Zwischen Pastiche und Zitat: Die Urheberrechtsreform 2021 und ihre Konsequenzen für die künstlerische Kreativität 9783839462485

Die rechtlichen Bedingungen, unter denen in Deutschland geschützte künstlerische Arbeiten Dritter erlaubnisfrei in eigen

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Zwischen Pastiche und Zitat: Die Urheberrechtsreform 2021 und ihre Konsequenzen für die künstlerische Kreativität
 9783839462485

Table of contents :
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Inhalt
Danksagung
Vorwort
I. Forschungsanliegen
II. Versuchsanordnung
1. Die alte Rechtslage zum Kipppunkt zwischen abhängiger Bearbeitung und selbstständiger Aneignung
2. Die Bedeutung fremdreferenziellen Komponierens und des Kipppunkts zwischen abhängiger Bearbeitung und selbstständiger Aneignung in der künstlerischen Theorie und Praxis
3. Kunstspezifische Betrachtung als Anspruch und Maßstab des Interessenausgleichs im Bearbeitungsrecht
III. Diagnose Systemwechsel
1. Gegenstand des Kapitels
2. Hintergrund Metall auf Metall, Teil 1 (1999–2017): Katalysator des Wandels für die freie Benutzung
3. Inhalt der Pelham-Entscheidung des EuGH (2019) und ihrer Umsetzung in Metall auf Metall IV (2020) des BGH
4. Bewertung der Pelham-Entscheidung des EuGH (2019) und ihrer Umsetzung in Metall auf Metall IV (2020) des BGH
5. Das neue Bearbeitungsrecht ab dem 22. Dezember 2002
a. Exitoption Nr. 1 hin zur Erlaubnisfreiheit: Nichteröffnung des Schutzbereichs
b. Exitoption Nr. 2 hin zur Erlaubnisfreiheit: Musikzitat
c. Exitoption Nr. 3 hin zur Erlaubnisfreiheit: Karikatur und Parodie
6. Probleme der Erlaubnisfreiheit ab dem 22. Dezember 2002
a. Exitoption Nr. 1a: Nichterreichen der Schöpfungshöhe
b. Exitoption Nr. 1b: Unerkennbarkeit der Aneignung
c. Exitoption Nr. 2: Musikzitat
d. Exitoption Nr. 3: Karikatur und Parodie
e. Bewertung der neuen Rechtslage ab dem 22. Dezember 2002: Systemwechsel vom Gebot des Verblassens zum Gebot der Interaktion
IV. Gescheiterter Korrekturversuch
1. Gegenstand des Kapitels
2. Das neue Bearbeitungsrecht der Urheberrechtsnovelleab 7. Juni 2021 – kunstspezifisch betrachtet
a. §§ 23, 24 UrhG a.F., 23 UrhG n.F.
b. § 51a UrhG n.F.
c. §§ 5, 9, 10 UrhDaG
3. Bewertung der Urheberrechtsnovelle –Probleme bei kunstspezifischer Betrachtung
a. § 51a S. 1 Alt. 1 und 2 UrhG n.F.: Karikatur und Parodie
b. § 23 UrhG n.F.
c. §§ 5, 9, 10 UrhDaG
d. § 51a S. 1 Alt. 3 UrhG n.F.: Pastiche als Auffangtatbestand
4. Zwischenfazit: Der Stand des Interessenausgleichs im Bearbeitungsrecht
V. Alternativszenario
VI. Fazit und Ausblick
1. Zusammenfassung: Der Stand der Dinge
2. Ausblick: Wie geht es weiter?
VII. Verzeichnis zitierter Literatur
VIII.  Verzeichnis zitierter Gerichtsentscheidungen
1. Metall‐auf-Metall-Rechtsstreit
2. Sonstige Gerichtsentscheidungen

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Frédéric Döhl Zwischen Pastiche und Zitat

Musik und Klangkultur  | Band 58

Frédéric Döhl (PD Dr. phil. Dr. iur.), geb. 1978, ist Strategiereferent der Deutschen Nationalbibliothek und Privatdozent am Institut für Theaterwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Kulturerbe und digitaler Wandel, Adaptation Studies, Genretheorie und -geschichte, Digital Humanities, Musikjournalismus und -vermittlung sowie Urheber- und Medienrecht. Sein Publikationsfokus liegt auf der Musikkultur ab 1990.

Frédéric Döhl

Zwischen Pastiche und Zitat Die Urheberrechtsreform 2021 und ihre Konsequenzen für die künstlerische Kreativität

Das neue Bearbeitungsrecht, kunstspezifisch betrachtet. Zum Systemwechsel im Recht erlaubnisfreier Benutzung von Musik nach Metall auf Metall (Pelham) und DSM-Richtlinie 2019/790 (Originaltitel) Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades an der Fakultät Rechtswissenschaft der Universität Hamburg vorgelegt von Frédéric Döhl, Hamburg 2022 Erstgutachterin: Prof. Dr. Dipl.-Soz. Marion Albers Zweitgutachter: Prof. Dr. Wolfgang Schulz Tag der mündlichen Prüfung: 4. April 2022

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2022 transcript Verlag, Bielefeld Alle Rechte vorbehalten. Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Maria Arndt, Bielefeld Umschlagabbildung: Frédéric Döhl, Berlin Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar Print-ISBN 978-3-8376-6248-1 PDF-ISBN 978-3-8394-6248-5 https://doi.org/10.14361/9783839462485 Buchreihen-ISSN: 2703-1004 Buchreihen-eISSN: 2703-1012 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: https://www.transcript-verlag.de Unsere aktuelle Vorschau finden Sie unter www.transcript-verlag.de/vorschaudownload

Inhalt

Danksagung .............................................................................. 9 Vorwort .................................................................................. 11 I.

Forschungsanliegen Gegenstand der Arbeit ............................................................... 21

II.

Versuchsanordnung Drei allgemeine Vorbemerkungen ................................................... 33 Die alte Rechtslage zum Kipppunkt zwischen abhängiger Bearbeitung und selbstständiger Aneignung.......................................................... 33 Die Bedeutung fremdreferenziellen Komponierens und des Kipppunkts zwischen abhängiger Bearbeitung und selbstständiger Aneignung in der künstlerischen Theorie und Praxis .................................................. 47 Kunstspezifische Betrachtung als Anspruch und Maßstab des Interessenausgleichs im Bearbeitungsrecht ..................................... 57

1. 2.

3.

III.

1. 2. 3. 4. 5.

Diagnose Systemwechsel Das neue Bearbeitungsrecht nach Metall auf Metall (Pelham) für den Zeitraum 22. Dezember 2002 bis 6. Juni 2021.................................................. 79 Gegenstand des Kapitels............................................................ 79 Hintergrund Metall auf Metall, Teil 1 (1999–2017): Katalysator des Wandels für die freie Benutzung .................................... 80 Inhalt der Pelham-Entscheidung des EuGH (2019) und ihrer Umsetzung in Metall auf Metall IV (2020) des BGH .................................................. 89 Bewertung der Pelham-Entscheidung des EuGH (2019) und ihrer Umsetzung in Metall auf Metall IV (2020) des BGH ................................................ 98 Das neue Bearbeitungsrecht ab dem 22. Dezember 2002............................ 103 a. Exitoption Nr. 1 hin zur Erlaubnisfreiheit: Nichteröffnung des Schutzbereichs ......................................... 103 b. Exitoption Nr. 2 hin zur Erlaubnisfreiheit: Musikzitat ......................... 106

6.

IV.

1. 2.

3.

4.

c. Exitoption Nr. 3 hin zur Erlaubnisfreiheit: Karikatur und Parodie ............. 109 Probleme der Erlaubnisfreiheit ab dem 22. Dezember 2002 .......................... 115 a. Exitoption Nr. 1a: Nichterreichen der Schöpfungshöhe ........................ 116 b. Exitoption Nr. 1b: Unerkennbarkeit der Aneignung ............................ 116 c. Exitoption Nr. 2: Musikzitat .................................................. 118 d. Exitoption Nr. 3: Karikatur und Parodie....................................... 119 e. Bewertung der neuen Rechtslage ab dem 22. Dezember 2002: Systemwechsel vom Gebot des Verblassens zum Gebot der Interaktion ....... 120 Gescheiterter Korrekturversuch Das neue Bearbeitungsrecht nach Umsetzung der DSM-Richtlinie 2019/790 ab dem 7. Juni 2021 ................................................................. 131 Gegenstand des Kapitels............................................................ 131 Das neue Bearbeitungsrecht der Urheberrechtsnovelle ab 7. Juni 2021 – kunstspezifisch betrachtet ........................................ 136 a. §§ 23, 24 UrhG a.F., 23 UrhG n.F. ............................................ 137 b. § 51a UrhG n.F............................................................... 139 c. §§ 5, 9, 10 UrhDaG............................................................ 141 Bewertung der Urheberrechtsnovelle – Probleme bei kunstspezifischer Betrachtung ....................................... 143 a. § 51a S. 1 Alt. 1 und 2 UrhG n.F.: Karikatur und Parodie........................ 143 b. § 23 UrhG n.F. .............................................................. 143 c. §§ 5, 9, 10 UrhDaG............................................................147 d. § 51a S. 1 Alt. 3 UrhG n.F.: Pastiche als Auffangtatbestand..................... 151 Zwischenfazit: Der Stand des Interessenausgleichs im Bearbeitungsrecht............221

V.

Alternativszenario Ein bedingungsarmes Zitatrecht als Lösung? ....................................... 223

VI. 1. 2.

Fazit und Ausblick ................................................................ 233 Zusammenfassung: Der Stand der Dinge ........................................... 233 Ausblick: Wie geht es weiter? .......................................................241

VII. Verzeichnis zitierter Literatur .................................................... 249 VIII.  Verzeichnis zitierter Gerichtsentscheidungen .....................................291 1. Metall-auf-Metall-Rechtsstreit .......................................................291 2. Sonstige Gerichtsentscheidungen ...................................................291

Diese Studie ist dem liebevollen Andenken an meinen Großvater Hans Bernhard Döhl (1930-2021) gewidmet, der das Dazulernen so sehr liebte.   Danke, Opa – für alles.

Danksagung

Diese Arbeit wurde unter dem Titel Das neue Bearbeitungsrecht, kunstspezifisch betrachtet. Zum Systemwechsel im Recht erlaubnisfreier Benutzung von Musik nach Metall auf Metall (Pelham) und DSM-Richtlinie 2019/790 Anfang Oktober 2021 an der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg als Dissertation eingereicht und in den Gutachten Januar 2022 und der Disputation am 4. April 2022 mit dem Prädikat summa cum laude bewertet. Mein besonderer Dank gilt meinem australischen Kollegen Dr. Alan Hui für die bereichernde gemeinsame Arbeit an einem Aufsatz zum Zitatrecht, dessen Ergebnisse Eingang in Kapitel V gefunden haben. Sowie insbesondere Frau Prof. Dr. Dipl.-Soz. Marion Albers für die Annahme und engagierte Betreuung der Arbeit und Herrn Prof. Dr. Wolfgang Schulz für die Übernahme der Zweitbegutachtung. Ferner danke ich meiner Familie für ihre Unterstützung. Und all den vielen Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich mich über die Jahre seit meinen ersten, noch studentischen Arbeiten zum Bearbeitungsrecht um die Jahrtausendwende über Fragen ausgetauscht habe, die nun in dieser Studie im Lichte der neuesten rechtlichen Entwicklungen diskutiert werden.

Berlin, im April 2022 Frédéric Döhl

Vorwort

Diese Arbeit wurde Anfang Oktober 2021 an der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg als Dissertation eingereicht. Die vorliegende Druckfassung entspricht in berücksichtigter Literatur und Rechtsprechung dem Stand bei Einreichung (30. September 2021). Wir haben inzwischen Anfang April 2022. Manch rechtswissenschaftliche Publikation ist natürlich in der Zwischenzeit erschienen oder angekündigt worden, welche die hiesigen Fragen zumindest berührt.1 Das liegt in der Natur der Sache. Der Fachdiskurs steht nie still. Und bei einem derart aktuellen rechtswissenschaftlichen und rechtspolitischen Thema wie dem hiesigen ist er besonders dynamisch. Der zeitverzögerte Prozess des Publizierens bringt es freilich ohnehin unvermeidlich mit sich, dass eine Studie wie die hiesige im Stand der verarbeiteten Rechtsprechung und Forschungsliteratur veraltet ist, sobald sie erscheint. An irgendeinem Punkt muss man einen Cut setzen. Damit konfrontiert, habe ich mich dafür entschieden, die Arbeit in der eingereichten Fassung zu belassen. Sie stellt ein kohärentes Ganzes dar und ist als solche akademisch bewertet worden. Das Wettrennen gegen den fortdauernden Aktualisierungsdruck kann man ohnehin nicht gewinnen. Und nichts, was ich in der Zwischenzeit an neuen Diskursbeiträgen gelesen habe, hat mich an der hier entworfenen Position zweifeln lassen. Ich werde zu der Debatte, so wie sie sich seit dem 1. Oktober 2021 in Rechtsprechung und Literatur weiterentwickelt, zurückkehren, sobald die ersten diskursprägenden Urteile zu jenen Fragen ergehen, die in dieser Studie im Mittelpunkt stehen. Insbesondere solchen zur Reichweite der Pastiche- und Zitatschranken in Zeiten nach der freien Benutzung, in denen wir nun leben und kreativ arbeiten. Daran fehlt es bislang.2 1

2

Vgl. z.B. Carroll The Oxford Handbook of Music Law and Policy 2021; Hui Internet Policy Review 2021; Kocatepe Recht auf Referenz 2022; Ortland ZGE 2022, S. 3ff.; Rauer/Bibi GRUR Int. 2022, S. 113ff.; Westkamp IIC 2022, S. 62ff. Nachtrag: Das war Stand der Fassung des Manuskripts per 5. April 2022, der Stand bei Verlagseinreichung. Diese Fußnote ergänze ich in die Fahnenkorrektur per 15. Mai 2022. In der Zwischenzeit wurde bekannt, dass erstens das LG Berlin GRUR-RR 2022, S. 216ff. im Hauptsacheverfahren des Falls Martin Eder, um dessen vorherige Bewertung Ende 2019 im Angesicht

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Zwischen Pastiche und Zitat

Ich habe jedoch dieses ausführliche Vorwort ergänzt. Ich möchte es nutzen, um auf zwei Veröffentlichungen hinzuweisen, die erst nach Fertigstellung dieser Studie Anfang 2022 erschienen sind, ein musikwissenschaftliches Buch und ein journalistischer Text. In besonders pointierter Weise stehen sie nämlich stellvertretend für zentrale Aussagen, die ich in dieser Studie entwickelt habe. Nicht einfach als Beleg für deren Richtigkeit, sondern geradezu als Versinnbildlichung dessen, worauf ich selbst hinauswill. Es dürfte den rechtswissenschaftlichen Diskurs zum neuen Bearbeitungsrecht, so denke ich, spürbar voranbringen, sich eingehend mit beiden Arbeiten zu beschäftigen. Im Zusammenspiel machen sie die kulturelle Dimension der Herausforderung klar, der sich der nunmehr erreichte Status Quo des Bearbeitungsrechts bei kunstspezifischer Betrachtung gegenübersieht. Und deutlich, warum es so wichtig ist, all das, was zuletzt auf diesem Rechtsgebiet passiert ist und um das es in diesem Buch geht, zum Anlass zu nehmen, es nicht beim Streit von Pelham, aber noch vor der Urheberrechtsnovelle zum 7. Juni 2021 es in Kap. III gehen wird, unter Anwendung der neuen Pasticheschranke zugunsten Eders entschieden hat. Zweitens und noch wichtiger urteilte das OLG Hamburg im Anschluss an Metall auf Metall IV des BGH erneut in Sachen Metall auf Metall, qualifizierte u.a. den dort strittigen Sample als Pastiche und ließ die Revision in Sachen Pasticheschranke zu, vgl. Döhl Der Tagesspiegel (30. April 2022), S. 20. Ich werde beide Urteile ausführlich besprechen in Heft 1/2022 der UFITA. In beiden Urteilen folgen die Instanzgerichte, wie zu erwarten war, dem nationalen Gesetzgeber (vgl. zu dessen Position ausführlich Kap. IV). Die zeitnahe Eröffnung des Wegs über den BGH zum EuGH in Sachen Pasticheschranke wird nun dazu führen, dass über die Argumente, die hier in Kap. IV systematisch zusammengetragen und bewertet werden, absehbar höchstrichterlich entschieden werden wird. Die vorliegende Studie hat hierdurch nochmals enorm an Aktualität gewonnen. Nichts in den beiden instanzgerichtlichen Urteilsbegründungen lässt freilich an der hier entwickelten Position zweifeln, dass die Pasticheschranke am Ende nicht in der Weise tragen wird, wie vom nationalen Gesetzgeber intendiert. Im Gegenteil belegt ein Vergleich ihrer Streitgegenstände die von mir am Ende von Kap. IV substantiierte Befürchtung, dass dies bei kunstspezifischer Betrachtung auch gar nicht erstrebenswert ist, da auf diesem Weg eine konturlose Schranke entsteht, die zu dem inakzeptablen Ergebnis führt, dass es keine ästhetisch nachvollziehbaren Kriterien mehr gibt, zwischen erlaubnispflichtigen Bearbeitungen und erlaubnisfreien Aneignungen zu unterscheiden. Das war bei § 24 Abs. 1 UrhG a.F. anders, vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 245ff. Aber: Das Spiel ist nun eröffnet. Man wird dank des OLG Hamburg jetzt schneller als erhofft sehen, wie sich der spezifisch deutsche Diskurs um die Pasticheschranke im Angesicht des insoweit ausschlaggebenden europäischen Rechts schlägt. Schneller als erhofft, weil der BGH die erneute Zulassung der Revision zu verhindern gesucht hatte, vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (625f.), Rn 85ff. – Metall auf Metall IV. Das ist gut. Es braucht eine rasche Klärung, wie der folgende Rekurs auf Ted Gioia in diesem Vorwort belegen wird. Und beide Verfahren zeigen, was auf dem Spiel steht: Ohne eine weite Pasticheschranke wurden die nachschaffenden Künstler in beiden Rechtsstreitigkeiten nach dem seit Pelham in Verbindung mit Metall auf Metall IV ab dem 22. Dezember 2002 geltenden Bearbeitungsrecht verurteilt, mit ihr wurde dieses – ästhetisch im Übrigen kardinal unterschiedliche – Handeln jeweils als rechtsmäßig eingestuft.

Vorwort

um letztlich graduelle Auslegungsmarginalien und -petitessen zu belassen. Sondern sich einmal in Ruhe das große Ganze anzuschauen. Und sich zu fragen, ob die nunmehr erreichte Rechtsordnung in diesem Bereich wirklich zu dem passt, was sie leisten können soll. Das musikwissenschaftliche Buch ist Dilla Time. The Life and Afterlife of J Dilla, the Hip-Hop Producer Who Reinvented Rhythm von Dan Charnas. James Dewitt Yancey alias J Dilla ist bereits 2006 nach schwerer Krankheit früh verstorben. Sein Einfluss auf Popularmusik und Jazz ist jedoch mit jedem weiteren Jahr weiter gewachsen, weit über den Hip-Hop hinaus. Im führenden Jazz-Podcast Jazz United destillierte Charnas im Januar 2022 die Erkenntnisse des Buches dahingehend, warum das so ist und wie weit es reicht: Dilla sei ein Künstler, der mittels Sound Sampling arbeitete und auf Rhythmusebene kultivierte, mit etwas zu komponieren, das man im Sinne der damaligen Standards eigentlich rhythmische Fehler, zumindest fehlende Sorgfalt nennen muss (und von manchen durchaus auch so rezipiert wurde) – nur, dass Dilla daraus die größte Innovation auf der Ebene des Grooves bislang im 21. Jahrhundert geschaffen habe.3 Oder wie es in Charnas Buch heißt: »All these accolades leave us with a question: Why does this hitless hip-hop producer have such a persistent presence in the music world? In ›Dilla Time‹, I offer a simple answer: Because J Dilla transformed the sound of popular music in a way that his more famous peers have not. He is the only producer-composer to emerge from hip-hop and, indeed, all electronic music to fundamentally change the way so-called traditional musicians play. And the core of Dilla’s contribution is a radical shift in how musicians perceive time. Before J Dilla, our popular music essentially had two common ›time-feels‹ – straight time and swing time – meaning that musicians felt and expressed time as either even or uneven pulses. What Dilla created was a third path of rhythm, juxtaposing those two time-feels, even and uneven simultaneously, creating a new, pleasurable, disorienting rhythmic friction and a new time-feel: Dilla Time.«4 Auf S. 146 seines Buchs bietet Charnas eine graphische Gegenüberstellung von Straight Time, Swing Time und Dilla Time, die auch Laien auf einen Blick klar macht, inwiefern die musikalische Fusion unterschiedlicher rhythmischer Konzepte durch Dilla eine Erfindung im empathischen Sinne des Wortes darstellt. Und warum die von Dilla entwickelte rhythmische Strategie so große Verbreitung findet, anderthalb Jahrzehnte nach seinem viel zu frühen Tod. Die ästhetische Besonderheit – und Schönheit – von Dillas rhythmischem Konzept liegt dabei darin, dass er etwas schafft, das gemessen an den in sich konsis3 4

Vgl. https://www.wbgo.org/season-2/2022-01-28/digging-into-dilla-time-and-the-legacy-of-a -rhythm-pioneer. Charnas Dilla Time 2022, S. xii.

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tenten Konzepten von Straight Time und Swing Time unsauber, unpräzise und widersprüchlich ist, das spannenderweise aber genau hierdurch eine enorme Lebendigkeit gewinnt und hierin auf ganz eigene Weise perfekt wird. Denn es steht im auffallenden Kontrast zu ansonsten typischen computerproduzierten Rhythmuskonfigurationen, die gerade alle jene kleinen menschlichen Ungenauigkeiten herausfiltern und ›korrigieren‹, die Dilla inszeniert und zelebriert. Oder wie Eric Ducker in der Buchrezension der New York Times es ausdrückt: »As technological advances made music production easier, and as a result, more uniform, Dilla used those tools to find possibility in imperfections.«5 Alle mit Urheberrecht befassten Jurist*innen sollten dieses Buch lesen. Niemand, der sich intensiv mit Musical Borrowing beschäftigt, vertritt die im Recht nach wie vor weit verbreitete Vorstellung, dass Menschen nur dann unter Verwendung von Musik Dritter komponieren, weil ihnen selbst nichts Besseres einfällt. Das gibt es. Das gibt es auch oft. Aber mindestens genauso stark ist eben das kreative und innovative Potenzial fremdreferenziellen Komponierens. Und selten wird dieses Grundprinzip von Musikgeschichte so klar wie in der Analyse von Charnas. Der journalistische Text ist Is Old Music Killing New Music? von Ted Gioia, zeitgleich zu Charnas Buch in der Zeitschrift The Atlantic erschienen.6 Gioia spielt in der Rechtswissenschaft keine Rolle. Aber er ist ein bekannter Mann. Und zwar im Musikjournalismus und in der Musikwissenschaft, insbesondere in Jazz Criticism/ Journalism, Jazz Studies und Popular Music Studies. Ein vielzitierter und vielfach ausgezeichneter Autor mit einer Vielzahl von Buchveröffentlichungen insbesondere zur Geschichte des Blues und des Jazz. Sein The History of Jazz (3. erweitere Auflage 2021) ist das Standardreferenzwerk schlechthin für diese Musikkultur. Ein Mann also, der sich mit Musik und ihrer Entwicklung auskennt. Und für sein ebenso differenziertes und informiertes wie pointiertes Urteil genauso bekannt ist wie für die Diversität seiner musikalischen Gegenstände und die Weite seines analytischen Horizonts. Ich lese ihn regelmäßig. Und stets mit Gewinn, auch da, wo ich seine Einschätzungen nicht teile. Früher sagte man: eine Autorität. Ich schreibe dies, weil es wichtig ist, um einschätzen zu können, dass die Beobachtungen Gioias in The Atlantic vor dem Hintergrund von vier Jahrzehnten als exzellent ausgewiesener musikjournalistischer und musikwissenschaftlicher Arbeit stehen. Denn der Publikationsort selbst ist natürlich kein wissenschaftlicher Veröffentlichungsrahmen. Und entsprechend beschränkt in seinen Referenzier- und Nachweismöglichkeiten. Es bedürfte erst noch einer umfassenden kritischen Überprüfung von Gioias Thesen, die er an dieser Stelle selbst nicht liefert und nicht liefern kann. Und eine Auseinandersetzung damit, inwiefern das, was Gioia hier zu jüngsten Entwicklungen in den USA ausführt, auf die Situation in Deutschland 5 6

Vgl. https://www.nytimes.com/2022/02/01/arts/music/j-dilla-time-book.html. Vgl. Gioia The Atlantic 2022.

Vorwort

übertragbar ist. Das ist ein eigenes Forschungsprojekt, zumal vergleichbare Daten für Deutschland nicht ohne weiteres greifbar sind.7 Ungeachtet dieses Vorbehalts möchte ich jedoch auf Gioias Beobachtungen aufmerksam machen. Denn sie sind weitreichend in den Konsequenzen für die Musikkultur, die jedenfalls er wahrzunehmen meint. Und die ich aufgrund meiner eigenen musikwissenschaftlichen Forschung mit Schwerpunkt Gegenwartskultur leider teile. Viele Indizien weisen in genau diese Richtung, wie ich selbst 2019 in jenem UFITA-Aufsatz angemahnt habe, der nun die Grundlage von Kap. III bildet.8 Gioias Untersuchung ist ein deutlicher Warnschuss. Und sie ist es gerade auch für den rechtswissenschaftlichen Diskurs. Denn Gioia beschreibt auf Basis neuer statistischer Daten über Verkäufe und Streams im amerikanischen Musikmarkt eine extreme Verlagerung. Weg von der Investition in und Aufmerksamkeit gegenüber neuer Musik. Hin zu alter Popularmusik, deren Rechtekataloge derzeit für hunderte Millionen Dollar den Besitzer wechseln, wie jüngst im Fall von David Bowie, Bob Dylan, Prince, Red Hot Chili Peppers, Paul Simon, Bruce Springsteen, Sting, Tina Turner oder Neil Young geschehen.9 Und als einen Hauptgrund hierfür macht Gioia die Entwicklung der Rechtsprechung zum Bearbeitungsrecht in den USA aus, namentlich die sogenannte Blurred-Lines-Rechtsprechung: »Even major record labels are participating in the rush to old music: Universal Music, Sony Music, Warner Music, and others are buying up publishing catalogs and investing huge sums in old tunes. In a previous time, that money would have been used to launch new artists. [...] When a new song overcomes these obstacles and actually becomes a hit, the risk of copyright lawsuits is greater than ever before. The risks have increased enormously since the ›Blurred Lines‹ jury decision of 2015, and the result is that additional cash gets transferred from today’s musicians to old (or deceased) artists. [...] The fear of copyright lawsuits has made many in the industry deathly afraid of listening to unsolicited demo recordings. If you hear a demo today, you might get sued for stealing its melody – or maybe just its rhythmic groove – five years from now. Try mailing a demo to a label or producer, and watch it return unopened. The people whose livelihood depends on discovering new musical talent face legal risks if they take their job seriously. That’s only one of the deleterious results of the music industry’s overreliance on lawyers and litigation, a hard-ass approach they once hoped would cure all their problems, but now does more harm than good. Everybody suffers in this litigious environment 7 8 9

Vgl. https://www.deutschlandfunkkultur.de/streaming-markt-musik-newcomer-100.html. Vgl. Döhl UFITA 2020, S. 236 (272ff.). Vgl. https://www.dw.com/en/from-bob-dylan-to-bruce-springsteen-why-song-rights-sales-ar e-booming/a-57435772; https://www.nytimes.com/2021/12/15/arts/music/bruce-springsteen-s ells-music-catalog.html.

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except for the partners at the entertainment-law firms, who enjoy the abundant fruits of all these lawsuits and legal threats.«10 Was Gioia hier diagnostiziert, ist am Ende der zentrale Grund, warum ich meine Studie verfasst habe. Denn mir bereitet der von ihm skizzierte Trend Sorgen. Jenes Risiko, das in der Entwicklung des Urheberrechts liegt, den Spielraum für künstlerische Kreativität immer enger zu ziehen und zugleich zusätzlich mit Rechtsunsicherheit zu überladen. Ein Risiko, das Jessica Silbey auf Basis umfangreicher empirischer Forschung 2015 wie folgt beschrieben hat: »When discussing IP law and legal reform, we have long resorted to a particular discursive script explaining how exclusive rights incentivize creation and innovation […] But this is simply not the case. Not only is openness a priority for developing and facilitating. Relationships with collaborators and audiences; openness appears to ›breed creativity‹ in myriad contexts. If IP primarily functions as a restriction on openness, it is suboptimal for those who seek to create and innovate, even for those who want to make money from their creations and innovations. Although this is not always true, it is strongly represented by the data here, which indicate that we should worry about the trend in IP law reform to shrink openness rather than to maintain or expand it.«11 Im Lichte von Gioias Analyse des erreichten Ist-Zustands in Sachen Musik sieben Jahre später klingen Silbeys Schlussfolgerungen geradezu prophetisch. Und unfassbar traurig für alle, die hier und heute Musik machen und die hier und heute nach neuer Musik suchen als wichtigem Bestandteil ihrer Identität und Lebensqualität oder ökonomischen Profession. Silbey und Gioia sprechen über die USA und das amerikanische Urheberrecht. Die aktuellen Änderungen im hiesigen Bearbeitungsrecht wohnt jedoch, wie ich im Einzelnen zeigen werde, dasselbe destruktive Potenzial inne, das Gioia der amerikanischen Blurred-Lines-Rechtsprechung für die dortige Entwicklung in der Kreativwirtschaft zuweist. In all den Äußerungen von Politiker*innen, Künstler*innen, Wissenschaftler*innen, Vertreter*innen von Kreativwirtschaft und Endnutzer*innen usw., die

10 11

Gioia The Atlantic 2022. Silbey The Eureka Myth 2015, S. 278f. Vgl. auch Lessig The Future of Ideas 2002, S. 201; Reich Die ökonomische Analyse des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft 2006, S. 35, 41; Stallberg Urheberrecht und moralische Rechtfertigung 2006, S. 330; Ohly Urheberrecht als Wirtschaftsrecht 2008, S. 160; Hansen Warum Urheberrecht 2009, S. 170; Cass/Hylton Laws of Creation 2013, S. 98; Kerber Zur Komplexität der Anwendung des ökonomischen Anreizparadigmas bei geistigen Eigentumsrechten 2014, S. 33; Nazari-Khanachayi Rechtfertigungsnarrative des Urheberrechts im Praxistest 2016, S. 227; Dornis Urheberrecht, Ökonomik und Evolution 2018, S. 348.

Vorwort

ich im Zuge der Arbeit an dieser Studie gelesen und gehört habe, kann ich mich an keinen Beitrag erinnern, der ein Szenario, wie Gioia es für die USA als gekommen beschreibt, für Europa als Ziel ausgibt. So heterogen die Interessen in vielem im Urheberrecht im Allgemeinen und im Bearbeitungsrecht im Besonderen liegen, alle eint der Wunsch nach bestmöglichen Bedingungen, das tolle neue Musik entstehen und ein Publikum finden kann. Man streitet über den Begriff der Neuheit. Man streitet über die Verteilung von Einnahmen. Und über Kontrollmacht. Die generelle Stoßrichtung scheint mir jedoch weithin Konsens zu sein: Das man eine lebendige, aufregende, hochwertige, produktive und stark nachgefragte Gegenwartsmusikkultur möchte. Und zwar eine, die nicht nur einem Museum gleich aus alter Musik besteht. Die Urheberrechtsdebatte sollte Gioias Intervention daher ernstnehmen. Und zum Anlass, gemeinsam zu hinterfragen, ob ein letztlich Herumdoktern an Auslegungen von Begriffen wie Pastiche oder Zitat, das die aktuelle Debatte im Bearbeitungsrecht prägt, dem Ausmaß der Herausforderung angemessen ist, vor der wir an dieser Stelle gerade alle zusammen stehen. Das Recht kann mehr – auch in Kunstfragen. Ich habe versucht, mit der vorliegenden Studie einen Beitrag dazu zu leisten, die urheberrechtliche Debatte zu informieren und zu sensibilisieren. Hinsichtlich der Konsequenzen jüngerer rechtlicher Entwicklungen im Bearbeitungsrecht, die für die hiesige Rechtsordnung dieselbe Wucht haben könnten – und nach meinem Dafürhalten haben werden –, wie die von Gioia ins Feld geführte Blurred-LinesRechtsprechung für die USA. Auf dass es nicht erst eines Leidensdrucks und all der Jahre an Rechtsunsicherheit bedarf, die Gioia beschreibt, bis sich im Interessenausgleich des Bearbeitungsrechts wieder etwas bewegt. Ich werde im Folgenden zeigen, warum ich denke, dass das Bearbeitungsrecht nicht in dem Zustand verbleiben kann, den es nun erreicht hat. Und erläutern, warum Bewegung notwendig ist und wie diese aussehen könnte. Wer weiß, welche Wissenschaftler*innen, Richter*innen und Rechtspolitiker*innen dieses Buch lesen. Vielleicht macht es einen Unterschied. Man wird sehen. Entscheidend ist, es zumindest versucht zu haben. Ich jedenfalls möchte keine primär museale Musikkultur, wie Gioia sie im Entstehen begriffen sieht. Und ich bin der festen Überzeugung, dass sie auch nicht das Ziel des hiesigen Urheberrechts ist. So dass ich mich nur dem Ruf von Katharina de la Durantaye anschließen kann, zu dem ich mit diesem Buch einen kleinen Teil beizutragen hoffe: »It might be tempting for us academics to sit back and observe how the EJC does its magic in interpreting the DSM Directive (as well as the other new directives), and in streamlining the varying approaches which the Member States have shown during the implementation process. While that temptation is understandable, I

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think it is wrong. We should not arrange ourselves with the status quo and confine our energies to critically analyzing its interpretation. Now, more than ever, we should concern ourselves with the fundamentals of copyright law, and we should force the legislature to do the same.«12 Warum genau das, was de la Durantaye hier einfordert, auch für das Bearbeitungsrecht gilt, um das es in diesem Buch geht, hat Heinrich Heine schon vor bald 200 Jahren erklärt. In seinem Bericht 1837 aus Paris Über die französische Bühne (6. Brief) spürt Heine der Kraft und Eigenart der Kreativität und theatralen Dramatik von Alexandre Dumas mit den folgenden Worten nach – und erklärt zugleich, was fremdreferenzielles Komponieren ist und warum es bei kunstspezifischer Betrachtung unseren Blick auf künstlerische Kreativität insgesamt prägen sollte: »Keiner hat wie Dümas [sic] das Talent für das Dramatische. Das Theater ist sein wahrer Beruf. Er ist ein geborener Bühnendichter, und von Rechtswegen gehören ihm alle dramatischen Stoffe, er findet sie in der Natur oder in Schiller, Shakespear [sic] und Calderon. Er entlockt ihnen neue Effekte, er schmilzt die alten Münzen um, damit sie wieder eine freudige Tagesgeltung gewinnen, und wir sollten ihm sogar danken für seine Diebstähle an der Vergangenheit, denn er bereichert damit die Gegenwart. Eine ungerechte Critik, ein unter betrübsamen Umständen ans Licht getretener Aufsatz im Journal des Débats, hat unserem armen Dichter bei der großen unwissenden Menge sehr stark geschadet, indem vielen Scenen seiner Stücke die frappantesten Parallelstellen in ausländischen Tragödien nachgewiesen wurden. Aber nichts ist thörigter als dieser Vorwurf des Plagiats, es giebt in der Kunst kein sechstes Gebot, der Dichter darf überall zugreifen, wo er Material zu seinen Werken findet, und selbst ganze Säulen mit ausgemeißelten Kapitälern darf er sich zueignen, wenn nur der Tempel herrlich ist, den er damit stützt. Dies hat Goethe sehr gut verstanden, und vor ihm sogar Shakespear [sic]. Nichts ist thörigter als das Begehrniß, ein Dichter solle alle seine Stoffe aus sich selber herausschaffen; das sey Originalität.«13 Heine, selbst einer unserer bedeutendsten und originellsten Dichter der Romantik, verteidigt hier mit Dumas einen Theaterautor und Schriftsteller, der kanonische Werke abendländischer Kultur wie Die drei Musketiere (1844) oder Der Graf von Monte Cristo (1844–1846) geschaffen hat. Seine Gebeine liegen heute im Pariser Panthéon, der höchsten öffentlichen Ehre, die der französische Staat zu Teil werden lässt, überführt gemeinsam und auf Augenhöhe mit den sterblichen Überresten von Victor Hugo und Émile Zola.

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de la Durantaye IIC 2022, S. 1 (1f.). Heine Über die französische Bühne 1970 [1837], S. 261f.

Vorwort

Heine und Dumas, Goethe und Shakespeare – das ist der kulturelle Horizont fremdreferenziellen Komponierens, dem sich das Urheberrecht gegenübersieht. Ihm gerecht zu werden, ist eine der zentralen Herausforderungen, die sich dem Urheberrecht stellt, eines jener »fundamentals of copyright law«, mit de la Durantaye gesprochen. Jenes, um das es unter dem Begriff »kunstspezifische Betrachtung« im Folgenden geht. Das ist meine Betrachterposition hier. Eine zuvorderst rechtsdogmatische oder zuvorderst ökonomische oder zuvorderst soziale Analyse mag zu anderen Ergebnissen kommen, als ich sie hier entwickelt habe. Insofern verstehe ich meine Arbeit gerade nicht als letzte Wahrheit. Vielmehr bringt sie eine bestimmte Perspektive in die Debatte ein und versucht diese insoweit zu informieren und zu sensibilisieren. Freilich eine Perspektive, so argumentiere ich mit dem Bundesverfassungsgericht, die nicht optional ist, sondern zwingend einzubeziehen. Eine bestimmte Perspektive zu einem bestimmten Zeitpunkt: Während ich diese letzten Sätze schreibe, habe ich eine Interviewfrage erhalten. Das OLG Hamburg habe für Ende April 2022 sein dann drittes Urteil in Sachen Metall auf Metall angekündigt, zu dem es die Entscheidung Metall auf Metall IV des BGH von 2020 gezwungen hat.14 Wenn vielleicht nicht die Parteien dieses Rechtsstreits von Homerischen Ausmaßen, aber wir als Teil der fachwissenschaftlichen Urheberrechtsdebatte Glück haben, wird es die Gelegenheit nutzen, sich zum neuen Bearbeitungsrecht zu äußern, wie es seit dem 7. Juni 2021 gilt. Zur neuen Verfasstheit von § 23 Abs. 1 UrhG n.F. Zur neuen Pasticheschranke des § 51a S. 1 UrhG n.F. Vielleicht auch zu einer erweiterten Auslegung der Zitatschranke in § 51 UrhG. Der BGH hat versucht, diesen Weg abzuschneiden, indem er nahelegt, den Streitgegenstand nicht als Musikwerk im Sinne der §§ 1, 2 UrhG zu qualifizieren.15 Man wird sehen. Es würde allerdings zu dieser an Wendungen so reichen Prozessgeschichte passen, wenn sich das OLG Hamburg in diesem Punkt eine abweichende Meinung erlaubt.16 Tut es dies, dürfte Metall auf Metall zu BGH und EuGH zurückkehren. Zeit für einen Zwischenstandsbericht. Vorhang auf.

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Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (625f.), Rn 85ff. – Metall auf Metall IV. Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (626), Rn 91 – Metall auf Metall IV. Genauso ist es tatsächlich zwischenzeitlich gekommen, vgl. Anm. 2.

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I. Forschungsanliegen Gegenstand der Arbeit

In einer Vielzahl von Projekten einschließlich meiner musikwissenschaftlichen Promotions- und Habilitationsschriften habe ich mich in den vergangenen Jahren mit ganz unterschiedlichen Erscheinungsformen dessen auseinandergesetzt, was die internationale Musikwissenschaft Musical Borrowing und der hiesige rechtswissenschaftliche Diskurs bewusste, d.h. absichtsvolle Entlehnung nennen.1 In Abgrenzung zu unbewussten Entlehnungen, Doppelschöpfungen sowie intertextuellen Bezügen und Allusionen, die sich unabhängig vom Künstler nur im Auge des Betrachters einstellen, geht es dabei um die absichtsvolle Verwendung von Musik Dritter als Grundlage oder im Kontext eigener neuer Musik. Oder wie es J. Peter Burkholder definiert: »Borrowing. The use in a piece of one or more elements taken from another specific piece.«2 Es gibt nichts Alltäglicheres und Selbstverständlicheres in der Musik als bewusste Entlehnung aus Werken Dritter als Ausgangspunkt eigener musikalischer Kreativität. Alle Meister machen es und viele Meisterwerke teilen diese Basis – zu allen Zeiten und in allen Musikbereichen.3 Aber vor allem gibt es keinen größeren Motor für künstlerische Kreativität als die Auseinandersetzung mit der Kunst anderer.4 Mit Werken, die einen selbst intellektuell und emotional erreichen und faszinieren – und motivieren, selbst in einer bestimmten Weise schöpferisch tätig zu werden. Besonders wichtig für die Geschichte und Gegenwart der Musik wie der Künste insgesamt ist dabei jener ungemein vielfältige Teilbereich bewusster Entlehnung, den ich fremdreferenzielles Komponieren nenne.5 In fremdreferenziellen Kompositionen bleibt die Vorlage in der neuen Arbeit als Inspirationsquelle und Refe1 2 3 4 5

Angaben in Fußnoten sind grundsätzlich chronologisch geordnet, Referenzen aus demselben Jahr dann insoweit alphabetisch. Vgl. Burkholder The Grove Dictionary of American Music 2013, Bd. 1, S. 579 (579). Vgl. Arewa North Carolina Law Review 2006, S. 547 (547). Vgl. für einen diese These tragenden Überblick die zentrale musikwissenschaftliche Forschungsbibliographie zum Thema Burkholder Musical Borrowing & Reworking 2021. Vgl. zur Herleitung des Begriffs Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 11ff.

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renzpunkt erkennbar präsent und steht doch zugleich nicht im Mittelpunkt der ästhetischen Erfahrung des neuen künstlerischen Zusammenhangs. Wie bei Kindern, die ihre Eltern nicht verleugnen können und wollen und viele Züge mit ihnen teilen, aber doch ganz sie selbst sind und am Ende eben schlicht jemand anderes, eigenständiges. Solch fremdreferenzielle Kompositionen sind nicht nur zentral für die künstlerische Theorie und Praxis. Sie sind auch für die Rechtswissenschaft von besonderem Interesse. Sie stehen nämlich einerseits zwangsläufig im Konflikt mit einem Urheberrecht, das an den eigenpersönlichen Zügen, sprich der wiedererkennbaren ästhetischen Identität von etwas Musikalischem anknüpft. Ihr verleiht das Recht für die Zeitdauer einer Schutzfrist Exklusivität. Diese Exklusivität macht das immaterielle Gut zu einer handelbaren Ware, die sich privatwirtschaftlich monetarisieren lässt. Hierauf zielt das geltende urheberrechtliche Regime im Kontext der derzeitigen markwirtschaftlichen Ordnung – nicht nur, aber primär.6 Andererseits können fremdreferenzielle Kompositionen auch nicht einfach als Rechtsverletzung klassifiziert und behandelt werden. Das würde nicht nur ihre besondere, ambivalente ästhetische Verfasstheit ignorieren. Es würde ihre Rolle als Treiber kultureller Produktivität unterminieren. Das ist im Urheberrecht auch seit langem so reflektiert und respektiert.7 Denn dieses will gerade schöpferische Betätigung fördern und stärken. Kulturelle Fortentwicklung, Vielfalt und Teilhabe sind ebenfalls – und im Übrigen gleichberechtigte – Kernanliegen des Urheberrechts.8 Aus diesen widerstreitenden Intentionen und Interessen resultiert zwangsläufig ein Konflikt. Dieser tangiert auf beiden Seiten Grundrechte, die grundsätzlich gleichwertig sind: Eigentumsfreiheit und allgemeines Persönlichkeitsrecht hier, Kunst- und Meinungsfreiheit dort.9 Es bedarf also eines Ausgleichs – eines Balanceakts, um einen effektiven Kompromiss zu finden. Denn wird zu viel und zu weitgehend Musikalisches monopolisiert, droht dies, die künstlerische Betäti-

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Vgl. Loewenheim Handbuch des Urheberrechts 2021, § 1, Rn 6–8. Vgl. ausführlich zu den Begründungen Stallberg Urheberrecht und moralische Rechtfertigung 2006; Hansen Warum Urheberrecht 2009; Nazari-Khanachayi Rechtfertigungsnarrative des Urheberrechts im Praxistest 2016. Vgl. Stieper Rechtfertigung, Rechtsnatur und Disponibilität der Schranken des Urheberrechts 2009, S. 33. Vgl. ausführlich zu den Begründungen Stallberg Urheberrecht und moralische Rechtfertigung 2006; Hansen Warum Urheberrecht 2009; Nazari-Khanachayi Rechtfertigungsnarrative des Urheberrechts im Praxistest 2016. Vgl. Förster Fair Use 2008, S. 148ff.; Kreutzer Das Modell des deutschen Urheberrechts und Regelungsalternativen 2008, S. 131ff.; Stieper Rechtfertigung, Rechtsnatur und Disponibilität der Schranken des Urheberrechts 2009, S. 42ff.

I. Forschungsanliegen

gungsfreiheit der Nachkommenden zum Schaden der Gesellschaft insgesamt zu beschneiden. Ist man zu großzügig, läuft das Urheberrecht leer. Insbesondere wegen der bei partieller Werknutzung neben Verwertungsinteressen aufgerufenen Persönlichkeitsrechte (vgl. vor allem § 14 UrhG) möchte der deutsche Gesetzgeber an der Stelle dieses Interessenausgleichs bis dato nicht wie an anderer Stelle pragmatisch mittels Kontraktionszwang und Zwangslizenzen agieren.10 Stattdessen sind Maß und Ausgangspunkt, dem Urheber grundsätzlich erst einmal ein freies Entscheidungsrecht über die Nutzung seines Werks zuzubilligen. Ohne weitere Maßnahmen zwingt das aber wiederum den fremdreferenziell arbeitenden Komponisten in eine unmögliche Lage. Es macht ihn nämlich vollständig von der Willkür der Bedingungen abhängig, die der potenzielle Vorlagengeber setzt und in deren Ausgestaltung dieser völlig frei ist – bis hin zur Ablehnung eines Nutzungsgesuchs. Hierauf hat u.a. das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ausführlich hingewiesen.11 Möchte man dieses Resultat daher vermeiden, ist man gezwungen, sich darüber zu verständigen, unter welchen Voraussetzungen eine Drittwerknutzung als Mittel kreativen Schaffens von dem an sich vorgesehenen kategorischen Erlaubnisvorbehalt des Vorlagengebers ausgenommen wird. Um dies zu erreichen, bedarf es dann entweder erhöhter Anforderungen an die Öffnung des Schutzbereichs des Urheberrechts oder Schranken. Das hiesige Urheberrecht operiert mit beidem. Fremdreferenzielle Kompositionen zwingen das Urheberrecht nun an dieser Stelle des Interessenausgleichs in besonderer Weise dazu, sich Klarheit zu verschaffen, was man exklusiv stellen will und was nicht. Und sie tun dies in zugespitzter Weise, da es hier eben um Fälle geht, in denen die ästhetische Identität der Vorlage in der neuen Arbeit identifizierbar präsent bleibt. Das zu bewerten, ist ungleich schwieriger, als festzustellen, dass zwei Werke oder Werkteile voneinander verschieden oder umgekehrt praktisch dasselbe sind. Fremdreferenzielle Kompositionen sperren sich hingegen solch klarer Schwarz-Weiß-Dichotomien. Für diesen bei fremdreferenziellen Kompositionen daher in besonderem Maße herausfordernden Prozess des Interessenausgleichs gibt es in Deutschland im Urheberrecht schon seit dem 1. Januar 1902 einen gesonderten Platz, in seiner voraussetzungsarmen Ausgestaltung ein Spezifikum im internationalen Vergleich: die sogenannte freie Benutzung (§ 13 S. 1 LUG, seit 1. Januar 1966 § 24 Abs. 1 UrhG). Fremdreferenzielle Kompositionen werden hiernach unter bestimmten Voraussetzungen, obwohl sie ein geschütztes Drittwerk im Rechtssinne benutzen, trotzdem

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So geschieht dies etwa im Bereich der Tonaufnahme von Coverversionen, die in der Praxis unkompliziert über ein standardisierendes Verfahren über die Verwertungsgesellschaften lizensiert werden, vgl. § 42a UrhG, 34 VVG. Vgl. BVerfG ZUM 2016, S. 626 (635), Rn 98 – Metall auf Metall.

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als »eigenthümliche Schöpfung« (LUG) bzw. »selbständiges Werk« (UrhG) klassifiziert und akzeptiert und als insoweit kulturell privilegierungswürdig erlaubnisfrei gestellt. In Deutschland geschieht dies bislang absolut, d.h. ohne vor- oder nachgelagerte Lizensierungskosten oder Beteiligungspflichten an etwaigen Einnahmen. Einmal als freie Benutzung klassifiziert, tut das Urheberrecht so, als handele es sich bei der jüngeren Schöpfung um eine autonome musikalische Arbeit ohne jeden Bezug zu einem geschützten Drittwerk.12 Es gibt nicht einmal eine Pflicht, die verwendete Vorlage auszuweisen. Dabei ist der Begriff freie Benutzung glücklich gewählt, da ausnehmend präzise. Denn faktisch erfasst er Fälle von ausnahmsweise erlaubnisfreien Bearbeitungen. Er macht unmissverständlich klar, dass etwas verwendet wurde. Ästhetisch bleibt diese Verbindung zur Vorlage in fremdreferenziellen Kompositionen natürlich konstitutiv. Das ist künstlerisch gerade der Witz der Sache bei fremdreferenziellen Kompositionen. Diese Beziehung verschwindet nicht, wenn das Recht mit der Klassifikation als freie Benutzung alle Verbindungen kappt. Fremdreferenzielle Kompositionen sind daher durch einen eigenartigen Zwischenstatus zwischen eigen und fremd charakterisiert – ästhetisch wie rechtlich. Wo genau der Kipppunkt zu diesem Zwischenstatus liegt, den das Urheberrecht freie Benutzung nennt, blieb freilich stets unklar. Das Gesetz hilft kaum weiter. Und die Spruchpraxis der Gerichte nahm sich obendrein nie üppig aus. Unter dem Stichwort Verblassen entwickelte sich so eine im Ansatz kunstnahe, aber zugleich vage, stark einzelfallbezogen bleibende Systematik, die Begriffe »eigenthümliche Schöpfung« (LUG) bzw. »selbständiges Werk« (UrhG) mit Leben und Rechtssicherheit zu füllen. Am Extrembeispiel des Mashups habe ich daher 2016 eine ganze Studie einer Annäherung an die Frage nach Position und Kontur dieses Kipppunkts zwischen abhängiger Bearbeitung im engeren Sinne und selbstständiger Aneignung gewidmet. Meine Arbeit damals ist ein Plädoyer dafür, in Fällen der Musik diesen Kipppunkt zum einzigen Kriterium im Interessenausgleich zwischen Kunstfreiheit des Vorlagennehmers und Eigentumsfreiheit des Vorlagengebers zu machen und zugleich ästhetisch mutiger zu interpretieren. Ich halte das Konzept der freien Benutzung für leistungsstark genug – und für viel differenzierungsstärker, als es regelmäßig in der überwiegend zurückhaltend-strengen richterlichen Spruchpraxis aufscheint –, um Einzelfallgerechtigkeit herzustellen, und zugleich für dem angemessen, auf was § 24 Abs. 1 UrhG abzielt: Interessenausgleich unter besonderer Berücksichtigung der Kunstspezifik, d.h. dessen, wie Werke in der Regel entstehen. Und das ist eben in der Regel in Auseinandersetzung mit präexistenten 12

Vgl. zum Konzept der Autonomie in der Musik grundlegend Taruskin Archiv für Musikwissenschaft 2006, S. 163ff. und 309ff.

I. Forschungsanliegen

Arbeiten Dritter, die eigene Kreativität auslösen und leiten. Im strengen Sinne erfunden wird wenig und selten in den Künsten. Dafür können freilich schon kleine Differenzen einen großen Unterschied machen in Resonanz, Qualität und Wert. So argumentierte ich seinerzeit zugunsten einer weiteren Entfaltung von § 24 Abs. 1 UrhG. Die Anwendung war bis dato gerade im Bereich der Musik nämlich sehr vorsichtig gewesen und konzertierte sich letztlich ganz auf künstlerische Marginalien im Bereich sogenannter kleiner Münze. Jene Studie 2016 war dabei ein Plädoyer dahingehend, die Konturierung des Kipppunkts verstärkt im interdisziplinären Dialog zwischen Rechtswissenschaft und künstlerischer Theorie und Praxis in den Blick zu nehmen und voranzutreiben. Besagte Studie war also, in juristischen Begriffen gesprochen, eine kunstspezifische Betrachtung der freien Benutzung, d.h. aus der künstlerischen Theorie und Praxis heraus informiert und argumentiert. Und genau eine solche kunstspezifische Betrachtung forderte das BVerfG dann 2016 in seinem Metall-auf-Metall-Urteil in Anwendung eines im Persönlichkeitsrecht schon lang etablierten Maßstabs als entscheidend nun auch für die Bestimmung der Modalitäten der Erlaubnisfreiheit im Bearbeitungsrecht ein.13 Es schien also so, dass die Tür, die vorher jedenfalls im Bereich fremdreferenziellen Komponierens von Musik bei genauem Hinsehen nur einen Spalt offen gestanden und für deren weitere Öffnung ich geworben hatte, nun tatsächlich spürbar aufging.14 Es kam jedoch anders. Heute, keine fünf Jahre später, ist diese Tür zu. Im Fortgang jener Auseinandersetzung erreichte der Metall-auf-Metall-Prozess hiernach den Europäischen Gerichtshof (EuGH), der drei Jahre nach dem BVerfG am 29. Juli 2019 entschied, eine erlaubnisfreie Benutzung sei jenseits des Bereichs von Art. 5 InfoSoc-RL 2001/29/EG unionsrechtswidrig. Im Juni 2020 verkündete daraufhin die deutsche Exekutive, diese Bestimmung nun insgesamt aufheben zu wollen. Dies erfolgte dann auch durch den Gesetzgeber mit Wirkung zum 7. Juni 2021. Deswegen kehre ich mit der vorliegenden Arbeit zum Bearbeitungsrecht zurück, genauer gesagt zur Frage der Bedingungen der Erlaubnisfreiheit bewusster Entlehnung. Um zu verstehen, was an die Stelle desjenigen urheberrechtlichen Regimes getreten ist, das 2016 meinen Ausgangspunkt bildete und für dessen Stärkung ich seinerzeit eintrat: an die Stelle der freien Benutzung. Warum es dazu gekommen ist. Und welche Konsequenzen damit einhergehen. Die vorliegende Studie verfolgt entsprechend ein klar umrissenes Forschungsinteresse: a) Gegenstand dieser Arbeit sind die rechtlichen Bedingungen, unter denen in Deutschland derzeit urheber- und/oder leistungsschutzrechtlich geschützte 13 14

Vgl. BVerfG ZUM 2016, S. 626 (626), Tenor 1 – Metall auf Metall. Vgl. Podszun ZUM 2016, S. 606ff.

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künstlerische Werke Dritter erlaubnisfrei in eigenen neuen künstlerischen Werken verwendet werden dürfen. Primäre Beispielebene ist dabei der Bereich der Musik. Entwicklungen in und Streitgegenstände aus der Musik stehen nämlich in besonderem Maße als Katalysatoren hinter jenem rechtlichen Wandel, der das Zentrum dieser Abhandlung bildet. Entsprechend ist es angezeigt, die Auswirkungen auf das in den Blick zu nehmen, das den Anlass zu besagten Änderungen gab. b) Ausgehend von der urheberrechtlichen Grundannahme, kategorisch zwischen Werk (§§ 1, 2 UrhG) und Bearbeitung (§§ 3, 23 UrhG) zu unterscheiden, steht dabei die daran anschließende Systematik im Fokus, nochmal zwischen abhängigen, erlaubnispflichtigen Bearbeitungen im engeren Sinne und selbstständigen, erlaubnisfreien Aneignungen zu differenzieren.15 Thema dieser Arbeit ist die Frage nach der juristischen Verfasstheit der Position und Kontur jenes Kipppunkts, ab dem ersteres in letzteres umschlägt. Der Begriff Bearbeitungsrecht wird entsprechend in dieser Studie nicht nur für den Bereich der §§ 3, 23 UrhG verwendet, sondern bezeichnet den gesamten Kontext rechtlicher Regulierung von Übernahmen aus Musik Dritter für neue eigene Musik. Bearbeitungen sind diese Übernahmen allesamt. Sie werden nur unterschiedlich rechtlich behandelt. Meine ich den Bereich von §§ 3, 23 UrhG, spreche ich von Bearbeitungen im engeren Sinne. c) Diese Studie konzentriert sich dabei auf das, was das Bearbeitungsrecht bewusste, d.h. absichtsvolle Entlehnung geschützter Elemente und Züge fremder Werke nennt (fremdreferenzielles Komponieren), in Abgrenzung zu unbewussten Entlehnungen, zufälligen Ähnlichkeiten (Doppelschöpfungen) und intertextuellen Bezügen und Allusionen, die sich unabhängig vom Künstler nur im Auge des Betrachters einstellen. d) Man könnte viele Fragen, die im Folgenden verhandelt werden, daher auch bezogen auf die Rechte des ausübenden Künstlers (vgl. § 73ff. UrhG), d.h. die Performance von Musik diskutieren, wie etwa Federico Celestini für den musikwissenschaftlichen und Simon Apel für den rechtswissenschaftlichen Diskurs eingehend reklamiert haben.16 Gerade im Blick auf interpretengetriebene Musikbereiche wie Klassische Musik oder Jazz gilt dies in besonderem Maße. Und so wie immer wieder hingewiesen werden wird auf die Konsequenzen des zu beschreibenden Wandels im Bearbeitungsrecht für die rechtliche Bewertung von unbewussten Entlehnungen, zufälligen Ähnlichkeiten (Doppelschöp-

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Die vorliegende Arbeit folgt hierin der Rechtsprechung und differenziert nicht zwischen Bearbeitungen und anderen Umgestaltungen, vgl. zum akademischen Diskurs Nordemann/ Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 24, Rn 9. Vgl. Celestini Eine semiotische Annäherung an Intertextualität und Dekonstruktion in der Musik o.J.; Apel Der ausübende Musiker im Recht Deutschlands und der USA 2011.

I. Forschungsanliegen

fungen) und intertextuellen Bezügen und Allusionen, die sich unabhängig vom Künstler nur im Auge des Betrachters einstellen, so wird auch immer wieder daran erinnert werden, dass manche Entwicklung parallel auch für die Rechte des ausübenden Künstlers besonders relevant ist. Die Einführung einer neuen Schranke für Pastiches zum 7. Juni 2021 ist ein solches Beispiel. Letztlich ist all dies aber als weiterführende Information bei passender Gelegenheit zu verstehen, insbesondere immer wieder als Hinweis darauf, dass es weiterreichende Nebeneffekte gibt dessen, was jüngst judikativ wie legislativ im Blick auf fremdreferenzielles Komponieren neu justiert und ausbalanciert worden ist. Thema dieser Arbeit ist aber der bearbeitungsrechtliche Umgang mit bewusster Entlehnung aus Werken Dritter in neuen Werken, d.h. der Bereich des Urheberrechts im engeren Sinne. e) Dieser Umgang ist jüngst in Bewegung geraten durch richterliche Spruchpraxis und Gesetzesnovellen, ausgelöst insbesondere durch den Metall-auf-MetallRechtsstreit und die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments v. 17.4.2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG (kurz: DSM-RL 2019/790). Dieser Wandel steht im Zentrum der Analyse. Anliegen dieser Arbeit ist es, dazu beizutragen, die daraus resultierenden Veränderungen in den Griff zu bekommen, um einerseits ein möglichst hohes Maß an Rechtssicherheit zu gewinnen und zugleich andererseits eine rechtpolitische Bewertung der sich in der Analyse als substanziell erweisenden Änderungen zu erlauben. f) Schwerpunktmäßig behandelt werden daher im Folgenden das zwischen 22. Dezember 2002 und 6. Juni 2021 geltende Bearbeitungsrecht (Kap. III) sowie das ab 7. Juni 2021 geltende Bearbeitungsrecht (Kap. IV). Gegenstand der Analyse ist also einerseits der aktuelle Stand dieses Bearbeitungsrechts, so wie er für Deutschland mit dem Urteil Metall auf Metall IV (I ZR 115/16) des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 30. April 2020 erreicht ist (Kap. III);17 andererseits das vom deutschen Gesetzgeber für die Zeit ab dem 7. Juni 2021 im Zuge der Umsetzung des DSM-RL 2019/790 nochmals in mehreren Punkten modifizierte Bearbeitungsrecht (Kap. IV). Im Blick auf das ab dem 7. Juni 2021 geltende Recht steht dabei die Leistungsfähigkeit der Pasticheschranke (Kap. IV, Abschnitt 3d) und der Zitatschranke (Kap. V) als mögliche, legislativ bereits etablierte Korrektive für den Verlust der Schranke der freien Benutzung im Zentrum der Analyse. g) Die nun nur noch für Fälle aus der Zeit vor dem 22. Dezember 2002 geltende alte Rechtlage wird hingegen grundsätzlich vorausgesetzt. Zu ihr habe ich 17

Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617ff. – Metall auf Metall IV.

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bereits 2016 alles Wesentliche gesagt.18 Insoweit beschränkt sich vorliegende Arbeit auf eine summarische Darstellung (Kap. II, Abschnitt 1) sowie punktuelle Aktualisierungen da, wo geboten. Primäre Funktion der alten Rechtlage in dieser Arbeit ist jene der Vergleichsebene. Leitende, in Kap. III ausgeführte These dieser Studie ist die Diagnose, dass es mit Wirkung zum 22. Dezember 2002 im Bearbeitungsrecht zu einem Wechsel jenes Systems gekommen ist, nach dem Position und Kontur des besagten Kipppunkts und darauf aufbauend die Frage der Erlaubnisfreiheit bestimmt werden. Die alte Rechtslage wurde nicht modifiziert. Sie wurde ersetzt. An die Stelle des Gebots des Verblassens ist das Gebot der Interaktion getreten. Das ist bei kunstspezifischer Betrachtung das genaue Gegenteil. Der Vergleich mit der alten Rechtslage erlaubt es, diese Qualität der eingetretenen Veränderungen präziser zu beschreiben. Eine Auseinandersetzung mit der alten Rechtslage erfolgt in hiesiger Studie also als Mittel zum Zweck, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten und hierüber dazu beizutragen, die neue Rechtslage zu beschreiben. Sie ist aber nicht selbst Gegenstand von Darstellung, Analyse und Evaluation. Die alte Rechtslage wird daher im folgenden Kap. II für hiesigen Zweck nur kurz in Erinnerung gerufen. h) Dies ist keine reformatorisch motivierte Arbeit. Diese Abhandlung versteht sich weder als eine Streitschrift für oder gegen das nun alte Recht noch eine Parteinahme für oder gegen das neue Recht noch als Entwurf einer alternativen Ordnung und Plädoyer für diese. Es geht an dieser Stelle vielmehr zunächst einmal um ein Verstehen des neuen Bearbeitungsrechtsregimes und einer Beschreibung seiner Charakteristik und Konsequenzen. i) Diese Studie sucht stattdessen herauszuarbeiten, wo welche Entscheidung im Rahmen der vorgenommenen Rechtsänderungen welchen Unterschied macht. Sie unternimmt dies allerdings aus einem spezifischen Blickwinkel. Es ist ihr Anliegen, ebenso explorativ wie systematisch zu erkunden, wie unter den Bedingungen musikalischer Theorie und Praxis das mit Leben gefüllt werden kann, was das BVerfG »kunstspezifische Betrachtung«19 nennt. Und diesen zugleich Anspruch und Maßstab dann zu nutzen, um den nun neu erreichten aktuellen Stand des Bearbeitungsrechts kritisch vergleichend zu erschließen und zu evaluieren. An dieser Stelle einer kunstspezifischen Betrachtung der jüngsten Veränderungen im Bearbeitungsrecht gibt es bislang eine Lücke im rechtswissenschaftlichen Diskurs. Hier sehe ich den zentralen Beitrag der vorliegenden Studie zum Forschungsstand. Sie versteht sich als Plädoyer dafür, das Gebot kunstspezifischer Betrachtung künftig im Rahmen der Weiterentwicklung des Be18 19

Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 175–244. Vgl. BVerfG ZUM 2016, S. 626 (626), Tenor 1 sowie (633), Rn 85f., (635), Rn 99 – Metall auf Metall.

I. Forschungsanliegen

arbeitungsrechts gebührend zu beachten, korrespondierend zu der herausgehobenen Position, die ihm das BVerfG in seinem Metall-auf-Metall-Urteil 2016 zugewiesen hat. In der nachfolgenden Analyse sind dabei eine Reihe von Aufsätzen aufgegangenen, die ich nach Zulassung zum Promotionsverfahren im Blick auf dieses Promotionsprojekt bereits zu Einzelfragen erarbeitet und vorab veröffentlicht habe: •













»Bearbeitungsrecht in Bewegung: Zum Selbstständigkeitsbegriff der freien Benutzung bei digitalen Adaptionen im Lichte des Metall-auf-MetallRechtsstreits«, in: Recht & Netz, hrsg. von Marion Albers/Ioannis Katsivelas, Nomos: Baden-Baden 2018, S. 269–289; »Nach § 24 Abs. 1 UrhG: Zum Pastichebegriff im Kontext der anstehenden Neuaufstellung der Spielregeln freier Benutzung«, in: UFITA – Archiv für Medienrecht und Medienwissenschaft 83/1 (2019), S. 19–41; »Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Produktion, Distribution und Rezeption von Musik«, in: Handbuch Musik und Medien, hrsg. von Holger Schramm, 2., neubearbeitete Auflage, Springer: Wiesbaden 2019, S. 524–549; »Systemwechsel – Vom Gebot des Verblassens zum Gebot der Interaktion. Kunstspezifische Betrachtung des Systemwechsels im Bearbeitungsrechts durch die Urteile von EuGH (C-476/17) und BGH (I ZR 115/16) in Sachen Metall auf Metall«, in: UFITA – Archiv für Medienrecht und Medienwissenschaft 84/1 (2020), S. 236–283; »Das neue Bearbeitungsrechtsregime, kunstspezifisch betrachtet. Kommentar zum Diskussionsentwurf des BMJV v. 24.6.2020 zu einem Zweiten Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes«, in: ZUM – Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht 64/10 (2020), S. 740–750; »Pastiche zwischen Generalklausel und Auffangtatbestand. Zur neuen Pasticheschranke im Referentenentwurf des BMJV v. 13.10.2020 für ein Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes«, in: ZGE – Zeitschrift für Geistiges Eigentum 12/4 (2020) S. 380–442; »Collateral Damage: Reuse in the Arts and the New Role of Quotation Provisions in Countries with Free Use Provisions after the ECJ’s ›Pelham‹, ›Funke Medien‹, and ›Spiegel Online‹ Judgments« (gem. mit Alan Hui), in: IIC – International Review of Intellectual Property and Competition Law 52/7 (2021), S. 852–892.

Mit diesem Vorgehen waren mehrere Ziele verbunden: Erstens handelt es sich beim Thema dieser Studie um eines von großer Aktualität. Hinsichtlich der Auslegung der Pelham-Entscheidung hat der wesentliche wissenschaftliche Diskurs zwischen 29. Juli 2019 (Verkündung Pelham) und 30. April 2020 (Verkündung Metall auf Metall IV) stattgefunden; hinsichtlich der Umsetzung

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der DSM-RL 2019/790 ins nationale Recht galt entsprechendes für den Zeitraum Mitte 2019 (Veröffentlichung 17. Mai 2019) bis Mitte 2021 (2. und 3. Beratung des Deutschen Bundestags am 20. Mai 2021). Beides ist nun gelaufen. Die neue Rechtslage wird auch weiter Diskurs auslösen, vor allem, da sie sich wie stets im Detail entwickeln wird, gerade über die Auseinandersetzung mit Einzelfällen vor Gerichten, die Leerstellen und Unklarheiten adressieren. Nichtsdestotrotz ist die neue Rechtlage legislativ wie judikativ erfahrungsgemäß wenigstens fürs Erste als gefestigt anzusehen. Es war absehbar, dass sich dieses Zeitfenster, indem diese neue Rechtlage verhandelt und konfiguriert wird, so bildet. Und es war ebenso absehbar, dass dieses Zeitfenster begrenzt sein wird, um sich über den wissenschaftlichen Diskurs mit Hinweisen, Anregungen oder Widersprüchen in die Gestaltung dieses neuen Bearbeitungsrechts einzubringen. Im Zentrum der vorliegenden Studie stehen mehrere Aspekte, die mir für eben diese Ausgestaltung des neuen Bearbeitungsrechts zentral und folgenreich erscheinen, insbesondere: • •



• •

die Möglichkeiten der Konturierung des Gebots kunstspezifische Betrachtung über den vom BVerfG ins Spiel gebrachten Genrebegriff; die Bewertung der neuen Rechtslage als Systemwechsel vom Gebot des Verblassens zum Gebot der Interaktion und seine Konsequenzen bei kunstspezifischer Betrachung; die zunächst strittig gewordene Frage, ob § 24 Abs. 1 UrhG sowohl als Schutzbereichsbestimmung als auch als Schranke unmittelbar mit Pelham für alles außer den Fallgruppen des Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG weggefallen sei; die Frage der Leistungsfähigkeit des Pasticheschranke als Korrektiv des Verlusts von § 24 Abs. 1 UrhG; die Frage nach der Leistungsfähigkeit des Zitatschranke als Korrektiv des Verlusts von § 24 Abs. 1 UrhG.

Ich habe mich daher seinerzeit dafür entschieden, Teilaspekte vorab in Aufsatzform zu veröffentlichen, um die mir diese besonders wichtig scheinenden Punkte innerhalb des sich bietenden Zeitfensters in die rechtswissenschaftliche Debatte einzubringen. Es wäre vermessen, viel Einfluss zu erwarten. Aber es ist davon unabhängig eine Frage von Prinzip und Haltung. Denn wenn man dies nicht versucht, wenn man die Gelegenheit dazu hat, dann darf man sich hinterher auch nicht beschweren, wenn einem das Beschlossene unzureichend erscheint. Der konstruktive

I. Forschungsanliegen

Weg führt andersherum, nämlich dann Hinweise beizutragen und Vorschläge einzubringen, wenn die Konsensbildung stattfindet. Das habe ich versuchen wollen.20 Darüber hinaus hatte dieses Vorgehen den zusätzlichen Mehrwert, dass Teilanalysen dieser Studie insbesondere im Rahmen der Begutachtungen bereits kommentiert und damit über den Publikationsprozess im Dialog mit der Fachwissenschaft gezielt weiterentwickelt und verbessert werden konnten. Die vorliegende Studie wiederum erlaubt und enthält verschiedene Extras, die über eine bloß kumulative Zusammenschau der Vorveröffentlichungen hinausgehen. Dazu zählt die Gelegenheit, einzelne Punkte zu ergänzen oder zu vertiefen. Und die Möglichkeit, Ansätze und Argumente der parallel bzw. unmittelbar danach veröffentlichten Literatur zum selben Themenkomplex zu reflektieren, die aufgrund der Prominenz und Aktualität des Themas im besagten Zeitfenster vergleichsweise zahlreich ausfiel. Vor allem aber hoffe ich, dass die Zusammenschau und Verbindung der in den Aufsätzen adressierten Teilaspekte in einer kohärenten Gesamtanalyse des neuen Bearbeitungsrechts nochmals einen zusätzlichen, über die einzelnen Bestandteile hinausgehenden Erklärwert entfaltet: einen die Eigenarten der drei Bearbeitungsrechtsregime • • •

bis 21. Dezember 2002, 22. Dezember 2002 bis 6. Juni 2021 und ab 7. Juni 2021

kunstspezifisch betrachtenden Vergleich.

20

Vgl. zu Kommentaren und Verweisen auf die angegebenen Veröffentlichungen z.B. Dreier/ Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 24, Rn 25, § 85, Rn 22, 25; Kocatepe GRUR Int. 2018, S. 11ff., Fn 4; Pötzlberger GRUR 2018, S. 675ff., Fn 91; Apel MMR 2019, S. 596 (601); Rehbinder/Peukert Urheberrecht 2019, S. 147; Apel ZUM 2020, S. 760ff., Fn 4, 6, 111, 116; Czychowksi/Düstersiek Tipping Points 2020, S. 199 (200f., 204, 209, 214); Haberstumpf ZUM 2020, S. 809ff., Fn 44, 60, 75f.; Schulze Stellungnahme zum RefE 2020, S. 2; von Ungern-Sternberg GRUR 2020, S. 113ff., Fn 37, 53, 108; Ahlberg/Götting BeckOK Urheberrecht 2021, § 23, Rn 8, § 24, Rn 1a; Apel ZUM 2021, S. 171 (172); Grünberger ZUM 2021, S. 257ff., Fn 9; von Ungern-Sternberg GRUR 2021, S. 1ff., Fn 92; Grisse/Kaiser ZUM 2021, S. 401ff., Fn 122, 146, 158; Jütte/Quintais JIPLP 2021, S. 213 (213); Rauer/Bibi BB 2021, S. 1475ff., Fn 3; Schack GRUR 2021, S. 904ff., FN 34.

31

II. Versuchsanordnung Drei allgemeine Vorbemerkungen

Gemäß den soeben ausgegebenen Zielen und Prämissen dieser Studie seien zunächst drei einleitende allgemeine Vorbemerkungen vorangestellt. Sie erläutern drei grundlegende Aspekte, die den Hintergrund der nachfolgenden Analyse des neuen Bearbeitungsrechts bilden und sich zugleich als Referenzpunkte wie ein roter Faden durch die Untersuchung ziehen: •





1.

eine summarische Darstellung der Kernkonfigurationen der alten, nun nur noch für Fälle bis einschließlich 21. Dezember 2002 geltenden Rechtslage zur Bestimmung des Kipppunkts zwischen abhängiger Bearbeitung und selbstständiger Aneignung; eine Einführung in die Bedeutung fremdreferenziellen Komponierens in den Künsten und damit der potenziellen Tragweite seiner juristischen Regulierung für die künstlerische Praxis; eine Bestimmung des Begriffs kunstspezifischer Betrachtung als Anspruch und Maßstab für den Interessenausgleich zwischen Vorlagengeber und Vorlagennehmer im Bearbeitungsrecht.

Die alte Rechtslage zum Kipppunkt zwischen abhängiger Bearbeitung und selbstständiger Aneignung

Im Urheberrecht bildet die geschützte kompositorische Leistung den Ausgangspunkt und Aufhänger für das Meiste, was danach folgt.1 Das gilt nicht nur für die Verwertungsseite, sondern auch für die Frage nach den rechtlichen Bedingungen, unter denen in Deutschland derzeit geschützte Musik Dritter erlaubnisfrei in eigener neuer Musik weiterverwendet werden darf.

1

Vgl. Schunke/Hensel Praxishandbuch Medienrecht 2014, S. 341 (345).

34

Zwischen Pastiche und Zitat

Schwer ist, Musik zu gestalten, die eine bestimmte Funktion erfolgreich erfüllt.2 Schwerer noch ist, etwas musikalisch zu schaffen, das breitere soziokulturelle und/oder ökonomische Resonanz erfährt. Am schwersten ist es, Musik zu schreiben, die für sich in Anspruch nehmen kann, originell geschweige denn originär zu sein. Und geradezu selten ist, etwas zu komponieren, das bleibenden Eindruck hinterlässt und einem selbst oder gar anderen etwas derart bedeutet, dass man immer wieder zu dieser Musik zurückkehrt. Urheberrechtlichen Schutz für etwas Musikalisches zu bekommen, ist hingegen äußerst einfach. Es steht fast jeder Musik offen. Die rechtlichen Spielregeln für die Erlangung von Urheberrechtsschutz gelten, gleich ob man für die Produktion dieser Musik traditionelle Instrumente oder moderne mediale Hilfsmittel wie Computerprogramme oder Sampler verwendet oder im Kopf oder auf einem Blatt Papier komponiert.3 Entscheidend ist einzig, dass eigene, d.h. menschengemachte ästhetische Entscheidungen getroffen werden und das Resultat dieser Entscheidungen entäußert und damit sinnlich wahrnehmbar wird.4 Einer medialen Manifestation, etwa zwecks Ermöglichung einer Wiederholbarkeit, bedarf es für die Erlangung des Urheberrechtsschutzes nicht, was z.B.

2 3 4

Die folgenden drei Absätze basieren auf Döhl Handbuch Musik und Medien 2019, S. 525 (538f.). Vgl. Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 2 Rn 134. Vgl. Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 2 Rn 36–58; Lettl Urheberrecht 2018, S. 36; Schack GRUR 2019, S. 75 (75); Wandtke/Bullinger Urheberrecht 2019, § 2, Rn 70f. Wem diese ästhetischen Entscheidungen im Einzelfall zuzuordnen sind und ob man es mit Alleinoder Miturheberschaft zu tun hat, ist in der oft arbeitsteiligen künstlerischen Praxis im Übrigen ein großes Problem. Man denke z.B. an den Akteurstyp des Musikproduzenten. Er hat kein eigenes Leistungsrecht, zu vielfältig ist auch sein Wirken in der Praxis (vgl. Schwenzer Die Rechte des Musikproduzenten 1998; Hilpert-Kruck Hamburger Kommentar gesamtes Medienrecht 2016, S. 1483ff.). Mal vermietet er nur ein Studio, mal trägt er die wirtschaftlichorganisatorische Verantwortung für eine Produktion, mal wird er zum Miturheber oder Arrangeur, mal spielt er selbst Partien ein, mal macht er all dies parallel. Sein Tun kann also je nachdem rechtlich ganz unterschiedliche Funktionen erfüllen, in den vorgenannten Beispielen vom Mietvertrag (§ 535 BGB) über das Miturheberrecht (§§ 1, 2, 8 UrhG) bis hin zu Leistungsschutzrechten (§§ 73, 85 UrhG). Mal ist seine Leistung vielleicht aber auch vor allem eine sozial-kommunikative, mit der er das Beste aus den anderen Beteiligten herausholt – was allerdings im UrhG nicht als Leistung erfasst ist. Musikproduzenten müssen daher sorgfältig darauf achten, dass ihre Leistungen angemessen honoriert werden und wenn dies von späteren Einnahmen aus Rechten abhängt, dass diese auch vertraglich abgesichert werden. Als zentraler Akteur kreativer Prozesse ist er im urheberrechtlichen System schlecht abgebildet. Dabei verbinden sich mit diesem Akteurstypus viele zentrale Künstlerfiguren gerade der Popularmusik von Phil Spector, George Martin, Quincy Jones über Brian Eno, Nile Rodgers, Rick Rubin, T Bone Burnett bis Dr. Dre, Timbaland, Max Martin oder Brian Burton.

II. Versuchsanordnung

Improvisationen gegen ihre unbefugte Aufnahme durch Dritte schützt.5 Es gibt auch kein formalisiertes Verfahren, keine Eintragungspflicht und keine Prüfstellen wie im thematisch verwandten Patent- und Markenrecht das Deutsche Patentund Markenamt: Einmal entäußert, d.h. z.B. performativ dargeboten oder aufgenommen, ist etwas Musikalisches sofort ohne weiteres schutzfähig, im Ganzen wie in seinen Teilen.6 Es ist dies, sobald und insoweit es das Mindestniveau der sogenannten Gestaltungs- bzw. Schöpfungshöhe übersteigt.7 Anders als z.B. im Patentrecht muss eine musikalische Entität dabei nicht objektiv neu sein: Das Recht kennt die Idee einer Doppelschöpfung,8 auch wenn diese – angesichts des in der Folgen ausnehmend hohen Schutzniveaus erstaunlich schnell – in der Rechtspraxis gemeinhin als unwahrscheinlich angesehen wird.9 Die Anforderungen an Originalität und Neuheit sind zudem insgesamt sehr gering (sogenannte »kleine Münze«).10 Keine Rolle spielt der künstlerische Wert.11 Es wird lediglich versucht, musikalisches Handwerkszeug frei zu halten.12 Gerichtsverfahren über Plagiatsvorwürfe drehen sich in der Musik üblicherweise um wenig Takte oder gar Töne, was eine Idee gibt vom Verlauf dieser virtuellen, im Gesetz nicht näher konkretisierten Grenze zwischen freier Benutzbarkeit von Handwerkszeug und Exklusivität durch urheberrechtlichen Schutz.13 Geschützt wird dabei nicht etwa nur melodisches Material, sondern alles, was dem Gesamteindruck nach – Maßstab sind die mit Musik vertrauten und ihr gegenüber aufgeschlossenen Verkehrskreise – im Einzelfall dafür sorgt, dass eine musikalische Entität eine eigenständige ästhetische Identität ausbildet und aus-

5 6 7

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11 12

13

Vgl. Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 2 Rn 135; Loewenheim/Leistner/Ohly Schricker/ Loewenheim. Urheberrecht 2020, § 2, Rn 144. Vgl. Lettl Urheberrecht 2018, S. 34. Vgl. Loewenheim/Leistner/Ohly Schricker/Loewenheim. Urheberrecht 2020, § 2, Rn 145ff. Vgl. zur aktuellen Begriffsbestimmung durch den EuGH EuGH ZUM 2019, S. 834 (837), Rn 29 – Cofemel/G-Star; EuGH GRUR 2019, S. 73 (74), Rn 36f. – Levola/Smilde sowie im Einzelnen Kap. III Abschnitt 5. Vgl. Dieth Musikwerk und Musikplagiat im deutschen Urheberrecht 2000, S. 115ff.; Wegmann Der Rechtsgedanke der freien Benutzung des § 24 UrhG und die verwandten Schutzrechte 2012, S. 40f.; Wehler Die freie Benutzung im digitalen Zeitalter 2012, S. 108ff. Vgl. Wandtke Urheberrecht 2019, S. 61. Vgl. Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 2 Rn 139ff.; Wandtke/Bullinger Urheberrecht 2019, § 2, Rn 70f., Loewenheim/Leistner/Ohly Schricker/Loewenheim. Urheberrecht 2020, § 2, Rn 148; Loewenheim Handbuch des Urheberrechts 2021, § 9, Rn 110. Vgl. Loewenheim Handbuch des Urheberrechts 2021, § 9, Rn 111. Vgl. Loewenheim/Leistner/Ohly Schricker/Loewenheim. Urheberrecht 2020, § 2, Rn 146. Vgl. ausführlich die Auflistung in Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 24, Rn 30–38. Vgl. Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 2 Rn 140f.

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weist.14 Diese kann aber z.B. auch auf der Ebene von Arrangement, Sound oder ganz allgemein musikalischer Machart liegen.15 Schafft eine musikalische Entität dies, wird sie als persönliche geistige Schöpfung und damit als sogenanntes Werk (§§ 1, 2 UrhG – inzwischen in richtlinienkonformer Anwendung des autonomen, EU-einheitlichen Werkbegriffs in Art. 2 InfoSoc-RL 2001/29/EG in der Auslegung des EuGH16 ) eingestuft und absolut geschützt, d.h. mit einem kategorischen Zustimmungsvorbehalt versehen bis zum Ablaufen der Schutzfristen (§§ 64ff. UrhG: derzeit gegen Werknutzung 70 Jahre post mortem) – es sei denn, eine gesetzliche Ausnahme (Schranke) greift. Umgekehrt wird auch nur diese individuelle ästhetische Identität in ihrer konkreten musikalischen Konfiguration geschützt, wenn auch bis in Werkteile hinein, sofern dort dann noch präsent.17 Das bedeutet, dass nicht schutzfähige Teile auch aus geschützten Werken immer übernommen und weiterverarbeitet werden können.18 Denn das Recht ordnet diesen Werkteil aufgrund seiner Unspezifik dem nicht schutzfähigen musikalischen Handwerkszeug zu, das per Freihaltebedürfnis allen zur freien Verwendung verbleibt.19 Das führt notwendig zu Abgrenzungsproblemen. Viele Gerichtsverfahren im Bearbeitungsrechts arbeiten sich an dieser Differenzierung ab. Das Maß an Individualität bestimmt das Maß des Schutzumfangs;20 wichtig für den Vergleichsmaßstab in Plagiatsstreitigkeiten.21 Schöpfer legaler Bearbeitungen im engeren Sinne haben hinsichtlich ihrer Bearbeitung sodann ein eigenes Recht, das hinsichtlich der Bearbeitung wie das Recht des Urhebers an der Vorlage konfiguriert ist und grundsätzlich auch gegenüber dem Urheber gilt, der aber eben seine Zustimmung geben muss und diese Zustimmung mit Bedingungen jedweder Art versehen kann.22 Unwesentliche Änderungen werden nicht bereits als Bearbeitungen im engeren Sinne angesehen (§ 3 S. 3 UrhG), andererseits werden aber wie bei Kompositionen keine hohen Anforderungen an 14 15 16

17 18

19 20 21 22

Vgl. Wandtke/Bullinger Urheberrecht 2019, § 2, Rn 71. Vgl. ausführlich dazu Döhl Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Musikpsychologie 2015, S. 19ff. Vgl. Wandtke Urheberrecht 2019, S. 67. Vgl. zur aktuellen Begriffsbestimmung durch den EuGH EuGH ZUM 2019, S. 834 (837), Rn 29 – Cofemel/G-Star; EuGH GRUR 2019, S. 73 (74), Rn 36f. – Levola/Smilde sowie im Einzelnen Kapitel III Abschnitt 5. Vgl. Lettl Urheberrecht 2018, S. 42; Loewenheim/Leistner/Ohly Schricker/Loewenheim. Urheberrecht 2020, § 2, Rn 93; Loewenheim Handbuch des Urheberrechts 2021, § 9, Rn 111. Problem können sich freilich an anderer Stelle einstellen. Akustische Zeichen unterhalb des Urheberrechtsschutzes können z.B. als »Hörzeichen« eingetragen und geschützt sein, § 3 Abs. 1 MarkenG. Deren Entwicklung ist ein ganz eigenes Segment kompositorischer Arbeit im Bereich der Werbung. Vgl. Loewenheim/Leistner/Ohly Schricker/Loewenheim. Urheberrecht 2020, § 2, Rn 148. Vgl. Loewenheim/Leistner/Ohly Schricker/Loewenheim. Urheberrecht 2020, § 2, Rn 93. Vgl. Wandtke Urheberrecht 2019, S. 62. Vgl. Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 3, Rn 150f.

II. Versuchsanordnung

die schöpferische Eigentümlichkeit einer Bearbeitung im engeren Sinne gestellt, um als Bearbeitung im Rechtssinne zu gelten und gegenüber Dritten privilegiert zu sein.23 Alles zur Werknutzung Gesagte gilt daher entsprechend zur Nutzung von Bearbeitungen im engeren Sinne als Basis fremdreferenziellen Komponierens. Greift keine Schranke, sind Bearbeitungen im engeren Sinne jedweder Art und Güte von geschützten Werken oder Werkteilen Dritter vom Arrangement bis zum Remix sodann grundsätzlich zustimmungsbedürftig (§§ 3, 23 UrhG).24 Genauer gesagt nicht das Herstellen einer Bearbeitung – das ist immer zulässig (Herstellungsfreiheit)25 –, sehr wohl aber jede Form von Öffentlichmachen und Verwerten.26 Bei Bearbeitungen von Werken unter Verwendung medialer Manifestationen der Vorlage wie Tonaufnahmen bedarf es zudem nicht nur der Zustimmung des Rechteinhabers am Werk, sondern grundsätzlich auch anderer Rechtsträger wie hier der beteiligten ausübenden Künstler (§ 73 UrhG) und Tonträgerhersteller (§ 85 UrhG). * * * Die alte Rechtslage der Schranken, deren Wandel in dieser Studie untersucht werden wird, kannte nun für das fremdreferenzielle Komponieren vor allem zwei Schranken, die zur Erlaubnisfreiheit der Übernahme aus einem geschützten Musikwerk eines Dritten führen konnten: •



das Zitatrecht (§ 51 S. 1, 2 Nr. 3 UrhG): »Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Zulässig ist dies insbesondere, wenn [...] 3. Einzelne Stellen eines erschienenen Werkes der Musik in einem selbständigen Werk der Musik angeführt werden«; die freie Benutzung (§ 24 Abs. 1 UrhG): »Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden«.

Das Zitatrecht ist international implementiert (vgl. Art. 10 RBÜ, Art. 5 Abs. 3 Buchst. d) InfoSoc-RL 2001/29/EG) und richtlinienkonform auszulegen. Die einzelnen Voraussetzungen des Zitatrechts werden in Kap. III, Abschnitt 5 näher 23 24 25 26

Vgl. Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 3, Rn 11. Vgl. Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 24, Rn 13f. Vgl. Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 24, Rn 13f. Außer in den Sonderfällen des § 23 S. 2 UrhG a.F., § 23 Abs. 2 UrhG n.F. wie Verfilmungen, vgl. Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 24, Rn 17.

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betrachtet. Denn die Verfasstheit des erlaubnisfreien Musikzitats hat sich sowohl durch die Urteile Pelham/Metall auf Metall IV als auch durch die aktuelle Urheberrechtsnovelle zur Umsetzung der DSM-RL 2019/790 nur in einem einzigen Punkt geändert: § 24 Abs. 2 UrhG ist zum 7. Juni 2021 weggefallen, der im Bereich der Musik abweichend zu allen anderen Künsten eine besonders strenge Auslegung des ansonsten bei künstlerischen Zitaten durchaus großzügiger gehandhabten Änderungsverbots (§ 62 UrhG) bewirkte. Freilich wird der Unterschied in der Praxis bei Melodiezitaten nicht groß sein. Ansonsten läuft die für das fremdreferenzielle Komponieren maßgebliche Schranke für Musikzitate (§ 51 S. 2 Nr. 3 UrhG) unberührt durch jene Zäsur, die Gegenstand dieser Studie ist. Insofern gibt es also kein ›altes Recht‹, mit dem ein neues, dogmatisch und/oder nach seinen Voraussetzungen anders konfiguriertes Recht zu vergleichen wäre. Das Zitatrecht wird in dieser Studie daher erst in Kap. V zentral, wenn die Position zu diskutieren sein wird, ob man es nicht deutlich weiter auslegen müsste als es in EU und BRD erfolgt. Der Ist-Zustand ist freilich anders, nämlich restriktiv. Und das zu reflektieren, genügt zunächst an dieser Stelle. Nach bisheriger, in Kap. III zu detaillierender Interpretation von EuGH und BGH gestattet das Musikzitat eine erlaubnisfreie Nutzung geschützter fremder Musik faktisch nur in einem eng umrissenen, voraussetzungsreichen Rahmen, wie ihn Paul W. Hertin bereits 1989 ausführlich beschrieben hat und wie ihn der BGH zuletzt über drei Jahrzehnte später in Metall auf Metall IV nochmals in seinen Voraussetzungen bestätigte.27 Letztlich gestattet das Musikzitatrecht vor allem die quasi unveränderte, als Zitat erkennbare Ausstellung kurzer melodischer und nichtmelodischer Werkteile in einem neuen musikalischen Kontext als Stilmittel des Anklangs, etwa zum Zweck der Hommage oder als Mittel des kommentierenden Kontrasts, wie im Rahmen von Parodien, Satiren und kabarettistischen Nummern typisch.28 Der Voraussetzungsreichtum und die Art der Bedingungen in der bisherigen Auslegung der Musikzitatschranke haben freilich dazu geführt, dass das Musikzitatrecht bislang nur eine begrenzte praktische Relevanz entfaltet hat.29 Das spiegelt sich auch in der geringen Aufmerksamkeit, die es im rechtswissenschaftlichen Schrifttum erfährt, wider. Viele Fälle wurden stattdessen über § 24 Abs. 1 UrhG gelöst. Das Gegenteil ist über die zweite potenziell einschlägige Schranke zu sagen, die sogenannte freie Benutzung.30 Rechtsdogmatisch wird die freie Benutzung mal als 27 28 29 30

Vgl. Hertin GRUR 1989 S. 159ff.; BGH ZUM 2020, S. 617 (622f.), Rn 51–54 – Metall auf Metall IV. Vgl. von Becker ZUM 2000, S. 864 (866); BGH ZUM 2020, S. 617 (623), Rn 53 – Metall auf Metall IV. Vgl. Loewenheim Handbuch des Urheberrechts 2021, § 34, Rn 27. Man vgl. nur die vielen, in der Bibliographie angeführten Monographien der vergangenen Jahre, die § 24 Abs. 1 UrhG im Zentrum haben, entweder unmittelbar selbst oder für Rechtsvergleichung mit Regeln wie der US-amerikanischen Fair-Use-Klausel oder über die Auseinandersetzung mit Bearbeitungskulturen wie Collage, Appropriation Art, Sampling, Mashup,

II. Versuchsanordnung

Schutzbereichsbestimmung des Urheberrechts, mal als seine Schranke und mal als beides zugleich verstanden, was im weiteren Verlauf der Studie noch argumentativ relevant werden wird. Das Gesetz spricht als Voraussetzung einzig von »selbständigem Werk«. Eine weitere Konkretisierung erfolgt nicht. In der Spruchpraxis des BGH haben sich seit den späten 1950er Jahren in den Urteilen Sherlock Holmes, Lili Marleen und »Mecki«Igel31 (noch zur Vorgängernorm § 13 LUG, wo es an der Parallelstelle »eigenthümliche Schöpfung« hieß) freilich zwei stabile Anwendungsbereiche herausgebildet unter dem Begriff Blässetheorie bzw. Verblassen;32 ein Ansatz, der tendenziell streng und eng ausgelegt wird.33 •

31 32 33 34 35 36 37 38 39

Verblassen – äußerer Abstand (Grundfall): Das, was im Einzelfall die eigenpersönlichen Züge der Vorlage, d.h. die schutzfähige ästhetische Identität des Übernommen ausmacht, muss im Gesamteindruck der hörenden Erfahrung der neuen Arbeit vorkommen (sonst gibt es schon keinen Konflikt im Rechtssinne), aber dort in den Hintergrund treten.34 Der BGH umschreibt es mit dem Verb Hindurchschimmern.35 Dabei kommt es nur auf die Übereinstimmung in schutzfähigen Werkteilen an.36 Der Gesamteindruck entscheidet.37 Je größer das Maß der Individualität des Übernommenen, desto größer der zu betreibende transformatorische Aufwand in der übernehmenden Arbeit, um das Ziel des Verblassens zu erreichen.38 Dieser Grundfall der freien Benutzung erfasst quasi eine Sonderform der Anregung durch das Werk eines Dritten, in welcher der Gegenstand der Anregung präsent bleibt.39

digitale Medienkunst, Remix-Film oder spezifischen Akteursgruppen wie Fan Culture oder User Generated Content. Als ich vor gut 20 Jahren meinen ersten Aufsatz in diesem Themenbereich verfasste, gab es ungleich weniger einschlägige Spezialliteratur. Vgl. BGH GRUR 1958, S. 354ff. – Sherlock Holmes (noch ohne den Begriff Verblassen); BGH GRUR 1958, S. 402 (404) – Lili Marleen; BGH GRUR 1958, S. 500 (502) – »Mecki«-Igel. Vgl. Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 24, Rn 13f. Vgl. Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 24, Rn 9; Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 24, Rn 43. Vgl. Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 24, Rn 43. Vgl. BGH ZUM 2016, S. 985 (987), Rn 22 – Auf fett getrimmt. Vgl. Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 24, Rn 43, 46f. Vgl. ausführlich zum Prozess der Urteilsbildung und seinem tatsächlichen Voraussetzungsreichtum Döhl Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Musikpsychologie 2015, S. 19ff. Vgl. Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 24, Rn 8; Loewenheim/Leistner/Ohly Schricker/ Loewenheim. Urheberrecht 2020, § 2, Rn 93. Vgl. Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 24, 7; Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 24, Rn 44.

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Anders als das Zitatrecht ist die Privilegierung der freien Benutzung nicht an einen bestimmten Aneignungszweck gebunden und daher auch der Umfang der Übernahme nicht durch einen Zweck begrenzt. Auch ein Änderungsverbot besteht nicht, soll die Vorlage doch gerade verblassen. Hauptunterschied zwischen freier Benutzung und Zitat ist also, dass das Übernommene in der freien Benutzung im neuen Kontext aufgeht, da ansonsten kein Verblassen erreichbar ist, während es beim Zitat genau umgekehrt darauf ankommt, dass der Charakter des Fremden klar identifizierbar erhalten bleibt.40 Freie Benutzung auf Basis hinreichenden äußeren Abstands und Zitat sind insoweit gegenläufige Konzepte. Sie schließen einander aus. Ein Streitgegenstand kann nicht beides zugleich sein. Liegt ein solcher Fall des äußeren Verblassens vor, hieß das im Übrigen für jene, die § 24 Abs. 1 UrhG einzig als Schutzbereichsbestimmung werteten, dass es schon an einer Vervielfältigung der Vorlage fehlt. Solange das Verblassen aber nicht so weit geht, dass die Übernahme der Vorlage unkenntlich wird, ist das natürlich faktisch eine Fiktion. Der Witz von § 24 Abs. 1 UrhG ist stattdessen gerade der, dass die Vorlage präsent bleiben darf und damit der Akt der Vervielfältigung von eigenschöpferischen Zügen erkennbar, solange diese nur in den Hintergrund treten. Hier liegt die besondere Leistungsfähigkeit der freien Benutzung als Regulativ im Interessenausgleich zwischen Vorlagengeber und Vorlagennehmer, d.h. zwischen Eigentumsfreiheit und Kunstfreiheit, und ihr besonderer Mehrwert für das fremdreferenzielle Komponieren. Verblassen – innerer Abstand: Manche Adaptionspraktiken bedürfen für ihre künstlerische Aussage freilich per se einer höheren Präsenz der Vorlage. Für den Bereich von Aneignungen mit antithematischer Stoßrichtung hat dies die deutsche Rechtsprechung auch seit langem akzeptiert.41 Hier genügt daher ausnahmsweise ein hinreichender innerer Abstand, wenn also über Mittel wie Kontrast, Komik oder Kritik eine entgegengesetzte inhaltliche Aussage erreicht wird.42 Entsprechend sind Parodien bis heute die Standardfallgruppe.43 Die Voraussetzungen der Parodie wurden im Detail in den vergangenen Jahren durch Unionsrecht im Gefolge der Deckmyn-Rechtsprechung des EuGH modi-

Vgl. Wehler Die freie Benutzung im digitalen Zeitalter 2012, S. 95. Vgl. Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 24, Rn 43; Loewenheim/Leistner/Ohly Schricker/Loewenheim. Urheberrecht 2020, § 24, Rn 27–32. Vgl. Loewenheim Handbuch des Urheberrechts 2021, § 8, Rn 16. Vgl. Hefti Die Parodie im Urheberrecht 1977; Hess Urheberrechtsprobleme der Parodie 1993; Stuhlert Die Behandlung der Parodie im Urheberrecht 2002; Jacobsen Die urheberrechtlich relevante Parodie 2020. Vgl. international Jacques The Parody Exception in Copyright Law 2019; Lai The Right to Parody 2019.

