Die Besoldung und Versorgung der Beamten nach den Maßstäben des Alimentationsprinzips als Landeskompetenz [1 ed.] 9783428535736, 9783428135738

Infolge der Rückübertragung der Kompetenzen für die Besoldung und Versorgung von Beamten durch die Föderalismusreform 20

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Die Besoldung und Versorgung der Beamten nach den Maßstäben des Alimentationsprinzips als Landeskompetenz [1 ed.]
 9783428535736, 9783428135738

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Beiträge zum Beamtenrecht Band 11

Die Besoldung und Versorgung der Beamten nach den Maßstäben des Alimentationsprinzips als Landeskompetenz Von Michał Deja

Duncker & Humblot · Berlin

MICHAŁ DEJA

Die Besoldung und Versorgung der Beamten nach den Maßstäben des Alimentationsprinzips als Landeskompetenz

Beiträge zum Beamtenrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Dr. Detlef Merten und Prof. Dr. Helmut Lecheler

Band 11

Die Besoldung und Versorgung der Beamten nach den Maßstäben des Alimentationsprinzips als Landeskompetenz Von Michał Deja

Duncker & Humblot · Berlin

Die Fakultät für Rechtswissenschaften der Europa-Universität Viadrina hat diese Arbeit im Wintersemester 2010/2011 als Dissertation angenommen.

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© 2012 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: TextFormA(r)t, Daniela Weiland, Göttingen Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0940-676X ISBN 978-3-428-13573-8 (Print) ISBN 978-3-428-53573-6 (E-Book) ISBN 978-3-428-83573-7 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Mutter, der Erinnerung an meinen Vater

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2010/2011 von der Fakultät für Rechtswissenschaft der Europa-Universität Viadrina als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis Mitte 2010 berücksichtigt werden. Ganz herzlich bedanke ich mich bei meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Matthias Pechstein, der die Anregung zu diesem Thema gab und die Fertigstellung der Arbeit in vielfältiger Weise gefördert hat. Bedanken möchte ich mich auch bei Herrn Prof. Dr. Heinrich Amadeus Wolff für die vielfache Unterstützung durch konstruktive Anregungen und stete Gesprächsbereitschaft sowie für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Besonders herzlicher Dank gilt meiner Familie und meinen Freunden, für die vielen Gespräche und die unermüdliche Unterstützung. Danken möchte ich auch Frau Ilse Pyritz und Herrn Dr. Richard Pyritz, die mich während meines Studiums stets gefördert und den Grundstein für dieses Projekt (mit) gelegt haben. Berlin, im Dezember 2011

Michał Deja

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 B. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 I.

Entwicklung bis 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

II.

Die Nachkriegsjahre und das Bundesbesoldungsgesetz von 1957 . . . . . . . . . . 19 1. Die Bestrebungen des Bundes nach Einheitlichkeit in der Besoldung . . . . . 20 2. Das Beamtenrechtsrahmengesetz vom 1. Juli 1957 und das Besoldungsgesetz vom 27. Juli 1957 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

III. Die Reformen in den sechziger Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1. Der Versuch einer Änderung des Art. 75 GG (1962/63) . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2. Die Reform von 1969 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3. Die Einfügung des Art.  74a GG im Zuge der Reform von 1970/71 – Die „­Geburtsstunde der Besoldungseinheit in der Bundesrepublik“ . . . . . . . . . . 24 a) Vorschlag der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 b) Die Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 c) Das Urteil des BVerfG vom 26. Juli 1972 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 d) Bewertung des Urteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 IV. Die Föderalismusreform 2006: Hintergründe und Konsequenzen für das Beamtenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Die Entwicklung des deutschen Föderalismus nach 1945 – die Unitarisierung des Bundesstaats und ihre Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2. Erste Ansätze einer Reform des deutschen Föderalismus . . . . . . . . . . . . . . . 33 3. Die Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung . . . . . 35 a) Grundsätzliche Reformvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 b) Reformvorschläge für den öffentlichen Dienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 c) Das Scheitern der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 4. Wiederaufnahme der Reform im Herbst 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 5. Ergebnisse der Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 6. Der Weg zum Besoldungsföderalismus und die Beurteilung der Föderalismusreform 2006 für das Beamtenrecht im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 7. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

10

Inhaltsverzeichnis

C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene . . . . . . . . . . . . . . . 50 I.

Art. 33 Abs. 5 GG und die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums 50 1. Wesentliche Funktionen der hergebrachten Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2. Änderungen durch die sog. Fortentwicklungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 a) Auslegung der bis zum 1.8.2006 geltenden Fassung des Art. 33 Abs. 5 GG 52 b) Art. 33 Abs. 5 GG und die Fortentwicklungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . 54 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

II.

Grundlagen und Inhalt des Alimentationsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 1. Entstehung des Entschädigungsgedankens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 a) Die Ganzheitstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 b) Das Alimentationsprinzip in vorkonstitutioneller Zeit . . . . . . . . . . . . . . . 58 c) Der Gegenleistungsgedanke im Alimentationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . 59 d) Leistungsbesoldung und Alimentationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 e) Stellungnahme  – ein modernes Verständnis der Relation zwischen dem Alimentations- und dem Leistungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

III. Die Gestaltung der Besoldung nach dem Alimentationsprinzip . . . . . . . . . . . . 64 1. Vom standesgemäßen Unterhalt zur angemessenen Alimentation . . . . . . . . 65 2. Die Amtsangemessenheit der Besoldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 3. Der gesetzgeberische Spielraum bei der Gestaltung der Besoldung . . . . . . . 69 IV. Kriterien für die Angemessenheit „im Allgemeinen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 1. Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse 72 a) Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse . . . . . . . . . . 73 b) Entwicklung der finanziellen Verhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 2. Mit den Dienstaufgaben verbundene Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 V.

Kriterien für die Amtsangemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 1. Das Differenzierungsgebot und andere hergebrachte Grundsätze des Beamtentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 a) Der Einfluss des Leistungsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 b) Die Maßstäbe des Laufbahnprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 2. Das Zusammenspiel beamtenrechtsinterner und -externer Kriterien bei der Beurteilung der Amtsangemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 a) Beamtenrechtsexterne Dimension der Amtsangemessenheit . . . . . . . . . . 82 b) Beamtenrechtsinterne Dimension der Amtsangemessenheit . . . . . . . . . . 82

VI. Die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse in den Ländern als Bezugspunkt für das Alimentationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

Inhaltsverzeichnis

11

VII. Der Kerngehalt des Alimentationsprinzips und seine Bedeutung . . . . . . . . . . . 85 1. Abstrakte Definition des Kernbereichs? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 a) Parallelen zwischen den hergebrachten Grundsätzen und den Grundrechten 86 b) Hergebrachte Grundsätze als Grundrechte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 c) Praxis des Bundesverfassungsgerichts bei der Prüfung des Alimentationsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 e) Folgerungen für den Kernbereich, insbesondere das Verhältnis zum Wesensgehalt der Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 VIII. Dogmatische Neuordnung der Elemente des Gestaltungsspielraums des Alimentationsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 1. Die bisherige Kategorisierung der funktionsrelevanten Bereiche des Gestaltungsspielraums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Der Facettenreichtum des Alimentationsgrundsatzes als Ausgangspunkt für die dogmatische Neubetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 IX. Grundlagen der neuen Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 1. Das Kollisionsmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 2. Das Ausgleichsmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 3. Das Rechtfertigungsmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 4. Drei Kollisionsebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 X.

Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 1. Erste Kollisionsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 a) Die Wartefrist-Entscheidung des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 b) Abgeleitete Grundsätze als verfestigte Konkordanzpositionen . . . . . . . . 105 c) Das Sondervotum: Alternativer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 d) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 e) Erkenntnisse für die Dogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 f) Der Alimentationsgrundsatz und die Fürsorgepflicht des Dienstherrn . . 109 aa) System der Beihilfegewährung und die Kostendämpfungspauschale 110 bb) Die Kostendämpfungspauschale zwischen dem Fürsorgeprinzip und dem Alimentationsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 cc) Die Kostendämpfungspauschale als verfestigte Konkordanzposition? 112 g) Weitergehende Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 h) Parallelen zu den Kinderzuschlagentscheidungen des BVerfG . . . . . . . . 114 i) Zweckgebundenheit als Rechtfertigungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 j) Grenzen für die komplementäre Beteiligungspflicht – systematischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

12

Inhaltsverzeichnis k) Würdigung der neuesten Ansätze des BVerfG und des BVerwG . . . . . . . 117 l) Beitragsfreiheit als Schranke der Absenkung der Alimentation? . . . . . . . 120 m) Alternativer Ansatz: Verfahrensrechtliche Dimension der Überprüfung . 121 n) Die Entscheidung des BVerfG zu den Führungspositionen auf Zeit . . . . 124 o) Der Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 p) Bewertung und Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 q) Grenzen für die Reformen des Besoldungsgefüges durch die Länder im Rahmen der neuen Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 aa) Besoldungsrechtliche Herabstufung des gesamten Ämtergefüges . . 127 bb) Laufbahnrechtliche Egalisierung und besoldungsrechtliche Gleichbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 cc) Prinzip der Folgerichtigkeit der Neugestaltung des Ämtergefüges . . 130 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 r) Zusammenfassung zur ersten Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 2. Zweite Kollisionsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 a) Verfassungsprinzipien als alimentationserweiternde Elemente des Gestaltungsspielraums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 aa) Das Sozialstaatsprinzip – Genese des Einflusses . . . . . . . . . . . . . . . 139 bb) Offene Flanken des Sozialstaatsprinzips, insbesondere der Familienzuschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 b) Allgemeine Rechtsprinzipien als Einschränkungen der Alimentation . . . 144 aa) Grundsätzliche Möglichkeit einer Einschränkung auf Grundlage allgemeiner Rechtsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 bb) Zur Frage der praktischen Konkordanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 cc) Reichweite der Rechtfertigungsmöglichkeit durch Verfassungsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 dd) Anwendung der herausgearbeiteten Grundsätze auf die Problematik der Stabilitätsopfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 (1) Verfassungsrechtliche Stellung von fiskalischen Gründen . . . . . 149 (2) Sekundärer Wirkungsbereich finanzpolitischer Erwägungen . . . 151 (3) Primärer (systemimmanenter) Wirkungsbereich finanzpolitischer Erwägungen als zulässiges Sekundärziel für Kürzungen der Besoldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 c) Ergebnisse im Rahmen der zweiten Kollisionsebene . . . . . . . . . . . . . . . . 156 3. Exkurs: Absolute Grenzen des Alimentationsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 a) Maßstäbe für die Feststellung einer Verletzung des Kernbereichs . . . . . . 158 aa) Spannungsverhältnis zwischen den besoldungsrelevanten Elementen als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 bb) Einschätzungsprärogativen des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 cc) Die Marginalitätsgrenze im Rahmen der Einschätzungsprärogative . 163

Inhaltsverzeichnis

13

dd) Absolute oder relative Belastungsbeträge als Maßstab der Margina­ lität? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 ee) Die 115 %-Grenze als Maßstab für Absenkungen . . . . . . . . . . . . . . . 165 ff) Die Abstände im Ämtergefüge als Maßstab? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 b) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 c) Kombinierter Maßstab als Kriterium für eine Kernbereichsverletzung . . 170 aa) Anpassungspflicht als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 bb) Abkopplung der Alimentation von der allgemeinen Wirtschafts- und Einkommensentwicklung als erste Voraussetzung für die Feststellung einer Verletzung des Kernbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 cc) Ansätze für Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 d) Abkopplung als Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 aa) Die Voraussetzungen für einen Eingriff durch Abkopplung . . . . . . . 177 bb) Die Abkopplung im engeren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 cc) Verhältnis der tariflichen Entwicklung zur Beamtenbesoldung . . . . 179 dd) Weitere Voraussetzungen für die Feststellung eines Eingriffs durch Abkopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 4. Dritte Kollisionsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 a) Bedarfsorientierte Besoldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 b) Jährliche Sonderzahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 aa) Sonderzuwendungen in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 bb) Grenzen möglicher Absenkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 cc) Relative Größe als alternativer Maßstab für die Feststellung einer Verletzung des Alimentationsprinzips? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 c) Der Ortszuschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 aa) Die Ballungsraumzulagenentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 bb) Maßstäbe und Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 cc) Regionale Unterschiede in Lebenshaltungskosten und der Kürzungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 (1) Die Abkopplung der Besoldung als Handlungsmaßstab . . . . . . 201 (2) Begründung einer Handlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 (3) Kriterien für die Feststellung einer Abkopplung . . . . . . . . . . . . 202 d) Folgerungen für die dritte Kollisionsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 D. Grenzen der Absenkung der Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 I.

Die Versorgung als Bestandteil des Alimentationsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . 205

II.

Besonderheiten der Versorgung gegenüber der Besoldung . . . . . . . . . . . . . . . . 206

III. Versorgung und andere hergebrachte Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 1. Die Entscheidung des BVerfG zur Versorgungsrücklage . . . . . . . . . . . . . . . 209

14

Inhaltsverzeichnis 2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 3. Verfestigte Konkordanzposition als Sicherheitsschranke für Absenkungen? 211 IV. Wirkungsgleiche Übertragung von Rentenreformen auf die Versorgung – Kon­ sequenzen der Föderalismusreform 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 V.

Versorgung und andere Rechtsprinzipien – die zweite Kollisionsebene . . . . . . 215 1. Die Hinterbliebenenversorgung als Alimentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 2. Die familienrechtliche Prägung der Hinterbliebenenversorgung . . . . . . . . . 217 a) Der Gedanke der „maßvollen Umverteilung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 b) Sozialfürsorgerisch motivierte Leistungen als Bereichsausnahmen? . . . . 218 c) Bedarfsbezogene Hinterbliebenenversorgung als Alternative . . . . . . . . . 219

VI. Versorgung und die allgemeinen Bedürfnisse – die dritte Kollisionsebene . . . . 220 E. Das Prinzip der Bundestreue und die hergebrachten Grundsätze des Berufs­ beamtentums als Homogenitätsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 I.

Bundestreue als Bestandteil der bundesstaatlichen Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . 221

II.

Die Bundestreue als Kompetenzausübungsschranke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 1. Das Verbot missbräuchlicher Rechtsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 a) Missbrauchsverbot bei der Absenkung der Alimentation . . . . . . . . . . . . 224 b) Missbrauchsverbot bei einseitiger Erhöhung der Alimentation . . . . . . . . 224 aa) Absolute und relative Bezugspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 bb) Schwellenwerte für zulässige Abweichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 c) Das Missbrauchsverbot und Besoldungsdiskrepanzen innerhalb eines Landes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 aa) Besserstellung des Landesbeamten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 bb) Ausgleichsmöglichkeiten nach dem Alimentationsprinzip . . . . . . . . 228 2. Kooperativer Föderalismus im Besoldungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229

III. Homogenitätsbegründende Aspekte weiterer hergebrachter Grundsätze . . . . . . 230 F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246

A. Einleitung Mit der Föderalismusreform 2006 wurden die Zuständigkeiten für die Besoldung und Versorgung der Beamten auf die Länder übertragen. Die Wahrnehmung der neuen Aufgabe stellt für die Länder eine Chance dar, für eigene Beamte nach eigener Verantwortung und den allgemeinen Lebensverhältnissen entsprechend zu sorgen. Damit ist jedoch auch die Gefahr verbunden, dass einige Länder versuchen werden, die Alimentation so niedrig wie möglich zu halten und dass damit die unterste Grenze der Besoldung und Versorgung tangiert wird. In der Arbeit soll vor allem der Frage nachgegangen werden, wie groß die Spielräume für die Länder sind und wo eine kalkulierbare Grenze für Absenkungen liegt. Hierfür muss das Alimentationsprinzip untersucht werden als wichtigster verfassungsrechtlicher Maßstab für den Besoldungsgesetzgeber. Dabei soll der Grundsatz im aktuellen rechtlichen Kontext ausgelegt werden. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die mit der Föderalismusreform in Art. 33 Abs. 5 GG eingefügte sog. Fortentwicklungsklausel von Bedeutung. Die aktuelle Zuständigkeitsverteilung für die Alimentation kann auf jahrelange rechtliche Praxis zurückblicken. Sie wurde mit dem Bonner Grundgesetz eingeführt und hat sich in den Nachkriegsjahren nicht bewährt. Deshalb hat der Verfassungsgesetzgeber im Jahre 1970 eine Reform durchgeführt, die zu der Einführung des Art. 74a GG führte. Die Abschaffung dieser Vorschrift wirft in Bezug auf den mangelnden einheitlichen Rahmen mehrere Fragen auf und es wird zu untersuchen sein, ob die Rückübertragung der Kompetenzen auf die Länder sich nunmehr – im Gegensatz zu den Nachkriegsjahren – bewähren wird. Dabei ist insbesondere an die Sicherstellung eines Mindestmaßes an Mobilität der Beamten zwischen den Ländern zu denken, die nur durch ein Minimum an Homogenität der Regelungen gewährleistet werden kann. Die mit diesen Fragen zusammenhängenden, rechtsdogmatischen sowie rein praktischen Erwägungen sollen im Rahmen dieser Arbeit vertieft werden. Im ersten Teil der Arbeit wird die Entwicklung der Zuständigkeiten aufgezeigt. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Bewertung der neuen Aufteilung der Kompetenzen notwendig. Die Darstellung der Diskussion im Zusammenhang mit der Föderalismusreform 2006 könnte zum besseren Verständnis Neuregelung des Art. 33 Abs. 5 GG – durch die Einführung der sog. Fortentwicklungsklausel – beitragen. Im zweiten Teil der Arbeit soll das Alimentationsprinzip als wichtigster Maßstab für die Gestaltung der Besoldung und Versorgung analysiert werden. Dabei wird an die zahlreichen aktuellen Entwicklungen in der Rechtsprechung ange-

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A. Einleitung

knüpft. Ziel der Untersuchung ist nicht nur eine neue dogmatische Einordnung der verschiedenen Belange, die im Rahmen des Grundsatzes eine Rolle spielen können, sondern auch die Entwicklung eines praktischen Maßstabs für die Feststellung eines Eingriffs in den Kernbereich der Besoldung und Versorgung. Damit wäre die unterste Grenze für Absenkungen der Alimentation ermittelt. Die hierbei herausgearbeiteten Grundsätze werden dann im Rahmen des dritten Teils der Arbeit auf die Versorgung übertragen. Schließlich wird im vierten und letzten Teil  der Arbeit auf das Bundestreueprinzip eingegangen. Dieses könnte als Homogenitätsklausel für das Besoldungs­ niveau im Bundesbereich eingesetzt werden. Damit könnte der Grundsatz zumindest kritischen Abweichungen der Alimentation entgegenwirken.

B. Rechtsentwicklung I. Entwicklung bis 1945 Die ersten Ansätze einer Normierung der Kompetenzen für die Beamtenbesoldung und -versorgung datieren auf die Zeit nach der Reichsverfassung von 1871. Diese Verfassung enthielt noch keinerlei Kompetenzzuweisung für die genannte Materie. Damit waren die Einzelstaaten für die Besoldung ihrer Beamten zuständig.1 Die Grundgehälter der Beamten, Soldaten und Richter wurden zu dieser Zeit in Haushaltsgesetzen festgesetzt, die für die Öffentlichkeit undurchschaubar waren: die Haushaltspläne unterlagen keiner Veröffentlichungspflicht und die Gehälter wurden nicht nach Kriterien gestuft. Daher blieb auch eine regelmäßige Anpassung der Besoldung an die herrschenden Lebensverhältnisse aus. Ferner wurde nach einer umfangreichen parlamentarischen Beteiligung an dem Prozess der Festsetzung der Höhe der Besoldung gestrebt.2 Dieser seitens des Reichs und der preußischen Regierung ausgeübte Druck wurde nicht zuletzt durch die um die Jahrhundertwende ständig anwachsenden Lebenshaltungskosten potenziert. Schließlich wurde durch das Reichsbesoldungsgesetz vom 15. Juli 1909 die erste gesetzliche Legitimationsgrundlage für das moderne Besoldungswesen gelegt. Das Gesetz wies mehrere Merkmale des noch heute geltenden Besoldungssystems auf: es bestimmte die Bemessung des Grundgehalts und verwies auf Besoldungsordnungen, die dem Gesetz beigefügt waren. Ferner beinhaltete es ein System von aufsteigenden Gehältern, die nach dem Dienstalter gestuft waren.3 Die Reichsverfassung von 1919 brachte keine wesentliche Veränderung für die Kompetenzverteilung im Besoldungswesen. Die Vorschrift des Art.  128 Abs.  3 WRV bestimmte lediglich, dass „die Grundlagen des Beamtenverhältnisses  … durch Reichsgesetz zu regeln“ seien. Ferner fand sich im ersten Abschnitt der Verfassung, der das Verhältnis des Reichs und der Länder betraf, die Vorschrift des Art. 10 Nr. 3, der eine Kompetenz des Reichs begründete, im Wege der Gesetzgebung Grundsätze aufzustellen für das Recht der Beamten aller öffentlichen Körperschaften. Die damals allgemeine Auffassung ging davon aus, dass diese Regelung die natürliche Zuständigkeit des Reichs, das Recht seiner Beamten zu regeln, lediglich bestätigt hat.4 Die Besoldung und Versorgung von Beamten gehörte damals schon ohne Zweifel zu den grundsätzlichen Fragen des Beamtenverhältnisses.

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Hattenhauer, S. 287 ff. Günther, S. 26 ff. 3 Schinkel/Seifert, in: GKÖD, A 050, Rn. 3. 4 Oeter, in: v. Mangoldt/Klein/Pestalozza, Art. 74a, Rn. 2 m. w. N.

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B. Rechtsentwicklung

Die nächste Reform hat sich in zwei Schritten vollzogen: zunächst erging ein neues Reichsbesoldungsgesetz (am 30. April 1920), dann das Gesetz zur Sicherung einer einheitlichen Regelung der Beamtenbesoldung – das sog. Besoldungssperrgesetz (am 21.  Dezember 1920). Das Reichsbesoldungsgesetz hat ein einheitliches Besoldungsgefüge für das Reich, die Bundesstaaten und die Gemeinden eingeführt: 13 Besoldungsgruppen mit aufsteigenden und 7 Gruppen mit festen Gehältern (für herausgehobene Ämter). Die Dienstaltersstufen wurden auf 2 Jahre festgesetzt, ferner wurde ein Kinderzuschlag und ein Frauenzuschlag eingeführt. Der Teuerungszuschlag blieb erhalten, der Wohnungsgeldzuschlag wurde in einen Ortszuschlag umgewandelt.5 Durch das Besoldungssperrgesetz sollten die Länder, Gemeinden und sonstige öffentlichen Körperschaften daran gehindert werden, die Dienstbezüge ihrer Beamten günstiger zu regeln, als dies im Besoldungsgesetz von 1920 für „gleichzubewertende“ Reichsbeamte geschehen war.6 Die Kriterien für die Feststellung einer Gleichwertigkeit zwischen einzelnen Beamtengruppen waren jedoch nicht hinreichend präzise, um einer tatsächlichen Auseinanderentwicklung entgegenzuwirken. Vielerorts wurden neue Ämter geschaffen, wenn auch nur durch Einführung neuer Amtsbezeichnungen und die Besoldungsregelung konnte damit umgangen werden. Der Hauptgrund für die Reform des Besoldungswesens von 1927 lag in der wirtschaftlichen Entwicklung des Reichs in der ersten Hälfte der 20er Jahre. Die junge Republik musste bereits im Sommer 1923 gegen eine wirtschaftliche Krise ankämpfen, die im Sommer 1923 in einer Währungskatastrophe endete.7 Dies zwang die Regierung, mit einer erneuten Erhöhung der Teuerungszuschläge zu reagieren. Damit wurden die Auswirkungen der Krise für die Beamtenschaft ab­gemildert, jedoch musste man feststellen, dass das Instrument der Teuerungszulage kein zuverlässiges war. Im Vorfeld einer jeden Erhöhung musste mit heftigen politischen Auseinandersetzungen gerechnet werden und in den Augen der übrigen Bevölkerungsgruppen lag darin eine zusätzliche soziale Privilegierung der Beamtenschaft. Dies brachte das Reich und Preußen dazu, ein neues Mittel der Besoldungsanpassung einzuführen. Ab dem 9.  Oktober 1923 wurde der Teuerungsausgleich mit Hilfe von Maßzahlen bewirkt. Diese beruhten auf den vom Statistischen Reichsamt errechneten Teuerungsziffern und wurden wöchentlich im Reichsbesoldungsblatt veröffentlicht. Damit wurde der erste Schritt in Richtung einer automatischen Anpassung der Beamtengehälter an die allgemeine Lebensentwicklung getan. Die Teuerungszulage wurde abgeschafft. Doch die Reform stand nicht nur im Zeichen einer Anpassung der Besoldung an die Lebenshaltungskosten. Die egalitären Ansätze von 1920 sollten zugunsten einer zunehmend leistungsorientierten Besoldung weichen. Diese Bestrebungen erhielten im Gegensatz zu ähnlichen Ansätzen in der frühen Weimarer Repu

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Schinkel/Seifert, in: GKÖD, A 050, Rn. 4. Oeter, in: v. Mangoldt/Klein/Stark, Art. 74a, Rn. 1. 7 Rosenberg, S. 399.

II. Die Nachkriegsjahre und das Bundesbesoldungsgesetz von 1957

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blik deshalb eine stärkere Prägung, weil sie von einer zentralistischen Regierung eingeleitet worden sind. So wurde die Zahl der aufsteigenden Gehälter auf 19 erhöht. Die Schlüsselung der Beförderungsämter wurde abgeschafft, was eine Rückbesinnung auf das Gehaltsklassensystem des Reichsbesoldungsgesetzes von 1909 bedeutete. Der Neuaufbau des Besoldungssystems wurde von den meisten Beamten abgelehnt: er wurde als eine Herabsetzung der sozialen Standards empfunden. Die nächste wirtschaftliche Krise wurde in Deutschland durch den Zusammenbruch der amerikanischen Börse im Herbst 1929 ausgelöst. Es war vor allem der Abzug der amerikanischen Investoren aus Deutschland, der zu einer Reduzierung der Arbeitsplätze führte. Die Einnahmen der Reichskasse sanken. Trotz verschiedener arbeitsmarkpolitischer Initiativen um die Erhöhung des Beschäftigungsniveaus ist es der Regierung nicht gelungen, der einsetzenden wirtschaftlichen Depression entgegenzuwirken. Auch die Beamten sollten die Last tragen: durch die sog. Brüningschen Notverordnungen von 1930 und 1931 wurden deren Gehälter um durchschnittlich 21 Prozent gekürzt und fielen damit nominal auf den Stand von 1913 zurück.8 Daraufhin entbrannte eine Diskussion um die verfassungsrechtliche Garantie der wohlerworbenen Rechte. Der überwiegende Teil  des damaligen Schrifttums war der Ansicht, dass einmal gewährte Gehaltszulagen nicht zurückgenommen werden konnten.9 Die Regierung Brünings sah sich jedoch durch das Urteil des Reichsgerichts vom 10. Juli 1933 bestätigt. Darin wurde festgestellt, dass Art. 129 WRV nicht den Inhalt der wohlerworbenen Rechte regele, sondern nur den Umfang, indem sie – einmal erworben – aufrecht erhalten blieben. Deshalb werde bei Rechten, die das Gesetz nur unter Vorbehalt des Widerrufs oder nur auf bestimmte Zeit gewährt, nach Ausübung des Widerrufs oder nach Ablauf der Zeit kein Schutz mehr zuteil.10 Damit wurde der Streit zwar höchstrichterlich geklärt. Die Enttäuschung der Beamten wurde jedoch nicht behoben und kam den Nationalsozialisten bei ihrem Kampf um den Machtgewinn sehr gelegen.

II. Die Nachkriegsjahre und das Bundesbesoldungsgesetz von 1957 Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hatten die alliierten Siegermächte vielfältige Vorstellungen von der künftigen politischen Ordnung Deutschlands. Die Organisationsstruktur des neu zu schaffenden Staates spielte dabei eine wichtige Rolle. Die Pläne der Alliierten waren so unterschiedlich, dass sie sich auf der Konferenz von Jalta (1945) nur darauf einigen konnten, dass die künftige Staatsordnung Deutschlands eine zu Missbrauch verleitende Machtkonzentration unter

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Franke, ZBR 1994, 263. Franke, ZBR 1994, 263, 266 m. w. N. 10 RGZ 134, 8. 9

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B. Rechtsentwicklung

binden sollte. Erste Ansätze deutscher Staatlichkeit entstanden zunächst wieder durch die Schaffung der Länder 1947. Auf den Londoner Sechsmächtekonferenzen im Frühjahr 1948 haben die Repräsentanten der Siegerstaaten dann beschlossen, einen Staat mit föderalistischer Ordnung zu errichten. Die BRD entstand also ausgehend von den Ländern. 1. Die Bestrebungen des Bundes nach Einheitlichkeit in der Besoldung

Die föderale Struktur des Landes prägte auch den Plan für die Neuordnung des öffentlichen Dienstrechts. Die Länder sollten im Sinne einer politisch-administrativen Dezentralisierung der staatlichen Struktur auch mehr Verwaltungsautonomie bei der Regelung der Angelegenheiten der Landesbeamten bekommen. So sah die ursprüngliche Konzeption des Bonner Grundgesetzes zwar nach Art. 73 Nr. 8 GG die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz über „die Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts stehenden Personen“ vor. Bezüglich der „Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienste der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffent­ lichen Rechts stehenden Personen“ blieb der Bund allerdings gemäß Art. 75 Nr. 1 GG auf eine Rahmenkompetenz beschränkt. Die Folgejahre waren durch Bestrebungen des Bundes gekennzeichnet, eine Einheitlichkeit auf dem Gebiet des Besoldungs- und Versorgungsrecht in Bund und Ländern zu erreichen. Der erste gesetzgeberische Versuch des Bundes in diese Richtung wurde bereits 1951 vorgenommen, durch das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts vom 6. Dezember 1951.11 In den Vorschriften der §§ 8, 9 dieses Gesetzes wurde bestimmt, dass die Beamten und Richter der Länder nicht höher besoldet werden dürften als die entsprechenden Beamten und Richter des Bundes. Bezugnehmend auf diese Regelung hatte sich die Bundes­regierung gegen eine Regelung des Landes Nordrhein-Westfalen zur Wehr gesetzt, welche eine höhere Besoldung der Landesbeamten ermöglichte, als der Bundesbeamten. Das Bundesverfassungsgericht wies den Antrag der Bundesregierung auf Feststellung eines Verstoßes gegen bundesrechtliche Vorschriften durch Urteil vom 1.12.1954 zurück und erklärte die genannten bundesrechtlichen Bestimmungen als gegen Art. 75 GG verstoßend für nichtig. Die Ausführungen des Gerichts könnten heute wieder aktuell werden angesichts der Übertragung der Kompetenzen zur Besoldung und Versorgung der Beamten auf die Länder im Zuge der Föderalismusreform 2006. Ob und inwieweit das der Fall ist, wird noch zu untersuchen sein. An dieser Stelle seien lediglich die wichtigsten Erwägungen des Urteils dargestellt. Das Bundesverfassungsgericht führte u. a. aus, dass die Regelung der Dienstverhältnisse der Landesbeamten einschließ

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BGBl. I S. 739.

II. Die Nachkriegsjahre und das Bundesbesoldungsgesetz von 1957

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lich der Besoldung eine ureigene Angelegenheit der Länder sei. Wenn der Bund nach Art. 75 Ziff. 1 GG die Befugnis habe, insoweit Rahmenvorschriften zu erlassen, so müssten diese Rahmenvorschriften dem Landesgesetzgeber noch Raum für eigene Willensentscheidungen in der sachlichen Rechtsgestaltung übrig lassen und dürften ihn nicht darauf beschränken, nur zwischen vorgegebenen rechtlichen Möglichkeiten zu wählen.12 Der Bund dürfe keine Höchstbeträge für die Besoldung der Landesbeamten vorschreiben, da er dann den Ländern nur noch die Freiheit lasse, ihre Beamten schlechter zu stellen als die entsprechenden Bundesbeamten. Dies liege nicht mehr in den Grenzen einer Rahmenvorschrift.13 Eine Rechtsschranke für die Ausübung von Gesetzgebungsbefugnissen im Bundesstaat für Bund und Länder ergebe sich aus dem (ungeschriebenen) Verfassungsgrundsatz der Bundestreue. Dieser halte die Länder dazu an, die Interessen des Bundes und auch die der übrigen Länder zu berücksichtigen.14 2. Das Beamtenrechtsrahmengesetz vom 1. Juli 1957 und das Besoldungsgesetz vom 27. Juli 1957

Ein Neuansatz zur Reformierung des Besoldungsrechts ist im Jahre 1957 erfolgt. Die wirtschaftliche Entwicklung während der Nachkriegsjahre hat zunächst dazu geführt, dass die Gehälter angepasst werden mussten. Dies wurde mangels einheitlicher gesetzlicher Regelungen zumeist durch Zuschläge, Ausgleichs- und Unterstützungszahlungen erreicht. Eine einheitliche Anhebung der Grundgehälter schien dringend notwendig. Dies war auch das Hauptmotiv der Neuordnung.15 Zunächst ist das Beamtenrechtsrahmengesetz beschlossen worden. Das am 1. Juli 1957 in Kraft getretene Gesetz orientierte sich am Beamtengesetz von 1937 und verschob den Schwerpunkt bei beamtenrechtlichen Kompetenzen zugunsten des Bundes. Dies geschah unter Stillschweigen des Bundesverfassungsgerichts, obwohl eine weit gehende Zentralisierung der Kompetenzen zu dieser Zeit im Hinblick auf die damals geltende Verfassung wohl bedenklich war.16 Dies zeigt wie stark der politische Druck gewesen sein muss, um eine Einheitlichkeit auf dem Gebiet des Beamtenrechts bundesweit herzustellen. Neben den kompetenzrechtlichen Fragen hat der Gesetzgeber parallel  – mit dem Besoldungsgesetz vom 27. Juni 1957 – notwendige Modifizierungen des Besoldungsrechts vorgenommen. Die Dienstbezüge setzten sich nunmehr aus dem Grundgehalt, dem wieder eingeführten Ortszuschlag und dem Kinderzuschlag zusammen, zu denen unter bestimmten Voraussetzungen Stellenzulagen hinzutraten. Die Höhe des Ortszuschlages bestimmte sich vor allem danach, in welcher Orts

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BVerfGE 4, 115, 130. BVerfGE 4, 115, 135 ff. 14 BVerfGE 4, 115, 140. 15 Günther, S. 65 f. 16 Hattenhauer, S. 522.

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B. Rechtsentwicklung

klasse sich der Wohnsitz des Beamten befand. Als Parameter für die Klassifizierung der Orte in Klassen wurden vor allem die Einwohnerzahl und die Höhe der Durchschnittsraummieten herangezogen. Darüber hinaus konnten ortsabhängige Besonderheiten eine Rolle spielen, etwa die Zugehörigkeit zu einem geschlossenen Wirtschaftsgebiet. Mit der Einführung dieses Systems sollte ein gewisser Grad an Flexibilität der an sich starren Besoldung erreicht und die ortsabhängig variierenden Lebenshaltungskosten ausgeglichen werden.17 Die Reformen aus dem Jahre 1957 brachten der Beamtenschaft eine Verbesserung der Bezüge.18 Die Grundgehälter wurden auf 165 Prozent des Standes von 1927 festgesetzt.19 Ferner wurden Anfangsgehälter im gehobenen und höheren Dienst angehoben, die Einteilung des Ortszuschlags nach der Ortsklasseneinteilung wurde neu und günstiger geordnet. Schließlich wurden Einkommensgrenzen beim Kinderzuschlag beseitigt.

III. Die Reformen in den sechziger Jahren 1. Der Versuch einer Änderung des Art. 75 GG (1962/63)

Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 1.12.195420 wurde deutlich, dass jegliche gesetzlichen Reformen zur Übertragung der ausschließ­ lichen Besoldungskompetenz auf den Bund ohne Verfassungsänderung nicht möglich waren. Die Bundesregierung bemühte sich Anfang der sechziger Jahre eine Reform der Verfassung zu initiieren. Es wurde vorgeschlagen, Art.  75 GG dahingehend zu ändern, dass es möglich werden sollte, mit Zustimmung des Bundesrates, durch Rahmenvorschriften bundesweit Mindest- und Höchstbeträge der Besoldung zu regeln. Die Bundesregierung hob in der Begründung zu dem Gesetzesentwurf hervor, dass die Besoldung der Beamten in verschiedenen Landesteilen auseinanderdrifte. Dabei führe der status quo in der Rechtslage zur Entstehung und Verfestigung negativer Auswirkungen, etwa wenn Bundes- und Landesbeamte, die mit gleichem Dienstrang nebeneinander arbeiteten, unterschiedlich besoldet werden. Das Besoldungsgefälle erzeuge einen „Sog“ bei Ländern, deren Besoldungsregelungen für eine bestimmte Beamtengruppe am günstigsten sind,

17 BVerfGE 31, 101, 108; es sei angemerkt, dass das Ortszuschlagssystem im Jahre 1973 abgeschafft worden ist, da der Gesetzgeber zu der Überzeugung gekommen ist, dass sich Gehaltsdifferenzierungen aufgrund der inzwischen weitgehend übereinstimmenden Lebenshaltungskosten in Stadt und Land nicht mehr rechtfertigen ließe. Das Thema ist in den neunziger Jahren wieder aktuell geworden und das BVerfG hat schließlich im Urteil vom 6.3.2007 festgestellt, dass keine regionale Gehaltsdifferenzierung aufgrund des geltenden Rechts notwendig sei. Auf diese Entscheidung wird später näher eingegangen. 18 Woothke, ZBR 1957, 277 ff. 19 Heer, S. 17 f. 20 BVerfGE 4, 115.

III. Die Reformen in den sechziger Jahren

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was gelegentlich die Ordnung des öffentlichen Dienstes störe. Schließlich sei der Wechsel des Beamten zwischen verschiedenen Dienstherren durch die Uneinheitlichkeit erschwert.21 Die Bundesregierung sah damals keine Alternative zu einer grundgesetzlichen Änderung. Verfassungspolitisch war der Vorschlag der Bundesregierung bedenklich. Das Bundesgesetz, das aufgrund des Art. 75 GG ergehen sollte, bedurfte hinsichtlich seines materiellen Inhalts der Zustimmung des Bundesrates. Dies war mit der damaligen Systematik des Grundgesetzes nicht vereinbar, obwohl eine Ausnahme bei der Steuergesetzgebung existierte (Art.  105 Abs.  3 GG). Die Bundesregierung war jedoch der Ansicht, dass diese verfassungssystematischen Bedenken zurückgestellt werden müssen. Die Länder hätten angesichts der erheblichen Bedeutung der Beamtenbesoldung für ihre Haushalte ein wesentliches Interesse an der verstärkten Mitwirkung bei der für sie verbindlichen Festlegung der Besoldungsvorschriften.22 Der Entwurf wurde in der Literatur nicht nur aus systematischen Gründen scharf kritisiert. Durch die Änderung sah man den materiellen Kern der Gesetzgebungszuständigkeiten der Länder auf diesem Gebiet im Wesentlichen beseitigt und ihre Eigenstaatlichkeit berührt.23 Dennoch fand das Gesetzesprojekt eine positive Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses.24 In der dritten Beratung im Bundestag fand es jedoch nicht die erforderliche Mehrheit; der erste Versuch einer Reform des Grundgesetzes war damit gescheitert. 2. Die Reform von 1969

Das Konzept der Änderung des Grundgesetzes wurde im Jahre 1969 von der Bundesregierung der folgenden Wahlperiode wieder aufgenommen. Der Vorschlag von 1962 wurde dadurch erweitert, dass die Bundesrahmenkompetenz auch die Bewertung der Ämter betreffen sollte. Denn „die neuesten Besoldungsänderungsgesetze der Länder haben gerade auch dadurch zu einer einschneidenden Veränderung der Besoldungsstruktur geführt, dass die herkömmliche Bewertung vorhandener Ämter durch die Einführung so genannter Regel- oder Bewährungsbeförderungen und durch die Überdehnung der Beförderungsmöglichkeiten grundlegend verändert worden ist“.25 Der Bundesrat war mit dem Vorschlag der Regierung einverstanden, forderte jedoch seine Zustimmungsbedürftigkeit in allen Fällen wegen der erheblichen Bedeutung der Besoldung für die Richter und Beamten der Länder. Diese Version hat sich schließlich durchgesetzt.26



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BT-Drs. IV/633, S. 3. BT-Drs. IV/633, S. 4. 23 Millack, ZBR 1962, 265, 269 m. w. N.; Hölder, ZBR 1962, 369. 24 BT-Drs. IV/1374. 25 Begründung der Bundesregierung: BT-Drs. V/1086, S. 3 (Anlage 1). 26 22. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 12. Mai 1969 (BGBl. I, S. 363).

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B. Rechtsentwicklung

Der Bund erließ auf der neuen Grundlage das Zweite Besoldungsneuregelungsgesetz.27 Darin wurden die Länder dazu verpflichtet, ihr Besoldungsrecht innerhalb eines Jahres nach Verkündung des Gesetzes unter Berücksichtigung der Belange aller Dienstherren an die Vorgaben der Neuregelung anzupassen (§ 4 Abs. 1 BesNG 2). Damit wurde auch beabsichtigt, dass bestimmte Ämter, von denen erfahrungsgemäß der Anstoß zu allgemeinen Besoldungsbewegungen ausging, wie z. B. die Lehrer, Polizeivollzugsbeamten und Richter, durch einheitliche Zuordnung besoldungsmäßig fixiert werden. Weiterhin wurde rahmenrechtlich bestimmt, dass die Endgrundgehälter der Besoldungsgruppen A 1 bis A 16 von den Ländern und den übrigen Dienstherren nicht mehr überschritten werden dürfen. Obwohl einzelne Abweichungen zulässig waren, sollte das Gesetz eine einheitliche Besoldungsstruktur in der gesamten Bundesrepublik sichern. Schon bald sollte das Bundesverfassungsgericht mit der Verfassungsmäßigkeit des Besoldungsneuregelungsgesetzes befasst sein. Anlass hierfür war ein von der Bundesregierung gegen eine hessische Besoldungsregelung angestrengtes Normenkontrollverfahren. Mit der strittigen Regelung hatte das Land von der Bundesbesoldungsregelung abweichende Vorschriften für die Besoldung von Richtern und Staatsanwälten geschaffen. Die Bundesregierung hatte dem Land Hessen einen Verstoß gegen Art. 75 Abs. 2 und 3 GG sowie gegen den Verfassungsgrundsatz der Bundestreue vorgeworfen. Das Bundesverfassungsgericht hat bei dieser Gelegenheit die Verfassungsmäßigkeit der Rahmenvorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes beurteilt, in der Fassung, die sie durch das Zweite Besoldungsneuregelungsgesetz erhalten haben. Diese Vorschriften hielten sich zwar nicht in den Grenzen, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Kompetenz zur Rahmengesetzgebung im Allgemeinen gezogen waren28. Sie seien aber durch die besonderen Vorschriften des Art. 75 Abs. 2 GG in der Fassung des Zweiundzwanzigsten Änderungsgesetzes zum Grundgesetz gedeckt.29 3. Die Einfügung des Art. 74a GG im Zuge der Reform von 1970/71 – Die „Geburtsstunde der Besoldungseinheit in der Bundesrepublik“30

Im Jahre 1969 übernahmen die Sozialdemokraten und die FDP die Regierungsgewalt in der Bundesrepublik und sie beabsichtigten ihre seit den Zeiten der Weimarer Republik unerfüllt gebliebenen politischen Forderungen zu verwirklichen. Das politische Programm Brandts lautete kurz zusammengefasst: „Wir wollen mehr Demokratie wagen.“ Dies sollte durch Grundlagenreformen auf allen Ge 27 Zweites Gesetz zur Neuregelung des Besoldungsrechts (Zweites Besoldungsneuregelungsgesetz – BesNG 2) vom 14. Mai 1969 (BGBl. I, S. 365). 28 Hier zitiert das Bundesverfassungsgericht das Urteil vom 1. Dezember 1954 (BVerfGE 4, 115). 29 BVerfGE 32, 199, 211. 30 Präsident des Bundesrates F.-J. Röder bei der Verabschiedung des Gesetzes am 12. März 1971 – Stenographischer Bericht der 383. Sitzung des Bundesrates am 12. März 1971, S. 79.

III. Die Reformen in den sechziger Jahren

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bieten des öffentlichen Lebens realisiert werden. Für den öffentlichen Dienst kündigte die neue Bundesregierung folgendes an: „Verwaltungsreform und Reform des öffentlichen Dienstes sind miteinander zu verbinden. Die Laufbahnreform muss das Leistungsprinzip stärker in den Vordergrund stellen, die Personalführung flexibler gestalten und die Personalentscheidungen transparenter machen. Die Bundesregierung ist der Überzeugung, dass die Angehörigen des öffent­lichen Dienstes Anspruch haben auf Teilnahme an dem allgemeinen wirtschaftlichen Fortschritt.“31 Im Hintergrund dieser Bestrebungen stand der Gedanke der Konsolidierung der Besoldungskompetenzen auf Bundesebene. Ob diese Zentralisierungsbestrebungen mit einer Forderung nach mehr Demokratie einhergehen, mag dahingestellt sein. Im Folgenden sollen die Gründe für die Reform und die Kritik daran kurz dargestellt werden. Die damals geführte Diskussion könnte wegen der im Zuge der Föderalismusreform 2006 erfolgten Reföderalisierung der Besoldung und Versorgung wieder aktuell werden. a) Vorschlag der Bundesregierung Nach der Überzeugung der damaligen Bundesregierung hatten die bisherigen Reformen, insbesondere die durch das 22. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vorgenommene Erweiterung und Klarstellung des Umfanges der Rahmenkompetenz des Bundes auf dem Gebiet des Besoldungsrechts und die darauf gestützten Vorschriften des zweiten BesNG, nicht die erwarteten Wirkungen gebracht.32 Deshalb hat die Regierung 1970 einen neuen Entwurf zur Änderung des Grund­gesetzes vorgeschlagen, dessen Hauptpunkt für den Bereich des öffentlichen Dienstrechts darin bestand, eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Materie des Besoldungs- und Versorgungsrechts der Beamten einzuführen. Die Bundesregierung schlug vor, die Modifizierungen des Art. 75 GG von 1969 rückgängig zu machen. Fragen der Besoldung sollten in einem neuen Art.  74a GG geregelt werden, der eine konkurrierende Zuständigkeit des Bundes begründen sollte. Der Entwurf des neuen Artikels hat sich durchgesetzt und blieb bis zur Föderalismusreform 2006 unverändert. Das Gesetz wurde am 18. März 1971 ausgefertigt, am 20. März 1971 verkündet und es trat am 21. Juli 1971 in Kraft.33



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Verhandlungen 71, S. 20. Regierungsbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes, BR-Drs. 287/70, S. 3 f. (15. Mai 1970). 33 28. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 74a GG) vom 18. März 1971 (BGBl. I, S. 206).

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B. Rechtsentwicklung

b) Die Kritik Das Gesetz wurde bereits während der parlamentarischen Beratung intensiv diskutiert und ist auf Skepsis der Beamten- und Richterverbände gestoßen. Der schwerste Vorwurf betraf die Verfassungsmäßigkeit der neuen Regelung. Ausgangspunkt der Kritik war die Regelung des Art. 79 Abs. 3 GG. Danach sind Kompetenzverschiebungen zugunsten des Bundes im Wege der Verfassungsänderung grundsätzlich zulässig, solange für die Länder eine Grundsubstanz der eigenen, unabgeleiteten, unabhängigen Wirkung übrig bleibt.34 Nach der heutigen Auslegung ist ein Mindestmaß an materieller Eigenständigkeit entscheidend, die den Ländern erhalten bleiben muss.35 In der Einführung der neuen Kompetenznorm sahen die Kritiker eine Gefährdung oder sogar eine Verletzung der Grundsubstanz der Eigenstaatlichkeit der Länder. Die am weitesten gehende Meinung36 orientierte sich an dem Umfang der sich aus Art. 79 Abs. 3 GG ergebenden Garantie und den hieraus abzuleitenden Maßstäben für die Kompetenzverteilung. Die minimale Eigenständigkeit der Länder könne zunächst anhand der Quantität der dem Land verbleibenden Regelung bemessen werden. Dies sei aber nicht das einzige, entscheidende Kriterium. Denn staatliche Autonomie ist nicht nur von der Möglichkeit einer Betätigung, also von der Anzahl der Kompetenzen abhängig. Vielmehr sei eine qualitative Abgrenzung notwendig und entscheidend. Die Länder müssen ihre Handlungsfähigkeit behalten.37 Ein Eingriff des Bundes in die Eigenstaatlichkeit des Landes sei nur dann zulässig, wenn eine sachliche Notwendigkeit für die Wahrnehmung der Kompetenzen auf Bundesebene gegeben ist. Eine sachliche Notwendigkeit für eine konkurrierende Gesetzgebung des Bundes für die Beamtenbesoldung und -versorgung sei nicht gegeben, denn ein zentral gesteuertes Besoldungsrecht widerspräche der Haushaltsautonomie der Länder.38 Die überwiegend vertretene Ansicht in der damaligen Lehre sah die neue Regelung im Ergebnis jedoch als verfassungsgemäß an.39 Zu diesem Schluss kamen insbesondere auch alle Gutachter, die von der Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstes im Jahre 1971 damit beauftragt wurden, zu klären, inwieweit einer Dienstrechtsreform verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt

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So die damalige Auslegung, vgl. Maunz/Dürig, Art. 79, Rn. 37. Dreier, in: Dreier, Art.  79, Rn. 22; das BVerfG hat sich zu dieser Frage im Urteil vom 26. Juli 1972 geäußert (BVerfGE 34, 9), das in Zusammenhang mit einer hessischen Besoldungsregelung erging. Auf dieses Urteil wir später näher eingegangen. 36 Millack/Lucas, ZBR 1970, 101; Hans, ZBR 1962, 233; VerfGH NW, Urteil vom 4.2.1956, ZBR 1956, 81. 37 Millack/Lucas, ZBR 1970, 101, 102. 38 Millack/Lucas, ZBR 1970, 101, 103. 39 Forsthoff, in: SRöD, S. 41 ff.; v. Münch in: SRöD, S. 135 ff.; Schick, in: SRöD, S. 280 ff.; Thieme, in: SRöD, S. 421 ff.; Ule, in: SRöD, S. 548 ff.; Mayer, in: SRöD, S. 640 ff.; Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 74a (48. Lieferung – Mai 1984), Rn. 15 ff.

III. Die Reformen in den sechziger Jahren

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sind.40 Die Vertreter dieser Ansicht ziehen als Ausgangspunkt der Argumentation die Regelung des Art. 79 Abs. 3 GG und die darin enthaltene Garantie der Eigenstaatlichkeit der Länder heran. Diese stellt die äußerste Grenze für die Kompetenzübertragung auf den Bund dar.41 c) Das Urteil des BVerfG vom 26. Juli 1972 Die Diskussion um die Zulässigkeit des Art. 74a GG im Hinblick auf Art. 79 Abs. 3 GG wurde mit der Entscheidung des BVerfG vom 26. Juli 1972 beendet.42 Gegenstand dieses Rechtsstreits waren einige Vorschriften des Ersten Hessischen Gesetzes zur Anpassung an das Erste Gesetz zu Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern (1. HBesAnpG)43 mit dem 1. Be

40 Vgl. Fn. 55; die Gutachter hatten einen Fragebogen vorgelegt bekommen. Eine der Fragen (Punkt 2.4.4 des Fragebogens) lautete: Ist eine Verlagerung der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit auf dem Gebiet des Besoldungsrechts (Art. 74a GG) auf den Bund mit den Verfassungsgrundsätzen des Grundgesetzes, insbesondere mit Art. 79 Abs. 3 GG vereinbar? 41 Die Übertragung der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenzen für die Beamtenbesoldung und -versorgung auf Bundesebene ist nach Forsthoff zulässig, da der Landesgesetzgeber in seiner Autonomie durch den Grundsatz der Bundestreue eingeschränkt ist. Wegen dieser Beschränkung kann bei dieser Kompetenz nicht von einem konstitutiven Faktor der Länderstaatlichkeit gesprochen werden. Nach der Begründung von v. Münch lässt sich die Verfassungsänderung rechtfertigen, weil im Konflikt zwischen Bewahrung der Regelungskompetenz für eine an sich landesbezogene Materie einerseits und der Aufrechterhaltung der bundesstaatlichen Ordnung andererseits sich das Grundgesetz zugunsten Letzterer entschieden hätte. Eine konkurrierende Kompetenz auf diesem Gebiet sei daher möglich, nicht aber eine ausschließliche. Nach Schick ist die Bedeutung einer selbständigen Gesetzgebungskompetenz der Länder ohnehin in entscheidendem Maße dadurch reduziert, dass für die Landesgesetzgebung die Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG verbindlich sind und eine Besoldungshomogenität durch den Grundsatz der Bundestreue erzwungen werden kann. Thieme kommt zu dem Schluss, dass die Toleranzgrenze, bis zu der eine Verstärkung der politischen Macht des Bundes ohne Verletzung des Art. 79 Abs. 3 GG möglich ist, bald erreicht sein könnte, dies jedoch weder bei einer konkurrierenden noch bei einer ausschließlichen Bundeskompetenz der Fall sei. Ule hebt vor, dass der Schritt von einer Rahmenkompetenz zu einer konkurrierenden Kompetenz nicht so groß sei, als dass in ihm ein unzulässiger Eingriff in die Eigenstaatlichkeit der Länder erblickt werden müsste. Auch eine Ausdehnung der ausschließlichen Bundeskompetenz auf die Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die im Dienst der Länder, Gemeinden und anderer Körperschaften des öffentlichen Dienstes stehen, sei mit Art. 79 Abs. 3 GG vereinbar. Er unterstreicht auch, dass durch die Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG ohnehin ein gewisses Maß an Homogenität der Landesgesetze vorgeschrieben wird. Mayer fügt an, die abweichenden Regelungen in den Landesgesetzen seien nicht ganz unbedeutend und von einer Vereinheitlichung der Gesetze trotz der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 5 GG nicht die Rede sein kann. Eine Vollkompetenz des Bundes zur Regelung der Rechtsverhältnisse aller im öffentlichen Dienst stehenden Personen könne auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Bundestreue geboten sein – dieser Aspekt ließe sich allenfalls für Teilbereiche des öffentlichen Dienstrechts geltend machen. Die mit Art. 74a GG bewirkte Verfassungsänderung sei aus diesen Gründen mit Art. 79 Abs. 3 GG „gerade noch“ in Einklang zu bringen. 42 BVerfGE 34, 9. 43 Erstes Hessisches Besoldungsanpassungsgesetz vom 24. Mai 1971 (GVBl. I, S. 113).

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B. Rechtsentwicklung

soldungsvereinheitlichungs- und Neuregelungsgesetz (1. BesVNG)44 sowie mit Art. 74a GG und mit dem Verfassungsgrundsatz der Bundestreue.45 Das BVerfG prüft auch die Verfassungsmäßigkeit der Neuordnung der Kompetenzen, wobei die Ausführungen hierzu verhältnismäßig kurz ausfallen. Zunächst räumt das Gericht ein, dass mit der Übertragung der Zuständigkeit zur konkurrierenden Gesetz­ gebung des Bundes auf dem Gebiet der Besoldung und Versorgung der Beamten ein wesentlicher Teil des Rechts entzogen wird, das für die Begründung und den Inhalt des Verhältnisses zwischen dem Land und seinem Beamten bestimmend ist.46 Ferner sieht das BVerfG in der Kompetenzverschiebung Gefahren: die Entwicklung neuer Ämter und Organisationsformen in den Ländern könnte dadurch verhindert werden. Auch könnten Reformen der landeseigenen Verwaltungsstruktur in Abhängigkeit vom Bund gebracht werden.47 Das Gericht deutet damit an, dass durch die neue Regelung die Organisationshoheit der Länder tangiert werden könnte. Das entscheidende Argument für eine Vereinbarkeit der neuen Regelung mit dem Grundgesetz, insbesondere mit Art. 79 Abs. 3 GG, ist die Bindung des Bundes an das Prinzip des bundesfreundlichen Verhaltens. Der Bundesgesetzgeber müsse seine Regelungen zur Besoldung und Versorgung der Landesbeamten so treffen, „dass den Ländern die Möglichkeit bleibt, im Zuge von Reformen und strukturellen Änderungen ihrer Organisation Ämter mit neuem Amtsinhalt einschließlich ihrer der Struktur der Bundesbesoldungsordnung für Landesbeamte entsprechenden besoldungsrechtlichen Einstufung mit eigener Verantwortung zu schaffen.“48 Der Gesetzgeber müsse sich an diese Beschränkung halten, die auch vom BVerfG im vollen Umfang überprüfbar sei. In dieser Situation könne offen bleiben, ob die konkurrierende Kompetenz erst dann aktiviert werden kann, wenn die Rahmenkompetenz aus Art. 75 Nr. 1 GG nicht ausreicht.49 d) Bewertung des Urteils Das Urteil hat zunächst zu der Entwicklung einer dogmatisch stringenten Begründung der Reform der Kompetenzverteilung beigetragen. Das BVerfG ging bei der Einführung des Art. 74a GG von einem wesentlichen Entzug der Landes­ kompetenzen zugunsten des Bundesgesetzgebers aus.50 Mit dem Argument der 44 Erstes Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern vom 18. März 1971 (BGBl. I, S. 208). 45 Die von der Bundesregierung angegriffenen hessischen Regelungen betrafen die Besoldung von einigen Gruppen von Landesbeamten (Lehrer, Schulräte, Oberschulräte, Regierungspräsidenten, Regierungsvizepräsidenten, Magistratsdirektoren, Kammermusiker und Akademischer Direktoren). 46 BVerfGE 34, 9, 20.  47 BVerfGE 34, 9, 20. 48 BVerfGE 34, 9, 21. 49 BVerfGE 34, 9, 21. 50 BVerfGE 34, 9, 20.

III. Die Reformen in den sechziger Jahren

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Bindung des Bundes an den Grundsatz der Bundestreue hält das Gericht die Neuordnung dennoch für verfassungsgemäß. Degenhart hat diesen Ausführungen einen systematischen Rahmen gegeben, indem er die Einführung des Art. 74a GG als gerechtfertigten Eingriff in die Staatlichkeit der Länder eingeordnet hat.51 Nach seiner Darstellung stehen die Eigenstaatlichkeit und die Organisationshoheit der Länder als Elemente einer grundgesetzlich gewährleisteten Staatlichkeit der Länder auf Ebene des Tatbestands. Die Regelung des Art. 74a GG stellt, wie generell die Regelung der Dienstverhältnisse der Landesbeamten, einen Eingriff in die „ureigene Angelegenheit der Länder als Dienstherren dieser Beamten“ dar.52 Zur Rechtfertigung dieses Eingriffs führt Degenhart an, dass eine bundesweite Ver­ einheitlichung der Beamtenbesoldung und -versorgung gegenüber einer Verpflichtung zur wechselseitigen Rücksichtnahme, die sich aus dem Prinzip der Bundestreue ableitet, das wirksamere Instrument sei. Insbesondere werden dadurch nachteilige Auswirkungen auf das Finanzgefüge von Bund und Ländern vermieden, wenngleich unter Hinnahme nachhaltiger Eingriffe in bundesstaatliche Strukturen.53 Schließlich schlägt er eine restriktive Auslegung des Art. 74a GG vor, womit er an die Vorgaben des BVerfG angeknüpft. Eine wichtige Folgerung aus dem Urteil ist, dass die Ausübung der Bundeskompetenz eingeschränkt ist. Das BVerfG führt insoweit das Prinzip des bundesfreundlichen Verhaltens an. Aus diesem Prinzip folge, dass der Bund unabhängig von den Grenzen des Art. 72 Abs. 2 GG a. F., deren Einhaltung vom Gericht grundsätzlich nicht nachgeprüft werden kann, den Ländern einen Handlungsspielraum belassen muss.54 Der Umfang dieses Spielraums ist im Einzelnen unklar. Dies resultiert wohl auch aus der Unbestimmtheit des Gebots des bundesfreund­lichen Verhaltens. Dem Urteil lassen sich jedoch einige Anhaltspunkte für die Konkretisierung des Spielraums entnehmen. Die äußerste Schranke für die Ausübung der Bundeskompetenz bildet die Organisationshoheit der Länder als Element ihrer Staatsqualität. Daraus hat die Lehre gefolgert, dass der Bund die Länder nicht an Veränderungen ihrer Organisationsstrukturen hindern darf.55 Bemerkenswert ist dabei, dass sich die Kompetenz aus Art. 74a GG ausdrücklich lediglich auf die Besoldung und Versorgung der Beamten bezieht. Diese Elemente haben jedoch eine entscheidende Bedeutung für die Autonomie der Länder. Der enge Zusammenhang zwischen Beamtenbesoldung und -versorgung und ihrer Bedeutung für die Organisations­ hoheit der Länder ist der entscheidende Grund für die Beschränkung der Bundeskompetenz. Bei der Konturierung des gesetzgeberischen Handlungsspielraums des Bundes im Rahmen des Art. 74a GG knüpft das Gericht zwar nicht ausdrücklich, aber im

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Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 74a, Rn. 15 ff. (48. Lieferung – Mai 1984). BVerfGE 4, 115, 123. 53 Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 74a, Rn. 20 (48. Lieferung – Mai 1984). 54 BVerfGE 34, 9, 20. 55 Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 74a, Rn. 25 (48. Lieferung – Mai 1984).

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B. Rechtsentwicklung

plizit, an die Funktion des Prinzips der Bundestreue als Kompetenzausübungsschranke an.56 Bereits in früheren Entscheidungen hat das BVerfG darauf hingewiesen, dass auch dann, wenn eine Maßnahme von einer Kompetenzvorschrift gedeckt ist, sie nicht „missbräuchlich“, ohne Rücksicht auf die Interessen des Gesamtstaates oder die Belange der Länder getroffen werden darf.57 Angesichts der im Zuge der Föderalismusreform 2006 geänderten Rechtslage kann das Bundestreueprinzip von großer Bedeutung sein. Dies wird noch zu untersuchen sein. Das Urteil hat in einem weiteren Punkt für Diskussionen gesorgt: Das BVerfG deutet an, dass die Kompetenz aus Art. 74a GG neben der aus Art. 75 Nr. 1 GG Bestand habe und dass möglicherweise die konkurrierende Kompetenz erst in Anspruch genommen werden kann, wenn sich die Rahmenkompetenz als nicht ausreichend erweise.58 Gegen eine solche Auslegung hat die Literatur Bedenken erhoben.59 Zunächst ergab sich das Problem des Verhältnisses zwischen Art. 74a GG und Art. 75 Nr. 1 GG. Während das BVerfG eine Subsidiarität der konkurrierenden Zuständigkeit in Erwägung gezogen hatte, wandte sich das Schrifttum gegen eine solche Auslegung. Denn einer Prüfung der Bedürfnisklausel bei dem Einsatz des Art. 74a GG könne nicht noch eine Bedürfnisprüfung vorgeschaltet werden  – die nach einer eventuellen Einschlägigkeit der Rahmenkompetenz. Dies könne sich auch nicht aus dem Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens ergeben: dieser komme bereits im Rahmen des Art. 72 Abs. 2 GG zum Tragen und müsse deshalb nicht noch einmal herangezogen werden.60 Ein zweites Problem betraf die Grenzen der Ausübung der Kompetenz gem. Art. 74a GG. Der Gesetzgeber musste auch bei Ausübung seiner Kompetenz nach Art. 74a GG die Grenzen des Art. 79 Abs. 3 GG wahren und hatte zudem darauf zu achten, dass ihm die Norm des Art. 72 Abs. 2 GG keine Sperre setzt. Dort, wo die Grenzen der Eigenstaatlichkeit der Länder durch die Bundesgesetzgebung tangiert werden könnten, ist der Bund auf den Erlass eines Rahmens beschränkt.61 Daraus wurde gefolgert, dass diese Einschränkung sinngemäß auch für die konkurrierende Gesetzgebung gelten muss. Der Bund dürfe in dieser Situation keine Vollregelung treffen, sondern müsse sich auf eine Regelung der Grundsätze beschränken.62 Problematisch war, wie sich diese „Grundsatzgesetzgebung“ in den Ländern durchsetzen ließ. Der Bund könne keine Verpflichtung für die Länder aussprechen, einen solchen Rahmen auszufüllen. Ob sie dieses Recht ausüben, gehöre zu den souveränen Freiheiten des Gesetzgebers, die der Bund selbst mit Zustimmung des Bundesrates nicht

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Stern, StaatsR I, § 19 III 4. BVerfGE 12, 205, 239 ff.; 14, 197, 215; 32, 199, 238. 58 BVerfGE 34, 9, 21. 59 Millack, ZBR 1972, 259; Wilhelm, ZBR 1971, 129, 135. 60 Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 74a, Rn. 30 (48. Lieferung – Mai 1984); Bryde, in: v. Münch, Art. 74a, Rn. 4. 61 Wilhelm, ZBR 1971, 129, 136. 62 Herzog, in: Maunz/Dürig, Art. 74, Rn. 3; Wilhelm, ZBR 1971, 129, 136; Millack, ZBR 1972, 259.

