und Befugnisse der Regulierungsbehörden Art. 37 bzw. 41 der Richtlinien des dritten Legislativpakets greifen die Befugnisse der Regulierungsbehörden aus den Beschleunigungsrichtlinien auf und konkretisieren diese. Den Regulierungsbehörden obliegt es nach Abs. 6 der Artikel, die Bedingungen oder die Methoden zur Festlegung der Bedingungen des Netzanschlusses, des Netzzugangs, der Netzentgelte, der Erbringung von Ausgleichsleistungen sowie des Zugangs zu grenzübergreifenden Infrastrukturen zu regeln. Nach Abs. 8 der Artikel hat die Regulierungsbehörde bei der Festlegung der Methoden zur Tarifbestimmung oder der Tarife für die Netznutzung sicherzustellen, dass für die Netzbetreiber Anreize geschaffen werden, sowohl kurzfristig als auch

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langfristig ihre Effizzienz zu steigern und die Marktintegration zu fördern. Die Einführung einer Anreizregulierung – im Sinne des britischen Regulierungsmodells – wird dadurch zwar nicht explizit vorgeschrieben, aber die aufgezählten Merkmale spiegeln diesen Ansatz wider. Nach Abs. 4 der Artikel sind sie mit den entsprechenden Befugnissen auszustatten, die es ihnen ermöglichen, ihre Aufgaben effizient und rasch zur erfüllen. Hierzu gehört insbesondere der Erlass von verbindlichen Entscheidungen für Energieversorgungsunternehmen und die Möglichkeit zur Verhängung wirksamer, verhältnismäßiger und abschreckender Sanktionen, die bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes des sanktionierten Unternehmens betragen dürfen. b) Vorgaben für den Gasnetzzugang Die Vorgaben für den Gasnetzzugang des dritten Legislativpakets orientieren sich weitgehend an den Vorgaben aus der Beschleunigungsrichtlinie. Nach Art. 32 der Richtlinie 2009/73/EG gewährleisten die Mitgliedstaaten ein System für den Zugang Dritter zu Fernleitungs-, Verteilnetzen und LNG-Anlagen auf der Basis nichtdiskriminierender Netzentgelte und Zugangsbedingungen. Besonders geregelt wurde der Zugang zu Speicheranlagen nach Art. 33 der Richtlinie, welcher den Mitgliedstaaten weiterhin die Wahl zwischen einem regulierten oder verhandelten Zugangssystem lässt. Die zulässigen Verweigerungsgründe des Art. 35 der Richtlinie entsprechen den zulässigen Verweigerungsgründen der Beschleunigungsrichtlinie. Gleiches gilt für die Möglichkeit, nach Art. 22 der Richtlinie neue Infrastrukturen für eine bestimmte Zeit von den Verpflichtungen zur Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs auszunehmen. c) Vorgaben für die Entflechtung Die größten Veränderungen, die durch das dritte Legislativpaket vorgenommen wurden, sind bei den Vorgaben für die Entflechtung von vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen erfolgt. Ursprünglich beabsichtigte die EUKommission eine weitgehende Entflechtung vertikal integrierter Versorgungsunternehmen – im Idealfall in Form der eigentumsrechtlichen Entflechtung – (European Commission 2007a: 3), aber sie konnte sich mit ihren Vorstellungen nicht durchsetzen. Stattdessen hat die Intervention einiger Mitgliedstaaten – unter anderem Deutschlands (vgl. Bundesregierung 2008: 4; Monopolkommission 2011: 111) – dazu geführt, dass drei unterschiedliche Entflechtungsoptionen in das dritte Legislativpaket eingeflossen sind, zwischen denen die Mitgliedstaaten wählen können: (1.) die eigentumsrechtliche Entflechtung, (2.) der unabhängige Netzbetreiber (ISO) sowie (3.) der unabhängige Übertragungsnetzbetreiber (ITO). Die Umsetzung der EU-Entflechtungsvorgaben gehört nicht zum Untersuchungsgegenstand der Arbeit, weshalb diese Vorgaben nicht weiter ausgeführt werden.

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II. Energiewirtschaftsgesetz Die Entwicklung der EU-rechtlichen Vorgaben zeigt, dass sich auf europäischer Ebene schrittweise die Grundelemente des britischen Regulierungsmodells – Entflechtung des Netzbetriebs; Regulierung des Netzzugangs und der Netzentgelte durch unabhängige Regulierungsbehörden mit weitreichenden Eingriffsbefugnissen und Ermessensspielräumen – weitgehend durchgesetzt haben. Gleiches ist bei der (Fort-)Entwicklung des nationalen Rechtsrahmens in Form des Energiewirtschaftsgesetzes zu beobachten. 1. EnWG 1998 Die Umsetzung der Binnenmarktrichtlinie für den Strombereich erfolgte durch das EnWG 1998. Die parallel auf europäischer Ebene ausgearbeitete Binnenmarktrichtlinie wurde zunächst nicht berücksichtigt, obwohl das Gesetz für den Strom- und Gasbereich ausgearbeitet wurde. Denn im Gegensatz zum Strombereich wurden keine Zugangsregelungen für den Gasbereich getroffen. a) Netzzugangsvorschriften Die Binnenmarktrichtlinie für Strom 96/92/EG verpflichtete die Mitgliedstaaten in Art. 16, einen Netzzugang für Stromanbieter nach objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien zu gewährleisten. Die Richtlinie ließ den Mitgliedstaaten die Wahl zwischen einem regulierten oder verhandelten Netzzugang sowie einem Alleinabnehmersystem. Deutschland entschied sich zunächst gegen das von der EU-Kommission favorisierte Modell der Netzzugangsund Netzentgeltregulierung durch eine unabhängige Regulierungsbehörde, welches als „bürokratisches Horrorszenario für die überwiegend privatwirtschaftlich organisierte Energiewirtschaft in Deutschland“ empfunden wurde (Birnbaum 2001: 560). Dieses Vorgehen entsprach nicht der damaligen Regulierungskultur, die vor allem durch Deregulierungsbemühungen gekennzeichnet war. Es bestand zwischen Bundestag und Bundesrat Einigkeit darüber, dass bei der Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes die Staatsaufsicht zurückgenommen und der verhandelte Netzzugang eingeführt werden sollte (Lippert 2002: 513). Alternativen wurden nie ernsthaft diskutiert (Bohne/Frenzel 2003: 407). Streitig war allerdings, ob und wie der verhandelte Netzzugang ausgestaltet werden sollte (Bohne 1997: 226; Frenzel 2007: 69; Becker 2010: 83). Der Entwurf der Bundesregierung (1997: 36) sah zunächst keinen eigenen Durchleitungstatbestand vor, da man davon ausging, dass die Möglichkeit des parallelen Leitungsbaus ausreichend Druck aufbauen würde, um Verhandlungslösungen zur Umsetzung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs herbeizuführen. Was die Bundesregierung zu dieser Vermutung veranlasste, ist nicht ersichtlich. Denn

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sie erscheint angesichts des begrenzten Raums und der langen Vorlaufzeit für Netzbauprojekte wenig überzeugend. Im Vermittlungsverfahren wurde mit § 6 EnWG ein gesetzlicher Netzzugangstatbestand für den Strombereich geschaffen. aa) Stromnetzzugang Der verhandelte Netzzugang für den Strombereich wurde in § 6 des EnWG geregelt. Durch § 6 Abs. 1 wurden Netzbetreiber dazu verpflichtet, ihr Netz anderen Unternehmen zu diskriminierungsfreien Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Eine Verweigerung des Netzzugangs war nur zulässig, wenn der Netzbetreiber nachweisen konnte, dass eine Durchleitung aufgrund betriebsbedingter oder sonstiger Gründe unzumutbar war. Diese Regelung wurde in § 6 Abs. 2 durch eine Verordnungsermächtigung für das Bundeswirtschaftsministerium flankiert, die es dem Ministerium ermöglichte, mit Zustimmung des Bundesrats die Gestaltung von Netzzugangsverträgen und die Kriterien zur Bestimmung von Durchleitungsentgelten zu regeln. Allerdings wurde von dieser Verordnungsermächtigung nie Gebrauch gemacht (Bohne/Frenzel 2003: 391). bb) Gasnetzzugang Eine spezielle Regelung des Gasnetzzugangs wurde zunächst nicht vorgenommen, da die Binnenmarktrichtlinie für Gas 1998/30/EG erst nach Erlass des EnWG in Kraft trat und eine Umsetzungsfrist von zwei Jahren vorsah (Seidewinkel/Seifert/Wetzel 2001: 16). Stattdessen setzte man für den Zugang zu den Gasversorgungsnetzen vorerst auf die 1999 in Kraft getretene Neufassung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die mit § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB einen allgemeinen Netzzugangsanspruch geschaffen hatte (Spreng 2004: 106). Dieser Zugangsanspruch spiegelt die so genannte „essential facilities-doctrine“ wider (Götting 2009: 1850). Hierbei handelt es sich um ein aus dem US-Wettbewerbsrecht stammendes Prinzip, das marktbeherrschenden Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen auferlegt, Wettbewerbern Zugang zu ihren Dienstleistungen oder wesentlichen Einrichtungen zu gewähren. Der EU-Kommission (European Commission 2001: 4) reichte diese allgemeine Netzzugangsregelung für den Gasbereich nicht, weshalb sie nach Ablauf der Umsetzungsfrist das Fehlen einer gesetzlichen Regelung zum Gasnetzzugang bemängelte und am 14.02.2003 Klage beim EuGH (2003) einreichte. Dieser stellte am 01.04.2004 fest, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung der Binnenmarktrichtlinie erlassen hatte (EuGH 2004). Allerdings verblasste diese Entscheidung vor dem Hintergrund, dass parallel zum Gerichtsverfahren ein gesetzlicher Zugangstatbestand durch eine EnWG-Novelle geschaffen wurde und man auf euro-

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päischer Ebene bereits an den Beschleunigungsrichtlinien für Strom und Gas arbeitete. Bereits am 20.12.2000 hatte die Regierung einen Entwurf zur Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes vorgelegt, der die Regelung des Zugangs zu den Gasversorgungsnetzen vorsah (Neveling/Theobald 2001: 64). Allerdings dauerte es bis zur Verabschiedung fast zweieinhalb Jahre, weshalb die EnWG-Novelle von 2003 angesichts der sich abzeichnenden Beschleunigungsrichtlinien bei ihrer Verabschiedung bereits veraltet war. Außerdem war sie aufgrund der sich wandelnden wissenschaftlichen und öffentlichen Bewertung des Systems der Verbändevereinbarungen (hierzu: Bohne/Frenzel 2003: 408 ff.; Becker 2010: 93) äußerst umstritten. Mit § 6a EnWG wurde der verhandelte Netzzugang für Gas in das Energiewirtschaftsgesetz aufgenommen und das System der Verbändevereinbarungen durch die Einführung einer Vermutungsregelung verrechtlicht. Die Netzbetreiber wurden verpflichtet, ihre Netze für die Benutzung durch Dritte zu Bedingungen zur Verfügung zu stellen, die „der guten fachlichen Praxis“ entsprechen. Gemäß § 6a EnWG wurde bei der Einhaltung der Regelungen der Verbändevereinbarung Erdgas II bis zum 31.12.2003 die Einhaltung der „guten fachlichen Praxis“ vermutet. Dadurch wurde letztlich ein nicht massengeschäftstaugliches und diskriminierendes Netzzugangsmodell für den Gasbereich legitimiert (Hammerstein 2002: 194), dessen Fortentwicklung durch den Abbruch der Verhandlungen bereits gescheitert war. b) Entflechtungsvorschriften § 9 Abs. 2 des EnWG 1998 verpflichtete wiederum nur die vertikal integrierten Stromversorgungsunternehmen zu einer buchhalterischen Entflechtung ihres Netzbetriebs. In ihrer Buchführung waren die Bereiche Erzeugung, Übertragung und Verteilung in getrennten Konten zu führen. c) Aufsicht Deutschland entschied sich beim Erlass des EnWG 1998 gegen die Einrichtung einer Regulierungsbehörde. Stattdessen wurde die kartellrechtliche Freistellung in den §§ 103a und 103b des GWB für die Energiewirtschaft aufgehoben, so dass sie nun der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht durch die Kartellbehörden unterlag. 2. Verbändevereinbarungen Beim EnWG 1998 setzte man auf die Durchsetzung diskriminierungsfreier Netzzugangs- und Netzentgeltbedingungen im Wege von Verbändevereinbarungen. Hierbei handelte es sich um freiwillige Vereinbarungen der beteiligten Fach-

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verbände, die unverbindliche Rahmenvereinbarungen und Musterregelungen darstellten (Becker 2000: 87; 2010: 84). Sie wurden als Ausdruck „gesellschaftlicher Selbstregulierung“ verstanden, um die Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu gewährleisten und den Staat zu entlasten (Seeger 2002: 323). Bei seiner Einführung wurde dieser Ansatz noch als zukunftsweisend für andere Liberalisierungs- und Regulierungsvorhaben gefeiert (vgl. u. a. Monopolkommission 1998: 37 ff.; 2000: 66 ff.; u. a. Schmidt-Preuß 2002: 38 ff.; Engel 2002: 87 ff.; Seeger 2002: 321 ff.; Büdenbender 2002: 375 ff.). Das Grundkonzept entsprach der korporatistischen deutschen Regulierungskultur, die auf die Erreichung eines Branchenkonsenses und ausgehandelter Regulierungsergebnisse abzielt. Während die erste Verbändevereinbarung zum Strombereich parallel zum Gesetzgebungsverfahren ausgearbeitet wurde (Becker 2010: 84), vergingen zwei Jahre nach Inkrafttreten des EnWG bis die erste Verbändevereinbarung für Gas (VV Gas) am 04.07.2000 abgeschlossen wurde. Die unterzeichnenden Verbände waren der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK), der Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) und der Verband der kommunalen Unternehmen (VKU). Die VV Gas stellte in erster Linie ein Regelwerk zu den technischen Rahmenbedingungen des Netzzugangs und den technisch/operativen Rahmenbedingungen des Transports dar (Bentzien 2002: 43). Das Netzzugangsmodell basierte auf folgenden Prinzipien: Einzelfallverhandlung, Transaktionsabhängigkeit und drei Zugangskonzepte für die unterschiedlichen Netzstufen (Schulz u. a. 2000: 3 ff.; Rosin/Heinlein 2002: 51 ff.; Brodt 2008: 35 ff.): – Das Prinzip der Einzelverhandlungen hatte zur Folge, dass jeder Durchleitungsfall einzeln vertraglich geregelt werden musste. Wenn eine Durchleitung durch mehrere Netze erfolgen sollte, musste dies mit jedem betroffenen Netzbetreiber gesondert vertraglich geregelt werden. – Der Netzzugang erfolgte auf allen Ebenen transaktionsabhängig. Das heißt, dass im Voraus die benötigten Kapazitäten, die Dauer der Nutzung und die Ein- und Ausspeisepunkte abzuklären waren. Die Netzentgelte wurden dann für jedes Netz einzeln berechnet. – Für den Netzzugang in überregionale Ferngasnetze wurde das so genannte Punkt-zu-Punkt-Modell angewendet. Dabei wurde unterstellt, dass das Gas von einem Einspeise- zu einem Ausspeisepunkt fließt und ein entsprechender Kontraktpfad gebildet wird, für den ein entfernungsabhängiges Netzentgelt anhand bestimmter Punkte für bestimmte Streckenabschnitte berechnet wurde. – Für den Netzzugang in Regionalnetze war ein entfernungsunabhängiges Briefmarkenmodell vorgesehen, dass die Ausspeisung in angeschlossenen Verteilnetzen über eine so genannte Regionalbriefmarke ermöglichen sollte. Dieses Briefmarkenmodell galt auch für den Zugang zu Verteilnetzen, war dort aber als so genannte Kommunalbriefmarke entfernungsunabhängig.

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Die VV Gas war bis zum 30.09.2001 befristet. Die Vereinbarung und die zugrundeliegenden Netzzugangsmodelle, insbesondere das transaktionsabhängige Punkt-zu-Punkt-Modell, wurden von mehreren Seiten als vollkommen unzureichend kritisiert (Spreng 2005: 151). Letztlich war der Abwicklungsaufwand so groß, dass eine Massengeschäftstauglichkeit und die Möglichkeit zum Börsenhandel ausgeschlossen werden konnten. Ein Zitat eines ausländischen Gashändlers aus der 2005 durchgeführten Sektoruntersuchung der EU-Kommission (European Commission 2007b: 46) verdeutlicht diese Problematik: „A system user must identify all networks they need to use for transport activity which is strenuous legwork. An overview is necessary in Germany where transport often entails three network levels and three to four system operators.“ Der damalige Bundeswirtschaftsminister drohte den Verbänden, dass, wenn es bei der zweiten Vereinbarung nicht zu erheblichen Vereinfachungen des Netzzugangs kommen würde, er die Bundesregierung bitten werde, eine Behörde zur Regulierung des Gasnetzzugangs zu installieren (Spreng 2005: 152; Becker 2010: 97). Nach zähen Verhandlungen wurde die VV Gas II von den Verbänden am 03.05.2002 unterzeichnet und war bis zum 30.09.2003 befristet. Die Grundprinzipien des Netzzugangs wurden allerdings beibehalten: das entfernungsabhängige Punktmodell für die Ferngasstufe und das entfernungsunabhängige Briefmarkenmodell für die Verteilnetzstufe. Trotz wiederholter Drohungen von Seiten des Bundeswirtschaftsministers gelang es den Verbänden nicht, sich auf ein einfaches und transparentes Netzzugangsmodell zu einigen. Der VIK hat während der Verhandlungen zu den Verbändevereinbarungen immer wieder versucht, ein Zweivertragsmodell durchzusetzen, scheiterte aber am Widerstand von BGW und VKU (Lohmann 2006: 31). Nachdem der VIK immer wieder den Verhandlungstisch verlassen hatte, wurden die Verhandlungen zum Entwurf der VV Gas III am 09.04.2003 endgültig und ergebnislos abgebrochen (Spreng 2005: 152). Das System des verhandelten Netzzugangs für Gas war damit gescheitert. Das Landgericht Berlin (2003: 138) kam – bei dem Verfahren, dass der bne angestrebt hatte, um sich in die VV einzuklagen – zu dem Schluss, dass es keine rechtliche Grundlage gebe, um dieses Begehren zu erfüllen. Es sah deshalb „in der beabsichtigten VV Gas III [. . .] eine unzulässige Kartellabsprache, da die Anbieter von Gasleitungsnetzen – vertreten durch ihre Unternehmensvereinigungen – darin gemeinsame Regelungen über den Zugang zu den Leitungsnetzen treffen, die geeignet sind, den Wettbewerb zwischen ihnen zu beschränken“. Diese Feststellung blieb allerdings ohne Wirkung, da sich bereits ein Paradigmenwechsel auf europäischer und nationaler Ebene abzeichnete. Ein Vertreter des BDEW wies darauf hin, dass die Vereinbarungen aus seiner Sicht auch deshalb scheiterten, weil die Verhandlungen zu den Beschleunigungsrichtlinien auf den regulierten Netzzugang und die Einrichtung einer Regulierungsbehörde mit weitreichenden Regelungsbefugnissen hinausliefen. Man habe das Gefühl gehabt, dass sich damit verbunden auch die Haltung der Bundesregie-

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rung zum verhandelten Netzzugang geändert habe und die Einrichtung einer Regulierungsbehörde unvermeidbar sei: „Das commitment der Bundesregierung war nicht mehr da und insofern auch keine Bereitschaft zum Verhandeln.“

Denn warum sollte man für die Regulierungsbehörde in Vorleistung gehen. Im Fall des Gasnetzzugangs hat das korporatistische deutsche Regulierungssystem eindeutig versagt. Es ist nicht gelungen, genügend politischen Druck auf die verhandelnden Verbände auszuüben, um einen tragfähigen Branchenkonsens zu erzwingen. Fraglich ist, ob das Scheitern von einigen der beteiligten Akteure bewusst in Kauf genommen wurde, weil man sich von einer staatlichen Regulierung geringere Transaktionskosten und ein größeres Missbrauchspotenzial mit Blick auf die zu erwartenden Informationsasymmetrien zwischen Branche und Regulierungsbehörde versprach. Denn in einer staatlichen Regulierung muss man sich im Idealfall nur mit der Regulierungsbehörde einigen. 3. EnWG 2005 (2011) Zumindest theoretisch wäre auch eine Beibehaltung des verhandelten Netzzugangs möglich gewesen (Stern 2007: 923 ff.; Stefaniak 2008: 69), aber der Gesetzgeber entschied sich für einen Paradigmenwechsel und die Einrichtung einer unabhängigen Regulierungsbehörde mit weitreichenden Eingriffsbefugnissen nach britischem Vorbild. a) Merkmale der Regulierungskultur im Gesetzgebungsprozess Der Gesetzgebungsprozess zum EnWG 2005 war zunächst durch Merkmale des Gewährleistungsstaates – Verantwortungsteilung, regulierte Selbstregulierung, Kooperationsprinzip – geprägt, die sich im Referentenentwurf der Bundesregierung widerspiegelten. Dieser sah lediglich eine Methodenregulierung und eine schwache Regulierungsbehörde, die den Marktakteuren Spielräume zur Selbstregulierung ermöglicht, vor. Die Ausarbeitung von Netzzugangsbedingungen und die Details der Entgeltberechnung sollten weiterhin bei den Marktakteuren bzw. ihren organisierten Interessen verbleiben. Erst im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurden schrittweise die Grundelemente des britischen Systems – aufgrund des großen Drucks durch die Politik und (Fach-)Öffentlichkeit – in das Gesetz eingefügt. Ein Vertreter des BMWi schilderte die Ausgangssituation folgendermaßen: „Das ist ein stückweit der damaligen Regierungskonstellation geschuldet. Das wollten die Grünen von Beginn an. Der Prozess ist durch Rot-Grün beschleunigt worden. Wir haben den verhandelten Netzzugang mit viel Kraft gesichert, und als er gesichert war, haben wir ihn weggegeben.“

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Der politische Druck wurde zusätzlich durch Verbraucher- und Netznutzerverbände erhöht, die ebenfalls die Einrichtung einer Regulierungsbehörde forderten, weil sie von den Verhandlungsprozessen zur Verbändevereinbarung ausgeschlossen wurden. Ein Vertreter des VZBV sagte hierzu: „Bei der Umsetzung des dritten Regulierungspakets [meint eigentlich Beschleunigungsrichtlinien] haben wir uns dafür eingesetzt, dass es eine starke Regulierungsbehörde mit Ex-ante-Regelungsbefugnissen und eine Anreizregulierung gibt. Das war damals vom federführenden Wirtschaftsministerium gar nicht vorgesehen. Ich glaube, da haben wir relativ viel durchsetzen können. Die Koalition – die Grünen waren damals noch in der Regierung – und auch die Länder haben das sehr stark unterstützt.“

Das BMWi war mit dem Vorhaben der Beibehaltung des verhandelten Netzzugangs isoliert, da auch das BMU eine starke Regulierungsbehörde forderte, wie ein Vertreter des BMU schilderte: „Die Position des BMU war damals starke Liberalisierung, also soweit wie möglich die Monopolsituation der großen EVUs zu brechen, wie auch immer. [. . .] Damals haben viele Leute – sowohl im Gas- als auch im Strombereich, wobei das Zentrum sogar im Strombereich lag – wie die Blinden von der Farbe geredet. Niemand wusste auch nur ansatzweise, was in 2005 angerichtet worden ist. Ich sag es jetzt mal so böse. [. . .] Die genauen Auswirkungen, das hat kein Mensch überblickt. Im Rahmen der Novelle des EnWG kamen viele Dinge, die mit dem ursprünglichen Ziel wenig zu tun hatten. [. . .] Alle redeten über Markt, insbesondere die Länderminister, aber der Einstieg in den Markt sollte über eine umfassende Regulierung erfolgen. Das war absolut pervers: ein sehr enges Regulierungssystem zu entwickeln und gleichzeitig zu hoffen, dass der Markt zum Durchbruch kommt.“

Die Übernahme des britischen Modells im Rechtsetzungsprozess erfolgte, wenn man sich die Entwicklung der Gesetzesentwürfe ansieht, zunächst nur zögerlich und bruchstückhaft, wie es das inkrementelle Entscheidungsmodell erwarten lässt [s. o. 1. Teil, B., II., 3., b.)]. Dabei konnte man anfangs noch nicht absehen, welche Konsequenzen das mit sich bringen würde, weshalb bereits im frühen Stadium a- und b-Paragraphen eingefügt werden mussten. Ein Vertreter des BMU merkte zur Entstehungsgeschichte des EnWG an: „Es ist niemand hergegangen und hat den gesamten Bauplan, der damals entwickelt wurde, in Frage gestellt. [. . .]. Man macht ein Gesetz, entdeckt, dass bestimmte Regeln nicht funktionieren, bessert nach, aber stellt nicht die Grundstruktur in Frage.“

Seiner Ansicht nach habe bereits bei der Ausarbeitung der Referentenentwürfe der Antrieb gefehlt, ein logisches Gesamtsystem zu entwickeln. Beispielsweise sei die Einführung der Anreizregulierung beschlossen worden, ohne dass man sich überhaupt darüber klar war, welche Folgen damit verbunden sind: „Niemand wusste, wie das mit der Anreizregulierung gehen sollte, aber alle redeten davon, obwohl keiner wusste, was das eigentlich ist.“

Der inkrementelle Entwicklungsprozess bei der Umsetzung der Beschleunigungsrichtlinien wird bei den beiden Untersuchungsschwerpunkten und der Einführung der Landesregulierungsbehörden besonders deutlich.

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b) Gasnetzzugangsmodell des § 20 Abs. 1b EnWG aa) Merkmale der Regulierungskultur bei der Ausarbeitung Bei der Entwicklung des Gasnetzzugangsmodells strebte die Bundesregierung die Einbindung der Marktakteure in den Entwicklungsprozess im Sinne des Gewährleistungsstaates an. Im Hinblick auf den Gasnetzzugang und das damit verbundene Netzzugangsmodell war keine Detailregelung im EnWG vorgesehen. Das Netzzugangsmodell sollte nachträglich in einer entsprechenden Zugangsverordnung geregelt werden, die durch die Marktakteure mitentwickelt wird. Hierzu stand in der Gesetzesbegründung (Bundesregierung 2004a: 109): „Die Regelung lässt dabei im Grundsatz offen, [. . .] nach welchem Netzzugangsmodell von den Betreibern der Energieversorgungsnetze jeweils Netzzugang gewährt wird. Die nähere Ausgestaltung des Netzzugangs ist Gegenstand der Rechtsverordnungen [. . .]“. Der Gesetzgeber berief sich darauf, dass er im Gegensatz zum Strombereich „nicht auf ein in der Praxis erprobtes Netzzugangsmodell“ zurückgreifen konnte, aber „ein Netzzugangsmodell mit einer Entgeltfindung auf der Grundlage eines möglichst transaktions-unabhängigen so genannten entry-/exit-Modells“ anstrebe (Bundesregierung 2004a: 114). Bei der Entwicklung eines solchen Modells sollten laut den Empfehlungen des Bundeswirtschaftsministeriums (2004: 51) Lösungen bevorzugt werden „die von den Marktbeteiligten selbst entwickelt und umgesetzt werden“. Das war dem Bundesrat (2004a: 13) zu wenig, weshalb er die Bundesregierung explizit aufforderte, dass BEB-Modell bei der Ausarbeitung der Verordnung in Erwägung zu ziehen und die Rahmenbedingungen des Netzzugangs im Gesetz zu regeln. Dieses Modell beruhte auf folgenden Grundprinzipien (Riechmann 2001: 776): Für die Einspeisung ins Netz und die Ausspeisung aus dem Netz werden jeweils eigene „Briefmarken“ (Vertrag) benötigt, die einen Einheitstarif darstellen und nicht von der Entfernung des Transports abhängen. Die physische Bewegung des Gases im Netz wird nicht gesondert berechnet, wobei jedoch geographische oder netzstrukturelle Besonderheiten bei der Entgeltbildung berücksichtigt werden können (z. B. vergünstigte Ausspeisung in der Nähe von Gasquellen). Die Einführung eines solchen Modells im Rahmen der Verbändevereinbarungen wurde von den Verbänden BGW und VKU mit der Begründung abgelehnt, dass dies in Deutschland „technisch nicht realisierbar“ sei (Neveling/Gewehr 2008: Rn. 10). Diese Aussage wurde durch den Ausgang des so genannten MarathonVerfahrens widerlegt. Der US-amerikanische Gaskonzern Marathon hatte aufgrund von Zugangsverweigerungen gegen mehrere europäische Netzbetreiber eine Beschwerde wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens bei der EU-Kommission eingereicht. Die deutsche BEB Erdgas und Erdöl GmbH & Co. KG hat sich zur Einstellung dieses Verfahrens verpflichtet, ein Eingangs-/Ausgangssystem für seine Netze einzuführen. Das zuständige Kommissionsmitglied Mario Monti erklärte hierzu (EU-Kommission 2003: 1): „Mittelfristig möchte ich auch hoffen,

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dass sich Deutschland in eine große Eingangs-/Ausgangszone entwickelt, die sämtliche Netze auf nationaler, regionaler oder örtlicher Ebene umfasst.“ Die Bundesregierung (2004b: 3 ff.) wies in ihrer Gegenäußerung darauf hin, dass man bereits an einem solchen Entry-Exit-Modell arbeite, das den „freien Handel in einem einheitlichen Marktgebiet“ ermöglichen solle, und es sinnvoll sein könnte, die gesetzlichen Bestimmungen im EnWG zu konkretisieren, sobald die Verordnungen vorliegen würden. Am 14.04.2005 legte die Bundesregierung (2005a) die „Verordnung über den Zugang zu Gasversorgungsnetzen“ (GasNZV) dem Bundesrat zur Zustimmung vor. § 3 Abs. 1 dieser Verordnung schrieb vor, dass Netznutzer Verträge mit den Netzbetreibern zu schließen haben, deren Netze sie nutzen wollen. § 3 Abs. 2 sah drei unterschiedliche Bestandteile vor, die solche Transportverträge beinhalten sollten: (1.) einen Kapazitätsvertrag, durch den Kapazitätsrechte an Ein- und Ausspeisepunkten begründet werden, (2.) einen Portfoliovertrag, der die konkrete Transportleistung näher bestimmt, und (3.) einen Bilanzkreisvertrag zur Berechnung von Differenzmengen. Letztlich widersprach dieser netzbezogene Ansatz dem Ziel eines einheitlichen Marktgebiets und spiegelte das Netzzugangsmodell der Verbändevereinbarungen wider. Diesen auf einzelne Netze bezogenen Ansatz spiegelte auch die am 15.04.2005 vom Bundestag (2005a) verabschiedete Fassung des „Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsgesetzes“ wider. Der Gesetzestext enthielt mit § 20 Abs. 1b EnWG erstmals eine spezielle Regelung zum Netzzugang, welche die Netzbetreiber verpflichtete, Einspeise- und Ausspeisekapazitäten ohne Festlegung eines transaktionsabhängigen Transportpfades anzubieten. Hierzu sollten sie, soweit technisch und wirtschaftlich zumutbar, alle Kooperationsmöglichkeiten ausschöpfen, um die Zahl der Bilanzzonen, also der Gebiete, in denen Kapazitäten frei gehandelt werden können, so gering wie möglich zu halten. Allerdings fehlte die Verbindlichkeit dieser Kooperationsverpflichtung im Innenverhältnis zwischen den Netzbetreibern, weshalb demnach zumindest theoretisch die Bildung von 40 bis 60 Entry-Exit-Zonen möglich gewesen wäre, was zu einer erheblichen Zersplitterung des Marktes geführt hätte (Däuper 2006: 212). Der Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion Dr. Joachim Pfeiffer (Bundestag 2005b: 15933) merkte hierzu in der Plenarsitzung an: „Sie schlagen zwar ein Entry-ExitModell vor, [. . .] dadurch aber, dass gleichzeitig wieder Teilnetze mit vielen nichttarifären Handelshemmnissen gebildet werden können, kommen wir im Ergebnis dazu, dass die Börsentauglichkeit ausgehebelt ist und wiederum nur Punkt-zu-Punkt-Modelle bestehen. Hierüber werden wir auf jeden Fall noch zu reden haben; denn hier sehen wir eindeutig Nachbesserungsbedarf.“ Der Bundesrat stimmte weder der Verordnung noch dem Gesetz zu, weshalb der Vermittlungsausschuss angerufen wurde. Die Vorgänge im Vermittlungsausschuss wurden durch die Tatsache beeinflusst, dass die Bundesregierung aufgrund einer Wahlschlappe in Nordrhein-Westfalen Neuwahlen anstrebte und der

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damalige Kanzler Schröder am 01.07.2005 die Vertrauensfrage stellen wollte. Deshalb beabsichtigte man, das EnWG noch vor Auflösung des Parlaments zu verabschieden, um einem erneuten Vertragsverletzungsverfahren auf europäischer Ebene zu entgehen (Lohmann 2006: 58). Die veränderte politische Landschaft und die Tatsache, dass sich der Wirtschaftsminister auf den Wahlkampf vorbereitete, führte laut einem Interview mit einem Vertreter von GEODE dazu, dass im Vermittlungsverfahren Entscheidungen gegen die Interessen der großen Netzbetreiberverbände BGW und VKU durchgesetzt werden konnten: „[. . .] die normalerweise – egal ob es eine CDU oder SPD geführte Bundesregierung geben würde – wahrscheinlich gar nicht so einfach durchsetzbar gewesen wären. Das behaupte ich jetzt einfach mal. Das ist mehr so eine faktische Behauptung, weil die Kräfte im Wirtschaftsministerium ja auch immer hören, was die Großen [Verbände] sagen.“

Der kleine Netzbetreiberverband GEODE nutzte die Gunst der Stunde und konnte den Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion Dr. Pfeiffer davon überzeugen, sein Modell in den Vermittlungsausschuss einzubringen, das auf folgenden Grundsätzen beruhte (Lohmann 2006: 59): – Netznutzer sollten nur noch einen Einspeise- und einen Ausspeisevertrag abschließen müssen, um Gas zu transportieren. – Die Netzbetreiber sind verpflichtet zusammenzuarbeiten, um einen netzübergreifenden Transport mit diesen zwei Verträgen, soweit dies technisch und wirtschaftlich zumutbar ist, zu ermöglichen. – Die Netzentgelte werden auf die Ausspeiseebene verlagert und nach oben gewälzt. Das GEODE-Modell hat als Ergebnis des Vermittlungsverfahrens dann auch in § 20 Abs. 1b Satz 5 EnWG Einzug gefunden: „Alle Betreiber von Gasversorgungsnetzen sind verpflichtet, untereinander in dem Ausmaß verbindlich zusammenzuarbeiten, das erforderlich ist, damit der Transportkunde zur Abwicklung eines Transports auch über mehrere, durch Netzkopplungspunkte miteinander verbundene Netze nur einen Einspeise- und einen Ausspeisevertrag abschließen muss, es sei denn, diese Zusammenarbeit ist technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar.“ Dieser Erfolg für GEODE war laut Becker (2010: 98) nur möglich, „weil sich der Vermittlungsausschuss von den Vorstellungen des Wirtschaftsministeriums löste, das sehr stark unter dem Einfluss des BGW stand, was sogar nachgeordnete Bedienstete des Ministeriums unter der Hand bemängelten.“ Dementsprechend ungehalten soll auch der BGW auf das Ergebnis des Vermittlungsausschusses reagiert und an Angela Merkel – die damalige Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion – geschrieben haben, dass die verabschiedeten Regelungen „in der Praxis nicht umsetzbar“ und „ohne vorherige Absprache mit der Gaswirtschaft“ getroffen worden seien (Becker 2010: 98). Die organisierten Interessen der Netzbetreiber konnten sich aufgrund der Begleitumstände des Gesetzgebungsverfahrens bei der Regelung des Gasnetzzugangsmodells nicht

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durchsetzen, wie man es nach der Positiven Theorie der Regulierung erwarten würde, aber ihre Handschrift ist in den Gesetzentwürfen und der ersten Fassung der GasNZV deutlich zu spüren. Bei der Umsetzung des dritten EU-Legislativpakets im Rahmen der 2011 erfolgten Novellierung des EnWG blieben die Regelungen zum Gasnetzzugang in § 20 Abs. 1b EnWG unberührt. bb) Elemente des Gasnetzzugangsmodells Das Zweivertragsmodell des § 20 Abs. 1b EnWG setzt sich aus folgenden Grundbausteinen zusammen (Neveling/Gewehr 2008: Rn. 33 ff.): – Einspeisevertrag: Einspeiseseitig soll nur noch ein Vertrag mit dem Netzbetreiber, in dessen Netz Gas eingespeist werden soll, erforderlich sein. – Ausspeisevertrag: Ausspeiseseitig soll ebenfalls nur noch ein Vertrag mit dem Netzbetreiber erforderlich sein, aus dessen Netz Gas entnommen werden soll. – Transportpfadunabhängig: Zur Abwicklung von Transporten darf kein fiktiver Pfad als Grundlage dienen, den das Gas vom Handels-/Einspeise- zum Ausspeisepunkt zurücklegt. – Transaktionsunabhängig: Die kommerzielle Abwicklung des Transports darf nicht mehr in einzelne Transaktionen unterteilt und abgewickelt werden. – Unabhängige Nutz- und Handelbarkeit: Es muss grundsätzlich möglich sein, nur Ein- und/oder Ausspeisekapazitäten zu erwerben, die weiterveräußert werden können. Zwischen Ein- und Ausspeisekapazitäten darf keine Abhängigkeit bestehen. § 20 Abs. 1b Sätze 2 und 3 EnWG schreiben zwar vor, dass die Abwicklung von Transporten nur noch über zwei Verträge erfolgen soll, treffen aber keine Regelung, wie der Netzzugang im Detail abgewickelt werden soll, wenn zwischen dem Ein- und Ausspeisenetz noch weitere Netze liegen, was aufgrund der unterschiedlichen Netzebenen der Regelfall ist (Neveling/Gewehr 2008: Rn. 61). Stattdessen verpflichten § 20 Abs. 1b Sätze 5 bis 8 EnWG die Netzbetreiber, die technische, organisatorische, rechtliche und wirtschaftliche Abwicklung des netzübergreifenden Gastransports verbindlich untereinander zu regeln (hierzu Herzmann 2010: 119 ff.). Diese Kooperationspflicht wird lediglich durch die wirtschaftliche Unzumutbarkeit und technische Unmöglichkeit begrenzt. c) Anreizregulierungsmodell des § 21a EnWG aa) Theoretische Grundlagen der Anreizregulierung Das Basismodell der Anreizregulierung wurde von Stephen Littlechild (1983) für den Telekommunikationssektor als Alternative zu kostenbasierten Regulie-

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rungsansätzen entwickelt, da kostenbasierte Regulierungsansätze als besonders missbrauchsanfällig gelten.8 Denn für die Netzbetreiber besteht bei kostenbasierten Ansätzen zur Netzentgeltregulierung ein Anreiz, die Netzkosten künstlich zu erhöhen, um größere Gewinne mit dem Netz zu erwirtschaften, und/oder, wenn sie selbst noch in Erzeugung und Vertrieb tätig sind, diese Bereiche durch überhöhte Netzentgelte quer zu subventionieren. Littlechild (1983: 8 ff.) hatte bei der Entwicklung seines Ansatzes negative Erfahrungen mit kostenbasierten Ansätzen für Netzindustrien vor Augen: „US experience of regulation is not encouraging and suggests that regulation should not be too ambitious. [. . .] In the USA, regulators have been given ample powers to extract and analyse information, and considerable discretion in approving tariff structures and rates of return. The end-result has not been a reduction in monopoly power – in general quite the opposite has happened. At the same time, investment has been distorted and efficiency and innovation discouraged.“ Littlechild hielt es für ausgeschlossen, dass Regulierungsbehörden in die Lage versetzt werden können, wohlfahrtsoptimale Preise für die Netznutzung festzulegen, da ihnen die erforderlichen Informationen fehlen. Deshalb sollte sein Regulierungsansatz möglichst einfach sein und mit möglichst wenigen Informationen auskommen (vgl. hierzu auch Weiß 2009: 50; Knieps 2010: 91). Er wollte eine weitgehende Entkopplung der Regulierung von den tatsächlichen Kosten der regulierten Unternehmen erreichen, um zu verhindern, dass die Regulierungsbehörden auf korrekte Kosteninformationen angewiesen sind. Dies sollte durch eine Deckelung der Preise für die regulierten Dienstleistungen geschehen (Littlechild 1983: 34 ff.). Diese sollten sich in ihrer Preisentwicklung nicht über dem allgemeinen Inflationsniveau bewegen, um zu verhindern, dass Kunden regulierter Dienstleistungen deutlich schlechter gestellt werden als Kunden von Dienstleistungen, die im Wettbewerb angeboten werden. Die von ihm hierzu entwickelte Formel lautete: RPI-X. RPI steht in der Formel für den „Retail Price Index“, einen Maßstab für die allgemeine Preisentwicklung, und X für einen zwischen Regulierungsbehörde und reguliertem Unternehmen auszuhandelnden Effizienzmaßstab, der in regelmäßigen Abständen neu festgelegt werden muss. Die Idee dahinter ist, dass durch ein positives X verhindert wird, dass die Preise der regulierten Dienstleistung über das Niveau der allgemeinen Preisentwicklung steigen. Diese Grundformel findet sich in nahezu allen Formen der Anreizregulierung wieder, wenn auch inzwischen in stark modifizierter Form. Auf die zentrale Frage, wie X zustande kommt, ging Littlechild (1983: 36) in seinem Entwurf nicht näher ein: „. . . where X is a number to be negotiated.“ Die Beantwortung der Frage, wo X 8 Vgl. hierzu auch den ersten Bericht der Monopolkommission (1976: 419) zum Vollzugsdefizit bei der Preisaufsicht vor der Energiemarktliberalisierung. Diese litt ebenfalls unter erheblichen Informationsproblemen der Aufsichtsbehörden und wurde von der Monopolkommission als vollkommen ungeeignet eingestuft, um überhöhten Energiepreisen entgegenzuwirken.

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herkommen soll, ist jedoch entscheidend für den Erfolg oder Misserfolg des Regulierungsansatzes (vgl. hierzu Joskow 2008b: 533). Allerdings ist es – insbesondere mit Blick auf die deutsche Regulierungsformel – nicht bei Littlechilds einfachem Ausgangsmodell geblieben. Dieser Umstand ist unter anderem der Tatsache geschuldet, dass das Ausgangsmodell nicht auf eine effektive individuelle Effizienzsteigerung bei den regulierten Unternehmen abzielt, obwohl Monopolstrukturen zu Ineffizienzen tendieren. Deshalb werden inzwischen bei den meisten Umsetzungsformen der Anreizregulierung mehr oder minder ausgeklügelte Vergleichsverfahren eingesetzt, um unternehmensindividuelle Ineffizienzen zu bestimmen, die sich in X widerspiegeln sollen. Dadurch sollen sich die regulierten Preise oder Erlöse von Regulierungsperiode zu Regulierungsperiode den Grenzkosten des Monopolbetriebs schrittweise annähern. Abbildung 7 zeigt die Umsetzung einer solchen Erlösobergrenzenregulierung.

Abbildung 7: Umsetzung einer Erlösobergrenzenregulierung

Die Erwartung hinter der Vorgabe von Erlös- oder Preisobergrenzen ist, dass regulierte Unternehmen versuchen werden, ihre Betriebs- und Kapitalkosten unter die vorgegebenen Grenzen zu senken, um Effizienzgewinne zu erwirtschaften, die in der nachfolgenden Regulierungsperiode an die Kunden weitergegeben werden sollen, da das Ausgangsniveau der neuen Regulierungsperiode sich aus den gesunkenen Betriebs- und Kapitalkosten ergibt. Der Ansatz, unternehmensindividuelle X-Werte zu ermitteln, führt letztlich dazu, dass der Informationsbedarf steigt und die Implementation voraussetzungsvoller wird: „Thus, the implementation of price cap mechanisms is more com-

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plicated and their efficiency properties more difficult to evaluate than is often implied and places a significant information collection, auditing and analysis burden on regulators“ (Joskow 2008b: 554). Hinzu kommt, dass das Ausgangsmodell nur bedingt Anreize für Re- und Neuinvestitionen sowie die Aufrechterhaltung eines hohen Servicequalitätsstandards bietet, wenn diese nicht eingepreist werden dürfen. Dies hat dazu geführt, dass solche Kosten inzwischen in X eingepreist werden können, weshalb die meisten Formen der Anreizregulierung weiterhin Elemente der traditionellen kostenbasierten Regulierung aufweisen, die Littlechild mit seinem ursprünglichen Ansatz eigentlich umgehen wollte, da sie durch die Regulierungsbehörde gesondert geprüft werden müssen: „The challenge of forecasting future investment needs and costs for electricity network firms has historically been a rather contentious process, sometimes yielding significant differences between what the regulated firm’s claim they need and what the regulator claims they need to meet their legal responsibilities to provide safe and reliable service efficiently. There is clearly a very serious asymmetric information problem here“ (Joskow 2008b: 554). bb) Merkmale der Regulierungskultur bei der Ausarbeitung Im Hinblick auf die Anreizregulierung plante der deutsche Gesetzgeber – wie beim Gasnetzzugangsmodell – zunächst keine Regelung im EnWG, sondern wollte zunächst nur eine Methodenregulierung der Netzentgeltberechnung durch die BNetzA einführen. Die Netzbetreiber hätten bei der Umsetzung der Methoden noch über Selbstregulierungsspielräume verfügt, die durch die behördliche Missbrauchsaufsicht überwacht worden wären. Es wäre zur Einrichtung eines Systems regulierter Selbstregulierung gekommen. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung (2004a: 110) war deshalb keine Exante-Genehmigung der Netzentgelte durch die Regulierungsbehörde vorgesehen. § 21 EnWG konkretisierte lediglich die Grundsätze der kostenorientierten Entgeltfindung. Die Angemessenheit der Netzentgelte sollte in regulierungsbehördlichen Missbrauchsaufsichtsverfahren überprüft werden (Tschentscher 2009: 31). Zur Erleichterung dieser Verfahren war ein Ex-post-Vergleichsverfahren durch die Regulierungsbehörde vorgesehen, das dazu dienen sollte festzustellen, ob die Netzentgelte tatsächlich einer effizienten Betriebsführung entsprechen. Der Gesetzgeber wollte sich zunächst nur darauf beschränken, die Rahmenbedingungen der Entgeltfindung zu regeln, ohne in den Prozess selbst einzugreifen, so dass zentrale Elemente des verhandelten Netzzugangs fortbestanden hätten. Der Bundesrat (2004a: 15 f.) bemängelte in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf, dass lediglich eine Methoden- und keine Anreizregulierung der Netzbetreiber vorgesehen sei, obwohl letztere im Ausland erprobt und auf deutsche Verhältnisse anwendbar wäre. Außerdem forderte er die Einführung einer Ex-anteNetzentgeltgenehmigung durch die Regulierungsbehörde (Bundesrat 2004a: 18).

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Der damalige bayerische Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (Bundesrat 2004b: 436) verlangte in der entsprechenden Bundesratssitzung die Festschreibung einer Ex-ante-Anreizregulierung im EnWG. Dieser Forderung schloss sich der damalige hessische Wirtschaftsminister Alois Rhiel (Bundesrat 2004b: 437) an und forderte, dass den Ländern die Regulierung der örtlichen und regionalen Verteilnetze übertragen werde. Der damalige Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (Bundesrat 2004b: 440) sprach sich in seiner Entgegnung auf diese Forderungen gegen eine Ex-ante-Regulierung der Netzentgelte aus und verwies auf die Erfahrungen mit der Preisaufsicht in den Bundesländern: „Ich kenne niemanden, der behauptet – ich bin gespannt darauf, von Ihnen etwas dazu zu hören –, dass dies eine Erfolgsgeschichte gewesen sei und dass die Genehmigungspraxis der deutschen Länder dazu geführt habe, dass die Tarife für die deutschen Stromverbraucher durch Aktivitäten, die sie heute kräftig ankündigen, gedrückt worden wären. [. . .] Ich fürchte [. . .], dass die Realisierung des Vorschlags, den Sie gemacht haben, [. . .] dazu führt, dass die Regulierung bereits in der Startphase kollabiert. Bei einer Entscheidung für Ihren Weg, die Ex-ante-Regulierung, würde uns das europäische Recht zwingend vorschreiben, bei allen 1700 Netzbetreibern in Deutschland intensive Vorabprüfungen vorzunehmen, auch wenn sich im konkreten Einzelfall niemand über die Entgelte beschwert hat, und selbstverständlich könnte jeder Genehmigungsbescheid angefochten werden.“ Allerdings konnten sich die Länder mit ihren Forderungen durchsetzen. In ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrats ging die Bundesregierung (2004b: 4) auf die Forderungen des Bundesrates ein und merkte an, „die Weichen für die Einführung einer Anreizregulierung sind im EnWG-E gestellt und werden weiter ausgebaut“. Dies ist durch die Einführung des § 21a in den EnWG-Entwurf geschehen (Bundestag 2005a: 13 f.). Dabei war ursprünglich vorgesehen, die Entscheidung über das „Ob“ und die Ausgestaltung des „Wie“ der Anreizregulierung der Regulierungsbehörde zu überlassen (Bundestag 2005a: 14), was allerdings im Vermittlungsverfahren zu Gunsten einer Verordnungsermächtigung gekippt wurde. Im Vermittlungsverfahren wurde in § 23a EnWG außerdem festgelegt, dass, solange es keine Anreizregulierung gebe, die Netzentgelte jahresweise durch die Bundesnetzagentur und die Landesregulierungsbehörden genehmigt werden müssen (Meinzenbach 2008: 71). Gemäß § 112 EnWG sollte die Bundesnetzagentur bis zum 01.06.2006 ein Konzept zur Einführung der Anreizregulierung entwickeln. Die Bundesregierung sollte anschließend gemäß § 118a EnWG den Entwurf einer dem Konzept entsprechenden Rechtsverordnung zur Umsetzung der Anreizregulierung vorlegen. Im Ergebnis konnte sich auch bei der Netzentgeltregulierung die ursprüngliche Präferenz der Regierung für einen schlanken Regulierungsansatz nicht durchsetzen. Stattdessen wurde im Gesetzgebungsprozess schrittweise das britische Regulierungsmodell ins EnWG eingefügt, welches eine starke Ex-ante-Kontrolle und die Einführung der Anreizregulierung vorsieht, so dass die verabschiedeten Vor-

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schriften durch die Merkmale des Regulierungsstaates geprägt sind. Durchbrochen wird dieser Ansatz durch die Einführung von Landesregulierungsbehörden, die als Ausdruck des deutschen Föderalismus verstanden werden können. Landesregulierungsbehörden spiegeln auch ein Merkmal des Gewährleistungsstaates wider: Die Verantwortungsteilung zwischen staatlichen Akteuren auf Bundesund Landesebene. cc) Rahmenregelung in § 21a EnWG Die Rahmenregelungen für die Einführung der Anreizregulierung ergaben sich aus § 21a Abs. 2–5 EnWG: – Nach § 21a Abs. 2 EnWG können Obergrenzen für die Höhe der Netzentgelte oder die Gesamterlöse aus den Netzentgelten unter der Berücksichtigung von Effizienzvorgaben für einzelne Netzbetreiber, Gruppen von Netzbetreibern oder das gesamte Strom- oder Gasversorgungsnetz für eine bestimmte Regulierungsperiode festgelegt werden. – § 21a Abs. 3 EnWG sieht vor, dass eine Regulierungsperiode zwei Jahre nicht unterschreiten und fünf Jahre nicht überschreiten darf. Die vorgegebenen Obergrenzen können einen bestimmten Entwicklungspfad innerhalb einer Regulierungsperiode vorsehen. Sie bleiben unverändert, sofern keine Veränderung durch staatliche Mehrbelastungen oder vom Netzbetreiber nicht zu vertretende Umstände eintreten. – Die Rahmenbedingungen für die Ermittlung der Obergrenzen ergeben sich aus § 21a Abs. 4 EnWG. Demnach ist bei den Netzbetreibern zwischen beeinflussbaren und nicht beeinflussbaren Kostenanteilen zu unterscheiden, da sich Effizienzvorgaben nur auf den beeinflussbaren Kostenanteil beziehen dürfen. – Die Rahmenbedingungen für die Festlegung von Effizienzvorgaben sind in § 21a Abs. 5 EnWG geregelt. Demnach sollen die Effizienzvorgaben aus unternehmensindividuellen und gruppenspezifischen Effizienzzielen bestehen, die im Rahmen eines Effizienzvergleichs der Netzbetreiber zu ermitteln sind. Dabei sollen auch Qualitätsvorgaben einbezogen werden, die sich aus einem Vergleich von Zuverlässigkeitskenngrößen ergeben sollen. Die Effizienzvorgaben müssen so gestaltet sein, dass der betroffene Netzbetreiber bzw. die betroffene Gruppe von Netzbetreibern diese Vorgaben unter Nutzung der möglichen zumutbaren Maßnahmen erreichen und übertreffen kann. Die Methode zur Ermittlung der Effizienzvorgaben muss außerdem so gestaltet sein, dass Veränderungen einzelner Paramater zu keiner überproportionalen Änderung der Vorgaben führen. Mit § 21a Abs. 6 EnWG wird die Bundesregierung ermächtigt, die Details der Anreizregulierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu regeln.

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Im Rahmen der EnWG-Novelle von 2011 wurden keine Veränderungen an den Rahmenregelungen zur Anreizregulierung vorgenommen. Eine Änderung hat sich 2012 in § 21a Abs. 4 EnWG ergeben, indem eingefügt wurde, dass bei der Ermittlung der Vorgaben ein genereller sektoreller Produktivitätsfaktor vorgesehen ist. Diese Änderung wurde notwendig, weil der BGH (2011) in einem Urteil zur ersten Regulierungsperiode festgestellt hatte, dass für den in der Anreizregulierungsverordnung vorgeschriebenen sektoralen Produktivitätsfaktor die Verordnungsermächtigung fehlte. Deshalb fügte der Gesetzgeber 2012 eine rückwirkende Verordnungsermächtigung ein, die vom BGH anschließend bestätigt wurde (Scholtka/Baumbach 2012: 2706). d) Entflechtungsvorschriften in §§ 7–10e EnWG Da die Umsetzung der europäischen Entflechtungsvorgaben nicht im Mittelpunkt der Untersuchung steht, wird nicht auf die Entflechtungsvorgaben im EnWG 2005 bzw. 2011 eingegangen. e) Regulierungsinstrumente der Regulierungsbehörden Den Regulierungsbehörden stehen zur Erfüllung ihrer Regulierungsaufgaben unterschiedliche Ex-ante- und Ex-post-Regulierungsinstrumente zur Verfügung, die sich folgenden Formen zuordnen lassen: Festlegungen, Genehmigungen, Missbrauchsverfügungen und Anordnungen. aa) Festlegungen Art. 25 Abs. 2 der Richtlinie 2003/55 EG schrieb vor, dass die Regulierungsbehörden mindestens die Methoden zur Berechnung oder Festlegung von Netzanschluss- und Zugangsbedingungen einschließlich der damit verbundenen Entgelte „festlegen oder genehmigen“ können müssen. Der Gesetzgeber hat im EnWG sowohl das Instrument der Festlegung als auch das Instrument der Genehmigung vorgesehen (Pielow 2011: 604). Beide Instrumente sind in § 29 EnWG geregelt. § 29 Abs. 1 EnWG ermöglicht der Regulierungsbehörde, „Bedingungen und Methoden für den Netzanschluss oder den Netzzugang“ gegenüber einem „Netzbetreiber, einer Gruppe von oder allen Netzbetreibern“ festzulegen oder auf Antrag für einen Antragsteller zu genehmigen. Festlegungen werden, sofern sie sich gegen eine Gruppe oder alle Netzbetreiber richten, als Allgemeinverfügungen i. S. d. § 35 S. 2 VwVfG eingestuft (Franke 2011a: 1131; Koenig/Kühling/ Rasbach 2013: 273). Bei Allgemeinverfügungen handelt es sich um Verwaltungsakte, die sich an einen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richten oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betreffen. Richten sich Festlegungen nur gegen einen Netzbetrei-

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ber – wie im Fall der Festlegung von Erlösobergrenzen –, so sind sie individuelle Verwaltungsakte. Durch das Instrument der Festlegung kann die Regulierungsbehörde Vorgaben zu Netzanschluss- und Netzzugangsbedingungen einschließlich der Netzentgeltgenehmigung bzw. Erlösobergrenzenfestlegung konkretisieren oder inhaltlich ergänzen, sofern keine abschließende Regelung vorliegt (Pielow 2011: 606 ff.). Der Regelungsspielraum von Festlegungen wird durch die einschlägigen Vorschriften des EnWG sowie die Netzzugangs-, Netzentgelt- und Anreizregulierungsverordnung(en) eingegrenzt, aber es bestehen teilweise erhebliche Gestaltungs- und Regelungsmöglichkeiten auf Seiten der Regulierungsbehörde (Oster 2010: 196 ff.; Pielow 2011: 608 ff.). Vor der Verabschiedung von Festlegungen durch die BNetzA ist dem Bundeskartellamt und den Landesregulierungsbehörden nach § 58 Abs. 1 EnWG sowie nach § 60a Abs. 2 EnWG die Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen. Allerdings ergibt sich aus diesen Stellungnahmen keine Bindungswirkung für die BNetzA (Theobald/Werk 2012: Rn. 30). Die regulierungsbehördliche Ermessensausübung im Rahmen von Festlegungen unterliegt der Kontrolle durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Allerdings hat diese den Regulierungsbehörden bislang große Ermessenspielräume zugestanden, weshalb Kritiker in diesem Zusammenhang auch von einer „Kontrollabstinenz“ (Gärditz 2009: 1010) der Verwaltungsgerichte sprechen. Nach § 29 Abs. 2 Satz 1 EnWG kann die Regulierungsbehörde getroffene Festlegungen ändern. Allerdings sind nach § 29 Abs. 2 Satz 2 EnWG bei der Ausübung der Änderungsbefugnis die Vertrauensschutzregelungen der §§ 48 und 49 VwVfG zu beachten. Das Verfahren zu Festlegungen kann nach § 29 Abs. 3 EnWG durch die Bundesregierung mittels Rechtsverordnung ausgestaltet werden. Nach § 29 Abs. 3 Satz 2 EnWG kann insbesondere vorgesehen werden, dass Festlegungen im Einvernehmen mit dem Bundeskartellamt zu treffen sind. Bislang ist das Verfahren zu Festlegungen nicht besonders geregelt worden, weshalb die allgemeinen Verfahrensvorschriften der §§ 65 ff. EnWG sowie des VwVfG im Festlegungsverfahren anzuwenden sind. Besondere Verfahrensvorschriften bestehen lediglich für die Festlegung von Erlösobergrenzen nach § 4 Abs. 1 ARegV, die sich aus der Anreizregulierungsverordnung ergeben. Streitig ist, ob und wie sich Festlegungen der BNetzA auf die Landesregulierungsbehörden auswirken, die den Bereich der Regulierungsaufgaben der Landesregulierungsbehörden berühren. Denn eine Bindungswirkung für die Landesregulierungsbehörden könnte eine Umgehung des Mischverwaltungsverbotes darstellen (Britz 2006b: 5 f.). Gegen diese Bedenken wird angeführt, dass Festlegungen der BNetzA „sachlich abgrenzbare Vorfragen“ und nicht die Regulierungsentscheidung selbst determinieren (Franke 2011b: 522). Deshalb würden sie als rechtmäßige Verwaltungsakte zwar Bindungswirkung für die Landesregulierungsbehörden entfalten, aber noch keine Mischverwaltung darstellen und dem Ziel eines bundeseinheitlichen Vollzugs dienen.