II. Versuchsanordnung



fiziert.44 Der aktuelle Stand wird ausführlich Thema in Kap. III, Abschnitt 5 sein. An dieser Stelle genügt, festzustellen, dass es einen seit langem rechtlich anerkannten Bedarf dafür gibt, derartige künstlerische Aneignungspraktiken freizustellen: Eine solche Regelung ist zwingend vor dem Hintergrund der Grundrechte auf Kunst- und Meinungsfreiheit, denn würde es an einer solchen Privilegierung fehlen, müsste man den Rechteinhaber um Erlaubnis fragen, ob man ihn unter Nutzung seines Werks vorführen oder kritisieren darf.45 Dieser ganze Bereich kultureller Praktiken würde weitgehend leerlaufen, wäre das der Fall.46 Für alle musikalischen Fälle, die unter § 24 Abs. 1 UrhG subsumierbar waren, galt freilich eine Gegenausnahme. § 24 Abs. 2 UrhG schloss die Verwendung von Melodien kategorisch von einer freien Benutzung aus.47 Am Ende des Wandels, der in dieser Studie untersucht wird, wird diese schon lange umstrittene Norm aufgehoben sein. Für die alte Rechtelage war sie freilich zentral.48 * * *

Das Recht nähert sich dem Kipppunkt zwischen abhängiger (erlaubnispflichtiger) Bearbeitung im engeren Sinne und selbstständiger (erlaubnisfreier) Aneignung also in mehrfacher Hinsicht in zugespitzter Weise. Dies ist wichtig, sich von vornherein klarzumachen. Denn bestimmte Herausforderungen, auf die man in dieser Studie treffen wird, sind weniger dem zu beschreibenden Wandel als vielmehr ganz oder teilweise diesen durch den Wandel hindurchlaufenden Grunddispositionen geschuldet.

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Vgl. EuGH ZUM-RD 2014, S. 613ff. – Deckmyn/Vrijheidsfonds/Vandersteen; Wandtke/Bullinger Urheberrecht 2019, § 24, Rn 14; Loewenheim/Leistner/Ohly Schricker/Loewenheim. Urheberrecht 2020, § 24, Rn 27–32. Vgl. Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 14, Rn 24; Loewenheim/Leistner/Ohly Schricker/ Loewenheim. Urheberrecht 2020, § 24, Rn 30; Loewenheim Handbuch des Urheberrechts 2021, § 8, Rn 22. In den typischen Fallkonstellationen des inneren Abstands sind Streitgegenstände denkbar, die gleichermaßen § 24 Abs. 1 oder § 51 S. 2 Nr. 3 UrhG unterfallen, da die Fremdheit des Übernommen zwar im neuen musikalischen Zusammenhang ausgestellt wird, aber durch den Kontext eine ganz andere inhaltliche Aussage erhält. Aus den genannten Gründen konzentriert sich die rechtliche Bewertung dann auf den insoweit für den Nutzer großzügigeren, da bedingungsärmeren § 24 Abs. 1 UrhG. Vgl. Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 24, Rn 42–51; Nordemann/Nordemann/ Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 24, Rn 53–57; Wandtke/Bullinger Urheberrecht 2019, § 24, Rn 16. Vgl. ausführlich Liebscher Der Schutz der Melodie im deutschen und amerikanischen Recht 2007; Canaris Melodie, Klangfarbe und Rhythmus im Urheberrecht 2012; Brunner Melodienschutz im Urheberrecht.

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Erstens versucht das Recht hier der Position und Kontur dieses Kipppunkts primär auf der Ebene des musikalischen Materials Herr zu werden. In der kulturellen Theorie und Praxis ist hingegen oft z.B. genauso maßgeblich oder sogar allein ausschlaggebend, wer was wann in welchem Kontext zu welchem Zweck mit welcher Wirkung tut, um zu bestimmen, wer sich etwas von dritter Seite ungefragt aneignen und weiterverarbeiten darf und wer nicht. Die Ebene des Nähe- und Distanzverhältnisses im musikalischen Material, auf die sich das Bearbeitungsrecht so sehr konzentriert, rückt dann oft in den Hintergrund der Urteilsbildung. Im Bearbeitungsrecht ist das nur ausnahmsweise der Fall bei den besonderen Fallgruppen von Parodien, Karikaturen und Satiren. Es ist also nicht zwingend und alternativlos, die Legitimität ungefragter Übernahmen primär an das musikalische Material und dessen Bewertung und Vergleich zu knüpfen. Hier wird im Recht eine Entscheidung getroffen. Diese liegt durchaus nahe. Es ist ein eigentumsähnliches Denken, das hier verhandelt wird. Und materielle Aspekte kann man eben vergleichsweise präzise benennen, beschreiben, gewichten usw. – und damit letztlich zuordnen. Viele Plagiatsurteile in der Musik zeigen als Ausdruck dessen z.B. kleine Notationen. Aber wie die Fallgruppen von Parodien, Karikaturen und Satiren implizieren, bei denen sich das Recht wegen der Meinungsfreiheit eine Abweichung gestattet (weil gestatten muss), ist das manchmal nur die halbe Wahrheit. Zweitens wirkt das Evaluationsverfahren an der Stelle des besagten Kipppunkts mit seinem Materialfokus vermeintlich objektiv und neutral. Es ist freilich aus Sicht der künstlerischen Theorie und Praxis hochartifiziell. Es ist unverkennbar, dass es beim urheberrechtlichen Evaluationskonzept um ein hochanalytisches, weithin vordeterminiertes Verfahren geht, das mit freiem Hören im Sinne eines Kantschen freien Spiels der Erkenntniskräfte wenig gemein hat.49 Das bringt schon die Vergleichssituation mit sich, verbunden mit der Frage, wie stark hierdurch bereits die Aufmerksamkeit gelenkt wird, getreu der Formel ›Denken sie jetzt nicht an einen Elefanten‹. Die Vordeterminiertheit der Urteilssituation wird weiter forciert z.B. dadurch, dass nur die musikalischen Merkmale hörend verglichen werden, die man zuvor als individualitätsbegründet ausgemacht hat. Oder dadurch, dass der Maßstab zur Beurteilung urheberrechtlicher Werke die Auffassung der mit solchen musikalischen Werken einigermaßen vertrauten und hierfür aufgeschlossenen Verkehrskreise sein soll. Gerade unterinstanzlichen Gerichten mit nicht auf Urheberrecht spezialisierten Fachleuten als Richtern verlangt das mitunter einiges an Wissenserwerb und vor allem Fiktionsleistung ab, um dennoch vor diesem Maßstab das Urteil glaubwürdig und stimmig begründen zu können. Mehr noch geht es nicht um die Objektivierung eines vermeintlich 49

Dieser Absatz stammt aus Döhl Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Musikpsychologie 2015, S. 19 (33). Vgl. dort für weiteres zum Thema Gesamteindruck und Urteilbildung im Bearbeitungsrecht.

II. Versuchsanordnung

zufällig ausgewählten Durchschnittshörers: Es geht um einen Hörer, der beide im Streit stehenden Werke kennt und die hinreichende Qualifikation in Wissen, Bildung und Intellekt mitbringt, einen solchen Vergleich gerade der im Streit stehenden Werke angemessen zu führen. Drittens sucht das Recht einerseits die Eigentumsfreiheit im Kontext künstlerischer Produktion zu etablieren, andererseits aber zugleich die Kunstfreiheit so zu sichern, dass den Nachkommenden dieselbe musikalische Betätigungsfreiheit verbleibt wie sie den vor ihnen Gekommenen zustand (Freihaltebedürfnis), was heißt, dass es gilt, widerstreitende Interessen zu balancieren: möglichst weitreichende Monopolisierung musikalischen Materials hier, möglichst weitreichende Erlaubnisfreiheit seiner Benutzung dort. Dieser inhärente Konflikt gegenläufiger Ziele prägt das Ringen um Position und Kontur des besagten Kipppunkts. Viertens stellt sich im Bearbeitungsrecht ein Zielkonflikt dadurch ein, dass man zwar musikalisches Handwerkszeug für alle freihalten möchte, aber zugleich die Grenze niedrig hängt (sogenannte kleine Münze), ab wann etwas geschützt ist, um auch triviale Schöpfungen der Alltagskultur mit Rechten ausstatten zu können, bis in kleine Werkteile hinein, da bei diesen – materiell, nicht ästhetisch – einfachen Schöpfungen das Gros der Fälle von ökonomischer und sozialer Relevanz zu finden ist. Und fünftens schließlich hilft ein Verweis auf die Möglichkeit der Lizensierung nicht weiter, wie selbst das BVerfG so festgestellt hat.50 Besteht ein Urheberrecht an Werk bzw. Werkteil, kann der Rechteinhaber nämlich seine Zustimmung für eine Nachnutzung in einer fremdreferenziellen Komposition von Bedingungen jedweder Art und Güte abhängig machen, einschließlich dessen, dass es ihm freisteht, die Zustimmung zu versagen oder ein Nachsuchen darum schlicht zu ignorieren. Nicht zu unterschätzen sind zudem die enormen Schwierigkeiten in der Praxis der Rechteklärung, überhaupt den korrekten Ansprechpartner zu identifizieren und zu adressieren. Bedenkt man zugleich, wie weit ausgedehnt das Urheberrecht bis in kleinste Werketeile hinein ausgelegt wird, um auch möglichst viel Alltagskultur einbeziehen zu können, wird klar, wie zentral in einer solch gewichteten Ordnung Existenz und Reichweite der Schranken sind. * * * All dies gesagt, lässt sich also festhalten, dass es im alten Recht innerhalb der Schutzfristen genauer gesagt sogar zwei Kipppunkte gibt, die tendenziell umso weniger großzügig für den fremdreferenziellen Komponisten ausfallen, je enger er bei der Vorlage bleibt und je stärker die ästhetische Identität dessen ausgeprägt ist, das er sich aneignet.

50

Vgl. BVerfG ZUM 2016, S. 626 (634), Rn 98 – Metall auf Metall.

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Der erste Kipppunkt liegt zwischen freiem musikalischem Handwerkszeug und geschütztem Werk bzw. Werkteil und ist mit dem Begriff der Gestaltung- bzw. Schöpfungshöhe belegt. Er kontrolliert die Eröffnung des Schutzbereichs des Urheberrechts. Er spielt in dieser Studie nur am Rande eine Rolle. Denn beim fremdreferenziellen Komponieren geht es gerade um die Arbeit mit schutzfähigen Werkteilen. Der zweite Kipppunkt verläuft zwischen abhängiger (erlaubnispflichtiger) Bearbeitung im engeren Sinne und selbstständiger (erlaubnisfreier) Aneignung. Je nach dogmatischem Blick auf § 24 Abs. 1 UrhG konturiert dieser zweite Kipppunkt entweder den Schutzbereich des Urheberrechts dahingehend, dass er im letztgenannten Fall als noch nicht eröffnet anzusehen ist, oder beschränkt stattdessen das Urheberrecht im gegebenen Einzelfall ausnahmsweise. Für den Einzelfall läuft dies auf dasselbe hinaus: Erlaubnisfreiheit. Diese Feststellung genügt an hiesiger Stelle. Es ist aber dogmatisch nicht dasselbe und hat daher in anderer Hinsicht durchaus Konsequenzen, etwa für die Frage, ob man die InfoSoc-RL 2001/29/EG für anwendbar und § 24 Abs. 1 UrhG mit ihr für vereinbar hält.51 Wie in dieser Studie zu sehen sein wird, kam es in den vergangenen Jahren nun im Zusammenhang der Position und Kontur dieser beiden Kipppunkte zunächst immer wieder zu kleineren Modifikationen an verschiedenen Stellen innerhalb dieses Regel-Ausnahme-Systems, gerade über Impulse des EuGH etwa durch vorsichtige Anhebung der Schöpfungshöhe und damit Verringerung des Schutzbereichs des Urheberrechts oder durch Verzicht auf das Erfordernis der Werkqualität beim nachschaffenden Werk als Voraussetzung für die Parodie als Form selbstständiger Aneignung. Doch all diese Änderungen waren letztlich nur graduell. Sie haben lediglich geringe praktische Relevanz entfaltet und bleiben selbst dann auf sehr spezielle Konstellationen beschränkt, in denen sie tatsächlich einen Unterschied machen. Anderes gilt freilich dafür, dass die in Kap. III und IV zu beschreibende jüngste Entwicklung spürbar weiter ging und das eben skizzierte, bei fremdreferenziellem Komponieren einschlägige Schrankensystem hinsichtlich des zweiten Kipppunkts zwischen Bearbeitungen im engeren Sinne und selbstständigen Aneignungen aufgebrochen und in Teilen substanziell neu konfiguriert hat. Die freie Benutzung schrumpft nach der hier vertretenen, in Kap. III ausgeführten Auffassung dabei zunächst auf einen Rumpfanwendungsbereich (Parodien und Karikaturen) und wird sodann vollständig ersetzt durch eine neue Schranke (§ 51a UrhG) ausschließlich zugunsten von Parodien, Karikaturen und Pastiches, was Gegenstand von Kap. IV sein wird. Hierneben besteht durchweg das skizzierte, in seiner jetzigen Form für Musik aber nur selten einschlägige Zitatrecht, das vom Wandel

51

Im folgenden Kap. III wird im Einzelnen darauf zurückzukommen sein.

II. Versuchsanordnung

des Bearbeitungsrechts bislang kaum berührt wird.52 Feste ästhetische Begriffe und Fallgruppen wie Parodie sind nun also im Interessenausgleich zwischen Vorlagengeber (Eigentumsfreiheit) und nachschaffendem Künstler (Kunstfreiheit) an die Stelle einer maximal flexiblen, vorher dominierenden Generalklausel (selbstständiges Werk) getreten. Und mit ihnen hat sich die Stoßrichtung verändert. Das Gebot der Interaktion, das im alten Recht nur für die Sonderbereiche des Musikzitats und der freien Benutzung als Verblassen via innerem Abstand maßgeblich war, ist nun von einer fremdreferenziellen Komposition stets zu erfüllen, will sie eine Chance auf Erlaubnisfreiheit haben. Kernbereich und Spezifikum des alten Rechts aber, das Verblassen via äußerem Abstand, die aus Sicht des fremdreferenziellen Komponierens wichtigste Schranke, ist verschwunden. Solch künstlerische Arbeiten haben nun nach der hiervertretenen Lesart keinen Platz mehr im Schrankensystem. Das hat weitreichende Konsequenzen. Das alte Recht, so wird sich zeigen, war also ein anderes. Keine ideale Welt, sondern eine im Detail gerade aus Sicht der künstlerischen Theorie und Praxis mit vielen Problemen und Unausgewogenheiten behaftete Ordnung, wie ich 2016 eingehend beschrieben habe.53 Aber hinsichtlich dessen, was fremdreferenzielles Komponieren an vielen Stellen als Balanceakt zwischen Auseinandersetzung mit einer fremden Vorlage und ästhetischer Eigenständigkeit für Künstler wie Publikum so spannend macht, war § 24 Abs. 1 UrhG in seiner schlanken, präzisen, durch und durch ästhetischen Konfiguration jedenfalls ausnehmend kunstnah gedacht und angelegt.54 Zum Zeitpunkt des Beginns des Schreibens dieses Textes galt das soeben skizzierte alte Recht noch. Aber wie zu sehen sein wird, ist es aufgrund richterlicher Rechtsfortbildung seit dem 30. April 2020 hinsichtlich der Schranken nur noch für Streitstände aus der Zeit bis einschließlich 21. Dezember 2002 einschlägig.55 Mit dem Inkrafttreten der Urheberrechtsnovelle zur Umsetzung der DSM-RL zum 7. Juni 2021 gilt dann schließlich der Grundsatz des § 129 UrhG und damit die Anwendbarkeit des neuen, in Kap. IV auszuführenden Rechts.56 Es gibt Ausnahmen

52 53 54 55

56

Das möglicherweise weitergehende Potenzial des Zitatrechts wird Gegenstand von Kap. V sein. Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 254ff. Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 314ff. Solche Konstellationen, bei denen zu klären ist, welches Recht anzuwenden ist, sind bei einer Schutzfrist von 70 Jahren post mortem freilich stets noch geraume Zeit denkbar. Led Zeppelin bzw. deren an dieser Stelle als Urheber fungierende Mitglieder Robert Plant und Jimmy Page mussten sich z.B. gerade in den USA des Vorwurfs bewusster ungenehmigter Entlehnung aus einem Drittwerk erwehren für ihr Lied Stairway to Heaven, das 1971 veröffentlicht wurde, von einer vermeintlichen Vorlage, die 1968 erschienen war. Klage wurde erst 2014 erhoben. Vgl. Clarida/Bernstein Law Journal Newsletters 2020. Vgl. Ahlberg/Götting BeckOK Urheberrecht 2021, § 129, Rn 3.

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für in der Vergangenheit abgeschlossene Handlungen.57 Und die Gesetzesnovelle enthält Übergangsvorschriften für den Zeitraum 1. März 2017 bis 6. Juni 2021 u.a. für sogenannte sonstige Sachverhalte, worunter laut BGH Verwertungshandlungen zu verstehen sind,58 wozu qua Gesetz wiederum auch § 24 Abs. 1 UrhG zählt als Gegenstand von Teil 1, Abschnitt 4, Unterabschnitt 3: Verwertungsrechte.59 Klar ist jedoch, dass die praktische Bedeutung dieses alten Rechts mit seiner soeben skizzierten Konfiguration der Schranken aus Zitat und freier Benutzung für das fremdreferenzielle Komponieren sich absehbar auf extreme Streitfälle beschränken wird, in denen eine ungenehmigte Werknutzung in einer offen oder mutmaßlich fremdreferenziellen Komposition in spezifischen zeitlichen Konstellationen stattgefunden hat. Auch eine Rechtsfortbildung ist nur noch hinsichtlich jener Aspekte zu erwarten – Zitatschranke sowie Parodie- und Karikaturschranke –, die durch die sogleich zu beschreibenden Rechtsänderungen weitgehend unberührt hindurchgelaufen sind. Jenseits dessen ist das alte Recht zum Kipppunkt zwischen abhängiger Bearbeitung im engeren Sinne und selbstständiger Aneignung nun Rechtsgeschichte geworden. Das Bearbeitungsrecht befindet sich in Deutschland in einer Umbruchphase. Das ändert natürlich nichts am rechtspolitischen Potenzial einer voraussetzungsarm gestalteten Generalklausel wie § 24 Abs. 1 UrhG, wie ich es 2016 beschrieben habe.60 Am Ende dieser Studie wird es gelten, zu vergleichen und sich vor diesem Hintergrund u.a. zu der Frage zu verhalten, ob das nunmehr geltende neue Recht nicht in vielerlei Beziehung aus der deutschen Perspektive des hier zuvor geltenden Bearbeitungsrechts jedenfalls aus Sicht der künstlerischen Theorie und Praxis einen Rückschrift darstellt und ob man nun nicht auf Ebene der EU für eine Generalklausel eintreten sollte, wie man sie in Deutschland hatte. Doch gleich, wie man das sieht, fürs Erste gilt, was Thomas Dreier in Reaktion auf die Verabschiedung der DSM-RL sagte: »Die Schlacht ist geschlagen.«61 Das neue Recht ist da. Es gibt keinen Anlass, zu erwarten, dass nicht zumindest geraume Zeit damit zu arbeiten sein wird. Zu langwierig und kompliziert sind Gesetzgebungsverfahren im Urheberrecht auf EU-Ebene. Das zeigte sich bei der InfoSoc-RL 2001/29/EG und nun genauso wieder bei der DSM-RL 2019/790. So gilt es, das neue Recht in den Griff zu bekommen und zu verstehen, was es für welchen Bereich fremdreferenziellen Komponierens bedeutet. Darum geht es hier.

57 58 59 60 61

Vgl. Ahlberg/Götting BeckOK Urheberrecht 2021, § 129, Rn 5, 5.1. Vgl. BGH GRUR 2012, S. 496 (501), Rn 57f. – Das Boot. Vgl. Wandtke/Hauck GRUR-Prax 2020, S. 542 (543). Das wird in Kap. IV eingehend zu beschreiben sein. Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 314ff. Vgl. Dreier GRUR 2019, S. 771.

II. Versuchsanordnung

2.

Die Bedeutung fremdreferenziellen Komponierens und des Kipppunkts zwischen abhängiger Bearbeitung und selbstständiger Aneignung in der künstlerischen Theorie und Praxis

Sich gezielt Musik Dritter anzunehmen als Ausgangspunkt für eigenes kreatives Schaffen, ist spätestens seit Inkrafttreten des Vorgängergesetzes zum UrhG, dem LUG 1902, ein rechtlich hochregulierter Bereich. Umgekehrt ist fremdreferenzielles Komponieren künstlerisch gesehen zunächst einmal ein ebenso traditionsreiches wie vielseitiges wie renommiertes Feld. Alle drei Charakteristika sind gleichermaßen bestimmend für den Blick auf das fremdreferenzielle Komponieren von der Warte der künstlerischen Theorie und Praxis her. Für eine rechtswissenschaftliche Untersuchung, die sich im Blick auf den jüngsten Wandel des soeben skizzierten bisherigen Bearbeitungsrechts mit dem vom BVerfG entwickelten Anspruch und Maßstab kunstspezifischer Betrachtung auseinandersetzen wird, ist es wichtig, sich von vornherein klarzumachen, das bewusste Entlehnung in der künstlerischen Theorie und Praxis eine ausnehmend große Rolle spielt.62 Das ist in der juristischen Debatte nämlich keineswegs gleichermaßen als Konsens und Wissensstand und damit als Ausgangspunkt vorauszusetzen. Gerade musikalische Adaptionskultur erreicht den urheberechtlichen Diskurs regelmäßig nur ausschnittsweise in exemplarischer Form und dann auch noch oftmals in Gestalt von ästhetisch ziemlich speziell liegenden Streitgegenständen. Bewusste Entlehnung von Musik Dritter erscheint dadurch in der judikativen wie der rechtswissenschaftlichen Betrachtung fast immer als Streit über künstlerische Alltäglichkeiten und wird darüber oftmals mit minderwertigem künstlerischem Handeln gleichgesetzt. Zugleich herrscht schon wegen der geringen Zahl an Streitigkeiten der Eindruck vor, fremdreferenzielles Komponieren stelle zudem eine Ausnahme von einem stattdessen in der Regel autonomen persönlich-geistigen Schaffen dar. Beides ist tatsächlich unzutreffend und generiert allzu leicht ein verzerrtes, kunstfernes Bild vom fremdreferenziellen Komponieren. Bis dahin, dass es einen besonderen Rechtsfertigungsdruck impliziert. Was sich in der eben skizzierten alten Rechtslage juristisch etwa in der Beweislastverteilung materialisiert. Die Möglichkeiten der Interaktion zwischen Referenzwerk und fremdreferenzieller Praxis sind jedoch ungleich dichter und komplexer, virtuoser und vielfältiger als all jenes, das als Case Law sichtbar wird. Und fremdreferenzielles Komponieren kommt viel häufiger vor, als es die wenigen Rechtsstreitigkeiten erwarten lassen,

62

Vgl. stellv. nur das Pastiche und die zahllosen skizzierten Beispiele dazu in der Klassischen Musik bei Edgecombe The Musical Times 2017, S. 27ff.

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die bei Gericht anhängig werden. Sucht man einen Indikator, bietet sich als Ausgangspunkt z.B. die von J. Peter Burkholder herausgegebene Bibliographie Musical Borrowing & Reworking an.63 Dort sind alleine über 2000 wissenschaftliche Publikationen zu allen Säulenheiligen abendländischer Musikkultur vom 13. Jahrhundert bis heute und fremdreferenziellem Komponieren verzeichnet, die selbst wiederum nur einen Bruchteil des Forschungsstands repräsentieren.64 Bewusst auf Musik Dritter zurückzugreifen, ist dabei, wie sich z.B. anhand der dort aufgelisteten Forschungsarbeiten zeigt, auch in der künstlerischen Theorie und Praxis etwas substanziell anderes, ungleich spezifischeres, als jene Fremdreferenzialität im weiteren Sinne, die jedem musikalischen Werk immer zu eigen ist. Oder wie Burkholder, dem in den vergangenen Jahrzehnten prägenden Musikforscher zum im Englischen sogenannten Musical Borrowing, resümierte: »If we examined all music borrowed in some way from its predecessors, we would be examining all music«.65 Komponieren ist in diesem Sinne tatsächlich immer eine Auseinandersetzung mit dem Vorgefundenen, dessen Selektion, Anverwandlung und schließlich Konversion in einen neuen musikalischen Zusammenhang. Man operiert in einem Geflecht aus Gegebenen. Dazu zählen u.a. vorgegebene physikalische und physiognomische Modalitäten, verfügbare musikalische Technologien einschließlich Instrumenten, musiktheoretische Traditionen und Konzepte, Genrekonventionen und Besetzungstypen, etablierte Erwartungshaltungen an und Funktionen von Musik. Beim Komponieren entscheidet man sich permanent für und gegen Gegebenes. Bewegt sich unaufhörlich in Optionen, deren Nutzung immer schon andere vor einem erwogen haben; und fügt ihnen nur ausnahmsweise etwas hinzu, das es im strengen Sinne einer Erfindung zuvor so noch nicht gab. Egal, ob man sich mit akademischer und journalistischer Rezeptionsforschung, mit Fandiskursen oder mit Komponistenkommentaren beschäftigt, stets merkt man rasch, dass das kein Malus oder Defizit ist, sondern ein wesentlicher Reiz dieser kulturellen Praxis. Das Arbeiten im Vertrauten bringt Kommunikations- und Anschlussfähigkeit. Der

63 64 65

Vgl. Burkholder Musical Borrowing & Reworking 2021. Vgl. Burkholder Musical Borrowing & Reworking 2021. Burkholder Notes 1994, S. 851 (863). Zum Schlagwort Mashup z.B., das in dieser Studie eine Rolle spielen wird, da es sich in der Begründung der Umsetzung des DSM-RL 2019/790 als Beispiel wiederfindet, verzeichnet Burkholder einen Eintrag. Meine Monographie Döhl Mashup in der Musik 2016 führt hingegen im Literaturverzeichnis dutzende einschlägige wissenschaftliche Arbeiten auf. Das lässt sich für alle Themen vergleichbar durchdeklinieren, gerade bei Nischenpraktiken wie Mashup. Auch liegt der Fokus der Bibliographie nur auf englischsprachiger Literatur. Nichtsdestotrotz stellt Burkholder Musical Borrowing & Reworking 2021 in der Musikforschung einen etablierten Ausgangspunkt in das Thema Fremdreferenzielles Komponieren dar. Insbesondere viele grundlegende Standardwerke sind darüber verzeichnet.

II. Versuchsanordnung

regelmäßig vergleichsweise geringe Anteil dessen, was in einem Werk auftaucht, aber gestern musikalisch noch nicht möglich war oder gemacht wurde, macht bisweilen den Unterschied. Meist aber geht es gar nicht darum. Und wenn man die Musik mit großer Resonanz anschaut, die vielen etwas bedeutet, kann man im musikalischen Material regelmäßig gar nicht identifizieren, was diese Musik auszeichnet, das andere Werke nicht haben. Es ist nichts objektiv materiell Neues da. Es ist die spezifische Kombination von Vertrautem, die das Besondere macht. In der Musikgeschichte aber oft viel tiefere Spuren hinterlässt als wirkliche Innovation. Komponieren ist zuvorderst ein Suchen nach dem Besonderen im Vertrauten. Wodurch wiederum kontinuierlich der Pool des Vertrauten anwächst. Worauf Burkholder hier hinweist, ist aber, dass das, was man als Komponist über Musik als Handwerkszeug weiß und im Schaffensprozess dann abrufen und einsetzen kann, zwar durchaus abstrahier- und verallgemeinerbar ist, etwa hin zu Formenkunde, Harmonielehre oder Genrekonventionen. Aber man muss sich klarmachen, was deren Basis bildet, nämlich immer ältere konkrete künstlerische Entscheidungen Dritter, die über ihren Werkzusammenhang hinaus normative Vorbildfunktion entfaltet haben. Was man lernt, sind tatsächlich keine abstrakten Konzepte. Es sind Extrakte. Man setzt sich beim Komponieren deswegen also immer zumindest mittelbar mit älteren Werken Dritter auseinander. In diesem Sinne gibt es in der Tat keine Musik, die nicht fremdreferenziell ist. Extreme Positionen verbinden sich mit dieser Einsicht in der ästhetischen Theorie. Die einen lehnen es z.B. überhaupt als sachfremd ab, zwischen Komposition und Bearbeitung zu unterscheiden. Sie verstehen, wie Albrecht Riethmüller an Ferruccio Busoni zeigt, Komponieren per se als Bearbeiten,66 ganz im Einklang mit Burkholders Eingangszitat als grundsätzlich geleitet vom »Prinzip Verwandlung«67 , nicht dem der Erfindung – oder wie Thomas Düllo es nennt: »Kultur der Transformation«68 . Eine Position, die durchaus auch im juristischen Diskurs präsent ist, wie hier stellvertreten bei Karl-Heinz Ladeur und Tobias Gostomzyk: »Man könnte trotz des im 19. Jahrhundert vorherrschenden Originalitätswahns soweit gehen zu behaupten, dass sich die Kultur ausschließlich mit dem Variieren dessen befasst, was bereits ist. Sprengung von Tradition ist insoweit lediglich eine erfolgreichere Neuanordnung von Gegebenem.«69 Dieses Prinzip Verwandlung ist dabei eben nicht nur in einem allgemeineren Sinne bezogen auf handwerkliche Kategorien wie Genrekonventionen, sondern auch konkret auf die Arbeiten Dritter. Ein prominentes Beispiel für diese Position ist

66 67 68 69

Vgl. Riethmüller Ferruccio Busonis Poetik 1988, S. 13–16, 165–182. Riethmüller Ferruccio Busonis Poetik 1988, S. 170. Düllo Kultur der Transformation 2011. Ladeur/Gostomzyk ZUM 2004, S. 426 (432).

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Harold Blooms The Anxiety of Influence.70 Hierin wird die These formuliert und ausgearbeitet, dass gerade die ›große Kunst‹, die ein Denken geleitet vom Originalitätstopos und -paradigma überhaupt erst in den Werkbegriff und darüber schließlich ins Recht gebracht hat,71 stattdessen tatsächlich regelmäßig ein dezidiertes Abarbeiten an anderen Künstlern von Rang und ihren Werken auf diesem Ausnahmeniveau darstellt. Ein Denken, das konstitutiv für alles ist, was man in den Künsten Kanon nennt,72 bei Bloom als ›Einflussangst‹ (so der Titel der deutschen Übersetzung) im Übrigen durchaus negativ gedacht ist. Andere statuieren – wie z.B. in der sogenannten Intertextualitätstheorie, wie sie namentlich Autor*innen wie Julia Kristeva, Roland Barthes, Gérard Genette und Manfred Pfister theoretisch beschrieben haben –, dass letztlich u.a. kein Bedeutungselement eines Werks isoliert von seinem Verhältnis zu allen anderen Werken existieren kann, es also kein im absoluten Sinne unabhängiges, autonomes Werk geben kann, sondern per se nur ein relationales.73 Kristeva etwa sieht zu Beginn des Diskurses um Intertextualität 1967 jeden Text als »Mosaik aus Zitaten«74 , freilich deutlich verschieden zum urheberrechtlichen Zitatbegriff im Sinne einer gerade stets das Zitierte transformierenden Absorption und Integration in und durch den jeweils neuen Kontext. (Wie noch im Einzelnen zu sehen sein wird, taucht dieser Intertextualitätsbegriff auch in der Begründung des aktuellen Urheberrechtsnovelle als Argument auf.) Diese geradezu absolutistischen Extrempositionen sind zutreffend. Sie machen Grundprinzipien kultureller Praxis klar. Und dass sich die Dinge so verhalten, wirft rechtlich gerade im Bereich der Bewertung zufälliger Ähnlichkeiten (Doppelschöpfungen) enorme Probleme auf. Dem ungeachtet hat die hier interessierende bewusste, zielgerichtete Entlehnung aus konkreten Werken Dritter, um damit musikalisch weiterzuarbeiten, eine spürbar andere, besondere Qualität. Darin sind sich künstlerischer und juristischer Diskurs einig. Denn hier wird mit Absicht Fremdreferenzialität gesucht und Intertextualität hergestellt. Fremdreferenzielles Komponieren ist freilich ein künstlerisch ausnehmend vielfältiger Bereich. Das wird diese Studie intensiv beschäftigen, so sich zwangsläufig Probleme dann ergeben, sobald eine solche Diversität auf ein Bearbeitungsrecht trifft, das mit einem abschließenden Katalog privilegierter Aneignungsprak70 71 72

73

74

Vgl. Bloom The Anxiety of Influence 1973. Vgl. zur Entstehung und Verfasstheit des Werkbegriffs in der Musik grundlegend Goehr The Imaginary Museum of Musical Works 2007. Vgl. zum Kanon in der Musik Kerman Critical Inquiry 1983, S. 107ff.; Gerhard Kanon; WaldFuhrmann Handbuch Kanon und Wertung 2013, S. 371ff.; sowie die Beiträge in Pietschmann/ Wald-Fuhrmann Der Kanon der Musik 2013. Vgl. Kristeva Literaturwissenschaft und Linguistik III 1972, S. 345 (348); Barthes Texte zur Theorie der Autorschaft 2000, S. 185 (190f.); Genette Palimpseste 1993, S. 10f.; Pfister Intertextualität 1985, S. 1 (25). Kristeva Literaturwissenschaft und Linguistik III 1972, S. 345 (348).

II. Versuchsanordnung

tiken operiert. Man schaue für eine erste Illustration besagter Vielfalt nur einmal auf die Formen der Fremdreferenzialität, die Burkholder alleine nur als typische Strategien des Musical Borrowing für das Schaffen nur eines einzigen Künstlers identifiziert hat, des amerikanischen Avantgardekomponisten Charles Ives: »Uses of Existing Music in the Works of Charles Ives: 1. Modeling a work or a section on some aspect of an existing piece; 2. Variations on an existing melody; 3. Paraphrasing and existing melody to form a new melody; 4. Setting of an existing melody with a new accompaniment; 5. Cantus Firmus, presenting a given melody in long notes against a faster moving texture; 6. Medley, stating two or more existing melodies one after the other; 7. Quodlibet, combing two or more existing melodies in counterpoint or in quick succession; 8. Stylistic allusion, alluding not to a specific work, but to a general style; 9. Transcription of a work for a new medium; 10. Programmatic quotation, using an existing melody to provide an extra-musical idea or concept; 11. Cumulative setting, in which the borrowed melody is presented in its complete form only near the end of the work, preceded by development of motives from the melody; 12. Collage, which uses a numerous quoted and paraphrased melodies in juxtaposition; 13. Patchwork, combing fragments of two or more melodies. 14. Extended paraphrase, a melody for an entire work or section of a work is paraphrased from an existing piece of music.«75 Fremdreferenzielles Komponieren wie dieses kennt nicht nur ganz unterschiedliche Erscheinungsformen und Nuancen. Es ist vor allem auch alltägliche musikalische Praxis. Es kommt sehr oft vor. Oder wie Linda Hutcheon zu Beginn ihrer Theorie der Adaption statuiert: »Adaptations are everywhere today«76 . Wer nicht von den spärlichen juristischen Fallsammlungen, sondern von der künstlerischen Theorie und Praxis her kommt und damit der überreichen Geschichte fremdreferenziellen Komponierens, blickt daher von vornherein mit einem ganz anderen Maß an Sympathie und einem ganz anderen Grad an Respekt auf den Bereich fremdreferenziellen Komponierens. Denn den Ausgangspunkt bildet hier stets der enorme ästhetische Reichtum, der sich darüber entfaltet. Das hat Konsequenzen für den evaluativen Blick auf das Bearbeitungsrecht. Denn es führt zwangsläufig dazu, dass man besonderes Augenmerk auf die Leistungsfähigkeit der rechtlichen Ordnung dahingehend legt, diese enorme kulturelle Produktivität zumindest nicht zu behindern. An dieser Stelle liegt der besondere Fokus dieser Studie. Hier entstehen nämlich Interessen- und Zielkonflikte, die im Folgenden immer wieder in den Vordergrund treten werden. Im Blick hierauf ist festzuhalten, dass die Frage nach der jeweils geltenden Ordnung des urheberrechtlichen Regimes im Bearbeitungsrecht, insbesondere der Position und 75 76

Burkholder Notes 1994, S. 851 (854). Hutcheon A Theory of Adaptation 2013, S. 2.

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Kontur des Kipppunkts zwischen abhängiger Bearbeitung im engeren Sinne und selbstständiger Aneignung, also ein Thema von großer Relevanz für die Künste mit potenziell weiterreichenden Konsequenzen darstellt. Anders als das wenige Case Law suggeriert, geht das, was hier rechtlich ausgehandelt wird, schlicht sehr viel Musik und Musiker an. * * * Diese reiche Kultur fremdreferenziellen Komponierens kennt nun kategorial unterschiedliche Aggregatzustände. Darauf wies bereits Burkholders Liste bevorzugter Aneignungsstrategien bei Charles Ives hin. Im Kontext der Vielfalt künstlerischer Adaptionsformen stößt man zunächst auf zahllose Aneignungsstrategien, die mal origineller, mal stereotypischer sind, aber doch stets ganz klar die Vorlage im Mittelpunkt lassen. Es sind letztlich Realisierungen dieser Vorlagen. Das Näheverhältnis zur Vorlage ist unterschiedlich ausgeprägt bei der Darbietung eines klassischen Werks durch einen klassischen Instrumentalisten, bei der Jazzimprovisation über ein gegebenes Lied eines Dritten oder bei der Adaption eines Theaterstücks oder Romans oder Films zu einer Oper oder einem Musical oder einem bekannten Sample in einem Hip-Hop-Track. Aber stets geht es um die Vorlage um ihrer selbst willen, um ein Ausleuchten und Erkunden bestimmter ästhetischer Spezifika und Potenziale des Übernommenen. Die Vorlage ist nicht bloßer Ausgangspunkt, sie bleibt Bezugspunkt – Hauptsache. Es geht um sie. Dies sind alles Fälle künstlerischer Auseinandersetzung, in denen das Recht innerhalb der Schutzfristen eine Einwilligung des Vorlagengebers verlangt, zur Bearbeitung, Aufführung, Aufnahme usw., da der Schutzbereich des Vorlagenwerks berührt ist. Dann hat man mit Szenarien zu tun, in denen der Ausgang von Arbeiten Dritter im neuen Werk gar nicht mehr erkennbar ist. Entweder weil Handwerkszeug übernommen wurde, das man sich zwar an einer bestimmten Stelle abgeschaut hat, aber doch so unspezifisch ist, dass andere es dieser Quelle nicht mehr zuordnen. Oder weil die Auseinandersetzung negativ war, man sich aufgrund der Auseinandersetzung also gegen eine künstlerische Lösung und für eine andere entschieden hat, so dass die Vorlage das neue Werk zwar prägt, aber nicht in einer direkt sinnlich wahrnehmbaren Weise. Oder weil die Auseinandersetzung hinterher nicht mehr erkennbar ist, weil die Übernahme versteckt, verändert, überlagert wurde oder schlicht vollständig im neuen musikalischen Zusammenhang aufgegangen ist. Oft weisen dann erst externe Faktoren wie Aussagen des Künstlers auf dergleichen Beziehungen hin. Dies sind alles Fälle künstlerischer Auseinandersetzung, die jenseits des Schutzbereichs des Rechts liegen – auch wenn sie in der künstlerischen Theorie und Praxis gleichwohl von großer Bedeutung sind.

II. Versuchsanordnung

Und dann gibt es schließlich all jene Fälle bewusster Entlehnung, die irgendwo zwischen diesen beiden Extremen liegen und oft eigenartig oszillieren und irritieren, wenn man nach dem Nähe- bzw. Distanzverhältnis zwischen Vorlage und neuer Arbeit fragt. Für ihre rechtliche Behandlung interessiert sich die vorliegende Studie. D.h. für Fälle, in denen die Vorlage erkennbar präsent bleibt und doch nicht im Mittelpunkt der kompositorischen Strategie und ästhetischen Erfahrung des neuen künstlerischen Zusammenhangs steht. Es sind die Fälle, die, wenn sie gelingen, im künstlerischen Diskurs regelmäßig die größte Aufmerksamkeit erfahren. Es sind besondere Konstellationen. Hier muss sich das jeweils geltende Bearbeitungsrecht aus Sicht kultureller Produktivität in besonderem Maße als leistungsstark erweisen. Hier wird das Zentrum der Diskussionen in dieser Studie liegen. Qualitativ durchschreiten die künstlerischen Resultate in dieser dritten Gruppe fremdreferenziellen Komponierens das ganze Spektrum von trivial bis epochal, von Trittbrettfahren bis Meisterwerk. Und dies oft innerhalb derselben künstlerischen Praxis. Entsprechendes gilt für das Maß der Inputs von Vorlagengeber und Vorlagennehmer, den Grad der Verschmelzung der Anteile, das Maß an Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit der jeweiligen Beiträge, und für das, worauf der Fokus hinterher in der ästhetischen Erfahrung des Resultats liegt. Daher ist es entscheidend bei kunstspezifischer Betrachtung, zunächst einmal die Limitation des Case Law aufzubrechen und den rechtswissenschaftlichen Diskurs für die Vielfalt dessen zu sensibilisieren, was fremdreferenzielles Komponieren an dieser Stelle alles heißt. Man denke stellvertretend nur an die deutschen und eingedeutschten Re-Begriffe, die prominent im ästhetischen Diskurs stehen und dabei das Spektrum an Formen und Strategien musikalischer Beziehungsstiftung anzeigen, als Recycling, Reenactment, Reworking, Reimagination, Renovation, Revival, Reissue, Remake, Remaster, Remix, Restaging, Replay, Reunion, Relaunch, Reboot, Remodeling, Rethinking, Recombination, Reprocessing, Rereading oder Reanimation, als Rekonstruktion, Rekonfiguration, Reinszenierung, Retrospektive und Retro.77 Gerade um diese Vielfalt deutlich zu machen, wird im Folgenden die zu analysierende Systematik des Bearbeitungsrechts und ihr aktueller Wandel mit einer Vielzahl künstlerischer Praktiken und Beispiel konfrontiert werden, die nie ein Richter bewertet hat bislang. Dies ist zwingend geboten, will man ein hohes Maß an Rechtssicherheit gewinnen und zugleich eine rechtpolitische Bewertung der derzeitigen Änderungen erreichen. Die große Herausforderung für das Recht, das entlang des Kipppunkts zwischen abhängiger Bearbeitung im engeren Sinne und selbstständiger Aneignung

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Vgl. Reynolds Retromania 2011, S. xi; Morey IASPM@Journal 2012, S. 48 (59). Dies ist eine Erweiterung der korrespondierenden Liste in Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 17.

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endgültige, folgenreiche Entscheidungen treffen muss, ist nun, dass in dieser dritten Gruppe eine Differenzierung nicht nach objektiven, verallgemeinerbaren Kriterien erfolgen kann, z.B. quantitativ entlang der Quote gemeinsamen musikalischen Materials. Zwei extreme Beispiele mögen dies illustrieren: So kann in der Praxis eine künstlerische Arbeit eine tiefgehende Auseinandersetzung mit einer älteren eines anderen darstellen, ohne diese »auch nur zu erwähnen«, wie der Literaturwissenschaftler Gérard Genette unter dem Begriff Metatextualität erläutert: »So bezieht sich etwa Hegel in der ›Phänomenologie des Geistes‹ andeutungsweise und gleichsam stillschweigend auf ›Rameaus Neffe‹« von Denis Diderot.78 Umgekehrt können zwei Arbeiten von der Warte sinnlicher Wahrnehmung aus gesehen praktisch nicht mehr zu unterscheiden sein, aus der Perspektive künstlerische Theorie und Praxis aber kategorial verschiedene Entitäten mit einem völlig anderen Status darstellen. Der Philosoph Arthur C. Danto hat dies erstmal für die bildende Kunst am Beispiel von Andy Warhols Brillo Boxes (1964) gezeigt.79 Warhols Werk ist der Nachbau eines Waschmittelkartons der Firma Brillo, ein Produktdesign des Künstlers James Harvey von 1961.80 Die beiden Objekte sehen nicht ganz gleich aus, aber nahezu.81 Für den ästhetischen Diskurs ist freilich klar, dass die gegebenenfalls minimalen optischen, vor allem materialbedingten Abweichungen für das Verhältnis der beiden Arbeiten keine Rolle spielen, wie Danto zeigt, ebenso wenig wie der Status der Schöpfer – Warhol wie Harvey waren Künstler – oder das handwerkliche Niveau.82 Warhols Brillo Boxes sind ganz klar eine Adaption. Sein Werk stellt seine Fremdreferenzialität offen aus. Ein höheres Maß an Fremdreferenzialität ist nicht vorstellbar. Und doch besteht Einigkeit, dass Warhols Werk nicht nur selbstständig ist, sondern sogar eine ganz andere ästhetische Ebene erreicht: Harveys Arbeit ist Produktdesign, Warhols Kunst. Einzig der Diskurs macht hier den Unterschied – aber eben einen großen.83 Fremdreferenzielle Kompositionen in dieser dritten Gruppe sind etwas anderes als Bearbeitungen im engeren Sinne, weil trotz der anhaltenden Präsenz der Vorlage in ihnen die ästhetische und bisweilen inhaltliche Aussage des neuen Zusammenhangs deutlich eigenständiger ausfällt, sie für die Spezifik eben dieser ästhetischen Aussage und Qualitäten aber der Präsenz der Vorlage bedürfen. Es sind 78 79 80 81 82 83

Genette Palimpseste 1993, S. 13. Vgl. Danto Journal of Philosophy 1964, S. 571 (580f.); Danto The Transfiguration of the Commonplace 1981, S. 208. Vgl. Golec The Brillo Box Archive 2008, S. 2–6. Vgl. Luethy Kunst. Fortschritt. Geschichte 2006, S. 57ff. Vgl. Danto Journal of Philosophy 1964, S. 571 (580); Danto The Transfiguration of the Commonplace 1981, S. 44. Vgl. Danto Journal of Philosophy 1964, S. 571 (580); Danto The Transfiguration of the Commonplace 1981, S. 44. Die Ausführungen in diesem Absatz entwickeln weiter Döhl Recht & Netz 2018, S. 269 (287f.).

II. Versuchsanordnung

dialogische Werke. Und ein Teil – aber eben nur ein Teil – ihrer Charakteristik liegt im virtuellen Zusammenspiel mit einer identifizierbaren Vorlage. Man kann Vergils Aeneis und James Joyces Ulysses ohne Rekurs auf Homers Odyssee rezipieren; aber die Erfahrung ist eine andere, und durchaus ärmere, wie Gérard Genette in Palimpseste gezeigt hat. Denn die Aeneis ist eine Fortschreibung der Odyssee, so wie es heutzutage z.B. den Bereich der Fan Fiction im sogenannten User Generated Content prägt. Und der Ulysses ist eine Aktualisierung der Odyssee, ein Erkunden ihrer Kerncharakteristika und -strukturen, freilich in einem völlig anderen narrativen und ästhetischen Setting. Es sind dialogische Werke, die ganz für sich stehen, aber enorme ästhetische Energie aus ihrer Fremdreferenzialität ziehen. Für ihre Schöpfer, indem es sie inspirierte, und für uns Rezipienten, weil in diesem doppelten Boden mit all seinen Vergleichsebenen ein großer zusätzlicher Reichtum an Bedeutung, Emotion und Intensität steckt. Künstler wie Kunstinteressierte landen nicht ohne Grund so oft in diesem Zwischenraum zwischen eigen und fremd. Es ist eine andere, ganz eigene Kunst und Kunsterfahrung, die hier entstehen kann, aber an anderer Stelle ohne dies dialogische Verhältnis eben nicht zu haben ist. D.h. nicht, dass man das Ganze nicht an Bedingungen für einen Interessenausgleich knüpfen kann. Aber es macht klar, dass jedenfalls die klassische Fundamentalreplik in Bearbeitungsrechtsstreitigkeiten, dass sich der Übernehmende doch einfach selbst etwas ausdenken möge, schlicht eine kunstferne Position darstellt, die darin zu kurz greift, dass sie an zentraler Stelle die Spezifik solcher Kunstproduktion und Kunsterfahrung nicht versteht, jedenfalls verleugnet und zugleich für andere, vermeintlich unabhängige künstlerische Arbeiten ein Autonomiemaß behauptet, dass diesen wie gesehen regelmäßig nicht zu eigen ist.84 * * * Das Urheberrecht könnte es sich an dieser Stelle einfach machen, sehr viel einfacher, als es das tut: •



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Es könnte sich unterhalb eines bestimmten hohen Ähnlichkeitsniveaus nicht für das Näheverhältnis von Musikwerken interessieren, z.B. dies erst dann tun, wenn wie im Markenrecht am Markt von Verwechslungsgefahr auszugehen wäre. Es könnte sich all die ästhetischen Evaluationsherausforderungen im großen Stil schenken, indem mit pauschalen Lösungen operiert wird, wie es z.B. gerade für einen spezifischen Nutzungsbereich (Plattformuploads) eingeführt wird (§ 10 UrhDaG: sogenannte geringfügige Nutzungen von bis zu 15 Sekunden eines Filmwerks oder einer Tonspur, 160 Zeichen eines Textes oder 125 Kilobyte Vgl. zum Konzept der Autonomie in der Musik grundlegend Taruskin Archiv für Musikwissenschaft 2006, S. 163ff. und 309ff.

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einer visuellen Arbeit werden bei nicht- oder geringkommerziellem Zweck von den Obliegenheiten des UrhDaG ausgenommen). Es könnte einen Kunstanspruch analog zum Maß des Innovationsgebots im Patentrechts etablieren – § 4 S. 1 PatentG: »eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt«. Oder es könnte, wie es z.B. im Bereich der Begründung des Rechts auf Covern getan wurde, auf die Mündigkeit der Rezipienten abstellen, die schon in der Lage seien, zwischen Original und Imitat zu unterscheiden.85

Aber das Bearbeitungsrecht geht den schwereren Weg. Und versucht den skizzierten unterschiedlichen Szenarien und Intensitäten der bewussten Entlehnung aus Werken Dritter durch ein komplexes System gerecht zu werden. Das war im alten Recht so und wird im neuen nicht anders sein. Das ist für sich schon eine kunstnahe Grundhaltung. Das gilt es zu Beginn dieser Abhandlung festzuhalten. Das Bearbeitungsrecht erkennt hierin erstens an, dass die persönliche Bindung zwischen Schöpfer und Werk keineswegs kategorisch anders liegt zwischen einem innovativen Meister und jemandem, der ein Lied mit drei Akkorden zusammenbastelt. Es versteht zweitens, dass das Maß materieller Komplexität und Originalität nichts über den ästhetischen (geschweige denn sozialen und ökonomischen) Wert von etwas Musikalischem aussagt: Die bewundernswertesten Schöpfungen können kompliziert, vieldimensional, innovativ und handwerklich virtuos sein; sie können aber genauso gut in einem Ausmaß einfach sein, dass man geradezu perplex zurückbleibt. Die Musikgeschichte ist reich an beidem. Und es sieht drittens, dass es einen kulturellen Konsens darüber gibt, dass in der Tat nicht nur alle Musik nicht gleich, sondern auch nicht gleichwertig ist. Dass es vielmehr von Fall zu Fall Unterschiede gibt in Machart, Resonanz und Qualität, aber eben auch im Maß an Originalität bzw. umgekehrt eben an Abhängigkeit von älteren Werken Dritter, die auch erfahr- und benennbar sind. Eine Vielzahl von Begriffen von authentisch bis epigonal markiert eben jene virtuelle Grenzlinie im Kunstdiskurs, die auch das Bearbeitungsrecht in den Griff zu bekommen versucht und um die es in dieser Studie geht. Recht- und Kunstdiskurs verbindet also bereits, dass man sich an zentraler Stelle an derselben Herausforderung abarbeitet: dem Kipppunkt zwischen ästhetischer Abhängigkeit und Eigenständigkeit. An diesem Punkt den Dialog zwischen beiden Sphären über die Kategorie kunstspezifischer Betrachtung ausbauen zu wollen, wie ich es hier im Folgenden unternehme, versucht also das Potenzial von etwas zu heben, das in seinen Voraussetzungen bereits etabliert, aber eben noch nicht seinem Potenzial gemäß entwickelt ist. 85

Vgl. LG München I ZUM-RD 2002, S. 14 (16f.).

II. Versuchsanordnung

3.

Kunstspezifische Betrachtung als Anspruch und Maßstab des Interessenausgleichs im Bearbeitungsrecht

Mein besonderes Forschungsinteresse in dieser Studie gilt der Frage, ob und wie der neue Stand des Bearbeitungsrechts in der Lage ist, der Relevanz, Spezifik und Diversität fremdreferenziellen Komponierens adäquat Rechnung zu tragen.86 Denn dies ist nach der hier vertretenen Auffassung die Voraussetzung dafür, dass es überhaupt möglich ist, jenen Interessenausgleich angemessen durchzuführen, den an dieser Stelle des Bearbeitungsrechts sowohl das BVerfG als auch der EuGH vorsehen zwischen dem Grundrecht auf Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG, Art. 13 EU-CFR) und dem Grundrecht auf Eigentumsfreiheit (Art. 14 GG, Art. 17 Abs. 2 EU-CFR). Beide Grundrechte sind bei allen hier anstehenden Fragen auszubalancieren, keines trumpft an einer Stelle pauschal das andere – das ist eines der Resultate des Metall-auf-Metall-Rechtsstreits für das Bearbeitungsrecht. Das war vor diesem Rechtsstreit nicht nur partiell offen und ungeklärt in der Judikative und umstritten in der Literatur. Es galt in Teilen tatsächlich dezidiert eine andere Rechtslage. Man denke stellvertretend nur an das insoweit zunächst schrankenlos, ohne Rücksicht auf die Kunstfreiheit geltende Tonträgerherstellerrecht. Die mit dieser Perspektive notwendig einhergehende interdisziplinäre Öffnung hin zu künstlerischer Theorie und Praxis anzugehen, wie es hier unternommen wird, ist deswegen geboten, weil das BVerfG im hiesigen Kontext für den besagten grundrechtlichen Interessenausgleich die Beachtung einer »kunstspezifischen Betrachtung«87 vorgeschrieben hat; in Übertragung von Begriff und Konzept aus älteren Entscheidungen zur Balance von Kunstfreiheit und Eigentumsfreiheit im Bereich des Theaters sowie von Kunstfreiheit und Persönlichkeitsrecht auf den Gebieten von Literatur und Theater auf die hiesige Abwägung zwischen abhängiger Bearbeitung im engeren Sinne und selbstständiger Aneignung im Feld der Musik.88 Das BVerfG formuliert dieses Gebot an prominenter Stelle im Metall-auf-MetallRechtsstreit, gleich zu Beginn seines Urteils. Denn wenn der Staat faktisch erheblichen Einfluss auf die inhaltliche Gestaltbarkeit von Werken nimmt, bedarf es eines kunstspezifischen Korrektivs, um die Kunstfreiheit gebührend zur Geltung zu bringen.89 Oder wie das BVerfG formuliert:

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Dieser Abschnitt entwickelt weiter Döhl UFITA 2020, S. 236 (261–272). Vgl. BVerfG ZUM 2016, S. 626 (626), Tenor 1 sowie (633), Rn 85f., (635), Rn 99 – Metall auf Metall. Vgl. BVerfG ZUM 2000, S. 867 (869), Rn 21f. [Rn nach BVerfG-Website] – Germania 3; BVerfG ZUM 2007, S. 829 (836), Tenor 2, Rn 38, 49, 56, 63, 82, 85, 98 [Rn nach BVerfG-Website] – Roman »Esra«; BVerfG GRUR-RR 2008, S. 206 (207), Rn 11f. – Theaterstück »Ehrensache«. Vgl. Frenz Öffentliches Recht 2019, S. 119, Rn 386; Grünberger ZUM 2021, S. 257 (271).

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»Die kunstspezifische Betrachtung verlangt, bei der Auslegung und Anwendung der urheberrechtlichen Ausnahmeregelungen die Übernahme fremder Werkausschnitte in eigene Werke als Mittel künstlerischen Ausdrucks und künstlerischer Gestaltung anzuerkennen und damit diesen Vorschriften für Kunstwerke zu einem Anwendungsbereich zu verhelfen, der weiter ist als bei einer anderen, nicht künstlerischen Nutzung. Bei der rechtlichen Bewertung der Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken steht dem Interesse der Urheberrechtsinhaber, die Ausbeutung ihrer Werke ohne Genehmigung zu fremden kommerziellen Zwecken zu verhindern, das durch die Kunstfreiheit geschützte Interesse anderer Künstler gegenüber, ohne finanzielle Risiken oder inhaltliche Beschränkungen in einen Schaffensprozess im künstlerischen Dialog mit vorhandenen Werken treten zu können. Steht der künstlerischen Entfaltungsfreiheit ein Eingriff in die Urheberrechte gegenüber, der die Verwertungsmöglichkeiten nur geringfügig beschränkt, so können die Verwertungsinteressen der Urheberrechtsinhaber zugunsten der Freiheit der künstlerischen Auseinandersetzung zurückzutreten haben.«90 Das Gebot kunstspezifischer Betrachtung ist als Richtschnur nicht umfassend definiert. Und es fristet ein erstaunlich randständiges Dasein im urheberrechtlichen Schrifttum, verglichen mit anderen, monographieträchtigen Kategorien wie freie Benutzung, Parodie, Plagiat, kleine Münze, Sampling etc. Man muss sich die verstreuten Äußerungen zu Bedeutung, Inhalt und Tragweite des Gebots kunstspezifischer Betrachtung in Rechtsprechung und Literatur zusammensuchen. Aber seine übergeordnete Position wird dennoch klar: Das Gebot bindet und leitet alle Gerichte ab dem BGH abwärts.91 Und es betrifft gleichermaßen Werk- und Wirkbereich der Kunstfreiheit.92 »Nicht nur die künstlerische Betätigung selbst, sondern auch die Darbietung und Verbreitung des Kunstwerks seien sachnotwendig für die Begegnung mit dem Werk als eines ebenfalls kunstspezifischen Vorgangs«, wie Johann Friedrich Henschel schon vor mehr als drei Jahrzehnten resümierte.93 Die kunstspezifische Betrachtung wurde als Gebot zwar zunächst beim Ausgleich von Kunstfreiheit und Persönlichkeitsrecht etabliert und erfährt dort auch das größte Maß an Konturierung.94 Im Metall-auf-Metall-Urteil positionierte es das BVerfG 2016 jedoch unmissverständlich auch als maßgeblich für den Ausgleich von 90 91 92 93 94

BVerfG ZUM 2016, S. 626 (633), Rn 86 – Metall auf Metall. Vgl. Grünberger ZUM 2020, S. 175 (201); Schulze GRUR 2020, S. 128 (129f.). Vgl. BVerfG GRUR 1971, S. 461 (463) – Mephisto; BVerfG ZUM 2005, S. 809 (810) – Xavier Naidoo; BVerfG ZUM-RD 2019, S. 505 (506) – Märchenbilder. Vgl. dazu Henschel NJW 1990, S. 1937 (1939). Henschel NJW 1990, S. 1937 (1939). Vgl. Henschel NJW 1990, S. 1937ff.; Obergfell ZUM 2007, S. 910ff.; Ladeur/Gostomzyk ZUM 2004, S. 426ff.; Lenski NVwZ 2008, S. 281ff.

II. Versuchsanordnung

Kunst- und Eigentumsfreiheit im Bearbeitungsrecht.95 Genau diese Übertragung des Gebots kunstspezifischer Betrachtung, das hinsichtlich der Frage erlaubnisfreier Aneignung aus Werken Dritter im Germania-3-Beschluss vom BVerfG zunächst nur für das Zitatrecht etabliert worden war,96 auch auf die freie Benutzung, war zuvor in der Literatur wiederholt mit Nachdruck gefordert worden.97 Und zwar insbesondere mit Fokus auf die Auslegung der Fallgruppen des sogenannten inneren Abstands.98 Im Metall-auf-Metall-Urteil BVerfG wird das Gebot auch näher konkretisiert, was im späteren Verlauf hiesiger Studie noch eine wichtige Rolle spielen wird.99 Das BVerfG verlangt hier nämlich insbesondere die Berücksichtigung »genrespezifischer Aspekte«100 . Das macht klar, was das Gebot anstrebt: Dass das Recht innerkünstlerische Normen und Standards differenziert nach künstlerischen Milieus und Traditionszusammenhängen zur Kenntnis zu nehmen und insoweit informiert zu entscheiden hat.101 Und dabei dem Künstler an dieser Stelle möglichst große Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit zu belassen hat, wie Matthias Leistner bezogen auf das Zitatrecht ergänzt: »Damit wird es für die Zielgerade des Rechtsstreits vor dem BGH entscheidend auf eine ›kunstspezifische Betrachtung‹ ankommen, in deren Rahmen grundsätzlich die Prärogative des nutzenden Künstlers anzuerkennen ist, in bestimmten äußersten Grenzen selbst zu entscheiden, welche Form der (künstlerischen) Interaktion er wählt und was hierfür im Sinne des Zitatrechts ›notwendig‹ ist. Diese aufgrund von Art. 5 GG und Art. 13 EU-GrCh gebotene kunstspezifische Betrachtungsweise führt dazu, dass mit Blick auf die Notwendigkeit der Nutzung genau identischer Klangfragmente und dem diesbezüglich zugrunde liegenden künstlerischen Zweck ein weiter Einschätzungsspielraum des betreffenden Künstlers besteht, so dass das Zitatrecht in diesem Bereich einen weiteren Anwendungsbereich haben kann als in anderen Bereichen.«102 Das wurde z.B. auch im TV-Total-Urteil des BGH 2008 ebenfalls zum Zitatrecht deutlich, indem aufgrund kunstspezifischer Betrachtung für das künstlerische Zitat der Zitatbegriff derart ausgelegt wurde, dass es gar keiner Interaktion mit der Vgl. BVerfG ZUM 2016, 626 (626), Tenor 1, (633), Rn. 85f., (635), Rn 99 – Metall auf Metall. Vgl. BVerfG ZUM 2000, S. 867ff. – Germania 3. Vgl. Czernik Die Collage in der urheberrechtlichen Auseinandersetzung zwischen Kunstfreiheit und Schutz des geistigen Eigentums 2008, S. 284f.; Huttenlauch Appropriation Art 2010, S. 149ff. 98 Vgl. Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 185. 99 Vgl. Podszun ZUM 2016, S. 606 (607). 100 BVerfG ZUM 2016, S. 626 (635), Rn 99 – Metall auf Metall. 101 Vgl. BVerfG GRUR 1971, S. 461 (468) – Mephisto. 102 Leistner GRUR 2019, S. 1008 (1013).

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Vorlage um ihrer selbst willen bedarf, sondern das Zitierte auch ausschließlich »als ›Gegenstand und Gestaltungsmittel‹ der Aussage des Künstlers dienen kann«, wie Henrike Maier betont.103 Entsprechend sind also »strukturtypische Merkmale einer Kunstform zu berücksichtigen«, wie das BVerfG an anderer Stelle ergänzt.104 Eigengesetzlichkeit der Kunst, Fiktionalitätsvermutung und ästhetische Mündigkeit des Publikums sind zu beachten,105 was u.a. bedeutet, dass ein Kunstwerk selbst bei Anknüpfung an Realität grundsätzlich eine »neue ästhetische Wirklichkeit schafft«, eine »gegenüber der ›realen‹ Wirklichkeit verselbstständigte ›wirklichere Wirklichkeit‹«.106 * * * Die vom BVerfG als »genrespezifische Aspekte«107 gesetzte, aber nicht näher konkretisierte Kategorie Genre erlaubt es einem nun in exemplarischer Weise, zu erarbeiten, was einem der Anspruch und Maßstab kunstspezifischer Betrachtung bringt, wen er als Vehikel zur Annäherung an künstlerische Theorie und Praxis genutzt wird: Genre ist eine ausgesprochen komplexe Kategorie in der künstlerischen Theorie und Praxis.108 Genres sind unauflöslich immer eine Verbindung von einerseits Kontinuität stiftenden Momenten (z.B. musikalische und soziale Konventionen), anderseits Instabilität und hierin doch zugleich eben auch Dynamik verantwortenden Momenten (z.B. Vielfalt der Meinungen und Funktionen). Schon auf ganz basaler Ebene macht es einen großen Unterschied, ob man sich für die erstgenannten oder die letztgenannten Aspekte interessiert – oder beides auszubalancieren versucht. Es ist schon deswegen gar nicht so einfach, zu sagen, was ein Genre ist und was es ausmacht, obwohl über Genres zu sprechen Alltag ist. Für Vertreter der erstgenannten Perspektive schaffen Genres vor allem Stabilität im historischen Wandel und Orientierung in einer für den Einzelnen unüberschaubaren Masse an musikalischer Produktion und musikbezogener Kommunikation.109 Für Vertreter 103 Maier Remixe auf Hosting-Plattformen 2019, S. 25. Vgl. auch Kleinemenke Fair Use im deutschen und europäischen Urheberrecht 2013, S. 79ff. 104 BVerfG ZUM-RD 2018, S. 265 (267), Rn 22. 105 Vgl. Ulmer-Eilfort/Obergfell Verlagsrecht 2013, Kap. I, Rn 38; Säcker/Rix-ecker/Oetker/Limperg MüKoBGB 2018, Anhang zu § 12, Rn 237; Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann BeckOGK-BGB 2020, § 823, Rn 1366. 106 BVerfG ZUM 2007, S. 829 (836), Rn 82f. – Roman »Esra«. 107 BVerfG ZUM 2016, S. 626 (635), Rn 99 – Metall auf Metall. 108 Die nachfolgende Bestimmung des Genrebegriffs ist übernommen aus Döhl Musikgeschichte ohne Markennamen 2019, S. 145–162. Sie wurde mit Döhl UFITA 2020, S. 236 (261–269) in den juristischen Diskurs eingeführt. 109 Vgl. Frith Performing Rites 1996; Negus Music Genres and Corporate Cultures 1999; Holt Genre in Popular Music 2006; Brackett Categorizing Sound 2016.

II. Versuchsanordnung

letztgenannter Perspektive erweist sich diese Stabilität als eine leere Behauptung, die im schlimmsten Fall obendrein alles Individuelle dem Diktat von Genrenormen und der Suche nach Ähnlichkeiten und Ähnlichem opfert.110 Wieder andere meinen, dass gerade Individualität anders als über vergleichsweise stabile Genrebegriffe gar nicht erst als solche wahrnehmbar und damit beurteilbar wäre.111 Welche Position man auch vertritt: Es ist unvermeidbar, dass Musik stets zu Genres gehört, und zugleich unmöglich, Genres quasi rein zu bestimmen.112 Genres sind Diskursräume, in denen Schnittmengen ausgehandelt werden.113 Immer wird ein Erwartungshorizont an Musik herangetragen, der nicht erst durch diese Musik entstanden ist. Immer verbleiben Dimensionen im Vergleich von Musik und Erwartungshorizont, die nicht zur Deckung gelangen. Man kann keine genrelose Musik schreiben oder spielen – auch wenn Musiker das auffallend oft behaupten, wenn sie für sich künstlerische Autonomie reklamieren.114 Zugleich kann man keine Musik schreiben oder spielen, in der ein Genre aufgeht – auch wenn Kritiker gerne von ›Prototyp‹ oder ›Inbegriff‹ eines Genres sprechen und damit so tun, als ob eben dies ginge. Das ist, was Jacques Derrida in seinem grundlegenden Aufsatz Das Gesetz der Gattung »Teilhabe ohne Zugehörigkeit«115 nennt. Schaut man genau hin, sieht man u.a. eine Vielzahl an Akteuren, die sich explizit oder durch ihr Handeln konkludent an Genrebestimmungen beteiligen (1). Man erkennt des Weiteren eine Vielfalt an Funktionen der Genrekategorie (2). Und man beobachtet ein immanentes, fortwährendes, unvermeidliches Ringen von Momenten, die für Stabilität sorgen, mit solchen, die für Instabilität, zugleich aber eben auch für Dynamik verantwortlich sind (3). (1) Eine Vielzahl an Akteuren beteiligt sich an der Bestimmung von Genres. Dass es überhaupt solche Akteure gibt, die sich bisweilen sogar gezielt und bewusst um den Prozess der Genrebestimmung bemühen, zeigt sich z.B. immer dann besonders deutlich, wenn Genres gegen die Nutzung durch Dritte verteidigt werden, deren Handeln als genrefremd angesehen wird.116 Keineswegs ist dabei gesichert oder vereinheitlicht, wessen Meinung jeweils den Ausschlag gibt.117 Die Erfahrung zeigt allerdings, dass es sehr oft einen großen Unterschied macht, wen man wann in welcher Position fragt.118 Es existieren zudem große Unterschiede zwischen den 110 111 112 113 114 115 116 117 118

Vgl. Derrida Gestade 1996, S. 245ff.; Drott Journal of Music Theory 2013, S. 1ff. Vgl. Carroll On Criticism 2009. Vgl. Berger/Döhl/Morsch Prekäre Genres 2015, S. 7–10. Vgl. Atton Popular Music and Society 2010, S. 517 (523). Vgl. Toynbee Making Popular Music 2000, S. 104; Holt Genre in Popular Music 2006, S. 4; Drott Journal of Music Theory 2013, S. 1 (3). Vgl. Derrida Gestade 1996, S. 245 (252). Vgl. Toynbee Making Popular Music 2000, S. 103, 111. Vgl. Brackett Categorizing Sound 2016, S. 196. Vgl. Anderton Popular Music 2010, S. 414 (421).

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Genres. Und auch innerhalb eines Genres können sich Sichtweisen ändern.119 Die Sache verkompliziert sich dabei nicht nur zusätzlich durch die Vielzahl der Akteure. Akteure können zudem mehrere Positionen gleichzeitig innehaben oder ihre Position wechseln. Ein Labelmitarbeiter kann z.B. gleichzeitig Musiker und Musikhörer sein. Seine Sichtweisen können sich je nach Kontext verschieben, müssen das aber natürlich nicht.120 Völlig unabhängig von der Frage multipler Akteurspositionen können sich auch schlicht die Ansichten eines jeden Diskursteilnehmers ändern. Die Gruppen der Akteure sind darüber hinaus in sich heterogen. Musikberichterstattung etwa: Fachmedien werden von professionellen Journalisten betreut, aber z.B. im Bereich der Fanzines von Fans.121 Sie verändern ihre Zusammensetzung fortwährend durch Ausscheiden und Neueintritt alter bzw. neuer Mitglieder. Es sind also sehr unterschiedliche, dabei in sich heterogene Typen von Akteuren mit durchaus unterschiedlichen Zielen involviert. Verbände und staatliche Institutionen der direkten Kulturpolitik verstehen sich z.B. oft als Institutionen zur Förderung und zum Erhalt von Genres, wie sich mustergültig an der Verankerung des Jazz im öffentlichen Bildungs- und Subventionssystem studieren lässt.122 Die Genredefinition erfolgt dann im Einklang mit diesen Zielen. Industrielle Akteure hingegen orientieren sich z.B. bevorzugt am Ziel der Umsatzgenerierung und -optimierung.123 Aber auch hier ist Vorsicht geboten. Die typischen Akteure dürfen nicht zu schablonenhaft interpretiert werden: Die Rolle der Musikwirtschaft ist z.B. eine hochkomplexe, die auf sehr unterschiedliche Weise das Feld der Genrebestimmung beeinflusst und in keinem Fall im Sinne binärer Opposition – alles kommerziell Relevante absorbierende, Genreidentitäten dabei negierender Mainstream vs. Genrekulturen – gedacht werden kann.124 Zumal für alle Akteurspositionen mehrere Ziele gleichzeitig relevant sein können. Einem Musiker mag es um künstlerische Freiheit gehen und zugleich um soziale Relevanz und hinreichende Einnahmen, um von seiner Musik leben zu können. Die Akteure stehen nicht nur in einem komplexen Verhältnis auf der Ebene der Ziele zueinander. Sie können auch Genres unterschiedlich interpretieren, Fans z.B. die Arbeit eines Musikers genreseitig ganz anders zuordnen als es dem Musiker als adäquat vorschwebt.125 Dann steht es dem Musiker frei, das zurückzuweisen. Je nach Ziel (Genrezugehörigkeit, Prestige, Erlöse usw.) mag ihm das aber nichts nutzen. Dabei geht es für

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Vgl. Lena/Peterson American Sociological Review 2008, S. 697ff. Vgl. Wald How the Beatles Destroyed Rock ’n’ Roll 2009, S. 6. Vgl. Atton Popular Music and Society 2010, S. 517ff. Vgl. Ake/Garrett/Goldmark Jazz/Not Jazz 2012, S. 1 (2). Vgl. Frith Performing Rites 1996; Negus Music Genres and Corporate Cultures 1999. Vgl. Miller Segregating Sound 2010; Keunen Alternative Mainstream 2014; Nathaus MusikTheorie 2015, S. 23 (24f.). Vgl. Atton Popular Music and Society 2010, S. 517 (522).

II. Versuchsanordnung

die Genrebildung nicht zwingend zuvorderst um Fragen von Konsens und Herrschaft, d.h. darum, wer alles mitreden kann und wer sich am Ende wie durchsetzt. Immer wieder gibt es nämlich auch Genres, für die gerade der Mangel an Konsens und vielmehr der offene Streit über ästhetische und soziale Normen identitätsstiftend ist, gerade in avantgardistischeren Kontexten, die hieraus viel an Dynamik und Produktivität ziehen.126 (2) Genres dienen überdies ganz unterschiedlichen Funktionen. Die Verwendung von Genrebegriffen ist z.B. eine dominierende Kommunikationsstrategie in der Musikwirtschaft (seit Tonaufnahmen Noten als primäre Distributionsform von Musik abgelöst haben) und in den Kommunikationsmedien, insbesondere im Musikjournalismus.127 Neben Künstlernamen und Emotionsbegriffen fungieren Genrebegriffe heutzutage mehr denn je als ein Hauptorientierungsmittel in einem für den Einzelnen unüberschaubaren Musikangebot,128 das nur in Deutschland alleine im Bereich der Tonaufnahmen alljährlich um mehr als 20.000 Veröffentlichungen wächst und Phänomene wie die Hauptplaylist von Spotify kennt, über die aktuell mehr als 40 Millionen Nutzer wöchentlich personalisierte Empfehlungen bekommen. Dass Genres für Künstler auf Produktionsseite Spielräume und Spielregeln definieren, zu denen sie sich verhalten können, ist jedoch nicht nur in organisatorischer und wirtschaftlicher Hinsicht produktiv. Nach dergleichen Rahmungen und Orientierungspunkten besteht nämlich auch unter den Kreativen selbst eine nicht geringe Sehnsucht in Zeiten, in denen es in den Künsten in vielen Bereichen eben an verbindlichen Grenzen, Dogmatiken und Lehren fehlt, wie schon Adorno konstatierte,129 da die alten Maßstäbe ihre einstige Autorität verloren haben.130 Das kann man mit Danto als künstlerische Freiheit feiern.131 Man kann aber umgekehrt auch den damit einhergehenden Verlust betonen, wie es Lyotard tut: »Composers today have the feeling that everything is possible and that they must invent for each work not only its musical form, but the rules of the music«.132 Schon Arnold Schönberg kämpfte mit der Erfahrung, dass ihn die in harmonischer Sicht maximale Freiheit der Atonalität an anderer Stelle massiv einschränkte, da es in einem Gestaltungsraum, in dem alles möglich ist, problematisch wird, zu überraschen oder lange dramatische Formen zu gestalten – und komponierte in Reaktion hierauf ein Jahrzehnt lang nicht. Ihm fehlte plötzlich ein Erwartungshorizont, mit Vgl. Atton European Journal of Cultural Studies 2012, S. 427ff. Vgl. Toynbee Making Popular Music 2000, S. 103, 115; Wald How the Beatles Destroyed Rock ’n’ Roll 2009, S. 89. 128 Vgl. Negus Music Genres and Corporate Cultures 1999, S. 29; Holt Genre in Popular Music 2006, S. 2. 129 Vgl. Adorno Ästhetische Theorie 2003, S. 9. 130 Vgl. Kramer Classical Music and Postmodern Knowledge 1995, S. 5. 131 Vgl. Danto After the End of Art 1997, S. 5, 12, 27f. 132 Vgl. Lyotard New Formations 2009, S. 37 (39).

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dem er operieren konnte. Genau an einer solchen Stelle machen Genres Angebote. Deren regulatorische Kraft kann man schon daran ablesen, wie wenige erfolgreiche Crossoverkünstler vom Schlage eines Leonard Bernstein, David Bowie, Bobby McFerrin, Miles Davis, Herbie Hancock oder André Previn es gibt, die genreseitig ein wirklich weites Betätigungsfeld aufweisen. So steckt in der Anziehungs- und Regulierungskraft des Genrekonzepts für Musikschaffen wie Musikrezeption stets ein ambivalenter Balanceakt zwischen Ermöglichen und Verhindern.133 Aber Genres sind vielmehr. Genres konditionieren in mannigfaltigster Weise den sozialen Umgang mit Musik.134 Sie fungieren in vielen Fällen z.B. als primärer Bezugspunkt kultureller Identität.135 Genrekonventionen steuern bei allen Akteuren Erwartungen und ermöglichen hierdurch überhaupt erst, zu vergleichen, einen Diskurs zu etablieren und sich nicht in einer disparaten Sammlung von Einzelfällen zu verlieren.136 Genres schreiben zudem Musik Bedeutung ein,137 stehen aber immer auch zugleich für Wertzuschreibungen – Genres sind nie neutrale, bloß sachlich beschreibende Begriffe.138 Genrediskurse schließen dadurch eine Vielzahl sozialer Faktoren ein, einschließlich Rasse, Geschlecht, Religion und Nation.139 Genrezuordnungen gehen dabei regelmäßig mit weitreichenden, ganz praktischen Konsequenzen einher, von Qualitätsurteilen und Entscheidungen über Zugehörigkeit bis zur Frage, welche Clubs, Festivals oder Playlists einer Musik offen stehen.140 (3) Wäre dem nicht schon genug, sind Genres eben stets im selben Atemzug stabil und instabil, gleichermaßen von Kontinuität zu Vorherigem und Veränderungen geprägt.141 Es gibt wie gesehen keine Musik, die nicht zu einem Genre gehört, keine Musik, die nur zu einem Genre gehört, und keine Musik, in der ein Genre aufgeht. Jeder neue Beitrag verändert jedoch zugleich ein Genre und seine Konventionen.142 Es gibt umgekehrt Normen, die übergeordnet in einer Vielzahl Genres auftreten, so die Grundregeln kommerziell relevanter Musik: Einfachheit,

Vgl. DeNora The Blackwell Companion to the Sociology of Culture 2005, S. 147 (148). Vgl. Nathaus MusikTheorie 2015, S. 23 (23). Vgl. Toynbee Making Popular Music 2000, S. 177; DeNora The Blackwell Companion to the Sociology of Culture 2005, S. 147 (153); Brackett Categorizing Sound 2016, S. 190. 136 Vgl. Neale Genre 1980, S. 19; Holt Genre in Popular Music 2006, S. 3; Carroll On Criticism 2009, S. 93–99. 137 Vgl. Frow Genre 2006, S. 10. 138 Vgl. Holt Genre in Popular Music 2006, S. 17. 139 Vgl. Döhl American Music 2014, S. 123ff.; Ake/Garrett/Goldmark Jazz/Not Jazz 2012, S. 1 (3f.); Brackett Categorizing Sound 2016, S. 190; James Popular Music 2017, S. 21 (24). 140 Vgl. Atton Popular Music and Society 2010, S. 517 (522); Ake/Garrett/Goldmark Jazz/Not Jazz 2012, S. 1 (3f.). 141 Vgl. Wald How the Beatles Destroyed Rock ’n’ Roll 2009, S. 28; Atton Popular Music and Society 2010, S. 517 (522f.); Brackett Categorizing Sound 2016, S. 190. 142 Vgl. Brackett Categorizing Sound 2016, S. 195.

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II. Versuchsanordnung

Repetitivität und Kürze.143 Dies erschwert gleichfalls die Präzision von Genrebegriffen. Manche Genres werden dabei sehr alt, andere scheinen nur eine Saison, eine Modewelle lang zu existieren.144 Manche Genres bleiben lange allgemein relevant, manche nur kurz, andere wiederum verlassen nie »einen Status des Marginalen und Prekären«.145 Gleichzeitig kann sich ein neues Publikum ein Genre erobern und es dabei auch verändern.146 Oder der originale Musikerkreis wird verdrängt, etwa im Zuge einer musikindustriellen Erschließung.147 Musiker fusionieren und erweitern aber auch selbst fortwährend bestehende Genres oder spalten Genrespezifika ab und gewichten sie neu, all dies oftmals sogar gezielt als künstlerische Strategie.148 Zu diesen drei hier exemplarisch herausgegriffenen Ebenen der Akteure, Funktionen und Dynamiken des Genrebegriffs kommen eine ganze Reihe weiterer grundsätzlicher Herausforderungen hinzu, die Genre zu einer derart fluiden und zugleich attraktiven, da gerade hierin lebensnahen Kategorie machen: So ist der Genrebegriff z.B. nicht trennscharf geschieden von Begriffen wie Stil, Subkultur, Szene oder Gattung. Sie werden mal synonym, mal partiell überlappend, mal kategorisch getrennt voneinander gebraucht. In unterschiedlichen Gegenstandsbereichen westlicher Musik wie klassischer Instrumentalmusik, Oper, Jazz, Filmmusik und Populärer Musik existieren dabei verschiedene Traditionen und Konventionen im Begriffsgebrauch.149 Die Lesart dieser Begriffe wechselt aber immer wieder auch innerhalb desselben musikalischen Milieus zwischen verschiedenen Beiträgen. Darüber hinaus treten Unterschiede auf, je nachdem, ob der Beitrag aus der Musikwissenschaft stammt oder aber eine musikalische Praxis zum Gegenstand hat, aber z.B. aus Sicht von Nachbardisziplinen wie der philosophischen Ästhetik, Soziologie, Kulturwissenschaft oder Geschichtswissenschaft verfasst wurde. Neben fragilem Begriffsgebrauch stellt die Quellenlage ein weiteres fundamentales Problem der Genreforschung dar: Regelmäßig fehlt es an klar identifizierbaren, expliziten Gründungsdokumenten, Regelbüchern, Kriterienkatalogen usw., was einen zu einer Diskursanalyse, oft gar Diskursrekonstruktion zwingt, die regelmäßig z.B. Oral History einzubeziehen hat.150 Schon, ab wann ein Genre existiert und wer für seinen Namen verantwortlich ist,151 lässt sich meist nur ausnahmsweise präzise sagen. Und man muss an dieser Stelle zudem 143 144 145 146 147 148 149 150 151

Vgl. Suisman Selling Sounds 2009, S. 277. Vgl. Berger/Döhl/Morsch Prekäre Genres 2015, S. 8. Berger/Döhl/Morsch Prekäre Genres 2015, S. 8. Vgl. Toynbee Making Popular Music 2000, S. 116. Vgl. Toynbee Making Popular Music 2000, S. 116. Vgl. Walser Running with the Devil 1993, S. 27. Vgl. Moore Music & Letters 2001, S. 432 (432). Vgl. Holt Genre in Popular Music 2006, S. 14. Vgl. Fabbri Critical Musicological Reflections 2012, S. 179 (179f.).

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sehr vorsichtig sein, denn allzu oft ergibt eine solche retroaktive Suche vor allem Gründungsmythen und die Behauptung einer quasi reinen Lehre, was das Genre ›eigentlich‹ mal war und wieder sein sollte.152 Auch wenn die Namensgebung eine hinreichende, aber keine notwendige Bedingung für die Existenz eines Genres ist, so ist die Vergabe von Genrenamen ein wichtiger Indikator, zeigt sich hier doch oft, dass Akteure das Erreichen eines Aggregatzustands ausmachen, dem eine neu gewonnene Spezifik innewohnt, die etwas unterscheidbar macht – worin auch immer diese Eigenart im Einzelfall liegt.153 Ob das Neue dann wirklich neu ist, spielt regelmäßig nur eine untergeordnete Rolle, da es sich bei der Namensgebung zuvorderst um eine soziale, vor allem kommunikative Geste handelt. Im Wechsel und Zusammenspiel der beteiligten Akteursgruppen entstehen fortwährend neue Genrenamen – die dabei keineswegs musikalisch-deskriptiv (Noise Rock, Cool Jazz) angelegt sein müssen, sondern z.B. atmosphärische (Psychedelic, Trance), inhaltlich-thematische (Christian Pop, Christmas Carol), geographische (Charleston, Britpop), sozio-kulturelle (College Rock, Lounge), relationale (Post-Punk, Neo-Soul) oder symbolische (Hair Metal, Baggy) Gesichtspunkte betonen können.154 Schon in einer eng begrenzten Fallstudie zur elektronischer Tanzmusik im Großbritannien der Jahre 1998 und 1999 förderte Kembrew McLeod mehr als 300 Subgenrenamen unter dem Genremantel der EDM zu Tage, von »abstract beat, abstract drum-n-bass, acid house, acid jazz, acid rave« über »downtempo funk, downtempo future jazz, drill-n-bass, dronecore, drum-n-bass« und »hard chill ambient, intelligent drum-n-bass, intelligent jungle, intelligent techno, miami bass« bis »twilight electronica, two-step, UK acid, UK breakbeat, underground, worlddance«.155 Eine zentrale Konsequenz einer solchen Begriffsinflation und -partikularisierung ist natürlich, dass die »normative Bedeutung von Genremodellen und die Halbwertzeit generischer Begriffe«156 sinkt – so wie Genres selbst oftmals nur einen vergleichsweise kurzen Moment im popkulturellen Rampenlicht haben und hiernach vielfach auf deutlich kleinerer Flamme, von einem überschaubaren Kreis von Liebhabern meist dogmatisch deutlich enger ausgelegt,157 weiterköcheln.158 Das Operieren mit Genrebegriffen ist dabei kommunikativ gesehen in jeder Hinsicht ein permanentes Justieren zwischen zu allgemein (z.B. Pop, Jazz) und zu speziell (z.B. Happy Hardcore oder Progressive Low Frequency). Begriffe wie

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Vgl. Atton Journal of Popular Music Studies 2011, S. 324 (324). Vgl. Fabbri Critical Musicological Reflections 2012, S. 179 (187f.). Vgl. Marino Music Analysis Experience 2015, S. 239 (245f.). McLeod Journal of Popular Music Studies 2001, S. 59 (60). Wicke Genres, Stile und musikalische Strömungen 2010, S. 1 (8). Vgl. Lena/Peterson American Sociological Review 2008, S. 697 (703–707). Vgl. Toynbee Making Popular Music 2000, S. 116.

II. Versuchsanordnung

»Metagenre« oder »Subgenre« zeigen dieses Problem an.159 Und doch ist es notwendig, beide Extreme stets gleichzeitig im Blick zu halten – das Verallgemeinern und das Interesse an der Besonderheit des Einzelfalls –, damit die Kategorie des Genres als Verständnis- und Beschreibungsmittel produktiv sein kann.160 Genres bedeuten zu einer bestimmten Zeit für bestimmte Leute etwas Bestimmtes.161 Das setzt eine erhebliche historische und soziale Sensibilität voraus, gerade wenn man sich Genres in der Vergangenheit annähert. Denn die Gefahr ist groß, dass man aktuelle Genrevorstellungen auf die Vergangenheit projiziert.162 Diese Gefahr ist im hiesigen Fall noch größer als bei anderen historiographischen Fragen, da Genreformierung, insbesondere die damit einhergehende Konventionsbildung, meist stark retrospektive Züge trägt.163 Genres gehen nicht in musikalischen Konventionen auf, sind jedoch keineswegs beliebig in den musikalischen Möglichkeiten, die sie gestatten.164 Jedes Genre scheint hierbei einen eigenen Toleranzbereich auszuhandeln, bis wohin etwas noch dem Genre als zugehörig angesehen werden kann. Manche sind sehr strikt wie Barbershop Harmony oder Northern Soul, andere nicht.165 Je genauer man die musikalischen Konventionen eines Genres zu beschreiben versucht, desto exklusiver geht man natürlich vor, in dem man zwangsläufig anfängt, Musik auszusortieren, die anderen wie selbstverständlich als dem Genre zugehörig erscheint.166 Unterlässt man derart analytische Bemühungen jedoch, ignoriert man die musikalische Praxis, in der regelmäßig ganz bewusst künstlerische Entscheidungen getroffen werden, die z.B. eine Genrezuordnung musikalisch absichern sollen. So problematisch diese widersprüchliche Situation auch bleibt, so klar ist jedoch, dass solche Annäherungen bei aller Vorsicht analytisch durchaus erreichbar sind: Man denke zum Beleg nur an die Möglichkeit, Genres außerhalb ihres Ursprungskontextes zu parodieren.167 Ohne benenn- und adaptierbare Ähnlichkeiten, die u.a. eine Wiedererkennbarkeit gestatten, wäre dies nicht möglich.168 So oder so muss man jedoch aufpassen, denn das, was in vielen Genres vorkommt, ist nicht zwangsläufig weniger wichtig für

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Vgl. McLeod Journal of Popular Music Studies 2001, S. 59ff.; Anderton Popular Music 2010, S. 414ff. Vgl. Holt Genre in Popular Music 2006, S. 7. Vgl. Brackett Categorizing Sound 2016, S. 192. Vgl. Miller Segregating Sound 2010, S. 11. Vgl. Anderton Popular Music 2010, S. 414 (422). Vgl. Toynbee Making Popular Music 2000, S. 102; Brackett Categorizing Sound 2016, S. 3. Vgl. Döhl, From Harmonic Style to Genre, S. 124–131; Toynbee Making Popular Music 2000, S. 126. Vgl. Toynbee Making Popular Music 2000, S. 104, 126; Brackett Categorizing Sound 2016, S. 3. Vgl. Brackett Categorizing Sound 2016, S. 12f. Vgl. Toynbee Making Popular Music 2000, S. 110; Fabbri Critical Musicological Reflections 2012, S. 179 (186).

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ein bestimmtes Genre als das, was ihm an Besonderem zu eigen ist und auf das man sich allzu leicht konzentriert.169 Abgesehen davon, dass gerade musikalische Eigenarten besonders selten Genres exklusiv zu eigen bleiben, sondern gerade und oftmals ausgesprochen rasch ihren Weg auch in andere Genrekontexte finden. Man denke z.B. an Bluesphrasierung oder Funkrhythmisierung. Letztlich muss man Genres relational zueinander verstehen. Genres existieren im Verhältnis zu einem komplexen Netzwerk anderer Genres. Nur ein relationaler Zugriff erlaubt, die Andersartigkeit und zugleich Identität von Genres, nämlich im Verhältnis zu anderen zu verstehen.170 Wenn ich hier nun also Genre sage, meine ich ein Cluster aus Orientierungen, Erwartungen und Konventionen.171 Ein solcher Cluster setzt sich, falls die Genreetablierung gelingt, als ein zur Identität fähiges Netzwerk aus Produktion, Zirkulation und Bedeutung durch: in der Produktion z.B. von Werken, Tonaufnahmen und Aufführungen oder in der Zirkulation etwa von Tonträgern, Noten und Diskursen. Aber eben auch auf der Ebene der Bedeutung, die Akteure des Genres diesem zuweisen oder aus ihm ziehen: zur sozialen Identifikation; oder für ökonomischen oder pädagogischen Gewinn; oder als intellektuelle Herausforderung; oder für »emotional impact«. Dieser Cluster integriert dabei mitnichten nur musikalische, sondern des Weiteren eben auch u.a. auch soziale, ökonomische, historische, technologische, mediale, visuelle und ideologische Faktoren zu einer relativ stabilen »Genrewelt«, wie Simon Frith sagt.172 In dieser Genrewelt wird in Pierre Bourdieus Sinne ökonomisches, kulturelles und soziales Kapital erworben und investiert.173 Sofern ihr eine Verstetigung gelingt, liegt der Schwerpunkt dieses Kapitalumschlags auf der Schaffung von Identifikationspunkten, auf der Strukturierung von Diskurs und, bar aller zur Verstetigung gleichfalls notwendigen Momente von Originalität und Dynamik, auf der Schaffung von Bedeutung durch die kontinuierliche Herstellung von Vertrautem. All dies erfolgt in musikalischen Genres natürlich nicht zuletzt auch durch das Normieren und Standardisieren musikalischer Traditionszusammenhänge, Verfahren und Materialien, die sich als genrekonform etablieren – ist aber eben nicht hierauf beschränkt oder gar damit identisch. Was bedeutet all das aber nun, will man jetzt vom Begriff der Genrespezifik ausgehend die leitende Idee »kunstspezifischer Betrachtung« konturieren? Zunächst macht es deutlich, dass es nicht reicht, drei Bücher zu Hip-Hop in die Fuß-

169 Vgl. Wald Geschichte wird gemacht 2014, S. 25 (26). 170 Hier endet die Übernahme der Bestimmung des Genrebegriffs aus Döhl Musikgeschichte ohne Markennamen 2019, S. 145–162. 171 Dieser Absatz, der meine eigene Arbeitsauffassung des Genrebegriffs ausführt, ist übernommen aus Döhl Musikgeschichte ohne Markennamen 2019, S. 12f. 172 Vgl. Frith Performing Rites 1996, S. 87, 94. 173 Vgl. Bourdieu Soziale Ungleichheiten 1983, S. 183 (185).

