Die Degeto und der Staat: Kulturfilm und Fernsehen zwischen Weimar und Bonn 3869166053, 9783869166056

Zehn Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und inmitten des Tonrauschs, der die Filmwelt erfasst hatte, wurde die De

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Die Degeto und der Staat: Kulturfilm und Fernsehen zwischen Weimar und Bonn
 3869166053, 9783869166056

Table of contents :
Cover
Titel
Impressum
Inhalt
Vorbemerkung
Die Hauptakteure
Zur Arbeit an diesem Band
Die frühe Degeto und das Schicksal ihres Tonfilmarchivs
Tonfilmarchive
Persönlichkeitsaufnahmen
Wendezeit
Wiedergutmachungsversuche
Johannes Eckardt – von der Volksbildung zur Volkbildung
Bayerische Landesfilmbühne
»Kamera« und »Gesellschaft für den guten Film«
Krise der Repertoire-Kinos
Die Degeto auf dem Weg ins »Dritte Reich«
»Ich sagte zu und bin nun Führer dieser Fachschaft«
Filmclubs im Kalten Krieg
Kulturfilme und Schmalfilme für NS-Deutschland und Europa
Verleih Normalfilm I
Verleih Normalfilm II
Filme im Fernsehen
Verleih Normalfilm III
Vertrieb und Verleih Schmalfilm
Schmalfilmverleih, Degeto-Schmalfilm-Schrank und Degeto-Weltspiegel
Schmalfilm-Auslandsgeschäfte und Descheg
Nach dem Krieg
Die Nachgeschichte von Johannes Eckardt
Das westdeutsche Fernsehprogramm als Filmplattform
Guido Bagier
Fernsehen und Film
Werner Pleister
Filmgeschichte im frühen Nachkriegsfernsehen
Die Degeto wird zur Vermittlerin
Übernahme durch die Werbung im Rundfunk GmbH
Appendix
Chronik
Dank
Abbildungen
Rechte
Register Namen
Register Filmtitel
Autor

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fernsehen geschichte ästhetik

Rolf Aurich

Die Degeto und der Staat Kulturfilm und Fernsehen zwischen Weimar und Bonn

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Die Degeto und der Staat Kulturfilm und Fernsehen zwischen Weimar und Bonn

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Fernsehen. Geschichte. Ästhetik. Band 2 Herausgegeben vom Archiv der Akademie der Künste, Berlin, und der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen

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Die Degeto und der Staat Kulturfilm und Fernsehen zwischen Weimar und Bonn

Rolf Aurich

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar. ISBN 978-3-86916-605-6

E-ISBN 978-3-86916-917-0

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urhebergesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © edition text + kritik im Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG, München 2018 Levelingstr. 6a, 81673 München www.etk-muenchen.de Redaktion: Wolfgang Jacobsen, Torsten Musial, Nicky Rittmeyer Coverfoto: Schmalfilme der Tobis-Degeto. Verleih-Katalog 1941. Berlin: Degeto-Kulturfilm GmbH, Dezember 1941, Privatbesitz des Autors Satz und Bildbearbeitung: Claudia Wild, Otto-Adam-Straße 2, 78467 Konstanz Druck und Buchbinder: Beltz Bad Langensalza GmbH, Am Fliegerhorst 8, 99947 Bad Langensalza

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Rotkäppchen, 1937. Plakat

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Inhalt Vorbemerkung  9 Die Hauptakteure  10 Zur Arbeit an diesem Band  12 Die frühe Degeto und das Schicksal ihres Tonfilmarchivs  17 Tonfilmarchive  23 Persönlichkeitsaufnahmen  25 Wendezeit  28 Wiedergutmachungsversuche  30 Johannes Eckardt – von der Volksbildung zur Volkbildung  36 Bayerische Landesfilmbühne  39 »Kamera« und »Gesellschaft für den guten Film«  46 Krise der Repertoire-Kinos  54 Die Degeto auf dem Weg ins »Dritte Reich«  57 Redner, Autor, Lehrer in seinen Zeiten  65 »Ich sagte zu und bin nun Führer dieser Fachschaft«  73 Filmclubs im Kalten Krieg  82 Kulturfilme und Schmalfilme für NS-Deutschland und Europa  100 Verleih Normalfilm I  101 Filmarbeiten von Johannes Eckardt  106 Verleih Normalfilm II  109 Filme im Fernsehen  112 Verleih Normalfilm III  114 Vertrieb und Verleih Schmalfilm  124 Schmalfilmverleih, Degeto-Schmalfilm-Schrank und Degeto-Weltspiegel  130 Schmalfilm-Auslandsgeschäfte und Descheg  140 Nach dem Krieg  155 Die Nachgeschichte von Johannes Eckardt   158 Das westdeutsche Fernsehprogramm als Filmplattform  183 Guido Bagier  185 Fernsehen und Film  189

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Inhalt

Abschied der Degeto vom Schmalfilm und Hinwendung zum Fernsehen  191 Werner Pleister  194 Filmgeschichte im frühen Nachkriegsfernsehen  198 Die Degeto wird zur Vermittlerin  199 Übernahme durch die Werbung im Rundfunk GmbH  203 Die Jahre bis zur Umgründung 1959  207 Appendix  214 Chronik  224 Autor  236 Dank  237 Abbildungen  238 Rechte  239 Register Namen  240 Register Filmtitel  246

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Vorbemerkung »Sehr geehrter Herr Beckmann!« So die Anrede eines scheinbar nebensächlichen Briefes vom 8. Oktober 1952, ein Papier unter tausenden, die im Unternehmensarchiv des Hessischen Rundfunks lagern – von Bedeutung ist es sowohl für die Fernseh- als auch die Filmgeschichte. Weiter heißt es im Text: »In einer unserer Unterhaltungen erwähnten Sie beiläufig, dass Sie noch einen grossen Teil der früher erschienenen Degeto-Schmalfilmschrank-Sujets besässen.« Das Briefpapier weist als Absender die »Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild (E. V.)« aus, ein in Wiesbaden ansässiger Verein, Degeto genannt. Unterschrieben hat es Heinrich Roellenbleg, der sein Anliegen abschließt: »Da wir unser Archiv wieder auf bauen möchten, erlauben wir uns die höf liche Anfrage, ob Sie uns die in Ihrem Besitz befindlichen Rollen gelegentlich für kurze Zeit zur Verfügung stellen würden, um davon Dup-Negative herstellen zu können.« Zu dieser Zeit bildet Roellenbleg zusammen mit Guido Bagier den Vorstand des eingetragenen Vereins Degeto. Von Eberhard Beckmann, dem damaligen Intendanten des Hessischen Rundfunks, erhält er mit dem Ausdruck des Bedauerns am 22. Oktober eine negative Antwort, habe er doch »feststellen müssen, dass die betreffenden Filme im Laufe der Jahre – wahrscheinlich durch meine Kinder – ihren Auf bewahrungsort gewechselt haben, und dass ich es also doch wohl dem Zufall überlassen muss, wieder einmal auf sie zu stossen«.1 Wenn sich zwei Medienvertreter nach dem Zweiten Weltkrieg über den Verbleib von Schmalfilmresten aus der Zeit des Nationalsozialismus austauschen – welche Bedeutung kann das für die Geschichte des Kulturfilms und des Fernsehens beanspruchen? Wie unter einem Brennglas sammeln sich in diesen knappen Zeilen Motive und Erzählungen der Zeit- und Mediengeschichte des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Ohne den Krieg wären zahlreiche Kulturgüter nicht zerstört worden, die ungeschützt und nicht archiviert den Zeiten ausgesetzt waren. Ihre Überreste wiederzufinden, war Aufgabe derer, die ein Interesse daran hatten. Schmalfilme, die aufgrund ihrer Vorführungspraxis in familiären Zirkeln wie an kinolosen Orten zu den alltagsgeschichtlichen Quellen gehören, stellten auch einen wirtschaftlichen Wert dar und konnten eine Geschäftsgrundlage sein für alle, die damit Handel zu treiben beabsichtigten. Die hier Beteiligten sprachen für die westdeutsche Filmwirtschaft und für das frühe Fernsehen der Bundesrepublik Deutschland. Roellenbleg und Beckmann scheinen Antipoden, doch einte sie mehr als vielleicht vermutet. Denn das Fernsehen als neues Medium

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Vorbemerkung

brauchte Filme, die es ausstrahlen konnte, und die Degeto beherrschte die Beschaffung solcher Filme. Die Intention, ein Filmarchiv aufzubauen, weist in der Regel über das Ideelle des Sammelns hinaus und zielt auch auf das Ökonomische. Degeto und Hessischer Rundfunk wechselten 1952 Schriftstücke und schickten so weiteren Verhandlungen und Entwicklungen die Präliminarien voraus. Künftig ging es den Geschäftspartnern zunächst einmal um die Rechte an Filmen, die für eine Ausstrahlung im Fernsehen infrage kamen, und natürlich auch um das Material selbst. Kultur und Volksbildung waren Begriffe, die inhaltlich dabei seinerzeit eine Rolle spielten. Von übergeordneter Bedeutung war allerdings das komplizierte, weil noch neue Verfahren der Transformation von urheber- und verwertungsrechtlich geschützten Produkten vom Aggregatzustand Film in den des Fernsehens unter den dualen Voraussetzungen einer privaten Filmbranche und einem öffentlich-rechtlichen Rundfunkwesen.

Die Hauptakteure Die Frühzeit der Degeto, um die es in diesem Buch in erster Linie gehen soll, ist wesentlich die Geschichte einer Unternehmung, die von verschiedenen Brüchen deutscher Historie geprägt wurde. Sie erlaubt in einem medienhistorischen Sinn Blicke auf die Zeit nach 1945, eignet sich aber ebenso dazu, auf Präsentationskulturen des Tonfilms seit dessen Einführung in den späten 1920er Jahren und den politisch-propagandistisch gerichteten Einsatz des Schmalfilms in den von Deutschland besetzten Staaten bis zum Ende des Krieges einzugehen. Dabei fällt eines besonders auf: die beständige Nähe der Degeto und ihrer wichtigsten Repräsentanten zu staatlichen Einrichtungen, eine Verbundenheit mit politischen Akteuren, mitunter über Epochenzäsuren hinweg, die Reichweite zu Ministerien, zur staatlich kon­ trollierten Filmindustrie der 1930er und 1940er Jahre wie zum öffentlichrechtlichen Rundfunk in der parlamentarischen Demokratie, der sich ohne Politikvertreter aus früheren Jahren wohl nicht hätte entwickeln können. Namentlich wären Gründung und erstes Wirken der Degeto undenkbar gewesen, ohne das Preußische Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung (»Kultusministerium«) unter dem parteilosen Carl Heinrich Becker bzw. Adolf Grimme (SPD), auch nicht ohne die Reichs-RundfunkGesellschaft (RRG) an der Seite zu haben. Dem Kultusministerium war erst 1919, zu Beginn der Weimarer Republik, ein Referat für Volksbildung angegliedert worden.2 Wichtige Akteure – auch im Sinne einer historischen

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Die Hauptakteure

Kontinuität – waren für den Unternehmungsgeist der Degeto der Ministerialbeamte Kurt Zierold und der Rundfunkpionier Kurt Magnus. Der exzellent vernetzte Funktionär und umtriebige Filmkundler Johannes Eckardt, langjähriger Geschäftsführer der Degeto, kann vielleicht als ihr künstlerisches Gewissen gelten, sein weitläufiges Wirken, teils stark beeinf lusst von nationalsozialistischen Vorgaben, vor und nach dem Weltkrieg freilich nur in Ansätzen beschrieben werden. Gleichwohl erfordert eine Darstellung der Degeto-Geschichte geradezu zwingend das Auf blättern biografischer Aspekte Eckardts, ihrer wichtigsten Figur. Die Aktivität des bereits erwähnten Kultur- und Dokumentarfilmproduzenten Heinrich Roellenbleg reichte zurück in die Stummfilmzeit, nicht zuletzt leitete er bis 1945 die Deutsche Wochenschau. Als Intendant des Nordwestdeutschen Rundfunks, der den Sendebeginn des westdeutschen Fernsehens am Ersten Weihnachtstag 1952 mit einer Ansprache an die Zuseher eröffnete, ist Werner Pleister womöglich kein ganz Unbekannter. Während er live sprach – in der Erinnerung von Günter Grass »quasselte« er –, war die Rede seines Vorgesetzten, NWDR-Generaldirektor Adolf Grimme, für die Ausstrahlung zuvor auf Film aufgezeichnet worden.3 Der literarisch und durch den Hörfunk vorgeprägte Pleister, während der Epoche des Nationalsozialismus als Produktionsleiter an der Reichsstelle für den Unterrichtsfilm (ab 1934 aufgebaut von Kurt Zierold) und damit im gemäßigten Klima des Reichsministe-

Guido Bagier (Tobis-Produktionsleiter), Robert Land (Regisseur) und Emil Schilling (D. L. S.). Berlin, am Projektor, der für die Uraufführung des Films Ich küsse Ihre Hand, M adame konstruiert wurde, um den 17. Januar 1929

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Vorbemerkung

riums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung tätig, bereitete in den 1950er Jahren zusammen mit Roellenbleg und Eberhard Beckmann die dauerhafte Rolle der Degeto als Filmbeschaffer für das Fernsehen vor. Von tönenden Hoffnungen und hoffnungsvollen Tönen umfangen, so muss man sich die noch junge Degeto wohl vorstellen. Ohne den neu eingeführten Tonfilm wäre sie nicht denkbar gewesen, kam doch der Gründungsimpetus von der Produktionsfirma Tobis, der Tonbild-Syndikat AG. Im Tonfilm erblickten manche in Politik und Kultur einen Neustart, die Chance, dem Film wieder ein schönes neues Gesicht zu geben, das der aus ihrer Sicht verkitschte Stummfilm eingebüßt hatte. Auch ein politisches Gesicht malte man sich aus. Orientierung und Sinnstiftung sollte der sogenannte gute Film vermitteln – vergleichbar dem hauptsächlich gebührenfinanzierten Rundfunk der Zeit. Die im Mai 1925 geschaffene RRG (seit 20. Juli 1925 eine GmbH) als Dachorganisation der bestehenden Rundfunkgesellschaften war das Instrument, mit dessen Hilfe das Reichspostministerium die meisten Gesellschaften beherrschte. Bis 1933 führten der Wirtschaftsjurist Kurt Magnus und der Ministerialrat Heinrich Giesecke deren Geschäfte. So scheint bereits in dieser Zeit mit der RRG als einem von mehreren Geldgebern etwas hinzudeuten auf die viel später einsetzende Tätigkeit der Degeto als Filmeinkaufszentrale der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD). Doch das ist nur eine vorschnelle Assoziation, die Schnittstelle zwischen Film und Fernsehen umkreisend. Denn natürlich steuerte die Degeto nicht umstandslos auf das Fernsehen der Nachkriegszeit zu. Dafür hatte sie zu viele Wandlungen ihrer Rechtsformen und Aufgaben hinzunehmen. Doch sind hie und da Wegmarken aufzuspüren, hinter denen sich eine frühe Verbindung zwischen Tonfilm, Schmalfilm und ersten Versuchen des Fernsehens verbirgt. Denn auch in den 1930er Jahren hatte das Fernsehen bereits ein großes Interesse am Film.

Zur Arbeit an diesem Band Ohne Konsultation von Archiven wäre die Film- und Fernsehgeschichte der Degeto nicht darstellbar. Ohne sie wäre es auch schwer zu beurteilen, ob sie sich tatsächlich, wie es 1966 in einem Nachruf auf Johannes Eckardt heißt, »nach 1933 in eine innere Emigration« zurückgezogen hatte.4 An der Antwort auf diese Frage hängt mehr als die Offenlegung personaler Kontinuitäten, von denen es hier zahlreiche gibt. Eher schon kann sie dabei helfen, ein

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Zur Arbeit an diesem Band

breit gestreutes Licht zu werfen auf das allgemeine kulturpolitische und mitunter auch agitatorische Verständnis von Kulturfilm und Schmalfilm sowie Film im Fernsehen in Deutschland während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Eine der Absichten der Reihe »Fernsehen. Geschichte. Ästhetik« besteht darin, auf medienhistorischer Grundlage programmübergreifende Fragestellungen zu entwickeln und sie an die Fernsehgeschichte zu richten. Dabei darf die Filmgeschichte den ergänzenden Part abgeben – sie muss es sogar, wie im Fall der Degeto erkennbar wird. Wer an die heutige Degeto Film GmbH denkt, gelegen in direkter Nachbarschaft des Hessischen Rundfunks in Frankfurt am Main, denkt nicht zuerst an gute Filme, sondern vor allem an viele und sehr verschiedene Filme. Sie werden von der Degeto in Auftrag gegeben, mitproduziert oder im Rahmen von Lizenzkäufen erworben. Zu sehen sind sie in der ARD ebenso wie in Kinos, aber auch in zahlreichen weiteren Präsentationsformen. Die Uridee des Degeto e. V. in den späten 1920er Jahren war davon allerdings sehr verschieden. Es ging ihm um die Förderung des tönenden Kulturfilms oder, anders ausgedrückt, des guten Films, der aus den verschiedensten Ländern kommen konnte.5 Für die Degeto haben sich die Nationalsozialisten nicht sonderlich interessiert. Ihre Geschichte zwischen 1933 und 1945 bildet gerade deshalb den Hauptteil dieser Darstellung. Dazu gehört auch das unternehmerische Bestreben des Tobis-Konzerns, mit der 1937 gegründeten Tochterfirma Degeto-Kulturfilm GmbH eigene und fremde, auch internationale Produktionen an Filmtheater zu verleihen. An dieser Stelle der Darstellung wird versucht, den zeitgenössischen Vorstellungen eines guten Kulturfilms eine verbreiterte Grundlage zu geben. Denn eben nicht allein die entsprechende nationale Filmproduktion wurde verliehen, sondern in besonderem Maße waren es internationale Produktionen, die als eine Art Vorbild für einen künftigen deutschen Kulturfilm fungieren sollten. Die Entstehung der Degeto-Kulturfilm GmbH führt also in dieser Darstellung zur Berücksichtigung einer Parallelgeschichte. Anschließend verschwand diese Gesellschaft 1942 in einer weiteren Firma, der Descheg (Deutscher Schmalfilm-Vertrieb GmbH), die ihrerseits Teil der UFI wurde. So bedurfte es der Beachtung weiterer Geschichten, die bislang keine Darstellung gefunden hatten. Auch sie wurden eingewoben. Nicht zuletzt wirft die Untersuchung einen Blick auf den Versuch der nationalsozialistischen Filmpolitik, mit dem Vertrieb und Verkauf von Schmalfilmen sowohl kinolose Orte des von Deutschland besetzten Auslands zu erreichen als auch die heimischen Wohnzimmer zu erobern. Diesen Auftrag vollendete später in einem gewissen Sinn das Fern-

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Vorbemerkung

sehen als Massenmedium. Das Buch erzählt somit eine lange Vorgeschichte des deutschen Fernsehens. Über die Person von Johannes Eckardt ist die Geschichte der Degeto eng verbunden mit jahrzehntelangen Versuchen, interessierten Publikumskreisen eine Gewinnung filmgeschichtlicher Kenntnisse und Bewertungskriterien zu offerieren, indem eine für Deutschland neue Form von Kinoprogramm entwickelte wurde – dies mit dem Ziel, ein Repertoire zu schaffen und einen Kanon des guten Films herauszubilden, beständig ergänzt von publizistischen Äußerungen Eckardts, der die Traditionen der Volksbildung verkörperte und nie davon abließ, Le Bons Gedanken zur Bedeutung der »Masse« ins Feld zu führen. Von der Weimarer Republik bis in die junge Bundesrepublik Deutschland erstreckte sich diese Anstrengung, die sich zeitweise auch auf das Gebiet des Schmalfilms ausdehnte. Es ist geradezu auszuschließen, dass sie ohne Einf luss blieb auf jene, die ihr folgten, also Publizisten, Kritiker, Filmfreunde, Filmkenner, Branchenangehörige, auch ganz normales Publikum. Seinen Abschluss fand dieser Tatendrang mit Bezug auf den Film im Kino und in den eigenen Wänden mit dem Ende der hohen Zeit der westdeutschen Filmclubs. Eine zeitliche Überlappung erfuhr er mit den frühen Versuchen des Fernsehprogramms in Deutschland, Grundgedanken dieser Aktivitäten aufzugreifen. Fein, aber erkennbar ist der geistige Faden zwischen dem Fernsehprogramm der jungen Bonner Republik und den Absichten der Bayerischen Landesfilmbühne, 30 Jahre zuvor Wissen und Kultur mit dem Wanderkino in ländliche Regionen zu transportieren. Auch spätere Bemühungen der Degeto zum Ende der 1950er Jahre können zunächst unter den Begriff der filmkulturellen Vermittlungsarbeit subsummiert werden. Nach Jahren der Unentschlossenheit im Umgang mit Filmen im Fernsehprogramm kam es 1958/59 innerhalb der ARD zu dem Entschluss, die Degeto als Tochtergesellschaft an sich zu binden und sie v. a. mit der Beschaffung und Auswertung sowie der Verbreitung und dem Vertrieb von Filmen aus aller Welt zu beauftragen. Dass sich darunter nicht nur sogenannte Spitzenfilme befinden konnten, war allen bewusst. Dennoch erwarb sich in einer nicht unbeträchtlichen Zahl von Einzelfällen die Degeto auch in dieser Zeit Verdienste um solche Werke, die zunächst nur auf dem Wege einer Ausstrahlung im Fernsehprogramm die deutsche Öffentlichkeit erreichten. Worin sich auch die ungünstige Situation der westdeutschen Filmtheater in den 1960er Jahren spiegelt. Allerdings verbirgt sich hinter dieser Entwicklung weitergehend auch der Beginn eines ebenso tiefgreifenden wie breit angelegten Wandels der Filmrezeption. Dies galt für das Publikum ohnehin, das die eigene Wohnung für den Filmbesuch nicht

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Zur Arbeit an diesem Band

mehr verlassen musste (hier liegt ein Anschluss zum privaten, häuslichen Konsum von Schmalfilmen seit den 1930er Jahren vor). Im Besonderen aber war davon auch die kritische Entgegennahme und publizistische Betrachtung einzelner Werke berührt, die einst unter den Bedingungen einer künftigen Kinoprojektion coram publico produziert worden waren, nun aber vergleichsweise nur noch in Briefmarkengröße präsentiert werden konnten, privatim. Der Kinofilm trat mit seinem fortan systematischen und geradezu regelmäßigen Erscheinen im Fernsehen für das Publikum in ein neues Stadium seiner Rezeptionsmöglichkeiten. Deren Zahl ist nach heutigen und mittlerweile stark modifizierten Medienverhältnissen geradezu explodiert. Die noch nicht beantwortete Frage lautet vor diesem wechselhaften Hintergrund: Wie verändert sich dadurch die Wahrnehmung der Filme und wie der Diskurs über sie? Weil sich bereits mit der Umgründung der Degeto-Film GmbH 1959 eine gänzlich neue geschäftliche Perspektive eröffnete, die auch für die heute arbeitende Degeto den Rahmen absteckte, endet meine Darstellung mit dem Jahr 1960 und dem Moment, da der Filmrechtehändler Leo Kirch die Bildf läche betritt. Diese Zäsur in der Schilderung steht in keinem Zusammenhang damit, dass mir die heutige Degeto Film GmbH einen Zugang zu ihren eigenen Archivbeständen nicht gewährt hat. Meine allgemeine Bitte um Einsicht in für dieses Vorhaben signifikante Unterlagen wurde negativ beschieden: »Die interne Prüfung hat nun leider ergeben, dass die relevanten Akten aus dieser Zeit nur noch unvollständig vorhanden oder bereits vernichtet sind, da die allgemeine Auf bewahrungsfrist von 10 Jahren zum Teil deutlich überschritten ist. Die noch vorhandenen Akten haben wir in Stichproben überprüft. Sie enthalten eine hohe Zahl an vertraulichen und internen Dokumenten, die nicht zur Weitergabe an Dritte geeignet sind. Eine Vorselektion der Akten ist unsererseits leider nicht leistbar.«6 Bei dieser Arbeit konnte ich auf Vorarbeiten nicht zurückgreifen, das notwendige historische Material musste erst gehoben werden. Seine Durchdringung und Bündelung erforderte einen erstaunlich großen Zeitraum, was auch für die Niederlegung des Manuskripts gilt. Bestand in einem frühen Stadium der Arbeit noch die Hoffnung, eine knappe Darlegung der Ge­­ schichte zwischen 1929 und 1959 geben zu können, wurde bald klar, dass eine Art Gewebekontext entstehen musste, aus dem sich die Ereignisse, Akteure und Netzwerke nicht einfach würden herauslösen lassen. Zu vieles fällt ineinander, auch scheinbar Nebensächliches, Widersprüchliches, geht ebenso hintergründige wie übergreifend interessante Beziehungen miteinander ein, um ihm mit einer vereinfachten Darstellung Gerechtigkeit wider-

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Vorbemerkung

fahren lassen zu können. Weit davon entfernt, die Darstellung der frühen Degeto-Geschichte im Sinne einer mathematischen Aufgabe gelöst zu haben, gehören auch Unbekannte, Lücken und offene Stellen zu diesem Bild. Dieses wird allerdings, so die Hoffnung, durch eine Auswahl von Fotos komplettiert, die Neues mitzuteilen haben. Ein Teil der Abbildungen, viele davon bislang nicht publiziert, wurde an entlegenen Orten ausfindig gemacht. Die Lektüre selbst soll dieses weit gefasste Beziehungsgef lecht erkennbar machen, der Wunsch ist, das dafür verwendete Material zum Sprechen zu bringen. Überwiegend zwischen München, Berlin, Wiesbaden, Hamburg und Frankfurt, zum Ende des Zweiten Weltkriegs auch in von Deutschen besetzten Territorien, agierte jenes Personal, das der Degeto ein Gepräge gegeben hat. Mir kam es darauf an, den Lesenden nicht allein Personennamen, sondern Persönlichkeiten anzubieten. Dies auch als Begründung für so manche Ab- und Ausschweifung im Text, die mir allerdings nötig erschien, um Kontexte vorzubereiten bzw. Erläuterungen zu geben, auch um bislang Unbekanntes einzuführen oder weit Entferntes zusammenzubringen. Zahlreiche Personen- und Firmennamen werden miteinander verknüpft, auch an verschiedenen Positionen der Darstellung neuerlich aufgegriffen, nicht zuletzt um zeitlich ausgedehnte Kontinuitäten und Netzwerke erkennbar zu machen. Zwischenüberschriften innerhalb der einzelnen Kapitel, die im Inhaltsverzeichnis vermerkt werden, sowie ein Register der im Haupttext und in den Bildunterschriften erwähnten Namen und Filmtitel (diese auch dann, wenn sie in den Anmerkungen vorkommen) bilden im Verbund mit einer knappen Chronik der Degeto Hilfsmittel zur Erschließung des Inhalts auf mehreren Wegen.

1 Unternehmensarchiv des Hessischen Rundfunks, Ordner Intendanz Degeto Film/ Spio 4.7.1952 – 4.4.1957 Nr. 82. Mit Dank an Sabine Jansen. — 2 Vgl. Werner Picht: Das Schicksal der Volksbildung in Deutschland. Berlin: Die Runde 1936, S. 202; auch ders.: Das Schicksal der Volksbildung in Deutschland. Braunschweig u. a.: Westermann 1950, S. 254. — 3 Günter Grass: Mein Jahrhundert. Göttingen: Steidl 1999, S. 185. — 4 G. R. (Gerhard Roger): Dr. Johannes Eckardt. In: Filmblätter, 14.5.1966. — 5 Weil der Begriff zeitgenössisch im Schwange war, ohne einer einengenden Definition zu unterliegen, setze ich ihn in diesem Buch nicht in Gänsefüßchen und versuche vielmehr, von ihm ein breites Bild zu geben. — 6 E-Mail von Christine Strobl an den Autor, 26.7.2016.

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Die frühe Degeto und das Schicksal ihres Tonfilmarchivs Die Degeto sei 1929 von privater Seite gegründet worden, betonte Johannes Eckardt Mitte April 1934 in einem Brief an Kurt Zierold, der einen zumindest vorläufig resümierenden Charakter trägt. Auch verschiedene prominente Persönlichkeiten des Preußischen Kultusministeriums seien an der Gründung beteiligt gewesen, meint der Schreiber, dies allerdings als Privatpersonen – darunter auch Zierold.1 Eckardt verfasste diesen Brief zu einer Zeit, da die Degeto Gefahr lief, nach über einem Jahr nationalsozialistischer Regierung in Deutschland und ohne weitere Förderung durch Kultusministerium und RRG aufgelöst zu werden. Das nun für Film zuständige Ministerium für Volksauf klärung und Propaganda wollte der Degeto keine Mittel zur Verfügung stellen, sie aber auch nicht verbieten. Eckardt sah seine Person als Garanten für den Fortbestand der Degeto und erbat von Zierold zur Erfüllung laufender Verpf lichtungen, der Fertigstellung begonnener Filme und Tilgung von Schulden einen einmaligen Zuschuss von 1.500 Reichsmark. Es war eine Zeit, da Eckardt bei den neuen Machthabern nicht in den Ruch kommen wollte, mit dem Verein in der Vergangenheit eine allzu große Nähe zu Exponenten des Weimarer Staates gepf logen zu haben. Er plante schließlich seine Zukunft. Doch die Anfänge der Degeto – noch ohne Eckardt – sind deutlich in den historischen Kontext des entstehenden Tonfilms wie des staatlichen Engagements dabei einzuordnen. Der Aufsichtsrat der im Sommer 1928 nach einem Aufruf von Konsul Heinrich Brückmann gegründeten Tobis beschloss in der zweiten Septemberhälfte des Jahres die Gründung einer Gesellschaft, deren spezielles Arbeitsgebiet »die Anwendung der Tonfilm-Verfahren für Lehr- und Kulturzwecke bilden« sollte, wie der Film-Kurier am 21. September 1928 festhielt – die »Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild (Degeto)«. Beratung und Einf lussnahme der Tobis bei der Herstellung von Tonfilmen und Unterstützung bei ihrer Vorführung sollten ihr obliegen. Das Berliner Tageblatt reagierte in einem Beitrag von Hans Philipp Weitz enthusiastisch – vom ›gesprochenen Lehrbuch‹ auf dem Zelluloidstreifen als dem »Kind aus optisch-akustischer Ehe« war die Rede, das von der Tobis-Tochtergesellschaft »gewissermaßen ins Haus« gebracht werden würde, fernab der großen Kulturzentren nämlich »in alle kleine Siedlungen und auf das Land«.2 Doch solch ein Unternehmen, für das ein Kapital von 500.000 RM vorgesehen war, trat nicht in Erscheinung. Stattdessen und noch mit Beteiligung der eigentlich treiben-

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Die frühe Degeto

den Kraft Heinrich Brückmann, vermögender Hauptaktionär der Tobis und als Förderer von Wissenschaft und Kultur engagiert, konstituierte sich am 24. Januar 1929 in Berlin ein Verein mit dem Namen Degeto, eingetragen unter der Nummer 5754 im Vereinsregister des Amtsgerichts Berlin-Mitte. Insgesamt waren elf Personen anwesend, Repräsentanten des Preußischen Kultusministeriums, der RRG, der Stadt Berlin, des Preußischen Städtetags, des Deutschen Städtetags und der Tobis Klangfilm GmbH, überwiegend also Vertreter des Staates. Zwei Tage später starb Brückmann. Er hatte sich mit dem Kultusministerium wegen einer Förderung verständigt und in vertraulichen Verhandlungen eine »Umstellung der Gesellschaft« vereinbart, »um sie auf Gemeinnützigkeit abzustellen«. Der »Grundgedanke hierbei sei, dass es an sich begrüsst werden müsse, wenn man auf diese technische Neuerung [des Tonfilms, R. A.] auch vom kulturellen Standpunkt Einf luss gewinnen könne«. So ein offizielles Schrei­ben des Stellvertretenden Bevollmächtigten Bayerns zum Reichsrat, Karl Frhr. von Imhoff, an das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus von Ende April 1929.3 Satzungsgemäß lautete die zentrale Aufgabe der Degeto: »Förderung aller künstlerischen, bildenden und wissenschaftlichen Werke des Films im allgemeinen und des Tonfilms im besonderen. Politische oder konfessionelle Ziele sind ausgeschlossen.«4 Auch ein eigener wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb war nicht vorgesehen, die genannten Zwecke wurden als widerruf lich gemeinnützig im November 1929 anerkannt. Nach München berichtete von Imhoff, dass die Degeto die Herstellung geeigneter Tonfilme vermitteln und sich dabei besonders der technischen und künstlerischen Vorbereitung annehmen wolle. Durch Garantiesummen der Tonfilmtheater und der Tobis solle der Absatz dieser Filme sichergestellt werden. Last but not least plane sie die Vermittlung von Manuskripten zwischen Dichtern und Produktionsfirmen.5 Aus einem illustren Herrenkreis, der sich u. a. zusammensetzte aus Felix Lampe (Leiter des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht), Walter von Molo (Vorsitzender der Sektion für Dichtkunst der Preußischen Akademie der Künste), Hans Poelzig (Technische Universität Berlin) und Kurt Magnus (Direktor der RRG), wurde der Theaterdirektor und -intendant Paul Eger zum ersten Vereinsvorsitzenden der Degeto berufen. Nicht aus institutionellen Vertretern, sondern aus privater Prominenz setzte sich der Kreis ihrer Mitglieder zusammen. Neben der Mitgliederversammlung gab man dem Verein die Organe des Verwaltungsrats, des Vorstands und des Beirats. Bereits wenige Tage nach der Gründung wurde der LiteraturNobelpreisträger Gerhart Hauptmann von Eger – erfolgreich – darum gebeten, in den Beirat der Degeto einzutreten, von ihm als »Reichsorganisation«

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beschrieben, die »die rein künstlerischen, kulturellen und wissenschaftlichen Möglichkeiten des Tonfilms nach allen Richtungen verwerten soll«. Führende Männer aus geistigen Berufen im Beirat hätten dafür zu sorgen, »dass die geistigen Arbeiter in keiner Beziehung bei diesen neuen Möglichkeiten zu kurz kommen«.6 Ein gewisses Kulturniveau bei der geplanten Filmarbeit sollte erreicht und gehalten werden. Zur Kooperation erklärten sich im Frühjahr 1931 auch Organisationen wie der Deutsche Beamtenbund, der Reichsausschuss für sozialistische Bildungsarbeit, dazu der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund oder der Deutsche Bildspielbund bereit – welcher über die Person von Walther Günther mit dem Bildwart. Blätter für Volksbildung verbunden war. In der Rubrik »Tagebuch« des Märzheftes 1929 war zu lesen: »Im Laufe des Winters ist in Berlin eine Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild gegründet worden […]. Die Bemühungen sind darauf gerichtet, dem Tonfilm rechtzeitig den Weg zu sichern, Volksbildung und Kunst nicht abseits stehen zu lassen und schliesslich die Tonfilmproduktion kulturell zu beeinf lussen. Das war besonders schwer, solange die deutschen Tonfilmgesellschaften sich bekriegten.« »Tonfilmwelt ist eine neue Welt«. Der Satz war in einem Nachruf des FilmKurier auf Heinrich Brückmann am 27. Februar 1929 zu lesen. Den entscheidenden Einf luss, um den Tonfilm nicht allein den wirtschaftlichen Kräften zu überlassen, sollte das Preußische Kultusministerium auf die Degeto ausüben.7 Von Beginn an überwies man ihr einen jährlichen Mitgliedsbeitrag in Höhe von 15.000 RM, für einen neu eingetragenen Verein ein überraschend hoher Betrag (mit der Aussicht auf Erhöhung). Dieser nahm den Weg über Direktor Magnus und die Kasse der RRG, die ihrerseits den Verein mit 5.000 RM unterstützte. Dies alles, wenig verwunderlich, »um dadurch Sitz und Stimme zu erhalten«, wie Bayerns Bevollmächtigter zum Reichsrat im April 1929 nach München rapportierte.8 Ein Wirtschaftsbericht der Degeto über das Wirtschaftsjahr 1930, geprüft vom Prokuristen der RRG, weist Einnahmen von insgesamt 36.500 RM aus folgenden Quellen aus: eine Restzahlung in Höhe von 10.000 RM vom Kultusministerium, das dazu die übliche Beitragszahlung von 15.000 RM leistete. Vom Reichsrundfunk kamen 5.000 RM, der Magistrat von Berlin zahlte 2.500 RM, und noch einmal 4.000 RM wurden als »Zahlungen für Sonderzwecke« deklariert, drei Viertel übernahm das Kultusministerium, den Rest die RRG. Abzüglich der Ausgaben für Tonaufnahmen, Verwaltungsaufwendungen und einer Zahlung zur Beteiligung an der Gesellschaft für den guten Film verblieb ein Vermögensstand von knapp 12.000 RM bei Abschluss des Geschäftsjahres.9 Gemessen an der

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Höhe der geleisteten Mitgliedsbeiträge war es sicher nicht ganz übertrieben, wenn im Kultusministerium selbst die Auffassung vertreten wurde, »die Leitung der Gesellschaft in die Hand« genommen zu haben.10 Eine klare Abhängigkeit des Vereins von der Politik war jedenfalls unübersehbar. Nicht zuletzt, weil auch die RRG von staatlichem Einf luss nicht frei war. Das Renommee der Degeto wuchs rasch, auch wenn die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zunächst eine ausgesprochene Gegenposition zu ihr eingenommen hatte. Skeptisch war sie vor allem wegen der einseitigen Tobis-Nähe und der gleichzeitigen Förderung durch das Kultusministerium. Doch die Filmwirtschaft beargwöhnte auch die von der Degeto seit September 1929 organisierten Tonfilmvorführungen außerhalb von gewerbsmäßigen Lichtspielhäusern (u. a. in Berlin, Hamburg, Stuttgart, München11 und Frankfurt am Main), sie vermutete dahinter eine bemäntelte Kulturpropaganda, und Ende 1930 wendete sie sich sogar gegen die autonome zeitungswissenschaftliche Behandlung des Tonfilms in Form einer Kooperation zwischen der Berliner Universität (Emil Dovifat, als führender Zeitungswissenschaftler in die Anfänge der Filmwissenschaft involviert) und dem von Walther Günther geleiteten Film- und Bildamt der Stadt, befürchtete also Kontrollverlust gleich in mehreren Angelegenheiten des Tonfilms.12 Das Verhältnis zwischen SPIO und Degeto entspannte sich erst ab 1931. Bereits für Anfang Februar 1929 sind Planungen der Degeto niedergelegt, ihre Aktivität auf das gesamte Deutsche Reich auszudehnen. In München, wo man das Berliner Ansinnen der »Förderung und Verwertung des Tonbildes im Dienste der Wissenschaft, Kunst, Erziehung und Volksbildung« als seriös einstufte und ihm deshalb positiv gegenüberstand, stand die damals von Johannes Eckardt geleitete Bayerische Landesfilmbühne bereits längere Zeit mit Berlin in Verbindung, »um evtl. brauchbare Filme dieser Gesellschaft für Bayern auswerten zu können«.13 Wichtiger aber noch – und typisch für ihn – war Eckardts Plädoyer dafür, von bayerischer Seite schon zu Beginn im Beirat der Degeto stark vertreten zu sein, »um die Möglichkeiten dieser Gesellschaft auch in Bayern entsprechend ausnützen und auf sie Einf luß ausüben zu können«. Nur wenig später gehörte Eckardt neben Oscar von Miller und anderen zum Münchner Beirat der Degeto.14 Wie sah nun das Aktivitätsprofil des Vereins Degeto in den Anfangsjahren aus? Die Geschäftstätigkeit konzentrierte sich auf Berlin und bestand 1929 hauptsächlich aus Vorführungen von tönenden Filmstreifen, dazu Vorträgen, die zu einem – heute würde man sagen – kuratierten Programm zusammengestellt und häufig im Kino »Kamera« präsentiert wurden. Dies war kein Zufall, sondern der Tatsache geschuldet, dass für derlei Spielfolgen andere

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Ankündigung einer Vorführung von Tonbild-Filmen durch den Degeto e. V. in der »Kamera«, Unter den Linden, Berlin, 26. April 1929

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Berliner Kinos nicht zur Verfügung standen. Ein überlieferter Programmzettel vom 26. April 1929 zur vermutlich ersten Veranstaltung der Degeto in der »Kamera« verdeutlicht, dass der Verein anfangs vor allem ein publikumsorientierter Vermittler von Filmen und begleitender Filmkunde gewesen ist, von einem Filmverleiher oder gar -produzenten konnte noch keine Rede sein. Die Presse nahm das tobislastige Programm aus Tonbild-Filmen und Referaten zur Kenntnis, etwa der Film-Kurier am Folgetag, machte aber kein großes Ereignis daraus. Eine spätere Aufführung im Audimax der Universität München am 15. Oktober 1929 zog am übernächsten Tag kritische Reaktionen der Münchner Post nach sich: »Der deutsche Tonfilm steckt immer noch in den Kinderschuhen.« Und: »Der Vorsprung der Amerikaner scheint […] nicht einzuholen zu sein.« Zu dieser Zeit hatte sich die Berliner »Kamera«, von dem Kinospezialisten und filmischen Allrounder Hans Neumann Mitte März 1928 in den ehemaligen Räumen des Kabaretts »Fledermaus« eröffnet (mit Polsterbestuhlung) und in ersten Ankündigungen als »literarisches Kino« apostrophiert,15 unter Fachleuten bereits einen exzellenten Ruf erworben. Es soll das erste Reprisenkino weltweit gewesen sein, so Neumann,16 und inspirierte mit seinen historischen Filmabfolgen, zu denen thematisch gebündelte Komiker- und Klassikerprogramme zählten, auch einen literarisch bewanderten Journalisten wie Harry Kahn bereits wenige Monate nach der Eröffnung zu grundsätzlichen Ref lexionen über das Verhältnis zwischen alten und neuen Filmen und zum Missverhältnis von Form und Inhalt, Aufwand und Gehalt bei aktuellen Produktionen. Anlässlich einer Wiederaufführung des 1926 in Berlin durchgefallenen Stroheim-Films Greed (USA 1924) beurteilte Kahn es als »ein Verdienst der ›Kamera‹, daß sie Stroheim für Berlin, Berlin vor Stroheim rehabilitiert hat«.17 Die Überschneidungen der Aufgabenprofile von »Kamera« und Degeto führten bereits 1930 zu einer besonders engen Kooperation. Neben eine inhaltliche Programmpolitik traten weitere Engagements der Degeto. So wurde Ende 1929 die Melophon-Film GmbH gegründet, eine Beteiligungsgesellschaft der Tobis Industriegesellschaft mbH (Tiges). Ihr Bestreben war es, so der Historiker Kurt Laser, »Filme herzustellen, zu er­­ werben und zu verwerten, ›die der Belehrung und Bildung auf jedem Gebiet, auch auf dem der Musik dienten und auch sonst alle zur Förderung dieses Zwecks in Betracht kommenden Handelsgeschäfte zu betreiben‹«.18 Darunter befanden sich auch Aufgaben für die Degeto. Im Aufsichtsrat saßen neben den Herren Eger, Magnus und Guido Bagier auch der linksgerichtete Rundfunkpionier Hans Flesch sowie Carl Spiecker, Journalist und Zentrumspolitiker, dem eine Verwicklung in Fememorde durch Freikorpsangehörige

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Tonfilmarchive

nach dem Ersten Weltkrieg bis in die späten 1920er Jahre nachgesagt wurde. In Aktivitäten der Degeto war Spiecker, der 1933 emigrierte und 1950 in Nordrhein-Westfalen für die CDU Landesminister für Bundesangelegenheiten wurde, bis zu seinem Tod 1953 involviert. Der Film-Kurier kommentierte die Melophon-Gründung am 7. Februar 1930 mit Skepsis, stellte eine bislang »unklare Haltung der Degeto« fest, ein Unternehmen, in dem »kaum Filmleute saßen«, dafür aber »Theatersachverständige, Intendanten, Oberbürgermeister«. Dennoch: Man war gespannt auf die weitere Entwicklung. Erwähnt wird hier auch die geplante Anlage eines Tonfilmarchivs durch die Degeto. Dahinter verbarg sich in erster Linie die Idee einer Produktion von Archivfilmen, worunter Tonfilmaufnahmen von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens verstanden wurden. Eine ebenfalls von der Degeto geplante Produktion von Kulturtonfilmen war aufgrund der komplizierten Situation der Tonfilm-Industrie ins Stocken geraten, die vor allem mit Spielfilmen an die Öffentlichkeit gegangen war.19

Tonfilmarchive Mit dem Tonfilm zog die allgemeine und schon längere Zeit publizierte Forderung nach Filmarchivgründungen deutlich an, war dabei, gelebte Praxis zu werden. Auch in München fand der Gedanke, Filmaufnahmen von bedeutenden Personen der Zeitgeschichte zu archivieren, seit ersten Planungen 1925 im allerdings holprigen Zusammenspiel von Kultusministerium und Filmindustrie (Emelka) zunehmend Gehör – jedoch ohne Betonung des Tonfilms. Mittlerweile waren Lichtbild und Film in ihrem pädagogischen Wert für Unterricht und Bildung erkannt worden. Das von der Bayerischen Lichtbildstelle unter Leitung von Hans Ammann errichtete Archiv für Kultur-, Lehr- und Schulfilme schwang sich im Sommer 1928 dazu auf, zur reichsweiten Zentralstelle »Zeitgeschichte im Film« für Schul- und Volksbildungszwecke zu werden. Was in Preußen auf Zurückhaltung stieß  – das Zentrum der deutschen Filmproduktion befinde sich doch schließlich in Berlin.20 Die Degeto sah sich so in einer archivgeschichtlichen Gemengelage im Allgemeinen, im Speziellen aber auch in Konkurrenz zu dem großen Lautarchiv, das von der RRG in technisch besonders avancierter Form bereits angelegt worden war – was zu ihren Aufgaben gehörte. Das Preußische Kultusministerium wollte eine Zersplitterung der Kräfte verhindern, denn ihm war klar, dass mit der Erfindung des Tonfilms die Möglichkeit bestehen würde, Stimme und Erscheinung einer Persönlichkeit gleichzeitig

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festzuhalten und dadurch ein viel umfassenderes Bild, als es mit dem Stimmporträt allein möglich ist, der Zukunft zu übermitteln. Die Presse hatte bereits im Oktober 1929 unter dem Titel »Tonfilm, wo bist du?« ein fehlendes Tonfilmarchiv der RRG angemahnt.21 Kurz darauf berichtete Fränze DyckSchnitzer in einer Reportage für das Tempo, dass im Vox-Haus am Potsdamer Platz erstmals eine aktuelle Filmaufnahme entstanden sei. Der preußische Innenminister Albert Grzesinski hatte sich vor dem Rundfunkmikrofon gegen das von Alfred Hugenberg, Adolf Hitler, Stahlhelm und Alldeutschem Verband initiierte Volksbegehren gegen den Young-Plan gewendet, mit dem von extrem rechter Seite die Forderung verbunden war, u. a. sämtliche deutsche Verpf lichtungen des Versailler Vertrages zu revidieren. Es scheiterte im Dezember des Jahres. Als Grzesinskis unmittelbarer Rundfunkvortrag beendet war, f lammten die Jupiterlampen der Emelkawoche auf, denn wegen der von ihnen entwickelten enormen Hitze und den lärmproduzierenden und somit für den Hörfunk ungünstigen Filmkameras drehte man zeitversetzt: »Während der Minister spricht, macht sich Herr Röllen­ bleg, der Leiter der Emelkawoche, ein paar Notizen über die Verwendbarkeit einiger Sätze als Zwischentitel.«22 Es entstand ein stummer Wochenschaubericht, der zwar für Archivzwecke hätte dienstbar gemacht werden können, dem Vorzug der Zusammenführung von Ton und Bild indes noch entraten hat. Notierenswert jedoch, dass die Erfahrungen von Heinrich Roellenbleg, keine zehn Jahre später eine wichtige Figur auch bei der Degeto, in die Zeit der stummen Wochenschau zurückreichten. Von staatlicher Seite dachte man also im März 1930 an die Schaffung eines einheitlichen Film- und TonArchivs unter Beratung von Kurt Magnus  – wozu es jedoch nicht kam.23 Eine gewisse Vollkommenheit der archivarischen Gesamtspeicherung von Bild und Ton erkannte auch die Fachpresse, als während der Berliner Funkausstellung im August 1930 ein Nebeneinander von getrennten Bildern und Tönen einerseits und ihre Zusammenführung auf dem Tonfilmstreifen andererseits für die Besucher als Unterschied erlebbar wurde. Einen 442 Meter langen Ton- und Bildbericht der Eröffnungsfeier der siebenten deutschen Funkausstellung und Phonoschau Berlin 1930 ließ die Tobis herstellen,24 während die Degeto »im Rahmen des Tobis-TonfilmTheaters« auf dieser Ausstellung einige Archivfilme der Melophon zeigte, darunter die Aufnahmen von Ministerpräsident Otto Braun, Staatssekretär Hans Bredow und Adolf von Harnack, der wenige Wochen zuvor verstorbene Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft,25 und damit sofort überzeugte. Allerdings sah der Bericht im Film-Kurier die Stelle zur Auf bewahrung dieser Dokumente als eine Ergänzung der Preußischen Staatsbibliothek.26

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Persönlichkeitsaufnahmen

Persönlichkeitsaufnahmen Anfang 1930 war innerhalb des Degeto e. V. die Überlegung ventiliert worden, solche Archivfilme mit Persönlichkeiten im 35-mm-Format produzieren zu lassen, in einer Länge von 100 bis 120 Meter, was einer Spieldauer zwischen etwa dreieinhalb und viereinhalb Minuten entspricht. Für zehn Porträtfilme wurden 6.000 RM veranschlagt, die Hälfte des Geldes sollte aus dem Kultusministerium Preußens kommen, so der Plan.27 Überaus prominente Namen fanden sich auf Listen wieder, die man abarbeiten wollte – von Reichspräsident Paul von Hindenburg und Max Planck zu Albert Einstein, auch Wilhelm Furtwängler und Max Reinhardt sollten ebensowenig vergessen werden wie Gerhart Hauptmann, Richard Strauss oder Hans Pfitzner. Aus Berlin erhielt das Bayerische Staatsministerium Anfang November 1929 die Nachricht, es sei dem Berichterstatter »vertraulich mitgeteilt worden«, dass man beabsichtige, »eine Operation des Professors Sauerbrauch nebst seinen dazu gehaltenen Ausführungen festzuhalten. Auch in den Dienst der Berufsberatung und der Berufsausbildung will sich die Gesellschaft durch Veranlassung der Herstellung geeigneter Filme stellen.«28 Um den Wert des allmählich zu erweiternden Archivs zu erhöhen, musste der Kreis der gefilmten Persönlichkeiten beschränkt werden  – ausgewählt von einer Kommission, die aus Paul Eger, Kurt Magnus und dem Ministerialbeamten Albert Marcks gebildet werden sollte. Gerhart Hauptmann wurde von Paul Eger im Februar 1930 mit der Bitte um eine Filmaufnahme konfrontiert, die »für alle Zeiten auf bewahrt« werde sollte: »Wir wenden uns nun an einige wenige Persönlichkeiten, u. a. in erster Linie an Sie, mit der Anfrage, ob Sie geneigt wären, sich bei Ihrem nächsten Berliner Aufenthalt für die gedachten Zwecke einmal aufnehmen zu lassen. Eine solche Aufnahme nimmt nur kurze Zeit in Anspruch. Gedacht ist daran, dass die betreffenden Herren entweder über ein ihnen naheliegendes Thema einige Minuten sprechen oder aus einem ihrer Werke eine kurze Stelle vorlesen. Die Dauer einer solchen Ansprache oder Vorlesung braucht nur 3 bis 4 Minuten zu sein, da sie ja in erster Linie archivalischen Zwecken dient. Die betr. Filmrolle würde dann in einem Archiv beim Unterrichtsministerium, das durch zwei Herren in unserem engsten Arbeitsausschuss vertreten ist, für alle Zeiten auf bewahrt und der Oeffentlichkeit nur dann gezeigt werden, wenn der Aufgenommene hierzu ausdrücklich seine Erlaubnis erteilt.«29 Hauptmann stimmte zu und Eger konnte ihm schon am 3. Juni die Erfolgsmeldung einer ausgezeichnet gelungenen Aufnahme übermitteln. Kurz zuvor waren dem Verwaltungsrat der Degeto Archivfilme zur Veran-

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schaulichung in den Passage-Lichtspielen (Unter den Linden 22) gezeigt worden, für November plante man die erste interne Präsentation eigener Produktionen, darunter auch wissenschaftliche Filme. Carl Spiecker brachte den Gedanken ins Spiel, über die Degeto die Bestellung von Tonfilmen durch Behörden bei Produktionsfirmen zu vermitteln. Auch hielt er es für sinnvoll, von der Degeto wichtige Ausstellungen und allgemeine Ereignisse von Bedeutung für archivarische Zwecke tonfilmisch aufnehmen zu lassen.30 Eine Nähe zum Aufgabengebiet der Wochenschau scheint sichtbar zu werden. Dies wird bestätigt durch eine Skizze des Preußischen Innenministers Carl Severing (SPD) von Anfang November 1930 zur »Filmpropaganda durch tönende Wochenschau«. Der Staat, heißt es dort, müsse prüfen, wie er politischen Einf luss auf den Film und die Produktionsfirmen nehmen könne – doch nicht nur negativ, wie etwa im Falle der Zensur, sondern auch im positiven Sinne, wozu der Tonfilm Anlass gebe, weil etwa die Melophon GmbH mit der Herstellung einer tönenden Wochenschau befasst sei.31 Dabei handelte es sich um die seit September 1930 produzierte Emelka-Ton­ woche. Ein halbes Jahr später wird Severing in einem vertraulichen Bericht deutlicher. Zwar sei anfangs für diesen Zweck kein zusätzliches Geld vorhanden, jedoch müsse man sehen, dass Aufnahmen von Ereignissen mit staats- und kulturpolitischer Bedeutung in den Wochenschauen untergebracht werden. Dies mit dem Ziel, die Uninteressierten oder gar politisch irregeleiteten Kinobesucher für den Staat zu interessieren, für seine Arbeit und seine Schwierigkeiten. Auch an die Produktion eines entsprechenden Beifilms zum Kinohauptprogramm oder eines Kulturfilms sei zu denken.32 Die Degeto bewegte sich wenige Jahre vor Ende der Demokratie in Deutschland im geistig-politischen Umfeld von Demokratiewerbung durch den Staat mit der Hilfe des Films. Sogar die Schaffung eines Archivs in vergrößertem Umfang wurde angeregt. Ende Mai 1930 hieß es während einer Sitzung des Degeto-Verwaltungsrates aus dem Munde des Ministerialbeamten Marcks, dass mit dem längst festgestellten Verlust vieler Stummfilme »wertvolle Kulturdokumente« für immer verschwunden seien. »Der gleiche Fehler dürfe beim Tonfilm nicht wiederholt werden«, lautete die Devise, und die Degeto sollte jene Stelle sein, bei der auf hebenswerte Filme gesammelt und bewahrt würden. In einer Sitzung Mitte November 1930 wiederholte Marcks seine Forderung und meinte, das Archiv solle nicht auf bedeutende Männer beschränkt sein, sondern auch Spielfilme von Niveau enthalten, damit diese für die Zukunft erhalten bleiben.33 Hochf liegende und sehr vernünftige Pläne wie diese fanden allerdings keine Realisierung im Degeto-Zusammenhang, sondern

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Persönlichkeitsaufnahmen

wurden in ähnlicher Form, nationalsozialistisch ausgeprägt, in Deutschland ab 1934 der neu geschaffenen Institution des Reichsfilmarchivs übertragen. Im Rahmen der Universum Film AG (Ufa) wurde als partielle Ergänzung dazu versucht, den materialen Überresten der eigenen Tonfilmproduktionen seit 1929 ein Überleben zu sichern im Produktionsarchiv der Ufa-Lehrschau (ab 1936). Anderen Produktionsfirmen der Zeit gelang eine solch konsequente Betriebsarchivpolitik nicht. Wiewohl in den frühen 1930er Jahren immer wieder interne Listen der Degeto kursierten, die eine überschaubare Zahl mit Persönlichkeitsaufnahmen beeindruckender Prominenz versammelten, befanden sich diese Filme offenbar zumeist nicht im Besitz des Vereins selbst, sondern waren überwiegend Eigentum des Produzenten Tobis-Melofilm GmbH, wie die ehemalige Melophon seit Mitte März 1931 hieß. In den Jahren 1931/32 verantwortete die Melofilm einen mit Schauspielern inszenierten Kurzfilm, der eine »Verherrlichung der republikanischen Idee« darstellt (Mündiges Volk, 1931, Regie: Alex Strasser), wie ein Eintrag im Katalog des Reichsfilmarchivs festhielt, dazu einen »Auf klärungsfilm des Preußischen Staates über die Verwendung seiner Haushaltsmittel für offizielle Zwecke« (Schwieriger Haushalt, 1932, Regie: Alex Strasser, Produktionsleitung: Heinrich Roellenbleg), aber auch einen »Propagandafilm für die Wiederwahl Hindenburgs« (Einer für alle, 1932, Regie: Curt Wesse und Heinrich Roellenbleg).34 Eine Nähe zu politischen Themen der Weimarer Republik ist bei den Sujets zu konstatieren. Nicht zuletzt beim 56 Meter langen Streifen Löbe spricht zur Reichstagswahl 1932, der später vom Reichsfilmarchiv kommentiert wurde: »Der damalige SPD-Reichstagspräsident bittet um eine friedliche Zusammenarbeit im Parlament«.35 Reichspräsident von Hindenburg, Konrad Adenauer, Adolf von Harnack, Albert Einstein, Max Liebermann – das sind nur fünf von 17 Namen, die eine Liste aus dem November 1931 schmückten.36 Zu dieser Zeit meinte man, bald über weitere Namen zu verfügen, darunter Reichskanzler Heinrich Brüning, Sigmund Freud und Michael Kardinal von Faulhaber.37 Als Vorschlag für eine Archivaufnahme galt noch der Name Ricarda Huch, wohl die erste Frau in dieser Reihe. Aus dem Bestand der Melofilm war u. a. ein Ankauf »zu besonders günstigen Preisen« geplant von bereits abgeschlossenen Aufzeichnungen Thomas Manns, Geheimrat Oskar von Millers und Gustav Stresemanns.38 Die wenigsten dieser Persönlichkeitsaufnahmen sind heute noch aufzufinden. Bei dem Filmstreifen Thomas Mann: Worte zum Gedächtnis Lessings, er dauert knapp vier Minuten, verhält es sich anders. Im Bundes-

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archiv-Filmarchiv müssen einst zwei inhaltlich differierende Versionen existiert haben, wie 2014 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung nachzulesen war, von denen eine allerdings nicht mehr zu lokalisieren sein soll.39 Am 22. Januar 1929 entstand diese Tonfilmaufnahme Manns. Am Abend zuvor hatte er in der von Liebermann geführten und dem Kultusministerium Carl Heinrich Beckers unterstellten Preußischen Akademie der Künste anlässlich Lessings 200. Geburtstag die Festrede gehalten, nun saß er vor einer Tonfilmapparatur in den Akademieräumen, um über die »exzentrische« Situation zu sprechen, die es dem Redner bedeutet, ein zeitlich entrücktes Publikum zu adressieren, während eine Direktübertragung im Radio auf ein räumlich entferntes Auditorium ziele. Auch zitiert Mann aus seiner Lessing-Rede. Ob Guido Bagier die Produktion leitete, ist ungewiss, doch wahrscheinlich. Weder ein Vor- noch ein Abspann zieren den Film, Mann selber gibt indes einen kleinen Hinweis auf seine Entstehung. Lag doch nach seinen Worten die Vermittlung für die Aufnahme bei der Berliner Lessing-Hochschule, »die ich dann doch dankend erwähnen möchte«. Damals eine der bedeutendsten öffentlichen Kultureinrichtungen Berlins, wurde sie bis zu seiner Vertreibung durch die Nationalsozialisten 1933 von dem Literaturwissenschaftler und Psychotherapeuten Ludwig Lewin geleitet. Anschließend war sie in NS-Hand, angeführt von Achim von Arnim, langjähriger Rektor der Technischen Hochschule Berlin, NSDAP- und SA-Mitglied, der sich in den Monatsblättern der Hochschule in Uniform abbilden ließ. In ihren Räumen entstand ein für das Archiv-Verständnis der Degeto vermutlich mustergültiger Film – kurz, konzentriert auf die Persönlichkeit und weitgehend frei von äußerer Inszenierung. Ab 1933 gingen Degeto und Lessing-Hochschule eine weiterreichende Kooperation miteinander ein.

Wendezeit Als Oberregierungsrat übernahm Kurt Zierold im Herbst 1931 die Leitung des Filmreferats im Kultusministerium. Vermutlich war er es, der im Oktober 1934 für dieses Ministerium erklärte, die Beziehungen zur Degeto seien gelöst und mit Johannes Eckardt habe man nichts mehr zu tun.40 Noch Ende Juli 1934 war er von diesem über die Material- und Rechtelage der DegetoArchiv-Aufnahmen informiert worden. In dem Brief heißt es: »Die überwiegende Mehrzahl dieser Filme gehört ausschliesslich Tobis-Melofilm GmbH; wir bestellten nur Kopien zu bevorzugtem Kopiepreis. Einige dieser Filme wurden auf Anregung der Degeto hergestellt und zum Teil von ihr

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Wendezeit

auch finanziell gefördert. Für diese Filme ist in einem noch durch Dr. Eger durchgeführten Abkommen, das von Tobis-Melofilm GmbH am 22. Oktober 1931 bestätigt wurde, vereinbart worden, dass die Auswertung 50 : 50 erfolgt. Da daher die Degeto an diesen Filmen nur beteiligt ist bzw. war, wurde in keiner Bilanz für diese Filme ein Vermögenswert eingesetzt. Ein Verkauf ist daher für die Degeto auch nicht möglich; sie konnte nur an Tobis-Melofilm GmbH die Verwertungsrechte abtreten, was ja auch ge­­ schah; und Tobis-Melofilm GmbH kann diese Aufnahmen in der von ihr herausgegebenen Wochenschau verwerten.« Ein Vermögenswert wird hier also negiert. Und beinah lapidar bemerkt der Schreiber, dass von den 18 anschließend aufgeführten Filmen (wobei Thomas Mann fehlt) die Nummern zwei bis fünf »beschlagnahmt« wurden. Das betrifft die Namen Konrad Adenauer (Kölner Oberbürgermeister und Präsident des Preußischen Staatsrates), Otto Braun (Ministerpräsident Preußens), Robert Weismann (Staatssekretär im Preußischen Staatsministerium, Berater von Otto Braun) und Hans Bredow (Vorsitzender der RRG). Wohin die Filmmaterialien anschließend gelangt sein könnten, muss Spekulation bleiben. Da Beschlagnahme auf eine Handlung staatlicher Autorität deutet, könnte vermutet werden, dass hier vonseiten des Ende Januar 1934 errichteten, doch erst ein Jahr später eröffneten Reichsfilmarchivs agiert worden ist. »Die anderen hat jetzt Tobis-Melofilm GmbH. Mit deutschem Gruß«.41 So jedenfalls Eckardt. Trotzdem scheint die Degeto weiterhin über Filmmaterialien verfügt zu haben. Denn nach einem Ge­­spräch zwischen Johannes Eckardt und der Rechtsabteilung der RRG heißt es in deren Aktennotiz von Anfang Februar 1935: »Die Degeto ist bereit, ihr gesamtes derzeitiges Filmarchiv der RRG kostenlos zur Herstellung von Copien, letztere auf Kosten der RRG, zu Fernsehsendungen zur Verfügung zu stellen. Dies soll in dem Bestätigungsschreiben an die Degeto von uns zum Ausdruck gebracht werden.«42 Das Fernsehen in Deutschland, seit den frühen 1920er Jahren in Entwicklung, begann im März 1935 mit seinen Live-Sendungen. Es hätte also nach zwei Jahren NS-Herrschaft durchaus ein organisatorischer und ideeller Rettungsanker für den Filmbestand der Degeto sein können. Ein interner Vermerk der RRG von Anfang März zu Kopien von Degeto-Filmen für Fernsehsendungen bestätigt dies.43 Überdies war bereits im August des Vorjahres bei einer vierköpfigen Degeto-Mitgliederversammlung in Zierolds Büro nicht nur deutlich geworden, dass die einstigen Hauptgeldgeber des Vereins nun fortfallen würden, sondern dass auch der Beitritt der RRG seinerzeit nur erfolgt sei, »weil man glaubte, daß die RRG vom Standpunkt des Fernsehens aus ein Interesse an der Entwicklung des deutschen

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Die frühe Degeto

Kulturfilms habe«.44 Diese Behauptung ernst genommen, würde dies be­­ deuten, dass Kulturfilm und Fernsehen in Deutschland bereits früh eine uneingestandene Bindung miteinander eingegangen waren.

Wiedergutmachungsversuche Ein Zeitsprung an das Ende des Jahres 1958. Die Degeto als Verein ist seit mehr als drei Jahren aufgelöst, zu dessen Liquidator war der Jurist Hans Joachim Wack bestellt worden, seit 1954 Mitgeschäftsführer der DegetoFilm GmbH. Er meldete beim Wiedergutmachungsamt Berlin einen Tag vor dem Heiligen Abend rückerstattungsrechtliche Geldansprüche gegen das Deutsche Reich und gleichgestellte Rechtsträger an.45 Die Art des Vermögens bestehe, so der Antrag, aus einem entzogenen Filmarchiv, in dem Filme über Persönlichkeiten aus der Weimarer Republik zusammengefasst waren, genannt werden u. a. die Namen Heinrich Brüning, Thomas Mann und Gerhart Hauptmann, Ferdinand Sauerbruch und die Pianistin Elly Ney. Die einstmals in der Kopieranstalt Dröge & Siebert in Berlin-Weissensee lagernden Ton- und Bildaufnahmen besagter Personen seien kurz nach der nationalsozialistischen Machtübernahme entzogen und ohne Entgelt beim Reichsministerium für Volksauf klärung und Propaganda abgeliefert worden. Im Durchschnitt habe ihre Länge jeweils 450 Meter betragen, das gesamte Material stelle nach einem Gutachten des Verbandes Deutscher Filmproduzenten aus dem Jahr 1953 einen Wert in der Höhe zwischen 50.000 und 100.000 DM dar. Die Antragshöhe belief sich auf 75.000 DM. Vonseiten des Berliner Senats ersuchte man die örtliche Landesbildstelle um Hilfe bei der Ermittlung von Fakten über den Antragsteller mithilfe einschlägiger Branchenverzeichnisse. Doch lediglich zwei Schmalfilmkataloge der Degeto-Kulturfilm GmbH konnten ermittelt werden, eine Identität mit dem in Liquidation befindlichen Verein wurde dabei nicht vermutet. Immerhin fand man im Jahrbuch der Filmindustrie des Jahrgangs 1933 einen Eintrag zu dem von der Tobis Industriegesellschaft mbH produzierten Streifen mit einer Tonfilmrede des Herrn Reichskanzlers (Heinrich Brüning), Länge 250 Meter, zensiert am 8. September 1930 – eine knappe Woche vor der Reichstagswahl. Dabei dürfte es sich um den mehrfach auf Degeto-Listen erwähnten Brüning-Film gehandelt haben. Auch konnte eine drei Tage später erschienene Pressenotiz des Kinematograph recherchiert werden, überschrieben: »Man soll keine Wahlfilme durchführen«. Danach sei es am 10. des Monats im Berliner Phoebus-Palast während der Vorführung des kurzen

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Wiedergutmachungsversuche

Films zu Tumulten gekommen, worauf hin er sofort vom Programm genommen wurde. Der NSDAP gelang es am 14. September, hinter der SPD zur zweitstärksten Fraktion im Parlament gewählt zu werden. Damit, interessant genug, wäre belegt, dass dieser Porträtfilm öffentlich vorgeführt worden ist und eine unmittelbare Reaktion hervorgerufen hat. Das Archivkonzept der Degeto hatte ursprünglich anders ausgesehen. Trotz dieser realen Grundlage zweifelte der Senator für Finanzen (Sondervermögens- und Bauverwaltung) des Landes Berlin im April 1960 die Rechtmäßigkeit des Antrags an – eine Verfolgung des Vereins sei ebensowenig erkennbar wie eine Gegnerschaft zum Nationalsozialismus. Zum Vergleich wurde eine Buchhandlung herangezogen, aus der linke und jüdische Autoren beschlagnahmt werden. Weit über ein Jahr später ließ sich Wack nach mehrfacher Fristverlängerung zur Sache ein. Mit der Beschlagnahmung der Filme, so sein Argument, sollte die Degeto als solche getroffen werden. Sie sei aus demokratischer Einstellung heraus errichtet worden, wofür die beteiligten Gründungspersonen sprächen, von denen einige durch den Nationalsozialismus verfolgt wurden, darunter Kurt Magnus und Carl Spiecker. Eine Drohung, die Degeto zu verbieten, habe der damalige Oberregierungsrat im Propagandaministerium, Arnold Raether, 1933 ausgesprochen. Um mit den vorhandenen Negativen und Kopien des Personenarchivs ein »politisches Kabarett« montieren zu lassen, habe Raether alles konfiszieren lassen. Obwohl ursprünglich keine Zerstörungsabsicht vorgelegen habe, ließ er das Material letztlich doch vernichten  – vermutlich als sich herausgestellt hatte, dass es den beabsichtigten Zweck nicht erfüllte. Als Zeuge für diese Darstellung wurde Johannes Eckardt benannt. Andere Belege für den zutreffenden Charakter der Schilderung sind nicht zu finden. Weil der Verein während der NS-Herrschaft nicht aufgelöst wurde, war die Zivilkammer 141 (Wiedergutmachungskammer) des Landgerichts Berlin in ihrer mündlichen Verhandlung vom 28. März 1962 zu der Auffassung gelangt, dass dieses Archiv nicht aus Gründen politischer Gegnerschaft der Degeto, sondern wegen des Archivinhalts selbst entzogen und »vernichtet« worden sei – »wegen seines zum größten Teil den Nationalsozialisten nicht genehmen Inhaltes«. Von einem ›kümmerlichen Schattendasein‹, das die Degeto nach der Beschlagnahme wie behauptet geführt habe, könne keine Rede sein. So wies das Gericht den Rückerstattungsanspruch ab.46 Was es nicht wissen konnte: Wenn zu Beginn der NS-Zeit lediglich vier Aufnahmen beschlagnahmt worden waren und der Rest an die Eigentümerin Melofilm gegangen war, wie Eckardt selbst festhielt – wie konnte 25 Jahre später für ein gesamtes Archiv Rückerstattung beantragt werden? Und wie

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passte dieses Ansinnen zu dem Angebot der Degeto, der RRG Anfang 1935 den eigenen Archivbestand zur Nutzung innerhalb des Fernsehprogramms zu offerieren? Es bleiben offene Fragen zu diesem Filmarchiv. Wenn es Mitte 1960 in einer Westberliner Zeitung hieß, Johannes Eckardt habe innerhalb der Degeto »ein Archiv berühmter Zeitgenossen« eingerichtet, ist die Information falsch, weil die Archivarbeit bereits begonnen wurde, bevor Eckardt dazustieß. Und wenn es hieß, das Archiv sei »zu Beginn des Nazireiches bereits beschlagnahmt« worden, so ist dies eine Behauptung, deren Wahrheitsgehalt nicht überprüft werden konnte und kann.47 Sie geht zurück auf – Johannes Eckardt. Wer jedoch war diese entscheidende und zentrale Figur der Degeto-Geschichte seit 1930?

1 Vgl. Johannes Eckardt an Kurt Zierold, 13.4.1934. In: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (künftig GSPK), I. HA Rep. 76 Kultusministerium, Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H.  — 2 Hans Philipp Wetz: Das gesprochene Lehrbuch. In: Berliner Tageblatt, Nr. 484, 12.10.1928. — 3 Karl Frhr. von Imhoff an Staatsministerium, Berlin, 24.4.1929. In: Bayerisches Hauptstaatsarchiv (künftig BHStA), MK 41180 Berlin, Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild, 1929–1932. Mit Dank an Maria Stehr.  — 4 Zentrale Akten zur Gründungsgeschichte des Degeto e. V. in: GSPK, I. HA Rep. 76 Kulturministerium Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H; sowie in: Landesarchiv Berlin, Handelsregisterakte Degeto B Rep. 042 Nr. 28085. — 5 Karl Frhr. von Imhoff an Staatsministerium, Berlin, 9.11.1929. In: BHStA, MK 41180 Berlin, Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild, 1929–1932. — 6 Paul Eger an Gerhart Hauptmann, 6.2.1929. In: Staatsbibliothek Berlin, GH Br NL A: Eger, Paul, Mappe Paul Eger an Gerhart Hauptmann. Mit Dank an Dorothea Barf knecht. — 7 In der Forschung wurde dieses Interesse der preußischen Politik am Ton- und Kulturfilm bisher noch nicht dargestellt. Von einer allgemeinen »Aufgeschlossenheit für den Kulturfilm« des Preußischen Kultusministeriums spricht allerdings Kristina Kratz-Kessemeier: Kunst für die Republik. Die Kunstpolitik des preußischen Kultusministeriums 1918 bis 1932. Berlin: Akademie 2008, S. 455. Dort auch Fundstellen zum Thema Film, darunter der Verweis auf das Protokoll einer Äußerung der Abgeordneten Gertrud Klausner von der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei im Preußischen Landtag vom 17.3.1928 (359. Sitzung). Ihre Abneigung gegen den »Kitschfilm«, der »immer stärker unsere Filmbühne beherrscht«, versucht sie mit dem konstruktiven Hinweis auf mehr Protektion für »den guten Film« zu fundieren, »das Kultusministerium müßte versuchen, aus irgendwelchen Fonds Unterstützungen zu ermöglichen. Mir scheint hierfür vielleicht ein Teil der Mittel, die der Rundfunk, die andere neue Kunstform, dem Ministerium aus seinen Überschüssen zur Verfügung stellt, gut angebracht zu sein.« Ein knappes Jahr vor Gründung des Degeto e. V. öffentlich geäußert, handelt es sich bei Klausners Verlautbarung möglicherweise um den entscheidenden Hinweis auf die Beteiligung der RRG daran. Mit Dank an Kristina Kratz-Kessemeier. — 8 Karl Frhr. von Imhoff an Staatsministerium, Berlin,

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Die frühe Degeto 24.4.1929. In: BHStA, MK 41180 Berlin, Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild, 1929–1932. — 9 Wirtschaftsbericht der Degeto über das Wirtschaftsjahr 1930, Bilanz zum 31.12.1930. In: GSPK, I. HA Rep. 76 Kultusministerium, Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H.  — 10 [Vermutlich] Staatsministerium für Unterricht und Kultus an Degeto, undat., zum Schrei­ben der Degeto vom 7.1.1930, Referat nach einer Berliner Besprechung mit Ministerialrat Haslinde vom Preußischen Kultusministerium. In: BHStA, MK 41180 Berlin, Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild, 1929–1932. — 11 Material zur »Vorführung von Tonbild-Filmen« der Degeto im Audimax der Universität München am 15.10.1929, darunter Einladungen, Presseclippings, Eintrittskarten, Vortragsfolge und vorbereitender Schriftverkehr. In: Stadtarchiv München (künftig SM), Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild, Kulturamt 192. Mit Dank an Elisabeth Angermair. — 12 Vgl. GSPK, I. HA Rep. 76 Kultusministerium, Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 D Bd. 1. Walther Günther verfügte offenbar über gute Verbindungen zum Preußischen Kultusministerium, das er bereits Ende 1928 ausführlich über Interna der neu gegründeten Tobis informierte. Vgl. ebd. — 13 Bayerische Landesfilmbühne (Gesamtleitung: Dr. Johannes Eckardt) an Ministerialrat Siegfried von Jan, München, 8.2.1929. In: BHStA, MK 41180 Berlin, Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild, 1929–1932. — 14 Siehe Liste der Ehrenkarten für die Veranstaltung am 15.10.1929. In: SM, Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild, Kulturamt 192. — 15 Ein literarisches Kino Unter den Linden. In: Film-Kurier, Nr. 18, 20.1.1928. Dazu auch Johannes Eckardt: Kamera unter den Linden. In: filmforum, Nr. 10, Juli 1957. — 16 Nach einem Curriculum Vitae aus den späten 1950er Jahren hat Neumann u. a. ab 1911 in verschiedenen deutschen und schweizerischen Städten den Bau von Großkinos organisiert, ab 1920 vor Ort die Theater- und Filmverhältnisse in den USA studiert, Robert Wienes Bibelfilm I. N. R. I. (1923) produziert, zusammen mit Colin Ross den psychoanalytischen Film Geheimnisse einer Seele (1926) von G. W. Pabst geschrieben, bis in die frühen 1930er Jahre mehrere Filmtheater der Ufa geleitet und nach einem mehrjährigen Arbeitsverbot als Co-Autor den von Fritz Peter Buch inszenierten Kriminalfilm Der Fall Deruga (1938) mitverantwortet. In den 1950er Jahren versuchte Neumann, in Westberlin an alte Erfolge anzuknüpfen. Vgl. Bundesarchiv (künftig BA), R 109-I / 1581. Ein auf den 11.3.1935 datierter Lebenslauf Neumanns, verfasst während seiner »Infamierung«, richtete sich an den Reichsverband deutscher Schriftsteller und diente dem Versuch, neuerlich Beschäftigung als Autor zu finden. Er trägt teilweise antisemitische Züge. In: BA (ehem. BDC), RKK, Neumann, Hans, geb. 3.11.1886. Zu Neumann vgl. auch: Leben in Berlin und Shanghai. Peter H. Neumann erzählt über sich und seinen Vater Hans Neumann. Gespräch mit Wolfgang Jacobsen und Werner Sudendorf. In: Filmgeschichte, Nr. 9/10, Juni 1997. Sowie die Ausführungen bei Ulrich Döge: »Er hat eben das heiße Herz«. Der Verleger und Filmunternehmer Karl Wolffsohn. Hamburg: tredition 2016, passim. — 17 Harry Kahn: Alte Filme. Kintopp vor fünfzehn Jahren. In: Die Weltbühne, Nr. 29, 17.7.1928. — 18 Kurt Laser: Die Berliner Filmwirtschaft in der Zeit des Nationalsozialismus. In: Berlin in Geschichte und Gegenwart. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin 1997. Hg. von Jürgen Wetzel. Berlin: Gebr. Mann Verlag 1997, S. 111. Zur Nachkriegsentwicklung der Tobis-Melofilm ab 1952 vgl. BA, R 109 I / 3323. Danach wurde der Gesellschaftsvertrag am 20.12.1929 geschlossen und am 13.3.1931, 14.3.1933 und 15.5.1942 geändert.  — 19 Vgl. Vorstand Degeto (Eger, Magnus) an

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Die frühe Degeto Rechtsrat Dr. Hörbiger im Rathaus München, Berlin, 15.4.1930. In: SM, Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild, Kulturamt 192. — 20 Vgl. im BHStA die Akte MK 41177 Münchener-Lichtspielkunst (M. L.K.) Filmarchiv für Kultur-Lehr-u. Unterrichtsfilme. Das staatliche Archiv für Kultur-u. Lehrfilme bei der bayer. Lichtbildstelle, 1927–1940. Zeitweise wurde das Münchner Archiv mit kleineren Summen des Reichsministeriums des Innern unterstützt (im März 1931 waren es 500 RM). Der Schulfilmaktivist Hans Ammann war zusammen mit Walther Günther Herausgeber des Bildwart.  — 21 G.[L.?] (Hanns G. Lustig?): Tonfilm, wo bist du? Fehlendes Archiv. – Fehlendes Interesse. In: Tempo, Nr. 242, 16.10.1929. — 22 Hanna Heßling (d. i. Fränze Dyck-Schnitzer): 30 Meter Grzesinski. Mit der Filmkamera im Senderaum. In: Tempo, Nr. 248, 23.10.1929. — 23 Preußisches Kultusministerium an den Reichsminister des Innern, Berlin, 20.3.1930. In: GSPK, I. HA Rep. 76 Kultusministerium, Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 D Bd. 1.  — 24 Zensurdatum 22.8.1930, B.26717, s. Jahrbuch der Filmindustrie. Hg. von Karl Wolffsohn. 5. Jg. Berlin: Verlag der »Lichtbildbühne« 1933, S. 784. Der Titel ist im Bundesarchiv-Filmarchiv überliefert. Auch ein von der Tobis produzierter Archiv-Film findet sich in der Zensurliste (Zensurdatum 21.8.1930, B.26681), wobei dessen Inhalt unspezifisch bleibt. — 25 Anon.: Ein Tonfilm-Archiv der Zeitgeschichte. In: Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 392, 23.8.1930. — 26 Vgl. hs.: Berlins Funkausstellung und Film. In: Film-Kurier, Nr. 198, 22.8.1930; Ur.: Schafft eine Reichsstelle für die Kulturdokumente des Tonfilms. In: Film-Kurier, Nr. 199, 23.8.1930. — 27 Verwaltungsratssitzung der Degeto vom 5.2.1930, Niederschrift. In: GSPK, I. HA Rep. 76 Kultusministerium Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H. — 28 Karl Frhr. von Imhoff an Staatsministerium, Berlin, 9.11.1929. In: BHStA, MK 41180 Berlin, Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild, 1929–1932. — 29 Paul Eger an Gerhart Hauptmann, 14.2.1930. In: Staatsbibliothek Berlin, GH Br NL A: Eger, Paul, Mappe Paul Eger an Gerhart Hauptmann. Die 1930 von der Degeto initiierten Persönlichkeitsaufnahmen finden sich nicht in den Zensurentscheidungen der Zeit vom 1.1. bis 31.12.1930, vgl. Jahrbuch der Filmindustrie. Hg. von Karl Wolffsohn. 5. Jg. Berlin: Verlag der »Lichtbildbühne« 1933. Sie wurden der Filmprüfstelle nicht vorgelegt, weil sie ausschließlich für das Archiv bestimmt waren. Einzige Ausnahme ist die einaktige Tonfilmrede des Herrn Reichskanzlers (Zensurdatum 8.9.1930, B.26802), bei der aber die Verbindung zur Degeto fraglich bleibt. — 30 Vgl. Sitzung des Verwaltungsrats der Degeto am 7.10.1930 im Sitzungssaal der RRG, Potsdamer Straße 4. In: GSPK, I. HA Rep. 76 Kultusministerium Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H. — 31 Der Preußische Minister des Innern, Betr. Filmpropaganda durch tönende Wochenschau, Berlin, 4.11.1930. In: GSPK, I. HA Rep. 76 Kultusministerium, Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 D Bd. 1. — 32 Vertraulicher Bericht des Preußischen Ministers des Innern, 11.5.1931. In: ebd. Das Reichsfilmarchiv führte den Titel Minister Severing spricht zur Landtagswahl (137 m, Lagernummer 672) als eine »Wahlrede des preußischen Innenministers mit sozialdemokratischer Tendenz« in seinem Katalog: Filmverzeichnis. Reichsfilmarchiv beim Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Spielfilme, Kulturfilme, Werbe- und Industriefilme, politische Filme. Hg. vom Reichsfilmarchiv. O. O. [Berlin] O. J. [um 1939], P/I/b/2. Loseblattsammlung in der Bibliothek der Deutschen Kinemathek. — 33 Sitzung des Verwaltungsrats der Degeto am 11.11.1930. In: GSPK, I. HA Rep. 76

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Die frühe Degeto Kultusministerium Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H. — 34 Vgl. Filmverzeichnis. Reichsfilmarchiv beim Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Spielfilme, Kulturfilme, Werbe- und Industriefilme, politische Filme, a. a. O.  — 35 Ebd.  — 36 Johannes Eckardt an Kurt Zierold, 21.11.1931. In: GSPK, I. HA Rep. 76 Kulturministerium Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H. — 37 Als Kardinal Faulhaber wird ein auf 1932 datierter Film von 115 m Länge der Tobis-Melofilm GmbH (Lagernummer 2314) geführt in Filmverzeichnis. Reichsfilmarchiv beim Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Spielfilme, Kulturfilme, Werbe- und Industriefilme, politische Filme, a. a. O. — 38 Geschäftsbericht der Degeto, undat., von Kurt Magnus an Dr. Haslinde, 28.10.1931; sowie vgl. Sitzung des Degeto-Verwaltungsrats am 6.11.1931. Beides in: GSPK, I. HA Rep. 76 Kultusministerium Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H. — 39 Jochen Hieber: Der audiovisuelle Urknall unserer Literatur. Thomas Mann im Tonfilm. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.9.2014 (online 20.8.2017, http://bit. ly/2vUVkkD, dort auch der Film). Ein Katalog des Reichsfilmarchivs führt den Film als Produktion der Tobis-Melofilm GmbH mit einer Länge von 109 m (4 Minuten) und der Lagernummer 2890, datiert die Herstellung fälschlicherweise auf 1931 und notiert abfällig zum Emigranten Thomas Mann: »Selbstgefälliger Hinweis auf die Bedeutung seiner Tonfilmrede für die Nachwelt.« In: Filmverzeichnis. Reichsfilmarchiv beim Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Spielfilme, Kulturfilme, Werbeund Industriefilme, politische Filme, a. a. O. Mit Dank an Hans-Gunter Voigt. — 40 Notiz vom 25.10.1934. In: GSPK, I. HA Rep. 76 Kultusministerium, Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H. — 41 Johannes Eckardt / Degeto an Kurt Zierold, 30.7.1934. In: ebd. — 42 Aktenvermerk Rechtsabteilung RRG nach Gespräch von Johannes Eckardt mit Schirp von der Revisionsabteilung RRG und Schenck, 7.2.1935. In: BA, R 78 / 29 Reichsrundfunkgesellschaft.  — 43 Rechtsabteilung RRG an Dr. Kirschstein im Hause, 4.3.1935, wg. Kopien für Fernsehsendungen. In: ebd. — 44 Bericht über die Mitgliederversammlung der Degeto am 2.8.1934. In: ebd. — 45 Die 62 Blatt starke Akte zur Rückerstattungssache Degeto % Deutsches Reich findet sich im Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-05 Nr. 7487/59 Betr. Entziehung eines Filmarchivs. Die folgenden Ausführungen nach dieser Akte. Mit Dank an Bianca Welzing-Bräutigam. — 46 Beschluss der Zivilkammer 141 des Landgerichts Berlin vom 28.3.1962. In: Deutsches Rundfunkarchiv, Frankfurt am Main, A 06 / 49 ARD-Akten 1950–1962 (ARD-Registratur) Fiche 337. Mit Dank an Muriel Favre, Karin Langer und Leo Boll. — 47 Mg.: Vorgestellt: Johannes Eckardt. In: Der Tag, Westberlin, 30.6.1960.

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Johannes Eckardt – von der Volksbildung zur Volkbildung

Die erste bedeutsame Zäsur in der Geschichte der Degeto ist mit dem Namen von Johannes Eckardt verbunden. Als der 1887 im niederösterreichischen Sierndorf geborene Katholik im Herbst 1930 von München nach Berlin übersiedelte, verfügte er als 43-jähriger ›geborener Organisator‹ bereits über einen ungewöhnlich breiten Erfahrungsschatz.1 Damit er die Geschäftsführung der Degeto übernehmen konnte, die ihm vom zuständigen Referenten des Preußischen Kultusministeriums angetragen worden war, hatte er im Juni den Vertrag mit der Bayerischen Landesfilmbühne GmbH »in gütlichem Einvernehmen« zum 1. Oktober gelöst.2 Seine Zeit in Bayern war nun vorläufig Geschichte, Berlin das Ziel. Von dort führte er die Degeto ins »Dritte Reich«. Erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs sollte er neuerlich im Süden wurzeln. Zunächst gestaltete er in München zwischen Juli 1947 und März 1952 den Auf bau des Instituts für den Unterrichtsfilm mit (an dem auch Werner Pleister beteiligt war) und wirkte dort als Redakteur und Referent für Film- und Bildfragen zur Erwachsenenbildung.3 Von Göggingen und Augsburg aus trieb er seit 1949 als Präsident des Verbandes der deutschen Filmclubs deren Entwicklung voran – später noch als Ehrenpräsident bis zu seinem Tod 1966. Mit Institutionen, Bünden, Verbänden und Gesellschaften kannte er sich aus. Das Berufsleben des 1911 in Wien Promovierten, der während des Ersten Weltkriegs militärisch verwendet wurde und 1918 von Salzburg nach München wechselte, war zunächst geprägt von den großen kulturellen Feldern der katholischen Literatur und Publizistik, sodann der gesellschaftlichen Vermittlungsarbeit von Kultur, nicht zuletzt der Filmkultur. Im Hintergrund wartete bei ihm stets ein Auftrag, ein Programm, die Dinge geschahen nicht einfach so. Mit Ricarda Huch stand er 1910 in Verbindung, um von ihr die Beurteilung einer Arbeit zu erbitten, im ersten Kriegsjahr beteiligte er sich an der Gründung des Schillerbundes deutscher Katholiken, ein ästhetischer Anspruch wird dabei sichtbar. Sein vehementer Drang zur organisatorischen Verknüpfung, zum Mitmachen und Bereiterklären – bei sich selbst und bei anderen – ist abzulesen an seinen redaktionellen Engagements für literarische Zeitschriften, unter denen die katholischen Schriften Hochland und Über den Wassern genannt sein sollen.4 Mit der Redaktionsarbeit für die Vierteljahreshefte des Bühnenvolksbundes nahmen seit den frühen 1920er Jahren auch Probleme des Theaters und des Films im

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Johannes Eckardt

literarisch-kulturellen Leben Eckardts mehr und mehr Raum ein. Seine folgenden Münchner Aktivitäten als Geschäftsführer der Goethe-Gesellschaft (wo er im Juli 1931 zum Ehrenmitglied ernannt wurde), Mitinitiator der Chorischen Bühne (eine »Gesellschaft zur Förderung dramatisch-synthetischer Kunst der Gegenwart«) und Mitverantwortlicher des Internationalen Tanzkongresses 1930 in München verstärkten diese Entwicklung. Und auch die Gründung der »Urania« in München 1928 durch Thomas Mann u. a. verlief offenbar nicht ohne ihn, der zwei Jahre zuvor die deutsche Staatsangehörigkeit im Freistaat Bayern erworben hatte. Seit den frühen 1920er Jahren diente Johannes Eckardt im Auftrag des bayerischen Staates der Kultur und ihrer Vermittlung, die meiste Zeit davon als Geschäftsführer der halbamtlichen Bayerischen Landesfilmbühne. Dabei scheint er ein Gegner von reichsweiten kulturellen Zentralisierungsbestrebungen gewesen zu sein und pochte auf die Kulturhoheit der Länder. Als der Bayerische Staat ab 1920 die Einrichtung einer Reichsfilmstelle in Berlin bekämpfte (eine Art frühes multifunktionales staatliches Filmarchiv), da gehörte Eckardt zu den Wortführern aus München.5 Als Mitbegründer und Vertreter der Besucherorganisation »Der Bühnenvolksbund« hatte er bereits 1920 »die wesentlichen Diskussionsbeiträge« für die Gründung der Bayerischen Landesbühne geliefert, »einer Wanderbühne für die bayerische Provinz, deren Organisation und Betrieb in möglichst enger Verbindung mit den Staatstheatern stehen sollte«.6 Bayern wurde zwischen 1921 und 1933 von drei Ministerpräsidenten der konservativen, katholischen Bayerischen Volkspartei und kurzfristig (1923/24) von einem Parteilosen regiert. Für Eckardt waren die Probleme des Theaters wie des Films vergleichbar. Er sah grundsätzlich den Staat in der Pf licht, öffentliche Mittel sollten die aus seiner Sicht wertvolle und dauerhafte Kulturarbeit absichern.7 Eine bedeutende Forderung der Reformbewegung, der auch die Film- und Bilderbühnen entstammten, wird hier deutlich. Ein speziell katholischer Zug jedoch, wie er sich etwa in einer entsprechenden Filmarbeit der katholischen Kirche der 1920er Jahre zeigte, die den Wert des guten Films nach anfänglicher Abwehr beständig höher einschätzte, ist in Eckardts Wirken nicht festzustellen.8 Für ihn war wichtig, dem Gedanken einer Volksbildung (»bürgerliche Auf klärung durch Vermittlung von Kenntnis für die unteren Schichten des Volkes«)9 durch Theater und Film zu folgen, ermöglicht oder erleichtert durch staatliche Hilfen, zu denen für ihn auch die Freistellung von der Vergnügungssteuer zählte. In dieser Forderung war er sich allerdings einig mit dem 1929 in München durchgeführten Katholischen Filmkongress.10 Innerhalb des Volksbildungsgedankens knüpfte Eckardt in den 1920er Jahren an Bekanntes an – »keine

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Johannes Eckardt

Epoche hat ein ähnlich großes Interesse an der theoretischen Diskussion über Erwachsenenbildung gezeigt«.11 So galt bis zum Ersten Weltkrieg die 1871 gegründete Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung als eifrige Vertreterin der Lehr- und Kulturfilmbewegung. Bereits 1910/11 unterhielt sie zahlreiche Wanderkinos, stellte der Zeitungs- und Filmwissenschaftler Hans Traub 1936 fest.12 Zu den Begründern dieser Gesellschaft, die sich 1915 in Gesellschaft für Volksbildung umbenannte, gehörte mit Fritz Kalle ein Fa­­ brikant aus Wiesbaden. Seine Chemische Fabrik Kalle Co. brachte in Deutschland seit 1932 den sogenannten Ozaphan-Film heraus, ein sehr dünnes und ohne Gelatine und Bromsilber produziertes Schmalfilmmaterial im 16-mmFormat für das Heimkino, das nicht für Aufnahmen, sondern nur als Kopierfilm benutzt werden konnte. Zeitweise etablierte sich das als Sicherheitsfilm konzipierte Ozaphan als ernsthafter Konkurrent anderer Schmalfilmformate, die von Firmen wie Pathé, Agfa, Kodak, der Ufa oder der Degeto vermark-

Johannes Eckardt, 1950er Jahre

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Bayerische Landesfilmbühne

tet wurden.13 Für einen Autor der National-Zeitung aus Essen war 1935 klar, dass Film erst über den Schmalfilm »die richtige Volkskunst« werden könne.14 In diesem Jahr wurde die Gesellschaft für Volksbildung von den Nationalsozialisten aufgelöst. Schmalfilm wurde ab 1937 zu einem wichtigen Geschäftsfeld der Degeto.