IV. Die Föderalismusreform 2006

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programmieren könne.63 Es wurde eine Lösung auf der Grundlage der Verpflichtung der Länder zu bundesfreundlichem Verhalten vorgeschlagen. Diese „Anpassungsverpflichtung“ sei die Kehrseite der Einschränkung des Bundes in seiner Kompetenz durch die Schranke des Art. 79 Abs. 3 GG.64 Das Urteil ebnete den Weg des Bundesgesetzgebers für die Einführung einer einheitlichen Besoldung und Versorgung im gesamten Bundesgebiet. Ein Rückgriff auf die Rahmenkompetenz ist angesichts einer umfassenden Ausnutzung der konkurrierenden Gesetzgebung durch den Bund, wie erwartet,65 eine rein theoretische Alternative geblieben. Der Bundesgesetzgeber hat auf Grundlage der neuen Ermächtigungsnorm sofort gehandelt: das Erste Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern (1. BesVNG) war am selben Tag wie die Grundgesetzänderung zustande gekommen und wie diese am 18. März 1971 ausgefertigt und am 20. März 1971 verkündet worden.66 Das Inkrafttreten der ermächtigten Norm lag sogar vor dem Inkrafttreten der Ermächtigungsnorm. Das BVerfG erkannte auf einen Mangel im Gesetzgebungsverfahren, der jedoch nicht zur Nichtigkeit des BesVNG geführt hätte. Dies wäre dann der Fall gewesen, wenn die Parallelität der beiden Verfahren ein evidenter Fehler gewesen wäre.67 Die Rechtslage sei aber erst mit der Entscheidung klargestellt, daher erst ab diesem Zeitpunkt evident. Das BVerfG hat Rücksicht auf die Rechtssicherheit genommen und dem Gesetzgeber auferlegt, das verfassungswidrig zustande gekommene Gesetz unverzüglich „in Ordnung zu bringen“.68

IV. Die Föderalismusreform 2006: Hintergründe und Konsequenzen für das Beamtenrecht 1. Die Entwicklung des deutschen Föderalismus nach 1945 – die Unitarisierung des Bundesstaats und ihre Folgen

Die historischen Entwicklungen nach 1933 haben dazu geführt, dass Deutschland zu einem zentralistischen Staat mit einheitsstaatlichem System mutiert ist. Nach dem Krieg waren nicht nur die Alliierten, sondern auch die Verfassungs­väter darum bemüht, durch die Schaffung eines föderalen Staates der Rückkehr einer Diktatur entgegenzuwirken. Der deutsche Staat sollte zwar über eine Zentralgewalt verfügen, jedoch den einzelnen Gliedstaaten größtmögliche Unabhängigkeit zubilligen. Bereits damals hatte man auch die Wiedervereinigung Deutschlands



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Herzog, in: Maunz/Dürig, Art. 74, Rn. 4. Wilhelm, ZBR 1971, 129, 136. 65 Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 74a, Rn. 30 (48. Lieferung – Mai 1984). 66 BGBl. I, S. 208. 67 BVerfGE 34, 9, 25. 68 BVerfGE 34, 9, 26.

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B. Rechtsentwicklung

als mögliche Alternative für die Zukunft in Erwägung gezogen.69 Der föderale Typus der neuen Verfassung sollte diesen historischen Schritt nicht erschweren oder gar verhindern.70 In diesem Sinne wurde die Kompetenzordnung in der Bundesrepublik durch das Grundgesetz von 1949 in weiten Teilen umrissen. In Art. 30 GG ist eine umfassende, aber doch widerlegbare Zuständigkeitsvermutung für alle staatlichen Aufgaben zugunsten der Länder festgeschrieben.71 Die Norm wird von Art. 70 GG flankiert, der die Zuständigkeit des Bundes für die Gesetzgebung zur Ausnahme erklärt. Neben diesen grundsätzlichen Kompetenzverteilungsregelungen hat der Verfassungsgesetzgeber dem Bund mehrere Möglichkeiten des Zugriffs auf die Gesetzgebung (vor allem im VII. Abschnitt des Grundgesetzes) geschaffen. Mit der zunehmenden Wahrnehmung dieser Befugnisse durch den Bund wurde bereits frühzeitig eine Tendenz zum unitarischen Bundesstaat erkennbar.72 Die Gründe dafür waren unterschiedlich. Zunächst ist die Zuständigkeitsverteilung innerhalb des Grundgesetzes selbst zu nennen, die, ungeachtet der abweichenden Erwartungen bei der Verfassungsgebung, das spätere Verhalten des Bundes vorprogrammierte.73 Auch wurden im Zuge zahlreicher Grundgesetzänderungen einige neue Kompetenzen des Bundes geschaffen, allen voran die sog. Gemeinschaftsauf­gaben (Art.  91a, 91b GG: Einschränkung der alleinigen Länderkompetenz im Hochschulbereich usw.), die einen Verlust der ausschließlichen Länderkompetenzen zu Folge hatten.74 In diesem Zusammenhang wurde von einer Einbahnstraße von der Landeszuständigkeit zur Bundeszuständigkeit gesprochen.75 Der Bund hat auch die ihm zustehenden Kataloge der konkurrierenden Gesetzgebung und der Rahmengesetzgebung umfassend für sich ausgenutzt. Bei der Bevölkerung stieß diese Entwicklung auf Verständnis, denn länderverschiedene Regelungen waren unpopulär und deshalb auch unerwünscht. Nicht zuletzt wurde die Entwicklung zu Lasten der Länder durch die Europäische Integration verstärkt. Bis zum Inkrafttreten des Art. 23 GG im Jahre 1992 erfolgte die Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Gemeinschaft durch einfaches Bundesgesetz gem. Art. 24 I GG. Dabei war der Bundesrat – auch bei der Übertragung ausschließlicher Länderkompetenzen – nicht zustimmungsberechtigt.76 Die Folgen dieser fortschreitenden Aufgabenverlagerung zugunsten des Bundes sind vielfältig. Das Erscheinungsbild der Länder hat unter dem weitgehenden Entzug von Rechtsetzungs- und Gestaltungsaufgaben gelitten: bei unausgesetz

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Wilms, ZRP 2003, 86. Mußgnug, HdbStR IV, 2. Aufl. 1999, § 6. 71 Gubelt, in: v. Münch/Kunig, Art. 30, Rn. 1. 72 Hesse, Der unitarische Bundesstaat, 1962. 73 Papier, DVP 2005, 1 spricht von „Hochzonung“ staatlicher Aufgaben; Kunig, in: v. Münch/Kunig, Art. 70, Rn. 5. 74 Gubelt, in: v. Münch/Kunig, Art. 30, Rn. 2. 75 Herzog, in: Maunz/Dürig, Art. 20 IV, Rn. 55. 76 Rojahn, in: v. Münch/Kunig, Art. 24, Rn. 52 ff.

IV. Die Föderalismusreform 2006

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ter Hochzonung staatlicher Aufgaben könnten die Länder zu bloßen Verwaltungsoder Vollzugseinheiten reduziert werden.77 Denn die Länder wirken an der Gesetzgebung des Bundes durch den Bundesrat, der aus Mitgliedern der Landesregierungen besteht. Die Rolle der Landesparlamente wird dabei erheblich eingeschränkt. Sie fungieren lediglich als Ratifikationsinstanz,78 ohne eigene Gestaltungsmacht. Folglich verläuft das Gesetzgebungsverfahren unter maßgeblichem Einfluss der Exekutive  – der Bundesregierung einerseits und der Mitglieder der Landesregierungen andererseits. In diesem Zusammenhang ist von einem Verhandlungsverbund von Regierungsvertretern aus Bund und Ländern die Rede.79 Die Bundesgesetze werden somit im Rahmen eines tendenziell intergouvernementalen Verfahrens erlassen. Dieser Effekt – in der Literatur wird er als Exekutivföderalismus bezeichnet80 – erinnert an das Rechtssetzungsverfahren in der Europäischen Union, deren zentrales Rechtssetzungsorgan  – der Rat  – sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten auf Ministerebene zusammensetzt. Die eingeschränkte Beteiligung des Parlaments auf europäischer Ebene ist ein unter dem Begriff des Demokratiedefizits bekanntes Problem.81 Als Folge des Beteiligungsföderalismus wird dies nun auch auf der Ebene der Bundesrepublik erkennbar. 2. Erste Ansätze einer Reform des deutschen Föderalismus

Die mit der fortschreitenden Unitarisierung der Bundesrepublik zusammenhängenden negativen Auswirkungen ließen bereits Anfang der neunziger Jahre eine Diskussion um den deutschen Föderalismus laut werden.82 Auch die Wiedervereinigung Deutschlands war Anlass für diese Überlegungen. Dadurch ist ein wirtschaftliches und soziales Ungleichgewicht entstanden, dessen Bewältigung mehrerer grundlegender Reformen bedurfte. Einen wichtigen Beitrag zur Durchführung dieser Aufgabe sollte eine Neujustierung der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern leisten. Die Notwendigkeit einer Verfassungsreform hat man auch im Rahmen des Art. 5 des Einigungsvertrages83 festgeschrieben. Eine Änderung des Grundgesetzes ist schließlich im Jahre 1994 erfolgt.84 Sie brachte vor allem eine deutliche Verschärfung der Voraussetzungen für das Gesetzgebungsrecht des Bundes in den Bereichen der konkurrierenden Gesetzgebung und der Rahmen­

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Kirchhof, DVBl. 2004, 977. Papier, DVP 2005, 1. 79 Papier, DVP 2005, 1, 2. 80 Seidel, RuP 2004, 86, 88; Papier, DVP 2005, 1.  81 Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 6. Aufl., Rn. 246 ff. 82 Ipsen, Verfassungsrecht im Wandel, 1999. 83 Dort heißt es: „Die Regierungen der beiden Vertragsparteien empfehlen den gesetzgebenden Körperschaften des vereinten Deutschlands, sich innerhalb von zwei Jahren mit den im Zusammenhang mit der deutschen Einigung aufgeworfenen Fragen zur Änderung oder Ergänzung des Grundgesetzes zu befassen, insbesondere in Bezug auf das Verhältnis zwischen Bund und Ländern entsprechend dem Gemeinsamen Beschluss der Ministerpräsidenten vom 5. Juli 1990 (…).“ 84 Schmalenbach, Föderalismus und Unitarismus in der Bundesrepublik Deutschland, 1998.

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B. Rechtsentwicklung

gesetzgebung. Die erhoffte Kompetenzverlagerung zugunsten der Länder ist jedoch nicht durchgesetzt worden. Stattdessen schärfte man Art. 72 Abs. 2 GG, indem man die möglichen Gründe für die Ausübung der konkurrierenden Gesetzgebung durch den Bund reduzierte, eine Erforderlichkeitsprüfung verlangte, und diese ausdrücklich der Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht unterstellte. Dies war aus mehreren Gründen nicht ganz gelungen. Zunächst konnte die „politische Lösung“ der Entscheidung über die Erforderlichkeit durch Gesetzgebungsorgane nur zu einer Verflechtung der Verfahren führen, da ja der Bundesrat dann seine Zustimmung geben müsste.85 Die Reform hat dazu geführt, dass es Materien der konkurrierenden Gesetzgebung gab, auf die der Bund seit 1994 unter keinen Umständen mehr zugreifen konnte, obwohl dasselbe Grundgesetz auch ihm die Gesetzgebung darüber zugewiesen hat.86 Ferner gab es jetzt Bundesgesetze, die nur zum Teil nicht mehr der Gesetzgebungsmacht des Bundes unterstanden, weil nun, anders als früher, jeder einzelne Paragraph sich gegenüber den strengen Voraussetzungen zu rechtfertigen hatte.87 In dieser misslichen Lage hat das BVerfG das Ruder übernommen und mittels seiner Rechtsprechung eine Grundlage für eine angemessene Handhabung der Erforderlichkeitsklausel geschaffen. Im Urteil zum Altenpflegegesetz hat das Gericht klargestellt, dass der von seiner alten Rechtsprechung bejahte Ermessenspielraum zugunsten des Bundesgesetzgebers bezüglich der Erforderlichkeit oder des Bedürfnisses nach einer bundeseinheitlichen Regelung nun nicht mehr geboten ist.88 Vielmehr würden Entstehungsgeschichte und ratio legis des Art. 72 Abs. 2 a. F., 93 Abs.  1 Nr.  2a GG gebieten, dass „die Erforderlichkeitsklausel als gerichtlich kontrollierbare Beschränkung verstanden wird“.89 In Umsetzung dieses Verfassungsauftrags hat das BVerfG relativ strenge Anforderungen an die Erfüllung der Erforderlichkeitsklausel gestellt. Erst bei erheblichen Beeinträchtigungen des bundesstaatlichen Sozialgefüges, bei nicht mehr hinnehmbareren Problemen durch Rechtszersplitterung oder zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit des deutschen Wirtschaftsraums sieht das Gericht die einzelnen Alternativen des Art. 72 Abs. 2 a. F. GG als erfüllt an.90 Der Bundesgesetzgeber wird nach diesen Vorgaben dazu gehalten, eine Prognoseentscheidung darüber zu treffen, ob ein Gesetz auf Bundesebene erforderlich i. S. d. Art. 72 Abs. 2 GG a. F. ist.91 Dieses Vorgehen des Gesetzgebers ist gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2a GG in vollem Umfang justiziabel. Mit dem Urteil hat das BVerfG einen sehr wichtigen Beitrag zur Stärkung des Föderalismus geleistet.

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Haug, DÖV 2004, 190, 195. Mayer, in: v. Münch/Kunig, Art. 93, Rn. 41. 87 Mayer, in: Sachverständigenstellungnahme zur Föderalismusreform 2006, S. 13. 88 BVerfGE 106, 62. 89 BVerfGE 106, 62, 135 ff. 90 BVerfGE 106, 62, 144 ff. 91 Calliess, EuGRZ 2003, 192, 193 f. spricht sogar von der Herausbildung der Prognose­ entscheidung als eigenständiger Rechtsfigur mit spezifischer Fehlerquelle.

IV. Die Föderalismusreform 2006

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Im Schrifttum wurde der Zustand des deutschen Föderalismus, auch im Hinblick auf die Reform des Grundgesetzes im Jahre 1994, zunehmend kritisiert. Diese Diskussion soll hier nicht im Einzelnen dargestellt werden. Es seien lediglich die wichtigsten Kritikpunkte genannt. Dabei wurden vor allem der dargestellte Zentralisierungs- und Unitarisierungstrend und die Dominanz der Mitbestimmungs­ prozesse als Föderalismusfeinde dargestellt.92 Auch habe der Bundesstaat wegen seiner Finanzverfassung kartellhafte Züge angenommen und politische und sachliche Verantwortung verschleiert.93 Als Gegenmittel zum Verbundföderalismus, wurde unter dem Stichwort Wettbewerbsföderalismus mehr politischer Wett­ bewerb gefordert, der vor allem durch eine Verlagerung einiger Kompetenzen auf die Länder eingeführt werden sollte. Dabei empfand man eine Entflechtung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern als dringend notwendig.94 Weiterhin wurde die europäische Handlungsfähigkeit Deutschlands kritisiert  – die Reformüberlegungen konzentrierten sich hier auf die Frage einer föderalismusgerechten Mitwirkung von Bund und Ländern an der europäischen Rechtssetzung über Art. 23 GG.95 Schließlich empfand man das heterogene Erscheinungsbild der Länder als wesentliches Problem des föderalen Staates. Die Forderung einer Neugliederung des Bundesgebiets wurde mit der Notwendigkeit von gleichwertigen Ländern begründet, die aus sich heraus lebensfähig wären.96 3. Die Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung

Die Postulate aus der Wissenschaft wurden auf politischer Ebene zwar wahr­ genommen, eine konstruktive Diskussion wurde jedoch nicht sofort ausgelöst. Die Verflechtung des deutschen Föderalismus bestand bis zu einem gewissen Grad sowohl im Interesse des Bundes als auch der Länder. So konnten der Wohlfahrtstaat ausgebaut und die Bundesmittel für die Länder zentral erhöht werden. Doch angesichts der negativen Haushaltsbilanzen der Länder hat sich die zunehmend zen

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Hennecke, in: Föderalismusreform in Deutschland, S. 13, 14 ff. m. w. N. So bereits: Ossenbühl, DVBl. 1989, 1234; Schmidt-Jortzig, APuZ 2005, 6, 10 ff. 94 Wilms, ZRP 2004, 150, Kirchhof, DVBl. 2004, 977. 95 Dabei wurden völlig gegensätzliche Lösungsmöglichkeiten vorgeschlagen, die hier im Einzelnen nicht dargestellt werden: eine Auffassung verficht eine ersatzlose Streichung des Art.  23 Abs.  4–7 GG, weil die Länderbeteiligung ein erhebliches Hindernis für eine effektive Vertretung des deutschen Mitgliedstaats in Europa bilden würde. Als Alternative wurde eine Bildung eines gemeinsamen europäischen Ausschuss von Bundestag und Bundesrat – des „­Föderalen Europabeirats“ postuliert (Schmidt-Jortzig, APuZ 2005, 6, 12; Kirchhof, DVBl. 2004, 977, 984). Eine andere Meinung beklagte die unverbindliche Fassung der Abs.  4–7, welche die Länder zu bloßen Verwaltungseinheiten degradierte, und mahnte eine Verstärkung der Länderrechte in der EU an. Weitere Meinungen dargestellt bei Kirchhof, ZG 2004, 209, 214. 96 Haug, DÖV 2004, 190, 196 f.; Papier, DVP 2005, 1, 5; Kirchhof, DVBl. 2004, 977, 980; Seidel, RuP 2004, 86, 95.

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B. Rechtsentwicklung

trale Regulierungstendenz als kostspielige Illusion entpuppt.97 Die allgemeine Unzufriedenheit über den Zustand des deutschen Föderalismus und die kritischen Stimmen aus der Wissenschaft haben die Legislativorgane schließlich dazu gebracht, konkret zu handeln. Im Oktober 2003 haben Bundestag und Bundesrat eine gemeinsame „Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung“ mit dem Ziel eingesetzt, die Gesetzgebungsmacht der Länder zu stärken, ihre ­Blockademacht zu reduzieren sowie die staatlichen Finanzbeziehungen neu zu ordnen.98 Das von dem damaligen SPD-Vorsitzenden Müntefering und dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber geleitete Gremium hatte im Verlauf der Verhandlungen hohe Erwartungen geweckt. a) Grundsätzliche Reformvorschläge Als Drehpunkt des gesamten Verhandlungspakets galt die Neufassung des Art. 84 GG: die Zustimmungsrechte des Bundesrates sollten dadurch vermindert werden, dass die Länder bei der Ausführung von Bundesgesetzen die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren als eigene Angelegenheit regeln. Ausnahmen für bundeseinheitliche Regelungen hätten demnach weiterhin der Zustimmung des Bundesrats bedurft.99 Gleichzeitig sollte der Bundesrat aber bei Bundesgesetzen zustimmen, die als eigene Angelegenheit der Länder ausgeführt werden und Pflichten der Länder zur Erbringung von Geldleistungen gegenüber Dritten begründen. Bei dem zweiten wichtigen Punkt der Verhandlungen  – der Reform der Gesetzgebungskompetenzen – verständigte man sich darauf, den langen Katalog der konkurrierenden Gesetzgebung auszudünnen und sowohl dem Bund als auch den Ländern mehr ausschließliche Kompetenzen zu übertragen.100 Das ursprünglich angestrebte Ziel einer vollständigen Auflösung der Kategorie der Rahmengesetzgebung ist während der Arbeiten der Kommission nicht gelungen. Ein weiterer wesentlicher Punkt betraf die Neuordnung der Finanzverantwortung. Die Kategorie der Gemeinschaftsaufgaben sollte komplett gestrichen werden. Die regionale Steuerautonomie sollte gestärkt werden und es wurde über einen nationa-



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Hennecke, in: Föderalismusreform in Deutschland, S. 13, 18. Beschluss zur „Einsetzung einer gemeinsamen Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung“ (Bundesstaatskommission), BR-Drs. 750/03; BT-Drs. 15/1685. 99 Dietsche/Hinterseh, in: Borchard/Margedant (Hrsg.), Der deutsche Föderalismus im Reformprozess, S. 13 f.; Trute, in: Starck, Föderalismusreform, S. 74 ff. 100 Der Bund sollte das Waffen- und Sprengstoffrecht, das Versorgungsrecht der Kriegs­ beschädigten und Hinterbliebenen, das Atomrecht, das Meldewesen und den Schutz deutschen Kulturguts erhalten. Die Länder sollten erweiterte Kompetenzen in den Bereichen Ver­sammlungsrecht, Strafvollzug, Notariatswesen, Landeschlussrecht, Gaststättenrecht, Spielhallen, Messen/Ausstellungen/Märkte, Landwirtschaftliches Pachtwesen und Grundstückverkehr, Flurbereinigung, Siedlungs- und Heimstättenwesen, Sport-/Freizeit- und sozialer Lärm sowie Presserecht erhalten.

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len Stabilitätspakt verhandelt, welcher eine Mitverantwortung der Länder für den Fall festlegen würde, dass aus dem EU-Stabilitätspakt Sanktionen wegen übermäßiger Verschuldung aufgebracht werden müssten. b) Reformvorschläge für den öffentlichen Dienst Das zentrale Thema im Bereich des Öffentlichen Dienstrechts betraf die Zuordnung von Gesetzgebungszuständigkeiten zwischen Bund und Ländern. Der zweite Punkt betraf die Reform des Art. 33 Abs. 5 GG. Einige der von der Kommission bestellten Experten haben bereits im Rahmen ihrer Gutachten eine Kompetenzverlagerung bei der Besoldung und Versorgung zugunsten der Länder gefordert.101 Eine öffentliche Anhörung der Gutachter fand dann in der 8. Sitzung im Rahmen der Projektgruppe 2 statt. In der Kompetenzfrage wurden drei Modelle vorgeschlagen: das sog. „eingeschränkte Trennmodell“, wonach Art. 74 a GG aufgehoben werden sollte; das „Bandbreitenmodell“, nach dem die Regelung weiterhin Bestand haben sollte während Abweichungen in einem bestimmten Maß zulässig sein sollten; schließlich wurde ein „Zugriffsmodell“ vorgeschlagen, wonach der Bund die Materie bundeseinheitlich komplett regeln sollte, die Länder davon für ihr eigenes Land abweichen dürften.102 Die Diskussion hat sich jedoch nicht, wie man erwarten könnte, auf die verschiedenen Reformmodelle beschränkt – von den Experten wurden diese vielmehr überhaupt nicht angesprochen. Dies mag deswegen der Fall gewesen sein, weil sich die Sachverständigen darüber einig waren, dass Art. 74 a GG gänzlich abgeschafft werden sollte. Das Thema der Diskussion wich auf das Reformpotenzial des Art. 33 Abs. 5 GG und dessen Bedeutung für die Föderalismusreform aus. Dabei zeigte sich ein Spannungsverhältnis zwischen der rein kompetenzrechtlichen Frage der Zuständigkeit der Länder für die Besoldung und Versorgung und dem Regelungsauftrag, der im Rahmen der an sich ja materiell-rechtlichen Norm des Art. 33 Abs. 5 GG festgeschrieben ist. Die an der Diskussion beteiligten Politiker sahen die Änderung des Art. 33 Abs. 5 GG als zwingenden Weg zur Reform des öffentlichen Dienstes, es wurde sogar eine gänzliche Streichung der Vorschrift vorgeschlagen.103 Die Sachverständigen sprachen sich für eine Reform der Norm aus, bei der Reichweite waren sie allerdings vorsichtig. Innerhalb der zuständigen Arbeitsgruppe und der Projektgruppe konnte keine ­Einigkeit über den neuen Wortlaut des Art. 33 Abs. 5 GG erzielt werden.104 Während der Debatte wurde zur Begründung der Notwendigkeit der Rückverlagerung der Kompetenzen auf die Länder nur wenig ausgeführt. In der Regelung 101

Huber, Kirchhof, Meyer, Schmidt-Jortzig und Scholz. Stenografisches Protokoll der 8. Sitzung der Kommission vom 8. Juli 2004, S. 179 f. 103 Vgl. die Aussage von Wowereit, Stenografisches Protokoll der 8. Sitzung der Kommission vom 8. Juli 2004, S. 183. 104 Eine Übersicht zu den einzelnen Vorschlägen findet sich bei: Höfling/Burkiczak, DÖV 2007, 328, 331. 102

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B. Rechtsentwicklung

des Art. 74 a GG sah man eine Blockadevorschrift, die insbesondere die Länder daran gehindert habe, das Beamtenrecht zu reformieren.105 Der einzige Grund für die Vereinheitlichung der Besoldungs- und Versorgungskompetenz auf Bundesebene hätte darin bestanden, sich der Konkurrenz um die so genannten besseren Beamten zu entledigen. Diese Einstellung entsprach auch der Position der Länder, die im Ergebnisprotokoll der Ministerpräsidentenkonferenz vom 27.  März 2003 festgehalten wurde.106 In Punkt 2.1 der sog. Leitlinien für die Verhandlungen mit dem Bund einigten sich die Regierungschefs darüber, dass mit Ausnahme bestimmter Komplexe, die weiterhin einer bundeseinheitlichen Regelung für den öffentlichen Dienst bedürfen, Zugriffsrechte anzustreben sind. Ferner sollte, um den Ländern möglichst weite eigenständige Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen, eine Modifikation des Art. 33 Abs. 5 in die Verhandlungen mit dem Bund einbezogen werden.107 Hintergründe dieser Bestrebungen waren wohl haushaltspolitischer Natur. Allerdings waren sich zumindest einige Länder bereits zu diesem Zeitpunkt der Konsequenz bewusst, dass wirtschaftlich stärkere Länder die Spitzenkräfte anderer Länder abwerben könnten.108 Eine Beurteilung der endgültigen neuen Rechtslage wird am Ende des Kapitels vorgenommen. c) Das Scheitern der Kommission Die Kommission konnte sich schließlich nicht auf einen einheitlichen Beschlussvorschlag einigen und ihre beiden Vorsitzenden – die Herren Münte­fering und Stoiber  – gaben am 17.  Dezember 2004 das Scheitern der Verhandlungen kund.109 Die Gründe lagen im Wesentlichen in den unterschiedlichen Interessenpositionen der Bundesregierung und der Länder.110 Die Bundesregierung hatte kein echtes Interesse an einer Entflechtung der Kompetenzen, die ja überwiegend zu ihrer Lasten ausfallen musste. Zudem machte der Bund neuen Zentralisierungs­ bedarf in den Politikfeldern Bildung, Umwelt, Innere Sicherheit geltend. Die Länder hingegen waren von vornherein nicht darauf angelegt, über ihre Finanzfragen und eventuelle Neugliederung zu verhandeln und waren auf die Option von Zu 105

Scholz spricht insofern davon „[die Einführung des Art. 74 a GG] heute als einen fundamentalen Fehler zu erkennen und zu reparieren.“ – Stenografisches Protokoll der 8. Sitzung der Kommission vom 8. Juli 2004, S. 186. 106 Ministerpräsidentenkonferenz zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung am 27. März 2003 in Berlin. 107 Hierzu heben die Regierungen von der Hansestadt Hamburg und von Niedersachsen die folgende Protokollerklärung abgegeben: Die Vergleichbarkeit der Zuordnung zu Laufbahnen und Funktionen muss auch zukünftig erhalten bleiben, u. a. um die Mobilität innerhalb Deutschlands zu ermöglichen. 108 FAZ v. 3.7.2005, S. 4 („Länder äußern Vorbehalte gegen Föderalismusreform“) – auf die Gefahren wiesen die Ministerpräsidenten der Länder Schleswig-Holstein und MecklemburgVorpommern hin. 109 Kommissionsprotokoll Nr. 11 vom 17. Dezember 2004. 110 Kröning, RuP 2005, 9.

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griffsrechten und einer vertieften europapolitischen Mitwirkung konzentriert. Bezüglich der Zugriffsrechte wurde kein Fortschritt erzielt und in Folge dessen hat sich die Position der Länder verhärtet: die Bildungspolitik sollte um jeden Preis Ländersache bleiben. Dieser Dissens war der unmittelbare Grund für das Scheitern. Nichtsdestotrotz wurde in einigen Punkten Einigkeit erzielt: diese Ergebnisse haben die Vorsitzenden in einem Vorentwurf festgehalten.111 4. Wiederaufnahme der Reform im Herbst 2005

Nach dem Fehlschlag im Dezember 2004 schien die große Föderalismusreform gescheitert. Doch die ab Herbst 2005 regierenden neuen Koalitionäre CDU, CSU und SPD legten sich in ihrem Koalitionsvertrag vom 11. November 2005 auf die „Modernisierung der staatlichen Ordnung“ fest.112 Zwischen den Vertragspartnern der großen Koalition war eine Einigung über die strittigen Punkte der Föderalismusreform wahrscheinlicher, als während der Amtszeit der vorigen Regierung. So wurde bereits dem Koalitionsvertrag als Anlage das Konzept einer „Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung“ in der Form eines komplett ausformulierten Gesetzes beigefügt. Darin wurde die Streichung des Art. 74 a GG vorgeschlagen und die Formulierung des Art. 33 Abs. 5 GG aus dem Ergebnisprotokoll der ersten Föderalismuskommission übernommen.113 In der Folgezeit wurden zwar mehrere Änderungsvorschläge eingebracht, insbesondere wurde die Hochschulpolitik wieder zum Gegenstand eines Streits, der diesmal innerhalb der großen Koa­lition ausgetragen wurde und die Frage der Erhaltung von Mitwirkungs- und vor allem Finanzierungskompetenzen des Bundes im Wissenschaftsbereich betraf. Der schließlich erreichte Konsens ermöglichte es, am 30. Juni 2006 über die Föderalis-

111 Arbeitsunterlage 104 neu. Darunter die folgenden Punkte: die Reform des Art. 84 Abs. 1 GG, die Schaffung eines neuen, an die Stelle von Art. 104 a Abs. 3 S. 3 GG tretenden Zustimmungsrechtes des Bundesrates bei Gesetzen mit erheblichen Kostenfolgen, die Streichung des Art. 75 Abs. 1 Nr. 1, 98 Abs. 3 S. 2 und 74 a GG in Verbindung mit der Einführung eines Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG, beträchtliche weitere Kompetenzverlagerungen auf die Länder, beacht­liche Ausnahmen von der Erforderlichkeitsklausel in Art.  72 Abs.  2 GG bei der konkurrierenden Gesetzgebung, die Abschaffung der Gemeinschaftsaufgabe „Hochschulbau“ (Art. 91 a Abs. 1 Nr. 1 GG), die Verankerung der Hauptstadtfunktion von Berlin in Art. 22 GG. Auch die inzwischen geltende Formulierung des Art. 33 Abs. 5 GG wurde damals schon in den abschließenden Vorschlag aufgenommen. 112 Koalitionsvertrag, S. 93, abrufbar unter: http://www.cdu.de/doc/pdf/05_11_11_koalitions vertrag.pdf. 113 Die Begründung für die Änderung des Art. 33 Abs. 5 GG lautet: „Mit der Ergänzung des Artikels 33 Abs. 5 um die Wörter und fortzuentwickeln wird die Notwendigkeit einer Modernisierung und Anpassung des öffentlichen Dienstrechts an sich ändernde Rahmenbedingungen hervorgehoben. So sollen Gesetzgebung und Rechtsprechung die Weiterentwicklung des öffentlichen Dienstrechts erleichtern. Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums sind auch weiterhin zu berücksichtigen. Unberührt bleibt die verfassungsrechtliche Garantie des Berufsbeamtentums.“ BT-Drs. 16/813, S. 10.

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B. Rechtsentwicklung

musreform im Bundestag abzustimmen: nahezu alle Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD wurden für die Reform abgegeben. Am 7. Juni 2006 folgte die erforderliche Zustimmung des Bundesrates. 5. Ergebnisse der Reform

Im Zuge der Reform wurden die Voraussetzungen der Art.  72 GG durch die Einführung einer Vorranggesetzgebung differenziert. Eine Erforderlichkeit für die Einführung des Gesetzes muss nunmehr lediglich für die in Art. 72 Abs. 2 GG ausdrücklich genannten Kompetenztitel des Art.  74 Abs.  1 GG festgestellt werden, für alle anderen Bereiche der konkurrierenden Gesetzgebung wird sie unwiderleglich vermutet. Die meisten der bedeutsamen Kompetenzen des Art. 74 Abs. 1 GG werden damit der Vorranggesetzgebung zugeordnet, womit die Position des Bundes deutlich gestärkt wird. Das Bundesrecht im Bereich konkurrierender Gesetzgebung, welches i. S. des Art. 72 Abs. 2 GG nicht erforderlich ist, kann durch das Landesrecht ersetzt werden. Diese Rückholmöglichkeit ist in Art. 72 Abs. 4 GG festgeschrieben. Dabei ist der Anwendungsbereich dieser Ersetzbarkeit sehr eingeschränkt: sie kann nur für das Recht angeordnet werden, für das „eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht“. Die Länder können auf das neu eröffnete verfassungsgerichtliche Verfahren des Art. 93 Abs. 2 GG zurückgreifen, wonach der Wegfall einer Erforderlichkeit nach Art. 72 Abs. 2 GG fest­gestellt werden kann. Eine gänzlich neue Variante der konkurrierenden Gesetzgebung stellt die neu eingeführte Möglichkeit der Abweichungsgesetzgebung dar (Art. 72 Abs. 3 GG). Für bestimmte Materien, für die der Bund bisher lediglich eine Rahmenkompetenz hatte und die in die konkurrierende Zuständigkeit verlagert wurden, haben die Länder die Möglichkeit, vom an sich fortgeltenden Bundesrecht abweichende Regelungen zu treffen.114 Auf diesen Gebieten wird das Erfordernis einer bundesgesetzlichen Regelung ohne weitere Prüfung unwiderlegbar vorausgesetzt. Gleichzeitig sind hier landesgesetzliche Abweichungen möglich, selbst wenn der Bund von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz bereits abschließenden Gebrauch gemacht hat. Diese Lösung wird insbesondere in Hinsicht auf die Regel des Art. 31 GG kritisiert: das Landesrecht erhält hier Vorrang vor parallelem Bundesrecht, auch wenn dies auf einem eng begrenzten Bereich geschieht.115 Im Unterschied zum erstgenannten Fall einer Ersetzungsmöglichkeit nach Art. 72 Abs. 4 GG, wo das Landesgesetz das nicht mehr erforderliche Bundesgesetz derogiert, gilt für die Abweichungsgesetzgebung ein Anwendungsvorrang.116 114 Es handelt sich hierbei um das Jagdrecht, um Naturschutz, Landschaftspflege und Wasserhaushalt, um die Raumordnung und Bodenverteilung, sowie um die Hochschulzulassung und Hochschulabschlüsse. 115 Nierhaus/Rademacher, LKV 2006, 385, 389; Möstl, ZG 2003, 297, 302. 116 Degenhart, NVwZ 2006, 1209, 1212.

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Die Reform hat bedeutende Änderungen im Bereich der Kompetenzkataloge gebracht. Mehrere Bereiche bisher konkurrierender Gesetzgebung und von Materien der Rahmengesetzgebung wurden in die ausschließliche Zuständigkeit der Länder überführt.117 Die Länder haben damit einen gewissen Ausgleich für die weitgehende Außerkraftsetzung der Erforderlichkeitsklausel des Art. 72 Abs. 2 GG und die Neuregelung der allgemeinen Voraussetzungen der Kompetenzausübung erhalten. In Hinsicht auf die dargestellte Notwendigkeit eines Abbaus von Mitwirkungsrechten des Bundesrates wurde zunächst bei den Verwaltungskompetenzen angesetzt. Die Neufassung des Art. 84 Abs. 1 GG sieht in Satz 1 jetzt die Regelung der Behördeneinrichtung und des Verwaltungsverfahrens durch die Länder als Regelfall vor. Nach dem neu eingefügten Satz 2 soll der Bund zwar weiterhin etwas anderes bestimmen können, den Ländern wird jedoch gleichzeitig die Kompetenz eingeräumt, in diesen Fällen davon abweichende Regelungen zu treffen. Durch dieses Zugriffsrecht der Länder sind entsprechende Bundesgesetze von der Zustimmungspflicht durch den Bundesrat befreit. Sowohl in Art. 84 Abs. 1 GG als auch in Art. 85 Abs. 1 GG wurde die Regelung eingefügt, dass Gemeinden und Gemeindeverbänden durch Bundesgesetz keine Aufgaben übertragen werden dürfen.118 Dies wurde als Wiederherstellung des Normalzustands begrüßt, in dem die Kommunen staatsorganisationsrechtlich den Ländern zugeordnet sind.119 Die beschlossene Reform enthält einige Regelungen für eine Neuordnung der Finanzverhältnisse zwischen Bund und Ländern. Der Bereich der Gemeinschaftsaufgaben, die komplett abgeschafft werden sollten,120 wurde lediglich reduziert.121 117 Dies sind insbesondere: der Strafvollzug, Teile des Wirtschaftsrechts (Ladenschluss, Recht der Spielhallen) und das Versammlungsrecht, sowie punktuelle Änderungen in weiteren Bereichen – Übersicht bei Degenhart, NVwZ 2006, 1209, 1213 f. 118 Eine Einschaltung der Gemeinden in den Vollzug von Bundesgesetzen bleibt zwar möglich, jedoch nur in Ausnahmefällen und unter engen Voraussetzungen – vgl. Hennecke, ­NdsVBl. 2007, 57. 119 Nierhaus/Rademacher, LKV 2006, 385, 393. 120 Huber, Deutschland in der Föderalismusfalle?, 2003, S. 40 f. m. w. N. – die Vermischung der Zuständigkeiten hat sich zwar in einer finanziellen Entlastung der Länder ausgewirkt. Jedoch hat die umfangreiche Rahmenplanung auf diesem Gebiet dazu beigetragen, dass die Länder keine Eigenständigkeit besaßen und ihre Haushaltsautonomie durch das Mitspracherecht des Bundes beeinträchtigt wurde. 121 Die gemeinsame Bildungsplanung wurde abgeschafft und durch eine neue Gemeinschaftsaufgabe zur Feststellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im internationalen Vergleich inklusive Berichterstattung ersetzt (Art. 91 b GG a. F.). Die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau wurde ebenfalls beendet. An Hochschulen dürfen Bund und Länder jedoch künftig zusammenwirken bei Vorhaben der Wissenschaft und Forschung sowie bei Forschungsbauten (Art. 91b GG). Die Gemeinschaftsaufgabe Forschungsförderung ist insgesamt neu gefasst worden, wobei Bund und Länder auch nach wie vor eine gemeinsame Förderkompetenz bei der außer­universitären wissenschaftlichen Forschung besitzen (Art. 91b GG). Von den Finanzhilfen wurden die Wohnungsbauförderung und die Gemeindeverkehrswegefinanzierung abgeschafft, wobei die Anforderungen an die Gewährung zukünftiger Finanzhilfen des Bundes an die Länder durch einen neuen Finanzhilfetatbestand verschärft wurden. Die Mittel sind zukünftig nur noch befristet zu gewähren und in regelmäßigen Zeitabständen hinsichtlich ihrer Verwendung zu überprüfen.

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B. Rechtsentwicklung

Neu geregelt wurden auch die Bundesfinanzhilfen der Mischfinanzierung.122 Eine Reform der Finanzverfassung wurde in diesem ersten Teil der Föderalismusreform weitgehend ausgeklammert und soll erst in einem zweiten Schritt noch in dieser 16. Legislaturperiode angegangen werden. Insbesondere der Länderfinanzausgleich, der erst 2001 reformiert wurde, sollte nicht zum Gegenstand von Reformen gemacht werden. Auch ist der Solidarpakt II grundgesetzlich bekräftigt worden. Die Reformen beschränken sich deshalb im Wesentlichen auf jene Mischfinanzierungstatbestände, die eingeschränkt wurden, um auch im Bereich der Finanzen zu einer Entflechtung der Kompetenzen von Bund und Ländern beizutragen. Auf dem Gebiet des Beamtenrechts bestand die bedeutendste Neuregelung in der Rückverlagerung der Besoldung und Versorgung der Landesbeamten und der Richter in den Ländern in die ausschließliche Länderzuständigkeit durch Auf­ hebung des Art. 74 a GG. Auch für die Laufbahnen werden die Länder nunmehr zuständig sein. Lediglich für die Statusrechte der Beamten ist dem Bund an Stelle der Rahmenkompetenz nach Art. 75 Abs. 1 S. 1 GG a. F. eine konkurrierende Zuständigkeit verblieben – dies gemäß der neu eingefügten Nr. 27 des Art. 74 Abs. 1 GG –, die nicht unter die Abweichungsgesetzgebung fällt. Des Weiteren wurde die Änderung des Art. 33 Abs. 5 GG eingeführt; der Wortlaut wurde um die bereits im Rahmen der Föderalismuskommission vorgeschlagene  – sog. Fortentwicklungsklausel – erweitert.123 6. Der Weg zum Besoldungsföderalismus und die Beurteilung der Föderalismusreform 2006 für das Beamtenrecht im Schrifttum

Eine endgültige Beurteilung der mit der Föderalismusreform 2006 durchgesetzten Verlagerung der erwähnten Kompetenzen auf die Länder wird die Rechts­ praxis der nächsten Jahre liefern. Doch eine prognostische Einschätzung ist bereits 122 Die bisherige Regelung des Art. 104a Abs. 4 GG, wonach der Bund den Ländern für „besonders bedeutsame Investitionen der Länder und der Gemeinden“ zugunsten gesamtwirtschaftlicher oder wachstumspolitischer Ziele Finanzhilfen gewähren konnte, ist fast wortgleich in den neuen Art. 104b GG übergegangen. Dies ist jedoch für diejenigen Gebiete ausgeschlossen, die der ausschließlichen Gesetzgebung der Länder unterliegen (Art. 104b Abs. 1 S. 2 GG). Der Bund kann somit nicht mehr durch die Gewährung von gezielten Finanzhilfen sich die Gunst der Länder im Bundesrat „erkaufen“. Als einziges gemischt finanziertes Investitionsfeld ist jedoch der Bereich der Städtebauförderung geblieben, dem auch weiterhin dauerhaft jeweils im Haushaltsplan festzulegende Finanzhilfen des Bundes zur Verfügung gestellt werden können. Die bisherigen Aufgabengebiete der Gemeindeverkehrsfinanzierung (teilweise)  und der Wohnungsbauförderung sind auf die Länder übertragen worden. Dies allerdings mit der Maßgabe, dass der damit verbundene Ausfall der bisherigen Bundesfinanzhilfen den Ländern bis 2019, im Gegensatz zur Städtebauförderung also befristet, ausgeglichen werden (Kompen­ sationsklausel des Art. 143c GG). Sie müssen über den gesamten Zeitraum investiv verausgabt werden; ab 2014 entfällt aber die Zweckbindung und die Verwendung geht – nach einer Überprüfung – in die Haushaltsautonomie der Länder über. 123 Budjarek, S. 183 ff.

IV. Die Föderalismusreform 2006

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möglich. Um die Konsequenzen besser zu verdeutlichen muss auf die bereits dargestellte Rechtsentwicklung Bezug genommen werden. Denn dezentralisierende Tendenzen in der Besoldungsgesetzgebung sind bereits seit Anfang der 90er Jahre erkennbar. Als Beispiel sei hier nur die 1990 geschaffene Ermächtigung zur Regelung von bedarfsorientierten Sonderzuschlägen (§ 72 BBesG) genannt, die bereits damals als Instrument der regionalen Flexibilisierung verstanden werden durfte.124 Eine intensive Diskussion um die Frage der Modernisierung des Dienstrechts ist jedoch Mitte der 90er Jahre ausgebrochen. Den Anstoß hierfür boten vor allem die Privatisierungen der Deutschen Bundespost und der Deutschen Bundesbahn. Die aus der Privatwirtschaft rekrutierten Vorstandsvorsitzenden der 1994 neu entstandenen Unternehmen hatten unter anderem auch eine Befreiung von den Fesseln des öffentlichen Dienstrechts gefordert.125 Stimmen aus der Wirtschaft haben die Inflexibilität des Beamtenrechts kritisiert, insbesondere die mangelnde Abhängigkeit der Besoldung von der erbrachten Leistung. Nicht nur die Rechtslehre hat sehr lebhaft reagiert: es wurde sogar eine komplette Abschaffung des Beamtenrechts gefordert.126 Auch die Politik geriet unter Druck. Im Jahre 1996 entstand schließlich der Entwurf eines Reformgesetzes, dass sich hauptsächlich die Stärkung des Leistungsprinzips auf die Fahnen geschrieben hatte. Der Gedanke passte auch gut in das Konzept des „schlanken Staates“, das primär für einen Aufgabenabbau und Verfahrensderegulierung stand.127 Im Hintergrund standen natürlich auch Sparziele, die zunehmend deutlich wurden. Dennoch wurde mit dem Dienstrechts­ reformgesetz von 1997 ein wichtiger Beitrag zur Modernisierung des öffentlichen Dienstes geleistet. Das Leistungsprinzip wurde gestärkt, die Mobilität gefördert, die Arbeitszeitflexibilität erweitert und die Versorgungslasten gemindert. Das Reformgesetz brachte im Namen einer Flexibilisierung des Beamtenrechts an einigen Stellen auch eine Öffnung des Besoldungssystems zugunsten der Länder. Durch § 42a BBesG wurde den Dienstherren ermöglicht, monatliche Leistungsprämien und Leistungszahlungen bis zu 7 % des Anfangsgrundgehalts zu gewähren.128 Mit der Neufassung des § 26 BBesG wurde eine Regelungskompetenz der Länder zur Bestimmung der Stellenobergrenzen eingeführt. Die Sonderzuschläge nach § 72 BBesG wurden mit der Reform als regionales Regulierungsinstrument verallgemeinert und auf den konkreten Bedarfsfall ausgerichtet. Diese föderativen Tendenzen wurden durch die Einführung einer so genannten Einstellungsteilzeit für bestimmte Beamtengruppen gestärkt. Auf Grundlage des 1997 novellierten § 44 a BRRG haben elf Bundesländer eine entsprechende Ermächtigung in ihre Beamtengesetze aufgenommen. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung im Hinblick auf die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums war frag 124

Battis, NJW 1997, 1033, 1035. Battis, ZBR 1996, 193, 193. 126 Diskussion und Nachweise bei: Isensee, ZBR 1998, 295, 302 ff. 127 Scholz, PersV 1997, 200. 128 Darin liegt eine Öffnung des in den §§ 18, 19 BBesG Besoldungssystems – Schnellenbach, BeamtR, Rn. 573 ff. 125

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B. Rechtsentwicklung

lich. Das BVerwG verdeutlichte in einem hierzu ergangenen Urteil, dass eine Teilzeitbeschäftigung, für die sich der Beamte nicht freiwillig entschieden hat, weder mit dem Leistungsprinzip aus Art. 33 Abs. 2 GG noch mit der Hauptberuflichkeit und dem Alimentationsprinzip aus Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar ist.129 Daraufhin verzichteten einige Länder auf die Fortführung ihrer Praxis der Einstellungsteilzeit. In anderen Ländern wiederum wird die Einstellungsteilzeit bei der Verbeamtung von einigen Beamtengruppen weiterhin praktiziert.130 Dies führt dazu, dass bei den gleichen Ämtern ein Besoldungsgefälle zwischen einzelnen Bundes­ ländern existiert. Einen weiteren Schritt in Richtung einer Föderalisierung der Besoldung markiert das Besoldungsstrukturgesetz. Es gehörte zu einem von 15 Leitprojekten des Programms „Moderner Staat  – Moderne Verwaltung“, das die Bundesregierung am 1. Dezember 1999 verabschiedete.131 Mit diesem Programm sollte das Leitbild des aktivierenden Staates, das sich die Bundesregierung in der Koalitionsvereinbarung „Aufbruch und Erneuerung – Deutschlands Weg ins 21. Jahrhundert“ gegeben hatte, umgesetzt werden. Über das Gesetz sollten u. a. bundeseinheit­liche Vorgaben in der Beamtenbesoldung abgebaut und den Dienstherren größere Gestaltungsspielräume an die Hand gegeben werden, um im Personalbereich differenzierter handeln zu können. Außerdem war beabsichtigt, den Beschäftigten neue Perspektiven zu eröffnen und ihren Leistungswillen zu fördern. Nach langen Debatten innerhalb der Ausschüsse verabschiedete der Deutsche Bundestag am 21. März 2002 das Besoldungsstrukturgesetz. Es sah zahlreiche besoldungsrechtliche Neuregelungen vor, darunter den Ausbau leistungsbezogener Elemente: die Quoten für Leistungsstufen, -prämien und -zulagen wurden von 10 auf 15 Prozent erhöht. Eine neue Regelung zu den Stellenobergrenzen ermöglichte es Bund und Ländern, durch die weitgehende Öffnungsklausel in § 26 Abs. 3 BBesG ab­ weichende Obergrenzen festzulegen (Art. 1 Nr. 3 BesStruktG).132 Eine revolutionäre Neugestaltung des öffentlichen Dienstrechts wurde in dem Bericht der von der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen eingesetzten Kommission in dem Bericht Zukunft des öffentlichen Dienstes – öffentlicher Dienst der Zukunft gefordert.133 In Bezug auf die Besoldung wurde ein System vorgeschlagen, das sich an Funktion und Leistungen der Beschäftigten und an den Marktverhältnissen orientiert. Dies würde zugleich eine Abkehr von bisherigen Leitgedanken wie dem an die Ausbildung anknüpfenden Laufbahnprinzip, der Verknüpfung der Bezahlung mit den Elementen Alter, Familienstand und Kinderzahl bedeuten, was die Kommission auch erkannt und für zulässig gehalten hat.134 Die Ergebnisse der 129

BVerwGE 110, 363. So die Praxis in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen  – hierzu Kutscha, ZBR 2001, 156, 158. 131 Hierzu: Zypries, Verwaltung und Fortbildung 2000, S. 57. 132 BR-Drs. 258/02. 133 Erschienen im Januar 2003. 134 Zukunft des öffentlichen Dienstes – öffentlicher Dienst der Zukunft, Bericht, S. 134 ff. 130

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Arbeit der Kommission sind nicht Wirklichkeit geworden – dies würde wohl eine Abschaffung des Beamtentums voraussetzen. Aber die im Bericht an mehreren Stellen geäußerte Forderung nach Flexibilität und ihre Begründung mit Arbeitsmarktgesichtspunkten floss in die Diskussion über die Reföderalisierung der Besoldung und Versorgung mit ein und bot ein wirtschaftspolitisch zunächst gängiges Argument für die Reform. Das Postulat der Flexibilität bereitete jedoch zunehmend Schwierigkeiten, denn es handelt sich dabei um einen Begriff, der rechtlich nicht definiert oder eingegrenzt werden kann.135 Es konnte folglich nicht wirklich zur konstruktiven Diskussion beitragen, vielmehr handelte es sich um einen verbalen Hoffnungsträger.136 Auch wurde zunehmend deutlich, dass die Öffnung des Besoldungssystems vornehmlich dazu dienen soll, auf Landesebene Sparpotenziale auszuschöpfen.137 Eine neue argumentative Grundlage für die Rückverlagerung der Kompetenzen auf die Länder ergab sich im Zusammenhang mit der geplanten großen Föderalismusreform. Die Bezugnahme auf die Flexibilität erschien nicht mehr vordergründig, konnte man doch einer grundsätzlicheren Frage nachgehen, nämlich der nach einer grundgesetzlichen Neuordnung der Kompetenz­ zuständigkeiten. Obwohl die finanzpolitische Dimension der Reföderalisierung im Hintergrund ständig präsent war, wurde die Diskussion im Vorfeld der Föderalismusreform von der Frage nach den Bedürfnissen der Länder aus ihrer Organisationshoheit geprägt, insbesondere deren Recht, ihre Verwaltung selbstständig zu organisieren. Die Organisationshoheit – dies hat das BVerfG in einer bereits erörterten Entscheidung bestätigt138 – ist ein „Hausgut“ der Länder im Bundesstaat.139 So wird im Schrifttum auch eine Betrachtungsweise vertreten, die Art. 74 a GG als zu weit­ gehenden Eingriff in die bundesstaatliche Struktur betrachtet.140 Die Bundesgesetzgebung auf diesem Bereich bewirke wegen unterschiedlicher Lebenshaltungskosten materielle Ungleichheit.141 Ausgehend von dieser Sichtweise hatte man bereits während der Diskussion in der ersten Föderalismuskommission eine Reduktion der Einflussnahme des Bundes auf die Rechtsverhältnisse der Beamten in den Ländern gefordert. Diese Bestrebungen wurden nicht, wie vorher, mit der Förderung der Leistungseffektivität belegt, sondern mit dem Streben nach mehr Wettbewerb zwischen den Ländern.142 Dieser Wettbewerbsföderalismus sollte, nach den 135

Summer, ZBR 2003, 28, 29. Hierzu: Summer, ZBR 2003, 28, 29 unter Bezugnahme auf Leisner, Krise des Gesetzes, 2001, S. 176. 137 So schon bei der Dienstrechtsreform 1997 – hierzu: Leisner, ZBR 1998, 259, 261. 138 BVerfGE 34, 9, 34 f. 139 Bauer, in: Dreier, Art. 20 GG, Rn. 35 f. 140 Oeter, in: von Mangold/Klein/Starck, Art. 74a, Rn. 3; Maunz, in: Maunz/Dürig, Art. 74a, Rn. 3. 141 Oeter, in: von Mangold/Klein/Starck, Art. 74a, Rn. 3. 142 Schmidt-Jortzig, in: Hennecke, Föderalismusreform in Deutschland, S.  84 ff.; Kirchhof, DVBl. 2004, 977, 980; Meyer, in: Stenografisches Protokoll der 8.  Sitzung (8. Juli 2004), S. 187. 136

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Verfechtern dieser Ansicht, den finanzschwächeren Ländern ermöglichen, politisch zu entscheiden, ob einer Investitionstätigkeit oder der Besoldungserhöhung der Vorzug eingeräumt werden soll. Dass sich aufgrund der unterschiedlichen finanziellen Rahmenbedingungen der Dienstherrn die einheitlichen Besoldungsstrukturen in Bund, Ländern und Gemeinden auseinander entwickeln werden, hielten die Befürworter der Reform mehr für eine Befürchtung, denn als Realität.143 Das bundeseinheitlich geregelte Besoldungsrecht habe erhebliche Reflexwirkung auf das Dienstrecht, weil die an sich notwendige besoldungsrechtliche Regelung mangels Gesetzgebungskompetenz nicht erlaubt oder wesentlich erschwert werde.144 Ein Großteil der Lehre, darunter auch die im Rahmen der zweiten Födera­ lismuskommission auftretenden Gutachter, stand der Reföderalisierung sehr skeptisch gegenüber.145 Der Aspekt der Rechtseinheit für das Besoldungs- und Versorgungsrecht stand für die Vertreter dieser Ansicht mehr noch im Vordergrund als für das Statusrecht. Nach dieser Sichtweise zeigte die Entwicklung von einer zersplitterten über eine Rahmengesetzgebungskompetenz zu einer verdrängenden Vollregelungskompetenz das Bemühen, einen ungeregelten Wettbewerb der Dienstherren zurückzudrängen. Der nunmehr infolge der Reform zu befürchtende aggressive Wettbewerb um die besten Köpfe könne zu einem unverantwortbaren Qualitätsgefälle in der Justiz146 und in der Wissenschaft147 führen. Das Konkurrenzverhältnis werde jedenfalls die reicheren Länder begünstigen, die ihre Beamten besser besolden können, als die ärmeren Länder.148 Im Gegensatz zu dem in den 60er Jahren stattfindenden Besoldungswettlauf nach oben, wir nunmehr ein Besoldungswettlauf nach unten erwartet.149 Anzeichen dafür lagen bereits Mitte 2007 vor: das Weihnachtsgeld etwa betrug in Bayern 65–70 % der monatlichen Bezüge, während es in Niedersachsen für fast alle Besoldungsgruppen gestrichen wurde. Die Kritiker wiesen ferner darauf hin, dass die bundeseinheitliche Regelung auf diesem Gebiet unerlässlich sei, um die Mobilität der Beamten innerhalb

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Diskussion während der 8. Sitzung der Föderalismuskommission – 8. Juli 2004, S. 179 ff. Schmidt-Jortzig, in: Hennecke, Föderalismusreform in Deutschland, S. 84 f. 145 Diskussion während der 14.  Sitzung der Föderalismuskommission  – 17.  Mai 2006, S.  43 ff.; gegen die Rückverlagerung der Kompetenzen haben sich ausgesprochen die Sachverständigen: Battis (S. 45 f.), Kempen (S. 48), Kutscha (S. 50), Schnellenbach (S. 54 – hält die Rückverlagerung allenfalls nach abschließender Regelung der Finanzverhältnisse zwischen Bund und Ländern denkbar); dafür waren: Huber (S. 47 f.), Schnapp (S. 53 f.) – die Seitenangaben beziehen sich auf den stenografischen Bericht der genannten Sitzung. 146 Stegner, FAZ v. 11.1.2006, S. 4, vgl. auch die Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zur geplanten Änderung der Zuständigkeit für Besoldung, Versorgung und Laufbahnen der Beamten sowie Richter und Staatsanwälte von März 2006, S.  7 abrufbar unter: http://www. bundestag.de/ausschuesse/a06/foederalismusreform/Unangeforderte_Stellungnahmen/04_ Inneres/06_DRB__Inneres_.pdf. 147 So: Nierhaus/Rademacher, LKV 2006, 385, 388. 148 Knopp, NVwZ 2006, 1216, 1219. 149 Knopp/Schröder, NJ 2007, 97, 99 f. 144

IV. Die Föderalismusreform 2006

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des Bundesgebietes gewährleisten zu können.150 Die Reform stünde ferner im offenen Widerspruch zu dem zentralen Anliegen der Koalitionsvereinbarungen zwischen CDU, CSU und SPD, nämlich dem Bürokratieabbau.151 7. Stellungnahme

In der Diskussion um die Reföderalisierung ist nicht eindeutig geworden, welchen gegenwärtigen Systemschwächen die Reform eigentlich entgegenwirken soll. Es kann jedenfalls nicht um eine weitergehende Flexibilisierung gehen. Denn eine leistungsbedingte Besoldung konnte auch auf Bundesebene eingeleitet und von dort aus koordiniert werden, wie die Dienstrechtsreform 1997 gezeigt hat. Den Ländern könnten auch zur Anpassung an regionale Besonderheiten (z. B. an lokal erhöhte Lebenshaltungskosten) weitere Teilkompetenzen verliehen werden, ohne die Einheitlichkeit dieses Rechtsgebiets zu gefährden. Es drängt sich eine Parallele zur Reform der Professorenbesoldung auf, die im Jahr 2002 durchgeführt worden ist. Eine Missstandsanalyse blieb dort ebenfalls aus.152 Die Analyse der Rechtsentwicklung hat deutlich gezeigt, dass sich die seit Einführung des Grundgesetzes angestrebte Vereinheitlichung der Besoldungskompetenzen auf Bundesebene bewährt hat. Es gibt kaum eine Entscheidung des BVerwG zum Besoldungs- und Versorgungsrecht ohne verfassungsrechtliche Erwägungen. Von diesen Bindungen werden sich die Länder nicht lösen können. Vielmehr werden sie infolge der Umgestaltung aufgefordert, ihre neuen Kompetenzen mit besonderer Rücksicht auf das geltende Verfassungsrecht auszuüben. Die Ebene des Bundesrechts wird für die Länder eine eingeschränkte Bedeutung haben und das Landesrecht wird folglich unmittelbar am Maßstab der Verfassung zu prüfen sein, insbesondere an den Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG.153 Ob im Rahmen des geltenden Verfassungsrechts durch diese Reform für die Länder neue Spielräume entstehen, wird im Weiteren Gegenstand dieser Arbeit sein. Die Abschaffung des Art.  74 a GG hat auch eine rechtsdogmatische Kon­ sequenz. Die Ziele dieser Regelung konnten sehr gut mit dem Gedanken der Aufgabengleichwertigkeit begründet werden. Danach sind die Aufgabenstellungen der Beamten des Bundes, der Länder und Kommunen grundsätzlich gleichwertig – dies muss sich auch in einer für den Großteil der Ämter gleichen Besoldung

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Möstl, ZG 2003, 297, 311; Nierhaus/Rademacher, LKV 2006, 385, 388. Battis, Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung zum Thema „Föderalismusreform – Inneres“, 2006, S. 4. 152 Löwer, Rechtspolitische und verfassungsrechtliche Kritik der Professorenbesoldungsreform, 2002, S.  6; Lecheler, Rechtsgutachten zur Hochschullehrerdienstrechtsreform, 2001, S. 79 ff. – spricht von einem Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip wegen Zweckverfehlung des Gesetzes. 153 Pechstein, ZBR 2006, 285, 287. 151

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B. Rechtsentwicklung

niederschlagen.154 Das gesamtstaatliche Interesse muss dabei dahingehend ausgelegt werden, dass auf allen Ebenen eine qualifizierte Verwaltung garantiert werden muss.155 Ein Besoldungsgefälle, das nicht durch unterschiedliche Lebenshaltungskosten bedingt ist, wird dieses Ziel nicht fördern. Dies lässt sich mit der Rechtsprechung des BVerfG belegen. Es hat bereits 1961 die Auffassung vertreten, dass zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums auch das Prinzip der Besoldungsgleichheit gehöre, und zwar dergestalt, dass für gleiche und vergleichbare Dienstposten derselben Laufbahn im Hinblick auf die vom Träger des öffentlichen Amtes geforderte gleiche Tätigkeit, gleiche Leistung, gleiche Verantwortung und gleiche Arbeitslast gleiche Besoldung gewährt werde.156 Die Regelung des Art. 74 a GG war ein geeignetes Instrument, um dieses vom BVerfG bestätigte Postulat durchzusetzen. Es hat auch dazu beigetragen, dem Alimentationsprinzip volle Geltung zu verschaffen. Letzteres fordert eine Festigung der Attraktivität des Beamtenverhältnisses für qualifizierte Bewerber und des An­sehens des Amtes in der Gesellschaft, Berücksichtigung von Ausbildungsstand, Beanspruchung und Verantwortung des Amtsinhabers und Sicherung eines „­Minimums an Lebenskomfort“.157 Dadurch, dass im gleichen Raum unterschiedliche Besoldungsregelungen für Bundesbeamte einerseits und Landesbeamte andererseits gelten werden, wird das Merkmal des Ansehens des Amtes beeinträchtigt.158 Die Bundeskompetenz hat 30 Jahre lang diese Defizite ausgeglichen und hat damit die Funktion einer notwendigen Absicherung des Alimentationsprinzips, zumindest bezüglich des hervorgehobenen Elements, übernommen. Hiergegen könnte man einwenden, dass eine komplette Egalitarisierung der Beamtenbesoldung den Ländern die Möglichkeit der Anpassung an divergierende Rahmenbedingungen nimmt, z. B. an die bundesweit variierenden Lebenshaltungskosten.159 Eine solche Betrachtungsweise führt notwendigerweise zur Annahme, dass eine einheitliche Besoldung eine materielle Ungleichheit bewirkt. Eine ortsabhängige Besoldungsanpassung wäre angesichts der unterschiedlichen Lebenskosten zweifelsohne notwendig. Doch hat das BVerfG in einer neueren Entscheidung die Pflicht des Gesetzgebers zur Einführung einer Ortszulage in Ballungsräumen verneint. Von einer materiellen Ungleichheit konnte demnach auch während der Geltung des Art. 74 a GG nicht die Rede sein. Ferner ist nach dem dargestellten, neueren Verständnis der besagten Regelung von einer grundsätzlichen Gleichwertigkeit der Aufgabenstellungen der Beamten auszugehen. Das bedeutet wiederum nicht, dass man diesen 154

Summer, ZBR 2003, 28, 31. Summer, ZBR 2003, 28, 31. 156 BVerfGE 12, 327, 334 – die Entscheidung betraf allerdings Diskrepanzen innerhalb eines Bundeslandes und es wird noch zu untersuchen sein, inwieweit dies auf Verhältnisse zwischen den Ländern anwendbar ist. 157 BVerfGE 44, 249, 265; BVerfGE 76, 256, 324; BVerfGE 81, 363, 373; BVerfGE 99, 300, 315; BVerfG, ZBR 2007, 204, 205. 158 Summer, ZBR 2003, 28, 31 – spricht von einer Klassengesellschaft im Beamtentum, das in Folge der unterschiedlichen Besoldungsregelungen im gleichen Raum entstehen könnte. 159 So: Oeter, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 74 a, Rn. 6. 155

IV. Die Föderalismusreform 2006

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Grundsatz nicht ortsabhängig relativieren dürfte. Eine Unterscheidung wäre im Hinblick auf den Grundsatz der materiellen Gleichheit sogar geboten. Jedenfalls gelangt man mit der Abschaffung der Bundeskompetenz zu keiner zufrieden stellenden Lösung. Vielmehr beschneidet man damit eine seit den 70er Jahren verfestigte und vom BVerfG gebilligte Konkretisierung des Alimentationsprinzips. Der Grundsatz der gleichen Besoldung auf gleichem Raum gerät damit ins Ungleichgewicht. Dabei wären Alternativen zu einer kompletten Streichung der Bundeskompetenz durchaus denkbar, etwa die Schaffung eines Systems ortsabhängiger Zulagen. Der Gesetzgeber selbst hat diesen Gedanken für im Rahmen des Wohngeldgesetzes bereits fruchtbar gemacht: Dort ist die Höhe des Wohngeldes abhängig davon, in welcher Region sich die Wohnung befindet. Mit der Radikalität, die der Gesetzgeber mit der Abschaffung des Art. 74 a GG an den Tag gelegt hat, wird deutlich, dass vor allem verfassungsrechtsfremde Belange eine wichtige Rolle gespielt haben, nämlich die Finanzpolitik der Länder. Die Bewertung der Föderalisierung der Kompetenzen für die Besoldung und Versorgung der Beamten fällt somit kritisch aus. Rechnet man die zu erwartenden Nebeneffekte, insbesondere den nunmehr notwendigen Ausbau der landes­eigenen Verwaltung160, hinzu, dürfte in diesem Zusammenhang von einem politischen Fehler gesprochen werden.161 Ungeachtet ihrer Bewertung bringt die Reform neue Spielräume im Besoldungs- und Versorgungsrecht für die Länder. Die Ermittlung der Weite dieser Spielräume nach Maßgabe des geltenden Verfassungsrechts wird die Aufgabe der weiteren Teile dieser Arbeit sein.

