Die Darstellung der historischen Wirklichkeit in Alessandro Manzonis "I Promessi Sposi" 9783110913866, 9783484550193

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Die Darstellung der historischen Wirklichkeit in Alessandro Manzonis "I Promessi Sposi"
 9783110913866, 9783484550193

Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
1. Zielsetzung der Untersuchung und Vorgehensweise
2. Das Staats- und Gesellschaftssystem
3. Die soziale Schichtung
4. Die Kirche und ihre Repräsentanten
5. Die wirtschaftlichen Verhältnisse
6. Bildung, Kultur und Wissenschaft
6. Bildung, Kultur und Wissenschaft
Quellen- und Literaturverzeichnis
Index

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mimesis Untersuchungen zu den romanischen Literaturen der Neuzeit Recherches sur les littératures romanes depuis la Renaissance

Herausgegeben von / Dirigées par Reinhold R. Grimm, Joseph Jurt, Friedrich Wolfzettel

19

Karin Lizium

Die Darstellung der historischen Wirklichkeit in Alessandro Manzonis I Promessi Sposi

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1993

Erstellung der Druckvorlage: Romanisches Seminar der Universität Hannover Redaktion: Beate Appelt

Ich danke Herrn Prof. Dr. Joachim Schulze, der die vorliegende Arbeit in allen Phasen ihrer Entstehung mit Rat und Tat begleitet hat.

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Lizium, Karin: Die Darstellung der historischen Wirklichkeit in Alessandro Manzonis I Promessi Sposi / Karin Lizium. - Tübingen : Niemeyer, 1993 (Mimesis; 19) NE: GT ISBN 3-484-55019-8

ISSN 0178-7489

© Max Niemeyer Verlag GmbH & Co. KG, Tübingen 1993 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Druck und Einband: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt

Inhaltsverzeichnis 1.

Zielsetzung der Untersuchung und Vorgehensweise

1

2. 2.1 2.1.1

Das Staats- und Gesellschaftssystem Die Rolle der Spanier in den Promessi Sposi Der Wandel in der Bewertung der spanischen Herrschaft in Italien im Laufe der Jahrhunderte Institutionen und Amtsträger des Systems Recht und Ordnung unter spanischer Herrschaft Die Historizität der Darstellung des Rechtswesens in den Promessi Sposi

9 9

2.2 2.3 2.3.1 3. 3.1 3.1.1 3.12 3.12.1 3.1-3 3.1.4 3.1-5 3-1-5.1 3.1.5.2 3-2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.3 3.3.1 3.3.1.1 3.3.1.2 3-3-1-3 3.3.2 3.3.2.1 3-3-3 4. 4.1 4.1.1

Die soziale Schichtung Der Adel Die gesellschaftliche und politische Macht des Adels Die Adligen als Die Prepotenti und die Fremdherrschaft Adlige als Helfer und Beschützer der Armen Die adligen Familien Historische Grundlagen für die Darstellung des Adels in den Promessi Sposi Historische Figuren Die Stellung des lombardischen Adels im 17. Jahrhundert Das Bürgertum Das Bürgertum und die Oberschicht Das Verhalten der Bürger gegenüber der Unterschicht Die Situation des Bürgertums im 17. Jahrhundert im Spiegel der Quellen Die Unterschicht Die Charakterisierung der wichtigsten Figuren aus der Unterschicht Renzos unfreiwillige Konfrontation mit Politik und Gesellschaft Lucias erfolgreiches Konzept zur Überwindung von Krisensituationen Agnese: «una gran buona donna» ... mit kleinen Fehlern Das Alltagsleben der Umili Familienleben und häusliche Szenen Historische und politische Bewertung der Darstellung der Unterschicht Die Kirche und ihre Repräsentanten Die Rolle der Kirche innerhalb der Gesellschaft Die Darstellung der Kirche und des Klerus in den Promessi Sposi

14 18 24 29 31 31 32 34 38 39 42 48 48 57 59 60 68 72 73 74 74 89 97 100 100 104 110 110 110 V

4.1.2 4.2 4.2.1 4.2.2 4.3 4.3.1 4.3.2 4.4 4.5 5. 5.1 5.2 5.2.1 5.2.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 6. 6.1 6.2 6.2.1

Die Beschreibung der Solle der Kirche in Manzonis Quellentexten und anderen historischen Darstellungen Der Pfarrer und der Kardinal: Personifizierungen der ambivalenten Solle der Kirche Don Abbondio: die Karikatur eines Pfarrers Federico Borromeo: der ideale Geistliche Die Solle der Orden und das klösterliche Leben im 17. Jahrhundert. Die Situation der Nonnen und der Frauenklöster Die Kapuziner in den Promessi Sposi und in der historischen Wirklichkeit Seligiöses Leben im 17. Jahrhundert Bewertung der Darstellung der Kirche und der Kleriker in den Promessi Sposi Die wirtschaftlichen Verhältnisse Die Landwirtschaft und die Lage der Bauern Die Hungersnot von 1628/1629 Die Hungersnot und das Verhalten von Volk und Segierung in den Promessi Sposi Die Darstellung der Hungersnot in Manzonis Quellen und anderen historischen Untersuchungen Die Seidenindustrie und die Situation der Arbeiter Renzos Aufstieg zum Unternehmer und der sozio-ökonomische Status der Protagonisten Aspekte des Wirtschaftslebens des 17. Jahrhunderts, die Manzoni nicht oder nur stichwortartig erwähnt Die wirtschaftliche Lage der Lombardei im 19. Jahrhundert Manzonis wirtschaftspolitische Position