II. Versuchsanordnung

noten zu schieben und dann zu denken, man hätte die Sache im Griff. Das hat man nicht. Man muss tief einsteigen. Das ist der Anspruch und Maßstab, den das Gebot kunstspezifischer Betrachtung formuliert. Und dann wird die Sache eben regelmäßig kompliziert, wenn es um Künste geht. Das muss das Recht aushalten. Und aufzuschlüsseln versuchen. Denn es gilt, »werkgerechte Maßstäbe«174 zu erarbeiten und anzulegen. Jeder Einzelfall hat dieses Maß an Sorgfalt und Genauigkeit verdient. Eine kunstspezifische Betrachtung führt dann durchaus soweit, das für künstlerische Aneignungen großzügigere Spielräume der Erlaubnisfreiheit gelten, verglichen mit anderen Schrankenprivilegierten, z.B. dahingehend, dass die gebotene Interaktion im Falle eines Zitats auch auf rein formaler Ebene des künstlerischen Materials liegen kann, also ein Stilmittel sein darf, und nicht einer inhaltlichen Interaktionsdimension im nichtkünstlerischen Sinne bedarf wie es etwa der Belegfunktion bei einem wissenschaftlichen oder journalistischen Zitat innewohnt.175 Beim Gebot kunstspezifischer Betrachtung handelt sich also dezidiert um einen ästhetischen, keinen rechtsdogmatischen, sozialen oder ökonomischen Maßstab.176 Den das Recht deswegen wiederum im Dialog mit den Künsten auszufüllen hat und nicht als Rechtsbegriff autonom definieren kann. Sonst sind »werkgerechte Maßstäbe«177 gar nicht zu erreichen. Das Gebot kunstspezifischer Betrachtung ist auch nicht durch Unionsrecht, namentlich die InfoSoc-RL 2001/29/EG überschrieben. Zum einen greifen die nationalen Grundrechte auch in diesem Kontext unmittelbar, insofern es nämlich um nationalen Umsetzungs- und Auslegungsspielraum geht wie bei den Schranken des Art. 5.178 Zum anderen ist das Gebot kunstspezifischer Betrachtung in analoger Manier auch aus Art. 13 Grundrechtecharta abzuleiten und damit in gleicherweise dort zu beachten, wo das Unionsgrundrecht Vorrang vor dem nationalen Grundrecht hat.179 Da das Gebot kunstspezifischer Betrachtung laut BVerfG unmittelbar von der Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG gefordert wird,180 also »zwingend vorgegeben«181 ist, muss die Weitergeltung des Gebots kunstspezifischer Betrachtung über Pelham hinaus jedenfalls deswegen insoweit insgesamt als

BGH NJW 1983, S. 1194 (1195); BVerfG NJW 1987, S. 2261. Vgl. BVerfG ZUM 2000, S. 867 (869), Rn 22 [Rn nur auf BVerfG-Website] – Germania 3. Vgl. BVerfG GRUR 1971, 461 (468) – Mephisto; BVerfG ZUM 2007, 829 (836), Rn 83 [Rn nur auf BVerfG-Website] – Roman »Esra«. 177 BGH NJW 1983, S. 1194 (1195); BVerfG NJW 1987, S. 2261. 178 Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 738 (744), Rn 60, (746), Rn 85 – Pelham u.a. [Metall auf Metall]. 179 Vgl. Stieper GRUR 2017, S. 1209 (1209f.); Apel MMR 2019, S. 601 (602); Wagner MMR 2019, S. 727 (728); Oechsler NJW 2020, S. 3206 (3209). 180 Vgl. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (690), Tenor 1 – Metall auf Metall. 181 Vgl. Grünberger ZUM 2020, S. 257 (271). 174 175 176

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gesichert angesehen werden, als dass der Anwendungsvorrang des korrespondierenden Unionsgrundrechts laut des Maßstabs des BVerfG in Recht auf Vergessen II davon abhängt, »dass der Schutz des jeweiligen Grundrechts durch die stattdessen zur Anwendung kommenden Grundrechte der Union hinreichend wirksam ist.«182 Eine Anwendung von Art. 13 Grundrechtecharta anstelle von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG ohne Berücksichtigung des Gebots kunstspezifischer Betrachtung würde diesem Maßstab des BVerfG diametral zuwiderlaufen. * * * Das ein dezidiert ästhetischer Maßstab wie die kunstspezifische Betrachtung urheberrechtlich derart zentral und prominent in den Vordergrund tritt, ist dabei keine Selbstverständlichkeit. Aus Sicht der künstlerischen Theorie und Praxis ist dies vielmehr eine recht junge, ausnehmend spannende und begrüßenswerte Entwicklung des Rechts. Denn eigentlich stehen seit jeher Fragen der Medienentwicklung und Medienspezifik im Zentrum gerade der urheberrechtlichen Entwicklung.183 Das ist bis heute so. Auch hinter der Einführung des neuen Bearbeitungsrechts stehen letztlich zunächst einmal medientechnische Novationen wie mp3, Sound Sampling und Social Media als Katalysatoren. Schon vor 30 Jahren resümierte Manfred Kindermann entsprechend: »Ein Rückblick auf die Anfänge des Urheberrechts zeigt, daß seine Entstehung eine Folge technischer Entwicklungen ist. Je einfacher es wurde, durch Einsatz technischer Mittel Informationen in Wort, Bild und Ton zu speichern und zu reproduzieren, um so dringlicher wurde das Bedürfnis nach einem wirksamen gesetzlichen Schutz gegen nichtautorisierte Vervielfältigung und Verwertung. [...] [Es] zeigen [sich] deutlich die Wechselwirkungen zwischen technischer und urheberrechtlicher Entwicklung. Sie kommen zum Ausdruck in einem Zyklus von technischer Innovation, Schutzbedürfnis, gesetzlicher Regelung, wirtschaftlicher Entfaltung, technischer Weiterentwicklung (Verbesserungserfindungen), erhöhtem Schutzbedürfnis, weitergehender gesetzlicher Regelung usw.«184 Oder wie es die amerikanische Urheberrechtskoryphäe Benjamin Kaplan schon Jahrzehnte vor Digitalisierung und Internet analysierte: »As a veteran listener at many lectures by copyright specialists over the past decade, I know it is almost obligatory for a speaker to begin by invoking the communications revolution of our time, then to pronounce upon the inadequacies of

BVerfG NJW 2020, S. 314 (314), Tenor 2 – Recht auf Vergessen II. Vgl. Schmieder NJW 1985, S. 2105ff. Dieser Abschnitt entwickelt weiter Döhl Handbuch Musik und Medien 2020, S. 525 (530–538). 184 Vgl. Kindermann ZUM 1987, S. 219 (224). 182 183

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the present copyright act, and finally encourage all hands to cooperate in getting a Revision Bill passed.«185 Jede mediale Neuerung stößt im Urheberrecht zunächst auf Skepsis und Widerstand. Sie wird üblicherweise zunächst als »exotisch und urheberrechtsfremd eingestuft oder gar als systemgefährdend«, wie Kindermann zusammenfasst.186 Die Argumentationsmuster bleiben dabei auffallend stabil.187 Bevor sich am Ende dann aber doch langsam Konzepte herausschälen und im internen Diskurs durchsetzen, wie sich die jüngste mediale Entwicklung ins Urheberrechtsregime integrieren lässt.188 Man denke als aktuelles Beispiel wiederum an das Metall-auf-MetallVerfahren: Hier wurde über gut 20 Jahre um die Frage gerungen, ob digitale Aneignungen qua Sound Sampling anders zu behandeln sind als nichttechnisch vermittelte Übernahmen aus Werken Dritter, bis nun mit dem neuen Bearbeitungsrecht Entscheidungen gefällt wurden, die jetzt erfahrungsgemäß geraume Zeit Bestand haben dürften. Aber auch wenn sich das Urheberrecht regelmäßig mit neuen Medien schwertut und sich Zeit nimmt, sind medientechnische Innovation und Medienspezifik am Ende doch zugleich schon immer primäre Triebfeder und Ansatzpunkt der juristischen Entwicklungen rund um die Musik gewesen. Das galt schon für das sogenannte Statue of Anne, das 1710 in Großbritannien in Kraft trat (und es dort bis 1842 blieb). Schon dieses weltweit erste Urheberrechtsgesetz189 ging auf einen medienbezogenen Streit zurück, nämlich über Buchdruckmonopole.190 Urheberrechte gewähren faktisch künstliche Monopole an immateriellen, aber abgrenzbaren Entitäten. Die damit einhergehende Exklusivität wurde bis dahin Kaplan An Unhurried View of Copyright 1967, S. 1 Kindermann ZUM 1987, S. 219 (221). Vgl. Nagel Medienrecht im Medienumbruch 2017, S. 111ff. Freilich gilt: Nur weil die Argumentationsmuster im juristischen Diskurs um mediale Neuerungen auffallend gleichbleiben, werden die dahinterstehenden Konflikte keineswegs stets gleich regulativ entschieden (vgl. Nagel Medienrecht im Medienumbruch 2017, S. 111 (128)). Leermusikkassette und dann Leervideokassette wurden z.B. im großen Stil von Endverbrauchern für rechtswidrige Vervielfältigungshandlungen genutzt (vgl. Marshall Bootlegging 2005, S. 110–118; Moore Mix Tape 2005). Das Recht reagierte jedoch 1965 bzw. 1985 durch Einführung von Abgaben auf die Rohdatenträger (vgl. Schmieder NJW 1985, S. 2105 (2109); Kindermann ZUM 1987, S. 219 (224)). Für das Aufkommen illegaler Downloads mit mp3 und Napster um 2000 nahm das Recht dann jedoch schwerpunktmäßig den Endverbraucher in die Pflicht. Der dadurch entstehende Markt für anwaltliche Abmahnungen (mit sechsstelligem Umsatzvolumen allein in Deutschland) eskalierte dermaßen zum Selbstzweck eines florierenden Geschäftsmodells, dass der Gesetzgeber schließlich mit § 97a Abs. 3 UrhG eine Deckelung der Anwaltskosten einführte (vgl. Zydorek Einführung in die Medienwirtschaftslehre 2017, S. 35f.). 189 Vgl. ausführlich dazu Deazley On the Origins of the Right to Copy 2004. 190 Vgl. Petri The Composer’s Right 2002, S. 41ff. 185 186 187 188

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und auch noch lange danach aber anders sichergestellt, nämlich medienbezogen, z.B. durch wettbewerbliche Monopolstellung über das Zünftesystem und damit verbundene Privilegien, die von der Obrigkeit für bestimmte mediale Marktsegmente, etwa den Buchdruck einer Region, verliehen wurden. Ab 1500, lange vor dem Statue of Anne, aber kurz nach Aufkommen des Buchdrucks, begann sich dieser Exklusivitätsgedanke auf konkrete künstlerische Arbeiten hin zu individualisieren, indem Privilegien Dritten den Nachdruck bestimmter Bücher untersagten.191 Es war sodann die Französische Revolution, die auch im Diskursbereich um das Urheberrecht als Brandbeschleuniger wirkte.192 In ihrem Gefolge zog auch im zersplitterten deutschsprachigen Raum die Debatte spürbar an. Wichtige Gesetzgebungsstationen für die Musik waren in der Folge insbesondere das Allgemeine Preußische Landrecht (in Kraft seit 1794, insb. §§ 996-998), das preußische Gesetz zum Schutze des Eigenthums an Werken der Wissenschaft und Kunst gegen Nachdruck und Nachbildung (1837, insb. §§ 1, 19-20), das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken, Abbildungen, musikalischen Kompositionen und dramatischen Werken (1871, insb. §§ 45-56) und das des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst (LUG, 1902 – das heute geltende UrhG löste das LUG schließlich 1966 ab).193 Durch alle diese Gesetzesnovellen zwischen 1794 und 1902 hindurch standen freilich erneut Fragen der Druckund Nachdruckrechte im Vordergrund. Die Idee, dass ein Verleger sein exklusives Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung erst einmal vom Autor herleiten muss, kam überhaupt erst im späteren 18. Jahrhundert auf.194 Die graduelle Verlagerung vom Verleger- zum Autorenschutz – und damit weg von der medialen Manifestation einer künstlerischen Entität und hin zu ihrer abstrakten Identität als Werk, wie sie heute für das Urheberrecht Aufhänger und Ausgangspunkt des ganzen Systems bildet – vollzog sich in der Folge nur sehr langsam bis spät ins 19. Jahrhundert hinein und dies keineswegs gradlinig.195 Und selbst danach orientierte sich der faktische Schwerpunkt des Rechts gar nicht so sehr auf die Produktionsseite

Vgl. Kindermann ZUM 1987, S. 219 (220). Erst 1837 wurde vom Deutschen Bund schließlich beschlossen, dieses überkommene Privilegienwesen insgesamt für das ganze Bundesgebiet im Jahr 1867 auslaufen zu lassen, so dass hiernach nur noch gesetzlich verbriefte und damit inhaltlich vereinheitlichte Rechte gelten sollten, vgl. Seifert Kleine Geschichte(n) des Urheberrechts 2014, S. 103. Das Privilegienwesen bestand also fast 400 Jahre. 192 Vgl. Marshall Bootlegging 2005, S. 17; Ginsburg Copyright Law 2007, S. 146–148; Sundara Rajan Moral Rights 2011, S. 488. 193 Vgl. ausführlich zur Entstehungsgeschichte der einzelnen Gesetze Wadle Musik und Recht 1998, S. 85ff.; Kawohl Urheberrecht der Musik in Preussen (1820–1840) 2002; Maracke Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes von 1965 2003; Bandilla Urheberrecht im Kaiserreich 2005; Schmidt Die Anfänge der musikalischen Tantiemenbewegung in Deutschland 2005. 194 Vgl. Schmieder NJW 1985, S. 2105 (2106). 195 Vgl. Wadle Beiträge zur Geschichte des Urheberrechts 2012, S. 73–94. 191

II. Versuchsanordnung

von Musik um, am immateriellen Gut also, wie man es vielleicht vermuten könnte. Was sich nach Thomas Alva Edisons Erfindung der Tonaufnahme 1877 verschob, war keineswegs der Fokus des Urheberrechts, weg von der Verwertungsseite. Es waren vielmehr die Akteure auf der Verwertungsseite, die sich mit den modernen Reproduktionsmedien veränderten. Die Musikverlage verloren in der Folge im 20. Jahrhundert ihre marktbeherrschende Machtposition, erst ab 1900 durch neue Medien, die unmittelbares Musikhören erlaubten,196 später ab 1955 dann nochmals verstärkt durch den Fotokopierer.197 Hinzutraten für die Musik stattdessen der Rundfunk, in Phasen das Fernsehen, forciert ab Einführung der Langspielplatte in den 1950er Jahren die Plattenfirmen und zum Jahrhundertende hin schließlich die auch für die Musik äußerst relevanten Internetkonzerne von Microsoft und Apple bis Facebook, Google (einschl. YouTube) und Spotify. Das Urheberrecht hat so alle Entwicklungsschritte eben dieser modernen Reproduktionsmedien198 und der damit einhergehenden fortwährenden Veränderung der Musikwirtschaft durch sie mit nachvollzogen.199 In der kontinuierlichen Expansion und Diversifikation der Leistungsschutzrechte und urheberrechtlichen Verwertungsrechte seit 1900 spiegelt sich diese Entwicklung z.B. wieder.200 Es sind jedoch eben nicht ästhetische Evolutionen, die dabei als Motor im Vordergrund stehen, sondern medientechnischer Wandel und damit verbunden ökonomische Veränderungen. Das zeigt sich z.B. trefflich an der Entwicklung der Berner Übereinkunft (BÜ) von 1886. Die BÜ war das erste internationale Urheberrechtsabkommen, zu dessen acht Gründungsmitgliedern das Deutsche Reich gehörte. Per 2020 sind laut WIPO 178 Staaten weltweit Unterzeichner. Die Musik war schon 1886 in Art. 4 ausdrücklich erfasst in einer Norm, die bestimmte, was denn die vage Bezeichnung »Werke der Literatur und Kunst« im Titel dieser »Uebereinkunft, betreffend die Bildung eines internationalen Verbandes zum Schutze von Werken der Literatur und

196 Vgl. Towse Journal of Cultural Economics 2017, S. 403ff. 197 Vgl. Schmieder NJW 1985, S. 2105 (2107). 198 Vgl. Burgess The History of Music Production 2014; Schramm/Spangardt/Ruth Medien und Musik 2017. 199 Vgl. Suisman Selling Sounds 2009; Blanning Der Triumph der Musik 2010; Tschmuck Creativity and Innovation in the Music Industry 2012; Wikström The Music Industry 2013; Rutter The Music Industry Handbook 2016; Taylor Music and Capitalism 2016; Tschmuck The Economics of Music 2017. 200 In den USA wird gerade im Gesetzgebungsprozess über einen Musical Modernization Act gerungen, mit dem – parteiübergreifend – das Ziel verfolgt wird, die Erlössituation von Künstlern und Musikverlagen gegenüber oligopol agierenden Plattenfirmen und Internetkonzernen im digitalen Verwertungsgeschäft zu stärken, u.a. durch Einrichtung einer eigenen Regulierungsbehörde.

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Kunst« alles umfasst: u.a. eben »dramatische und dramatisch-musikalische Werke, musikalische Kompositionen mit oder ohne Text«. Medial ist die BÜ noch ganz 19. Jahrhundert: Im Vordergrund stehen Druckerzeugnisse, Nachdrucke, Übersetzungen und Verlegerrechte hieran (Art. 3, 5, 6, 11, 12).201 Musikspezifisch geht es hierneben vor allem um Fragen öffentlicher Aufführung, eine für das Recht neue Entwicklung am Ende des 19. Jahrhunderts,202 und von Arrangements von Werken für andere Besetzungen wie Klavierauszüge (Art. 9, 10). Das war es. Die Revision dieses Abkommens als Revidierte Berner Übereinkunft (RBÜ) eine Generation später 1908 in Berlin schützte dann bereits Photographie, Kinematographie und Phonographie sowie die magnetische Tonaufzeichnung, aus der später u.a. die Musikkassette als Massenmedium hervorgehen sollte (Art. 3, 13, 14).203 Die römische Revision der RBÜ von 1928 schloss dann den Rundfunk mit ein, die Revision in Brüssel 1948 das Fernsehen.204 Das 1966 in Kraft getretene UrhG übertrug all diese Neuerungen dann durch entsprechende Leistungsschutzrechte in den ab da geltenden deutschen Gesetzestext. Zugleich zollte man dem fortwährenden Medienwandel insofern Tribut, als dass die erwähnte Ausgangsvorschrift der Verwertungsrechte (§ 15 UrhG) klarstellt, dass die nachfolgend dazu genannten einzelnen Verwertungsrechte nicht abschließend zu verstehen sind, was signalisiert, dass das System medial offen gedacht ist. Korrespondierend dazu enthält das heutige Gesetz z.B. ausdrücklich Regelungen, wie mit Nutzungsarten zu verfahren ist, die bei Vertragsabschluss zur Übertragung von Nutzungsrechten (die Verwertungsrechte an sich kann man nicht übertragen) noch unbekannt waren und später neu hinzugekommen sind (§§ 31a, 32c UrhG). Ein anderes, ebenso instruktives Beispiel ist die (sehr langsame) Etablierung einheitlicher urheberrechtlicher Regelungen auf EU-Ebene, die im Folgenden in dieser Studie so wichtig werden wird. Diese folgt demselben Muster wie die Entwicklung von BÜ/RBÜ. Im EU-Recht erschien die Musik zunächst über körperliche Medien (Schallplatten, Musikkassetten) und deren grenzüberschreitende Verbreitung als Waren, hinsichtlich derer der EuGH, der in dieser Entwicklung dem Gemeinschaftsgesetzgeber voranging,205 den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) auslegte.206 Bei nichtkörperlicher Verwertung von Musik wie Radio und Fernsehen beließen es Gemeinschaftsgesetzgeber und EuGH 201 Für zahlreiche Beispiele aus 3 Jahrhunderten, vgl. Götz von Olenhusen & Götz von Olenhusen Von Goethe zu Google 2011. 202 Vgl. Schmidt Die Anfänge der musikalischen Tantiemenbewegung in Deutschland 2005, S. 100. 203 Vgl. Schmieder NJW 1985, S. 2105 (2107). 204 Vgl. Kindermann ZUM 1987, S. 219 (220–222). 205 Vgl. Ellins Copyright Law, Urheberrecht und ihre Harmonisierung in der Europäischen Gemeinschaft 1997, S. 376. 206 Vgl. Ress Musik und Recht 1998, S. 63 (67f., 70).

II. Versuchsanordnung

hingegen lange bei den nationalstaatlichen Rechts- und praktischerweise vielfach eben auch Sprachgrenzen. Darüber hinaus hielt man sich im Urheberrecht raus. Lange fehlte dem Gemeinschaftsgesetzgeber zum Handeln in Richtung Vereinheitlichung des Urheberrechts aber auch eine Ermächtigung (die inzwischen explizit in Art. 118 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union [AEUV, aktuelle Fassung des EGV] steht).207 Harmonisierungsrichtlinien folgten schließlich ab den 1990er Jahren.208 Eine erste Richtlinie (93/98 EWG) zur Schutzdauer (70 Jahre post mortem) 1993 war dann ein erster Schritt zu einer normierten Harmonisierung des EU-Urheberrechts auch jenseits reiner Verwertungsfragen wie Senderechten. Insoweit lag der Fokus der juristischen Initiativen jedoch vor der Jahrtausendwende zunächst auf dem Bereich von Computerprogrammen und damit jenseits des Gebiets künstlerischer Schöpfungen (auch wenn musikalische Produktionsmittel für solche Schöpfungen wie DAWs natürlich sehr wohl davon berührt sind).209 Ein einheitliches EU-Urheberrecht gibt es bis heute nicht.210 Die wichtigste Rechtsquelle für die Musik auf EU-Ebene ist aktuell die InfoSoc-RL 2001/29/EG, die wiederum partiell internationale Abkommen (WCT und WPPT) umsetzte.211 Hier werden die Rechte zur Vervielfältigung, öffentlichen Wiedergabe und Verbreitung (Art. 2–4) auch von Musik vollständig harmonisiert, d.h. EU-weit vereinheitlich.212 Verwertungsfragen stehen also auch hier im Vordergrund. Abschließend festgelegt wird weiter (Art. 5), welche – eng auszulegenden213 – Schranken wie z.B. zum wissenschaftlichen Zitieren (Abs. 3 Buchst. a) oder zum Zwecke der Kritik/Rezension (Art. 3 Buchst. d) die Mitgliedsstaaten zu welchen Konditionen (Abs. 2) von eben diesen Rechten vorsehen dürfen (aber nicht müssen). Abschließend folgen noch Bestimmungen über technische Schutzmaßnahmen (Art. 6–7). Auf nationaler Ebene zentrale Bereiche des Urheberrechts wie das Urheberpersönlichkeitsrecht, das Arbeitnehmerurheberrecht oder das Urhebervertragsrecht fehlen freilich noch.214 Und 207 Vgl. Fischer Perspektiven für ein Europäisches Urheberrecht 2014, S. 169. 208 Vgl. Ellins Copyright Law, Urheberrecht und ihre Harmonisierung in der Europäischen Gemeinschaft 1997, S. 372; Kleinemenke Fair Use im deutschen und amerikanischen Urheberrecht 2013, S. 422. 209 Vgl. Ellins Copyright Law, Urheberrecht und ihre Harmonisierung in der Europäischen Gemeinschaft 1997, S. 372–374. 210 Vgl. Kleinemenke Fair Use im deutschen und amerikanischen Urheberrecht 2013, S. 423; Fischer Perspektiven für ein Europäisches Urheberrecht 2014, S. 169. 211 Vgl. Rosati JIPLP 2021. 212 Vgl. Grünberger ZUM 2015, S. 273 (276, 284). 213 Vgl. Haberstumpf ZGE 2015, S. 425 (449). 214 Vgl. Kleinemenke Fair Use im deutschen und amerikanischen Urheberrecht 2013, S. 429. Dass der Schrankenkatalog der Art. 5 InfoSoc-RL 2001/29/EG als abschließend formuliert wurde, ist weithin kritisiert worden, da dies gerade keinen Spielraum lässt, unkompliziert auf neue technisch-mediale Entwicklungen zu reagieren, vgl. Kleinemenke Fair Use im deutschen und amerikanischen Urheberrecht 2013, S. 434.

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auch der jüngste normative Schritt mit der DSM-RL 2019/790, der in Kap. IV im Zentrum der Analyse stehen wird, kreist vor allem um medientechnische Entwicklungen von Text und Data Mining bis Uploadfilter und sucht zuvorderst Macht und Einnahmen zwischen alten und neuen industriellen Gatekeepern zu balancieren, in der darauf folgenden nationalen Umsetzung u.a. durch Einführung eines eigenen Gesetzes (UrhDaG) zur Regulierung der Plattformnutzung. Dass dementgegen insbesondere in den 2000er Jahren ausgehenden vom BVerfG mit der kunstspezifischen Betrachtung ein dezidiert ästhetischer Maßstab als leitend für den Interessenausgleich im Bearbeitungsrecht versucht wird zu reklamieren, ist daher eine besonders hervorzuhebende Entwicklung. Sie läuft gegen den allgemeinen Trend. * * * Es wird in dieser Studie viel um die kunstspezifische Betrachtung des regulatorischen Systems des neuen Bearbeitungsrechts gehen. Es ist daher wichtig, von vornherein zu verstehen, dass sowenig das Bearbeitungsrecht an der Stelle der Differenzierung zwischen abhängiger Bearbeitung im engeren Sinne und selbstständiger Aneignung etwas von außen an die Künste heranträgt, sowenig umgekehrt der Maßstab kunstspezifischer Betrachtung, d.h. ein Bemühen um ein kunstnahes und damit in Sachen Kunstproduktion und -rezeption informiertes und verstehendes Bewertungs- und Differenzierungssystem von außen ans Recht herangetragen ist. Kunstspezifische Betrachtung ist ein zu künstlerischer Theorie und Praxis offener, deren Einbeziehung reklamierender, aber dezidiert innerrechtlicher Analyseund Evaluationsanspruch und -maßstab, der aus dem Recht selbst kommt. Zudem ist wichtig, sich klarzumachen, dass kunstspezifische Betrachtung mitnichten einen bestimmten Ausgang des Interessenausgleichs zwischen Kunst- und Eigentumsfreiheit im Einzelfall im Blick hat oder gar diktiert. Es kann im Einzelfall einen Unterschied machen.215 Aber in systemischer Hinsicht geht es darum gerade nicht. Das macht schon das BVerfG selbst in seinem Metall-auf-Metall-Urteil deutlich: »Die objektive Entscheidung für die Freiheit der Kunst kann bereits bei der Auslegung des Umfangs und der Reichweite des Schutzrechts berücksichtigt werden, da § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG insoweit Raum zur Auslegung belässt. Ebenso kann der Schutz der künstlerischen Betätigungsfreiheit gegenüber der Befugnis der Hersteller, andere von der Nutzung ihrer Tonträger auszuschließen, unter Berufung auf die in § 85 Abs. 4 UrhG für anwendbar erklärten Urheberrechtsschranken sichergestellt werden oder auch – wie in den angegriffenen Entscheidungen – durch eine entsprechende Anwendung des Rechts auf freie Benutzung gemäß § 24 Abs. 1 215

Vgl. Rehbinder/Peukert Urheberrecht und verwandte Schutzrechte 2018, S. 30f., Rn 96.

II. Versuchsanordnung

UrhG.«216 »Der Bundesgerichtshof kann bei der erneuten Entscheidung die hinreichende Berücksichtigung der Kunstfreiheit im Rahmen einer entsprechenden Anwendung von § 24 Abs. 1 UrhG sicherstellen. Hierauf ist er aber nicht beschränkt. Eine verfassungskonforme Rechtsanwendung, die hier und in vergleichbaren Konstellationen eine Nutzung von Tonaufnahmen zu Zwecken des Sampling ohne vorherige Lizenzierung erlaubt, könnte beispielsweise auch durch eine einschränkende Auslegung von § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG erreicht werden, wonach das Sampling erst dann einen Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht darstellt, wenn die wirtschaftlichen Interessen des Tonträgerherstellers in erheblicher Weise berührt werden. Ebenso erscheint ein Rückgriff auf das Zitatrecht nach § 51 UrhG vorstellbar.«217 So sah das BVerfG 2016 unter der Ägide kunstspezifischer Betrachtung tatsächlich einen ganzen Katalog an Wegen für den notwendigen Interessenausgleich als gangbar an, insbesondere eine • • • • • •

Lösung über die Selbstständigkeitsfrage (§ 24 Abs. 1 UrhG);218 Lösung über das Fragen nach einem wirtschaftlichen Nachteil für den Vorlagengeber (Einschränkung von § 85 UrhG);219 Lösung über standardisierte, vorgelagerte Einwilligungs- und Beteiligungssysteme (analog zu Coverversionen, §§ 42a UrhG, 34 VVG);220 Lösung über nachlaufende Erlösbeteiligungssysteme;221 Lösung über den Nutzungszweck (analoge Anwendung von § 51 UrhG);222 Lösung analog zur Schöpfungshöhe (nur für Microsampling relevant, analog §§ 1, 2 UrhG).223

Kunstspezifische Betrachtung sei stets sicherzustellen, gleich welchen Weg man wählt, dieses Diktum zieht sich durch die ganze Entscheidung. Aber die vom BVerfG grundsätzlich akzeptierten Wege führen doch zu spürbar unterschiedlichen Resultaten. Kunstspezifische Betrachtung gebietet also keineswegs, dass die Kunstfreiheit stets geschweige denn pauschal zugunsten des fremdreferenziell BVerfG GRUR 2016, S. 690 (692), Rn 77 – Metall auf Metall. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (695), Rn 110 – Metall auf Metall. Vgl. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (695), Rn 110 – Metall auf Metall. Diese Aufstellung wurde erarbeitet in Döhl Recht & Netz 2018, S. 269 (283). 219 Vgl. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (695), Rn 110 – Metall auf Metall. 220 Vgl. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (694), Rn 98 – Metall auf Metall. 221 Vgl. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (692), Rn 80 – Metall auf Metall. 222 Vgl. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (695), Rn 110 – Metall auf Metall. 223 BVerfG GRUR 2016, S. 690 (693ff.), Rn 85f., 99, 104, 108 – Metall auf Metall, deuten darauf hin, da nur Übernahmen geringen Umgangs im Blick der ausgesprochenen Privilegierung sind; vgl. auch BGH GRUR 2015, S. 1189ff. – Goldrapper.

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Komponierenden obsiegt. Sie formuliert vielmehr einen Anspruch und Maßstab an das, was an dieser Stelle des Bearbeitungsrechts an Reflektionsniveau in Sachen künstlerischer Theorie und Praxis anzusetzen ist. Es geht um etwas, dass man eine informierte Entscheidung nennen kann. Den hier unternommenen Schritt zu gehen, die kunstspezifische Betrachtung zu konturieren und auf das neue Bearbeitungsrechtsregime hin anzulegen, ist notwendig. Nicht als rein akademische Übung, weil es schlicht noch nicht systematisch gemacht wurde. Sondern weil es einen Unterschied macht. Das wird sich exemplarisch schon daran zeigen, dass, so die tragende These des nun folgenden Kap. III, es sich bei dem nun erreichten aktuellen Stand des deutschen Bearbeitungsrechts bei kunstspezifischer Betrachtung tatsächlich um nicht weniger als einen Systemwechsel handelt, sprich genauer gesagt: um ein substanziell neues Bearbeitungsrecht. Und dieser Umstand bislang kaum reflektiert, d.h. nicht erkannt wird. Bei kunstspezifischer Betrachtung drängt er sich jedoch geradezu auf. Das zeigt ihren juristischen Mehrwert in exemplarischer Weise.

III. Diagnose Systemwechsel Das neue Bearbeitungsrecht nach Metall auf Metall (Pelham) für den Zeitraum 22. Dezember 2002 bis 6. Juni 2021

1.

Gegenstand des Kapitels

Metall auf Metall IV – am 30. April 2020 hat der BGH entschieden; zum dritten Mal und nach derzeitigem Stand der Dinge nun wohl endgültig und letztmalig in dieser Sache.1 Er urteilt hier auf Basis jener Antworten, die ihm der EuGH am 29. Juli 2019 auf insgesamt sechs Vorlagefragen gegeben hatte, eine Vorlage, zu der der BGH 2016 durch das BVerfG gedrängt worden war.2 Es ist die mit Abstand wichtigste Entscheidung zu den rechtlichen Bedingungen, unter denen in Deutschland urheber- und/oder leistungsschutzrechtlich geschützte Musik Dritter erlaubnisfrei in eigener neuer Musik verwendet werden darf. Um die Konsequenzen dieser Entscheidung Metall auf Metall IV des BGH und seiner Basis in der sogenannten Pelham-Entscheidung des EuGH für Position und Kontur des Kipppunkts zwischen abhängiger Bearbeitung und selbstständiger Aneignung bei Werknutzungen geht es schwerpunktmäßig in diesem Kapitel. Hier wird unmittelbar das bis Inkrafttreten der Umsetzung des DSM-RL 2019/790 zum 7. Juni 2021 geltende Bearbeitungsrecht in Deutschland festgelegt. Das, was in diesen Entscheidungen ausgeurteilt wurde, wirkt jedoch prägend auch über diese dann nächste Zäsur hinaus in jenen Stand des Bearbeitungsrecht hinein, wie er bei Abschluss dieser Studie im September 2021 erreicht ist. An Ende dieser Spruchpraxis steht, so die hier vertretene Lesart, ein Bearbeitungsrecht, das als Exitoption hin zur Erlaubnisfreiheit einer Werkaneignung nur 1

2

Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617ff. – Metall auf Metall IV. Dieses Kapitel basiert auf Döhl UFITA 2020, S. 236 (242–260), die eingefügte Zusammenfassung der Verfahrensgeschichte von Metall auf Metall auf Döhl Recht & Netz 2018, S. 269 (279–286), der Abschnitt zum Stand des Zitatrechts auf Döhl/Hui IIC 2021, S. 852 (864–868). Vgl. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (696f.), Rn 112–124 – Metall auf Metall; BGH GRUR 2017, S. 895ff., Tenor – Metall auf Metall III; EuGH ZUM 2019, S. 738ff. – Pelham u.a. [Metall auf Metall].

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noch eine Rumpfversion von § 24 Abs. 1 UrhG, nämlich für Parodien und Karikaturen, sowie das Zitatrecht § 51 UrhG kennt. Und insbesondere in dogmatischer Hinsicht einen Systemwechsel statuiert, vom Gebot des Verblassens hin zum Gebot der Interaktion. Diese Schranken zugunsten von Parodien/Karikaturen und Zitaten werden aufgrund der Spezifik des dortigen Streitgegenstands im Metall-auf-Metall-Verfahren freilich nur en passant berührt. Ihre aktuelle Verfasstheit wird daher im weiteren Verlauf unter Rekurs auf weitere höchstrichterliche nationale und europäische Rechtsprechung zu konturieren sein.3 Dabei interessieren die in diesem Kapitel ausgewerteten Urteile ebenso wenig wie die in Kap. IV folgende Gesetzgebung nicht um ihrer selbst willen und damit in ihrer Gesamtheit, sondern selektiv nur insoweit, als dass sie Einfluss nehmen auf Position und Kontur des Kipppunkts zwischen abhängiger Bearbeitung im engeren Sinne und selbstständiger Aneignung. Hierauf konzentriert sich die Analyse im Folgenden.

2.

Hintergrund Metall auf Metall, Teil 1 (1999–2017): Katalysator des Wandels für die freie Benutzung

Metall auf Metall IV – nach 2008, 2012 und 2017 war dies jüngst die nun inzwischen schon vierte Entscheidung des höchsten deutschen Zivilgerichts in diesem 1997 begonnenen und seit 1999 gerichtlich anhängigen Rechtsstreit. Die vierte Entscheidung im selben Verfahren über das unlizenzierte Sound Sampling von zwei Sekunden Rhythmussequenz aus dem Stück Metall auf Metall (1977) der Band Kraftwerk durch Moses Pelham und einen Produktionspartner für das Lied Nur Mir (1997) von Sabrina Setlur. Das musikhistorische Ausmaß des Metall-auf-Metall-Verfahrens steht den exorbitanten Prozessdaten in nichts nach. Das wird sofort klar, wenn man sich vor Augen führt, dass, als die hiesigen Prozessparteien ihre Auseinandersetzung begannen, überhaupt das erste Mal ein mp3-Player den Massenmarkt erreichte (1998) und mit Napster die erste allgemein bekannt gewordene Tauschbörse (1999) die medienbasierte Musikwirtschaft fundamental veränderte – freilich nach Einwahl in Zeitlupe per Modem.4 Heute gut zwanzig Jahre später wird mehr als die Hälfte der Umsätze der Musikindustrie mit Streaming gemacht, oft auf mobilen Endge-

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Vgl. zuletzt insb. EuGH ZUM-RD 2014, S. 613ff. – Deckmyn/Vrijheidsfonds/Vandersteen; BGH ZUM 2016, S. 985ff. – Auf fett getrimmt; EuGH ZUM 2019, S. 751ff. – Funke Medien NRW/Deutschland; EuGH ZUM 2019, S. 759ff. – Spiegel Online/Beck. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 62f. m.w.N.

III. Diagnose Systemwechsel

räten; 55,1 % betrug der Anteil in Deutschland im Jahr 2019.5 Prägende Popstars der späten 1990er Jahre wie Backstreet Boys oder Spice Girls gehen hingegen schon seit Jahren auf Reuniontourneen mit Retroflair. 1990er Partys sind weitverbreitete Nostalgieevents. Popmusik der 1990er Jahre wird in typischen Werbeslogans von Radiosendern vom »Besten von heute« geschieden.6 Der Prozessbeginn und sein kultureller Kontext liegen also schon sehr weit zurück – gut eine Generation und das eben nicht nur zeitlich. Die 1990er Jahre sind popkulturell keine Gegenwart mehr. Sie sind Geschichte. Die Zeit ist über den Streitgegenstand hinweggegangen. Allein der deutsche Hip-Hop, das Genre, um das es in diesem Prozess geht: Denkbar weit ist ästhetisch und sozialkulturell der Weg von, aber auch die Distanz zwischen damaligen Größen wie Die Fantastischen Vier, Fettes Brot, Absolute Beginner oder Freundeskreis, Zwischenstationen wie Sido und Bushido und heutigen Stars wie Capital Bra oder Farid Bang und Kollegah. Das gilt gleichermaßen für Themen, Sprache, Sounds, Stimmstilistik, Attitüde, Zielgruppe, Milieu usw. Deutscher Hip-Hop anno 2020, als Metall auf Metall IV ergeht, hat so viel mit deutschem Hip-Hop anno 1997 zu tun, als Sabrina Setlur mit dem Album Die neue S-Klasse samt Nur mir ein Hit gelang, wie Pop der Wendezeit 1989/90 mit Musik von Swinging London (1966) und Summer of Love (1967) oder Elvis Presleys erstes Album 1956 mit der dominierenden Popularmusik des Jahres 1933, Big-Band-Swing. Dass solange um dieses zweitaktige Sample gerungen wird, zeigt den Stellenwert an, den dieser an sich musikalisch völlig unbedeutende, wenig originelle, für deutschen 1990er-Jahre-Mainstream-Hip-Hop unauffällig standardtypisch ausgeführte Aneignungs- und Weiterverarbeitungsakt inzwischen weit über seinen ursprünglichen künstlerischen, soziokulturellen und ökonomischen Kontext hinaus erlangt hat. Metall auf Metall ist zum Vehikel geworden, um eine ganz grundsätzliche Auseinandersetzung über die Verfasstheit des Bearbeitungsrechts in Zeiten digitaler Bearbeitungs- und Distributionsmittel zu führen. Ein an sich spätestens seit den postmodernen Wenden in den Künsten der 1960er Jahre notwendig zu führender Konflikt, der charakteristisch für die Entwicklungsgeschichte des Urheberrechts ist, aber lange nicht mit dem notwendigen Nachdruck geführt wurde, da diese Entwicklungsgeschichte eben nicht primär von ästhetischen, sondern seit jeher von medialen Innovationen getragen wird.7 Erst die Kombination aus wenigstens potenziell großer Öffentlichkeit für musikalische Bearbeitungen durch mp3 und Internet in Verbindung mit der Demokratisierung musikalischen Bearbeitens weit über musikalische Experten hinaus durch billige (zum Teil ganz freie, da als Open Source angebotene), aber leistungsstarke Technologien von Samplern 5 6 7

Bundesverband Musikindustrie Musikindustrie nach Zahlen 2020, S. 6. Vgl. Helms/Phleps Geschichte wird gemacht 2014, S. 7. Vgl. im Einzelnen Kap. II, Abschnitt 4.

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bis Digital Audio Workstations (DAW) – also musikalisches Bearbeiten als Massensport am Massenmarkt – sorgte für den nötigen Druck. Das treibt den Diskurs um das Verfahren bis heute an jenseits all der dogmatischen Einzelfragen an, die es ebenfalls aufwirft. Zentrale Elemente des komplexen Verfahrensverlaufs haben inzwischen freilich nur noch rechtshistorischen und rechtstheoretischen Wert, so substanziell hat sich die Situation durch die jüngsten beiden Verfahrensschritte, das Pelham-Urteil des EuGH und seine Umsetzung durch den BGH in Metall auf Metall IV geändert. Daher genügt hier, sich die für die hiesige Fragestellung wesentliche Entwicklungsschritte zu vergegenwärtigen: Die ersten beiden Verfahrensstationen waren für die hiesige Forschungsfrage noch uninteressant.8 Sie bestätigten nur die damals herrschende Meinung: Gleichgültig, wie groß oder signifikant der mittels Sound Sampling angeeignete Ausschnitt aus der Vorlage war und gleichgültig, was mit ihm in der Adaption geschah – hinsichtlich des Investitionsschutzes des Tonträgerherstellerrechts des § 85 UrhG jedenfalls galt selbst bei Microsampling null Toleranz.9 Wichtig für den weiteren Verfahrensverlauf bis heute ist an den ersten beiden Entscheidungen lediglich, dass ab der I. Instanz nur über das Tonträgerherstellerrecht geurteilt wurde. Seine Verletzung angenommen, wurde die schwierige Frage offen gelassen, ob die Übernahme von zwei Takten Rhythmus per Sound Sampling hier zugleich auch das Urheberrecht am Werk (und das Leistungsschutzrecht des ausübenden Künstlers) verletzt. Da alle Rechte der §§ 1, 2, 73, 85 UrhG in diesem Fall ausnahmsweise in der Klägerseite zusammenfielen, musste man diese Frage zunächst im Prozess nicht klären. Die Volte, die der BGH sodann in seiner ersten Revisionsentscheidung innerhalb des Metall-auf-Metall-Verfahrens 2008 schlug,10 ist einschließlich ihrer Folgemodifikationen im Schrifttum ausführlich diskutiert worden. 11 Sie muss hier nicht nochmals im allen Einzelnen nachvollzogen werden.12 Die für die Selbstständigkeitsfrage entscheidende Stelle findet sich in Rn 25: »Bei der entsprechenden An-

8 9

10

11 12

Vgl. LG Hamburg BeckRS 2013 [Urteil vom 8.10.2004], 07726; OLG Hamburg GRUR-RR 2007, S. 3ff. Zur Übersicht über den rechtswissenschaftlichen Diskurs in Deutschland bis zum ersten Metall-auf-Metall-Urteil des BGH, vgl. ausführlich Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 208, Fn 15 m.w.N. Vgl. BGH GRUR 2009, S. 403ff. – Metall auf Metall I, sowie die beiden Folgeurteile OLG Hamburg GRUR-RR 2011, S. 396ff. und BGH GRUR 2013, S. 614ff. – Metall auf Metall II, die der Konkretisierung des im ersten Metall-auf-Metall-Urteil des BGH entwickelten Nachspielgebots und seiner Anwendung auf den zu entscheidenden Fall dienten. Zur Übersicht über den rechtswissenschaftlichen Diskurs um Metall auf Metall I, vgl. ausführlich Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 47, Fn 19 m.w.N., S. 49, Fn 22 m.w.N. Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 234–242.

III. Diagnose Systemwechsel

wendung des § 24 Abs. 1 UrhG auf Tonträger gelten grundsätzlich keine anderen Anforderungen als bei der unmittelbaren Anwendung auf Werke.«13 Per Analogieschluss wurde hier die Tür geöffnet, die Selbstständigkeitskategorie, die im alten Recht im Zentrum der Frage nach Erlaubnisfreiheit fremdreferenziellen Komponierens stand, nun auch in gleicher Weise für die Aneignung von Werken und zugleich Performances qua Sound Sampling von Tonaufnahmen und damit auch für § 85 UrhG gelten zu lassen. Man traute sich dann zwar nicht so recht beim BGH, erfand ein Nachspielgebot als Gegenausnahme, das mit den folgenden beiden Urteilen durch das OLG Hamburg und den BGH nochmals modifiziert und dann schließlich vom BVerfG 2016 wieder einkassiert wurde. Es kann daher hier außen vor bleiben.14 Die in Metall auf Metall I geborene Idee aber, dass bei digitalen Adaptionen nicht nur das Vorlagenwerk, sondern auch die Vorlagenperformance zentraler Referenzpunkt des Adaptionsaktes sein kann und damit entscheidend für die Selbstständigkeitsfrage, blieb. Damit war das Bearbeitungsrecht, so könnte man sagen, in der Gegenwart von Sound Sampling und Internetkultur und damit digitalem fremdreferenziellem Komponieren angekommen. Man konnte sich, so schien es, von nun an darauf konzentrieren, das Selbstständigkeitskriterium vollständig zu emanzipieren, d.h. für eine Aufgabe von Melodieprivileg, Verblassengebot und Nachspielgebot zu werben,15 so dass nur § 24 Abs. 1 UrhG als Differenzierungstool ohne jegliche ästhetischen Vorentscheidungen und vorgelagerte Hürden verbliebe, damit man sich ganz auf die Abwägung im Einzelfall konzentrieren könne – ganz so, wie der damalige BGH es im ursprünglichen Gesetzgebungsverfahren vor mehr als einem halben Jahrhundert gefordert hatte.16 Dafür plädierte ich jedenfalls 2016 auf Basis von Metall auf Metall II.17 Als sich nun freilich im Rahmen des Metall-auf-Metall-Rechtsstreits am 31. Mai 2016 das BVerfG zum Urheberrecht und dem derzeitigen Status quo des besagten Interessenausgleiches äußerte, entwickelte es diesen beim BGH angelegten, aber dort nicht konsequent durchgeführten Gedanken allerdings nicht in dieser Weise stringent weiter.18 Das BVerfG tat dies nicht, obwohl es in der Grundrechts13 14 15 16

17 18

BGH GRUR 2009, S. 403 (406), Rn 25. Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 254ff. Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 254ff. Vgl. Maracke Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes von 1965 2003, S. 160, 182 [Anm. 156], 309, 311, 319, 322; Liebscher Der Schutz der Melodie im deutschen und amerikanischen Recht 2007, S. 25f.; Czernik Die Collage in der urheberrechtlichen Auseinandersetzung zwischen Kunstfreiheit und Schutz des geistigen Eigentums 2008, S. 340. Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 314ff. Mehrere Bemerkungen legen dabei nahe, dass das Bundesverfassungsgericht die Abwägung bei größeren, substanzielleren Aneignungen als in dem zu entscheidenden Fall einer Kleinst-

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Zwischen Pastiche und Zitat

abwägung stärker noch als der BGH zugunsten der Kunstfreiheit19 tendierte und darauf aufbauend mehrfach ganz grundsätzlich eine kunstspezifische Betrachtung einforderte.20 Freilich blieb dem BVerfG trotz dieses argumentativen Aufwands am Ende ziemlich gleichgültig, auf welchem Weg ein derart kunstnah informierter und gewichteter Interessenausgleich vollzogen wird, solange der eingeschlagene Weg nur dem Gebot einer angemessenen Berücksichtigung der Kunstfreiheit über eine kunstspezifische Betrachtung unter dem Strich noch hinreichend Rechnung trägt.21 Denn es forderte den BGH keineswegs dazu auf, die kunstspezifische Betrachtung ausschließlich über den einzig ästhetischen Anknüpfungspunkt dafür im UrhG, nämlich die Selbstständigkeitskategorie in § 24 Abs. 1 UrhG, zu vollziehen.22 Vielmehr formulierte das BVerfG für den BGH einen ganzen Katalog gangbarer Wege für den notwendigen Interessenausgleich.23 Im Lichte dessen sollte der BGH nun unter Beachtung der aufgestellten verfassungsrechtlichen Prämissen den konkreten Fall erneut entscheiden. In Frage kam hiernach für das BVerfG insbesondere eine Lösung des Interessenausgleichs • • • • •

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über die Selbstständigkeitsfrage;24 über das Fragen nach einem wirtschaftlichen Nachteil für den Vorlagengeber;25 über standardisierte, vorgelagerte Einwilligungs- und Beteiligungssysteme;26 über nachlaufende Erlösbeteiligungssysteme;27 über den Nutzungszweck;28 übernahme ohnehin anders sehen könnte, also deutlich weniger Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Selbstständigkeitskriteriums hat, als ich es 2016 ausführte, vgl. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (695), Rn 104, 108 – Metall auf Metall. Aufgrund des sogleich zu beschreibenden Verlusts von § 24 Abs. 1 UrhG als Korrektiv kommt es auf eine Auseinandersetzung mit der Position des BVerfG insoweit freilich nicht mehr an. Vgl. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (691f.), Rn 65f., 75 – Metall auf Metall. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (693f.), Rn 85f., 99 – Metall auf Metall. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (692), Rn 77 – Metall auf Metall. Nur freilich unter Preisgabe jenes 2008 entwickelten und 2012 modifizierten Nachspielgebots, das dem BVerfG unangemessen erschien, vgl. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (694), Rn 91f. – Metall auf Metall, das aber noch für das OLG Hamburg in seinem zweiten Urteil 2011 den Fall zugunsten der Kläger entschieden hatte, vgl. OLG Hamburg GRUR-RR 2011, S. 396ff. Vgl. Leistner GRUR 2016, S. 772 (773, 776). Analoge Anwendung von § 24 Abs. 1 UrhG nach BGH GRUR 2009, 403 (405f.), Rn 19–25 – Metall auf Metall I; BGH GRUR 2013, 614 (615f.), Rn 15–24 – Metall auf Metall II. Vgl. grundsätzlich bestätigend BVerfG GRUR 2016, S. 690 (695), Rn 110 – Metall auf Metall. Einschränkung von § 85 UrhG, vgl. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (695), Rn 110 – Metall auf Metall. Entsprechend wie bei Coverversionen, vgl. §§ 42 a UrhG, 34 VVG. Vgl. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (692), Rn 80 – Metall auf Metall. Übertragung der Grundsätze von § 51 UrhG, vgl. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (695), Rn 110 – Metall auf Metall.

III. Diagnose Systemwechsel



analog zur Schöpfungshöhe (nur für Microsampling relevant).29

Hinsichtlich der Erlaubnisfreiheit von Sound Sampling lassen sich die Entwicklungsschritte bis dahin wie folgt bündeln: •







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Bis BGH – Metall auf Metall I: Kategorischer Erlaubnisvorbehalt des Inhabers des Tonträgerherstellerrechts zur Verwendung seiner Tonaufnahme für Sound Sampling -> Null-Toleranz-Maßstab: kein Spielraum; BGH – Metall auf Metall I (2008): Analoge Anwendung von § 24 Abs. 1 UrhG als Schranke (Selbstständigkeit – Maßstab: Verblassen), Gegenausnahmen § 24 Abs. 2 UrhG (Melodieprivileg) und Nachspielgebot (fremdreferenzieller Komponist hätte selbst Sample zum Zeitpunkt des Samplens nicht nachproduzieren können) -> anstelle des Null-Toleranz-Maßstabs stand nun also ein FaktischNie-Maßstab, wenig war gewonnen: der sich theoretisch öffnende Spielraum für Erlaubnisfreiheit war maximal klein und umso größer, je inkompetenter der fremdreferenzielle Komponist war, da das Nachspielgebot ans persönliche Leistungsvermögen gebunden war; BGH – Metall auf Metall II (2012): Analoge Anwendung von § 24 Abs. 1 UrhG als Schranke (Selbstständigkeit – Maßstab: Verblassen), Gegenausnahmen § 24 Abs. 2 UrhG (Melodieprivileg) und modifiziertes Nachspielgebot (fiktiver durchschnittlicher fremdreferenzieller Komponist hätte Sample zum Zeitpunkt des Samplens nicht nachproduzieren können) -> der Faktisch-NieMaßstab wurde insoweit korrigiert, als dass das in seinem Effekt absurde Nachspielgebot vom persönlichen Leistungsvermögen des fremdreferenziellen Komponisten entkoppelt und auf ein fiktives durchschnittliches Leistungsvermögen abstrahiert wurde, was letztlich aber natürlich die Öffnungswirkung nochmals reduzierte, die für Amateure und Laien letztlich größer war in der ersten Fassung des Nachspielgebots; BVerfG – Metall auf Metall (2016)/BGH – Metall auf Metall III (2017): Analoge Anwendung von § 24 Abs. 1 UrhG als Schranke (Selbstständigkeit – Maßstab: Verblassen) plus Gegenausnahmen § 24 Abs. 2 UrhG (Melodieprivileg) [nur hingewiesen wird vom BVerfG und das erstmals in diesem Rechtsstreit auf die Möglichkeit, dass alternativ das Zitatrecht eingreift,30 was der BGH aber verneint unter Verweis auf die fehlende Erkennbarkeit der Fremdheit des Zitierten31 ] -> der Faktisch-Nie-Maßstab öffnet sich durch Wegfall des Nachspielgebots zu

Analog §§ 1, 2 UrhG. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (693ff.), Rn 85f., 99, 104, 108 – Metall auf Metall, deuten darauf hin, da nur Übernahmen geringen Umgangs im Blick der ausgesprochenen Privilegierung sind. Vgl. auch BGH GRUR 2015, S. 1189ff. – Goldrapper. Vgl. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (695), Rn 110 – Metall auf Metall. Vgl. BGH GRUR 2017, S. 895 (899), Rn 34 – Metall auf Metall III.

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einem Im-Ergebnis-Eher-Selten-Maßstab, ein nennenswerter Anwendungsbereich für erlaubnisfreies nichtmelodisches Samplen von Sounds und Rhythmen wurde denkbar. Die rechtliche Kernproblematik hinter dieser wechselvollen Verfahrensgeschichte lässt sich wie folgt zuspitzen: Die alte Rechtslage zu Beginn des Metall-auf-Metall-Rechtsstreits ließ fremdreferenziellen Komponisten von analogen Adaptionen in der Musik wegen § 24 Abs. 2 UrhG kaum einen Spielraum, sich erfolgreich auf § 24 Abs. 1 UrhG zu berufen – digitale Adaptionen hatten unter Verweis auf § 85 UrhG gar keine Aussicht auf Erlaubnisfreiheit. Diese ästhetische Undifferenziertheit der urheberrechtlichen Ordnung an dieser Stelle war rechtssicher, aus Sicht fremdreferenziellen Komponierens allerdings enttäuschend, da längst Einigkeit darüber bestand, dass Sound Sampling durchaus beachtlicher Kreativität dienen kann und keineswegs bloß eine technisch einfache Lösung für mangelnde eigene Ideen und Anstrengungen darstellt.32 Es kommt auf den Einzelfall an – nur, dass eine Einzelfallbewertung im Urheberrecht unter Verweis auf § 85 UrhG zunächst ausgeschlossen war. Zwei Probleme waren damit verbunden: Nach alter Rechtslage konnte daher erstens in Extremfällen von Kleinstübernahmen via Sound Sampling wie bei diesem Streitgegenstand tatsächlich die Bewertung auseinanderfallen. Wo das Urheberrecht erst ab Schöpfungshöhe greift, war das Tonträgerherstellerrecht absolut. So urteilten jedenfalls die ersten beiden Instanzen im Metall-auf-Metall-Verfahren. D.h., es waren Fälle denkbar, in denen das Tonträgerherstellerrecht verletzt war, aber das Urheberrecht (und das insoweit gleichlaufende Leistungsschutzrecht der ausübenden Künstler) nicht. Das lässt sich juristisch über die unterschiedlichen Schutzgründe erklären. Das leitende Argument im Metall-auf-Metall-Verfahren war insoweit, dass § 85 UrhG eine wirtschaftliche-organisatorische Leistung schütze und § 24 Abs. 1 UrhG daher (wie im Übrigen auch § 51 UrhG) insoweit nicht anwendbar sei, da es sich auf eine ästhetische Leistung, ein Werk beziehe.33 Das war zutreffend. Es bleibt jedoch eine Ungleichbehandlung, über deren Sinnhaftigkeit und Mehrwert sich trefflich 32

33

Vgl. stellvertretend für den musikwissenschaftlichen Diskurs vor dem Urteil Metall auf Metall I des BGH 2008 Metzer Quotation and Cultural Meaning in the Twentieth-Century 2003, S. 160ff.; Binas-Preisendörfer OriginalKopie – Praktiken des Sekundären 2004, S. 242ff.; Schloss Making Beats; Großmann Sound 2005, S. 308ff.; Bonz Recycling von Theorien und Kulturen 2006, S. 333ff.; Diederichsen Fälschungen, 2006, S. 390ff.; Miller Sound Unbound 2008. Vgl. insgesamt zur Geschichte dieser kulturellen Praxis Navas The Aesthetics of Sampling 2012; Tschmuck Creativity and Innovation in the Music Industry 2012, S. 163ff.; Burgess The History of Music Production 2014; Laderman/Westrup Sampling Media 2014; Brøvig-Hansen/Danielsen Digital Signatures 2016; Gunkel Of Remixology 2016; Harkins Digital Sampling 2019. Vgl. Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 85, Rn 40.

III. Diagnose Systemwechsel

streiten lässt.34 Eine Ungleichbehandlung, die von Anfang an im UrhG angelegt ist, aber erst Jahrzehnte später virulent wurde, als nämlich mit der in den 1980er Jahren am Markt technisch wie kommerziell durchgesetzten Möglichkeit des Samplens von Sound Tonaufnahmen plötzlich denselben Status als kompositorisches Material und Ausgangspunkt zum Schaffen neuer Musik gewannen wie ihn seit jeher musikalische Lehren, Traditionen und Konventionen oder eben Werke Dritter haben.35 Zweitens erwies sich die Rechtslage damit zunächst hinsichtlich einer mit dem Sound Sampling signifikanten kulturellen Entwicklung als genauso unflexibel, rigoros beschränkt und letztlich pauschal kunstfern wie sie es bereits seit Jahrzehnten für die Adaption von Melodien war. Alles nach § 85 UrhG wie nach § 24 Abs. 2 UrhG Geschützte war der freien Benutzung als Schranke entzogen bzw. beschränkte den Schutzbereich der aufgerufenen Rechte nicht (je nach Position zum dogmatischen Charakter von § 24 Abs. 1 UrhG). Was diese Ordnung ignorierte, war, dass Sound Sampling ein Weg ist, der es fremdreferenziellen Komponisten erlaubt, zugleich mit Werken wie Darbietungen Dritter kreativ weiter zu arbeiten, und es dafür der Nutzung der Tonaufnahme der Darbietung des Werks bedarf. Es geht also um ein neues künstlerisches Interesse, eine »eine künstlerische Ausdrucksform«36 , wie der EuGH 2019 sagen sollte. Wie ich an anderer Stelle am Beispiel des Mashups ausführlich beschrieben habe, ist diese Option für fremdreferenzielles Komponieren und damit für die Musikkultur insgesamt in den vergangenen 40 Jahren wichtig geworden.37 Der BGH jedenfalls öffnet sich 2008 dieser Einsicht, indem er § 24 Abs. 1 UrhG per Analogieschluss dem Grunde nach für digitale Adaptionen öffnete, um jedenfalls einen Gleichlauf der Schutzbereiche der aufgerufenen drei Rechtegruppen (§§ 1, 2, 73, 85 UrhG) zu befördern. Freilich akzeptiert das BVerfG das nicht einfach 2016. Zugleich weist es den BGH an – und man fragt sich im Rückblick, warum der BGH dies im Interesse der Parteien nicht von sich aus schon früher getan hat-

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Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 314ff. Vgl. zur Marktdurchsetzung des Sound Sampling Roads The Computer Music Tutorial 1996, S. 115–156; Kirk/Hunt Digital Sound Processing for Music and Multimedia 1999, S. 26–29; Tschmuck Creativity and Innovation in the Music Industry 2012, S. 163–196. EuGH ZUM 2019, S. 738 (742), Rn 35 – Pelham u.a. [Metall auf Metall]. Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 61ff.

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te38 oder das BVerfG gleich selbst39 –, zu prüfen, ob es nicht zuvor noch einer Abklärung europarechtlichen Fragen mittels Vorlage beim EuGH bedürfe.40 Genau dies erfolgt dann auch Anfang Juni 2017 per Vorlagebeschluss (Metall auf Metall III).41 Hier beginnt die Metall-auf-Metall-Auseinandersetzung nun, für hiesige Studie zentral zu werden. Zweierlei ist jedoch aus der skizzierten Vorgeschichte mitzunehmen: Für hiesige Studie, die sich für das interessiert, was darauf folgte, und davon ausgehend die derzeitige Position und Kontur des Kipppunkts zwischen abhängiger Bearbeitung und selbstständiger Aneignung bei Werknutzungen zu erarbeiten sucht, heißt all dies, dass es erstens bis heute durchweg um die Frage der Übertragbarkeit der Metall-auf-Metall-Rechtsprechung zum Tonträgerherstellerrecht auf die hier interessierende Konstellation der bewussten Entlehnung aus Werken und damit das Urheberrecht geht. Die neuen Bedingungen der Nachnutzbarkeit von Werken Dritter, die im Folgenden herausgearbeitet werden, sind letztlich nur eine Nebenfolge eines Rechtsstreits, indem es gar nicht um diese Bedingungen ging. Das wird noch wichtig werden, da sich an der Frage der Übertragbarkeit Streit entzündet. Zweitens zeigen die Interventionen von BGH und BVerfG ein Ringen der Judikative um ein zeitgemäßes, kunstnahes Bearbeitungsrecht. Die höchstrichterliche deutsche Rechtsprechung sah sich gezwungen, sich an diesen Herausforderungen abzuarbeiten, bisweilen gar in der Rolle eines »Interimsnormgebers«42 zu agieren, weil der Gesetzgeber sich in diesem mittlerweile hochpolitisierten und öffentlichkeitswirksam umkämpften Bereich des Bearbeitungsrechts bis zur aktuellen, in Kap. IV zu diskutierenden Gesetzesnovelle zurückhält. Unabhängig davon, wie man die regulativen Ansätze von BGH und BVerfG im Einzelnen bewertet, der sich in diesen Urteilen materialisierende Anspruch, sich nicht einfach auf den Buchstaben des Gesetzes zurückzuziehen, sondern im Sinne kunstspezifischer Betrachtung der sich verändernden Lebenswirklichkeit auf dem Feld künstlerischer Produktivität angemessen Rechnung tragen zu wollen, kann aus Sicht künstlerischer Theorie und Praxis nur begrüßt und unterstützt werden. Komponieren 2021 38

39 40 41 42

Auf die Notwendigkeit, die anstehenden Europarechtsfragen zu klären, ist schon zuvor wiederholt hingewiesen worden, vgl. z.B. von Ungern-Sternberg 2015, S. 215 (216); Würtenberger/ Loschelder GRUR 2015, S. 861 (864); Leistner EuZW 2016, S. 166 (169f.). Die Gerichte haben das Recht zur Vorlage, aber nicht die Pflicht, sondern sind lediglich hierzu angehalten, vgl. Schunke Festschrift für Artus-Axel Wandtke 2013, S. 341 (347). Doch gerade das lag schlicht nahe hier. Vgl. Stieper ZUM 2016, 637 (639). Vgl. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (696f.), Rn 112–124 – Metall auf Metall. Vgl. BGH GRUR 2017, S. 895ff. – Metall auf Metall III. Jotzo ZGE 2017, S. 447 (447).

III. Diagnose Systemwechsel

ist schlicht nicht mehr eins zu eins dasselbe wie Komponieren 1965, als das UrhG beschlossen wurde, genauso wenig wie die Wege des Öffentlichwerdens von Musik, an die das UrhG anknüpft. Die alten Vorgehensweisen und Strategien sind geblieben. Aber der Möglichkeitsraum ist auf beiden Ebenen ausdifferenzierter und vielfältiger geworden, ebenso wie die ästhetischen Interessen und Wertmaßstäbe von Musikproduzenten und -rezipienten. Metall auf Metall ist nur der Aufhänger, der sich zufällig ergeben hat, die Auseinandersetzung mit dem digitalen Wandel als Kulturwandel im Bereich von Musik und Bearbeitungsrecht zu führen. Insofern geht mit den Metall-auf-Metall-Urteilen von BGH und BVerfG der Anspruch einer zeitgemäßen kunstspezifischen Betrachtung der Modalitäten des Interessenausgleichs zwischen Vorlagengeber und Vorlagennehmer einher. An diesem Stand der Entwicklung wird auch die Pelham-Entscheidung des EuGH zu messen sein.

3.

Inhalt der Pelham-Entscheidung des EuGH (2019) und ihrer Umsetzung in Metall auf Metall IV (2020) des BGH

In Reaktion auf den nicht allzu sanften Hinweis des BVerfG 2016, formuliert der BGH 2017 in Metall auf Metall III schließlich insgesamt sechs Vorlagefragen an den EuGH: a) Liegt ein Eingriff in das ausschließliche Recht des Tonträgerherstellers zur Vervielfältigung seines Tonträgers aus Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29 vor, wenn seinem Tonträger kleinste Tonfetzen entnommen und auf einen anderen Tonträger übertragen werden? b) Handelt es sich bei einem Tonträger, der von einem anderen Tonträger übertragene kleinste Tonfetzen enthält, im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/115 um eine Kopie des anderen Tonträgers? c) Können die Mitgliedstaaten eine Bestimmung vorsehen, die – wie die Bestimmung des § 24 Abs. 1 UrhG – klarstellt, dass der Schutzbereich des ausschließlichen Rechts des Tonträgerherstellers zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29) und Verbreitung (Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/115) seines Tonträgers in der Weise immanent beschränkt ist, dass ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung seines Tonträgers geschaffen worden ist, ohne seine Zustimmung verwertet werden darf? d) Wird ein Werk oder ein sonstiger Schutzgegenstand im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29 für Zitatzwecke genutzt, wenn nicht erkennbar ist, dass ein fremdes Werk oder ein fremder sonstiger Schutzgegenstand genutzt wird? e) Lassen die Vorschriften des Unionsrechts zum Vervielfältigungsrecht und Verbreitungsrecht des Tonträgerherstellers (Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29

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und Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/115) und den Ausnahmen oder Beschränkungen dieser Rechte (Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29 und Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/115) Umsetzungsspielräume im nationalen Recht? f) In welcher Weise sind bei der Bestimmung des Schutzumfangs des ausschließlichen Rechts des Tonträgerherstellers zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29) und Verbreitung (Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/115) seines Tonträgers und der Reichweite der Ausnahmen oder Beschränkungen dieser Rechte (Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29 und Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/115) die Grundrechte der Charta zu berücksichtigen?43 In Metall auf Metall III rückt der BGH – trotz der fortwährenden Kritik hieran in der Rechtswissenschaft44 – die Selbstständigkeitsfrage also erneut ins Zentrum,45 direkt im Anschluss an die zwingend zu klärende Vorfrage der Eröffnung des Anwendungsbereichs der potenziell einschlägigen Richtlinien trotz der Kürze des streitgegenständlichen Samples.46 Der Vorlagebeschluss lässt sich daher so lesen, dass der BGH aus dem Optionenkatalog des BVerfG nach wie vor eine Lösung über § 24 Abs. 1 UrhG bevorzugt hätte. Es sollte anders kommen. Der EuGH verknüpft in der Folge dies Verfahren mit zwei anderen Vorlagesachen des BGH zu Fragen erlaubnisfreier Nachnutzung und zwar im Bereich nichtkünstlerischen Zitatrechts, auf die später hinsichtlich ihrer Konsequenzen für das Musikzitat zurückzukommen sein wird, und verkündete seine Urteile in diesen Angelegenheiten sodann zusammen am 29. Juli 2019.47 Der BGH folgte diesem Vorgehen am 30. April 2020 in seinen Urteilen auf Basis der Antworten des EuGH.48

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Zitiert nach BGH GRUR 2017, S. 895f. – Metall auf Metall III. Vgl. Hoeren MMR 2009, S. 257 (258); Lindhorst GRUR 2009, S. 406 (407); Stieper ZUM 2009, S. 223 (225); Apel ZUM 2011, S. 754 (755); Dreier/Leistner GRUR-Beilage 2014, S. 13 (15); Schonhofen GRUR-Prax 2016, S. 277 (279); Hoeren MMR 2016, S. 463 (469); Wagner MMR 2016, S. 513 (517f.). Vgl. BGH GRUR 2017, S. 895 (896), Vorlagefrage 3 – Metall auf Metall III. Manche Stimmen sehen diese Vorfrage – entgegen BVerfG und BGH – als entscheidend an, da z.B. das Tonträgerherstellerrecht insoweit gar nicht Gegenstand der RL 2001/29/EG sei und es daher auf das Verhältnis von Art. 5 zu § 24 Abs. 1 UrhG gar nicht ankomme (oder alternativ zu Art. 9 der RL 2006/115 EG), vgl. Hoeren MMR 2016, S. 463 (469); Stieper ZUM 2016, S. 437 (439). Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 738ff. – Pelham u.a. [Metall auf Metall]; EuGH ZUM 2019, S. 751ff. – Funke Medien NRW/Deutschland; EuGH ZUM 2019, S. 759ff. – Spiegel Online/Beck. Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617ff. – Metall auf Metall IV; BGH ZUM 2020, S. 777ff. – Reformistischer Aufbruch II [Spiegel Online/Beck]; BGH ZUM 2020, S. 790ff. – Afghanistan Papiere II [Funke Medien NRW/Deutschland].

III. Diagnose Systemwechsel

In Metall auf Metall IV transferiert der BGH die Vorgaben des EuGH letztlich nur in nationales Recht und wendet sie auf den konkreten Fall an. Entsprechend sei im Folgenden lediglich in den Fußnoten auf die korrespondierende Passage im BGH-Urteil hingewiesen und im Übrigen nur ausdrücklich auf Metall auf Metall IV eingegangen, insofern sich hier abweichende oder zusätzliche Feststellungen finden, die für die hiesige Forschungsfrage relevant sind. Wie fällt nun die Entscheidung des EuGH aus? Vorlagefragen 5 und 6 werden vom EuGH dahingehend beantwortet, dass hinsichtlich der Vervielfältigungsrechte (Art. 2 InfoSoc-RL 2001/29/EG) aufgrund Vollharmonisierung nur EU-Grundrechte zum Tragen kommen; hinsichtlich der gewährten Schranken (Art. 5 InfoSoc-RL 2001/29/EG) verbleibt den nationalen Gerichten jedoch Umsetzungsspielraum.49 Hierauf bezogen sind dann von den Gerichten der Mitgliedsstaaten nationale Grundrechte anwendbar und hierüber individuelle rechtspolitische Akzente möglich. Allerdings dürfen dabei weder das Schutzniveau der EU-Grundrechte unterlaufen noch »der Vorrang, die Einheit und die Wirksamkeit des Unionsrechts beeinträchtigt werden«.50 Vorlagefrage 2 wird negativ beantwortet, spielt in hiesigem Zusammenhang aber ohnehin keine Rolle.51 Die Antwort auf Vorlagefrage 4 bestätigt lediglich die Voraussetzung für ein erlaubnisfreies Zitat, wonach es einer Erkennbarkeit der Fremdheit des Zitierten, also des Charakters der Übernahme. als Zitat bedarf.52 Des Weiteren erfolgen Ausführungen zum Interaktionsgebot, auf die später bei der Frage nach der aktuellen Verfasstheit des Musikzitatrechts zurückzukommen sein wird. Vorlagefrage 1 wiederum zielt letztlich darauf, zu klären, ob es in der InfoSocRL 2001/29/EG eine Untergrenze des Schutzbereichs des Vervielfältigungsrechts des Tonträgerherstellers korrespondierend zur Schöpfungshöhe beim Vervielfältigungsrecht des Urhebers gibt. Die BGH hatte dies unter Verweis auf die wirtschaftlich-organisatorische Begründung des Tonträgerherstellerrechts abgelehnt und sich stattdessen auf eine Anwendung von § 24 Abs. 1 UrhG konzentriert, um unbillig erscheinende Folgen bei Kleinstübernahmen auszubalancieren. Der EuGH entscheidet anders. Er prüft ebenfalls zunächst die Frage der Eröffnung des Schutzbereichs des Tonträgerherstellerrecht (Art. 2 Buchst. c) InfoSoc-RL 2001/29/EG) durch Microsampling, aber nicht wie vom BGH angestrebt unter der Prämisse einer Anwenderbarkeit von § 24 Abs. 1 UrhG (Selbstständigkeit) als Schutzbereichsbestimmung. Vielmehr orientiert sich der EuGH am Merkmal der Erkennbarkeit. Laut EuGH handelt es sich nur dann nicht um eine Vervielfältigung

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Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 738 (744), Rn 60, (746), Rn 85 – Pelham u.a. [Metall auf Metall]. EuGH ZUM 2019, S. 738 (745), Rn 80 – Pelham u.a. [Metall auf Metall]. Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 738 (742f.), Rn 40ff. – Pelham u.a. [Metall auf Metall]. Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 738 (744f.), Rn 66ff. – Pelham u.a. [Metall auf Metall].

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der Vorlagentonaufnahme, wenn der Samplingakt klein ausfällt (»Audiofragment«) und der Sample »dieses Fragments in den anderen Tonträger in geänderter und beim Hören nicht wiedererkennbarer Form eingefügt wird«.53 Der BGH konkretisiert dies in Metall auf Metall IV dann auf den Maßstab eines informierten Durchschnittshörers in Kenntnis der Vorlage.54 Hinsichtlich des hier nur am Rande interessierenden Kernbereichs des Metallauf-Metall-Rechtsstreits, der Frage erlaubnisfreien Sound Samplings, hat die Entscheidung des EuGH einen deliberalisierenden Effekt. Das Kriterium der Wiedererkennbarkeit als Voraussetzung der Schutzbereichseröffnung des Tonträgerherstellerrechts ist deutlich enger als das Selbstständigkeitskriterium in § 24 Abs. 1 UrhG, das der BGH an dieser Stelle anlegen wollte (vgl. Vorlagefrage 3).55 Dieses erlaubt gerade Erkennbarkeit der eigenpersönlichen Züge der Vorlage, solange sie nur in den Hintergrund treten. Wenn man so will, liegt also für den EuGH nur der Maximalfall des Verblassens, das vollständige Verblassen, jenseits des Schutzbereichs des Vervielfältigungsrechts. Andernfalls ist der Schutzbereich eröffnet. Für jene, die im Kontext des Metall-auf-Metall-Rechtsstreits an dieser Stelle für einen größeren Spielraum für erlaubnisfreies Sound Sampling warben, ist dies ein signifikanter Rückschritt. Im Fall der Schutzbereichseröffnung verweist der EuGH sodann den Samplenden auf die fakultativen Schranken des Art. 5 InfoSoc-RL 2001/29/EG als einzige Möglichkeiten, Erlaubnisfreiheit zu erlangen. Aus diesen Schranken kommen für einen musikalisches Sample theoretisch zwei in Betracht, insoweit sie in nationales Recht umgesetzt sind: das bereits vom BVerfG ins Spiel gebrachte Zitatrecht (Art. 5 Abs. 3 Buchst. d) InfoSoc-RL 2001/29/EG) und die Schranke zugunsten von Parodien, Karikaturen und Pastiches (Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG). Dabei konkretisiert der BGH in Metall auf Metall IV freilich, dass die Pasticheschranke per 30. April 2020 in Deutschland noch nicht gilt.56 Sie wird uns hier daher erst in Kap. IV beschäftigen, da sie der deutsche Gesetzgeber zum 7. Juni 2021 einführt. Hinsichtlich Tonträgernutzung bei Sound Sampling fallen die Konsequenzen der Pelham-Entscheidung entsprechend gemischt aus. Bezüglich unkenntlich gemachter Samples schafft sie Rechtssicherheit, dass diese nun auch gegenüber dem Tonträgerhersteller in Deutschland mangels Schutzbereichseröffnung erlaubnisfrei sind – gegenüber dem Urheber und dem ausübenden Künstler waren derartige Aneignungen es ohnehin stets gewesen, weil fehlende Erkennbarkeit impliziert, dass die eigenpersönlichen Züge des Übernommenen nicht präsent sind. Und nur

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Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 738 (742), Rn 35f., 39 – Pelham u.a. [Metall auf Metall]. Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (620), Rn 29 – Metall auf Metall IV. Vgl. Grisse/Kaiser ZUM 2021, S. 401 (410, 413f.). Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (625), Rn 78 – Metall auf Metall IV.

III. Diagnose Systemwechsel

diese sind insoweit geschützt. Darüber hinaus bringt das Urteil des EuGH freilich eine spürbare Verengung der Möglichkeiten, die nach dem Urteil des BVerfG bestanden. Außer unter den noch zu beschreibenden engen Voraussetzungen der Fallgruppen Musikzitat sowie Parodie/Karikatur ist Sound Sampling an geschützten Tonaufnahmen erlaubnispflichtig, sobald die Vorlage erkennbar ist. Faktisch bleibt also nicht viel Spielraum für diesen Spezialbereich fremdreferenziellen Komponierens. Jenseits von musikalischen Parodien und Karikaturen ist also am Ende wenig gewonnen im Vergleich zur maximal restriktiven Rechtslage vor Metall auf Metall I. Der für hiesige Studie entscheidende Punkt folgte allerdings in der Antwort auf Vorlagefrage 3. Der BGH beschloss wie gesehen 2008, von der zuvor herrschenden Mehrheitsmeinung von Judikative und Schrifttum abzuweichen und dem entgegen die Exitoption der freien Benutzung des § 24 Abs. 1 UrhG zumindest dem Grunde nach analog auch für das Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers gemäß § 85 Abs. 1 UrhG zu öffnen.57 Das BVerfG akzeptierte dies 2016 dem Grunde nach als einen von mehreren aus Sicht des BVerfG grundrechtlich gangbaren Wege des Interessenausgleichs.58 Der BGH fragte sodann den EuGH, ob er auch im Lichte des einschlägigen EU-Rechts mit dem Tonträgerherstellerrecht derart verfahren dürfe, so wie es ihm gerade im Lichte des Grundgesetzes und der Grundrechte auf Eigentums- und Kunstfreiheit vom BVerfG gestattet worden war. Und der EuGH entschied unter Verweis auf die InfoSoc-RL 2001/29/EG nicht nur: Nein. Er erklärte bei dieser Gelegenheit die deutsche Schranke der freien Benutzung des § 24 Abs. 1 UrhG gleich insgesamt für unionsrechtswidrig, insofern und insoweit ihr Gehalt und Anwendungsbereich nicht der InfoSoc-RL 2001/29/EG entsprechen.59 Das ist, was sich hinter dem ziemlich technisch anmutenden Tenor 3 – »Ein Mitgliedstaat darf in seinem nationalen Recht keine Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf das Recht des Tonträgerherstellers aus Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29 vorsehen, die nicht in Art. 5 dieser Richtlinie vorgesehen ist«60 – verbirgt. Ein Fall, der über die Rechte des Tonträgerherstellers bei Kleinstübernahmen geführt wurde, einem Spezialbereich fremdreferenziellen Komponierens, öffnet sich mit diesem Urteilstenor plötzlich insgesamt zu der Frage, wer sich heutzutage unter welchen Voraussetzungen in Deutschland Musik Dritter als Basis eigener neuer Musik aneignen darf.

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Vgl. BGH GRUR 2009, 403 (405f.), Rn 19–25 – Metall auf Metall I. Zur Übersicht über den rechtswissenschaftlichen Diskurs in Deutschland bis zum ersten Metall-auf-Metall-Urteil, vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 208, Fn 15 m.w.N. Vgl. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (694f.), Rn 94, 110 – Metall auf Metall. Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 738 (743f.), Rn 56–65 – Pelham u.a. [Metall auf Metall]. EuGH ZUM 2019, S. 738, Tenor 3 – Pelham u.a. [Metall auf Metall].

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Zwischen Pastiche und Zitat

Die Begründung des EuGH war dabei ebenso klar wie mit Blick auf den Richtlinienwortlaut naheliegend und absehbar: § 24 Abs. 1 UrhG sei als Schranke zu bewerten.61 Der dazu vorgesehene Katalog an Ausnahmen und Beschränkungen (Art. 5) sei zwar fakultativ, aber eben zugleich auch abschließend. § 24 Abs. 1 UrhG in seinem darüber hinausgehenden Inhalt sei hiervon nicht gedeckt.62 Die freie Benutzung deutscher Provenienz scheide daher insoweit als Ausnahme und Beschränkung der Vervielfältigungsrechte aus. Die Ausgangsfrage, die sich beim Anblick der Pelham-Entscheidung zunächst für ihr Verständnis stellte, war: Ist die freie Benutzung damit außerhalb der Fallgruppen von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG hinsichtlich aller in Art. 2 genannte Rechte unanwendbar geworden? Also auch hinsichtlich des Urheberrechts an Werken? Explizit ausgesprochen ist diese Konsequenz in Pelham nur hinsichtlich des Tonträgerherstellerrechts und nur hinsichtlich der Anwendbarkeit von § 24 Abs. 1 UrhG als Schranke. Das ließ alternative Lesarten zu. Zumal der BGH nach etwas anderem gefragt hatte. Mit seiner dritten Vorlagefrage hatte er nämlich wissen wollen, ob er § 24 Abs. 1 UrhG als Schutzbereichsbestimmung nutzen darf, nicht etwa als Schranke.63 Der EuGH interpretierte dieses freilich zu einer Frage nach der Anwendbarkeit von § 24 Abs. 1 UrhG als Schranke um.64 Über die Weiternutzbarkeit von § 24 Abs. 1 UrhG als Schutzbereichsbestimmung sagte er korrespondierend dann aber gar nichts. War der in Vorlagefrage 3 anvisierte Weg also vielleicht doch noch gehbar? In der Tat ließ sich zugunsten dieser Position anführen, dass in diesem Prozess konkret doch nur über das Leistungsschutzrecht des Art. 2 c) InfoSoc-RL 2001/29/ EG und gar nicht über das Urheberrecht des Art. 2 a) InfoSoc-RL 2001/29/EG und darauf bezogen entsprechend auch nicht über das Bearbeiten von Werken entschieden worden sei und damit die Frage, wann dieses den Schutzbereich des Urheberrechts berühre.65 Hieran ließ sich anknüpfen, indem man sagt, dass dies auch nur konsequent sei, weil die InfoSoc-RL 2001/29/EG letztlich das Bearbeitungsrecht gar nicht regle.66 Tatsächlich fehlt ein explizites Pendant zu §§ 3, 23 UrhG in der InfoSoc-RL 2001/29/EG. Der Begriff Bearbeitung taucht dort ebenfalls nicht auf, nur Vervielfältigung. Diesen gebraucht das UrhG aber z.B. verschieden vom Begriff der Bearbeitung (§ 16 vs. §§ 3, 23 UrhG). Es war daher lange strittig,

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Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 738 (743), Rn 57 – Pelham u.a. [Metall auf Metall]. Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 738 (744), Rn 65 – Pelham u.a. [Metall auf Metall]. Vgl. BGH GRUR 2017, S. 895 (897), Rn 22, 27 – Metall auf Metall III. Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 738 (743), Rn 57 – Pelham u.a. [Metall auf Metall]. Vgl. Schulze NJW 2019, S. 2918 (2918); Schulze GRUR 2020, S. 128 (129). Vgl. Schulze GRUR 2020, S. 128 (129).

III. Diagnose Systemwechsel

ob das Bearbeitungsrecht überhaupt schon harmonisiert ist.67 Wenn nicht, hätte der EuGH natürlich gar nichts dazu sagen dürfen, das wäre zunächst Aufgabe des Richtliniengebers gewesen, und entsprechend die Pelham-Entscheidung in Tenor 3 nicht dahin auslegbar, dass sie stillschweigend auch für die Frage gilt, wann Bearbeiten den Schutzbereich des Urheberrechts an Werken berührt.68 Dies gesagt, hätte man § 24 Abs. 1 UrhG insoweit erhalten und weiterverwenden können, so die Quintessenz dieser Position.69 Es ist zutreffend: Ein explizites Pendant zu §§ 3, 23 UrhG fehlt in der InfoSocRL 2001/29/EG. Aber der Wortlaut ist kein hinreichendes Argument. Das ist im französischen Recht z.B. nicht anders, dem die zentrale Stelle zur Bearbeitung in der InfoSoc-RL 2001/29/EG entstammt, nämlich Art. 5 Abs. 3 k) (vgl. Art. L 1225 des Code de la Propriété Intellectuelle).70 Auch das französische Recht kennt kein »speziell normiertes Bearbeitungsrecht«71 und schützt doch vor der erkennbaren Verwendung von Werkteilen und zwar über die Verwertungsrechte, u.a. das Vervielfältigungsrecht, wie es eben auch die InfoSoc-RL 2001/29/EG in Art. 2 gewährt.72 Natürlich geht das Urheberrecht (wie die Leistungsschutzrechte) nicht im Vervielfältigungsrecht auf. Und Bearbeitung ohne Vervielfältigung im Rechtssinne ist möglich, nämlich z.B. überall da, wo etwas bearbeitet wird, das nicht schützbar ist, wie etwa Ideen. Aber das Gros der Bearbeitungen involviert schlicht notwendig Vervielfältigungen im Sinne des Art. 2 Buchst. a) InfoSoc-RL 2001/29/EG.73 Entsprechend fiel auch die Feststellung des BGH an anderer Stelle aus, nämlich in der Beuys-Aktion-Entscheidung.74 Dort hatte er selbst ausgeführt, dass Bearbeitungen als Vervielfältigungen zu werten sind. Hinzu kommen die Feststellungen des EuGH an anderer Stelle zur Schutzbereichsbestimmung eben von Art. 2 Buchst. a) InfoSoc-RL 2001/29/EG, nämlich in der Infopaq-Entscheidung, in welcher der EuGH mit derselben Stoßrichtung statuiert, dass wenn die geschützten Eigenheiten der Vorlage in der Bearbeitung noch präsent seien, dies eben das Vervielfältigungsrecht verletze.75 Auch andere EuGH-Urteile wie All-Posters oder Painer sind

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Vgl. Haberstumpf ZGE 2015, S. 425 (457f.); Czychowksi/Nordemann/Nordemann/Schaefer Vom Magnettonband zu Social Media 2015, S. 91 (102f.); Apel K & R 2017, S. 563 (564f.); Ohly GRUR 2017, S. 964 (967); Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 24, Rn 6f.; Stieper ZUM 2019, S. 713 (713f.). Vgl. Schulze GRUR 2020, S. 128 (129). Vgl. Schulze NJW 2019, S. 2918 (2918); Schulze GRUR 2020, S. 128 (129). Vgl. Giannopoulou Communia 2015, S. 5; Vlah Parodie, Pastiche und Karikatur 2015, S. 138; Lucas-Schloetter UFITA 2019, S. 99 (100f.). Lucas-Schloetter UFITA 2019, S. 99 (100). Vgl. Lucas-Schloetter UFITA 2019, S. 99 (100). Vgl. Obergfell Festschrift für Artur-Axel Wandtke 2013, S. 71 (75); Ohly GRUR 2017, S. 964 (967). Vgl. BGH GRUR 2014, S. 65 (65), Tenor 1, (70), Rn 37 – Beuys-Aktion. Vgl. EuGH GRUR 2009, S. 1041 (1044), Rn 39–42 – Infopaq.

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in diesem Sinne zu lesen, dass das Vervielfältigungsrecht das Bearbeitungsrecht inkludiert.76 Auch das zweite, verfahrenshistorische Argument bleibt letztlich schwach. Der BGH hatte dem EuGH mit seiner dritten Vorlagefrage 2017 ein ausdrückliches Angebot zum Erhalt von § 24 Abs. 1 UrhG unterbreitet, wenn auch als Schutzbereichsbestimmung. Er hatte dabei an den Hybridcharakter von § 24 Abs. 1 UrhG im deutschen Recht angeknüpft.77 Und damit zugleich die zu erwartende (und dann auch erfolgte) Zurückweisung der Anwendbarkeit von § 24 Abs. 1 UrhG als Ausnahme und Beschränkung antizipiert. Als solche hatte der BGH § 24 Abs. 1 UrhG noch in Metall auf Metall I und Metall auf Metall II analog angewendet.78 Von Schutzbereich ist dort nicht die Rede, nur von Schranke. In seiner dritten Vorlagefrage war die Idee der freien Benutzung freilich dann gleich ausschließlich auf der Ebene der Schutzbereichsbestimmung des Vervielfältigungsrechts in Art. 2 InfoSoc-RL 2001/29/EG verortet worden.79 Doch von dem expliziten Angebot des BGH, zumindest das zu gestatten, hat der EuGH keinen Gebrauch gemacht.80 Das muss man zur Kenntnis nehmen. Zu allgemein formuliert war aber das Angebot des BGH in der dritten Vorlagefrage, als dass man annehmen könnte, dass eine Erstreckung über Art. 2 c) InfoSoc-RL 2001/29/EG hinaus von ihm nicht intendiert war, zu klar aber auch das Nichtaufgreifen dieses Angebots durch den EuGH. Das Nein hätte zwar deutlicher ausformuliert sein können; man hätte sich insoweit einige unzweideutige Sätze gewünscht.81 Aber darauf kommt es letztlich nicht an. Die grundrechtliche Abwägung zwischen Kunst- und Eigentumsfreiheit ist bereits in der InfoSoc-RL 2001/29/EG selbst erfolgt.82 Das ist entscheidend, wie Malte Stieper resümiert: »Wenn ein bestimmtes grundrechtlich geschütztes Interesse bereits seinen Niederschlag in einem der Schrankentatbestände in Art. 5 Abs. 2 oder 3 InfoSocRL 2001/29/EG gefunden hat, kann dasselbe Interesse daher im Rahmen einer Auslegung der Art. 2 bis 4 InfoSocRL 2001/29/EG nicht herangezogen werden, um Nutzungshandlungen vom Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers auszunehmen, die

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Vgl. Grisse/Kaiser ZUM 2021, S. 401 (411f.). Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 226 m.w.N.; Ohly GRUR 2017, S. 964 (967); Schulze GRUR 2020, S. 128 (129). Vgl. BGH GRUR 2009, 403 (405), Rn 21 – Metall auf Metall I; BGH GRUR 2013, 614 (616), Rn 22 – Metall auf Metall II. Vgl. Ohly GRUR 2017, S. 964 (967); Wagner MMR 2019, S. 727 (730). Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 738 (743f.), Rn 56–65 – Pelham u.a. [Metall auf Metall]. Vgl. Jütte JIPLP 2019, S. 827 (828). Vgl. Stieper ZUM 2019, S. 713 (715).

III. Diagnose Systemwechsel

vom Wortlaut der einschlägigen Schrankenbestimmung nicht mehr erfasst wären«.83 Angesichts dessen würde es eine Umgehung der Wertung des Richtliniengebers darstellen, mit dem letztlich gleichen Ergebnis faktisch das Abschließende der Regelung von Ausnahmen und Beschränkungen in Art. 5 Abs. 3 InfoSoc-RL zu ignorieren, indem man alle Fälle, die dort nicht erfasst sind, über § 24 Abs. 1 UrhG als Schutzbereichsbestimmung von Art. 2 a) InfoSoc-RL 2001/29/EG bzw. §§ 1, 2 UrhG verhandelt.84 Ein nationaler Umsetzungsspielraum besteht aber gerade nur bei den Ausnahmen und Beschränkungen, nicht bei den Vervielfältigungsrechten, so diese vollharmonisiert sind.85 Auch wenn in der Tat nicht per se ausgeschlossen ist, dass die Fragen der Schöpfungshöhe und der Erkennbarkeit in der Zukunft nicht die einzige Reduzierung des Schutzbereichs auf Ebene der Vervielfältigungsrechte bleiben, wenn es etwa einmal vor dem EuGH um das Urheber- und nicht um das Tonträgerherstellerrecht geht,86 so ist doch derzeit durch nichts zu erkennen, dass dann dort die alte deutsche Kategorie der Selbstständigkeit eine Rolle spielen könnte. Die Tür hierzu hatte der BGH mit der dritten Vorlagefrage geöffnet und der EuGH ist nicht hindurchgegangen. Konsequenterweise hat der BGH in der Folge dann die Idee, die freie Benutzung zumindest als Schutzbereichsbestimmung zu erhalten, in Metall auf Metall IV auch nicht weiterverfolgt, sondern insoweit seine vorherige Position in Metall auf Metall III vielmehr ausdrücklich aufgegeben, jedenfalls für alle Konstellationen künstlerischer Aneignungen, die nicht ohnehin schon über Art. 5 Abs. 3 InfoSoc-RL 2001/29/EG auf ihre Erlaubnisfreiheit hin zu prüfen sind: »Danach ist es nicht mehr zulässig, in einem solchen Fall unabhängig davon, ob die Voraussetzungen einer der in Art. 5 der Richtlinie in Bezug auf die Verwertungsrechte der Rechtsinhaber aus Art. 2 bis 4 der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen vorliegen, anzunehmen, der Schutzbereich eines Verwertungsrechts werde durch § 24 Abs. 1 UrhG in der Weise (immanent) beschränkt, dass ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes oder der Leistung eines Rechtsinhabers geschaffen worden ist, ohne seine Zustimmung verwertet werden darf.«87

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Vgl. Stieper ZUM 2019, S. 713 (715). Vgl. Leistner GRUR 2019, S. 1008 (1011f.); von Ungern-Sternberg GRUR 2020, S. 113 (120); Grisse/ Kaiser ZUM 2021, S. 401 (413). Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 738 (744), Rn 60, (746), Rn 85 – Pelham u.a. [Metall auf Metall]. Vgl. Schulze NJW 2019, S. 2918 (2918). BGH ZUM 2020, S. 617 (621), Rn 36 – Metall auf Metall IV.

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Der BGH akzeptiert also in Metall auf Metall IV die Position des EuGH und zwar sowohl für die Funktion von § 24 Abs. 1 UrhG als Schranke als auch für die als Schutzbereichsbegrenzung.88 Er konkretisiert die Vorgaben des EuGH aber, und zwar dahin, dass diese erst ab 22. Dezember 2002 gelten, dem Tag also des Inkrafttretens der InfoSoc-RL 2001/29/EG.89 Der deutsche Gesetzgeber folgt ebenfalls der Position des EuGH, wie in Kap. IV zu sehen sein wird: Zum 7. Juni 2021 ist § 24 Abs. 1 UrhG aufgehoben. Will man das Prinzip, das § 24 Abs. 1 UrhG zugrunde lag, künftig weiterverfolgen, ist der Weg nun also ein rechtspolitischer geworden, nämlich für eine entsprechende Klausel im EU-Recht in Art. 5 Abs. 3 InfoSoc-RL 2001/29/EG zu streiten. Alle Rettungsversuche im Anschluss an Pelham sowie in Reaktion auf die Veröffentlichung des zweiten Diskussionsentwurfs zur Umsetzung der DSM-RL am 24. Juni 2020 haben nicht getragen.

4.

Bewertung der Pelham-Entscheidung des EuGH (2019) und ihrer Umsetzung in Metall auf Metall IV (2020) des BGH

Dieses Schicksal der freien Benutzung war letztlich absehbar und ist konsequent argumentiert,90 auch wenn rechtliche Alter-nativen denkbar schienen91 und mit unterschiedlichen Begründungen gegen den Wortlaut von Art. 5 InfoSoc-RL 2001/29/EG insbesondere auf Fortbestand92 oder gar Weitentwicklung93 der Idee der freien Benutzung vor dem EuGH gehofft wurde. Der EuGH hat in der Vergangenheit immer wieder als »Interims-normgebers«94 agiert. Und die wenige Wochen vor dem Pelham-Urteil verabschiedete, in Kap. IV dann zentrale DSM-RL 2019/790 weist an der Stelle des bearbeitungsrechtlichen Interessenausgleichs eine auffallende Leerstelle auf, indem sie sich insoweit ganz auf die Frage nun 88 89

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Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (621), Rn 36 – Metall auf Metall IV. Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (619), Rn 18, (620f.), Rn 32 – Metall auf Metall IV. Vgl. für die Umsetzung in der instanzgerichtlichen Spruchpraxis z.B. stellv. LG Hamburg ZUM-RD 2021, S. 164 (171). Vgl. Summerer Illegale Fans 2015, S. 163f., 194f.; von Ungern-Sternberg GRUR 2015, S. 533 (536); Stieper AfP 2015, S. 301 (302); Leistner EZW 2016, S. 166 (170); Grünberger ZUM 2015, S. 273 (276, 284); Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 181f.; Ohly GRUR 2017, S. 964 (969); Wagner MMR 2019, S. 727 (729). Vgl. Dreier/Leistner GRUR 2013, S. 881 (884); Leistner GRUR 2014, S. 1145 (1149); Haberstumpf ZGE 2015, S. 425 (458f.); Stieper AfP 2015, S. 301 (303); von Ungern-Sternberg GRUR 2015, S. 205 (210); von Ungern-Sternberg GRUR 2015, S. 533 (539); Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 181f.; Jütte/Maier JIPLP 2017, S. 784ff.; Snijders/van Deursen IIC 2019, S. 1176 (1185). Vgl. Haberstumpf ZGE 2015, S. 425 (458f.); Schulze Urheberrecht 2018, S. 504 (519). Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 314ff.; Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 398ff. Jotzo ZGE 2017, S. 447 (447).

III. Diagnose Systemwechsel

obligater Anwendung von Teilen der bereits in den späten 1990er Jahren entwickelten und 2001 beschlossenen InfoSoc-RL 2001/29/EG zurückzieht, als hätte es die gesamte skizzierte Entwicklung seit der Jahrtausendwende in den Künsten wie der Rechtswissenschaft nicht gegeben. Gelegenheit und Bedarf waren also da. Und an Aufrufen auch aus der Rechtswissenschaft, sich auch hier wieder als Interimsnormgeber zu engagieren, mangelte es nicht. Eine richterrechtliche Rechtsfortbildung, etwa in Gestalt einer ungeschriebenen Erweiterung der Ausnahmen und Beschränkungen des Art. 5 InfoSocRL 2001/29/EG um eine Bearbeitungsgeneralklausel im Sinne von § 24 Abs. 1 UrhG unter Rekurs auf Grundrechte, lehnt der EuGH jedoch in Pelham ausdrücklich ab.95 Das nun eingetretene, anderslautende Ergebnis der Pelham-Entscheidung kann der EU-Richtliniengeber in Zukunft ändern, wenn er denn dazu geneigt sei, worauf selbst der Generalanwalt am EuGH hinwies.96 Es muss also nicht so sein wie es jetzt gekommen ist. Und es gibt viele Gründe, gerade bei kunstspezifischer Betrachtung, nun erst recht auf europäischer Ebene in Erweiterung von Art. 5 Abs. 3 InfoSoc-RL 2001/29/EG für eine allgemeine Bearbeitungsklausel analog § 24 Abs. 1 UrhG zu streiten, die voraussetzungsarm und damit kunstnah allgemein auf das Merkmal ästhetischer Eigenständigkeit der Adaption abstellt.97 Nicht zuletzt, weil das nun geltende Bearbeitungsrecht zu einem spürbaren Anheben der Schöpfungshöhe in Deutschland führen dürfte, ja muss, da mit § 24 Abs. 1 UrhG in seiner alten Bedeutung das entscheidende Korrektiv für den maximal ausgedehnten Schutz im Bereich kleiner Münze weggefallen und damit die lang etablierte, grundrechtlich abgesicherte Balance zu Lasten des Freihaltebedürfnisse erschüttert ist.98 Ich werde am Ende dieser Studie auf diese Frage zurückkommen. Man kann weiter dafür werben, dass es einer entsprechenden Schranke bedarf, wie es in der Tat manche auch nach Metall auf Metall IV unverdrossen tun.99 Wenigstens fürs Erste gilt aber mit Konrad Adenauer: Die Situation ist da. Wie ist diese neue Situation zu bewerten? Das Gros der zahlreichen, rasch erschienenen juristischen Fachkommentierungen zum Pelham-Urteil des EuGH suggeriert, dass im Endergebnis eigentlich nicht

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Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 738 (744), Rn 63f. – Pelham u.a. [Metall auf Metall]. Vgl. Szpunar BeckRS 2018, 33735, Rn 98. Es finden sich leicht Gründe, warum vorzuziehen wäre, darauf abzustellen, ob der Übernehmende etwas Eigenes aus dem Übernommenen macht, als pauschal im großen Stil den Bereich kleiner Münze freizugeben, vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 314ff. Vgl. entsprechend zum Figurenschutz z.B. Loewenheim Handbuch des Urheberrechts 2021, § 8, Rn 24. Vgl. z.B. Haberstumpf ZUM 2020, S. 809ff.; Haberstumpf UFITA 2020, S. 36ff.

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Zwischen Pastiche und Zitat

viel passiert sei.100 Einordnungen wie »salomonisches Urteil«101 dominieren. Unter dem Strich wird in der Summe der fachwissenschaftlichen Einordnungen vor allem auf eine prinzipielle Ausgewogenheit des Urteils hingewiesen: Die Verfechter der Remixkultur hätten für das Microsampling nun einen für Amateure wie Profis gleichermaßen geltenden Bereich vergleichsweise rechtssicher abgesteckter Erlaubnisfreiheit erstritten. Begrenzt zwar, aber eben nun verbindlich durchgesetzt, etwas, dass es vor dem Metall-auf-Metall-Rechtsstreit nicht gab, als jeder Sampling-Akt gleich welcher Größe und Weiterverarbeitung per se zumindest eine Verletzung des Tonträgerherstellerrechts darstellte.102 Das ist auch mehr, als die Stellungnahme des Generalanwalts am EuGH noch Ende 2018 in Aussicht gestellt habe.103 Überhaupt, dass nun von den höchsten erreichbaren Gerichten, BVerfG und EuGH, grundsätzlich bestätigt worden wäre und damit abgesichert sei, dass die Kunstfreiheit die Eigentumsfreiheit (hier in Gestalt der Vervielfältigungsrechte) trumpfen könne und dies selbst bei nicht ästhetisch, sondern wirtschaftlich begründeten Rechten wie dem Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers, sei auf dieser Seite der Debatte als Erfolg zu verbuchen.104 Zudem habe der EuGH einen Fall von Sampling konstituiert, bei dem tatsächlich das betroffene Vervielfältigungsrecht des Art. 2 c) InfoSoc-RL 2001/29/EG selbst gar nicht erst eröffnet sei, anders als es noch der BGH für § 85 UrhG vertreten habe, was zudem für diese neue Konstellation wohl die Darlegungs- und Beweislast der Erkennbarkeit des Samples zugunsten des Nutzers auf den Tonträgerhersteller verschiebe.105

100 Vgl. die Anmerkungen zum EuGH-Urteil von Apel MMR 2019, S. 97ff.; Döhl UFITA 2019, S. 19ff.; Dreier GRUR 2019, S. 1003ff.; Dreier GrUR Int. 2020, S. 223f.; Frenz DVBl 2019, S. 1471ff.; Geiger/ Izyumenko IIC 2020, S. 282ff.; Handig GRUR-Prax 2019, S. 497ff.; Hauck GRUR-Prax 2019, S. 385; Hieber ZUM 2019, S. 746ff.; Homar ZUM 2019, S. 731ff.; Jütte JIPLP 2019, S. 827ff.; Leistner GRUR 2019, S. 1008ff.; Marly/Prinz LMK 2019, 421261; Müller WRP 2019, S. 1545ff.; Papastefanou CR 2019, S. 600ff.; Rauer K&R 2019, S. 572f.; Schonhofen GRUR-Prax 2019, S. 432ff.; Schulze NJW 2019, S. 2918; Schulze GRUR 2020, S. 128ff.; Stieper ZUM 2019, S. 713ff.; Snijders/van Deursen IIC 2019, S. 1176ff.; Stumpf GRUR Int., S. 1086ff.; Thonemann/Farkas ZUM 2019, S. 748ff.; von Ungern-Sternberg GRUR 2020, S. 113ff.; Wagner MMR 2019, S. 727ff. Des Weiteren wurden Anmerkungen berücksichtigt, die explizit die Vorlagefragen bzw. deren Bewertung durch den Generalanwalt bewerteten, insb. Grünberger ZUM 2017, S. 324ff.; Ohly GRUR 2017, S. 964ff.; Apel MMR 2019, S. 97ff.; Bently et. al. IIC 2020, S. 467ff.; Jongsma IPRinfo 2019; Jütte/Quintais EIPR 2019, S. 827ff.; Mezei ZGE 2019, S. 170ff.; Papastefanou CR 2019, S. 36ff.; Pötzlberger ZUM 2019, S. 250ff. 101 Leistner GRUR 2019, S. 1008 (Untertitel). 102 Zum rechtswissenschaftlichen Diskurs in Deutschland bis zum ersten Metall-auf-MetallUrteil des BGH 2008, vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 208, Fn 15 m.w.N. 103 Vgl. Jütte JIPLP 2019, S. 827 (828); Leistner GRUR 2019, S. 1008 (1008). 104 Vgl. Frenz DVBl 2019, S. 1471 (1473). 105 Vgl. Wagner MMR 2019, S. 727 (727).