Bayerische Landesfilmbühne Vor allem den guten Kultur- und wissenschaftlichen Vortragsfilm habe die Landesfilmbühne gepf legt, schrieb der Kulturfilmregisseur Horst Kracker 1952 in einer Rückschau – allerdings außerhalb der Schule.15 Ursprünglich eine Abteilung der 1922 gegründeten Bayerischen Landesstelle für gemeinnützige Kulturpf lege GmbH (Geschäftsführer: Johannes Eckardt), deren Anteile in den Händen des Staates und der Bayerischen Landesbühne lagen, wurde die Bayerische Landesfilmbühne ab 1924 als »Kino-Wanderbühne« zunehmend selbstständig. Im Mai startete sie mit dem Radio-Vortragsfilm Im Bannkreis der tönenden Wellen, »der mit Unterstützung des Reichspostministeriums und des Staatssekretärs Dr. Bredow (des Schöpfers des deutschen Rundfunks) hergestellt wurde«.16 Für diesen ersten Film der deutschen Radioindustrie, der werbende und belehrende Elemente vereinte, hatte sich die Landesfilmbühne das alleinige Vorführungsrecht in Bayern gesichert.17 Sie verband sich 1927 mit der 20.000 Mitglieder starken Kulturfilmgemeinde München und soll um 1925/26 auch die Filmarbeit an der Münchner Universität übernommen haben. Innerhalb der Landesstelle war die Filmbühne bald der bestimmende Faktor.18 1929 wurde sie zu einer GmbH umgestaltet, ihre Gesellschafter waren – mit einer Stammeinlage von jeweils 10.000 RM – das Bayerische Kultusministerium, die Stadt München und die Bayerische Landesbauernkammer, wie Walter Jerven am 23. November 1929 im Film-Kurier notierte. Als zweiter Geschäftsführer neben dem zwar höher vergüteten, sich aber zurückgestuft fühlenden Eckardt fungierte nun der fünf Jahre ältere Pädagoge und Redakteur Edmund Schopen, ein ehemaliger »klerikaler Publizist und Wanderprediger«,19 der sich für den deutschen Qualitätsfilm in den Kinos engagierte. Zu dieser Zeit schien die Bühne in Bayern konkurrenzlos zu sein. Auch die im Mai 1930 neugegründete und drei Jahre später aufgelöste Münchner Liga für den unabhängigen Film (Ortsgruppe München der Internationalen Liga für den unabhängigen Film), zu deren eigenem Verständnis einer »Versuchsbühne«20 sich Prominenz wie Thomas Mann, Ernst Iros oder Otto Falckenberg bekannte,21 ver-

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stand sich dezidiert nicht als »Konkurrenz« zur Bayerischen Landesfilmbühne und anderen Kulturfilmbühnen.22 Von den Nationalsozialisten wurde Schopen 1934 beurlaubt, die Filmbühne aufgelöst und 1942 aus dem Handelsregister gelöscht. Ihre Nachfolge trat die Landesbildstelle Südbayern an, geleitet von Hans Ammann.23 In erster Linie zielte die Bayerische Landesfilmbühne auf die Präsentation der »Kulturfilme großen Stils«, denn diese fanden aus wirtschaftlichen Gründen im normalen Programm der Lichtspieltheater nur selten Platz, obgleich ein daran interessiertes Publikum vorhanden sei, so ein programmatischer Text im fünften Heft 1929 der Bayerischen Filmzeitung.24 Das Problem sei danach die mangelhafte Bindung zwischen den zugeneigten Kreisen und den normalen Lichtspieltheatern. Die Lösung bestehe darin, eine Stelle dazwischenzuschalten, die sich ganz auf die notwendige Kommunikation konzentrieren und darüber hinaus »die gesamte Programmierung, Vorbereitung und Durchführung durch systematische Arbeit« übernehmen würde. Die Filmvorstellungen selbst sollten idealerweise im regulären Kino stattfinden. Man wollte Einf luss nehmen auf dessen normalen Spielplan wie – längerfristig – auf die Qualität der Filmproduktion. Eine solche Organisation sei die Bayerische Landesfilmbühne, die es nunmehr für 1929/30 geschafft habe, mit verschiedenen Theatern in mehreren bayerischen Städten langfristige Gastspielabkommen zu schließen.25 Von der Landesfilmbühne ausgewählte Filme mussten »inhaltlich und künstlerisch einwandfrei sein«, für »staatsfeindliche Gedanken« durften sie nicht werben.26 Ausschließlich in Erstaufführung sollten Produktionen wie Max Reichmanns Das Blumenwunder (1926), produziert von der BASF, Edgar Beyfuss’ Eigenproduktion Die Wunder des Films. Ein Werklied von der Arbeit am Kulturfilm (1928) oder Filmstadt Hollywood (1928), eine Zusammenarbeit des Produzenten Max Goldschmidt mit dem Schriftsteller Arnold Höllriegel (d. i. Richard Arnold Bermann), gezeigt werden. Oft begleitete ein Vortrag den Film oder leitete ihn ein. Damit wollte man Vorbild sein »für andere Teile Deutschlands«, so die Hoffnung.27 Etwa 250 bayerische Orte ohne Lichtspieltheater, also »im Lande draußen«, wurden regelmäßig mit Wandervorführungen besucht.28 In München selbst, so wird in der Bayerischen Filmzeitung berichtet, sei endlich ein festes Haus gefunden worden für Vorträge und die Vorführung großer Kulturfilme – der 1928 eingeweihte Goethesaal. Eine Neuheit dort war der Programmpunkt »Die Stunde der Jugend«, zu der neben Filmprojektionen auch künstlerische Darbietungen und Lichtbildvorträge zählen sollten. Zur Eröffnung stand am 9. Oktober 1929 Hans Cürlis’ abendfüllender Kulturfilm Die Donau. Vom Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer auf dem Pro-

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gramm. Der Bericht des nationalsozialistischen Völkischen Beobachters lobte den Film im neuen Saal und fasste zusammen, dass die Errichtung der Landesfilmbühne ein Zeichen dafür sei, »daß unser Volk auch auf der f limmernden Leinwand mehr verlangt, als seichte Gesellschaftsfilme aus einer untergehenden Gesellschaft«.29 Knapp 5.000 jugendliche und über 26.000 erwachsene Gäste haben den Goethesaal zwischen Oktober 1929 und Mai 1930 besucht. Das Prinzip Goethesaal andernorts ebenfalls zu realisieren, war ein Plan. Ein anderer bestand darin, München zu einem Zentrum der Kulturfilmbühnen Deutschlands auszubauen. Auch einen Verleihbetrieb in engen Grenzen habe man aufziehen wollen, dessen weitere Ausgestaltung allerdings wegen des »neu aufgetauchten Tonfilm-Problem[s]« nicht abgesehen werden konnte, wie Eckardt im Juni 1930 schrieb.30 Die Aktivitäten der Landesfilmbühne zur Zeit der Tonfilmwende lassen sich ansatzweise nachverfolgen in den kurzlebigen Blättern der Bayerischen Landesfilmbühne. Dahinter verbirgt sich zunächst die von Eckardt unter dem Obertitel herausgegebene Bayerische Filmzeitung (1929/30) und anschließend Die Kurbel (1930), herausgebracht von Schopen. Beide Titel erschienen im Verlag Kösel & Pustet (wie Hochland), der für sie warb mit den Worten, dass »heute gerade das kulturell hochstehende Publikum der guten Gesellschaftsschichten« dem künstlerisch wertvollen und von der Landesfilmbühne geförderten Film zuneige.31 Die erste Nummer 1929 bringt u. a. ein Selbstlob, denn unter dem Titel »Deutschland hat ein filmisches Genie« wird auf die bisher offenbar übersehene »filmische Begabung« des international begeistert aufgenommenen Münchner Komikers Karl Valentin hingewiesen. Diese aber sei jetzt erst erkennbar geworden, nachdem der Regisseur, Filmsammler und Vortragskünstler Walter Jerven unter dem Dach der Bayerischen Landesfilmbühne sein Valentin-Kurzfilmprogramm »Aus der Kinderstube des Films« mit sensationellem Erfolg und verschiedenen Wiederholungen auch in Berlin, Dresden und Nürnberg präsentiert hatte. Dies war Filmgeschichte live in großstädtischen Kinos der frühen Tonfilmzeit. Zusammen mit Valentin und Jerven gehörte Eckardt im April 1929 zu den Gründern der Karl Valentin Filmproduktion. Ebenfalls blickte man im ersten Heft auf die im Sommer 1928 in den Rathaus-Lichtspielen der Ufa eigenständig durchgeführten »Münchener Filmfestwochen« zurück, die auf viel Zuspruch gestoßen waren und künftig zur ständigen Einrichtung werden sollten. Parallel zum täglich wechselnden Filmprogramm, auch Eisensteins Panzerkreuzer Potemkin (UdSSR 1925) hatte ursprünglich dazugehört,32 war im Münchener Rundfunk ein Vortragszyklus unter Titeln wie »Film und Volk«, »Der deutsche Film«, »Der russische, nordische und französische

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Film« oder »Der Kulturfilm« gesendet worden. Die selbstgestellte Aufgabe der sechswöchigen Filmfestwochen mit weitgespanntem Rahmen lautete nach dem Filmpublizisten Wolfgang Petzet, eine »vergleichende Übersicht über den künstlerischen Gegenwartszustand des Weltfilms« zu geben. In seinem umfangreichen Bericht und einer tiefgehenden, kritischen Diskussion konstatierte der Autor schließlich, es sei »der Geist der einzelnen Völker in ihren Lichtspielen klar zu erkennen«.33 Die Bedeutung dieser Festwochen von 1928 wurde auch andernorts er­­ kannt. Das Periodikum Erwachen nahm sie zum Anlass, eine Sondernummer unter dem Titel Die Zukunft des Films zu publizieren. Diese von Hermann Weiskopf herausgegebene Zeitschrift für neue Wege der Seelenforschung, Erziehung und Kulturgestaltung, wie sie im Untertitel hieß, versammelte hier überwiegend Münchner Stimmen, darunter neben Eckardt auch Walter Jerven, Ernst Iros und Edmund Schopen, aus Berlin kamen u. a. Beiträge von Oskar Kalbus und Guido Bagier. Bereits das Vorwort von Eckardt schlägt tiefe Töne an: »Wir nehmen den Film und das Lichtspieltheater sehr ernst und sehen auf dem Horizonte eine Menge von Problemen künstlerischer und bildender Art aufdämmern, deren Erörterung uns wesentlicher erscheint als die Magazinkolportage verf lachter Alltäglichkeit.« Man wolle mit diesem Heft grundsätzlichen Fragen nachgehen und trotzdem eine »Buntheit von Überzeugungen und Einsichten« offerieren, »ob sie sich nun im einzelnen Falle decken oder widersprechen«. Denn: »Das Einigende ist der Glaube an die Kunst des Films, an seine bildende Sendung, an die Pf licht, seine Werte dem ganzen Volke zu erschließen und es durch ihn zu bereichern […].«34 Der zentrale Text von Eckardt in diesem Heft widmet sich dem Thema »Film und Volk«. Darin problematisiert er das Phänomen der »Masse«, die sich beim Film radikal anders darstelle als beim Theater, wo sie »irgendwie gebunden« sei, und er stellt die Frage, wie eine solch heterogene Masse mobilisiert werden kann, um die »Hebung des Filmniveaus zu erreichen«. Die Entfaltung des Kinopublikums sei gefasst als »eine demokratische Entwicklung« – ausgehend von dem ›voraussetzungslosen einfachen Volk‹ der Jahrmärkte hin zu höheren Schichten. Film und Kinogewerbe hätten sich viel unbehinderter vom Staat entwickeln können als etwa der Rundfunk, auf den dieser von Anfang an »einen wesentlichen Einf luß« ausgeübt habe. Geistige Einwirkung auf die Masse im Kino sei allerdings schwierig. Im Vergleich zum Theater bestehe die Wirkung des Films oft in Erschütterung, was seinen Grund in den rein optischen und naiven Mitteln habe, die von der breiten Masse leicht aufzunehmen seien. Mit den Mitteln der freien

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Bildungsarbeit möchte Eckardt die von ihm respektierte Wirtschaftlichkeit der Filmproduktion ergänzen, die Masse des Kinopublikums »für eine bestimmte Art von Filmen« interessieren, »sie für künstlerische Filmwerte blickreif« machen. Die Bildung habe sich also zunächst dem Kulturfilm zu widmen – ein zweifellos unglücklich gewählter Begriff, der nun allerdings allgemein eingeführt sei, so Eckardt. »Das Volk will nicht belehrt sein, es will durch Erleben lernen.« Das falle in der Masse leichter. Dazu könnten Kulturfilme großen Stils beitragen, Eckardt nennt Titel wie Das Blumenwunder oder Robert Flahertys Nanook of the North (USA 1922), betont jedoch auch den Wert von Filmvorträgen, bei denen laufendes und stehendes Bild zu einer Einheit verwachsen. Selbst sorgsam ausgewählten ›geeigneten Spielfilmen‹ gegenüber ist er nicht abgeneigt. Entworfen wird ein Programm zur Beeinf lussung der Masse im Kino durch den Kulturfilm, in dem er Potenziale entdeckt, die allen zugutekommen würden: »dem Kinobetrieb, dem Verleih, der Produktion und, in erster Linie, der Sache und dem Volke«. Und schließlich: »So wächst freie Bildungsarbeit in die Masse, zeichnet ihr Linien gebildeten Willens, gehobenen Geschmackes, seelischen Erlebens ein; vertieft sie, weckt in ihr die schöpferische Kraft, formt zum Teil aus ihr ein höheres Ganzes, bildet aus ihr die tiefste Sehnsucht unserer Gegenwart: Volk.«35 Das Wörtchen »Volk« wird später noch eine Rolle spielen in Eckardts Wirken. Es war dem Autor allerdings schon in früheren Zeiten wichtig. Mit Stücken von Goethe, Kleist, Lessing oder Ibsen bespielte die Bayerische Landesbühne in den frühen 1920er Jahren das Land, so berichtete es Eckardt 1922, und musste dabei feststellen, dass »der Geschmack des Theaterpublikums in der Provinz« als verbesserungswürdig wahrgenommen wurde. Gleichwohl meinte er, dass »in der Provinz viel stärker als in der Großstadt unverbrauchte bildungsfähige Volkskraft zu schlummern« schien. Daraus bezog er die Hoffnung, dass ein Engagement wie das der Landesbühne »eine Theaterbewegung schafft, die wieder ins Volk wächst und aus ihm fruchtbar wird«. Ziel sei die »innere Erlösung« des Volks, »an das wir glauben und denken«. Unabdingbar hilfreich für die Umsetzung des Ziels sei die dauernde Unterstützung staatlicher Behörden gewesen, wobei die staatliche Befreiung aller Veranstaltungen von der Lustbarkeitssteuer gleichfalls hervorgehoben wird. In der Entwicklung des Denkens von Johannes Eckardt fußen die pädagogischen Absichten gegenüber der Masse des einfachen Kinopublikums auf früheren Überlegungen zur Beeinf lussung des besonders in den Blick zu nehmenden Theaterpublikums der Provinz. Und bereits 1922 sieht er in den Theateraktivitäten Bayerns ein Vorbild für Preu-

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ßen. Als Beleg dient ihm ein Hinweis auf die Beratungen des Kulturetats im Hauptausschuss des Preußischen Landtags von Februar 1922, in denen die Bayerische Landesbühne in Organisation und Arbeit als »vorbildlich« dargestellt wurde.36 Eine »einheitliche Idee« wollte die Landesfilmbühne bei den zweiten Münchner Filmfestwochen 1929 verfolgen, wie es in einer Ankündigung der Bayerischen Filmzeitung heißt, werde doch »die Diskussion über die Möglichkeit einer nach eigenen Gesetzen sich gestaltenden Filmkunst« gegenwärtig immer lebendiger. Doch behindere »die industrielle Verwertung der Erfindung des Tonfilms […] derzeit allerdings diese Entwicklung der Kunst des stummen laufenden Bildes«. Dem Tonfilm als Hemmnis künstlerischer Entwicklung sollten typische Stummfilme entgegengesetzt werden, um »zu zeigen, dass es eine nach eigenen Gesetzen gewordene Filmkunst bereits gibt«. Der Direktor der Bayerischen Landesfilmbühne, der hinter diesen Ausführungen zu vermuten ist, kritisiert die Auswirkungen des Tonfilms, der aus seiner Sicht dem Schauspiel zu viel Gewicht beimisst und die stumme Filmkunst dabei immer unsichtbarer werden lässt. Ihre Weiterentwicklung wäre aber zu fordern. Denn gerade in ihr zeige sich der entscheidende Gegensatz zwischen Film und der Kunst des Schauspiels. Meisterhafte stumme Filme zu zeigen, sei außerdem von Bedeutung, »um der Allgemeinheit die Möglichkeiten des Films bewußt zu machen und sie so als schöpferische Mitarbeiter für die Filmkunst zu gewinnen«.37 Hier äußert sich eine Zeittendenz, die im zunehmenden technischen Fortschritt des sprechenden Films einen Rückschritt für die Filmkunst und ihren speziellen Charakter zu erkennen glaubte. Befürchtet wurde, dass das »wichtigste filmkünstlerische Instrument: die Bildeinstellung […] nicht mehr bildkünstlerischen Ausdrucksnotwendigkeiten folgen« würde, sondern »sklavisch an den Gang des Dialogs gefesselt« wäre. So der Autor Georg Kruse 1928/29 in einem Lob der Berliner »Kamera«.38 Zugleich erwachte das Bewusstsein dafür, dass eine technischstilistische Epoche des Films beendet und eine neue im Anfang begriffen war  – der Beginn einer Historisierung des stummen Films. Einige Jahre später schrieb der Autor Bruno Rehlinger beim Nachdenken über ›filmische Grundgesetze‹: »Abgeschlossen, geschichtlich greif bar liegt allein der Stummfilm hinter uns. Sein Gebiet ist nach allen Richtungen hin durchforscht, und die Ergebnisse müssen wir als gesichert betrachten. Die Gesetze, die bisher für den Tonfilm aufgestellt sind, lassen in den Grundzügen klar erkennen, daß für ihren Ausbau der Stummfilm nicht durchgängiges Vorbild, aber unerläßliche Voraussetzung ist.«39

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Ein Freund des frühen Tonfilms scheint Johannes Eckardt nicht gewesen zu sein im Jahr vor seinem Wechsel nach Berlin – zur Deutschen Gesellschaft für Ton und Bild, die den Filmton überhaupt in den Mittelpunkt ihrer Absichten gestellt hatte. Denn es lag auf der Hand, dass Kulturfilmen nach Einführung des Tons jede »Erklärung in breiterer Form leichtverständlich« mitgegeben werden konnte, wie Hans Traub rückblickend schrieb.40 Über den Sender München sprach Johannes Eckardt anlässlich der Filmfestwochen am 28. Juli 1929 im Hörfunk noch über »Die Kunst des stummen Films«. Und wie zur Bestärkung erschienen in diesem Jahr zwei von ihm herausgegebene Bildbände, in denen die Texte Randerscheinungen sind und nicht aus seiner Feder stammen: Prag in Bildern und Die Wachau. Beide Werke verströmen geografische Betulichkeit und legen Wert auf gut komponierte Fotografien, die in ansprechendem Druck erscheinen. Es sind Versuche, Landschaften, wozu auch Städte gehören, dem Betrachter näher zu bringen, ihn dafür zu interessieren. Die Wirkung: stillgestellte Bilder wie aus Kulturfilmen. Städtereisen waren zu dieser Zeit keine Selbstverständlichkeit. Eckardts Abgang aus München verlief nicht geräuschlos. Das geht aus Formulierungen hervor, die der Film-Kurier am 15. September 1930 veröffentlichte, nachdem Eckardt einige Tage zuvor im Prager Rundfunk über sein Lieblingsthema der Hebung des Publikumsgeschmacks gesprochen hatte. Er sei »Opfer der dunkelmännischen Strömung im Staate Bayern geworden«, heißt es dort, »die Weltanschauungszensur für künstlerische Zensur angewendet sehen wollte, und die die eminenten künstlerischen Werte der Russenfilme dem Volke vorenthalten wollte«. Außerdem habe man Eckardt »einen Beirat von sechs Bürokraten vor die Nase« setzen wollen, der das letzte Wort bei der Filmauswahl der Landesbühne gehabt hätte. Was Schopen in der München-Augsburger Abendzeitung als Verleumdung konterte.41 In der Tat war Eckardt vonseiten der Gesellschafter gekündigt worden.42 Sein Mit-Geschäftsführer Schopen schien erleichtert darüber, er­­ wähnt in einem Brief an den Münchner Oberbürgermeister Karl Scharnagl »die verhängnisvolle Arbeitsweise« Eckardts und dessen »Beseitigung«.43 Der Gescholtene wiederum sprach gegenüber seinem langjährigen Korrespondenzpartner Carl Muth, katholischer Publizist und Begründer des Hochland, davon, dass man ihn aus der Leitung der Landesfilmbühne habe »entfernen« können. Diesen Brief verschickte Eckardt bereits aus Berlin.44 Triebfeder für seinen Weggang von München dürfte eine Mischung aus gekränkter Eitelkeit und politischen Veränderungen gewesen sein. Eine intensivere Annäherung zwischen Bayern und Berlin hatte sich auf sachliche Weise im Verlauf des Sommers 1929 angebahnt, als das Degeto-Nachspiel der Tonbild-Filme

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an der Münchner Universität vorbereitet wurde. So informierte Paul Eger zunächst Karl Scharnagl über die Existenz und das Programm der neuen Gesellschaft, die es als ihre Aufgabe betrachte, »eine Art Volkshochschule des Kulturtonfilmes zu schaffen« und sich deshalb »in erster Linie an die gebildeten Kreise des Mittelstandes, an die Studenten der Hochschulen, die Lehrerschaft und die Schulen selbst« wende.45 Es scheint also, als ob das Berliner Angebot des Kultusministeriums für Johannes Eckardt zur rechten Zeit kam, weil er seinen bisherigen Posten verloren hatte.

»Kamera« und »Gesellschaft für den guten Film« Als ausgewiesener Fachmann für die Vermittlung des als kulturell wertvoll verstandenen Stummfilms kam Eckardt im Oktober 1930 nach Berlin und übernahm die Geschäftsleitung der Deutschen Gesellschaft für Ton und Bild. Vom Begriff des Kulturfilms hatte er ein weites Verständnis, klebte nicht an einer Definition. Ein Film, der Kultur verkörperte, war ein Kulturfilm, ein guter Film. Mit belehrenden Anteilen, formal über dem Durchschnitt, das Gegenteil von Oberf lächlichkeit. Eckardt dachte vom Publikum aus, das erreicht werden sollte, Kategorien als solche interessierten ihn wenig. Im Übrigen wurde der Kulturfilm, auch jener mit gestellten »Spielszenen«, zeitgenössisch als »besondere« Filmart gewertet, in dessen Komposition »eine sehr bedeutsame Regiearbeit« erkannt wurde, die dazu führte, dem Werk »in der Regel auch literarischen Urheberschutz« zuzusprechen.46 Auch Avantgarde-Filme konnten dazu zählen, wie ein entsprechendes Programm der Filmfestwochen 1929 gezeigt hatte, das freilich von der Münchener Post, ein der SPD und den Gewerkschaften nahestehendes Blatt, hart kritisiert wurde.47 Eckardts Erfahrungen mit Tonfilmen tendierten gegen Null, genau die standen nun allerdings im Zentrum der neuen Aufgabe. Für ihn kein Problem. Denn die eigentliche Anstrengung, das Publikum zu bilden, war ihm aus Bayern bekannt. Und in Berlin war bereits ein gewichtiger Schritt der Vorbereitung durch die Arbeit des Kinos »Kamera« getan worden – die freilich ihrerseits lokale Vorläufer hatte, etwa die »Bühne der Berliner Filmkunstfreunde«, ein Ufa-Experiment mit einem Repertoire- und Kulturfilmkino am Kurfürstendamm, das Mitte 1926 allerdings schon nach wenigen Monaten abgebrochen wurde.48 Kulturfilmbühnen hatten sich in ganz Deutschland seit den frühen 1920er Jahren gebildet. So auch in Hannover, wo Ende Oktober 1930 die Degeto zu Gast war mit der amerikanischen Paramount-Tonfilmproduktion Tom Sawyer (1930, Regie: John Crom-

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well).49 Die Zeit war reif für ein neues Niveau der Filmvermittlung, auch international. Nicht nur in Paris, wo »derartige Film-Kleinkunstbühnen« schon länger bestanden,50 sondern überdies etwa in London, dessen Publikum im Herbst 1930 ein »Kino der Intellektuellen« kennenlernen konnte, das u. a. Paul Rotha verantwortete und ein ähnliches Profil wie die Berliner »Kamera« aufwies.51 Nicht zuletzt aber auch in München, wo im Stadtteil Bogenhausen Ende 1929 eine dortige »Kamera« eröffnet hatte, nach Auffassung des Kritikers Hans Deneke mit der Absicht, »die Berliner Kamera zu kopieren«. Was er für zu früh hielt, weil München die Reife dafür fehle.52 Ein interessanter Gedanke, wenn man die jahrelangen Bemühungen der Bayerischen Landesfilmbühne in Rechnung stellt – offenbar war für diesen Kritiker Münchens Publikum als weniger kundig hinter die bayerische Provinz zurückgefallen, für deren Filmbildung sich Johannes Eckardt in besonderem Maße stark gemacht hatte. Zeigte sich hier möglicherweise für Bayern ein kleiner »Aufstand der Landschaft« gegen die Großstadt, wie er sich zur selben Zeit in literarischen Kontroversen gegen Berlin richtete?53 In einem Brief an Thomas Mann bedankte sich Johannes Eckardt im April 1931 für dessen »damaliges Eintreten« für ihn, was ihm bei »den Verhandlungen, die ich vor allem mit dem Preussischen Kultusministerium hatte, wesentlich geholfen« habe. Konkreter wird die Hilfe Manns nicht benannt, sie bezieht sich aber auf die gemeinsame Münchner Zeit. Ausführlich beschreibt Eckardt dem Literaten sodann seine Eindrücke von den Differenzen zwischen München und Berlin, die sich nicht allein in zugespitzteren politischen Verhältnissen, sondern auch auf kulturellem Gebiet zeigen würden: »Dies vor allem«, heißt es da, »weil wir gleich in den ersten Tagen, als wir nach Berlin übersiedelten, die erregtesten Debatten um Ihre Person zu führen hatten, mit alten guten Bekannten und Freunden uns regelrecht verkrachten, weil diese Menschen durch den Bazillus des Rechtsradikalismus für Alles, was Sie nach der kulturell-politischen Richtung hin sagten, nicht einmal das Verständnis eines gebildeten Menschen übrig hatten.«54 1929 war Mann der Literaturnobelpreis zugesprochen worden, was den Hass von rechts auf ihn nicht milderte, und 1930 hatte er sich politisch klar geäußert als jemand, der alles, was gegen den Nationalsozialismus steht, ans Herz drücke. Aus dieser Mikroperspektive betrachtet, folgte Johannes Eckardt in den frühen 1930er Jahren einer eher linken politischen Linie. Zur Zeit seiner Ankunft in Berlin genoss die »Kamera« Unter den Linden 14 (zugleich die Adres­se der Degeto) gutes Renommee, war sogar bei linken Schülergruppen beliebt, wie Textfetzen aus Der Schulkampf zeigen,55 litt aber

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unter zu geringen Besucherzahlen. Eine von Eckardts frühesten Berliner Ideen, der Kurt Magnus bereits im Oktober 1930 zugestimmt hatte, lautete: Die »Kamera«, mittlerweile nicht mehr von Hans Neumann betrieben, solle in andere Hände übergehen, wobei die Degeto sich an einer GmbH beteiligt, durch die das Haus übernommen wird als eine Stelle, an der weiterhin »der Kulturtonfilm gepf legt werden könnte«. So wurde dieser Plan von einer Verwaltungsratssitzung der Degeto am 11. November 1930 diskutiert und als sinnvoll befunden, jedoch mit Einschränkungen: Die wirtschaftliche Seite sei genauer zu prüfen (die Kasseneinnahmen der »Kamera« für März bis Oktober 1930 hatte Eckardt bereits übermittelt). Man rechnete bei einem solchen Engagement, das mit Kosten verbunden sei (1930: 10.000, 1931: 30.000 RM), mit öffentlichen Angriffen auf die Degeto und die hinter ihr stehenden Stellen – die RRG und das Kultusministerium. Prompt stellte die Lichtbild-Bühne am 10. Dezember unter der Überschrift »Hinter verschlossenen Türen« die Frage, ob die Beziehungen der Degeto zu RRG und Kultusministerium auch materieller Art seien  – falls ja, könnte etwas verheimlicht werden, was im Widerspruch zum Recht der Öffentlichkeit und der Filmindustrie auf Einblicknahme stehe, da es um ihre Gelder ginge. Eine Debatte wurde dadurch jedoch nicht entfacht. Zwei Tage später sah dasselbe Blatt eine »geistige Film­ offensive« durch Eckardts Übersiedlung und erwartete nun ein »Stadium der Aktivität« bei der Degeto. Schlussendlich fragte der Verwaltungsrat des Vereins, ob überhaupt genügend gute Filme für den Kinobetrieb zur Verfügung stehen.56 Eine berechtigte Erkundigung, wie sich zeigen sollte. Im Dezember 1930 übernahm Eckardt neben seiner Tätigkeit für die Degeto auch die Geschäfte der neu geschaffenen »Gesellschaft für den guten Film«, wie sie sich nannte (Stammkapital 20.000 RM).57 Zusammen mit Carl Spiecker fungierte er dann ab August 1931 im Auftrag (als Treuhänder) und mit maßgeblichen Mitteln der Degeto im nächsten Schritt persönlich als Gesellschafter dieser Einrichtung, wie er in einem Situationsbericht u. a. Kurt Magnus wissen ließ  – die Degeto könne schließlich nicht sämtliche Anteile übernehmen.58 Dies hätte vermutlich zu neuerlichen Nachfragen der Presseöffentlichkeit zur Verwendung öffentlicher Gelder für den Betrieb einer wirtschaftlichen Zielen verpf lichteten Gesellschaft geführt. Deren Absicht war der Betrieb von Repertoire-Kinos in Berlin oder anderen Städten des Reiches, in eigenständiger Verantwortung oder in Verbindung mit anderen Organisationen.59 Dabei wollte man auch Filme vorführen, die in Deutschland nicht im normalen Handel waren. Ende Oktober 1931 wurde bekannt, dass das Reichsministerium des Innern der Degeto die Einfuhr solcher Produktionen erlaubt hatte.60

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»Kamera« und »Gesellschaft für den guten Film«

Die Presse begleitete zahlreiche Aktivitäten der »Kamera« von Beginn an f leißig, Schwerpunkt war dabei das Jahr 1931, wie der Blick in die LichtbildBühne offenbart: Die deutsche Premiere des sowjetischen Films Igdenbu von Amo Bek-Nasarow (Igdenbu, der grosse Jäger, UdSSR 1930) fand Mitte Februar in der »Kamera« statt. Im März und Mai wurden Gedenkveranstaltungen für die im März verstorbenen Regisseure Lupu Pick und Friedrich Wilhelm Murnau ausgerichtet. Über »neue Wege der Filmproduktion« sprach der Pazifist und Schriftsteller Alfons Paquet im Juni. Als Zeitzeuge berichtete der Filmschauspieler und -sammler Ludwig Trautmann im Oktober zu den Filmen Das Nordlicht (D 1918, Regie: Ludwig Trautmann) und Der Aviatiker und die Frau des Journalisten (En Lektion, Dänemark 1911, Regie: August Blom) über seine und die Frühzeit des Films (Trautmann spielte auch später eine Rolle bei der Einführung des Fernsehens in der DDR); Johannes Eckardt hatte dazu einen Zyklus »30  Jahre deutscher Film« einrichten lassen.61 Bereits Ende April war in Anwesenheit von Prominenz wie G. W. Pabst und Béla Balázs der »Kamera-Klub der Gesellschaft für den guten Film« gegründet worden, wozu auch Adolf Grimme eingeladen war. Es handelte sich um einen »Klub ohne Satzungen, ohne Vorstand, ohne Statuten«, notierte die Kritikerin Lucy von Jacobi im Tempo am 28. April, »die Mitglieder werden sich im Monat zweimal treffen und ihre Wünsche, Erfahrungen und Zukunftspläne diskutieren«.62 Bereits der Vortrag von Balázs zum Thema »Filmzensur« stieß auf Widerspruch des Berichterstatters der Deutschen Filmzeitung, der am 8. Mai 1931 eine ganz andere Sichtweise vertrat, weil er die Zensur für unbedingt nötig hielt. Nicht zuletzt beabsichtigte die »Kamera«, unter Führung der »Gesellschaft für den guten Film« rasch zu einer Diskussionsplattform geworden, die Schaffung eines »Buchladens« in Kooperation mit dem renommierten Knapp-Verlag aus Halle.63 Als zum Abschluss des Jahres 1931 ein besonderer Tonfilm Einzug in die »Kamera« hielt, stellte der Kritiker Hans Wollenberg in der Lichtbild-Bühne fest, die »Gesellschaft für den guten Film« habe damit »den Ausdrucks- und Wirkungsmöglichkeiten des Tonfilms neue Grenzen« gezogen. Eine bewusste Entscheidung darf also angenommen werden, wenn Das Kind und die Welt programmiert wurde, »der erste Film, der das Kind und sein Leben belauscht, wie es ist«, ein »außerordentlicher Versuch – ein geglückter Versuch«. Als Regisseur dieser Produktion der Berolina-Film GmbH zeichnete Eberhard Frowein, die »exakte Tonherstellung« lieferte die Tobis-Melofilm.64 Unter dieser Voraussetzung konnte auch ein Tonfilm ein guter Film sein. Eckardt als dem inzwischen wohl führenden Interessensvertreter des guten Films ging es vor allem darum, Film als Film

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zu begreifen. Als Medium mit eigenen Gesetzen, das auf gleicher Höhe mit anderen Kunstwerken angesehen werden sollte. Geplant war auch die Schaffung von »Kamera«-Filialen in Frankfurt am Main und Köln. Zumindest in Frankfurt hat seit Ende November 1931 für wenige Monate ein Kino »Kurbel« existiert (das ehemalige »Camera« in der Hohenzollernstraße), das für die »Gesellschaft für den guten Film« zeitweise von einem Bruder Johannes Eckardts geleitet wurde. Eckardt selbst wandte sich in einer »formal wie inhaltlich gleich prachtvolle[n]« Eröffnungsansprache der Avantgarde-Förderung zu und kritisierte den Staat dafür, seiner Pf licht zur »Förderung der Filmqualität« nicht nachgekommen zu sein. Wogegen nur eine »filmkünstlerische Zellenbildung im ganzen Reiche« helfe, also der Betrieb ähnlicher Kinos.65 Obgleich die Degeto eine Unterstützung der »Kurbel« avisiert hatte, soll diese ausgeblieben sein, vermerkte der Film-Kurier verärgert, sodass Ende März 1932 nur die Anmeldung des Konkurses übrig geblieben sei.66 Auch die Existenz eines »Kamera«Ablegers in Magdeburg ist nachzuweisen, er eröffnete am 28. August 1931 mit Alexander Dowschenkos Revolutionsdrama Erde (Semlja, UdSSR 1930) und einer Rede von Eckardt. In einem Zirkusgebäude an der WaltherRathenau-Straße sollte täglich gespielt werden, schrieb der mit der örtlichen Leitung betraute Theaterregisseur und -schauspieler Leo Hubermann, um in einer »Interessengemeinschaft« mit der Berliner »Kamera« und einem Anschluss an die Degeto dem Publikum die Bewusstmachung der aus der Eigengesetzlichkeit der Filmkunst sich ergebenden Werte zu ermöglichen.67 Nach den Angaben von Lucy von Jacobi vom 28. April 1931 besuchten jährlich etwa 15.000 Besucher das Berliner Stammhaus. Doch nur bis zum 10. Februar 1932 betrieb Eckardt als Geschäftsführer der »Gesellschaft für den guten Film« zusammen mit dem Kaufmann Emil Wilck die Berliner »Kamera«, anschließend fungierte er als Liquidator der Gesellschaft.68 Für die missliche Lage dieses Sonderkinos »unter dem Regime Dr. Eckardts« machte die Lichtbild-Bühne am 16. Februar bei aller inhaltlichen Wertschätzung seiner Bedeutung für das Berliner Kunstleben die »Tonfilm-Umstellung« verantwortlich. Denn die Zwickmühle der »Kamera« habe darin bestanden, dass sie eine niveauvolle Auswahl hochwertiger Tonfilme nur im Nachspiel – also nicht exklusiv – bringen konnte, was andere Häuser zeitlich früher vermochten. Der weite Weg nach Unter den Linden, als Gegend »unheimlich ausgestorben«, würde zudem das Publikum in Zeiten wirtschaftlicher Not überfordern. Würde die »Kamera« andererseits als Nachspieltheater »Geschäftsfilme freier Wahl« eingesetzt haben, »so hätte sie ihre

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»Kamera« und »Gesellschaft für den guten Film«

Straßenansicht des Kinos »Kamera«, Unter den Linden, mit NS-Beflaggung, Berlin, angekündigt wird der Film M askerade (1934, Regie: Willi Forst), zwischen 1939 und 1942

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Existenzberechtigung verloren«. Die »Kamera« mit ihren knapp 300 Sitzplätzen sei »nicht lebensfähig«, und deshalb wird davor gewarnt, sie mit Subventionen aufrechtzuerhalten. Eher schon sei daran zu denken, mit der »organisatorischen Begabung« Eckardts die kulturelle Degeto-Arbeit auf vielfältigste Weise »auf die ganze Industrie« auszuweiten.69 Das Frühjahr 1932 verlief nicht gut für die »Kamera«. »Schwere Anklagen« wurden gegen sie und die Frankfurter »Kurbel« am 14. März in der Lichtbild-Bühne erhoben. Der kriminelle Umgang mit gestohlenen Filmkopien und eine beklagenswerte Zahlungsmoral standen dabei im Mittelpunkt  – Vorwürfe, die ausgerechnet von einer geistig verwandten Einrichtung kamen, den von Friedrich Muckermann 1930 gegründeten Westfälischen Landeslichtspielen e. V. Dieses dem guten Film verpf lichtete Wander­k inounternehmen wurde von Victor Schamoni geführt, ein im Milieu des westfälischen Katholizismus geprägter Autorenkollege von Eckardt bei Hochland und späterer Filmaktivist.70 Über ein eigenes Haus verfügte die Degeto somit nicht mehr. Auch die Versuche, in anderen deutschen Großstädten Fuß zu fassen, waren von kurzer Dauer – vom ursprünglichen Anspruch, auch ländliche Gebiete abseits der Zentren tonfilmisch zu versorgen, ganz zu schweigen. Die Berliner »Kamera« existierte indessen weiter unter anderen Direktionen, brachte interessante Programme, gab bereits seit Sommer 1932 auch dem Amateurschmalfilm Raum, was die Presse als teils dilettantisch, jedoch vielversprechend ansah,71 bis sie 1943 bei einem Bombenangriff auf Berlin zerstört wurde. Ein spätes Programm, die »I. Kamera-Staffel 1943«, war überschrieben »Geschichte im Film« und schloss mit Veit Harlans Terra-Produktion Jud Süss (1940).72 Nur noch Gastspiele gab die Degeto fortan in der »Kamera«, etwa im Herbst 1933 aus Anlass eines neuen Raritätenprogramms von Walter Jerven, das Johannes Eckardt dazu nutzte, vor Vertretern aus der Politik (Preußisches Kultusministerium und Propagandaministerium) über die »Entwicklung der Filmkunst und Staat« zu sprechen. Er beklagte noch immer das mangelnde Interesse des Staates an einer Einf lussnahme auf den Film, anerkannte jedoch die »Filmförderung« durch die gegenwärtige nationalsozialistische Regierung. Die sogenannte »Film-Archivfrage«, sie drängte zunehmend, wurde von Eckardt ebenfalls angeschnitten.73 Zum Intermezzo geriet ein Kino-Engagement der Degeto 1935, als Eckardt für den Spielplan des an Ostern neu eröffneten Hauses »Die Kurbel« im Westen der Hauptstadt, Giesebrechtstraße 4, verantwortlich zeichnete. Man startete sehr erfolgreich mit Julien Duviviers Maria Chapdelaine (1934). Diese originelle Adaption eines Romans von Louis Hémon hat poetisch-realistische Qualitäten, arbeitet zugleich kinematografisch und traum-

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»Kamera« und »Gesellschaft für den guten Film«

haft-spielerisch mit überlegener Erzählökonomie – ein von den Hauptdarstellern Madeleine Renaud und Jean Gabin undramatisch gespieltes Liebesdrama vor dem Hintergrund ländlichen Lebens in Kanada.74 Offenbar ein guter Film aus Sicht des Verleihers Degeto, ein Film mit Kultur. Sieben Wochen lang stand er in der »Kurbel« auf dem Programm. Auch mit Dood Water (Totes Wasser, 1934), einer niederländischen Produktion in der Regie von Gerard Rutten, für deren ungewöhnlich langen Prolog Svend Noldan die Trickarbeit realisierte, konnte man reüssieren. Der nationalsozialistische Kritiker Hans-Walther Betz überschlug sich in seiner Begeisterung geradezu über die Qualität dieses Kulturfilms mit inszenierten Anteilen (die Musik komponierte Walter Gronostay, die Kameraarbeit von Andor von Barsy wurde 1934 auf den Filmfestspielen in Venedig ausgezeichnet) und fand es »wunderbar, dieses Werk zu den Film-Festwochen im Lichtspielhaus der geistigen Repräsentation herauszubringen«, das »Ursuliner-Studio der deutschen Hauptstadt«, wie er »Die Kurbel« nennt und damit die vorbildhafte französische Tradition der frühen Avantgarde-Kinos anklingen lässt (das »Studio des Ursulines« wurde 1926 in Paris eröffnet).75 Einig in der Bewertung der besonderen Qualität des Films war sich Betz mit dem emigrierten Künstler und Bauhaus-Lehrer László Moholy-Nagy, der den Film

Theo de Maal in Dood Water / Totes Wasser (1934, Regie: Gerard Rutten). Szenenfoto

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1934 im Amsterdamer Exil gesehen haben muss, denn er schrieb einige Absätze dazu mit diesem Tenor: »Tastend und vorsichtig wird hier ein neuer Typ Film geschaffen, eine neue Norm für filmische Formgebung.«76 Die Spezialität der »Kurbel«, dieser ›bemerkenswerten Neugründung‹ zur »Pf lege des künstlerisch wertvollen Films«, war neben einer modernen Tonanlage, die Filme verschiedener Systeme ausgeglichen projizieren konnte, das Konzept, »vor allem internationale Originalfassungen […] ohne Einkopierung der Übersetzung oder nachträgliche Sprachversion« zu bringen (wobei Dood Water mit einkopierten Titeln gezeigt wurde).77 Doch schon im Herbst des Jahres zog sich die Degeto aus dem Betrieb zurück, weil der Anspruch, künstlerische Filme zu zeigen und gleichzeitig Erstaufführungstheater zu sein, aus ihrer Sicht ein Handeln gegen die eigenen Maßstäbe darstellte.78

Krise der Repertoire-Kinos Nachdem Paul Eger Berlin Ende 1931 in Richtung Prag verlassen hatte, wurde Eckardt am 9. Dezember vom Verwaltungsrat der Degeto zum Vorstand des Vereins bestellt. Die Kooperation mit der »Kamera« war kaum Geschichte, da ließ er sich am 21. Februar 1932 im Berliner Tageblatt über die »Krisis der Repertoire-Kinos« aus. Starke Enttäuschung schwingt mit, wenn er die Wandlung vom Repertoire- zum Nachspieltheater konstatiert, ein Abstieg aus seiner Sicht, der mehrere Gründe habe: »Gut spielbare Kopien« von historischen Stummfilmen ließen sich immer schwieriger beschaffen; die Tonfilmproduktion mit Unterhaltungsanspruch käme wegen mangelnder Qualität nur selten in Betracht für die stark interessierten Filmkreise; die Kontingentbestimmungen stünden im Weg, wenn es darum geht, Tonfilmarbeiten aus dem Ausland zu beschaffen; und die Werke der französischen Avantgardisten, die »mit dem laufenden Bild eigengesetzliche Kunstwerke« schufen, seien weitgehend folgenlos für die deutsche Produktion geblieben. So seien die ökonomischen Möglichkeiten der einst in vielen Städten vorhandenen Repertoire-Kinos nunmehr stark eingeschränkt. Weil ihre Existenz jedoch den Kern von Eckardts Denken berührt, stellt er den Wunsch in den Mittelpunkt, wenigstens in Einzelfällen solchen Theatern weiterhin begegnen zu können, da doch abseits aller geschäftlichen Überlegungen ihre wesentliche Aufgabe die Förderung »der Filmkunst an sich« sei.79 Jahre später erinnerte sich ein Autor in einer katholischen Filmzeitschrift aus Wien an einen zehnteiligen Zyklus der »Kamera«, mit dem »Abschied vom Stummfilm« genommen wurde. Doch »die Wiederbegegnung« mit den meisten

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Krise der Repertoire-Kinos

älteren Filmen, darunter Das Cabinet des Dr. Caligari (1920, Regie: Robert Wiene) und Madame Dubarry von Ernst Lubitsch (1919), verlief für den Berichterstatter als »eine Enttäuschung«. Nur eine Arbeit vermittelte ihm eine bleibende »Kunstgesinnung« (Arthur von Gerlachs Zur Chronik von Grieshuus, 1925), die anderen »wirkten fast ohne Ausnahme nur noch als ›historische Raritäten‹«.80 Allein unter der Prämisse des Filmerlebnisses, das nun ein anderes geworden war, sah der Verfasser die Möglichkeit solcher Reprisen. Andere Zugänge boten sich ihm nicht an. Deshalb waren Idee und Forderung nach solchen Kinos nicht weniger richtig. Denn ein Filmpublikum ist und war niemals starr, sondern dynamisch, entwickelt sich weiter aufgrund von wachsenden Erfahrungen. Dazu aber stellten Repertoire- und Reprisen-Kinos eine Grundvoraussetzung dar. Und in Richtung dieser Offerte an das Publikum war die Arbeit der Degeto stets ausgerichtet, bis sie am Ende der 1950er Jahre die Bedingungen dafür auf neuer technischer Grundlage erfüllte, als der Film im Fernsehprogramm endgültig hoffähig wurde. Die einen nannten es »die Aufstellung eines Repertoires aus alten bedeutenden Filmen«, andere einen »Wertschatz ›klassischer Filme‹«.81 Gemeint war stets das, was ein neues Kinokonzept wie das der »Kamera« zumindest inhaltlich zu leisten imstande war: die Schaffung eines Kanons an Filmtiteln bzw. Filmschaffenden, deren Kenntnis durch volksbildende Arbeit (Präsentation von Zyklen, die die Entwicklung der Filmkunst bewusst machen sollten) allmählich vorausgesetzt werden konnte. Traditionswahrung, nicht schneller Wechsel, lautete das Prinzip des Handelns. Freilich ist bei einem Kanon die Rede von einer geistigen, immateriellen oder imaginären Auswahl mustergültiger Arbeiten, die quantitativ weit unterhalb des tatsächlichen Produktionsumfangs lag, von dem damals vieles »in feuerfesten Schränken« ruhte.82 Ein Filmkanon ist aus vielerlei Gründen subjektiv. Darunter ist einer das Problem der Verfügbarkeit von Filmen. Womit nicht allein die absolute Existenz eines Films als Material angesprochen ist, sondern auch das Problem der verschiedenen Rechte, die an einem Filmwerk bestehen. Das physische Dasein eines Films, einer Filmkopie zumal, bedeutete und bedeutet auch heute nicht zwangsläufig, dass er jederzeit sichtbar gemacht werden kann. Verdienstvolle Pionierarbeit wie in der »Kamera« hatte mit Imponderabilien verschiedenster Natur zu tun. Als das westdeutsche Fernsehen seit den frühen 1950er Jahren die Frage des Einsatzes von fertig produzierten Filmen im Programm zusammen mit der Filmwirtschaft diskutierte und alsbald realisierte, kam die Degeto vor genau diesem Fragenhintergrund neuerlich ins Spiel. Es ging jetzt um Erwerb und Verkauf jener Lizenzen, die

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eine Ausstrahlung von Filmen im Fernsehen erst möglich machten. Auch dies darf verstanden werden als eine allmähliche Bildungsarbeit mit der Hilfe eines Filmkanons, der nun allerdings auf veränderter dispositiver Basis beruhte. Die Vorarbeit wurde 20 Jahre zuvor geleistet. Ein ganz anderes Problem stellt die bislang fehlende Richtschnur bei Eigenproduktionen des Fernsehens dar. Ein solch tendenziell verbindlicher Korpus an verschiedensten Produktionen, die Fernsehgeschichte zu repräsentieren in der Lage sind, liegt weder als geistige Orientierung noch schlichtweg materiell vor. Hauptsächlicher Hinderungsgrund dafür ist die in der Regel komplizierte Situation bei den zwischen Produzent, Sender und Mitwirkenden vertraglich vereinbarten Urheber- und Verwertungsrechten. Auch sind die Fernsehanstalten heute weitgehend davon abgerückt, eigene Produktionen, zumal Entlegenes und Unbekanntes, als Wiederholungen ins Programm aufzunehmen. So kann eine Fernsehtradition in Reinkultur sich nur schwer herausbilden.83 Mit Johannes Eckardt hatte die Degeto seit Herbst 1930 ein Gesicht für die Öffentlichkeit. Der neue Mann war erfahren beim Ansprechen des breiten Publikums, er suchte die öffentliche Rede und personifizierte nun geradezu die Degeto, deren Gremien im Hintergrund wirkten. Doch zugleich tat sich der Verein zunehmend schwerer, trat nach außen nicht eben kräftig auf, seitdem die Zusammenarbeit mit der »Kamera« beendet worden war. Bereits 1931 hatte man nach weiteren Abspielstätten gesucht und in der Berliner »Urania« gefunden, mit der am 8. Juli ein Vertrag über die Arbeitsgemeinschaft »Urania-Degeto« geschlossen wurde, um Vorführungen von Kulturfilmen zu niedrigen Eintrittspreisen realisieren zu können.84 Man pachtete die Berliner Kinos »Alhambra«, »Piccadilly« und »Tauentzien-Palast« für Sonderveranstaltungen, »je Matinee wurde für die 3 Theater eine Pacht von RM 600,- vereinbart«. Doch der Besuch muss enttäuschend ausgefallen sein, der Prüf bericht der RRG nennt ihn »sehr gering«.85 Eine Kritikerin wie Lotte Eisner schrieb – ganz anders als der Kollege Hans Tasiemka – 86 nichts über die Auslastung der Kinos, sie war angetan von der Filmauswahl, darunter Heinrich Hausers Schonger-Produktion Weltstadt in den Flegeljahren (1931) [Alhambra] und Paul Eippers Tiere sehen Dich an! (1930) [Tauentzien-Palast], der zweite Film eine Produktion von Curt Hänsels Nerthus-Film, bereits Ende 1929 von der Berliner Zensur zugelassen und Ende März 1930 erstmals in München aufgeführt.87 Doch die Kooperation schien unter keinem guten Stern zu stehen, bereits Anfang 1933 wurde sie wieder gelöst. Im Mai 1934 war die »Gleichschaltung« der Urania vollzogen, die mit der Berliner Lessing-Hochschule 1936 eine Kooperation zur Veran-

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Die Degeto auf dem Weg ins »Dritte Reich«

staltungsorganisation einging. Der Versuch der Degeto, beim Preußischen Kultusminister im April 1932 eine Genehmigung zu erlangen, um an be­­ stimmten Wochentagen im Konzertsaal der Hochschule für Musik während der Wintermonate Filme vorzuführen, war ebenfalls nicht von Erfolg gekrönt. Besonders an Studierende wollte man sich dabei wenden und ältere Filmproduktionen auch dann zeigen, wenn sie technisch gesehen überholt waren. Einführungsvorträge sollten »die für das Werden einer eigengesetzlichen Filmkunst wesentlichen Merkmale bewusst« machen, dies »nicht zuletzt, um so für den Film das allmählich lebendig werden zu lassen, was für jede geistige und künstlerische Tat Voraussetzung bleiben wird: die Be­­ gründung einer Überlieferung«. In sogenannten »Stunden der Jugend« sollten Film, Dichtung, Musik und Foto miteinander verbunden werden, auch hätten Studierende Filme musikalisch begleiten können. Deutlich ist Vokabular und Denkweise von Johannes Eckardt zu erspüren. Für den Einbau einer Tonfilmapparatur im Konzertsaal wären freilich knapp 20.000 RM benötigt worden. Eine Summe, die den Minister alsbald davon abhielt, sich weiter mit dieser Idee zu befassen.88

Die Degeto auf dem Weg ins »Dritte Reich« Zunehmend blasser wurde das Bild der Degeto in der Öffentlichkeit, und dies bereits vor dem 30. Januar 1933. Wenige Wochen nach Hitlers Machtantritt zählt Johannes Eckardt in einem Entwurf zum Geschäftsbericht des Vereins u. a. die vergangenen Filmvorführungen in verschiedenen deutschen Städten auf und nennt Filmprojekte, die zusammen mit der Firma Naturfilm Hubert Schonger bereits realisiert worden waren (Deutsche Sinfonie, 1932) oder noch geplant wurden, darunter die Kompilation »Traum, Vision, Ekstase« aus surrealistischen Filmen Luis Buñuels und Germaine Dulacs (mit Ausschnitten aus Deutschland, den USA und Frankreich).89 Ein Film zum Thema »Das deutsche Ostproblem«, bereits unmittelbar vor dem politischen Umschwung Ende Januar 1933 als »zur Zeit nicht möglich« gekennzeichnet, wurde aufgrund der weiteren politischen Entwicklung nun noch deutlicher zurückgestellt. Fragen der eigengesetzlichen Filmkunst, Eckardts beherrschendes Thema, sollten von einem anderen Werk behandelt werden: Auszüge deutscher und ausländischer Filme bildeten die Grundlage, geplant war die Premiere eines Montagefilms für Mai 1933 im Rahmen der Berliner Kunstwochen, mit denen die unterbrochenen Münchener Filmfestwochen wieder auf lebten.90 Dabei dürfte es sich um die

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frühe Absichtserklärung zu einem »Querschnittsfilm« gehandelt haben, den Johannes Eckardt als »Film-Vortrag« dann aber erst zwei Jahre später, während des Internationalen Filmkongresses Ende April 1935 in Berlin, erstmals präsentierte  – eine Veranstaltung zu den Grundlagen der Filmkunst mit eingeblendeten Filmbeispielen (Der Film, die neue Kunst des 20. Jahrhunderts), von Eckardt unter diesem Titel publizistisch eingeleitet und begleitet im Film-Kurier vom 20. April 1935. Der Kritiker Herbert Ihering, einst im Vorstand der sich dezidiert progressiv verstehenden »Deutsche[n] Liga für unabhängigen Film e. V.«,91 war beeindruckt von diesem »vortrefflichen Vortrag«, mit dem Eckardt »die Entwicklung des Films vom Graphischen zum Musikalischen an den hervorragenden Beispielen der Filmgeschichte nachwies, der Filmgeschichte aus den wichtigsten Filmländern der Erde«.92 Für den Kritikerkollegen Hans Schuhmacher hatte Eckardt damit seine eigene Lebensarbeit umrissen und »einen geistigen Mittelpunkt der Kongreßidee überhaupt« geliefert.93 Aus der Perspektive des hochrangigen NS-Filmfunktionärs Arnold Raether stellte der Filmkongress in der Rückschau den »Höhepunkt nationalsozialistischen-deutschen Filmschaffens« dar, sei es doch im »internationalen Raum« präsentiert worden und habe so weltweite Anerkennung genossen.94 Weitreichende Erleichterungen für den Kulturfilm gegenüber der Zensur und den Kontingent- und Zollbestimmungen wurden vom Kongress als Empfehlungen ausgesprochen, besonders betont wurde dabei die Forderung nach völliger Befreiung von steuerlicher Belastung.95 »Sofort nach der ›Machtübernahme‹ musste auch die Degeto ihre Tätigkeit einstellen.« Dies die lapidare Formulierung in einem Lebenslauf Johannes Eckardts, womöglich aus eigener Feder und 1957 verbreitet.96 Doch mitnichten stimmte dies mit der Wirklichkeit überein. Denn in der Umbruchsituation 1933/34 suchte Johannes Eckardt nach zukunftsfähigen Lösungen – für die Degeto, die zwingend auf Subventionen angewiesen war, vor allem aber für sich selbst, auf eine subventionierte Einrichtung angewiesen, weil sein grundsätzliches Ansinnen der Förderung des Kulturfilms bislang kein ökonomisch tragfähiges Konzept innerhalb der Filmindustrie beinhaltete. Dies bedeutete auch, dass der individuelle Akteur Eckardt allmählich sichtbarer wurde als die Einrichtung, deren Geschäfte er führte. Diese Entwicklung sollte so weit führen, dass ein Kongressbericht in der offiziösen Zeitschrift Der deutsche Film ihn im Herbst 1936 als »Praktiker und Forscher neuer Art und neuen Gebietes« titulierte.97 Mitte der 1930er Jahre gestaltete sich der Filmdiskurs in Deutschland etwa so: Neben den ausgesprochenen Film- und Kinotechnikern bzw. -wissenschaftlern, die hauptsächlich intern debattier-

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Die Degeto auf dem Weg ins »Dritte Reich«

ten, den in die Kinos strebenden Filmsammlern und -ansagern (z. B. Walter Jerven und Walter Steinhauer), denen an unterhaltsamer Vermittlung der Filmgeschichte lag, sowie den Zeitungswissenschaftlern, die allmählich den Film als Teilgegenstand ihres Faches akzeptierten, öffnete Johannes Eckardt ein bislang wenig bekanntes öffentliches Feld – er war grundsätzlich überall einsetzbar, als Redner und als Diskutant, vor normalem Publikum wie vor Fachleuten, dabei ideenreich, faktenfest und überzeugungsstark, auch beweglich in der Argumentation, wenn sein Enthusiasmus für den guten Film obsiegte. Bis es soweit war, soll knapp nachgezeichnet werden, welche Entwicklung die Degeto von der Weimarer Demokratie ins gleichgeschaltete NSDeutschland nahm, wie dieser Übergang von einem eingetragenen Verein unter Führung Johannes Eckardts bewältigt wurde. Seine wesentlichen Ansprechpartner in dieser Zeitspanne stammten mit Kurt Magnus aus der RRG und mit Kurt Zierold aus dem Preußischen Kultusministerium. Zwei Tage nach dem Erlass des Reichspräsidenten von Hindenburg, ein Reichsministerium für Volksauf klärung und Propaganda zu errichten, das die Angelegenheiten des Films vom Reichsministerium des Innern übernehmen würde (wie auch die Überwachung des Rundfunks vom Reichspostministerium), schlug Eckardt am 15. März 1933 Magnus im Anschluss an ein Gespräch mit Zierold in einem Schrei­ben vor, dass man für den über drei Sonntage im »Capitol am Zoo« laufenden Degeto-Sonderzyklus mit dem Titel »Deutschland« Dr. Goebbels, den Leiter des Ministeriums, »das ja mit Filmfragen beschäftigt werden soll«, einladen sollte. Für eine von drei Veranstaltungen, unter dem Motto »Deutschland in der Welt: Der Film vom deutschen Ozeanf lug 1928« angekündigt,98 wollte man das Protektorat dem an der Spitze des Luftverkehrswesens stehenden Hermann Göring übergeben, was aber wohl nicht realisiert werden konnte. Man habe aber, so Eckardt, bereits ein großes Interesse an diesem Zyklus beim »Stahlhelm« feststellen können – dem paramilitärischen Verband der Deutschnationalen Volkspartei, der bald darauf »gleichgeschaltet« wurde.99 In der Tat sprach am 26. März einleitend der Führer eines »Stahlhelm«-Landesverbandes zum abendfüllenden Film Unsere Zukunft liegt in Deutschland, produziert von Schonger (Regie unbekannt), zensiert im Dezember 1932. Diesem Film über den freiwilligen Arbeitsdienst, der während der Weimarer Republik als Beschäftigungsmaßnahme eingeführt worden war, schickte Johannes Eckardt die Bemerkung voraus, »daß die nationale Bewegung heute den Kulturgütern des deutschen Volkes die Basis gebe, sich zu entwickeln. Gerade die seriöse Film-Industrie begrüße es, daß sich hier ein neuer Aufschwung vollziehen

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werde. Die Degeto habe sich immer für wirkliche Filmkunst eingesetzt und arbeite für das gleiche Ziel.«100 Wen Eckardt mit der ›seriösen Film-Industrie‹ im Blick hatte und wen nicht, ließ er offen vor einem Publikum, das unter anderem aus Arnold Raether und weiteren Herren aus dem Propagandaministerium sowie Vertretern des Kultusministeriums bestand. Die Masse im »Capitol am Zoo« wurde allerdings aus hunderten von Mitgliedern des »Stahlhelm« sowie der SA und SS gebildet. Weitgehend mit Produktionen des Jahres 1932 bestritt die Degeto diesen Zyklus, mit dem sie sich dem neuen Regime andiente. Der Geschäftsbericht 1933/34 spricht davon, dieser Turnus habe verdeutlicht, »daß auch der Film die Möglichkeiten bietet, staatspolitische Auf klärungsarbeit im großen Stile zu leisten«.101 Die neue Richtung der Degeto ist an einer solchen Formulierung gut abzulesen. Von einer Einstellung der Arbeit, wie 1957 behauptet, kann keine Rede sein. Dennoch war von der Degeto in den ersten Jahren der NS-Zeit nicht viel zu vernehmen. Von einer Erweiterung der Abspielbasis in der Provinz etwa, wie sie noch im Februar 1933 von Johannes Eckardt als wichtiges Zukunftsziel ausgegeben wurde, war weiterhin nichts zu erkennen. Die Vereinsarbeit kam beinah zum Erliegen. So wurde zwischen Magnus und Zierold am 11. April beschlossen, dass der Verwaltungsrat zurücktreten, ein neuer aber nicht gewählt werden solle, »da sich die Eingliederung der Degeto in den Bereich des Propaganda-Ministeriums noch nicht überblicken lässt«.102 Klar war bald, dass nur noch schulische Belange auf dem Gebiet des Films vom Preußischen Kultusministerium zu verantworten sein würden. Nur drei Personen trafen sich am 15. Mai 1933 zur Mitgliederversammlung der Degeto, neben Eckardt waren das Zierold und ein gewisser Fritz W. Pauli, womöglich ein Mitarbeiter der RRG oder des Reichssenders Hamburg.103 Ohne Angehörige stand der Beirat da. Durch Verhandlungen des Vorstandes, wie es hieß, waren etliche Mitglieder ausgeschieden, darunter Carl Spiecker, Hans Poelzig, Paul Eger und Walter von Molo. Kurt Magnus, bereits von seinem Amt innerhalb der RRG zurückgetreten, gehörte noch zu den verbliebenen Mitgliedern.104 Im Sommer 1933 wurde er zusammen mit anderen Rundfunkpionieren festgenommen und im Konzentrationslager Oranienburg inhaftiert. Goebbels ließ den Rundfunk politisch säubern. Eine Idee vom Rundfunk, wie sie Magnus und andere vertraten, gab es nicht mehr in Deutschland. Entspannung, Unterhaltung und Beeinf lussung standen künftig ganz oben auf seiner Tagesordnung.105 Der Geschäftsführer Eckardt sah den Degeto e. V. Ende 1933 als einen Vermittler, der geeignete Themen an Produktionsfirmen heranbringe und Bearbeitung des Manuskripts wie Herstellung des Films überwache. Die Verbindung der Degeto zu staatlichen

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Die Degeto auf dem Weg ins »Dritte Reich«

und kommunalen Stellen sei möglich (und nötig), weil diese für Beratung und für Zuschüsse in Frage kämen.106 Auf Initiative der Degeto waren Ende Mai 1934 dezidiert Festspielwochen der Filmkunst in die Berliner Kunstwochen integriert worden. Als die Nationalsozialistische Parteikorrespondenz, die an sämtliche deutsche Zeitungen geliefert wurde, dazu am 31. Mai 1934 einen Bericht brachte, zitierte sie aus Johannes Eckardts Eröffnungsrede im »Capitol am Zoo«, mit der er sich programmatisch abzusetzen versuchte von »den Scheinblüten einer Asphaltkunst«. Gemeint waren Filme aus der Zeit vor 1933. Stattdessen forderte Eckardt Bemühungen ein, um »auch für den Film die besten Kräfte im Volke einzusetzen«. Unter Zuhilfenahme seines gewohnten Vokabulars hatte er eine Zeitenwende für sich selbst eingeläutet. Der anonyme Berichterstatter formulierte allerdings kritisch, die Worte des Vortragenden hätten sich weniger an die Öffentlichkeit gerichtet als an die Industrie und jene Stellen, die sich mit der Kulturpolitik von Film und Kino befassten. Indirekt wird dies bestätigt durch ein Zitat aus einer Ansprache Eckardts in der NationalZeitung vom 30. Mai. Danach sei Aufgabe des künstlerischen und kulturellen Films, »aus den Massen Volk zu schaffen« – für ihn eine »im Grunde politische Aufgabe«. Denn Geist und Kraft müsse die Kunst aus den »geschichtlichen Lebensquellen der Nation« schöpfen. Genau dies sei ein im »Wesen nationalsozialistisches Programm«.107 Dies jedoch nicht im Sinne eines Konjunkturprogramms, sondern als eine theoretische Erklärung, die eine seit vielen Jahren tatsächlich geleistete Kulturarbeit am deutschen Film und am deutschen Volk darstellt. Mit seinem Verständnis von Volksbildung war Eckardt nun bei der Volkbildung angekommen. So zog er Mitte 1934 für sich den hörbar an andere gerichteten Schluss, seit Jahren bereits im Sinne des Nationalsozialismus gearbeitet zu haben. Diesen Schritt in Richtung persönliche Zukunft wollte er allerdings noch erleichtert wissen durch einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 1.500 RM, den er wenige Wochen zuvor von Zierold für die Degeto erbeten hatte, um laufenden Verpf lichtungen nachzukommen (Fertigstellung von Filmen wie Das Rätsel des Lebens. Die Film-Kamera als Forscher in Biologie und Medizin, ein Vortragsfilm der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Filme mbH, der allerdings zu diesem Zeitpunkt bereits der Zensur vorgelegen hatte) und Schulden tilgen zu können.108 Der Nationalsozialistischen Parteikorrespondenz missbehagte allerdings nicht allein die Eckardt’sche Rede, sondern auch die Filmauswahl der Kunstwochen. Denn neben deutschen Produktionen von Svend Noldan (Flandern

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nach 15 Jahren, 1933/34), Rudolf Bamberger (Über uns der Dom. Der Film vom Mainzer Dom, 1934, das Drehbuch schrieb der Regisseur zusammen mit Johannes Eckardt und Frank Leberecht, Musik: Alois Melichar)109 oder Carl Froelich (Reifende Jugend, 1933) und Beispielen aus Frankreich (Sous les toits de Paris, Regie: René Clair, 1930) sowie England (The Private Life of Henry VIII, Regie: Alexander Korda, 1933) fehlten ihr solche Musterexemplare, die aus ihrer Sicht neue, zeitgemäße Wege für den deutschen Film hätten weisen können und die sie in Gustav Ucickys Flüchtlinge (1933, am 1.5.1934 ausgezeichnet mit dem »Nationalpreis für Film«) ebenso erkannte wie in der Literaturadaption Der Schimmelreiter von Hans Deppe und Curt Oertel (1933/34). Es fehlten demnach ausgesprochen nationale deutsche Produktionen. Was erst das Fachorgan Zeitungswissenschaft in der Rückschau notierte: Weil von Luis Trenkers Der Rebell, von ihm 1932 mit Kurt Bernhardt inszeniert, »keine einwandfreie Kopie mehr vorhanden war«, wurde ersatzweise Mädchen in Uniform (1931) von Leontine Sagan ins Programm der Kunstwochen genommen.110 Die Regisseurin war Jüdin und hatte Deutschland seit 1931 nie wiedergesehen. Die Situation für die Degeto war unsicher geworden. Ideologisch schienen ihre Aktivitäten auch in öffentlichen Ausführungen angezweifelt zu werden, Eckardt als Person wurde hinterfragt. Es wurde stiller um die Degeto, nach außen gab sie sich zwischen 1934 und 1937 weitgehend unsichtbar. Hinter den Kulissen liefen Verhandlungen des Geschäftsführers Eckardt mit Zierold vom Preußischen Kultusministerium und der RRG zur Zukunft des Vereins einerseits und mit Reichsfilmkammer und Propagandaministerium zum künftigen Einsatz Eckardts andererseits. Zwar hatte Goebbels’ Ministerium die künftige Förderung der Degeto abgelehnt, eine Auf lösung des Vereins jedoch ebenso wenig verfolgt. Für einzelne Städte plante man nun eine Zentralorganisation von Kulturfilmbühnen  – allerdings ohne Aufnahme der Degeto, die andere Aufgaben übernehmen sollte. Das Preußische Kultusministerium löste indessen seine Beziehungen zur Degeto, was am 7. August 1934 im Film-Kurier vermerkt wurde, Zierold erklärte seinen Vereinsaustritt.111 Auch die Anerkennung der Gemeinnützigkeit für Filmveranstaltungen der Degeto wurde Anfang Februar 1936 durch Zierold »im Benehmen« mit Goebbels widerrufen.112 Mit der Revisionsabteilung der RRG stritt sich Eckardt für die Reichsvereinigung deutscher Lichtspielstellen, Kultur- und Werbefilmhersteller e. V. noch bis Anfang 1935 um den Status der Zahlungen für die Degeto als freiwillig oder rechtlich verpf lichtend, doch das vollständige Desinteresse der RRG an einer Vereinsmitgliedschaft überwog bei Wei­

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Die Degeto auf dem Weg ins »Dritte Reich«

t­em und führte zur Bereitschaft, Filmkopien der Degeto auf eigene Kosten zu Fernsehsendungen umzuarbeiten und einen Teilbetrag der von Eckardt geforderten Summe als Ausgleich zu zahlen.113 Der bislang so effektive Organisator, Kurator und Vortragende sollte indes weich fallen und konnte seinen Neigungen weiterhin nachgehen. Mit besagter Reichsvereinigung, einem Ende 1933 gegründeten Fachverband der Reichsfilmkammer, war Eckardt zum 1. Juli 1934 in ein Vertragsverhältnis getreten. Lichtspielstellen jeder Art, ausgenommen ortsfeste Filmtheater, sollten auf diese Weise zusammengefasst werden mit den Kultur- und Werbefilmherstellern sowie einem im April 1935 geschaffenen Gemeinnützigen Kulturfilm-Vertrieb. Auf Wunsch des Vorsitzenden der Vereinigung, Wilhelm Fecht (der im März 1935 für kurze Zeit zum weiteren Vorstand der Degeto bestellt wurde),114 hatte Eckardt einen Text zu diesen Plänen geschrieben, den die Lichtbild-Bühne am 5. Juni 1934 abdruckte. Die Bedeutung des abendfüllenden deutschen Kulturfilms sollte danach von der Reichsvereinigung angekurbelt werden u. a. durch den Verleih entsprechender Produktionen, mit der Schaffung eines Netzes von Spielstellen an kinolosen Orten, einem Spielprogramm sowie einem engen (und kostenlosen) Beratungskontakt zu den Produzenten.115 Eckardt verstand die Reichsvereinigung als einen »geistigen Mittelpunkt« dieser Arbeit, mit der u. a. Wandervorführer, die Reichspropagandaleitung (Abteilung Film) der NSDAP und Einrichtungen des privaten und öffentlichen Rechts, sofern sie gemeinnützig Filme vorführten, erfasst werden sollten. Auch der bisherige »Lehrfilmbund« (Verband der Deutschen Kultur-, Lehr- und Werbefilmhersteller e. V.), in dem der Degeto e. V. bereits als Mitglied fungierte,116 wurde Anfang 1935 durch politischen Druck zwangsweise aufgelöst und in die Reichsvereinigung überführt.117 Mit der zentralistisch gedachten Neugründung, so der Filmstatistiker Alexander Jason, »wurde dargetan, daß die Herstellung von Lehrund Kulturfilmen in ganz besonderem Maße das Interesse offizieller und halboffizieller Stellen findet«.118 In dieser Formulierung findet sich Eckardts Ideal der Kulturfilmförderung wieder. Dazu zählten u. a. die Zusammenfassung aller nichtgewerblichen Spielstellen, ihre planvolle und individuelle Betreuung sowie die Herstellung eines Kontaktes zu den Filmamateuren. Umso passender, dass die Degeto, »um die ich Jahre gerungen habe«, so Eckardt,119 Ende 1934 in den gesamten Arbeitskreis der Reichsvereinigung eingegliedert wurde, um einen »bestimmten Aufgabenkreis erfüllen und ihre seit Jahren geleistete Arbeit so organisch fortsetzen zu können«.120 Nicht viel konkreter formulierte es Eckardt selbst, wenn er davon sprach, dass die Degeto sich der besonderen künstlerischen Werte des Films annehmen

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werde.121 Die wirtschaftliche Seite übernahm dabei die Reichsvereinigung, da alle anderen Subventionen der Degeto inzwischen fortgefallen waren. Vorläufig schien Eckardt wieder sicheren Tritt zu fassen, auch wenn er im Herbst 1934 durch den ersten Präsidenten der Reichsfilmkammer, Fritz Scheuermann, verdächtigt wurde, einmal SPD-Mitglied gewesen zu sein. Das hätte den Ausschluss aus der Vereinigung bedeutet.122 Die Fachpresse meldete Anfang 1935, dass er nun Leiter der Berliner Kulturfilmbühne geworden sei, die innerhalb des Stadtgebietes eine Reihe »von MatinéeVeranstaltungen mit Lehr- und Bildungsfilmen« zusammen mit der Degeto aufziehen wolle,123 um dem wertvollen und interessanten Kulturfilm eine eigene Abspielbasis zu geben. Zur Reichsvereinigung stand die im Dezember 1934 gegründete Kulturfilmbühne, ein eingetragener Verein, in engster Verbindung (desgleichen zur Reichspropagandaleitung der NSDAP), beide hatten dieselbe Anschrift – Berlin, Bendlerstraße 10. Unter ihrem Vorsitzenden Karl Melzer, hauptberuf lich Geschäftsführer der Reichsfilmkammer und darüber hinaus zwischen 1935 und 1945 Präsident des Bundes der FilmAmateure, führte Eckardt die Obliegenheiten der Kulturfilmbühne.124 Die Reichsfilmkammer residierte in der Bendlerstraße 33. Eckardt war eng eingebunden in die administrativen filmpolitischen Gegebenheiten Mitte der 1930er Jahre. Es herrschten kurze Wege. Hinweise auf seine inhaltlich-praktische Arbeit am Kulturfilm zu dieser Zeit sind allerdings rar. Aus Sicht nationalsozialistischer Publizistik hatten sich die Dinge des Kulturfilms einige Jahre nach Machtantritt ohnehin verändert. Der Medienpublizist und -wissenschaftler Gerd Eckert schrieb 1937 über den Kulturfilm, der seit dem 1. September 1934, sofern von der Filmprüfstelle als »künstlerisch, volksbildend, kulturell oder staatspolitisch wertvoll« anerkannt, in jeder Kinovorstellung (»Kulturfilmzwang« und Abschaffung des Zweischlagersystems) in einer Mindestlänge von 250 Metern als Beiprogramm vertreten sein musste125: »Seit wir einen guten Spielfilm und ein besseres Kinoprogramm haben, ist das Wort ›Kulturfilm‹ eigentlich sinnlos, denn der Film als Ganzes soll heute auch im Spielfilm und in der Wochenschau Kultur sein, soll ›kulturelle Werte vermitteln‹.«126 Mustergültige Kulturfilme waren für Eckert etwa Anton Kutters Bavaria-Produktion Ein Meer versinkt oder Carl Lambs von der Tobis-Melofilm (Geschäftsführer dort seit 1930: Heinrich Roellenbleg) produzierter Raum im kreisenden Licht, beide 1936 entstanden. Als Tausendsassa des Rundfunk-, Film- und Fernsehwesens spielte das NSDAP-Mitglied Eckert vor und nach 1945 eine wichtige Rolle in der Branche und gehörte zusammen mit einigen anderen zu jenen zeitgenössischen Stimmen, die starken Einf luss nahmen auf die

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frühe Geschichtsschreibung des Fernsehens in Deutschland, wie Knut Hickethier ausgeführt hat.127 Weitere dezidierte Versuche, die Produktion von Kulturfilmen während der nationalsozialistischen Ära stärker zu zentralisieren, zu kontrollieren und zu steuern, waren das lediglich geplante, jedoch nie errichtete Arbeitsinstitut für Kulturfilmschaffen an der Deutschen Filmakademie (1938) und die Deutsche Kulturfilm-Zentrale (1940). Diese sollte vor allem eine Registratur des Kulturfilms anlegen sowie einen Gesamtplan für die Kulturfilmherstellung aufstellen, wurde aber bereits 1942 in ein Sonderreferat Kulturfilm beim Reichsfilmintendanten umgewandelt – und war auch so nur teilweise erfolgreich. Nach dem Zweiten Weltkrieg reklamierte Heinrich Roellenbleg die Kulturfilm-Zentrale als eigene »Lieblings-Idee«, die jedoch »nur zu einem Reglementierungs-In­ strument verbogen« worden sei.128

Redner, Autor, Lehrer in seinen Zeiten Aus Johannes Eckardt, der einst mit großer Sachkenntnis und Professionalität Filmprogramme austüftelte, wurde nun ein öffentlich wahrnehmbares Sprachrohr für den Film. Von einer publizistischen Wirkung seiner zahlreichen Äußerungen vor vielen Auditorien und in zahlreichen Veröffentlichungen darf ausgegangen werden. Oftmals kreisten sie um Wunsch und Wirklichkeit des Kulturfilms, reichten aber auch darüber hinaus. In besonderer Weise beschäftigte er sich nun mit Fragen der nach seinem Verständnis idealen filmischen Formen und äußerte sich zum Problem des Verhältnisses zwischen ›Volk und Masse‹, das einer Lösung bedürfe.129 Vor allem zwei Momente der 1930er Jahre in Johannes Eckardts Lebenslauf weisen voraus in die Zukunft nach dem Zweiten Weltkrieg. Zum einen betrifft dies einen Vortrag, 1935/36 von ihm gehalten, den der Kritiker Heinz Ungureit im Maiheft 1962 der Zeitschrift Filmkritik en passant kritisch erwähnt. Zum anderen handelt es sich um Eckardts Wirken an der Lessing-Hochschule Berlin ab 1934. Diese wurde bereits in der frühen Nachkriegszeit als Vorstufe und Modell für sein Engagement bei der Schaffung des Verbandes der deutschen Filmclubs verstanden. Auf diese beiden Momente soll eingegangen werden. Sporadisch kam Eckardt zurück auf seine Erfahrungen der 1920er Jahre in Bayern. So motivierte ihn Anfang 1934 die Lichtbild-Bühne zu einem Wort über das Publikum. Anlass dazu war der Veranstaltungsbeginn einer weiteren Organisation, die sich dem Qualitätsfilm widmen und für das gesamte

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Deutsche Reich zuständig sein sollte. Diese sogenannte Deutsche Filmbühne startete am 14. Januar 1934 mit der Uraufführung von Svend Noldans abendfüllendem Kulturfilm Was ist die Welt? (1933/34) im »Ufa-Palast am Zoo«. Ein »naturwissenschaftlicher Film über die Entstehung der Erde«, wie das Reichsfilmarchiv in einem Katalog notierte, für den die Tonherstellung in den Händen der Tobis-Melofilm GmbH gelegen hatte.130 An Entwurf und Vorbereitung der Deutschen Filmbühne war selbstverständlich die Degeto in Person von Eckardt beteiligt gewesen, dem mit der neuen Einrichtung eine ähnliche Kooperation vorschwebte, wie sie sich zwischen der Bayerischen Landesfilmbühne und der Bayerischen Landesstelle für gemeinnützige Kulturpf lege bewährt hatte.131 Schon Ende Juli 1933 war von Zeitungen berichtet worden, dass der Reichsverband Deutsche Bühne (Walter Stang) und die Degeto ( Johannes Eckardt) Anstrengungen unternommen hätten, eine Besucherorganisation zu entwerfen, »die den Zweck hat, den kulturell wertvollen Film in engster Zusammenarbeit mit dem Filmgewerbe zu fördern«.132 Die Einladungen für die erste Aufführung von Was ist die Welt? ergingen gleichwohl noch allein im Namen der Deutschen Bühne.133 Zwischenzeitlich hatte kurzfristig allerdings auch die Aussicht bestanden, die Degeto zum April 1934 aufzulösen und in der Deutschen Filmbühne e. V. (die inzwischen mit dem Reichsverband Deutsche Bühne kooperierte) aufgehen zu lassen.134 Die Verquickung Johannes Eckardts und des Degeto e. V. mit diversen offiziellen und halboffiziellen Kulturfilmaktivitäten der Jahre 1934/35 erscheint als durchaus unübersichtlich und dürfte keiner geordneten Maßgabe gefolgt sein. Anders ausgedrückt: Sie war offenkundig ineffektiv. Das »eigentliche Volk«, heißt es bei Eckardt in der Lichtbild-Bühne, sei besser als sein Ruf, denn »selbst in den kleinsten Dörfern im Lande« könne »für einen guten Film volles Verständnis gefunden werden«. Dort staune man über die neuen Techniken »viel ehrfurchtsvoller« als in den Städten, wo solche Leistungen als Selbstverständlichkeit genommen würden. Bei den Wandervorführungen mit der Bayerischen Landesfilmbühne, erinnert er sich, sei es so gewesen, dass man für einen Film wie Flahertys Nanook of the North (1922) »in den kleinsten Dörfern Verständnis« gefunden habe. Seine Begründung: »Das Volk sah hier einen Menschen, der auch um seine nackte Existenzmöglichkeit täglich ringen muß und fühlte so in sich ein Echo anklingen.« Wichtig bei manchen Filmen sei freilich, dass sie dem Publikum nicht kommentarlos präsentiert, sondern nachgerade erschlossen werden, indem »irgend etwas Persönliches« gesagt werde.135 Das stumme Filmbild, dem einfachen Publikum (Volk) obendrein erklärt mit der Hilfe des gesprochenen Wortes – das war nicht mehr nötig, seitdem ein Tonrausch die Film-

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welt ergriffen hatte. Seit seiner intensiven Tonfilmarbeit für die Degeto hatte sich Eckardts Aversion gegen die um die spezifische Filmakustik erweiterte Form weitgehend erledigt. Gerade aber die Sprache, so Eckardt nur wenig später, sei – anders als in Amerika – kaum die Domäne der Deutschen im Film, zu wenig locker und zu literarisch sei sie dort, wo sie es gerade nicht sein sollte: im Filmmanuskript. In einem Vortrag an der Fachschule für Filmtheaterbesitzer lobte der Referent um 1936 in kruder Form die »Natürlichkeit« anderer Filmnationen, eine starke mimische Befähigung sah er etwa bei den Russen, während die Italiener vor allem überzeugten, wo es auf das Wort ankomme, auf der Bühne. Die für Deutsche einerseits so schwierige »Natürlichkeit« sei andererseits allerdings möglich, weil vorhanden: »Ein treffendes Beispiel dafür, von welch faszinierender Wirkung gerade die Natürlichkeit sein kann, bietet unser Führer. Hier besitzt der Mann, der aus dem Volke kommt, die ganze bezwingende Natürlichkeit, durch die der ganze Mensch in jedem Wort zum Ausdruck kommt. Das ist die Natürlichkeit, die gerade der filmische Sprecher besitzen muß.«136 Ausgerechnet der im Filmbild eher kantige, unbeholfene Hitler wird von Eckardt zum ästhetischen Vorbild erhoben, das jene Schwere und Belastung im »natürlichen Sprachschatz« zu beseitigen helfe, die von einer bestimmten Art der Erziehung und humanistischen Bildung erst geschaffen worden seien. Wohlgemerkt: Nicht von der persönlichen Erscheinung eines Adolf Hitler spricht Eckardt, sondern von dessen Bild im Kino – mehr noch: von dessen Ton, der als »Natürlichkeit« verstanden werden solle. Eckardt begreift Hitler also als dokumentarisches Abbild ebenso wie als Schauspieler, der mit seiner durch den Tonfilm so erzielten Wirkung Archetyp und Wunschbild zugleich sein könne. Essenziell sei diese ›Reinigung‹ für die Wirkung des Films in Deutschland, denn: »Wir müssen danach streben, aus der Verkrampftheit herauszukommen; das ist eine besondere Aufgabe für den Film; denn nur auf echte Natürlichkeit reagiert das Publikum. Der Film hat die Aufgabe, die aus dem Herzen kommende Natürlichkeit des Lebens so zu gestalten, daß der Zuschauer das Abbild auf der Leinwand als Ausdruck seines eigenen Ichs empfindet.«137 Eine Art ewiger deutscher Kinozuschauer wird als Projektion Eckardts erkennbar – über die Zeiten hinweg und immer in inniger Verbindung mit der Kinoleinwand als Widerspiegelungs- und Rückversicherungsmöglichkeit der eigenen Identität. Über den Umweg des Films, so der Gedanke, würde der Einzelne, Teil des gesamten Kinopublikums, Teil einer Masse, sozusagen zu sich selbst im größeren Maßstab gelangen. In einem Gastbeitrag, überschrieben »Film und Masse«, spinnt Eckardt diesen Grundgedanken Mitte 1936 in der offiziösen Zeitschrift Der deutsche

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Film fort. Die Naivität des Films, zur Stummfilmzeit sein Erfolgsrezept, sei mit dem Phänomen des Tons abhandengekommen. Aus der »Verbindung von Bild und gesprochenem Ton« resultiere nun aber die Notwendigkeit eines Denkprozesses aufseiten des Einzelnen als Teil der Masse, so die Überlegung. In einer »Umbildung der Masse« müsse jene Entwicklung bestehen, die zu einem »Volkwerden der Masse« als Ziel führe. Diese Aufgabe übernehme in Deutschland der Staat: »das ›Wunder des lebendigen Bildes‹ der Spekulation zu entreißen und der wirklichen Bildung des Volkes zu erschließen«.138 Ref lexion, Bildung, Volkwerdung. Diese Dreischrittkonstruktion, symbolische Manifestation eines endlos verschlungenen Bandes zwischen Staat und Kinopublikum, findet ihren imaginären Endpunkt dort, wo es ganz praktisch darum geht, wie Staat und Individuum zueinander kommen. Unauf lösbar soll das Band zwischen ihnen sein, wenn aus vielen Einzelnen ein Volk wird, das nicht unbewusst aufs Ziel zuschießt, sondern dies bewusst, als ref lexiven Akt zu tun beschließt. Auch dies gewissermaßen eine Art von ›staatspolitischer Auf klärungsarbeit‹, von der zuvor bereits die Rede war, ausgeführt mit den spezifischen Mitteln des Films, der nach seinen eigenen Gesetzen funktioniert, die von Produzenten beherrscht und vom Publikum entsprechend eng ausgelegt werden sollen. Auf klärung – Eckardt benutzte das Wort im Sinne Hitlers, der die propagandistische Rede oberhalb des Filmbildes einstufte, als politischen Kampf begriff wie als Synonym für die Möglichkeit der Lenkung von Massen. Plädierte Eckardt in den späten 1920er Jahren dafür, mit der Kulturfilmarbeit neben dem Volk auch die Filmproduktion, den Kinobetrieb als solchen wie den Filmverleih zu beeinf lussen, ging es ihm nun einzig um die Einwirkung auf die Masse, aus der Volk zu werden habe. Die Chance der Einf lussnahme auf die Filmproduktion erschien in einer Diktatur möglicherweise als eher gering. Von Kohärenz waren Eckardts Überlegungen zur unterschiedlichen Wirksamkeit des stummen und des tönenden Films in dieser Zeit allerdings keineswegs. Dies auch deshalb nicht, weil er sich obendrein auf noch ein anderes Medium bezog, wie ein Aufsatz von 1933 verdeutlicht, in dem er die Forderung aufstellt, der Rundfunk müsse regelmäßig »zur Masse seiner Hörer über neue Filme sprechen«, dürfe bei aller Unterhaltung und Spannung aber auch Grundsatzfragen nicht übergehen.139 Anfang März 1937 befasste sich die erste Jahrestagung der Reichsfilmkammer mit dem Film als Kunstform, wozu neben Joseph Goebbels in einer Grundsatzansprache auch Leonhard Fürst beitrug. Dieser Drehbuchautor, Musikwissenschaftler, Publizist, Referent in der Reichsfilmkammer sowie nach dem Zweiten Weltkrieg Produktionsleiter beim Fernsehen des Süd-

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deutschen Rundfunks sprach hier über den ›deutschen Filmstil‹. Erstaunlich, dass Eckardts zentrales Diktum von Kammerpräsident Oswald Lehnich aufgegriffen wurde, der in seiner Rede die »Eigengesetzlichkeit des Films« in den Mittelpunkt rückte. Komplettiert wurden die Vorträge durch Äußerungen des Komponisten Walter Gronostay (»Der Film im Strome der Geistesgeschichte«), des Schauspielers Mathias Wieman (»Der Mensch im Film«), von Walter Ruttmann, Regisseur (»Technik als Mittel künstlerischer Filmgestaltung«), sowie Friedrich Pf lughaupt, Filmproduzent (»Filmwirtschaft im Dritten Reich«).140 Schon Wochen vor dem Ereignis war zu diesem Anlass Johannes Eckardts Text »Das Bild und die Masse« publiziert worden. Darin macht er einen argumentativen Rückschritt und meint, die Masse könne geistig grundsätzlich nicht alles erfassen, mit dem einfachen Mittel des Bildes jedoch bestehe diese Möglichkeit. Das bewegte Bild sei einfacher zugänglich als der gesprochene Text, es sei ein Unterhaltungsmittel. Den Ton im Film streift Eckardt hier nicht, er sieht also Bild und Ton nicht als Einheit. Wieder müsse die Masse geistig und seelisch geweckt und zum Volk gemacht werden: »Der neue deutsche Staat will sie politisch mit nationaler Substanz und Kraft erfüllen, will ihr den Willen zu einem auf bauenden Ziel bewußt machen und sie so einschalten in das vielfache Werden einer Nation.«141 Vom Tonfilm, von der Natürlichkeit des filmischen Sprechers, von Hitler als dessen Idealgestalt: keine Rede mehr. Ob die Diskrepanzen und das Durcheinander in Johannes Eckardts Versuchen, eine Art soziale Medientheorie im Nationalsozialismus durch das Kippen, die Auswechslung von Termini zu entwerfen, zeitgenössisch aufgefallen sind? Ist es nicht ebenso Hybris wie von großer Lächerlichkeit, einem Massenmedium wie dem Film zuzutrauen, großf lächig wirksam werden zu können bei der Umwandlung einer Masse, die aus Einzelnen besteht, zu Volk? Es soll an dieser Stelle der Hinweis nicht vergessen sein, dass Eckardt sich in seinen Auslassungen zum Verhältnis von Masse und Film bis in die 1960er Jahre auf das populäre Forschungsfeld der Massenpsychologie nach Gustave Le Bon bezogen und nicht davor zurückgeschreckt hat, eine innere Verknüpfung der beiden Bereiche zu behaupten, weil im Jahr 1895 unabhängig voneinander sowohl die Brüder Lumière ihre ersten Filme aufgeführt hatten als auch Le Bons Hauptwerk Psychologie des foules (Psychologie der Massen) erschienen war.142 Auch deshalb handelt es sich hier keineswegs um einen nationalsozialistischen Denkansatz, sondern vielmehr um ein dynamisches Konzept, das sich verschiedenen politischen Realitäten anzupassen in der Lage gewesen ist. Seine Ungenauigkeit liegt im wechselhaften und deshalb inkonsequenten Gebrauch eines Begriffs vom Film als stumm oder tönend begründet – und damit seiner angenommenen

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Wirkung. Dies aber, vor dem Hintergrund der langwierigen Ablehnung des Kriteriums »Ton« in Eckardts eigener Argumentation, wandelt die Überlegungen zu einer Theorie-Marginalie, deren Substanz eher randständiger Natur ist und als ein Beispiel für die Unterordnung bzw. Assimilation von ästhetischen Positionen unter technische und politische Veränderungen der Zeitgeschichte gelten kann. Angesichts der ›mühelos leichten‹ Redefähigkeit und seiner »souverän und geistvoll« formulierten Ausführungen143 ist es nicht verwunderlich, wenn Eckardts Ansprachen publizistische wie intellektuelle Wirkung zeigten.144 Zu Geltung gelangten auch seine Ausführungen beim Beginn der Veranstaltungen eines Filmkreises des Studentenrings Mitte 1937 an der Technischen Hochschule Berlin, wenn anschließend im Bericht des Film-Kuriers vom »Wissen um die Vermassung Europas« die Rede ist, die »einer wesentlichen Eigenschaft des deutschen Volkes, dem ›Individualismus‹«, widerspreche, weil sie ›mechanisierte Gleichförmigkeit‹, die Dominanz des ›Klischees‹ und der ›Startypen‹ inkorporiere. »Innere Wahrhaftigkeit«, wohl nah an Hitlers »Natürlichkeit«, sei auf der anderen Seite das wesentliche Ziel, »das nur ein Volk, nie eine Masse erfüllen kann«. »Die große Tat des Führers« sei es gewesen, der Masse dieses »Ziel klar vor Augen« gestellt zu haben. Die innere »Wahrhaftigkeit« bindet Eckardt an eine »Melodik des Rhythmischen«, das sei der deutsche Stil des Films, den bildmäßiger und musikalischer Ausdruck ausmachten, gefunden von einer »Gemeinschaft begeistert Schaffender« im Sinne der mittelalterlichen Bauhütte. Die Norm des Films habe »deutsches Empfinden, Wollen und Können« zu sein.145 In Klammern: »Schmalfilmund Kulturfilmschaffende können da mitunter als nicht unwesentliche An­­ triebshilfen gelten.« Auch diese Rede hätte in der Nachkriegszeit das Zeug zum Skandal gehabt. Doch Heinz Ungureit, Jahrgang 1931, als Pimpf noch Konsument von NSKinounterhaltung, sodann Student bei Walter Hagemann an der Universität Münster (dort gab es seit 1948 einen Filmclub), ab 1959 Feuilletonredakteur der Frankfurter Rundschau und alsbald Mitarbeiter der Zeitschrift Filmkritik, bevor er 1966 in die neu gegründete Filmredaktion der ARD eintrat (seinen Dienstvertrag schloss er mit der Degeto-Film GmbH ab), thematisierte Eckardts Vortrag von 1936 an der Fachschule für Filmtheaterbesitzer. Innerhalb eines Kommentars zu einer kleinen Frankfurter »Arbeitstagung« der westdeutschen »Filmclubs ohne Programm« 1962 legte er die Sachlage offen. Zu dieser Zeit amtierte Eckardt bereits viele Jahre als Präsident des Verbandes der deutschen Filmclubs, der 1949 gegründet worden war und sich 1970

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auf löste. Ungureit: »Eine kleine Revolte gab es am Rande. Vor einer Veranstaltung kursierten Zettel, die den Auszug einer Eckardt-Rede von 1936 enthielten. Darin wird die filmische Natürlichkeit ›unseres Führers‹ gepriesen und als allgemeines Postulat an den deutschen Film aufgestellt. Ist mit solchen Unternehmungen auch nicht viel erreicht, so helfen sie doch die schamhaft abgekürzten Biographien einf lußreicher Persönlichkeiten ergänzen.« Eckardt dankte – »längst müde geworden« – ab und wurde »nahezu einstimmig«, so Ungureit, zum »Ehrenpräsidenten« ernannt, »Pädagogen übernahmen die Verbandsführung«.146 Mangelnder Elan und erste Auf lösungserscheinungen der Filmclubs waren von anderen Publizisten schon Jahre zuvor bemerkt und beklagt worden. Beispielsweise von Enno Patalas, auch er ein Münsteraner Hagemann-Schüler, der in der Erinnerung den zunehmenden »Mief der Adenauer-Zeit […] in den Filmclubs« auf 1953 datierte.147 Einem Artikel im Novemberheft 1957 der Filmkritik gab er den Titel »Filmclubs im Plüschfauteuil« und kritisierte darin das unbefriedigende geistige Programm der Clubs, ihren Mangel an Zuspitzung und Debattenfreudigkeit sowie die Unverbindlichkeit des Verbandsorgans filmforum. Dessen Mitherausgeber neben Curt Oertel, Walter Hagemann u. a. war Johannes Eckardt. 1960 wurde das neun Jahre zuvor als »Zeitschrift zur Förderung des guten Films« gegründete Blatt eingestellt, bei dem spätere Publizisten und Kritiker wie Patalas, Ungureit oder Benno Klapp und Theodor Kotulla anfangs ihr Probierfeld hatten. Eine solche Gemengelage in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre, die Unzufriedenheit einer jungen Generation Kritiker und Publizisten mit der Entwicklung der zunehmend ideenloser werdenden Filmclubs und die Möglichkeit, »die Vergangenheiten etlicher Protagonisten genauer in den Blick« zu nehmen, trieb Ungureit zu seiner kritischen Randbemerkung von 1962. »Mit der Degeto« jedoch, so führt er es Anfang 2017 aus, »brachte man Johannes Eckardt meines Wissens kaum in Verbindung«, obgleich seine »Verdienste um die Verbreitung von Filmkunst« in den Repertoire-Kinos »Kamera« und »Kurbel« offenbar bekannt gewesen waren.148 Überhaupt nicht mit einer Vergangenheit vor 1945 in Beziehung brachte ihn der französische Regisseur Jean-Marie Straub, in den frühen 1950er Jahren Leiter eines Filmclubs in Metz und eigentlich hochsensibel für rückwärtsgewandte politische Misstöne. Stattdessen folgte er einer Empfehlung von Fee Vaillant, Geschäftsführerin des Verbandes der deutschen Filmclubs seit 1961, Eckardt in seinem Filmdebüt Machorka-Muff (1963) als Darsteller eines Priesters mitwirken zu lassen. »Es sei nicht einfach gewesen, ihm den Text beizubringen«, erinnerte sich Straub knapp 50 Jahre später an die Arbeit mit dem damals 75-jäh-

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rigen Eckardt.149 Die Entfernung der Nachbarn Frankreich und Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg konnte auch in einer Form von gegenseitiger Unkenntnis bestehen. Die Gründung der ersten Filmclubs in den vier Besatzungszonen Deutschlands waren ein Resultat verschieden intensiver Kulturpolitik der Alliierten, und wie bei den deutschen Repertoire-Kinos der 1920er und 1930er Jahre übte auch hier die Filmkultur Frankreichs einen besonders nachdrücklichen Einf luss aus.150 Der inzwischen beinahe abgenutzten Formulierung vom Film als eigengesetzlicher Kunst blieb Eckardt nach 1945 treu (auch der spätere Filmkritiker Gunter Groll hatte 1937 seine Dissertation auf diesen Ausdruck zulaufen lassen).151 Darüber hinaus brachte er eine stark nationale Färbung ins Spiel, wenn er in noch halbwegs bekannter Diktion schrieb: »Die deutschen Filmclubs sehen eine ihrer wesentlichen Aufgaben darin, das Wesen des Films als eigengesetzlicher Kunst zu ergründen. […] Die Filmclubs wissen, daß auch echte Filmkunst national bedingt ist. Je stärker sie aus der nationalen Substanz wächst, desto charakteristischer wird sie sich zum eigentlichen deutschen Film formen und damit wesentlich für jene Kunstwerke des Films sein, die internationale Bedeutung haben.« Man zeige in den Clubs u. a. deutsche Filme älterer Produktion, »die diese deutsche Wesenheit im Stil, in der Darstellung und in der Bildgestaltung erkennen lassen«.152 Der frühe Nachkriegstonfall alter Prägung wurde von den Nachgewachsenen noch überhört, denn, so Ungureit, »Filmclubs waren unsere erste wichtige Schule des Sehens, und Dr. Eckardt gehörte dazu: löblich.«153 Sie kamen den Alten erst später auf die Spur. »Man war in Gymnasien und Universitäten von Lehrern mit Vergangenheit umgeben; es war beinahe selbstverständlich und veranlasste nur wenige Zweif ler, in Einzelfällen an diese Vergangenheit zu rühren.«154 Da hatte Eckardt seinen Vorgänger im Amt als Vorsitzender des Verbandes der deutschen Filmclubs, Walter Hagemann, bereits verdrängt – bereits nach wenigen Monaten, noch im Gründungsjahr 1949. Beide Kontrahenten, starke und durchsetzungsfähige Persönlichkeiten, waren außerdem in der gleichfalls 1949 begründeten Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) in Wiesbaden tätig, die juristisch von der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e. V. (SPIO) getragen wurde. Filmpublizisten der unmittelbaren Nachkriegsjahre konnten sich noch erinnern an einen Johannes Eckardt, der zum Zentrum der Berliner Filmvermittlung der 1930er Jahre gehört hatte. Ab dem 11. Juni 1948 fand in München die zweite Internationale Jugendkundgebung statt (die wegen der Währungsreform in den Westzonen Deutschlands vom 20. Juni vorzeitig