6.31 6.3 2 6.3.3

Bildung, Kultur und Wissenschaft Bildung als Instrument der Machtausübung Don Ferrante: die Verkörperung der barocken Kultur Die als typisches Kennzeichen der Mentalität des Seicento Kultur, Bildung und Wissenschaft in den Promessi Sposi und in der historischen Wirklichkeit Das kulturelle Leben Das Bildungswesen Wissenschaft und Aberglaube

7.

Die literarische Struktur des Komans und die

6.3

Verarbeitung des historischen Materials

113 120 120 124 133 134 138 146 151 155 155 162 162 169 173 177 180 185 189 193 193 199 208 215 215 223 226

231

Quellen- und Literaturverzeichnis

253

Index

261

VI

1. Zielsetzung der Untersuchung und Vorgehensweise

Pour vous indiquer brièvement mon idée principale sur les romans historiques, et vous mettre ainsi sur la voie de la rectifier, je vous dirai que je les conçois comme une représentation d'un état donné de la société par le moyen de bits et de caractères si semblables i la réalité, qu'on puisse les croire une histoire véritable qu'on viendrait de découvrir. Lorsque des événement et des personnages historiques y sont mêlés, je crois qu'il faut les représenter de la manière la plus strictement historique; ainsi par exemple Richard coeur-de-lion me paraît défectueux dans Ivanboe. [Alessandro Manzoni an Claude Fauriel am 3- November 1821] ^

Diese kurzen Bemerkungen in einem Brief an Claude Fauriel sind die früheste schriftlich dokumentierte Äußerung Manzonis über seine Absicht, einen historischen Roman zu schreiben. Offensichtlich hat er dem Freund zuvor schon von diesem Vorhaben berichtet, das er bereits in Angriff genommen, kurz darauf jedoch wieder unterbrochen hat, um seine Tragödie Adelcbi zu beenden. Über das Thema des Romans teilt er Fauriel an dieser Stelle noch nichts mit. In diesem frühen Stadium der Entstehung des Werks scheint sich Manzoni zunächst noch vorrangig mit allgemeinen theoretischen Überlegungen über die Form und Gestaltung eines historischen Romans zu beschäftigen. Seinen Ausführungen läßt sich entnehmen, daß er sich in seinem Roman um eine möglichst wirklichkeitsnahe Schilderung einer vergangenen Epoche und die korrekte Darstellung historischer Fakten und Personen bemühen will. Der kritische Verweis auf Walter Scotts Ivanboe zeigt außerdem, daß Manzonis Romanprojekt nicht nur seinem Interesse an der Erforschung und veranschaulichenden Beschreibung der Geschichte entsprang, sondern auch als Beitrag zur Erneuerung der literarischen Gattung des historischen Romans gedacht war. Nachdem sich sein literarisches Schaffen bis dahin auf die Lyrik und das Drama beschränkt hatte, wandte er sich nun im Bereich der erzählenden Dichtung einer noch jungen Romanart zu, 2 die jedoch schon in den ersten Jahrzehnten des 19- Jahrhunderts ihre volle Entfaltung und Blütezeit erlebte. Das durch die Vielzahl der in dieser Zeit entstandenen historischen Romane zum Ausdruck kommende verstärkte Interesse an der Darstellung geschichtlicher Ereignisse und Zusammenhänge ist vor allem als Reaktion auf die bedeutenden politischen und sozialen Umwälzungen zu verstehen, die sich seit den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts in Europa und Nordamerika ereignet hatten. Die französische Revolution, die Napolconischen Kriege und die beginnende Industrialisierung bewirkten nicht nur grundlegende gesellschaftliche Veränderungen, sondern führten auch zur Herausbildung eines neuen Geschichtsbe-

Alessandro Manzoni: Lettere, ed C. Arieti, [Milano], Mondadori, 1970 (Tutte le opere, ed. A. Chiari, F. Ghisalberti, t. 7, 1), p. 244sq. Als erster echter historischer Roman gilt Walter Scotts Waverley von 1814. Siehe dazu Georg Lukäcs: Der historische Roman, Berlin (Ost) 1955, p. 11.

1

wußtseins, wodurch auch an den Roman neue Forderungen gestellt wurden.3 Die Literatur übernahm zum Teil eine Komplementärfunktion gegenüber der Geschichtsschreibung, die sich in einer Phase des Umbruchs zur modernen Geschichtswissenschaft befand und infolge des damit zusammenhängenden Prozesses der Versachlichung die an sie gestellten Forderungen nach Geschichtsinterpretation nicht mehr in der bisher gewohnten Weise erfüllen konnte: 4 Die methodische Kluft und in gewissem Sinn der Gegensatz zwischen den beiden Zweigen geschichtlichen Interesses begann gleichsam dort, wo das bleiche Antlitz des wissenschaftlichen Historismus sich enthüllte. Man kann den historischen Roman als den Versuch verstehen, den Historismus innerhalb seiner eigenen Voraussetzungen, aber mit den Mitteln der poetischen Einbildungskraft zu retten. Man mußte versuchen, die Faszination zu nutzen, die vom Geschichtsverständnis des Historismus ausging, indem man dem geschichtlichen Objekt etwas verlieh, das ihm die historistische Geschichtswissenschaft nicht einhauchen konnte: Neues Leben.'