III. Diagnose Systemwechsel

Die Seite der Rechteinhaber wiederum – hier in Gestalt der Tonträgerhersteller – sähe sich dafür im Gegenzug am Ende des Wegs vom Landgericht Hamburg bis zum EuGH keiner allgemeinen Ausweitung der freien Benutzung auf digitale Adaptionen gegenüber, wie sie sich zuvor im Metall-auf-Metall-Rechtsstreit auf nationaler Ebene noch abzeichnete, insbesondere nach Wegfall der vom BGH als Korrektiv zur analogen Öffnung von § 24 Abs. 1 UrhG eingeführten Gegenausnahme des Nachspielgebots, das vom BVerfG zwischenzeitlich 2016 gekippt worden war.106 Ebenso wenig gäbe es nun: eine Zwangslizenz analog zu Coverversionen; oder eine allgemeine User-Generated-Content-Schranke analog dem kanadischen Modell;107 oder ein Abstellen auf tatsächlich nachgewiesene ökonomische Nachteile durch die Übernahme als entscheidend; oder eine allgemeine de-minimis-Schranke – alles vier Vorschläge, die prominent im Diskurs gewesen seien und die Kontrollmacht der Rechteinhaber deutlich eingeschränkt hätten.108 Die vom EuGH neu festgeschriebene Exitoption hin zur Erlaubnisfreiheit einer Aneignung – ihre Unkenntlichmachung – sei zwar dem Grunde nach eine de-minimis-Schranke,109 aber halt die denkbar niedrigste, ohne nennenswerte künstlerische wie rechtspraktische Relevanz. Vielmehr scheine es, dass sich die Kontrollmacht der Rechteinhaber wegen des weitgehenden Wegfalls der Erlaubnisfreiheit durch Selbstständigkeit der Adaption mit dem Metall-auf-Metall-Urteil des EuGH unter dem Strich sogar noch vergrößert hat, gerade im Bereich kompositorischer Aneignungen in Fällen ohne Berührung von Leistungsschutzrechten. Beide Seiten können also Gewinne für sich reklamieren. Die verbreitete Einschätzung der EuGH-Entscheidung als ausgewogen kommt daher nicht von ungefähr. Manche Kommentatoren bedauern zwar den mit Blick auf die InfoSoc-RL 2001/29/EG zunächst drohenden und nun eingetretenen Wegfall von § 24 Abs. 1 UrhG, wie man ihn in Deutschland seit Jahrzehnten kannte, und versuchen ihn wie gesehen über aufwendige Konstruktionen partiell zu retten. Andere sehen den Verlust jedoch gelassen und verweisen darauf, dass sich von Arbeiten Dritter inspirieren zu lassen ohnehin noch nie die Urheber- und Leistungsschutzrechte tangierte und man daher auch ohne § 24 Abs. 1 UrhG alter Bedeutung noch reichlich Raum zur Fortentwicklung der Künste auf Basis des Bestehenden hätte.110 Zwar wird durchaus hier und da in Frage gestellt, ob das maximal Mögliche an Rechtssicherheit erreicht wurde.111 Und werden dogmatische Nuancen der

106 107 108 109 110 111

Vgl. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (695), Rn 108 – Metall auf Metall. Vgl. hierzu Kocatepe UFITA 2019, S. 86ff. Vgl. nur BVerfG GRUR 2016, S. 690 (692, 695), Rn 80, 110 – Metall auf Metall. Vgl. Jütte JIPLP 2019, S. 827 (828). Vgl. z.B. Ohly GRUR 2017, S. 964 (968); Hauck GRUR-Prax 2019, S. 385. Vgl. z.B. Hieber ZUM 2019, S. 746 (747); Schonhofen GRUR-Prax 2019, S. 432 (434).

101

102

Zwischen Pastiche und Zitat

Entscheidung hinterfragt, etwa ob man die Abwägung zwischen Kunst- und Eigentumsfreiheit in der vom EuGH vorgenommen Weise richtig platziert findet oder eine andere Verortung vorgezogen hätte. Einige wundern sich schließlich darüber hinaus – nicht zu unrecht – über manche Wertung hinter Teilaspekten der EuGH-Entscheidung: So unglücklich es anmutete, dass das erste Metallauf-Metall-Urteil des BGH 2008 in der damaligen Fassung des neu eingeführten Nachspielgebots faktisch je mehr Sampling erlaubte, umso schlechter man als Produzent und Musiker war,112 so unglücklich wirkt jetzt z.B., dass das Metallauf-Metall-Urteil des EuGH einen Samplenden vor allem dann belohnt, wenn er das Sample möglichst geschickt zu verbergen weiß.113 Aber all das bleibt Detailfrage. Der Tenor des EuGH-Urteils und seiner Adaption durch den BGH scheinen allgemein akzeptabel und ausgewogen. Den Eindruck jedenfalls, dass es im Juli 2019 vor dem EuGH zu etwas Radikalem gekommen sei, gewinnt man in der Gesamtschau der Kommentierungen nicht. Ganz anders als es noch vor inzwischen gut eine Dekade in den zahlreichen Reaktionen auf das erste Metallauf-Metall-Urteil des BGH 2008 zu beobachten war.114 Doch dieser Eindruck trügt. Darauf möchte ich im Folgenden hinweisen. Das wird deutlich, sobald man die Sache kunstspezifisch betrachtet.115 Und das zu tun, ist jetzt entscheidend: »Damit wird es für die Zielgerade des Rechtsstreits vor dem BGH entscheidend auf eine ›kunstspezifische Betrachtung‹ ankommen, in deren Rahmen grundsätzlich die Prärogative des nutzenden Künstlers anzuerkennen ist, in bestimmten äußersten Grenzen selbst zu entscheiden, welche Form der (künstlerischen) Interaktion er wählt […]«116 , schrieb Matthias Leistner im Blick auf die seinerzeit noch ausstehende Reaktion des BGH in Metall auf Metall IV. Aber das neue Bearbeitungsrecht stellt eben genau diese Wahlfreiheit für jetzt arbeitende Künstlerinnen und Künstler gar nicht mehr sicher.117 Man hat mit Pelham und Metall auf Metall IV ein neues Bearbeitungsrecht erreicht. Und das ist aus Sicht der künstlerischen Theorie und Praxis, insbesondere 112 113 114 115 116 117

Zum rechtswissenschaftlichen Diskurs in Deutschland bis zum ersten Metall-auf-MetallUrteil des BGH 2008, vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 208, Fn 15 m.w.N. Vgl. Stieper ZUM 2019, S. 713 (719). Zum damaligen Diskurs über das Nachspielgebot, vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 241, Fn 37 m.w.N. Vgl. BVerfG GRUR 2016, S. 690, Tenor 1 – Metall auf Metall. Leistner GRUR 2019, S. 1008 (1013). Man kann den nun erfolgten Vorstoß des Gesetzgebers in der Umsetzung der DSM-RL 2019/790 hin zu einer weiten Auslegung des Pastichebegriffs als Reaktion genau hierauf verstehen, vgl. sogleich Kap. IV.

III. Diagnose Systemwechsel

der musikalischen, um die in diesem Verfahren gerungen wurde, keine Sache von dogmatischen Nuancen. Das neue Bearbeitungsrecht ist ein substanziell anderes.

5.

Das neue Bearbeitungsrecht ab dem 22. Dezember 2002

Drei Exitoptionen hin zur Erlaubnisfreiheit von Aneignungen sind nun mit Metall auf Metall IV für alles ab dem 22. Dezember 2002 festgelegt, wenn der Fall einer tatsächlichen Übernahme aus einem geschützten Drittwerk dargebracht ist – alle anderen Vervielfältigungen bedürfen der Zustimmung der Rechteinhaber. Und in Kap. IV wird zu sehen sein, dass sich an dieser neuen Ordnung auch durch die Urheberrechtsnovelle zum 7. Juni 2021 nichts grundsätzlich ändert; einzig die in Metall auf Metall IV noch ausgenommene Pasticheschranke wird in den Verbund mit Parodie und Karikatur hinzutreten. Unter dem Strich stabilisiert die Urheberrechtsnovelle zum 7. Juni 2021 vor allem jene Ordnung, die Pelham in Verbindung mit Metall auf Metall IV dem Bearbeitungsrecht hinsichtlich der Bedingungen erlaubnisfreier Nachnutzung geschützter Werke bzw. Werkteile Dritter gebracht hat.

a.

Exitoption Nr. 1 hin zur Erlaubnisfreiheit: Nichteröffnung des Schutzbereichs

In Abwägung der Grundrechte auf Kunst- und Eigentumsfreiheit eröffnet nicht jede Vervielfältigung aus einem geschützten Drittwerk den Schutzbereich des Vervielfältigungsrechts des Urhebers gemäß Art. 2 Buchst. a) InfoSoc-RL 2001/29/EG – und aufgrund der wegen Vollharmonisierung des Vervielfältigungsrechts gebotenen richtlinienkonformen Auslegung damit auch nicht von §§ 1, 2 UrhG.118 Der Begriff des Werks ist dabei als autonome Begriff des Unionsrechts auszulegen.119 Bislang hat der EuGH zwei Bereiche anerkannt, in denen aus seiner Sicht von einer Nichteröffnung auszugehen ist: • •

Nichterreichen der Schöpfungshöhe (Gestaltungshöhe), Unerkennbarkeit des Akts der Übernahme.120

Der Schutzbereich ist auch nach EU-Recht erstens dann nicht eröffnet, wenn der übernommene Werkteile nicht die Schöpfungshöhe überschreitet und damit als freies künstlerisches Handwerkszeug zu behandeln ist.121 Sowohl §§ 1, 2 UrhG als

118 119 120 121

Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 834 (837), Rn 29 – Cofemel/G-Star. Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 834 (836), Rn 28 – Cofemel/G-Star. Vgl. LG Hamburg ZUM-RD 2021, S. 164 (173f.). Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 834 (837), Rn 29 – Cofemel/G-Star.

103

104

Zwischen Pastiche und Zitat

auch Art. 2 Buchst. a) InfoSoc-RL 2001/29/EG knüpfen hierfür beide an den Begriff des Werks an. Der EuGH setzt für diesen zwei Voraussetzungen an: »Zum einen muss es sich bei dem betreffenden Gegenstand um ein Original in dem Sinne handeln, dass er eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstellt. Zum anderen ist die Einstufung als ›Werk‹ Elementen vorbehalten, die eine solche Schöpfung zum Ausdruck bringen.«122 Merkmal 1 ist erfüllt, wenn freie kreative Entscheidungen zum Ausdruck gebracht werden.123 Das ist dann nicht der Fall, wenn technische Erwägungen, Regeln oder Zwänge bestimmend sind, die der Ausübung künstlerischer Freiheit keinen Raum lassen.124 Der BGH definiert die Schöpfungshöhe im Bereich daher entsprechend großzügig: »Bei Werken der Musik liegt die schöpferische Eigentümlichkeit in ihrer individuellen ästhetischen Ausdruckskraft. An den für die Zubilligung von Urheberrechtschutz erforderlichen individuellen ästhetischen Gehalt dürfen nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden. Im Bereich des musikalischen Schaffens ist der Schutz der kleinen Münze anerkannt, die einfache und gerade noch geschützte geistige Leistungen erfasst. Es reicht daher aus, wenn die formgebende Tätigkeit des Komponisten nur einen verhältnismäßig geringen Eigentümlichkeitsgrad aufweist, ohne dass es dabei auf den künstlerischen Wert ankommt. Dabei kann eine individuelle schutzfähige Leistung sich nicht nur aus der Melodie und dem Einsatz der musikalischen Ausdrucksmittel der Rhythmik, des Tempos, der Harmonik und des Arrangements ergeben, sondern auch aus der Art und Weise des Einsatzes der einzelnen Instrumente, also der Durchführung der Instrumentierung und Orchestrierung. Nicht dem Urheberrechtsschutz zugänglich ist demgegenüber das rein handwerkliche Schaffen unter Verwendung formaler Gestaltungselemente, die auf den Lehren von Harmonik, Rhythmik und Melodik beruhen oder die – wie Tonfolgen einfachster Art oder bekannte rhythmische Strukturen – sonst zum musikalischen Allgemeingut gehören. Dabei ist auch im Hinblick auf Musikwerke zu berücksichtigen, dass für einen urheberrechtlichen Schutz eine nicht zu geringe Gestaltungshöhe zu fordern ist. Entscheidend für die Frage der Schutzfähigkeit ist, ob der auf dem Zusammenspiel all dieser Elemente beruhende Gesamteindruck den erforderlichen Eigentümlichkeitsgrad aufweist. Die Beurteilung bemisst sich dabei nach der Auffassung der mit

EuGH ZUM 2019, S. 834 (837), Rn 29 – Cofemel/G-Star; EuGH GRUR 2019, S. 73 (74), Rn 36f. – Levola/Smilde. 123 Vgl. EuGH ZUM-RD 2012, S. 1 (8), Rn 94 – Painer; EuGH ZUM 2019, S. 834 (837), Rn 30 – Cofemel/ G-Star. 124 Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 834 (837), Rn 31 – Cofemel/G-Star. 122

III. Diagnose Systemwechsel

musikalischen Fragen einigermaßen vertrauten und hierfür aufgeschlossenen Verkehrskreise.«125 Faktisch führt das in der Spruchpraxis dazu, dass nur im Bereich kleinster musikalische Entitäten im Umfang weniger Töne oder Takte die Frage der Schutzfähigkeit überhaupt strittig wird.126 Nach Merkmal 2 muss das Erreichen der Schöpfungshöhe objektiv ermittelbar sein.127 Ist dies gegeben, wird eine künstlerische Entität als Werk behandelt; einen Binnendifferenzierung nach Qualität, Komplexität usw. findet nicht statt.128 Es ist eine Entweder-Oder-Entscheidung. Ist ein Werk – bzw. Werkteil129 – schutzfähig, ist es bzw. er voll und ohne Abstriche geschützt. Damit das Schutzniveau hoch ist,130 wird die Schöpfungshöhe niedrig angesetzt. Zweitens ist der Schutzbereich beschränkt, d.h. nicht geöffnet für all jene Aneignungen, die als solche nach der Weiterverarbeitung der eigenschöpferischen Züge der Vorlage nicht mehr als Übernahme erkennbar sind.131 Entschieden wurde dies nur für das Tonträgerherstellerrecht, nach Sinn und Zweck muss für die Rechte von Urheber und ausübendem Künstler jedoch dasselbe gelten.132 Das Hörverständnis eines durchschnittlichen Hörers ist dabei als fiktiver, d.h. nicht im Einzelfall empirisch zu prüfender Maßstab anzulegen.133 Es ist in Pelham dogmatisch anders verortet als beim BGH in Metall auf Metall I und Metall auf Metall II, beim Schutzbereich nämlich, nicht bei den Ausnahmen und Beschränkungen. Aber diese neu etablierte Exitoption lässt sich von Anknüpfungspunkt und Konsequenz her doch als ein Entgegenkommen insbesondere an die Argumentation des BVerfG lesen, so zwar nicht der ganze Bereich des Verblassens wie vom BGH vorgeschlagen (vgl. Vorlagefrage 3), aber doch zumindest der Extremfall des quasi Totalverblassens unter Verweis auf die Kunstfreiheit privilegiert und freigestellt wird. Übernahmen jenseits der eigenpersönlichen Züge der Vorlagewerke eröffnen den Schutzbereich von Art. 2 Buchst. a) InfoSoc-RL 2001/29/EG bzw. §§ 1, 2 UrhG

125 126 127 128 129 130 131 132

133

Vgl. BGH GRUR 2015, S. 1189 (1192), Rn 44f. – Goldrapper. Vgl. Döhl Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Musikpsychologie 2015, S. 19 (25f.). Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 834 (837), Rn 33f. – Cofemel/G-Star. Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 834 (837), Rn 35 – Cofemel/G-Star. Vgl. EuGH GRUR 2009, S. 1041 (1044), Rn 38f. – Infopaq. Vgl. EuGH GRUR 2009, S. 1041 (1044), Rn 40f. – Infopaq. Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 738 (742), Rn 31 – Pelham u.a. [Metall auf Metall]; BGH ZUM 2020, S. 617, Tenor 1, (620), Rn 25 – Metall auf Metall IV. Vgl. von Ungern-Sternberg GRUR 2020, S. 113 (119). Entsprechend auch die Anwendung des Nichterkennbarkeitskriteriums des EuGH durch die deutschen Instanzgerichte auf das Recht des Urhebers, vgl. z.B. LG Hamburg ZUM-RD 2021, S. 164 (173f.). Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (620), Rn 29 – Metall auf Metall IV.

105

106

Zwischen Pastiche und Zitat

grundsätzlich nicht.134 Ob man nun etwas übernimmt, dass die Schöpfungshöhe nicht erreicht, oder etwas jenseits dieser hinterher so verändert, dass es quasi unter diese Schutzbereichsgrenze ins Freihaltebedürfnis und künstlerische Handwerkszeug zurücksinkt, ist für die rechtliche Bewertung nunmehr gleichgültig.

b.

Exitoption Nr. 2 hin zur Erlaubnisfreiheit: Musikzitat

Eine Übernahme von Musik in einer fremdreferenziellen Komposition kann sodann als Musikzitat gerechtfertigt sein, Art. 5 Abs. 3 d) InfoSoc-RL 2001/29/EG, §§ 51, 62, 63 UrhG. Das Zitatrecht ist im nationalen Recht schon urheberrechtskonform ausgeprägt.135 Durch den Wegfall der freien Benutzung jenseits der Fallgruppen Karikatur und Parodie wird das Zitatrecht nun aber auch im Blick auf das Vervielfältigungsrecht von Urhebern deutlich relevanter, wo die Fälle bislang regelmäßig im Kontext nicht von § 51 UrhG, sondern von § 24 Abs. 1 UrhG verhandelt wurden. Für die Nachnutzung von musikalischen Werken in fremdreferenziellen Kompositionen hat sich nichts geändert. Das Musikzitat ist grundsätzlich zulässig, sind seine Voraussetzungen erfüllt.136 Es gelten auch nach Pelham/Metall auf Metall IV weiter die strikten, bedingungsreichen Voraussetzungen des alten Rechts. Der Begriff des Zitats ist dabei als autonomes Unionsrecht nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch, dem normativen Zusammenhang der Zitatschranke und den Zielen der InfoSoc-RL 2001/29/EG zu bestimmen.137 Pelham und Metall auf Metall IV haben hinsichtlich des künstlerischen Zitats nichts neues gebracht; wichtig war hier vielmehr für die Künste die Öffnung der zitierfähigen Werkarten mit der Urheberrechtsnovelle 2007.138 Allerdings gilt letzteres nicht für das fremdreferenzielle Komponieren: Das Musikzitat gab es schon vorher. Vor diesem Hintergrund gilt: •



Die zitierte Vorlage muss erschienen sein, um rechtlich zitierfähig zu sein (vgl. Art. 10 Abs. 1 RBÜ, Art. 5 Abs. 3 Buchst. d) InfoSoc-RL 2001/29/EG, §§ 51 S. 2 Nr. 3, 6 Abs. 2 UrhG).139 Das Zitierte muss ein substanzieller Teil des zitierenden Werks werden und darf nicht bloß oberflächlicher Schmuck bleiben.140 D.h., der Akt des Zitie-

Vgl. Grisse/Kaiser ZUM 2021, S. 401 (414). Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (622), Rn 52 – Metall auf Metall IV. Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (622), Rn 51 – Metall auf Metall IV. Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 738 (745), Rn 70 – Pelham u.a. [Metall auf Metall]. Vgl. Obergfell Festschrift für Artur-Axel Wandtke 2013, S. 71 (76). Vgl. Bisges GRUR 2009, S. 730 (732); Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 51, Rn 36. 140 BGH ZUM 2012, S. 681 (684), Rn 28 – Blühende Landschaften. 134 135 136 137 138 139

III. Diagnose Systemwechsel









rens muss zusätzliche künstlerische Bedeutung im neuen Zusammenhang generieren, die dort einen Unterschied macht. Es muss hierfür zu einer inneren Verbindung, d.h. einer Interaktion zwischen Zitat und zitierendem Werk kommen.141 Und zwar in einer Weise, dass sie den Hörer dazu bewegt, beim Hören eine Verbindung zum zitierten Werk herzustellen.142 Freilich muss die Auseinandersetzung umgekehrt nicht in erheblichem Umfang erfolgen geschweige denn ins Zentrum des zitierenden Werks rücken.143 Beim Musikzitat ist diese Funktion weit auszulegen und auch schon erfüllt, wenn das Zitierte als Stillmittel des Anklangs oder des Kontrasts oder der Hommage verwendet wird (Zitatzweck).144 Denn klassische, auf Schriftwerk zugeschnittene Zitatfunktionen wie Beleg-, Erörterungs- oder Erläuterungsfunktion passen hier nicht und ließen, wenn auch für das Musikzitat verbindlich, die Schranke faktisch leerlaufen. Der Zitatzweck ist seit dem Germania 3-Beschluss des BVerfG bei künstlerischen Zitaten daher im Vergleich weiter zu verstehen.145 »Der Künstler darf urheberrechtlich geschützte Texte auch ohne einen solchen Bezug in sein Werk aufnehmen, soweit sie als solche Gegenstand und Gestaltungsmittel seiner eigenen künstlerischen Aussage bleiben.«146 Das zitierende Werk muss gleichzeitig ein selbstständiges Werk eigenen Rechts bleiben, wenn man das Zitierte wegdenkt.147 Und ein Musikwerk sein, sonst ist § 51 S. 2 Nr. 3 UrhG nicht einschlägig.148 Es dürfen nur einzelne Stellen und auch insoweit im Umfang nur so viel zitiert werden, wie für den jeweiligen Zitatweck im Einzelfall zwingend geboten (vgl. Art. 5 Abs. 3 Buchst. d) InfoSoc-RL 2001/29/EG, § 51 S. 1 UrhG).149 Das Zitierte muss im neuen musikalischen Zusammenhang als Zitat, d.h. als fremd erkennbar sein und zwar für einen informierten Durchschnittshörer.150 Das gilt nicht nur für die Identifikation der Quelle als fremd, sondern auch der musikalische Inhalt muss als fremd klar identifizierbar sein, etwa, indem aus seinem neuen musikalischen Kontext stilistisch heraussticht.151

Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (623), Rn 53f. – Metall auf Metall IV. Vgl. Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 285. Vgl. Lettl Urheberrecht 2018, S. 193. Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (623), Rn 53 – Metall auf Metall IV. Vgl. Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 285. BVerfG ZUM 2000, S. 867 (869) – Germania 3. Vgl. von Becker ZUM 2000, S. 864 (865); Lettl Urheberrecht 2018, S. 193; Ahlberg/Götting BeckOK Urheberrecht 2000, § 51, Rn 25. 148 Vgl. Loewenheim/Leistner/Ohly Schricker/Loewenheim. Urheberrecht 2020, § 51, Rn 90. 149 Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (622), Rn 52 – Metall auf Metall IV. 150 Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (623), Rn 55 – Metall auf Metall IV. 151 Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (623), Rn 53 – Metall auf Metall IV.

141 142 143 144 145 146 147

107

108

Zwischen Pastiche und Zitat



• •

• •

Das Zitat unterliegt einem Änderungsverbot (vgl. § 62 UrhG), was freilich tendenziell großzügig ausgelegt wird bei künstlerischen Zitaten wie dem Musikzitat, solange die Voraussetzung der Erkennbarkeit der Fremdheit erfüllt ist.152 Die Quelle ist anzugeben, wenn dies nicht unmöglich ist (vgl. Art. 10 Abs. 1 RBÜ, Art. 5 Abs. 3 Buchst. d) InfoSoc-RL 2001/29/EG, § 63 UrhG).153 Die Nutzung von Melodien in jeglicher Modifikation ist ausgeschlossen (§ 24 Abs. 2 UrhG).154 Ein ›wörtliches Zitat‹ ist freilich gestattet.155 Um eine Umgehung von § 24 Abs. 2 UrhG zu vermeiden, ist dies freilich sehr strikt zu handhaben.156 § 24 Abs. 2 UrhG erzwingt quasi eine harte Anwendung von § 62 UrhG im Fall der Melodienutzung, strenger als bei anderen Künsten. Das Zitat darf nicht den anständigen Gepflogenheiten zuwiderlaufen (vgl. Art. 10 Abs. 1 RBÜ, Art. 5 Abs. 3 Buchst. d) InfoSoc-RL 2001/29/EG).157 Die normale wirtschaftliche Auswertung des zitierten Werks (Substitutionskonkurrenz) und die berechtigten Interessen des Urhebers dürfen durch das Zitat nicht beeinträchtigt sein (vgl. Art. 9 Abs. 2 RBÜ, Art. 5 Abs. 5 InfoSoc-RL 2001/29/EG).158

Hinsichtlich des Musikzitats haben weder die Entscheidungen Pelham und Metall auf Metall IV noch die parallelen Urteile signifikante Änderungen gebracht. Es gilt vielmehr nach wie vor, was der BGH in seinem Urteil Blühende Landschaften wie folgt zusammenfasste: »Das Wesentliche der künstlerischen Betätigung ist die freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Jede künstlerische Tätigkeit ist ein Ineinander von bewussten und unbewussten Vorgängen, die rational nicht aufzulösen sind. Beim künstlerischen Schaffen wirken Intuition, Phantasie und Kunstverstand zusammen; es ist primär nicht Mitteilung, sondern Ausdruck, und zwar unmittelbarster Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers. Ob das urheberrechtlich geschützte Werk Gegenstand und Gestaltungsmittel einer eigenen künstlerischen Aussage ist oder 152 153 154 155

156 157 158

Vgl. Wehler Die freie Benutzung im digitalen Zeitalter 2012, S. 96. Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (622), Rn 51 – Metall auf Metall IV. Vgl. Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 51, Rn 20; Loewenheim Handbuch des Urheberrechts 2021, § 34, Rn 27. Vgl. Canaris Melodie, Klangfarbe und Rhythmus im Urheberrecht 2012, S. 73f.; Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 24, Rn 48; Loewenheim/Leistner/Ohly Schricker/Loewenheim. Urheberrecht 2020, § 24, Rn 33. Vgl. Loewenheim Handbuch des Urheberrechts 2021, § 34, Rn 27. Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (622), Rn 52 – Metall auf Metall IV; Loewenheim/Leistner/Ohly Schricker/Loewenheim. Urheberrecht 2020, § 51, Rn 52. Vgl. Loewenheim/Leistner/Ohly Schricker/Loewenheim. Urheberrecht 2020, § 51, Rn 49.

III. Diagnose Systemwechsel

bloß der Anreicherung des Werks durch fremdes geistiges Eigentum dient, ist aufgrund einer umfassenden Würdigung des gesamten Werkes zu ermitteln.«159

c.

Exitoption Nr. 3 hin zur Erlaubnisfreiheit: Karikatur und Parodie

Humoristisch-kritische Aneignungen unterfallen der Kunstfreiheit, ihr Fokus und Schwerpunkt liegt aber tatsächlich in der Meinungsfreiheit. Deren hoher demokratischer Wert ist auch der Grund dafür, dass derartige Aneignungen tendenziell die Formen fremdreferenziellen Komponierens sind, die am Großzügigsten behandelt werden im Bearbeitungsrecht. Das war im alten Recht so und bleibt es ungebrochen im neuen. Die Begründungslage dafür liegt letztlich ähnlich wie jene bei den besprochenen Urteilen des EuGH zum nichtkünstlerischen Zitatrecht: Mit den Mitteln des Urheberrechts hier Übernahmen pauschal untersagen zu können, schiene in vielen Szenarien schlicht unbillig und unverhältnismäßig. Als würde das Urheberrecht zweckentfremdet. Denn der eigentlich zu führende Interessenausgleich liegt auf Ebene der Meinungsfreiheit. Ohne eine solche Schranke müsste man den um Erlaubnis fragen, dessen Arbeit man in den Mittelpunkt von Humor oder Kritik rücken will. Welches Interesse sollte der Vorlagengeber daran haben?160 Aus diesen Gründen ist eine Übernahme deswegen in der InfoSoc-RL 2001/29/ EG auch dann erlaubnisfrei gestellt, wenn das Resultat als • • •

Karikatur, Parodie oder Pastiche

zu qualifizieren ist, Art. 5 Abs. 3 k) InfoSoc-RL 2001/29/EG.161 Diese Schrankenoptionen sind bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist der DSM-RL 2019/790 fakultativ. Gemäß Metall auf Metall IV sind in Deutschland freilich zunächst nur • •

Parodie und Karikatur

in nationales Recht umgesetzt.162 (Der Pastichebegriff ist daher Thema von Kapitel IV.)

159 BGH ZUM 2012, S. 681 (683), Rn 17 – Blühende Landschaften. 160 Vgl. EuGH ZUM-RD 2014, S. 613 (615), Rn 25f. – Deckmyn/Vrijheidsfonds/Vandersteen. 161 Vgl. Grünberger GRUR 2017, S. 324 (332); Ohly GRUR 2017, S. 964 (969); Schulze GRUR 2020, S. 128 (133). 162 Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (624), Rn 62 – Metall auf Metall IV.

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Zwischen Pastiche und Zitat

Parodien und Karikaturen – und mit ihnen Satiren, sobald sie Werkbezug haben163 – sind im Kontext der Rechtsprechung zu § 24 Abs. 1 UrhG seit langem etablierte Fallgruppen.164 Sie sind aber seit 22. Dezember 2002 als autonome Begriffe des Unionsrechts in der Auslegung des EuGH zu interpretieren.165 Und nur in diesem Sinne sind diese Schranken seit dem in Deutschland unmittelbar anwendbar,166 auch wenn die Begriffe bis zum 7. Juni 2021 gar nicht im UrhG erscheinen.167 Bis zum Inkrafttreten der Urheberrechtsnovelle zur Umsetzung der DSM-RL 2019/790 sind Parodien und Karikaturen stattdessen für alle Fälle ab dem 22. Dezember 2002 über eine im Lichte von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL europarechtskonforme Auslegung des nur darüber hinaus unionsrechtswidrigen § 24 Abs. 1 UrhG erlaubnisfrei gestellt.168 In der traditionellen deutschen Auslegung sind Parodie, Karikatur und Satire Varianten derselben künstlerischen Stoßrichtung: Sie sind gegen das ästhetische und/oder inhaltliche Thema der Vorlage gerichtete Aneignungspraktiken und dabei ein hierauf gezieltes Spiel mit den ästhetischen und/oder inhaltlichen Eigenschaften einer Vorlage, deren eigenschöpferischen Züge aufgerufen werden, aber zugleich eine Transformation erfahren, die ihre ästhetische und/oder inhaltliche Aussage substanziell verändern.169 Parodie, Karikatur und Satire ist humoristischkritische Meinungsäußerung, geübt mit den Mitteln der Kunst. In der traditionellen deutschen Auffassung musste die Vorlage selbst Adressat dieser humoris-

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Vgl. Stieper Rechtfertigung, Rechtsnatur und Disponibilität der Schranken des Urheberrechts 2009, S. 54, 519; Ahlberg/Götting BeckOK Urheberrecht 2018, § 24, Rn 28b; Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 24, Rn 25; Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 24, Rn 89; Wandtke Urheberrecht 2019, S. 81; Loewenheim/Leistner/Ohly Schricker/Loewenheim. Urheberrecht 2020, § 24, Rn 27; Loewenheim Handbuch des Urheberrechts 2021, § 8, Rn 18. Vgl. zu den Erscheinungsformen der Satire von Becker GRUR 2004, S. 908ff.; Gärtner Was die Satire darf 2009; Faßbender NJW 2019, S. 705ff. Jacobsen Die urheberrechtlich relevante Parodie 2020, S. 10, definiert die Satire freilich aus dem Anwendungsbereich von § 24 Abs. 1 UrhG hinaus, da sie keinen konkreten Werkbezug habe. Das allerdings ist gemäß dem üblichen Sprachgebrauch keineswegs zwingend. Vgl. Hefti Die Parodie im Urheberrecht 1977; Hess Urheberrechtsprobleme der Parodie 1993; Stuhlert Die Behandlung der Parodie im Urheberrecht 2002; von Ungern-Sternberg GRUR 2015, S. 205 (210); Haberstumpf ZUM 2020, S. 809 (813); Jacobsen Die urheberrechtlich relevante Parodie 2020, insb. S. 153–164. Vgl. international Jacques The Parody Exception in Copyright Law 2019; Lai The Right to Parody 2019. Vgl. von Ungern-Sternberg GRUR 2015, S. 205 (210); Jacobsen Die urheberrechtlich relevante Parodie 2020, insb. S. 153–164. Vgl. international Jacques The Parody Exception in Copyright Law 2019; Lai The Right to Parody 2019. Vgl. BGH ZUM 2016, S. 989, Tenor 2 – Auf fett getrimmt. Vgl. Haberstumpf ZGE 2015, S. 425 (458). Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (624), Rn 62 – Metall auf Metall IV. Vgl. Loewenheim Handbuch des Urheberrechts 2021, § 8, Rn 21, 23.

III. Diagnose Systemwechsel

tisch-kritische Meinungsäußerung sein (Stichwort: antithematisch Auseinandersetzung).170 Man kann selbstverständlich auch ohne bewusste Entlehnung Humor oder Kritik gegen Arbeiten Dritter richten. Aber die spielerische Nachahmung der Parodie hat eine andere Präzision als ein Zitat – und erst recht als Humor und Kritik ohne direkten Vorlagenbezug –, so hier die eigenpersönlichen Züge der Vorlage und die Mittel ihrer Transformation unmittelbar interagieren können, während sie beim Zitat streng genommen zwar aufeinander bezogen sind, aber eben nebeneinander stehen müssen. Die Verwendung einer Vorlage vermag daher im Fall des Gelingens eine ganz andere Wucht und Unmittelbarkeit erzeugen. Sie schafft eine zweite Ebene, so stets eine Vergleichsebene entsteht zwischen der Vorlage und ihrer Transformation. Man kann auf diesem Weg nicht nur wie etwa in einer typischen musikwissenschaftlichen Beschreibung der Vorlage bezeichnen, dass die zitierten Elemente X und Y in der Vorlage aus den und den Gründen ausnehmend stereotyp oder übertrieben oder redundant sind. Man kann diese Eigenschaften unmittelbar vorführen und gezielt herausstellen, als wenn man im Film oder im Theater ein Spotlight einsetzt, indem man sie z.B. in der Parodie aufgreift und nochmals überzeichnet. Man kann eine Aussage über diese spezifischen Qualitäten der Vorlage hierdurch unmittelbar artikulieren und Dritten erfahrbar machen und ist dafür nicht auf den Umweg einer Erläuterung verwiesen. Parodien gut zu machen, ist schwer, gelingt es aber, ist es oft besser im Sinne von eindrücklicher, in jedem Fall aber kategorial anders als eine bloße Beschreibung oder nichtreferenzielle Bewertung.171 Es geht bei Parodie, Karikatur und Satire also darum, ein spezifisches, interagierendes Distanzverhältnis zu schaffen und in Balance zu halten, das aus der Konfiguration der Aneignung selbst heraus auch als solches erkennbar ist.172 Das Übernommene muss dabei selbst bearbeitet sein, d.h. bloße Rekontextualisierungen und Entfremdungen sind nicht erfasst, was weniger künstlerisch gerechtfertigt ist als von der inhärenten Missbrauchsangst im Bearbeitungsrecht getragen.173 Insgesamt waren die Anforderungen an die Erlaubnisfreiheit von Parodie, Karikatur und werkbezogener Satire daher lange eher streng in Deutschland, insbesondere durch das die Rechtsprechung prägende Gebot der antithematischen

170 Vgl. von Becker GRUR 2004, S. 104 (105f.). 171 Sinnvollerweise hat der BGH das zwischenzeitlich von ihm eingeführte Kriterium der Erforderlichkeit der Entlehnung für das Erreichen der parodistischen Wirkung inzwischen aufgegeben. Vgl. Slopek WRP 2009, S. 20 (23). 172 Vgl. Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 24, Rn 23. 173 Vgl. Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 24, Rn 23.

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Zwischen Pastiche und Zitat

Auseinandersetzung mit der Vorlage selbst.174 Für derartige Praktiken fremdreferenzieller Komposition in der Musik war die Schranke überdies durch § 24 Abs. 2 UrhG sogar weitgehend entwertet, so hiernach Melodien nicht verwendet werden dürfen.175 Antithematische Auseinandersetzungen mit den Vorlagen selbst sind bis heute die typischen Fälle, denen als Parodie bzw. Karikatur Erlaubnisfreiheit zuerkannt wird – aber nicht mehr die einzigen, da sich der Schrankenbereich der Parodie inzwischen in Teilaspekten verändert und von dieser Maßgabe entfernt hat, was im Einzelfall auch tatsächlich einen Unterschied machen kann. Diese Änderungen haben sich dabei nicht unmittelbar aus dem Inkrafttreten der InfoSoc-RL 2001/29/EG ergeben, welche die Begriffe von Parodie und Karikatur nicht näher bestimmt, sehr wohl aber in der Folge in ihrer Auslegung durch höchstrichterliche Rechtsprechung auf europäischer und ihr folgend auf nationaler Ebene.176 Der BGH legt hierdurch inzwischen die bereits in Deutschland via richtlinienkonformen Auslegung des § 24 Abs. 1 UrhG geltenden beiden Schranken des Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG spürbar weiter aus als früher.177 Im Zentrum der Diskussion steht dabei bislang der Begriff der Parodie. Innerhalb der Fälle von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG ist er der einzige, den der EuGH bereits ausgelegt hat.178 Die Definition der Parodie, mit welcher der BGH darauf aufbauend derzeit operiert wird, ist auffallend voraussetzungsarm und vage gehalten: »Die wesentlichen Merkmale der Parodie bestehen danach darin, 1. zum einen an ein bestehendes Werk zu erinnern, 2. gleichzeitig aber ihm gegenüber wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen, und 3. zum anderen einen Ausdruck von Humor oder eine Verspottung darzustellen«,179

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Vgl. Specht/Koppermann ZUM 2016, S. 19. Vgl. zur alten Rechtslage Haedicke GRUR Int. 2015, S. 664 (665ff.); Lauber-Rönsberg ZUM 2015, S. 658 (569f.); Vlah Parodie, Pastiche und Karikatur 2015, S. 43ff. Zwar durfte auch in Deutschland mit einer Parodie Bezug auf den Kontext genommen werden, allerdings war die Frage inneren Abstands im Verhältnis zur Vorlage zu bestimmen, vgl. Canaris Melodie, Klangfarbe und Rhythmus im Urheberrecht 2012, S. 79. Vgl. Canaris Melodie, Klangfarbe und Rhythmus im Urheberrecht 2012, S. 79; Jacobsen Die urheberrechtlich relevante Parodie 2020, S. 113–116. § 24 Abs. 2 UrhG fällt zum 7. Juni 2021, vgl. sogleich Kap. IV. Es wird spannend sein zu sehen, ob dies einen Effekt auf die Spruchpraxis hat. Vgl. EuGH ZUM-RD 2014, S. 613ff. – Deckmyn/Vrijheidsfonds/Vandersteen. Vgl. Grünberger ZUM 2015, S. 273 (287), Nordemann/Kraetzig Kluwer Copyright Blog 2016. Vgl. zur maßgeblichen nationalen Rechtsprechung zuvor Jacobsen Die urheberrechtlich relevante Parodie 2020, S. 153–163. Vgl. EuGH ZUM-RD 2014, S. 613ff. – Deckmyn/Vrijheidsfonds/Vandersteen. Vgl. BGH ZUM 2016, S. 985 (985), Tenor 2 – Auf fett getrimmt. Die Aufzählungszeichen sind für besser Übersichtlichkeit hinzugefügt.

III. Diagnose Systemwechsel

lautet die schlanke Begriffsbestimmung im Urteil Auf fett getrimmt 2016, in Übertragung der minimalen Vorgaben des EuGH im Deckmyn-Urteil 2014.180 Parodie ist seit jeher der Standardfall für Verblassen durch hinreichenden inneren Abstand.181 D.h., die Evokation der Vorlage musste noch nie wie in der Grundkonstellation von § 24 Abs. 1 UrhG derart zurückhaltend ausgeführt sein, dass die Vorlage nur noch »schwach [...] durchschimmert«.182 Der Begriff des Erinnerns impliziert nun jedoch, dass die Fremdheit des Gegenstands der Parodie lediglich noch ausgewiesen und erkennbar sein muss. Kriterium 1 sortiert also vor allem heimliche Plagiate aus.183 Entscheidend für die Erlaubnisfreiheit ist viel mehr, ob im Vergleich die Unterschiede zur Vorlage (Kriterium 2) zu einer anders gearteten, humoristisch-kritischen und hindurch selbstständigen Aussage der fremdreferenziellen Komposition führen (Kriterium 3). Für die Auslegung der Parodieschranke im Einzelfall sind dabei eine Reihe weiterer Aspekte zu beachten: • • •



Der Begriff Parodie ist nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch zu bestimmen.184 Sämtliche Umstände des Einzelfalls sind zu berücksichtigen, um im Einzelfall zu klären, ob die Parodieschranke einschlägig ist.185 Die Parodie muss selbst keine Werkqualität mehr erreichen; eine Änderung, die angesichts der niedrigen Schöpfungshöhe nur in Extremfällen minimalinvasiver Bearbeitung einen Unterschied macht.186 Der humoristisch-kritische Aussagegehalt der Parodie muss sich nicht mehr gegen die Vorlage selbst richten.187 Inzwischen genügt, dass überhaupt ein humoristisch-kritischer Aussagegehalt intendiert ist, sich der humoristisch-kritische Aussagegehalt der Adaption also auch gegen etwas Drittes richten darf

180 Vgl. Specht/Koppermann ZUM 2016, S. 19 (22). 181 Standardfall, aber nicht einzig denkbarer Fall. So wurde auch schon vor Gericht diskutiert, ob die bloße Übernahme von Äußerlichkeiten geschützter Figuren oder ein bloßer Perspektivwechsel in einer Neuerzählung desselben Stoffes ausreichen könnte, um einen hinreichenden inneren Abstand zu konstituieren, vgl. Summerer Illegale Fans 2015, S. 80–83; Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 169; Stieper ZUM 2020, S. 753 (759). 182 BGH ZUM 2016, S. 985 (987), Rn 22 – Auf fett getrimmt. 183 Vgl. Loewenheim/Leistner/Ohly Schricker/Loewenheim. Urheberrecht 2020, § 23, Rn 28. 184 Vgl. EuGH ZUM-RD 2014, S. 613 (615), Rn 19 – Deckmyn/Vrijheidsfonds/Vandersteen. 185 Vgl. von Ungern-Sternberg GRUR 2015, S. 533 (535). 186 Vgl. BGH ZUM 2016, S. 985 (988), Rn 25 – Auf fett getrimmt. Vgl. hierzu Rosati JIPLP 2015, S. 80; Specht/Koppermann ZUM 2016, S. 19 (23); Jongsma IIC 2017, S. 652 (665); Rosati Copyright an the Court of Justice of the European Union 2019, S. 129ff. 187 Vgl. Specht/Koppermann ZUM 2016, S. 19 (23); Schack Urheber- und Urhebervertragsrecht 2019, S. 152, Rn 280a.

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Zwischen Pastiche und Zitat



und die Nutzung der Vorlage damit Mittel zum Zweck werden darf.188 Eine humoristisch-kritische Stoßrichtung wird jedoch nach wie vor verlangt.189 Quellenangabe ist nicht erforderlich.190 Es muss auch nicht sichergestellt werden, dass die Parodie nicht irrig dem Vorlagengeber selbst als Schöpfer zugeordnet werden kann.191 Aber die Parodie muss aus sich heraus den Akt der Bezugnahme erkennbar machen (Kriterium 1), d.h. den Umstand, dass mit etwas Fremden gearbeitet wird und zwar für einen Durchschnittsbetrachter, der die Vorlage kennt.192

Ist all dies gegeben, ist auf Parodie zu befinden. Damit ist die Erlaubnisfreiheit freilich noch nicht erlangt. Parodien dürfen nämlich gemäß Deckmyn nicht die berechtigten Interessen des Vorlagengebers beeinträchtigen, wozu auch der urheberpersönlichkeitsrechtlich begründete Schutz gehört, dass das eigene Werk für Diskriminierung Dritter nach Rasse, Hautfarbe oder ethnischer Herkunft verwendet wird.193 Dieses nachgelagerte Gebot stellt eine Gegenausnahme dar.194 Eine ungenehmigte, aber bereits als Parodie und damit grundsätzlich als erlaubnisfrei klassifizierte fremdreferenzielle Komposition kann hiernach dennoch ausnahmsweise rechtswidrig sein. Hierin liegt eine Verengung der Parodieschranke gegenüber der insoweit großzügigeren alten deutschen Rechtslage, nach der das Vorliegen von § 24 Abs. 1 UrhG in der Regel ausschloss, dass § 14 UrhG greift.195 Freilich dürften in der Lesart dieser EuGH-Gegenausnahme durch den BGH hiervon tatsächlich letztlich vor allem Extremfälle erfasst sein, denen auf diesem Wege letztlich doch die Erlaubnisfreiheit abgesprochen wird; die zunächst vielfach befürchtete »allgemeine ›Political-Correctness-Rolle‹«196 jedenfalls verbietet sich für den BGH mit Blick auf die Meinungsfreiheit des Parodierenden.197 Das sollte aber nicht darüber

Vgl. BGH ZUM 2016, S. 985 (989), Rn 35 – Auf fett getrimmt. Vgl. Nordemann/Kraetzig Kluwer Copyright Blog 2016. Vgl. BGH ZUM 2016, S. 985 (988), Rn 25 – Auf fett getrimmt. Vgl. BGH ZUM 2016, S. 985 (988), Rn 25 – Auf fett getrimmt. Vgl. Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 24, Rn 23; Loewenheim Handbuch des Urheberrechts 2021, § 8, Rn 21. 193 Vgl. von Ungern-Sternberg GRUR 2015, S. 205 (211). Interessanterweise rückt der EuGH gerade nicht die sonst ins Zentrum gestellten materiellen Interessen des Urhebers ins Zentrum, vgl. Slopek WRP 2009, S. 20 (21). 194 Vgl. Haedicke GRUR Int. 2015, S. 664 (668). Vgl. im Einzelnen BGH ZUM 2016, S. 985 (989f.), Rn 36–40 – Auf fett getrimmt. 195 Vgl. Specht/Koppermann ZUM 2016, S. 19; Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 24, Rn 90. 196 Vgl. BGH ZUM 2016, S. 985 (989f.), Rn 36–40 – Auf fett getrimmt. 197 Vgl. Jongsma IIC 2017, S. 652 (676ff.).

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III. Diagnose Systemwechsel

hinwegtäuschen, dass diese nachgelagerte Interessensabwägung ein wichtiges Kriterium werden dürfte.198 All dies zur Parodie gesagt gilt entsprechend für die Karikatur, auch wenn man einschränken muss, dass der EuGH diesen Begriff bislang eben noch nicht ausgelegt hat; er dürfte aber wohl als insbesondere visueller Unterfall der Parodie anzusehen sein und vor allem Fälle erfassen, in den die Vorlage als Mittel zum Zweck genutzt wird.199 Der Unterschied zwischen Parodie und Karikatur ist hiernach kein prinzipieller, sondern einer im handwerklichen Ansatzpunkt für die Generierung des von der Schranke verlangten Aussagegehalts, wie der BGH schon in seinem Urteil Gies-Adler 2003 erläuterte: »Dies kann durch eine Parodie geschehen, durch die das ältere Werk selbst zum Gegenstand einer kritisch-humorvollen, ironischen Auseinandersetzung gemacht wird, ist aber auch auf andere Weise möglich – etwa durch eine Karikatur, die nicht das ältere Werk selbst betrifft, sondern den Gegenstand, der in dem älteren Werk dargestellt ist.«200 Da beide Fallgruppen gleich privilegiert sind, ist die Frage der Binnendifferenzierung letztlich aber ohnehin eine akademische Frage. Praktische Konsequenzen sind damit nicht verbunden.

6.

Probleme der Erlaubnisfreiheit ab dem 22. Dezember 2002

Mit diesen drei Formen von Exitoptionen hin zur Erlaubnisfreiheit 1) Nichteröffnung des Schutzbereichs des Vervielfältigungsrechts (wegen Nichterreichen der Schöpfungshöhe oder wegen Unerkennbarkeit der Aneignung durch Transformation), 2) Zitat sowie 3) Karikatur und Parodie

hat es im Anschluss an Pelham und Metall auf Metall IV für bewusste Entlehnungen nun ab 22. Dezember 2002 sein Bewenden. Ansonsten bedarf es innerhalb der

198 Vgl. Lettl Urheberrecht 2018, S. 126. 199 Vgl. von Becker GRUR 2015, S. 336 (336f.); Lauber-Rönsberg ZUM 2020, S. 733 (738); Stieper GRUR 2020, S. 699 (702); Wandtke/Hauck GRUR-Prax 2020, S. 542 (544). Typische deutsche Urteile differenzieren auch nicht zwischen Karikatur und Parodie, vgl. z.B. zuletzt LG München I ZUMRD 2020, S. 613ff. 200 BGH ZUM 2003, S. 777 (780) – Gies-Adler. Vgl. ebenso BGH ZUM 2016, S. 985 (987), Rn 23 – Auf fett getrimmt.

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Zwischen Pastiche und Zitat

Schutzfrist einer Zustimmung des Rechteinhabers. Eine Reihe von Detailproblemen dieser Entwicklung wurden im Schrifttum bereits identifiziert und adressiert:

a.

Exitoption Nr. 1a: Nichterreichen der Schöpfungshöhe

Problematisch ist hier insbesondere: •



b.

Wo genau ist die Schöpfungs- bzw. Gestaltungshöhe (Maßstab des EuGH: gewisse Originalität) angesetzt? Wie lässt sich also für den fremdreferenziell arbeitenden Komponisten hinreichend sicher voraussagen, ob eine Übernahme musikalischen Materials erlaubnispflichtig ist?201 Lässt die kontinuierliche Ausdehnung des Schutzbereichs des vollharmonisierten, kunstspartenübergreifend einheitlich Werkbegriffs umgekehrt überhaupt nennenswert Spielraum für erlaubnisfreie Übernahmen mit dem Argument, es handele sich um frei musikalisches Handwerkszeug bzw. anderweitig vorgegebene Gestaltungen, etwa Regeln oder Genrekonventionen?202

Exitoption Nr. 1b: Unerkennbarkeit der Aneignung

Problematisch ist hier insbesondere: •

Wer entscheidet gemäß Pelham wie nach welchem Maßstab über die Frage der Erkennbarkeit – Experte? Laie? Erkennender Richter? Sachverständiger?203 Der BGH verweist in Metall auf Metall IV als Konkretisierung auf das »Hörverständnis eines durchschnittlichen Musikhörers«.204 Aber ein fiktiver Durchschnittshörer, der das übernommene Werkteil kennt? Ein fiktiver

201 Bzw. verhindern, dass irgendetwas, das er tut, als unbewusste Entlehnung qualifiziert wird? Der EuGH verweist letztlich auf Einzelfallentscheidungen nationaler Gerichte, vgl. EuGH ZUM-RD 2012, S. 1 (9), Rn 99 – Painer. In welch niedrigen Materialbereichen man sich mit dieser Frage bewegt, zeigt trefflich der Bereich Text, wo die Schutzfähigkeit einer Folge von elf Worten bejaht, aber von vier – in dieser Kombination allgemein bekannten – Worten verneint wurde, vgl. EuGH GRUR 2009, S. 1041 (1044f.), Rn 30–51 – Infopaq; OLG München ZUM-RD 2020, S. 140 (141) – Früher war mehr Lametta. 202 Vgl. Leistner GRUR 2019, S. 1114 (1118f.); Schulze NJW 2019, S. 3440 (3441); Tolkmitt GRUR 2021, S. 383 (384f.). 203 Vgl. Apel MMR 2019, S. 601 (602); Leistner GRUR 2019, S. 1008 (1010); Marly/Prinz LMK 2019, 421261; Stieper ZUM 2019, S. 713 (719); Papastefanou CR 2020, S. 600 (600); Schonhofen GRURPrax 2019, S. 432 (434); Stumpf GRUR Int., S. 1086 (1094); Thonemann/Farkas ZUM 2019, S. 748 (751); Wagner MMR 2019, S. 727 (729); von Ungern-Sternberg GRUR 2020, S. 113 (124); de la Durantaye Festschrift für Christine Windbichler zum 70. Geburtstag 2021, S. 1323 (1326); Grisse/Kaiser ZUM 2021, S. 401 (413f.). 204 BGH ZUM 2020, S. 617 (620), Rn 29 – Metall auf Metall IV.

III. Diagnose Systemwechsel

• •





Durchschnittshörer, der nur die Vergleichswerke insgesamt kennt? Ein fiktiver Durchschnittshörer, der die Vergleichswerke insgesamt kennt, aber gar nicht vorab weiß, dass hier ein Teil von A in B genutzt wurde? Wer trägt die Vortrags- und Beweislast für die Erkennbarkeit?205 Beschränkt der Begriff Audiofragment in Pelham diese Exitoption auf kurzes Microsampling und dann in Übertragung dieser Entscheidung auf das Vervielfältigungsrecht des Urhebers auf vergleichbar kurze Werkteile in der Größenordnung kleiner Münze?206 Muss das Übernommene zwingend verändert werden oder ist Nichterkennbarkeit auch durch andere Verfahren, etwa Überlagerung in Collagen, zu erreichen?207 Was soll das zugunsten der Kunstfreiheit zu berücksichtigende »Allgemeininteresse«208 sein, das maximal vage bleibt.209

Obendrein wird angemerkt, dass der Mehrwert dieser Exitoption für die künstlerische Praxis sehr gering ist, da im Gros der Fälle Erkennbarkeit gerade gewollt ist.210 Und ohnehin sei schwerlich nachvollziehbar, warum das Verstecken einer Aneignung privilegierungswürdiger sein soll als die besondere kreative Weiterarbeit damit.211 Für den hier interessierenden künstlerischen Bereich der Nachnutzung von musikalischen Drittwerken in fremdreferenziellen Kompositionen bleiben beide Exitoptionen der Nichteröffnung des Schutzbereichs ohne Folgen. Sie sind nicht einschlägig. Denn im fremdreferenziellen Komponieren geht es um die künstlerische Arbeit mit den eigenpersönlichen Zügen einer Vorlage.

205 Vgl. Leistner GRUR 2019, S. 1008 (1010). 206 Vgl. Apel MMR 2019, S. 601 (602); Papastefanou CR 2020, S. 600 (600). 207 Vgl. Apel MMR 2019, S. 601 (602); Thonemann/Farkas ZUM 2019, S. 748 (750); Wagner MMR 2019, S. 727 (728). 208 Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 738 (742), Rn 32 – Pelham u.a. [Metall auf Metall]. 209 Vgl. Papastefanou CR 2020, S. 600 (600). 210 Vgl. Apel MMR 2019, S. 601 (603); Hauck GRUR 2019, S. 385 (385); Schonhofen GRUR-Prax 2019, S. 432 (434). 211 Vgl. Stieper ZUM 2019, S. 713 (719). Jenseits des Horizonts dieser Studie wird insbesondere angemerkt, dass der EuGH wie der BGH zuvor ein qualitatives Kriterium (nun Erkennbarkeit) bei einem rein wirtschaftlich-organisatorisch begründeten Recht festgeschrieben habe, was man als systemwidrig kritisieren kann, vgl. Hieber ZUM 2019, S. 746 (747); Wagner MMR 2019, S. 727 (728f.).

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Zwischen Pastiche und Zitat

c.

Exitoption Nr. 2: Musikzitat

Problematisch ist hier insbesondere: •



• •



Wie sollen sich die anhand nichtkünstlerischer Aneignungen entwickelte Annäherungen des EuGH an den Zitatzweck – »genutzt wird, um Aussagen zu erläutern, eine Meinung zu verteidigen oder eine geistige Auseinandersetzung zwischen dem Werk und den Aussagen des Nutzers zu ermöglichen«212 – hinsichtlich künstlerischer Zitate übertragen und konkretisieren lassen, wo sie nicht recht passen?213 Wie soll der Interaktionsbegriff für Kunstfälle wie Musikzitate auszulegen sein?214 Es scheint auf eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Ausgangswerk215 – und, bei Sampling, stets zugleich auch der Ausgangsperformance216 – hinauszulaufen, die bei künstlerischen Zitaten auch wohl größer sein darf als bei sonstigen.217 Aber wie groß? Und was ist eine inhaltliche Auseinandersetzung und was nicht mehr, insbesondere wenn man wie in Metall auf Metall ausschließlich Klang transferiert?218 Zumal inhaltliche Auseinandersetzung mit der Vorlage nun tendenziell enger gemeint zu sein scheint als zuvor in Deutschland praktiziert?219 Was sind Maß und Grenze der anständigen Gepflogenheiten in Art. 5 Abs. 3 d) InfoSoc-RL 2001/29/EG, auf die der EuGH ausdrücklich abstellt?220 Was ist mit Ausstellung des Zitierten als fremd im neuen Kontext gemeint, also seine Erkennbarkeit als Zitat zu unterstellen?221 Bedarf es z.B. stets einer isolierten Präsentation des Zitierten wie im Pelham-Fall zu Beginn von Nur mir erfolgt? Änderungsverbot (§ 62 UrhG) und Erfordernis der Quellenangabe (§ 63 UrhG) hemmen den Mehrwert des Zitatrechts, da ihre Verletzung zwar nicht das Zitat rechtswidrig macht, aber Folgeansprüche auslösen kann.222 Wo die Toleranzgrenze bei Änderungen liegt, ist für das Musikzitat (jenseits der speziellen

Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 738 (745), Rn 72 – Pelham u.a. [Metall auf Metall]. Vgl. Lutz Grundriss des Urheberrechts 2018, S. 123f. Vgl. Papastefanou CR 2020, S. 600 (601); Schonhofen GRUR-Prax 2019, S. 432 (434). Vgl. Apel MMR 2019, S. 601 (603). Vgl. ausführlich zur Herleitung Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 13f. Vgl. Leistner GRUR 2019, S. 1008 (1013). Vgl. Hauck GRUR 2019, S. 385 (385). Vgl. Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 51, Rn 31; Geiger/Izyumenko IIC 2020, S. 282 (290). 220 Vgl. Leistner GRUR 2019, S. 1008 (1012). 221 Vgl. Homar ZUM 2019, S. 731 (737). 222 Vgl. Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 51, Rn 15.

212 213 214 215 216 217 218 219

III. Diagnose Systemwechsel



d.

Musikausnahmen von § 62 Abs. 2 UrhG) ebenso unklar wie der Maßstab, der angelegt wird, damit dem Erfordernis der Quellenangabe Genüge getan ist, z.B. bei Quellenangaben im Impressum eines YouTube-Videos oder im Booklet einer CD? Insbesondere ein weitergehendes Änderungsverbot entwertet den Verweis auf das Zitatrecht für die künstlerische Praxis erheblich. Ist der absolute Melodienschutz § 24 Abs. 2 UrhG nach wie vor geltendes Recht?223 Bliebe er zunächst Recht (und Metall auf Metall IV deutet darauf hin224 ), bliebe das Potenzial des Zitatrechts als Korrektiv zum Wegfall von § 24 Abs. 1 UrhG für die Musik zunächst (bis zur Aufhebung zum 7. Juni 2021) sehr schwach, insbesondere, weil die Melodie das am einfachsten zu handhabende musikalische Element für ein Musikzitat ist.

Exitoption Nr. 3: Karikatur und Parodie

Problematisch ist hier insbesondere: •









223 224 225 226 227 228 229

Wenn die Parodie kein Werkniveau mehr erreichen muss, wie soll sie dann noch unter § 24 Abs. 1 UrhG subsumierbar sein, gegen dessen Wortlaut sie dann verstößt, so doch eine Rechtsfortbildung contra legem ausgeschlossen ist?225 Wie kann bei Aufgabe des Gebots antithematischer Auseinandersetzung und der Folge, dass damit Parodien auch dann privilegiert werden, wenn es ihnen gar nicht um die Vorlage geht, verhindert werden, dass die Schranke damit nicht zu weit geht?226 Warum wird keine Konsequenz daraus gezogen, dass die Anknüpfung am allgemeinen Sprachgebrauch zur Begriffsklärung gar nicht zu präzisen, widerspruchsfreien Ergebnissen führt?227 Die dogmatische Position und Legitimation sowie Reichweite der nachgelagerten Interessensabwägung der neuen abschließenden Diskriminierungskontrolle ist nicht gesichert?228 Was sollen jenseits krasser Diskriminierungsfälle die Kriterien sein, dann denen im Einzelfall die Interessen des Urhebers überwiegen;229 man denke insoweit nur an das Gebot in Art. 5 Abs. 5 InfoSoc-RL 2001/29/EG, Schranken auf Sonderfälle zu beschränken?

Vgl. pro z.B. Schulze GRUR 2020, S. 128 (132); contra z.B. Papastefanou CR 2020, S. 600 (600). Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (625), Rn 87 – Metall auf Metall IV. Vgl. Schunke Festschrift für Artur-Axel Wandtke 2013, S. 341 (346). Vgl. Specht/Koppermann ZUM 2016, S. 19 (23). Vgl. Haedicke GRUR Int. 2015, S. 664 (668). Vgl. entsprechendes in Kap. IV zum Pastichebegriff. Vgl. von Becker GRUR 2015, S. 335 (339), Haedicke GRUR Int. 2015, S. 664 (669). Vgl. Haedicke GRUR Int. 2015, S. 664 (669f.).

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Zwischen Pastiche und Zitat

e.

Bewertung der neuen Rechtslage ab dem 22. Dezember 2002: Systemwechsel vom Gebot des Verblassens zum Gebot der Interaktion

Ein Aspekt kam im Diskurs bislang jedoch nicht hinreichend vor. Er erweist sich bei kunstspezifischer Betrachtung jedoch als entscheidend, um die eingetretenen Änderungen einordnen und bewerten zu können – und illustriert damit zugleich, warum dieses vom BVerfG so betonte Gebot tatsächlich wichtig ist. Denn es macht hier einen Unterschied. Auf diesen Aspekt möchte ich mit dieser Studie hinweisen. Anders als die vorgenannten Einwände zu letztlich dogmatischen Unsauberkeiten, Marginalien und noch ausstehenden Feinjustierungen hat dieser Aspekt das Potenzial, den Interessenausgleich im Bearbeitungsrecht substanziell anders zu konfigurieren. Und hierin auch über die Urheberrechtsnovelle zum 7. Juni 2021 hinaus (vgl. Kap. IV) systemisch zu wirken. Denn das, was vom EuGH entschieden wurde und vom BGH nun mitgetragen wird, stellt aus Sicht der künstlerischen Praxis tatsächlich einen Systemwechsel dar, d.h. etwas Radikales: einen für Deutschland substanziell neuen Blick auf das Bearbeitungsthema, die Etablierung grundlegend anders gearteter Prioritäten hinsichtlich der Erlaubnisfreiheit von Werknutzungen. Und zwar im Blick des Rechts darauf, was an künstlerischer Adaptionsleistung mit einer Erlaubnisfreiheit belohnt werden sollte und was gleichgültig der Qualität des Resultats einer Genehmigung der betroffenen Rechteinhaber an der Vorlage bedarf – und damit dessen voraussetzungslosem und allumfassendem Veto unterliegt. Hieraus resultieren Folgerisiken, wie ich zeigen möchte, die meiner Ansicht nach viel stärker in den Fokus gehören, so sie an Konsequenzen ungleich schwerer wiegen als die vorgenannten Einwände und Widersprüche des Schrifttums. An dieser Stelle des Interessenausgleichs zwischen Kunst- und Eigentumsfreiheit ist es zu einer systematischen Verschiebung gekommen: Es gibt zwar immer noch Fallgruppen für die Erlaubnisfreiheit der Verwendung der eigenschöpferischen Züge einer Vorlage. Es gibt jedoch keine mehr, die das Verblassen in seinem für die Musik wesentlichen Grundfall des hinreichenden äußeren Abstands (vor Erreichen der Unerkennbarkeit) privilegiert. Stattdessen wird das Gegenteil belohnt, nämlich die Interaktion mit der Vorlage über spezifische künstlerische Formen der Nutzung ihrer eigenschöpferischen Züge. Und zwar – das ist entscheidend – jetzt eben nur noch das. Das ist der wesentliche Punkt: Der Blick des Betrachters (oder Hörers) der neuen Arbeit soll nicht mehr weg führen von der Vorlage, sondern über die Adaption hin zu ihr. Das gab es schon vorher, insbesondere bei Parodien und Zitaten. Jetzt ist es freilich auf Ebene der Schranken das Einzige an ästhetischer Stoßrichtung, was privilegiert wird. Es ergeben sich daraus zwei kardinale, bei kunstspezifischer Betrachtung gravierende Herausforderungen, die das Pelham-Urteil des EuGH und seine Umset-

III. Diagnose Systemwechsel

zung durch den BGH in Metall auf Metall IV für das deutsche Bearbeitungsrecht bereithalten und die man durchaus als Kulturwandel beschreiben sollte, um ihr Ausmaß klar zu benennen: •



§ 24 Abs. 1 UrhG hat für alle Bearbeitungen, die nicht als Karikatur oder Parodie zu qualifizieren sind, seine alte Bedeutung und Funktion als balancierendes Korrektiv des maximal ausgedehnten Schutzes insbesondere im Bereich der kleinen Münze eingebüßt, was die Realisierung des Freihaltebedürfnisses gefährdet. Was vorher jenseits von Karikaturen und Parodien an Bearbeitungen über das Gebot des Verblassens nach § 24 Abs. 1 UrhG als freie Benutzung privilegiert und erlaubnisfrei war, ist es nun in der Regel nicht mehr. Das Zitatrecht vermag dies nicht aufzufangen.230

Einschätzungen wie »Änderung und Nicht-Wiedererkennbarkeit sind im Ergebnis ähnliche Parameter wie das Verblassen individueller Züge oder der innere Abstand zum benutzten Werk, die entweder zu einer freien Benutzung oder zu einer unfreien Bearbeitung führen«231 suggerieren, dass es nur um graduelle Unterschiede im letztlich Gleichen geht. Dieser Eindruck wäre verfehlt. Der rechtlich zentrale, von § 24 Abs. 1 UrhG erfasste Teil war bislang gerade jener, in dem die Erkennbarkeit nicht vollständig aufgehoben ist. Verblassen und Unerkennbarkeit sind nicht Varianten des letztlich Gleichen.232 Sie sind es nur im Extremfall des vollständigen Verblassens.233 Ansonsten sind sie tatsächlich etwas substanziell Verschiedenes. Wenn die Vorlage noch hindurchschimmern darf, darf sie eben gerade als fremdes Material in seinen eigenschöpferischen Zügen erkennbar bleiben. Und es bedurfte gerade keines näher zu qualifizierten Interagierens zwischen Vorlage und neuer Arbeit im Gegenzug. Man muss sich klar machen: Werden keine eigenschöpferischen Züge der Vorlage übernommen oder diese so verändert, dass sie als eigenschöpferische Züge der Vorlage nicht mehr erkennbar sind – was beides auch für den EuGH auf Ebene des Schutzbereichsbestimmung als nicht den Schutzbereich eröffnend akzeptabel ist – und wären vorher in Deutschland ebenfalls nur diese beiden Tätigkeiten in Abgrenzung zur genehmigungspflichtigen Bearbeitung §§ 3, 23 UrhG erlaubnisfrei gewesen, hätte es § 24 Abs. 1 UrhG überhaupt nicht bedurft. Denn der Schutzbereich von §§ 1, 2 UrhG ist auf die eigenschöpferischen Züge begrenzt. Schon hieraus

230 Vgl. hierzu Kap. V. 231 Schulze NJW 2019, S. 2918 (2918). Vgl. auch Boden/Bosch IPBR 2020, S. 216 (219); Frenz DVBl 2019, S. 1471 (1473); Stieper ZUM 2020, S. 753 (758). 232 So lesen sich z.B. Frenz DVBl 2019, S. 1471 (1473); Schulze GRUR 2020, S. 128 (131). 233 Vgl. Leistner GRUR 2019, S. 1008 (1009); Wagner MMR 2019, S. 727 (730).

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wird klar, dass § 24 Abs. 1 UrhG einen besonderen Bereich zwischen diesen beiden Varianten (unterhalb der Schöpfungshöhe, Unerkennbarkeit nach Transformation) und der genehmigungspflichtigen Bearbeitung §§ 3, 23 UrhG markierte.234 So ist das vom EuGH ausgeurteilte Bearbeitungsrecht nicht nur »deutlich strenger«,235 sondern es ist eine »Lücke«236 entstanden, weil das neue urheberrechtliche Regime in bestimmter Hinsicht die Blickrichtung des Bearbeitungsrechts um 180 Grad gedreht hat: vom Gebot des Verblassens hin zum Gebot der Interaktion. Was ästhetisch tatsächlich das genaue Gegenteil ist. Wodurch ausgerechnet jene musikalischen Aneignungen, die zuvor über das Erfüllen der Voraussetzung des äußeren Verblassens den Status freier Benutzung erreichten und darüber urheberrechtlich privilegiert waren, nun in der Regel keine Heimstatt mehr haben und ohne Lizenz damit in die Illegalität rutschen. Dass es sich vielmehr um einen Systemwechsel handelt, wurde mir deutlich anlässlich eines einstweiligen Verfügungsverfahrens auf Auskunft und Unterlassung vor dem Berliner Kammergericht im Oktober 2019 (24 U 66/19), über das ich für den Berliner Tagesspiegel berichtete.237 Denn Beklagter war der international bekannte und zugleich in Berlin ansässige Appropriation Artist Martin Eder, der, wie in diesem Fall auch, oft mit Zufallsfunden von Internetkitsch arbeitet. Anwendung fand bereits das neue Bearbeitungsrecht. Appropriation-Art-typisch bot dieser Fall, in dem es nur um das Urheberrecht des Vorlagengebers ging, trotz des erheblichen Ausmaßes an Übernahme viele Argumente, um die Aneignung über das alte Kriterium der Selbstständigkeit als freie Benutzung zu rechtfertigen.238 Eder hatte großflächig eine Vulkanlandschaft mit Kirschbaum an einer Klippe aus Internetkitsch übernommen. Diese wurde jedoch zum Bildhintergrund, da ihr bei Eder eine nackte Figur am Geländer einer Art von Balkon vorgelagert ist, die nun in besagte Landschaft schaut, in die weitere Elemente aus Kunst Dritter wie von Casper David Friedrich integriert wurden. Sicher ein Fall an der Grenze – auch nach altem Recht. Aber gut zu vertreten in Richtung freier Benutzung. Gericht wie Parteien wirkten nun im neuen Kontext in anderthalb Stunden mündlicher Verhandlung jedoch einigermaßen orientierungslos. Denn eigentlich gab es jenseits prozessualer Fragen des Einzelfalls zur Glaubhaftmachung der Urheberstellung nichts zu verhandeln. Der Vorlage war das Überschreiten der Schöpfungshöhe vernünftigerweise nicht abzustreiten, der Akt der Übernahme selbstevident 234 235 236 237 238

Vgl. Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 24, Rn 6, 52. Vgl. Homar ZUM 2019, S. 731 (736). Vgl. Schulze GRUR 2020, S. 128 (130). Vgl. Döhl Der Tagesspiegel (31. Oktober 2019), S. 26. Vgl. zu Urheberrecht und Appropriation Art einführend Schack Urheberrecht im Informationszeitalter 2004, S. 107ff.; Czernik Die Collage in der urheberrechtlichen Auseinandersetzung zwischen Kunstfreiheit und Schutz des geistigen Eigentums 2008; Huttenlauch Appropriation Art 2010.

III. Diagnose Systemwechsel

auf den ersten Blick: Wesentliche Bildelemente der Vorlage blieben trotz Veränderung durch den stilistisch anderen Malprozess in der Weiterverarbeitung bei beibehaltenem Bildaufbau präsent. Das Zitatrecht scheiterte schon an fehlender Quellenangabe, Änderungsverbot, Ausmaß der Übernahme und zweifelhafter Erkennbarkeit als Zitat aufgrund der Unbekanntheit der Vorlage und des dominanten Zitatcharakters anderer Bildelemente, zu dem die hier strittige Übernahme lediglich wie ein Hintergrund wirkt. Anhaltspunkte für eine Karikatur oder Parodie gab es schließlich ebenfalls nicht; Pastiche wurde gar nicht erst diskutiert. Eders großformatige Arbeit ist eine Studie über das Schaffen von Perspektive auf etwas Drittes und eine Studie über die Kontrastierung von Bildelementen aus ganz verschiedenen Kunstepochen. Nicht mehr und nicht weniger. Ihr geht es um eine bestimmte Balance zwischen Präsenz der Vorlagen und Distanz zu ihnen. Aber nicht um Interaktion mit ihnen in dem Sinne, dass seine Arbeit ein Kommentar über das Übernommene ist oder dieses übernommen würde, um in der neuen Arbeit oder durch sie außerhalb von ihr etwas anderes zu kommentieren. Wie in einem Mashup geht es um die Schaffung einer neuen dritten Ausdrucksebene in der Kombination von fremden Bildelementen.239 Ein typisches Beispiel für Bearbeitungen, die irgendwo zwischen der eng spezifizierten Interaktionsvorstellung in Karikatur, Parodie, Pastiche sowie Zitat und der Nichterkennbarkeit nach Weiterverarbeitung als Schutzbereichsbeschränkung liegen, ein klassischer Fall, an dem der Verblassenbegriff sinnvoll zu diskutieren wäre, nämlich die Frage, ob Eder etwas Eigenes aus dem Übernommenen gemacht hat. Dafür gab der Werkvergleich viele Argumente her. All diese Kunst hat keine rechte Heimstatt mehr im Bearbeitungsrecht durch den mit Pelham und Metall auf Metall IV erfolgten Systemwechsel. Sie ist Kollateralschaden eines Streits um eine musikalische Kleinigkeit und eine rechtliche Spezialfrage zum Schutzbereich des Tonträgerherstellerrechts, die künstlerisch denkbar weit von ihr entfernt steht. Eders Arbeit steht künstlerisch auf einem völlig anderen Niveau als Nur mir. Nur nützt ihr das nichts. Wo vorher Verblassen belohnt wurde, wird es nun bestraft, solange es nicht das Niveau von Unerkennbarkeit erreicht. Und darum geht es im Bereich künstlerischer Bearbeitung regelmäßig nicht.240 D.h. aber, dass ein großer Bereich der Bearbeitungskulturen in den Künsten, der vorher erlaubnisfrei möglich war, nun dieses Privileg verloren hat. Der Wegfall des flexiblen Korrektivs des äußeren Verblassens (Hindurchschimmern), das in den vergangenen Jahrzehnten im Einzelfall viel ausbügeln konnte

239 Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 61–173. 240 Vgl. Genette Palimpseste 1993; Diederichsen Fälschungen 2006, S. 390ff.; Gloag Postmodernism in Music 2012; Hutcheon Theory of Adaptation 2013; Döhl/Wöhrer Zitieren, Appropriieren, Samplen 2014; Döhl Mashup in der Musik 2016.

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und bei dem man es nicht so ganz genau wissen musste (Stichwort: Gesamteindruck), macht jetzt bei kunstspezifischer Betrachtung erheblichen Druck. Denn für die Praxis fremdreferenziellen Komponierens entstehen ganz konkrete Probleme und zwar nun überall dort, wo die genannten drei Exitoptionen nicht greifen. Und das sind eben die meisten Konstellationen. »Steht der künstlerischen Entfaltungsfreiheit ein Eingriff in die Urheberrechte gegenüber, der die Verwertungsmöglichkeiten nur geringfügig beschränkt, so können die Verwertungsinteressen der Urheberrechtsinhaber zugunsten der Freiheit der künstlerischen Auseinandersetzung zurückzutreten haben«, befand das BVerfG.241 Was hat sich an dieser Wertung geändert für jene Fälle, die zuvor als verblassend qualifiziert und demgemäß als selbstständig klassifiziert und darüber als erlaubnisfrei zulässig privilegiert worden sind bzw. wären und nun nicht mehr privilegiert werden können? Nichts. Der Metall-auf-Metall-Fall selbst bietet leider nichts an, um den eingetretenen Systemwechsel im anstehenden weiteren Verfahrensverlauf adressiert zu sehen.242 241 Vgl. BVerfG GRUR 2016, S. 690 (693), Rn 86 – Metall auf Metall. 242 Der Rechtsstreit liegt bei Abschluss dieses Manuskripts wieder beim OLG Hamburg, für ein drittes Urteil in gleicher Sache. Er könnte dort nun tatsächlich enden. Darauf deuten jedenfalls die ausführlichen Hinweise im Urteil des BGH hin. Alte Fragen, die Verletzung des Urheberrechts am Werk und des Leistungsschutzrechts des ausübenden Künstlers, seit der ersten Instanz geparkt und für die konkrete Streitsache bislang schlicht noch nicht beantwortet, sind nun zwar zu adressieren. Aber das kann das OLG Hamburg in eigener Kompetenz abschließend entscheiden; hier gibt der BGH dem OLG Hamburg im Übrigen sehr deutliche Hinweise mit auf den Weg zugunsten der Beklagtenseite. Und auch die alte Streitfrage, ob § 24 Abs. 1 UrhG – nun nur noch relevant für die Phase vor Inkrafttreten der InfoSoc-RL 2001/29/EG bis zum 22. Dezember 2002 – gleichermaßen auf das Urheberrecht am Werk wie auf die Leistungsschutzrechte von ausübendem Künstler und Tonträgerhersteller angewendet werden kann, ist nach BGH 2008 und BVerfG 2016 jedenfalls judikativ rechtlich ausgeschrieben und die Norm vom OLG Hamburg nun nur noch auf den Fall anzuwenden; auch hier gibt der BGH dem OLG Hamburg sehr deutliche Hinweise mit auf den Weg, erneut zugunsten der Beklagtenseite (vgl. BGH GRUR 2009, 403 (405f.), Rn 19–25 – Metall auf Metall I; BVerfG GRUR 2016, S. 690 (694), Rn 94 – Metall auf Metall). Neue Fragen sind zwar ebenfalls zu beantworten, insbesondere, ob nach dem 22. Dezember 2002 (Inkrafttreten InfoSoc-RL 2001/29/EG), ab dem nun in Deutschland ein anderes Bearbeitungsrecht gilt als zuvor, von der Beklagtenseite überhaupt noch Vervielfältigungshandlungen an Nur mir vorgenommen wurden oder ernsthaft und konkret zu erwarten waren/sind. Wenn nicht, entfallen insoweit Erstbegehungsgefahr und damit Klägeranspruch. Auch das wird das OLG Hamburg selbst klären und entscheiden können. Sollten also die tatsächlichen Gegebenheiten für den Zeitraum des neuen Rechts sich nicht zufällig als anders erweisen, liegt nun für den konkreten Fall also am Ende tatsächlich ein Ausgang zugunsten der Beklagten nahe: Denn Ansprüche vor dem 22. Dezember 2002 dürften angesichts der Deutlichkeit der Hinweise des BGH wohl ausscheiden aufgrund freier Benutzung nach § 24 Abs. 1 UrhG (hinsichtlich des Urheberrechts am Werk gegebenenfalls auch schon aufgrund der mit dem Sample nicht überschrittenen

III. Diagnose Systemwechsel

Man gelangt im Metall-auf-Metall-Fall des Streitgegenstands wegen nicht direkt zu dem von mir skizzierten Problem des Systemwechsels, anders als in dem angeführten Berliner Fall zu Martin Eder, von dem der Vorsitzende Richter in der mündlichen Verhandlung völlig zu Recht sagte, er hätte das Zeug, der nächste Metallauf-Metall-Fall zu werden. Aber welche Parteien nehmen schon auf sich, was die Parteien im Metall-auf-Metall-Prozess auf sich genommen haben? Diese taten es nicht. Der Bereich bewusster Entlehnung ist mit Metall auf Metall IV nur noch unter letztlich engen, da künstlerisch ausgesprochen spezifischen Voraussetzungen erlaubnisfrei. Selbstständigkeit im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG konnte nicht nur viel verschiedenere ästhetische Gesichter annehmen, als es in ihrer gegenwärtigen Auslegung Zitat, Parodie oder Karikatur können. Es ging schlicht ästhetisch um etwas anderes. Für das fremdreferenzielle Komponieren ist das eine Entwicklung mit potenziell weitreichenden Folgen. Denn fremdreferenziell arbeitende Komponisten können dem jeweils geltenden Bearbeitungsrecht ebenso wenig ausweichen wie seinem aktuellen Wandel, auch wenn es wie jetzt in vielen Fällen plötzlich nicht mehr zu dem passt, was sie künstlerisch anstreben. Das Recht ist jenseits dessen im Ganzen wie in seinen Teilen grundsätzlich keine Wahloption und Ausnahmen von dieser Grundregel sind rar. Rechtsfreie Räume jenseits der eigenen, noch nicht entäußerten künstlerischen Gedanken und – schon nur noch in Maßen – der Musizierpraxis in den eigenen vier Wänden existieren inzwischen kaum noch.243 Für die Anwendung des Urheberrechts auf einen selbst kann ein fremdreferenzieller Komponist sich heutzutage regelmäßig nicht frei entscheiden, anders als z.B. darüber, ob man GEMA-Mitglied wird oder einen Plattenvertrag unterschreibt, ein angebotenes Engagement annimmt oder ein Ensemble verlässt. Das Recht bindet grundsätzlich alle. D.h., man kann sich vom Recht nicht lossagen wie von einer künstlerischen Ästhetik oder eine Genrekonvention, selbst wenn man mit dem Regelungsinhalt dieses Ordnungssystems persönlich nicht übereinstimmen sollte.244 Die Teilnahme am Recht ist keine freiwillige Entscheidung. Man kann Schöpfungshöhe). Ansprüche nach dem 22. Dezember 2002 hingegen dürften nicht in Betracht kommen mangels – jedenfalls derzeit nicht ersichtlicher – tatsächlicher Vervielfältigungshandlungen nach diesem Stichtag oder auch nur einer Erstbegehungsgefahr insoweit. Der Rechtsstreit wäre damit beendet. 243 Daheim im Privaten unterliegt der Bereich der Bearbeitung von Musik der Herstellungsfreiheit, freilich ist das juristisch Private rasch verlassen, wie noch zu sehen sein wird. Vgl. Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, §§ 23, 24, Rn 15; LauberRönsberg ZUM 2020, S. 730 (737). 244 Vgl. Posner Little Book of Plagiarism 2007 dazu, wie unterschiedlich je nach Gesellschaftsbereich etwa das Verhältnis zu Plagiaten ist, d.h. zu ungekennzeichneten Übernahmen aus Arbeiten Dritter. Theoretisch denkbare, zumindest partiell abweichende Sonderbereiche wie

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das Recht nicht ignorieren wie man es vielleicht noch mit einer schlechten Rezension tun kann. Und man kann seine Konsequenzen nur selten kreativ umgehen wie die Auswirkungen einer mitten im Song gerissene Saite, wenn sie einen einmal in Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen, der Modalitäten einer GEMAAbrechnung oder eines Plagiatsvorwurfs ereilen.245 Für die Musik im Allgemeinen und das fremdreferenzielle Komponieren im Besonderen verbindet sich mit der Entwicklung von Metall auf Metall I bis zur Umsetzung der DSM-RL 2019/790 eine gewisse Tragik. Die Gesamtschau der Prozessgeschichte von Metall auf Metall zeigt zwar ab dem ersten BGH-Urteil 2008, dass sich die beteiligte Rechtsprechung ihrer Verantwortung bewusst ist. Man agiert auffallend engagiert und bemüht. Ob man dies freilich stets mit glücklicher Hand tut und sich so der Verantwortung letztlich gewachsen zeigt, ist hingegen zumindest streitbar und strittig. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Rechtsprechung in Fragen des Bearbeitungsrechts scheinen jedenfalls mit Pelham erschöpft. Entsprechend konzentrierten sich in der Folge der Pelham-Entscheidung weit weniger Stimmen darauf, den BGH zu einer progressiven Reinterpretation in Metall auf Metall IV zu motivieren – die wie gesehen auch ausblieb –, als vielmehr auf den deutschen Gesetzgeber. Denn die kurz zuvor beschlossene DSM-RL 2019/790 zwang diesen dazu, sich in der Folge u.a. des Bearbeitungsrechts anzunehmen. Eine Umsetzung der europäischen Vorgaben war bis zum 7. Juni 2021 vorgegeben. Diese zeitliche Koinzidenz erlaubte es daher, die Folgen der Metall-auf-Metall-Angelegenheit unmittelbar in ein Gesetzgebungsverfahren einzubringen. Das taten viele der in diesem Kapitel zitierten Stimmen des Schrifttums in den angeführten Arbeiten. Die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle sollte diesem Ersuchen tatsächlich folgen und ausdrücklich auf Metall auf Metall reagieren. Was in der u.a. hierauf bezogenen Urheberrechtsnovelle hinsichtlich der Frage des Kipppunkts zwischen abhängiger Bearbeitung im engeren Sinne und selbstständiger Aneignung ausgehandelt wurde, ist Gegenstand des nachfolgenden Kapitels IV. Wichtig dorthin mitzunehmen ist freilich, dass sich an dem entscheidenden Punkt, dem diagnostizierten Systemwechsel, nichts ändern wird. Ihn gilt es daher im Folgenden im Hinterkopf zu behalten. Hier kommt nun die besagte Tragik ins Spiel. Schon auf den ersten Blick ist klar: Auch wenn es keinen Zwang zur engen Schrankenauslegung im Unionsrecht gibt,246 viel Spielraum für Erlaubnisfreiheit

fremdreferenzielle Kompositionen ausschließlich auf Basis rechtsfreier Musik Dritter, die sodann selbst unter Freigabe aller Nutzungsrechte öffentlich gemacht werden, stellen keine relevante Fallgruppe dar. 245 Dieser Absatz basiert auf Döhl Handbuch Musik und Medien 2019, S. 525 (527). 246 Vgl. Schunke Festschrift für Artur-Axel Wandtke 2013, S. 341 (348).

III. Diagnose Systemwechsel

verbleibt bewussten Entleh-nungen nach Pelham und Metall auf Metall IV nicht. Für die Musik gilt: •







Alles außerhalb der Schutzfristen und unterhalb der Schöpfungshöhe steht dem fremdreferenziell arbeitenden Komponisten zur freien Verfügung.247 Hierzu zählen auch künstlerische Ideen, so nur die konkrete Realisierung schutzfähig ist.248 Das schließt praktisch den gesamten Bereich seiner musikalischen Gegenwart und Zeitgenossenschaft aus. Die Schöpfungshöhe liegt nämlich sehr niedrig. Alles von individueller ästhetischer Identität – und ausschließlich darum geht es beim fremdreferenziellen Komponieren – ist dem fremdreferenziell arbeitenden Komponisten innerhalb der Schutzfristen entsprechend als freies Handwerkszeug entzogen, wenn keine Schranke greift. Die Unerkennbarkeit ist keine für den fremdreferenziell arbeitenden Komponisten gangbare Ausweichstrategie, da Erkennbarkeit essentieller Teil des künstlerischen Witzes der Sache ist. Das Musikzitatrecht gestattet nur die quasi unveränderte Ausstellung kurzer melodischer und nichtmelodischer Werkteile in einem neuen musikalischen Kontext. Was so als potenziell erlaubnisfrei übrigbleibt, sind also sehr spezifische künstlerische Konstellationen, die in den Praktiken fremdreferenziellen Komponierens nur selten relevant werden. Sie gibt es, seit jeher. Brahms’ Händel-Variationen op. 24 sind ein klassisches Beispiel.249 Typische Konstellationen für das Musikzitat sind aber vor allem im Kontext von Parodien, Satiren, kabarettistischen Nummern und dergleichen denkbar.250 Wenn z.B. etwas Musikalisches wie etwa das Zweitonmotiv des Filmscores zu Der weiße Hai oder die chromatische Viertonfolge von James Bond verwendet würde, das allgemein bekannt ist, klar identifizierbar für eine bestimmtes Narrativ steht und entweder die Schöpfungshöhe nicht überschreitet oder unter Beachtung des Änderungsverbots §§ 24 Abs. 2, 62 UrhG isoliert einsetzbar ist, etwa kontextbedingt mit dem Effekt eines humoristischen musikalischen Kommentars. Mit einem solchen Musikzitat kann man vor allem auf kürzestem Raum präzise Assoziationen herstellen zu Bedeutungen, für die eine zitierte Musik an anderer Stelle

247 Vgl. Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 24, Rn 12. 248 Vgl. Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 24, Rn 34. 249 Vgl. Döhl Einführung 2014, S. 7ff.: Brahms zitiert Händels Aria fast wörtlich und klar abgesetzt zu Beginn, worauf 25 Variationen und eine Fuge folgen, in denen – jenseits der juristisch möglicherweise grenzwertigen Variationen 1, 13 und 14 – das Thema als Melodie keine Rolle spielt, allenfalls noch als Motivlieferant dient. 250 Vgl. von Becker ZUM 2000, S. 864 (866).

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Zwischen Pastiche und Zitat



im kulturellen Raum steht, und dies in einer Weise, die auch für Laien im nonverbalen Raum der Musik verständlich funktioniert. Aber all das sind letztlich spezifische künstlerische Konstellationen. Fremdreferenzielle Kompositionen verfolgen hingegen meist ein Verschmelzen von Vorlage und Neuem. Genau das will das Musikzitatrecht aber nur in einem sehr begrenzten, letztlich ästhetisch sterilen Setting gestatten. Parodie und Karikatur sind für fremdreferenzielle Kompositionen in der Musik aber ebenfalls nur ausnahmsweise einschlägig und daher letztlich in der gegebenen Form nur von bescheidener praktischer Relevanz.251 Entsprechend Erlaubnisfreiheit zusprechende Rechtsprechung ist Mangelware.252 Kritik durch Musik an Musik ist für einen Durchschnittshörer mangels Wissens und vergleichender Hörkompetenz kaum zu identifizieren. Bleibt Humor. Dieser funktioniert in einem rein musikalischen Kontext entweder als ebenfalls wissensseitig voraussetzungsreicher ›Insiderjoke‹ oder über eine massive Übertreibung der eingesetzten musikalischen Mittel. Die dritte, in der musikalischen Praxis durchaus häufiger auftretende Fallgruppe von Humor ausschließlich mittels Rekontextualisierung und Entfremdung, etwa durch Übernahme in einen soziokulturell weit entfernt stehenden, für andere Werte stehenden Genrekontext, erfüllt die Voraussetzungen der Schranke wie gesehen nicht.253 Hier ist man auf das voraussetzungsreichere Musikzitatrecht verwiesen. Das Gros der Fälle, in denen diese Schranke im Fall der Musik relevant wird, sind daher Medienkombinationen mit z.B. Text und/oder Bild. Das liegt freilich jenseits der rein musikalischen künstlerischen Praktiken fremdreferenziellen Komponierens, an denen dieser Studie gelegen ist.

Wir werden gleich in Kap. IV sehen, dass auch die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle die eingetretene Situation ebenso bewertet dahingehend, dass der besagte Spielraum nach Pelham und Metall auf Metall IV spürbar verengt ist. In seiner weiten Auslegung der neu hinzutretenden Pasticheschranke zum 7. Juni 2021 kann man den Versuch des Gesetzgebers sehen, ein Korrektiv genau hierfür zu etablieren. Die besagte Tragik besteht nun darin, dass insbesondere § 24 Abs. 2 UrhG in der Vergangenheit den Spielraum für fremdreferenzielles Komponieren im Vergleich zu anderen Künsten nochmals spürbar verengte, sowohl hinsichtlich § 24 Abs. 1 UrhG als auch hinsichtlich § 51 UrhG.254 Insoweit hat sich durch Pelham und Metall auf Metall IV also nichts zum Schlechten geändert. Denn § 24 Abs. 1 UrhG

251 252 253 254

Vgl. Schunke ZUM 2020, S. 447 (455f.). Vgl. Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 179. Vgl. Loewenheim Handbuch des Urheberrechts 2021, § 8, Rn 23. Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 254ff.

III. Diagnose Systemwechsel

hätte der Musik überhaupt erst in vollem Umfang der anderen Künste zugänglich gemacht werden müssen – auch wenn mit dem Urteil des BVerfG in dieser Sache Hoffnung genau darauf entstand, dass dies möglich werden könnte.255 Aber nun fällt tatsächlich im Gefolge von Pelham und Metall auf Metall IV endlich auch § 24 Abs. 2 UrhG zum 7. Juni 2021 – die größte Hürde für das fremdreferenzielle Komponieren. Was endlich ermöglichen würde, fremdreferenzielles Komponieren nun auch frei nach dem traditionellen, bei kunstspezifischer Betrachtung so adäquaten Selbstständigkeitskriterium zu bewerten und hierüber den Interessenausgleich auszubalancieren.256 Und nun ist dieses Selbstständigkeitskriterium gar nicht mehr da, sondern das Gebot des Verblassens durch jenes so ganz anders geartete Gebot der Interaktion abgelöst. Für alle anderen Künste bringt der Systemwechsel den Bedarf zu einem kategorialen Umdenken in Sachen rechtlicher Erlaubnisfreiheit. Das fremdreferenzielle Komponieren kommt vom Regen in die Traufe. Die große Frage, die die Urheberrechtsnovelle zum 7. Juni 2021 stellt, ist daher: Kann die dort einzig neu hinzukommende Pasticheschranke an dieser Stelle einen Unterschied machen?

255 Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 314ff. 256 Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 314ff.

129

IV. Gescheiterter Korrekturversuch Das neue Bearbeitungsrecht nach Umsetzung der DSM-Richtlinie 2019/790 ab dem 7. Juni 2021

1.

Gegenstand des Kapitels

Die DSM-RL 2019/790 ist die wichtigste normative Initiative der Europäischen Union im Bereich des Urheberrechts mit Auswirkungen auf das Bearbeitungsrecht seit der InfoSoc-RL 2001/29/EG.1 Nach Beschlüssen des Europäischen Parlaments (17. April 2019) und des Rats der Europäischen Union (15. April 2019) wurde sie am 17. Mai 2019 veröffentlicht und ist am 6. Juni 2019 in Kraft getreten.2 Ihr Gegenstand ist die Weiterentwicklung des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt. Im Zentrum der DSM-RL 2019/790 stehen eine Reihe von Themen wie Streamingplattformen, Social Media, User Generated Content und Text und Data Mining, die bei Erlass der InfoSoc-RL 2001/29/EG zwar nicht unbekannt waren, denen aber durch die technische, soziale, ökonomische, wissenschaftliche und ästhetische Entwicklung in den folgenden bald zwei Jahrzehnten heutzutage ein ganz anderer Stellenwert zukommt. Zentral im Hintergrund steht freilich das Ringen zwischen alten und neuen Rechteverwertern und Gatekeepern über die Verteilung der Erlöse aus Urheber- und Leistungsschutzrechten im Internet sowie das Ringen über den Regulierungsgrad des Internets. Das Gesetzgebungsverfahren war ausnehmend stark öffentlich politisiert. Dies spiegelt sich zum einen darin wider, dass die DSM-RL 2019/790 zunächst am 12. September 2018 im Europäischen Parlament keine Mehrheit fand, in einer revidierten Fassung dort nur knapp beschlossen wurde (348 Ja-Stimmen vs. 274 Nein-Stimmen vs. 36 Enthaltung) und auch im Rat der Europäischen Union nur die Zustimmung von 19 von

1

2

Vgl. Rosati JIPLP 2021, S. 191. In diesem Kapitel weiterentwickelt werden Döhl ZUM 2020, S. 740ff. in Sachen Gesamtbewertung der Urheberrechtsreform sowie darüber hinaus Döhl UFITA 2019, S. 19ff. und vor allem Döhl ZGE 2020, S. 380ff. insb. zur neuen Pasticheschranke. Vgl. Europäisches Parlament/Rat der Europäischen Union Richtlinie (EU) 2019/790 2019.

132

Zwischen Pastiche und Zitat

28 Mitgliedsstaaten erhielt.3 Zum anderen fand es deutlichsten Ausdruck in einer Protokollerklärung der Bundesregierung zum hochumstrittenen Themenkomplex Uploadfilter.4 Die zentrale Bedeutung der DSM-RL 2019/790 für das neue Bearbeitungsrecht liegt nicht in der Einführung neuer Regelungen, sondern darin, die für den Interessenausgleich im Bearbeitungsrecht wesentlichen, aber in der InfoSoc-RL 2001/29/ EG fakultativ ausgestalteten Schranken der Art. 5 Abs. 3 Buchst. d) und k) InfoSocRL 2001/29/EG nun den Mitgliedsstaaten als zwingend vorzuhaltendes nationales Recht aufzugeben. Gemäß Art. 17 Abs. 7 S. 2 DSM-RL 2019/790 gilt dieses Gebot zwar unmittelbar nur für den Bereich der öffentlichen Wiedergabe und Zugänglichmachung von derartigen Bearbeitungen auf Plattformen im Web. In der deutschen Umsetzung freilich werden diese Schranken unterschiedslos das ganze Bearbeitungsrecht gesetzt (§§ 51, 51a UrhG). Im Mittelpunkt steht dabei die Einführung einer für Deutschland neuen Schranke und das Ringen um ihre Auslegung: Pastiche. Die DSM-RL 2019/790 war von den EU-Mitgliedsstaaten bis zum 7. Juni 2021 in nationales Recht umzusetzen (im Folgenden kurz: Urheberrechtsnovelle).5 Dies erfolgte in Deutschland fristgemäß in einem mehrstufigen Prozess: • •





3 4 5 6 7 8

4. Juli 2019 bis 7. September 2019: Erstes öffentliches Stellungnahmeverfahren zur Umsetzung. 15. Januar 2020: Diskussionsentwurf (DiskE I) der Urheberrechtsnovelle durch das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) für eine erste Teilumsetzung von Richtlinieninhalten mit anschließendem Stellungnahmeverfahren.6 24. Juni 2020: Diskussionsentwurf für eine zweite Tranche der Urheberrechtsnovelle (DiskE II) mit anschließendem Stellungnahmeverfahren. Der DiskE II enthält u.a. die Vorschläge zur Reform des Bearbeitungsrechts.7 13. Oktober 2020: Referentenentwurf (RefE), der DiskE I und DiskE II zusammenführt – mit anschließendem Stellungnahmeverfahren.8 Dieser RefE führte die im DiskE II vorgeschlagenen Änderungen im Bearbeitungsrecht weiter – mit einigen Modifikationen.