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»Ich sagte zu und bin nun Führer dieser Fachschaft«

beendet wurde). Sie band den Film als völkerverbindendes Mittel stark ein, Jugendliche aus 23 Nationen waren gekommen. Einen ausführlichen Bericht dazu brachte die Zeitschrift Der neue Film, auf dem Titel ein Foto, das den aus der Emigration zurückgekehrten Filmproduzenten Eric(h) Pommer, den Kulturfilmregisseur Curt Oertel und den Journalisten Horst G. Feldt zusammen mit Johannes Eckardt während der Veranstaltung zeigt. Ein interessantes Bilddokument, weil die Abgebildeten zum Zeitpunkt des Neubeginns aus unterschiedlichsten Richtungen kamen. Im Bericht zur Kundgebung von Feldt heißt es: »Trafen sich in unseren Gesprächen mit diesen und anderen Prominenten mancherlei filmische Berührungspunkte mehr zufällig, so stand das Thema ›Jugend und Film‹ in einer besonderen Arbeitsgemeinschaft zur Diskussion. Unter der zielstrebigen Leitung von Dr. Johannes Eckardt (welche Erinnerungen an die einstmals so ›zünftige‹ Berliner Lessing-Hochschule!) wurde in einem lebhaften und aufgeschlossenen Kreis junger Menschen versucht, die Bezirke des Phänomen[s] Film abzugrenzen und seine besondere Beziehung zur Jugend aufzudecken.«155 Seine Idee von 1929, als er im Münchner Goethesaal die »Stunde der Jugend« einführte, hatte Eckardt sich also erhalten und führte sie nun fort. Sein Denken, seine Methoden blieben unverändert. Auch ein Film, an dem er als Autor wesentlich mitgewirkt hatte, Über uns der Dom, konnte in München auf Initiative Eckardts neben anderen Arbeiten des wenige Monate vor Kriegsende unter ungeklärten Umständen in Auschwitz gestorbenen Filmarchitekten und Regisseurs Rudolf Bamberger im Rahmen einer Gedenkstunde gezeigt werden. Eckardt sprach über Bambergers Leben. Mit dessen Bruder Ludwig Berger, der die Verfolgung überlebt hatte, stand er in Briefverbindung und teilte ihm seine Sorge um Kulturfilme mit, an denen er selbst mitgewirkt hatte oder die von der Degeto angeregt worden waren – für ihn verkörperten Werke wie Über uns der Dom oder Die steinernen Wunder von Naumburg von Oertel und Bamberger (1932) vorbildliche künstlerische Werte. Sie sollten neu herausgebracht werden, um nicht in Vergessenheit zu geraten. Was allerdings knapp war zu dieser Zeit: Rohfilm.156

»Ich sagte zu und bin nun Führer dieser Fachschaft« Interessant an Feldts Bericht ist v. a. der Hinweis auf die Berliner LessingHochschule, die er offenbar persönlich kennengelernt hatte. Als sich Eckardt Mitte 1934 der Reichsvereinigung deutscher Lichtspielstellen, Kultur- und Werbefilmhersteller e. V. zuwandte, erhielt er parallel dazu ein weiteres

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Angebot von der Lessing-Hochschule. An Zierold schrieb er, der Degeto künftig weniger als bisher zur Last fallen zu wollen, er erwarte die Übernahme neuer Aufgaben.157 Spätestens seit 1933 hatte die Degeto Anzeigen für Film-Matineen in den Monats-Blättern der Lessing-Hochschule geschaltet, die seit 1912 als eingetragener Verein bestand. Degeto und die politisch vollständig umgebildete Lessing-Hochschule (Berliner Anschrift: Keithstraße 11) waren im ersten Regierungsjahr des NS-Regimes zu eigenen Investitionen nicht in der Lage, planten aber im Herbst 1933, mit öffentlichen Geldern eine Tonfilmapparatur für den etwa 300 Gäste fassenden Saal installieren zu lassen, mit der im Winterhalbjahr Kulturfilme durch die Degeto vorgeführt werden sollten. Dem Ansinnen wollte das Preußische Kultusministerium indessen nicht folgen.158 Erst mit Schaffung einer festeren personalen Verbindung zwischen Lessing-Hochschule und Johannes Eckardt, die für ihn zugleich eine weitere Abnabelung von der immer unsichtbarer werdenden Degeto bedeutete, zog Stabilität ein. Vor 1933 hatten bedeutende Filmschaffende, darunter Fritz Lang und Guido Seeber, und andere Größen, zu denen Albert Einstein und Thomas Mann zählten, an der Hochschule gelesen. Nun wurde eine Fachschaft »Film und Filmwesen« errichtet, und Achim von Arnim fragte bei Eckardt nach, ob er bereit sei, diese »zu übernehmen«. Eckardt in dem Brief von Mitte 1934 an seinen Förderer Zierold: »Ich sagte zu und bin nun Führer dieser Fachschaft.«159 Mit einer Satzungsänderung wurde 1935 das Führerprinzip an der Lessing-Hochschule durchgesetzt, bei der Eckardt bald schon zu den auf fünf Jahre bestellten Vorstandsmitgliedern zählte (als solch ein Ehrenamtlicher musste man sich gleichzeitig zum Fachschaftsleiter eignen). Neben ihm amtierten u. a. die Schauspielerin Tony van Eyck (sie leitete die Fachschaft »Hochschule der Frau«), der Schriftsteller Walther von Hollander, von Arnim selbst und Karl Melzer. Lautete der Zweck der Hochschule 1935 satzungsgemäß noch ziemlich offen, auf den Gebieten der Kunst und Wissenschaft sowie des staatsbürgerlichen und praktischen Lebens Bildung und Anregung zu vermitteln, so bestimmte eine spätere Satzung von 1942 eindeutig: »Der Verein Lessing-Hochschule E. V. bezweckt, auf der Grundlage nationalsozialistischer Geisteshaltung, Bildung und Anregung auf den Gebieten der Kunst und Wissenschaft sowie des praktischen Lebens zu vermitteln. Zu diesem Zweck unterhält und fördert er die Lessing-Hochschule.« Selbstverständlich wurden die Daten der Vorstandsmitglieder nach Weitergabe an den Berliner Polizeipräsidenten dort überprüft, auch Geheime Staatspolizei, NSDAP-Reichsleitung, das Deutsche Volksbildungswerk und Alfred Rosenbergs Ideologie-Behörde wurden eingeschaltet und gaben positive Voten pro

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Hochschule ab oder hatten zumindest keine Einwände gegen Personalien und vermittelte Inhalte.160 Eine Berliner Nachkriegsstimme betonte für die Jahre vor wie nach 1933 einen bedeutsamen Gegensatz der Lessing-Hochschule zur Volkshochschule Groß-Berlin, die seit 1924 von dem Soziologen Theodor Geiger geführt wurde. Diese sei kein Geschäftsunternehmen gewesen und von sozialistischem Charakter, ihre Kurse überdies preiswert, während die Lessing-Hochschule viel Geld verlangte, in der Wirtschaftskrise hätten die Dozenten ehrenamtlich gearbeitet und für ihr Publikum stets eine verständliche Sprache gesprochen.161 Als 1936 Lessing-Hochschule und Urania eine Arbeitsgemeinschaft miteinander eingingen, führte dies dazu, dass medienbezogene Themen wie Fotografie, Vorführung von Kulturfilmen oder Filmvorträge allmählich verstärkt bei der Urania angesiedelt waren, gehörte sie doch der Reichsvereinigung deutscher Lichtspielstellen, Kultur- und Werbefilmhersteller e.  V. an. Wenige Monate vor Ende des Zweiten Weltkriegs lud die Urania erstaunlicherweise noch zu einer Führung durch die Ufa-Lehrschau in Babelsberg ein. Auch ein Urania-Filmseminar, in dessen Kartei sich Interessierte eintragen lassen konnten, existierte und führte sonntägliche Matineeveranstaltungen in großen Berliner Filmtheatern durch, bei denen Filmschaffende versuchten, ihre Arbeit zu erläutern. Weitere Schwerpunkte waren die Präsentation farbiger Fotoreihen zu erdkundlichen Themen und die Vorführung von Schmalfilmen, auch farbige und solche, die im eigenen Haus produziert worden waren (Von den Karawanken zur Wachau, 1943, Regie und Buch: Herbert Boche). Eine verantwortliche Person für diese Programme ist bislang nicht bekannt. Hingegen lassen sich Filmbezüge bei der Lessing-Hochschule ab 1939 nicht mehr feststellen. Stattdessen bot das Programm Vorträge zu »Weltanschauung« oder »Rassenlehre und Biologie« an, nahm auch philosophische Ausführungen zu Hegels Dialektik auf oder vermittelte Kenntnisse von der »Persönlichkeit Mahatma Gandhis« und seiner »Lehre vom passiven Widerstand« – dies ein anti-englischer Aspekt im Angebot. Nicht zuletzt gab man Lösungshinweise zum Problem »Wie komme ich bei der Verdunkelung zur Lessing-Hochschule?«.162 Einige Statistiken über die Gesamtbesucherzahlen von Lessing-Hochschule und Urania sind in Nachkriegsakten überliefert. Danach sollen in beiden Häusern jeweils durchschnittlich 10.000 bis 15.000 Hörer pro Kriegsjahr (1939–1945) gezählt worden sein. Für einige kürzere Zeitspannen liegen Zahlen der Lessing-Hochschule vor, die allerdings zu einigen der eben genannten im Widerspruch zu stehen scheinen. So ist für den Abschnitt zwischen Oktober und Dezember 1936 die Zahl von knapp 9.000 Hörern überliefert, die Monate April und Mai 1938 zogen hingegen nur 278 Hörer

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an, April und Mai 1939 1.057, während in der Spanne von September bis Dezember 1941 knapp 10.800 und in jener zwischen Januar und März 1942 sogar 13.922 Hörer Interesse gezeigt haben sollen.163 Mindestens bis Ende 1938 war die neu geschaffene Fachschaft Film der Lessing-Hochschule eng mit dem Namen Eckardts verbunden, der als Gastgeber oft die einführenden Worte sprach und wöchentlich am Mittwochabend zwischen 21.00 und 22.30 Uhr ein regelrechtes Filmseminar abhielt. Der »Lessing-Hochschul-Film-Pionier«164 Eckardt galt zeitgenössisch als Initiator einer »Film-Schule«, die auch eine »Seminar-Aussprache« nicht aussparte.165 Anfänge eines Konzepts hinter dem Angebot, das sich durchaus an ein unterschiedliches Publikum wendete, lassen sich erkennen. Es überwiegen im Programm unverkennbar ästhetische Fragestellungen, Filmanalysen (zu relativ aktuellen Produktionen), die Behandlung von Kulturfilmfragen und Selbstauskünfte von Filmschaffenden, eine aus heutiger Sicht interessante zeitgenössische Mischung aus ref lexiven und erzählenden Momenten. Eine Zusammenstellung dieser Schwerpunkte ergibt das folgende Bild: Filmästhetik Über »Die Bildkunst des Films« spricht der Kameramann Alexander von Lagorio, Januar 1935 Über »Die künstlerische Gestaltung der Wirklichkeit im Film« referiert der Regieassistent Fritz Aeckerle, März 1935 Guido Seeber über Kamerakunst und Tricktechnik, Dezember 1935 Carl Junghans über Lessings Laokoon und den Tonfilm, Januar 1936 Über »Mimik. Geste und Sprache auf der Bühne und im Film. Eigen­gesetze zweier wesensverschiedener Welten« spricht Jan Koetsier-Müller, Februar 1936 Über »Wort und Dialog im Film« spricht Johannes Eckardt, November 1936 Anhand von Auszügen aus Es leuchten die Sterne (1938), Hans H. Zerlett, und Capriccio (1938), Karl Ritter, spricht Fritz Pauli über die »Klingende Welt des Films«, Oktober 1938 Filmanalyse und Aussprache Vorführung von Das Rätsel des Lebens. Die Filmkamera als Forscher in Biologie und Medizin (1934), auf Anregung der Degeto entstanden, dazu Vortrag von Dr. K. E. F. Schmitz, April 1934

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Besprechung künstlerisch wertvoller Tonfilm-Neuerscheinungen, darunter Gustav Ucickys Flüchtlinge (1933) und Carl Froelichs Reifende Jugend (1933), Oktober und November 1934 Johannes Eckardt u. a. über Curt Oertels und Hans Deppes Der Schimmelreiter (1933/34), Januar 1935 Johannes Eckardt u. a. über La Bataille von Nicolas Farkas (1933/34), März 1935 Herbert Maisch und Hans-Walther Betz über den Schlussakt von The Lives of a Bengal Lancer (1935), April 1935 Maria Chapdelaine (1934) von Julien Duvivier, April 1935 Geschlossene Vorführung von King Vidors Our Daily bread (1934), November 1935 Johannes Eckardt u. a. über Herbert Maischs Königswalzer (1935), Dezember 1935 Viktoria von Carl Hoffmann (1935), Februar 1936 Die deutsch-polnische Co-Produktion August der Starke/August Mocny (1935/36), Regie: Paul Wegener und Stanisław Wasylewski, für die Johannes Eckardt zusammen mit Carl Haensel die Vorlage schrieb, Februar 1936 Die ewige Maske (1935) von Werner Hochbaum, März 1936 (mit einem Vortrag des Mitautors Kurt Gauger) Karl Ritters Verräter (1936), zu Gast Drehbuchautor Leonhard Fürst, Oktober 1936 Einführung von Josef Pfister zu Peter Ibbetson (1935), Henry Hathaway, anschließend Aussprache, Dezember 1936 Aussprache über San Francisco von W. S. Van Dyke (1936), Januar 1937 Veit Harlans Der Herrscher (1937), dazu der erste Akt von F. W. Murnaus Stummfilm Der letzte Mann (1924), April 1937 Aussprache über Unternehmen Michael von Karl Ritter (1937), Dezember 1937 Teile aus René Clairs Sous les toits de Paris (1930), anlässlich der DegetoNeuaufführung des Films mit Anmerkungen von Leonhard Fürst, Januar 1938 Johannes Eckardt: »Die künstlerische Persönlichkeit Leni Riefenstahls« mit Vorführung eines Films, November 1938

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Kulturfilmfragen und -vorführungen Wilfried Basse, November 1934 Svend Noldans Film Was ist die Welt? (1933/34), November und Dezember 1934 Au pays des Basques von Maurice Champreux (Die Basken, 1930/31), November 1934 (für diesen Film fungierte die Degeto auch als Antragsteller bei der Filmzensur, die auf den 2. Oktober 1931 datiert) Karl Melzer über den Kulturfilm, Februar 1935 Nicholas Kaufmann über Kulturfilmprobleme  – gestern, heute, morgen, März 1936 Über seinen Film Raum im kreisenden Licht (1936) spricht Carl Lamb, November 1936 Offizielle Vertreter Österreichs sprechen über österreichische Kulturfilme, Oktober 1937 Über »Bildende Kunst im Film« spricht anhand von Filmbeispielen Dr. Niels von Holst, Leiter des Außenamtes der Staatlichen Museen, Berlin, November 1938 Frank Maraun [d. i. Erwin Goelz] über »Die Weltbedeutung des Kulturfilms. Zum 50. Geburtstag Friedrich Wilhelm Murnaus«, Dezember 1938 Selbstauskünfte von Filmschaffenden Tony van Eyck und Paul Bildt über ihren Werdegang, Juni 1933 Ida Wüst, Juli 1933 (beide Veranstaltungen noch vor Schaffung der Fachschaft Film) Luis Trenker über Filmregie, September 1934 Heinrich George über den Darsteller im Film, Dezember 1934 Paul Wegener über die Kunst des Theaters und die Kunst des Films, Dezember 1934 Lotte Reiniger über die künstlerischen Ziele ihrer Filmarbeit, März 1935 Über Tierfang im Dschungel berichtet Otto Schulz-Kampf henkel, April 1935 Leni Riefenstahl über die Arbeit an Triumph des Willens (1935), April 1935 Thea von Harbou erinnert sich an die Zeit des stummen Films, Februar 1936 Ernst Legals Bekenntnis zum Film, Februar 1936 Maria Paudler: Mein Bekenntnis zum Film, März 1936 Hans H. Zerlett spricht, Oktober 1936 Über »Zeitfilm – Zeitgeschichte« spricht Karl Ritter, Dezember 1936 Walter Frentz über »Der filmische Film« mit Filmausschnitten, Februar 1938166

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»Spaß, ernst genommen. Ein Vademecum für den Film« mit Werner Finck, Februar 1938 Ulrich K. T. Schulz über Kamerajagd auf Tiere, März 1938, Schulz über Kamerajagd auf Pf lanzen und Tiere, Oktober 1938 Luis Trenker über die Aufgaben des Regisseurs im Film, November 1938167 Daneben wurden filmhistorische Überblicke gegeben, filmtechnische Fragen erörtert, der Amateurfilm problematisiert, die Musik im Film diskutiert oder die Zusammenhänge zwischen Film und Politik verhandelt. Bei allen Vermittlungsversuchen kann vermutet werden, dass diese ob ihres einzigartigen, weil systematischen Charakters tiefe Eindrücke bei den Teilnehmern hinterlassen haben. Denn Johannes Eckardt bevorzugte Grundsätzliches, zum Beispiel innerhalb des »außerordentlich gut« besuchten Filmseminars ein Thema wie »Wort und Dialog im Film«, bei dem er zu »tiefschürfenden Ausführungen« ge­­langte, wie Hans Schuhmacher Ende 1936 im Film-Kurier berichtete. Danach wendete sich der Vortragende dagegen, in der Sprache das Wesen des Menschen zu sehen, denn das Wort habe keineswegs eine dominierende Bedeutung, stehe doch die Sprache neben anderen Ausdrucksformen. »Klar und zielsicher« habe Eckardt Nietzsche zitiert, »auf die Urzeiten der Kunst« hingewiesen und »die Ausdrucksmittel des Films an wesentlichen Beispielen« belegt, sodass seine Argumentation am Ende »von der Notwendigkeit überzeugt« habe, dem Wort keine überragende Bedeutung im Tonfilm einzuräumen, wie es gleichwohl noch häufig geschehe aufgrund einer starken Verankerung in »unserer Theatertradition«. Wohl könne der »Sprechfilm […] sehr kultiviert sein und viel Vergnügen bereiten«, dann aber müsse »der Dialog witzig, in jeder Hinsicht gekonnt sein«. Wenn er freilich »schwerfällig« ist, wozu »die deutsche Sprache neigt«, habe er keine Berechtigung.168 So Schuhmachers Referat von Eckardts Ausführungen. Zu denken ist hier an die von Eckardt im selben Jahr 1936 gefeierte sprachliche »Natürlichkeit« Adolf Hitlers im Tonfilm  – sie stellt in seiner Perspektive das Gegenteil von Schwerfälligkeit dar. Zahlreiche Filmschaffende gehörten zu den Besuchern und Diskutanten, denen das Thema beispielhaft anhand je eines Aktes aus dem deutschen Film Pygmalion (1935, Regie: Erich Engel, in den Hauptrollen Jenny Jugo und Gustaf Gründgens) und dem amerikanischen Sehnsucht (Desire, 1936, Regie: Frank Borzage, Hauptrollen: Marlene Dietrich und Gary Cooper) verdeutlicht wurde. Es bleibt der Eindruck, Eckardt habe mit einer beträchtlichen Autorität viel Wert darauf gelegt, auf sein Publikum apodiktisch zu wirken, um es zu überzeugen von Regeln, von Gesetzen, über die nicht verhandelt werden könne.

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Horst G. Feldt war nicht der einzige Publizist, der anlässlich der Münchner Jugendkundgebung Mitte 1948 überaus positiv anknüpfte an die früheren Aktivitäten von Johannes Eckardt. Denn auch für den routinierten Kritiker Albert Schneider war dieser »ein erfahrener und wissensreicher Fachmann«, dessen »hintergründige Diskussionsführung in der Berliner Lessinghochschule« noch in guter Erinnerung sei, wie er schrieb.169 Der in seinen Positionen schwer durchschaubare Schneider (er hielt am Ende seines Lebens bei den Leipziger Kurz- und Dokumentarfilmwochen 1960 einen Vortrag über »unterentwickelte Länder«, womit er auf die Bundesrepublik zielte, die ihre NS-Vergangenheit mit Filmen nicht aufarbeiten würde) war es auch, der Ende Oktober 1938 eine Veranstaltung der Lessing-Hochschule mit dem Autor Bruno Rehlinger kritisiert hatte. Von diesem war kurz zuvor die Studie Der Begriff filmisch erschienen, in dem zahlreiche Filmtitel erwähnt werden, die zum Programm von »Kamera« und »Kurbel« gehört haben. Rehlingers quasi wissenschaftlich begründete Forderung nach dem »Filmdichter« ließ Schneider in der Lichtbild-Bühne abblitzen als das Anrennen gegen einen Feind, »der gar nicht vorhanden war«.170 Noch deutlicher allerdings bemängelte er die Bedingungen, unter denen die Filme vorgeführt wurden. Zu Hamburg und seine Nachbarstadt Altona (1936, Regie: Franz Schröder), ein Kulturfilm der Tobis-Melofilm, Ausschnitten aus Leni Riefenstahls Das blaue Licht (1932) sowie Wolfgang Liebeneiners Yvette. Die Tochter einer Kurtisane (1938) merkte er boshaft an: »Da der Ton von einer dermaßen minderen Qualität war, daß er Ohrenschmerzen verursachte, und das Bild nicht in den Rahmen der Bildleinwand eingefügt wurde, sondern dazu den übrigen Raum überf lutete, wobei sich noch dazu Nebenlicht störend bemerkbar machte, zog der Berichterstatter es vor, vor Schluß der Vorführung die Veranstaltung zu verlassen: dieses Beispiel wirkte ansteckend.« Das missglückte Ereignis war nach Schneiders Erfahrung offenbar kein Einzelfall: »Das Filmseminar der Lessing-Hochschule hat Jahre hindurch gerade seitens der Lichtbild-Bühne alle Sympathien und Förderungen erfahren, aber es wird sich thematisch und technisch erheblich anstrengen müssen, um sie in Zukunft auch zu rechtfertigen.« Schneider spricht – fast warnend – einen Punkt an, der aus filmgeschichtlicher Perspektive nur selten eine Rolle spielt – die Präsentationsqualität der gebotenen Filmkultur. Der konkrete Fall er­­ staunt umso mehr, als Johannes Eckardts Berufsbiografie große Kinoerfahrungen aufwies und er Ansprachen vor Filmtheaterbesitzern gehalten hatte, eine intensive Verbindung mit der Bedeutung dieser Frage also gegeben war. Die Geschichte des Filmseminars an der Lessing-Hochschule schien gleichwohl Ende 1938 nach bereits wenigen Jahren ein Ende gefunden zu

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haben. Über die Gründe dafür ist bisher aktenmäßig nichts bekannt. Schon für den 26. Januar 1938 war ein Seminarthema von Eckardt mit dem Titel »Wir hören auf. Ein offenes Wort« angekündigt worden, doch welche Bedeutung sich dahinter verbarg, lässt sich bislang nicht auf klären.171 Auch die Frage, welcher Belang sich hinter einer Pressemeldung vom August 1939 verbirgt, wonach das Filmseminar ab dem Herbst (Kriegsbeginn) unter der weiteren Leitung von Eckardt, aber allein von der Degeto und an neuem Ort (»in dem schönen Vorführsaal im Tobis-Haus«) neuerlich fortgesetzt werden würde, bleibt klärungsbedürftig. Degeto und Lessing-Hochschule hatten danach ihren Zusammenhang »aufgegeben«.172 Ein Zusammenhang freilich, der seine Substanz einzig in der Person von Johannes Eckardt als Schlüsselfigur der Degeto gefunden hatte. Nachdem er im Augustheft 1938 von Der deutsche Film Leni Riefenstahls zweiteiligen Film Olympia (1938) als mustergültiges Vorbild für eine Form des Kulturfilms benannt hatte, der die künstlerische Gestaltungsmöglichkeit mit den Abbildern der Wirklichkeit ausgelotet habe und demnach ein »allgemein tiefes Erlebnis« auszulösen imstande sei,173 hielt Eckardt im Hamburger »Waterloo Theater« zu Jahresende den Vortrag »Bahn frei der Avantgarde!«. Er tat dies innerhalb des rührigen Engagements der lokalen Arbeitsgemeinschaft Film, deren Blatt Film heute und morgen ihn und sein filmisches Begleitprogramm ankündigte. Neben dem Marathonlauf aus Riefenstahls Werk standen auf dem Programm Walter Ruttmanns Kurzfilm Stadt Stuttgart. 100. Cannstatter Volksfest (1935), der holländische Film Giganten der Arbeit (Tusschen aankomst en vertrek, 1938) von Andor von Barsy, dem Kameramann von Dood Water,174 Ausschnitte aus Curt Oertels Schweizer Produktion Michelangelo (1938) sowie ein Film der Deutschen Arbeitsfront (Urlaubsfreuden, 1936/37, Regie: Ewald Scholl, Otto Geiger).175 Auch war Eckardt behilf lich bei der Beschaffung des japanischen Films Tôyô heiwa no michi (Die Morgenröte / Li Ming. Ein chinesisches Bauernschicksal zwischen den Fronten, 1938, Regie: Shigeyoshi Suzuki), der Mitte Januar 1939 in Hamburg Premiere hatte. Der »Vorkämpfer für den künstlerischen Film, Dr. Johannes Eckardt, von der Degeto« hatte solche Arbeiten ausgesucht, »die durch ihre eigenwillige Gestaltung besonderes Interesse beanspruchen«, kündigte Film heute und morgen an.176 Man darf davon ausgehen, dass sämtliche Titel in ein Raster passten, das Eckardt schon früher im Jahr 1938 formuliert hatte – der künftig ökonomisch zu stärkende große Kulturfilm in Deutschland habe sich dem wirklichen Leben zuzuwenden und dieses nicht abzufotografieren, sondern zu gestalten. Ergebnis solle eine Vertiefung und Erweiterung der »Welt unserer Erlebnisse« sein, zugleich

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eine Mehrung der Erkenntnisse durch Film, was ohnehin unterstützt würde durch »unsere deutsche Weltanschauung«, die in einem Zusammenhang stehe mit der »Gesamtentwicklung, die das deutsche Volk in den letzten Jahren durchmachte«. Eckardt schrieb diese geschmeidige Anpassung an die mittlerweile etablierten Verhältnisse des Nationalsozialismus in der Sondernummer der Lichtbild-Bühne zum 30.  Jahr ihres Bestehens.177 Vorbildliche Beispiele zur Unterfütterung seiner national gesinnten Forderung holte er sich freilich auch aus der internationalen Produktion.

Filmclubs im Kalten Krieg Nachkriegsberichte sprechen davon, dass Eckardt in dem Moment »freiwillig« aus der Lessing-Hochschule ausgeschieden sei, da deutsche Filme hier nicht mehr besprochen werden durften  – als Folge eines ›zu unsanften‹ Angriffs auf Veit Harlans Der Herrscher. Dieser aktuelle Film wurde im April 1937 vorgeführt. Dem Berichterstatter Fritz Manglkammer erschien die Hochschule überdies als »eine Oase inmitten des gleichgeschalteten Ungeistes der Zeit!«178 In der Rückschau muss dies sicherlich als Überhöhung gewertet werden. Noch zugespitzter formulierte es eine andere Stimme, der die Lessing-Hochschule bald zu einem Begriff wurde, gar »zu einem Sammelpunkt der Opposition gegen die unkritische Gleichmacherei, bis Dr. Eckardt eines Tages von heute auf morgen Schluß machte, weil man vom Promi her anordnete, daß über keinen deutschen Film abfällig gesprochen werden durfte«.179 Bei einer solch positiven Umrandung des Eckardt’schen Filmseminars nach dem Krieg wundert es nicht, wenn es am 20. April 1962 in einem Geburtstagsgruß sogar »als Vorläufer der deutschen Filmclubs« tituliert wurde.180 Nur drei Wochen zuvor war Eckardt unter Druck von seinem Amt als Präsident des Verbandes der deutschen Filmclubs zurückgetreten – widersprüchliche Zeitgeschichte. Unklar bleibt ferner, wieso der promovierte Eckardt, der mit dem Filmseminar und vielen früheren Aktivitäten geradezu prädestiniert dafür war, ausweislich des überlieferten Materials nicht zum Lehrpersonal der im Frühjahr 1938 gegründeten Deutschen Filmakademie in Neubabelsberg gehörte. Als Leiter der Tonfilmabteilung der Berliner Schule »Kunst und Werk«, ehedem Reimann-Schule, soll sich Eckardt 1937 ernsthaft um die Schulung des Nachwuchses bemüht haben, so Hans Schuhmacher in einem zeitgenössischen Bericht.181 Mit dem Besitzer der Schule, dem avantgardistischen Architekten Hugo Häring (der die Einrichtung 1935 von ihrem Begründer Albert Reimann gekauft hatte, bevor

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dieser 1938 nach England emigrierte), stand Eckardt bis zu dessen Tod 1958 in Verbindung und plante mit ihm 1947 die gemeinsame Arbeit an einer DiaSerie der Firma Goldeck zum Thema »Bodensee«.182 Wenn Fee Vaillant in einem Erinnerungspapier betont, wie wichtig innerhalb der Filmclub-Arbeit nach dem Zweiten Weltkrieg die jeweilige Einführung vor der Filmvorführung und die anschließende Diskussion über Form und Inhalt gewesen sind, dann lässt sich konstatieren, dass die Präsentationsrituale des Filmseminars in der Lessing-Hochschule hier offenbar weitgehend kopiert wurden.183 Eine Vorläuferschaft scheint nicht zu weit hergeholt. Gewiss war der Verband der deutschen Filmclubs bereits früh daran interessiert, zu ermitteln, welche Strukturen und Formen der Vermittlung nunmehr als zeitgemäß zu gelten hatten – das wird deutlich, wenn von der Jahrestagung des Verbands 1950 berichtet wird, anhand des DEFA-Films Rotation von Wolfgang Staudte (1949) habe man »sich ausführlich der Frage nach einer sinnvollen Aussprache in den Filmclubs« gewidmet.184 Da Staudtes antifaschistische Mitläufer-Studie offiziell noch nicht in der Bundesrepublik Deutschland angelaufen war (dies geschah erst 1957), hatte man es hier mit einem komplizierten Fall vor dem Hintergrund des Kalten Kriegs und deutsch-deutscher Verwerfungen zu tun. Was hieß also ›sinnvolle Aussprache‹, wenn mit Johannes Eckardt »eine anregende, aber auch bestimmende, autoritäre Persönlichkeit« aus der Vergangenheit die Richtung des Verbandes vorgab, um den einzelnen Filmclubs die Richtschnur zu weisen?185 Eine dominierende Persönlichkeit zumal, deren Biografie bis 1938 immer stärker umwölkt worden war von geistig-pragmatischen Einf lüssen zunächst staatlicher und dann spezifisch nationalsozialistischer Kultur- und Filmpolitik, von einer Nähe zu staatlichem Agieren überhaupt. Gleichwohl gehörte es »in der frühen Bundesrepublik zum Signum jener Männer, die einst Macht ausgeübt hatten, dass sie nun schnell wieder ungeschoren in hohe Ämter drängten«. So die Erfahrung und Erinnerung von Heinz Ungureit.186 Eckardt bestätigte 1950 seine bekannte Vorgehensweise in der Kooperation mit staatlichen Instanzen, als er nach Verhandlungen hinter verschlossenen Türen mit der SPIO eine Vereinbarung traf, wonach Filme, die in geschlossenen Veranstaltungen lokaler Filmclubs gezeigt werden sollten, zuvor von der Filmwirtschaft genehmigt und von der FSK (in deren Gremien Eckardt vertreten war) freigegeben worden sein mussten.187 Dagegen formierte sich Widerstand, der besonders stark von Edmund Schopen, inzwischen Präsident des Münchner Filmclubs, geäußert wurde. Die Fehde zwischen Eckardt und Schopen f lammte wieder auf. Wo dieser auf einer Freiheit der breiten Filmauswahl in den Clubs beharrte, kalkulierte Eckardt deren

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Johannes Eckardt

Kontrolle durch Bindung an die Filmwirtschaft ein. Es endete damit, dass Schopen von Eckardt vorgeworfen wurde, dessen wahres Ziel sei es, eine ungehinderte, keiner Einschränkung ausgesetzte Einfuhr ostdeutscher Filme in die Bundesrepublik sicherzustellen.188 Der Kalte Krieg des Films hatte die Filmclubs erreicht. Für die kurze Hochzeit und den verhältnismäßig raschen Niedergang der westdeutschen Filmclubs innerhalb eines Jahrzehnts gibt es zwei Erklärungen. Fee Vaillant sah den Rückgang der Bewegung begründet durch das Anwachsen des Fernsehens und somit die Verantwortung in der wachsenden Präsenz eines neuen audiovisuellen Mediums, das nicht nur wie andere Medien auch die Freizeit der Menschen abermals neu beanspruchte, sondern überdies in sein Programm auch Filme aufnahm, sodass der Besuch eines Filmclubs bzw. Kinos nicht unbedingt mehr zwingend erforderlich war.189 Eine andere Begründung wird von Heide Fehrenbach als wesentlicher angesehen – ein Generationenkonf likt, der sich in den 1950er Jahren zuspitzte. Die Kritik der Jüngeren, genannt seien v. a. Enno Patalas und Heinz Ungureit, entzündete sich hauptsächlich an Johannes Eckardt und seinem autoritären Stil, seiner uninspirierten Filmprogrammierung bei den Filmclubtreffen und einer ebenso naiven wie verderblichen Trennung von Politik und Kultur.190 Seit Mitte der 1950er Jahre war eine Absetzbewegung eines Teils der jüngeren Generation von den Filmclubs wie vom Verbandsorgan filmforum festzustellen, der in der Folge mit eigenen Zeitschriften wie film 56, F und Filmkritik reüssierte. Was vor 1945 oftmals »Aussprache« genannt wurde und nach dem Krieg zur Diskussion werden sollte, erfüllte die Erwartungen der Jungen weniger und weniger: Man stelle sich ihr nicht, hieß es,191 man lenke sie in fruchtlose Kanäle oder unterbinde sie mit der Begründung, »›wir Deutsche‹ seien ›zur Diskussion offenbar überhaupt unfähig‹«.192 Johannes Eckardt, von dem diese Behauptung indirekt überliefert ist, dürfte in der Tat ein zunehmend unzeitgemäßes Verständnis des sprachlichen Austauschs über die Gesamtsituation des Films, der nicht mehr einzig als ästhetische Erscheinung gesehen werden wollte, verfolgt haben. Seine hintergründige Diskussionsführung war mittlerweile ebenso wenig angesagt wie das zielstrebige Leiten von Gesprächsrunden.193 »Nach jedem Film Diskussion«, erinnert sich Werner Dütsch schwermütig an Besuche in Filmclubs in den 1950er Jahren. »Western, Gangster- oder Vampirfilme? Kannte niemand. Naserümpfen.«194 Von seiner Vergangenheit als Volksbildner hatte sich Johannes Eckardt nie gelöst. Die von ihm glänzend beherrschte Rede ans Publikum stammte aus der Tradition des »Vortragswesens«, wie sie gepf legt wurde innerhalb der Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung, deren Niedergang mit dem

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Filmclubs im Kalten Krieg

Ausbruch des Ersten Weltkriegs begonnen hatte. Einzelne zeitgenössische Stimmen hatten damals sogar den Vortrag selbst, mochte er erbaulich, erhebend oder belehrend erscheinen, zum Kunstwerk und damit zum Selbstzweck und Eigenwert erhoben.195 Dialoge und Diskussionen dürften dabei wenig Raum gehabt haben. Mit Eckardts Rede von der Eigengesetzlichkeit des Films wurde die aus seiner Position immer noch gültige Ablehnung filmischer und als suggestiv wahrgenommener Massenprodukte (vor denen ein Schutzwall für das Publikum errichtet werden müsse) nunmehr lediglich »übertüncht«.196 Damit befand er sich im Einklang mit den negativen Vorstellungen der FSK wie des Jugendschutzgesetzes von den Massenmedien. Beklagt wurde von den Jüngeren das sang- und klanglose Begraben der inneren Demokratie in den Filmclubs, wie es die Redaktion der Filmkritik in ihrer Reaktion auf den Protestbrief des neuen Vorstands des Verbandes der deutschen Filmclubs im August 1962 zuspitzte.197 Mit dem Begraben der Demokratie in Organisationen kannte sich einer besonders gut aus – Johannes Eckardt. Die von ihm geführte Degeto war in den Jahren nach 1933 klinisch tot. Nur hatte sie niemand offiziell für tot erklärt.

1 Vgl. HGF (Horst G. Feldt): Dr. Johannes Eckardt 65 Jahre alt. In: Der neue Film, Nr. 32, 24.4.1952. – Am 21.10.1930 meldete sich Eckardt in München nach Berlin ab. Vgl. Einwohnermeldekarte von Johann Franz Karl Maria Eckardt. In: Stadtarchiv München (künftig SM). — 2 Bayerischer Kurier, Nr. 174, 23.6.1930; außerdem Münchner Neueste Nachrichten, Nr. 165, 20.6.1930. Vgl. auch Niederschrift der Gesellschafter der Landesfilmbühne GmbH am 6.6.1930, wonach Eckardt »zum nächstzulässigen Termine zu kündigen« sei. In: SM, Lichtspielwesen / Vereine / Verschiedenes Kulturamt 492; sowie Johannes Eckardt an die Herren Gesellschafter der Bayerischen Landesfilmbühne GmbH, München, 18.6.1930. In: SM, Bayer. Landesfilmbühne GmbH Verschiedenes Kulturamt 483/1. In diesem informationsreichen Schriftsatz gibt Eckardt auch einen Abriss der Geschichte der Landesfilmbühne, hebt seine eigene Bedeutung heraus und verbindet die Betonung jahrelanger Entbehrungen mit der Bitte, angesichts verschiedener Vorwürfe ihm gegenüber eine faire Beurteilung walten zu lassen. Pressenotizen zu Eckardts Ausscheiden in: SM, Zeitungsausschnitte Personen ZA-P-99-9. — 3 - b.: Zum Tode von Dr. Johannes Eckardt. In: Film Bild Ton, Nr. 6, Juni 1966. Nach eigenen Angaben war er seit Februar 1946 an diesem Institut beschäftigt. Vgl. Johannes Eckardt an Rudolf Schneider-Schelde, Göggingen, 15.7.1947. In: Monacensia, Nachlass Schneider-Schelde RSS B 100. Aus Eckardts Brief an den zukünftigen stellvertretenden Intendanten und Programmdirektor des Bayerischen Rundfunks geht auch hervor, dass die amerikanische Militärregierung ihm im Sommer 1946 die Mitwirkung am Institut untersagte. Ab Juli 1947 durfte er dort wieder arbeiten. Die Beteiligung Pleisters daran geht hervor aus einem von ihm selbst verfassten Lebenslauf, undat. [um 1980], den mir Christopher

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Johannes Eckardt Pleister überlassen hat. — 4 In einer Anzeige des Verlags Josef Kösel & Friedrich Pustet für seine Zeitschriftentitel heißt es 1930 unter der Headline »Für die oberen Zehntausend« über Hochland: »Ein großzügiges Insertionsorgan von nachweisbar unübertroffener Güte und Kauf kraft seiner wohlhabenden und reichen Lesergemeinde der ersten Kreise ganz Deutschlands.« Verlagsanzeige in: ALA Zeitungskatalog 1930. 55. Jg. Berlin: ALA Anzeigen-AG 1930, S. 281 (Abschnitt »Der Verleger in der Anzeige«).  — 5 Vgl. dazu die Unterlagen im Bayerischen Hauptstaatsarchiv (künftig BHStA), MK 41175 und MK 41177. — 6 Rolf P. Parchwitz: Die Bayerische Landesbühne. Studien zur Geschichte eines Regionaltheaters. München: Kitzinger 1974, S. 7 (Münchener Universitätsschriften, hg. von Klaus Lazarowicz, Bd. 3). — 7 Die hier versammelten biografischen Angaben verdanken sich den folgenden Archivbeständen: Masch. Lebenslauf Johannes Eckardt, undat. [um 1938]. In: Bundesarchiv (künftig BA), R 9361-V  /  17120; Personal-Fragebogen, 10.7.1938. In: BA, R 109-I / 2834; Parteikorrespondenz zu Johannes Eckardt. In: BA, R 9361-II / 191523; passim. In: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (künftig GSPK), I. HA Rep. 76 Kultusministerium, Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H; Lebenslauf von Dr. Johannes Eckardt. Zu seinem 70. Geburtstag am 20.4.1957. Hg. vom Verband der deutschen Film-Clubs. In: BHStA, MK 51781 (auch in: Deutsche Kinemathek, Nachlass Fee Vaillant); passim. In: Landesarchiv Berlin (künftig LAB), Handelsregisterakte Degeto B Rep. 042 Nr. 28085. — 8 Vgl. allgemein Heiner Schmitt: Kirche und Film. Kirchliche Filmarbeit in Deutschland von ihren Anfängen bis 1945. Boppard am Rhein: Boldt 1978; E-Mail von Heiner Schmitt an den Autor, 7.9.2017. Zeitgenössisch vgl. besonders: Lichtträger im Chaos. Film und Volk. Beiträge von Friedrich Muckermann, Luitpold Nusser u. a. O. O. [Essen]: [Fredebeul &  Koenen] 1925 (Schriftenreihe der Essener Volkszeitung); zuletzt Christian Kuchler: Kirche und Kino. Katholische Filmarbeit in Bayern (1945–1965). Paderborn u. a.: Schöningh 2006. Mit Dank an Heinrich Adolf. — 9 Horst Dräger: Die Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung. Eine historisch-problemgeschichtliche Darstellung von 1871–1914. Stuttgart: Klett 1975, S. 4. — 10 Vgl. dazu v. a. Heiner Schmitt: Kirche und Film, a. a. O., S.  63. — 11 Hans Tietgens: Vorbemerkungen. In: Horst Dräger: Die Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung, a. a. O., S.  1. — 12 Vgl. Hans Traub: Der Film als ein Forschungsund Lehrgebiet der deutschen Universität. In: Geistige Arbeit. Zeitung aus der wissenschaftlichen Welt, Nr. 18, 20.9.1936. Zur Gesellschaft vgl. Horst Dräger: Die Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung, a. a. O. — 13 Vgl. Ralf Forster und Jeanpaul Goergen: Ozaphan. Home cinema on cellophane. In: Film History, Vol. 19, Nr. 4, 2007, S. 372 f. Vgl. auch: Vierzehntausend Meter OZAPHAN-FILM rollen ab … Inhaltsbeschreibungen der für das Heimkino erhältlichen OZAPHAN-Filme. Frankfurt am Main: Imprimatur o. J. [1938]. Zeitgenössisch vgl. Hans Traub: Ozaphanfilm. In: Ders.: Wörterbuch des Films. Für die Deutsche Kinemathek hg. von Rainer Rother und Rolf Aurich. Berlin: Neofelis 2017, S. 182–183. — 14 Anon.: Tobis gegen Schmalfilm. In: NationalZeitung (Essen), 15.11.1935. — 15 Vgl. Horst Kracker an das Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Filmreferat), 6.10.1952, »Bericht über die Bayerische Landesfilmbühne GmbH«. In: BHStA, MK 51787 Bayer. Landesfilmbühne e. V. Bd. I 1953. Vgl. auch Lichtbild und Lehrfilm als Unterrichtsmittel in Deutschland (1927). Bericht für die Europäische Lehrfilmkonferenz in Basel erstattet von der Bildstelle des Deut-

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Johannes Eckardt schen Zentral-Instituts für Erziehung und Unterricht. Berlin: 1927 (Druckschrift). Auszug in: Dokumente zur Geschichte der Schulfilmbewegung in Deutschland. Zusammengestellt und eingeleitet von Fritz Terveen. Emsdetten (Westfalen): Lechte 1959, S. 133 (Beiträge zur Filmforschung, Bd. 3). — 16 Anon.: Die Filmbühne der Bayerischen Landesstelle für gemeinnützige Kunstpf lege. In: Bayerische Staatszeitung, 28.4.1924. In: SM, Zeitungsausschnitte ZA-3198. — 17 Vgl. dazu Michael P. Ryan: Fritz Lang’s Radio Aesthetic. M. Eine Stadt sucht einen Mörder. In: German Studies Review, Vol. 36, Nr. 2, Mai 2013, S. 259–279. — 18 Vgl. Horst Kracker an das Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Filmreferat), 6.10.1952, a. a. O. Kracker hatte in den frühen 1930er Jahren verschiedene Funktionen innerhalb der Landesfilmbühne inne, darunter die des stellvertretenden Geschäftsführers. Zu den Aktivitäten der Landesfilmbühne s. a. Anneliese Giers: Filmpresse und Organisation des Filmwesens in München von den Anfängen bis 1933. Ein Beitrag zur Geschichte des Zeitschriftenwesens und des Films in München. München: Diss. 1943, S. 253 f. — 19 Norbert Schloßmacher: Edmund Schopen (1882–1961). Ein klerikaler Publizist und Wanderprediger in integralistischer und national-chauvinistischer Mission. In: Kirchengeschichte. Alte und neue Wege. Festschrift für Christoph Weber (Bd. 2). Hg. von Gisela Fleckenstein u. a. Frankfurt am Main u. a.: Lang 2008, S. 677–727, hier S. 677. — 20 K. (Wilhelm Lucas Kristl): Der Film kommt zu sich selbst. In: Münchener Post, Nr. 120, 26.5.1930 (Staatsarchiv München, Pol. Dir. München 5743). — 21 Anon.: Zukunftsmöglichkeiten des Films. Gründung einer »Münchner Liga für unabhängigen Film«. In: Münchner Neueste Nachrichten, Nr. 138, 21.5.1930 (Staatsarchiv München, Pol. Dir. München 5743). — 22 K. (Wilhelm Lucas Kristl): Der Film kommt zu sich selbst, a. a. O. Ein Kritiker wie Kristl stellte der Liga nach zweijähriger Existenz kein gutes Zeugnis aus, man sei zu wenig aktiv, zeige dann zu viele Filme, die München bereits gesehen habe, und beziehe politisch ungenügend Stellung gegen die Praxis der Filmzensur. Vgl. K. (Wilhelm Lucas Kristl): Zwei Jahre Liga für den unabhängigen Film. In: Münchener Post, Nr. 176, 1.8.1932. — 23 Die Spätphase der Landesfilmbühne 1930 bis 1933 ist mit verschiedenen Schriftstücken niedergelegt in: SM, 39. Verkehr – Schienen Kulturamt 390. Beim Versuch einer Reaktivierung der Bayerischen Landesfilmbühne GmbH ab 1952 war Johannes Eckardt involviert. Eine wesentliche Aufgabe hätte die sogenannte Jugendfilmarbeit sein sollen. Die Resonanz fiel gering aus, die geplante Abstimmung und Kooperation mit der Filmwirtschaft gestaltete sich als schwierig. So scheiterte auch der Plan einer bundesweiten Ausdehnung. Vgl. BHStA, MK 51787 MK 51787 Bayer. Landesfilmbühne e. V. Bd. I 1953. — 24 Anon.: [Seit Jahr und Tag wiederholt sich die Klage]. In: Bayerische Filmzeitung, Nr. 5, 1929. — 25 Als Vorbild dafür galt die Arbeit der Bayerischen Landesbühne, von Johannes Eckardt 1922 beschrieben  – zentral war dort die Pf lege des zahlreiche bayerische Städte umfassenden Theaterspielplans, um die »volkserzieherischen Ziele« zu erreichen. Dr. Johannes Eckardt: Die Bayerische Landesbühne. In: Bayerische Staatszeitung, Nr. 53, 4.3.1922, und Nr. 59, 11.3.1922 (SM, Kulturamt 418). — 26 Bestimmungen über die Auswahl der Filme für die Bayerische Landesfilmbühne und über ihren Beirat. Ohne Datum. In: SM, Bayer. Landesfilmbühne GmbH Verschiedenes Kulturamt 483/1. — 27 Anon.: [Seit Jahr und Tag wiederholt sich die Klage], a. a. O.  — 28 Johannes Eckardt an die Herren Gesellschafter der

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Johannes Eckardt Bayerischen Landesfilmbühne GmbH, München, 18.6.1930. In: SM, Bayer. Landesfilmbühne GmbH Verschiedenes Kulturamt 483/1. — 29 Ru.: Eröffnungsvorstellung der Bayer. Landesfilmbühne im eigenen Heim. In: Völkischer Beobachter (München), Nr. 236, 11.10.1929 (SM, Zeitungsausschnitte ZA-319/8).  — 30 Johannes Eckardt an die Herren Gesellschafter der Bayerischen Landesfilmbühne GmbH, München, 18.6.1930, a. a. O.  — 31 Verlagsanzeige in: ALA Zeitungskatalog 1930. 55. Jg. Berlin: ALA Anzeigen-AG 1930, S. 281 (Abschnitt »Der Verleger in der Anzeige«). — 32 Als das Amt Rosenberg Anfang 1938 Erkundigungen über Johannes Eckardt einzog, wurde er als großer Idealist ohne finanziellen Weitblick charakterisiert, dessen »Anschauungen über das Kulturtheater und die Aufgaben von Theater und Film im allgemeinen […] vielfach unbewußt nationalsozialistische Gedankengänge [enthalten], wenn er auch den wahren Feind auf diesem Gebiete, das zersetzende Judentum, nicht erkannte oder doch nicht herausstellte.« Wesentliche Einschränkung: »Allerdings muß Dr. Eckardt die anläßlich der in München vom 13.7.  – 23.8.1928 abgehaltenen Filmfestwochen nach dem offiziellen Programm geplante, aber durch das Kultusministerium verhinderte Vorführung des berüchtigten Films Panzerkreuzer Potemkin übel vermerkt werden. Politische Bindungen Dr. Eckhardts nach der schwarzen oder roten Seite konnten nicht festgestellt werden.« In: BA, R 9361-II / 191523. — 33 Wolfgang Petzet: Der Stand des Weltfilms. Zu den Filmfestwochen in München. In: Der Kunstwart, Heft 1, 1928/29, S. 116 und 121. — 34 Johannes Eckardt: Vorwort. In: Erwachen, Sonderheft: Die Zukunft des Films [1928], S. 238. — 35 Ebd., S. 334–342. — 36 Dr. Johannes Eckardt: Die Bayerische Landesbühne. In: Bayerische Staatszeitung, Nr. 53, 4.3.1922, und Nr. 59, 11.3.1922 (SM, Kulturamt 418). — 37 Anon.: Die Bayerische Landes-Filmbühne. In: Bayerische Filmzeitung, Nr. 1, 1929, S. 15. — 38 Georg Kruse: Neue Wege des Films. In: Der Kunstwart, Heft 1, 1928/29. — 39 Bruno Rehlinger: Der Begriff filmisch. Emsdetten: Heinrich & Lechte 1938, S. 13–14 (Die Schaubühne. Quellen und Forschungen zur Theatergeschichte. Hg. von Carl Niessen in Verbindung mit Artur Kutscher, Bd. 18). — 40 Die Ufa. Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des deutschen Filmschaffens. Hg. im Auftrag der Universum-Film Aktiengesellschaft von Hans Traub. Berlin: Ufa-Buchverlag 1943, S. 103. — 41 Anon.: Mißverständnis um die Bayerische Landes-Filmbühne. In: München-Augsburger Abendzeitung, Nr. 260, 28.9.1930. — 42 Vgl. Niederschrift der Gesellschafter der Landesfilmbühne GmbH am 6.6.1930, wonach Eckardt »zum nächstzulässigen Termine zu kündigen« sei. In: SM, Lichtspielwesen / Vereine / Verschiedenes Kulturamt 492.  — 43 Edmund Schopen an Karl Scharnagl, München, 16.10.1930. In: SM, 39. Verkehr – Schienen Kulturamt 390. — 44 Johannes Eckardt an Carl Muth, Berlin, 9.12.1930. In: Bayerische Staatsbibliothek, Nachlass Carl Muth, Ana 390 II.A Eckardt, Johannes. Mit Dank an Nino Nodia.  — 45 Paul Eger an Karl Scharnagl, Berlin, 12.6.1929. In: SM, Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild, Kulturamt 192. — 46 Henning von Boehmer und Helmut Reitz: Der Film in Wirtschaft und Recht. Seine Herstellung und Verwertung. Mit einer graphischen Übersicht über den Umlauf des Geldes in der Filmindustrie. Berlin: Heymanns 1933, S. 248.  — 47 L. L.: Film-Avantgarde. In: Münchener Post, Nr. 188, 16.8.1929 (SM, Zeitungsausschnitte ZA-3198). — 48 Vgl. Jeanpaul Goergen: Filmgeschichte im Wohnzimmer. 16mm- und Super8-Kurzfassungen deutscher Film-

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Johannes Eckardt klassiker. In: Filmblatt, Nr. 19/20, Sommer/Herbst 2002, S. 8. — 49 Werbeanzeige in: Hannoverscher Anzeiger, 30.10.1930. In: Materialkonvolut zu Veranstaltungen im Planetariumssaal des Hannoverschen Anzeigers, im Besitz des Autors, der dafür Peter Struck (Hannover) zu Dank verpf lichtet ist. Die Mark-Twain-Adaption war ab dem 29.10.1930 in Hannover programmiert und somit offenbar noch vor der USPremiere, die für den 15.11.1930 genannt wird. — 50 Fritz Olimsky: Eröffnung der »Kamera«. In: Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 121, 11.3.1928. — 51 Vgl. Anon.: Ein Kino der Intellektuellen in London. In: Film-Kurier, Nr. 256, 29.10.1930. — 52 D. (Hans Deneke): Die Münchner »Kamera«. In: Deutsche Filmzeitung, Nr. 49, 6.12.1929.  — 53 Vgl. Berlin Provinz. Literarische Kontroversen um 1930. Bearbeitet von Jochen Meyer. In: Marbacher Magazin, Nr. 35, 1985 (2. Auf lage 1988). Hg. von Bernhard Zeller. — 54 Johannes Eckardt an Thomas Mann, 9.4.1931. In: Freies Deutsches Hochstift, Frankfurt am Main, HS – 15689. Mit Dank an Konrad Heumann und Bettina Zimmermann. — 55 Vgl. eine Anzeige in Der Schulkampf, Heft 10, Oktober 1930. Darin wird erklärt, dass Schülern gegen Legitimation Vorzugspreise gewährt werden, in der ersten Vorstellung seien nur 50 Pf. zu zahlen, in allen anderen statt 1,50 bis 2,50 Mark nur 1 Mark. In Heft 11, November 1930 schreibt ein »Helmuth« lobend über die »Kamera«, die sich »ein Stammpublikum geschaffen« habe, »das dem HugenbergHitler-Kulturkreis nicht gerade sehr nahe steht«. — 56 Verwaltungsratssitzung der Degeto, 11.11.1930. In: GSPK, I. HA Rep. 76 Kulturministerium Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H. — 57 Notiz zur Gesellschaft für den guten Film GmbH (Handelsregister Berlin, Nr. 45579) in: Lichtbild-Bühne, Nr. 51, 28.2.1931. — 58 Situationsbericht von Johannes Eckardt an Karl Haslinde und Kurt Magnus, 9.8.1931. In: GSPK, I. HA Rep. 76 Kultusministerium, Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H. — 59 Geschäftsbericht der Degeto für 1930, 2.11.1931. In: LAB, Handelsregisterakte Degeto B Rep. 042 Nr. 28085. — 60 Kurt Magnus an Karl Haslinde, 28.10.1931. In: GSPK, I. HA Rep. 76 Kulturministerium Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H.  — 61 –as.– (Hans Tasiemka): Zyklus alter Filme. In der Kamera. In: Neue Berliner Zeitung – Das 12 Uhr Blatt, Nr. 239, 12.10.1931. Vgl. dazu auch das Monatsprogramm der »Kamera« für Oktober 1931 in: Deutsche Kinemathek, Sammlungen, Hausprogramme Kamera Unter den Linden 1. — 62 J. (Lucy von Jacoby): »Kamera«-Klub. In: Tempo, Nr. 98, 28.4.1931. — 63 Vgl. Anon.: Johannes Eckardts Klub für Filmkultur. In: Deutsche Filmzeitung, Nr. 19, 8.5.1931. — 64 H. Wollenberg: Das Kind und die Welt. In: Lichtbild-Bühne, Nr. 288, 2.12.1931.  — 65 mb.: Feierliche Eröffnung der Frankfurter »Kurbel«. In: Lichtbild-Bühne, Nr. 284, 27.11.1931, und L. W.-s.: Frankfurter Kurbel eröffnet. In: Film-Kurier, Nr. 278, 27.11.1931; dazu Aktennotiz Dr. (Fritz W.) Pauli, Berlin, 26.1.1933, wonach bei ihm »der Bruder von Dr. Eckardt«, ehemaliger »Leiter der ›Kurbel‹ in Frankfurt, die eine Zeit lang mit der Degeto zusammen gearbeitet hat, dann aber aus finanziellen Gründen ihren Betrieb aufgeben musste«, um eine Beschäftigung im Rundfunk nachgesucht habe. In: BA, R 78 / 29. Bei dem Bruder handelt es sich um Franz Eckardt (1891–1940), Schauspieler, Sänger, Theateragent. Mit Dank an Ulrich Döge und Peter Jammerthal. — 66 L. W.-s.: Frankfurter »Kurbel« in Konkurs. In: Film-Kurier, Nr. 77, 1.4.1932. — 67 Leo Hubermann: Die Magdeburger Kamera. In: Magdeburger Volksbühne, Nr. 2, September 1931, S. 13. In: GSPK, I. HA Rep. 76 Kultusministerium, Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H. Mit Dank

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Johannes Eckardt an Isabell Müller, Stadtarchiv Magdeburg.  — 68 Strafanzeige des Rechtsanwalts Adolf Kraetzer vom 21.1.1933 Gesellschaft für den guten Film, vertreten durch den Liquidator Johannes Eckardt, gegen Emil Wilck. In: BA, R 78 / 29; sowie BA, R 9361 – V / 17120. Die Gesellschaft für den guten Film GmbH wurde lt. einer Gewerbedatenbank für Betriebe 1933–1945 am 9.5.1932 liquidiert und 1934 gelöscht. Als Geschäftsführer wird Emil Wilck genannt. Eine Handelsregisterakte ist in dem für Handelsregisterunterlagen zuständigen Berliner Amtsgericht Charlottenburg nicht zu ermitteln. Auskunft des Landesarchivs Berlin, Michael Albrecht, vom 31.8.2017. — 69 Anon.: Kann sich die »Kamera« halten? Zur Krise der Kulturfilm- und Repertoire-Bühne. In: Lichtbild-Bühne, Nr. 39, 16.2.1932. — 70 Unter dem Titel »Der gute Film« verantwortete Schamoni im Oktober/November 1929 den filmischen Teilbereich zur Berliner Ausstellung »Film und Foto« im ehemaligen KunstgewerbeMuseum (Martin-Gropius-Bau). Der Deutsche Werkbund hatte sie nach der ersten Station Stuttgart auf Wanderschaft gegeben. Zu den in Berlin präsentierten Filmen gehörte G. W. Pabsts Geheimnisse einer Seele. Ein psychoanalytischer Film, für die Ufa-Kulturabteilung von Hans Neumann produziert, der zusammen mit Colin Ross auch das Manuskript verfasste. Das Sonderprogramm zur Ausstellung lief in der »Kamera«, Matinee-Sondervorführungen im »Capitol am Zoo«, vgl. Curt Glaser: Film und Foto in der Ausstellung im ehemaligen Kunstgewerbemuseum. In: Berliner Börsen-Courier, Nr. 491, 20.10.1929. – In Österreich erschien in enger Kooperation mit dem Institut für Filmkultur von 1931 bis 1938, endend mit dem »Anschluss« Österreichs an das Deutsche Reich, die Zeitschrift Der gute Film, geleitet von Ludwig Gesek. Vorgaben der katholischen Kirche bestimmten die Arbeit von Institut und Zeitschrift, an der sich die österreichische Filmwirtschaft beträchtlich störte, da sie mitunter das Ziel verfolgte, »die Kinobesucher zum Boykott bestimmter Filme zu bewegen« (Armin Loacker: Anschluss im ¾-Takt. Filmproduktion und Filmpolitik in Österreich 1930–1938. Trier: Wissenschaftlicher Verlag 1999, S. 71). — 71 pem. (Paul Marcus): Reportage. Die ersten Amateur-Schmalfilme in der Kamera. In: Neue Berliner Zeitung  – Das 12 Uhr Blatt, Nr. 232, 3.10.1932. Die »Kamera« schuf sich eine Schmalfilm-Abteilung, die Ende 1932 als wohl einzigen Arbeitsnachweis einen 115 Meter langen Schmalfilm (10 Minuten Dauer) mit dem Titel Weihnachtsspaziergang Unter den Linden realisierte, der am 10.12.1932 die Zensur passierte, dessen Schicksal jedoch unbekannt geblieben ist.  — 72 Geschichte im Film. I. KameraStaffel 1943 vom 1. Januar bis 22. April. In: Deutsche Kinemathek, Sammlungen, Hausprogramme Berlin Kamera 1943. Bei Ebay (Stand 11.9.2017) wurde das Programm der II. Kamera-Staffel 1943 vom 23. April bis 5. August angeboten, es schloss mit Detlef Siercks Schlussakkord (1936) und Rolf Hansens Die grosse Liebe (1942), beides Produktionen der Ufa. Selbstverständlich konnte auch eine solche Programmierung der Bildung eines Kanons dienen. Zur zeitgenössichen Bedeutung der »Kamera« für »Filmfans« und »Kino-Ratten« vgl. auch die Notiz bei Horst H. Lange: Comics, Jazz und irre Zeiten. Aus dem Leben eines unangepaßten Berliners 1930– 1960. Berlin: Triga 2000 (2. Auf l.), S. 45. Lange berichtet, wie er als Jugendlicher aus dem Westen Berlins »mit dem Zwölfer-Bus« zur »Kamera« gefahren ist, »um den damaligen Superfilm Bengali zu sehen« (The Lives of a Bengal Lancer, USA 1935, Regie: Henry Hathaway). — 73 c.: Jerven-Gastspiel der Degeto in der Kamera.

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Johannes Eckardt In: Lichtbild-Bühne, Nr. 230, 28.9.1933. — 74 Sichtung des Films am 11.12.2017 (DVD aus der Collection Gabin, Neuilly-sur-Seine: M6 interactions 2006, Vertrieb: Warner Home Vidéo France).  — 75 -tz. (Hans-Walther Betz) in: Der Film, Nr. 17, 27.4.1935. Betz nennt Johannes Eckardt für die deutsche Bearbeitung des Films, der im Sonderverleih der Degeto ausgewertet wurde. Diese Angabe wird bestätigt durch zeitgenössische Unterlagen zum Film in den Sammlungen der Deutschen Kinemathek, zu denen auch ein Werbeblatt der Degeto gehört, für das Johannes Eckardt den Text verfasste, in dem er die deutsche Bearbeitung als »wesentlich gestrafft« beschreibt. Die Zensurkarte zur Zulassung vom 18.4.1935 (B.39098) scheint nicht überliefert zu sein, eine weitere (B.49992, Zensurdatum 20.12.1938, BundesarchivFilmarchiv) führt lediglich die einkopierten deutschen Titel auf. — 76 Meinungen über Dood Water. Beigeschlossen zu Anon.: Dood Water – ein Film mit vielen Qualitäten (Im »Royal« und »Corso«) (Handschr. Notiz: 1.12.34), 8 Blatt. In: Dossier Dood Water. In: Bundesarchiv-Filmarchiv, Bibliothek, 3297. Der Film ist abruf bar unter http://bit.ly/2CulZHy (zuletzt 5.1.2018). — 77 F. Cremers: Lichtspielhäuser in aller Welt. Die Kurbel, Berlin. In: Filmtechnik, 20.4.1935. — 78 Vgl. anon.: Degeto jetzt ohne »Kurbel«. In: Film-Kurier, Nr. 232, 4.10.1935. Die Berliner Börsen-Zeitung notierte am 6.10.1935, dass die Degeto ihre Beziehungen zur Kurbel »mit dem 8. Oktober gelöst hat«. — 79 Dr. Johannes Eckardt: Krisis der Repertoire-Kinos. In: Berliner Tageblatt, Nr. 88, 21.2.1932.  — 80 Anon.: Kunstgesinnung und filmische Technik. In: Der gute Film (Wien), Nr. 7/8, Folge 239/240, 3.3.1938, S. 147.  — 81 Georg Kruse: Neue Wege des Films. In: Der Kunstwart, Heft 1, 1928/29; K. J.B.: Klassisches stummes Repertoire  – ein Ausweg. In: Deutsche Filmzeitung, Nr. 32, 8.8.1930.  — 82 K. J.B.: Klassisches stummes Repertoire  – ein Ausweg, a. a. O.  — 83 Eberhard Fechners große Planungen für eine Deutsche Mediathek aus den 1980er Jahren sind mittlerweile teilweise realisiert worden in der Mediathek Fernsehen der Deutschen Kinemathek. Das vorgehaltene Angebot von knapp 10.000 Sendungen richtet sich aus den benannten Gründen ausschließlich an Museumsbesucher in Berlin und muss den Vorteil des gesendeten Fernsehprogramms bzw. des heute üblichen Online-Abrufs, an verschiedenen Orten (zur selben Zeit) empfangbar zu sein, ungenutzt lassen. — 84 Bericht über die bei der Deutschen Gesellschaft für Ton und Bild e. V. (Degeto) Berlin W.8, Unter den Linden 14 vorgenommene Prüfung der Geschäftsbücher zum 31. Dezember 1931; sowie Nachtrag zu diesem Bericht, Berlin, 6.4.1932. Beides in: BA, R 78 / 29 Reichsrundfunkgesellschaft. Allgemein wurde vom Prüfer angemerkt, dass die bis dahin geübte einfache Buchhaltung den Geschäftshandlungen der Degeto nicht genügt, es wurde empfohlen, ab Januar 1932 zur doppelten Buchführung überzugehen und gleichzeitig ein Hauptbuch einzurichten. Kritisiert wurde weiterhin der versäumte Steuerabzug von Bruttogehältern ( Johannes Eckardt erhielt ein Monatsgehalt von 300 RM, 1933 dann 500 RM) sowie ein fehlender Einbehalt von Abzügen der Sozialversicherung. Zum Vergleich: Ein renommierter Filmkritiker und -journalist wie Ernst Jäger erhielt um 1933 für seine Dienste beim Film-Kurier ein Monatsgehalt von etwa 3.000 RM. Vgl. Tonbandinterview von Gero Gandert und Werner Sudendorf mit Lucien Mandelik am 14.7.1995. In: Deutsche Kinemathek, Sammlungen, SDK_N2160_Ton_01 (Digitalisat).  — 85 Nachtrag zum Bericht über die bei der Deutschen Gesellschaft für Ton und Bild

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Johannes Eckardt e. V. (Degeto) vorgenommene Prüfung der Geschäftsbücher zum 31. Dezember 1931, Berlin, 6.4.1932. In: BA, R 78 / 29 Reichsrundfunkgesellschaft. — 86 Vgl. tas. (Hans Tasiemka): Tiere sehen Dich an. Degeto-Matinee im Tauentzien. In: Neue Berliner Zeitung – Das 12 Uhr Blatt, Nr. 233, 5.10.1931. — 87 -ner. (Lotte Eisner): DegetoSonntag. Drei Filme in drei Berliner Kinos. In: Film-Kurier, Nr. 233, 5.10.1931. Die Angaben zum Film von Paul Eipper nach Der Film der Weimarer Republik. 1929. Ein Handbuch der zeitgenössischen Kritik. Im Auftrag der Stiftung Deutsche Kinemathek hg. von Gero Gandert. Berlin, New York: de Gruyter 1993, S. 776–777. — 88 Antrag der Degeto (Magnus und Eckardt) beim Preußischen Kultusminister, 11.4.1932. In: GSPK, I. HA Rep. 76 Kulturministerium Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H. — 89 Am 18.9.1933 wurden vier kurze Filme zensiert, die Schonger produzierte, deren Hersteller lt. einem Katalog des Reichsfilmarchivs jedoch die Degeto war: Deutscher Herbst, Deutscher Winter, Deutscher Frühling und Deutscher Sommer. In: Filmverzeichnis. Reichsfilmarchiv beim Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Spielfilme, Kulturfilme, Werbe- und Industriefilme, politische Filme. Hg. vom Reichsfilmarchiv. O. O. [Berlin] O. J. [um 1939], B/I/b/9 [ohne Deutscher Sommer]. Loseblattsammlung in der Bibliothek der Deutschen Kinemathek.  — 90 Johannes Eckardt: Entwurf Geschäftsbericht Degeto, 22.2.1933. In: BA, R 78 / 29. Als Kennzeichen für Eckardts Verständnis von Filmwerken, die für solche Kunstwochen ungeeignet waren, kann seine Ablehnung von zwei Künstlerfilmen in der Verantwortung von Hans Cürlis gelten, deren Titel ungenannt bleiben: »Die Aufnahmen, die Sie von den Malern und Bildhauern gemacht haben, sind sicher ein sehr grosses Verdienst, sie kommen aber doch nur als Dokumente für das Schaffen der betreffenden Künstler in Betracht und nicht an sich als Filmkunstwerke.« (Degeto e. V. / Johannes Eckardt an Institut für Kulturforschung, Hans Cürlis, Berlin, 20.5.1933. In: Deutsche Kinemathek, Sammlung Hans Cürlis, Mappe 77.4.) Mittlerweile waren 1932 die Internationalen Filmkunstwochen der Biennale in Venedig hinzugefügt worden. — 91 Vgl. Werbezettel Deutsche Liga für unabhängigen Film e. V., Berlin, undatiert [Mai] 1931. In: http://bit.ly/2BD8OXw (zuletzt 18.12.2017). Mit Dank an Eva Orbanz.  — 92 Herbert Ihering: Der preisgekrönte Film. Ein Dokument. In: Berliner Tageblatt, Nr. 205, 2.5.1935. Nachdruck in: Herbert Ihering. Filmkritiker. Hg. von Rolf Aurich und Wolfgang Jacobsen. München: edition text + kritik 2011, S. 352. – Dieser am Nachmittag des 29.4.1935 im Berliner »Gloria-Palast« auf Wunsch des Präsidenten der Reichsfilmkammer (Fritz Scheuermann) gezeigte »Vortragsfilm über die Möglichkeiten, die Eigenart und die Gesetze des Films als Kunstmittel« trug den Titel Der Film, die neue Kunst des 20. Jahrhunderts, Zensurdatum 27.4.1935, 35 mm, Länge 1.817 m (66 Minuten). Dazu Filmverzeichnis. Reichsfilmarchiv beim Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Spielfilme, Kulturfilme, Werbe- und Industriefilme, politische Filme, a. a. O., B/III/b/7. Im Herbst 1935 sollte er Uraufführung haben, zu der es offenkundig nicht gekommen ist. Seine Gestaltung wird Johannes Eckardt und Frank Leberecht zugeschrieben. Im Reichsfilmarchiv wurde der Film unter der Lagernummer 2503 verwahrt. Ebenfalls dort archiviert (Lagernummer 931) war ein 35-mm-Film mit dem Titel Aus der Geschichte des Film (Filmkongress), der einen Querschnitt an Szenen aus Beispielen der ersten 25 Jahre Filmgeschichte versammelt. Einzig Johannes Eckardt

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Johannes Eckardt wird hier als Verantwortlicher des vom Reichsfilmarchiv hergestellten Films geführt. Als Länge werden 721 m angegeben (26 Minuten), ein Zensurdatum ist nicht überliefert. Dieser Film wurde am Abend des 29.4.1935 im Harnack-Haus (Berlin-Dahlem) gezeigt innerhalb einer Kongress-Sonderveranstaltung des Reichsfilmarchivs für die Delegationen. Auch eine Fernsehsondersendung stand dabei auf dem Programm. Beide Filme sind in Deutschland nicht überliefert. Zwei Vorträge an einem Tag an verschiedenen Orten – Johannes Eckardt konnte omnipräsent sein. Mit Dank an Alexander Zöller. — 93 Schu. (Hans Schuhmacher): Film, die neue Kunst des 20. Jahrhunderts. In: Film-Kurier, Nr. 100, 30.4.1935. — 94 Arnold Raether: Film in seiner Entwicklung zum Staatsfilm. Ohne Ort, undat. [nach 1945], Typoskript, 6 Blätter, hier Blatt 4. Mit Dank an Lothar Fischer.  — 95 Vgl. Hans Traub: Randgebiete. Film. In: Zeitungswissenschaft, Nr. 6, 1.6.1936, S. 284.  — 96 Lebenslauf von Dr. Johannes Eckardt. Zu seinem 70. Geburtstag am 20.4.1957. Hg. vom Verband der deutschen Film-Clubs. In: BHStA, MK 51781 Film-Clubs Bd. II Satzung v. Augsburg, 1.1.1953–24.6.1963. Textidentisch als »Sein Lebenslauf ist ein Stück Filmgeschichte« in: filmforum, Nr. 7, April 1957.  — 97 F. M.d.J.: IV. Kongreß für FarbeTon-Forschung (Hamburg vom 4.-11. Oktober 1936). In: Der deutsche Film, Nr. 5, November 1936, S. 150 f. — 98 Programmübersicht des Sonderzyklus »Deutschland« mit Veranstaltungen im »Capitol am Zoo« am 26.3., 2.4. und 9.4.1933. In: BA, R 78 / 29. — 99 Johannes Eckardt an Kurt Magnus, 15.3.1933. In: ebd. — 100 Anon.: Repräsentative Degeto-Matinee. Reichskommissar Mahnken spricht zu einem Arbeitsdienst-Film. In: Film-Kurier, Nr. 74, 27.3.1933. Nach einer anderen Quelle thematisiert der vieraktige Film Unsere Zukunft liegt in Deutschland die Kultivierung von Ödland in Ostfriesland, vgl. F. O. (Fritz Olimsky) in: Berliner BörsenZeitung, Nr. 582, 12.12.1932. Die Kritik bezieht sich auf die Premiere innerhalb einer Degeto-Sonntagsmatinee. — 101 Geschäftsbericht der Degeto für das Geschäftsjahr 1.1.1933 bis 31.3.1934, 31.3.1934. In: BA, R 78 / 29. — 102 Aktennotiz Dr. (Fritz W.) Pauli, 12.4.1933. In: ebd. — 103 Mit Dank an Jörg Wyrschowy, Deutsches Rundfunkarchiv, Frankfurt am Main. — 104 Versammlung der Mitglieder am 15.5.1933. In: LAB, Handelsregisterakte Degeto B Rep. 042 Nr. 28085. — 105 Vgl. dazu HansWalther Betz: Weissbuch des deutschen Films. Berlin: Verlag »Der Film« 1936, S. 72. — 106 Vgl. Stellungnahme von Johannes Eckardt zu einer von Rudolf Krohne am 27.11.1933 geführten Klage über das »Ernährungsfilmprojekt« (»Diktatur des Magens«) gegenüber Kurt Zierold, 7.12.1933. In: GSPK, I. HA Rep. 76 Kulturministerium Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H. — 107 pr.: Denkwürdige Uraufführung: Ueber uns der Dom. Filmfestspiele Berlin. In: National-Zeitung, Nr. 146, 30.5.1934. — 108 Vgl. Johannes Eckardt an Kurt Zierold, 13.4.1934. In: GSPK, I. HA Rep. 76 Kultusministerium, Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H. — 109 Zur Interpretation von Über uns der Dom vgl. Reiner Ziegler: Kunst und Architektur im Kulturfilm 1919–1945. Konstanz: UVK 2003, S. 163–166. — 110 Hans Traub: Randgebiete. Der Film. In: Zeitungswissenschaft, Nr. 8, 1.8.1934, S. 372. — 111 Die Mitteilung des Kultusministeriums lautete: »Im Zuge der neuen Aufgabenabgrenzung zwischen dem Preußischen Kultusministerium und dem Reichspropagandaministerium hat das Kultusministerium, das die Betreuung der allgemeinen Kulturfilmfragen federführend dem Propagandaministerium überläßt, seine Beziehungen zur ›Degeto‹

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Johannes Eckardt (Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild) Sitz Berlin gelöst.« Die Meldung ging an acht Fachblätter, die übrige Presse war dabei »unerwünscht«. Der Minister an die Pressestelle im Hause, 6.8.1934. In: GSPK, I. HA Rep. 76 Kulturministerium Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H; vgl. Johannes Eckardt [privat] an Kurt Zierold, Berlin, 31.7.1934, und Verwaltungsratssitzung der Degeto, 2.8.1934 im Zimmer von Zierold. Beides in: ebd.; vgl. auch den Bericht über die Mitgliederversammlung der Degeto, 2.8.1934 im Zimmer von Zierold. In: BA, R 78 / 29. — 112 Reichs- und Preußisches Ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung [Zierold] an den Staatskommissar für die Hauptstadt Berlin, 8.2.1936. In: GSPK, I. HA Rep. 76 Kultusministerium, Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H.  — 113 Vgl. Aktenvermerk Rechtsabteilung RRG nach Gespräch von Johannes Eckardt mit Schirp von der Revisionsabteilung RRG und Schenck, 7.2.1935. In: BA, R 78 / 29 Reichsrundfunkgesellschaft.  — 114 Außerordentliche Mitgliederversammlung und Verwaltungsratssitzung der Degeto e. V., 5.3.1935. In: LAB, Handelsregisterakte Degeto B Rep. 042 Nr. 28085. Vgl. auch die Meldung »Ausbau-Pläne der Degeto. Neuer Verwaltungsrat. Mitarbeit an der ›Kurbel‹« in: Film-Kurier, Nr. 55, 6.3.1935. — 115 Vgl. zur Beratungsfunktion auch den Artikel »Hebung des Kulturfilms« in: Der Film, Nr. 9, 2.3.1935. — 116 Vgl. Mitglieder des Verbandes der Deutschen Kultur-, Lehr- und Werbefilm-Hersteller e. V. In: Lichtbild-Bühne, Nr. 291, 11.12.1933. — 117 Reichsvereinigung Deutscher Lichtspielstellen, Kultur- und Werbefilmhersteller e. V., Rundschreiben Nr. 6, Berlin, Februar 1935. In: BA, R 8128 / 17388. — 118 Alexander Jason: Handbuch des Films 1935/36. Berlin: Hoppenstedt 1935, S. 41. — 119 Dr. Johannes Eckardt: »Der Film, die neue Kunst des 20. Jahrhunderts«. In: Film-Kurier, Nr.  93, 20.4.1935. Der Text ist in der Signatur auf den 19.4.1935 datiert. — 120 Reichsvereinigung deutscher Lichtspielstellen, Kultur- und Werbefilmhersteller e. V. an RRG, 22.12.1934. In: BA, R 78 / 29. — 121 Vgl. Dr. Johannes Eckardt: »Der Film, die neue Kunst des 20.  Jahrhunderts«. In: Film-Kurier, Nr. 93, 20.4.1935.  — 122 Rechtsanwalt Adolf Kraetzer [Vertreter von Eckardt] an Arnold Raether [Propagandaministerium], 20.10.1934. In: GSPK, I. HA Rep. 76 Kultusministerium, Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H. — 123 Heinz Mohrmann: Aufbau und neuere Entwicklung des Filmtheatergewerbes. Berlin: Buchdruckerei Begach 1935 (Diss.), S. 26. — 124 Mit Dank an Dirk Alt. Vgl. anon.: Arbeit und Ziel der Berliner Kulturfilmbühne. In: Der Film, Nr. 48, 30.1.1935, und anon. in: Der Bildwart, Heft 11, 12. Jg., Februar 1935. Vermutlich bezog sich Eckardt auf diese Tätigkeit, wenn er in einem undatierten masch. Lebenslauf [um 1938] ausführt: »Vom August 1934 bis Dezember 1936 war ich gleichzeitig auch hauptamtlicher Referent der Reichsfilmkammer, Abt. Kulturfilm.« In: BA, R 9361 / V / 17120 Personenbezogene Unterlagen der RKK zu Dr. Eckardt. — 125 Heinz Mohrmann: Aufbau und neuere Entwicklung des Filmtheatergewerbes. Berlin: Buchdruckerei Begach 1935 (Diss.), S. 73; vgl. auch Hans Traub: Wörterbuch des Films [Stichwort »Programm«], a. a. O., S. 200. — 126 Gerd Eckert: Die zwei Gesichter des Kulturfilms. In: Deutsches Volkstum, Heft 6, Juni 1937, S. 454. — 127 Knut Hickethier: Vernebelter Anfang. Polemisches zur ›Stunde Null‹ des Fernsehens – beim Durchblättern fernsehhistorischer Erinnerungen. In: Theaterzeitschrift. Beiträge zu Theater, Medien, Kulturpolitik. Thema Theater- und Mediengeschichte nach 1945. Heft 28, Sommer 1989, S. 74 f. Mit Dank an Knut Hickethier. Zu Gerhard

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Johannes Eckardt Eckerts Biografie vgl. ders.: Ich lebe noch gern. Mein bewegtes Leben von 0 bis 97. Hg. von Anneliese Eckert und Walter Arnold. Dänischenhagen: buchvermarkter.de 2013. — 128 Heinrich Roellenbleg an Hans Cürlis, Tübingen-Lustnau, 14.9.1949. In: Deutsche Kinemathek, Sammlung Hans Cürlis, Mappe 77.4. — 129 Bereits am 16.8.1932 diskutierte Eckardt mit einem »Prof. Dr. Biermann« im Rundfunksender Königswusterhausen zwischen 19.00 und 19.40 Uhr über das Thema »Film und Volk«. Programmankündigung »Rundfunk am Abend« in: Der Abend. Spätausgabe des Vorwärts, Nr. 384, 16.8.1932. Mit Dank an Annika Schaefer und Meik Woyke. — 130 Filmverzeichnis. Reichsfilmarchiv beim Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Spielfilme, Kulturfilme, Werbe- und Industriefilme, politische Filme, a. a. O. Vgl. ebd. auch B/III/b/1.  — 131 Vgl. Johannes Eckardt an Kurt Zierold, Berlin, 7.10.1933. In: GSPK, I. HA Rep. 76 Kulturministerium Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H; sowie Geschäftsbericht der Degeto für das Geschäftsjahr 1.1.1933–31.3.1934, 31.3.1934. In: BA, R 78 / 29. — 132 Vossische Zeitung, Nr. 356, 27.7.1933; auch der Berliner BörsenCourier brachte an diesem Tag dazu eine Notiz. Beides in: Bundesarchiv, NS 15 / 168. — 133 Einladung an Hans Cürlis Uraufführung Was ist die Welt?. In: Deutsche Kinemathek, Sammlung Hans Cürlis, Mappe 77.4. — 134 Vgl. Kurt Zierold an Degeto, Berlin, 21.12.1933. In: GSPK, I. HA Rep. 76 Kulturministerium Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H. Am 6. Juni 1934 kam es zu einer Verschmelzung des Reichsverbandes Deutsche Bühne mit dem Kampf bund für deutsche Kultur zur »Nationalsozialistischen Kulturgemeinde« (NS-Kulturgemeinde). — 135 Dr. Johannes Eckardt: Zum 14. Januar. Ein Wort der Begrüßung. In: Lichtbild-Bühne, Nr. 11, 13.1.1934. — 136 Johannes Eckardt: Theater und Film. In: Filmtheaterführung. Zweiter Band. Die Vorträge des zweiten Schulungsjahres 1935/36 der Fachschule der Filmtheaterbesitzer. Hg. von der Fachschule der Filmtheaterbesitzer [verantwortlich für die Drucklegung: Hans Schuhmacher]. Berlin: Neue Film-Kurier Verlagsgesellschaft o. J. [1936], S. 171. — 137 Ebd., S. 171/172. — 138 Johannes Eckardt: Film und Masse. In: Der deutsche Film, Heft 1, Juli 1936. — 139 Johannes Eckardt: Rundfunk und Film. In: Rufer und Hörer, Heft 1, April 1933, S. 26 f. Allgemein zur Wirkung des Films wie zur Gestaltung des Einzelnen und des Kollektivs im Nationalsozialismus vgl. Marian Kaiser: Rundfunk und Film im Dienste nationaler Kultur. Zur Film- und Medientheorie im ›Dritten Reich‹. In: Kunst der Propaganda. Der Film im Dritten Reich. Hg. von Manuel Köppen und Erhard Schütz. Bern u. a.: Lang 2008 (2. überarb. Auf l.), S. 15 f. (Publikationen zur Zeitschrift für Germanistik. Neue Folge, Bd. 15). — 140 Einladung zu dieser Tagung und Ablaufplan in: Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft, I Abt. Rep. 1 A, 1043/1. Mit Dank an Susanne Kiewitz, Susanne Uebele und Bernd Hoffmann. Vor dem Hintergrund der 1936 erstmals erschienenen offiziösen Zeitschrift Der deutsche Film diskutiert Rainer Rother den intensiven »ästhetischen und programmatischen Diskurs« innerhalb der Filmpublizistik in Deutschland vor Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939: Publizistisches Mittel, eigengesetzliche Form. Filmkundliche Ansätze von Filmzeitschriften im Nationalsozialismus. In: Wie der Film unsterblich wurde. Vorakademische Filmwissenschaft in Deutschland. Hg. von Rolf Aurich und Ralf Forster. München: edition text + kritik 2015, S. 282–290 (Film-Erbe, hg. von Chris Wahl, Bd. 1). — 141 Joh.(annes) Eckardt: Film als künstlerisches Ausdrucksmittel. In: Presse-Dienst der Reichsfilmkam-

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Johannes Eckardt mer, 1. Sondernummer, 18.2.1937. — 142 Vgl. Johannes Eckardt: Entwicklungsprobleme des Films. Sperrfrist 26. Juni 1960, 12 Uhr, S. 5. In: Deutsches Filminstitut, Frankfurt am Main, Textarchiv ( Johannes Eckardt). Mit Dank an Christof Schöbel. Interessant ist, dass auch ein früher Konkurrent von Eckardt innerhalb der Leitung des Verbandes der deutschen Filmclubs, der Münsteraner Publizistikprofessor Walter Hagemann, sich mit dem Begriff der Masse beschäftigt hat und dabei Le Bons Vorstellung von der Masse als einem beseelten und übersinnlichen Wesen widersprach, habe sie doch keine anderen Eigenschaften als das Individuum, ders.: Vom Mythos der Masse. Ein Beitrag zur Psychologie der Öffentlichkeit. Heidelberg: Vowinckel 1951. Vgl. dazu Thomas Wiedemann: Walter Hagemann. Aufstieg und Fall eines politisch ambitionierten Journalisten und Publizistikwissenschaftlers. Köln: von Halem 2012, S. 175 f. (Theorie und Geschichte der Kommunikationswissenschaft, Bd. 12). — 143 Schu. (Hans Schuhmacher): Dr. Johannes Eckardt 50 Jahre. In: Film-Kurier, Nr. 91, 20.4.1937. Mit dem Kritiker Hans Schuhmacher war Johannes Eckardt vermutlich näher bekannt. Das wird erkennbar durch seine Beziehung zu dem Architekten Hugo Häring, dessen Gast Eckardt 1947 in Biberach war, von wo aus er Empfehlungen für Schauspielerinnen und auch für Schuhmacher aussprach. Vgl. Margot Aschenbrenner an Frau Wellhoener, Biberach, 23.5.1947, masch. In: Akademie der Künste (künftig AdK), Hugo-Häring-Archiv, Nr. 01-486. Mit Dank an Tanja Morgenstern und Juliane Kreißl. — 144 Ein Beispiel dafür ist eine sprachliche Beimischung des Autors René Drommert in einem Aufsatz über die Beziehung zwischen Tanz und Film. Seine Forderung, Tanz nicht zu verfilmen, sondern ihn vom filmischen Menschen »aus den eigenen Gesetzen der Filmkunst heraus« zu gestalten, bezieht sich explizit auf Eckardt (»so wie das theoretisch etwa Dr. Johannes Eckardt überzeugend formuliert«). René Drommert: Tanz im Film oder tänzerischer Film? In: Der Tanz. Fachzeitschrift für Tanzkultur, Nr. 12, Dezember 1936, S. 3. — 145 Schu. (Hans Schuhmacher): »Die Erneuerung des Films aus dem deutschen Geist«. Dr. Eckardt vor dem Filmkreis des Studentenrings. In: Film-Kurier, Nr. 140, 19.6.1937; Ankündigung »Dr. Eckardt vor dem Studentenring« in: Film-Kurier, Nr. 138, 17.6.1937. — 146 Ung (Heinz Ungureit): Filmclubs ohne Programm. Kommentar. In: Filmkritik, Nr. 5, Juni 1962, S. 193. Sehr viel neutraler wird die Lage im Frühjahr 1962 beschrieben von Fee Vaillant: Frankfurt als Filmclub-Zentrale. In: Kino in der Stadt. Eine Frankfurter Chronik. Hg. von Herbert Stettner für das Kulturdezernat der Stadt Frankfurt am Main und das Deutsche Filmmuseum. Frankfurt am Main: Eichborn 1984, S. 130. — 147 Enno Patalas: Vor Schluchsee und danach. Aus dem Leben eines deutschen Cinephilen. In: Filmgeschichte, Nr. 19, September 2004, S. 67.  — 148 Heinz Ungureit: Anmerkungen zur Degeto, zu Dr. Johannes Eckardt und zu den Filmclubs. Brief an Rolf Aurich, Frankfurt am Main, 16.1.2017. Mit Dank an Heinz Ungureit. — 149 Jean-Marie Straub an Rolf Aurich, über Barbara Ulrich, E-Mail, 31.8.2010. Mit Dank an Jean-Marie Straub und Barbara Ulrich. — 150 Vgl. als Überblick Anne Paech: Die Schule der Zuschauer. Zur Geschichte der deutschen Filmclub-Bewegung. In: Zwischen Gestern und Morgen. Westdeutscher Nachkriegsfilm 1946–1962. Hg. von Hilmar Hoffmann und Walter Schobert. Frankfurt am Main: Deutsches Filmmuseum 1998, S. 226 f.; dsgl. Joachim Paech: Die Anfänge der Filmwissenschaft in Westdeutschland nach 1945. In: Ebd., S. 266 f.; mit Betonung der

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Johannes Eckardt Rolle von Eckardt Heide Fehrenbach: Cinema in democratizing germany. Reconstructing national identity after Hitler. Chapel Hill und London: The University of North Carolina Press 1995, S. 169 f.; aus einer Binnensicht Enno Patalas: Vor Schluchsee und danach, a. a. O., S. 61 f.; mit Akzent auf französischer Filmpolitik Thomas Tode: Starthilfe zur Filmkultur. Die deutsch-französischen Filmtreffen 1946–1953. In: Lernen Sie diskutieren! Re-education durch Film. Strategien der westlichen Alliierten nach 1945. Hg. von Heiner Roß. Berlin: Cinegraph Babelsberg 2005, S. 71 f. (Filmblatt-Schriften, Bd. 3); aus der Perspektive von Hagemanns Biografie Thomas Wiedemann: Walter Hagemann, a. a. O., S. 245 f. Für die späte Zeit der Filmclubs vgl. Fee Vaillant: Frankfurt als Filmclub-Zentrale, a. a. O., S. 129 f. — 151 Vgl. Gunter Groll: Film. Die unentdeckte Kunst. München: Beck 1937, S. 129 f. — 152 Dr. Johannes Eckardt: Die deutschen Filmclubs. In: undatierter Zeitungsausriss [um 1950] (Deutsches Filminstitut, Frankfurt am Main, Textarchiv, Johannes Eckardt).  — 153 Heinz Ungureit: Anmerkungen zur Degeto, zu Dr. Johannes Eckardt und zu den Filmclubs. Brief an Rolf Aurich, Frankfurt am Main, 16.1.2017. — 154 Heinz Ungureit: Anmerkungen zur Degeto, ebd.  — 155 el. (Horst G. Feldt): Mit den Waffen des Geistes gegen den Geist der Waffen. 2. Internationale Jugendkundgebung. In: Der neue Film, Nr. 13, 10.7.1948, S. 4. — 156 Vgl. die Briefe Eckardts an Ludwig Berger vom 18.2.1948, 1.3.1948 und 30.3.1948, sämtlich in: AdK, Ludwig-Berger-Archiv, Nr. 434. — 157 Vgl. Johannes Eckardt an Kurt Zierold, Berlin, 7.6.1934. In: GSPK, I. HA Rep. 76 Kultusministerium, Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H.  — 158 Vgl. Lessing-Hochschule an das Preußische Kultusministerium (Zierold), Berlin, 10.10.1933; Kultusministerium an Lessing-Hochschule, Berlin, 3.11.1933. Beides in: GSPK, I. HA Rep. 76 Kultusministerium, Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H.  — 159 Johannes Eckardt an Kurt Zierold, Berlin, 7.6.1934. In: ebd. — 160 Kumulierte Informationen aus: LAB, Apr.Br.Rep. 030-04 Nr. 1399 Lessing-Hochschule e. V. Berlin zur Anregung für Kunst und Wissenschaft 1935–1942.  — 161 Dr. Marga Baganz (Berlin, Müllenhoffstr. 13, Kreuzberg, o. D.): »Befragt über mein Urteil über die frühere Lessing-Hochschule möchte ich f lg. Antwort geben«. In: LAB, C Rep. 120 – 500 Lessing-Hochschule und Urania, enthält u. a. Satzungen, Veranstaltungspläne, Finanzberichte, Sternwarte Invalidenstraße (1935–1944), 1945–1947.  — 162 Kumulierte Informationen aus: ebd.  — 163 Ebd.  — 164 -tz. (Hans-Walther Betz): Dr. Eckardt über den Film, die Kunst des 20.  Jahrhunderts. In: Der Film, Nr. 18, 4.5.1935. — 165 Anon.: Wieder Filmkunde in der Lessing-Hochschule. In: Film-Kurier, Nr. 269, 16.11.1935.  — 166 Die Besonderheit von Frentz’ Vortrag bestand in der anschließenden Vorführung von »zwei verwunderlicherweise bisher unveröffentlichte[n] Filme[n] von Willy Zielke«, wie Hans Schuhmacher im FilmKurier, Nr. 29, 4.2.1938, leicht süffisant bemerkte, um neben Johannes Eckardt auch »der Filmprüfstelle« für die Gelegenheit zu danken, die Werke sehen zu können. Sowohl Die Wahrheit. Ein Film von dem Leidensweg des Deutschen Arbeiters als auch Das Stahltier waren von der Zensur nicht freigegeben worden. — 167 Zusammenstellung nach kursorischer Auswertung der Fachpresse und AdK, Ludwig-Lewin-Archiv, Nr. 105. Nicht sämtliche vorgefundenen Filmanalysen und Aussprachen wurden hier aufgenommen. Mit Dank an Martina Hanf. — 168 Schu. (Hans Schuhmacher): Wort und Dialog im Film. Dr. Eckardt in der Lessing-Hoch-

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Johannes Eckardt schule. In: Film-Kurier, Nr. 266, 12.11.1936. — 169 Albert Schneider: Film und junge Generation. Auf der »Zweiten internationalen Jugendkundgebung« in München. In: Filmpost-Archiv, Folge 3, 12.7.1948.  — 170 S-r. (Albert Schneider): Auftakt in der Lessing-Hochschule. In: Lichtbild-Bühne, Nr. 253, 27.10.1938. — 171 AdK, LudwigLewin-Archiv, Nr. 105. — 172 Anon.: Das Filmseminar der Degeto wird ab Herbst im Tobis-Haus veranstaltet. In: Film-Kurier, Nr. 181, 7.8.1939.  — 173 Johannes Eckardt: Abbild und Sinnbild. Von der Gestaltung der Wirklichkeit in Wochenschau und Kulturfilm. In: Der deutsche Film, Nr. 2, August 1938, S. 45. — 174 Giganten der Arbeit war bereits im Beiprogramm zu Leni Riefenstahls Das blaue Licht (1932) Ende September 1938 in der Berliner »Kurbel« gezeigt worden, vgl. die nicht gezeichnete (vermutlich Günther Schwark) Kritik im Film-Kurier, Nr. 227, 28.9.1938. Beide Filme wurden von der Degeto verliehen. — 175 Vgl. Karlheinz Ressing: Die Aufgaben der Avantgarde. Dr. Eckardt in Hamburg. In: Film-Kurier, Nr. 291, 13.12.1938. — 176 Film heute und morgen, Folge 8, 4.12.1938. Vgl. auch die Ankündigung im Film-Kurier von rg. (Karlheinz Ressing?): »Bahn frei der Avantgarde!«, Nr. 261, 7.11.1938. In der Lichtbild-Bühne berichtete Elisabeth Holzkamm am 12.12.1938, Nr. 291, unter der Überschrift »Dr. Eckardt über die Avantgarde« über den Hamburger Vortrag und weist bei dieser Gelegenheit auf einen Rundfunkvortrag Kurt Zierolds von 1932 hin, in dem dieser gründlich und klärend Stellung zu den filmischen Gesetzen bezogen habe. Zierold soll nach Holzkamm auch »neuerdings« eine Artikelfolge »um die filmischen Gesetze« veröffentlicht haben, deren Quelle aber ungenannt bleibt.  — 177 Dr. Johannes Eckardt: Der abendfüllende Kulturfilm. In: Lichtbild-Bühne, Nr. 78, 1.4.1938. — 178 Fritz Manglkammer: Wir sprachen mit: Dr. Johannes Eckart. In: Der neue Film, Nr. 19, 10.9.1948. — 179 Anon.: Wer ist wer in der Filmindustrie? Johannes Eckardt. In: Filmblätter (Berlin), Nr. 41, 13.10.1950 (Deutsches Filminstitut, Frankfurt am Main, Textarchiv, Johannes Eckardt). — 180 Anon.: Johannes Eckardt 75 Jahre. In: Der Tagesspiegel, 20.4.1962 (Deutsches Filminstitut, Frankfurt am Main, Textarchiv, Johannes Eckardt).  — 181 Schu. (Hans Schuhmacher): Tonfilmschule an der Arbeit. In: Film-Kurier, Nr. 228, 1.10.1937. Dazu allgemein Swantje Kuhfuss-Wickenheister: Die ReimannSchule in Berlin und London 1902–1943. Aachen: Shaker Media 2009. Vgl. auch Ot. (Richard Otto?): Besuch im »Archiv für Filmwissenschaft«. In: Film-Kurier, Nr. 126, 3.6.1937, ein Bericht über einen Besuch Eckardts mit seinen Schülern im Archiv des Film-Kurier. — 182 Johannes Eckardt an Hugo Häring, Göggingen, 28.5.1947. In: AdK, Hugo-Häring-Archiv-01-185. — 183 Fee Vaillant: Entstehung und Entwicklung des »Verbandes der deutschen Filmclubs«, Manuskript, undatiert (nach 2003). In: Deutsche Kinemathek, Nachlass Fee Vaillant. Mit Dank an Barbara Dreyer. Ihren Plan, eine Geschichte der deutschen Filmclubs zu schrei­ben, konnte Fee Vaillant nicht realisieren. Vgl. Rolf-Ruediger Hamacher: Abschied von einer Filmverrückten. Nach 30 Jahren Wechsel in Mannheim. In: filmdienst, Nr. 20, 1.10.1991. — 184 -ff.: Jahrestagung Verband der Deutschen Film-Clubs. In: Film-Echo, Nr. 37, 14.10.1950.  — 185 Heinz Ungureit: Anmerkungen zur Degeto, zu Dr. Johannes Eckardt und zu den Filmclubs. Brief an Rolf Aurich, Frankfurt am Main, 16.1.2017. — 186 Ebd. — 187 Vgl. Heide Fehrenbach: Cinema in democratizing germany, a. a. O., S. 186. — 188 Vgl. ebd., S. 187. — 189 Fee Vaillant: Entstehung und Entwicklung

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Johannes Eckardt des »Verbandes der deutschen Filmclubs«, a. a. O.  — 190 Vgl. Heide Fehrenbach: Cinema in democatizing Germany, a. a. O., S.  188.  — 191 Vgl. E. P. (Enno Patalas): Filmclubs im Plüschfauteuil. In: Filmkritik, Nr. 11, November 1957.  — 192 Pat (Enno Patalas): Eine Chance für die Filmclubs. In: Filmkritik, Nr. 4, April 1961. — 193 Über Voraussetzungen und Formen der Filmdiskussion zu Ende der 1950er Jahre schreibt Ferdinand Kastner: Der Film in der Volksbildung. Graz: Stiasny 1959, S. 92 f. (Schriftenreihe des Oberösterreichischen Volksbildungswerkes, hg. von Aldemar Schiff korn, Bd. 6). — 194 Werner Dütsch: Im Banne der roten Hexe. Kino als Lebensmittel. Würzburg: Königshausen &  Neumann 2016, S. 131.  — 195 Vgl. Horst Dräger: Die Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung, a. a. O., S.  135.  — 196 Helmut Kommer: Früher Film und späte Folgen. Zur Geschichte der Film- und Fernseherziehung. Berlin: Basis 1979, S. 87. — 197 Vgl. d.R.: (Antwort auf den Leserbrief von Jakob Heidbüchel). In: Filmkritik, Nr. 8, August 1962.