Das Bemühen um die literarische Verlebendigung der Vergangenheit kennzeichnet den historischen Roman zugleich auch als Produkt der Romantik. 6 Bei der konkreten Ausführung ihrer Absicht kamen die Verfasser dieser Romane außerdem dem romantischen Bedürfnis nach der Schilderung abenteuerlicher Erlebnisse entgegen. Der dabei unabdingbare Aspekt der Außergewöhnlichkeit wurde nun jedoch nicht mehr in einer fiktiven Welt, sondern in geographischer oder historischer Ferne gesucht. Da die geographische Exotik sowohl real als auch literarisch bereits erschlossen war, konzentrierten sich viele Autoren auf die Beschäftigung mit der noch kaum entdeckten historischen Exotik des eigenen Landes, 7 von der sie sich aufgrund der Diskrepanz zwischen räumlicher Nähe und zeitlicher Ferne eine Intensivierung der Erlebniswirkung des Abenteuers versprachen. 8 Schließlich kommt in der Thematik dieser Romane auch

3

Siehe dazu Lukics, p. 15sqq., und Lionel Gossman: «History as Decipherment: Romantic Historiography and the Discovery of the Other». In: New Literary History 18, 1 (1986), p. 23-57 (Studies in Historical Change), hier: p. 23sq. und p. 29.

4

Erwin Wolff: «Sir Walter Scott und Dr. Dryasdust. Zum Problem der Entstehung des historischen Romans im 19- Jh.». In: W. Iser, F. Schalk (ed.), Dargestellte Geschichte in der europäischen Literatur des 19. Jahrhunderts, Frankfurt/Main 1970 (Studien zur Philosophie und Literatur des neunzehnten Jahrhunderts, t. 7), p. 15-32, hier: p. 16sq. und p. 26sq.

5

Ibid., p. 20sq.

6

Wolfgang Grözinger: «Geschichtsbewußtsein und Geschichtsroman». In: Frankfurter Hefte 17 (1962), p. 840-846, hier: p. 842, und Hans Georg Peters: «Geschichte als Dichtung. Zur Problematik des historischen Romans». In: Neue deutsche Hefte 1 (1963), p. 5-23, hier: p. 6sq.

7

Wolff, p. 18sq. und Wolfgang Iser: «Möglichkeiten der Illusion im historischen Roman (Sir Walter Scotts Waverley)-. In: H.R. Jauß (ed.): Nachahmung und Illusion, München 2 1969 (Poetik und Hermeneutik, t. 1), p. 135-156, hier: p. 140.

8

Wolff, p. 29.

2

das in jener Zeit in vielen Ländern erwachende Nationalgefühl zum Ausdruck,? weswegen ihre Autoren häufig als Propagandisten der Nationalstaatsbewegung des 19. Jahrhundert bezeichnet werden. 1 0 Mit den Promessi Sposi leistete Manzoni den ersten und gleichzeitig bedeutendsten italienischen Beitrag zur Gattung des historischen Romans. Das Werk gilt darüber hinaus auch als bekanntester italienischer Roman des 19. Jahrhunderts. Dies ist neben seiner literarischen Bedeutung vor allem auf seine Wirkung als italienisches zurückzuführen, das die Leiden des italienischen Volkes unter der Fremdherrschaft schildert. Indem er die endgültige Version des Romans konsequent in das als italienische Hochsprache vorgesehene Toskanisch übertrug, forderte Manzoni auch in sprachlicher Hinsicht die nationale Einigungsbewegung. Die herausragende Stellung der Promessi Sposi innerhalb der italienischen Literatur läßt sich auch an der unübersehbaren Zahl von literaturwissenschaftlichen Untersuchungen zu diesem Roman ablesen. Viele Autoren beschäftigen sich in erster Linie mit der Frage, wie Manzonis Einstellung zur Geschichte zu bewerten ist und welche politisch-ideologische Aussage sich seiner Art der Darstellung der historischen Wirklichkeit des Seicento entnehmen läßt. Dieser Interpretationsansatz, der in allen Phasen der Manzoniforschung anzutreffen ist und zu dessen frühesten Vertretern Francesco De Sanctis gehört, 1 1 hat zu sehr unterschiedlichen Beurteilungen des Romans geführt. So lassen sich sowohl Lukäcs mit seiner überaus positiven Bewertung der Promessi Sposi als eindrucksvoller Schilderung der «allgemeinen Tragödie des italienischen Volkes im Zustand der nationalen Erniedrigung und Zerstückelung» 12 als auch Gramsci, der heftige Kritik an Manzonis Darstellung der Figuren aus der Unterschicht ü b t , ^ dieser Fragestellung zuordnen. In den sechziger Jahren bemühten sich u.a. Natalino Sapegno, Luigi Derla und Alberto Moravia um eine geschichtsphilosophische und ideologische Gesamtinterpretation des Romans. 14 In dem darauffolgenden Jahrzehnt verstärkte sich die Tendenz zur Politisierung der literaturwissenschaftlichen Debatte über die Promessi Sposi, in der die damals aktuellen ideologischen Auseinandersetzungen

9

Lukàcs, p. 17sq.