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bb) Genehmigungen Genehmigungen sind nach § 29 Abs. 1 EnWG eine Alternative zu Festlegungen, sofern Genehmigungspflichten vorgeschrieben sind (Franke 2011a: 1136). Während Festlegungen eine Vielzahl von Netzbetreibern betreffen können, werden Genehmigungen nur gegenüber dem Antragsteller erteilt. Genehmigungspflichten bestehen vor allem im Bereich der Entgelt- bzw. Erlösobergrenzenregulierung; hierzu gehören insbesondere die Entgeltgenehmigung nach § 23a EnWG vor Einführung der Anreizregulierung, sowie die Genehmigung von Anpassungen der Erlösobergrenze nach § 4 Abs. 4 ARegV und von Investitionsbudgets nach § 23 ARegV im Rahmen der Anreizregulierung. In den genannten Fällen sind in den entsprechenden Vorschriften die Rahmenbedingungen für die Erteilung der Genehmigung sowie Fristen für das Verfahren festgelegt. cc) Missbrauchsverfügungen Durch die allgemeine Missbrauchskontrolle nach § 30 EnWG – die sich am Vorbild der kartellrechtlichen Missbrauchskontrolle orientiert – kann ein Netzbetreiber, der seine Marktstellung ausnutzt, durch die Regulierungsbehörde verpflichtet werden, die Zuwiderhandlung abzustellen (Bourwieg 2011: 658). Eine marktbeherrschende Stellung des Netzbetreibers wird im Gegensatz zur kartellrechtlichen Missbrauchskontrolle allerdings nicht vorausgesetzt, diese ist aufgrund der Eigenschaften der Netze als natürliche Monopole sowieso gegeben. Nach § 30 Abs. 2 EnWG kann die Regulierungsbehörde einen Netzbetreiber verpflichten, ein missbräuchliches Verhalten seiner Marktstellung abzustellen. § 30 Abs. 1 EnWG listet Regelbeispiele auf, wann ein solches missbräuchliches Verhalten vorliegt. Hierzu gehören: (1.) Verstöße gegen die Abschnitte 2 (Netzanschluss) und 3 (Netzzugang) des 3. Teils des EnWG, (2.) die mittelbare oder unmittelbare Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund, (3.) die unmittelbar oder mittelbar unterschiedliche Behandlung gleichartiger Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund, (4.) die sachlich ungerechtfertigte Gewährleistung von Vergünstigungen gegenüber sich selbst oder verbundener Unternehmen beim Zugang zu intern genutzten oder am Markt angebotenen Waren und Leistungen, (5.) die Forderung von Netzentgelten und Geschäftsbedingungen beim Netzzugang, die ungerechtfertigt von denjenigen abweichen, die sich bei funktionierendem Wettbewerb einstellen würden, sowie (6.) eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung bei der Forderung von Netzentgelten und Geschäftsbedingungen für den Netzzugang bei gleichartigen Netznutzern auf vergleichbaren Märkten. Während die Behörde bei der allgemeinen Missbrauchsaufsicht nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden kann, ob sie ein Missbrauchsverfahren einleitet, kann sie nach § 31 Abs. 1 Satz 1 EnWG aufgrund des Antrags einer Person oder einer Personenvereinigung, deren Interessen durch das Verhalten eines Netzbe-

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treibers erheblich berührt werden, dazu verpflichtet werden, die Rechtmäßigkeit dieses Verhaltens im Rahmen der besonderen Missbrauchsaufsicht zu überprüfen. Als Überprüfungsmaßstab dienen nach § 31 Abs. 1 Satz 2 die Vorgaben der Abschnitte 2 (Netzanschluss) und 3 (Netzzugang) des 3. Teils des EnWG sowie die dazu erlassenen Verordnungen und Festlegungen. Trotz unterschiedlicher Formulierungen der Prüfungsmaßstäbe der allgemeinen und besonderen Missbrauchsaufsicht ergeben sich in der Praxis keine Divergenzen im Prüfprogramm der beiden Verfahrensformen, so dass derselbe Sachverhalt sowohl im Rahmen eines Amts- als auch eines Antragsverfahrens überprüft werden kann (Franke 2011a: 1151). Letztlich erfüllt § 31 EnWG die Funktion des gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebenen Streitbeilegungsverfahrens nach Art. 25 Abs. 5 der Richtlinie 2003/55/EG (Franke 2011a: 1151), das jeder Betroffene gegen einen Netzbetreiber einleiten können muss. dd) Anordnungen Die Missbrauchsaufsichtsbefugnis der Regulierungsbehörden wird durch eine allgemeine Anordnungsbefugnis nach § 65 EnWG ergänzt. § 65 Abs. 1 EnWG ermächtigt die Regulierungsbehörde, Unternehmen oder eine Vereinigung von Unternehmen dazu zu verpflichten, ein Verhalten abzustellen, das den Bestimmungen des EnWG oder aufgrund des EnWG ergangener Rechtsvorschriften entgegensteht. Die allgemeine Anordnungsbefugnis des § 65 EnWG ist nachrangig zu den besonderen Aufsichtsinstrumenten der §§ 30 und 31 EnWG, weshalb sie sich in erster Linie auf Normverstöße außerhalb der Abschnitte 2 und 3 des 3. Teils des EnWG beschränken oder in Verbindung mit besonderen Aufsichtsinstrumenten zur Anwendung kommen (Franke 2011b: 1148). 4. Die Gasnetzzugangsverordnung Aufgrund des hohen Zeitdrucks wurde die GasNZV von 2005 nicht in ausreichendem Maß an das gesetzliche Netzzugangsmodell des § 20 Abs. 1b EnWG angepasst (Küper 2007: 333; Brodt 2008: 49), obwohl sie die Details des Netzzugangsmodells regeln sollte. Die Grundelemente aus § 20 Abs. 1b EnWG wurden zwar in § 3 der GasNZV a. F. übernommen, aber § 8 GasNZV a. F. schrieb weiterhin ein netzbezogenes Zweivertragsmodell für die Verteilnetzebene vor, weshalb das Landgericht Kiel (2006) diese Regelung der Verordnung aufgrund ihres Widerspruchs zur gesetzlichen Regelung für nicht anwendbar erklärte. Ein Vertreter des BDEW schilderte die Ausgangssituation für die Branche folgendermaßen: „Die Diskussion, die wir bis 2006 geführt haben, war eine komplett andere als die, die wir nach 2006 geführt haben. Da hatten wir die Besonderheit, dass in der GasNZV in Grundzügen ein Zugangs- und Bilanzierungsmodell stand, was auf die VV Gas II aufsetzte, aber nur Leitplanken beschrieb und vieles offen ließ.“

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Lohmann (2009: 13) kommt zu dem Schluss, dass es sich beim Gesetzgebungs- und Verordnungsverfahren um ein Paradebeispiel für Lobbyingeinflüsse auf die Rechtsvorschriften handeln würde: „The whole history of Third Party Access to the gas networks in Germany is a textbook example of how a lack of political commitment, asymmetric information, competence and bargaining power results in unstable, unclear and incomplete private arrangements; and an opaque and contradictory legal framework, as a result of lobbying and last minute compromise or deadlines to conclude agreements.“ Die Dysfunktionalität der GasNZV stellte die BNetzA vor besondere Herausforderungen. Sie sollte sicherstellen, dass das gesetzliche Gasnetzzugangsmodell umgesetzt wurde, aber es gab keine entsprechende Ausführungsverordnung. Ein Vertreter der BNetzA sprach in diesem Zusammenhang von einem „Geburtsfehler“, der zu einer erheblichen Verzögerung von Regulierungsprozessen und -entscheidungen geführt hat. Denn im Bereich des Gasnetzzugangs verfügte die Regulierungsbehörde nach § 42 der GasNZV a. F. zunächst nur über einen eingeschränkten Festlegungsspielraum, der sich auf den Inhalt von Verträgen und Geschäftsbedingungen für den Gastransport, das Angebot von Kapazitäten und damit verbundene Hilfsdienste und Vergabeverfahren, die Veröffentlichung netzund netznutzungsbezogener Daten, Standardlastprofile und damit verbundene Verfahren sowie den Prozentsatz für Toleranzgrenzen bezog. Hinzu kam die Möglichkeit, bestimmte Kooperationspflichten durch Standardangebotsverfahren gemäß § 43 Abs. 1 GasNZV a. F. zu regeln. Das Besondere an diesen Verfahren war, dass die Regulierungsbehörde nach § 43 Abs. 1 GasNZV a. F. die Netzbetreiber auffordern konnte, ihr innerhalb einer bestimmten Frist Standardangebote für Ein- und Ausspeise- sowie Bilanzkreis- und Netzkopplungsverträge vorzulegen, die dann im Wege eines Festlegungsverfahrens im Sinne von § 29 Abs. 1 EnWG verrechtlicht werden sollten. Die GasNZV ist bislang zweimal novelliert worden. Die erste Novellierung erfolgte im April 2008. Dabei ging es um die Einarbeitung von Festlegungsentscheidungen der BNetzA und die Regelung der Einspeisung von Biogas. Ziel war es, die Biogaseinspeisung aus Klimaschutzgründen durch vorrangigen Netzanschluss und vorrangige Ein- und Ausspeisekapazitäten zu fördern (Däuper 2009: Rn. 245). Die zweite Novellierung war deutlich umfangreicher. Am 03.04.2009 veröffentlichte das Bundeswirtschaftsministerium (2010) ein Eckpunktepapier zu einer grundlegenden Neugestaltung der GasNZV. Damit wurde aus Sicht der Marktteilnehmer endlich die „überfällige“ Anpassung der Verordnung an das Gasnetzzugangsmodell des § 20 Abs. 1b EnWG eingeleitet (Thole 2009: 149 ff.). Die Eckpunkte wurden anschließend mit den Verbänden der Marktakteure und den Regulierungsbehörden diskutiert. Die Bundesregierung (2010a) legte am 20.05.2010 dem Bundesrat die Novelle der GasNZV zur Zustimmung vor. Der Bundesrat (2010) stimmte nach Maßgabe einiger kleinerer Änderungen am 09.06.2010 zu. Im Wesentlichen hat die Novellierung der GasNZV die Verord-

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nung auf den aktuellen Stand der Regulierungsentscheidungen der BNetzA und der Kooperationsvereinbarung gebracht (Wyl/Thole 2011: 942). Die entsprechenden Regelungen werden im Abschnitt zur Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells (3. Teil) erläutert. Nur im Bereich der Bilanzierung wurden neue Vorgaben festgelegt, die nicht der einschlägigen Festlegung der BNetzA entsprachen (Kreienbrock/Güth 2011: 971). Außerdem sind die Festlegungsbefugnisse der Regulierungsbehörde soweit ausgebaut worden, dass diese zukünftig nahezu alle Details zur Umsetzung des Netzzugangsmodells nach § 20 Abs. 1b EnWG durch Festlegungen selber regeln kann. Die Behörde hat dadurch eine große Unabhängigkeit gegenüber dem Verordnungsgeber erlangt, die ein zentrales Merkmal des Regulierungsstaates ist. Ein Vertreter des VIK sprach in diesem Zusammenhang sogar von einer kompletten Übertragung der Regulierungskompetenzen des Verordnungsgebers auf die BNetzA: „Wenn ich mir den § 50 angucke, dann sind da so viele Festlegungskompetenzen für die BNetzA eingeführt worden, dass die das ganze Regulierungsgeschäft vom BMWi übernommen haben.“

In diesem Zusammenhang wurde in Interviews häufig darauf hingewiesen, dass es dem BMWi zunehmend an Fachkompetenz fehle, um das Regulierungsgeschäft noch überblicken zu können. Die Ausstattung der BNetzA mit immer umfassenderen Festlegungskompetenzen sei in gewisser Weise eine Kapitulation des BMWi vor der fachlichen Überlegenheit und der Ressourcenausstattung der BNetzA. Ein Vertreter eines Energiekonzerns sah diese Verschiebung besonders kritisch: „Ich halte auch einige Dinge, die geregelt worden sind, vom staatswirtschaftlichen Ansatz her für falsch. Die Gesetzgebung hat zu viele Befugnisse an die BNetzA abgetreten. [. . .] Die Legislative hat ihre Hoheit an die Exekutive abgegeben, das ist vom Staatsmodell her nicht richtig. Die Länder haben ebenfalls ihre Befugnisse abgetreten. Denn das sind zustimmungspflichtige Gesetze und Verordnungen. Jetzt können sie nicht mehr mitreden, bei einer Verordnungsänderung hätten sie es noch gekonnt. Das ist jetzt alles auf eine Bundesbehörde übertragen worden. Die kann das jetzt machen.“

Insofern scheint Döhlers (2008: 266) These, dass „die Ministerialverwaltung zugunsten nichtministerieller Bundesbehörden an Kompetenzen und politischem Einfluss verliert“, im Fall der BNetzA bereits eingetreten zu sein. 5. Anreizregulierungsverordnung a) Merkmale der Regulierungskultur im Verordnungsverfahren Die Vorbereitung des Verordnungsverfahrens war durch Merkmale der Regulierungskultur des Gewährleistungsstaates geprägt, da die Marktakteure im Sinne des Kooperationsprinzips in das Verfahren eingebunden wurden. Zur Vorbereitung ihres Berichts hat die Bundesnetzagentur im August 2005 einen umfangreichen Konsultationsprozess mit Wirtschaft, Wissenschaft und

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den Bundesländern gestartet, der zu monatlichen Sitzungen mit bis zu 50 Teilnehmern aus den Verbänden der Marktteilnehmer zu den verschiedenen Themenschwerpunkten der gesetzlichen Vorgaben und des Anreizregulierungskonzepts geführt hat (Bundesnetzagentur 2006a: 13). Die Zwischenschritte des Konsultationsprozesses wurden durch vier Referenzberichte begleitet. Der Entwurf des Abschlussberichts wurde am 02.05.2006 veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Insgesamt gingen 27 Stellungnahmen ein, die laut Bundesnetzagentur (2006a: 14) einhellig eine schnelle Einführung der Anreizregulierung forderten und sich darin unterschieden, dass die Verbände der Netzbetreiber eine zu schnelle und die Verbände der Verbraucher eine zu langsame Absenkung der Erlöse kritisierten. Die Bundesnetzagentur (2006a: 14) sah einen zweistufigen Übergang zur Anreizregulierung vor, der zunächst auf den nach § 23a EnWG genehmigten Kosten der Unternehmen aufbauen sollte. Die erste Regulierungsperiode sollte im Januar 2008 beginnen und drei Jahre dauern und die zweite sollte drei bis fünf Jahre dauern, um zunächst die großen Effizienzunterschiede zwischen den Netzbetreibern abzubauen (Balzer/Schönfuß 2006: 214). Anschließend sollte in einer zweiten Stufe in ein reines Vergleichsmarktkonzept (yardstick competition) gewechselt werden, das von den Kosten der Unternehmen vollständig entkoppelt ist (Bundesnetzagentur 2006a: 42). Die erste Stufe sah vor, dass mittels Anreizformel für jedes Jahr einer Regulierungsperiode Erlösobergrenzen festgelegt werden. Das Ausgangsniveau der ersten Regulierungsperiode sollte auf den Daten der letzten Genehmigungsrunde vor dem Umstieg auf die Anreizregulierung berechnet werden. Die Erlösobergrenze sollte folgende Aspekte berücksichtigen (Bundesnetzagentur 2006a: 84 ff.): – Die allgemeine Geldentwertung auf der Grundlage des Verbraucherpreisgesamtindexes des Statistischen Bundesamts, – einen sektoralen Produktivitätsfortschritt von 1,5 bis zu 2 Prozent pro Jahr in der ersten Regulierungsperiode, – individuelle Effizienzvorgaben, die durch einen einheitlichen und bundesweiten Effizienzvergleich der Bundesnetzagentur bestimmt werden, sowie – Qualitätskennzahlen, um sicherzustellen, dass die Versorgungsqualität in ausreichendem Maße in den Planungs- und Betriebsprozessen berücksichtigt wird. Die zweite Stufe (BNetzA 2006a: 48) sah vor, dass sich die Preis- und Erlösentwicklung der Netzbetreiber zukünftig nur noch an Hand der Produktivitätsentwicklung aller Netzbetreiber orientieren sollte. Denn der auf den Kosten des einzelnen Unternehmens aufbauende Ansatz der ersten Stufe rege dazu an, die eigenen Kosten für die Berechnung der Regulierungsperioden zu erhöhen, um höhere

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Erlösobergrenzen zu erhalten. Deshalb sollte in der zweiten Stufe nur noch die Kostensituation der gesamten Branche ausschlaggebend für die Berechnung von Erlösobergrenzen sein. Die Bundesnetzagentur (2006a: 91) sah vor, für die Umsetzung der zweiten Stufe einen weiteren Bericht anzufertigen, der diese Grundüberlegungen ausformuliert. Ausgangspunkt für die Festlegung von Erlösobergrenzen sollten in der zweiten Stufe nur noch die Kosten eines effizienten, gebietsstrukturell vergleichbaren Netzbetreibers sein, der in einem Vergleichsverfahren ermittelt wird. Allerdings merkte die Bundesnetzagentur (2006a: 42) selbst an, dass dieser Ansatz möglicherweise nicht mit den gesetzlichen Vorgaben des EnWG vereinbar sein könnte, da die Kosten und strukturellen Besonderheiten des einzelnen Unternehmens möglicherweise nicht mehr in ausreichendem Maße berücksichtigt würden. Aus diesem Grund fällt auch die Bewertung der Zulässigkeit einer reinen Yardstick-Regulierung (Entkopplung der Obergrenzen von den unternehmensspezifischen Kosten) im Schrifttum überwiegend negativ aus, da man die Gefahr sieht, dass Netzbetreiber in die Kostenunterdeckung getrieben werden könnten (z. B. Balzer/Schönfuß 2006: 213 ff.; Ruge 2006: 122 ff.; Theobald/ Hummel/Gussone/Feller 2008: 25; Meinzenbach 2008: 222). Der Verordnungsgeber ist dem Vorschlag der BNetzA hinsichtlich der Yardstick-Regulierung nicht gefolgt. Allerdings sind Änderungen für die dritte und vierte Regulierungsperiode in diese Richtung nicht ausgeschlossen, da § 33 ARegV vorsieht, dass die BNetzA Vorschläge zur Fortentwicklung der Anreizregulierung bis zum 01.01.2016 vorlegen soll (Weyer 2008: 262). Inzwischen wurde die Frist zur Vorlage des Evaluationsberichts auf den 31.12.2014 verkürzt. Am 16.11.2006 veröffentlichte das Bundeswirtschaftsministerium (2006) ein vierseitiges Eckpunktepapier, das im Wesentlichen auf den Vorschlägen der BNetzA aufbaute, aber zusätzlich noch ein vereinfachtes Verfahren für kleinere Netzbetreiber vorsah. Die Eckpunkte wurden zunächst mit den Verbänden der Marktteilnehmer diskutiert, da man ein transparentes Verordnungsverfahren wollte, das von den Marktakteuren mitgetragen wird (Westermann/Kremp 2007: 7). Am 15.04.2007 legte die Bundesregierung (2007) dem Bundesrat die auf den Eckpunkten und Verbändeanhörungen aufbauende Verordnung über die Anreizregulierung der Energieversorgungsnetze (ARegV) mit der Bitte um Zustimmung vor. Diesem Entwurf stimmte der Bundesrat (2007) mit einigen kleineren Änderungswünschen zu, die vom Kabinett am 10.10.2007 angenommen wurden (Theobald/Hummel/Gussone/Feller 2008: 21). Aus Sicht der Regulierungsbehörde ist der Ansatz der Anreizregulierung im Verordnungsverfahren verwässert worden, weshalb der damalige Präsident der BNetzA Matthias Kurth davon sprach, dass man „forciertes joggen“ geplant habe und nun beim „nordic walken“ gelandet sei (Bundesnetzagentur 2008d: 5). Ein Vertreter der BNetzA wies daraufhin, dass das Lobbying der Marktakteure außer-

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dem dazu geführt habe, dass das Verfahren komplizierter geworden sei als ursprünglich angestrebt, da man noch diverse Ausnahme- und Härtefallregelungen eingefügt hätte: „Das hat wieder so eine Eigendynamik entwickelt. An sich ist das Konzept ja relativ simpel und in sich schlüssig. Man legt eine Obergrenze fest, und dann sieht der Netzbetreiber zu, wie er das möglichst effizient hinkriegt. Das Festlegen der Obergrenze ist natürlich nicht so einfach, und das wird umso komplizierter, je mehr die betroffenen Netzbetreiber im politischen Betrieb durchgesetzt haben: diese Besonderheiten, jene Besonderheiten und der Ausnahmefall. [. . .] Aus diesen Interessen heraus ist jetzt inzwischen die Anreizregulierungs-Verordnung so kompliziert und so einzelfallbezogen geworden. Dadurch ist ein behördlicher Effizienzgewinn [im Hinblick auf das Genehmigungsverfahren] gegenüber einer Kostenkontrolle mehr als fraglich geworden.“

Die BNetzA konnte sich mit ihrem ursprünglichen Anreizregulierungsmodell, nicht durchsetzen; stattdessen wurde ihr Entwurf im Laufe des Verordnungsverfahrens durch die organisierten Interessen der Netzbetreiber in Form von Sonderund Härtefallregelungen aufgeweicht, die eine Anpassung der Erlösobergrenze aus unterschiedlichen Gründen innerhalb der Regulierungsperiode ermöglichen. Die damit verbundenen Genehmigungsverfahren eröffnen, wie die Untersuchung zeigt, individuelle Verhandlungsmöglichkeiten, die durch den Effizienzvergleich ausgeschlossen werden sollten. b) Grundmodell der ARegV Die Anreizregulierungsverordnung trat am 06.11.2007 in Kraft und sah vor, dass ab dem 01.01.2009 die Regulierung der Netzentgelte durch die Anreizregulierung erfolgen sollte (Hardach 2010: 58). Die Verzögerung von einem Jahr war der Tatsache geschuldet, dass noch nicht alle Netzentgeltgenehmigungsverfahren abgeschlossen waren, deren Kostendaten als Grundlage für den Effizienzvergleich der ersten Regulierungsperiode herangezogen werden sollten (Theobald/ Hummel/Gussone/Feller 2008: 23). Das Grundmodell der Anreizregulierungsverordnung sieht Regulierungsperioden von fünf Jahren vor (§ 3 Abs. 2 ARegV). Die erste Regulierungsperiode für den Gasbereich ist als Übergangsregelung allerdings nur vier Jahre lang (§ 34 Abs. 1b ARegV). Nach § 4 Abs. 2 ARegV werden für jedes Jahr der Regulierungsperiode Erlösobergrenzen für die Netzbetreiber bestimmt. Hierbei handelt es sich um ein Verwaltungsverfahren, das mit der Erteilung eines Erlösobergrenzenbescheids abgeschlossen wird. Die Bestimmung von Erlösobergrenzen erfolgt durch die Anwendung der Anreizregulierungsformel aus Anlage 1 der Verordnung: EOt = KAdnb,t + (KAvnb,0 + (1 – Vt)  KAb,0)  (VPIt /VPI0 – PFt)  EFt + Qt + (VKt – VK0)

Ab der zweiten Regulierungsperiode wird die Formel um „+St“ ergänzt.

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EOt sind die aus der Regulierungsformel zu ermittelnden Erlösobergrenzen für das Kalenderjahr t der Regulierungsperiode. Eine Anpassung der Erlösobergrenzen kann jeweils zum 01. Januar eines Jahres erfolgen, sofern entsprechende Rechtfertigungsgründe vorliegen (§ 4 Abs. 3 und 4 ARegV). § 4 Abs. 4 ARegV sieht beispielsweise eine Härtefallregelung vor, wenn durch die vorgesehene Erlösobergrenze eine unzumutbare Härte für den Netzbetreiber entstehen würde. KAdnb,t sind die dauerhaft nicht beeinflussbaren Kosten des Netzbetreibers, die von den Effizienzvorgaben ausgenommen sind. Diese sind abschließend in § 11 Abs. 2 ARegV aufgeführt und umfassen beispielsweise gesetzliche Abnahmeund Vergütungspflichten. KAvnb,0 sind die vorübergehend nicht beeinflussbaren Kosten des Netzbetreibers. Diese werden folgendermaßen berechnet (§ 11 Abs. 3 ARegV): Der Effizienzwert (§ 15 ARegV) wird mit den Gesamtkosten des Netzbetreibers nach Abzug der dauerhaft nicht beeinflussbaren Kostenanteile multipliziert. Durch diese Formel sollen die auf nicht zurechenbaren strukturellen Unterschieden der Versorgungsgebiete beruhenden Kostenanteile in die Berechnung der Erlösobergrenze mit einfließen. Denn diese lassen sich in der Regel keiner bestimmten Kostengruppe zuordnen, sondern spiegeln sich anteilig in den Gesamtkosten des Netzbetreibers wider (Bundesregierung 2007: 53). Vt ist der so genannte Verteilungsfaktor. Dieser sorgt gemäß § 16 Abs. 1 ARegV dafür, dass die nach den §§ 12 bis 15 ARegV ermittelten Ineffizienzen des Netzbetreibers rechnerisch innerhalb einer oder mehrerer Regulierungsperioden gleichmäßig abgebaut werden. Die für die erste Regulierungsperiode ermittelten Ineffizienzen sollen schrittweise in den ersten beiden Regulierungsperioden abgebaut werden. KAb,0 ist der beeinflussbare Kostenanteil. Hierbei handelt es sich gem. § 11 Abs. 4 ARegV um alle Kostenanteile, die weder dauerhaft noch vorübergehend nicht beeinflussbar sind. Die Verbraucherpreisentwicklung wird durch den Verbraucherpreisgesamtindex in VPIt und VPI0 abgebildet. Bei letzterem handelt es sich um den Indexwert für das Basisjahr, welches als Grundlage der Berechnung der Erlösobergrenze dient, und bei letzterem um den für das Jahr t prognostizierten Wert. Bei PFt handelt es sich um den generellen sektoralen Produktivitätsfaktor, der sich aus § 9 ARegV ergibt. Dieser ist für die erste Regulierungsperiode bei 1,25 Prozent und für die zweite Regulierungsperiode bei 1,5 Prozent festgesetzt. Ab der dritten Regulierungsperiode soll er nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden für die jeweilige Regulierungsperiode bestimmt werden. Durch den Erweiterungsfaktor EFt nach § 10 ARegV sollen für Verteilnetzbetreiber Änderungen ihrer Versorgungsaufgabe im Jahr t in die Berechnung der Erlösobergrenze einfließen können, wie beispielsweise Änderungen der Fläche des versorgten Gebietes oder der Zahl der Anschlusspunkte.

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Das Qualitätselement Qt nach § 19 ARegV soll sicherstellen, dass die Versorgungsqualität durch die Anreizregulierung nicht beeinträchtigt wird, indem mittels eines Bonus-/Malus-Systems Auf- oder Abschläge auf die Erlösobergrenze vorgenommen werden, wenn die Versorgungsqualität besonders gut oder schlecht ist. Für die erste Regulierungsperiode war noch kein Qualitätselement vorgesehen. Streitig ist, ob es die Qualitätsregulierung für die zweite Regulierungsperiode geben wird. Denn die Ausarbeitung der Qualitätskriterien erweist sich – im Gegensatz zum Strombereich – für den Gasbereich als äußert problematisch, da man auf keine internationalen Erfahrungen zurückgreifen kann und die Bestimmung von geeigneten Kennzahlen äußerst anspruchsvoll ist (Monopolkommission 2011: 98). Im Rahmen einer 2010 erfolgten Novelle wurde die Anreizregulierungsformel um VKt und VK0 erweitert. Hierbei handelt es sich nach § 11 Abs. 5 ARegV um einen vierten Kostenanteil, der als „volatile Kosten“ bezeichnet wird und neben den beeinflussbaren, vorübergehend nicht beeinflussbaren und dauerhaft nicht beeinflussbaren Kostenanteilen steht. Er berücksichtigt die Kosten für die Beschaffung von Verlustenergie im Basisjahr der Erlösobergrenzenberechnung und die geplanten Kosten im Jahr t und wirkt sich als Auf- oder Abschlag auf die Erlösobergrenze aus. St ist der Ausgleich des Saldos des Regulierungskontos nach § 5 Abs. 4 ARegV. Die Differenz zwischen den tatsächlichen Erlösen und der Erlösobergrenze wird im Laufe einer Regulierungsperiode auf einem Regulierungskonto bei der Regulierungsbehörde verbucht (§ 5 ARegV). Dieses dient dem Ausgleich von Mehr- und Mindererlösen über längere Zeiträume (Hardach 2010: 359). Die Differenz auf dem Regulierungskonto wird entsprechend dem Durchschnitt der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Umlaufrendite festverzinslicher Wertpapiere der letzten abgeschlossenen Kalenderjahre verzinst (§ 5 Abs. 2 ARegV). Sollten die tatsächlich erzielten Erlöse die Erlösobergrenze um mehr als zehn Prozent übersteigen, dann ist der Netzbetreiber verpflichtet, seine Netzentgelte zum 01. Januar des darauffolgenden Kalenderjahres entsprechend den Vorgaben des § 17 ARegV anzupassen (§ 5 Abs. 3 ARegV). Ab der zweiten Regulierungsperiode findet ein Ausgleich des Saldos des Regulierungskontos statt, indem der Betrag gleichmäßig in Form von Zu- oder Abschlägen auf die Erlösobergrenze verteilt wird (§ 5 Abs. 4 ARegV). Im Ergebnis hat man eine sehr komplexe Regulierungsformel geschaffen, die weit von den Ansprüchen Littlechilds an die Anreizregulierung – einfach und leicht zu vollziehen – entfernt ist, um mögliche Probleme abzufangen, weshalb sie einen erheblichen Regulierungsaufwand für Behörden und Netzbetreiber mit sich bringt (Berndt 2011: 195). c) Effizienzvergleich Ein zentrales Element der Erlösobergrenzenformel ist der so genannte Verteilungsfaktor, der zum Abbau der Ineffizienzen der Netzbetreiber dient. Diese wer-

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den im Rahmen eines Effizienzvergleichs ermittelt. Das Verfahren des Effizienzvergleichs für die Verteilnetzbetreiber ist in den §§ 12 bis 15 ARegV und das für die Fernleitungs- und Übertragungsnetzbetreiber in § 22 ARegV geregelt. Als Kostenbasis für den Effizienzvergleich der ersten Regulierungsperiode diente nach § 6 Abs. 2 ARegV der Jahresabschluss des Geschäftsjahrs 2006 (Rosin 2009: 37 ff.; Weyer 2008: 261). Gemäß § 12 Abs. 1 ARegV führt die Bundesnetzagentur vor Beginn einer Regulierungsperiode einen bundesweiten Effizienzvergleich für die Verteilnetzbetreiber durch, um individuelle Effizienzwerte für die Netzbetreiber zu bestimmen. Die Details dieses Effizienzvergleichs sind in Anlage 3 der Verordnung geregelt. Zur Anwendung kommen zwei komplementäre Vergleichsverfahren: die Dateneinhüllungsanalyse (data envelopment analysis – DEA) und die Stochastische Effizienzgrenzenanalyse (stochastic frontier analysis – SFA), die gemäß § 12 Abs. 4 ARegV einen Effizienzwert in Prozent ermitteln. Die Anwendung zweier unterschiedlicher Verfahren soll sicherstellen, dass einzelne Netzbetreiber nicht durch das Verfahren diskriminiert werden, da bei Abweichungen stets der höhere Effizienzwert zum Zuge kommt (§ 12 Abs. 3 ARegV). Die Effizienzgrenze wird gemäß Anlage 3 Nr. 2 ARegV durch den Netzbetreiber mit dem besten Verhältnis zwischen netzwirtschaftlicher Leistungserbringung und Aufwand gesetzt, der dadurch einen Effizienzwert von 100 Prozent aufweist. Die Aufwands- und Leistungsparameter des Effizienzvergleichs ergeben sich aus § 13 ARegV und umfassen beispielsweise die Fläche des versorgten Gebiets und die Zahl der Anschlusspunkte. Die Effizienzwerte der anderen Netzbetreiber werden im Abstand ihres Leistungs-/Aufwands-Verhältnisses zu dem Netzbetreiber bestimmt, der die Effizienzgrenze bildet. Liegt ihr ermittelter Effizienzwert unter 60 Prozent, wird er auf 60 Prozent erhöht, so dass alle Netzbetreiber mindestens einen Effizienzwert von 60 Prozent aufweisen (§ 12 Abs. 4 ARegV). Nach § 15 ARegV kann ein Aufschlag auf den Effizienzwert durch die Regulierungsbehörde gewährt werden, wenn ein Netzbetreiber Besonderheiten seiner Versorgungsaufgabe nachweisen kann. Für kleinere Netzbetreiber ist ein vereinfachtes Verfahren vorgesehen (§ 24 ARegV). Diese konnten, wenn sie am Vergleichsverfahren nicht teilnehmen wollten, mit einem Effizienzwert von 87,5 Prozent in die erste Runde der Anreizregulierung gehen. Für die zweite Regulierungsperiode wurde der Wert für das vereinfachte Verfahren aus dem bundesdeutschen Durchschnitt gebildet und liegt bei 89,97 Prozent. Bei Betreibern von Fernleitungs- und Übertragungsnetzen gelten die Regelungen des § 22 ARegV für den Effizienzvergleich. Bei Fernleitungsnetzen ist ein internationaler Effizienzvergleich mit den Fernleitungsnetzbetreibern anderer Mitgliedstaaten vorgesehen (§ 22 Abs. 1 ARegV). Wenn die Belastbarkeit dieses Effizienzvergleichs nicht gewährleistet ist, dann kann eine Referenznetzanalyse

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durchgeführt werden (§ 22 Abs. 2 ARegV). Das heißt, dass die Effizienzwerte an Hand modellhafter Netzstrukturen, die ein optimales Verhältnis von Kosten und netzwirtschaftlicher Leistung aufweisen, ermittelt werden. Für die Fernleitungsnetzbetreiber ist zunächst nur ein nationaler Effizienzvergleich vorgesehen (§ 22 Abs. 3 ARegV). Ein internationaler Effizienzvergleich soll erst vorgenommen werden, wenn der nationale Effizienzvergleich an Hand einer zu geringen Datenmenge – aufgrund von zu wenigen Netzbetreibern – scheitert. Wenn die Belastbarkeit des Effizienzvergleichs für die Fernleitungsnetze nicht gewährleistet ist, kann ebenfalls eine Referenznetzanalyse durchgeführt werden (§ 22 Abs. 4 ARegV). Wenn ein Netzbetreiber nachweist, dass Besonderheiten seiner Versorgungsaufgabe nicht durch die Parameter des Effizienzvergleichs hinreichend berücksichtigt wurden und sich dadurch die ermittelten Kosten um mindestens drei Prozent erhöht haben, dann hat die Regulierungsbehörde einen Aufschlag auf den Effizienzwert anzusetzen (§ 15 Abs. 1 ARegV). Die Ineffizienzen eines Netzbetreibers können gemäß § 15 Abs. 3 durch folgende Formel bestimmt werden: Ineffizienzen = (Gesamtkosten – dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten) – ([Gesamtkosten – dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten] mal den ermittelten Effizienzwert). Demnach sind die Ineffizienzen bei einem effizienten Unternehmen mit einem Effizienzwert von hundert Prozent null Euro, während bei allen anderen Netzbetreibern ein positiver Eurowert verbleibt, der in den ersten beiden Regulierungsperioden eingespart werden muss. Die ermittelten Ineffizienzen werden über den Verteilungsfaktor auf die Regulierungsperiode umgelegt (§ 16 Abs. 1 ARegV). Eine Ausnahme besteht für die ermittelten Ineffizienzen in der ersten Regulierungsperiode, die auf die ersten beiden Regulierungsperioden verteilt werden (§ 16 Abs. 1 ARegV). Weist ein Netzbetreiber nach, dass er unter Ausnutzung aller für ihn möglichen und zumutbaren Maßnahmen die Effizienzvorgaben nicht erreichen kann, dann kann eine Anpassung durch die Regulierungsbehörde erfolgen (§ 16 Abs. 2 ARegV). 6. Kooperationsvereinbarung Nach § 20 Abs. 1b Satz 5 EnWG sind die Netzbetreiber verpflichtet, verbindlich zusammenzuarbeiten, um die Abwicklung des Gastransports im Wege von Einspeise- und Ausspeiseverträgen durch mehrere Netze zu gewährleisten. Zur Umsetzung dieser Vorgaben ist ein multilateraler privatrechtlicher Vertrag zwischen allen deutschen Gasnetzbetreibern abgeschlossen worden, der die technischen, organisatorischen und finanziellen Details zur Abwicklung des Gasnetzzugangs regelt (Theobald/Zenke/Dessau 2011: 846; Kreienbroch/Güth 2011: 924). Die so genannte „Vereinbarung über die Kooperation gem. § 20 Abs. 1b EnWG zwischen den Betreibern von in Deutschland gelegenen Gasversorgungsnetzen“ (KoV) ist mit dem System der Verbändevereinbarungen vergleichbar (Wyl/Thole

D. Formale, informale und formlose Instrumente

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2011: 942), da der Vertrag regelmäßig an neue Regulierungsvorgaben – insbesondere Festlegungsentscheidungen der BNetzA – angepasst und fortentwickelt wird. Im Februar 2014 lag bereits die sechste Kooperationsvereinbarung vor, und es wird zum Oktober 2014 die siebte Kooperationsvereinbarung geben. Das System der KoV ist ursprünglich aus der Not geboren worden, um das Gasnetzzugangsmodell des § 20 Abs. 1b EnWG trotz dysfunktionaler GasNZV verbindlich umzusetzen. Inzwischen ist es sogar verrechtlicht worden. Denn seit der GasNZV-Novelle in 2010 besteht nach § 8 Abs. 6 GasNZV eine Pflicht der Netzbetreiber zum Abschluss einer Kooperationsvereinbarung, um einen „transparenten, diskriminierungsfreien, effizienten und massengeschäftstauglichen Netzzugang zu angemessenen Bedingungen“ zu gewährleisten.

D. Formale, informale und formlose Instrumente im Regulierungssystem Grundsätzlich stehen den Akteuren im Regulierungssystem unterschiedliche Instrumente zur Verfügung, die im Rahmen dieser Arbeit in die Kategorien formal, informal und formlos aufgeteilt werden.9

I. Formale Instrumente Problematisch bei der Definition des Begriffspaars formal/informal ist, dass es keine allgemein anerkannte Definition gibt und im Schrifttum sich die Grenzen häufig verwischen. Im Rahmen dieser Arbeit werden alle Instrumente als formal eingestuft, deren Strukturen, Verfahren und Regeln durch Rechtsvorschriften, Verwaltungsvorschriften, Verwaltungsakte oder rechtsverbindliche Willenserklärungen wie beispielsweise Verträge geregelt und auf die Bewirkung einer Rechtsfolge ausgerichtet sind (vgl. Bohne 1984: 44). Hierzu gehören im Rahmen der Untersuchung insbesondere die folgenden formalen Instrumente: – Festlegungen zum Gasnetzzugang nach § 29 Abs. 1 EnWG i.V. m. §§ 42 und 43 GasNZV a. F. sowie § 50 GasNZV, – Festlegungen zur Anreizregulierung nach § 29 Abs. 1 EnWG i.V. m. § 32 ARegV sowie von Erlösobergrenzen nach § 29 Abs. 1 EnWG i.V. m. § 4 Abs. 1 ARegV, – Genehmigungen von Netzentgelten nach § 23a EnWG, – Genehmigungen von Anträgen zur Anpassungen der Erlösobergrenze nach § 4 Abs. 4 ARegV sowie von Anträgen zur Anpassung des Effizienzwerts nach § 16 Abs. 2 ARegV, 9 Vgl. zur Aufteilung der Handlungsformen in formal, informal und formlos Potapova (2014: 105 ff.).

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2. Teil: Grundlagen des Regulierungssystems

– Genehmigungen von Anträgen auf Investitionsmaßnahmen nach § 23 Abs. 1 ARegV, – Genehmigungen von Anträgen auf pauschalierten Investitionszuschlag nach § 25 ARegV, – allgemeine Missbrauchsverfügungen nach § 30 EnWG i.V. m. § 65 EnWG, – besondere Missbrauchsverfügungen nach § 31 EnWG i. V.m § 65 EnWG sowie – die Kooperationsvereinbarung der Netzbetreiber als multilateraler privatrechtlicher Vertrag. Das wesentliche Merkmal formaler Instrumente ist, dass sie auf Rechtsfolgen abzielen, die notfalls auch gegen den Willen bestimmter Akteure mit Zwang – durch Anwendung des staatlichen Gewaltmonopols – durchgesetzt werden können. Formale Instrumente der Regulierungsbehörden werden im Rahmen energiewirtschaftsrechtlicher Verwaltungsverfahren eingesetzt. Diese Verfahren zielen – entsprechend § 9 VwVfG – auf die Vorbereitung und den Erlass von Verwaltungsakten ab und können auch als „förmliche Verwaltungsverfahren im weiteren Sinne“ verstanden werden, da sie justizförmig ausgestaltet sind (Hanebeck 2010: 867). Es gelten die folgenden Verfahrensgrundsätze: Nach § 66 Abs. 2 EnWG sind am Verfahren zu beteiligen, wer die Einleitung des Verfahrens beantragt hat, Unternehmen, gegen die sich das Verfahren richtet, und Personen oder Personenvereinigungen, die eine Beiladung beantragt haben und deren Interessen erheblich berührt werden (Zeidler 2011b: 666 ff.). Ausgenommen hiervon sind Verbraucherschutzverbände – wie die Verbraucherschutzzentralen – bei denen nach § 66 Abs. 2 Nr. 3 EnWG auch eine erhebliche Berührung der Interessen vorliegt, wenn die Auswirkungen für den einzelnen Verbraucher gering sind. Bei Verfahren der Landesregulierungsbehörden muss außerdem die BNetzA beteiligt werden (Zeidler 2011b: 669). Eine förmliche Beteiligung am Verfahren ist die Voraussetzung für wesentliche Verfahrensrechte, da beispielsweise nur Beteiligten ein Beschwerderecht nach § 75 Abs. 2 EnWG zusteht (Zeidler 2011b: 670). Einer der zentralen Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit im Verfahren ist der Anspruch der Betroffenen auf rechtliches Gehör (Kobor 2009: 95 ff.). § 67 Abs. 2 EnWG sieht vor, dass die Regulierungsbehörden nicht nur den Beteiligten des Verwaltungsverfahrens, sondern – sofern das Verfahren dazu geeignet ist – auch den Vertretern der von dem Verfahren betroffenen Wirtschaftskreise die Möglichkeit zur Stellungnahme einräumen können. Allerdings liegt die Entscheidung, ob Stellungnahmen abgegeben werden dürfen, im Ermessen der Regulierungsbehörde (Hanebeck 2010: 887). Die Verfahrensbeteiligten verfügen außer-

D. Formale, informale und formlose Instrumente

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dem über das Recht auf Akteneinsicht nach § 29 VwVfG (Hanebeck 2010: 885). Das bedeutet, dass die Regulierungsbehörden ihnen ihre ermittelten Informationen zum Sachverhalt und ihre rechtliche Bewertung des Sachverhalts offen legen müssen. Dies ist im Hinblick auf ihr Anhörungsrecht von besonderer Bedeutung, da sie ggf. Informationen in ihren Stellungnahmen liefern können, die zu einer neuen rechtlichen Bewertung des Sachverhalts führen. § 67 Abs. 3 EnWG sieht vor, dass eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden kann, sofern ein Beteiligter dies wünscht. Die Öffentlichkeit kann von dieser Verhandlung ausgeschlossen werden, wenn die Gefährdung eines Betriebsoder Geschäftsgeheimnisses oder sogar für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu befürchten ist. Die mündliche Verhandlung stellt ein förmliches Verfahren dar und ist von einer bloßen Besprechung oder einer getrennten Anhörung Beteiligter und Betroffener abzugrenzen (Zeidler 2011c: 675). Denn zu einer mündlichen Verhandlung sind alle Beteiligten zu laden, um ihnen die Möglichkeit der Stellungnahme zu geben. Für das regulierungsbehördliche Verfahren gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, aber für die Netzbetreiber besteht nach § 26 Abs. 2 VwVfG eine Mitwirkungspflicht, wonach sie die ihnen bekannten Tatsachen und Beweismittel offenlegen sollen (Hanebeck 2010: 889 ff.). Den Regulierungsbehörden steht ein umfassendes Instrumentarium von Eingriffsrechten zur Beweissicherung zur Verfügung. Das „Wie“ der Ermittlung wird in § 68 EnWG konkretisiert, welcher für die Beweisaufnahme durch Augenschein, Zeugen und Sachverständige die Anwendbarkeit entsprechender zivilprozessrechtlicher Regelungen festlegt. Das heißt, dass den Regulierungsbehörden auch die entsprechenden Zwangsmittel – mit der ausdrücklichen Ausnahme von Haft (§ 68 Abs. 2 EnWG) – zur Verfügung stehen (Hanebeck 2010: 891). In den §§ 69 und 70 EnWG wird die Beweisbeschaffung detaillierter geregelt. Nach § 69 EnWG können die Regulierungsbehörden Auskünfte und die Herausgabe von Unterlagen verlangen, sofern dies für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, wobei ihnen bei der Bewertung der Erforderlichkeit von der Rechtsprechung ein weiter Ermessensspielraum zugestanden wird (Hannebeck 2010: 895). Nach richterlicher Anordnung haben sie nach § 69 Abs. 4 EnWG sogar ein Durchsuchungsrecht, welches bei Gefahr im Verzug auch ohne richterliche Anordnung in Anspruch genommen werden kann. Sie können außerdem nach § 70 EnWG Gegenstände, die als Beweismittel von Bedeutung seien können, beschlagnahmen. Wird das regulierungsbehördliche Verwaltungsverfahren durch eine Entscheidung der Regulierungsbehörde abgeschlossen, so ist die Entscheidung nach § 73 Abs. 1 EnWG gegenüber den Beteiligten zu begründen und mit einer Belehrung über das zulässige Rechtsmittel zu versehen. Die Regulierungsbehörden können nach § 77 EnWG außerdem die sofortige Vollziehung ihrer Entscheidungen anordnen. Beim Abschluss von Festlegungsverfahren nach § 29 Abs. 1 und 2 EnWG

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2. Teil: Grundlagen des Regulierungssystems

muss die Entscheidung gemäß § 74 EnWG auch noch auf der Internetseite und im Amtsblatt veröffentlicht werden. Wenn keine Entscheidung ergeht, so ist die Einstellung des Verfahrens den Beteiligten nach § 73 Abs. 2 EnWG ebenfalls mitzuteilen. Nach § 75 EnWG ist gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörden die Beschwerde zulässig. Allerdings steht eine Beschwerde nur den Beteiligten des Verfahrens zu. Dieser Umstand wird im Schrifttum durchaus kritisch gesehen, da die Regulierungsbehörde durch die Entscheidung über eine Beiladung als „Richter in eigener Sache“ agieren könne; dagegen wird vorgebracht, dass diese Regelung einer „Ausuferung des Rechtsschutzes Dritter“ entgegenstehe (Peters 2008: 161 f.). Die Beschwerde hat gemäß § 76 EnWG im Regelfall keine aufschiebende Wirkung. Allerdings kann das Beschwerdegericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (Antweiler/Nieberding 2005: 3675). Eine Beschwerde gegen eine Entscheidung ist nach § 78 EnWG innerhalb eines Monats bei der Regulierungsbehörde einzureichen. Außerdem besteht für das Beschwerdeverfahren ein Anwaltszwang, und die Beschwerdebegründung muss nach § 78 Abs. 5 EnWG durch einen Anwalt unterzeichnet werden (Antweiler/Nieberding 2005: 3675). Die Kooperationsvereinbarung der Netzbetreiber ist kein formales Instrument der Regulierungsbehörde, sondern der Netzbetreiberverbände. Sie wird allerdings durch formale Instrumente der Regulierungsbehörde, wie Festlegungen oder Missbrauchsverfügungen, und die informale Beteiligung der Regulierungsbehörden bei ihrer Fortentwicklung durch die Regulierungsbehörde mitgestaltet. Das Verfahren zur Änderung der Kooperationsvereinbarung ist in der KoV VI rudimentär geregelt. Nach § 64 Nr. 1 KoV VI werden die Vertragspartner die KoV ändern, soweit dies erforderlich ist, um rechtsverbindlichen Regulierungsvorgaben zu entsprechen. Die Verbände BDEW, VKU und GEODE prüfen und entscheiden nach § 64 Nr. 2 KoV VI über Änderungen und übermitteln beschlossene Änderungen drei Monate vor Inkrafttreten an die Vertragspartner. Diese stimmen der Änderung zu, wenn sie nicht spätestens einen Monat nach Zugang der Information über die Änderung die KoV nach § 65 KoV VI gekündigt haben.

II. Informale Instrumente Die Strukturen, Verfahren und Regeln informaler Instrumente zeichnen sich durch folgende komplementäre Merkmale aus (Bohne 1984: 344; Bohne/Bauer 2011: 291; Bohne 2013): – rechtliche Unverbindlichkeit des Verfahrens und der Ergebnisse, – Tauschbeziehungen zwischen den beteiligten Akteuren und die – bewusste Wahl der Informalität als Alternative oder Ergänzung zu formalen Strukturen, Verfahren und Regeln.

D. Formale, informale und formlose Instrumente

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Im Gegensatz zu formalen Instrumenten sind informale Instrumente weder rechtlich geregelt noch zielen sie auf die Erzeugung von Rechtsfolgen ab. Deshalb besteht keine Möglichkeit, informale Absprachen rechtlich durchzusetzen. Darüber hinaus sind informale Absprachen durch ein Geben und Nehmen zwischen den beteiligten Akteuren gekennzeichnet, das mit gegenseitigen Verhaltenserwartungen verbunden ist. Beispielsweise stellt der Staat gegenüber einem Privaten eine bestimmte Leistung in Aussicht oder verzichtet auf einen nachteiligen Eingriff, wenn dieser im Gegenzug eine bestimmte Handlung vornimmt. Das Besondere an der Informalität ist, dass sich die beteiligten Akteure bewusst für sie und gegen ihre formale Alternative entscheiden, weil diese beispielsweise mit höheren Transaktionskosten verbunden wäre, um die eigenen Ziele zu verfolgen. Informale Absprachen können rechtlich zulässig oder rechtswidrig sein; die Tatsache, dass sie informal sind, sagt noch nichts über ihre Rechtmäßigkeit aus. Dass informale Absprachen nicht rechtsverbindlich sind, bedeutet nicht, dass sie über gar keine Bindungswirkung verfügen (Kautz 2002: 354; Fehling 2012: 462). Diese ist faktisch gegeben, da eine Missachtung einer informalen Absprache durch eine Partei entweder dazu führt, dass sich die Gegenseite für die Einleitung eines formalen Verfahrens entscheidet oder zukünftig nicht mehr bereit sein wird, sich auf informale Interaktionen mit der Partei einzulassen, die die Absprache gebrochen hat. In Interaktionssystemen, in denen es zu einem kontinuierlichen Aufeinandertreffen der Akteure – wie im Fall des zu untersuchenden Regulierungssystems – kommt, ist die faktische Bindungswirkung von informalen Absprachen besonders hoch, da sich die Akteure die Option informaler Interaktionen im Normalfall nicht verbauen wollen. Der Bruch einer Absprache mag zwar kurzfristig von Vorteil sein, kann sich aber langfristig fatal auswirken, wenn die anderen Akteure danach nur noch formal mit dem wortbrüchigen Akteur interagieren. Bohne (1984: 345; 1994: 1058) identifiziert unterschiedliche Typen informalen Handelns, die sich in folgende drei Kategorien aufteilen lassen: (1.) normvertretende Absprachen, (2.) normvollziehende Verfahrenshandlungen und Absprachen sowie (3.) Absprachen mit normvollziehenden und normvertretenden Elementen, welche an die Stelle von Rechtsetzungs- oder Vollzugsakten treten. Normvertretende Absprachen stellen eine Alternative zu Gesetzen, Verordnungen oder Satzungen dar. Sie kommen zustande, wenn der Gesetzgeber zu Gunsten freiwilliger Zusagen von Verbänden und/oder Unternehmen über Maßnahmen zur Beseitigung eines bestimmten Problems auf den Erlass von Regelungen zur Problemlösung verzichtet (Bohne 1984: 361; Fehling 2012: 1475). Die Bindungswirkungen solcher Absprachen hängen vom „Ausmaß der Interessenübereinstimmung“ der Beteiligten und ihren „politisch-sozialen Sanktionsmöglichkeiten“ ab (Bohne 1984: 361). Fehling (2012: 1475) merkt an, dass normvertretende Absprachen im Regelfall durch Verbände ausgearbeitet würden, die dann für die

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2. Teil: Grundlagen des Regulierungssystems

Umsetzung bei ihren Mitgliedern verantwortlich seien. Ein Beispiel für normvertretende Absprachen im Bereich des Energierechts liefert das System der Verbändevereinbarungen, wo der Gesetzgeber zu Gunsten der Verbändevereinbarungen auf Detailregelungen zum Netzzugang und zur Netzentgeltberechnung im EnWG 1998 und entsprechenden Verordnungen verzichtet hat. Die Verbände der Energiewirtschaft und Industrie haben entsprechende Musterregelungen in rechtlich unverbindlichen Vereinbarungen ausgearbeitet. Die politisch-sozialen Sanktionsmöglichkeiten der Regierung waren beim System der Verbändevereinbarung äußerst beschränkt, zwar verfügte das Bundeswirtschaftsministerium über eine Verordnungsermächtigung, um die Details zum Netzzugang und zur Netzentgeltberechnung rechtsverbindlich zu regeln, aber es war faktisch nicht in der Lage, ein funktionierendes Netzzugangsmodell auszuarbeiten und durchzusetzen. Normvollziehende Verfahrenshandlungen und Absprachen umfassen eine Reihe unterschiedlicher Interaktionsformen beim Vollzug von rechtlichen Regelungen, die vor oder während eines förmlichen Verfahrens zum Zuge kommen, um dieses – wenn möglich – ohne anschließendes Widerspruchs- bzw. Beschwerdeverfahren abzuschließen oder diese Verfahren gänzlich zu vermeiden. Hierzu gehören unter anderem folgende Typen: – Vorverhandlungen: Vorverhandlungen finden vor Einleitung eines förmlichen Verfahrens statt und können sich auf das Verfahren oder die geplante Verfahrensentscheidung beziehen (Fehling 2012: 1472 f.). Sie dienen der Interessenabstimmung. – Vorabzuleitung von Bescheidsentwürfen: Die Vorabzuleitung von Entwürfen dient der inhaltlichen Endabstimmung des Bescheids (Bohne 1994: 1061), um – soweit möglich – Widerspruchs- bzw. Beschwerdeverfahren gegen die Entscheidung abzuwenden. Sollten sich Behörde und Adressat über den Entwurf im Ganzen oder in Teilen einigen können, so wird vom Adressaten erwartet, dass dieser einen Rechtsmittelverzicht zur Entscheidung im Ganzen oder den abgesprochen Teil erklärt (Bohne 1984: 347). – Nichtbescheidungsabsprachen: Hierbei handelt es sich um informale Alternativen zu belastenden Ordnungsverfügungen in Form von Anordnungen, Auflagen oder Bedingungen zur Beseitigung eines rechtswidrigen Zustandes. Eine Ordnungsbehörde verzichtet auf den Erlass einer der zuvor genannten Maßnahmen zu Gunsten einer freiwilligen Zusage des Verursachers des rechtswidrigen Zustandes, diesen abzustellen (Bohne 1994: 1063). Ein Beispiel hierfür sind Sanierungsabsprachen aus dem Bereich des Umweltrechts, die sich auf die Sanierung von Industrieanlagen beziehen (Bohne 1984: 354 ff.). Absprachen mit normvollziehenden und normvertretenden Elementen stellen eine Auffangkategorie für informale Interaktionen dar, die sich zwischen den beiden zuvor genannten Kategorien bewegen.

D. Formale, informale und formlose Instrumente

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III. Formlose Instrumente Sind Interaktionen weder formal noch informal, weil sie beispielsweise nicht alle Merkmale der Informalität aufweisen, so können sie als „formlos“ bezeichnet werden (Potapova 2014: 109). Diese Kategorie dient der Beschreibung von Interaktionen, die weder auf eine bestimmte Rechtfolge noch eine informale Absprache ausgerichtet sind. Ein typisches Beispiel für formloses Handeln ist die Erteilung einer Auskunft durch eine Behörde. In der Literatur werden häufig Handlungen als „informal“ oder „informell“ bezeichnet, die nicht alle empirischen Merkmale der Informalität aufweisen. Ein Beispiel hierfür liefert Fehling (2012: 1475), welcher „einseitiges informelles (Aufsichts-)Handeln“ in Form von Bitten, Hinweisen, Leitfäden und Rundschreiben als informell einstuft. Diese Einstufung ist nur sinnvoll, wenn die aufgezählten Instrumente auch eine Alternative zu förmlichen Entscheidungen darstellen und ein Tauschverhältnis vorliegt. Das mag im Einzelfall theoretisch möglich sein, gilt aber eben nicht für jeden Leitfaden oder jedes Rundschreiben. Im Regulierungsprozess können Leitfäden von Auslegungsgrundsätzen bis zur Vorzeichnung des Entscheidungsverhaltens der Behörden reichen, indem sie beispielsweise Inhalt und Struktur von Anträgen vorgeben oder auflisten, welche Positionen die Behörde bei solchen Anträgen anerkennt. Das Verfahren zum Erlass von Leitfäden weist ebenfalls ein breites Spektrum auf und reicht von einer Veröffentlichung ohne Beteiligung anderer Akteure bis zu mehrstufigen Konsultationsprozessen mit den Marktakteuren. Theoretisch wäre es denkbar, dass es bei der Abstimmung eines Leitfadens, der das Entscheidungsverhalten der Behörde vorzeichnet, im Rahmen von Konsultationsprozessen zu Tauschverhältnissen kommt, so dass man von einem informalen Instrument sprechen könnte, aber dem Verfasser ist kein solcher Fall bekannt.

3. Teil

Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells A. Entwicklungsverlauf Die Umsetzung des gesetzlichen Gasnetzzugangsmodells ist ein klassisches Beispiel für den Umgang von Regulierungsbehörden mit Informations- und Ressourcenproblemen.

I. Konsultationskreis Gasnetzzugang Die Ausgangslage stellte sich für die BNetzA im Juli 2005 wie folgt dar: sie musste die Umsetzung eines Gasnetzzugangsmodells gewährleisten, das nur in groben Zügen im EnWG 2005 umrissen war und für dessen Ausarbeitung ihr vom Wortlaut des Gesetzes eigentlich „keine aktive Rolle bei der Modellentwicklung“ (Herzmann 2010: 121) eingeräumt wurde. Hinzu kam, dass sie zu diesem Zeitpunkt weder über die erforderlichen Informationen zur Ausarbeitung des Zweivertragsmodells noch die erforderlichen Strukturen verfügte, da die Beschlusskammern noch nicht arbeitsfähig waren. Diese Situation wurde zusätzlich durch die Tatsache verschärft, dass einige Vorschriften der GasNZV dem gesetzlichen Gasnetzzugangsmodell entgegenstanden und sich am Netzzugangsmodell der Verbändevereinbarung orientierten, so dass teilweise erhebliche Diskrepanzen zwischen den Modellvorstellungen des Gesetzes und der Verordnung bestanden. Die BNetzA setzte zur Lösung ihres Dilemmas zunächst auf formlose Gespräche mit den Marktteilnehmern und ihren Verbänden, um die Möglichkeiten zur Umsetzung des Zweivertragsmodells auszuloten (Lohmann 2006: 66). Laut einem Vertreter des VKU vertrat die BNetzA in den ersten Gesprächen, die 2005 mit den Verbänden der Netzbetreiber geführt wurden, noch die Auffassung, dass sie zur Not auch ohne die Beteiligung der Branche die Umsetzung des Zweivertragsmodells regeln könne: „Dann gab es einige Termine bei der BNetzA, wo wirklich erst mal die Stellung der Behörde geklärt wurde. Das war für die Netzbetreiber so vorher auch nicht klar, dass da eine Behörde auftritt, die sagt: ,Wir machen das jetzt und haben die rechtliche Kompetenz, das zu machen. Wir können auch fragen. Wir können es aber auch lassen. Ihr dürft gerne im Rahmen von Konsultationen sagen, was Ihr möchtet, aber im Zweifelsfall legen wir das einfach fest.‘ Das war auf rechtlich wackeligen Füßen.

A. Entwicklungsverlauf

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Der besagte § 20 Abs. 1b wurde aus Sicht der Netzbetreiber völlig bewusst durch die BNetzA fehlinterpretiert.“

Allerdings war den beteiligten Branchenvertretern wohl klar, dass die BNetzA weder über die Kapazitäten noch die Kompetenzen verfügte, um sich gegen die Interessen der Netzbetreiber bei der Umsetzung des Zweivertragsmodells nach § 20 Abs. 1b EnWG durchzusetzen, wie aus der folgenden Aussage eines Vertreters des BDEW hervorgeht: „Was passiert ist, ist, dass die Bundesnetzagentur bis Ende 2005 der Meinung war, dass sie das alles selber festlegen könne. Wir haben dann festgestellt, dass das EnWG und die GasNZV das nicht hergeben. [. . .] Das Patt war, dass sie festgestellt haben, die Branche muss es machen, so steht es auch im Gesetz.“

BGW und VKU beriefen sich bei den ersten Gesprächen, die mit der BNetzA geführt wurden, auf die GasNZV, die sich in erster Linie am Kontraktpfadmodell orientierte und der BNetzA nur geringen Gestaltungsspielraum einräumte. Es ist ein „offenes Geheimnis“ (Britz 2006a: 95), dass diese Verbände mehr oder minder stark in die Ausarbeitung der Verordnung eingebunden waren und deshalb auf ihr Modell aus der Verordnung bestanden. Die BNetzA war angesichts ihrer schwachen Ausgangslage auf ein konsensuales Vorgehen angewiesen, um ihre Regulierungsziele verwirklichen zu können. Deshalb berief sie im Herbst 2005 den so genannten „Konsultationskreis Gasnetzzugang“ ein, der aus Vertretern der Netzbetreiber und Netznutzerverbände bestand (Herzmann 2010: 122). Dieser diente dazu, auf dem Verhandlungsweg ein Netzzugangsmodell zu entwerfen, das von allen Verbänden der unterschiedlichen Marktakteure getragen wird. Die Frage, wie ein solches Modell formalisiert werden kann, wurde erst im Laufe der Verhandlungen gelöst. Rein theoretisch wäre es auch möglich gewesen, auf eine Novellierung der GasNZV zu drängen, aber der Verordnungsgeber hätte letztlich vor denselben Problemen gestanden, da man über keine Erfahrungen zur Umsetzung des Zweivertragsmodells verfügte, auf die man hätte im Verordnungsverfahren zurückgreifen können. Die Auswahl der zu beteiligenden Akteure und die Moderation der Sitzungen wurde durch die BNetzA übernommen (Lohmann 2006: 68 ff.; Herzmann 2010: 121 ff.). Für die Netzbetreiber nahmen BGW, VKU und GEODE und für die Netznutzer BDI, bne, EFET und VIK an den Sitzungen teil. Bereits in der ersten Sitzung am 26.10.2005 war schnell klar, dass es erhebliche Probleme geben würde, einen Konsens zu erzielen, da der BGW ein netzbezogenes und die GEODE ein netzübergreifendes Modell zur Diskussion stellten (Lohmann 2006: 67 f.). BGW und VKU lehnten das GEODE-Modell mit der Begründung ab, dass es technisch nicht umsetzbar sei (Herzmann 2010: 122). Da die BNetzA den Grundansatz des GEODE-Modells bevorzugte, legte sie in der zweiten Sitzung des Konsultationskreises in Form einer „bewertenden Moderation“ die Umsetzbarkeit, Erforderlichkeit und Angemessenheit eines netzübergreifenden Ansatzes zur Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen an das Zugangsmodells dar. In

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3. Teil: Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells

der dritten Sitzung am 12.12.2005 präsentierte die BNetzA ein eigenes Basismodell, das sich zwar am ursprünglichen Ansatz von GEODE orientierte (Däuper/Kolf 2006: 194; Herzmann 2010: 122), aber im Ergebnis weniger radikal war als dieser. Ein Vertreter des VKU schilderte die Rolle der GEODE folgendermaßen: „Die [GEODE-Vertreter] waren Kronzeugen der BNetzA, die sie aufmunitioniert haben und eine Analogie zum Strommodell entwickeln wollten. [. . .] Das Entry-ExitModell so zu reduzieren, wie sich GEODE das vorgestellt hat, das ist dann irgendwann auch der BNetzA klar geworden, dass das nicht gehen wird. Dann hat die sich dieses Modell mit dem virtuellen Punkt ausgedacht.“

1. Basismodell der BNetzA Nach Ansicht der BNetzA lieferte ihr Basismodell die Grundlagen zur gesetzeskonformen Umsetzung des § 20 Abs. 1b EnWG (Herzmann 2010: 122). Es sah vor, dass die einzelnen Netze in so genannten Marktgebieten zusammengefasst werden, die sich an physischen Engpässen und anderen Transportrestriktionen orientieren und Transport und Handel im Wege eines Bilanzkreissystems ermöglichen (Däuper/Kolf 2006: 194). Folgende Bestandteile zeichnen die Marktgebietssystematik aus (Brühl/Weissmüller 206: 12 f.): – Marktgebiete werden durch einen marktgebietsverantwortlichen Netzbetreiber betrieben. Dieser ist für die Einrichtung und Abwicklung der Bilanzkreise verantwortlich. – Innerhalb eines Marktgebiets gibt es keine Kapazitätsengpässe und Netzrestriktionen. – Transporte innerhalb eines Marktgebiets werden nach einem einheitlichen Netzentgelt abgerechnet. – Der Handel und die Übergabe von Gas erfolgen an einem virtuellen Handelspunkt, der auch als Ausgangspunkt für die Berechnung von Netzentgelten dient. Mit Hilfe des Einspeisevertrags soll der Transport von Gas in ein Marktgebiet und bis zum virtuellen Handelspunkt sichergestellt werden. Der Ausspeisevertrag soll dann den Transport von Gas vom virtuellen Handelspunkt bis zum Ausspeisepunkt gewährleisten. Der virtuelle Handelspunkt ist ein „künstlich geschaffener Ein- und Ausspeisepunkt“, der dazu dient, den Gashandel und -transport bilanziell abzubilden (Kreienbrock/Güth 2011: 932). Am virtuellen Handelspunkt kann Gas ohne die Erforderlichkeit von Ein- und Ausspeisekapazitäten gehandelt werden. Das Konzept des virtuellen Handelspunktes führt zu einer Entkopplung des Handels vom Transport, um die Entstehung liquider Großhandelsmärkte zu ermöglichen (Pohl/ Rädler 2009: 240 f.). Dies setzt allerdings voraus, dass am virtuellen Handelspunkt auch Gas in ausreichender Menge zum Verkauf angeboten wird.

A. Entwicklungsverlauf

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2. Basismodell vs. Optionsmodell Grundsätzlich wurde das Basismodell von allen Teilnehmern des Konsultationskreises begrüßt, aber BGW und VKU beharrten darauf, dass neben dem Zweivertragsmodell (Basismodell) auch noch ein so genanntes Einzelbuchungsmodell (Optionsmodel) als Alternative möglich sein sollte, da dieses durch § 8 der GasNZV a. F. vorgesehen sei. Ihrer Vorstellung nach sollte die Buchung von einzelnen Ein- und Ausspeisverträgen im Einzelbuchungsmodell entlang einer Transportkette verlaufen, so dass dieser Ansatz im Wesentlichen dem Punkt-zuPunkt-Modell der Verbändevereinbarungen entsprach (Däuper/Kolf 2006: 194; Wegerich/Schönrock 2006: 6 ff.). Der Ansatz, zwei Umsetzungsmodelle parallel laufen zu lassen, führte zu heftigen Kontroversen im Konsultationskreis und wurde von den Netznutzerverbänden als rechtswidrig abgelehnt, weshalb BGW und VKU nach der dritten Sitzung den Konsultationskreis verließen und nur noch bilaterale Verhandlungen mit der BNetzA führten (Herzmann 2010: 123). Schuler (2006: 4) bezeichnete das Verhalten von BGW und VKU als „Politik des leeren Stuhls“, die letztlich auch zum Scheitern der Verbändevereinbarungen geführt habe. Zu diesem Zeitpunkt hatte es tatsächlich den Anschein, dass es BGW und VKU gelungen war, der BNetzA ihren Willen aufzuzwingen, allerdings sollte sich diese Einschätzung als Trugschluss erweisen. Denn die BNetzA – insbesondere die zuständige Beschlusskammer – verfolgte zu diesem Zeitpunkt bereits eigene Pläne, um das Optionsmodell zu kippen.