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Kulturfilme und Schmalfilme für NS-Deutschland und Europa Der zweite große Einschnitt innerhalb der Degeto-Geschichte ist mit dem Jahr 1937 anzusetzen. Dabei spielte die Tobis-Melofilm neuerlich eine Rolle. Erstmals ging es nun darum, Geschäfte zu machen. Dazu wurde am 4. August 1937 die Degeto-Kulturfilm GmbH gegründet. Bereits Mitte Juni 1936, der Degeto e. V. schien beinahe in Vergessenheit geraten zu sein, war anlässlich einer Mitgliederversammlung und Verwaltungsratssitzung Johannes Eckardt zum alleinigen geschäftsführenden Vereinsvorstand gewählt worden – sein Vorstandskollege Wilhelm Fecht, der Vorsitzende der Reichsvereinigung deutscher Lichtspielstellen, Kultur- und Werbefilmhersteller e. V., konnte nicht länger in den Gremien der Degeto wirken, weil auf Anordnung der Reichsfilmkammer geplant war, die Reichsvereinigung aufzulösen. Ein für die Zukunft des Vereins weitaus wichtigerer Beschluss bei dieser Sitzung lautete jedoch, Vorbereitungen zur Gründung einer Degeto GmbH für alle geschäftlichen Angelegenheiten zu treffen.1 Der Hintergrund für diese strategische Entscheidung ist aus den Akten nicht zu klären, mag aber nach einer späteren Äußerung des Filmtechnikers und -historikers Albert Narath teilweise darin bestanden haben, dass 1936 von der Foto- und Filmfirma Perutz (Leo Mayer) der Vorschlag an den damaligen Tobis-Generaldirektor Paul Lehmann herangetragen worden sein soll, »alte Spielfilme auf 16- und 8-mm-Film umzukopieren und damit der Allgemeinheit zugänglich zu machen«.2 Auf diese Weise kamen Tobis und Degeto mit dem Ziel zusammen, Gewinne zu erwirtschaften. Als Geschäftsgegenstand der am 30.  August 1937 ins Berliner Handelsregister eingetragenen Gesellschaft (Stammkapital: 20.000 RM)3 wurde festgehalten »die Herstellung, der Verleih und der Vertrieb von stummen und tönenden Filmen aller Art, insbesondere der Vertrieb des sogenannten ›Degeto-Schmalfilm-Schrankes‹ und ›Degeto-Welt­ spiegels‹, und zwar im In- und Ausland, sowie alle diesen Zwecken dienenden und damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte«.4 Es ging hier also um Produktion und Handel mit Filmen im Normalformat (35 mm) wie mit Schmalfilmen im 16-mm- und 8-mm-Format. Die Unterschrift setzten Johannes Eckardt für den Degeto e. V. (Anteile 9.000 RM) und Heinrich Roellenbleg zusammen mit Willy Hoppe (über den nichts bekannt ist) als Vertreter der Tobis-Melofilm GmbH (Anteile 11.000 RM) unter den Gesellschaftsvertrag, Eckardt und Roellenbleg fungierten als Geschäftsführer der neuen Gesellschaft. In einem Katalog mit dem Produktionsprogramm an

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Verleih Normalfilm I

Kultur- und Kurzfilmen der Tobis aus der Saison 1936/37 wird Roellenbleg als Geschäftsführer dieser Sparte ausgewiesen.5 Als freier Mitarbeiter hatte Eckardt zuvor bereits Arbeitserfahrungen bei der Tobis-Melofilm gesammelt, so war er von Ende 1936 bis Ende August 1937 dort als Autor für Manuskripte zu Beiprogrammfilmen engagiert worden.6 Eine Bekanntschaft Eckardts mit Roellenbleg ist deshalb anzunehmen. Insofern ist nicht auszuschließen, dass der für die Melofilm tätige Wochenschauspezialist Roellenbleg eine mindestens verknüpfende Rolle bei der Gründung der DegetoKulturfilm GmbH gespielt hat. Die Tobis-Beteiligung daran erfolgte im Rahmen einer »Angliederung neuer Interessengebiete«, also einer Vergrößerung der Tobis.7 Allerdings wurde deren Engagement in der Fachpresse nicht notiert. Dafür veröffentlichte der Film-Kurier am 9. September einen Zusatz, der nicht im Handelsregister eingetragen war: »Als Einlage auf das Stammkapital werden in die Gesellschaft eingebracht von der Gesellschafterin Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild e. V. (Degeto) in Berlin-Lankwitz: a) die deutschen Verwertungsrechte 1. an dem Film Maria Chapdelaine sowie das Doubnegativ und drei Kopien, 2. an dem Film Totes Wasser und zwei Kopien, 3. an dem Film Swedenhielms [Schweden 1935, Regie: Gustaf Molander] und sechs Kopien, b) die Option auf die deutschen Verwertungsrechte 1. an dem tschechoslowakischen Film Die Erde singt [Zem spieva, 1933, Regie: Karel Plicka], 2. an dem französischen Citroën-Film Die gelbe Fahrt [La croisière jaune, 1934, Regie: André Sauvage, Léon Poirier, Expeditionsleitung: Georges-Marie Haardt, Louis Audouin-Dubreuil]. Der Wert dieser Sacheinlage wird auf 9.000 RM festgesetzt.«8 Im Klartext: Der Degeto e. V. hatte seinen Anteil des Stammkapitals an der neuen Gesellschaft nicht eingezahlt, sondern durch Sacheinlagen eingebracht, deren Geldwert frei bestimmt wurde. Mit Eintragung dieser GmbH ins Handelsregister entstand 1937 der eigentliche Ausgangspunkt jener Degeto, die noch heute als Tochtergesellschaft der ARD aktiv ist. Das Recht, diesen Namen führen zu dürfen, hatte die Degeto-Kulturfilm GmbH vom eingetragenen Verein Degeto übernommen – so ist es in einer Satzung der Gesellschaft fixiert.9

Verleih Normalfilm I Bereits vier Wochen nach der Gründungsmeldung annoncierte der FilmKurier am 9. Oktober 1937, dass die Degeto mit 17 ›großen‹ (abendfüllenden) Filmen aus deutscher und internationaler Produktion im Verleih starten wolle. Damit richtete man sich ausdrücklich an jeden Filmtheaterbesitzer,

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Kulturfilme und Schmalfilme

den so »eine willkommene Bereicherung seines Spielplans« erwarten sollte. Im Blick war allerdings auch ein neues Publikum, etwa die Kinder (an sie wendeten sich u. a. der Kurzfilm Ikaruskinder, 1938, Regie: Fritz Genschow, eine Produktion der Tobis Filmkunst GmbH, und der mittellange Wer will unter die Soldaten, 1938, Regie: Paul Lieberenz, der auch produzierte), v. a. aber bislang ›filmfremde Kreise‹, die über den Kulturfilm an den Spielfilm hätten herangeführt werden sollen.10 Mit Maria Chapdelaine, Totes Wasser und Was ist die Welt? zählten Produktionen zum Verleihprogramm, mit denen der Degeto e. V. bereits Erfahrungen hatte machen können – zum Angebot gehörten aber neben weiteren Titeln auch der ungarische Film Hortobágy von 1936 (zunächst noch angekündigt als Pusztareiter, Regie: Georg Michael Höllering), Friedrich Wilhelm Murnaus und Robert Flahertys US-Produktion Tabu von 1931 (die hier als deutscher Film eingemeindet wird),11 der symbolhaft angelegte und anti-katholische NS-Film Ewiger Wald von 1936 (Regie: Hanns Springer und Rolf von Sonjevski-Jamrowski)12 und der französische Expeditionsfilm Jabonàh – Jabonàh, hinter dem sich unter verändertem deutschen Titel La croisière jaune verbarg (in Österreich bereits 1935 unter dem Titel Die gelbe Kreuzfahrt herausgekommen, Ende 1938 lief er als Jabonàh – Jabonàh in der Filmbühne der Wiener Urania).13 Lediglich Jabonàh – Jabonàh war fest angekauft worden, während die übrigen Titel in Kommission verliehen wurden, darunter Hortobágy als einziger Titel mit einer Garantiesumme für den Produzenten. Mit einem eigenen Vertreterstab versuchte die DegetoKulturfilm GmbH ihr Filmangebot zu vertreiben. Hortobágy, bei dem der Österreicher Höllering ohne professionelle Schauspieler arbeitete, erntete überwiegend be­­geisterte Reaktionen bei der Berliner Presse, nachdem der Film Anfang Februar 1938 in der »Kurbel« angelaufen war. Wichtige zeitgenössische Kritiker wie Fritz Olimsky (»ge­­ hört zu jenen einmaligen Filmwerken, wie sie seit dem unvergessenen Eskimofilm Nanuk, der Eskimo [Nanook of the North] nur alle paar Jahre mal auftauchen«), Robert Volz (»Die Kamera blickt um sich und hält fest, was ihr begegnet«) oder Frank Maraun (»Höllering gelingt hier vollendet die Darstellung der Einheit von Mensch und Tier und Natur«) stimmten in diesen Chor ebenso ein wie der ungarische Schriftsteller Sándor Márai oder sein englischer Kollege Graham Greene.14 Andere Kritiken belegen den schmalen Grad zwischen Ignoranz und Kennerschaft, den nicht jede publizierte Stimme aus Deutschland in dieser Zeit zu überwinden imstande war. Mit der zweiten Nummer ihres 1938 neu geschaffenen, aber kurzlebigen Pressedienstes Der Kulturfilm machte die Degeto auf Hortobágy aufmerksam, ein all-

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Verleih Normalfilm I

gemeiner Text von Margarethe Brunswick und eine Anekdote des hier ungenannt bleibenden Regisseurs Höllering hoben die Besonderheiten des unter schwierigen Bedingungen über zwei Jahre in der ungarischen Steppe entstandenen dokumentarischen Films hervor.15 Er war stumm gedreht und in Budapest vertont worden. Spielszenen nach literarischen Vorgaben von Zsigmond Móricz wurden nach einem Konzeptionswechsel integriert. Die jüdische Abkunft des Kameramanns László Schäffer war den deutschen Filmbehörden offenbar entgangen – er hatte u. a. zu den Bildgestaltern bei Walter Ruttmanns Berlin. Die Sinfonie der Grossstadt (1927) gehört. In Deutschland wurde Hortobágy erstmals am 6. November 1936 zensiert, musste jedoch länger als ein Jahr auf die Premiere warten – über die Gründe dafür ist nichts bekannt. Die ungarische Premiere datiert auf den 18. März 1937 – dort allerdings in einer gegenüber dem Original (2.366 Meter) um 267 Meter entscheidend gekürzten Fassung. Stein des Anstoßes war u. a. die ungewöhnliche Montage mit Szenen einer Paarung von Pferden sowie die langen Einstellungen von der Geburt eines Fohlens. »Man erlebt das Wunder der Geburt eines Fohlens auf freiem Felde, Eindrücke, wie sie die Kamera bisher noch nie gegeben hat, die unvergeßlich sind«, notierte der Kritiker Günther Schwark.16 Nur 38 Laufmeter büßte der Film hingegen in Deutschland ein – was nicht notgedrungen auf Kürzungsauf lagen hindeuten muss, sondern auch das Resultat knapperer Titelangaben sein könnte.17 Höllering, der mit der Produktion von Hortobágy in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, verließ im Frühsommer 1936 aus politischen Gründen das Festland und ging nach England, wo der Freund Bertolt Brechts seine jüdische Frau und den gerade geborenen Sohn in Sicherheit wusste. Er konnte auf veritable Film- und Kinoaktivitäten in Wien und Berlin bereits seit den 1920er Jahren zurückblicken. So hatte er die Lizenz zum Betrieb des »Schikaneder Kinos« in Wien gehalten und soll in Berlin im »Marmorhaus« engagiert gewesen sein. An der Spree hatte er auch Nanook of the North gesehen  – dieser Film faszinierte ihn. Die Produktionsleitung von Slatan Dudows Bertolt-Brecht-Film Kuhle Wampe oder Wem gehört die Welt? (1932, Tonaufnahmen: Tobis-Melofilm) wurde von ihm verantwortet, das Werk bedeutete ihm in formaler und politischer Hinsicht viel. Entsprechend plante er für Hortobágy ursprünglich ein politisch eindeutiges Filmende, bei dem ein Kommentar das internationale Finanzkapital für die Ausbeutung der Puszta-Hirten anprangern sollte.18

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Kulturfilme und Schmalfilme

Hortobágy (1936, Regie: Georg Michael Höllering). Szenenfotos

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Kulturfilme und Schmalfilme

Filmarbeiten von Johannes Eckardt Zusammen mit dem Wiener Multitalent Ernst Angel, seinem jüdischen Schwager, hatte Höllering 1928 in der deutschen Hauptstadt die ErdekaFilm GmbH gegründet – mit dem Firmensitz im noblen »Marmorhaus«. Für ihr Unternehmen realisierten beide den mittellangen Stummfilm Jagd auf Dich (1930), eine etwas unfertige, aber amüsante Ref lexion über die schwierige Beziehung zwischen dem ritualisierten, öden Filmgewerbe und dem lebenslustigen Kinopublikum. Die Kamera verantwortete u. a. Eugen Schüfftan, der Kern von Angels Drehbuch lautete: Der neue realistische Alltagsfilm muss erlöst werden vom ewig gleichen Kitsch – und wenn es mithilfe des Kinos ist! Die Rolle eines Regisseurs spielt darin Hans Schweikart, neben ihm agiert als Dramaturg Edlef Köppen, dessen im selben Jahr erschienener Roman Heeresbericht wenige Jahre später zu den verbrannten Büchern gehörte. Mitte Juni 1930 gelangte dieser Stummfilm im »Marmorhaus« zur Uraufführung. Meldungen in der Fachpresse verhießen im Sommer 1932, dass Angel zusammen mit der Degeto und Johannes Eckardt einen sogenannten »Querschnittsfilm« planen würde, vorläufiger Titel: »Tonfilm auf dem Wege«. Nicht technische Momente hätten im Mittelpunkt stehen sollen, sondern die sprichwörtlichen Eigengesetze des Films, die man anhand von Ausschnitten aus anderen Filmen erläutern wollte. Der Plan war, dass der Degeto e. V. den Film zusammen mit einem Vortrag Angels oder Eckardts in Kinos zeigen sollte.19 Doch das Filmprojekt blieb ebenso unrealisiert wie andere Vorhaben Eckardts, die in Vorstufen steckenblieben, so 1937 ein großer politischer Kulturfilm über »deutsche Spuren auf italienischer Erde« zusammen mit Frank Leberecht20 oder – beinahe zehn Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs und gedacht für die Melophon-Film GmbH von Heinrich Roellenbleg – ein Film zu »200 Jahre Augsburg« als Kooperation mit Vera Meyendriesch bzw. ein Projekt über die Entwicklung der Fußbekleidung vom Altertum bis zur Neuzeit.21 Auch die wesentlichen Anregungen zu einem groß geplanten Film anlässlich des 100. Todestages von Johann Wolfgang Goethe kamen von Eckardt, der schon längere Zeit über ein solches Vorhaben nachgedacht hatte. Im Goethe-Gedenkjahr 1932 sollte der Degeto e. V. zu einer deutschlandweit angesehenen Institution werden, prognostizierte Eckardt hoffnungsvoll gegenüber den Gremien des Vereins, und dem Goethe-Film wäre dabei eine zentrale Rolle zugekommen.22 Das Protektorat dieses dezidiert als unkitschig und szenisch »delikat«23 geplanten Tonfilms mit dem Arbeitstitel »Goethes Lebensreise« sollte in privater Funktion Edwin Redslob übernehmen,

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Filmarbeiten von Johannes Eckardt

seines Zeichens »Reichskunstwart«. Beim Verfassen und Verlesen des Sprech­ textes dachte Eckardt an Thomas Mann, mit dem er korrespondierte und verhandelte. Wilfried Basse war für die Regie vorgesehen. Erste Verhandlungen mit der Kulturabteilung der Münchner Filmproduktionsgesellschaft Emelka waren allerdings gescheitert, so kam die Berliner Nerthus-Film von Curt Hänsel ins Spiel. Den organisatorischen Rahmen der einstündig geplanten Produktion, die wesentlich aus Bildern klassischer Goethe-Stätten hätte bestehen sollen, bildete das Freie Deutsche Hochstift in Frankfurt am Main als geistiges und steuerndes Zentrum im Hintergrund, eine Finanzspritze der Carl-Schurz-Foundation half obendrein. Auch in den USA sollte der Film gezeigt werden. Die Degeto hätte den Verleih übernommen, für sie wie für das Hochstift sollten keinerlei Kosten entstehen. Alle wirtschaftlich erzielten Überschüsse wären Degeto, Nerthus und – über das Hochstift – den Frankfurter und Weimarer Goethe-Einrichtungen zugutegekommen; freilich ein weiterer Teil auch Johannes Eckardt, dem die redaktionelle Gesamtleitung oblegen hätte. Man ging davon aus, dass viele deutsche Städte für ihre Archive eine Kopie des Films erwerben würden (à 3.000 RM). Doch führten zunehmend deutlicher werdende Partikularinteressen aller Beteiligten im Sommer 1931 dazu, dass man zunächst nur einen günstiger zu produzierenden Stummfilm in Erwägung zog, sodann die Nerthus-Film ausschied und schließlich die Schurz-Foundation ihre Förderung beträchtlich abschmolz. Ab September 1931 nahm das Vorhaben eine andere Richtung – hin zu dem im März 1932 uraufgeführten Tondokumentarfilm mit Bühnenspielszenen Goethe lebt … ! in der Regie von Eberhard Frowein, der Künstlerischen Oberleitung von Redslob und mit der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Filme als Produzentin (Synchronisation im Atelier der Tobis-Melofilm). Zwar war Eckardt für die Degeto an Neuverhandlungen zwischen Frowein und dem Hochstift noch beteiligt, doch nach diesem Treffen von Anfang September 1931 fehlen substanzielle Anzeichen einer weiteren Beteiligung des Degeto e. V. an diesem prestigeträchtig geplanten Projekt.24 Goethe lebt … !, wie er nun vorliegt, kennzeichnet eine wenig harmonische Gesamtgestaltung. Ton und Bild fallen ästhetisch schlicht auseinander, und auch die wesentlichen medialen Elemente streben nicht nach Einheitlichkeit, sondern in verschiedenste Richtungen: erhaben vorgetragene Goethe-Zitationen auf der einen Seite (ge­­sprochen u. a. von Luise Ullrich), dagegen elegante Kamerafahrten durch Weimarer Parklandschaft, eine gelöste Szenerie mit Flurgesprächen im Theaterfoyer hier, der pathetische Tonfall in klassischen Szenen aus Inszenierungen nach Goethe da – darunter Heinrich George als Götz von Berlichingen. Der ursprüngli-

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Kulturfilme und Schmalfilme

che Arbeitstitel wäre dem Stoff adäquat gewesen, während der gültige Titel als etwas übermotivierte Spiegelung einer letztlich höchst pathetischen FilmAngelegenheit markiert werden kann. Gleichwohl bleibt interessant, wie hier das 1932 zu Bild und Ton geronnene Bild einer Weimarer Klassik im Angesicht der folgenden Diktatur und dem bereits fünf Jahre später errichteten Konzentrationslager Buchenwald in einer staunenswerten, beinah selbstgefälligen, weil zeitlos scheinenden Weise verherrlicht wird.25 Zu den wenigen verwirklichten Filmarbeiten von Eckardt zählt neben den bislang erwähnten Engagements ein von der Kritik nörgelig aufgenommener Kurzfilm, der einen Tanz Gret Paluccas zeigt – Serenata. Ein Film von der Kunst des Tanzens, am 20. Juli 1934 im Beiprogramm zur Schweizer Produktion Mittelholzers Abessinienflug (1934, Regie: Walter Mittelholzer) im Berliner »Capitol« zur Uraufführung gelangt. Der Chef der produzierenden Nerthus-Film, Curt Hänsel, trägt zu Bildern der Tänzerin pathosvoll einen von Eckardt verfassten Begleittext vor, der von pulsendem Blut, bezwungenem Raum, beherrschtem Raum, unterworfenem Raum durch den entfesselten Körper überquillt – sowie davon, dass der Tanz zu einer eigengesetzlichen Kunst wachsen könne. Eckardt war hier neben Regie und Text auch für die Kamera verantwortlich, mit der er bildliche Abstraktionen feierte. Doch sein Sprachvokabular war dynamisch und dehnbar in Bezug auf sehr verschiedene Kunstformen wie Film und Tanz, stets auch in Verbindung mit veränderten politischen Gegebenheiten. In einer kurzen Anmerkung des Film-Kurier wird dieser ›unerträglich ge­­ schraubte Begleitvortrag‹ knapp abgekanzelt als eine Fessel an den »schwebenden« Füßen der Tänzerin.26 Mitte der 1930er Jahre legte Eckardt noch zwei weitere Filmmanuskripte vor. Der 75-minütige Lehrfilm Auf grosser Fahrt (1935/36) mit dem Untertitel Ein Film von Kriegsmarine und Auslanddeutschen wurde von Hans Heinz von Adlerstein für die Döring-Film-Werke GmbH (Berlin) inszeniert und berichtet von einer Fahrt des leichten Kreuzers »Karlsruhe« nach Nord- und Südamerika.27 Für den Kurzfilm Ruhe ist die erste Bürgerpflicht (1936/37) schrieb Eckardt zusammen mit dem Regisseur und Produzenten Willy Achsel sowie Ernst Günter Techow das Manuskript. Als eine deutsch-polnische Koproduktion zwischen Nerthus-Film und PolskiTobis-Cinéma (Warschau) kam im Januar 1936 der Spielfilm August der Starke als Uraufführung in Dresden heraus (August Mocny, 1935/36, Regie: Paul Wegener und Stanisław Wasylewski). Für das von Rolf Meyer verfasste Drehbuch um den Kurfürsten von Sachsen und König von Polen hatten Eckardt und der Dichter und Jurist Carl Haensel die Vorlage geliefert.

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Im Herbst 1936 galt Eckardt dieser gefilmte historische Sittenroman als Beispiel dafür, wie eine Stadt, in diesem Fall Dresden, filmische Form gewinnen könne. Entsprechend forderte er in künstlerischer Zusammenarbeit von Autor, Kamera und Regie die Bearbeitung von Themen wie »das filmische Epos der Reichsautobahnen, der Landgewinnung, der Industriestädte«.28 Der in den 1930er Jahren zwischen Wien und Berlin pendelnde Ernst Angel, 1938 für mehrere Wochen im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert, 1939 nach England und 1940 in die USA emigriert, erinnerte sich in einem Curriculum Vitae für seinen Entschädigungsantrag an das gemeinsame Vorhaben mit Eckardt: »1933: Vorbereitung fuer einen grossen Vortragsfilm ueber Ton und Sprache im Tonfilm, erst gefoerdert durch ›offizielle‹ Stellen, dann, im Schatten der ›Machtergreifung‹, gehindert und in Deutschland unmoeglich gemacht. Keine Arbeitsmoeglichkeit mehr in Deutschland. Deshalb: 1934: Film-Vortragstour durch Holland (Gast der Niederlaendischen Film-Liga) in 8 Staedten.«29 Die »Gesellschaft der Filmfreunde Österreichs«, 1936 maßgeblich durch Angels Initiative in Wien gegründet, ähnelte in Ausgestaltung und Anspruch Eckardts Berliner Arbeit an einem Filmkanon mit der »Gesellschaft für den guten Film«, orientierte sich aber auch stark an der »London Film Society«, die mit ihren Vorführungen und Veranstaltungen bereits seit 1925 ein lebendiges Filmstudium ermöglichte.30 Seit 1937 widmete auch Georg Michael Höllering schließlich sein Emigrantenleben in London überwiegend dem Geschäft der Kinoleitung, als Direktor des »Academy Cinema« machte er das Haus zu einem der wichtigsten des Landes.31 Seine finanzielle Situation hatte sich freilich in England nicht gebessert. Zwischen Johannes Eckardt und seiner Degeto auf der einen und Höllering und Angel auf der anderen Seite dürfte, so kann vermutet werden, eine Art Geistesverwandtschaft in Fragen der Filmvermittlung existiert haben. Politisch standen sich die beiden Seiten jedoch eher fern.

Verleih Normalfilm II Im Jahr 1937 war der Kinobesuch in Deutschland zwischen dem 1. April und 30. November zahlenmäßig um rund zehn Prozent gestiegen, meldete die Presse Anfang 1938 einen vom Institut für Konjunkturforschung erhobenen Wert. »Auch der Kulturfilm erfreut sich des steigenden Interesses in der Oeffentlichkeit«, schrieb das 8 Uhr-Abendblatt.32 Der Startschuss für das erste Degeto-Verleihprogramm fiel unmittelbar im Anschluss an eine internationale Kulturfilmtagung in Hamburg Anfang Oktober 1937. Diese war in

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Teilen geprägt von Zügen nationalsozialistischer Filmpolitik, was besonders im Arbeitsbereich »Film in Partei und Schule« deutlich wurde. Das zehnjährige Bestehen der Urania-Filmbühne in der Hansestadt wurde feierlich begangen (es soll sich zeitgenössisch um die einzige noch bestehende Kulturfilmbühne in Deutschland gehandelt haben), ein »Europa-Ring der Kulturfilm-Bühnen« wurde entworfen, zahlreiche Kulturfilme aus der Tschechoslowakischen Republik, Österreich, Japan, Frankreich und England standen ebenso auf dem Programm wie Amateurfilme. Johannes Eckardt hielt einen »richtungweisenden Vortrag«,33 über den der Film-Kurier gesondert berichtete. Er steuerte darin auf eine geistige Veredelung des Kulturfilms zu, denn Eckardt forderte »in seiner gewohnten, bewährten Vortragsweise« eine »lange Beschäftigung mit dem Thema« als »Voraussetzung für den künstlerischen Kulturfilm« und fasste dies so zusammen: »Der rechte Kulturfilmmann muß wie ein Bauer Geduld haben, das Gefühl für die Natur und ihre ewigen Gesetze auf bringen.« Kulturfilme könnten nicht am Fließband produziert werden, sondern erforderten »jahrlange Arbeit«.34 Ein Film wie Hortobágy sollte danach ein Werk ganz nach dem Geschmack von Johannes Eckardt gewesen sein. Es kam einiges zusammen im Hamburger Herbst 1937: Die Degeto-Kulturfilm GmbH schuf sich eine öffentlichkeitswirksame Plattform für ihre Verleiharbeit. Ihr Geschäftsführer Eckardt zeigte Präsenz und gab zum Besten, wie ein Kulturfilm aus Deutschland idealerweise geformt sein müsse. Und die internationale Beteiligung erzeugte entsprechendes Flair sowie die Möglichkeit zu entsprechendem Handelsaustausch.35 Dass Internationalität radikal eingeschränkt verstanden wurde, muss freilich ebenfalls konstatiert werden. So hätte ästhetisch gesehen eine Arbeit wie Joris Ivens’ offene filmische Parteinahme für die Sache der Republikaner im Spanischen Bürgerkrieg die Hamburger Tagung bereichern können, doch dürfte nicht einmal ein Gedanke daran verschwendet worden sein, Spanish Earth (USA 1937) zu zeigen – auch dann nicht, wenn ihn mit Hortobágy mehr verbindet als die gleiche Entstehungszeit, thematisch und künstlerisch. Wenn es auch im Widerspruch zur Zeitungsmeldung vom Beginn des Jahres 1938 zu stehen scheint, so stellte es der dem Schmal- und Kulturfilm verbundene Karl Melzer etwa zur selben Zeit – als reine Rhetorik? – so dar, als ob der abendfüllende deutsche Kulturfilm vom Spielplan der Kinos beinahe verschwunden gewesen sei. Umso mehr begrüßte er im Pressedienst Der Kulturfilm den erfolgten Neustart durch die Gründung der Degeto-Kulturfilm GmbH als eine von mehreren Institutionen zur Förderung des Kulturfilms, und dies »auch aus weltanschaulichen Gründen«. Denn, so schrieb er, »das deutsche Volk muss lernen, seine Wirklichkeit und die Welt um das

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deutsche Volk nach neuen Gesichtspunkten zu sehen. Für diese Erziehungsarbeit ist der grosse Kulturfilm von besonderer Bedeutung.« Der Kulturfilm habe die Möglichkeit, »ein Bild dieser Weltanschauung zu geben« und sei deshalb in erster Linie dazu berufen, »Millionen Menschen durch das Erlebnis des Bildes diese Weltanschauung nahezubringen«.36 Deutlicher konnte die Verbindung zwischen Staatsideologie und politischer Absicht hinter Förderung und Aufschwung des nationalen Kulturfilms kaum formuliert werden. Auf dem Titelblatt der ersten Ausgabe von Der Kulturfilm fasst ein Motto dies so zusammen: »Die Degeto Kulturfilm GmbH stellt sich die Aufgabe, den Kulturfilm großen Formats als Bildungsgut der Nation durchzusetzen.« Dazu, darauf wies Johannes Eckardt hin, bedürfe es nicht mehr nur einiger Sonderveranstaltungen, sondern des planmäßigen Ausbaus des Einsatzes der großen Kulturfilme im normalen Programm der Lichtspieltheater.37 In einer grundsätzlichen Ausführung zur Frage »Ist ein ›jugendfreier‹ Film bereits ein Jugendfilm?« spitzt Eckardt im dritten Heft von Der Kulturfilm die Bedeutung der Degeto-Filmarbeit noch einmal zu, indem er die Jüngeren als Mitwirkende und Zielgruppe einbezieht. Er stellt fest, dass »wahrhafte Jugendfilme […] nicht vom grünen Tisch her« gestaltet werden könnten, sondern nur im steten »Zusammenleben mit dieser Jugend«. Dabei könne es als das Privileg des Films gesehen werden, »so manche staatspolitische Erziehungsaufgabe der Jugend« nahezubringen  – etwa durch ein Eingehen auf den »Wunschtraum« der Jugend, sich mit dem Fliegen zu beschäftigen. Die Insinuation einer militärischen Konnotation scheint dabei in Eckardts Absicht gelegen zu haben. Als führend bei der Herstellung solcher Filme be­­ trachtet Eckardt die Tobis (Melofilm), die bereits für den Verleih der Degeto einige aus Eckardts Sicht mustergültige mittellange Produktionen in der Regie von Fritz Genschow abgeschlossen habe. Neben dem erwähnten Lieberenz-Film Wer will unter die Soldaten seien das Drops wird Flieger (1938), General Stift und seine Bande / Der Kampf um den ›Stiefen Ast‹ (1937) und Wilderer im Revier / Wilderer im Jagen 161 (1938). Nicht »Stars oder Filmkinder zur Mitwirkung« heranzuziehen, sondern »junge frische und unverdorbene Menschenkinder«, das sei der entscheidende Vorzug Genschows, der den Kindern selbst »der gute, leitende Kamerad« sei. Den Impetus des Hinführens und Leichtmachens beherrschte Eckardt. »Der Gedankenwelt des Kindes« zu folgen und es mit solchen Filmen zum »Erlebnis ihres eigenen Werdens« zu führen, das sei »heutig«, so Eckardt, und dieser Weg leite »in die Zukunft des deutschen Volkes«. Eine Zukunft, die für viele Heranwachsende mit dem Zweiten Weltkrieg vorzeitig beendet war. Dass nach einer Meldung des Film-Kurier am 13. April 1938 eine Zusammenarbeit

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zwischen der Degeto-Kulturfilm GmbH und der Reichsjugendführung zur Produktion von Jugendfilmen in Aussicht genommen wurde, dürfte vor diesem Hintergrund kein Zufall gewesen sein. Die drei genannten GenschowFilme kamen 1938 auch als 16-mm-Schmalfilmfassungen der Degeto in den Verleih, die Leihgebühr lag zwischen 12,50 und 15 RM, wodurch sich ihr Verbreitungsgebiet beträchtlich vergrößerte.38

Filme im Fernsehen Auf einen wichtigen Aspekt in der Geschichte des deutschen Kulturfilms sei an dieser Stelle hingewiesen. Dieser führte in den 1930er Jahren gewissermaßen eine dispositive Doppelexistenz, war er doch nicht nur im Kino und an anderen Orten zu sehen, sondern auch im Fernsehen. Dieses Medium war neu und befand sich in der technischen Entwicklung, seine Wahrnehmung durch die Bevölkerung beschränkte sich auf die Hauptstadt Berlin (ein Umkreis von 40 bis 50 Kilometer um den Berliner Funkturm) und dort auf einen Gemeinschaftsempfang in sogenannten öffentlichen Fernsehstuben bzw. Empfangsstellen. Etwa 2.000 Besucher täglich zählte man dort im Frühjahr 1937, die meisten wurden den »ärmeren Volksschichten« zugerechnet.39 Fernsehen damals war keineswegs geprägt von Direktübertragungen. Seit dem offiziellen Sendebeginn im März 1935 spielte die Ausstrahlung von Filmen generell eine beträchtliche Rolle, die Publikums-Filmpresse wies »filminteressierte Kreise« etwa im März 1938 darauf hin, dass »in jeder Woche viele Filmsendungen« vom Fernsehsender ausgestrahlt würden.40 Wobei die Versendung von Kulturfilmen »beträchtlichen Schwankungen« unterworfen war, so hat es der Medienwissenschaftler Knut Hickethier nach quantitativen Erhebungen festgestellt.41 Die politisch-propagandistische Absicht sei dabei unverkennbar gewesen. Ein zahlenmäßiger Höhepunkt bei der Ausstrahlung von Kulturfilmen im Jahr 1938 führte dazu, dass »man sich um die Schaffung thematischer Programmeinheiten für einzelne Tage bemühte« und die oft kurzen Filme bündelte, um sie in einen inhaltlich nachvollziehbaren Programmkontext zu bringen (eine Nähe zu Programmgestaltungen von Repertoire-Filmtheatern der Zeit wird hier schemenhaft erkennbar).42 Der Filmwissenschaftler Hans Traub schrieb dazu mit Stand von 1942/43 in seinem Wörterbuch des Films: »Für die Überlassung von Filmen zur Fernsehübertragung ist von der Reichsfilmkammer ein Revers vorgeschrieben. Danach werden nur Ausschnitte bis höchstens 600 m und frühestens drei Monate nach der Berliner Uraufführung gesendet. Der Hinweis auf die Ber-

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liner Uraufführung erklärt sich daraus, daß bisher nur in Berlin Fernsehsendungen stattfinden.«43 Die sogenannten Normalverträge für das Filmtreatment, wie sie ab 1933 vom Verband der Filmindustriellen e. V. und ab etwa 1937 von der Reichsfilmkammer herausgegeben wurden, lassen erkennen, dass schon damals das Recht zur Übertragung eines Films »im Wege des gefunkten Films« vom Hersteller von Beginn an miterworben wurde. In früheren Verträgen, die noch von der SPIO veröffentlicht wurden, fehlt dieser spezielle Hinweis auf das damals noch nicht in Rede stehende Fernsehen. So stellt es eine Ermittlung der Filmstoffverwaltung der Ufa-Film GmbH und ihrer Tochtergesellschaften von Anfang 1953 dar, als die Frage der Fernsehrechte für Produktionen der in Liquidation befindlichen Ufa-Film GmbH geklärt werden musste – damit war schließlich Geld zu verdienen.44 Mit Kriegsbeginn 1939 wurde nicht unähnlich den Absichten der DegetoKulturfilm GmbH beim Filmverleih auch beim Fernsehen verstärkt auf die Nutzergruppe der Kinder und Jugendlichen gesetzt. Durch einen vorgezogenen Programmbeginn konnten sie ab dem frühen Abend in den Fernsehstuben Produktionen erleben, die »ganz offen der Wehrertüchtigung« dienten, so Hickethier.45 Filme für die Jugend aus dem Verleih der Degeto befanden sich offenbar nicht darunter, auch scheinen keine Filmkopien aus dem Bestand des Degeto e. V. für eine Fernsehausstrahlung verwendet worden zu sein. Doch stellten die großen Produktionsfirmen Tobis und Ufa zusammen mit der NSDAP und der Reichsstelle für den Unterrichtsfilm den bedeutendsten Teilbestand ausgestrahlter Titel. Im Jahr 1936 hatte die Ufa über die Zulieferung fürs Fernsehen hinaus eine Eigenproduktion angeschoben, »die primär für die Fernsehauswertung bestimmt war«, wie Friedrich P. Kahlenberg vermerkt. Dieser »Ufa-Fernseh-Querschnitt-Film« mit dem Titel Von deutschem Heldentum fiel in eine Zeit, als die Ufa sich sehr für die Weiterentwicklung des Fernsehens und eigene Partizipationsmöglichkeiten interessierte.46 Der am 27. März 1936 mit einer Normalfilmlänge von 567 Metern zensierte Film, zusammengestellt von Hanno Jahn, enthielt Ausschnitte aus den vier Ufa-Produktionen Das Flötenkonzert von Sanssouci (1930), Yorck (1931) und Morgenrot (1933), allesamt von Gustav Ucicky inszeniert, sowie Hans Steinhoffs Hitlerjunge Quex (1933). Die Kompilation fasst nach Kahlenberg »im Kern die Botschaften jener Filme der Jahre 1930 bis 1933 zusammen, die sämtlich im Selbstverständnis der Ufa als ›nationale Filme‹ hergestellt worden waren. Diese sollten die Niederlage des Reichs im Ersten Weltkrieg vergessen helfen, Opfer- und Kampf bereitschaft der Bevölkerung für das Vaterland, für die Nation stärken.«47 Das Fernsehen in den 1930er Jahren war als ein medialer Raum kei-

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neswegs frei von politischen und propagandistischen Intentionen. Und, nicht zuletzt, zumindest die Ufa war in ihrer technischen Ausstattung auf die neue Entwicklung und Handhabung der Fernsehauswertung von Filmen vorbereitet, wie ein Zitat aus den Richtlinien für den Film-Vertrieb von 1937, herausgegeben von der Ufa-Filmverleih GmbH, belegt: »Die Ufa hat in ihrer Kopieranstalt (Afifa) ein besonderes Fernseh-Spezialkopier-Verfahren entwickelt und liefert den Fernsehgesellschaften Kopien von Teilausschnitten aus Spielfilmen, Reklame-Vorspannfilmen, Kurz- und Kulturfilmen und auch besonders für den Fernseh-Programm-Betrieb der RRG geschaffene Querschnittfilme.« Mit Rücksicht auf »das Versuchsstadium des Fernsehbetriebes« verzichtete man auf eine Leihmiete oder Lizenz, lediglich die Selbstkosten plus Gebühr wurden in Rechnung gestellt.48

Verleih Normalfilm III Mit den von ihr verliehenen Filmen richtete sich die Degeto-Kulturfilm GmbH an ein Publikum jeden Alters und fächerte ihr Angebot entsprechend auf. Eines sollte zumindest allen Titeln aus deutscher Produktion gemein sein – sie standen idealerweise im Dienst der nationalsozialistischen Weltanschauung. Ein wichtiges Schlagwort früherer Jahre, die Volksbildung durch den Kulturfilm, war nun nicht mehr zu entdecken. Gedruckte Kataloge der Degeto-Kulturfilm GmbH für den Verleih von Normalfilmen sind, soweit zu sehen, nicht überliefert – obwohl im Anschluss an eine »Tobis-Konvention« noch für den Sommer 1938 eine Übersicht angekündigt und von der Fachpresse registriert wurde.49 Für die Verleih-Saison 1939/40 gibt lediglich eine schmale Broschüre unvollständige Auskunft über die bis dahin von ihr verliehenen sowie neu hinzukommende Titel im Normalformat. Desgleichen erlauben kumuliert die erschienenen Serienprogrammhefte zu einzelnen Titeln, die Zensurlisten sowie in Akten erhaltene Prüf berichte eine ungefähre Übersicht des im Ganzen überschaubaren Angebots.50 Zu dieser Zeit hatte sich gegenüber der Gründungssituation vom Sommer 1937 innerhalb der Gesellschaft einiges verändert. Für Heinrich Roellenbleg, der ohne Gehalt tätig gewesen und frühzeitig ausgeschieden war, wurde nun ein gewisser Hans Fischer als Mitgeschäftsführer neben Eckardt genannt (Fischer schied zum 31. Mai 1942 wieder aus). Die Stammanteile des Degeto e. V. in nomineller Höhe von 9.000 RM übernahm für einen Betrag von 12.000 RM die Melofilm, die somit das Stammkapital der GmbH vollständig in Besitz hatte.51

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Mit Jahresende 1937 gingen die Geschäfte der Melofilm (für die Johannes Eckardt zusammen mit der Wiener Selenophon noch an der Koproduktion eines repräsentativen Österreich-Films hatte arbeiten sollen)52 dann allerdings vollständig auf die Ende November geschaffene Tobis Filmkunst GmbH über  – und damit auch das Stammkapital der Degeto-Kulturfilm GmbH. Entscheidend für deren recht zurückhaltendes Agieren dürfte jedoch ein Konf likt zwischen der Tobis Filmkunst GmbH und der Universum Film AG (Ufa) gewesen sein, der im Januar 1938 zu einem Abkommen führte, mit dem die Ufa der Tobis das Kulturfilmwasser abgrub: »Die Herstellung von Kultur-, Werbe- und Werbekulturfilmen ging auf Grund eines mit der Ufa unter Mitwirkung dem Reich nahestehender Stellen am 18. Januar 1938 abgeschlossenen Abkommens auf die Ufa über. Eine Entschädigung für diesen Verzicht erhielt die Tobis Filmkunst nicht. Ihre Tätigkeit im Kulturfilmgeschäft beschränkte sich nunmehr auf den Verleih der unter ihrer Auswahl bei der Ufa hergestellten Beiprogramm-Kulturfilme und auf die Sonderaufgaben der Degeto auf dem Gebiet der Verwertung abendfüllender Kulturund wissenschaftlicher Filme sowie ausländischer Sonderfilme.« So ein resümierender Text, der 1944 entstanden sein dürfte.53 Ende Juli 1938 zog die Degeto-Kulturfilm GmbH, nach Adressen in der Linkstraße 13 und der Bendlerstraße 10 zuletzt in der Taubenstraße 37 und Hedemannstraße 21 ansässig, als erste Abteilung zusammen mit der Verleihzentrale in das Tobis-Haus, Friedrichstraße 100, um.54 Das unmittelbar am Bahnhof Friedrichstraße gelegene Grundstück sei von der Tobis Filmkunst GmbH im Frühjahr erworben worden, meldete der Film-Kurier am 13. April 1938. Die Degeto-Kulturfilm GmbH befand sich nun auch dem Wortsinn nach unter dem Dach der Tobis Filmkunst GmbH. Einschließlich aller nunmehr angeschlossenen Betriebe waren unter diesem Dach zum 1. Dezember 1937 insgesamt 1.337 »Arbeitskameraden« beschäftigt – wahrlich kein kleiner Filmbetrieb, den die durch Max Winkler vertretene Cautio Treuhand GmbH als alleinige Gesellschafterin nun kontrollierte. Neben dem »Betriebsführer« Lehmann wurde die Tobis Filmkunst GmbH von den Direktoren Gustav Berloger und Franz Vogel geführt.55 Das Gemeinschaftsbuch der Tobis, eine Art handschriftliche Chronik der laufenden Ereignisse seit Ende 1937, die vom Zentralbüro der Deutschen Arbeitsfront herausgegeben wurde, lässt erkennbar werden, wie ein Betrieb dieser Größenordnung durch die Vorkriegs- und Kriegsjahre kam. Geboten wurden der »Gefolgschaft« soziale Leistungen wie Betriebsausf lüge, Weihnachtsgratifikationen und Erholungsurlaube für die Kinder von Beschäftigten, dazu gab es kulturelle Offerten in Form von heiteren Künstlerabenden (etwa mit Margit Symo, Will

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Dohm und Paul Henckels am 31. Oktober 1941), wöchentlichen Vorführungen der neuesten Tobis-Produktionen seit Februar 1939 oder Vorträgen von Johannes Eckardt (»Der Film der Wirklichkeit« am 27. Dezember 1939, »Kulturfilm – Filmkultur« am 18. Oktober 1940). Eine starke politische Infiltration oblag den Betriebsappellen, mehreren antibolschewistischen Vorträgen oder Politiker-Auftritten wie dem des SS-Oberführers und Staatskommissars Hans Hinkel am 2. März 1939. Stolz wurde am 26. August 1939 berichtet, dass bereits knapp 100 »Arbeitskameraden« militärisch einberufen worden seien. Zum Jahresende 1941 hatte sich die Zahl auf 714 erhöht. Der »Heldentod« zahlreicher »Gefolgschaftsmitglieder« wurde ebenso sachlich notiert wie alliierte Fliegerangriffe auf Tobis-Filialen in Düsseldorf und -Ateliers in Berlin sowie ihre Wiederinstandsetzung. Das Kriegsinferno der letzten Monate, lässt sich nachlesen, wurde danach immer wieder unterbrochen von Ehrungen und Auszeichnungen. Doch auch stille Momente gehörten dazu. So als Paul Lehmann zum Tod von Edlef Köppen am 21. Februar 1939 bewegende Worte fand. Oder wenn nach zehn Jahren Betriebszugehörigkeit Heinrich Roellenbleg am 17. April des Jahres zusammen mit anderen geehrt wurde.56 Es war für ihn auch ein Abschied von der Tobis, denn Mitte

Tobis-Haus, Berlin, Friedrichstraße 100, um 1940. Ansichtskarte

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April 1939 war er zur Ufa »versetzt« worden, um zunächst unter deren Dach »die Zentralredaktion der vorgesehenen Einheitswochenschau« in Deutschland aufzubauen, wie sie dann im November 1940 als Deutsche Wochenschau GmbH gegründet wurde.57 Die Prüfung des Jahresabschlusses zum 30. Juni 1938 durch die Deutsche Revisions- und Treuhand AG gibt u. a. Auskunft über die rasch gewachsene Zahl der Beschäftigten der Degeto-Kulturfilm GmbH, die von anfangs drei auf 17 Mitte 1938 und 19 Ende des Jahres kletterte. Die Hierarchie in der Geschäftsführung lässt sich ablesen anhand des Gehaltsgefüges  – während Hans Fischer ab März 1938 auf 750 RM monatlich kam (ab Oktober 1938 nur noch 450 RM), stieg Johannes Eckardt ab September 1937 mit 1.000 RM ein und wurde ab Februar des nächsten Jahres mit weiteren 500 RM pro Monat vergütet. Beide bezogen zeitgenössisch weit überdurchschnittliche Einkommen. Sie waren Angestellte der Tobis. Die fünf Verleihtitel mit den größten Einspielergebnissen bis zum 30. Juni 1938 waren: Kampf um den Himalaya (43.700 RM), Rotkäppchen und der Wolf (34.900 RM), Jabonàh – Jabonàh (32.600 RM), Unter den Dächern von Paris (Sous les toits de Paris, 30.600 RM) und Tabu (18.400 RM). Die Schlusslichter dieser Tabelle bildeten Drops wird Flieger (1.800 RM), Swedenhielms (800 RM; ein früher Film Ingrid Bergmans) und Totes Wasser (100 RM), auch Hortobágy gehörte zu den weniger erfolgreichen Titeln (3.200 RM). Im Verleih­ angebot waren zudem 16 sogenannte »Beifilme«, die aber in der Prüfung nicht weiter spezifiziert werden. Dabei handelte es sich um »ältere Filme, die der Degeto von früheren Konzerngesellschaften (Europa AG und SyndikatFilm GmbH) kostenlos zur Verfügung gestellt wurden«. Die Kosten für die Anfertigung von Kopien (ca. 22.500 RM) waren sämtlich abgeschrieben worden, die Einspielergebnisse erschienen bei den entsprechenden Hauptfilmen. Vorinvestierungen und Produzentenanteile bei sämtlichen Titeln (Ausnahme Hortobágy) schlugen erheblich zu Buche, sodass ein beträchtlicher Verlust von rund 105.700 RM durch die Tobis Filmkunst GmbH für das nur acht Monate währende erste Geschäftsjahr übernommen werden musste.58 Ein Schlaglicht auf den zeitgenössisch herrschenden rauen Tonfall im Geschäftsgebaren der Degeto wirft ein Brief, den der auch hier autoritär auftretende Johannes Eckardt am 7. April 1938 an die Geschäftsführung des »Filmpalast Baumschulenweg« schickte, um eine vermeintlich versäumte prozentuale Abrechnung für ein Programm mit dem Film Rotkäppchen und der Wolf aufseiten des Kinos anzumahnen: »Wir machen Sie darauf aufmerksam, daß die pünktliche Abrechnung eine der vornehmsten Pf lichten eines Mitglieds der Reichsfilmkammer ist und daß die Vernachlässigung

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Kulturfilme und Schmalfilme

dieser Pf licht im Sinne der Unzuverlässigkeit gewertet wird. Sie würden uns zwingen, wenn Sie die Abrechnung nun nicht rechtzeitig abliefern, der Reichsfilmkammer Meldung zu machen. Die Folgen werden Sie sich selbst vorstellen können. Heil Hitler! DEGETO Kulturfilm GmbH. Unterschrift: Joh. Eckardt.«59 Der nur an einem Tag gespielte Film hatte Einnahmen von knapp 180 RM erzielt, von denen 30 % an die Degeto zu gehen hatten und 1 % als SPIO-Versicherung abgezogen werden mussten (zusammen ca. 55 RM). Es stellte sich allerdings heraus, dass der Betrag bereits beglichen und Eckardts Schrei­ben voreilig abgeschickt worden war – eine Entschuldigung ließ nicht lange auf sich warten. Für das erste vollständige Geschäftsjahr 1938/39 stellte die Prüfung des nächsten Jahresabschlusses zum 30. Juni 1939 eine positive Entwicklung fest. Zwar waren wegen eines vergrößerten Geschäftsumfangs auch die Aufwendungen etwa im Verwaltungsapparat beträchtlich gewachsen (es waren mittlerweile 29 Lohn- und Gehaltsempfänger angestellt), doch hatten die Umsätze bei Verleih und Verkauf einen Anstieg auf etwa 816.000 RM zu verzeichnen. Das Schmalfilmgeschäft brachte anteilig 60.000 RM ein und die Verkäufe des Degeto-Schmalfilm-Schranks wurden mit 34.000 RM gebucht – der Löwenanteil lag also beim Geschäft mit dem Verleih von Kultur- und Beifilmen. Die Normalfilmherstellung war im Laufe des Geschäftsjahres 1938/39 vollständig auf die Tobis Filmkunst übergegangen, sodass bei der Degeto produktionsseitig lediglich Schmalfilme verblieben. In Herstellung oder Vorbereitung befanden sich zu dieser Zeit Curt Oertels Michelangelo als Schmalfilm sowie die schwer zuzuordnenden Schmalfilmvorhaben »Odysseus (früher ›Flimmerkiste‹)« sowie ein Film der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt. Zu den insgesamt 24 in Verleih genommenen abendfüllenden Normalfilmen gehörten nun auch Shigeyoshi Suzukis japanisches Werk Tôyô heiwa no michi (wie Hortobágy mit einer Garantie beim Produzentenanteil ausgestattet) und der von Johannes Häußler und Ernst R. Müller verantwortete Grossmacht Japan (1938), produziert von der Firma RexFilm Bloemer & Co. aus Berlin.60 Mit Unterstützung der japanischen Botschaft in Deutschland war hier aus japanischem Filmmaterial ein mehr als einstündiger Film entstanden, der »die Erziehung der japanischen Jugend zur Todesverachtung und entsprechende Einsätze japanischer Soldaten im Krieg gegen China« zeigte.61 Offenbar war dieser Film allerdings von der Degeto im Verlauf des Geschäftsjahres an den Produzenten zurückgegeben worden, weshalb gegen Rex-Film die Erstattung von Teillizenzen und Produzentenanteilen als Forderungen erhoben wurden. Die drei stärksten Einspielergebnisse bis Ende Juni 1939 erzielten die Titel Karthagos Fall (rund 217.400

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Verleih Normalfilm III

RM), Sehnsucht nach Afrika (135.000 RM) und Das blaue Licht (45.900 RM). Insgesamt musste die Tobis Filmkunst einen Verlust der Degeto von etwa 7.800 RM übernehmen – gemessen an den über 105.000 RM des Vorjahres ein geringer Betrag. Im folgenden Geschäftsjahr 1939/40 schloss die Tobis Filmkunst mit ihren Beteiligungsgesellschaften Ross-Verlag, Rotophot und Degeto sogenannte Organverträge (bzw. Organschaftsverträge) zur Regelung der gemeinsamen steuerlichen Behandlung der Tochtergesellschaften. Programmatisch annonciert ein Katalog der Tobis von 1939/40 das Kulturfilm-Angebot der Degeto: »aktuelle filmische Großreportagen, aufschlußreiche Dokumentar-Filme und ausländische Spielfilme ganz besonderen Charakters bilden die Produktion der Degeto-Kulturfilm GmbH, die mit ihren abendfüllenden Programmen eine Lücke im deutschen Film-Angebot ausfüllen wird: die Versorgung der Lichtspiel-Theater mit Filmen eigener Note für Sondervorführungen, Kulturfilmwochen und Gedenk- oder FestVeranstaltungen.« Besonderen Wert legte man auf die »Auswahl der besten und kulturell wertvollsten fremden Spielfilme«, Produktionen des Auslands also, mit denen Theaterbesitzer ihren Spielplan »noch farbiger« gestalten konnten.62 Der Bilanzgewinn der Degeto betrug in diesem Wirtschaftsjahr ca. 158.000 RM und war abzuführen an die Tobis Filmkunst.63 Geschäftsführer Johannes Eckardt konnte daraus für sich eine prozentual vereinbarte Gewinnbeteiligung von fast 12.000 RM errechnen, was die Geschäftsleitung der Tobis im Sommer 1941 auf die Idee brachte, derlei Beteiligungen für künftig erwartete höhere Geschäftsgewinne zu pauschalieren.64 Seit dem 1. Juli 1940 hatte Eckardt obendrein die Lenkung der Tobis-Kulturfilmstelle inne, wo als Kollege neben ihm der erfahrene Film- und Kinomann Werner Malbran (d. i. Hellmuth-Werner Hoffmann) wirkte, dem u. a. die Abwicklung des Ufa-Vertrages sowie die Führung von Lektorat und Besetzungsbüro oblag; dazu kamen ein Dr. Schützler (v. a. Verwaltung, Verträge, Etat und Kalkulation), der Regisseur und Produktionsleiter Wilhelm Stöppler (der u. a. an Tobis-Produktionen wie Der Stern von Tetuan, Das neue Asien und Hans Bertrams orgiastischer Kriegsverherrlichung Feuertaufe von 1940 mitgearbeitet hatte) sowie etwas später auch Georg Fiebiger, ein Musik- und Tonspezialist, der bis zum Kriegsende als Produktionsleiter der Bavaria arbeitete und nach dem Zweiten Weltkrieg für kurze Zeit als Produzent tätig war.65 Geistige Planung und Arbeitsorganisation der Kulturfilmstelle beanspruchte Eckardt in einer Art Bewerbungsschreiben von Anfang Juni 1940 an Tobis-Generaldirektor Lehmann für sich, sofern er einzig vom Vorstand der Tobis dazu ermächtigt und nur diesem gegenüber

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Kulturfilme und Schmalfilme

verantwortlich sein würde. Seine Idee war von der Struktur der Ufa-Kulturfilmabteilung abgekupfert – die Schaffung von Spezialgebieten nämlich wie Architektur oder Plastik, Felder, auf denen die Tobis nach Eckardts Auffassung bestens ausgewiesen sei durch Kulturfilme wie Raum im kreisenden Licht oder Riemenschneider – der Meister von Würzburg, eine zehnminütige Arbeit von Walter Hege aus dem Jahr 1938. Auch Werke »auf dem Gebiet aller volkspolitischen und volksdeutschen Fragen«, so Eckardt politisch anschmiegsam, sollten für die Tobis möglich sein.66 Inwieweit es sich dabei auch um Produktionen gehandelt haben könnte, die von Stöppler als Ansprechpartner der Tobis ab 1940 mitverantwortet worden waren und den nationalsozialistischen »Krankenmord« der sogenannten »Aktion T 4« »rechtfertigen und möglichen Vorbehalten in der Bevölkerung entgegenwirken« sollten, bleibt Spekulation, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Der in diesem Zusammenhang entstandene Tobis-Film Dasein ohne Leben wurde im März 1942 in den Räumen der Tobis »einem kleinen Kreis von ausgewählten Medizinern präsentiert«, die »ein insgesamt positives Urteil« fällten. Dennoch blieb der Film intern und hatte letzten Endes keine ursprünglich aber beabsichtigte öffentliche Aufführung: »Die Reaktionen in der Bevölkerung erschienen den Beteiligten unkalkulierbar.« 67 Von immer neuen Geldforderungen ließ Eckardt nicht ab. So argumentierte er Anfang September 1940 gegenüber Lehmann u. a. damit, dass dessen »Schützling« Thorndike ebenfalls mehr verlangt habe (2.500 RM monatlich) – damit kann nur der später in der DDR wirkende Dokumentarfilmregisseur Andrew Thorndike gemeint sein, der hier in seinen beruf lichen Anfängen steckte. Zudem betreue er das Auslandsgeschäft der Kulturfilme innerhalb der Tobis-Cinema und arbeite mit an den Unternehmungen der Firma in Jugoslawien. Für all das forderte er jeden Monat 1.000 RM mehr als zuvor – wohl mit Erfolg.68 Den Ertrag der Tobis hatte Generaldirektor Lehmann hauptsächlich im Blick – er nannte es Effizienz. Um die künstlerische Selbstständigkeit innerhalb eines Aufgabenschemas ging es dabei nicht.69 Als die Tobis Eckardt am 15. August 1941 mitteilte, dass der Anfang 1938 mit ihm geschlossene Vertrag aufgehoben werden soll, resümierte man die ihm am 1. Juli 1940 übertragenen Aufgaben. Danach war er zugleich Mitgeschäftsführer der Degeto-Kulturfilm GmbH, künstlerischer Produktionsleiter der Tobis-Kulturfilmstelle, Mitarbeiter an den Auslands-Abteilungen der Tobis für alle Fragen des Kulturfilms sowie zuständig für die Überwachung der Produktion auf dem Gebiet des Schmalfilms, insbesondere der für den Verkauf bestimmten Filmserien des Degeto-Schmalfilm-Schranks und des Degeto-Weltspiegels. Wollte er publizieren, hatte er die vorherige

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Verleih Normalfilm III

Genehmigung der Geschäftsleitung der Tobis einzuholen, die sich vorbehielt, ihn auf andere Stellen innerhalb des Hauses, die sich mit Schmalfilm befassten, umzusetzen.70 Zu Beginn seiner Tätigkeit innerhalb des TobisKonzerns im Herbst 1937 war es ihm noch untersagt gewesen, gleichzeitig für andere Firmen tätig zu sein – während schriftstellerische Arbeiten, zumal »im Interesse der Förderung des deutschen Kulturfilmes«, davon ausdrücklich ausgenommen waren.71 Nun, im Frühjahr 1941, attestierte ihm ein Arzt eine Herzmuskelschwäche, nervöse Herzbeschwerden sowie allgemein nervöse Störungen infolge starker Arbeitsbelastungen. Ob Eckardt den ärztlich angeratenen mehrwöchigen Erholungsurlaub angetreten hat, ist unbekannt.72 Entscheidendes und Grundsätzliches wurde im Geschäftsjahr 1941/42 bei der Degeto-Kulturfilm GmbH umgestaltet, dies macht die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Mai 1942 deutlich; diese wurde wegen der Kriegsverhältnisse um die bei früheren Prüfungen nicht beanstandeten Bereiche abgekürzt und erstreckte sich über einen Zeitraum von elf Monaten, vom 1. Juli 1941 bis 31. Mai 1942. Alle reichsmittelbaren Filmgesellschaften bilanzierten damit zum gleichen Termin. Dies auch als ein Hinweis darauf, dass seit dem 10. Januar 1942 mit der Gründung der Holding Ufa-Film GmbH (UFI) nur noch ein einziger reichseigener Filmkonzern existierte, in dem die bisher konkurrierenden Firmen, darunter die Ufa und die Tobis, mit Sitz in Berlin zusammengelegt worden waren. Veränderungen im personellen Zuschnitt der Degeto-Kulturfilm GmbH hatten dagegen geringe Bedeutung, etwa wenn der erst Anfang 1941 zum Geschäftsführer bestellte Georg Fiebiger rasch wieder abberufen wurde und der bisherige Syndikus Anton Heidemann seit Mitte 1942 als neuer Geschäftsführer neben Johannes Eckardt (formal) bis Oktober 1945 amtieren konnte.73 Der von der Deutschen Revisions- und Treuhand Aktiengesellschaft angefertigte Bericht über die bei der Degeto-Kulturfilm GmbH vorgenommene Prüfung sei an dieser Stelle ausführlich zitiert: »Die von der Degeto im Rahmen der deutschen Filmindustrie zugewiesenen Aufgaben sind eingeschränkt worden. Der zum bisherigen Aufgabengebiet gehörende Schmalfilmverleih im Inland wurde ab 20. April 1942 von der Ufa-Handelsges.mbH übernommen, während das Normalfilmverleihgeschäft ab 1. Juni 1942 auf die Deutsche FilmvertriebsGes.mbH (DFV) übergegangen ist. Die wirtschaftliche Auswertung der ­Schmal- und Normalfilme wird in Zukunft durch die Tobis Filmkunst GmbH selbst erfolgen.« Und weiter: »Da die Tobis Filmkunst GmbH die Degeto im Hinblick auf die bevorstehende Umorganisation bereits ab Fe­­ bruar 1942 nicht mehr als zu ihrem Interessengebiet gehörig betrachtet hat,

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Kulturfilme und Schmalfilme

wurde beschlossen, der Degeto von dem im Berichtsjahr erzielten Gewinn RM 75.000, — zu belassen. Dieser Betrag wurde von der Degeto einer freien Rücklage zugeführt. Der danach verbleibende Gewinn von RM 156.087,42 ist der Tobis-Filmkunst GmbH auf Grund des Organvertrages gutgebracht worden.«74 Die Trennung der Degeto von der Tobis 1942 ging also einher mit dem Verlust von Teilen des Schmalfilmgeschäfts und des kompletten Normalfilmhandels. Die Prüfung von Mitte 1942 berichtet, dass alle Aufwendungen der Degeto-Kulturfilm GmbH zuletzt beträchtlich angestiegen waren, im Besonderen die allgemeine Propaganda (Werbemaßnahmen), wovon allein knapp 60.000 RM auf den Filmschrank und Schmalfilmverleih v. a. für Kataloge, Prospekte, Inserate und Auslandswerbung entfielen. Der zu dieser Zeit aktuelle Schmalfilm-Verleihkatalog wurde mit seiner gesamten Auf lage der Ufa-Handelsgesellschaft mbH übergeben. Dabei hatte sich der Schmalfilmhandel mit Filmschrank und Weltspiegel gut weiterentwickelt und namhafte Mehrerlöse gegenüber dem Vorjahr erbracht  – dies in besonderem Maße im Ausland. Rohfilmknappheit und beschränkte Liefermöglichkeiten der Kopieranstalten hemmten allerdings wohl einen noch größeren ökonomischen Erfolg.75 Dagegen waren die Normalfilmerträge um mehr als eine halbe Million RM zurückgegangen, etwa 80 % davon betrafen die Leihmieten. Dies wurde darauf zurückgeführt, dass im Berichtszeitraum nur ein verliehener Normalfilm aus dem eigenen Programm angelaufen war, der zudem nicht als Erfolg angesehen wurde: Walter Jervens aufwendige Kompilation Himmelstürmer (1941, Produktionsleitung: Wilhelm Stöppler), heute noch ein filmisches Standardwerk zur Geschichte des Fliegens, schaffte bis Ende Mai 1942 lediglich ein Einspiel in der Höhe von rund RM 66.000. Er lag damit allerdings bei den absoluten Zahlen noch in Reichweite von Titeln, die gegenüber dem vorherigen Geschäftsjahr höhere Erträge erzielt hatten  – Der dunkle Ruf (75.000 RM, 1940/41 waren es 42.000 RM), Rotkäppchen und der Wolf (59.000 RM / 40.000 RM), Tabu (42.000 RM / 16.000 RM) und Das blaue Licht (28.000 RM / 10.000 RM). Titel mit bereits fortgeschrittener Auswertungszeit wiesen einen recht erheblichen Rückgang der Ergebnisse im Vergleich zum Vorjahr auf, so kam Zwischen Leben und Tod auf 64.000 RM (gegenüber 542.000 RM), Michelangelo auf 44.000 RM (127.000 RM), Das neue Asien erzielte 50.000 RM gegenüber 111.000 RM und Der Stern von Tetuan fiel von 35.000 RM auf nunmehr 15.000 RM.76 Ein motivischer Zug von Exotismus und Abenteuer dominierte auf erzählerischer Ebene das Verleih-Portfolio der Degeto Kulturfilm GmbH recht deutlich. Zu dieser Zeit schwieriger werdender Geschäfte

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Verleih Normalfilm III

Zwischen Leben und Tod / Luciano Serra pilota (1938, Regie: Goffredo Alessandrini). Titel der Filmprogrammreihe »Das Programm von Heute«, Berlin, Nr. 1616 / (553)

nahm sich das Jahresgehalt von Geschäftsführer Eckardt mit 39.000 RM einschließlich einer Nachzahlung von 6.000 RM für 1940/41 (die als außerordentlicher Aufwand angesehen wurden) wenig bescheiden aus.77 Als Ge­­ schäftsführer innerhalb der deutschen Filmindustrie lag er damit weit über den zu dieser Zeit gezahlten Durchschnittslöhnen für Facharbeiter (etwa 2.500 RM im Jahr) und sogar noch erheblich über dem Monatsgehalt eines Wehrmachtsgenerals, der etwa 1.700 RM monatlich in Empfang nahm.78

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Kulturfilme und Schmalfilme

Vertrieb und Verleih Schmalfilm Mit der Leihe von Schmalfilmkopien des Noldan-Films Was ist die Welt?, als Normalfilm kein sonderlich gutes Geschäft für die Degeto-Kulturfilm GmbH, erzielte sie 1937/38 ihre ersten Mieteinnahmen im Segment der formatmäßig verkleinerten Filme. Als Entleiher des Schmalfilmtitels wird im Prüf bericht des Jahresabschlusses zum 30. Juni 1938 der Reichsbund der deutschen Beamten aufgeführt. Der einstmals als Normalfilm in neun Akten mit einer Länge von 2.245 Metern (82 Minuten) am 12. Juli 1933 zensierte Film erfuhr Anfang August 1938 eine Neuprüfung, die vier Akte notierte. Anschließend wies er eine verringerte Länge von 2.043 Metern auf (75 Minuten). Die neue Zensurentscheidung war auch gültig für die sogenannte »Schmaltonfilmfassung« der Degeto, wie es auf der Zensurkarte heißt – im kleinen 16-mm-Format maß der Film 772 Meter (71 Minuten). Zwischen 1933 und 1938 (bzw. 1942/44) waren bestimmte Teile darin im Normal- wie im Schmalfilmformat jeweils der Schere zum Opfer gefallen.79 »Ein Film von den Wundern des Universums« – so bewarb die Degeto um 1937 den Film der Arbeitsgemeinschaft Atelier Noldan.80 Gleichermaßen handelt es sich hier allerdings auch um eine Arbeit von den Wundern des Films. Ein beinahe genialischer Rechtsschwenk von einer Autostraße auf das von Kleintieren belebte Terrain neben der Fahrbahn verdeutlicht zu Beginn des Films, dass hier filmgerechte Lösungen für die Frage nach Geschichte, Werden und Zustand der Welt, gespiegelt in Tieren, Pf lanzen, Menschen und Weltraum, gesucht worden sind. Großen Raum nimmt die Erörterung der Frage nach der permanenten Veränderung des Erdballs ein – mithin das Problem des Klimas (unter Ausklammerung seiner menschengemachten Veränderungen). Ein Film, der die Existenz der Erde und des Lebens auf ihr in ein Verhältnis zueinander setzt, bis hin zum atemberaubenden Eindruck einer raffinierten Entfernung der Kamera von einem Modell der Großstadt Berlin hinauf ins Weltall, gleich einer aufsteigenden Rakete, an der eine Beobachtungskamera hängt, gleich auch dem heutigen Eindruck des dynamischen Entfernens und Annäherns an den Erdball mit der Hilfe von Google Earth – in­­ spiriert möglicherweise von Traumbildern aus F. W. Murnaus Stummfilm Faust. Eine deutsche Volkssage (1926). Eine Vielzahl von Fakten, allerdings nicht spröde referiert, sondern klug eingebunden in Natur- und Trickaufnahmen, vermittelt in der Summe womöglich so etwas wie einen mustergültigen Kulturfilm.81 Der Physiker Max Planck äußerte sich 1938 im Degeto-Pressedienst Der Kulturfilm zu Was ist die Welt? in werbender Manier. Sein rühmender Text endet: »Ich kann nach meiner jahrelangen

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Vertrieb und Verleih Schmalfilm

Erfahrung nur sagen, dass breiteste Schichten des Volkes solche Filme sehr gern sehen und sich der Erlebniskraft solcher Filme mit innerster Anteilnahme hingeben. Es ist ganz falsch, zu glauben, dass solche Filme nur den engen Kreis Intellektueller interessieren. Der einfache Mann im Volk sehnt sich nach einer Erfüllung seines Lebens, nach der Möglichkeit, all das Sein oder Werden, das er um sich sieht, in einem tieferen Sinne erfassen zu können.«82 Aus dieser Äußerung Plancks wurde nach dem Zweiten Weltkrieg neuerlich zitiert, als Noldans Kulturfilm abermals – wohl ab 1949/50 – in Kinos gezeigt wurde. Der vorläufige Prädikatisierungsausschuß für Filme für das Land Nordrhein-Westfalen hatte ihn in einer Länge von 2.000 Metern im Februar 1950 »zum Zwecke der Ermäßigung der Vergnügungssteuer als ›volksbildend‹ anerkannt«.83 Jeder Hinweis auf die Entstehungszeit des Films fehlt in den Nachkriegsunterlagen. Zwischen damals und heute lag ein Weltuntergang. Noldans Film, der von den irdischen Wandlungen der großen Zeiträume handelt, musste in Deutschland nun zwangsläufig auf die veränderte Weltsicht eines Publikums treffen, dessen zuvor gemachten existenziellen Erfahrungen ein höchst fundamentaler, irritierender Charakter innewohnte. Was ist die Welt? hatte seinen deutschen Adressatenkreis mehr als zwölf Jahre lang begleitet: zu Beginn der nationalsozialistischen Epoche als Normalfilm, unmittelbar vor Beginn des Zweiten Weltkriegs und währenddessen ergänzend als Schmalfilm – und nach Kriegsende wieder als Normalfilm.84 Hätte sich das Publikum nach dem Ende des Mordens gefragt: »Was ist der Mensch?«  – es wäre nur angemessen gewesen. Die Frage wurde tatsächlich gestellt. Allerdings schon 1934. Da befand sie der Kritiker Fritz Olimsky als noch »treffender« für den Titel dieses Films.85 Einen »Blick in den Kosmos« versprach die Degeto-Kulturfilm GmbH, als sie Was ist die Welt? 1941 als 772 Meter langen Schmalfilm anbot – zum Leihpreis von 25 RM. Der Titel trug die Nummer 956, er wurde als 16-mmTonfilm rubriziert unter die Kulturfilme zum Thema »Tiere und Pf lanzen – Natur im Spiegel von Wissenschaft und Forschung«.86 In früheren Katalogen war er nicht geführt worden. Insgesamt drei Verzeichnisse mit tönenden und stummen Schmalfilmen für den Verleih der Degeto-Kulturfilm GmbH sind erschienen, 1938, 1939 und 1941. Damit kamen diese Kataloge recht spät, wenn man sich die Gesamtentwicklung des Schmalfilms anschaut. Seit 1922 gab es den unbrennbaren Umkehrfilm auf 16 mm, die Grundlage des Amateurfilms, der zusammen mit dem Lehr- und Unterrichtsfilm (1927 Diskussion über Schmalfilm bei der Europäischen Lehrfilmkonferenz in Basel) das Vorankommen des Schmalfilms befeuerte, für den die Firma Kodak bereits 1929 die Farbvariante Kodacolor produzierte. Die technischen Mög-

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Kulturfilme und Schmalfilme

lichkeiten der Kameras und Kopiermaschinen machten rasche Fortschritte, sodass Anfang 1932 der 16-mm-Schmalfilm in Deutschland per Ministerial­ erlass für den Schulunterricht freigegeben wurde – Voraussetzung für die Gründung der Reichsstelle für den Unterrichtsfilm 1934. Zumindest in Bayern war der Normalfilm spätestens 1941 aus den Schulen »völlig verschwunden und vom Schmalfilm abgelöst« worden.87 Seit 1931 hatte Kodak speziell für Amateure ein nochmals verkleinertes Format herausgebracht, den 8-mm-Film, der binnen weniger Jahre das bis dahin bekannte und populäre 9,5-mm-Pathé-System weitgehend verdrängte. Immer häufiger wurde das qualitativ weiter verbesserte 16-mm-Material von Profis eingesetzt, so etwa bei einer nationalsozialistischen Zwecken dienenden Amazonas-Expedition, deren Material auf Normalfilm aufgeblasen wurde und als Ufa-Produktion Rätsel der Urwaldhölle (Regie: Otto Schulz-Kampfhenkel) 1938 in die Kinos kam. Später verwendeten die Kriegsberichter bei Sondereinsätzen der Propagandakompanien in der Luft oder unter Wasser 16-mm-Schmalfilmkameras wie das Modell Siemens D.88 Im Krieg verschob sich das Verhältnis zwischen Normalfilm und Schmalfilm auch dahingehend, dass sogar in Lichtspieltheatern der Schmalfilm zum Einsatz kam – die Mobilität des tragbaren 16-mm-Projektors erwies sich jetzt als Vorteil –, auch wenn er nicht für den Dauerbetrieb wie ein Normalfilmprojektor ausgelegt war. Während dieser kriegsbedingt wachsenden professionellen Nachfrage nach Schmalfilmbildwerfern wendete sich der Amateur verstärkt dem 8-mm-Material zu.89 Schmalfilmtechnik und -materialien wurden immer preiswerter und betriebssicherer, die Technik war leicht zu handhaben, Kopien galten als schwer entf lammbar, es konnten Stumm- wie Tonfilme entliehen und erworben werden, das Format eignete sich zum Werbe-, Instruktions- und Unterrichts- bzw. Lehrfilm. Auch die Leistungen von Filmamateuren waren auf diese Weise auszuwerten – genau wie Spielund Kulturfilme, im Normalformat entstanden, zur »Restauswertung« gelangen konnten,90 indem sie auf Höhepunkte komprimiert und neuerlich in Umlauf gebracht wurden.91 Eine »stürmische technische Entwicklung« des Schmalfilmgebietes beobachtete die maßgebliche Deutsche Kinotechnische Gesellschaft, als deren Arbeitsgruppe Schmalfilmtechnik sich im Frühjahr 1939 zu einem »Sprechabend« im Tobis-Haus traf und feststellte, »daß das größte Interesse für die Frage eines mehr berufsmäßigen Schmalfilmprojektors besteht, der in jeder Beziehung höhere Leistungen als die bisher besten aufzuweisen hat«.92 Die wesentlichen Vorteile des Schmalfilms erkannten u. a. auch Publizisten wie der linke Wiener Filmkritiker Fritz Rosenfeld bereits 1930, doch den eigentlichen politischen Sinn der neuen Bewegung

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Vertrieb und Verleih Schmalfilm

sah er darin, »daß das Monopol der Filmindustriellen auf die Filmherstellung gebrochen und die Aufnahme von Filmen ganz neuen Kreisen von Filmschaffenden ermöglicht wird«.93 Zusammenfassend heißt es 1946 in einem Schweizer Filmlexikon: »Jedenfalls hat der Schmalfilm schon zu verschiedenen Lösungen geführt, die das im Normalfilm übliche Maß von Einfachheit u. Wirtschaftlichkeit übertreffen.«94 Seit den späten 1920er Jahren, als der Schmalfilmmarkt in den USA eine gewisse Ausdehnung erreicht hatte, waren in Deutschland gemeinsame Versuche der Agfa (als Teil der I. G. Farben) und der Ufa zu verzeichnen, daran zu partizipieren und auch für Deutschland zu einem Agreement über die Auswertung von Normalfilmtiteln als Schmalfilm zu gelangen. Gedacht wurde zunächst weniger an vollständige Spielfilme, sondern an bestimmte Sujets ausgewählter Kulturfilme der Ufa – die Transformation von Normalauf Schmalfilm wäre also einhergegangen mit einer Veränderung des neu geschaffenen Titels, in diesem Fall nach den Vorstellungen der Agfa. Sofern Spielfilme im Blick gewesen wären, wurde an eine Kürzung auf etwa ein Drittel der ursprünglichen Laufzeit gedacht. Der Handel verfügte zu dieser Zeit über ein angemessenes Angebot an Aufnahme- und Wiedergabeapparaten für das Schmalfilmformat. Zentrale Diskussionspunkte der beiden Unternehmen betrafen die Frage nach den Lizenzgebieten (nicht überall war man frei) und der Lizenzdauer, ungeklärt blieb längere Zeit auch, ob die Filme verliehen oder verkauft werden sollten.95 Ihre reiche Kulturfilmproduktion gedachte die Ufa über die Ufa-Handelsgesellschaft mbH bzw. den Ufa-Filmverleih GmbH in Schmalfilmform auszunutzen, sie sprach deshalb Behörden und Schulen an oder führte, so Anfang 1932, gemeinsam mit der Bayerischen Landesbildstelle und der Landesfilmbühne einen Werbeabend durch, der durch Hans Ammann persönlich die wesentlichen Vorteile des Schmalfilms herausstellen sollte: Er war günstiger und gefahrloser.96 Das »Ufa-Schmalfilm-Abonnement« und ein Schmalfilm-Programm der UfaHandelsgesellschaft wurden aufgelegt.97 Die besondere Attraktivität des Schmalfilms führte zu einer Konkurrenzsituation und ließ das etablierte Lichtspieltheatergewerbe unruhig werden, sodass die Ufa nicht ohne Grund im Sommer 1933 in Verleih und Verkauf von Schmalfilmen unter Umständen »lebenswichtige Interessen der deutschen Filmindustrie« berührt sah und das Problem einheitlich behandelt sehen wollte  – möglichst mit der Gründung einer neuen Gesellschaft, die Lizenzverträge und Vereinbarungen mit den ins Schmalfilmgeschäft involvierten Partnern Ufa-Filmverleih GmbH und Ufahandel GmbH, Agfa und Siemens & Halske (wo ebenfalls ein

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Kulturfilme und Schmalfilme

Schmalfilmvertrieb geplant war) schließen sollte. Für eine solche Neuordnung des Schmalfilmwesens in Deutschland wurde die Gründung einer neuen Gesellschaft geplant, die Deutscher Schmalfilm-Vertrieb GmbH heißen sollte. Damit hätten der Erwerb, Verkauf und Verleih von Schmalfilmen an nichtgewerbliche Stellen in einer Hand gelegen.98 Jeder sollte etwas in die Gesellschaft einbringen: Agfa den Filmverleih (Kopienbestand, Verleihrechte und Organisation), die Ufa eine Anzahl von Auswertungsrechten an stummen und Tonschmalfilmen, Siemens das notwendige Betriebskapital.99 Zu der vorgesehenen Abnehmergruppe der Schmalfilmkopien gehörten u. a. die Reichspropagandaleitung der NSDAP (Abteilung Film) und die infrage kommenden NS-Organisationen (NS-Kulturgemeinde, Deutsche Arbeitsfront), dazu die Reichswehr, verschiedene Sportverbände, die Reichsstelle für den Unterrichtsfilm, aber auch kirchliche Organisationen.100 Nur solche Kunden und Stellen, die Schmalfilme zu gewerblichen und theatermäßigen Zwecken vorführen wollten, also Lichtspieltheaterbesitzer, Gastwirte, Saalbesitzer oder gewerbliche Wanderunternehmungen, wären verleihmäßig weiterhin von der Ufa bedient worden. Einzig vermietet, doch nicht verkauft werden sollten auf jeden Fall Schmalfilmkopien von Spielfilmen und anderen Streifen, die eine Länge von mehr als 400 Metern hatten und als Hauptfilm für ein abendfüllendes Programm infrage kamen.101 Die Industrie hatte zugleich bereits Ende 1934 zur Kenntnis genommen, dass es speziell bei den Schmaltonfilmapparaten noch beträchtliche technische Schwierigkeiten und Mängel zu überwinden galt.102 Doch nicht nur das – im April 1935 war das Schmalfilmgetändel zwischen der Ufa, Agfa und I. G. Farben offenbar schon wieder beendet, bevor es Schwung aufgenommen hatte. Unterschiedliche Anschauungen hinsichtlich eines gemeinsamen Schmalfilmverleihs und einer völligen »Verschmelzung unserer Schmalfilminteressen« ließen die Ufa der I. G. Farben mitteilen, das Schmalfilmgeschäft künftig besser doch »in der bisherigen Art weiter betreiben und vorsichtig weiter entwickeln« zu wollen.103 Die Grundfragen des Handels mit solchen Schmalfilmen, die von Normalfilmen abgeleitet werden, waren in diesen Anbahnungen erkennbar  – die Abgrenzung von Lizenzgebieten, die Frage nach Verkauf oder Verleih von Schmalfilmen, nicht zuletzt Gestaltung und Ausstattung des Produkts. Jährlich 2.000 RM war die I. G. Farben Anfang 1935 zu zahlen bereit, um ihre Schmalfilmabteilung Kinagfa und die Departments für Werbefilme der Reichsvereinigung deutscher Lichtspielstellen, Kultur- und Werbefilmhersteller e. V. beitreten zu lassen – die Mitgliedschaft strebte man an in den Abteilungen Gewerbsmäßige Filmvorführung sowie Kulturfilm-Hersteller

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Vertrieb und Verleih Schmalfilm

und Werbefilm-Hersteller und -Verleiher.104 Eine solche Zugehörigkeit zur Reichsvereinigung führte auch zu einer Nähe zum Degeto e. V., zu Johannes Eckardt und damit zum Gedanken der Gemeinnützigkeit des Filmvorführens abseits der großen Filmtheater. Dies konnte, von staatlicher Seite aus betrachtet, durchaus bedeuten, die Kontrolle über den Kinobesuch womöglich in Teilen aus der Hand zu geben. Das Problem hätte sich in einer Diktatur noch verschärft mit dem Verkauf von Schmalfilmen an eine nicht zu kontrollierende Zahl von Stellen  – an Privathaushalte. So verwundert es nicht, wenn ein Rundschreiben der Reichsvereinigung im Februar 1935 über die Neugliederung der Fachverbände in der Reichsfilmkammer berichtet und eine klare Warnung ausspricht vor einer »Verquickung von Film und Politik« bei der Präsentation von Filmen, die einen nicht gewerblichen Charakter trägt. Ein Pfarrer, so wird kolportiert, sei aus der Reichsvereinigung ausgeschlossen worden, weil er sich gegen Personen des NS-Staates ausgesprochen hatte und seine Filmveranstaltungen »allmählich den Charakter einer demonstrativen politischen Willensäußerung« angenommen hätten.105 Ein freies Wort war also möglich, aber nicht erlaubt – die Chance wurde vom Risiko aufgefressen. Ein erster Katalog unter dem Titel Deutscher Schmalfilm wurde von der Reichsvereinigung 1935 herausgegeben. 202 Kultur-Schmalfilme ihrer Mitglieder, tönend und stumm, wurden in diesem Kulturfilm-Verzeichnis annonciert – überwiegend Produktionen der Ufa. Der Degeto e. V. spielt darin und in weiteren Verzeichnissen der Reichsvereinigung keine Rolle. Mit dem 1936 erschienenen zweiten Katalog, der bereits über 750 Titel versammelte, verschwand die Reichsvereinigung als Herausgeber – sie war mittlerweile aufgelöst worden. Deutscher Schmalfilm wurde fortan und bis zum letzten Katalog von 1940 verantwortet von der Gemeinnützigen Kulturfilm-Vertrieb GmbH (die im Mai 1939 als Mitglied in die Deutsche Kinotechnische Gesellschaft aufgenommen wurde). Interessierte konnten Schmalfilme zu festen Preisen entleihen und unter Einholung von Sonderofferten auch erwerben. Ein schmaler Sonderkatalog dieser Gesellschaft, vermutlich um 1940 herausgebracht, bietet ausschließlich Verkaufsfilme im 8-mm-Format an, den besonders beworbenen Schwerpunkt unter dem Titel »Lustiger Kintopp aus den Jahren 1904–1906« bilden grotesk-komische Kurzfilme, die aus dem »wertvollen historischen Filmmaterial Ferdinand Althoffs« zusammengestellt worden waren.106 Auf vier von insgesamt zwölf Seiten wird das übrige kunterbunte Allerlei mit Schmalfilmauszügen aus Normalfilmen allerdings überwogen vom konzentrierten Kaufangebot zum »Zeitgeschehen im Kurzbericht«. Darunter befinden sich Titel wie Die befreite Ost-

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Kulturfilme und Schmalfilme

mark (Länge ca. 10 m, Kaufpreis 6 RM), Einzug der deutschen Truppen im Sudetenland (ca. 15 m, 9 RM), Der Kampf in Polen (ca. 15 m, 9 RM) oder Wir fahren gegen Engeland (ca. 15 m, 9 RM). Die Herkunft der Extrakte gibt das Verzeichnis nicht preis, für die schmalen Filme wurden neue Titel erfunden. Nationalsozialistische Politik und Geschichtsbetrachtung waren dabei, im Schmalfilmformat die Wohnzimmer der Deutschen so zu besetzen, wie es das klassische Buch im Regal vorgemacht hatte. Film wurde um den Aspekt von Privatheit ergänzt. Damit war dieses ältere Medium dem zu dieser Zeit nur öffentlich wahrnehmbaren Fernsehen einen Schritt voraus. Was den Schmalfilm einerseits und den Film auf dem Fernsehschirm andererseits in Relation zum eigentlichen Kinofilm einte, blieb als Problem zeitgenössisch und in den 1950er Jahren undiskutiert: Wozu führt eine veränderte Rezeption des Films, der gleichermaßen in einer Art materiellen Verkleinerung wie einer Miniaturisierung der Darbietung seinen spezifischen Charakter, der sich erst in der ihm eigentlich zugedachten Präsentationsform erfüllt, aufgibt?