10

Gilles Nélod: Panorama du roman bistorique, Paris/ Bruxelles 1969, p. 53 und Gròzinger, p. 843.

11

Siehe dazu z.B. F. De Sanctis: Purismo Illuminismo Storicismo, Lezioni I, ed. A. Marinari, Torino, Einaudi, 1975 (Opere, ed. C. Muscetta, t. 3, 1), p. 687sqq. unti Purismo Illuminismo Storicismo, Lezioni II (Opere, t. 3, 2) p. 1153sqq.

12

Lukàcs, p. 67.

1

3 Antonio Gramsci: Letteratura e vita nazionale,

14

Torino, Einaudi, ^1972, p. 72-76.

N. Sapegno: Ritratto di Manzoni ed altri saggi, Bari, Laterza, 1961; L. Derla: Il realismo storico di Alessandro Manzoni, Milano/ Varese, Istituto Editoriale Cisalpino, 1965; und A. Moravia: «Alessandro Manzoni o l'ipotesi di un realismo cattolico». In: Idem, L'uomo come fine e altri saggi, [Milano], Bompiani, 1964, p. 303-343.

3

der Italienischen Innenpolitik ihren Niederschlag fanden. 1 5 In den achtziger Jahren wurde diese Diskussion in versachlichter und gemäßigterer Form fortgeführt. Hervorzuheben sind hier vor allem die ausführliche Studie von Guido Baldi, Ipromessi sposi: progetto di società e mito, 16 und die Veröffentlichungen von Robert S. Dombroski. 1 7 Daneben gab es stets auch Interpreten, die sich vorrangig darum bemühten, die für die Struktur des Romans relevanten geistesgeschichtlichen Einflüsse herauszuarbeiten. Im Mittelpunkt des Interesses stand dabei die Bedeutung der Ideen französischer Philosophen und Gelehrter des 18. und 19. Jahrhunderts. Cesare De Lollis hat dazu schon 1926 mit seiner Untersuchung über Manzonis Beziehungen zu den liberalen französischen Historikern der Restaurationszeit einen entscheidenden Beitrag geleistet. 1 8 In neuerer Zeit wurde vor allem der Einfluß der verschiedenen Strömungen der Aufklärung auf Manzonis Werk untersucht. 1 ? Ein weiterer Zweig der Manzoniforschung beschäftigt sich primär mit der literarischen Gestaltung des Romans und bestimmten Darstellungstechniken wie z.B. der Beschreibung von Menschenmengen und einzelnen Figuren und der Funktion der Dialoge. 2 0 Während für alle diese Autoren die Frage nach der historischen Richtigkeit von Manzonis Schilderung von untergeordneter Bedeutung ist, regte sie andere zu umfangreichen vergleichenden Untersuchungen an. Als Begründer dieser Forschungsrichtung könnte man Cesare Cantù bezeichnen, der bereits im Jahre 1854 einen patriotisch motivierten historischen Kommentar zu den Promessi Sposi veröffentlichte. 2 1 Wesentlich detaillierter und wissenschaftlich korrekter sind jedoch die Vergleiche zwischen dem Roman und Manzonis historischen

15

Siehe dazu z.B. Augusto Simonini: L'ideologia di Alessandro Manzoni, Ravenna, Longo, [1978]; Carlo Salinari: «La struttura ideologica dei Promessi Sposi». In: Critica marxista 12, 3-4 (1974), p. 183-200; und Angelo Marchese: «Un'intervista ad Alessandro Manzoni. L'uso ideologico dei Promessi Sposi». In: Humanitas (N.S.) 34, 1 (1979), p. 58-69.

16

Milano, Mursia, 1985.

17

Robert S. Dombroski: L' Apologia del vero. Lettura ed interpretazione dei «Promessi Sposi», Padova, Liviana Editrice, 1984; und idem: «Manzoni on the Italian Left». In: Annali d'Italianistica 3 (1985), p. 97-110. C. De Lollis: Alessandro Manzoni e gli storici liberali francesi della restaurazione, Laterza & Figli, 1926.

