Die Darstellung aussereuropäischer Welten in Drucken deutscher Offiizinen des 15. Jahrhunderts [Reprint 2018 ed.] 9783050071657, 9783050028286

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Die Darstellung aussereuropäischer Welten in Drucken deutscher Offiizinen des 15. Jahrhunderts [Reprint 2018 ed.]
 9783050071657, 9783050028286

Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Die Tradierung älterer "geographischer" Werke
III. Weltbeschreibung und Weltdarstellung
IV. Das Heilige Land und Ägypten
V. Die Türken und das Osmanenreich
VI. Die neuen Welten
VII. Ergebnisse
Abkürzungen
Quellen
Literatur
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Register

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Herkenhoff Die Darstellung außereuropäischer Welten

Michael Herkenhoff

Die Darstellung außereuropäischer Welten in Drucken deutscher Offizinen des 15. Jahrhunderts

Akademie Verlag

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Her kenhoff, Michael: Die Darstellung aussereuropäischer Welten in Drucken deutscher Offizinen des 15. Jahrhunderts / Michael Herkenhoff. - Berlin : Akad. Verl., 1996 Zugl.: Bamberg, Univ., Diss., 1994 ISBN 3-05-002828-9

© Akademie Verlag GmbH, Berlin 1996 Der Akademie Verlag ist ein Unternehmen der VCH-Verlagsgruppe. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier. Das eingesetzte Papier entspricht der amerikanischen Norm ANSI Z.39.48 - 1984 bzw. der europäischen Norm ISO TC 46. Printed on non-acid paper. The paper used corresponds to both the U. S. standard ANSI Z.39.48 - 1984 and the European standard ISO TC 46. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. All rights reserved (including those of translation into other languages). No part of this book may be reproduced in any form - by photoprinting, microfilm, or any other means - nor transmitted or translated into a machine language without written permission from the publishers. Druck und Bindung: Druckhaus „Thomas Müntzer" GmbH, Bad Langensalza Printed in the Federal Republic of Germany

Inhaltsverzeichnis I.

Einleitung 1. 2. 3.

II.

Problemstellung Bemerkungen zum Stand der Inkunabelkunde Skizzierung eines Untersuchungsmodells

9 9 17 21

Die Tradierung älterer "geographischer" Werke

27

1.

27 28 38 44 44 47 67 80 83

2.

3.

4.

Enzyklopädien 1.1 Lateinische Kompendien 1.2 Der Lucidarius Reiseberichte 2.1 Begriffsklärung und Abgrenzung 2.2 Die Drucklegung der deutschsprachigen Reiseberichte 2.3 Die lateinischen Ausgaben von Reiseberichten Die Klassiker im Druck 3.1 Die Ulmer Ptolemäus- Ausgaben 3.2 Das geographische Lehrgedicht De situ orbis des Dionysius Periegetes Zusammenfassung

III. Weltbeschreibung und Weltdarstellung 1.

2.

Geographische Exkurse im historischen Kontext - spätmittelalterliche Weltchroniken 1.1 Das Rudimentum novitiorum (1475) 1.2 Der Uber chronicarum (1493) Kosmographien 2.1 Die Cosmographia des Laurentius Corvinus (1496) - die Welt aus der Sicht der Klassiker 2.2 Der "Deutsche Ptolemäus" (um 1495?)

IV. Das Heilige Land und Ägypten 1. 2.

Einleitung Die Beschreibung des Heiligen Landes im Kontext der Schriftexegese - zwei Lübecker Drucke 2.1 Das Heilige Land im Rudimentum novitiorum (1475) 2.2 Der Prologus Arminensis (1478)

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145 145 147 147 156

6

Inhaltsverzeichnis 3.

4.

V.

Das Heilige Land und Ägypten in zeitgenössischen Pilgerberichten 3.1 Das Pilgerhandbuch Hans Tuchers (1482) 3.2 Der Pilgerbericht Bernhards von Breydenbach - ein Kompendium über den Orient (1486) Die Rezeption der Pilgerberichte in den 90er Jahren 4.1 Die laudes urbium der Städte des Heiligen Landes und Ägyptens im Liber chronicarum (1493) 4.2 Das Heilige Land und Ägypten im "Deutschen Ptolemäus" (ca. 1495)

165 165 180 205 205 211

Die Türken und das Osmanenreich

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1. 2.

213

3.

Einleitung Der Tractatus de moribus, condictionibus et nequicia Turcorum des Georg von Ungarn (1480/81) Die Geschieht von der Turckey Jörgs von Nürnberg

VI. Die Neuen Welten 1. 2. 3.

Einleitung Die portugiesischen Entdeckungsfahrten im Spiegel des Liber chronicarum (1493) Der Kolumbusbrief (1493) 3.1 Inhalt und Verbreitung 3.2 Die Basler Ausgaben (ca. 1493,1494) 3.3 Die deutschsprachige Ausgabe des Kolumbusbriefs (1497)

VII. Ergebnisse 1. 2. 3.

Die Drucküberlieferung Der Inhalt der untersuchten Werke Ausblick

Abkürzungen Quellen Literatur Tabellenverzeichnis Abbildungsverzeichnis Register

214 228 241 241 243 255 255 261 272 277 277 281 284 287 293 305 335 337 341

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 1994 an der Fakultät für Geschichte und Geowissenschaften der Otto-Friedrich-Universität Bamberg als Dissertation eingereicht. Für den Druck wurde sie geringfügig überarbeitet. Die Forschungsliteratur wurde, soweit möglich, bis zum Erscheinungsjahr 1994 berücksichtigt. Bedauerlicherweise erreichte mich allerdings ein wichtiger Tagungsband (Gutenberg und die Neue Welt. Hg. v. Horst Wenzel. München 1994) erst nach Fertigstellung der Druckfassung und konnte dann nicht mehr eingearbeitet werden. Es ist mir schließlich eine angenehme Verpflichtung, all denen zu danken, die zum Gelingen der Arbeit beigetragen haben. An erster Stelle ist Professor Ulrich Knefelkamp zu nennen, der die Arbeit anregte und dann auch geduldig betreute. Guten Rat habe ich in den letzten Jahren vielfach erhalten. Stellvertretend für viele andere seien Randall Herz (Würzburg), Irmgard Hofmann (SB Bamberg), Dr. Bernhard Jahn (München), Dr. Reinhold Jandesek (Pfaffenberg), Dr. Annerose Menninger (Bamberg), Dr. Marilia Lopes Santos (Bamberg), Professor Wolfgang Neuber (Wien), Dr. Holger Nickel (GW-Stelle der SBPK Berlin), Dr. Anneliese Schmitt (GW-Stelle der SBPK Berlin), Dr. Werner Taegert (SB Bamberg) und Klaus Vogel (Göttingen) genannt. Die Staatsbibliothek Bamberg, die Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin, die Harvard College Library in Cambridge/Mass., die Landesbibliothek Coburg, die Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, die Universitätsbibliothek Köln, die British Library London, die Bayerische Staatsbibliothek München, die Bibliothek des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg, die Stadtbibliothek Trier, die Österreichische Nationalbibliothek Wien und die Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel stellten Mikrofilme und Photographien zur Verfügung. Ihnen danke ich ebenso wie der Gerda-Henkel-Stiftung (Düsseldorf), die mich durch ein Promotionsstipendium förderte, und dem Akademie Verlag (Berlin), der sich bereit erklärte, diese Arbeit in sein Verlagsprogramm aufzunehmen. Nicht vergessen möchte ich schließlich meine Freunde: Sabine Sauer und Bernhard Spörlein, die das Korrekturlesen übernahmen, Jörg Bremer, der wichtige Vorarbeiten zur Formatierung der Druckfassung leistete, auf deren Grundlage dann Frank Ambras vom Schreibbüro Pegasus in Halle/Saale die Arbeit in der vorliegenden Form erstellte, und schließlich Rafael und Regine Rempe, die bereitwillig einsprangen, wann immer es erforderlich war. Mein besonderer Dank gilt aber meiner Frau Nicole, die mich in den letzten Jahren immer tatkräftig unterstützt hat. Ihr und unseren Kindern, Jakob und Ruth, ist dieses Buch gewidmet.

I. Einleitung 1. Problemstellung Die Erfindung des Buchdrucks und die Entdeckung Amerikas zählen zu den bedeutendsten Momenten der Weltgeschichte. Beide Ereignisse vollzogen sich in einem Abstand von kaum fünf Jahrzehnten, und wie nur wenige Geschehnisse werden sie heute mit den Namen ihrer "Entdecker" assoziiert. Es war der Mainzer Patrizier und gelernte Goldschmied Johannes Gensfleisch zur Laden (ca. 1400-3.2.1468), heute besser bekannt als Johannes Gutenberg, der nach ersten Experimenten in Straßburg (ca. 1440) um die Mitte des 15. Jahrhunderts in seiner Heimatstadt den Buchdruck mit beweglichen Lettern entwickelte. Und es war der genuesische Seefahrer Christoph Kolumbus (1451-1506), der 1492, gegen Ende dieses in seiner Bedeutung und Eigenständigkeit oft unterschätzten Sakulums, die vorgelagerten Inseln eines neuen, unbekannten Kontinents erreichte, den man später Amerika nennen sollte. Mit Johannes Gutenberg und Christoph Kolumbus, mit der Erfindung einer "Neuen Kunst" und der Entdeckung einer "Neuen Welt"1, verbindet sich nicht allein die Erinnerung an zwei konkrete, singulär anmutende Ereignisse. Ihre Taten sind nur verständlich als Konsequenz bzw. als Kulmination längerfristiger Prozesse, die die Welt nachhaltig beeinflussen und verändern sollten. Im 14. und 15. Jahrhundert nahm die Fähigkeit zu lesen und zu schreiben deutlich zu. Sie blieb nicht mehr auf monastische und klerikale Kreise beschränkt. Breitere städtische Schichten wurden jetzt alphabetisiert. Zahlreiche Schulen wurden gegründet. Handelte es sich im 13. und 14. Jahrhundert fast ausschließlich um Lateinschulen, so kamen im 15. Jahrhundert zunehmend auch deutsche "Schreibschulen" auf, in denen der Unterricht allein in der Volkssprache erfolgte. Auch wenn die Alphabetisierungsrate in Relation zur Gesamtbevölkerung moderat blieb man schätzt, daß vor der Reformation zwei bis sechs Prozent aller Deutschen lesen und schreiben konnten2 -, hatte dieser mäßige Anstieg schon beachtliche Konsequenzen. Die neuen Leserschichten bewirkten eine verstärkte Nachfrage nach Büchern. Die bisherigen Produktionsstätten, die klösterlichen Skriptorien, kamen dem Bedarf nicht mehr nach. Städtische Schreibwerkstätten entstanden, in denen in beträchtlichem Umfang Bücher geschrieben wurden. Die Verwendung eines neuen und billigeren Beschreibstoffs, des Papiers, erleichterte die vermehrte Herstellung von Büchern zusätzlich. Schon in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts kam es zu einer deutlichen Steigerung der Handschriftenproduktion. Zugleich gliederte sich das Buchgewerbe allmählich in verschiedene Erwerbszweige auf3. 1

2

3

Vergleiche zwischen Johannes Gutenberg und Christoph Kolumbus legten vor: Curt F. Bühler, Neue Kunst und neue Welt. Mainz 1962; Aloys Ruppel, Johannes Gutenberg und Christoph Columbus. Mainz 1964. Peter Moraw, Von offener Verfassung zu gestalteter Verdichtung. Frankfurt-Berlin 1985, S. 324. Zu diesem Problemkreis sind in den letzten Jahren auch zwei wichtige Tagungsbände erschienen: Studien zum städtischen Bildungswesen des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. Hg. v. Bernd Moeller, Hans Patze u. Karl Stackmann. Göttingen 1983; Literatur und Laienbildung im Spätmittelalter und in der Reformationszeit. Hg. v. Ludger Grenzmann u. Karl Stackmann. Stuttgart 1984. Zu diesen Aspekten vgl. Hans Lülfing, Johannes Gutenberg und das Buchwesen des 14. und 15. Jahrhunderts. Leipzig 1969.