Schmalfilmverleih, Degeto-Schmalfilm-Schrank und Degeto-Weltspiegel Das Schmalfilmgeschäft der Degeto-Kulturfilm GmbH lief zunächst langsam an, in der Auswertungsübersicht für das erste Geschäftsjahr wird nicht einmal eine entsprechende Rubrik aufgeführt. Das ist in der Aufstellung für 1938/39 bereits anders. Wesentlicher Gegenstand des Hauptgeschäfts war zwar nach wie vor der Normalfilm, wozu neben dessen Verleih auch der Verkauf gehörte, doch seit Dezember 1938 setzten die Eingänge des Schmalfilmgeschäfts verstärkt ein und wiesen in den Wintermonaten den höchsten Stand auf  – beim Degeto-Schmalfilm-Schrank, der Verkaufsfilme be­­ reithielt, wirkte sich besonders das Weihnachtsgeschäft positiv aus.107 Auf dieses Ziel hatte Tobis-Generaldirektor Paul Lehmann bereits Ende Mai 1938 gedrungen, als er in deutlicher Kritik an Johannes Eckardt und Hans Fischer den Geschäftsführern der Degeto-Kulturfilm GmbH mangelnde Zusammenarbeit untereinander vorwarf, jedoch Reibungslosigkeit erwartete und deshalb eine Aufgabenteilung vorschlug, die bei Eckardt Momente geistiger Befruchtung und bei Fischer verkaufstechnische Direktiven ansiedelte. Im April 1938 befand man sich noch auf der Suche nach geeigneten Filmen für die Schmalfilm-Verwertung, wie ein Brief an das KulturfilmInstitut von Hans Cürlis zeigt.108 Der Plan des Schmalfilmkatalogs hinkte

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Schmalfilmverleih und Schmalfilmverkauf

dem Zeitplan hinterher, besonders aber kam es Lehmann darauf an, einen Arbeitsplan für die der Degeto zugeteilten Cutter aufzustellen, »damit möglichst viele und möglichst kurze Schmalfilme für das Weihnachtsgeschäft bereitgestellt werden können«.109 Die geforderte Effizienz, hohe Quantität in Serie und geringster Materialeinsatz beim Einzelstück, schlug sich beim Schmalfilm-Schrank der 16-mm-Filme nieder in Preisen von 15 RM bei einer Länge zwischen 25 und 33 Metern, während für einheitlich 10 RM ein 8-mm-Film in der Länge von 15 bis 17 Metern von Privatkunden erworben werden konnte.110 Der NS-Staat stand hinter solchen ökonomischen Schmalfilmstrategien. Bereits 1938 vermerkte Karl Melzer die positive Wirkung des Amateur- und Schmalfilmschaffens auf die Qualität des abendfüllenden Kulturfilms und zeigte dessen gewachsene Bedeutung innerhalb des gesamten Filmwesens an.111 Auch Johannes Eckardt legte sich im Herbst 1939 einen Kodak-Schmalfilmapparat im 8-mm-Format zu – das Gerät kostete 175 RM, ein Kaufpreis, den er in mehreren Monatsraten abzahlen konnte. Der entsprechende Teilbetrag wurde von seinen Bezügen einbehalten – ein Hinweis darauf, dass er die Neuanschaffung mit einem Kleinkredit im Schmalfilm- und Fotoladen des Tobis-Hauses in der Friedrichstraße 100 getätigt haben dürfte, der, gedacht als Treffpunkt für Amateure mit künstlerischen Absichten, am 20. März 1939 eingerichtet worden war.112 Offenbar konnte dieses Ladengeschäft seine Umsätze binnen Kurzem be­­ trächtlich steigern und hohe Überschüsse erzielen – ein Fingerzeig auf die Popularität von privat betriebener Fotografie und Filmarbeit.113 Auch Kinobetreiber waren aufgefordert, die Geschichte ihres eigenen Hauses schmalfilmisch zu fixieren und sich dazu des Angebots im Tobis-Haus zu bedienen  – »welch ein Programm für das nächste Jubiläum!«114 In den Schulen wurde in den frühen 1940er Jahren überwiegend mit Schmalfilmen als neuem audiovisuellem Lehrmittel gearbeitet. Und im Mai 1941 nahm die sogenannte »Kulturpolitische Pressekonferenz des Propagandaministeriums«, wöchentlich zur Sprachregelung und Kanalisierung der Presseberichterstattung durchgeführt, Bezug auf eine Häufung von Meldungen zu Filmbränden in Privatwohnungen. Dabei, hieß es, solle darauf geachtet werden, »dass daraus nicht Einwände gegen das Heimkino gewonnen werden können«. Wieso nicht? »Es handelt sich nämlich bei diesen Filmbränden nicht um Sicherheitsfilme, wie sie für Schmalfilm und Heimkinos vorgeschrieben sind, sondern um brennbare Normalfilme.«115 Hier verbirgt sich zugleich eine Andeutung, dass es zu dieser Zeit aus staatlicher Sicht unerwünschte und womöglich illegale private Vorführungen von Normalfilmmaterialien gegeben hat – weitgehend der Kontrolle entzogen. Dem ökonomischen Auf-

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Kulturfilme und Schmalfilme

schwung des Schmalfilms wurden von staatlicher Seite mögliche Hindernisse beiseitegeräumt, und die Degeto war Teil dieser Entwicklung. Das dokumentieren ihre drei erschienenen Filmverzeichnisse. Der neu gegründete Schmalfilmverleih der Degeto-Kulturfilm GmbH (16 mm) stütze sich, heißt es im Vorwort des Verzeichnisses vom Herbst 1938, »in erster Linie auf das umfangreiche Filmmaterial der Tobis, deren Tochtergesellschaft wir sind«, jedoch habe man für das Angebot auch Arbeiten anderer Firmen wie Bavaria oder Selenophon ausgewählt. Das mutmaßlich von Johannes Eckardt verfasste Vorwort setzt in der Zielstellung allerdings erheblich höher an. Denn keineswegs sollten »nur auf Schmalfilm umkopierte Filme« verliehen werden, vielmehr verfolgte man vor allem das Ansinnen, »unseren Schmalfilmbestand planvoll thematisch« auszugestalten: »Um so auch durch den Schmalfilm mit dazu beizutragen, jene deutsche Filmkultur für das Volksganze zu schaffen, die zu erreichen der nationalsozialistische Staat sich zu seiner besonderen Aufgabe stellte.« Zu ihrer Bewältigung wollte die Degeto »nach Möglichkeit auch Schmalfilme« in den eigenen Verleih aufnehmen, »die Amateure herstellten, sofern sie technisch und stoff lich unseren Zielen entsprechen«. Schmalfilm als »die richtige Volkskunst«, wie eine Stimme bereits 1935 konstatierte,116 und »deutsche Filmkultur für das Volksganze«, angepeilt von der Degeto 1938 – wenn auch definitorische Unterschiede erkennbar werden, so darf der Schmalfilm als solcher hier doch ganz entschieden als das wesentliche technisch-ökonomisch-ideologische Instrument einer beabsichtigten Verklammerung von Film und »Volk« angesehen werden. Schlussabsatz des Vorwortes: »Wir wollen mit all denen, die unsere Schmalfilme im Kreise ihrer Familie, in ihren Vereinen, Organisationen, Parteigliederungen usw. vorführen, dazu beitragen, daß auch durch den Schmalfilm deutsches Filmschaffen immer mehr bildendes, im besten Sinne unterhaltendes, das Wissen bereicherndes und das seelische Erlebnis vertiefendes Gemeingut des ganzen deutschen Volkes wird.«117 So intensiv die Suche nach dezidierten Amateurfilmen auch gerät – entsprechende Titel sind in den drei Katalogen nicht gekennzeichnet. Im gesamten Verleihangebot wurden weder Stumm- noch Tonfilme, weder Kultur- noch Spielfilme bis auf wenige Ausnahmen mit Extrainformationen über Angaben zu Entstehungsjahren, Produktionsfirmen oder mitwirkendem Personal versehen. Gleichwohl werden in den Katalogen zahlreiche Titel geführt, die von keinem greif baren Verzeichnis zum deutschen Film aufgelistet werden. Stumme Kulturfilme im 16-mm-Format, als Beispiele sollen Auch der Fussboden hilft Ihnen (»Bodenturnen macht alt und jung beweglich«) und Geistesgegenwart siegt (über den »Kampfsport Judo«)

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Schmalfilmverleih und Schmalfilmverkauf

dienen, mögen allerdings entstanden sein im Bereich der filmenden Amateure – wobei diese Einordnung einen Ermessensspielraum anerkennt, waren doch die Grenzen zwischen professionellem und nicht professionellem Film, wie er sich in vielfältigen Erscheinungsformen und institutionellen Rahmungen zeigte, damals nicht immer klar zu ziehen.118 Dieses Ansinnen wurde von der Degeto befördert. Amateure sollten, das war Ende 1941 erklärtes Ziel, in ihrer Arbeit »eine möglichst hohe Stufe filmischer Gestaltungskunst« erreichen. Als populäres Instrument hatte man sich einen Wettbewerb ausgedacht, bei dem »jeder deutsche Schmalfilm-Amateur, der Arier ist«, Beispiele seines Schaffens (schwarz-weiß im Format 16 mm, Maximallänge 30 m) einsenden sollte, sofern sie sich dem Thema »Kind und Tier im Spiel« widmeten. Wobei die »oberste Forderung Natürlichkeit« hieß. Der Siegerfilm dieses zweiten Preisausschreibens für Schmalfilm-Amateure sollte mit 400 RM in bar honoriert werden, der fünfte Gewinner hatte zwei Filme des Schmalfilm-Schranks oder des Weltspiegels zu erwarten. Waren die Preisrichter Paul Lehmann, Johannes Eckardt und Hanns Plaumann (Geschäftsführer des unter NS-Einf luss stehenden Bundes Deutscher Film­ amateure zwischen 1933 und 1945)119 zu einer Entscheidung über die Sieger gelangt, gingen »alle Rechte an den mit Preisen ausgezeichneten Filmen […] auf die Tobis-Degeto über, insbesondere das zeitlich und örtlich unbeschränkte Auswertungsrecht in jeder Form und Weise und das Eigentum an dem Negativ, sofern ein solches vorhanden ist«. Der letzte Halbsatz bezieht sich auf die Möglichkeit, auch Filme nach dem Umkehrverfahren einreichen zu können. Erst nach Eingang der gekürten Arbeit bei der Tobis-Degeto erfolgte die Auszahlung des Preises. Daneben behielt man sich das Recht vor, »auch nicht preisgekrönte Arbeiten gegen angemessene Vergütung käuf lich zu erwerben«.120 Dahinter steckte ein Plan, der zwei Aspekte in sich trug: Der ökonomische sorgte dafür, dass die Tobis lediglich überschaubare Mittel (Ersetzung der Materialkosten) dafür einsetzen musste, um ein filmisches Gut als einzige Stelle und ohne Limitierung auswerten zu können. Ein ideologischer wiederum zielte mit der immer engeren Verknüpfung von Schmalfilm und »Volk« auf eine Zunahme der filmischen Selbstdokumentation des Alltags im nationalsozialistischen Deutschland. Vulgo: auf die Schaffung einer historischen Alltagsquelle für spätere Generationen. Etliche Titel, die zuvor im Normalfilmformat von der Degeto-Kulturfilm GmbH verliehen worden waren, gehörten ab 1938 zum formatmäßig verkleinerten Angebotsspektrum, darunter Ewiger Wald, Jabonàh – Jabonàh, Tabu, Wilderer im Revier, Drops wird Flieger, General Stift und seine Bande, Das grosse Eis, Maria Chapdelaine oder Rotkäppchen

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Kulturfilme und Schmalfilme

und der Wolf. Als populäre Ergänzung diente eine Auswahl abendfüllender Spielfilme, von denen so verschiedene Titel wie Truxa (Tobis-Magna, 1936/37, Regie: Hans H. Zerlett), Stosstrupp 1917 (Arya-Film GmbH, 1934, Regie: Hans Zöberlein, Ludwig S­ chmid-Wildy), Familie Schimek (Majestic-Film GmbH, 1934, Regie: E. W. Emo) und die Tonfilmversion von Der Student von Prag (Cine-Allianz Tonfilm GmbH, 1935, Regie: Arthur Robison) genannt sein sollen. Für den Werbeeffekt sorgten Veröffentlichungen, wie sie in einem Fall die Film- und Kulturillustrierte Der Stern Ende 1938 gleich doppelseitig brachte. Gestalterisch reizvoll eingerahmt von Bildern »aus den schönen Kulturfilmen, die der Verleih der Degeto ins Heim liefert«, hielt der »Auerhahnbalz in der Wohnstube« überschriebene Werbetext eine Lösung bereit: »Ein Bücherschrank ist in jeder deutschen Familie zu finden; ein Schallplattenschrank gehört schon beinahe zum normalen häuslichen Inventar; einen Filmschrank hingegen dürften vorläufig noch die wenigsten besitzen. Der Filmschrank mit einer reichen Auswahl Filme ist das Ideal der Heimlichtspiele; aber leider nur in ganz wenigen Fällen anzutreffen. Viel häufiger ist der Fall, daß ein Heimkinobesitzer nicht über die genügende Anzahl Filme verfügt, die ihm ein abwechslungsreiches Programm sichern. Hier greift der Schmalfilmverleih der Degeto, eine Tochtergesellschaft der Tobis, ein. Mit Hilfe dieses begrüßenswerten Unternehmens ist es möglich geworden, daß viele Freunde des Films im Kreise ihrer Familie oder in Vereinen sich Kulturfilme für nur 7 Mark oder einen abendfüllenden Spielfilm wie Der Herrscher für 35 Mark ausleihen können.«121 Statt Titel zu nennen, war die Degeto-Kulturfilm GmbH im Herbst 1938 lediglich dazu in der Lage, ihren »Degeto-Schmalfilm-Schrank« in allgemeiner Form anzukündigen. Auch die Presse erging sich in Unbestimmtheiten, verwies aber auf die Möglichkeit, mit dem Schmalfilm-Schrank auch ein Auslandsgeschäft vorzubereiten mit der wichtigen »Funktion einer zu­­ sätzlichen Werbung für das Deutsche Reich im Ausland«.122 Nur »gute Filme« plane man ins Angebot aufzunehmen, hieß es demgemäß vonseiten der Degeto. Dies nicht ohne Grund, denn der Schmalfilm-Schrank war tatsächlich als Pendant zum »Bücherschrank« gedacht, »den wohl jede Familie besitzt«. Ausschließlich Kauffilme füllten den Schrank – zu erwerben über den Fotohandel bzw. direkt über die Degeto-Kulturfilm GmbH im Berliner Tobis-Haus. Es war ausformuliertes Ziel der Degeto, »daß in einem Großteil deutscher Familien neben dem Schrank für das gute Buch der, dem guten Film vorbehaltene, ›Degeto-Schmalfilm-Schrank‹ steht«.123 Deutlicher war es kaum auszudrücken, hier zu einer Imageangleichung von älterem Buch und jüngerem Film zu gelangen. Dies wurde noch im Frühjahr 1941 propa-

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Schmalfilmverleih und Schmalfilmverkauf

giert, als die Degeto-Tobis erstmals zu den Ausstellerfirmen der Leipziger Messe gehörte und mit der einem »Zimmer eines Schmalfilm-Freundes« nachempfundenen Messekoje für ihre »Schmalfilm-›Bibliothek‹« die Trommel rührte.124 Dazu bedurfte es offenbar in diesem Fall des Eindringens in die Privatsphäre der Angesprochenen. Über die in den Blick genommene Zielgruppe lässt sich keine explizite Aussage treffen, doch liegt es nahe, hier ein ausgesprochen bürgerliches Publikum, dessen Bücherwand mehr als ein Dutzend Titel aufwies, als Kundengruppe mit höherem Bildungshintergrund anzunehmen. »Die unterhaltende Belehrung sollte in Zukunft mehr denn je Gemeingut der deutschen Familie werden. Der Film kann dazu viel beitragen.« Dabei sollte der Schmalfilm-Schrank »in keiner Weise das ersetzen, was der Staat heute den Schulen an Schmalfilmen für den Unterrichtszweck zur Verfügung stellt«. Wohl nicht zuletzt ist an dieser Stelle jener Gedanke der Schaffung eines Filmrepertoires zu erspüren, den Johannes Eckardt in der frühen Tonfilmzeit formuliert hatte – seinerzeit als imaginäre Sammlung von Filmwissen und -kenntnis, entstanden durch ein wohlüberlegtes Angebot entsprechender Programme in öffentlich zugänglichen Kinos, nunmehr in Gestalt von handlichen schmalen Filmverpackungen, dem Buch im Regal nebenan ebenbürtig und im festen Privatbesitz verbleibend. Auch die Ufa verlieh und verkaufte Schmalfilme. Ihr Schmalfilm-Magazin präsentierte die »neuesten und bedeutungsvollsten Ereignisse aus der Politik, der Wirtschaft, der Wissenschaft und Kultur, des Sports und Brauchtums aus aller Welt«, und es propagierte denselben Gedanken wie die Degeto: »Neben den Bücherschrank des Menschen von heute gehört die Film-Bibliothek als bleibendes Denkmal der erlebten Zeitgeschichte.«125 Doch sie war auch gegenüber dem Gedanken des individuellen Verkaufs von Lehr- und Kulturfilmen aus dem eigenen Verleihangebot wie von einzelnen Teilen aus Wochenschauen nicht abgeneigt. »Neukopien in jeder gewünschten Fassung (Normal- oder Schmal-, Ton- oder Stummfilmfassung)« waren käuf lich erhältlich – um »dem Bedürfnis nach Einrichtung von Filmarchiven entgegenzukommen«, wie es in ihrem Verzeichnis der Kultur- und Kurzfilme 1941 hieß. Die Verkaufsbedingungen wurden von Fall zu Fall festgelegt, der Kaufinteressent hatte ein Revers zu unterschreiben, das die vertraglich vereinbarten Zwecke fixierte.126 Zur selben Zeit bot auch die SchmalfilmAbteilung der Degeto an, für ihre Kunden unter dem Motto »Die Deutsche Wochenschau in Ihrem Heim« Tonfilmkopien im 16-mm-Format für Verleih und Verkauf herzustellen (Leihpreis 15 bis 20 RM, Verkaufspreis pro Meter 1,20 RM).127 Ein fein austariertes Schmalfilmkonstrukt mit den Mar-

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Kulturfilme und Schmalfilme

kierungen Schule, Verein und Partei (öffentlich) sowie Privatwohnung als Zielgruppenanforderung wird erkennbar. Bereits seit der Umbruchperiode vom Stumm- zum Tonfilm offerierten Ufa-Filmverleih und KulturfilmVertrieb Interessierten Filme für Schule, Verein und Heim, so der Titel einiger Kataloge aus diesen Jahren – jedoch handelte es sich hier um Kultur-, Lehrund Spielfilme im Normalformat. Sie konnten angemietet werden, und bei den angebotenen Lehr- und Kulturfilmen war in vielen Fällen überdies der Erwerb möglich  – auch hier nicht zuletzt deshalb, »um dem wachsenden Bedürfnis nach Einrichtung von Filmarchiven entgegenzukommen«. Als »Lückenbüßer« für alle Spielstellen war das Angebot gedacht, gebrauchte stumme Wochenschau-Kopien zu verkaufen (Ufa-, Deulig- und Opelwoche), zum Nettopreis von 10 RM »in ganzen Rollen« und »soweit am Lager« für solche »Vorführungen, die nicht unter das Reichslichtspielgesetz fallen«. Man hielt solche Aufnahmen zur Verwendung im Unterricht für geeignet, sie konnten »nach sachlichen und pädagogischen Gesichtspunkten zusammengestellt werden«. Die mitgelieferten Zensurkarten dienten der Information über die Inhalte und waren »vollständig zurückzugeben«.128 Der Umfang und damit das Angebot der Degeto-Filmverzeichnisse wuchs bis 1941 beträchtlich. Mit Erscheinen des zweiten Katalogs vom Herbst 1939 wurden auch Einzeltitel des Degeto-Schmalfilm-Schranks genannt, die als Teile größerer Staffeln im 16-mm- und 8-mm-Format als Stummfilme, in rot-goldenen Schmuckkassetten verpackt, angeboten wurden. Wobei die kurze Materiallänge der Titel bereits darauf hindeutet, dass hier lediglich einzelne Themen und Sujets bereitgestellt wurden, im Klartext: Auszüge aus erheblich längeren Originalfilmen, darunter Highlights aus Degeto-Verleihfilmen. Diese wurden aber nur in Ausnahmefällen offengelegt, so etwa bei Michelangelos Werke II: Der Petersdom, in dessen Begleittext es heißt: »Das Material dieses Filmes entstammt dem Curt-Oertel-Film der Pandora im Tobis-Degeto-Verleih Michelangelo. Das Leben eines Titanen, den anzusehen auch für Sie ein nachhaltiges künstlerisches Erlebnis bedeuten wird.«129 Zu den bekanntesten Titeln des Schmalfilm-Schranks dürften verschiedene Exzerpte aus Leni Riefenstahls Olympia-Filmen Fest der Völker und Fest der Schönheit von 1938 gehören, die der zweite Katalog der Degeto bereits im Herbst 1939 offerierte (darunter Frauenturnen – Olympia 1936, Military – Olympia 1936, Unsterbliches Marathon usw.). Derartige Verkürzungen, Ausschnitte und Komprimierungen führten beispielsweise auch dazu, dass sich Partien der automobilistischen Karawanenfahrt des Expeditionsfilms Jabonàh – Jabonàh nunmehr portionsweise auf die beiden käuf lich zu erwerbenden Schmalfilme Frau-

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Schmalfilmverleih und Schmalfilmverkauf

enschönheit der Südsee und Im Auto über den Himalaya verteilten. Wobei die jeder Verpackung beigefügte Filmbeschreibung – ohne Verfasserangabe – im ersten Fall einen sexistischen und rassistischen Tonfall inkorporiert: »Auffallend sind die wunderbaren Körperproportionen, die kurvenreichen, bei aller ausgeglichener Rundung doch stets schlanken Leiber. Gerade an den badenden Mädchen hebt der porzellanene Glanz der feuchten Haut diese Schönheit noch hervor.«130 Es scheint, als ob in diesem Fall eine leicht zu evozierende und handhabbare mediale Erotik anhand solch kurzer Filmauszüge Einzug in das private Heim der nationalsozialistischen deutschen Familie halten konnte  – mit offiziellem filmpolitischen Segen. Das Schmalfilmkonzept mit den Kauffilmen der Degeto wurde indes weitergedacht. Das Begleitblatt zu Im Auto über den Himalaya gibt scheinbar arglos diesen Ratschlag: »Wenn der Film abgelaufen ist und Sie sich in Gedanken noch weiterhin mit seinem Thema befassen, dann möchte Ihr Bücherschrank als Nachbar des Schmalfilm-Schrankes Ihnen die folgenden Werke anbieten können: Wilhelm Filchner: Om mani padme hum. Sven Hedin: Rätsel der Gobi. – Flucht des großen Pferdes. – Die Seidenstraße. – Der wandernde See. Emil Trinkler: Im Land der Stürme. Luigi Barzini: Peking-Paris im Automobil. Haslund-Christensen: Zajagan. Haslund-Christensen: Jabonah. Georg Vasel: Flammen in der Wüste.« Es fällt auf, dass bis auf die letzten drei Titel (Union Verlag, Insel, Ullstein) die Hinweise ausschließlich Veröffentlichungen des Leipziger Brockhaus Verlages gelten. Dieser war seit Ende 1937 unter politischen Druck geraten, der sich nicht zuletzt mit der Hilfe Sven Hedins wieder löste. Der schwedische Forschungsreisende und Bestsellerautor war der erfolgreichste Verlagsautor, bekennender Nazisympathisant und Verehrer Adolf Hitlers.131 Abschließend werden dann weitere Expeditionsfilme aus dem Schmalfilm-Schrank inseriert.132 Damit war die Crosspromotion innerhalb des Schmalfilm-Schranks jedoch nicht am Ende, enthielten andere Begleitzettel doch gezielte Hinweise auf eine »geeignete Schallplatte zum Ablauf des Filmes«. Zu Tilman Riemenschneider etwa passte »Benedictus – Agnus Dei … Electrola Nr. EW 16«133 und Heinz Rühmann – Erzschalk des Films, eine Folge von Filmausschnitten mit dem populären Schauspieler aus fünf seiner Filme, sollte akustisch optimal begleitet werden von »Lachendes Saxophon  … Telefunken M 6171«.134 Der ökonomisch wegweisende Grundgedanke, die Neuheit des Filmschranks gleichwertig neben den gediegenen Bücherschrank zu stellen, wird hier dynamisiert, indem die nobilitierte Rezeption des Films wieder zum Buch zurückgeführt wird, dazu die Schallplattentruhe gefüllt werden soll, Empfehlungen ausgesprochen werden und dadurch Verlage, Buch- und Möbelhandel sowie die Schallplattenindustrie

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Kulturfilme und Schmalfilme

von einem solchen Verfahren profitieren würden. Kinder, wie die Zeit vergeht war eine Normalfilmproduktion betitelt, die im Sommer 1940 in die deutschen Kinos gelangte (Regie: Georg Schubert). Dieser Querschnittsfilm etablierte »für Jahrzehnte die Gestaltungsprinzipien des Genres«.135 In einer Rahmenhandlung führt ein Schauspieler in seiner Wohnung Freunden Filme vor. Allerdings keine Schmalfilme, sondern Normalfilme auf Nitromaterial, für die eine Zeiss-Ikon Kinobox mit Ton zur Verfügung steht: Auf dem Programm stehen Wochenschaubilder, Spielfilmausschnitte und natürlich komische Miniaturen, eingebaut in Belehrungen durch den Fachmann und Gespräche des Publikums untereinander. Die in diesem Film präsentierte Situation der Filmrezeption, wenn auch als Inszenierung konzipiert, dürfte der einer Schmalfilmvorführung nahekommen. Ein sozioökonomischer Aspekt von hoher medialer Modernität wird erkennbar. Zudem macht dieses Setting einer komplexen medialen Anordnung innerhalb des Privatbereichs die Nähe zu den Dispositionen des später eingeführten privaten Fernsehkonsums sinnfällig  – ergänzt durch weitere technische Wohlstandsattribute wie Radio und Schallplattenanlage. Ein direkter zeitgenössischer Anschluss ist darüber hinaus gegeben an jene von Hans Dieter Schäfer beschriebene »Sehnsucht nach dem Eigenheim« im »Dritten Reich«, einem »Rückzug in die Familie oder das eigene Haus« in den 1930er Jahren, der »von Anfang an mit einem großen Interesse an neuartigen ›amerikanischen‹ Haushaltsgeräten und Zerstreuungsgütern verbunden« war.136 Zahlen weisen darauf hin, dass es sich bei den Einzeltiteln des Degeto-Schmalfilm-Schranks um ein bedeutendes Massengut gehandelt hat. Zeitweise sollen mehr als 150.000 Filmspulen pro Monat von diesen ›wertvollen Sujets in einheitlicher Länge und Aufmachung‹ (Horst G. Feldt) hergestellt worden sein, so wurde es von Albert Narath überliefert.137 Dass Johannes Eckardt an einer finanziellen Beteiligung am Verkaufserfolg interessiert war, belegt sein Schrei­ben an Paul Lehmann vom 8. Mai 1940, in dem er von mehr als 25.000 veräußerten Kopien aus dem Schmalfilm-Schrank und dem Weltspiegel spricht. 5 Pfennig pro Kopie hielt er als Eigenprämie für angemessen, also mehr als 1.250 RM. Dies wusste Lehmann abzuwehren, weil sich sein Geschäftsführer mitsamt seiner »Absatz-Hypertrophie« bei den faktischen Produktionskosten der Negative optimistischerweise geirrt habe. Er beschnitt den Bruttobetrag um 500 RM. Vonseiten der Tobis rechnete man im Mai 1940 unter der Voraussetzung eines Absatzes von jeweils 20.000 Kopien des Schmalfilm-Schranks bei der Staffel I mit einem Reinverdienst pro Kopie von einer RM und bei der zweiten Staffel mit 2,20 RM pro Einzelstück.138 Eine Nachkriegsquelle spricht von insgesamt 1,2 Millionen über

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Schmalfilmverleih und Schmalfilmverkauf

den Fotohandel verkauften Schmalfilmkopien der Degeto zwischen 1938 und 1944, während Aufträge für 800.000 weitere wegen mangelnder Kapazitäten in den Kopierwerken während des Krieges ad acta gelegt werden mussten.139 Diese Ziffern lassen sich nicht überprüfen. Der attestierte Jahresabschluss zum 31. Mai 1942 stellt immerhin für diese Zeit eine besonders im Ausland günstige Weiterentwicklung des sogenannten Filmschrankgeschäfts fest – »insgesamt wurden im Berichtsjahr 177.473 Kopien (Schrankfilme und Weltspiegel) verkauft gegen 150.152 in 1940/41«. Noch höher wäre der Umsatz gewesen, heißt es, »wenn die Rohfilmknappheit und die beschränkte Liefermöglichkeit der Kopieranstalten sich nicht hemmend ausgewirkt hätten«.140 Der Krieg, politisch gewollt, behinderte nach Beginn des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion demnach den ebenfalls politisch gewollten und tatsächlich realisierten Einbruch des Filmmediums in den Privatbereich. Die Absicht der massenhaften Einwirkung durch Unterhaltung, Bildung und Propaganda kann angesichts der genannten fünf- und sechsstelligen Kopienzahlen gleichwohl als realisiert angesehen werden. Der Staat und seine Filmproduktionsfirmen brachten mit den Produkten der Degeto dem Einzelnen etwas ins Haus, was von diesem normalerweise in der Öffentlichkeit konsumiert wurde. Die neue Form war simpler. Unpolitisch war der massenhafte private Filmkonsum keineswegs. Denn mit dem zweiten Schmalfilmkatalog bot die Degeto neben dem Filmschrank seit Mai 1939 erstmals auch ihren Weltspiegel zum Kauf an. In meist monatlichen Folgen, mehreren Schmalfilmformaten und Längen von etwa 25 bis 45 Metern war es nun möglich, zum Preis von 15 RM »die interessantesten Bilder vom Zeitgeschehen«, ausgewertet »unter dem Gesichtspunkt einer höheren Aktualität«, also »vergangenes Weltgeschehen« im eigenen Heim »wieder Gegenwart« werden zu lassen. In einer »alles erfassenden Vielfalt seines Bildmaterials« entstehe so »ein dokumentarisches Archiv der wichtigsten Ereignisse der letzten Jahre«, versprach der Werbetext des Katalogs.141 Leicht fassbare Geschichte in bewegten Bildern dokumentarischen Charakters war vom Beginn der Filmgeschichte an der nie realisierte Hoffnungstraum vieler Filmmenschen. Dass der Start des Weltspiegels in das Jahr des Kriegsbeginns fiel, kann ein Zufall nicht gewesen sein. »Zeitgeschehen« und »Gegenwart« bestanden seit 1939 überwiegend aus kriegerischen Handlungen, und entsprechend durchzieht jede der 50 bekannt gewordenen Folgen des Weltspiegels eine Kette von militärischen Territorialbesetzungen, Aggressionen und Heldenverehrungen zwischen 1939 und 1943.142 Ein Werbezettel empfahl den Weltspiegel als »das unvergängliche, lebendige Tagebuch der Geschichte«.143 Einige Beispiele für diese Form der filmischen

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Chronik: Der 50. Geburtstag des Führers und Reichskanzlers (aus Folge I); Die Heimkehr der Legion Condor (Folge II); Die Beschiessung und die Uebergabe von Warschau (Folge VII); Deutsche Seekriegsführung (Staffel XIII); Die Hakenkreuzfahne auf der Akropolis (Folge XXI).144 Krieg, wie er von Kameramännern der Propagandakompanien für die Deutsche Wochenschau »in allen Erdteilen für Sie mit ihren Apparaten mühevoll eingefangen« wurde, »können Sie mit Ihrem Schmalfilm-Projektor jetzt mühelos, wann und wo Sie wollen, nacherleben«.145 Zynismus paarte sich in der Werbung mit Geschäftsinteresse  – und stieß auf beträchtliche Neugier, wenn zu lesen ist, dass etwa 3.500 private Filmarchive auf diese Weise entstanden sein sollen, in denen über 80.000 erworbene Kopien versammelt waren. In Europa hatten danach mehr als 2.000 Interessenten den Weltspiegel ständig abonniert.146 Wie der Schmalfilm-Schrank wurde auch er über den Fotohandel vertrieben  – mit günstigen Geschäftsaussichten.147 Nach Sujets, wie sie in den Schmalfilm-Schränken der Degeto versammelt waren, suchte Heinrich Roellenbleg 1952 beim Intendanten des Hessischen Rundfunks zwar vergeblich. Dennoch ist hierin ein Hinweis auf die große Verbreitung der Schrankfilme vor 1945 enthalten.

Schmalfilm-Auslandsgeschäfte und Descheg Johannes Eckardt reiste im Oktober 1941 in die Schweiz und hielt im Zürcher Hotel Baur au Lac einen Vortrag zur Schweizer Einführung der Schmalfilmabteilung der Tobis-Degeto im Rahmen eines Presseempfangs des Tobis-Filmverleihs, ausgerichtet anläßlich einer dortigen Deutschen Schmalfilmwoche. Auf neutralem Territorium formulierte der deutsche Filmfunktionär, den die Presse als Vertreter der »Tobis-Degeto-Kulturfilm GmbH« ansah, als kulturelles Ziel einen »europäischen« Schmalfilm und setzte auf dessen »Ergänzung des Buches und der Hausmusik und des Radios«, sei er doch gleichermaßen »Bildungsmittel« wie »Kulturgut und -mittel«. Über Ländergrenzen hinweg sah er, »wie dergestalt das neue europäische Kulturleben in die Massen verbreitet und in alle Räume getragen werden solle«.148 In seiner Argumentation bezog er sich neuerlich auf Gustave Le Bon, wonach »die Masse immer in Bildern denke; nur so sei ihr Heißhunger nach sichtbarer Weltanschauung zu verstehen«. Denn »verhältnismäßig rasch habe sich der Film vom naturalistischen Abbild zum Sinnbild einer höheren Wirklichkeit gewandelt, die ihm für die Zukunft unermeßliche Möglichkeiten verspreche«. In Deutschland, dafür präsentierte er Zahlen, sei der Schmalfilm

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Schmalfilm-Auslandsgeschäfte und Descheg

hoch entwickelt. Es gebe dort, so ein Zeitungsbericht, »drei Kategorien von Schmalfilm-Apparaten, von denen im 8 mm-Format 170.00 – 200.000, im 9 ½ mm-Format 40.000 – 50.000 und im 16 mm-Format ungefähr 100.000 Apparate verbreitet sind. Die neuen Tonapparate habe[n] die Zahl 5.000 erreicht. Schätzungsweise existieren von deutschen Schmalfilmen 400.000 Kopien, die 45 Millionen Filmmeter beanspruchen. In Deutschland wird der Schmalfilm als Teil des Unterrichts betrachtet, um ihn lebendiger und anschaulicher zu gestalten. Als Lehrmittelbeitrag muß jeder Schüler im Semester 20 Pfennig entrichten. Es gibt bereits 850 deutsche Schulfilme. Die Produktion der Tobis-Degeto-Kulturschmalfilme hat vor drei Jahren begonnen. Von ihren teilweise interessanten ›Schrankfilmen‹ im 16 mm-Format sah man einige charakteristische Beispiele. Unter den bekannteren Operateuren nennen wir Murnau, Oertel und Hege. […] Selbst die großen deutschen Kulturfilme werden ohne staatliche Subvention hergestellt, da sie sich schon nach ein bis zwei Jahren bezahlt machen, sogar wenn es sich beispielsweise um eine kostspielige Expedition auf den Himalaya handelt. Ihr Vorteil ist, daß sie keine hohen Stargagen verschlucken, denn diese sind es, die die Spielfilme so teuer machen.« Der hier ausführlich zitierte Referent war wie der Vortragende der Auffassung, »daß die Beweglichkeit und Billigkeit dem Schmalfilm bald die Vorherrschaft sichern wird«.149 Überzeugungskraft scheint eine Stärke Eckardts gewesen zu sein. Einzig der Berichterstatter der Nationalzeitung aus Basel machte sachte Einwendungen gegen dessen Preisung des Schmalfilms, der in Deutschland daran sei, die Felder von Schule, Unterricht und Familie zu erobern und überall dort eine Konzession erhalte, wo »Normalkinos keine Konkurrenz« gemacht werde. Zwar würden sich die in Zürich vorgeführten Auszüge einzelner Kulturfilme, darunter Oertels Michelangelo, »treff lich für den Schulunterricht eignen«, doch »bei der Wiedergabe von Unterhaltungsfilmen sprangen die Grenzen des Schmalfilmes in die Augen: die viereinhalbminütige Dauer des dreissig Meter langen Filmes ist ein sehr kurzes Vergnügen.« Am schwersten jedoch wog dem Kritiker die »politische Seite« der Unternehmung, die besonders bei Filmen, die nicht zu sehen waren, hervortrete. Davon berichteten jedoch die vorliegenden Prospekte. Zum Ufa-Film Stukas (1941, Regie: Karl Ritter) hieß es dort etwa, die Sturzkampf bomber seien »das deutsche Schwert am Himmel, das Verderben des Feindes«. Skepsis machte sich angesichts dessen breit, auch wenn der Schmalfilm ein dem Buch oder der Musik vergleichbarer »Kulturträger« sein solle. Denn man bleibe »sich dessen bewusst, dass in Kriegszeiten den Fortschritten der Technik für kriegführende Staaten nicht nur eine kulturelle

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Mission zukommt. Sondern auch die Aufgabe, im Ringen um die Seele der Neutralen eingesetzt zu werden.«150 Diese Warnung war nicht unberechtigt. Mitte Oktober 1942 brachten die in Bern erscheinenden Film-Nachrichten unter der Überschrift »Augen auf!« den Hinweis auf die Gründung der in Zürich ansässigen Schmalfilm AG »von deutschen Kreisen«. Dabei sollte es sich »um ein grossangelegtes Unternehmen handeln, das auch eine Auswahl der grossen deutschen Spielfilme im 16 m/m Format in die Schweiz bringen und hier eine ausgedehnte Vorführ- und Verleihtätigkeit eröffnen wolle. […] Es ist also Bedeutsames in Vorbereitung auf dem Gebiet des Schmalfilms. Dass dabei nicht nur kommerzielle, sondern auch politische Absichten mit im Spiele, ja vielleicht ausschlaggebend sind, brauchen wir unseren Lesern nicht zu sagen.«151 »Hervorragende Kulturfilme, bezaubernde Märchenfilme, aktuelle Matinéefilme« würde die Tobis-Degeto in die Schweiz liefern, verhieß ein Inserat 1942, als »Generalvertretung für die Schweiz« sei dafür die »Schmalfilm A.-G. Zürich« tätig.152 Bereits im Mai 1942 hatte die Schmalfilm AG der Deutschen Gesandtschaft in Bern Listen mit Titeln von deutschen Spielfilmen und Beiprogrammfilmen geschickt, von denen 16-mm-Schmaltonkopien vor Ort vorhanden seien  – darunter die TobisProduktion Robert Koch, der Bekämpfer des Todes (1939, Regie: Hans Steinhoff ) und Frau Luna, eine Produktion der Majestic-Film GmbH von 1941, deren Regie in den Händen von Theo Lingen lag. Für das Beiprogramm waren hauptsächlich Kulturfilme der Ufa vorgesehen, darunter Der Bienenstaat (1937, Regie: Ulrich K. T. Schulz und Wolfram Junghans) und Wissenschaft weist neue Wege (1939, Regie: Martin Rikli).153 Im Hintergrund der Schmalfilm AG agierte die Descheg, Abkürzung für Deutscher Schmalfilm-Vertrieb GmbH. Deren Gesellschaftsvertrag war am 2. September 1941 in Berlin abgeschlossen worden. Die Schmalfilm AG in der Schweiz war ihre Tochtergesellschaft,154 mit der bis unmittelbar vor Kriegsende Geschäfte gemacht wurden und in deren Verwaltungsrat Johannes Eckardt seit 1942 als Mitglied fungierte. Offiziell schied er 1947 aus.155 Als er im Oktober 1941 in Zürich auftrat, hatte Eckardt eine »Doppelrolle« gespielt. War er doch zu dieser Zeit nicht nur Geschäftsführer der Degeto-Kulturfilm GmbH, sondern seit einigen Wochen in gleicher Funktion auch von der Monopolgesellschaft Descheg bestellt worden, für die er Auslandsreisen unternahm. Nicht verwunderlich, dass sich die Auslandsabteilung der Ufa darüber erstaunt zeigte. Denn die Werbetrommel hatte Eckardt für den Schmalfilm-Schrank der Degeto gerührt, eine Konkurrenz für die ähnlich gelagerte Reihe der Ufa-Perlen.156 Berthold von Theobald, Chef der UfaAuslandsabteilung: »Im übrigen ist mir das Verhalten des Herrn Dr. Eckardt

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vollkommen unbegreif lich.«157 Eckardt freilich offerierte der Öffentlichkeit weiterhin eine doppelte persönliche Bedeutung, ein Zeichen seines praktisch unverwundbaren Selbstbewusstseins. Denn am »Programm der SüdostTagung der Descheg« Mitte September 1942 in Zagreb, zu der die DeschegTochter Svjetloton Film AG eingeladen hatte, beteiligte sich Eckardt überaus eifrig als »Generaldirektor der Descheg und der Degeto-Film« und begrüßte, präsentierte Filme und referierte über den »Anteil des Schmalfilms am Aufbau einer Filmkultur in Europa«.158 Die deutsche Normalfilmindustrie war in den 1930er Jahren grundsätzlich kaum erpicht darauf, neben ihrem eigentlichen Geschäft im In- und Ausland noch den Vertrieb von Schmalfilmen zu pf legen oder gar zu forcieren. Pa­­ rallel entstehende Schmalfilmkinos hätten das Geschäft gestört, reguläre Abnehmer fürchtete man zu vergrämen. Wo Kultur- und Spielfilme im Schmalfilmformat verkauft wurden, insbesondere im Schulgeschäft, wurde der ohnehin schmale Absatz im Verlauf der Zeit abermals »stärkstens« geschmälert durch die Aktivitäten der dem Reichserziehungsministerium unterstellten Reichsstelle für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht. Die Auslandsabteilung der Ufa stellte dazu rückblickend im Herbst 1941 fest: »Lediglich die Tobis versuchte über ihre ursprünglich zu ganz anderen Zwecken – nämlich zum Erwerb und zum innerdeutschen Vertrieb abendfüllender Kulturfilme – gegründete Tochtergesellschaft Degeto das Schmalfilmgeschäft im Auslande zu forcieren. Sie betätigte sich hierin insbesondere in Frankreich, Belgien und im heutigen Kroatien; in den genannten Gebieten gründete sie im Laufe des vorigen Jahres Tochtergesellschaften […].«159 Doch schon früher waren von der Tobis Planungen für den Einsatz des deutschen Schmalfilms im Ausland vorangetrieben worden. »Wegen der kulturpolitischen Bedeutung soll der Verleih von Schmalfilmen an das neutrale Ausland in Zukunft besonders gefördert werden. Bei dem vom normalen Spielfilm völlig abweichenden Inhalt der Kulturfilme und dem anders gearteten Interessentenkreis ergeben sich nach den uns von der Geschäftsführung gemachten Auskünften verhältnismäßig günstige Aussichten.« So der Originalton des Prüfungsberichts der Degeto-Kulturfilm GmbH für das Geschäftsjahr 1938/39. Dieser frühen politischen Stoßrichtung nach außen entsprachen Anstrengungen nach innen: »Für den Inlandsverleih ist mit finanzieller Unterstützung der zuständigen Stellen die Herstellung einer Reihe von ›volksdeutschen‹ Filmen begonnen worden, die das Leben der Volksdeutschen im Ausland, volksdeutsche Probleme im Protektorat und die Leistungen der deutschen Wirtschaft unter den Kriegsverhältnissen zeigen

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sollen. Für den Verleih dieser Filme sind bestimmte Verbände und Organisationen vorgesehen.«160 Die politische Bedeutung des deutschen Schmalfilmexports wie der inhaltlichen Behandlung von Themen mit Bezug auf die von Deutschland besetzten Gebiete (hier das Protektorat Böhmen und Mähren) und zur Leistungsfähigkeit der Kriegswirtschaft wird konkret erkennbar etwa mit der Schaffung der Tobis-Degeto-Films S. A.R. L. (Société à responsabilité limitée) in Paris am 30. September 1940. Deutsche Truppen hatten zu dieser Zeit weite Teile Frankreichs okkupiert. In die französischen Filmgeschäfte war auch Johannes Eckardt involviert.161 Ein rentables Geschäft mit dem Verleih (16 mm) und Verkauf (8 mm und 9,5 mm) von Schmalfilmen wollte sich allerdings nicht einstellen. Noch Anfang September 1942 war dieses Problem ungelöst, und zur Trägerin des gesamten Schmalfilmgeschäfts wurde nun die Descheg bzw. die Tobis-Degeto gemacht. Fortan lautete der Firmenname Comptoir Général du Format Réduit S. A.R. L. mit Sitz in Paris. Sie vertrieb etwa zwei Drittel aller Filme, die im Schmalfilmformat in Frankreich eingesetzt wurden, die Rede ist von etwa 1.000 Programmen wöchentlich, davon 650 in der besetzten und 350 in der unbesetzten Zone. Insgesamt 105 Titel bildeten das Angebot, von denen nur zehn französischen Ursprungs waren. Die Regel war, eine Schmalfilmauswertung frühestens »ein Jahr nach dem allgemeinen Einsatz des Normalfilmes in Paris« zuzulassen.162 Die Zentrale solcher Aktivitäten blieb freilich Berlin, wo Paul Lehmann in seiner Eigenschaft als Tobis-Generaldirektor am 30. Juni 1941 mit sich selbst eine Generalversammlung u. a. für die TobisDegeto-Films S. A.R. L. durchgeführt hatte, um eine Kapitalerhöhung vorzunehmen und das Personaltableau zu verändern.163 Auch in der diktatorisch geführten und in Abhängigkeit von Deutschland befindlichen Slowakei, die sich als Verbündeter der Achsenmächte ab Juni 1941 am deutschen Angriffskrieg gegen die Sowjetunion beteiligte, wurde Ende Mai dieses Jahres Johannes Eckardt für die Degeto aktiv. Auf Ersuchen der Deutschen Partei, der dortigen NS-Sammlungsbewegung, war er in die Hauptstadt Bratislava (Preßburg) gefahren, um über den Kulturfilm zu sprechen – die »Veranstaltung war als Auftakt für einen intensiveren Einsatz des Deutschen Kulturfilms in der Slowakei gedacht«, berichtete er an Paul Lehmann. Bis dahin hätten nach seiner Auffassung Unklarheiten »da und dort« über die »Angelegenheit Slowakei bestanden«.164 Ein kleines Kino, ausschließlich für Kulturfilme vorgesehen, war von der Partei zu Beginn des Jahres in der Hauptstadt eröffnet worden, um v. a. die Jugend beeinf lussen zu können – dies alles mit materieller, logistischer und finanzieller Unterstützung durch das Reichspropagandaministerium. Dieses finanzierte auch die Beschaffung

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von zwei Vorführwagen, mit denen vom Filmdienst der Deutschen Partei Wandervorführungen von deutschen Tonfilmen im Normal- wie im Schmalfilmformat »vor allem in den deutschen Siedlungen« abgewickelt wurden.165 Zwischen der Tobis-Degeto und dem Filmdienst (Leiter: Professor Fleischer) war schon im Herbst 1940 über eine gemeinsame eigene Gesellschaft verhandelt worden. Von dieser Idee war die Deutsche Gesandtschaft allerdings abgerückt, sie hielt eine offene Kooperation mit der Deutschen Partei nicht für klug und forderte zunächst, dass eine solche Gesellschaft »nicht nur in den deutschen Siedlungsgebieten, sondern auch in den kinolosen Vororten Vorführungen« durchführen solle. Nach Eckardts Ge­­sprächen vor Ort war für eine solche Gesellschaft schlussendlich allerdings lediglich die »Betreuung kinoloser Orte in der Slowakei« vorgesehen.166 Dass die Aktivitäten in der Slowakei für einen direkt Beteiligten, Direktor Helber von der Tobis-Verleihzentrale Wien, ein unangenehmes Nachspiel hätten haben können, sei nicht allein am Rande vermerkt. Im Auftrag seines Chefs Max Winkler formulierte nämlich Bruno Pfennig von der Cautio in einem Telegrammentwurf seine deutlichen Vorbehalte gegen Verhandlungen im Ausland »ohne Auftrag« und »gegen meinen Wunsch«. Jede weitere Einreise in die Slowakei sollte Helber untersagt werden, bei Wiederholung solcher Unterredungen würde man ihn aus dem Winkler’schen Geschäftsbereich entfernen.167 Diese Drohung ist deshalb interessant, weil aus dem Kontext ein starker Vorbehalt der Cautio gegen die Degeto zum Vorschein kommt. Von einer »Steuerlosigkeit der Degeto« war in einem Schrei­ben Pfennigs an Lehmann die Rede gewesen, auf das dieser empört reagiert hatte: »Eine Firma, die monatlich mehr als RM 60.000 Reingewinn erzielt, ist bestimmt nicht steuerlos.«168 Im Mittelpunkt der Lehmann’schen Erregung stand allerdings weniger die Degeto als die zu diesem Zeitpunkt in Vorbereitung befindliche Descheg mitsamt der Person von Johannes Eckardt. Dessen »großen« Eifer an der »Weiterentwicklung der Schmalfilmidee« stellte Lehmann nicht in Abrede, er verwahrte sich jedoch dagegen, ihn als Auslöser von Ideen zu betrachten, die eine Ausdehnung des »ursprünglich auf den Südostraum beschränkten« Schmalfilmplans bedeutet hätten. In der Angelegenheit Descheg stellte Lehmann klar, »daß die Tobis bzw. Herr Dr. Eckardt lediglich die im Ministerium erörterten Ideen auf dessen Auftrag hin zu Papier gebracht haben«.169 Dieser Entwurf aus der Feder von Eckardt datiert vom 30. April 1941. Entwickelt wird in dem elfseitigen Papier der Schmalfilmeinsatz im europäischen Ausland – Zweck und organisatorischer Auf bau sowie die Aufgaben der geplanten Gesellschaft.170 Aus Sicht der Ufa hätte die Descheg dazu dienen sollen, die im Ausland durch die Tochtergründungen der Degeto ent-

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standene »Beunruhigung der betreffenden Auslandsmärkte« einzudämmen und die »mit großer Propaganda planlos und stoßweise hier und da unternommene Degeto-Tätigkeit im Auslande systematisch in vernünftige Bahnen zu lenken«. Deshalb sei »regierungsseitig im Einvernehmen mit der Ufa der Plan« gefasst worden, »eine eigene staatsmittelbare Gesellschaft mit dem ausschließlichen Zweck ins Leben zu rufen, dieses Geschäft künftighin monopolartig im gesamten Auslande zu führen«.171 Schon bei einer Besprechung mit Teilnehmern aus dem Kreis der Reichsfilmkammer, der Ufa, der Cautio und der Tobis Anfang Februar 1941 hatte sich allerdings herausgestellt, dass dieser Komplex von zwei Seiten ausgesprochen widersprüchlich betrachtet wurde: Die Cautio war dagegen, das Reichsministerium für Volksauf klärung und Propaganda dafür. Die Kontrahenten hießen Max Winkler und Karl Fries. Ausschlaggebend sollte in diesem Fall die Meinung von Goebbels sein. Zum Geschäftsführer der Descheg, die in der Vorbereitungszeit noch als »Deutsche Schmalfilm-Exportgesellschaft« firmierte, schien – kaum verwunderlich – Johannes Eckardt auserkoren.172 Sein Exposé streifte die Aufgaben der Gesellschaft in einzelnen Ländern, fragte nach einer planmäßigen Ausgestaltung der Einsatzmöglichkeiten des deutschen Schmalfilms, bedachte die Bespielung der Schulen und den Filmeinsatz für die beruf liche Schulung, ref lektierte die Betreuung des Verkaufs deutscher Schmalfilme und die Abgrenzung zur Arbeit der verschiedenen Gesellschaften in den einzelnen Ländern. Diese, so hieß es, »sollen Namen haben, die für die einzelnen Länder etwas bedeuten. Die inneren Zusammenhänge mit der DESCHEG sollen nach aussenhin möglichst nicht in Erscheinung treten.«173 Als Reaktion auf Eckardts Papier stellten Teile der Filmindustrie Fragen. Die Deutsche Wochenschau GmbH, deren Geschäfte zu dieser Zeit von Heinrich Roellenbleg und Fritz Tietz geführt wurden,174 befürchtete eigene Aufnahmen der Descheg und damit eine unliebsame Konkurrenz. Die Ufa sah einen ungekürzten und unveränderten Abzug ihrer Normalfilm-Auslandstonwoche als geeignet an, wobei man einen Wochenrhythmus für kaum realisierbar hielt.175 Welche Länder kamen überhaupt infrage? Welche Rolle sollten dabei bislang schon auf diesem Gebiet arbeitende Organisationen spielen? Zu denken war an die Auslandsabteilung des Lichtbilddienstes (AULI), einst eine Weimarer Einrichtung, die seit Herbst 1934 der Filmabteilung des Propagandaministeriums unterstellt war.176 Auch die Amtsleitung Film der Reichspropagandaleitung der NSDAP gehörte mit ihrer Aufgabe, kinolose ländliche Gegenden mit Filmen zu versorgen, in ein solches Schmalfilmkonstrukt. Der Geldbedarf für das als Neuland betrachtete Geschäftsgebiet musste kalkuliert werden, während die prognostizierten Einnahmen

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kaum belastbar zu berechnen waren. Folgende europäische Länder kamen für die Gründung bzw. eventuelle Übernahme einzelner dortiger Gesellschaften infrage, als die Ufa in der ersten Maihälfte 1941 auf Eckardts Umriss­ papier u. a. mit einigen rechnerischen Berichtigungen reagierte: Spanien, Portugal, Italien, Schweiz, Belgien, Holland, Dänemark, Schweden, Norwegen, Slowakei, Ungarn, Bulgarien, Rumänien, Serbien, Griechenland, Kroatien. Das Projekt Descheg nahm anfangs nicht nur kräftig Fahrt auf, sondern sollte auch gewaltige finanzielle Mittel erfordern. Mit hohem politischen Druck und einer beachtlichen technisch-personellen Infrastruktur wollte man in die betreffenden Länder gehen, das zeigen Kalkulationen der Ufa (die ihrerseits selbst in einzelne Formulierungen der Descheg-Satzung hineinwirkte), in denen auch Einzelposten wie die Beschaffung von Automobilen, die Synchronisationskosten kurzer und abendfüllender Kulturfilme oder der Meterpreis an Kopierkosten bereits Berücksichtigung finden. Knapp 3,5 Mio. RM wurden als Aufwendung veranschlagt, um die Descheg und ihre Gesellschaften in den betreffenden 16 Ländern zu gründen und einzurichten. Im Gegenzug rechnete man am Anfang nicht mit wesentlichen Einnahmen.177 Etwas später kamen (aus devisenrechtlichen und politischen Gründen) vorerst nur noch zehn Länder dafür infrage, wodurch die einmaligen Kosten auf 2 Mio. RM sanken. Die jährliche Belastung wurde nun mit 4 Mio. RM veranschlagt.178 Nach dem Krieg war von 14 gegründeten Tochtergesellschaften der Descheg in 14 Ländern die Rede.179 Es schien klar zu sein, dass diese Gründung deutlich mehr in politischideologischen als in ökonomischen Überlegungen wurzelte. Entsprechend fragten sich die Abgesandten von Reichsfilmkammer, Ufa und Tobis am 20. Mai 1941, »ob der Einsatz so bedeutender Mittel für die für die Descheg vorgesehene Aufgabe ein politisch unbedingtes Erfordernis sei«. Einmalige und laufende Kosten addiert, kam ein Finanzplan der Descheg im November 1941 sogar auf einen Betrag von knapp 10 Mio. RM.180 Die konkrete Besprechung der Frage nach einem oder mehreren Geschäftsführern führte dazu, dass man in Eckardt zwar einen gewandten kulturpolitischen Propagandisten sah, der »aber von einer besorgniserregenden geschäftlichen Ahnungslosigkeit sei«.181 Als Konsequenz aus dieser klaren Haltung ergab sich die Forderung nach jeweils einem weiteren kaufmännisch-organisatorischen und einem technischen Geschäftsführer. Bekannt ist, dass der ehemalige Paramount-Mitarbeiter Paul Thiefes, »ein bücher- und revisionskundiger« Kaufmann,182 im September 1941 zweiter Geschäftsführer der Descheg neben Eckardt wurde. Zum dritten Chef bestellte man auf Wunsch der UniversumFilm AG erst im August 1943 den Filmtechniker Egon Hahn, dessen Amts-

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zeit allerdings kurz bemessen war, denn zusammen mit Thiefes wurde er bereits im März 1944 wieder abberufen, um vom Kaufmann Helmuth Keil gefolgt zu werden. Wenige Monate nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, Anfang Oktober 1945, machte eine Gesellschafterversammlung der Descheg den Weg frei für wiederum neue Manager, die Kaufmänner Fritz Genegel (der, zunächst Sekretär von Paul Lehmann, bereits 1942 einen Anstellungsvertrag »als ständiger Reisebegleiter des Herrn Dr. Eckardt« bei der Descheg erhalten hatte)183 und Emil Stabenow, dazu der Prokurist August-Hans Eulenfeld. Ihre Vorgänger Eckardt und Keil samt des amtierenden Prokuristen wurden hingegen mit sofortiger Wirkung abberufen, »da sie seit Kriegsende nicht wieder zur Aufnahme ihrer Geschäftsführertätigkeit bzw. Tätigkeit als Prokurist erschienen sind«. Verantwortlich für die Entfernung Eckardts und Keils waren Berthold von Theobald, der als Vorsitzender des Vorstands der Universum-Film AG auftrat, sowie deren Prokurist, der Kaufmann Friedrich Dannehl. Nur diese beiden bildeten die Gesellschafterversammlung am 5. Oktober 1945.184 Mit seiner Klage gegen die Universum-Film AG im Herbst 1947 auf Erstattung offener Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis blieb Eckardt zunächst ohne Erfolg,185 doch 1950/51 beglich der Ufa-Liquidations-Ausschuss seine Forderungen in Höhe von 2.700 DM.186 In der Presse wurde einige Jahre später kolportiert, bei Kriegsende sei er »auf Dienstreise in Bayern« gewesen.187 Die Branche war offenbar allzu gern bereit, den Beteiligten und ihren Selbstauskünften Glauben zu schenken. Die Idee der eigentlich widerstrebenden Cautio, eine künftige Descheg bei ihrer Gründung sogleich als unmittelbare Cautio-Gesellschaft zu führen und damit kontrollieren zu können, dokumentiert sich in der Verteilung der Gesellschaftsanteile, von denen die Tobis Filmkunst GmbH 10.000 RM, die Cautio aber 90.000 RM des Stammkapitals (100.000 RM) einzahlte. Bruno Pfennig von der Cautio und Paul Lehmann als Vertreter der Tobis beschlossen die Gründung der Gesellschaft am 2. September 1941 und versicherten, »dass an dem Rechtsgeschäft Juden nicht beteiligt sind«.188 Noch über einen Monat später argwöhnte die tendenziell sympathielose Ufa, die Tobis betrachte die neue Gesellschaft, deren Forderungen sie zu stark nachgeben würde, »immer noch vorzugsweise als ihr Kind«.189 Von Einigkeit aufseiten der großen Spieler innerhalb der Filmindustrie kann nicht gesprochen werden. Am 16. Oktober 1941 dann erklärte sich der Vorstand der Ufa damit einverstanden, »dass die Ufa zusammen mit den anderen staatsmittelbaren Exportfirmen einen […] Vertrag mit der Descheg abschliesst«.190 Zwei Wochen später erging vonseiten der Descheg ein Vertragsangebot »wegen der

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Schmalfilm-Auslandsgeschäfte und Descheg

Auswertung der Schmalfilmrechte Ihrer Filme im Ausland« an die betreffenden Firmen.191 Sehr weit gefasst wurde der Geschäftsgegenstand des Unternehmens: »[…] der Erwerb und der Vertrieb, die Auswertung und die Verwertung von Schmalfilm-Lizenzen an stummen und tönenden Filmen aller Art für das gesamte In- und Ausland oder Teile desselben, der Erwerb, die Errichtung, die Mietung, die Pachtung, der Betrieb und die Beteiligung an Schmalfilm-Kinos und sonstigen Spielstellen für Schmalfilmvorführungen im In- und Ausland, der Betrieb von Wander-Vorführungen von Schmalfilmen an kinolosen Orten des In- und Auslandes, der An- und Verkauf (Import und Export) von Aufnahme- und Wiedergabe-Apparaturen im Schmalfilmformat nebst Zubehör und sonstigen Einrichtungen, welche sich mittelbar oder unmittelbar auf die Schmalfilm-Kinematografie beziehen, sowie endlich die Vornahme aller mit den vorbezeichneten Aufgaben im Zusammenhang stehenden Geschäfte und Tätigkeiten.«192 Ein Rundschreiben der Reichsfilmkammer an die Mitgliedsfirmen der Fachgruppe Filmherstellung tat am 22. September von der Gründung Kunde und ordnete an, dass die deutschen Filmexportfirmen die Schmalfilmrechte der von der Descheg ausgewählten exportgeeigneten deutschen Filme kostenlos an die Descheg zu übertragen hätten. Weiter: »Ich weise Sie hiermit an, von den in Ihrem Vertrieb befindlichen Filmen jeder Art keine Schmalfilmrechte ausser an die Descheg mehr in das Ausland zu vergeben. Wegen der für den Auslandseinsatz geeigneten Filme wird sich die Descheg zu gegebener Zeit mit Ihnen in Verbindung setzen.«193 In einem Abkommen, das zwischen der »Deutschen Filmindustrie« und der Descheg vermutlich Mitte September 1941 entworfen wurde, waren die Pf lichten und Rechte der Vertragspartner fixiert. Das gesamte Ausland mit der Ausnahme von Frankreich und Holland194 bildete für die Descheg das Auswertungsgebiet von deutschen Schmalfilmen, sofern sie die Rechte daran besaß oder darüber verfügen konnte. Der Paragraph III besagte: »Descheg hat das ausschließliche Recht, die Schmalfilmrechte durch ihre Tochtergesellschaften in den einzelnen Auslandsgebieten auszuwerten, und zwar: durch Wandervorführungen in kinolosen Orten, durch Verleih an bestehende oder zu errichtende Schmalfilmkinos in Orten ohne Normalfilmkinos, durch Verleih an Schmalfilmkinos in Orten mit Normalfilmkinos, durch Verleih an Vereine, Hochschulen, Betriebe und ähnliche Institute für nichtöffentliche, nichtgewerbliche Vorführungen. Der Tobis-Filmkunst GmbH und der UniversumFilm AG verbleibt jedoch das Recht, ihre Schmalfilmkurzfilme in den jeweiligen – bisher als ›Degeto-Schmalfilm-Schrank‹ und ›Degeto-Weltspiegel‹ und ›Ufa-Perlen‹ bezeichneten – Serien auch weiterhin in das Ausland

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zu verkaufen. Diese Verkaufstätigkeit hat im Benehmen mit der Descheg zu erfolgen.«195 Es wurde klar und en detail geregelt, welche Auswertungsmodalitäten zu gelten hatten, um die Interessen der deutschen Filmindustrie bei der Auswertung ihrer Normalfilme im Ausland nicht zu beeinträchtigen. Dazu wurden Umkreise von Orten mit Normalfilmkinos definiert und Karenzzeiten bestimmt, die einzuhalten waren beim Zeitpunkt der ersten Aufführung eines Schmalfilms an einem Ort oder in einem Lizenzgebiet. Alle Kosten für hergestellte Kopien hatte die Descheg zu tragen. Als sich die von Deutschland gesteuerte Internationale Filmkammer Ende Juli 1942 in Brüssel versammelte, war die Diskussion um die Stellung des Schmalfilms als Konkurrenz oder Ersatz des Normalfilms in Europa noch nicht beendet.196 Von Rivalität zwischen Schmal- und Normalfilm mochte Johannes Eckardt auch 1944 nicht sprechen, wie er dem Schweizer Journal verriet: Schmalfilm werde überall dort eingesetzt, »wo die Errichtung und Erhaltung von Normalfilm-Kinos wirtschaftlich unrentabel ist und bleiben wird«. Die Filmindustrie habe diesen Weg eingeschlagen und befördert, Frankreich sei dabei als Vorreiter aufgetreten. In Ungarn gebe es 500 Schmalfilmkinos, allerdings sei die Entwicklung hin zu Schmaltonfilmkinos kriegsbedingt gehemmt. In Europas Südosten jedoch sei der gewerbliche Schmalfilmeinsatz allgemein auf gutem Wege.197 Der Rechnungshof des Deutschen Reiches wertete Ende 1941 die Aufgaben der Descheg in einem Prüf bericht als »politische«. Auf dieser Linie würden jene »Bestrebungen einer planmäßigen Volksauf klärung« liegen, mit denen die Descheg die seit 1934 von der Reichsstelle für den Unterrichtsfilm und seit 1940 von der Reichsanstalt für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht wahrgenommene reichsweite Filmarbeit zu ergänzen habe: »den Schmalfilm für die Ausdehnung des Lichtspielwesens auf dem Lande nutzbar zu machen durch Einrichtung ständiger Spielstätten oder durch Wandervorführungen mittels Vorführungsanlagen«. Dies, heißt es, sei »besonders wichtig für die neueingegliederten Gebiete und wirtschaftlich angeschlossenen Gebiete sowie für Gebiete des Auslands, an denen das Reich ein starkes wirtschaftliches oder politisches Interesse hat; namentlich in den durch die Kriegsereignisse stark mitgenommenen Gebieten, in denen es darauf ankommt, die Wirtschaft möglichst schnell und wirksam wieder in Gang zu setzen, soll der Schmalfilm anregend und auf klärend wirken, z. B. durch Filme über die neueren Methoden zur Intensivierung der Landwirtschaft.« Die neu gegründete Descheg diene »der Zusammenfassung und einheitlichen Lenkung dieser Auf klärungsarbeit«. Dafür könne ihr über die Cautio

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Schmalfilm-Auslandsgeschäfte und Descheg

als Betriebskredit »jährlich bis 1.000.000 RM zur Verfügung gestellt werden«. Dieses Geld freilich hätte die Tobis bereitstellen müssen – als Kredit an die Cautio, die »weder für eine Verzinsung noch für die Rückzahlung eine Garantie« übernehmen würde.198 Im Anschluss an die maßgeblich von Max Winkler konzeptionierte Konzentration der deutschen Filmwirtschaft mit Gründung der UFI Anfang 1942 wurde die Descheg Teil der innerhalb dieses Konstrukts bevorzugt behandelten Universum-Film AG.199 Am 26. Mai 1942 übernahm dann diese auch das Stammkapital von 100.000 RM von der Cautio Treuhandgesellschaft und der Tobis Filmkunst GmbH und war nun alleinige Inhaberin sämtlicher Geschäftsanteile der Descheg. Grundbesitz gehörte nicht zum Vermögen der Deutschen Schmalfilm-Vertrieb GmbH, versicherte man sich gegenseitig bei der Beurkundung, und ebenso, dass »kein Jude bzw. kein jüdisches Kapital beteiligt ist«.200 Winkler war im März 1942 nach wie vor gegen einen Auf bau der Descheg-Organisation im Ausland gewesen, »da doch in einer Reihe von Ländern noch politische und territoriale Veränderungen zu erwarten wären«. Dagegen erwiderte Oberregierungsrat Karl Fries aus dem Ministerium von Joseph Goebbels, dort Referent Filmwesen im Ausland, dass gerade während des Krieges die Möglichkeit bestehe, ohne besondere Gegenwirkung der Länder die entsprechenden Organisationen aufzubauen – sei doch nach dem Krieg mit größeren Unabhängigkeitsbestrebungen auf filmischem Gebiet zu rechnen. »Im übrigen wolle die Descheg in der Hauptsache als Propaganda-Instrument und als Schrittmacher für den deutschen Normalfilm angesehen werden. Die bisher unausgenützten Möglichkeiten der Erfassung der wertvollen ländlichen Bevölkerung in den einzelnen Ländern seien bedeutend.«201 So erklärte sich Winkler mit dem Weiterbestehen der Descheg einverstanden, und schon bald wurde sie als Organgesellschaft der Ufa geführt. Nicht mehr die Einzelerlöse der Gesellschaft konnten dann steuerlich veranlagt werden, sondern sie »waren als Betriebsergebnisse an die Konzernmutter abzuführen, die erst einen allgemeinen Verlust- und Gewinnausgleich vornahm, ehe sie dem Finanzamt eine Gesamtbilanz vorlegte« – eine Idee von Max Winkler.202 Unabhängig von den neuen Regeln und Formalien, die eher übergeordneten Charakter hatten, sollten Eckardt und Thiefes nach einem Plan vom Februar 1942 Mitglieder der Auslandsabteilung der Ufa werden, denn die Descheg als solche wurde dieser Abteilung unterstellt – um sie besser kontrollieren zu können und um zu einer Verbesserung der Kommunikation zu gelangen, die Konzernleitung benötigte bessere Bilder. Dies der deutliche Hinweis auf eine zuvor mangelhafte Weiterleitung ökonomischer Fakten.203

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Kulturfilme und Schmalfilme

Zuweilen war vonseiten des Propagandaministeriums die Rede von enthusiastischen Berichten Eckardts, die aber jeder Kontinuität entbehrten und für eine Bewertung und Überprüfung nicht taugten. Fritz Genegel, Eckardts Reisebegleiter, wurde für derlei Aufgaben als der eigentlich fähigere Geschäftsführer angesehen.204 Zu dieser Zeit häufte sich die Verbreitung schlechter Meinungen über Johannes Eckardt, der angeblich bei seinen Tobis-Verleihkollegen keine gute Beurteilung genieße und als unruhiger Geist hinter »separatistischen Bestrebungen der Descheg« stecke, wie eine interne Notiz verrät.205 Zuletzt bezog Eckardt bei der Degeto seit dem 1. Juli 1940 ein monatliches Gehalt von 3.000 RM.206 Darüber hinaus kam es 1942 zu einer Umstrukturierung bei der Descheg: Grundsätzlich wurde nun die Degeto, 1941 mit einem Gewinn von etwa 350.000 RM verzeichnet,207 von der Descheg übernommen. Zwischen beiden Gesellschaften bestand ein Organvertrag, nach welchem die Degeto sämtliche Gewinne und Verluste vor Aufstellung der Jahresbilanzen an die Descheg zu übertragen hatte. Diese Ausgliederung aus der Tobis und Unterstellung unter die neue Dachorganisation Descheg vermerkte auch das Gemeinschaftsbuch der Tobis am 1. Februar 1942. Rechtlich wirksam wurde die Umorganisation am 1. Juni 1942, den Kaufpreis sollte Max Winkler verbindlich festlegen.208 An diesem Tag übernahm auch die Ufa-Handelsgesellschaft mbH die Verkaufsstelle »Schmalfilm und Foto« im Tobis-Haus – so notiert es das Tobis-Gemeinschaftsbuch. Außerdem wurden im Februar 1942 diese Entschlüsse gefasst: »Die Descheg wird […] folgende von ihr bisher betriebene Geschäftszweige an die UniversumFilm AG (Ressort Grieving) abgeben: a) Herstellung und Vertrieb abendfüllender Kulturfilme; b) Inländischer Schmalfilm-Verleih; c) Apparatehandel mit Ausnahme der Apparatehandelsgesellschaft ACIFOR in Frankreich, so daß sie aus der Degeto-Übernahme lediglich den Auslandsschmalfilm-Verleih und -Verkauf, den Apparatehandel in Frankreich, sowie den inländischen Schmalfilm-Verkauf beibehält und in ihre Organisation eingliedert.«209 Auch das gut laufende Schmalfilmgeschäft der Ufa in Frankreich wurde von der Descheg übernommen. Ihr Schmalfilmverkaufsgeschäft, z. B. mit den Ufa-Perlen, gab sie ebenfalls auf und übertrug es auf die Degeto. An eine weitere Produktion der Perlen wurde dabei allerdings nicht gedacht, es ging einzig um den Abverkauf des vorhandenen Restbestands. Nun verblieb allein das Schmalfilmverkaufsgeschäft fortan noch bei der Degeto – Schmalfilm-Schrank und Weltspiegel. Unter der Bezeichnung »Filmothek« nahm sie noch eine im Umfang vermutlich überschaubare Produktion von Schmalfilmen auf, die von der Descheg zu den Selbstkosten übernommen und im Ausland vertrieben wurden.210 Während einer Schmalfilmtagung in Agram

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Schmalfilm-Auslandsgeschäfte und Descheg

kamen im September 1942 einige Titel aus diesem Portfolio zur Aufführung: Schönheit auf dem Eise, Das andere Indien und Rund um den Königssee, Filme, die nicht zu verifizieren sind und für die Aufführung mit kroatischen Titeln versehen wurden.211 Da hatte die Degeto bereits einen wesentlichen Bestandteil ihres Namens verloren, die »Kultur«. Seit dem 9. Juli 1942 hieß sie ebenso schmucklos wie realistisch Degeto-Film GmbH. Als Tochter der Descheg, die wiederum zur Universum-Film AG gehörte, war nun auch die Degeto zu einem Teil der UFI geworden.212 Karl Fries war nicht unbedingt an einer Expansion der Descheg interessiert, die zu weiteren Filialgründungen geführt hätte, sondern »einzig und allein« am kulturpolitischen Erfolg und an der »Zahl der mit unseren Filmen erreichten Vorführtermine«.213 Noch Ende 1943, als ein erneuter Geschäftsverlust der Descheg (diesmal in mehrfacher Millionenhöhe) erwartet wurde und Max Winkler die grundsätzliche Frage stellte, ob es sich dabei »um ein politisches oder ein wirtschaftliches Unternehmen handele«, war Fries gänzlich anderer Auffassung als dieser und sah in ihr eine wirtschaftliche Gesellschaft mit politischen Zielen. Während Winkler die aufs Land gef lüchteten Bombenevakuierten filmisch zu betreuen gedachte (ein Vorhaben, das auch die Deutsche Wochenschau im Krieg durch stärkere Berücksichtigung ziviler Sujets realisieren wollte) und dazu von der Descheg Apparate abziehen wollte, wies Fries das Ansinnen von sich, würden die im Ausland befindlichen und kostenlos zur Verfügung gestellten Apparate doch der AULI gehören und also vertragsmäßig gar nicht anders zu verwenden sein.214 Dieser Konf likt zwischen Wirtschaft und Politik, der auch ein Streit um die Trennlinien zwischen Wirtschaft und Politik war, ging so weit, dass sich Winkler im März 1944 Rückendeckung bei Goebbels holte, der sich angeblich seinen Überlegungen angeschlossen habe, wie berichtet wurde. Alle verfügbaren Kräfte müssten »unmittelbar für die Inlandsaktion« und die »aktuelle Flachlandaktion« eingesetzt werden, so Winklers Formulierungen. Die Zeit, als Geld keine Rolle gespielt habe, sei vorbei.215 Ungerührt lieferte Johannes Eckardt weiterhin Tätigkeitsberichte der Descheg, die von der Ufa kritisch aufgenommen wurden. So sei die Gesellschaft seit einem Bericht vom Mai 1942 »sehr erfolgreich« gewesen und »weitergekommen«, schreibt er im April 1944 ganz allgemein. Die Ufa entdeckte Ungenauigkeiten im Bericht und fragte, ob der von Eckardt geforderte finanzielle Zuschuss »im rechten Verhältnis zur angestrebten und erzielbaren Kulturpropaganda« stehe.216 Bei der Ufa regierte also durchaus Realitätssinn angesichts des Kriegsverlaufs, während Eckardt offenbar an seine Schmal-

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Kulturfilme und Schmalfilme

filmbotschaft vor dem letzten Kriegswinter selber am stärksten glaubte. Von einer weiteren Reise nach Preßburg zurückgekehrt, hielt er Ende September 1944 für die Ufa-Auslandsabteilung zunächst das Erfordernis einer engen Zusammenarbeit zwischen Descheg und Wehrmacht schriftlich fest, wobei er neben der Truppenbetreuung (woraus nichts wurde, weil die Wehrmacht nichts zahlte) auch eine »Bespielung der Zivilbevölkerung in den Orten, in denen die Wehrmacht Veranstaltungen für die Truppenbetreuung durchführt«, ins Spiel brachte. »Gerade jetzt«, da die Wehrmacht überwiegend mit militärischen Aufgaben befasst sei, müsse der Schmalfilmeinsatz fortgesetzt werden  – er sei »eine kulturpolitisch wichtige Angelegenheit«. Zur allgemeinen politischen Lage in der Slowakei heißt es einleitend martialisch: »Die Erfolge der deutschen Wehrmacht, die schrittweise das von den Aufständischen besetzte Gebiet der Mittelslowakei säubert, gehen gut vorwärts.« Solche Ausführungen fernab der reinen Filmarbeit ergänzt Eckardt durch gezielte scharfe Formulierungen gegen Personen und die Slowakische Schmalfilmgesellschaft, er wird indiskret und denunziert offen.217 Dagegen machen andere Berichte einsichtig, wie wenig die Aufgaben des Schmalfilms im Ausland Ende 1944 noch realisiert werden konnten. Mal fehlte es an Rohfilm, mal war die Beschaffung von Lampen das Problem, einmal wandelte sich die Stimmung gegen Deutschland und ein anderes Mal mussten in Schweden befindliche Geräte zurück nach Deutschland gebracht werden, damit sie nicht von amerikanischer Seite beschlagnahmt werden. Die Descheg und ihre Abteilungen gingen im Ausland allmählich unter.218 Doch eine Weihnachtsgratifikation war auch 1944 von der Ufa an die beiden Geschäftsführer der Descheg ausbezahlt worden. Erheblich straffer, überlegter und organisierter verliefen die »Einschränkungsmaßnahmen im Interesse des totalen Kriegseinsatzes« bei der Reichsanstalt für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht und den »amtlichen Bildstellen«, die Ende August 1944 per Runderlass vermittelt worden waren. Während die Schmalfilm-Neuproduktion weitgehend eingestellt wurde, erfuhren die technischen Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs einen deutlichen Aufschwung. Auch die Truppenbetreuungen blieben bestehen. Je mehr Unterrichtsschwierigkeiten sich an den Schulen zeigten, desto nachdrücklicher wurde der Einsatz von Unterrichtsfilmen praktiziert – als Ersatz für die abwesenden Lehrkräfte.219

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Nach dem Krieg

Nach dem Krieg Zu Beginn des letzten Kriegsjahres versuchte Johannes Eckardt, den Komponisten Alois Melichar davon zu überzeugen, für einen 300 Meter langen Kulturfilm über die Prager Kaiserburg, der »in unserem Werk in Zlín« produziert werden sollte, die Musik zu schaffen: »Die Musik für diesen Film muss sozusagen programmatischen Charakter tragen, andererseits aber auch in ihrer Melodik und instrumentalen Färbung den spezifischen Charakter des Raumes haben, für den die Prager Kaiserburg Symbol seit Jahrhunderten geworden ist.«220 Wer die Produktion hätte tragen sollen und von wo aus Eckardt die Bitte an den Musiker richtete – das bleiben offene Fragen. Als Komponist ist Melichars Name auch verbunden mit der Ufa-Produktion Geheimnis Tibet, die von der Degeto als Normalfilm verliehen wurde, sowie mit Curt Oertels Kulturfilm Michelangelo. Seine besondere Beziehung zum Degeto e. V. zeigte sich in Melichars Vereinsmitgliedschaft ab 1935 und mit der Wahl in den Verwaltungsrat für drei Jahre im April 1938. »Im Hinblick auf die Kriegszeit«, teilte Eckardt im Sommer 1941 dem mahnenden Amtsgericht Berlin mit, sei der drei Jahre zuvor gewählte Verwaltungsrat »nach wie vor« tätig.221 Das bedeutete in Wahrheit: Ein Vereinsleben des Degeto e. V. war während des Weltkriegs nicht mehr existent. Spuren von Fliegerangriffen und schwere Bombentreffer an den Gebäuden, in denen sich die Berliner Geschäftsräume der Descheg befanden, sorgten dafür, dass das Tobis-Haus und die Ufa-Zentrale in der Krausenstraße im Herbst 1944 verlassen werden mussten. Die Privatwohnung von Johannes Eckardt in der Freiherr-vom-Stein-Straße 8 bot ein zeitweiliges Ausweichquartier für etwa zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bis auch diese Bleibe Mitte März 1945 total zerstört wurde. »Etliche Paramount-Akten«, vermutlich im Tresor der Descheg verwahrt, wurden von Fritz Genegel im September 1945 unter den dortigen Trümmern gefunden, viele Menschen hatten alles durcheinandergebracht.222 Mit einem Bild wird anschaulich, wieso die Quellenlage der Mediengeschichte in Deutschland bisweilen als äußerst lückenhaft bezeichnet werden muss. Noch zaghaft regte sich das Interesse am Schmalfilm wieder. Den Wiederauf bau von Descheg und Degeto übernahm Genegel, während Materialbeschlagnahmungen durch sowjetische Besatzungskräfte und die Unmöglichkeit der Kundenbelieferung den Alltag erschwerten, der sich seit Ende 1945 und für einige Jahre in den Tempelhofer Räumen des zur Ufa gehörenden AFIFA-Kopierwerks abspielte. Einen Überblick verschaffte sich Genegel zwischen Sommer 1945 und Februar 1946 mithilfe der ehemaligen Descheg- bzw. Degeto-Ange-

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Kulturfilme und Schmalfilme

stellten Charlotte Weiss, die in Glindow bei Werder/Havel untergekommen war. In ihren Ausführungen beschreibt sie etwa, wo Schmalfilm-Rohmaterial gelagert worden war – bei der AFIFA und den beiden Berliner Kopierwerken Geyer bzw. Dröge &  Siebert, dazu auch bei der Bavaria in München  – und dass Paul Thiefes persönlich die Kontrolle darüber ausgeübt hatte.223 Wie der Epochenbruch 1945 als betriebswirtschaftliches Ereignis wahrgenommen wurde, das zeigen überlieferte Aufstellungen über den Vorrat an Rohfilm der Degeto-Film GmbH am Bilanzstichtag 31. Mai 1945 sowie zum Warenbestand fertiger Negativ- und Positivfilme mit Datum 31. Januar 1945. Forderungen wurden nunmehr häufig als nicht einziehbar angesehen. Es ging um Vermögen und um Schuld. Rein rechnerisch.224 Ende 1948 erging von der amerikanischen Militärregierung in Berlin die Genehmigung, einige Unternehmen der Filmbranche von Berlin nach Wiesbaden verlegen zu dürfen, darunter auch die Descheg.225 Dies wurde von der Abteilung für die Kontrolle der Vermögenswerte am 29. Dezember mitgeteilt – Empfänger war Alfred Feldes, seit Ende Oktober 1945 Notgeschäftsführer der UFI und im Mai 1947 von der OMGUS (Office of Military Government for Germany) als Treuhänder für die Universum-Film AG und somit auch für die Descheg eingesetzt.226 Vor 1945 gehörte Feldes der UFI an, wo er als leitender Direktor der »Zentralbeschaffungsstelle« für »den ge­­ samten Einkauf der deutschen Filmwirtschaft verantwortlich« gezeichnet haben soll.227 Als inzwischen alleinvertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied der Universum-Film AG, die weiterhin im Besitz der Stammeinlage der Descheg in Höhe von 100.000 RM war, berief Feldes im Februar 1951 Fritz Genegel als Geschäftsführer ab. Universum-Film AG und Descheg residierten in Wiesbaden unter einer gemeinsamen Adres­se – Bahnhofstraße 34, desgleichen in Berlin – Viktoriastraße 13–18. Eine weitere Geschäftstätigkeit der Descheg war nicht festzustellen. Beglaubigt von dem Berliner Notar und Anwalt Hans-Georg Tovote, wurde das Stammkapital im Juni 1952 von 100.000 RM auf 5.000 Deutsche Mark der Bank Deutscher Länder umgestellt. Der bis dahin als Descheg-Geschäftsführer tätige Emil Stabenow erhielt seine Abberufung im Februar 1956, auch Feldes war nun nicht mehr Treuhänder. In diesem Jahr verlegte die ehemalige Universum-Film AG ihren Sitz nach Düsseldorf und gab sich den Namen Aktiengesellschaft für Filmverwaltung i. L., neue Geschäftsführer der Descheg folgten. Ihren Geschäftsanteil von 5.000 DM an der Descheg trat die AG Ende Mai 1960 an die in Düsseldorf ansässige Residenz-Theater GmbH ab. »Die Abtretung erfolgt zum Zwecke der Abwicklung und Entf lechtung des ehemaligen

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Nach dem Krieg

reichseigenen Filmvermögens«, hieß es, das bisherige Handelsgeschäft der Descheg sollte vom neuen Eigentümer nicht weitergeführt werden.228 »Die Firma der übertragenden Gesellschaft ist erloschen.«229 So endete mit der Descheg eine nationalsozialistische Gründung lange nach Kriegsende und trotzdem nach nicht einmal 20 Jahren, von denen sie nur die geringste Zeit in großen Teilen Europas geschäftlich aktiv gewesen war. Überraschend dabei: Johannes Eckardt, ihr langjähriger Geschäftsführer, hatte im Sommer 1938 in einem Personalfragebogen fixiert, dass er keine fremden Sprachen beherrsche.230 Degeto-Kulturfilm GmbH und Descheg zusammen stellten den unentschlossenen Versuch der staatlich gelenkten deutschen Filmwirtschaft dar, mit den Mitteln des Normal- und des Schmalfilms weit auszugreifen – im Inland, wo kinolose Orte bespielt und bis da­­ hin ebenfalls kinolose Wohnzimmer besetzt wurden, wie im Ausland, wo Unterhaltung und Propaganda auf Schmalfilm bis in kleinste Orte gebracht werden sollten. Was das Fernsehen noch nicht sein konnte, sollte der Schmalfilm sein – in möglichst vielen Haushalten vorhanden, vorrätig und wirksam. Johannes Eckardts zunächst aus Bayern nach Preußen importierte Idee, filmkulturelle Bildung und Unterhaltung an Orten ohne Kinos zu forcieren, war während des Zweiten Weltkriegs auf europäische Exportreise gegangen. Ökonomie und Politik gingen dabei parallele Wege, zogen jedoch selten an einem Strang. Kulturfilme, einst der Markenkern der Degeto und gedanklicher Mittelpunkt des Eckardt’schen Wirkens, versanken innerhalb des Programmangebots zunehmend in der thematischen Bedeutungslosigkeit  – gleich, ob als Normal- oder als Schmalfilm. Alle einstmals hehren Ansätze waren spätestens mit den kriegerischen Sujets des Degeto-Weltspiegels und der Descheg-Monatsschau diskreditiert. Aus der ehedem idealistisch geformten und kulturpolitisch reformorientierten Vereinsidee, seit dem Machtwechsel 1933 begriff lich im völkischen Fahrwasser, erwuchs mit der DegetoKulturfilm GmbH seit 1937 ein kommerzielles Unternehmen, das zunächst in den Händen der Tobis und später als Anhängsel der Ufa wie als lästiger Wurmfortsatz der Descheg Freiheiten verlor. Umrahmt von strikten filmpolitischen wie ökonomischen Instrumenten kamen ihr Profil und Sichtbarkeit abhanden, am Ende stand ein hohler Geschäftskörper, instrumentalisiert von Johannes Eckardts hochtouriger Rastlosigkeit in kulturpolitischen Angelegenheiten, ideologisch hochgehalten und ausgenutzt von der NS-Filmpolitik und dadurch zunehmend verfärbt durch ein deutlich wahrnehmbares nationalsozialistisches Braun. Dies schönte den ohnehin schon etwas hässlich geratenen kleinen Bruder des Normalfilms durchaus nicht. Der Schmalfilm vermochte es nicht, sich aus dessen schwerem Schatten zu entwinden. Wel-

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Kulturfilme und Schmalfilme

che publizistisch-politische Wirkung seine Existenz im durch Deutsche besetzten Ausland – auch mittel- und langfristig – erzielt hat, muss einstweilen eine Frage ohne Antwort bleiben. Von ihrer Beantwortung würde freilich auch die Möglichkeit einer explizit politischen Bewertung der filmischen Aktivitäten von Degeto ab 1937 und Descheg abhängen – im Zusammenhang mit der Arbeitshypothese, dass die gewaltigen staatlichen Triebkräfte, die finanziell und organisatorisch dabei am Werk waren, sich womöglich am falschen Objekt, dem Schmalfilm, ausprobiert haben könnten.

Die Nachgeschichte von Johannes Eckardt Was wurde aus Johannes Eckardt, der in der frühen Nachkriegszeit seines Postens als Geschäftsführer der Descheg enthoben worden war? Er träumte vom »Wiederauf bau seiner geliebten Degeto«, wurde 1952 berichtet.231 Dieser Traum ging nicht in Erfüllung. Die alte Degeto hatte ihre Zeit gehabt, sie blieb Geschichte. Nicht einmal eine kleine Broschüre über diese Ge­­ schichte zu verfassen, war Eckardt vergönnt. Der Verein löste sich 1955 auf – nicht ohne zuvor entscheidende Aktivitäten entwickelt zu haben, die den von den Aufgaben her veränderten Fortgang der Degeto-Geschichte als GmbH erst ermöglichten. Dabei wirkte Eckardt beratend und in Gremien. Weitab von Berlin hatte er bereits seit dem Herbst 1945 als Kulturreferent in der Position eines Sachbearbeiters in Augsburg agiert und dem Landrat in Göggingen bei lokalen Kino- und Filmangelegenheiten zugearbeitet. Zeitgenössische Alltagsthemen waren der Neubetrieb von Kinos und die politische Vergangenheit von Altbetreibern. Auch mit dem für die amerikanische Besatzungszone zuständigen Afi-Filmverleih in Geiselgasteig hatte er zu tun. Es gab vor Ort das Problem der betitelten Filme in fremder Sprache. Die naive fachfremde Idee, die Streifen an Dialogstellen verlangsamt durch den Projektor laufen zu lassen, wurde von Eckardt rasch durchkreuzt. Vor dem Landrat erklärte sich Eckardt am 30. November 1945 zu bekannt gewordenen Äußerungen, er sei Angestellter des Propagandaministeriums gewesen, was er zurückwies mit der Begründung, sein Gehalt habe er stets von der deutschen Filmindustrie erhalten, dessen Höhe hätten die leitenden Persönlichkeiten festgelegt.232 Formal war das richtig, doch aus einer übergeordneten Perspektive hätte dem Vorwurf kaum entlastend begegnet werden können. Schwierigkeiten mit der amerikanischen Militärregierung tauchten im Sommer 1946 wieder auf, als ihm die Arbeit am Institut für den Unterrichtsfilm in München untersagt wurde – die Gründe dafür blieben unbenannt, er

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Die Nachgeschichte von Johannes Eckardt

konnte die Angelegenheit entkräften.233 Gleichwohl galt er auf einer OMGUS-Liste vom 1. August 1946 für den Bereich »Theater« als blacklisted, war also als untragbar eingestuft worden, um kulturell zu wirken, obgleich ihm attestiert wurde, bereits wieder »in charge of cultural activities Goeggingen« zu sein.234 Ob er für die Niederschlagung der Vorwürfe die Hilfe von Kolleginnen und Kollegen benötigte, ist unbekannt. Für andere, die offenbar unter Erklärungsdruck geraten waren, setzte Eckardt 1948 entlastende Schrei­ben auf. Als ehemaliger »Leiter der Kulturfilm-Produktion der Tobis« bescheinigte er dem Filmmacher Herbert Seggelke, »mit der Ideologie des Nationalsozialismus nichts zu tun« gehabt zu haben.235 Im Herbst 1951 gehörte Seggelke vom ersten Heft an – genau wie Guido Bagier – zu den Mitarbeitern der Zeitschrift filmforum. Für die Trickfilmzeichnerin und Illustratorin Susie Weigel sagte Eckardt ebenfalls gut, habe sie ihm doch seinerzeit »auf Befragen mitgeteilt, dass Sie nicht Mitglied der NSDAP sind. Sie haben auch in all der Zeit unserer Zusammenarbeit in keiner Weise Anlass gegeben zur Annahme, dass Sie der Ideologie des Nationalsozialismus nahe stehen würden.« Zudem attestiert er ihr, »dass Sie in den Jahren 1940–1942 im Auftrag der Tobis-Filmkunst GmbH für die Schmalfilmserien der Tochtergesellschaft der Tobis, der Degeto, Zeichentrickfilme herstellten. Insbesondere haben sie die erfolgreiche Serie Peterle’s Abenteuer ins Leben gerufen.«236 Mit einem jeden »Persilschein« solcher Art wusch Eckardt auch sich selber rein. Als er im März 1960 hörte, dass Alois Melichar Sympathien für die Nationalsozialisten nachgesagt wurden, beruhigte er ihn: »Ich weiß, daß Sie niemals irgend etwas mit dem NationalSozialismus zu tun hatten, da Sie eindeutig immer wieder gegen dieses Regime Stellung nahmen, und niemals Ihr Schaffen an ein System verkauften, mit dem Sie innerlich überhaupt nichts gemeinsam hatten. Sie können diesen Brief, wenn Sie wollen, jeder Zeit verwerten.«237 Wie anders es sich verhielt mit dem Verhältnis Melichars zum Nationalsozialismus, wie sehr dieser als »verläßlich im Sinne der Musikpolitiker angesehen« wurde, hat Fred K. Prieberg später in Beispielen ausgeführt.238 Zwei Jahre nach seinem Beruhigungsversuch Melichars fiel seinerseits ein zeithistorischer Schatten auf Eckardt, als mit Heinz Ungureits Verweis auf einen kritisch zu sehenden Vortragstext von 1936 die schwächelnden Scheinwerferlichter auf Johannes Eckardt ihn allmählich abdunkelten. Eine Vielzahl von Aktivitäten rund um die Filmclubs und den Kulturfilm allgemein, auch um das Fernsehen, konnte er sich zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und seinem Tod 1966 ans Revers heften. Er war ein umtriebiger Multifunktionär, dem die längste Zeit ein guter Ruf vorauseilte:

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Kulturfilme und Schmalfilme

gleich, ob er 1949 zusammen mit dem Schriftsteller Erich Ebermayer in Coburg eine Zeitschrift herausbringen wollte (woraus nichts wurde),239 ob er diesen dabei beriet, wie Drehbücher trotz rechtlicher Probleme zu veröffentlichen sein könnten,240 oder ob er wie selbstverständlich 1952 die Mannheimer Kultur- und Dokumentarfilmwoche mit aus der Taufe hob, indem er verkündete: »Der Kulturfilm ist nicht tot.«241 Auf dem Ateliergelände in München-Geiselgasteig hatte er im August 1951 vor Filmschaffenden eine Resolution verlesen, mit der die Bayerische Staatsregierung aufgefordert wurde, ihrer Verantwortung gegenüber der Spielfilm- und Kulturfilmproduktion gerecht zu werden und eine Filmbank zu gründen.242 Dass er die Berufung ins Ehrenpräsidium der 1952 gegründeten Deutschen Gesellschaft für Film- und Fernsehkunde annahm, war eine vergleichbare Selbstverständlichkeit wie sein Vorstandssitz im 1956 geschaffenen Deutschen Institut für Film und Fernsehen, ansässig in München. Dem im selben Jahr gegründeten Rat für Filmkultur, eine Vereinigung mehrerer Verbände, die das anspruchsvolle Publikum bejahen und fördern sollte, stand Eckardt ebenso vor wie der 1951 gegründeten Augsburger Komödie GmbH als Mitgeschäftsführer (Hauptanteilseigner war die Stadt Augsburg), um dort eine Art Fortsetzung der Arbeit der Berliner »Kamera« zu versuchen.243 Der in Göggingen residierende Eckardt gehörte zur westdeutschen Filmbranche, die dort ihren Mittelpunkt hatte, wo er lange Zeit in Gremien wirkte: in Wiesbaden, Sitz von FSK und FBW, der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (seit 1949) und der Filmbewertungsstelle der Länder der Bundesrepublik Deutschland bzw. der Filmbewertungsstelle Wiesbaden (ab 1951). Als er 1960 dem »Preisrichterausschuss« angehörte, dem die Entscheidung über den Gewinner des Bundesfilmpreises oblag, der während der Internationalen Filmfestspiele Berlin vergeben wurde, sprach er bedeutsam, hingebungsvoll und wenig ironisch in ein Mikrofon, das Gremium habe über Tage im verdunkelten Raum »um Entscheidungen gerungen«, derweil »draußen der köstliche Frühling lockte«.244 Johannes Eckardt träumte vom Wiedererwachen des Kulturfilms, doch auch dieser Traum war nunmehr ausgeträumt. Vieles in Westdeutschland hatte sich verändert, vor allem das Publikum und die jungen Intellektuellen. In fundamental vergrößerten Dimensionen als in den 1930er Jahren hielt das Fernsehen im ersten Friedensjahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg mit einem veränderten Programm Einzug in Privatwohnungen. Das nahm er durchaus zur Kenntnis. Entdeckte darin allerdings wohl kaum mehr als ein Hilfsmittel zur Befreiung des Kulturfilms aus der »Einengung des Beiprogramms von ca. 300 Meter«. Im Übrigen sah er den »Film an sich« selbst 1960,

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Die Nachgeschichte von Johannes Eckardt

zur Zeit der großen Filmkrise, durch das Fernsehen nicht als »gefährdet« an. »Gestaltende Möglichkeiten«, wie sie dem Film gegeben seien, blieben dem Fernsehen schlicht »verschlossen«, konstatierte er selbstgewiss.245 Anders als nach einem solchen Eckardt’schen Diktum wählte die Arbeitstagung Jugend und Film der Bundestagung der deutschen Jugendfilmclubs 1961 einen Zugang, um sich über das Verhältnis zwischen Film und Fernsehen Klarheit zu verschaffen. Die Teilnehmer des Treffens in Osnabrück wurden aufgefordert, sich in der ARD am 23. Mai die Ausstrahlung von Madame de … (1961) anzusehen. Diese damals aktuelle Fernsehinszenierung von Peter Beauvais geht auf den gleichnamigen Roman von Louise de Vilmorin sowie dessen Dramatisierung durch Jean Anouilh zurück. Max Ophüls hatte den 1951 erschienenen Roman als Koproduktion Frankreich/Italien zuvor bereits für das Kino adaptiert (1953, Madame de … / I gioielli di Madame de …), sein Werk wurde den Anwesenden am darauffolgenden Tag vorgeführt. Die Voraussetzungen für entsprechende Diskussionen vor dem Hintergrund konkurrierender Medien waren somit hervorragend, weil sie auf eigener Anschauung beruhten.246 Die Filmclubs weiteten in ihrer Niedergangsphase das Ref lexionspotenzial allerdings auch in eine andere Richtung aus. Denn während sich Johannes Eckardt mit dem Schmalfilm nun kaum noch befasste, gab es in westdeutschen Filmclubs mitunter klassische Filmtitel im verkleinerten Format zu sehen. So berichtet der spätere WDR-Redakteur Werner Dütsch über seine Filmerlebnisse im Filmclub Recklinghausen in der Aula des Gymnasiums am Ende der 1950er Jahre: »16-mm-Projektion. Dort sehe ich Le sang d’un poète [1930, Regie: Jean Cocteau], Le testament d’Orphée [1959, Regie: Jean Cocteau], Nacht und Nebel [1956, Regie: Alain Resnais], Faust [1926, Regie: Friedrich Wilhelm Murnau], Varieté [1925, Regie: Ewald André Dupont]. Und eine 9,5-mm-Kurzfassung von Das Cabinet des Dr. Caligari [1920, Regie: Robert Wiene]; die originalen Zwischentitel sind ersetzt durch beschriftete Aufnahmen emsiger Mi­­ kroorganismen. Das passte auch.«247

1 Vgl. Mitgliederversammlung und Verwaltungsratssitzung der Degeto am 17.6.1936 im Büro der Reichsfilmkammer, Fachgruppe Kultur-, Werbefilm und Lichtspielstellen, Berlin, Bendlerstraße 10. In: Landesarchiv Berlin (künftig LAB), Handelsregisterakte Degeto B Rep. 042 Nr. 28085. — 2 Dr. Albert Narath: Oskar-MessterMedaille für Leo Mayer. In: Kino-Technik, Heft 5, 1966, S. 114. — 3 Bericht Nr. 11125 der Deutschen Revisions- und Treuhand-Aktiengesellschaft Berlin über die bei der Degeto-Kulturfilm GmbH, Berlin, vorgenommene Prüfung des Jahresabschlusses

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Kulturfilme und Schmalfilme zum 30. Juni 1938 (Exemplar Nr. 12), Berlin, den 24. Januar 1939. In: Bundesarchiv (künftig BA), R 8135 / 4007. Zum gleichlautenden Geschäftsgegenstand vgl. auch eine weitere Eintragung der Degeto-Kulturfilm GmbH in das Handelsregister Berlin unter der Nr. 563 HRB.52752 vom 18.3.1938. In: BA, R 109 I / 4505. — 4 Bericht des Wirtschaftsprüfers Dipl.-Kfm. Martin Böttcher Berlin-Charlottenburg über die Prüfung der Jahresabschlüsse für die Zeit vom 31. Mai 1945 bis zur ReichsmarkSchlussbilanz per 20. Juni 1948 und die Aufstellung der DM-Eröffnungsbilanz per 21. Juni 1948 der Degeto-Film GmbH, Berlin (2. Expl.), Berlin, den 3. April 1952. In: BA, R 109 I / 4505. — 5 Tobis Kulturfilm Kurzfilm 1936/37. Berlin: Tobis-Kulturfilm-Pressestelle 1937. In: Bundesarchiv-Filmarchiv (Berlin), VK/FiC 200/B 122. — 6 Vgl. Tobis-Melofilm an Johannes Eckardt, Berlin, 24.11.1936. In: BA, R 109 I / 2834. — 7 Rechtsanwalt und Notar Dr. Friedrich Sarre: Geschichte der Tobis, undat. [um 1944]. In: BA, R 109 I / 3330, Blatt 45.  — 8 Anon.: Gründung der Degeto-Kulturfilm GmbH. In: Film-Kurier, Nr. 210, 9.9.1937.  — 9 Vgl. Satzung (Fassung vom 23. Juni 1952) der Degeto-Film Gesellschaft mit beschränkter Haftung. In: BA, R 109 I / 2553. — 10 Anon.: Degeto startet mit siebzehn Filmen. In: Film-Kurier, Nr. 235, 9.10.1937. Genannt werden im Text allerdings nur 16 Filmtitel. Die übrigen: Insel der Dämonen (1933, Regie: Friedrich Dalsheim); Das grosse Eis. Alfred Wegeners letzte Fahrt (1936, Regie: Else Wegener, Paul Künheim, Svend Noldan); Die Erde singt (Zem spieva, 1933, Regie: Karel Plicka); Swedenhielms (Schweden 1935, Regie: Gustaf Molander); Wunder des Fliegens (1935, Regie: Heinz Paul und Carl Boese); Rotkäppchen und der Wolf (1937, Regie: Fritz Genschow und Renée Stobrawa); »Die Kinder-Schlacht« (nicht nachweisbar, womöglich handelt es sich um den 1937 von Genschow für die Tobis-Melofilm inszenierten Kurzfilm Die Pfennigschlacht). — 11 Zur Geschichte der Fassungen von Tabu vgl. die Ausführungen zur Edition der Outtakes des Films unter http:// bit.ly/2z2UxhI (zuletzt 12.10.2017). — 12 Vgl. Johannes Zechner: Wald, Volksgemeinschaft und Geschichte: Die Parallelisierung natürlicher und sozialer Ordnungen im NSKG-Kulturfilm Ewiger Wald. In: Kulturfilm im »Dritten Reich«. Hg. von Ramón Reichert. Wien: Synema 2006, S. 112. — 13 Zur Wiener Urania vgl. Christian H. Stifter: Der Urania-Kulturfilm, die Exotik des Fremden und die Völkerversöhnung. Veränderungen und Kontinuitäten: vom Austrofaschismus, über den Nationalsozialismus zur Zweiten Republik. In: Spurensuche (Wien), Nr. 1–4, 2002, S. 114–148. — 14 Fritz Olimsky in: nicht identifizierter Zeitungsausriss, 8.2.1938, Hervorhebung im Original (Deutsche Kinemathek, Sammlungen, Hortobágy); Robert Volz in: Völkischer Beobachter, Nr. 39, 8.2.1938; Frank Maraun (d. i. Erwin Goelz) in: Berliner Börsen-Zeitung, 6.2.1938; Sándor Márai: A Felfedezés [Die Entdeckung]. In: Pesti Hírlap, 21.3.1937; Graham Greene: Cinema column. In: The Spectator, 18.12.1936. Zu Höllerings Biografie und zur Entstehung wie Rezeption von Hortobágy vgl. András Szekfü: An Austro-Hungarian Film Director: George M. Hoellering (1897–1980). In: Current issues in some disciplines. Hg. von János Tibor Karlovitz. Komárno: International Research Institute 2013, S. 51–57 (auch: http:// bit.ly/2yW9hPy, zuletzt 10.10.2017). Ausführlich András Szekfü: »Magánkalóz a filmdzsungelben«. Georg Höllering, a Hortobagy film rendezo˝ je. Budapest: Gondolat Kiadó 2014. Hortobágy liegt als DVD-Veröffentlichung in digitaler Bild- und Tonrestau-