Bari,

Siehe dazu z.B. Giovanni Geno: «Manzoni e Rousseau». In: Studi in onore di Italo Siciliano,, Firenze, Olschki, 1966 (Biblioteca dell' «Archivum Romanicum», Serie I: Storia - Letteratura-Paleografia, t. 86), p. 467-494; N.Jonard: «Manzoni illuministe?». In : Revue des itudes italiennes 32 (1986), p. 94-105; und Michel David: «Manzoni et l'». In: ibid., p. 42-76. 20

Luigi Russo: Personaggi dei Promessi Sposi, Bari, Laterza, 1965 [ 1 1945 ] ; Giorgio Petrocchi: La tecnica manzoniana del dialogo, Firenze, Le Monnier, 1959; Wido Hempel: Manzoni und die Darstellung der Menschenmenge als erzäbltecbniscbes Problem in den «Promessi Sposi-, bei Scott und in den historischen Romanen der französischen Romantik, Krefeld 1974 (Schriften und Vorträge des Petrarca-Instituts Köln, t. 26); und Ettore Bonora: Manzoni e la via italiana al realismo, Napoli, Liguori, 1989.

21

C. Cantù: La Lombardia

4

nel secolo XVII. Ragionamenti,

Milano, Volpato, 1854.

Quellen, die Fausto Nicolini in den dreißiger und funfeiger Jahren dieses Jahrhunderts angestellt hat. 22 Nicolini konzentrierte sich allerdings ebenso wie Aldo Berselli in seiner als Kritik an Nicolini intendierten, aber weniger detailgenauen historischen Untersuchung 2 3 auf die Darstellung der in dem Roman erwähnten historisch bedeutsamen Ereignisse. Von dieser ereignisgeschichtlichen Orientierung abweichende Veröffentlichungen über verschiedene andere Aspekte der von Manzoni geschilderten Situation der Lombardei im 17. Jahrhundert erschienen zunächst nur vereinzelt. So legte Ugo Bernardini Marzolla 1965 eine ausführliche Untersuchung zu Manzonis Quellen für die Darstellung der Regeln der Ritterlichkeit vor. 24 Auf intensiven Quellenstudien beruht auch Giuseppe Santarellis Analyse der Beschreibung der Kapuziner in den Promessi Sposi aus dem Jahre 1970. 25 Einen weiteren Aspekt der in dem Roman beschriebenen historischen Wirklichkeit beleuchtet der 1974 erschienene Aufsatz von Marius Pantaloni über die Funktion des städtischen Lebensraums. 26 Erst in den achtziger Jahren häuften sich dann die Detailuntersuchungen zu einzelnen Bereichen des von Manzoni präsentierten Panoramas der Gesellschaft des lombardischen Seicento. Zu den Autoren, die sich mit solchen Themen auseinandersetzten, zählen u.a. Verina Jones, die sich mehrfach zu der Behandlung des Problems des Analphabetismus äußerte, 2 7 Erminio Gennaro, der das Thema der schon von Bernardini Marzolla analysierten Duellszene wiederaufgriff, 28 und Angelo Colombo mit seiner Untersuchung über die Rolle der italienischen Literatur des 17. Jahrhunderts in den Promessi Sposi.29 Besonders erwähnenswert ist auch der Interpretationsansatz von Carlo Prosper!, der auf den Symbolgehalt vieler beschreibender Passagen und deskriptiver De-

22

F. Nicolini: Aspetti della vita italo-spagnuola nel Cinque e Seicento, Napoli, Guida, 1934; idem: Peste e untori nei «Promessi Sposi» e nella realtà storica, Bari, Laterza, 1937; idem: Arte e storia nei »Promessi Sposi», Milano, Longanesi, 1958.

23

A. Berselli: La storia nei Promessi Sposi, Roma, Signorelli, 1952.

24

U. Bernardini Marzolla: «La cavallerìa nel '500 e '600 e gli spunti nei Promessi Sposi di A. Manzoni». In: La Sassegna della letteratura italiana 69 (1965), p. 588-617.

2

G. Santarelli: I cappuccini nel romanzo manzoniano,

'

Milano, Vita e pensiero, 1970.

26

M. Pantaloni: «Les fonctions de l'espace urbain dans \es Promessi Sposi de Manzoni». In: La ville dans la Uttérature italienne moderne. Mytbe et réalité, ed. J. Basso, M. Pantaloni [et al.], Lille, Éditions universitaires, 1974, p. 47-72.

27

V.R. Jones: «Illiteracy and Literacy in ¡Promessi Sposi». In: Rivista di letteratura italiana 1, 3 (1983), p. 527-552; und idem: «lPromessi Sposi: The Sources of Literacy». In: Rivista di letteratura italiana 3, 2-3 (1985), p. 335-363.

2

® E. Gennaro: « [XVIII, 234)

Doch wenn Attilio diese Gelegenheit auch nützt, um sich bei dem Onkel einzuschmeicheln, so bewirkt er doch gleichzeitig Fra Cristoforos Versetzung, wodurch Don Rodrigo von einem lästigen Gegenspieler befreit wird. Die Beziehung zwischen den beiden Cousins scheint also doch vor allem durch eine komplizenhafte Freundschaft geprägt zu sein. Der Conte Zio fungiert als Beschützer seiner liederlichen Neffen, deren Übeltaten er durchaus bereitwillig deckt, solange sie sich nicht untereinander zerstreiten. So reagiert er dann auch auf Attilios Versuch, Rodrigo in ein schlechtes Licht zu setzen, mit einer Ermahnung zur Einigkeit:

16

42

Baldi, p. 86.