3. Bilaterale Verhandlungen zur KoV Im Zuge bilateraler Verhandlungen drängte die BNetzA darauf, dass BGW und VKU eine formal verbindliche Form zur Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells entwickeln. Denn sie konnte aufgrund ihrer beschränkten Festlegungsbefugnis nach § 42 GasNZV a. F. und fehlender Sachkenntnis nur Elemente des Zugangsmodells regeln. Die Lösung war ein privatrechtliches Vertragsmodell in Form eines multilateralen Vertrages, der zwischen allen in Deutschland gelegenen Netzbetreibern geschlossen werden sollte. Ein Vertreter der BNetzA schilderte die Motive der BNetzA, die hinter dieser Lösung standen, folgendermaßen: „Also wir wollten den Vertrag [die Kooperationsvereinbarung] unbedingt haben, damit wir überhaupt einen Anknüpfungspunkt haben, damit es mal losgeht. Das ist ja irgendwie ein Haken, an dem man dran knabbern kann. Wenn es taktisch nun einfach so weiter läuft und wir im Gesetz keine Kompetenz zur Regelung eines Netzzugangsmodells haben, dann hätten wir eben [. . .] lang und ohne wahrscheinlich zügig voranzukommen [das Modell über Verwaltungsvorschriften] entwickeln müssen mit der Kompetenz eines Hauses, das ein halbes Jahr dabei ist.“

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3. Teil: Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells

Dabei war allen Beteiligten wohl klar, dass es hinsichtlich des Optionsmodells noch Probleme geben wird, wie aus folgendem Statement eines Vertreters des VKU hervorgeht: „Man hat sich in Verhandlungen darauf verständigt, dass man diese Kooperationsvereinbarung auf den Weg bringen wird. Da war von der BNetzA die Strategie zu sagen, ,Bitte schreibt zwei Dokumente, einmal das Optionsmodell und das Marktgebietsmodell in seiner Reinform!‘, um das Optionsmodell überprüfen zu können. Da ging es schon darum, wie man die Dokumente schreibt, weil klar war, dass die BNetzA das Optionsmodell ausmerzen wollte.“

Am 31.01.2006 – einen Tag vor der gesetzlichen Umsetzungsfrist gemäß § 118 EnWG – verkündete der damalige Präsident der BNetzA Matthias Kurth, dass man sich über die Kernpunkte des Netzzugangsmodells einig sei (Bundesnetzagentur 2006b). Allerdings blieben die Kernpunkte hinter den Erwartungen der Netznutzerverbände zurück, da sie lediglich einen groben Umsetzungsrahmen skizzierten (Schuler 2006: 5). Die Verbände BGW und VKU verpflichteten sich, diese Kernpunkte in einem Vertragstext zu konkretisieren und umzusetzen. Dabei einigte man sich auf folgenden Zeitplan: bis zum 23.03.2006 sollten BGW und VKU einen ersten Entwurf des Vertrages vorlegen, welcher vom 15. April bis 01. Juni mit allen Marktteilnehmern diskutiert werden sollte, um am 01.06.2006 mit der Unterzeichnung des Vertrags und der Umsetzung bis zum 01.10.2006 zu beginnen (Lohmann 2006: 75 ff.). Der Vertrag sollte so konzipiert werden, dass er als multilateraler Vertrag zwischen allen in Deutschland gelegenen Gasversorgungsnetzbetreibern geschlossen werden konnte. Die Verbände der Netznutzer kritisierten den straffen Zeitplan, da sie erst nach einer Abstimmung zwischen BNetzA und VKU wieder in die Diskussion zum Vertragsentwurf einbezogen werden sollten. Es bestand die Befürchtung, „dass nur noch ein eingeschränkter Gestaltungsspielraum für die Netznutzer besteht“, wenn sich Regulierungsbehörde und Netzbetreiber auf einen Vertragstext geeinigt haben (BDI/BNE/VIK/GEODE/EFET/VEA 2006: 6). Man fühlte sich auf Seiten der Netznutzer ausgeschlossen. Die Tatsache, dass man auf Seiten der BNetzA zunächst nichts gegen das Optionsmodell unternommen hatte, erweckte den Eindruck, dass sich die Netzbetreiber mit ihren Forderungen weitgehend durchgesetzt hätten. Der am 23.03.2006 von BGW und VKU vorgelegte Vertragsentwurf wurde von der BNetzA mit dem Einwand abgewiesen, dass er „unübersichtlich“ und „nicht zur Umsetzung aller abgestimmten Kernpunkte geeignet“ sei (Wegerich/Schönrock 2006: 6). Der daraufhin überarbeitete Entwurf war dann Gegenstand einer letzten Sitzung des Konsultationskreises am 24.04.2006, bei der allerdings keine Einigung zwischen den Netznutzerverbänden und dem BGW und dem VKU erzielt werden konnte. Deshalb entschied der Präsident der Bundesnetzagentur, die Verhandlungen in einem verkleinerten Arbeitskreis von sechs Personen fortzuführen (Herzmann 2010: 124). Trotzdem gelang es der BNetzA nicht, BGW und

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VKU vom Optionsmodell abzubringen. Allerdings hat die BNetzA veranlasst, dass Netzbetreiber dem Vertrag unter Verwahrung gegen das Optionsmodell beitreten können, da der Gesetzgeber nur das Zweivertragsmodell vorgesehen habe (Däuper/Kolf 2006: 197). In seiner Stellungnahme zur Unterzeichnung der KoV hat der damalige Präsident der BNetzA Matthias Kurth signalisiert, dass die Beibehaltung des Optionsmodells von der BNetzA nur toleriert werde, wenn keine Diskriminierung des Basismodells daraus resultieren würde (Bundesnetzagentur 2006c: 1 f.).

II. Die erste Kooperationsvereinbarung Am 01.06.2006 wurde die erste „Vereinbarung über die Kooperation gemäß § 20 Abs. 1b EnWG zwischen den Betreibern von in Deutschland gelegenen Gasversorgungsnetzen“ von 20 Gasnetzbetreibern initial unterzeichnet und damit wirksam (Däuper/Kolf 2006: 194). Nach relativ kurzer Zeit waren bereits 500 Netzbetreiber der KoV I beigetreten, von denen viele einen Vorbehalt gegen das Optionsmodell ausgesprochen hatten (Monopolkommission 2007: 112). Nach Aussage eines Verbandsvertreters bestand diese „Vorbehaltswelle“ aus nahezu 200 Stadtwerken. Die KoV I ist als multilateraler Vertrag zwischen allen deutschen Gasnetzbetreibern angelegt, der für einen Netzbetreiber durch Beitritt verbindlich wird (Merk 2012: 380 ff.; Thole/Böhnk 2012: 222). Die KoV I enthielt neben den Vereinbarungen zu Kooperationspflichten und der Einteilung in Marktgebiete auch Haftungsregeln (Wyl/Thole 2011: 988 f.). Die Netze wurden in 19 Marktgebiete aufgeteilt, ohne die technische oder gaswirtschaftliche Erforderlichkeit dieser Aufteilung näher zu begründen (Däuper/ Kolf 2006: 197). Außerdem fehlten Regelungen für marktgebietsüberschreitende Transporte und den Lieferantenwechsel (Brodt 2008: 63). 1. Vorverhandlungen zum Missbrauchsverfahren gegen die KoV I Zwar hat es den Anschein, dass sich die Netzbetreiberverbände BGW und VKU mit ihren Interessen bei der Verabschiedung der Kooperationsvereinbarung durchsetzen konnten, aber dieser Anschein trügt. Denn die Zusagen auf Seiten der BNetzA zur Beibehaltung des Optionsmodells waren äußert vage und nur informaler Natur. Hinzu kam, dass die Verhandlungen zwischen der BNetzA und den Verbänden über die Hausspitze und nicht über die für die Netzzugangsregulierung zuständige Beschlusskammer liefen. Diese hatte weder irgendwelche Absprachen getroffen noch fühlte sie sich durch die Absprachen zwischen den Verbänden und ihrer Hausspitze gebunden. Laut einigen Interviews soll die Beschlusskammer in informalen Vorverhandlungen signalisiert haben, dass sie im Falle eines Antrags nach § 31 EnWG die Anwendung des Optionsmodells für

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rechtswidrig erklären werde, wozu es im Ergebnis auch gekommen ist. Bereits am Tag der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung wurde vom Netznutzerverband bne und dem niederländischen Gashändler NUON die Einleitung eines Missbrauchsverfahrens nach § 31 EnWG gegen drei der Erstunterzeichner der Vereinbarung bei der BNetzA beantragt, weil sie der Ansicht waren, dass das Optionsmodell zu einem ineffizienten Netzzugang und zur Einschränkung des Wettbewerbs führe und die hohe Zahl der Marktgebiete nicht durch technische oder wirtschaftliche Unzumutbarkeit gerechtfertigt sei (Bundesnetzagentur 2006d; Neveling/Gewehr 2008: Rn. 163). Ein Vertreter des BDEW merkte hierzu an: „Das [Missbrauchsverfahren gegen das Optionsmodell] wirkte auch sehr bestellt. Ich glaube es haben auch Einige gesagt, dass sie mehr oder weniger durch die BNetzA angesprochen wurden. [. . .] Es haben sich ja viele Leute beschwert. Ich kann mir das lebhaft vorstellen, dass die Bundesnetzagentur gesagt hat, dann stellt doch einen Antrag. Das wurde dann ja auch ganz öffentlichkeitswirksam gemacht.“

Die Ermunterung zur Beschwerde gegen das Optionsmodell ermöglichte der Beschlusskammer, gegen das Optionsmodell vorzugehen, ohne selbst als Auslöser für dieses Vorgehen dazustehen. Dadurch hatte ihr Vorgehen zumindest formal nicht den Anschein, dass mutwillig informale Absprachen zwischen der Hausspitze und den Verbänden gebrochen werden. Es gibt unterschiedliche Ansichten darüber, ob und inwieweit die Hausspitze in das Vorgehen der Beschlusskammer eingebunden war. Ein Vertreter des VKU merkte an, dass aus seiner Sicht das Vorgehen der Beschlusskammer zu Verwerfungen innerhalb der BNetzA geführt habe: „Mein Gefühl war, dass dieses Vorgehen Kurth [dem damaligen Präsidenten der BNetzA] gar nicht so gelegen kam. [. . .] Ich weiß es nicht genau, aber ich gehe davon aus, dass [die Beschlusskammer] die Entscheidung zum Missbrauchsverfahren ohne die Unterstützung der Leitung des Hauses getroffen hat. Denn Kurth und Cronenberg [der damalige Vizepräsident der BNetzA] hätten das durchaus konsensual machen wollen. Schmidt [der damalige Vorsitzende der zuständigen Beschlusskammer] war derjenige, der entschieden hat, ,Wir wollen mal probieren, wie viel Muskeln wir haben‘. Letztlich hat der Erfolg ihm Recht gegeben. [. . .] Ich hatte den Eindruck, dass es auch ein Lernprozess für Kurth war festzustellen, dass in bestimmten Bereichen er als Behördenspitze nicht derjenige ist, der die Leitlinien vorgeben kann, da die Beschlusskammern im Rahmen von konkreten Verfahren darüber entscheiden.“

2. Missbrauchsverfahren gegen das Optionsmodell Am 18.10.2006 fand die erste Anhörung im Rahmen des Missbrauchsverfahrens statt, bei der der Vorsitzende der zuständigen Beschlusskammer klar machte, dass die Beschlusskammer zwar beabsichtige, die Anwendung des Einzelbuchungsmodells zu untersagen, aber hinsichtlich der Zahl der Marktgebiete zunächst nicht aktiv werde (Lohmann 2009: 18).

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Der Verhandlungsführer von BGW schrieb im Anschluss an diese Sitzung eine E-Mail an die Verbandsmitglieder, in der er darauf hinwies, dass die mit dem Präsidenten der BNetzA getroffenen Vereinbarungen hinfällig seien und dieses Verfahren als Musterverfahren für zukünftige Vereinbarungen zu verstehen sei (Lohmann 2009: 18). Das bedeutete, dass auch, wenn die Vereinbarung formal nicht genehmigungsbedürftig ist, letztlich ein Einvernehmen mit der BNetzA erzielt werden müsse, wenn man nicht in ein Missbrauchsverfahren gehen wolle. Ein Vertreter des VKU schilderte seine Eindrücke zum Ergebnis dieser Anhörung und des Verfahrens so: „Dieses Missbrauchsverfahren, über das es viel zu erzählen gibt und über dessen Ergebnis man geteilter Meinung sein kann, hat große Wirkung auf die Fortentwicklung gehabt. Aus wettbewerblicher Sicht war es sicherlich richtig, aber juristisch bin ich immer noch nicht überzeugt. Die Branche kam dadurch zu der Erkenntnis, dass es keinen Wert hat, bestimmte Prozesse auf juristischer Ebene weiterzutreiben, weil Verfügungen der BNetzA sofort vollziehbar sind. [. . .] Die BNetzA hat über das Missbrauchsverfahren festgestellt, dass sie zwar keine Festlegungsbefugnisse besitzt, aber sie kann – und das wird auch gerne praktiziert – mit einem Missbrauchsverfahren drohen. Dann wird bei den Verbänden angerufen und gesagt, entweder Ihr ändert das oder macht es anders, sonst gibt es ein Missbrauchsverfahren gegen ein paar ausgewählte Mitgliedsunternehmen.“

In ihrer Entscheidung zum Missbrauchsverfahren vom 17.11.2006 untersagte die Bundesnetzagentur (2006d: 2 f.) die Anwendung des Optionsmodells und setzte eine Frist zur Umstellung aller Netzzugangsverträge auf das Zweivertragsmodell. Die Netzbetreiberverbände wurden aufgefordert, bis zum 31.01.2007 eine überarbeitete Version der KoV vorzulegen (Bundesnetzagentur 2006d: 187). Darüber hinaus hat die BNetzA Druck auf BGW und VKU ausgeübt, auch den kleineren Netzbetreiberverband GEODE an den Verhandlungen über die KoV II zu beteiligen, so dass dieser im Dezember 2007 in den Kreis der verhandelnden Verbände aufgenommen wurde (Lohmann 2009: 18). Ein Vertreter der GEODE beschrieb dies folgendermaßen: „Die GEODE kam dann dazu, weil nach diesem Urteil gesagt wurde, jetzt müsst Ihr die KoV überarbeiten und alles rausschmeißen, was Einzelbuchungsmodell ist, und dann hat die Netzagentur en passant noch fallen lassen, dass sie will, dass auch die GEODE dabei ist.“

III. Die zweite Kooperationsvereinbarung Der erste Entwurf der KoV II wurde der Beschlusskammer 7 am 02.02.2007 vorgelegt und erfüllte weitgehend ihre Erwartungen, allerdings sah sie an einigen Stellen noch Änderungsbedarf (Lohmann 2009: 19). Am 25.04.2007 wurde von den Verbänden BGW, VKU und GEODE die überarbeitete Version der KoV II angenommen. Die von den Netzbetreiberverbänden verabschiedete Version wurde der BNetzA zugeleitet, um diese mit den Verbänden der anderen Markt-

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akteure besprechen zu können (Däuper 2009: Rn. 163). Sie ist anschließend im Wege einer Änderungsklausel am 01.06.2007 in Kraft getreten. Den Netzbetreibern, die die KoV I bereits unterzeichnet hatten, stand ein Sonderkündigungsrecht zu, von dem allerdings kein Gebrauch gemacht wurde (Wyl/Thole 2011: 99 f.). Die KoV II reduzierte die Zahl der Marktgebiete von 19 auf 16 und entwickelte das Marktgebietsmodell fort. Obwohl die KoV II grundsätzlich als Meilenstein bei der Umsetzung des Netzzugangs gesehen wurde (Däuper 2009: Rn. 164; Lohmann 2009: 19 ff.), war schnell klar, dass noch weitere Änderungen notwendig sein würden, um die technischen, organisatorischen und finanziellen Regelungen zur Abwicklung des Zweivertragsmodells in der KoV II zu optimieren. Die Monopolkommission (2007: 125) kritisierte beispielsweise die hohe Zahl der Marktgebiete und sah erhebliche Umsetzungsdefizite bei der Schaffung eines marktorientierten Regelenergiemarktes, also der Energie, die benötigt wird, um Über- oder Unterspeisungen bei den Bilanzkreisen auszugleichen. Hinzu kam, dass es keine einheitlichen und transparenten Regeln für den Bilanzausgleich gab (Hewicker/Kesting 2008: 3). Nicht nur die BNetzA, sondern auch die Verbände der Netznutzer forderten eine zügige Fortentwicklung der KoV II und des Zweivertragsmodells (Brodt 2008: 72).

IV. Die dritte Kooperationsvereinbarung Die Fortentwicklung der Kooperationsvereinbarung verläuft seit der zweiten Kooperationsvereinbarung in erster Linie aufgrund von Regulierungsentscheidungen der BNetzA, die dazu führen, dass bestimmte Teile oder die ganze Kooperationsvereinbarung angepasst werden müssen. Die folgenden beiden Festlegungen haben dazu geführt, dass die zweite Kooperationsvereinbarung angepasst werden musste. 1. GeLi Gas § 37 GasNZV a. F. sah vor, dass die Gasnetzbetreiber zur Vereinfachung des Lieferantenwechsels bis zum 01.02.2006 ein einheitliches Verfahren entwickeln sollten, das bis zum 01.08.2006 für den elektronischen Geschäftsverkehr umgesetzt werden musste. Diese Fristen konnten durch Antrag bei der BNetzA um jeweils sechs Monate verlängert werden. Auch wenn zahlreiche Anträge gestellt wurden, lehnte die BNetzA den größten Teil davon ab (Brodt 2008: 73). Am 26.06.2006 legten BGW und VKU einen Leitfaden zu Geschäftsprozessen beim Lieferantenwechsel vor, zu dessen Einhaltung sich die an der KoV II beteiligten Netzbetreiber verpflichteten. Die Netznutzerverbände waren an der Ausarbeitung dieses Leitfadens nicht beteiligt (Bundesnetzagentur 2007b: 4). Die BNetzA sah

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Nachbesserungsbedarf und eröffnete am 19.07.2006 ein Festlegungsverfahren nach § 29 Abs. 1 EnWG. Im Rahmen ihrer Eröffnungsentscheidung bat sie um schriftliche Stellungnahmen zum BGW/VKU-Leitfaden. Zu dem Leitfaden gingen 14 Stellungnahmen1 bei der BNetzA ein, aus denen hervorging, dass er aus Sicht der Netznutzer mehr Transparenz, Struktur und Geschlossenheit benötige (Bundesnetzagentur 2007b: 4 ff.). Die Netznutzerverbände bne, VEA und VIK legten sogar einen Gegenentwurf mit dem Titel „Kunden- und Lieferantenwechselprozesse für den Strom- und Gasmarkt“ (KuL Strom & Gas) vor (Bundesnetzagentur 2007b: 15). Nach Auswertung der Kommentare, Anregungen und Hinweise hat die BNetzA einen eigenen Festlegungsentwurf erarbeitet und diesen am 04.03.2007 zur Diskussion gestellt. Inhalt dieses Entwurfes waren Festlegungen der Geschäftsprozesse und Datenformate sowie der Rahmenbedingungen, die bei einem Lieferantenwechsel zu beachten sind. Inhaltlich orientierte sich der Entwurf weitgehend an der bereits erfolgten „Festlegung einheitlicher Geschäftsprozesse und Datenformate zur Abwicklung der Belieferung von Kunden mit Elektrizität“ (GPKE) der Beschlusskammer 6 vom 11.07.2006. Bis zum Ablauf der Rückäußerungsfrist am 06.04.2007 gingen insgesamt 15 Stellungnahmen2 bei der BNetzA ein, die einen uneinheitlichen Gesamteindruck bei ihr hinterließen (Bundesnetzagentur 2007b: 6). Nach einer erneuten Überarbeitung hat die BNetzA (2007b) die „Festlegung einheitlicher Geschäftsprozesse und Datenformate beim Wechsel des Lieferanten bei der Belieferung mit Gas“ (GeLi) am 20.08.2007 beschlossen, die entsprechenden Prozesse und Datenformate waren ab dem 01.08.2008 anzuwenden. Der Beschlussentwurf war zuvor den Landesregulierungsbehörden und dem BKartA vorgelegt worden, aber nur das BKartA gab eine Stellungnahme ab, in der es sich darauf beschränkte, die Festlegungen zu begrüßen, ohne auf den Inhalt einzugehen.

1 Verbände: Gemeinsame Stellungnahme von bne, VIK und dem Bundesverband der Energieabnehmer (VEA) mitgetragen vom Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), EFET und VZBV; Stellungnahmen von EDNA (Initiative Datenformate und Kommunikation); Gas- und Energiegenossenschaft Ost- und Mitteldeutschland (GEG). Unternehmen: Stellungnahmen von E.ON; RWE; EnBW; RheinEnergie; Stadtwerke Hannover; Stadtwerke Leipzig; Stadtwerke Dresden (DREWAG); Stadtwerke Rostock; Schleupen AG. 2 Verbände: Gemeinsame Stellungnahme von BGW und VKU; gemeinsame Stellungnahme von bne, VEA und dem Außenhandelsverband für Mineralöl und Energie (AFM+E) mitgetragen von EFET, VIK und VZBV; Stellungnahme der Deutschen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (DVGW). Unternehmen: Stellungnahmen von E.ON; EnBW; Energieversorgung Halle; Stadtwerke Erfurt (SWE); Stadtwerke Leipzig; Stadtwerke Rostock; DREWAG; Stadtwerke Bremerhaven Netze (swb); Stadtwerke München (SWM).

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2. GABi Gas § 22 EnWG schreibt vor, dass die Netzbetreiber die Energie, die zur Deckung von Verlusten und für den Ausgleich von Differenzen zwischen Ein- und Ausspeisungen benötigt wird, nach transparenten, nichtdiskriminierenden und marktorientierten Verfahren zu beschaffen haben. Das Grundmodell für die Gasversorgungsnetze war in den §§ 26 bis 33 GasNZV a. F. geregelt. Transportkunden waren verpflichtet, ihre stündlichen Ein- und Ausspeisungen in ihren Bilanzkonten auszugleichen. Diese Konten wurden von den Netzbetreibern stündlich saldiert und für die Mehr- und Mindermengen, die außerhalb einer bestimmten Toleranzgrenze lagen, ein Ausgleichsenergieentgelt abgerechnet (BNetzA 2008b: 2). Die Umsetzung dieses Grundmodells erwies sich aufgrund der durch die stündlichen Abrechnungen verursachten hohen Ausgleichsentgelte als problematisch, weshalb die BNetzA diese Regelungen im Sommer 2007 einer umfassenden Untersuchung unterzog (BNetzA 2008b: 2). Denn die Bilanzierung stellte gerade für neue Händler mit kleinen Portfolien, die nur einen geringen Durchmischungseffekt aufwiesen, beim Marktzutritt eine Hürde dar (BNetzA 2011c: 14). Hinzu kam, dass es keine einheitlichen Bilanzierungsregeln gab und in jedem Marktgebiet andere Bilanzierungssysteme verwendet wurden (BNetzA 2011c: 15). Die KEMA Consulting GmbH wurde beauftragt, den Status quo und mögliche Änderungsmöglichkeiten zu analysieren, um einen Ausgangspunkt zu haben. KEMA (2007: 99 ff.) stellte fest, dass Informationsdefizite und die Komplexität des stündlichen Ausgleichssystems vor allem kleineren Anbietern zu schaffen machten, und schlug deshalb vor, auf eine Tagesbilanzierung umzusteigen. Das vorgeschlagene Grundmodell bestand aus folgenden Komponenten (KEMA 2007: 107 ff.; Hewicker/Kesting: 2008: 5 ff.): – Die Preise für Mehrmengen sollten unter denen von Mindermengen liegen, um zu verhindern, dass Marktteilnehmer bei hohen Ausgleichsenergiepreisen ihre Bilanzkreise überspeisen, um Arbitrage-Gewinne zu erzielen. Deshalb sollte ein Zwei-Preissystem entwickelt werden, mit unterschiedlichen Preisen für Über- und Unterspeisungen. – Die Ausgleichsenergiepreise für Mehr- und Mindermengen sollten sich an den täglichen Grenzkosten für Regelenergie orientieren, die sich aus den niedrigsten oder höchsten Preisen für Regelenergie an den liquiden Großhandelsmärkten ablesen lassen. – Ein Übergang zur Tagesbilanzierung erleichtere zwar die Abwicklung für die Marktteilnehmer, erhöhe aber auch den Ausgleichsenergiebedarf. Deshalb sollte der in § 30 GasNZV a. F. vorgesehene kostenlose Bilanzausgleich aufgegeben werden, wenn bestimmte Toleranzwerte nicht überschritten werden. – Bei Großverbrauchern, Produzenten und Importeuren sollte das System der stündlichen Nominierung und Abrechnung beibehalten werden, um zu verhin-

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dern, dass sich große Ein- und Ausspeisungen negativ auf die Ausgleichsenergiepreise auswirken. Denn die dahinter stehenden Marktakteure sind im Regelfall in der Lage, ihre Ein- und Ausspeisungen stundengenau zu berechnen und zu steuern. Deshalb sollten Abweichungen bei ihnen pönalisiert werden. Dieses Grundmodell wurde am 01.10.2007 im Rahmen eines Workshops mit den Verbänden der Netzbetreiber und Netznutzer diskutiert, an dem auch Vertreter der EU-Kommission sowie der niederländischen und britischen Regulierungsbehörde beteiligt waren (Stratmann 2008: 331). Anschließend wurden die Verbände aufgefordert, Vorschläge zur Neuausrichtung des Regel- und Ausgleichsenergiesystems auf der Basis dieser Diskussion zu entwickeln. Eines der zentralen Grundanliegen der BNetzA war es, die Bilanzierung von Haushaltskunden erheblich zu vereinfachen, um den Wettbewerb mit einem massengeschäftstauglichen Bilanzierungsmodell anzukurbeln (Monopolkommission 2009: 73 f.). Daraufhin haben die Verbände BDEW (vormals BGW), VKU, GEODE, VIK, bne, EFET und VCI begonnen, entsprechende Eckpunkte zu diskutieren. Sie haben der BNetzA am 12.12.2007 den Zwischenstand ihrer Arbeit und streitige Diskussionspunkte vorgestellt (Bundesnetzagentur 2008b: 3). Auf der Grundlage dieses Zwischenstands wurden die Verbände BDEW, VKU und GEODE von der BNetzA aufgefordert, ein gemeinsames Konzept für die Neuordnung des Regelund Ausgleichsenergiemarktes bis zum 15.02.2008 zu entwickeln. Dieses Konzept diente anschließend als Ausgangspunkt für das am 15.02. 2008 eröffnete Festlegungsverfahren (Bundesnetzagentur 2008b: 3). Bei einem Erörterungstermin haben die Bilanzkreisnetzbetreiber eine fortentwickelte Version des Ansatzes der Netzbetreiberverbände präsentiert. Diese Version wurde zur Ausgangsbasis für die Entwicklung eines Grundmodells durch die BNetzA, welches am 20.03.2008 an die Bilanzkreisnetzbetreiber mit der Aufforderung versandt wurde, auf der Basis dieses Modells ein Standardangebot bis zum 07.04.2008 vorzulegen (Thole 2008: 78 ff.). Dieses Standardangebot wurde anschließend zur Konsultation gestellt. Insgesamt gingen 25 Stellungnahmen3 hierzu ein, von denen die meisten positiv ausfielen, bis auf die Stellungnahmen der Verbände der Großverbraucher VIK, VDP und VCI, die sich äußerst kritisch zum Gesamtkonzept äußerten, da sie eine Benachteiligung der Großkunden befürchteten (Bundesnetzagentur 2008b: 4).

3 Verbände: Gemeinsame Stellungnahme von BDEW, VKU und GEODE; gemeinsame Stellungnahme von VIK und dem Verband deutscher Papierfabriken (VDP); Stellungnahmen von GEODE; VKU; bne. Unternehmen: Gemeinsame Stellungnahme von Trianel und KoM-Solution; Stellungnahmen von RWE; EnBW; Shell Energy; GdF Energy; Saar Ferngas; Thüga; BEB; DREWAG; Electrabel; Gas Union Transport; Lichtblick; MVV Energie; SWM; SWE.

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Der endgültige Beschlussentwurf wurde den zu beteiligenden Behörden übersandt, aber es sind keine Stellungnahmen von diesen abgegeben worden. Am 28.05.2008 wurde die Festlegung in Sachen Ausgleichsleistung Gas – die sich weitgehend am Standardangebot der Bilanzkreisnetzbetreiber orientierte – mit einer Umsetzungsfrist bis zum 01.10.2008 verabschiedet (Däuper 2009: Rn. 170). Das damit verbundene Regel- und Ausgleichsenergiesystem kommt weitgehend unverändert zur Anwendung und zeichnet sich durch folgende Merkmale aus (Held/Thole 2008: 12 ff.; Gent/Rebling 2009: 212 ff.; Bandulet/Fuchs: 228 ff.; Bundesnetzagentur 2011c: 15 ff.): – Die Bilanzkreise werden am Ende des Gastages vom Marktgebietsverantwortlichen abgerechnet. – Der Tagesbilanzausgleich ist für Kunden mit Standardlastprofil (SLP) und Kunden mit registrierter Leistungsmessung (RLM) unterschiedlich ausgestaltet: • Bei SLPs handelt es sich um Prognosen des Verbrauchs von Haushaltskunden und kleineren Großabnehmern, die von den Netzbetreibern am Vortag der Lieferung bereitgestellt werden müssen. Bei der Bilanzierung wird unterstellt, dass die prognostizierte Menge auch der tatsächlich ausgespeisten Menge entspricht, weshalb mangels Abweichung keine Ausgleichsenergieentgelte für den Transportkunden anfallen. Die Abweichungen werden stattdessen nachträglich über eine Regel- und Ausgleichsenergieumlage anhand der tatsächlich entnommen Mehr- oder Mindermengen abgerechnet. • Bei RLM-Kunden wird zwischen denen mit und ohne Tagesband unterschieden. Bei Großkunden, die keinen stark schwankenden Gasverbrauch haben, wird der Tagesverbrauch gleichmäßig auf 24 Stunden in ein so genanntes Tagesband umgerechnet und mit der stündlichen Ist-Entnahme verglichen. Bei Großkunden ohne Tagesband, deren Gasverbrauch stark schwankt, wird die stündliche Prognose mit der stündlichen Entnahme verglichen. Bei RLM mit Tagesband wird eine Toleranz von 15 Prozent und bei RLM ohne Tagesband von zwei Prozent gewährt. Steigt die Ist-Entnahme über diese Toleranzen, wird ein Strukturierungsbeitrag erhoben, der 15 Prozent des Mittelwerts der beiden Ausgleichsenergiepreise (positive und negative) beträgt. – Ausgleichsenergie wird berechnet, wenn bei der Tagesbilanzierung Abweichungen zwischen Einspeisung und Entnahme bestehen. Bei Unterspeisung wird die Bilanz durch negative Ausgleichsenergie ausgeglichen und der Bilanzkreisverantwortliche muss ein Ausgleichsenergieentgelt entrichten, das dem 1,2-fachen des Referenzpreises an den liquiden Großhandelsmärkten entspricht. Bei einer Überspeisung wird dem Bilanzkreisverantwortlichen ein Ausgleichsenergieentgelt berechnet, das dem 0,9-fachen des Referenzpreises entspricht. – Die Regel- und Ausgleichsenergieumlage ist nur von Kunden mit SLP oder RLM mit Tagesband für die Differenzen zwischen den prognostizierten und tatsächlich entnommenen Gasmengen zu entrichten. Sie wird aus den Erlösen

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der Strukturierungsbeiträge und den Kosten und Erlösen der abgerechneten Ausgleichsenergie berechnet. Streitig war, ob die BNetzA diesen Systemwechsel überhaupt festlegen durfte, weshalb zwei Netzbetreiber und ein Industriekunde Beschwerde einlegten (Monopolkommission 2009: 73). Außerdem sahen die Beschwerdeführer eine ungerechtfertigte Diskriminierung von RLM-Kunden ohne Tagesband gegenüber denen mit Tagesband und den SLP-Kunden, da diese geringere oder keine Strukturierungsbeiträge zu entrichten hätten (Gent/Riebling 2009: 215 f.). Die Beschwerde wurde sowohl vom OLG Düsseldorf als auch vom BGH zurückgewiesen (Bundesnetzagentur 2011c: 15). 3. Überarbeitung der KoV II Durch die Festlegung von Lieferantenwechselprozessen, die Änderung des Bilanzierungssystems und die neuen Regelungen für Biogas wurde eine erneute Überarbeitung der KoV II erforderlich. Aufgrund der kurzen Frist zur Umsetzung von GABi Gas bezeichnete ein Vertreter des BDEW die Änderungen der KoV II als „Hau-Ruck-Aktion“. Die Verbände konnten der BNetzA bereits am 24.06.2008 eine überarbeitete Version vorlegen (Däuper 2009: Rn. 177). Die BNetzA legte, laut einem Vertreter des VKU, nach vierzehn Tagen „. . . ein Schreiben mit vierzig Änderungswünschen vor, die innerhalb von zwei Wochen eingefügt werden sollten.“

Die auf dieser Basis angepasste KoV III wurde dann von den Verbänden am 29.07.2008 veröffentlicht. Die Zahl der Marktgebiete wurde in der KoV III zunächst nur auf zehn reduziert. Die BNetzA hatte zwar auf eine stärkere Reduzierung hingewirkt, aber es kam zu Verzögerungen bei den von den Netzbetreibern angekündigten freiwilligen Zusammenlegungen (Monopolkommission 2009: 69), weshalb die BNetzA (2008c) am 22.08.2008 ein Verfahren zur Zusammenlegung der L-Gas Marktgebiete einleitete. Die Monopolkommission (2009: 72) begrüßte zwar das Vorgehen der BNetzA, wies aber darauf hin, dass die Anordnung einer Zusammenlegung die Ultima Ratio darstellen müsste und man versuchen sollte, eine kooperative Lösung zu erreichen, um der Zersplitterung des Großhandelsmarktes entgegenzuwirken. Letztlich gelang es auf freiwilliger Basis, die Zahl der Marktgebiete bis Oktober 2009 auf sechs zu reduzieren (Bundesnetzagentur 2010a: 185). Das Verfahren zur Zusammenlegung der L-Gas-Marktgebiete wurde angesichts einer geplanten Reform der GasNZV nicht weiter vorangetrieben. Ein großes Problem stellte die Umstellung auf die Tagesbilanzierung dar, da in der Startphase teilweise erhebliche Probleme bei der Bereitstellung und Ermittlung von Daten auftraten (Monopolkommission 2009: 74; Bundesnetzagentur 2009b: 176). Ein Verbandsvertreter bezeichnete die Umstellung als „längere Einschwingphase“, da im ersten Jahr nach der Einführung größere Implementations-

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probleme durch die Verbände und die BNetzA beseitigt werden mussten. Ein Vertreter eines Netznutzerverbandes kritisierte, dass die zeitnahe Übermittlung von SLP-Prognosen in einigen Marktgebieten immer noch ein Problem darstellen würde, weshalb die Lieferanten nur kurze Reaktionszeiten hätten. Im Hinblick auf die Wettbewerbsentwicklung hatte GABi Gas nach Auffassung der BNetzA aber einen deutlich positiven Effekt (BNetzA 2011c: 21). Dies wurde auch in den Interviews bestätigt, da die Festlegung laut einem Vertreter des GEODE dafür gesorgt hat, „. . . dass die Risiken die von neuen Lieferanten getragen wurden, gerade was Lastprofile und Bilanzierung betraf, verschwunden sind“,

und dadurch die Belieferung von SLP-Kunden erheblich erleichtert hat. Allerdings sind die Bilanzierungsregeln nach wie vor umstritten. Ein Vertreter des VKU merkte hierzu an: „Ein Gedanke, der bei der BNetzA damals noch nicht so klar war, ist, dass jedes Problem, das ich auf der Bilanzierungsebene vermeide, an einer anderen Stelle wiederkommt. [. . .] Die BNetzA wollte die Bilanzen sauber halten. Die dadurch hervorgerufenen Nebenwirkungen wurden entweder nicht gesehen oder man hat sie als hinnehmbar eingestuft.“

Ein Gashändler schilderte die Problematik folgendermaßen: „[. . .] auch wenn die Abwicklung von SLP-Kunden vereinfacht wurde, ziehen die Kunden ja immer noch über den Tag und auf Stunden verteilte Spitzen, die vom Bilanzkreisnetzbetreiber ausgeglichen werden müssen. Die Differenzen, die aus eingekaufter und benötigter Regelenergie entstehen, kann er dann in einer Regelenergieumlage erheben. Wenn man sich die anschaut, dann sieht man, dass die bei 0,005 angefangen hat. Vielleicht habe ich jetzt auch eine 0 zu viel. Das ist aber auch egal, denn inzwischen sind wir bei 0,1. Daran sieht man, wie drastisch das angestiegen ist. Für unser Unternehmen sind das mal schlapp 40 Millionen Euro.“

Letztlich scheint es äußerst schwierig zu sein, eine für alle Marktteilnehmer befriedigende Lösung zu finden. Ein Vertreter der BNetzA merkte hierzu an, „Bilanzierung: das ist mit das komplexeste Thema überhaupt“, da seien Probleme und Nachsteuerungsbedarf unvermeidlich. Ein Problem, das durch die KoV III nicht gelöst wurde, war die Kapazitätssituation, die aus Sicht der Monopolkommission (2009: 98 ff.), des Bundeskartellamts (2009a: 10 ff.) und der Marktakteure (Däuper/Schwaibold 2009: 12 ff.) weiterhin als unbefriedigend galt. Denn ein Großteil der verfügbaren Kapazitäten war nach wie vor langfristig ausgebucht.

V. Die vierte Kooperationsvereinbarung Durch die Novellierung der GasNZV in 2010 und die Festlegung in Sachen Kapazitätsregelungen und Auktionsverfahren wurde eine erneute Überarbeitung der KoV III erforderlich.

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1. KARLA Gas Ein Grundproblem des Kapazitätsmanagements war, dass den Transportkunden vor Inkrafttreten der GasNZV 2010 die Nutzung ihrer Buchung freigestellt war. Sie mussten den Gastransport lediglich bis 14:00 Uhr am Tag vor der Lieferung anmelden (nominieren) und konnten diese Nominierungen bis zwei Stunden vor Lieferbeginn noch abändern (renominieren). Das hat dazu geführt, dass die physische Auslastung des Netzes nicht der gebuchten Auslastung entsprach und es zu erheblichen Kapazitätsengpässen kam, obwohl das Netz in physischer Hinsicht nicht immer voll ausgelastet war (Bundesnetzagentur 2011d: 4). Die Vergabe von Kapazitäten erfolgte nach dem „Windhundprinzip“, also der Reihenfolge der eingehenden Anfragen. Eine Versteigerung von Kapazitäten bei Engpässen war nur vorgesehen, wenn bereits über 90 Prozent der physischen Kapazitäten ausgebucht waren (KEMA 2009: 16 f.). Zumindest theoretisch hätten gebuchte Kapazitäten nach dem so genannten „Use-it-or-loose-it-Prinzip“ entzogen werden können, aber nur bei einer Null- oder Gering-Nominierung über einen Zeitraum von sechs Monaten. Ein solcher Entzug konnte „relativ leicht“ durch die Nominierung von Kapazitäten innerhalb der Frist abgewendet werden (KEMA 2009: 17). Deshalb hat die BNetzA parallel zum Verordnungsverfahren an einer Festlegung zur Behebung dieser Problematik gearbeitet. Ausgangspunkt war ein Gutachten der KEMA Consulting GmbH zur Kapazitätsallokation und zum Engpassmanagement im deutschen Gasnetz, das auf einem Workshop am 01.04.2009 vorgestellt wurde. KEMA (2009: 16 ff.) stellte fest, dass die Möglichkeit der Renominierung relativ häufig genutzt wurde und Kapazitäten in der Praxis nie entzogen würden, weshalb es keine nennenswerte Entwicklung auf dem Kurzfristmarkt gegeben hätte. KEMA (2009: 47 ff.) schlug deshalb folgende Maßnahmen vor: – Bündelung der Entry- und Exitkapazitäten zwischen zwei Marktgebieten zu einem einheitlichen Kapazitätsprodukt, – Anpassung der Nominierungsfristen, um ungenutzte Kapazitäten kurzfristig vergeben zu können, – Umstellung der Vergabe von Kapazitätsprodukten auf Auktionen und – Einführung von Maßnahmen zur verbesserten Bekämpfung von Kapazitätshortungen. Aufbauend auf dem KEMA-Gutachten hat die BNetzA am 22.05.2009 ein Eckpunktepapier zur Kapazitätsbewirtschaftung und zum Engpassmanagement veröffentlicht, zu dem 35 Stellungnahmen von Verbänden und Unternehmen bei der BNetzA eingingen. Nach Auswertung dieser Stellungnahmen hat die BNetzA am 09.02.2010 das Festlegungsverfahren eingeleitet und die Fernleitungsnetzbetreiber aufgefordert, ein entsprechendes Standardangebot vorzulegen. Das Standardangebot sollte folgende Punkte umfassen:

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3. Teil: Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells

– Zusammenfassung von Netzkopplungspunkten zu einheitlichen Buchungspunkten, – Vereinheitlichung der Kapazitätsprodukte, – Ausgestaltung des Rechts zur Rückgabe von gebuchten Kapazitäten und – Vorziehen der Nominierungsfrist und Einschränkung der Renominierungsmöglichkeiten. Bis zum 19.05.2010 sind neben dem Standardangebot auch 18 Stellungnahmen4 bei der BNetzA eingegangen, die von der BNetzA auf ihrer Internetseite veröffentlicht wurden. Am 13.08.2010 wurde mit den Fernleitungsnetzbetreibern ein Erörterungstermin zum Standardangebot durchgeführt, das im Anschluss von der BNetzA mit Änderungen versehen und erneut zur Konsultation gestellt wurde. Inzwischen war die neue GasNZV in Kraft getreten, in der viele Anregungen aus dem KEMA-Gutachten bereits übernommen wurden, weshalb die BNetzA den Gegenstand des Festlegungsverfahrens um die Ausgestaltung der Primärkapazitätsplattform und des Auktionsdesigns erweitern konnte. Bis zum 29.10.2010 gingen insgesamt 17 weitere Stellungnahmen5 bei der BNetzA ein (BNetzA 2011d: 5 ff.). Der Beschlussentwurf wurde am 15.02.2011 dem BKartA und den LRegB zur Stellungnahme vorgelegt. Nur das BKartA gab eine Stellungnahme ab, in der es nicht auf den Inhalt einging, sondern lediglich die Festlegung begrüßte. Am 24.02.2011 beschloss die Bundesnetzagentur (2011d) die Festlegung in Sachen Kapazitätsregelungen und Auktionsverfahren (KARLA), welche zu folgenden Änderungen führte: – Bündelung von Ein- und Ausspeisekapazitäten an Marktgebiets- und Grenzkopplungspunkten, – Standardisierung der Kapazitätsprodukte, – Rückgaberecht für gebuchte, aber nicht genutzte Kapazitäten, – Einschränkung der Renominierungsmöglichkeiten und – Bedingungen für die Durchführung von Auktionen von Kapazitätsprodukten.

4 Verbände: Gemeinsame Stellungnahme von VIK, VCI und VDP; Stellungnahmen von BDEW; GEODE; EFET; bne. Unternehmen: Stellungnahmen von E.ON; RWE; EnBW; BP; DONG; ENI; MVV; RheinEnergie; Statkraft; EEX (bei den größeren Konzernen haben sich auch einige Tochterunternehmen mit eigenen Stellungnahmen geäußert). 5 Verbände: Stellungnahmen von BDEW; GEODE; bne; EFET; VIK; European Association for the Streamlining of Energy Exchange-gas (EASEE-gas). Unternehmen: Stellungnahmen von E.ON; EnBW; BP; DONG; ENSO; MVV; RheinEnergie; Statkraft; Fluxys.

A. Entwicklungsverlauf

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2. Aufbau der Ko IV Der Entwurf der KoV IV wurde am 13.04.2011 von den Verbänden der BNetzA vorgelegt und am 30.06.2011 von den Verbänden BDEW, VKU und GEODE verabschiedet. Große Teile des Inhalts der KoV IV sind durch die GasNZV-Novelle von 2010 vorgegriffen worden, welche mit § 8 Abs. 4 GasNZV die Kooperationsvereinbarung als verpflichtendes Mittel zur Umsetzung der gesetzlichen Kooperationspflichten nach § 20 Abs. 1b EnWG für die Gasnetzbetreiber festgelegt hat (Thole/Böhnk 2012: 221). Die KoV IV bestand aus fünf Teilen, die die technische, organisatorische und wirtschaftliche Abwicklung des Gastransports nach dem Zweivertragsmodell des § 20 Abs. 1b EnWG regelten: – Teil 1: Allgemeine Bestimmungen – Teil 2: Marktgebiete – Teil 3: Zusammenarbeit der Netzbetreiber/Marktgebietsverantwortlichen – Teil 4: Regelenergie und Bilanzkreise – Teil 5: Allgemeine Schlussbestimmungen Die fünf Teile der KoV IV wurden durch sieben Anlagen ergänzt, in denen Geschäftsbedingungen und Rahmenverträge sowie Regelungen zur Einspeisung von Biogas enthalten sind. Neben dem Vertragstext und den Anlagen gibt es fünf Leitfäden, die die Regelungen der KoV IV konkretisierten. Die Regelungen der KoV IV und der Leitfäden sind in der KoV V weitgehend erhalten geblieben. Folgende Aspekte zeichnen das System zur Abwicklung von Transporten hinter der Kooperationsvereinbarung aus: a) Wälzung der Kosten interner Bestellungen Die Transportkosten innerhalb der Marktgebiete werden von den vorgelagerten Netzbetreibern zunächst auf die nachgelagerten Netzbetreiber und dann auf die Transportkunden und Letztverbraucher abgewälzt (Kreienbrock/Güth 2011: 931). Das heißt, dass jeder Netzbetreiber bis auf den marktgebietsaufspannenden Netzbetreiber Netzentgelte an die vorgelagerten Netzbetreiber zahlt, mit denen sein Netz über Netzkopplungspunkte verbunden ist. Transportkunden- und Letztverbraucher zahlen wiederum Netzentgelte für die von ihnen vorgenommenen Ausspeisungen in nachgelagerte Netze oder die Entnahme aus dem Netz. Die Netzentgelte zwischen den Netzbetreibern werden an Hand der internen Kapazitätsbestellung des nachgelagerten Netzbetreibers beim vorgelagerten Netzbetreiber berechnet. Die nachgelagerten Netzbetreiber bestellen bei ihren vorgelagerten Netzbetreibern jährlich die maximal für sie vorzuhaltende Ausspeiseleistung beim Netzkopplungspunkt, der ihre Netze miteinander verbindet. Die

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3. Teil: Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells

Berechnung der zu bestellenden Kapazitäten wird an Hand des in § 10 KoV IV festgelegten Verfahrens durch den nachgelagerten Netzbetreiber vorgenommen.

b) Gemeinsame Vermarktung und Versteigerung von Kapazitäten Die Fernleitungsnetzbetreiber betreiben gemeinsam eine Primärkapazitätsplattform, auf der Ein- und Ausspeisekapazitäten gehandelt und einem Bilanzkreis zugeordnet werden können. Die Kapazitäten werden gemäß § 34 KoV IV (§ 33 KoV V) in einem Auktionierungsprozess versteigert. Die Menge der maximal zu versteigernden Kapazitäten ist begrenzt, um langfristige Ausbuchungen zu verhindern. Zum Versteigerungszeitpunkt dürfen gemäß § 33 KoV IV (§ 32 KoV V) von den zur Verfügung stehenden Kapazitäten 100 Prozent mit einer Vertragslaufzeit von unter zwei Jahren, 80 Prozent mit einer Vertragslaufzeit von bis zu vier Jahren und 65 Prozent mit einer Vertragslaufzeit von mehr als vier Jahren versteigert werden. Ausgenommen von dieser Regelung sind Betreiber von Gaskraftwerken, Speicher-, LNG- und Produktionsanlagen, die direkt an ein Fernleitungsnetz angeschlossen sind. Diese können gemäß § 35 KoV IV (§ 34 KoV V) in Verbindung mit § 38 GasNZV die von ihnen benötigten Ein- und Ausspeisekapazitäten direkt beim Fernleitungsnetzbetreiber reservieren.

c) Bilanzkreismanagement Die Abwicklung des Gashandels sowie des Transports vom Einspeise- zum Ausspeisepunkt erfolgt über Bilanzkreise. Diese werden beim Marktgebietsverantwortlichen gebildet und von ihm überwacht. Alle in einem Marktgebiet verfügbaren Kapazitäten müssen Bilanzkreisen zugeordnet werden können. Bei der Bilanzkreisabrechnung spielen die Netzbetreiber, aus deren Netz Gas entnommen wird – die so genannten Ausspeisenetzbetreiber –, eine entscheidende Rolle. Denn sie übermitteln dem Marktgebietsverantwortlichen die Standardlastprofile für Haushaltskunden sowie Informationen zu den tatsächlich ausgespeisten Mengen an Großverbraucher mit registrierter Leistungsmessung und an die nachgelagerten Netze, die als Basis für die Bilanzkreisabrechnung dienen. Zur Qualitätskontrolle dieser Übermittlungen wird für jedes Ausspeisenetz innerhalb eines Marktgebiets ein Netzkonto eingerichtet, in dem alle gemessenen Einspeisemengen den Ausspeisemengen an Letztverbraucher und nachgelagerte Netze gegenüber gestellt werden. Sollte es zu erheblichen Abweichungen von den üblichen Netzkontensalden kommen, kann dem Ausspeisenetzbetreiber die durch ihn verursachte erhöhte Regelenergieaufwendung in Rechnung gestellt werden.

A. Entwicklungsverlauf

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d) Marktgebietsüberschreitende Transporte Ein marktgebietsüberschreitender Transport von Gas kann auf zwei Wegen erfolgen: zum einen gemäß § 49 der KoV IV (§ 48 KoV V) durch die Buchung von entsprechenden Ausspeisekapazitäten an einem Ausspeisepunkt eines Marktgebiets und Einspeisekapazitäten am Einspeisepunkt des angrenzenden Marktgebiets an dem Punkt, der die beiden Marktgebiete verbindet; zum anderen gemäß § 50 KoV IV (§ 49 KoV V) durch eine marktgebietsüberschreitende Bilanzierung, indem Mengen aus dem Bilanzkreis eines Marktgebiets einfach in den Bilanzkreis eines anderen Marktgebiets übertragen werden, ohne dass zusätzliche Kapazitätsbuchungen erforderlich sind. Diese Form der Übertragung setzt allerdings voraus, dass sich die Marktgebietsverantwortlichen und Fernleitungsnetzbetreiber der betroffenen Marktgebiete auf dieses Verfahren geeinigt haben.

VI. Die fünfte Kooperationsvereinbarung Eine Überarbeitung der KoV IV wurde aufgrund der Festlegung Konni Gas und Änderungsfestlegungen zu GeLi Gas, GABi Gas und KARLA Gas notwendig. 1. Konni Gas § 21 Abs. 1 GasNZV sah die Reduzierung der Marktgebiete auf drei bis zum 01.04.2011 und zwei bis zum 01.08.2013 vor. Zur Erfüllung dieser Anforderungen hat man sich in Deutschland auf qualitätsübergreifende Marktgebiete geeinigt. Im September 2010 begann die BNetzA eine öffentliche Konsultation zu den Chancen und Risiken einer möglichen qualitätsübergreifenden Marktgebietsbildung. Grundlagen dieser Konsultation waren Modellbeschreibungen von Open Grid Europe und Gasunie für eine qualitätsübergreifende Marktgebietszusammenlegung. Grundsätzlich wurde dieser Ansatz von den Teilnehmern der Konsultation begrüßt, aber es wurden auch Bedenken geäußert, dass die Modelle der Netzbetreiber Missbrauchsmöglichkeiten beinhalten würden, wenn die Kostenverteilung nicht klar geregelt sei, weshalb die Beschlusskammer die Fernleitungsnetzbetreiber mit Schreiben vom 27.10.2010 aufforderte, ein gemeinsames Konzept für die Ausgestaltung eines Konvertierungsentgelts zu erstellen (BNetzA 2012b: 4 f.). Nach Prüfung des – am 29.11.2010 vorgelegten – Konzepts durch die Beschlusskammer wurde am 13.01.2011 ein Beschlussverfahren eingeleitet und das Konzept der Netzbetreiber zur öffentlichen Konsultation gestellt. Insgesamt gingen 18 Stellungnahmen6 hierzu ein. Am 19.05.2011 veröffentlichte die BNetzA 6 Verbände: BDEW, VKU, GEODE, VIK, bne, EFET, VZBV, Initiative L-Gas in Deutschland. Unternehmen: E.ON, EnBW, RWE, GDF Suez, BP, Thüga, MVV, Stadtwerke Düsseldorf, EEX, Vis proxy.

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3. Teil: Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells

ein Eckpunktepapier für die konkrete Ausgestaltung eines Konvertierungsentgelts und stellte dieses ebenfalls zur Konsultation. Hierzu gingen insgesamt 14 Stellungnahmen7 ein. Anschließend wurden die Marktgebietsverantwortlichen aufgefordert, auf der Grundlage des Eckpunktepapiers einen Standardvertrag vorzulegen, welcher nach Prüfung und Ergänzung durch die BNetzA am 14.09.2011 zur Konsultation gestellt wurde. Bis zum 04.10.2011 gingen hierzu 13 Stellungnahmen ein.8 Dem Bundeskartellamt und den Landesregulierungsbehörden wurde der Entscheidungsentwurf zugeleitet, aber keine Stellungnahmen hierzu abgegeben (BNetzA 2012b: 5). Am 27.03.2012 wurde für die beiden qualitätsübergreifenden Marktgebiete die Festlegung BK7-11-002 (Konni Gas) beschlossen, die die zentralen Aspekte zur Berechnung eines Konvertierungsentgelts und einer Konvertierungsumlage beim qualitätsübergreifenden Gashandel regelt. 2. Überarbeitung der KoV IV Die KoV V ist die erste Kooperationsvereinbarung, die keine grundsätzlichen Reformen der Struktur und des Inhalts der Vereinbarung mit sich brachte, da im Wesentlichen die Struktur und der Inhalt der KoV IV und ihrer Anlagen erhalten geblieben ist (Thole/Böhnke 2012: 221). Neuerungen sind u. a. die Verschärfung der Netzkontoabrechnung, die Anpassung einzelner Klauseln der Musterverträge sowie der Leitfäden zum Bilanzkreismanagement und zu Sicherheitsleistungen/ Vorauszahlungen (Thole/Böhnke 2012: 224). Der Entwurf der KoV V wurde Anfang Mai der BNetzA vorgelegt und am 30.06.2012 von den Verbänden verabschiedet. Die KoV V ist am 01.10.2012 in Kraft getreten.

VII. Die sechste Kooperationsvereinbarung Bis zum 01.10.2013 musste eine weitere Überarbeitung der KoV vorgenommen werden, die erstmalig nicht nur durch neue nationale Vorgaben, sondern auch durch EU-Vorgaben erforderlich war, da inzwischen die ersten Netzkodizes vorlagen (Thole/Böhnke 2012: 224), die sich allerdings weitgehend im Einklang mit den Regulierungsentscheidungen der BNetzA befanden. Die KoV VI ist nicht mehr im Rahmen dieser Arbeit untersucht worden. Aufbau und die Gliederung der KoV V wurden weitgehend beibehalten. Es ist anzunehmen, dass man inzwischen ein Grundgerüst herausgebildet hat, das in den nächsten Jahren nur noch

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Verbände: BDEW, GEODE, VIK, Initiative L-Gas in Deutschland, WEG. Unternehmen: E.ON, RWE, Wingas, GDF Suez, Shell, MVV, EEX, Vis proxy. 8 Verbände: BDEW/VKU, bne, EFET, GEODE, VIK, Initiative L-Gas in Deutschland. Unternehmen: E.ON, EnBW, RWE, GDF Suez, Gas Union, MVV, Shell.

B. Instrumente zur Umsetzung und Fortentwicklung

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inkrementell an Regulierungsentscheidungen auf nationaler und europäischer Ebene angepasst wird.

B. Instrumente zur Umsetzung und Fortentwicklung des Gasnetzzugangsmodells I. Formale Instrumente 1. Festlegung nach § 29 EnWG Im Rahmen der Untersuchung wurden folgende Festlegungen und die dazugehörigen Verwaltungsverfahren analysiert: – Beschluss BK 7-06-067 vom 20.08.2007 wegen der Festlegung einheitlicher Geschäftsprozesse und Datenformate beim Wechsel des Lieferanten bei der Belieferung mit Gas, auch „GeLi Gas“ genannt, – Beschluss BK 7-08-002 vom 28.05.2008 wegen der Festlegung in Sachen Ausgleichsleistung Gas (Bilanzkreisvertrag u. a.), auch „GABi Gas“ genannt, – Beschluss BK 7-10-001 vom 24.02.2011 wegen der Festlegung in Sachen Kapazitätsregelung und Ausgleichsleistung im Gassektor, auch „KARLA Gas“ genannt, sowie – Beschluss BK7-11-002 vom 27.03.2012 Festlegung zur Bestimmung eines Konvertierungsentgelts in qualitätsübergreifenden Marktgebieten, BK7-11002, auch „Konni Gas“ genannt. a) Umfang Bei diesen Festlegungen handelt es sich um umfangreiche Entscheidungen, die wesentlich auf die Marktgestaltung und die Ausgestaltung der Kooperationsvereinbarung eingewirkt haben. Dieser Umfang spiegelt sich auch in den Seitenzahlen der Entscheidung wider: GeLi Gas (128 Seiten plus 85 Seiten Anlagen); GABi Gas (88 Seiten); KARLA Gas (110 Seiten); und Konni Gas (76 Seiten). Im Rahmen des Untersuchungszeitraums gab es nahezu jährlich eine große Festlegung, die im Ergebnis dazu geführt hat, dass die KoV angepasst werden musste, weshalb in den Interviews mit Vertretern der Verbände hinter der KoV bemängelt wurde, dass ihre Selbstregulierungsspielräume zunehmend verschwinden würden. Hierzu merkte ein Vertreter eines Unternehmens an: „Es ist so, dass es mit jeder Kooperationsvereinbarung starrer wird. Es gibt noch Spielräume, aber das Netz wird immer weiter zugezogen. Wir hätten natürlich gerne mehr Spielräume, das ist auch klar.“

Die kontinuierliche Festlegungstätigkeit der BNetzA führe aus seiner Sicht in die Überregulierung:

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3. Teil: Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells

„Das ist regulierungstheoretisch nicht sauber. Es muss einen Regulierungsrahmen in Gesetzen und Verordnungen geben, ob alles eng in Festlegungen durch eine Behörde vorgegeben werden muss, bezweifele ich. An die Stelle von Marktversagen tritt hier dann Regulierungsversagen, ob das besser ist, das ist die große Frage.“

In die gleiche Richtung geht die folgende Aussage eines Vertreters des BDEW: „Das ist die generelle Gefahr der Regulierung. Da haben wir vorher auch immer gewarnt, als wir noch keine Regulierungsbehörde hatten. Das sind Regulierungsspiralen, die Detailregulierung produzieren und noch mehr Detailregulierung hinter sich herziehen.“

Nicht ganz so kritisch sah es ein Vertreter der GEODE, der anmerkte: „Ich würde sagen, die BNetzA wird schon aus Eigeninteresse selbstregulatorische Freiräume lassen, weil sie ja selbst nicht genau weiß, ob sie es kann und ob es funktioniert.“

Ein Vertreter der BNetzA merkte zur Festlegungstätigkeit der Behörde an: „Die Spielräume werden nicht einfach reduziert. Wir haben sie jetzt besser in der Hand. Man muss immer abwägen, wo gibt man noch Spielraum und wo setzt man die Festlegung rein.“

b) Konsultationsprozesse Die untersuchten Festlegungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie durch mehrstufige Konsultationsprozesse begleitet wurden, die bereits vor Eröffnung des förmlichen Festlegungsverfahrens begannen. Der Begriff „Konsultation“ bezeichnet im Kontext der Netzregulierung strukturierte Kommunikationsprozesse der Regulierungsbehörden mit den Marktteilnehmern und ihren Verbänden (Herzmann 2010: 7), die keine Rechtsfolgen entfalten. Im Rahmen des förmlichen Verfahrens fungieren Konsultationen entweder als Anhörung der Verfahrensbeteiligten nach § 67 Abs. 1 oder der betroffenen Wirtschaftskreise nach § 67 Abs. 2 EnWG. Hierbei muss allerdings angemerkt werden, dass Konsultationsprozesse durch ihren Umfang und die Beteiligungsmöglichkeiten für die Teilnehmer mehr als Anhörungsverfahren im Sinne des VwVfG sind. Außerdem beginnen sie im Regelfall vor Eröffnung des förmlichen Verfahrens und bieten dadurch einen Rahmen für informale Vorverhandlungen (s. u. 3. Teil, B., II., 1.). Grundsätzlich liegt die Durchführung und Ausgestaltung von Konsultationen im Ermessen der Regulierungsbehörde,9 aber angesichts der Komplexität des zu re9 Anders verhält es sich im Bereich der Netzentwicklungsplanung nach § 15a EnWG – die im Zuge der EnWG-Novelle von 2011 eingeführt wurde –, da hier konkrete Konsultationsprozesse für die Fernleitungsnetzbetreiber und die Regulierungsbehörde vorgeschrieben sind. Nach § 15a Abs. 1 EnWG müssen die Fernleitungsnetzbetreiber bei der Ausarbeitung des Szenariorahmens – der den Infrastrukturbedarf für die nächsten zehn Jahre abschätzt – der Öffentlichkeit und den nachgelagerten Netzbetreibern die Möglichkeit zur Stellungnahme geben. Gleiches gilt für die Ausarbeitung des darauf aufbauenden Entwurfs des Netzentwicklungsplans nach § 15a Abs. 2 EnWG, der kon-

B. Instrumente zur Umsetzung und Fortentwicklung

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gelnden Sachverhalts und der unterschiedlichen Interessen der Marktakteure scheinen sie zur Vorbereitung umfangreicher Festlegungen geboten. Konsultationsprozesse bestehen im Regelfall aus allgemein zugänglichen und öffentlichen Konsultationsaufforderungen an alle Marktakteure und ihre Verbände, eine Stellungnahme zu Eckpunktepapieren, Teil- oder Gesamtkonzepten sowie konkreten Entwürfen der Behörden, Netzbetreiber oder Verbände abzugeben (Herzmann 2010: 146). Hinzu können noch Workshops oder mündliche Verhandlungen nach § 67 Abs. 3 EnWG kommen, die von der Behörde durchgeführt werden. Bei den untersuchten Festlegungen stand eine Beteiligung am Konsultationsverfahren allen Marktakteuren offen, und alle entscheidungsrelevanten Dokumente wurden im Netz veröffentlicht. Es kann allerdings auch vorkommen, dass bei weniger umfangreichen Festlegungen oder Änderungsfestlegungen keine oder nur eingeschränkte Konsultationsprozesse durchgeführt werden. Dies geht aus folgender Äußerung eines Vertreters des bne hervor: „Sie [BNetzA] hat bei den größeren Themen immer alle einbezogen. Es gibt aber auch wieder negative Erfahrungen, wo wir uns gefragt haben: ,Warum wurden jetzt Dinge einfach mal festgelegt, ohne die Netznutzer zu konsultieren?‘“

Während die Aufforderung zur Stellungnahme in der Regel öffentlich auf der Homepage der BNetzA erfolgt, kann es sein, dass die Teilnehmer für Workshops oder Anhörungen in der Behörde dezidiert ausgewählt werden, wie aus der Aussage eines Vertreters eines Stadtwerks hervorgeht: „Ich habe es so erlebt, dass man automatisch eingeladen wird, wenn man sehr aktiv ist. Das war bei uns in letzter Zeit der Fall. Wir sind auch immer dann eingeladen worden, wenn die BNetzA konkrete Fragen hatte oder man etwas in seiner Stellungnahme geschrieben hat, was die neugierig gemacht hat. Zum Beispiel, wenn man etwas geschrieben hat, das konträr zu den Stellungnahmen anderer steht, dann hat die Agentur natürlich ein Interesse daran, sich das vor Ort anzuhören.“

c) Beteiligungsasymmetrien Auffällig ist, dass sich trotz der Offenheit der untersuchten Konsultationsprozesse im Regelfall nur die Verbände der Netzbetreiber, Netznutzer, Großverbraucher sowie die großen Energieversorgungsunternehmen und vereinzelt größere Stadtwerke beteiligt haben. Dies spiegeln auch die Zahlen der abgegebenen Stellungnahmen wider, welche zwischen 14 und 25 lagen. Vergleicht man diese Zahkrete Ausbaumaßnahmen festlegt. Anschließend ist die Regulierungsbehörde nach § 15a Abs. 3 EnWG verpflichtet, zum ihr von den Netzbetreibern vorgelegten Entwurf alle tatsächlichen und potenziellen Netznutzer anzuhören. Sie ist allerdings nicht verpflichtet, sich bei ihrer Entscheidung mit den vorgebrachten Einwänden auseinanderzusetzen (Ziekow 2012: 60). Nach § 15a Abs. 5 EnWG kann die Regulierungsbehörde die Konsultationsverfahren durch Festlegungen ausgestalten.