160 Battis, Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung zum Thema „Föderalismusreform  – ­Inneres“, 2006, S. 4. 161 Pechstein, ZBR 2006, 285.

C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene Die Besonderheit des Besoldungsrechts liegt vor allem darin, dass die Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung sich aus dem Verfassungsrecht ergeben. Dabei sind die sog. hergebrachten Grundsätze des Beamtentums aus Art. 33 Abs. 5 GG von entscheidender Bedeutung, darunter insbesondere das Alimentationsprinzip. Immer wenn besoldungsrechtliche Vorschriften verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt werden, kommt es auf den Gehalt dieser Grundsätze an. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu diesem Problemkreis ist mit den Jahren erheblich gestiegen. Gerade in den letzten Jahren sind wichtige Entscheidungen ergangen, welche die Diskussion um die hergebrachten Grundsätze weiter vor­ antreiben. Hinzu kommt, dass sich, wie dargestellt, die kompetenzrechtliche Lage im Besoldungsrecht entscheidend verändert hat. Die Länder werden künftig für die Wahrung der verfassungsrechtlich gebotenen Maßstäbe bei der Festlegung der Besoldung und Versorgung für ihre Beamten verantwortlich sein. Dies wirft die Frage auf, ob der möglicherweise (wieder)auftretende Besoldungswettlauf zwischen den Ländern mit dem vorhandenen verfassungsrechtlichen Instrumentarium verhindert werden kann. Hierfür könnte der Grundsatz der Bundestreue eine Rolle spielen. Ferner hat Art. 33 Abs. 5 GG eine Änderung erfahren, dessen Bedeutung noch ergründet werden muss. Die Änderung der Rechtslage, sowie eine Reihe neuerer Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts tragen dazu bei, dass sich das Verständnis und möglicherweise auch die Funktion der hergebrachten Grundsätze wandeln. Im Rahmen nachstehender Untersuchungen wird dieses gewandelte Verständnis der besagten Grundsätze, insbesondere des Alimentationsprinzips, ermittelt, um daraus Maßstäbe für eine verfassungsrechtskonforme Gestaltung des Besoldungsrechts durch die Länder abzuleiten. In einem zweiten Schritt werden Gehalt und Reichweite der Bundestreue untersucht und daraus Rückschlüsse auf die Gestaltung der Besoldung in den Ländern gezogen.

I. Art. 33 Abs. 5 GG und die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums 1. Wesentliche Funktionen der hergebrachten Grundsätze

Art. 33 Abs.  5 GG soll sicherstellen, dass das Recht des öffentlichen Dienstes nach bestimmten Grundsätzen geregelt wird. Es handelt sich dabei nicht um eine bloße Anweisung an den Gesetzgeber, sondern um unmittelbar geltendes

I. Art. 33 Abs. 5 GG und die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums

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Recht. Die Vorschrift enthält, neben einer institutionellen Garantie des Berufsbeamtentums, auch ein grundrechtsgleiches Recht des Beamten auf Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums durch den Dienstherrn und durch die Gesetzgebung, soweit diese Grundsätze die beamtenrechtliche Stellung des Beamten betreffen.1 Der Beamte kann folglich über die Verfassungsbeschwerde mit der Rüge einer Verletzung des Art. 33 GG eine entsprechende gesetzliche Regelung erzwingen, die nicht mehr gegen Art. 33 Abs. 5 GG verstößt. Darüber hinaus hat er aber keine eigenen rechtlichen Möglichkeiten, auf die nähere Ausgestaltung seines Rechtsverhältnisses, insbesondere auch in Bezug auf die Höhe der Besoldung, einzuwirken. Der Begriff der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums wurde durch das BVerfG definiert als der „Kernbestand von Strukturprinzipien […], die all­ gemein oder doch ganz überwiegend und während eines längeren, Tradition bildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind“.2 Es müssen folglich zwei Merkmale vorliegen, damit ein Grundsatz dieser Definition entspricht. Zum einen beschränkt sich die Gewährleistung des Art. 33 Abs. 5 GG auf die Bewahrung des Tradierten.3 Die besondere Bedeutung der Weimarer Zeit beruht auf der nur für diesen Teil der Tradition gegebenen Gleichartigkeit der Staatsform. In der Rechtslehre ist jedoch anerkannt, dass im Übrigen kein klar bestimmter Zeitraum oder gar ein bestimmter Zeitpunkt besteht, ab dem die Entwicklung als traditionsbildend bezeichnet werden kann. Denn das Berufsbeamtentum ist mit der Ausbildung des modernen Staates gewachsen und ist ständig einer evolutiven Entwicklung ausgesetzt.4 Insbesondere muss es sich den Gegebenheiten des modernen Staates anpassen, darunter beispielsweise den Forderungen nach leistungsorientierter Besoldung. Dies geschieht natürlich vorwiegend durch eine Auslegung der „alten“ hergebrachten Grundsätze durch das BVerfG. Es lässt aber auch eine Herleitung „neuer“ Grundsätze zu, wobei es sich dabei nicht um eine Neuentwicklung eines Grundsatzes handeln kann. Das BVerfG muss vielmehr systematisch vorgehen und die historische Rechtsrealität darauf hin überprüfen, ob eine bestimmte Regel über einen die Tradition bildenden Zeitraum hinweg gewahrt worden ist. Eine Verfestigung bestimmter Regelungsmuster, die sich erst nach 1949 etabliert haben, zu „her­ gebrachten Grundsätzen“ wird in der Literatur nicht ausgeschlossen.5



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BVerfGE 81, 363, 375 (st. Rspr.); Battis, in: Sachs, Art.  33 Rn.  65; Brockmeyer, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, Art.  33 Rn.  13; Jachmann, in: v.  Mangoldt/Klein/Starck, Art.  33 Rn. 40; krit. Kunig, in: v. Münch/Kunig, Art. 33 Rn. 55. 2 BVerfGE 8, 332, 343; 114, 258, 281 st. Rspr. zuletzt: BVerfGE 117, 372. 3 Jachmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 33 Rn. 43. 4 Masing, in: Dreier, Art. 33 Rn. 74. 5 Kunig, in: v.  Münch/Kunig, Art.  33 Rn.  61; Kunig, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes VerwR, 6. Kap II 2 b Rn. 44; a. A.: Edelmann, DöD 1993, 56, 58 f.; Lecheler, in: Berliner Kommentar, Art. 33 Rn. 65; BVerfGE 25, 142, 148; E 58, 68, 77.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

Neben dieser Traditionalität ist die Fundamentalität des Grundsatzes ein ihn bestimmender Faktor. Das Bild des Berufsbeamtentums muss durch die Regel so geprägt sein, dass ihre Nichtbeachtung oder Streichung seine essentiellen Grundsätze  – das Wesen  – antasten würde.6 Der beamtenrechtliche Grundsatz muss folglich eine grundsätzliche Bedeutung für das Berufsbeamtentum haben. Dies ist nicht bereits dann zu bejahen, wenn er eine bloß punktuelle Ausformung im geltenden Recht gefunden hatte. Wenn beide Voraussetzungen für einen Grundsatz kumulativ bejaht werden können, so wird er in die Gruppe der hergebrachten „befördert“. Eine weitere Unterscheidung der Wertigkeit der Grundsätze trifft das BVerfG dann anhand einer eigens ausgearbeiteten Differenzierung danach, ob der jeweilige Grundsatz durch den Gesetzgeber zu beachten oder lediglich zu berücksichtigen ist.7 Es ergibt sich somit eine Zweiteilung im Rahmen der in Abs. 5 erfassten Traditionsbestände dahingehend, dass an einige der Grundsätze strikt, an anderen wiederum weniger strikt festgehalten werden muss. Das BVerfG umschreibt den strikt zu beachtenden Bestand wie folgt: „Zu den […] vom Gesetzgeber zu beachtenden und nicht nur zu berücksichtigenden hergebrachten Grundsätzen des Art. 33 Abs. 5 GG gehört nicht schon jede überlieferte Einzelregelung, sondern jener Kernbereich von Regelungen grundsätzlicher Art, die allgemein oder doch ganz überwiegend und während eines längeren, Tradition bildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind.“8 2. Änderungen durch die sog. Fortentwicklungsklausel

Vor diesem Hintergrund ist die bereits erwähnte Neuerung näher zu betrachten, die der Art.  33 Abs.  5 GG im Zuge der Föderalismusreform 2006 erfahren hat.9 Die Fortentwicklungsklausel ergänzt den bereits im Rahmen der Vorschrift vorhandenen Regelungsauftrag. Der normative Gehalt dieser Änderung kann nur dann ermittelt werden, wenn der bisher vorhandene Inhalt der Vorschrift konturiert wird. a) Auslegung der bis zum 1.8.2006 geltenden Fassung des Art. 33 Abs. 5 GG Das BVerfG hat bereits in seinen ersten Entscheidungen darauf hingewiesen, dass Art.  33 Abs.  5 GG nicht lediglich ein Programmsatz oder eine bloße An­ weisung an den Gesetzgeber sei, sondern vielmehr unmittelbar geltendes Recht,

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Lecheler, in: Berliner Kommentar, Art. 33 Rn. 60 ff. Masing, in: Dreier, GG Art. 33, Rn. 80. 8 BVerfGE 62, 374, 383. 9 Vgl. dazu: Budjarek, passim.

I. Art. 33 Abs. 5 GG und die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums

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das den Gesetzgeber in der inhaltlichen Gestaltung des Beamtenrechts binde.10 Demnach soll der Gesetzgeber den einzelnen hergebrachten Grundsatz in seiner Bedeutung für die Institution des Berufsbeamtentums in der freiheitlichen rechtsund sozialstaatlichen Demokratie würdigen. Diese Berücksichtigungspflicht, die auch zu einer  – bereits erwähnten  – Beachtenspflicht führen kann, belässt dem Gesetzgeber jedoch grundsätzlich einen weiten Ermessensspielraum, um die Beamtengesetzgebung den Erfordernissen des freiheitlichen demokratischen Staates und seiner fortschrittlichen Entwicklung anpassen zu können.11 Eine Anpassungsfähigkeit der hergebrachten Grundsätze war folglich nach der Auffassung des BVerfG stets möglich. Dies lief freilich nicht darauf hinaus, dass der Gesetzgeber über eine völlige Regelungsfreiheit in diesem Bereich verfügte. Wenn man die oft kritisierte Unterscheidung zwischen den zu berücksichtigenden und zu beachtenden Grundsätzen wegdenken würde, so kommt man zum Schluss, dass das BVerfG von Anfang an eine dynamische Auslegung des Art. 33 Abs. 5 GG vor­ genommen hat, die von einer Entwicklungsoffenheit geprägt war. Die aus Art.  33 Abs.  5 GG folgende Berücksichtigungspflicht und die vom BVerfG vorgenommene Herleitung einer zusätzlichen Beachtungspflicht der Grundsätze wurde im Schrifttum als Anlass zur Kritik der gesamten Konzeption des Berufsbeamtentums genommen.12 Die Diskussion wurde zwar nicht vordergründig, aber doch mittelbar im Namen einer möglichen Reformierbarkeit des Berufsbeamtentums geführt. Dem BVerfG wurde einerseits vorgeworfen, „eine konservative, bisweilen reaktionäre Auslegung“ zu betreiben.13 Nach diesem Ansatz sollte Art. 33 Abs. 5 GG als bloße Leitlinie, allenfalls ein Programmsatz für den Gesetzgeber verstanden werden.14 Auf dem Gegenpol steht die Auffassung, die eine strikte Bindung des Gesetzgebers an die hergebrachten Grundsätze annehmen will.15 Eine Berücksichtigung unterscheidet sich demnach nicht von der Beachtung. Trotz dieser konservativen Auslegung soll eine Weiterentwicklung des Berufsbeamtentums in den Randzonen der Grundsätze möglich sein.16 Die vermittelnde, moderne Ansicht, die als im Schrifttum herrschend bezeichnet werden dürfte, nimmt eine grundsätzliche Fortentwicklungsoffenheit der Grundsätze und damit des Berufsbeamtentums an.17 Dabei müsste der wesentliche, instituts-



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BVerfGE 8, 1, 11; 11, 203, 210. Masing, in: Dreier, Art. 33 Rn. 80. 12 Budjarek, S. 140 ff. und 161 ff. 13 Däubler, Der Streik im öffentlichen Dienst, 2. Aufl. 1971, S. 109. 14 Däubler, Der Streik im öffentlichen Dienst, 2. Aufl. 1971, S. 103 ff. 15 Maunz, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Art. 33 Rn. 88. 16 Maunz, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Art. 33 Rn. 88; ähnlich: Grabendorff, in: Ständige Deputation des Deutschen Juristentages, Verhandlungen des 39. DJT 1951, D 112, 113; Brinkmann, GG, Stand Dez. 1968, Art. 33 S. 19 f. 17 Battis, in: Sachs, Art. 33 Rn. 67; Kunig, in: v. Münch/Kunig, Art. 33 Rn. 59; Masing, in: Dreier, Art. 33 Rn. 80; Jachmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 33 Rn. 53; Lecheler, ZBR 1998, 331, 332.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

prägende Bestand des Beamtentums gewahrt bleiben. Daraus folgt, dass auch die zu beachtenden Grundsätze entwicklungsoffen sind, wenn deren Kernbereiche gewahrt werden. b) Art. 33 Abs. 5 GG und die Fortentwicklungsklausel Da Art. 33 Abs. 5 GG in seiner alten Fassung, insbesondere unter Zugrundelegung der Auslegung des BVerfG einer Fortbildung des Beamtenrechts grundsätzlich nicht entgegenstand, ist die Bedeutung der neuen Klausel umstritten. Der Begründung zum Gesetzesentwurf ist zu entnehmen, dass mit der Ergänzung die Notwendigkeit einer Modernisierung und Anpassung des öffentlichen Dienstrechts an sich ändernde Rahmenbedingungen hervorgehoben werden soll. Demnach sollen Gesetzgebung und Rechtsprechung die Weiterentwicklung des öffentlichen Dienstes erleichtern.18 Ob dieses Ziel durch die eingeführte Grundgesetzänderung erreicht werden kann, wurde bereits bei der gemeinsamen öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses des Bundestags und des Ausschusses für Innere Angelegenheiten mit Nachdruck bestritten.19 Die Sachverständigen kritisierten die Ergänzung als überflüssig,20 nur deklaratorischer Natur21 und schädlich.22 Eine negative Bewertung der Reform setzte sich im Schrifttum fort.23 Mit einer Ausnahme24 besteht zunächst Einigkeit darüber, dass durch die Neuformulierung die Grundsätze des Berufsbeamtentums nicht zur Disposition des Gesetzgebers gestellt worden sind.25 Die Entwicklung des Beamtenrechts sei hingegen immer schon möglich und notwendig gewesen. Darüber hinaus habe die Änderung keine eigentliche Funktion, sie bringe lediglich zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber den Verfassungstext, nicht die Verfassungsrechtslage ändern wollte. Es kann sich demnach nur um eine deklaratorische Klausel handeln, die angesichts der bereits vor der Reform bestehenden Entwicklungsoffenheit der Norm nur bestätigt, dass Art. 33 Abs. 5 GG nicht bloß den Verfassungsbefehl enthält, die Vergangenheit zu konservieren. In der Konsequenz hat ein Teil des Schrifttums hieraus gefolgert, dass es dieser Einfügung nicht bedurfte und die Klausel daher überflüs-



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BT-Drs. 16/813, S. 10. BT-Ausschussprotokoll 14 (Stenografischer Bericht der Sitzung vom 17.5.2006), insbes. S. 45–63, sowie die schriftlichen Stellungnahmen. 20 Battis, Ausschussprotokoll 14, S.  295; Schnapp, Ausschussprotokoll, S.  53; Schnellenbach, Ausschussprotokoll, S. 342. 21 Kutscha, Ausschussprotokoll 14, S. 50, 323; Poscher, Ausschussprotokoll 14, S. 327. 22 Battis, Ausschussprotokoll 14, S. 295; so auch Pechstein, ZBR 2006, 285, 286. 23 Budjarek, S. 234 ff. 24 Nierhaus/Rademacher, LKV 2006, 385, 388. 25 Höfling/Burkiczak, DÖV 2007, 328, 333; Masing, in: Dreier, Supplementum 2007, Art. 33 Rn. 72a.

I. Art. 33 Abs. 5 GG und die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums

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sig und verfassungspolitisch verfehlt sei.26 Die Vertreter dieser Auffassung dürften sich durch das BVerfG bestätigt sehen. In der Entscheidung zur niedersächsischen Teilzeit­regelung vom 19.9.2007 hat das Gericht der Klausel eine rein deklaratorische Funktion bescheinigt.27 Insbesondere sei auch nach der Änderung allein das Recht des öffentlichen Dienstes, nicht aber der hierfür geltende Maßstab, die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums.28 Demgegenüber vertritt ein Teil  der Lehre die Auffassung, dass mit der Fort­ entwicklungsklausel eine Vermutung zugunsten des verfassungsändernden Gesetzgebers bestünde, dass er keine bloß symbolische Normsetzung betreibe.29 Die Klausel beinhalte jedenfalls einen Regelungsauftrag an den Gesetzgeber, dessen Reichweite jedoch ermittelt werden müsse. Dies sei notwendig, weil in der Vergangenheit wiederholt Ansätze einer übermäßig bewahrenden, letztlich rückwärtsgewandten Auslegung von Art. 33 Abs. 5 GG zu beobachten gewesen seien.30 Die Stoßrichtung des Fortentwicklungsauftrags liege darin, solchen Tendenzen entgegenzuwirken.31 Demnach soll das Dienstrecht einer Reformierung zugänglich sein, die unter Umständen sogar verfassungsrechtlich geboten sein kann.32 Als noch weitergehend dürfte die im Rahmen einer abweichenden Meinung zum Beschluss des BVerfG vom 19.9.2007 präsentierte Ansicht des Richters Gerhardt zu verstehen sein.33 Danach seien die hergebrachten Grundsätze immer schon daraufhin zu überprüfen gewesen, ob sie im Zuge der Entwicklung einen Wandel erfahren haben.34 Da dies Ausgangspunkt des verfassungsändernden Gesetzgebers gewesen sei, könne die Einfügung der Worte „und fortzuentwickeln“ in Art. 33 Abs. 5 GG kaum etwas anderes als eine weitere Relativierung der Verbindlichkeit der her­ gebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums bedeuten. Vor diesem Hintergrund postuliert dieser Richter, dass die bisher im Ergebnis angenommene Zweiteilung der von Art. 33 Abs. 5 GG an sich erfassten Traditionstatbeständen in solche, die strikt, und andere, die weniger strikt einzuhalten sind, im Einzelfall neu zu überdenken sein wird.

26 Bochmann, ZBR 2007, 1, 10; Pechstein, ZBR 2006, 285, 286; Knopp, NvWZ 2006, 1216, 1219. 27 Budjarek, S. 222 ff. 28 BVerfGE 119, 247, 272 f. 29 Budjarek, S. 240 f.; Höfling/Burkiczak, DÖV 2007, 328, 334. 30 Masing, in: Dreier, Supplementum 2007, Art. 33 Rn. 72a. 31 Budjarek, S. 241 f. 32 Butzer, in: Kluth, Föderalismusreformgesetz, Art. 33 Rn. 12, i.E. auch Höfling/Burkiczak, DÖV 2007, 328, 334. 33 BVerfGE 119, 279 ff. (abweichende Meinung von Richter Gerhardt) 34 BVerfGE 119, 279 ff. (abweichende Meinung von Richter Gerhardt), 291 unter Bezugnahme auf BVerfGE 7, 155, 162 und BVerfGE 55, 207, 239 f.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

c) Stellungnahme Bereits der Wortlaut des neu gefassten Art. 33 Abs. 5 GG weist darauf hin, dass es sich bei dem neuen Auftrag an den Gesetzgeber nur um eine Fortentwicklung des Rechts des öffentlichen Dienstes handelt. Nach der Gesetzesbegründung sollen die Gesetzgebung und Rechtsprechung die Weiterentwicklung des öffentlichen Dienstrechts erleichtern. Von einer grundlegenden Änderung des Berufsbeamtentums, welche infolge einer Umgestaltung der hergebrachten Grundsätze geschehen könnte, kann demnach wohl nicht ausgegangen werden. Der Sinn und Zweck der Neuregelung dürfte sich besser erschließen lassen, wenn man sie in den Kontext der Föderalismusreform stellt. Art. 33 Abs. 5 GG wurde im Zuge der Föderalismusreform eingeführt und der entscheidende Hintergedanke war, den Ländern mehr Freiheiten bei der Gestaltung des Beamtenrechts zu geben. Gleichzeitig sollte die Regelung die Institution des Berufsbeamtentums dem Grunde nach weiterhin absichern. Dieser Teil  ist im Kern auch durch die Bezugnahme auf die hergebrachten Grundsätze sichergestellt worden. Demnach beinhaltet die Fort­ entwicklungsklausel die zukunftsgerichtete Komponente des Regelungsauftrags des Art. 33 Abs. 5 GG. Diese kann sich allerdings nur auf das Beamtenrecht beziehen, weil die Aufhebung jedenfalls einer der beachtenswerten hergebrachten Grundsätze, im Endeffekt zur Auflösung des Berufsbeamtentums führen würde. Dies wirft natürlich die Frage auf, ob und inwieweit die lediglich berücksichtigungsrelevanten Grundsätze geändert oder gestrichen werden können und inwieweit dies vom Fortentwicklungsauftrag gedeckt ist. Dies zu beantworten ist an dieser Stelle nicht möglich und für die vorliegende Arbeit nicht von entscheidender Relevanz. Festzuhalten bleibt, dass die neue Klausel in Zusammenhang mit der Rückübertragung der Kompetenzen auf die Länder Änderungen im Beamtenrecht nach sich ziehen kann und auch wird. Allerdings dürfte dies maßgeblich auf die geänderten Zuständigkeiten zurückzuführen sein. Denn der gesetzgeberische Spielraum wird sich in Folge der Einführung der Fortentwicklungsklausel nicht wesentlich verändert haben. Diese Möglichkeit wurde von den Ländern vor allem deshalb nicht genutzt, weil insbesondere bei der Besoldung und Versorgung eine bundesrechtliche Vorgabe existierte, die den Spielraum der Länder eingeschränkt hat. Nunmehr könnten die Länder von den bislang versperrten Gestaltungsspielräumen profitieren. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird an entsprechenden Stellen zu untersuchen sein, ob die Klausel für die Reichweite der Gestaltung relevant werden kann. Für die Gestaltung der Besoldung ist insbesondere das sog. Alimentationsprinzip maßgebend. Es gehört unstreitig zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, die der Gesetzgeber nicht nur zu berücksichtigen, sondern zu beachten hat. Die Grundlagen und der Inhalt dieses Prinzips werden im Folgenden untersucht.

II. Grundlagen und Inhalt des Alimentationsprinzips

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II. Grundlagen und Inhalt des Alimentationsprinzips Das Beamtenverhältnis unterscheidet sich wesentlich vom Arbeitsverhältnis. Als qualitative Besonderheiten dieses Verhältnisses, die zugleich strukturprägend sind, zählen heutzutage insbesondere die Qualität des Beamtenverhältnisses als eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, seine einseitig-hoheitliche Begründung durch den Dienstherrn, seine Ausgestaltung durch die Gesetzgebung unter Ausschluss jeglicher tarifvertraglicher Vereinbarung einschließlich des Streikverbots, die beiderseitige Treuepflicht zwischen dem Beamten und seinem Dienstherrn. Die Beamtenschaft soll eine besondere Funktion innerhalb des Staatsapparats erfüllen. Sie soll durch Sachwissen, fachliche Leistung und loyale Pflichterfüllung eine stabile Verwaltung sichern und so gegenüber den das Staatsleben gestaltenden politischen Faktoren als ausgleichende Kraft wirken.35 Dazu ist jedoch ein neutrales und politisch unabhängiges Beamtentum erforderlich. Aus diesen Besonderheiten ergibt sich, dass der Beamte wirtschaftlich unabhängig und sicher zu stellen ist. Hierfür bedarf es eines gesicherten Dienstverhältnisses, das die Grundlage für die innere Unabhängigkeit der auf unparteiische Erfüllung ihrer Aufgaben verpflichteten Beamten bietet. Diese Absicherung wird durch das sog. Alimentationsprinzip gewährleistet, das den Besonderheiten und Funktionen des Beamtenverhältnisses Rechnung trägt. Die Entstehung des Begriffes der Alimentation sowie die Herausbildung des entsprechenden Prinzips wurden maßgeblich durch die Entwicklungen der Rechtsgeschichte geprägt. Diese sollen im Folgenden kurz dargestellt werden. 1. Entstehung des Entschädigungsgedankens

Ausgangspunkt der dogmatischen Überlegungen über die rechtliche Qualität der Alimentation war die Unterscheidung der Tätigkeit eines Beamten von der eines privaten Arbeitnehmers. Der Anfang des 18. Jahrhunderts markiert die ersten wissenschaftlich begründeten Ansätze einer Abkehr von der privatrechtlichen Gestaltung des Verhältnisses zwischen dem Beamten und seinem Dienstherrn. Der Hauptgrund hierfür lag in der durch die Aufklärung initiierten Infragestellung der Monarchie und der Entdeckung des Staats als jener Macht, die über den welt­ lichen Herrschern steht.36 Es bedurfte einer neuen Theorie, um das Verhältnis des Beamten zum Staat zu definieren. Das privatrechtliche Instrumentarium bot dafür keinen geeigneten Ansatz, vor allem wegen der weitgehenden Disposivität des Rechtsverhältnisses. Eine Neubestimmung des Verhältnisses hat Seuffert ausgearbeitet: er ging von einer allgemeinen Bürgerpflicht auch zum zivilen Staatsdienst aus und hat hieraus den öffentlich-rechtlichen Charakter des Beamtenverhältnisses



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Mayer, ZBR 1968, 361, 373. Hattenhauer, S. 188.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

ab­geleitet.37 Seufferts Gedanken wurden von einem Landshuter Rechtsprofessor – Nikolaus Thaddaus Gönner – aufgegriffen und erweitert.38 Er sah den Rechtsgrund für das Beamtenverhältnis in einem einseitigen Hoheitsakt und nahm die Dienstleistungspflicht aller Bürger an. Aus dieser besonderen Beziehung resultierte auch der sonderliche Charakter der Besoldung: es sollte eine Entschädigung des Beamten für die Aufopferung an Gütern im Staatsdienst sein. Der Rechtsgrund der Besoldung wurde also nicht darin gesehen, dass der Staat dem Beamten eine Gegenleistung für seine Dienste zur erbringen habe. Der Kompensationsgedanke wurde von Gönner weiter dahingehend präzisiert, dass er nicht nur eine besoldungsrechtliche Berücksichtigung dessen verlangte, was der Beamte an Geistesanlagen und Bildung mitbringe, sondern auch weiterer Faktoren: der Wichtigkeit der Dienste und der Vertrauensstellung, der Gefahr und der Verantwortlichkeit, der Mühe der Dienstleistung und des dienstlich bedingten Aufwands.39 Dieser Ansatz wird als Entschädigungstheorie bezeichnet.40 a) Die Ganzheitstheorie Die allgemeine Dienstleistungspflicht aller Bürger wurde später für das Beamtenverhältnis weiter konkretisiert. So nahm Hegel an, dass „der Bedienstete […] nicht für eine einzelne zufällige Dienstleistung berufen [sei], […] sondern […] das Hauptinteresse seiner geistigen und besonderen Existenz in dies Verhältnis [lege].“41 Dieser Ansatz wurde im späteren Schrifttum präzisiert und man sprach schließlich von einer Pflicht des Beamten, seine volle Arbeitskraft und Persönlichkeit für den Dienstherrn einzusetzen (sog. Ganzheitstheorie).42 b) Das Alimentationsprinzip in vorkonstitutioneller Zeit Die beiden dargestellten Begründungen des Verhältnisses des Beamten zu seinen Dienstherren sind nicht gegenläufig. Sie können vielmehr als Teilaspekte einer einheitlichen Theorie verstanden werden. Eine Zusammenführung dieser beiden Elemente geschah in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Lehre.43 So gelang auch die Abgrenzung der Beamten

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Hattenhauer, S. 190. Gönner, Der Staatsdienst aus dem Gesichtspunkt des Rechts und der Nationalökonomie betrachtet, nebst der Hauptlandespragmatik über die Dienstverhältnisse im Königreich Bayern mit erläuternden Anmerkungen, Landshut 1808. 39 Gönner, a. a. O., S. 52. 40 Summer/Rometsch, ZBR 1981, 1, 5 f. 41 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, Berlin 1821, S. 302. 42 Weiß, System des deutschen Staatsrechts, Regensburg 1843, S.  804; vgl. Summer/Rometsch, ZBR 1981, 1, 6 m. w. N. 43 Summer/Rometsch, ZBR 1981, 1, 6 f. mit Nachweisen.

II. Grundlagen und Inhalt des Alimentationsprinzips

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besoldung gegenüber dem Arbeitslohn und es entstand die sog. Alimentations­ theorie, die auch das heutige Verständnis des Beamtenverhältnisses prägt. Damals ist dieses Prinzip jedoch im Sinne einer Unterhaltsrente definiert worden, wonach der Beamte seinen Dienst nicht um Geld leistete, sondern seine ganze Persönlichkeit uneigennützig dem Staatsdienst widmete. Die Besoldung war dabei keine Gegenleistung, sondern sollte den Beamten im öffentlichen Interesse wirtschaftlich sicherstellen und damit die äußeren Voraussetzungen für einen selbstlosen, aufopfernden und gesetzestreuen Dienst am Gemeinwohl schaffen.44 Der so verstandene Alimentationsbegriff ist viel weiter als die bürgerlich-rechtlichen Unterhalts­leistungen im Sinne der §§ 1601 ff. BGB. Der familienrechtliche Alimentationsbegriff ist nach dem beamtenrechtlichen entstanden und ist vom Letzte­ ren auch unabhängig.45 c) Der Gegenleistungsgedanke im Alimentationsprinzip Das Grundgesetz hat die hergebrachten Grundsätze, und somit auch das Alimen­ tationsprinzip, im Rahmen des Art. 33 Abs. 5 GG auf Verfassungsebene gehoben. Der Streit um die Rechtsnatur der Beamtenalimentation hat damit eine verfassungsrechtliche Dimension erhalten. Dabei haben sich zwei gegenläufige Ansichten herauskristallisiert. Ein Teil des Schrifttums vertritt konsequent die These, der Beamte erhalte mit der Alimentation eine Unterhaltsrente, durch die sein Lebensunterhalt gesichert werde. Die Besoldung wird hier nicht als Gegenleistung für konkrete Dienste verstanden. Vielmehr findet sie ihre Grundlage in der Pflicht des Beamten, sich für den Dienstherrn mit seiner ganzen Persönlichkeit einzusetzen.46 Dabei konnten sie sich auf eine vereinzelte Rechtsprechung des Reichsgerichts47 und des Bundesverfassungsgerichts48 stützten. Die Mehrheit im Schrifttum schloss sich der Ansicht an, wonach die Besoldung zwar als Gewährung des angemessenen Unterhalts anzusehen ist, jedoch diese Unterhaltsgewährung sich – zumindest auch – als Gegenleistung für die lebenslange Dienstverpflichtung des Beamten darstellt.49 Die Begründung dieser These war nicht ganz einfach, zumal das Bundesverfassungsgericht keine stichhaltige Begründung geliefert hat, das Beamtengehalt vielmehr gleichzeitig als standes­ gemäßen Unterhalt und als Gegenleistung bezeichnet.50 Das Spannungsverhältnis

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Pannhausen, S. 40. Günther, S. 90. 46 Wertenbruch, ZBR 1963, 200; Thiele, ZBR 1963, 129; Schmidt-Bleibtreu/Klein, Art. 33, Rn. 26; Leibholz/Rinck u. a., Art. 33, Rn. 271. 47 RGZ 38, 317, 320. 48 BVerfGE 4, 219, 242. 49 Pannhausen, S. 51; Till, S. 354; Fürst, in: GKöD I, K vor § 82, Rn. 18; Wiese, VerwArch 57, 240, 260; Weiß, ZBR 1972, 289, 291; Summer/Rometsch, ZBR 1981, 1, 8. 50 BVerfGE 39, 196, 203; E 55, 207, 237, 241; E 70, 69, 80; E 70, 251, 267; E 71, 39, 59; E 76, 256, 316; E 99, 300, 317.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

wurde schließlich dadurch aufgelöst, dass man eine Synthese von Unterhalts- und Gegenleistungsgedanken im Alimentationsprinzip annahm.51 Das Leistungsprinzip sei schon deswegen immer im Besoldungsrecht wirksam gewesen, weil man die Grundgehälter nach dem Rang abgestuft hatte.52 Nicht zuletzt seien die An­ gleichungstendenzen zwischen Beamtenstatus und Arbeitsverhältnis, die sich vor allem in den tarifvertraglichen Vereinbarungen und den Fortschritten in der Sozial­ gesetzgebung manifestierten, Beleg dafür, dass die beiden Rechtskreise ineinander greifen und einzelne Gestaltungsdirektiven übernehmen.53 Der Streit wurde aus diesen Gründen in den achtziger Jahren im Schrifttum mehrheitlich zu einer rein terminologischen Auseinandersetzung ohne praktische Bedeutung erklärt.54 d) Leistungsbesoldung und Alimentationsprinzip Der Streit um die Natur des Alimentationsprinzips ist wieder aufgegriffen worden in Zusammenhang mit der Diskussion um die Zulässigkeit der Leistungsbesoldung, die im Vorfeld der Reform des Besoldungsrechts von 1997 entbrannt ist. Mit dem Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts beabsichtigte die Bundes­ regierung eine strukturelle Änderung nicht nur des Beamtentums. Damit sollte eine funktionstüchtige öffentliche Verwaltung auch in Zeiten knapper Kassen die erforderlichen Aufgaben zuverlässig, effektiv und kostenbewusst erfüllen. Unter den vorgeschlagenen Maßnahmen befand sich das Postulat einer Verbesserung und Erweiterung der Leistungselemente in der Bezahlung.55 In einer derartig gestalteten Betonung des Leistungsprinzips sahen einige Autoren eine Gefahr für das Beamtentum.56 Dabei wurde zumeist auf bereits in den siebziger Jahren erwogene Argumente zurückgegriffen. Die Leistungsbesoldung würde die Unabhängigkeit des Beamten beeinträchtigen: Durch eine etappenweise Leistungsbewertung käme der Beamte in Versuchung, Leistung selbst dann nach Version der Vorgesetzten zu erbringen, wenn diese mit dem Gesetz unvereinbar ist.57 Als Hauptargument für diese Meinung wird ein Verständnis des Alimenta­ tionsprinzips angeführt, wonach der Gegenleistungsgedanke kein Element der Besoldung sei. Daraus wird dann geschlossen, dass das Leistungsprinzip in der Beamtenbesoldung keinen Platz habe und dass das Beamtentum damit außerhalb des Leistungsgrundsatzes stehe.58

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Günther, S. 95. Merten, in: FS-Ule, S. 349, 374. 53 Günther, S. 92. 54 Wiese, Beamtenrecht, S. 15; Günther, S. 97. 55 Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 13/3994, 29 f. Die entsprechende Verordnungsermächtigung wurde in § 42a BBesG eingeführt. 56 Lecheler, ZBR 1996, 1, 5; Günther, ZBR 1996, 65; Loschelder, ZBR 1996, 133. 57 Günther, ZBR 1996, 65, 75 unter Bezugnahme auf Loschelder, ZBR 1978, 133, 138. 58 Wenger, S. 111.

II. Grundlagen und Inhalt des Alimentationsprinzips

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Nach neueren Ansichten ist das auf Gesamtlebensdienstleistung und Gesamtalimentation bezogene Austauschverhältnis nur eine Ausgangslage, die der Modifikation durch den Gesetzgeber offen steht, solange die Modifikation weder die grundsätzliche wirtschaftliche Absicherung noch die Stabilität des Status der Ämter in Frage stellt.59 Diese grundsätzliche wirtschaftliche Absicherung kann auch als Kerngehalt des Alimentationsprinzips verstanden werden, der leistungsunabhängig unantastbar bleiben muss. Oberhalb dieser Grenze seien Modifikationen der Besoldungshöhe zulässig, sowohl nach oben, im Rahmen einer Leistungs­ vergütung, als auch nach unten, in Form einer Unleistungssanktion.60 e) Stellungnahme – ein modernes Verständnis der Relation zwischen dem Alimentations- und dem Leistungsprinzip In seiner umfassenden modernen Bedeutung kennzeichnet das Leistungs­prinzip eine Gesellschaftsordnung, in der Einkommen und Status nach dem Beitrag des einzelnen zu einem arbeitsteilig herbeigeführten Ergebnis entsprechend der Wertigkeit des Beitrages verteilt werden.61 Nach diesem Verständnis rechtfertigt das Leistungsprinzip die Einkommensunterschiede und hat somit eine legitimierende Funktion. Dabei ist eine genaue Bestimmung des Individualanteils nicht notwendig, denn das Leistungsprinzip dient nur einer Grundorientierung. Auf verfassungsrechtlicher Ebene hat das Prinzip an zwei Stellen Eingang gefunden. Zunächst ist es über Art. 33 Abs. 2 GG mitbestimmend für Normen über den Zugang zum Beruf (Berufseintritt) und über die Vergabe höherer Positionen (Beförderungen). Das Leistungsprinzip bezieht sich auch auf die Gestaltung der Beamtenbesoldung als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums nach Art. 33 Abs. 5 GG.62 Als Ausprägung dieses Prinzips gilt darüber hinaus auch das Laufbahnprinzip.63 Das Leistungsprinzip prägt das Besoldungsgefüge und zwar dahingehend, dass einerseits eine funktionsbezogen differenzierte Bezahlung gewährleistet sein muss (hier könnte man von einer objektiv – leistungsbezogenen Komponente des Leistungsprinzips sprechen), andererseits, soweit wie möglich, eine Besoldung nach subjektiv erbrachter Leistung eingeführt werden sollte (die subjektiv – leistungsbezogene Komponente des Leistungsprinzips). Dabei müssen erbrachte Leistungen berücksichtigt werden, die zugleich als Belohnung und als Indiz für künftig zu erwartende Leistungen verstanden werden.64 In seiner Ausprägung als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums steht das Leistungsprinzip neben dem Alimentationsprinzip. Der dogmatische Zusammenhang zwischen diesen Grund 59 Summer/Rometsch, ZBR 1981, 1, 17; Summer, ZBR 1995, 125, 130; Battis, ZBR 1996, 193, 195. 60 Summer, ZBR 1995, 125. 61 Millack/Summer, ZBR 1978, 138, 146; Summer, ZBR 1995, 125, 128. 62 BVerfGE 56, 146, 163; E 62, 374, 383; E 64, 367, 379; E 71, 255, 268. 63 Masing, in: Dreier, Art. 33, Rn. 93. 64 Leisner, Beamtentum, S. 279.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

sätzen wird noch in Zusammenhang mit der Ermittlung der Besoldungshöhe relevant. An dieser Stelle ist lediglich festzustellen, dass das Leistungsprinzip mit seinem Regelungselement der funktions- und leistungsbezogenen Differenzierungen der Besoldung einen zusätzlichen Anhaltspunkt für die Gestaltung einer amtsangemessenen Alimentation liefert. Diese amtsgemäße Differenzierung ist unlös­barer Bestandteil der Alimentation. Nach neuerem Verständnis nimmt das Leistungsprinzip hier auch eine die Amtsangemessenheit der Besoldung sichernde Funktion ein: Es soll den Nivellierungstendenzen in den Besoldungsstufen entgegenwirken.65 Diese das Besoldungsgefüge gestaltende und sichernde Funktion des Leistungsprinzips muss auch von denen anerkannt werden, die eine Besoldung nach Leistung in Form von individuellen Zulagen negieren. Andernfalls müssten sie konsequent eine Einebnung der Besoldungsdifferenzierungen in den Laufbahnen fordern, was nicht richtig sein kann. Hier wird deutlich, wie eng das Leistungsprinzip mit dem Alimentationsprinzip verbunden ist. Diese Verflechtung bezieht sich in erster Linie auf die zeitquantitative Komponente des Leistungsprinzips: Die laufbahnmäßige Berücksichtigung der Anciennität geht aus von einer mit der Verweildauer im Amt steigenden Effektivität. Die Kritiker der Leistungsbesoldung setzen jedoch an einem anderen Punkt an. Ausgehend von einer Definition des Alimentationsprinzips, die den Gegenleistungsgedanken nicht zulässt, wird vorgebracht, dass der Dienstherr den Beamten für den Einsatz seiner ganzen Persönlichkeit und Arbeitskraft alimentiert und es daher undenkbar sei, dass der Beamte über diese volle Hingabe hinaus noch ein zusätzliches „Mehr“ an Leistung erbringt, für das dann eine Zulage gewährt werden könnte.66 Dieses Verständnis des Alimentationsprinzips kann heute als überholt angesehen werden. Hierfür spricht zunächst die Tatsache, dass die Beamtenbesoldung bereits seit Jahrzehnten weitestgehend am Leistungsprinzip orientiert ist.67 Ferner wurde das Reformgesetz von 1997 unter anderem mit einer Notwendigkeit der Stärkung des Leistungselements in der Besoldung begründet.68 Der Gesetzgeber sieht folglich die Leistungsgesichtspunkte als notwendigen und praktikablen Maßstab bei der Gestaltung der Bezahlung der Beamten, der, wie dargestellt, nicht mit dem Alimentationsprinzip kollidiert. Es wurde damit an ganz bestimmte, konkrete Dienstleistungen angeknüpft, die nach ihrer Qualität bezahlt werden sollten. Von einer global begriffenen Zurverfügungstellung der Arbeitskraft oder von einer „Hingabe“ ist dort nicht die Rede. Ein weiteres Argument liefert die neueste Rechtsprechung des BVerfG. Das Urteil vom 20. März 2007 betraf in erster Linie den hergebrachten Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt.69

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Millack/Summer, ZBR 1978, 135, 148. Wenger, S. 100. 67 Leisner, S. 283. 68 Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 13/3994, 29 f. 69 Die streitgegenständliche Vorschrift beinhaltete eine Einschränkung der Berechnung der Versorgungsbezüge eines Beamten aus dem letzten Amt dahingehend, dass er dieses Amt mindestens drei Jahre ausgeübt haben muss.

II. Grundlagen und Inhalt des Alimentationsprinzips

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Dieser Grundsatz wird vom Gericht aus dem Alimentationsprinzip hergeleitet: Der Maßstab für die Überprüfung der Angemessenheit der Bezüge für den Ruhestandsbeamten ist das zuletzt bekleidete Amt.70 Hinsichtlich der Herleitung des Grundsatzes gingen die Ansichten der Richter innerhalb der Entscheidung zwar auseinander, worauf im Einzelnen noch eingegangen wird. Denn das streitige Prinzip ist zugleich Ausdruck des in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Leistungsgrundsatzes.71 Doch die Maßstäbe für dessen Reichweite ergeben sich unstreitig sowohl aus dem Alimentations- als auch aus dem Leistungsprinzip. Letzteres gebietet, dass das Ruhegehalt unter Wahrung des Leistungsprinzips und Anerkennung aller Beförderungen aus dem letzten Amt zu berechnen ist. Insoweit schränkt es den Entscheidungsspielraum ein, den der Gesetzgeber bei der Konkretisierung der Amtsangemessenheit der Alimentation hat. Demnach sind Leistungsgesichtspunkte notwendiger Bestandteil der Bemessung der Versorgung. Für den Spezialfall des Übergangs des Beamten in den Ruhestand wurden sie in den Rahmen eines eigenständigen hergebrachten Grundsatzes gefasst. Dies ist nachvollziehbar, denn es handelt sich hier um eine besondere Situation, die abgegrenzt werden muss von einem regelmäßigen Aufstieg innerhalb einer Laufbahn.72 Aber das Ineinandergreifen des Leistungsprinzips und der Amtsangemessenheit der Besoldung muss auch für andere Situationen bejaht werden, insbesondere für die Beförderungs­ situation. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Besoldung ist eben nicht nur durch den Kernbereich des Alimentationsprinzips limitiert. Auch das Maß an erbrachter Leistung muss bei der Angemessenheit berücksichtigt werden und setzt einer etwaigen Absenkung folglich eine Schranke. Weitere dogmatische Dimensionen dieser Verknüpfung werden im Zusammenhang mit dem Kern­ bereich der Alimentation erörtert. Diese Verbindung zwischen Alimentation und Leistung wird auch getragen von einem modernen, leistungsorientierten Staatsverständnis, das von der Verfassungspolitik mit geprägt werden kann. Das Staatsverständnis hat sich seit 1949 grund­ legend verändert. Der hoheitlich determinierte Staat hat sich im Laufe der Zeit zum partnerschaftlichen, die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen akti­ vierenden Staat gewandelt. Diese Leistungsnähe rechtfertigt eine weiterreichende Be­rücksichtigung der Leistungskomponente in der Besoldung. Hierfür spricht auch, dass sich mit der Zeit auch Maßstäbe entwickelt haben, die den Wert einer Leistung determinierbar machen. Es sei hier nur die Stundenvergütung im privaten Sektor für vergleichbare Tätigkeiten zu nennen. Der Leistungsgrundsatz fließt somit als notwendiger Maßstab der Alimentation in die Gestaltung der Besoldung ein. Daraus ergibt sich, dass sofern objektiv

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BVerfGE 117, 330. In der abweichenden Meinung zum Beschluss des BVerfG vom 20.  März 2007 leiten Richterin Osterloh und Richter Gerhardt den Grundsatz vom Leistungsprinzip ab. 72 Für die Rechtfertigung der Verlängerung des Zeitraums, nachdem das letzte Amt ver­ sorgungsrechtlich relevant wird, hat das BVerfG das Ziel der Verhinderung von Gefälligkeitsbeförderungen angeführt – vgl. BVerfGE 11, 203, 211; E 61, 43, 60.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

leistungsbezogene Elemente innerhalb der Besoldung berücksichtigt werden müssen, erst recht auch subjektiv-leistungsbezogene Elemente berücksichtigt werden können. Der Kernbereich der Alimentation wird durch eine solche Vorgehensweise nicht gefährdet, solange er durch die Grundbesoldung gedeckt ist. Vielmehr sichert das Leistungsprinzip das angemessene Niveau der Alimentation zusätzlich ab. Diese Erkenntnis gibt Anlass zu weiteren Schlüssen auf die Höhe der amtsan­gemessenen Besoldung. Die Inhalte und der Umfang der Maßstäbe für die Amtsangemessenheit werden in weiteren Teilen der Arbeit untersucht. f) Zwischenergebnis Aus den vorangehenden Ausführungen ergibt sich, dass nach dem Alimenta­ tionsgrundsatz der Dienstherr dem Beamten kein Entgelt i. S. eines zivilrecht­ lichen Dienstleistungsverhältnisses schuldet. Er hat vielmehr seinen Bediensteten nach deren Amtsstellung, nach der mit deren Ämtern verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren.73 Dabei kann die erbrachte Leistung nach objektiven Kriterien berücksichtigt werden.74 Welche Parameter für die Bemessung der Höhe der Besoldung maßgeblich sind, wird im Folgenden untersucht.

III. Die Gestaltung der Besoldung nach dem Alimentationsprinzip Um die Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung zu ermitteln, muss auf die Rechtsprechung des BVerfG zum Alimentationsprinzip Bezug genommen werden, die bereits umfangreich vorhanden ist. Dabei ist insbesondere das Merkmal der Angemessenheit der Besoldung näher zu betrachten. Dieser Begriff kennzeichnet nämlich den Bereich, in dem sich der Gesetzgeber bei der Gestaltung der Besoldung bewegen kann. Während Alimentation als solche jedenfalls durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistet wird, ist die Angemessenheit der eigentliche Maßstab für die inhaltliche Ausgestaltung der Besoldung. Nach dem im Zuge der Föderalismusreform 2006 erfolgten Übergang der Gesetzgebungszuständigkeit für die Besoldung und Versorgung auf die Länder können diese kraft der Ermächtigung in Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG über Besoldungsanpassungen eigenständig entscheiden. Sie haben sich dabei an den weiterhin für sie verbindlichen Maßstäben des Art. 33 Abs. 5 GG zu orientieren.



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BVerfGE 107, 218, 237; E 76, 256, 298; E 56, 146, 165; E 44, 249, 265; E 21, 329, 345. BVerfGE 110, 353.

III. Die Gestaltung der Besoldung nach dem Alimentationsprinzip

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1. Vom standesgemäßen Unterhalt zur angemessenen Alimentation

Das BVerfG hat bereits in den fünfziger Jahren vom „standesgemäßen Unterhalt“ gesprochen, der „unter Berücksichtigung des allgemeinen Lebensstandards“ zu gewähren sei.75 Hierbei ist das Gericht vom klassischen Unterhaltsbegriff ausgegangen. Demnach wird der Beamte gerade nicht in Gegenleistung für seine Arbeit bezahlt. Das Gehalt soll ihm vielmehr ermöglichen, seine volle Arbeitskraft für den Dienstherrn einzusetzen. Für die Bestimmung der Angemessenheit der Alimentation stellt das Gericht auf einen Vergleich mit anderen repräsentativen Gruppen ab und den so ermittelten „allgemeinen Lebensstandard“. Der Begriff des „standesgemäßen“ Unterhalts wird in späteren Entscheidungen zugunsten eines „angemessenen“ Unterhalts aufgegeben.76 Das BVerfG ist hier offenbar um eine zeitgemäße Ausdrucksweise bemüht. Die Standesgemäßheit wurde im Schrifttum früher als besonderer Zusatz zum Alimentationsprinzip im engeren Sinne verstanden.77 Später wurde die Standesgemäßheit aus der Alimentation selbst abgeleitet. Nach neuerem Verständnis ist das Merkmal der Angemessenheit als selbständiges Unterprinzip zu verstehen und nicht vom Alimentationsbegriff im engeren Sinne abhängig.78 In einer Grundsatzentscheidung von 1977 führt das BVerfG den Begriff der „Angemessenheit“ ein, der seitdem ständig verwendet wird. Die Bezeichnung ist jedoch von nachrangiger Bedeutung. Entscheidend ist, welche Faktoren für die Bestimmung der Angemessenheit ausschlaggebend sind. In den frühen Entscheidungen führt das Gericht ausschließlich den allgemeinen Lebensstandard als Bezugselement an. In späteren Urteilen werden auch andere Aspekte herange­ zogen, wie z. B.: „die mit dem Amt verbundene Verantwortung“79, sowie „die Bedeutung des Amtes“.80 Die Grundsatzentscheidung von 1977, die im Zusammenhang mit der Besoldung von kinderreichen Beamtenfamilien ergangen ist, markiert auch einen weiteren Schritt in der Konturierung des Maßstabs der Angemessenheit. Das Gericht nimmt dort sehr ausführlich dazu Stellung, welche Gesichtspunkte der Gesetzgeber, der die Angemessenheit der Dienstbezüge zu konkretisieren habe, dabei berücksichtigen müsse. In diesem Zusammenhang werden aufgezählt: „… außer den schon genannten Gesichtspunkten81 … Bedeutung der Institution des Berufsbeamtentums, Rücksicht darauf, dass das Beamtenverhältnis für qualifizierte Kräfte anziehend sein muss, Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft, vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung, Verantwortung des Amtes, Beanspruchung

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BVerfGE 3, 58, 160; E 4, 115, 121. BVerfGE 8, 1, 14; E 11, 203, 216; E 16, 94, 112. 77 Laband, Das Staatsrecht des Dt. Reiches 5. Aufl. 1911, 1. Bd., S. 500 f. – zit. nach Summer/Rometsch, ZBR 1981, 1. 78 Summer/Romentsch, ZBR 1981, 1, 15. 79 BVerfGE 8, 1, 14; E 11, 203, 215; E 16, 94, 115. 80 BVerfGE 39, 196, 201. 81 Dienstrang, Bedeutung des Amtes, Entwicklung der allgemeinen Lebensverhältnisse (Ergänzung des Verfassers).

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

des Amtsinhabers (häufig als „Leistung“ bezeichnet)“.82 Nach Ansicht des BVerfG sind bei der Angemessenheit auch weitere Punkte ausschlaggebend. Wie jeder arbeitende Mensch habe der Beamte im Hinblick auf den allgemeinen Lebens­ standard nicht nur die Grundbedürfnisse nach Nahrung, Kleidung und Unterkunft, sondern auch einen Anspruch auf ein Minimum an „Lebenskomfort“. Das Gericht nennt in diesem Zusammenhang mehrere Beispiele: die Ausstattung des Haushalts mit dem üblichen elektrischen Gerät einschließlich seiner Unterhaltung, Radio- und Fernsehgerät samt laufenden Kosten, Zeitungs- und Zeitschriftenbezug, Theaterbesuch und Besuch ähnlicher Veranstaltungen, Kraftwagen, Urlaubsreise, Bausparvertrag, Lebensversicherung und Krankenversicherung.83 Das BVerfG hat bereits vor dieser grundsätzlichen Entscheidung dem Gesetzgeber für die Gestaltung der Besoldung einen weiten Beurteilungsspielraum eingeräumt.84 Dieser Spielraum wird durch das Urteil von 1977 mit seinen präzisierenden Vorgaben eingeschränkt. Die „Angemessenheit“ wird vom Gericht nunmehr ausdrücklich als Maßstabsbegriff verstanden, der von der Gesetzgebung nach den jeweiligen Zeitverhältnissen zu konkretisieren ist,85 wobei die Entscheidung des Gesetzgebers sich jeweils innerhalb des durch die von der Rechtsprechung genannten Richtpunkte gebildeten Koordinatensystems zu bewegen hat.86 Aber auch gerade die Vielfalt der zu berücksichtigenden Faktoren ermöglicht dem Gesetzgeber viel Freiraum bei der Gestaltung der Besoldung. Hinzu kommt, dass sich die Angemessenheit auch bei intensiver Verfassungsinterpretation aus Art. 33 Abs. 5 GG nicht mathematisch exakt ableiten lässt.87 Wegen der grundsätzlichen Ausrichtung der Beamtengehälter auf die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen und den allgemeinen Lebensstandard können die Bezüge nicht stagnieren, sondern müssen den sich verändernden Umständen angepasst werden. Diese können sowohl Kürzungen als auch Erhöhungen der Besoldung und der Versorgung erfordern. Eine entsprechende Anpassungspflicht leitet sich unmittelbar aus dem Verfassungsrecht ab. Sie wurde jedoch auch auf einfachgesetzlicher Ebene umgesetzt: Die Vorschrift des § 14 BBesG konkretisiert den verfassungsrechtlichen Auftrag dahingehend, dass sich der Gesetzgeber in normativer Form ein Koordinatensystem vorgibt, in das sich die im Übrigen in sein Ermessen gestellten Anpassungsentscheidungen einzu­fügen haben.88 Dabei handelt es sich um eine rein deklaratorische Verdeutlichung der besoldungsrechtlichen Verfassungsgebote.



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BVerfGE 44, 249, 265. BVerfGE 44, 249, 265 f.; E 81, 363, 376; E 99, 300, 315. 84 BVerfGE 8, 19, 22; E 26, 158. 85 BVerfGE 44, 249, 266. 86 Schinkel, in: GKÖD III, K § 14 Rn. 1. 87 Merten, FS Ule, 349, 356. 88 Schinkel, in: GKÖD III, K § 14 Rn. 1.

III. Die Gestaltung der Besoldung nach dem Alimentationsprinzip

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2. Die Amtsangemessenheit der Besoldung

Fraglich ist, ob eine Unterscheidung zwischen dem Begriff der angemessenen Alimentation und der Amtsangemessenheit der Besoldung und Versorgung gemacht werden muss. In der neueren Literatur findet sich eine Unterscheidung zwischen einer absoluten und relativen Dimension der Amtsangemessenheit.89 Demnach soll die Amtsangemessenheit in absoluter Hinsicht gewährleistet sein, wenn der Beamte über ein Nettoeinkommen verfügt, „das seine rechtliche und wirtschaftliche Sicherheit und Unabhängigkeit gewährleistet und ihm über die Befriedigung der Grundbedürfnisse hinaus einen seinem Amt angemessenen Lebenskomfort ermöglicht“.90 Die relative Ausprägung der Amtsangemessenheit wird nach dieser Ansicht durch zwei Elemente gekennzeichnet. Zunächst besagt die besoldungssystemimmanente relative Amtsangemessenheit, dass sich die Höhe der Besoldung an der Wertigkeit des Amtes zu orientieren hat, wobei sich diese nach den durch das Leistungsprinzip vorgegebenen Merkmalen richtet. Damit soll das „Abstandsgebot“ innerhalb des Ämtergefüges realisiert werden. Die Besoldung muss sich andererseits auch in einem besoldungssystemexternen Vergleich bewähren, also im Hinblick auf Gehaltsstrukturen außerhalb des Beamtensystems an­ gemessen sein.91 Die dargestellte Systematisierung Lindners verbildlicht zutreffend die notwendigen Elemente der Amtsangemessenheit. Sie orientiert sich an dem Charakter der Merkmale, die für die Amtsangemessenheit ausschlaggebend sind. Die Kategorie der absoluten Amtsangemessenheit wird wohl deckungsgleich mit dem später zu erörternden Kernbereich des Alimentationsprinzips sein müssen. Bei der Kategorisierung der relativen Elemente der Angemessenheit könnte begrifflich alternativ an die Angemessenheit „im Allgemeinen“ und an die Amtsangemessenheit angeknüpft werden. Das BVerfG verwendet beide Begriffe und gibt durchaus den Ansatz für eine entsprechende, auch sachliche Differenzierung. In der Grundsatzentscheidung von 1977 konturiert das Gericht zunächst die Voraussetzungen für eine amtsangemessene Alimentierung. Dabei sind, neben der Entwicklung der allgemeinen Verhältnisse, insbesondere der Dienstrang, Bedeutung und Verantwortung des Amtes von ausschlaggebender Bedeutung. Den Ausführungen zum Maßstab für die Amtsangemessenheit fügt das Gericht den Satz hinzu: „Dem Gefüge der Ämter innerhalb der Staatsorganisation entspricht deshalb eine Stufung der Bezüge innerhalb der Besoldungsordnung“.92 In einem weiteren Absatz widmet sich das Gericht dann der Bezeichnung der Maßstäbe, die für eine Konturierung der Angemessenheit „im Allgemeinen“ entscheidend sind.



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Lindner, ZBR 2007, 221, 222. Lindner, ZBR 2007, 221, 222 unter Bezugnahme auf: BVerfGE 8, 1, 14; E 114, 258, 287. 91 Lindner, ZBR 2007, 221, 222. 92 BVerfGE 44, 249, 265.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

Die Amtsangemessenheit orientiert sich begriffsnotwendig primär an amts­ bezogenen Merkmalen. Das Gericht nennt hierfür zwei Kriterien: den Dienstrang und die Bedeutung und Verantwortung des Amtes unter Rücksichtnahme auf die entsprechenden Entwicklungen der allgemeinen Verhältnisse.93 In der neuesten Rechtsprechung nennt das Gericht unter diesem Aspekt auch die Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit.94 Andererseits kommt darin zum Ausdruck, dass jedem Amt eine Wertigkeit immanent ist, die sich in der Besoldungshöhe widerspiegeln muss. Diese Wertigkeit wird durch die Verantwortung des Amtes und die Inanspruchnahme des Amtsinhabers bestimmt.95 Die angeführten amtsspezifischen Faktoren kann man von den allgemeinen Bedürfnissen eines arbeitenden Menschen unterscheiden. Die Amtsangemessenheit der Besoldung ist nach diesem Verständnis primär eine Funktion des Amtes. Die Gehälter müssen deshalb auch die unterschiedliche Vor- und Ausbildung der Beamten, ihre Kenntnisse und Erfahrungen und die jeweilige Verantwortung berücksichtigen. In diesem Zusammenhang ist auch die mit dem höheren Amt einhergehende wertvollere Leistung ins Kalkül zu ziehen. Folglich orientiert sich die Höhe der Besoldung in diesem Punkt maßgeblich am Leistungsprinzip. Eine weitere Schlussfolgerung, die sich aus dem Grundsatz einer amtsangemessenen Besoldung ergibt, ist das Gebot einer dem Ämtergefüge entsprechenden Stufung der Bezüge. Dieses ist bereits in den frühen Entscheidungen des BVerfG bestätigt worden.96 Die vom Gericht in der Grundsatzentscheidung von 1977 genannten amtsspezifischen Kriterien der Amtsangemessenheit werden in der Besoldungsstruktur maßgebend berücksichtigt. Der Dienstrang ist vom Dienstalter und von der Befähigung abhängig, mit einem höheren Amt wächst regelmäßig auch die Verantwortung des Beamten. Eine mit dem Dienstalter steigende Besoldung widerspricht auch nicht dem Leistungsprinzip, weil mit längerer Dienstzuge­ hörigkeit Erfahrungen, Kenntnisse und Fähigkeiten des Beamten zunehmen.97 Auch die nach Befähigungsunterschieden differenzierte Besoldung ist verfassungsrechtskonform. Denn das beamtenrechtliche Leistungsprinzip verlangt nur Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart aber ungleich zu regeln und unterschiedliche Eignung, Befähigung und fachliche Leistung differenzierend zu bewerten.98 Daraus ergibt sich ein befähigungsabhängiges Differenzierungsgebot, welches für eine Unterscheidung aus sachgerechten, in der Person des einzelnen liegenden Gründen steht. Dieses Ergebnis lässt sich auch gut mit der Funktion des Berufsbeamtentums begründen, die darin besteht, dem Staat die Erfüllung seiner spezifischen Aufgaben zu ermöglichen. Hier muss es vordergründig



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BVerfGE 44, 249, 265. BVerfGE 114, 258, 293. 95 BVerfGE 114, 258, 293. 96 BVerfGE 4, 115, 135; E 8, 1, 14; E 11, 203, 215. 97 Merten, in: FS Ule, 349, 353. 98 BVerfGE 4, 115, 135; E 11, 203, 215.

III. Die Gestaltung der Besoldung nach dem Alimentationsprinzip

69

auf Qualifikation und Leistung ankommen.99 Diese Merkmale müssen entsprechend auch bei der Besoldung berücksichtigt werden. Deshalb gehört auch zu den überkommenen Grundlagen des Berufsbeamtentums, dass mit einem höheren Amt auch höhere Dienstbezüge verbunden sind,100 dass für Beförderungen eines Beamten der Leistungsgrundsatz gilt101 und das eine Beförderung nicht zu einer Verminderung der Bezüge führen darf.102 Die Merkmale der Amtsangemessenheit und der Angemessenheit „im All­ gemeinen“ schließen sich nicht aus. Sie setzen an unterschiedlichen Bezugspunkten an. Die Angemessenheit „im Allgemeinen“ gebietet einen Vergleich mit Konstanten, die außerhalb des Berufsbeamtentums liegen. Damit wird bezweckt, die Besoldungssituation eines Beamten in Relation zu anderen Arbeitsverhältnissen zu setzen. Es handelt sich folglich um einen externen Vergleich, in dem äußere Faktoren entscheidend sind. Demgegenüber gebietet die Amtsangemessenheit schwerpunktmäßig einen (beamtenrechts-)internen Vergleich. Hier werden Besoldungssituationen von Beamten in verschiedenen Ämtern verglichen. Dieses Merkmal ist angesichts dieser deutlichen beamtenrechtlichen Prägung präziser ausgestaltet. Es beinhaltet auch Gestaltungsdirektiven aus dem Leistungsprinzip. Beide Merkmale haben dennoch denselben Zweck: der Beamte soll im Endeffekt (amts-)angemessen besoldet werden. Deshalb sind sie kumulativ zu berücksichtigen. Neben einer Anpassung nach Außen hin, also hauptsächlich an die allgemeinen volkswirtschaftlichen Verhältnisse, muss eine beamtenrechtsimmanente Angemessenheitsprüfung vorgenommen werden, die neben alimentationsrechtlichen Gesichtspunkten auch Leistungsaspekte mit einbezieht. 3. Der gesetzgeberische Spielraum bei der Gestaltung der Besoldung

Der Gesetzgeber hat auf dem Gebiet des Besoldungsrechts nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG eine verhältnismäßig weite Gestaltungsfreiheit. Diese Weite folgt daraus, dass der Gesetzgeber bei der Gestaltung der Besoldung auf unterschiedliche Belange Rücksicht nehmen muss. Eine Beschreibung des Gestaltungsspielraums durch das Gericht fällt daher auch sehr generell aus. Das Gericht fügt neben abstrakten Erwägungen, auch konkrete Gesichtspunkte ein, die wohl eine exemplarische Bedeutung haben sollen. In der neueren Rechtsprechung werden die vom Gesetzgeber bei der Gestaltung der Besoldung heranzuziehenden Gesichtspunkte unter Bezugnahme auf ältere Entscheidungen zusammenfassend wie folgt beschrieben:



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BVerfGE 21, 329, 344. BVerfGE 11, 203, 215; E 56, 97, 164. 101 BVerfGE 11, 203, 215; E 38, 1, 12; E 56, 97, 163. 102 BVerfGE 18, 121, 170.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene „Neben der dabei notwendigen Beachtung der Verhältnisse innerhalb der Ämterstruktur, also auf die Relationen einzelner Ämter zu benachbarten oder nahe stehenden Ämtern, muss er übergreifende Gesichtspunkte berücksichtigen. Dazu zählt vor allem die Erwägung der Rückwirkung einer konkreten Differenzierung oder Nichtdifferenzierung auf das übrige Besoldungsgefüge. Er darf unter dem Gesichtspunkt der richtigen Einordnung eines Amtes in die Besoldungsordnung nicht nur die Aufgaben und die Verantwortung, die mit dem Amt verbunden sind, sondern unter Umständen auch die Notwendigkeit der Gewinnung von Nachwuchs oder ein besonderes Risiko berücksichtigen. Schließlich muss der Gesetzgeber die Freiheit haben, auch von der bisherigen Bewertung eines Amtes im Verhältnis zu einem anderen Amt abzuweichen. Anders lässt sich, wenn man eine Besoldungsordnung in ihrem Bestand nicht versteinern will, eine vom Gesetzgeber für notwendig gehaltene vernünftige Neuregelung und Verbesserung nicht bewerkstelligen.“103

Der Gesetzgeber gestaltet die Besoldung in einem weiten Spielraum des politischen Ermessens. Die Besoldungsgesetzgebung ist angesichts der sich ständig verändernden Realität ein dynamischer Prozess, der verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen muss. Das BVerfG prüft deshalb nicht, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat. Es kann, sofern nicht von der Verfassung selbst getroffene Wertungen entgegenstehen, nur die Überschreitung äußerster Grenzen beanstanden, jenseits derer sich gesetzliche Vorschriften bei der Abgrenzung von Lebenssachverhalten als evident sachwidrig erweisen.104 Dem Gesetzgeber steht es im Besonderen frei, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen.105 Ihm muss zugestanden werden, auch das gesamte Besoldungsgefüge und übergreifende Gesichtspunkte in den Blick zu nehmen. Jede Regelung des Besoldungsrechts muss zwangsläufig generalisieren und typisieren und wird in der Abgrenzung unvermeidbare Härten mit sich bringen; sie wird insoweit vielfach unter irgendeinem Gesichtspunkt für die unmittelbar Betroffenen fragwürdig erscheinen. Die vielfältigen zu berücksichtigenden Gesichtspunkte werden nicht immer miteinander in Einklang zu bringen sein. Die sich daraus ergebenden Unebenheiten, Friktionen und Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen müssen hin­ genommen werden, sofern sich für die Gesamtregelung ein vernünftiger Grund anführen lässt.106 Eine Konturierung des Gestaltungsspielraums im Besoldungsrecht nimmt das BVerfG regelmäßig im Vorfeld einer Prüfung des allgemeinen Gleichheitssatzes vor. Wird hingegen eine mögliche Verletzung des Alimentationsprinzips unter-

103 Zuletzt: BVerfGE 110, 353, 364 f. unter Bezugnahme auf: BVerfGE 8, 1, 22; E 13, 356, 362; E 26, 141, 158 ff.; E 103, 310, 319 f. 104 BVerfGE 65, 141, 148 f. 105 BVerfGE 71, 39, 53;E 76, 256, 295. 106 BVerfGE 26, 141, 159; E 49, 260, 273; E 65, 141, 148; E 76, 256, 295; zusammenfassend BVerfGE 110, 353, 364.