. Ammetteva bene una scienza che si poteva acquistare colla esperienza, e comunicare per mezzo della parola: teneva che si possano scoprire verità; anzi non è da dire quante verità egli credesse di conoscere; ma nei libri, non so per quale raziocinio, supponeva che non si potesse consegnare altro che bugie. 4 ®

Mit der Figur des Signor Lucio wird hier dem dilettierenden Privatgelehrten Don Ferrante ein Vertreter eines anderen Adligentyps gegenübergestellt, der stolz auf seine Distanz zur Buchkultur ist und es vorzieht, sich im Rahmen der höfischen Gesprächskultur am geistigen Leben seiner Zeit zu beteiligen. Aus diesem Gegensatz entwickelt Manzoni auch den Anlaß für Don Ferrantes Äußerungen über die Pest. Denn Signor Lucios Invektiven gegen die Gelehrten rufen Don Ferrantes Protest hervor, der daraufhin die Wissenschaft gegen die Behauptung verteidigt, daß sie die Beweise für die Existenz der Pest geliefert habe. 4 ? Im weiteren Verlauf des Gesprächs legt er dann ausführlich seine Theorien über den Zusammenhang zwischen bestimmten Planetenkonstellationen und Katastrophen wie Hungersnot und Pest dar. Auch die angebliche Blindheit der Ärzte gegenüber den wirklichen Ursachen der Pest und die die Adligen

45

Siehe dazu Bonora, p. 85.

46

Siehe Fermo e Lucia, p. 7}lsq.

47

A. Colombo, p. 372.

48

Fermo e Lucia, p. 555.

4

Ibid., p. 556sq.

9

207

störenden Maßnahmen zur Vermeidung der weiteren Ausbreitung der Epidemie interpretiert Don Ferrante als Folgen einer ungünstigen Konstellation der Sterne. 5 0 Diese Ausführungen wirken auf die Zuhörer, denen Teile dieser pseudowissenschaftlichen Erklärung schon bekannt waren, derart überzeugend, daß sie sich in ihrer Mißachtung der Vorsichtsmaßnahmen ermutigt fühlen.51 Diese lange Szene steht anders als die kürzere Zusammenfassung von Don Ferrantes Gedanken in den Promessi Sposi, die durch den abschließenden Hinweis auf den Tod des Adligen einen ernsten Hintergrund erhält, noch vorwiegend unter einem komischen Vorzeichen. Die Charakterisierung des Magnifico Signor Lucio und die Reaktionen der anderen Anwesenden machen dem Leser anschaulich deutlich, daß Don Ferrante mit seinen abstrusen Ideen in seiner Zeit durchaus nicht als groteske Ausnahmeerscheinung anzusehen ist. Es wird der Eindruck vermittelt, daß die Adelsschicht insgesamt nur über eine geringe Bildung verfügt, die zudem noch zu einem großen Teil aus Gemeinplätzen und abergläubischen Vorstellungen besteht. 52 Bei der Charakterisierung der historischen Figur Federico Borromeos konnte Manzoni seine Kritik an der rückständigen Kultur des Seicento wegen der symbolträchtigen Rolle des Kardinals im Roman nur andeuten. Für die eigentliche Auseinandersetzung mit dem «Zeitgeist» des lombardischen Barock benötigte er daher die fiktive Figur des Don Ferrante, die eben jenes Milieu verkörpert, das durch sein Festhalten an überholten Denkkategorien ein Klima geistiger Enge erzeugte und damit Ausnahmeerscheinungen wie Federico Borromeo in der vollen Entfaltung ihrer intellektuellen Möglichkeiten hemmte. 5 3

6.2.1 Die als typisches Kennzeichen der Mentalität des Seicento Die in der Beschreibung der Bibliothek des Don Ferrante besonders hervorgehobene hielt Manzoni für so zeittypisch, daß er auch bei Don Rodrigos Tafelrunde darüber diskutieren ließ und in der Cristoforo-Digression ein Handlungsmotiv daraus gewann. Dort berichtet der Erzähler, daß der bürgerliche Lodovico mit einem Adligen in einen Streit darüber gerät, wem auf der Straße der Vorrang gebühre, den der Adlige aufgrund seiner sozialen Stellung, Lodovico dagegen aufgrund der Tatsache, daß er die Häuserfront zu seiner Rechten hat, für sich beansprucht. Der Wortwechsel eskaliert schließlich zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen den Kontrahenten und ihren Begleitern, die für Lodovicos Diener Cristoforo und den Adligen tödlich

50

Fermo e Lucia, p. 560.

51

Ibid.

52

Siehe dazu auch Bonora, p. 77sq. Siehe dazu auch ibid., p. 69.