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3. Teil: Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells

len mit der Zahl der Stellungnahmen zu den Konsultationsprozessen zum Szenariorahmen Gas (BNetzA 2012c) sowie zum Netzentwicklungsplan Gas, die bei 48 lag (BNetzA 2012d), dann erscheint die generelle Beteiligung an Konsultationsverfahren zu Festlegungen zum Gasnetzzugang eher gering zu sein. Noch auffälliger wird es, wenn man die Zahlen aus dem Strombereich hinzunimmt, wo 2100 Stellungnahmen zum ersten Netzentwicklungsplan abgegeben wurden (Tennet 2012), von denen die Mehrzahl allerdings von über den Netzausbau besorgten oder empörten Bürgern stammt. Ein Grund für die geringe Beteiligung bei den untersuchten Festlegungen ist, dass die Begleitung mehrstufiger Konsultationsprozesse mit erheblichem Aufwand für die Teilnehmer verbunden ist. Ein Vertreter eines Stadtwerks merkte an, dass dieser Aufwand eine abschreckende Wirkung habe: „Was wir feststellen ist, dass Beschlüsse teilweise vier Mal konsultiert werden und es zwei bis drei Jahre dauert, bis ein Entschluss fällt. Bei GABi gab es die Auftaktkonsultation, dann konnte man zum Bericht Stellung nehmen, und dann kam der Beschluss. Jetzt gibt es gerade eine Konsultation zu Änderungen, auf der Basis wird ein Vertrag erarbeitet, und zu dem kann man dann wieder Stellung nehmen. Es wird einfach immer mehr. Wir wollen uns nicht beklagen. Wir wollen ja mitreden und fordern das auch ein, aber es darf dann nicht so sein, dass am Ende wieder nur die Großen an den Themen sitzen.“

Eine weitere Besonderheit von Konsultationsprozessen ist, dass die Marktakteure bzw. ihre Verbände eine besonders aktive Rolle bei der Vorbereitung von Festlegungsentscheidungen spielen, indem sie Konzepte, Modelle oder konkrete Regelungen zur Beseitigung des Ausgangsproblems entwickeln, die als Grundlage für die Festlegungsentscheidung herangezogen werden. Ein Vertreter des VKU merkte hierzu an: „Die [BNetzA] bringen den Stein mit unterschiedlichen Ansätzen und Prioritäten ins Rollen, lassen aber die Arbeit durch die Verbände erledigen und haben dadurch den Check, ob es überhaupt geht. Bei bestimmten Sachen reagieren die auch allergisch, die haben in ihrem Leben oft genug gehört, dass etwas nicht geht und deswegen reagieren die darauf nicht mehr. Dann muss man sagen, so geht es nicht, aber so und so könnte es gehen. Dann hören die sich das an, aber es kann passieren, dass sie bei bestimmten Sachen sagen: ,So muss es gemacht werden, macht euch mal Gedanken.‘ Dadurch können sie nachsteuern und werden in gewissem Maße von Arbeit entlastet. Ich bin davon überzeugt, dass dieses Vorgehen für die Entwicklung des Wettbewerbs eine segensreiche Sache war.“

Bei allen untersuchten Festlegungen zum Gasnetzzugang sind Standardangebote, Entwürfe oder Modelle von Verbänden oder Unternehmen konsultiert und als Ausgangslage für den Festlegungsbeschluss verwendet worden. In den Interviews wurde darauf hingewiesen, dass die BNetzA in Festlegungsverfahren zwar grundsätzlich an einem konsensualen Vorgehen interessiert sei, wie auch aus folgendem Statement eines Unternehmensvertreters hervorgeht:

B. Instrumente zur Umsetzung und Fortentwicklung

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„Die BNetzA ist in der Regel offen für einen Dialog über bestimmte Themen. Wobei ich jetzt auch mitbekommen habe, dass sie offener sind, Verbände einzuladen, weil sie dann gleichzeitig mehrere Marktteilnehmer am Tisch haben und sich dann auch nicht dem Vorwurf aussetzen, sie würden nur selektiv an einzelne Marktteilnehmer herantreten.“

Allerdings kann es aufgrund der Beteiligungsasymmetrien dazu kommen, dass sich im Ergebnis die Interessen der großen Unternehmen und Netzbetreiber im Bescheid durchsetzen. Ein Vertreter eines Stadtwerks merkte hierzu an: „Wenn man beobachtet, jetzt haben die Fernleitungsnetzbetreiber wieder solange auf sie eingeredet, dass sie es doch anders [in der Festlegung] machen, auch wenn die BNetzA es anders darstellt, dann hat man als Marktteilnehmer, der kein Gehör gefunden hat, den Verdacht, dass die, weil sie wöchentlich dort sitzen und ihre Positionen erläutern, sich durchsetzen können.“

Ein Vertreter der BNetzA räumte kritisch ein, dass die überproportionale Beteiligung von Netzbetreiberseite bei Verfahren der Behörde natürlich dazu führe, dass man häufig nur deren Sichtweise präsentiert bekäme, weshalb man versuche, Netznutzer aktiv in die Verfahren einzubinden: „Das Risiko besteht darin, dass wir dieses bilaterale Verhältnis zu den Netzbetreibern haben und nur deren Sicht der Dinge wahrnehmen. Das liegt aber vielfach daran, dass die anderen Marktteilnehmer nicht in dem Maße aktiv sind, aber wir suchen dieses Gespräch aktiv und machen dadurch ein Dreiecksverhältnis, dann wird es interessant.“

In dieselbe Richtung deutet die Aussage eines Vertreters des VIK zum Konsultationsprozess zur Festlegung in Sachen Bilanzierung: „Bei der Auftaktveranstaltung zu GABi hat man das Ungleichgewicht gesehen. Da wurden zehn Plätze allein durch BDEW und VKU belegt, und wir [Netznutzerverbände] waren nur mit ein oder zwei Personen dort. Die haben mehr Manpower und schicken mehr Leute, aber ich glaube, die BNetzA versucht da schon, einen Ausgleich zu schaffen. Es ist natürlich manchmal auch so, dass die Netzbetreiber näher dran sind am Geschehen, weil das ihr Tagesgeschäft ist. Wenn die sagen: ,Das geht oder geht nicht‘, dann ist das für uns [Netznutzer] schwierig, das Gegenteil zu beweisen. Wir haben ja manchmal nur ein Gefühl, wie es sein sollte. Manchmal hat man das Gefühl, dass die BNetzA denen gegenüber ein offeneres Ohr hat, was ich auf einer gewissen Ebene natürlich nachvollziehen kann.“

Trotzdem wurde in den Interviews der Verdacht einer generellen Beeinflussung der BNetzA durch die großen Unternehmen und die Verbände der Netzbetreiber im Sinne eines „regulatory capture“ nur selten geäußert. Stattdessen wurde häufig betont, dass die BNetzA bei Festlegungen an einem fairen Interessenausgleich interessiert sei, wie auch aus folgender Aussage eines Vertreters des bne hervorgeht: „Da gibt es eine Anhörung von allen Beteiligten, und alle Beteiligten haben die Möglichkeit, Stellungnahmen abzugeben. Dann wird es einen Festlegungsentwurf oder eine Festlegung geben. Wenn es einen Entwurf gibt, dann findet eine zweite Anhö-

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3. Teil: Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells

rung und so weiter statt. Ohne das empirisch belegen zu können, scheint dieser Prozess weniger durch unkalkulierbare Einflussnahme zu Ergebnissen zu kommen, die zu unserem Nachteil sind.“

In eine ähnliche Richtung geht die Aussage eines Vertreters eines Stadtwerks, der Festlegungsverfahren mit den Verfahren der Verbände zur KoV vergleicht: „Da ist natürlich ein großer Unterschied zwischen der Verhandlungsdelegation und den Konsultationsverfahren bei der BNetzA. Zwar weiß ich da auch nicht, wie die Behörde entscheidet und wie viel Einfluss die einzelne Stellungnahme hat, aber da habe ich schon den Eindruck, es gibt ein geregeltes Verfahren. Man kann schriftlich Stellung nehmen, und teilweise gibt es dann telefonische Rückfragen. Man kann dann seine Stellungnahme noch mal erläutern. Es gibt einen Workshop, bei dem man sich äußern kann. Alles in allem habe ich den Eindruck gewonnen, dass die BNetzA alle Meinungen aufnimmt und zumindest die Positionen verstehen will.“

d) Kaum Beteiligung von LRegB und BKartA Bundeskartellamt und Landesregulierungsbehörden, denen die BNetzA nach § 58 Abs. 1 EnWG sowie § 60a Abs. 2 EnWG die Möglichkeit zur Stellungnahme zum Festlegungsentwurf einräumen muss, haben bei den untersuchten Festlegungen entweder keine Stellungnahme abgegeben oder sich darauf beschränkt, den Festlegungsbeschluss zu begrüßen. Die fehlende Beteiligung der Landesregulierungsbehörden erklärt sich damit, dass diese nach § 54 EnWG über keine Festlegungsbefugnisse zum Netzzugang verfügen und der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit bei den Netzentgelten bzw. Erlösobergrenzen liegt, wie auch aus der folgenden Aussage eines Vertreters einer Landesregulierungsbehörde hervorgeht: „Dann bekommt man einen Entwurfstext und kann dazu Stellung nehmen. Das passiert bei solchen Sachen wie GeLi-Gas nicht so intensiv wie bei anderen Sachen. [. . .] Bei den Dingen, die für den unmittelbaren Vollzug bei uns nicht so eine hohe Bedeutung haben, nimmt man nicht so regen Anteil dran.“

Ein weiteres Problem scheint zu sein, dass die Landesregulierungsbehörden nur über begrenzte Ressourcen verfügen und deshalb nicht alle Festlegungsprozesse begleiten können, selbst wenn sie es wollten, wie folgende Aussage eines Vertreters einer Landesregulierungsbehörde zeigt: „Sie wissen ja, dass im Gesetz die Beteiligung des Länderausschusses drin steht. Da steht allerdings nicht drin, wie er zu beteiligen ist. Das geschieht manchmal recht kurzfristig, so dass man keine Zeit hat, sich mit den Festlegungsentwürfen zu befassen. Manchmal ist, zumindest objektiv betrachtet, hinreichend Zeit, aber man hat selber etwas, was einen davon abhält. Man kann allerdings nicht sagen, dass uns diese Dinge vorenthalten werden. Das ist ganz sicher nicht so. Wir kriegen die Entwürfe vorher auf jeden Fall zu sehen. Nun sind die allerdings recht umfangreich, und man liest die nicht mal eben in einer halben Stunde.“

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e) Festlegungstenor In Festlegungsbeschlüssen geht die BNetzA häufig dezidiert auf Einwände aus Stellungnahmen zum Entwurf ein und erklärt, warum diese berücksichtigt oder nicht berücksichtigt wurden (Herzmann 2010: 157). Ein Beispiel hierfür liefert folgende Passage aus dem Beschluss BK7-06-067 (GeLi Gas), in der die BNetzA erklärt, warum sie sich am Beschluss der Beschlusskammer 6 für den Strommarkt und nicht am Vorschlag der Netznutzerverbände orientiert hat, aber auch inwieweit die Forderungen der Netznutzer berücksichtigt wurden (BNetzA 2007b: 19): „Die Notwendigkeit der Orientierung an GPKE10 war auch der ausschlaggebende Grund, warum für die Beschlusskammer eine abweichende Festlegung auf der Grundlage der von den Netznutzerverbänden (bne u. a.) vorgeschlagenen Prozesse ,KuL Strom & Gas‘ 11 nicht in Betracht kam. Dem Anliegen der Netznutzer wurde deshalb zwar nicht durch die Übernahme eines ,GreenfieldKuL-Ansatzes‘ (vgl. Stellungnahme bne u. a. vom 30.08.2006, S. 4) Rechnung getragen, jedoch wurden die Hinweise zur vollständigen Automatisierung der Prozesse und zur durchgehenden Vorgabe verbindlicher Fristen sowie zur Schaffung einer größeren textlichen Klarheit und Vereinfachung der Prozessbeschreibungen aufgegriffen (siehe unten).“ Ein Vertreter eines Stadtwerks merkte diesbezüglich an: „Wenn man gute Argumente hat und die plausibel und leserlich darstellt, dann haben wir tatsächlich das Gefühl, auch gehört zu werden. Manchmal liest man das dann auch in den Festlegungen.“

f) Zurückhaltung bei der Beteiligung im förmlichen Verfahren In den Interviews wurde von einigen Verbandsvertretern Unmut darüber geäußert, dass die BNetzA zwar offene Konsultationsprozesse durchführe, aber bei der Beteiligung im förmlichen Verfahren relativ strikt verfahre und nur in seltenen Ausnahmefällen Beiladungen zulassen würde. Bei den untersuchten Festlegungen haben VIK und VCI die Beiladung zum Festlegungsverfahren GABi Gas beantragt, aber ihre Anträge wurden abgelehnt. Ein Vertreter des VIK merkte hierzu an: „Bei der ersten Festlegung zu GABi Gas [. . .] haben wir versucht, uns nach den Anhörungen beiladen zu lassen, und das wurde abgelehnt, weil es zu spät sei. Einige unserer Unternehmen haben versucht, dagegen den Gerichtsweg zu bestreiten, und dabei kam heraus, dass sie nur mittelbar betroffen seien und deshalb nichts machen könnten.“ 10 Hierbei handelt es sich um die Festlegung BK 6-06-009 „Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität (GPKE)“, die die Geschäftsprozesse für den Strombereich festgelegt hat. 11 Hierbei handelt es sich um einen Vorschlag des bne, die Kunden- und Lieferantenwechselprozesse (KuL) für den Strom- und Gasmarkt zu vereinheitlichen.

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Eine rigide Handhabung der Beteiligung im formalen Verfahren erklärt sich damit, dass die BNetzA versucht, die Zahl der Verfahrensbeteiligten und damit auch die Zahl der potenziellen Rechtsstreitigkeiten so gering wie möglich zu halten. In Anbetracht der großen Reichweite von Festlegungen geht es auch darum, so früh wie möglich Rechtssicherheit zu erlangen, da mit Festlegungen teilweise erhebliche und kostenintensive Umstellungen von Geschäftsprozessen bei den Marktakteuren verbunden sind. Die Verbraucherverbände, welche nach § 66 Abs. 3 EnWG sogar über besondere Beteiligungsrechte verfügen, lassen sich im Regelfall nicht zum förmlichen Verfahren beiladen und beteiligen sich auch nicht an Konsultationen. Ein Vertreter des VZBV merkte an, dass man mal mit dem Gedanken gespielt, aber angesichts des Aufwands dann doch davon abgesehen habe: „Das haben wir mal versucht, aber dann davon abgesehen, weil es zu ressourcenaufwändig ist.“

2. Missbrauchsverfahren Missbrauchsverfahren können im Rahmen der allgemeinen Missbrauchsaufsicht nach § 30 EnWG und der besonderen Missbrauchsaufsicht nach § 31 EnWG durchgeführt werden. Häufiger scheinen Verfahren nach § 31 EnWG zu sein, die auf Antrag eines Marktteilnehmers eröffnet werden, wenn man die Beschlussdatenbank der BNetzA betrachtet. Hier finden sich lediglich vier Entscheidungen der Beschlusskammer 7 zu Verfahren nach § 31 EnWG und lediglich eine Verfahrenseinleitung nach § 30 EnWG.12 Die geringe Zahl der öffentlich dokumentierten Verfahren hängt einerseits damit zusammen, dass eine Veröffentlichung nach § 74 EnWG im Ermessen der Behörde liegt, und zum anderen, dass die Regulierungsbehörden im Regelfall versuchen, Missbrauchsverfahren, wenn möglich, durch informale Absprachen zu vermeiden [s. u. 3. Teil, B., II., 2., b)]. Missbrauchsverfahren lassen sich in zwei grobe Kategorien einteilen: einzelfallbezogene Missbrauchsverfahren und marktgestaltende Missbrauchsverfahren. Die ersteren spielen im Regulierungsalltag eine größere Rolle, während letztere eher eine Ausnahme darstellen und sich auf alle Marktteilnehmer und das Marktdesign auswirken. Einzelfallbezogene Missbrauchsverfügungen dienen dazu, gegen ein bestimmtes missbräuchliches Verhalten eines einzelnen Netzbetreibers vorzugehen. Deshalb sind im Regelfall nur der beschuldigte Netzbetreiber und der oder die vom inkriminierten Verhalten betroffenen Netznutzer am förmlichen Verfahren beteiligt. Von den einzelfallbezogenen Missbrauchsverfahren sind marktgestaltende Missbrauchsverfahren abzugrenzen, die sich gegen ausgewählte Netzbetreiber 12

Stand Februar 2013.

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richten und einen ähnlich großen Einfluss auf das Marktdesign ausüben können wie Festlegungen. Für die Fortentwicklung des Netzzugangsmodells haben die Untersagung des Einzelbuchungsmodells (BK7-06-074) sowie die Einleitung des Verfahrens zur Zusammenlegung der L-Gas-Marktgebiete (BK7-08-011) eine besondere Rolle gespielt. Im ersten Fall hat die Entscheidung dazu geführt, dass die erste KoV überarbeitet werden musste und nur noch das Zweivertragsmodell zur Anwendung kommt, während im zweiten Fall das Verfahren eingestellt werden konnte, weil man sich informal einigen konnte [s. u. 3. Teil, B., II., b), cc)]. Im Gegensatz zu einzelfallbezogenen Verfahren sind in diesen beiden Verfahren außerdem noch Verbände als Beigeladene zugelassen worden, um diese – wie bei Festlegungen – in die Verfahren mit einzubeziehen.13 Im Hinblick auf das Verfahren gegen das Einzelbuchungsmodell erläuterte ein Vertreter der BNetzA, dass die Auswahl der Netzbetreiber von besonderer Bedeutung war, um Druck auf die gesamte Branche auszuüben und nicht hunderte von einzelnen Verfahren durchführen zu müssen: „Im Wege eines beispielhaften Missbrauchsverfahrens gegenüber drei Adressaten haben wir für den entscheidenden Schwung gesorgt, dass sich die Branche an der Stelle einigt, ansonsten hätte man sehr viele Missbrauchsverfahren durchführen müssen. Das ist eigentlich gar nicht denkbar, das funktioniert irgendwie nicht. [. . .] Wir haben uns die Marktführer ausgesucht, und die drei Unternehmen waren ganz sorgfältig ausgewählt.“

Dabei hat man auch darauf geachtet, dass über die Geschäftsführer dieser Unternehmen die Verbände in das Verfahren einbezogen werden, wie aus folgender Aussage eines Vertreters von GEODE hervorgeht: „[Die Unternehmen, gegen die sich das Verfahren richtete,] waren dann – glaube ich – die RWE Transportnetze, E.ON Hanse und Stadtwerke Hannover. Das Verfahren wurde gegen Letztere vor allem deshalb durchgeführt, weil der Chef des BGW auch der Chef der Stadtwerke Hannover war.“

Das Verfahren zur Zusammenlegung der L-Gas-Marktgebiete diente nicht nur der Marktgestaltung, sondern war auch eine Machtdemonstration der BNetzA, da diese bei der Reduzierung der Marktgebiete zunächst auf informale Verhandlungslösungen gesetzt hatte [s. u. 3. Teil, B., II., 2., b), cc)]. Streitig war, ob die BNetzA ermächtigt gewesen wäre, eine weitere Zusammenlegung der Marktgebiete für die restlichen Netzbetreiber im Rahmen einer Missbrauchsverfügung anzuordnen. Letztlich wurde das Problem im Rahmen der GasNZV-Novelle 2010 abschließend gelöst, die eine Reduzierung auf ein L-Gas-Marktgebiet vorschreibt, weshalb auch das Verfahren gegen die anderen drei Netzbetreiber eingestellt wurde. Ein Vertreter der GEODE äußerte sich folgendermaßen dazu:

13 Im Fall des Verfahrens zum Einzelbuchungsmodell: EFET, VIK, VKU, BGW, GEODE. Im Fall des Verfahrens zur Marktgebietszusammenlegung: bne, GEODE.

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„In der alten GasNZV gab es keine klare Grundlage für so ein Zusammenlegungsverfahren. Deshalb hat [die Bundesnetzagentur] versucht, Druck auszuüben. Das Missbrauchsverfahren wegen der L-Gas-Marktgebiete ist aus meiner Sicht eher eine Art Drohgebärde gewesen, die dazu geführt hat, dass es nur noch drei Marktgebiete gibt.“

3. Kooperationsvereinbarung Die Kooperationsvereinbarung ist kein formales Regulierungsinstrument der BNetzA, sondern der Netzbetreiberverbände, aber ihre Ausgestaltung wird durch die BNetzA durch Festlegungen oder Missbrauchsverfügungen und in informalen Verfahren mitgestaltet. Die KoV spielt als multilateraler privatrechtlicher Vertrag zwischen allen Netzbetreibern eine zentrale Rolle bei der formalen Umsetzung des diskriminierungsfreien Netzzugangs. Die Kooperationsvereinbarung wird nach § 64 Nr. 2 KoV VI von den drei Verbänden BDEW, VKU und GEODE gemeinsam fortentwickelt. Dies ist insbesondere dann erforderlich, wenn sich Änderungsbedarfe aus dem rechtlichen Bezugsrahmen durch Rechtsvorschriften oder Regulierungsentscheidungen der BNetzA ergeben. Aufgrund der kontinuierlichen Festlegungstätigkeit der BNetzA hat die KoV im Laufe der Zeit an Umfang zugenommen. Aus den anfänglich 30 Seiten ist inzwischen ein über 600 Seiten starkes Vertragswerk (inklusive Leitfäden und Musterverträge) entstanden. Ein Vertreter des VIK merkte hierzu an: „Der Großteil [der KoV] wird durch EnWG, GasNZV und insbesondere die Festlegungen gestaltet. Wir sehen es an der KOV IV, die ist ja ein Mammutwerk mit über 600 Seiten. Man muss dazu sagen, dass die jetzt allerdings auch bis auf die letzte Prozessebene geht. Ein Beispiel ist der Leitfaden Bilanzkreismanagement, der hat über 180 Seiten, aber da ist jetzt auch praktisch jeder Fall beschrieben, der irgendwie auftreten könnte, also wann wer welche Daten wohin übermitteln muss. Das ist im Prinzip aber gar nicht so schlecht, insbesondere wenn ich neu im Thema bin.“

Ursprünglich waren nur BGW und VKU mit der Ausarbeitung der Kooperationsvereinbarung beschäftigt, aber aufgrund massiven Drucks von Seiten der BNetzA wurde GEODE in diesen Kreis aufgenommen. Mit BDEW, VKU und GEODE sind alle deutschen Netzbetreiberverbände integriert. Für die Netznutzerverbände, insbesondere bne, EFET und VIK, ist keine direkte Beteiligung an der Ausarbeitung der Vereinbarung vorgesehen. Allerdings hat man sich in jüngster Zeit darum bemüht, diese im Rahmen des so genannten „Netznutzerforums“ in den Fortentwicklungsprozess zu integrieren. Beabsichtigte Änderungen der Vereinbarungen sollen im Normalfall spätestens drei Monate vor Inkrafttreten den Vertragspartnern zugeleitet werden; sollten diese nicht bis spätestens einen Monat nach Zugang der Änderungsinformation gekündigt haben, so gilt die Änderung nach § 64 Nr. 3 KoV VI als angenommen. Die Fristen können, sofern es erforderlich ist, verkürzt werden. Die geänderte

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Kooperationsvereinbarung tritt jeweils zum 1. Oktober des laufenden Jahres in Kraft. Inzwischen sind der Kooperationsvereinbarung 738 Netzbetreiber beigetreten (BDEW 2011). Sie deckt damit faktisch den gesamten deutschen Gasmarkt ab, und ihre Regelungen sind wesentlich für die technische, organisatorische und finanzielle Abwicklung von netzübergreifenden Gastransporten (Merk 2012: 382 ff.). a) Verhandlungsdelegation Die wichtigste Institution zur Fortentwicklung der Kooperationsvereinbarung ist die so genannte Verhandlungsdelegation. Sie setzt sich aus Vertretern bzw. Mitgliedern der drei Verbände zusammen und tagt regelmäßig, um Änderungen der Kooperationsvereinbarung vorzubereiten und entsprechende Entwürfe anzufertigen bzw. Expertengruppen mit diesen Aufgaben zu betrauen, welche wiederum aus Vertretern bzw. Mitgliedern der drei Verbände bestehen können. Über der Verhandlungsdelegation sitzt der Lenkungsausschuss der drei Verbände, der letztlich über die Annahme von Änderungsentwürfen entscheidet. Ein Vertreter des BDEW schilderte die Rolle des Lenkungsausschusses folgendermaßen: „Das ist das Gremium, das die KoV letztendlich freigibt und gewisse Arbeitsstände nach außen trägt. In der Vergangenheit wurden dort auch die schwierigen Entscheidungen getroffen. Beispielsweise ging es bei der KoV I darum: Redet man noch mit der BNetzA oder verklagt man sie einfach? Das hat dann der Lenkungsausschuss entschieden.“

Bei der Zusammensetzung der Verhandlungsdelegation und der Expertengruppen wird darauf geachtet, dass alle Wertschöpfungsstufen und Marktrollen in den Verhandlungsprozess integriert werden. Ein Vertreter des BDEW schilderte die Auswahl folgendermaßen: „Wir schauen natürlich schon, dass sämtliche Wertschöpfungsstufen vertreten sind. Denn unsere Gremienstruktur ist wertschöpfungsstufenbezogen. Jede Wertschöpfungsstufe soll vertreten werden, und idealerweise soll auch immer ein Vertreter jeder Wertschöpfungsstufe mit am Tisch sitzen. [. . .] Sämtliche Marktrollen, die da involviert sind, sind mit mehreren Vertretern in der Verhandlungsdelegation. Das muss auch so sein. Wir brauchen da einen Branchenkonsens.“

Derzeit sind an der Verhandlungsdelegation ca. 50 Personen beteiligt, von denen aber nicht alle eine aktive Rolle spielen, wie ein Vertreter eines Energiekonzerns, der in der Verhandlungsdelegation aktiv ist, schilderte: „Das ist ein Verteiler von fünfzig Leuten, und dreißig davon kommen regelmäßig zu den Treffen. Manchmal kommen auch nur zwanzig, das hängt von den Themen ab. [. . .] Eine richtige Quotierung [bei der Beteiligung] kann man nicht rauslesen. Das ist auch komplizierter. Es hängt organisatorisch beim BDEW. Die Verhandlungsdelegation ist aber formal ein verbandsübergreifendes Gremium. Die ist nicht in die Ver-

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bandshierarchie integriert. Drin sitzen BDEW, VKU und GEODE. Das heißt aber nicht, dass die Proportionen immer stimmen. [. . .] GEODE sitzt dort nur mit einem Menschen. [. . .] Der kapiert aber auch alles und verschafft sich dort Gehör. Der VKU sitzt dort ebenfalls nur mit einem Spezialvertreter, der genau dafür eingestellt wurde, diese Schnittstelle zum BDEW zu betreuen. Diese Verbände machen viel Hintergrundarbeit, die dann über diese eine Person eingespielt wird. Da wir kein Mehrheitssystem haben, kann eine Person ,Stop‘ sagen und wir diskutieren es durch. Es sitzen in der Regel die großen TSOs da, die großen Händler, sowie einige regionale und kleine Netzbetreiber und Stadtwerke. Dort sind alle vertreten.“

Ein grundsätzliches Problem bei Gremienarbeit ist, dass ein Unternehmen es sich leisten können muss, Mitarbeiter dafür abzustellen, wenn es auf das Gremium Einfluss ausüben will. Das können im Fall der Verhandlungsdelegation nur die großen Energiekonzerne oder größere Stadtwerke leisten. Dies führt im Ergebnis dazu, dass deren Vertreter im Regelfall besser informiert sind und kontinuierlich mitarbeiten können, während andere Mitglieder nur punktuell mitwirken können und dadurch bei den Diskussionen innerhalb der Delegation weniger Gewicht ins Spiel bringen. Deshalb wird die Verhandlungsdelegation trotz der breiten Zusammensetzung laut einem Vertreter des bne durch wenige Unternehmen dominiert: „Um das kurz zu Ende zu führen: was ich weiß, ist, dass die Verhandlungsdelegation aus Netzbetreibern aus den Verbänden BDEW, VKU und GEODE bestehen soll, aber die ganze Verhandlungsdelegation wird von der E.ON/Ruhrgas und jetzt auch einem anderem großen Ferngasunternehmen geleitet. Denen geht es allein um den Erhalt der Marktmacht, und das wird an der Stelle auch weiterhin durchgesetzt.“

Ein Vertreter eines Energiekonzerns, der selber in der Verhandlungsdelegation aktiv war, schilderte die Situation innerhalb der Verhandlungsdelegation folgendermaßen: „Ich hatte den Eindruck, dass die nicht nur untereinander vernetzt sind, sondern die zentralen Punkte von den großen Unternehmen vorab besprochen worden sind. Die Platzhirsche, die dort sitzen, spielen sich gegenseitig den Ball zu. Das ist verständlich, aber man kommt mit kleineren Meinungen dann eben nicht durch.“

Ein Vertreter eines anderen Energiekonzerns, der noch in der Verhandlungsdelegation aktiv ist, widersprach dieser Darstellung: „Platzhirsche? Der [Vorsitzende der Verhandlungsdelegation] ist ein relativ hoher E.ON-Mitarbeiter auf dem Niveau eines Bereichsleiters unterm Vorstand. Der ist sehr erfahren und gut. Der darf sich Dinge rausnehmen, die sich andere vielleicht nicht rausnehmen dürfen. Das stimmt. Andererseits würde es ohne ihn nicht klappen. Er ist derjenige, der mal auf den Tisch haut, hoch konzentriert argumentiert und versucht, einen Kompromiss mehrheitsfähig zu machen. Dazu brauche ich einen Verhandlungsführer, der vom Erfahrungsschatz und intellektuell einen Schritt weiter ist. Dann gibt es die zweite Reihe, das sind die Unternehmen, die es sich leisten können, dort mitzumachen. Dann gibt es diejenigen, die dort sitzen und nur zuhören. Meine Erfahrung ist, dass dort jeder mitmachen kann. Es gibt zum Teil junge Mitarbeiter, die von irgendeinem Unternehmen geschickt werden, drei Jahre Berufserfahrung ha-

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ben, unter dreißig sind und trotzdem mitdenken. Die gucken sich das dreimal an, und beim vierten Mal machen sie selber mit. Dann hält da einer dreimal gegen, und wenn der pariert, dann merkt man: Der ist vom Fach. Wenn jemand denkt, er kann nicht mitreden, dann irrt er sich, das ist ein offenes Gremium, wo jeder etwas sagen kann. [Der Vorsitzende der Verhandlungsdelegation] spielt da auch mit, weil er weiß: ,Wenn ich das jetzt wegbügele, dann kommt das in der nächsten Woche wieder hoch.‘ Es wird dann auch ausdiskutiert. Den Eindruck kann ich nicht bestätigen. Wer mitmachen will, kann das auch. Die fünf Leute, die das prägen, haben auch die Arbeitsgruppen geleitet. Die haben mehr Redeanteile, aber das ist ja auch logisch. Es ist nicht so, dass man nicht sagen kann: ,Stop, ich bin anderer Meinung.‘ Das passiert übrigens auch.“

Vermutlich ist es unvermeidlich, dass sich in fortlaufenden Gremien wie der Verhandlungsdelegation Hauptakteure herausbilden, die in gewisser Weise tonangebend sind, weil sie von Anfang an dabei waren. In diese Richtung geht die Aussage eines Vertreters eines Stadtwerks: „Es ist aber so, dass dieses Expertengremium von Anfang an alle Aspekte haarklein durchgesiebt hat, da sind auch zwischen den Fachleuten Glaubenskriege entstanden. Am Anfang der KoV haben ein paar kleine Kläffer gemeint, sie müssten jetzt auch Gasversorgung machen, das steckt in dem Konsortium noch drin. Da gibt es Platzhirsche, die absolut kompetent sind und jede Kleinigkeit miterlebt haben, die sind aufgrund ihres Standings in der Lage, so eine Position einzunehmen, auch wenn das nicht sonderlich respektvoll ist. Das Thema Politbüro hat es umschrieben, da sind Haudegen drin, die in jedem Detail stecken und das ganze System, wie es in Form vieler Kompromisse gewachsen ist, überblicken. Das Ganze ist ja auch durch den Wettstreit zwischen WINGAS und Ruhrgas sowie dem Konflikt um die Marktgebiete gewachsen. Da sind teilweise schlimme persönliche Vorwürfe über den Tisch gegangen, wo Transportnetze gegen die Verteilnetze ausgespielt wurden. Die Diskussion um den Speicherzugang war beispielsweise heftig umkämpft. Das waren damals alles Kardinalthemen, weil nur Entry-Exit nicht geht, das waren wirkliche Kämpfe. Jetzt ist man im Wohlstand angekommen; auch wenn der Ausdruck vielleicht unangemessen ist, geht es nur noch um Peanuts. Das sind Kleinigkeiten. Jetzt muss man sich fragen, ob man nicht mit einer kleinen Gruppe das ganze Ding zerlegen kann, um den Kern des Ganzen, der das System trägt, zu identifizieren und den wachsen zu lassen. Denn das Ding ist so riesig, verwachsen und verwoben, dass da kaum noch neue Ideen, wie zu Lieferantenrahmenverträgen oder so, eingebracht werden können. Da sind die Positionen inzwischen verhärtet, weil um jedes Wort gerungen und gekämpft wurde. Deshalb wäre es gut, wenn man einen neuen Ansatz verfolgt und nur die Essenz mitnimmt.“

Bei der Zusammensetzung der Arbeitsgruppen, die der Verhandlungsdelegation zuarbeiten, kann es dazu kommen, dass dort Unternehmen vertreten sind, die selbst nicht in der Verhandlungsdelegation sitzen. Ein grundsätzliches Problem ist, dass die Mitglieder der Verhandlungsdelegation letztlich über kein Mandat verfügen, das ihnen die Mitglieder der Verbände erteilt haben. Ihre Beteiligung ist oftmals historisch entstanden, und sie verfügen über keine demokratische Legitimation durch die Verbände, weshalb die Zusam-

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mensetzung der Mitglieder der Verhandlungsdelegation häufig kritisiert wird. Beispielsweise bezeichnet EFET (2011) die Verhandlungsdelegation als „Politbüro“ der Netzbetreiberverbände, weil keine gleichberechtigte Stakeholderbeteiligung stattfinde. Ein Vertreter eines Energiekonzerns merkte in diesem Zusammenhang an, dass die aktiven Mitglieder der Verhandlungsdelegation eher sachund weniger lobbyorientiert arbeiten würden: „Die großen Unternehmen machen das Geschäft. Das ist nicht nur Lobbying, sondern die wollen auch die Kuh vom Eis kriegen. [. . .] Die Positionen und Entwürfe kommen in der Regel durchweg von den großen Unternehmen, von E.ON, uns und anderen. Das sind eine handvoll Akteure, die da mitgespielt haben. Mehr arbeiten dort nicht.“

In den Interviews wurde hin und wieder auch die Rolle von GEODE in der Verhandlungsdelegation kritisiert, da der Verband durch seine Nähe zur Anwaltskanzlei Becker, Büttner & Held nicht als Vertreter der Verteilnetzbetreiber, sondern der Kanzlei gesehen wird. Ein Vertreter des BDEW äußerte sich hierzu folgendermaßen: „Wie gesagt, GEODE ist für uns immer sehr schwierig, weil GEODE und BBH nicht zu trennen sind, und BBH in dem Feld als Anwaltskanzlei sehr stark engagiert ist und insofern immer wirtschaftliche Interessen verfolgt, die die anderen Verbände nicht haben. Das führt auch zu Konflikten. Wir fragen uns manchmal schon: ,Wie kann das sein, dass BBH Verfahren zu Lastprofilen führt und bei den Entscheidungen mit am Tisch sitzt, gegen die sie gerade prozessieren?‘ Die sagen dann: ,Okay, das ist jetzt der BBH-Hut, und den wechsel ich und bin dann GEODE.‘“

b) Netznutzerforum Die Mitgliedschaft in der Verhandlungsdelegation ist exklusiv den Mitgliedern der drei an der KoV beteiligten Verbände vorbehalten. Vertreter anderer Verbände – insbesondere der Netznutzerverbände – werden zu den Sitzungen der Verhandlungsdelegation nicht zugelassen. Als Argument wurde hierfür in mehreren Interviews angeführt, dass die Verhandlungen schwieriger würden, wenn Netznutzerverbände sich mit ihren Partikularinteressen an den Verhandlungen beteiligen würden, da dies zu einer Blockade der Verhandlungen führen würde. Ein Vertreter eines Energiekonzerns rechtfertigte diese Haltung folgendermaßen: „Die Frage ist doch: ,Können die das schultern?‘ Die Verbände können es in der Regel nicht. Was machen die dann? Die kommen mit Extrempositionen und kloppen dann einfach mal rein. Bis jetzt ist unsere Erfahrung, dass es von der Seite kein konstruktives Mitarbeiten gibt. Das liegt vielleicht auch daran, weil sie nicht die Ressourcen haben. Ich will das gar nicht ideologisch sehen. Sie haben die Ressourcen nicht und kloppen, um überhaupt etwas zu machen, eine Extremposition raus, die zum Teil noch von wenig Sachverstand geprägt ist. Einige Argumente von denen kann man so vertreten, aber einige beruhen eben auch auf Unverständnis. Am Ende steht die Frage: Was bringt das wirklich? Natürlich kann man nichts dagegen sagen, wenn sich jemand konstruktiv einbringen möchte. Ich bezweifele aber, dass sie kon-

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struktiv etwas beitragen können. Deshalb besteht die Gefahr, dass sie Lobbying in der Arbeitsgruppe machen. Dort kann nicht entschieden und verhandelt werden. Dort muss erst mal ein Entwurf fertig gemacht werden. Wenn ich da zu früh mit harten Lobbypositionen ansetze, dann verzettelt sich die Arbeitsgruppe. Das haben wir bereits in einigen Arbeitsgruppen erlebt. Es kommt dann nie zu einem Ergebnis.“

Stattdessen verweisen die drei Verbände hinter der Vereinbarung darauf, dass die Mitgliedsunternehmen der Netznutzerverbände doch auch über ihre Mitgliedschaft in den drei Verbänden hinter der KoV sich an der Verhandlungsdelegation beteiligen könnten. Denn diese ist im Regelfall gegeben, da allein BDEW und VKU nahezu die gesamte Branche abdecken würden. Hiergegen wird von den Netznutzerverbänden vorgebracht, dass es auch möglich sein sollte, für Mitgliedsunternehmen eines Netznutzerverbandes auch als Vertreter dieses Verbandes aufzutreten, wenn man schon in dieser Marktrolle mitarbeite. Ein Vertreter von EFET schilderte die Sichtweise der Netznutzerverbände folgendermaßen: „Es darf nicht dazu führen, dass die Gruppe, die da jetzt beieinander sitzt, Verträge zu Lasten Dritter abschließt. Das ist nicht im Sinne des Gesetzgebers. Wenn der einen Auftrag erteilt, und der besteht ja, dann geht er davon aus, dass alle von den Arbeitsergebnissen betroffenen Gruppen in einer transparenten Weise beteiligt werden. [. . .] Ich verstehe auch den gesetzlichen Auftrag so. Denn der ist nicht, ein Klübchen zu bilden, das über das Geschäft anderer entscheidet und Verträge zu Lasten Dritter ausarbeitet. Der gesetzgeberische Auftrag ist, die Führung bei der Ausarbeitung der Netznutzung zu übernehmen.“

Um die Netznutzerverbände trotzdem auf dem Laufenden zu halten, hat man das so genannte Netznutzerforum eingerichtet, welches über die aktuellen Entwicklungen und Änderungsentwürfe informieren und diese zur Diskussion stellen soll. Dies war aus Sicht der meisten Netznutzerverbände unbefriedigend, weil für sie die Prozesse innerhalb der Verhandlungsdelegation intransparent sind und sie kein direktes Feedback auf ihre Forderungen durch die Verhandlungsdelegation bekommen. Ein Vertreter der GEODE schilderte die Ausgangssituation folgendermaßen: „Man versucht schon, auch die andere Marktseite, die Netznutzer, mit einzubeziehen. Es gibt häufiger so genannte Netznutzerforen, wo bestimmte Zwischenstände und Ergebnisse vorgestellt werden und wo die anderen Verbände eingeladen werden. Das ist eigentlich eher eine Informationsdarlegung. Die informiert man dann halt, aber es hat auch nichts Institutionelles. Man kann nicht einfordern, dass wieder ein Netznutzerforum stattfindet.“

Ein Vertreter von EFET merkte an, dass diese Form der Beteiligung aus Sicht der Netznutzer keinen Wert habe: „Das Netznutzerforum macht nur Sinn, wenn es auch berücksichtigt wird, also Rückmeldungen und Aufnahmen der Rückmeldungen stattfinden. Diese Form der Beeinflussung ist allerdings schwächer als eine direkte Beteiligung an der Verhandlungsdelegation.“

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Aufgrund der scharfen Kritik der Netznutzerverbände haben sich die Verbände hinter der KoV darauf geeinigt, das Netznutzerforum aufzuwerten, wie aus der Stellungnahme eines Vertreters des BDEW vor der Ausarbeitung der KoV IV hervorgeht: „Wir nehmen das [die Kritik an der Intransparenz der Verhandlungsdelegation] auch sehr ernst und wollen dieses Instrument des Netznutzerforums weiter ausbauen, dass man stärker mit bne, EFET und VIK die KoV begleitend diskutiert.“

Inzwischen ist das Netznutzerforum aufgewertet worden und bereits bei der Ausarbeitung zur KoV IV haben regelmäßig Veranstaltungen stattgefunden, bei denen Zwischenstände präsentiert und Anregungen aufgenommen wurden. Neben Vertretern der Netznutzerverbände haben auch Vertreter der BNetzA an diesen Veranstaltungen teilgenommen. Während sich bne und EFET nicht mit der Aufwertung des Netznutzerforums zufrieden gaben, war diese Maßnahme aus Sicht eines Vertreters der VIK ein großer Schritt in die richtige Richtung: „Ich fand persönlich diese Runde – ich war allerdings bei den vorigen nicht dabei – gar nicht so schlecht. Wir müssen uns ja auch überlegen: Was können wir als Verband leisten? Wir können selber keinen Lieferantenrahmenvertrag entwerfen. [. . .] Ich hätte es nicht gekonnt. Vielleicht wäre es wünschenswert gewesen, direkt bei der Verhandlungsdelegation dabei zu sein, da waren wir nicht dabei. Nichts desto trotz fand ich, dass das Netznutzerforum ein relativ offener Prozess war. Uns wurden die Ergebnisse alle vier bis sechs Wochen vorgestellt. Wir hatten auch, kann man sagen, Einspruchsrecht. Schön war auch, dass die BNetzA in der Regel mit dabei saß. Wenn sich alle Netznutzerverbände einig waren, dass das nicht regelkonform sei und sich nicht mit der GasNZV und solchen Dingen vereinbaren ließe, dann hat sich das auch durchgesetzt. [. . .] Also da hatten wir schon ein gewisses Mitspracherecht. Wir konnten alles thematisieren, und das wurde dann auch aufgegriffen, ob das in unserem Sinne geregelt wurde, das war natürlich eine andere Sache, aber es saß auch die BNetzA mit am Tisch und die hat das dann ja auch mitbekommen.“

Die Teilnahme der BNetzA an den Netznutzerforen hat sicherlich dazu beigetragen, dass die Einwände der Netznutzerverbände in die Verhandlungsdelegation getragen wurden, weil die verantwortlichen Verbände fürchten mussten, dass, wenn sie auf diese Einwände nicht eingehen, die BNetzA diese in Form einer Festlegung oder eines Missbrauchsverfahrens aufgreifen könnte. Das Ergebnis des Netznutzerforums zur KoV IV wurde von bne (2011b) als „Minimalbeteiligung ohne Mitspracherecht“ bezeichnet, und EFET (2011) forderte einen „diskriminierungsfreien Zugang für alle Stakeholder“ zur Verhandlungsdelegation. Denn letztlich bleiben die Prozesse innerhalb der Verhandlungsdelegation für die Netznutzerverbände weiterhin intransparent. In diesem Aspekt ähnelt die Fortentwicklung der KoV weiterhin der Fortentwicklung der Verbändevereinbarung im Rahmen des verhandelten Netzzugangs. Bei der Ausarbeitung der KoV V wurde nichts an diesem Umstand geändert, weshalb sich die Verbände der Netznutzer in einem gemeinsamen Schreiben (bne 2012b) beim Vorsitzenden der Beschlusskammer 7 der BNetzA über die Intransparenz und Exklu-

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sivität des Verhandlungsprozesses beschwert haben. In einem Antwortschreiben soll die Beschlusskammer beim Netznutzerforum von einem „bewährten“ Verfahren gesprochen haben, das allerdings durchaus Optimierungspotenzial aufweise (energate 2012).

II. Informale Instrumente 1. Vorverhandlungen zu Festlegungen Informale Vorverhandlungen dienen prinzipiell der Interessenverständigung über die Problemstellung und mögliche Lösungsansätze im Vorfeld eines förmlichen Verwaltungsverfahrens (Bohne 1984: 347; 1994: 1060). Aufgrund der Komplexität der in größeren Festlegungen zu regelnden Sachverhalte und des damit verbundenen Konfliktpotenzials finden bei Festlegungsverfahren regelmäßig informale Vorverhandlungen im Rahmen von Konsultationsprozessen statt, die vor Eröffnung des förmlichen Festlegungsverfahrens beginnen. Diese Prozesse entfalten keine Rechtswirkung und sind durch Tauschbeziehungen gekennzeichnet, die sich in Entwürfen und Konzepten von Verbänden und/oder Marktteilnehmern widerspiegeln, die als Ausgangspunkt für das förmliche Verfahren fungieren. Als förmliche Alternative hätte die BNetzA auch direkt ein förmliches Festlegungsverfahren eröffnen und Konsultationen nur noch als Anhörungen im förmlichen Verfahren durchführen können. Bei den vier untersuchten Festlegungsbeschlüssen haben bereits vor Eröffnung des formalen Festlegungsverfahrens mehr oder minder umfangreiche informale Vorverhandlungen stattgefunden, die der Identifikation von Problemen und Lösungsansätzen dienten und auf denen das förmliche Verfahren aufgebaut hat: – Vor Einleitung des Festlegungsverfahrens zu GeLi Gas wurde zunächst ein Leitfaden zur Vereinheitlichung der Geschäftsprozesse von BGW und VKU ausgearbeitet. Das förmliche Festlegungsverfahren hat auf diesem Leitfaden aufgebaut (s. o. 3. Teil, A., IV., 1.). – Vor Einleitung des Festlegungsverfahrens zu GABi Gas wurde ein Gutachten der KEMA erstellt, das auf einem Workshop mit den Verbänden der Marktteilnehmer diskutiert wurde. Auf der Grundlage dieses Gutachtens fanden Diskussionen zwischen den Verbänden der Netzbetreiber und Netznutzer zur Umsetzung von Empfehlungen aus dem KEMA-Gutachten statt, deren Zwischenergebnisse und Streitpunkte als Ausgangspunkt für das formale Festlegungsverfahren fungierten (s. o. 3. Teil, A., IV., 2.). – Vor Einleitung des Festlegungsverfahrens zu KARLA Gas wurde ebenfalls ein Gutachten durch KEMA erstellt, das als Ausgangspunkt für Diskussionen zwischen BNetzA, Verbänden und Marktteilnehmern diente. Darauf aufbauend wurde durch die BNetzA ein Eckpunktepapier angefertigt und zur Konsultation gestellt. Anschließend wurde das förmliche Verfahren eingeleitet (s. o. 3. Teil, A., V., 1.).

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– Vor Einleitung des Festlegungsverfahrens zu Konni Gas wurden Modellbeschreibungen von Open Grid und Gasunie zur finanziellen Abwicklung der Konvertierung in qualitätsübergreifenden Marktgebieten zwischen BNetzA, Verbänden und Marktteilnehmern diskutiert. Darauf aufbauend wurde das förmliche Verfahren eingeleitet (s. o. 3. Teil, A., VI., 1.).

2. Informale Instrumente als Ergänzung oder Alternative zu Missbrauchsverfahren a) Vorverhandlungen Ebenso wie Festlegungsverfahren können auch Missbrauchsverfahren nach § 31 EnWG informale Vorverhandlungen vorangehen, die einer frühzeitigen Interessenverständigung dienen, um einen effizienten Verfahrensablauf zu ermöglichen. Hierbei geht es vor allem darum, ob und wie ein entsprechender Antrag gestellt werden soll. Die förmliche Alternative wäre, einen Antrag nach § 31 EnWG zu stellen, ohne sich vorab mit der BNetzA oder der Landesregulierungsbehörde verständigt zu haben. Hierzu heißt es in einem Merkblatt der Bayerischen Regulierungsbehörde (2013: 5) „Zur Klärung der Erfolgsaussichten im Vorfeld der Antragstellung empfiehlt sich eine informelle Kontaktaufnahme mit der Regulierungsbehörde.“ Denn der Aufwand eines förmlichen Verfahrens ist mit teilweise erheblichen Kosten für die Behörde und entsprechenden Verwaltungsgebühren für den Antragsteller verbunden, weshalb man nur einen Antrag stellen sollte, wenn keine gütliche Einigung erzielt werden kann und die Erfolgsaussichten des Antrags als gut eingeschätzt werden können. Zwei Vertreter eines Unternehmens schilderten, dass man vor Antragsstellung eigentlich immer den Kontakt zur Behörde suche: „[Vertreter 1] Bevor man in der Tat einen Antrag stellt, zum Beispiel ein förmliches Missbrauchsverfahren oder Ähnliches, versucht man natürlich erstmal, diese informellen Wege zu gehen, also auf die Problematik hinzuweisen. [. . .] [Vertreter 2] Die Kontaktaufnahme per Telefon oder im persönlichen Gespräch hat den Effekt, dass eine BNetzA sich nicht unmittelbar in der Pflicht sieht, aktiv irgendetwas zu machen. Sondern man gibt ihr die Möglichkeit, zu reflektieren und zunächst mal eine Meinung zu äußern, die man dann wiederum für sich bewerten kann.“

Ein Beispiel für informale Vorverhandlungen zu einem Antrag nach § 31 EnWG liefert das Missbrauchsverfahren gegen das Einzelbuchungsmodell, wo die zuständige Beschlusskammer den Netznutzerverbänden und Netznutzern vorab signalisiert haben soll, dass man gegen das Einzelbuchungsmodell entscheiden werde, wenn ein entsprechender Antrag nach § 31 EnWG eingereicht würde (s. o. 3. Teil, A., II., 2.). Ein solcher Antrag wurde bereits am Tag der Erstunterzeichnung der KoV bei der BNetzA eingereicht.

B. Instrumente zur Umsetzung und Fortentwicklung

191

b) Nichtbescheidungsabsprachen Für die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht gilt laut Monopolkommission (2009: 219), dass eine Vielzahl von Verfahren vor Einleitung eines förmlichen Verfahrens oder ohne förmlichen Verfahrensabschluss geregelt werden können: „Nicht selten stellen Unternehmen kartellrechtswidriges Verhalten bereits nach dem ersten informellen Kontakt mit dem Bundeskartellamt oder nach der Verfahrenseröffnung ohne Notwendigkeit einer förmlichen Entscheidung ab.“ Gleiches gilt für die regulierungsrechtliche Missbrauchsaufsicht durch BNetzA und Landesregulierungsbehörden, die – wenn möglich – im Wege von Nichtbescheidungsabsprachen beseitigt werden sollen. Ein Vertreter der BNetzA merkte hierzu an: „Wir haben [Netzbetreiber], die scheuen sich geradezu davor wie der Teufel vor dem Weihwasser, nur ja nicht Gegenstand einer förmlichen Regulierungsentscheidung zu werden. Aber es gibt andere, die lässt das relativ kalt. [. . .] Wenn man eine Grobstatistik anstreben würde, könnte man vielleicht sogar sagen, dass wir sehr viel weniger förmliche Verfahren durchführen als informelle Verfahren.“

Bei einer Nichtbescheidungsabsprache verzichtet die Regulierungsbehörde auf die Einleitung eines Missbrauchsverfahrens nach §§ 30 oder 31 EnWG oder den Erlass einer entsprechenden Missbrauchsverfügung und schließt das Verfahren nach § 73 Abs. 2 EnWG ohne Entscheidung ab, wenn sich der betroffene Netzbetreiber bereit erklärt, das inkriminierte Verhalten abzustellen. Ein Vertreter der BNetzA merkte diesbezüglich an: „Wir versuchen – es ist auch erklärte Strategie der zuständigen Beschlusskammern – die Zahl der förmlichen Missbrauchsverfahren zu minimieren.“ Ein anderer Vertreter der BNetzA führte hierzu aus: „Das sind natürlich auch Schichten, wo der Verwaltungsaufwand in überhaupt keinem Verhältnis zur Schwere des Einzelverstoßes steht. Wenn wir jetzt anfangen, bei dem Wechsel des Kunden Maier vom Vertrieb A zum Vertrieb B ein Missbrauchsverfahren einzuleiten, weil sich da irgendwer nicht hinreichend Mühe gemacht hat zu gucken, ob Maier nun mit ai oder ay geschrieben wird. [. . .] In so kleine Münze runterzugehen, das wäre Irrsinn, dann bricht ja alles zusammen.“

Im Kartellrecht können Nichtbescheidungsabsprachen zu förmlichen Verpflichtungszusagen nach § 32b GWB führen. Nach § 32b Abs. 1 GWB kann ein Unternehmen im Rahmen eines Missbrauchsverfahrens anbieten, Verpflichtungen einzugehen, die geeignet sind, die vorgebrachten Bedenken der Kartellbehörde auszuräumen. Diese Zusagen werden – sofern die Kartellbehörde sie annimmt – als Verfügungen formalisiert. Eine solche Verfügung hat nach § 32b Abs. 1 Satz 2 GWB zum Inhalt, dass die Kartellbehörde darauf verzichtet, von ihren Befugnissen nach §§ 30 und 30a GWB Gebrauch zu machen, solange die Zusage eingehalten wird. Im Bereich der kartellrechtlichen Energiepreisaufsicht sind nahezu alle Missbrauchsverfahren gegen Gasversorgungsunternehmen aufgrund von Verpflichtungszusagen eingestellt worden (Monopolkommission 2009: 131). Aus

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3. Teil: Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells

Sicht der Monopolkommission führt dieses Instrument einerseits dazu, dass die meisten Unternehmen ihr kartellrechtswidriges Verhalten ohne die Notwendigkeit einer formellen Missbrauchsverfügung des Amtes abstellen (Monopolkommission 2012: 33). Allerdings würde es andererseits auch dazu führen, dass kartellrechtliche Grundlagenentscheidungen – die sich auf eine Vielzahl von Marktteilnehmern auswirken würden – nicht getroffen werden, weshalb Verpflichtungszusagen nur bei gesicherter kartellrechtlicher Rechtslage zur Anwendung kommen sollten (Monopolkommission 2012: 33). Eine vergleichbare Möglichkeit zur Formalisierung von Nichtbescheidungsabsprachen gibt es im Energierecht nicht. Das heißt, sollte ein Missbrauchsverfahren aufgrund einer informalen Absprache nach § 72 Abs. 2 EnWG ohne Entscheidung eingestellt werden, so sind weder die Regulierungsbehörde noch der betroffene Netzbetreiber formal an diese Absprache gebunden. Nichtbescheidungsabsprachen können in drei Unterfälle eingeteilt werden: einfache missbrauchsabstellende Absprachen, Mediationsabsprachen und marktgestaltende Absprachen. aa) Einfache missbrauchsabstellende Absprachen Einfache missbrauchsabstellende Absprachen stellen eine Alternative zu Entscheidungen nach § 30 EnWG dar, die sich gegen einen Netzbetreiber richten und auf eine oder mehrere konkrete Verhaltensweisen beziehen. Die Regulierungsbehörde vereinbart mit dem Netzbetreiber eine Einstellung des inkriminierten Verhaltens und beendet im Gegenzug das Missbrauchsverfahren ohne förmliche Entscheidung. bb) Mediationsabsprachen Bei Mediationsabsprachen übernimmt die Regulierungsbehörde die Vermittlerrolle zwischen Netzbetreibern und Netznutzern. Mediationsabsprachen dienen der Vermeidung von förmlichen Verfahren und Entscheidungen nach § 31 EnWG. Ein Vertreter einer Landesregulierungsbehörde merkte hierzu an: „Wir versuchen, die Missbrauchsfälle, die am Horizont auftauchen, möglichst frühzeitig abzubügeln, damit es nicht erst zu Missbrauchsverfahren kommt, weil die sehr aufwändig sind und sehr viel Arbeitskraft binden. Sie werden auch fast immer angefochten, weil man in der Vermittlerrolle zwischen zwei streitenden Parteien immer einen gegen sich aufbringt, der zu Gericht geht. Das ist sehr unerfreulich.“

Aus Sicht von Unternehmen ist eine informale Vermittlung durch die BNetzA häufig zielführender als die Beantragung eines förmlichen Verfahrens, wie aus der folgenden Aussage eines Unternehmensvertreters hervorgeht: „Bevor man [. . .] einen Antrag [nach § 31 EnWG] stellt, [. . .] versucht man natürlich erst mal, diese informellen Wege zu gehen, also auf die Problematik hinzuweisen. [. . .] Die Kontaktaufnahme per Telefon oder im persönlichen Gespräch hat den Effekt, dass eine BNetzA sich nicht unmittelbar in der Pflicht sieht, aktiv irgendetwas

B. Instrumente zur Umsetzung und Fortentwicklung

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zu machen. Sondern man gibt ihr die Möglichkeit zu reflektieren und zunächst mal eine Meinung zu äußern, die man dann wiederum für sich bewerten kann, um zu gucken, wie geh ich damit um und formuliere ich eine formale Beschwerde oder Anmerkung. [. . .] Wir hatten einen Fall, wo wir die BNetzA angerufen und auf einen Missstand hingewiesen haben. Es war – glaube ich – irgendein Netzbetreiber, der sich – salopp gesagt – daneben benommen hat. Da hat dann der Leiter der Beschlusskammer direkt zum Hörer gegriffen und mit denen gesprochen, und das hat sich dann ganz schnell erledigt. Es bedurfte keines Briefkopfes.“

In die gleiche Richtung geht folgendes Beispiel eines Vertreters des VIK: „Dann gibt es diese Alltagsprobleme des Netzzugangs, da haben die ein sehr offenes Ohr, das geht dann auch relativ schnell, wenn man sagt: ,Wir haben hier einen Kunden, der hat folgendes Problem, könnt ihr helfen?‘ Da sind die relativ schnell zur Stelle, das muss man sagen.“

Ein Vertreter der BNetzA schilderte das Vorgehen bei solchen Fällen folgendermaßen: „Das sind im Grunde informelle Verfahren vor Missbrauchsverfahren zur Verfahrensverhinderung. Das kann man brieflich oder persönlich machen.“

Letztlich würde man versuchen, eine Lösung zu vermitteln, die von den streitenden Parteien akzeptiert wird. cc) Marktgestaltende Absprachen Eine weitere Sonderform der Nichtbescheidungsabsprache sind marktgestaltende Absprachen, die mehrere Netzbetreiber einschließen und sich auf eine große Zahl von Netznutzern auswirken. Das prominenteste Beispiel hierfür sind die Absprachen zur Reduzierung der Anzahl der Marktgebiete. Die anfängliche Aufteilung des Gasmarktes in zahlreiche Marktgebiete führte zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Handels- und Transportmöglichkeiten der Netznutzer, da Ein- und Ausspeiseverträge marktgebietsspezifisch abgeschlossen werden müssen. 2006 war der deutsche Gasmarkt noch in neunzehn Marktgebiete (vierzehn H-Gas/fünf L-Gas) aufgeteilt (s. o. 2. Teil, A., I., 5.). Diese Zersplitterung konnte schrittweise durch informale Absprachen zwischen Regulierungsbehörden und Netzbetreibern abgebaut werden (Merk 2012: 406 ff.), so dass es bereits 2008 nur noch zwölf Marktgebiete (sieben H-Gas/fünf L-Gas) gab. Erst nachdem Absprachen zur Reduzierung der fünf L-Gas-Marktgebiete nicht eingehalten wurden, hat die BNetzA ein entsprechendes Missbrauchsverfahren eingeleitet. In dem Einleitungsbeschluss (BNetzA 2008c: 2) steht hierzu: „Wie den Betroffenen bekannt ist, hat die Beschlusskammer diesen in der Vergangenheit zunächst die Gelegenheit gegeben, die erforderlichen Maßnahmen auf freiwilliger Basis unter weitestgehend autonomer Ausgestaltung der notwendigen Zusammenarbeit der Netzbetreiber zu ergreifen. Diesen Prozess hat die Bundesnetzagentur u. a. durch eine Vielzahl von vertraulichen Gesprächen sowie schriftlichen Stellungnahmen begleitet. Hierbei haben die Betroffenen durch ihr bisheriges Verhalten gegen-

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3. Teil: Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells

über der Beschlusskammer, aber auch gegenüber der Öffentlichkeit einschließlich der Transportkunden in den jeweiligen Marktgebieten den Eindruck erweckt, ernsthaft eine Reduzierung der Marktgebiete zum 01.10.2008 zu betreiben.“ Das Verfahren wurde gegen drei der fünf beklagten Netzbetreiber nach § 73 Abs. 2 EnWG ohne Entscheidung eingestellt, da diese sich doch noch zu einer freiwilligen Reduzierung ihrer Marktgebiete bereit erklärten. Das Verfahren gegen die verbleibenden zwei Netzbetreiber wurde anschließend ebenfalls ohne Entscheidung eingestellt, da durch die 2010 erfolgte Novellierung der GasNZV eine abschließende Regelung der Anzahl der Marktgebiete vorgenommen wurde (s. o. 3. Teil, B., I., 2.). Im Gegensatz zu den L-Gas-Marktgebieten konnten die H-GasMarktgebiete auf der Grundlage informaler Absprachen bereits vor der GasNZVNovelle von ursprünglich 14 auf drei Marktgebiete reduziert werden.

3. Drittvertragsgestaltende Absprachen als Ergänzung zur KoV Obwohl die BNetzA kein Vertragspartner der KoV ist, hat sie doch informal großen Einfluss auf die Ausgestaltung des Vertrages. Vor Verabschiedung einer neuen KoV finden regelmäßig rechtlich unverbindliche Verhandlungen zwischen Netzbetreiberverbänden und BNetzA zur Ausgestaltung des Vertrages statt, die auf dem Tauschprinzip basieren. Aus Sicht der Netzbetreiberverbände geht es dabei vor allem darum, förmlichen Missbrauchsverfahren gegen die KoV – wie beim Einzelbuchungsmodell – durch ein Einvernehmen mit der BNetzA vorzubeugen. Ein Vertreter des VKU schilderte den Einfluss der BNetzA auf die KoV folgendermaßen: „Die BNetzA hat über das Missbrauchsverfahren festgestellt, dass sie zwar keine Festlegungsbefugnisse besitzt, aber sie können – und das wird auch gerne praktiziert – mit einem Missbrauchsverfahren drohen. Dann wird bei den Verbänden angerufen und gesagt: ,Entweder Ihr ändert das oder macht es anders, sonst gibt es ein Missbrauchsverfahren gegen ein paar ausgewählte Mitgliedsunternehmen.‘ Dadurch hat die BNetzA seit der KoV II auf jeden Satz und auf jeden Inhalt Einfluss gehabt. Für die BNetzA ist die Entwicklung der KoV eine angenehme Sache, weil die Konzeptionsarbeit outgesourced wird. Man kann wie bei GABi Gas das Ganze Ende Mai hinschmeißen und sagen ,Wir wollen bis zum 01. Oktober eine Lösung, die funktioniert.‘ Das hätte die BNetzA mit einer Verordnungs- oder Festlegungslösung nicht hinbekommen.“

Bei dieser Gelegenheit greift die BNetzA auch Kritikpunkte auf, die ihr gegenüber von nicht an der Verhandlungsdelegation beteiligten Akteuren vorgebracht werden, und lässt diese in ihre Änderungswünsche einfließen, wie aus der folgenden Aussage eines Vertreters des VKU hervorgeht: „Es gibt Punkte [Änderungswünsche der BNetzA], wo die was merken und vollkommen Recht haben, aber die Mitgliedsunternehmen von BDEW, VKU oder GEODE

B. Instrumente zur Umsetzung und Fortentwicklung

195

das gern anders hätten, dann sagt die BNetzA: ,So geht’s nicht.‘ Es gibt aber auch Punkte, auf die sie sich einschießen, obwohl da kein Problem dahinter steht oder damit erst ein Problem generiert wird. [. . .] Das hat auch damit zu tun, dass bei der BNetzA, wenn das gemacht wird, der VIK, BNE und so weiter dabeisitzen und sich Punkte raussuchen. Bei bestimmten Punkten haben die sicherlich Recht. Bei anderen Punkten hören sich deren Bedenken vielleicht plausibel an, aber stiften nur furchtbar Verwirrung. Es gibt auch rein redaktionelle Punkte, über die man sich streiten kann. Im Normalfall – zumindest war es die letzten Male so – kommt dann relativ kurzfristig ein Schreiben mit Änderungswünschen. Bei der KoV III war es ein Schreiben mit 40 Änderungswünschen, die innerhalb von zwei Wochen eingefügt werden sollten. Da hat man sich bei 90 Prozent gefügt, bei fünf Prozent erklärt, dass es so schon drinsteht und eine Änderung keinen Sinn mache, und bei ein paar Punkten hat man einfach ,Nein‘ gesagt. Das waren aber sicherlich nicht die Großen. Es hat den Vorteil, dass es bei einer bestimmten Art von Regelung besser ist, wenn man sie selber schreibt, als wenn sie jemand anders schreibt.“

Das heißt, dass auch, wenn die BNetzA die Kooperationsvereinbarung nicht selber schreibt, sie doch sehr großen Einfluss auf die Ausgestaltung des Textes nehmen kann, wenn sie dies beabsichtigt. Ein Vertreter des VKU schilderte diese Situation folgendermaßen: „Stellen Sie sich vor, die BK 7 sagt ,Ihr schreibt das und das rein‘, und die Branche sagt ,Nein‘, dann kann sie von Amts wegen ein Missbrauchsverfahren eröffnen, dessen Entscheidung sofort zu vollziehen ist. Die suchen sich ein paar repräsentative Unternehmen von jedem Verband aus, so dass es gleichmäßig weh tut, und kommen überraschenderweise zu der Erkenntnis, dass die Klausel missbräuchlich ist. Dann ist doch klar, dass die nicht angewendet werden kann. Sie haben zwar die Möglichkeit, vor dem OLG zu prozessieren, aber bis es beim BGH ist – und sie hören, dass sie eigentlich recht gehabt haben – vergehen zwei Jahre.“

Das Schreiben des Vorsitzenden der Beschlusskammer 7 der BNetzA (2011f) zur KoV IV wirkt vor diesem Hintergrund fast wie eine formale Genehmigung der Vereinbarung durch die Behörde: „. . . die für den 30.06.2011 vorgesehene Veröffentlichung der Kooperationsvereinbarung Gas IV (KoV IV) und der zugehörigen Leitfäden unterstützen wir ausdrücklich.“ Ein ähnlich lautendes Schreiben soll es auch zur KoV V gegeben haben.