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Einleitung

Die Erfindung Gutenbergs, der Buchdruck mit beweglichen Lettern, knüpfte an diese Entwicklungen an, potenzierte sie aber um ein Vielfaches. Bücher wurden nun in einer zuvor unvorstellbaren Menge hergestellt. Nach neuesten Berechnungen sind heute ungefähr 27000 Ausgaben bekannt, die bis zum Ende des 15. Jahrhunderts gedruckt wurden4. Die quantitative Steigerung der Buchproduktion, die dadurch bedingten Wachstumsprozesse im Buchgewerbe und schließlich die durch den Buchdruck ausgelösten gesellschaftlichen Veränderungen waren so groß, daß die Erfindung dieser "Neuen Kunst" schon von Zeitgenossen als epochales Ereignis gewürdigt wurde5. Auch die Entdeckung Amerikas durch Kolumbus ist nur im Kontext längerfristiger Entwicklungen zu verstehen. Schon seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts tasteten sich portugiesische Seefahrer entlang der westafrikanischen Küste nach Süden vor. Stand zuerst die Suche nach neuen Handelswegen im Vordergrund, so kristallisierte sich seit der Mitte des Jahrhunderts Indien als Ziel der Entdeckungsfahrten heraus. Parallel zu diesen empirischen Unternehmungen kam es zu einer Belebung der Geographie, vor allem ausgelöst durch die Wiederentdeckung der Schriften antiker Gelehrter wie Ptolemäus und Strabo. Die Lektüre ihrer Schriften und die Berichte mittelalterlicher Asienreisender, eines Marco Polo oder Nicolö de Conti, lösten lebhafte Diskussionen über Ausdehnung und Umfang der bekannten und imbekannten Welt aus und führten damit jenes intellektuelle Klima herbei, dem letztlich die Pläne des Kolumbus entsprangen. Als Folge der Entdeckungsfahrten öffneten sich den Europäern neue Handelswege zu bisher unbekannten Märkten. Das habsburgische Spanien stieg im Verlauf der Entdeckungen zur europäischen Hegemonialmacht, ja zur Weltmacht auf. Schließlich führte die Entdeckung Neuer Welten nicht nur zu zu einer Wandlung des tradierten Weltbilds, sondern auch zu einer neuen Selbstbestimmung der Europäer in einer sich verändernden Welt. Beide historische Prozesse sind naturgemäß in zahllosen Studien untersucht worden. Die Erforschung ihrer Interdependenzen ist dagegen nur teilweise erfolgt. Entsprechende Arbeiten könnten zum Beispiel untersuchen, welchen Einfluß gedruckte Bücher auf das geographische Weltbild der Zeit, respektive auf die Entdecker ausgeübt haben. Dieser Aspekt ist in bezug auf Kolumbus auch häufig diskutiert worden6. 4

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Nach Berechnungen von Karl Dachs u. Wieland Schmidt, Wieviele Inkunabelausgaben gibt es wirklich? In: BEB 2, 1974, S. 83-95. Ältere Schätzungen, resümiert von Lülfing (1969), S. 21f., gingen sogar noch von 40000 Auflagen aus. Hans Widmann, Vom Nutzen und Nachteil der Erfindung des Buchdrucks. Mainz 1973; ders., Die Wirkung des Buchdrucks auf die humanistischen Zeitgenossen und Nachfahren des Erfinders. In: Krafft/Wuttke (1977), S. 63-88. In der Forschung ist heute umstritten, ob die Erfindung des Buchdrucks Ergebnis einer evolutionären Entwicklung war oder revolutionären Charakter besaß. Für letztere Position vgl. die kommunikationswissenschaftlichen Arbeiten von Marshall MacLuhan, The Gutenberg Galaxy. Toronto 1962; Elizabeth L. Eisenstein, The Printing Press as an Agent of Change, 2 Bde. Cambridge 1979; Elizabeth L. Eisenstein, The Printing Revolution in Early Modern Europe. Cambridge 1983 (gekürzte und gestraffte Ausgabe des vorherigen Titels); Michael Giesecke, Der Buchdruck in der frühen Neuzeit. Frankfürt 1991. Die evolutionäre Theorie kommt dagegen in dem schon zitierten Werk von Lülfing (1969) zum Tragen und wurde zuletzt auch in einer Besprechung der Arbeit Gieseckes wieder vorgebracht. Vgl. Uwe Neddermeyer, Wann begann das "Buchzeitalter"? In: ZfhF 20, 1993, S. 205-215. Fernando Kolumbus nennt in der Biographie seines Vaters die Werke, die den Entdecker maßgeblich beeinflußten. Zudem haben sich einige annotierte [!] Bücher des Christoph Kolumbus erhalten, die heute in der Biblioteca Colombina/Sevilla aufbewahrt werden. In zahlreichen Studien wurde bisher versucht, den Einfluß dieser Drucke auf Kolumbus zu bestimmen. Namentlich die Imago mundi des

Einleitung

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Eine zweite mögliche Schnittstelle beider Prozesse ist die Rezeption der Entdeckungen oder, allgemeiner gesprochen, geographischer Kenntnisse im frühen Buchdruck. Auch dieses Problem ist nicht unbeachtet geblieben. Dies bezeugen zahlreiche Ausstellungen über die Geographische Wissenschaft und die Entdeckungen, die besonders im Gedenkjahr 1992 (Kolumbus- und Behaimjahr) inflationäre Ausmaße angenommen haben 7 . Ferner sind die zum Teil sehr umfangreichen bibliographischen Standardwerke zu nennen, in denen die einschlägigen alten Drucke über die Neuen Welten verzeichnet sind 8 . D i e Rezeption geographischer Werke im frühen Buchdruck ist von der Forschung überwiegend skeptisch beurteilt worden. Zumeist wird ein negativer Einfluß der Druckkunst postuliert. In der Frühdruckzeit seien zumeist veraltete Werke in den Druck gelangt, und denen hätten die Leser mehr Glauben geschenkt als den Berichten der zeitgenössischen Entdecker 9 .

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französischen Kardinals Pierre d'Ailly und der Bericht Marco Polos werden immer wieder genannt: George E. Nunn, The Imago Mundi and Columbus. In: AHR 40, 1935, S. 646-661; Jacques Heers, De Marco Polo à Christophe Colomb. In: Journal of Medieval History 10, 1984, S. 125-143; Folker Reichert, Columbus und Marco Polo - Asien in Amerika. In: ZfhF 15, 1988, S. 1-63. Einfluß Mandevilles auf Kolumbus versucht nachzuweisen: Chris Zacher, How Columbus read Mandeville's travels. In: Actas del primer encuentro internacional Colombino. Hg. v. Consuelo Varela. Madrid 1990, S. 155-160. Sigrid v.d. Gönna, Der Humanismus und die Wissenschaften der Renaissance. Aschaffenburg 1976; Zur Geschichte der Geographischen Wissenschaft 15.-17. Jahrhundert. Göttingen 1979; Wissenschaft im Mittelalter. Graz 19802; Entdeckungs- und Forschungsreisen im Spiegel alter Bücher. Hg. v. Ursula Degenhard. Stuttgart 1987; Die Neuen Welten in alten Büchern. Hg. v. Ulrich Knefelkamp u. Hans-Joachim König. Bamberg 1988; Brasiliana. Hg. v. Josef Stumpf u. Ulrich Knefelkamp. Heidelberg 19892; Amerika 1492-1992, 2 Bde. Hg. v. Dietrich Briesemeister u.a. Braunschweig 1992; Die Wiedergeburt der Antike und die Auffindung Amerikas. Hg. v. Dieter Harlfinger. Hamburg 1992; 500 Jahre Entdeckung Amerikas. Alte Welt - Neue Welt. Hg. v. Rupert Froschauer. Kremsmünster 1992; America. Das frühe Bild der Neuen Welt. Hg. v. Hans Wolff. München 1992; Die Alte und die Neue Welt. Eichstätt 1992; Focus Behaim Globus, 2 Bde. Nürnberg 1992. Zu den "Americana" grundlegend: Henry Harrisse, Bibliotheca Americana Vetustissima. New York 1866; European Americana, Bd. 1: 1493-1600. Hg. v. John Alden. New York 1980 (künftig Alden), wobei allerdings die Bibliographie von Alden aufgrund des viel zu weit gefaßten Americana-Begriffs sehr problematisch ist. Vgl. ferner: Die Wunderbare Neue Welt. German Books and Related Material about the Americas in the John Carter Brown Library, 1493-1840. Providence/R.I. 1988; Americana Vetustissima. New York 1990. Zu Indien: Gita Dharampal, Frühe deutsche Indienberichte (1477-1750). In: ZDMG 134, 1984, S. 23*-67*. Zu Afrika: Erich Woldan, Die älteste Literatur über die portugiesischen Entdeckungen und Eroberungen in Originalausgaben. In: Wiener Ethnohistorische Blätter 1, 1970, S. 5-13; 3, 1971, S. 75-87. Zu China: Henri Cordier, Bibliotheca Sinica, 5 Bde. Paris 19042, Ndr. in 3 Bde. Hildesheim-New York 1971 (künftig Cordier). Zu den Türkendrucken: Carl Göllner, Die europäischen Türkendrucke des 16. Jahrhunderts, Bd. 1. Bukarest-Berlin 1961; Bd. 2. Bukarest-Baden-Baden 1968. Zum entsprechenden Buchdruck in Frankreich: Geoffroy Atkinson, La Littérature géographique française de la Renaissance. Répertoire Bibliographique. Paris 1936, Ndr. New York 1968. Exemplarisch Numa Broc, La Géographie de la Renaissance (1420-1620). Paris 1980, S. 19: "[...] l'imprimerie, à qui on attribue un rôle capital dans la diffusion des »nouvelles« connaissances géographiques, est en réalité une arme à double tranchant puisqu'elle a servi d'abord à répandre l'»ancienne« géographie. Quand on sait de quel poids pèsent la tradition et l'autorité des Anciens, il est facile de comprendre les vieux préjugés et les erreurs séduisantes auront la vie dure. Entre les opinions divergentes d'un Pline et d'un quelconque voyageur moderne, l'érudit de la Renaissance n'hésite pas: il fait

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Einleitung

Ähnliche Äußerungen finden sich auch in den Werken renommierter Wissenschaftshistoriker. So sprach Sarton (1938) vom rückschrittlichen Charakter des frühen Buchdrucks. Die Druckerpresse habe vornehmlich zur Verbreitung schon bekannten Wissens gedient. Und auch da seien nicht die besten Werke der Antike und des Mittelalters gedruckt worden, sondern vornehmlich pseudowissenschaftliches Schrifttum10. Später (1957) äußerte sich Sarton moderater und charakterisierte die Erfindung des Buchdrucks als einen der Wendepunkte der Menschheitsgeschichte. Aber gerade am Paradigma des Verhältnisses von Buchdruck und Entdeckungsfahrten fällte er wiederum ein negatives Urteil. Den kleinen Büchern der Menschen habe man mehr Aufmerksamkeit gezollt als dem großen Buch der Natur und Strabos Worten mehr Gewicht zugebilligt als Berichten des Kolumbus oder Vasco da Gamas 11 . Positiver äußerte sich dagegen Boas (1962). Die Druckerpresse habe nicht nur für die Verbreitung überlieferten Wissens gesorgt, sondern auch Interesse an neuen Erkenntnissen gefördert, die im Zeitalter der Erfindungen und Entdeckungen gewonnen worden seien 12 . Insgesamt ist die Forschungssituation so unbefriedigend, daß Adams (1976) in bezug auf die Rezeption der Nachrichten über Amerika im frühen Buchdruck feststellen konnte, daß es üblich wäre, "to point out that the discovery of the New World and the invention of movable type have an important relationship to each other. Yet comparatively little has ever been done to establish what that relationship is"13. Seine Ausfiihrungen sind auch methodisch von Bedeutung, weil er wichtige bibliographische Fragen formuliert, mit deren Hilfe die Drucküberlieferung eines Werkes untersucht werden kann14. Forschungsarbeiten in dem von Adams skizzierten Sinn existieren kaum. Immerhin legte Hirsch (1976) eine Studie zur Rezeption von "Americana" im Buchdruck vor15. Als Untersuchungszeitraum wählte er die Spanne von 1493-1530, als Untersuchungsgegenstand nur

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confiance à l'»auctoritas«." Ahnliche Äußerungen bei George H. Kimble, Geography in the Middle Ages. London 1938, S. 212; Günther Hamann, Kartographisches und wirkliches Weltbild in der Renaissancezeit. In: Schmitz/Kraffi (1980), S. 155-179; Michel Mollat, Les explorateurs de XIII e au XVI e siècle. Paris 1984, S. 128; J.R.S. Phillips, The Medieval Expansion of Europe. Oxford-New York 1988, S. 212. George Sarton, The Scientific Literature transmitted through the Incunabula. In: Osiris V, 1938, S. 1245, besonders S. 62-68. Zustimmend Thorndike (V, 1941), S. 5f. Skizzierung der Wissenschaftsdebatte im übrigen durch Eisenstein (II, 1979), S. 453. George Sarton, Six Wings. Bloomington-London 1957, S. 6: "One would have thought that the breath-taking discoveries of the navigators and the conquistadores would have turned attention from the little books of men to the great book of nature, but this happened much less often than one might expect. More weight was given to Strabon's words than to those of Columbus or Vasco da Gama, and the expedition of the Argonauts was considered more interesting than Magellan's". Ähnlich auch Antonia McLean, Humanism and the Rise of science in Tudor England. London 1972, S. 22: "[...] the imaginary travels of Sir John Mandeville were preferred to the authentic account by Peter Martyr of the voyages of Columbus". Vgl. zur Dichotomie zwischen dem "kleinen Buch des Menschen und dem großen Buch der Natur" auch Eisenstein (II, 1979), S. 453-488, und vor allem Hans Blumenberg, Die Lesbarkeit der Welt. Frankfurt 1983. Marie Boas, Die Renaissance der Naturwissenschaften 1450-1630. Gütersloh 1965 (engl. London 1962), S. 34. Thomas R. Adams, Some Bibliographical Observations on and Questions about the Relationship between the Discovery of America and the Invention of Printing. In: Chiappelli (II, 1976), S. 529-536, hier S. 529. Adams (1976), S. 533f. Rudolf Hirsch, Printed Reports on the Early Discoveries and their Reception. In: Chiappelli (II, 1976), S. 537-560.