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Kulturfilme und Schmalfilme rierung vor, mit deutschen und englischen Untertiteln des gesamten Films (auch die gesungenen Lieder) und der Extras, Redaktion: Eszter Fazekas, Fachberater: András Szekfü (Budapest: Magyar Nemzeti Digitalis Archívum és Filmintézet / Nationales ungarisches Digitales Archiv und Filminstitut 2013). Ich danke András Szekfü (Budapest) für die Bereitstellung von Material und Informationen zu Horto­ bágy. — 15 Der Kulturfilm. Pressedienst erschien 1938 lediglich mit sieben Ausgaben. Sie sind vollständig überliefert einzig in der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig. Die Nummern 1 bis 4 finden sich im BA, R 109 I / 5527. – Höllerings Name wird allerdings genannt im Vorspann zu einem leicht veränderten Abdruck seiner Anekdote »Wie Hortobágy entstand« in: Film-Kurier, Nr. 297, 22.12.1937. Ob dem Verschweigen von Höllerings Namen in einer Quelle Bedeutung zuzumessen ist, muss einstweilen ungeklärt bleiben. — 16 Film-Kurier, Nr. 30, 5.2.1938. — 17 Die Angaben zur Zensurlänge für Deutschland differieren zwischen 2.328 Meter (Zensurkarte im Bundesarchiv-Filmarchiv, Berlin, R 9346 / B.43889; so auch in Das Filmschaffen in Deutschland 1935 bis 1939. II. Teil: Die Filme. In- und ausländische lange Filme ohne Spielhandlung 1935 bis 1939. Sachbearbeiter: Alexander Jason. Berlin: Institut für Konjunkturforschung 1941, S. 25) und 2.338 Meter (Film-Kurier, Nr. 30, 5.2.1938). Bei der letzten Angabe dürfte es sich um einen Übermittlungs- bzw. Satzfehler handeln. – Hortobágy wurde in Deutschland vor 1945 viermal der Filmprüfstelle vorgelegt. Erster Antragsteller waren die Berliner Döring-Film-Werke GmbH (6.11.1936, 2.328 m), die zeitlich weit entfernten weiteren Prüfungen am 8.1.1940 (Länge: 1.952 m), 10.2.1942 (1.923 m) und 26.9.1944 (1.928 m) wurden von der Degeto-Kulturfilm GmbH beantragt. Hintergründe zu den Kürzungen sind nicht bekannt, weitere Zensurkarten in Deutschland nicht überliefert. Mit Dank an Roland Foitzik und Ute Klawitter (Bundesarchiv-Filmarchiv).  — 18 Vgl. András Szekfü: An AustroHungarian Film Director: George M. Hoellering (1897–1980), a. a. O., S. 52.  — 19 Anon.: Degeto plant Querschnittsfilm. In: Film-Kurier, Nr. 154, 2.7.1932; anon.: Praktische Filmkunde im Film! In: Lichtbild-Bühne, Nr. 153, 2.7.1932; sowie anon.: Praktische Film-Aesthetik im Film. In: Vossische Zeitung, Nr. 316, 2.7.1932. — 20 Vgl. Film-Kurier, Nr. 277, 29.11.1937, und Lichtbild-Bühne, Nr. 274, 25.11.1937. — 21 Vgl. Melophon-Film GmbH, Produktions-Programm 1954. In: Deutsche Kinemathek, Sammlungen, Melophon Film GmbH. Ein weiterer unrealisierter Filmtitel – »Prager Barock« – wird 1941/42 in der Blättersammlung Das Kulturfilm-Produktions-Programm der Tobis-Filmkunst GmbH genannt, die Musik sollte Alois Melichar verantworten, Regie und Kamera Alfred Ehrhardt und das Drehbuch Johannes Eckardt. In: Bundesarchiv-Filmarchiv, VK/FiC 200/B 130. — 22 Johannes Eckardt an Karl Haslinde und Kurt Magnus, 9.8.1931. In: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep. 76 Kulturministerium Ve, Sekt. 1, Abt. VII, Nr. 18 H.  — 23 Johannes Eckardt an Curt Haensel, Berlin, 4.12.1930. In: Freies Deutsches Hochstift, Frankfurt am Main, Hs-15689, Inventaranlage zu Hs-15689. Dort unter dieser Signatur umfangreiche Unterlagen zur Planung des Goethe-Films. Mit Dank an Konrad Heumann und Bettina Zimmermann. — 24 Vgl. Dr. Johannes Eckardt: »Wir drehen einen Goethe-Film.« In: Film-Kurier, Nr. 208, 5.9.1931. In diesem Text wird die Degeto noch als »Rahmen« bezeichnet, in dem der Film erscheinen wird. In einer Meldung des Film-Kurier vom 20.2.1932 (Nr. 44) finden weder die Degeto noch

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Kulturfilme und Schmalfilme Eckardt Erwähnung, ebensowenig in der Kritik von -on. in: Film-Kurier, Nr. 67, 18.3.1932. Ausführliche filmografische Daten und Hinweise zu Inhalt und Entstehung liefert Ulrich J. Klaus: Deutsche Tonfilme. Filmlexikon der abendfüllenden deutschen und deutschsprachigen Tonfilme nach ihren deutschen Uraufführungen. 3.  Jahrgang 1932. Berlin-Berchtesgaden: Ulrich J. Klaus-Verlag 1990, S. 82–83.  — 25 Sichtung des Films (Eingangsnummer B 140945/1-1, Signatur 19646) im Bundesarchiv-Filmarchiv, Berlin, am 14.11.2017, mit Dank an Beatrix Haussmann.  — 26 Anon.: Der Palucca-Film. In: Film-Kurier, Nr. 169, 21.7.1934. – Im wöchentlich erscheinenden Deutschen Familienblatt (Heft 25, 1934) schrieb Eckardt, begleitet von sechs Fotos zum Film, u. a. über die Differenz zwischen Tanzkunst als »Bewegungskunst im Raume« und Film als »Kunst des bewegten Bildes auf der Fläche« (Akademie der Künste [künftig AdK], Gret-Palucca-Archiv, Nr. 5912).  — 27 Eckardts Anteil nach Das Filmschaffen in Deutschland 1935 bis 1939. II. Teil, a. a. O., S.  23. — 28 Johannes Eckardt: Der Film als Spiegel von Zeit und Menschen. In: Lichtbild-Bühne, Nr.  215, 14.9.1936. — 29 Ernst Angel: Curriculum Vitae. New York o. D. [um 1965]. In: Material zu Ernst Angel aus seiner Entschädigungsakte im Landesverwaltungsamt Berlin (Entschädigungsbehörde), aus dem Besitz von Hans Jörgen Gerlach. — 30 Vgl. Gerald Trimmel: Die Gesellschaft der Filmfreunde Österreichs. Aus der Pionierzeit der Filmerziehung und Filmpädagogik in Österreich. Wien: Edition Unicum 1996, S. 17.  — 31 Vgl. András Szekfü: An Austro-Hungarian Film Director: George M. Hoellering (1897–1980), a. a. O., S. 51–57, sowie Pamela Engel and Andi Engel talk of Andrew Hoellering. In: enthusiasm, Nr. 4, Summer 2004, S. 35.  — 32 Konrad Himmel: Kinobesuch in Deutschland steigt. In: 8 Uhr-Abendblatt, Nr. 13, 17.1.1938. — 33 Karlheinz Ressing: Internationale Kulturfilmtagung in Hamburg. Vorträge und Filmvorführung. In: Film-Kurier, Nr. 232, 6.10.1937.  — 34 Anon.: Die Sendung des deutschen Kulturfilms. Dr. Eckardt sprach in Hamburg. In: Film-Kurier, Nr. 233, 7.10.1937. — 35 Ein Konvolut mit Zeitungsausschnitten zur Internationalen Kulturfilmwoche in Hamburg anlässlich des zehnjährigen Bestehens des »Urania«-Filmtheaters findet sich im Staatsarchiv Hamburg, 135-1 I-IV Bestand Staatliche Pressestelle I-IV, Akte 5002. — 36 Karl Melzer: Der Kulturfilm als Hauptfilm. In: Der Kulturfilm. Pressedienst, Nr. 1, 1938, S. [6]. — 37 Vgl. Johannes Eckardt: Der abendfüllende Kulturfilm. In: Lichtbild-Bühne, Nr. 78, 1.4.1938.  — 38 Vgl. Degeto Schmalfilm Katalog. Schmalfilme der Degeto. Verzeichnis Herbst 1938. Berlin: Degeto-Kulturfilm GmbH 1938, S.  65–67. — 39 Klaus Winker: Fernsehen unterm Hakenkreuz. Organisation – Programm – Personal. Köln u. a.: Böhlau 1994, S. 195–196 (Medien in Geschichte und Gegenwart, hg. von Jürgen Wilke, Bd. 1). In London wurde ein anderer Weg eingeschlagen, der auf größere Räume setzte. Im Oktober 1937 sollte ein sogenanntes erstes »Fernsehkino« innerhalb eines neuen Filmpalastes am Leicester Square den Betrieb aufnehmen (vermutlich »Odeon Leicester Square«), das »direkte Televisionsübertragungen und Fernsehfilme auf einer dreimal vier großen Projektionsf läche in sein ständiges Programm aufnehmen« wollte. Anon.: Eröffnung des ersten Fernsehkinos in London. In: Internationale Filmschau, 25.9.1937. — 40 Anon.: Kleines Notizbuch. In: Filmwelt, Nr. 11, 11.3.1938. — 41 Knut Hickethier: Die Welt ferngesehen. Dokumentarische Sendungen im frühen Fernsehen. In: Bilderwelten Weltbilder. Dokumentarfilm und Fernsehen. Hg. von Heinz B. Heller und Peter Zimmermann. Marburg: Hitzeroth 1990,

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Kulturfilme und Schmalfilme S. 25–32. Mit Dank an Knut Hickethier.  — 42 Einen Überblick der ersten vier Sendewochen des Jahres 1938, in denen Kulturfilme stark vertreten sind, erlaubt die schematische Aufstellung bei Erwin Reiss: »Wir senden Frohsinn«. Fernsehen unterm Faschismus. Das unbekannteste Kapitel deutscher Mediengeschichte. Berlin: Elefanten Press 1979, S. 97–104. Lediglich als »Ergänzung und Vertiefung des Programms« sah Hans-Jürgen Nierentz, seit April 1937 amtierender Intendant des Fernsehsenders Berlin »Paul Nipkow«, im Frühjahr 1938 die Rolle des Kultur- und Kurzfilms im Fernsehen, die Sendung von Ausschnitten von Spielfilmen wollte er vollständig unterbinden, dies sei »unkünstlerisch«. So anon.: Fernsehen und deutscher Film. Jürgen Nierentz, Intendant des Fernsehsenders Berlin. In: Lichtbild-Bühne, Nr. 78, 1.4.1938. Zeitgenössischen Stimmen war bewusst, wie sehr Film, Kino und Fernsehen sich berührten und miteinander in Konkurrenz geraten konnten, vgl. etwa Peter Hart: Fernsehen und Film an der Schwelle einer Auseinandersetzung. In: Filmtechnik, Nr. 9, 1936. — 43 Hans Traub: Wörterbuch des Films. Für die Deutsche Kinemathek hg. von Rainer Rother und Rolf Aurich. Berlin: Neofelis 2017, S. 125. Der »Revers für die Überlassung von Filmen zur Fernsehübertragung« findet sich unter »Teil VIII Musterverträge / Formblätter C. Filmvertrieb 5.« in: Filmhandbuch. Als ergänzbare Sammlung hg. von der Reichsfilmkammer, bearbeitet von Heinz Tackmann. Band II. Berlin: Luchterhand 1938 f. Vgl. ebd. »Teil VII Fachgruppenregelungen B. Fachgruppe Inländischer Filmvertrieb 16. Ueberlassung von Filmen zur Fernsehübertragung«. Anfang 1942 wurde eine Anordnung bekannt, nach der »Filmkopien (auch wenn sie nur Filmausschnitte enthalten) an die Fernsehsender nur nach vorheriger Genehmigung durch das Propaganda-Ministerium geliefert werden dürfen«. Niederschrift Nr. 1480 über die Ufa-Vorstandssitzung vom 15.1.1942 in Berlin. In: BA, R 109 I / 1034 b. — 44 Filmstoffverwaltung der Ufa-Film GmbH und ihrer Tochtergesellschaften an Ufa-Film GmbH (Heinz Berg), Treuhandverwaltung britische Zone, z. Hd. von Herrn Burkhardt, 5.2.1953. In: BA, R 109 I / 1907. — 45 Knut Hickethier: Die Welt ferngesehen. Dokumentarische Sendungen im frühen Fernsehen, a. a. O., S. 31. — 46 Friedrich P. Kahlenberg: Von deutschem Heldentum – Eine Kompilation für das Fernsehen aus dem Jahre 1936. In: Studienkreis Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen, Nr. 1, Januar 1979, S. 21–27, hier S. 21; Ndr. in: Die Anfänge des Deutschen Fernsehens. Kritische Annäherungen an die Entwicklung bis 1945. Hg. von William Uricchio. Tübingen: Niemeyer 1994, S. 143– 152. — 47 Friedrich P. Kahlenberg: Von deutschem Heldentum, a. a. O., S. 25. — 48 Filmstoffverwaltung der Ufa-Film GmbH und ihrer Tochtergesellschaften an Ufa-Film GmbH (Heinz Berg), Treuhandverwaltung britische Zone, z. Hd. von Herrn Burkhardt, 5.2.1953. In: BA, R 109 I / 1907. — 49 Vgl. anon.: Verleihstart der Degeto. In: Film-Kurier, Nr. 203, 31.8.1938; Schu. (Hans Schuhmacher): Die Filme der Degeto. Noch ein Katalog. In: Film-Kurier, Nr. 218, 17.9.1938. — 50 Auch 1939– 40 gehören die 6 Degeto Filme in den Spielplan jedes kultivierten Lichtspiel-Hauses. Spielfilme von besonderer Art! Dokumentar-Filme. Großreportagen [Broschüre, 4 Seiten]. Berlin: Degeto o. J. [1939]. In: Hochschule für Fernsehen und Film München, Archiv. Schlagwort Degeto (mit Dank an Fritz Tauber). Nach diesem Papier sind im Verleih der Degeto Kulturfilm GmbH bis dahin folgende Titel erschienen: Karthagos Fall. Rom’s Kampf um’s Mittelmeer (Scipione l’Africano, Italien

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Kulturfilme und Schmalfilme 1937, Regie: Carmine Gallone); Sehnsucht nach Afrika (1938/39, Regie: Georg Zoch); Der dunkle Ruf (Lajla, Dänemark 1937, Regie: George Schnéevoigt); Schwäbische Kunde. Ein Film von Württemberg (1938/39, Regie: Wilfried Basse); Kampf um den Himalaya (1938, Bearbeitung und Fertigstellung: Frank Leberecht und Franz Schröder); Tabu; Hortobágy; Li Ming; Jabonàh – Jabonàh; Insel der Dämonen; Sous les toits de Paris. Diese Aufstellung ist lückenhaft, was bereits aus den früheren Titelnennungen des Film-Kurier vom 9.10.1937 hervorgeht, vgl. außerdem die Hinweise zu Degeto-Verleihfilmen im dritten Kapitel dieser Veröffentlichung. Neu sollten nach diesem Prospekt folgende Titel ins Verleihprogramm aufgenommen werden: Der Stern von Tetuan. Marokkanische Romanze (Romancero Marroqui, Spanien/Deutschland 1939, Regie: Enrique Domínguez Rodiño und Carlos Velo); Mein Leben für Italien / Zwischen Leben und Tod / Das Schicksal des Luciano Serra (Luciano Serra pilota, Italien 1938, Regie: Goffredo Alessandrini, Gesamtleitung: Vittorio Mussolini); Geheimnis Tibet. Ein Filmdokument der Deutschen Tibet-Expedition Ernst Schäfer 1938/39 (Arbeitstitel »Geist der schwarzen Berge. Der Film der SS-Expedition Dr. Ernst Schäfers ins unerforschte Tibet«, 1942/43, Regie: Hans Albert Lettow und Ernst Schäfer); »Frühlingsbummel durch das Mittelmeer« (nicht zu ermitteln, als Beteiligte werden aufgeführt: Alfred Bothas und Heinrich Kirchenberger – Kamera, Norbert Schultze – Musik, Armin Schönberg – Manuskript, und Marcel Cleinow – Schnitt; als Regisseur wird ebenfalls Armin Schönberg genannt in: Tobis Produktion 1939/40. Berlin: Tobis-Filmkunst GmbH o. J. [1940]. Deutsche Kinemathek, Sammlungen, Tobis 1939/40, N 2880.VK_01); Michelangelo. Das Leben eines Titanen (Schweiz/Deutschland 1940, Regie: Curt Oertel); Das neue Asien (Arbeitstitel »Mit Kind und Kegel um die kugelrunde Welt«, 1940, Regie: Colin Ross). 1941 folgte – wohl als letzter Normalfilm im Verleih der Degeto Kulturfilm GmbH – noch Walter Jervens Himmelstürmer. Geburt und Geschichte des Fliegens, produziert von der Tobis Filmkunst GmbH. Für Serienprogramme zu Degeto-Verleihfilmen der Reihen Illustrierter Film-Kurier und Das Programm von Heute sowie für quantitative Aufstellungen und allgemeine Auskünfte habe ich Ralph Nünthel (Leipzig) zu danken. — 51 Vgl. Bericht Nr. 11125 der Deutschen Revisions- und Treuhand-Aktiengesellschaft Berlin über die bei der Degeto-Kulturfilm GmbH, Berlin, vorgenommene Prüfung des Jahresabschlusses zum 30. Juni 1938 (Exemplar Nr. 12), Berlin, den 24.  Januar 1939, im Auftrag der Tobis Filmkunst GmbH. In: BA, R 8135 / 4007. — 52 Tobis-Melofilm an Johannes Eckardt, 29.11.1937. In: BA, R 109 I / 2834.  — 53 Rechtsanwalt und Notar Dr. Friedrich Carl Sarre: Geschichte der Tobis, undat. [um 1944]. In: BA, R 109 I / 3330.  — 54 Vgl. Gemeinschaftsbuch (Tobis). Hg. vom Zentralbüro der Deutschen Arbeitsfront. Berlin: Brunnen 1936, S. 55. In: Bundesarchiv-Filmarchiv (Berlin), Bibliothek, A 582. Enthält: Geschichte der Tobis, bis ca. März 1944 (ab S. 51–117, Original, handschriftlich; ab S. 118–200 Leerseiten). Mit Dank an Julika Kuschke. — 55 Gemeinschaftsbuch (Tobis), a. a. O., S. 52, 53. Danach gehörten zur Tobis Filmkunst GmbH fortan: Tobis Filmverleih GmbH (inländischer Filmverleih), Tobis-Cinema Film AG (ausländischer Filmverleih), Degeto-Kulturfilm GmbH (Kulturfilme, Spielfilme von besonderer kultureller Bedeutung und Vertrieb von Schmalfilm), Tobis Magna Filmproduktion GmbH. Die Geschäfte der

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Kulturfilme und Schmalfilme Tobis-Atelier GmbH, der Tobis-Melofilm GmbH waren übernommen worden, die ehemaligen Verleihgesellschaften Syndikat-Film GmbH und Tobis Europa Film AG waren – über die Tobis Filmverleih GmbH – abgewickelt worden. Vgl. ebd., S. 53. – Gustav Berloger war 1932/33 kurzfristig Geschäftsführer der »Rheingau-Lichtspiele GmbH« (Berlin-Friedenau) und betrieb Mitte der 1930er Jahre das Berliner Kino »Theater des Weddings«; Franz Vogel galt als sparfreudiger und zugleich künstlerisch interessierter Produktionsleiter, unter anderem bei Filmen von Gerhard Lamprecht, für den er mit seiner Euphono-Film GmbH einige Titel produzierte. Im Vorstand und in der Geschäftsführung der Tobis Filmkunst GmbH war Vogel zwischen 1937 und 1940. — 56 Vgl. Gemeinschaftsbuch (Tobis), a. a. O. Bei der Tobis-Melofilm soll Roellenbleg nach Erinnerung seines Sohnes »seine Leidenschaft für die perfekte Synchronisation fremdsprachiger Filme entwickelt« haben. »Mein Vater sprach ein für die damalige Zeit bemerkenswert gutes Englisch und Französisch.« Schrei­ben von Rainer Roellenbleg an Rolf Aurich, 14.3.2017. Mit Dank an Rainer Roellenbleg und Elke Lange. Bereits am 1.11.1925 war Roellenbleg (1901–1963) bei der Universum-Film AG eingetreten. Angabe nach Fragebogen, Berlin, 16.5.1957, zum Antrag von Roellenbleg (vermutlich nicht von Roellenbleg persönlich ausgefüllt). In: BA, R 109 I / 1532. »Ursprünglich Nationalökonom, kam er als Journalist zum Film.« (Anon.: Heinrich Roellenbleg. Jubiläum eines Filmpioniers. In: Film-Kurier, Nr. 210, 9.9.1935). — 57 Benno Klapp: Die deutschen Kriegswochenschauen des II. Weltkrieges als publizistische Erscheinung. Münster: Diss. 1968, S. 271 und S. 82–83. — 58 Prüfung des Jahresabschlusses zum 30.6.1938 durch die Deutsche Revisions- und Treuhand AG, Berlin, 24.1.1939. In: BA, R 8135 / 4007. — 59 Degeto-Kulturfilm GmbH an Vereinigte Tonfilm-Theater, Berlin, 7.4.1938. In: LAB, A Rep. 250-06-06 Nr. 13. — 60 Zum Geschäftsjahr 1938/39 vgl. Bericht Nr. 12770 der Deutschen Revisions- und Treuhand-Aktiengesellschaft Berlin über die bei der Degeto-Kulturfilm GmbH, Berlin, vorgenommene Prüfung des Jahresabschlusses zum 30. Juni 1939, Berlin, den 25. April 1940, im Auftrag der Tobis Filmkunst GmbH. In: BA, R 8135 / 4007. — 61 Hans-Joachim Bieber: SS und Samurai. Deutsch-japanische Kulturbeziehungen 1933– 1945. München: IUDICIUM 2014, S. 546. — 62 Die Produktion 1939/40. Zusammengestellt vom Werbedienst der Tobis Filmkunst GmbH. Berlin: Tobis Filmkunst GmbH o. J. [1940]. Deutsche Kinemathek, Sammlungen, Tobis 1939/40, N 2880. VK_06a. — 63 Vgl. Rechtsanwalt und Notar Dr. Friedrich Carl Sarre: Geschichte der Tobis, undat. [um 1944]. In: BA, R 109 I / 3330, Blatt 60.  — 64 Notiz von Hoffmann-Loerzer vom 17.6.1941. Vgl. BA, R 109 I / 2834. Per 30.6.1941 ging man perspektivisch von einem Gewinn der Degeto in Höhe von mindestens 500.000 RM aus, woraus sich für Eckardt ein Anteil in der Höhe von 37.500 RM ergeben hätte. Mit einer Pauschaldeckelung auf 18.000 RM und der Auf hebung der bisherigen Bestimmung über die prozentuale Beteiligung am Jahresgewinn wollte die Tobis lt. einem internen Vermerk von Dr. Reicherts an Tobis-Generaldirektor Paul Lehmann vom 29.7.1941 dem entgegenwirken. Beides vgl. BA, R 109 I / 2834. — 65 Geschäftsverteilungsplan der Tobis-Kulturfilmstelle nach einer Besprechung vom 6.6.1940 zwischen Eckardt und Lehmann. In: ebd. — 66 Johannes Eckardt an Paul Lehmann, 5.6.1940. In: ebd.  — 67 Annette Hinz-Wessels: Tiergartenstraße 4. Schaltzentrale der nationalsozialistischen »Euthanasie«-Morde. Berlin: Links 2015, S. 104. — 68 Johannes

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Kulturfilme und Schmalfilme Eckardt an Paul Lehmann, 1.9.1940. In: BA, R 109 I / 2834. Personalnotizen zu Eckardts Berufslauf bahn in der deutschen Filmindustrie ab 1937 nennen ab dem 1.7.1940 ein Monatsgehalt in Höhe von 3.000 RM bei vier Wochen Erholungsurlaub. In: ebd.  — 69 Ausführungen von Paul Lehmann zur Kulturfilmstelle der Tobis, 18.10.1940. In: ebd.  — 70 Tobis an Johannes Eckardt, 15.8.1941. In: ebd.  — 71 Degeto-Kulturfilm GmbH an Johannes Eckardt, Berlin, 17.9.1937. In: ebd. — 72 Vgl. Arzt des St. Antonius-Krankenhauses in Karlshorst: Attest für Johannes Eckardt, 2.5.1941. In: ebd. — 73 Vgl. Degeto-Kulturfilm GmbH, Berlin, Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Mai 1942 durch die Deutsche Revisions- und Treuhand AG (Titel auf Deckblatt: Bericht Nr. II 10188 und Anlage der Deutschen Revisions- und Treuhand Aktiengesellschaft Berlin über die bei der Degeto-Kulturfilm GmbH, Berlin, vorgenommene Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Mai 1942), 31.12.1942. Auftraggeber: Tobis Filmkunst GmbH. In: BA, R 8135 / 7198 (in zweifacher Ausfertigung auch enthalten in BA, R 109 I / 6074). — 74 Degeto-Kulturfilm GmbH, Berlin, Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Mai 1942 durch die Deutsche Revisions- und Treuhand AG, a. a. O. Unterstreichungen im Original. — 75 Joachim Graßmann, in Berlin 1927 Begründer und erster Präsident des Bundes der Film-Amateure (Ziel: Schaffung des Filmsports), Vorstand der Deutschen Kinotechnischen Gesellschaft, Fachgruppenleiter Film- und Kinotechnik in der Reichsfilmkammer, dazu schon 1927 Gründer einer 16-mm-Filmothek zur Entleihung von Filmen zu mäßigen Preisen, wies bereits im November 1941 auf eine unbefriedigende Rohfilmlage im Schmalfilmbereich hin. Weil der gefährliche Nitrofilm für Schmalfilmvorführungen nicht infrage kam, bestimmte Anteile des sicheren Acetatfilms aber für Heereszwecke benötigt wurden, war die Rohfilmversorgung der zu dieser Zeit bereits gegründeten Tochtergesellschaften der europaweit agierenden Deutschen Schmalfilmvertrieb GmbH (Descheg) infrage gestellt. Auch Kapazitäten und Personalausstattung der Kopierwerke in Deutschland, Holland und Mähren (Bapoz in Zlín, dieses Werk wurde bald darauf von der Descheg übernommen) waren für den Bedarf ungenügend. Bericht über den Stand der Verträge. In: Beiratssitzung der Descheg, 10.11.1941. In: BA, R 109 I / 2551. Mit Dank an Ralf Forster. In einem »Lebenslauf«, den der Verband der deutschen Film-Clubs zu Johannes Eckardts 70. Geburtstag am 20.4.1957 verbreitete, heißt es fälschlicherweise, dass die Tobis Filmkunst GmbH »für die Degeto das Kopierwerk der Firma Bata in Zlín (Mähren) gekauft« habe. Weiter ist zu lesen, dass dieses Werk »unter Dr. Eckardts Leitung technisch und organisatorisch so ausgestaltet werden konnte, dass es an der Spitze aller, vor allem für den Schmalfilm eingerichteten Kopieranstalten stand. Es hatte zuletzt 170 Angestellte, von denen ein einziger als deutscher Verbindungsmann von der Degeto nach Zlín beordert wurde. Die Zusammenarbeit mit allen tschechischen Angestellten war in jeder Hinsicht erfreulich und trug wesentlich zu diesem Erfolg bei.« (Bayerisches Hauptstaatsarchiv [künftig BHStA], MK 51781 Film-Clubs Bd. II Satzung v. Augsburg, 1.1.1953–24.6.1963.) Von einer deutschen Herrschaft im Protektorat Böhmen und Mähren zu dieser Zeit ist in dieser Mitteilung, die nur aus Eckardts eigener Feder stammen kann, keine Rede.  — 76 Ein am 17. April 1940 zensierter Normalfilm, stumm und mit einer Länge von 1.313 Meter (48 Minuten), wird unter dem Titel Der grosse Treck als Lehrfilm-Produktion der Degeto-Kul-

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Kulturfilme und Schmalfilme turfilm GmbH geführt, eine Uraufführung ist jedoch nicht zu ermitteln. Auch Einspielergebnisse sind aus den Akten nicht bekannt. Hierbei handelt es sich offenkundig um eine späte Normalfilmproduktion der Degeto-Kulturfilm GmbH. Thematisch soll es sich lt. Zensurkarte (Bundesarchiv-Filmarchiv, R 9346 / B.53649) um einen Film ohne »fortlaufende Spielhandlung« von der »Umsiedlung der Volksdeutschen aus Wolhynien, Galizien und dem Narew-Distrikt« handeln, den die Degeto-Abteilung »Volksdeutscher Film« und der »VDA« zu verantworten hatte. Die Gesamtleitung oblag danach Max Osward. Mit der genannten Abteilung kann ein innerer Bezug angenommen werden zu den von Johannes Eckardt 1940 erwähnten Filmvorhaben zu volkspolitischen und volksdeutschen Fragen, das Kürzel verweist vermutlich auf den Volksbund für das Deutschtum im Ausland, der seit 1938 gleichgeschaltet war, vgl. den Wikipedia-Eintrag zum Verein für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland, http://bit.ly/2zFDI0c (zuletzt 15.11.2017). Unter dem Titel Der Treck der Volksdeutschen aus Wolhynien, Galizien und dem Narew-Gebiet erschien 1941 im Berliner Verlag Volk und Reich ein schmaler Band zu dem Thema des Films. — 77 Vgl. Degeto-Kulturfilm GmbH, Berlin, Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Mai 1942 durch die Deutsche Revisions- und Treuhand AG, a. a. O. — 78 Vgl. Bogusław Drewniak: Der deutsche Film 1938–1945. Ein Gesamtüberblick. Düsseldorf: Droste 1987, S. 151, sowie http://bit.ly/2ywqyPA (zuletzt 15.11.2017). — 79 Zensurkarte Was ist die Welt?, B.48120, Berlin, 8.4.1938. In: Deutsche Kinemathek, Sammlung an Zensurkarten. Auf diesem Dokument wird die Degeto-Kulturfilm GmbH in der Zeile direkt unterhalb des Filmtitels festgehalten (ohne Erläuterung der Funktion), was bei der Erstzensur 1933 nicht der Fall war (Zensurkarte Was ist die Welt?, Bundesarchiv-Filmarchiv, R 9346 / B.34080). Ein Vergleich der Texte auf beiden Karten erbringt lediglich marginale inhaltliche Veränderungen. Zwei weitere Zensurgänge hatten am 2.2.1942 Längen von 1.947 Meter für 35 mm (71 Minuten) bzw. 773 Meter für 16 mm (71 Minuten) sowie am 20.4.1944 die Meterzahl von 1.948 für 35 mm (71 Minuten) zur Folge. Der Film wurde zunächst vom produzierenden Atelier Svend Noldan verliehen, bereits ab Februar 1934 vom Hauptamt Film der Reichspropagandaleitung der NSDAP und ab dem September 1937 von der Degeto-Kulturfilm GmbH. Diese Angaben nach Alfred Bauer: Deutscher SpielfilmAlmanach 1929–1950. Berlin: Filmblätter-Verlag 1950, S. 209. — 80 Werbezettel Was ist die Welt?, Berlin: Tobis-Degeto o. J. [um 1937]. In: Deutsche Kinemathek, Sammlungen, Was ist die Welt?.  – Am 12.4.1938 trafen sich die Mitglieder des Degeto e. V. in der Berliner Weinstube Julius Ewert. Diese Versammlung war vereinsmäßig verpf lichtend und trug nur formellen Charakter. Ein Verwaltungsrat wurde gewählt und Johannes Eckardt als geschäftsführender Vorstand bestätigt. Unter den Anwesenden befand sich auch Svend Noldan. Es ist nicht auszuschließen, dass er Mitglied des Degeto e. V. geworden war. Protokoll zu dieser Sitzung in: LAB, Handelsregisterakte Degeto B Rep. 042 Nr. 28085. Im Nachlass Noldans befindet sich keine Korrespondenz zwischen ihm und der Degeto bzw. Johannes Eckardt (E-Mail von Noldans Enkel Oliver Lammert an den Autor, 22.11.2017). — 81 Sichtung Was ist die Welt? im Bundesarchiv-Filmarchiv am 14.11.2017, Videokassette (VHS), Eingangsnummer K 267052-1, Signatur 18693 1-1. Die gesichtete Fassung hatte eine Länge von 71 Minuten. — 82 Geheimrat Professor Dr. Max Planck: Was

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Kulturfilme und Schmalfilme ist die Welt?. In: Der Kulturfilm. Pressedienst, Nr. 4, [1938]. Als Abschrift ohne Quellenangabe in: Deutsche Kinemathek, Sammlungen, Was ist die Welt?. — 83 Vgl. Werbeblatt Kulturfilm-Sonderdienst mit Filmen des Jugendfilm Verleih / Kulturfilmstunde, 2.1.[19]51. Sowie: Der vorläufige Prädikatisierungsausschuß für Filme für das Land Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, 18.2.1950 (Fotokopie). Beides in: Deutsche Kinemathek, Sammlungen, Was ist die Welt?. — 84 Nach einem Bericht konnte der Film innerhalb von acht Veranstaltungen der NS-Gemeinschaft »Kraft durch Freude« an verschiedenen Orten in Frankfurt am Main im August 1941 insgesamt 3.500 Besucher zählen. Vgl. -pt-: 50 Kulturfilmveranstaltungen der Frankfurter Volksbildungsstätte. In: Film-Kurier, Nr. 26, 31.1.1942. — 85 F. O. (Fritz Olimsky) in: Berliner Börsen-Zeitung, 14.1.1934. — 86 Schmalfilme der Tobis-Degeto. Verleih-Katalog 1941. Berlin: Degeto-Kulturfilm GmbH, Dezember 1941, S. 43 und S. 6.  — 87 Hans Ammann / Bayerische Lichtbildstelle an das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus, 20.3.1941. In: BHStA, MK 41177. — 88 Diese Angaben zur Entwicklung des Schmalfilms folgen Rudolf W. Kipp: Bilddokumente zur Geschichte des Unterrichtsfilms. Hg. vom Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht. Grünwald: FWU 1975, S. 129–132. Die Anmerkung zu den Kriegsberichtern wird bestätigt durch den Leiter der Wehrmachtspropaganda Hasso von Wedel in: Die Propagandatruppen der Deutschen Wehrmacht. Neckargemünd: Vowinckel 1962, S. 115 (»Als gangbarste Geräte waren die handelsübliche Arrif lex-Handkamera, die Askania-Z-Stativkamera und die Siemens-D-Schmalfilmkamera im Einsatz.«). Auch die Recherchen von Karl Stamm bestätigen die Bedeutung der Schmalfilmaufnahmetechnik innerhalb der Kriegsarbeit der Propagandakompanien und damit ihre gewachsene Robustheit (E-Mail Karl Stamm an den Autor, 22.10.2017). Eine zeitgenössische Aussage von Fritz Hippler spricht von »etwa 5 Prozent« der Wochenschau, die »auf Schmalfilm aufgenommen« werden. Nach Günther Schwark: So entsteht die deutsche Wochenschau. Unterredung mit Dr. Hippler. In: Film-Kurier, Nr. 159, 10.7.1940. — 89 Vgl. dazu Joachim Rutenberg: Welche Bedeutung muß der Vorführer der Schmalfilmtechnik beimessen?. In: Film-Kurier, Nr. 139, 4.11.1943. — 90 Charles Reinert (Hg.): Kleines Filmlexikon. Kunst. Technik. Geschichte. Biographie. Schrifttum. Einsiedeln-Zürich: Benziger 1946, S. 295 (Artikel Schmalfilm). — 91 Vgl. Jeanpaul Goergen: Filmgeschichte im Wohnzimmer. 16mm- und Super8-Kurzfassungen deutscher Filmklassiker. Eine neue Periode des Films?. In: Filmblatt, Nr. 19/20, Sommer/Herbst 2002, S. 7.  — 92 Lummerzheim: Arbeitsgruppe Schmalfilmtechnik. 1. Sprechabend am 25. Mai 1939 im Tobis-Haus, Friedrichstr. 100. In: Kinotechnik, Nr. 6, Juni 1939, S. 163.  — 93 Fritz Rosenfeld: Vom Schmalfilm. In: Arbeiter-Zeitung (Wien), 13.7.1930. Ndr. in: Fritz Rosenfeld, Kritiker. Hg. von Brigitte Mayr und Michael Omasta. Wien: Filmarchiv Austria 2007, S. 209.  — 94 Charles Reinert (Hg.): Kleines Filmlexikon, a. a. O., S. 295 (Artikel Schmalfilm). — 95 Vgl. zum Schmalfilmkomplex Agfa / IG Farben – Ufa: BA, R 8128 / 16985. — 96 Vgl. -rt-. (L. v. Seuffert?): Film außerhalb des Kinos. Schmalfilm für Schule und Volksbildung. In: Deutsche Filmzeitung, Nr. 6, 6.2.1932. — 97 Universum-Film AG an Deutscher Schmalfilm-Vertrieb GmbH, 30.6.1933. In: BA, R 8128 / 17389. — 98 Universum-Film AG in einem Brief an Agfa / I. G. Farben, Berlin, 30.6.1933. In: ebd. — 99 Aktennotiz vom 21.8.1933 zu einer Besprechung vom

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Kulturfilme und Schmalfilme selben Tag mit den Herren Kordt (Ufa), Mommsen (Agfa) sowie Walter und Heymann (Siemens &  Halske). In: ebd.  — 100 I. G. Farben an Universum-Film AG, 2.4.1935. In: ebd. — 101 Universum-Film AG an Deutscher Schmalfilm-Vertrieb GmbH, 30.6.1933. In: ebd. Darin auch weitere Vertragsbedingungen, etwa zum frühestmöglichen Auswertungszeitpunkt eines Tonschmalfilms nach Erscheinen des Kulturtonfilms (ein halbes Jahr später). — 102 Vgl. Besprechung zwischen Direktor Uhl und Mommsen (Agfa) und Lehmann, Meydam, Kalbus und Künzig (Ufa) am 19.11.1934 zum Ausbau des Schmalfilmverleihs unter eventueller Übernahme des Agfa-Schmalfilmverleihs durch die Ufa, insbesondere die Frage des Schmalfilmtonverleihs. In: ebd. — 103 Ufa an I. G. Farben, 24.4.1935. In: ebd. — 104  Vgl. I. G. Farben an Reichsvereinigung deutscher Lichtspielstellen, Kultur- und Werbefilmhersteller e. V., 25.1.1935 und 27.2.1935. In: BA, R 8128 / 17388. — 105 Reichsvereinigung deutscher Lichtspielstellen, Kultur- und Werbefilmhersteller e. V., Rundschreiben, Nr. 6, Februar 1935, Berlin. In: ebd. — 106 AKS Film. Verkaufsfilme Acht mm Klein-Silberfilm. Berlin: Gemeinnütziger Kulturfilm-Vertrieb GmbH o. J. [um 1940], S. 2 [12 Seiten, im Besitz des Autors]. Zu Ferdinand Althoff siehe Rolf Aurich: Eine Bildungsinstitution. Ferdinand Althoff und seine Filmschauen. In: Wie der Film unsterblich wurde. Vorakademische Filmwissenschaft in Deutschland. Hg. von Rolf Aurich und Ralf Forster. München: edition text + kritik 2015, S. 225–236. — 107 So wurden im Geschäftsjahr 1938/39 insgesamt 27 Lichttonkopien des Titels Schwäbische Kunde als Normalfilm an den Landesfremdenverkehrsverband in München verkauft. Das Gesamtauf kommen für Verwertungsrechte, Lizenzen, Garantien, Synchronisierungen, Reklamematerial und Kopien erreichte den Betrag von 140.412,42 RM (56.788 RM zum 30.6.1938). Dabei schlug der Schmalfilmverleih mit 11.601,26 RM zu Buche und der Verkauf von Titeln des »Filmschranks« mit 12.452,16 RM. Vgl. Bericht Nr. 12770 der Deutschen Revisions- und Treuhand-Aktiengesellschaft Berlin über die bei der Degeto-Kulturfilm GmbH, Berlin, vorgenommene Prüfung des Jahresabschlusses zum 30. Juni 1939, Berlin, den 25. April 1940, im Auftrag der Tobis Filmkunst GmbH. In: BA, R 8135 / 4007.  — 108 Vgl. Degeto-Kulturfilm GmbH Schmalfilm-Abteilung an Kulturfilm-Institut GmbH, Berlin, 21.4.1938. In: Deutsche Kinemathek, Sammlung Hans Cürlis, Mappe 77.4. — 109 Paul Lehmann an die Geschäftsführung der Degeto-Kulturfilm-GmbH, 30.5.1938. In: BA, R 109 I / 2834.  — 110 Vgl. die Texte zur Rubrik »Degeto-Schmalfilm-Schrank« in den drei Katalogen: Schmalfilme der Degeto. Verzeichnis Herbst 1938. Berlin: Degeto-Kulturfilm GmbH 1938, S. 94–95; Schmalfilme der Degeto. Verzeichnis Herbst 1939. Berlin: Degeto-Kulturfilm GmbH 1939, S. 129–131; Schmalfilme der Tobis-Degeto. VerleihKatalog 1941. Berlin: Degeto-Kulturfilm GmbH, Dezember 1941, S. 193–195, dort Werbeanzeige der Degeto mit Informationen und Preisangaben, S. 203. — 111 Vgl. Karl Melzer: Der Kulturfilm als Hauptfilm, a. a. O., S. [6]. — 112 Vgl. BA, R 109 I / 2834; sowie Gemeinschaftsbuch (Tobis), a. a. O., S. 62.  — 113 Rechtsanwalt und Notar Dr. Friedrich Carl Sarre: Geschichte der Tobis, undat. [um 1944]. In: BA, R 109 I / 3330, Blatt 60. — 114 Die Produktion 1939/40. Zusammengestellt vom Werbedienst der Tobis Filmkunst GmbH. Berlin: Tobis Filmkunst GmbH o. D. [1940]. Deutsche Kinemathek, Sammlungen, Tobis 1939/40, N 2880.VK_06a. — 115 Kulturpolitische Pressekonferenz vom 30.5.1941, Punkt 8. In: LAB, A Rep. 250-06-04

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Kulturfilme und Schmalfilme Nr. 7, Bestand Eher-Verlag, Kulturpolitische Pressekonferenz 4.4.-25.7.1941. Siehe zu dieser Einrichtung Elke Fröhlich: Die Kulturpolitische Pressekonferenz des Reichspropagandaministeriums. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Heft 4, Oktober 1974, S. 347–381. — 116 Anon.: Tobis gegen Schmalfilm. In: National-Zeitung (Essen), 15.11.1935. — 117 Degeto-Kulturfilm GmbH: Vorwort. In: Schmalfilme der Degeto. Verzeichnis Herbst 1938. Berlin: Degeto-Kulturfilm GmbH 1938, S. 3.  — 118 Mit Dank an Dirk Alt. – Schmalfilme der Degeto. Verzeichnis Herbst 1939. Berlin: Degeto-Kulturfilm GmbH 1939, S. 116, 118. — 119 Zur Entwicklung des Schmalfilmbereichs in NS-Deutschland sowie zu Akteuren wie Karl Melzer und Hanns Plaumann vgl. Dirk Alt: Die Amateurfilmbewegung in Deutschland bis 1945. In: http://bit.ly/2AGt0aN (29.11.2017). Alfred Behrens und Michael Kuball schufen 1978 den siebenteiligen Fernsehfilm Familienkino, produziert von NDR und WDR, eine Kompilation von Material, das Amateure zwischen 1903 und 1933 produzierten (Redaktion: Horst Königstein und Werner Dütsch). Mit Dank an Margit Thies. Vgl. dazu auch Michael Kuball: Familienkino. Geschichte des Amateurfilms in Deutschland. Bd. 1: 1900–1930, Bd. 2: 1931–1960. Reinbeck: Rowohlt 1980, sowie Martina Roepke: Privat-Vorstellung. Heimkino in Deutschland vor 1945. Hildesheim u. a.: Olms 2006. — 120 2. Preisausschreiben für Schmalfilm-Amateure. In: [verm.] Tobis Filmkalender 1941. O. O. [Berlin]: Tobis 1940 [?], unpag. [lose Blätter im Besitz des Autors]. — 121 Anon.: Auerhahnbalz in der Wohnstube. In: Der Stern, Nr. 12, 6.12.1938. Filmtitel, aus denen die Fotos entnommen wurden, werden nicht genannt. Zum Verhältnis dieser Illustrierten und dem späteren Magazin Stern vgl. ausführlich Tim Tolsdorff: Von der Stern-Schnuppe zum Fix-Stern. Zwei deutsche Illustrierte und ihre gemeinsame Geschichte vor und nach 1945. Köln: Halem 2014 (Öffentlichkeit und Ge­­ schichte, Bd. 7). — 122 Anon.: Der Degeto-Schmalfilmschrank kommt. DegetoKulturfilm GmbH gründete Schmalfilm-Verleih. In: Der Film, Nr. 42, 15.10.1938. — 123 Der Degeto-Schmalfilm-Schrank. In: Schmalfilme der Degeto. Verzeichnis Herbst 1938. Berlin: Degeto-Kulturfilm GmbH 1938, S. 94–95. — 124 wr.: Ueber Leipzig wehen Messefahnen. Die Degeto das erste Mal vertreten. In: Der Film, Nr. 9, 1.3.1941. — 125 Anzeige »Monatlich erscheint tönend und stumm Das Ufa-Schmalfilm-Magazin die Zeitschau von bleibendem Wert«. In: Kultur- und Kurzfilme. Filmverzeichnis 1941. Berlin: Ufa-Filmverleih GmbH Kulturfilmvertrieb Juli 1941, unpag.; das auf März 1941 datierte Verzeichnis Ufa Schmalfilme tönend und stumm (Berlin: UFA-Handelsgesellschaft mbH 1941) hatte bereits Farbfilme in stummer Fassung aufgenommen und eröffnete sein Geleitwort so: »Der Film ist das volkstümlichste Ausdrucksmittel des Kulturwillens unserer Zeit« (S. 1).  — 126 Ufa-Filmverleih GmbH Kulturfilmvertrieb: Verkauf von Kopien. In: ebd., S. 3. — 127 Schmalfilme der Tobis-Degeto. Verleih-Katalog 1941. Berlin: Degeto-Kulturfilm GmbH, Dezember 1941, S. 204 (Werbeanzeige). — 128 Vorbemerkung. In: Filme für Schule, Verein und Heim. Berlin: Ufa-Filmverleih GmbH, Kulturfilm-Vertrieb Herbst 1930, S. 5. Wenige Jahre später kostete eine Rolle gebrauchte Lichttonkopien der Ufa- und der Deulig-Tonwoche netto 20 RM. Vgl. Vorbemerkung. In: Filme für Schule, Verein und Heim (Normalfilm 35 mm). Berlin: Ufa-Filmverleih GmbH, Kulturfilm-Vertrieb Herbst 1933, S. 5. Titel, bei denen eine Lagernummer des Negativs nicht angegeben war, wurden nicht käuf lich abgegeben. — 129 Informationsblatt zu dem Schmalfilm

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Kulturfilme und Schmalfilme Michelangelos Werke II: Der Petersdom (um 1940/41). In: Bundesarchiv-Filmarchiv (Berlin), Bibliothek, Ordner FiN340 (Kultur- und Dokumentarfilme. Fremd­ inhalte der Degeto-Film vor 1945 A-Z). Umfangreiches Material zu Einzeltiteln des Degeto-Schmalfilm-Schranks wie des Degeto-Weltspiegels finden sich ebenfalls dort: Ordner FiN 203 RFA [Reichsfilmarchiv] A-Z; zwei Ordner FiN 203 Wochenschauen – Dokumentarfilme – sonstige Filme mehrfach vorhandene Exemplare A-R, S-Z; zwei Ordner FiN 114 Degeto Welt-Spiegel; Degeto Welt-Spiegel + UfaSchmalfilm-Magazin. In diesen Ordnern finden sich über die historischen Informationsblätter hinaus auch Erschließungsprotokolle aus dem Bundesarchiv-Filmarchiv zu einigen Titeln des Degeto-Weltspiegels, des Degeto-Schmalfilm-Schranks sowie des Ufa-Schmalfilm-Magazins, mehrfach datiert auf die 1960er und 1970er Jahre und vom Referatsleiter Hans Barkhausen paraphiert (Ba.). — 130 Informationsblatt zu dem Schmalfilm Frauenschönheit der Südsee (um 1939). Zusammen mit dem 8-mm-Film im Besitz des Autors. Den Blättern war die Information beigegeben, dass Degeto-Filme auch im Format 9,5 mm zu erwerben waren – dieses Geschäft betrieb allerdings ausschließlich der Pathex-Kinovertrieb in Düsseldorf. Weitere Informationen zu Pathex bei Jeanpaul Goergen: Filmgeschichte im Wohnzimmer, a. a. O., S. 5–6. Auf den meisten Blättern werden die Formatverfügbarkeiten des einzelnen Titels angegeben. — 131 Vgl. Thomas Keiderling: Enzyklopädisten und Lexika im Dienst der Diktatur? Die Verlage F. A. Brockhaus und Bibliographisches Institut (»Meyer«) in der NS-Zeit. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Heft 1, Januar 2012, S. 69–92, hier S. 80–83.  — 132 Informationsblatt zu dem Schmalfilm Im Auto über den Himalaya (um 1939). In: Bundesarchiv-Filmarchiv (Berlin), Bibliothek, Ordner FiN340 (Kultur- und Dokumentarfilme. Fremdinhalte der DegetoFilm vor 1945 A-Z). — 133 Informationsblatt zu dem Schmalfilm Tilman Riemenschneider (um 1939). In: ebd. — 134 Informationsblatt zu dem Schmalfilm Heinz Rühmann – Erzschalk des Films (um 1939). In: ebd. — 135 Guido Altendorf: Das gab’s nur einmal … Deutsche Kompilationsfilme der 1940er- und 1950er-Jahre. In: Wie der Film unsterblich wurde. Vorakademische Filmwissenschaft in Deutschland. Hg. von Rolf Aurich und Ralf Forster. München: edition text + kritik 2015, S. 237 (Film­ erbe, hg. von Chris Wahl, Bd. 1).  — 136 Hans Dieter Schäfer: Das gespaltene Bewußtsein. Über die Lebenswirklichkeit in Deutschland 1933–1945. In: Ders.: Das gespaltene Bewußtsein. Deutsche Kultur und Lebenswirklichkeit 1933–1945. München: Hanser 1983, S. 121 f.  — 137 Vgl. HGF (Horst G. Feldt): Dr. Johannes Eckardt 65 Jahre alt. In: Der neue Film, Nr. 32, 24.4.1952; Dr. Albert Narath: Oskar-MessterMedaille für Leo Mayer. In: Kino-Technik, Heft 5, 1966, S. 114. — 138 Vgl. Johannes Eckardt an Paul Lehmann, 8.5.1940; sowie L. (Paul Lehmann) an Johannes Eckardt, 15.5.1940; vgl. Aktennotiz vom 14.5.1940 von (unleserlich). In: BA, R 109 I / 2834. — 139 Vgl. Anon.: Wer ist wer in der Filmindustrie? Johannes Eckardt. In: Filmblätter, Nr. 41, 13.10.1950; vgl. auch -ld (Werner Grünwald): Wir stellen vor: Dr. Johannes Eckardt. In: Film-Echo, Nr. 17, 26.4.1952. — 140 Degeto-Kulturfilm GmbH, Berlin, Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Mai 1942 durch die Deutsche Revisions- und Treuhand AG, a. a. O. — 141 Schmalfilme der Tobis-Degeto. Verleih-Katalog 1941. Berlin: Degeto-Kulturfilm GmbH, Dezember 1941, S. 196.  — 142 Umfangreiches Material zu Einzeltiteln des Degeto-Weltspiegels in: Bundesarchiv-Filmarchiv (Ber-

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Kulturfilme und Schmalfilme lin), Bibliothek. — 143 Werbezettel Degeto-Weltspiegel, undatiert. In: AdK, Berlin, Filmdokumentation 3131.  — 144 Schmalfilme der Tobis-Degeto. Verleih-Katalog 1941. Berlin: Degeto-Kulturfilm GmbH, Dezember 1941, S. 196–200. — 145 Schmalfilme der Degeto. Verzeichnis Herbst 1939. Berlin: Degeto-Kulturfilm GmbH 1939, S. 132. — 146 Werbezettel Degeto-Weltspiegel, undatiert. In: AdK, Berlin, Filmdokumentation 3131. — 147 Vgl. Bericht Nr. 12770 der Deutschen Revisions- und Treuhand-Aktiengesellschaft Berlin über die bei der Degeto-Kulturfilm GmbH, Berlin, vorgenommene Prüfung des Jahresabschlusses zum 30. Juni 1939, Berlin, den 25. April 1940, im Auftrag der Tobis Filmkunst GmbH. In: BA, R 8135 / 4007. — 148 Sr.: Die Bedeutung des Schmalfilms. In: Neue Zürcher Nachrichten, 25.10.1941 (Cinémathèque suisse, Abteilung Dokumentationsstelle Zürich, CS_DDZ4_Dossier_Schmalfilm, 16mm Film). Mit Dank an Seraina Winzeler. — 149 cs.: Vortrag über den Siegeszug des Schmalfilms. In: Neue Zürcher Zeitung (?), Nr. 33, 22.10.1941 (Cinémathèque suisse, Abteilung Dokumentationsstelle Zürich, CS_DDZ4_Dossier_Schmalfilm, 16mm Film). — 150 F. H.: Neue deutsche Schmalfilme. In: Nationalzeitung (Basel), Nr. 507, 1.11.1941 (Cinémathèque suisse, Abteilung Dokumentationsstelle Zürich, CS_DDZ4_Dossier_Schmalfilm, 16mm Film).  — 151 Anon.: Rundschau. Augen auf!. In: Film-Nachrichten. Mitteilungen der Schweiz. Arbeiterbildungszentrale an ihre Filmbezüger (Bern), Nr. 26, 15.10.1942 (Cinémathèque suisse, Abteilung Dokumentationsstelle Zürich, CS_DDZ4_Dossier_Schweizerische Arbeiterbildungszentrale SABZ). — 152 Annuaire de la cinématographie suisse / Jahrbuch der Schweizer Filmindustrie 1942. Hg. von Arnold Keller. Genf: Film-Press-Service 1942, unpag. — 153 Schmalfilm AG an Gesandtschaftsrat Dr. Blankenhorn, Zürich, 23.5.1942, betr. Schmaltonfilme 16mm. In: Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, Akten der Gesandtschaft Bern, Az. Kult 12 Nr. 4b Filmzensur, Lage des dt. Films in der Schweiz, Band Bern 3363. Mit Dank an Gerhard Keiper. — 154 Geschäftsbericht über bisher gegründete und noch zu gründende Tochtergesellschaften der Descheg. In: Beiratssitzung der Descheg, 10.11.1941. In: BA, R 109 I / 2551. Zu Schmalfilm AG und Descheg vgl. außerdem Auskunft über Theodor Häfeli-Eckhardt, Zürich, 26.2.1943. In: Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, Akten der Gesandtschaft Bern, Az. Kult 12 Nr. 4b Filmzensur, Lage des dt. Films in der Schweiz, Band Bern 3363. Häfeli-Eckhardt soll ein Schwiegersohn von Johannes Eckardt gewesen sein, der in Zürich das Schmalfilm-Unternehmen S. K.U. mit wenig Seriosität geführt haben soll. In der genannten Akte finden sich zahlreiche Hinweise auf die große Bedeutung des schweizer Filmmarktes für die deutsche Filmindustrie und -politik. Das betraf Spielfilme, Wochenschau und Kulturfilme. Erwähnung des Verhältnisses Eckardt – Häfeli auch während einer Besprechung des Reichsbeauftragten für die deutsche Filmwirtschaft Max Winkler am 15.3.1944. In: BA, R 109 I / 1719. – Über das Verhältnis zwischen der Schweiz und Deutschland auf dem Gebiet des Films vgl. Thomas Pfister: Der Schweizer Film während des III. Reiches. Filmpolitik und Spielfilmproduktion in der Schweiz von 1933 bis 1945. Berlin: [ohne Verlag] 1982, zugl.: Berlin Freie Universität 1982 (Magisterarbeit). Das Gebiet des Schmalfilms wird dort nicht berührt.  — 155 Vgl. Schweizerisches Handelsamtsblatt (Bern), Nr. 224, 25. September 1947, S. 2793 (Handelsregister, Zürich, 15. September 1947, Schmalfilm A.-G., in Zürich 1). Mit Dank an Pierre-Emmanuel Jaques. —

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Kulturfilme und Schmalfilme 156 Ufa-Auslandsabteilung (Frl. Graeb) an Dr. Schultz, 1.11.1941 anlässlich eines Aufsatzes im Film-Kurier vom 31.10.1941. In: BA, R 109 I / 2551. — 157 Berthold von Theobald an Schultz, Berlin, 6.11.1941. In: ebd.  — 158 Programm der SüdostTagung der Descheg (Deutscher Schmalfilm Vertrieb) in Zagreb vom 18. bis 21. September 1942. In: ebd. Dazu auch anon.: Die Schmalfilmtagung in Agram. In: FilmKurier, Nr. 221, 21.9.1942.  — 159 Von Theobald, Schulz (Auslandsabteilung der Ufa): Vorstandsvorlage [Ufa]. Betrifft: Gründung einer Deutschen Schmalfilmvertriebs GmbH (»Descheg«), Berlin. Berlin, 8.10.1941. In: BA, R 109 I / 2551.  — 160 Bericht Nr. 12770 der Deutschen Revisions- und Treuhand-Aktiengesellschaft Berlin über die bei der Degeto-Kulturfilm GmbH, Berlin, vorgenommene Prüfung des Jahresabschlusses zum 30. Juni 1939, Berlin, den 25. April 1940, im Auftrag der Tobis Filmkunst GmbH. In: BA, R 8135 / 4007. Zu der genannten Filmgruppe dürfte der im April 1940 zensierte Film Der grosse Treck zählen, desgleichen die 13-minütige Tobis-Produktion Der Gesundheitsdienst bei der Rückwanderung der Volksdeutschen aus Wolhynien, Galizien und Narew-Gebiet, zensiert am 31.8.1940. Dieser Normalfilm durfte nur in geschlossenen Veranstaltungen vorgeführt werden. — 161 Paul Lehmann an Johannes Eckardt, 16.11.1940. In: BA, R 109 I / 2834. — 162 Universum-Film AG, Revisions-Abteilung: Comptoir Général du Format Réduit, Paris (früher Tobis-Degeto-Films S. A.R. L., Paris). Bericht über das Geschäftsjahr 1941/42 (mit Ausblick auf den 31. Mai 1943). In: BA, R 109 I / Nr. 521. Noch 1953 richtete die Comptoir Général du Format Réduit Forderungen an die Degeto-Film GmbH und befragte ehemalige Mitarbeiter der Degeto. Vgl. BA, R 109 I / 2032. — 163 Vgl. Paul Lehmann: Protokoll der Generalversammlung für die Firmen Tobis-Films S. A. R. L., Tobis-Degeto-Films S. A. R. L. und Acifor S. A.R. L., 30.6.1941. In: BA, R 109 I / 5518. Einen Überblick zu den vor 1945 in Paris tätigen Gesellschaften mit dem Namen »Tobis« in ihren Firmenbezeichnungen erlaubt die Akte R 109 I / 2301 im Bundesarchiv. — 164 Johannes Eckardt an Paul Lehmann, 4.6.1941. In: BA, R 109 I / 2834. Eckardts Mutter stammte aus Preßburg, wo auch seine Eltern 1886 heirateten. Das Kulturfilm-Produktions-Progamm der Tobis-Filmkunst GmbH von 1941/42 [eine Sammlung hektografierter Blätter] weist u. a. den Titel »Pressburg« auf, das Drehbuch sollte Johannes Eckardt verantworten, die Kamera Horst Fink. Offenkundig reiht sich dieses Vorhaben ein in die Liste der gescheiterten Eckardt’schen Filmprojekte. In: Bundesarchiv-Filmarchiv, VK/FiC 200/B 130.  — 165 Johannes Eckardt an Paul Lehmann, 4.6.1941. In: BA, R 109 I / 2834. — 166 Ebd. — 167 Telegramm Bruno Pfennig für Max Winkler an Direktor Helber (Abschrift), 28.5.1941. In: ebd. — 168 Paul Lehmann an Bruno Pfennig, 9.6.1941. In: ebd. Der Brief Pfennigs an Lehmann soll vom 27.5.1941 datieren, wird von Lehmann zitiert, ist hier jedoch nicht überliefert.  — 169 Paul Lehmann an Bruno Pfennig, 9.6.1941. In: ebd. — 170 Johannes Eckardt: Deutsche SchmalfilmExportgesellschaft (Descheg), Berlin, 30.4.1941. In: BA, R 109 I / 2551. — 171 Von Theobald, Schulz (Auslandsabteilung der Ufa): Vorstandsvorlage [Ufa]. Betrifft: Gründung einer Deutschen Schmalfilmvertriebs GmbH (»Descheg«), Berlin. Berlin, 8.10.1941. In: BA, R 109 I / 2551. — 172 Vgl. Mitteilung von Cinema [Pseudonym nicht aufgelöst] an Paul Lehmann, 4.2.1941. In: BA, R 109 I / 2834. — 173 Johannes Eckardt: Deutsche Schmalfilm-Exportgesellschaft (Descheg), Berlin, 30.4.1941. In:

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Kulturfilme und Schmalfilme BA, R 109 I / 2551. — 174 Vgl. Adressenverzeichnis Die Deutsche Wochenschau. O. O. (Berlin), o. J. (um 1940/41), Ablichtung des Originals, mit Dank an Karl Stamm. Roellenbleg hat Berlin nach eigener Angabe am 23.4.1945 verlassen. Sein Vertrag mit der Deutschen Wochenschau, für die er zunächst die redaktionelle Leitung hatte, datiert auf den 16.12.1940, sein letztes Bruttogehalt, letztmals erhalten für April 1945, betrug 2.750 RM monatlich. Angaben nach Schrei­ben Roellenbleg an Ufa-Film GmbH in Liquidation (Zweigniederlassung Berlin), 26.8.1957, sowie Fragebogen, Berlin, 16.5.1957, zum Antrag von Roellenbleg (vermutlich nicht von Roellenbleg persönlich ausgefüllt). Beides in: BA, R 109 I / 1532. Vgl. zudem Sigrun Lehnert: Wochenschau und Tagesschau in den 1950er Jahren. Konstanz, München: UVK 2013, S. 71. Im Februar 1943 wurde Roellenbleg zusätzlich mit der Leitung des »Sonderreferats Kulturfilm beim Reichsfilmintendanten« betraut, vgl. anon.: Aufgaben und Ziele des deutschen Kulturfilms. Amtseinführung von Heinrich Roellenbleg durch den Reichsfilmintendanten. In: Film-Kurier, Nr. 36, 12.2.1943. Erst 1951 wurde im Zentralhandelsregister vermerkt, dass Roellenbleg und Tietz nicht mehr Geschäftsführer der Deutsche Wochenschau GmbH sind, vgl. Notiz in Kino-Technik, Nr. 10, 1951. — 175 Universum-Film AG, Auslands-Abteilung (von Theobald), an Reichsfilmkammer (Dr. Schwarz), Stellungsnahme zur Descheg, 19.5.1941. In: BA, R 109 I / 2551. Im Oktober 1942 entschloss sich die Auslandsredaktion der Deutschen Wochenschau dazu, die Betreuung des Descheg-Monats-Magazins zu übernehmen, alle vier Wochen sollte ein Magazin in einer Normalfilmlänge von rund 500 Metern erscheinen – von Normal- auf Schmalfilm umkopiert. Dazu Aktennotiz Deutsche Wochenschau GmbH, Abteilung Ausland, 29.10.1942. In: BA, R 109 I / 2551. Weil die behördlichen Kontrollmöglichkeiten in der Schweiz mitunter versagten, wenn eine Descheg-Monatsschau von privaten Unternehmen auf dem Land gezeigt wurde, kam es vereinzelt zu Verboten. Die in Lichtspieltheatern laufenden Normalfilmwochenschauen hingegen waren dieser Kontrolle nicht entzogen. Dazu Korrespondenzen und Materialien aus dem ersten Halbjahr 1943 in: Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, Akten der Gesandtschaft Bern, Az. Kult 12 Nr. 4b Filmzensur, Lage des dt. Films in der Schweiz, Band Bern 3363.  — 176 Zur AULI vgl. Flaviano Bugatti Isolan: Filmabsatzgebiet Brasilien. Die Rezeption des deutschen Films in Brasilien in den 1920er und 30er Jahren. Berlin: Technische Universität 2011 (Diss.), S. 185–186. Mit Dank an Alexander Zöller.  — 177 Universum-Film AG (von Theobald und Schulz) an Johannes Eckardt (Degeto-Kulturfilm GmbH), 13.5.1941. In: BA, R 109 I / 2551. — 178 Finanzplan Descheg, 2 Seiten. Zugehörig einem Brief von Schulz an Ludwig Klitzsch, 20.5.1941, betr. »Eckardts’sche Schmalfilmpäne«. In: ebd.  — 179 Vgl. HGF (Horst G. Feldt): Dr. Johannes Eckardt 65 Jahre alt, a. a. O.  — 180 Finanzplan Descheg. Anlage 1 zur Tagesordnung für die Beiratssitzung am 10.11.1941 (die am 12.11. stattfand). In: BA, R 109 I / 2551.  — 181 Gespräch am 20.5.1941 bei dem Referenten Filmwesen im Ausland im Reichsministerium für Volksauf klärung und Propaganda, Karl Fries. In: ebd. — 182 Von Theobald, Schulz (Auslandsabteilung der Ufa): Vorstandsvorlage [Ufa]. Betrifft: Gründung einer Deutschen Schmalfilmvertriebs GmbH (»Descheg«), Berlin. Berlin, 8.10.1941. In: ebd. — 183 Wiers: Programm der Descheg-Besprechung am 20.2.1942 um 15.30. In: ebd. — 184 Angaben nach Deutscher Schmalfilm-Vertrieb GmbH an das Amtsge-

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Kulturfilme und Schmalfilme richt Berlin, 5.10.1945. In: LAB, A Rep.342-02 Nr. 20500, passim. — 185 Vgl. Universum-Film AG (der Treuhänder: i. A. der Syndikus: gez. Dr. Bollack, Rechtsanwalt) an Office of Military Government Berlin Sector property Control Branch, o.D. (betr.: Legal Case Eckardt / Universum-Film AG, auf das dortige Schrei­ben vom 23. September 1947). In: BA, R 109 I / 2834. — 186 Vgl. Ufa-Film GmbH i.L. an Oberregierungsrat Dr. Hoffmann beim Senator für Wirtschaft und Ernährung, Berlin, Düsseldorf, 16.10.1956 und 31.10.1956 (Zusendung von Unterlagen für die Sitzung des Bilanzausschusses des Ufi-Abwicklungsausschusses am 6.11.56 in Düsseldorf – Übersicht über die vorläufigen Ergebnisse der wesentlichen Gesellschaften des Ufi/Ufa-Konzerns, darunter Deutscher Schmalfilm-Vertrieb GmbH, Berlin – Descheg). In: LAB, B Rep. 010 Nr. 473. Dazu vgl. auch Schrei­ben G. (Wilhelm Goslar) an die Ufa-Unterstützungskasse GmbH, 26.6.1957. In: BA, R 109 I / 1532. Dort auch Unterlagen zu entsprechenden Gehaltsnachforderungen Heinrich Roellenblegs nach dem Zweiten Weltkrieg, der zwar am 23.4.1949 dem Administrateur Séquestre des Sociétés Universum-Film AG und Deutscher Film-Vertrieb GmbH (Carl Opitz, Baden-Baden) erklärt hatte, nach Zahlung einer Beihilfe in Höhe von 500 DM »keine weiteren Forderungen an die Ufa oder eine ihrer Tochtergesellschaften zu stellen«, Jahre später jedoch für sich in Anspruch nahm, auch nach Kriegsende im Sinne der Ufa-Film GmbH verwendet worden zu sein, u. a. durch Aktivitäten in Hamburg (August 1945), mit der Rettung eines wertvollen Lagers an Geräten und Apparaturen im Kloster Ettal und der Beschaffung von angeblich ›gestohlenen‹ Filmkopien aus Norwegen, die der Ufa-Verwaltung in Baden-Baden zur Verfügung gestellt wurden und mit denen »ganz erhebliche Einspielergebnisse« erzielt worden seien. Durch Informationen über Rechtsverhältnisse bei Ufa-Kultur- und Kurzfilmen sowie seine wesentliche Beteiligung am Auf bau der Neuen Deutschen Wochenschau in Hamburg werden Roellenblegs Ausführungen ergänzt und unterfüttert. So bei Heinrich Roellenbleg an Regierungs-Direktor Goslar (UFA-Film GmbH in Liquidation), Wiesbaden, 30.4.1957, und Aktenvermerk G. (Wilhelm Goslar), betr.: Besprechung mit Herrn Roellenbleg am 16.5.1957, Düsseldorf, 17.5.1957. Beides in: BA, R 109 I / 1532. — 187 -ld (Werner Grünwald): Wir stellen vor: Dr. Johannes Eckardt. In: Film-Echo, Nr. 17, 12.4.1952. In einem Brief von 1947 erinnert sich Eckardt, Berlin im April 1945 verlassen zu haben – also vor Abschluss der Kampfhandlungen. Vgl. Johannes Eckardt an Rudolf Schneider-Schelde, Göggingen, 15.7.1947. In: Monacensia, Nachlass Schneider-Schelde, RSS B 100. — 188 Nr. 153 Jahr 1941 der Urkundenrolle. Verhandelt Berlin, am 2. September 1941. In: LAB, A Rep. 342-02 Nr. 20500 Deutscher Schmalfilm-Vertrieb GmbH. — 189 Von Theobald, Schulz (Auslandsabteilung der Ufa): Vorstandsvorlage [Ufa]. Betrifft: Gründung einer Deutschen Schmalfilmvertriebs GmbH (»Descheg«), Berlin. Berlin, 8.10.1941. In: BA, R 109 I / 2551. — 190 Vorstandsprotokoll der Ufa, Nr. 1471 vom 16.10.1941. In: BA, R 109 I / 1034 b. — 191 Descheg an Bavaria Filmkunst GmbH, Berlin-Film GmbH, Deutsche Filmexport GmbH, Terra Filmkunst GmbH, Tobis Filmkunst GmbH, Universum-Film AG, Berlin, 1.11.1941. In: BA, R 109 I / 2554. Der Vertrag wird am 27.11.1941 geschlossen. — 192 Zustimmung der Industrie- und Handelskammer zu Berlin an das Amtsgericht Berlin, Abt. für Registersachen, 7.10.1941. In: LAB, A Rep. 342-02 Nr. 20499 Deutscher Schmalfilm-Vertrieb

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Kulturfilme und Schmalfilme GmbH. In minimal veränderter Fassung findet sich der Zweck der Gesellschaft auch im Bericht des Rechnungshofes des Deutschen Reiches: Die Deutsche Schmalfilmvertriebs GmbH in Berlin [Deschveg (sic!)], Potsdam, 19.12.1941. In: BA, R 109 I / 7017. Zum »Gegenstand des Unternehmens« vgl. auch Film im Handelsregister. In: Film-Kurier, Nr. 247, 21.10.1941. Kinolose Orte werden von Hans Traub als »Orte ohne ortsfeste Filmtheaterbetriebe« definiert. Dieses »sind alle Orte, welche 5 km von der nächsten Ortsgrenze des Ortes mit einem festen Filmtheater entfernt liegen«. Hans Traub: Wörterbuch des Films, a. a. O., S.  182.  — 193 Rundschreiben Nr. 7/41 der Reichsfilmkammer an die Mitgliedsfirmen der Fachgruppe Filmherstellung, Berlin, 22.9.1941. In: BA, R 109 I / 2551. — 194 Das Schmalfilmgeschäft in Frankreich wurde in engem Zusammenhang mit dem Normalfilmgeschäft gesehen, die Descheg sollte vom dortigen Markt ferngehalten werden, so auch Max Winkler in einem Brief an das Propagandaministerium am 18.12.1941 (Ludwig Klitzsch und Paul Lehmann zur Kenntnis). In: BA, R 109 I / 2551. Freilich liefen die Schmalfilmgeschäfte der Tobis und auch der Ufa dort weiter. Später sollte das Gebiet Frankreichs für die Descheg freigegeben werden. Holland wurde nicht in den Handelsraum der Descheg eingegliedert, weil es analog zu Deutschland von der Reichspropagandaleitung der NSDAP »in seinen kinolosen Orten bearbeitet werden« sollte (von Theobald, Schulz [Auslandsabteilung der Ufa]: Vorstandsvorlage [Ufa]. Betrifft: Gründung einer Deutschen Schmalfilmvertriebs GmbH [»Descheg«], Berlin. Berlin, 8.10.1941. In: ebd). — 195 Durchschlag Abschrift/Bh.: Zwischen den Firmen Bavaria-Filmkunst GmbH, München, Deutsche Filmexport GmbH, Berlin, Terra-Filmkunst GmbH, Berlin, Tobis Filmkunst GmbH, Berlin, Universum-Film GmbH, Berlin (»Deutsche Filmindustrie«) und der Deutschen Schmalfilm-Vertriebs GmbH, Berlin (»Descheg«) wird folgendes Abkommen geschlossen. Berlin, den [15.9.1941]. In: ebd. Ein Kommentar aus Ufa-Sicht dazu bei von Theobald, Schulz [Auslandsabteilung der Ufa]: Vorstandsvorlage [Ufa]. Betrifft: Gründung einer Deutschen Schmalfilmvertriebs GmbH (»Descheg«), Berlin. Berlin, 8.10.1941. In: ebd. Offen waren für die Ufa noch die Frage einer Erweiterung der Descheg-Aktivität um den Verkauf von Schmalfilmen, das von der Ufa sehr kritisch betrachtete Verhältnis der Descheg zur Reichsanstalt für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht (»Kapitulation der Descheg vor den Expansionsbestrebungen der Reichsstelle«) und die Zukunft der Geschäftsbeziehungen zwischen Ufa und AULI. Bei Besprechungen zwischen RWU und Descheg saß auch Ministerialrat Kurt Zierold, einstmals Mitinitiator der Degeto e. V., im November 1941 mit am Verhandlungstisch. Die Descheg wollte ursprünglich Unterrichtsfilme der RWU in ihren Vertrieb übernehmen. Vgl. Beiratssitzung der Descheg am 12.11.1941. In: ebd. — 196 Tagung der Internationalen Filmkammer in Brüssel, 28.-30.7.1942, Sitzungen der Amortisationskomitees und der Sektion Filmtheaterbetriebe. In: Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, Akten der Auslandsvertretung Zagreb, Zagreb 237: »Filmwesen in Deutschland«, 1943–1945. — 197 Dr. Johannes Eckardt: Die neue Welt des Schmalfilms. In: Schweizer Journal, April 1944 (Cinémathèque suisse, Abteilung Dokumentationsstelle Zürich, CS_DDZ4_SABZ).  — 198 Bericht des Rechnungshofes des Deutschen Reiches: Die Deutsche Schmalfilmvertriebs GmbH. in Berlin [Deschveg (sic!)], Potsdam, 19.12.1941. In: BA, R 109 I / 7017. — 199 Die Entwicklung der UFI

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Kulturfilme und Schmalfilme stellen eingehend dar: Wolfgang Becker: Film und Herrschaft. Organisationsprinzipien und Organisationsstrukturen der nationalsozialistischen Filmpropaganda. Berlin: Spiess 1973; Jürgen Spiker: Film und Kapital. Der Weg der deutschen Filmwirtschaft zum nationalsozialistischen Einheitskonzern. Berlin: Spiess 1975. — 200 Abtretung der Geschäftsanteile an der Deutscher Schmalfilm Vertrieb GmbH an die Universum-Film Aktiengesellschaft. Erste Ausfertigung Nr. 131 der Urkundenrolle für 1942. Verhandelt zu Berlin am 26. Mai 1942 vor dem Notar Donner. In: LAB, A Rep. 342-02 Nr. 20500. — 201 Beiratssitzung Descheg am 25.3.1942, Protokoll vom 26.3.1942. In: BA, R 109 I / 2551 (auch in R 109-I/1719). — 202 Jürgen Spiker: Film und Kapital, a. a. O., S.  201. — 203 Vgl. Gedächtnisvermerk vom 23.2.1942 zu einem Treffen am 20.2.1942 bei Ludwig Klitzsch. In: BA, R 109 I / 2551. — 204 Vgl. Karl Fries an Ludwig Klitzsch, 11.6.1942. In: ebd.  — 205 Notiz von Schultz (?) an Klitzsch, 27.3.1942. In: ebd. — 206 Aufgabenbeschreibung für Johannes Eckardt in dem Brief der Tobis an Johannes Eckardt, Berlin, 15.8.1941. In: BA, R 109 I / 2834. — 207 Max Winkler / Cautio an Tobis Filmkunst GmbH, 19.3.1942. In: BA, R 109 I / 1719. — 208 Tobis Filmkunst GmbH an Deutscher Schmalfilm-Vertrieb GmbH, 15.4.1942. In: BA, R 109 I / 2551. — 209 Gedächtnisvermerk vom 23.2.1942 zu einem Treffen am 20.2.1942 bei Ludwig Klitzsch. In: ebd. Hermann Grieving, Vorstandsmitglied der Ufa von 1927 bis 1945, leitete zu dieser Zeit auch den Fachausschuss Kultur- und Werbefilm in der Reichsfilmkammer.  — 210 Prüfung des Jahresabschlusses zum 31.  Mai 1942 durch die Deutsche Revisions- und Treuhand AG, a. a. O. — 211 Anon.: Schmalfilmtagung in Agram. In: Film-Kurier, Nr. 221, 21.9.1942.  — 212 Vgl. den Bericht des Wirtschaftsprüfers Dipl.-Kfm. Martin Böttcher Berlin-Charlottenburg über die Prüfung der Jahresabschlüsse für die Zeit vom 31. Mai 1945 bis zur Reichsmark-Schlussbilanz per 20. Juni 1948 und die Aufstellung der DM-Eröffnungsbilanz per 21. Juni 1948 der Degeto-Film GmbH, Berlin (2. Expl.), Berlin, 3.4.1952. In: BA, R 109 I / 4505 (auch enthalten in BA, R 109 I / 6074). Grundlage für Böttchers Prüfung war das in Form von losen Blättern geführte Hauptbuch der Degeto.  — 213 Karl Fries an Ludwig Klitzsch, 11.6.1942. In: BA, R 109 I / 2551. — 214 Besprechung über Lage bei Descheg mit Max Winkler, Karl Fries, Bruno Pfennig, Günther Dahlgrün, Fritz Kaelber, Hermann Grieving, ­Schmidt (Filmtechnische Zentrale), Johannes Eckardt, Paul Thiefes, Egon Hahn, 7.12.1943. In: BA, R 109 I / 1719. — 215 Besprechung beim Reichsbeauftragten für die deutsche Filmwirtschaft, Max Winkler, mit Karl Fries, Fritz Kaelber und Günther Dahlgrün, 15.3.1944. In: ebd. — 216 Jedes Land berücksichtigender Tätigkeitsbericht der Descheg vom April 1944, Stand 1.3.1944. Paraphe Johannes Eckardt. Und Fritz Kaelber an Leopold Gutterer, 18.5.1944. Beides in: ebd.  — 217 Johannes Eckardt: Bericht über die Reise nach Preßburg in der Zeit vom 23. bis 26. September 1944, Berlin, 28.9.1944. In: BA, R 109 I / 2554. — 218 Beiratssitzung der Descheg, 7.11.1944, sowie Besprechung in den Ufa-Räumen zur Svjetloton-Film AG in Agram (Kroatien), zu den Niederlassungen in Budapest, Preßburg, Stockholm, Mailand, 12.12.1944. Beides in: ebd.  — 219 Runderlass des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, Berlin, über »Einschränkungsmaßnahmen im Interesse des totalen Kriegseinsatzes bei der RWU und den amtlichen Bildstellen«, 30.8.1944. In: Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Rep 55 Provinzialverband der Provinz Mark Brandenburg, XI,

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Kulturfilme und Schmalfilme Nr. 66, Landesbildstelle der Provinz Mark Brandenburg, Nov. 1942 f. — 220 Johannes Eckardt an Alois Melichar, 19.1.1945. In: Monacensia, Nachlass Alois Melichar, AM B 118.  – Für den Degeto-Schmalfilm-Schrank war 1943 in Zlín nach dem Kinderbuchstoff von Ondrˇej Sekora der populäre Puppenanimationsfilm Der brave Slim – Abenteuer eines niedlichen Käfers entstanden (Ferda Mravenec, Regie: Hermína Týrlová und Vladimir Záste˘ra). Diese Arbeit hat gereimte deutsche Zwischentitel und ist unvollständig im 16-mm-Format in der Deutschen Kinemathek überliefert (Herkunft: Oskar Mamis, mit Dank an Astrid Bednarski), vier 16-mmKopien befinden sich im Deutschen Filminstitut (Herkunft aus Privatsammlungen, Dank an Michael Schurig), eine Videoabtastung im Bundesarchiv-Filmarchiv (VHS). Dazu Jeanpaul Goergen: Erkundung eines vergessenen Genres. Puppentrickfilme in Deutschland bis 1945. In: Filmblatt, Nr. 7, Frühling/Sommer 1998, S. 14–17. Der brave Slim gehörte zu den in Zlín produzierten Puppentrickfilmen, die sowohl für den Heimkinomarkt als auch für die Normalfilm-Theater produziert worden sind. Gedreht wurde der Film wie andere Zeichen- und Puppenfilme in 35 mm, um für den Schmalfilm-Schrank in mehreren Teilen auf 8 und 16 mm herunterkopiert zu werden (Dank an Rolf Giesen und Jeanpaul Goergen). Dazu Rolf Giesen, J. P. Storm: Animation Under the Swastika. A History of Trickfilm in Nazi Germany, 1933–1945. Jefferson, London: McFarland 2012, S. 124–125, 178. Zur Filmproduktion in Zlín allgemein vgl. Vladimír Šlapeta: Kulturelles und soziales Leben in Zlín. In: Zlín. Modellstadt der Moderne. Hg. von Winfried Nerdinger u. a. Berlin: Jovis 2009, S. 72–79, hier S. 78–79. — 221 Johannes Eckardt an das Amtsgericht Berlin, 29.7.1941. In: LAB, Handelsregisterakte Degeto B Rep. 042 Nr. 28085. — 222 Fritz Genegel an Paul Thiefes, 27.9.1945. In: BA, R 109 I / 2552. In einem Jubiläumsartikel für Genegel heißt es über den ehemaligen leitenden Mitarbeiter der Deutschen Universal-Film AG: »Fritz Genegel besitzt aus jener frühen Universal-Epoche – außer einigen weniger wichtigen Akten – noch ganze sieben Blatt der einstigen Umsatzaufstellung der Firma.« In: Dr. H. M.: Fritz Genegel. In: Film-Echo / Filmwoche, Nr. 1, 6.1.1971, S. 14. — 223 Charlotte Weiss an Fritz Genegel, Glindow, 17.10.1945. In: BA, R 109 I / 2552. Wo verleih- und verkaufsbereite Filmmaterialien bei Kriegsende untergebracht waren, bleibt einstweilen unbekannt. — 224 Rohfilm der DegetoFilm GmbH am Bilanzstichtag 31.5.1945. In: BA, R 109 I / 4505. — 225 Büro der Militärregierung Sektor Berlin, Abteilung für die Kontrolle der Vermögenswerte, APO 742 – A. US-Armee, an Alfred Feldes, Berlin, 29.12.1948. In: LAB, A Rep. 342-02 Nr. 20499. — 226 Schrei­ben der OMGUS vom 6.5.1947, unterzeichnet von James H. Nobles Jr., Chief der Property Central Branch. In: LAB, A Rep. 342-02 Nr. 20500.  — 227 Anon.: Personalien. Alfred Feldes. In: Filmblätter, Nr. 46, 12.11.1960. Allgemein: Anon.: Alfred Feldes (undat. Typoskript mit handschr. Korrekturen). In: Deutsche Kinemathek, Sammlungen, Feldes, Alfred. Ebenfalls anon.: Wer ist wer in der Filmindustrie? Alfred Feldes. In: Filmblätter, Nr. 1, 4.1.1952. Nachruf in Filmblätter, Nr. 46, 13.11.1965. — 228 Von Dewitz und Thorner (Geschäftsführer der Descheg) an das Amtsgericht Charlottenburg, Düsseldorf, 27.5.1960. In: LAB, A Rep. 342-02 Nr. 20500. Vgl. zum Ende der Descheg auch: BA, R 109 I / 3310.  — 229 Amtsgericht Charlottenburg, Berlin, 15.7.1960, betr.: Deutscher Schmalfilm-Vertrieb Gesellschaft mit beschränkter Haftung. In: Berlin-Branden-

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Kulturfilme und Schmalfilme burgisches Wirtschaftsarchiv e. V., BBWA_K_1_1_45991. Mit Dank an Björn Berghausen.  — 230 Vgl. Personal-Fragebogen Johannes Eckardt, Berlin, 10.8.1938 (masch.). In: BA, R 109 I / 2834. — 231 HGF (Horst G. Feldt): Dr. Johannes Eckardt 65  Jahre alt, a. a. O. — 232 Vgl. die Unterlagen im Staatsarchiv Augsburg, Bezirks­ amt Augsburg 1777. Eine Unmenge an Details des Kinoalltags  – auch über die mentale Dimension der Besucher – sind den hier versammelten Papieren zu entnehmen, zudem finden sich zahlreiche Filmtitel zur Rekonstruktion des lokalen Kinoprogramms. — 233 Vgl. Johannes Eckardt an Rudolf Schneider-Schelde, Göggingen, 15.7.1947. In: Monacensia, Nachlass Schneider-Schelde, RSS B 100. — 234 Vgl. Office of Military Government for Germany (US): APO 742, White, Grey, and Black List for Information Control Purposes. 1.8.1946. In: BHStA, Bibliothek, Signatur 2 H 69. Mit Dank an Christoph Bachmann. — 235 Johannes Eckardt: Bestätigung. Göggingen bei Augsburg, 2.4.1948. In: Deutsches Filminstitut, Textarchiv. — 236 Johannes Eckardt an Susi Weigel, Göggingen, 7.9.1948. In: Nachlass Susi Weigel, Privatbesitz von Sieglinde Bernegger, Bludenz; hier nach Susanne Blumesberger: Aufarbeitung des Nachlasses und der Biografie der Grafikerin und Illustratorin Susi Weigel. Endbericht. Teil I. Jänner 2008 (http://bit.ly/2vYdCE3, zuletzt 15.8.2017). Mit Dank an Werner Dütsch. Peterle’s Abenteuer (1941–1942, Regie: Johann Weichberger, Animation zusammen mit Susi Weigel) erschien innerhalb des Degeto-Schmalfilm-Schranks in vier Teilen (16 mm). Dazu Rolf Giesen, J. P. Storm: Animation Under the Swastika, a. a. O., S. 198, zu Weichberger und Weigel S. 171– 172. — 237 Johannes Eckardt an Alois Melichar, Göggingen, 8.3.1960. In: Monacensia, Nachlass Alois Melichar, AM B 118.  — 238 Fred K. Prieberg: Musik im NS-Staat. Frankfurt am Main: Fischer 1982, S. 22–24. — 239 Mitteilung von Elfi Roßteutscher (Veste-Verlag) an den Autor, Coburg, 6.4.2017. — 240 Vgl. Johannes Eckardt an Erich Ebermayer, Schloss Kaibitz, 2.2.1949, und Johannes Eckardt an Erich Ebermayer, Göggingen, 10.2.1949. Beide in: Monacensia, Nachlass Erich Ebermayer, B 343. — 241 Einladung zur Mannheimer Kultur- und Dokumentarfilmwoche, Mannheim, 20.5.1952; anon.: Der deutsche Kulturfilm lebt noch. In: Mannheimer Morgen, 27.5.1952. Mit Dank an Klaus Gronenborn, Lynn Messerschmidt. Noch Jahre später gehörte er zum Beirat und zum Auswahl-Ausschuss der 1961 umbenannten Internationalen Filmwoche Mannheim. Mit Dank an Martina Kaub. — 242 Vgl. Protokoll der am 9.8.1951 in Halle IV-V der Bavaria-Filmkunst GmbH, München-Geiselgasteig, durchgeführten Notkundgebung der Filmschaffenden, einberufen von der Arbeitsgemeinschaft der Filmschaffenden, Fachgruppe Film im DGB, Betriebsrat der Bavaria-Filmkunst GmbH. Geiselgasteig: [Dacho] 1951 (Protokoll, 41 Seiten).  — 243 Vgl. Weigl: Eindeutiger Erfolg des anspruchsvollen Films. In: Die Filmwoche, Nr. 26, 28.6.1952; Johannes Eckardt: Deutscher Rat für Filmkultur. In: Internationale Film-Revue, Heft 4, 1956; Mg. (Wilhelm Mogge?): Vorgestellt: Johannes Eckardt. In: Der Tag (Westberlin), 30.6.1960; BHStA, MK 51781 Film-Clubs Bd. II Satzung v. Augsburg, 1.1.1953–24.6.1963, passim; Eberhard Hauff an den Autor, 1.2.2017.  — 244 Die vollständige Ansprache findet sich gedruckt bei Johannes Eckardt: Entwicklungsprobleme des Films. Förderung filmischer Werte eine Verpf lichtung auch in Zukunft. In: Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 125, 9.7.1960, S. 1254–1255. Eine davon existierende Tonaufnahme wurde in Teilen

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Kulturfilme und Schmalfilme fälschlicherweise für einen Hörfunkbeitrag von Veronika Bock und Ulrich Biermann über die erstmalige Verleihung des Deutschen Filmpreises 1951 verwendet: Deutscher Filmpreis erstmals verliehen (WDR Zeitzeichen, 27.5.2016). In: http:// bit.ly/2lLmg1G (Minute 8:04-8:32; zuletzt 3.1.2018). — 245 Johannes Eckardt: Entwicklungsprobleme des Films, a. a. O., S. 1254. Eckardt lässt es sich auch hier nicht entgehen, auf Gustave Le Bon zu verweisen. — 246 Vgl. Arbeitstagung Jugend und Film Bundestagung der deutschen Jugendfilmclubs 23. – 28.5.1961 in Osnabrück. In: BHStA, MK 51781 Film-Clubs Bd. II Satzung v. Augsburg, 1.1.1953–24.6.1963. — 247 Werner Dütsch: Im Banne der roten Hexe. Kino als Lebensmittel. Würzburg: Königshausen & Neumann 2016, S. 135. Bereits zu Beginn der 1950er Jahre war Das Cabinet des Dr. Caligari in den USA im Schmalfilmformat erschienen. Vgl. P. E.: Der 16 mm-Tonfilm in den Vereinigten Staaten. In: Film-Echo, Nr. 17, 26.4.1952.

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Das westdeutsche Fernsehprogramm als Filmplattform Deutschland ist ein Land der eingetragenen Vereine, ihre Zahl geht aktuell gegen 600.000, siebenmal mehr als vor 50 Jahren. Zahlen für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts liegen nicht vor. Unternehmerische Hauptzwecke darf eine solche juristische Person, die ein eingetragener Verein darstellt, nicht verfolgen, ideelle hingegen schon. Mit einem eingetragenen Verein lässt sich also durchaus viel Staat machen, doch Geschäfte sind eher nicht vorgesehen. Gleichwohl sind Möglichkeiten in diese Richtung denkbar, denn als Ge­­ burtshelfer der Degeto-Kulturfilm GmbH agierte 1937 neben der TobisMelofilm GmbH auch der Degeto e. V., wie er 1929 gegründet worden war. Nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur wurde das namensmäßig zur Degeto-Film GmbH geschrumpfte Unternehmen als eine DeschegTochter und so als Teil der UFI (Ufa-Film GmbH) behandelt. Dieses sogenannte reichseigene Filmvermögen gigantischen Ausmaßes stand zur Entf lechtung an. Bezogen auf die Degeto wiederholte sich die Geschichte nun zwar nicht, doch in gewisser Weise verlief sie rückwärts. Denn spätestens seit 1951 versuchte der weiterhin existierende Degeto e. V. mit Nachdruck,1 von den Liquidatoren der Ufa den Firmenmantel der von ihr immer noch so bezeichneten Degeto-Kulturfilm GmbH zurückzuerwerben.2 Ob der Verein möglicherweise »durch ein Versehen« im Vereinsregister des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg eingetragen blieb, muss offen bleiben.3 Zu dieser Zeit bestand der geschäftsführende Vorstand des Vereins aus Heinrich Roellenbleg, der nach einem Engagement bei der Gründung der Neuen Deutschen Wochenschau in Hamburg Inhaber der in Wiesbaden ansässigen Produktionsfirma Melophon-Film GmbH geworden war.4 Er galt in den ersten Nachkriegsjahren als politisch schwer belastet wegen seiner leitenden Verantwortung für die Deutsche Wochenschau im Weltkrieg, auch war er am 1. Mai 1933 in die NSDAP eingetreten.5 Da sich der Rückkauf schwierig gestaltete, hatte der Vereinsvorstand der Degeto-Kulturfilm GmbH zunächst untersagt, den Namen »Degeto« zu führen. Dies sei vonseiten des Vereins »1936 unter gewissen Voraussetzungen« zwar gestattet worden, so die Argumentation. Doch diese Voraussetzungen würden nicht mehr bestehen, die »alten Absichten«, die nicht weiter erläutert werden, wolle man indes fortsetzen.6 Von einem moralischen Anspruch, den sich Roellenbleg und auch Eckardt beim Auf bau der Degeto erworben hätten, ist die Rede, er möge Berücksichtigung finden.7 Nach Prüfung der DM-Eröffnungsbilanzen der

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Das westdeutsche Fernsehprogramm als Filmplattform

Degeto-Film GmbH für die Jahre seit 1948 durch den Berliner Wirtschaftsprüfer Martin Böttcher8 hielt Roellenbleg eine Summe von 5.000 DM im Frühjahr 1952 »für die Übertragung der Anteile für angemessen«. Dabei setzte er voraus, »dass uns hierfür der Mantel mit allen damit verbundenen Ausnutzungsrechten übertragen wird«.9 Exakt auf die Höhe von 5.000 DM war Mitte 1948 das Stammkapital der Gesellschaft neu festgesetzt worden (nach wie vor vollständig in Händen der Descheg befindlich). Eine in den Tempelhofer Räumen der Universum-Film AG zusammengekommene Gesellschafterversammlung beschloss sodann am 27. Juni 1952, »den ausgehöhlten Mantel der Degeto-Film GmbH zu verkaufen«, was mit Vertragsdatum 3. Juli des Jahres zum Preis von 5.000 DM geschah. Käufer war der Degeto e. V., gemeldet in Berlin-Charlottenburg, Knesebeckstraße 29.10 Dies alles mit Genehmigung durch den Ufa-Liquidationsausschuss. Doch um welche Art Mantel handelte es sich, der da verkauft wurde? Dass es sich um einen leeren Mantel ohne mitübertragene Filmrechte handelte, war die sichere Auffassung der Ufa. Deshalb stieß Roellenbleg mit seinem Ansinnen auf Unverständnis bei der Ufa-Film GmbH. Ende November 1952 hatte er an die UFI geschrieben, man habe gehört, die UfaFilm verhandele derzeit über die Vergabe von Rechten an den vor 1945 hergestellten Kulturfilmen: »Wir sind der Auffassung, dass die Schmalfilmund mechanischen Wiedergaberechte (insbesondere Fernsehrechte) bei der Degeto lagen – und wie wir festgestellt haben – auch heute noch liegen. Wie wir bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht haben, beabsichtigen wir, diese Rechte auch heute noch wahrzunehmen.«11 Aus diesem Anspruch entwickelte sich ein Konf likt zwischen dem Verein und der Ufa, der aber ausgeräumt werden konnte, nachdem beide Parteien am 16. November 1953 einen Lizenzvertrag geschlossen hatten, »aufgrund dessen der Degeto-Film Schmalfilm- und Fernsehrechte einer Anzahl von Kulturfilmen übertragen worden sind«, wie es die UFI-Filmvertrieb GmbH Anfang 1955 in der Rückschau formulierte.12 Überwiegend handelte es sich dabei um Produktionen der Ufa, so Der Ameisenstaat (1935, Regie: Ulrich K. T. Schulz und Wolfram Junghans), Pulsschlag des Meeres. Ein Film über Ebbe und Flut (1937, Regie: Martin Rikli) oder Herbstlied (1942, Regie: Gero Priemel). Namen von renommierten Regisseuren wie Walter Ruttmann (Metall des Himmels, 1935, Musik: Walter Gronostay) und Nicholas Kaufmann (Ein Schäfertag, 1944) fehlten in dieser Aufstellung ebenso wenig wie der von Thorby Wörndle (Der Geissbub, 1942), einem österreichischen Pfadfinderfunktionär und NSDAP- wie SA-Mitglied, der ab 1938 in der Filmbranche u. a. als Darsteller beschäftigt war. Auch kleinere Produktionsfirmen waren in dieser

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Guido Bagier

Heinrich Roellenbleg, nach 1945

Liste vertreten, etwa das Unternehmen von Herbert Dreyer, der 1943 Bootswerft Wiking selbst inszeniert hatte, oder die Lex-Film von Albert Graf von Pestalozza, 1943 zusammen mit der Ufa-Filmkunst GmbH Co-Produzentin von Alltag zwischen Zechentürmen (Regie: Leo de Laforgue und Albert Graf von Pestalozza). Insgesamt zählt die Liste über 60 Titel.13 Bereits 1954 wurde die durch Abnutzung sinkende Kopienqualität zum Problem, die Filme rissen bei Aufführungen immer häufiger, der Wert des Lizenzvertrags sank allmählich.