Vgl. Europäische Union https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/HIS/?uri=CELEX:32019L07 90. Vgl. BMJV Protokollerklärung 2019. Vgl. Art. 29 Abs. 1 S. 1 DSM-RL 2019/790. Vgl. BMJV DiskE I 2020. Vgl. BMJV DiskE II 2020, S. 7, 10 i.V.m. S. 30, 44, 55f., 62–65. Vgl. BMJV RefE 2020.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

• • • •

• •

• • •

3. Februar 2021: Beschluss der Urheberrechtsnovelle durch das Bundeskabinett (RegE) – mit weiteren kleinen Anpassungen im Kontext Bearbeitungsrecht.9 12. Februar 2021: Übergabe an und Veröffentlichung durch den Bundesrat (BRE) – nicht zustimmungspflichtiges Gesetz.10 Überweisung an Ausschüsse. 9. März 2021: Übergabe an und Veröffentlichung durch den Bundestag (BTE).11 26. März 2021: Stellungnahme des Bundesrates mit einer Vielzahl von in Teilaspekten abweichenden Empfehlungen der dortigen Ausschüsse für Recht, Kulturfragen und Wirtschaft, welche die hier interessierenden Fragen des Bearbeitungsrechts aber nur am Rande berühren.12 1. Lesung (Beratung) im Bundestag. Überweisung an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Bundestags. 1. April 2021: Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats (ohne Behandlung des Bearbeitungsrechts).13 19. Mai 2021: Finale Revision durch Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Bundestags – mit weiteren kleinen Anpassungen im Kontext Bearbeitungsrecht.14 20. Mai 2021: Verabschiedung der Urheberrechtsnovelle in 2. und 3. Lesung (Beratung) durch den Bundestag. 4. Juni 2021: Verkündung im Bundesgesetzblatt.15 7. Juni 2021: Urheberrechtsnovelle in Kraft getreten (außer UrhDaG: ab 1. August 2021).

Um die mit dieser Urheberrechtsnovelle einhergehenden Rechtsänderungen geht es in diesem Kapitel und zwar insoweit, als hier die Bedingungen modifiziert werden, unter denen die erlaubnisfreie Benutzung von geschütztem Drittmaterial in neuen Werken ab dem 7. Juni 2021 zulässig ist. Die Urheberrechtsnovelle reagiert zwar ausdrücklich auf die Metall-auf-Metall-Rechtsprechung und das mit ihr mit Wirkung ab dem 22. Dezember 2002 eingeführte neue Bearbeitungsrecht.16 Und mithin auf das, was im vorangegangenen Kapitel aufgearbeitet wurde. Sie dient jedoch keineswegs bloß dazu, diese Veränderungen quasi zu verschriftlichen. Vielmehr wird ein Bearbeitungsrechtsregime entworfen, das weder die nun bis zum 21. Dezember 2002 geltende Rechtslage für die Zukunft wieder herstellt noch ausschließlich jene verstetigt, die mit Metall auf Metall IV ab dem 22. Dezember 2002 9 10 11 12 13 14 15 16

Vgl. BReg RegE 2021. Vgl. Bundesrat Grunddrucksache 142/21 2021 – Ausschussempfehlung am 16.3.2021 (142/1/21). Vgl. BReg BTE 2021. Vgl. BR Empfehlungen 2021. Vgl. BReg Gegenäußerung 2021. Vgl. Bundestag Drucksache 19/29894 2021. Vgl. BMJV BGBl. I 2021, S. 1204–1220. Vgl. BReg RegE 2021, S. 1.

133

134

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gilt. Das resultiert vor allem daraus, dass die Urheberrechtsnovelle in Sachen Bearbeitungsrecht auf drei Impulse zugleich reagiert, die zudem über die InfoSoc-RL 2001/29/EG nur mittelbar zusammenhängen, ansonsten aber zufällig zeitlich parallel zum Pelham-Verfahren und -Urteil auf die Agenda gekommen waren: 1) Erstens wird in der Tat und ausdrücklich den Konsequenzen der Metall-aufMetall-Rechtsprechung Rechnung getragen. Im Vordergrund steht insoweit der Wegfall der als Schutzbereichsbestimmung und Schranke doppelfunktionalen freien Benutzung des § 24 Abs. 1 UrhG a.F., vom EuGH für unvereinbar mit Art. 5 InfoSoc-RL 2001/29/EG und deswegen für unionsrechtswidrig erklärt. Die Urheberrechtsnovelle sucht nun beide Funktionen durch Transfer in unterschiedliche andere Normen weitgehend zu retten, einen modifizierten § 23 UrhG n.F. und einen neuen § 51a UrhG n.F. 2) Ausgangspunkt ist zweitens das Gebot des Art. 17 Abs. 7 S. 2 Buchst. b) DSMRL 2019/790. Es verpflichtet zur Umsetzung der zuvor fakultativen Schranke des Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG für Karikaturen, Parodien und Pastiches. Es wird als besagter § 51a UrhG n.F. realisiert und führt die in Deutschland bislang unbekannte Pasticheschranke ein. 3) Der weitere Schrankenauftrag der DSM-RL Art. 17 Abs. 7 S. 2 Buchst. a) DSMRL 2019/790 zugunsten von Uploads in Fällen von Zitat, Kritik und Rezension spielt in der Urheberrechtsnovelle hingegen keine Rolle. Das Gebot ist schon durch § 51 UrhG erfüllt. Diese Norm genügt in ihrer jetzigen Form bereits Art. 5 Abs. 3 Buchst. d) InfoSoc-RL 2001/29/EG,17 dessen Einführung Art. 17 Abs. 7 S. 2 Buchst. a) DSM-RL 2019/790 nun dort verlangt, wo noch nicht erfolgt. Art. 10 Abs. 1 RBÜ hatte die Einführung einer solchen Schranke aber ohnehin bereits geboten. In Deutschland gelten Zitatschranken im Übrigen schon länger als selbst die Erstfassung der Berner Übereinkunft von 1886. Schon das nach Reichsgründung 1871 als Reichsgesetz übernommene Gesetz, betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken, Abbildungen, musikalischen Kompositionen und dramatischen Werken des Norddeutschen Bundes von 1870 kannte Zitatschranken (vgl. §§ 7, 43, 47), eine Tradition, die auch im LUG von 1902 (vgl. dort §§ 19, 21, 23) und im KUG von 1907 (vgl. dort § 19) fortgeführt wurde.18 Kritik und Rezension, von denen Art. 5 Abs. 3 Buchst. d) InfoSoc-RL 2001/29/ EG wie Art. 17 Abs. 7 S. 2 Buchst. a) DSM-RL 2019/790 im gleichen Atemzug sprechen, sind dabei von § 51 UrhG stillschweigend als typische Fallgruppen

17 18

Vgl. Döhl/Hui IIC 2021, S. 852ff. Vgl. Maracke Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes von 1965 2003; Bandilla Urheberrecht im Kaiserreich 2004, S. 27ff.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

miterfasst; ganz so, wie Art. 5 Abs. 3 Buchst. d) InfoSoc-RL 2001/29/EG auch verfährt, dort halt nur explizit.19 4) Darüber hinaus durchzieht die Urheberrechtsnovelle in Sachen Bearbeitungsrecht noch ein dritter Impuls, der über die Gebote von DSM-RL 2019/790 und Metall-auf-Metall-Rechtsprechung hinausgeht. Eine politische Agenda, die der öffentlich intensiv geführten Debatte um Uploadfilter, Overblocking und partizipative Interkultur Rechnung trägt,20 indem der Bereich des erlaubnisfreien User Generated Content gestärkt werden soll.21 Dies erfolgt vor allem über den neu einzuführenden Pastichebegriff in § 51a UrhG n.F. sowie spezielle zusätzliche Regelungen (§§ 5, 9, 10 UrhDaG) für den besonderen Anwendungsfall der Plattformnutzung. In der Begründung der Urheberrechtsnovelle finden sich nun •

• • •

ökonomische Argumente (etwa zum Direktvergütungsansprüche, §§ 4 Abs. 3, 5 Abs. 2 UrhDaG, und zur Bagatellklausel bei nichtkommerziellen bzw. kommerziell unerheblichen Nutzungen, §§ 10 iVm 9 Abs. 2 Nr. 3 UrhDaG), soziale Begründungen (z.B. zum Fokus auf User Generated Content bei der Ausgestaltung des Pastichebegriffs, § 51a Alt. 3 UrhG n.F.), technische Erwägungen (etwa zugunsten der Ausnahmeregelung § 5 UrhDaG) und rechtsdogmatische Legitimierungen (z.B. zur Lesart von Art. 17 DSM-RL 2019/790 als lex specialis zu Art. 3 InfoSoc-RL 2001/29/EG).

Die beim BMJV zu DiskE II und RefE eingegangenen Stellungnahmen folgen diesen argumentativen Stoßrichtungen. Fragen kunstspezifischer Betrachtung stehen freilich in der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle wie den Stellungnahmen erneut durchweg im Hintergrund. Dies überrascht. Nicht nur, weil das Metall-auf-Metall-Urteil des BVerfG wie gesehen zuvorderst eine kunstspezifische Betrachtung für jenen Interessenausgleich einfordert, den das Bearbeitungsrecht darstellt.22 Sondern erst recht, weil die an19 20

21 22

Vgl. Stieper GRUR 2020, S. 699 (700f.). Vgl. einführend zur Uploadfilterproblematik Dreier GRUR 2019, S. 771ff.; Gerpott MMR 2019, S. 420ff.; Hofmann GRUR 2019, S. 1219ff.; Peters/Schmidt GRUR-Int. 2019, S. 1006ff.; Pravemann GRUR 2019, S. 783ff.; Specht GRUR 2019, S. 253 (256f.); Wandtke/Hauck ZUM 2019, S. 627ff.; Becker ZUM 2020, S. 681ff. Raue/Steinebach ZUM 2020, S. 355ff.; Schwartmann/Hentsch MMR 2020, S. 207ff.; Stieper GRUR 2020, S. 699ff.; Wandtke/Hauck ZUM 2020, S. 671ff.; Conrad/Nolte ZUM 2021, S. 111ff.; Kaesling/Knapp MMR 2021, S. 11ff.; Metzger/Pravemann ZUM 2021, S. 288ff. Vgl. BMJV DiskE II 2020, S. 2, 30f., 63f., 87; BMJV RefE 2020, S. 2, 95, 97, 144, 147; BReg BTE, S. 2, 90, 135–142. Vgl. BVerfG ZUM 2016, S. 626 (626), Tenor 1 sowie (633), Rn 85f., (635), Rn 99 – Metall auf Metall.

135

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geführten drei Impulse, die hinter den hier interessierenden Regelungen der Urheberrechtsnovelle stehen, allesamt ästhetische Fragen in den Mittelpunkt rücken. Und insofern eine kunstspezifische Betrachtung schlicht naheliegt: • •



Die DSM-RL 2019/790 verlangt die Integration konkreter künstlerischer Fallgruppen und Begriffe (Karikatur, Parodie und Pastiche) in das deutsche Recht. Der Wegfall von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. durch die Metall-auf-Metall-Rechtsprechung bedeutet den Verlust einer rein ästhetischen Kategorie (»selbstständiges Werk«) als Balancemaßstab und Korrektiv im Interessenausgleich.23 Und die Stärkung von User Generated Content wird vor allem über den ästhetischen Begriff des Pastiches versucht, der wiederum unter Verweis auf andere ästhetische Begriffe »wie Remix, Meme, GIF, Mashup, Fan Art, Fan Fiction [, Cover] oder Sampling«24 erläutert wird.

Aus diesem Mangel an kunstspezifischer Betrachtung resultieren Friktionen. Hierauf möchte dieses Kapitel hinweisen. Denn die Probleme, die sich aus diesen Friktionen ergeben, sind substanziell und weitreichend.

2.

Das neue Bearbeitungsrecht der Urheberrechtsnovelle ab 7. Juni 2021 – kunstspezifisch betrachtet

Mit Geltung ab 7. Juni 2021 nimmt die Urheberrechtsnovelle neben einer Vielzahl anderer Maßnahmen auch fünf für das Bearbeitungsrecht wesentliche Änderungen vor hinsichtlich der Bedingungen der Erlaubnisfreiheit einer Nutzung von geschütztem Drittmaterial in neuen künstlerischen Arbeiten: • • • • •

Modifikation von § 23 S. 1 UrhG a.F. als § 23 Abs. 1 UrhG n.F.; Aufhebung von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. (freie Benutzung); Aufhebung von § 24 Abs. 2 UrhG a.F. (Melodieprivileg); Einführung von § 51a UrhG n.F. (Schranke zugunsten von Karikaturen, Parodien und Pastiches); Einführung von §§ 9, 10 UrhDaG (bearbeitungsrechtsnahen Sonderregeln für mutmaßlich erlaubte sowie geringfügige Drittwerknutzungen im Kontext öffentlicher Wiedergabe auf Uploadplattformen im Internet).

Der Inhalt dieser Änderungen lässt sich folgt zusammenfassen:

23 24

Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 314ff. BMJV RefE 2020, S. 97. Für BReg BTE 2021, S. 91, wurde Cover stillschweigend gestrichen.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

a.

§§ 23, 24 UrhG a.F., 23 UrhG n.F.

Es hatten durchaus Stimmen in der Literatur dafür plädiert, § 24 Abs. 1 UrhG a.F. zu belassen und künftig europarechtskonform auszulegen.25 Dem folgte der Gesetzgeber nun jedoch nicht. § 24 Abs. 1 UrhG ist – und das ausdrücklich in direkter Reaktion auf die Metall-auf-Metall-Rechtsprechung – mit der Urheberrechtsreform aufgehoben worden (daher auch ›a.F.‹ ab diesem Kapitel).26 Einen Rekurs auf die besagten gegenläufigen Vorschläge aus dem Schrifttum für eine Fortschreibung von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. in europarechtskonformer Auslegung enthält die Begründung des Urheberrechtsnovelle nicht. Ebenso wenig im Übrigen wie eine Auseinandersetzung mit der weiteren, im vorangegangene Kapitel besprochenen Position, dass die Pelham-Entscheidung des EuGH doch eigentlich explizit nur das Tonträgerherstellerrecht (Art. 2 Buchst. c) InfoSoc-RL 2001/29/ EG, § 85 UrhG) verhandle und doch noch gar nicht ausgemacht sei, dass die festgestellte Unionsrechtswidrigkeit auch den Bereich des Urheberrechts (Art. 2 Buchst. a) InfoSoc-RL 2001/29/EG, §§ 1, 2 UrhG) erfasse.27 Die Entscheidung der Bundesregierung, die Aufhebung von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. vorzuschlagen, der der Gesetzgeber dann folgte, kann bezogen hierauf daher nicht anders gelesen werden, als dass man von Anfang an in Einklang mit Rn 60 der Pelham-Entscheidung des EuGH die Antwort auf die 3. Vorlagefrage des BGH dahingehend auslegte, dass explizit zwar nur über die Beschränkbarkeit des Tonträgerherstellerrechts geurteilt wurde, die Begründung aber zwingend auf die Beschränkbarkeit der Rechte der Art. 2 bis 4 InfoSoc-RL 2001/29/EG insgesamt zu übertragen sei. Es gibt zwar noch zu diskutierende Hinweise in Gesetzeswortlauf und Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle, dass die §§ 23, 51a UrhG n.F. die Funktionen von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. zumindest im Wesentlichen übernehmen sollen. § 24 Abs. 1 UrhG a.F. selbst hat hiernach aber ab Inkrafttreten der Urheberrechtsnovelle keine explizite Entsprechung mehr im UrhG. Das stand ab DiskE II als Maßnahme der Urheberrechtsnovelle auch so fest. Hinsichtlich der Zukunft von § 24 Abs. 2 UrhG a.F. war der Verlauf des Gesetzgebungsprozesses hingegen interessanter in seiner vielsagenden Wechselhaftigkeit. Anders als § 24 Abs. 1 UrhG a.F. fand sich § 24 Abs. 2 UrhG a.F. im DiskE II zunächst noch, auf § 23 Abs. 1 S. 1 UrhG n.F. hin übertragen und reformuliert, im Kern aber unverändert in der vorgeschlagenen Neufassung des UrhG wieder

25

26 27

Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 269, Fn 19 m.w.N. sowie z.B. Czychowksi/Nordemann/ Nordemann/Schaefer Das UrhG im Normalbetrieb 2015; Haberstumpf ZGE 2015, S. 425ff.; Ohly GRUR 2017, S. 964ff.; Schulze GRUR 2018; Schulze GRUR 2020, S. 128ff.; Stieper GRUR 2020, S. 792ff. Vgl. BMJV RefE 2020, S. 56; BReg BTE 2021, S. 41, 55. Vgl. Loewenheim/Leistner/Ohly Schricker/Loewenheim. Urheberrecht 2020, § 15, Rn 33.

137

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Zwischen Pastiche und Zitat

und zwar als § 23 Abs. 1 S. 2 UrhG n.F. Schon im Rahmen von § 24 Abs. 2 UrhG a.F. galt, ist eine Melodie schutzfähig und im jüngeren Werk erkennbar, scheidet Erlaubnisfreiheit aus (es sei denn die strengen Voraussetzungen des Musikzitats gemäß § 51 S. 2 Nr. 3 UrhG greifen im Einzelfall). Nichts anderes statuierte § 23 Abs. 1 S. 2 UrhG n.F. im DiskE II. Die Fortschreibung von § 24 Abs. 2 UrhG a.F. in § 23 Abs. 1 S. 2 UrhG n.F. begründete der DiskE II nicht näher, dabei war diese Bestimmung seit langem umstritten.28 Mit dem RefE war § 24 Abs. 2 UrhG a.F. jedoch plötzlich ebenfalls aufgehoben, da im Blick auf den reformulierten § 23 Abs. 1 S. 1 UrhG n.F. nun für unnötig erklärt.29 Kurz vor den finalen Abstimmungen im deutschen Bundestag kehrte § 24 Abs. 2 UrhG a.F. allerdings wieder und zwar jetzt in Gestalt eines Einschubs, nun in § 23 Abs. 1 S. 1 UrhG n.F. Dort heißt es heute: »Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen von Werken, insbesondere auch einer Melodie, dürfen nur mit Zustimmung des Urhebers veröffentlicht oder verwertet werden.« Auf die Bedeutung dieses Einschubs wird zurückzukommen sein. Zunächst ist festzuhalten, das erneut der Melodiebegriff herausgehoben im UrhG erscheint – als einziges künstlerisches Mittel aus allen Künsten. Und das für juristische Laien, namentlich Musiker, nicht ohne weiteres zu erkennen ist, ob sich rechtlich durch die Verlagerung von § 24 Abs. 2 UrhG a.F. nach § 23 Abs. 1 S. 1 UrhG n.F. irgendetwas geändert hat. Vom Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Bundestags jedenfalls scheint intendiert, dass man denkt, dass alles bleibt wie gehabt, schaut man in die Begründung der Einfügung vom 19. Mai 2021.30 § 23 Abs. 2 und 3 UrhG n.F. entsprechen § 23 S. 2 und 3 UrhG a.F. Insoweit wird die Bestimmung lediglich optisch entschlackt. § 23 Abs. 1 S. 1 UrhG n.F. hingegen soll nun die Teilfunktion von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. als begrenzende Schutzbereichsbestimmung erhalten und wahrnehmen.31 Auf den ersten Blick scheint dieser Maßnahme primär eine deklaratorische Funktion zuzukommen, da die besagte Schutzbereichsbestimmung immer schon in einem Zusammenspiel zwischen den §§ 23, 24 Abs. 1 UrhG a.F. gedacht worden war, worauf die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle an dieser Stelle auch hinweist. Diese Teilfunktion wächst also § 23 UrhG n.F. nicht im eigentlichen Sinne zu, sondern wird jetzt hier lediglich ausschließlich verortet.

28 29 30 31

Vgl. Schulze GRUR 2020, S. 128 (131); Dreyer ZUM 2020, S. 660 (662). Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 269, Fn 19 m.w.N. Vgl. BMJV RefE 2020, S. 56. Vgl. Bundestag Drucksache 19/29894 2021, S. 94: »§ 24 Absatz 2 UrhG a. F. geht also in der modifizierten Vorschrift zu Bearbeitungen und sonstigen Umgestaltungen auf.« Vgl. BMJV RefE 2020, S. 2, 56, 81; BReg BTE 2021, S. 3.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

Eine Änderung wird dabei freilich vorgenommen, die sich in der späteren Analyse tatsächlich auch als substanziell erweist. § 23 S. 1 UrhG a.F. wird in der Fassung des § 23 Abs. 1 UrhG n.F. als neuem Satz 2 eine Konkretisierung hinzugefügt, dass »ohne hinreichenden Abstand zum verwendeten Werk« Bearbeitungen und andere Umgestaltungen einer Einwilligung bedürfen. Der »hinreichende Abstand« wird in der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle auch näher bestimmt, nämlich unter Verweis auf die Erkennbarkeit der eigenschöpferischen Züge der Vorlage.32 Ist diese gegeben, handelt es sich künftig um eine Bearbeitung im Rechtssinne, die grundsätzlich einer Zustimmung des Rechteinhabers bedarf – es sei denn, die Schranken der §§ 51, 51a UrhG n.F. greifen.

b.

§ 51a UrhG n.F.

§ 51a UrhG n.F. führt eine explizite Schranke zugunsten von Karikaturen, Parodien und Pastiches ein. § 51a UrhG n.F. setzt zwar damit zunächst einmal lediglich Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG um, der bis dato fakultativ war, von Art. 17 Abs. 7 S. 2 Buchst. b) DSM-RL 2019/790 nun aber jedenfalls für den Bereich der Plattformnutzung verbindlich als national vorzuhaltende Schrankenbestimmung vorgeschrieben wird. § 51a UrhG n.F. tritt nach der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle jedoch darüber hinaus – und hierin völlig unabhängig von den Vorgaben der DSM-RL 2019/790 – partiell an die Stelle von § 24 Abs. 1 UrhG a.F.33 Diese Intention hat Konsequenzen, wie zu sehen wird, insbesondere für die in der Begründung der Urheberrechtsnovelle vorgeschlagene Interpretation des Pastichebegriffs. Aber schon auf allgemeiner Ebene der Ausgestaltung des Wortlauts der Schranke insgesamt hat dieses Anliegen Folgen: Denn um diese Funktionsübernahme überhaupt anstreben zu können, geht die Urheberrechtsnovelle über Art. 17 Abs. 7 S. 2 Buchst. b) DSM-RL 2019/790 hinaus,34 indem anders als im EU-Recht vorgesehen in § 51a UrhG n.F. keine korrespondierende Beschränkung der Schranke auf Fälle der Plattformnutzungen vorgesehen ist.35 Dem EU-Gesetzgeber hätte genügt, eine Schranke nur für diesen Anwendungsfall vorzusehen. Eine allgemeine Schranke zugunsten von Karikaturen, Parodien und Pastiches ist nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG zulässig, von Art. 17 Abs. 7 S. 2 Buchst. b) DSMRL 2019/790 aber gerade nicht verlangt. 32 33 34

35

Vgl. BMJV RefE 2020, S. 82; BReg BTE 2021, S. 78. Vgl. BMJV RefE 2020, S. 144. Vgl. zur Intention des EU-Gesetzgebers Erwgr. 70 DSM-RL 2019/790. Diese engere Ursprungsintention der Schranke des Art. 17 Abs. 7 S. 2 Buchst. b) DSM-RL 2019/790 scheint in DiskE II an anderer Stelle noch auf: Er entbindet den Plattformbetreiber von einer maschinellen Überprüfung (»Uploadfilter«) eben dieser Inhalte, vgl. BMJV DiskE II 2020, S. 35. Vgl. BMJV RefE 2020, S. 12.

139

140

Zwischen Pastiche und Zitat

Parodien und Karikaturen – und mit ihnen Satiren – sind im Kontext der Rechtsprechung zu § 24 Abs. 1 UrhG a.F. seit langem etablierte Fallgruppen.36 Für Fälle ab dem 22. Dezember 2002 wurden sie ab Metall auf Metall IV über die europarechtskonforme Auslegung des nur darüber hinaus unionsrechtswidrigen § 24 Abs. 1 UrhG a.F. im Lichte von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG erlaubnisfrei gestellt.37 Vorher waren es Standardfälle innerhalb des § 24 Abs. 1 UrhG a.F. für die Fallgruppen des hinreichenden inneren Abstands. Änderungen waren insoweit mit der Novellierung nicht intendiert. Pastiche hingegen ist für Deutschland ein neuer Rechtsbegriff. Er soll nach der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle – anders als Parodie und Karikatur – nicht als spezifisches künstlerisches Konzept, sondern als allgemeiner Auffangtatbestand etabliert werden und zwar für eine Vielzahl von ästhetisch ausnehmend heterogenen und in vielen Spielarten vorkommenden Praktiken »wie Remix, Meme, GIF, Mashup, Fan Art, Fan Fiction[, Cover] oder Sampling«.38 Besonderer Fokus der Rechtfertigung liegt dabei auf dem Bereich des User Generated Content (nutzergenerierte Inhalte), der gestärkt und weitgehend erlaubnisfrei gestellt werden soll, u.a. unter Verweis auf Erwgr. 70 der DSM-RL 2019/790 (»Nutzer sollen Inhalte, die Nutzer generiert haben, [...]«).39 Schon in den Stellungnahmen zum DiskE II wird diese Absicht auch genau so eingeordnet, dass hierüber nämlich zuvorderst »ein beträchtlicher Teil der Alltagskultur im Netz legalisiert und an die gesellschaftliche Realität angepasst«40 werden soll. Parodie und Karikatur müssen einen humoristischen oder verspottenden Charakter haben, das Pastiche nach der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle jedoch nicht; man lässt hier z.B. auch genügen, dass ein Pastiche »Ausdruck der Wertschätzung oder Ehrerbietung für das Original«41 darstellt. Eine Vergütungspflicht wird mit § 51a UrhG n.F. nicht verknüpft, auch nicht für Nutzungen zu kommerziellen Zwecken, obwohl sie z.B. das BVerfG als Kompromiss ins Spiel gebracht hatte.42 Trotz der Prominenz des Bereichs des User Generated Content in der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle ist

36

37 38 39 40 41 42

Vgl. Hefti Die Parodie im Urheberrecht 1977; Hess Urheberrechtsprobleme der Parodie 1993; Stuhlert Die Behandlung der Parodie im Urheberrecht 2002; Gärtner Was die Satire darf 2009; Jacobsen Die urheberrechtlich relevante Parodie 2020, insb. S. 153–164. Vgl. international Jacques The Parody Exception in Copyright Law 2019; Lai The Right to Parody 2019. Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (624), Rn 62 – Metall auf Metall IV. BMJV RefE 2020, S. 97. Für BReg BTE 2021, S. 91, wurde Cover stillschweigend gestrichen. Vgl. BMJV RefE 2020, S. 95. NFDI4Culture Stellungnahme zu DiskE II 2020, S. 7; Deutscher Musikverleger-Verband Stellungnahme zu DiskE II 2020, S. 7. BMJV RefE 2020, S. 97; BReg BTE 2021, S. 91. Vgl. BVerfG ZUM 2016, S. 626 (633), Rn 80 – Metall auf Metall. Hierauf wird z.B. hingewiesen in Deutsche Orchestervereinigung Stellungnahme zu DiskE II 2020, S. 3.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

auch keine Restriktion einer oder gar aller Schranken des § 51a UrhG n.F. auf nichtkommerzielle oder kommerziell unerhebliche Nutzungen vorgesehen.43

c.

§§ 5, 9, 10 UrhDaG

Schließlich werden mit §§ 5, 9, 10 UrhDaG bei der Umsetzung von Art. 17 Abs. 2 DSM-RL 2019/790 Sonderregeln eingeführt für bestimmte Nutzungsfälle, in denen dann Plattformbetreiber von der Obliegenheit befreit werden, die Rechtmäßigkeit hochgeladener Bearbeitungen auf ihre Erlaubnisfreiheit hin maschinell zu prüfen. Diese Regelungen betreffen nicht direkt die Frage erlaubnisfreier versus erlaubnispflichtiger Bearbeitung im Kontext des Rechts auf Vervielfältigung (Art. 2 InfoSoc-RL 2001/29/EG), sondern die öffentliche Wiedergabe (Art. 3 InfoSoc-RL 2001/29/EG) des Resultats eines solchen Aneignungsprozesses durch einen Diensteanbieter von Internetplattformen, zu denen Nutzer solche Inhalte hochladen können (§§ 1, 2 UrhDaG). Es geht um Prüfpflichten Dritter, die infrastrukturell die öffentliche Wiedergabe ermöglichen und mittelbar, etwa über Werbefinanzierung oder Abonnementgebühren, ökonomisch von ihr profitieren. Die Primärverantwortung des Schöpfers einer fremdreferenziellen Komposition für ihre Rechtmäßigkeit gegenüber dem Urheber bleibt davon freilich völlig unberührt. Allerdings bringen diese neuen Bestimmungen, die im Gesetzgebungsverfahren mehrfach substanziell geändert wurden, einige neue, bearbeitungsrechtsnahe Ideen ins deutsche Urheberrecht ein, die in der Vergangenheit im Diskurs, aber nicht im Gesetz waren. Sie haben das Zeug, über ihren jetzigen beschränkten Kontext hinaus Schule zu machen und künftig die Balancierung jenes Interessenausgleichs zu beeinflussen, um den es in dieser Studie geht. Deswegen wird dieses Entwicklungspotenzial der dortigen Ansätze im weiteren Verlauf dieser Studie noch zu diskutieren sein: •

§ 5 Abs. 2 S. 1 UrhDaG sieht für die Schrankenfälle des Teils 1, Abschnitt 6 des UrhG, insbesondere und ausdrücklich auch für Zitate (§ 51 UrhG) sowie Karikaturen, Parodien und Pastiches (§ 51a UrhG n.F.), erstmals eine Vergütungspflicht vor. Sie trifft zwar nur einen bestimmten Verwertungsfall (öffentliche Wiedergabe auf Uploadplattformen). Und sie trifft nicht denjenigen, der sich

43

Anders als noch der DiskE II vorsah, ist mit der Urheberrechtsnovelle nun für den Nutzungsfall des Art. 17 Abs. 7 S. 2 Buchst. b) DSM-RL 2019/790, den Plattformupload insbesondere in Sozialen Medien also, vorgesehen, dass für eine öffentliche Wiedergabe von nach § 51a UrhG n.F. gegenüber den Rechteinhaber erlaubnisfreien Nutzungen eine angemessene, einem fiktiven Marktpreis entsprechende Vergütung zu zahlen ist – und zwar vom Dienstanbieter an den Urheber, geltend zu machen durch eine Verwertungsgesellschaft. Vgl. § 5 Abs. 2 UrhDaG. Im RefE galt dies zunächst nur für das Pastiche, vgl. BMJV RefE 2020, S. 147. Zu den Problemen bei der Bestimmung dieses fiktiven Wertes, vgl. Stieper ZUM 2021, S. 387 (390).

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Zwischen Pastiche und Zitat





44 45

46 47 48

auf diese Schranken berufen kann, sondern den Intermediär, der von ihrer öffentlichen Wiedergabe wirtschaftlich profitiert. Zu zahlen ist von diesem ein angemessener, fiktiver Marktpreis an den Urheber, geltend zu machen durch eine Verwertungsgesellschaft.44 Aber der Ansatz, die Freiheit der Nachnutzung mit einer Vergütung über Verwertungsgesellschaften zu kompensieren, könnte ein Weg sein, auch den Interessenausgleich des Bearbeitungsrechts zu entspannen. Da dieser bislang als Entweder-Oder-Entscheidung ausgestaltet ist, wird entsprechend kompromisslos und prinzipienstark gerungen.45 § 9 Abs. 2 Nr. 2 UrhDaG bringt die Qualifikation einer Aneignung als mutmaßlich erlaubte Nutzung auch für die Rekombination von unterschiedlichen Inhalten aus verschiedenen Eigen- und/oder Drittwerken ins Spiel. Am Beispiel multimedialer Mashups habe ich seiner Zeit gezeigt, wie wenig das Recht bislang beachtet, welchen ästhetischen Unterschied es macht, wenn verschiedene Künste und Medien kombiniert werden.46 Am Ende extrahiert man doch auf beiden Seiten die Melodien und vergleicht sie, als handele es sich bei eigentlich multimedialen, verschiedenste künstlerische Ebenen verbindenden Werken um klassische Lieder ohne Worte, die man in dieser Weise musikalisch runterbrechen und abstrahieren könne. In § 9 Abs. 2 Nr. 2 UrhDaG steckt also ein Impuls, das Recht näher an die bei kunstspezifischer Betrachtung so oft entscheidende Intermedialität fremdreferenziellen Komponierens heranzuführen. § 10 UrhDaG führt eine neue »Bagatellschranke«47 für sogenannte geringfügige Nutzungen ein, die vermeintlich kleine Übernahmen für kommerziell irrelevante Zwecke freistellt, sofern keine Lizenz vorliegt48 – für die Musik z.B. »bis zu 15 Sekunden je einer Tonspur« (§ 10 Nr. 2 UrhDaG). Dergleichen ist natürlich grundsätzlich auch im Blick auf die Schöpfungshöhe und damit die Schutzbereichseröffnung von Urheber- und Leistungsschutzechten bei fremdreferenziellen Kompositionen denkbar.

Vgl. BMJV RefE 2020, S. 147. Vgl. z.B. Hentsch MMR-Aktuell 2020, 438119, der entsprechend den Konflikt um die neue Pasticheschranke insgesamt abzumildern sucht durch den Vorschlag, eine Vergütungsregelung bei kommerziellen Nutzungen zu § 51a UrhG n.F. zu ergänzen. Zu den Problemen, vgl. Stieper ZUM 2021, S. 387 (390). Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016. BMJV RefE 2020, S. 41; BReg BTE 2021, S. 46. Vgl. BMJV RefE 2020, S. 44f.; BReg BTE 2021, S. 140.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

3.

Bewertung der Urheberrechtsnovelle – Probleme bei kunstspezifischer Betrachtung

a.

§ 51a S. 1 Alt. 1 und 2 UrhG n.F.: Karikatur und Parodie

Die Urheberrechtsnovelle verbindet die Übertragung der Beschränkbarkeit des Urheberrechts zugunsten von Karikaturen und Parodien mit keinerlei inhaltlichen Änderungen hinsichtlich der Kontur dieser beiden Exitoptionen.49 Einzig die Aufnahme in der Gesetzestext selbst ist neu.

b.

§ 23 UrhG n.F.

Es war primäres Ziel von Bundesregierung und Gesetzgeber, den Eindruck zu erwecken, als würde sich in Sachen Bearbeitungsrecht insgesamt nichts substanziell verändern. Die hochumstrittene Protokollerklärung zur DSM-RL 2019/790 machte das überdeutlich.50 War Motivation zu dieser Haltung jedoch nicht lediglich die nahende Bundestagswahl 2021, sondern ein aufrichtiges Interesse, den insoweit im Kontext Internet hochpolitisierten und öffentlich wirkmächtig ausgetragenen Konflikt nachhaltig zu befrieden, so haben sich Bundesregierung und Gesetzgeber bereits an der Stelle der Neuaufstellung von § 23 UrhG keinen Gefallen getan. Durch Gesetzeswortlaut wie Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle wird nämlich zu suggerieren versucht, dass § 23 Abs. 1 S. 2 UrhG n.F. zentrale Funktionen von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. übernähme, § 23 Abs. 1 S. 2 UrhG n.F. von § 24 Abs. 2 UrhG a.F. D.h., dass die Norm, die der EuGH für unionsrechtswidrig erklärt hatte und die nun offiziell aufgehoben wurde, § 24 UrhG a.F. nämlich, eigentlich ungebrochen weiterlebt, nur eben an anderer Stelle im Gesetz. Dem ist jedoch nicht so. § 23 Abs. 1 UrhG n.F. erfasst gerade jene Konstellation nicht, die § 24 Abs. 1 UrhG a.F. kunstnah und kunstfreundlich privilegierte und damit als Korrektiv ausmachte. Nach § 23 Abs. 1 S. 2 UrhG n.F. schließt die Präsenz der eigenschöpferischen Züge der Vorlage nämlich eine Erlaubnisfreiheit aus: »Maßgeblich für die Beurteilung des hinreichenden Abstands ist dabei, inwieweit auch nach der Bearbeitung oder Umgestaltung noch ein Ausdruck der eigenen geistigen Schöpfung des Urhebers des vorbestehenden Werkes erkennbar ist.«51 § 24 Abs. 1 UrhG a.F. gestattete jedoch gerade diese Präsenz der eigenschöpferischen Züge der Vorlage und damit ihre Verwendung als erlaubnisfrei, solange sie nur verblassen, d.h. in dem neuen 49 50 51

Vgl. insofern daher Kap. III, Abschnitt 5 im Einzelnen. Vgl. BMJV Protokollerklärung 2019. BReg BTE 2021, S. 78. Vgl. auch BMJV RefE 2020, S. 56, 81f.

143

144

Zwischen Pastiche und Zitat

Kontext nur noch hindurchschimmern und entsprechend in der ästhetischen Erfahrung des neuen Werks nicht die Hauptsache bilden.52 »Hinreichender Abstand« in § 23 Abs. 1 S. 2 UrhG n.F. ist also nicht gleich »Verblassen« im Sinne von § 24 Abs. 1 UrhG a.F.53 »Hinreichender Abstand« nach § 23 Abs. 1 S. 2 UrhG n.F. liegt unter Anwendung der Pelham-Maßstäbe nur vor im Fall des Totalverblassens, d.h. der Unerkennbarkeit der Übernahme. In § 24 Abs. 1 UrhG a.F. ging es aber um etwas bei kunstspezifischer Betrachtung substanziell anderes, nämlich gerade den ästhetischen Raum zwischen Bearbeitung im engeren Sinne und Unerkennbarkeit der Übernahme, ein Raum, in dem das Übernommene noch präsent ist, aber nicht mehr der Mittelpunkt der ästhetischen Erfahrung des neuen künstlerischen Zusammenhangs bildet.54 Problematisch wird das Ganze nun dadurch, dass die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle suggeriert, dass mehr möglich sei. Sie spricht davon, dass darüber hinaus eine Übernahme geschützter eigenschöpferischer Züge auch noch dann erlaubnisfrei zulässig sei, wenn »das vorbestehende Werk [...] rudimentär zu erkennen«55 ist und das § 23 UrhG Abs. 1 S. 2 n.F. damit bei gleichbleibendem Inhalt die »Funktion des § 24 Abs. 1 UrhG als Schutzbereichsbegrenzung übernimmt«56 . Die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle ist an dieser Stelle also nicht nur in sich widersprüchlich, wenn Verblassen als Beispiel für hinreichenden Abstand herangezogen wird.57 Sie ist irreführend. Der Rechtssicherheit wird damit ein Bärendienst erwiesen. Mit dem Pelham-Urteil des EuGH ist nämlich ganz klar nur Unerkennbarkeit einer Aneignung durch Transformation des übernommenen Materials nicht als Schutzbereichseröffnung anzusehen,58 eine Erkennbar52 53 54

55 56

57 58

Vgl. Schulze Stellungnahme zu DiskE II 2020, S. 2. Vgl. Schulze Stellungnahme zu DiskE II 2020, S. 2; Stieper Stellungnahme zu DiskE II 2020, S. 1f. Das Infopaq-Urteil des EuGH ist, anders als in der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle erfolgt, an dieser Stelle ebenfalls nicht heranziehbar, da es dort um Werkteilschutz geht, was etwas anderes meint als die von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. erfasste Konstellation des Verblassens. Vgl. Schulze Stellungnahme zu DiskE II 2020, S. 1. BReg BTE 2021, S. 78. BMJV RefE 2020, S. 3; BReg BTE 2021, S. 3. Vgl. auch BMJV RefE 2020, S. 81f.: »23 UrhG-E regelt künftig die Begrenzung des Schutzbereichs des Urheberrechts und übernimmt damit eine der beiden Funktionen, die bislang § 24 UrhG a. F. innehatte. Dies trägt – wie schon nach bislang geltender Rechtslage – dem Umstand Rechnung, dass kreatives Schaffen oftmals nicht ex novo und in der Abgeschiedenheit stattfindet, sondern auf Grundlage von wechselseitiger Inspiration, Bearbeitung, Variation und Umgestaltung, und unter Verwendung vorbestehender kreativer Leistungen.« Vgl. BMJV RefE 2020, S. 82, 95; BReg BTE 2021, S. 78. So z.B. der Einwand von GEMA Stellungnahme zu DiskE II 2020, S. 4 (zu BMJV DiskE II, S. 55, 63). Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 738 (742), Rn 31 – Pelham u.a. [Metall auf Metall].

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

keit der Aneignung würde dies im Umkehrschluss aber zwingend konstituieren, sobald man sich oberhalb der Schöpfungshöhe bewegt. Eine darüberhinausgehende Schutzbereichsbeschränkung gegen das Pelham-Urteil kann der nationale Gesetzgeber aber gar nicht vorsehen. Wie in Kap. III im Einzelnen diskutiert wurde, handelt es sich insoweit um vollharmonisiertes Unionsrecht.59 Im Übrigen gilt: Selbst wenn der nationale Gesetzgeber den Schutzbereich in der suggerierten Weise selbstständig stärker beschneiden könnte, würde die jetzt gefundene Lösung nicht dazu führen, dass sich nichts substanzielles geändert hat. Es kommt zu einer Beweislastumkehr, was ebenfalls verhindert, dass § 23 Abs. 1 UrhG n.F. § 24 Abs. 1 UrhG a.F. ersetzen könnte. Anders als bei § 24 Abs. 1 UrhG a.F. muss sich bei § 23 Abs. 1 UrhG n.F. der vermeintliche Vorlagengeber nämlich darauf berufen, dass es an hinreichendem Abstand fehlt und dies beweisen.60 Im alten Recht musste der Beschwerdeführer lediglich nachweisen, dass ein von ihm verfasster Werkteil oberhalb der Schöpfungshöhe liegt und in einem jüngeren Werk eines Dritten vorkommt sowie den Umstand, dass der mutmaßliche Nutzer die Möglichkeit der Kenntnisnahme des älteren Werks hatte, was freilich extrem großzügig ausgelegt wurde.61 Dann griff bereits der Anscheinsbeweis einer unbewussten Entlehnung, die den mutmaßlichen Vorlagennehmer zwang, eine Doppelschöpfung glaubhaft zu machen.62 Ebenso harsch (›Bärendienst an der Rechtssicherheit‹) muss die Bewertung hinsichtlich dessen ausfallen, wie im Kontext hiesiger Urheberrechtsnovelle mit dem Melodiebegriff verfahren wird. Das Argument, warum zwischen DiskE II und RefE der absolute Melodienschutz (§§ 24 Abs. 2 UrhG a.F., 23 Abs. 1 S. 2 UrhG-E) gestrichen wurde, war völlig richtig: Der Begriff war unnötig geworden in seiner neuen Position in § 23 Abs. 1 UrhG n.F., da Erkennbarkeit dort stets die allgemeine Grenze bildet.63 Das gilt für Melodien genauso wie für choreographischen Bewegungen oder dichterische Verse. Es war deswegen unnötig geworden, den Melodiebegriff gesondert zu verwenden, weil er durch den Wechsel der Norm seine Funktion verändert hat. Im alten Recht hatte der Melodiebegriff eine ganz andere Aufgabe. § 24 Abs. 2 UrhG 59

60 61 62 63

Das Einzige, was § 23 Abs. 1 UrhG n.F. insoweit daher tatsächlich zusätzliches leistet, ist klarzustellen, dass das Pelham-Urteil des EuGH, das an dieser Stelle explizit ja nur Art. 2 Buchst. c) InfoSoc-RL 2001/29/EG verhandelt, in der Tat auch für das Urheberrecht selbst (Art. 2 Buchst. a) InfoSoc-RL 2001/29/EG) gilt. Ansonsten drückt die Norm nur eine Selbstverständlichkeit aus, dass nämlich bei hinreichendem Abstand das Urheberrecht des vermeintlichen Vorlagengebers überhaupt nicht berührt ist, was stets dann gegeben ist, wenn die eigenschöpferischen Züge der Vorlage im nachschaffenden Werk gar nicht präsent sind. Vgl. Stieper Stellungnahme zu DiskE II 2020, S. 2. Vgl. ausführlich Döhl Still Got The Blues 2010, S. 103ff. Vgl. Loewenheim Handbuch des Urheberrechts 2010, § 8, Rn 29–31. Vgl. BMJV RefE 2020, S. 82.

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146

Zwischen Pastiche und Zitat

a.F. schloss Melodien gerade von jenem privilegierten Zwischenbereich aus, für den Verblassen und Hindurchschimmern stehen. Eben deswegen hatten sich viele Stimmen immer wieder gegen § 24 Abs. 2 UrhG a.F. gewandt.64 Der Melodiebegriff hatte also die Funktion einer Schrankenschranke. Der Begriff Melodie statuiert in § 23 Abs. 1 UrhG n.F. nun aber keine Schrankenschranke mehr.65 In den besagten Zwischenbereich gelangt man mittels § 23 Abs. 1 UrhG n.F. gar nicht, wenn Erkennbarkeit der eigenpersönlichen Züge das Ausschlusskriterium für Nichteröffnung des Schutzbereichs ist. Und so lautet eben die Position des EuGH. Daher dient die Wiederaufnahme des Melodiebegriffs in die letzte Fassung von § 23 Abs. 1 S. 1 UrhG n.F. tatsächlich nur noch als Beispiel für den Grundsatz der Zustimmungspflicht, modifiziert aber nicht mehr die Möglichkeitsraum der Ausnahmen hiervon. Das freilich verschleiern Einschub und Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle. Quintessenz der Novellierung von § 23 Abs. 1 UrhG n.F. ist, dass man künftig keine besondere Rücksicht mehr auf Melodien nehmen muss. Da sich die Spruchpraxis in Fällen der Musik seit jeher stark auf Melodiefragen konzentriert hat, wird es interessant sein, zu verfolgen, wie groß der Effekt dieser Rechtsänderung sein wird. Unter dem Strich gingen also am 7. Juni 2021 entgegen der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle tatsächlich 120 Jahre Geschichte der Schranke der freien Benutzung sowie ihrer Schrankenschranke des absoluten Melodienschutzes in Deutschland zu Ende, die mit Verabschiedung von § 13 LUG am 19. Juni 1901 begannen.66 Letztlich steht aber zu erwarten, dass die insoweit – vorsichtig formuliert – inkohärente, da politischen Opportunitätsmotiven folgende Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle zu den Kategorien hinreichender Abstand und Melodie in der Spruchpraxis zunächst einmal erhebliche Probleme bereiten wird, insbesondere bei unterinstanzlichen Gerichten mit wenig Erfahrung in Bearbeitungsrechtsfragen. Das Vorgehen von Bundesregierung und Gesetzgeber an dieser Stelle ist daher bei kunstspezifischer Betrachtung im besten Fall unglücklich zu nennen und aus Sicht der betroffenen Künstler mehr als zu bedauern. Das gilt erst recht angesichts dessen, dass Bundesregierung und Gesetzgeber die Sache letztlich selbst nicht für belastbar halten. Das sieht man an ihren noch zu diskutierenden erheblichen Bemühungen um die Reichweite der Pasticheschranke überdeutlich.

64 65 66

Vgl. stellv. Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, §§ 23, 24, Rn 54. Vgl. GEMA Stellungnahme zu DiskE II 2020, S. 5. Vgl. Canaris Melodie, Klangfarbe und Rhythmus im Urheberrecht 2012, S. 47.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

c.

§§ 5, 9, 10 UrhDaG

Auch wenn sie nur einen Spezialfall der Durchsetzung des Bearbeitungsrechts im Kontext der Plattformnutzung und -haftung insbesondere im Bereich des nichtkommerziellen oder unerheblich kommerziellen User Generated Content praxisnah und nutzerfreundlich gestalten wollen, die Regelungen der §§ 5, 9, 10 UrhDaG haben es über ihren originären Zweck hinaus in sich, insbesondere die Bagatellschranken des § 10 UrhDaG.67 Das gilt nicht nur für die Musikindustrie, der mit einer Freigabe von Nutzungen »bis zu 15 Sekunden je einer Tonspur« (§ 10 Nr. 2 UrhDaG) zentrale Plattformen der sozialen Medien wie TikTok, Instagram oder Twitter, die von kurzen Werknutzungen geprägt sind, in weiten Teilen als Lizenzpartner wegfallen werden. Diese Idee von pauschalen Bagatellgrenzen ist auch im Kontext hiesiger Studie interessant. Sie bringt nämlich einen neuen Ansatz ins deutsche Urheberrecht ein: Bagatellnutzungen. §§ 9, 10 UrhDaG sollen den Einsatz von Uploadfiltern minimieren.68 Sie richten sich laut Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle nur auf automatisierte Prüfverfahren. §§ 9, 10 UrhDaG sind freilich dogmatisch hochproblematisch. §§ 9, 10 UrhDaG finden nämlich keine Entsprechung in DSM-RL 2019/790,69 sodass zumindest insoweit davon auszugehen ist, dass diese Regelung nicht EU-einheitlich eingeführt werden wird, was bei einem dezidiert supranationalen Markt wie dem der für Musik maßgeblichen Plattformen im Internet für alle Beteiligte inadäquat ist.70 §§ 9, 10 UrhDaG sind zudem nicht mit Art. 5 Abs. 3 InfoSoc-RL 2001/29/EG in Einklang zu bringen, der keine derartigen quantitativen Schranken als Bagatellklauseln kennt, sondern lediglich in Buchst. d) und k) bestimmte künstlerische Zwecke privilegiert. Eine derart numerisch ausgestaltete Schranke ist jedoch gerade nicht in gleicher Weise zweckgebunden wie etwa eine Schranke zugunsten von Parodien. Da Art. 17 Abs. 1 DSM-RL 2019/790, hilfsweise jedenfalls Art. 17 Abs. 2 DSM-RL 2019/790 an Art. 3 InfoSoc-RL 2011/29/EG bzw. hilfsweise Art. 2, 3 DSM-RL 2019/790 anknüpft, ist nicht zu erkennen, warum der abschließende Charakter von Art. 5 InfoSoc-RL 2001/29/EG, auf den der 67 68

69 70

Vgl. Metzger/Pravemann ZUM 2021, S. 288 (294ff.). Vgl. Metzger/Pravemann ZUM 2021, S. 288 (294). Vgl. einführend zur Uploadfilterproblematik Dreier GRUR 2019, S. 771ff.; Gerpott MMR 2019, S. 420ff.; Hofmann GRUR 2019, S. 1219ff.; Peters/Schmidt GRUR-Int. 2019, S. 1006ff.; Pravemann GRUR 2019, S. 783ff.; Specht GRUR 2019, S. 253 (256f.); Wandtke/Hauck ZUM 2019, S. 627ff.; Becker ZUM 2020, S. 681ff. Raue/Steinebach ZUM 2020, S. 355ff.; Schwartmann/Hentsch MMR 2020, S. 207ff.; Stieper GRUR 2020, S. 699ff.; Wandtke/Hauck ZUM 2020, S. 671ff.; Conrad/Nolte ZUM 2021, S. 111ff.; Kaesling/Knapp MMR 2021, S. 11ff.; Metzger/Pravemann ZUM 2021, S. 288ff. Vgl. Metzger/Pravemann ZUM 2021, S. 288 (295). Vgl. VUT – Verband unabhängiger Musikunternehmer*innen Stellungnahme zu DiskE II 2020, S. 7; Bundesverband Musikindustrie Stellungnahme zu DiskE II 2020, S. 6ff.

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Zwischen Pastiche und Zitat

EuGH in seinem Metall-auf-Metall-Urteil so insistierte, hier umgangen werden könnte.71 Es ist daher äußerst zweifelhaft, inwiefern sich die damit adressierten User-Generated-Content-Nutzer auf §§ 9, 10 UrhDaG verlassen können sollten.72 Für alle Fälle, die nicht in den Bereich von §§ 9, 10 UrhDaG fallen, bleiben im Übrigen Uploadfilter erforderlich.73 Es ist durch nichts erkennbar, wie dort dann Overblocking verhindert werden soll, sowohl hinsichtlich der Fallgruppen des § 5 UrhDaG als auch hinsichtlich der Fälle, in denen Gemeinsamkeiten gar nicht die Schwelle der Schöpfungshöhe überschreiten. Letztlich reduzieren §§ 9, 10 UrhDaG nur die Summe potenzieller Streitfälle zwischen den Schöpfern nutzergenerierter Inhalte und den Plattformen. Die Technik der Qualifizierung des Uploads bleibt freilich bis auf weiteres unzureichend, sobald man den Bereich der reinen quantitativen Beschreibung verlässt. Und das ist entscheidend. Automatisierte algorithmische Analyse ist nämlich schon jenseits derart komplexer Konzepte wie Zitat, Karikatur, Parodie und nun neu hinzukommend Pastiche, etwa auf der Ebene des bloßen Melodievergleichs, nicht in der Lage, Plagiatsentscheidungen verlässlich zu prognostizieren.74 Zitat, Karikatur, Parodie oder Pastiche können sie dann erst recht nicht verlässlich automatisiert erkennen.75 Trotz §§ 9, 10 UrhDaG wird es viele Streitigkeiten zwischen Uploadern und Plattformen geben. Man denke nur an den Bereich Mashup.76 71 72 73 74

75

76

Vgl. Stieper Stellungnahme zu DiskE II, S. 4; Bundesverband Musikindustrie Stellungnahme zu DiskE II 2020, S. 3. Vgl. Metzger/Pravemann ZUM 2021, S. 288 (295f.). Ein typisches Beispiel, wo dies der Fall ist, sind die auch in der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle angeführten Mashups, vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 61ff. Vgl. stellvertretend für die Musik Deliège Musicae Scientae 2007, S. 9; Müllensiefen/Pendzich Musicae Scientae 2009, S. 257; Carson/Müllensiefen International Review of Law, Computers and Technology 2012, S. 25; Aregood The John Marshall Review of Intellectual Property Law 2016, S. 116; Savage/Cronin/Müllensiefen/Atkinson Quantitative Evaluation of Music Copyright Infringement 2018 S. 61; Liebesman The Law Review of the Franklin Pierce Center for Intellectual Property 2018, S. 157. Dieselben Vorbehalte gelten im Übrigen auch hinsichtlich des Konzepts der Schöpfungshöhe. Computerunterstützte Analyse über Text und Data Mining wird die Substanz von Plagiatsurteilen in der Zukunft sicher spürbar steigern können, etwa dahingehend, Fälle von z.B. melodischer Ähnlichkeit zu ermitteln sowie diesbezüglich zu eruieren, ob ein Streitgegenstand dem künstlerischen Handwerkszeug zuzurechnen ist, vgl. Riedemann Samples 2005, S. 1; Riedemann Computerunterstützte Analyse und Hit-Songwriting 2012, S. 43; Rösing Forensische Popmusik-Analyse 2012, S. 257. Die Bewertung von Doppelschöpfungen aber z.B., die schlicht möglich und je nach Rahmenbedingungen sogar naheliegend sind im Bereich kleiner Münze, ist nicht weniger komplex als die Bewertung, ob eine Adaption hinreichend die Fremdheit des Übernommen markiert und damit gegebenenfalls als Zitat bewertet werden kann, vgl. Pearce/Wiggins Music Perception 2006, S. 377; Frieler/Riedemann Musicae Scientae 2011, S. 17. Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 61ff.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

Im Kontext der hiesigen Forschungsfrage ist der interessante Aspekt allerdings ein anderer, nämlich der, dass überhaupt versucht wird, im eng begrenzten Anwendungsbereich des UrhDaG mit pauschalen, objektiv quantifizierten Ausnahmen zu operieren. §§ 9, 10 UrhDaG versuchen, kunstspezifisch betrachtet, anders als § 24 Abs. 1 UrhG a.F. die Erlaubnisfreiheit (einer bestimmten Nutzung) mit letztlich nichtkünstlerischen Kriterien zu bestimmen. Wenig überraschend stellt die Begründung der Urheberrechtsnovelle auf ästhetische Argumente gleich gar nicht ab, sondern nur auf übliche Vermarktungshandlungen sowie auf die empirisch nicht unterlegte Behauptung, dass die Geringfügigkeit der Übernahme die Wahrscheinlichkeit erheblich erhöhe, dass ein Fall von § 5 UrhDaG gegeben ist.77 An dieser Stelle zeigt sich in exemplarischer Weise, was die Konsequenz ist, wenn man das Gebot kunstspezifischer Betrachtung nicht ernst nimmt. Sonst hätte man gemerkt, dass z.B. 15 Sekunden schlicht sehr lang sind in der Musik, insbesondere in der Popularmusik. Die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle stellt lapidar darauf ab, dass Lieder typischerweise dreieinhalb Minuten lang seien und 7 % davon pauschal freizustellen, als geringfügig anzusehen sei.78 Diese Argumentation ist bei kunstspezifischer Betrachtung schlicht sachfremd. Riffs, Hooks, Licks usw. sind nämlich typischer Weise kürzer, selbst für die charakteristischen Phrasen von Refrains gilt dies.79 Am offiziellen Lizenzmarkt für Samples zur Nutzung für kommerzielle Zwecke dürften nur ausnahmsweise größere Sequenzen am Stück lizenziert werden. Nicht von ungefähr kommt es, dass die Streitgegenstände nahezu aller relevanten Plagiats- und Samplingprozesse zur Musik in Deutschland seit Inkrafttreten des UrhG unter der zunächst 20-Sekunden- und dann ab RegE 15-Sekunden-Grenze liegen.80 Im Metall-auf-Metall-Fall, der die Gerichte seit 1999 beschäftigt, geht es um einen Sample in der Länge von 2 Sekunden, ein Bruchteil des hier Zulässigen. Im Metall-auf-Metall-Rechtsstreit hat das den Instanzgerichten LG Hamburg und OLG Hamburg genügt, den Sample als prägenden Teil, gar »Keimzelle« der Vorlage zu bezeichnen und damit »im Ergebnis die ganze Tonaufnahme« übernommen worden sei.81 Ein Durchlauf durch das endlos lang wirkende Freudenthema von Beethovens Neunter Sinfonie ab Takt 92 des Finals dauert je nach Interpretation zwischen 30 und 40 Sekunden.82 Die pauschale Annahme, es handele sich bei 15 Sekunden um »kleine Teile von Werken«83 , wie es 77 78 79 80 81 82 83

Vgl. BMJV RefE 2020, S. 44f., 145; BReg BTE 2021, S. 140. Vgl. BReg BTE 2021, S. 140. Vgl. stellvertretend für Licks die Datenbank des Jazz-Forschungsprojekt Dig That Lick, abrufbar unter: https://jazzomat.hfm-weimar.de/pattern_history/. Vgl. Döhl Jahrbuch der Deutsche Gesellschaft für Musikpsychologie 2015, S. 25f. Vgl. für die USA Hoffman Journal of Law and Policy 2020, S. 762. OLG Hamburg ZUM 2006, S. 758 (760) – Metall auf Metall I. Vgl. Döhl Neunte Sinfonie 2013, S. 295f. BMJV RefE 2020, S. 44, 145.

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Zwischen Pastiche und Zitat

die Bundesregierung formulierte, ist bei kunstspezifischer Betrachtung also schon deswegen nicht haltbar, weil es ein rein quantitatives Kriterium ohne Rücksicht auf qualitative Aspekte darstellt. Entsprechendes ließe sich zu § 9 Abs. 2 UrhDaG sagen. Die kunstspezifische Betrachtung von §§ 9, 10 UrhDaG gebietet etwas anderes. Dass man nämlich aus Anlass ihrer Einführung einen breiten Grundsatzdiskurs führen sollte mit und in den Künsten, ob derart pauschale Untergrenzen gewollt sind und wie sie ausgestaltet sein müssten, um dem Gebot kunstspezifischer Betrachtung standzuhalten. Das steht freilich einstweilen noch aus. §§ 9, 10 UrhDaG regeln bis dato nur einen bestimmten, eng begrenzten Nutzungsfall, nichtkommerzielle Plattformnutzung nämlich. Und berühren das Verhältnis von Bearbeiter und Urheber gar nicht. Aber man darf sich nichts vormachen: Einmal in der Welt bzw. im Gesetz, wird der Ruf laut werden, generell vergleichbar quantifizierte Untergrenzen bei der Schutzbereichsbestimmung (Schöpfungshöhe) bzw. den Schranken einzuführen und dies auch für den kommerziellen Bereich, den §§ 9, 10 UrhDaG ausschließen. Schon in den Stellungnahmen zum DiskE II kam diese Forderung sofort auf.84 Und zu Recht: Es wird zu Ungleichbehandlungen kommen, die nicht zu legitimieren sein werden. Erst recht, wenn sich im privilegierten Bereich der §§ 9, 10 UrhDaG tatsächlich Rechtssicherheit einstellen sollte.85 Man kann für und gegen sie argumentieren, aber einmal in Kraft, werden die Ansätze in §§ 9, 10 UrhDaG politisch nur noch schwer einzufangen und auf Dauer auf ein bestimmtes Anwendungsszenario zu begrenzen sein wie nun im UrhDaG noch vorgesehen. Das UrhDaG betrifft also nicht direkt die hier interessierende Frage der Abgrenzung zwischen erlaubnisfreier versus erlaubnispflichtiger Bearbeitung. Aber es weist auf einen künftigen Konflikt voraus, der den Diskurs um diese Frage absehbar ebenfalls erreichen dürfte. Insbesondere, wenn sich die in der Urheberrechtsnovelle entworfene Auslegung der Pasticheschranke als nicht belastbar, da unionsrechtswidrig erweisen sollte. Im abschließenden Ausblick (Kap. VI) wird daher auf diese Entwicklung zurückzukommen sein.

84 85

Vgl. D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt Stellungnahme zu DiskE II 2020, S. 3. An einem solchen breiten Diskurs besteht aber schon deswegen Bedarf, weil auch die neuestes Urheberrechtsnovelle keinerlei Abhilfe präsentiert hinsichtlich Lösungen für die Bereiche der unbewussten Entlehnungen und der zufälligen Gemeinsamkeiten, zu denen es insbesondere im Bereich der kleinen Münze regelmäßig kommt. §§ 9, 10 UrhDaG schaffen nun auch insoweit Referenznormen, wie man diese Problematiken rechtssicher alternativ lösen könnte.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

d. aa.

§ 51a S. 1 Alt. 3 UrhG n.F.: Pastiche als Auffangtatbestand Die Ausgestaltung der Pasticheschranke in der Urheberrechtsnovelle

Anders als die die Reformulierung von § 23 Abs. 1 UrhG n.F. und die Einführung des UrhDaG betrifft die Einführung der Pasticheschranke unmittelbar die Frage nach den Kipppunkt zwischen abhängiger Bearbeitung im engeren Sinne und selbstständiger erlaubnisfreier Aneignung. Bei Pastiche handelt es um einen für Deutschland völlig neuen Rechtsbegriff. Das würde für sich genommen schon zumindest einstweilen erhebliche Praxisprobleme aufwerfen. Das wurde auch in den Stellungnahmen zum DiskE II sofort angemerkt.86 Die mit der Einführung einer neuen Schranke einhergehende Herausforderung wurde jedoch durch den Weg, den ab DiskE II die Bundesregierung und dann ihr folgend der Gesetzgeber wählten und letztlich in allen Schritten des Gesetzgebungsverfahrens aufrechterhielten, nochmals exponentiell vergrößert. § 51a UrhG n.F. selbst erspart sich eine Legaldefinition des Pastiches, in Gesetz wie Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle wie im begleitenden FAQ87 – was anzubieten durchaus nahegelegen hätte anlässlich der Einführung eines eben völlig neuen Begriffs als Schranke, der laut BGH in Deutschland bislang doch noch gar nicht in Gebrauch war und entsprechend rechtlich auch hierzulande noch für nichts stand – und steht.88 An einer deutschen Spruchpraxis, die wie bei Karikaturen und Parodien schon auf nationaler Ebene analog zum europäischen Regelungsgehalt etabliert wäre und Orientierung bieten könnte, fehlt es daher notwendig ebenfalls. Und korrespondierend gibt es bislang auch keine Diskurstradition geschweige denn ein sicheres Begriffsverständnis im Schrifttum, wie noch im Einzelnen zu diskutieren sein wird. Die Begründung der Urheberrechtsnovelle zieht hieraus freilich einen extremen Schluss. Sie belässt es bei drei dürren Sätzen zu Varianten des ästhetischen Begriffsgebrauch von Pastiche; auf einen Blick ins Unionsrecht oder in andere nationale Rechtsordnungen, die den Pastichebegriff bereits als Schranken nutzen, wird gleich ganz verzichtet.89 Stattdessen nutzt die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle die je nach Standpunkt vermeintliche Konturlosigkeit bzw. Widersprüchlichkeit bzw. Unterbestimmtheit des Pastichebegriffs – oder wie Ansgar Ohly ihn nennt: »die große Unbekannte in Art. 5 III Buchst. k InfoSoc-RL«90 –,

86 87 88 89 90

So z.B. nun auch Initiative Urheberrecht Stellungnahme zu DiskE II 2020, S. 3; Deutscher Anwaltverein Stellungnahme zu DiskE II 2020, S. 9. Vgl. BMJV DiskE II FAQ 2020; BMJV RefE FAQ 2020; BReg RegE FAQ 2021 (Stand 7.6.2021). Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (624f.), Rn 65, 83 – Metall auf Metall IV. Vgl. BMJV DiskE II 2020, S. 64f.; BMJV RefE 2020, S. 96f.; BReg BTE 2021, S. 89–91. Ohly GRUR 2020, S. 851 (852). Vgl. korrespondierend Cameron JIPLP 2014, S. 1005; Apel ZGE 2018, S. 190; Lauber-Rönsberg ZUM 2020, S. 738.

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Zwischen Pastiche und Zitat

um einen allgemeinen, sehr weit gefassten Auffangtatbestand zu etablieren. Dieser Pastichebegriff der Urheberrechtsnovelle, unverändert seit dem DiskE II durch das Gesetzgebungsverfahren hindurch fortgeführt, 1) gestattet »über die Imitation des Stils hinaus« die »Übernahme fremder Werke und Werkteile«;91 2) gestattet das Verfolgen nicht antithematischer Zwecke mit der Aneignung und kann stattdessen auch »einen Ausdruck der Wertschätzung oder Ehrerbietung für das Original enthalten, etwa als Hommage«;92 3) bezieht zugleich »[z]itierende, imitierende und anlehnende Kulturtechniken ein«;93 4) denkt als Fallbeispiele an eine Vielzahl von ästhetisch ausnehmend heterogenen und in vielen Spielarten vorkommenden Praktiken »wie Remix, Meme, GIF, Mashup, Fan Art, Fan Fiction[, Cover] oder Sampling«;94 5) lässt die »Auseinandersetzung mit dem vorbestehenden Werk oder einem sonstigen Bezugsgegenstand« genügen;95 6) strebt danach, »nutzergenerierte Inhalte (UGC) gesetzlich zu erlauben, die nicht als Parodie oder Karikatur zu klassifizieren sind«, ohne freilich eine Begrenzung auf nichtkommerzielle Zwecke vorzusehen;96 7) verzichtet darauf, dass die Aneignung selbst »die Schöpfungshöhe eines Werks erreichen muss«;97 8) darf wahlweise »ein oder mehrere vorbestehende Werke« zur künstlerischen Auseinandersetzung nutzen;98 9) fordert »wahrnehmbare Unterschiede zum Originalwerk« aber kein »›Verblassen‹ des Originalwerks«.99

Dieser Pastichebegriff stellt also erlaubnisfrei Aneignungen • • •

91 92 93 94 95 96 97 98 99

jedweden Umfangs (vgl. Kriterium (1)), jedweden Zwecks (vgl. Kriterium (2)), jedweden Nähe- bzw. Distanzverhältnisses zwischen Vorlage und Adaption jenseits der Verwechslungsgefahr (vgl. Kriterien (3) und (9)), BMJV DiskE II 2020, S. 64; BMJV RefE 2020, S. 96; BReg BTE 2021, S. 91. Ebd. Ebd. Ebd. Für BReg BTE 2021, S. 91, wurde Cover stillschweigend gestrichen. Ebd. Ebd. BMJV DiskE II 2020, S. 63; BMJV RefE 2020, S. 95; BReg BTE 2021, S. 90. Ebd. Ebd.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

• • • • •

jedweder Form und jedweden Genres (vgl. Kriterium (4)), jedweder Stoßrichtung auch über die Interaktion mit der Vorlage hinaus (vgl. Kriterium 5)), kommerziell wie nichtkommerziell (vgl. Kriterium (6)), jedweden Schöpfungsgrads (vgl. Kriterium (7)), jedweder Zahl an Aneignungsgegenständen (vgl. Kriterium (8)).

Wie belastbar ist aber diese Position des nationalen Gesetzgebers, den Pastichebegriff zu einem sehr weit verstandenen Auffangtatbestand auszubauen? Kann die Pasticheschranke leisten, was ihr in der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle als Aufgabe zugedacht ist? Und kann die in der Urheberrechtsnovelle vorgeschlagene Lesart des Pastichebegriffs bestehen, sowohl vor dem EuGH, dem am Ende in diesem Punkt die Auslegungshoheit zukommen wird,100 als auch vor dem Gebot kunstspezifischer Betrachtung, das verlangt, die einschlägigen Sichtweisen in der künstlerischen Theorie und Praxis aufzuarbeiten, zu verstehen und dann im Interessenausgleich hinreichend zu berücksichtigen? Das sind berechtigte Fragen. Denn anders als die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle suggeriert, ist der Gehalt der Pasticheschranke ebenso wenig selbsterklärend wie unstrittig. Diese Diagnose mag auf den ersten Blick vielleicht überraschen, wenn man von dem Befund ausgeht, dass sich in der jüngeren Vergangenheit ein substanzieller Zug im Schrifttum zu formieren begonnen hat, der die weite Lesart des Pastichebegriffs in der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle der Urheberrechtsnovelle stützt.101 Man trifft also, sobald man sich über den Pastichebegriff fachwissenschaftlich zu informieren versucht, leicht auf Beiträge, die den Standpunkt in der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle bestätigen. Vom letztlich in Kraft getretenen Gesetz unterschied diese Stimmen lange Zeit vor allem, dass sie die Pasticheschranke mehrheitlich entweder abweichend von § 51a

100 Vgl. Stieper ZUM 2019, S. 720; Wandtke/Bullinger Urheberrecht 2019, § 24, Rn 9a. Vgl. ausführlich Roder Die Methodik des EuGH 2016; Rosati Copyright and the Court of Justice of the European Union 2019. 101 Vgl. Peukert GRUR-Beilage 2014, S. 77 (89); Stieper AfP 2015, S. 301 (305); Hudson Intellectual Property Quarterly 2017, S. 346ff.; Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 248–282 [in kondensierter Form als Pötzlberger GRUR 2018, S. 675ff.]; Rehbinder/Peukert Urheberrecht und verwandte Schutzrecht 2018, S. 182, Rn 528; Senftleben ZUM 2019, S. 369 (374); ECS [Senftleben/ Metzger] JIPITEC 2020, S. 115 (125f.); Senftleben Research Handbook on Intellectual Property and Digital Technologies 2020, S. 136 (157f.); Stieper GRUR 2020, S. 699 (702f., 708); Stieper GRUR 2020, S. 792 (793f., 796f.). Vorsichtiger, aber doch im Ergebnis nun akzeptierend/zustimmend z.B. auch Lauber-Rönsberg ZUM 2020, S. 733 (738f.); Leistner ZUM 2020, S. 505 (511); Ohly GRUR 2020, S. 843 (852); Wandtke/Hauck ZUM 2020, S. 671 (677); Würtenberger/Freischem GRUR 2020, S. 1063 (1064).

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Zwischen Pastiche und Zitat

UrhG n.F. auf nichtkommerzielle Nutzungen beschränkt sehen wollen oder für kommerzielle Nutzungen jedenfalls Vergütungsregelungen einfordern.102 Hierauf hat die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle ab dem RefE anders als noch im DiskE II vorgesehen allerdings wie gesehen im Kontext UrhDaG partiell reagiert – und damit DiskE II und die DiskE-II-nahe Auslegungslinie in der Literatur ab dem RefE zusammengeführt.103 Die gemeinsame Position wirkt dadurch in Summe leicht, als sei sie gefestigt und unproblematisch. Gestärkt durch die wachsende Akzeptanz, die die weite Auslegung der Pasticheschranke im DiskE II und dann im RefE insbesondere befördert durch die Einführung der Vergütungsregelungen des UrhDaG in der Literatur erfahren hat, ist der Gesetzgeber im weiteren Gesetzgebungsverfahren jedenfalls bei seiner weiten Auslegung der Pasticheschranke geblieben. So ist die Pasticheschranke zum 7. Juni 2021 geltendes Recht geworden. Diese Auslegung wird im Folgenden auf ihre Tragfähigkeit hin überprüft. Dabei ist es nicht das Ziel, die weitgehende Erlaubnisfreistellung kreativer Werknutzungen, die die Urheberrechtsnovelle mit dem Pastichebegriff verfolgt, hier als solches in Zweifel zu ziehen. Die zahlreichen Forderungen danach in der

102 Vgl. stellv. ECS [Senftleben/Metzger] JIPITEC 2020, S. 115 (126f.); Leistner ZUM 2020, S. 505 (511); Stieper GRUR 2020, S. 792 (795); Würtenberger/Freischem GRUR 2020, S. 1063 (1064). 103 In einem überarbeiteten § 7 Abs. 2 UrhDaG-E wurde im RefE für den Anwendungsfall des Plattformuploads in Sozialen Medien (Art. 17 Abs. 7 S. 2 Buchst. b) DSM-RL) vorgesehen, dass für Nutzungen zum Zwecke des Pastiches eine angemessene, einem fiktiven Marktpreis entsprechende Vergütung zu zahlen ist – und zwar vom Dienstanbieter an den Urheber, geltend zu machen durch eine Verwertungsgesellschaft. Vgl. BMJV RefE 2020, S. 147. Vgl. weiter zur Begründung Metzger/Pravemann ZUM 2021, S. 288 (290f.). In der schließlich verabschiedeten Fassung findet sich diese Bestimmung in § 5 Abs. 2 UrhDaG, nun auf alle Fälle des § 5 Abs. 1 UrhDaG ausgeweitet. Dieses Entgegenkommen des Gesetzgebers ist ein Kompromiss: Die Schranke in § 51a UrhG n.F. wird weiterhin weder mit einer allgemeinen Vergütungspflicht für das Pastiche (geschweige denn insgesamt) verbunden noch insoweit auf nichtkommerzielle Nutzungen beschränkt. Beides war von Teilen der einen weiten Pasticheauslegung nahestehenden Auslegungslinie in der Literatur gefordert worden, wäre aber in der Praxis nicht zu leisten, ohne zuvor Klarheit über die anzulegenden Anknüpfungspunkte für und Unterscheidungskriterien zwischen kommerziellen und nichtkommerziellen Nutzungen zu gewinnen. Eine solche Grenzziehung wäre aber auch schon deswegen zweifelhaft, weil ursprünglicher User Generated Content, auf den die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle vor allem abzielt, jederzeit in eine hochkommerzielle Ware von globaler Resonanz umschlagen kann. Vgl. Wimmers/Barudi GRUR 2017, S. 327 (336). Für ein solches Beispiel, das Grey Album (2003) von Brian Burton aka DJ Danger Mouse, vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 142–155. Doch gleich, wie man Notwendigkeit, Umfang und Ausgestaltung der Vergütungsfrage bewertet, ob man den jetzigen Kompromissvorschlag in der Urheberrechtsnovelle also bereits hinreichend findet oder in diesem Punkt mehr verlangt: Stets ist die hier interessierende Frage nach dem Pastichebegriff vorgelagert und vorrangig. Trägt die Auslegung der Schranke nämlich nicht, tragen weder Vergütungssystem noch Vergütungsfreiheit.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

urheberrechtlichen Literatur, die teilweise sogar in Alternativentwürfe von Kreativschranken gegossen wurden,104 belegen, dass man es mit einem ernsten und adressierungsbedürftigen politischen Problem zu tun hat. Der mit Pelham/Metall auf Metall IV erreichte rechtliche Ist-Zustand spiegelte die Lebenswirklichkeit im Internet nicht wider. Wie ich an anderer Stelle ausführlich hergeleitet habe, wäre eine weite Kreativklausel in der Tat ästhetisch angemessen, sozial geboten, kulturell produktiv und ökonomisch gewinnbringend.105 So lassen sich für das Ziel der Urheberrechtsnovelle sogar weitaus mehr und gewichtigere Argumente finden, als es seine vergleichsweise sparsame Begründung vermuten ließe. Nicht gegen das Ziel der Urheberrechtsnovelle wendet sich dieser Abschnitt also. Dies lässt sich gut vertreten. Aber ich habe die Annahme zu Überprüfung gestellt, dass der dafür gewählte Weg über die Pasticheschranke tragfähig ist. Denn die Verdachtsmomente hiergegen, die Zweifel nahelegen und einen zumindest zu einem genaueren Hinsehen motivieren sollten, sind eklatant: Erste, auch interdisziplinär grundierte, freilich in vielen Fällen bislang kursorisch bleibende Einordnungen im Schrifttum deuteten schon vor und während des Gesetzgebungsverfahrens den Pastichebegriff anders. Sie weisen ihm eine deutlich engere ästhetische und juristische Bedeutung, Spezifik und Auslegung zu. Hiernach ist Pastiche entweder ausschließlich als stilistische Nachahmung (Imitation) zu verstehen oder, insofern sogar noch enger gefasst, als imitatorische Spielart der

104 Vgl. stellv. die vorgeschlagenen Klauseln in Poeppel Die Neuordnung der urheberrechtlichen Schranken im digitalen Umfeld 2005, S. 491f.; Förster Fair Use 2008, S. 219; Leistner/Hansen GRUR 2008, S. 479 (486); Hansen Warum Urheberrecht 2009, S. 409f.; Bauer User Generated Content 2011, S. 407; Kreutzer Verbraucherschutz im Urheberrecht 2011, S. 73; Hüttner Flexibilisierung der urheberrechtlichen Schrankenregelungen in Deutschland 2013, S. 307; Kleinemenke Fair Use im deutschen und europäischen Urheberrecht 2013, S. 569f.; Krusemarck Die abhängige Schöpfung im Recht des geistigen Eigentums 2013, S. 382; Senftleben Methods and Perspectives in Intellectual Property 2013, S. 30 (50); Grobe-Einsler User-Generated Content 2016, S. 237; Nazari-Khanachayi Rechtfertigungsnarrative des Urheberrechts im Praxistest 2016, S. 227; Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 398f. Vgl. ergänzend die zahllosen Forderungen nach entsprechenden Änderungen stellv. z.B. in Hugenholtz/Eechoud/Gompel/ Helberger/Rossini/Steijger/Dufft/Bohn The Recasting of Copyright & Related Rights for the Knowledge Economy 2006, S. 75; Geiger GRUR Int, 2008, S. 459 (463); Metzger Urheberrechtsschranken in der Wissensgesellschaft 2010, S. 101 (121f.); Dreier MMR 2011, S. 285 (286); Dreier/Leistner GRUR 2013, S. 881 (898f.); Leistner GRUR 2014, S. 1145 (1149); Peukert GRUR-Beilage 2014, S. 77 (89); Ohly GRUR 2017, S. 964 (969); Jütte MR-Int 2019, S. 52 (55); Leistner/RoderHießerich The Innovation Society and Intellectual Property 2019, S. 261 (285); Ohly GRUR 2020, S. 852. Kritisch z.B. Wegmann Der Rechtsgedanke der freien Benutzung des § 24 UrhG und die verwandten Schutzrechte 2012, S. 188–192; Benz Der Teileschutz im Urheberrecht 2018, S. 355–359. 105 Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 314ff.

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Zwischen Pastiche und Zitat

Parodie, d.h. in künstlerischem Gehalt und Zweck vergleichbar eng an diese gebunden wie es Karikatur und Satire sind.106 Die erstgenannte, insoweit vorherrschende Variante ist hinsichtlich Gehalt und Zweck großzügiger und ästhetisch neutraler: Die stilistische Nachahmung darf humoristische und/oder kritische Züge tragen, sie muss es aber nicht. Eine Imitation ist hiernach auch dann als Pastiche zu klassifizieren, wenn sie z.B. eine Hommage darstellt oder eine sich selbst genügende virtuose Spielerei ist, wenn sie handwerkliches Können vorführt oder als bloßes Mittel zum Zweck zum Einsatz kommt, etwa um einen bestimmten kulturellen Kontext zu evozieren, wenn sie pädagogischen Studienzwecken dient oder der ästhetischen Fortschreibung, Aktualisierung oder Rekontextualisierung einer älteren Arbeit eines Dritten. Bevor infolge des Vorlagehinweises im Metall-auf-Metall-Urteils des BVerfG Mitte 2016 die Möglichkeit in realistische Reichweite rückte, dass die freie Benutzung nach § 24 Abs. 1 UrhG a.F. durch den EuGH für unionsrechtswidrig erklärt werden könnte, spielte das Angebot einer Pasticheschranke in der InfoSoc-RL 2001/29/ EG im deutschen Diskurs argumentativ überhaupt keine Rolle. Und dies, obwohl die Pasticheschranke bereits am 22. Mai 2001 von Europäischem Parlament und Rat beschlossen worden war, also Mitte der 2010er Jahre schon geraume Zeit auf dem Tisch lag. Auch das müsste einen stutzig machen. Dieser Befund eklatanter Irrelevanz der Pasticheschranke gilt für die Advokaten einer Besserstellung des User Generated Content, auf den nun auch die der Urheberrechtsnovelle nahe Literaturlinie besonders abstellt;107 ebenso für Autoren, die über künstlerische Praktiken und Bearbeitungsrecht schreiben, die jetzt im Kontext von User Generated Content und Pastichebegriff wieder auftauchen wie Mashup oder Collage;108 106 Vgl. neben meinen Stellungnahmen Döhl Media in Action 2017, S. 37 (48–57); Döhl UFITA 2019, S. 19 (29–35); Döhl ZUM 2020, S. 740 (744–747) insoweit Gelke Mashups im Urheberrecht 2013, S. 177; Cabay/Lambrecht JIPLP 2015, S. 359 (371); Jütte JIPITEC 2014, S. 172 (182); Jacques JIPLP 2015, S. 699 (702); Vlah Parodie, Pastiche und Karikatur 2015, S. 50; Griffiths Research Handbook on Intellectual Property in Media and Entertainment 2017, S. 64 (84); Bently/Sherman/ Gangjee/Johnson Intellectual Property Law 2018, S. 252; Marshall JIPLP 2018, S. 955 (958); Jacques The Parody Exception in Copyright Law 2019, S. 11; Lerach jurisPR-WettbR 2020, Ziff. V.; Maier Remixe auf Hosting-Plattformen 2019, S. 61; Schack Urheber- und Urhebervertragsrecht 2019, S. 153, Rn 280b; Jacobsen Die urheberrechtlich relevante Parodie 2020 S. 10. Skeptisch zumindest im Blick andernfalls auf Grenzenlosigkeit und Missbrauchsgefahr der Schranke Haberstumpf UFITA 2020, S. 36 (106); Haberstumpf ZUM 2020, S. 809 (814); Schulze GRUR 2020, S. 128 (129); Würtenberger/Freischem GRUR 2020, S. 1063 (1064). 107 Vgl. z.B. Bauer Urheberechtliche Zulässigkeit nutzergenerierter Medieninhalte 2010; Bauer User Generated Content 2011; Reinemann/Remmertz ZUM 2012, S. 216ff.; Summerer Illegale Fans 2015; Grobe-Einsler User-Generated Content 2016. 108 Vgl. z.B. Riekert Der Schutz des Musikurhebers bei Coverversionen 2003; Wegener Sound Sampling 2007; Salagean Sampling im deutschen, schweizerischen und US-amerikanischen Urheberrecht 2008; Czernik Die Collage in der urheberrechtlichen Auseinandersetzung zwischen

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

wie für jene, die sich detailliert mit dem Schrankensystem und seiner Weiterentwicklung beschäftigen, namentlich der freien Benutzung, sowie der Begründung des Urheberrechts insgesamt – darunter manch heutiger Verfechter eines weiten Pastichebegriffs.109 In der rechtswissenschaftlichen Begleitung des Metall-aufMetall-Verfahrens spielte der Pastichebegriff nicht einmal im Gefolge der EuGH-

Kunstfreiheit und Schutz des geistigen Eigentums 2008; Huttenlauch Appropriation Art 2010; Gelke Mashups im Urheberrecht 2013; Fischer Digitale Kunst und freie Benutzung 2018; Virreira Winter Die urheberrechtliche Bewertung des Samplings im Lichte des Unionsrechts 2018. 109 Vgl. z.B. Senftleben Copyright, Limitations and the Three-Step Test 2004; Stallberg Urheberrecht und moralische Rechtfertigung 2006; Förster Fair Use 2008; Kreutzer Das Modell des deutschen Urheberrechts und Regelungsalternativen 2008; Schunke Das Bearbeitungsrecht in der Musik und dessen Wahrnehmung durch die GEMA 2008; Dietz Werkintegritätsschutz im deutschen und US-amerikanischen Recht 2009; Hansen Warum Urheberrecht 2009; Stieper Rechtfertigung, Rechtsnatur und Disponibilität der Schranken des Urheberrechts 2009; Metzger Urheberrechtsschranken in der Wissensgesellschaft 2010, S. 101ff.; Wegmann Der Rechtsgedanke der freien Benutzung des § 24 UrhG und die verwandten Schutzrechte 2012; Wehler Die freie Benutzung im digitalen Zeitalter 2012; Gelke Mashups im Urheberrecht 2013; Kleinemenke Fair Use im deutschen und europäischen Urheberrecht 2013; Krusemarck Die abhängige Schöpfung im Recht des geistigen Eigentums 2013; Fischer Perspektiven für ein Europäisches Urheberrecht 2014; Caso/Giovella Balancing Copyright Law in the Digital Age 2015; Haberstumpf ZGE 2015, S. 425ff.; Summerer Illegale Fans 2015; Amini Digitale Kultur zum Pauschaltarif 2016; Becker ZGE 2016, S. 239ff.; Döhl Mashup in der Musik 2016; Grobe-Einsler UserGenerated Content 2016; Podszun ZUM 2016, S. 606ff.; Jütte Reconstruction European Copyright Law for the Digital Single Market 2017; Kempfert/Reißmann Media in Action 2017, S. 65ff.; Kocatepe Fair Dealing im Zeitalter postmoderner Kreativität 2017, S. 257ff.; Fischer Digitale Kunst und freie Benutzung 2018; Gabler Die urheberrechtliche Drittnutzung zwischen Vervielfältigung, Bearbeitung und freier Benutzung 2018; Hugenholtz Copyright Reconstructed 2018; Bently/Dusollier/Geiger/Griffiths/Metzger/Peukert/Senftleben IIC 2019, S. 467ff.; Haas Die Verwendung von Bearbeitungen urheberrechtlich geschützter Werke 2019; Leistner/RoderHießerich The Innovation Society and Intellectual Property 2019, S. 261ff.; Maier Remixe auf Hosting-Plattformen 2019; Papastefanou WRP 2020, S. 171ff.; Schunke ZUM 2020, S. 447ff.

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Zwischen Pastiche und Zitat

Entscheidung 2019 eine bestimmende Rolle,110 geschweige denn davor.111 Dabei ist das Microsampling, um das es in dem Verfahren ging, ein Musterbeispiel für das, 110

111

Lediglich auf die Möglichkeit, dass die Pasticheschranke greifen könnte, ohne sie eingehender zu prüfen oder gar für sie zu plädieren, weisen hin [zu EuGH-Pelham bzw. GASchlussanträgen dort] Pötzlberger ZUM 2019, S. 250 (252); Grünberger ZUM 2020, S. 175 (201); Schulze GRUR 2020, S. 128 (129); Stumpf GRUR Int. 2019, S. 1086 (1095), Fn 36; [zu Metall auf Metall IV:] Brtka JIPLP 2020, S. 585 (586); Ohly GRUR 2020, S. 851 (852). Lerach jurisPR-WettbR 2020, 8, und Czychowksi/Düstersiek Tipping Points 2020, S. 199 (213–216) kommentieren zusammen mit Metall auf Metall IV auch schon den DiskE II mit und sind daher etwas ausführlicher, im Ergebnis freilich kritisch. Vgl. im Übrigen ohne substanziellen Rekurs auf die Pasticheschranke neben den entsprechenden Abschnitten in der einschlägigen, in Anm. 34 und 35 genannten Literatur entsprechend z.B. [zu EuGH-Pelham:] Apel MMR 2019, S. 601ff.; Apel MR-Int 2019, S. 40ff.; Dreier GRUR 2019 S. 1003ff.; Dreier GRUR Int. 2020, S. 223f.; Frenz DVBl 2019, S. 1471ff.; Geiger/Izyumenko IIC 2020, S. 282ff.; Handig GRUR-Prax 2019, S. 497ff.; Hauck GRUR-Prax 2019, S. 385; Hieber ZUM 2019, S. 746ff.; Hofmann EuZW 2020, S. 397ff.; Homar ZUM 2019, S. 731ff.; Jütte JIPLP 2019, S. 827ff.; Jütte EU Internet Law in the Digital Era 2020, S. 79ff.; Leistner ZUM 2019, S. 720ff.; Marly/Prinz LMK 2019, 421261; Müller WRP 2019, S. 1545ff.; Nordemann/Waiblinger NJW 2020, S. 737ff.; Papastefanou, CR 2019, S. 600ff.; Rauer K&R 2019, S. 572f.; Schmidt jurisPR-ITR 2019, 17; Schonhofen GRUR-Prax 2019, S. 432ff.; Schulze NJW 2019, S. 2918; Senftleben IIC 2020, S. 751ff.; Sganga EIPR 2019, S. 683ff.; Snijders/van Deursen IIC 2019, S. 1176ff.; Stieper ZUM 2019, S. 713ff.; Thonemann/Farkas ZUM 2019, S. 748ff.; von Ungern-Sternberg GRUR 2020, S. 113ff.; Wagner MMR 2019, S. 727ff.; Wagner MMR 2020, S. 728ff.; Walter MR-Int 2019, S. 90ff.; [zu Metall auf Metall IV:] Apel ZUM 2020, S. 760ff.; Boden jurisPR-IWR 2020, 6; Eichelberger WRP 2020, S. 1041; Hauck GRUR-Prax 2020, S. 377; Toussaint FD-ZVR 2020, 430759; Jütte/ Quintais JIPLP 2021, S. 213ff. Vgl. neben den Abschnitten in der einschlägigen, in Anm. 34 und 35 genannten Literatur entsprechend z.B. [zu BVerfG-Metall auf Metall:] Apel Immaterialgüter und Digitalisierung 2017, S. 237ff.; Bammer MR-Int 2016, S. 50ff.; Böttger/Clark JIPLP 2016, S. 812ff.; Duhanic GRUR Int. 2016, S. 1007ff.; Grünberger ZUM 2016, S. 323ff.; Hoeren MMR 2016, S. 469; Hufen JuS 2016, S. 954ff.; Jütte Research Handbook on Copyright Law 2017, S. 273ff.; Jütte/Maier JIPLP 2017, S. 784ff.; Kreuderer ZGE 2016, S. 462ff.; Leistner GRUR 2016, S. 772ff.; Mezei Zeszyty Naukowe Uniwersytetu Jagiellońskiego 2018, S. 56ff.; Mimler Queen Mary JIP 2017, S. 119ff.; Peifer ZUM 2016, S. 805ff.; Peifer jurisPR-WettbR 2017, 7; Podszun ZUM 2016, S. 606ff.; Schonhoffen GRURPrax 2016, S. 277ff.; Stieper ZUM 2016, S. 637ff.; von Ungern-Sternberg GRUR 2017, S. 217ff.; Wagner MMR 2016, S. 513ff.; Weller jurisPR-ITR 2016, 13; [zu Metall auf Metall III:] Apel K&R 2017, S. 563ff.; Apel ZGE 2018, S. 162ff.; Grünberger ZUM 2018, S. 271ff.; Jani GRUR-Prax 2017, S. 354; Lerach jurisPR-WettbR 2019, 11; Mezei MR-Int 2019, S. 48ff.; Ohly GRUR 2017, S. 964ff.; von Ungern-Sternberg GRUR 2020, S. 225ff.; [zu Generalanwalt in EuGH-Pelham:] Apel MMR 2019, S. 97ff.; Bently/Dusollier/Geiger/Griffiths/Metzger/Peukert/Senftleben IIC 2019, S. 467ff.; Brtka GRUR-Prax 2019, S. 18; Fischhold JIPLP 2019, S. 353f.; Jongsma IPRinfo 2019; Jütte/Quintais EIPP 2019, S. 654ff.; Griffiths ERA-Forum 2019, S. 35ff. Einzig Ohly GRUR 2017, S. 964 (968f.) spricht vorsichtig die Frage nach der Reichweite des Pasticheschranke an; Apel ZGE 2018, S. 162 (190) hält ein Eingreifen der Pasticheschranke für Microsampling jedenfalls für denkbar. Zum Diskurs im deutschensprachigen Schrifttum über Sampling und Bearbeitungsrecht bis hin zu Metall auf Metall I, vgl. die Literaturübersicht in Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 208, Fn 15 m.w.N.; Döhl Recht & Netz 2018, S. 279f., Fn 34; zum Diskurs zwischen Metall auf Metall

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

was die Urheberrechtsnovelle über den Pastichebegriff freigeben will: minimalinvasiv, im neuen Kontext ästhetisch weit entfernt von der Vorlage, ohne ökonomisch oder persönlichkeitsrechtlich problematische Implikationen. Wenn derart auf der Hand läge, solches Microsampling als Pastiche zu klassifizieren, wie die Urheberrechtsnovelle nun suggeriert, wäre dies bereits – und zwar vielfach – thematisiert worden, denn dann hätte die Streitentscheidung in Metall auf Metall zumindest ab Inkrafttreten der Richtlinie u.a. wesentlich an der – erst in Metall auf Metall IV schließlich vom BGH verneinten – Frage gehangen, ob Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) Var. 3 InfoSoc-RL 2001/29/EG über § 24 Abs. 1 UrhG a.F. in Deutschland schon gilt. Eine Einordnung von Microsampling als Pastiche spielt im Diskurs um diesen Rechtsstreit jedoch keine Rolle. Liegt es nicht nahe, zu vermuten, dass das Gründe darin hat, dass Pastiche schlicht etwas anderes bezeichnet? Zweifel weckt ferner aber auch, dass es in der Debatte um die Ausweitung des Pastichebegriffs an einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der künstlerischen Theorie und Praxis fehlt. Und dadurch die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle wie die der Urheberrechtsnovelle nahe Literatur nicht nur selbst naheliegende juristische, sondern auch sich aufdrängende ästhetische Gegenargumente nicht hinreichend diskutieren. Verschweigen naheliegender Gegenargumente sollte stets hellhörig machen, wenn es um die Belastbarkeit normativer Lösungen geht. Der stattdessen zu beobachtende, zweckgeleitete Aktivismus für das politisch unterstützte – und gewiss auch unterstützenswerte – Ziel geht leider so weit, dass z.B. Julia Reda, Berichterstatterin des Europäischen Parlaments für die Evaluation der InfoSoc-RL 2001/29/EG in der Entwicklungsphase der DSM-RL 2019/790, jüngst erklärte, der BGH habe in Metall auf Metall IV ins Auge gefasst, Pastiche käme grundsätzlich als Schranke zugunsten von Sampling in Betracht (»reference to a possible compatibility«112 ) – was dem Urteil schlicht nicht zu entnehmen ist, das im Gegenteil vertritt, die Pasticheschranke gelte in Deutschland bislang noch nicht, und sie deswegen nicht näher bestimmt.113 Auch die Bundesregierung ist hiervon nicht frei, wenn sie z.B. in der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle den Begriff Pasticcio grob falsch definiert, um dies als Argument für seine Weitung des Pastichebegriffs zu nutzen.114 Oder die European Copyright Society in einem von Martin Senftleben und Axel Metzger verfassten Positionspapier, die

112

113 114

I 2008 und dem Metall-auf-Metall-Urteil des BVerfG 2016, vgl. die Literaturübersicht in Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 47, Fn 19, S. 49, Fn 22; Döhl Recht & Netz 2018, S. 280f., Fn 39. Vgl. Reda Kluiwer Copyright Blog (1. Mai 2020), http://copyrightblog.kluweriplaw.com/2020/ 05/01/german-federal-supreme-court-defends-press-freedom-in-two-high-profile-copyrightcases-no-resolution-of-sampling-dispute/ [17.11.2020]. Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (624f.), Rn 65, 83 – Metall auf Metall IV. Vgl. BMJV RefE 2020, S. 96f. Vgl. hierzu im Einzelnen die hier später folgenden Ausführungen zum gewöhnlichen Sprachgebrauch.