Einleitung

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Texte, die ausschließlich die Entdeckungen thematisieren: die Briefe von Christoph Kolumbus, Amerigo Vespucci und Hernando Cortes. Seine Untersuchung beschränkt sich auf die Analyse der Drucküberlieferung. Inhaltliche Fragestellungen berührt er nicht. Die Breite der Rezeption der Entdeckungsberichte zeigt aber immerhin nach seiner Meinung, "that a definite and broadly based interest in early Discoveries did exist"16. In einer vergleichbaren Untersuchung hat zuletzt Donattini (1992) die Rezeption der "Americana" in Italien zwischen 1493 und 1560 dargestellt17. Insgesamt erfaßt er in diesen 68 Jahren 87 Titel. Wie Hirsch berücksichtigt er nur Werke, die sich primär mit Amerika befassen 18 . Interessant und verdienstvoll ist zugleich, daß er den Druck der italienischen "Americana" in einen breiteren Kontext stellt, in dem er sie mit der Drucküberlieferung von Büchern über die Osmanen, Indien, Nordeuropa, Afrika etc. in diesem Zeitraum vergleicht19. Beide Studien beschränken sich allein auf die Analyse der Drucküberlieferung. Weitergehende Studien sind selten. Göllner (1978) hat als Ergänzung seiner umfangreichen, zweibändigen Bibliographie über die Türkendrucke des 16. Jahrhunderts immerhin einen dritten Band veröffentlicht, der nicht nur die von ihm vorgelegte Bibliographie überlieferungsgeschichtlich auswertet, sondern zugleich versucht, aus den überlieferten Drucken das Türkenbild der Zeit zu rekonstruieren20. Parker (1965) 21 geht in seiner anregenden Arbeit von der Hypothese aus, daß Ursprünge und Wachstum der englischen Interessen in den Teilen der Welt, die später zum British Empire gehörten, aus den Büchern geschlossen werden können, die in England zwischen 1481 und 1620 gedruckt wurden. So anregend seine Arbeit in vielen Details auch sein mag, die Gesamtkonzeption bleibt fraglich. Zwar verzeichnet er in seiner beigegebenen, ausfuhrlichen Bibliographie stattliche 230 Drucke22, doch eine nähere Betrachtung der Liste zeigt deutliche Disparitäten auf. Für die ersten 100 Jahre seines Untersuchungszeitraums registriert Parker lediglich 70 Drucke, also im Schnitt 0,7 Editionen per annum. Für die folgenden 40 Jahre listet er 150 Ausgaben auf, immerhin ein jährlicher Schnitt von 3,75 Einheiten pro Jahr. Schon dieses Mißverhältnis läßt den von Parker gewählten langen Untersuchungszeitraum als zweifelhaft erscheinen. Es ist zudem fraglich, ob die von Parker aufgelisteten Drucke jeweils mit seinem Erkenntnisziel in Einklang zu bringen sind. Für das 15. und die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts sind Zweifel angebracht, die auch durch entsprechende Äußerungen Parkers genährt werden23. Eine Einschränkung des Untersuchungszeitraums wäre konsequenter gewesen. 16 17 18 19 20 21 22 23

Hirsch (1976), S. 549. Massimo Donattini, Orizzonti geografici dell'editoria italiana (1493-1560). In: Prosperi/Reinhard (1992), S. 79-154. Donattini (1992), S. 83f. Donattini (1992), S. 103-111. Carl Göllner, Die Türkenfrage in der öffentlichen Meinung Europas im 16. Jahrhundert. BukarestBaden-Baden 1978. John Parker, Books to build an Empire. Amsterdam 1965. Parker (1965), S. 253-271. Parker (1965), S. 18: "It is noteworthy that the voyages of Columbus, Vespucci, Pinzón, Vasco da Gama, Cabral and others whose exploits were described in many publications on the Continent should not have found a reporter in England until the end of the first Tudor reign, which was marked by a very considerable royal interest in overseas commerce. Not until 1509 [...] did a book appear in which the discovery of America was mentioned, and this was in a strictly literary and moralistic work, Sebastian Brant's Ship of Fools [. ..]." Ebd. S. 27: "These two items from the 1520s testify to England's continued orientation to Europe and Asia [...]. The absence of other types of travel literature

14

Einleitung

In sich schlüssiger ist die Studie von Rogers (1962) 24 . Er kann zeigen, daß die Suche der Europäer nach den Ostchristen nicht nur ein wichtiges Motiv der Entdeckungsfahrten gewesen ist, sondern daß diese zugleich im zeitgenössischen Buchdruck zwischen 1470 und 1540 ausgiebig behandelt wurden. Während die Studie von Parker in ihrem Ansatz zu weit geht, ist für diese Arbeit eher das Gegenteil zu konstatieren. Erstaunlicherweise fehlen wichtige Zeugnisse, die seine Ausfuhrungen nachhaltig stützen würden25. Die vorliegende Studie beabsichtigt gleichfalls, einen Beitrag zur Rezeption geographischer Kenntnisse im frühen Buchdruck zu leisten. Allerdings hegt ihr ein anderer Ansatz zugrunde. Die zuvor geschilderten Arbeiten basieren in der Regel auf einem diachronen Prinzip, beschränken ihren Stoff aber auf eine bestimmte Textgruppe, vorzugsweise die "Americana". Die vorliegende Arbeit geht einen komparatistischen Weg, indem sie statt eines Längsschnitts einen Querschnitt wählt. Sie konzentriert sich damit nicht auf eine bestimmte Gruppe von Werken, etwa die "Americana" oder die "Turcica", sondern beabsichtigt, in einem synchronen Verfahren das gesamte Spektrum von Drucken über die außereuropäischen Welten zu behandeln, die in einem bestimmten, eng umrissenen Zeitabschnitt gedruckt wurden. Als Untersuchungszeitraum wurden die Jahre von 1470-1500 gewählt und damit gezielt eine Periode, die der bewußten Rezeption der Entdeckungen im Buchdruck unmittelbar vorausgeht. Die gewählte Epoche entspricht damit derjenigen, die in der Buchkunde als Inkunabelzeit bezeichnet wird26. Untersuchungsraum ist das Gebiet des damaligen Deutschen Reiches - also einschließlich des heutigen Österreichs, Straßburgs und Basels27. Behandelt werden somit ausschließlich Drucke, die in diesem Gebiet veröffentlicht wurden.

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shows an apparent disinterest in English voyages in the Atlantic and in the voyages of the Spanish and Portugese as well". Ebd. S. 28: "The impression is unavoidable that between 1520 and 1540 most Englishmen were but little interested in the new discoveries and resulting opportunities for commerce and missionary work". Francis M. Rogers, The Quest for Eastern Christians. Minneapolis/Minn. 1962. Auf Einzelkritik wird an dieser Stelle verzichtet, da die Problematik im entsprechenden Kapitel dieser Arbeit nachhaltig behandelt wird (Fehlen der Drucküberlieferung der Divisiones decem natiorrum totius Christianitatis und der Tatsache, daß es zwei Versionen gibt). S.u. S. 76, bes. Anm. 261. Auf Inkunabeln und die Inkunabelkunde werde ich ausfuhrlicher in Kapitel I 2 eingehen. Die zeitliche Begrenzung meiner Arbeit ergibt sich allerdings weniger aus der Eingrenzung dieser buchkundlichen Teildisziplin (bis 31.12.1500) - inzwischen sind andere deutlichere Zäsuren wie 1480, 1520 oder 1550 ins Blickfeld gerückt sondern aus den im Text bereits genannten inhaltlichen Erwägungen. Wird im folgenden der Begriff Deutschland verwendet, so ist er in der oben ausgeführten Bedeutung, nicht jedoch im Sinne heutiger Grenzziehungen zu verstehen. Im übrigen soll mit dieser Beschränkung nicht suggeriert werden, daß es sich um einen vollkommen eigenständigen, isolierten Untersuchungsraum handelt. Schon im 15. Jahrhundert entwickelte sich ein äußerst lebhafter internationaler Buchhandel, dessen Dimensionen in der bisherigen Forschung eher unter- als überschätzt wurden. Vor allem aus Italien importierte man in großem Umfang Bücher, insbesondere Klassikerausgaben. Zudem wurden in Italien veröffentlichte Bücher in Deutschland und anderen Ländern nachgedruckt und umgekehrt. Aufgrund der engen Beziehungen zwischen dem Kölner und dem niederländischen Buchdruck wird in einem Kapitel der Untersuchungsraum auch bewußt überschritten (Kap. II 2.3). Eine nur auf den Kölner Raum fixierte Sichtweise würde den Blick auf weitergehende Zusammenhänge verstellen. Siehe zum internationalen Charakter des Buchhandels in der Inkunabelzeit die schönen Ausfuhrungen von Hirsch (19742), S. 61-77. Vgl. allgemein: Der deutsche Buchhandel in Urkunden und Quellen, 2 Bde. Hg. v. Hans Widmann. Hamburg 1965; ders., Geschichte des Buchhandels vom Altertum bis zur Gegenwart. Wiesbaden 19752, S. 40-60; Holger Nickel, Entwicklungen im frühen deutschen Buchhandel. In: GJ 1976, S. 482-484; Reinhard Wittmann, Geschichte des deutschen Buchhandels. München 1991.

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Im Anklang an die häufig postulierte negative Auswirkung des frühen Buchdrucks soll untersucht werden, welche neuen Werke überhaupt in den Druck gelangten. Diese stellen den eigentlichen Untersuchungsgegenstand dar. Die Beschränkung auf zeitgenössische Texte sowie das Ausklammern von Drucken, die nur sporadisch geographisch-ethnologische Abschnitte enthalten, ermöglicht das gründliche Studium einer überschaubaren Zahl von Werken, die ausfuhrliche Abschnitte mit Informationen über außereuropäische Länder und Regionen enthalten. Insgesamt handelt es sich um zehn Werke, die in Deutschland im Untersuchungszeitraum in insgesamt 28 Auflagen erschienen sind: zwei Weltchroniken, das Rudimentum novitiorum und der Uber chronicarum (Schedeische Weltchronik), die Türkenwerke des Georg von Ungarn und des Jörg von Nürnberg, die Pilgerberichte Hans Tuchers und Bernhards von Breydenbach, der Prologus Arminensis, eine geographische Beschreibung des Heiligen Landes, zwei Kosmographien, der "Deutsche Ptolemäus" und die Cosmographia des Laurentius Corvinus, und schließlich der Kolumbusbrief. Untersucht werden damit Bücher in lateinischer und deutscher Sprache. Drei Werke liegen in beiden Sprachen vor (Schedel, Breydenbach, Kolumbusbrief)28. Die Leitfragen der Studie ergeben sich aus der dargelegten Forschungslage. Zwei Fragenkomplexe stehen im Mittelpunkt. Zum einen ist der Inhalt der Drucke zu untersuchen. Zu fragen ist, welche Informationen sie über außereuropäische Regionen und Völker enthalten, aufweichen Quellen sie basieren, welche kartographische Zeugnisse sie beinhalten29 und inwiefern diese Werke insgesamt der Tradition verhaftet blieben bzw. über diese hinausgingen. Der zweite Fragenkomplex geht einen Schritt weiter. Er basiert auf der Prämisse, daß verschiedene Ausgaben des gleichen Werkes in unterschiedlichen Kontexten stehen und demzufolge auch differenten Intentionen und Funktionalisierungen unterliegen können. Diese sollen - sofern möglich - bei jeder einzelnen Ausgabe herausgearbeitet werden. Methodisch beschreitet die Untersuchung selten begangene Pfade, da sie eine enge Kombination von inhaltlichen und buchkundlichen Fragestellungen anstrebt. Vor allem die Funktionalisierung der Texte im Druck ist nur hinreichend zu klären, wenn man sich den Ausgaben selber zuwendet und ihre jeweiligen Merkmale und Charakteristika herausfiltert. Im konkreten Fall bedeutet dies, daß verstärkt Ergebnisse und Methoden der entsprechenden buchkundlichen Teildisziplin, der Inkunabelkunde, rezipiert, angewendet und für die angestrebten Untersuchungsziele fruchtbar gemacht werden. Mir ist nur eine größere Arbeit aus dem germanistischen Bereich bekannt, die ähnliche Wege beschritten hat. Es handelt sich um die Studie, die Koppitz (1980) vor einigen Jahren über die Tradierung der mittelhochdeutschen Epik vorgelegt hat. Seine Arbeit berührt sich in einigen Punkten mit der hier vorgelegten Untersuchung. Sie geht aber insofern von einer 28

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Da es sich bei deutschen Übersetzungen lateinischer Werke nicht immer um wortgetreue Übertragungen handelt, ja mitunter sogar beträchtliche Differenzen zu verzeichnen sind, werden Aussagen über den Inhalt der Texte in diesen Fällen anhand der lateinischen Editio princeps getroffen. Die Abweichungen in den deutschen Übersetzungen sollen aber im Hinblick auf mögliche anders geartete Intentionen von Übersetzern und Bearbeitern nicht ignoriert werden. Daß die germanistische Forschung sich bevorzugt den deutschen Ausgaben und Varianten eines Textes widmet, ist aus der Zielsetzung des Fachs verständlich. Vielfach wird jedoch der methodische Fehler begangen, sich zu einseitig auf die deutschen Übersetzungen zu stützen. Die daraus abgeleiteten Schlußfolgerungen halten einer Überprüfung anhand des lateinischen Originals nicht immer stand. Karten werden nur berücksichtigt, soweit sie in Büchern enthalten sind. Einblattdrucke fallen aus der Untersuchung heraus. Vgl. zur Inkunabelkartographie Tony Campbell, The Earliest Printed Maps 1472-1500. Berkeley-Los Angeles 1987. Nützlich auch Rodney W. Shirley, The mapping of the world: early printed world maps 1472-1700. London 1983.