IV. Kriterien für die Angemessenheit „im Allgemeinen“

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sucht, so geht das Gericht von der Definition der hergebrachten Grundsätze aus. Aber auch dort unterstreichen die Richter die verhältnismäßige Weite des gesetzgeberischen Ermessensspielraums.107 Dabei wird auf Ausführungen Bezug genommen, die ursprünglich in Zusammenhang mit dem Gleichheitssatz ergangen sind. In einer Entscheidung aus dem Jahre 1981, welche die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Überleitung herausgehobener Richterämter in das 1975 reformierte Besoldungsrecht betraf, werden die Ausführungen zum Gestaltungsspielraum im Besoldungsrecht erstmals ausdrücklich auf das Alimentationsprinzip übertragen: „Dass der Besoldungsgesetzgeber bei einer solchen grundlegenden Neuregelung eine besonders weite Gestaltungsfreiheit hat, ist seit jeher anerkannt (vgl. BVerfGE 8, 1 [22]; 26, 141 [158 f.]; BVerwG, RiA 1963, S. 123 ff.). Dies gilt nicht nur im Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG, sondern auch hinsichtlich Art. 33 Abs. 5 GG.“108 Welche Reichweite der Gestaltungsspielraum in weiteren Situationen hat, wird Gegenstand der nachfolgenden Untersuchungen sein.

IV. Kriterien für die Angemessenheit „im Allgemeinen“ Für die Bemessung der Besoldung ist primär das statusrechtliche Amt maßgebend. Dies kennzeichnet die Rechtsstellung des Beamten und Richters nach Amtsbezeichnung, Besoldungsgruppe (Amtszulagen sind funktionell Zwischenbesoldungsgruppen) und Laufbahngruppe.109 Es wäre nicht zulässig, einem Beamten Abzüge zur Besoldung nach dem Amt aufzuerlegen. Weiterhin ergibt sich aus dem Statusprinzip, dass die Besoldung in Relation zur unterschiedlichen Vorbildung und Funktion der Beamten gesetzt werden muss. Dieses besoldungsrechtliche Differenzierungsgebot enthält allerdings keine Richtpunkte für die Bemessung einzelner Gehaltssätze. Des Weiteren löst sich die heutige Ämtergliederung von Funktionsmerkmalen und sachlich bestimmbaren Amtsinhalten, so dass auch die Amtsbezeichnung kaum noch etwas über die jeweilige Tätigkeit aussagt.110 Der Bezugspunkt für standesgemäße Besoldung lag auch immer außerhalb des Beamtenkörpers – in den Einkommen derjenigen Berufsstände, denen die einzelnen Beamtengruppen nach Vorbildung, Aufgabenstellung, Verantwortung und gesellschaftlichen Ansehen zugeordnet zu werden vermochten.111 Das BVerfG hat auch in seiner neueren Rechtsprechung feste Bezugspunkte für die Konkretisierung der Alimentierung gefordert. Im ersten Kindergeldbeschluss führt das Gericht an, dass „die vom Dienstherrn nach Maßgabe der Verfassung geschuldete Alimentierung […] nicht eine dem Umfang nach beliebig variable 107 Zuletzt: BVerfG, Urteil vom 6.3.2007, Rn. 65, unter Bezugnahme auf: BVerfGE 8, 1, 22; E 110, 353, 364; E 114, 258, 288. 108 BVerfGE 56, 146, 161 f. 109 Summer, ZBR 1982, 312, 314. 110 So schon: Zeidler, DVBl. 1973, 719, 723; vgl. auch Denninger/Frankenberg, S. 36 ff. 111 Wiese, VerwArch 57, 240, 257.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

Größe [sei], die sich einfach nach den „wirtschaftlichen Möglichkeiten“ der öffentlichen Hand oder nach den politischen Dringlichkeitsbewertungen hinsichtlich der verschiedenen vom Staat zu erfüllenden Aufgaben oder nach dem Umfang der Bemühungen um Verwirklichung des allgemeinen Sozialstaatsprinzips bemessen lässt.“112 Allerdings ist die Feststellung und Einschätzung der für diese Größe notwendigen Fakten und Wertungen ein Vorgang, der sowohl wirtschaftliche als auch politische Elemente mit einbezieht. Eine Einbindung dieser Maßstäbe in beständige rechtliche Kategorien ist nicht möglich. Das hat das BVerfG mit der Zubilligung des bereits erörterten weiten gesetzgeberischen Spielraums anerkannt.113 In der Praxis wurden im Laufe der Zeit Koordinatenpunkte ermittelt, die den Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers einschränken. Zunächst ist es die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse. Dieser Maßstab wird in der Literatur befürwortet; er wurde auch im Rahmen des § 14 BBesG gesetzlich verankert.114 Auch in der Rechtsprechung des BVerfG hat er einen festen Platz eingenommen.115 Den zweiten Bezugspunkt bildet die mit den Dienstaufgaben verbundene Verantwortung. Er ist ebenfalls in § 14 BBesG festgeschrieben und entspricht der aus der geschichtlich gewachsenen Struktur des öffentlichen Dienstes abgeleiteten Feststellung des BVerfG, dass die Besoldung nach Eigenart, Bedeutung und Umfang der in dem jeweiligen Amt zu erbringenden Leistungen und der mit ihnen verbundenen Verantwortung zu staffeln ist.116 1. Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse

Der Maßstab der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finan­ziellen Verhältnisse ist ein Oberbegriff, der interpretationsfähig und auch interpretationsbedürftig ist. Seine einfachgesetzliche Ausprägung wird als Anpassungsregelung verstanden. Darin drückt sich, nach dem Verständnis der Literatur, das Bestreben aus, die Beamten weder zu „Preisführern“ im Bereich der Leistungsentgelte werden zu lassen, noch den öffentlichen Dienst wegen schlechter Bezahlung für den qualifizierten Nachwuchs unattraktiv werden zu lassen.117 Der Gesetzgeber übernimmt damit die schwierige Aufgabe einer Einschätzung des Wertes der Leistung der Beamten, die ständig in Relation zu den aktuellen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen gesetzt werden muss. Diese Relativität ist neben der sich aus den ständig verändernden Verhältnissen ergebenden Dynamik dieses Maß­stabes ein Kennzeichen des Anpassungsauftrags. 112

BVerfGE 44, 249, 264; vgl. auch: E 99, 300, 320; E 114, 258, 287 f.; E 117, 330, 352 f. BVerfGE 8, 1, 22 f.; E 11, 203, 210; E 26, 141, 158 f.; E 110, 353, 364 f. 114 Summer/Rommetsch, ZBR 1981, 1, 16; Schinkel, in: GKÖD, K § 14 BBesG, Rn. 1 ff. 115 BVerfGE 44, 249, 264 f; E 81, 363, 376 f; E 99, 300, 315 f. 116 BVerfGE 8, 1, 14; Schinkel, in: GKÖD, K § 14 BBesG, Rn. 6. 117 Schinkel, in: GKÖD, K § 14 BBesG, Rn. 2.

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IV. Kriterien für die Angemessenheit „im Allgemeinen“

73

Mit dem Maßstabsbegriff wird im Wesentlichen einerseits der Bezug der Besoldung zu der Einkommen- und Ausgabensituation der Gesamtbevölkerung hergestellt und andererseits an die Lage der Staatsfinanzen, d. h. an die sich in der Situation der öffentlichen Haushalte ausdrückende Leistungsfähigkeit des Dienstherrn, angeknüpft. Dies sind zwei in ihrer Bedeutung unterschiedliche Begriffselemente, die getrennt voneinander behandelt werden müssen. a) Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse Eine Definition des Merkmals der Entwicklung der allgemeinen wirtschaft­ lichen Verhältnisse findet sich in der Rechtsprechung des BVerfG nicht. Das Gericht hat lediglich einige Beispiele für eine rechtserhebliche Veränderung der Verhältnisse genannt. Dies sind u. a. die Veränderung der der Besoldungsordnung zugrunde liegenden Relation der Beamtengehälter zu den übrigen Einkommen, die am Lebenshaltungskostendindex ablesbare Preisentwicklung und die Gewährung entsprechender Teuerungszuschläge in der Privatwirtschaft und die Entwicklung des Realwerts der Beamtengehälter gegenüber anderen Einkommen.118 In der Literatur finden sich unterschiedliche Vorschläge für eine adäquate Konturierung des besprochenen Maßstabs. Zunächst wird angeführt, dass das Merkmal den Gesetzgeber nicht nur auf die Preis- und Einkommensentwicklung, sondern auch auf die wirtschaftliche Gesamtentwicklung verweist. Die entsprechenden Daten können mittels derjenigen Angaben ermittelt werden, in denen sich die gesamtwirtschaftliche Entwicklung widerspiegelt.119 Dies geschieht alljährlich im Rahmen der vom Statistischen Bundesamt ermittelten volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Dieses Kriterium wird jedoch letztlich für ungeeignet eingestuft, da die daraus gewonnenen Daten keine Realgrößen darstellen, sondern gedank­liche und rechnerische Aggregationen von Einzelwerten.120 Ein weiterer Vorschlag zur Bestimmung des Begriffes setzt an zwei Punkten an.121 Die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse ist zunächst durch die jeweilige Relation der Höhe der sich der Gesamtwirtschaftslage ent­ sprechend regulierenden Realeinkommen unselbständig Beschäftigter gekennzeichnet. Andererseits wird sie durch die sich verändernde Kaufkraft des Geldes bestimmt. Der volkswirtschaftliche Lohnbegriff erfasst zwar auch den Unternehmerlohn und die Einnahmen des freiberuflich Tätigen. Die Bezugnahme auf die Arbeitnehmereinkommen ist jedoch ausreichend, da diese der Besoldung am nächsten stehen. Eine Bezugnahme auf andere wirtschaftliche Daten wird deshalb

118

BVerfGE 8, 1, 22 f., 25. Kriegbaum, ZBR 1970, 201, 218. 120 Summer/Rometsch, ZBR 1981, 1, 11; Schinkel, in: GKÖD, K § 14 BBesG, Rn. 4. 121 Summer/Rometsch, ZBR 1981, 1, 11.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

für nicht sachgerecht gehalten.122 Die Kombination der Entwicklung der Arbeitnehmereinkommen mit der Kaufkraft des Geldes ergibt einen sachnahen Anknüpfungspunkt.123 Anhand dieser Werte lässt sich die wirtschaftliche Entwicklung während zurückliegender Zeiträume feststellen. Daraus lassen sich auch allgemein die Tendenzen der wirtschaftlichen Entwicklung für die Zukunft ablesen. Die Zahlen können jedoch keine verlässliche Prognose über die zukünftige Entwicklung liefern. Diese ist auch nicht notwendig, denn die Besoldungsanpassung ist eine ihrem Wesen nach als nachgehende Herstellung einer angemessenen Relation der Besoldung zur wirtschaftlichen und finanziellen Gesamtsituation zu verstehen.124 Auch das BVerwG misst dem Einkommensniveau der privatrechtlich beschäftigten Arbeitnehmer, vor allem der Angestellten des öffentlichen Dienstes, eine besondere Bedeutung für die Bestimmung der Angemessenheit der Besoldung zu.125 Dieser Bezugspunkt ist nach Ansicht des Gerichts auch ausschlaggebend für die Bestimmung der Wertigkeit des Amtes, also für die Amtsangemessenheit der Alimentation. Er hat mithin eine Doppelfunktion: Einerseits ist er notwendig für die Angemessenheit der Alimentation im Allgemeinen, andererseits ist er bestimmend für die Wertigkeit des Amtes. Die Begründung der zweiten Funktion wird bei den Kriterien für die Amtsangemessenheit näher erläutert. Aus diesen Gründen wird die in Umsetzung des Regelungsauftrags aus § 14 BBesG seit Jahren praktizierte Anknüpfung an die tariflichen Erhöhungen für Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst als sachgerechteste Lösung empfunden.126 Diese Personengruppe weist viele Ähnlichkeiten mit dem Beamtenstatus auf, nicht nur im Hinblick auf die im Einzelfall wahrgenommene Tätigkeit. Auch das strukturelle Gefüge ist bei den Angestellten im öffentlichen Dienst mit dem beamtenrechtlichen Gefüge vergleichbar. Eine direkte Übertragung des Systems stößt jedoch auf Bedenken. Denn die Anpassung der Besoldung soll nicht das Ergebnis von Tarifverhandlungen sein, sondern stellt in rechtlicher Hinsicht die Erfüllung der aus dem Alimentationsgrundsatz folgenden Pflicht dar, den Beamten eine den Zeitumständen entsprechende Besoldung zu gewähren. Auch die Beamtenschaft ist jedoch daran zu beteiligen, was Lohnzuwachs bei dem Arbeitnehmer wird. Die Ausrichtung an den Ergebnissen von Tarifverhandlungen muss zudem nicht starr sein und diese müssen nicht eins zu eins übertragen werden. Vielmehr soll sie einer Orientierung an einem für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes aussagekräftigen Faktor dienen. Die Anpassung hat eine bereits jahrzehntelange Tradition und trägt maßgeblich zur Verwirklichung des Ziels bei, den Betriebsfrieden im öffentlichen Dienst und damit seine Funktionsfähigkeit zu gewährleisten.

122

Summer/Rometsch, ZBR 1981, 1, 11. BVerfGE 114, 258, 293 f. 124 Schinkel, in: GKÖD, K § 14 BBesG, Rn. 4. 125 BVerwGE 117, 305. 126 Summer/Rometsch, ZBR 1981, 1, 11; Günther, S. 124 f.

123

IV. Kriterien für die Angemessenheit „im Allgemeinen“

75

b) Entwicklung der finanziellen Verhältnisse Das Begriffselement „Entwicklung der finanziellen Verhältnisse“ knüpft an die jeweilige Lage der Staatsfinanzen an, d. h. an die sich in der Situation der öffent­ lichen Haushalte ausdrückende Leistungsfähigkeit der Dienstherren. Der Gesetzgeber braucht seine Entscheidung über die Angemessenheit der Besoldung nicht allein aufgrund der allgemeinen Einkommensentwicklung zu treffen, sondern er muss auch die finanziellen Kapazitäten der Etats von Bund, Ländern und Gemeinden mitberücksichtigen.127 Das BVerfG hat jedoch schon früh klargestellt, dass sich die Alimentierung nicht einfach nach den „wirtschaftlichen Möglichkeiten“ der „öffentlichen Hand“ bemessen lässt.128 Aus der Rechtsprechung ergibt sich auch, dass das besondere Treueverhältnis den Beamten nicht dazu verpflichtet, mehr als andere zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte beizutragen. Dennoch greift der Gesetzgeber bei Kürzungen in der Besoldung auf Argumente zurück, die finanzpolitischer Natur sind und die sich in zwei größere Gruppen einteilen.129 Zum einen werden allgemein die „Zeiten knapper Kassen“ genannt, die generellen finanziellen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und insbesondere ihre Veränderung durch die Deutsche Einheit. Zum anderen wird ein besonderer Gesichtspunkt herausgegriffen, welcher nur das Beamtenrecht betrifft: Der absehbar starke Anstieg der Versorgungslasten.130 In Anlehnung an diese Argumentationsstränge wird in der Literatur diskutiert, ob und in welchem Umfang Ausnahmen vom Verbot der rein fiskalisch motivierten Alimentationsabsenkung zulässig sind.131 Das BVerfG folgt jedoch auch in seiner neuesten Rechtsprechung dem Grundsatz, wonach allein aus dem Umstand, dass der Staat nicht mehr zur Erfüllung seiner Alimentationsverpflichtung fähig ist, nicht die Aufhebung dieser Verpflichtung folgt. Hieraus ergibt sich jedoch kein Maßstab für die Bestimmung der Entwicklung der finanziellen Verhältnisse. Finanzpolitische Erwägungen stellen im Hinblick auf eventuelle Ausnahmen vom Grundsatz des Verbots von Besoldungskürzungen zur Überwindung von angespannten Haushaltslagen möglicherweise einen Rechtfertigungsgrund für Absenkungen dar. Daraus können sich zwar Richtwerte für die Entwicklung der finanzpolitischen Situation ergeben. Dogmatisch ist die Frage nach der Zulässigkeit der Kürzungen aus finanzpolitischen Gründen wohl auf der Rechtfertigungsebene von Eingriffen in das Alimentationsprinzip anzusiedeln. Für die hier erörterte Frage nach der Konturierung des Begriffes der „Entwicklung der finanziellen Verhältnisse“ sei festgehalten, dass Besoldungskürzungen zur Überwindung einer angespannten Haushaltslage grundsätzlich nicht für sich allein ein 127

Merten, in: FS Ule, 349, 360. BVerfGE 44, 249, 264 f. 129 Leisner, ZBR 1998, 259, 261. 130 Leisner, ZBR 1998, 259, 261 unter Bezugnahme auf die Begründung der Regierung zum Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts von 1997, BT-Drs. 13/3994 v. 6.3.1996. 131 Wolff, ZBR 2005, 361, 368. 128

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

gesetzt werden dürfen, sondern stets in Verbindung mit Kürzungen in anderen staatlichen Bereichen erfolgen müssen.132 Insbesondere verpflichtet das besondere Treueverhältnis den Beamten und Richter nicht dazu, mehr als andere zur Kon­ solidierung der öffentlichen Haushalte beizutragen.133 2. Mit den Dienstaufgaben verbundene Verantwortung

Das Besoldungsgefüge soll nach der Verantwortung, die mit den Dienstauf­ gaben verbunden ist, gestaffelt werden. Diese Gestaltungsdirektive ist auf eine Feststellung des BVerfG zurückzuführen, wonach die Besoldung nach Eigenart, Bedeutung und Umfang der in dem jeweiligen Amt zu erbringenden Leistungen und der mit ihnen verbundenen Verantwortung zu staffeln ist.134 Das Gericht hat damit anerkannt, dass Ämter zu den Besoldungsgruppen nach ihrer Wertigkeit einzustufen sind. Folglich muss das System der Besoldungsgruppen global betrachtet werden und eine Wertung des jeweiligen Amtes innerhalb des Gefüges erwogen werden. Fraglich ist dabei, ob es sich um ein Merkmal der Angemessenheit „im Allgemeinen“ handelt, wonach die Besoldungshöhe nach beamtenrechtsexternen Faktoren bestimmt werden soll. Dagegen spricht, dass die angeführte Rechtsprechung des BVerfG, die in § 14 BBesG ihren gesetzesförmigen Niederschlag findet, insbesondere einer Nivellierung des Besoldungsgefüges entgegenwirken soll. Daraus lässt sich ableiten, dass nicht etwa eine individuelle Wertung des einzelnen Dienstpostens im Zuge der Besoldungsanpassung gefordert wird. Vielmehr soll die Bestimmung der mit den Dienstaufgaben verbundenen Verantwortung die Stellung des jeweiligen Beamten innerhalb des Besoldungsgefüges bestimmen. Dabei muss primär auf beamtenrechtsinterne Faktoren Bezug genommen werden. Es handelt sich folglich um ein Merkmal, das die Amtsangemessenheit mitbestimmt.

V. Kriterien für die Amtsangemessenheit Die Amtsangemessenheit wurde bereits definiert als Maßstab für die Höhe der Besoldung, der nach beamtenrechtsinternen Kriterien bestimmt wird. Dabei sind der Dienstrang und die Bedeutung und Verantwortung des Amtes von besonderer Bedeutung. Die Amtsangemessenheit, die als Funktion des Amtes zu verstehen ist, verwirklicht sich deshalb maßgeblich in einem „Abstandsgebot“. Denn ein höherwertiges Amt fordert mehr Verantwortung und setzt eine bessere Aus- und Vorbildung voraus. Demnach muss ein höherwertiger Dienstposten auch höher besoldet

132

Leisner, ZBR 1998, 259. So ausdrücklich: BVerwGE 117, 305 Rn. 16. 134 BVerfGE 8, 1, 14.

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V. Kriterien für die Amtsangemessenheit

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werden. Bevor die Kriterien für die Bestimmung der Amtsangemessenheit erörtert werden, muss auf die dogmatische Stellung des Differenzierungsgebots Bezug genommen werden. 1. Das Differenzierungsgebot und andere hergebrachte Grundsätze des Beamtentums

Das Differenzierungsgebot muss nicht ausschließlich als Ausfluss der Amts­ angemessenheit, die ja auf das Alimentationsprinzip zurückzuführen ist, verstanden werden. Auch das beamtenrechtliche Leistungsprinzip verlangt als Ausprägung des allgemeinen materiellen Gleichheitssatzes unterschiedliche Eignung, Befähigung und fachliche Leistung differenzierend zu bewerten.135 Dem entspricht eine den Voraussetzungen angepasste, differenzierte Besoldung. Eine weitergehende Präzisierung erfährt das erwähnte Abstandsgebot durch das Laufbahnprinzip, das als Ausdruck des Leistungsgrundsatzes zu verstehen ist.136 Das sich aus dem Gebot der Amtsangemessenheit ergebende Abstandsgebot ist folglich durch unterschiedliche Prinzipien des Beamtentums mitbestimmt. Fraglich ist, ob sich daraus verschiedene Maßstäbe für die Ausgestaltung des Differenzierungsgebots ergeben und, wenn ja, ob sie auseinander gehalten werden können. Dann könnte der Gehalt des sich aus dem Alimentationsprinzip ergebenden Abstandsgebots ermittelt werden. a) Der Einfluss des Leistungsprinzips Das Leistungsprinzip gebietet über seinen durch Art. 33 Abs. 2 GG explizit beschriebenen Funktionsbereich hinaus, die Ämter aufgaben- und verantwortungsbezogen abzustufen.137 Die Frage der Besoldung wird mit der Leistung des Beamten verknüpft. Hierbei geht es jedoch nicht etwa um Unterschiede, die in der individuellen Arbeitsleistung des Beamten begründet liegen. Vielmehr sollen die Bezüge ausschließlich an das Amt, nicht jedoch an die darin erbrachten Leistungen geknüpft sein. In diesem Zusammenhang wird vom „besoldungsrechtlichen“ Element des Leistungsprinzips gesprochen.138 Fraglich ist jedoch, ob sich aus dem Leistungsprinzip selbst ein Gebot einer besoldungsrechtlichen Differenzierung ergeben kann. Zwar verlangt der Leistungsgrundsatz die Berücksichtigung erbrachter Leistungen zugleich als Belohnung und als Indiz für künftig zu erwartende Leistungen.139 Folglich ist es ein Belohnungs- und Leistungsschätzungsprinzip 135

BVerfGE 4, 115, 135; E 11, 203, 215. Pechstein, ZBR 2009, 20. 137 Jachmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 33, Rn. 45. 138 So schon: Leisner, Beamtentum, S. 275. 139 Leisner, Beamtentum, S. 279

136

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

zugleich. Doch die Belohnung liegt hier nicht in der höheren Besoldung, sondern wohl in der Hochstufung innerhalb des Ämtergefüges. Die Schätzung liegt darin, dass die künftig im neuen Amt zu erwartende Leistung erfüllt wird. Die besoldungsrechtliche Konsequenz kann sich aber nur aus dem Alimentationsprinzip ergeben. Folglich ist das „Leistungsgewicht“ des höheren Amts bei der Amtsangemessenheit der Besoldung zu berücksichtigen. Demnach könnten sich aus dem Leistungsprinzip gewisse Richtwerte oder zumindest tendenzielle Vorgaben für die Ausgestaltung der Amtsangemessenheit der Besoldung ergeben. Da es sich bei dem Leistungsprinzip um eine besondere Ausprägung des mate­ riell-rechtlichen Gleichheitssatzes handelt, könnten hier die allgemeinen Grundsätze gelten, die sich auf die alimentative Amtsangemessenheit auswirken würden. Der Gleichheitssatz gestattet und gebietet, aus sachgerechten, in der Person des einzelnen liegenden Gründen zu unterscheiden. Er ist dann verletzt, wenn eine vom Gesetz vorgenommene Differenzierung sich nicht auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund zurückführen lässt. Dabei genügt es zur Rechtfertigung einer vom Normgeber vorgenommenen verschiedenen Behandlung zweier Sachverhalte nicht, auf die eine oder andere Verschiedenheit zwischen ihnen hinzuweisen, es muss vielmehr ein innerer Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung bestehen.140 Eine Nivellierung des Besoldungsgefüges wäre demnach auch aus Leistungs­gesichtspunkten nicht haltbar. Auch eine willkürliche Differenzierung des Ämtergefüges, die eine unterschiedliche Besoldung nach sich ziehen würde, wäre mit dem Leistungsprinzip nicht vereinbar. Wenn die Anforderungen an einzelne Ämter erheblich voneinander abweichen, muss die Besoldung ebenfalls erheblich differieren. Ein ziffernmäßiger Abstand müsste dann auch materiell ins Gewicht fallen. Ebenfalls könnte man hieraus ein allgemeines Verbot der Unter­ bezahlung ableiten. Diese Überlegungen führen zu dem Schluss, dass das Leistungsprinzip auf die Amtsangemessenheit der Besoldung eine Auswirkung hat. Die Vorgaben können jedoch nur allgemein gehalten werden. Das ergibt sich daraus, dass das Leistungsprinzip primär für die Konturierung der Angemessenheit der Leistung ausgestaltet ist und über die besoldungsrechtliche Konsequenz hieraus keine Aussage trifft. b) Die Maßstäbe des Laufbahnprinzips Weitere Maßstäbe für die Amtsangemessenheit könnten sich möglicherweise aus dem Laufbahnprinzip ergeben.141 Die Relation zwischen den beiden Grundsätzen kann nur dargestellt werden, wenn der Inhalt und die Funktion des ersteren verdeutlicht werden. In der Rechtsprechung des BVerfG wird das Laufbahnprin 140

Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 3, Rn. 19. Zur Rechtslage nach der Rückführung der diesbezüglichen Kompetenzen auf die Länder siehe: Pechstein, ZBR 2009, 20. 141

V. Kriterien für die Amtsangemessenheit

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zip zwar genannt, doch eine definitorische Begründung bleibt aus.142 Das Gericht ordnet das Prinzip ausdrücklich jenen hergebrachten Grundsätzen zu, die vom Gesetzgeber zu beachten, und nicht nur zu berücksichtigen sind.143 Es steht fest, dass das Prinzip als solches verfassungsrechtlich geschützt ist, nicht jedoch ein bestimmtes Laufbahnsystem oder einzelne Detailregelungen.144 Die allgemeine Auffassung in der Literatur definiert den Inhalt des Laufbahnprinzips als ein Prinzip der Ämterorganisation, das unter fachlichen Gesichtspunkten die einzelnen Ämter nach der für sie erforderlichen Vor- und Ausbildung so zusammenordnet, dass die Erfordernisse der staatlichen Verwaltung gewahrt sind und den grundsätzlich auf Lebenszeit dienenden Beamten eine hinreichende berufliche Entwicklung ermöglicht wird.145 Die Laufbahn knüpft folglich nicht an die ausgeübte Funktion, sondern an das Amt an. Das Laufbahnprinzip wird als ein Prinzip der Ämterordnung begriffen.146 Der Grundsatz hat dabei die Funktion, für die in der Regel großen Personalkörper des öffentlichen Dienstes eine Personalentwicklung zu gewährleisten, die durch „typisierte Leistungsvermutungen“ dem Leistungsgrundsatz und dem Gleichheitsgebot Rechnung trägt.147 Aus dem Laufbahnprinzip werden weitere Grundsätze abgeleitet, die die berufliche Entwicklung der Beamten nach der Zulassung zur Beamtenlaufbahn mit­ bestimmen. Sie sind in den Vorschriften der §§ 22 ff. BBG kodifiziert. Dabei handelt es sich u. a. um die Probezeit, die Regeln der Beförderung und die Möglichkeit eines Aufstiegs in eine andere Laufbahn. Hieraus wird deutlich, dass sich der Laufbahngrundsatz primär auf einen rechtlichen Rahmen für die beamtenrechtliche „Karriere“ bezieht. Er steht für die Einordnung eines Beamten, dessen Vor- und Ausbildung nach bestimmten Kriterien bemessen wurde, innerhalb der laufbahnrechtlichen Struktur. Die entsprechenden Kriterien ergeben sich aus dem Leistungsprinzip, welches  – auch wegen der parallelen Entwicklung beider Grundsätze  – eng mit dem Laufbahnprinzip verbunden ist. Das höhergeordnete Ziel dieser Prinzipien ist es sicherzustellen, dass jede Regierung, die demokratisch legitimiert ist, über leistungsfähiges, vielseitig einsetzbares, nicht nach sachwidrigen Kriterien ausgewähltes beamtetes Personal verfügen kann.148 Aus der Natur des Laufbahnprinzips ergibt sich eine Stufung der Ämter, die sich insbesondere aus dem Beförderungsgrundsatz, aber auch aus dem Anciennitätsprinzip ergibt. Mit jeder Stufe innerhalb einer Laufbahn wird eine Leistung des Beamten anerkannt. Insoweit kann man hier auch  – wie bei der alimentativen Amtsangemessenheit  – von einem Differenzierungsgebot sprechen: Das höhere Amt verlangt eine bessere Leistung, deshalb ist ein Aufstieg innerhalb der Laufbahn logisch. 142

BVerfGE 13, 356, 361; E 62, 374, 383; E 64, 323, 351; 71, 255, 268. BVerfGE 64, 353, 351. 144 Battis, BBG, § 15 Rn. 2. 145 Lecheler, ZBR 1981, 265, 266 m. w. N. 146 Battis, BBG, § 15 Rn. 2. 147 Bochmann, ZBR 2006, 69, 72. 148 Battis, BBG, § 15 Rn. 2.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

Das Prinzip ist jedoch auf verfassungsrechtlicher Ebene nicht präzise genug ausgestaltet, um die Abstände zwischen den Beförderungsämtern zu definieren. Hierfür sind die Laufbahnen zu differenziert. Die Aufgabe der konkreten Ausgestaltung der einzelnen Voraussetzungen hat die Bundesregierung nach Maßgabe der Grundsätze aus dem BBG übernommen. Zudem können auf Grundlage des Laufbahnprinzips keine konkreten Aussagen über die besoldungsrechtlichen Konsequenzen aus dem Aufstieg innerhalb einer Laufbahn getroffen werden. Dies soll gerade nicht, wie auch im Falle des Leistungsgrundsatzes, die Aufgabe des Laufbahngrundsatzes sein. Das BVerfG hat für die Ausgestaltung des Besoldungssystems aus dem Laufbahnprinzip abgeleitet, dass für gleiche und vergleichbare Dienstposten derselben Laufbahn im Hinblick auf die vom Träger des öffentlichen Amtes geforderte gleiche Tätigkeit, gleiche Leistung, gleiche Verantwortung und gleiche Besoldung gewährt wird.149 Der gleichheitsrechtlich geprägte Kern dieses hergebrachten Grundsatzes ist zwar für einen Vergleich von Tätigkeiten von Bedeutung, für die Bemessung der Amtsangemessenheit der Besoldung lässt sich hieraus nichts entnehmen. Der Grundsatz könnte jedoch in einem anderen Kontext von Bedeutung sein, nämlich für die Vergleichbarkeit der Besoldung der gleichen Tätigkeit innerhalb der Laufbahnen in unterschiedlichen Ländern. Die entsprechende Vergleichbarkeitsprüfung stünde natürlich unter dem Vorbehalt der Feststellung, dass die allgemeinen Lebensverhältnisse in den Ländern vergleichbar sind. Andernfalls müsste ein relativer Maßstab entwickelt werden, um das sich aus dem erwähnten Grundsatz ergebende Kriterium zu berücksichtigen. Eine weitere Dimension der Anwendbarkeit dieses Grundsatzes könnte aber auch innerhalb eines Landes gegeben sein. Dann müsste eine Situation gegeben sein, in der für die gleiche Tätigkeit innerhalb eines Landes die Besoldung unterschiedlich ausfällt. Denkbar ist dies in den Fällen der sog. Ballungsräume. Inwieweit der Grundsatz angesichts der jüngst ergangenen Entscheidung des BVerfG zur Ballungsraumzulage150 bedeutsam sein kann, wird noch zu untersuchen sein. 2. Das Zusammenspiel beamtenrechtsinterner und -externer Kriterien bei der Beurteilung der Amtsangemessenheit

Das aus dem Alimentationsprinzip abgeleitete Differenzierungsgebot gebietet für unterschiedlich gewichtete (Status-)Ämter eine unterschiedliche Besoldung, d. h. zwingend Besoldungsabstände zwischen Ämtern mit unterschiedlichen Anforderungen an Leistung und Verantwortung. Obwohl eine Ableitung konkreter Vorgaben für die Besoldungshöhe aus dem Leistungs- und dem Laufbahnprinzip nicht möglich ist, so steht jedenfalls fest, dass die beiden Grundsätze dazu bei­ 149

BVerfGE 12, 326, 334; v. Münch, in: SRöD, S. 107. BVerfGE 117, 330.

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V. Kriterien für die Amtsangemessenheit

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tragen, die Unterschiede zwischen den Ämtern, jedenfalls was die Anforderungen an Leistung und Verantwortung angeht, deutlich zu machen. Als Rechtsfolge der Anwendung dieser Grundsätze entsteht dann eine Laufbahn, deren Stufen zunächst nach Leistungsgesichtspunkten definiert sind. An dieser Rechtsfolge muss sich das Alimentationsprinzip orientieren um die entsprechende Höhe der Besoldung festzulegen. Dies ergibt sich auch aus der neuesten Rechtsprechung des BVerfG zum Alimentationsprinzip.151 Das Gericht hat sehr deutlich unterstrichen, dass sich die amtsangemessene Besoldung maßgeblich nach der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter, mithin nach innerdienstlichen, unmittelbar auf das Amt bezogenen Kriterien wie dem Dienstrang und der damit verbundenen Verantwortung bestimmt. Die amtsangemessene Besoldung sei damit notwendig eine abgestufte Besoldung. „Die Organisation der öffentlichen Verwaltung stellt darauf ab, dass in den höher besoldeten Ämtern die für den Dienstherrn wertvolleren Leistungen erbracht werden. Deshalb muss im Hinblick auf das Leistungs- und das Laufbahnprinzip mit der organisationsrechtlichen Gliederung der Ämter eine Staffelung der Gehälter einhergehen. Amtsangemessene Gehälter sind daher so zu bemessen, dass sie dem Beamten eine Lebenshaltung ermöglichen, die der Bedeutung seines jeweiligen Amtes entspricht.“152 Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass für die Stufung der Ämter innerhalb einer Laufbahn maßgeblich das Leistungsprinzip verantwortlich ist. Die zitierte Passage des BVerfG befindet sich auch im Abschnitt zum Leistungsgrundsatz. Eine Aussage darüber, ob die Besoldung für das jeweilige Amt angemessen ist, muss dann in Anlehnung an das Alimentationsprinzip getroffen werden. Fraglich ist jedoch, ob die beamtenrechtsinternen Merkmale – also die Bedeutung des Amts und die Verantwortung des Beamten – hier ausreichende Kriterien für die Ermittlung der Besoldungshöhe sind. Möglicherweise setzt die Bestimmung der Amtsangemessenheit der Besoldung, wie im Falle der Angemessenheit im All­ gemeinen, einen externen Bezugspunkt voraus. Diese Überlegung resultiert aus der Erkenntnis, dass die Wertigkeit des Amtes – gekennzeichnet durch die inne­ gehabte Verantwortung und die Inanspruchnahme des Amtsinhabers – einen abstrakten Wert darstellt. Aus alledem folgt, dass bei der Festlegung der Höhe der Besoldung in kon­ kreten Situationen zunächst an die beamtenrechtsinternen Kriterien, wie die Bedeutung des Amtes innerhalb des Gefüges und die damit verbundene Verantwortung, angeknüpft werden muss. Regelmäßig werden diese Maßstäbe allein nicht ausreichend sein. Dann wird ein externer Vergleich vorgenommen werden müssen.

151

BVerfGE 117, 330. BVerfGE 117, 330, 355.

152

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

a) Beamtenrechtsexterne Dimension der Amtsangemessenheit In der überwiegenden Anzahl der Fälle wird es für die Feststellung der Amts­ angemessenheit der Besoldung neben der internen Kategorie, auf einen Vergleich der Besoldung mit einem beamtenrechtsexternen Faktor ankommen. Denn die Wertigkeit des Amtes ist, wie bereits festgestellt, ein abstrakter Wert. Es muss also einen Bezugsrahmen geben, der diesen Wert konkretisiert. Dieser könnte in den Einkommen der Arbeitnehmer mit vergleichbarer Ausbildung und Tätigkeit, vor allem des öffentlichen Dienstes, gesehen werden.153 Die Bereitschaft des Beamten, sich mit ganzem Einsatz seinem Dienst zu widmen, und seine Immunität gegenüber politischer und finanzieller Einflussnahme durch Dritte hängen nicht zuletzt davon ab, dass die von ihm geleisteten Dienste adäquat gewürdigt werden. Maßstab hierfür wie auch für das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft sind nicht zuletzt die Einkünfte, die er mit seinen Fähigkeiten und Kenntnissen erzielt, im Vergleich zu den Einkommen ähnlich ausgebildeter Arbeitnehmer mit vergleichbarer beruflicher Verantwortung. Ein praxisrelevanter Umgang mit dem Kriterium lässt sich sehr gut am Beispiel einer neueren Entscheidung des VG Gießen zur W-Besoldung von Hochschulprofessoren veranschaulichen.154 Das Gericht stellt unter anderem einen Vergleich der relevanten Besoldungsgruppen W 2 und W 3 mit Tätigkeiten, die mit vergleichbarer Ausbildung außerhalb des öffentlichen Dienstes erbracht werden. Dabei gelangt es zu dem Schluss, dass dieser Vergleich ein so starkes Missverhältnis aufweist, dass die Alimentation nicht mehr als amtsangemessen angesehen werden kann. Während das Jahresgrundgehalt 2007 eines W 2 – Professors 46.795,85 € betrug und eines W 3 – Professors 56.823,61 €, boten die 25 größten Anwaltskanzleien den Berufsanfängern 95.000 € bis 105.000 €, die nächsten beiden Gruppen boten ca. 80.000 € bzw. ca. 70.000 €. Eine juristische Fachkraft in der sonstigen Privatwirtschaft verdiente durchschnittlich 57.000 €. Auch wenn die Berechnung einer von mehreren Faktoren für die Feststellung der Unangemessenheit war, so stellt die gravierende Diskrepanz ein starkes Indiz für die Unan­ gemessenheit der Besoldung dar. b) Beamtenrechtsinterne Dimension der Amtsangemessenheit Es stellt sich nunmehr die Frage, ob die Amtsangemessenheit nur anhand beamtenrechtsinterner Kriterien festgestellt werden kann. Dies ist in Fällen denkbar, in denen allein das alimentative Differenzierungsgebot, das bereits erörtert wurde, maßgebend und ausreichend ist, um einen Verstoß gegen das Alimenta­tionsprinzip festzustellen. Das Problem stellt sich meistens bei Besoldungsanpassungen. Die 153

Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, § 14 BBesG, S. 3. VG Gießen, Beschluss vom 8.12.2008 – 5 E 248/07 –, ZBR 2009, 211.

154

V. Kriterien für die Amtsangemessenheit

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Pflicht zur Anpassung der Besoldung bei veränderten Umständen beinhaltet den Auftrag zur regelmäßigen Anpassung der Besoldung entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse. Dies erfordert im Grundsatz eine allgemeine und gleiche Anpassung durch eine lineare Erhöhung (oder Kürzung) aller Grundgehaltssätze einschließlich der Amtszulagen und gewisser allgemeiner Stellenzulagen.155 Insoweit ist die Gestaltungsfreiheit des Besoldungsgesetzgebers begrenzt. Hat er sich für bestimmte Bezüge einzelner Gruppen von Bediensteten als den für sie „amtsangemessenen Lebensunterhalt“ entschieden, so hat er diese Bezüge auch in eine solche Anpassungsregelung einzubeziehen.156 Das BVerfG hat zwar an anderer Stelle festgestellt, dass das Alimentationsprinzip nicht das Recht auf eine allgemeine, stets prozentual vollkommen gleiche und gleichzeitig wirksam werdende Besoldungs- und Versorgungsanpassung umfasst, so dass etwa auch ein vorübergehender Aufschub der linearen Erhöhung der Bezüge in bestimmten Besoldungsgruppen nicht das Alimentationsprinzip verletzt.157 Dieser im Einzelfall differenzierten Besoldungsanpassung müssen jedoch Grenzen gesetzt werden. Andernfalls wäre eine Schlechterbehandlung einzelner Gruppen ohne rechtlichen Schutz möglich. Dies wird jedenfalls dann gegeben sein, wenn eine Regelung bestimmte Besoldungsgruppen unterschiedlich begünstigt, so dass sie keine „Anpassung“ mehr darstellt, sondern eine verkappte Besoldungsneuregelung.158 Somit steht fest, dass eine Verletzung des Differenzierungsgebots grundsätzlich möglich ist. Die für die Feststellung eines Verstoßes maßgebenden Kriterien müssen in weiteren Teilen der Arbeit vertieft behandelt werden. Es ist jedoch bereits zu bemerken, dass es sich bei diesen Kriterien um beamtenrechtsinterne Vergleiche handelt. Daraus folgt, dass möglicherweise Elemente des allgemeinen Gleichheitssatzes für diese besondere Konstellation gebraucht werden können oder bereits in der Rechtspraxis eingesetzt werden. Aus der Rechtsprechung des BVerfG lässt sich jedenfalls ableiten, dass die Prüfung eines Verstoßes gegen das Differenzierungsgebot neben einem möglichen Eingriff in den Wesensgehalt des Alimentationsprinzips unter dem Gesichtspunkt des Unterschreitens der verfassungsrechtlich gebotenen Mindestalimentation möglich ist.159 Es handelt sich insoweit um zwei unterschiedliche Maßstäbe, beide werden jedoch aus dem Alimentationsprinzip abgeleitet. Auch das Verhältnis dieser Kriterien zueinander muss 155

Merten, in: FS Ule, 349, 367; Fürst, in: GKÖD III, § 14 BBesG, Rn. 6. BVerfGE 56, 353, 362. 157 BVerfG, Urteil vom 14.10.2003, ZBR 2004, 47. 158 Demnach hat der Anpassungsgesetzgeber ein Ermessen nur hinsichtlich der Höhe des Anpassungssatzes, während die Art der Anpassung zwingend aus ihrer Sachgesetzlichkeit und Funktion folgt (so: Merten, in: FS Ule, 349, 362). Hierzu wird von Schwegmann/Summer, BBesG, § 14 Anm. 3 wohl eine andere Ansicht vertreten. Die Autoren betonen jedoch die zwingende Pflicht zu einer leistungs- und verantwortungsdifferenzierten Besoldung und bei einer zu starken Nivellierung des Besoldungsgefüges auf die Überschreitung des gesetzgeberischen Spielraums und die Verfassungswidrigkeit der Regelung hinweisen. 159 BVerfG, ZBR 2004, 47. 156

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

noch untersucht werden. Insbesondere stellt sich die bislang, soweit ersichtlich, nicht behandelte Frage, ob und wann ein Verstoß gegen das Differenzierungsgebot gleichzusetzen ist mit einem Eingriff in den Kerngehalt des Alimentationsprinzips.

VI. Die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse in den Ländern als Bezugspunkt für das Alimentationsprinzip Das BVerfG hat in ständiger Rechtsprechung erörtert, dass die Alimentation ein Maßstabsbegriff sei, der nicht statisch, sondern entsprechend den jeweiligen Zeitverhältnissen zu konkretisieren ist.160 Diese Anpassung ist notwendiger Bestandteil der amtsangemessenen Besoldung. Der Gesetzgeber hat insoweit seiner besoldungsrechtlichen Verpflichtung Rechnung zu tragen, die Bezüge der Beamten und Richter der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anzupassen. Damit verbunden ist die Aufgabe des Gesetzgebers, die entsprechenden Prozesse zu beobachten. Aus dieser Beobachtungspflicht ergibt sich dann eine zyklische Anpassung der Bezüge, die nicht notwendigerweise eine betragsmäßige Besserstellung bedeuten muss. Auch Kürzungen der Besoldung sind denkbar und zulässig, soweit die allgemeinen Verhältnisse eine entsprechende Entwicklung belegen. Nach dem Inkrafttreten der Föderalismusreform am 1.  September 2006 und der Rückverlagerung der Besoldungskompetenzen auf die Länder muss der räumliche Bezugspunkt für die Anpassung neu bestimmt werden. Während vor der Reform der Bund allgemeiner Besoldungs- und Versorgungsgesetzgeber war, müssen nunmehr die Länder die verfassungsrechtlich vorgegebenen Pflichten auf sich nehmen. Für die Landesbeamten sind daher die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse in den Ländern zu beachten. Die durchschnittlichen Werte auf Bundesebene sind für diese Gruppe folglich nicht mehr maßgebend. Eine derartige Veränderung der Bezugspunkte führt zu zwei Überlegungen. Zunächst könnte die föderalisierte Alimentation zum Auseinanderfallen der Besoldung im gleichen Raum für Bundesbeamte, Bundesrichter und Soldaten einerseits und Landesbeamte und Landesrichter sowie Kommunalbeamte andererseits führen. Diese Uneinheitlichkeit war, wie bereits erörtert, eines der Argumente für eine Verschiebung der Kompetenzen für die Besoldung auf den Bund in den siebziger Jahren. Auch im Vorfeld der Föderalismusreform 2006 wurde von Seiten der Lehre vor einer Rückverlagerung der Zuständigkeiten auf die Länder gewarnt.161 Ferner kann es in den Ländern zur Absenkung der Besoldung kommen bis an die verfassungsrechtlich zulässigen Grenzen. Die Folge wäre ein Wettlauf der Besoldung, der jedoch angesichts der finanziellen Lage der meisten Länder nicht wie 160

BVerfG, ZBR 2007, 411. Summer, ZBR 2003, 28.

161

VII. Der Kerngehalt des Alimentationsprinzips und seine Bedeutung

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einst nach oben, sondern nach unten hin verlaufen würde. Die Kompetenzverschiebung wird jedenfalls zu einem Auseinanderfallen der Besoldung von Land zu Land führen.

VII. Der Kerngehalt des Alimentationsprinzips und seine Bedeutung Das Alimentationsprinzip gehört nach dem BVerfG als eigenständiger her­ gebrachter Grundsatz zum „Kernbestand der Strukturprinzipien“ und somit zu den „Grundlagen, auf denen die Einrichtung des Berufsbeamtentums beruht“. Die Regelung des Art. 33 Abs. 5 GG beinhaltet die Grundlegung eines verbindlichen, funktionell angeleiteten Personalstatuts des öffentlichen Dienstes in Form des Berufsbeamtentums. Es ist umstritten, welche Grundsätze als hergebracht eingestuft werden können. Dies soll hier nicht weiter vertieft werden. Es wurde bereits erörtert, welche Kriterien erfüllt werden müssen, damit ein Prinzip in den Kreis der hergebrachten Grundsätze des Beamtentums aufgenommen werden kann. Der Kernbestand der Strukturprinzipien ist zu unterscheiden von dem Kern­ bereich des jeweiligen Grundsatzes. Bei der Eingrenzung der wesentlichen Strukturprinzipien sind Kriterien maßgeblich, die eine Feststellung erlauben, ob der Grundsatz für das Beamtentum prägend ist, so dass er vom Gesetzgeber zu beachten ist. Ob und inwieweit ein Rückgriff auf verfassungsrechtlich verwandte Maßstäbe, die etwa im Rahmen der Bestimmung des Wesensgehalts der Grundrechte eine Rolle spielen, zulässig und dienlich ist, wird noch zu untersuchen sein. Ferner werden Kriterien ermittelt, anhand deren der Kernbereich bestimmt werden kann. 1. Abstrakte Definition des Kernbereichs?

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits eine Reihe von Entscheidungen auf das Alimentationsprinzip gestützt. Dabei hat es sich insbesondere in den sog. Kindergeld-Entscheidungen ausführlich mit diesem Grundsatz auseinander gesetzt. Diese Ausführungen wurden wegen ihres grundlegenden Inhalts in der Literatur als „Allgemeine Alimentationsformel“ des Bundesverfassungsgerichts bezeichnet.162 Der Kernbereich des Alimentationsgrundsatzes wurde in diesen Urteilen weitgehend beschrieben, indem die Bestandteile desselben genannt wurden. Das BVerfG hat bereits in der Entscheidung von 1977 bestätigt, dass der Alimenta­ tionsanspruch auf Besoldung und Versorgung gerichtet ist, die Alimentationspflicht dem Dienstherrn obliegt, die Leistungen im Beamtenverhältnis qualitativ vom Arbeitsverhältnis zu unterscheiden sind und die Alimentation amtsangemessen zu staffeln ist. Es hat die Alimentation als Maßstabsbegriff ausgelegt, der nach 162

Summer/Rometsch, ZBR 1981, 1, 2; unter Bezugnahme auf BVerfGE 44, 249.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

den Zeitverhältnissen zu konkretisieren ist. Dabei handelt es sich jedoch um eine punktuelle Konkretisierung der Alimentationspflicht. Eine abstrakte Definition des Kernbereichs hat das Gericht nicht genannt. Fraglich ist, ob dies möglich ist. In der Literatur wird der Kerngehalt des Alimentationsprinzips in Zusammenhang mit der Bestimmung der absoluten Grenze der Absenkungen im Bereich der Besoldung und Versorgung erörtert.163 Ausgangspunkt dieser Überlegung ist die Annahme, dass einerseits der gesetzgeberische Gestaltungsfreiraum vom Alimentationsgrundsatz begrenzt wird und andererseits der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers das Alimentationsprinzip begrenzt. Der Freiraum des Gesetzgebers bei der Gestaltung der Besoldung ist zwar – wie das BVerfG in ständiger Rechtsprechung bestätigt164 – weit, aber nicht unbegrenzt. Die Grenzen dieses Spielraums werden für den jeweiligen Fall ermittelt, wie am Beispiel der Kindergeldentscheidungen dargestellt. Rechtsdogmatisch könnte der Kerngehalt des Alimentationsprinzips mit dem Wesensgehalt eines Grundrechts verglichen werden. Hierfür müssten die hergebrachten Grundsätze mit den Grundrechten zumindest strukturell vergleichbar sein. a) Parallelen zwischen den hergebrachten Grundsätzen und den Grundrechten Art. 33 Abs. 5 GG enthält in erster Linie eine institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums. Aus verfassungsrechtsgeschichtlicher Sicht hat man mit der Einfügung dieser Regelung eine Garantie für die Existenz des Berufsbeamtentums geschaffen, das durch die in der Weimarer Republik entwickelten Grundsätze geprägt ist. Die Regelung enthält eine verbindliche Weisung an den Gesetzgeber bezüglich der in die Zukunft weisenden Neugestaltung des Beamtenrechts.165 Es handelt sich um unmittelbar geltendes Recht, so dass Regelungen, die nach Inkrafttreten des Grundgesetzes erlassen wurden und die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums nicht berücksichtigen, wegen Verstoßes gegen Art.  33 Abs. 5 GG nichtig sind. Fraglich ist, inwieweit sich zwischen den hergebrachten Grundsätzen und den Grundrechten Parallelen ergeben. Dieser Vergleich könnte Aufschlüsse über die Reichweite der subjektiven Komponente der hergebrachten Grundsätze bringen. Die Grundrechte sind, neben ihrer Funktion als subjektive Rechte, Grund­ elemente objektiver Ordnung des Gemeinwesens. Dies ist anerkannt für Garantien, die nicht primär Individualrechte enthalten oder die überhaupt keine Individualrechte gewährleisten, gleichwohl aber in den Grundrechtskatalog der Verfassung

163

Wolff, ZBR 2005, 361, 365. BVerfGE 8, 11, 22; E 110, 353, 364; E 114, 258, 288; E 117, 330, 352. 165 BVerfGE 15, 167, 196.

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VII. Der Kerngehalt des Alimentationsprinzips und seine Bedeutung

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aufgenommen worden sind (z. B. Art. 7 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 und 2, Abs. 5 GG).166 Es gilt jedoch auch für Grundrechte, die primär als subjektive Rechte ausgestaltet sind. Zwischen den beiden Funktionen der Grundrechte, der subjektiven und der objektiven, besteht eine Verbindung im Sinne einer gegenseitigen Ergänzung und Verstärkung.167 Deshalb sind Grundrechte in ihrer Bedeutung als objektive Prinzipien von ihrer ursprünglichen Bedeutung als Menschen- und Bürgerrechte nicht zu trennen. Beide Elemente ergänzen sich zu einer Grundlage der Rechtsordnung des Gemeinwesens. Hier besteht eine Parallele zur institutionellen Garantie des Berufsbeamtentums insoweit, als dass die hergebrachten Grundsätze primär eine institutionssichernde, also objektive Funktion haben. Die Grundrechte in ihrer objektiven Bedeutung als Elemente der Gesamtrechtsordnung des Gemein­wesens dienen dagegen vor allem der Ausgestaltung und Umgrenzung des Status des Einzelnen. Sie sind folglich, trotz ihrer objektivrechtlichen Prägung, auf das Individuum orientiert. Dies kann nicht anders sein, sind die Grundrechte doch primär dem Menschenrechtsschutz verschrieben. Die subjektivrechtliche Komponente der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums ist nicht sofort nach Inkrafttreten des Grundgesetzes anerkannt worden. In den ersten Jahren der Geltung der Verfassung von 1949 dominierte die Ansicht, dass Art. 33 Abs. 5 GG mit seiner rechtsverbindlichen Weisung an den Gesetzgeber, die hergebrachten Grundsätze zu berücksichtigen bzw. zu beachten, nicht zugleich den Sinn haben kann, bestimmte subjektive öffentliche Rechte der Beamten zu schützen.168 Das BVerfG hat jedoch bereits sehr früh geklärt, dass die in Art. 33 Abs. 5 GG enthaltene institutionelle Garantie in wesentlichen Teilen „leer laufen“ würde, falls man nicht den hauptsächlich und unmittelbar Betroffenen ein entsprechendes Individualrecht einräumt, damit sie insoweit in Übereinstimmung mit den rechts- und sozialstaatlichen Grundprinzipien ihre verfassungsmäßige Stellung auch rechtlich wahren können.169 Seit dieser Entscheidung herrscht Einstimmigkeit darüber, dass mit der institutionellen Garantie des Art.  33 Abs.  5 GG eine grundrechtsähnliche Individualgarantie korrespondiert, d. h. ein verfassungsbeschwerdefähiges subjektives Recht des Beamten darauf, dass seine individuelle Rechtsstellung den Anforderungen des Abs.  5 genügt.170 Für die hergebrachten Grundsätze wurde die subjektivrechtliche Funktion folglich aus dem objektivrechtlichen Gehalt der Regelung abgeleitet. Diese Entwicklung verlief demnach umgekehrt wie bei den Grundrechten. Hierfür gibt es auch gute Gründe. Während die Grundrechte ihre ursprüngliche Bedeutung als Menschen- und Bürgerrechte haben, diente die Regelung des Art. 33 Abs. 5 GG der ver­fassungsrechtlichen Absicherung einer besonderen Institution. Dabei gibt es bei dem beamtenrechtlichen Rechtsverhältnis die Besonderheit, dass der Staat hier 166

Jarass, Hdb. GR II, S. 625 ff. Hesse, Verfassungsrecht, Rn. 293. 168 Ule, Grundrechte, S. 565; Thieme, Der öffentliche Dienst, S. 50 f. 169 BVerfGE 8, 1, 17. 170 Jachmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 33, Rn. 40 m. w. N.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

sowohl Dienstherr als auch Gesetzgeber und als solcher zur einseitigen Regelung des Beamtenverhältnisses zuständig und berechtigt ist. Der Einzelne hat keine rechtliche Möglichkeit, die nähere Ausgestaltung, z. B. die Höhe der Besoldung, zu beeinflussen. Die subjektivrechtliche Komponente ist demnach absolut notwendig, um den Beamtenstatus abzusichern. b) Hergebrachte Grundsätze als Grundrechte? Trotz oder gerade wegen der dargestellten Parallelen zu den Grundrechten ist fraglich, ob die hergebrachten Grundsätze als Grundrechte behandelt werden können. Dagegen spricht zunächst die Stellung der hergebrachten Grundsätze in der Verfassung. Die Vorschrift des Art. 33 Abs. 5 GG befindet sich nicht im ersten Abschnitt des Grundgesetzes und ist somit bereits systematisch nicht vom Katalog der Grundrechte umfasst. Das Bundesverfassungsgericht hat sich auf den Grundrechtsabschnitt bezogen als es in seinen frühen Entscheidungen vom Wertsystem gesprochen hat, welches das Grundgesetz eingerichtet habe.171 Später wurde präzisiert, dass „das Wertsystem der Grundrechte“ von der „Würde und Freiheit des einzelnen Menschen als natürlicher Person“ ausgeht. Das Gericht hat dabei betont, dass die Grundrechte „auch als objektive Normen ein Wertsystem statuieren“.172 Demnach wäre das System der Grundrechte auf den ersten Abschnitt des Grundgesetzes beschränkt. Dieser Systemgesichtspunkt ist in jüngerer Zeit jedoch zurückgetreten. Neuere Entwicklungen in der Wissenschaft aus den 70-er Jahren gehen von der Annahme aus, dass der grundgesetzliche Begriff der Grundrechte rein formal sei und darum außerstande, etwas über die sachliche Eigenart und Be­ deutung der Grundrechte auszusagen.173 Auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist ein Wandel zu verzeichnen, der besonders deutlich im sog. Mitbestimmungsurteil vom 1. März 1979 zutage tritt. Dort ist von „Einzelgrundrechten“ die Rede, während ein „institutioneller Zusammenhang“ bzw. ein „Gefüge objektiver Normen“ ausdrücklich abgelehnt wird.174 Ob mit dieser Entscheidung ein Systembruch erfolgt ist, wird in der Lehre jedoch bezweifelt. Denn der objektive Wert- und Prinzipiencharakter der Grundrechte bleibt anerkannt – daran ändert das Mitbestimmungsurteil nichts.175 Jedenfalls aber lassen sich auch außerhalb des ersten Abschnitts des Grundgesetzes Rechte ausmachen, die sich in ihrer Eigenart nicht von den ausdrücklich als Grundrechte bezeichneten Rechten unterscheiden (z. B. Art. 33 Abs. 1–3, 101 Abs. 1, 103 und 104 GG). Damit wäre der 171

BVerfGE 5, 85, 139. BVerfGE 21, 362, 372; 24, 119, 144; 34, 269, 287; 37, 57, 65. 173 Hesse, VerfR, Rn. 277; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG I, Art. 1, Rn. 108; Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 338 ff. 174 BVerfGE 50, 290, 336 ff. 175 Stern, in: HdbStR V, § 109, Rn. 31. 172

VII. Der Kerngehalt des Alimentationsprinzips und seine Bedeutung

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Weg für eine Anerkennung der außerhalb des Grundrechtskatalogs normierten hergebrachten Grundsätze als Grundrechte nicht verschlossen. Gegen eine Gleichsetzung der hergebrachten Grundsätze mit den Grundrechten sprechen jedoch andere Gründe. Zunächst betreffen die hergebrachten Grundsätze nicht den allgemeinen verfassungsrechtlichen Status, sie gelten also nicht für alle Staatsangehörigen (und unter Umständen für EU-Bürger). Letzteres trifft zwar für die Regelungen des Art. 33 Abs. 1 bis 3 GG zu und insoweit kann man in diesen Fällen von Grundrechten sprechen. Hiervon unterscheiden sich die hergebrachten Grundsätze vor allem dadurch, dass sie das Beamtenverhältnis regeln, also nicht etwa die Voraussetzungen des Zugangs, wie die Normen des Art. 33 Abs. 1–3 GG. Sie sind ihrer Eigenart nach im Rahmen eines besonderen Gewaltverhältnisses verbindlich und auf dieses auch zugeschnitten. Dabei wird auch von besonderen Lebensverhältnissen gesprochen, die wegen ihrer besonderen sach­lichen Eigengesetzlichkeit auch jeweils besondere Ordnungen erfordern.176 Neben dem Beamtenverhältnis lassen sich hier das Soldatenverhältnis, das Schulverhältnis sowie das Strafgefangenenverhältnis nennen. Nicht nur wirken diese Sonderstatusverhältnisse auf den allgemeinen staatsbürgerlichen Status dahingehend ein, dass sie diesen modifizieren. Sie könnten ihre Aufgaben im Leben des Gemeinwesens oft nicht erfüllen, wenn der allgemeine, durch die Grundrechte begründete verfassungsrechtliche Status des Einzelnen auch im Sonderstatus voll erhalten bliebe. Folglich handelt es sich um eine Ordnung, die für eine bestimmte Gruppe von Subjekten gilt und keine „Allgemeingeltung“ beansprucht. Ferner lässt sich gegen die Einstufung der hergebrachten Grundsätze als Grundrechte anführen, dass ihr Katalog nicht festgeschrieben ist. Eine positivistische Reglung der Grundrechte im ersten Abschnitt des Grundgesetzes hat auch das Ziel, dass die Gemeinschaft auf feste Grundsätze vertrauen kann, die eine Grundlage des Rechts- und Sozialstaates bilden. Folglich handelt es sich um eine recht­ liche Garantie, die zusätzlich abgesichert ist durch die Vorschrift des Art. 79 Abs. 3 GG. Ob diese Veränderungssperre auch für Art. 33 Abs. 5 GG gilt, ist umstritten. Die wohl herrschende Meinung tendiert dazu, dass die verfassungsrechtlichen Vorschriften für das Berufsbeamtentum geändert, ja sogar komplett gestrichen werden können.177 Hinzu kommt, dass die hergebrachten Grundsätze nicht einzeln festgeschrieben sind, sondern vom Bundesverfassungsgericht im Wege der Auslegung hergeleitet werden. Würde man diese anhand bestimmter Kriterien hergebrachten Grundsätze als Grundrechte einstufen, so würde dies darauf hinauslaufen, dass das Bundesverfassungsgericht neue Grundrechte „entwickeln“ dürfte. Dies kann angesichts der eindeutigen und bestandskräftigen Position des Grundrechtskatalogs nicht richtig sein. Dagegen spricht auch die in den Art. 33 Abs. 5 GG im Wege der Föderalismusreform eingefügte sog. Fortentwicklungsklausel. Diese hat nach der 176

Hesse, Verfassungsrecht, Rn. 322. Forsthoff, SRöD, S.  40; Mayer, SRöD, S.  636; v. Münch, SRöD, S.  79; Schick, SRöD, S. 191; Thieme, SRöD, S. 366; a. A.: Ule, SRöD, S. 450.