III. Informationsasymmetrien, Transaktionskosten und Systemprobleme als Bestimmungsfaktoren des Entscheidungsverhaltens bei der Gasnetzzugangsregulierung Bei der Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells des § 20 Abs. 1b EnWG stand die BNetzA vor dem Problem, dass sie weder über die erforderlichen Informationen und Ressourcen noch über die erforderlichen Kompetenzen verfügte, um entsprechende Regelungen ohne die Unterstützung der Marktakteure und ihre Verbände auszuarbeiten und durchzusetzen (s. o. 3. Teil, A., I.). Die umfassende

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3. Teil: Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells

Einbindung der Marktakteure in den Regulierungsprozess durch den Konsultationskreis Gasnetzzugang, die Beteiligung bei der Ausarbeitung von Festlegungen sowie deren Umsetzung im Rahmen der Kooperationsvereinbarung lässt sich mit Hilfe der Neuen Institutionenökonomik erklären [s. o. 1. Teil, B., II., 2., b)]. Die Transaktionskosten zur Ausarbeitung und Durchsetzung eines entsprechenden Modells ohne die Unterstützung der Marktakteure und ihrer Verbände hätten die Ressourcenkapazitäten der BNetzA überfordert. Dies gilt vor allem für die erheblichen Informationsasymmetrien, die zwischen Behörde und Netzbetreibern in der Startphase des regulierten Netzzugangs bestanden. Zwar konnten diese Informationsasymmetrien im Laufe der Zeit abgemildert werden, aber durch die fortlaufende Einbindung der Marktakteure und ihrer Verbände in die Fortentwicklung des Netzzugangsmodells werden die Transaktionskosten für die Behörde erheblich reduziert, weshalb die BNetzA immer noch ein Interesse daran hat, dass diese sich in den Regulierungsprozess einbringen. Die Um- und Durchsetzung von Regulierungsvorschriften und -entscheidungen durch einen privatrechtlichen Vertrag in Form der Kooperationsvereinbarung trägt aus Sicht der BNetzA ebenfalls zur Reduktion von Transaktionskosten bei, da die Ausarbeitung von Details nicht durch die Behörde vorgenommen werden muss. Diese muss lediglich reagieren, wenn sich aus ihrer Sicht Fehlentwicklungen abzeichnen. Eine besondere Rolle zur Reduzierung von Transaktionskosten bei der Fortentwicklung und Durchsetzung des Gasnetzzugangsmodells nehmen informale Instrumente ein. Dies gilt beispielsweise für den Bereich der allgemeinen und besonderen Missbrauchsaufsicht nach § 30 bzw. § 31 EnWG, wo die Regulierungsbehörden darum bemüht sind, förmliche Verfahren soweit wie möglich zu vermeiden, da diese mit einem erheblichen Ressourcenaufwand verbunden wären. Dies gilt aber auch für die Vorbereitung von Festlegungen durch Vorverhandlungen, wo Informationsasymmetrien bereits im Vorfeld des förmlichen Verfahrens abgebaut und kostengünstige Regulierungslösungen durch die Beteiligung der Marktakteure und ihrer Verbände vorbereitet werden können, um ein effizientes förmliches Verfahren zu ermöglichen. Der intensive Rückgriff auf informale Strukturen und Verfahren lässt sich mit Hilfe der strukturell-funktionalen Systemtheorie erklären [s. o. 1. Teil, B., II., 3., c)]. Demnach bilden sich neben formalen Strukturen und Verfahren auch informale Strukturen und Verfahren heraus, um Systemanforderungen zu bewältigen, mit denen sich formale Organisationen konfrontiert sehen und die nur unzureichend über formale Strukturen und Verfahren bewältigt werden können. Zu diesen Systemanforderungen gehören u. a. die formale Zielverwirklichung, die Ressourceneffizienz, die Anpassung an Umweltveränderungen und die Lösung von Umweltkonflikten sowie die Reduktion von Komplexität in Entscheidungssituationen. Die zuvor dargelegten informalen Instrumente (s. o. 3. Teil, B., II.) dienen der Bewältigung dieser Anforderungen, wie Tabelle 6 (s. u.) darlegt.

B. Instrumente zur Umsetzung und Fortentwicklung

197

Tabelle 6 Systemfunktionen informaler Instrumente zum Gasnetzzugang Vorverhandlungen zu Festlegungen

Ressourceneffizienz: Möglichkeit zur Einsparung von Transaktionkosten im förmlichen Verfahren Konfliktlösung: Auflösung/Abmilderung von Konflikten zwischen und mit Marktakteuren Reduktion von Komplexität: Offenlegung von Akteursinteressen und Handlungsoptionen

Nichtbescheidungsabsprachen

Zielverwirklichung: Durchsetzung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs Ressourceneffizienz: Einsparung der Transaktionkosten eines förmlichen Missbrauchsverfahrens Konfliktlösung: Auflösung/Abmilderung von Konflikten zwischen Netznutzern und Netzbetreibern sowie zwischen Netzbetreibern und Regulierungsbehörden

Drittvertragsgestaltende Absprachen

Zielverwirklichung: Durchsetzung von Rechtsvorschriften und Regulierungsentscheidungen Ressourceneffizienz: Einsparung der Kosten eines förmlichen Missbrauchsverfahrens oder einer Festlegung bzw. Änderungsfestlegung Umweltanpassung: Anpassung der Regulierungsvorgaben an markt- und netzspezifische Anforderungen Konfliktlösung: Auflösung/Abmilderung von Konflikten zwischen und mit Marktakteuren

IV. Regulierungskultur als Bestimmungsfaktor des Entscheidungsverhaltens bei der Gasnetzzugangsregulierung In ihrer Anwendung weisen die formalen und informalen Instrumente zur Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells des § 20 Abs. 1b EnWG sowohl empirische Merkmale der Regulierungskultur des Regulierungs- als auch des Gewährleistungsstaates auf [s. o. 1. Teil, B.,II., 3., a)]. Tabelle 7 (s. u.) zeigt, wo die einzelnen Merkmale des Regulierungsstaates bei der Umsetzung des gesetzlichen Gasnetzzugangs zu Tage treten. Die BNetzA ist in der Lage, die Umsetzung und Fortentwicklung des Gasnetzzugangsmodells des § 20 Abs. 1b EnWG durch Festlegungsentscheidungen nach § 29 EnWG zu steuern. Festlegungen geben detaillierte Regelungen zu einzelnen Aspekten des Netzzugangsmodells und ihrer entsprechenden Umsetzung durch die Netzbetreiber vor. In den letzten Jahren hat die BNetzA durch umfangreiche

198

3. Teil: Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells

und tiefgreifende Festlegungsentscheidungen nahezu alle Bausteine des Netzzugangssystems detailliert durchgeregelt (s. o. 3. Teil, A., IV. ff.). Tabelle 7 Merkmale des Regulierungsstaates Allgemeines Merkmal des Regulierungsstaates

Merkmal bei der Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells

Steuerung privatisierter und liberalisierter Industrien durch umfangreiche und tiefgreifende Regulierungsmaßnahmen

– Umsetzung und Fortentwicklung des gesetzlichen Gasnetzzugangsmodells durch detaillierte und komplexe Festlegungen nach § 29 EnWG – Missbrauchsaufsicht nach §§ 30 und 31 EnWG zur Durchsetzung von Rechtsvorschriften und Regulierungsentscheidungen

Einrichtung unabhängiger und sektorspezi- Zuständigkeit der BNetzA für die Fortentfischer Regulierungsbehörden mit weitrei- wicklung des Gasnetzzugangsmodells durch Festlegungen nach § 54 EnWG chenden Eingriffsbefugnissen, um diese Steuerungsaufgabe zu erfüllen Erhebliche Ermessensspielräume der Regu- Umfangreiche Festlegungsspielräume der lierungsbehörden zur Durchsetzung der BNetzA nach § 50 GasNZV n. F. ihnen vorgegebenen Regulierungsziele

Zur Durchsetzung von Netzzugangsvorschriften und entsprechender Regulierungsentscheidungen können BNetzA und Landesregulierungsbehörde im Rahmen ihrer Missbrauchsaufsicht nach § 30 und 31 EnWG i.V. m. § 65 EnWG entsprechende Anordnungen treffen. Allerdings stellen förmliche Verfügungen zur Durchsetzung von Netzzugangsvorschriften und Regulierungsentscheidungen eine Ausnahme dar. Nach § 54 EnWG besitzt nur die BNetzA die Kompetenz, Festlegungen zum Gasnetzzugang zu erlassen, da sich die Festlegungskompetenzen der Landesregulierungsbehörden nach § 54 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 6 EnWG auf die Anreizregulierung und den Netzanschluss beschränken. Den Landesbehörden und dem BKartA ist von Seiten der BNetzA vor dem Erlass von Festlegungsentscheidungen nach § 60a Abs. 2 EnWG und nach § 50 Abs. 1 EnWG lediglich die Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Durch die 2010 erfolgte GasNZV-Novelle sind die Festlegungsbefugnisse der BNetzA in § 50 GasNZV erheblich erweitert worden, so dass die Behörde inzwischen über umfassende Ermessensspielräume bei der Ausgestaltung des Netzzugangsmodells verfügt. Eine Besonderheit bei Umsetzung und Fortentwicklung des Gasnetzzugangs durch die BNetzA ist, dass ihre Regulierungstätigkeit nicht nur durch Merkmale

B. Instrumente zur Umsetzung und Fortentwicklung

199

des Regulierungs-, sondern auch durch Merkmale des Gewährleistungsstaates geprägt ist. Denn die BNetzA teilt ihre Gestaltungs- und Ermessensspielräume mit den Marktakteuren und ihren Verbänden, indem sie diese umfassend in die Ausarbeitung von Festlegungsentscheidungen einbindet und den Verbänden der Netzbetreiber im Rahmen der Kooperationsvereinbarung Selbstregulierungsspielräume einräumt. Tabelle 8 liefert hierzu einen Überblick. Tabelle 8 Merkmale des Gewährleistungsstaates Allgemeines Merkmal des Gewährleistungsstaates

Merkmal bei der Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells

Verantwortungsteilung zwischen staatlichen – Detailregelungen und Umsetzung des Netzzugangsmodells durch privatrechtund privaten Akteuren bei der Erfüllung lichen Vertrag der Netzbetreiber auf von Leistungen durch privatisierte und libeder Grundlage formaler Regulierungsralisierte Industrien auf der Grundlage des entscheidungen und der informalen Kooperations- und Konsensprinzips Einbeziehung der BNetzA in die Ausarbeitung – Einbindung der Marktakteure und ihrer Verbände in die Vorbereitung und Ausarbeitung von Festlegungsentscheidungen Steuerung dieser Industrien soweit wie Möglichkeit der Netzbetreiber, Vorgaben möglich durch Selbstregulierungsmechanis- zum Netzzugang aus Rechtsvorschriften men und Regulierungsentscheidungen im Rahmen der Kooperationsvereinbarung auszugestalten und fortzuentwickeln Gewährleistungsverantwortung des Staates für das Privatisierungs- und/oder Liberalisierungsergebnis

Nachsteuern der BNetzA durch formale oder informale Instrumente, wenn es aus Sicht der Behörde zu Fehlentwicklungen bei der Umsetzung und Fortentwicklung des Netzzugangsmodells kommt

Die Kooperationsvereinbarung kann als Form der Verantwortungsteilung zwischen staatlichen und privaten Akteuren bei der Umsetzung des gesetzlichen Gasnetzzugangsmodells gesehen werden. Ihre Fortentwicklung erfolgt in Form regulierter Selbstregulierung durch Verbände der Netzbetreiber. Zwar ist der Gestaltungsspielraum dieser Verbände durch die Festlegungstätigkeit der BNetzA zunehmend eingeschränkt worden, aber grundsätzlich wird es auch weiterhin eine KoV geben und die Verbände werden auch weiterhin über eigene Gestaltungspielräume bei ihrer Ausgestaltung verfügen. In formaler Hinsicht stellen umfangreiche und detaillierte Festlegungen ein empirisches Merkmal des Regulierungsstaates dar. Allerdings werden bei ihrer

200

3. Teil: Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells

Ausarbeitung die Marktakteure und ihre Verbände in erheblichem Umfang beteiligt. Ihre Vorschläge, Konzepte oder Entwürfe fungieren häufig als Grundlage für eine Festlegungsentscheidung, weshalb ihr Entstehungsprozess Merkmale der Verantwortungsteilung aufweisen kann, da die Behörde ihre Entscheidungs- und Ermessensspielräume gegenüber den Marktakteuren geöffnet hat, um – sofern möglich – eine konsensuale Lösung zu ermöglichen. Diese beiden Aspekte zeigen, dass sich trotz der Übernahme des britischen Regulierungskonzepts Merkmale des Gewährleistungsstaates bei der Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells erhalten haben. Darüber hinaus haben die KoV und die Einbindung der Marktakteure in regulierungsbehördliche Entscheidungsprozesse einen wesentlichen Beitrag zur schnellen Umsetzung des gesetzlichen Gasnetzzugangsmodells geleistet.

4. Teil

Umsetzung der Anreizregulierung A. Ausgangslage Die Umsetzung der Anreizregulierung in Deutschland baute auf der kostenbasierten Netzentgeltgenehmigung, die von 2006 bis 2008 praktiziert wurde, auf, indem sie die genehmigten Kosten als Grundlage für den Effizienzvergleich heranzog. Die materiellen Grundlagen der kostenorientierten Genehmigung sind in § 21 EnWG festgelegt. Demnach sind die Entgelte auf der Grundlage der Kosten einer Betriebsführung zu bilden, die der Betriebsführung eines effizienten und strukturell vergleichbaren Netzbetreibers entspricht. Kosten und Kostenbestandteile, die sich in ihrem Umfang nicht im Wettbewerb einstellen würden, dürfen bei der Berechnung nicht berücksichtigt werden (Büdenbender 2008: 69 ff.). Mit § 23a EnWG hat der Gesetzgeber festgelegt, dass die Entgelte für den Zugang zu Gasversorgungsnetzen einer Ex-ante-Genehmigung durch die Regulierungsbehörden bedürfen, solange eine kostenorientierte Regulierung und keine Anreizregulierung praktiziert wird. Die Genehmigung ist gem. § 23a Abs. 3 EnWG vom Netzbetreiber mindestens sechs Monate vor dem Zeitpunkt zu beantragen, zu dem die Entgelte wirksam werden sollen. Dem Antrag sind die für die Prüfung erforderlichen Unterlagen beizufügen. Zu den erforderlichen Unterlagen gehört nach § 28 GasNEV ein Bericht, welcher ohne weitere Informationen einen sachkundigen Dritten in die Lage versetzt, die Kalkulation der beantragten Netzentgelte nachzuvollziehen. Trifft die Regulierungsbehörde nach Ablauf der sechs Monate keine Entscheidung, so gilt das beantragte Entgelt unter Vorbehalt des Widerrufs für ein Jahr als genehmigt (§ 23a Abs. 4 EnWG). Nach § 21 Abs. 2 EnWG kann von der vorgesehenen kostenorientierten Kalkulation der Netzentgelte abgesehen werden, wenn eine Rechtsverordnung dies vorsieht. Der Gesetzgeber hat bei der GasNEV von dieser Regelung Gebrauch gemacht und eine Abweichungsmöglichkeit für die überregionalen Fernleitungsnetzbetreiber in § 3 Abs. 2 GasNEV vorgesehen. Diese können von der kostenorientierten Entgeltregulierung ausgenommen werden, wenn zwischen ihnen ein Leitungswettbewerb besteht oder möglich ist und ihre Entgeltbildung im Rahmen eines marktorientierten Verfahrens oder einer wettbewerblichen Preisbildung erfolgt (Missling 2008: Rn. 23). Dies ist nach § 3 Abs. 2 GasNEV der Fall, wenn die überwiegende Zahl der Ausspeisepunkte des jeweiligen Netzes in Gebieten

202

4. Teil: Umsetzung der Anreizregulierung

liegt, die auch von den Fernleitungsnetzen anderer Netzbetreiber unter kaufmännisch sinnvollen Bedingungen erreicht werden können, oder die überwiegende Menge des transportierten Erdgases in Gebiete ausgespeist wird, die auch von den Fernleitungsnetzen anderer Netzbetreiber unter kaufmännisch sinnvollen Bedingungen erreicht werden können. Sollte ein überregionaler Fernleitungsnetzbetreiber sich in einem Leitungswettbewerb mit anderen überregionalen Fernleitungsnetzbetreibern befinden, so gelten für die Entgeltbildung die §§ 19 und 26 GasNEV. Nach § 19 Abs. 1 GasNEV erfolgt die Bildung von Ein- und Ausspeiseentgelten auf der Grundlage eines von der Regulierungsbehörde durchzuführenden Vergleichsverfahrens. Dieses Verfahren ist in § 26 GasNEV geregelt und sieht einen jährlichen Vergleich der überregionalen Fernleitungsnetze durch die Regulierungsbehörde vor, der auch die Fernleitungsnetze in anderen EU-Mitgliedstaaten einbeziehen kann. Ergibt dieses Verfahren, dass die Entgelte eines Netzbetreibers erheblich und sachlich nicht gerechtfertigt über den Netzentgelten eines strukturell vergleichbaren Netzbetreibers liegen, so hat dieser seine Netzentgelte sofort anzupassen (§ 19 Abs. 4 GasNEV). Als Übergangsregelung konnten die Netzbetreiber ihre Netzentgelte, die sie vor Inkrafttreten des EnWG erhoben haben, fortschreiben, bis ein Vergleichsverfahren durch die Regulierungsbehörde durchgeführt wurde (§ 19 Abs. 1 GasNEV).

I. Erste Genehmigungsrunde Die kostenbasierte Genehmigung der Netzentgelte verlief in zwei so genannten Genehmigungsrunden. Die erste Runde dauerte von Januar 2006 bis September 2007, da sich die Bearbeitung der Anträge aufgrund der Komplexität des Verfahrens und der Vielzahl der Anträge erheblich verzögert hatte. In der ersten Genehmigungsrunde verteilten sich die Netzentgeltanträge – wie in Tabelle 9 (s. u.) dargelegt – auf Bundesnetzagentur und Landesregulierungsbehörden. Vom Länderausschuss (§ 60a EnWG), der einen bundeseinheitlichen Vollzug zwischen der BNetzA und den Landesbehörden koordinieren soll, wurde vor Beginn des Genehmigungsverfahrens ein Arbeitskreis „Netzentgelte“ eingerichtet, um eine einheitliche Prüfung der Anträge durch BNetzA und Landesregulierungsbehörden zu gewährleisten (Monopolkommission 2007: 137). Bei der BNetzA beantragten außerdem 13 überregionale Fernleitungsnetzbetreiber eine Netzentgeltbildung nach § 19 GasNEV, da sie sich im Leitungswettbewerb mit anderen Fernleitungsnetzbetreibern befänden (Bundesnetzagentur 2007a: 147). Die BNetzA hat einen dieser Anträge relativ zügig im Rahmen eines Missbrauchsverfahrens abgewiesen, da es sich bei dem Antragsteller nicht um einen überregionalen Fernleitungsnetzbetreiber handelte. Er wurde aufgefordert, einen Netzentgeltantrag nach § 23a EnWG zu stellen (Bundesnetzagentur2007a: 147). Bei den restlichen Fernleitungsnetzbetreibern führte die BNetzA

A. Ausgangslage

203

Tabelle 9 Zahl der Anträge in der ersten Genehmigungsrunde Zuständigkeit

Anträge

Bundesnetzagentur • originäre Zuständigkeit • Organleihe

70 147

Baden-Württemberg

100

Bayern

97

Brandenburg

28

Hessen

41

Nordrhein-Westfalen

124

Rheinland-Pfalz

33

Saarland

20

Sachsen

37

Sachsen-Anhalt

26

Gesamt

723

Quelle: Monopolkommission 2007, S. 136.

Nachforschungen durch, um zu klären, ob diese sich im Leitungswettbewerb befanden. Hierzu wurden die Netzbetreiber aufgefordert, entsprechende Nachweise vorzulegen, und die BNetzA befragte 50 Netzkunden (Händler, Großabnehmer und Stadtwerke) zu dem Sachverhalt (Bundesnetzagentur 2007a: 147). Allerdings konnte dieses Verfahren nicht in der ersten Netzentgeltgenehmigungsrunde abgeschlossen werden, weshalb die Monopolkommission (2007: 139) die BNetzA aufforderte, strenge Kriterien bei der Auslegung von § 3 Abs. 2 GasNEV anzulegen, damit eine restriktive Kostenprüfung der Fernleitungsnetzbetreiber noch vor Beginn der Anreizregulierung möglich ist. Aus ihrer Sicht war es äußerst unbefriedigend, dass die Netzentgelte der Fernleitungsnetzbetreiber, die einen Großteil des Gesamtvolumens ausmachen, ungeprüft fortgeschrieben wurden. Zur Überprüfung der Kostenorientierung der beantragten Entgelte wurde von der BNetzA ein Vergleichsverfahren durchgeführt, das die Beurteilung der Effizienz der Netzbetreiber ermöglichen sollte (Monopolkommission 2007: 133). Zu diesem Zweck wurde am 01.11.2005 eine umfangreiche Abfrage der Kostendaten des Geschäftsjahres 2004 bei den Netzbetreibern gestartet (Bundesnetzagentur 2007a: 148). Die Netzbetreiber wurden anschließend an Hand ihrer Absatzdichte in verschiedene Strukturklassen eingeteilt, in denen verschiedene Vergleichskennzahlen, wie die Kosten des Netzbetriebs pro Kilometer Leitung,

204

4. Teil: Umsetzung der Anreizregulierung

verglichen wurden (Bundesnetzagentur 2006e: 83). Aufgrund unzureichender und offensichtlich fehlerhafter Datenlieferungen zog sich der Prozess der Konsolidierung und Auswertung bis in den Frühling 2006 hin (Bundesnetzagentur 2007a: 148). Die Ergebnisse des Vergleichsverfahrens wurden am 30.03.2006 mit den Netzbetreibern konsultiert und am 25.08.2006 im Amtsblatt veröffentlicht (Monopolkommission 2007: 133). Die Ergebnisse zeigten, dass innerhalb der Strukturklassen extreme Kostenunterschiede bestanden, deren Spannbreite bei bis zu 1.560 Prozent für die einzelnen Leitungen lag (Monopolkommission 2007: 133). Auf der Basis der Ergebnisse dieses Vergleichsverfahrens wurde die erste Genehmigungsrunde durchgeführt. Zunächst wurde nur die Vollständigkeit der Antragsunterlagen geprüft, da die Frist von sechs Monaten für die Bescheidung eines Antrags erst galt, wenn dieser vollständig bei der Regulierungsbehörde eingegangen war (Monopolkommission 2007: 134). Bei einer Vielzahl von Anträgen wurden Unterlagen nachgefordert, weshalb es zu erheblichen Verzögerungen kam (Monopolkommission 2007: 136). Anschließend wurden die Daten der Anträge plausibilisiert und ein genehmigungsfähiges Entgelt gebildet. Dieses wurde im Rahmen eines Anhörungsverfahrens mit dem Netzbetreiber besprochen, um die Ursachen von Diskrepanzen zwischen dem beantragten und genehmigungsfähigen Netzentgelt zu erörtern (Monopolkommission 2007: 133). Abschließend wurde die Höhe des genehmigten Netzentgelts beschieden. Das genehmigte Netzentgelt musste in das Preisblatt des Netzbetreibers aufgenommen und dieses anschließend an die Regulierungsbehörde geschickt werden, welche es dann veröffentlichte. Aufgrund der Vielzahl der Anträge und der Komplexität des Verfahrens konnten erst im August 2006 die ersten Bescheide durch die BNetzA erteilt werden (Monopolkommission 2007: 134). Bei den Landesregulierungsbehörden sah es ähnlich aus, wobei einige Behörden ihre Verfahren zügiger abschlossen als andere (Monopolkommission 2007: 137). Die BNetzA schaffte es bis Ende 2006 lediglich, 45 der 217 Anträge zu bescheiden, die immerhin 65 Prozent des Marktes, der von der BNetzA zu prüfen war, abdeckten (Bundesnetzagentur 2007a: 147). Die durchschnittliche Kostenkürzung durch die BNetzA lag bei 14 Prozent gegenüber dem beantragten Netzentgelt, und die höchste Kürzung betrug 32 Prozent (Monopolkommission 2007: 134). Bei den Landesregulierungsbehörden fielen diese Kürzungen tendenziell niedriger aus (Monopolkommission 2007: 134). Die genehmigten Entgelte waren bis zum 31.03.2008 gültig. Die BNetzA war in der ersten Genehmigungsrunde aufgrund von Informationsasymmetrien sowie zeitlichen und personellen Problemen nur zu einer schwerpunktmäßigen Prüfung der Anträge in der Lage, „weder eine umfassende Detailprüfung mit Vor-Ort-Prüfung noch eine Berücksichtigung der zahlreichen unternehmensindividuellen Besonderheiten“ war möglich (Monopolkommission 2007: 136). Hinzu kommt, dass für die Netzbetreiber ein großer Anreiz zur Aufblähung ihrer beantragten Kosten bestand, da die Regulierungsbehörde nur gel-

A. Ausgangslage

205

tend gemachte Kosten im Antragsverfahren berücksichtigen konnte (Schlack/ Boos 2008: 328). Laut Monopolkommission (2007: 138) erwiesen sich folgende Prüfungspunkte für die Behörden als besonders problematisch: die Bestimmung der kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens, die Berechnung der Eigenkapitalverzinsung, die Berücksichtigung der Gewerbesteuer und Plan-Ist-Abweichungen. Diese Bereiche wurden nicht von allen Regulierungsbehörden gleich behandelt, weshalb es teilweise zu abweichenden Vollzugspraktiken zwischen BNetzA und Landesregulierungsbehörden kam. Der Großteil der Genehmigungspraxis von BNetzA und Landesregulierungsbehörden wurde gerichtlich bestätigt. Allerdings kam es auch bei den wenigen Entscheidungen, die von den zuständigen Oberlandesgerichten für ungültig erklärt wurden, zu abweichenden Auslegungen der einschlägigen Rechtsvorschriften durch die Gerichte (Monopolkommission 2007: 138). Hinsichtlich der Spreizung der Netzentgelte in den Genehmigungen der Landesregulierungsbehörden merkte ein Vertreter einer Landesregulierungsbehörde an: „Das hat auch etwas mit der Altersstruktur der Netze zu tun. [. . .] Das macht sich letztendlich auch bei den Netzentgelten bemerkbar. Das heißt, daraus zu schlussfolgern, dass es eine unterschiedliche Regulierungspraxis gibt, ist nicht sachgerecht.“

Nach Ansicht der Monopolkommission (2007: 137) haben die langwierigen Verfahren dazu geführt, dass sich der Wettbewerb nur zögerlich entwickeln konnte, da die ausstehenden Genehmigungen es für Gashändler unmöglich machten, die Preise für ihre Kunden zu kalkulieren.

II. Zweite Genehmigungsrunde Da die Netzentgeltgenehmigungen aus der ersten Genehmigungsrunde bis zum 31.03.2008 befristet waren, mussten die Gasnetzbetreiber gemäß § 23a Abs. 3 EnWG bis zum 01.10.2007 einen neuen Antrag stellen. Dieser sollte bis spätestens zum 31.12.2008 beschieden werden, um am 01.01.2009 in die Anreizregulierung starten zu können (Bundesnetzagentur 2008e: 132). Für kleinere Netzbetreiber mit weniger als 15.000 angeschlossenen Kunden wurde ein vereinfachtes Verfahren eingeführt, so dass diese, sofern sie es beantragten, ihre genehmigten Netzentgelte aus der ersten Genehmigungsrunde bis zum Beginn der Anreizregulierung am 01.01.2009 fortschreiben konnten (Monopolkommission 2009: 78). Die in der ersten Genehmigungsrunde zugrunde gelegten Kosten wurden in diesem Fall auch für den Effizienzvergleich und die Festlegung von Erlösobergrenzen in der Anreizregulierung herangezogen. Bei der BNetzA machten 120 kleinere Netzbetreiber von dieser Möglichkeit Gebrauch, so dass sich die Zahl der zu prüfenden Anträge für die BNetzA um mehr als die Hälfte reduziert hatte (Bundesnetzagentur 2008a: 173). Die Monopolkom-

206

4. Teil: Umsetzung der Anreizregulierung

mission (2009: 79) bewertete das vereinfachte Verfahren kritisch, da es dazu führen würde, dass, wenn in der ersten Genehmigungsrunde zu hohe Kosten anerkannt und zu hohe Netzentgelte genehmigt wurden, diese erst langsam in der Anreizregulierung abgeschmolzen würden. Durch das vereinfachte Verfahren und die Erfahrungen aus der ersten Genehmigungsrunde konnten in der zweiten Genehmigungsrunde die Prüfungsschwerpunkte ausgeweitet werden, und es kam zu einer intensiveren Prüfung der einzelnen Anträge (Monopolkommission 2009: 77). Während sich die erste Genehmigungsrunde im Wesentlichen auf die Kapitalkosten (insbesondere Abschreibungen) konzentrierte, konnten in der zweiten Runde auch die operativen Kosten (insbesondere Betriebskosten) einer intensiveren Prüfung unterzogen werden (Bundesnetzagentur 2008a: 174). Die Kostenprüfung konnte bis Mitte 2008 abgeschlossen werden (Bundesnetzagentur 2009a: 149). Allerdings kam es auch weiterhin zu Abweichungen zwischen der Entscheidungspraxis der BNetzA und der Landesregulierungsbehörden bei der Genehmigung der beantragten Netzentgelte (Monopolkommission 2009: 79 f.). Die Monopolkommission sah die Ursachen für Abweichungen in der geringeren Personalausstattung (2007: 137), Expertise (2009: 80) und Unabhängigkeit (2009: 80) der Landesregulierungsbehörden gegenüber der BNetzA. Die zweite Genehmigungsrunde hat hinsichtlich der genehmigten Netzentgelte im Wesentlichen die Ergebnisse der ersten Runde bestätigt, so dass es, wenn überhaupt, nur zu leichten Kostenkürzungen kam (BNetzA 2009a: 150). Ein direkter Vergleich zur ersten Netzentgeltgenehmigungsrunde war nicht möglich, weil sich die Netzstruktur durch Zusammenschlüsse und Verkäufe verändert hatte (BNetzA 2009a: 150). Beim Umstieg auf die Anreizregulierung war ein leichter Anstieg der Netzentgelte zu verzeichnen, der auf Mengeneffekte zurückgeführt wurde, da durch die Wirtschaftskrise der Gasverbrauch abgenommen hatte, aber die Netzkosten weitestgehend gleich geblieben waren, so dass die tatsächlichen Kürzungen der Netzentgelte nicht abgebildet wurden (BNetzA 2009b: 148). Seit Einführung der Anreizregulierung sind die Netzentgelte weiter gestiegen, so dass sie inzwischen sogar über dem Niveau der Netzentgelte bei der Einführung der Netzentgeltgenehmigung liegen (BNetzA 2011e: 184). Allerdings wird in jüngster Zeit wieder ein leichtes Absinken der Netzentgelte konstatiert (BNetzA 2011e: 184; BNetzA/ BKartA 2012: 189). Hinsichtlich der überregionalen Fernleitungsnetzbetreiber, die geltend gemacht hatten, dass sie sich gemäß § 3 Abs. 2 GasNEV im Leitungswettbewerb mit anderen Netzbetreibern befänden, entschied die BNetzA im Oktober 2008, dass sie keinem Leitungswettbewerb ausgesetzt sind und ihre Netzentgelte kostenorientiert zu bilden haben (Bundesnetzagentur 2009b: 147). Ihnen wurde eine Frist von zwei Monaten eingeräumt, um Netzentgeltgenehmigungsanträge gemäß

B. Umstieg auf die Anreizregulierung

207

§ 23a EnWG zu stellen (Bundesnetzagentur 2010b: 209). Die Verfahren konnten bis Oktober 2009 abgeschlossen werden und bei der Überprüfung der Anträge wurden die beantragten Netzentgelte um bis zu 28 Prozent abgesenkt (Bundesnetzagentur 2010b: 209). Die den Anträgen zugrundeliegenden Kosten lieferten auch die Ausgangsbasis für den Effizienzvergleich zur Überführung der überregionalen Fernleitungsnetzbetreiber in die Anreizregulierung, die nach § 34 Abs. 5 ARegV für den 01.01.2010 vorgesehen war (Weyer 2008: 267). Ein umstrittenes Thema bei der Netzentgeltgenehmigung war die so genannte Mehrerlösabschöpfung durch die Regulierungsbehörden (Schlack/Boos 2008: 323; Monopolkommission 2009: 76; Jacob 2009: 42 ff.). Durch die Verzögerung der Netzentgeltgenehmigungen konnten die Netzbetreiber überhöhte Netzentgelte fortschreiben, weshalb die Regulierungsbehörden in der nachfolgenden Genehmigungsrunde beabsichtigten, diese Mehrerlöse nachträglich abzuschöpfen. Der BGH bestätigte am 14. August 2008 dieses Anliegen und entschied, dass die in 2006 bzw. 2007 erzielten Mehrerlöse nicht bei den Netzbetreibern verbleiben dürften (BNetzA 2010b: 209). Deshalb hat die BNetzA 2009 eine pauschalierte Mehrerlösabschöpfung bei den in ihre Zuständigkeit fallenden Verteil- und Fernleitungsnetzbetreibern vorgenommen (BNetzA 2010b: 209). Da für die überregionalen Fernleitungsnetzbetreiber noch keine genehmigten Netzentgelte vorlagen, wurde für sie die Mehrerlösabschöpfung für den Einstieg in die Anreizregulierung angesetzt (BNetzA 2010b: 209).

B. Umstieg auf die Anreizregulierung I. Erste Regulierungsperiode 1. Vorbereitung Zur Vorbereitung des Effizienzvergleichs erließ die BNetzA im Januar 2008 zwei Festlegungen, die regelten, welche Daten von den unter ihre Zuständigkeit fallenden Verteilnetzbetreibern (BNetzA 2008f) und regionalen Fernleitungsnetzbetreibern (BNetzA 2008g) für den Effizienzvergleich noch benötigt wurden. Die Datenformate wurden jeweils vor Einleitung des formalen Verfahrens mit den entsprechenden Verbänden und Unternehmen konsultiert (vgl. BNetzA 2008f: 3; 2008g: 3). Mit Einleitung der Verfahren wurde der Entwurf der Festlegungen veröffentlicht und zur Konsultation gestellt. Beim Verfahren zu den Fernleitungsnetzbetreibern wurden sechs Stellungnahmen (BNetzA 2008f: 3), beim Verfahren zu den Verteilnetzbetreibern 20 Stellungnahmen (BNetzA 2008g: 3) abgegeben. Weder das BKartA noch die Landesregulierungsbehörden haben Stellungnahmen abgegeben. Die Landesregulierungsbehörden haben entweder entsprechende eigene Festlegungen getroffen oder sich der Festlegung der BNetzA angeschlossen.

208

4. Teil: Umsetzung der Anreizregulierung

2. Effizienzvergleich der Verteilnetzbetreiber Im Frühjahr 2008 wurden von der BNetzA erstmalig getrennte Effizienzvergleiche für die Verteilnetzbetreiber und regionalen Fernleitungsnetzbetreiber durchgeführt. Kleinere Verteilnetzbetreiber – an deren Netz weniger als 15.000 Kunden angeschlossen waren – hatten nach § 24 ARegV die Möglichkeit, nicht am Effizienzvergleich teilzunehmen, wenn sie einen Effizienzwert von 87,5 Prozent akzeptierten. Tabelle 10 zeigt die Aufteilung zwischen den Teilnehmern am regulären und vereinfachten Verfahren sowie die endgültigen Ergebnisse und Streuung der Effizienzwerte. Zur Vorbereitung der Effizienzvergleiche hat die BNetzA bei den Netzbetreibern die vorhandenen Kostendaten durch eine zusätzliche Datenabfrage ergänzt und in eine so genannte „Überleitungsrechnung“ übertragen (Franz/Richter 2008: 21). Die Netzbetreiber konnten ihre Überleitungsrechnung einsehen und Datenkorrekturen beantragen (Küper 2010: 65 ff.). Hierbei kam es zu teilweise erheblichen Verzögerungen, weil die Netzbetreiber nicht oder nur unvollständig geliefert hatten, wie ein Vertreter einer Landesregulierungsbehörde anmerkte: „Wir hatten denselben Ablauf [wie bei der kostenbasierten Regulierung] und dieselben Probleme. Natürlich gab es dezidierte Anforderungen, was zu liefern ist, aber die meisten Unternehmen haben unvollständig geliefert, zumindest in unserem Sinne unvollständig, weil die im Grunde schon versucht haben, vollständig zu liefern. Wir hakten nach, dann gab es Rückfragen, so dass wir alles Punkt für Punkt abarbeiten mussten.“

Die Durchführung des Effizienzvergleichs für die Verteilnetzbetreiber war mit erheblichen organisatorischen und inhaltlichen Herausforderungen verbunden, weshalb die BNetzA für die Durchführung die Sumicsid-Gruppe – ein internationales Beratungsunternehmen, das sich auf Effizienzvergleiche spezialisiert hat – hinzuzog, die für die Parameterauswahl und den Effizienzvergleich zuständig war (Küper 2010: 62 ff.). Ein Grundproblem der Modellbildung war, dass sich aus wissenschaftlicher Perspektive kein optimales Modell für die Anreizregulierung ableiten lässt und die Literatur zu widersprüchlichen Ergebnissen kommt (Sumicsid 2008: 20), weshalb jeweils zwei DEA- und SFA-Modelle mit standardisierten und nicht standardisierten Kosten bei der Durchführung des Effizienzvergleichs verwendet wurden (BNetzA 2008e: 150). Sumicsid (2008: 95) hatte hierzu zehn Parameter als Kostentreiber identifiziert, die die netzwirtschaftliche Leistungserbringung und gebietsstrukturellen Besonderheiten der Netzbetreiber widerspiegeln sollten: (1.) Gesamtzahl der Ausspeisepunkte an Letztverbraucher, (2.) Größe der versorgten Fläche, (3.) zeitgleiche Jahreshöchstlast aller Ausspeisungen, (4.) potenzielle Jahreshöchstlast aller Ausspeisungen, (5.) potenzielle Anzahl der Anschlusspunkte, (6.) Netzlänge der Druckstufen kleiner als fünf bar, (7.) Netzlänge der Druckstufen größer als fünf bar, (8.) Rohrvolumen, (9.) Gesamtbevölkerung des versorgten Gebiets im Jahr 1995 und (10.) Gesamtbevölkerung des versorgten Gebiets im Jahr 2006. Als Datengrundlage für den Effizienz-

B. Umstieg auf die Anreizregulierung

209

Tabelle 10 Ergebnisse des ersten Effizienzvergleichs für die Gasnetzbetreiber Vereinfachtes Reguläres Durchschnitt- Niedrigster Höchster Wert Verfahren Verfahren licher Wert im im regulären Effizienzwert regulären Verfahren im regulären Verfahren (Anzahl) Verfahren Baden-Württemberg

87

12

88,14%

82,40%

96,90% (1)

Bayern

90

13

82,77%

60,00%

100% (1)

Berlin*



2

100%

100%

100% (2)

Brandenburg

22

4

100%

100%

100% (4)

Bremen*



1

100%

100%

100% (1)

Hamburg



1

99,07%

99,07%

99,07% (1)

Hessen

32

8

88,08%

83,30%

95,40% (1)

MecklenburgVorpommern*

19

3

92,74%

80,61%

100% (1)

Niedersachsen*

48

17

94,43%

82,67%

100% (6)

Nordrhein-Westfalen

76

40

85,04%

60,00%

100% (2)

Rheinland-Pfalz

21

11

82,87%

62,51%

100% (2)

Saarland

17

3

90,14%

78,60%

85,30% (1)

Sachsen

32

5

93,70%

72,90%

100% (1)

Sachsen-Anhalt

23

3

93,70%

82,20%

100% (1)

Schleswig-Holstein*

32

5

90,24%

82,20%

100% (1)

Thüringen*

25

5

78,92%

60,39%

90,02% (1)

BNetzA (Verteilnetze)

13

64

88,89%

73,71%

100% (1)

BNetzA (Fernleitungsnetze)



9

96,17%

86,02%

100% (5)

Quelle: Küper 2010: 32 und 37 (ergänzt)/* Organleihe

vergleich diente ein Datensatz der BNetzA, der die Daten von über 188 Verteilnetzbetreibern enthielt (Sumicsid 2008: 46). Die Robustheit der Ergebnisse wurde durch zwei analytische Verfahren geprüft, die nicht berücksichtigte Parameter einschlossen (Sumicsid 2008: 74). Als individueller Effizienzwert wurde das beste Ergebnis der insgesamt vier durchgeführten Vergleichsverfahren verwendet (BNetzA 2008e: 150).

210

4. Teil: Umsetzung der Anreizregulierung

Im Rahmen mehrerer Anhörungen der Marktakteure wurden Mitte 2008 die vorläufigen Ergebnisse des Effizienzvergleichs, die Methoden und die Auswahl der Parameter vorgestellt und die Möglichkeit zu schriftlichen Stellungnahmen zum Verfahren gegeben (Kurth 2008: 10). Anfang Oktober wurden den Netzbetreibern Anhörungsschreiben mit ihren individuellen Effizienzwerten zugestellt, zu denen sie Stellung nehmen konnten (Franz/Richter 2008: 20). Trotz der Verzögerungen konnten für den Gasbereich die 214 von der BNetzA betreuten Verfahren zur Festlegung von Erlösobergrenzen bis Ende 2008 abgeschlossen werden (BNetzA 2009a: 155). Die Landesregulierungsbehörden konnten ebenfalls den Großteil ihrer Verfahren nahezu fristgerecht abschließen. Rein theoretisch hätten Landesregulierungsbehörden neben dem Effizienzvergleich der BNetzA eigene Effizienzvergleiche durchführen können. Angesichts der Komplexität des Verfahrens und des damit verbundenen Aufwands haben aber alle Landesregulierungsbehörden davon Abstand genommen, wie ein Vertreter einer Landesregulierungsbehörde schilderte: „Das waren nur Gedankenspiele [ein eigener Effizienzvergleich]. Wir hätten als Landesregulierungsbehörde gar nicht die erforderliche Manpower gehabt. Wir versuchen außerdem, im Arbeitskreis immer eine gewisse Einheitlichkeit der Regulierung herzustellen. Ein eigener Effizienzvergleich wäre das Gegenteil.“

3. Kritik am Effizienzvergleich der Verteilnetzbetreiber Am Effizienzvergleich der Verteilnetzbetreiber wurde von Netzbetreiberseite kritisiert, dass die Datenplausibilisierung durch die BNetzA nur unzureichend gewesen sei. Denn es war zu einer Vielzahl von Fehlmeldungen durch die Netzbetreiber bei der Datenabfrage gekommen (Küper 2010: 66). Bei einem parallel von den Verbänden BDEW und VKU durchgeführten Effizienzvergleich hat man bei rund der Hälfte der Datenquittungen, die die Netzbetreiber von der BNetzA erhalten hatten, fehlerhafte Daten entdeckt, die nur teilweise für den Effizienzvergleich korrigiert werden konnten, weil die BNetzA unter zu großem Zeitdruck stand (Kutschke u. a. 2009: 80; Franz/Richter 2008: 21; Kutschke u. a. 2009: 79 ff.; Küper 2010: 65). Deshalb ist es laut einem Interview mit einem Vertreter des VKU teilweise zu nachträglichen Korrekturen der Effizienzwerte bei den betroffenen Unternehmen gekommen: „Das Problem entstand dadurch, dass viele Unplausibilitäten erst im Nachhinein durch unsere Berater entdeckt wurden. Die Netzbetreiber haben dann eine nachträgliche Korrektur ihres Effizienzwerts bekommen, nachdem der Benchmark gelaufen ist.“

Fraglich ist, ob und inwieweit die Gesamtergebnisse durch Probleme der Datenqualität beeinflusst wurden. Ein Vertreter einer Landesregulierungsbehörde kommentierte die Probleme der Datenabfrage und Plausibilisierung folgendermaßen:

B. Umstieg auf die Anreizregulierung

211

„Ich will nicht ausschließen, dass es nicht richtige Angaben im Effizienzvergleich gegeben hat. [. . .] Die Daten sind natürlich nicht bis ins letzte Detail geprüft worden, das war vom Zeitaufwand her gar nicht möglich. [. . .] Sie müssen sich auf das verlassen, was aus dem System des Netzbetreibers herauskommt. Sie fahren ja nicht zum Netzbetreiber raus und zählen die physischen Anschlusspunkte vor Ort, das geht ja gar nicht mit der Anzahl der Mitarbeiter. Ich will das nur noch mal sagen, die Netzbetreiber wissen manchmal selber nicht, wie ihre Daten aussehen. [. . .] Was ich erschreckend finde. Eigentlich müsste ein Unternehmen die eigenen Daten kennen.“

4. Effizienzvergleiche der Fernleitungsnetzbetreiber Für die nicht überregionalen Fernleitungsnetzbetreiber ist erst in 2009 ein nationaler Effizienzvergleich durchgeführt worden, da für sie die erste Regulierungsperiode erst am 01.01.2010 begann, weil es aufgrund der Verfahren zur Freistellung von der kostenorientierten Entgeltgenehmigung zu Verzögerungen gekommen war (BNetzA 2010a: 181). Zur Vorbereitung des Effizienzvergleichs der überregionalen Fernleitungsnetzbetreiber wurde am 22.07.2009 eine Festlegung (BNetzA 2009c) erlassen, welche die Erhebung entsprechender Daten regelte. Das Verfahren wurde mit der Veröffentlichung des Festlegungsentwurfs eröffnet (BNetzA 2009c: 3), zu dem die Netzbetreiber und Verbände Stellung nehmen konnten. Landesregulierungsbehörden und BKartA haben keine Stellungnahme abgegeben. Bei der Bestimmung der Effizienzwerte kam es aufgrund der geringen Datenmenge und der Datenqualität zu erheblichen Problemen, weshalb in Oktober 2009 zunächst nur vorläufige Erlösobergrenzen genehmigt wurden (BNetzA 2011a: 183 ff.). Das Verfahren konnte erst im Frühjahr 2011 abgeschlossen werden, nachdem – laut einem Vertreter eines Fernleitungsnetzbetreibers – teilweise erhebliche Anpassungen an den Effizienzwerten vorgenommen wurden. Von neun Fernleitungsnetzbetreibern wiesen acht Unternehmen einen Effizienzwert von 100 Prozent auf. Nur die Statoil Deutschland Transport GmbH hatte mit 91,37 Prozent einen Effizienzwert unter 100 Prozent (BNetzA 2011l). Aufgrund strittiger Einzelfragen zu einzelnen Elementen der Anreizregulierung wird angenommen, dass Rechtssicherheit für diese Elemente erst durch höchstrichterliche Entscheidungen des BGH zu erzielen sein wird (Theobald/ Zenke/Lange 2011: 1068).

II. Zweite Regulierungsperiode Der gemittelte Effizienzwert aus der ersten Regulierungsperiode nach § 24 Abs. 2 S. 2 ARegV wurde im Dezember 2010 bekannt gegeben, er gilt für die Verteilnetzbetreiber, die sich in der zweiten Regulierungsperiode für das vereinfachte Verfahren entscheiden. Er liegt für Stromnetzbetreiber bei 96,14 und für Gasnetzbetreiber bei 89,97 Prozent (BNetzA 2010c). Der Effizienzwert für die

212

4. Teil: Umsetzung der Anreizregulierung

zweite Regulierungsperiode liegt im Ergebnis ca. 2,5 Prozent über dem der ersten Periode, weshalb anzunehmen ist, dass die Verteilnetzbetreiber, die sich bereits in der ersten Periode für das vereinfachte Verfahren entschieden haben, dies auch in der zweiten tun werden. Denn es ist nicht zu erwarten, dass für sie ein besonderer Anreiz für die Teilnahme am Effizienzvergleich besteht, da sie in der Regel nicht über das Kapital verfügen, um die Vorteile der Teilnahme – z. B. die Möglichkeit zur Beantragung von Investitionsmaßnahmen – in Anspruch zu nehmen. Die zweite Regulierungsperiode für den Gasbereich hat am 01.01.2013 begonnen, weshalb bereits 2012 neue Effizienzwerte und Erlösobergrenzen festgelegt werden mussten. Zur Vorbereitung der zweiten Regulierungsperiode hat die BNetzA bereits 2011 mit einer Kostenprüfung zur Bestimmung des Ausgangsniveaus begonnen (BNetzA 2012a: 180). Die Vorgaben zur Kostenprüfung wurden durch die BNetzA am 13.04.2011 in Festlegungen für die in die Bundeszuständigkeit und Organleihe fallenden Verteilnetzbetreiber geregelt. Gegenstand dieser Festlegungen sind die erforderlichen Daten und dazugehörige Erhebungsbögen, die zur Vorbereitung des Effizienzvergleichs benötigt werden (vgl. BNetzA 2011h). Das Verfahren wurde am 03.03. 2011 mit der Veröffentlichung des Festlegungsentwurfs eingeleitet. Den Netzbetreibern, Landesregulierungsbehörden und dem BKartA wurde die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben (BNetzA 2011h: 5). Allerdings haben nur die Netzbetreiber und ihre Verbände davon Gebrauch gemacht. Es sind insgesamt 55 Stellungnahmen abgegeben worden.1 Ein Vertreter einer Landesregulierungsbehörde gab an, dass sich die Landesregulierungsbehörden solchen Festlegungen in der Regel per Rundschreiben an die Netzbetreiber anschließen und keine eigenen Festlegungen ausarbeiten: „In Bereichen wie bei den Erhebungsbögen für den Gasbereich – die hat die BNetzA per Festlegung [für die Netzbetreiber, für die sie zuständig ist] in Kraft gesetzt – haben wir keine eigene Festlegung getroffen. Wir behalten uns vor, das zu machen, wenn ein Netzbetreiber den Bogen der BNetzA nicht nimmt.“

Am 12.07.2011 wurde eine ähnliche Festlegung für die Fernleitungsnetzbetreiber getroffen (BNetzA 2011i). Das Verfahren wurde am 06.04.2011 mit der Veröffentlichung des Festlegungsentwurfs eingeleitet. Den betroffenen Wirtschaftskreisen wurde die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben, und am 05.05.2011 fand eine Anhörung statt (BNetzA 2011i: 4). Insgesamt wurden 20 Stellungnahmen abgegeben. Dem Länderausschuss und dem BKartA wurde ebenfalls die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben, aber es wurden keine Stellungnahmen eingereicht. Am 26.10.2011 wurde eine Festlegung (BNetzA 2011j) zur Ermittlung der Tagesneuwerte der nach § 6 Abs. 3 GasNEV anzuwendenden Preisindizes getroffen, 1

Verbände: BDEW, VKU, GEODE. – Unternehmen: 52 Stellungnahmen.

B. Umstieg auf die Anreizregulierung

213

die als Grundlage für die Berechnung der kalkulatorischen Abschreibung des Sachanlagevermögens bei der zweiten Regulierungsperiode zur Anwendung kommen. Das Verfahren wurde am 20.07.2011 eröffnet und ein Entwurf der Festlegung mit der Möglichkeit zur Stellungnahme veröffentlicht (BNetzA 2011j: 2). Außerdem fand am 04.08.2011 ein öffentlicher Konsultationstermin statt, zu dem Vertreter der Verbände BDEW, VKU und GEODE eingeladen waren. Dem Länderausschuss und dem BKartA wurde die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben, aber es wurden keine Stellungnahmen eingereicht (BNetzA 2011j: 3). Im November 2011wurde von der BNetzA die Eigenkapitalverzinsung für die zweite Regulierungsperiode festgelegt, die bei 9,05 Prozent für Neu- und 7,14 Prozent für Altanlagen liegt (BNetzA 2012a: 181). In 2012 wurde ein Effizienzvergleich für die zweite Regulierungsperiode durchgeführt, aber derzeit – Februar 2014 – sind noch keine Effizienzwerte veröffentlicht worden, obwohl die Regulierungsperiode bereits im Januar 2013 begonnen hat. Laut Bundesnetzagentur (BNetzA/BKartA 2013: 203) ergab sich im Effizienzvergleich für die Verteilnetzbetreiber ein durchschnittlicher Effizienzwert von 92,1 Prozent. Dieser Wert liegt 4,8 Prozent über dem durchschnittlichen Wert des ersten Effizienzvergleichs. Bei dem parallel für die Fernleitungsnetzbetreiber durchgeführten Effizienzvergleich ergab sich in 11 von 12 Fällen ein Effizienzwert von 100 Prozent (BNetzA/BKartA 2013: 203)

III. Auswirkungen auf die Investitionsfähigkeit In Großbritannien hat die Einführung der Anreizregulierung zu einer erheblichen Investitionszurückhaltung bei den Netzbetreibern geführt, weshalb in einigen Bereichen darüber diskutiert wird, ob man die Netze nicht wieder verstaatlichen sollte, um die notwendigen Investitionen in die Infrastruktur zu gewährleisten (Helm 2010: 318). Fraglich ist, ob die deutsche Anreizregulierung, die sich – zumindest teilweise – am britischen Ausgangsmodell orientiert hat, unter denselben Investitionsproblemen leidet bzw. leiden wird (vgl. Paskert 2010: 125). Zu diesem Punkt haben BNetzA und Netzbetreiberverbände unterschiedliche Grundauffassungen, insbesondere im Hinblick auf die Verteilnetze. Die Konferenz der Landeswirtschaftsminister hat aus diesem Grund 2008 ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die Investitionsfähigkeit der Verteilnetzbetreiber unter der Anreizregulierung untersuchen sollte (BNetzA 2011a: 181). Ein Vertreter des VKU merkte dazu an: „Wir haben damals gesagt, dass es im Entwurf der Anreizregulierungsverordnung zahlreiche Mängel gibt, die diskutiert werden müssen. Das ist bis zur Wirtschaftsministerkonferenz der Länder gegangen. Diese hat dann das BMWi darum gebeten, einen Bericht über die langfristigen Auswirkungen der Netzentgeltentwicklung zu erstellen und der Wirtschaftsministerkonferenz vorzulegen. Diesen Auftrag hat das

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4. Teil: Umsetzung der Anreizregulierung

BMWi anschließend an die BNetzA übergeben, welche wiederum einen Gutachter beauftragt hat, das zu überprüfen. Das heißt, derjenige, der geprüft werden soll, lässt prüfen.“

Die BNetzA hat das Wissenschaftliche Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste GmbH (WIK) mit der Erstellung eines entsprechenden Gutachtens betraut. Dieses führte drei Workshops im WIK und drei Expertendialoge unter dem Dach des BMWi durch, um seinen Ansatz und die Zwischenstände mit den Interessengruppen zu diskutieren (Growitsch/Müller/Stronzik 2010: 9). An den Sitzungen nahmen neben Vertretern der Landesregulierungsbehörden, der BNetzA und des BMWi auch Vertreter der Verbände BDEW, VKU und GEODE teil. Das abschließende Gutachten wurde im April 2010 veröffentlicht und kam zu dem Schluss, dass die Investitionsfähigkeit der Verteilnetzbetreiber unter den gegebenen regulatorischen Rahmenbedingungen gewährleistet sei und diese eine angemessene Kapitalverzinsung realisieren können (Growitsch/Müller/Stronzik 2010: 27). Aufgrund der Unzufriedenheit mit den Grundannahmen und den Ergebnissen des WIK-Gutachtens beauftragten VKU und BDEW eigene Gutachten, welche zu vollkommen anderen Ergebnissen kamen. Besonders kritisiert wurde in diesen Gutachten (Greszik/Heims 2010: 5 ff.; Büdenbender 2011: 9 ff.), dass Kapitalkosten von Neuinvestitionen erst in der nächsten Regulierungsperiode erlöswirksam werden (so genannter negativer Sockel), da sie erst dann bei der Berechnung der Erlösobergrenze berücksichtigt würden, während Altanlagen, die bereits abgeschrieben sind, trotzdem noch erlöswirksam seien (so genannter positiver Sockel/goldenes Ende). Dadurch komme es zu Anreizverzerrungen. Energiewirtschaftlich gebotene Investitionen würden aufgrund des negativen Sockels ausbleiben. Die Monopolkommission (2011: 102) kritisiert, dass die Genehmigung von Investitionen durch die Regulierungsbehörden grundsätzlich problematisch sei, da die Behörden diese als Hebel zur Gewinnabschöpfung nutzen könnten, obwohl Effizienzgewinne doch zunächst bei den Unternehmen verbleiben sollten, um die Investitionsfähigkeit sicherzustellen, weshalb man langfristig „über grundsätzliche Veränderungen der Berücksichtigungsmöglichkeit von Investitionen im Rahmen der Entgeltregulierung“ nachdenken sollte. Vor dem Hintergrund britischer Erfahrungen solle man bei Erweiterungsinvestitionen großzügiger verfahren, insbesondere mit Blick auf die Aus- und Umbauanforderungen, die sich aus der Energiewende ergeben würden. Das BMWi hat im Zuge der Kritik an der Investitionsfähigkeit der Verteilnetzbetreiber zur Weiterentwicklung der Anreizregulierung – insbesondere der Investitionsförderung – ein Forschungsprojekt gefördert, dessen Ergebnisse sich am neuen britischen Modell orientieren und einen Investitionsbonus für Neuinvestitionen und eine Flexibilisierung des Regulierungsrahmens im Investitions-

B. Umstieg auf die Anreizregulierung

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bereich nahelegen (Brunekreeft u. a. 2011: 21 ff.). Denn die derzeitige Ausgestaltung der Anreizregulierung würde zu wenig Investitions- und Innovationsanreize setzen. Die nächsten Jahre werden zeigen, inwieweit es tatsächlich zu Investitionszurückhaltungen durch die Anreizregulierung kommt. Der kürzlich von der BNetzA (2014: 3) vorgelegte Bericht zur Umsetzung der Anreizregulierung in den Jahren 2009–2011 klammert die Frage nach den möglichen Auswirkungen der Anreizregulierung auf die Investitionsfähigkeit der Netzbetreiber aus. In den Interviews wurde von Seiten der Netzbetreiberverbände und Unternehmen bereits von Investitionsstopps gesprochen, während Vertreter der Regulierungsbehörden angaben, keine signifikanten Veränderungen im Investitionsverhalten bemerkt zu haben. Ein Vertreter des BDEW schilderte die Investitionsproblematik folgendermaßen: „Wir haben enormen Investitionsbedarf, aber wir gehen davon aus, dass derzeit weniger investiert wird als ohne Regulierung investiert würde. Das zeigt sich auch am Markt, wo man im Open-Season-Verfahren der Fernleitungsnetzbetreiber mehrfach überzeichnete Kapazitätsanfragen hat, aber die Fernleitungsnetzbetreiber nicht bereit sind, mehr zu investieren. [. . .] Jetzt ist es so, dass die Netznutzer sogar bereit wären, für den Ausbau mehr zu bezahlen, aber sich das für den Netzbetreiber nicht rechnet, weil er sich bei bestimmten Konstellationen sogar im Benchmarking verschlechtern kann. Das ist das Paradoxe an der Regulierung.“

In die gleiche Richtung geht folgende Aussage eines Vertreters eines Fernleitungsnetzbetreibers: „Wir haben kein Interesse, Geld in Neuanlagen zu den aktuellen Bedingungen zu investieren. Deshalb versuchen wir derzeit, nicht zu investieren, wenn wir es nicht müssen. Wir sind da sehr zurückhaltend.“

Dieselbe Aussage wurde auch von einem Vertreter eines Stadtwerks gemacht: „Es muss Anreize geben, in Netze zu investieren. Der ist nicht da, wenn ich nur sieben bis neun Prozent Rendite im Netz habe. Dann baue ich lieber zwei, drei Blockheizkraftwerke, da habe ich dann zwölf bis dreizehn Prozent Rendite. Das Geld ist knapp, also muss ich meine Investitionen sehr gut auswählen. Derzeit gibt es lukrativere unternehmerische Tätigkeiten als den Netzbetrieb. Deswegen ist es heute keine Anreizregulierung. Ich behaupte mal, dass wir derzeit eine Reinvestitionsrate von nur 0,7 Prozent haben. [. . .] Wir leben momentan auf Kosten der Substanz.“

Wahrscheinlich ist die teilweise dramatisch geschilderte Investitionszurückhaltung auch der Tatsache geschuldet, dass man noch nicht über die entsprechenden Erfahrungen mit der Anreizregulierung verfügt und sich erst einmal in das neue System hineinfinden muss. Grundsätzlich haben die Regulierungsbehörden und der Verordnungsgeber – insbesondere vor dem Hintergrund der Energiewende – ein großes Interesse daran, dass in ausreichendem Maße in den Um- und Ausbau der Netze investiert wird. Die Bundesregierung (2010b: 10) hat in ihrem Energiekonzept – mit Blick auf die damit verbundene Energiewende – angekündigt, dass

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4. Teil: Umsetzung der Anreizregulierung

geprüft werden muss, ob und inwieweit der Regulierungsrahmen für den Netzausbau überarbeitet werden muss. Allerdings bezieht sie sich hierbei nur auf die Übertragungs- und Fernleitungsnetze und die damit verbundenen Netzentwicklungspläne (vgl. hierzu Kühling 2012: 94). Grundsätzlich scheint ein prinzipieller und konzeptioneller Konflikt zwischen den Zielen der Energiewende und der Anreizregulierung zu bestehen, da die Anreizregulierung auf die Optimierung von Bestandsnetzen ausgerichtet ist, während die Energiewende den vollständigen Neu- und Umbau der Netze anstrebt. Damit dies erreicht wird, müssen die Investitionsanreize, insbesondere auf der Ebene der Verteilnetzbetreiber, deutlich verbessert werden, da diese im Rahmen der Anreizregulierung sonst nicht im erforderlichen Maß investieren werden. Ein Indikator dafür, dass die Investitionsfähigkeit bzw. -bereitschaft unter der Anreizregulierung zum Problem geworden ist, ist die Änderung von § 33 Abs. 1 ARegV in Jahr 2013. Usprünglich war vorgesehen, dass die BNetzA bis zum 01.01.2016 eine Evaluierung der Anreizregulierung vornimmt und einen Bericht mit den Ergebnissen und Vorschlägen zur Weiterentwicklung vorlegt. Nach der Änderung des § 33 Abs. 1 ARegV muss diese Evaluation bereits bis zum 31.12.2014 abgeschlossen sein.

C. Instrumente bei der Umsetzung der Anreizregulierung I. Formale Instrumente 1. Festlegungen a) Allgemeine Festlegungen Die Grundsätze der Netzentgeltgenehmigung wurden bzw. werden im Fall der Erlösobergrenzenfestlegung durch Festlegungen nach § 29 EnWG i.V. m. § 30 StromNEV bzw. § 32 ARegV geregelt (Pielow 2011: 616). Diese Festlegungen richten sich gegen alle oder eine bestimmte Gruppe von Netzbetreibern und können verfahrenstechnische oder materielle Aspekte des Netzentgeltgenehmigungsbzw. Erlösobergrenzenfestlegungsverfahrens betreffen. Im Unterschied zu Festlegungen zum Gasnetzzugang verfügen die Landesregulierungsbehörden in Bereich der Netzentgeltgenehmigung bzw. Erlösobergrenzenfestlegung über eigene Festlegungskompetenzen, weshalb hier gegebenenfalls parallele Regelungen durch BNetzA und Landesregulierungsbehörden erforderlich sind, um die Einheitlichkeit des Vollzugs zu gewährleisten. Ein Vertreter einer Landesregulierungsbehörde merkte an, dass man versuche, die Festlegungstätigkeit soweit wie möglich aufeinander abzustimmen, und sich häufig an der BNetzA orientiere: „Wir schließen uns den Festlegungen der BNetzA per Email an. Das ist dann ein Rundschreiben an alle Netzbetreiber.“

C. Instrumente bei der Umsetzung der Anreizregulierung

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Er merkte aber auch an, dass es zu Abweichungen kommen könne: „Wir haben beispielsweise bei der dezentralen Einspeisung eine eigene Festlegung gemacht. Es gibt eine andere Festlegung zu volatilen Kosten, die wir noch machen wollen. In so Bereichen, wie bei den Erhebungsbögen für den Gasbereich, die hat die BNetzA per Festlegung in Kraft gesetzt, haben wir das nicht gemacht.“

Bei Festlegungsverfahren der BNetzA unterscheiden sich die Verfahren der zuständigen Beschlusskammer 9 von den Festlegungsverfahren der für den Netzzugang zuständigen Beschlusskammer 7. Dies liegt zum einen an der unterschiedlichen Materie, aber es wurden in den Interviews auch andere Gründe angegeben, die mit den unterschiedlich handelnden Personen und ihrer Entscheidungspraxis in Verbindung stehen sollen. Im Regelfall werden umfangreichere Festlegungsverfahren der Beschlusskammer 9 nicht durch umfangreiche und mehrstufige Konsultationsprozesse vorbereitet, wie es bei der Beschlusskammer 7 die Praxis ist.2 Stattdessen wird zur Einleitung des formalen Verfahrens der Entwurf des Festlegungsbeschlusses mit einer allgemeinen Aufforderung zur Abgabe von Stellungnahmen veröffentlicht (vgl. BNetzA 2011h; 2011i; 2011j). Unter Umständen findet dann noch ein Anhörungstermin in der Behörde statt, um Fragen zu den Stellungnahmen zu klären (vgl. BNetzA 2011i; 2011j), bevor das Verfahren durch eine Festlegungsentscheidung abgeschlossen wird. b) Festlegung der Erlösobergrenze Während sich allgemeine Festlegungen nach § 29 Abs. 1 EnWG i.V. m. § 32 ARegV gegen alle Netzbetreiber oder eine bestimmte Gruppe von Netzbetreibern richten, betrifft die Bestimmung der Erlösobergrenze nach § 4 Abs. 1 ARegV nur individuelle Netzbetreiber. Das bedeutet für die Praxis, dass hinter jeder Erlösobergrenze ein eigenes Verwaltungsverfahren steht. Ein Vertreter der BNetzA merkte zu den Dimensionen an: „Regulierung ist keine Mathematik, sondern Verwaltungsverfahren. Deshalb ist es ja so verrückt. Wenn es alles Mathematik wäre, dann würden wir die 800 Fälle auch viel besser bewältigen können, aber es sind eben 800 Verwaltungsverfahren.“

Der von den Regulierungsbehörden zu bewältigende Umfang der Verfahren spiegelt sich auch in den Verzögerungen wider, welche die Vorbereitung der ersten und zweiten Regulierungsperiode prägen. Bei der Bestimmung der Erlösobergrenze handelt es sich um einen Festlegungsbeschluss im Sinne des § 32 Abs. 1 Nr. 1 EnWG (Hummel 2011: Rn. 3;

2 Eine Ausnahme stellen die Konsultationen zu den Festlegungen zur Datenerhebung für die erste Regulierungsperiode dar (BNetzA 2008f; 2008g), die bereits vor Verfahrenseinleitung eröffnet wurden, da im Rahmen dieser Verfahren auch grundlegende Fragen des Effizienzvergleichs und der Erlösobergrenzenbestimmung diskutiert wurden.