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Zwischen Pastiche und Zitat

als Beleg dafür, dass Pastiche ein Synonym für jedwede Rekombination preexistenten künstlerischen Materials sei,115 lediglich zwei Wörterbücher und überdies leider ausschließlich juristische Literatur anführen, die diesen Standpunkt stützen, dafür dann aber umso kraftvoller betonen, die eigene Sichtweise auf den Begriff sei evident und unkontrovers116 – was leider schlicht nicht zutrifft und wiederum unübersehbar ist, sobald man denn Fachliteratur zur künstlerischen Theorie und Praxis konsultiert. Dergleichen weckt nicht nur Skepsis. So den Diskurs zu führen, verschleiert vor allem das Risiko, das in der nun eingeschlagenen Strategie steckt, das weit verbreitete und aus einer Vielzahl von dogmatischen, sozialen, ökonomischen und ästhetischen Argumenten gut zu vertretende Ziel einer weiten Kreativklausel jetzt über den Pastichebegriff realisieren zu wollen. Denn es gibt eben auf beiden Seiten gewichtige Argumente. Es ist daher mit Sorgfalt und ergebnisoffen zu prüfen, wie erheblich das Risiko für professionelle Künstler wie für User-Generated-ContentAmateure ist, dass man sich auf ein im Ergebnis extrem weites deutsches Begriffsverständnis verlässt, das am Ende aber vor dem EuGH vielleicht keinen Bestand hat. Das träfe professionelle Künstler wie User-Generated-Content-Amateure hart, die sich aufgrund des Pelham-Urteils des EuGH und der daran anschließenden Entscheidung Metall auf Metall IV des BGH derzeit bereits einem weitreichenden, sogar rückwirkenden (zum 22. Dezember 2002) Systemwechsel hinsichtlich der Bedingungen der Erlaubnisfreiheit künstlerischer Aneignungen von geschützten Werk(teilen) Dritter gegenübersehen.117 Einen solchen Ausgang gilt es daher zu vermeiden. Daher wird im Folgenden einmal ausführlich die ganze Bandbreite an Pro- und Contra-Argumente zusammengeführt, um auf diese Weise den Raum für eine kritische Reflektion der in der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle eingeschlagenen Strategie einer weiten Auslegung des Pastichebegriffs zu bereiten. Anliegen ist dabei insbesondere, eine Intensivierung des Bemühens um eine kritische Reflektion des Pastichebegriffs und seiner Tragfähigkeit als allgemeiner Kreativklausel zu erreichen. Angesichts dessen, wie oberflächlich an dieser Stelle auch die Stellungnahmen im Gesetzgebungsverfahren durchweg geblieben sind, scheint dies geboten.118 Die Bundesregierung und mit ihr der Gesetzgeber wollen 115 116 117 118

Vgl. ECS JIPITEC 2020, S. 115 (125), Rn 44. Vgl. ECS JIPITEC 2020, S. 115 (125f.), Rn 44f. sowie Fn 50–53. Vgl. Kap. III. Viele Stellungnahmen erwähnen die Pasticheschranke, je nach Position wohlwollend oder kritisch. Bisweilen werden die Unbestimmtheit des Begriffs, die fehlende Spruchpraxis des EuGH, das divergierende Meinungsbild im Schrifttum, die Weite der Auslegung in der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle und der potenzielle Konflikt mit Art. 5 Abs. 5 InfoSoc-RL 2001/29/EG ausgeführt. Nennenswert in den Begriffsdiskurs einsteigen tut niemand. Am ausführlichsten äußerten sich noch der Deutscher Textdichter-Verband, der Deut-

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

an dieser Stelle ersichtlich zeitgemäß handeln und etwas Gutes tun. Es wäre für die künstlerische Praxis fatal, wenn man stattdessen am Ende das Gegenteil erreicht. Was sind aber die Argumente für und wider einer weiten Auslegung des Pastichebegriffs?119

bb.

Pro-Argumente: Für einen weiten Pastichebegriff

aaa. Soziale Relevanz Ausgangspunkt der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle und dem der Urheberrechtsnovelle nahem Schrifttum ist die Annahme, dass es bei der Qualifikation des Pastiches als stilistische Nachahmung nicht bleiben kann, wenn es um Pastiche als Rechtsbegriff gehe. Entweder heißt es, das könne Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) Var. 3 InfoSoc-RL nicht meinen. Und zwar mit zugleich systematischer Begründung (im Verhältnis zum Schutzbereich des Urheberrechts) und teleologischer Argumentation (im Verhältnis zum Sinn und Zweck der Schranke): Die Pasticheschranke laufe ansonsten nämlich leer. Denn künstlerische Ebenen wie Stil seien doch ohnehin nicht geschützt, so dass es insoweit gar keiner Schranke bedürfe.120 Oder es heißt, dass der Pastichebegriff per se doppeldeutig sei und auch die Übernahme der eigenschöpferischen Züge einer Vorlage unabhängig vom Imitationsgedanken einschließe.121 Und nur diese zweite Bedeutung aus besagten Gründen rechtlich relevant sei. Welche Variante dieser Lesart vertreten wird, ist letztlich nebensächlich. Die Annahme, dass es beim Fokus auf das Imitatorische nicht bleiben könne, ist entscheidend. Sie ist Voraussetzung und Einfallstor für die hier betriebene Weitung des Pastichebegriffs hin zu einem allgemeinen Auffangtatbestand für Fremdreferenzialität. Resümiert man all die darauf folgenden Annäherungsbemühungen und ihre Kriterien, so ist festzustellen, dass die ästhetische Beschreibung des Pastichebe-

sche Kulturrat, der Börsenverein des deutschen Buchhandels, der Bundesverband Musikindustrie sowie Gernot Schulze. 119 Die nachfolgende Diskussion der Pro- und Contra-Argumente entwickelt weiter die Vorfassung in Döhl ZGE 2020, S. 380 (404–438). 120 Vgl. Stieper AfP 2015, S. 301 (305); Pötzlberger GRUR 2018, S. 675 (676); BMJV RefE 2020, S. 96; Stieper GRUR 2020, S. 699 (702). Vgl. auch Lerach jurisPR-WettbR 2020, Ziff. IV 2b); LauberRönsberg ZUM 2020, S. 730 (738). 121 Vgl. Hudson Intellectual Property Quarterly 2017, S. 346 (352); Ohly GRUR 2017, S. 964 (968); Rehbinder/Peukert Urheberrecht und verwandte Schutzrecht 2018, S. 180, Rn 524; Senftleben ZUM 2019, S. 369 (374); ECS JIPITEC 2020, S. 115 (125), Rn 43f.; Leistner ZUM 2020, S. 505 (511).

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Zwischen Pastiche und Zitat

griffs erstaunlich »farblos«122 bleibt, wie Simon Apel resümiert. Ungeklärt ist im der Urheberrechtsnovelle nahen Schrifttum z.B., was und wie viel an Übernahmen gestattet ist, welche Zwecke nicht mehr privilegiert sein sollen und warum und ob und wenn, wie sich das Pastiche als fremdreferenzielle Arbeit zu erkennen geben muss – letzteres ist insbesondere wichtig für die Folgefrage, inwiefern § 51a S. 1 Alt. 3 UrhG n.F. die Funktion von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. als Korrektiv des weit ausgreifenden Urheberrechtsschutzes bei zufälligen oder unbewussten ›Plagiaten‹ übernehmen kann. Dass das kein Zufall oder Versehen sein kann, sondern strategische Absicht ist, um die vermeintliche Leerstelle hinterher frei mit eigenem Inhalt gemäß der eigenen politischen Intentionen zu füllen, sieht man dann rasch an dem, was an möglicher Begriffsklärung schuldig geblieben wird, aber möglich gewesen wäre – und hier insbesondere bei den Contra-Argumenten nachgeholt werden wird. Das der Urheberrechtsnovelle nahe Schrifttum setzt stattdessen genau bei dieser vermeintlichen Schwäche des Begriffs an. Er interpretiert diesen Mangel offensiv um zu einer vermeintlichen Stärke. Je konturloser man das Pastiche ästhetisch belässt, je ferner man sich dabei von der tatsächlichen künstlerischen Theorie und Praxis hält, je eher lässt sich der Begriff nämlich mit neuen Inhalten auffüllen. Und genau dies wird hier versucht. Man tut dies aus sozialen und soziokulturellen Motiven, um eine bestimmte, klar definierte Zweckbestimmung in den Blick nehmen und fördern zu können, auf dass sie insgesamt erlaubnisfrei gestellt wird: User Generated Content. Um dieses Ziel zu erreichen, möchte man ebenso ausdrücklich wie absichtsvoll den Begriff Pastiche weiten, wie es stellvertretend für diese ganze Strömung die European Copyright Society formuliert: »to broaden the concept of ›pastiche‹ [...] based on the open-ended concept of ›pastiche‹«123 . Man fordert gerade keine verstärkten Anstrengungen der interdisziplinären Begriffsklärung, sondern im Gegenteil offen einen davon losgelösten ›frischen Blick‹ (»fresh look«) auf den Begriff, den man bislang ›nicht effektiv‹ genutzt habe (»not made effective use of«).124 Man sieht also ein rechtspolitisches Mandat, den Begriff vom Zweck her wahlweise frei neu zu bestimmen oder gehörig zu expandieren – und unternimmt genau dieses. Diese Interpretationslinie setzt also – und das ist entscheidend für ihr Verständnis – nicht beim ästhetischen Gehalt von Pastiche als Rechtsbegriff an, sondern bei den Fragen, wer jeweils ein Pastiche fertigt und welche insbesondere ökonomischen Konsequenzen damit für den unfreiwilligen Vorlagengeber einhergehen. Alexander Peukert formuliert die Marschrichtung im Standardlehrbuch Rehbinder/Peukert in ihrer wohl reinsten Form: »Das Pastiche wäre dann der urheber122 Apel ZGE 2018, S. 162 (190). 123 ECS JIPITEC 2020, S. 115 (116), Rn 8, S. 123, Rn 35. Vgl. ausführlich ebd., S. 125f., Rn 43–45. 124 ECS JIPITEC 2020, S. 115 (125), Rn 45.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

rechtliche Begriff, der künstlerische Auseinandersetzungen ohne spürbare Auswirkungen auf die Verwertung des Originalwerks erfasst«.125 Das sozioökonomische Argument ist hier klar exponiert. Der privilegierte Zweck in § 51a S. 1 Alt. 3 UrhG n.F. wird also nicht mehr ästhetisch, sondern sozial und wirtschaftlich definiert. Pastiche wird zum Synonym für digitalen User Generated Content im Internet.126 Die Linie ist klar: Martin Senftleben argumentiert in diesem Sinne zugunsten der »›Pastiche‹-Schranke als gültiges Verteidigungsargument in UGC-Fällen«.127 Auch er sieht also in der Pasticheschranke »einen Ausgangspunkt für die Entwicklung einer UGC-Schranke«.128 Und sucht nur jene Nutzungen auszuschließen, welche entweder die normale Verwertung der Vorlage oder berechtigte Interessen des Vorlagengebers verletzten.129 Malte Stieper denkt in dieselbe Richtung, wenn er, insofern vorsichtiger formuliert, ebenfalls verlangt, dass die Frage, ob ein Pastiche kommerziellen oder nichtkommerziellen Charakter hat, bei der Interessensabwägung zu berücksichtigen sei und ein Greifen der Pasticheschranke korrespondierend ausscheide, sobald die Bearbeitung »geeignet ist, die Primärverwertung der verwendeten Vorlage zu beeinträchtigen«130 , aber insbesondere in Betracht komme »im Bereich der ›Amateur-Kreativität‹«131 – oder wie es korrespondierend bei der European Copyright Society heißt: »the freedom of expression of amateur creators«132 . Stieper möchte aber – und hier im Einklang mit der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle – nicht per se kommerzielle Nutzungen ausschließen und nennt insoweit stellvertretend »kommerziell erfolgreiche YouTuber«.133 Hingegen betont er die Unanwendbarkeit der Schranke bei Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts.134 Rehbinder/Peukert Urheberrecht und verwandte Schutzrecht 2018, S. 182, Rn 528. Vgl. auch Peukert GRUR-Beilage 2014, S. 77 (88f.). 126 Dabei beginnt die Begriffsgeschichte des Pastiches, das nun sinnbildlich für adaptive Internetkultur stehen soll, bereits in der Renaissance, vgl. Radisich Pastiche, Fashion, and Galanterie in Chardin’s Genre Subjects 2014, S. 34. In Frankreich ist Pastiche so z.B. bereits Mitte des 18. Jahrhunderts wissenschaftlich klassifiziert. Eine schöne Volte, bedenkt man, dass die Begriffsgeschichte des Pastiche bereits in der Renaissance beginnt, vgl. Radisich Pastiche, Fashion, and Galanterie in Chardin’s Genre Subjects 2014, S. 34. 127 Senftleben ZUM 2019, S. 369 (374). Vgl. auch Senftleben Methods and Perspectives in Intellectual Property 2013, S. 30ff.; Senftleben Research Handbook on Intellectual Property and Digital Technologies 2020, S. 136 (157f.). 128 Senftleben ZUM 2019, S. 369 (369). 129 Vgl. Senftleben Methods and Perspectives in Intellectual Property 2013, S. 30 (50). 130 Stieper GRUR 2020, S. 792 (796). 131 Stieper AfP 2015, S. 301 (305). 132 Vgl. ECS JIPITEC 2020, S. 115 (126), Rn 45. 133 Stieper GRUR 2020, S. 792 (794). 134 Vgl. Stieper, wiedergegeben in Grandjean ZUM 2019, S. 409 (414). 125

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Zwischen Pastiche und Zitat

Florian Pötzlberger fordert gleichfalls, die Pasticheschranke »weit auszulegen«135 , und statuiert, hierin den Geist der Urheberrechtsnovelle bereits vorwegnehmend: »Art. 5 Abs. 3 lit. k) InfoSoc-RL erreicht über den Begriff des Pastiche einen zumindest ebenso weiten Anwendungsbereich wie die Regelung des § 24 UrhG.«136 Er hat aber auch vor allem »im nichtkommerziellen Bereich eine angemessene Grundlage für die einwilligungsfreie Privilegierung referenzkultureller (musikalischer) Kunstformen«137 im Blick.138 In diesem Zusammenhang steht auch seine Auslegung des Pastichebegriffs. Zunächst beschreibt Pötzlberger zwar Parodie und Hommage gleichberechtigt als die beiden »maßgebliche[n] Ausdrucksforme[n] des Pastiche«139 , formuliert aber dann, dass sich das Pastiche in diesen beiden Zwecken nicht erschöpfe.140 Er öffnet der Begriff stattdessen weiter, hin zu konkreten digitalen Übernahmen und Weiterverarbeitungen, »sofern durch diese Übernahmen eine künstlerische Aussage im Zuge einer referenzierenden Imitation erzeugt wird.«141 Und lässt sodann – freilich unter Anlegung eines vagen, unscharf gewordenen Imitationsbegriffs – selbst Remixe als Pastiche gelten.142 Die Erlaubnisfreiheit von Remixen wird jedoch zugleich wieder primär für User Generated Content gesehen, so dass sich auch hier der argumentative Kreis entsprechend schließt.143 Emily Hudson schließlich statuiert in analoger Manier und schon recht nahe an der Umschreibung des Pastichebegriffs ab dem DiskE II: der »term ›pastiche‹ can clearly extend to mash-ups, fan fiction, music sampling, appropriation art and other forms of homage and compilation«144 , eine Auflistung, zu der sie später noch Collage und Medley ergänzt.145 Ihr Argument für einen weiten Pastichebegriff fügt sich in den bereits skizzierten Strauß an Ansätzen, dem sie als vielzitierte Kronzeugin dient, insoweit ein, als sie reklamiert, es gäbe keine Notwendigkeit für eine strikte Auslegung, da sich Unangemessenheiten immer noch später bei der im

Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 266. Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 264. Pötzlberger hat auch einen Normvorschlag für eine UGC-Schranke entworfen (freilich ohne den Pastichebegriff), vgl. Pötzlberger GRUR 2018, S. 679. 138 Vgl. Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 398f. Vgl. insbesondere § 24a Abs. 2 S. 2 UrhG-E seines Klauselvorschlags. 139 Pötzlberger GRUR 2018, S. 679. 140 Vgl. Pötzlberger GRUR 2018, S. 679. 141 Pötzlberger GRUR 2018, S. 679. Vgl. auch Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 259. 142 Vgl. Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 262. 143 Vgl. Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 368. 144 Vgl. Hudson Intellectual Property Quarterly 2017, S. 346 (347). 145 Vgl. Hudson Intellectual Property Quarterly 2017, S. 346 (364). 135 136 137

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

britischen Recht erforderlichen Fairnessabwägung korrigieren ließen.146 Und zur Unangemessenheit zählt neben Verwechslungsfahr von Vorlage und/oder Vorlagenschöpfer eben vor allem wieder das, was, wie zitiert, Stieper treffend Beeinträchtigung der Primärverwertung und Peukert spürbare Auswirkungen auf die Verwertung des Originalwerks nennen.147 Zu Gunsten dieser eine weite Auslegung des Pasticheschranke verfechtenden Position in der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle und im Schrifttum lassen sich mehrere Argumente anführen. Die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle und die der Urheberrechtsnovelle nahen Stimmen adressieren erstens ein in der Tat hochrelevantes soziales und soziokulturelles Problem, für das der Unionsgesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren zur DSM-RL nicht willens und/oder in der Lage war, eine praxistaugliche, ausgewogene Lösung anzubieten, sondern die Herausforderung umgangen und ausgespart hat. User Generated Content ist im Internet aber schlicht weithin praktizierte Lebenswirklichkeit, worauf auch die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle ausdrücklich rekurriert,148 so wie es im Bereich der Musik z.B. die Leerkassetten in den 1960er, 1970er und 1980er Jahren waren, die die Tape Culture trugen.149 User Generated Content ist also zwar keine Neuerung des Internetzeitalters, es wird seit jeher gemacht.150 Die Digitalisierung hat über das Internet jedoch eine noch nie dagewesene Dimension an (wenigstens potenzieller) Öffentlichkeit für die Erzeugnisse dieser Kulturpraktiken erbracht. Zugleich hat sie die Teilhabequote am Produzieren von Adaptionen in diesem Bereich dadurch erhöht, indem sie die Hürden technisch-ökonomischer und künstlerischer Vorabinvestition abgesenkt hat. Im Fall der Musik sind z.B. Tonstudios, Kopiergeräte und musiktheoretisches und -instrumentales Fachwissen im traditionellen Sinne entbehrlich geworden. Um im Kulturbereich User Generated Content zu schaffen, reichen oft schon ein Mobiltelefon mit Internetzugang und leicht zu bedienende Open-Source-Apps. Das Gros der Vorlagen steht zudem mit wenigen Klicks frei (wenn auch nicht immer legal) zur Verfügung, die Distribution über gängige Plattformen wie YouTube ist kaum aufwändiger. Das Kreieren von und Kommunizieren 146 Vgl. Hudson Intellectual Property Quarterly 2017, S. 346 (364). Für eine ausführliche Kritik von Hudsons Position nach britischem Recht, vgl. Jacques The Parody Exception in Copyright Law 2019, S. 24ff. 147 Vgl. Hudson Intellectual Property Quarterly 2017, S. 346 (366). Vgl. die beiden Zitate weiter oben in Rehbinder/Peukert Urheberrecht und verwandte Schutzrecht 2018, S. 182, Rn 528; Stieper GRUR 2020, S. 792 (796). 148 Vgl. BMJV RefE 2020, S. 95–97. 149 Vgl. James Cassette Mythos 1992; Manuel Cassette Culture 1993; Taylor Strange Sounds 2001; Marshall Bootlegging 2005, S. 110–118; Moore Mix Tape 2005; Bijsterveld/van Dijck Sound Souvenirs 2009; Kernfeld Pop Song Piracy 2011, S. 141–170. 150 Vgl. Hutcheon A Theory of Adaptation 2013, S. 179–206.

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via User Generated Content ist heute Volkssport und hierüber zu einem zentralen Bereich gesellschaftlicher kultureller Teilhabe geworden.151 Umgekehrt sind zweitens die Defizite des geltenden Rechts im Umgang mit dieser Entwicklung eklatant. Denn Einzellizensierungen wie bislang im Gros der Fälle des User Generated Content an sich notwendig, sind als System des gebotenen grundrechtlichen Interessenausgleichs dysfunktional und unzureichend, insbesondere solange keine Lizensierungspflicht zu angemessenen Lizensierungskosten gesichert ist.152 Das jedenfalls hat das BVerfG so festgestellt, und zwar selbst für kommerzielle Nutzungen.153 Für User Generated Content gilt das umso mehr. Was in der Praxis freilich daraus resultiert, ist ein Kosmos geduldeter Rechtswidrigkeit. Das erodiert die Akzeptanz des Urheberrechts zu Lasten aller Beteiligter. Denn umgekehrt ist man eben auch nicht in der Lage, die Folge dessen konsequent zu adressieren, nämlich die Veröffentlichung rechtswidriger Bearbeitungen in großer Menge zu unterbinden oder zu sanktionieren. Rechtsverletzungen durch Bearbeitungen in dieser quantitativen Größenordnung wie beim User Generated Content – und das wären die Alternativen – sind staatlicherseits nicht händisch zu verfolgen und automatisierte Big-Data-Verfahren wie Uploadfilter als privat aufzuerlegender Ersatz nicht angemessen, solange Rechtsverletzungen nicht verlässlich automatisiert von legalen Handlungen zu unterscheiden sind.154 Dann würde eine Rechtsverletzung nur durch eine andere ersetzt. Dass das aber der unzureichende Stand der Technik ist, konstatiert der Gesetzgeber am Ende selbst mit Einführung von § 5 UrhDaG.155 Daran dürfte sich auch allzu schnell nichts ändern. Automatisierte algorithmische Analyse ist schon jenseits derart komplexer ästhetischer und juristischer Konzepte wie die in § 5 UrhDaG genannten Zitat, Kari151

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Und entsprechend »Urheberrecht Alltagsrecht«, anders als früher, als es »im Wesentlichen die Vertreter einer überschaubar großen Unterhaltungsbranche betraf«, de la Durantaye Festschrift für Christine Windbichler zum 70. Geburtstag 2021, S. 1323 (1331). Vgl. Becker ZGE 2016, S. 239 (280). Vgl. BVerfG ZUM 2016, S. 626 (633), Rn 86 – Metall auf Metall. Vgl. Dreier GRUR 2019, S. 771ff.; Gerpott MMR 2019, S. 420ff.; Hofmann GRUR 2019, S. 1219ff.; Peters/Schmidt GRUR-Int. 2019, S. 1006ff.; Pravemann GRUR 2019, S. 783ff.; Specht GRUR 2019, S. 253 (256f.); Wandtke/Hauck ZUM 2019, S. 627ff.; Becker ZUM 2020, S. 681ff. Raue/Steinebach ZUM 2020, S. 355ff.; Schwartmann/Hentsch MMR 2020, S. 207ff.; Stieper GRUR 2020, S. 699ff.; Wandtke/Hauck ZUM 2020, S. 671ff.; Conrad/Nolte ZUM 2021, S. 111ff.; Kaesling/Knapp MMR 2021, S. 11ff.; Metzger/Pravemann ZUM 2021, S. 288ff. Der DiskE II begründete § 5 UrhDaG-E sogar noch explizit damit, dass diese Fallgruppen »nach dem aktuellen Stand der Technik (noch) nicht maschinell überprüfbar« sind, vgl. BMJV DiskE II 2020, S. 34. Im RefE ist diese Klarstellung dann kommentarlos entfallen, vgl. BMJV RefE 2020, S. 44. Dass dem dennoch so ist und auch seitens des Gesetzgebers so bewertet wird, sieht man dem ungeachtet an den nun ergriffenen Schritten zur Umsetzung von Art. 17 DSMRL 2019/790 (insb. §§ 5, 9, 10 UrhDaG) und dem damit vorgeschlagenen Umgang mit der Uploadfilterproblematik.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

katur, Parodie und Pastiche nicht in der Lage, Plagiatsentscheidungen verlässlich zu prognostizieren, etwa auf der Ebene des bloßen Melodievergleichs.156 Gleiches gilt für die adäquate Bewertung von Doppelschöpfungen, einer Kategorie, der das Recht misstraut, die zu erfüllen aber schlicht möglich und je nach Rahmenbedingungen sogar naheliegend ist, namentlich im Bereich kleiner Münze,157 wie er die Plagiatsspruchpraxis zur Musik prägt.158 Bliebe nur das Abschalten von Plattformen. Doch es war beim File Sharing gerade erst zu sehen, dass diese Strategie aufwendig, kostenintensiv und letztlich wenig zielführend ist, denn es kamen immer neue Plattformen nach; den Durchbruch brachte im Fall der Musik stattdessen erst die Entwicklung neuer legaler, aber eben wirtschaftlich realistischer digitaler Vertriebswege, erst zum Download und nun zum Streaming. Eine solche Rechtsdurchsetzungsstrategie schiene im vorliegenden Fall aber im Vergleich im Übrigen auch unverhältnismäßig, weil User Generated Content anders als File Sharing nicht auf ein kostenfreies Surrogat für ein am Markt erhältliches Produkt abzielt, in den allermeisten Fällen zumindest stattdessen ökonomisch (und persönlichkeitsrechtlich159 ) minimalinvasiv ist und im Übrigen, wie die empirische Wirtschaftsforschung am Beispiel des Sampling gezeigt hat, ausschließlich Mehrwert bringt, in dem es die Erlöskraft der Vorlagen steigert und gerade nicht schwächt oder gefährdet.160 Man muss sich in diesem Zusammenhang stets vergegenwärtigen, dass die Ratio des EU-Urheberrechts nicht auf Kontrolle zielt, sondern – jenseits der Korrektur von Extremfällen zugunsten des Persönlichkeitsrechtsschutzes – auf angemessene Vergütung.161 Der rechtliche Handlungsbedarf ist also evident. Darüber hinaus adressiert die Urheberrechtsnovelle mit ihrem Auslegungsvorschlag drittens gleich ein weiteres soziales Problem mit, nämlich die durch das Internet eingetretene Verschiebung in den Kategorien privat und öffentlich, die Vgl. stellvertretend für die Musik Deliège Musicae Scientae 2007, S. 9ff.; Müllensiefen/Pendzich Musicae Scientae 2009, S. 257ff.; Carson/Müllensiefen International Review of Law, Computers and Technology 2012, S. 25ff.; Aregood The John Marshall Review of Intellectual Property Law 2016, S. 116ff.; Savage/Cronin/Müllensiefen/Atkinson Quantitative Evaluation of Music Copyright Infringement 2018, S. 61ff.; Liebesman The Law Review of the Franklin Pierce Center for Intellectual Property 2018, S. 157ff.; Yuan/Oishi/Cronin/Müllensiefen/Atkinson/Fujii/Savage Proceedings of the 21st International Society for Music Information Retrieval Conference 2020, S. 23ff. 157 Vgl. Pearce/Wiggins Music Perception 2006, S. 377ff.; Döhl Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Musikpsychologie 2015, S. 19ff.; Frieler/Riedemann Musicae Scientae 2011, S. 17ff. 158 Vgl. Döhl Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Musikpsychologie 2015, S. 19 (25f.). 159 Wobei der Grundsatz gilt: »Im Zweifel gilt die Kunstfreiheit«, Wandtke ZUM 2019, S. 309 (309). 160 Vgl. Schuster/Mitchell/Brown American Business Law Journal 2019, S. 117ff. Das galt sogar schon im Blick aufs File Sharing, dass in den Nullerjahren die Position im Diskurs hatte wie das User Generated Content heutzutage, vgl. Oberholzer-Gee/Strumpf Journal of Political Economy 2007, S. 1ff.; Oberholzer-Gee/Strumpf Innovation Policy and the Economy 2010, S. 19ff. 161 Vgl. ausführlich Hofmann GRUR 2018, S. 21 (29). 156

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das Urheberrecht bislang noch nicht umfassend rezipiert und adäquat integriert hat. Die Bearbeitung etwa von Musik unterliegt der Herstellungsfreiheit.162 Jeder darf dies im privaten Rahmen jederzeit tun. Nicht erlaubnisfrei gestellt sind aber das Veröffentlichen der Bearbeitungen und die öffentlichen Verwertungshandlungen der §§ 15ff. UrhG, gleichgültig, ob damit der Einnahmen erzielt werden sollen oder nicht. Die der Urheberrechtsnovelle nahe Position hat insoweit für sich, dass sie lebensnah darauf reagiert, dass das Gros der Nutzer von Distributionskanälen wie Sozialen Medien à la Twitter, Facebook, Instagram, TikTok, aber auch von YouTube, SoundCloud etc. diese als Teil ihres privaten Betätigungsfelds und ihrer privaten Persönlichkeitsentfaltung verstehen und entsprechend Veröffentlichungen von Bearbeitungen zuvorderst als private Handlung. Die künstlerischen Aktivitäten des User Generated Content dienen vielfach in erster Linie der sozialen Partizipation sowie der Identitätsbildung und Selbstdarstellung.163 Die Akteure des User Generated Content können im herrschenden Urheberrechtsregime gar nicht auf die Monetarisierung ihrer Kreativität hoffen und hiervon angetrieben sein – stattdessen geht es um das Erreichen von sozialem und kulturellem Kapital, wie es Pierre Bourdieu erläutert hat.164 Resonanz, Anerkennung und Prestige stehen als Währung im Vordergrund des User Generated Content, sozialer Ertrag, der sich in Followerzahlen, Klickzahlen, Retweetzahlen, Downloadzahlen usw. auch partiell quantifizieren lässt.165 All dies als privat zu klassifizieren, ist urheberrechtlich nicht korrekt – und die Gefahr einer Schutzbehauptung gegeben: Dasselbe Argument prägte vor 20 Jahren auch schon den Diskurs um P2P-Filesharing. Aber User Generated Content ist eben auch nicht einfach öffentlich im überkommenen, vordigitalen Sinne des Urheberrechts, das über §§ 23 S. 1 UrhG a.F., 23 Abs. 1 UrhG n.F. danach unterscheidet, was jemand für sich, Familie und Freunde macht und was darüber hinausgeht. Das Urheberrecht hat nicht adäquat verarbeitet, dass sich Kategorien wie »Freunde« im Bereich Sozialer Medien und interaktiver Plattformen erweitert haben – bis hin dazu, dass sie Personen einschließen, denen man nie persönlich begegnet, aber die einem wichtig sind. Insoweit adressieren die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle und die der Urheberrechtsnovelle nahe Literatur mit ihrem Vorschlag das Problem, die überkommene Binarität von öffentlich und privat auch im Bearbeitungsrecht auf den Stand des Internetzeitalters zu holen. Die Verbindung von Freistellung des User Generated Content

Vgl. Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, §§ 23, 24, Rn 15; Lauber-Rönsberg ZUM 2020, S. 733 (737). 163 Vgl. Michelis/Schildhauer Social Media Handbuch 2015, S. 23ff.; Gabriel/Röhrs Social Media 2017 S. 123ff.; Schmidt/Taddicken Handbuch Soziale Medien 2017, S. 16ff., 191ff.; Schmidt Social Media 2018, S. 25ff.; Fuchs Soziale Medien und Kritische Theorie 2018, S. 105ff. 164 Vgl. Bourdieu Soziale Ungleichheiten 1983, S. 183ff. 165 Vgl. Paßmann Die soziale Logik des Likes 2018, S. 254–261. 162

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

mit einer Vergütungspflicht der Plattformen, jener also, die ökonomisch von der erweiterten Privatheit der Sozialen Medien profitieren, ist dabei ein konstruktiver, ausgewogener Ansatz. User Generated Content privilegieren zu wollen, ist viertens schließlich nicht nur eine Frage von Quantität und sozialer Teilhabe, sondern eben auch eine der künstlerischen Qualität und Vielfalt: Wie ich am Beispiel des Mashups an anderer Stelle ausführlich vorgeführt habe, entstehen im Bereich des User Generated Content immer wieder Kulturzeugnisse von außerordentlicher Qualität, Relevanz und Resonanz.166 Amateurkunst ist zwar oft, aber keineswegs immer amateurhaft. Und es können aus diesem Kontext ebenso weltweite Hits wie E. L. James’ Fifty Shades of Grey (2011) hervorgehen wie herausragende Künstlerkarrieren wie jene von Brian Burton (aka DJ Danger Mouse), dessen Laufbahn mit dem bis heute illegalen Grey Album (2003) begann. User Generated Content in den Künsten zu fördern heißt also nicht nur künstlerischen Breitensport zu stärken. Es ist kein rein sozialpolitisches Programm. Es eröffnet auch alternative Wege für Spitzenleistungen und zu kommerziellen Karrieren im Primärmarkt, sich jenseits der klassischen Gatekeeper der jeweiligen Kulturwirtschaftszweige durchzusetzen. Die Stärkung der Kunstfreiheit, die mit dieser Pasticheschranke erreicht würde, greift also weit in die kulturelle Lebenswirklichkeit aus und fördert insgesamt die kulturelle Vielfalt. Fasst man diese Beweggründe zusammen, wirkt User Generated Content unter dem Strich, so könnte man die Position der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle und der ihr nahen Literatur an dieser Stelle zusammenfassen, wie ein Musterbeispiel für etwas, das am Ende den alles überlagernden Drei-StufenTest des Unionsurheberrechts (Art. 5 Abs. 5 InfoSoc-RL 2001/29/EG) ohne Probleme passieren dürfte – nur dass man mangels limitierender Schutzbereichsbestimmung der Rechte insbesondere in Art. 2 InfoSoc-RL sowie mangels Beschränkbarkeit dieser Rechte via Art. 5 Abs. 2, 3 InfoSoc-RL 2001/29/EG bislang nicht bis zu dieser übergeordneten Interessens- und Billigkeitsabwägung gelangt. Vertritt man das, erscheint der Ist-Zustand ebenso unausgewogen wie unpragmatisch wie unzeitgemäß. Rechtpolitisch ist es inzwischen schlicht mehrheitsfähig, dass eine Lösung für das Problem des User Generated Content gefunden werden muss.167 166 Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 61ff. 167 Vgl. stellv. die vorgeschlagenen Klauseln in Poeppel Die Neuordnung der urheberrechtlichen Schranken im digitalen Umfeld 2005, S. 491f.; Förster Fair Use 2008, S. 219; Leistner/Hansen GRUR 2008, S. 486; Hansen Warum Urheberrecht 2009, S. 409f.; Bauer User Generated Content 2011, S. 407; Kreutzer Verbraucherschutz im Urheberrecht 2011, S. 73; Hüttner Flexibilisierung der urheberrechtlichen Schrankenregelungen in Deutschland 2013, S. 307; Kleinemenke Fair Use im deutschen und europäischen Urheberrecht 2013, S. 569f.; Krusemarck Die abhängige Schöpfung im Recht des geistigen Eigentums 2013, S. 382; Senftleben Methods and Perspectives in Intellectual Property 2013, S. 30 (50); Grobe-Einsler User-Generated Content 2016, S. 237; Nazari-Khanachayi Rechtfertigungsnarrative des Urheberrechts im Praxis-

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All das rechtfertigt zwar nicht die Ausweitung der Pasticheschranke in der Urheberrechtsnovelle auch auf kommerzielle Nutzungen. Aber Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG gestattet insoweit eben auch keine Differenzierung. Einen Einwand gegen die vorgenannten Argumente zugunsten der Privilegierung von User Generated Content stellt dies ohnehin nicht dar. Im Übrigen mildert die mit § 5 Abs. 2 UrhDaG n.F. nun vorgesehene Vergütungspflicht die sich daraus ergebende Spannung. Davon abgesehen lohnt es im Übrigen auch, den nun eingeschlagenen Weg des RefE tatsächlich einmal ernsthaft zu prüfen, nämlich erstmals eine Erlaubnisfreiheit für kreative Aneignungen einzuführen, die mit einer Vergütungspflicht verbunden ist – sei es wie hier (§ 5 Abs. 2 UrhDaG) zu Lasten desjenigen, der von der Veröffentlichung ökonomisch profitiert, sei es als Zwangslizenzsystem wie bei Coverversionen, sei es als Pflicht zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile. Denn man weiß aus der empirischen Rechtsforschung etwa zur amerikanischen Fair-Use-Klausel, dass ein Entweder (erlaubnisfrei)-Oder (lizenzpflichtig)-Szenario wie es dort gilt oder mit § 24 Abs. 1 UrhG a.F. hier galt, das also Erlaubnisfreiheit nicht mit Vergütungspflicht koppelt, jedenfalls im Fall der Musik zu einer äußerst restriktiven Klauselhandhabung führt, sprich als System nicht einlöst, was es verspricht.168 Anders sieht es mit der Spruchpraxis zu § 24 Abs. 1 UrhG a.F. auch nicht aus.169 Die soziale und soziokulturelle argumentative Basis hinter der weiten Schrankenauslegung in der Urheberrechtsnovelle ist also substanziell. Und durch die Kopplung der Erlaubnisfreiheit mit einer Vergütung ist diese Position noch stabiler geworden. Man kann über die Gleichbehandlung von kommerziellen Nutzungen und User Generated Content streiten oder andere Vergütungsmodelle als das nun gewählte favorisieren. Im Kern wirkt der Ansatz der Urheberrechtsnovelle aber in sich schlüssig und berechtigt. bbb. Auftrag des BVerfG Ferner stehen die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle und das ihr nahe Schrifttum vor dem Hintergrund der vorherrschenden Interpretation der Metall-auf-Metall-Entscheidung des BVerfG 2016. Das BVerfG hatte nämlich vor dem Hintergrund der erforderlichen Interessenabwägung zwischen Eigentumsfreiheit und Kunst- und Meinungsfreiheit deutlich mehr Spielraum für erlaubnisfreie Nutzungen im Bearbeitungsrecht verlangt als bislang in der richterlichen Spruchpra-

test 2016, S. 227; Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 398f.; Jacobsen Die urheberrechtliche relevante Parodie 2020, S. 179. 168 Vgl. Beebe University of Pennsylvania Law Review 2008, S. 549ff.; Lee Boston College Law Review 2018, S. 1874ff. Vgl. auch die Fallsammlung Music Copyright Infringement Resource https:/ /blogs.law.gwu.edu/mcir/cases-2/. 169 Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 207, für eine Aufstellung repräsentativer Beispiele.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

xis zur freien Benutzung üblich.170 Die Entscheidung liest sich wie ein Plädoyer zugunsten des User Generated Content – mit der einzigen leisen Einschränkung, dass an dieser Stelle der Begriff selbst (noch) nicht fällt: »Die kunstspezifische Betrachtung verlangt, bei der Auslegung und Anwendung der urheberrechtlichen Ausnahmeregelungen die Übernahme fremder Werkausschnitte in eigene Werke als Mittel künstlerischen Ausdrucks und künstlerischer Gestaltung anzuerkennen und damit diesen Vorschriften für Kunstwerke zu einem Anwendungsbereich zu verhelfen, der weiter ist als bei einer anderen, nicht künstlerischen Nutzung. Bei der rechtlichen Bewertung der Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken steht dem Interesse der Urheberrechtsinhaber, die Ausbeutung ihrer Werke ohne Genehmigung zu fremden kommerziellen Zwecken zu verhindern, das durch die Kunstfreiheit geschützte Interesse anderer Künstler gegenüber, ohne finanzielle Risiken oder inhaltliche Beschränkungen in einen Schaffensprozess im künstlerischen Dialog mit vorhandenen Werken treten zu können. Steht der künstlerischen Entfaltungsfreiheit ein Eingriff in die Urheberrechte gegenüber, der die Verwertungsmöglichkeiten nur geringfügig beschränkt, so können die Verwertungsinteressen der Urheberrechtsinhaber zugunsten der Freiheit der künstlerischen Auseinandersetzung zurückzutreten haben.«171 ccc. Wandel des musikalischen Kulturerbes Des Weiteren sei auf einen potenziell positiven Nebeneffekt einer solch weiten Pasticheschranke wie in der Urheberrechtsnovelle hingewiesen, der im Diskurs bislang noch gar keine Rolle spielt, aber langfristig positiv wirken würde, sollte sich diese weite Auslegung des Pastichebegriffs als tragfähig erweisen. Dieser Nebeneffekt schließt an das erste Pro-Argument an, betrifft aber eher die Frage der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Nachnutzbarkeit solcher musikalischer Praktiken als für unsere Gegenwart prägendes Kulturerbe in Forschung und Lehre und ihrem gedächtnisinstitutionellen Erhalt durch Kulturerbeeinrichtungen.

170 Vgl. Podszun ZUM 2016, S. 606 (612). Vgl. des Weiteren zur BVerfG-Entscheidung stellv. Apel Immaterialgüter und Digitalisierung 2017, S. 237ff.; Bammer MR-Int 2016, S. 50ff.; Böttger/ Clark JIPLP 2016, S. 812ff.; Duhanic GRUR Int. 2016, S. 1007ff.; Grünberger ZUM 2016, S. 323ff.; Hoeren MMR 2016, S. 469; Hufen JuS 2016, S. 954ff.; Jütte Research Handbook on Copyright Law 2017, S. 273ff.; Jütte/Maier JIPLP 2017, S. 784ff.; Kreuderer ZGE 2016, S. 462ff.; Leistner GRUR 2016, S. 772ff.; Mezei Zeszyty Naukowe Uniwersytetu Jagiellońskiego 2018, S. 56ff.; Mimler Queen Mary JIP 2017, S. 119ff.; Peifer ZUM 2016, S. 805ff.; Peifer jurisPR-WettbR 2017, 7; Schonhoffen GRUR-Prax 2016, S. 277ff.; Stieper ZUM 2016, S. 637ff.; von Ungern-Sternberg GRUR 2017, S. 217ff.; Wagner MMR 2016, S. 513ff.; Weller jurisPR-ITR 2016, 13. 171 Vgl. BVerfG ZUM 2016, S. 626 (633), Rn 86 – Metall auf Metall.

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Zentral ist dabei der Begriff der Veröffentlichung, der sich insbesondere in den §§ 6, 12, 15ff. UrhG findet, aber eben auch in §§ 23 S. 1 UrhG a.F., 23 Abs. 1 UrhG n.F., ein Begriff, für dessen Auslegung inzwischen der vollharmonisierte Art. 3 InfoSoc-RL 2001/29/EG und die einschlägige Rechtsprechung des EuGH maßgeblich sind.172 An diesem Veröffentlichungsbegriff hängen auch die wissenschaftlich essentiellen Schranken, insbesondere zugunsten von wissenschaftlichen Zitaten (§ 51 S. 1 UrhG – § 60c Abs. 1 UrhG hilft hier schon durch die Begrenzungen für Umfang und privilegierte Adressaten nicht173 ), Privatkopien (§ 53 Abs. 1 S. 1 UrhG174 ) sowie Unterricht und Lehre (§ 60a Abs. 1 UrhG).175 In dem für das Greifen dieser Schranken erforderlichen Rechtsinne ist eine Arbeit des User Generated Content nicht schon veröffentlicht, wenn sie im Internet erscheint, sondern erst wenn sie mit Zustimmung des Rechteinhabers im Netz steht oder es aufgrund einer Schranke einer solchen Zustimmung nicht bedarf.176 Ein Wegfall der Zustimmungspflicht des Rechteinhabers bei User Generated Content über die in der Urheberrechtsnovelle vorgeschlagene Pasticheschranke hätte vor diesem Hintergrund daher das Potenzial, die Erforschbarkeit jener Formen fremdreferenzieller künstlerischer Produktivität zu stärken. Hierüber könnten dann wiederum die Auswahlprozesse für die Webarchivierung informiert und ab Einführung von wissenschaftlichen Zitationsarchiven, wie sie seit dem UrhWissG gemäß § 16a Abs. 2 DNBG in Grenzen grundsätzlich möglich wären,177 auch unmittelbar mitgestaltet werden, um letztlich die systemati-

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Vgl. Wandtke/Bullinger Urheberrecht 2019, § 6, Rn 4ff. Das Veröffentlichungsrecht nach § 12 UrhG soll gerade unbeschränkt bleiben (vgl. BT-Drs. 18/12329, S. 39) und wird insofern auch hier wieder entscheidend, da es die Grenzen von § 60c Abs. 1 UrhG markiert, vgl. Berger GRUR 2017, S. 953 (960f.); Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 60c, Rn 10. Inwiefern nichtkommerzielle Forschungsinteressen unter Privatgebrauch im Sinne des § 53 UrhG fallen können oder ganz auf den wiederum im Nutzungsumfang begrenzten § 60c Abs. 2 UrhG verwiesen sind, ist strittig, vgl.Loewenheim/Leistner/Ohly Schricker/Loewenheim. Urheberrecht 2020, § 53, Rn 24 m.w.N. Einzige Ausnahme ist die Text-und-Data-Mining-Schranke (§ 60d UrhG), wenn man denn vertritt, dass für den erforderlichen rechtmäßigen Zugang zum Untersuchungsmaterial nur auf die Rechtmäßigkeit des Zugangs ankommt, nicht aber auf die Rechtmäßigkeit dessen, zu dem man Zugang hat, vgl. Döhl RuZ 2020, S. 195 (210ff.). Aber selbst dann ist Text und Data Mining eine sehr spezielle wissenschaftliche Vorgehensweise, vgl. Döhl Dialog mit Bibliotheken 2020, S. 18ff.; Döhl ZfBB 2020, S. 213ff., Schöch/Döhl/Rettinger/Gius/Trilcke/Leinen/Jannidis/ Hinzmann/Röpke ZfdG 2020, http://www.zfdg.de/2020_006 [17.11.2020], und insoweit z.B. in der Musikwissenschaft noch kaum entwickelt, vgl. Döhl AfMW 2018, S. 301ff.; Döhl Lied und Populäre Kultur 2020, S. 245ff. Vgl. Wandtke/Bullinger Urheberrecht 2019, § 6, Rn 13, § 23, Rn 7. Zuständig hierfür ist die Deutsche Nationalbibliothek, vgl. Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz 2018, § 16a DNBG, Rn 7–9; Wandtke/Bullinger Urheberrecht 2019, § 60e, Rn 38ff.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

sche Erschließung und Langzeitsicherung von User Generated Content als prägendes Kulturerbe unserer Zeit zu ermöglichen.178 Eine solche gedächtnisinstitutionelle Aufarbeitung von User Generated Content findet bislang nicht systematisch statt. Und sie kann es auch nicht in qualifizierter Weise, solange die Forschung sich derart fundamentalen Hürden gegenübersieht. Rein digitale kulturelle Praktiken haben aber inzwischen selbst die UNESCO-Listen des immateriellen Kulturerbes erreicht.179 Es wird also höchste Zeit, User Generated Content auch unter diesem Blickwinkel frei erforschen und auf dieser Basis für die Nachwelt sichern zu können. ddd. Wandel des Werkbegriffs Ein weiterer Gesichtspunkt lässt sich zusätzlich zugunsten der Urheberrechtsnovelle ins Feld führen, der bislang im Diskurs kaum beachtet ist. Denn was der nun vorgeschlagene Regelungsgehalt faktisch tut, ist die rechtliche Vorstellung von künstlerischer Produktion wie musikalischem Schaffen deutlich stärker dem anzunähern, wie es sich im Regelfall in der Praxis tatsächlich vollzieht. Ästhetisch wie künstegeschichtlich gesehen ist das Denken in Werken als autonomen Schöpfungen, wie es sich im Urheberrecht im Laufe des 19. Jahrhunderts durchsetzt,180 eine Anomalie,181 die in einem bestimmten historischen und sozialen Kontext entstanden ist und bestimmte ökonomische und künstlerische Mehrwerte besitzt, aber mit dem kreativen Prozess tatsächlich nur bedingt etwas gemein hat.182 Oder wie Lydia Goehr es in ihrem Standardwerk zur Etablierung des Werkbegriffs in der Musik herleitet über die Etablierung der Bewertung von musikalischen Aneignungen als Plagiat, die notwendig einen entsprechenden Werkbegriff voraussetzt: »According to the Oxford English Dictionary, the English term ›plagiarism‹ was first applied to music in the Monthly Magazine of 1797. There a certain song was said to be ›a most flagrant plagiarism from Handel‹. Though the concept of plagiarism was already in use before this time, its early use had been complicated by the fact that there had been a rather different conception of what it meant to 178

Oder wie es in der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle heißt: »ein prägendes Element der Intertextualität und des zeitgemäßen kulturellen Schaffens und der Kommunikation im ›Social Web‹«, vgl. BMJV RefE 2020, S. 97; BReg BTE 2021, S. 91. 179 Vgl. Kopka/Lange Digitale Kultur als UNESCO-Kulturerbe 2020, https://www.kulturrat.de/the men/kultur-analog-digital/digitale-kultur-als-unesco-kulturerbe/ [17.11.2020]. 180 Vgl. Bisges Die kleine Münze im Urheberrecht 2014; König Der Werkbegriff in Europa 2015; Sommer Die Geschichte des Werkbegriffs im deutschen Urheberrecht 2017. 181 Vgl. für den Bereich der Musik grundlegend Goehr The Imaginary Museum of Musical Works 2 2007. 182 Vgl. Arewa A Companion to Media Authorship 2013, S. 69ff.; Cass/Hylton Laws of Creation 2013; Silbey The Eureka Myth 2015.

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Zwischen Pastiche und Zitat

compose music, a conception that had allowed for substantial borrowing among composers of their musical materials. When, however, the ideal of originality began to regulate the activities of composers, a corresponding change was required in the concept of plagiarism. The demand for originality translated into a demand that each composer should create his works from scratch.«183 Die nun vorgeschlagene Pasticheschranke erkennt stillschweigend erstmals für das moderne deutsche Urheberrecht an, dass auch für das Urheberrecht ein Verständnis von »Komponieren als Bearbeiten«184 geboten ist, wie Albrecht Riethmüller es für die Musik herausgearbeitet hat, Komponieren also, das vom »Prinzip Verwandlung«185 bestimmt ist. Oder wie J. Peter Burkholder es zusammenfasst: »If we examined all music borrowed in some way from its predecessors, we would be examining all music.«186 Oder wie es bei Carl Dahlhaus heißt: »Die wesentliche Voraussetzung musikalischer Werke liegt nicht im Zeitgeist, im sozialen Kontext oder in der Biographie der Komponisten, sondern in der einfachen Tatsache, daß frühere Musik existiert, an der sie sich orientieren. Die Formel, dass Musik über Musik gemacht werde, drückt nicht eine Ausnahme, sondern die Regel aus.«187 eee. Öffnung der Auslegung der InfoSoc-RL im Lichte der Grundrechte durch den EuGH Wie u.a. Thomas Dreier und Malte Stieper herausgearbeitet haben, lassen sich zudem mit der Anerkennung der Notwendigkeit einer Interessenabwägung zwischen Eigentumsfreiheit und Kunst- und Meinungsfreiheit Anhaltspunkte in der jüngeren EuGH-Rechtsprechung dafür finden (wie z.B. die Schutzbereichsbegrenzung von Art. 2 Buchst. c) InfoSoc-RL 2001/29/EG in Metall auf Metall auf Fälle der Erkennbarkeit der Übernahme), dass eine weite Interpretation der InfoSoc-RL-2001/29/EG-Schrankenbestimmungen in Zukunft möglich wird.188 Da der EuGH über den Pastichebegriff noch nicht entschieden hat, ist der von der

183 Goehr The Imaginary Museum of Musical Works 2 2007, S. 220. 184 Riethmüller Ferruccio Busonis Poetik 1988, S. 170. 185 Vgl. Riethmüller Ferruccio Busonis Poetik 1988, S. 13–16, 165–182. Vgl. für den juristischen Diskurs weiterführend zu diesem Argument Arewa North Carolina Law Review 2006, S. 547ff.; Arewa UC Davis Law Review 2007, S. 477ff.; Arewa Notre Dame Law Review 2011, S. 1829ff.; Arewa A Companion to Media Authorship 2013, S. 69ff. Vgl. für den musikwissenschaftlichen Diskurs weiterführend zu diesem Argument Burkholder Notes 1994, S. 851ff.; Burkholder The Journal of Musicology 2018, S. 223ff.; Burkholder Musical Borrowing & Reworking. An Annotated Bibliography 2020, http://www.chmtl.indiana.edu/borrowing/ [17.11.2020]. 186 Burkholder Notes 1994, S. 851 (863). 187 Dahlhaus Europäische Musikgeschichte 2002, S. 59 (76). 188 Vgl. Dreier GRUR 2019, S. 1003 (1005); Dreier GRUR Int. 2020, S. 223 (223); Stieper ZUM 2020, S. 753 (754). Vgl. hierzu sogleich ausführlich Abschnitte 3.d.cc.aaa. und 3.d.cc.ddd.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

Urheberrechtsnovelle eingeschlagene Auslegungsweg auf dieser Basis zumindest auch (noch) nicht verbaut. Man kann an dieser Stelle zudem anführen, dass der EuGH Begriffe des Unionsrechts wie nun Pastiche autonom auslegt189 – also frei wäre, tatsächlich in Richtung Urheberrechtsnovelle zu entscheiden. fff. Vom EuGH angelegtes Nachteilsmaß als balancierender Faktor im Interessenausgleich Ferner hat der EuGH 2015 unter Verweis auf Erwgr. 35 der InfoSoc-RL 2001/29/EG entschieden, dass bei der Frage, ob eine Schranke auch ohne Vergütungspflicht eingeführt werden kann, zu berücksichtigen ist, wie geringfügig die Nachteile für den Vorlagengeber sind: »Jedoch kann in bestimmten Situationen, in denen den Rechtsinhabern nur ein geringfügiger Nachteil entsteht, die Auferlegung einer Verpflichtung zur Zahlung eines solchen Ausgleichs unterbleiben.«190 Erreicht man, dass User Generated Content unter die Pasticheschranke subsumierbar ist, erscheint also sogar eine Ausgestaltung der daraus resultierenden Erlaubnisfreiheit vertretbar, die User Generated Content wie noch im DiskE II vorgesehen ganz erlaubnis- und zugleich vergütungsfrei stellt. Insofern sieht die Urheberrechtsnovelle mit § 5 Abs. 2 UrhDaG nun aber sogar schon eine Kompromissposition vor. Sogar eine Vergütungsregelung geschaffen zu haben, obwohl gar nicht zwingend geboten, die zugleich aber eben die Kunstfreiheit nicht belastet, da sie die Plattformbetreiber adressiert, ließe sich sicherlich vor dem EuGH über dessen Auslegung von Erwgr. 35 der InfoSoc-RL als Argument zugunsten einer weiten Auslegung der Pasticheschranke stark machen im Sinne eines ›dann erst recht‹. ggg. Zwischenergebnis Die harten Argumente auf Seiten der Linie der Urheberrechtsnovelle liegen also auf den Ebenen von Gebotenheit, Angemessenheit und Mehrwert des mit der Pasticheschranke verfolgten rechtspolitischen Ziels, nicht nur, aber vor allem User Generated Content künftig freizustellen. Sie sind zuvorderst sozial- und kulturpolitischer Natur und stehen auf breiter Basis im Schrifttum, das vielfach den Bedarf nach einer solchen Kreativklausel artikuliert hat. Das gilt insbesondere, wenn man noch jenes Schrifttum mitberücksichtigt, das unabhängig vom Pastichebegriff für eine solche Schranke argumentiert, so wie sie der Gesetzgeber nun eben mit seiner Auslegung des Pasticheschranke zu realisieren sucht. In sich scheint der Ansatz der Urheberrechtsnovelle zudem schlüssig, auf diesem Weg die Erreichung des ausgegebenen Ziels zumindest spürbar fördern zu können. Die zwischen DiskE II und RefE eingeführte Vergütungsregelung stärkt zusätzlich die Balance des Vorgehens, 189 Vgl. von Ungern-Sternberg GRUR 2020, S. 113 (113). 190 Vgl. EuGH ZUM 2015, S. 381 (387), Rn 58 – Copydan Båndkopi.

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Zwischen Pastiche und Zitat

ebenso wie die Feststellung, dass die unter dem Pastichebegriff subsumierten Bearbeitungspraktiken regelmäßig keine wirtschaftlichen und persönlichkeitsrechtlichen Nachteile für den Vorlagengeber nach sich ziehen. Allerdings bleiben die alles tragenden Ausgangsannahmen der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle wie des ihr nahen Schrifttums quantitativ wie qualitativ schwach konturiert. Die Behauptung, der Pastichebegriff hätte ohnehin bereits jene Bedeutung, die die Urheberrechtsnovelle ihm zuschreibt, wird kaum belegt, geschweige denn systematisch im juristischen und ästhetischen Schrifttum erarbeitet. Und der alternative Ansatz, stattdessen die Auslegung des Pastichebegriffs in der Urheberrechtsnovelle mit der Ausgangsannahme zu rechtfertigen, wonach die Pasticheschranke eines eigenen Anwendungsbereichs bedürfe, der eben hierüber, d.h. über Pastiche als stilistische Nachahmung (Imitation) hinausgehe, wirkt leider auch nur selbsterklärend, solange man ihn nicht mit den möglichen juristischen und ästhetischen Gegenargumenten konfrontiert. Ergänzende Verweise auf europäische wie deutsche Normzusammenhänge und Rechtsprechung in der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle wie dem ihr nahen Schrifttum benennen letztlich einen juristischen Möglichkeitsraum. Sie sichern jedoch noch nicht die vorgeschlagene weite Auslegung des Pastichebegriffs selbst. Nach alledem ist es also möglich, dass das Pastiche, wie es die Urheberrechtsnovelle versteht, auch das ist, was in Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG gemeint ist. Und es gibt eine Vielzahl Argumente dafür, dies akzeptabel, vielleicht auch begrüßenswert zu finden oder sogar darauf zu hoffen. Und dass die Akzeptanz im Schrifttum wächst, ist nicht zu übersehen, insbesondere im Zusammenspiel mit einer Vergütungsregelung, wie sie die Urheberrechtsnovelle integriert. Aber was ein Exkurs in die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle und das ihr nahe Schrifttum nicht erbringt, sind Antworten auf die eingangs skizzierten Punkte, die unsicher machen und Zweifel aufkommen lassen. Kein Hinweis darauf, dass EU-Instanzen oder anderen Mitgliedsstaaten diese Begriffsauslegung teilen. Keine Erläuterung, warum der Pasticheschranke eine derart weitreichende Bedeutung zukommen soll, aber dies bis vor kurzem niemand gesehen haben soll. Keine Begründung, warum man entgegen dem Gebot kunstspezifischer Betrachtung an dieser Stelle eine Auseinandersetzung mit der künstlerischen Theorie und Praxis derart meiden darf. Nach einer Auseinandersetzung mit den Argumenten, die sich zugunsten des Vorgehens von Bundesregierung und Gesetzgeber anführen lassen, bleibt also unsicher, ob der Pastichebegriff einen tragfähigen Weg darstellt, die angestrebte Kreativitätsschranke zu realisieren. Eine substanziellere Annäherung an den Pastichebegriff zu erarbeiten, als es in der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle und dem ihr nahen Schrifttum bislang unternommen wird, ist freilich möglich. Eine solche nicht zuvorderst vom Zweck her kommende Auseinandersetzung mit dem juristischen wie

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

dem ästhetischen Begriffsgebrauch dient vor allem dazu, zu versuchen, näher an das heranzukommen, wie Pastiche bereits verstanden wird – und wie eben nicht. Das ist zentral, denn Pastiche ist zwar ein neuer Rechtsbegriff im deutschen Urheberrecht, aber eben keine begriffliche Neuschöpfung, kein frei zu füllender Platzhalter. Der Terminus hat im Recht wie in den Künsten bereits eine Bedeutung. Diese ist jedoch zwingend zu klären. Einerseits verlangt das der EuGH, wie er im Blick auf den Parodiebegriff in Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG erläutert hat: Immer dann, wenn es an einer Legaldefinition fehlt, »ist die Bedeutung und Tragweite dieses Begriffs nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs entsprechend seinem Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch zu bestimmen, wobei zu berücksichtigen ist, in welchem Zusammenhang er verwendet wird und welche Ziele mit der Regelung verfolgt werden, zu der er gehört.«191 Andererseits verlangt es das BVerfG, dass in diesen gewöhnlichen Sprachgebrauch gerade den Sprachgebrauch in der künstlerischen Theorie und Praxis einbezogen sehen will.192 Unternimmt man dies, gewinnt man sogar einige zusätzliche Argumente zugunsten der Position der Urheberrechtsnovelle, so eben zu sehen war. Es ergeben sich daraus aber leider auch juristische und ästhetische Argumente gegen die Tragfähigkeit des Wegs über die Pasticheschranke, die es bei einer verantwortlichen Risikobewertung ebenfalls zu berücksichtigen gilt, die im deutschen Diskurs bislang aber wenig bis gar nicht präsent sind.

cc.

Contra-Argumente: Für einen engen Pastichebegriff

aaa. Bisheriges Begriffsverständnis von Kommission, Rat, EuGH und Generalanwälten Will man herausfinden, was Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG erlaubt und nun Art. 17 Abs. 7 S. 2 Buchst. b) DSM-RL 2019/790 verlangt, beginnt man zweckmäßigerweise mit einem Blick ins europäische Recht. Denn dieses bildet über Art. 17 Abs. 7 S. 2 Buchst. b) DSM-RL 2019/790 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG doch Anlass und Ausgangspunkt für die Einführung des Pastichebegriffs im deutschen Recht. Im Unionsrecht bekommt man im Fall des Pastiche freilich bislang wenig Hilfe. Eine Legaldefinition liefern weder InfoSoc-RL 2001/29/EG noch DSM-RL 2019/790, und zwar weder in den Normen noch in den Erwägungsgründen. Ebenso fehlt

191 192

Vgl. EuGH ZUM-RD 2014, S. 613 (615), Rn 19 – Deckmyn/Vrijheidsfonds/Vandersteen. Vgl. im Einzelnen Kap. II, Abschnitt 4.

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Zwischen Pastiche und Zitat

es bislang an einer ausdrücklichen Begriffsauslegung seitens des EuGH.193 European IP Helpdesk und EU IPO (Intellectual Property Office) helfen ebenso wenig weiter.194 Gleiches gilt für die Einlassung des European Audiovisual Observatory im Dienste des Europäischen Rats.195 Oder die umfangreichen Implementierungsstudien zur InfoSoc-RL 2001/29/EG, Triaille et. al. 2013, European Parliamentary Research Service 2018 und Lindner/Shapiro 2019.196 Hinweise auf eine Weitung des Pastichebegriffs auf Unionsebene gibt es auch im Übrigen bislang kaum. Das stärkste Anzeichen findet sich in einem Question and Answers vom 26. März 2019 zur Verabschiedung der DSM-RL 2019/790 auf der Website der Kommission, wo Pastiche näher erläutert wird als »Pastiche (like GIFs or similar)«.197 Freilich erscheint der Begriffsgebrauch auch auf der Website der Kommission inkonsistent – Pastiche wird an anderer Stelle mit Imitation gleichgesetzt198 – und insgesamt auffallend kursorisch und sporadisch. In den Leitlinien zu Art. 17 DSM-RL 2019/790 schließlich stellt die Kommission unter Rekurs auf den EuGH darauf ab, dass »die Bedeutung und die Tragweite dieser Begriffe unter Berücksichtigung ihrer üblichen Bedeutung in der Alltagssprache zu erfassen sind, wobei ferner der Kontext, in dem sie vorkommen, und die Zwecke der Vorschriften, zu denen sie gehören, zu berücksichtigen sind.«199 Dies gelte ausdrücklich auch für den Pastichebegriff.200 Äußerungen insbesondere der Generalanwaltschaft im Kontext von EuGHVerfahren zu anderen Bereichen des Bearbeitungsrechts geben allerdings erste, wenn auch spärliche konkretere Hinweise auf das Begriffsverständnis auf Uni-

193

194 195 196

197 198 199 200

Vgl. Jütte Reconstructing European Copyright Law for the Digital Single Market 2017, S. 278. Das Metall-auf-Metall-Urteil bringt zwar eine weitere Konkretisierung des Interaktionsbegriffs, freilich im Kontext des Zitatbegriffs: »[...] um Aussagen zu erläutern, eine Meinung zu verteidigen oder eine geistige Auseinandersetzung zwischen dem Werk und den Aussagen des Nutzers zu ermöglichen«. EuGH ZUM 2019, S. 738 (745), Rn 71 – Pelham u.a. [Metall auf Metall]. Zum Pastichebegriff selbst schweigt sich das Urteil allerdings aus. Vgl. http://www.iprhelpdesk.eu/; https://euipo.europa.eu/ohimportal/de. Vgl. EAO Exceptions and Limitations to Copyright 2017. Vgl. Triaille/Dusollier/Depreeuw/Hubin/Coppens/de Francquen Study on the Application of Directive 2001/29/EC on Copyright and Related Rights in the Information Society 2013; EPRS Copyright Law in the EU 2018; Lindner/Shapiro Copyright in the Information Society 2019. https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/MEMO_19_1849. Vgl. ebenso https://e c.europa.eu/digital-single-market/en/faq/frequently-asked-questions-copyright-reform. Vgl. https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/sites/near/files/pdf/how_does_it_wor k/grants_tenders/tenders/20110908_faq_applicants.pdf. Europäische Kommission COM(2021) 288 final, S. 23. Vgl. Europäische Kommission COM(2021) 288 final, S. 23.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

onsebene. Und sie stehen in deutlicher Distanz zur Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle in Deutschland. So verweist der Generalanwalt im für Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG bislang prägenden Deckmyn-Verfahren erläuternd auf die Ansicht der Kommission, wonach es sich bei einer Parodie »um die Nachahmung eines durch die Richtlinie geschützten Werkes handelt, die keine Karikatur und kein Pastiche darstellt und belustigen oder verspotten soll«.201 Zwar ist diese Aussage zu mager, um im Umkehrschluss mittels Auflösung dieser Gleichung Klarheit über den Pastichebegriff von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/209/EG zu gewinnen. Aber klar ist, dass der Imitationscharakter des Pastiche betont wird, worauf auch nochmals eine Fußnote gesondert hinweist.202 Weiter scheint nach dieser Einlassung in den Schlussanträgen des DeckmynVerfahrens für die Kommission zumindest ein gradueller Unterschied zwischen Karikatur, Parodie und Pastiche zu bestehen.203 Das ist nicht selbstverständlich, wie noch zu sehen sein wird.204 Freilich wird diese Differenz – und das ist wichtig im Blick auf den so anders operierenden Vorschlag der deutschen Urheberrechtsnovelle – jedenfalls vom dort befassten Generalanwalt für nachrangig und vernachlässigbar erklärt.205 Der Generalanwalt im Metall-auf-Metall-Verfahren folgt dieser Linie fünf Jahre später. Er macht ebenfalls den Charakter von Pastiche als grundsätzlich imitativer Praxis stark: »Was den Begriff des Pastiches betrifft, bezeichnet dieser eine Nachahmung des Stils eines Werks oder eines Urhebers, ohne dass notwendigerweise Bestandteile dieses Werks übernommen werden«.206 Vom Schrankenprivileg ausgeschlossen wird hingegen jede Übernahme, »die dazu dient, ein Werk in einem völlig anderen Stil zu schaffen«207 – eine künstlerisch durchaus weitreichende Annahme des Generalanwalts. Ferner wird eine »Interaktion mit dem benutzten Werk oder zumindest mit dessen Urheber«208 verlangt, ohne dass das Kriterium der Interaktion freilich im Blick auf die Eigenart des Pastiche näher beschrieben würde. Argumentativ wird das Pastiche hier in Summe aber spürbar in Richtung Zitat gerückt.209 201 202 203 204

205 206 207 208 209

Villalón BeckRS 2014, 80924, Rn 41. Vgl. Villalón BeckRS 2014, 80924, Fn 14. Vgl. Villalón BeckRS 2014, 80924, Rn 42. Vgl. Cabay/Lambrecht JIPLP 2015, S. 359 (371); Jacques JIPLP 2015, S. 699 (702); Vlah Parodie, Pastiche und Karikatur 2015, S. 50; Griffiths Research Handbook on Intellectual Property in Media and Entertainment 2017, S. 64 (84); Marshall JIPLP 2018, S. 955 (958). Vgl. Villalón BeckRS 2014, 80924, Rn 46. Vgl. auch Jütte JIPITEC 2014, S. 172 (182). Szpunar BeckRS 2018, 33735, Fn 30. Szpunar BeckRS 2018, 33735, Fn 30. Szpunar BeckRS 2018, 33735, Rn 70. Vgl. Stieper GRUR 2020, S. 699 (703).

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180

Zwischen Pastiche und Zitat

Da es sich beim Metall-auf-Metall-Streitgegenstand um einen Fall direkter Übernahme in Gestalt eines zweisekündigen Samples handelt, ließe sich darüber hinaus sogar vertreten, sein Schweigen zum Pastichebegriff im Metall-auf-Metall-Urteil im Anschluss an die Stellungnahme des Generalsanwalts als Hinweis dahingehend zu lesen, dass der EuGH eben dies, nämlich direkte Übernahmen, der Pasticheschranke nicht zurechnet. Allerdings ist mit einer solchen Auslegung Vorsicht geboten. Denn die Art der Vorlagefragen des BGH hat den EuGH dazu verleitet, zu Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG insgesamt nichts auszuführen. Und Parodien wie Karikaturen operieren eben regelmäßig mit direkten Übernahmen. Letztlich bleibt die Position des EuGH bis dato also offen. Mit dem, was seitens der Generalanwälte bislang zum Pastichebegriff vorgetragen wurde, ist der ungleich weitere Pastichebegriff der deutschen Urheberrechtsnovelle jedoch, wie unschwer zu erkennen ist, nicht vereinbar. Sie macht stattdessen den Nachahmungscharakter des Pastiches zentral.210 Hier wird bislang also ein enger Pastichebegriff vertreten, ungleich enger als in der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle. bbb. Herkunft der Pasticheschranke und ihre bisherige Nutzung durch die EU-Mitgliedsstaaten Klarer noch als in den sporadischen Einlassungen der Generalanwälte am EuGH wird das vorherrschende Begriffsverständnis auf Unionsebene, wenn man für die Auslegung der Pasticheschranke die Entstehungsgeschichte sowie die bisherige Nutzung des Pasticheschranke in anderen EU-Mitgliedsstaaten berücksichtigt.211 Diese historische Auslegung wird weder von der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle in Deutschland noch von der ihr nahen Literatur hinreichend berücksichtigt. Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG kommt jedoch nicht aus dem Nichts. Er basiert auf dem französischen Art. L 122-5 No. 4 Code de la Propriété Intellectuelle von 1957.212 Und er wurde bereits von verschiedenen anderen EUMitgliedsstaaten eingeführt, beginnend mit Belgien 1994. Pastiche hat also eine Begriffsgeschichte und dies eben nicht nur in den Künsten, sondern auch im europäischen Recht. Der Unionsgesetzgeber hat sich für die Einführung des Pastichebegriffs und gerade nicht für eine neue, ästhetisch neutrale Formulierung ent-

210 Vgl. Jacques The Parody Exception in Copyright Law 2019, S. 1; Rosati Copyright and the Court of Justice of the European Union 2019, S. 131. Vgl. Villalón BeckRS 2014, 80924, Rn 41, 46; Szpunar BeckRS 2018, 33735, Fn 30. 211 Insbesondere ersteres ein für den EuGH relevantes Kriterium, vgl. von Ungern-Sternberg GRUR 2020, S. 113 (113). 212 Vgl. Giannopoulou Communia 2015, S. 5; Vlah Parodie, Pastiche und Karikatur 2015, S. 138; Lucas-Schloetter UFITA 2019, S. 99 (100f.).

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

schieden, wie sie z.B. Art. 11 Abs. 3 URG der Schweiz anbietet: »Zulässig ist die Verwendung bestehender Werke zur Schaffung von Parodien oder mit ihnen vergleichbaren Abwandlungen des Werks.« Er hat auf etwas zurückgegriffen, das schon etabliert war und für etwas stand. Was heißt die Bestimmung aber in ihrem ursprünglich französischen Kontext? Und wofür steht sie in ihrer Nachnutzung durch weitere EU-Mitgliedsstaaten? Für alle Mitgliedsstaaten bestand spätestens seit Verabschiedung der InfoSocRL 2001/29/EG am 22. Mai 2001 die Möglichkeit zur Einführung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k). Eine große Reihe von Mitgliedsstaaten hilft insoweit bei der Begriffsklärung jedoch nicht weiter, weil sie bis zur DSM-RL 2019/790 Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG insgesamt ignoriert haben: • • • • • •

Bulgarien, Dänemark, Griechenland, Irland, Italien, Ungarn.213

Oder die Schranke nur partiell und dann stets ohne die Pasticheschranke umgesetzt haben: • • • • • • • • •

213

Deutschland – Parodie und Karikatur (keine unmittelbare Schrankennorm, aber über »freie Benutzung« § 24 Abs. 1 UrhG), Finnland – Parodie (keine unmittelbare Schrankennorm, aber über »freie Assoziation« § 4.2 Tekijänoikeuslaki), Kroatien – Parodie und Karikatur, Lettland – Parodie und Karikatur, Litauen – Parodie und Karikatur, Luxemburg – Parodie, Österreich – Parodie und Karikatur (keine unmittelbare Schrankennorm, aber über freie Benutzung § 5 Abs. 2 UrhG), Portugal – Parodien, Rumänien – Parodie und Karikatur,

Vgl. Triaille/Dusollier/Depreeuw/Hubin/Coppens/de Francquen Study on the Application of Directive 2001/29/EC on Copyright and Related Rights in the Information Society 2013, S. 476–481; EPRS Copyright Law in the EU 2018, S. 28, 64, 126, 209. Irland hat Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG erst 2019 umgesetzt als neue Sec. 52 No. 5 Copyright and Related Rights Act. Ungarn fehlt die Schranke ebenfalls noch, vgl. Mezei JIPLP 2020, S. 499 (500). Vgl. auch https://copyrightexceptions.eu/.

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Zwischen Pastiche und Zitat

• • • •

Schweden – Parodie und Karikaturen (keine unmittelbare Schrankennorm, aber über Case Law), Slowenien – Parodie und Karikatur, Spanien – Parodie, Tschechien – Parodie und Karikatur.214

Einige wenige Mitgliedsländer besitzen allerdings bereits vor Umsetzung der DSM-RL 2019/790 eine Schranke, die Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL2001/29/ EG vollständig realisiert, entweder, weil sie eine solche wie Frankreich und Belgien sogar bereits zum Zeitpunkt der Einführung der InfoSoc-RL 2001/29/EG besaßen, oder weil sie eine solche in Reaktion auf Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG eingeführt haben: • • • • • • • •

Frankreich (Art. L 122-5 No. 4 Code de la Propriété Intellectuelle), Belgien (Art. 22 § 1 Nr. 6 LDA, seit 2015 Art. XI.190, 100 CDE/CEL215 ), Estland (§ 19 Nr. 7 Autoriõiguse Seadus), [Großbritannien (Art. F97 30A Copyright, Designs and Patents Act)], Malta (Kap. 415 Art. 9.1(s) Drittijiet Tal-Awtur), Niederlande (Art. 18 Buchst. b) Auteurswet), Polen (Art. 291 Prawo Autorskie I Prawa Pokrewne), Slowakei (185/2015 Sec. 38 Autorský zákon).216

Mehrere dieser Länder haben ihre Schrankenregelung bei dieser Gelegenheit zusätzlich qualifiziert: • • • •

Frankreich: »[…], compte tenu des lois du genre«; Belgien: »[…], compte tenu des usages honnêtes«; Niederlande: »[…] mits het gebruik in overeenstemming is met hetgeen naar de regels van het maatschappelijk verkeer redelijkerwijs geoorloofd is«; Polen: »Wolno korzystać z utworów na potrzeby parodii, pastiszu lub karykatury, w zakresie uzasadnionym prawami tych gatunków twórczości.«

214 Vgl. EPRS Copyright Law in the EU 2018, S. 48, 83, 162, 196, 238, 311, 328, 374. Lettland ergibt sich aus Sec. 19 No. 9 des lettischen Urheberrechtsgesetzes, Portugal aus Art. 2 Abs. 1 Buchst. n) des portugiesischen Urheberrechtsgesetzes, in Luxemburg Art. 10 (6) des luxemburgischen Urheberrechtsgesetzes. Vgl. auch https://copyrightexceptions.eu/. 215 Vgl. EPRS Copyright Law in the EU 2018, S. 14, 105. 216 Vgl. EPRS Copyright Law in the EU 2018, S. 14, 185, 255, 275, 292, 350; Michaux Copyright in the Information Society 2019, S. 159 (174); Näslund Copyright in the Information Society 2019, S. 316 (320); Quaedvlieg Copyright in the Information Society 2019, S. 650 (657); Dziomdziora Copyright in the Information Society 2019, S. 718 (734), Olšovský/Jošt Copyright in the Information Society 2019, S. 808 (835). Vgl. auch https://copyrightexceptions.eu/.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch



Slowakei: »Do autorského práva nezasahuje osoba, ktorá bez súhlasu autora použije dielo na účel karikatúry, paródie alebo pastiša, a to spôsobom, ktorý nevyvoláva nebezpe-čenstvo zámeny s pôvodným dielom.«

Alle fünf Länder gehen insoweit über Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/ EG hinaus, dessen nackte Auflistung der drei Fallgruppen Karikatur, Parodie und Pastiche auch der deutsche § 51a UrhG n.F. beibehält. Die jüngeren Gesetze folgen in diesen Ergänzungen dem französischen Modell. Diese Qualifizierungen im Sinne eines ›Ja, aber‹ dienen dabei erkennbar vor allem dazu, als unangemessen angesehene Schrankennutzungen von der Privilegierung auszunehmen. Zu denken ist an sozial inakzeptables Verhalten, worauf Belgien und die Niederlande rekurrieren (z.B. Hate Speech – im belgischen Deckmyn-Verfahren stand z.B. der inhärente Rassismus der parodistischen Aussage ihrer urheberrechtlichen Erlaubnisfreiheit entgegen).217 Oder an das Entstehen von Verwechslungsgefahr zwischen Vorlage und Pastiche, wie sie das slowakische Urheberrecht von der Schrankenprivilegierung ausschließt. Oder an den Ausschluss der Nutzung illegaler Vorlagen, wie sie ebenfalls im slowakischen Urheberrecht vorgenommen wird.218 Oder an das Beachten der Genrespezifik, wie sie das französische und polnische Urheberechtsgesetz als Spielraumbegrenzung setzen, um die Begriffe auszulegen.219 Diesen Gedanken, dass es ästhetisch, sozial oder ökonomisch unangemessene Schrankennutzungen geben kann und es insofern Missbrauch zu verhindern gilt, findet man wie gesehen auch in der der deutschen Urheberrechtsnovelle nahen Auslegungslinie im Schrifttum wieder, die in Richtung Urheberrechtsnovelle für einen weiten Pastichebegriff plädiert, aber sich wie in Deutschland einer Umsetzung gegenübersieht, die sich auf den Wortlaut von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG beschränkt und lediglich die Fallgruppen nennt.220 Die hier vorrangig interessierende Frage liegt jedoch früher, nämlich bei der Klassifikation von Streitgegenständen als Pastiche, ohne die es auf besagte Qualifizierungen gar nicht ankommt. Anders als Deutschland blicken Frankreich (seit 1957), Belgien (seit 1994), die Niederlande (seit 2004), Malta (seit 2004), Estland (seit 2006), Slowakei (seit 2015) und Polen (seit 2015) insofern bereits auf längere Zeiträume zurück, in denen die Pasticheschranke dort jeweils galt. Soweit festzustellen war, hat sich nun in keinem der acht Länder die Pasticheschranke in der Gerichtspraxis hin zu einer Generalklausel im Sinne der deutschen

217 218 219 220

Vgl. Bruguiere IIC 2019, S. 278 (281). Vgl. EAO Exceptions and Limitations to Copyright 2017, S. 39. Vgl. Jongsma IIC 2017, S. 652 (656). Einzig wird in S. 2 von § 51a UrhG n.F. eine Klarstellung vorgesehen für Bearbeitungen zweiter Ordnung, die nicht das Original bearbeiten, sondern eine Reproduktion.

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Urheberrechtsnovelle entwickelt. Allerdings ist insoweit einzuschränken, dass es bislang auch auf dieser nationalen Rechtsprechungsebene der Mitgliedsstaaten schlicht kaum dezidierte Hinweise zum jeweiligen Verständnis des Pastichebegriffs gibt. Die Pasticheschranke fristet ihr Dasein im Schatten der Parodieschranke. Das mag sich also ändern, steht nach hiesigem Dafürhalten aber nicht zu erwarten. Das hat insbesondere den Grund, dass der Pastichebegriff in diesen Mitgliedsstaaten anders als in der deutschen Urheberrechtsnovelle nicht in scharfer Opposition und deutlicher Distanz zu den Karikatur- und Parodieschranken positioniert wird. Vielmehr ist die Nähe des Pastichebegriffs zum Parodiebegriff frappant, was nicht überraschen kann, wenn man bedenkt, wie viele Mitgliedsstaaten es gleich ganz für überflüssig erachtet haben, die Pasticheschranke mit zu übernehmen. Im rechtlichen Sprachgebrauch jener Länder, die bereits eine Pasticheschranke führen, schwanken, soweit eruierbar, die der Pasticheschranke zugeordneten Praktiken bislang vor allem zwischen der Privilegierung rein imitativer künstlerischer Aneignungsstrategien und der Gestattung von Kleinstübernahmen dabei. Beide Sichtweisen sind ästhetisch durchaus verschieden voneinander, aber über den Zweck nahe verwandt und im Übrigen jeweils vergleichsweise eng und präzise – und hierin durchweg denkbar weit von dem entfernt, was nun dem deutschen Gesetzgeber in der Urheberrechtsnovelle als Pasticheschranke vorschwebt. Es ist dabei auch keine Zweiteilung dergestalt zu erkennen dahingehend, dass die einen Pastiche für einen Unterfall von Parodie erachten und deswegen bis zur DSM-RL 2019/790 auf eine Umsetzung verzichtet haben und die anderen, die die Pasticheschranke mit einführten, dies taten, um explizit Aneignungshandlungen abzudecken und erlaubnisfrei zu stellen, die jenseits von Parodie und Karikatur liegen, sprich nicht zwingend eine antithematische Stoßrichtung aufweisen müssen. Im Ergebnis liegt es nahe, insoweit die Position des Königreichs Belgien als mehrheitsfähig unter den Mitgliedsstaaten zu unterstellen. Belgien hat im Zusammenhang des besagten Deckmyn-Verfahrens gegenüber dem Generalanwalt am EuGH erklärt, dass »die Unterscheidung zwischen ›Parodie‹, ›Karikatur‹ und ›Pastiche‹ keine Rolle für die Definition der Parodie spielen dürfte, denn die drei Begriffe seien zu ähnlich, als dass man sie unterscheiden könne«.221 Belgien ist der Mitgliedsstaat, der am zweitlängsten eine Pasticheschranke führt (1994). Ein Blick in die noch ältere französische Rechtstradition, in der die Pasticheschranke seit 1957 gilt, lässt erahnen, warum die belgische Regierung eine solche unzweideutige Einschätzung abgibt, ist die dortige Rechtslage (»Lorsque l’oeuvre a 221

Vgl. Villalón BeckRS 2014, 80924, Rn 42. So auch Triaille/Dusollier/Depreeuw/Hubin/Coppens/de Francquen Study on the Application of Directive 2001/29/EC on Copyright and Related Rights in the Information Society 2013, S. 476.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

été licitement publiée, l’auteur ne peut interdire : […] 6. la caricature, la parodie ou le pastiche, compte tenu des usages honnêtes«) doch der französischen (»Lorsque l’oeuvre a été divulguée, l’auteur ne peut interdire: […] La parodie, le pastiche et la caricature, compte tenu des lois du genre«) an dieser Stelle stark angenähert.222 Und im älteren französischen System verstehen sich Parodie, Pastiche und Karikatur allesamt als Varianten antithematischer Aneignung, sodass für alle eine humoristisch-kritische Intention erwartet wird – und obendrein lediglich imitative Aneignungen und weitgehende transformative Verwendungen gestattet sind –, wobei die Differenzierung der Begriffe zuvorderst nach Künsten erfolgt, mit Pastiche als einschlägigem Begriff vor allem für Literatur, etwaige ästhetische Differenzen aber im belgischen Sinne jedenfalls als rechtlich vernachlässigbar angesehen werden.223 Der polnische Gesetzgeber folgt dem franko-belgischen Modell, insoweit in Polen Pastiche als Rechtsbegriff ebenfalls die »Nachahmung eines bestimmten Stils«224 bezeichnet. Auch der niederländische Gesetzgeber suchte mit seiner frühen Einführung (2004) des gesamten Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG vor allem den Spielraum für Parodien zu erweitern.225 Das spanische Recht z.B. hat die logische Konsequenz aus alldem gezogen und führt überhaupt nur eine Parodieschranke, die aber Karikatur und Pastiche als Fallgruppen explizit mit einschließt.226 Man ist hier also mit Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG verfahren wie es der deutsche Gesetzgeber mit Art. 5 Abs. 3 Buchst. d) InfoSoc-RL 2001/29/EG gehalten hat: Nur das Zitat wird ausdrücklich als Schranke geführt, die darüber hinaus im Unionsrecht genannten Kritik und Rezension sind als Fallgruppen mitgemeint. Diese vor allem auf Imitation und antithematische Aussage hin konzentrierte Lesart des Pastichebegriffs ist nicht die einzig legislativ vertretene. Zwar nur eine, aber immerhin eine substanzielle Abweichung liegt bislang vor. Und auch wenn 222 Vgl. Vanbrabant/Strowel Balancing Copyright – A Survey of National Approaches 2012, S. 119 (140). 223 Vgl. Sundara Rajan Moral Rights 2011, S. 72f.; Carre Balancing Copyright – A Survey of National Approaches 2012, S. 387 (408); Kretschmer/Mendis The Treatment of Parodies under Copyright Law in Seven Jurisdictions 2013, S. 18; Giannopoulou Communia 2015, S. 6; Lagarde/Ang Parody in the UK and France 2016; Hudson Intellectual Property Quarterly 2017, S. 346 (353f.); Jacques The Parody Exception in Copyright Law 2019, S. 20ff.; Lai The Right to Parody 2019, S. 173; Bouche Intellectual Property Law in France 2020, Rn 239. 224 Kempfert UFITA 2019, S. 123 (161) unter Verweis auf den dort zitierten Wortlaut, vgl. ebd., Fn 232. Vgl. ebd., S. 164 zum Fehlen von Rechtsprechung bislang in Polen zum Pastichebegriff. 225 Vgl. Reeskamp JIPLP 2010 S. 29 (34); Senftleben A Century of Dutch Copyright Law – Auteurswet 1912–2012 2012, S. 345 (365ff.); Kretschmer/Mendis The Treatment of Parodies under Copyright Law in Seven Jurisdictions 2013, S. 41ff. 226 Vgl. Vlah Parodie, Pastiche und Karikatur 2015, S. 139. Korrespondierend spielt Pastiche bislang keine Rolle im spanischen Rechtsdiskurs, vgl. Saiz-García UFITA 2019, S. 107ff.

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sie mittlerweile die Europäische Union verlassen haben, lohnt in diesem Zusammenhang nach wie vor ein Blick hierauf, nämlich nach Großbritannien ob seiner ungebrochen zentralen Rolle für den europäischen Musikmarkt. Art. F97 30A des entsprechend modifizierten Copyright, Designs and Patents Act von 1988 legt dort in einer novellierten Fassung seit 2014 fest: »Fair dealing with a work for the purposes of caricature, parody or pastiche does not infringe copyright in the work.«227 Eine Legaldefinition von Pastiche fehlt zwar auch hier. Das dortige staatliche Intellectual Property Office (Pendant zum deutschen DPMA) hat jedoch bereits 2014 Ausführungshilfen veröffentlicht, in denen sich auch ein Satz findet, der die Auffassung der dortigen Administration zum Ausdruck bringt, was man sich unter einem Pastiche vorzustellen habe: »[...] an artist may use small fragments from a range of films to compose a larger pastiche artwork.«228 Der Pastichebegriff wird in Großbritannien also nicht auf den Bereich der Imitation beschränkt: »Pastiche is musical or other composition made up of selections from various sources or one that imitates the style of another artist or period.«229 Offenkundig wären unmittelbare Übernahmen von diesem Pastichebegriff gedeckt. Es handelt sich also um einen Pastichebegriff, der in Richtung Collage zumindest offen ist.230 Eine Quellenangabe ist dabei im britischen Recht im Übrigen nicht erforderlich.231 Aber ungeachtet dessen macht die Umschreibung »small fragments« doch zugleich unmissverständlich deutlich, dass auch nach dieser Lesart des Pastichebegriffs der Spielraum für erlaubnisfreie Nutzungen sehr eng ist. Dies stellt das Intellectual Property Office an späterer Stelle auch ausdrücklich klar: »It is important to understand, however, that this change in the law only permits use for the purposes of caricature, parody, or pastiche to the extent that it is ›fair dealing‹. Fair dealing allows you only to make use of a limited, moderate amount of someone else’s work.«232 Es gilt dabei zu bedenken, dass auch die Position des Intellectual Property Office anders als in der deutschen Urheberrechtsnovelle von dem dort 2007 publizierten Gedanken ausgeht, dass Karikatur, Parodie und Pastiche verwandte Konzepte 227 Vgl. zur Einführung der Schranke in Großbritannien Arnold/Rosati GRUR Int. 2015, S. 1193 (1199f.); Hudson Intellectual Property Quarterly 2017, S. 346ff. 228 Intellectual Property Office Guidance. Exceptions to Copyright 2014, S. 5. 229 Intellectual Property Office Guidance. Exceptions to Copyright 2014, S. 6. 230 Der Collagebegriff ist dabei rechtlich keineswegs präziser oder zumindest ein einheitlicherer Begriffsgebrauch diagnostizierbar als im Fall des Pastichebegriffs, vgl. ausführlich Czernik Die Collage in der urheberrechtlichen Auseinandersetzung zwischen Kunstfreiheit und Schutz des geistigen Eigentums 2008. 231 Vgl. Brown/Kheria/Cornwell/Iljadica Contemporary Intellectual Property Law and Policy 2019, S. 187. 232 Intellectual Property Office Guidance. Exceptions to Copyright 2014, S. 5.

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sind.233 Letztlich ist daher auch der britische Pastichebegriff eng zu verstehen, restriktiv auszulegen und weit entfernt von der Position des deutschen Gesetzgebers.234 Es gibt auch keine britische Rechtsprechung, die einen weiten Pastichebegriff anlegt oder großzügig in Sachen Übernahmen aus geschützten Drittwerken verfährt. Wie schon hinsichtlich der Einlassungen der Generalanwälte am EuGH zu konstatieren war, so erlauben auch die Informationen, die auf der Ebene der Mitgliedsstaaten zu gewinnen sind, also keine Stütze des weiten Pastichebegriffs der deutschen Urheberrechtsnovelle. Es erscheint vielmehr von der Ebene der Mitgliedsstaaten aus gesehen sogar noch zweifelhafter, dass ein weites Begriffsverständnis wie nun in Deutschland vorgeschlagen sich am Ende mit dem deckt, was Pastiche auf europäischer Ebene bedeutet.235 Alles weist von hier aus in Richtung eines jedenfalls primär imitatorisch operierenden künstlerischen Aneignungsverfahrens in mindestens großer Verwandtschaft zu Parodie und Karikatur. Dieser Befund steht natürlich erneut unter einem Vorbehalt, dass der Pastichebegriff nämlich auch auf Ebene der Mitgliedsstaaten erst beginnt, sich durchzusetzen und hierüber explizit inhaltlich konturiert zu werden. Das mag in der Zukunft Einfluss auf seinen Gehalt nehmen, wenn sich mehr Mitgliedsstaaten als bislang am Meinungsbildungsprozess beteiligen. Hinweise auf eine Entwicklung hin zu einem weiten Pastichebegriff gibt es bislang freilich nur auf Seiten des deutschen Gesetzgebers. Man darf an dieser Stelle nicht vergessen, dass der EuGH Begriffe wie Pastiche zwar autonom, aber eben auch unionsweit einheitlich auslegt.236 Pastiche ist zwar ein noch auszulegender autonomer Begriff des Unionsrechts und dadurch nicht an die französische Tradition gebunden – was im Übrigen auch die französische Rechtsprechung hinsichtlich des benachbarten Parodiebegriffs ausdrücklich so bestätigt hat.237 Aber es gibt bislang auch keinerlei Hinweise, dass bei Übertragung der Schranke ins Unionsrecht 2001 diese für etwas anderes stehen sollte als in ihrem Ursprungskontext und vom EuGH künftig weit im Sinne der deutschen Urheberrechtsnovelle ausgelegt werden könnte.

233 Vgl. Hudson Intellectual Property Quarterly 2017, S. 346 (351); Jacques The Parody Exception in Copyright Law 2019, S. 26; Westkamp UFITA 2019, S. 42 (53). 234 Vgl. Griffiths Research Handbook on Intellectual Property in Media and Entertainment 2017, S. 64 (85); Bently/Sherman/Gangjee/Johnson Intellectual Property Law 2018, S. 252 – a.A. Hudson Intellectual Property Quarterly 2017, S. 346ff. 235 Vgl. Griffiths Research Handbook on Intellectual Property in Media and Entertainment 2017, S. 64 (86). 236 Vgl. Jütte MR-Int 2019, S. 52 (52); von Ungern-Sternberg GRUR 2020, S. 113 (113). 237 Vgl. Cour de Cassation GRUR Int. 2020, S. 339f. – Le Point Marianne.

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Jedenfalls müssten die Verfechter dieser Lesart der Pasticheschranke insoweit also hoffen, dass der deutsche Sonderweg die bisherige Sichtweise aller anderen Mitgliedsstaaten vor dem EuGH überschreibt. Das erscheint unwahrscheinlich. Wie unwahrscheinlich dies ist – und entsprechend wie gewollt die Auslegung der Pasticheschranke und die ihr zugedachte Bedeutung durch den deutschen Gesetzgeber –, zeigte jüngst der Entwurf eines International Instrument on Permitted Uses in Copyright Law durch ein internationales Team von 16 Rechtswissenschaftler*innen im Rahmen eines Projekts des MPI für Innovation und Wettbewerb: Anders als Parodie und Karikatur, kommt hier Pastiche gar nicht erst vor.238 ccc. Regelungsziele und Begriffsverständnis bei Schrankeneinführung auf Unionsebene Ein weiteres Kriterium, das der EuGH bei der Begriffsauslegung anwendet und das es bei der Risikoabwägung hinsichtlich der Auslegung des deutschen Gesetzgebers zu beachten gilt, ist zu fragen, »welche Ziele mit der Regelung verfolgt werden, zu der er gehört«239 . Die Pasticheschranke wurde von der EU nicht nur aus einem älteren Kontext übernommen, sie wurde auch zu einem bestimmten Zeitpunkt Unionsrecht, nämlich 2001, zu Beginn der Nullerjahre also, als Resultat eines mehrjährigen Gesetzgebungsprozesses, der mit Beschluss eines Vorschlags durch die Europäische Kommission Ende 1997 offiziell begann.240 Für ein weites Verständnis der Pasticheschranke im Sinne der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle und der ihr nahen Literatur spricht, dass schon beim Kommissionsvorschlag für die InfoSoc-RL 2001/29/EG klar adressiert wurde, dass die Frage der Schranken »vor dem Hintergrund der neuen elektronischen Umgebung«241 zu bewerten ist. Dieser Gedanke findet sich Jahre später auch in Erwgr. 31 der endgültigen InfoSoc-RL 2001/29/EG wieder. Dagegen spricht aber, dass an Kreativschranken hier überhaupt nicht gedacht ist und solche zu Beginn des Prozesses zur Erarbeitung der InfoSoc-RL 2001/29/ EG gänzlich fehlten. Sie waren also nicht gemeint. Auch hiernach spielt die Pasticheschranke in den Gesetzgebungsunterlagen keine Rolle, wovon sicher auszugehen wäre, hätte sie die Bedeutung und Tragweite haben sollen, die ihr heute der deutsche Gesetzgeber zuweist.242 Man muss sich erinnern, dass zentrale Parameter der User-Generated-Content-Kultur wie Soziale Medien und Mediendistributionsplattformen wie YouTube, SoundCloud, Spotify etc. damals noch gar nicht

238 Vgl. Hilty/Köklü/Moscon/Correa/Dussollier/Geiger/Griffiths/Ruse-Khan/Kur/Lin/Markiewicz/Nérisson/Peukert/Senftleben/Xalabarder IIC 2021, S. 62ff. 239 Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 314ff. 240 Vgl. https://eur-lex.europa.eu/procedure/EN/1997_359. 241 Europäische Kommission Vorschlag für eine Richtlinie 1998, Erwgr. 21. 242 Vgl. https://eur-lex.europa.eu/procedure/EN/1997_359.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

existierten. Beherrschende Themen waren der Handel mit digitalen Raubkopien über das Internet und wenig später dann das direkte File Sharing ganzer Werke, insbesondere von Musik und Filmen. Jetzt geht es jedoch um die künstlerische Bearbeitung solcher Vorlagen. Das sind zwei grundlegend voneinander verschiedene Aneignungs- und Weiternutzungsbereiche. Stand Pastiche bei Verabschiedung der InfoSoc-RL 2001/29/EG im Jahr 2001 also überhaupt schon für User Generated Content im Sinne der Begründung des Entwurfs der jetzigen Urheberrechtsnovelle und der ihr nahen Literaturposition? Die OECD hat noch 2006/2007 eine großangelegte Studie zur User Generated Content im Internet und Urheberrecht erarbeitet.243 Der Pastichebegriff spielt hier keine Rolle.244 Ebenso wenig wie im 2008 vorgelegten Grünbuch der damaligen EG-Kommission und heutigen EU-Kommission, obwohl das Thema nutzergenerierter Inhalte dort ausdrücklich adressiert wird.245 Das entspricht dem skizzierten deutschen Diskurs, gerade im Zusammenhang mit dem Metall-auf-Metall-Verfahren, in dem ein nennenswertes Interesse wie zu Beginn dieses Abschnitts skizziert erst nach dem BVerfG-Urteil 2016 festzustellen ist. Dabei ist User Generated Content eben keineswegs eine Entwicklung erst der späten 2010er Jahre.246 Es ist also nicht zu erkennen, dass Pastiche bei Verabschiedung der InfoSoc-RL 2001/29/EG im Jahr 2001 schon für User Generated Content im Sinne der jetzigen deutschen Urheberrechtsnovelle stand. Nicht überraschend kommen andere Stimmen, die ebenfalls dezidiert User Generated Content stärken wollen, daher auch völlig ohne Rekurs auf die Pasticheschranke aus,247 was rund um die Frage der Reform des Bearbeitungsrechts insbesondere bis zum Metall-auf-Metall-Urteil des BVerfG Mitte 2016 und seinem Verweis in Richtung EuGH und InfoSoc-RL 2001/29/ EG wie eingangs dieses Abschnitts erläutert sogar die Regel war.248 243 Vgl. Wehler Die freie Benutzung im digitalen Zeitalter 2012, S. 170. 244 Vgl. OECD Participative Web and User-Created Content 2007. 245 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften Grünbuch Urheberrecht in der wissensbestimmten Wirtschaft 2008, S. 21f. 246 Vgl. Hutcheon A Theory of Adaptation 2013, S. 179–206. 247 Vgl. z.B. Inguanez JIPLP 2017, S. 660ff.; Jütte/Maier JIPLP 2017, S. 784ff.; Leistner/Metzger IIC 2017, S. 381ff.; Bonetto JIPLP 2018, S. 989ff.; Angelopoulos/Quintais JIPITEC 2019, S. 147ff. Manche sehen gar User Generated Content und Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG als Gegensätze, vgl. Cabay/Lambrecht JIPLP 2016, S. 21 (26). 248 Vgl. z.B. Riekert Der Schutz des Musikurhebers bei Coverversionen 2003; Senftleben Copyright, Limitations and the Three-Step Test 2004; Stallberg Urheberrecht und moralische Rechtfertigung 2006; Wegener Sound Sampling 2007; Förster Fair Use 2008; Kreutzer Das Modell des deutschen Urheberrechts und Regelungsalternativen 2008; Salagean Sampling im deutschen, schweizerischen und US-amerikanischen Urheberrecht 2008; Schunke Das Bearbeitungsrecht in der Musik und dessen Wahrnehmung durch die GEMA 2008; Czernik Die Collage in der urheberrechtlichen Auseinandersetzung zwischen Kunstfreiheit und Schutz des geistigen Eigentums 2008; Dietz Werkintegritätsschutz im deutschen und US-

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An dieser Stelle scheitert im Übrigen auch der alternativ vielfach angebrachte Verweis auf die Pasticcio genannte Tradition in der Musik als Ausgangspunkt für eine weite Auslegung der Pasticheschranke.249 In der Musik des 18. Jahrhunderts steht der Begriff für das »Arrangement früher komponierter Arien eines oder mehrerer Komponisten zu einer neuen Oper«.250 Dieser Charakter der Kompilation weist natürlich in Richtung von Fallgruppen wie Mashup und Sampling, die in der Begründung des Entwurfs der deutschen Urheberrechtsnovelle als Beispiele für User Generated Content angeführt sind. Man muss sich jedoch klar machen, dass diese Opernpraxis schon lange Geschichte war, als der Unionsgesetzgeber die InfoSoc-RL 2001/29/EG erarbeitete. Weder hier um 2000 noch bei der Erarbeitung der französischen Vorlage der Pasticheschranke in den 1950er Jahren spielte allerdings das Pasticcio soweit ersichtlich irgendeine Rolle spielte. Vieles deutet also darauf hin, dass das Verständnis der Pasticheschranke des deutschen Gesetzgebers den Willen des historischen Unionsgesetzgebers bei Ein-

amerikanischen Recht 2009; Hansen Warum Urheberrecht 2009; Stieper Rechtfertigung, Rechtsnatur und Disponibilität der Schranken des Urheberrechts 2009; Bauer Urheberechtliche Zulässigkeit nutzergenerierter Medieninhalte 2010, S. 1ff.; Huttenlauch Appropriation Art 2010; Metzger Urheberrechtsschranken in der Wissensgesellschaft 2010, S. 101ff.; Bauer User Generated Content 2011; Wegmann Der Rechtsgedanke der freien Benutzung des § 24 UrhG und die verwandten Schutzrechte 2012; Wehler Die freie Benutzung im digitalen Zeitalter 2012; Gelke Mashups im Urheberrecht 2013; Kleinemenke Fair Use im deutschen und europäischen Urheberrecht 2013; Krusemarck Die abhängige Schöpfung im Recht des geistigen Eigentums 2013; Fischer Perspektiven für ein Europäisches Urheberrecht 2014; Haberstumpf ZGE 2015, S. 425ff.; Summerer Illegale Fans 2015; Amini Digitale Kultur zum Pauschaltarif 2016; Becker ZGE 2016, S. 239ff.; Döhl Mashup in der Musik 2016; Grobe-Einsler User-Generated Content 2016; Podszun ZUM 2016, S. 606ff.; Jütte Reconstruction European Copyright Law for the Digital Single Market 2017; Kempfert/Reißmann Media in Action 2017, S. 65ff.; Kocatepe Fair Dealing im Zeitalter postmoderner Kreativität 2017, S. 257ff.; Fischer Digitale Kunst und freie Benutzung 2018; Gabler Die urheberrechtliche Drittnutzung zwischen Vervielfältigung, Bearbeitung und freier Benutzung 2018; Hugenholtz Copyright Reconstructed 2018; Virreira Winter Die urheberrechtliche Bewertung des Samplings im Lichte des Unionsrechts 2018; Bently/Dusollier/Geiger/Griffiths/Metzger/Peukert/Senftleben IIC 2019, S. 467ff.; Haas Die Verwendung von Bearbeitungen urheberrechtlich geschützter Werke 2019; Jongsma Creating EU Copyright Law 2019; Leistner/Roder-Hießerich Transformative Use and User Generated Content 2019, S. 261ff.; Maier Remixe auf Hosting-Plattformen 2019; Papastefanou WRP 2020, S. 171ff.; Schunke ZUM 2020, S. 457ff. 249 Vgl. Stieper AfP 2015, S. 301 (304); Hudson Intellectual Property Quarterly 2017, S. 346 (348ff.); Ohly GRUR 2017 964 (968); Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 252; Stieper GRUR 2020, S. 699 (702). 250 Vgl. Dahlhaus Die Musik des 18. Jahrhunderts 1985, 402. Vgl. demnächst unter Mitwirkung des Autors ausführlich Over/zur Nieden Operatic Pasticcios in 18th Century Europe. Contexts, Materials and Aesthetics 2020, sowie ausführlich zum Pastiche in der Klassischen Musik insgesamt Edgecombe The Musical Times 2017, S. 27ff.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

führung der InfoSoc-RL 2001/29/EG missachtet, obwohl dieser grundsätzlich national nicht überschrieben werden darf.251 Es gibt hier auch keine ungewollte Regelungslücke, auf deren Schließen man sich seitens des deutschen Gesetzgebers zur Rechtfertigung stützen könnte. In der Tat setzt die InfoSoc-RL 2001/29/EG daran an, der technischen Entwicklung in der Informationsgesellschaft zu begegnen. Und dieser Ansatz impliziert zwingend, dass man sich mit etwas auseinandersetzt, das eine hohe Dynamik auszeichnet und sich fortwährend verändert. Dass zentrale Parameter der User-GeneratedContent-Kultur wie Soziale Medien 2001 noch kein Thema waren, ist ein treffendes Beispiel hierfür. Natürlich können so ungewollte Regelungslücken entstehen. Aber der heutige Unionsgesetzgeber hat seinen Willen insoweit mit der DSM-RL 2019/790 gerade erst zum Ausdruck gebracht. Forderungen nach und gar Entwürfe von Kreativschranken waren zu diesem Zeitpunkt nicht nur im Diskurs,252 es stand auch für die DSM-RL 2019/790 konkret auf der Agenda, eine solche Schranke einzuführen.253 Der heutige Unionsgesetzgeber ist dem jedoch ebenso wenig nachgekommen wie jener vor 20 Jahren und hat auch nicht zu erkennen gegeben, dass es einer entsprechenden Schranke deshalb nicht bedürfe, weil die Pasticheschranke diese Funktion doch bereits abdeckt. Genau das unterstellen die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle und die in ihre Richtung weisende Literatur aber. Im Übrigen gilt mit Malte Stieper (entgegen seine eigenen, später erst formulierten Sympathie für die Nutzung des Pasticheschranke zugunsten von User Generated Content): »Wenn der Gesetzgeber – statt eine Generalklausel aufzustellen – einzelne Tatbestände kasuistisch aufgezählt hat, ist [...] methodisch unzulässig, aus den ein-

251 Vgl. Jütte MR-Int 2019, S. 52 (54). 252 Vgl. stellv. die vorgeschlagenen Klauseln in Poeppel Die Neuordnung der urheberrechtlichen Schranken im digitalen Umfeld 2005, S. 491f.; Förster Fair Use 2008, S. 219; Leistner/Hansen GRUR 2008, S. 486; Hansen Warum Urheberrecht 2009, S. 409f.; Bauer User Generated Content 2011, S. 407; Kreutzer Verbraucherschutz im Urheberrecht 2011, S. 73; Hüttner Flexibilisierung der urheberrechtlichen Schrankenregelungen in Deutschland 2013, S. 307; Kleinemenke Fair Use im deutschen und europäischen Urheberrecht 2013, S. 569f.; Krusemarck Die abhängige Schöpfung im Recht des geistigen Eigentums 2013, S. 382; Senftleben Methods and Perspectives in Intellectual Property 2013, S. 30 (50); Grobe-Einsler User-Generated Content 2016, S. 237; Nazari-Khanachayi Rechtfertigungsnarrative des Urheberrechts im Praxistest 2016, S. 227; Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 398f.; Jacobsen Die urheberrechtliche relevante Parodie 2020, S. 179. 253 Vgl. Reda Draft Report 2015, S. 2, Ziff. 12; European Parliament Harmonisation of Certain Aspects of Copyright and Related Rights 2015, S. 10, Ziff. 42.