177

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

sich inzwischen herauskristallisierten, wohl herrschenden Ansicht eine rein deklaratorische Wirkung.178 Sie bestätigt jedoch die Offenheit der hergebrachten Grundsätze auf gesellschaftlich und rechtlich bedingte Weiterentwicklungen. Dies ist auch angesichts der geschichtlichen Verankerung der Grundsätze in der Weimarer Verfassung notwendig. Diese Entwicklungsoffenheit ist dabei nicht gleich­zusetzen mit der Auslegungsoffenheit der Grundrechte. Denn diese können im Rahmen des bestehenden, festgeschriebenen Kanons interpretiert werden. Im Falle des Art. 33 Abs. 5 GG hingegen können neue Grundsätze gefunden werden (wobei deren Bestand vorausgesetzt wird), ohne das der Wortlaut dieser Vorschrift geändert werden müsste. Gegen eine Aufnahme der hergebrachten Grundsätze in den Kanon der Grundrechte sprechen folglich gewichtige Gründe. Eine Einstufung als grundrechtsähnliche Rechte ist demgegenüber bereits aus den dargestellten funktionalen Parallelen zu den Grundrechten nachvollziehbar. Im Übrigen nehmen die hergebrachten Grundsätze im Beamtenverfassungsrecht eine eindeutige übergeordnete Position ein. Diese Aspekte sprechen für eine Systematisierung der hergebrachten Grundsätze im Sinne der Grundrechte. Die dort bewährte Konstruktion der drei Ebenen (Schutzbereich – Eingriff – Rechtfertigung) könnte für den Aufbau der Prüfung der Grundsätze fruchtbar gemacht werden. Es ist zunächst zu prüfen, ob dieser Ansatz eine Stütze in der Praxis des Bundesverfassungsgerichts findet. Die Untersuchung orientiert sich am Alimentationsprinzip als dem dogmatisch wohl am stärksten ausgeprägten hergebrachten Grundsatz. c) Praxis des Bundesverfassungsgerichts bei der Prüfung des Alimentationsprinzips Hintergrund der vom BVerfG bei den Grundrechten vorgenommenen dreigliedrigen Prüfung ist die Aussage des Art. 1 Abs. 3 GG, wonach die Grundrechte Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung binden. Diese sog. Bindungsklausel verlangt eine Grundrechtsdogmatik, die eine gedanklich nachvollziehbare und berechenbare Reichweite des Grundrechtsschutzes ermöglichen muss. Ein brauchbares und in der deutschen Verfassungsgeschichte bewährtes Instrumentarium, dies zu erreichen, stellt die Unterscheidung von Schutzbereich und Schranken der Grundrechte dar, wobei der Begriff „Schranke“ als Synonym des Begriffs „Eingriff“ zu verstehen ist.179 Diese Unterscheidung hat den Vorteil, dass sie notwendige, den Gewährleistungsgehalt des betroffenen Grundrechts einschränkende Gemeinwohlbezüge der Freiheit bereits im Grundrechtstatbestand zu erörtern vermeidet. Damit ist eine einzelfallbezogene und kaum berechenbare Schutz­ bereichsbestimmung nicht notwendig. Eine Schutzbegrenzung kommt jedoch 178

s. Abschnitt C. I.2. Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 195 ff.

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VII. Der Kerngehalt des Alimentationsprinzips und seine Bedeutung

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dann in Betracht, wenn das betroffene Grundrecht die Freiheit von vornherein unter Ausschluss gemeinwohlschädlicher Modifikationen gewährt. Allerdings definiert der Verfassungstext nur bei wenigen Grundrechten bestimmte Verhaltensweisen aus dem Schutzbereich und enthält damit eine verfassungsunmittelbare Beschreibung der Gewährleistungsreichweite. Der Schutzbereich einer Grundrechtsnorm wird durch Auslegung ermittelt, es gelten insoweit die allgemeinen Methoden und Prinzipien der Verfassungsinterpretation. Die primäre Funktion der hergebrachten Grundsätze betrifft den Erhalt der Institution des Berufsbeamtentums.180 Obwohl für diese Dimension der Grundsätze die Konstruktion eines Schutzbereichs denkbar wäre, so ist er für die subjektive Komponente von besonderer Wichtigkeit. Durch die Präzisierung dieses Bereichs wird das Verhalten deutlich, das als Grundrechtsausübung oder Grundrechtsgebrauch bezeichnet werden kann.181 Das Bundesverfassungsgericht geht in seiner Rechtsprechung, die das Alimentationsprinzip betrifft, nicht ausdrücklich von einem Schutzbereich des Grundsatzes aus. Es eröffnet die Prüfung regelmäßig mit der Feststellung, dass das Alimentationsprinzip zu den hergebrachten Grundsätzen gehört. Sodann geht es über zur Beschreibung des Inhalts des Grundsatzes, wobei insbesondere die Verpflichtungen hervorgehoben werden, die sich gegenüber dem Dienstherrn ergeben.182 Dabei ist die folgende, in ständiger Rechtsprechung wiederholte Formulierung von besonderer Aussagekraft: „Es [das Alimentationsprinzip] verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Der Beamte muss über ein Nettoeinkommen verfügen, das seine rechtliche und wirtschaftliche Sicherheit und Unabhängigkeit gewährleistet und ihm über die Befriedigung der Grundbedürfnisse hinaus ein Minimum an Lebenskomfort ermöglicht.“183 Außer ihrer grundsätzlichen Bedeutung für den Inhalt des Alimentationsprinzips hat diese Formel eine entscheidende Relevanz für den hier darzustellenden dogmatischen Kontext des Grundsatzes. Denn darin finden sich die für den Rahmen des Prinzips maßgeblichen Determinanten in destillierter Form. Kennzeichnend ist, dass sich diese Formel nach der vielbeachteten Kindergeldentscheidung des Bundesverfassungsgerichts herauskristallisiert hat.184 Dort hatte das Gericht 180 BVerfGE 9, 268, 286; E 11, 203, 215; E 64 367, 379; hierzu auch: Masing, in: Dreier, Art. 33 Rn. 71. 181 Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 199. 182 BVerfGE 8, 1, 14; E 114, 258, 287; zuletzt: BVerfG Beschluss vom 11.12.2007 – 2 BvR 797/04 – Rn. 18. 183 BVerfGE 44, 249, 265; E 99, 300, 315; E 107, 218, 237; E 114, 258, 287 f.; E 117, 330, 344 ff. 184 BVerfGE 44, 249, 265.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

zum ersten Mal die Gelegenheit, den Alimentationsgrundsatz unter anderem unter Heranziehung sozialrechtlicher Maßstäbe auszulegen.185 Aus der dargestellten Formel ergeben sich die wesentlichen Elemente des Alimentationsprinzips, mithin sein Gewährleistungsgehalt. Dieser umschreibt die essentiellen Wirkungen des Grundsatzes. In Anlehnung an die aus den Grundrechten bekannte Terminologie kann man hier von den Schutzwirkungen des Grundsatzes sprechen. Diese sind nicht zu verwechseln mit dem grundrechtsdogmatischen Begriff des Schutzbereichs, der den Wirklichkeitsausschnitt bezeichnet, in dem der Schutz wirkt.186 Mithin ist der Schutzbereich des Alimentationsprinzips allgemeiner zu bezeichnen: es ist die materielle Absicherung des Beamten. Bei der dargestellten Formel handelt es sich, im Sinne der Grundrechtsdogmatik, um eine Zusammenstellung der wichtigsten Gewährleistungsgehalte. Auf der zweiten Ebene der Prüfungsdogmatik bei den Grundfreiheiten liegt der Eingriff. Nach dem klassischen Begriff liegt dieser dann vor, wenn ein Rechtsakt final und unmittelbar freiheitsverkürzend in die Rechtssphäre des Bürgers eingreift.187 Nach bisheriger Grundrechtsdogmatik wird eine Eingriffsqualität auch bei zielgerichteten mittelbaren Maßnahmen und sogar bei nicht zielgerichteten, also faktisch-mittelbaren Maßnahmen angenommen.188 Folglich ist der Eingriffsbegriff weit zu verstehen. Für das Alimentationsprinzip werden jegliche Beeinträchtigungen der mate­ riellen Position, also seines Gehalts, als Eingriffe zu verstehen sein. Das Bundesverfassungsgericht geht bei der Beschreibung des Alimentationsprinzips davon aus, dass die Alimentation selbst ein Maßstabsbegriff ist und entsprechend den jeweiligen Zeitverhältnissen konkretisiert werden muss. Daraus resultiert die Annahme, dass der Beamte grundsätzlich keinen Anspruch darauf hat, dass ihm die für die Bemessung der Bezüge maßgeblichen Regelungen, unter denen er in das Beamtenverhältnis eingetreten ist, unverändert erhalten bleiben. Art.  33 Abs.  5 GG garantiere nicht die unverminderte Höhe der Bezüge. Vielmehr dürfe der Gesetzgeber kürzen, wenn dies auch aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist.189 Zu diesen Ausführungen kommt das Gericht im Rahmen von generellen Erwägungen zum Alimentationsprinzip. Dem Gesetzgeber ist es im Rahmen seines Handlungsspielraums möglich, Kürzungen vorzunehmen. Dabei wird es die Form dieser Beeinträchtigungen nicht genannt, vielmehr ergibt sie sich aus der jeweiligen Fallkonstellation. Man könnte einerseits annehmen, dass das Handeln des Gesetzgebers im Rahmen seines Gestaltungsspielraums keinen Eingriff darstellt. Denn das Gericht stellt klar fest, dass der Beamte keinen Anspruch auf eine unveränderte Position habe. Die Eingriffsqualität einer Kürzung – oder einer ihr gleich­ 185

Summer, ZBR 1990, 297. Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 203. 187 v. Münch, in: v. Münch/Kunig, GG, Vorb. Art. 1–19, Rn. 51a. 188 BVerfGE 105, 252 (Glykolwein); v.  Münch, in: v.  Münch/Kunig, GG, Vorb. Art.  1–19, Rn. 51a. 189 BVerfGE 8, 1, 12; 18, 159, 166; 70, 69, 79; 76, 256, 310; 114, 258, 288 f. 186

VII. Der Kerngehalt des Alimentationsprinzips und seine Bedeutung

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stehenden Maßnahme – ist jedoch deswegen anzunehmen, da das Gericht im Falle einer Kürzung regelmäßig ausdrücklich von der Notwendigkeit einer Rechtfertigung ausgeht.190 Die Rechtfertigung eines Grundrechts hängt davon ab, in welchem Umfang sie Eingriffe vorsehen. Sie werden danach regelmäßig in drei unterschiedliche Typen eingeteilt: Grundrechte mit einfachem oder qualifiziertem Gesetzesvorbehalt und Grundrechte ohne Gesetzesvorbehalt.191 Die einzelnen hergebrachten Grundsätze sind im Grundgesetz nicht ausdrücklich verankert. Bereits aus diesem Grunde kann von einer Typisierung im Sinne der Grundrechte nicht gesprochen werden. Das Bundesverfassungsgericht hält die Rechtfertigung von Eingriffen in das Alimentationsprinzip für grundsätzlich notwendig.192 Das Vorliegen eines sachlichen Grundes wird nicht nur bei Absenkungen vorausgesetzt, die zu einer Verletzung des Kernbereichs des Alimentationsprinzips führen können. Auch wenn der verbleibende Betrag jedenfalls noch eine angemessene Lebensführung ermöglicht, hält das Gericht eine Rechtfertigung für notwendig.193 Bei der Prüfung der Rechtfertigung geht das Bundesverfassungsgericht besonders gründlich vor. Dies ist auch nachvollziehbar, stellt diese Ebene doch einen letzten Schutzwall vor Besoldungskürzungen dar. Besonders interessant ist im Zusammenhang mit der Rechtfertigung der Eingriffe in das Alimentationsprinzip die Frage nach der Möglichkeit der Übertragung der Konstruktion der praktischen Konkordanz. Für die Grundrechte wird im Rahmen dieses Instruments die unausweichliche Verschränkung der vorbehaltlosen Grundrechte mit anderen Grundrechten oder Verfassungsgütern zum Ausgleich gebracht. Eine derartige Kollision ist auch zwischen zwei hergebrachten Grundsätzen denkbar. Besonders deutlich wurde dies in einem in jüngster Zeit durch das Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall zum Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt.194 Dieser Grundsatz vereint Maßstäbe des Alimentations- und des Leistungsgrundsatzes, die in einer besonderen Situation – der des letzten Amtes vor der Pensionierung des Beamten – in einem besonderen Verhältnis zueinander erwogen werden mussten. Ohne die dogmatischen Einzelheiten dieser grundlegenden Entscheidung an dieser Stelle zu vertiefen, wird an diesem Beispiel deutlich, dass eine praktische Konkordanz im Rahmen der hergebrachten Grundsätze nicht nur möglich, sondern auch notwendig ist.

190 St. Rspr., vgl. insbesondere: BVerfGE 114, 258, 289 – die Notwendigkeit einer Rechtfertigung wurde im gleichen Satz, in dem die Zulässigkeit der Kürzungen erörtert worden ist, festgestellt. 191 Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 252. 192 Zuletzt: BVerfGE 119, 247, 266. 193 BVerfGE 26, 141, 158; E 76, 256, 310; E 114, 258, 289. 194 BVerfGE 117, 372.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

d) Zwischenergebnis Das Bundesverfassungsgericht orientiert sich bei der Prüfung der hergebrachten Grundsätze an den dogmatischen Strukturen, die für die Grundrechte entwickelt worden sind. Dies verwundert nicht, da es sich bei den Grundrechten um eine bewährte Vorgabe handelt, die eine gewisse Flexibilität zulässt. Damit kann die Eigen­art der hergebrachten Grundsätze entsprechend berücksichtigt werden. Nichtsdestotrotz handelt es sich bei den Grundsätzen lediglich um grundrechtsgleiche Rechte. Dies unterstreicht den eigenständigen Charakter der Grundsätze, verbietet es jedoch diese in eine Reihe mit den Grundrechten zu stellen. e) Folgerungen für den Kernbereich, insbesondere das Verhältnis zum Wesensgehalt der Grundrechte Die dogmatische Verwandtschaft der hergebrachten Grundsätze mit den Grundrechten wurde vorangehend schwerpunktmäßig in Bezug auf den Gehalt der subjektivrechtlichen Komponente beschrieben. Diese hat gezeigt, dass die hergebrachten Grundsätze auch eine ähnliche Struktur aufweisen. Ein Eingriff in den Kernbereich könnte gleichzustellen sein mit einem Verstoß gegen den Wesenskern eines Grundrechts. Darüber hinaus würde dies auf eine Beeinträchtigung einer institutsprägenden Garantie des Berufsbeamtentums hinauslaufen. Deshalb wäre hier auch kein gerechtfertigter Eingriff zulässig. An dieser Stelle sei hervorgehoben, dass das BVerfG mit dem Begriff des Kernbereichs uneinheitlich umgeht. Während es Beeinträchtigungen des Kernbereichs des Alimentationsprinzips nicht für rechtfertigungsfähig hält195, geht es bei einer diesen Bereich durchbrechenden Verletzung des Lebenszeitprinzips davon aus, dass eine Rechtfertigung möglich ist.196 Demnach ist jedenfalls keine generelle Vergleichbarkeit des Wesensgehalts mit dem Kernbereich gegeben. Die sich aus dem uneinheitlichen Umgang des BVerfG mit dem Kernbereich der hergebrachten Grundsätze und den hieraus folgenden Konsequenzen werden in weiteren Teilen der Arbeit vertieft behandelt. Darüber hinaus stellt sich die Frage nach dem Gestaltungsspielraum im Rahmen des hergebrachten Grundsatzes. Es ist ein Bereich, in dem Modifikationen seitens des Gesetzgebers unter gewissen Voraussetzungen zulässig sind. Dabei besteht die Besonderheit darin, dass in diesem Rahmen auch Elemente zu berücksich­ tigen sind, die bei den Grundrechten keine Rolle spielen. Es handelt sich hierbei um andere hergebrachten Grundsätze und, beispielsweise im Rahmen des Alimentationsprinzips, weitere Faktoren, die für die Bestimmung der Höhe der Besol-

195

BVerfGE 114, 258. BVerfG vom 28.5.2008 – 2 BvL 11/07 –, ZBR 2008, 310.

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VIII. Neuordnung des Gestaltungsspielraums des Alimentationsprinzips

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dung relevant sein können (etwa die Bedürfnisse der Beamten). Diese zusammen­ hängende Struktur eines hergebrachten Grundsatzes führt dazu, dass eine abstrakte Definition des Kernbereichs nicht möglich ist. Das Bild hiervon kann sich nur aus einer Untersuchung der das Prinzip selbst bestimmenden Elemente ergeben. Die Ermittlung der Grenzen des Kernbereichs ist für das Alimentationsprinzip von großer Bedeutung. Denn wegen der Neuverteilung der Kompetenzen für die Besoldung und Versorgung wird Art. 33 Abs. 5 GG und insbesondere der Alimentationsgrundsatz neue Rollen übernehmen müssen. Von der Bundesebene aus betrachtet, wird es jedenfalls ein gewisses Maß an Einheitlichkeit sichern müssen bei den unterschiedlichen Landesregulierungen.197 Es wird den Ländern aber auch einen Spielraum bei der Gestaltung der Besoldung bringen, vor allem aber die Möglichkeit, die Besoldung nach der allgemeinen Lebensentwicklung in den Ländern zu gestalten. Die Ermittlung dieser Spielräume wird Aufgabe der weiteren Teile der Arbeit sein. Hierfür soll das Alimentationsprinzip von einer neuen, grundrechtsgerichteten Sichtweise aus analysiert werden. Dies soll nicht nur einer präziseren Konturierung des Kernbereichs dienen, sondern auch der Verdeut­ lichung der unterschiedlichen Spannungskräfte, die im Gestaltungsspielraum dieses Grundsatzes agieren. Die Besonderheiten, die die hergebrachten Grundsätze mit sich bringen, sollen im Rahmen dieses neuen Ansatzes hervorgehoben werden. Ziel der Untersuchung ist es nicht nur, ein neues dogmatisches Konzept für das Alimentationsprinzip, stellvertretend für alle hergebrachten Grundsätze, zu entwickeln, sondern auch zu zeigen, dass das verfassungsrechtlich verankerte Instrumentarium der Gestaltung des Beamtentums durchaus modern und flexibel ausgelegt werden kann.

VIII. Dogmatische Neuordnung der Elemente des Gestaltungsspielraums des Alimentationsprinzips VIII. Neuordnung des Gestaltungsspielraums des Alimentationsprinzips

Aus den vorangehenden Erwägungen ergibt sich, dass eine abstrakte Definition des Kernbereichs des Alimentationsprinzips nicht möglich ist. Folglich muss der Kernbereich anhand von Maßstäben ermittelt werden, die sich aus anderen Gesichtspunkten und aus der Rechtsprechung ergeben. Bereits eine Analyse der Kasuistik könnte Anhaltspunkte vermitteln, die sich zu einem einheitlichen Bild des Kernbereichs verdichten könnten. Dabei ist es hilfreich, dass die bereits vorhandene Judikatur bezüglich des Alimentationsprinzips sehr umfangreich ist. Auch hat das Bundesverfassungsgericht viele wichtige Urteile in jüngster Zeit gefällt. Aus diesen Entscheidungen ergibt sich möglicherweise auch – und diese Erkenntnis wäre besonders wertvoll – ein neues Bild vom Alimentationsprinzip und dem gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum.

197

Hierzu bereits: Pechstein, ZBR 2006, 285.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

Der Gestaltungsbereich des Gesetzgebers stellt nach der allgemeinen Staatsrechtslehre einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum dar, betrifft also sowohl die Tatbestands- als auch die Rechtsfolgenebene. Dieser Bereich kann infolge rechtlicher Wertungen eingegrenzt werden. Es kann zunächst die Situation gemeint sein, ob in der gegebenen Lage überhaupt gehandelt werden muss. Dann ist das Ermessen denkbar, welches von mehreren zulässigen Zielen mit einer Re­ gelung verfolgt werden soll (Zielauswahl) und welcher von mehreren möglichen Wegen zur Zielverfolgung eingeschlagen werden soll (Auswahl der Mittel). Hervorgehoben wird auch das gesetzgeberische Ermessen bezüglich der Beurteilung, ob ein Ziel oder ein Weg zulässig sind.198 Der Gestaltungsspielraum des Alimentationsprinzips stellt einen besonderen Bereich dar, in dem das Ermessen von unterschiedlichen Faktoren geprägt ist.199 Diese ermessensrelevanten Elemente können unterschiedlich kategorisiert werden. Dabei stellt die erstgenannte, allgemeine Kategorisierung eine Möglichkeit dar. Sie lehnt sich an die allgemeinen Lehren an. Für die hier darzustellende dogmatische Neustrukturierung wird eine alternative Einordnung der funktionsrelevanten Ermessensbelange vorgeschlagen. 1. Die bisherige Kategorisierung der funktionsrelevanten Bereiche des Gestaltungsspielraums

Bislang wurden die den Gestaltungsspielraum prägenden Elemente danach eingeordnet, welche Dimensionen das Alimentationsprinzip abdeckt. Lindner hat hierfür den Begriff der offenen Flanken des Alimentationsprinzips geprägt. Dabei wurden insgesamt fünf Bereiche identifiziert, die jeweils einen Teilaspekt des Alimentationsgrundsatzes betreffen. Zunächst wurde die Amtsangemessenheit als inhaltliche Ausprägung des Grundsatzes erörtert. Diese wurde weiter aufgegliedert in eine absolute und eine relative Dimension, wobei bei der letzten weitere zwei Elemente aufgezeigt werden: die besoldungssystemimmanente und die -externe Angemessenheit. Die erste offene Flanke wurde bereits im Rahmen dieser Arbeit verwendet und im Abschnitt zur Angemessenheit der Besoldung näher behandelt. Als weiteres Element des Alimentationsgrundsatzes werden nach der besprochenen Systematisierung die Veränderungen des Alimentationsgrundsatzes behandelt, die er wegen der zeitlichen Entwicklungen erfährt. Dieses Charakteristikum wurde in Anlehnung an den Grundsatz der Diskontinuität des Rechts herausgearbeitet, der sich aus dem Demokratieprinzip ergibt.200 Es kennzeichnet auch die Entwicklungsoffenheit des Alimentationsprinzips auf der Zeitschiene. Die gegliederte Fläche der Bundesrepublik stellt eine weitere offene Flanke dar. Im Hinblick auf die nunmehr herrschende Heterogenität des Besoldungsrechts werden hierbei 198

Wolff, ZBR 2005, 361, 364. Masing, in: Dreier, Art. 33, Rn. 87. 200 Lindner, ZBR 2007, 221, 222 f. unter Bezugnahme auf: Maunz/Dürig, Art.  3 Abs.  1, Rn. 194 ff. 199

VIII. Neuordnung des Gestaltungsspielraums des Alimentationsprinzips

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kompetenznivellierende Aspekte des Art. 33 Abs. 5 GG erwogen. Die bislang regelungsintensivste Flanke in dieser Zusammenstellung dürfte diejenige sein, die sich auf die Diversivität der Person bezieht. Hier werden die Freiräume für denkbare Kompensationspflichten des Gesetzgebers zusammenfassend in drei Punkten gesehen: beim subjektiven Empfinden der Angemessenheit durch den Beamten, bei der rechtlichen Belastung des Beamten und bei der besonderen Konstellation, dass während des Beamtenverhältnisses Erkrankungen oder Behinderungen eintreten, die einen kostenträchtigen Behandlungsbedarf verursachen. Schließlich kennzeichnet Lindner die lokale Belegenheit des Beamten als offene Flanke des Rechts. Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass sich Rechtsnormen allein im Hinblick auf unterschiedliche lokale Gegebenheiten unterschiedlich auswirken können. Ziel dieser Systematisierung war, die offenen Flanken des Alimentationsgrundsatzes zu analysieren und darauf hin zu beleuchten, welche Versuche die Rechtsordnung, zumal der Besoldungsgesetzgeber, unternimmt, sie zu schließen.201 Die Herangehensweise hat die Spannungen im Rahmen des Alimentationsprinzips verdeutlicht. Es handelt sich dabei um eine Kategorisierung, die sich an den unterschiedlichen Lebensbereichen orientiert, die durch das Alimentationsprinzip abgesichert werden. Der für die vorliegende Arbeit gewählte Ansatz ist ein anderer. Angeknüpft wird an die Qualität der im Rahmen des Alimentationsprinzips relevanten Belange und Faktoren. Die Erklärung dieses Ansatzes bedarf näherer Ausführungen. Es ist jedoch zu erwarten, dass es Berührungs- und Überschneidungspunkte und gemeinsame Ebenen zwischen den beiden Ansätzen gibt. Diese werden im Folgenden analysiert und bei den Ergebnissen festgehalten. 2. Der Facettenreichtum des Alimentationsgrundsatzes als Ausgangspunkt für die dogmatische Neubetrachtung

Ausgangspunkt der Überlegung ist die Tatsache, dass im Rahmen des Gestaltungsspielraums des Alimentationsprinzips unterschiedliche Belange berücksichtigt werden müssen. Dabei handelt es sich nicht nur um Bedürfnisse des Beamten, die einen angemessenen Lebensstandard sichern sollen. Auch seine Pflichten gegenüber Angehörigen, z. B. den Kindern, müssen im Rahmen seiner Besoldung beachtet und entsprechend einkalkuliert werden. Schließlich könnten auch Elemente der Besoldung existieren, die der Beamte im Rahmen seiner Beteiligung an einer Verpflichtung aufopfern muss, die eigentlich dem Dienstherrn zukommt. Letzteres ist im Fall der sog. Kostendämpfungspauschale denkbar. Es wird somit deutlich, dass die unterschiedlichen Facetten des Alimentationsprinzips nicht nur im Rahmen der eingangs dargestellten Systematik eingeordnet werden können. Die relevanten Belange können auch abhängig von ihrer rechtlichen Natur eingeteilt werden. Diese gibt dann Rückschlüsse auf ihre Funktion, 201

Lindner, ZBR 2007, 221, 221.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

ihre rechtliche Stellung und die Bedeutung innerhalb des Gestaltungsspielraums. Im Gegensatz zur „horizontalen“ Ausrichtung der Einteilung der Belange danach, auf welchen Lebensbereich sie sich beziehen, wird im Rahmen der hier auszu­ bauenden, „vertikalen“ Systematisierung danach zu fragen sein, welche recht­ liche Beschaffenheit sie haben und welchen Einfluss sie auf die Höhe der Besoldung haben können.

IX. Grundlagen der neuen Systematik Der Gestaltungsspielraum des Alimentationsprinzips ist ein Bereich, in dem mehrere Elemente aufeinander treffen. Viele von diesen Belangen haben bereits in der Judikatur eine rechtliche Wertung erfahren. Die prominentesten Fälle betreffen die Besoldung von Beamten mit kinderreichen Familien.202 Rechts­technisch ging es hierbei um die Austarierung des Alimentationsgedankens mit den familienrechtlichen Pflichten des Beamten, die ihn bezüglich seiner Kinder treffen. Daraus ergab sich, dass das Alimentationsprinzip eine bestimmte Reichweite hat und die Besoldung ein gewisses Niveau aufweisen muss, so dass der kinderreiche Beamte auf bestimmte Bestandteile seines Gehalts nicht zurückgreifen muss, um auch seine Kinder zu ernähren. Das Verhältnis zwischen der Alimentation und der den Beamten treffenden familienrechtlichen Pflicht wurde für diesen Fall geklärt. Neben den Pflichten, die den Beamten treffen, wurden in anderen Entscheidungen seine Bedürfnisse thematisiert. Auch diese können in einem Spannungsverhältnis zur angemessenen Alimentation stehen, etwa wenn sie sich wegen überdurchschnittlich hoher Lebenshaltungskosten in bestimmten Gebieten erhöhen. Ferner muss beispielsweise das Bedürfnis des Beamten nach einem Urlaub entsprechend berücksichtigt werden. Auch hier hat die Judikatur bereits einige Fälle entschieden, darunter die Frage nach einer Ballungsraumzulage.203 Die Konstellation, die dogmatisch am interessantesten zu sein scheint, bezieht sich auf die Frage nach dem Verhältnis des Alimentationsprinzips zu den anderen hergebrachten Grundsätzen innerhalb des Gestaltungsspielraums des ersteren. Verdeutlichen lässt sich die Problematik für den Fall des Leistungsgrundsatzes und seiner entsprechenden Berücksichtigung im Bereich der Alimentation. Anerkannt ist dabei, dass mit höherem Alter und wachsender Erfahrung auch die Besoldung des Beamten steigt (nach dem Dienstrechtsneuordnungsgesetz nunmehr: „Erfahrungsstufen“). Gerade im Rahmen dieser letzten Konstellation sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung einige Fälle entschieden worden, aus denen sich wichtige Rückschlüsse für die Dogmatik ergeben können.

202

BVerfGE 44, 249; E 81, 363; E 99, 300. BVerfGE 117, 330.

203

IX. Grundlagen der neuen Systematik

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1. Das Kollisionsmoment

In einem Kollisionsfall zwischen zwei Grundrechten sind diese im Wege der praktischen Konkordanz zum Ausgleich zu bringen. Dies gebietet die allgemeine Staatsrechtslehre und die allgemein anerkannte Dogmatik der Grundrechte.204 Im Falle des Aufeinandertreffens unterschiedlicher Belange im Gestaltungsbereich des Alimentationsgrundsatzes kann zunächst nicht von einer Kollision ausschließlich von Grundrechten die Rede sein. Der Begriff muss auch Konstellationen umfassen, bei denen es nicht nur um den Ausgleich unterschiedlicher Grundsätze geht. Insoweit weist der Gestaltungsspielraum des Alimentationsprinzips mehrere Besonderheiten auf. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist anerkannt, dass neben den hergebrachten Grundsätzen auch andere Elemente eine entscheidende Rolle spielen können.205 Dabei kann es sich, wie eingangs bereits angedeutet, um Pflichten des Beamten selbst handeln, die durch den Beamten erfüllt werden müssen und deshalb im Rahmen des Alimentationsprinzips berücksichtigt werden müssen. Auch reine Bedürfnisse des Beamten dürfen nicht außen vor bleiben und müssen im Rahmen der Abwägung eine Rolle spielen. Deshalb ist der Begriff der abwägungsrelevanten Elemente ein weiter. Er umfasst hergebrachte Grundsätze, die Pflichten des Beamten gegenüber anderen Personen, die Pflichten des Dienstherrn gegenüber dem Beamten und die Bedürfnisse des Besoldeten, die sich aus seiner allgemeinen Lebenshaltung ergeben. Diese Elemente müssen näher konkretisiert werden. Vor dem Einstieg in die Analyse der jeweiligen Konstellationen kann eine Gemeinsamkeit festgestellt werden. Diese liegt darin, dass die jeweiligen Elemente mit der angemessenen Alimentation in Widerspruch geraten können. Das Konfliktpotential ergibt sich daraus, dass eine Über- oder Unterbewertung eines der genannten Elemente einen Widerspruch mit der angemessenen Alimentation ergeben kann. Dieses Potential verdichtet sich jedenfalls dann zu einem Konfliktmoment, wenn das jeweilige Element überhaupt nicht berücksichtigt wurde. Eine nicht hinreichende Berücksichtigung des Belanges kann ebenfalls zu Widersprüchen führen. Dies muss jedoch im Einzelnen für die jeweilige Konstellation behandelt werden. 2. Das Ausgleichsmoment

Die systematische Aufschlüsselung der Konflikte zwischen den einzelnen Elementen des Gestaltungsspielraums ist die primäre Aufgabe des neuen Ansatzes. Ein weiterer Schritt könnte darin bestehen, eine Lösung für die Kollisionen vorzuschlagen. Hierfür könnte sich das Instrument der praktischen Konkordanz als hilf 204

Stern, StaatsR III/2, § 92; BVerfGE 93, 1, 21; Jarass, AöR 1995, 345. BVerfGE 44, 249, 263 f.

205

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

reich erweisen. Dieses Prinzip bietet im Rahmen eines Konfliktes zwischen zwei Grundrechten einen bewährten und geeigneten Weg des Ausgleichs. Demnach müssen verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter in der Problemlösung einander so zugeordnet werden, dass jedes von ihnen Wirklichkeit gewinnt. Beiden Gütern müssen Grenzen gesetzt werden, damit beide zu optimaler Wirksamkeit gelangen können.206 Das Instrument der praktischen Konkordanz wurde für verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter entwickelt.207 Für die hier erörterte Problematik können die hergebrachten Grundsätze als grundrechtsgleiche Rechte als solche angesehen werden. Es können sich allerdings dort Schwierigkeiten ergeben, wo der angemessenen Alimentation Belange entgegenstehen, die nicht zu verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern zu zählen sind. Dabei geht es insbesondere um die Bedürfnisse des Beamten, die sich aus seiner Lebenshaltung ergeben. Die Nichtberücksichtigung eines Bedürfnisses im Rahmen des Alimentationsprinzips kann jedoch durchaus zur Unverhältnismäßigkeit desselben führen. Infolge einer falschen Gewichtung eines Elements könnte der Beamte schlechter besoldet werden. Ein Ausgleich muss folglich zwischen allen Elementen des Gestaltungsspielraums möglich sein, ungeachtet dessen, ob sie sich aus hergebrachten Grundsätzen ergeben, oder ob sie berücksichtigungspflichtige Bedürfnisse des Beamten darstellen. Obwohl es sich also in einigen Fällen nicht um eine Kollision zwischen zwei verfassungsrechtlich verbürgten Rechten handeln wird, scheint das Instrument der praktischen Konkordanz zunächst das geeignete Mittel, um ein Gleichgewicht herzustellen. 3. Das Rechtfertigungsmoment

Das Prinzip der praktischen Konkordanz stellt der Einheit der Verfassung die Aufgabe einer Optimierung.208 Demnach müssen beiden Gütern Grenzen gezogen werden, damit beide zu optimaler Wirksamkeit gelangen können. Diese Grenzziehungen müssen im jeweiligen konkreten Fall verhältnismäßig sein. Sie dürfen nicht weiter gehen als es notwendig ist, um die Konkordanz beider Rechtsgüter herzustellen. Daraus ergibt sich, dass „Verhältnismäßigkeit“ in diesem Zusammenhang eine Relation zweier variabler Größen bezeichnet, die der Optimierungsaufgabe am besten gerecht wird. Es ist nicht eine Relation zwischen einem konstanten „Zweck“ und einem oder mehreren variablen „Mitteln“. Die Gewichtung bestimmter Elemente im Rahmen des Gestaltungsfreiraums des Alimentationsprinzips bleibt grundsätzlich dem Gesetzgeber vorbehalten. Eine Über- oder Untergewichtung dieser Belange im Rahmen des Freiraums wäre mit dem Prinzip der praktischen Konkordanz grundsätzlich unvereinbar. Dies müsste 206

Hesse, Verfassungsrecht, Rn. 72. Stern, StaatsR III/2, § 92. 208 BVerfGE 93, 1, 21 f.

207

IX. Grundlagen der neuen Systematik

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jedenfalls dann angenommen werden, wenn ein Element wegen des Abwägungsfehlers nicht seine optimale Wirksamkeit erlangen kann. Dennoch könnte die vom Gesetzgeber vorgenommene Tarierung der einzelnen Elemente legitim sein. Dies wäre der Fall, wenn der Gesetzgeber einen nachvollziehbaren Grund für die besondere Behandlung eines bestimmten Elements nennen kann. In diesem Punkt werden auch die fiskalischen Gründe eine Rolle spielen, die für Kürzungen der Besoldung stets erwogen werden. Durch die Möglichkeit und teilweise auch durch die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtfertigungsgrundes weicht die vorgestellte Ausgleichslösung von der Figur der praktischen Konkordanz ab. Dies ist auf die Freiheit des Gesetzgebers in diesem Bereich zurückzuführen. Er ist grundsätzlich daran gehalten, die einzelnen Elemente der Besoldung in einem nachvollziehbaren Gleichgewicht zu bewahren. Eine besonders starke Betonung oder eine bewusste Vernachlässigung eines einzelnen Elements muss daher unter der Voraussetzung der Anführung eines zulässigen Rechtfertigungsgrunds möglich sein.

4. Drei Kollisionsebenen

Den Rahmen des Gestaltungsspielraums bildet der Alimentationsgrundsatz. Die in diesem Rahmen zu berücksichtigenden Belange oder Elemente müssen sich stets am Maßstab der Angemessenheit der Alimentation messen. In der Praxis kann beispielsweise die Streichung des Urlaubsgeldes eine Absenkung der Besoldung unterhalb der Grenze der Angemessenheit bedeuten. Übertragen auf das hier vorgestellte dogmatische Verständnis vom Gestaltungsspielraum würde dies bedeuten, dass bestimmte Bedürfnisse des Beamten nicht hinreichend berücksichtigt worden sind. Im Verhältnis zur angemessenen Besoldung wäre in dieser ein Defizit entstanden, welches grundsätzlich durch eine hinreichende, zunächst rechtliche Würdigung des Belanges ausgeglichen werden müsste. Praktisch würde es auf eine Gewährung des Urlaubsgeldes hinauslaufen, möglicherweise nicht in der ursprünglichen Höhe. Abhängig davon, welches Element man am Maßstab der angemessenen Besoldung misst, lässt sich eine Kategorisierung dieser Belange in drei Gruppen durchführen. Die erste Ebene betrifft die Berührungspunkte zwischen der angemessenen Alimentation und anderen hergebrachten Grundsätzen. Eine wesentliche Rolle in diesem Bereich spielt das Leistungsprinzip. Aufsteigende Gehälter sind maßgeblich auf die sich mit dem Dienstalter erhöhende Leistungsfähigkeit des Beamten verbunden. Es sind aber andere Überlagerungen denkbar, beispielsweise mit dem Fürsorgeprinzip. Ob dies zu einer unzulässigen Absenkung der Alimentation führt, wird noch zu untersuchen sein. Auf der zweiten Ebene sind die Rechtsprinzipien zu verorten, aus denen sich Verpflichtungen ergeben, die der Beamte mit einem Teil seiner Besoldung erfüllen

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

muss. Dies geschieht beispielsweise im Fall seiner familienrechtlichen Verpflichtung gegenüber seinen Kindern. Der Unterschied zur ersten Gruppe ergibt sich daraus, dass es sich hier nicht um hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums handelt. Es sind allgemeine staatsrechtliche Grundsätze, die auf dieser Ebene ins alimentative Kalkül miteinbezogen werden. Die dritte Gruppe der im Alimentationsprinzip relevanten Belange beinhaltet Bedürfnisse des Beamten, die von seiner allgemeinen Lebenslage abhängen. Hinter diesen Elementen steht kein anderer Grundsatz. Die Notwendigkeit der Berücksichtigung ergibt sich vielmehr aus dem Alimentationsprinzip selbst. Die Daseinsberechtigung dieser Ebene ergibt sich daraus, dass die Bedürfnisse der Beamten variieren können, auch wenn diese bei demselben Dienstherrn beschäftigt sind. Diese Bedürfnisse hat das BVerfG nicht abschließend in der ersten Kinderzuschlagsentscheidung dargestellt.209

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen Nachfolgend werden die drei vorgestellten Kollisionsgruppen hergeleitet und analysiert. Anschließend werden die möglichen Rückschlüsse auf die Beschaffenheit des Alimentationsprinzips, insbesondere dessen Kernbereichs ausgeforscht. 1. Erste Kollisionsebene

Auf der ersten Ebene sind hergebrachte Grundsätze des Beamtentums zu verorten, die im Rahmen des Gestaltungsspielraums des Alimentationsprinzips eine Rolle spielen. Das BVerfG führt in ständiger Rechtsprechung an: „… die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums sind nicht nur Grundlage, sondern auch Grenze der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit.“210 Der bekannteste Fall dieser Konstellation betrifft das Aufeinandertreffen des Alimentations- und des Leistungsprinzips und den sich daraus ergebenden Aufstieg in den Besoldungsgruppen nach dem Dienstalter. In jüngster Zeit war das BVerfG damit befasst, das Verhältnis dieser beiden Prinzipien hinsichtlich der Maßgabe der Verweildauer im letzten Amt für die Versorgung des Beamten zu klären.211 Diese Entscheidung wirft mehrere interessante Fragen auf. Daher wird sie zum Anlass genommen, die dogmatische Struktur der ersten Ebene aufzubereiten.

209

BVerfGE 44, 249. Zuletzt: BVerfGE 114, 258, 289; E 117, 372, 381 f. 211 BVerfGE 117, 372.

210

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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a) Die Wartefrist-Entscheidung des BVerfG Die Entscheidung betraf die Vereinbarkeit der Regelung des § 5 Abs. 3 S. 1 BeamtVG mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Die Vorschrift beinhaltete eine Einschränkung der Berechnung der Versorgungsbezüge eines Beamten aus dem letzten Amt dahingehend, dass er dieses Amt mindestens drei Jahre ausgeübt haben muss.212 Das BVerfG geht bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Regelung vom Alimentationsprinzip aus. Dieses sichert die „Mitnahme“ der Besoldung aus dem letzten Amt in den Ruhestand (in Form der Versorgung) ab. Sodann wird das Leistungsprinzip erwähnt, welches die Anerkennung ordnungsgemäßer Beförderungen auch im Versorgungsrecht verlangt. Die entscheidende Passage findet sich in der Randnummer 41 des Urteils: Das Gericht umschreibt den Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt als einen Bereich, in dem sich das Alimentations- und das Leistungsprinzip überschneiden. Um die Traditionalität des Grundsatzes der Versorgung aus dem letzten Amt zu bestätigen untersucht das Gericht zunächst die maßgeblichen Vorschriften, wobei es an das RBG von 1873, das Deutsche Beamtengesetz von 1937 und das zur Zeit der Urteilsfindung geltende BBG anknüpft.213 Daraus ergibt sich, dass für die besondere Situation, in der sich der Beamte unmittelbar von dem Eintritt in den Ruhestand befindet, besondere Maßstäbe gelten. Einerseits muss seine Leistung, die er im neuen Amt erbracht hat, versorgungsrechtlich anerkannt werden. Andererseits muss mittels einer Mindestverweildauer im neuen Amt den sog. Gefälligkeitsbeförderungen entgegengewirkt werden. Mit der Einschränkung soll auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass eine kurze Dienstzeit es dem in Reichweite des Ruhestands Beförderten oft nicht mehr ermöglichen wird, noch eine dem neuen Amt entsprechende Leistung zu erbringen. In dogmatischer Hinsicht handelt es sich bei diesen Erwägungen um Rechtfertigungsgründe für einen Zeitraum, der an sich leistungserheblich ist und somit besoldungsrechtlich anerkannt werden müsste. Hier wird der Unterschied zu einer regelmäßigen Beförderungssituation deutlich: Dort ist eine Leistungssteigerung, die nach einer gewissen Verweildauer im Amt angenommen wird, besoldungsrechtlich durch Übergang in die nächste Besoldungsstufe zu würdigen. Hingegen besteht kurz vor der Pensionierung das Risiko, dass der Beamte nur deswegen befördert wird, damit er eine höhere Versorgung bekommt. Dem soll durch die Einführung der Mindestverweildauer im letzten Amt entgegengewirkt werden – eine Praxis, die, wie das Gericht nachgewiesen hat, eine lange Tradition hat. Ohne die in dem letzten Amt eintretende besondere Situation des Beamten in den Rahmen eines Grundsatzes zu fassen, ließe sich der gewünschte Zustand durch eine praktische Konkordanz zwischen dem Leistungs- und Alimentationsprinzip 212

Vgl. zur zulässigen Mindestverweilzeit: Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, § 5 BeamtVG, Rn. 3b ff.; Pechstein, in: FS Fürst, S. 249 ff.; Schütz, DÖD 1976, 193, 198. 213 BVerfGE 11, 203, 210 ff.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

erreichen. Denn das Gericht macht hier nichts anderes, als eine Geltungsoptimierung der beiden Grundsätze in einer besonderen Situation herbeizuführen. Dies verlangt eine verhältnismäßige Berücksichtigung sowohl von besoldungsrelevanten als auch von leistungsorientierten Belangen. Man könnte demnach annehmen, die Herleitung eines „neuen“, auf den Hauptprinzipien der Alimentation und der Leistung aufbauenden hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums sei in dieser Situation überflüssig. Denn das notwendige, ermessenslenkende Instrumentarium für die Tatbestandsseite und für die Rechtsfolgenebene ist vorhanden: Es ergibt sich aus den Grundsätzen der Leistung und der Alimentation. Der Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt bringt jedoch ein wichtiges Element mit sich, nämlich die Mindestverweildauer im letzten Amt. Diese betrug seit 1982 zwei Jahre und eine Ausdehnung dieses Zeitraums auf drei Jahre hielt das BVerfG in der dargestellten Entscheidung für unzulässig. Nach den Ausführungen des Gerichts handelt es sich hier um einen hergebrachten, lediglich modifizierenden Bestandteil des Bemessungsprinzips der Versorgung aus dem letzten Amt. Der hergebrachte Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt ist demnach von vornherein eingeschränkt. Die in dem Grundsatz vereinten Prinzipien der Leistung und der Alimentation müssen folglich „nachgeben“, um dieser Modifikation Folge zu leisten. Aus alledem ergibt sich ein recht verschachteltes Bild vom „Tatbestand“ des Grundsatzes der Versorgung aus dem letzten Amt. In seinem Zentrum liegt das Alimentationsprinzip mit dessen Kernbereich. Der weite Gestaltungsspielraum des Alimentationsgrundsatzes ist durch das Leistungsprinzip eingeschränkt: danach soll nur die bereits erbrachte Leistung im Rahmen der Versorgung berücksichtigt werden. Die Mindestverweildauer wiederum schränkt das Leistungsprinzip ein. Der Beamte muss danach eine gewisse Zeit in seinem letzten Amt verbracht haben, damit es versorgungsrechtlich relevant wird. Dies kann das Leistungsprinzip in zweifacher Weise beeinträchtigen. Zunächst wenn die Verweildauer zu kurz bemessen ist. Dann hat der Beamte noch keine versorgungsrechtlich relevante Leistung erbracht. Andererseits kann die Mindestverweildauer länger sein, als der übliche Zeitraum, in dem die Leistung normalerweise erbracht wird. Die Mindestverweildauer schränkt schließlich auch den Gestaltungsspielraum des Alimentationsprinzips ein. Denn es ist denkbar, dass ein Beamter, der eine Mindestverweildauer im letzten Amt noch nicht erreicht hat, bereits zu diesem Zeitpunkt hätte besoldungsrechtlich besser gestellt werden müssen. Wegen der grundsatzimmanenten Modifizierung muss er auf diese Besserstellung verzichten. Diese Einschränkungen der „Hauptgrundsätze“  – des Alimentations- und der Leistungsprinzips  – sind für die Ebene der Rechtfertigung praktisch nicht ausschlaggebend. Dies ergibt sich daraus, dass das Prinzip der Versorgung aus dem letzten Amt ein autonomer Grundsatz ist, mit einer eigens hierfür entwickelten Kategorie der Rechtfertigungsgründe. Diese gelten nur für die Reichweite der Modifikation des Tatbestands des Grundsatzes selbst, also für die Mindestverweildauer. Das BVerfG führt an, „… die Rechtfertigung dieser Modifikation lag und

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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liegt in dem Ziel, Gefälligkeitsbeförderungen zu verhindern oder ihnen zumindest die versorgungsrechtliche Anerkennung zu versagen; andererseits soll mit der Einschränkung dem Umstand Rechnung getragen werden, dass eine kurze Dienstzeit es dem in Reichweite des Ruhestands Beförderten oft nicht mehr ermöglichen wird, noch eine dem neuen Amt entsprechende Leistung zu erbringen.“214 Für eine mögliche Rechtfertigung der Verlängerung der Mindestverweildauer wurde vorgetragen, dass diese die Absicht der Gewährleistung einer effektiven Wahrnehmung des Beförderungsamtes verfolgte. Diesen Grund hat das Gericht zwar erwogen, aber aus mehreren Gründen abgelehnt. Schließlich wurden zur Rechtfertigung der verlängerten Mindestverweildauer im Gesetzgebungsverfahren sowie in der Stellungnahme der Bundesregierung die Gesichtspunkte der allgemeinen Haushaltslage, der Symmetrie von Dienst- und Versorgungsbezügen sowie der Änderungen im System der gesetzlichen Rentenversicherung vorgetragen. Auch diese Gründe wurden erörtert, obwohl das Gericht eingangs festgestellt hat, dass sie in dem für die Auslegung des Grundsatzes der Versorgung aus dem letzten Amt einschließlich seiner Modifizierung maßgeblichen traditionsbildenden Zeitraum kein Vorbild hätten. Mit anderen Worten: Diese Gründe sind für die Rechtfertigung von Einschränkungen des Grundsatzes bislang nicht zugelassen worden. Sie wurden in der Rechtsprechung für die Rechtfertigung von Eingriffen in das Alimentationsprinzip und in das Leistungsprinzip vorgetragen. Beide Grundsätze sind immerhin Bestandteile des Grundsatzes der Versorgung aus dem letzten Amt, was der Grund dafür sein könnte, dass das Gericht hier eine inhaltliche Prüfung dieser Gesichtspunkte vornimmt und damit auf Maßstäbe zurückgreift, die das Alimentations- oder das Leistungsprinzip prägen. Im Ergebnis wurde deren Einschlägigkeit jedoch abgelehnt. Das BVerfG hat somit einer Ausweitung des Rechtfertigungstatbestands für den geprüften Grundsatz eine Absage erteilt. Dies ist im Hinblick darauf, dass es sich um ein eigenständiges Prinzip handelt, auch konsequent. Insoweit kann festgehalten werden, dass Modifikationen des Grundsatzes der Versorgung aus dem letzten Amt nicht durch Gründe gerechtfertigt werden können, die für die Rechtfertigung der Einschnitte in das Alimentations- oder Leistungsprinzip entwickelt worden sind. Eine Anleihe von Gründen ist folglich nicht möglich. b) Abgeleitete Grundsätze als verfestigte Konkordanzpositionen Das BVerfG hat sehr deutlich gemacht, dass sich der Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt aus den Prinzipien der Alimentation und der Leistung her begründet. Es handelt sich dabei um einen Überschneidungsbereich dieser beiden Grundsätze in einer bestimmten Situation. Der Zweck dieser Konstellation liegt darin, dem Beamten einen angemessenen Ruhestand zu sichern. Die dogmatische Konstruktion, die dahinter steckt, ergibt sich aus einer geltungsoptimierenden Gewichtung zweier Grundsätze. Wäre das Gericht der Ansicht gewesen, das 214

BVerfGE 117, 372, 383.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

Leistungsprinzip sei in dieser Situation nicht hinreichend berücksichtigt gewesen, so ist davon auszugehen, dass die Verweildauer im letzten Amt verlängert worden wäre. Mithin beinhaltet der Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt eine verfestigte Konkordanzposition. Mit Hilfe des Elements der Verweildauer definiert er die optimale Geltung des Alimentations- und des Leistungsgrundsatzes für die Versorgung. Der Grundsatz baut auf den beiden „primären“ Grundsätzen auf. Die Qualität als „hergebrachter Grundsatz“ orientiert sich anhand anderer Kriterien (Fundamentalität, Tradition) und widerspricht der rechtlichen Ableitung des Grundsatzes nicht.215 c) Das Sondervotum: Alternativer Ansatz Während die Senatsmehrheit in der Entscheidung einen aus den Prinzipien der Alimentation und Leistung abgeleiteten Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt annimmt, wird in der abweichenden Meinung der Richterin Osterloh und des Richters Gerhardt ein anderer Weg eingeschlagen. Bereits die Herleitung des Grundsatzes der Versorgung aus dem letzten Amt weicht von dem Ansatz der Senatsmehrheit ab. Die Minderansicht knüpft dabei an die ältere Rechtsprechung des BVerfG an und stellt fest, dass der Grundsatz eine Ausprägung des Leistungsprinzips im Bereich des Versorgungsrechts sei. Dies nimmt die Senatsmehrheit im Wege einer praktischen Konkordanz vor, wobei dort zusätzlich das Korrektiv der Mindestverweildauer berücksichtigt wird. Dabei handelt es sich nach Ansicht des BVerfG um einen hergebrachten Grundsatz, der vom Gesetzgeber nicht nur zu berücksichtigen, sondern auch zu beachten ist. Diese Hervorhebung der Bedeutung der Wartefrist ist für die abweichende Meinung inakzeptabel. Bereits im zweiten Satz des Sondervotums stellen die Richterin und der Richter fest: „Die Senatsmehrheit ordnet die für die Versorgungswirksamkeit von Beförderungen geltende Wartefrist in ihrer bisherigen Ausgestaltung den vom Gesetzgeber gemäß Art. 33 Abs.  5 GG zu beachtenden hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zu und verleiht damit einem Detail bei der Berechnung der Versorgungsbezüge Verfassungsrang.“216 Nach ihrer Auffassung ist die Verfassungsmäßigkeit der strittigen Vorschrift lediglich an den Maßstäben des Alimentations- und des Leistungsgrundsatzes zu beurteilen. Der Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt sei nichts anderes als ein Bereich, in dem sich die beiden vorgenannten Grundsätze überschneiden. Dies hat zunächst die Konsequenz, dass die Mindestverweildauer nicht als Modifikation des Grundsatzes aufgefasst wird. Auch die von der Senatsmehrheit angeführte, eigenständige Rechtfertigungskategorie der Vorbeugung von 215 Zu den Möglichkeiten der Schaffung „neuer“ Grundsätze (verstanden als Aufdecken eines bereits existierenden Grundsatzes) unter Fortentwicklungsgesichtspunkten vgl. Budjarek, S. 225 ff. 216 BVerfGE 117, 372, 392 (abweichende Meinung der Richterin Osterloh und des Richters Gerhardt).

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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Gefälligkeitsbeförderungen wird damit verworfen. Die Mindermeinung eröffnet sich somit den Weg einer direkten Überprüfung der Wartezeit anhand der Maßstäbe der Grundsätze der Alimentation und der Leistung. Sowohl das Alimentations- als auch das Leistungsprinzip eröffnen einen breiten Gestaltungsspielraum und ein größeres Rechtfertigungspotenzial. Um darauf zurückzugreifen, musste die abweichende Meinung die Blockade des spezielleren Grundsatzes der Versorgung aus dem letzten Amt aufheben. Deshalb entflicht es die nach der Vorstellung der Senatsmehrheit ineinander greifenden Grundsätze und stellt sie „gleichberechtigt“ nebeneinander. Dieser Zug ist auf den ersten Blick irritierend. Denn es sieht so aus, als ob die Richterin und der Richter die Rechtsprechung des BVerfG nicht mehr anwenden wollten. Doch der Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt mit seiner starren Grenze der Mindestverweildauer soll weichen, um die strittige Vorschrift aus der Perspektive der zeitgemäß ausgelegten Alimentations- und Leistungsprinzipien zu betrachten. Die abweichende Meinung will hier deutlich machen, dass sich die Kernbereiche der beiden Prinzipien, wie sie für die Situation der Versorgung aus dem letzten Amt maßgeblich sind, im Laufe der Zeit gewandelt haben. Die starre Zwei-Jahres-Grenze entspräche dieser Situation nicht mehr; sie sei wegen der beschränkten Rechtfertigungsmöglichkeit im Hinblick auf den Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt auch nicht verlängerungsfähig. Der Grundsatz wird deshalb als bereichsspezifische Ausprägung des Leistungsgrundsatzes ausgelegt. Die umstrittene Verlängerung der Wartefrist um ein Jahr wird als eine den Leistungs- und Alimentationsgrundsatz einschränkende Modifikation angesehen und unter den hierfür maßgeblichen Gesichtspunkten analysiert. Dies ermöglicht eine neuartige Analyse des eigentlichen Beweggrundes für die Einführung der Wartefrist, der in der Sicherung der Staatsfinanzen lag. Der Gesetzgeber habe mit der Erweiterung der Mindestverweildauer der langfristigen Sicherstellung der Versorgung, also der Sicherung der Staatsfinanzen, eine größere Bedeutung beigemessen, als den Interessen derjenigen Beamten, die aufgrund der verlängerten Wartefrist eine Versorgung aus dem letzten Amt nicht mehr erreichen können. Damit wolle der Gesetzgeber der Wahrung des Leistungsprinzips auf lange Sicht vorrangige Bedeutung zukommen lassen und das Alimentationsprinzip aus diesem Grund in den Hintergrund stellen. Mit dieser eindeutigen Gewichtung der beiden Prinzipien befindet sich der Gesetzgeber nach der abweichenden Meinung im Rahmen seines Gestaltungsspielraums. d) Bewertung Die Senatsmehrheit baut auf der bereits ergangenen Rechtsprechung217 zum Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt auf und führt sie konsequent fort. Die Konstruktion des besagten Grundsatzes wird hierbei sehr detailliert dar­ 217

BVerfGE 61, 43.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

gestellt. Dies verdeutlicht einerseits die Bedeutung, die das BVerfG den beiden hergebrachten Grundsätzen der Alimentation und der Leistung beimisst. Das Alimentationsprinzip befand sich dabei immer im Hintergrund  – nun wird der Grundsatz direkt aus dem Alimentationsgrundsatz abgeleitet. Auch das Leistungsprinzip ist von entscheidender Bedeutung: Ähnlich wie in einer Beförderungs­ situation muss die Besoldung (hier die Versorgung) der Leistung entsprechen, die erbracht wurde. Andererseits wird bestätigt, dass bestimmte abgeleitete Grundsätze Ausdruck einer verfestigten Konkordanzposition zwischen zwei hergebrachten Grundsätzen sein können. Daraus ergibt sich die Konsequenz, dass „allgemeine“ Rechtfertigungsgründe, d. h. diejenigen, die für die „Primärgrundsätze“ gelten, im Rahmen der verfestigten Konkordanzposition nicht anwendbar sind. Bei der Zwei-Jahres-Grenze der Mindestverweildauer im letzten Amt handelt es sich nach dem Verständnis des BVerfG um einen hergebrachten Grundsatz, der wegen seines außerordentlich geringen Spielraums und der damit zusammenhängenden geringen Rechtfertigungsmöglichkeit, sehr starr ist. Das Sondervotum stellt die Grundsätze der Alimentation und der Leistung nebeneinander und nimmt auf dieser Grundlage eine Neubewertung der Situation im letzten Amt im Hinblick auf die Versorgung vor. Würde man dieses Vorgehen grundsätzlich ausschließen, so wäre keine Möglichkeit gegeben, die abgeleiteten Grundsätze der sich wandelnden Realität anzupassen. Auch wäre eine Verdichtung einer optimalen Geltung zweier Grundsätze zu einer neuen verfestigten Position wesentlich erschwert. Deshalb muss eine gewisse Flexibilität möglich sein, insbesondere dann, wenn man – wie hier – annimmt, dass die abgeleiteten Grundsätze verfestigte Konkordanzpositionen darstellen, also keine starren, unabänderbaren Prinzipien sind. Diese sollen zwar durch ihre Herleitung neue dogmatische Dimensionen zugänglich machen, wie in dem Fall einer neuen Rechtfertigungskategorie. Sie sollen jedoch das Berufsbeamtentum nicht vor Entwicklungen und Anpassungen verschließen. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Ergänzung des Art. 33 Abs. 5 GG um die sog. Fortentwicklungsklausel zu sehen. Andererseits droht bei einer Neubewertung der vormals verfestigten Konkordanzposition eine unverhältnismäßige Ausdehnung des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers. Dies wird am Beispiel des Sondervotums deutlich: Es betont den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, zeichnet jedoch keine eindeutigen Grenzen. Vielmehr operiert die Mindermeinung mit dem Kriterium der evidenten Sachwidrigkeit. Dies ist im Hinblick auf die im Laufe der Jahre bewährte Zwei-JahresGrenze ein Rückschritt. Auch die Verhältnismäßigkeit der Wartezeit im Hinblick auf die Verhinderung von Gefälligkeitsbeförderungen wird vernachlässigt. Zudem soll die Sicherung der Staatsfinanzen eine im Endeffekt hinreichende Rechtfertigung für die Verlängerung der Wartefrist darstellen. Letzteres läuft auf eine Entwertung des Leistungsprinzips hinaus.218

218

So im Ergebnis auch: Leisner-Egensperger, ZBR 2008, 9, 13.

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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e) Erkenntnisse für die Dogmatik Für die erste Kollisionsebene ist die Erkenntnis der Existenz eines abgeleiteten hergebrachten Grundsatzes von besonderer Bedeutung. Gestützt auf eine verfestigte Konkordanzposition liefert dieser Grundsatz eine eigene Rechtfertigungs­ kategorie und schließt eine direkte Anwendung anderer Gründe grundsätzlich aus. Die eigentliche Funktion, die ein solcher Grundsatz hat, besteht in einer zusätzlichen Absicherung jener Prinzipien, auf denen er aufbaut. Der Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt sichert eine amtsangemessene Versorgung und nimmt dabei Rücksicht auf das Leistungsprinzip. Im Ergebnis findet eine Geltungsoptimierung der beiden Grundsätze statt. Relevanter Maßstab hierfür ist die Wartefrist, deren Länge seit Jahren festgesetzt, jedoch nicht unabänderbar ist. Das Ausgleichsmoment könnte zwar auch durch eine direkte Abwägung der beiden Grundsätze im Einzelfall erreicht werden. Im Fall, in dem die Optimierung zur Bildung eines hergebrachten Grundsatzes geführt hat, empfiehlt es sich jedoch, dieses Prinzip anzuwenden. Die alternative Einzelfallbetrachtung führt unter Umständen zur Vernachlässigung von Rechtfertigungskategorien, die mit dem ab­geleiteten Grundsatz auch zu beachten sind. Eine spannende Frage, die sich in Zusammenhang mit der besonderen Kolli­ sionslage zwischen zwei hergebrachten Grundsätzen stellt, ist, ob verfestigte Konkordanzpositionen, die nicht den Status eines hergebrachten Grundsatzes erreicht haben, eine verfassungsrelevante Sicherungsfunktion haben können. Diese Konstellationen könnten auf bereits bestehende, bewährte Lösungswege hinweisen. Bereits aus dieser Indizfunktion kann sich eine zusätzliche Sicherheit für das Alimentationsprinzip ergeben. Gewiss werden die Positionen nicht den Wirkungsgrad eines hergebrachten Grundsatzes erreichen. Dies könnte jedoch mit einer größeren Flexibilität dieser Verbindung aufgewogen werden, was im Hinblick auf die Fortentwicklungsklausel einen Vorteil darstellen kann. Ein Indiz für das Bestehen einer solchen verfestigten Konkordanzposition könnte die Herausbildung eines eigenen Rechtfertigungsgrundes sein, welcher dann im Rahmen eines Kollisionsmoments nicht vernachlässigt werden könnte. Denkbar ist dies etwa bei einer Kollision zwischen dem Alimentationsgrundsatz und dem Fürsorgegrundsatz in Gestalt einer sich hieraus möglicherweise ergebenden Beitragsfreiheit der Besoldung und Versorgung. Dieser Problemkreis wird im Folgenden, sowie auch in Zusammenhang mit der Untersuchung der Versorgungskürzungen analysiert. f) Der Alimentationsgrundsatz und die Fürsorgepflicht des Dienstherrn Am Beispiel der Wartefrist-Entscheidung des BVerfG wurde eine Möglichkeit der Auflösung eines Spannungsverhältnisses zwischen dem Alimentationsprinzip und einem weiteren hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums dargestellt.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

Aus der Geltungsoptimierung ergab sich dort eine verfestigte Konkordanzposition in der Form eines abgeleiteten Grundsatzes, für den selbstständige Rechtfertigungsgründe entwickelt wurden. Fraglich ist, ob diese Ergebnisse auf einen weiteren Fall der Kollision des Alimentationsprinzips übertragen werden können, nämlich mit dem Fürsorgegrundsatz. Diese Konstellation weist im Vergleich zum Ausgangsfall mehrere Besonderheiten auf. aa) System der Beihilfegewährung und die Kostendämpfungspauschale Ausgangspunkt der Überlegungen für diese Fallgruppe ist das derzeit geltende Beihilfesystem. Danach erfüllt der Dienstherr seine Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten durch eine finanzielle Hilfeleistung, die zu der Eigenvorsorge des Beamten hinzutritt, um seine wirtschaftliche Lage in Fällen besonderer Belastung durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erleichtern. Diese anlassbezogenen Leistungen sollen den Beamten von den durch die Besoldung nicht gedeckten notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang freistellen. Dabei müssen die Beamten aus ihren Mitteln für die Begleichung des übrigen Teils der Aufwendungen selbst Vorsorge treffen.219 Hierfür stellt der Besoldungsgesetzgeber dem Beamten einen Alimentationsteil zur Verfügung, mit dem er den von der Beihilfe nicht abgedeckten Teil  der im Krankheitsfalle zu erwartenden Aufwendungen begleichen soll.220 Zugleich verpflichtet die Fürsorge den Dienstherrn, seinen Beamten aus­reichende Mittel zur Verfügung zu stellen, damit Krankheit sowie andere besondere Situationen finanziell bewältigt werden können, ohne dass hierdurch der amtsangemessene Lebensunterhalt im Übrigen beeinträchtigt wird. Das System von Beihilfeleistungen einerseits und aus allgemeiner Alimenta­ tion finanzierter Eigenvorsorge andererseits ist nach dem Verständnis des BVerfG „in einem Ergänzungsverhältnis“221 wechselseitig aufeinander bezogen. Den Gesetzgeber trifft bei der näheren Ausgestaltung der Fürsorge die Pflicht, dem Zusammenhang zwischen Fürsorge und Alimentation besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Das BVerwG spricht, ähnlich wie das BVerfG, von einem verfassungsrechtlichen Zusammenhang der beiden Grundsätze im Sinne eines „Aufeinander­ bezogenseins“.222 Das Spannungsverhältnis, welches aus dieser engen Beziehung resultiert, wurde durch das BVerfG in der letzten Entscheidung zur Kostendämpfungspauschale mit aller Deutlichkeit offen gelegt. Dort führt das Gericht an, dass eine Minderung der Beihilfeleistungen – sei es durch jeweils im Einzelfall für bestimmte Aufwendungen angeordnete Selbstbehalte oder durch eine pauschalierte 219

BVerfG, ZBR 2007, 416. BVerfGE 83, 89, 101. 221 BVerfG, ZBR 2007, 416, 417. 222 BVerwGE 121, 103; OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007, 1 A 4955/05, Rn. 45, DVBl. 2007, 1297. 220

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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jährliche Abzugspauschale – im Ergebnis eine Absenkung des Standards bewirkt, den sich der Beamte oder Ruhegehaltsempfänger tatsächlich aus seinen Bezügen leisten kann.223 Die vom BVerfG erwähnten pauschalen Abzüge sind in landesrechtlichen Beamtengesetzen in Form der sog. Kostendämpfungspauschale ent­ halten.224 Damit wird die Beihilfe um einen bestimmten, nach Besoldungsgruppen gestaffelten Betrag, aus haushaltspolitischen Gründen gekürzt. bb) Die Kostendämpfungspauschale zwischen dem Fürsorgeprinzip und dem Alimentationsgrundsatz Abgesehen von dem alimentationsverkürzenden Effekt der Kostendämpfungspauschale, können sich weitere Fragen stellen, wenn man die Qualität der beiden Grundsätze näher betrachtet. Im Rahmen der Besoldung soll der Gesetzgeber Alimentationsteile sicherstellen, die der Beamte für eine systemadäquate Eigenvorsorge aufwenden kann. Das Fürsorgeprinzip verpflichtet den Dienstherrn dazu, die aus Anlass von Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen entstehenden Kosten abzudecken. Beide Grundsätze verpflichten den Gesetzgeber, bestimmte Aufwendungen des Beamten zu decken. Die „Anwendungsbereiche“ der Prinzipien sind relativ klar abgrenzbar. In gesetzlich bestimmten Fällen muss der Dienstherr Kosten für den Beamten übernehmen: Damit wird eine Abgrenzung der Verantwortungsbereiche vorgenommen. Es wäre vor diesem Hintergrund denkbar, die Kostendämpfungspauschale dahingehend zu verstehen, dass der Beamte sich hierdurch an der Fürsorgepflicht des Dienstherrn beteiligt indem er auf Teile seiner Alimentation zurückgreifen muss. In diese Richtung tendiert auch ein Teil der Rechtsprechung. Nach Ansicht des OVG NRW, die das Gericht in einer jüngeren Entscheidung zur Kostendämpfungspauschale vertritt, geht es dabei „(…) der Sache nach um nichts anderes, als um das Anliegen des Landes, vermittelt über die Kostendämpfungspauschale seinen allgemeinen für die Alimentation zu erbringenden, aus seiner Fürsorgepflicht erwachsenden Finanzierungsaufwand zu verringern.“225 Ob dieser Mechanismus jedoch als relevante oder gar unzulässige Kürzung der Alimentation angesehen werden kann, ist fraglich. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber bei der Gestaltung der Alimentation grundsätzlich über einen weiten Gestaltungsspielraum verfügt und der Beamte keinen Anspruch auf eine unveränderte Besoldung hat. Die damit zusammen­ hängenden Fragen werden im Folgenden untersucht.