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anderen Zielsetzung aus, da sie vornehmlich die Überlieferungsgeschichte von Handschriften und Frühdrucken der älteren deutschen Literatur behandelt. Auf den Inhalt der Werke geht Koppitz aber nicht ein. Wichtiger ist jedoch die von ihm angewandte Methode. Koppitz bezieht explizit die Ergebnisse der Inkunabelkunde und der modernen Bibliographie ein und versucht, sie für seine Fragestellung nutzbar zu machen30. Die Untersuchung gliedert sich wie folgt. Im weiteren Verlauf der Einleitung erfolgt zunächst eine knappe Einfuhrung in die Probleme und Möglichkeiten der Inkunabelkunde. Davon ausgehend wird anschließend ein Untersuchungsmodell präsentiert, das insbesondere zur Beantwortung des zweiten Fragenkomplexes (Funktionalisierung und Intentionen der jeweiligen Drucke) beitragen soll. In einem längeren Überblickskapitel (Kap. II) wird dann die Überlieferung antiken und mittelalterlichen geographischen Wissens im Inkunabeldruck behandelt. Dieser Abschnitt stellt die Folie dar, vor deren Hintergrund die vier Hauptkapitel der Arbeit eine dezidierte Untersuchung der einschlägigen Texte anhand der angedeuteten Leitfragen erbringen sollen. Eine ausfuhrliche Auswertung wird die Arbeit beschließen. Daß außer den eigentlichen Untersuchungsgegenständen, den oben aufgelisteten Werken, weitere Quellen wie Bibliothekskataloge31, Humanistenbriefe32, Städtechroniken33, Quellen über Drucker und Verleger34 sowie weitere Texte der Zeit herangezogen werden, die Hintergrund und Rezeption der einschlägigen Drucke beleuchten, soll noch der Vollständigkeit halber erwähnt werden. Abschließend noch einige technische Anmerkungen zur Transkription der Quellen. Sie basiert im Prinzip auf den Richtlinien, die von Schultze (1962) und der "Arbeitsgemeinschaft außeruniversitärer Forschungseinrichtungen" (1981) erstellt worden sind35. Die Schreibweise orientiert sich im allgemeinen an der Orthographie der Vorlage. Kürzungen und Ligaturen 30 31

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Koppitz (1980), S. 8. Erste Übersichten wurden schon früh von Gustav Becker, Catalogi bibliothecarum antiqui. Bonn 1885, und Theodor Gottlieb, Über mittelalterliche Bibliotheken. Leipzig 1890, vorgelegt. Jetzt sind zu konsultieren: Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz. Bd. lff. Hg. v. der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München. München 1928ff. (künftig MBK); Mittelalterliche Bibliothekskataloge Österreichs, Bd. lff. Hg. v. der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Wien 1915ff. (künftig MBKÖ). Vgl. Paul Lehmann, Grundzüge des Humanismus deutscher Lande zumal im Spiegel deutscher Bibliotheken des 15. und 16. Jahrhunderts. In: Aevum 31, 1957, S. 253-68; Ladislaus Buzas, Deutsche Bibliotheksgeschichte des Mittelalters. Wiesbaden 1975. Albert Derolez, Les catalogues de bibliotheques. Turnhout 1979; Bernhard Schnell, Zur Bedeutung der Bibliotheksgeschichte für eine Überlieferungs- und Wirkungsgeschichte. In: Überlieferungsgeschichtliche Prosaforschung. Tübingen 1985, S. 221-30; Wolfgang Milde, Über Bücherverzeichnisse der Humanistenzeit. In: Bücherkataloge als buchgeschichtliche Quellen in der frühen Neuzeit. Hg. v. Reinhard Wittmann. Wiesbaden 1984, S. 19-31. Durchgesehen wurden die Briefwechsel von Konrad Celtis, Sigismund Meisterlin, Beatus Rhenanus, Willibald Pirckheimer, Christoph Scheurl, Jakob Wimpfehling, Hermann Schedel, Johannes Reuchlin, Konrad Peutinger. Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert. Hg. durch die Hist. Kommission bei d. Bayer. Akad. d. Wiss., Bd. 1-37, 1862-1968. Das Rechnungsbuch des Speyrer Druckherrn, Verlegers und Großbuchhändlers Peter Drach. Hg. v. Ferdinand Geldner. In: AGB V, 1962, Sp. 1-195; Oscar Hase, Die Koberger. Leipzig 2 1885 (mit wichtigem Quellenanhang). Johannes Schultze, Richtlinien für die äußere Textgestaltung bei Herausgabe von Quellen zur neueren deutschen Geschichte. In: Blätter für deutsche Landesgeschichte 98, 1962, S. 1-11; Empfehlungen zur Edition frühneuzeitlicher Texte der "Arbeitsgemeinschaft außeruniversitärer Forschungseinrichtungen". In: Archiv für Reformationsgeschichte 72, 1981, S. 299-315.

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werden aufgelöst. Bei deutschsprachigen Drucken werden darüber hinaus Groß- und Kleinschreibung sowie die jeweilige Interpunktion beibehalten. Bei lateinischen Werken werden Groß- und Kleinschreibung normalisiert, die Satzzeichen durch eine moderne Zeichensetzung ersetzt sowie u und v gemäß dem Lautwert verwendet. Bei Wiedergabe von Titelblättern wird die Schreibweise und Interpunktion der Drucke beibehalten und die Zeilenumbrüche jeweils durch Sonderzeichen angegeben (/).

2. Bemerkungen zum Stand der Inkunabelkunde Mit dem Begriff Inkunabel bezeichnet man seit dem 17. Jahrhundert alle frühen Drucke, die bis einschließlich 31.12.1500 mit beweglichen Lettern gedruckt wurden36. Abgeleitet ist der Ausdruck von dem lateinischen Wort incunabula. Es bezeichnet die Wickel- oder Windelbänder, mit denen Kleinkinder eingebunden werden. In Analogie zum Ablauf des menschlichen Lebens meint der Begriff also das Frühstadium des Buchdrucks, quasi dessen "Säuglingszeit". Das deutsche Synonym Wiegendruck verdeutlicht dies anschaulich. Die Katalogisierung der Inkunabeln setzte schon früh ein. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erreichte sie durch Ludwig Hain (1781-1836) einen ersten Höhepunkt. In seinem zwischen 1826 und 1838 veröffentlichten Repertorium37, das sich vor allem auf die Bestände der heutigen Bayerischen Staatsbibliothek München gründet, erfaßte er nicht nur rund 16400 Ausgaben, sondern beschrieb sie auch erstmals nach Grundsätzen und Methoden, die noch heute in der Inkunabelforschung angewendet werden. Dazu zählen die Wiedergabe von Titel, Incipit, Explicit und Kolophon, die Angabe von Drucker und Druckort (sofern bekannt), Umfang, Zeilen pro Seite, Format etc. Um die Jahrhundertwende von Walter A. Copinger38 und Dietrich Reichling39 publizierte Supplemente korrigierten einerseits die oft fehlerhaften Angaben Hains, fügten gleichzeitig aber neue, Hain noch unbekannte Auflagen hinzu. Insgesamt erfassen diese drei Repertorien 25352 Wiegendrucke. Sie stellen für die Forschung noch immer unverzichtbare Hilfsmittel dar. Allerdings ist besonders bei der Benutzung Hains die Hinzuziehung weiterer Kataloge zu empfehlen. Einen wesentlichen Fortschritt in der Inkunabelkunde stellten die Forschungen des Engländers Robert Proctor (1868-1903) und des Deutschen Konrad Haebler (1857-1946) dar. Beide gingen von der Überlegung aus, nicht firmierte Drucke anhand ihrer Type einer be36

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Konrad Haebler, Handbuch der Inkunabelkunde. Leipzig 1925, Ndr. Stuttgart 1966; Henri-Jean Martin u. Lucien Febvre, L'apparition du livre. Paris 1958; Rudolf Hirsch, Printing, Selling and Reading 1450-1550. Wiesbaden 1974 2 ; Ferdinand Geldner, Inkunabelkunde. Wiesbaden 1978; Buch und Text im 15 Jahrhundert. Hg. v. Lotte Hellinga u. Helmar Härtel. Hamburg 1981; Der Buchdruck im 15. Jahrhundert: eine Bibliographie, 2 Bde. Hg. v. Severin Corsten u. Reimar W. Fuchs. Stuttgart 1988 u. 1993. Vgl. ferner John M. Lenhart, Pre-Reformation printed Books. New York 1935; Sigfrid H. Steinberg, Die Schwarze Kunst. München 1958, Ndr. München 1988 (engl. London 1955); Colin A. Clair, A History of European Printing. London-New York-San Francisco 1976; Gutenberg. 550 Jahre Buchdruck in Europa. Hg. v. Paul Raabe. Weinheim 1990: Fritz Funke, Buchkunde. München u.a. 1992 5 Ludwig Hain, Repertorium Bibliographicum, in quo libri omnes ab arte typographica inventa ad annum MD. typis expressi...recensentur, 4 Bde. Stuttgart-Tübingen-Paris 1826-1838 (künftig H). Walter A. Copinger, Supplement to Hain's Repertorium bibliographicum, 3 Bde. London 1895-1902, Ndr. Mailand 1950 (künftig C, HC). Dietrich Reichling, Appendices ad Hainii-Copingeri Repertorium Bibliographicum, 2 Bde. München 1905-1911 (künftig R, HR, CR, HCR, R Suppl ).

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stimmten Offizin zuweisen zu können. Während Praetor sich vom Gesamtbild der Schrift leiten ließ, entwickelte Haebler ein diffizileres Verfahren. Seine Methode beruhte darauf, anhand charakteristischer Merkmale der Typen - für Antiquaschriften wählte er das Q, für gotische Schriften das M - das überlieferte Typenmaterial so zu differenzieren, daß klare Zuschreibungen möglich wurden. Die von Haebler entwickelte Methode, die er in seinem Typenrepertorium zusammenfaßte40, hat sich trotz mancher Widerstände41 in der Inkunabelforschung inzwischen durchgesetzt und stellt ein unverzichtbares Verfahren zur Datierung und Zuweisung der Frühdrucke dar. Die neuen typographischen Identifizierungsmethoden lagen auch zwei großen Katalogisierungsprojekten zugrunde, deren Anfänge schon auf die Jahrhundertwende zurückgehen. Zunächst ist der Inkunabelkatalog des Britischen Museums (BMC) (heute "British Library") zu nennen, das den größten Bestand an Inkunabelauflagen besitzt42. In den seit 1908 erscheinenden Bänden werden die Inkunabeln vorbildlich erfaßt und beschrieben. Wie die meisten Inkunabelkataloge angelsächsischer Provenienz verzeichnet auch dieser Katalog die Wiegendrucke nicht in alphabetischer Folge, sondern nach Ländern, Städten und Druckern und ermöglicht so einen ersten, wenn auch keineswegs vollständigen Einblick in die Produktion einer bestimmten Stadt oder eines bestimmten Druckers. Die Publikation ist weit fortgeschritten (Stand 1994). Die Bände über Deutschland (eingeschlossen hier Österreich, Straßburg und die deutschsprachige Schweiz), Italien, Frankreich, die Niederlande sowie Spanien und Portugal sind inzwischen veröffentlicht. Nur der Band über England harrt noch der Publikation. Weniger glücklich gestaltete sich die Verwirklichung des zweiten großen, zu Beginn dieses Jahrhunderts initiierten Katalogisierungsprojekts. Ein neuer Gesamtkatalog der Wiegendrucke sollte alle bekannten Inkunabeln erfassen und nach den typographischen Methoden Proctors und Haeblers datieren und beschreiben. Nach einer aufwendigen Inventarisierung erschien 1925 der erste Band des GW. Bis 1940 konnten sieben Bände und die erste Lieferung des achten Bands der Öffentlichkeit übergeben werden. Der 2. Weltkrieg und die Wirren der Nachkriegszeit setzten der kontinuierlichen Herausgabe jedoch ein vorläufiges Ende. Erst 1968 erschien der vollständige achte Band, herausgegeben von der GW-Stelle in der Deutschen Staatsbibliothek unter den Linden (Ost-Berlin), die die Redaktion des GW übernommen hatte43. 40

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Konrad Haebler, Typenrepertorium der Wiegendrucke, Abt. 1-5. Halle a.S.-Leipzig 1905-1924, Ndr. Nendeln/Liecht.-Wiesbaden 1968. Abbildungen der Typen der Wiegendruckzeit. In: Veröffentlichungen der Gesellschaft for Typenkunde des XV. Jahrhunderts, Bd. I-XXXIII, Taf. 1-2460. Leipzig 1907-1939, Ndr. Osnabrück 1966. Dazu Typenregister von Rudolf JuchhofFu. Elisabeth von Kathen. Leipzig 1939, Ndr. Osnabrück 1966. Abschließende Klärung: Carl Wehmer, Zur Beurteilung des Methodenstreits in der Inkunabelkunde. In: GJ 1933, S. 250-325. Ein Überblick über den Methodenstreit und ein Ausblick auf neue methodische Verfahren: Peter Amelung, Methoden zur Bestimmung und Datierung unfirmierter Inkunabeln. In: Hellinga/Härtel (1981), S. 89-128. Catalogue of Books printed in the XVth Century now in the British Museum. London 1908ff. (künftig BMC). Dazu sind auch die verschiedenen Short-Title-Catalogues (STC) zu nennen, die die Bestände der British Library an Werken aus den verschiedenen Ländern Europas verzeichnen: Short-title catalogue of books printed in the German-speaking countries and German books printed in other countries from 1455 to 1600 now in The British Museum. London 1962. Gesamtkatalog der Wiegendrucke, Bd. I-VII. Leipzig 1925-1940; Bd. VIIIfF. Stuttgart-Berlin-New York 1972ff (künftig GW). Vgl.: Zur Arbeit mit dem Gesamtkatalog der Wiegendrucke. Hg. v. Ursula Altmann. Berlin 1989. In der GW-Stelle befindet sich im übrigen auch das Manuskript des

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Ein drittes großes Projekt zur Inkunabelkatalogisierung ist in den letzten Jahren von der British Library ins Leben gerufen worden. Angesichts des langsamen Fortschritts der Arbeiten am GW entstand die Idee, unter Verzicht auf detaillierte bibliographische Beschreibungen alle Inkunabelausgaben unter Auflistung der jeweils bekannten Exemplare in einem International Short Title Catalogue (ISTC) mittels EDV zu erfassen44. Neben diesen drei großen Projekten zur Inkunabelerfassung ist von weiteren bibliographischen Hilfsmitteln zu berichten. Die von Klebs (1938) herausgegebene Bibliographie der wissenschaftlichen und medizinischen Inkunabeln - sie erfaßt ca. 1000 Titel mit ungefähr 3000 Editionen - stellt ein zuverlässiges, aber kaum entsprechend gewürdigtes Hilfsmittel dar 45 . Ferner ist auf die zahlreichen regionalen Wiegendruckkataloge hinzuweisen. Am wichtigsten ist der von Goff (1964) herausgegebene amerikanische Inkunabelzensus, der ca. 14000 Ausgaben mit rund 47000 Exemplaren in den Bibliotheken der Vereinigten Staaten erfaßt 46 . Weitere wichtige regionale Inkunabelverzeichnisse sind für Frankreich47, Belgien48, Italien49, Polen 50 , Ungarn51, die Niederlande52 und zuletzt auch fur Spanien53 herausgegeben worden. Ein deutscher Inkunabelzensus wird zur Zeit im Rahmen der Arbeiten am ISTC erstellt54. Das Unterbrechen der Arbeiten am GW hat in den letzten 40 Jahren zur Publikation unzähliger Kataloge größerer und kleinerer Sammlungen geführt. In ihrer Bedeutung reichen sie aber nicht an den BMC heran. Immerhin haben wichtige Bibliotheken wie die Bibliothèque