218

4. Teil: Umsetzung der Anreizregulierung

Koenig/Kühling/Rasbach 2013: 120). Das Verfahren zur Bestimmung erfolgt nach § 4 Abs. 1 ARegV gemäß den Maßgaben der §§ 5 bis 16, 19, 22, 24 und 25 ARegV. Die Zusammensetzung der Erlösobergrenze sowie die Vorschriften zur Durchführung des Effizienzvergleichs wurden bereits im Abschnitt zur ARegV dargelegt (s. o. 2. Teil, C., II., 5.)

aa) Probleme des Effizienzvergleichs In der Literatur wird angenommen, dass die Anreizregulierung aufgrund von Vergleichsverfahren weniger missbrauchsanfällig sei als rein kostenbasierte Regulierungsansätze. Mit Blick auf den Vollzug hat sich allerdings in den Ländern, in denen sie bereits implementiert wurde, gezeigt, dass sie aufgrund der Komplexität ihrer Regelungen und des aufwändigen Vergleichsverfahrens einen ebenso hohen Informationsbedarf wie eine kostenbasierte Regulierung aufweist (Joskow 2008b: 554; Weiß 2009: 51). Denn Informationsprobleme sollen zwar durch Vergleichsverfahren abgemildert werden (hierzu Steger/Büdenbender/Fees/Nelles 2008: 73 f.), aber ihre Vorbereitung und Durchführung ist äußert voraussetzungsund anspruchsvoll (Gröner/Knorr 1995: 61 ff.; Smeets/Knorr 2008: 281). Jamasb, Nillesen und Pollitt (2003: 25) kommen zu dem Schluss, dass solche Vergleichsverfahren in der Anreizregulierung keinesfalls die Informationsprobleme der Regulierungsbehörde aufheben, sondern im Regelfall neue hinzufügen. Denn fehlerhafte Datengrundlagen und/oder Vergleichsmodelle können neue Spielräume für strategisches Verhalten der Netzbetreiber schaffen und/oder Fehlanreize setzen, die nicht im Sinne des eigentlichen Regulierungsziels sind. Die Ausgestaltung des Vergleichsverfahrens ist deshalb mit teilweise erheblichen Unsicherheiten behaftet (Knieps 2007: 175 f.), die sich erheblich auf die Ergebnisse des Verfahrens und die damit verbundenen monetären Konsequenzen auswirken können (Jensen/Oberländer/Stiens/Wolffram 2008: 35). Gleiches gilt für die Festlegung der Kapitalverzinsung und sektorspezifischer Produktivitätsfortschritte durch die Regulierungsbehörde, die ebenfalls regulatorische Risiken für die Netzbetreiber bergen (Weiß 2009: 183). Die Erwartung an den Effizienzvergleich nach § 12 ARegV, wohlfahrtsfördernde Regulierungsentscheidungen zu produzieren, hängt entscheidend von der Qualität des Datensatzes und der Robustheit der Methode ab. Beides wurde beim Effizienzvergleich für die Gasverteilnetzbetreiber in Frage gestellt (s. o. 4. Teil, B., I.). Ein Vertreter der GEODE merkte zum Effizienzvergleich der zweiten Periode an: „Ich war bei einem Konsultationstermin in Bonn, da haben die Gutachter den ersten Benchmark vorgestellt und kamen auf einen Durchschnittswert von ca. 88 Prozent. Ein relativ schlechter Wert, bei dem viele Unternehmen bei 60 Prozent lagen. Da haben wir einiges an Kritik vorgetragen, was die BNetzA – warum auch immer – bereitwillig aufgegriffen hat, so dass der Durchschnittswert beim zweiten Durchlauf

C. Instrumente bei der Umsetzung der Anreizregulierung

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auf ca. 92 Prozent gestiegen ist. Das bedeutet einen dreistelligen Millionen- wenn nicht sogar Milliardenwert für einen Zeitraum von fünf Jahren. Das hat sich nur durch kleine Veränderungen am statistischen Modell ergeben.“

Kritisiert wurde am Effizienzvergleich der ersten Regulierungsperiode, dass die Parameterauswahl zu Ergebnissen geführt habe, die bestimmte Netzbetreiber benachteilige. Ein Beispiel hierfür ist der so genannte „City-Effekt“. Im Rahmen des Effizienzvergleichs wurde das Verhältnis der Zählpunkte zu Ausspeisepunkten verglichen. Dieses Verhältnis ist bei städtischen Netzbetreibern anders als bei ländlichen Netzbetreibern, da sie in der Regel eine hohe Zahl von Zählpunkten und nur wenige Ausspeisepunkte aufweisen. Im Rahmen des Effizienzvergleichs soll dieses Verhältnis zu signifikant schlechteren Effizienzwerten bei städtischen Netzbetreibern geführt haben, was allerdings von der BNetzA bestritten wurde (Küper 2012: 82 ff.). Mit dem Effizienzvergleich fließt außerdem ein Bestandteil in die Formel zur Bestimmung der Erlösobergrenze ein, dessen Ergebnisse nur noch bedingt durch Netzbetreiber und Regulierungsbehörden nachvollzogen werden können. Ein Vertreter eines Stadtwerks merkte hierzu an: „Wir sind alle unzufrieden, da wir weder die DEA noch die SFA selber nachrechnen können. Das heißt, wir haben nicht die Möglichkeit, Transparenz herzustellen und unseren Effizienzwert plausibel nachzuvollziehen. [. . .] Hinzu kommt, dass wir nur einen Effizienzwert kriegen und nicht gesagt bekommen, wie wir diesen verbessern können. Wir wissen nicht, an welchen Kriterien es liegt, dass wir so schlechte Werte haben. Ich kriege keine Steuerungsaussage. Das ist nichts anderes als eine Bestrafung, weil ich nicht weiß, an welchen Stellschrauben ich drehen muss, um in fünf Jahren besser dazustehen. Ich kenne keine Hintergründe, mache etwas und hoffe, dass es besser wird. Das ist unternehmerisch nicht sinnvoll.“

Ein Vertreter einer Landesregulierungsbehörde merkte hierzu an: „Das sind keine einfachen, sondern unheimlich komplexe Rechenmodelle, die auf die Datenbanken angewandt wurden. Das kann man nur versuchen zu verstehen, aber es ist nicht möglich, jede einzelne Zahl nachzuvollziehen.“

bb) Fehlanreize und Nachsteuerungsbedarf Helm (2010: 295) merkt an, dass sich die Anreizregulierung in Großbritannien als wenig robust erwiesen habe und die mangelnde Zuverlässigkeit des Ansatzes ein grundsätzliches Problem darstelle. Es sei inzwischen üblich, innerhalb der Regulierungsperiode teilweise erhebliche Anpassungen vorzunehmen, da das Ausgangsmodell aufgrund von Informationsasymmetrien und Vollzugsproblemen nie richtig funktioniert habe (Helm 2010: 296 ff.). Es ist zu erwarten, dass auch in Deutschland regelmäßig nachgesteuert werden muss, um Fehlanreizen und strategischem Verhalten der Netzbetreiber zu begegnen. Mit Blick auf die inkrementelle Entscheidungstheorie [s. o. 1. Teil, B., II., 3., b)] und die Entwicklung

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4. Teil: Umsetzung der Anreizregulierung

der Anreizregulierung in Großbritannien ist zu erwarten, dass das kontinuierliche Nachsteuern zu einem schrittweisen Anstieg der Regulierungskomplexität und in die Überregulierung führen wird. Ein Beispiel für die Problematik von Fehlanreizen ist der Umgang mit Personalzusatzkosten, die nach § 11 Abs. 2 ARegV zu den dauerhaft nicht beeinflussbaren Kosten zählen. Im Effizienzvergleich der ersten Regulierungsperiode haben sich Netzbetreiber mit viel eigenem Personal als effizienter erwiesen, als Netzbetreiber, die über wenig eigenes Personal verfügten, weil ihnen die Personalzusatzkosten als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten angerechnet wurden. Deshalb hat sich die BNetzA entschlossen, in der ersten Regulierungsperiode auch die Personalzusatzkosten bei eingekauftem Personal anzuerkennen, um hier keine Verzerrungen entstehen zu lassen, wie ein Vertreter der BNetzA angab: „Dann haben wir gesagt, dass wir auch beim schlanken Netzbetreiber die Personalzusatzkosten von den Leuten anerkennen, die nur für das Netz arbeiten, und sofern beabsichtigt ist, dass diese in der zweiten Regulierungsperiode nur noch für die Netzgesellschaft arbeiten. Das war eine Erklärung, die wurde von uns abgegeben, und so wurde verfahren.“

Ein Vertreter des VKU merkte an, dass die Anerkennung möglicherweise auch zu Problemen im Effizienzvergleich geführt habe: „Die BNetzA hat erkannt, dass dies zu Verzerrungen führen kann. Deshalb hat man folgende Übergangsregelung angeboten: ,Wenn Ihr die Mitarbeiter bis zur nächsten Regulierungsperiode zum Netzbetreiber überführt habt, dann dürft Ihr die auch als dauerhaft nichtbeeinflussbare Kosten in Euren Anträgen einbringen.‘ Soweit so gut, aber auch da gab es viele Netzbetreiber, die kreativ waren, da man sich ja viel unter verbundenen Dienstleistungsunternehmen vorstellen kann, so dass ich vermute, dass der Effizienzvergleich da immer noch ziemlich gehinkt hat.“

Ein weiteres Beispiel für Fehlanreize und strategisches Verhalten liefert die Angst kleinerer Verteilnetzbetreiber vor dem Effizienzvergleich. Diese Angst hat dazu geführt, dass alle Netzbetreiberzusammenschlüsse von kleineren Verteilnetzbetreibern aufgelöst wurden, damit die Netzbetreiber einzeln in das vereinfachte Verfahren gehen konnten. Ein Vertreter eines Stadtwerks merkte hierzu an: „Für viele war das Risiko zu groß, weniger [im regulären Verfahren] zu kriegen als im vereinfachten Verfahren. Deshalb war die Einstellung: ,Ich versuch alles, um in das vereinfachte Verfahren zu kommen.‘“

Das bedeutet im Ergebnis, dass die aus energiewirtschaftlicher Sicht effiziente Kooperation von kleinen Verteilnetzbetreibern in Zusammenschlüssen durch die Anreizregulierung verhindert wird. Ein zentraler Punkt in diesem Kontext wird sicherlich die Auswirkung der Erlösobergrenzenregulierung auf das Investitionsverhalten der Netzbetreiber werden, der bereits oben diskutiert wurde (4. Teil, B., III.).

C. Instrumente bei der Umsetzung der Anreizregulierung

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cc) Verhandlungsspielräume Natürlich kommt es im Rahmen des Festlegungsverfahrens zu Anhörungen nach § 67 Abs. 1 EnWG, die von den Netzbetreibern im Regelfall genutzt werden, um über eine Verbesserung ihres Effizienzwerts oder eine höhere Erlösobergrenze zu verhandeln. Aus Sicht der Regulierungsverwaltung sind solche Verhandlungen ebenfalls geboten, um potenzielle Rechtsstreitigkeiten wegen Missverständnissen oder unverhältnismäßigen Regulierungsvorgaben zu vermeiden. Solche Verhandlungen können zu informalen Absprachen führen, wenn ein Netzbetreiber bei einem Entgegenkommen der Regulierungsbehörde einen Beschwerdeverzicht erklärt (s. u. 4. Teil, C., II., 2.). Allerdings soll es laut mehreren Interviews bei der Bestimmung der Erlösobergrenze – im Vergleich zur kostenorientierten Genehmigung von Netzentgelten (s. u. 4. Teil, C., II., 3.) – nur noch geringe Verhandlungsspielräume für die Netzbetreiber geben. Ein Vertreter eines Stadtwerks merkte hierzu an: „Jetzt kommen die Effizienzwerte raus, die kriegt man in einem Bescheid mitgeteilt, und man kann sie glauben oder nicht, auf jeden Fall werden sie danach bewertet, da wird auch nicht mehr viel diskutiert.“

In die gleiche Richtung geht die Aussage eines Vertreters einer Landesregulierungsbehörde: „Bei der Festlegung der Erlösobergrenze haben wir natürlich ein Anhörungsverfahren durchgeführt, aber das ist natürlich rein formal. Dabei gibt es natürlich immer unterschiedliche Auffassungen über bestimmte Streitpunkte, da sind wir von unseren Positionen nicht abgerückt. Wenn es aber darum geht, dass es beispielsweise zwischen der Kalkulation des Netzbetreibers und unserer Kalkulation irgendwo eine Differenz gibt, dann sind wir darum bemüht, diese Differenz aufzuklären, bevor wir formal irgendetwas machen. Wir sind schon – wie soll ich sagen – angetreten, die Probleme, die eher rechnerischer Natur sind, informal zu lösen. Formal bleiben wir an der Stelle, wo es darum geht, bestimmte Positionen zu bewahren.“

Ein Vertreter des VKU merkte hierzu an: „Ich habe auch von einigen kleinen Netzbetreibern gehört, dass die aufwändige Diskussionen mit der BNetzA geführt haben. [. . .] Das ist allerdings ein bilaterales Verfahren. Darüber kann ich nicht viel sagen, da uns das nicht immer ausführlich erzählt wurde. Da hieß es nur: ,Es gab Korrekturen, aber so genau wollen wir das gar nicht erzählen.‘ “

Im Gegensatz zu den Vertretern von Stadtwerken gab ein Vertreter eines Energiekonzerns an, dass für die überregionalen Fernleitungsnetzbetreiber nach wie vor größere Verhandlungsspielräume im formalen Verfahren bestünden, da der Effizienzvergleich bei ihnen auf wackligeren Beinen steht als bei den Verteilnetzbetreibern: „Dann kamen dort Formeln raus, wo man sagen würde, die Richtigkeit ist rein sachlich fragwürdig, aber wir können mit dem Ergebnis gut leben, weshalb wir einfach

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4. Teil: Umsetzung der Anreizregulierung

mal die Klappe halten. Dann fing das System an zu leben. Dann hat die BNetzA das mal durchgerechnet [Effizienzvergleich für die überregionalen Fernleitungsnetzbetreiber], und es kam ein Wurf von vorläufigen Werten raus. Die waren für einige okay und für andere desaströs. [. . .] Das war vom Ergebnis her nicht tragbar. Deshalb hat man versucht, ein Ergebnis hinzukriegen, das tragbar ist, und jetzt gibt es höhere Werte. Die Begründung wurde daraufhin so angepasst, so dass das stimmig ist. Das Problem ist, dass jeder weiß, dass es so ist, dass es unheimlich komplex ist, so dass selbst, wenn man den Willen hat, es wissenschaftlich zu machen, man gemerkt hat, dass es in drei Jahren nicht zu schaffen ist, weil es einfach so komplex ist, dass man es nicht für alle in den Griff kriegt. [. . .] Das ist das Problem bei der Anreizregulierung. Wenn sie gerecht sein soll, dann müsste das alles stimmig sein. Das Problem ist, das kriegt man, meiner Ansicht nach, kaum stimmig hin. Es mag Unternehmen geben, uns eingeschlossen, die an irgendeiner Stelle die Klappe gehalten haben, weil es vom Ergebnis her für sie okay ist. Das ist die einzige Lösung. Die BNetzA verhält sich genauso. Die wissen das sicherlich auch und sagen sich: ,Okay, das machen wir an dieser Stelle mit, und das ist vom Ergebnis wieder gerechtfertigt.‘“

dd) Rolle der Landesregulierungsbehörden Von Vertretern der Stadtwerke wurde angemerkt, dass die Landesregulierungsbehörden im Zuge der Umstellung auf die Anreizregulierung im förmlichen Verfahren kaum noch selbstständig agieren und sich nur noch nach der BNetzA richten würden. Ein Vertreter eines Stadtwerks merkte hierzu an: „Wenn man Fragen [an den Vorsitzenden der Landesregulierungsbehörde] hat, dann beantwortet er die sofort, aber er läuft exakt im Kielwasser vom Tulpenweg [dem Sitz der Bundesnetzagentur]. Der macht keinen Millimeter nach rechts. Der hat seinen Regulierungsauftrag zwar nicht in Bonn abgegeben, aber läuft voll auf Linie.“

Ein anderer Vertreter eines Stadtwerks merkte an, dass diese Zentralisierung auch Vorteile habe: „Mit [der Landesregulierungsbehörde] können wir wesentliche Punkte nicht mehr direkt klären, weil die alles im Länderausschuss besprechen müssen. Die sprechen sich einheitlich ab, das finde ich grundsätzlich gut, wenn ich an das Thema ,Tarifpreisgenehmigung‘ zurückdenke, da ist in den Bundesländern viel gedealt worden. Das hat schon einen Geschmack gehabt. Das ist ein stückweit weniger geworden. [. . .] Das machen sie vielleicht noch in einzelnen Punkten, die nicht kriegsentscheidend sind. Da kann es dann zu unterschiedlichen Anwendungen durch BNetzA und Landesregulierungsbehörde kommen. Ansonsten richten die sich nach der BNetzA.“

Aus der Sicht dieses Stadtwerkevertreters sei in diesem Zusammenhang ein Problem, dass kleinere Stadtwerke – im Effizienzvergleich – nicht immer die Kapazitäten hätten, um ihr Anliegen direkt bei der BNetzA vorzubringen, so dass dort eben nur die größeren Netzbetreiber und Verbände verhandeln würden.

C. Instrumente bei der Umsetzung der Anreizregulierung

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2. Genehmigungen a) Genehmigung von Netzentgelten nach § 23a EnWG Die Netzentgelte für Energieversorgungsnetze sind nach § 23a Abs. 1 EnWG genehmigungsbedürftig, wenn die Netze keiner Anreizregulierung unterliegen (Pielow 2011: 626). Durch die Einführung der Anreizregulierung ist das Verfahren zur Genehmigung von Netzentgelten weggefallen. Die beiden durchgeführten Genehmigungsrunden waren durch die Problematik geprägt, dass die Behörden zu keiner intensiven Prüfung der beantragten Kosten in der Lage waren, weshalb sie nur eine schwerpunktmäßige Prüfung durchführen konnten (s. o. 4. Teil, A., I.) und in der zweiten Genehmigungsrunde kleineren Netzbetreibern mit weniger als 15.000 angeschlossenen Kunden die Fortschreibung ihrer Netzentgelte aus der ersten Genehmigungsrunde im Wege eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens gewährt wurde (s. o. 4. Teil, A., II.). Im Rahmen der Anhörung nach § 67 Abs. 1 EnWG kam es zu intensiven Verhandlungen zwischen Behörden und Netzbetreibern, die häufig zu informalen Beschwerdeverzichtsabsprachen geführt haben (s. u. 4. Teil C., II., 3.). Die Ressourcenprobleme der Behörden sollen in einigen Fällen dazu geführt haben, dass es Netzbetreibern gelungen ist, erheblich überhöhte Kosten genehmigt zu bekommen, wie in folgender Anekdote eines Vertreters des VIK angedeutet wird: „Die [Regulierungsbehörden] hatten [bei der ersten Genehmigungsrunde] noch kein System, sondern nur dieses grundsätzliche Konstrukt, an dem die sich lang gehangelt haben. Ich habe gehört, dass die Netzbetreiber teilweise die Sponsorenkosten für den Fußballverein mit reingerechnet haben. Das hat mir jemand von der BNetzA erzählt, der damals dort anfing.“

Allerdings wurde von der gleichen Person und auch anderen Interviewpartnern angemerkt, dass solche Extremfälle in der ersten Genehmigungsrunde vielleicht noch möglich waren, aber die BNetzA und die LRegB mit den Jahren erheblich dazu gelernt haben, weshalb man den Behörden mittlerweile nicht mehr so viel vormachen könne. Grundsätzlich ist es der BNetzA und den LRegB auch gelungen, in den ersten beiden Genehmigungsrunden die Netzentgelte signifikant abzusenken, weshalb ein Vertreter einer Landesregulierungsbehörde anmerkte: „Man kann jede Prüfung intensiver oder weniger intensiv ausgestalten. Das hängt letztlich vom Anspruch ab, den man an sich selbst oder den die politische Leitung an das Regulierungssystem hat. Solange es zu vernünftigen und tendenziell sinkenden Netzentgelten führt, kann man nicht von einem System sprechen, was nicht funktioniert oder an Vollzugsdefiziten zusammenbricht.“

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4. Teil: Umsetzung der Anreizregulierung

b) Genehmigung zur Anpassung der Erlösobergrenze nach § 4 Abs. 4 ARegV Nach § 4 Abs. 4 ARegV kann ein Netzbetreiber die Anpassung seiner Erlösobergrenze beantragen, wenn die Beibehaltung der Erlösobergrenze zu einer unzumutbaren Härte führt oder er Verteilnetzbetreiber ist und sich seine Versorgungsaufgabe geändert hat (Schütte 2013: 212 ff.). Eine Änderung der Versorgungsaufgabe wird durch den so genannten Erweiterungsfaktor nach § 10 ARegV abgebildet. Dies ist nach § 10 Abs. 2 ARegV der Fall, wenn sich die Fläche des versorgten Gebiets, die Anzahl der Ausspeisepunkte, die Jahreshöchstlast oder sonstige von der Regulierungsbehörde festgelegte Parameter dauerhaft und in erheblichem Umfang geändert haben. Eine Definition der Paramater ist durch die BNetzA im Rahmen ihrer Erhebungsbögen zum Erweiterungsfaktor vorgenommen worden und orientiert sich an den Datendefinitionen zum Effizienzvergleich (Weyer 2011: 1309). Die Anträge nach § 4 Abs. 4 ARegV sind bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres zu stellen und werden am 01. Januar des folgenden Kalenderjahres wirksam. Das Verfahren zur Genehmigung eines Erweiterungsfaktors ermöglicht die Berücksichtigung von Investitionsaufwendungen von Verteilnetzbetreibern innerhalb einer Regulierungsperiode. Allerdings wird am Verfahren kritisiert, dass es zu Zeitverzögerungen bei der Anpassung der Erlösobergrenzen kommt (Koenig/ Kühling/Rasbach 2013: 127). Denn Investitionskosten, die nach dem 30. Juni anfallen, können erst bei der Antragsstellung im folgenden Kalenderjahr eingebracht werden und werden erst im darauffolgenden Kalenderjahr – also zwei Jahre später – erlöswirksam. Tabelle 11 zeigt die Entwicklung der Anträge, die auf Erteilung eines Erweiterungsfaktors bei der BNetzA gestellt werden. Tabelle 11 Entwicklung der Antragszahlen zum Erweiterungsfaktor bei BNetzA

Zahl der Anträge

2009

2010

2011

2012

77

75

65

74

Quellen: BNetzA/BKartA 2012: 188; BNetzA 2014: 70 (andere Zahlen in BNetzA 2010b: 210; BNetzA 2011e: 182).

Ein Vertreter einer Landesregulierungsbehörde merkte im Zusammenhang mit dem Erweiterungsfaktor und anderen Anpassungsmöglichkeiten an, dass die Verfahren äußerst aufwändig und ressourcenintensiv seien: „Wir haben jede Menge Verfahren am Hals, ohne dass wir unsere Handlungsfähigkeit verloren haben. Die sind ja alle ähnlich strukturiert und es geht immer wieder um dieselben Themen. Natürlich gibt es insofern Vollzugsdefizite, dass man bei Kos-

C. Instrumente bei der Umsetzung der Anreizregulierung

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tenprüfungen oder Erweiterungsfaktoren nicht jede Zahl nachprüfen kann. Man könnte das allerdings auch nicht, wenn wir hier hundert Leute sitzen hätten. Irgendwann sind die Grenzen der Erkenntnis erreicht, der Unterschied besteht darin, ob diese Grenze sehr früh erreicht ist oder ob man es weiter ausermitteln könnte. Das ist wiederum kein spezielles Problem von Regulierung, das haben sie im Steuerbereich genauso. Bei jeder Einkommensteuer können sie sich die Frage stellen: ,Prüfe ich die bis zum letzten Komma durch und lasse mir alle Originalbelege vorlegen oder komme ich an einen Punkt, wo ich sage, das sieht plausibel aus, dass wird schon stimmen.‘“

In die gleiche Richtung geht folgende Aussage eines anderen Vertreters derselben Landesregulierungsbehörde: „Dreiviertel [der Netzbetreiber] kommen zu Beginn [der Regulierungsperiode mit einem Antrag auf einen Erweiterungsfaktor] und gut ein Drittel bis die Hälfte mit jährlichen Ergänzungen. Das muss angepackt werden. Jeder Erweiterungsfaktor ist ein Bescheid. Dazu kommen dann noch alle fünf Jahre die Kostenprüfungen, die dann noch nebenher gemacht werden müssen. Nach außen hin hört sich das einfach an, aber im Kleinen ist doch sehr viel zu machen.“

c) Genehmigung von Besonderheiten der Versorgungsaufgabe nach § 15 Abs. 1 ARegV Nach § 15 Abs. 1 ARegV ist der im Effizienzvergleich ermittelte Effizienzwert anzupassen, wenn ein Netzbetreiber nachweist, dass Besonderheiten seiner Versorgungsaufgabe durch die Auswahl der Parameter des Vergleichs nicht hinreichend berücksichtigt wurden und sich die im Vergleich ermittelten Gesamtkosten und beeinflussbaren Kosten durch diese Besonderheiten um mindestens drei Prozent erhöht haben (Albrecht/Mallosek/Petermann 2013: 576 ff.). Nahezu jeder Netzbetreiber, der in der ersten Regulierungsperiode keinen Effizienzwert von 100 Prozent aufwies, beantragte eine Anpassung des Effizienzwerts nach § 15 Abs. 1 ARegV (BNetzA 2009a: 155). Die Verbände BDEW und VKU hatten hierfür eine Liste mit strukturellen Besonderheiten ausgearbeitet, die von den Verbandsmitgliedern bei den Regulierungsbehörden vorgelegt werden sollte, um eine Anpassung des Effizienzwerts zu beantragen. Der Erfolg dieser Aktion war laut einem interviewten Vertreter des VKU äußerst gering, da es angeblich nur einen einzigen Netzbetreiber gab, bei dem Besonderheiten von der BNetzA anerkannt wurden: „. . . § 15 ist dadurch im Prinzip wirkungslos geblieben, bis auf die eine Ausnahme.“

Der Vertreter des VKU merkte hierzu an, dass der Vorsitzende der zuständigen Beschlusskammer: „. . . verkündet hat, dass es einen einzigen Netzbetreiber gab, der tatsächlich so wahnsinnig besonders war, dass man etwas [nach § 15 ARegV] anerkannt hat. Einer von 200 aus unserer Sicht besonderen Fällen. Er hat uns nicht verraten wollen, wer das ist, weil er meinte, dann könnte ja jeder kommen.“

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4. Teil: Umsetzung der Anreizregulierung

Bei den Landesregulierungsbehörden scheint man ähnlich rigide verfahren zu sein, wie ein Vertreter einer Landesregulierungsbehörde anmerkte, da „. . . viele Unternehmen ähnliche Sachverhalte vorgetragen haben, die nach Rücksprache mit der BNetzA bzw. den Gutachtern durch die Parameter im Modell bereits abgedeckt waren, so dass aus unserer Sicht hier keine Korrektur mehr nach § 15 ARegV in Betracht kam.“

In die gleiche Richtung geht die Aussage eines Vertreters einer anderen Landesregulierungsbehörde: „Die regionalen Besonderheiten waren ja ein interessanter Punkt in Gerichtsverfahren. Da ist ja vorgetragen worden, dass regionale Besonderheiten nicht ausreichend gewürdigt worden seien, aber wenn es zum Schwur kam, dann wurde nichts dazu vorgetragen, obwohl das ja sogar sein mag. Selbst wenn so etwas behauptet worden ist, dann kam nie etwas, wenn es darum ging, wie man sagt, ,Butter bei die Fische‘ zu tun. Da kam dann nicht mehr viel. Da stellt sich die Frage, was von solchen Forderungen zu halten ist.“

Im ersten Evaluationsbericht zur Anreizregulierung weist die BNetzA (2014: 35) darauf hin, dass die von Netzbetreibern aufgrund von „Standard-Bewertungen“ von Verbänden und Kanzleien immer gleichen vorgebrachten Sachverhalte dem „Gedanken des § 15 fundamental widersprochen“ hätten, wodurch eine praktikable Anwendung erschwert worden sei. d) Genehmigung von Investitionsbudgets/Investitionsmaßnahmen nach § 23 ARegV Um sicherzustellen, dass den Fernleitungsnetzbetreibern die Möglichkeiten für den Ausbau der Netze zur Verfügung stehen, können diese so genannte Investitionsmaßnahmen beantragen, die als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten genehmigt werden und zu einer Anpassung der Erlösobergrenze führen (Lippert 2009: 354; Hardach 2010: 234). Urspünglich war in § 23 ARegV von „Investionsbudgets“ die Rede. Durch die 2012 erfolgte Novelle der ARegV ist der Begriff „Investitionsbudgets“ durch den Begriff „Investitionsmaßnahmen“ ersetzt worden (Müller-Kirchenbauer/Paust/Weyer 2013: 672). Die Umbennenung drückt auch eine Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens aus: Investitionsbudgets wurden noch ihrer Höhe nach geprüft, während Investitionsmaßnahmen nur noch der Sache nach geprüft werden (Müller-Kirchenbauer/Paust/Weyer 2013: 672) Eine weitere Veränderung, die sich aus der Novelle ergeben hat, ist, dass die Anpassung der Erlösobergrenze nicht mehr zwei Jahre, nachdem die Kosten wirksam wurden, erfolgt, sondern bereits in dem Jahr, in dem die Kosten wirksam werden (Müller-Kirchenbauer/Paust/Weyer 2013: 674). Nach § 23 Abs. 1 ARegV genehmigt die BNetzA Kapital- und Betriebskosten für Erweiterungs- und Umstrukturierungsinvestitionen in die Fernleitungsnetze, sofern diese Investitionen zur Stabilität des Gesamtsystems, für die Einbindung

C. Instrumente bei der Umsetzung der Anreizregulierung

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in das nationale oder internationale Verbundnetz oder für einen bedarfsgerechten Ausbau des Energieversorgungsnetzes notwendig sind. § 23 Abs. 1 S. 2 ARegV nimmt keine abstrakte Definition von Erweiterungs- und Umstrukturierungsinvestitionen vor, sondern beschränkt sich auf die Aufzählung von Beispieltatbeständen (Weyer 2011: 1292). Eine genauere Definition ist im Rahmen eines 2008 von der BNetzA erlassenen Leitfadens vorgenommen worden, der bislang zweimal überarbeitet wurde (BNetzA 2010a: 179; BNetzA 2011a: 178). Für Verteilnetzbetreiber können nach § 23 Abs. 6 ARegV Investitionsmaßnahmen nur in Ausnahmefällen beantragt werden, wenn diese der Integration von Anlagen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz oder Stromerzeugungsanlagen dienen oder erforderlich sind, um technische Standards zur Gewährleistung der Netzstabilität umzusetzen, und diese nicht durch den Erweiterungsfaktor nach § 10 ARegV berücksichtigt werden. Ein Antrag auf Genehmigung einer Investitionsmaßnahme ist nach § 23 Abs. 3 ARegV spätestens neun Monate vor dem Kalenderjahr zu stellen, in dem die Investition ganz oder teilweise kostenwirksam werden soll. Der Antrag kann sich nach § 23 Abs. 3 ARegV auch über mehrere Regulierungsperioden erstrecken. Die Genehmigung durch die BNetzA steht nach § 23 Abs. 5 ARegV unter einem Widerrufsvorbehalt, falls die tatsächliche Investition nicht der Genehmigung entspricht. Außerdem können nach § 23 Abs. 5 ARegV durch Nebenbestimmungen finanzielle Anreize zur Unterschreitung der Kosten der genehmigten Investitionsmaßnahmen festgelegt werden. Bis zum 30.06.2008 konnten die Netzbetreiber Investitionsbudgets für die Jahre 2007, 2008 und 2009 beantragen. Bei der BNetzA wurden insgesamt 300 Anträge mit einem Gesamtvolumen von 9 Milliarden Euro eingereicht, von denen lediglich 800 Millionen Euro auf die Fernleitungsnetzbetreiber und 50 Millionen Euro auf die Verteilnetzbetreiber im Gasbereich entfielen (Monopolkommission 2009: 84). Allerdings hat sich für den Gasbereich die Zahl der Anträge und das Volumen in den Folgejahren erhöht. 2010 gingen bei der BNetzA 30 Anträge ein, die Investitionen in Höhe von 1,3 Milliarden Euro beantragten (BNetzA 2011a: 178). 2011 wurden 24 Anträge mit einem Gesamtvolumen von 0,7 Milliarden Euro gestellt (BNetzA/BKartA 2012: 283). Laut dem ersten Evaluationsbericht der BNetzA (2014: 75) waren im Gasbereich bislang folgende Antragszahlen für Investitionsbudgets bzw. Investitionsmaßnahmen zu verzeichnen:3 2008: 52; 2009: 56; 2010: 31; 2011: 28; 2012: 21. Ein Vertreter eines Fernleitungsnetzbetreibers schilderte das Vorgehen seines Unternehmens bei der Beantragung von Investitionsbudgets folgendermaßen: 3 Die Antragszahlen aus dem Evaluationsbericht stimmen teilweise nicht mit den zuvor zitierten Antragszahlen aus den Monitoringberichten der letzten Jahre überein und sind höher.

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4. Teil: Umsetzung der Anreizregulierung

„Es gibt Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit etwas Investitionsbudget sein kann. Das ist ein eng gesetzter Rahmen. Man kann nicht alles, von dem man naiv sagen würde, das ist eine Investition, für die ich das Geld reinrechnen können müsste, reinrechnen. [. . .] Es ist aber klar, dass man erst mal alles, was man gerne so hätte, in einen solchen Antrag reinschreibt. [. . .] Es ist allerdings eine Verhandlungssache, was dann beschieden wird.“

e) Genehmigung von pauschalierten Investitionszuschlägen nach § 25 ARegV Für Verteilnetzbetreiber, die nicht am vereinfachten Verfahren teilnehmen, bestand nach § 25 Abs. 1 ARegV die Möglichkeit, bei der Festlegung der Erlösobergrenze für die erste Regulierungsperiode einen pauschalierten Investitionszuschlag zu beantragen (Weyer 2008: 265; Weyer 2011: 1313 ff.), der nach § 25 Abs. 2 ARegV nicht mehr als ein Prozent der Kapitalkosten pro Kalenderjahr überschreiten durfte. Investiert der Netzbetreiber weniger als den gewährten Investitionszuschlag innerhalb der Regulierungsperiode, findet nach § 25 Abs. 3 ARegV in der folgenden Regulierungsperiode ein Ausgleich der Differenz statt. Die Möglichkeit zur Genehmigung eines pauschalierten Investitionszuschlags ist nach § 34 Abs. 4 ARegV auf die erste Regulierungsperiode beschränkt und bis zum 31.12.2013 befristet. Nahezu alle Verteilnetzbetreiber, die nicht am vereinfachten Verfahren teilgenommen haben, haben in der ersten Regulierungsperiode von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht (Küper 2010: 84). Einige Vertreter von Stadtwerken gaben an, dass die Investitionszuschläge kaum Anreize für größere Umstrukturierungs- und Erweiterungsinvestitionen geboten hätten, da sie zu gering gewesen seien. Sie wünschen sich deshalb eine Öffnung von Investitionsmaßnahmen für Verteilnetzbetreiber. 3. Missbrauchsverfahren Missbrauchsverfahren können im Rahmen der allgemeinen Missbrauchsaufsicht nach § 30 EnWG und der besonderen Missbrauchsaufsicht nach § 31 EnWG durchgeführt werden. In der Beschlussdatenbank der BNetzA finden sich lediglich zwei Entscheidungen der Beschlusskammer 9 zu Verfahren nach § 30 EnWG.4 Im Gegensatz zu Missbrauchsverfahren zum Gasnetzzugang gibt es bei Verfahren zur Entgelt- bzw. Erlösobergrenzenregulierung keine marktgestaltenden Missbrauchsverfahren, da sich Verfahren zu Entgelten oder Erlösobergrenzen immer nur gegen einen Netzbetreiber richten.

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Stand Februar 2013.

C. Instrumente bei der Umsetzung der Anreizregulierung

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II. Informale Instrumente 1. Vorverhandlungen zu allgemeinen Festlegungen nach § 29 EnWG Bei Festlegungen zur Umsetzung der Anreizregulierung kann es – wie bei Festlegungen zur Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells – in bestimmten Fällen zu informalen Vorverhandlungen kommen, die sich in umfangreichen Konsultationsverfahren widerspiegeln, die bereits vor Einleitung des förmlichen Festlegungsverfahrens beginnen. Auffällig ist allerdings, dass die untersuchten Festlegungsverfahren der Beschlusskammer 9 (Netzentgeltregulierung/Anreizregulierung) im Gegensatz zu den Verfahren der Beschlusskammer 7 (Netzzugangsregulierung) viel seltener durch intensive Vorverhandlungen vorbereitet wurden. Ausnahmen stellen lediglich die Beschlüsse BK9-07-603 und BK9-07604 zu Vorgaben für die Erhebung von Daten zum Effizienzvergleich für die erste Regulierungsperiode vom 23.01.2008 dar, die durch mehrstufige Konsultationsprozesse vor Eröffnung des förmlichen Festlegungsverfahrens vorbereitet wurden. Im Rahmen dieser Konsultationsprozesse fanden mehrere Gesprächskreise und Workshops statt, die der Beseitigung von Unklarheiten zu Datendefinitionen dienten. Anschließend wurde das förmliche Festlegungsverfahren eingeleitet.

2. Beschwerdeverzichtsabsprachen zur Festlegung der Erlösobergrenze nach § 4 Abs. 1 ARegV Eine aus dem Umweltrecht bekannte informale Absprachenpraxis ist die Vorabzuleitung von Bescheiden zur inhaltlichen Abstimmung, um Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid zu vermeiden (Bohne 1984: 348; 1994: 1061). Im Falle einer Einigung wird vom Adressaten die Unterzeichnung eines Rechtsmittelverzichts erwartet, um den Bescheid bestandskräftig zu machen. Beschwerdeverzichtsabsprachen ermöglichen es, Beschwerdeverfahren vorzugreifen und – sofern möglich – Streitpunkte einvernehmlich zu klären. Eine ähnliche Vorgehensweise ist in den Interviews zu den Netzentgeltgenehmigungsverfahren nach § 23a EnWG vor Einführung der Anreizregulierung berichtet worden. Es ist anzunehmen, dass solche Absprachen auch im Rahmen der Erlösobergrenzenfestlegung nach § 4 Abs. 1 ARegV zustande kommen. Allerdings scheinen solche Absprachen im Rahmen der Anreizregulierung im Gasbereich seltener geworden zu sein, wie die folgenden Zitate belegen. Ein Vertreter eines Stadtwerkes merkte hierzu an: „Die Sicherheit der BNetzA im Verfahren ist größer geworden, insbesondere weil die jetzt auch in die Dienstleistungsverträge reingucken. Es ist jetzt so, dass wir über unsere Zahlen [. . .] nicht mehr groß verhandeln können, das geht nicht mehr so basarähnlich wie im Rahmen der ersten beiden Genehmigungsperioden.“

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4. Teil: Umsetzung der Anreizregulierung

In dieselbe Richtung geht auch folgende Aussage eines Verbandsvertreters: „Die Kostenprüfungen für Gas [für die zweite Regulierungsperiode] sind weitgehend abgeschlossen. Es hat in Einzelfällen auch mündliche Abreden gegeben. Die auf Gentlemen-Agreement-Ebene gelaufen sind. Da ging es darum, dass man bestimmte Positionen als Kompromiss in die Kostenbasis aufgenommen hat. Das Unternehmen hat daraufhin signalisiert, diesen Punkt nicht weiter zu verfolgen. Es gab im Gasbereich keine umfassenden Verzichtserklärungen. Das, was ich eben beschrieben habe, war der Ausnahmefall. [. . .] Es hat im Gasbereich nicht viele Einigungen gegeben. Man hat über einzelne Kostenpositionen noch einmal gesprochen, aber es ist nicht so viel gedealt worden, wie damals bei den Netzentgeltgenehmigungen.“

Anders soll es sich im Strombereich verhalten, wo derselbe Verbandsvertreter anmerkte: „Im Strom zeichnet sich ganz aktuell ab, dass man auf den vollständigen Verzicht hinarbeitet. Die Unternehmen werden – ohne vorher eine Zahl gesehen zu haben – eingeladen, und es wird ein vorläufiges Ergebnis an die Wand geworfen. Dann heißt es, das würde rauskommen, wenn man richtig prüft, und man könne noch weiter gehen, aber man könne sich auch ein Entgegenkommen vorstellen, wenn das Unternehmen alle laufenden Verfahren gegen die BNetzA [. . .] einstellt [und auf Beschwerdeverfahren verzichtet].“

Der umfassende Gebrauch von Verzichtsabsprachen im Strombereich wurde von dem Verbandsvertreter auf unterschiedliche Verhandlungs- und Entscheidungspraktiken der zuständigen Beschlusskammern zurückgeführt, die zum einen auf Unterschieden zwischen der Strom- und Gasnetzregulierung und zum anderen auf unterschiedliche Einstellungen der handelnden Personen zu informalen Absprachen zurückgeführt wurden. Während man im Strombereich von Seiten der Beschlusskammer auf Verzichtsabsprachen hinarbeiten würde, seien diese im Gasbereich eher zu einer Ausnahme geworden. Bei den Landesregulierungsbehörden soll es ebenfalls große Unterschiede gegeben haben. Einige Regulierungsbehörden seien entgegenkommender als andere Behörden. Ein Vertreter einer Landesregulierungsbehörde merkte hierzu an: „Bei den Erlösobergrenzen und Netzentgelten bin ich eher vorsichtig, was informelle Verfahren angeht, weil wir wissen, wie eng die Branche zusammenhängt. Wenn man sich irgendwo, salopp gesprochen, auf Deals einlässt, dann kommt drei Tage später der nächste und sagt, er habe gehört, da war was, und er will das auch. Ich will nicht unbedingt sagen, dass wir damit schon schlechte Erfahrung gemacht hätten, aber die Gefahr ist da.“

3. Beschwerdeverzichtsabsprachen zu Netzentgeltgenehmigungen nach § 23a EnWG Bei der kostenbasierten Netzentgeltgenehmigung nach § 23a EnWG scheint es häufiger zu Beschwerdeverzichtsabsprachen durch die Regulierungsbehörden gekommen zu sein. Ein Vertreter eines Stadtwerks merkte hierzu an:

C. Instrumente bei der Umsetzung der Anreizregulierung

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„Bei den kostenorientierten Genehmigungen war noch vieles neu und es gab einerseits den Druck auf die Behörden [. . .], die Kosten in den Unternehmen zu reduzieren, und andererseits nicht in einer Bugwelle aus Beschwerdeverfahren zu landen, weshalb die ganz gerne so einen Verhandlungsweg gegangen sind. [. . .] Die haben sich dann auch einen Beschwerdeverzicht erkauft. Die haben einen Vorschlag gemacht und gesagt: ,Wenn ihr den akzeptiert, dann verzichtet auf das Beschwerdeverfahren.‘ [. . .] Die versuchen, wie der Teufel das Weihwasser, zu vermeiden, in eine Beschwerdewelle zu gehen und das so zu klären, weil die nicht wissen, wie die Gerichte das beurteilen.“

In die gleiche Richtung geht folgende Aussage eines Vertreters eines anderen Stadtwerks: „Beim letzten Kostenregulierungsantrag ging es darum: ,Mach ich einen Rechtsmittelverzicht und kriege dafür ein Entgegenkommen‘.“

Ein Vertreter der BNetzA schilderte, dass man bei den Anhörungen zu den Anträgen nach § 23a EnWG die einzelnen Kostenpositionen durchgegangen sei und versucht habe, wenn möglich ein Einvernehmen zu erzielen: „Dann haben wir häufig mit den Unternehmen da gesessen und dieses Excel-Blatt [Genehmigungsentwurf] an die Wand geworfen. Und dann geht man Position für Position durch und sagt: ,Hier habt Ihr das und das beantragt. Das habt Ihr in der schriftlichen Anhörung dazu vorgebracht. Wie begründet Ihr die und die Position?‘ Wenn man zu einem bestimmten Ergebnis kommt, trägt man das ein. So entwickelt sich dann im Laufe des Gespräches dieses Blatt mit allen Kostenpositionen durch, bis man dann ganz hinten am Ende bei den Erlösen ist. Dann weiß man, wo gegebenenfalls noch etwas streitig ist. Das Ziel ist eigentlich, sich mit dem Unternehmen bei jeder dieser Positionen zu verständigen oder zu einigen. [. . .] Wir kommen jetzt typischerweise dazu, dass das Unternehmen das akzeptiert und sagt, dass es dagegen keine Klage erheben wird.“

Er merkte zu diesen Vorgehen an, dass solche Verhandlungslösungen auch im Interesse aller Marktteilnehmer seien: „Wenn wir verhandeln und zu einem einvernehmlichen Ergebnis kommen, hat das den Anschein: ,Na ja, da kommen die Netzbetreiber gut weg.‘ Aber in dieser zweiten Runde kommt es praktisch in allen Fällen zu einer weiteren Kostenkürzung und Entgeltabsenkung. [. . .] Man muss auch sehen, was würde das für den Markt bedeuten, wenn bei uns die Masse der Verfahren streitig wäre? Die Händler wüssten nicht, ob das Netzentgelt, was jetzt genehmigt worden ist, tatsächlich gilt oder ob die Netzbetreiber noch Jahre später kommen und Nachforderungen stellen können. Die müssten sonst Rückstellungen bilden.“

Grundsätzlich liegt es im Ermessen der Behörden, Beschwerdeverzichtsabsprachen zu treffen, um dem Einzelfall gerecht zu werden. Allerdings ist dabei auch zu berücksichtigen, dass ein Entgegenkommen der Behörde in Einzelfällen nicht zu einer systematischen Ungleichbehandlung derjenigen führen darf, mit denen keine Absprachen getroffen wurden. Problematisch ist, dass solche Absprachen für Außenstehende vollkommen intransparent sind. Das heißt, man

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4. Teil: Umsetzung der Anreizregulierung

weiß nicht, was in welchem Umfang vereinbart wurde. Dadurch entsteht die Gefahr eines „regulatory capture“. 4. Nichtbescheidungsabsprachen zu Missbrauchsverfahren nach §§ 30 oder 31 EnWG Grundsätzlich kann es auch im Bereich der Netzentgelt- bzw. Erlösobergrenzenregulierung zu Nichtbescheidungsabsprachen [s. o. 3. Teil, B., II., 2., b)] als Alternative zu Missbrauchsverfügungen nach §§ 30 oder 31 EnWG kommen. Allerdings gibt es in diesem Bereich nicht die Kategorie der „marktgestaltenden Absprachen“, da sich die förmlichen Verfahren in diesem Bereich immer nur gegen einen bestimmten Netzbetreiber richten. Das heißt, es sind in diesem Bereich nur „einfache missbrauchsabstellende Absprachen“ [s. o. 3. Teil, B., II., 2., b), aa)] oder „Mediationsabsprachen“ [s. o. 3. Teil, B., II., 2., b), bb)] möglich.

III. Leitfäden als formlose Instrumente Leitfäden können eine formlose Alternative zu Festlegungen sein. Sie werden von einigen Autoren, wie Fehling (2012: 1475), als informales Instrument eingestuft. Allerdings erfüllen sie nur zwei der drei Informalitätskriterien: sie sind rechtlich unverbindlich und es besteht eine formale Alternative in Form von Festlegungen, aber es ist kein Tauschverhältnis zwischen Behörden und Adressaten zu erkennen. Deshalb handelt es sich bei Leitfäden im Regelfall um formlose Erklärungen des Entscheidungsverhaltens von Behörden zu bestimmten Sachverhalten (s. o. 2. Teil, D., III.). Denn der „Witz“ des Konzepts der Informalität besteht darin, dass die Behörde bewusst auf den Einsatz des Gewaltmonopols zur Durchsetzung ihrer Regulierungsziele verzichtet, weil sie im Gegenzug dafür die konkrete Zusage einer Gegenleistung – wie eine Verhaltensänderung – erhält. Ansonsten würde jegliches Behördenhandeln, das sich nicht eindeutig einem förmlichen Verfahren zuordnen lässt, als informales Verwaltungshandeln eingestuft. Jeder Realakt und jede Behördenauskunft wären dann informales Verwaltungshandeln. Leitfäden der Regulierungsbehörden ähneln den Leitlinien der EU-Kommission (vgl. hierzu Röhl 2008: 746; Frenz 2010: 224) und können von einem Auslegungsgrundsatz bis zu einer normativen Vorzeichnung des Behördenhandelns reichen, indem sie beispielsweise Inhalt und Struktur von Anträgen und Genehmigungsverfahren vorgeben. Es kommt vor, dass die Bundesnetzagentur (2011m: 1) in Leitfäden explizit betont, dass es sich bei dem Leitfaden um keine Festlegung oder Verwaltungsvorschrift handelt, sondern dieser lediglich eine „Orientierungshilfe“ darstellt. Es kann auch sein, dass sie keine Aussagen zur Natur eines Leitfadens macht, wie beispielsweise im Fall des Leitfadens zu Investitionsbudgets (BNetzA 2012e). Bei bestimmten Leitfäden merkt sie aller-

C. Instrumente bei der Umsetzung der Anreizregulierung

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dings an, dass ein Verstoß gegen Regelungen des Leitfadens durch ein Missbrauchsverfahren nach § 30 EnWG geahndet werden kann, wie beim Leitfaden zur Bestimmung von Sonderentgelten (BNetzA 2012f: 3). Zwar besitzen Leitfäden formal keine rechtliche Außenwirkungen, aber sie können faktisch als Ersatz zu formalen Regulierungsentscheidungen fungieren (Bundesrat 2011: 18), weshalb bei der EnWG-Novelle von 2011 in § 60a Abs. 2 EnWG eingefügt wurde, dass dem Länderausschuss die Möglichkeit zur Stellungnahme bei Leitfäden und „vergleichbaren informellen Regelungen“ zu geben ist. Die der Vorschrift zugrundeliegende Informalitätsdefinition stellt lediglich auf die faktische Bindungswirkung unverbindlicher Leitfäden ab. Sie entspricht nicht der dieser Arbeit zugrunde liegenden Informalitätsdefinition. Ein Vertreter einer Landesregulierungsbehörde merkte an, dass die BNetzA in der Vergangenheit Leitfäden genutzt hätte, um die Entscheidungspraxis von Landesregulierungsbehörden zu beeinflussen: „Bei den Leitfäden war es vielfach so, dass wir von denen aus der Zeitung erfahren haben, weil die einfach so in die Welt gesetzt wurden. Das hat uns teilweise sehr missfallen [. . .], weil die gegen unsere Regulierungspraxis gerichtet waren.“

Vor diesem Hintergrund ist auch die Regelung in § 60a Abs. 2 EnWG zu sehen. Inzwischen werden Leitfäden im Regelfall gemeinsam von BNetzA und Landesregulierungsbehörden erstellt und veröffentlicht. Das Verfahren zum Erlass von Leitfäden kann ähnlich umfangreich wie bei Festlegungen sein, so dass vor Veröffentlichung ebenfalls Konsultationen durchgeführt werden. Ein Beispiel ist der „Leitfaden der Regulierungsbehörden zu Inhalt und Struktur von Anträgen auf Neufestlegung der kalenderjährlichen Erlösobergrenzen nach § 26 Abs. 2 ARegV“ (BNetzA 2011k), dessen Entwurf zunächst zwischen der Bundesnetzagentur und den Landesregulierungsbehörden abgestimmt und anschließend zur Konsultation gestellt wurde. Gleiches galt für den Leitfaden zur Bestimmung von Sonderentgelten (BNetzA 2012f).

IV. Informationsasymmetrien, Transaktionskosten und Systemprobleme als Bestimmungsfaktoren des Entscheidungsverhaltens bei der Anreizregulierung Wie bereits zur Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells dargelegt (s. o. 3. Teil, B., III.), kann das Entscheidungsverhalten der Regulierungsbehörden bei der Durchführung der kostenbasierten Netzentgeltregulierung und beim Umstieg auf die Anreizregulierung ebenfalls durch Informationsasymmetrien, Transaktionskosten und Systemprobleme erklärt werden. Informationsasymmetrien und Ressourcenprobleme haben dazu geführt, dass die Regulierungsbehörden im Rahmen der kostenbasierten Netzentgeltgenehmigung nur zu einer schwerpunktmäßigen Überprüfung der Anträge der Netzbetrei-

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4. Teil: Umsetzung der Anreizregulierung

ber in der Lage waren (s. o. 4. Teil, A.). Angesichts ihrer begrenzten Ressourcenausstattung strebten die Regulierungsbehörden in vielen Fällen Beschwerdeverzichtsabsprachen mit den Netzbetreibern an, um die hohen Transaktionskosten von Gerichtsverfahren zur Durchsetzung von Regulierungszielen und Regulierungsentscheidungen zu vermeiden (s. o. 4. Teil, C., II., 3.). Tabelle 12 zeigt die Systemfunktionen solcher Beschwerverzichtsabsprachen aus der Sicht der strukturell-funktionalen Systemtheorie [s. o. 1. Teil, B., II., 3., c)]. Tabelle 12 Systemfunktionen von Beschwerdeverzichtsabsprachen Beschwerdeverzichtsabsprachen

Zielverwirklichung: Absenkung der Netzentgelte o. Erlösobergrenzen/Rechtssicherheit Ressourceneffizienz: Einsparung der Transaktionskosten eines Beschwerdeverfahrens Konfliktlösung: Auflösung/Abmilderung von Konflikten zwischen Netzbetreibern und Regulierungsbehörden Reduktion von Komplexität: Vereinfachung des Genehmigungs- bzw. Festlegungsverfahrens durch konsensuale Lösung

Beschwerdeverzichtsabsprachen können zur Erreichung der behördlichen Regulierungsziele – insbesondere der Absenkung der Netzentgelte – zweckmäßig sein, aber sie bergen aufgrund von Informationsasymmetrien auch die Gefahr, dass die genehmigten Kosten gegenüber den Kosten, die bei einer gründlichen Kostenprüfung genehmigt würden, deutlich überhöht sind. Hierbei muss allerdings angemerkt werden, dass es – trotz Beschwerdeverzichtsabsprachen – zu teilweise erheblichen Absenkungen der Netzentgelte in den ersten beiden Genehmigungsrunden gekommen ist, so dass man von einer relativen Zweckmäßigkeit solcher Absprachen ausgehen kann. Mit Blick auf die unterschiedliche Ressourcenausstattung der Netzbetreiber muss außerdem angemerkt werden, dass zwischen den Netzbetreibern teilweise erhebliche Asymmetrien hinsichtlich ihrer Verhandlungsspielräume bestanden. Denn gerade kleineren Netzbetreibern fehlten Know-how und/oder finanzielle Spielräume, um durch Investitionszurückhaltung, die Beschwerde gegen die Genehmigung oder andere strategische Verhaltensweisen Verhandlungsdruck auf die Behörden auszuüben. Im Zuge des Umstiegs auf die Anreizregulierung soll im Gasbereich die Bereitschaft der Regulierungsbehörden gesunken sein, Beschwerdeverzichtsabsprachen zu treffen (s. o. 4. Teil, C., II, 2.). Dies wird einerseits darauf zurückgeführt, dass die Behörden erheblich dazu gelernt hätten und Informationsasymmetrien zur Kostensituation der Netzbetreiber abbauen konnten, und andererseits darauf, dass die rechtlichen Vorgaben und das Verfahren zur Festlegung der Erlösobergrenzen den Be-

C. Instrumente bei der Umsetzung der Anreizregulierung

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hörden nur noch begrenzte Ermessensspielräume zur Ausgestaltung von Erlösobergrenzen einräumen würden. Für den Strombereich wurde Gegenteiliges berichtet, wo laut Aussage eines Verbandsvertreters im Rahmen der Kostenprüfung für den Effizienzvergleich der zweiten Regulierungsperiode weiterhin regelmäßig Beschwerdeverzichtsabsprachen getroffen worden sein sollen (s. o. 4. Teil, C., II., 2.). Eine Ausnahme scheinen die Fernleitungsnetzbetreiber darzustellen, die nach wie vor in der Lage seien, Verzichtsabsprachen zu treffen, da das Verfahren zur Festlegung ihrer Erlösobergrenzen problematischer war als bei den Verteilnetzbetreibern [s. o. 4. Teil, C., I., 1., b)]. Die Problematik mit Informationsasymmetrien hat sich durch den Umstieg auf die Anreizregulierung verschoben [s. o. 4. Teil, C., I., 1., b)], da die Netzbetreiber das Zustandekommen ihrer Effizienzwerte im Effizienzvergleich nur noch bedingt nachvollziehen können. Unsicherheiten diesbezüglich haben beispielsweise dazu geführt, dass in der ersten Regulierungsperiode gemeinsame Netzbetreibergesellschaften von Verteilnetzbetreibern wieder aufgelöst wurden, damit diese Netzbetreiber in der zweiten Regulierungsperiode ins vereinfachte Verfahren gehen konnten. Unsicherheiten über die zukünftige Fortentwicklung des Regulierungsansatzes führen zu Investitionszurückhaltungen (s. o. 4. Teil, B., III.).

V. Regulierungskultur als Bestimmungsfaktor des Entscheidungsverhaltens bei der Anreizregulierung Im Gegensatz zur Anwendung der Instrumente zur Umsetzung des Netzzugangsmodells des § 20 Abs. 1b EnWG ist der Umstieg auf die Anreizregulierung durch empirische Merkmale des Regulierungsstaates geprägt [s. o. 1. Teil, B., II., 3., a)]. Tabelle 13 (s. u.) liefert hierzu einen Überblick. Durch die Vorgabe von Erlösobergrenzen wird der Spielraum der Netzbetreiber zur Ausgestaltung ihrer Netzentgelte erheblich eingeschränkt. Auffällig ist, dass der hohe Detaillierungs- und Formalisierungsgrad der Regelungen zur Bestimmung dieser Erlösobergrenze die Verhandlungsmöglichkeiten der Netzbetreiber erheblich beschränkt (Berndt 2011: 196). Die Formalisierung ist ein Merkmal des Regulierungsstaates, der sich durch umfangreiche und detaillierte Regelungen auszeichnet, die informalen Absprachen entgegenstehen sollen (Levi-Faur 2011: 819). Diese Entwicklung scheint – wie im vorigen Abschnitt dargelegt – durch den Umstieg auf die Anreizregulierung eingetreten zu sein, da informale Absprachen mit dem Umstieg auf die Anreizregulierung im Gasbereich abgenommen haben [s. o. 4. Teil, C., I., 1., b), cc)]. Die deutsche Umsetzung der Anreizregulierung durchbricht das mit dem Regulierungsstaat verbundene britische Regulierungsmodell an einer Stelle: Erlösobergrenzen werden nicht nur durch die BNetzA, sondern auch durch die Landesregulierungsbehörden festgelegt. Diese Aufteilung entspricht der förderalen

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4. Teil: Umsetzung der Anreizregulierung Tabelle 13 Merkmale des Regulierungsstaates

Allgemeines Merkmal des Regulierungsstaates

Merkmal beim Umstieg auf die Anreizregulierung

Steuerung privatisierter und liberalisierter Industrien durch umfangreiche und tiefgreifende Regulierungsmaßnahmen

• Festlegung von Erlösobergrenzen auf der Grundlage von Kostenprüfung und Effizienzvergleich, die mit netzbetreiberspezifischen Effizienz- und zukünftig auch Qualitätsvorgaben verbunden sind; • Anpassung der Erlösobergrenze nur in bestimmten Fällen und auf Antrag möglich (z. B. Investitionsmaßnahmen)

Einrichtung unabhängiger und sektorspezifischer Regulierungsbehörden mit weitreichenden Eingriffsbefugnissen, um diese Steuerungsaufgabe zu erfüllen

Festlegungskompetenzen zwischen BNetzA und LRegB aufgeteilt, aber faktische Verlagerung von Entscheidungsprozessen auf BNetzA, die als unabhängige Behörde eingestuft werden kann [s. o. 2. Teil, B., I., 1., b)]

Erhebliche Ermessensspielräume der Regu- große Spielräume der BNetzA bei der lierungsbehörden zur Durchsetzung der ih- Ausgestaltung des Effizienzvergleichs und nen vorgegebenen Regulierungsziele der Qualitätsregulierung Distanz zu den Regulierungsadressaten „at arm’s length“

Durch den Effizienzvergleich hat sich die Distanz der Regulierungsbehörde zu den Regulierungsadressaten vergrößert, da für Verteilnetzbetreiber kaum noch Verhandlungsspielräume bestehen.

Prägung des deutschen Gesetzesvollzugs, der durch eine „regionale“ und „funktionale Fragmentierung“ geprägt ist (Schröter/Maravich/Röber 2008: 238). Eigentlich wollte die Bundesregierung (2004b: 8) keine solche Aufteilung der Vollzugsaufgaben und war der Auffassung, dass „ein bundeseinheitlicher Vollzug des neuen Regulierungsregimes durch eine Bundesbehörde, deren Unabhängigkeit und Selbstständigkeit gegenüber dem politischen Tagesgeschäft organisatorisch“ besser abgesichert sei als durch eine Aufteilung der Vollzugsaufgaben zwischen der BNetzA und Landesbehörden. Die Länder konnten sich mit ihrer Forderung nach Landesregulierungsbehörden im Vermittlungsausschuss durchsetzen. Allerdings werden deren regulatorischen Gestaltungsspielräume durch die abschließende Aufgabenzuweisung des § 54 Abs. 2 EnWG beschränkt. Hinzu kommt, dass die Landesregulierungsbehörden in ihren Zuständigkeitsbereichen – insbesondere beim Vollzug der Anreizregulierung – auf die Unterstützung der BNetzA angewiesen sind [s. o. 4. Teil, C., I., 1., b)]. Müller (2006: 281) hat vermutet, dass

C. Instrumente bei der Umsetzung der Anreizregulierung

237

sich die Regulierungskompetenzen der Länder im Zeitverlauf marginalisieren werden. Diese Vermutung scheint sich zu bestätigen: formal besteht zwar weiterhin eine Aufgabenteilung, aber faktisch trifft die BNetzA inzwischen alle wesentlichen Regulierungsentscheidungen zur Anreizregulierung [s. o. 4. Teil, C., I., 1., b)]. Empirische Merkmale des Gewährleistungsstaates in Form von Verantwortungsteilung, regulierter Selbstregulierung und staatlicher Gewährleistungsverantwortung [s. o. 1. Teil, B., II., 3. a)] sind bei der Umsetzung der Anreizregulierung kaum oder gar nicht auszumachen: – Die Marktakteure und ihre Verbände werden in allgemeinen Festlegungsverfahren zur Anreizregulierung – im Gegensatz zum Gasnetzzugang – nicht über Anhörungsprozesse hinausgehend eingebunden, – es bestehen auf Seiten der Netzbetreiber keinerlei Selbstregulierungsspielräume zur Ausgestaltung ihrer Erlösobergrenzen, und – es besteht kein Kooperations- und Konsensprinzip zwischen Regulierungsbehörden und Marktakteuren. Der mit der zunehmenden Formalisierung verbundene Detailierungsgrad der Regulierungsvorgaben – welcher sich in der (Fort-)Entwicklung der Regulierungsformel in Anlage 1 der ARegV widerspiegelt – wird zu einem zentralen Problem des Regulierungsstaates führen: der Überregulierung. In Großbritannien hat der kontinuierliche Ausbau der Anreizregulierung dazu geführt, dass die Beherrschbarkeit des Regulierungsansatzes zunehmend in Zweifel gezogen wird (Littlechild 2009a: 4; 2009b: 1 ff.; Monopolkommission 2011: 98). Die deutsche Form der Anreizregulierung scheint einen ähnlichen Weg einzuschlagen. Ein Beispiel hierfür liefert die nachträgliche Einfügung der volatilen Kosten in § 11 Abs. 5 ARegV. In naher Zukunft sind zusätzliche Regelungen durch die Qualitätsregulierung zu erwarten, die noch während der zweiten oder zur dritten Regulierungsperiode eingeführt wird. Ein Vertreter einer Landesregulierungsbehörde merkte bezüglich des Ausbaus der Regulierungsformel an: „Es sind zwar kleine Bausteine, aber die verkomplizieren die Ermittlung der Erlösobergrenze. Wenn man das zwei, drei Perioden lang macht, dann hat man schon eine starke Veränderung der Komplexität. Am Anfang war es einfach, aber es kommt immer wieder ein kleiner Baustein hinzu.“

Nach Klaue (2011: 595) führt die Anreizregulierung zu einer staatlichen Kontrolle der Netze, „die weit über das hinausgeht, was früher von der staatlichen Preiskontrolle den Unternehmen zugemutet worden ist“, so dass „das Netz über die Regulierung nur noch vordergründig den Unternehmen“ gehöre. In die gleiche Richtung geht die Kritik von Lippe (2009: 72): „Die Frage drängt sich auf, ob das Vertrauen in den behördlichen Sachverstand so groß sein sollte und ob man mit mehr Zuständigkeiten von Behörden, die mehr Daten sammeln und

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4. Teil: Umsetzung der Anreizregulierung

diese mit mehr wissenschaftlicher Raffinesse analysieren sollen, um immer mehr Aktivitäten von Unternehmen zu regulieren und zu kontrollieren, wirklich auf dem richtigen Weg ist.“ Mit Blick auf das inkrementelle Entscheidungsmodell ist zu erwarten, dass die deutsche Anreizregulierung zur Beseitigung von Fehlanreizen und Fehlentwicklungen schrittweise an Komplexität zunehmen wird, da nur einzelne Elemente des Ansatzes und nicht das Regulierungskonzept selbst in Frage gestellt werden.