223

BVerfG, ZBR 2007, 416, 417. Gegenstand der Entscheidung des BVerfG vom 2.10.2007 war die Regelung des § 87c NBG i. d. F. des Art. 14 Nr. 2 des Haushaltsgesetzes 1999 vom 21.1.1999. 225 OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007, 1 A 4955/05, Rn. 47, DVBl. 2007, 1297. 224

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

cc) Die Kostendämpfungspauschale als verfestigte Konkordanzposition? Denkbar wäre, das Nebeneinander der Fürsorgepflicht und des Alimentationsprinzips für den Sonderfall der Kostendämpfungspauschale als eine verfestigte Konkordanzposition zu betrachten. Hierfür müsste die Überschneidung beider Prinzipien wohl einem zusätzlichen Zweck dienen, als nur der Gewährleistung haushaltspolitischer Liquidität. Dagegen spricht zunächst, dass dieser eventuelle Grundsatz für sich allein keine hinreichende Tradition hätte und die Abgabe von Land zu Land unterschiedlich gestaltet ist. Man könnte die Kostendämpfungspauschale jedoch auch als Element des Systems der Beihilfengewährung ansehen. Letzteres baut jedenfalls auf dem hergebrachten Grundsatz der Fürsorge auf. Ergänzend muss es das Alimentationsprinzip zumindest im Sinne eines zusätzlichen Maßstabs berücksichtigen. Damit wäre das System der Beihilfen, darunter die Kostendämpfungspauschale, als verfestigte Konkordanzposition zwischen dem Alimentationsgrundsatz und dem Fürsorgeprinzip anzusehen. Dem steht nicht entgegen, dass das System der Beihilfengewährung nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählt.226 Nach dem hier vorgeschlagenem Verständnis der Figur der verfestigten Konkordanzposition handelt es sich dabei um eine Geltungsoptimierung beider Grundsätze, die sich nicht notwendigerweise zu einem Grundsatz verdichten müssen. Übernimmt man den Aufbau aus der Wartefrist-Entscheidung, so müsste sich auch ein zusätzlicher Rechtfertigungsgrund für die Existenz und Reichweite der Kostendämpfungspauschale anführen lassen. Dort lag dieser Grund in der Vor­ beugung gegen Gefälligkeitsbeförderungen. Hier werden zunächst haushaltspolitische Gründe genannt – ein Element des Rechtfertigungstatbestands, der allgemein bei Kürzungen der Besoldung angeführt wird. Es ist also ein universeller Belang, der für sich allein jedoch nicht für die Rechtfertigung einer Kürzung ausreicht. Die Kostendämpfungspauschale soll jedoch auch an die Stelle der Selbstbehalte bei Arznei- und Verbandsmittelkäufen sowie bei medizinisch veranlassten Fahrten treten und so den Verwaltungsaufwand reduzieren.227 Es ist fraglich, ob dieser Belang einen besonderen Rechtfertigungsgrund für die Abgabe darstellen kann. Nicht die Existenz der Abgabe selbst wird damit gerechtfertigt, sondern es wird eine besondere Ausformung derselben belegt. Wäre die Form der Pauschale nicht gewählt worden, so würden die genannten Selbstbehalte an ihre Stelle treten. Die Reduzierung des Verwaltungsaufwands ist folglich kein Rechtfertigungsgrund für die Abgabe, vielmehr ist es ein Argument für ihre besondere Ausgestaltung. Im Unterschied zur Wartefrist-Situation hat sich die Kostendämpfungs­pauschale nicht auf einem bundesweit einheitlichen Niveau festgesetzt. Vielmehr variiert die 226

St. Rspr. zuletzt: BVerfG, ZBR 2007, 416. BVerfG, ZBR 2007, 416, 417 unter Bezugnahme auf die Begründung des Niedersäch­ sischen Gesetzes – LT-Drucks. 14/350, S. 22. 227

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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Höhe dieser Abgabe landesabhängig. Die Ermittlung einer starren Grenze ist deshalb nicht möglich. Ein einheitlicher Betrag ist auch nicht realistisch und notwendig, denn die Abgabenhöhe ist abhängig von den allgemeinen Lebensverhältnissen in den Ländern. Auch fällt die Regelungsbefugnis in die Zuständigkeit der Länder, so dass ein bundesweit einheitlich festgelegter Wert in die Kompetenzverteilung eingreifen würde. Ein einheitlicher Rechtfertigungsgrund für die Abgabe – außer der Bezugnahme auf die haushaltspolitische Situation – ist ebenfalls nicht ermittelbar. Die Kostendämpfungspauschale stellt daher keine verfestigte Konkordanzposition dar. Es könnte lediglich danach gefragt werden, ob die grundsätzliche Existenz dieser Abgabe notwendig und gerechtfertigt ist. Dies wäre bereits vor dem Hintergrund problematisch, dass die Kompetenz für die Gestaltung der Besoldung nunmehr bei den Ländern liegt. Insbesondere können die Komponenten der Besoldung länderspezifisch festgelegt werden. g) Weitergehende Fragestellungen Aus der Fürsorgepflicht kann zwar nicht gefolgert werden, dass die durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- oder Todesfälle entstandenen Aufwendungen lückenlos erstattet werden müssten.228 Aber auch dann, wenn der Beamte eine nur geringe Beihilfeleistung beansprucht, wird die pauschale Abgabepflicht aktiviert. Es ist demnach eine Situation denkbar, in der ein Beamter gar keinen Ersatzanspruch hat. Dies wäre dann der Fall, wenn die Beihilfeleistung geringer ausfallen würde, als die Kostendämpfungspauschale. Theoretisch führt dies dazu, dass der Beamte nicht nur zum Fürsorgegeber gegenüber sich selbst wird, sondern auch die Pflicht des Dienstherrn gegenüber anderen Beamten mitträgt und gleichzeitig seinen eigenen Anspruch nicht durchsetzen kann. Dadurch wird die Fürsorgepflicht des Dienstherrn zuungunsten des Beamten und zum Nachteil der optimalen Geltung des Alimentationsgrundsatzes relativiert. Ob dies allerdings mit einer unzulässigen Kürzung der Alimentation gleichzustellen ist, erscheint bereits vor dem dargestellten Hintergrund der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers fraglich. Die Kostendämpfungspauschale kann jedenfalls aber als eine suboptimale Verbindung des Alimentationsgrundsatzes und des Fürsorgeprinzips angesehen werden. Das Resultat ist eine Auszehrung der Alimentation durch die Abgabe und eine damit einhergehende Minderung des Standards, den sich der Beamte oder Ruhegehaltsempfänger tatsächlich aus seinen Bezügen leisten kann. In diesem Zusammenhang können drei Fragen formuliert werden. Die erste Frage geht dahin, ob eine Kostendämpfungspauschale auf eine unzulässige Situation hinausläuft, in der der Beamte an einer Pflichterfüllung des Dienstherrn beteiligt wird. Grundsätzlich sind Besoldungskürzungen, soweit sie die Gesamtheit der Beamtenschaft betreffen und einen nachvollziehbaren Grund 228

BVerfGE 83, 89, 99; 106, 225, 232; BVerfG, ZBR 2007, 416, 417.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

haben, zulässig. Bedenkt man jedoch, welch hohen Stellenwert das BVerfG einer zusätzlichen Rechtfertigung für verfestigte Konkordanzpositionen beigemessen hat (s. Wartefrist-Entscheidung) und vergleicht man dies mit der Situation, in der die Kostendämpfungspauschale (verstanden als eben solche Konkordanzposition) lediglich fiskalpolitische Ziele verfolgt, erscheint diese Frage nicht ganz unwichtig. Ungeachtet des Gewichts, der einem Rechtfertigungsgrund in dieser Situation zukommt, könnte man ergänzend fragen, ob es einen Unterschied macht, dass die Besoldungskürzung generell haushaltspolitischen Zwecken zugute kommen soll, oder  – wie im Fall der Kostendämpfungspauschale  – wenn sie einem bestimmten Zweck dient, nämlich der Absicherung der Fürsorgefähigkeit des Dienstherrn. Liegt möglicherweise in der Zweckgebundenheit der Abgabe ein Grund, der im Rahmen der Rechtfertigung maßgebend berücksichtigt werden kann und muss? Diese Frage wurde, soweit ersichtlich, weder in der Rechtsprechung, noch in der Literatur behandelt. Die zweite Frage steht in einem mittelbaren Zusammenhang mit der Verletzung des Alimentationsgrundsatzes. Das Problem, das sich hier stellt, geht dahin, ob allein aus der Folgewirkung der Minderung des Lebensstandards des Beamten durch die pauschale Abgabe bereits die Verfassungswidrigkeit einer solchen Maßnahme abgeleitet werden kann. Für diese Frage liefert sowohl die jüngste obergericht­ liche Rechtsprechung als auch die neueste Judikatur des BVerfG interessante und durchaus unterschiedliche Lösungsvorschläge. Es handelt sich dabei um systema­ tische Ansätze, die nicht primär auf die Verletzung des Kernbereichs des Alimentationsprinzips eingehen. Falls sich die Verfassungswidrigkeit der pauschalen Abgabe nicht mittelbar aus der Folgewirkung der Kostendämpfungspauschale ableiten lässt, so müssen die Maßstäbe und Grenzen aus dem Alimentationsprinzip abgeleitet werden. Die dritte Frage könnte demnach genereller formuliert werden: Ab wann stellt eine Minderung der Besoldung zum Zwecke der Beteiligung an den Pflichten des Dienstherrn (die aus einem hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums resultiert) eine Verletzung des Alimentationsgrundsatzes dar? h) Parallelen zu den Kinderzuschlagentscheidungen des BVerfG Bevor auf die zwei vorangehend formulierten Fragestellungen eingegangen wird, soll zunächst ein für die dargestellte Systematik wichtiger Aspekt erläutert werden. Das aufgezeichnete Bild des Konfliktes zwischen dem Alimenta­ tionsprinzip und dem Fürsorgegrundsatz und die daraus folgende Verkürzung der Besoldung um einzelne Elemente erinnert an die Situation aus den sog. Kinder­ zuschlagentscheidungen des BVerfG.229 Dort wurde festgestellt, dass die damaligen Dienstbezüge der Beamten und Soldaten mit mehr als zwei Kindern in allen 229

BVerfGE 44, 249; 83, 363; 99, 300.

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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Besoldungsordnungen und -gruppen diesen nicht mehr ein gleiches Lebensniveau gewährleisten wie ihren durch die Kosten des Unterhalts und der Schul- und Berufsbildung der Kinder nicht belasteten ranggleichen Kollegen. Das Gericht hat eine Bemessung der Bezüge in einer Höhe gefordert, dass der Beamte und seine Familie nicht genötigt werden, sich wegen der größeren Kinderzahl so einzuschränken, dass sie auf die Befriedigung der Bedürfnisse ganz oder teilweise verzichten müssen, zu deren Befriedigung die amtsangemessenen Dienstbezüge bestimmt sind.230 Der kinderreiche Beamte musste auf Elemente der Besoldung zurückgreifen, die eigentlich zur Befriedigung seiner individuellen Zwecke bestimmt waren, um die Bedürfnisse seiner Kinder befriedigen zu können. Regelmäßig sollte dieses Ziel durch die familienbezogene ergänzende Alimentation gewährleistet sein. Die Kinderzulagen wurden jedoch zu kurz bemessen. Durch den dadurch notwendig gewordenen Rückgriff wurde die Grenze der Amtsangemessenheit der Dienstbezüge unterschritten. Hintergrund der Kinderzulagen war und ist die Befriedigung der zivilrecht­ lichen Unterhaltspflicht der Beamten. Diese hat ihre Grundlage im grundgesetzlich abgesicherten Prinzip des Schutzes von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG).231 Der Gesetzgeber muss demnach bei der Gestaltung der Besoldung eine familienrechtliche Komponente berücksichtigen: die Pflicht des Beamten für seine Kinder finanziell zu sorgen. Anders als im Fall des Konfliktes zwischen dem Alimentations- und Fürsorgeprinzip, geht es hier um eine Abstimmung der Besoldung mit familienrechtlichen Elementen. Dabei stehen sich nicht Grundsätze gegenüber, die typischerweise dem Beamtenrecht entspringen. Vielmehr wird in der Kinder­zuschlag-Situation ein Ausgleich zwischen einem beamtenrechtsinternen Grundsatz (Alimentation) und einem beamtenrechtsexternen Rechtsprinzip angestrebt. Dieser Unterschied rechtfertigt die Ausgliederung der Untersuchung der Einflüsse von anderen Rechtsprinzipien auf das Alimentationsprinzip in eine separate Gruppe. Das BVerfG hat die Ähnlichkeit der beiden Konstellationen erkannt: Das Wechselspiel von Beihilfe und Alimentationsfinanzierung für die krankheitsbedingten Aufwendungen sei ein Berechnungsfaktor, den der Gesetzgeber bei der Fest­ setzung der amtsangemessenen Bezüge berücksichtigen müsse. Dies sei ebenso geboten, wie im Fall der real anfallenden Unterhaltskosten für den Bedarf der Kinder.232 Das Beihilfesystem besitzt jedoch keine verfassungsrechtliche Verankerung. Deshalb könne es  – im Unterschied zu den Kinderzuschlägen  – keinen komplementär ausgestalteten, spezifischen Alimentationsteil geben.233 Diese Folgerung scheint zunächst nicht zwingend. Denn trotz der mangelnden verfassungsrechtlichen Verankerung der Beihilfen lässt sich das System in seiner Gesamtheit 230

BVerfGE 44, 249, 267. Summer/Rometsch, ZBR 1981, 1, 16. 232 BVerfG, ZBR 2007, 416, 417. 233 BVerfG, ZBR 2007, 416, 417.

231

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

aus dem Fürsorgeprinzip herleiten. Soweit es um die Spezifität des Alimentationsanteils geht, so lässt sich dieser durch die entstandenen Krankheitskosten genau beziffern. Doch dieses Merkmal wird vom BVerfG in einem Satz verneint. Eine abweichende, gut vertretbare Ansicht hierzu findet sich in der obergerichtlichen Rechtsprechung.234 Hält man die Bezifferbarkeit für gegeben, so muss man auch feststellen, dass der Beamte für die Kostendämpfungspauschale auf Bestandteile der Besoldung zurückgreifen muss, die ihm für seinen nicht krankheitsbedingten Bedarf zur Verfügung gestellt worden sind. Folglich dürfte die dogmatische Unterscheidung danach, wofür die einzelnen Besoldungsbestandteile aufgewendet werden müssen (komplementäre Pflichterfüllung aus anderen hergebrachten Grundsätzen oder Pflichterfüllung aus anderen Rechtsprinzipien) eine nachrangige Bedeutung haben. Vordergründig wäre das Kriterium der Bezifferbarkeit des zu kürzenden Alimentationsbestandteils entscheidend. Dies wird in weiteren Teilen der Arbeit näher behandelt. i) Zweckgebundenheit als Rechtfertigungsgrund Einzugehen ist nun auf die bereits erörterte Frage ob die besondere Zweckgebundenheit der Kostendämpfungspauschale einen tragfähigen Rechtfertigungsgrund für diese Abgabe darstellt. Durch die Pauschale soll der Haushalt entlastet werden. Der darüber hinausgehende Zweck besteht darin, dass der Beamte sich an der Fürsorgepflicht des Dienstherrn beteiligt. Doch der Alimentationsdienstherr und der Fürsorgedienstherr sind grundsätzlich identisch. Sie erfüllen dem Beamten gegenüber zwar unterschiedliche Pflichten, greifen aber dabei auf die gleichen Haushaltsmittel zurück. Folglich läuft die Beteiligungspflicht des Beamten an den Fürsorgepflichten des Dienstherrn darauf hinaus, die Finanzlage des Letzteren dadurch zu entlasten. Die Zweckgebundenheit stellt hier keinen qualitativ anderen Rechtfertigungsgrund, als den einer haushaltspolitischen Sparmaßnahme dar. Würde man die Bezugnahme auf die Zweckgebundenheit zulassen, liefe dies auf ein Beteiligungsgebot des Beamten an den Pflichten des Dienstherrn hinaus. j) Grenzen für die komplementäre Beteiligungspflicht – systematischer Ansatz Da es somit außer finanzpolitischen Erwägungen keine besonderen Rechtfer­ tigungsgründe für die Kürzung der Alimentation zwecks komplementärer Betei­ ligung an der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gibt, muss nach der Grenze des Zulässigen gesucht werden. In diesem Zusammenhang muss auf die zweite vorgehend aufgeworfene Frage eingegangen werden. Diese geht dahin, ob sich aus der Folgewirkung der Kürzungspauschale bereits eine Verfassungswidrigkeit der Kos 234

OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007, 1 A 4955/05, Rn. 47 ff., DVBl. 2007, 1297.

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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tendämpfungspauschale ergibt und gegebenenfalls praxisrelevante Grenzen für eine Absenkung der Besoldung aufgezeigt werden können. Die Untersuchung der Abgabepauschale lässt möglicherweise generalisierbare Rückschlüsse zu, die für die Dogmatik des hier aufzuzeigenden Zusammenspiels des Alimentationsprinzips mit anderen hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums fruchtbar gemacht werden können. Ausgangspunkt der Überlegung ist der besondere Charakter des geltenden Kombinationsmodells aus einer besoldungsfinanzierten Eigenvorsorge des Beamten und einer krankheitskostenabhängigen Beihilfe des Dienstherrn. Im Rahmen dieses Systems verpflichtet Art. 33 Abs. 5 GG den Dienstherrn, der Besoldung, die zur Deckung des nicht krankheitsbedingten Unterhaltsbedarfs dient, einen Anteil beizufügen, mit dem der Beamte die Prämien einer beihilfeergänzenden Krankenversicherung begleichen soll. Den krankheitsbedingten Unterhaltsbedarf, der dem Beamten nach den Leistungen der mit dem Besoldungszuschlag finanzierten privaten Krankheitskostenversicherung noch verbleibt, deckt der Dienstherr durch die Beihilfe. Der noch offene Unterhaltsbedarf kann durch die entstandenen Krankheitskosten genau beziffert und so gezielt ausgeglichen werden. Hieraus ergibt sich, dass es bei idealtypischer Betrachtung keinen krankheitsbedingten Bedarf gibt, der durch Besoldung zu decken wäre. Von dieser Prämisse geht der 6.  Senat des OVG NRW in seiner Entscheidung zur Kostendämpfungspauschale aus.235 Nach Ansicht des Gerichts zerstört die Kostendämpfungspauschale die so ver­standene Deckungsgleichheit. Der Dienstherr unterlaufe damit das von sich selbst gewählte System und verletze daher das Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Letzteres stelle sich als besondere Ausprägung der beamtenrechtlichen Fürsorge- und Treuepflicht dar, die in Art. 33 Abs. 5 GG verankert ist.236 Dieser systematische Ansatz ermöglicht die Feststellung einer Verletzung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums durch die Pauschale, ohne dass es hierzu einer näheren Auseinandersetzung mit dem Alimentationsprinzip bedürfte. Dabei ist insbesondere vorteilhaft, dass keine Auseinandersetzung mit dem Kernbereich des Alimentationsgrundsatzes erfolgen muss und so die betragsmäßigen Grenzen einer Absenkung nicht ermittelt werden müssen. Abgestellt wird vordergründig auf das widersprüchliche Verhalten des Dienstherrn, der durch die Kostendämpfungspauschale eigenen Vorentscheidungen zuwiderhandelt. k) Würdigung der neuesten Ansätze des BVerfG und des BVerwG Dem Ansatz des OVG NRW erteilt das BVerfG in seiner Entscheidung zur Kostendämpfungspauschale eine Absage. Das Gericht geht davon aus, dass sich das System von Beihilfeleistung und der Alimentationsgrundsatz in einem Ergän 235

OVG NRW, Urteil vom 18.7.2007 – 6 A 3535/06, Rn. 26 f., DÖD 2007, 230. OVG NRW, Urteil vom 18.7.2007 – 6 A 3535/06, Rn. 27, DÖD 2007, 230 unter Bezugnahme auf: BVerfGE 3, 58; BVerwG, ZBR 1987, 399.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

zungsverhältnis zueinander befinden. Jede Minderung der Beihilfeleistungen kann demnach zu einer Absenkung des Standards führen, den sich der Beamte tatsächlich aus seinen Bezügen leisten kann. Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das oben erörterte Urteil des OVG NRW nimmt das BVerfG sodann an, dass allein aus dieser Folgewirkung die Verfassungswidrigkeit der Bestimmung nicht abgeleitet werden könne.237 Das OVG NRW geht jedoch nicht primär von der Folgewirkung der Pauschale für das Alimentationsprinzip aus. Vielmehr stellt es maßgeblich auf das widersprüchliche Verhalten des Dienstherrn ab. Insoweit kann sich das OVG NRW hier missverstanden fühlen. Das BVerfG analysiert die Wirkungen der Pauschale ausschließlich aus der Perspektive des Alimentationsprinzips. Der systematische Ansatz des 6. Senats des OVG NRW baut auf einer älteren Rechtsprechung des BVerwG auf.238 Die einschlägige Entscheidung betraf eine bremische Landesregelung, die eine Anrechnung der allein mit zusätzlichen eigenen Mitteln – über die zumutbare Eigenbelastung hinaus – finanzierten Leistungen einer privaten Krankenversicherung auf die einem Beamten zustehende Beihilfe vorsah. Das BVerwG hat damals festgestellt, dass sich der Dienstherr durch diese Praxis einen Teil der Leistungen, die er als Alimentation schuldet, bei der Beihilfe wieder anrechnet. Dies wiederum widerspräche ihrem die Alimentation ergänzenden Charakter.239 Diese mittelbare Einwirkung auf die verfassungsrechtlich geschützte Alimentation reichte aus, um einen Widerspruch der Regelung mit dem Zusammenhang der Beihilfe mit den Dienstbezügen festzustellen. Der 6. Senat des OVG NRW präzisiert diesen Ansatz für die Konstellation der Kostendämpfungspauschale dahingehend, dass es Teile der Besoldung ausmacht, die dem Beamten für seinen nicht krankheitsbedingten Bedarf zur Verfügung stehen. Das erwähnte Verbot des widersprüchlichen Verhaltens als besondere Ausprägung der beamtenrechtlichen Fürsorge- und Treuepflicht, welches vom OVG NRW herangezogen wird, ist auch in der Judikatur des BVerfG anerkannt. Die Treuepflicht des Dienstherrn dem Beamten gegenüber bindet auch den Gesetzgeber. Diesen Aspekt hat das BVerfG mehrmals, zuletzt im Rahmen der zweiten Kinderzuschlagentscheidung erörtert.240 In seiner neuesten Entscheidung zur Kostendämpfungspauschale241 entwickelt das BVerwG den systematischen Ansatz nicht weiter und folgt auch nicht dem 6. Senat des OVG NRW. Vielmehr lehnt es sich an die Entscheidung des BVerfG an und geht zunächst davon aus, dass die Beamten nicht darauf vertrauen könnten, dass ihnen diejenigen Krankheitskosten, die nicht durch die Leistungen einer Krankenversicherung gedeckt werden, stets ohne Abstriche im Wege der Beihilfe erstattet werden. Aus der Fürsorgepflicht folgten keine Ansprüche auf vollstän 237

BVerfG, ZBR 2007, 416. BVerwGE 77, 331. 239 BVerwGE 77, 331, 335. 240 BVerfGE 3, 58; 81, 363; dazu auch: Summer, ZBR 1990, 300, 300. 241 BVerwGE 131, 20.

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X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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dige Kostendeckung. Sie verlange lediglich, dass Beamte im Krankheitsfall nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleiben, die sie weder aus der Besoldung bestreiten noch durch zumutbare Eigenvorsorge absichern können. Pauschalierte Eigenbeteiligungen an den Krankheitskosten wirkten sich als Besoldungskürzungen aus. Eine Verletzung des Kernbereichs des Alimentationsprinzips wird jedoch nicht festgestellt.242 Die bisherigen Untersuchungen haben gezeigt, dass die Einwirkungen von anderen hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums auf das Alimentationsprinzip einer gesonderten Behandlung bedürfen. Am Beispiel des Verhältnisses zum Leistungsprinzip wurde deutlich, dass diese Konfliktlagen jedenfalls nicht nur von der Perspektive des Alimentationsprinzips betrachtet werden können. Denn nur eine Gesamtbetrachtung eröffnet den Weg für die Heranziehung von besonderen Rechtfertigungsgründen und verdeutlicht deren Notwendigkeit. Die Schnittpunkte zwischen den Prinzipien können in einer verfestigten Konkordanzposition aufgehen, obwohl dies nicht allgemein für alle Verhältnisse angenommen werden kann. Diese dogmatische Besonderheit wird vernachlässigt, soweit man das Verhältnis des Alimentationsprinzips zu einem anderen hergebrachten Grundsatz ausschließlich aus der Perspektive des ersteren betrachtet. Auch der Fall der Kostendämpfungspauschale deckt einen besonderen Zusammenhang zwischen Alimentations- und Fürsorgegrundsatz auf. Die Abgabe führt zu einer Anrechnung eines Teils der Leistungen des Dienstherrn bei der Beihilfe, die er als Alimentation schuldet. Obwohl das Beihilfesystem nicht zu einer vollumfänglichen Erstattungsgarantie führt, so werden dadurch bereits verbürgte Leistungen um die Pauschale verkürzt. Damit wird der Beamte dazu gezwungen, auf Bestandteile der Besoldung zuzugreifen, die der Dienstherr ihm für seinen nicht krankheitsbedingten Bedarf zur Verfügung stellt. Bei den Kindergeld-Entscheidungen war dies einer der tragenden Gründe für die Feststellung der Verletzung des Alimentationsprinzips. Allerdings betrafen die zusätzlichen Belastungen in den Kinderzuschlag-Fällen nur einen Teil der Beamten. Darin sieht das BVerfG einen entscheidenden Unterschied zum System der Beihilfen. Hier werden die Lasten unterschiedslos von allen Beamten getragen. Entscheidend dürfte jedoch in diesem Fall das Argument sein, dass der Beamte keine Bestandsgarantie hinsichtlich seiner Besoldung hat. Modifizierungen der Besoldungshöhe müssen hingenommen werden, denn der Gesetzgeber verfügt hier über einen Gestaltungsspielraum. Eine letzte Grenze bietet hier der Kernbereich des Alimentationsprinzips. Der systematische Ansatz sei deshalb lediglich im Rahmen einer theoretischen Alternative dargestellt. Die Anwendung dieses Maßstabs würde sich dahingehend auswirken, dass anderweitige Beiträge, die durch den Beamten zu entrichten wären, quasi automatisch mit einer Verletzung des Alimentationsprinzips einhergehen würden. Bereits die Annahme einer nicht gerechtfertigten komplementären Beteiligungspflicht des Beamten an der Fürsorge des Dienstherrn hätte gereicht, 242

BVerwGE 131, 20.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

um eine Verfassungswidrigkeit derselben anzunehmen. Jedenfalls könnte die Wahl dieser Betrachtung den Fürsorgedienstherrn dazu auffordern, besondere Rechtfertigungsgründe zu nennen, um die Notwendigkeit der Pauschale zu begründen. Es ist fraglich, ob dies im Bereich des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers notwendig ist. Der systematische Ansatz wäre andererseits für die Auflösung des Spannungsverhältnisses zwischen zwei hergebrachten Grundsätzen geeignet. Das spezifische Verhältnis, in dem sich das Alimentationsprinzip und eine Ausprägung des Fürsorgegrundsatzes hier befinden, könnte auf diese Weise besser zur Geltung gebracht werden. l) Beitragsfreiheit als Schranke der Absenkung der Alimentation? Sofern die Kostendämpfungspauschale im Sinne einer Verkürzung der Alimentation verstanden wird, so könnte der Gedanke der Beitragsfreiheit der Alimentation im Sinne einer Schranke für die Absenkung ausgelegt werden. Das Prinzip wird im Bereich der Versorgung angeführt und es ist umstritten, ob es sich hierbei um einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums i. S. des Art.  33 Abs. 5 GG handelt.243 Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass das Wesensmerkmal der Alimentation die Eigenerbringung der Leistung durch den Dienstherrn ist. Besoldung und Versorgung müssen vom Dienstherrn selbst und unmittelbar erbracht werden. Daher dürfe insbesondere die Versorgung nicht einer Einrichtung mit eigener Rechtspersönlichkeit übertragen werden.244 Die Befürworter des hergebrachten Grundsatzes argumentieren, dass die Beamtenversorgung seit über 120 Jahren – seit der Abschaffung der Pensionskassen in Preußen 1872 – beitragsfrei ausgestaltet sei und dies den Anforderungen des BVerfG genüge, die es an einen traditionsbildenden Zeitraum stellt. Auch das BVerwG hat in diesem Sinne die Beitragsfreiheit der Versorgung als einen hergebrachten Grundsatz bejaht.245 Das BVerfG hat in einer jüngsten Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der Versorgungsrücklage die Frage der Hergebrachtheit dieses Grundsatzes zwar offen gelassen.246 Es hat jedoch mit der Heranziehung des Kriteriums des Kern­ bereichs der Alimentation der soeben dargestellten Diskussion die Grundlage entzogen.247 Insoweit gilt nunmehr allein: Solange die amtsangemessene Versorgung garantiert ist, ist es verfassungsrechtlich völlig irrelevant, ob die Beamten einen offenen oder einen versteckten Eigenbeitrag leisten müssen.248 Es ist fraglich, ob 243

Bejahend: Merten, NVwZ 1999, 809, 814; ders., in: FS Blümel, S.  325, 353; ders., ZBR 1996, 353, 376; Lecheler/Determann, ZBR 1998, 1, 3; Meier, NVwZ 1998, 1246, 1249; v. Zezwitsch, ZBR 1998, 115; ablehnend: Battis/Kersten, NVwZ 2000, 1337, 1339; Ruland, NVwZ 1995, 417, 423; offen gelassen vom BVerfG, ZBR 2007, 411. 244 Merten, NVwZ 1999, 809, 814. 245 BVerwGE 54, 177, 181. 246 BVerfG, ZBR 2007, 411. 247 BVerfG, ZBR 2007, 411, 414. 248 So bereits: Battis/Kersten, NVwZ 2000, 1337, 1339.

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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dieser Grundsatz auch für die Konstellation gilt, in der die Eigenbeteiligung nicht als Erfüllung der Alimentationspflicht des Dienstherrn, sondern der Fürsorgepflicht desselben ausgelegt würde. Jedenfalls ließe sich hierfür nicht das Argument des Gerichts aus der Entscheidung zur Versorgungsrücklage anführen, wonach die Rücklage nicht aus dem Vermögen der Besoldungs- und Versorgungsempfänger stammen.249 Vielmehr wird durch die Kostendämpfungspauschale ein Teil der Besoldung in Anspruch genommen, der dem Beamten bereits zugeflossen ist. Allerdings wäre in Fortführung der Logik des BVerfG auch bei der komplementären Beteiligungspflicht des Beamten an anderen Verpflichtungen des Dienstherrn lediglich der Maßstab des Kernbereichs des Alimentationsprinzips zugrunde zu legen. Dies wohl auch dann, wenn, wie im Falle der Kostendämpfungspauschale, das Ver­mögen des Beamten tangiert wird. Jedenfalls ist eine andere Herangehensweise aus der Entscheidung zur Versorgungsrücklage nicht ersichtlich. Aus dem Gedanken der Beitragsfreiheit lässt sich für die vorgeschlagene systematische Bewertung der hier erörterten Kürzungsform nichts ableiten. Dies erst recht nicht, wenn die Beitragsfreiheit nicht zum Kreis der hergebrachten Grundsätze gehört. m) Alternativer Ansatz: Verfahrensrechtliche Dimension der Überprüfung Als Reaktion auf das Urteil des BVerfG zur Kostendämpfungspauschale hat das OVG NRW einen neuen Ansatz für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit einer pauschalen Praxisgebühr entwickelt.250 Die dort ausgearbeiteten Maßstäbe lassen sich möglicherweise für andere Kürzungen fruchtbar machen. Ausgangpunkt dieser Konzeption ist die Annahme, dass die in der Rechtsprechung herrschende Betrachtungsweise,251 die vorrangig die einzelne Leistungsminderung in den Blick nimmt und deren Auswirkung auf die Amtsangemessenheit der dem Beamten gewährten Alimentation jeweils isoliert untersucht, unter den bekannten Rahmenbedingungen der Alimentation einerseits und der Beihilfebemessung andererseits schon im Ansatz zu kurz greife. Das Gericht nimmt zunächst Bezug auf seine früheren Entscheidungen, in denen eine fortlaufende und zunehmend regressive Ent 249 Das Gericht argumentiert, dass die Empfänger der Leistungen zu keinem Zeitpunkt einen gesetzes- oder gar verfassungskräftig verfestigten Anspruch auf Auszahlung einer unverminderten Besoldungs- und Versorgungsanpassung entsprechend den Tarifergebnissen für die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst hatten. – BVerfG, ZBR 2007, 411, 414. 250 OVG NRW, Urteil vom 12.11.2007 – 1 A 955/06. 251 BVerwG, Beschluss vom 19.7.2007 – 2 B 56.07 –, juris; OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 15.3.2007 – 4 B 31.05 –, juris; BayVGH, Beschluss vom 12.10.2005 – 14 ZB 05.1819 –, juris; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 23.9.2005 – 10 A 10534/05 –, NVwZ 2006, 954; VG Hamburg, Urteil vom 24.3.2006 – 8 K 5654/04 –, juris; VG Neustadt, Urteil vom 13.3.2006 – 3 K 954/05.NW –, NVwZ 2006, 1204; VG München, Urteil vom 20.9.2005 – M 5 K 05.73 –, juris; VG Osnabrück, Urteil vom 22.6.2005 – 3 A 216/04 –, juris; VG Frankfurt/Main, Urteil vom 25.4.2005 – 9 E 5765/04 –, juris; VG Augsburg, Urteil vom 26.1.2005 – Au 7 K 04.1487 u. a. –, juris; VG Saarlouis, Urteil vom 11.1.2005 – 3 K 174/04 –, juris.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

wicklung der Bezüge bei einer progressiven Entwicklung der Leistungsminderung der Beihilfe festgestellt worden ist.252 Eine Einzelbetrachtung und Quantifizierung der Einschnitte ist jedoch für den neuen Ansatz unter den gegebenen Umständen nicht geboten.253 Denn die Konsequenzen aus der negativen Entwicklung von Alimentation und Fürsorgeleistungen seien im Wesentlichen aus dem Rechtsstaatsgebot herzuleiten. Sie laufen hinaus auf eine verfassungsrechtlich begründete Pflicht des Dienstherrn, der Kürzungen oder Einschränkungen der Beihilfe vornehmen will, sich über die Auswirkungen seiner Regelung im Gesamtgefüge von Eigenvorsorge, Beihilfe und verfügbarer Alimentation angemessen zu vergewissern. Gerade bei kleinschnittigen Einschränkungen sei es unabdingbar, die Gesamt­ belastung in den Blick zu nehmen. Fehlen  – wie bei planerischen oder sonst ziel­orientierten Regelungen  – materielle Standards gültiger und objektiv nachvollziehbarer Ableitung, so gewinne der Gesichtspunkt des Grundrechtsschutzes „durch Verfahren“ zugunsten der von einer Reglung Betroffenen an Bedeutung, hier zum Schutz der grundrechtsähnlichen Rechte aus Art. 33 Abs. 5 GG.254 Mit dem Urteil des OVG NRW wird eine neue Dimension des Schutzes des Alimentationsprinzips eröffnet. Bislang wurden die Begründungen des Gesetz- oder Vorschriftengebers für Kürzungen oder Änderungen im Gestaltungsspielraum des Alimentationsgrundsatzes nur auf der Ebene der Rechtfertigung erörtert. Dass ein Mangel dieser Erwägungen sich zu der Verletzung einer verfassungsrechtlich verbürgten Pflicht verdichten kann, war bisher nicht Gegenstand einer selbständigen rechtlichen Analyse. Dabei lassen sich Anhaltspunkte für die Ableitung einer derartigen Pflicht in der jüngsten Rechtsprechung des BVerfG finden. So verbindet das Gericht die Vorsorge des Dienstherrn im Rahmen der Beihilfe mit einer besonderen Pflicht, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie auch bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen nicht gefährdet wird.255 Diese Gefahrtragungspflicht wird vom BVerfG in materieller Hinsicht interpretiert und definiert. Das OVG NRW erörtert den verfahrensrechtlichen Aspekt 252 OVG NRW, Urteil vom 18.7.2007; vom 10.9.2007 – 1 A 4955/05 –, DVBl. 2007, 1297; vom 15.10.2007 – 1 A 2896/06; 253 „Andernfalls könnte das isolierte gerichtliche Argumentieren mit dem (materiellrecht­ lichen) Wesenskern der Fürsorgepflicht unter Hinweis auf die Notwendigkeit wesentlicher Alimentationsminderungen für Normgeber nahezu als Aufforderung missverstanden werden, eine „Salamitaktik“ zu verfolgen, mit der – wie in der Vergangenheit geschehen – in kleinen Schritten Beihilfeempfängern sich fortwährend vermehrende Belastungen auferlegt werden, ohne dass bei der einzelnen Kürzung die Gefährdung der Amtsangemessenheit der Alimentation greifbar gemacht werden konnte.“ – OVG NRW, Urteil vom 12.11.2007 – 1 A 955/06. 254 „Der Dienstherr sei dann vor Reduzierungen von Beihilfeleistungen rechtlich gehalten, die Rahmenbedingungen seiner Fürsorge, zu denen insbesondere auch die gewährte Alimen­ tation gehört, in den Blick zu nehmen und die Umstände und Auswirkungen der von ihm geplanten Regelung – auch aus Bereichen anderer Leistungsträger – umso intensiver zu ermitteln und zu bewerten, je mehr sich die Randbedingungen der Beihilfe verschärfen.“ – OVG NRW, Urteil vom 12.11.2007 – 1 A 955/06. 255 BVerfG, 2 BvR 1715/03 vom 2.10.2007, Rn. 24 unter Bezugnahme auf BVerfGE 83, 89, 99; 106, 225, 232.

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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derselben und ergänzt damit das Schutzspektrum der verfassungsrechtlichen Beamtengrundsätze. Nach seiner Ansicht gibt es keinen nachvollziehbaren Grund für die vom BVerfG getroffene Unterscheidung zwischen alimentierendem und fürsorgegebendem Dienstherrn, was in Zusammenhang mit dem systematischen Ansatz der Beurteilung von Kostendämpfungspauschalen bereits erörtert worden ist. Kriterien des systematischen Ansatzes klingen in der Entscheidung ohnehin an: Das Gericht geht von einem verfassungsrechtlich bedeutsamen Verstoß gegen die Treue- und Fürsorgepflicht des Dienstherrn aus, wenn dieser Absenkungen auf der Beihilfeseite einseitig, d. h. ohne Ausgleich auf der Alimentationsseite vornehmen würde und dabei klar wäre, dass die Beamten aktuell und generell bereits am Rande des Amtsangemessenen der Alimentation gehalten werden. Die verfahrensrechtlichen Pflichten des Dienstherrn gehen dahin, „… vor dem Ergreifen einschlägiger Restriktionen deren potentielle Auswirkungen auf die Amtsangemessenheit der Alimentation sachbezogen zu ermitteln und diese Auswirkungen mit den öffentlichen Belangen abwägend zu gewichten, die – offen benannt  – mit den weitergehenden finanziellen Restriktionen verfolgt werden.“256 Ein Verstoß gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums wird damit bereits durch Verletzung der Abwägungs- und Begründungspflichten möglich. Der Ansatz bestätigt die Tendenz, einen Weg für die Bejahung eines verfassungsrelevanten Verstoßes zu finden, ohne dabei auf die komplexen Berechnungen der Besoldung eingehen zu müssen. Die Konstitutionalisierung der soeben dargestellten Pflichten könnte auch dazu beitragen, dass der Dienstherr präzise Kalkula­tionen im Vorfeld einer Änderung anstellt. Ausschlaggebend für die Bejahung eines Verstoßes gegen den vom OVG NRW aufgestellten verfahrensrechtlichen Aspekt des Alimentationsprinzips ist die Feststellung, ob eine Gefahr für die Amtsangemessenheit besteht. Die Ermittlungen und Bewertungen des Dienstherrn sollen umso intensiver sein, je mehr sich die Randbedingungen der einschneidenden Maßnahme  – im Fall war es eine Kürzung der Beihilfe – verschärfen.257 Das Gericht bejaht den Gefahrentatbestand unter Heranziehung seiner Urteile, in denen der Senat festgestellt hatte, dass sich die Beamtenbesoldung im einschlägigen Zeitraum am Rande des Amtsangemessenen bewegt. Diese besondere Lage erwägt das Gericht bereits vor der Prüfung der Kürzungsmaßnahme. Damit führt es eine zusätzliche Voraussetzung für die Feststellung eines Verstoßes gegen das Alimentationsprinzip ein. Ob sich diese zur Bedingung der Verfassungswidrigkeit jeder Kürzungsmaßnahme abstrahieren lässt, muss im Einzelnen noch ermittelt werden. Weitergehender Untersuchung be­dürfen auch die Kriterien, anhand derer eine derartige Gefahrenlage festgestellt werden kann.

256

OVG NRW, Urteil vom 12.11.2007 – 1 A 955/06. OVG NRW, Urteil vom 12.11.2007 – 1 A 955/06.

257

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

n) Die Entscheidung des BVerfG zu den Führungspositionen auf Zeit Weitere Rückschlüsse für das Alimentationsprinzip sowie Anlässe für eine perspektivische Betrachtung der dargestellten dogmatischen Konstruktion könnten sich aus der Entscheidung des BVerfG zu Führungspositionen auf Zeit ergeben.258 Hierbei ging es ebenfalls um einen Konfliktfall, der sich allerdings ohne Beteiligung des Alimentationsprinzips realisierte. Vielmehr ging es um eine Kollision zwischen dem Lebenszeitprinzip und dem Leistungsgrundsatz. Auch wenn das Urteil unmittelbar keine Maßstäbe für die Höhe der Besoldung liefern kann, so könnten sich aus einer zusammenhängenden Betrachtung dennoch wichtige und ver­ allgemeinerungsfähige Folgerungen ergeben. o) Der Beschluss Die Entscheidung betraf die Regelung des § 25  b LBG Nordrhein-Westfalen, wonach seit dem 1.  Januar 2004 in Gemeinden und Gemeindeverbänden Führungsfunktionen auf Zeit für die „Ämter der Leiter von Organisationseinheiten, die dem Hauptverwaltungsbeamten oder einem anderen Wahlbeamten oder diesem in der Führungsfunktion vergleichbaren Beschäftigten unmittelbar unterstehen“ übertragen werden durften. Das Beamtenverhältnis war ein Doppelbeamtenverhältnis, wobei das auf Lebenszeit ruhte, aber fortbestand. Zusätzlich wurde ein Beamtenverhältnis auf Zeit begründet, aus dem auch die Besoldung erfolgte. Man durfte zwei Amtszeiten bilden, wobei eine Amtszeit fünf Jahre dauerte. Mit Ende der ersten Amtszeit war es ausgeschlossen, dem Beamten das Amt auf Dauer im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu vergeben. Mit Ablauf der zweiten Amtszeit sollte es ihm auf Dauer im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übertragen werden. Das Beamtenverhältnis endete dann automatisch und der Beamte fiel bei Nichtbewährung in das frühere Lebenszeitbeamtenverhältnis zurück. Das BVerfG hat die Regelung des § 25 b LBG NRW für nichtig erklärt. Ausschlaggebend sei ein Verstoß gegen den Kernbereich des Lebenszeitprinzips. Über einen Zeitraum von zehn Jahren, der in der Laufbahngruppe des höheren Dienstes in der Regel etwa ein Viertel bis ein Drittel der gesamten Dienstzeit des Beamten ausmache, fehle dem Beamten die rechtliche Sicherheit, die ihm die für seine Amtsausübung erforderliche Unabhängigkeit geben solle. Er müsse ständig befürchten, in sein vorheriges Amt zurückgesetzt zu werden, mit allen damit verbundenen Nachteilen bei Gehalt und Versorgung sowie einem Ansehensverlust bei Kollegen, Untergebenen und in der Öffentlichkeit. Eine derartige Maßnahme erlaube sonst allein das Disziplinarrecht. Die Zurückstufung in ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt stelle dabei die zweitschärfste Sanktion nach der Entfernung aus dem Beamtenverhält-

258

BVerfG, ZBR 2008, 310.

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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nis dar. Die dadurch erfolgte Durchbrechung des Lebenszeitprinzips könne nach Ansicht des BVerfG auch nicht gerechtfertigt werden. Insbesondere sei dies weder durch eine Bezugnahme auf den Leistungsgrundsatz noch durch das gesetzgeberische Ziel der Förderung der Mobilität und Flexibilität des Personaleinsatzes möglich. Eine Rechtfertigung finde sich auch nicht in Besonderheiten der betroffenen Führungsfunktionen. p) Bewertung und Schlussfolgerungen Erste Bewertungen der Entscheidung in der Literatur fielen vor allem vor dem Hintergrund der Klärung eines langjährigen Streits um die Verfassungsmäßigkeit der Führungspositionen auf Zeit überwiegend positiv aus.259 Allerdings wurden in rechtsdogmatischer Hinsicht Schwächen aufgezeigt, die vor allem den Umgang des Gerichts mit dem Verhältnis des Lebenszeitprinzips zum Leistungsgrundsatz betreffen. Die streitgegenständliche Regelung wird am Maßstab des Lebenszeitprinzips gemessen und das Leistungsprinzip fungiert dabei als möglicher Rechtfertigungsgrund. Dabei zeichnet das Gericht in nachvollziehbarer Weise die dogmatische Konstruktion der Prüfung eines Verstoßes gegen einen zu beachtenden Grundsatz des Berufsbeamtentums, den das Lebenszeitprinzip zweifelsohne darstellt. Ausgeblendet dabei bleibt die Aufzeichnung der Unterschiede zu den nur zu berücksichtigenden Grundsätzen des Berufsbeamtentums.260 Jedenfalls folgt das BVerfG bei der Verletzung des Lebenszeitprinzips dem bewährten Muster, wonach zunächst der Schutzbereich näher umschrieben wird, sodann der Eingriff und schließlich die möglichen Rechtfertigungsgründe. Auf der Eingriffsebene ist auch das erste dogmatische Problem angesiedelt: Das Gericht stellt fest, dass § 25  b LBG NRW das Lebenszeitprinzip in seinem Kernbereich verletzt. Im Rahmen der möglichen Rechtfertigung spricht das Gericht dann von einer möglichen Rechtfertigung für diese Durchbrechung. Diese Wertung steht im Widerspruch zum Umgang mit dem Kernbereich des Alimentationsgrundsatzes, bei dem keine Beeinträchtigung zulässig ist, auch nicht unter Hinzuziehung von gewichtigen Rechtfertigungsgründen. Dies könnte einerseits bedeuten, dass für das Alimentationsprinzip eine Besonderheit gilt, was vor dem Hintergrund der Natur dieses Grundsatzes auch nachvollziehbar wäre. Schließlich würde jede Verletzung des Kernbereichs der Alimentation auf eine Absenkung der Besoldungshöhe unterhalb der Mindestgrenze des Vertretbaren hinauslaufen. Eine Übertragung der hier besprochenen Eingriffs- und Rechtfertigungsmöglichkeit bezogen auf den Kernbereich dürfte bereits aus diesem Grunde unzulässig sein. Bereits dieser rechtsdogmatisch uneinheitliche Umgang des BVerfG mit den hergebrachten Grundsätzen führt zu

259

Wichmann, ZBR 2008, 289; Grigoleit, ZBR 2008, 296; Lorse, ZBR 2008, 300; Hebeler, ZBR 2008, 304. 260 Kritisch hierzu: Grigoleit, ZBR 2008, 296, 299.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

Unsicherheiten. Die gleiche Problematik offenbart sich in Zusammenhang mit dem Urteil des BVerfG zur Zwangsteilzeit, welches im Rahmen der zweiten Kollisionsebene besprochen wird. Das Urteil ist ferner ein weiterer Beleg für die Existenz von verfestigten Konkordanzpositionen. Eine Ausgleichssituation zwischen den beiden genannten Prinzipien ist bei Führungspositionen auf Probe erreicht. In diesem Fall handelt es sich um eine Übertragung des Leitungsamts auf zwei Jahre. Hierauf nimmt das Gericht ausdrücklich Bezug und es ist deshalb davon auszugehen, dass eine Suspendierung des lebenszeitigen Status auf diesen Zeitraum jedenfalls verfassungsrechtlich vertretbar ist. Hierbei tritt die Besonderheit auf, dass Streitgegenstand eine Regelung war, die eine insgesamt zehnjährige Probezeit ermöglicht hatte. Eine derart lange Zeit wird nicht benötigt, um die Geeignetheit des Beamten für eine Führungsposition festzustellen.261 Allerdings dürfte danach gefragt werden, ob nach der Entscheidung noch Spielraum für eine Verlängerung der Probezeit möglich ist. Die ersten Stimmen in der Literatur gehen davon aus, dass eine fünfjährige Probezeit verfassungsrechtlichen Bestand hätte,262 denn es dürfte von einer praktischen Erforderlichkeit einer solchen Verlängerung auszugehen sein. Darüber hinaus würde eine Ponderierung der beiden Grundsätze im Rahmen einer praktischen Konkordanz rechtsdogmatische Vorteile haben. Zunächst könnten die beiden hergebrachten Grundsätze für die Abwägung gleichberechtigt nebeneinander gestellt werden. Ferner würde dies zu einer Vereinheitlichung beim Umgang mit dem Begriff der Beeinträchtigung des Kernbereichs führen. In einer Situation, in der eine Konkordanz zwischen beiden Prinzipien erreicht werden könnte, wären die Kernbereiche dieser Prinzipien nicht beeinträchtigt worden. Nur dann, wenn im Kollisionsfall eines der Prinzipien auf unangemessene Weise zurücktreten müsste, und keine zusätzlichen Rechtfertigungsgründe greifen würden, könnte von einer Verletzung des Kernbereichs gesprochen werden. Dieser Ansatz könnte auch dazu beitragen, dass die nur zu berücksichtigenden hergebrachten Grundsätze systematisch einbe­zogen werden. Eine Verletzung eines derartigen, „schwächeren“ Grundsatzes könnte dann bejaht werden, wenn er im Rahmen einer Konfliktsituation mit einem zu beachtenden Grundsatz überhaupt nicht berücksichtigt worden wäre.

261

Wichmann, ZBR 2008, 289, 293. Wichmann, ZBR 2008, 289, 293. Als zusätzliche Voraussetzung wird dabei ein nach den fünf Jahren durchzuführendes Auswahlverfahren genannt, das nach den Grundsätzen der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG) realisiert werden solle. 262

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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q) Grenzen für die Reformen des Besoldungsgefüges durch die Länder im Rahmen der neuen Kompetenzen Im Zuge der reformierten Gesetzgebungszuständigkeiten erhielten die Länder die Kompetenz zur umfassenden Regelung der Besoldung. Dies umfasst auch eine Neugestaltung des Besoldungsgefüges. Zudem wird es möglich sein, die Zugangsvoraussetzung im Bereich des Laufbahnrechts für ein Amt neu zu regeln und diese Ämter besoldungsrechtlich neu zu bewerten. Aus dieser Kombination ergeben sich für den Landesgesetzgeber möglicherweise Spielräume für die Durchsetzung von Sparmaßnahmen. Zulässigkeit und Reichweite dieser Regelungen ergeben sich aus den hergebrachten Grundsätzen, insbesondere auch aus deren Wechselwirkungen. Aus diesem Grund wird diese Problematik im Anschluss an die erste Kolli­ sionsebene behandelt. Zunächst ermöglicht die neue Kompetenzverteilung die Schaffung eines neuen, ländereigenen Ämtergefüges. Dabei könnte bereits das Eingangsamt besoldungsrechtlich geringer bewertet werden, als im Rahmen des bislang geltenden Systems. Dieser Effekt würde sich auch bei den Beförderungsämtern fortsetzen, obwohl die Abstände zwischen den Ämtern dem besoldungsrechtlichen Abstandsgebot genügen würden. Die zweite Konstellation betrifft die Schaffung einer einheit­lichen Laufbahn, verbunden mit einer Egalisierung der Zugangsvoraussetzungen. Be­ soldungsrechtlich wäre das Amt zunächst einheitlich zu behandeln, ohne dass es einen Unterschied machen würde, in welchem Bereich der Beamte eingesetzt wäre, also ohne Rücksicht auf die konkrete Funktion oder die ausgeübte Tätigkeit. So ist es beispielsweise denkbar, die Laufbahn der Lehrer zu vereinheitlichen, ohne Differenzierung zwischen Grund-, Haupt-, Real- oder Gymnasiallehrern. Schließlich dürfte ein weiterer Aspekt wichtig sein. Er betrifft die Folgerichtigkeit der Bewertung von Ämtern nach der Reform. Denn es ist denkbar, dass die Ämter nach den Reformen in den einzelnen Ländern eine Neubewertung erfahren, die von der ursprünglichen Einstufung abweicht. Fraglich ist, ob ein Instrument existiert, der zumindest eine Anknüpfung an die Lage aus der Zeit vor der Reform gebietet.

aa) Besoldungsrechtliche Herabstufung des gesamten Ämtergefüges Eine Neuordnung und Neubewertung des gesamten Ämtergefüges ist vor dem Hintergrund der Föderalismusreform 2006 möglich. Insofern ergeben sich für die Länder Spielräume für eventuelle Sparmaßnahmen. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass sich dabei aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums Schranken für eine solche Reform ergeben. Hierbei spielen das Alimentations- und das Leistungsprinzip die prominenteste Rolle. Aus dem ersteren ergibt sich zunächst eine Mindestgrenze für die Besoldung des niedrigsten Amtes in der neuen

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

Ordnung.263 Für die Gestaltung des gesamten Besoldungsgefüges wird dann das Abstandsgebot von großer Bedeutung sein.264 Die Existenz dieses Grundsatzes kann dabei als Ergebnis einer wechselseitigen Abhängigkeit zwischen dem Alimentations- und dem Leistungsgrundsatz verstanden werden. Die Bemessung der Abstände bedarf einer Einzelfallbetrachtung. Bei der Gestaltung des Besoldungsgefüges dürften besoldungsexterne Maßstäbe entscheidend sein, die die wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb des Landes wiedergeben, allen voran die Bewertung der Tätigkeit im öffentlichen Dienst im Rahmen von Tarifverträgen. Hier wird deutlich, dass die externen Vergleiche von zunehmender Bedeutung für die Gestaltung der Besoldung sein werden. Die hergebrachten Grundsätze stellen daher auch für eine Neuordnung des Besoldungsgefüges eine geeignete und durchsetzbare Sicherheitsschranke. bb) Laufbahnrechtliche Egalisierung und besoldungsrechtliche Gleichbewertung Die zweite Konstellation stellt sich weitaus komplizierter dar. Die Schaffung einer einheitlichen Laufbahn scheint zunächst vertretbar. Die Verbindung mit einem einheitlichen Eingangsamt begegnet auch in besoldungsrechtlicher Hinsicht keinen Bedenken. Dies ergibt sich daraus, dass bei der Bestimmung der Besoldung für das Amt die individuelle „Leistung“, verstanden als Menge und Güte der „am Arbeitsplatz“ ausgeübten Tätigkeit, kein geeignetes Kriterium ist. Eine solche Verknüpfung ist bereits im Hinblick auf die kaum lösbare Problematik der Quantifizierung der Leistung nicht möglich. Andernfalls wäre auch nicht die zentrale „Leistung“ des Beamten Bezugspunkt, sondern deren sekundäre Merkmale, also die Umstände („was der Beamte mit seiner Leistung macht“). Folglich kann der Maßstab der Besoldung hier nicht eine erbrachte, sondern die vom Aufgabenniveau, welches das Amt umreißt, typischerweise geforderte Leistung sein.265 Anknüpfungspunkt für die Höhe der Besoldung ist somit das Amt im statusrechtlichen Sinne.266 Dies widerspricht auch nicht den Ansätzen der sog. Leistungsbesoldung, deren Elemente eben nicht bei der besoldungsrechtlichen Konkretisierung des Amtes berücksichtigt werden, sondern gerade hiervon abgekoppelt sind und auf die persönliche Leistung abstellen. Während die besoldungsrechtliche Grund­definition des Amtes auf dem besagten Kriterium der „typischerweise geforderten Leistung“ ausgerichtet ist, soll die Leistungsbesoldung die darüber hinausgehenden Merkmale der persönlichen Leistung besoldungsrechtlich würdigen. Auch im Bereich der besoldungsrechtlichen Definition des Amtes 263

Zu den Kriterien im Einzelnen vgl. Abschnitt C. X.3. Hierzu vgl. C. V.1. 265 Fürst/Loschelder, ZBR 1983, 1, 6. 266 BVerfGE 56, 146, 164; zum Begriff des Amtes und seiner Funktion: Summer, in: FS Knöpfle, S. 369 ff. 264

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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muss sowohl das Alimentations- als auch das Leistungsprinzip Berücksichtigung finden. Diese Ausführungen betreffen jedoch die Ausgestaltung des Eingangsamtes und besagen noch nichts über die Rechtmäßigkeit der Einordnung eines konkreten Dienstpostens zu diesem Amt. Folglich handelt es sich hier gewissermaßen um die tatbestandliche Ausgestaltung des Amtes im besoldungsrechtlichen Sinne. Ist der Maßstab im Sinne eines Mindeststandards ausgelegt, so ist die Reichweite des besoldungsrechtlichen Amtes entsprechend groß. Fraglich ist deshalb, ob ein Instrument existiert, welches die Überprüfung der rechtlichen Zuordnung eines konkreten Dienstpostens zu einem besoldungsrechtlichen Amt ermöglicht. Es müsste sich dabei um ein gleichheitsrechtlich geprägtes Mittel handeln, welches sehr konkret auf den Vergleich aller Umstände der Leistung der Dienstposten eines Amtes (und einer Laufbahn) abstellen würde. Dieses findet sich in der früheren Rechtsprechung des BVerfG: Das Gericht hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 1961 einen hergebrachten „Grundsatz der Besoldungsgleichheit für gleiche und vergleichbare Dienstposten“ abgeleitet.267 Der Grundsatz ist im Schrifttum nicht näher behandelt worden, doch dürfte seine Bedeutung nach der Föderalismusreform steigen. Danach soll für gleiche und vergleichbare Dienstposten derselben Laufbahn im Hinblick auf die vom Träger des öffent­ lichen Amtes geforderte gleiche Tätigkeit, gleiche Leistung, gleiche Verantwortung und gleiche Arbeitslast gleiche (und zwar eine der Bedeutung von Leistung und Verantwortung entsprechende)  Besoldung gewährt werden. In der zitierten Entscheidung verglich das BVerfG die Dienstposten der Richter der Oberlandesgerichte und der Oberverwaltungsgerichte. Gründe für eine ungleiche Besoldung hat das Gericht in der Sache nicht ermitteln können. Unter Zugrundelegung der im Rahmen des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes geltenden Auslegung muss der Grundsatz im Umkehrschluss dahingehend verstanden werden, dass Dienstposten, die unter den vom Gericht hervorgehobenen Aspekten nicht vergleichbar sind, auch unterschiedlich besoldet werden müssen. Dies muss auch dann gelten, wenn es sich um Dienstposten derselben Laufbahn handelt. Im Einzelnen müsste eine Vergleichbarkeitsprüfung angestrebt werden zwischen den jeweiligen Dienstposten. Diese wäre unter Bezugnahme auf den hergebrachten Grundsatz auch durchsetzbar. Angesichts der im Rahmen des oben genannten hergebrachten Grundsatzes geltenden, detaillierten Kriterien für die Vergleichbarkeitsprüfung, ist eine pauschale Gleichstellung der Dienstposten bedenklich und wohl unzulässig. Jedenfalls müsste eine Differenzierung der Ämter erfolgen unter Zugrundelegung der unterschiedlichen Tätigkeiten. Der vom BVerfG abgeleitete hergebrachte Grundsatz der gleichen Besoldung für gleiche Tätigkeit stellt eine notwendige Ergänzung des Alimentationsprinzips und des Leistungsprinzips dar. Der Grundsatz basiert auf einer gleichheitsrechtlichen Komponente, die an Merkmale anknüpft, die für die besoldungsrechtliche Bewertung des statusrechtlichen Amtes im Rahmen des Alimentationsgrundsat 267

BVerfGE 12, 326, 334 – bereits im Zusammenhang mit dem Abstandsgebot thematisiert.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

zes und des Leistungsprinzips gerade nicht herangezogen werden können. Ausschlaggebend sind dabei die konkreten Umstände der Tätigkeit, die im Rahmen eines Dienstpostens ausgeübt werden. Es ist zu erwarten, dass, sofern das hier dargestellte Konzept umgesetzt werden sollte, dieser hergebrachte Grundsatz wieder relevant werden könnte. cc) Prinzip der Folgerichtigkeit der Neugestaltung des Ämtergefüges Die mit einer im Rahmen der beiden dargestellten Konstellationen mögliche Neubewertung der Ämter birgt die Gefahr, dass das neue Amt besoldungsrechtlich geringer eingestuft wird, als vor der Reform. Fraglich ist nun, ob insoweit ein Vergleich der neuen Ämterordnung mit der Situation aus der Zeit vor der Reform möglich ist. Dies würde dazu führen, dass der Gesetzgeber die alte Gesetzeslage jedenfalls nicht außer Acht lassen darf und sie möglicherweise sogar als bindende Vorgabe für die Neubewertung berücksichtigen muss. Zunächst ist davon auszugehen, dass eine Vergleichbarkeit der Einordnung vor und nach der Reform kaum herzustellen sein wird. Dies wird bereits im Hinblick auf die neue Kompetenzlage ausscheiden. Ferner existieren im Beamtenrecht, soweit ersichtlich, keine Vor­gaben – weder aus hergebrachten Grundsätzen, noch aus anderweitigen Prinzipien –, die es gebieten würden, zumindest eine ansatzweise Folgerichtigkeit der Reform herzustellen. Im Falle einer uneingeschränkten Loslösung hätte der Gesetzgeber allerdings die Möglichkeit einer kompletten Neubewertung der Ämter, bis hin zur Grenze der Amtsangemessenheit. In diesem Fall würde auch ein auf Grundlage des oben dargestellten hergebrachten Grundsatzes der Gleichbewertung gleichwertiger Dienstposten basierendes Vorgehen nicht den erwarteten Effekt bringen. Denn dort geht es um eine Vergleichbarkeit der konkreten Umstände der Tätigkeit innerhalb einer existierenden Laufbahn und der daraus folgenden Frage, ob diese Tätigkeit gleich zu besolden ist. Vorliegend ist fraglich, ob eine Neubewertung des Ämtergefüges ohne Beachtung der alten Lage möglich ist. Die Begründung eines entsprechenden Rücksichtnahmegebots und der einschlägigen Kriterien lässt sich möglicherweise einem Ansatz aus der Rechtsprechung des BVerfG zu Reformen im Bereich des Steuerrechts entnehmen. Die einschlägige Entscheidung betrifft die Neuregelung der sog. Pendlerpauschale.268 268 BVerfG, NJW 2009, 48. Während nach dem bis 31.12.2006 geltenden Recht Arbeitnehmer wegen der Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eine verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale von 0,30 Euro für jeden Kilometer erhielten, bestimmte die im Zuge des Steueränderungsgesetzes 2007 neu gefasste Vorschrift des § 9 II EstG sinngemäß, dass die Kosten für die ersten 20 Entfernungskilometer keine abzugsfähigen Werbungskosten sind. Die Kläger des Ausgangsverfahrens hielten diese Regelung wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG für verfassungswidrig. Das BVerfG ist mit 6:2 Stimmen zu dem gleichen Ergebnis gelangt.