208

endet (TV, 57sq.). Der aus heutiger Sicht völlig belanglos erscheinende Anlaß dieses Streites wurde im 16. und 17. Jahrhundert als eine Frage der Ehre und des Prestiges angesehen. 9 4 Aus dieser Zeit sind daher auch zahlreiche Auseinandersetzungen bekannt, die dem von Manzoni geschilderten Fall ähneln. Als direkte Vorlage für seine Darstellung gilt allgemein das Fallbeispiel II, XXI aus Olevanos Trattato 5 5 mit dem Titel «De' successi stravaganti di contesa per la strada»: Curtio s'incontra in Carlo, co '1 quale passava alcuni disgusti; e volendo Carlo tenersi ad alto (poiché la strada era sua caminando egli co '1 braccio destro al muro) Curtio gli dice, tiratevi a basso, e Carlo risponde, non vi voglio andare; perchè la strada è mia. Curtio ritorna a dirgli, co' pari vostri la strada è sempre mia; e Carlo gli replica, io sono nobile quanto voi; e Curtio gli soggiunge, questo nò, ed alzando una mano diede segno di haver animo di dargli una guanciata; ma saltando molta gente ivi concorsa in mezo, andò ciascuno per li fatti s u o i . ' "

Manzoni hat sich bei der Exposition des Konflikts sehr genau an Olevanos Text gehalten. Er übernahm nicht nur den Anlaß des Streites, sondern auch einige andere Einzelheiten. So sind auch Lodovico und der Adlige schon vor dem Zusammenstoß verfeindet. Auf Lodovicos herausfordernde Behauptung: «La diritta è mia.» entgegnet der Adlige ebenso wie Curtio: «Co' vostri pari, è sempre mia.» (IV, 57). Anders als Olevano gibt Manzoni dieser Szene jedoch eine gewaltsame Wendung, die nötig war, um Lodovicos Klostereintritt zu erklären. Vermutlich wählte er gerade diesen Fall aus Olevanos Beispielsammlung aus, weil ihm der Grund der Auseinandersetzung wohl besonders unsinnig erschien und sie sich daher auch gut für eine ironisch-kritische Darstellung der Verhaltensnormen des Seicento eignete. Selbst nach der Einschätzung von Olevano und Birago, die die Möglichkeiten der Friedensstiftung zwischen den Kontrahenten diskutieren, handelte es sich bei diesem Fall nicht um eine ernstzunehmende Streitfrage. 57 Meinungsverschiedenheiten dieser Art wurden in der Realität meist verbal ausgetragen; nur in wenigen Fällen kam es zu einem Duell, das noch seltener tödlich endete, was dann oft darauf zurückzuführen war, daß die vorgeschriebenen Verhaltensregeln nicht befolgt wurden. 5 8 Trotz dieser Einschränkungen ist Manzonis Abwandlung des Fallbeispiels von Olevano jedoch nicht als unrealistisch zu bewerten, da auch Fälle bekannt sind, in denen ein Streit über das Vortrittsrecht zu Duellen mit tödlichem Ausgang führte. So berichtet Bernardini Marzolla, daß es in Bologna im Jahre 1614 aus diesem Grunde zu einem Kampf zwischen dem Marchese Cesare Pepoli und dem Sena-

54

Siehe dazu Gennaro, p. 202.

55

Giovanni Battista Olevano: Trattato in due libri diviso, ne! quale col mezo di cinquanta Casi vien posto in atto prattico il modo di ridurre à pace ogni sorte di privata inimicizia nata per cagione d'Honore ecc., Venezia, Somasco, 160$. Zitiert nach Bernardini Marzolla, p. 599. Nach seinen Angaben findet sich dasselbe Fallbeispiel auch in den Discorsi cavallereschi von Francesco Birago (ibid.).

57

Bernardini Marzolla, p. 599.

58

Gennaro, p. 203.

209

tor Aurelio Armi kam, bei dem der Senator den Tod f a n d . 5 9 Erminio Gennaro führt das Beispiel eines Falles an, der sich 1548 in Rivolta d'Adda ereignete und bei dem es ebenso wie in Man2onis Roman zu einem Zusammenstoß zwischen einem Adligen und einem Bürger kam. 60 Olevano und Birago äußern sich auch zu der Frage, ob dem sozial Höhergestellten in solchen Fällen grundsätzlich der Vortritt zu stehe. Sie sind zwar nicht der Meinung, daß es sich dabei um einen «Rechtsanspruch» der Adligen handele, empfehlen aber, daß der Bürgerliche dem Adligen aus Höflichkeit Platz machen solle. 61 Olevano hält jedoch dann das Bestehen auf dem eigenen Vortritt für gerechtfertigt, wenn der andere offensichtlich aus Hochmut auf seinem Privileg besteht. 62 Bernardini Marzolla hat nachgewiesen, daß sich Manzoni auch in dem Teil der Szene zwischen Lodovico und dem Adligen, der von Olevanos Fallbeispiel abweicht, auf das Regelwerk und die Denkweise der «scienza cavalleresca* bezieht. Auf die beleidigende Aufforderung des Adligen: «Nel mezzo, vile meccanico» erwidert Lodovico: «Voi mentite ch'io sia vile.» (IV, 58), womit er seinen Gegner nach den Regeln der Ritterlichkeit auffordert, sich von dem Vorwurf der Lüge durch den Beweis der Wahrheit der eigenen Behauptung zu entlasten. 6 3 Dieser Aufforderung kommt der Adlige jedoch nicht nach, sondern antwortet vielmehr seinerseits wieder mit einer Beleidigung: Tu menti ch'io abbia mentito. - Questa risposta era di prammatica. - E, se tu fossi cavaliere, come son io, - aggiunse quel signore, - ti vorrei far vedere, con la spada e con la cappa, che il mentitore sei tu. [IV, 58)