5. Teil

Auswirkungen der Gasnetzzugangs- und Gasnetzentgeltregulierung auf das Liberalisierungsergebnis A. Einfluss des Regulierungshandelns und der Regulierungskultur auf das Liberalisierungsergebnis Das Regulierungshandeln hat einen erheblichen Einfluss auf das Liberalisierungsergebnis, aber es ist nicht allein für das Regulierungsergebnis verantwortlich, da es nur den Netzbereich betrifft. Dieser ist für die Entwicklung von Wettbewerb zwar elementar, aber im Hinblick auf das Liberalisierungsergebnis nur ein Einflussfaktor von vielen. Dies wird im Gasmarkt deutlich, wenn man die geringe Zahl der Produzenten in den Förderländern betrachtet, die durch deutsche oder EU-Regulierungsmaßnahmen nicht beeinflusst werden können. Im Folgenden werden zunächst nur die Auswirkungen des Regulierungshandelns und der dahinter stehenden Regulierungskultur auf das Liberalisierungsergebnis betrachtet, da diese im Fokus der Arbeit stehen. Im Anschluss daran werden Hypothesen zu anderen Einflussfaktoren auf das Liberalisierungsergebnis aufgestellt, die allerdings nicht mehr untersucht werden können. Mit Blick auf den Einfluss des Regulierungshandelns ist die Ausgangshypothese der Arbeit, dass sich Diskrepanzen zwischen den erwarteten und tatsächlichen Liberalisierungsergebnissen mit Konflikten zwischen den durch EU-Vorgaben eingeführten Regulierungsansätzen aus der Regulierungskultur des Regulierungsstaates und der in Deutschland vorherrschenden Regulierungskultur des Gewährleistungsstaates erklären lassen. Entgegen der allgemein verbreiteten Erwartung, dass die Einführung des Regulierungsansatzes des Regulierungsstaates zu mehr Wettbewerb führe und diese Entwicklung durch Merkmale der deutschen Regulierungskultur des Gewährleistungsstaates – wie Landesregulierungsbehörden – behindert werde, ergibt sich ein vollkommen anderes Bild. Die Dominanz von Merkmalen des Gewährleistungsstaates bei der Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells hat einen erheblichen Einfluss auf die positive Wettbewerbsentwicklung gehabt, während die Dominanz von Merkmalen des Regulierungsstaates bei der Einführung der Anreizregulierung keinen positiven Effekt für die Wettbewerbs- oder Preisentwicklung entfalten konnte, wie die folgenden Abschnitte aufzeigen werden.

240

5. Teil: Auswirkungen

In den beiden untersuchten Bereichen übernehmen informale Instrumente eine besondere Rolle im Regulierungsprozess, um Informationsasymmetrien zu beseitigen, Transaktionskosten zu senken und Probleme des formalen Regulierungssystems bei der Bewältigung von Systemanforderungen auszugleichen (s. o. 3. Teil, B., III. und 4. Teil, C., IV.). Darüber hinaus sind diese informalen Instrumente – insbesondere im Bereich des Gasnetzzugangs – durch ihre partizipationsfördernde Ausgestaltung ein Ausdruck der Regulierungskultur des Gewährleistungsstaates, die durch die Merkmale der Verantwortungsteilung, regulierten Selbstregulierung und die staatliche Gewährleistungsverantwortung gekennzeichnet ist. Tabelle 14 gibt noch einmal einen Überblick über die unterschiedlichen informalen Instrumente, die im Rahmen der Untersuchung für die Gasnetzzugangs- und Gasnetzentgeltregulierung identifiziert wurden. Die Tabelle verdeutlicht die Merkmale und Ziele dieser Instrumente als Ergänzung oder Alternative zu förmlichen Regulierungsinstrumenten im Regulierungsprozess. Tabelle 14 Informale Instrumente zur Gasnetzzugangs- und Gasnetzentgeltregulierung Vorverhandlungen zu Festlegungen nach § 29 EnWG

Unverbindlichkeit: Vorverhandlungen zu Festlegungen dienen der Vorbereitung förmlicher Festlegungsverfahren durch Konsultationsprozesse – die vor Einleitung des förmlichen Verfahrens beginnen – und entfalten keine Rechtsverbindlichkeit. Tausch: Vorverhandlungen dienen der Vorabstimmung von Problemgegenstand und Problemlösung im formalen Verfahren. Förmliche Alternative: Vorverhandlungen stellen keine Alternative, sondern eine Ergänzung zu förmlichen Instrumenten dar. Allerdings besteht keine Pflicht für die Regulierungsbehörden zur Durchführung von Vorverhandlungen, weshalb die Behörden auch auf ihre Durchführung verzichten und das förmliche Verfahren ohne Vorverhandlungen einleiten können.

Vorverhandlungen zu Missbrauchsverfahren nach § 31 EnWG

Unverbindlichkeit: Vorverhandlungen zu Missbrauchsverfahren dienen der Vorbereitung von Missbrauchsverfahren nach § 31 EnWG und entfalten keine Rechtsverbindlichkeit. Tausch: Vorverhandlungen dienen der Vorabstimmung von Antragsgegenstand und Antragstellung zur Einleitung eines Missbrauchsverfahrens nach § 31 EnWG. Förmliche Alternative: Vorverhandlungen stellen keine Alternative, sondern eine Ergänzung zu förmlichen Instrumenten dar. Allerdings besteht keine Pflicht für die Regulierungsbehörden zur Durchführung von Vorverhandlungen, weshalb die Behörden auch auf ihre Durchführung verzichten und das förmliche Verfahren ohne Vorverhandlungen einleiten können.

A. Einfluss des Regulierungshandelns

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Nichtbescheidungsabsprachen Unverbindlichkeit: Nichtbescheidungsabsprachen diezu Missbrauchsverfahren nen der Einstellung von Missbrauchsverfahren ohne nach § 30 oder § 31 EnWG förmliche Entscheidung der Regulierungsbehörde und entfalten keine Rechtsverbindlichkeit. Tausch: Die Einstellung des Missbrauchsverfahrens erfolgt aufgrund der Zusage der oder des betroffenen Netzbetreiber(s), das inkriminierte Verhalten abzustellen. Förmliche Alternative: Abschluss des förmlichen Missbrauchsverfahrens durch Missbrauchsverfügung. Typologie: – Einfache missbrauchsabstellende Absprachen: beziehen sich auf Verfahren nach § 30 EnWG, die sich gegen einen bestimmten Netzbetreiber richten. – Mediationsabsprachen: beziehen sich auf Verfahren, die auf Antrag nach § 31 EnWG eingeleitet wurden, und dienen der Vermittlung zwischen Antragsteller und Antragsgegner. – Marktgestaltende Absprachen: beziehen sich auf ein Verfahren nach § 30 EnWG, das sich gegen mehrere Netzbetreiber richtet. Beschwerdeverzichtsabsprachen – zu Erlösobergrenzenfestlegungen nach § 4 Abs. 4 ARegV – zu Netzentgeltgenehmigungen nach § 23a EnWG

Unverbindlichkeit: Beschwerdeverzichtsabsprachen dienen der Vermeidung von Beschwerdeverfahren nach § 75 EnWG. Die Absprache selbst ist unverbindlich. Es kann allerdings sein, dass ein formeller Beschwerdeverzicht des Netzbetreibers Gegenstand der Absprache ist. Tausch: Die Regulierungsbehörde kommt dem Netzbetreiber bei der Festlegung der Erlösobergrenze (bzw. kam dem Netzbetreiber bei der Genehmigung von Entgelten) in streitigen Punkten entgegen, wenn dieser im Gegenzug auf eine förmliche Beschwerde nach § 75 EnWG verzichtet (hat). Förmliche Alternative: Kein Entgegenkommen der Behörde bei der Festlegung der Erlösobergrenze oder der Netzentgeltgenehmigung und anschließendes Beschwerdeverfahren gegen die Entscheidung.

Drittvertragsgestaltende Unverbindlichkeit: Die BNetzA ist kein VertragspartAbsprachen zur Kooperations- ner der KoV, weshalb sie formal nicht an der Ausgestalvereinbarung tung des Vertrages mitwirkt. Ihre Anmerkungen und Anregungen bei der Fortentwicklung der KoV besitzen keine Rechtsverbindlichkeit für die Vertragspartner. Tausch: Die Verbände hinter der KoV kommen der BNetzA bei der Fortenwicklung der KoV entgegen, um Missbrauchsverfahren nach § 30 oder § 31 EnWG gegen Regelungen der KoV vorzubeugen. Förmliche Alternative: Missbrauchsverfahren gegen einzelne Regelungen der KoV, die aus Sicht der BNetzA Festlegungsentscheidungen der Behörde oder Netzzugangsvorschriften entgegenstehen.

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5. Teil: Auswirkungen

B. Positive Liberalisierungsentwicklung im Bereich der Gasnetzzugangsregulierung aufgrund eines am Gewährleistungsstaat orientierten Regulierungskonzepts I. Verbesserung der Wettbewerbssituation Betrachtet man die Wettbewerbssituation auf dem Gasmarkt, so kann man feststellen, dass in den letzten Jahren erhebliche Veränderungen stattgefunden haben. Inzwischen kann man von einem funktionierenden Wettbewerb sprechen, der dank eines funktionierenden Netzzugangsmodells in Schwung gekommen ist (s. o. 2. Teil, A., II.). Dieses Zugangsmodell ist allerdings nicht – wie im Regulierungsstaat vorgesehen – durch formale Regulierungsentscheidungen der Regulierungsbehörde entwickelt und durchgesetzt worden. Stattdessen ist die (Fort-)Entwicklung dieses Zugangsmodells vor allem durch informale Instrumente und die Kooperationsvereinbarung vorangetrieben worden, die die Merkmale des Gewährleistungsstaates aufweisen (s. o. 3. Teil, B., IV.). Ein Vertreter des VKU merkte zur Umsetzung des Netzzugangsmodells in der KoV an: „Ich bin überzeugt, dass man, wenn man [die Umsetzung des Zweivertragsmodells] auf Basis einer Verordnungslösung [durch Novellierungen der GasNZV] gemacht hätte, man jetzt nicht auf dem Stand wäre, auf dem man ist. Vielleicht wäre man auf dem Stand von 2006, aber sicherlich nicht weiter.“

Ein Vertreter eines Energiekonzerns merkte an, dass die Zugangsregulierung für die Wettbewerbsentwicklung entscheidender war als die Netzentgeltregulierung: „Was sehr entscheidend war, wo wir auch spüren, dass es sich auch positiv auf den Wettbewerb ausgewirkt hat, ist die Vereinheitlichung des Lieferantenwechselprozesses, sowohl strom- wie auch gasseitig. [. . .] Beim Kommunikationsaustausch haben wir [. . .] erfahren, dass der Fokus der BNetzA, die Netzentgelte zu senken, gar nicht so sehr entscheidend war für die Schaffung und Intensivierung des Wettbewerbs, sondern es war eigentlich vielmehr das Problem, dass die erforderlichen Prozesse gar nicht da waren.“

II. Die KoV als Instrument regulierter Selbstregulierung Die Umsetzung des Netzzugangsmodells des § 20 Abs. 1b EnWG in Form der Kooperationsvereinbarung ist eine Form der regulierten Selbstregulierung im Sinne des Gewährleistungsstaates, die den Verbänden der Netzbetreiber im Hinblick auf die (Fort-)Entwicklung des Netzzugangsmodells gewisse Gestaltungsspielräume einräumt. In gewisser Weise kann dieser Ansatz als Fortführung der Verbändevereinbarungen betrachtet werden, aber es bestehen zwei wesentliche Unterschiede: (1.) die Kooperationsvereinbarung ist für alle Netzbetreiber rechts-

B. Positive Liberalisierungsentwicklung

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verbindlich, und (2.) die BNetzA kann durch ihre Regulierungsentscheidungen erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung der KoV nehmen. Allerdings bestehen auch zwei wesentliche Gemeinsamkeiten zwischen KoV und Verbändevereinbarungen: (1.) der Zugang zu den Gremien, welche die Vereinbarung fortentwickeln, ist exklusiv den Netzbetreiberverbänden und ihren Mitgliedsunternehmen vorbehalten, und (2.) die Fortentwicklung für Unternehmen und Verbände, die nicht in diese Gremien eingebunden sind, ist relativ intransparent. Die Vertreter der Marktakteure und ihrer Verbände sehen in der Etablierung der KoV und ihrer Fortentwicklung einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Wettbewerbssituation. Die durch Festlegungen der BNetzA angestoßenen Veränderungen der KoV – insbesondere die Vereinheitlichung der Geschäftsprozesse, die Vereinfachung des Bilanzierungssystems und Maßnahmen zur Verbesserung der Kapazitätssituation – hätten einen entscheidenden Beitrag zur Belebung des Wettbewerbs geleistet. Der Verordnungsgeber hat sich bei der Novellierung der GasNZV in 2010 explizit für die Beibehaltung der Kooperationsvereinbarung und die damit verbundene Verantwortungsteilung zwischen BNetzA und den Netzbetreiberverbänden entschieden. Rein theoretisch hätte man sich vorstellen können, die KoV durch Regelungen der Verordnung und darauf aufbauende Regulierungsentscheidungen der BNetzA zu ersetzen. Inzwischen ist der Gestaltungsspielraum der Netzbetreiberverbände durch die Regulierungsentscheidungen der BNetzA deutlich eingeschränkt worden. Allerding muss hierbei angemerkt werden, dass die Verbände in die Ausgestaltung dieser Entscheidungen eingebunden waren und ihre Konzepte und Vorschläge in den Regulierungsprozess einbringen konnten. Auffällig ist, dass im Bereich der Gasnetzzugangsregulierung durch die Erweiterung der Festlegungsbefugnisse der BNetzA in der GasNZV-Novelle eine erhebliche Verlagerung von Regulierungskompetenzen auf die BNetzA stattgefunden hat. Diese Entwicklung wurde in einigen Interviews als problematisch gesehen, da der Verordnungsgeber dadurch seine Befugnisse auf die BNetzA übertragen habe. Die dadurch erlangte Unabhängigkeit der BNetzA vom Verordnungsgeber kann als Merkmal des Regulierungsstaates bei der Gasnetzzugangsregulierung gesehen werden. Trotzdem ist nicht davon auszugehen, dass die BNetzA im Übermaß von diesen Befugnissen Gebrauch machen wird, da Festlegungen äußerst aufwändig sind. Ein Vertreter des VKU merkte hierzu an: „Ich glaube nicht, dass die [neuen] Festlegungskompetenzen in so großem Maße von der BNetzA wahrgenommen werden. Denn es ist eine wahnsinnig aufwändige Sache, so eine Festlegung zu machen.“

Die Regelungen zum Gasnetzzugangsmodell scheinen deshalb nicht auf dem Weg in die Überregulierung zu sein.

244

5. Teil: Auswirkungen

III. Informales Regulierungshandeln Eine Besonderheit beim Gasnetzzugang ist, dass informale Instrumente – als Alternative oder Ergänzung zu formalen Instrumenten – eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung und Fortentwicklung des Gasnetzzugangsmodells gespielt haben (s. o. 3. Teil, B., II.). Dies liegt zum einen daran, dass die BNetzA bis zur GasNZV-Novelle in 2010 nur über eingeschränkte Festlegungsbefugnisse verfügte, weshalb sie – selbst wenn sie es gewollt hätte – nicht in der Lage gewesen wäre, alle Aspekte des Zugangsmodells festzulegen. Zum anderen spiegeln die informalen Instrumente, die bei der Gasnetzzugangsregulierung zum Zuge kommen, die konsensuale deutsche Regulierungskultur wider, die auch das System der Verbändevereinbarungen geprägt hat. Demnach wird vor Erlass förmlicher Regulierungsentscheidungen – wenn möglich – ein Kompromiss gesucht, der von allen betroffenen Akteuren getragen wird. Diese Besonderheit der deutschen Regulierungskultur wird am Beispiel der Missbrauchsaufsicht im Netzzugangsbereich deutlich, die überwiegend durch informale Instrumente erfolgt. Förmliche Verfahren kommen dort nur zur Anwendung, wenn informale Lösungsversuche keinen Erfolg versprechen.

C. Liberalisierungsmängel bei der Gasnetzentgeltregulierung aufgrund eines am Regulierungsstaat orientierten Regulierungskonzepts I. Kaum Auswirkungen der Anreizregulierung auf das Liberalisierungsergebnis Im Gegensatz zur Gasnetzzugangsregulierung sind die Auswirkungen der Anreizregulierung auf das Liberalisierungsergebnis gering oder sogar negativ, da fehlende Investitionsanreize einen bedarfsgerechten Netzausbau behindern (s. o. 4. Teil, B., III.). Auf die Wettbewerbsentwicklung hat die Netzentgeltregulierung keinen Einfluss, solange alle Netznutzer dasselbe zahlen, die Netzentgeltentwicklung absehbar ist und keine Quersubventionierung durch den Netzbereich erfolgt. Denn Netzentgelte stellen für die Händler nur Durchlaufposten dar, die sie an ihre Kunden durchreichen. Ein Vertreter des bne führte hierzu aus: „Für die Netznutzer und Lieferanten sind die Netzentgelte durchlaufende Posten. Denen geht es darum, dass die Informationen rechtzeitig bekannt sind, damit sie in ihre Angebote einkalkuliert werden können, und dass die Entwicklung stetig ist, um langfristig kalkulieren zu können. Im Sinne der Verbraucher wird auch darauf geachtet, dass keine Ineffizienzen drin sind, sprich, dass es zu teuer ist. Ansonsten sind für die Lieferanten die Netzentgelte gleich.“

C. Liberalisierungsmängel bei der Gasnetzentgeltregulierung

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Ein Vertreter von EFET führte hierzu aus: „Netzentgelte müssen kostenbasiert sein, das ist unsere einzige Forderung. Das waren sie früher nicht, und da hat die BNetzA durch ihre Regulierung eine ganz gute Arbeit gemacht. Solange Netzentgelte kostenbasiert und nichtdiskriminierend sind, sind wir damit einverstanden. Da sind wir schon sehr weit vorangekommen.“

Der Umstieg auf die Anreizregulierung hatte keinen absenkenden Effekt auf den Gaspreis, was daran liegt, dass die Netzentgelte nur einen geringen Teil des Gaspreises ausmachen und die Spielräume der Regulierungsbehörden zur Beeinflussung dieses Teils nur begrenzt sind, wenn sie keine negativen Auswirkungen auf den Betrieb und den Ausbau des Netzes erzielen wollen. Dies wird besonders deutlich, wenn man nach Großbritannien schaut, wo drastische Absenkungen der Netzentgelte zu erheblichen Investitionszurückhaltungen geführt haben (Pollitt 2008: 69). Betrachtet man die Netzentgeltentwicklung, dann zeigt sich, dass die Netzentgelte nach einer anfänglichen Absenkung wieder gestiegen sind und sich über dem Niveau vor dem Umstieg auf die Anreizregulierung bewegen (BNetzA/ BKartA 2013: 202). In ihrem ersten Erfahrungsbericht zur Anreizregulierung merkt die BNetzA (2014: 89) an, dass die steigenden Netzentgelte mit dem Umbau der Energieversorgungsnetze zusammenhängen würden und nicht mit dem Regulierungsansatz selbst. Die Anreizregulierung würde vielmehr dafür sorgen, dass die Zunahme der Kosten auf ein effizientes Maß beschränkt würde. Fraglich ist, wie sich die Anreizregulierung auf das langfristige Investitionsverhalten der Netzbetreiber auswirkt. Hier scheinen sich ähnliche Entwicklungen wie in Großbritannien abzuzeichnen (s. o. 4. Teil, B., III.). Wenn man von einer investitionshemmenden Wirkung ausgeht, dann ist zu erwarten, dass der zur Förderung des Wettbewerbs benötigte Kapazitätsausbau – insbesondere an den Grenzkuppelstellen – nicht im erforderlichen Ausmaß erfolgt, um bestehende Kapazitätsengpässe abzubauen. Das heißt, dass der Umstieg auf die Anreizregulierung nicht zur Verbesserung der Kapazitätssituation und der Liquidität der Großhandelsplätze beiträgt, sondern möglicherweise gegenteilige Folgen hat. Die britische Erfahrung zeigt, dass Unsicherheiten über die Entwicklung des Anreizregulierungsregimes bei Netzbetreibern zu Investitionszurückhaltung führen, da das Ausgangsmodell der Anreizregulierung sich am Bestandserhalt orientiert und keine Anreize für Neu- und Ausbauinvestitionen gesetzt hat. Zwar hat der Verordnungsgeber versucht, Anreize für Investitionen durch die Möglichkeit zur Beantragung von Erweiterungsfaktoren (§ 4 Abs. 4 ARegV) und Investitionsmaßnahmen (§ 23 ARegV) zu setzen [s. o. 4. Teil, C., I., 2., b) und d)]. Allerdings stellt sich vor dem Hintergrund der Energiewende – die auf den Umbau der Energieversorgungsnetze setzt – die Frage, ob die Anreizregulierung tatsächlich in der Lage ist, die erforderlichen Anreize zur Neugestaltung der Energieversorgung zu setzen (s. o. 4. Teil, B., III.). Diese Frage ist im Strombereich vermutlich dringlicher als im Gasbereich, da hier größere Um- und Neubaumaßnahmen erforderlich sind, aber auch der Gasbereich muss sich auf eine Veränderung der Versor-

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5. Teil: Auswirkungen

gungsstruktur einstellen und bedarf teilweise erheblicher Investitionen, um die Erreichung der Ziele der Energiewende zu ermöglichen.

II. Regulierungsprobleme Die Anreizregulierung stellt ein zentrales Element des britischen Regulierungskonzepts dar (Bartle 2003: 1), das der EU-Kommission als Vorlage für die Entwicklung der EU-Vorschriften zum gemeinsamen Binnenmarkt für Energie diente (s. o. 2. Teil, C., I.). Nach Art. 41 Abs. 8 der Richtlinie 2009/73/EG hat die Regulierungsbehörde – wenn sie Netzentgelte oder Methoden zu ihrer Bestimmung festlegt – sicherzustellen, dass für die Netzbetreiber Anreize geschaffen werden, sowohl kurzfristig als auch langfristig ihre Effizienz zu steigern. Diese Vorgaben spiegeln die Grundidee hinter der Anreizregulierung wider. Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Umsetzung in Deutschland unter teilweise erheblichen Regulierungsproblemen leidet.

1. Hohe Komplexität und großer Verfahrensaufwand Entgegen der Erwartung, dass durch die Einführung der Anreizregulierung das Verfahren zur Festlegung von Netzentgelten für Regulierungsbehörden und Netzbetreiber vereinfacht würde, hat die erste Regulierungsperiode gezeigt, dass weder der Aufwand noch die Komplexität des Regulierungsverfahrens abgenommen, sondern eher zugenommen haben. Ein Vertreter einer Landesregulierungsbehörde gab zur Einführung der Anreizregulierung an: „Wir hatten auch mal anfänglich gedacht – ich denke jetzt auch an einen Kollegen, der uns verlassen hat und sagte: ,Dann habt Ihr ja nicht mehr viel zu tun.‘ –, dass es eine Entlastung gibt. Das stimmt nicht, wir haben genauso viel zu tun wie vorher auch.“

Die Komplexität des Verfahrens zur Festlegung der Erlösobergrenze hat dazu geführt, dass nahezu alle regulären Verfahren in der ersten und zweiten Regulierungsperiode nicht zum anvisierten Zeitpunkt abgeschlossen werden konnten (s. o. 4. Teil B., I. und II.). Innerhalb der Regulierungsperioden müssen für einen Großteil der Netzbetreiber Genehmigungsverfahren zur Anpassung der Erlösobergrenze durchgeführt werden, so dass der jährliche Verfahrensaufwand für Regulierungsbehörden und Netzbetreiber gegenüber den jährlichen Netzentgeltgenehmigungen mindestens gleich geblieben ist [4. Teil, C., I., 2., b)]. Ein Vertreter einer Landesregulierungsbehörde führte hierzu aus: „Ja, es ist nicht so, dass man mit der Kostenprüfung einen Peak hat, sondern das ist ein hohes Niveau an Grundbelastung, und dann kommt der Peak noch hinzu. [. . .] Fast jeder Netzbetreiber [stellt] jedes Jahr [einen Antrag auf Anpassung der Erlösobergrenze].“

C. Liberalisierungsmängel bei der Gasnetzentgeltregulierung

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Ein Vertreter eines Verteilnetzbetreibers merkte an: „Einen Antrag [auf Anpassung der Erlösobergrenze] muss man jährlich stellen, um die vorgelagerten Netzkosten und Investitionsbudgets abzudecken. Insofern hat man jedes Jahr damit zu tun.“

Gleiches gilt für die Fernleitungsnetzbetreiber. Dies merkte auch die BNetzA (2014: 3) in ihrem ersten Evaluationsbericht zur Anreizregulierung an. Sie rechnet allerdings damit, dass Lernfortschritte zu einem Abnehmen dieses Aufwands führen werden. Mit größerer Sorge beobachtet inzwischen die Monopolkommission (2013: 135) die aktuelle Entwicklung und verweist darauf, dass Lerneffekte eine Kontinuität der Rechtslage und des Regulierungsansatzes voraussetzen, was bei der Anreizregulierung nicht gegeben scheint, weshalb sie eine gemeinsame Ex-post-Evaluation der Regulierungsdichte durch die staatlichen und privaten Akteure des Regulierungssystems anregt, um Überregulierungstendenzen rechtzeitig entgegenzuwirken. Die BNetzA (2014: 4) regt hingegen in ihrem ersten Evaluationsbericht zur Anreizregulierung an, dass zur Vereinfachung des Systems Sonder- und Einzelfallregelungen gestrichen werden sollten. Mit Blick auf die auf Einzelfallgerechtigkeit ausgelegte deutsche Verwaltungs- und Regulierungskultur erscheint dieser Ansatz wenig erfolgversprechend und kaum durchsetzbar. Hinzu kommt, dass bestimmte Bestandteile wie die Qualitätsregulierung noch nicht in die Anreizregulierung implementiert wurden, so dass hierdurch noch zusätzliche Mehrbelastungen für Behörden und Unternehmen zu erwarten sind. Angesichts der zunehmend komplexer werdenden Vorschriften und Verfahren zur Anreizregulierung – wie dem Effizienzvergleich nach § 12 ARegV – stellt sich die Frage, ob die Vollziehbarkeit dieses Regulierungsansatzes in Zukunft noch gewährleistet ist. 2. Zweifel an der Methodenrobustheit und Datenqualität Mit Blick auf den Effizienzvergleich zur ersten Regulierungsperiode gab es von Seiten der Netzbetreiberverbände und Netzbetreiber teilweise erhebliche Zweifel an der Robustheit der Methode und der Qualität der verwendeten Daten [s. o. 4. Teil, B., I.; 4. Teil, C., I., 1., b)]. Inwieweit diese Zweifel auch noch auf die zweite Regulierungsperiode übertragen werden können, lässt sich derzeit noch nicht absehen. Dies lassen zumindest die Beschwerdeverfahren zum ersten Effizienzvergleich vermuten (BNetzA 2014: 45 ff.). Grundsätzlich gilt, dass solche Vergleichsverfahren äußerst hohe Ansprüche an die Qualität der Daten und die Methodenauswahl stellen: „The benchmarking computation itself is more a piece of art than a matter of hard science“ (Glachant/Khalfallah/Perez/Rious/Saguan 2012: 10). Es ist davon auszugehen, dass – solange Zweifel an Datenbasis, Methodik und Parameterauswahl bestehen – keine vollständige Veröffentlichung

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5. Teil: Auswirkungen

der Datengrundlage und Berechnung erfolgt. Die BNetzA (2014: 86) hat in ihrem ersten Evaluationsbericht angeregt, alle hierfür relevanten Informationen öffentlich zu machen. Dies würde voraussetzen, dass die Netzbetreiber einer Veröffentlichung ihrer Daten zustimmen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Effizienzvergleich jeder Regulierungsperiode zum Gegenstand von Rechtstreitigkeiten wird, da einzelne Netzbetreiber sich durch Parameterauswahl und das Vergleichsverfahren strukturell benachteiligt sehen werden. Dies gilt insbesondere für den Vergleich von Transportnetzbetreibern, da hier die geringe Vergleichsmenge und die Heterogenität der Netzbetreiber dazu führen, dass die Robustheit von Vergleichsverfahren leidet (Glachant/Saguan/Rious/Douget 2013: 30).

3. Nachsteuerungsbedarf und Fehlanreize Die Formel zur Bestimmung der Erlösobergrenze musste innerhalb der ersten Regulierungsperiode angepasst werden, da bei der Ausarbeitung der Anreizregulierungsverordnung nicht berücksichtigt wurde, dass die Kosten von Verlustenergie nur bedingt durch die Netzbetreiber beeinflusst werden können [s. o. 2. Teil, C., II, 5., b)]. Es ist zu erwarten, dass es zukünftig zu weiteren Anpassungen der Formel und Verordnung kommen wird, um Fehlentwicklungen und -anreizen entgegenzuwirken. Ein Beispiel hierfür ist die Auflösung von gemeinsamen Netzbetreibergesellschaften kommunaler Netzbetreiber, um vom regulären in das vereinfachte Verfahren wechseln zu können (s. o. 4. Teil, C., IV.). Die BNetzA (2014: 4) hofft, solche unerwünschten Verhaltensweisen durch eine Abschaffung des vereinfachten Verfahrens für kleinere Verteilnetzbetreiber unterbinden zu können. Fraglich ist, ob dies tatsächlich den gewünschten Effekt erzielt, da die Netzbetreiber grundsätzlich Lücken im System suchen und nutzen werden, um ihre Erlösobergrenzen zu optimieren, weshalb man sich in einem kontinuierlichen Katz-und-Maus-Spiel befindet. Ein großes Problem wird die sinkende Investitionsbereitschaft von Verteilnetzbetreibern werden (s. o. 4. Teil, B., III.), die durch Unsicherheiten über die Fortentwicklung der Anreizregulierung nach der zweiten Regulierungsperiode sicherlich noch zunehmen wird. Die Monopolkommission (2013: 137) regt an, dass Neuinvestitionen in längerfristige Anlagen durch Verteilnetzbetreiber aus der Anreizregulierung genommen werden und lediglich einer Ex-post-Effizienzprüfung unterzogen werden sollten. Es ist zu erwarten, dass Nachsteuerungsmaßnahmen im Investitionsbereich dazu führen werden, dass die Komplexität des Anreizregulierungsverfahrens und damit die Gefahr der Überregulierung und/oder Überforderung von Regulierungsbehörden und Unternehmen weiter zunehmen. Hinzu kommt, dass hierdurch mögliche Kosteneinsparungen durch den Effizienzvergleich konterkariert werden können, da sich die Netzbetreiber die gestrichenen

C. Liberalisierungsmängel bei der Gasnetzentgeltregulierung

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Kosten und ggf. überhöhte Kosten durch Genehmigungsverfahren im Investitionsbereich zurückholen. 4. Fehlende Transparenz und Verhandlungsasymmetrien Durch den Effizienzvergleich hat sich das Problem der Informationsasymmetrien verschoben, da für Netzbetreiber nicht ohne Weiteres ersichtlich ist, welche Faktoren zu ihrem Effizienzwert geführt haben (s. o. 4. Teil, C., IV.). Der hohe Formalisierungsgrad der Anreizregulierung führt dazu, dass die Möglichkeiten von Verteilnetzbetreibern zur Nachverhandlung über ihren Effizienzwert oder ihre Erlösobergrenzen abgenommen haben (s. o. 4. Teil, C., IV.). Dies gilt nicht für Fernleitungsnetzbetreiber, die nach wie vor über Verhandlungsspielräume verfügen würden, weshalb erhebliche Verhandlungsasymmetrien zwischen Verteilund Fernleitungsnetzbetreibern bestehen [s. o. 4. Teil, C., I., 1., b), bb)]. Diese Probleme sind weniger der deutschen Umsetzung der Anreizregulierung geschuldet, sondern lassen sich auch bei der Entwicklung der britischen Anreizregulierung in den letzten Jahren beobachten, weshalb generelle Zweifel an der Geeignetheit des Regulierungsansatzes bestehen, insbesondere mit Blick auf die benötigten Infrastrukturinvestitionen (vgl. u. a. Pollitt 2008: 68 ff.; Littlechild 2009a: 1 ff.; Helm 2010: 295; Littlechild 2011: 4). Mit Einführung der Anreizregulierung hat sich die Transparenz des Regulierungssystems aus Sicht kleinerer Netzbetreiber, die nicht am vereinfachten Verfahren teilnehmen, erheblich verschlechtert, da sie nicht nachvollziehen können, wie ihr Effizienzwert zustande gekommen ist und was sie tun müssen, um bessere Effizienzwerte zu erzielen. Gleichzeitig soll die Bereitschaft der Regulierungsbehörden abgenommen haben, sich auf Verhandlungen einzulassen. Ein zentrales Merkmal des Regulierungsstaates ist nach Levi-Faur (2011: 814) die Verdrängung des Informalen; dies scheint bei der Anreizregulierung der Fall zu sein. Allerdings wurde in den Interviews signalisiert, dass auch nach wie vor Verhandlungsmöglichkeiten bestünden. Ein Vertreter eines Energiekonzerns merkte hierzu an: „[Die BK 9] ist ein richtig harter Verhandlungspartner. Was nicht heißt, dass man da nicht verhandeln kann, aber da geht es um jeden Cent. Das ist ja auch klar, weil es da ums Geld geht.“

In die gleiche Richtung geht die Aussage eines Vertreters eines Netzbetreiberverbands, der betonte, dass nach Einführung der Anreizregulierung nicht mehr so viel „gedealt“ worden sei, wie zu Zeiten der Netzentgeltgenehmigung nach § 23a EnWG (s. o. 4. Teil, C., II., 2. und 3.). Es ist allerdings auch anzunehmen, dass trotzdem weiterhin informale Instrumente – wenn auch nicht mehr so umfangreich – eingesetzt werden, um Vollzugsprobleme der Anreizregulierung zu beseitigen oder abzumildern. Es ist zu erwarten, dass es hierbei zu Ungleichbehand-

250

5. Teil: Auswirkungen

lungen kommen wird, die durch Ressourcen- und Informationsasymmetrien zwischen den Netzbetreibern hervorgerufen werden, die ihre Verhandlungsposition gegenüber den Regulierungsbehörden beeinflussen. Denn nur ein Netzbetreiber, der tatsächlich in der Lage ist, eine Beschwerde – notfalls auch bis zum BGH – durchzufechten, wird auch eine Beschwerderverzichtsabsprache angeboten bekommen, da ansonsten aus Sicht der Behörde kein Anreiz besteht, sich auf eine solche Absprache einzulassen. Ein Vertreter eines Energiekonzerns merkte zu den unterschiedlichen Verhandlungssituationen zwischen den Netzbetreibern an: „Das ist Unternehmertum: wenn ich gute Leute habe, die besser verhandeln, dann darf ich auch mehr Geld verdienen. Ist einer zu blöd zum verhandeln, weil er sich taktisch schlecht aufstellt, dann ist es nicht so.“

Die BNetzA (2014: 86) regt in ihrem ersten Evaluationsbericht zur Anreizregulierung an, die Transparenz der Anreizregulierung dadurch zu steigern, dass alle für die Erlösobergrenzenermittlung relevanten Informationen – in Form von Jahresabschlüssen, Kostendaten etc. – veröffentlicht werden sollen, um die Informationslage von Netzbetreibern und Netznutzern zu verbessern. Dies würde allerdings voraussetzen, dass die Netzbetreiber der Veröffentlichung ihrer Daten zustimmen, was bisher nicht der Fall war (BNetzA 2014: 47). Die aufgezeigten Probleme der Anreizregulierung in Deutschland liegen weniger in der Umsetzung des Regulierungsansatzes, sondern vielmehr am Ansatz selbst, der nur bedingt geeignet erscheint, um die zuvor aufgezeigten Liberalisierungsmängel zu beseitigen und das Liberalisierungsergebnis zu verbessern, weshalb man nach Alternativen suchen sollte.

D. Der Einfluss anderer Faktoren auf das Liberalisierungsergebnis Neben dem Regulierungshandeln haben auch andere Faktoren das Liberalisierungsergebnis beeinflusst. Zu diesen Faktoren gehören u. a. die technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Gasmarktes sowie die Zahl der Anbieter und ihr Wettbewerbsverhalten [s. o. 1. Teil, B., II., 4., d)].

I. Technische Rahmenbedingungen 1. Diversifikation von Importinfrastruktur und -bezugsquellen Der deutsche Gasmarkt ist vom Import abhängig, da die inländische Förderung nur einen Bruchteil des deutschen Gasbedarfs decken kann [s. o. 2 Teil, A., I.]. Bislang verfügt Deutschland über keine eigenen LNG-Terminals und ist von Pipeline-Gas abhängig [BMWi 2013: 13 ff.]. Tabelle 15 (s. u.) gibt einen Überblick über die an das deutsche Gasnetz angeschlossenen direkten Importverbindungen.

D. Der Einfluss anderer Faktoren auf das Liberalisierungsergebnis

251

Tabelle 15 Importverbindungen Pipeline

Förderland

Grenzübergabepunkt

Inbetriebnahme

Volumen (Mrd. m3)

Norpipe

Norwegen

Emden

1977

16

Europipe I

Norwegen

Emden

1995

18

Europipe II

Norwegen

Emden

1999

24

Jamal Europa

Russland

Malnow

1997

33

Ukrainisches Pipelinesystem

Russland

Waidhausen/Sayda

1963

120

Nord-Stream

Russland

Lubmin

2011/2012

55

Quelle: BMWi 2013: 13 [ergänzt]

Hinzu kommt Gas, das über die Importverbindungen und Förderquellen der Nachbarländer bezogen werden kann. Hierzu gehört z. B. L-Gas aus den niederländischen Gasfeldern und LNG, das in Belgien und den Niederlanden in das EU-Erdgasnetz eingespeist wird. Der kontinuierliche Ausbau des Pipeline-Systems zu den unterschiedlichen Förderländern ermöglicht eine Diversifikation der Bezugsquellen und wirkt sich positiv auf den Wettbewerb aus. Es ist zu erwarten, dass die Inbetriebnahme von noch im Bau befindlichen Pipeline-Projekten zu noch nicht an das europäische Gasnetz angeschlossenen Gasquellen, eine mögliche Erschließung neuer Gasquellen innerhalb der EU durch Fracking und der Ausbau von LNG-Terminals einen erheblichen Einfluss auf die zukünftige Wettbewerbsentwicklung in Deutschland und der EU haben werden. Rein theoretisch könnte auch Biogas in Zukunft eine Rolle spielen, wenn es wirtschaftlich und in großen Mengen eingespeist werden kann. Derzeit bleibt man allerdings hinter den Erwartungen zurück. 2012 wurden 413 Mio. Kubikmeter Biogas eingespeist, was lediglich 6,88 Prozent der Zielmarke für 2020 im Energieprogramm der Bundesregierung entspricht (Bundesnetzagentur 2013: 3). 2. Technologische Innovationen Mit Blick auf die Zukunft hätte die breite Umsetzung von „power to gas“Technologien sicherlich einen erheblichen Einfluss auf die Wettbewerbssituation, da hierdurch vollkommen neue Inlandsförderquellen erschlossen werden könnten, die zur Reduzierung der Importabhängigkeit beitragen würden. „Power to gas“ bedeutet, dass elektrische Energie aus erneuerbaren Energien durch Wasser-

252

5. Teil: Auswirkungen

elektrolyse und anschließende Methanisierung in synthetisches Gas umgewandelt wird, das in das Erdgasnetz eingespeist werden kann.

II. Wirtschaftliche Rahmenbedingungen 1. Flexibilisierung der Beschaffung Die Begrenzung der Vertragslaufzeiten langfristiger Lieferverträge durch die Kartellbehörden (s. o. 2. Teil, B., II., 3.), die Reduzierung der Marktgebiete und die Vereinfachung des Bilanzierungssystems durch die BNetzA [3. Teil A., IV., 2. und 3. Teil, B., II., 2., cc)], sowie die Wirtschaftskrise (2. Teil, A., I., 6.) haben dazu geführt, dass Gasversorger ihre Beschaffungsstrategien flexibilisieren konnten, weshalb man zwischen „alter“ und „neuer Gaswelt“ unterscheiden kann (Monopolkommission 2011: 152). In der „neuen Gaswelt“ binden sich Weiterverteiler nicht mehr mit langfristigen Lieferverträgen an eine Ferngasgesellschaft, sondern streuen ihr Beschaffungsrisiko durch ein Portfolio, das sich aus unterschiedlichen Bezugsquellen zusammensetzt, um den Einkaufspreis zu optimieren. Die Umstellung auf flexible Beschaffungsstrategien hat zu einer erheblichen Verbesserung des Wettbewerbsergebnisses beigetragen. 2. Wachstum der Großhandelsmärkte Eine Voraussetzung für die Flexibilisierung der Beschaffungsstrategie ist die Liquidität von Großhandelsmärkten. Die Reduzierung der Marktgebiete hat dazu geführt, dass es in Deutschland nur noch zwei Großhandelsmärkte gibt, die durch ein großes Handelsvolumen und große Handelsintensität gekennzeichnet sind (Monopolkommission 2013: 29). Im Jahr 2013 verzeichneten beide Großhandelsmärkte zweistellige Wachstumsraten (EU Commission 2013: 1). Trotz der deutlichen Verbesserung des Handelsvolumens und der Handelsintensität ist die Liquidität der deutschen Großhandelsmärkte weiterhin geringer als an anderen EU-Großhandelsplätzen (Monopolkommission 2013: 29).

III. Zahl der Anbieter und Wettbewerbssituation Die Veränderungen der regulatorischen, technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Gasmarkts haben dazu geführt, dass die Zahl der Wettbewerber erheblich gesteigert wurde und man inzwischen von einem funktionierenden deutschen Gasmarkt sprechen kann (BNetzA/BKartA 2012: 158). Inzwischen beliefern in 86 Prozent der Netzgebiete mehr als 31 Gaslieferanten Letztverbraucher (BNetzA/BKartA 2013: 232). 2010 galt dies für nur 36 Prozent der Netzgebiete (BNetzA/BKartA 2013: 232). Die Wettbewerbssituation auf den deutschen Großhandelsmärkten nähert sich der Wettbewerbssituation der etablier-

D. Der Einfluss anderer Faktoren auf das Liberalisierungsergebnis

253

ten EU-Großhandelsmärkte an, und eine deutliche Zunahme der Wettbewerbsintensität zwischen den Marktteilnehmern ist zu erkennen (Growitsch/Stroinzik/ Nepal 2013). Obwohl – wie in den vorigen Abschnitten gezeigt wurde – neben dem Regulierungshandeln auch andere Faktoren einen erheblichen Einfluss auf das Liberalisierungsergebnis und die Verbesserung der Wettbewerbssituation auf dem deutschen Gasmarkt gehabt haben, bleibt das Regulierungshandeln eine zentrale unabhängige Variable zur Erklärung des aktuellen Liberalisierungsergebnisses. Denn ohne die beschlossenen und/oder vereinbarten regulatorischen Weichenstellungen im Bereich des Netzzugangs wäre der Wettbewerb auf dem Gasmarkt sicherlich nicht soweit entwickelt wie er inzwischen ist. Mit Blick auf die Anreizregulierung lässt sich allerdings auch feststellen, dass nicht jedes Regulierungshandeln Auswirkungen auf das Liberalisierungsergebnis entfaltet. Denn hier ist, wenn überhaupt, eher von einem negativen Einfluss auf das Liberalisierungsergebnis auszugehen.

6. Teil

Ansätze eines verhaltens- und vollzugsorientierten Regulierungsmodells für den (Strom- und) Gasmarkt Die vier Bewertungsmaßstäbe der Untersuchung beruhen auf einem normativen Verständnis des Gewährleistungsstaates und dem Konzept der Collaborative Governance (s. o. 1. Teil, B., III.). Bei diesen Maßstäben handelt es sich um: (1.) Verantwortungsteilung im Regulierungsprozess, (2.) staatliche Letztverantwortung, (3.) transparente Regulierungsprozesse und (4.) Einbindung aller betroffenen Akteure. Diese Maßstäbe sollten Kernelemente einer verhaltens- und vollzugsorientierten Regulierung sein.

A. Netzzugangsregulierung Für die Umsetzung und Fortentwicklung des Netzzugangsmodells lassen sich zwei Kernbereiche identifizieren: (1.) die Festlegungstätigkeit der BNetzA und (2.) die Fortentwicklung der Kooperationsvereinbarung durch die Verbände der Netzbetreiber. Legt man die normativen Maßstäbe der Untersuchung an diese beiden Bereiche an, lässt sich feststellen, dass die Festlegungstätigkeit der BNetzA eher diesen Maßstäben entspricht als die Fortentwicklung der Kooperationsvereinbarung durch die Verbände. Denn die Festlegungstätigkeit der BNetzA erfüllt die ersten drei normativen Maßstäbe: (1.) Verantwortungsteilung im Regulierungsprozess, (2.) staatliche Letztverantwortung und (3.) transparente Regulierungsprozesse. Es findet eine Verantwortungsteilung zwischen BNetzA und den Marktakteuren bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Festlegungen statt: einerseits weil die Marktakteure und ihre Verbände bei der Vorbereitung von Festlegungen eingebunden sind und ihre Konzepte oder Entwürfe häufig als Ausgangspunkt für Festlegungsentscheidungen fungieren sowie andererseits weil den Marktakteuren bei der Umsetzung von Festlegungen im Rahmen der KoV ein gewisser Gestaltungsspielraum von Seiten der BNetzA eingeräumt wird. Es besteht eine klare staatliche Letztverantwortung, weil Festlegungen rechtsverbindlich sind und Verstöße durch Missbrauchsverfahren verfolgt werden können. Der Regulierungsprozess ist weitgehend transparent. Alle entscheidungsrelevanten Dokumente werden veröffentlicht und zur Konsultation gestellt. Problematisch ist die Einbindung aller betroffenen Akteure, da trotz offener Verfahrensgestaltung nur bestimmte Akteure und Akteursgruppen an Konsultationsverfahren teilnehmen.

A. Netzzugangsregulierung

255

Die Fortentwicklung der Kooperationsvereinbarung erfüllt nur zwei der vier Maßstäbe: (1.) Verantwortungsteilung im Regulierungsprozess und (2.) staatliche Letztverantwortung. Es findet eine klare Verantwortungsteilung zwischen der BNetzA und den Verbänden statt, welche die KoV als Form der regulierten Selbstregulierung fortentwickeln. Eine staatliche Letztverantwortung ist dadurch gewährleistet, dass die BNetzA die Entwicklung der KoV durch ihre Festlegungstätigkeit beeinflussen und die Anwendung rechtswidriger Regelungen – wie das Kontraktpfadmodell – in der KoV durch Missbrauchsverfügungen untersagt bzw. untersagen kann. Allerdings sind die Transparenz und die Beteiligung aller betroffenen Akteure bei der Fortentwicklung der KoV eingeschränkt. Eine Teilnahme an den Verhandlungen in der Verhandlungsdelegation steht nur Mitgliedern der Netznutzerverbände offen. Netznutzer und ihre Verbände können sich lediglich im Netznutzerforum über die Fortentwicklung der KoV informieren und ihre Änderungswünsche äußern.

I. Formalisierung von Konsultationsverfahren Die untersuchten Festlegungsverfahren haben sich durch weitgehend offene und transparente Konsultationsverfahren ausgezeichnet. Allerdings liegen die Durchführung und der Umfang solcher Konsultationen im Ermessen der Regulierungsbehörden, weshalb für die Marktakteure und ihre Verbände kein Anspruch auf die Durchführung von und die Teilnahme an Konsultationsverfahren besteht. Im förmlichen Festlegungsverfahren muss nach § 67 Abs. 1 EnWG lediglich den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt werden. Eine Anhörung der betroffenen Wirtschaftskreise nach § 67 Abs. 2 EnWG liegt im Ermessen der Regulierungsbehörde. Ausnahmen stellen Standardangebote der Netzbetreiber oder Marktgebietsverantwortlichen nach § 50 Abs. 7 oder 8 GasNZV und Festlegungen von Standardlastprofilen nach § 50 Abs. 4 GasNZV dar, welche zumindest den Verbänden der Netzbetreiber und den Verbänden der Transportkunden zur Stellungnahme vorgelegt werden müssen, bevor eine entsprechende Entscheidung ergeht. Eine Rahmenregelung für sämtliche Festlegungsverfahren sollte sicherstellen, dass den Marktakteuren und ihren Verbänden grundsätzlich die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt wird, damit diese sich immer in den Regulierungsprozess einbringen können, wenn sie es wünschen. Eine solche Rahmenregelung sollte sich auf Minimalstandards beschränken, um sicherzustellen, dass entsprechende Beteiligungsmöglichkeiten zwar eingeräumt, aber die Komplexität und der Aufwand von Festlegungsverfahren nicht unnötig erhöht werden.1 Folgende Regelungen erscheinen hierzu angebracht: 1 Vgl. hierzu insbesondere die Empfehlungen von Ziekow (2012: 127 ff.) zur Ausgestaltung von Bürgerbeteiligungsrechten bei Planungs- und Zulassungsverfahren.

256

6. Teil: Ansätze eines Regulierungsmodells

– Entwürfe von Festlegungen sollten grundsätzlich vorab auf der Homepage der BNetzA veröffentlicht und für einen angemessenen Zeitraum (z. B. drei Wochen) zur Konsultation gestellt werden. – Eingegangene Stellungnahmen zum Entwurf sollten ebenfalls auf der Homepage der BNetzA veröffentlicht werden. – Die BNetzA sollte nach Ablauf der Frist eine Zusammenfassung und Bewertung der zentralen Argumente der Stellungnahmen vornehmen. Eine vergleichbare Regelung besteht auf EU-Ebene für die ACER, welche nach Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) 713/09 vor der Annahme von Leitlinien angeben muss, wie den bei Konsultationen gemachten Beobachtungen Rechnung getragen wurde, und, wenn Beobachtungen nicht berücksichtigt wurden, begründen muss, warum diese nicht berücksichtigt wurden. Die Bundesregierung könnte entsprechende Regelungen in einer Verfahrensverordnung zu Festlegungen gemäß § 29 Abs. 3 EnWG erlassen. Eine solche Rahmenregelung würde sicherstellen, dass diejenigen Akteure, die sich in das Verfahren einbringen wollen, dieses auch tun können.

II. Einrichtung von Verbraucheranwälten Mit Blick auf die Beteiligungsasymmetrien bei Konsultationen zu Festlegungsverfahren könnte eine weitere Maßnahme geboten sein, um sicherzustellen, dass auch die Interessen von Haushaltskunden stärker in Konsultationsprozessen vertreten werden. Zwar verfügen die Verbraucherverbände und -zentralen nach § 66 Abs. 2 Nr. 3 EnWG sogar über besondere Beteiligungsrechte in Regulierungsverfahren, die Verbraucherinteressen betreffen, doch sie nehmen diese aufgrund von Informations- und Ressourcenproblemen im Regelfall nicht wahr. Grundsätzlich scheint eine Beteiligung von unabhängigen Verbraucherverbänden im Regulierungsprozess wünschenswert, um die Berücksichtigung von Verbraucherinteressen zu gewährleisten und die Regulierungstätigkeit der BNetzA mit Blick auf die Gefahr eines „regulatory capture“ zu überwachen. In Großbritannien sind in den liberalisierten Märkten spezielle Verbraucherschutzorganisationen eingerichtet worden, um die Interessen der Verbraucher im Regulierungsprozess zu vertreten (Harker/Matthieu/Waddams Price 2006: 209 ff.). Diese Organisationen sind unabhängig von den Regulierungsbehörden und werden durch Beiträge der Regulierungsadressaten finanziert. Ein Vertreter des VZBV äußerte, dass man sich bei der 2005 erfolgten EnWG-Novelle einen „Verbraucheranwalt“ nach diesem Vorbild bei der BNetzA gewünscht hätte, aber die politische Unterstützung dafür habe gefehlt. Grundsätzlich scheint eine Verbesserung der Ressourcenausstattung der Verbraucherschutzzentralen unumgänglich, wenn diese als unabhängige Teilnehmer Verbraucherinteressen in Festlegungsverfahren vertreten sollen.

A. Netzzugangsregulierung

257

III. Öffnung der Kooperationsvereinbarung für Netznutzerverbände Mit Blick auf die Bewertungsmaßstäbe „Transparenz“ und „Beteiligung aller betroffenen Akteure“ weisen die Verfahren zur Fortentwicklung der KoV erhebliche Mängel auf. Zugang zur Verhandlungsdelegation ist exklusiv den Mitgliedern der Netzbetreiberverbände vorbehalten [s. o. 3. Teil, B., I., 3., a)]. Diese Exklusivität wird von Seiten der Netzbetreiberverbände vor allem damit begründet, dass die KoV als Vertrag nur die Netzbetreiber binden würde und die Netznutzerverbände nicht in der Lage seien, konsensual zu verhandeln. Gegen das erste Argument kann vorgebracht werden, dass Regelungen der KoV sich auch auf die Netznutzer auswirken. Das zweite Argument ist historisch zu sehen, da die großen Divergenzen zwischen den Netzbetreiber- und Netznutzerverbänden im „Konsultationskreis Gasnetzzugang“ dazu geführt haben, dass die erste KoV durch BGW und VKU ohne Abstimmung mit den Netznutzerverbänden ausgearbeitet wurde (s. o. 3. Teil, A., I., 3.). Inzwischen sind die damaligen Streitpunkte durch die Novelle der GasNZV und die einschlägigen Festlegungen der BNetzA abschließend geregelt. Es geht nicht mehr um die großen Entscheidungen, sondern um Detailfragen.2 Hinzu kommt, dass inzwischen auch Netznutzervertreter des BDEW in den entsprechenden Arbeitsgruppen und der Verhandlungsdelegation aktiv sind. Es ist nicht ersichtlich, warum die Netznutzerverbände zu keinem Kompromiss bereit seien sollten.3 Zumal ein solcher Kompromiss sowieso von den Netzbetreiberverbänden gesucht werden muss, wenn ein KoV-Entwurf vorliegt, um möglichen Missbrauchsverfahren gegen die KoV vorzubeugen (s. o. 2 Ein Vertreter eines Stadtwerks merkte zur Entwicklung der KoV und der Verhandlungsdelegation an: „Das waren damals alles Kardinalthemen, weil nur Entry-Exit nicht geht, das waren wirkliche Kämpfe. Jetzt ist man im Wohlstand angekommen, auch wenn der Ausdruck vielleicht unangemessen ist, geht es nur noch um Peanuts. Das sind Kleinigkeiten. Jetzt muss man sich fragen, ob man nicht mit einer kleinen Gruppe das ganze Ding zerlegen kann, um den Kern des Ganzen, der das System trägt, zu identifizieren und den wachsen zu lassen. Denn das Ding ist so riesig, verwachsen und verwoben, dass da kaum noch neue Ideen, wie zu Lieferantenrahmenverträgen oder so, eingebracht werden können.“ 3 Ein Mitglied der Verhandlungsdelegation merkte zu einer möglichen Beteiligung der Netznutzerverbände an der Verhandlungsdelegation und den Arbeitsgruppen an: „Bis jetzt ist unsere Erfahrung, dass es von der Seite [der Netznutzerverbände] kein konstruktives Mitarbeiten gibt. Das liegt vielleicht auch daran, dass sie nicht die Ressourcen haben. Ich will das gar nicht ideologisch sehen. Sie haben die Ressourcen nicht und kloppen, um überhaupt etwas zu machen, eine Extremposition raus, die zum Teil noch von wenig Sachverstand geprägt ist. Einige Argumente von denen kann man so vertreten, aber einige beruhen eben auch auf Unverständnis. Am Ende ist die Frage: ,Was bringt das wirklich?‘ Natürlich kann man nichts dagegen sagen, wenn sich jemand konstruktiv einbringen möchte. Ich bezweifele aber, dass sie konstruktiv etwas beitragen können. Deshalb besteht die Gefahr, dass sie Lobbying in der Arbeitsgruppe machen. [. . .] Wenn ich da zu früh mit harten Lobbypositionen ansetze, dann verzettelt sich die Arbeitsgruppe.“

258

6. Teil: Ansätze eines Regulierungsmodells

3. Teil, B., II., 3.). Zur Steigerung der Transparenz und zur Integration aller betroffenen Akteure scheint eine Reform der Institutionen zur KoV-Fortentwicklung geboten. Für eine solche Reform könnten Elemente von Littlechilds (2008: 35 ff.) „negotiated settlement“-Ansatz geeignet sein (s. o. 1. Teil, B., III., 3.). Dieser Ansatz sieht vor, dass Netzzugangsbedingungen und Netzentgelte durch Vertreter der Marktakteure unter Moderation der Regulierungsbehörde ausgehandelt werden. Die Verhandlungsergebnisse sollen anschließend nach einer Rechtmäßigkeitsprüfung durch die Behörde als Regulierungsentscheidung verbindlich gemacht werden. Wenn kein Kompromiss erzielt werden kann, soll die Regulierungsbehörde weiterhin einseitig Regulierungsentscheidungen treffen. Mit Blick auf die Verhandlungssituation soll die Regulierungsbehörde für eine gewisse Waffengleichheit sorgen und ihre Informationen und Unterstützung den schwächeren Verhandlungspartnern zur Verfügung stellen. Das System zur Fortentwicklung der KoV verfügt bereits über Elemente dieses Ansatzes, aber es werden nicht alle betroffenen Akteure an den Verhandlungen beteiligt und es erfolgt keine Moderation durch die Regulierungsbehörde. In gewisser Weise findet eine Moderation bzw. Streitschlichtung bereits jetzt nach der Vorlage eines KoV-Entwurfs statt (3. Teil, B., II., 3.), wenn die Regulierungsbehörde Forderungen der Netznutzerverbände aufgreift und die Netzbetreiberverbände zur Einarbeitung dieser Forderungen in die KoV auffordert. Ein Vertreter eines Netzbetreiberverbandes wies darauf hin, dass eine zu frühe Beteiligung der BNetzA bei der Fortentwicklung der KoV kontraproduktiv sein könnte: „In der Verhandlungsdelegation empfände ich eine Beteiligung [der BNetzA] als Systembruch. Denn man muss erstmal mit den Branchenbeteiligten einen Konsens darüber herstellen, welche Marktregeln man haben möchte. [. . .] Im zweiten Schritt guckt dann die BNetzA darauf und sagt, was ihr nicht passt.“

Insofern scheint sich vor allem die Frage zu stellen, wie man die Netznutzerverbände und ggf. Verbraucherschutzverbände in den Fortentwicklungsprozess integriert. Hier wären zwei unterschiedliche Möglichkeiten denkbar: (1.) Öffnung der Verhandlungsdelegation für Vertreter von Verbänden der Netznutzer und Verbraucher oder (2.) Beschränkung der Verhandlungsdelegation auf Netzbetreiber und Öffnung von Arbeitsgruppen für Vertreter von Verbänden der Netznutzer und Verbraucher. Die erste Option wäre die Öffnung der Verhandlungsdelegation für Vertreter von Verbänden der Netznutzer und Verbraucher. Eine Befürchtung auf Seiten der Verbände hinter der KoV ist, dass eine Öffnung der Verhandlungsdelegation für Vertreter der Netznutzerverbände zur Blockade des Verhandlungsprozesses führt. Deshalb müssten die Abstimmungs- und Entsendungsregeln der Verhandlungsdelegation so ausgestaltet werden, dass einerseits eine Blockade der Verhandlungsprozesse durch Partikularinteressen verhindert wird, aber andererseits auch ge-

B. Netzentgeltregulierung

259

währleistet ist, dass Netzbetreiber- nicht automatisch Netznutzerinteressen überstimmen können. Sollte es zu einer Blockade kommen, dann könnte die BNetzA als Schiedsrichterin fungieren und durch eine Festlegung eine abschließende Regelung des Streitfalls treffen. Die zweite Option wäre eine klare Trennung nach Marktrollen. In der Verhandlungsdelegation würden nur noch Vertreter der Netzbetreiber sitzen, die die Vertragspartner der KoV vertreten. Die Arbeitsgruppen, die der Verhandlungsdelegation zuarbeiten, würden für Vertreter von Verbänden der Netznutzer und Verbraucher geöffnet, wenn Netznutzer- oder Verbraucherinteressen betroffen sind. Dies wäre beispielsweise bei einer Arbeitsgruppe, die sich mit Geschäftsprozessen zum Lieferantenwechsel auseinandersetzt, der Fall. Die Abstimmungs- und Entsendungsregeln für die betroffenen Arbeitsgruppen müssten so ausgestaltet werden, dass einerseits eine Blockade der Verhandlungsprozesse durch Partikularinteressen verhindert wird, aber andererseits auch gewährleistet ist, dass Netzbetreiber- nicht automatisch Netznutzerinteressen überstimmen können. Die möglichen Interessenkonflikte zwischen den Marktrollen würden nicht in der Verhandlungsdelegation ausgetragen, sondern in die Arbeitsgruppen verlagert, so dass unstreitige Punkte in der Verhandlungsdelegation verabschiedet werden könnten, auch wenn ein Konflikt eine Arbeitsgruppe lähmt. Die Verhandlungsdelegation könnte außerdem im Konfliktfall eine abschließende Entscheidung treffen. Es ist zu vermuten, dass sie dabei nicht nur die Netzbetreiberinteressen berücksichtigt, da die KoV auch weiterhin vor den Augen der BNetzA bestehen müsste und die Netznutzer- oder Verbraucherverbände diese gegebenenfalls zu einer Festlegungsentscheidung drängen würden, wenn ihre Interessen durch die Regelung allzu sehr beeinträchtigt würden. Bei beiden Optionen sollte der BNetzA die KoV weiterhin vor Veröffentlichung vorgelegt werden, um sicherzustellen, dass die Regelungen mit den rechtlichen und regulatorischen Vorgaben im Einklang stehen. Darüber hinaus könnte die BNetzA in Streitfällen innerhalb der Verhandlungsdelegation oder den Arbeitsgruppen als Vermittler hinzugezogen werden, um einen Kompromiss anzuregen. Sollte keine Einigung möglich sein, bedarf es einer Festlegung der BNetzA, die eine abschließende Regelung trifft.