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noch unveröffentlichten Teils des GW, das von Interessenten eingesehen werden kann. Für die wohlwollende Aufnahme und Betreuung anläßlich eines eigenen Studienaufenthalts in Berlin möchte ich mich an dieser Stelle bei den Mitarbeitern der GW-Stelle, namentlich bei Frau Dr. Anneliese Schmitt und Herrn Dr. Holger Nickel, herzlich bedanken. Eine Einfuhrung zu dem geplanten Projekt gibt der Sammelband: Bibliography and the Study of 15thCentury-Civilisation. Hg. v. Lotte Hellinga u. John Goldfinch. London 1987. Arnold C. Klebs, Incunabula scientifica et medica. Brügge 1938, Ndr. Hildesheim 1963 (künftig Klebs). Eine vergleichbare Arbeit ist auch von Margaret B. Stillwell, The Awakening Interest in Sciene during the First Century of Printing 1450-1550. New York 1970, vorgelegt worden. Gegenüber der Bibliographie von Klebs weist ihre Arbeit jedoch zwei gravierende Mängel auf. Erstens listet sie nur die Erstausgaben eines Werkes auf. Diese beschreibt sie zwar weit ausfuhrlicher als Klebs, erwähnt die Nachdrucke aber nicht. Doch gerade diese zeigen deutlich die Beliebtheit und letztendlich damit auch die Relevanz des Werkes für die Zeitgenossen auf. Zweitens geht sie nicht vom Wissenschaftsverständnis des 15. Jahrhunderts, sondern von dem unseres Säkulums aus und trägt damit nicht zum Verständnis der Wissenschaften an der Wende vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit bei. Frederick R. Goff, Incunabula in American Libraries. New York 1964 (künftig Goff). Catalogue général des incunables des Bibliothèques publiques de France, 3 Bde. Hg. v. Marie Pellechet. Paris 1897-1909 (künftig Pellechet). Catalogue des Livres Imprimés au Quinzième Siècle des Bibliothèques de Belgique, 4 Bde. Brüssel 1932-78 (künftig Polain (B). Indice Generale degli Incunaboli delle Bibliotheche d'Italia, 5 Bde. Rom 1943-1972 (künftig IGI). Incunabula quae in Bibliothecis Poloniae asservantur, 2 Bde. Hg. v. Maria Bohonos et Elisa Szandorowska. Breslau-Warschau-Krakau 1970 (künftig IBP). Catalogus Incunabulorum quae in Bibliothecis Publicis Hungariae asservantur, 2 Bde. Hg. v. Géza Sajô u. Erzsébat Soltész. Budapest 1970 (künftig CIH). Incunabula in Dutch Libraries, 2 Bde. Hg. v. Wytze Hellinga u. Gerard A. van Thienen. Nieuwkoop 1983 (künftig IDL). Catâlogo de Incunables, 2 Bde. Madrid 1988-1990 (künftig EC). Reinhard Horn u. Gertrud Friedl, Der bundesdeutsche Inkunabel-Census. In: ZfBB 38, 1991, S. 368383.

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Nationale in Paris55 und vor allem die Bayerische Staatsbibliothek in München56 begonnen, Kataloge ihrer umfangreichen Sammlungen zu veröffentlichen. Von den Wiegendruckverzeichnissen mittelgroßer Bibliotheken verdient besonders der exzellente Freiburger Inkunabelkatalog Beachtung57. Hinzuweisen ist gleichfalls auf die wertvolle Übersicht über den Ulmer Frühdruck, die von Amelung (1979) erstellt worden ist58. Läßt man die verschiedenen Inkunabelkataloge Revue passieren, stellt man fest, wie sehr sich Interessen und Ziele der Forschung im Laufe der Jahre gewandelt haben. In den meisten älteren Katalogen stand die Beschreibung der Ausgabe eindeutig im Vordergrund. Gerade die wichtigsten Daten - Verfasser, Titel, Drucker, Druckort, Erscheinungsjahr - wurden genannt. In der heutigen Inkunabelkatalogisierung tritt dagegen immer mehr das einzelne Exemplar in den Blickpunkt. Fragen der Provenienz, Marginalien wie Besitz- und Kaufeinträge, Einbände, Wasserzeichen, Bindung mit weiteren Drucken etc. gewinnen an Bedeutung. Die Beschreibung der Inkunabeln nähert sich damit zunehmend der Erfassung der Handschriften an. Die Katalogisierung der Wiegendrucke ist noch lange nicht abgeschlossen. Dennoch darf die bibliographische Erschließung der Inkunabeln als vergleichsweise gut bezeichnet werden. Die zahlreichen Kataloge und Bibliographien stellen ein reichhaltiges Material zur Verfügung, das seiner Auswertung und Nutzung durch die Geisteswissenschaften harrt. Bedauerlicherweise werden die Ergebnisse der Inkunabelkunde aber noch immer in weiten Teilen der historischen und germanistischen Forschung ignoriert. Völlig unreflektiert werden überholte bibliographische Angaben - Datierungen, Zuschreibungen etc. - übernommen, obwohl sie von der Wiegendruckforschung längst korrigiert worden sind. Auf diese fehlerhaften Angaben gründen sich dann gewagte Hypothesen, denen eine sorgfältige bibliographische Recherche schnell den Boden entzieht. In vielen Fällen hätte schon ein Blick in das verläßliche und konzise Kompendium von Klebs (1938) genügt, um eine sichere bibliographische Grundlage zu gewinnen. Immerhin sind in den letzten Jahren von Mertens (1983), Brincken (1987) und Johanek (1988) Aufsätze zur Rezeption der Historiographie im Inkunabeldruck vorgelegt worden, die gezielt Ergebnisse der Wiegendruckforschung rezipieren. 55 56

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Bibliothèque Nationale. Catalogue des incunables. Paris 1981ff. (künftig CIBN). Bayerische Staatsbibliothek. Inkunabelkatalog. Redaktion: Elmar Hertrich in Zusammenhang mit Hermann Engel, Günter Mayer und Gerhard Stalla. Bd. lff. Wiesbaden 1988ff. (künftig BSB). Vgl. Elmar Hertrich, Der Inkunabelkatalog der Bayerischen Staatsbibliothek. In: BFB 4, 1976, S. 191-211. Hertrich gibt auch den Umfang des Münchener Inkunabelbestands und vergleichbarer Sammlungen an (Stand 1973). HSB München: 9600 Ausgaben in 16400 Exemplaren und 2448 Dubletten. British Library: 10390 Ausgaben in 11755 Exemplaren. Bibliothèque Nationale Paris: 7749 Ausgaben in 11526 Exemplaren. Biblioteca Apostolica Vaticana/Rom: 5068 Ausgaben in 8452 Exemplaren. Österreichische Nationalbibliothek Wien: 7769 Exemplare. Vera Sack, Die Inkunabeln der Universitätsbibliothek und anderer öffentlicher Sammlungen in Freiburg im Breisgau und Umgebung, 3 Bde. Wiesbaden 1985. Weitere wichtige Kataloge deutscher Sammlungen in Auswahl: Ilona Hubay, Incunabula der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg. Wiesbaden 1974; Kurt Ohly u. Vera Sack, Inkunabelkatalog der Stadt- und Universitätsbibliothek und anderer öffentlicher Sammlungen in Frankfurt am Main, 2 Bde. Frankfùrt/M. 1966-1967; Barbara Hellwig, Inkunabelkatalog des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg. Wiesbaden 1970; Manfred von Arnim, Katalog der Bibliothek Otto Schäfer Schweinfurt, Bd. 1. Stuttgart 1984; Wolfgang Borm, Incunabula Guelferbytana. Wiesbaden 1990; Matthias Hartig u.a., Die Inkunabeln in der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek Paderborn. Wiesbaden 1993. Peter Amelung, Der Frühdruck im deutschen Südwesten 1473-1500, Bd. 1 : Ulm. Stuttgart 1979.

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3. Skizzierung eines Untersuchungsmodells Die folgenden Ausführungen weisen auf einige Charakteristika der Wiegendrucke hin. Deren Interpretation erlaubt zum einen Rückschlüsse auf den Kontext der jeweiligen Drucke, zum anderen sind aus ihnen allgemeine Schlußfolgerungen über ihre Rezeption abzuleiten. Faßt man diese Gesichtspunkte zusammen, so konstituieren sie quasi eine Art "Untersuchungsmodell", das genauere Erkenntnisse über die zu untersuchenden Drucke erlaubt. Dieses "Modell" ist idealtypisch. Die inhärenten Fragestellungen und Untersuchungsansätze sind für keinen Druck vollständig umsetzbar59. Doch untersucht man die Drucke zumindest nach einigen der im folgenden aufgeführten Gesichtspunkte, ergeben sich dennoch wichtige Hinweise auf ihre Vermarktung und Rezeption. Die Druckeipresse veränderte die Bedingungen, unter denen Bücher hergestellt und verkauft wurden, grundlegend. Bücher wurden nicht mehr für einen kleinen Kreis bibliophiler und wohlhabender Auftraggeber in mühseliger Arbeit handschriftlich kopiert, sondern für ein anonymes Publikum gedruckt. Dessen Geschmack und Leseerwartungen mußten die Drucker 60 antizipieren, um ihre Bücher verkaufen zu können. Vor der Drucklegung eines Buchs hatten sie daher sorgfältig dessen Absatzchancen zu kalkulieren. Im Zweifelsfall wählten sie immer ein Werk, dessen Beliebtheit eine lange handschriftliche Tradition und vielleicht auch schon einige Frühdrucke bezeugten. Angesichts einer zunehmenden Konkurrenz auf dem Buchmarkt war es für die Drucker jedoch nicht mehr allein ausreichend, beliebte und populäre Bücher zu drucken. Sie sahen sich mehr und mehr genötigt, die Drucke ihrer Offizinen so auszustatten und für sie so nachhaltig zu werben, daß das Interesse der potentiellen Kunden geweckt und diese zugleich den Inhalt des Buchs auf einen Blick erfassen konnten. Entsprechende Werbemaßnahmen konzentrierten sich vorrangig auf diejenigen Aspekte des jeweiligen Buchs, die mutmaßlich dem Geschmack und den Wünschen des Lesers am meisten entsprachen. Ein wichtiges Indiz für die Vermarktungsstrategien der Drucker sind die aus dem 15. Jahrhundert in Form von Einblattdrucken überlieferten Buchhändleranzeigen61. Es handelt sich um Werbezettel, die von fahrenden Buchführern im Auftrag der Drucker/Verleger verteilt oder an Mauerwände angeschlagen wurden. Es kann sich um Sammelanzeigen für die Drucke einer oder mehrerer Offizinen handeln, in denen die einzelnen Titel nur kurz aufgeführt werden. Wichtiger sind aber die mitunter sehr ausfuhrlichen Voranzeigen für ein einziges Buch, das in der Anzeige ausführlich beschrieben und charakterisiert wird. Winteroll (1987) hat gezeigt, daß gerade diese Anzeigen speziell für Erstdrucke umfangreicher Werke 59 60

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So weisen beispielsweise nicht alle Inkunabeln Titelblätter auf, und Buchhändleranzeigen liegen nur für wenige Wiegendrucke vor. Zumindest im 15. Jahrhundert waren in Deutschland Druck- und Verlagswesen noch nicht getrennt. Wenn daher im folgenden von Druckern geredet wird, impliziert dies nicht allein ihre Druck-, sondern vor allem ihre Verlagstätigkeit. Ernst Kelchner, Verlagskataloge deutscher Buchdrucker. In: Deutsche Buchhändlerakademie, Bd. 1. Leipzig-Weimar 1884, S. 560-588; Wilhelm Meyer, Bücheranzeigen des 15. Jahrhunderts. In: ZfB 2, 1885, S. 437-463; Buchhändleranzeigen des 15. Jahrhunderts in getreuer Nachbildung. Hg. v. Konrad Burger. Leipzig 1907; Einblattdrucke des 15. Jahrhunderts. Hg. v. der Kommission für d. Gesamtkatalog der Wiegendrucke. Halle 1914, Ndr. Wiesbaden 1968; Ernst Voullieme, Nachträge zu den Buchhändleranzeigen des XV. Jahrhunderts. In: Wiegendrucke und Handschriften. Leipzig 1919, S. 18-44. Vgl. Werner Kienitz, Formen literarischer Ankündigung im 15. und 16. Jahrhundert. Leipzig 1930; Hans M. Winteroll, Summae Innumerae. Stuttgart 1987.