Guido Bagier Als in den Vorstand des Degeto e. V. mit Guido Bagier – sein Wohnsitz war ebenfalls Wiesbaden – im April 1952 ein weiteres Mitglied neben Roellenbleg gewählt wurde, tat sich die Chance auf, den institutionellen Kontakt zum Hessischen Rundfunk (HR) herzustellen. Der Tonfilmpionier Bagier

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Das westdeutsche Fernsehprogramm als Filmplattform

(1888–1967) war in der Branche bis zuletzt gut vernetzt. Noch 1966, im Jahr vor seinem Tod, war der 78-Jährige als Mitglied im Fernsehrat des ZDF aktiv, schrieb über Film und Fernsehen für das Düsseldorfer Handelsblatt, versuchte für die Deutsche Kinemathek, den Nachlass des »Tri-Ergon-Fundus in der Schweiz« zu erwerben (Bagier hatte Mitte der 1920er Jahre die Leitung der Tri-Ergon-Abteilung der Ufa übernommen) und verabredete mit der kurz vor der Eröffnung stehenden Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin eine Vorlesung zum Thema »Der deutsche Tonfilm in den zwanziger Jahren in Berlin«.14 Von der RRG, namentlich Hans Bredow und Kurt Magnus, sei er 1928 beauftragt worden, zusammen mit Walter Ruttmann für die Deutsche Rundfunkausstellung in Berlin den frühen Lichttonfilm Deutscher Rundfunk (später Tönende Welle, unter diesem Titel 1933 von der Degeto während der Berliner Kunstwochen aufgeführt, heute verschollen) zu produzieren, so Bagier, der Film habe als »eine Propaganda der einzelnen Sendebereiche der deutschen Rundfunkanstalten« fungiert.15 Dies geschah zur Zeit der Tobis-Gründung, an der Bagier nach eigener Aussage Mithilfe leistete. Parallel dazu befasste er sich mit frühen Tonbild-Persönlichkeitsaufnahmen und brachte u. a. Alfred Kerr, Arnold Schönberg, Luigi Pirandello oder Thomas Mann in Konzertsälen, in Hörsälen von Universitäten und auch aus den Studios der damaligen Rundfunkanstalten zu Gehör.16 Der auch als filmphilosophischer Autor, Filmkaufmann und Musikwissenschaftler tätige Bagier wurde während der NS-Diktatur in den Akten von Alfred Rosenberg als »Jude« geführt, dem die Tonfilmproduktion Tofa gehöre.17 Gleichwohl publizierte er in den 1940er Jahren etwa in der Frankfurter Zeitung und in der Kölnischen Zeitung vereinzelt Musikalisches. In den frühen 1930er Jahren hatte er zum Vorstand der Tobis-Syndikat AG sowie zum Aufsichtsrat der Melophon-Film GmbH gezählt, und als er 1949 nach Düsseldorf kam, versuchte er auf Anregung des nordrhein-westfälischen Ministers Carl Spiecker, die Tobis zu neuem Leben zu erwecken. »Dafür brachte er den Mantel einer alten Tochtergesellschaft der Tobis mit«, heißt es 1967 in einem Nachruf auf Bagier, »die für das neue Gebiet des Fernsehens eingesetzt werden sollte.« Damit war die Degeto gemeint. »Diese Gründung kam in Verbindung mit Dr. Magnus und dem Intendanten des Hessischen Rundfunks, Beckmann, zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und dem Hessischen Rundfunk zustande.«18 Mehrere Personen mit starken Bindungen zu den einstigen Namen Tobis und Degeto – Eckardt, Roellenbleg, Bagier, Magnus und Spiecker – reaktivierten also die Degeto in den frühen 1950er Jahren. Wobei unter ihnen Bagier bereits zu dieser Zeit die wohl stärksten Beziehungen zum Fernsehen aufweisen konnte – nicht zuletzt als Mentor

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Guido Bagier

der Bestrebungen, die zwar zum Scheitern der Freies Fernsehen GmbH (›Adenauer-Fernsehen‹), jedoch zum Gelingen des Zweiten Deutschen Fernsehens führten. Bagier war es auch, der dem HR-Intendanten Eberhard Beckmann, einem von den Nationalsozialisten wegen SPD-Zugehörigkeit und ›nicht-arischer‹ Ehefrau verfolgten ehemaligen Publizisten und Kritiker, im Sommer 1952 mehrfach vertrauliche Notizen übersandte, darunter solche über die Situation der deutschen Filmwirtschaft, dazu ein Memorandum mit Richtlinien für eine kommende Fernsehfilmproduktion unter Berücksichtigung der bei der regulären Spielfilmproduktion gemachten Erfahrungen, Informationen zu einer Wiesbadener Fernsehkonferenz auf Einladung des Verbandes der Filmtechnischen Betriebe sowie eine Zusammenstellung von neu gegründeten Gesellschaften und Initiativen auf dem Gebiet von Film und Fernsehen. Gerade mit der letztgenannten Übersicht zeigte sich Bagiers Weitsicht. Zählte für ihn dabei doch gerade die dort erwähnte und neu gegründete Integrex Fernseh-Verleih Gesellschaft mit Sitz in Amsterdam zu den künftig wichtigen Partnern. Hinter dieser »International Television Exchange« stand der holländische Weltkonzern Philips. Dessen in Hamburg ansässige Tochtergesellschaft – deren Geschäftsführer für Deutschland war der früh schon in der Rundfunkbranche aktive Theodor Graf von Westarp  – habe der Degeto den Vorschlag einer engeren Zusammenarbeit gemacht, berichtete Bagier im September 1952, weshalb er auf »eine engere baldige Fühlungnahme« drängte.19 Es ging bei einer Kooperation mit der Integrex um den Gedanken eines internationalen Fernsehprogrammaustauschs. Fernziel war der Auf bau einer internationalen Fernsehfilm-Börse zur besseren Abstimmung untereinander (etwa um mehrfache Stoffadaptionen in verschiedenen Ländern zu verhindern) und der ersten europäischen »Visiothek«, einer beständig wachsenden Sammlung internationaler Fernsehprogramme, die untereinander ausgetauscht werden sollten.20 Bei der Abstimmung über eine Planung von thematischen Serien, die jeweils 13 fernsehgeeignete Filme um­­ fassten, an denen auch Filmverleiher interessiert sein sollten, wurden die Sujets Anfang Januar 1953 in Amsterdam nach Länderverantwortung verteilt. Die Pioniere der Kinematografie hätten danach in österreichischer Hand gelegen, die großen Wissenschaftler in französischer, Italien und die Schweiz sollten einige Sketche produzieren, während die Degeto für das Leben und die Werke berühmter Maler im Fernsehfilm zuständig gewesen wäre. Ein Ausschließlichkeitsvertrag band Integrex und Degeto seit dem 1. März 1953 aneinander – danach besaß »die Degeto das Alleinvertriebsrecht in Deutschland für alle Filme, die die Integrex in Europa übernimmt«.21 Später verliert

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Das westdeutsche Fernsehprogramm als Filmplattform

sich die Spur der Integrex in den Akten der Degeto, in der fernsehwissenschaftlichen Forschung fand sie bislang keine Berücksichtigung.22 Mit den in Wiesbaden ansässigen Vorstandsmitgliedern Roellenbleg und Bagier hatte sich der Sitz des Degeto e. V. wie der Degeto-Film GmbH von Berlin praktisch nach Hessen verlagert (was im März 1953 offiziell geschah), und damit in die Nähe des HR, der nach langen Debatten und auf amerikanischen Druck seit Anfang 1949 institutionell verankert war und als eine Sache der Allgemeinheit arbeiten sollte – theoretisch frei und unabhängig von staatlicher Einf lussnahme, als eine von mehreren westdeutschen öffentlich-rechtlichen Länderanstalten, dezentral und damit anders konzipiert als der Rundfunk in den Jahren vor 1945. Die föderale Struktur dieses Rundfunksystems geht auf das Re-Education-Programm der Alliierten zurück. Kritik am Gesetz über den HR wurde u. a. von kommunistischer Seite laut, weil Reklamesendungen als Einnahmequelle für ihn nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden waren.23 Kurt Magnus, ehemaliger Geschäftsführer der RRG, und Hans Bredow, einstiger Reichsrundfunkkommissar, gehörten zum entscheidenden Personal in Rundfunkrat und Verwaltungsrat des HR. Ihnen war aus eigener Erfahrung bewusst, wie wenig der stark zentralisierte und vom Staat kontrollierte Rundfunk in Deutschland vor 1933 zur Verteidigung der Weimarer Republik beigetragen hatte. Bestimmte Vorstellungen auf Senderseite waren im März 1952 bereits klar – über Kulturfilm diskutierte man überhaupt »nur unter dem Gesichtspunkt der Produktion für das Fernsehprogramm«. Es gab den intensiven Kontakt zu Guido Bagier, der kurzfristig über eine Deutsche Kulturfilm-GmbH nachdachte und immer wieder Anregungen vermittelte. Von Johannes Eckardt war bekannt, dass er die »zur Zeit führende Persönlichkeit im gesamten Filmwesen« sei, »Vorsitzender aller zentralen Ausschüsse«. Und klar war auch, dass die Rundfunkanstalten Anschluss suchen sollten bei einer geeigneten Filmgesellschaft. In Rede stand die Degeto, ihre Kulturfilmarbeit unter der Leitung von Eckardt war nicht vergessen und genoss in der Rückschau einen guten Ruf, nicht zuletzt bei Magnus, der sie seit dem Ende der 1920er Jahre gefördert hatte. Dabei war auch die Mitarbeit von Heinrich Roellenbleg erwünscht, der – nach einer offenkundig falschen Erinnerung  – die Fernsehversuche der 1940er Jahre geleitet habe und in Deutschland wohl als der einzige erfahrene Mann anzusehen sei. So ist einem Aktenvermerk zu entnehmen, wie präzise Personal- und Strukturplanungen beim HR vorangetrieben wurden.24

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Fernsehen und Film

Fernsehen und Film Noch im Spätsommer 1952 wollte der HR mit Probefernsehsendungen beginnen.25 Seit dieser Zeit wurden neue Arbeits- und Finanzierungspläne für die Degeto-Film GmbH ventiliert, man interessierte sich sowohl im Verein als auch in der Gesellschaft zunehmend für die Zusammenhänge von Fernsehen und Film. Erster Höhepunkt bei derlei Gedankenspielen: Zur 25. Wiederkehr der Uraufführung des ersten deutschen Tonfilms 1928 dachte Bagier im Herbst 1952 an die Fertigung eines Kulturfilms mit dem Titel »Das tönende Licht« – als eine Produktion der Degeto-Film GmbH, die im Folgejahr in abendfüllender Länge im Kino hätte laufen und in Form von geschlossenen 13 Minuten sich zugleich auch »für unsere Fernsehzwecke« hätte eignen sollen, wie Bagier an Beckmann übermittelte. »Selbstverständlich werden die Fernsehrechte des Films ohnehin dem Degeto e. V. zur Verfügung stehen.«26 Ein mit Prominenz gespickter »Ehrenausschuss« schmückte die Ankündigungen des Jubiläumsfilms (neben Beckmann, Eckardt, Magnus und Spiecker zählten u. a. auch Ludwig Klitzsch, ehemaliger Generaldirektor der Ufa, Hans Bredow, Charles Pathé, französischer Filmpionier, Joachim Tiburtius, Berliner Senator für Volksbildung, der politisch belastete Regisseur Carl Froelich und der emigrierte Rechtsanwalt und Autor Richard Frankfurter dazu), für den Eckardt und Bagier das Drehbuch hätten schrei­ ben wollen (später waren der Schriftsteller Erich Kästner und der Kabarettist Willy Schaeffers im Gespräch). Auch die Verbreitung als Schmalfilmversion war in Planung. Durchsetzt von zeitgenössischen Filmauszügen (Die tönende Welle, Mädchen in Uniform [1931, Regie: Leontine Sagan und Carl Froelich], Sous les toits de Paris u. a.) und frühen Tonfilmstimmen (darunter Gerhart Hauptmann, Thomas Mann und Max Planck), hätten auch Neuaufnahmen mit conférenceartigen Äußerungen von Degeto-Gründern sowie zahlreichen Filmschaffenden das Projekt veredeln sollen. Um das Werk ins Ausland verkaufen zu können, bereitete man eine Moderation in mehreren Sprachen vor. Als historischer Hintergrund hätte Bagiers Tatsachenroman mit dem titelgebenden Terminus »Das tönende Licht«, erschienen 1943, ge­­ dient – dessen Handlung endet mit der Gründung der Tobis 1928, sein Quellenverzeichnis umfasst fünf Buchseiten: historische Prosa. Der Öffentlichkeit sollte bewusst werden, so Johannes Eckardt, »dass deutsche Leistung grundlegende Bedeutung für die Entwicklung des Tonfilms« gehabt habe – »und zwar nicht nur in Europa«. In seiner Einschätzung sah er das Projekt in bekannter Diktion vor der Herausforderung, »das Problem der eigengesetz-

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Das westdeutsche Fernsehprogramm als Filmplattform

lichen Kunst des Films in seiner Totalität« aufgreifen zu müssen.27 Dafür wurden knapp 180.000 DM benötigt. Als Bagier im Namen des Vereins 50.000 DM als Darlehen vom nordrhein-westfälischen Kultusministerium in Düsseldorf erbat (das zu dieser Zeit die Produktion von Kulturfilmen förderte),28 war man noch optimistisch, den Restbetrag anderweitig besorgen zu können,29 blieb letztlich aber erfolglos. Zwar hatte der Senat von Berlin ein großes Interesse am Zustandekommen – es ging dabei auch um die Stärkung der kulturellen Bindung zwischen der Bundesrepublik und Berlin –, jedoch kein Geld. Da eine Bank wohl zusätzlich 100.000 als Kredit vergeben wollte, mehr aber partout nicht einzufahren war, ließen die fehlenden Mittel die Unternehmung platzen. Dennoch mangelte es der Degeto nicht an Selbstbewusstsein. Heinrich Roellenbleg übernahm im Herbst 1952 bei der GmbH zusammen mit Guido Bagier die Geschäftsführernachfolge des 1945 in dieser Funktion zusammen mit Fritz Genegel eingesetzten Emil Stabenow.30 Anfang Oktober trat er beim Verband Deutscher Filmproduzenten dafür ein, dass diese künftig »beim Abschluss von Verleihverträgen die Fernsehrechte unter allen Umständen vorbehalten sollten«, um sie anschließend »schon bei der Herstellung« der Degeto zu übertragen. So wäre Einwänden aufseiten der Filmverleiher zu begegnen. Dagegen, so Roellenbleg in einem Bericht an Beckmann, hätten die Produzenten »keine Bedenken« geäußert, da sie »die Degeto auch schon früher immer nur als getreue Wahrerin ihrer Interessen kennengelernt hätten«. Roellenbleg: »Ich habe in der Besprechung vorsichtig durchblicken lassen, dass die Degeto halböffentlich beauftragt wurde, derartige Fernsehrechte zu sammeln, um sie im In- und Ausland auszuwerten.«31 Die Unterstützung der Degeto, die versuchte, mit der Seriosität ihrer Geschichte in der Branche zu wuchern, durch den HR wuchs. So war der Sender bestrebt, Kulturfilme, die dem Zweck des Degeto e. V. dienen konnten, zu fördern – das bestätigten Anfang Oktober zwei Verantwortliche des Senders. Und gingen noch weiter: »Es wurde ferner in Erwägung gezogen, in den Fernsehsendungen des Rundfunks Filme mit unaufdringlicher Werbung zu verwerten. Der Hessische Rundfunk ist daher interessiert, bei Werbefilmen, die diesen Voraussetzungen entsprechen, die erforderlichen Fernsehrechte zu erwerben. Er hat deshalb Herrn Dr. Bagier gebeten, dass die Degeto e. V. bei ihren Verhandlungen über Werbefilme dieser Art auf dieses Ziel hinwirkt.«32

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Hinwendung zum Fernsehen

Abschied der Degeto vom Schmalfilm und Hinwendung zum Fernsehen Das eigentliche Ziel des HR hatte größere Dimensionen. Es bestand in einer Steuerung der Degeto. Beteiligt war daran auch die Politik aus NordrheinWestfalen. Die Rundfunkversorgung dieses Bundeslands lag in den Händen des NWDR. Seit 1950 waren aus Nordrhein-Westfalen allerdings immer wieder Forderungen nach mehr Selbstständigkeit im Westen des NWDRSendegebiets vorgetragen worden – auch wenn der Kölner Standort Ende 1952 fernsehtauglich gemacht wurde. Nur zwei Wochen nach Abtretung des Degeto-Mantels an den eingetragenen Verein war es am 17. Juli 1952 zu einer prominent besetzten Besprechung in Bad Godesberg gekommen. Versammelt hatten sich die Herren Karl Mohr (Ministerialdirektor) und Ministerialrat Wilhelm Mäurer (beide als Vertreter der Düsseldorfer Landesregierung) sowie Spiecker, Magnus, Gottfried Michelmann (als Stellvertreter Beckmanns), Bagier und Roellenbleg. Carl Spiecker, den Minister zur Wahrnehmung der Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen beim Bund, hinzugenommen, war NRW stark vertreten. Es ging zunächst um einen Kredit für den Degeto e. V., dessen Voraussetzungen man als gegeben ansah – ein Betrag von insgesamt 50.000 DM sollte gezahlt werden, davon 30.000 DM von Nordrhein-Westfalen, der Rest aus Hessen. Die Schonfrist bis zum Beginn der Rückzahlung legte man auf zwei Jahre fest. Den kleinsten Teil davon in Höhe von 5.000 DM wollte die Degeto nach Bagiers Worten verwenden für den Erwerb des Mantels der Degeto-Film GmbH, ein wesentlich größerer Betrag von 21.500 DM war vorgesehen zur Erhöhung des Gesellschaftskapitals der Degeto-Film GmbH auf dann 25.000 DM. Einem eigentlichen Handelsgeschäft sollten 23.500 DM dienen, mit denen die »Ingangsetzung des Geschäftes mit dem Degeto-Schmalfilmschrank« in Angriff genommen werden sollte.33 Bei dieser Reaktivierung einer alten Idee war die Kooperation mit dem Frankfurter Filmverleiher Gerhard Goldammer vorgesehen, die regelrechte Gründung eines Goldeck-Schmalfilmverleihs als Tochterunternehmen in Planung. Goldammer kündigte in seinen »Schmalfilm-Nachrichten« die Neuauf lage an: »Damit wird die erfolgreiche Arbeit der früheren Deutschen Gesellschaft für Ton und Bild wiederaufgenommen. Vorerst sind für 1952 drei Staffeln mit je 10 Titeln vorgesehen. Die Filme, deren Gesamtvertrieb der Firma Gerhard Goldammer übertragen wurde, werden im 16- und 8-mm-Format erscheinen. Neben verschiedenen Streifen aus der Natur, dem Sport und der Technik wird auch der Degeto-Weltspiegel angekündigt.

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Folge I: Die Winter-Olympiade in Oslo – Folge II: Die Beisetzung des englischen Königs.«34 Dieser Handel, der aus Sicht von Goldammer gut anlief,35 wurde von der Universum-Film AG Ende 1953 beargwöhnt, man meinte im Goldeck-Schmalfilmkatalog einzelne Sujets entdeckt zu haben, deren Rechte man für sich selbst beanspruchte, darunter auch Peterle’s Abenteuer. Dem widersprach Roellenbleg deutlich, indem er darauf verwies, dass es sich dabei um relativ neue Sujets handele, produziert von der Melophon-Film GmbH für die Zwecke des Schmalfilmschranks, während »andere aus dem Material der Neuen Deutschen Wochenschau erworben und andere vom Zeichner Johann Weichberger neu angefertigt worden« seien. Um die Degeto nachträglich von der Ufa historisch abzugrenzen, wird Roellenbleg ungenau und schreibt: »Alle Verträge wegen des Degeto-Schmalfilm-Schrankes sind im übrigen von unserer Muttergesellschaft, der ›Deutschen Gesellschaft für Ton und Bild e. V.‹ geschlossen, die seit ihrer Gründung im Jahre 1927 ihre Souveränität nie aufgegeben hat und daher zu keinem Zeitpunkt den Weisungen oder der Verfügungsgewalt des Ufa-Vorstandes unterstand.«36 Die Universum-Film AG lenkte ein. Das Schmalfilmthema für das Heimkino beschäftigte die Degeto-Film GmbH fortan nur noch am Rande, etwa im März 1955, als man verschlissene Kopien aus dem Schmalfilm-Schrank für wenig Geld an die Berliner Firma Foto-Kino-Kundt verkaufte,37 oder als der UFIFilmvertrieb wenige Wochen später der Degeto die Übernahme mehrerer hundert einwandfreier Kopien von Schrankfilmen mit nicht mehr zugkräftigen Sujets offerierte.38 Im Jahr 1958 lief das Verkaufsgeschäft der Degeto mit Schmalfilmen aus, eine Art Inventur sollte dem inzwischen zuständigen Transit-Filmvertrieb Klarheit über die noch vorhandene Zahl an Kopien bei der Melophon-Film GmbH schaffen, Ausgangsmaterialien wollte man vernichten und sich die Vernichtung beglaubigen lassen.39 Im Kern richtete sich die Bad Godesberger Besprechung allerdings nicht auf eine selbstlose Unterstützung der Degeto, sondern auf ihre gezielte Vergrößerung und Nutzbarmachung für eigene Zwecke. So gingen die Kreditgeber davon aus, dass die Zahl von bislang sieben Mitgliedern des Degeto e. V., von denen ihnen nur zwei nahestanden, auf elf zu erhöhen sei mit der Maßgabe, dass die vier Neuen von Nordrhein-Westfalen und Hessen vorzuschlagen seien. Ein ähnliches Revirement stand dem vierköpfigen Verwaltungsrat bevor, der um einen Kopf erweitert werden und anschließend zu vier Fünfteln den Kreditgebern nahe stehen sollte – Einf lussnahme also. Der entscheidende Punkt der Zusammenfassung ist knapp gehalten, jedoch deutlich: »Durch einfachen Schriftwechsel zwischen den Kreditgebern und dem Degeto e. V. ist festzulegen, dass der Degeto e. V. verpf lichtet ist, den Kredit-

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Hinwendung zum Fernsehen

gebern je die Hälfte des Gesellschaftskapitals an der Degeto-Film GmbH zum Nominalwert zu übertragen unabhängig davon, ob das Kreditverhältnis noch besteht.«40 So konnte die Degeto-Film GmbH in die Hände derer gelangen, die »Fernsehinteressen« hegten. Die Kapitalerhöhung auf 25.000 DM, so die Absicht, hatte der Absicherung einer »Vorfinanzierung« von Filmen zu dienen, für die man die Industrie interessieren wollte  – »Filme dieser Art« nannte man sie undeutlich, allerdings »ohne dass die Filme dadurch direkt zu offenen Werbefilmen werden«, wie es hieß. Für das Fernsehen mussten sie zwar geeignet sein, doch das für sie aufgewandte Kapital sollten sie einzig durch die Verwertung »außerhalb des Fernsehens«, etwa mit dem Einspielergebnis an der Kinokasse, zurückbringen.41 Sechs Wochen später konkretisierte man bei einer Besprechung im Frankfurter Funkhaus des HR am Dornbusch einige Punkte der vorherigen Debatte. Teilnehmer waren Beckmann, Michelmann, Roellen­ bleg und Eckardt. Dieser tendierte dabei zu Verhandlungen u. a. mit der Filmindustrie und den Länderregierungen, um thematische wie finanzielle Planungen für ein Fernsehprogramm zu forcieren und dabei dessen »werbenden Charakter« nicht zu vergessen (etwa über ein mäzenatisches Engagement von Unternehmen bei der Filmproduktion) – abgesehen von reinen Werbesendungen im Programm, die man vonseiten des HR »für selbstverständlich« hielt. Die Degeto sah man in der Pf licht, bei künftigen Kulturfilmproduktionen solche Themen und Aufnahmen zu berücksichtigen, die auch für Fernsehsendungen in Betracht kommen, v. a. aber sollten die Themen »zeitlos« sein »und nicht zu rasch veralten«. Dazu kam die Aufgabe, Fernsehrechte für solche Filme zu erwerben, um so Erfahrungen zu machen »über die Höhe der hierfür auszuwerfenden Lizenzen«. Die Aufführungsrechte sollten dann »für die jeweiligen Sendungen einzeln an die Rundfunkanstalten vergeben werden«. Fazit: »Der Degeto würde also die Aufgabe zufallen, ein Archiv kulturell wertvoller Programmteile anzulegen und diese Programme an die einzelnen Sendegesellschaften zu vermieten.« Verschiedene Interessen kamen zum Zeitpunkt dieser Besprechung zusammen. Das besondere NRW-Engagement bei der Förderung von Kulturfilmen – es fügte sich gut in die Bestrebungen des HR, einen ersten Schritt bei der systematischen Beschaffung von Kulturfilmen bzw. Lizenzen für ein künftiges Fernsehprogramm zu tun und dabei die parallele Kinoauswertung solcher noch zu produzierenden Filme nicht zu vergessen. Das breit ausgerichtete BranchenKnow-how dafür brachte die Degeto samt ihrer Repräsentanten Bagier, Roellenbleg und Eckardt mit. Als weiteres Brückenglied zwischen Hessen und NRW fungierte Minister Spiecker, der Degeto seit langer Zeit gewogen.

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Während Hessen dabei war, das Thema Film im Fernsehen rasch anzugehen, konnte Nordrhein-Westfalen seinerseits versuchen, als Nebeneffekt seiner wirtschaftlichen Anstrengungen das als unausgeglichen empfundene Verhältnis zwischen Hamburg und Köln beim NWDR mit einer Beteiligung an der Degeto zu kompensieren. Eingangs hatte die Zwei-Länder-Runde zum Thema »Aktuelle Berichterstattung« konstatiert, dass der Nordwestdeutsche Rundfunk in Hamburg (NWDR) »mit der Neuen Deutschen Wochenschau einen sehr günstigen Vertrag abschliessen konnte«, woraus man folgerte, dass der sogenannte »Tagesbericht« der ARD auch künftig im Norden der Republik angesiedelt sein würde.42

Werner Pleister In Hamburg hatte der NWDR, zuständig für die Programmversorgung in den Ländern Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und NordrheinWestfalen (in Berlin hatte er ein eigenes Studio), mit seinen Fernsehversuchen bereits im Herbst 1950 begonnen. Film ließ sich als Inhalt des Fernsehens nicht umgehen, dies war bereits in den 1930er Jahren so und hatte sich nicht grundsätzlich verändert. Dennoch konnte, was in Hamburg probiert wurde, als ›neue Versuche in Deutschland‹ charakterisiert werden – so der erfahrene Rundfunkliterat und -redakteur Heinz Schwitzke 1955 in seiner skeptizistischen Schrift Der Mensch im Spiegel über Gefahr und Chance des Fernsehens. Als er sein Manuskript 1952 niederschrieb, waren in Westdeutschland 5.000 Fernsehgeräte angemeldet, als es an die Öffentlichkeit kam, gab es 100.000 Teilnehmer. Für Schwitzke bestand der fundamentale Unterschied zwischen Film und Fernsehen u. a. in der grundverschiedenen Rezeptionssituation und medialen Ansprache – »Massentheater« auf der einen Seite, in das »Publikum zum Zwecke einer Schau« zusammenkomme, auf der anderen Seite aber »eine Privatwohnung«, in der die Gesichter auf dem Bildschirm »wie bei einer gewohnten und vertrauten Begegnung« wahrgenommen würden.43 Johannes Eckardts Begeisterung für die Masse im Kino scheint hier ex negativo aufzuglimmen. Fortschritte in der Beherrschung der Fernsehtechnik zeigten sich u. a. darin, dass es den Hamburgern gelang, eine Ausgabe der Neuen Deutschen Wochenschau, zwei Akte aus dem Spielfilm Schicksal aus zweiter Hand (1949, Regie: Wolfgang Staudte) und einen Teil von Curt Oertels Kulturfilm Michelangelo vorzuführen. So berichtete es die Filmbranchenpresse, die ein Interesse haben musste an derlei neuen medialen Entfaltungen und

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Werner Pleister

sie entsprechend häufig thematisierte.44 Obgleich die SPIO, der »vorrangige Gesprächspartner der Rundfunk- und Fernsehanstalten«, schon Ende 1949 gegründet wurde, wiewohl mit der ARD »der wesentliche Verhandlungspartner der Filmwirtschaft« ab Sommer 1950 als föderal strukturierte »Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland« auftrat und obgleich »eine vorbereitende ›Fernsehkommission‹ schon sehr schnell, im September 1950, gebildet wurde«, dauerte es nach Mitteilung des Soziologen und Medienwissenschaftlers Gerd Albrecht »lange, ehe es zu Begegnungen zwischen Vertretern der beiden Medien kam«.45 Dazu sollte ein Treffen zwischen Heinrich Roellenbleg und Werner Pleister Mitte September 1952 zählen, als die Degeto dabei war, immer deutlicher in das Einf lussgebiet vor allem des HR zu geraten. Dem unmittelbar vorangegangen war ein programmatischer Text, den Pleister, der im April 1952 durch NWDR-Generaldirektor Adolf Grimme zum Fernsehintendanten des NWDR ernannt worden war (eine Aufwertung des Fernsehens, das dadurch eine eigene Abteilung wurde, herausgelöst

Werner Pleister, 1950er Jahre

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aus dem Bereich der Zentral-Direktion des NWDR),46 wenige Tage zuvor in der Zeitschrift Der neue Film veröffentlicht hatte. Sein Titel: »Fernsehen und Film. Zusammenarbeit von beiden Seiten erwünscht.« Ähnlich wie Heinz Schwitzke (von Grimme nach Hamburg geholt) hatte auch Werner Pleister (1904–1982) in den frühen 1930er Jahren zu den literarischen Mitarbeitern der RRG in der Berliner Masurenallee gehört, und wie dieser war auch er in die NSDAP eingetreten. Adolf Grimme, der ab 1943 wegen seiner Kontakte zum antinazistischen Widerstand eine mehrjährige Zuchthausstrafe abgesessen hatte und im Herbst 1946 erster niedersächsischer Kultusminister geworden war,47 schätzte Pleister gleichwohl. Dieser sah seinen Vorgesetzten Grimme in der Rückschau als einen »Volksbildungskönig« – und in der Wertschätzung der Volksbildungsarbeit waren beide sich einig.48 Bald nach Kriegsende war Pleister ihm als künstlerischer Referent49 für Theater, Film und Bildende Kunst in Richtung Hannover gefolgt, kam in den Genuss einer Hilfe bei der Gehaltseinstufung durch Kurt Zierold (der durchgehend gute Beziehungen zu Grimme unterhielt), wurde entnazifiziert, zum Oberregierungsrat ernannt und in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen.50 Er galt als der SPD nahestehend. Grimme, der zum rechten Flügel dieser Partei gerechnet und beim NWDR recht bald zur umstrittenen Figur wurde, kannte als Politiker nur eine Richtung: Erziehung. Auch im Rundfunk sah er ein »Instrument des Dienstes am ganzen Volk«51 und den »Mittelpunkt des Familienlebens«.52 Nachdem er, anfangs gegen das Fernsehen eingestellt, im Herbst 1948 Generaldirektor des NWDR geworden war, änderte sich seine Denkhaltung, und zusammen mit Pleister, den er im Frühjahr 1950 als Programmdirektor Hörfunk in der Generaldirektion des NWDR sowie nächstens auch als Beauftragten für Fernsehprogrammfragen aus Hannover nachgeholt hatte, plädierte er nun für ein Fernsehen, das von den Erfahrungen in anderen Ländern, speziell England, profitieren sollte.53 Dies spiegelt sich in Pleisters Aufsatz wider, in dem er ankündigte, Deutschland werde »bei der Einführung des Fernsehens die europäischen Formen anwenden« – was zugleich die Abwendung vom ebenfalls denkbaren Vorbild der privatwirtschaftlich betriebenen Television in den USA bedeutete.54 In einfachen Worten richtete er sich in dem Text an die Filmbranche und lieferte Fakten zu Teilnehmergebühren, Senderfinanzierung, der Rolle der Post und Neubauplänen. Etwaige Ängste der Filmindustrie hielt er für unbegründet, denn Fernsehen und Film seien grundverschieden: »Das Fernsehen kann zwar auch Filmstreifen aussenden, aber seine Originalität liegt in der Möglichkeit der direkten Sendung. […] Das Fernsehen verlangt also zunächst keine Filmproduktion. Es ist ein technisches Übertragungsmittel.«

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Werner Pleister

Im Mittelpunkt würden »die großen Direktübertragungen allgemein interessierender Ereignisse« stehen. Die übrigen Bestandteile des Fernsehens dürften hingegen durchaus Filmbezüge aufweisen, die Aussendung von Filmstreifen sei zwar »oft unbefriedigend«, aber auf anderer Ebene sieht Pleister gute Chancen einer Kooperation mit der Filmwirtschaft – zum Beispiel über die Bekanntmachung des Publikums mit aktuellen Filmvorhaben, durch »filmkritische Betrachtungen mit Filmausschnitten« oder anhand einer Demons­ tration filmgeschichtlicher Entwicklungen mit Beispielen.55 Im Sommer 1953, kurz bevor im Herbst der Schlüssel zum Neubau eines modernen und von Anfang an für Fernsehaufnahmen ausgelegten Studios in Hamburg-Lokstedt von Grimme an Pleister übergeben wurde, war man beim NWDR weiterhin der Auffassung, die Ausstrahlung von Filmen lediglich als Fernseh-Notprogramm zu betrachten, stand der Frage einer zentralen Beschaffung von Spielfilmen und der Installierung eines verwaltenden Filmkontors aber dennoch positiv gegenüber. Darin äußert sich eine größere Pragmatik Pleisters etwa gegenüber dem HR-Intendanten Beckmann, der zumindest den Spielfilm­ einsatz im Fernsehen zu dieser Zeit strikt ablehnte,56 während er auf dem Gebiet des Kulturfilms im Fernsehen die Entwicklung vorantrieb.

Jürgen Roland (mit Mikrofon), Adolf Grimme (mit Hand in Tasche), ganz rechts Werner Pleister, vermutlich 9. Mai 1951, 15 Uhr, Grundsteinlegung für das Mehrzweck-Studio-Haus auf dem Gelände des Hamburger NWDRFunkhauses

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Filmgeschichte im frühen Nachkriegsfernsehen Eine Stichprobe in der Programmzeitschrift Hör Zu erbrachte eine Fülle von Sendungen aus dem Kontext der Filmvermittlung, wie sie Pleister anklingen ließ. So brachte Hamburg am 9. Januar 1953 einen Beitrag über den Weg des Schauspielers Dieter Borsche und dazu Ausschnitte seiner letzten Filme, ausnahmslos Produktionen der Neuen Deutschen Filmgesellschaft und bis auf Fanfaren der Liebe (1951, Regie: Kurt Hoffmann) von Harald Braun inszeniert (der mit Pleister befreundet war und in den frühen 1930er Jahren ähnliche Aufgaben wie dieser beim Rundfunk übernommen hatte).57 Die Einrichtung einer »Stunde der Filmclubs« im Programm hatte Pleister im Herbst 1953 vorgeschlagen. Der NWDR Köln sendete am 12. September 1954 Wolfgang Liebeneiners düsteren Trümmerfilm Liebe 47 (1949), und drei Tage später war Charles Laughton in seinen grossen Filmszenen zu sehen. Ein Leben für den Film. Vierzig Jahre Harry Piel hieß eine weitere filmgeschichtliche Ausstrahlung des HR vom 6. Dezember 1954. Auch Dreyfus, Richard Oswalds Chronik des Justizskandals (1930), bei der Guido Bagier die Tonleitung verantwortete, war am Fernsehschirm zu sehen – am 31. Oktober 1955 beim Sender Freies Berlin. Bis zu 30.000 Meter Kulturfilm soll der NWDR im Vorgriff auf eine Ausstrahlung während seines Ende 1950 gestarteten Versuchsprogramms erworben haben, für 1951 liegt die Zahl von 55 gesendeten Spielfilmen und 113 Kurz- bzw. Kulturfilmen vor.58 Zwischen Januar und August 1953 sollen, so eine Aufstellung der SPIO, von den westdeutschen Fernsehsendern insgesamt 130 Filme ausgestrahlt worden sein, davon 84 Kultur-, 39 Spiel- und fünf Zeichentrickfilme. Eine Ergänzungsberechnung für das gesamte Jahr 1953 ergab, dass die Mehrzahl der Spielfilme aus dem UFI-Stock stammte.59 Kinofilme, dies war im Westen Deutschlands eine Erkenntnis, der sich weder Werner Pleister noch die sogenannte Hörerforschung des NWDR verschließen konnten, galten in der Praxis als die erfolgreichsten Programmteile – auch wenn dies dem eigenen Fernsehverständnis entgegenlief.60 Einer solchen filmhistorischen Bewusstseinsschärfung stand der Deutsche Fernsehfunk (DFF) nicht nach.61 Er nahm als das staatliche Fernsehen der Deutschen Demokratischen Republik wenige Tage vor dem NWDR seinen Sendebetrieb auf, am 21. Dezember 1952, und beschäftigte sich ebenfalls schon früh mit Unterrichtungen, die sich ausdrücklich der früheren Filmgeschichte widmeten. So beschaffte der DFFRedakteur Wolfgang Stemmler im Frühjahr 1953 alte Stummfilme aus der Sammlung von Erich Skladanowsky, worauf hin sich auch der inzwischen verarmte Schauspieler Ludwig Trautmann aus Westberlin meldete, Filme

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Die Degeto wird zur Vermittlerin

mitbrachte und dazu im Studio des DDR-Fernsehens auftrat. Mensch, so’n Kintopp hieß diese kleine Sendereihe, jede Folge dauerte 25 Minuten, in denen zumeist Gerhard Wollner kommentierte und Hans Hendrik Wehding musizierte. Auch der Theater- und Filmspiegel wendete sich mitunter prononciert der frühen Filmgeschichte im Fernsehen der DDR zu.62

Die Degeto wird zur Vermittlerin Das erwähnte Treffen zwischen Roellenbleg als Vertreter der Filmindustrie und Pleister als Repräsentant des Fernsehfunks fand im September 1952 während einer Besprechung über Fernsehfragen statt und erbrachte nach einer Aktennotiz hauptsächlich Willensbekundungen des NWDR. So sah Pleister Kooperationsmöglichkeiten in erster Linie »auf dem Gebiete des Kultur- und Reportagefilms«, bezeichnete wie sein Gesprächspartner »eine Ausgliederung der Fernsehrechte bei Abschluss von Filmverträgen als wünschenswert« und »nahm mit Interesse zur Kenntnis, dass die Degeto […] ihre Tätigkeit wieder aufgenommen habe und es als eine ihrer Aufgaben ansähe, derartige Rechte zu sammeln, um sie den Fernsehanstalten zur Verfügung zu stellen«.63 Weil Pleister verhindert war, setzte Roellenbleg das Gespräch über die Ziele und Absichten der Degeto bei einem Hamburg-Besuch Ende November 1952 mit dem Produktionsleiter Walter Tjaden fort, einem der erfahrensten und renommiertesten Tontechniker des deutschen Films, der kurzfristig beim NWDR engagiert war. Die Annäherung wurde konkreter, von Senderseite begriff man die Degeto als Vermittlerin zwischen der Produktion und den Sendern und wollte deshalb »den auftretenden Filmbedarf« bei ihr bestellen. Für das Programm von Anfang 1953 bis Ende März solle sie 20 Titel anbieten – fertige und vorhandene Filme als »vorübergehende Notlösung«, denn »in Zukunft könnten die Fernsehsender nur neue Filme in Originalsendung bringen«. Die Finanzierung solcher Programme sollte durch Breite gesichert werden, also internationaler Austausch (Integrex) und Auswertung durch Kinoverleih. Dabei müsse dem Fernsehen »jedoch die Priorität gesichert bleiben«. Etatmittel beim Sender für die infrage kommenden Lizenzen seien knapp, eine Hoffnung bestünde jedoch darin, erworbene Fernsehrechte für das eigene Programm via Integrex gegen ausländische Filme für das deutsche Programm zu tauschen und, so die Rechnung, die Einnahmemöglichkeiten auf diesem Weg gegenüber den Herstellungskosten zu erhöhen.64 Welche persönliche Vertrautheit nötig sein konnte, wenn die Degeto versuchte, Filmrechte für die Kinoauswertung und für die Fernsehausstrahlung

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von Produzenten zu erwerben, aber auch welche erstaunliche Mühe hinter dieser Arbeit stecken konnte, verdeutlichen Briefe, die in der Nachkriegszeit zwischen dem Berliner Kulturfilmproduzenten Hans Cürlis und der Degeto gewechselt wurden. Seit 1949 standen Roellenbleg und Cürlis wieder direkt miteinander in Verbindung, beide kannten sich offenbar weit länger, und mit der Degeto-Kulturfilm GmbH hatte Cürlis in den 1930er Jahren bereits geschäftliche Verbindungen gepf legt. In einem Brief an Cürlis von Mitte September 1949 ref lektiert Roellenbleg hauptsächlich die komplizierte Gegenwartssituation des Kulturfilms, würdigt dabei auch die Filmclub-Aktivitäten von Johannes Eckardt und nicht zuletzt sein eigenes filmpolitisches Engagement. Gern hätte er die Kulturfilm-Hersteller zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen, »die in einem gemeinsamen Institut ihre gemeinschaftlichen Produktionsmittel wie Trickwagen, Transfokator, Lampen u. s. w. finden, aber auch Arbeitsräume, Synchronisations-Möglichkeit etc.« Roellenblegs Ideen sind klar umrissen: »Dieses ›Institut‹ müsste gemeinsame Abschlüsse mit den Rohfilm-Fabriken treffen, aber auch den Vertrieb in die Hand nehmen, damit Preisunterbietungen unterbleiben,  – insbesondere den Auslands-Vertrieb durchführen, – vielleicht sogar Kulturfilm-Matineen außerhalb der normalen Theater-Programme veranstalten. Sie sehen, mir schwebt dabei eine Art Genossenschaft vor, die m. M. zum Nutzen aller sein könnte.« 65 Nicht auszuschließen, dass diese Vorstellungen im erkennbaren Rückgriff auf einstige Kulturfilmaktivitäten Johannes Eckardts in den 1930er Jahren zu verstehen sind, denkbar auch, dass sich in dieser Vorstellung von einer »Genossenschaft« in Umrissen etwas neu abzeichnet, was Roellenbleg mit der Kulturfilm-Zentrale nicht gelungen war und was als Arbeitsinstitut für Kulturfilmschaffen nicht einmal die Arbeit aufgenommen hatte. Von August 1952 an versuchte Roellenbleg, zunächst für den Degeto e. V., dann für die Degeto-Film GmbH und bald auch für die Integrex, Cürlis dazu zu bewegen, solche Filmtitel (vorwiegend aus der eigenen Produktion) zu nennen, deren Auswertungsrechte einschließlich der Schmalfilm- und Fernsehrechte er der Degeto hätte übertragen können. Doch entweder verhandelte Cürlis gerade mit anderen Verleihern oder er verfügte nicht über die entsprechenden Rechte für Titel, an denen die Degeto interessiert war. Vorbehalte gegenüber einer Auswertung seiner Filme im Fernsehen sind bei Cürlis jedenfalls nicht festzustellen – im Gegenteil, denn er weist in seinem Geleitwort zum Katalog der deutschen Kultur- und Dokumentarfilme 1953 explizit auf die Bedeutung des Fernsehens für den Kulturfilm hin.66 Dann wieder gingen Jahre mit Treffen und Verhandlungen ins Land, die vornehmlich Walter Steinhauer übernahm, seit Mitte der 1950er Jahre Mitarbeiter der

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Die Degeto wird zur Vermittlerin

Degeto-Film GmbH. Dieser sächsische Filmsammler und -vermittler, ein liebend gern an die Öffentlichkeit strebender Universalgelehrter in Filmsachen (Filmtheater-Conférencen, Radiosendungen), hatte bereits dem Internationalen Filmkongress 1935 historisches Filmmaterial geliefert und befasste sich ab 1960 vorwiegend mit Rechtefragen und Synchronisationen bei der kurzlebigen Freies Fernsehen GmbH. 67 Für die Degeto suchte er nun bei Produktionsfirmen nach thematisch geeigneten Filmausschnitten für Fernsehsendungen wie nach vollständigen Spielfilmen, er prüfte Filme auf ihre Fernsehtauglichkeit, pf legte Kontakt zu Filmleuten wie Alois Melichar, um Zuschauerfragen zu übermitteln, und war etwas später der Auffassung, dass das Fernsehen der Filmkunst insofern auf helfen müsste, als es in kleineren Orten, wo Filmkunst oft nicht die Regel ist, eben auch anspruchsvolle Filme beim Publikum interessant machen könnte.68 Vonseiten Hans Cürlis’ jedoch kam es  – nach Lage der Überlieferung  – erst 1957 zu einer ersten Rechnungsstellung an die Degeto – in der Höhe von exakt 37,50 DM für 33 Sekunden (das entspricht 15 Meter Normalfilm) mit Potsdam-Szenen aus einem kurzen Schmalfilm, die der HR in seine Sendung Die ewige Garnison einklinkte, ausgestrahlt am 28. August 1957.69 Vermittelt hatte das Material die Degeto. In den 1960er Jahren kam es zu weiteren Verträgen beider Partner. Wobei einzelne Firmen oder Personen ihrerseits die direkten Verhandlungen mit dem Fernsehen favorisierten. So ist bekannt, dass zum Beispiel der Berliner Filmsammler und -kaufmann Albert Fidelius dem NWDR Kopien von Filmen angeboten hat, die dieser ohne Rücksprache mit dem Rechteinhaber Ufa-Film GmbH sendete – etwa Arnold Fancks Frühling in Japan (1941) oder Treibjagd in der Südsee, eine Umarbeitung von Material aus F. W. Murnaus Tabu (1940, Bearbeitung: Werner Buhre).70 Jene von der Degeto mit Auswertungsrechten erworbenen Kulturfilmtitel, die das deutsche Fernsehprogramm bereichert haben, lassen sich schwer ermitteln, denn die Angaben der Programmpresse fielen dürftig aus. Immer wieder lautet in den ersten Monaten nach Sendebeginn des NWDR die karge Notiz, etwa in der Hör Zu: »NWDR aus Berlin, 21.25–21.35 Kulturfilm« (6. Januar 1953) oder »NWDR aus Köln, 20.35–20.45 Kulturfilm« (9. Juni 1953). Kulturfilme scheinen aus dieser Perspektive zum einen »Programmfüller« gewesen zu sein, darüber hinaus wurden sie dort eingesetzt, »wo es galt, den Übergang von einer Livesendung zu einer anderen zu überbrücken und den Wechsel im Studio zu ermöglichen«.71 Andererseits wissen wir mitunter en détail, welche Titel die Degeto dem NWDR zur Verfügung gestellt hat, damit dieser zu einer Entscheidung über eine Ausstrahlung kommen konnte. Darunter befinden sich etwa mit Der Geissbub, Ein Schäfer-

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tag und Die Rominter Heide (1944, Regie: Ulrich K. T. Schulz) drei UfaKulturfilme aus der Zeit des Nationalsozialismus. Pro Film war eine Sendegebühr in Höhe von 200 DM an die Degeto fällig. Damit waren alle Ansprüche an den Sender abgegolten.72 Einen Teil dieses Betrags konnte die Degeto als eine Art Courtage einstreichen. Bei der UFI war für die Ausstrahlung von Ein Schäfertag im Jahr 1955 ein Betrag von 144 DM eingegangen, verrät eine Aufstellung.73 Zu den ausgestrahlten Produktionen gehörten auch Titel, die vom einstigen Institut für den Unterrichtsfilm in München, mittlerweile Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht (FWU), hergestellt worden waren. Mit dieser Einrichtung schloss die Degeto im Juli 1953 einen Vertrag über die Fernsehauswertung aller ihrer Lehr- und Unterrichtsfilme im Ausland. Ebenfalls als einen »Kulturfilm« kündigte das Fernsehen indessen für den 8. Januar 1953 die Sendung des Titels Tennessee-Tal an, ausgestrahlt vom NWDR Hamburg zwischen 20.40 und 21.10 Uhr. »Eine ganze Reihe dieser Kulturfilme amerikanischen Ursprungs«, wie Knut Hickethier feststellt, gelangten in das Fernsehprogramm, so etwa auch Weideland Montana (4. März 1953).74 Dabei handelte es sich sowohl bei Valley of the Tennessee (1944, Regie: Alexander Hammid, d. i. Alexander Hackenschmied) wie auch beim zweiten Beispiel, The Western Stockbuyer (Originaltitel zweifelhaft, Jahr und Regie ungeklärt), um Arbeiten, die dezidiert von offizieller US-amerikanischer Seite (amerikanische Hochkommission) einem deutschen Publikum unentgeltlich angeboten worden waren. Hammids Film war eine Produktion des Office of War Information (OWI) und gehörte zu einem medialen Informationsprogramm, auch im Vorgriff auf die geplante Re-Education in den befreiten Zonen Europas: Die Filme »sollen dem deutschen Publikum einerseits von fremden Ländern und Völkern berichten und ihm Verständnis für deren Probleme vermitteln; andererseits sollen sie Ereignisse, aktuelle Fragen und die Lösung von Problemen, die Deutschland selbst betreffen, schildern und zu deren Verständnis beitragen.« Mit diesen Worten wurde in einen umfangreichen Filmkatalog eingeführt, den der Filmdienst für Jugend und Volksbildung im Januar 1952 herausgab.75 Über Amerikahäuser, Konsulate oder Public Affairs Offices waren 16-mm-Schmalfilmkopien der zuvor neu bearbeiteten Filme zu beziehen. Bei der medialen Umerziehung der Deutschen in den frühen 1950er Jahren schritten Film und Fernsehen in diesem Fall Seite an Seite.

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Übernahme durch die Werbung im Rundfunk GmbH

Übernahme durch die Werbung im Rundfunk GmbH Trotz der inzwischen erkennbaren Nähe der Degeto zum HR war in Beratungen zwischen Pleister und Roellenbleg Ende Oktober 1953 davon die Rede, dass die Degeto-Film GmbH zentrale Filmeinkaufsstelle für In- und Auslandsgeschäfte des Fernsehens werden solle, an der sich der NWDR ggf. auch finanziell beteiligen könne. Es hieß, die Degeto verfüge über die Rechte an etwa 150 Vorkriegsfilmen, aus der neuen deutschen Produktion seien maximal 60 Titel zugänglich, verfügbare Filme aus dem Ausland wurden mit ca. 120 schweizer Titeln, 600 französischen, ungefähr 350 Filmen aus Italien und bis zu 2.000 US-amerikanischen beziffert. Die Korrektheit der Angaben vorausgesetzt, wären das beträchtliche Volumina an Filmrechten gewesen. Überdies war der Degeto die Mittlerstelle zwischen Fernsehen und Filmindustrie zugedacht, »insbesondere bei den zu erwartenden rechtlichen Auseinandersetzungen«.76 Gleichwohl sollten Fernsehanstalten auch weiterhin frei mit Filmproduzenten und -verleihern kooperieren dürfen. Nur leicht modifiziert wurde diese Haltung bei einer Tagung der ARDFernsehkommission Anfang März 1954. Pleister hielt Roellenbleg für sehr geeignet, »um auf dem Gebiete der Filmverwertung als Treuhänder für das deutsche Fernsehen zu wirken«.77 Ein genauer Vertrag zum Umriss ihrer Aufgaben und mit einer Festlegung der Kosten, die von der Degeto berechnet werden können, müsse nun geschlossen werden. Auslandsgeschäfte solle sie allerdings nicht tätigen.78 Dieser Vertrag blieb aus. Und die folgenden Erfahrungen des NWDR mit der Degeto-Film GmbH dürften nicht durchweg positiv gewesen sein, das stellte Pleister bereits im Sommer des Jahres während einer Sitzung der ARD-Programmkonferenz in Bremen fest, wo vereinbart wurde, eher das Filmbüro des NWDR als zentrale Informationsstelle (aber nicht als Beschaffungsstelle) für alle hier Beteiligten zu betrachten, »damit jeder Sender sich die bisher vom NWDR geführten Filmverhandlungen zunutze machen kann«.79 Zu Beginn des Jahres 1954 hatte die Geschäftsführung der Degeto-Film GmbH in einem Papier für den Aufsichtsrat konstatiert, dass die Anlaufschwierigkeiten überwunden seien und Hoffnung auf eine gesunde Weiterentwicklung des Unternehmens bestehe.80 Kurz darauf beriet der Aufsichtsrat die neuen Pläne und wurde dabei auch mit der Information konfrontiert, dass sich Guido Bagier in der jüngsten Vergangenheit mehrfach als Beauftragter der Degeto ausgegeben habe, obwohl er bereits im September des Vorjahres den Posten des zweiten Geschäftsführers geräumt hatte. Zudem habe Heinrich Roellenbleg, maßgeblich beteiligt am Abtritt von Bagier (der am 25. Fe­­

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Das westdeutsche Fernsehprogramm als Filmplattform

bruar 1954 aus Gesellschaft und Verein austrat), den Wunsch geäußert, von seinem Amt als Vereinsvorstand entbunden zu werden (er trat Mitte Mai 1954 zurück). Mit der Klärung der letzten Frage wurde Johannes Eckardt betraut, der bei einer gemeinsamen Sitzung von Verein und Gesellschaft am 19. Mai in Bad Ems Roellenbleg auf diesem Posten nachfolgte.81 Alles andere als optimistisch betrachtete freilich Gottfried Michelmann die Zukunftsaussichten der Degeto-Film GmbH, nachdem er für den Aufsichtsrat zusammenfassend deren wirtschaftliche Lage Mitte Mai 1954 geprüft hatte.82 Gegen einzelne Teile des Berichts nahm Roellenbleg (der zeitweise auf seine Vergütung als Geschäftsführer verzichtet hatte) unmittelbar darauf Stellung, kam jedoch ebenfalls zu dem Resultat, dass sich die zu Jahresbeginn gehegten Erwartungen aus folgenden Gründen »leider nicht erfüllt« hätten: So habe der NWDR zunehmend weniger Filme abgenommen und stattdessen direkte Abschlüsse getätigt, ausgewählte und abgeschlossene Filme seien von Hamburg noch nicht gesendet worden (vergütet wurde erst nach erfolgter Ausstrahlung, der Gebührensatz des UFI-Filmvertriebs pro Meter Film richtete sich nach der Anzahl im Bundesgebiet angemeldeter Fernsehempfänger, war also hochdynamisch), erwartete Angebote von der Integrex für den NWDR waren aus-

Kurt Magnus, Eberhard Beckmann, Gottfried Michelmann, um 1960

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Übernahme durch die Werbung im Rundfunk GmbH

geblieben, zudem würden andere ARD-Anstalten noch immer »über keinen Filmgeber« (Filmabtaster) verfügen, hätten also auch kein Interesse an Filmrechten. »Durch den mangelnden Umsatz ist die Gesellschaft liquidationsreif geworden.«83 Kurzum: Die Geschäfte liefen schlecht. Obgleich an Eberhard Beckmann im Juli 1954 noch ein Schrei­ben gerichtet worden war, in dem die Vorzüge der Degeto-Expertise – speziell wegen Roellenblegs persönlicher Verbindungen  – hervorgehoben und auch die besonders genaue Orientierung der Degeto über die Leistungsfähigkeit der deutschen Filmarchive betont wurde (»Man könnte sich auch in der Degeto so etwas wie ein potenzielles Filmarchiv und eine Filmkartothek schaffen«),84 sollten Gesellschaft und Verein nun radikal verändert werden. So jedenfalls schlug es ein Papier vor, das am 14. Juli 1954 »vertraulich« zur rechtlichen und ökonomischen Situation der Degeto-Film GmbH Stellung bezog und vermutlich an die Spitzen der ARD gerichtet war. Ausgangspunkt war die festgestellte »Überschuldung« der Gesellschaft. Ein Konkurs wäre denkbar gewesen, doch nur um den Preis eines Ermittlungsverfahrens gegen den Geschäftsführer der Degeto-Film GmbH, Roellenbleg, der in diesem Fall zuvor verpf lichtet gewesen wäre, das Konkurs- oder ein gerichtliches Vergleichsverfahren zu veranlassen. »Eine Beendigung der Firma im Wege des Konkurses herbeizuführen« empfahl sich für den Verfasser aus der Besorgnis heraus nicht, dass auf diese Weise »mittelbar die Beteiligung des Hessischen Rundfunks und des Landes Nordrhein-Westfalen an dem Konkurs der Gesellschaft in der Öffentlichkeit bekannt wird«. Eine Liquidation, wie von Roellenbleg ins Spiel gebracht, wäre für diesen nicht uneigennützig gewesen, hatte er doch inzwischen ein Angebot seiner Melophon-Film GmbH zur Übernahme von Degeto-Firmenteilen vorgelegt – die Auf lösung durchzuführen war er freilich nur unter der Voraussetzung bereit, dass der HR auf das gewährte Darlehen verzichtet. Diese Situationsbeschreibung, angereichert durch die nach wie vor als sinnvoll erachtete Idee, »zu einem späteren Zeitpunkt sämtlichen Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik die Übernahme gleicher Degeto-Anteile anzubieten, um die Degeto-Film GmbH zu einer zentralen Filmeinkaufsgesellschaft des deutschen Rundfunks zu entwickeln«, führte zu dem Vorschlag, das Unternehmen fortzuführen und mit einer »Sofortaufgabe« zu versehen. Das Vorgehen bestand u. a. aus einer Sitzverlegung nach Frankfurt am Main (offizielle Umtragung in das Handelsregister Frankfurt am Main am 31. März 1955),85 der Weiterverpf lichtung Roellenblegs und der Namensänderung in Degeto-GmbH, denn der Zusatz »Film« wurde als »unwesentlich« angesehen und sei angeblich nur deshalb gewählt worden, »um die GmbH

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deutlicher vom Verein zu unterscheiden. Der Verein soll jedoch aufgelöst werden.« Sämtliche Gesellschaftsanteile des Degeto e. V. hätten nunmehr durch die Werbung im Rundfunk GmbH (WiR) übernommen werden sollen, einer vom HR Anfang Februar 1954 gegründeten privatrechtlichen Tochtergesellschaft (Mitgesellschafter neben dem HR war zunächst auch die Deutsche Revisions- und Treuhand-Gesellschaft) zur Abwicklung seiner Funkwerbungssendungen, wie sie bei den ARD-Anstalten üblich wurden.86 Sie sollte mit der Degeto-GmbH einen Organvertrag schließen und als beherrschendes Unternehmen dafür sorgen, dass ein Handeln der beherrschten Gesellschaft auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeschlossen ist. Eine Kapitalerhöhung der Gesellschaft war dazu gedacht, um die Summe zur Abdeckung der HR-Forderung zu liefern, in den Büchern des Senders würde die Degeto nicht mehr erscheinen. Ihre erweiterte Aufgabenstellung war alternativ in eine große und eine kleine Lösung gefächert, wobei der maximale Ausweg in der ARD-Zentralbeschaffungsgesellschaft einschließlich der etwaigen Eigenproduktion von Fernsehfilmen bestanden hätte. Hingegen setzte sich die verminderte Aufgabe aus der Beschaffung von Filmen für den HR, die Vorbereitung für die Aufnahme von Werbefilmsendungen sowie eine Produktion von Kultur-, Dokumentar- und Werbefilmen zusammen. Eine Änderung des Gesellschaftszwecks führte dazu, dass die Spezifizierung von Herstellung, Verleih und Vertrieb »künstlerisch und kulturell wertvoller« Filme gestrichen werden sollte, da man sich künftig auch auf dem Gebiet des Werbefilms engagieren würde.87 Die hier beschriebenen Schritte einer kleinen Lösung wurden auf einer Aufsichtsratssitzung am 17. Juli 1954 beschlossen.88 Der Name blieb allerdings der alte. Ein wenige Tage später datierter Aufriss weist der Degeto-Film GmbH die Aufgaben nach Übernahme durch die WiR zu. Sie bestehen aus der Beschaffung von Filmen für das Fernsehen des HR, dem Verleih von Filmen an Filmtheater (u. a. Titel aus dem Ufa-Vermögen, Eigenproduktionen und von der Integrex erworbene Filme) wie der Vorbereitung für die Aufnahme von Werbefilmsendungen.89 Eine Gesellschafterversammlung am 16. Oktober 1954 be­­ schloss die Erhöhung des Stammkapitals auf 75.000 DM und bestellte den Assessor Hans Joachim Wack zum weiteren Geschäftsführer der Gesellschaft, die am 1. Oktober den Organvertrag mit der WiR geschlossen hatte.90 Sie war damit mittelbar ein Teil des Hessischen Rundfunks geworden und unterlag der Kontrolle und Überwachung der WiR, um ihr »unbedingt Folge zu leisten«.91 Wack, einstmals Direktionsassistent des Justitiars und stellvertretenden HR-Intendanten Gottfried Michelmann, wurde Anfang 1989 als Geschäftsführer der Degeto verabschiedet.92

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Die Jahre bis zur Umgründung 1959

Die Jahre bis zur Umgründung 1959 Ein von Roellenbleg und Wack für das Geschäftsjahr 1954 abgelieferter Bericht konnte jedoch noch keine Verbesserungen verzeichnen, auch jetzt waren die Erwartungen nicht erfüllt worden. Allerdings wurden zunehmend wirtschaftliche Erfahrungen gemacht und Hoffnungen in die Zukunft gesetzt, wonach die Betriebsverluste sich ermäßigen sollten. So vermutete man künftig bei den Sendeanstalten ein erhöhtes Interesse an der Einblendung von Filmausschnitten in Livesendungen, weniger aber an ganzen Filmen. Deren Einsatz sei wohl erst mit Einführung von Regionalprogrammen zu erwarten, hieß es. Der Rechtebestand wurde deshalb katalogisiert, einzelne Titel nach ihren Sujets analysiert – dies eine Aufgabe, die in Deutschland bereits an der Ufa-Lehrschau und im Reichsfilmarchiv in den 1930er Jahren aus praktischen Gründen geübt worden war.93 Die ARD-interne Debatte um die Rolle der Degeto in einer zentralen Schlüsselstellung als Filmkontor zwischen Filmwirtschaft und Rundfunkanstalten setzte sich unterdessen fort. Immerhin wurde Anfang 1955 bilateral verabredet, dass Bayerischer und Süddeutscher Rundfunk sich bei der gesamten Filmbeschaffung wie bei der Verbindung zu Produktions- und Verleihfirmen probeweise der Degeto bedienen wollten.94 Die stärksten Einwände dagegen formulierte Joachim Braun, Leiter des Filmbüros des NWDR, als Reaktion auf einen von Wack im Herbst 1955 erstellten Erfahrungsbericht aus der Tätigkeit der Degeto-Film GmbH, in dem dieser sich besonders der Frage eines zentralen Filmkontors widmete und auch die Haltung der Filmindus­ trie charakterisierte: Danach würde in weiten Kreisen (speziell bei Kino­ besitzern) eine fernsehunfreundliche Einstellung herrschen, von Konkurrenzangst geprägt, sodass zumeist nur alte Filme freigegeben würden. Die Industrie als solche sei immer dann einer Fernsehausstrahlung gegenüber aufgeschlossen, wenn ein ganzer Film verkauft werden könne, dessen Auswertung im Kino abgeschlossen sei.95 Die denkbare Rivalität im Verhältnis des Films zum Fernsehen war bereits Autoren der 1930er Jahre bewusst. So verneinte Peter Hart die Frage, ob ein aktueller Tonfilm, der im Fernsehen gezeigt wird, »den Stamm der Kinobesucher dazu veranlassen« würde, nicht mehr das Lichtspielhaus zu besuchen. Sein Argument: Dem Menschen als »Herdengeschöpf« sei das Gemeinschaftserlebnis im Kino dafür zu wesentlich.96 Für Braun leistete die Degeto indessen eine allgemein ungenügende Arbeit, verteure als ein »Zwischenglied« die Filme, verzögere Dispositionen und sei »künstlerisch ihrer Aufgabe überhaupt nicht gewachsen«. Er lehnte das zentrale Filmkontor ab und riet stattdessen zur Schaffung einer zweiten

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arbeitsfähigen Filmstelle beim Bayerischen Rundfunk neben der bereits existierenden des NWDR.97 Diesem Vorschlag folgte die ARD nicht, die Zeichen standen zunehmend auf Zentralisierung durch Professionalisierung und Erfahrung. Nachdem Heinrich Roellenbleg Mitte Oktober 1957 als Geschäftsführer ausgeschieden war, verfügte Wack über die Berechtigung, die Degeto-Film GmbH allein zu vertreten (1959 kam mit Erwin Wittmann ein zweiter Geschäftsführer hinzu, der die neu geschaffene Zweigniederlassung in München leitete und 1984 ausschied). Wacks Einf luss als Chef der Degeto wuchs fortan. Als von anderen Sendern darüber geklagt wurde, dass allein der HR Spitzenfilme zeige, während andere Anstalten (die sich ihrer eigenen Filmabteilungen bedienten) mit mittlerer Ware abgespeist würden, bestätigte Wack Mitte 1958 diese Entwicklung in einem Aktenvermerk und begründete sie mit der besonders guten Arbeit der Degeto, die v. a. zu rascheren Entscheidungen gelange und um ein ausgeglichenes Verhältnis zu Vertretern der Filmindustrie bemüht sei.98 Auch sein Geschäftsbericht für das Jahr 1958 spricht eine deutliche Sprache, denn es war eine wesentliche Steigerung der geschäftlichen Aktivitäten im Berichtsjahr zu verzeichnen. Dafür war hauptsächlich die Aufnahme von gemeinsamen Werbefernsehsendungen der süddeutschen Rundfunkanstalten verantwortlich, die im Bereich des HR von der WiR verantwortet wurden. Sämtliche für das Werbefernsehen (dessen Zeiten be­­ reits 1958 als knapp galten) beschafften Filme, vor allem nicht-deutsche Filmserien und Einzeltitel, gingen auf die Tätigkeit der Degeto-Film GmbH zurück, darunter die BBC-Serie The Borneo Story (ab 1956, Drehbuch: Tom Harrisson). Es sei allerdings schwieriger geworden, notierte Wack, Spielfilme zu beschaffen, die bereits in deutschen Kinos gelaufen waren  – dies betraf sowohl deutsche wie ausländische Titel. Man habe sich deshalb auf solche Filme anderer Länder konzentriert, die noch keine deutsche Aufführung hatten. Auf diese Weise habe man weitere neue Kontakte geknüpft, sodass bereits Ende 1958 eine große Zahl synchronisierter US-amerikanischer Filme zur Verfügung stehen würde.99 Der erste solcher Fälle war allerdings eine italienische Produktion, Amici per la pelle (Freunde fürs Leben, 1955, Regie: Franco Rossi), ein etwas rührseliger Jugendfilm um zwei Heranwachsende aus grundverschiedenen Elternhäusern. Er wurde im November 1958 zunächst vom Gemeinschaftsprogramm der ARD ausgestrahlt, bevor er kurz darauf seinen deutschen Kinostart hatte.100 Das war in dieser Abfolge eine Neuheit. Ursprünglich hatte der Aufnahmeleiter und Produzent Heinz Taufmann den Film für den Kinoeinsatz importieren wollen, was ihm allerdings nicht

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A mici per la pelle / Freunde fürs Leben (1955, Regie: Franco Rossi). Szenenfoto

gelang (er wurde 1965 zweiter Produktionsleiter im Synchronstudio von Leo Kirchs Beta-Film GmbH &  Co.). Erst im Verleihprogramm 1958/59 der Münchner Firma ABC-Film (Antonio Bazzanella Cinema) war der Titel verzeichnet.101 Geschäftspartner der Degeto war in diesem Fall die SiriusFilm GmbH, die mit Filmrechten dealte. Diese hatte 1956 als ihren ersten Film Federico Fellinis La Strada (1954, La Strada – Das Lied der Strasse) an den Constantin-Filmverleih gegeben und damit in die bundesdeutschen Kinos gebracht. Sie existierte seit Herbst 1954  – begründet von Hans An­­ dresen und Leo Kirch.102 Mit Sirius handelte Hans Joachim Wack für die Degeto 1958 den Ankauf von Amici per la pelle zum Preis von 50.000 DM aus (inklusive Synchronisation, Buch und Regie der deutschen Bearbeitung durch Edith Schultze-Westrum). Obgleich andere Sender ebenfalls großes Interesse zeigten und mit ihrem Gebot um 10.000 DM höher lagen, wollte Sirius nach der erwähnten Wack-Notiz dem Hessischen Rundfunk, also der Degeto, den Vorzug geben, »da mit ihm im Werbefernsehen-Filmgeschäft bereits sehr gute Beziehungen« bestünden. Wack selbst »erklärte, dass ihm viel daran gelegen sei, diesen Film zu erwerben, um die Beziehungen zu der

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Sirius-Film GmbH weiter zu festigen«, habe sie doch die besten Beziehungen zur gesamten italienischen Filmwirtschaft. Es seien von dort noch viele weitere ausgezeichnete Angebote zu erwarten.103 In Rom wurde tatsächlich alsbald über neue italienische Titel weiterverhandelt, als sich Ende Juli 1958 verschiedene italienische Filmfirmen mit Wack und Vertretern von Sirius, dem eigentlichen Verhandlungspartner der Degeto bei italienischen Filmgeschäften, dort trafen. Es war der Beginn eines ebenso neuartigen wie systematischen Kooperationsprojekts vonseiten des deutschen Fernsehens mit Vertretern der Filmindustrie auf der einen und Filmrechtehändlern auf der anderen Seite. Vier Titel, jeder mit 25.000 DM Lizenzgebühr plus Synchronisationskosten in etwa gleicher Höhe veranschlagt, standen ganz sicher zur Debatte: Umberto D. (1951/52, Regie: Vittorio de Sica), La terra trema (Die Erde bebt, 1948, Regie: Luchino Visconti) sowie zwei von Renato Castellani inszenierte Filme, È Primavera (Es ist Frühling, 1950) und Sotto il sole di Roma (Unter der Sonne Roms, 1948), während Roberto Rossellinis Roma città aperta (Rom, offene Stadt, 1945) als fünfter Titel noch nicht definitiv zur Verhandlungsmasse gehörte. Überzeugt war Wack davon, »dass sich das deutsche Fernsehen mit der Übernahme eines solchen Projekts auch künstlerische Verdienste erwerben könnte, da hierdurch dem deutschen Publikum Spitzenfilme zugänglich gemacht werden, die es sonst nicht zu sehen bekommt«.104 Solch Argumentation zielte zeitgenössisch auf eine Nobilitierung des Fernsehprogramms im Umfeld der Kinobranche, klang zugleich aber auch zaghaft nach den vergangenen kulturfilmischen Bemühungen eines Johannes Eckardt in der Degeto-Frühzeit und danach, was die westdeutschen Filmclubs einst für sich beansprucht hatten. Doch ein entscheidender Unterschied betrifft v. a. den Komplex des Ästhetischen: denn Fernsehen war und ist kein Filmtheater. Es war es so wenig, wie auch die Schmalfilmvorführung eines im Normalformat entstandenen Films wahrnehmungsästhetisch bestenfalls in die Nähe eines originalen Kinoerlebnisses gelangen konnte. Das Fernsehen vermochte es, noch so interessante, kulturhaltige und unbekannte Filmentdeckungen nolens volens nur im Bildschirmkleinformat zu zeigen (Farbfilme zudem zu dieser Zeit nur in Schwarz-Weiß) und ihnen schon deshalb in keiner Weise eine adäquate Präsentationsform zu bieten. Filmentdeckungen ja – aber zum Preis einer dem Film unwürdigen Aufführungspraxis. Dass diese grobe Veränderung der Rezeptionsbedingungen von Filmen nicht ohne Folgen für den gesamten Komplex sensueller wie intellektueller Wahrnehmung bei jedem einzelnen Zuschauer bleiben würde, leuchtet ein. À la longue wäre auch daran zu denken, die Modifikation der publizistischen Erscheinungsform eines wesentli-

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chen Blattes wie der Filmkritik in der Zeit nach Heinz Ungureit und Enno Patalas seit den späten 1960er und frühen 1970er Jahren damit in Verbindung zu bringen. Ob also die zeitgenössische Auffassung vom »Fernsehen als einem Komplementär-Medium zum Kino« tatsächlich als hinreichend substanziell angesehen werden kann oder durchaus als zu simpel gelten muss, darf als diskutabel gelten.105 Diese auf dem Feld von Ökonomie, Kultur, Wissenschaft und Ästhetik sprießende Widersprüchlichkeit scheint sich vonseiten des Publikums heute beinahe erledigt zu haben. Eine streng vertrauliche Aktennotiz hatte Hans Joachim Lange, der Programmdirektor des HR, am 15. Januar 1959 an die Kollegen Hans Weber, Verwaltungsdirektor des Senders, Beckmann und Wack sowie an Clemens Münster, den Fernsehdirektor des Bayerischen Rundfunks und Koordinator des deutschen Fernsehens, verteilt. Neben dem HR war der Bayerische Rundfunk am stärksten an einer Erweiterung der Degeto interessiert. Der Vermerk betrifft den zentralen Filmeinkauf der Rundfunkanstalten und geht zurück auf vorangegangene Beratungen der Intendanten und der Ständigen Fernsehprogrammkonferenz. Die ersten drei Punkte lauten: »1.) Der Spielfilm ist ab 1. April 1959 nicht mehr direkter Programmbeitrag der verschiedenen Anstalten, sondern erscheint im Gemeinschaftsprogramm unter der

Hans Joachim Wack, um 1975

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Ankündigung ›Deutsches Fernsehen‹. Er wird von der Programmkonferenz auf Vorschlag des Filmreferenten disponiert. 2.) Die Beschaffung von Spielfilmen übernimmt für die Anstalten die Degeto-Film GmbH, Frankfurt/ Main. 3.) Federführend für das Gebiet Film in der Programmkonferenz ist der Filmreferent. Er arbeitet in den Fragen der Spielfilmbeschaffung mit der Degeto zusammen. Ihn unterstützt die Filmkommission, deren Vorsitzender er ist.« Von Relevanz war in diesem Papier auch, dass die Programmkonferenz die Empfehlung ausgesprochen hatte, nicht nur die Jahreskapazität des Programms zur Grundlage der Filmbeschaffung zu machen, sondern gleich 100 bis 200 Filme anzukaufen – sozusagen auf Vorrat. Mit etwa 1 Mio. DM wollte die Degeto dafür kurzfristig in Vorlage treten. Auf »Kurzfilme mit dokumentarischem oder Spielcharakter und Fernsehfilme, die von anderen ausländischen Fernsehsystemen angeboten werden«, sollte die Regelung keine Anwendung finden.106 Werner Pleister, der Kulturmensch, dem derlei neues Geschäftsgebaren gewiss keine Freude gemacht hätte, blieb bis Mitte 1959 Fernsehintendant in Hamburg. Seine Entlassung durch das Kuratorium des Nordwestdeutschen Rundfunkverbandes (NWRV)  – auf Empfehlung des Verwaltungsrats  – wurde in der Presse lediglich registriert, offizielle Angaben fehlten. Inoffiziell verlautete, man sei »mit der Art, wie er das Fernsehen leitete, schon seit geraumer Zeit nicht zufrieden gewesen«.107 Das Fernsehen hatte sich in den vergangenen Jahren stark verändert, es begann, einen regelrechten Hunger speziell auf Spielfilme zu entwickeln. Darauf war die Degeto als f lexibel agierende Gesellschaft nun gut vorbereitet. In Person von Hans Joachim Lange und seinem Kollegen Hans Spies, Verwaltungsdirektor des Bayerischen Rundfunks, war die Übertragung des zentralen Filmeinkaufs an die Degeto-Film GmbH bereits in der zweiten Hälfte 1958 vorangetrieben worden.108 Ergebnis war eine Umgründung der Degeto. Sie wurde vollständig von der ARD übernommen. Der Beschluss dazu fiel am 11. März 1959 in einer Gesellschafterversammlung. Alle Landesrundfunkanstalten wurden – in Einzelfällen über ihre Werbegesellschaften – zu gleichen Teilen Gesellschafter (jeweils 25.000 DM), der Saarländische Rundfunk trat im Mai des Folgejahres hinzu. Weil die rechtlichen Voraussetzungen dazu nicht mehr gegeben waren, wurde der Organvertrag mit der WiR gelöst. Nun lautete der § 4 des Gesellschaftsvertrags der Degeto-Film GmbH: »Gegenstand des Unternehmens ist Verbreitung und Vertrieb von Filmen und Ton- und Bildträgern deutscher und ausländischer Herkunft sowie die Ausübung aller damit in Zusammenhang stehenden Geschäfte. Hierzu gehört auch die gelegentliche Herstellung von Filmen. Gegenstand des Unternehmens ist insbesondere Beschaffung, Erwerb und

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Auswertung von Filmen und anderen Bildträgern für die Rundfunkanstalten und deren Werbegesellschaften sowie jede sonstige Betätigung wirtschaftlicher Art, die die Interessen des Rundfunks zu fördern geeignet ist.«109 Für Wack schien Eile im Handeln geboten, da die Filmwirtschaft seit 1958 den Gedanken einer Verwertungsgesellschaft für Fernsehrechte mbH ventilierte und vor ihrer etwaigen Gründung dem Fernsehen aus seiner Sicht noch die Chance offenstünde, »einen wesentlichen Teil der europäischen Spitzenproduktionen und wahrscheinlich auch die Filmbestände einiger amerikanischer Großfirmen zu günstigen Bedingungen zu erwerben«, teilte er Lange, der als Filmreferent kurz vor seiner Ernennung zum Vorsitzenden der Filmkommission stand, Anfang Januar 1959 mit.110 Clemens Münster ließ öffentlich verlauten, dass künftig bessere Filme vom Fernsehen eingekauft werden würden, die maximal zwei Jahre alt sein dürften. Auch für den Kulturfilm brach er eine Lanze, solle dieser doch weiterhin im Fernsehen »durch eigene Arbeiten und Auftragsproduktionen an die Filmwirtschaft gepf legt werden«.111 Innerhalb kürzester Zeit, schreibt Gerd Albrecht, habe sich die ARD mit Filmkommission, Filmreferat und Übernahme der Degeto-Film GmbH »die erforderlichen Instrumente« geschaffen »für einen extensiven Spielfilm­ einsatz«.112 Ab 1966 ergänzte die ARD-Filmredaktion diese Arbeitsaufgaben. Ein wichtiger und kontinuierlicher Geschäftspartner der Degeto wurde Leo Kirch, der Ende der 1950er Jahre die Rechtehandelsgesellschaft BetaFilm GmbH & Co. ins Leben gerufen hatte, die sich zur größten Importfirma Deutschlands für Film und Fernsehen entwickelte. Kirchs Strategie im Umgang mit Filmrechten bestand fortan auch im Erwerb von Filmpaketen bzw. Optionen darauf, die oft hunderte von Titeln enthielten, deren Auswertungsrechte weiterverkauft werden sollten. Er war ein Zwischenhändler. Und die Sendeanstalten der ARD wandten sich mit ihrer Degeto an diesen Zwischenhändler – später auch das ZDF. Als sich die Kooperation zwischen Kirch und der Degeto intensivierte, offerierte er dieser einen Vertrauensvorschuss, wie er ihn verstand. Das Angebot seines Filmstocks und eines großen Zusatzpakets an nicht-amerikanischen Spitzenfilmen ließ er Anfang 1960 von einer symbolischen Handlung ergänzen: Mit Übernahme des Katalogs, raunte er, habe er die wichtigsten Geschäftsgeheimnisse seiner Firma preisgegeben. Da die bisherige Geschäftsverbindung aber von Integrität und Diskretion geprägt gewesen sei, gestatte er die Einsichtnahme durch Fremde – allerdings nur gegenüber den beiden Kollegen Wack und Lange. Eine Verletzung der Geheimhaltung berge große wirtschaftliche Risiken.113 Der Auftrag zum Erwerb dieses Beta-Konvoluts mit insgesamt 755 Filmtiteln, auf das die Degeto selbst zusammen mit dem Filmreferenten Ende 1959 auf-

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merksam gemacht hatte, erging an sie im Februar 1960. In diesem Jahr erhöhte sich ihr Umsatz um das Neunfache, die Geschäftstätigkeit stieg in ungewöhnlichem Maße an. 28 Mitarbeiter waren bei der Degeto-Film GmbH jetzt angestellt, hinzugezählt wurden noch sechs Arbeitnehmer von der WiR bzw. vom Bayerischen Werbefernsehen GmbH. Das waren doppelt so viele Beschäftigte wie bei der Degeto-Kulturfilm GmbH Mitte 1938. Im Herbst 1960 zog die Gesellschaft auf das Gelände des HR in Frankfurt.114 Sie war nun vollständig im bundesdeutschen Fernsehen angekommen. Eine dauerhafte Rolle, die sie noch heute ausfüllt, hatte man für sie gefunden. »Charly« Wack avancierte für sie »zum Chefeinkäufer auf den internationalen Fernsehmärkten«.115 Seit 1929 eingeschnürt zwischen Staat, Politik, Wirtschaft und in guten Momenten kulturellem Engagement, blieb die Degeto immer auch an der Leine derer, die da politisch, administrativ und ökonomisch zumeist die Entfaltungsmöglichkeiten bestimmten. Hans Bausch, Intendant des Süddeutschen Rundfunks in Stuttgart, ließ 1962 einem Repräsentanten amerikanischer Fernsehproduzenten, der Kritik am Monopol der Degeto geäußert hatte, lapidar ausrichten: »Die Degeto selbst ist nur ein ausführendes Organ der Rundfunkanstalten.«116

Appendix Wehmut mischte sich in einen Brief von Kurt Magnus an Johannes Eckardt vom März 1955, in dem der Verfasser die neue Funktion der Degeto-Film GmbH als Filmbeschafferin und Mitspielerin beim Werbefernsehen mit ihrer alten Rolle als Unterstützerin des künstlerischen und kulturell wertvollen Films verglich. Den Wunsch der WiR um Auf lösung des Vereins zu übermitteln, schien Magnus nicht ganz leicht zu fallen: »Während ich diese Zeilen diktiere, ist mir bewußt, daß insbesondere für Sie die Auf lösung des Degeto e. V. schmerzlich sein wird. Ich denke zurück an die vor zweieinhalb Jahrzehnten gemeinschaftlich geleistete Auf bauarbeit. Sie haben damals verstanden, dem Wort Degeto einen guten Klang zu geben. Dieser gute Klang hat sich bis heute erhalten.« Ein Formular zur Auf lösung des Vereins fügte er dem studierten Juristen Eckardt der Einfachheit halber gleich bei.117 Eine außerordentliche Mitgliederversammlung in Frankfurt am Main beschloss die Tilgung des Vereins einstimmig am 24. März 1955, zum Liquidator wurde Hans Joachim Wack bestellt, der das verbleibende, nicht nennenswerte Vereinsvermögen auf die Degeto-Film GmbH zu übertragen hatte. Bevor er dem Amtsgericht Charlottenburg am 20. Mai 1963 endgültig mit-

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Appendix

teilen konnte, dass der Verein nunmehr liquidiert sei, begleitete Wack mehrere Jahre lang den von ihm beim Entschädigungsamt Berlin angemeldeten Anspruch auf Ausgleich wegen der vermeintlichen Vernichtung des vom Verein angelegten Filmarchivs.118 Dies allerdings kann lediglich als Schlusspünktchen einer Vereinsgeschichte verstanden werden, deren unverkennbare Bedeutung für die Filmkultur wohl bereits im Jahr 1933 ein Ende gefunden hatte. Und die letzten Jahre von Johannes Eckardt? Er trug den Kulturfilm in seinem Herzen und ging unverdrossen zu Veranstaltungen, die der in den letzten Zügen liegende Verband der deutschen Filmclubs verantwortete. So gastierte der einstige Präsident auch 1964 in Bad Ems, als eine beinahe vollständige Retrospektive Fritz Langs auf dem Programm stand. In Erinnerung eines damals jungen Filmenthusiasten blieb »ein würdiger grauhaariger alter Herr mit Stock«.119

1 Im März 1951 verzeichneten die Justizbehörden Berlin (Charlottenburg) als Mitglieder des Degeto e. V. neben Johannes Eckardt und Heinrich Roellenbleg Vertreter des Deutschen Städtetages (Otto Benecke), des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums (Karl Haslinde), des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr (Kurt Magnus), der Landesregierung Nordrhein-Westfalen bei der Bundesregierung (Carl Spiecker) sowie den Berliner Notar Adolf Kraetzer und Fritz W. Pauli. In: Landesarchiv Berlin (künftig LAB), Handelsregisterakte Degeto B Rep. 042 Nr. 28085. Der Verwaltungsrat des Degeto e. V. setzte sich 1951 zusammen aus Spie­ cker, Kraetzer und Johannes Eckardt. Vgl. die Berliner Anmeldung von 1951. In: LAB, B Rep. 020 Nr. 816 Der Polizeipräsident in Berlin Vereinsakte Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild (Degeto) e. V., Bezirk Charlottenburg 1951–1957. — 2 Als Geschäftsführer der Degeto-Film GmbH fungierten 1945 noch Fritz Genegel und Emil Stabenow. Vgl. Abschrift aus dem Handelsregister, Abteilung B – 62 HRB 92/Nz, 22.10.1945. In: Bundesarchiv (künftig BA), R 109 I / 2553. — 3 Hans Joachim Wack: Filmeinkauf für Millionen. Die Degeto-Film GmbH. In: ARD-Jahrbuch 73. Hg. von der ARD. Hamburg: Hans-Bredow-Institut 1973, S. 124. — 4 Die Melophon-Film GmbH verantwortete auch Synchronisationen, z. B. Unser Rommel (1953, Regie: Horst Wigankow) und Unter der roten Robe (Under the red robe, 1937, Regie: Victor Seaström, d. i. Sjöström). — 5 NSDAP-Gaukartei, Roellenbleg, Heinrich. In: BA, R 9361-IX Kartei / 35300309. Mit Dank an Torsten Zarwel. Vgl. auch die Notiz für Mr. Clare zur Information von M. Beauquey und M. Homburger, betr. Heinrich Roellenbleg, Berlin, 12.6.1947. In: BA, R 9361 / V / 112334.  — 6 Heinrich Roellenbleg an Ufa-Film GmbH, Wiesbaden, 26.2.1951. In: BA, R 109 I / 3365.  — 7 Heinrich Roellenbleg an das Ufa-Liquidations-Comitee, 17.10.1951. In: ebd. — 8 Vgl. Böttchers Bericht vom 3.4.1952 zur Prüfung der Jahresabschlüsse 31.5.1945 bis zur Reichsmarkschlussbilanz per 20.6.1948 sowie die Aufstellung der DM-Eröffnungsbilanz per 21.6.1948. In: BA, R 109 I / 4505 (auch enthalten in R 109

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Das westdeutsche Fernsehprogramm als Filmplattform I / 6074). — 9 Heinrich Roellenbleg an Ufa-Zentralbuchhaltung, 28.4.1952. In: BA, R 109 I / 3365. — 10 Prüfung der DM-Eröffnungsbilanz der Degeto-Film GmbH zum 21.6.1948 und der Bilanzen jeweils zum 31. Mai 1949, 1950, 1951 und Mantelbilanz zum 31. Mai 1952 durch den Dipl.-Kaufmann Martin Böttcher, Berlin. In: LAB, B Rep. 010-473 (auch in B Rep. 010-472). Zum Protokoll der Gesellschafterversammlung aus Stabenow und Feldes am 27.6.1952 vor Notar Tovote vgl. auch BA, R 109 I / 2553. Knesebeckstraße 29 war die Geschäftsadresse des Rechtsanwalts und Notars Adolf Kraetzer, Vertrauter und Rechtsbeistand von Johannes Eckardt (der ihn 1933 im Fragebogen für Mitglieder des Reichsverbandes Deutscher Schriftsteller e. V. als Bürgen angab), bereits 1935 Mitglied des Degeto e. V., ab 1938 bis in die 1950er Jahre im Verwaltungsrat aktiv. — 11 Heinrich Roellenbleg an die Ufa-Film GmbH, 27.11.1952. In: BA, R 109 I / 3365. — 12 UFI-Filmvertrieb GmbH an UfaZentral-Buchhaltung, Düsseldorf, 9.2.1955. In: ebd. — 13 »Kulturfilm-Liste«, 2 Bl., datiert 16.11.1953, dazu Anlage, 1 Bl., datiert, 8.4.1954, »Erste Ergänzung zur Kulturfilm-Liste« (sieben Titel) zum »Vertrag mit der Degeto-Film GmbH Wiesbaden, Schützenstrasse 34 vom 16. November 1953«. In: BA, R 109 I / 1907. Dort auch der Vertrag, er wird am 21.6.1957 vorsorglich zum 31.12.1957 gekündigt von der TransitFilmvertrieb GmbH, die seit 1954 im Namen der in Liquidation befindlichen UFI handelte (ebd.). — 14 Guido Bagier an Erwin Leiser, Deutsche Film- und Fernsehakademie GmbH, Düsseldorf, 18.6.1966; Guido Bagier an Erwin Leiser, Deutsche Akademie für Film und Fernsehen, Düsseldorf, 14.7.1966. Beide in: Deutsche Kinemathek, Sammlungen, N451_dff b Bagier, Guido. — 15 Guido Bagier: Zehn Jahre Filmgeschichte 1923 bis 1933. Aufriss einer Darstellung der Entwicklung des deutschen Tonfilms in den zwanziger Jahren und dessen Auswirkungen auf internationaler Ebene bis zum Jahre 1933. In: ebd. (beigeschlossen dem Brief Guido Bagier an Heinz Rathsack, Deutsche Filmakademie GmbH, Düsseldorf, 12.8.1966).  — 16 Guido Bagier: Zehn Jahre Filmgeschichte 1923 bis 1933, a. a. O. Zu Tönende Welle vgl. auch Deutsche Kinemathek, Sammlungen, Bagier, Guido (Filmtechniker), Nr. 451; zu Deutscher Rundfunk ebd., Titelablage Dokumentarfilm, Nr. 25489. Zu beiden Filmen auch Jeanpaul Goergen: Walter Ruttmann. Eine Dokumentation. Berlin: Freunde der Deutschen Kinemathek 1987, S. 75–77. Bagiers Reichskulturkammerakte im BA trägt die Signatur R 9361 / V 13044. — 17 »TofaFilm. Inhaber Dr. Guido Bagier ( Jude) (Stammt aus einem Material, das Ewald von Demandowsky Anfang April 1935 an Herrn Reichsleiter Rosenberg gerichtet hat.)«. In: BA, NS 15 / 164. — 18 F. V. (Friedrich Vogel): Ein Pionier des Tonfilms. Zum Tode von Guido Bagier – Ein großer Anreger. In: Handelsblatt, 26.1.1967. Der Verfasser des Nachrufs, Mitbegründer des Handelsblattes, verweist auf die Planung, Bagiers Lebenserinnerungen im Econ Verlag herausbringen zu wollen, was darauf hindeutet, dass hier veröffentlichte Fakten auf diese nicht realisierte Autobiografie zurückgehen. Die »ausführliche Disposition seiner Lebenserinnerungen«, wie es bei Vogel heißt, befindet sich heute im Bagier-Nachlass als »Das Erinnerungsbuch eines Außenseiters (80 Jahre Weltgeschehen  – 1888 bis 1968). Disposition in Umrissen, Ms., 25 Blatt« im Filmmuseum Düsseldorf. Mit Dank an Christian Schemer und Matthias Knop.  — 19 Alle Materialien im Unternehmensarchiv des Hessischen Rundfunks (künftig UHR), Ordner Intendanz Degeto Film/Spio 4.7.1952 – 4.4.1957

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Das westdeutsche Fernsehprogramm als Filmplattform Nr. 82. Zitat aus Guido Bagier: Neugründungen auf dem Gebiet Film und Fernsehen. An die Herren Intendant E. Beckmann und Michelmann. Wiesbaden, 28.9.1952. Vogel und Bagier planten im Oktober 1952 mit Werbeunterstützung von Graf von Westarp die Herausgabe einer Fernsehzeitschrift mit Vogel als Verleger, auch an die Bildung einer Degeto-Verlags GmbH sowie an die Herstellung eines regelrechten Fernsehprogramms von Filmen mit einer Länge von jeweils 13 Minuten durch die Degeto-Film GmbH war gedacht worden. Vgl. UHR, Ordner Intendanz Degeto Film/Spio 4.7.1952 – 4.4.1957 Nr. 82. — 20 Anon.: Wege zum internationalen Fernseh-Programm-Austausch. Auf bau einer Absatzorganisation für Fernsehfilme. In: Fernseh-Informationen, 2. Mai-Ausgabe 1952.  — 21 Anon.: Die Entwicklung der Degeto, [hs.] 31.7.1954. In: Deutsches Rundfunkarchiv (künftig DRA), Dokumentation ARD-Akten, A06 / Fiche 331, Laufzeit 1952 – 07/1954. — 22 Mit Dank an Hans-Ulrich Wagner und Knut Hickethier.  — 23 Parteipolitische Einf lüsse und Absprachen sind etwa beim Nordwestdeutschen Rundfunk bereits in dessen Frühzeit festzustellen. Darauf, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht vollkommen staatsfern und unbeeinf lusst durch verschiedene Kräfte sich entwickeln würde, weist auch Dierk L. Schaaf hin in seinem Aufsatz »Der Nordwestdeutsche Rundfunk (NWDR). Ein Rundfunkmodell scheitert«. In: Rundfunk und Politik 1923 bis 1973. Beiträge zur Rundfunkforschung. Hg. von Winfried B. Lerg und Rolf Steininger. Berlin: Spiess 1975, S. 295–309. Vor privatem Einf luss seien weder ARD noch ZDF geschützt. Zwar habe die Bundesregierung keine direkten Einwirkungsmöglichkeiten, doch die Landesregierungen seien Staatsorgane, die Landtage desgleichen, und sie setzten die Höhe der Gebühren fest oder bestimmten die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien (S. 295). — 24 Aktenvermerk, o. D., vermutl. von Kurt Magnus, nach einem Gespräch mit Guido Bagier und Carl Spiecker in Köln am 8.3.1952 und einem Treffen mit Johannes Eckardt am 9.3.1952. In: DRA, Dokumentation ARDAkten, A06 / Fiche 331, Laufzeit 1952 – 07/1954. Über Roellenbleg gab es im HR auch eine weniger positive Meinung. Beckmanns Stellvertreter Gottfried Michelmann lobte zwar dessen »Aktivität«, kritisierte jedoch umso deutlicher die dabei eintretende Unvorsichtigkeit bei Formulierungen und Darstellungen. [Gottfried] Michelmann an Eberhard Beckmann, 13.9.1952. In: UHR, Ordner Intendanz Degeto Film/Spio 4.7.1952 – 4.4.1957 Nr. 82. Roellenbleg übernahm nach Auskunft seines Sohnes 1957 »eine neue Aufgabe im Sektor der Aktualitäten« und wirkte »unter Herrn [Rudolf ] Mühlfenzl bei dem Auf bau der Münchener Abendschau im Fernsehen des Bayerischen Rundfunks in München-Geiselgasteig (Gelände der Bavaria)« mit. Schrei­ben von Rainer Roellenbleg an Rolf Aurich, 14.3.2017. Den Akten im UHR ist indes zu entnehmen, dass Roellenbleg Ende September 1957 aus der Geschäftsführung der Degeto-Film GmbH ausschied und bei der Bavaria-Filmkunst AG in Geiselgasteig die Stellung des stellvertretenden Produktionschefs übernahm. Um seine Expertise weiter nutzen zu können, wurde er in den Aufsichtsrat der Degeto übernommen (in dem auch Johannes Eckardt noch wirkte). Mitteilung von Kurt Magnus an die Mitglieder des Aufsichtsrats der Degeto-Film GmbH, 26.10.1957. In: Ordner Intendanz HR Werbefunk 10. Juli 1954 bis 31.12.1959 Nr. 84. Roellenbleg saß bis 1959 im Aufsichtsrat.  — 25 Meldung in Film-Echo, Nr. 18, 3.5.1952.  — 26 Guido Bagier an Eberhard Beckmann, Wiesbaden, 28.9.1952. In:

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Das westdeutsche Fernsehprogramm als Filmplattform UHR, Ordner Intendanz Degeto Film/Spio 4.7.1952 – 4.4.1957 Nr. 82. — 27 Johannes Eckardt: Zu dem Filmplan der Degeto »Das tönende Licht«, Göggingen/Augsburg, 20.9.1953 (Abschrift). In: ebd. — 28 Vgl. Anon.: Geld für Kulturfilme. Filmförderungsbeträge in Nordrhein-Westfalen. 43 Filme bezuschußt. In: Der neue Film, Nr. 78, 9.10.1952. Die Höhe der zur Verfügung stehenden Mittel war der Öffentlichkeit nicht mitgeteilt worden, sie hatten sich ergeben »aus der Ermäßigung für prädikatisierte Filme«. Zuständig war in Düsseldorf der damalige Ministerialrat Wilhelm Mäurer, ab 1954 Ministerialdirigent im Kultusministerium, 1951 Vorsitzender des Kunstausschusses der Kultusministerkonferenz. Vgl. http://bit.ly/2vx131n (zuletzt 14.8.2017).  — 29 Degeto e.V [Guido Bagier] an Ministerialrat Mäurer, Wiesbaden, 23.9.1952. In: UHR, Ordner Intendanz Degeto Film/Spio 4.7.1952  – 4.4.1957 Nr. 82.  — 30 [Gottfried] Michelmann [Stellvertretender Intendant des HR] an Degeto e. V., 30.10.1952. In: ebd. — 31  Degeto e. V. / Heinrich Roellenbleg an Eberhard Beckmann, 2.10.1952. In: ebd. — 32 [Hans] Schmorl und [Willi] Heckroth / HR: Bestätigung, o. D. [Eingangsstempel Intendanz HR: 4.10.1952]. In: ebd. Hans Schmorl war 1947 Geschäftsführer von Radio Frankfurt geworden, Willi Heckroth im selben Jahr dort Verwaltungsleiter.  — 33 [Gottfried] Michelmann: Zusammenfassung des Ergebnisses der Besprechung in Bad Godesberg am 17. Juli 1952. In: ebd.  — 34 Schmalfilm-Nachrichten. In: Kino-Technik, Nr. 8, August 1952. — 35 Aufgrund des großen Interesses an den Schrank-Filmen erwartete Goldammer »noch ein gutes Weihnachtsgeschäft« 1952. Einige Absatzzahlen: 93 Kopien 8 mm / 18 Kopien 16 mm ( Juli 1952), 22 / 29 (August), 95 / 18 (September), 60 / 41 (Oktober). Notizen zur Sitzung des Verwaltungsrates des Degeto e. V., der Gesellschafterversammlung der Degeto-Film GmbH und der Sitzung des Verwaltungsrates der Degeto-Film GmbH, Wiesbaden, 28.11.1952. In: UHR, Ordner Intendanz Degeto Film/Spio 4.7.1952 – 4.4.1957 Nr. 82. Gottfried Michelmann stellte im Mai 1954 allerdings fest, dass finanzielle Erfolge bei den Schmalfilmrechten nicht erzielt wurden. Vgl. Michelmann an die Mitglieder des Aufsichtsrats der Degeto-Film GmbH, 14.5.1954. In: ebd.  — 36 Degeto-Film GmbH / Heinrich Roellenbleg an Universum-Film AG, Wiesbaden, 12.11.1953. In: BA, R 109 I / 1907.  — 37 Vgl. Korrespondenz vom März 1955 dazu in: BA, R 109 I / 3365. Die Firma Kundt musste das Firmenzeichen der Degeto am Filmanfang jeweils entfernen. — 38 Vgl. Korres­ pondenz vom Mai 1955 dazu in: BA, R 109 I / 1907. — 39 Vgl. Korrespondenz von 1958 dazu in: ebd. — 40 [Gottfried] Michelmann: Zusammenfassung des Ergebnisses der Besprechung in Bad Godesberg am 17. Juli 1952. In: UHR, Ordner Intendanz Degeto Film/Spio 4.7.1952 – 4.4.1957 Nr. 82. — 41 Ebd. — 42 Degeto e. V.: Aktennotiz über die Besprechung vom 29.8.1952 im Funkhaus am Dornbusch. Wiesbaden, 30.8.1952. In: ebd. — 43 Heinz Schwitzke: Der Mensch im Spiegel. Gefahr und Chance des Fernsehens. Bethel: Kirchliche Rundfunkzentrale: o. J. (1955), S. 19. — 44 Vgl. E.Sch. (Ekkehard Scheven): Ergebnisse der Fernsehversuche des NWDR. In: Film-Echo, Nr. 37, 14.10.1950. Mit Dank an Ekkehard Scheven. Eine plastische Beschreibung dieser Frühzeit gibt z. B. Claus Kühn: Vor zwanzig Jahren: Eröffnung des Fernseh-Versuchsbetriebes. In: Norddeutscher Rundfunk. Information, Nr. 46, 19.11.1970. — 45 Gerd Albrecht: Filmwirtschaft und Fernsehen in ihren Beziehungen 1950–1960. Fakten, Entwicklungen, Wertungen. In: Studienkreis Rundfunk und