B. Netzentgeltregulierung Legt man die vier Maßstäbe der Untersuchung – Verantwortungsteilung im Regulierungsprozess, staatliche Letztverantwortung, transparente Regulierungsprozesse und Beteiligung aller betroffenen Akteure – an die Netzentgeltregulierung durch die Anreizregulierung an, stellt man fest, dass nur der Punkt staatliche Letztverantwortung vollständig erfüllt ist. Eine Verantwortungsteilung findet nur in beschränktem Maße statt: die Netzbetreiber können ihre Netzentgelte

260

6. Teil: Ansätze eines Regulierungsmodells

selbst festlegen, solange sie nicht die Erlösobergrenze überschreiten. Die Bestimmung der Effizienzwerte ist intransparent, da weder die betroffenen Netzbetreiber noch die Marktakteure den Effizienzvergleich und seine Ergebnisse nachvollziehen können [s. o. 4. Teil, C., I., 1., b)]. Hinzu kommt, dass zwar die Ergebnisse des Effizienzvergleichs für alle offen gelegt werden, aber nicht die festgelegten Erlösobergrenzen und die sie beeinflussenden Genehmigungsentscheidungen wie Investitionsmaßnahmen oder Erweiterungsfaktoren. Der bne und der VZBV (2009) bemängeln deshalb die fehlende Transparenz von Entscheidungen der Regulierungsbehörden und fordern die Offenlegung von Anträgen und Genehmigungen. Diese Forderung wird damit begründet, dass ein regulierter Netzbetreiber – der sich nicht im Wettbewerb mit anderen befände – keine Geschäftsgeheimnisse habe. Allerdings ist diese Position äußerst umstritten und wird bislang nur vom bne und vom VZBV vertreten. Eine Beteiligung aller betroffenen Akteure bei der Erlösobergrenzenfestlegung findet nicht bzw. nur eingeschränkt statt, wenn beispielsweise Konsultationen zum Effizienzvergleich oder zu Leitfäden der Behörden durchgeführt werden. Deshalb fordern bne und VZBV (2009) eine stärkere Beteiligung der Netznutzer- und Verbraucherverbände im Regulierungsverfahren. Der VZBV (bne/VZBV: 2009) wünscht sich hierzu die Einrichtung eines unabhängigen „Verbraucheranwalts“ bei der BNetzA, der an den Entscheidungsprozessen der Behörde beteiligt wird [s. o. 6. Teil, A., II.]. Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Anreizregulierung unter teilweise erheblichen Umsetzungs- und Vollzugsproblemen leidet (s. o. 4. Teil, C., VI.). Zu diesen Problemen gehören: hohe Komplexität und großer Verfahrensaufwand, Zweifel an der Methodenrobustheit und Datenqualität, Nachsteuerungsbedarf und Fehlanreize sowie fehlende Transparenz und Verhandlungsasymmetrien. Mit Blick auf die vier normativen Maßstäbe der Untersuchung erscheinen die folgenden Reformmaßnahmen zur Verbesserung der Netzentgeltregulierung geeignet.

I. Outputorientierte Anreizregulierung In Großbritannien setzt man inzwischen auf einen stärker Output-orientierten Regulierungsansatz (s. o. 1. Teil, B., III., 3.), bei dem zur Entwicklung von Zielvorgaben die Marktakteure und ihre Verbände in den Regulierungsprozess einbezogen werden (Bauer 2010b: 225 ff.; Monopolkommission 2011: 98). Diese Zielvorgaben decken das gesamte Spektrum des Netzbetriebs ab und reichen von technischen Anforderungen bis zu nichttechnischen Aspekten wie der Kundenzufriedenheit (Ofgem 2010b: 20 ff.). Zu ihrer Entwicklung werden obligatorische Konsultationen durchgeführt, und die Regulierungsbehörde muss begründen, warum sie Vorschläge der Marktakteure und ihrer Verbände beim Erlass von Zielvorgaben aufgreift oder ablehnt. Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich die Regulierungsziele an den Bedürfnissen und Wünschen der Marktakteure orientieren.

B. Netzentgeltregulierung

261

Mit Blick auf die einzuführende Qualitätsregulierung werden ebenfalls Outputvorgaben in die deutsche Anreizregulierung einfließen. Nach § 19 Abs. 1 ARegV soll eine Über- oder Unterschreitung von Vorgaben zur Netzzuverlässigkeit und Netzleistungsfähigkeit zu Zu- oder Abschlägen auf die Erlösobergrenzen führen. Die Qualitätsregulierung soll sich nach § 20 Abs. 1 ARegV vor allem an technisch messbaren Aspekten wie der „Häufigkeit der Unterbrechung der Energieversorgung, die Menge der nicht gelieferten Energie und die Höhe der nicht gedeckten Last“ orientieren. Man könnte sich vorstellen, dass dieser Ansatz auf nichttechnische Aspekte des Netzbetriebs erweitert wird und obligatorische Konsultationen der Marktakteure und ihrer Verbände hierzu vorgesehen werden. Allerdings ist für den Gasbereich noch unklar, wann und in welcher Form die Qualitätsregulierung kommt (Monopolkommission 2011: 98). Hinzu kommt, dass zwar eine stärkere Beteiligung der Marktakteure im Sinne des Gewährleistungsstaates als normativem Leitbild guter Regulierung erfolgen würde, aber die Transparenz hinsichtlich des Effizienzvergleichs und der Erlösobergrenzen weiterhin zu wünschen übrig ließe. Außerdem würde der ohnehin schon große Aufwand, der mit der Anreizregulierung verbunden ist, noch weiter erhöht. In Großbritannien soll der Regulierungsaufwand durch längere Regulierungsperioden von sieben anstatt fünf Jahren verringert werden. Allerdings zeigt die Untersuchung, dass im Laufe einer Regulierungsperiode jährlich Antrags- und Anpassungsverfahren durchzuführen sind, so dass hier keine allzu große Entlastung auf Behörden- und Netzbetreiberseite zu erwarten ist. Stattdessen steigt der Dokumentations- und Kontrollaufwand, da die Zielvorgaben regelmäßig überprüft werden müssen. Mit Blick auf die sehr viel größere Zahl von Netzbetreibern in Deutschland sollte man statt einer inkrementellen Erweiterung der Anreizregulierung durch Zielvorgaben über alternative Regulierungsansätze im Sinne des Gewährleistungsstaates nachdenken.

II. Regulierte Selbstregulierung 1. EMAS-Modell von Bohne und Frenzel Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Anreizregulierung unter folgenden Problemen leidet (s. o. 5. Teil, C., II.): – hohe Komplexität und großer Verfahrensaufwand, – Zweifel an der Methodenrobustheit und Datenqualität, – Nachsteuerungsbedarf und Fehlanreize, – fehlende Transparenz und Verhandlungsasymmetrien. Insofern bietet es sich an, über alternative Regulierungsansätze nachzudenken, die diese Probleme aufgreifen und die normativen Bewertungsmaßstäbe der Untersuchung (s. o. 1. Teil, B., III.) – Verantwortungsteilung im Regulierungspro-

262

6. Teil: Ansätze eines Regulierungsmodells

zess, staatliche Letztverantwortung für das Regulierungsergebnis, transparente Regulierungsprozesse und Einbindung aller betroffenen Akteure in den Regulierungsprozess – umsetzen. Ein Ansatz, der in diese Richtung geht und auf „regulierte Selbstregulierung“ setzt, kommt von Bohne (2005: 173 ff.) und Frenzel (2007: 303 ff.). Ihr Regulierungsansatz orientiert sich am „EMAS-Modell“, das als Musterbeispiel für Regulierung im Gewährleistungsstaat gilt (Schuppert 2005: 27 ff.). Ausgangspunkt der Überlegung von Bohne und Frenzel ist die Umsetzung der Vorgaben zum Umweltaudit aus der Verordnung (EWG) Nr. 1836/934 in Deutschland, die auch EMAS-Verordnung genannt wird. Die Verordnung sieht vor, dass Unternehmen ihr Umweltmanagement durch so genannte Umweltgutachter validieren lassen können und dadurch berechtigt werden, das EMAS-Logo zu benutzen. Darüber hinaus können validierte Unternehmen Überwachungserleichterungen im Umweltrecht in Anspruch nehmen.5 Nach Art. 6 der Verordnung sollten die Mitgliedstaaten die Zulassung unabhängiger Umweltgutachter und die Aufsicht über ihre Tätigkeit regeln und hierfür zuständige Stellen benennen oder schaffen. Der Gesetzgeber entschied sich im Rahmen des Umweltauditgesetzes (UAG) gegen ein rein staatliches Zulassungs- und Aufsichtsmodell und hat stattdessen die für diese Zwecke gegründete Deutsche Akkreditierungs- und Zulassungsgesellschaft für Umweltgutachter mbH (DAU) mit der entsprechenden Aufgabe beliehen. Gesellschafter der DAU sind Wirtschafts- und Berufsverbände sowie der deutsche Industrie- und Handelskammertag. Die Tätigkeit der DAU wird durch Richtlinien geregelt, welche durch den so genannten Umweltgutachterausschuss (UGA) nach § 21 UAG erlassen werden. Der UGA setzt sich nach § 22 UAG aus Vertretern der Wirtschaft, von Umweltverbänden und der Verwaltung zusammen, und seine Beschlüsse unterliegen nach § 27 Abs. 3 UAG einem Genehmigungsvorbehalt durch das BMU. Das bedeutet, dass der Staat zwar nach wie vor die Letztverantwortung trägt, aber den Großteil der Akkreditierungs- und Zulassungstätigkeit und der damit verbundenen Aufgaben auf private bzw. öffentlich-private Organisationen ausgelagert hat. Das darauf aufbauende Modell von Bohne (2005: 173 ff.) und Frenzel (2007: 307 ff.) sieht eine Übernahme dieser Aufgabenteilung für die Energiemarktregulierung vor. Abbildung 8 (s. u.) stellt den Aufbau ihrer Überlegungen dar.

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Inzwischen durch die Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 ersetzt. Eine Übersicht der Privilegierungsregelungen und Vollzugserleichterungen liefert Kenzler (2009: 222 ff.). 5

B. Netzentgeltregulierung

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Abbildung 8: EMAS-Modell nach Bohne und Frenzel

Das EMAS-Modell sieht zur Regulierung der Strom- und Gasversorgungsnetze einen Regulierungsausschuss, das BMWi, die Bundesnetzagentur und eine beliehene Regulierungsgesellschaft mbh sowie akkreditierte Netzgutachter vor. Die Einbindung privater Akteure in die Vorbereitung und Durchsetzung von Regulierungsmaßnahmen soll dazu führen, dass Informations- und Ressourcenprobleme des Staates im Regulierungsprozess abgemildert werden. Für die Marktakteure besteht der Anreiz der Beteiligung darin, dass sie einen großen Einfluss auf den Regulierungsrahmen und das -ergebnis ausüben können. Es wird angenommen, dass dadurch funktionalere Regulierungsmaßnahmen und -entscheidungen zustande kommen, als durch ein reines Behördenmodell, und die Gefahr von Fehlanreizen und Überregulierung vermieden wird. Der Regulierungsausschuss soll sich wie der UGA aus staatlichen und privaten Interessenvertretern zusammensetzen und würde vom BMWi einberufen. Er bestünde aus nicht weisungsgebundenen Vertretern privater und staatlicher Akteure. Seine Zusammensetzung sollte alle unterschiedlichen Marktrollen widerspiegeln. Durch die Einbindung der unterschiedlichen Interessengruppen in den Regulierungsausschuss würden Intransparenzen und Verhandlungsasymmetrien abgebaut. Die Entscheidungen des Regulierungsausschusses wären verbindlich für die Regulierungsgesellschaft und unterlägen der Rechtsaufsicht durch das BMWi.

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6. Teil: Ansätze eines Regulierungsmodells

Das Ministerium würde auch tätig werden, wenn keine Einigung im Regulierungsausschuss zu erzielen ist, und entsprechende Verordnungen erlassen oder anpassen. Dadurch wäre die staatliche Letztverantwortung gesichert. Der Regulierungsvollzug soll bei diesem Modell durch die Regulierungsgesellschaft und Netzgutachter erfolgen, um die BNetzA von Vollzugsaufgaben zu entlasten. Die BNetzA würde stattdessen die Regulierungsgesellschaft beaufsichtigen und als Widerspruchsbehörde gegen Entscheidungen der Regulierungsgesellschaft fungieren. Die Regulierungsgesellschaft wäre als Beliehene für den Vollzug der Entscheidungen des Regulierungsausschusses zuständig. Hierzu greift sie auf Netzgutachter zurück, welche sie akkreditiert und überwacht. Die Netzgutachter würden Netzzugangsbedingungen und Netzentgelte der Netzbetreiber in regelmäßigen Abständen überprüfen. Auf der Grundlage dieser Überprüfungen würde die Regulierungsgesellschaft entsprechende Regulierungsverfügungen erlassen, gegen die ein Netzbetreiber Widerspruch bei der BNetzA einlegen könnte. Das Modell von Bohne und Frenzel ging von einer kostenbasierten Regulierung aus, da die Anreizregulierung damals noch nicht ausgearbeitet war. Darüber hinaus sollte die Regulierungsgesellschaft auch für Missbrauchsverfahren zuständig sein, die auch auf Antrag Dritter eingeleitet werden können. Landesregulierungsbehörden gibt es in diesem Modell nicht mehr. Stattdessen würde die Repräsentation von Landesinteressen im Regulierungsausschuss erfolgen. Die Einbindung einer privaten Regulierungsgesellschaft und privater Netzgutachter in den Regulierungsprozess soll die Ressourcen- und Aufsichtsprobleme des Staates abmildern, der sich nur noch um die Aufsicht über das Gesamtsystem und nicht mehr um jedes Regulierungsverfahren kümmern muss. Es wird vermutet, dass Regulierungsgesellschaft und Netzgutachter – wie im Fall des Umweltgutachtersystems – ein Eigeninteresse an einem ordnungsgemäßen Vollzug entwickeln, um negative Publizität und einen möglichen Verlust der Regulierungsaufgaben zu vermeiden (Frenzel 2007: 316), so dass die Gefahr eines „regulatory capture“ nicht größer sei als bei einem reinen Behördenmodell. Denn Gesellschaft und Gutachter würden unter einer verschärften Beobachtung durch alle Marktteilnehmer stehen und regelmäßig durch den Staat kontrolliert. Stattdessen würde die Verantwortungsteilung zwischen staatlichen und privaten Akteuren zu einem besseren Vollzugsergebnis führen. Das Modell von Bohne und Frenzel ist kurz nach Einführung des regulierten Netzzugangs entwickelt worden und ist nicht mehr mit dem dritten EU-Legislativpaket vereinbar, welches in Art. 35 Abs. 4 bzw. Art. 39 Abs. 4 der Richtlinien 2009/72/EG und 2009/73/EG eine unabhängige Regulierungsbehörde vorsieht, die keine Weisungen von öffentlichen oder privaten Stellen entgegennimmt und deren Personal unabhängig von Marktinteressen handelt. Der Regulierungsausschuss würde Weisungen erteilen, und das Personal der beliehenen Regulierungs-

B. Netzentgeltregulierung

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gesellschaften wäre nicht unabhängig von den Interessen der Marktakteure. Deshalb müsste es modifiziert werden, um mit dem dritten Legislativpaket vereinbar zu sein. 2. EU-rechtskonformes EMAS-Modell Bohne und der Verfasser (2014) haben inzwischen ein EMAS-Modell entwickelt, das auf dem Modell von Bohne und Frenzel aufbaut und mit den aktuellen EU-Rechtvorschriften vereinbar wäre. Es besteht aus vier aufeinander aufbauenden Stufen, die unterschiedliche Probleme der Netzregulierung aufgreifen und den Spielraum für Selbstregulierung systematisch erweitern würden. a) Modell 1: Einführung von Netzgutachtern Abbildung 9 zeigt das 1. Modell, das zum Abbau von Informationsasymmetrien und Ressourcenproblemen der Regulierungsbehörden die gesetzliche Einführung von Netzgutachtern vorsieht.

Abbildung 9: Einführung von Netzgutachtern

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6. Teil: Ansätze eines Regulierungsmodells

Die Netzgutachter wären funktional mit Wirtschaftsprüfern oder Umweltgutachtern vergleichbar und würden bei Netzbetreibern die Einhaltung von Regulierungsvorgaben überprüfen und validieren sowie die tatsächlichen Angaben in Anträgen der Netzbetreiber testieren. Netzbetreiber würden verpflichtet, rechtlich vorgeschriebene Berichte (z. B. Gleichbehandlungsberichte nach § 7a Abs. 5 EnWG) und Programme (z. B. Gleichbehandlungsprogramme nach § 7a Abs. 5 EnWG) sowie die tatsächlichen Angaben in ihren Anträgen (z. B. Erweiterungsfaktor nach § 10 ARegV) und bei der behördlichen Kostenprüfung (z. B. Bestimmung der Kosten für den Effizienzvergleich nach § 14 ARegV) durch Netzgutachter verifizieren zu lassen. Eine vergleichbare Regelung gibt es beispielsweise für emissionshandelspflichtige Unternehmen, die ihre jährlichen Emissionsberichte (§ 5 Abs. 2 TEHG) und die tatsächlichen Angaben in Anträgen auf kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten (§ 9 Abs. 2 TEHG) durch eine akkreditierte oder zertifizierte Prüfstelle (§ 21 TEHG) verifizieren lassen müssen. Mit der Zulassung und Beaufsichtigung der Netzgutachter würde die DAU beliehen, da sie durch die Zulassung und Beaufsichtigung von Umweltgutachtern sowie von Prüfstellen nach dem TEHG über die erforderliche Erfahrung verfügt. Der Kreis ihrer Gesellschafter müsste um Vertreter aus der Energiewirtschaft erweitert werden, um sicherzustellen, dass der erforderliche Sachverstand bei der Zulassung und Überwachung der Netzgutachter vorhanden ist. Die DAU stellt sicher, dass zugelassene Netzgutachter ihre Aufgaben unabhängig und gewissenhaft wahrnehmen. Die Tätigkeiten der DAU im Netzgutachterbereich würden unter die Rechts- und Fachaufsicht der BNetzA gestellt. Die BNetzA würde auch als Widerspruchsbehörde für Widersprüche gegen Entscheidungen der DAU über Netzgutachter, die von Netzgutachtern oder von nicht als Netzgutachter zugelassenen Personen und Gesellschaften eingelegt würden, fungieren. In Anlehnung an den Umweltgutachterausschuss würde bei der BNetzA ein Netzgutachterausschuss eingerichtet, der aus Vertretern der Netzgutachter, der Verbände der Netzbetreiber und Netznutzer und der Wirtschaftsverwaltung von Bund und Ländern besteht. Der Netzgutachterausschuss würde verbindliche Leitlinien für die Netzgutachtertätigkeit der DAU beschließen und die BNetzA in Aufsichtsangelegenheiten beraten. Der Ausschuss würde unter der Rechtsaufsicht der BNetzA stehen. BNetzA und Landesregulierungsbehörden würden die Netze auf der Grundlage verifizierter Berichte, Programme und Anträge regulieren. Dadurch könnten nicht nur Informations- und Ressourcenprobleme abgebaut werden, sondern Regulierungsverfahren könnten auch beschleunigt werden, da die Regulierungsbehörden die Angaben nicht mehr selbst plausibilisieren müssten.

B. Netzentgeltregulierung

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b) Modell 2: Einrichtung eines Regulierungsausschusses Abbildung 10 zeigt Modell 2, das auf Modell 1 aufbaut und die Erweiterung des Netzgutachterausschusses zu einem Regulierungsausschuss vorsieht, um die betroffenen Interessengruppen besser in den Regulierungsprozess zu integrieren und Informationsasymmetrien abzubauen.

Abbildung 10: Einrichtung eines Regulierungsausschusses

In Modell 2 würden die Grundlagen von Modell 1 übernommen, aber der Netzgutachterausschuss würde zu einem Regulierungsausschuss erweitert, der nicht nur den Netzgutachterbereich regelt, sondern auch die Regulierungstätigkeit von BNetzA und Landesregulierungsbehörden beratend begleitet. Der Regulierungsausschuss müsste bei grundlegenden Regulierungsentscheidungen von BNetzA oder Landesregulierungsbehörden zum Marktdesign oder zur Ausgestaltung der Anreizregulierung konsultiert werden und hätte das Recht, entsprechende Regulierungsempfehlungen auszusprechen. Diese Empfehlungen wären für die Regulierungsbehörden unverbindlich, da das dritte EU-Legislativpaket vorschreibt, dass Regulierungsbehörden keine Weisungen von öffentlichen oder privaten Stellen entgegennehmen dürfen. Weichen die Regulierungsbehörden von den Empfehlungen des Regulierungsausschusses ab, dann müssten sie dies begründen. Wenn der Regulierungsausschuss sich auf keine klare Empfehlung einigen kann, dann müssen die Regulierungsbehörden in ihrer Entscheidungsbe-

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6. Teil: Ansätze eines Regulierungsmodells

gründung die unterschiedlichen Positionen im Regulierungsausschuss bewerten, um ihre Entscheidung zu begründen. Verbindlich wären hingegen weiterhin die Leitlinien, die der Ausschuss für die Zulassung und Beaufsichtigung der Netzgutachter für die DAU erlässt, da sie nicht die Regulierungstätigkeit der Regulierungsbehörden beeinflussen. Die Einbindung eines solchen Regulierungssauschusses in das Regulierungssystem würde auch das Konzept der „negotiated settlements“ von Littlechild (s. o. 1. Teil, B., III., 3.) aufgreifen, das ebenfalls vorsieht, dass Vereinbarungen zwischen den Marktakteuren bzw. ihren Verbänden zur Grundlage von verbindlichen Regulierungsentscheidungen der Regulierungsbehörde gemacht werden. Die Zusammensetzung des Regulierungsausschusses müsste so ausgestaltet sein, dass alle relevanten Interessengruppen eingebunden sind und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den unterschiedlichen Marktrollen besteht. Durch die Einbindung der Marktakteure im Regulierungsausschuss könnten Informationsasymmetrien auf Seiten der Regulierungsbehörde abgebaut und frühzeitig Branchenkompromisse für Regulierungsprobleme erzielt werden. Außerdem würde die Transparenz des Regulierungsprozesses erheblich verbessert, da der Regulierungsausschuss frühzeitig in Regulierungsverfahren eingebunden werden müsste.

c) Modell 3: Einrichtung einer Regulierungsgesellschaft Abbildung 11 (s. u.) zeigt Modell 3, das zur Reduzierung von Ressourcenproblemen der Regulierungsbehörden sowie zur Verbesserung der Transparenz und Inklusion der Marktakteure in den Regulierungsprozess die Einrichtung einer beliehenen Regulierungsgesellschaft vorsieht. Modell 3 baut auf Modell 1 und 2 auf. Die Grundidee von Modell 3 ist, dass eine Regulierungsgesellschaft mbH mit den Aufgaben zur Festlegung und Anpassung von Erlösobergrenzen nach § 4 ARegV sowie zur Verwaltung der Regulierungskonten nach § 5 ARegV durch Gesetz oder Rechtsverordnung beliehen wird. Diese Gesellschaft würde unter der Fach- und Rechtsaufsicht der BNetzA stehen. Ihre Gesellschafter wären die Netzbetreiber- und Netznutzerverbände der Energiewirtschaft sowie Berufsverbände, da die Gesellschaft auch die Zulassung und Überwachung der Netzgutachter übernehmen sollte. Es wäre nicht sinnvoll, wenn die DAU die Aufgaben dieser Gesellschaft übernehmen würde, da ihr die erforderliche Fachkompetenz fehlt und diese neue Aufgabe erheblich von ihren sonstigen Aufgaben abweichen würde. Stattdessen sollte die Regulierungsgesellschaft die Zulassung und Überwachung der Netzgutachter übernehmen, da es nicht zweckmäßig wäre, wenn zwei beliehene Unternehmen nebeneinander im Energiebereich tätig wären, die gleichzeitig von der BNetzA überwacht werden müssten.

B. Netzentgeltregulierung

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Abbildung 11: Einrichtung einer Regulierungsgesellschaft

Dieses Beleihungsmodell wäre nach dem dritten EU-Legislativpaket möglich, da nach den Artt. 37 Abs. 1 bzw. 41 Abs. 1 der Richtlinien 2009/72/EG und 2009/73/EG die so genannte Methodenregulierung zulässig ist. Das bedeutet, dass die Regulierungsbehörden nicht die Netzentgelte im Einzelfall festlegen müssen, sondern es ausreicht, wenn sie die Methoden zur Bestimmung der Netzentgelte festlegen und ihre Einhaltung überwachen. Die Übertragung der Umsetzung dieser Methoden auf die Regulierungsgesellschaft mbH soll die BNetzA entlasten, die Transparenz des Regulierungsprozesses erhöhen und den Marktakteuren die Möglichkeit geben, sich als Gesellschafter der Regulierungsgesellschaft in den Regulierungsprozess einzubringen. Die Methoden zur Bestimmung der Erlösobergrenzen würden – wie in Modell 2 – unter Mitwirkung des Regulierungsausschusses ausgearbeitet und durch die BNetzA festgelegt. Die für den Effizienzvergleich erforderlichen Informationen und Anpassungsanträge würden – wie in Modell 1 – durch die Netzgutachter verifiziert. Die Regulierungsaufgaben der Landesregulierungsbehörden würden durch die Einrichtung der Regulierungsgesellschaft auf die Missbrauchsaufsicht über die Verteilnetzbetreiber, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, beschränkt. Darüber hinaus wären sie dafür zuständig, die Länderinteressen im Regulierungsausschuss zu vertreten.

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6. Teil: Ansätze eines Regulierungsmodells

d) Modell 4: Rückkehr zur kostenbasierten Regulierung Abbildung 12 zeigt Modell 4, das zur Vereinfachung des Regulierungsverfahrens die Rückkehr zur kostenbasierten Netzentgeltregulierung vorsieht.

Abbildung 12: Rückkehr zur kostenbasierten Regulierung

Modell 4 basiert auf Modell 1, 2 und 3, aber es sieht anstatt der Anreizregulierung eine kostenbasierte Netzentgeltregulierung durch die beliehene Regulierungsgesellschaft vor, um die Komplexität der Netzentgeltregulierung zu reduzieren. Denn die Entwicklung der Anreizregulierung zeigt, dass ambitionierte Regulierungsansätze dazu tendieren, immer komplexer zu werden. Mit der steigenden Komplexität steigen auch der Regulierungsaufwand und die Regulierungskosten, so dass sich die Frage stellt, ob nicht ein einfacherer Ansatz zu funktionaleren Ergebnissen kommen würde. Die Kritik, die an einer rein kostenbasierten Netzentgeltgenehmigung geübt wird, baut darauf auf, dass Regulierungsbehörden aufgrund von Informationsasymmetrien und Ressourcenproblemen nicht zu einer Überprüfung der Angemessenheit der beantragten Kosten in der Lage seien (vgl. u. a. Littlechild 1983: 7 f.; Joskow 2008b: 550 ff.; Monopolkommission 2007: 94). Diese Problematik würde in einem EMAS-Modell durch den Einsatz von Netzgutachtern beseitigt, die vor Ort Kostenprüfungen durchführen und die Effizienz der beantragten Kos-

C. Regulierungsfolgenabschätzung

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ten überprüfen könnten, so dass hierdurch ein funktionalerer und einfacherer Regulierungsansatz verwirklicht werden könnte, der in der Lage ist, die Netzentgelte auf einem angemessenen Niveau zu halten und Investitionen in den Netzausbau anzureizen. Modell 4 sieht vor, dass Netzentgelte durch die Regulierungsgesellschaft für einen bestimmten Zeitraum genehmigt und/oder angepasst würden. Der Regulierungsausschuss würde Empfehlungen zu den Methoden aussprechen, die hierfür durch die Regulierungsgesellschaft anzuwenden sind, und die BNetzA würde die entsprechenden Methoden festlegen. Die Netzentgeltanträge würden durch die Netzgutachter geprüft und verifiziert.

C. Regulierungsfolgenabschätzung Eine Ausgangshypothese der Arbeit war, dass das EU-Regulierungskonzept nicht mit der deutschen Regulierungskultur und deutschen Regulierungsstrukturen vereinbar ist, weshalb es zu Umsetzungsproblemen gekommen ist.

I. Strategiemängel Im Schrifttum wird kritisiert, dass in Deutschland bislang weder eine ressortspezifische noch ressortübergreifende Ziel- und Prioritätensetzung für Regulierungsprozesse auf EU-Ebene und die Umsetzung von EU-Regulierungsvorgaben erfolgt (Maurer 2003: 115 ff.; Bauer/Knill/Ziegler 2006: 549 ff.; Bohne/Bauer 2011: 308 ff.). Wenn strategische Konzepte für Regulierungsprozesse und -vorgaben ausgearbeitet werden, dann sind sie nur problembezogen und beschränken sich auf die zuständige Abteilungs- oder Referatsebene. Es fehlen übergeordnete ressortinterne und ressortexterne Organisationseinheiten, die sich mit allgemeinen strategischen und konzeptionellen Überlegungen zur Ausgestaltung von Regulierung auseinandersetzen. Mit Blick auf die Ausarbeitung der EU-Rechtsvorschriften zum Energiebinnenmarkt lässt sich feststellen, dass in Deutschland keine systematische Folgenabschätzung hinsichtlich des von der EU-Kommission favorisierten Regulierungskonzepts durchgeführt wurde. Kritisch hinterfragt wurden nur einzelne Elemente wie beispielsweise die Regelungen zur eigentumsrechtlichen Entflechtung im dritten Legislativpaket, welche anschließend durch den Ministerrat abgemildert wurden. Ein Vertreter des BMWi merkte zur Haltung Deutschlands bei EURechtsetzungsprozessen im Energiebereich an: „Deutschland war sicherlich sehr lange sehr kommunitär orientiert und wollte diesen europäischen Einigungsprozess fördern. Man hat erst in den letzten Jahren den erreichten Detaillierungsgrad erkannt und stellt sich die Frage, ob das noch im Interesse unseres Landes liegt.“

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6. Teil: Ansätze eines Regulierungsmodells

II. Einrichtung von Folgenabschätzungseinheiten In Großbritannien gab es von 2002 bis 2010 mit der „Prime Minister’s Strategy Unit“ eine Organisationseinheit, die sich darum bemühte, eine einheitliche britische Regulierungsstrategie zu definieren. Die „Strategy Unit“ war im „Cabinet Office“ angesiedelt, einer Regierungsbehörde, die dem Premierminister und dem Kabinett zuarbeitet und für die Koordinierung und Umsetzung der Regierungsarbeit zuständig ist. Ziel der „Strategy Unit“ war es, ressortübergreifende Strategien zur Umsetzung der Regierungspolitik zu entwickeln und auf Ressortebene strategische Kapazitäten aufzubauen, die die Umsetzung der ressortübergreifenden Strategien gewährleisten (Bauer/Knill/Ziegler 2006: 553). Die mit diesem Ansatz verbundene Erwartung war, dass die „Strategy Unit“ innovativere Lösungsansätze für Regulierungsprobleme entwickelt als Fachabteilungen und -referate, denen es häufig an Ressourcen und Zeit mangelt, um kreative Lösungen zu entwickeln, weshalb sie im Regelfall versuchen, Regulierungsprobleme inkrementell zu lösen [siehe zum inkrementellen Entscheidungsmodell 1. Teil, B., II., 3., a)]. In Deutschland hat man in den 1970er Jahren einen ähnlichen Ansatz im Rahmen der Projektgruppe „Regierungs- und Verwaltungsreform“ verfolgt, die beim Bundesministerium des Inneren angesiedelt war und sich aus Referats- und Unterabteilungsleitern aller großen Ministerien zusammengesetzt hat (Bohne 2006: 10). Im Rahmen dieser Projektgruppe wurde das gemeinsame Wissen zur Verwaltungsreform zusammengeführt und in Zusammenarbeit mit der Wissenschaft fortentwickelt. Man könnte diese Ansätze wieder aufgreifen, wenn man auf Bundesebene beim Bundeskanzleramt eine Querschnittseinheit „EU-Regulierungspolitik“ einrichtet. Diese Einheit sollte sich aus Vertretern der für die Regulierungspolitik zuständigen Bundesministerien und unabhängigen Experten zusammensetzen, um ein Schwerpunktprogramm für die EU-Regulierungspolitik und die Umsetzung von EU-Regulierungsvorschriften auszuarbeiten. Dieses Programm sollte von den Bundesministerien berücksichtigt werden, wenn sie auf EU-Ebene über EU-Vorschriften verhandeln und/oder nationale Rechtsvorschriften zur Umsetzung von EU-Vorschriften ausarbeiten (Bauer/Knill/Ziegler 2006: 554; Bohne/ Bauer 2011: 309). Ein Bestandteil eines solchen Programms könnte beispielsweise die Berücksichtigung der in dieser Arbeit ausgearbeiteten normativen Maßstäbe guter Regulierung sein (s. o. 1. Teil, B., III.). Eine solche Strategieeinheit sollte grundsätzlich interdisziplinär aufgestellt sein, um dafür Sorge zu tragen, dass bei der Bewertung von Regulierungskonzepten und -folgen nicht nur eine ökonomische, sondern auch eine sozialwissenschaftliche Perspektive eingenommen wird, die sich mit der Vollziehbarkeit und möglichen Vollzugsproblemen dieser Konzepte auseinandersetzt. Neben einer ressortübergreifenden Einheit wäre es sinnvoll, wenn auch ressortintern Arbeitsgruppen zur „EU-Regulierungspolitik“ eingerichtet würden, die

C. Regulierungsfolgenabschätzung

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quer zu den Fachabteilungen und -referaten liegen und an einer Strategie für ein kohärentes Regulierungsprogramm des Bundesministeriums arbeiten. Diese Arbeitsgruppen würden sich aus den Vertretern der mit EU-Regulierungspolitik betrauten Abteilungen und Referate zusammensetzen. Die Aufgaben einer solchen Arbeitsgruppe wären die Zusammenführung der konzeptionellen Überlegungen und Ansätze des Bundesministeriums zur EU-Regulierungspolitik in einer ressortspezifischen Regulierungsstrategie und die Mitarbeit in der ressortübergreifenden Querschnittseinheit „EU-Regulierungspolitik“ sowie die Umsetzung der Strategien dieser Querschnittseinheit im Bundesministerium. Zusätzlich könnte man sich vorstellen, dass der Normenkontrollrat bei der Prüfung von Gesetzesvorlagen der Bundesregierung nicht nur den Erfüllungs- sondern auch den Vollzugsaufwand und mögliche Vollzugsprobleme im Rahmen einer Regulierungsfolgenabschätzung überprüft. Diese würde allerdings voraussetzen, dass man den Normenkontrollrat mit entsprechenden Kapazitäten ausstattet, um diese Aufgabe wahrnehmen zu können. Sollte man einen solchen Schritt gehen, dann könnte der Normenkontrollrat darüber hinaus Richtlinien- oder Verordnungsentwürfe der EU-Kommission überprüfen, um sicherzustellen, dass diese ohne Implementations- und Vollzugsprobleme umgesetzt werden können. Angesichts der stetigen Zunahme EU-rechtlicher Regulierungsvorgaben erscheint es geboten zu überprüfen, ob EU-Vorschriften zur Zielerreichung führen und welche Vollzugs- und Erfüllungskosten damit verbunden sind, um auf EU-Ebene sachlich gegen aus deutscher Sicht nachteilige Regulierungsvorhaben argumentieren zu können.

Zusammenfassung 1. Teil 1. Die mit dem Liberalisierungsprozess verbundenen Erwartungen von Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit an den deutschen Gasmarkt wurden nur zögerlich oder gar nicht erfüllt. Der Wettbewerb hat sich nur langsam entwickelt, die deutschen Gaspreise liegen immer noch über dem EU-Durchschnitt, und es gibt keinen funktionierenden Binnenmarkt für Energie. 2. Aus Sicht der EU-Kommission ist ein zentraler Grund für die schleppende Entwicklung des Binnenmarkts für Energie, dass die EU-Rechtsvorschriften und das EU-Regulierungskonzept in vielen Mitgliedstaaten nur mangelhaft umgesetzt wurden. Das EU-Regulierungskonzept orientiert sich am britischen Regulierungsmodell, das zur Regulierung liberalisierter Infrastruktursektoren die Einrichtung unabhängiger sektorspezifischer Regulierungsbehörden vorsieht, die Netzzugang und Netzentgelte mit weitreichenden Eingriffsbefugnissen und Ermessensspielräumen „at arm’s length“ regulieren. Dieses Konzept kann als Ausdruck des Regulierungsstaates gesehen werden. 3. Mit Blick auf Deutschland stellt sich die Frage, ob der EU-Regulierungsansatz überhaupt geeignet ist, um die Liberalisierungsziele zu erreichen. Bis zur Einführung des EU-Regulierungskonzepts durch das EnWG 2005 haben die deutschen Regulierungslösungen dem Gewährleistungsstaat entsprochen. Diese zeichnen sich durch Verantwortungsteilung zwischen staatlichen und privaten Akteuren auf der Basis regulierter Selbstregulierung und eines Kooperations- und Konsensprinzips aus, bei dem der Staat nach wie vor die Letztverantwortung trägt. 4. Die Ausgangshypothese der Arbeit ist, dass nicht die mangelnde Umsetzung des EU-Regulierungskonzepts für Regulierungs- und Liberalisierungsmängel in Deutschland verantwortlich ist, sondern dieses Konzept selbst. Es wird vermutet, dass die positive Entwicklung des Wettbewerbs auf dem Gasmarkt in den letzten Jahren weniger auf der Umsetzung des EU-Regulierungskonzepts im Rahmen des EnWG 2005 beruht, sondern vor allem auf informalen Absprachen und Arrangements im Sinne des Gewährleistungsstaates. 5. Das Arbeitsprogramm der Arbeit gliedert sich in folgende Schritte: (1.) Beschreibung und Erklärung formalen und informalen Regulierungshandelns im Zuge der Gasnetzzugangs- und Gasnetzentgeltregulierung, (2.) Beschreibung von Liberalisierungsdefiziten, die sich mit Merkmalen des Regulierungshan-

Zusammenfassung

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delns und Regulierungssystems erklären lassen, und (3.) die Entwicklung von Reformüberlegungen zur Verminderung von Regulierungs- und Liberalisierungsmängeln. 6. Das theoretische Grundkonzept der Untersuchung des Regulierungshandelns baut auf dem akteurzentrierten Institutionalismus auf und verbindet wirtschaftswissenschaftliche und sozial- und verwaltungswissenschaftliche Theorieansätze und Konzepte. Als Bestimmungsfaktoren zur Beschreibung und Erklärung des Regulierungshandelns werden die Akteursinteressen, Informationsasymmetrien, Transaktionskosten, Systemprobleme, das inkrementelle Entscheidungsmodell und die Regulierungskultur herangezogen. 7. Die Bewertungsmaßstäbe zur Bewertung des Regulierungshandelns ergeben sich aus dem Leitbild des Gewährleistungsstaates und dem Konzept der Collaborative Governance. Sie umfassen: (1.) Verantwortungsteilung im Regulierungsprozess, (2.) staatliche Letztverantwortung im Regulierungsprozess, (3.) transparente Regulierungsprozesse und (4.) Einbindung aller betroffenen Akteure in den Regulierungsprozess. 2. Teil 1. Der deutsche Gasmarkt hat sich in den letzten Jahren positiv entwickelt, aber es bestehen nach wie vor Liberalisierungsprobleme, wie die Importabhängigkeit, die geringe Verfügbarkeit von Kapazitäten an den Grenzkuppelstellen und die hohe Konzentration von Unternehmen auf der Import- und Großhandelsstufe. Die Möglichkeiten, diese Mängel mit Regulierungsmaßnahmen zu beseitigen, sind begrenzt, da sich die Regulierung lediglich auf den Netzzugang, die Netzentgelte und den damit verbundenen Netzausbau beschränkt, weshalb Regulierung nur bestimmte Liberalisierungsdefizite adressieren kann. 2. Die Akteure des Regulierungssystems zeichnen sich durch unterschiedliche Interessen und Ressourcen aus, die ihre formalen und informalen Handlungsmöglichkeiten im Regulierungssystem beeinflussen. 3. Die EU-rechtlichen Vorgaben für den Binnenmarkt für Energie haben schrittweise das britische Regulierungsmodell übernommen und spiegeln die Merkmale des Regulierungsstaates wider. 4. Die Umsetzung des EU-Regulierungskonzepts im Bereich der Netzzugangsund Netzentgeltregulierung erfolgte inkrementell. Die Referentenentwürfe der Bundesregierung wiesen noch Merkmale des Gewährleistungsstaates auf, die im Rechtsetzungsprozess zum EnWG 2005 schrittweise verdrängt wurden, so dass die deutschen Rechtsvorschriften zum Gasnetzzugang und zur Gasnetzentgeltregulierung inzwischen die Merkmale des Regulierungsstaates

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Zusammenfassung

widerspiegeln. Eine Ausnahme stellt die Einrichtung von Landesregulierungsbehörden dar, die Ausdruck der Verantwortungsteilung im föderalen Bundesstaat sind. 5. Den Regulierungsbehörden stehen unterschiedliche formale und informale Instrumente zur Durchsetzung ihrer Regulierungsziele zur Verfügung.

3. Teil 1. Im Bereich des Gasnetzzugangs ist im EnWG 2005 ein Netzzugangsmodell festgelegt worden, ohne eine entsprechende Netzzugangsverordnung zu erlassen. Die BNetzA verfügte nicht über die erforderlichen Festlegungsbefugnisse, um eine Umsetzung dieses Modells selbst zu regeln, weshalb sie sich mit den Verbänden der Netzbetreiber darauf verständigt hat, dass diese das Netzzugangsmodell im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrages umsetzen. Die Fortentwicklung des Vertrages ist aufgrund einer Missbrauchsverfügung und Festlegungsentscheidungen der BNetzA erfolgt. 2010 ist dieses Umsetzungsmodell im Zuge einer GasNZV-Novelle verrechtlicht worden. 2. Die BNetzA ist bei der Fortentwicklung des Netzzugangsmodells durch Festlegungsentscheidungen darum bemüht, alle Marktakteure im Rahmen transparenter Konsultationsprozesse in die Vorbereitung der Entscheidungen einzubinden. Allerdings führen Ressourcen- und Informationsprobleme dazu, dass sich nur bestimmte Akteure an diesen Prozessen beteiligen. Trotzdem konnte keine generelle Beeinflussung der Regulierungsbehörde durch bestimmte Akteure festgestellt werden. 3. Die Fortentwicklung der Kooperationsvereinbarung ist hingegen weniger transparent und offen sowie exklusiv den Mitgliedsunternehmen der Netzbetreiberverbände vorbehalten. Allerdings besitzt die BNetzA die Möglichkeit, die Ausgestaltung der Vereinbarung über informale Absprachen zur Vermeidung von Missbrauchsverfahren zu beeinflussen. 4. Bei der Durchsetzung des diskriminierungsfreien Netzzugangs setzen die Regulierungsbehörden im Rahmen ihrer Missbrauchsaufsicht vor allem auf informale Nichtbescheidungsabsprachen, um den Aufwand förmlicher Verfahren soweit wie möglich zu reduzieren. 5. Bei der Fortentwicklung des Netzzugangsmodells und der Durchsetzung des diskriminierungsfreien Gasnetzzugangs spielen informale Handlungen und Absprachen eine zentrale Rolle, um Informationsasymmetrien abzubauen, Transaktionskosten zu vermeiden und Systemprobleme zu beseitigen. 6. Die positive Entwicklung des Wettbewerbs ist vor allem auf informale Handlungen und Absprachen zurückzuführen, die durch Merkmale des Gewährleistungsstaates gekennzeichnet sind.

Zusammenfassung

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4. Teil 1. Die Netzentgelte wurden von 2006 bis 2008 im Wege eines kostenbasierten Genehmigungsverfahrens durch die BNetzA und Landesregulierungsbehörden festgelegt. Seit Einführung der Anreizregulierung in 2009 erfolgt eine Festlegung von Erlösobergrenzen für Regulierungsperioden von fünf Jahren (bzw. vier Jahren für die erste Regulierungsperiode) durch BNetzA und LRegB. 2. Die kostenbasierte Netzentgeltgenehmigung wurde durch Informations- und Ressourcenprobleme der Regulierungsbehörden beeinträchtigt, da diese nur zu einer schwerpunktmäßigen Prüfung der Anträge in der Lage waren und keine Vorort-Überprüfung durchführen konnten. Die Netzbetreiber verfügten im Rahmen von informalen Beschwerdeverzichtsabsprachen über teilweise erhebliche Verhandlungsspielräume, um sich mit den Behörden auf die Höhe ihrer Netzentgelte zu einigen. Trotzdem ist es im Rahmen der Netzentgeltgenehmigung zu teilweise erheblichen Netzentgeltkürzungen gekommen. 3. Bei der Durchsetzung der Anreizregulierung setzten die Regulierungsbehörden in erster Linie auf förmliche Behördenentscheidungen im Sinne des Regulierungsstaates und weniger auf informale Handlungen und Absprachen im Sinne des Gewährleistungsstaates. Die Einführung der Anreizregulierung in 2009 war mit zum Teil erheblichen Regulierungsproblemen verbunden, die sich aus der Komplexität und dem Verfahrensaufwand, Zweifeln an der Methodenrobustheit und Datenqualität sowie Fehlanreizen und Nachsteuerungsbedarf, fehlender Transparenz des Festlegungsprozesses und Verhandlungsasymmetrien ergeben haben. Trotz dieser Probleme soll die Bereitschaft der BNetzA zu informalen Absprachen zum Effizienzwert und der Erlösobergrenze abgenommen haben. Dies soll allerdings nur für den Gasbereich gelten, da im Strombereich andere Praktiken üblich seien und die handelnden Akteure eine andere Einstellung zu informalen Absprachen hätten. 4. Eine Folge der Anreizregulierung ist die sinkende Bereitschaft der Netzbetreiber, in die Netze zu investieren, was, insbesondere vor dem Hintergrund der Energiewende, zu erheblichen Problemen mit Blick auf die Aus- und Umbauziele führen wird. 5. Die Anreizregulierung ist durch teilweise erhebliche Regulierungsprobleme gekennzeichnet und konnte bislang keine positiven Einflüsse auf das Liberalisierungsergebnis nehmen, da es nicht gelungen ist, den Gaspreis über die Netzentgelte zu senken. Mit Blick auf die Investitionszurückhaltung der Netzbetreiber ist zu erwarten, dass die Auswirkungen der Anreizregulierung auf das Liberalisierungsergebnis sogar negativ sind.

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Zusammenfassung

5. Teil 1. Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Auswirkungen der Gasnetzzugangsund Gasnetzentgeltregulierung auf das Liberalisierungsergebnis unterschiedlich sind. Während die Gasnetzzugangsregulierung sich positiv auf die Wettbewerbsentwicklung ausgewirkt hat, hat die Anreizregulierung eher negativ auf den Netzausbau und damit auf die Erhöhung verfügbarer Kapazitäten Einfluss genommen. 2. Einen wesentlichen Beitrag zur positiven Entwicklung im Gasnetzzugangsbereich hatte ein am Gewährleistungsstaat orientiertes Regulierungskonzept, das sich in informalen Handlungen und Absprachen und der Kooperationsvereinbarung der Netzbetreiber widerspiegelt. 3. Bei der Gasnetzentgeltregulierung hatte das am Regulierungsstaat orientierte Regulierungskonzept einen eher gegenteiligen Effekt. Die Anreizregulierung leidet unter teilweise erheblichen Regulierungsproblemen, die auf den Regulierungsansatz selbst und nicht die deutsche Umsetzung zurückgeführt werden können, und trägt nicht zur Verbesserung des Liberalisierungsergebnisses bei. Es ist außerdem zu erwarten, dass Umfang und Komplexität der Anreizregulierung aufgrund von Fehlanreizen und Fehlentwicklungen weiter zunehmen werden. 6. Teil 1. Mit Blick auf die normativen Bewertungsmaßstäbe der Untersuchung – (1.) Verantwortungsteilung im Regulierungsprozess, (2.) staatliche Letztverantwortung im Regulierungsprozess, (3.) transparente Regulierungsprozesse und (4.) Einbindung aller betroffenen Akteure in den Regulierungsprozess – wurden Reformvorschläge zur Verbesserung des Regulierungsergebnisses entwickelt. 2. Für die Gasnetzzugangsregulierung wird angeregt: (1.) Festlegungsverfahren zu formalisieren, um sicherzustellen, dass alle Marktakteure die Möglichkeit zur Beteiligung haben, und um die Transparenz des Verfahrens zu erhöhen, (2.) Verbraucheranwälte einzurichten, die in Regulierungsverfahren die Interessen der Verbraucher im Regulierungsprozess vertreten, und (3.) die Kooperationsvereinbarung für Netznutzerverbände zu öffnen. 3. Für die Anreizregulierung wird angeregt: (1.) Outputorientierte Regulierungselemente einzufügen, um die Marktakteure in den Regulierungsprozess zu integrieren, oder besser noch (2.) einen Systemwechsel durchzuführen und einen Ansatz regulierter Selbstregulierung zu verfolgen, der sich am EMASModell orientiert und für den gesamten Bereich der Netzregulierung geeignet ist.

Zusammenfassung

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4. Darüber hinaus wird angeregt, dass auf Bundesebene eine Querschnittseinheit „EU-Regulierungspolitik“ eingerichtet wird, um eine deutsche Regulierungsstrategie für die europäische und nationale Ebene zu entwickeln, die deutsche Anforderungen an die Ausgestaltung von Regulierung berücksichtigt und in die EU-Rechtsetzung und nationale Umsetzung einbringt.

Anlage: Interviewleitfaden a) Netzzugangssituation 1. Wie bewerten Sie die Netzzugangssituation in Deutschland, welche Probleme bestehen aus Ihrer Sicht (z. B. Kapazitätsengpässe)? Wieviel Prozent der Netzzugangsbegehren können Ihrer Ansicht nach derzeit reibungslos erfüllt werden? 2. Was sind Ihrer Ansicht nach die größten Probleme, die einer Erfüllung von Netzzugangsbegehren entgegenstehen? Was verursacht diese Probleme?

b) Netzentgelte 3. Wie bewerten Sie das Ergebnis und die Transparenz des Effizienzvergleichs? Haben nachträgliche Anpassungen der Effizienzwerte stattgefunden? (§ 15 Abs. 1 ARegV – wenn Besonderheiten der Versorgungsaufgabe bestehen) 4. Wie bewerten Sie Ergebnis und Transparenz der festgelegten Erlösobergrenzen? Haben nachträgliche Anpassungen stattgefunden? (§ 4 Abs. 3 ARegV – wenn sich die Inflationsrate ändert oder sich die nicht beeinflussbaren Kosten ändern; § 26 ARegV Übergang von Netzen, Netzzusammenschlüsse und -aufspaltungen) 5. Welche Vorteile sehen Sie im Wechsel zur Anreizregulierung? Welche Nachteile sehen Sie im Wechsel zur Anreizregulierung? 6. Welche Maßnahmen wären aus Ihrer Sicht geeignet, die Anreizregulierung zu verbessern? c) Kooperationsvereinbarung 7. Wie groß sind die Auswirkungen der KoV auf die Ausgestaltung des Netzzugangs und die gegenwärtige Netzzugangssituation? Welche Bereiche erscheinen aus Ihrer Sicht verbesserungsbedürftig? 8. Halten Sie die KoV für ein geeignetes Instrument zur Umsetzung des Zweivertragsmodells? Warum hat man sich bei der Novellierung der GasNZV für eine Beibehaltung der KoV und gegen eine umfassende Regelung des Netzzugangs durch die Verordnung entschieden?

Anlage: Interviewleitfaden

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9. Wie würden sie die Rollen der Netzbetreiberverbände BDEW, VKU und GEODE bei der Fortentwicklung der KoV beschreiben (Randfigur, Juniorpartner oder Hauptakteur)? Welche Interessengemeinsamkeiten und welche Interessenkonflikte bestehen zwischen den drei beteiligten Verbänden und Ihrem Verband? 10. Wie bewerten Sie das Verfahren bei der Fortentwicklung der KoV durch BDEW, VKU und GEODE (Stichwort: Transparenz und Exklusivität)? Werden Sie und andere Netznutzer- und/oder Verbraucherverbände an der Fortentwicklung der KoV beteiligt (formal oder informal über die BNetzA)? 11. Welche Vorteile würden Sie bei einer stärkeren Beteiligung von Netznutzerund/oder Verbraucherverbänden sehen? Welche Nachteile würden Sie bei einer stärkeren Beteiligung von Netznutzer- und/oder Verbraucherverbänden sehen? Welche Netznutzer- und/oder Verbraucherverbände würden aus Ihrer Sicht für eine Erweiterung der beteiligten Verbände in Betracht kommen? 12. Könnten Sie sich Vertragslösungen wie die KoV auch in anderen Regulierungsbereichen vorstellen (Littlechilds Vorschlag „negotiated settlements“ im Netzentgeltbereich)?

d) Festlegungen und andere Regulierungsmaßnahmen durch die BNetzA 13. Wie groß ist aus Ihrer Sicht der Einfluss der beteiligten Verbände und Unternehmen auf Festlegungsentscheidungen? Gibt es Ihrer Ansicht nach bestimmte Verbände (z. B. BDEW) und Unternehmen, die einen stärkeren Einfluss auf Festlegungsprozesse (z. B. bei GeLi Gas und GABi Gas) ausüben als andere? Gibt es bestimmte Verbände oder Unternehmen, die Festlegungen oder Regulierungsentscheidungen der BNetzA blockieren können (Vetospieler)? 14. Wie bewerten Sie die Transparenz von Festlegungsprozessen? Sind die Entscheidungswege der BNetzA nachvollziehbar? 15. Spielen die Landesregulierungsbehörden oder das BKartA in Festlegungsprozessen eine Rolle? 16. Welche Rolle spielen Ihrer Ansicht nach informale Prozesse in der Regulierungspraxis der BNetzA? Werden Sie bei diesen informalen Prozessen beteiligt? 17. Welche Vorteile sehen Sie in informalen Interaktionen durch die Regulierungsbehörde? Welche Nachteile sehen Sie in informalen Interaktionen durch die Regulierungsbehörde?

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Anlage: Interviewleitfaden

e) GasNZV und EnWG-Novellierung 18. Wie würden Sie die Rolle der BNetzA und der unterschiedlichen beteiligten Verbände bei der GasNZV- und EnWG-Novellierung beschreiben (keine, Randfigur, Juniorpartner, Hauptakteur)? Welche Rollen spielen BMWi, BKartA und Landesregulierungsbehörden bei der GasNZV- und EnWG-Novellierung (keine, Randfigur, Juniorpartner, Hauptakteur)? 19. Welche Interessengemeinsamkeiten und welche Interessenkonflikte bestehen zwischen den beteiligten Verbänden, der BNetzA, den Landesregulierungsbehörden, dem BMWi und dem BKartA? Wie würden Sie das Verhältnis der beteiligten Verbände untereinander und zur BNetzA und zum BMWi beschreiben? 20. Gibt es bestimmte Verbände, die sich besser einbringen konnten als andere (z. B. BDEW oder VIK), und wenn ja, welche Gründe sind hierfür verantwortlich? f) Europäische Ebene 21. Ist Ihrer Ansicht nach das dritte Legislativpaket der EU-Kommission geeignet, die Marktsituation in Deutschland zu verbessern? 22. Wie groß schätzen Sie den Einfluss der europäischen Regelungsebene für die Ausgestaltung des Netzzugangs in Deutschland ein? 23. Sind Sie auf der europäischen Ebene aktiv? Wenn ja, in welcher Form? Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu anderen europäischen Akteuren beschreiben (z. B. zur Kommission)?

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Personen- und Sachwortverzeichnis Agenturtheorie 40 f., 46, 47 ff. Akteurzentrierter Institutionalismus 35 ff., 39 f. Anordnungen 135, 147 f., 150, 165, 198 Anreizregulierung – Abbau von Informationsasymmetrien 48 – allgemein 24 f., 31 ff. – Auswirkungen auf Investitionsfähigkeit 213 ff. – Auswirkungen auf Liberalisierungsergebnis 244 ff. – britische Erfahrungen 33, 69, 245 – britisches Ausgangsmodell 57 f., 214 – Gesetzgebungs- und Verordnungsverfahren 97, 108, 121 f., 129 ff., 137 ff. – Grundprinzip 29, 126 ff. – Rahmenregelungen 131 f., 140 ff. – Regulierungsprobleme 246 ff., 259 f. – Umsetzung 201 ff. Anreizregulierungsverordnung 88, 133 f., 137 ff., 145 f., 207 ff., 216 ff., 229 ff., 237, 241, 245, 247, 261, 266, 268 Basismodell 154 ff. BDEW 30, 72, 98, 101 ff., 135, 148, 153, 158, 163, 165, 168, 169, 171 f., 174, 177, 182 ff., 186, 187, 188, 194, 210, 212 f., 214 ff., 225, 257 Begrenzte Rationalität 36, 41 Beschleunigungsrichtlinien 28, 50, 97, 112 ff., 117 f., 120 ff. Beschlusskammern 72, 83 ff., 90, 96, 152, 155, 157 ff., 171, 179 f., 188 ff., 193 ff., 217, 225, 228 ff. Binnenmarkt für Energie 23 ff., 82, 96, 246, 271

Binnenmarktrichtlinien 23, 106 ff. Biogas 136, 165, 169, 251 bne 72, 105 ff., 120, 161, 163, 168, 171 f., 175, 177, 179, 181 f., 184, 188 Britisches Regulierungsmodell 25, 28 f., 38, 43, 52, 57, 68 ff., 97, 110, 114, 115, 121 f., 200 Clement, Wolfgang 32, 130 Collaborative Governance 34, 64, 66 ff., 254 Diskriminierung 28, 77, 80, 157 Diskriminierungsfreier Netzzugang 23, 25, 28 ff., 43, 50, 67, 100, 106, 111 ff., 145, 182, 188, 197 Drittes EU-Legislativpaket 50, 96, 99, 113 ff., 121, 126, 264 f., 269, 271 EFET 72, 106 f., 153, 156, 161, 163, 168, 171 f., 181 f., 186, 187 f., 245 Effizienzvergleich 70, 131, 138, 140, 142 ff., 201, 205, 207 ff., 224 f., 229, 235 f., 247 ff., 260 f., 266, 269 EMAS (Eco-Management and Audit Scheme) 55, 65, 261 ff. Energiewirtschaftsgesetz 1935 27 Energiewirtschaftsgesetz 1998 27 f., 57, 116 ff., 150 Energiewirtschaftsgesetz 2005 28 f., 57, 95 ff., 110, 121 ff. Entflechtung 29, 66 f., 79, 87, 89, 98, 110, 112 f., 115 f., 118, 132, 271 Erweiterungsfaktor 148, 224 f., 227, 245, 260, 266 EU-Kommission 25, 28, 51, 89, 98 ff., 116 f., 120, 123, 163, 232, 246, 271, 273

Personen- und Sachwortverzeichnis Fehlanreize 218, 219 f. Festlegungen – allgemein 30, 61, 88, 132 ff., 137, 145, 148, 173 ff., 189 f., 196 ff., 207, 212, 216 ff., 229, 232 f., 240 ff., 254 ff. – der Erlösobergrenze 217 ff. – GABi Gas 162 f., 165 f., 171, 173, 176 f., 179, 189, 194 – GeLi Gas 160 f., 171, 173, 178 f., 189 – Karla Gas 167 ff., 171, 173, 189 – Konni Gas 171 ff., 190 Formale Organisation 58, 62, 196 Formlose Instrumente 151, 232 Gasmarkt 23 ff., 31, 62 f., 69, 75 ff., 91, 93, 101, 103, 113, 161, 179, 183, 193, 239, 242, 250, 252 f. Gasnetzzugangsmodell 29, 38, 84, 97, 105, 122 ff., 135 ff., 145, 152 ff., 239 ff. Gasnetzzugangsverordnung 30, 92, 96, 98, 107 f., 124 f., 135 ff., 152 ff., 160 ff., 181 ff., 188, 194, 198, 242 ff., 255, 257 Gaspreise 24, 27, 57, 81 f., 92, 245, 274 Gastransport 30, 126, 136, 144, 167, 169 Genehmigungen 38, 106, 132 ff., 145 f., 159, 195, 201 ff., 211, 214, 216, 221 f., 223 ff., 229 ff., 233 f., 241, 246, 249, 260, 262, 270 f. GEODE 30, 72, 94, 103 ff., 125, 148, 153 f., 156, 159, 163, 166, 168 f., 171 f., 174, 181 f., 184, 186 f., 194, 212 ff., 218 Gewährleistungsstaat 26, 31, 34, 50 ff., 59, 61, 64 ff., 68, 71, 121, 131, 137, 197, 199 f., 237, 239 f., 242, 254, 261 f. Grenzkuppelstellen 77, 82, 245 Härtefallregelungen 139 ff. H-Gas(marktgebiete) 75, 81, 193 f. Homo-oeconomicus-Modell 36, 47

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Importabhängigkeit 62 f., 75 f., 82, 251 Informale Instrumente 148 ff., 189 ff., 196, 199, 229 ff., 240, 242, 244, 249 Informale Organisation 58 Informalität 52, 148 ff., 232 f. Informationsasymmetrien 32, 37, 40 f., 47 ff., 121, 195 f., 204, 219, 233 ff., 240, 249 f., 265, 267 f. Informationsbedarf 32, 128, 218 Inkrementell/Inkrementalismus 40 f., 56 f., 59 f., 97, 122, 173, 219, 238, 261, 272 Investitionsbudgets/-maßnahmen 83, 134, 146, 212 ff., 226 ff., 232, 247, 260 Investitionszurückhaltung 213 ff., 234 f., 245 ISO/RTO-Modell 66 f. Kapazitätsprobleme 80, 82, 91 f., 166 f., 215, 243, 245 Konsultationen 100 f., 152, 174 ff., 189, 196, 204, 207, 213, 217 f., 229, 233, 240, 254, 255 ff., 267 Kooperationsvereinbarung – allgemein 30 f., 81, 137, 144 f., 148, 173, 182 ff., 196 ff., 242 ff. – Einfluss der BNetzA 195 – Entstehungsgeschichte 155 ff. – KoV I 157 ff. – KoV II 159 f. – KoV III 160 ff. – KoV IV 166 ff. – KoV V 171 f. – KoV VI 172 f. – Verhandlungsdelegation 183 f. Kostenbasierte Netzentgeltgenehmigung 33, 45, 47, 129, 133, 201 ff., 216, 229 f., 233, 241, 246, 249, 270 Kurth, Matthias 139, 156 ff. Länderausschuss 88 f., 178, 202, 212 f., 222, 233 Leitungsgebundenheit 62 f., 76 f.

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Personen- und Sachwortverzeichnis

L-Gas(marktgebiete) 75, 81, 165, 171, 181 f., 193 f., 251 Littlechild, Stephen 68 f., 126 ff. LNG 76, 113, 115, 170, 250 f. Lobbying 96, 102 ff., 136, 139, 186 f., 257 Marktgebiete 80 f., 154, 157 f., 160, 165 ff., 169, 171 ff., 181 f., 185, 190, 193 f., 252 Marktversagen 42 ff., 51, 174 Merkel, Angela 125 Minderheitsbeteiligungen 27, 79 Missbrauchsverfahren 30, 89 ff., 108, 132 ff., 146, 148, 157 ff., 180 ff., 190 ff., 197, 202, 228 f., 232 f., 240 f., 254 f., 257, 264 Negotiated Settlements 68 f., 258, 268 Netznutzerforum 182, 186 ff., 255 Neue Institutionenökonomik 46, 196 Nichtbescheidungsabsprachen 150, 191 ff., 197, 232, 241 Normative Theorie der Regulierung 42 ff., 110, 232 Ofgem 33, 69 f., 83 ff. Optionsmodell 155 ff. Organleihe 32, 87 ff., 203, 209, 212 Positive Theorie der Regulierung 44 ff., 125 Power-to-Gas 63, 251 f. Qualitätsregulierung 142, 236 f., 247, 261 Regulatory Capture 44 f., 68, 177, 232, 256, 264 Regulierte Selbstregulierung 26, 50, 54 f., 64 f., 118, 121, 129, 173, 199, 237, 240, 242 f., 261 ff.

Regulierungskultur 39, 41, 49 ff., 59, 61, 116, 119, 121 f., 129, 137, 197, 235, 239 f., 244, 247, 271 Regulierungsprobleme 25, 54, 60, 246, 268, 272 Regulierungsstaat 25 f., 28, 31, 50 ff., 55, 57, 59, 61, 131, 137, 192, 198 f., 235 ff., 239, 242 ff., 249 Regulierungsumfang 26, 57 Regulierungsversagen 45, 174 Rhiel, Alois 130 RIIO 69 f., 260 RPI-X 127 Satisficing-Modell 36 Schatten der Hierarchie 38 Strukturell-funktionale Systemtheorie 39, 41, 58 ff., 196, 234 Task-Force-Netzzugang 95 Transaktionskosten 41, 46 ff., 62, 121, 149, 195 f., 233 f., 240 Transaktionskostentheorie 40 f., 46, 49 Unternehmenskonzentration 79 f., 82 f., 93 Verbändeanhörung 139 Verbändevereinbarungen 28, 30 f., 33, 50, 55, 57, 65, 68 f., 95, 97, 106 f., 112, 118 ff., 144, 150, 152, 155, 188, 242 ff. Verhandlungsdelegation 178, 183 ff., 194, 255, 257 ff. Vermittlungsausschuss 29, 26 f., 86 f., 97 f., 124 f., 236 Verpflichtungszusage 92, 191 f. VIK 72, 91, 96, 101 f., 106 ff., 119 f., 137, 153, 156, 161, 163, 168, 171 f., 177, 179, 181 f., 188, 193, 195, 223 VKU 30, 72, 76 f., 80, 92, 103 ff., 119 f., 123, 125, 148, 152 ff., 163,

Personen- und Sachwortverzeichnis 165 f., 169, 171 f., 176 f., 181 f., 184, 187, 189, 194 f., 210, 212 ff., 220 f., 225, 242 f., 252 Vollzugsprobleme 26, 34, 40, 48 f., 60, 70, 96, 219, 249, 260, 272 f. Vorverhandlungen 150, 157 f., 174, 189 f., 190, 196 f. 229, 240 VZBV 72, 86, 98, 106, 108 f., 121, 161, 171, 180, 256, 260

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Wettbewerbsentwicklung 23, 26, 28, 80 ff., 166, 239, 242, 244, 251 Wiesheu, Otto 130 Yardstick-Regulierung 138 f. Zweivertragsmodell 30 f., 68, 80, 107, 120, 126, 135 ff., 152 ff., 242