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in Folioformat gedruckt wurden, die auf dem Buchmarkt noch nicht eingeführt waren. Für das Rudimentum novitiorum und den Uber chronicarum liegen entsprechende Anzeigen vor. Im Mittelalter kannte man noch keine Büchertitel im heutigen Sinn. Der Inhalt wurde wahlweise zu Beginn des Werkes im Incipit oder am Ende im Explicit zusammengefaßt. Dies änderte sich auch in den ersten Jahrhunderten des Frühdrucks nicht. Wichtige Informationen über den Text können sich jedoch in der Schlußschrift, dem Kolophon62, befinden, das in der Regel Angaben über Drucker, Druckort und Datierung enthält. Längere Kolophone enthalten möglicherweise auch Ausfährungen über das Werk und charakterisieren dieses. Ein großer Nachteil des Kolophons war, daß es sich am Ende des Buchs befand. Ein potentieller Käufer konnte sich also nicht auf dem ersten Blick über den Inhalt des ihn interessierenden Werkes orientieren. Für die buchhändlerische Werbung war es somit ungeeignet. So ist auch die Entstehimg des Titelblatts63 zu erklären, das nach 1480 allmählich aufkam und sich zunehmend durchsetzte. Die Titel selbst können schon in der Frühdruckzeit verschiedene Formen aufweisen. Es kann sich um längere, deskriptive Sachtitel handeln, die den Inhalt des Buchs in allen Einzelheiten wiedergeben, wie um kurze prägnante Titel, die nur den Namen des Verfassers nennen oder allein einen Werktitel enthalten. Titelblätter sind Vermarktungsmechanismen der Drucker. Sie geben wieder, was das Publikum sich ihrer Meinung nach von der Lektüre eines Buchs versprach. Aus ihnen Intentionen der Verfasser eines Textes zu erschließen, ist allenfalls dann gerechtfertigt, wenn es sich um die Erstausgabe eines Werkes handelte, die ein Drucker in enger Zusammenarbeit mit dem Autor herausgab. Titelblätter von Nachdrucken dürfen dagegen nicht hinsichtlich der Intentionen des jeweiligen Verfassers befragt werden. Sehr wichtig, aber erstaunlicherweise in der Begrifflichkeit noch nicht ausreichend reflektiert ist die Problematik des Sammelbands. Mit diesem Ausdruck werden mindestens zwei verschiedene Phänomene umschrieben. Ein Sammelband kann einerseits meinen, daß ein Drucker verschiedene Texte in einem Band vereinte. Kennzeichen dieser Verlegersynthese können gemeinsamer Titel, gemeinsames Kolophon oder übergreifende Lagenzählung sein. Kombiniert wurden in der Regel inhaltlich verwandte Werke. Deshalb ist es methodisch verfehlt, einen Text aus dieser Synthese zu isolieren und nach seiner möglichen Gebrauchsfunktion zu hinterfragen, ohne den oder die mitgedruckten Werke zu berücksichtigen. Von dieser Form des Sammelbands - im folgenden der Klarheit halber als Sammeldruck bezeichnet - ist deutlich der rezeptive Sammelbaad zu unterscheiden. Er geht auf den Benutzer zurück. Bücher wurden in der Frühdruckzeit in der Regel in ungebundenem Zustand verkauft. Der Käufer ließ die von ihm erworbenen Bücher von einem Buchbinder mit einem Einband versehen. Häufig wurden aus Kostengründen mehrere Werke zusammengebunden. Auch diese Zusammenstellung war nicht völlig willkürlich. Man band nach Möglichkeit wiederum Werke ähnlichen Inhalts zusammen. Doch es ist deutlich zu betonen, daß diese Buchbindersynthesen nicht auf den Drucker, sondern auf den Käufer zurückzufuhren sind.

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Zum Kolophon Geldner (1978), S. 92-99. G.A.E. Bogeng, Über die Entstehung und die Fortbildungen des Titelblattes. In: Buch und Schrift. Leipzig 1929, S. 75-94; Gerhard Kießling, Die Anfänge des Titelblattes in der Blütezeit des deutschen Holzschnitts (1470-1530). Leipzig 1930; Geldner (1978), S. 107-112; Koppitz (1980), S. 189-195; Anneliese Schmitt, Zur Entwicklung von Titelblatt und Titel in der Inkunabelzeit. In: Beiträge zur Inkunabelkunde 3,8, 1983, S. 11-29.

Einleitung

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Die vorliegende Untersuchung wird darüber hinaus anhand mehrerer Drucke aus der Offizin des Augsburger Frühdruckers Anton Sorg zur Diskussion stellen und erörtern64, ob es zusätzlich nicht eine dritte Form von Sammelbänden gibt, quasi eine Mischung aus Verlegersynthese und rezeptivem Sammelband. Sie ließe sich wie folgt definieren. Ein Drucker gab in kurzer Zeit mehrere inhaltlich verwandte Schriften heraus. Diese wurden im Handel in der Regel zusammen vertrieben und sind deshalb überaus häufig in Sammelbänden vereint zu finden. Daß es sich dabei nicht um rein rezeptive Sammelbände handeln kann, wird durch eine eingehende Betrachtung der überlieferten Konvolute verdeutlicht. Die einzelnen Werke sind in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle in der gleichen Abfolge vereint. Dies ist nur dadurch zu erklären, daß sie schon vom Drucker in einer bestimmten Reihenfolge in den Handel gegeben wurden. Ein weiteres zu beachtendes Merkmal bei der Untersuchung von Frühdrucken ist die Type65. Sie wurde vom Drucker nicht zufällig gewählt. Aus der Vielzahl der in der Frühdruckzeit vorhandenen Schriften wählte man diejenige, die man für ein Werk für angemessen hielt. So druckte man Bibelausgaben vornehmlich in einer Textura, einer gotischen Auszeichnungsschrift, juristische Bücher in einer Rotunda (rundgotische Type), volkssprachliche Schriften in Bastarda-Typen, Klassiker-Ausgaben und Bücher humanistischer Autoren hingegen in einer Antiqua, deren klares Schriftbild den ästhetischen Anforderungen der Humanisten entsprach. Besonders wichtig sind schließlich die Illustrationen66, die Drucker dem Text beigaben. Im deutschen Buchdruck des 15. Jahrhunderts handelt es sich ganz überwiegend um Holzschnitte. Abbildungen sind bevorzugt in volkssprachlichen Büchern zu finden. Ihre Funktion bestand darin, den Text mit visuellen Hilfsmitteln zu erläutern. Aufschlußreich ist vor allem, was die Holzschnitte darstellen und welche Elemente des Textes sie hervorheben. Wichtig ist ferner die Frage, inwiefern sich eine Ausgabe in das Verlagsprogramm eines bestimmten Druckers einfügt67. Zu fragen ist, welche Titel ein Drucker häufig auflegte und welche Werke er besonders präferierte. Dies läßt beispielsweise Rückschlüsse darauf zu, in welchem Kontext die Ausgaben geographischer Werke eines bestimmten Druckers anzusetzen sind. 64 65 66

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S.u. S. 54-57. Vgl. Geldner (1978), S. 57-75, sowie jetzt auch Otto Mazal, Paläographie und Paläotypie. Stuttgart 1984. Grundlegend: Albert Schramm, Der Bilderschmuck der Frühdrucke, Bd. 1-23. Leipzig 1920-1943 (künftig Schramm). Vgl. ferner Leo Baer, Die illustrierten Historienbücher des 15. Jahrhunderts. Straßburg 1903; Horst Kunze, Geschichte der Buchillustration in Deutschland. Das 15. Jahrhundert. 2 Bde. Leipzig 1975; Elisabeth Geck, Grundzüge zur Geschichte der Buchillustration. Darmstadt 1982. Zur Funktion der Holzschnitte vor allem in deutschsprachigen Werken vgl. Koppitz (1980), S. 169188; Erich Kleinschmidt, Stadt und Literatur in der Frühen Neuzeit. Köln-Wien 1982, S. 98-100; Text und Bild, Bild und Text. Hg. v. Wolfgang Harms Stuttgart 1990, darin besonders Anneliese Schmitt, Zum Verhältnis von Bild und Text in der Erzählliteratur während der ersten Jahrzehnte nach der Erfindung des Buchdrucks, S. 168-182. Konrad Burger, The Printers and Publishers of the XVth Century with Lists of their Works. London 1902. Da sich seit der Jahrhundertwende hinsichtlich der Zuschreibung von Drucken bedeutende Fortschritte ergeben haben, ist eine Neubearbeitung dieses veralteten Werkes ein dringendes Desiderat. Vgl. ferner Ferdinand Geldner, Die deutschen Inkunabeldrucker, 2 Bde. Stuttgart 1968-1970; Deutsche Buchdrucker des 15. Jahrhunderts. Hg. v. Carl Wehmer. Wiesbaden 1970. Heranzuziehen sind ferner die Artikel über Inkunabeldrucker in der "Neuen Deutschen Biographie" (künftig N D B ) und in der zweiten Auflage des "Lexikon des gesamten Buchwesens" (künftig LGB 2 ).

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In den bisherigen Ausführungen wurde von der Prämisse ausgegangen, daß die Veröffentlichung eines bestimmten Textes allein auf den Drucker zurückzufuhren ist. Doch oft läßt sich eine Ausgabe nicht recht in das Verlagsprogramm eines Druckers einfügen, ja erscheint sogar als geradezu atypisch für dessen Produktion. Dann ist die Frage zumindestens zu erörtern, ob die Publikation nicht auf die Initiative eines anonymen Herausgebers bzw. Mäzens zurückzuführen ist, der die Kosten des Drucks und damit auch das finanzielle Risiko übernahm. Dafür hatte er die Genugtuung, einen bestimmten Text, an dem ihm, aus welchen Gründen auch immer, viel lag, im Druck erscheinen zu sehen. Weitet man diese Fragestellung aus, stellt sich prinzipiell die Frage nach Personenkreisen (Mäzenen, Übersetzern, Korrektoren, Herausgebern etc.), die an einem Druck beteiligt gewesen sein können, wie es Amelung an einigen Beispielen des Ulmer Buchdrucks gezeigt hat 68 . Bei manchen Drucken - etwa beim Uber chronicarum, der Cosmographia des Corvinus oder auch bei einer Ausgabe des Kolumbusbriefs - sind entsprechende Mitarbeiter namentlich bekannt. Abgedruckte Widmungsschreiben sind eine wertvolle Quelle. In der Mehrzahl der Fälle bleibt dieser Personenkreis aber anonym69. Ihre Mitarbeit läßt sich zwar häufig nachweisen, jedoch nur selten mit bestimmten Namen in Verbindung bringen. Einige allgemeine Schlußfolgerungen lassen sich schließlich auch in bezug auf die Rezeption der Werke treffen. Das wichtigste rezeptionsgeschichtliche Faktum im Inkunabelzeitalter (und natürlich darüber hinaus) ist die Drucküberlieferung70. Wie kaum ein anderes Indiz legt die Zahl der Auflagen Zeugnis von der Beliebtheit eines Werkes im Druck ab. Der Buchdruck war und ist ein Geschäft. Nur beliebte und dementsprechend gefragte Texte lassen sich erfolgversprechend verkaufen. Auch wenn die Auflagenzahl eines Werkes nur als relative Größe anzusehen ist und andere Faktoren dabei bedacht werden müssen71, ist die Anzahl der Ausgaben eines Werkes dennoch ein wichtiger Hinweis auf die Breite der Rezeption.

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Peter Amelung, Humanisten als Mitarbeiter der Drucker. In: Kraffi/Wuttke (1977), S. 129-144. Vgl. zum Umfeld Nürnberger Drucke jetzt auch Angelika Wingen-Trennhaus, Es tu scholaris? In: Füssel (1994), S. 195-216. Dazu auch Hirsch (1974 2 ), S. 23: "Often enough the selection of texts was influenced by Outsiders and even the printer's introduction or his advice to readers may have been written by somebody eise". Winteroll (1987), S. 431: "Es ist davon auszugehen, daß hinter jedem umfangreicheren Druck ein litteratus stand, der seine Verbindungen und Kenntnisse mitbrachte und dessen Anteil, so gering er von ihm selbst und den Zeitgenossen auch veranschlagt worden sein mag, aus literaturwisssenschaftlicher Sicht dem des Druckers gleichwertig zur Seite steht". Mertens (1983), S. 97. Auflagenzahlen stellen nur relative Größen dar. Die Kenntnis der Auflagenzahl sagt nichts über die Zahl der tatsächlich gedruckten und verkauften Exemplare aus. Die Auflagenhöhe von Drucken der Wiegendruckzeit ist nur in wenigen Fällen bekannt. Man schätzt, daß die durchschnittliche Auflagenhöhe in der Inkunabelzeit bei 300-400 Exemplaren lag. In den 90er Jahren zeigte sie offenbar eine steigende Tendenz und kann bei manchen Auflagen mehr als 1000 Exemplare umfaßt haben. Geldner (1978), S. 155-157. Drei Auflagen zu je 500 Exemplaren ergeben die gleiche Anzahl von Kopien eines Werkes wie fünf Ausgaben zu je 300 Exemplaren. Zudem ist zu berücksichten, daß auch gleiche Auflagenzahlen und -höhen ganz unterschiedliche Druckleistungen bedeuten können. Sieben Ausgaben eines großen Folianten von 300 Blättern beinhalten eine weit größere Druckleistung, einen höheren Aufwand und ein größeres finanzielles Risiko als die Produktion von ebenfalls sieben Quart- oder gar Oktavbänden mit vier Blättern. Besonders bei dem aufwendigen Druck umfangreicher Foliobände mit hohen Produktionskosten mußten sich die Drucker von vornherein über die Absatzchancen im klaren sein, und sie wählten in der Regel auch dementsprechend beliebte Texte aus.

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Die Sprache, in der ein Buch gedruckt wurde, kann Hinweis auf mögliche Leserschichten sein. Ob ein Buch in Latein oder in Deutsch veröffentlicht wurde, ist in zweifacher Hinsicht von Belang. Lateinische Werke konnten natürlich nur von gebildeten, lateinkundigen Lesern gelesen werden. In erster Linie dürfte es sich um kirchliche Kreise und Gelehrte gehandelt haben, also Mönche, Kleriker, Juristen, Mediziner etc. Andererseits war Latein auch im Spätmittelalter noch die europäische, internationale Gelehrtensprache. Ein in Nürnberg gedrucktes Buch in lateinischer Sprache konnte in England ebenso Leser finden wie in Italien. Anders ist hingegen die Verbreitung und Rezeption volkssprachlicher Bücher, in diesem Fall deutschsprachiger Werke, zu umreißen. Zumindest in Oberdeutschland waren diese Werke a priori jedem verständlich, der des Lesens kundig war. Deutschsprachige Bücher wurden in allen Schichten der Bevölkerung72 rezipiert. Sie fanden auch, darauf deuten die Auflistungen von libri vulgares in spätmittelalterlichen Bibliothekskatalogen73 hin, in monastischen, klerikalen und humanistischen Kreisen, also auch in der lateinkundigen Gelehrtenwelt ihr Publikum. Anders als die lateinischen Drucke war die Distribution von Büchern in deutscher Sprache jedoch räumlich begrenzt. Sie endete an den Grenzen des deutschen Sprachgebiets. Während also lateinische Bücher nur von der gelehrten Bildungs- und Führungsschicht rezipiert werden konnten, dafür aber in ganz Europa potentielle Leser fanden, stieß die Verbreitung volkssprachlicher Texte an enge räumliche Grenzen. Dafür waren sie zumindest potentiell - innerhalb eines bestimmten Raums von allen Lesekundigen zu benutzen.