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Das westdeutsche Fernsehprogramm als Filmplattform Geschichte. Mitteilungen, Nr. 2, April 1985, S. 161–173, hier S. 163.  — 46 Vgl. en.: Zuspitzung der Lage in Wandsbek. Verhandlungen mit NWDR / Bürgermeister Brauer gibt Hoffnung. In: Film-Echo, Nr. 18, 3.5.1952. — 47 Zu Grimmes Biografie Kai Burkhardt: Adolf Grimme (1889–1963). Eine Biografie. Köln, Weimar, Wien: Böhlau 2007; über die widerwärtigen Umstände, die u. a. Adolf Grimme bis in die 1950er Jahre aufgrund von Verratsvorwürfen von nazistischer Seite das Leben erschwerten, berichtet Gerhard Sälter: Phantome des Kalten Krieges. Die Organisation Gehlen und die Wiederbelebung des Gestapo-Feindbildes »Rote Kapelle«. Berlin: Links 2016 (E-Book), passim. Grimmes Nachlass befindet sich im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz. — 48 Werner Pleister im Gespräch mit Horst Jaedicke in der Fernsehsendung 30 Jahre Fernsehen. Ein Gespräch mit dem ehemaligen Fernsehintendanten Dr. Werner Pleister, Südfunk Stuttgart 1982 (Ausstrahlung am 25.12.1983, ARD, 15.50–16.35 Uhr), Sichtung am 16.1.2018, Zitat bei 16:48. Aufzeichnung aus dem Besitz von Christopher Pleister. Werner Pleister starb am 19.11.1982 – unmittelbar nach der Aufzeichnung dieses Gesprächs. — 49 Pleister hatte bereits früh Erfahrungen als Schauspieler gesammelt und wurde – wie Werner Finck oder Mathias Wieman  – von Gottfried Haaß-Berkow entdeckt. 1936 wird er als Co-Regisseur neben Mathias Wieman genannt bei der Inszenierung von Eberhard Wolfgang Möllers »Das Frankenburger Würfelspiel« (2.8.1936, Dietrich-Eckart-Bühne, Reichssportfeld, Begleitprogramm der Olympischen Spiele in Berlin), einem Bestandteil der nationalsozialistischen Thingspiel-Bewegung (vgl. Archiv Akademie der Künste, Dokfonds-Theater 16844). Er war in der Volksbildungsarbeit und in der Laienspielund Sprechchorbewegung aktiv, zwischen 1928 und 1933 Beisitzer der Filmprüfstelle und Mitarbeiter Curt Oertels an Michelangelo sowie bei dem kirchlichen Dokumentarfilm Es war ein Mensch (1950; Sichtung 35-mm-Kopie Bundesarchiv-Filmarchiv, 9.3.2017). Bei Heinz Sielmanns Tierfilm Lied der Wildbahn (1950; Sichtung DVD Bundesarchiv-Filmarchiv, 9.3.2017) leitete er die Synchronisation. Für Adolf Grimme besorgte er die Herausgabe des Bandes Rettet den Menschen. Ansprachen und Aufsätze. Braunschweig u. a.: Westermann 1949. — 50 Vgl. die biografischen Unterlagen zu Werner Pleister im Niedersächsischen Landesarchiv, Nds. 400, Acc. 27/95, Nr. 57, Nds. 400, Acc. 27/95, Nr. 58 und Dep. 105, Acc. 2/80 Nr. 331 Korr. mit dem Intendanten des NWDR, Dr. Werner Pleister, Hamburg-Lokstedt, enthält u. a. Presseveröffentlichungen; zur publizistischen und wissenschaftlichen Karriere ebd., Dep. 85, Nr. 1467 Akten der Historischen Kommission zu Hannover betr. die Einzelveröffentlichungen XXI, Briefwechsel J. Möser, 1921–1961, sowie Hann. 144, Nr. 979. Ergänzend Pleisters Korrespondenz in: Universitätsbibliothek Regensburg, Sammlung Kutzbach (Werner Pleister). Zur Biografie auch der Lebenslauf in: Fernseh-Informationen, Nr. 6, März 1977; Wgf. (Kurt Wagenführ): Der erste FernsehIntendant der Nachkriegszeit wird 75 Jahre. In: ebd., Nr. 8, April 1979; Kurt Wagenführ: Dr. Werner Pleister gestorben. In: ebd., Nr. 22, November 1982; Arnulf Kutsch: Werner Pleister (1904–1982). In: Studienkreis Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen, Nr. 1, Januar 1983. Mit Dank an Christopher Pleister. — 51 Adolf Grimme: Das Ethos des Rundfunks. Hamburg 1948. Als Dokument beigefügt Hans-Ulrich Wagner: Adolf Grimme – Kulturpolitiker und Generaldirektor des NWDR (17.12.2014; http://bit.ly/2DoZ8OW, zuletzt 12.1.2018). So berichtet es auch der Autor Ernst

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Das westdeutsche Fernsehprogramm als Filmplattform Schnabel in Heinrich Breloers NDR-Produktion Gespräche über Adolf Grimme. Eine Biographie in 6 Kapiteln (1983; Sichtung Deutsche Kinemathek, Mediathek, 26.1.2016).  — 52 Michael Tracey: Sir Hugh Greene. Mit dem Rundfunk Geschichte gemacht. Eine Biographie. Berlin: Quadriga Verlag Severin 1984, S. 117.  — 53 Vgl. Knut Hickethier: Geschichte des deutschen Fernsehens. Stuttgart, Weimar: Metzler 1998, S. 71–72. — 54 Werner Pleister: Fernsehen und Film. Zusammenarbeit von beiden Seiten erwünscht. In: Der neue Film, Nr. 69, 8.9.1952. — 55 Ebd. — 56 Vgl. Gunther Faupel: Medien im Wettstreit. Film und Fernsehen. Münster: Regensberg 1979, S. 106–107. — 57 Vgl. Friedr.[ich] Wilh.[elm] Hymmen: Vom Laienspiel kam der erste Fernsehintendant. Zum Tod von Werner Pleister. In: Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt, Nr. 48, 28.11.1982. — 58 Vgl. Knut Hickethier: Geschichte des deutschen Fernsehens, a. a. O., S.  73–74. — 59 Vgl. Gunther Faupel: Medien im Wettstreit, a. a. O., S. 108, 238–239. — 60 Vgl. ebd., S. 111. — 61 Vgl. dazu die zeitgenössischen Ausführungen von Klaus Colberg zu »Programmformen des Fernsehens«. In: Film Rundfunk Fernsehen. Das Fischer Lexikon. Hg. von Lotte Eisner, Heinz Friedrich. Frankfurt am Main: Fischer 1958, S. 212–227, hier S. 215–216. — 62 Mit Dank an Jörg-Uwe Fischer und Hans Müncheberg. Vgl. Wolfgang Stemmlers Bemerkungen über die Unterhaltungs-Sendungen vom Beginn des DDR-Fernsehens bis zum Ende der fünfziger Jahre. In: Mit uns zieht die neue Zeit. 40 Jahre DDR-Medien. Hg. von Heide Riedel. Berlin: Vistas 1993, S. 79. Sowie Hans Müncheberg: Blaues Wunder aus Adlershof. Der Deutsche Fernsehfunk. Erlebtes und Gesammeltes. Berlin: Das Neue Berlin 2000, S. 33–36.  — 63 Aktennotiz Roellenbleg, Wiesbaden, 16.9.1952. In: UHR, Ordner Intendanz Degeto Film/Spio 4.7.1952 – 4.4.1957 Nr. 82. — 64 Anon. [Heinrich Roellenbleg]: Bericht über den Besuch beim NWDR in Hamburg. Wiesbaden, 28.11.1952. Darin auch die Nennung der bis dahin gezahlten Minutengebühr von 10 DM bei Spielfilmen. In: ebd. — 65 Heinrich Roellenbleg an Hans Cürlis, Tübingen-Lustnau, 14.9.1949. In: Deutsche Kinemathek, Sammlung Hans Cürlis, Mappe 77.4. Mit Dank an Gerrit Thies und Ulrich Döge. Zu Cürlis grundlegend Ulrich Döge: Kulturfilm als Aufgabe. Hans Cürlis (1889–1982). Berlin: Cinegraph Babelsberg 2005 (Filmblatt-Schriften. Beiträge zur Filmgeschichte, hg. von Günter Agde u. a., Bd. 4). — 66 Hans Cürlis: Zum Geleit. Kulturfilm als Erziehungsmacht. In: Katalog der deutschen Kultur- und Dokumentarfilme 1953 (Nachtrag I zum Hauptkatalog 1946– 1952). Bearb. und hg. vom Deutschen Institut für Filmkunde. Wiesbaden: DIF April 1954, S. V (Schriftenreihe des Deutschen Instituts für Filmkunde, hg. von HannsWilhelm Lavies, Nr. 2).  — 67 Vgl. dazu Rolf Aurich, Wolfgang Jacobsen: Ernest Borneman. Film. Fernsehen. Fremde. München: edition text + kritik 2015, S. 74–75. — 68 Vgl. Walter Steinhauer: Film und Fernsehen – Sie sollten Partner sein … In: Zehn Jahre Fernsehen in Deutschland. Dokumentation  – Analyse  – Kritik. Hg. von Gerhard Eckert und Fritz Niehus. Frankfurt am Main: Verlag für Funk- und Fernsehpublizistik 1963, S. 245–256, hier S. 251–254.  — 69 Vgl. Degeto-Film GmbH an Hans Cürlis, Frankfurt am Main, 6.9.1957, sowie Rechnung von Kulturfilm-Institut GmbH (Hans Cürlis) an Degeto-Film GmbH, Berlin, 27.9.1957. Beides in: Deutsche Kinemathek, Sammlung Hans Cürlis, Mappe 77.4. — 70  Ufa-Film GmbH / [ErnstGünther] Schwamkrug an Heinrich Roellenbleg, 6.11.1953. In: BA, R 109 I / 1907. Zu Fidelius vgl. Jeremias König: Film-Archivar und Film-Mörder. Erste Annähe-

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Das westdeutsche Fernsehprogramm als Filmplattform rungen an Albert Fidelius. In: Wie der Film unsterblich wurde. Vorakademische Filmwissenschaft in Deutschland. Hg. von Rolf Aurich und Ralf Forster. München: edition text + kritik 2015, S. 79–88 (Film-Erbe, hg. von Chris Wahl, Bd. 1). — 71 Knut Hickethier: Die Welt ferngesehen. Dokumentarische Sendungen im frühen Fernsehen. In: Bilderwelten Weltbilder. Dokumentarfilm und Fernsehen. Hg. von Heinz B. Heller und Peter Zimmermann. Marburg: Hitzeroth 1990, S. 35–36. — 72 Degeto-Film GmbH / Heinrich Roellenbleg an Ufa-Film GmbH, 25.11.1953. In: BA, R 109 I / 1907. — 73 Vermerk der UFI zur Degeto-Film GmbH, betr. den Vertrag vom 16.11.1953, Düsseldorf, 29.1.1957. In: ebd. Ein Schäfertag wurde am 22.6.1955 gesendet. — 74 Knut Hickethier: Die Welt ferngesehen, a. a. O., S. 41. — 75 Filmkatalog. Hg. vom Filmdienst für Jugend und Volksbildung. München: Januar 1952, S. 5. Vgl. dazu von deutscher Seite Fritz Kempe: Der Film in der Jugend- und Erwachsenenbildung. Seebruck am Chiemsee: Heering 1952. Das kurze Vorwort darin stammt von Johannes Eckardt, der den pädagogischen Hinweis nicht vergaß, wonach »eine fundierte Aussprache der Jugend« dabei helfen könne, »die Werte zu erkennen, die der Film vermitteln kann« (S. 8). Zu Alexander Hammids OWI-Filmen vgl. Brigitte Mayr: Propaganda of fact. Der PR-Krieg des Office of War Information. In: Tribute to Sasha. Das filmische Werk von Alexander Hammid. Regie, Kamera, Schnitt und Kritiken. Hg. von Michael Omasta. Wien: Synema 2002, S. 71–84. — 76 Aktennotiz zu einer Besprechung am 27.10.1953 beim NWDR-Fernsehen in Hamburg-Lokstedt mit Pleister und Roellenbleg. In: DRA, Dokumentation ARD-Akten, A06 / Fiche 331, Laufzeit 1952 – 07/1954. Vgl. mit diesen Angaben auch Gunther Faupel: Medien im Wettstreit, a. a. O., S. 109, 239–240. Ein schlagendes Beispiel für denkbare rechtliche Problemstellungen ist der Kompilationsfilm Leckerbissen (1948, Regie: Werner Malbran), für den sich die Degeto-Film GmbH im Herbst 1955 interessierte, um ihn für das Fernsehen zu prüfen. Von der UFI kam als Antwort, dass der Film eine Reihe Spielfilmausschnitte enthalte und sowohl Musik- wie Stoffrechte an den einzelnen Filmen in einem Umfang abgelaufen seien, der eine weitere Verwendung ausschließt. Vgl. UFI an Degeto-Film GmbH, 6.10.1955. In: BA, R 109 I / 1907. — 77 Tagung der Fernsehkommission, Hamburg, 8.3.1954. In: DRA, Dokumentation ARDAkten, A06 / Fiche 331, Laufzeit 1952 – 07/1954. — 78 Auszug aus dem Protokoll der Fernsehkommission, 8.3.1954. In: UHR, Ordner Intendanz Degeto Film/Spio 4.7.1952 – 4.4.1957 Nr. 82. Vgl. auch Gunther Faupel: Medien im Wettstreit, a. a. O., S. 110. — 79 Werner Pleister in dem Protokoll über die Sitzung der Programmkonferenz am 25. und 26.6.1954 in Bremen, Punkt 19. In: UHR, Ordner Intendanz Degeto Film/Spio 4.7.1952 – 4.4.1957 Nr. 82. — 80 Bericht der Geschäftsführung an den Aufsichtsrat der Degeto-Film GmbH, 20.2.1954. In: ebd. — 81 Niederschrift der Aufsichtsratssitzung der Degeto-Film GmbH, 25.2.1954. In: DRA, Dokumentation ARD-Akten, A06 / Fiche 331, Laufzeit 1952 – 07/1954. — 82 Vgl. [Gottfried] Michelmann an die Aufsichtsratsmitglieder der Degeto-Film GmbH, 14.5.1954. In: UHR, Ordner Intendanz Degeto Film/Spio 4.7.1952  – 4.4.1957 Nr. 82.  — 83 Degeto-Film GmbH / Roellenbleg: Bericht der Geschäftsführung, Wiesbaden, 18.5.1954. In: ebd. — 84 Dr. W (Hans Joachim Wack?) / Bi. An Beckmann, 10.7.1954. In: DRA, Dokumentation ARD-Akten, A06 / Fiche 331, Laufzeit 1952 – 07/1954; auch in: UHR, Ordner Intendanz Degeto Film/Spio 4.7.1952–4.4.1957 Nr. 82. —

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Das westdeutsche Fernsehprogramm als Filmplattform 85 Vgl. Hessisches Hauptstaatsarchiv, Wiesbaden, Abt. 469/33, Nr. 7756. Für die Mitteilung zur Gewerbeabmeldung in Wiesbaden danke ich Gerhard Klaiber.  — 86 Vgl. dazu die aufschlussreiche Situationsbeschreibung von Guido Bagier: Werbung nach Maß oder von der Stange. Kino und Bildschirm im Wettbewerb auf dem Werbemarkt. In: Handelsblatt, 28./29.4.1961. — 87 LR/G.: Aktenvermerk, vertraulich. Betr.: Degeto-Film GmbH. 14.7.1954. In: DRA, Dokumentation ARD-Akten, A06 / Fiche 331, Laufzeit 1952 – 07/1954. Das Sigel »LR« deutet womöglich auf den Rechtsanwalt Lehr hin, der am 16.7.1954 Beckmann darüber informierte, dass der Aufsichtsrat der Degeto-Film GmbH am Folgetag in Wiesbaden beraten würde, es gehe dabei um die Beendigung des Unternehmens mit einer sogenannten kleinen Lösung. — 88 Anon.: Die Entwicklung der Degeto, 31.7.1954. In: ebd. — 89 Anon.: Betr.: Degeto-Film GmbH, 22.7.1954. In: ebd. — 90 Vgl. Bundesanzeiger, 27.1.1955, Zentralhandelsregister-Beilage zu 21 HRB 1577 – 23.12.1954. In: BA, R 109 I / 2553; ebenso Degeto-Film GmbH / Roellenbleg und Wack an den Herrn Vorsitzenden und die Herren Mitglieder des Aufsichtsrats, Frankfurt, 25.2.1955. In: UHR, Ordner Intendanz Degeto Film/Spio 4.7.1952 – 4.4.1957 Nr. 82. Anders jedoch Hans Joachim Wack: Die Degeto-Film GmbH. In: Kino in der Stadt. Hg. von Herbert Stettner. Frankfurt am Main: Eichborn 1984, S. 142, wo der 18.11.1954 als Datum des Erwerbs der Degeto-Film GmbH durch die WiR genannt wird, dsgl. Hans Joachim Wack: Filmeinkauf für Millionen. Die Degeto-Film GmbH. In: ARD-Jahrbuch 73. Hg. von der ARD. Hamburg: Hans-Bredow-Institut 1973, S. 125 sowie auf http:// bit.ly/2DgnM6x (zuletzt 15.1.2018). Faupels Mitteilung (S. 252), wonach Wack 1954 von Roellenbleg die Geschäftsführung der Firma übernommen habe, ist falsch. — 91 Werbung im Rundfunk an Ministerialrat i.R. Kurt Magnus, 8.11.1955. In: UHR, Ordner Intendanz HR Werbefunk 10.7.1954  – 31.12.1959 Nr. 84.  — 92 Vgl. zur Biografie Wacks die FI-Berufsbiografien (246) in: Fernseh-Informationen, Nr. 5, März 1980. — 93 Vgl. Degeto-Film GmbH / Roellenbleg und Wack an den Herrn Vorsitzenden und die Herren Mitglieder des Aufsichtsrats, Frankfurt, 25.2.1955. In: UHR, Ordner Intendanz Degeto Film/Spio 4.7.1952 – 4.4.1957 Nr. 82. Zu dieser Zeit war ausweislich des Geschäftsberichts nur noch die WiR Gesellschafter der Degeto-Film GmbH. — 94 Dr. Lange an Beckmann, 12.2.1955. In: ebd. — 95 Vgl. Hans Joachim Wack: Erfahrungsbericht aus der Tätigkeit der Degeto-Film GmbH unter Berücksichtigung der Frage der Schaffung eines zentralen Filmkontors, Frankfurt am Main, 1.9.1955. In: UHR, Ordner Intendanz HR Werbefunk 10.7.1954 – 31.12.1959 Nr. 84. Vgl. auch Gunther Faupel: Medien im Wettstreit, a. a. O., S.  127–129. — 96 Peter Hart: Fernsehen und Film an der Schwelle einer Auseinandersetzung. In: Filmtechnik, Nr. 9, 1936. — 97 [ Joachim] Braun: Stellungnahme gegenüber Werner Pleister zum Erfahrungsbericht von Wack, 21.10.1955. In: DRA, Dokumentation ARD-Akten, A06 / Fiche 334, Laufzeit 04/1955–12/1955. Vgl. auch Gunther Faupel: Medien im Wettstreit, a. a. O., S. 128.  — 98 Hans Joachim Wack: Aktenvermerk, 6.6.1958. In: UHR, Ordner Intendanz HR Werbefunk 10.7.1954 – 31.12.1959 Nr. 84. — 99 Vgl. Hans Joachim Wack: Geschäftsbericht der Degeto-Film GmbH für 1958, 6.3.1959. In: DRA, Dokumentation ARD-Akten, A06  /  Fiche 337, Laufzeit 03/1959  – 10/1962. — 100 Sichtung DVD, 12.10.2017, o. O.: Pidax film media 2011. Der Film wurde 1970 auch vom Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht

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Das westdeutsche Fernsehprogramm als Filmplattform (FWU) veröffentlicht.  — 101 Vgl. Gunther Faupel: Medien im Wettstreit, a. a. O., S. 269; siehe auch Deutsche Kinemathek, Sammlungen, Amici per la pelle. Mit Dank an Norbert Aping. — 102 Vgl. Thomas Clark: Der Filmpate. Der Fall des Leo Kirch. Hamburg: Hoffmann und Campe 2002, S. 70. — 103 Hans Joachim Wack: Aktenvermerk, 6.6.1958. In: UHR, Ordner Intendanz HR Werbefunk 10.7.1954 – 31.12.1959 Nr. 84. — 104 (Hans Joachim) Wack: Aktenvermerk, betr.: Spielfilmbeschaffung, 14.8.1958. In: UHR, Ordner Intendanz HR Werbefunk 10.7.1954  – 31.12.1959 Nr. 84. Im Fall der italienischen Offerte war dem HR ein vollständiger Filmankauf aus Gründen finanzieller Beschränkung nicht möglich, sodass lediglich die beiden Filme von de Sica und Visconti in der ersten Jahreshälfte 1959 von der ARD ausgestrahlt wurden. Vgl. Aktenvermerk Hans Joachim Wack, 25.8.1958. In: ebd. — 105 Irmela Schneider: Film, Fernsehen & Co. Zur Entwicklung des Spielfilms in Kino und Fernsehen. Ein Überblick über Konzepte und Tendenzen. Heidelberg: Winter 1990, S. 112. — 106 [Hans Joachim] Lange: Aktennotiz, betrifft: Zentraler Filmeinkauf der Rundfunkanstalten. Frankfurt am Main, 15.1.1959. In: UHR, Ordner Intendanz HR Werbefunk 10.7.1954 – 31.12.1959 Nr. 84. — 107 Anon.: Fernsehchef Pleister entlassen. In: Der Tagesspiegel, Berlin, 7.7.1959.  — 108 Vgl. Gunther Faupel: Medien im Wettstreit, a. a. O., S.  167.  — 109 Gesellschaftsvertrag DegetoFilmgesellschaft GmbH, undatiert. In: UHR, Ordner Intendanz HR Werbefunk 10.7.1954 – 31.12.1959 Nr. 84. Auch in Bundesanzeiger, Nr. 107, 9.6.1959. — 110 Nach Gunther Faupel: Medien im Wettstreit, a. a. O., S. 168. Die Verwertungsgesellschaft wurde bereits nach ihrer zweiten Sitzung im Juni 1960 aufgelöst. Vgl. Julia von Heinz: Die freundliche Übernahme. Der Einfluss des öffentlich-rechtlichen Fernsehens auf den deutschen Kinofilm von 1950 bis 2010. Baden-Baden: Nomos 2012, S. 61.  — 111 Notiz in Kino-Technik, Nr. 4, April 1959. — 112 Gerd Albrecht: Filmwirtschaft und Fernsehen in ihren Beziehungen 1950–1960, a. a. O., S. 169–170. — 113 Vgl. Beta Film GmbH / Leo Kirch an Degeto-Film GmbH / Joachim Wack, o. O., o. D. (Anfang 1960). In: UHR, Ordner Intendanz Degeto 1.1.1960 bis 31.12.1962 Korrespondenz Nr. 10191; auch in DRA, Dokumentation ARD-Akten, A06 / Fiche 345, Laufzeit 03/1959 – 02/1960. — 114 Vgl. Hans Joachim Wack und Erwin Wittmann: Geschäftsbericht Degeto-Film GmbH für 1.1.1960 bis 31.12.1960, 31.5.1961. In: DRA, Dokumentation ARD-Akten, A06 / Fiche 343, Laufzeit 01/1961 – 10/1961. — 115 Anon.: Beruf liches. Hans Joachim Wack, 63. In: Der Spiegel, Nr. 52, 26.12.1988. — 116 Hans Bausch an Leo J. Horster, Stuttgart, 3.9.1962. In: DRA, Dokumentation ARD-Akten, A06 / Fiche 349, Laufzeit 07/1962  – 12/1962.  — 117 Kurt Magnus an Johannes Eckardt, 9.3.1955. In: UHR, Ordner Intendanz Degeto Film/Spio 4.7.1952 – 4.4.1957 Nr. 82. — 118 Hans Joachim Wack an Amtsgericht Charlottenburg, 20.5.1963. In: LAB, Handelsregisterakte Degeto B Rep. 042 Nr. 28085. — 119 Walter Stock an Rolf Aurich, 31.8.2009.

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Chronik 1929 Auf Initiative der Tonbild-Syndikat AG Gründung des eingetragenen Vereins »Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild« (Degeto) am 24. Januar 1929 in Berlin durch Privatleute, von denen einige in beruf lichen Bindungen zum Preußischen Kultusministerium (Kurt Zierold, 1899–1989), zur ReichsRundfunk-Gesellschaft (Kurt Magnus, 1887–1962) und der Tobis Klangfilm GmbH (Heinrich Brückmann, verstorben 1929) stehen. Daneben gehören u. a. der Schriftsteller Walter von Molo, der Theaterintendant Paul Eger (erster Vereinsvorsitzender bis Ende 1931), Felix Lampe (Leiter des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht) sowie der Architekt Hans Poelzig zu den Gründerpersönlichkeiten. Die zentrale Aufgabe des Vereins lautet: Förderung aller künstlerischen, bildenden und wissenschaftlichen Werke des Films im Allgemeinen und des Tonfilms im Besonderen. Politische oder konfessionelle Ziele sind dabei ausgeschlossen. Die wesentlichen jährlichen Unterstützungsbeiträge für den Verein kommen vom Kultusministerium (15.000 RM) und von der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft (5.000 RM). Da diese Beträge in den Unterlagen als Mitgliedsbeiträge bezeichnet werden, muss davon ausgegangen werden, dass beide Einrichtungen sich als Vereinsmitglieder verstehen. Von diesem Geld bestreitet der Verein den laufenden Geschäftsbetrieb, für weitere Zwecke gibt es Sondermittel.  – Ende April 1929 lädt die Degeto zu ihrer ersten Veranstaltung in der von Hans Neumann begründeten »Kamera« Unter den Linden, im Herbst folgen weitere Filmvorführungen in Hamburg, Stuttgart, Frankfurt am Main und München. 1930 Gedankenspiele um die Schaffung eines Tonfilmarchivs der Degeto, in dem – nicht zur öffentlichen Aufführung – Persönlichkeitsaufnahmen versammelt werden sollen und das in gewisser Konkurrenz zum technisch bereits avancierten Lautarchiv der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft steht. Erste Aufnahmen (Gerhart Hauptmann) werden in der ersten Jahreshälfte von der Melophon-Film GmbH für die Degeto realisiert (ab Mitte März 1931 umbenannt in Tobis-Melofilm GmbH). Der Bestand an solchen Aufnahmen wächst in den nächsten Jahren und enthält prominente Namen wie Reichspräsident von Hindenburg, Konrad Adenauer, Albert Einstein, Wilhelm Furtwängler oder Thomas Mann. – Der österreichische Kulturfilmfunktionär Johannes Eckardt (geboren am 20. April 1887) kommt im Herbst des Jahres aus München, wo

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Chronik

er u. a. die Bayerische Landesfilmbühne geleitet und 1928 die ersten internationalen Filmfestwochen initiiert hat, nach Berlin, um den Degeto e. V. zu leiten und auszugestalten. Im Auftrag und mit Mitteln des Degeto e. V. übernimmt er im Dezember zunächst die Geschäfte der »Gesellschaft für den guten Film« und erwirbt dann als Treuhänder die Mehrheit ihrer Gesellschaftsanteile, um auf diesem Weg den Betrieb des Kinos »Kamera« Unter den Linden zu führen. Auch in anderen Städten, etwa Magdeburg und Frankfurt am Main, wirkt die Gesellschaft in Kooperation mit anderen Organisationen beim Betrieb von Repertoire-Filmtheatern. Gezeigt werden Kulturfilme, wobei dieser Begriff weit ausgelegt wird. Zum Problem des FilmRepertoires lässt sich Eckardt auch publizistisch aus. Ab Februar 1932 fungiert er als Liquidator der Gesellschaft für den guten Film. Ende 1931 ist er zum Vorstand des Degeto e. V. gewählt worden und fungiert damit auch als dessen Geschäftsführer. Johannes Eckardt tritt der NSDAP nicht bei. 1933 Die Degeto wird dem Preußischen Kultusministerium schleichend entzogen und dem offiziell zuständigen Reichsministerium für Volksauf klärung und Propaganda zugeordnet, von wo jedoch kein ausgeprägtes Interesse an einer unmittelbaren Aufsicht über den Verein signalisiert wird. Auch andere Perspektiven werden von dort nicht geboten, lediglich allgemein besondere Aufgaben ins Spiel gebracht. Es gibt Kooperationen der Degeto bei einem deutlich national ausgerichteten Film-Zyklus mit der Fichte-Gesellschaft und die Absicht, mit der von den Nationalsozialisten übernommenen Lessing-Hochschule zusammenzuarbeiten. 1934 Die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft streitet sich mit dem Degeto e. V. 1934/35 um Zahlungen, man ist zum Austritt entschlossen und argumentiert, der einstige Beitritt sei nur erfolgt aus Interesse an der künftigen Kulturfilmentwicklung im Fernsehen. In einer Vereinbarung bietet die Degeto dem einstigen Förderer ihr derzeitiges Filmarchiv kostenlos zur Herstellung von Filmkopien für Fernsehsendungen an. Kurt Zierold erklärt im August 1934 seinen Austritt aus dem Verein, der in seiner Außenwirkung zunehmend abhängt von den Aktivitäten Johannes Eckardts. Dieser übernimmt Mitte 1934 die Führung der an der Lessing-Hochschule neu gebildeten Fachschaft »Film und Filmwesen« und schafft dort ein regelmäßiges und bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg respektiertes Filmseminar, das der Öffentlichkeit bis 1938 Angebote zu verschiedenen Filmthemen offeriert.

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Chronik

1935 Die Reichsvereinigung deutscher Lichtspielstellen, Kultur- und Werbefilmhersteller e. V. übernimmt ab 1935 die wirtschaftliche Betreuung des Degeto e. V., das Vereinsleben kommt allmählich zum Erliegen. Eckardt entwickelt sich zu einer führenden Kraft auf dem Gebiet der Filmpublizistik, politisch zunehmend nationalsozialistisch eingefärbt. In einem Vortrag an der Fachschule für Filmtheaterbesitzer (Berlin) lobt Johannes Eckardt 1935/36 die Natürlichkeit des »Führers« Adolf Hitler. Zwischen Ostern und Oktober 1935 leitet er kurzfristig das im Westen Berlins gelegene Kino »Die Kurbel« und hat großen Erfolg mit der Aufführung von Julien Duviviers Maria Chapdelaine (1934) und Dood Water (Totes Wasser, 1934) von Gerhard Rutten. 1936 Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit für Filmveranstaltungen des Degeto e. V. wird Anfang Februar im Benehmen zwischen dem Reichs- und Preußischen Ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung sowie dem Propagandaministerium widerrufen. 1937 Ausgehend von einem Beschluss der Mitglieder und des Verwaltungsrats des Degeto e. V. von Mitte Juni 1936 wird am 4. August 1937 die Degeto-Kulturfilm GmbH in Berlin gegründet (Stammkapital 20.000 RM). Anteilseigner sind die Tobis-Melofilm GmbH und der Degeto e. V., dieser bringt seinen Anteil in Höhe von 9.000 RM als Sachwerte ein (Filmkopien und -rechte) und gestattet der GmbH die Führung des Namens. Gegenstand des Unternehmens ist satzungsgemäß die Förderung aller künstlerischen, bildenden und wissenschaftlichen Werte des Tonfilms im Allgemeinen und des Kulturfilms im Besonderen; ferner die Verwertung von Tonfilmen, die der Belehrung und Bildung auf jedem Gebiet dienen. Insbesondere der Vertrieb des sogenannten Degeto-Schmalfilm-Schranks und Degeto-Weltspiegels im In- und Ausland wird vorgesehen. Zur Durchführung dieser Zwecke darf die Gesellschaft alle in Betracht kommenden Handelsgeschäfte betreiben. Der seit 1930 bei der Melofilm als Geschäftsführer tätige Heinrich Roellenbleg (1901–1963) führt anfangs zusammen mit Johannes Eckardt die Geschäfte dieses Filmverleihs. Rasch übernimmt die Melofilm die Stammanteile des Degeto e. V. und bereits Ende 1937 gehen die Geschäfte der Melofilm auf die Tobis Filmkunst GmbH über. Deren Aktienmehrheit liegt nun bei der Cautio Treuhand GmbH als alleiniger Gesellschafterin. Das im Herbst 1937

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gestartete Degeto-Verleihprogramm aus deutschen und internationalen Produktionen, darunter Spitzenfilme wie Georg Michael Höllerings ungarischer Hortobágy (1936) und Svend Noldans Was ist die Welt? (1933/34), weist als kommerziell attraktivste Titel bis Mitte 1938 Kampf um den Himalaya (1938, Bearbeitung und Fertigstellung: Frank Leberecht und Franz Schröder), Rotkäppchen und der Wolf (1937, Regie: Fritz Genschow und Renée Stobrawa) und Jabonàh – Jabonàh (La croisière jaune, 1934, Regie: André Sauvage, Léon Poirier, Expeditionsleitung: Georges-Marie Haardt, Louis Audouin-Dubreuil) auf. – 1937/38 beginnt mit dem Essayfilm Was ist die Welt? das Geschäft der Degeto mit Schmalfilmen. Drei entsprechende Kataloge erscheinen 1938, 1939 und 1941. Verkaufsfilme halten der Schmalfilm-Schrank und der seit 1939 im Monatsrhythmus erscheinende Degeto-Weltspiegel bereit. Dessen Schmalfilmclips bringen Auszüge der Kriegswochenschauen in den Privatraum der Käufer. Ins Angebot gelangen nicht allein auf Schmalfilm umkopierte Normalfilme, sondern auch Amateurproduktionen, da das schmale Format als »richtige Volkskunst« verstanden wird. Der Schmalfilm-Schrank soll nach zeitgenössisch publizierten Idealvorstellungen gleichberechtigt neben Bücherschrank, Schallplattensammlung und Grammofonanlage stehen. Filme verschiedenster Art erreichen auf diese Weise die Privatbezirke des Publikums. 1938 Ein Vertrag mit der Ufa von Januar 1938 regelt, dass die Degeto-Kulturfilm GmbH keine Kultur-, Werbe- und Werbekulturfilme herstellen darf. Erlaubt ist ihr die Verwertung von Ufa-Beiprogramm-Kulturfilmen und abendfüllenden Kultur- und wissenschaftlichen Filmen, hinzu kommen ausländische Sonderfilme sowie die Verkleinerung von Normalfilmen zu Schmalfilmen. – Mit dem kurzlebigen Pressedienst Der Kulturfilm macht die Degeto auf ihr Programm aufmerksam, sie versteht die Schrift als Dienst an der Mission des Kulturfilms. In der Nummer 3 denkt Johannes Eckardt über die Beschaffenheit von Jugendfilmen nach, damit ist die Idee der staatspolitischen Erziehungsaufgabe der Jugend nach nationalsozialistischen Vorgaben verknüpft. Das Programm der Degeto bietet verschiedene Jugendfilme an, oft von der Melofilm hergestellt und aus der Sicht von Eckardt vorbildlich gelungen. – Ende Juli 1938 zieht die Degeto-Kulturfilm GmbH zusammen mit anderen Firmenteilen in das Tobis-Haus in der Berliner Friedrichstraße 100, direkt am Bahnhof Friedrichstraße. Ein Schmalfilm- und Fotoladen eröffnet dort im März 1939, im Herbst 1943 wird das Gebäude durch Bomben zerstört.

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1939 Eine positive Entwicklung zeigt sich für die Degeto-Kulturfilm GmbH in ihrem ersten vollständigen Geschäftsjahr 1938/39, wobei der Löwenanteil des Umsatzes beim Verleih von Kultur- und Beifilmen liegt. Die drei stärksten Einspielergebnisse bis Ende Juni 1939 werden erzielt durch die Verleihtitel Karthagos Fall. Rom’s Kampf um’s Mittelmeer (Scipione l’Africano, Italien 1937, Regie: Carmine Gallone), Sehnsucht nach Afrika (1938/39, Regie: Georg Zoch) und Das blaue Licht (1932, Regie: Leni Riefenstahl). 1940 Die Tobis Filmkunst GmbH schließt im Geschäftsjahr 1939/40 u. a. mit der Degeto-Kulturfilm GmbH einen Organvertrag zur Regelung der gemeinsamen steuerlichen Behandlung.  – Ein Katalog annonciert das Verleihprogramm: »aktuelle filmische Großreportagen, aufschlußreiche DokumentarFilme und ausländische Spielfilme ganz besonderen Charakters bilden die Produktion der Degeto-Kulturfilm GmbH«. – Johannes Eckardt übernimmt zusätzlich die Leitung der Tobis-Kulturfilmstelle. 1941 Zur Koordinierung des deutschen Schmalfilmexports, bis dahin v. a. von der Degeto betrieben, wird am 2. September die Monopolgesellschaft Deutscher Schmalfilm-Vertrieb GmbH (Descheg) in Berlin gegründet. Während 10.000 RM von der Tobis Filmkunst GmbH kommen, zahlt die Cautio 90.000 RM als Anteil ein. Zum Geschäftsführer wird Johannes Eckardt berufen, auf den auch der Entwurf nach einem entsprechenden Plan aus dem Propagandaministerium zurückgeht. Er unternimmt mehrere Auslandsreisen für die Descheg und vermischt bei öffentlichen Auftritten mitunter seine Funktionen für die Degeto-Kulturfilm GmbH und die Descheg. Seine Mission ist die Stärkung des Schmalfilms in Europa. Die in 14 Ländern wirkende Descheg ist eine politisch-ideologische Gründung des Propagandaministeriums, weshalb sich die an ökonomischer Effizienz interessierte Cautio mit ihrer Existenz nicht anfreundet. Zum weit gefassten Geschäftsfeld der Descheg zählt neben Auswertung und Verwertung von Schmalfilm-Lizenzen auch die Organisation von Wandervorführungen an kinolosen Orten im In- und Ausland. Dabei wird klar geregelt, dass die Auswertung deutscher Normalfilme nicht beeinträchtigt wird – vielmehr soll der Schmalfilm nach Vorstellung des Ministeriums als Schrittmacher für den Normalfilm vor allem in ländlichen Gebieten fungieren.

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1942 Das Degeto-Geschäftsjahr 1941/42 verzeichnet besonders im Auslandshandel namhafte Mehrerlöse mit dem Schmalfilm-Schrank und dem Weltspiegel, rutscht jedoch beim Normalfilmverleih ab  – lediglich Walter Jervens Kompilation Himmelstürmer (1941) zur Geschichte der Aviatik läuft in dieser Saison an. Ab Mitte 1942 agiert Anton Heidemann neben Johannes Eckardt als Geschäftsführer der Degeto (beide formal bis Oktober 1945). – Seit Februar 1942 betrachtet die Tobis die Degeto als nicht mehr zum eigenen Interessensgebiet gehörig. Diese wird von der Descheg übernommen (beide schließen einen Organvertrag), rechtlich wirksam zum 1. Juni 1942. Bei der Degeto verbleibt lediglich das Verkaufsgeschäft mit Filmen des Schmalfilm-Schranks und des Weltspiegels. Der Name wird im Juli verkürzt zu Degeto-Film GmbH. Hintergrund der Veränderungen ist die Konzen­ tration der deutschen Filmwirtschaft und Schaffung der Ufa-Film GmbH (UFI), dem künftig einzigen reichseigenen Konzern, Anfang 1942. Durch vollständige Übernahme des Stammkapitals wird die Universum-Film AG im Mai alleinige Inhaberin der Descheg und bindet sie als Organgesellschaft an sich. Künftig ist die Descheg der Auslandsabteilung der Ufa unterstellt und zusammen mit der von ihr übernommenen Degeto Teil der UFI. 1943 Die Uneinigkeit bei der Descheg-Bewertung zwischen Cautio und Ministerium setzt sich bis 1944 fort. Nach einem Machtwort von Goebbels soll die Priorität auf die filmische Betreuung der Bombenevakuierten in Deutschland gelegt werden, während Ende 1944 die Aufgaben der Descheg im Ausland nur noch mit Mühe realisiert werden können – Mangel an Material und logistische Probleme verhindern dies. 1945 Nach Kriegsende gibt es vereinzelte Versuche in Berlin, eine Bestandsaufnahme bei Descheg und Degeto zu organisieren. Eine Geschäftstätigkeit beider Firmen ist nicht festzustellen. – Johannes Eckardt hält sich seit dem Herbst 1945 in Göggingen bei Augsburg (US-amerikanische Besatzungszone) auf und arbeitet dort dem Landrat in lokalen Film- und Kinoangelegenheiten zu. Vorwürfe einer nationalsozialistischen Vergangenheit weist er 1945 und 1946 zurück. Seine Mitarbeit am Institut für den Unterrichtsfilm in München wird dadurch gleichwohl unterbrochen, zeitweise wird er von der amerikanischen Militärregierung als »blacklisted« geführt.

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1948 Mit Genehmigung der amerikanischen Militärregierung von Ende 1948 verlegen Universum-Film AG und Descheg ihren Sitz zunächst nach Wiesbaden, bevor sie 1956 nach Düsseldorf umziehen. Dort erlischt die Descheg 1960 im Rahmen der Abwicklung und Entf lechtung des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens. 1949 Zunächst Präsident der Filmclubs in der US-amerikanischen Besatzungszone, wird Johannes Eckardt auch erster Vorsitzender des im Mai 1949 gegründeten Verbandes der deutschen Filmclubs. Seine eigene Clubarbeit konzentriert sich auf Augsburg. Eckardt, der für die Renaissance des Kulturfilms eintritt, pf legt die Tradition des Filmseminars der Lessing-Hochschule, übernimmt dessen Formen der Vermittlung und betont die nationale Sub­ stanz der Filmkunst – Motive für den späteren Generationenkonf likt in den Filmclubs. Gleichwohl ist die Breitenwirkung der Filmclubs hoch zu veranschlagen, cineastische Geschmacksbildung in den 1950er Jahren ist in Westdeutschland hauptsächlich ihnen zu verdanken. 1952 gibt es etwa 1.200 Filmclubs mit ca. 28.000 Mitgliedern. 1970 löst sich der Verband auf. – Eckardt entwickelt in der Bundesrepublik ausgeprägte Aktivitäten als Filmfunktionär, so auch in Wiesbaden, Sitz von Freiwilliger Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (seit 1949) und Filmbewertungsstelle der Länder der Bundesrepublik Deutschland bzw. der Filmbewertungsstelle Wiesbaden (ab 1951). 1951 Der politisch belastete Heinrich Roellenbleg bildet den geschäftsführenden Vorstand des Degeto e. V. Spätestens in diesem Jahr versucht der Verein, von den Liquidatoren der Universum-Film AG den Firmenmantel der DegetoKulturfilm GmbH zurückzuerwerben. Dies gelingt am 27. Juni 1952. 1952 Guido Bagier (1888–1967), erfahrener und gut vernetzter Tonfilmpionier mit starken Verbindungen zum Rundfunk, wird im April 1952 neben Roellen­ bleg in den Vorstand des Degeto e. V. gewählt. Hauptsächlich über ihn läuft zunächst die Verbindung zwischen der Degeto und Eberhard Beckmann (1905–1962), dem Intendanten des Hessischen Rundfunks. Dort gehört Kurt Magnus zum Rundfunkrat. Über Kulturfilme wird ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Produktion für das Fernsehprogramm diskutiert. In den Blick des Senders geraten neben Bagier auch Roellenbleg (die im Herbst 1952

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gemeinsame Geschäftsführer der Degeto-Film GmbH werden) und Eckardt als Fachleute, deren Fähigkeiten man für künftige Zusammenhänge von Film und Fernsehen zu nutzen gedenkt. Speziell Roellenbleg weist die Filmbranche auf die Möglichkeit hin, Fernsehrechte durch die Degeto sammeln zu lassen. Auch Werbefilme werden für den Hessischen Rundfunk interessant. – Die Reaktivierung der Degeto nimmt konkrete Formen an durch einen Mitte 1952 vereinbarten Kredit in Höhe von 50.000 DM, den Hessischer Rundfunk und das Land Nordrhein-Westfalen (das zu dieser Zeit eine spezielle Kulturfilmförderung verfolgt) dem Verein einräumen. Davon soll der Verein den Firmenmantel der GmbH erwerben, deren Gesellschaftskapital erhöhen sowie das Geschäft mit dem Degeto-Schmalfilm-Schrank neu in Gang setzen (dabei kommt es zu einer Kooperation mit dem Filmverleiher Gerhard Goldammer, der einen Schmalfilmkatalog auf legt; die Schmalfilmgeschäfte der Degeto laufen 1958 aus). Hauptgedanke der Kreditgeber neben einer Einf lussnahme auf die Vereinsgremien ist die Verwendung der Degeto, um bereits bei der thematischen und finanziellen Planung von Kulturfilmproduktionen den Gedanken der Fernsehausstrahlung berücksichtigt zu sehen. Roellenbleg nimmt im Herbst 1952 Kontakt zum Fernsehintendanten des Nordwestdeutschen Rundfunks, Werner Pleister (1904–1982), auf. Dem Spielfilmeinsatz im Fernsehen steht Pleister zu dieser Zeit offener gegenüber als Beckmann. Erste Kultur- und Reportagefilme werden dem Nordwestdeutschen Rundfunk Anfang 1953 von der Degeto geliefert, die zu dieser Zeit intensiv damit beschäftigt ist, von Filmproduzenten Fernsehrechte zu erwerben. 1953 Erste Überlegungen, die Degeto-Film GmbH zur zentralen Filmeinkaufsstelle für In- und Auslandsgeschäfte des Fernsehens zu machen, finden keine ungeteilte Zustimmung und bleiben noch unvollendet. Degeto e. V. und Universum-Film AG schließen am 16. November 1953 einen Lizenzvertrag, mit dem der Degeto-Film GmbH Schmalfilm- und Fernsehrechte einer Anzahl von Kulturfilmen übertragen werden. Dabei handelt es sich überwiegend um Ufa-Produktionen der NS-Zeit. Im Herbst des Jahres räumt Guido Bagier den Posten des zweiten Geschäftsführers neben Roellenbleg, vom Amt des Vereinsvorstandes tritt er im Mai 1954 zurück. 1954 Gottfried Michelmann (1914–2011), Vertreter Beckmanns, prüft im Mai die ökonomische Lage der Degeto-Film GmbH und gelangt zu einer verheerenden Einstufung, die Liquidationsreife wird von Roellenbleg bestätigt. Als

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Sofortmaßnahme wird die Gesellschaft von der Werbung im Rundfunk GmbH übernommen, einer Tochtergesellschaft des Hessischen Rundfunks. Roellenbleg wird weiterbeschäftigt und der Sitz nach Frankfurt am Main verlegt, der Degeto e. V. soll aufgelöst werden. Die Aufgabe der DegetoFilm GmbH besteht nun in der Beschaffung von Filmen für den Hessischen Rundfunk, im Verleih von Filmen an Filmtheater und der Vorbereitung für die Aufnahme von Werbefilmsendungen. Das Stammkapital wird auf 75.000 DM erhöht, zum weiteren Geschäftsführer neben Roellenbleg wird Hans Joachim Wack (1925–2009) ernannt. 1955 Die Degeto-Film GmbH bezieht Räume zunächst in der Frankfurter Friedrich-Ebert-Straße, dann in der Kaiserstraße. – Eine außerordentliche Mitgliederversammlung in Frankfurt am Main beschließt im März 1955 die Tilgung des Vereins, zum Liquidator wird Hans Joachim Wack bestellt. 1957 Im Herbst scheidet Heinrich Roellenbleg als Geschäftsführer aus, neben Wack fungiert als zweiter Geschäftsführer nun Erwin Wittmann (bis 1984), der die Zweigniederlassung in München leitet und sich auf den Einkauf von Serien für den Pool der Werbe-Rahmenprogramme konzentriert (Ende der 1970er Jahre rund 150 Serien-Episoden jährlich). Ab 1979 fungiert ergänzend Franz Everschor als stellvertretender Geschäftsführer (bis 1986). 1958 Wesentliche Steigerung der geschäftlichen Aktivitäten. Die erfolgreiche Arbeit der Degeto für den Hessischen Rundfunk führt zu Kritik anderer Sender. Man konzentriert sich besonders auf die Beschaffung solcher Spielfilme, die noch keine deutsche Aufführung hatten. So ist die italienische Produktion Amici per la pelle (Freunde fürs Leben, 1955, Regie: Franco Rossi) im Oktober 1958 zunächst im Fernsehen und erst dann im Kino zu sehen. Wack nutzt den Moment und sieht im Vorrecht des Fernsehens ein kulturelles Argument für dessen Nobilitierung. Geschäftspartner der Degeto ist dabei die Sirius-Film GmbH von Hans Andresen und Leo Kirch, mit dem Wack für die Degeto künftig bevorzugt handelt.  – Gründung der ARDFilmkommission Ende 1958, sie wählt die für das ARD-Gemeinschaftsprogramm erwünschten Kinofilme aus.

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1959 Nach einem Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 11. März wird die Degeto-Film GmbH durch eine Umgründung zur Gemeinschaftseinrichtung der ARD, an der alle Landesrundfunkanstalten Gesellschaftsanteile in gleichem Umfang halten. Erhöhung des Stammkapitals auf 200.000 DM (1960 auf 225.000 DM). Neben dem Hessischen Rundfunk war der Bayerische Rundfunk am stärksten an einer solchen Erweiterung der Degeto interessiert. Der Organvertrag mit der Werbung im Rundfunk GmbH wird gelöst. § 4 des Gesellschaftsvertrags der Degeto-Film GmbH lautet nun: »Gegenstand des Unternehmens ist Verbreitung und Vertrieb von Filmen und Ton- und Bildträgern deutscher und ausländischer Herkunft sowie die Ausübung aller damit in Zusammenhang stehenden Geschäfte. Hierzu gehört auch die gelegentliche Herstellung von Filmen. Gegenstand des Unternehmens ist insbesondere Beschaffung, Erwerb und Auswertung von Filmen und anderen Bildträgern für die Rundfunkanstalten und deren Werbegesellschaften sowie jede sonstige Betätigung wirtschaftlicher Art, die die Interessen des Rundfunks zu fördern geeignet ist.« Unternehmerisches Agieren wird für die ARD nun leichter möglich. Als GmbH ist die Degeto gegenüber der Öffentlichkeit nicht auskunftspf lichtig. 1960 Im Herbst zieht die Degeto-Film GmbH auf das Gelände des Hessischen Rundfunks in Frankfurt am Main. 1962 Heinz Ungureit kommt in seiner Berichterstattung über eine Arbeitstagung der Filmclubs in der Filmkritik (Nr. 5, Juni 1962) auf die Rede Johannes Eckardts von 1936 zurück. Eckardt dankt als Verbandspräsident ab und wird zum Ehrenpräsidenten ernannt. Er gehört zu dieser Zeit noch immer dem Aufsichtsrat der Degeto-Film GmbH an. 1963 Dem Ende 1958 vom Vereins-Liquidator Wack beim Wiedergutmachungsamt Berlin gestellten Antrag auf Rückerstattung des mutmaßlich durch das nationalsozialistische Reichsministerium für Volksauf klärung und Propaganda dem Degeto e. V. entzogenen Filmarchivs wird nicht entsprochen, sodass der Verein am 24. Mai aus dem Vereinsregister gelöscht werden kann.

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1966 Schaffung der ARD-Filmredaktion zur Auswahl der gesendeten Kinofilme. Sie ist mit umfangreichen Vollmachten ausgestattet, etwa um bei Filmfestivals zu raschen Abschlüssen zu kommen. Mitarbeiter der Filmredaktion schließen Verträge als Angestellte mit der Degeto. Nur ein positives Votum der Redaktion kann dazu führen, dass ein Film in ein durch die Degeto anzukaufendes Konvolut aufgenommen wird. Nicht für sämtliche Filme ist die Redaktion zuständig, das gilt etwa für die Sendezeit zwischen 18 und 20 Uhr und für die Filmsendungen in den Dritten Programmen. Eine redaktionelle Auswahl der Filmredaktion wird von der Degeto in geschäftlicher Hinsicht geregelt. Beide Einrichtungen arbeiten eng zusammen, etwa auf Festivals oder bei Synchronisationen fremdsprachiger Filme.  – Johannes Eckardt stirbt am 6. Mai in Göggingen. 1979 Die Degeto kauft pro Jahr etwa 140 Spielfilme an, nicht selten auf Vorschlag einer Landesrundfunkanstalt. Auch kümmert sie sich um den Import von Fernsehsendungen, nicht allein von Kinofilmen. Sogenannte Paketkäufe, bei denen fragwürdige Titel hingenommen werden, um ein paar bessere zu erhalten, soll es nicht geben, da jeder einzelne Film gesichtet wird. Der An­­ kauf von Filmpaketen (speziell solche mit Hollywood-Produktionen) wird gleichwohl in den 1980er Jahren, als der Spielfilm im westdeutschen Fernsehen einen Boom erlebt, zum öffentlich diskutierten Thema. 1983 erwirbt die Degeto 180 Spielfilme, ebenso viele Serienepisoden und etwa 200 Fernsehproduktionen. Als Richtschnur der ARD gilt, dass nicht mehr als ein Drittel der Spielfilmsendungen von Leo Kirch stammen dürfen. 1988 Auf Hans Joachim Wack, der Anfang 1989 offiziell verabschiedet wird, folgt Peter T. Heimes (1938–1999) am 1. Juli 1988 als Degeto-Geschäftsführer (bis September 1994). 1992 Erhöhung des Stammkapitals der Gesellschaft um 50.000 DM auf 275.000 DM. Als Gegenstand des Unternehmens gilt nun: Erwerb, Verwaltung und Veräußerung von Rechten an Spielfilmen und Fernsehprojekten. Das Unternehmen handelt dabei grundsätzlich im Namen und für Rechnung der Mitglieder von ARD und ARD-Werbung. Die Gesellschaft darf alle mit ihrem Programmbeschaffungsauftrag zusammenhängenden und den Gesellschafts-

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zweck fördernden Geschäfte tätigen sowie alle sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeiten ausüben, die die Interessen des Rundfunks zu fördern geeignet sind. Dazu gehören auch partnerschaftliche Beschaffungsmaßnahmen in Form von Co-Produktionen und Co-Finanzierungen sowie die Eigenproduktion von Filmen und Fernsehprojekten. Dabei kann die Gesellschaft auch im eigenen Namen handeln. Der Name wird geändert in Degeto Film GmbH. 1994 Zum hauptamtlichen Geschäftsführer wird im Juli Klaus Lackschéwitz ( Jg. 1938) bestellt (bis Dezember 1999). 2001 Hans-Wolfgang Jurgan ( Jg. 1950), zuvor Prokurist bei der Degeto, übernimmt im Juli die Funktion des hauptamtlichen Degeto-Geschäftsführers (bis November 2011). Zum weiteren Geschäftsführer wird 2002 Jörn Klamroth (1944–2011) berufen (bis März 2011). Für die deutsche Filmbranche ist die Degeto Film GmbH ein zentraler Player. Mit Jurgans Namen ist insbesondere der Erfolg von Degeto-Produktionen für das Fernsehprogramm verbunden, die nach Auffassung der publizistischen Öffentlichkeit eine stark nach unten weisende Niveaukurve aufweisen (»Süßstoffoffensive«, ausgelöst von einem ARD-Papier zur Reichweitenoptimierung durch niederschwellige Anforderungen an Fernsehfilme). Deutliche Budgetüberziehungen, eine langfristige Verplanung des Produktionsetats sowie daraus resultierende Liquiditätsprobleme der Degeto Film GmbH kommen bis zum Ende dieser Periode hinzu, bei der von Wirtschaftsprüfern gravierende organisatorische Mängel innerhalb der Gesellschaft festgestellt werden. 2011 Im Mai übernimmt Bettina Reitz ( Jg. 1962) neben Jurgan den Posten einer weiteren Geschäftsführerin der Degeto (bis Mai 2012), um den Charakter der Degeto-Produktionen neu auszurichten. Dahinter verbirgt sich der Ruf nach einem guten bzw. einem besseren Degeto-Film. 2012 Im Juli wird Christine Strobl ( Jg. 1971) Geschäftsführerin der Degeto Film GmbH.

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Autor Rolf Aurich, geboren 1960 in Peine. Lektor, Redakteur und Autor an der Deutschen Kinemathek  – Museum für Film und Fernsehen. Letzte Veröffentlichungen: Hans Traub: Wörterbuch des Films. Berlin 2017 (hg. mit Rainer Rother) und Elitenbildung und Unterhaltungsproduktion. Ufa-Lehrschau und Deutsche Filmakademie als geistiger Ausdruck der Filmstadt Babelsberg im Nationalsozialismus. In: Linientreu und populär. Das Ufa-Imperium 1933–1945. Hg. von Rainer Rother und Vera Thomas. Berlin 2017. Lebt in Potsdam.

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Dank Der Autor bedankt sich bei den zahlreichen Menschen, die ihm mit Rat und Tat, Material und Meinungen geholfen haben, an entsprechenden Stellen der Anmerkungen, sieht an dieser Stelle aber von einer Einzelnennung ab – aus Vorsicht, um niemanden zu vergessen. Alle mögen sich angesprochen fühlen, in besonderem Maße jedoch die Kolleginnen und Kollegen an der Deutschen Kinemathek, ganz besonders Wolfgang Jacobsen wegen seiner permanenten Unterstützung, die gesamte Abteilung Kommunikation wegen erwiesener Langmut sowie Lisa Roth, Julia Riedel, Annika Schaefer, Kristina Jaspers, Gerrit Thies und Tarek Strauch für nimmermüde Hilfe. Die Kolleginnen und Kollegen der Bibliothek nicht zu vergessen. Den Kollegen Nicky Rittmeyer und Torsten Musial vom Archiv der Akademie der Künste habe ich für Unterstützung und Kritik ebenso herzlich zu danken wie Erika Kempe aus Hamburg, Elke Lange aus Berlin, Rainer Roellenbleg (Italien), Ralph Nünthel aus Leipzig, Leo Boll aus Frankfurt am Main und Christopher Pleister aus Berlin für Informationen, Materialien und Genehmigungen. Zudem statte ich meinen Dank ab allen Betreffenden im Bundesarchiv, im Landes­ archiv Berlin, im Unternehmensarchiv des Hessischen Rundfunks, in der Staatsbibliothek Berlin, im Archiv der Akademie der Künste, im Bayerischen Hauptstaatsarchiv, in der Bayerischen Staatsbibliothek, im Deutschen Rundfunkarchiv, in der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität Köln, im Bundesarchiv-Filmarchiv, im Archiv der Max-Planck-Gesellschaft, im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, im Deutschen Filminstitut, im Jüdischen Museum Berlin, an der Hochschule für Fernsehen und Film München und in der Monacensia, im Stadtarchiv München, in der Universitätsbibliothek Regensburg, im Niedersächsischen Landesarchiv, im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes, in der Wien-Bibliothek wie im Stadtarchiv und im Staatsarchiv Augsburg. Ich widme diese Arbeit meiner Frau Renate Göthe-Aurich.

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Abbildungen Rolf Aurich, Potsdam: S. 116 (Ansichtskarte Tobis-Haus, Friedrichstraße 100, um 1940) Bundesarchiv Bildarchiv, Koblenz: S. 11 (Guido Bagier, 17.1.1929) Andrew Hoellering, Fotos Ferenc Haár: S. 104–105 (Hortobágy, 1936) Jüdisches Museum, Berlin: S. 51 (Straßenansicht des Kinos »Kamera«, Unter den Linden) Elke Lange, Berlin: S. 185 (Porträt Heinrich Roellenbleg, nach 1945) Ralph Nünthel, Leipzig: S. 123 (Zwischen Leben und Tod, 1938) Christopher Pleister, Berlin: S. 195 (Werner Pleister, 1950er Jahre, Fotograf: Fritz Kempe, © Erika Kempe, Hamburg), S. 197 ( Jürgen Roland, Adolf Grimme, Werner Pleister) Stiftung Deutsche Kinemathek, Berlin/Fotoarchiv: S. 38 ( Johannes Eckardt, 1950er Jahre, Fotograf: Fritz Kempe, © Erika Kempe, Hamburg), S. 53 (Totes Wasser, 1934), S. 209 (Amici per la pelle / Freunde fürs Leben) Stiftung Deutsche Kinemathek, Berlin/Plakatarchiv: Frontispiz ­( Plakat Rotkäppchen, 1937) Stiftung Deutsche Kinemathek, Berlin/Sammlungen: S. 21 (Vorführung von Tonbild-Filmen 1929) Unternehmensarchiv des Hessischen Rundfunks, Frankfurt am Main: S. 204 (Kurt Magnus, Eberhard Beckmann, Gottfried Michelmann, © hr/Sepp Jäger), S. 211 (Hans Joachim Wack, © hr/Kurt Bethke)

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Rechte Bei berechtigten Ansprüchen von Rechteinhabern bitten wir darum, sich an die Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin, zu wenden.

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Register Namen A = Abbildung Achsel, Willy 108 Adenauer, Konrad 27, 29, 187, 224 Adlerstein von, Hans Heinz 108 Aeckerle, Fritz 76 Albrecht, Gerd 195, 213 Alessandrini, Goffredo 123 Althoff, Ferdinand 129 Ammann, Hans 23, 40, 127 Andresen, Hans 209, 232 Angel, Ernst 106, 109 Anouilh, Jean 161 Arnim von, Achim 28, 74 Audouin-Dubreuil, Louis 101, 227 Bagier, Guido 9, 11 (A), 22, 28, 42, 159, 185, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 193, 198, 203, 230, 231, 238 Balázs, Béla 49 Bamberger, Rudolf 62, 73 Barsy von, Andor 53, 81 Barzini, Luigi 137 Basse, Wilfried 78, 107 Bausch, Hans 214 Bazzanella, Antonio 209 Beauvais, Peter 161 Becker, Carl Heinrich 10, 28 Beckmann, Eberhard 9, 12, 140, 186, 187, 189, 190, 191, 193, 204 (A), 205, 211, 230, 231, 238 Bek-Nasarow, Amo 49 Berger, Ludwig 73 Bergman, Ingrid 117 Berloger, Gustav 115 Bermann, Richard Arnold 40 Bernhardt, Kurt 62 Bertram, Hans 119 Betz, Hans-Walther 53, 77 Beyfuss, Edgar 40 Bildt, Paul 78

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Blom, August 49 Boche, Herbert 75 Böttcher, Martin 184 Bon Le, Gustave 14, 69, 140 Borsche, Dieter 198 Borzage, Frank 79 Braun, Harald 198 Braun, Joachim 207 Braun, Otto 24, 29 Brecht, Bertolt 103 Bredow, Hans 24, 29, 39, 186, 187, 188, 189 Brückmann, Heinrich 17, 18, 19, 224 Brüning, Heinrich 27, 30 Brunswick, Margarethe 103 Buhre, Werner 201 Buñuel, Luis 57 Castellani, Renato 210 Champreux, Maurice 78 Clair, René 62, 77 Cocteau, Jean 161 Cooper, Gary 79 Cromwell, John 46 Cürlis, Hans 40, 130, 200, 201 Dannehl, Friedrich 148 Deneke, Hans 47 Deppe, Hans 62, 77 Dietrich, Marlene 79 Dohm, Will 115, 116 Dovifat, Emil 20 Dowschenko, Alexander 50 Dreyer, Herbert 185 Dudow, Slatan 103 Dütsch, Werner 84, 161 Dulac, Germaine 57 Dupont, Ewald André 161 Duvivier, Julien 52, 77, 226 Dyck-Schnitzer, Fränze 24 Ebermayer, Erich 160

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Register Namen Eckardt, Johannes 11, 12, 14, 17, 20, 28, 29, 31, 32, 36, 37, 38 (A), 39, 41-50, 52, 54, 56-74, 76, 77, 79, 80-85, 100, 101, 106-111, 114-121, 123, 129-133, 135, 138, 140, 142-148, 150-155, 157-161, 183, 186-189, 193, 194, 200, 204, 210, 214, 215, 224-231, 233, 234, 238 Eckert, Gerd 64 Eger, Paul 18, 22, 25, 29, 46, 54, 60, 224 Einstein, Albert 25, 27, 74, 224 Eipper, Paul 56 Eisenstein, Sergej 41  Eisner, Lotte 56 Emo, E. W. 134 Engel, Erich 79 Eulenfeld, August-Hans 148 Everschor, Franz 232 Eyck van, Tony 74, 78 Falckenberg, Otto 39 Fanck, Arnold 201 Farkas, Nicolas 77 Faulhaber von, Michael Kardinal 27 Fecht, Wilhelm 63, 100 Fehrenbach, Heide 84 Feldes, Alfred 156 Feldt, Horst G. 73, 80, 138 Fellini, Federico 209 Fidelius, Albert 201 Fiebiger, Georg 119, 121 Filchner, Wilhelm 137 Finck, Werner 79 Fischer, Hans 114, 117, 130 Flaherty, Robert 43, 66, 102 Fleischer (Professor) 145 Flesch, Hans 22 Forst, Willi 51 Frankfurter, Richard 189 Frentz, Walter 78 Freud, Sigmund 27 Fries, Karl 146, 151, 153 Froelich, Carl 62, 77, 189

Frowein, Eberhard 49, 107 Fürst, Leonhard 68, 77 Furtwängler, Wilhelm 25, 224 Gabin, Jean 53 Gallone, Carmine 228 Gauger, Kurt 77 Geiger, Otto 81 Geiger, Theodor 75 Genegel, Fritz 148, 152, 155, 156, 190 Genschow, Fritz 102, 111, 112, 227 George, Heinrich 78, 107 Gerlach von, Arthur 55 Giesecke, Heinrich 12 Goebbels, Joseph 59, 62, 68, 146, 151, 153, 229 Goelz, Erwin 78, 102 Göring, Hermann 59 Goethe von, Johann Wolfgang 43, 106, 107 Goldammer, Gerhard 191, 192, 231 Goldschmidt, Max 40 Grass, Günter 11 Greene, Graham 102 Grieving, Hermann 152 Grimme, Adolf 10, 11, 49, 195, 196, 197 (A), 238 Groll, Gunter 72 Gronostay, Walter 53, 69, 184 Gründgens, Gustaf 79 Grzesinski, Albert 24 Günther, Walther 19, 20 Haardt, Georges-Marie 101, 227 Hackenschmied, Alexander 202 Haensel, Carl 77, 108 Hänsel, Curt 56, 107, 108 Häring, Hugo 82 Hart, Peter 207 Häußler, Johannes 118 Hagemann, Walter 71, 72 Hahn, Egon 147 Hammid, Alexander s. Alexander Hackenschmied

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Register Namen Harbou von, Thea 78 Harlan, Veit 52, 77, 82 Harnack von, Adolf 24, 27 Harrisson, Tom 208 Haslund-Christensen, Henning 137 Hathaway, Henry 77 Hauptmann, Gerhart 18, 25, 30, 189, 224 Hauser, Heinrich 56 Hedin, Sven 137 Hege, Walter 120, 141 Heidemann, Anton 121, 229 Heimes, Peter T. 234 Helber (Direktor) 145 Hémon, Louis 52 Henckels, Paul 116 Hickethier, Knut 65, 112, 113 Hindenburg von, Paul 25, 27, 59, 224 Hinkel, Hans 116 Hitler, Adolf 24, 57, 67-70, 79, 137 Hochbaum, Werner 77 Höllering, Georg Michael 102-104, 106, 109, 227 Höllriegel, Arnold s. Richard Arnold Bermann Hoffmann, Carl 77 Hoffmann, Hellmuth-Werner 119 Hoffmann, Kurt 198 Hollander von, Walther 74 Holst von, Niels 78 Hoppe, Willy 100 Hubermann, Leo 50 Huch, Ricarda 27, 36 Hugenberg, Alfred 24 Ibsen, Henrik 43 Ihering, Herbert 58 Imhoff von, Karl Frhr. 18 Iros, Ernst 39, 42 Jacoby von, Lucy 49, 50 Jahn, Hanno 113 Jason, Alexander 63

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Jerven, Walter 39, 41, 42, 52, 59, 122, 229 Jugo, Jenny 79 Junghans, Carl 76 Junghans, Wolfram 142, 184 Jurgan, Hans-Wolfgang 235 Kästner, Erich 189 Kahlenberg, Friedrich P. 113 Kahn, Harry 22 Kalbus, Oskar 42 Kalle, Fritz 38 Kaufmann, Nicholas 78, 184 Keil, Helmuth 148 Kempe, Fritz 238 Kerr, Alfred 186 Kirch, Leo 15, 209, 213, 232, 234 Klamroth, Jörn 235 Klapp, Benno 71 Kleist von, Heinrich 43 Klitzsch, Ludwig 189 Koeppen, Edlef 106, 116 Koetsier-Müller, Jan 76 Korda, Alexander 62 Kotulla, Theodor 71 Kracker, Horst 39 Kruse, Georg 44 Kutter, Anton 64 Lackschéwitz, Klaus 235 Laforgue de, Leo 185 Lagorio von, Alexander 76 Lamb, Carl 64, 78 Lampe, Felix 18, 224 Land, Robert 11 (A) Lang, Fritz 74, 215 Lange, Hans Joachim 211-213 Laser, Kurt 22 Leberecht, Frank 62, 106, 227 Legal, Ernst 78 Lehmann, Paul 100, 115, 116, 119, 120, 130, 131, 133, 138, 144, 145, 148 Lehnich, Oswald 69 Lessing, Gotthold Ephraim 28, 43, 76

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Register Namen Lewin, Ludwig 28 Liebeneiner, Wolfgang 80, 198 Lieberenz, Paul 102, 111 Liebermann, Max 27, 28 Lingen, Theo 142 Lubitsch, Ernst 55 Lumière, Gebrüder 69 Maal de, Theo 53 (A) Mäurer, Wilhelm 191 Magnus, Kurt 11, 12, 18, 19, 22, 24, 25, 31, 48, 59, 60, 186-189, 191, 204 (A), 214, 224, 230, 238 Maisch, Herbert 77 Malbran, Werner s. Hellmuth-Werner Hoffmann Manglkammer, Fritz 82 Mann, Thomas 27-30, 37, 39, 47, 74, 107, 186, 189, 224 Márai, Sándor 102 Maraun, Frank s. Erwin Goelz Marcks, Albert 25, 26 Mayer, Leo 100 Melichar, Alois 62, 155, 159, 201 Melzer, Karl 64, 74, 78, 110, 131 Meyendriesch, Vera 106 Meyer, Rolf 108 Meynier, Geronimo 209 (A) Michelmann, Gottfried 191, 193, 204 (A), 206, 231, 238 Miller von, Oscar 20, 27 Mittelholzer, Walter 108 Moholy-Nagy, László 53 Mohr, Karl 191 Molander, Gustaf 101 Molo von, Walter 18, 60, 224 Móricz, Zsigmond 103 Muckermann, Friedrich 52 Müller, Ernst R. 118 Münster, Clemens 211, 213 Murnau, Friedrich Wilhelm 49, 77, 78, 102, 124, 141, 161, 201 Muth, Carl 45

Narath, Albert 100, 138 Neumann, Hans 22, 48, 224 Ney, Elly 30 Nietzsche, Friedrich 79 Noldan, Svend 53, 61, 66, 78, 124, 125, 227 Oertel, Curt 62, 71, 73, 77, 81, 118, 136, 141, 155, 194 Olimsky, Fritz 102, 125 Ophüls, Max 161 Oswald, Richard 198 Pabst, Georg Wilhelm 49 Palucca, Gret 108 Paquet, Alfons 49 Patalas, Enno 71, 84, 211 Pathé, Charles 189 Paudler, Maria 78 Pauli, Fritz W. 60, 76 Pestalozza von, Albert Graf 185 Petzet, Wolfgang 42 Pfennig, Bruno 145, 148 Pfister, Josef 77 Pfitzner, Hans 25 Pf lughaupt, Friedrich 69 Pick, Lupu 49 Pirandello, Luigi 186 Planck, Max 25, 124, 125, 189 Plaumann, Hanns 133 Pleister, Werner 11, 36, 194, 195 (A), 196, 197 (A), 198, 199, 203, 212, 231, 238 Plicka, Karel 101 Poelzig, Hans 18, 60, 224 Poirier, Léon 101, 227 Pommer, Erich / Eric 73 Prieberg, Fred K. 159 Priemel, Gero 184 Raether, Arnold 31, 58, 60 Redslob, Edwin 106, 107 Rehlinger, Bruno 44, 80 Reichmann, Max 40 Reimann, Albert 82

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Register Namen Reinhardt, Max 25 Reiniger, Lotte 78 Reitz, Bettina 235 Renaud, Madeleine 53 Resnais, Alain 161 Riefenstahl, Leni 77, 78, 80, 81, 136, 228 Rikli, Martin 142, 184 Ritter, Karl 76-78, 141 Robison, Arthur 134 Roellenbleg, Heinrich 9-12, 24, 27, 64, 65, 100, 101, 106, 114, 116, 140, 146, 183, 184, 185 (A), 186, 188, 190-193, 195, 199, 200, 203-205, 207, 208, 226, 230-232, 238 Roland, Jürgen 197 (A), 238 Rosenberg, Alfred 186 Rosenfeld, Fritz 126 Rossellini, Roberto 210 Rossi, Franco 208, 209, 232 Rotha, Paul 47 Rutten, Gerard 53, 226 Ruttmann, Walter 69, 81, 103, 184, 186 Sagan, Leontine 62, 189 Sauerbruch, Ferdinand 25, 30 Sauvage, André 101, 227 Schäfer, Hans Dieter 138 Schaeffers, Willy 189 Schamoni, Victor 52 Scharnagl, Karl 45, 46 Scheuermann, Fritz 64 Schilling, Emil 11 (A) ­Schmid-Wildy, Ludwig 134 Schmitz, K. E.F. 76 Schneider, Albert 80 Schönberg, Arnold 186 Scholl, Ewald 81 Schonger, Hubert 57, 59 Schopen, Edmund 39-42, 45, 83, 84 Schröder, Franz 80, 227 Schubert, Georg 138 Schüfftan, Eugen 106

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Schützler (Dr.) 119 Schuhmacher, Hans 58, 79, 82 Schultze-Westrum, Edith 209 Schulz, Ulrich K. T. 79, 142, 184, 202 Schulz-Kampf henkel, Otto 78, 126 Schwark, Günther 103 Schweikart, Hans 106 Schwitzke, Heinz 194, 196 Scirè, Andrea 209 (A) Seeber, Guido 74, 76 Seggelke, Herbert 159 Severing, Carl 26 Sica de, Vittorio 210 Skladanowsky, Erich 198 Sonjevski-Jamrowski von, Rolf 102 Spiecker, Carl 22, 23, 26, 31, 48, 60, 186, 189, 191, 193 Spies, Hans 212 Springer, Hanns 102 Stabenow, Emil 148, 156, 190 Stang, Walter 66 Staudte, Wolfgang 83, 194 Steinhauer, Walter 59, 200 Steinhoff, Hans 113, 142 Stemmler, Wolfgang 198 Stobrawa, Renée 227 Stöppler, Wilhelm 119, 120, 122 Strasser, Alex 27 Straub, Jean-Marie 71 Strauss, Richard 25 Stresemann, Gustav 27 Strobl, Christine 235 Stroheim von, Erich 22 Suzuki, Shigeyoshi 81, 118 Symo, Margit 115 Tasiemka, Hans 56 Taufmann, Heinz 208 Techow, Ernst Günter 108 Theobald von, Berthold 142, 148 Thiefes, Paul 147, 148, 151, 156 Thorndike, Andrew 120 Tiburtius, Joachim 189

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Register Namen Tietz, Fritz 146 Tjaden, Walter 199 Tovote, Hans-Georg 156 Traub, Hans 38, 45, 112 Trautmann, Ludwig 49, 198 Trenker, Luis 62, 78, 79 Trinkler, Emil 137 Ucicky, Gustav 62, 77, 113 Ullrich, Luise 107 Ungureit, Heinz 65, 70-72, 83, 84, 159, 211, 233 Vaillant, Fee 71, 83, 84 Valentin, Karl 41 Van Dyke, W. S. 77 Vasel, Georg 137 Vidor, King 77 Vilmorin de, Louise 161 Visconti, Luchino 210 Vogel, Franz 115 Volz, Robert 102 Wack, Hans Joachim 30, 31, 206-210, 211 (A), 213-215, 232-234, 238 Wasylewski, Stanisław 77, 108 Weber, Hans 211

Wegener, Paul 77, 78, 108 Wehding, Hans Hendrik 199 Weichberger, Johann 192 Weigel, Susie 159 Weiskopf, Hermann 42 Weismann, Robert 29 Weiss, Charlotte 156 Weitz, Hans Philipp 17 Wesse, Curt 27 Westarp von, Theodor Graf 187 Wieman, Mathias 69 Wiene, Robert 55, 161 Wilck, Emil 50 Winkler, Max 115, 145, 146, 151-153 Wittmann, Erwin 208, 232 Wörndle, Thorby 184 Wollenberg, Hans 49 Wollner, Gerhard 199 Wüst, Ida 78 Zerlett, Hans H. 76, 78, 134 Zierold, Kurt 11, 17, 28, 29, 59-62, 74, 196, 224, 225 Zoch, Georg 228 Zöberlein, Hans 134

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Register Filmtitel A = Abbildung 30 Jahre Fernsehen. Ein Gespräch mit dem ehemaligen Fernsehintendanten Dr. Werner Pleister (1983) 219 Der 50. Geburtstag des Führers und Reichskanzlers 140 Abendschau (Bayerischer Rundfunk) 217 Alltag zwischen Zechentürmen (1943) 185 Der Ameisenstaat (1935) 184 Amici per la pelle (1955) 208, 209 (A), 223, 232, 238 Das andere Indien 153 Archiv-Film (1930) 34 Auch der Fussboden hilft Ihnen 132 Auf grosser Fahrt. Ein Film von Kriegsmarine und Auslanddeutschen (1935/36) 108 August der Starke s. August Mocny August Mocny (1935/36) 77, 108 Aus der Geschichte des Films (Filmkongress) (1935) 92 Der Aviatiker und die Frau des Journalisten s. En Lektion Die Basken s. Au pays des Basques La Bataille (1933/34) 77 Die befreite Ostmark 129, 130 Bengali s. The Lives of a Bengal Lancer Berlin. Die Sinfonie der Grossstadt (1927) 103 Die Beschiessung und die Übergabe von Warschau 140 Der Bienenstaat (1937) 142 Das blaue Licht (1932) 80, 98, 119, 122, 228 Das Blumenwunder (1926) 40, 43

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Bootswerft Wiking (1943) 185 The Borneo Story (ab 1956) 208 Der brave Slim – Abenteuer eines niedlichen Käfers s. Ferda Mravenec Bronenosez »Potemkin« (1925) 41, 88 Das Cabinet des Dr. Caligari (1920) 55, 161, 182 Capriccio (1938) 76 Charles Laughton in seinen grossen Filmszenen (1954) 198 La croisière jaune (1934) 101, 102, 117, 133, 136, 166, 227 Dasein ohne Leben (1942) 120 Desire (1936) 79 Deulig-Woche 136 Deutsche Seekriegsführung 140 Deutsche Sinfonie (1932) 57 Deutscher Frühling (1933) 92 Deutscher Herbst (1933) 92 Deutscher Rundfunk / Tönende Welle (1933) 186, 216 Deutscher Sommer (1933) 92 Deutscher Winter (1933) 92 Die Donau. Vom Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer (1929) 40 Dood Water (1934) 53 (A), 54, 81, 91, 101, 102, 117, 226, 238 Dreyfus (1930) 198 Drops wird Flieger (1938) 111, 117, 133 Der dunkle Ruf s. Lajla 122, 166 Einer für alle (1932) 27 Einzug der deutschen Truppen im Sudetenland 130 Emelka-Tonwoche 26 È Primavera (1950) 210 Erde s. Semlja Die Erde bebt s. La terra trema Die Erde singt s. Zem Spieva

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Register Filmtitel Es ist Frühling s. È Primavera Es leuchten die Sterne (1938) 76 Es war ein Mensch (1950) 219 Die ewige Garnison (1957) 201 Die ewige Maske (1935) 77 Ewiger Wald (1936) 102, 133, 162 Der Fall Deruga (1938) 33 Familie Schimek (1934) 134 Familienkino (1978) 172 Fanfaren der Liebe (1951) 198 Faust. Eine deutsche Volkssage (1926) 124, 161 Ferda Mravenec (1943) 180 Fest der Schönheit s. Olympia Fest der Völker s. Olympia Feuertaufe (1940) 119 Der Film, die neue Kunst des 20. Jahrhunderts (1935) 58, 92 Filmstadt Hollywood (1928) 40 Flandern nach 15 Jahren (1933/34) 61, 62 Das Flötenkonzert von Sanssouci (1930) 113 Flüchtlinge (1933) 62, 77 Frau Luna (1941) 142 Frauenschönheit der Südsee (um 1939) 136, 137, 173 Frauenturnen – Olympia 1936 136 Freunde fürs Leben s. Amici per la pelle Frühling in Japan (1941) 201 Geheimnis Tibet. Ein Filmdokument der Deutschen Tibet-Expedition Ernst Schäfer 1938/39 (1942/43) 155, 166 Geheimnisse einer Seele. Ein psychoanalytischer Film (1926) 33, 90 Der Geissbub (1942) 184, 201 Geist der schwarzen Berge. Der Film der SS-Expedition Dr. Ernst Schäfers ins unerforschte Tibet

(Arbeitstitel) s. Geheimnis Tibet. Ein Filmdokument der Deutschen Tibet-Expedition Ernst Schäfer 1938/39 Geistesgegenwart siegt 132 Die gelbe Fahrt s. La croisière jaune Die gelbe Kreuzfahrt s. La croisière jaune General Stift und seine Bande / Der Kampf um den ›Stiefen Ast‹ (1937) 111, 133 Gespräche über Adolf Grimme. Eine Biographie in 6 Kapiteln (1983) 220 Der Gesundheitsdienst bei der Rückwanderung der Volksdeutschen aus Wolhynien, Galizien und Narew-Gebiet (1940) 175 Giganten der Arbeit s. Tusschen aankomst en vertrek Goethe lebt … ! (1932) 107 Das grosse Eis. Alfred Wegeners letzte Fahrt (1936) 133, 162 Die grosse Liebe (1942) 90 Der grosse Treck (1940) 169, 175 Grossmacht Japan (1938) 118 Die Hakenkreuzfahne auf der Akropolis 140 Hamburg und seine Nachbarstadt Altona (1936) 80 Die Heimkehr der Legion Condor 140 Heinz Rühmann – Erzschalk des Films (um 1939) 137, 173 Herbstlied (1942) 184 Der Herrscher (1937) 77, 82, 134 Himmelstürmer. Geburt und Geschichte des Fliegens (1941) 122, 166, 229 Hitlerjunge Quex (1933) 113

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Register Filmtitel Hortobágy (1936) 102, 103, 104 (A), 105 (A), 110, 117, 118, 162, 163, 166, 227, 238 Ich küsse Ihre Hand, Madame (1928/29) 11 (A) Igdenbu (1930) 49 Igdenbu, der grosse Jäger s. Igdenbu Ikaruskinder (1938) 102 Im Auto über den Himalaya (um 1939) 137, 173 Im Bannkreis der tönenden Wellen (1924) 39 Insel der Dämonen (1933) 162, 166 Jabonàh – Jabonàh s. La croisière jaune Jagd auf Dich (1930) 106 Jud Süss (1940) 52 Der Kampf in Polen 130 Kampf um den Himalaya (1938) 117, 166, 227 Kardinal Faulhaber (1932) 35 Karthagos Fall. Rom’s Kampf um’s Mittelmeer s. Scipione l’Africano Das Kind und die Welt (1931) 49 Kinder, wie die Zeit vergeht (1940) 138 Königswalzer (1935) 77 Kuhle Wampe oder Wem gehört die Welt? (1932) 103 Lajla (1937) 122, 166 Ein Leben für den Film. Vierzig Jahre Harry Piel (1954) 198 Leckerbissen (1948) 221 En Lektion (1911) 49 Der letzte Alarm s. Our Daily Bread Der letzte Mann (1924) 77 Li Ming. Ein chinesisches Bauernschicksal zwischen den Fronten / Die Morgenröte s. Tôyô heiwa no michi Liebe 47 (1949) 198

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Lied der Wildbahn (1950) 219 The Lives of a Bengal Lancer (1935) 77, 90 Löbe spricht zur Reichstagswahl 1932 (1932) 27 Luciano Serra pilota (1938) 122, 123 (A), 166, 238 Machorka-Muff (1963) 71 Madame de … (1961) 161 Madame de … / I gioielli di Madame de … (1953) 161 Madame Dubarry (1919) 55 Mädchen in Uniform (1931) 62, 189 Maria Chapdelaine (1934) 52, 77, 101, 102, 133, 226 Maskerade (1934) 51 (A) Ein Meer versinkt (1936) 64 Mein Leben für Italien / Zwischen Leben und Tod / Das Schicksal des Luciano Serra s. Luciano Serra pilota Mensch, so’n Kintopp (ab 1953) 199 Metall des himmels (1935) 184 Michelangelo (1938) 81, 118, 122, 141, 155, 194, 219 Michelangelo. Das Leben eines Titanen (1940) 136, 166 Michelangelos Werke II: Der Petersdom (um 1940/41) 136, 173 Military – Olympia 1936 136 Minister Severing spricht zur Landtagswahl (1932) 34 Mit Kind und Kegel um die kugelrunde Welt (Arbeitstitel) s. Das neue Asien Mittelholzers Abessinienflug (1934) 108 Die Morgenröte / Li Ming. Ein chinesisches Bauernschicksal zwischen den Fronten s. Tôyô heiwa no michi Morgenrot (1933) 113

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Register Filmtitel Mündiges Volk (1931) 27 Nacht und Nebel s. Nuit et brouillard Nanuk, der Eskimo s. Nanook of the North Nanook of the North (1922) 43, 66, 102, 103 Das neue Asien (1940) 119, 122, 166 Das Nordlicht (1918) 49 Nuit et brouillard (1956) 161 Olympia (1938) 81 Opel-Woche 136 Our Daily Bread (1934) 77 Panzerkreuzer Potemkin s. Bronenosez »Potemkin« Au pays des Basques (1930/31) 78 Peter Ibbetson (1935) 77 Peter Ibbetson. Die Geschichte einer unsterblichen Liebe s. Peter Ibbetson Peterle’s Abenteuer (1941-1942) 159, 181, 192 Die Pfennigschlacht (1937) 162 The Private Life of Henry VIII (1933) 62 Pulsschlag des Meeres. Ein Film über Ebbe und Flut (1937) 184 Pusztareiter s. Hortobágy Pygmalion (1935) 79 Rätsel der Urwaldhölle (1938) 126 Das Rätsel des Lebens. Die FilmKamera als Forscher in Biologie und Medizin (1934) 61, 76 Raum im kreisenden Licht (1936) 64, 78, 120 Der Rebell (1932) 62 Reifende Jugend (1933) 62, 77 Riemenschneider – der Meister von Würzburg (1938) 120 Robert Koch, der Bekämpfer des Todes (1939) 142

Rom, offene Stadt s. Roma città aperta Roma città aperta (1945) 210 Romancero Marroqui / Der Stern von Tetuan. Marokkanische Romanze (1939) 119, 122, 166 Die Rominter Heide (1944) 202 Rotation (1949) 83 Rotkäppchen und der Wolf (1937) 5 (A), 117, 122, 133, 134, 162, 227, 238 Ruhe ist die erste Bürgerpflicht (1936/37) 108 Rund um den Königssee 153 San Francisco (1936) 77 San Franzisco s. San Francisco Le sang d’un poète (1930) 161 Ein Schäfertag (1944) 184, 201, 202, 221 Schicksal aus zweiter Hand (1949) 194 Das Schicksal des Luciano Serra / Mein Leben für Italien / Zwischen Leben und Tod s. Luciano Serra pilota Der Schimmelreiter (1933/34) 62, 77 Die Schlacht s. La Bataille Schlussakkord (1936) 90 Schönheit auf dem Eise 153 Schwäbische Kunde. Ein Film von Württemberg (1938/39) 166, 171 Schwieriger Haushalt (1932) 27 Scipione l’Africano (1937) 118, 165, 228 Sechs Frauen und ein König – Heinrich VIII. s. The Private Life of Henry VIII Sehnsucht s. Desire Sehnsucht nach Afrika (1938/39) 119, 166, 228 Semlja (1930) 50 Serenata. Ein Film von der Kunst des Tanzens (1934) 108

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Register Filmtitel Sotto il sole di Roma (1948) 210 Sous les toits de Paris (1930) 62, 77, 117, 166, 189 Spanish Earth (1937) 110 Stadt Stuttgart. 100. Cannstatter Volksfest (1935) 81 Das Stahltier (1935; 1938) 97 Die steinernen Wunder von Naumburg (1932) 73 Der Stern von Tetuan. Marokkanische Romanze / Romancero Marroqui (1939) 119, 122, 166 Stosstrupp 1917 (1934) 134 La Strada (1954) 209 La Strada – Das Lied der Strasse s. La Strada Der Student von Prag (1935) 134 Stukas (1941) 141 Swedenhielms (1935) 101, 117, 162 Tabu (1931) 102, 117, 122, 133, 162, 166 Tennessee-Tal s. Valley of the Tennessee La terra trema (1948) 210 Le testament d’Orphée (1959) 161 Theater- und Filmspiegel (ab 1952) 199 Thomas Mann: Worte zum Gedächtnis Lessings (1929) 27 Tiere sehen Dich an! (1930) 56 Tilman Riemenschneider (um 1939) 137, 173 Tönende Welle / Deutscher Rundfunk (1933) 186, 189, 216 Tom Sawyer (1930) 46 Tonfilmrede des Herrn Reichskanzlers (1930) 30, 34 Ton- und Bildbericht der Eröffnungsfeier der siebenten deutschen Funkausstellung und Phonoschau Berlin 1930 (1930) 24 Totes Wasser s. Dood Water

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Tôyô heiwa no michi (1938) 81, 118, 166 Das träumende Herz s. Maria Chapdelaine Treibjagd in der Südsee (1940) 201 Triumph des Willens (1935) 78 Truxa (1936/37) 134 Tusschen aankomst en vertrek (1938) 81, 98 Über uns der Dom. Der Film vom Mainzer Dom (1934) 62, 73, 93 Ufa-Woche 136 Umberto D. (1951/52) 210 Under the red robe (1937) 215 Unser Rommel (1953) 215 Unsere Zukunft liegt in Deutschland (1932) 59, 93 Unsterbliches Marathon 136 Unter den Dächern von Paris s. Sous les toits de Paris Unter der roten Robe s. Under the red robe Unter der Sonne Roms s. Sotto il sole di Roma Unternehmen Michael (1937) 77 Urlaubsfreuden (1936/37) 81 Valley of the Tennessee 202 Varieté (1925) 161 Verräter (1936) 77 Viktoria (1935) 77 Von den Karawanken zur Wachau (1943) 75 Von deutschem Heldentum (1936) 113 Die Wahrheit. Ein Film von dem Leidensweg des deutschen Arbeiters (1932-34; 1938) 97 Was ist die Welt? (1933/34) 66, 78, 95, 102, 124, 125, 169, 170, 227 Weideland Montana s. The Western Stockbuyer

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Register Filmtitel Weihnachtsspaziergang Unter den Linden (1932) 90 Weltstadt in den Flegeljahren (1931) 56 Wer will unter die Soldaten (1938) 102, 111 The Western Stockbuyer 202 Wilderer im Revier / Wilderer im Jagen 161 (1938) 111, 133 Wir fahren gegen Engeland 130 Wissenschaft weist neue Wege (1939) 142 Wunder des Fliegens (1935) 162

Yorck (1931) 113 Yvette. Die Tochter einer Kurtisane (1938) 80 Die Wunder des Films. Ein Werklied von der Arbeit am Kulturfilm (1928) 40 Zem spieva (1933) 101, 162 Zur Chronik von Grieshuus (1925) 55 Zwischen Leben und Tod / Mein Leben für Italien / Das Schicksal des Luciano Serra s. Luciano Serra pilota

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Film

in der edition text + kritik

Rolf Aurich · Ralf Forster (Hg.)

Wie der Film unsterblich wurde Vorakademische Filmwissenschaft in Deutschland

Rolf Aurich / Ralf Forster (Hg.)

Wie der Film unsterblich wurde Vorakademische Filmwissenschaft in Deutschland 417 Seiten, zahlr. s/w-Abbildungen, € 39,– ISBN 978-3-86916-407-6

Als sich der Film etablierte, war seine Existenz noch rasch vergänglich. Es fehlten all jene Personen und Institutionen, die mittlerweile dazu beitragen, dass Materialien bewahrt und Inhalte reflektiert werden: Filmarchive, Institute und Museen, Ausstellungen, Studiengänge, Autoren und Verlage, fi lmgeschichtliche Websites ohnehin. Die Beiträge dieser Anthologie gehen erstmals den Fragen nach, wer die Akteure auf dem langen Weg gegen das Vergessen waren, wann sie mit welchen Ideen, Erfolgen und Niederlagen in Deutschland auftraten. So fächert der Eröff nungsband der Reihe »Film-Erbe« den besonderen Facettenreichtum jener Annäherungen an die Geschichte des Mediums auf: Netzwerke werden erkennbar, die sich aus der Filmbranche selbst heraus entwickelten. Produzenten, Sammler, technische Pioniere und Journalisten riefen gemeinsam zum Bewahren auf. Ein Standardwerk für alle, die sich mit der Geschichte des Films befassen!

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Film-Erbe

Herausgegeben von Chris Wahl

Adelheid Heftberger

Kollision der Kader Dziga Vertovs Filme, die Visualisierung ihrer Strukturen und die Digital Humanities

Adelheid Heftberger

Kollision der Kader Dziga Vertovs Filme, die Visualisierung ihrer Strukturen und die Digital Humanities 517 Seiten, zahlr. s/w-Abbildungen, € 49,– ISBN 978-3-86916-463-2

Dziga Vertov (1896–1954) gilt als einer der bedeutendsten Filmemacher der Sowjetunion. Trotz der Aufmerksamkeit, die sein Werk durch Kollegen, Cinephile und Filmhistoriker erfahren hat, sind viele Fragen u. a. zu den dichten »Montagekonstrukten« und zur Überlieferungslage bis heute nicht beantwortet worden. Mit diesem Buch liegt nun die bisher detaillierteste Untersuchung von Vertovs Schaffen vor. Im Zentrum stehen die acht Langfi lme, aber auch seine Filmtheorie und die nicht realisierten Projekte werden besprochen. Dabei wird das Studium historischer Quellen mit quantitativer Filmanalyse und der Tradition des russischen Formalismus verbunden, und es werden Wege aufgezeigt, wie die Informatik und die Informationsvisualisierung genutzt werden können, um die Analyse von Vertovs Filmen auf eine neue Grundlage zu stellen. Damit bietet das Buch nicht nur neue Einblicke in das komplexe Werk des Regisseurs, sondern greift auch aktuelle Entwicklungen in den Digital Humanities auf.

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Film



in der edition text+kritik

Thomas

Film noir Brandlmeier

Brandlmeier

Film noir

Die Generalp

robe der Po

stmoderne

Thomas Brandlmeier

Film noir Die Generalprobe der Postmoderne 2017, 162 S., s / w Abb. € 20,– (D) ISBN 978-3-86916-599-8

Der Film noir, in seiner klassischen Form von 1941 bis 1959 in Amerika angesiedelt, baut nicht nur auf Vorläufer wie die Romane der »hard-boiled school« und die Gangsterfi lme der 1930er Jahre auf, in ihm zeigt sich auch, wie die Rahmenbedingungen Kriegs- und Nachkriegsschock in Verbindung mit der Psychoanalyse das Repertoire verändert haben: Statt intakter Individuen häufen sich fortan Figuren mit psychologischen Krankheitsbildern wie Amnesie, Schizophrenie und Klaustrophobie. Moderne Varianten von Ödipus und Elektra werden inszeniert und Fetischismen jedweder Art thematisiert. Die Femme fatale wird durch die Faszination des Homme fatal ergänzt und auch Nekrophilie und lebende Tote tauchen als Motive auf: der Film noir als »Generalprobe der Postmoderne«.

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Film



in der edition text+kritik

Jesko Jockenhövel · Michael Wedel (Hg.)

»So etwas Ähnliches wie die Wahrheit«

Jesko Jockenhövel · Michael Wedel (Hg.)

»So etwas Ähnliches wie die Wahrheit« Zugänge zu Thomas Harlan

Jesko Jockenhövel / Michael Wedel (Hg.)

So etwas Ähnliches wie die Wahrheit Zugänge zu Thomas Harlan 2017, 233 S., s / w Abb. € 29,– (D) ISBN 978-3-86916-557-8

Theater, Film, Literatur – für seine unbequemen Themen hat sich der Erzähler und Aufklärer Thomas Harlan (1929–2010), Sohn von NS-Regisseur Veit Harlan, zu verschiedenen Zeiten immer wieder neue Ausdrucksformen gesucht. Eine Konstante bildet dabei die Auseinandersetzung mit dem Erbe des Nationalsozialismus. Harlan kann als Wegbereiter der strafrechtlichen Aufarbeitung des Holocaust gelten und hat sich in seinem künstlerischen Schaffen – von seiner frühen Theaterarbeit bis in sein literarisches Spätwerk hinein – ein Leben lang intensiv mit der NS-Zeit und der eigenen Familiengeschichte auseinandergesetzt. In den 1970er und 1980er Jahren machte er als engagierter Filmemacher und politischer Aktivist von sich reden.