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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Darin stellt das Gericht zunächst dar, dass der Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts einen weitreichenden Entscheidungsspielraum habe. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, sieht das Gericht insbesondere im Bereich des Einkommenssteuerrechts, vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot, bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umzusetzen, soweit nicht besondere sachliche Gründe eine Ausnahme rechtfertigen.269 Für die weiteren Ausführungen ist das zweite Kriterium von besonderem Gewicht, welches als Gebot der Folgerichtigkeit der Neuregelung bezeichnet werden kann. In der Entscheidung zur sog. Pendlerpauschale führt das Gericht dazu aus: „Die dem Steuergesetzgeber zustehende Gestaltungsfreiheit umfasst von Verfassungs wegen die Befugnis, neue Regeln einzuführen, ohne durch Grundsätze der Folgerichtigkeit an frühere Grundentscheidungen gebunden zu sein. Dies setzt allerdings voraus, dass wirklich ein neues Regelwerk geschaffen wird; anderenfalls ließe sich jedwede Ausnahmeregelung als (Anfang einer) Neukonzeption deklarieren. Die umfassende Gestaltungsfreiheit bei Entscheidungen für neue Regeln kann vom Gesetzgeber dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn solche neuen Regeln nach Ziel und Wirkung die Orientierung an alternativen Prinzipien nicht erkennen lassen. Einen zulässigen Systemwechsel kann es ohne ein Mindestmaß an neuer Systemorientierung nicht geben. Insbesondere dann, wenn bei im Übrigen unveränderten Grundentscheidungen eine von diesen abweichende Belastungsentscheidung lediglich in einem schmalen Teilbereich mit der Behauptung eines Systemwechsels begründet wird, bedarf es greifbarer Anhaltspunkte – etwa die Einbettung in ein nach und nach zu verwirklichendes Grundkonzept –, die die resultierende Ungleichbehandlung vor Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen können.“270

Damit hebt das Gericht einen Aspekt des Gleichheitsgrundsatzes hervor, der bislang im Rahmen des Besoldungsrechts nicht zutage getreten ist, der aber infolge der Föderalismusreform 2006 relevant werden könnte. Zunächst ist eine Vergleichbarkeit zwischen dem Steuergesetzgeber und dem Besoldungsgesetzgeber grundsätzlich gegeben. Bei den einschlägigen Reformen kann es sich auch bei der Besoldung um einen grundlegenden Systemwechsel handeln. Jedenfalls könnte der Besoldungsgesetzgeber eine Neugestaltung des Ämtergefüges als einen solchen bezeichnen. Auch verfügen beide Gesetzgeber um einen weitreichenden Ge 269 BVerfG, NJW 2009, 48 unter Bezugnahme auf BVerfGE 99, 88, 95; E 99, 280, 290; E 105, 73, 126; E 117, 1, 31. Als sachliche Gründe für die Rechtfertigung hat das BVerfG bisher vor allem Förderungs- und Lenkungszwecke (BVerfGE 117, 1, 31) sowie Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse (BVerfGE 78, 214, 227) anerkannt, während es dem rein fiskalischen Zweck staatlicher Einnahmeerhöhung die Kraft abgesprochen hat, für sich allein Ausnahmen von der folgerichtigen Umsetzung und Konkretisierung einer steuerrechtlichen Grundentscheidung zu rechtfertigen (BVerfGE 116, 164, 182). 270 BVerfG, Urteil vom 9.12.2008, Umdruck Rn. 80.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

staltungsspielraum im Rahmen ihrer Kompetenzen.271 Fraglich ist nun, ob die Schaffung eines neuen Ämtergefüges ein „wirklich neues Regelwerk“ im Sinne der zitierten Passage darstellen kann. In der Rechtsprechung zur Steuerreform fordert das BVerfG ein Mindestmaß an konzeptioneller Neuorientierung bei der neuen Regelung. Überträgt man diesen Grundsatz auf die Reform der Besoldungsordnung, so müssten die neuen Regeln nach Ziel und Wirkung die Orientierung an alternativen Prinzipien erkennen lassen. Dagegen könnte bereits eingewandt werden, dass sich der Gesetzgeber bei dieser Reform an den hergebrachten Grundsätzen der Alimentation und der Leistung orientieren muss. Insoweit ist sein Gestaltungsspielraum von vornherein eingeschränkt und alternative Prinzipien als Richtschnur gar nicht denkbar und daher auch nicht zulässig. Darin liegt wohl auch der entscheidende Unterschied zum Steuerrecht: Dort können die neuen Prinzipien für die Neuregelung im Verhältnis der Alternativität zu den ursprünglichen stehen. Wenn die neue Regelung an alten Grundentscheidungen festhält, dann müssen sachliche Gründe für die Ab­ weichung vorliegen. Vor diesem Hintergrund ist zunächst festzuhalten, dass die Schaffung eines neuen Regelwerks angesichts der Anbindung des Gesetzgebers an die hergebrachten Grundsätze nicht möglich ist. Für den Fall einer teilweisen Neuregulierung des Steuerrechts, also gerade nicht eines grundlegenden Systemwechsels, sieht die Rechtsprechung des BVerfG die Möglichkeit einer Rechtfertigung durch sachliche Gründe vor. Ein solcher Grund ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn die Reform allein fiskalisch motiviert ist.272 An diesem Kriterium dürften auch jene Neubewertungen im Rahmen eines neuen Ämtergefüges scheitern, die allein im Zuge einer Sparmaßnahme geringer eingestuft worden sind. Jedenfalls wird der Gesetzgeber gehalten sein, die Neubewertung mit sachlichen Gründen zu rechtfertigen. Der Spielraum hierfür dürfte sehr gering sein, zumal die Neuregelung des Ämtergefüges vorwiegend aus fiskalischen Motiven erfolgen wird. Eine entsprechende Anwendung der dargestellten Rechtsprechung auf besoldungsrechtliche Reformen wäre somit möglich. Im Ergebnis würde eine Neu­ gestaltung des Ämtergefüges nicht mit einem grundlegenden Systemwechsel einhergehen, da der Gestaltungsspielraum des Besoldungsgesetzgebers durch die hergebrachten Grundsätze vorgeprägt ist. Eine Neubewertung wäre nur dann möglich, wenn der Gesetzgeber die Maßnahme mit einem sachlichen Grund belegen könnte, wobei fiskalische Motive von vornherein ausgeschlossen wären. 271

Für den Steuergesetzgeber vgl. BVerfGE 93, 121, 136; 117, 1, 30. Zur neuen Regelung der sog. Pendlerpauschale führte das BVerfG an: „Es handelt sich um eine verfassungsrechtlich nicht hinreichend sachlich begründete, allein fiskalisch motivierte und gestaltete, quantitativ abgegrenzte Herausnahme nur eines Teils einer bestimmten Aufwendungsart aus dem System differenzierender einkommensteuerlicher Belastung des Einkommens nach Grundregeln des objektiven und des subjektiven Nettoprinzips.“ – BVerfG, Urteil vom 9.12.2008, Umdruck Rn. 83. 272

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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Es stellt sich schließlich die Frage, ob das dargestellte Gebot einer hinreichenden Folgerichtigkeit der Reform nicht den Zielen der Föderalismusreform 2006 zuwiderläuft. Schließlich stellt es eine Ingerenz in den Gestaltungsspielraum des Besoldungsgesetzgebers dar, indem die alte Rechtslage zum Leitbild für die Reform gemacht wird. Dadurch wird die mit der Föderalismusreform 2006 intendierte Freiheit des Landesgesetzgebers beeinträchtigt. Hiergegen lässt sich jedoch einwenden, dass der Landesgesetzgeber bei der Neuausrichtung der Ämterstrukturen bereits an die Grundentscheidung, die sich aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums ergibt, gebunden ist. Das Gebot stellt insoweit lediglich eine zusätzliche Verpflichtung für den Gesetzgeber dar, einen tragfähigen Grund für die neuen Regelungen zu präsentieren. Dass hierbei fiskalische Gründe von vornherein ausgeschlossen werden ist nachvollziehbar und sachgerecht. Denn der Gesetzgeber soll durch die Föderalismusreform nicht die Gelegenheit erhalten, Sparmaßnahmen um jeden Preis durchzusetzen. Dies soll allenfalls dort möglich sein, wo ein weiterer sachlicher Grund gegeben ist. Ein entsprechender Sicherungsmechanismus ist im Besoldungsrecht bislang nicht vorhanden, da entsprechende Reformen nicht möglich waren. Anders im Steuerrecht: Dort ist die Notwendigkeit der Gewährleistung einer Stringenz der Reformen angesichts einer entsprechenden Kompetenzlage stets vorhanden. Angesichts der mit der Föderalismusreform 2006 gegebenen Zuständigkeiten ist das Bedürfnis eines entsprechenden Instruments auch im Besoldungsrecht präsent. Diese Vergleichbarkeit sowie eine entsprechende Regelungslücke sprechen für eine Anwendbarkeit der Grundsätze aus der erörterten Rechtsprechung im Bereich des Besoldungsrechts. dd) Zwischenergebnis Tiefgreifende Reformen des Besoldungsrechts durch die Länder sind angesichts der sich aus der neuen Kompetenzverteilung ergebenden Spielräume möglich und auch zu erwarten. Dem Landesgesetzgeber sind aber auch Schranken gesetzt, die sich zunächst aus den hergebrachten Grundsätzen des Beamtentums ergeben. Hierbei sind nicht nur das Alimentationsprinzip und der Leistungsgrundsatz maßgebend, die auf die Konstruktion des Besoldungsgefüges einen entscheidenden Einfluss haben. Der Landesgesetzgeber wird auch diejenigen Parameter berücksichtigen müssen, die sich aus „sekundären“ Grundsätzen ergeben. Diese ergeben sich entweder aus den Wechselwirkungen zwischen dem Alimentationsprinzip und dem Leistungsgrundsatz (Abstandsgebot) oder aus gleichheitsrechtlichen Erwägungen. Zu den Letzteren zählt zunächst der hergebrachte Grundsatz der gleichen Besoldung für die gleiche Tätigkeit, dessen Bedeutung nach der Föderalismusreform wohl steigen wird. Ein weiteres gleichheitsrechtlich geprägtes Kor­rektiv konnte aus der Rechtsprechung des BVerfG zum Steuerrecht abgleitet werden. Das Prinzip der Folgerichtigkeit der Neugestaltung des Ämtergefüges stellt eine notwendige Gewährleistung der Berücksichtigung der Grundentscheidungen des Gesetzgebers dar. Es garantiert eine Kontinuität der Grundsätze, ohne übermäßig in

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

die Gestaltungsspielräume des Gesetzgebers zu ingerieren. Denn es stellt darauf ab, dass ein sachlicher Grund für die Reformen gegeben ist und schließt die Heranziehung von rein fiskalischen Motiven aus. r) Zusammenfassung zur ersten Gruppe Im Rahmen der Ausführungen zu den Verhältnissen zwischen dem Alimentationsprinzip und anderen hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums wurde die Besonderheit dieser Kategorie für den Spielraum des Gesetzgebers bei der Gestaltung der Besoldung deutlich. Dabei wurde dargelegt, dass sich das Zusammenspiel zweier Grundsätze zu einer Konkordanzposition verfestigen kann. Diese dogmatische Kategorie umfasst sowohl abgeleitete Grundsätze, die als hergebracht bezeichnet werden können, als auch Konstellationen, die sich unterhalb dieser Schwelle bewegen. Jedenfalls begründet diese Verfestigung eine Notwendigkeit der Heranziehung von zusätzlichen Rechtfertigungsgründen für Eingriffe. Die Berücksichtigung von anderen hergebrachten Grundsätzen im Rahmen des Alimentationsprinzips resultiert regelmäßig in einer Kürzung der Besoldung. Die Außerachtlassung einer verfestigten Konkordanzposition ist mit dem Risiko verbunden, dass die Eingriffe nicht ausreichend gerechtfertigt werden, denn der einschlägige Rechtfertigungsgrund wird nicht beachtet. Dies hätte jedenfalls im Fall der sich aus dem Alimentations- und Leistungsgrundsatz ergebenden Wartefrist negative Folgen gehabt. Auch die Einführung der Fortentwicklungsklausel lässt keine abweichende Bewertung dieser Situation zu. Für die Fälle, in denen sich aus dem Nebeneinander von zwei hergebrachten Grundsätzen keine verfestigte Konkordanzposition ergeben hat, gilt weiterhin eine Ausgleichsoptimierung im Sinne einer praktischen Konkordanz. Hierbei könnte mit dem systematischen Ansatz eine Verletzung des Kernbereichs des Alimentationsgrundsatzes festgestellt werden, wenn eine Abgabe im Sinne einer Beteiligung des Beamten an Pflichten des Dienstherrn verstanden wird. Auch ohne die Heranziehung des Systemarguments müsste sich in dieser Situation für den Gesetzgeber jedenfalls eine besondere verfahrensrechtliche Begründungspflicht ergeben. Wenn diese nicht eingehalten sein sollte, so ist von einer unzureichenden Rechtfertigung des Eingriffs und damit von einer Beeinträchtigung des Kernbereichs auszugehen. Die Untersuchungen im Rahmen der ersten Kollisionsebene haben bereits auf dogmatische Besonderheiten hingewiesen, die bislang im Zusammenhang mit den hergebrachten Grundsätzen nicht erörtert wurden. Sie ergeben sich jedoch aus der Eigenart der Grundsätze und deren Interaktionen. Für den Kernbereich des Alimentationsgrundsatzes konnten hierbei zusätzliche Schutzdimensionen ermittelt werden, deren Existenz in der Rechtsprechung angelegt, jedoch bislang nicht näher konturiert war. Die Untersuchung hat auch gezeigt, dass der Umgang des BVerfG mit den Kernbereichen der hergebrachten Grundsätze uneinheitlich ist. Während beim Lebenszeitprinzip eine Durchbrechung des Kernbereichs einer Rechtferti-

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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gung zugänglich ist, bleibt dies beim Alimentationsprinzip ausgeschlossen. Eine konsequente Auflösung der Kollision zwischen zwei hergebrachten Grundsätzen im Rahmen einer praktischen Konkordanz würde diese Divergenzen beheben. Zudem wäre das Instrument geeignet, eine angemessene Einbeziehung der lediglich zu berücksichtigenden Grundsätze zu ermöglichen. Der Landesgesetzgeber wird insbesondere im Fall einer Neugestaltung der Besoldungsordnung mehrere Vorgaben beachten müssen. Diese ergeben sich vorwiegend aus den hergebrachten Grundsätzen, insbesondere aus dem Alimentationsgrundsatz und dem Leistungsprinzips. So müssen hinreichende Abstände zwischen den Ämtern gewährleistet sein, so dass dem Abstandsgebot genüge getan wird. Bei der Bewertung einzelner Dienstposten sind externe Vergleiche geboten, insbesondere mit anderen Tätigkeiten im öffentlichen Dienst. Ein solches Differenzierungsgebot ergibt sich im Umkehrschluss aus dem hergebrachten Grundsatz der gleichen Besoldung für gleiche Tätigkeit. Dieses Korrektiv wird nach der Föderalismusreform an Bedeutung gewinnen. Schließlich ist im Falle einer Neugestaltung des Ämtergefüges das Prinzip der Folgerichtigkeit der Reform zu beachten. Dieses schränkt den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers insoweit ein, als es einen sachlichen Grund für Abweichungen von Grundentscheidungen voraussetzt und die Heranziehung von rein fiskalischen Motiven ausschließt. 2. Zweite Kollisionsebene

Die Daseinsberechtigung der zweiten Ebene ergibt sich aus der Überlegung, dass das Alimentationsprinzip auch durch andere Verfassungsprinzipien bestimmt wird. Erste genauere Untersuchungen dieser Wechselwirkungen fanden im Rahmen der Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts Anfang der 70-er Jahre statt. Die Kommission sollte die durch das Grundgesetz bestimmten verfassungsrechtlichen Grenzen der Reform des öffentlichen Dienstrechts ermitteln. Dabei ist man von der Prämisse ausgegangen, dass die Absätze 4 und 5 des Artikels 33 GG im Zuge der Reformen nicht als unabänderlich anzusehen seien. Demnach sollte auch der Spielraum ermittelt werden, der sich bei den einzelnen Fragestellungen unter Außerachtlassung dieser Vorschriften ergeben würde. Die einschlägige Frage an die Gutachter lautete: „Welche verfassungsrechtlichen Schranken und Gebote für die Gestaltung des Dienstrechts ergeben sich aus dem Grundgesetz in den Teilbereichen des öffentlichen Dienstes, die gegenwärtig unter Art. 33 Abs. 4 und 5 GG fallen, wenn diese Bestimmungen […] geändert oder aufgehoben werden?“. Die Experten haben bei der Beantwortung dieser Frage auf die allgemeinen staatsrechtlichen Prinzipien zurückgegriffen um daraus die einschlägigen Maßstäbe abzuleiten.273 Für die folgenden Überlegungen ist die Situation 273 Aus dem Demokratieprinzip wurde die parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung für die Tätigkeit der im Bereich der vollziehenden Gewalt tätigen abgeleitet. Das Sozial­ staatsprinzip liefere die Vorgabe, dass die Besoldung und Versorgung den Mindestanforderun-

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

nach dem Wegfall der Regelung zwar nicht von wesentlicher Bedeutung. Die Ausführungen der Gutachter der Studienkommission verdeutlichen jedoch, wie weit die allgemeinen Rechtsprinzipien auf das Berufsbeamtentum einwirken. Auch das Alimentationsprinzip ist hiervon betroffen, wobei sich nach einhelliger Meinung der Experten die äußersten Grenzen für den Ermessensspielraum des Gesetzgebers bei der Gestaltung der Besoldung aus zwei Prinzipien ergeben: der Menschenwürde und dem Sozialstaatsprinzip.274 Während die Schwelle der Menschenwürde wohl nur in äußersten Fällen der Absenkung der Alimentation überschritten sein dürfte, erscheint das Sozialstaatsprinzip einige wichtige Maßstäbe für das Alimentationsprinzip zu beinhalten. Walter Schick stellt bereits in seinem Gutachten von Dezember 1971 fest, dass der soziale Aspekt der Alimentation ursprünglich, also jedenfalls vor 1971, nicht in gleichem Maße als Besonderheit gesehen wurde, wie damals. Dieser sei erst mit einem geschärften sozialen Bewusstsein der Allgemeinheit mehr in den Vordergrund getreten.275 Auf die konkrete Frage, inwieweit Familienstand und Zahl der Kinder in den Beamtenbezügen selbst zum Ausdruck kommen müssen, wurde zu diesem Zeitpunkt noch keine allgemeine Antwort gegeben. Der Grund für diese Zurückhaltung lag möglicherweise darin, dass die Rechtsprechung des BVerfG keinen Anlass dazu gab, andere Verfassungsprinzipien im Rahmen des Alimentationsprinzips zu thematisieren. Dies wiederum ist wohl darauf zurückzuführen, dass sich die sozialen Aspekte der Beamtenbesoldung erst nach einer langjährigen rechtlichen und politischen Entwicklung in den Vordergrund gestellt haben.276 Die Wende kam im Jahre 1977, als das BVerfG in der ersten Kinderzuschlagentscheidung das Sozialstaatsprinzip zur Interpretation des gen genügen müsse, die sich aus diesem Grundsatz ergeben. Aus dem Bundesstaatsprinzip folge, dass es auch weiterhin Bundesbedienstete und Landesbedienstete geben müsse. Aus dem Grundsatz der Gewaltentrennung folge, dass die Bediensteten auch weiterhin den in Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG genannten gesonderten Staatsbereichen gesondert zugeordnet bleiben müssten. Auch aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Grundsatz der Gesetzesmäßigkeit der Verwaltung ergäben sich bestimmte Pflichten (Pflicht zu parteipolitischer Neutralität im Amt, Verschwiegenheitspflicht, Pflicht zur Zurückweisung von Belohnungen und Geschenken mit Bezug auf die dienstliche Tätigkeit). Aus der Gesamtheit der in Art. 79 Abs. 3 GG für unaufhebbar und unabänderlich erklärten Prinzipien folge, dass das Dienstrecht auch nach Aufhebung der Absätze 4 und 5 des Art. 33 GG so gestaltet sein müsse, dass die Verwaltung die ihr im demokratischen und sozialen Rechtsstaat obliegenden Aufgaben zu erfüllen in der Lage ist. – S. 123. 274 Ausdrücklich Thieme, SRöD, S. 394. 275 Thieme, SRöD, S. 232. 276 Als Beispiel hierfür sei eine Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 1967 genannt, in der das Gericht zur Funktion der Mindestversorgung ausgeführt hat: „Soweit eine gesetz­liche Mindestversorgung vorgesehen ist, so soll diese, ähnlich wie die vornehmlich nach dem Fami­ lienstand gewährten besonderen Zuschläge (Kinderzuschlag, Teile des Ortszuschlags), schon zu Beginn des Beamtenverhältnisses zur Unabhängigkeit des Bediensteten im Interesse der Funktionsfähigkeit des Berufsbeamtentums beitragen. Dass mit der Wahrung dieses Interesses und der entsprechenden verfassungsrechtlichen Sicherung (Art. 33 Abs. 5 GG) zugleich dem Sozial­staatsprinzip des Art. 20 GG Genüge getan wird, ist lediglich eine Folge der insoweit übereinstimmenden Interessenlage.“ – BverfGE 21, 329, 347 f.

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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Alimentationsprinzips herangezogen hat. Dabei wurde die verfassungsrechtliche Grundlage des Alimentationsprinzips (Art. 33 Abs. 5 GG) als Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips bezeichnet.277 Das BVerfG hat zum ersten Mal einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums aus der Perspektive eines Rechtsprinzips betrachtet und somit den Weg für die Heranziehung anderer Rechtsgrundsätze im Rahmen des Alimentationsprinzips geebnet. Der einschlägige, verallgemeinerungsfähige Passus findet sich im Rahmen einer Konklusion zur Bedeutung des Sozialstaatsprinzips: „… [B]ei der Auslegung und Anwendung des Art.  33 Abs.  5 GG [ist] heute Wertentscheidungen, die aus anderen Bestimmungen der Verfassung zu entnehmen sind, Rechnung zu tragen“.278 Doch der Spielraum für die Miteinbeziehung anderer Verfassungsprinzipien als das des Sozialstaatsprinzips dürfte relativ gering sein. Das Sozialstaatsprinzip nimmt im Bereich des Alimentationsgrundsatzes wegen der Natur der Sache eine prominente Stellung ein, der erwähnte Grundsatz der Menschenwürde könnte allenfalls in äußersten Fällen herangezogen werden. Diese Konstellation wird im Rahmen der folgenden Untersuchungen deshalb nicht vertieft. Viel wichtiger erscheint die Frage, ob sich am Beispiel der Kinderzuschlagentscheidungen des BVerfG ein verallgemeinerungsfähiger Mechanismus des Umgangs mit Rechtsprinzipien im Bereich des Alimentationsgrundsatzes feststellen lässt. Dabei ist insbesondere von Bedeutung, ob und wie sich diese Interferenz auf den Kernbereich der Alimentation auswirkt. Eine erste Überlegung zeigt ferner, dass der Einfluss anderer Verfassungsprinzipien auf den Gestaltungsspielraum des Alimentationsprinzips einerseits zur Erhöhung der Besoldung, andererseits zu einer Einschränkung der Alimentation beitragen kann. Die Grundlage für die zweite Folgerung ergibt sich aus der jüngsten Rechtsprechung des BVerfG, die im Folgenden auch näher analysiert wird. Ein weiterer Maßstab, auf den näher eingegangen werden muss, wurde von der Studienkommission von 1971 auch nicht vordergründig thematisiert. Seine Be­ deutung ist im Laufe der Zeit gestiegen, wobei sie für das Beamtenrecht noch nicht hinreichend ausgeforscht ist.279 Es handelt sich um die Einflüsse der Stabilitätspolitik, die in den Art. 109 Abs. 2 GG und Art. 115 Abs. 1 S. 2 GG eine verfassungsrechtliche Verankerung gefunden hat. Diese zwei wichtigen materiell-rechtlichen Vorgaben muss der Gesetzgeber bei der Gestaltung der Besoldung bereits aus fiskalischen Gründen berücksichtigen. Gem. Art.  115 Abs.  1 S.  2 GG dürfen die Einnahmen aus Krediten die Summe der im Haushalt veranschlagten Aus­ 277 Das BVerfG beruft sich dabei zunächst auf eine frühe Entscheidung, in der es entschieden hatte, dass „Art. 33 Abs. 5 GG dem Gesetzgeber grundsätzlich einen weiten Ermessensspielraum belasse, um die Beamtengesetzgebung den Erfordernissen des freiheitlichen demokratischen Staates und seiner fortschrittlichen Entwicklung anpassen zu können (BVerfG 8, 1 [16]).“ Eine solche Befugnis des Gesetzgebers könne sich dort zum Gestaltungsauftrag im Sinne eines von der Verfassung auferlegten Gesetzgebungsprogramms wandeln, wo andere Grundwertentscheidungen der Verfassung in diesen Regelungsbereich wirken BVerfGE 44, 249, 273. 278 BVerfGE 44, 249, 274. 279 Hebeler, NVwZ 2006, 1254.

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gaben für Investitionen nicht überschreiten, und Ausnahmen sind nur zulässig zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts. Nach Art. 109 Abs. 2 GG haben Bund und Länder bei ihrer Haushaltswirtschaft den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen. Das BVerfG legt Art. 109 Abs. 2 GG als Grundsatznorm aus, die verhindern soll, dass sich unterhalb der von Art.  115 Abs.  1 S.  2 GG vorgegebenen Höchstgrenze ein stetig wachsender Schuldensockel bildet, der im Endeffekt die Fähigkeit des Staatshaushalts gefährdet, auf gegenwärtige und zukünftige Probleme zu reagieren.280 Auch wenn diese Vorgaben nicht im Sinne einer Rechtfertigung für Stabilitätsopfer des Beamtentums interpretiert werden kann,281 so stellt sich die Frage, welche verfassungsrechtliche Stellung sie einnehmen und ob sie mit dem Alimentationsgrundsatz kollidieren können. Denn ein gewisser Einfluss der Haushaltslage auf die Beamtenbesoldung kann nicht negiert werden, zumal der Faktor nicht allein, aber doch flankierend bei den Kürzungen eine Rolle spielen kann.282 Die Überlegungen um die Stabilitätspolitik sind im Rahmen von alimentationseinschränkenden Elementen zu untersuchen. Es existiert zwar eine theoretische Möglichkeit, dass die Haushaltssituation besser ist, als die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse. Dann wären Kürzungen der Alimentation zulässig, ohne dass eine Bezugnahme auf Sparmaßnahmen notwendig wäre. Ob sich aus einer besonders guten Haushaltslage ein Gebot der Anpassung der Alimentation „nach oben“ ableiten lässt, ist zweifelhaft. Der Gedanke wird bei den Erwägungen um die Alimentationskürzungen aus fiskalischen Motiven aufgegriffen. Hingegen kann das Sozialstaatsprinzip auch als alimentationserweiternder Faktor herangezogen werden. Damit ist nicht nur die Richtung des Einflusses des jeweiligen Prinzips gekennzeichnet, die Unterscheidung gibt auch eine Vorgabe für den Gang der weiteren Untersuchung. a) Verfassungsprinzipien als alimentationserweiternde Elemente des Gestaltungsspielraums Im Rahmen der zweiten Kollisionsebene werden Prinzipien herangezogen, die allgemein der Verfassung zu entnehmen sind.283 Dieses Verständnis der Verfassungsprinzipien soll gerade nicht auf ihre Hierarchie innerhalb des Grund­gesetzes hinweisen. Im Vordergrund steht hier das ihnen immanente Spannungsverhältnis untereinander sowie im Verhältnis zu anderen Verfassungsbestimmungen. Dieses Merkmal kennzeichnet insbesondere die in Art.  20 GG enthaltenen Bestimmungen.284 Durch die weite Definition soll das Verständnis eines Verfassungsprinzips vorliegend gerade nicht auf bestimmte Kategorien oder Gruppen beschränkt 280

BVerfGE 79, 311, 355 ff. Günther, S. 136 ff. 282 Leisner, ZBR 1998, 259. 283 Allgemein hierzu: Stern, StaatsR, Bd. I, § 4 II. 284 Dreier, in: Dreier, Art. 20 (Einführung), Rn. 12.

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X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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werden, sondern allgemein an die aus der Verfassung ableitbaren Prinzipien anknüpfen. Letzteres soll diese Prinzipien gleichwohl von allgemeinen Rechtsgrund­ sätzen abgrenzen, die sich auf die gesamte Rechtsordnung beziehen.285 Das Spektrum der Verfassungsprinzipien, die eine Auswirkung auf das Alimentationsprinzip haben können, ist begrenzt. Die bereits erwähnte Menschenwürde behält eine Schrankenfunktion im untersten Bereich der Besoldung. Eine alimentationserweiternde Wirkung ist hingegen bei nur wenigen Prinzipien denkbar. Zunächst könnte das Rechtsstaatsprinzip eine gewisse die Struktur des Beamtentums sichernde Funktion haben. Dabei wäre auch eine alimentationsbegründende Komponente ableitbar.286 Dies wäre jedenfalls bei einem Wegfall des Alimentationsprinzips notwendig. Während das speziellere Prinzip jedoch existiert, gibt es für die Heranziehung dieses Grundsatzes keinen Bedarf. Wichtiger erscheint die Funktion des Sozialstaatsprinzips. aa) Das Sozialstaatsprinzip – Genese des Einflusses In der ersten Kinderzuschlagentscheidung hat das BVerfG das Alimentationsprinzip an das Sozialstaatsprinzip angekoppelt. Damit wurden die Vorgaben an die Angemessenheit der Besoldung weiter konkretisiert. Die Grenze zu dem nicht mehr angemessenen Unterhalt wurde bislang lediglich negativ bestimmt: Das BVerfG hat das „bescheidene Einkommen“ als eine „nicht eindeutig unangemessene Besoldung“ dem „ärmlichen Auskommen“ gegenübergestellt.287 Mit der erwähnten Entscheidung wurden positive Erfordernisse für eine angemessene Besoldung aufgestellt.288 Bei der Entwicklung dieser Maßstäbe hat das Gericht auf dem Sozialstaatsprinzip aufgebaut. Sehr eindeutig wurde dabei dem Gesetzgeber gegenüber das Gebot formuliert, darauf zu achten, dass die Besoldung der Beamten nicht primär als Objekt finanzpolitischer Entscheidungen, sondern unter dem Gesichtspunkt des angemessenen Lohnes geregelt wird. Im Jahre 1977 hat das Gericht die Reichweite des Sozialstaatsprinzips noch sehr weit gefasst. In der Entscheidung findet sich die Formulierung, wonach sich die Beamten nach Art. 33 Abs. 5 GG in Verbindung mit Art. 6 GG und dem Sozialstaatsprinzip in der Lebenswirklichkeit ohne Rücksicht auf ihre Familie „annähernd das Gleiche“ sollten leisten können. Dies wird in den späteren Kinderzuschlagentscheidungen, insbesondere in der letzten von 1998 relativiert. Dort wird ausdrücklich klargestellt, 285

Wolff, Ungeschriebenes Verfassungsrecht unter dem Grundgesetz, 2000, S. 145 ff. v. Münch, SRöD, S. 71, 121. 287 BVerfGE 26, 141, 157 f.; dazu Gramlich, ZBR 1985, 37, 44. 288 Der Gesetzgeber muss bei der Konkretisierung der Angemessenheit der Dienstbezüge nicht nur die Grundbedürfnisse des Menschen wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft berücksichtigen. Im Hinblick auf die allgemeinen Verbrauchs- und Lebensgewohnheiten muss er auch ein Minimum an Lebenskomfort ermöglichen, weil Alimentation in der Wohlstandsgesellschaft mehr umfasst als in Zeiten, die für weite Kreise der Bevölkerung durch Entbehrung und Knappheit gekennzeichnet waren – BVerfGE 44, 249, 265. 286

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dass das „Minimum an Lebensbedürfnissen“ für Beamte mit Kindern bescheidener aussehen muss.289 Die sozialstaatlich geprägten Kriterien der Alimentation, wie sie in den Ent­ scheidungen dargestellt wurden, sind für juristische Zwecke nicht hinreichend quantifizierbar. Das BVerfG hat lediglich die unterste Grenze der Besoldung kalkulierbar gemacht, indem es die Zuschläge für das dritte und jedes weitere Kind auf mindestens 115 % vom sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf festgelegt hat. Hieraus ergibt sich auch, dass der 15 %ige Abstand des Netto-Einkommens vom Sozialhilfesatz den verfassungsgebotenen Unterschied zwischen der der Sozialhilfe obliegenden Befriedigung eines äußersten Mindestbedarfs und dem dem Beamten und seiner Familie geschuldeten Unterhalt noch hinreichend deutlich werden lässt.290 Daraus ergibt sich, dass das Sozialstaatsprinzip lediglich in Ausnahmesituationen als besoldungsrelevanter Parameter herangezogen werden kann. Die Kinderzuschlag-Situation stellte einen solchen Ausnahmetatbestand dar. Im Bereich der Grundalimentation ist das Kriterium, welches an das sozialhilferechtlich gewährleistete Existenzminimum angelehnt ist, zu weit von der Amtsangemessenheit entfernt. Die Sozialhilfe dient der Sicherung menschenwürdiger Existenz für eine Bevölkerungsgruppe, die sich diese aus eigener Kraft, namentlich wegen fehlender eigener Mittel aus Erwerbstätigkeit, nicht selbst verschaffen kann. Es gibt somit keinen Zusammenhang mit der Frage, welche „Gegenleistung“ einem Beamten geschuldet wird, dem die „volle Hingabe an seinen Beruf“ abverlangt ist. Die Auswirkungen des Sozialstaatsprinzips auf die Amtsangemessenheit der Besoldung im Sinne einer Grundalimentation außerhalb der geschilderten Ausnahmesituationen sind somit praktisch inexistent. Dies wird durch die neueste Rechtsprechungspraxis bestätigt. Das 115 %-Kriterium wird in den meisten Fällen, in denen es um Kürzungen der Besoldung geht, angesprochen, im Ergebnis immer abgelehnt.291 Nach Ansicht des OVG NRW sei die gedankliche Bezugnahme auf das sozialhilferechtliche Existenzminimum in der Rechtsprechungspraxis des BVerfG überholt und betreffe im Übrigen außergewöhnliche Umstände.292 bb) Offene Flanken des Sozialstaatsprinzips, insbesondere der Familienzuschlag Der Kinderzuschlag ist nicht das einzige sozialstaatlich motivierte Element, welches in die Alimentation einfließt. Sowohl im Bereich der Besoldung als auch in der Versorgung finden sich mehrere sozialfürsorgerisch motivierte Leistungen. 289

Dazu: Summer, ZBR 1990, 300. BVerfGE 83, 363; 99, 300. 291 OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25.4.2007 – 1 L 453/05 – Rn. 101; OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007 – 1 A 4955/05 –, DVBl. 2007, 1297; VG Arnsberg, Beschluss vom 27.12.2007 – 2 K 3224/04 – Rn. 92 ff., ZBR 2008, 96. 292 VG Arnsberg, Beschluss vom 27.12.2007 – 2 K 3224/04 – Rn. 92 ff., ZBR 2008, 96. 290

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Sie fließen allerdings nicht in die Grundalimentation mit ein, sondern befinden sich in Form von Zulagen und Zuschlägen außerhalb derselben. Im Hinblick auf denkbare verfassungsrechtlich tragbare Kürzungen im Besoldungsrecht gewinnen diese Zuschläge an Bedeutung. Soweit sie sich aus dem Sozialstaatsprinzip begründen lassen, gehören sie auch in die zweite Ebene. Denn ein Konflikt mit dem Alimentationsgrundsatz durch eine Absenkung oder Streichung dieser Beiträge ist nicht von vornherein auszuschließen. Das Alimentationsprinzip umfasst auch die Pflicht, die dem Beamten durch seine Familie entstehenden Unterhaltspflichten realitätsgerecht zu berücksichtigen. Dies wurde ursprünglich im Rahmen des Ortszuschlags berücksichtigt, der anfänglich die Funktion hatte, örtliche Unterschiede in den Lebenshaltungskosten auszugleichen.293 Mit der schrittweise eintretenden Nivellierung der Lebenshaltungskosten haben sich die Funktionen dieses Zuschlags verändert. Einerseits sollte er das Grundgehalt ergänzen, andererseits die unterschiedlichen Belastungen der Familien durch das abgestufte Ortszuschlagssystem kompensieren. Diese familienrechtlich motivierte Ausgleichsfunktion hat den Gesetzgeber dazu veranlasst, den Ortszuschlag in einen Familienzuschlag umzuwidmen, dessen Höhe sich nach der Besoldungsgruppe und der Stufe richtet, die den Familienverhältnissen des Beamten entspricht.294 Damit ist die Regelung von ihrem ursprünglichen Zweck abgerückt und vollständig in der Sozialfunktion aufgegangen. Der Zuschlag dient nunmehr ausschließlich der Förderung der Familie, dem innerfamiliären Leistungsausgleich und der Unabhängigkeit des verheirateten Bediensteten im Interesse des Staates.295 Für die Ausgestaltung des Familienzuschlags hat man unterschiedliche Bezugspunkte herangezogen, nämlich Amt/Besoldungsgruppe, Familienstand, Unterhaltsverpflichtungen und Anzahl der Kinder. Sein Hauptzweck besteht darin, zur Unabhängigkeit des verheirateten Bediensteten im Interesse der Funktionsfähigkeit des Berufsbeamtentums beizutragen.296 Der interpretatorische Zusammenhang des Alimentationsgrundsatzes mit dem Sozialstaatsprinzip verdichtet sich hier zu einer konkreten Gestaltungsdirektive im Besoldungsbereich. Insofern könnte man von einer verfestigten Konkordanzposition sprechen, deren dogmatische Herleitung bei der Besprechung der ersten Ebene erörtert wurde. Fraglich ist jedoch, welche Reichweite dieses kombinierte Gebot hat. Im Hinblick auf die durchaus heterogenen Bezugspunkte für die Ausgestaltung des Familienzuschlags in § 40 BBesG ergibt sich die Fragestellung, ob all diese Elemente bemessungsrelevant sind. Dies ist davon abhängig, ob die einzelnen Bestandteile des Zuschlags verfassungsrechtlich abgesichert sind. Bei der Bestimmung der Reichweite der familienbezogenen Bestandteile der Besoldung ist neben dem Sozialstaatsprinzip das verfassungsrechtlich verankerte 293

Schneider, RiA 1989, 36. BVerfGE 44, 349, 272; 76, 256, 298; 81, 363. 295 Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, § 40 BBesG, Rn. 2. 296 BVerfGE 21, 329, 345.

294

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

Prinzip des Schutzes von Ehe und Familie zu beachten.297 Art. 6 Abs. 1 GG stellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.298 In negativem Sinn ist es dem Staat untersagt, Ehe und Familie zu schädigen oder sonst zu beeinträchtigen; in positivem Sinn umschreibt die Norm die Aufgabe des Staates, Ehe und Familie soweit erforderlich durch geeignete Maßnahmen zu fördern.299 Daraus folgt nicht, dass der Staat jegliche finanzielle Belastung der Familie auszugleichen hat.300 Der Beamte muss folglich jedenfalls nicht so gestellt werden, wie er stünde, wenn er keine Familie hätte. Eine derartige Umverteilung zugunsten der Familien ist aus der Verfassung nicht abzulesen und sie wird vom BVerfG auch nicht gefordert.301 Vielmehr besitzt der Gesetzgeber bei Regelungen, die die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten konkretisieren, auch unter dem Blickwinkel des Art. 6 Abs. 1 GG einen weiten Gestaltungsspielraum.302 Bei seiner Konkretisierung muss die zivilrechtliche Unterhaltspflicht als Anknüpfungspunkt der familienbezogenen Alimentation berücksichtigt werden. Durch dieses Merkmal wird das Element der Bedürftigkeit in das alimentative Kalkül mit einbezogen. Die kinderbezogenen Bestandteile der Besoldung knüpfen an eine konkrete Unterhaltspflicht an, was vom BVerfG seit der ersten Kinderzuschlagentscheidung in ständiger Rechtsprechung wiederholt worden ist. Hingegen knüpfen die ehegattenbezogenen Bestandteile der Besoldung nicht an die Unterhaltspflicht, sondern an den familienrechtlichen Status an. Zwar gibt es eine gesetzliche Einschränkung, die dann aktiviert wird, wenn beide Ehegatten im öffentlichen Dienst stehen.303 Doch bereits diese Leistung steht nicht unter dem Schutz des Alimentationsprinzips in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG. Dies ist auch die wohl überwiegende Auffassung in der Literatur.304 Eine Verfassungswidrigkeit ergibt sich aus dem pauschalen Beitrag jedoch nicht. Die bestehende Ausformung des Zuschlags hat auch einen praktischen Vorteil: Der Verwaltungsaufwand bei der Umsetzung ist nicht allzu groß. Aus dem Umkehrschluss ergibt sich jedoch, dass der Zuschlag jedenfalls in dieser Form nicht von der Verfassung abgesichert ist.305 297

Summer/Rometsch, ZBR 1981, 1, 14. Dazu: Pechstein, Familiengerechtigkeit als Gestaltungsgebot für die staatliche Ordnung, 1994. 299 So bereits: BVerfGE 6, 55, 76; BVerfGE 21, 329, 344 ff. 300 BVerfGE 28, 104, 113; BVerwGE 64, 333, 342. 301 Summer/Rometsch, ZBR 1981, 1, 15. 302 BVerfGE 83, 89, 100. 303 Die familienbezogene Leistung wird dann nur einmal erbracht – § 40 Abs. 4 BBesG. 304 Summer/Rometsch, ZBR 1981, 1, 15 ff.; Denninger/Frankenberg, S. 46 ff. 305 Ein anderer Ansatz begründet die Bestandsberechtigung der Zulage aus einer allgemeinen Aussage, die die obersten Gerichte in Zusammenhang mit dem Alimentationsgrundsatz und Art. 6 Abs. 1 GG treffen. Danach erfüllt der Gesetzgeber durch den Zuschlag zunächst die sich aus dem Alimentationsgrundsatz gem. Art.  33 Abs.  5 GG ergebende Verpflichtung, die dem Beamten gegenüber obliegenden Unterhaltspflichten gegenüber Ehegatten und Kindern realitätsgerecht zu berücksichtigen. Zugleich komme er durch Art. 6 Abs. 1 GG begründeten Pflicht nach, Ehe und Familie durch geeignete Maßnahmen zu fördern – Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, § 40 BBesG, Rn. 4 unter Bezugnahme auf: BVerfGE 81, 363, 378; 99, 300, 316; BVerwG, NVwZ-RR 2006, 259. 298

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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Daher wäre eine Umstellung dieser Anspruchsgrundlage für den Ehegattenteil nur noch auf die Fälle, in denen ein Unterhaltsanspruch des Ehegatten gegen den Beamten besteht, zulässig.306 Konkretere Vorschläge gehen dahin, den Ehegattenzuschlag aufzuheben und neben einem Kinderzuschlag einen Pflegezuschlag einzuführen.307 Dieser wäre dem Kinderzuschlag hinsichtlich der sozialen Ausgleichsfunktion äquivalent. Ein derartiges Umschwenken müsste sich maßgeblich am zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch orientieren, wobei die Haushaltsführung durch einen Ehegatten ohne Erwerbstätigkeit nicht von vornherein diskriminiert werden dürfte. Ob eine Umgestaltung des Familienzuschlags nach den dargestellten Vorgaben ein Sparpotential aufweist lässt sich nicht mit Sicherheit diagnostizieren. Jedenfalls wäre der Verwaltungsaufwand ein höherer als bei einer pauschalierten Zulage. Das BVerfG hat sich im Rahmen einer jüngst ergangenen Entscheidung zur Vergleichbarkeit von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft auch zur Auslegung des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG geäußert.308 Danach berücksichtige die Regelung in Anknüpfung an die verfassungsrechtliche Wertung des Art. 6 Abs. 1 GG den in der Lebenswirklichkeit anzutreffenden typischen Befund, dass in der Ehe ein Ehegatte namentlich wegen der Aufgabe der Kindererziehung und hierdurch bedingter Einschränkungen bei der eigenen Erwerbstätigkeit tatsächlich Unterhalt vom Ehegatten erhält und so ein erweiterter Alimentationsbedarf entstehe.309 Das Gericht verknüpft damit den zunächst ausdrücklich an den Familienstand anknüpfenden ehegattenbezogenen Zuschlag mit einer Unterhaltsfunktion. Der Besoldungsgesetzgeber ist an die bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflichten zwar nicht gebunden.310 Die ausdrückliche Feststellung einer unterhaltsbezogenen Kom­ponente des Ehegattenzuschlags könnte für eine Ausweitung des Schutzbereichs des Alimentationsgrundsatzes auf das strittige Element des Familienzuschlags bedeuten. Allerdings ist fraglich, ob dieser, lediglich „typischerweise anzutreffende Befund“ mit einer eindeutigen, familienrechtlich – und nicht nur bürgerlich-rechtlich – begründbaren Unterhaltspflicht des Beamten gegenüber seinen Kindern gleichzustellen ist. Dagegen spricht, dass das BVerfG die Wertung im Rahmen einer Vergleichbarkeitsprüfung der Ehe mit einer eingetragenen Lebenspartnerschaft angestellt hat. Dabei haben, neben der normativen Betrachtung, tatsächliche Merkmale der jeweiligen Partnerschaft eine entscheidende Rolle gespielt. Bei der Reichweite des Alimentationsprinzips ist hingegen auf den rechtlichen Aspekt abzustellen. 306

So schon: Summer/Rometsch, ZBR 1981, 1, 15. Vgl. Denninger/Falkenberg, S. 47 f., nach deren Vorschlag sollte der Zuschlag der Stufe 1 in Anlehnung an und Einschränkung von § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG nur Beamten gewährt werden, „die eine andere Person, die aus gesundheitlichen Gründen der Hilfe bedarf, nicht nur vorübergehend zur Pflege in ihre Wohnung aufgenommen haben“. Ein solcher Pflegezuschlag würde nach Vorstellung der Autoren einen nicht unbeachtlichen Beitrag zur Entwicklung einer „neuen Kultur der Pflege und des Helfens“ leisten. 308 BVerfG, ZBR 2008, 379. 309 BVerfG, ZBR 2008, 379. 310 So schon: BVerfGE 21, 329, 345 f. 307

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

b) Allgemeine Rechtsprinzipien als Einschränkungen der Alimentation aa) Grundsätzliche Möglichkeit einer Einschränkung auf Grundlage allgemeiner Rechtsprinzipien Die Kehrseite der Heranziehung des Sozialstaatsprinzips im Rahmen des Alimentationsgrundsatzes hat das BVerfG ansatzweise bereits in seiner ersten Kinderzuschlagentscheidung dargestellt. Dort hat es das Gericht zugelassen, dass der Gesetzgeber die außerhalb des Beamtenrechts allen Bürgern gewährte Leistungen auf die beamtenrechtliche Alimentation anrechnet. Die zweite Kinderzuschlagentscheidung spricht hingegen lediglich von der Anrechenbarkeit des Kindergeldes und nicht mehr generell von der Anrechenbarkeit von Sozialleistungen.311 Dem liegt wohl der Gedanke zu Grunde, dass eine generelle Anrechenbarkeit von Leistungen den Zweck der Sozialleistungen konterkarieren könnte. Andererseits lässt das Alimentationsprinzip keine Doppelleistung für den gleichen Zweck aus verschiedenen öffentlichen Kassen zu, was im Fall der Nichtanrechnung vom Kindergeld eintreten würde.312 Diese Konstellation verdeutlicht, dass das Sozialstaatsprinzip zu einer Einschränkung der Alimentation durch Anrechnung bestimmter Leistungen führen kann. Dabei ist der Zweck der Leistung entscheidend. Deckt er sich mit dem Zweck einer Leistung, die vom Alimentationsprinzip gewährt wird, ist die Leistung anrechenbar. Die Gefahr einer Absenkung unterhalb der Grenze der An­ gemessenheit der Besoldung besteht nicht, da der betroffene Beamte im Endeffekt keine Abzüge hat. Dogmatisch handelt es sich jedoch um eine Kürzung der Be­ soldung, die durch die zusätzliche Leistung ausgeglichen wird. Mithin kann man von der Rechtfertigung einer Kürzung durch das Sozialstaatsprinzip sprechen. Die untere Grenze für diesen Eingriff wurde bereits im ersten Kinderzuschlag­ beschluss bestimmt. Danach kann die Anrechnung erfolgen, „solange die Dienstbezüge, die Altersversorgung und die Hinterbliebenenversorgung nicht an der unteren Grenze des […] angemessenen Unterhalts liegen“.313 Auch die Stabilitätspolitik muss auf dieser Ebene erwogen werden. Zwar besteht in der Literatur und in der Rechtsprechung weitestgehend Einigkeit darüber, dass Kürzungen der Alimentation nicht durch haushälterische Sparerwägungen gerechtfertigt werden können.314 Die neueste Rechtsprechung des BVerfG lässt jedoch zumindest den Schluss zu, dass dieses Element bei der Bemessung der Höhe der Alimentation nicht zu vernachlässigen ist. In der Entscheidung vom 27.9.2005 zum Versorgungsanpassungsgesetz heißt es: „Im Beamtenrecht können finanzi 311

BVerfGE 83, 363. Summer, ZBR 1990, 300. 313 BVerfGE 44, 249, 266. 314 Ruland, NJW 2002, 948; Leisner, S. 154; Lecheler, ZBR 1990, 1, 5; Summer/Rometsch, ZBR 1980, 1, 13; Thiele, DöD 1993, 271, 276. 312

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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elle Erwägungen und das Bemühen, Ausgaben zu sparen, in aller Regel für sich genommen nicht als ausreichende Legitimation für eine Kürzung der Altersversorgung angesehen werden.“315 Beachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass das Gericht den Ausschluss dieses Rechtfertigungsgrundes drei Mal in diesem Satz relativiert hat. Dabei ist die ausdrücklich genannte Notwendigkeit der Bezugnahmen auf einen weiteren Rechtfertigungsgrund bereits gefestigte Rechtsprechung.316 Dagegen könnte die doppelte Relativierung („in aller Regel … nicht als ausreichende Legitimation“) im Sinne einer ausnahmsweise zulässigen Bezugnahme auf fiskalische Motive ausgelegt werden.317 Die Dimensionen dieser Möglichkeit sollen im Rahmen weitergehender Untersuchungen ermittelt werden. bb) Zur Frage der praktischen Konkordanz Wichtige Aussagen zur Funktion des Sozialstaatsprinzips im Bereich der hergebrachten Grundsätze lassen sich auch einer neueren Entscheidung des BVerfG zu Regelungen der Zwangsteilzeit für Berufseinsteiger entnehmen.318 Die entsprechende Norm des Landes Niedersachsen wurde wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Hauptberuflichkeit und gegen das Alimentationsprinzip für verfassungswidrig erklärt. Hervorzuheben ist, dass der Senat geprüft hat, ob der Eingriff in die beamtenrechtliche Grundstruktur durch die Zwangsteilzeitregelung wegen des Sozialstaatsprinzips möglich ist.319 Dies wäre der Fall, wenn sich aus dem Sozialstaatsprinzip ergeben würde, dass eine Verpflichtung des Staates existiert, einem Überangebot von Bewerbern gerade durch eine Öffnung des öffentlichen Dienstes und eine verstärkte Übernahme ins Beamtenverhältnis abzuhelfen. Das BVerfG lehnt dies jedoch ab. Dem Prinzip könne schon deshalb kein entsprechend legitimer Grund entnommen werden, weil es nur das Ziel, nicht dagegen den dafür zu beschreitenden Weg bestimme noch eine entsprechende Ermächtigung enthalte. Zudem könnten die hergebrachten Grundsätze als besondere verfassungsrecht­liche Kriterien bei sozialstaatlich veranlassten Vorhaben nicht außer Acht gelassen werden. Das sozialstaatlich legitime Anliegen, die Arbeitslosigkeit zu steuern, reiche für die Legitimierung eines Eingriffs in die Substanz des Berufsbeamtentums nicht aus. Ferner könne dem Anliegen des Sozialstaats Rechnung getragen werden, indem die angestrebten Einstellungen nicht im Beamten-, sondern im Angestelltenverhältnis erfolgen. Diese Vorgehensweise hätte die Anforderungen des Sozialstaatsprinzips und die Gewährleistungen des Art. 33 Abs. 5 GG zur praktischen Konkordanz bringen können.320 315

BVerfGE 114, 258, 291. BVerfGE 99, 300, 320; BVerwGE 117, 305, 308 317 So i.E. auch Hebeler, NVwZ 2006, 1254, 1255. 318 BVerfGE 119, 247. 319 BVerfGE 119, 247, 266 f. 320 BVerfGE 119, 247, 267.

316

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

Damit bejaht das Gericht zum ersten Mal ausdrücklich die Möglichkeit einer Geltungsoptimierung zwischen einem hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums und einem Rechtsprinzip im Wege der praktischen Konkordanz. Im Fall sieht es die Möglichkeit einer Geltungsoptimierung beider Grundsätze, ohne dass der hergebrachte Grundsatz auch nur tangiert werden müsste. Hierfür verweist das Gericht auf das Angestelltenverhältnis. Es erscheint fraglich, ob es sich dabei um einen Fall der praktischen Konkordanz sensu stricte handelt. Denn bei der Umsetzung der Zwangsteilzeit im Rahmen des Angestelltenverhältnisses wäre kein hergebrachter Grundsatz berührt worden. Dogmatisch gesehen gäbe es folglich keinen Eingriff in den Schutzbereich des hergebrachten Grundsatzes der Haupt­ beruflichkeit, aus dem die Notwendigkeit einer Rechtfertigung folgt. cc) Reichweite der Rechtfertigungsmöglichkeit durch Verfassungsprinzipien Viel wichtiger erscheint die Frage, welche Reichweite die Verfassungsprinzipien auf der Rechtfertigungsebene haben können. Dies wird im Folgenden an den Beispielen des Sozialstaatsprinzips und des Stabilitätsprinzips analysiert. Den Ausgangspunkt für die Überlegung bietet die Aussage des BVerfG, wonach ein sozialstaatlich zulässiges Anliegen für die Legitimierung eines Eingriffs in die Substanz des Berufsbeamtentums nicht ausreiche. Mit der „Substanz“ könnte der Kernbestand der Strukturprinzipien gemeint sein: Die Grundsätze, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass damit zugleich die Einrichtung selbst in ihrem Charakter grundlegend verändert würde.321 Die antragslose Einstellungsteilzeit belässt dem betroffenen Beamten keine Alternative und steht damit im Konflikt mit dem Grundsatz der Hauptberuflichkeit. Das BVerfG stellt diesen Eingriff mit einer Außerachtlassung des hergebrachten Grundsatzes gleich.322 Dieser Schluss wird in der abweichenden Meinung des Richters Gerhardt scharf kritisiert.323 Nach seiner Ansicht kann das Beamtenrecht in seinen einzelnen Ausprägungen den veränderten Umständen angepasst werden, ohne dass der Gesetzgeber dazu eines zusätzlichen „Titels“ aus dem Grundgesetz bedurft hätte. Die Senatsmehrheit verabsolutiere weite und konkretisierungsbedürftige hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums mit Blick auf eine bestimmte Problemlage, ohne auf die Erwägungen des Gesetzgebers zur Konkretisierung des Art. 33 Abs. 5 GG einzugehen. Richter Gerhardt geht folglich in seinem Votum davon aus, dass zu beachtende Grundsätze konkretisiert werden können, ohne dass dabei auf

321

BVerfGE 119, 247. Ähnlich im Urteil zu leitenden Funktionen auf Zeit – BVerfG. ZBR 2008, 310, vgl. unter C. X.1. n). 323 BVerfGE 119, 247, 279 ff. (Abweichende Meinung des Richters Gerhardt). 322

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andere Verfassungsgrundsätze geachtet werden müsste.324 Eine Abgrenzung zwischen Konkretisierung und Außerachtlassung nimmt er allerdings nicht vor. Weder die Senatsmehrheit, noch das Sondervotum gehen genauer auf die dogmatische Struktur des zu beachtenden hergebrachten Grundsatzes ein. Auf dieser Grundlage könnte aber eine klarere Grenzziehung zwischen dem Bereich des Grundsatzes, der noch konkretisierungsfähig ist, und dem festen Bestand, der nicht modifizierbar ist, gemacht werden. Es lässt sich nämlich unter Heranziehung der ausgeprägten Dogmatik des Alimentationsprinzips eine einheitliche Struktur der hergebrachten Grundsätze begründen, die aus einem Kernbereich und dem darüber liegenden Gestaltungsspielraum besteht. Unter Zugrundelegung dieses Aufbaus geht die Senatsmehrheit wohl (unausgesprochen) von einem Eingriff in den Kernbereich des Grundsatzes der Hauptberuflichkeit aus. Dieser ist, genauso wie beim Alimentationsprinzip, nicht rechtfertigungsfähig. Dabei ist die Begründung dieser Annahme unzureichend und die Vorgehensweise wird im Sondervotum folglich zu Recht als Verabsolutierung des hergebrachten Grundsatzes kritisiert. Im Falle einer Bejahung des Eingriffs in den Kernbereich wäre eine Erörterung des Sozialstaatsprinzips als Rechtfertigungsmöglichkeit überflüssig, was Richter Gerhardt auch bekräftigt. Das Sondervotum birgt jedoch auch einige Gefahren: Es stellt die Modifizierung des hergebrachten Grundsatzes durch den Gesetzgeber außerhalb der Eingriffsebene. Möglicherweise will der Richter damit nur zum Ausdruck bringen, dass es zu dieser Umgestaltung keiner verfassungsrechtlichen Grundsätze bedarf. Dies wird jedoch nicht deutlich genug. Jedenfalls wäre eine unein­ geschränkte Konkretisierungsbefugnis zu weit reichend. Das BVerfG spricht in seinem Urteil zur Zwangsteilzeit einen weiteren wichtigen Punkt an. Es kann sich offenbar zulässige Durchbrechungen der hergebrachten Grundsätze vorstellen, die dazu beitragen, das Berufsbeamtentum unter gewandelten Verhältnissen lebensfähig zu erhalten. Die Regelung müsste hierfür erforderlich sein. Als zweite Voraussetzung wird die Geeignetheit genannt. Als wichtigsten Fall nennt das BVerfG, dass es auch künftig gelingen muss, ausreichenden und qualifizierten Nachwuchs für den öffentlichen Dienst rekrutieren zu können, wobei die Konditionen einem Vergleich mit der privaten Wirtschaft standhalten müssen.325 Diese Ausführungen finden sich in Zusammenhang mit der Rechtfertigung des Eingriffs in den Grundsatz der Hauptberuflichkeit. Das Gericht hat jedoch nicht präzisiert, ob eine Umgestaltung auch im Kernbereich des hergebrachten Grundsatzes möglich sei. Dies ist wohl zu verneinen, zumal ausdrücklich nur „… eine Fortentwicklung des Berufsbeamtentums im Interesse von Funktionsbedürfnissen …“ ermöglicht werden soll.326 Bereits der Wortlaut dieser Passage zeigt, dass es sich um Anpassungsmaßnahmen handelt, nicht dagegen um Änderungen, die auf eine Änderung der Substanz des Beamtentums hinauslaufen 324

BVerfGE 119, 247, 279 (Abweichende Meinung des Richters Gerhardt). BVerfGE 119, 247, 268. 326 BVerfGE 119, 247, 268.

325

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

würden. Diese Auslegung wird auch durch die Aussagen des Gerichts zur Fortentwicklungsklausel bestätigt, wonach allein das Recht des öffentlichen Dienstes, nicht aber die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, zu entwickeln ist.327 Fraglich ist, ob die Durchbrechungsmöglichkeit auch für das Alimentationsprinzip gilt, zumal das Gericht diese Möglichkeit dort mit keinem Wort anspricht. Erste Literaturmeinungen zu dieser Entscheidung gehen dahin, dass dem hier erläuterten Aspekt eine Bedeutung bei der Ausgestaltung der Besoldung zukommen kann.328 Als Beispiel werden die Ausgestaltung der Besoldung und die Mitnahme von Versorgungsanwartschaften genannt. Eine Möglichkeit der Durchbrechung des Alimentationsprinzips selbst wird jedoch abgelehnt.329 Dies ist vor dem Hintergrund, dass der Kernbereich des Alimentationsgrundsatzes zur Substanz des Berufsbeamtentums gehört, auch anzunehmen. Das Gericht hat mit dieser zusätzlichen Aussage lediglich die Voraussetzungen für eine Fortentwicklung des Beamtenrechts präzisiert, die mit der neuen Klausel ausdrücklich in das Grundgesetz aufgenommen wurde. Dies geschieht auf der Ebene der Rechtfertigung und bezieht sich somit auf die Gründe, die in diesem Rahmen herangezogen werden können. Es gilt wohl auch für Verfassungsprinzipien, deren Heranziehung ebenfalls den Vorgaben der Geeignetheit und Erforderlichkeit entsprechen muss. Die Bezugnahme auf das Sozialstaatsprinzip war im Fall jedoch unzulässig, weil der Eingriff bis in den Kernbereich des Grundsatzes der Hauptberuflichkeit reichte. Folglich konnten die beiden Kriterien nicht mehr geprüft werden. Die hier erörterte Rechtsprechung belegt auch die bereits festgestellte Tatsache, dass das BVerfG mit dem Begriff des Kernbereichs der hergebrachten Grundsätze uneinheitlich umgeht. Während eine Durchbrechung des Kernbereichs des Lebenszeitprinzips und des Grundsatzes der Hauptberuflichkeit aus bestimmten Gründen offenbar möglich sein kann, ist dies beim Alimentationsprinzip ausgeschlossen. dd) Anwendung der herausgearbeiteten Grundsätze auf die Problematik der Stabilitätsopfer Vor dem Hintergrund der vorangehend angestellten Überlegungen ist nun die bereits aufgeworfene Problematik der Sonderopfer zu problematisieren. Die Gestaltung der Besoldung orientiert sich im Rahmen der besoldungsexternen Maßstäbe primär, wie bereits dargestellt, an der Entwicklung der allgemeinen Lebensverhältnisse außerhalb des öffentlichen Dienstes. Die Einkommensentwicklung, insbesondere die Tariflöhne sind hierbei das entscheidende Maßstab. Diese aus dem Alimentationsprinzip abgeleitete Direktive ist auch einfachgesetzlich fest­ geschrieben, so dass sie bei der Festlegung der Bezüge eine hervorgehobene 327

BVerfGE 119, 247, 272. v. Roetteken, jurisPR-ArbR 52/2007 Anm. 2. 329 v. Roetteken, jurisPR-ArbR 52/2007 Anm. 2.