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Häufig wird postuliert, daß volkssprachliche Bücher nur in den städtischen Unterschichten ihre Leser fanden. Vgl. dagegen Manfred Sauer, Die deutschen Inkunabeln, ihre historischen Merkmale und ihr Publikum. Diss. Düsseldorf 1956, der das Publikum deutschsprachiger Drucke vor allem in der städtischen Oberschicht und im Adel sieht, sowie Eisenstein (I, 1979), S. 63, u. Kleinschmidt (1982), S. 167f., die schichtenspezifische Klassifizierungen des Publikums der deutschsprachigen Literatur überhaupt ablehnen.

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Beispiele: Bamberg, Benediktinerkloster St. Michael (MBK III/3 388, 392); Erfurt, Kartause Salvatorberg (MBK II 368 u ö ); Lambrecht, Benediktinerkloster (MBKÖ I 84ff ); Nürnberg, Hermann Schedel (MBK III/3 800); Tegernsee, Benediktiner (MBK IV/2 853-863).

II. Die Tradierung älterer "geographischer" Werke 1. Enzyklopädien Eine Berücksichtigung der Enzyklopädien1 im Kontext der Rezeption mittelalterlicher geographischer Kenntnisse2 im Inkunabeldruck bedarf der Begründung. Ihr Inhalt beschränkt sich keineswegs auf die Geographie. Viele Enzyklopädien verzichten vollständig auf sie. Selbstverständnis und Zielsetzung der Gattung weisen zudem in eine andere Richtung. Deren Merkmale hat Meier (1984) herausgearbeitet. Die mittelalterliche Enzyklopädie ist nach ihrem Selbstverständnis ein Weltbuch, das alle Bereiche der Schöpfung darstellt und so die ganze Welt umfaßt. Darauf weisen auch Titel wie Imago mundi oder Speculum hin. Die dadurch gewonnene Welterkenntnis wird aber nicht um ihrer selbst willen angestrebt, sondern ihr liegt letztlich eine theologische Ausrichtung zugrunde. Die Konzeption als Weltbuch hat zugleich die praktische Konsequenz, daß eine Enzyklopädie das Wissen vieler anderer Bücher in sich vereinigt und diese dadurch ersetzen kann, quasi ein Bibliotheksersatz ist3. Die Verfasser der Enzyklopädien begründen die Abfassung ihrer Werke vornehmlich im Hinblick auf die Heilige Schrift, zu deren besserem Verständnis sie beitragen wollen 4 . Wenn ich im folgenden die Drucküberlieferung der Enzyklopädien - sofern sie geographische Kapitel aufweisen - darlege und ihren Inhalt kurz charakterisiere, greife ich den in den Prologen der Enzyklopädien formulierten Anspruch des Bibliotheksersatzes auf. Ausschließlich geographische Schriften waren im Mittelalter sehr selten. Die weitverbreiteten 1

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Enzyklopädie wird im folgenden gemäß der begriffsgeschichtlichen Untersuchung von Ulrich Dierse, Enzyklopädie. Bonn 1977, nicht als Wörterbuch oder Lexikon, sondern gemäß der älteren Wortbedeutung als "Zusammenhang und Anordnung des Wissens" verstanden. Damit werden auch spätmittelalterliche Geschichtswerke berücksichtigt, auf deren enzyklopädischen Charakter Gert Melville, Spätmittelalterliche Geschichtskompendien. In: RHM 22, 1980, S. 51-104, nachdrücklich hingewiesen hat. Den besten Einblick in Zielsetzung und Problematik der Gattung vermittelt im übrigen Christel Meier, Grundzüge der mittelalterlichen Enzyklopädik. In: Grenzmann/Stackmann (1984), S. 467-500. Eine gute Übersicht über die mittelalterlichen Enzyklopädien bietet Robert Collison, Encyclopaedias: their History throughout the Ages. New York-London 19662, S. 44-81. Vgl. ferner Christian Hünemörder, Antike und mittelalterliche Enzyklopädien und die Popularisierung naturkundlichen Wissens. In: SudArch 65, 1981, S. 339-365. Konrad Kretschmer, Die physische Erdkunde im christlichen Mittelalter. Wien-Olmütz 1889; Charles R. Beazley, The Dawn of Modern Geography, Bd. 1-2. London 1897-1901; Bd. 3. Oxford 1906; Konrad Kretschmer, Geschichte der Geographie. Leipzig 19232; George H. Kimble, Geography in the Middle Ages. London 1938; John K. Wright, The Geographical Lore of the Time of the Crusades. New York 19652; Wanda Wolska-Conus, Geographie. In: RAC 10, 1978, Sp. 155-222; Phillips (1988); Das Geographische Weltbild um 1300. Hg. v. Peter Moraw. Berlin 1989; Rudolf Simek, Erde und Kosmos im Mittelalter. München 1992. Zum wissenschaftsgeschichtlichen Hintergrund unentbehrlich sind die umfangreichen Kompendien von Lynn Thorndike, A History of magic and experimental science during the first thirteen centuries of our era, 8 Bde. New York 1923-1958, und George Sarton, Introduction to the History of Science, 5 Bde. Baltimore 1927-1948, Ndr. Malabar/Flor 1975. Meier (1984), S. 470-474. Meier (1984), S. 489.

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Die Tradierung älterer "geographischer" Werke

Enzyklopädien enthalten dagegen mitunter sehr ausfuhrliche erdkundliche Abschnitte, die auch im 15. Jahrhundert noch gelesen und abgeschrieben wurden. Dies zu ignorieren, würde nicht nur den Blick auf die Komplexität und Heterogenität des geographischen Weltbilds am Ausgang des Mittelalters verstellen, sondern auch das Verständnis weiter Teile der vorliegenden Arbeit ungemein erschweren.

1.1 Lateinische Kompendien Die Inkunabelzeit hatte für die lateinischen mittelalterlichen Enzyklopädien eine neue Blütezeit zur Folge. Der Buchdruck ersetzte schnell die mühselige handschriftliche Anfertigung von Manuskripten der häufig sehr umfangreichen Kompendien und potenzierte damit die Produktion und Verbreitung der Enzyklopädien erheblich. Der Erfolg einiger Werke im frühen Buchdruck indiziert einen Bedarf, dem die Skriptorien offenkundig nicht mehr nachkommen konnten. Die markanten Unterschiede in der Auflagenzahl der einzelnen Enzyklopädien zeigen jedoch divergierende Präferenzen der Käufer für die einzelnen Werke auf. Früh- und hochmittelalterliche Enzyklopädien traten deutlich zurück. Offenkundig entsprachen sie im 15. Jahrhundert nicht mehr dem Geschmack und den Ansprüchen des Publikums und wurden deshalb relativ selten gedruckt. Lediglich die Etymologiae des Isidor von Sevilla (2. Hälfte 6. Jh.-636) konnten sich im frühen Buchdruck einigermaßen behaupten5. Dies bezeugen sieben Auflagen6, von denen vier in Deutschland gedruckt wurden7. Drei weitere Ausgaben erschienen in Venedig und Paris8. Die Etymologiae enthalten im 14. Buch eine kurze Erdbeschreibung, kompiliert aus verschiedenen antiken und patristischen Quellen9. In geographischer Abfolge werden Asien, Europa, Afrika und die Inseln dargestellt. In allen Inkunabelausgaben der Etymologiae findet sich zudem zu Beginn des 14. Buchs eine kleine schematische T-Karte, die nach dem Kapitel XIV 2 De orbe eingefügt ist (Abb. 1). Bei dem entsprechenden Holzschnitt der von Günther Zainer herausgegebenen Editio

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Isidori Hispalensis Episcopi Etymologiarum sive Originum Libri XX. Hg. v. Wallace M. Lindsay. Oxford 1911, Ndr. Oxford 1962. Sarton (I, 1927), S. 471 f. Grundlegend: Jacques Fontaine, Isidore de Seville et la culture classique dans l'espagne wisigothique. Paris 1983 2 . Neben den verschiedenen Inkunabelkatalogen vgl. ferner Holger Nickel, Isidor in Inkunabeln. In: Altertumswissenschaft mit Zukunft. Berlin (-Ost) 1973, S. 90-100. Eine weitere in Venedig gedruckte Ausgabe der Etymologiae, die von HC 9277 und Klebs 536.8 noch als Wiegendruck eingestuft wurde, gilt inzwischen als Postinkunabel (Goff 1-188, IGI, CIH). Brincken (1987), S. 220, stützt sich allein auf die veralteten Angaben Hains und gibt demzufolge elf Ausgaben an. Augsburg [Günther Zainer] 19.11.1472 (H 9273). Diese Ausgabe findet sich öfters zusammengebunden mit einer Ausgabe von Isidors Schrift De natura rerum, die Zainer am 7.12.1472 herausgab. Straßburg [Johannes Mentelin] ca. 1473 (HC 9270). Eingefugt in den Text der Etymologiae ist am Ende des dritten Buchs De natura rerum. - Köln [Konrad Winters] nicht nach 1476 (HC 9271; IBP 3290). Ein Nachdruck der Ausgabe Mentelins, enthält gleichfalls De natura rerum. Die Datierung ergibt sich aus einem Kaufeintrag im Exemplar des Krakauer Doms. - Basel [Michael Furter oder Johann Amerbach] 8.8.1489 (HC 9274). Venedig [Peter Lösslein] 1483 (H 9272 = HC 9279). - Venedig [Bonetus Locatellus für Octavianus Scotus] 11.12.1493 (H 9280). - Paris [Georg Wolf und Thielman Kerver für Jean Alexandre und Jean Petit] 25.5.1499 (HC 9275). Hans Philipp, Die historisch-geographischen Quellen in den Etymologiae des Isidorus von Sevilla. Berlin 1912-1913.

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princeps handelt es sich um die erste gedruckte Weltkarte überhaupt10. Wenn noch unlängst implizit Erstaunen darüber zum Ausdruck gebracht wurde, daß die Etymologiae mit diesen Karten noch gegen Ende des 15. Jahrhunderts gedruckt wurden11, wird weder berücksichtigt, daß mittelalterliche Weltkarten, und erst recht die schematischen T-Karten, kein reales, sondern ein symbolisches Weltbild widerspiegeln und sich somit nicht als Beleg für die These einer Scheibengestalt der Erde deuten lassen12, noch daß der Druck dieser Karten letztlich nur in der Kontinuität der jahrhundertelangen Kopiertätigkeit der Schreiber zu begreifen ist13. Als Beleg für die oft postulierte These vom retardierenden Charakter des frühen Buchdrucks sind sie daher nicht zu instrumentalisieren. OtUtV

Abb. 1: T-Karte der Editio princeps der Etymologiae

- die erste gedruckte Weltkarte (1472)

Das Opus de universo, eine allegorisierte Überarbeitung von Isidors Etymologiae, die Hrabanus Maurus zwischen 842 und 847 verfaßt hatte, erschien in einer sehr frühen Aus10 11

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Schramm II 286; Shirley (1983), S. 1, Abb. 1; Campbell (1987), S. 108-111 u. Abb. 7-13. Dieter Neukirch, Das Bild der Welt auf Karten des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. In: Ertzdorff/Neukirch (1992), S. 191-225, hier S. 201: "Isidor kombinierte im 7. Jahrhundert alle erreichbaren Nachrichten und entwarf hierzu das klassische Schema der TO-(Rad- oder Mönchs-) karten. Die Weltkarten sind seinen Universalenzyklopädien »De rerum natura« und »Etymologiae« beigefügt, die »Etymologiae« wurden noch Ende des 15. Jahrhunderts gedruckt!" Der Aufsatz Neukirchs ist überhaupt ärgerlich, da er zwar die theologische Ausrichtung der Geographie im Mittelalter erfaßt (S. 192), dies aber im Hinblick auf die Kartographie nicht berücksichtigt und die Mappae mundi nur in bezug auf ihren Inhalt, nicht aber auf Intentionen und Funktionen befragt. Simek (1992), S. 57f. Vgl. zur mittelalterlichen Kartographie Konrad Miller, Mappae mundi, 6 Bde. Stuttgart 1895-98; Leo Bagrow, Die Geschichte der Kartographie. Berlin 1951, Joachim G. Leithäuser, Mappae mundi. Berlin 1958; Marcel Destombes, Mappemondes A. D. 1200-1500. Amsterdam 1964; Anna-Dorothee v.d. Brincken, Mappa mundi und Chronographia. In: DA 24, 1968, S. 118-186; Jörg-Geerd Arentzen, Imago mundi cartographica. München 1984; Leo Bagrow/Raleigh A. Skelton, Meister der Kartographie. Berlin 1985 5 ; John B. Harley/David Woodward, The History of Cartography, Bd. 1. Chicago-London 1987. Anna-Dorothee v.d. Brincken, Kartographische Quellen. Welt-, See- und Regionalkarten. Tumhout 1988; Anna-Dorothee v.d. Brincken, Fines Terrae. Hannover 1992. Eisenstein (II, 1979), S. 513f.