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Zwischen Pastiche und Zitat

zelnen Tatbeständen im Wege der Rechtsanalogie einen allgemeinen Rechtsgedanken zu ermitteln.«254 ddd. Enger nationaler Auslegungsspielraum Auch auf die Auslegung der InfoSoc-RL 2001/29/EG hat natürlich die allgemeinen Grundsätze und die Grundrechte des EU-Rechts anzuwenden.255 Und gerade das Metall-auf-Metall-Verfahren selbst hat vorgeführt, dass auf europäischer (wie nationaler) Ebene der hier interessierte Interessenausgleich hinsichtlich der Frage der ausnahmsweisen Erlaubnisfreiheit von Bearbeitungen in einer Abwägung zwischen den Grundrechten auf Kunst- und Eigentumsfreiheit zu denken ist und zu erfolgen hat. Dass letztlich ein balancierender Kompromiss gesucht wird und zu finden ist. Dies hat der Generalanwalt Henrik Saugmandsgaard Øe in seinen Schlussanträgen in Peterson/Google jüngst trefflich zusammengefasst: »Hierzu weise ich allgemein darauf hin, dass der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung weder einer vereinfachenden Logik folgt, wonach die in den Art. 2 bis 4 der Richtlinie 2001/29 vorgesehenen ausschließlichen Rechte notwendigerweise weit (und unbegrenzt) auszulegen wären, noch die in Art. 5 dieser Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen eng auslegt. Meines Erachtens zielt der Gerichtshof, wenn er sowohl den Umfang dieser Rechte als auch die Tragweite der genannten Ausnahmen und Beschränkungen präzisiert, darauf ab, zu einer ausgewogenen Auslegung zu gelangen, die das mit diesen verschiedenen Bestimmungen verfolgte Ziel sicherstellt und den ›angemessenen Ausgleich‹ zwischen verschiedenen einander gegenüberstehenden Grundrechten und Interessen wahrt, den der Unionsgesetzgeber mit dieser Richtlinie bewirken wollte.«256 Für hiesigen Zusammenhang heißt das: Weder die Kunst- noch die Eigentumsfreiheit gibt also an dieser Stelle pauschal den Ausschlag – was selbstverständlich wirkt, aber immerhin im Metall-auf-Metall-Verfahren hinsichtlich der Tonträgerherstellerrechts Art. 2 Buchst. c) InfoSoc-RL 2001/29/EG, § 85 UrhG noch bis zum BGH-Urteil Metall auf Metall I von den Gerichten ganz anders gesehen wurde, vielmehr die Unbeschränkbarkeit der Eigentumsfreiheit durch Kunstfreiheit an dieser Stelle Stand der Rechtslage war und hiervon abzuweichen auch hiernach noch lange strittig blieb. Die angeführten Argumente der besagten, der deutschen Urheberrechtsnovelle nahen Literaturlinie haben in diesem Interessenausgleich sicher ebenso ihren Platz wie ihre Berechtigung.

254 Vgl. Stieper Rechtfertigung, Rechtsnatur und Disponibilität der Schranken des Urheberrechts 2009, S. 69. 255 Vgl. von Ungern-Sternberg GRUR 2020, S. 113 (113). 256 Vgl. Saugmandsgaard Øe BeckRS 18772 2020, Rn 238.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

Die Argumente dieser Position im Schrifttum haben in diesem Interessenausgleich sicher ebenso ihren Platz wie ihre Berechtigung. Jedoch ist nicht zu verkennen, dass der Weg vom franko-belgischen Pastichebegriff zu jenem der deutschen Urheberrechtsnovelle doch ein sehr weiter ist, ungleich größer als die im Ergebnis behutsamen Modifikationen von Zitat- und Parodieschranke durch den EuGH in den vergangenen Jahren.257 Man muss in die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Pastichebegriffs der deutschen Urheberrechtsnovelle einbeziehen, dass das Metall-auf-Metall-Urteil des EuGH vieles eben nicht vorsieht, was nachgesucht worden war: •





• •

keine Öffnung des Art. 5 InfoSoc-RL 2001/29/EG für großzügigere nationale Sonderwege im Blick auf kreative Aneignungen im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG und/oder UGC-Aneignungen; keine Flexibilisierung des Schutzbereichs von Art. 2 InfoSoc-RL 2001/29/EG im Blick auf kreative Aneignungen im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG a.F. und/oder User-Generated-Content-Aneignungen; kein Hinweis dahingehend, dass der Streitgegenstand erfolgreich unter Art. 5 Abs. 3 Buchst. d) oder k) InfoSoc-RL 2001/29/EG subsumierbar sein könnte oder überhaupt nur diskussionswürdig wäre; nur minimalste Konzession der Eigentumsfreiheit zugunsten der Kunstfreiheit bei Adaption, die erfolgreich unkenntlich machen, Adaptionen zu sein; kein Ausnehmen des Bearbeitungsrechts vom Geltungsbereich der InfoSocRL2001/29/EG.

Im Ergebnis bedeutet das eine restriktive Auslegung der InfoSoc-RL2001/29/EG,258 die deutlich enger geraten ist, als es der BGH in seinen Vorlagefragen in Metall auf Metall III und das BVerfG in seinem ebenfalls flexiblen Urteil 2016 nahegelegt hatten.259 Die gegenteilige Lesart des Metall-auf-Metall-Urteils des EuGH dahingehend, »dass die Grundrechtsabwägung auch zu einer erweiternden Auslegung der in der InfoSoc-RL festgeschriebenen Schrankenregelungen führen kann«260 , wie es Thomas Dreier zusammenfasst,261 wird am Ende primär mit Rn 31 der Entscheidung begründet:

257 Auch die Erweiterungen der nationalen Schranken in §§ 50, 51 UrhG durch den BGH zuletzt sind leidglich moderat, vgl. Stieper ZUM 2020, S. 753 (760). 258 Vgl. Jütte MR-Int 2019, S. 52 (54); Sganga ERA Forum 2020, S. 311 (332f.). 259 Zu den unterschiedlichen Lösungen des Interessenausgleichs, die dem BVerfG vertretbar schienen, vgl. Döhl Recht & Netz 2018, S. 269 (283). 260 Dreier GRUR 2019, S. 1003 (1005). Vgl. ebenso z.B. Stieper ZUM 2020, S. 753 (754). 261 Vgl. auch Goldhammer ZUM 2019, S. 727 (729).

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»Entnimmt jedoch ein Nutzer in Ausübung der Kunstfreiheit einem Tonträger ein Audiofragment, um es in geänderter und beim Hören nicht wiedererkennbarer Form in einem neuen Werk zu nutzen, stellt eine solche Nutzung keine ›Vervielfältigung‹ im Sinne von Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29 dar.«262 Kunstspezifisch betrachtet ist dies jedoch keine weite Auslegung. Hier wird einzig von einer Schutzbereichsverletzung der Fall ausgenommen, dass diese sinnlich überhaupt nicht mehr wahrnehmbar ist. Natürlich stellt das insofern eine Weitung dar, als dass der EuGH Art. 2 Buchst. c) InfoSoc-RL 2001/29/EG korrespondierend mit der alten deutschen Rechtslage auch bei jeder erwiesenen Übernahme für verletzt hätte einstufen können. Nun führt Unkenntlichmachung stattdessen zur Erlaubnisfreiheit. Das ist natürlich ein Mehr an Erlaubnisfreiheit als gar keine Erlaubnisfreiheit. Aber diese Weitung ist minimal, weit entfernt von jeder Form einer de-minimis-Schranke für Aneignungsformen wie Microsampling. Doch erst diese hätte eine substanzielle Relevanz der Schutzbereichsreduktion für die musikalische Praxis erbracht. Und Optimismus gestattet, dass über das Grundrecht der Kunstfreiheit eine substanzielle Erweiterung des Spielraums für erlaubnisfreie Nutzungen erreichbar ist. Die Entscheidung jetzt sortiert jedoch lediglich jenen Fall aus, bei dem nun tatsächlich unter gar keinem Gesichtspunkt mehr ein ökonomischer oder persönlichkeitsrechtlicher Nachteil für den Vorlagengeber konstruierbar ist. Dagegen lässt sich auch nicht die EuGH-Rechtsprechung zu Zitatschranke und Parodieschranke ins Feld führen, um hierüber auch für Karikaturschranke und Pasticheschranke auf eine eher weite Auslegung zu hoffen.263 Denn das Metallauf-Metall-Urteil des EuGH steht in seiner restriktiven Haltung bei ästhetisch genauem Hinsehen eben nicht allein. Auch wenn man gewiss sagen kann, der EuGH »beachtet zunehmend auch die Interessen der Allgemeinheit, welche durch – zugegebenermaßen überwiegend fakultative – Schranken ausgedrückt werden«264 , wie Verena Roder resümiert, so ist die Schrankenauslegung von Art. 5 Abs. 3 InfoSocRL 2001/29/EG, wenn auch nicht in schematischer Weise,265 so doch nach wie vor grundsätzlich restriktiv.266 Man muss bedenken: Der Weg, den der BGH dem EuGH mit seiner dritten Vorlagefrage eröffnet hatte, war im Vergleich viel leichter

262 EuGH ZUM 2019, S. 738 (742), Rn 31 – Pelham u.a. [Metall auf Metall]. 263 Vgl. Quintais/Frosio/van Gompel/Hugenholtz/Husovec/Jütte/Senftleben JIPITEC 2019, S. 277 (279), Rn 17f. 264 Vgl. Roder Die Methodik des EuGH im Urheberrecht 2016, S. 502. 265 Vgl. Roder Die Methodik des EuGH im Urheberrecht 2016, S. 131ff. 266 Vgl. Jütte/Maier JIPLP 2017, S. 784 (791 m.w.N.); Benz Teileschutz 2018, S. 343f., Fn 530 m.w.N. Wie die Spruchpraxis des BGH im Übrigen auch stets war, vgl. Kreutzer Das Modell des deutschen Urheberrechts und Regelungsalternativen 2008, S. 286. – a.A. Stieper ZUM 2020, S. 753 (754).

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

zu gehen. Der BGH hatte gerade nicht danach gefragt, ob § 24 Abs. 1 UrhG a.F. nicht im Lichte der Pasticheschranke gerechtfertigt sein könnte, d.h., ob der Pastichebegriff nicht im Sinne der Voraussetzung »selbstständiges Werk« zu verstehen sei. Er hat vielmehr von sich aus eingestanden, dass keine Aussicht besteht, § 24 Abs. 1 UrhG als Beschränkung von Art. 2 Buchst. c) InfoSoc-RL 2001/29/EG iVm § 85 UrhG über Art. 5 Abs. 3 InfoSoc-RL 2001/29/EG gerechtfertigt zu bekommen und hat dies daher auch erst gar nicht zu erreichen versucht – hierin im offenen Widerspruch zu seinen Urteilen Metall auf Metall I und Metall auf Metall II, die ausschließlich auf § 24 Abs. 1 UrhG a.F. in seiner Teilfunktion als Schranke abstellen. Sondern sich stattdessen darauf konzentriert, zu versuchen, das gleiche Ergebnis, nämlich die Möglichkeit zur Erlaubnisfreistellung kreativer Aneignungen im Sinne der freien Benutzung deutscher Prägung, über eine Schutzbereichsbegrenzung von Art. 2 InfoSoc-RL 2001/29/EG zu erreichen. Man hätte sich vorstellen können, dass dies gerade im Blick auf die grundrechtliche Argumentationslinie hin zu einem weiten Spielraum für erlaubnisfreie Aneignungen sogar Vorteile gehabt hätte.267 Die Pasticheschranke kommt schließlich einher mit einer Begriffsgeschichte, mit einer Entstehungsgeschichte, mit einer systematischen Position in einer einheitlichen Norm in Verbindung mit anderen darin niedergelegten Schranken, mit einem Wortlaut. An der Stelle der Schutzbereichsbestimmung kann man im Vergleich hierzu begrifflich viel freier mit Grundrechten argumentieren als bei der Pasticheschranke. Dennoch ist der EuGH diesem Streben nach spürbar mehr Erlaubnisfreiheit nicht gefolgt, und dies, obwohl er hier genau das gemacht hat, was zugunsten dieses Verlangens angeführt wird, nämlich eine Grundrechtsabwägung vorzunehmen. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Das mag man bedauern. Und der EuGH kann in der Zukunft natürlich seine Meinung ändern. Nach dem jetzigen Stand scheint über einen Verweis auf die unionsgrundrechtliche Auslegung der Rechte und Schranken der InfoSoc-RL 2001/29/EG durch den EuGH die deutsche Urheberrechtsnovelle hinsichtlich der Pasticheschranke realistischerweise nicht zu rechtfertigen zu sein. Stattdessen zu hoffen, all dem ausweichen zu können und zu vertreten, dass es an dieser Stelle gar nicht notwendig sei, den EuGH zu überzeugen, weil es sich bei der Ausgestaltung der Pasticheschranke nämlich um einen Fall handeln würde, in dem das Unionsrechts den Mitgliedsstaaten Auslegungsspielraum in der Umsetzung lässt,268 scheint jedoch ebenfalls nicht erfolgsversprechend. Den nationalen Gerichten bleibt anders als beim Schutzbereich der Rechte in Art. 2 InfoSoc-RL 2001/29/EG bei den Schranken des Art. 5 Abs. 3 InfoSoc-RL 267 Vgl. Jütte/Maier JIPLP 2017, S. 784 (790f.) 268 Vgl. Stieper ZUM 2019, S. 713 (715); Schulze GRUR 2020, S. 128 (131). Vgl. grundsätzlich zu dieser Option von Ungern-Sternberg GRUR 2020, S. 113 (113).

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Zwischen Pastiche und Zitat

2001/29/EG in der Tat Auslegungsspielraum, da nicht vollständig harmonisiert.269 Es ist noch nicht abschließend geklärt, wie weit dieser reicht.270 Er sei aber durchaus erheblich nach Auffassung des EuGH.271 Er reicht in jedem Fall soweit, als dass der EuGH die Grundrechtsabwägung auf der Ebene der Auslegung der Ausnahmen und Beschränkungen verortet: Diese müsse nach den Urteilen des EuGH vom 29. Juli 2019 erstens in der Tat nicht mehr kategorisch eng ausgelegt werden272 – anders als der Schutzbereich von Art. 2 InfoSoc-RL 2001/29/EG.273 Und hierauf bezogen sind dann zweitens von den Gerichten der Mitgliedsstaaten nationale Grundrechte anwendbar und hierüber individuelle rechtspolitische Akzente möglich. Allerdings ist der sich hier eröffnende Spielraum letztlich deutlich enger zu verstehen als es die deutsche Urheberrechtsnovelle bedürfte.274 Denn nicht nur ist jedweder »Rosinenpickerei«275 der Weg versperrt, wie Franz Hofmann so treffend formuliert. Wird eine Schranke eingeführt, hat dies nach inzwischen ständiger Rechtsprechung vollständig zu geschehen.276 Die Auslegung hat ausschließlich im Rahmen des Schrankenkatalogs von Art. 5 InfoSoc-RL 2001/29/EG und dort wiederum innerhalb des jeweils ausgerufenen Schrankentatbestands zu erfolgen,277 womit »eine ›freischwebende‹ Güterabwägung außerhalb konkreter Schrankentatbestände«278 ausgeschlossen ist, wie Malte Stieper resümiert. Schrankenbegrenzende Faktoren des EU-Rechts wie der Drei-Stufen-Test bleiben zu beachten und 269 Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 751 (757), Rn 54 – Funke Medien NRW/Deutschland; EuGH ZUM 2019, S. 759 (763f.), Rn 39 – Spiegel Online/Beck. Vgl. dazu Handig GRUR-Prax 2019, S. 497 (498); Leistner GRUR 2019, S. 1008 (1011); Marly/Prinz LMK 2019, 421261; Stieper ZUM 2019, S. 713 (715f.); Dreier GRUR 2019, S. 1003 (1005); Oechsler NJW 2020, S. 3206 (3208); Schulze GRUR 2020, S. 128 (131). 270 Vgl. Dreyer ZUM 2020, S. 660 (662). 271 Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 751 (756), Rn 43 – Funke Medien NRW/Deutschland; EuGH ZUM 2019, S. 759 (762f.), Rn 28 – Spiegel Online/Beck. 272 Vgl. Goldhammer ZUM 2019, S. 727 (729f). 273 Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 738 (746f.), Rn 83–85 – Pelham u.a. [Metall auf Metall]. 274 Vgl. grundlegend schon Paulus ZUM 2016, S. 513 (516): »Am Beispiel der Informationsgesellschaftsrichtlinie zeigt sich, dass die mitgliedstaatlichen Spielräume gering geworden sind; sie beschränken sich im Wesentlichen darauf, einige Ausnahmen nicht zu übernehmen, das Urheberrecht also weitergehend zu schützen, als die Richtlinie dies vorschreibt, und die Rechtsdurchsetzung im Rahmen der europäischen Vorgaben aus Richtlinien und Grundrechten zu regeln.« Vgl. auch de la Durantaye Festschrift für Christine Windbichler zum 70. Geburtstag 2021, S. 1323 (1329f.). 275 Hofmann EuZW 2020, S. 397 (401). 276 Vgl. Grünberger ZUM 2018, S. 321 (321). 277 Kritisch Oechsler NJW 2020, S. 3206 (3209), der den Charakter der Grundrechte als Primärrecht reklamiert, um im Einzelfall z.B. vom Unionsgesetzgeber nicht antizipierte Probleme adressieren zu können. 278 Stieper ZUM 2020, S. 753 (754). Vgl. auch Oechsler NJW 2020, S. 3206 (3207); Haberstumpf ZUM 2020, S. 809 (815).

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

darüber hinaus ein allgemeiner Überprüfungsvorbehalt der nationalen Auslegung im Lichte der Unionsgrundrechte und damit durch den EuGH bestehen,279 der sich so im Konfliktfall das letzte Wort vorbehält. Der weite Pastichebegriff der deutschen Urheberrechtsnovelle müsste daher mit einer Vielzahl an Vorgaben vereinbar sein: 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11)

Erreichung eines hohen Schutzniveaus, reibungsloses Funktionieren des Binnenmarktes, Wahrung der praktischen Wirksamkeit der Ausnahmen und Beschränkungen, Anwendungen der Schranke nur auf Sonderfälle, keine Beeinträchtigung der normalen Verwertung der Vorlage, keine Verletzung der berechtigten Interessen des Rechtsinhabers, Wahrung eines angemessenen Ausgleichs der in der Union geschützten Grundrechte, Einhaltung aller Voraussetzungen der Schranke im Unionsrecht, Wahrung der Verhältnismäßigkeit, insbesondere für die Zielerreichung geeignet und nicht über das dafür Erforderliche hinausgehend angemessener Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern, angemessener Interessenausgleich zwischen Rechtsinhabern und Nutzern der Schutzgegenstände.280

Diesen Vorgaben kann national auch nicht ausgewichen werden, weil die Schrankenfrage nicht national ausgestaltet werden kann. Dadurch ist es den Mitgliedsstaaten nach dem EuGH ausdrücklich genommen, vom Spielraum jenseits der vom »Unionsrecht gezogenen Grenzen Gebrauch zu machen«, »was bedeutet, dass es den Mitgliedstaaten jedenfalls nicht freisteht, die gesamten Parameter dieser Ausnahmen oder Beschränkungen in nicht harmonisierter Weise festzulegen«281 . Sich hingegen darauf zu berufen, dass der Binnenmarkt im hiesigen Fall unberührt bleibe und die Mitgliedsstaaten dann »relativ frei«282 in der Anwendung der Schranken seien, wie Malte Stieper es formuliert, überzeugt bei § 51a UrhG n.F. nicht. Es erscheint vielmehr aus Begründung und Systematik der deutschen Urheberrechtsnovelle heraus angesichts der dort angestrebten Reichweite der Pasticheschranke

279 Vgl. Oechsler NJW 2020, S. 3206 (3208). 280 Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 751 (756f.), Rn 45–53 – Funke Medien NRW/Deutschland; EuGH ZUM 2019, S. 759 (763), Rn 30–38 – Spiegel Online/Beck. 281 EuGH ZUM 2019, S. 751 (756f.), Rn 46 – Funke Medien NRW/Deutschland; EuGH ZUM 2019, S. 759 (763), Rn 30 – Spiegel Online/Beck. 282 Stieper ZUM 2019, S. 713 (716).

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zweifelhaft, wie insbesondere die EuGH-Vorgaben (1), (2), (4) und (7) gewahrt bleiben sollen. Die der deutschen Urheberrechtsnovelle nahe Literaturlinie hält die Vorgabe (7) für eingehalten. Im Rahmen der Abwägung zwischen Eigentums- und Kunstfreiheit sind hier sicher verschiedene Gewichtungen möglich. Aber der Umstand, dass die deutsche Urheberrechtsnovelle ihre Version von Pastiche jedenfalls nicht auf nichtkommerzielle Nutzungen beschränkt, stellt evident Vorgabe (2) in Frage. Schon in der Begründung ihres Anfang 1998283 veröffentlichten Entwurfs zur InfoSoc-RL 2001/29/EG erklärte die Kommission: »Bestehende Unterschiede in den Schranken und Ausnahmen bei bestimmten zustimmungsbedürftigen Handlungen haben unmittelbare negative Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts im Bereich des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte. [...] Um ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten, sollten diese Ausnahmen einheitlicher definiert werden.«284 Auch ist nicht ersichtlich, inwiefern die Pasticheschranke der deutschen Urheberrechtsnovelle noch für sich in Anspruch nehmen kann, Sonderfälle zu adressieren (Vorgabe 4) oder ein hohes Schutzniveau nicht zu gefährden (Vorgabe 1). Diese Fragen muss sich auch die der deutschen Urheberrechtsnovelle nahe Literaturposition gefallen lassen, ist ihr Hauptargument doch gerade das soziale, dass es sich bei User Generated Content nämlich um eine Massenpraxis handele, die für die Kultur des Internets heutzutage konstitutiv sei. Doch wenn dies zutreffend ist, kann es sich gerade nicht um einen Sonderfall handeln. Für den EuGH ist zudem die Garantie eines hohen Schutzniveaus für die Urheber zentrales Anliegen der InfoSoc-RL 2001/29/EG.285 Dieses Schutzniveaugebot lässt sich auch nicht einfach unter Verweis darauf beseitigen, es käme im Bearbeitungsrecht im Allgemeinen und bei User Generated Content im Besonderen regelmäßig nicht zu finanziellen Nachteilen für den Vorlagengeber. Insofern vernachlässigt die der Urheberrechtsnovelle nahe Literaturposition die Auseinandersetzung damit, dass die Legitimität und die Beschränkbarkeit von Urheber- und Leistungsschutzrechten nicht entscheidend oder gar ausschließlich an der Frage ökonomischen Ertragsmaximierung und -sicherung hängen. Dieses Unterlassen überrascht, weil die InfoSoc-RL 2001/29/EG so stark betont, dass die »Erhaltung und Entwicklung kreativer Tätig-

283 Angenommen schon am 10. Dezember 1997, vgl. https://eur-lex.europa.eu/procedure/EN/199 7_359. 284 Europäische Kommission Vorschlag für eine Richtlinie 1998, Erwgr. 21. 285 Vgl. Leistner ZUM 2019, S. 720 (724); Leistner GRUR 2019, S. 1008 (1014); Grünberger ZUM 2020, S. 175 (195); von Ungern-Sternberg GRUR 2020, S. 113 (113f.).

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

keit«286 Leitlinie des dort aufgestellten Systems ist. Hierfür bleibt ökonomischer Ertrag jedoch ein sekundärer Faktor, wie die Forschung in den vergangenen Jahren vielfach gezeigt hat.287 User Generated Content ist ein Musterbeispiel hierfür. Für diese Praktiken ist ökonomischer Erlös keine hinreichende und notwendige Voraussetzung zum Kreativwerden. Die Akteure des User Generated Content können im herrschenden Urheberrechtsregime gar nicht auf ökonomischen Ertrag aus ihrer Kreativität hoffen und hiervon angetrieben sein.288 Es gibt natürlich schlagende Beispiele, die illustrieren, das ökonomisches, soziales und kulturelles Kapital nicht strikt getrennt sind, sondern letzteres sich durchaus monetarisieren lässt. Man denke z.B. an erwähnte E. L. James, deren Weltbesserseller Fifty Shades of Grey (2011) aus einem Entstehungskontext als FanFiction-Fortsetzung von Stephanie Meyers Twillight-Saga stammt – und deren späterer Transfer in den klassischen Buchmarkt aus dem nach anderen Regeln funktionierenden, z.B. ungleich kollaborativer organsierten Fan-Fiction-Markt heftig kritisiert wurde.289 Oder man denke an ein Mashup wie Brian Burtons (aka DJ Danger Mouse) Grey Album (2003), eine von Kollegen, Fans, Kulturjournalismus und Wissenschaft gleichermaßen als Meilenstein der Nullerjahre rezipierten Arbeit, die nie regulär veröffentlich wurde, Burton aber eine beeindruckende Karriere erlaubte, die 17 Jahre später u.a. 6 Grammy Awards bei 19 Nominierungen aufweist und Produzentenengagements bei Weltstars wie U2, Red Hot Chilli Peppers, Adele oder Norah Jones.290 Derartige Beispiele bestätigen aber als Ausnahmen nur die Regel: Resonanz, Anerkennung und Prestige stehen als Währung im Vordergrund des User Generated Content. Es überrascht daher, wie leicht und unausgesprochen die persönlichkeitsrechtliche Dimension der Schutzniveaufrage an dieser Stelle beiseite geschoben wird, gerade weil die deutsche Rechtswissenschaft seit jeher die persönlichkeitsrechtliche Prägung des Urheberrechts besonders betont und gegen die klarer ökonomische Ausrichtung z.B. des EU-Urheberrechts oder des US-amerikanischen

286 Europäisches Parlament/Rat der Europäischen Union Richtlinie 2001/29/EG 2001, Erwgr. 9. 287 Vgl. stellv. Lessig The Future of Ideas 2002, S. 201; Reich Die ökonomische Analyse des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft 2006, S. 35, 41; Stallberg Urheberrecht und moralische Rechtfertigung 2006, S. 330; Ohly Urheberrecht als Wirtschaftsrecht 2008, S. 160; Hansen Warum Urheberrecht 2009, S. 170; Cass/Hylton Laws of Creation 2013, S. 98; Kerber Zur Komplexität der Anwendung des ökonomischen Anreizparadigmas bei geistigen Eigentumsrechten 2014, S. 33; Silbey The Eureka Myth 2015, S. 276; Nazari-Khanachayi Rechtfertigungsnarrative des Urheberrechts im Praxistest 2016, S. 227; Dornis Urheberrecht, Ökonomik und Evolution 2018, S. 348. 288 Vgl. Bourdieu Soziale Ungleichheiten 1983, S. 183ff. 289 Vgl. Einwächter Media in Action 2017, S. 93 (94). 290 Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 142–155.

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Urheberrechts verteidigt.291 Für User Generated Content ist aber gerade das ein entscheidender Faktor. Wer sehen will, wie ernst in letztgenannten Konstellationen dieser soziale und symbolische Markt gemeint ist und genommen wird, mag nur einmal verfolgen, wie hart sozial Tweetklau bei Twitter geahndet wird.292 Hinter dieser Vernachlässigung steht zudem die unzutreffend vereinfachende Annahme, dass User Generated Content nur die Bearbeitung von ökonomisch hochwertigen Kulturgütern durch Amateure meine. Gerade in Sozialen Medien geht es aber nicht nur um die Frage der Nachnutzungsfreiheit im Verhältnis zwischen kommerzieller Vorlage und nichtkommerziellem User Generated Content, sondern ebenso wichtig und häufig im Verhältnis zwischen nichtkommerziellem User Generated Content und nichtkommerziellem User Generated Content. Nur am Rande sei angemerkt: Wäre das Urheberrecht alleine ein Wirtschaftsrecht im primären Dienste des Urhebers und die Schutzniveaufrage nur bezogen hierauf zu beantworten, wäre das urheberrechtliche System im Übrigen an vielen Stellen grob dysfunktional, da es dieses Ziel nicht ansatzweise konsequent verfolgt: Man denke stellvertretend nur an das Metall-auf-Metall-Verfahren und den darin ausgefochtenen Kampf um einhundertprozentige Kontrolle über die Nutzung von Samples mit dem Kernargument des Schutzes des ökonomischen Wertes dieses Lizenzmarktes293 – ein Argument, das die empirische Wirtschaftsforschung entkräftet hat, indem sie zeigen konnte, dass Sampling den Mehrwert und Erlös der Vorlagen vielmehr gerade steigert und eben nicht schwächt oder gefährdet.294 Wären Urheber- und Leistungsschutzrecht im Übrigen in der Lage, eine angemessene Vergütung der Kreativen zu sichern, müsste man nicht fortwährend Sondernormen einführen und schärfen, die verzweifelt versuchen, zu fördern, was das herrschende System trotz Absichtserklärungen offenkundig nur unzureichend einzulösen im Stande ist: angemessene Vergütung nämlich.295 eee. Zusammenhang der Regelung Ein weiteres Kriterium, dass der EuGH bei der Begriffsauslegung anwendet, ist, dass »zu berücksichtigen ist, in welchem Zusammenhang er verwendet wird«296 . Es ist freilich nicht zu erkennen, warum die drei Fallgruppen in Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG, § 51a UrhG n.F. derart unterschiedlich ästhetisch auslegbar sein sollten wie die deutsche Urheberrechtsnovelle vorschlägt. Man

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Vgl. stellv. Ohly Europäische Grundsätze des Geistigen Eigentums 2010, S. 190. Vgl. Paßmann Die soziale Logik des Likes 2018, S. 254–261. Vgl. BVerfG ZUM 2016, S. 626 (629f.), Rn 44f. – Metall auf Metall. Vgl. Schuster/Mitchell/Brown American Business Law Journal 2019, S. 117ff. Vgl. Obergfell/Zurth ZGE 2016, S. 1 (2); Grünberger ZGE 2017, S. 188 (196f.). Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 314ff.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

kann im Gegenteil sogar argumentieren, dass es sich nicht um eine Sammlung von drei Schranken, sondern eine einheitliche Schranke handelt.297 In der Lesart der deutschen Urheberrechtsnovelle liegen die Begriffe in § 51a UrhG n.F. kunstspezifisch betrachtet freilich schlicht nicht auf dergleichen Ebene, obwohl die Norm genau dies eigentlich suggeriert. Denn Parodie und Karikatur bezeichnen inhaltlich spezifisch konturierte und hinreichend bestimmte Beziehungen zwischen Vorlage und Aneignung. Die Bestimmung des Pastichebegriffs hingegen erscheint an der entscheidenden Stelle als Aufzählung all jener Begriffe, auf die man bei der Recherche dazu gestoßen sein mag, was alles User Generated Content sei. Es wurde dabei jedoch übersehen – oder bewusst ignoriert –, dass jene angeführten Beispielfälle sich bei kunstspezifischer Betrachtung wiederum als substanziell voneinander verschieden darstellen hinsichtlich der Beziehung von Vorlage und Aneignung, für die sie jeweils stehen. Drei dieser Begriffe – Cover, Sampling und Mashup – mögen diese Kritik exemplarisch verdeutlichen: Ein Cover ist eine ›bloße‹ Interpretation eines Liedes, die jeden Grad an Nähe- bzw. Distanzverhältnis zum Original und jede Form inhaltlicher Aussage aufweisen kann, solange nur die Vorlage als Referenzraum noch präsent ist, und sei es nur noch über den Titel, was z.B. in zeitgenössischer Jazzmusik gar nicht so selten vorkommt. Sampling wiederum, ein anderes Beispiel des deutschen Gesetzgebers, ist zunächst einmal eine abstrakte Technologie, nicht anders als etwa ein Instrument es ist. Und zugleich grundverschieden von einer Coverversion. Letztere zeichnet aus, dass sie sich stets auf Drittmaterial bezieht. Erstere dadurch, dass untertrennbar stets zugleich mit einem Werk und einer bestimmten Performance dieses Werks gearbeitet wird. Ob man mit Drittmaterial arbeitet oder nicht, ist dabei nicht konstitutiv, anders als beim Cover. Mashup wiederum bezeichnet begrifflich sehr unterschiedliche kompositorische Formen musikalischer Aneignung, die lediglich eint, dass es immer um eine vertikale, d.h. gleichzeitige Gegenüberstellung von musikalischem Material aus voneinander verschiedenen Quellen geht.298 Darum geht es beim Covern z.B. aber gerade nicht. Kunstspezifisch betrachtet kann Pastiche über also Begriffe wie Cover, Sampling und Mashup gar nicht kohärent erläutert werden, so verschieden ist, wofür diese Begriffe in der künstlerischen Theorie und Praxis stehen. Nähme er sich selbst beim Wort, müsste der in der Begründung des Entwurfs der deutschen Urheberrechtsnovelle entworfene Pastichebegriff zudem eigentlich ausschließlich Fälle »imitierender […] Kulturtechnik« erfassen, denn die im selben Atemzug erwähnte »zitierende […] Kulturtechnik findet sich woanders, in § 51 UrhG, und die sich bloß

297 Vgl. Würtenberger/Freischem GRUR 2020, S. 1063 (1064f.). 298 Vgl. zu Mashups Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 61ff. Warum Covern am Ende am Ende in BReg BTE 2001, S. 91 gestrichen wurde, ist unklar.

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»anlehnende Kulturtechnik« berührt das Urheberrecht erst gar nicht.299 Sampling (und mit ihm Mashup, bei dem regelmäßig Sampling zum Einsatz kommt) ist aber im ersten Schritt nie eine stilistische Nachahmung, sondern stets eine konkrete Übernahme, in deren Weiterverarbeitung man natürlich den Stil von jemand anderem nachahmen kann, z.B. seine Ästhetik zu samplen. Die Sache selbst ist aber nie eine Nachahmung, sondern eine direkte Übernahme. Das gilt für das Cover entsprechend. Man kann etwas covern ›im Stile von‹. Ein Cover ist aber eine Interpretation von etwas Konkretem, kein Imitat. Cover, Sampling und Mashup sollen aber vom Pastichebegriff erfasst werden. Das wiederholte Anschließen an das – in der künstlerischen Theorie und Praxis durchaus vorkommende – Begriffsverständnis von Pastiche als stilistischer Nachahmung in der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle führt also in die Irre, wenn der Pastichebegriff zugleich für Praktiken wie Cover, Sampling und Mashup stehen soll. Hier wird also in sich widersprüchlich argumentiert. Und vermag daher nicht zu tragen, Pastiche anders zu behandeln als Parodie und Karikatur, mit denen Pastiche vom Unionsgesetzgeber in einem Atemzug genannt ist. Zugleich erstaunt, wie nahtlos die der deutschen Urheberrechtsnovelle nahe Literatur in Teilen dieselbe Position, die man ohne Anschauung des Pastichebegriffs zuvor bereits formuliert hatte, aber z.B. im Blick auf § 24 Abs. 1 UrhG a.F., nun bruchlos auf den Pastichebegriff überträgt. Das ist recht typisch für diese Argumentationslinie, die erkennbar vom Ziel her denkt und nach einer Umsetzungslösung dafür sucht. Dieselben Begründungsmuster von der Kategorie des selbstständigen Werks in § 24 Abs. 1 UrhG a.F. hin zum Pastichebegriff zu übertragen, wird dabei nicht nennenswert problematisiert – ist aber nicht selbsterklärend. Das gilt schon deswegen, weil die freie Benutzung an der Lehre vom Verblassen hing und dieses bei der Bestimmung der Weite der Pasticheschranke überhaupt keine Rolle mehr spielt.300 Der Kontext der Pasticheschranke in der InfoSoc-RL 2001/29/EG spricht daher ebenfalls gegen die weite Auslegung des deutschen Gesetzgebers. fff. Gewöhnlicher Sprachgebrauch Ein weiteres Kriterium, dass der EuGH bei der Begriffsauslegung anwendet, ist, den »Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch zu bestimmen«301 . Die Begründung des Entwurfs der deutschen Urheberrechtsnovelle klärt diesen nicht. Stattdessen bietet sie verteilt auf wenige Sätze einerseits unbelegte Behauptungen, dass Pastiche nämlich ein veralteter Begriff sei (aus Literaturwissenschaft

299 BMJV RefE 2020, S. 97. 300 Vgl. Lauber-Rönsberg ZUM 2020, S. 733 (740). 301 EuGH ZUM-RD 2014, S. 613 (615), Rn 19 – Deckmyn/Vrijheidsfonds/Vandersteen.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

und Kunstgeschichte), der im Übrigen regelmäßig gar nicht die Aneignung konkreter Werkteile meine. Beides erweist sich bei kunstspezifischer Betrachtung als unzutreffend, wie noch zu sehen sein wird. Andererseits wird der Begriffsgebrauch von Pastiche in der Klassischen Musik als Pasticcio mit Stilnachahmung erläutert. Das ist schlicht falsch. In der Musik des 18. Jahrhunderts bezeichnet der seinerzeit sehr gebräuchliche Ausdruck Pasticcio vielmehr das »Arrangement früher komponierter Arien eines oder mehrerer Komponisten zu einer neuen Oper«.302 Das ist keine »anlehnende Nutzung«,303 wie die Begründung des Entwurfs der deutschen Urheberrechtsnovelle schreibt; das ist eine rekontextualisierende Nutzung – eher wie ein Medley in groß. Das ist bei kunstspezifischer Betrachtung schlicht etwas völlig anderes. Die Begründung des Entwurfs der deutschen Urheberrechtsnovelle hätte den Sprachgebrauch jedoch korrekt und substanziell aufarbeiten müssen. Hätte man das auch nur ansatzweise unternommen, hätte man unverzüglich festgestellt, dass der Pastichebegriff der deutschen Urheberrechtsnovelle in offenem Widerspruch steht und zwar zum Pastichebegriff jener beiden Leitinformationsquellen des allgemeinen Sprachgebrauchs, mit denen man im deutschen Alltag heutzutage üblicherweise als erstes Begriffe zu klären versucht und in die auch viele Juristen geschaut haben dürften bei Erstkontakt mit dieser neuen Schranke, dem Duden und Wikipedia nämlich. Dort steht freilich etwas völlig anderes als in der Begründung des Entwurfs der deutschen Urheberrechtsnovelle: • •

»Nachahmung des Stiles und der Ideen eines Autors.«304 »Das Pastiche [pasˈti] (von frz. Pastiche ›Nachahmung‹, ital. Pasticcio ›Pastete‹) ist ein Kunstwerk literarischer, musikalischer, filmischer oder architektonischer Art, das offen das Werk eines vorangegangenen Künstlers imitiert.«305

Allgemeine Standardlexika wie der Brockhaus oder akademische Sprachenzyklopädien wie das Digitale Wörterbuch der Deutschen Sprache der BerlinBrandenburgischen Akademie der Wissenschaften äußern sich korrespondierend: •

»Nachahmung eines Werkes, eines Epochenstils oder einer literarischen Gattung unter Verwendung eines– im Unterschied zur Parodie– typisierenden,

302 Dahlhaus Die Musik des 18. Jahrhunderts 1985, S. 402. Vgl. demnächst unter Mitwirkung des Autors ausführlich Over/zur Nieden Operatic Pasticcios in 18th Century Europe. Contexts, Materials and Aesthetics 2020. Das ist auch im juristischen Diskurs durchaus bekannt, vgl. stellvertretend Ohly GRUR 2017, S. 964 (968). 303 Vgl. BMJV RefE 2020, S. 96. 304 https://www.duden.de/rechtschreibung/Pastiche. 305 https://de.wikipedia.org/wiki/Pastiche.

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die Persönlichkeit des Autors hinter die formale Angleichung zurückstellenden Stils. Die mit einem Pastiche verbundene Intention kann die einer Fälschung, eines Plagiats oder einer Parodie sein.«306 »Nachahmung des Stils u. der Ideen eines Autors.«307

Vermeintliche Konturlosigkeit, Widersprüchlichkeit und Unterbestimmtheit des Pastichebegriffs scheinen durch die Begründung des Entwurfs der deutschen Urheberrechtsnovelle also wenigstens auf den ersten Blick nur unterstellt. Darauf deuten zumindest diese vier Ressourcen hin. Sie stimmen miteinander überein und sind dabei ausnehmend klar in ihrer Definition. Diesen augenfälligen Widerspruch zwischen sich und dem zumindest indizierten gewöhnlichen Sprachgebrauch adressiert die Begründung des Entwurfs der deutschen Urheberrechtsnovelle freilich nicht. Sie hätte aber hiervon ausgehend weiterfragen müssen. Es ist hingegen nicht überzeugend, zu vertreten, dass der deutsche Gesetzgeber – und mit ihm die (abgesehen von Pötzlberger) in diesem Punkt leider viel zu oberflächlich bleibende, der Urheberrechtsnovelle nahe Literaturlinie – darauf verzichten durfte, weil der EuGH im Fall des Pastiche anders als im Fall der Parodie gar nicht beim Sprachgebrauch ansetzen könne, wenn dieser stilistische Nachahmung meine, weil diese doch urheberrechtlich irrelevant sei.308 Dass es der Pasticheschranke also gar nicht mehr bedürfte, wenn Pastiche nur stilistische Nachahmung (Imitation) meinen sollte so wie es Duden, Wikipedia, Brockhaus und Digitales Wörterbuch der Deutschen Sprache angeben. Zwar steht der Stil eines Künstlers in der Tat jedem Dritten grundsätzlich zur Imitation frei,309 auch wenn in Extremfällen international durchaus schon auf Verletzung des Persönlichkeitsrechts befunden wurde.310 Aber entgegen vorgenannter Literaturannahme kann die Imitation der stilistischen Machart eines Werks eben durchaus allein schon nur für sich ausreichen, damit auf eine unfreie Bearbeitung befunden wird – dafür muss man gar nicht auf die französische Spruchpraxis zum Pastiche schauen oder an den berühmt-berüchtigten amerikanischen BlurredLines-Rechtsstreit denken, bei dem das der Fall war;311 dies ist tatsächlich auch in Deutschland schon so entschieden worden.312 Die für die Vorlage, Sadeness (Part I) 306 http://brockhaus-1de-100883de60334.erf.sbb.spk-berlin.de/ecs/enzy/article/pastiche-literat ur. 307 https://www.dwds.de/wb/Pastiche. 308 Vgl. Lauber-Rönsberg ZUM 2020, S. 733 (738). 309 Vgl. Apel ZGE 2018, S. 162 (178). 310 Vgl. Court of Appeals Ninth Circuit GRUR Int. 1989, S. 338 – Midler v. Ford Motor Co. 311 Vgl. Apel Immaterialgüter und Digitalisierung 2017, S. 237ff.; McPherson SCLR Postscripts 2018, S. 67ff. Vgl. zur musikwissenschaftlichen Analyse Bennett Did Robin Thicke Steal »Blurred Lines« from Marvin Gaye? 2015. 312 Vgl. OLG München ZUM 1992, S. 202 – Sadeness/Madness (29 U 3929/91).

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

[sic] von Enigma (1990),313 charakteristische Kombination unterschiedlicher Stilelemente (u.a. Dancefloorbeats, gregorianischer Chorgesang, Ethnoflötensamples) wurde seinerzeit in einer jüngeren Arbeit imitiert, in diesem Fall mutmaßlich, um von dem saisonal außerordentlich hohen kommerziellen Wert der Vorlage zu profitieren: In den fünf damals wichtigsten Musikmärkten der Welt erreichte Sadeness (Part I) Platz 5 in den USA sowie Platz 1 in Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Japan, weltweit sollen es über 5 Millionen Verkäufe gewesen sein.314 Das OLG München befand ob dieser Imitation auf unfreie Benutzung und mithin zustimmungspflichtige Bearbeitung. Und es tat dies zu Recht: Denn kunstspezifisch betrachtet begründet die Imitation der Machart einer Vorlage mitunter ein viel stärkeres Näheverhältnis zwischen Werken als die direkte Übernahme einiger Töne oder Takte. Es hängt einzig am Originalitätsgrad der übernommenen Machart, so wie im vorgenannten Fall aufgrund der ungewöhnlichen Genrekombination der Vorlage ausgesprochen hoch war. Angemerkt sei bei dieser Gelegenheit, dass sich der juristische Diskurs wie so oft auch an dieser Stelle ganz auf die Rechte des Urhebers konzentriert und die Rechte der Performer, der ausübenden Künstler also (§§ 73ff. UrhG), unbeachtet lässt.315 Bei kunstspezifischer Betrachtung ist dieses Versäumnis unerklärlich, da sich aus § 83 UrhG ergibt, dass die Pasticheschranke auch diesen Typus von künstlerischen Leistungsschutzrechten berühren würde und wird. Den performativen Bereich mit in die Abwägung einzubeziehen, hätte in diesem Fall noch näher gelegen als sonst, da ein Begriff von Pastiche verstanden als stilistische Nachahmung (Imitation) bereits in sich trägt, dass er sich gleichermaßen und gleich gut auf Werke wie auf Darbietungen beziehen lässt: Man kann ein Stück Musik ›schreiben im Stil von …‹. Man kann ein Stück Musik ›spielen im Stil von …‹. Und man kann letzteres genauso wissentlich und willentlich aus hohen oder niederen Beweggründen tun wie versehentlich-zufällig oder unbewusst. Die Frage stilistischer Nachahmung ist auch in performativen Praktiken zentral, die urheberrechtsnah werkbezogen sind, wie die Klassische Musik klassischerromantischer Tradition: Von der künstlerischen Hommage bis zum musikkritischen Verriss rückt hier fortwährend unter dem Stichwort Vergleichende Interpretationsforschung (engl. Performance Studies) das Verhältnis der Ausführung desselben Werks zwischen verschiedenen Interpreten in gleicher Weise in den Mittelpunkt, wie es im Plagiatsrecht die Relation von Werkteilen tut.316 Die Gesellschaft

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Der Titel ist ein Wortspiel aus dem englischen Wort sadness und dem Marquis de Sade. Vgl. https://en.wikipedia.org/wiki/Sadeness_(Part_I). Vgl. hierzu grundlegend Apel Der ausübende Musiker im Recht Deutschlands und der USA 2011; Apel ZGE 2018, S. 162ff. Vgl. einführend zum Forschungsbereich Cook Beyond the Score 2013; Ertelt/von Loesch Geschichte der musikalischen Interpretation im 19. und 20. Jahrhundert 2018.

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für Musikforschung unterhält eine eigene Fachgruppe zu diesem Forschungsbereich.317 Die Bedeutung der Frage stilistischer Nachahmung im Performativen wird aber vielleicht noch klarer, wenn man sich ihr anhand musikalischer Kulturen nähert, für die nicht das Werk, sondern die Performance im Vordergrund steht. Ein anschauliches Beispiel ist der sogenannte Standardsjazz,318 in dem ein Kanon an Liedern als Improvisationsbasis genutzt wird, bei dem aber viel weniger das Werk im Vordergrund des Traditionszusammenhangs steht als vielmehr, wer es zuvor schon prominent wie verwendet hat.319 Der Gegenstand der Fremdreferenzialität ist hier viel weniger das Werk als die Geschichte seiner Interpretation, zu der man sich regelmäßig bewusst und explizit verhält. Darüber hinaus muss man sich klar machen, wie zentral das Transkribieren und Nachspielen von Solis in der Jazzausbildung ist, woraus sich unmittelbar ableitet, wie wesentlich die Kategorie stilistischer Nachahmung – bzw. gerade ihre Vermeidung im fortgeschrittenen Stadium – in dieser musikalischen Praxis ist.320 Es gäbe also sehr wohl einen Anwendungsbereich für Pastiche ausschließlich im Sinne stilistischer Nachahmung (Imitation). Es kommt demnach auch beim Pastiche mit dem EuGH auf den gewöhnlichen Sprachgebrauch an, mit dem BVerfG unter besonderer Berücksichtigung des gewöhnlichen Sprachgebrauchs in der künstlerischen Theorie und Praxis. Das Gegenargument greift nicht durch. Es ist ferner ebenfalls nicht überzeugend, zu vertreten, dass man, wenn man dies denn tue, gar nicht weiterkomme, weil sich der Pastichebegriff bei kunstspezifischer Betrachtung als wahlweise konturlos bzw. widersprüchlich bzw. unterbestimmt erweise – also ein gewöhnlicher Sprachgebrauch bei genauem Hinsehen gar nicht zu ermitteln sei. Strategisch-argumentativer Aufhänger dieses Einwandes ist dabei der Befund, dass der Begriffsdiskurs auch in der künstlerischen Theorie und Praxis durchaus diversifizierter und nuancenreicher auftritt als einen die Definitionen von Duden und Wikipedia glauben machen. Dass dem so ist, zeigt sich in der Tat schon plastisch sofort an zwei Listen, die auch im juristischen Schrifttum inzwischen immer wieder angeführt werden: Ingeborg Hoesterey definiert über mehrere Seiten zahlreiche Nachbarbegriffe von A wie Adaptation und Appropriation bis T wie Travestie, die im Begriffsgebrauch mal mehr, mal wenig verschieden zum Pastichebegriff vorkommen.321 Und Richard Dyer listet mehr als ein Dutzend gängiger Begriffs-

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Vgl. https://www.musikforschung.de/index.php/fachgruppen/auffuehrungspraxis-und-inter pretationsforschung. 318 Vgl. Feige Philosophie des Jazz 2014, S. 70–81. 319 Vgl. Feige Musik aus zweiter Hand 2017, S. 237ff. (insb. 251ff.). 320 Vgl. Feige Musik aus zweiter Hand 2017, S. 237ff. (insb. 251ff.). 321 Vgl. Hoesterey Pastiche 2001, S. 10–15; vgl. auch Dyer Pastiche 2007, S. 9, 11–16, 22f., 25–47.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

bedeutungen von Pastiche auf samt Nachweisen für Fälle ihrer jeweils aktuellen Verwendung.322 Folgt man dem Pastichebegriff in die künstlerische Theorie und Praxis, fällt also rasch auf, dass sich auch dort die Begriffsbestimmung herausfordernd darstellt.323 Oder wie Richard Dyer resümiert: »Pastiche is a widely used critical term: it is used a lot and loosely. [...] All of theses usages are proper. One sees what they all mean, even though they do not all mean the same thing. [...] In both its shifting history and current multiplicitous use, the word pastiche is in practice extremely elastic.«324 Der Status humoristisch-kritischer Motivation und Wirkung als hinreichende und notwendige Bedingung für ein Pastiche ist z.B. hier wie in der Rechtswissenschaft strittig.325 Mal ist ferner für Pastiche ästhetisch gesehen der (diese herausfordernde oder gar auflösende) Umgang mit der Grenze zwischen Hoch- und Popularkultur konstitutiv, mal meint der Gebrauch des Begriffs Pastiche (dann als ›bloß‹ negatives Qualitätsurteil) das Gegenteil von Hochkultur.326 Auch ist in der künstlerischen Theorie und Praxis gleichfalls strittig, ob ein Pastiche in seiner Fremdreferenzialität als solches erkennbar oder die Möglichkeit eines Erkennens vom Adaptierenden wenigstens intendiert sein muss.327 Ebenso finden sich unterschiedliche Sichtweisen dazu, ob Pastiche zwingend eine rein imitative Praxis darstellt, die zwar auch auf konkrete Personalstile und Werke Bezug nehmen darf – als Pastiche aber eben nur imitativ, nicht integrativ, d.h. konkret aus der Vorlage übernehmend wie im Fall des Sound Sampling.328 Durchaus kommt es daher vor, dass Pastiche eher im Sinne von Collage gebraucht wird.329 All das ist jedoch auffallend selten. Das man durchaus eine gewisse Heterogenität der Begriffsverwendung im gewöhnlichen Sprachgebrauch der künstlerischen Theorie und Praxis vorfindet, ist – neben gewissen historischen Ungleichmäßigkeiten, die sich über Jahrhunderte hinweg seit der Renaissance eingestellt haben330 – vor allem dem Umstand geschuldet, dass Pastiche schlicht keine häufig verwendete und darüber jedem in

322 Vgl. Dyer Pastiche 2007, S. 7f. 323 Vgl. Dyer Pastiche 2007, S. 7–9; Austin Proust, Pastiche, and the Postmodern, or Why Style Matters 2013, S. 3; Fletcher Reading Revelation Pastiche 2017, S. 48. 324 Dyer Pastiche 2007, S. 7–9. 325 Vgl. Jameson Postmodernism, or, the Cultural Logic of Late Capitalism 1991, S. 17f.; Dyer Pastiche 2007, S. 7, 22; Gloag Postmodernism in Music 2012, S. 61; Austin Proust, Pastiche, and the Postmodern, or Why Style Matters 2013, S. 3f. 326 Vgl. Hoesterey Pastiche 2001, S. xi, 1. 327 Vgl. Dyer Pastiche 2007, S. 9f., 22f. 328 Vgl. Dyer Pastiche 2007, S. 1; Sanders Adaptation and Appropriation 2016, S. 5 329 Vgl. Hyde The Cambridge Companion to Stravinsky 2003, S. 98 (135). 330 Vgl. Radisich Pastiche, Fashion, and Galanterie in Chardin’s Genre Subjects 2014, S. 34.

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seinem Gehalt präsente Terminologie darstellt, anders als Parodie z.B. Der typischerweise sehr geringe allgemeine Stellenwert des Pastichebegriffs insbesondere für den Musikdiskurs lässt sich z.B. am aktuellen, für seinen Gegenstandbereich in Deutschland maßgeblichen Handbuch der Musikwirtschaft ablesen, in dem trotz u.a. zahlreicher Rechtsbeiträge der Begriff Pastiche nicht fällt.331 Auch in den zentralen aktuellen Standardwerken zur Geschichte von Popmusik, Jazz und Klassischer Musik kommt der Pastichebegriff entweder gar nicht oder allenfalls vereinzelt und am Rande vor.332 Im Referenzwerk zur philosophischen Ästhetik, Paul Guyers monumentaler A History of Modern Aesthetics, spielt der Begriff ebenfalls keine Rolle.333 Diese Auswahlliste ließe sich lange fortsetzen, die Stoßrichtung bliebe stets gleich. Dieser Befund stellt sich z.B. auch ein, wenn man Genres nah an der Begründung des Entwurfs der deutschen Urheberrechtsnovelle betrachtet, etwa das Hip-HopGenre, aus dem der Streitgegenstand im Metall-auf-Metall-Verfahren stammt.334 Im Diskurs im und über Hip-Hop kommt Pastiche kaum vor.335 Wenn doch, so ist durchweg das Imitatorische, die stilistische Nachahmung, das Entscheidende. Etwa, wenn Pastiche als spezifische Art einer weitgehend modifikationslosen Revision fremder Arbeiten beschrieben wird, eine Verfahrensweise zur Sicherung beabsichtigter und für den Hörer identifizierbarer Intertextualität, die obendrein nur in einer bestimmten Phase, bis zu den 1990er Jahren nämlich, besondere Relevanz für das Genre hatte.336 Andere sehen Imitation und Integration fremder Texte und Musik als gleichberechtig relevante Pasticheformen des Hip-Hop, stellen jedoch gerade das Element einer für den Hörer identifizierbaren Intertextualität als wesentliche Motivation für die Nutzung dieses künstlerischen Verfahrens und damit Voraussetzung für das Anlegen des Pastichebegriffs im Hip-Hop in Frage.337 Wieder andere fordern, dass bestimmte ästhetische Resultate entstehen wie »juxtaposition of disparate aesthetic systems, blank parody, fragmentation, lack of historic331 Vgl. Moser/Scheuermann/Drücke Handbuch der Musikwirtschaft 2018. 332 Vgl. stellv. Giddins Visions of Jazz. The First Century 1998; Ross The Rest Is Noise 2007; Deveaux/ Giddins Jazz 2009; Taruskin Music in the Late Twentieth Century 2010; Gioia The History of Jazz 2011; Diederichsen Über Pop-Musik 2014; Chinen Playing Changes 2018. 333 Vgl. Guyer A History of Modern Aesthetics 2014. 334 Vgl. BVerfG ZUM 2016, S. 626 (635), Rn 99 – Metall auf Metall. 335 Es gibt auffallend viele, die z.B. Sound Sampling im Hip-Hop ohne jeden Rekurs auf den Pastichebegriff diskutieren – und damit zumindest die Frage provozieren, inwiefern die PasticheKategorie überhaupt dem Gegenstand, Hip-Hop nämlich, angemessen ist oder nicht doch aus anderen künstlerischen Zusammenhängen stammend ihm von außen aufgedrückt wird? Vgl. stellv. Klein/Friedrich Is This Real 2003; Pelleter/Lepa »Sampling« als kulturelle Praxis des HipHop 2007; Katz Groove Music 2012; Sewell A Typology of Sampling in Hip-Hop 2013; Edwards The Concise Guide to Hip-Hop Music 2015; Williams The Cambridge Companion to HipHop 2015. 336 Vgl. Schur Parodies of Ownership 2009, S. 31f. 337 Vgl. Williams Rhymin’ and Stealin’ 2013, S. 7f., 177f.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

ity, and so forth«,338 um die Nutzung von Sound Sampling im Hip-Hop unter den Pastichebegriff subsumieren zu können. Aber all dies ist selten. Dieselbe Nebenrolle kommt dem Pastichebegriff z.B. im Bereich Mashup zu, der eines der Beispiele der Begründung des Entwurfs der deutschen Urheberrechtsnovelle für Pastiche darstellt und den ich selbst umfassend erforscht habe.339 Schon deswegen erweist sich der Pastichebegriff als ein denkbar unglücklich gewählter Ansatzpunkt hin zu einer User-Generated-Content-Generalklausel oder gar einer allgemeine Generalklausel für kreative Umgestaltungen (wohin die deutsche Urheberrechtsnovelle mangels Begrenzung auf nichtkommerzielle Aneignungen strebt). Der Pastichebegriff kommt nämlich anders als der Zitatbegriff oder der Parodiebegriff in sehr vielen Künsten und künstlerischen Praktiken kaum oder gar nicht vor, ist also nur sehr bedingt anschlussfähig. Das Unglückliche der Begriffswahl wird noch deutlicher, wenn man erkennt, dass wenn von Pastiche gesprochen wird, der Begriff in der künstlerischen Theorie und Praxis – und das kann mit ein wenig Literaturrecherche gar nicht übersehen werden – für etwas anderes steht als die deutsche Urheberrechtsnovelle im Blick hat. Der imitatorische Charakter des Pastiche steht ganz klar im Vordergrund. In Analogie zum juristischen Sprachgebrauch könnte man von herrschender Meinung sprechen. Ein typisches Beispiel für diese übliche Begriffsverwendung sind Kenneth Gloags Kommentare in seiner Standardstudie zur Postmodernen Musik zu George Rochbergs Drittem Streichquartett, einem Klassiker dieser musikalischen Praxis: »The five-movement quartet is based around newly composed music that intentionally sounds old. [...] However, in keeping with the pastiche nature of the music, in contrast to the specificity of intertextual relationships in the collage works, these are only suggestive, being at most allusions than direct quotations.«340 Einem solchen Pastichebegriff wie bei Gloag geht es ersichtlich eher um ein allgemeineres Spiel mit »kulturellem Gedächtnis«341 als um jene direkten Übernahmen aus älterer Musik, die das Urheberrecht jedenfalls im Bereich der Musik regelmäßig beschäftigt. Oder wie es Rodney Stenning Edgecombe in seine Taxonomie des musikalischen Pastiches auf Basis dutzender Beispiele aus Werken Klassischer Musik definiert: »[P]astiche comes into existence only when there is emphatic divide in time and space and, with that, a divide in style.«342 »Sprechen in einer toten Spra-

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Vgl. Schloss Making Beats 2014, S. 65. Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016. Gloag Postmodernism in Music 2012, S. 91f. Hoesterey Pastiche 2001, S. xi. Edgecombe The Musical Times 2017, S. 27 (28).

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che«343 steht im Vordergrund dieses Pasticheverständnisses, wie es sehr bildhaft bei Fredric Jameson heißt, d.h. die Aneignung und Nutzung kultureller Formen und Praktiken, die nicht originär die eigenen sind, ob sie nun zu einer fremden Epoche, einem fremden Genre oder einem fremden Personalstil gehören. Und es kommt nicht von ungefähr, dass bei den zentralen, meistzitierten theoretischen und künstehistorischen Texten zum Pastichebegriff – Genette, Jameson, Hoesterey, Dyer – dieser Fokus auf das Imitatorische im Vordergrund steht. Im Ergebnis ist der Begriffsgebrauch in der künstlerischen Theorie und Praxis dort, wo der Terminus Pastiche verwendet wird, ungleich konsistenter, als es deutsche Urheberrechtsnovelle und der ihr nahe Teil des juristischen Diskurses mit ihrer heterogenen Kasuistik von User Generated Content unterstellen.344 Es gibt dabei im Übrigen durchaus auch prominente Künstler, für deren Schaffen das Imitatorische im Sinne dieses engen Pastichebegriffs sogar konstitutiv ist. An ihrem Œuvre lässt sich der expressive Mehrwert der künstlerischen Strategie stilistischer Nachahmung besonders gut studieren. Es ist auch für den juristischen Diskurs durchaus fruchtbar, die Relevanz von Pastiche in diesem engen Sinne für die künstlerische Praxis stärker zu berücksichtigen. Denn es ist nicht nur eine – natürlich zu Recht zu stellende – Frage, ob es einen rechtlichen Bedarf für eine solche enge Pasticheschranke gibt (was wie gesehen zu bejahen ist). Korrespondierend ist umgekehrt genauso wichtig, zu erkennen, dass dies auch aus Sicht der künstlerischen Produktion eine Schranke von Relevanz wäre, also auch von dieser Warte aus gesehen eben keineswegs leerliefe. Ein schlagendes Beispiel bieten die Musicals von Stephen Sondheim, dem intellektuellen Übervater des populären Musiktheaters in den vergangenen gut 50 Jahren. In seinem Genreklassiker Follies aus dem Jahr 1971 imitieren z.B. korrespondierend zum Plot nahezu alle Lieder den Stil bekannter Broadway-Größen der 1920er bis 1940er Jahre; es geht um charakteristische stilistische Macharten, nicht direkte Übernahmen.345 Was hier als Pastiche passiert, setzt aber ein Maß an Kunstfertigkeit voraus, auf das die deutsche Urheberrechtsnovelle gerade nicht zielt, weil sie UGC im Blick hat, insbesondere dessen alltägliche, ästhetisch niedrigschwellige Erzeugnisse. Ein Beispiel aus Follies macht das erforderliche Maß an Kunstfertigkeit deutlich. Für die dortige Schlüsselballade Losing My Mind stellt George Gershwins The

343 Jameson Postmodernism, or, the Cultural Logic of Late Capitalism 1991, S. 17. 344 Abgesehen davon, dass gefragt werden darf, dass wenn der gewöhnliche Sprachgebrauch in der künstlerischen Theorie und Praxis wirklich derart instabil und diversifiziert wäre, wie ihn die deutsche Urheberechtsnovelle und ihre Unterstützer behaupten, wie sich daraus belastbar ableiten lassen solle, dass die eine künstlerische Variante des Begriffsgebrauchs in den Vordergrund geschoben und rechtlich privilegiert wird und die andere nicht? 345 Vgl. Dyer Pastiche 2007, S. 81ff.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

Man I Love den Referenzpunkt dar. Dessen kompositorische Strategie (Chromatik in der Akkordbegleitung gegen gleichmäßige, mit Sequenzierung arbeitende Melodik) wird aufgegriffen, freilich in entgegengesetzter Richtung gespiegelt, um die Pastichewirkung zu entfalten: In The Man I Love weist die charakteristische Chromatik abwärts, in Losing My Mind führt sie, zudem rhythmisch versetzt, aufwärts.346 Zwei juristisch voneinander völlig unabhängige Werke entstehen so, deren Beziehung ästhetisch jedoch derart eng ist, weil das kompositorische Prinzip und mit ihm die ästhetische Machart übernommen werden, dass Komponist und Textdichter Stephen Sondheim über sein Pastiche sagt: »[m]usically, this was less an homage to, than a theft of, Gershwin’s ›The Man I Love‹, complete with near-stenciled rhythms and harmonies«.347 Freilich ist die Aussage der Lieder pastichetypisch grundverschieden. The Man I Love ist ein Lied über Sehnsucht nach etwas, das man noch nicht hat, aber haben möchte, getragen von der Zuversicht, dass man es dereinst haben wird, Losing My Mind ist ein Lied über Verlust und das Ringen mit der Unerreichbarkeit des Gegenstands der eigenen Sehnsucht. Insbesondere die rhythmische Verschiebung der melodischen Sequenz in Losing My Mind ist für den Effekt entscheidend, da sie dafür verantwortlich ist, dass die Melodieführung unruhig und gehetzt wirkt. »God is in the details«348 , sagt Sondheim immer wieder, und der Pastichebegriff, der sich an seinem Schaffen so vortrefflich studieren lässt, z.B. ganze Werke tragend als Genrepastiche in A Little Night Music (1973) oder Assassins (1990) und als Personalstilpastiche in Follies (1971), ist bei kunstspezifischer Betrachtung mehr als alles andere eine Aufforderung an das Bearbeitungsrecht, ästhetisch sensibel und präzise zu arbeiten.349 Der deutsche Sonderweg hin zu einem reichlich pauschalen, inhaltlich inkonsistenten Auffangtatbestand strebt jedoch in genau die entgegengesetzte Richtung. Pastiche in Sondheims Sinne stellt jedoch insbesondere im Fall seines künstlerischen Gelingens eine ausgesprochene anspruchsvolle, hochvirtuose, detailgenaue kreative Praxis dar – die schon aufgrund dessen denkbar schlecht geeignet ist, stellvertretend für User Generated Content von Amateuren und Laien zu stehen. Wenig ist künstlerisch schwerer zu schaffen, als ein Pastiche zu fertigen, das weder parodistisch wirkt noch bloß flach und derivativ erscheint, sondern als Ausdruck authentischer, ehrlicher, ernstgemeinter Expression überzeugt.350 Pastiche ist stets ein Balanceakt, wie Sondheim anmerkt, so wie Ironie, 346 Für einen ausführlichen Vergleich samt grafischer Aufschlüsselung, vgl. Swayne How Sondheim Found His Sound,2005, S. 105ff. 347 Vgl. Sondheim Finishing the Hat 2010, S. 235. 348 Vgl. Sondheim Finishing the Hat 2010, S. 235. 349 Als Startpunkt in die ästhetische Theorie und Praxis bietet sich als klassischer Text an Genette Palimpseste 1993, S. 33ff., 130ff. 350 Vgl. Hischak The Oxford Companion to the American Musical 2008, S. 571; Taruskin Music in the Late Twentieth Century 2010, S. 434.

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eine jener Expressionen, bei denen diese künstlerische Verfahrensweise eine ihrer größten Stärken hat.351 Schon wegen der dafür notwendigen künstlerischen Virtuosität ist Pastiche bei kunstspezifischer Betrachtung ein sehr unglücklich gewähltes Synonym für User Generated Content.352 Pastiche in diesem ästhetisch anspruchsvollen Sinne erlaubt einem insbesondere das präzise Evozieren spezifischer kultureller Kontexte als Rahmen für das Erzählen von Geschichten.353 Ein Musterbeispiel hierfür sind die Musicals von John Kander und Fred Ebb, einem der erfolgreichsten Autorenteams am Broadway, für deren Schaffen Pastiche geradezu zu einem Grundprinzip geworden ist, das ihren Werken zeithistorische und kulturelle Verortung, aber eben auch dramatische Energie und emotionale Komplexität gibt: Cabaret (1966) z.B. nutzt Milieu und Liedformate des Berliner 1920er-Jahre-Kabarets, Chicago (1975) Elemente des amerikanischen 1920er-Jazz-Vaudeville, Steel Pier (1997) arbeitet mit Tanzstilen des Great-Depression-Ära der 1930er Jahre.354 The Scottsboro Boys (2010) macht das Prinzip und hierin die Qualität des Arbeitens im imitatorischen Pasticheformat vielleicht besonders deutlich. Denn Kander und Ebb nutzen hier die rassistische Theatertradition der Minstrel Show, ein hochstandardisiertes und stereotypes Format des 19. Jahrhunderts, in dem Weiße mittels Blackface Schwarze spielten, um in dieser Theaterform, aber nun mit einer fast rein schwarzen Besetzung die Geschichte eines rassistisch motivieren Justizskandals der 1930er Jahre zu erzählen. Das Spiel mit dem Pastiche dient hier also dazu, die oft absurden und paradoxen Züge von Rassismus darzustellen, während die eigentliche Handlung von seiner Ungerechtigkeit und Härte erzählt. Sabine Jacques nennt die Filme von Quentin Tarantino, ein ebenso überzeugendes wie weiterführendes Beispiel, das dieses Prinzip wie die Broadway-Musicals von Sondheim oder Kander und Ebb in geradezu paradigmatischer Weise personalisiert. In Fällen wie Pulp Fiction (1994 – als Pastiche von Trivialliteratur der 1930 bis 1950er Jahre) oder Kill Bill (2003/2004 – als Pastiche der Kung-Fu-Filme der 1970er

Vgl. Sondheim, zitiert in Secrest Stephen Sondheim 1998, S. 158; McLaughlin Sondheim and the Reinvention of the American Musical 2016, S. 251. 352 Gelingt dies, kann Pastiche dafür sogar ganze Genres inspirieren und darauf bezogene kulturelle Bewegungen tragen, wie es z.B. beim Britpop in Großbritannien in den 1990er Jahren der Fall war, der die Hochphase britischer Gitarrenbands der 1960er Jahre um The Beatles und The Rolling Stones und die Popkultur des ›Swinging London‹ als Referenzpunkt hatte, aber eine ganze Jugendkulturbewegung inspirierte und maßgeblich den Sturz der anderthalb Jahrzehnte regierenden konservativen Regierung durch Tony Blair unter dem Slogan »Cool Britannia« beförderte. Vgl. Harris The Last Party 2003; Bennett/Stratton Britpop and the British Tradition 2010; Machin Analysing Popular Music 2010, S. 133–153; Stanley Yeah Yeah Yeah 2013, S. 702–716; Glasby Britpop Cinema 2019. 353 Vgl. Edgecombe The Musical Times 2017, S. 27 (30). 354 Vgl. Leve Kander and Ebb 2009, S. 22.

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IV. Gescheiterter Korrekturversuch

Jahre) ist Pastiche konstitutiv für ganze Filmwerke Tarantinos, als Ästhetik nochmals in zahllosen Episoden und Schattierungen präsent und prägend in all seinen Filmen. Für die Literatur sind etwa Marcel Proust, James Joyces oder Umberto Eco oft genannte Beispiele, für die Musik Wynton Marsalis oder Alfred Schnittke, Leonard Bernstein und George Rochberg. Im Bereich des Quality TV kann man an Serien denken wie Mad Men, The Get Down oder Downton Abbey. Pastiche als Ansatz kann sogar ganze Genres tragen. Britpop ist ein treffendes Beispiel hierfür, eine Praxis der 1990er Jahre, in der eine Praxis der 1960er Jahre von Liedformen und Instrumentationsstandards bis hin zu Kleidung, Frisuren und Attitüde gespiegelt wurde.355 Andere Beispiele für Genres dieser Art wären z.B. Glam Rock, Grunge, Jazz Rap, Acid Jazz oder Neo-Soul. Zugleich zeigen all diese Namen das ästhetische Potenzial des Pastiches an, so diese Künstler in ihren Kunstbereichen durchweg als Künstler ersten Ranges gelten. Jacques’ Taratino-Beispiel macht zugleich klar, dass selbst da, wo es im Pastiche zu direkten Übernahmen kommt, diese zwingend im Dienste einer imitativen Aussage stehen. Sonst handelt es sich nicht um ein Pastiche.356 Direkte Übernahmen können also vorkommen, in Gestalt z.B. von Requisiten bei Tarantino oder Liedformen bei Kander und Ebb. Sie sind aber ebenso wenig der Witz des Pastiches wie Humor, Kritik oder Kommentar. Die ästhetische Identität fremder Stilistik steht im Zentrum dieser Praxis.357 Oder wie Fredric Jameson in einem zentralen Text zu postmoderner Kunsttheorie und Pastiche geschrieben hat: »Pastiche is, like parody, the imitation of a peculiar or unique style, the wearing of a stylistic mask, speech in a dead language: but it is a neutral practice of such mimicry, without parody’s ulterior motive, without the satirical impulse, without laughter, without that still latent feeling that there exists something ›normal‹ to which what is being imitated is rather comic. Pastiche is blank parody [...].«358 D.h., dass direkte Übernahmen zwar möglich und gestattet, aber konzeptuell kein Selbstzweck sind. Und da, wo die direkte Übernahme und Integration von Werkteilen Dritter im Vordergrund des künstlerischen Tuns steht, geschieht dies im Bereich Pastiche in spezifischer Weise, nämlich unter Wahrung ihrer jeweiligen ästhetischen Identität, d.h. als Studien über die stilistischen Eigenart des Übernommenen, das durch die Kombination und Konfrontation miteinander in seiner Vgl. Harris The Last Party 2003; Bennett/Stratton Britpop and the British Tradition 2010; Machin Analysing Popular Music 2010, S. 133–153; Stanley Yeah Yeah Yeah 2013, S. 702–716; Glasby Britpop Cinema 2019. 356 Vgl. Jacques The Parody Exception in Copyright Law 2019, S. 13. 357 Vgl. Hutcheon A Theory of Parody 1985, S. 38; Lavik Romantic Authorship in Copyright Law and the Uses of Aesthetics 2015, S. 83f.; Petridis Quarterly Review of Film and Video 2015, S. 728 (733). 358 Jameson Postmodernism and Consumer Society 1983, S. 114.

355

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jeweiligen ästhetischen Spezifik und dem, wofür es sozial, kulturell, politisch, historisch usw. steht, betont wird.359 Aufschlussreich ist die Mühe, die sich Richard Dyer in der Einleitung seines Standardwerks zum Pastiche macht, den Terminus in den Griff zu bekommen.360 Der dabei entscheidende Satz wird allerdings im der Urheberrechtsnovelle nahen juristischen Schrifttum geflissentlich übergangen: »What concerns me is what we are trying to get at when we use the word and its cognates, rather than with revealing or legislating on what these do or should really mean.«361 Genau das müsste die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle bei kunstspezifischer Betrachtung aber leisten. Gesetzgebungsprozess wie ihm nahe Literatur machen sich jedoch ersichtlich keinerlei Mühe, zu eruieren, für was für künstlerische Konzepte der Begriff Pastiche heute steht. Und unterlassen es ferner z.B., zu klären, ob es künstlerische Praktiken gibt, die man diesem Begriffsverständnis dann zuordnen kann, die in dem jeweiligen künstlerischen Milieu aber unter anderen Begriffen laufen. Würde man all dies tun und einbeziehen, kommt man über die Analyse des Sprachgebrauchs, des gewöhnlichen wie des qualifiziert-gewöhnlichen, nämlich kunstspezifischen vor allem zu einem klaren, aber für die Belastbarkeit der Urheberrechtsnovelle ernüchternden Befund: Der Pastichebegriff ist grundsätzlich schlecht geeignet und unglücklich gewählt für ein derart weit gefasstes, übergeordnetes, grundsätzliches Anliegen, wie es die Urheberrechtsnovelle verfolgt. Denn wenn von Pastiche gesprochen wird, dann geht es in der künstlerischen Theorie und Praxis regelmäßig um im Vergleich ungleich spezifischere ästhetische Phänomene. Und im Zentrum dieses Sprachgebrauchs steht die Nachahmung von Genre-, Personal- oder Werkstil.

dd.

Zwischenergebnis

Der Vergleich der Pro- und Contra-Argumente legt somit nahe, dass der Pastichebegriff schlicht die falsche Stelle für das auch nach meinem Dafürhalten richtige, jedenfalls gut vertretbare Anliegen ist, eine weit gefasste Kreativschranke im Bearbeitungsrecht vorzuhalten.362 Bei kunstspezifischer Betrachtung erscheint es so, dass Pastiche an dieser Stelle als Mittel zum Zweck ausgelegt und dabei zu einem Synonym für Rekombinieren aller Art und Qualität gemacht wird. In der künstlerischen Theorie und Praxis ist der Pastichebegriff aber eben kein Synonym für Fremdreferenzialität jeder Art und Güte. Er ist erst recht kein Synonym für User Generated Content. Und er ist

359 360 361 362

Vgl. Dyer Pastiche 2007, S. 21; Edgecombe The Musical Times 2017, S. 27 (28, 30). Vgl. Dyer Pastiche 2007, S. 1–51. Jameson The Anti-Aesthetic. Essays on Postmodern Culture 1983, S. 111 (114). Vgl. hierzu dann im Einzelnen Kap. VI, Abschnitt 2.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

vor allem nicht loszulösen vom Aspekt des Imitatorischen, der gerade sein ästhetisches Potenzial ausmacht. Einen ästhetischen Begriff derart frei vom gewöhnlichen ästhetischen Sprachgebrauch eigenmächtig neu zu definieren, ist mit dem Gebot kunstspezifischer Betrachtung nicht zu vereinbaren. Die europäische Kommission hat in ihren Leitlinien zu Art. 17 DSM-RL 2019/790 auch jüngst nochmal ausdrücklich darauf insistiert, dass dieser Sprachgebrauch bei der Auslegung des Pastichebegriffs maßgeblich ist.363 Auch die über die kunstspezifische Betrachtung hinausgehende juristische Bewertung kann nicht günstiger ausfallen. Der von Bundesregierung und nationalem Gesetzgeber gewählte Weg dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach nicht durchzuhalten sein vor den Gerichten. Der jetzige Ansatz der deutschen Urheberrechtsnovelle zur Auslegung des Pastichebegriffs birgt daher zumindest das erhebliche Risiko für die Künstler, gleichermaßen für Profis wie User-Generated-Content-Ersteller, dass man sich auf ein extrem weites deutsches Begriffsverständnis verlässt, das am Ende aber vor dem EuGH keinen Bestand hat, wo letztlich die Auslegung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) Alt. 3 InfoSoc-RL 2001/29/EG verbindlich für alle erfolgen wird.364 Selbst wenn der EuGH der deutschen Auslegung folgen sollte, ist die nun legislativ angebotene Lösung juristisch weder nachhaltig noch belastbar. Was nämlich bleibt ist ein Begriff ohne hinreichende und notwendige Bedingungen, der grenzenlos wird in dem, was an ästhetischen Sachverhalten unter ihn subsumierbar ist365 – mit entsprechendem Missbrauchspotenzial, wie der GRUR Fachausschuss für Urheber- und Verlagsrecht anmerkt.366 Diese Konturlosigkeit hat u.a. erhebliche Konsequenzen im Blick auf die Folgefrage, inwiefern § 51a S. 1 Alt. 3 UrhG n.F. in der Spruchpraxis die zentrale Funktion von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. als Korrektiv des weit ausgreifenden Urheberrechtsschutzes insbesondere bei zufälligen oder unbewussten Plagiaten übernehmen kann. § 51a S. 1 Alt. 3 UrhG n.F. unterscheidet sich in der Position der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle nämlich deutlich von § 24 Abs. 1 UrhG a.F., der über die Kategorie des Verblassens ungleich präziser in seiner Festlegung war, was warum erlaubnisfrei gestellt wird – und was eben auch nicht.367 Wenn Sabine Jacques die weite Auslegung des Pastichebegriffs durch Emily Hudson mit den Worten kritisiert »By adopting ›pastiche‹ as a catch-all term for any potentially socially valuable use, there is a real risk of expanding the scope

363 364 365 366 367

Europäische Kommission COM(2021) 288 final, S. 23. Vgl. Stieper ZUM 2019, S. 720; Deutscher Anwaltverein Stellungnahme zu DiskE II 2020, S. 9f. Vgl. Haberstumpf UFITA 2020, S. 36 (116); Haberstumpf ZUM 2020, S. 809 (814). Vgl. Würtenberger/Freischem GRUR 2020, S. 1063 (1064). Vgl. hierzu ausführlich Döhl Mashup in der Musik 2016.

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Zwischen Pastiche und Zitat

of the exception, rendering it void of substance«368 , dann ist damit zugleich der wunde Punkt der deutschen Strategie, den Pastichebegriff zu einer Generalklausel auszubauen, präzise benannt. Geht man vor wie die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle es anstrebt, wird der Pastichebegriff am Ende ästhetisch wie juristisch austauschbar. So ist der begriffliche Preis ausnehmend hoch, den die deutsche Urheberrechtsnovelle und das ihr nahe Schrifttum zahlen, wie sich stellvertretend aus den Annäherungen der European Copyright Society entnehmen lässt, die zwischen einem Pastiche ›im engeren Sinne‹ (»genuine«) • • • •

»mixing pre-existing materials and using portions of different works [...] mix different source materials and combine selected parts of pre-existing works«369 »remix of pre-existing works in UGC leads to a new creation that ›mixes styles, materials etc.‹ and, in fact, is ›made up of selections from different works‹«370 »›genuine‹ mix of styles and materials [...] that sufficiently plays with all underlying source materials«371 »›transformative mix with other forms or styles of music«372

und Pastiche ›im weiteren Sinne‹ (»non-genuine«) •

»simply added, but not mingled with other materials«373

unterscheidet, aber letztlich beide Varianten erfasst sehen will, letztere verbunden mit einer Vergütung. Ein solcher Pastichebegriff ist schlicht konturlos. Ein Eindruck, der sich beim weiteren Durchgang durch das der Urheberrechtsnovelle nahestehende Schrifttum durchweg bestätigt.374 368 369 370 371 372 373 374

Jacques The Parody Exception in Copyright Law 2019, S. 24. Vgl. ECS JIPITEC 2020, S. 115 (125), Rn 44. Vgl. ECS JIPITEC 2020, S. 115 (125), Rn 44. Vgl. ECS JIPITEC 2020, S. 115 (126), Rn 45. Vgl. ECS JIPITEC 2020, S. 115 (126), Rn 45. Vgl. ECS JIPITEC 2020, S. 115 (126), Rn 45. Andere Stimmen argumentieren z.B. dahingehend, dass eine antithematische Stoßrichtung zwar erlaubt, aber eben nicht als konstitutiv sei für das Pastiche. Für diese Position scheint unstrittig, dass Karikatur, Parodie und Pastiche bis zu einem gewissen (wiederum unklaren) Grad überlappen (vgl. Quintais Copyright in the Age of Online Access 2017, S. 235), aber wäre das Pastiche wie Parodie und Karikatur ebenfalls auf antithematische Anliegen festgelegt, so das erneut zugleich systematische und teleologische Argument, bedürfte es der Pasticheschranke wiederum nicht neben der Parodieschranke (vgl. Stieper AfP 2015, S. 301 (304); Ohly GRUR 2017, S. 964 (968); Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 255 – a.A. z.B. Vlah Parodie, Pastiche und Karikatur 2015, S. 50; vgl. international Bently/Sherman/Gangjee/Johnson Intellectual Property Law 2018, S. 252; Jacques The Parody Exception in Copyright Law 2019, S. 10). An häufigsten wird die Hommage als Beispiel dafür genannt, was denn sonst Zweck

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

des Aneignungstyps Pastiche sein soll, wenn nicht eine antithematische Stoßrichtung (vgl. Peukert GRUR-Beilage 2014, S. 77 (89); Haberstumpf schlägt zusätzlich vor »nicht humorvolle, negative oder lobende Kritik an einem Werk oder mit einem Werk«, Haberstumpf ZGE 2015, S. 425 (451)). Einzelne Stimmen wie Malte Stieper gehen an dieser Stelle sogar so weit, ästhetisch Pastiche als »künstlerisches Stilmittel des Anklangs oder Kontrasts oder der Hommage« (Stieper GRUR 2020, S. 792 (797); unterstützend Haberstumpf UFITA 2020, S. 36 (106)) genügen zu lassen. Andere Stimmen, die Pastiche ebenfalls nicht auf die Kategorie stilistischer Nachahmung fokussiert sehen wollen, sehen es freilich enger und Pastiche als Unterfall der Parodie (vgl. Gelke Mashups im Urheberrecht 2013, S. 177; Jütte JIPITEC 2014, S. 172 (182); Vlah Parodie, Pastiche und Karikatur 2015, S. 50; Jacques The Parody Exception in Copyright Law 2019, S. 11, 14; Jacobsen Die urheberrechtlich relevante Parodie 2020 S. 10). Die insoweit der deutschen Urheberrechtsnovelle nähere Position auf dieser Seite des Schrifttums verlangt zwar ebenfalls eine Interaktion zwischen Vorlage und Aneignung, lässt aber eine künstlerische Auseinandersetzung »mit der formalen Gestaltung der Vorlage(n)« (Stieper GRUR 2020, S. 699 (703)) ausreichen (was für Adaptionen, die sich hierauf beschränken, im Übrigen außerhalb der EU insbesondere in den USA zu Problemen führen dürfte, da es an einem der im amerikanischen Urheberrecht in Sachen Fair Use (17 U.S.C. § 107 des Copyright Act von 1976) genannten privilegierten Zwecke wie Kritik oder Kommentar mangelt, vgl. Petridis Quarterly Review of Film and Video 2015, S. 728 (733)). Von beiden Positionen, die Pastiche jenseits der Imitation sehen, wird unter dem Strich aber der Interaktionsbegriff des EuGH als Voraussetzung auch für das Pastiche reklamiert (vgl. Ahlberg/Götting BeckOK Urheberrecht 2020, § 24, Rn 28a; Stieper GRUR 2020, S. 792 (796)). Die Übernahme dürfte danach für beide Sichtweisen also konsequenterweise auch beim Pastiche nicht bloßes Mittel zum Zweck (z.B. Aufmerksamkeitsgewinn) oder, vergleichbar zum Zitat, nicht bloßes Schmücken mit fremden Federn oder bloßes Mittel der Illustration sein. Es muss der Adaption hiernach also um seine Vorlage(n) gehen, um als Pastiche qualifizierbar zu sein (vgl. ECS JIPITEC 2020, S. 115 (126), Rn 45). Das ist durchaus enger als die deutsche Urheberrechtsnovelle, die analog zum Parodiebegriff des Deckmyn-Urteils des EuGH auch die »Auseinandersetzung mit [...] einem sonstigen Bezugsgegenstand« (BReg BTE 2021, S. 90) genügen lässt – ohne freilich zu erläutern, wie letzteres als »Ausdruck der Wertschätzung oder Ehrerbietung für das Original« (BReg BTE 2021, S. 91) funktionieren soll (Lerach jurisPR-WettbR 2020, Ziff. IV.1.b. – an dieser Stelle stattdessen den Verblassenbegriff im Pastichebegriff fortschreiben zu wollen, findet bislang freilich keine Mehrheit, vgl. Haberstumpf UFITA 2020, S. 36 (106))? Was das Offenlegen dieses spezifischen Verhältnisses von Vorlage und Adaption anbelangt, spalten sich die Verfechter eines weiten Pastichebegriffs nochmals weiter auf. Für die einen muss analog zum Zitat die Interaktion intendiert und offen adressiert sein (vgl. Peukert GRUR-Beilage 2014, S. 77 (88f.); Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 256; Jacques The Parody Exception in Copyright Law 2019, S. 11 – vgl. zum Gebot einer künstlerischen Auseinandersetzung mit der Vorlage in der Rechtsprechung des BVerfG Elmenhorst/Schmidt-Thomé ZUM 2012, S. 684 (684f.)). Andere wie Malte Stieper freilich widersprechen dem, »dass es der für ein Zitat charakteristischen unverfälschten und als fremder Bestandteil erkennbaren Übernahme in das neue Werk bedarf« (Stieper GRUR 2020, S. 792 (797)). Manche vertreten eine vermittelnde Position, wonach ein Pastiche jedenfalls als Pastiche erkennbar sein muss, auch wenn dem Rezipienten anders als beim Zitat (dort über Ausstellung der Fremdheit des Übernommenen, Veränderungsverbot und Quellenangabe) nicht notwendigerweise die direkte Quelle des Bezugs klar werden muss (vgl. Geiger UV Irvine Law Review 2018, S. 413 (429)). Ein Konsens hat sich insoweit noch

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Wenn jenseits der aktuellen Debatte im Gefolge von Pelham und DSM-RL 2019/790 im ästhetischen wie im juristischen Kontext von Pastiche gesprochen wird, dann geht es stattdessen regelmäßig um etwas anderes, nämlich vielfältige ästhetische Phänomene, in deren Zentrum jedoch stets die Nachahmung von Genre-, Personal- oder Werkstil steht. Pastiche, so wie § 51a S. 1 Alt. 3 UrhG n.F. tatsächlich ausgelegt werden sollte, ist daher am treffendsten zu beschreiben als eine Art offengelegter Fälschung, die freilich nicht Betrug sein will, sondern einem

nicht gebildet. Verwechslungsgefahr mit der Vorlage ist aber in jedem Fall auszuschließen, hierüber zumindest scheint Einigkeit zu bestehen (vgl. Giannopoulou Communia 2015, S. 6; Jacques The Parody Exception in Copyright Law 2019, S. 11; The Bird & Bird IP Team JIPLP 2020, S. 332 (341); Lerach jurisPR-WettbR 2020, Ziff. IV.1.b.). Wenigstens insoweit sind Parodie, Karikatur und Pastiche in der Auslegung aller deutlich angenähert. Eigenständiger Werkcharakter wird für das Pastiche ebenfalls gefordert (vgl. Stieper GRUR 2020, S. 703 – a.A. z.B. Lerach jurisPR-WettbR 2020, Ziff. IV.1.a.), von der deutschen Urheberrechtsnovelle aber gerade nicht verlangt (BMJV RefE 2020, S. 95). Ersteres würde reine Zusammenstellungen wie bestimmte Mashup-Praktiken von der Anwendbarkeit der Pasticheschranke ausschließen (vgl. Bayreuther ZUM 2001, S. 828 (836); Griffiths Research Handbook on Intellectual Property in Media and Entertainment 2017, S. 64 (83ff.); Wandtke/Bullinger Urheberrecht 2019, § 24, Rn 9a; Stieper GRUR 2020, S. 792 (797)), weshalb es andere ausschließen wollen (Hudson Intellectual Property Quarterly 2017, S. 346 (347); Senftleben ZUM 2019, S. 369 (369)). Unterschiedlich wird schließlich von jenem Teil der Literatur, der über Pastiche als Imitation hinausgehen will, die Frage nach der Begrenzung des Umfangs der Aneignung adressiert. Was den Umfang des Übernehmbaren anbelangt, soll, so wird daher z.B. gemahnt, korrespondierend zur Zitatschranke nur so viel frei übernommen werden dürfen wie für den jeweiligen konkreten Aneignungszweck des Einzelfalls zwingend erforderlich ist (vgl. Stieper AfP 2015, S. 301 (305); Stieper GRUR 2020, S. 699 (703); Stieper GRUR 2020, S. 792 (797); Rehbinder/Peukert Urheberrecht und verwandte Schutzrecht 2018, S. 180, Rn 524). Aber mangels Rechtsprechung über eben solche Einzelfälle bleiben all diese Erwägungen bislang maximal vage. Da Urheberrechtsnovelle wie ihr nahe Literatur danach streben, jedenfalls User Generated Content möglichst großzügig erlaubnisfrei zu stellen, wäre eine restriktive Auslegung beim nutzbaren Umfang der Vorlage – wie seinerzeit z.B. in Musikstreitständen im Rahmen der freien Benutzung üblich – kontraproduktiv. Daher kann es danach eigentlich konsequenterweise nicht hierauf zulaufen. An dieser Stelle ist die laufende Meinungsbildung, die wie skizziert erst am Anfang steht, auf der der deutschen Urheberrechtsnovelle nahen Seite der Debatte noch besonders unkonturiert und widersprüchlich. Einige weitere Charakterisierungen sind überdies vorgebracht worden, aber bislang Einzelstimmen geblieben innerhalb der Urheberrechtsnovelle nahen Literatur: Was die ästhetische Eigenart der Adaption als Pastiche anbelangt, so bewege sich ein Pastiche typischerweise in derselben Kunstform wie die Vorlage, wird vorgetragen (vgl. Hutcheon A Theory of Parody 1985, S. 38; Jacques The Parody Exception in Copyright Law 2019, S. 10). Auch wird vertreten, dass Pastiche sich überhaupt nur auf Aneignungen in bestimmten Genres bezieht; genannt werden hier vor allem Literatur und bildende Kunst (vgl. Leistner ZUM 2020, S. 505 (511)). Hiernach wäre ein Pastiche also nur in diesen Kunstbereichen möglich.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

interagierenden künstlerischen Zweck dient.375 Diese Zwecke können wiederum ganz verschieden sein. Anders als Karikatur oder Parodie ist das Pastiche daher nicht über den Zweck zu bestimmen, sondern nur über das imitatorische Verhältnis zu seinem Aneignungsgegenstand. Ein Pastiche kann dann aber humoristisch oder kritisch gemeint sein, eine Hommage darstellen oder eine sich selbst genügende virtuose Spielerei, handwerklichen Können vorführen oder als Mittel zum Zweck zum Einsatz kommen, um etwa einen bestimmten kulturellen Kontext zu evozieren, pädagogischen Studienzwecken zu dienen, auf die ästhetische Fortschreibung, Aktualisierung oder Rekontextualisierung einer älteren Arbeit eines Dritten zu zielen oder Ironie auszudrücken – oder eben ökonomisch motiviertes Schmarotzen an einer künstlerischen Erfolgsformel realisieren wie im skizzierten Fall Sadeness (Part I) sein. Entgegen dem Eindruck, den die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle und das ihr nahe Schrifttum vermitteln, ist diese enge Auslegung des Pastichebegriffs auch keine arbiträre, nur vereinzelt vertretene Mindermeinung im juristischen Schrifttum.376 Offenkundig ging es im deutschen Gesetzgebungsverfahren nicht darum, zu klären, was Pastiche ist und was nicht.377 Sonst wäre all das aufgefallen. Es geht darum, aufzufangen, was der Wegfall von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. als zentrales balancierendes Instrument des Interessenausgleichs nach sich zieht; und es geht um

Vgl. Maier Remixe auf Hosting-Plattformen 2018, S. 62; Jacques The Parody Exception in Copyright Law 2019, S. 10. 376 Vgl. neben meinen Stellungnahmen Döhl Media in Action 2017, S. 37 (48–57); Döhl UFITA 2019, S. 19 (29–35); Döhl ZUM 2020, S. 740 (744–747) insoweit Gelke Mashups im Urheberrecht 2013, S. 177; Jütte JIPITEC 2014, S. 172 (182); Cabay/Lambrecht JIPLP 2015, S. 359 (371); Jacques JIPLP 2015, S. 699 (702); Vlah Parodie, Pastiche und Karikatur 2015, S. 50; Griffiths Research Handbook on Intellectual Property in Media and Entertainment 2017, S. 64 (84); Bently/Sherman/ Gangjee/Johnson Intellectual Property Law 2018, S. 252; Marshall JIPLP 2018, S. 955 (958); Jacques The Parody Exception in Copyright Law 2019, S. 11; Lerach jurisPR-WettbR 2020, Ziff. V.; Maier Remixe auf Hosting-Plattformen 2019, S. 61; Schack Urheber- und Urhebervertragsrecht 2019, S. 153, Rn 280b; Jacobsen Die urheberrechtlich relevante Parodie 2020 S. 10. Skeptisch im Blick auf Grenzenlosigkeit und Missbrauchsgefahr der Schranke auch Haberstumpf UFITA 2020, S. 36 (106); Würtenberger/Freischem GRUR 2020, S. 1063 (1064). 377 Abgesehen davon, dass eine solche Begriffsklärung anstrengend und aufwendig ist und im Übrigen selbst dann nicht zu einfachen Antworten führt, wie ich in Kap. II, Abschnitt 4 anhand des Genrebegriffs illustriert habe. 375

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220

Zwischen Pastiche und Zitat

die Freistellung von User Generated Content.378 Die Einführung eines zuvor nicht etablierten neuen Rechtsbegriffs mag hier als Chance gesehen worden sein.379 Das eigentliche Problem ist unter dem Strich aber, dass in Art. 5 Abs. 3 InfoSocRL 2001/29/EG eine allgemeine Schranke zugunsten kreativer Aneignungen einschließlich User Generated Content fehlt. Und die DSM-RL 2019/790 es unterlassen hat, dieses Problem zu adressieren – obwohl es in den vergangenen Jahren von wenig mehr gab im Urheberrecht als Vorschläge für eine entsprechende Klausel auf Ebene des Unionsrechts.380 Das ist »schmerzlich«381 , wie Ansgar Ohly zu Recht bedauert. Aber der Pastichebegriff ist die falsche Stelle, nun auf nationaler

378 Doch selbst das wird nicht konsequent durchgeführt, da anders in § 5 Abs. 2 UrhDaG keine Begrenzung der Pasticheschranke auf nichtkommerzielle Zwecke erfolgt (was für den Anwendungsbereich von Art. 17 Abs. 7 S. 2 Buchst. b) DSM-RL 2019/790 im Übrigen auch nicht zulässig wäre). Das ist gerade hinsichtlich des Coverns nicht nachvollziehbar, gibt es hier doch anders als beim Sampling einen etablierten Lizenzmarkt über die Verwertungsgesellschaften zu realistischen wirtschaftlichen, alle Lizenznehmer nach denselben Kriterien gleichbehandelnden Konditionen. Es gibt keinen Grund, die Schülerin, die ihre Ukulelenversion eines Welthits auf YouTube stellt, mit einer typischen professionellen Top-40-Band auf einem Stadtfest gleichzusetzen. 379 Schon die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle räumt letztlich selbst ein, dass § 51a UrhG n.F. noch in seiner extensiven Reinterpretation des Pastichebegriffs den Bereich inneren Abstands § 24 Abs. 1 UrhG a.F. gar nicht gleichwertig ersetzen kann, allenfalls, so die (nach hiesigem Dafürhalten trügerische) Hoffnung, »weitestgehend«, BMJV RefE 2020, S. 82; BReg BTE 2021, S. 78. 380 Vgl. stellv. die vorgeschlagenen Klauseln in Poeppel Die Neuordnung der urheberrechtlichen Schranken im digitalen Umfeld 2005, S. 491f.; Förster Fair Use 2008, S. 2019; Leistner/Hansen GRUR 2008, S. 486; Hansen Warum Urheberrecht 2009, S. 409f.; Bauer User Generated Content 2011, S. 407; Kreutzer Verbraucherschutz im Urheberrecht 2011, S. 73; Hüttner Flexibilisierung der urheberrechtlichen Schrankenregelungen in Deutschland 2013, S. 307; Kleinemenke Fair Use im deutschen und europäischen Urheberrecht 2013, S. 569f.; Krusemarck Die abhängige Schöpfung im Recht des geistigen Eigentums 2013, S. 382; Senftleben Methods and Perspectives in Intellectual Property 2013, S. 30 (50); Grobe-Einsler User-Generated Content 2016, S. 237; Nazari-Khanachayi Rechtfertigungsnarrative des Urheberrechts im Praxistest 2016, S. 227; Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 398f.; Jacobsen Die urheberrechtliche relevante Parodie 2020, S. 179. Vgl. ergänzend die zahllosen Forderungen nach entsprechenden Änderungen stellv. z.B. in Hugenholtz/Eechoud/Gompel/Helberger/Rossini/Steijger/ Dufft/Bohn The Recasting of Copyright & Related Rights for the Knowledge Economy 2006, S. 75; Geiger GRUR Int, 2008, S. 463; Metzger Urheberrechtsschranken in der Wissensgesellschaft 2010, S. 121f.; Dreier MMR 2011, S. 286; Dreier/Leistner GRUR 2013, S. 898f.; Leistner GRUR 2014, S. 1149; Peukert GRUR-Beilage 2014, S. 89; Ohly GRUR 2017, S. 969; Jütte MR-Int 2019, S. 55; Leistner/Roder-Hießerich Transformative Use and User Generated Content 2019, S. 285. Kritisch z.B. Wegmann Der Rechtsgedanke der freien Benutzung des § 24 UrhG und die verwandten Schutzrechte 2012, S. 188–192; Benz Der Teileschutz im Urheberrecht 2018, S. 355–359; Ohly GRUR 2020, S. 852. 381 Ohly GRUR 2017, S. 968.