Damit begeht er einen groben Verstoß gegen die Regeln und löst durch seine anmaßenden Bemerkungen die gewaltsame Eskalation des Konfliktes aus. 6 4 Aufgrund dieses Abweichens von den vorgeschriebenen Regeln für die verbale Auseinandersetzung handelt es sich nach Bernardini Marzollas Erkenntnissen auch bei dem darauf folgenden Kampf nicht um ein Duell, sondern lediglich um eine «zuffa*.65 Der Leser kann dieser Szene entnehmen, daß Lodovico sehr gut mit dem Verhaltenskodex des Adels vertraut ist. Auf diese Erfahrungen, die der spätere Fra Cristoforo in seinem weltlichen Leben gesammelt hat, spielt Don Rodrigo an, als er ihn zum Richter in dem Fall ernennt, über den seine Gäste diskutieren und den er dem Mönch wie folgt darlegt:

Bernardini Marzolla, p. 598. 60

Gennaro, p. 204sqq.

61

Bernardini Marzolla, p. 599sq.

62

Ibid., p. 600.

63

Siehe dazu ibid., p. 602.

64

Ibid., p. 602sq.

65

Ibid., p. 605.

210

Ecco la storia. Un cavaliere spagnolo manda una sfida a un cavalier milanese: il portatore, non trovando il provocato in casa, consegna il cartello a un fratello del cavaliere; il qual fratello legge la sfida, e in risposta dà alcune bastonate al portatore. [V, 70] W ä h r e n d Attilio d i e s e s V e r h a l t e n gutheißt, w i r d e s v o n d e m P o d e s t à kritisiert, d e r d a r a u f verweist, d a ß d e r Ü b e r b r i n g e r e i n e r B o t s c h a f t nicht a n g e t a s t e t werd e n d ü r f e . M ö g l i c h e r w e i s e f ü h l t sich d e r P o d e s t à , d e r im w e i t e r e n V e r l a u f d e r S z e n e als B e w u n d e r e r u n d K o l l a b o r a t e u r d e r s p a n i s c h e n B e s a t z u n g s m a c h t charakterisiert wird, d a z u verpflichtet, d i e s e Position z u v e r t r e t e n , weil e r d a m i t i n d i r e k t f ü r d e n s p a n i s c h e n Adligen Partei ergreift. In d e m Text, d e r d i e s e r Szen e z u g r u n d e liegt, g e h t e s e b e n f a l l s u m e i n e n Streit z w i s c h e n e i n e m S p a n i e r u n d e i n e m Mailänder: Il caso discusso è tratto dai Consigli, libro primo, Consiglio secondo, del Birago, che espone il suo parere nella lettera inviata senza data Al Signor Don Pietro di Padiglia Castellano di Milano, interpellante. [...]: °° A u c h ü b e r d i e s e n Fall wird a l s o im R a h m e n e i n e r Z u s a m m e n k u n f t v o n A d l i g e n diskutiert, die d i e Analyse s o l c h e r Streitfragen o f f e n b a r als e i n e Art G e s e l l s c h a f t s s p i e l b e t r e i b e n . D i e A r g u m e n t e b e i d e r Seiten, die B i r a g o im f o l g e n d e n a u f f ü h r t , hat M a n z o n i e b e n f a l l s a u f g e g r i f f e n . S o verweist a u c h d e r P o d e s t à a u f Conquista (V, 7 0 ) , d i e B e h a n d l u n g v o n A r g a n t e s B o t e n in T a s s o s Gerusalemme w a s d e r C o n t e Attilio a b e r e b e n s o w e n i g g e l t e n läßt w i e d e n H i n w e i s a u f d i e I n s t i t u t i o n d e r Fetialen im antiken R o m : 6 7 Che hanno a che far con noi gli ufiziali degli antichi Romani? gente che andava alla buona, e che, in queste cose, era indietro, indietro. Ma, secondo le leggi della cavalleria moderna, ch'è la vera, dico e sostengo che un messo il quale ardisce di porre in mano a un cavaliere una sfida, senza avergliene chiesta licenza, è un temerario, violabile violabilissimo, bastonabile bastonabilissimo... [V, 71] M a n z o n i m a c h t Attilio d a m i t z u m S p r a c h r o h r v o n B i r a g o , d e s s e n M e i n u n g e r feist w ö r t l i c h zitiert: Ecco, infine, il parere conclusivo del Birago: ««Aoe-Rezension, das literarische Thema vom Übergriff präpotenter Adliger auf die Frauen der Unterschicht, zu dessen Ausgestaltung er sich an Richardson und dem Schauerroman orientierte. Der Schauerroman kennt

59 A. Manzoni: «Del romanzo storico e, in genere, de' componimenti misti di storia e d'invenzione». In: Idem, Scrìtti di teorìa letteraria, Milano, Rizzoli, 1981, p. 197-282, hier: p. 222sq. Idem: «Del romanzo storico», p. 282. 61

Idem: Lettere (Tutte le opere, t. 7, 1), p. 244.

249

als Schauplätze, an die die