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gäbe, die der Straßburger Frühdrucker Adolf Rusch schon 1467 herausbrachte14. Nachdrucke fand sie nicht. Interesse für das karolingerzeitliche Werk scheint im Spätmittelalter nicht mehr existiert zu haben. Zu den beliebtesten Enzyklopädien zählte im Mittelalter die in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts verfaßte Imago mundi des Honorius Augustodunensis15. Die ersten beiden Bücher des Werkes enthalten naturkundlichen (Buch I) und komputistischen Stoff (Buch II), das dritte Buch eine Weltchronik, die in der ausfuhrlichsten Fassung bis in die Zeit Konrads III. reicht. Die Erdbeschreibung findet sich im ersten Buch. Sie ist wie bei Isidor in geographischer Abfolge gegliedert, beginnt also wiederum mit dem irdischen Paradies im äußersten Osten, um dann Asien, Europa, Afrika und die Inseln zu behandeln. Über seine Vorlagen, die direkt oder indirekt den Wissensstand der antiken Erdkunde widerspiegeln, geht Honorius kaum hinaus. Immerhin erwähnt er Thüringen, Sachsen und Ostfranken und nennt Regensburg, wo er wohl gelebt und gewirkt hat. Die Geographie nimmt in der Enzyklopädie des Honorius insgesamt einen herausgehobenen Platz ein. Mitunter scheint man sie in der Tat weniger als enzyklopädische denn als kosmographische Schrift verstanden zu haben. Noch zu Beginn des 15. Jahrhunderts wird das Werk gar als Cosmographia Honorii bezeichnet16. In der Inkunabelzeit war der Imago mundi kein Erfolg mehr beschieden. Der um 1472 in Nürnberg veröffentlichten Editio princeps17 folgte keine weitere separate Ausgabe. Bedarf nach diesem hochmittelalterlichen Text bestand offenbar nicht mehr. Die Publikation der Imago mundi im Untersuchungszeitraum blieb dennoch nicht auf eine Auflage beschränkt. Als der Nürnberger Humanist Peter Danhauser 1491 die von ihm zusammengestellten Werke des Anselm von Canterbury (1033/34-1109) herausgab18, reihte er unter die Schriften des englischen Erzbischofs auch eine gekürzte Fassung der Imago mundi ein19. In den nächsten drei Jahren erschienen zwei weitere, geringfügig umgearbeitete Ausgaben der Opera Anselmi, die gleichfalls die Imago mundi enthalten20.

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Hrabanus Maurus, Opus de universo. Straßburg [Adolf Rusch] vor dem 20.7.1467 (HC 13669). Ungewöhnlich ist die Type. Rusch verwandte eine Antiqua, die in der Regel klassischen oder humanistischen Werken vorbehalten blieb. Es handelt sich um das erste Buch, das nördlich der Alpen mit einer Antiqua-Type gedruckt wurde. Siehe Geldner (1978), S. 61. Zum Werk Sarton (I, 1927), S. 555f. Grundlegend Valerie I.J. Flint, Honorius Augustodunensis. Imago Mundi. In: AHDL 49, 1982, S. 7153 (mit einer Neuedition des Textes). Verschiedene Studien der Verf. zu Honorius jetzt zusammengefaßt in dies., Ideas in the Medieval West. London 1988. Vgl. ferner Marie-Odilie Garrigues, L'oeuvre d'Honorius Augustodunensis: Inventaire critique. In: Abh. der Braunschweigischen Wiss. Ges. 38, 1986, S. 7-136; 39, 1987, S. 123-228; Otto Doberentz, Die Erd- und Völkerkunde in der Weltchronik des Rudolf von Hohen-Ems. In: ZfdPh 12, 1881, S. 257-301, 387-454; Bd. 13, 1882, S. 29-57, 165-223 (behandelt die Imago mundi und deren Quellen ausfuhrlich); Sarton (I, 1927), S. 749. Bibliothekskatalog des Erfurter Collegium Amplonianum, MBK II 40,10 u. 41,5: Cosmographia Honorii. Ebd 71,11: Item Uber cosmographie, qui dicitur Ymago mundi. Honorius Augustodunensis, Imago Mundi. Nürnberg [Anton Koberger] um 1472 (H 8800). Anselm von Canterbury, Opera. Nürnberg [Kaspar Hochfeder für Peter Danhauser] 27.3.1491 (GW 2032). Ein Widmungsbrief Peter Danhausers für Johannes Löffelholz ebd. Bl. 2 V -3 V . Vgl. zu Danhauser Arnold Reimann, Die älteren Pirckheimer. Hg. v. Hans Rupprich. Leipzig 1944, S. 165-196; Caesar (1969), S. 120-122, Wingen-Trennhaus (1994), S. 209-212. Ein Überblick zu den Druckausgaben der Werke Anselms von Canterbury: F.S. Schmitt, Geschichte und Beurteilung der frühen Anselmausgaben. In: StMB 65, 1953/54, S. 90-115. Anselm (1491), Bl. 168 r -180 r . Der Prolog zu Beginn des Werkes fehlt ebenso wie das ganze dritte Buch, das die Weltchronik enthält.

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Die mir bekannten Zeugnisse der Wirkungsgeschichte der Imago mundi beziehen sich interessanterweise auf die Anselm-Ausgaben, nicht auf den Druck von 1472. Die Opera Anselmi wird später der Verfasser des "Deutschen Ptolemäus" benutzen, der als eine seiner Quellen Anseimus de Imagine Mundi angibt21. Und als in Madrid 1620 eine Liste von Büchern veröffentlicht wird, die die portugiesischen Aktivitäten in Ostasien thematisieren(l), enthält sie unter anderem den Eintrag San Anselmo de imagine mundi22. Diese verblüffende Notiz belegt, daß man noch im 17. Jahrhundert die Imago mundi, zumindest vereinzelt, noch als wichtige Quelle für die Geographie Ostasiens ansehen konnte. Mehr Erfolg auf dem Buchmarkt war zwei Enzyklopädien des 13. Jahrhunderts beschieden. Ihre hohe Auflagenzahl in der Inkunabelzeit bezeugt eine rege Nachfrage und damit einen immer noch vorhandenen Bedarf nach diesen Werken. Dies trifft vor allem auf die Enzyklopädie De proprietatibus rerum des englischen Minoriten Bartholomäus Anglicus (um 1240) zu, die in nicht weniger als 23 Inkunabelausgaben überliefert ist23. Eine genauere Betrachtung der Drucküberlieferung des Buchs läßt jedoch erhebliche Unterschiede erkennen. In Deutschland erschienen die Ausgaben nur in lateinischer Sprache. Der 1472 in Köln veröffentlichten Erstausgabe folgten in den nächsten 20 Jahren acht Nachdrucke24. In den anderen Ländern Europas überwogen die volkssprachlichen Editionen. In Frankreich erschienen zwar gleichfalls zwischen 1480 und 1482 drei lateinische Ausgaben25, doch in der Folgezeit dominierten dort eindeutig die volkssprachlichen Drucke. Acht französische Auflagen wurden zwischen 1482 und 1500 veröffentlicht26. Auch in England, Spanien und den Niederlanden wurde De proprietatibus rerum jeweils in einer volkssprachlichen Ausgabe 20

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Anselm von Canterbury, Opera. Straßburg [Georg Hussner] nicht nach 1494 (GW 2034), Bl. 170v181v, künftig Anselm (1494a). - Anselm von Canterbury, Opera. Basel [Johann Amerbach] nicht nach 1494 (GW 2033), Bl. \95r-2QTtun> p a p S f c B j C w t t j f p f a r i i f a n a «uift» apTebanum Abb. 6: Titelblatt des Itinerarius per diversas partes mundi des Johannes Witte de Hese (ca. 1490)

Schwieriger zu deuten sind die beiden weiteren Elemente des Sammeldrucks. Sie betreffen wiederum Aeneas Silvius Piccolomini. Als drittes Element enthält die Ausgabe ein fingiertes Schreiben eines Sultans Johannes von Babylon an Pius II., in dem die Macht und die Größe

256 Johannes Witte de Hese, Itinerarius per diversas partes mundi. Köln [Johann Guldenschaff] ca. 1490 (C 2951). Vgl. zu der Ausgabe auch Westrem (1985), S. 394-400. Corsten (1955, 1985), S. 244f„ und (1980, 1985), S. 146f., macht darauf aufmerksam, daß der letzte firmierte und datierte Druck Guldenschaffs bereits 1487 herausgegeben wurde. Mit der Type 3 Guldenschaffs wurde noch bis in den Herbst 1494 gedruckt. Corsten vermutet, daß einige mit dieser Type gedruckten Bücher Cornelius de Zierickzee zugeschrieben werden müssen, der wohl zu Beginn der 90er Jahre die Offizin Guldenschaffs übernahm. 257 Hese (1490), Bl. l v -7 r . 258 Hese (1490), Bl. 259 Der GW verzeichnet nicht weniger als 21 Ausgaben der Divisiones decem nationum totius Christianitatis, die im 15. Jahrhundert fast ausschließlich in Rom gedruckt wurden. GW 4567-4588. Eingesehenes Exemplar: HSB München Rar. 1242/5 = Rom [Eucharius Silber] 1491/95 (GW 8568; BSB D-219). Vgl. zu dem Traktat auch Zarncke (1876), S. 79, und Rogers (1962), S. 81-83. 260 Hese (1490), Bl. 9 r : Secunda causa fuit negligentia summorum pontiflcum, quia non curaverunt nuntios mittere ad Christianos in erroribus positos. Quia si hoc fecissent, multos aut omnes ad unam fidem et obedientiam Rhomone [!] ecclesie reduxissent. Rogers (1962) berücksichtigt diese Passage nicht, obgleich sie seine Argumentation nachhaltig unterstreicht.

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seines Reichs geschildert werden261. Der vierte Teil enthält die Antwort des Papstes an den islamischen Herrscher262. Die Intention dieser beiden fiktiven Briefe sowie ihr beabsichtigter Kontext mit dem Itinerarius Johannes Witte de Heses und dem Tractatus de decem nationibus Christianorum ist rätselhaft. Rogers (1962) sieht in diesem fiktiven Briefwechsel eine Satire auf die berühmte Epistola adMahumetum Pius' II.263. Die nächsten kumulativen Entwicklungen der Sammeldrucke gehen auf Cornelius de Zierickzee zurück. Ca. 1496/97 gab er nochmals eine Kombination von vier Texten (Abb. 7) 264 heraus: den Presbyterbrief, erneut verbunden mit dem Bericht über den Patriarchen Johannes, und jetzt zusätzlich kombiniert mit zwei neuen Traktaten über den Priesterkönig Johannes: ein aus dem Supplementum chronicarum des italienischen Augustinereremiten Jacobus Philippus Foresta da Bergamo übernommener Abschnitt über den Priesterkönig Johannes und Indien, in der Hese-Ausgabe als Tractatus pulcherrimus265 bezeichnet, und ein weiterer Traktat, in dem in kurzer Form tradiertes Wissen über Indien zusammengefaßt war 266 . Schließlich faßte Zierickzee in einer neuen ca. 1497 veröffentlichten Ausgabe gleich acht Texte zusammen. Es handelt sich um die vier Texte der Hese-Ausgabe Guldenschaffs von ca. 1490 und um die vier Texte seiner kurz zuvor erschienenen Ausgabe des Presbyterbriefs 267 . Der umfangreiche Titel kündigt die einzelnen Texte dieses neuen Sammeldrucks nicht unter einem gemeinsamen Titel an, sondern jedes Werk wird einzeln benannt (Abb. 8). Besonders der Itinerarius de Heses wird ausführlich zusammengefaßt. Hier steht aber nicht das ethnologische, sondern das geographisch-topographische Element im Vordergrund. Der Itinerarius beschreibe die dispositiones terrarum, insularum, montium et aquarum. Als Vorzug Heses wird hervorgehoben, daß er klar erzählt (lucidissime enarrans)26*.

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Hese (1490), Bl. 9V-10V. Hese (1490), Bl. 10 v -12 r . Rogers (1962), S. 83. Johannes Presbyter, De ritu et moribus Indorum. Köln [Cornelius de Zierickzee] ca. 1496/97 (C 3366). Wie fast alle Drucke Cornelius de Zierickzees ist diese Ausgabe weder firmiert noch datiert. Rogers (1962), S. 83 und 197, gibt 1499 als wahrscheinliches Druckdatum an, doch dies ist zu spät. Denn die Ausgabe war eindeutig Vorlage für die weiteren Editionen Cornelius' de Zierickzees, Jakobs' de Breda und Richard Paffraets, die vor 1499 gedruckt worden sein müssen. Zudem zählt laut BMC I 305 diese Ausgabe zu den frühen Drucken de Zierickzees, deren Typen noch italienischen Einfluß verraten. Der BMC datiert deshalb auf 1498 oder früher. Johannes Presbyter (ca. 1496/97), Bl. 8 r - l l r ; Supplementum Chronicarum (1492), Bl. 254 r -256 r . Edition in Zarncke (1876), S. 174-179; dt. Übersetzung Knefelkamp (1986), S. 200-204. Vgl. Joseph Fischer, Der Verfasser des "Tractatus Pulcherrimus" und dessen bisher unbekannte Hauptquelle. In: RendPontAcc XV, 1938, S. 187-191; Rogers (1962), S. 83-86; Knefelkamp (1986), S. 84f., Krümmel (1992), S. 208f. Johannes Presbyter (ca. 1496/97), Bl. 1 l r -12 v . Köln [Cornelius de Zierickzee] ca. 1497 (C 2949). Vgl. Westrem (1985), S. 401-409 (Printed Edition b). Laut Rogers (1962), S. 84f., ist die datierte Ausgabe Paffraets von 1499 der erste Druck, der alle acht Texte enthält. Alle weiteren Editionen leitet er von diesem Deventer Druck ab. Bei dieser Zuschreibung hat er aber nicht berücksichtigt, daß die Datierungen vor allem der Kölner Ausgaben "ca. 1500", wie sie ältere Inkunabelkataloge bieten, nur Annäherungswerte, aber keine exakten Datierungen beinhalten. Die überlieferungsgeschichtlichen Untersuchungen von Westrem (1985) zum Itinerarius des Johannes Witte de Hese haben jedoch gezeigt, daß die Ausgabe Paffraets die letzte Edition des 15. Jahrhunderts gewesen sein muß und alle anderen Inkunabelausgaben vorher gedruckt wurden. Hese (ca. 1497), Bl. l r .

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