IV. Gescheiterter Korrekturversuch

Ebene überzeugend zu adressieren, was man auf EU-Level versäumt hat oder nicht durchsetzen konnte. Alles, was der deswegen nicht vertretbare Versuch im Rahmen der Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle zeigt, Pastiche mit Remix, Meme, GIF, Mashup, Fan Art, Fan Fiction[, Cover] und Sampling zu erläutern, ist daher, wie groß der Verlust des Begriffs »selbstständiges Werk« durch den Wegfall von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. ist. Und wie groß das Versäumnis, bei Erarbeitung von InfoSoc-RL 2001/29/EG und DSM-RL 2019/790 keine ästhetisch flexible Bestimmung analog zur freien Benutzung als Schranke etabliert zu haben. Denn »selbstständiges Werk« war jenseits der Beschreibung eines zu bestimmenden Distanzverhältnisses zwischen Vorlage und Nachschöpfung eben eine ästhetisch neutrale Kategorie.382 Weswegen man sich u.a. dort nicht darum scheren musste, wer was in den Künsten mit etwas wie Pastiche wann in welchem Kontext bezeichnet. Sondern nur darum, wo der Kipppunkt zwischen abhängiger Bearbeitung im engeren Sinne und selbstständiger erlaubnisfreier Aneignung liegt.

4.

Zwischenfazit: Der Stand des Interessenausgleichs im Bearbeitungsrecht

In Abwägung der Pro- und Contra-Argumente steht unter dem Strich also zu erwarten, dass die Position des deutschen Gesetzgebers in der Urheberrechtsreform zum 7. Juni 2021 zu §§ 23 Abs. 1, 51a S. 1 Alt. 3 UrhG n.F. am Ende vor dem EuGH nicht tragen wird, den Status quo im bearbeitungsrechtlichen Interessenausgleich vor Pelham-Urteil und DSM-RL 2019/790 fortschreiben zu können durch eine im modifizierten Wortlaut § 24 Abs. 1 UrhG a.F. angenäherte Neufassung von § 23 Abs. 1 UrhG n.F. in Verbindung mit einer weiten Auslagerung der Pasticheschranke in § 51a S. 1 Alt. 3 UrhG n.F. Nach hiesiger Auffassung stellt sich die neue Rechtslage damit wie folgt dar: • • •



Übernahmen aus geschützten Drittwerken unterhalb der Schöpfungshöhe sind erlaubnisfrei. Übernahmen, die die eigenschöpferischen Züge des Übernommen unkenntlich machen, sind erlaubnisfrei. § 23 Abs. 1 UrhG n.F. stellt alle anderen Übernahmen innerhalb der Schutzfrist unter Zustimmungsvorbehalt, sobald die eigenschöpferischen Züge der Vorlage erkennbar sind. Die Aufnahme des Melodiebegriffs in letzter Sekunde des Gesetzgebungsverfahrens in § 23 Abs. 1 S. 1 UrhG n.F. hat faktisch nur deklaratorische Wirkung.

382 Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 61ff.

221

222

Zwischen Pastiche und Zitat







Der Melodiebegriff konturiert im neuen Recht weder den Schutzbereich des Vervielfältigungsrechts noch den Anwendungsbereich seiner Schranken. Nach Eröffnung des Schutzbereichs von § 23 Abs. 1 S. 1 UrhG n.F. ist eine erlaubnisfreie künstlerische Nachnutzung von geschützten Drittwerken nur noch im Rahmen der Schranken des § 51 UrhG (Zitat) bzw. des § 51a UrhG n.F. (Karikatur, Parodie, Pastiche) möglich. Der durch das Pelham-Urteil 2019 und seine Umsetzung in Metall auf Metall IV eingetretene Systemwechsel vom Verblassengebot zum Interaktionsgebot wird fortgeschrieben. Pastiche im Rechtssinne ist dabei eng auszulegen als Verwendung der identitätsstiftenden stilistischen Merkmale eines Drittwerks, die dann justiziabel ist, sobald es die spezifische stilistische Machart ist, die die eigenschöpferischen Züge des Drittwerks ausmacht. Pastiche im Rechtssinne bewegt sich also in Richtung Verwechslungsgefahr im markenrechtlichen Sinne. Unter dem Strich hat sich der Spielraum für erlaubnisfreie Nachnutzung von geschützten Drittwerken mit der Urheberrechtsreform zum 7. Juni 2021 gegenüber der neuen, mit Pelham/Metall auf Metall IV eingetretenen Rechtslage nur marginal für eine bestimmte Fallgruppe (Pastiche im vorgenannten engen Sinne) erweitert. Für fremdreferenzielles Komponieren in der Musik fällt die Bewertung gemischt aus. Der Wegfall der melodischen Schrankenschranke erhöht einerseits den Spielraum erheblich im Vergleich zur alten Rechtslage vor Pelham/Metall auf Metall IV. Nur vergleichsweise selten kommt fremdreferenzielles Komponieren ganz ohne melodische Übernahmen aus. Andererseits sind die bei kunstspezifischer Betrachtung allesamt recht speziell liegenden und voraussetzungsreich ausgestalteten vier Fallgruppen (Zitat, Karikatur, Parodie und Pastiche) von untergeordneter Bedeutung für das fremdreferenzielle Komponieren. Das Gros der typischen künstlerischen Intentionen hinter fremdreferenziellem Komponieren wie Hommage, Verbesserung, Fortschreibung, Aktualisierung bis dahin, schlicht ein ästhetisches Potenzial in einer Vorlage heben zu wollen, das dort nicht realisiert wurde, den dortigen eigenschöpferischen Zügen aber innewohnt, ist schrankenseitig nicht mehr erfasst.

V. Alternativszenario Ein bedingungsarmes Zitatrecht als Lösung?

Die Urheberrechtsnovelle zum 7. Juni 2021 behauptet letztlich, es sei mit dem Verlust von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. nicht viel passiert und alles gehe weiter wie gewohnt im Bearbeitungsrecht – plus Besserstellung von User Generated Content. Das Gegenteil ist der Fall. Das deutsche Urheberrecht hat bei kunstspezifischer Betrachtung mit § 24 Abs. 1 UrhG a.F. eine seiner großen Stärken eingebüßt. Ein Verlust, der nur zu korrigieren sein wird, wenn es gelingt, auf europäischer Ebene überzeugend eine Entsprechung für die freie Benutzung zu schaffen. Alles andere ist weniger. Viel weniger. Der vom deutschen Gesetzgeber nun eingeschlagene Sonderweg mit einer letztlich ambivalenten, widersprüchlichen Beschreibung von § 23 Abs. 1 UrhG n.F., die sichtlich bemüht ist, § 24 Abs. 1 und 2 UrhG a.F. aufscheinen zu lassen, sowie einer stark an § 24 Abs. 1 UrhG a.F. angenäherten weiten Auslegung der Pasticheschranke, über den die jetzige Urheberrechtsnovelle genau dies zu erreichen versucht, dürfte am Ende nicht tragen. Es befindet sich freilich noch ein weiterer Vorschlag im rechtswissenschaftlichen Diskurs, auf Basis der derzeitigen Richtlinientexte auf anderem Weg dasselbe Ziel zu erreichen. Ein Ansatz, der hier noch nicht besprochen wurde und der, würde er tragen, tatsächlich einen Unterschied machen würde dahingehend, jedenfalls einen Großteil jenes Spielraums zurückzugewinnen, den § 24 Abs. 1 UrhG a.F. bot: eine deutlich erweiterte Auslegung des Zitatrechts – und zwar dezidiert gegen die bisherige, anderslautende höchstrichterliche Rechtsprechung in der EU und Deutschland, begründet entweder unter Verweis auf Grundrechte oder unter Rekurs auch Art. 10 Abs. 1 RBÜ.1 Das ist nicht geltendes Recht. In Kap. III war im Einzelnen zu sehen gewesen, dass die derzeitige Auslegung der Musikzitatschranke § 51 S. 2 Nr. 3 UrhG

1

Vgl. Jütte/Maier JIPLP 2017, S. 784 (794); Bently/Aplin Is Intellectual Pluralism Functional 2019, S. 8 (8); Aplin/Bently Global Mandatory Fair Use 2020, S. 138f.; Senftleben IIC 2020, S. 751 (764f.). Eine Vorfassung der Überlegungen, die in diesem Kapitel weiter ausgeführt werden, wurden als mein Input veröffentlicht in Döhl/Hui IIC 2021, S. 852 (883ff.).

224

Zwischen Pastiche und Zitat

nur in sehr spezifisch gelagerten Fällen einen Mehrwert für das fremdreferenzielle Komponieren darstellt. Regelmäßig ist sie nicht einschlägig. Der Wegfall von § 24 Abs. 2 UrhG a.F. zum 7. Juni 2021 führt zwar insoweit zu einer gewissen Liberalisierung der Anwendung des Änderungsverbots in § 62 UrhG in Fällen aus der Musik. Diese werden nun korrespondierend zu anderen Künsten behandelt, bei denen diese Bestimmung bereits großzügiger angewendet wird, verglichen mit nichtkünstlerischen Zitaten. Der verbleibende, nach wie vor enorme Bedingungsreichtum der Zitatschranke steht einem substanziellen Anwendungsbereich für die Vielfalt fremdreferenziellen Komponierens jedoch weiterhin entgegen. Blickt man auf die jahrzehntelange Tradition der Auslegung des Zitatrechts, konnte es entsprechend auch nicht überraschen, dass der deutsche Gesetzgeber § 51 UrhG keine Rolle zuwies dabei, in der jetzigen Urheberrechtsnovelle den Verlust von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. auszugleichen, sondern sich für diesen Versuch ganz auf die §§ 23 Abs. 1, 51a S. 1 Alt. 3 UrhG n.F. konzentriert. Weder die in Kap. III ausgeführte Auslegung von § 51 UrhG durch die deutsche Rechtsprechung noch die skizzierte, zuletzt lediglich in Teilaspekten modifizierende Interpretation von Art. 5 Abs. 3 Buchst. d) InfoSoc-RL 2001/29/EG in den vergangenen Jahren durch den EuGH lässt einen anderes erwarten. Die Rechtslage wirkt gefestigt, zumal anders als bei Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG hier auf Unionsebene bereits nennenswert kohärente Rechtsprechung vorliegt.2 Dabei traten auch in Deutschland seit Germania 3 im Jahr 2000 immer wieder Einschätzungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung in den Raum, wonach das Zitatrecht an künstlerischer Erlaubnisfreiheit ungleich mehr tragen könnte, als in der alltäglichen Spruchpraxis üblicherweise sichtbar wird.3 Das ist freilich nicht nur mehr, als der EuGH seit Inkrafttreten der InfoSoc-RL 2001/29/EG gute zwei Jahre später als Anwendungsraum der Zitatschranke anerkennt.4 Vor allem machte auch in Deutschland die Existenz von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. es bis vor kurzem in den meisten Fällen fremdreferenziellen Komponierens unnötig, sich in dieser Weise systematisch näher mit der Reichweite von § 51 UrhG zu beschäftigen. Die Frage nach dessen Anwendbarkeit wurde nämlich nur virulent bei als fremd ausgewiesenen und zugleich änderungsarmen Aneignungen wie im Germania-3-Fall, die obendrein nicht als antithematisch zu qualifizieren waren – und daher zwingend aus § 24 Abs. 1 UrhG herausfielen. Das Gros fremdreferenzieller künstlerischer Praktiken betrifft dies nicht. Entsprechend klar lag der Fokus des deutschen Diskurses in den vergangenen zwei Jahrzehnten auf § 24 Abs. 1 UrhG a.F. Die Frage nach der

2 3 4

Vgl. nur zuletzt EuGH ZUM 2019, S. 738ff. – Pelham u.a. [Metall auf Metall]; EuGH ZUM 2019, S. 751ff. – Funke Medien NRW/Deutschland; EuGH ZUM 2019, S. 759ff. – Spiegel Online/Beck. Vgl. BVerfG ZUM 2000, S. 867ff. – Germania 3; BGH ZUM 2012, S. 681ff. – Blühende Landschaften; Jütte/Maier JIPLP 2017, S. 784 (794). Vgl. Senftleben IIC 2020, S. 751 (764f.).

V. Alternativszenario

Reichweite der Zitatschranke blieb hingegen offen. Für mehr zu streiten war weder notwendig – man hatte mit § 24 Abs. 1 UrhG a.F. bereits eine flexiblere Norm – noch schien es im Blick auf den EuGH erfolgsversprechend, dessen Auslegung von Zitat als autonomen Begriff des Unionsrecht ebenfalls voraussetzungsreich und im Vergleich zu § 24 Abs. 1 UrhG a.F. eng war und bis heute blieb. Das hat sich natürlich mit Pelham und darauf reagierend der Urheberrechtsnovelle zum 7. Juni 2021 geändert. Eine weitergehende Auslegung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. d) InfoSoc-RL 2001/29/ EG als die bislang erfolgte, bedürfte zunächst allerdings eines Sinneswandels beim EuGH.5 Anders als bei der Pasticheschranke, gibt es zur Zitatschranke nämlich bereits eine ausgeurteilte Position dort. Sollte freilich die Pasticheschranke sich als ungleich enger erweisen, als es dem deutschen Gesetzgeber in der Urheberrechtsnovelle vorschwebt, wie nach der hier vertretenen Auffassung realistischerweise zu erwarten steht, könnte ein entsprechender Streitgegenstand die Frage nach der Zitatschranke durchaus auf die Agenda bringen. Zumindest ist damit zu rechnen, dass mangels Alternativen im Schrankenrecht der Union die Frage danach gestellt werden wird. Die Spezifik des Pelham-Streitgegenstands bot dies vielleicht nicht nachdrücklich genug an. Es mangelte u.a. an einer Quellenangabe, an einer Erkennbarkeit als fremd und eine Begrenzung der Nutzung, da der Sample zwar kurz war, aber dem neuen Werk in Wiederholungen insgesamt unterlegt wurde. Auch war die Vorlagefrage 4 vom BGH sehr eng und negativ gestellt worden und lud nicht ein, analog zu Germania 3 allgemein und grundsätzlich über die Reichweite der Zitatschranke bei künstlerischen Aneignungen zu reflektieren. Jedenfalls motivierte die Auseinandersetzung mit den Grundrechten in Pelham – und erst recht in den beiden nichtkunstbezogenen Parallelverfahren – den EuGH letztendlich nicht dazu, Art. 5 Abs. 3 Buchst. d) InfoSoc-RL 2001/29/EG in Richtung einer weiten Kreativklausel korrespondierend zu § 24 Abs. 1 UrhG a.F. auszuloten und weiterzuentwickeln,6 wie zuvor in der Literatur unter Rekurs auf Kunst- und Meinungsfreiheit angeregt worden war.7 Tanya Aplin und Lionel Bently haben nun allerdings einen neuen Vorschlag in den Diskurs eingebracht, der auf den ersten Blick jedenfalls durchaus erfolgsversprechend aussieht, so sein Referenzpunkt nicht etwa eine spezifische, aber derzeit höchstrichterlich eben (noch) nicht mitgetragene Balance konkurrierender gleichrangiger Grundrechte ist, sondern etwas mutmaßlich konkreteres, nämlich internationales Recht, das die Europäische Union bindet: Art. 10 Abs. 1 RBÜ. Aplin und

5 6 7

Vgl. Jütte/Maier JIPLP 2017, S. 784 (793); Senftleben IIC 2020, S. 751 (765). Vgl. nur zuletzt EuGH ZUM 2019, S. 738ff. – Pelham u.a. [Metall auf Metall]; EuGH ZUM 2019, S. 751ff. – Funke Medien NRW/Deutschland; EuGH ZUM 2019, S. 759ff. – Spiegel Online/Beck. Vgl. Jütte/Maier JIPLP 2017, S. 784 (794).

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226

Zwischen Pastiche und Zitat

Bently verweisen also auf einen konkreten Ansatzpunkt dafür, was denn tatsächlich den erforderlichen Sinneswandel beim EuGH auslösen könnte. Die Zitatschranke in der Pariser Fassung der RBÜ vom 24. Juli 1971 lautet: »Zitate aus einem der Öffentlichkeit bereits erlaubterweise zugänglich gemachten Werk sind zulässig, sofern sie anständigen Gepflogenheiten entsprechen und in ihrem Umfang durch den Zweck gerechtfertigt sind, einschließlich der Zitate aus Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln in Form von Presseübersichten.« In Art. 10 Abs. 3 RBÜ wird noch die Pflicht zur Quellenangabe ergänzt, wie sie in Deutschland in § 63 UrhG normiert ist. Ausgehend hiervon, finden Aplin und Bently in ihrer umfassenden Auswertung und Herleitung zu einer ausgesprochen schlanken, voraussetzungsarmen Bestimmung der Zitatschranke, so wie sie nach ihrer Lesart die RBÜ verlange: »If it was necessary to identify any necessary features that render a specific act one of ›quotation‹, it would be that (i) the quotation involves the reuse of expressive material (ii) for its expressive qualities, where (iii) that material is recognisable, or could be recognised, as material authored by another and (iv) is used or intended to be used in an act of expression, or at least in representation, for its expressive qualities.«8 Das ist sehr nah an Germania 3, wo lediglich Fälle künstlerischer Aneignung vom Anwendungsbereich der Zitatschranke ausgenommen werden, in denen das Übernommene nicht »Gegenstand und Gestaltungsmittel der eigenen künstlerischen Aussage«9 wird, sondern bloße Anreichung bleibt. (Fremdheit und Quelle des Materials kommen als Bedingungen hinzu, waren in Germania 3 aber nicht Thema, 8

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Aplin/Bently Global Mandatory Fair Use 2020, S. 138f. Vgl. korrespondierend mit Fokus auf die Zitatschranke, aber ohne Rekurs auf die RBÜ Jütte/Maier JIPLP 2017, S. 784 (794); Fischer Digitale Kunst und freie Benutzung 2018, S. 71; Leistner GRUR 2019, S. 1008 (1012); Maier Remixe auf Hosting-Plattformen 2019, S. 43, 198; Papastefanou CR 2019, S. 600 (601); Schunke ZUM 2020, S. 447 (455f. – der das Zitat ebenfalls auf »Fälle der geistigen Auseinandersetzung, auf rein künstlerisch klangverarbeitende Nutzungen ausgedehnt« sehen will); Stieper ZUM 2020, S. 753 (757 – nach dem »Kunstfreiheit auch Kunst- und Musikzitate erfasst, bei denen das zitierte Werk nicht als Beleg für eine eigene gedankliche Aussage, sondern als künstlerisches Gestaltungsmittel dient«) – a.A. z.B. Czernik Die Collage in der urheberrechtlichen Auseinandersetzung zwischen Kunstfreiheit und Schutz des geistigen Eigentums 2008, S. 284ff. (der das Merkmal der Fremdheit bei künstlerischen Aneignungen regelmäßig gerade nicht mehr gewährleistet und damit die Zitatrecht als nicht passend ansieht); Haberstumpf UFITA 2020, S. 36 (103ff. – der die Zitatschranke kategorisch auf »identische Wiedergaben geschützter Werke und Werkteile beschränkt« (S. 104) sehen möchte (freilich aber noch vom Fortdauern von § 24 Abs. 1 UrhG ausgeht, für das er eintritt, vgl. ebd., S. 104, 109) – vgl. ebenso auch Haberstumpf ZUM 2020, S. 809 (813). Vgl. BVerfG ZUM 2000, S. 867 (869), Rn 26 – Germania 3.

V. Alternativszenario

da unproblematisch, so der Vorlagengeber Berthold Brecht selbst Gegenstand des zitierenden Werks von Heiner Müller war.) Entscheidender Aspekt dieser Position von Aplin und Bently ist nun die Feststellung, dass Art 10 Abs. 1 RBÜ nicht nur also solches für die zeichnenden Staaten verpflichtend sei, sondern auch in den dort enthaltenden Bedingungen der Schranke diese bindet. D.h., dass alle davon abweichenden bzw. darüber hinausgehenden Bedingungen an die Erlaubnisfreiheit eines Zitats als Verletzung von Art. 10 RBÜ anzusehen wären.10 Dass Art. 10 Abs. 1 RBÜ verpflichtend sei, ergäbe sich schon aus dem Vergleich mit Art. 9, 10 Abs. 2, 10bis RBÜ und den insoweit unterschiedlichen Wortlauten (»sind zulässig« vs. »bleibt vorbehalten«), was durch die Gesetzgebungsgeschichte in den 1960er Jahren zusätzlich gestützt würde.11 Unstrittig ist ständige Rechtsprechung des EuGH, »dass sich die Union, obwohl sie nicht Vertragspartei der Berner Übereinkunft ist, nach Art. 1 IV des WIPO-Urheberrechtsvertrags, dem sie beigetreten ist und der mit der RL 2001/29 umgesetzt werden soll, dennoch an die Art. 1 bis 21 der Berner Übereinkunft halten muss.«12 Wäre der Auslegung von Art. 10 Abs. 1 RBÜ durch Aplin und Bently zu folgen, dürfte Art. 5 Abs. 3 Buchst. d) InfoSoc-RL also nicht gegen diese verstoßen und damit auch nicht jene von § 51 UrhG. Das verleiht ihrer Position Gewicht. Wie die in der Urheberrechtsnovelle vorgeschlagene weite Auslegung der Pasticheschranke, hat auch die von Aplin und Bently vertretene weite Auslegung der Zitatschranke des Weiteren mit dem kriterienarmen Wortlaut der maßgeblichen Bestimmung (Art. 10 Abs. 1 RBÜ) ein wesentliches Argument für sich. Die Funktion einer flexiblen Generalklausel erscheint hierdurch denkbar. Weiteres spricht ebenfalls für sie: Wie die Pasticheschranke, ist auch die Zitatschranke bereits Gegenstand des Unionsrechts (wie des nationalen Schrankenkatalogs) und unterliegt als autonomer Begriff des Unionsrechts der Auslegung durch den EuGH. Für eine Neuauslegung der Zitatschranke bedürfte es also nur eines Urteils des EuGH. Das ist ein vergleichsweise kurzer Weg. Weder wäre erst ein Gesetzgebungsverfahrens zur Etablierung einer Schranke für kreative Aneignungen erfolgreich zu durchlaufen noch hinge der Erfolg eines solchen rechtspolitischen Unternehmens alternativ an dem im Vergleich doch spürbar fragileren Szenario, 10

11

12

Vgl. Bently/Aplin Is Intellectual Pluralism Functional 2019, S. 8 (8): »[...] should not be subjected to additional conditions beyond those recognised in Art.10(1). To do so is to breach the obligation.« »It shall be permissible to make quotations/Zitate aus einem der Öffentlichkeit bereits erlaubterweise zugänglich gemachten Werk sind zulässig« vs. »It shall be a matter for legislation in the countries/Der Gesetzgebung der Verbandsländer bleibt vorbehalten«. Vgl. Aplin/ Bently Global Mandatory Fair Use 2020, S. 16ff. EuGH GRUR 2019, S. 73 (74), Rn 38 – Levola/Smilde.

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228

Zwischen Pastiche und Zitat

nämlich über konkurrierende Grundrechte eine ungeschriebene Kreativschranke zum Katalog des Art. 5 Abs. 3 InfoSoc-RL 2001/29/EG hinzugefügt zu bekommen. Und gleich, wie man die Position von Aplin und Bently am Ende bewertet: Die Zitatschranke ist bei kunstspezifischer Betrachtung für dergleichen Bestrebungen hin zu einer weiten Kreativklausel jedenfalls ungleich besser geeignet als die Pasticheschranke und könnte daher durchaus am Ende zum Hauptkampfplatz um die Erlaubnisfreiheit von Aneignungen werden. Denn sie weist eine größere ästhetische Neutralität auf, also genau das, was die Begründung des Entwurfs der Urheberrechtsnovelle nun dem Pastichebegriff entgegen der künstlerischen Theorie und Praxis einzuschreiben versucht. Zudem ließe sich hier bereits daran anknüpfen, dass auf RBÜ-Ebene anders als im EU-Recht von Zitaten keine Interaktion mit der Vorlage verlangt wird, was die Schranke im Vergleich trotz des (analog § 39 Abs. 2 UrhG wiederum bei Kunst einzuschränkenden13 ) Änderungsverbots künstlerisch ungleich flexibler macht. Vom Interaktionsgebot vermag die Urheberrechtsnovelle den Pastichebegriff hingegen nicht frei zu argumentieren, zu viel ist dort schon selbst von Imitation die Rede.14 An dieser Stelle geht es mir jedoch um eine Risikobewertung und Folgenabschätzung. Und ist dies der Blickwinkel, so muss man sagen, dass die Erfolgschancen für eine derart weite Auslegung der Zitatschranke auch nicht besser liegen als für den analogen Weg zum selben Ziel über die Pasticheschranke. Aplin und Bently räumen selbst ein, dass Art. 10 Abs. 1 RBÜ bereits seit einem halben Jahrhundert geltendes Recht ist, ohne dass ihm im Sinne ihrer Auslegung gefolgt wird.15 Dieser Aussage wohnt doch eine erhebliche Kraft des Faktischen inne. Auch treffen wir, anders als etwa bei der Pasticheschranke, eben auf eine gefestigte, anderslautende Rechtsprechung des EuGH zur Zitatschranke.16 Zudem ist zu fragen, wenn Schranken für freie Benutzung und Zitate faktisch weitestgehend dasselbe sind, worauf die Interpretation von Aplin und Bently letztlich hinausläuft, warum nicht nur Deutschland, sondern viele europäische Länder tatsächlich beides in ihren Urheberrechtsgesetzen vorhielten.17 Im Übrigen überrascht auch, dass die Autoren der aktuellen Fassung von Art. 10 Abs. 1 RBÜ (Stockholm Konferenz 1967) ausgerechnet die mit einer langen Begriffsgeschichte belastete Kategorie des Zitats für diesen umfassenden Zweck gewählt haben sollen und nicht eine neutralere, flexiblere Kategorie wie Selbstständigkeit? Immerhin waren solch ästhetisch

13 14 15 16 17

Vgl. Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht, § 62, Rn 15, § 39, Rn 9. Vgl. BMJV RefE 2020, S. 95–97. Vgl. Aplin/Bently Global Mandatory Fair Use 2020, S. 226–229. Vgl. Rosati JIPLP 2020, S. 264 (266f.). Vgl. Parkin Oxford University Commonwealth Law Journal 2019, S. 55 (87). Vgl. Döhl/Hui IIC 2021, S. 852ff. für Niederlande, Norwegen und Schweden.

V. Alternativszenario

neutralere Konzepte bereits am legislativen Markt etabliert, wie eben z.B. mit § 13 Abs. 1 LUG bzw. § 24 Abs. 1 UrhG. Vor allem ist aber nicht zu erkennen, dass Zitat in der künstlerischen Theorie und Praxis ausschließlich oder auch nur überwiegend als bloßes Synonym dafür verwendet wird, fremde Werkteile um ihrer ästhetischen Eigenart wegen als eigenes Gestaltungsmittel weiter zu verwenden. Dieser qualifiziert-allgemeine, gemäß BVerfG aber eben zu beachtende Sprachgebrauch ist spezifischer: Insbesondere werden Zitate typischerweise nicht Teil der Substanz des sie zitierenden Werks, gehen also nicht in ihm auf, sondern sind als fremd erkennbar und sollen es sein, und werden hierfür nicht oder jedenfalls kaum verändert.18 Das Zitat verliert so bei Aplin und Bently seine charakteristischen Eigenschaften.19 Bei ihnen führt dies so weit, dass diese Pastiche als Unterform des Zitats definieren.20 Die Herleitung ihres Zitatbegriffs ist ausgesprochen systematisch, sorgfältig und interessiert an künstlerischer Theorie und Praxis.21 Das Begriffsverständnis, bei dem sie am Ende letztlich zweckgeleitet angelangen, ist jedoch genauso konturlos wie jenes, dass für die weite Auslegungslinie des Pastichebegriffs zu konstatieren war. Es bleiben keine hinreichenden und notwendigen Bedingungen, um eine erlaubnisfreie von einer genehmigungsbedürftigen Aneignung zu unterscheiden.22 Und zugleich entsteht wie beim Pastichebegriff nun im Fall des Zitats ein juristischer Begriffsgebrauch, der bei kunstspezifischer Betrachtung weit weg ist vom Begriffsgebrauch in der künstlerischen Theorie und Praxis. Man vergleiche zur Illustration nur die fast bedingungslose Definition der Zitatschranke durch Aplin und Bently mit einer klassischen Bestimmung von musikalischem Zitat in der Mu-

18

19 20 21 22

Vgl. stellv. Lissa Die Musikforschung 1966, S. 364 (366–368); Genette Palimpseste 1993, S. 10; Gruber MGG Online 1998; Metzer Quotation and Cultural Meaning in the Twentieth-Century 2003, S. 8; Burkholder The Grove Dictionary of American Music 2013, S. 659 (659); Ullrich Gebaute Zitate 2015, S. 45ff. Aplin und Bently ziehen sich hier zu schnell zurück auf eine rechtliche Autonomie der Begriffsbestimmung, die nach der hier vertretenen Auffassung in dieser Form aber mit dem Gebot kunstspezifischer Betrachtung unvereinbar ist, vgl. Aplin/Bently Global Mandatory Fair Use 2020, S. 88. Vgl. Haberstumpf ZUM 2020, S. 809 (812); Haberstumpf UFITA 2020, S. 36 (103f.). Vgl. Aplin/Bently Global Mandatory Fair Use 2020, S. 124. Vgl. Aplin/Bently Global Mandatory Fair Use 2020, S. 83–139. Das ist die Konsequenz dessen, dass Aplin und Bently (vgl. dort Kap. V, S. 83ff.) nacheinander systematisch alle typischen Charakteristika des Zitatbegriffs zurückweisen: Geht Zitat nur bei Texten? Muss ein Zitat kurz sein? Sind Zitate auf Werkteile beschränkt? Muss ein Zitat fremd sein? Muss es aus einem anderen Werk erfolgen? Unterliegt es einem Änderungsverbot? Muss es als erkennbar sein? Muss es mit Absicht erfolgt sein? Muss es einen Aussagemehrwert haben?

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Zwischen Pastiche und Zitat

sikwissenschaft, jener von Zofia Lissa – mit insgesamt 13 (!) Beschreibungsmerkmalen: »1. Das Zitat tritt vorwiegend einmalig als eine gewisse fragmentarische, aber in sich geschlossene Ganzheit auf, die genetisch einem anderen, früher entstandenen Werk angehört, das ein Werk aus der ferneren oder näheren historischen Vergangenheit, das Werk eines fremden Komponisten oder auch ein früheres eigenes Werk sein kann. 2. Das musikalische Zitat kann, aber muß nicht (wie z. B. in der Literatur oder in wissenschaftlichen Werken) absolut ›wörtlich‹ sein; unbedeutende Veränderungen in ihm (ein Wandel der Aufführungsmittel, des Registers usw.) liquidieren seine strukturelle Qualität nicht so weit, daß es aufhören würde, als Repräsentation des Antefactums zu funktionieren. 3. Das Zitat repräsentiert das Werk, aus dem es stammt, nach dem Prinzip pars pro toto, es ist also der Träger ausführlicherer Informationen als im Rahmen des Antefactums, dessen Fragment es ist, weil es dort nur seine eigene strukturelle und ausdrucksmäßige Qualität hatte, während es in dem neuen Zusammenhang außerdem auch noch die Ganzheit vertreten soll, aus der es stammt. 4. Es darf nicht zu ausführlich sein, weil die Geschlossenheit die Voraussetzung für seine Faßbarkeit und ästhetische Einwirkung ist; es darf jedoch auch nicht zu kleine Ausmaße haben, denn dann könnte es im Ablauf des Werkes als Zitat nicht mehr erkannt werden. 5. Es muß in seiner klanglichen Struktur insofern charakteristisch bzw. als Fragment des Antefactums so allgemein bekannt sein, daß es als spezifische Ganzheit aus dem Ablauf hervorgehoben ist. 6. Es darf nicht als thematischer Einfall des neuen Werkes auftreten, weil das seine Bedeutung als etwas, was von außen her dem neuen Werk als Substruktur beigefügt wird, verändern würde; als thematischer Gedanke würde es dann entweder der Durchführung oder der Variierung unterliegen und damit den Charakter einer her-vorgehobenen und ›fremden‹ Ganzheit im Ablauf des Werkes verlieren. 7. Das Zitat muß zugleich auch die Möglichkeit haben, durch das neue Werk, in dem es auftritt, assimiliert zu werden; ob es als Zitat treffend wirkt, hängt jedoch von dem Zusammenhang ab, in dem es erscheint: das gleiche Zitat wird, in verschiedene Werke einkomponiert, in semiotischem Sinne verschieden funktionieren, weil die Suprastrukturen, in die es sich einschaltet, jeweils andere sein werden. 8. Das Zitat muß in einer solchen Phase des Werkes auftreten, in der es am besten eine seiner vielen vom Komponisten beabsichtigten ästhetischen Funktionen (darüber später) erfüllen kann; im gegebenen Kontext bringt das Zitat bestimmte Absichten des Komponisten zum Ausdruck (schon die Auswahl des Zitates spricht davon) und wird im Sinne des Verständnisses dieser Absichten sowie bestimmter Bedürfnisse der Hörer perzipiert. 9. Das Zitat muß demnach in einem bestimmten Verhältnis zu den Phasen des neuen Werkes stehen, unter denen es auftritt und auf die es seinen Einfluß ausübt. 10. Es trägt in die normale Apperzeption des gegebenen musikalischen Gewebes ein Moment der Überraschung

V. Alternativszenario

hinein, es ruft Interpretationsakte hervor, die die bereits abgelaufenen Phasen des neuen Werkes nicht hervorgerufen hatten und die die gegebene zitierte Phase auch im früheren Werk nicht hervor-gerufen hatte; es verliert zugleich seine volle Autonomie als Fragment eines anderen Werkes, wenn es dem Wirken des neuen Gewebes, in dessen Rahmen es nun auf-tritt, unterworfen wird. 11. Diese Interpretationsakte sind dafür entscheidend, daß das Zitat die Art der Apperzeption der auf es folgenden Phasen verändert. 12. Das Zitat funktioniert im Werk nach einem anderen Prinzip als dessen übrige Phasen: es ist ontologisch zweischichtig, weil es durch seine eigene klangliche Struktur auf etwas von ihm selbst Verschiedenes hinweist, was dafür entscheidend war, daß es ausgewählt und mit einer bestimmten Intention in dem neuen Werk verwendet worden ist. 13. Das Zitat weist meistens auch auf das Verhältnis des Komponisten zu dem Werke, aus dem es stammt, hin.«23 Konsequent schließt Lissa daraus: »Diese komplizierten objektiv-subjektiven Beziehungen, welche das Auftreten des musikalischen Zitates erfordert und hervorbringt, sind wahrscheinlich dafür entscheidend gewesen, daß es verhältnismäßig selten angewandt wird, meist zur Erfüllung ganz bestimmter semiotischer Aufgaben, und daß es in der Musikgeschichte verhältnismäßig später auftritt als andere Methoden der Verwendung von Antefacta.«24 Das ist kunstspezifisch betrachtet das Gegenteil von dem, was Aplin und Bently im Dienst ihres rechtspolitischen Bedarfes vertreten. Letztlich verwechseln Aplin und Bently, mit J. Peter Burkholder gesprochen, »Quotation« und »Borrowing« bzw. versuchen strategisch eine Gleichsetzung von beidem zu erreichen, da das internationale Recht in Gestalt von Art. 10 Abs. 1 RBÜ eben nur ersteres als Rechtsbegriff anbietet.25 Die Argumentationslinie zielt am Ende darauf, dass Zitat – wie zuvor schon für andere Literaturstimmen das Pastiche – das bedeutet, was vorher von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. erfasst war.26 Aber es ist ästhetisch eben ein kardinaler Unterschied, ob etwas geschütztes Drittes aufgerufen und als fremd in einem anderen Werkkontext präsentiert wird, um über die Inszenierung dieses Kontrastes von eigen und fremd einen zusätzlichen künstlerischen Aussagegehalt zu generieren (Interaktion – derzeitiger Zitatbegriff in EU

23 24 25 26

Lissa Die Musikforschung 1966, S. 364 (366–368). Lissa Die Musikforschung 1966, S. 364 (368). Vgl. Burkholder The Grove Dictionary of American Music 2013, S. 659 (659). Vgl. Aplin/Bently Global Mandatory Fair Use 2020, S. 204: »A further distinction that can be made between the three-step test and Article 10(1) Berne is that the former permits free-use as well as royalty-based exceptions, whereas the latter is simply ›free use‹.«

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Zwischen Pastiche und Zitat

und Deutschland), oder ob das Übernommene unter Erhalt gewisser identitätsstiftender Züge (Hindurchschimmern) verarbeitet wird und damit im neuen Werkkontext aufgeht, für den es so als konkreter Ausgangspunkt dient (Grundfall von § 24 Abs. 1 UrhG a.F.).27 Wie schon der Diskurs um den Pastichebegriff, so zeigt auch diese Debatte um die Zitatschranke vor allem eins: Wie im Ringen um eine Kreativklausel ästhetische und zugleich juristische Begriffe instrumentalisiert und hierüber austauschbar und konturlos werden. Das ist aus Sicht der Akzeptanz des Urheberrechtsrechts eine ausgesprochen unglückliche, hochriskante Entwicklung. Man muss aufpassen, dass die Kategorien nicht anfangen, willkürlich zu wirken. Dann wird sich niemand mehr auf das verlassen können, was im Gesetz steht. Selbst wenn man Aplin und Bently in ihrer herausfordernden, detail- und materialreichen Entkleidung des Zitatbegriffs folgt, ist vom Standpunkt der Risikobewertung und Folgen-abschätzung festzuhalten, dass sich diese weite Auslegung der Zitatschranke sowohl gegen die skizzierte kunstspezifische Betrachtung des allgemein-gewöhnlichen wie ästhetisch-gewöhnlichen Sprachgebrauchs von Zitat als auch vor allem gegen die etablierte rechtliche Auslegung des EuGH durchsetzen müsste.28 Angesichts des nicht zuletzt in Pelham wieder gezeigten Zurückhaltung des EuGH, im Kontext des Bearbeitungsrechts als »Interimsnormgeber«29 aufzutreten, rechne ich hiermit nicht.

27 28 29

Vgl. Haberstumpf UFITA 2020, S. 36 (104). Vgl. nur zuletzt EuGH ZUM 2019, S. 738 (745), Rn 70f. – Pelham u.a. [Metall auf Metall]; EuGH ZUM 2019, S. 759 (766), Rn 65 – Spiegel Online/Beck. Jotzo ZGE 2017, S. 447 (447).

VI. Fazit und Ausblick

1.

Zusammenfassung: Der Stand der Dinge

Gegenstand dieser Studie war der Wandel der rechtlichen Bedingungen, unter denen in Deutschland derzeit urheber- und/oder leistungsschutzrechtlich geschützte Musik Dritter erlaubnisfrei in eigener neuer Musik verwendet werden darf. Den ganzen Katalog der dabei möglichen argumentativen Ansatzpunkte aufrufend – »Für den Ausgleich widerstreitender Grundrechtspositionen verfügt das materielle Urheberrecht über drei mögliche Stellschrauben – die Bestimmung des Schutzgegenstands, des Umfangs der Ausschließlichkeitsrechte und der Reichweite der Schrankenregelung«1 –, war in den vorangegangenen Kapiteln zu sehen gewesen, wie insbesondere im Anschluss an das Metall-auf-Metall-Urteil des Bundesverfassungsgerichts verschiedene Ansätze vor und nach Pelham versuchten, mal gegen und mal mit der InfoSocRL 2001/29/EG dasselbe Ziel eines weiten Spielraums für kreative Aneignungen2 zu begründen. Entweder auf unionsrechtlicher Ebene selbst, und zwar ohne neue Rechtssetzung dort. Oder jedenfalls für das nationale Recht in Deutschland, um durch entsprechende Auslegung des Unionsrechtsrahmens, gegebenenfalls in Verbindung mit einer Reformulierung des UrhG, eine Fortsetzung des hiesigen Status quo zu erwirken, wie er vor dem Pelham-Urteil galt. Und wenn nicht unmittelbar, so doch zumindest wieder ab in Kraft treten der Urheberrechtsnovelle zum 7. Juni 2021. Die wichtigsten dabei vertretenen Positionen waren folgende:

1 2

Vgl. de la Durantaye Festschrift für Christine Windbichler zum 70. Geburtstag 2021, S. 1323 (1325). Was ich als Ziel ausdrücklich teile und 2016 aus kunstspezifischer Betrachtung heraus am Beispiel des Mashup-Genres umfassend begründet habe, vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 314ff.

234

Zwischen Pastiche und Zitat









• •

Position 1 argumentierte, dass die InfoSoc-RL 2001/29/EG das Bearbeitungsrecht überhaupt nicht tangiert und harmonisiert und deswegen individuelle nationale Lösungen wie § 24 Abs. 1 UrhG a.F. möglich bleiben.3 Position 2 vertrat, dass im Pelham-Urteil nur über das Vervielfältigungsrecht des Tonträgerherstellers entschieden wurde, nur insoweit § 24 Abs. 1 UrhG a.F. unionsrechtswidrig sei und das Ganze das Bearbeitungsrecht an Werken gar nicht berühre.4 Position 3 führte an, dass die Art. 2, 5 InfoSoc-RL 2001/29/EG hinreichenden nationalen Umsetzungsspielraum lassen, um eine nationale Sonderregelung wie § 24 Abs. 1 UrhG a.F. zu rechtfertigen.5 Position 4 zielte darauf, § 24 Abs. 1 UrhG a.F. über den allgemeinen grundrechtlichen Interessenausgleich zu rechtfertigen: entweder als Begründung einer Schutzbereichsbegrenzung von Art. 2 InfoSoc-RL 2001/29/EG oder als Basis für eine ungeschriebene Schranke in Art. 5 Abs. 3 InfoSoc-RL 2001/29/EG entsprechend § 24 Abs. 1 UrhG a.F.6 Position 5 ist jene der deutschen Exekutive und Legislative, wonach §§ 23 Abs. 1, 51a S. 1 Alt. 3 UrhG n.F. § 24 Abs. 1 UrhG a.F im Wesentlichen ersetzen. Position 6 reklamierte schließlich eine weite, voraussetzungsarme Auslegung der Zitatschranke auf Basis von Art. 10 RBÜ, was faktisch zum selben Ergebnis führen würde wie die von der deutschen Exekutive und Legislative vertretene Auslegung der Pasticheschranke.

Die in dieser Dissertation herausgearbeitete Position ist eine andere: Nach der summarischen Darstellung der alten Rechtslage (Kap. II, Abschnitt 1) sowie einer Einführung in die Bedeutung des Kipppunkts zwischen abhängigen und selbstständigen Bearbeitungen für die musikalische Theorie und Praxis (Kap. II, Abschnitt 2) konturierte diese Dissertation zunächst den vom BVerfG im Kontext Bearbeitungsrecht bislang wenig ausgeführten und zugleich in der Rechtswissenschaft nur am Rande behandelten Begriff der kunstspezifischen Betrachtung für die Auseinandersetzung mit dem Interessenausgleich im Bearbeitungsrecht. 3

4 5

6

Vgl. Haberstumpf ZGE 2015, S. 425 (457f.); Czychowksi/Nordemann/Nordemann/Schaefer Vom Magnettonband zu Social Media 2015, S. 91 (102f.); Apel K & R 2017, S. 563 (564f.); Ohly GRUR 2017, S. 964 (967); Nordemann/Nordemann/Czychowski Fromm/Nordemann Urheberrecht 2018, § 24, Rn 6f.; Stieper ZUM 2019, S. 713 (713f.); Schulze GRUR 2020, S. 128 (129). Vgl. Schulze NJW 2019, S. 2918 (2918); Schulze GRUR 2020, S. 128 (129). Vgl. Geiger/Izyumenko AUILR 2019, S. 1 (5); Handig GRUR-Prax 2019, S. 497 (498); Leistner GRUR 2019, S. 1008 (1011); Marly/Prinz LMK 2019, 421261; Stieper ZUM 2019, S. 713 (715f.); Dreier GRUR 2019, S. 1003 (1005); Oechsler NJW 2020, S. 3206 (3208); Schulze GRUR 2020, S. 128 (131). Vgl. Jütte/Maier JIPLP 2017, S. 784 (790f.); Dreier GRUR 2019, S. 1003 (1005); Goldhammer ZUM 2019, S. 727 (729); ECS JIPITEC 2020, S. 115 (126f.); Dreier GRUR Int. 2020, S. 223 (223); Stieper 2020, ZUM 2020, S. 753 (754).

VI. Fazit und Ausblick

Es wurde juristisch herausgearbeitet, dass es bei dieser Kategorie des BVerfG um etwas geht, das man eine informierte Entscheidung nennen kann. Am Beispiel des Genrebegriffs, den das BVerfG 2016 als einziges Konkretisierungsangebot in seinem Metall-auf-Metall Urteil einführt, wurde sodann erläutert, was informiert heißen könnte und sollte. Dieser zugleich Anspruch und Maßstab wurde sodann eingesetzt, um den nun neu erreichten aktuellen Stand des Bearbeitungsrechts kritisch vergleichend zu erschließen und zu evaluieren. Leitende, in Kap. III ausgeführte These dieser Dissertation war sodann die Diagnose, dass es bei kunstspezifischer Betrachtung mit Wirkung zum 22. Dezember 2002 im Bearbeitungsrecht zu einem Systemwechsel gekommen ist, nach dem Position und Kontur des besagten Kipppunkts und darauf aufbauend die Frage der Erlaubnisfreiheit bestimmt werden. Die alte Rechtslage wurde nicht modifiziert. Sie wurde ersetzt. An die Stelle des Gebots des Verblassens ist das Gebot der Interaktion getreten. Das ist kunstspezifisch betrachtet das genaue Gegenteil. Das hat Konsequenzen: Viele Formen von Adaptionen, die zuvor erlaubnisfrei möglich waren, sind es nach Pelham iVm Metall auf Metall IV nun nicht mehr. Im Zuge dessen wurde überdies gezeigt, warum die Positionen 1 bis 3 nicht tragfähig waren: Fremdreferenzielles Komponieren erfasst stets Fälle von Vervielfältigung im Sinne von Art. 2 InfoSoc-RL 2001/29/EG, wie der BGH schon 2013 in seinem Urteil Beuys-Aktion festgestellt hat. Entsprechend ist der deutsche Gesetzgeber später auch Position 1 nicht gefolgt und hat § 24 Abs. 1 UrhG a.F. zum 7. Juni 2021 aufgehoben. Die Position 2, dass das Pelham-Urteil des EuGH Bearbeitungsrecht an Werken gar nicht berühre, sondern nur das Vervielfältigungsrecht des Tonträgerherstellers tangiere, wurde nicht nur systematisch widerlegt in der einschlägigen Vorveröffentlichung. Inzwischen hat auch der BGH in Metall auf Metall IV dezidiert gegen diese Sichtweise entschieden, ein Standpunkt, der sich wiederum auch in der späteren Aufhebung von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. nochmals widerspiegelt. Und den Ansätzen der Position 3, die freie Benutzung über allgemeinen grundrechtlichen Interessenausgleich zu retten, ist der EuGH schlicht nicht gefolgt,7 insbesondere, weil er die Grundrechtsabwägung innerhalb der InfoSoc-RL 2001/29/EG selbst verortet und nicht als zu dieser externes Korrektiv versteht, womit u.a. dann erst die Ergänzung einer ungeschriebenen Schranke zu Art. 5 InfoSoc-RL 2001/29/EG zu rechtfertigen wäre.8

7 8

Vgl. Jongsma JIPLP 2020, S. 1003 (1011); Oechsler NJW 2020, S. 3206 (3208); Senftleben IIC 2020, S. 751 (765). Vgl. Bently/Dusollier/Geiger/Griffiths/Metzger/Peukert/Senftleben IIC 2019, S. 467 (474); Jütte JIPLP 2019, S. 827 (828); Snijders/van Deursen IIC 2019, S. 1176 (1185); The Bird & Bird IP Team JIPLP 2020 S. 332 (341); van Deursen/ Snijders IIC 2020, S. 1080 (1088); Geiger/Izyumenko IIC 2020, S. 282 (298ff.); Quintais/Frosio/van Gompel/Hugenholtz/Husovec/Jütte/Senftleben JIPITEC 2020, S. 277 (278); Rosati JIPLP 2020, S. 264 (266); Senftleben IIC 2020, S. 751 (764f.).

235

236

Zwischen Pastiche und Zitat

Im Zentrum von Kap. IV stand daran anschließend die Frage, ob die Maßnahmen des deutschen Gesetzgebers im Zuge der Umsetzung der DSM-RL 2019/790 diese Folgen des Verlusts der Schranke der freien Benutzung kompensieren können, insbesondere die neu eingeführte Pasticheschranke (§ 51a S. 1 Alt. 3 UrhG n.F.). Die bislang umfassendste Analyse des Pastichebegriffs in der Rechtswissenschaft bildete den Mittelpunkt von Kap. IV. Sie führte zu der Diagnose, dass der weite Pastichebegriff (und damit Position 5), den der deutsche Gesetzgeber in der Begründung der Urheberrechtsreform zum 7. Juni 2021 im Zusammenspiel mit Teilen des neueren Schrifttums entwickelt hat,9 nicht tragen dürfte, da mit Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) Alt. 3 InfoSoc-RL 2001/29/EG unvereinbar. Pastiche als Rechtsbegriff erfasst nach hiesiger Auffassung hingegen nur die Imitation der spezifischen identitätsstiftenden stilistischen Machart eines Drittwerks, was dann rechtlich relevant wird, wenn diese Machart die geschützten eigenschöpferischen Züge des Drittwerks ausmacht. Es gibt solche Fälle. Über sie wurde auch in Deutschland bereits geurteilt – ohne Rekurs auf den Pastichebegriff und vor Inkrafttreten der InfoSoc-RL 2001/29/EG im Kontext des damals geltenden § 24 Abs. 1 UrhG a.F. So entfaltete Kap. IV den hier vertretenen Standpunkt, dass der deutsche Pastichebegriff vor dem EuGH nicht bestehen wird. Und fragte nach den Konsequenzen der eingetretenen Situation für die künstlerische Praxis. Im Zuge dessen wurde zudem dargelegt, warum die Position 4 nicht durchgreift: Umsetzungsspielraum besteht laut Pelham nicht bei den Rechten (Art. 2), nur bei ihren Schranken (Art. 5). § 24 Abs. 1 UrhG a.F. war daher als Schutzbereichsbestimmung nicht zu retten. Und als Schranke reicht der nationale Umsetzungsspielraum für den EuGH nicht weit genug, um eine derart substanzielle Abweichung vom regulativen Rahmen des Art. 5 Abs. 2, 3 InfoSoc-RL 2001/29/EG zu tragen, wie sie die Fortgeltung von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. dargestellt hätte.10 In Kap. V wurde sodann abschließend die vom deutschen Gesetzgeber nicht verfolgte, aber in der rechtswissenschaftlichen Literatur herausgehoben vertretene Position 6 verhandelt, anstelle der Pasticheschranke doch ausgehend von Art.

9

10

Vgl. Peukert GRUR-Beilage 2014, S. 77 (89); Stieper AfP 2015, S. 301 (305); Hudson Intellectual Property Quarterly 2017, S. 346ff.; Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 248–282 [in kondensierter Form als Pötzlberger GRUR 2018, S. 675ff.]; Rehbinder/Peukert Urheberrecht und verwandte Schutzrecht 2018, S. 182, Rn 528; Senftleben ZUM 2019, S. 369 (374); ECS [Senftleben/ Metzger] JIPITEC 2020, S. 115 (125f.); Senftleben Research Handbook on Intellectual Property and Digital Technologies 2020, S. 136 (157f.); Stieper GRUR 2020, S. 699 (702f., 708); Stieper GRUR 2020, S. 792 (793f., 796f.). Vorsichtiger, aber doch im Ergebnis nun akzeptierend/zustimmend z.B. auch Lauber-Rönsberg ZUM 2020, S. 733 (738f.); Leistner ZUM 2020, S. 505 (511); Ohly GRUR 2020, S. 843 (852); Wandtke/Hauck ZUM 2020, S. 671 (677); Würtenberger/Freischem GRUR 2020, S. 1063 (1064). Vgl. Jütte EU Internet Law in the Digital Era 2020, S. (80); Engman Nordiskt Immateriellt Rättsskydd 2020, S. 127 (130); Rosati JIPLP 2020, S. 264 (267).

VI. Fazit und Ausblick

10 RBÜ die Zitatschranke zu einem bedingungsarmen Pendant zur aufgehobenen freien Benutzung zu entwickeln, dass die balancierende Funktion von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. im Interessenausgleich des Bearbeitungsrechts übernehmen kann.11 Es wurde gezeigt, warum nicht damit zu rechnen ist, das die Rechtsprechung ausgehend vom EuGH (Art. 5 Abs. 3 Buchst. d) InfoSoc-RL 2001/29/EG) diesem Ansatz folgen dürfte, warum dieser bei kunstspezifischer Betrachtung aber vor allem auch nicht zielführend ist. In Summe zeigt die Dissertation dadurch, dass es bei kunstspezifischer Betrachtung durch den Wegfall der Schranke der freien Benutzung im Interessenausgleich des Bearbeitungsrechts zu einer substanziellen Neugewichtung gekommen ist. Einer Neugewichtung, die weder politisch verhandelt noch von der nationalen Exekutive und Legislative politisch gewollt ist. Einer Neujustierung, die aber ohne weitere legislative Maßnahmen auf Unionsebene nicht einfach über eine entsprechende Auslegung von Schranken, die die InfoSoc-RL 2001/29/EG bereits anbietet (Pastiche- bzw. Zitatschranke), zu schließen ist. Mit dieser Neujustierung geht insbesondere einher, dass für viele etablierte künstlerische Praktiken fremdreferenziellen Komponierens eine erhebliche Lücke gerissen wurde, die zuvor mit Erlaubnisfreiheit privilegiert waren (bzw. es im Einzelfall sein konnten) und es nun per se nicht mehr sind. Das gilt namentlich für alle nicht kritisch-humoristisch angelegten Bearbeitungen, die sich nicht unschwer den Fallgruppen von Parodie und Karikatur (einschließlich Satire) zuordnen lassen – Fallgruppen, die inhaltlich gesehen faktisch unberührt durch den in dieser Dissertation aufgearbeiteten Prozess der Neujustierung des Bearbeitungsrechts durchgelaufen sind, insoweit sich lediglich ihre Verortung im UrhG verändert hat. Diese Neujustierung trifft die Musik in besonderem Maße. Um Parodien und Karikaturen (einschließlich Satiren) geht es im fremdreferenziellen Komponieren nämlich vergleichsweise selten. (Und in den im Bereich kleiner Münze häufigen Fällen von unbewussten Entlehnungen und zufälligen Ähnlichkeiten ist eine nachträgliche Exkulpation unter Berufung auf diese Schranken aufgrund der ästhetischen Spezifik dieser Fallgruppen sogar fast nie möglich.) Freilich stellt die Musik hier keinen Sonderfall dar. Dem Grunde nach trifft die in dieser Dissertation entwickelte Diagnose alle Künste in erheblichem Maße, wie am Beispiel eines aktuellen Gerichtsverfahrens aus dem Bereich Appropriation Art gezeigt wurde. Der nun zum 7. Juni 2021 erreichte bearbeitungsrechtliche Status Quo lässt sich nach der hier vertretenen Auffassung daher wie folgt zusammenfassen:

11

Vgl. Jütte/Maier JIPLP 2017, S. 784 (794); Bently/Aplin Is Intellectual Pluralism Functional 2019, S. 8 (8); Aplin/Bently Global Mandatory Fair Use 2020, S. 138f.; Senftleben IIC 2020, S. 751 (764f.).

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238

Zwischen Pastiche und Zitat 1) Für die Bedingungen der Erlaubnisfreiheit der ungefragten Nutzung von geschützten Drittwerken in fremdreferenziellen Kompositionen ist die InfoSocRL 2001/29/EG maßgeblich. 2) Erlaubnisfreiheit ist gegeben, wenn

• der Schutzbereich des dabei aufgerufenen Vervielfältigungsrechts des Art. 2 Buchst. a) InfoSoc-RL 2001/29/EG nicht eröffnet ist oder • eine Schranke nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. d) und k) InfoSoc-RL 2001/29/EG greift. 3) Die Bestimmung des Schutzbereichs ist vollharmonisiert, das nationale Urheberrecht an Werk und Werkteilen gemäß §§ 1, 2 UrhG entsprechend richtlinienkonform auszulegen. Aktuell sind zwei Begrenzungen statuiert:

• Nichterreichen der Schöpfungshöhe; • Unkenntlichmachung der Übernahme. Der Spielraum für Erlaubnisfreiheit zugunsten fremdreferenziellen Komponierens, der sich nun hinsichtlich der Schutzbereichsbestimmung gefestigt hat, ist gering: Die Eingangshürde der Schöpfungshöhe gibt nur musikalisches Handwerkszeug frei. Fremdreferenzielles Komponieren ist aber kreatives Weiterarbeiten mit den eigenschöpferischen Zügen von Drittvorlagen. Und um die Unkenntlichmachung der Übernahme geht es bei fremdreferenziellem Komponieren gerade nicht. Selbstständigkeit der Verarbeitung des übernommenen Materials im Sinne von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. ist kein Argument mehr gegen die Eröffnung des Schutzbereichs von §§ 1, 2 UrhG. Aus der Vollharmonisierung des Vervielfältigungsrechts ergibt sich zudem, dass über diese Bestimmung des Schutzbereichs hinaus nationale Sonderwege via nationaler Rechtsprechung ausgeschlossen sind. Eine weitere Reduzierung des Schutzbereichs würde ausschließlich dem EuGH obliegen. Es gibt freilich derzeit keine Anhaltspunkte, mit einer solchen zu rechnen, insbesondere keiner im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG a.F. zugunsten fremdreferenziellen Komponierens. Angesichts dessen, dass der BGH im Metall-auf-MetallVorlageverfahren deutlich mehr Spielraum vom EuGH in Sachen einschränkender Schutzbereichsbestimmung begehrte (vgl. Vorlagefrage 3), aber nicht gewährt bekam, ist im Gegenteil davon auszugehen, dass der EuGH absehbar nicht über die nun gefundene restriktive Position hinausgehen wird. Dies gilt insbesondere auch unter Rekurs auf Grundrechte, so der EuGH seine Linie im Pelham-Urteil gerade unter Abwägung der im hiesigen Interessenausgleich einschlägigen Grundrechte begründet hat.

VI. Fazit und Ausblick

Den erreichten Stand der Dinge in Sachen Schutzbereichsbestimmung von Art. 2 buchst. a) InfoSoc-RL 2001/29/EG, §§ 1, 2 UrhG mag man bedauern, beklagen oder für unzureichend erachten. Es wird jedoch mit ihm zu arbeiten sein. Das freilich ist auch nur konsequent. Wenn der europäische Gesetzgeber über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg durch gleich zwei Richtlinienverfahren hindurch nicht willens oder in der Lage ist, an dieser Stelle mehr Flexibilität bereitzustellen, ist es sicherlich gut vertretbar, dass der EuGH diese eigentlich politische Aufgabe nicht übernehmen wollte, indem man die dritte Vorlagefrage des BGH großzügig positiv beantwortet. Zusammengefasst heißt dies: Solange die Schöpfungshöhe so niedrig angesetzt bleibt wie derzeit üblich in der Spruchpraxis und solange im Bearbeitungsrecht keine pauschalen Bagatellgrenzen analog § 10 UrhDaG eingeführt werden, ist schon bei vergleichsweise kleinen musikalischen Einheiten und im Fall fremdreferenziellen Komponierens immer von einer Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 2 Buchst. a) InfoSoc-RL 2001/29/EG, §§ 1, 2 UrhG auszugehen. Erlaubnisfreiheit hängt dann ausschließlich an der Frage der Schranken. 1) An Schranken greifen das Zitatrecht (Art. 5 Abs. 3 Buchst. d) InfoSoc-RL 2001/29/EG) sowie – bis 6. Juni 2021 – die Schranken zugunsten von Parodien und Karikaturen (Art. 5 Abs. 3 k) Alt. 1 und 2 InfoSoc-RL 2001/29/EG) bzw. – ab 7. Juni 2021 – zusätzlich zugunsten von Pastiches (Art. 5 Abs. 3 k) Alt. 3 InfoSoc-RL 2001/29/EG). Der sich daraus ergebende Spielraum für Erlaubnisfreiheit zugunsten fremdreferenziellen Komponierens ist ebenfalls gering. Der im Einzelnen in Kap. III bis V erläuterte jeweilige Anwendungsbereich dieser vier Schranken ist insbesondere unter Berücksichtigung der hier vertretenen restriktiven Auslegung von Zitat- und Pasticheschranke als eng zu bewerten, vor allem als ungleich enger als jener Interessenausgleich, wie er mit § 24 Abs. 1 UrhG a.F. etabliert war. Das gilt für alle nicht primär kritisch-humoristisch angelegten Bearbeitungspraktiken, die wiederum im Bereich der Musik eine untergeordnete Rolle spielen. Darüber hinaus geht mit den jüngsten Rechtsänderungen im Bereich der Schranken des Bearbeitungsrechts ein Systemwechsel einher, vom Gebot des Verblassens zum Gebot der Interaktion. Im Zentrum des bearbeitungsrechtlichen Interessenausgleiches steht nun nicht mehr wie zuvor die Privilegierung eines hinreichenden Maßes an Distanzierung vom übernommenen musikalischen Material durch dessen Transformation und rekontextualisierende Einbindung in einen neuen Werkzusammenhang, sondern ausschließlich ästhetisch spezifische, rechtlich voraussetzungsreiche Formen der Auseinandersetzung mit den geschützten eigenschöpferischen Zügen einer Vorlage.

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Zwischen Pastiche und Zitat 2) Zwar gibt es anders als bei den Rechten bei ihren Schranken einen nationalen Umsetzungsspielraum. Die nationale Auslegung freilich

• hat den Wortlaut der Richtlinie als maßgeblich zu beachten; • muss alle im Richtlinienwortlaut und der Auslegung durch den EuGH etablierten Voraussetzungen übernehmen; • muss in EU-weit kohärenter Weise zu erfolgen, insbesondere zur Sicherung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarktes; • muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen; • hat den schrankenbegrenzte Faktoren im EU-Recht wie den Drei-StufenTest (Art. 5 Abs. 5 InfoSoc-RL 2001/29/EG) zu beachten: nur Anwendung auf bestimmte Sonderfälle (Erreichung eines hohen Schutzniveaus), keine Beeinträchtigung der normalen Verwertung, keine ungebührliche Verletzung der berechtigten Interessen des Vorlagengebers; • unterliegt der Kontrolle durch die Grundrechte der Union und das dort garantierte Mindestschutzniveau; • darf keine Schranken jenseits des Angebots von Art. 5 Abs. 2, 3 InfoSocRL 2001/29/EG etablieren unter Rekurs auf allgemeine Grundrechtsabwägung.12 Die Möglichkeiten für nationale Sonderwege per Auslegung der Schranken sind damit faktisch ebenfalls als sehr eng anzusehen. 3) Die DSM-RL 2019/790 war fast zwei Jahrzehnte nach der InfoSoc-RL 2001/29/ EG die erste europäische Rechtsetzung, die den Bereich des Bearbeitungsrechts wieder direkt tangierte. Eine über den vorgenannten Rahmen der InfoSoc-RL 2001/29/EG hinausgehende Reduktion des Schutzbereichs des Vervielfältigungsrechts oder Erweiterung der Möglichkeiten seiner Beschränkbarkeit mittels zusätzlicher Schranken ist mit der DSM-RL 2019/790 freilich nicht erfolgt. Einzig wurden die Schranken Art. 5 Abs. 3 d) und k) InfoSoc-RL 2001/29/EG für den Bereich der öffentlichen Wiedergabe via Plattformnutzung von fakultativ auf obligat gestellt (Art. 17 Abs. 7 S. 2 DSM-RL 2019/790 iVm Erwägungsgrund 70). Das beeinflusst in seiner nationalen Umsetzung das Vervielfältigungsrecht insoweit, als dass der deutsche Gesetzgeber in der Realisierung von § 51a UrhG auf diese Zweckbindung verzichtet. Die Pasticheschranke ist also ohne eine solche eingeführt worden. Der deutsche Gesetzgeber geht damit über die zwingend zu erfüllenden Vorgaben der DSM-RL 2019/790 hinaus. Freilich ist er dazu durch Art. 5 Abs. 3 k) Alt. 3 InfoSoc-RL 2001/29/EG berechtigt. 12

Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (621), Rn 40–49 – Metall auf Metall IV.

VI. Fazit und Ausblick

Die pauschale Erlaubnisfreistellung geringfügiger Nutzungen gemäß dem ebenfalls neuen § 10 iVm § 9 Abs. 2 Nr. 3 UrhDaG berührt unmittelbar nur das Recht auf öffentliche Wiedergabe. Insoweit generiert es Beweislastverteilungen. Die Frage der Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden Vervielfältigung bleibt davon freilich unberührt. Es entbindet nur den Plattformbetreiber von Prüfpflichten.13 Der hier interessierende Interessenausgleich im Bearbeitungsrecht zwischen Vorlagengeber und Vorlagennehmer bleibt hiervon unberührt.

2.

Ausblick: Wie geht es weiter?

Konsequenz der beschriebenen Entwicklung des Interessenausgleichs im Bearbeitungsrecht rund um Pelham/Metall auf Metall IV und DSM-RL 2019/790 ist natürlich nicht, dass das gerade auch in Rechtspolitik und Rechtswissenschaft in den vergangenen Jahren so oft artikulierte Bedürfnis nach rechtssicheren, weit gefassten, kulturell produktiven und zugleich ökonomisch wie moralisch fair balancierten Bedingungen der ungefragten, aber erlaubnisfreien Nachnutzung von geschützten Drittwerken für ästhetisch selbstständige Aneignungen verschwunden ist. Das Gegenteil ist der Fall. Der Bedarf ist enorm.14 Oder wie Helmut Haberstumpf zugespitzt zusammenfasst: »Die freie Benutzung darf nicht sterben.«15 In einem Interessenausgleich, in dem u.a. • •

• • •

13 14 15 16

die Schöpfungshöhe minimal liegt, das Gros der gesellschaftlich relevanten Musik materiell einfach, d.h. standardisiert und konventionalisiert gearbeitet ist und dies auch möglich bleiben soll, um Teilhabe zu gewährleisten (was zwingend in hohem Maße Übereinstimmungen zwischen Werken nach sich zieht), die realen Schutzfristen bei hohem Lebensalter des Urhebers gerne mal anderthalb Jahrhunderte erreichen,16 unbewusste Entlehnung und versehentliche Ähnlichkeit genauso behandelt werden wie absichtsvolle Übernahmen, schon ein geringes Maß an Übereinstimmung oberhalb der Schöpfungshöhe eine Beweislastumkehr auslöst, der Negativbeweis der Nichtverwendung des Vgl. BGH ZUM 2020, S. 617 (621), Rn 40–49 – Metall auf Metall IV. Vgl. Conrad/Nolte ZUM 2021, S. 111 (120f.). Vgl. Haberstumpf ZUM 2020, S. 809 (809). Man denke als ebenso hochkommerzielle wie musikhistorisch bedeutsame Beispiele etwa an die vergangenes Jahr frei gewordenen frühen Meisterwerke von Richard Strauss aus den 1880er Jahren oder an die gemeinsam verlegten Lieder des Gespanns Lennon-McCartney, deren Entstehung Paul McCartney bereits mehr als ein halbes Jahrhundert überlebt hat.

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Zwischen Pastiche und Zitat



älteren Werks im Zeitalter der Veröffentlichung von Musik im Internet aber praktisch nie zu führen ist, und sich das Recht ganz auf den hörenden Vergleich von musikalischem Material konzentriert und andere Faktoren, die die künstlerische, soziale und ökonomische Wertigkeit von Musik mitbestimmen, außen vor lässt, ist eine Klausel wie § 24 Abs. 1 UrhG a.F. schon als politisches Zeichen schlicht ein essenzielles Korrektiv. Sie sichert Freihaltebedürfnis, Kunstfreiheit und musikalische Produktivität, Teilhabe und Vielfalt.17 Und vor allem schafft sie Vertrauen. Ein System, in dem man dagegen Angst haben muss, der Inspiration durch ältere Arbeiten Dritter zu folgen, ist genauso wenig im Dienste der Gesellschaft wie eines, in dem Künstler sorgenvoll über die eigene Schulter schauen müssen, sobald sie mit einfach gehaltenem da einfach verständlichem künstlerischem Material operieren wollen. Man kann in diesem Zusammenhang nur nochmal an die Diagnosen von J. Peter Burkholder18 und Carl Dahlhaus19 erinnern, um mit ihren kunstspezifischen Betrachtungen die Qualität der nun eingetretenen rechtlichen Problemlage deutlich zu machen:

Gerade weil daher der Bedarf für ein effektives Instrument angemessener Ausbalancierung der Interessen so groß ist, sind der rechtspolitische wie der rechtswissenschaftliche Diskurs dieser Tage stärker denn je geprägt davon, nur eben halt nun auf Umwegen, namentlich über die Pastiche- bzw. die Zitatschranke, das zu etablieren, was politisch auf EU-Ebene bislang nicht zu erreichen war. Nämlich eine Schranke, die faktisch das leistet, was die freie Benutzung einst geleistet hat – bzw. im Fall der Musik genauer gesagt: hätte leisten können, hätte man sie nicht derart ängstlich-restriktiv und damit bei kunstspezifischer Betrachtung kunstfern angewandt.20 Zwei Themen dürften die Auseinandersetzungen im Bearbeitungsrecht in den kommenden Jahren vor Gericht bestimmen:

17

18 19

20

Die Frage angemessener Vergütung der Urheber ist dabei kein Einwand. Sie entscheidet sich nicht an dieser Stelle des bearbeitungsrechtlichen Interessenausgleichs, sondern an jener der oligopolen, nur minimal regulierten Verfasstheit des Musikmarktes und seiner Machtstrukturen. Burkholder Notes 1994, S. 851 (863). »If we examined all music borrowed in some way from its predecessors, we would be examining all music«. Dahlhaus Europäische Musikgeschichte 2002, S. 59 (76): »Die wesentliche Voraussetzung musikalischer Werke liegt nicht im Zeitgeist, im sozialen Kontext oder in der Biographie der Komponisten, sondern in der einfachen Tatsache, daß frühere Musik existiert, an der sie sich orientieren. Die Formel, dass Musik über Musik gemacht werde, drückt nicht eine Ausnahme, sondern die Regel aus.« Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 314ff.

VI. Fazit und Ausblick

• •

das Ringen um eine expansive Auslegung der Pasticheschranke (Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) Alt. 3 InfoSoc-RL 2001/29/EG, § 51a S. 1 Alt. 3 UrhG); das Ringen um eine expansive Auslegung der Zitatschranke (Art. 5 Abs. 3 Buchst. d) InfoSoc-RL 2001/29/EG, § 51 UrhG).

Es gibt für beide Positionen gewichtige Fürsprecher und Argumente. Es ist nicht kategorisch ausgeschlossen, dass am Ende der EuGH nicht doch einem der beiden Wege folgt, insbesondere, wenn ihn ein Fall erreicht, in dem künstlerische Qualität der Adaption und Folge der Feststellung einer Rechtsverletzung in einem eklatanten Missverhältnis stehen. Ein Fall wie Martin Eder weist bereits in dieser Richtung. Und die Aussage des Vorsitzenden Richters am Kammergericht in der mündlichen Verhandlung seinerzeit, dass dieser Rechtsstreit »das Zeug habe, der nächste Metall auf Metall zu werden«, illustriert dies treffend. Sollte es wider Erwarten so kommen, entstünden freilich ebenfalls erhebliche Folgeprobleme dadurch, dass dann Pastiche bzw. Zitat als Generalklauselschranke fungieren, obwohl der jeweilige künstlerische Sprachgebrauch anders ist und eine solche Lesart damit – vorsichtig formuliert – für Künstler nicht selbsterklärend ist, anders als vom selbstständigen Werk als Abgrenzungsmaßstab und Kipppunkt zu sprechen wie einst in § 24 Abs. 1 UrhG a.F. Nach der hier vertretenen Auffassung werden am Ende jedoch weder die Pasticheschranke noch die Zitatschranke als äquivalenter Ersatz der freien Benutzung tragen und damit leisten können, was kulturelle Teilhabe und Vielfalt erfordern und letztlich die Kunstfreiheit verlangt. Ich gehe aus den genannten Gründen vielmehr davon aus, dass der EuGH sie zum gegebenen Zeitpunkt in der skizzierten Weise strikt und eng auslegen wird. Freilich wird es Zeit und Gerichtsverfahren brauchen, bis das so festgestellt ist. Das wird eine Phase von erheblicher Rechtsunsicherheit bringen, in der wir uns auch bereits befinden. Und zu künstlerisch schwer zu akzeptierenden Urteilen führen wie im geschilderten Fall von Martin Eder und Appropriation Art. Das gilt umso mehr, als dass beim – sich im Bereich kleiner Münze leicht und oft einstellenden – Vorwurf unbewusster Entlehnung künftig kaum noch Spielraum besteht, sich rückwirkend zu exkulpieren, sofern man nicht klar im Kontext humoristischekritischer Aneignungen operiert. Man kann insbesondere nur hoffen, dass es möglichst wenige Prozesse geben wird. Ein Geschäftsmodell, Rechte im Pop- und Schlagerbereich aufzukaufen, mit Hilfe von Text- und Data-Mining-Technologien potenziell justiziable Fälle auf dem Gebiet der kleinen Münze unter ökonomisch wertvollen Werken der Popularkultur zu suchen, um sich dann zunutze zu machen, dass der Spielraum für Exkulpation nun spürbar enger geworden ist, liegt nämlich schlicht nahe. An dieser unfreiwilligen Folge kann eigentlich niemand Interesse haben, dem an einer lebendigen, beteiligungsstarken, alle Gesellschaftsteile einbeziehenden Musikkultur gelegen ist.

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Zwischen Pastiche und Zitat

Wie geht es weiter, wenn es so kommt und weder Pasticheschranke noch Zitatschranke in der beschriebenen, jeweils zumindest generalklauselnahen weiten Auslegung tragen? Ich erwarte, dass sich der neue Ist-Zustand dadurch dann mittelfristig als unzureichend erweist,21 dass die Rechtsprechung aber nicht von selbst Abhilfe schaffen wird. Ihr Gestaltungsspielraum scheint durch die Wendungen des Metall-aufMetall-Rechtsstreit ausgereizt in Sachen Ausgestaltung der rechtlichen Bedingungen, unter denen geschützte Musik Dritter erlaubnisfrei künstlerisch weiterverarbeitet werden darf. Damit kommt absehbar die Frage einer legislativen Lösung wieder auf die Tagesordnung. Aus den genannten Gründen kann sie nur auf EUEbene erfolgen. Hier scheinen mir zwei Wege ebenso realistisch wie produktiv zu sein: Die kleine Lösung schielt auf § 10 UrhDaG. Die hier legislativ neue eingeführte Idee von vergleichsweise großzügigen Bagatellgrenzen – 15 Sekunden bringen viel Handlungsspielraum in der Musik – ist ein Ansatz, der sich auf das Bearbeitungsrecht übertragen ließe, insbesondere dann, wenn er wie vom BVerfG im Metall-aufMetall-Urteil vorgeschlagen mit Beteiligungs-, Zwangslizenz- und/oder Nachteilausgleichsansprüchen verbunden würde.22 Wie im UrhDaG für die Plattformnutzung vorgesehen ist insoweit eine praktische Abwicklung über die Verwertungsgesellschaften denkbar. Eine solch pragmatische Lösung würde das Gros alltäglicher Problemfälle entschärfen und einem für viele Einzelfälle standardisierten Interessenausgleich zuführen. Letztlich handelt es sich um eine objektivierte Anhebung der Schöpfungshöhe. Eine Gleichstellung der Bearbeitung kleinerer Werkteile würde erreicht mit dem Covern von Liedern, bei dem in der Popularkultur oft kein geringeres Maß an transformativer Energie und künstlerischer Kreativität entfaltet wird und bei dem es eine entsprechend standardisierte Lösung über Zwangslizenzen via Verwertungsgesellschaften bereits gibt.23 Leidtragend wäre natürlich das Persönlichkeitsrecht, dessen Relevanz abnähme. Aber für wirklich moralisch heikle Extremfälle wie im Bushido-Verfahren vor dem BGH bliebe § 14 UrhG als Korrektiv bestehen.24 Die große Lösung wäre eine andere: eine Generalklausel, die sich ganz auf die Frage ästhetischer Selbstständigkeit als Differenzierungskriterium im Interessenausgleich konzentriert und verlässt und an Stelle von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k) InfoSoc-RL 2001/29/EG tritt. Für sie habe ich schon 2016 argumentiert.25 Hierauf

21 22 23 24 25

Vgl. auch das für die Druckfassung nachträglich ergänzte Vorwort hierzu, insbesondere die dortigen Ausführungen zu Ted Gioias Studie vom Januar 2022. Vgl. BVerfG ZUM 2016, S. 626 (633), Rn 80 – Metall auf Metall. Vgl. § 42a UrhG, 34 VVG. Vgl. auch BGH ZUM 2015, S. 996ff. – Goldrapper. Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 314ff.

VI. Fazit und Ausblick

kann ich nur verweisen. Eine solche Lösung wäre stark genug, das zu erreichen, was als Instrument der Balance im künstlerischen Bearbeitungsrecht gebraucht wird. Und sie ließe sich – anders als bisher in Deutschland praktiziert – auch kombinieren mit nachgelagerten Beteiligungs-, Zwangslizenz- und/oder Nachteilausgleichsansprüchen, wie das BVerfG 2016 angeregt hat.26 Bei kunstspezifischer Betrachtung wäre diese der probate Weg. Ziel ist dann im Übrigen nicht, dass alte, restriktive Verständnis von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. (Stichwort Hindurchschimmern) nun auf EU-Ebene wieder aufleben zu lassen. Gemeint ist vielmehr ein Selbstständigkeitsbegriff, der ausgehend von eine Emanzipation der lang etablierten juristischen Kategorie des Gesamteindrucks, aber nun eben ohne restriktiv wirkende Vorannahmen und -bedingungen bei der Bestimmung des Kipppunkts zwischen abhängiger Bearbeitung im engeren Sinne und selbstständiger erlaubnisfreier Aneignung ganz danach geht, wo in der ästhetischen Erfahrung des jüngeren Werks der Erfahrungsschwerpunkt liegt: auf der Vorlage oder auf dem neuen künstlerischen Kontext?27 Steht eine solche Entwicklung zu erwarten? Zur Einführung einer derartigen allgemeinen Kreativklausel für fremdreferenzielles Komponieren korrespondierend zu § 24 Abs. 1 UrhG a.F. in einer – und das ist eben wesentlich – voraussetzungsarmen, d.h. ganz auf den Selbstständigkeitsgedanken konzentrierten Auslegung ist es im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens der EU zur DSM-RL 2019/790 auf Unionsebene nicht gekommen. Obwohl es zunächst auf der Agenda stand.28 Obwohl viele Stimmen seit Jahren in der einen oder anderen Form für eine derartige Kreativschranke werben.29 Und obwohl das BVerfG 2016 Hoffnung darauf machte, dass sie im Rahmen des gebotenen grundrechtlichen Interessenausgleichs durchsetzbar wäre.30 Das muss man zur Kenntnis nehmen. 26 27 28 29

30

Vgl. BVerfG ZUM 2016, S. 626 (633), Rn 80 – Metall auf Metall. Vgl. Döhl Mashup in der Musik 2016, S. 314ff. Vgl. Reda Draft Report 2015, S. 2, Ziff. 12; European Parliament Harmonisation of Certain Aspects of Copyright and Related Rights 2015, S. 10, Ziff. 42. Vgl. stellv. die vorgeschlagenen Klauseln aus der Rechtswissenschaft in Poeppel Die Neuordnung der urheberrechtlichen Schranken im digitalen Umfeld 2005, S. 491f.; Förster Fair Use 2008, S. 2019; Leistner/Hansen GRUR 2008, S. 486; Hansen Warum Urheberrecht 2009, S. 409f.; Bauer User Generated Content 2011, S. 407; Kreutzer Verbraucherschutz im Urheberrecht 2011, S. 73; Hüttner Flexibilisierung der urheberrechtlichen Schrankenregelungen in Deutschland 2013, S. 307; Kleinemenke Fair Use im deutschen und europäischen Urheberrecht 2013, S. 569f.; Krusemarck Die abhängige Schöpfung im Recht des geistigen Eigentums 2013, S. 382; Senftleben Methods and Perspectives in Intellectual Property 2013, S. 30 (50); Grobe-Einsler UserGenerated Content 2016, S. 237; Nazari-Khanachayi Rechtfertigungsnarrative des Urheberrechts im Praxistest 2016, S. 227; Pötzlberger Kreatives Remixing 2018, S. 398f.; Jacobsen Die urheberrechtliche relevante Parodie 2020, S. 179. Vgl. BVerfG ZUM 2016, S. 62ff. – Metall auf Metall.

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246

Zwischen Pastiche und Zitat

Zudem schweigt nicht nur die DSM-RL 2019/790 an dieser Stelle. Das parallel ergangene Pelham-Urteil des EuGH befand, dass § 24 Abs. 1 UrhG a.F. im Widerspruch steht zu Art. 5 InfoSoc-RL 2001/29/EG.31 Nicht nur wurde keine allgemeine Kreativklausel bei Gelegenheit richterrechtlich ins Unionsrecht aufgenommen. Das bereits existente deutsche Pendant wurde für unionsrechtswidrig erklärt. Die Entwicklung verlief also sogar genau entgegengesetzt zu dem, was von mir 2016 erhofft und beworben worden war. Abhilfe über die Gerichte steht daher nicht zu erwarten. Da mit dem Gesetzgebungsverfahren der EU zur DSM-RL 2019/790 zugleich gerade erst ein solches durchgeführt worden ist, erscheint es ebenso unwahrscheinlich, dass sich die nach hiesiger Lesart nun eintretenden negativen Konsequenzen für den Interessenausgleich im Bearbeitungsrecht alsbald von sich aus durch eine neue legislative Initiative auf Unionsebene erledigen werden, die dort dann eine Schranke im Sinne der skizzierten großen Lösung einführt. Angesichts des Schweigens der DSM-RL 2019/790 zum Bearbeitungsrecht wird es vielmehr wohl erheblichen Drucks bedürfen, den europäischen Gesetzgeber dazu zu bewegen, an dieser Stelle entsprechend aktiv zu werden. Dem müssten wahrscheinlich viele Prozesse mit unbefriedigendem, prominente Künstler wie systemtragende Teile der Kreativwirtschaft erheblich behinderndem Ausgang vorausgehen.32 Prozesse wie das Verfahren um Martin Eder einer war. Es wäre zu wünschen, dass es dem nicht Bedarf. Und erst recht nicht dem jahrzehntlangen Einsatz von Privatpersonen wie im Metall auf Metall-Rechtsstreit, auf eigenes Risiko jene Rechtsfortbildung zu betreiben, die der eigentlich dazu berufene Gesetzgeber scheut. Hoffnung habe ich am Ende dieser Forschungsarbeit allerdings wenig, dass es so kommt. Kunstspezifisch betrachtet ist das ein desillusionierender Befund. Wünschte ich, dass es anders käme? Ja. Mehr denn je halte ich den 2016 im Einzelnen entworfenen und verteidigten Weg für den kunstspezifisch betrachtet einzig angemessenen. Im Bemühen, den Geist und die Funktion der freien Benutzung zu retten, werden heute Pastiche- und Zitatbegriff reinterpretiert. Was faktisch aber passiert, gleicht dem Verblassen in der alten Ordnung: Etwas mit klar wiedererkennbarer und beschreibbarer Identität wird derart transformiert, dass seine ursprünglichen Charakteristika zwar noch vorhanden sind, aber nur noch hindurchschimmern. Für die Ansprüche des Rechts wie für die Ansprüche, die an das Recht gestellt werden, ist all das zu wenig.

31 32

Vgl. EuGH ZUM 2019, S. 738ff., Rn 56–65 – Pelham u.a. [Metall auf Metall]. Vgl. auch das für die Druckfassung nachträglich ergänzte Vorwort hierzu, insbesondere die dortigen Ausführungen zu Ted Gioias Studie vom Januar 2022, der nach Fertigstellung der vorliegenden Arbeit für die USA genau eine solche negative Wirkung von Rechtsänderungen im Bearbeitungsrecht als massives Hemmnis für Investitionen in heutige Musiker*innen und neue Musik diagnostiziert hat.

VI. Fazit und Ausblick

Unter dem Strich ist die einstige Balance im Interessenausgleich des Bearbeitungsrechts Kollateralschaden von Konflikten geworden, die gar nicht auf ihn zielten: einerseits der Streit um die Gleichbehandlung von analogen und digitalen Aneignungen am Beispiel des Sound Sampling (Pelham/Metall auf Metall), andererseits das Ringen zwischen alten und neuen industriellen Gatekeepern in Kreativ- und Internetwirtschaft um Kontrollmacht und Erlöse im Web (DSM-RL 2019/790). Ziel der Dissertation insgesamt ist es, den rechtswissenschaftlichen Diskurs für diese Konsequenzen der Pelham/Metall auf Metall IV-Rechtsprechung im Zusammenspiel mit der jüngsten, die DSM-RL 2019/790 umsetzenden Urheberrechtsreform zu sensibilisieren. Um im Idealfall dabei mitzuhelfen, eine entsprechende legislative Maßnahme auf Unionsebene bereits anzustoßen, bevor irgendwann nach voraussichtlich erneut Jahren entsprechende Vorlagefragen zu Pastiche- und Zitatschranke den EuGH erreichen und den Stand der Dinge klarstellen – bei kunstspezifischer Betrachtung voraussichtlich eben mit dem skizzierten unbefriedigenden und unzureichenden Inhalt. An einem solchen mutmaßlich langwierigen Interregnum der Rechtsunsicherheit kann niemand Interesse haben, ebenso wenig wie daran, derart viele gängige Bearbeitungspraktiken, wie nun passiert, ohne entsprechende vorherige politische Meinungsbildung und Mehrheitsfindung von der Möglichkeit der Erlaubnisfreiheit im Einzelfall pauschal auszuschließen. Das Recht kann mehr. Auch in Kunstfragen. Und es war vor allem schon einmal weiter.

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VII. Verzeichnis zitierter Literatur

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VIII. Verzeichnis zitierter Gerichtsentscheidungen

1.

Metall-auf-Metall-Rechtsstreit

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2.

Sonstige Gerichtsentscheidungen

Court of Appeals Ninth Circuit (USA): Urteil vom 22.6.1988 – Midler v. Ford Motor Co., in: GRUR – Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Int. 38/4 (1989), S. 338–339. OLG München: Urteil vom 26.9.1991, 29 U 3929/91 – Phlegma Madness Part I, in: BeckRS (1991), 31151423. BVerfG: Urteil vom 29.6.2001, 1 BvR 825/98 – Germania 3, in: ZUM – Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht 44/10 (2000), S. 867–870. LG München I: Urteil vom 11. Januar 2001, 7 HKO 23255/00, in: ZUM – Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht-RD 6/1 (2002), S. 14–17.

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Zwischen Pastiche und Zitat

BVerfG: Beschluss vom 13.6.2007, 1 BvR 1783/05 – Roman »Esra«, in: GRUR – Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 109/12 (2007), S. 1085–1094. BVerfG: Beschluss vom 19.12.2007, 1 BvR 1533/07 – Theaterstück »Ehrensache«, in: GRUR – Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht-RR 8/6 (2008), S. 206–208. EuGH: Urteil vom 16.7.2009, C-5/08 – Infopaq, in: GRUR – Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 111/11 (2009), S. 1041–1046. BGH: Urteil vom 30.11.2011, I ZR 212/10 – Blühende landschaften, in: ZUM – Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht 56/8–9 (2012), S. 681–684. EuGH: Urteil vom 1.12.2011, C-185/10 – Painer, in: ZUM – Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht-RD 16/1 (2015), S. 1–12. BGH: Urteil vom 16.5.2013, I ZR 28/12 – Beuys-Aktion, in: GRUR – Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 116/1 (2014), S. 65–73. EuGH: Urteil vom 3.9.2014, C-201/13 – Deckmyn/Vrijheidsfonds/Vandersteen, in: GRUR – Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 116/10 (2014), S. 672–674. EuGH: Urteil vom 05.03.2015, C-463/12 – Copydan Båndkopi, in: ZUM – Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht 59/5 (2015), S. 381–389. BGH: Urteil vom 16.04.2015, I ZR 225/12 – Goldrapper, in: ZUM – Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht 59/12 (2015), S. 996–1005. Cour de Cassation: Urteil vom 22.5.2019, 18-12.718, in: GRUR – Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Int. 69/4 (2020), S. 339–340. EuGH: Urteil vom 13.11.2918, C-310/17 – Levola/Smilde, in: GRUR – Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Int. 68/1 (2019), S. 73–75. EuGH: Urteil vom 12.9.2019, C-683/17 – Cofemel/G-Star, in: ZUM – Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht 63/11 (2019), S. 834–838. EuGH: Urteil vom 29.7.2019, C-469/17 – Funke Medien NRW/Deutschland, in: ZUM – Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht 63/10 (2019), S. 751–759. EuGH: Urteil vom 29.7.2019, C-516/17 – Spiegel Online/Beck, in: ZUM – Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht 63/10 (2019), S. 759–768. OLG München: Beschluss vom 14.8.2019, 6 W 927/19 – Früher war mehr Lametta, in: ZUM – Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht-RD 24/3 (2020), S. 140–141. BVerfG: Beschluss vom 6.11.2019 – 1 BvR 276/17 – Recht auf Vergessen II, in: NJW – Neue Juristische Wochenschrift 72/5 (2020), S. 314–328. BGH: Urteil vom 30.4.2020, I ZR 228/15 – Reformistischer Aufbruch II, in: ZUM – Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht 64/10 (2020), S. 777–787. BGH: Urteil vom 30.4.2020, I ZR 139/15 – Afghanistan Papiere II, in: ZUM – Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht 64/10 (2020), S. 790–797. LG Hamburg: Urteil vom 9.12.2020, 308 O 431/17 – Pipi Langstrumpf Liedtext, in: ZUM – Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht-RD 25/3 (2021), S. 164–179.

Musikwissenschaft Dagobert Höllein, Nils Lehnert, Felix Woitkowski (Hg.)

Rap – Text – Analyse Deutschsprachiger Rap seit 2000. 20 Einzeltextanalysen Februar 2020, 282 S., kart., 24 SW-Abbildungen 34,99 € (DE), 978-3-8376-4628-3 E-Book: 34,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-4628-7

Helen Geyer, Kiril Georgiev, Stefan Alschner (Hg.)

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Musikwissenschaft Eva-Maria Houben

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Johannes Müske, Golo Föllmer, Thomas Hengartner (verst.), Walter Leimgruber (Hg.)

Radio und Identitätspolitiken Kulturwissenschaftliche Perspektiven

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