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X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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Stellung einnimmt. Im Gegensatz hierzu betrifft die Problematik der Sonderopfer die Kategorie der Rechtfertigung einer Kürzung. Dabei kann es durchaus passieren, dass eine Kürzung der Besoldung infolge einer Absenkung des tarifären Lohnes vorgenommen wird, die wiederum aus finanziellen Erwägungen vorgenommen wird. Ein weiteres Beispiel für derartige mittelbare Auswirkungen von finanziellen Motiven auf die Alimentation wird auch in Zusammenhang mit der Anpassung der Versorgung an die Entwicklungen im Rentenwesen gesehen. Denn dort fällt es leichter, eine Absenkung durch Gemeinwohlbelange im sozialen Rechtsstaat zu begründen. Wenn eine wirkungsgleiche Übertragung dieser Reformen als sachlicher Rechtfertigungsgrund für die Beschneidung der Pensionen akzeptiert wird,330 dann handelt es sich dabei um eine mittelbare Bezugnahme auf fiskalische Erwägungen.331 Bereits diese Beispiele lassen erkennen, dass eine unmittelbare Auseinander­ setzung mit haushaltspolitischen Überlegungen im Rahmen der Rechtfertigung von Absenkungen der Besoldung und Versorgung eine Thematik darstellt, die mit äußerster Vorsicht angegangen wird. Grund hierfür ist der vom BVerfG selbst aufgestellte Grundsatz, dass sich die Alimentierung nicht einfach nach den „wirtschaftlichen Möglichkeiten“ der „öffentlichen Hand“ bemessen lässt.332 Die Literatur stellt sich einhellig auf den Standpunkt, dass eine Heranziehung von Spar­ erwägungen als einziger Grund für Absenkungen nicht herhalten kann.333 Diese Meinung lässt sich auch sehr gut belegen, vor allem aus der Erwägung heraus, dass die Dienstleistungsbereitschaft des Beamten als Bewertungskriterium deshalb herangezogen wird, damit das Berufsbeamtentum in wirtschaftlicher Unabhängigkeit die ihm vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgaben wahrzunehmen vermag. Für die Ansicht sprechen auch die Grundposition des BVerfG gegenüber dem Alimentationsprinzip, wonach die Beamtenbesoldung keine Staatsleistung ist, welche unter einem so allgemeinen Vorbehalt der Verfügbarkeit öffentlicher Mittel steht wie Sozialleistungen.334 (1) Verfassungsrechtliche Stellung von fiskalischen Gründen Eine verfassungsrechtlich relevante Kollision zwischen dem Alimentationsgrundsatz und fiskalpolitischen Erwägungen kann nur dann eintreten, wenn Letztere eine verfassungsrechtliche Funktion haben. Dies ist nicht bereits daraus abzuleiten, dass bestimmte haushaltspolitische Belange im Grundgesetz niedergeschrieben sind. Es muss eine Abgrenzung vorgenommen werden zwischen Gesetz 330

BVerfGE 114, 258. Lenze, NVwZ 2006, 1229, 1231. 332 BVerfGE 44, 249, 264 f. 333 Wolff, ZBR 2005, 361, 370; Pechstein, ZBR 2002, 1, 3; Leisner, ZBR 1998, 259, 265; Fürst, ZBR 1983, 319, 328. 334 BVerfGE 44, 249, 264. 331

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

gebungsaufträgen und Staatszielen. Die ersteren beinhalten Vorschriften, die dem Gesetzgeber die Regelung bestimmter Bereiche auftragen. Sie haben eine interpretatorische Funktion in Bezug auf Rechtsnormen, können jedoch für sich genommen keine verfassungsimmanente Grenze von vorbehaltlos gewährten Grundrechten darstellen.335 Demgegenüber sind Staatszielbestimmungen Verfassungsnormen mit rechtlich bindender Wirkung, die der Staatstätigkeit die fortdauernde Beachtung oder Erfüllung bestimmter Aufgaben vorschreiben. Sie können nicht nur für die Auslegung von Gesetzen und sonstigen Rechtsvorschriften herangezogen werden, sondern stellen darüber hinaus eine Richtlinie für staatliches Handeln dar.336 So wird den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit, die sich aus Art.  110 GG ableiten lassen, überwiegend keine Verfassungsgrundsatzqua­ lität zugebilligt.337 Bei der Vorschrift handelt es sich vielmehr um einen Regelungsauftrag an den Gesetzgeber, ein Haushaltsgesetz mit Haushaltsplan zu beschließen, das den jeweiligen Anforderungen gerecht wird. Demgegenüber stellt die Vorschrift des Art. 109 Abs. 2 GG – und die sich hieraus ergebende Verpflichtung von Bund und Ländern, bei ihrer Haushaltswirtschaft dem gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht Rechnung zu tragen – ein eigenständiges Staatsziel dar.338 Die damit geforderte Rücksichtnahme auf das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht beruht auf der Erkenntnis, dass die öffentlichen Haushalte etwa die Hälfte des So­zialprodukts in Anspruch nehmen und damit maßgeblich die gesamtwirtschaftliche Entwicklung beeinflussen.339 Damit wird die primäre Funktion der Vorschrift als Gestaltungsauftrag in Bezug auf die Haushaltswirtschaft deutlich. Auf der anderen Seite ist es jedoch möglich, dass zwischen diesem Gleichgewichts­ gebot und anderen Staatszielen ein Spannungsverhältnis entsteht. Dieses Konfliktpotential ist auch bezüglich jener Verfassungsnormen zu sehen, die zu Leistungen verpflichten und Kosten verursachen, die im Rahmen der Haushaltswirtschaft berücksichtigt werden müssen.340 Darunter fallen selbstverständlich auch die Regelungen, die das Berufsbeamtentum betreffen. Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht könnte als Rechtfertigungsgrund zu unbestimmt sein, um eindeutige Schrankenziehungen zu ermöglichen.341 Der Begriff selbst entstammt der ökonomischen Theorie und wurde im Grundgesetz be 335

Badura, HStR VII, § 159, Rn. 18. Stern, Staatsrecht, § 4 II 3, S. 121 f. 337 Badura, HStR VII, § 159, Rn. 18; Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 110, Rn. 68; Leisner, S. 98; Bochmann, ZBR 2008, 397, 402; a. A. Heintzen, in: v. Münch/Kunig, Art. 110, Rn. 7; Hebeler, NVwZ 2006, 1254, 1256. 338 Stern, StaatsR, § 4 II 3, S. 121 f.; Rodi, in: BK, Art. 109, Rn. 146; Heun, in: Dreier, GG, Art. 109, Rn. 21. 339 Heun, in: Dreier, Art. 109, Rn. 21. 340 Maunz, in: Maunz/Dürig/Herzog, Art.  109, Rn.  3; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art.  109, Rn. 1. 341 Bereits aus diesem Grunde wird die Heranziehung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts als ungeeignet für eine Schrankenziehung abgelehnt insbesondere im Bereich des Beamtenrechts von: Leisner, S. 79 f.; Bochmann, ZBR 2008, 391, 403. 336

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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wusst nicht näher definiert.342 Aus diesem Grund wird auch die Qualität der Regelung als eines operationalen Ziels verneint, aus dem sich legislative oder exekutive Handlungsanweisungen unmittelbar ableiten ließen.343 Eine Ansicht stellt einen Zusammenhang zwischen der Regelung des Art. 109 Abs. 2 GG und des Art. 115 Abs. 1 S. 2 GG her, wonach Einnahmen aus Krediten die Summe der im Haushalt veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten dürfen. Aus dieser Verknüpfung ließe sich der Verfassungsrang von haushälterischen Konsolidierungsbemühungen ableiten, womit sie eine verfassungsimmanente Grenze für andere verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter darstellen könnten.344 Ohne auf die Konkretisierungsprobleme des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts einzugehen, ist die Möglichkeit einer Einschränkung insbesondere des Kernbereichs der Alimentation durch fiskalpolitische Maßnahmen abzulehnen. Im Falle einer direkten Kollision würde dies auf die Legitimierung eines Eingriffs in ein grundrechtsgleiches Recht hinaus laufen. Dies ist auf Grundlage eines allgemein gehaltenen Staatsziels abzulehnen. Aber auch wenn man mit der Auslegung Hebelers eine hinreichende Konkretisierungsstufe der fiskalpolitischen Erwägungen annehmen wollte,345 so wäre die Beschränkung nur bis zur Grenze des Kernbereichs des Alimentationsprinzips möglich. Eine weitergehende Kürzung der Bezüge würde auf eine Negierung des Alimentationsgrundsatzes hinauslaufen. (2) Sekundärer Wirkungsbereich finanzpolitischer Erwägungen Es stellt sich die Frage, ob dieser grundsätzliche Ausschluss der Haushaltsmotive den Weg zu einer Gegenüberstellung des Alimentationsprinzips mit Sparmaß­ nahmen verschließt. Während fiskalpolitische Erwägungen in direkter Konfrontation mit dem Alimentationsprinzip jedenfalls vor dessen Kernbereich werden weichen müssen, könnte sich eine Gefahr daraus ergeben, dass sie über den Umweg einer systematischen Anpassung realisiert werden. Dieser Mechanismus wurde bereits in Zusammenhang mit dem Versorgungsanpassungsurteil des BVerfG erörtert. Bei Reformen des Rentensystems existieren die strengen Vorgaben des Alimentationsprinzips nicht. Deshalb können Sparerwägungen beinahe uneingeschränkt herangezogen werden. Dies ist auch wegen der soeben erörterten verfassungsrechtlichen Vorgabe nachvollziehbar: Der Gesetzgeber ist nach Art. 109 342

Heun, in: Dreier, Art. 109 Rn. 22; Siekmann, in: Sachs, Art. 104b, Rn. 17. Daher beschränkt sich die h. M. darauf, die in § 1 StabG genannten Ziele als allein maßgebend zu betrachten, da sie als messbare Teilziele dem Staatshandeln ein nachvollziehbares und kontrollierbares Zielsystem vorgeben – BverfGE 79, 311, 388; Siekmann, in: Sachs, Art. 104b, Rn. 18; Jarass/Pieroth, Art. 109, Rn. 5; Bochmann, ZBR 2008, 391, 403. Eine neuere Ansicht stellt hingegen sieht diese Einschränkung als zu eng an und stellt auf der Regelung zugrunde liegende ökonomische Problematik ab  – Heun, in: Dreier, Art.  109, Rn.  22; Schneider, in: AK-GG, Art. 109, Rn. 11; Günther, S. 140 f. 344 Hebeler, NvWZ 2006, 1254, 1256. 345 Kritisch: Bochmann, ZBR 2008, 391, 403. 343

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

Abs. 2 GG auch bei der Gestaltung der Besoldung dazu verpflichtet, prinzipiell alle finanz-, konjunktur- und wirtschaftspolitischen Gesichtspunkte einschließlich der möglichen Auswirkungen der Anpassungsmaßnahme in den Entscheidungsprozess einzubeziehen. Mit einer wirkungsgleichen Übertragung dieser Reformen in den Bereich des Beamtentums geraten die fiskalpolitischen Erwägungen in den Hintergrund und werden auf dem Wege einer systemgerechten Anpassung durch die Hintertür in das Beamtenrecht eingeschleust.346 Diese Überlegung gibt Anlass für die Kennzeichnung eines weiteren Wirkungsbereichs der fiskalpolitischen Gründe, die primär und zulässigerweise in einem anderen, systematisch mit dem Beamtenrecht zusammenhängenden Bereich eingesetzt worden sind, und dessen Auswirkungen über eine systemgerechte Anpassung im Beamtenrecht deutlich werden. Es handelt sich mithin um eine sekundäre Dimension fiskalisch geprägter Kürzungen, die in einem anderen Bereich eingeläutet wurden und deren Echo sich im Bereich der Beamtenbesoldung oder -versorgung ausbreitet. Damit verbinden sich mehrere Fragestellungen. Die wichtigste dürfte dahingehend formuliert werden, ob das Beamtenrecht gegen derartige Maßnahmen hinreichend abgesichert ist. Dies hängt damit zusammen, ob der Kern­bereich des Alimentationsprinzips, sozusagen als letzte Schranke für Absenkungen, auch in diesem Fall uneingeschränkt einsetzbar ist. (3) Primärer (systemimmanenter) Wirkungsbereich finanzpolitischer Erwägungen als zulässiges Sekundärziel für Kürzungen der Besoldung Als Ausgangspunkt für die Untersuchung dieser Fragestellungen wird die Rechtsprechung des BVerfG genommen. Insbesondere das Urteil zur wirkungsgleichen Übertragung der Rentenreform auf die Beamtenversorgung ist in diesem Zusammenhang aufschlussreich. Bemerkenswert ist die vom Gericht selbst vorgenommene, bereits dargestellte, Relativierung des grundsätzlichen Ausschlusses der Sparmaßnahmen.347 Möglicherweise ist unter bestimmten, in dieser Recht­ sprechung nicht näher bezeichneten Umständen eine Bezugnahme auf finanzielle Erwägungen als Rechtfertigungsgrund doch zulässig.348 Zwischen einem grundsätzlichen Ausschluss der Rechtfertigung von Alimentationsabsenkungen aus fiskalpolitischen Gründen und einer ausnahmsweisen Zulässigkeit derartiger Kürzungen besteht kein Widerspruch. Für die Erklärung dieses Ansatzes muss zunächst von unterschiedlichen Bezugspunkten und Zielsetzungen der Kürzungsmaßnahme ausgegangen werden. Diese Kategorisierung 346

Lenze, NVwZ 2006, 1229, 1231 spricht in diesem Zusammenhang ausdrücklich von Legitimation fiskalisch begründeter Kürzungen im Beamtenrecht. 347 BVerfGE 114, 258, 291. 348 So i.E. Hebeler, NVwZ 2006, 1254, 1255.

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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ist insbesondere vor dem Hintergrund der neuesten Rechtsprechung entscheidend. Ausgangspunkt für weitergehende Überlegungen ist dabei ein Ansatz, der in der Literatur in Zusammenhang mit dem Dienstrechtsreformgesetz von 1997 ent­ wickelt wurde.349 Danach ist das Sparen als Primärziel ausgeschlossen vor dem Hintergrund der besonderen Aufgabe der Beamten, zur Erfüllung deren eine wirtschaftliche Unabhängigkeit notwendig ist. Ein gewisser Spielraum für fiskalische Maßnahmen soll jedoch bei der Bestimmung des Wertes der Dienstleistungsbereitschaft des einzelnen Beamten bestehen. Hierbei verfüge der Gesetzgeber über eine Bewertungsfreiheit, die ihm auch möglich mache, Reduzierungen vorzunehmen. Leisner sieht die Grenze dieser Gestaltung in der Codierung des Beamtenrechts, also im Gegenseitigkeitsprinzip.350 Hierbei ist anzumerken, dass für die Grenzen der Absenkung der Besoldung der Kernbereich des Alimentationsgrundsatzes eine entscheidende Absicherungsfunktion übernehmen müsste, die bei der dargestellten Konzeption zu kurz zu kommen scheint. Andernfalls wäre eine Absenkung unter das Niveau der angemessenen Alimentation möglich, ohne dass sich aus dem Rechtfertigungsgrund das Ausmaß dieser Absenkung ableiten ließe. Auch eine Neubewertung der Leistung selbst dürfte den Grenzen unterfallen, die das Alimentationsprinzip vorgibt. Jedenfalls dürfte nicht eine Überbewertung des Leistungsprinzips im Rahmen dieser Gewichtung erreicht werden, was dann der Fall wäre, wenn der Kernbereich des Alimentationsprinzips tangiert wäre. Die Unterscheidung zwischen der Sparmaßnahme als Primär- und als Sekun­ därziel darf dabei nicht verwechselt werden mit der eingangs erörterten Wirkungsdimension fiskalpolitischer Erwägungen. Einen Überschneidungsbereich gibt es dennoch. Denn Sparmaßnahmen als Sekundärziele knüpfen an die primäre Wirkungsdimension fiskalpolitischer Gründe im Bereich des Systems an. Zunächst können Sparziele ohne Zweifel nicht als primäre Gründe einer Kürzung herangezogen werden. Die sekundäre Dimension der Sparpotenziale geht aus von einem anderen Inhalt und einem anderen Bezugspunkt der Maßnahme. Das Leistungsprinzip und die sich hieraus ergebende Gegenseitigkeit zwischen dem Beamten und dem Staat soll in diesem Rahmen nicht der ausschließliche Bezugspunkt sein. Es muss vielmehr unterschieden werden, ob die Sparmaßnahmen ein weiteres Motiv verfolgen, das einen engen Bezug zum System der Alimentation hat. Ge­ eignete Grundlagen für diese Unterscheidung bietet die neuere Rechtsprechung des BVerfG, insbesondere die Entscheidung zur Versorgungsanpassung.351 Das Gericht konkretisiert diesen weiteren zulässigen Grund für die Absenkung für Kürzungen im Rahmen der Beamtenversorgung. Die Rechtsprechung knüpft an eine frühere Entscheidung an, in der das BVerfG festgestellt hatte, dass die ergänzenden, sekundären Gründe im Bereich des Systems der Altersversorgung liegen müssen.352 Diese Systemimmanenz ist Ausgangspunkt und entscheidendes Merkmal 349

Leisner, ZBR 1998, 259. Leisner, ZBR 1998, 259, 266. 351 BVerfGE 114, 258. 352 BVerfGE 76, 256, 311.

350

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

des Rechtfertigungsgrundes, der einer fiskalischen Kürzung zur Legalität verhelfen kann. Diese Voraussetzung wird nur von einer sehr engen Kategorie von Gründen erfüllt, die nur die betroffene Gruppe betreffen. Hier unterscheidet das Gericht zwischen den aktiven Beamten und den Ruhegehaltsempfängern. Wenn eine Kürzungsmaßnahme die Situation der Beamten im Allgemeinen betrifft, dann können die Absenkungen nicht nur den Versorgungsempfängern zu Last fallen. Sie müssen von der Gesamtheit der Beamten getragen werden. Somit lässt sich eine Kürzung der Versorgung unter Bezugnahme auf diese Erwägung nicht rechtfertigen. Umgekehrt kann eine Versorgungskürzung gerechtfertigt werden, wenn sie auf einer Erwägung beruht, die ausschließlich die Ruhegehaltsempfänger betrifft. Das Gericht bezieht sich auf den für die Rechtfertigung einer Versorgungskürzung im Zuge des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom Gesetzgeber genannten Grund der hohen Zahl von Frühpensionierungen und einer damit zusammenhängenden längeren Laufzeit der Versorgungsleistungen. Die Inanspruchnahme auch der aktiven Beamten für die durch das Anwachsen des Versorgungszeitraums bedingten Mehrkosten sei grundsätzlich nicht sachfremd. „Jeder Beamte kann in die Situation einer vorzeitigen Pensionierung kommen. Zugleich profitiert jeder Beamte davon, dass der Gesetzgeber auf die längere Lebenserwartung nicht durch eine Anhebung der Altersgrenze reagiert. Damit erscheint es grundsätzlich nicht unbillig, diese Umstände bei der Bemessung des Umfangs der Alimentation zu berücksichtigen. Da jedoch diese Gesichtspunkte die Beamtenschaft insgesamt betreffen, weisen sie keinen spezifischen Bezug zum System der Altersversorgung auf und rechtfertigen deshalb nicht die Inanspruchnahme allein der Versorgungsempfänger.“353 Die Ausführungen des BVerfG sind zwar spezifisch für die Versorgung getroffen worden. Jedoch ist eine entsprechende Anwendung dieser Grundsätze auch auf die Besoldung denkbar. Auf Grundlage der zitierten Entscheidung kann von drei Kategorien von Kürzungen ausgegangen werden, abhängig davon, welche Gruppe von Beamten sie zu tragen hat. Zunächst sind Belastungen vorstellbar, die von der Allgemeinheit der Beamten getragen werden müssen. Diese können für sich genommen eine Absenkung des Versorgungsniveaus zur Einsparung staatlicher Ausgaben nicht rechtfertigen. Das BVerfG nennt exemplarisch die wachsende Nachfrage staatlicher Leistungen und die Belastungen, die durch die Aufstockung der Zahl der Beamten verursacht werden.354 Weiter kann zwischen Belastungen unterschieden werden, die entweder nur die aktiven Beamten oder nur die Ruhestandsbeamten zu tragen haben. Hier operiert das Gericht mit der Systemimmanenz des zulässigen Korrekturgrundes. Die Funktion dieses Merkmals liegt auf der Hand: Dadurch soll ausgeschlossen werden, dass eine bestimmte Gruppe von Beamten (z. B. die Versorgungsempfänger) eine Belastung auferlegt bekommt, die eigentlich von der Allgemeinheit der Beamten hätte getragen werden müssen. In der zitierten Rechtsprechung findet das BVerfG einen systemimmanenten Gesichts 353

BVerfGE 114, 258, 292. BVerfGE 114, 258, 292.

354

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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punkt für die Versorgungsabsenkung darin, dass in der Absenkung der Rente eine Entwicklung deutlich wird, die auch für die Frage der Amtsangemessenheit der Versorgung relevant ist. Für die Besoldung könnte diese Schlussfolgerung ge­ zogen werden, wenn sich die allgemeine Lebensentwicklung dahingehend ge­ ändert hätte, dass eine Reduzierung der Bezüge noch einen amtsangemessenen Lebensstandard sichern würde. Im Falle einer Anpassung ist in Zusammenhang mit der geforderten Systemimmanenz zu folgern, dass eine Kürzung nur im Rahmen des Besoldungs- oder nur des Versorgungssystems nur dann möglich ist, wenn sich die allgemeine Lebensentwicklung ausschließlich im Rahmen dieser Gruppe verändert hat. Die Anpassung an das Rentenniveau ist hier das prominenteste Beispiel. Weitere Fälle einer ausschließlichen Veränderung der Umstände für nur eine Gruppe der Beamten dürften selten sein. Ein breiterer Spielraum für die Anwendung der Systemimmanenz eröffnet sich in Fällen der ausschließlich auf die Besoldung oder die Versorgung bezogenen Umgestaltung des Bezügesystems. Dies ist etwa beim Abbau von Vergünstigungen bei der Versorgung der Fall, die sich für den betroffenen Ruhestandsbeamten nur als Absenkung auswirken und primär fiskalisch motiviert sind.355 Auch der zweite Aspekt der Systemimmanenz, der die systeminternen Korrekturen betrifft, stellt nur eine erste Schranke für die geplante Veränderung dar. Er besagt, dass beispielsweise eine Umgestaltung der Versorgung, die sich für einige Beamte als Kürzung darstellt, dann vollzogen werden kann, wenn dies unter Bezugnahme auf Gründe, die sich aus dem jeweiligen System ergeben, geschieht. Ein Verstoß gegen diesen Aspekt, d. h. eine mangelnde Begründung aus dem System heraus, kann jedoch bereits zur Unzulässigkeit der besagten Maßnahme führen und zwar wegen einer Verletzung des Alimentationsprinzips. Insoweit stellt die Voraussetzung der Heranziehung eines systemimmanenten Grundes eine erste Sicherung des Alimentationsgrundsatzes dar. Dieser Gesichtspunkt wurde erst mit der Entscheidung des BVerfG zur Versorgungsanpassung deutlich und ist als zusätzlicher Schutzmechanismus vor Kürzungen zu begrüßen. Das Alimentationsprinzip bietet allerdings noch eine weitere Schranke, die insbesondere auch dann greift, wenn ein systemimmanenter Grund für die Absenkung existiert. Diese besteht in der Amtsangemessenheit der Alimentation. Der Gesetzgeber muss folglich stets darauf achten, dass eine Kürzung, auch wenn sie im Rahmen der Gerechtigkeit des gesamten Systems vorgenommen wurde, nicht die unterste Grenze der Amtsangemessenheit tangiert. Trotz eines grundsätzlichen Ausschlusses von fiskalpolitischen Erwägungen als Rechtfertigung für Kürzungen der Alimentation ist eine Heranziehung dieser Gründe über den Umweg eines Sekundärziels möglich. Dies geschieht nicht ausdrücklich, sondern  – wie im Fall des Versorgungsanpassungsgesetzes  – zumeist mittelbar. Dieser Mechanismus führt praktisch dazu, dass Absenkungen der Be 355

Wolff, ZBR 2005, 361, 369.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

soldung, die im Bereich des Systems fiskalisch motiviert waren, im Beamtenrecht auf Grundlage einer systemimmanenten Anpassung zulässig sind, ohne dass die fiskalischen Gesichtspunkte erwogen werden müssten. Trotz dieser verkappten Kürzung unter faktischer Bezugnahme auf grundsätzlich unzulässige Gründe ist das Alimentationsprinzip hinreichend abgesichert durch die unantastbare Grenze seines Kernbereichs. Dies bedeutet jedoch nicht, dass alle Gefahren für die Amts­ angemessenheit der Besoldung gebannt sind. Der mit einer systemimmanenten Anpassung unter Umständen erreichte Zustand wird umso kritischer sein, je näher er sich an der Grenze des Kernbereichs befindet. Einzelne Aspekte des Alimentationsgrundsatzes, die nicht zentral geschützt sind, aber dennoch überaus wichtig sind, werden dieser Kürzung zum Opfer fallen. Hierbei ist insbesondere die qua­ litätssichernde Funktion der Alimentation zu nennen, die bei einer derartigen Abwägung als erste vernachlässigt sein dürfte. Dabei hat das BVerfG in einer neuesten Entscheidung gerade diese Funktion des Alimentationsgrundsatzes besonders hervorgehoben.356 Umso wichtiger erscheint eine möglichst genaue Konturierung des Inhalts des kürzungsresistenten Bereichs des Alimentationsprinzips. c) Ergebnisse im Rahmen der zweiten Kollisionsebene Zusammenfassend ist aus den Darstellungen zunächst zu folgern, dass Eingriffe in den Kernbereich des Alimentationsprinzips auch nicht durch ein verfassungsrechtliches Prinzip gerechtfertigt werden können. Die Entfaltung des Verfassungsprinzips auf den Bereich der Beamtenalimentation ist folglich durch den Kern­ bereich des Alimentationsprinzips beschränkt. Eine Durchbrechung dieser Grenze ist auch nicht ausnahmsweise möglich. Ein Rechtsprinzip kann aber andererseits, wie am Beispiel des Sozialstaatsprinzips dargestellt, den Rahmen des hergebrachten Grundsatzes erweitern und den Gesetzgeber dazu verpflichten, eine zusätz­ liche Leistung an den Beamten zu erbringen. Im Vergleich zur ersten Ebene ergeben sich hier deutliche Unterschiede. Während die Kollision zweier Grundsätze auf erster Ebene, die zu einer Verkürzung des einen führt, eines zusätzlichen Rechtfertigungsgrundes für eine Beschränkung bedarf, kann das andere Rechtsprinzip, das mit dem hergebrachten Grundsatz auf zweiter Ebene konfligiert, für sich genommen den Eingriff rechtfertigen oder die Entfaltung der Wirkungskraft des hergebrachten Grundsatzes verstärken. Eine Besonderheit ergibt sich für den Bereich der Kürzungen aus fiskalpolitischen Gründen, die ebenfalls im Sinne eines Rechtsprinzips einzuordnen sind. Diese können grundsätzlich nicht zu Absenkungen der Besoldung führen, auch nicht oberhalb der Grenze des Kernbereichs. Aus der neuesten Rechtsprechung des BVerfG lässt sich jedoch schlussfolgern, dass systemimmanente Gründe Kürzungen ermöglichen können. Dabei eröffnet sich eine neue Dimension der Recht­ 356

BVerfGE 119, 247, 264.

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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fertigung, nämlich unter Bezugnahme auf Entwicklungen in anderen Bereichen. Ein Beispiel hierfür stellt die Versorgungsanpassung an die Reformen im Bereich der Renten dar. Wenn sich diese Reformen auf Sparmaßnahmen zurückführen lassen, so wirken sie auch im Bereich des Beamtenrechts, wenn sie wirkungsgleich übertragen werden. Das Alimentationsprinzip ist dabei noch hinreichend abge­ sichert durch die Grenze der Amtsangemessenheit, die unabhängig von den systematischen Anpassungen geprüft werden muss. Auf der zweiten Ebene existieren auch keine verfestigten Konkordanzpositionen. Dies führt einerseits dazu, dass dieser Bereich flexibler gestaltet werden kann, weil die alleinigen Vorgaben sich aus dem Alimentationsprinzip und dem jeweiligen Rechtsprinzip ergeben. Diese müssen im Einzelfall in Ausgleich gebracht werden. Auf der anderen Seite fällt dadurch die zusätzliche Rechtfertigungsnotwendigkeit durch eigene Gründe weg, die für die verfestigte Konkordanzposition galt. Das könnte im Endeffekt auf eine Abschwächung der Absicherung der untersten Grenzen des Kernbereichs führen. 3. Exkurs: Absolute Grenzen des Alimentationsprinzips

Den Gesetzgeber trifft die Pflicht, den Beamten amtsangemessen zu besolden. Unterhalb dieser Grenze befindet sich der unantastbare Kernbereich der Alimentation. Er setzt der Regelungsfreiheit des Gesetzgebers absolute Grenzen. Ob die Dienstbezüge des Beamten amtsangemessen sind, beurteilt sich nach dem Nettoeinkommen.357 Bei einer grundsätzlichen Möglichkeit der Absenkungen im Bereich der Besoldung und Versorgung stellt sich die Frage nach einem geeigneten Maßstab für die Feststellung einer Kernbereichsverletzung. Dabei gibt es keinen allgemeinen Bezugspunkt für die Amtsangemessenheit. Die Orientierung am allgemeinen Lebensstandard und der Einkommensentwicklung ist zwar eine ein­ deutige Vorgabe an den Gesetzgeber bezüglich der Gestaltung der Besoldung. Sie gibt jedoch keine eindeutigen Fixpunkte für die Festlegung von Grenzen der Absenkungen. Neuere Ansätze in der obergerichtlichen Rechtsprechung verwerten diese Anpassungsdirektive im Rahmen eines komplexen, sich aus mehreren Bezugspunkten zusammensetzenden Prüfungsmaßstabs für die Grenzen des Gestaltungsspielraums. Es gibt mehrere Hinweise darauf, dass sich diese Faktoren zu festen Bezugspunkten verdichten. Dies wird im Folgenden untersucht. Zunächst muss jedoch die Praxis des BVerfG erläutert werden, da sich daraus struktur­ relevante Vorgaben für die neue Betrachtung ergeben könnten. Das BVerfG hat bei der Annahme einer Verletzung des Kernbereichs des Alimentationsprinzips meist relativ argumentiert. Anhand der dort ermittelten Fixpunkte wurde eine Verletzung der Amtsangemessenheit für einzelne Gruppen von Beamten festgestellt. Die amtsangemessene Alimentation musste so nicht für alle 357

BVerfGE 44, 249, 266; 81, 363, 376; 99, 300, 315.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

Beamten verbindlich beziffert werden. Prominentestes Beispiel hierfür waren die Kinderzuschlagentscheidungen, in denen das Gericht davon ausging, dass die Beamtenbesoldung zu den damaligen Zeitpunkten für Beamte mit zwei Kindern im Wesentlichen amtsangemessen war.358 Es war zwar nicht das Ziel dieser Entscheidungen, über die Angemessenheit der Beamtenbesoldung zu urteilen. Für die Ermittlung des Kernbereichs können den Entscheidungen allerdings zwei generalisierbare Punkte entnommen werden. Zunächst allgemein und abstrakt: Eine spürbare Besoldungsabsenkung kann zur Verletzung des Alimentationsprinzips führen. Für die Bestimmung der Angemessenheit liefert das Gericht bestimmte Bezugspunkte, allen voran das durchschnittliche Nettofamilieneinkommmen in privaten Haushalten und einen bestimmten Abstand der Kinderzuschläge zum sozialhiferechtlichen Gesamtbedarf.359 Dann kann den Entscheidungen eine konkrete Aussage entnommen werden: Das BVerfG hat bewusst und sehr deutlich eine Überalimentation der Beamten mit Familie zu diesem Zeitpunkt ausgeschlossen. Ausschließlich die ledigen und/oder kinderlosen Beamten hielt das Gericht für möglicherweise überalimentiert.360 Die abstrakten Kriterien können möglicherweise zur Herausbildung eines universellen Maßstabs für kritische Besoldungs­ absenkungen herangezogen werden. Der konkrete Gesichtspunkt der angemessenen Alimentation von kinderlosen Beamten könnte als relativer Anknüpfungspunkt für zeitnahe Besoldungsabsenkungen genommen werden. Dabei müsste die all­ gemeine Entwicklung allerdings zusätzlich berücksichtigt werden. a) Maßstäbe für die Feststellung einer Verletzung des Kernbereichs Es wurde bereits erörtert, dass eine abstrakte Feststellung einer Verletzung des Kernbereichs des Alimentationsprinzips nicht möglich ist. Dies würde den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers unverhältnismäßig einengen. Allerdings muss eine Heranziehung abstrakter Maßstäbe zulässig sein für die Eingrenzung des Kernbereichs der Alimentation. Bislang war nur eine Orientierung anhand der relativen Feststellungen des BVerfG möglich. Diese Vorgehensweise stellt immer noch den sichersten Weg für den Befund einer Verletzung der unteren Grenze 358 BVerfGE 44, 249; 81, 363; 99, 300  – vgl. hierzu Wolff, ZRP 2003, 305. Ebenfalls relativ argumentiert das BVerfG in einer neueren Entscheidung zu Versorgungsabsenkungen: BVerfGE 116, 258, 299. Würde der Gesetzgeber selbst irgendwie kundtun, der Beamte müsse, um eine amtsangemessene Versorgung zu erreichen, ergänzend zu seinem Versorgungsanspruch eine private Vorsorge aufbauen, würde er damit deutlich machen, dass die gewährte Versorgung nicht amtsangemessen und daher verfassungswidrig ist. Der Gesetzgeber hat deutlich dargelegt, eine private Altersvorsorge sei für eine amtsangemessene Versorgung nicht erforderlich – hierzu: Wolff, ZBR 2005, 361, 366. 359 BVerfGE 44, 249, 264 f.; 81, 363, 382 f.; 99, 300, 321 f. – das Gericht bekräftigt in der letzten Entscheidung, dass diese Berechnungsmethode nicht zu einer absoluten Bestimmung dessen führe, was die dem Beamten zu gewährende Alimentation ausmacht. 360 BVerfGE 81, 363, 377.

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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der Alimentation. Eine abschließende Festlegung abstrakter Maßstäbe würde eine Grundlage für konkrete besoldungspolitische Berechnungen darstellen und somit zur Rechtssicherheit beitragen. Ein abstraktes Raster von Anhaltspunkten würde ferner auch eine präventive Prüfung von geplanten Reformen ermöglichen und damit den Behörden und den Beamten zusätzlichen verwaltungs- und gerichtstechnischen Aufwand ersparen. Die neuesten Entwicklungen in der Rechtsprechung liefern mehrere Anhaltspunkte. Die Gerichte waren zuletzt insbesondere im Bereich der Kostendämpfungspauschale aktiv. Die ober- und höchstgerichtliche Rechtsprechung hat die Einführung dieser Abgabe zunächst übereinstimmend für verfassungskonform erachtet.361 Auch das BVerfG hat in einer bereits erörterten Entscheidung der Pauschale Verfassungskonformität bescheinigt. Abweichend von dieser Rechtsprechung ist das OVG NRW in mehreren Entscheidungen aus dem Jahr 2007 zur Verfassungswidrigkeit der Kostendämpfungspauschale gelangt. Die neue Rechtsprechung des OVG NRW war im Hinblick auf das Urteil des Sechsten Senats vom 12.11.2003 und die neue Rechtslage zu erwarten.362 Während die neuen Entscheidungen im Ergebnis übereinstimmten, folgten die beiden für diese Rechtsprechung zuständigen Senate, der Erste und der Sechste, einer diametral unterschiedlichen Begründung. Der Sechste Senat hat sein Ergebnis mit dem der beamtenrechtlichen Fürsorge- und Treuepflicht entnommenen Verbot widersprüchlichen Verhaltens, sowie dem Gebot der beamtenrechtlichen Rücksichtnahme begründet.363 Anders hingegen der Erste Senat: Er ging von einem bestimmten Verhältnis zwischen dem Alimentationsprinzip und der Fürsorgepflicht des Dienstherrn aus und entwickelte in Anlehnung hieran bestimmte Kriterien der Überprüfung der Amtsangemessenheit der Besoldung.364 Die Unterscheidung ist für den Gang der Untersuchung 361

BVerwGE 118, 277; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 19.7.2002 – 2 LB 3402/01; OVG NRW, Urteil vom 12.11.2003, ZBR 2005, 2007 bezüglich der Regelung bis zum 31.12.2002; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21.12.2007, ZBR 2007, 316; OVG Hamburg, Urteil vom 17.12.2007 – 1 Bf 191/07. 362 Dort hat das Gericht unter Bezugnahme auf Schnellenbach, VerwArch 2001, 2, 24 festgestellt, dass sich grundsätzlich eine isolierte Betrachtung der konkret in Rede stehenden Kürzungsregelungen verbiete. Denn es könne nicht sein, dass im Wege der „Salamitaktik“ durch eine Vielzahl für sich betrachtet zulässiger Kürzungsmaßnahmen auf eine im Ergebnis unangemessene Besoldung und Versorgung zugesteuert werde. Im Hinblick auf die zum 1.1.2003 angehobenen Sätze der Kostendämpfungspauschale nach § 12 NWBVO n. F. sowie der zugleich eingeleiteten Kürzungen bei Jahressonderzuwendung, Urlaubsgeld und Versorgungsrecht hat der Senat mehr als deutliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der neuen Regelung geäußert. 363 Die Verpflichtung des Beamten, zur Deckung der krankheitsbedingten Kosten auf einen nicht für den krankheitsbedingten Bedarf zur Verfügung gestellten Bestandteil der Besoldung zurückzugreifen zu müssen, unterlaufe das Verbot widersprüchlichen Verhaltens und stelle sich als treuwidrig dar. Eine Verletzung des Gebots der beamtenrechtlichen Rücksichtnahme liege in der fehlenden Versicherbarkeit der Kostendämpfungspauschale  – OVG NRW, Urteil vom 18.7.2007 – 6 A 3535/06, DÖD 2007, 230. 364 Zuletzt in dieser Rechtsprechungsreihe: OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007 – 1 A 4955/05, DVBl. 2007, 1297.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

von wesentlicher Bedeutung. Der Grund hierfür ergibt sich aus dem jüngsten Beschluss des BVerfG zur Kostendämpfungspauschale. Dort hat das Gericht einen ausdrücklichen Widerspruch der eigenen Rechtsauffassung mit der des Sechsten Senats des OVG NRW festgestellt.365 Auch das Revisionsverfahren gegen das Urteil des Sechsten Senats vor dem BVerwG blieb erfolglos.366 Dagegen gehen die Entscheidungen des Ersten Senats des OVG NRW in besonderer Weise darauf ein, was das BVerfG im Rahmen der zu entscheidenden Verfassungsbeschwerden zwar für möglich, jedoch nicht für dargetan erachtete. Nach Aussage des Gerichts könnte sich ein Verstoß gegen das Alimentationsprinzip aus einem Vergleich der in jüngerer Vergangenheit durch Leistungskürzungen und Einsparmaßnahmen geprägten Entwicklung der Alimentation mit der übrigen Einkommensentwicklung ergeben. Das OVG NRW macht diesen detaillierten Vergleich zum Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Bewertung der Kostendämpfungspauschale. Die sich aus dieser Rechtsprechung ergebenden Maßstäbe und Kriterien könnten in einen systematischen Rahmen zusammengefasst und bewertet werden. Die Vorgehensweise könnte auch übertragbar sein auf andere Konstellationen der Kürzungen im Bereich des Alimentationsprinzips. Im Ergebnis könnte sich eine einheitliche Prüfungssystematik für Beeinträchtigungen des Alimentationsprinzips ergeben, was zu einer handfesten Konturierung des Kernbereichs führen würde. aa) Spannungsverhältnis zwischen den besoldungsrelevanten Elementen als Ausgangspunkt Verletzungen des Kernbereichs werden zunächst durch Absenkungen der Alimentation verursacht. Eine Absenkung ist jede Rechtsänderung, die eine nominell geringere Besoldung bewirkt als die, auf die der Beamte vor der Rechtsänderung einen konkreten oder potentiellen Anspruch gehabt hätte.367 Zumeist handelt es sich dabei um eine Absenkung der Grundgehälter oder die Streichung eines Elements der Besoldung, beispielsweise einer Zulage oder eines Zuschlags. Die Absenkung liegt auch dann vor, wenn nicht alle Beamten davon betroffen sind, sondern eine bestimmte Gruppe. Angesichts des Aufeinanderbezogenseins der einzelnen Faktoren, die bei der Angemessenheit der Besoldung berücksichtigt werden müssen, ist das Verhältnis zwischen diesen Elementen entscheidend. Dies wird auf der zweiten Kollisionsebene besonders deutlich: Die vom Dienstherrn zu gewährende ergänzende Fürsorge steht in einem engen Abhängigkeitsverhältnis zur Höhe der gewährten Besoldung. Die Fürsorge muss die Amtsangemessenheit der Alimentation sicherstellen, wenn anderenfalls im Ergebnis die Amtsangemessenheit nicht gewährleis 365

BVerfG, ZBR 2007, 416. BVerwGE 131, 20. 367 In Anlehnung an den Begriff der Versorgungsabsenkung, hierzu: Wolff, ZBR 2005, 361, 363. 366

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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tet ist. Der Gesetzgeber muss bei der näheren Ausgestaltung der Fürsorge den verfassungsrechtlichen Zusammenhang zwischen Fürsorge und Alimentation  – im Sinne eines Aufeinanderbezogenseins von Besoldung einerseits und Fürsorgeleistungen in Sonderfällen andererseits – besonders berücksichtigen.368 Was für Fürsorgeleistungen gilt, muss entsprechend für andere Elemente der Alimentation gelten. Denn auch diejenigen Besoldungsabschnitte, die durch den Bedarf des Beamten motiviert sind, stellen die amtsangemessene Alimentation sicher. Der Unterschied zu Fürsorgeleistungen besteht lediglich darin, dass diese zusätzlich durch einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums zumindest teilweise abgesichert sind. Die damit zusammenhängenden dogmatischen Besonderheiten wurden im Rahmen der zweiten Kollisionsebene dargestellt. bb) Einschätzungsprärogativen des Gesetzgebers Soll ein Bestandteil der Besoldung gekürzt werden, so muss das Spannungs­ verhältnis zwischen der Amtsangemessenheit der Alimentation und dem zu streichenden oder abzusenkenden Element beachtet werden. Nicht zuletzt aus der Einrichtung eines speziellen verfassungsrechtlichen Verfahrens nach Art.  93 Abs.  1 Nr.  2a GG ergibt sich eine volle Überprüfbarkeit auch unbestimmter Gesetzesbegriffe. Der Interpretation des Gesetzgebers kommt diesbezüglich kein irgendwie gearteter Vorrang zu. Das Prinzip umfassender judikativer Überprüfung wird auf verfassungsrechtlicher Ebene entsprechend angewandt.369 Diese Überprüfung stößt daher auf den Umstand, dass im Hinblick auf die Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit des gesetzgeberischen Tätigwerdens Tatsachenbewertungen und Prognosen tatsächlicher Entwicklungen nötig sind, für die dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zugestanden werden muss.370 Auch im besonderen Fall der Besoldung und ergänzender Fürsorge stehen dem Besoldungsgesetzgeber Einschätzungsprärogativen bei der Frage zu, wie er dieses Spannungsverhältnis mit dem Ziel der jederzeit aktuell zu gewährleistenden amtsangemessenen Alimentation lösen will.371 Diese Prärogative muss folgerichtig auch für die „allgemeine“ Situation gelten, in der der Besoldungsgesetzgeber einzelne bedarfsorientierte Elemente berücksichtigen muss, die insgesamt das Niveau der Amtsangemessenheit gewährleisten. Dies wird auch in der Rechtsprechung bestätigt: Das VG Arnsberg hat den durch das SZG NRW bewirkten Fortfall des Anspruchs auf Urlaubsgeld nach Maßgabe des UrlGG NRW als Eingriff in den Kernbereich des Alimentationsprinzips gewertet. Nach dem Vorlagebeschluss 368 BVerwGE 121, 103; OVG NRW, Urteil vom 12.11.2003 – 1 A 4755/00, ZBR 2005, 272, 273. 369 Oeter, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 72, Rn. 109. 370 BVerfGE 106, 62, 136 f; 110, 141, 175; hierzu: Stettner, in: Dreier (Supplementum 2007), Art. 72, Rn. 27. 371 OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007 – 1 A 4955/05, DVBl. 2007, 1297.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

ist das Gesetz mit Art. 33 Abs. 5 GG in der vor dem 1. September 2006 gültigen Fassung nicht vereinbar, soweit es bewirkt, dass das Gesetz über die Gewährung eines jährlichen Urlaubsgeldes nicht mehr weiter anzuwenden ist, wodurch der Anspruch auf Urlaubsgeld nach dem UrlGG ersatzlos entfallen ist. Dabei hat sich das Gericht unter anderem auf die Prärogativen des Gesetzgebers bei der Gestaltung der Besoldung berufen.372 Einen ersten Anhaltspunkt für die Beeinträchtigung des Kernbereichs dürfte demnach ein Fehlgebrauch dieser Einschätzung durch den Gesetzgeber liefern. Doch ein Prärogativenfehlgebrauch oder eine Prärogativenfehlgewichtung ist mit Ermessensfehlern nicht gleichzusetzen, die regelmäßig zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns führen.373 Eine Verletzung des Kernbereichs wird folglich nicht ausschließlich auf Grundlage dieses Kriteriums festgestellt werden können. Denn das Verfassungsrecht verlangt die Ergebnisrichtigkeit der vom Gesetzgeber getroffenen Entscheidung.374 Die Prüfung des richtigen Prärogativengebrauchs wurde vom Ersten Senat des OVG NRW in der bereits angeführten Entscheidung zur Kostendämpfungspauschale in vollem Umfang geprüft. Obwohl das Gericht Fehler in diesem Bereich festgestellt hat, hielt es eine Prüfung der Ergebnisrichtigkeit der vom Gesetzgeber getroffenen Entscheidung für notwendig.375 Die Verletzung der Einschätzungsprärogativen kann demnach allenfalls ein Indiz für die Rechtswidrigkeit des gesetzgeberischen Handelns sein. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Prüfung der Prärogativen überhaupt notwendig ist. Jedenfalls wird allein die mangelhafte Begründung für eine Regelung nicht zu ihrer Verfassungswidrigkeit führen. Die Prüfung ist jedoch aus anderen Gründen notwendig. Zunächst umfasst der staatsrechtliche Begriff der Einschätzungsprärogative, wie bereits erwähnt, auch Erwägungen des Gesetzgebers bezüglich der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Regelung. Tragende Gründe für die Einführung der Regelung können auf die Rechtfertigung einer Ab­senkung der Besoldung Einfluss nehmen. Diese Begründungen wären bei einer ausschließlichen Prüfung des Ergebnisses nicht zutage getreten. Auch die neuesten Entwicklungen in der Rechtsprechung weisen auf die Notwendigkeit einer Analyse der Begründungen des Gesetzes hin. In der Entscheidung zu überschießenden Versorgungsabsenkungen musste sich das BVerfG mit einem besonderen Element des Gestaltungsspielraums auseinander setzen.376 Nach der Begründung des Gesetzgebers ging dieser davon aus, dass die Absenkung des Rentenniveaus auch Auswirkungen auf den Lebensstandard hat, der für die Beamten als angemessen empfunden werden kann. Darüber hinaus musste der Gesetzgeber davon ausgehen, dass er die Versorgung weiter absenkt, als es ihm der selbst gewählte Maßstab

372

VG Arnsberg, Beschluss vom 27.12.2007 – 2 K 3224/04, ZBR 2008, 96. Badura, in: Isensee/Kirchohhof, HdbStR VII, § 163, Rn. 28 m. w. N. 374 Oeter, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 72 Abs. 2, Rn. 115. 375 OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007 – 1 A 4955/05, Rn. 99 ff., DVBl. 2007, 1297. 376 BVerfGE 114, 258.

373

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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zuließ.377 Dieser überschießende Teil der Versorgungsabsenkung war nicht mehr durch das zulässige Ziel der Anpassung der Versorgung an geminderte Alterslebensstandards gedeckt. Es war vielmehr eine rein fiskalisch motivierte Absenkung, die für sich genommen unzulässig ist.378 Die rechtfertigende Funktion ergab sich für das BVerfG aus dem gesetzgeberischen Gestaltungsfreiraum. Dem Gesetzgeber hat es in Zusammenhang mit prognostischen Entscheidungen einer Art „Recht auf bewusste Übertreibung“ eingeräumt,379 und die Überschreitung im Ergebnis gebilligt. Dieses Recht des Gesetzgebers, bewusst über das Ziel hinauszugehen ist zwar sehr begrenzt.380 Doch es verdeutlicht, dass eine Überprüfung der Einschätzungsprärogativen des Gesetzgebers von großer Wichtigkeit ist. Nicht nur können sich hieraus zusätzliche, wenn auch sehr eingeschränkte, Gestaltungsmöglichkeiten für den Gesetzgeber ergeben. Die Ausübung der Prärogativen kann auch durch zusätzliche Pflichten eingeschränkt sein, deren Einhaltung im Einzelnen kontrolliert werden kann. Aus der Entscheidung zur Versorgungsabsenkung ergibt sich eine Kontrollpflicht für den Gesetzgeber zu beobachten, ob er mit seinem Mittel die Grenzen des Zulässigen nicht überschreitet.381 Vor diesem Hintergrund ist von einer Notwendigkeit der Überprüfung der Einschätzungsprärogativen des Gesetzgebers auszugehen. Anschließend muss eine ergebnisorientierte Prüfung vorgenommen werden. cc) Die Marginalitätsgrenze im Rahmen der Einschätzungsprärogative Bei der Wahrnehmung des Gestaltungsspielraums im Rahmen des Alimenta­ tionsprinzips müssten die Einschätzungsprärogativen jedenfalls dann ihre Grenze finden, wenn infolge der Absenkung der Kernbereich verletzt werden würde. Fraglich ist, welche Kriterien dabei maßgeblich sind. Man könnte hierfür zunächst den Ansatz des BVerfG aus der Entscheidung zu den Versorgungsabsenkungen fruchtbar machen und mit einem prozentual bezeichneten Volumen im Sinne einer Grenze für zulässige Absenkungen arbeiten. Die obergerichtliche Rechtsprechung formuliert die entsprechende Voraussetzung  – zunächst für das Verhältnis zwischen Alimentation und Fürsorge – als eine relative Marginalitätsgrenze. Danach ist eine in Wahrnehmung dieser Prärogativen getroffene Entscheidung jedenfalls dann (von vornherein) gerichtlich nicht zu beanstanden, wenn lediglich Veränderungen im Wechselspiel von Besoldung und ergänzender fürsorgerischer Leistung

377 Die Absenkungen der Beamtenversorgung gingen über die der Rente hinaus, BVerfGE 114, 258, 295 f. 378 Vgl. Leisner, ZBR 1998, 259. 379 Wolff, ZBR 2005, 361, 365. 380 Pechstein, ZBR 2002, 1, 6; Wolff, ZBR 2005, 361, 365  – absolut gesehen liegt es bei ca. 2 %. 381 Wolff, ZBR 2005, 361, 365.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

in marginalem Umfang in Rede stünden.382 Dieser Maßstab lässt sich auch auf Manipulationen des Gesetzgebers innerhalb des Alimentationsprinzips selbst übertragen, also auf etwaige Kürzungen derjenigen Bestandteile, die durch den Bedarf des Beamten motiviert sind. Sowohl das BVerfG als auch die obergerichtliche Rechtsprechung gehen demnach von einer bestimmten Größe aus, die absolut oder relativ bezeichnet werden könnte. dd) Absolute oder relative Belastungsbeträge als Maßstab der Marginalität? Fraglich ist, ob ein absoluter Belastungsbetrag zur Konkretisierung der er­ örterten Marginalitätsgrenze herangezogen werden kann. Die Rechtsprechung hat teilweise auf absolute Beträge abgestellt. So hat das BVerwG bei zusätzlichen monatlichen Aufwendungen als Eigenvorsorge in Höhe von 20 DM die amtsangemessene Alimentation als nicht gefährdet angesehen.383 Der 1. Senat des OVG NRW hat auf eine Überschreitung dieser Schwelle bei einem monatlichen Betrag von 33 DM bezogen auf das Einkommen eines Beamten der Besoldungsgruppe A 12 und von 25 DM bzw. 30 DM bezogen auf das Einkommen eines Richters der Besoldungsgruppe R 1 nicht zu erkennen vermocht.384 Das OVG Berlin-Brandenburg hat eine monatliche „Eigenvorsorge“ in Höhe von 11,67 EUR – bezogen auf die Besoldungsgruppe A 13 – nicht beanstandet.385 In einer jüngst ergangenen Entscheidung hat das OVG NRW die Bagatellgrenze als überschritten angesehen im Fall einer Kostendämpfungspauschale, die zu einer zusätzlichen monatlichen Belastung der Beamten und Richter in Höhe von 12,50 EUR (A 7), 25 EUR (A 12), 37,50 EUR (R 2), 50 EUR (R 4/B 4), 62,50 EUR (R 8/B 8) geführt hat.386 Dabei hat es sich auf eine „deutliche Überschreitung“ der Beträge berufen, die in der bisherigen Rechtsprechung angeführt wurden. Ein eindeutiger Schwellenwert konnte jedoch nicht genannt werden. Es ist auch nicht ersichtlich, an welchen Kriterien 382

OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007  – 1 A 4955/05, Rn.  48, DVBl. 2007, 1297. Anders begründet wird die Verfassungswidrigkeit der Kostendämpfungspauschale vom 6.  Senat des OVG NRW. Dieser sieht das bestehende Kombinationsmodell aus einer bsoldungsfinanzierten Eigenvorsorge des Beamten einerseits und einer krankheitskostenabhängigen Beihilfe des Dienstherrn anderseits dadurch gekennzeichnet, dass es zu einer vollständigen Deckung des krankheitsbedingten Bedarfs durch die hierfür gewährten Leistungen führt. Diese Deckungsgleichheit werde durch die Kostendämpfungspauschale zerstört, die sich damit als Widerspruch zu dem selbst gewählten System darstelle. Die Verpflichtung des Beamten, zur Deckung der krankheitsbedingten Kosten auf einen nicht für den krankheitsbedingten Bedarf zur Verfügung gestellten Bestandteil der Besoldung zurückgreifen zu müssen, unterlaufe daher das Verbot widersprüchlichen Verhaltens und stelle sich als treuwidrig dar – OVG NRW, Urteil vom 18.7.2007 – 6 A 3535/06, DÖD 2007, 230, hierzu: Köster, DÖD 2008, 121. 383 BVerwGE 118, 277. 384 OVG NRW, Urteile vom 12.11.2003 – 1 A 4755/00, ZBR 2005, 272. 385 OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21.12.2006 – 4 N 108.05. 386 OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007 – 1 A 4955/05, DVBl. 2007, 1297.

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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klare Grenzen für die Überschreitung einer noch tragbaren Belastung festgelegt werden könnten. Eine Bezugnahme auf einen absoluten Schwellenwert ist daher abzulehnen. Ein aussagekräftigerer Wert könnte sich im Wege einer relativen Betrachtung ermitteln lassen. Diese wird auch vom OVG NRW in der neuesten Entscheidung ergänzend vorgenommen.387 Das Gericht setzt das Jahresgrundgehalt der ersten Dienstaltersstufe zuzüglich Sonderzahlung und Urlaubsgeld und abzüglich Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer ins Verhältnis zur Kostendämpfungspauschale. Den maßgeblichen Wert für eine noch zulässige Belastung stellt dabei ein Volumen von rund 1 % der Nettojahresbezüge dar, wobei sich das OVG NRW auf mehrere Entscheidungen stützten kann,388 darunter auch eine Entscheidung des BVerwG.389 Das Kriterium ist trotz seiner eindeutigen summenmäßigen Definierbarkeit einseitig. Viele wichtige Faktoren werden bei der Berechnung nicht berücksichtigt, darunter die Frage danach, ob die Alimentation an die wirtschaftliche Entwicklung angepasst worden ist. Zudem findet die 1 %-Grenze keine Erwähnung in der neuesten, in Zusammenhang mit der Kostendämpfungspauschale ergangenen Rechtsprechung des BVerfG.390 Daraus ergibt sich, dass das BVerfG diesem Kriterium nicht die in obergerichtlicher Rechtsprechung angenommene Bedeutung beizumessen beabsichtigt. Die Unvollständigkeit dieses Merkmals sieht auch das OVG NRW: In der Entscheidung wird es als Orientierungsrahmen bezeichnet, der ohnehin keine starre Grenze bildet.391 Daraus ergibt sich, dass die Feststellung einer Unangemessenheit der Alimentation wegen einer Kürzung eines Besoldungselements nicht anhand einer abstrakt gezogenen Marginalitätsgrenze festgestellt werden kann. Auch das Verhältnis der durch die Kürzung oder eine pauschale Abgabe entstandenen zusätzlichen Belastung zum Nettogrundgehalt kann nicht ausschlaggebend sein. Möglicherweise lässt sich das realitve Kriterium jedoch mit anderen Faktoren verbinden, so dass auf diesem Wege ein kombinierter Maßstab für zulässige Absenkungen entsteht. ee) Die 115 %-Grenze als Maßstab für Absenkungen In der Rechtsprechung wird ein weiteres Kriterium für die unterste Grenze der Angemessenheit der Alimentation herangezogen. Der Berechnungsfaktor ist angelehnt an sozialstaatliche Maßstäbe, die im Rahmen der zweiten Kollisionsgruppe erörtert wurden und die in einem weiteren Zusammenhang in den Kinderzuschlagentscheidungen relevant geworden sind. Das BVerfG hat dort eine Abgrenzung 387

OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007 – 1 A 4955/05, Rn. 53 ff., DVBl. 2007, 1297. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21.12.2006 – 4 N 108.05; OVG NRW, Urteil vom 12.11.2003 – 1 A 4755/00, ZBR 2005, 272. 389 BVerwGE 118, 277. 390 BVerfG, 2 BvR 1715/03, ZBR 2007, 416. 391 OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007 – 1 A 4955/05, Rn. 55, DVBl. 2007, 1297. 388

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

der beamtenrechtlichen Alimentation zu anderen Formen staatlicher Fürsorge vor­ genommen. Demnach ist „die Alimentation des Beamten und seiner Familie (…) etwas anderes und Eindeutigeres als die staatliche Hilfe zur Erhaltung eines Mindeststandards sozialer Sicherung, eines sozialen Standards“.392 Für den konkreten Fall eines Zuschlags für kinderreiche Beamten hat das BVerfG eine feste Größe ermittelt, die den verfassungsgebotenen Unterschied zwischen der der Sozialhilfe obliegenden Befriedigung eines äußersten Mindestbedarfs und dem dem Beamten geschuldeten Unterhalt jedenfalls für die damalige Zeit hinreichend deutlich werden ließ. Die relevante Besonderheit wird sichtbar, wenn der Betrag den sozialhilferechtlichen Bedarf um 15 % übersteigt. Das BVerfG hat dieses Kriterium für die Berechnung der Kinderzuschläge herangezogen. Es kann nicht – so das Gericht ausdrücklich – zu einer absoluten Bestimmung dessen führen, was die dem Beamten zu gewährende Alimentation ausmacht. Es ist fraglich, ob die 115 %-Grenze allgemein als unterste Grenze der Alimentation (noch) herangezogen werden kann. Dagegen spricht zunächst die besondere Situation, in der das Gericht das Kriterium herangezogen hat. Die Kinderzuschläge sind durch sozialhilferechtliche Erwägungen motiviert. Es wurde bereits dargestellt, dass die Einwirkung des Sozialstaatsprinzips auf das Alimentationsprinzip berücksichtigt werden muss. Der Mechanismus dieser Einwirkung wurde vom BVerfG von der Perspektive des Alimentationsprinzips aus gesehen. Maßgebend war primär die hinreichende Ausstattung des Beamten, die Absicherung seiner alimentationsrechtlichen Situation. Um dies zu erreichen bedurfte es eines ausreichenden Kinderzuschlags, so dass der Beamte nicht auf seine Grundalimentation zurückgreifen müsste, um seine Kinder zu versorgen. Die Höhe dieses Zuschlags soll zugleich dem Kind einen Lebensstandard garantieren, der dem Standard des Beamten entspricht. Verdeutlicht wird dies durch die Tatsache, dass die Zuschläge mit den Besoldungsgruppen ansteigen. Hierin spiegelt sich die höhere, dem jeweiligen Amt angepasste Besoldung der Beamten. Die dem Beamten für sein drittes und jedes weitere Kind gewährten Zuschläge sind zwar mit den höheren Besoldungsgruppen angestiegen. Der ursprünglich sozialstaatlich motivierte Zuschlag hat jedoch nicht die Besonderheit der Amtsangemessenheit der Alimentation berücksichtigt. Er hat sich darüber hinaus am Rande des sozialrechtlich Tragbaren bewegt, obwohl er familienrechtlich motiviert war. Mithin war es eine besondere Situation, in der auch sozialhilferechtliche Erwägungen als evidenter Kontrollmaßstab herangezogen werden konnten: Bei der Konturierung der Amtsangemessenheit der Grundalimentation ist das Kriterium allenfalls in den untersten Besoldungsgruppen brauchbar, in der Situation, in der die gewährte Be­ soldung nicht einmal das Existenzminimum sichert. Ein weiterer Grund, der gegen die Heranziehung des Kriteriums spricht, ist seine nahe Verwandtschaft zur Sozialhilfe. Diese dient der Sicherung menschenwürdiger Existenz für eine Bevölkerungsgruppe, die sich diese aus eigener Kraft, 392

BVerfGE 44, 244, 265.

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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also wegen fehlender eigener Mittel aus Erwerbstätigkeit, nicht selbst verschaffen kann. Damit steht die Frage, welche Gegenleistung einem Beamten geschuldet wird, dem die volle Hingabe an seinen Beruf abverlangt ist, in keinerlei Zusammenhang. Folglich sind die Bevölkerungsgruppen, die im Falle der Heranziehung dieses Kriteriums nebeneinander gestellt werden (die auf Inanspruchnahme von Sozialhilfe angewiesene Gruppe der Erwerbslosen und die Beamten), unterschiedlich und damit nicht vergleichbar. Für den Vergleich ist vielmehr diejenige Gruppe von Erwerbstätigen geeignet, die nach Ausbildung und Anforderung an ihre jeweilige Beschäftigung mit dem Beamten und seinem Amt vergleichbar ist.393 Zuletzt hat das OVG Sachsen-Anhalt die 115 %-Grenze herangezogen, um die Amtsangemessenheit der Besoldung nach der Kürzung einer Sonderzahlung (in Form eines Weihnachtsgeldes) zu prüfen.394 Auch bei der niedrigsten Besoldungsgruppe (A 2 BBesO) ergab sich hiernach ein ausreichender Abstand zur 115 %-Grenze.395 Es ist fraglich, ob auch dann, wenn ein Verstoß gegen dieses Kriterium festgestellt werden könnte (denkbar natürlich nur für die niedrigste Besoldungsgruppe), die Amtsangemessenheit der Besoldung in einer höheren Besoldungsgruppe auf dieser Grundlage verneint werden könnte (der Kläger hat der Besoldungsgruppe R 1 angehört). Angesichts der unterschiedlichen besoldungsrechtlichen Verhältnisse ist dies wohl zu verneinen. Die Entscheidungsrelevanz dieses Maßstabs dürfte sich demnach, wenn überhaupt, nur auf die niedrigsten Besoldungsgruppen beschränken. ff) Die Abstände im Ämtergefüge als Maßstab? Die Laufbahn- und Ämterhierarchie spiegelt sich in der Besoldungshierarchie wieder. Mit einer Beförderung wird der Beamte Inhaber eines Amtes mit größerem Verantwortungsbereich und damit zugleich auch aus der Gruppe derjenigen Beamten herausgehoben, die vorher mit ihm das gleiche, geringer eingestufte Amt innehatten. In ständiger Rechtsprechung betont das BVerfG, das mit einer Beförderung in aller Regel auch höhere Dienstbezüge verbunden sind, weil sich die dem Beamten zustehende (amts-)angemessene Alimentation nach dem Inhalt des ihm übertragenen statusrechtlichen Amtes und der damit verbundenen Verantwortung richtet.396 Dies gehöre zu den überkommenen Grundlagen des Berufsbeamtentums. Daraus ergibt sich ein mit dem Aufbau der Laufbahnen und Ämter zusam 393

Das OVG NRW erachtet die gedankliche Bezugnahme auf das sozialhilferechtliche Existenzminimum in dem Beschluss des BVerfG vom 12.2.2003 (BVerfGE 107, 218, 242) als überholt und das Kriterium als schlechthin ungeeignet als Parameter für die Amtsangemessenheit der Besoldung – OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007 – 1 A 4955/05, Rn. 127 ff., DVBl. 2007, 1297. Vgl. auch VG Braunschweig, Beschluss vom 9.9.2008 – 7 A 357/05. 394 OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25.4.2007 – 1 L 453/05. 395 OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25.4.2007 – 1 L 453/05, Rn. 101 ff. 396 BVerfGE 8, 1, 14; 21, 329, 345; 56, 146, 164; 64, 367; vgl. zur Frage der sich aus einer Neuordnung der Besoldungsordnung ergebenden Problematik: Abschnitt C. X.1. q).

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

menhängendes Differenzierungsgebot, wonach für unterschiedliche Ämter eine unterschiedliche Besoldung zu gewähren ist.397 Der Gesetzgeber ist auch bei einer grundlegenden Neuordnung des Besoldungsrechts an den hergebrachten Grundsatz gebunden, wonach dem Bediensteten nach seiner Amtsstellung, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards der angemessene Lebensunterhalt zu gewähren ist.398 Nach diesen Vorgaben muss auch das bestehende Ämtergefüge die Amtsan­ gemessenheit der Alimentation für jede Stufe wahren. In einer hypothetischen Situation, in der die Besoldung einer Ämterstufe bis hin zur niedrigeren Amtsstufe abgesenkt worden wäre, könnte von einem amtsangemessenen Gehalt nicht mehr die Rede sein. Vergleicht man die Endgehaltsstufen der A-Besoldung, so stellt man fest, dass sie sich um ca. 10 % unterscheiden. Dieser Wert könnte für die Feststellung einer verfassungsrelevanten Absenkung herangezogen werden. Jedenfalls im Falle einer Kürzung um 10 % wäre der Kernbereich des Alimentationsprinzips verletzt. Der erörterte Randbereich ist relativ weit. Zudem muss berücksichtigt werden, dass auch Zwischenämter existieren können, die über Amtszulagen besoldungsrechtlich gebildet werden. Stellt man ausschließlich auf das System der Ämter und die Abstände zwischen ihnen als Maßstab für verfassungsrelevante Absenkungen ab, so kann die erörterte Grenze nur den äußersten Wert darstellen. Anhand des angeführten Beispiels mit den Zwischenämtern muss festgestellt werden, dass auch eine geringere Absenkung gegen das Alimentationsprinzip verstoßen könnte. Die „Zwischenwerte“ erschließen sich möglicherweise aus einer weiteren Überlegung. Ausgangspunkt hierfür ist eine in der Literatur erwogene Einführung von Unleistungssanktionen.399 Dieser Vorschlag folgt zwar einem anderen Zweck, als dem der Ermittlung der untersten Grenze für Besoldungsabsenkungen. Summer nimmt Stellung zu den Möglichkeiten und Grenzen für die Einführung von Leistungszulagen und Sanktionen für eine mangelhafte Leistung.400 Dabei setzt er sich auch mit der Frage auseinander, wann das Alimentationsprinzip tangiert werden kann. Während Leistungszulagen nach Auffassung Summers die Besoldung des höheren Amtes nicht überrunden dürfen, will er für die Sanktion nach der Grenze des Zulässigen in der Mitte zwischen zwei Ämtern suchen. Demnach soll die Absenkung bis zur halben Differenz der Endgrundgehälter möglich sein.401 Der Autor erkennt dabei die Problematik der Zwischenämter, wobei er ein Spannungsverhältnis zwischen dem aus Alimentationsprinzip und Ämterprinzip abzu 397

Merten, FS Ule, 349, 352 ff. BVerfGE 8, 1, 14; 12, 81, 88; 56, 146, 164. 399 Summer, ZBR 1995, 125. 400 Summer, ZBR 1995, 125. 401 Summer, ZBR 1995, 125, 128 – dies hat nach Ansicht des Verfassers einerseits den praktischen Vorteil, dass die Berechnung weniger Verwaltungsaufwand benötigt. 398

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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leitenden Gebot der Ausrichtung der Besoldung nach den statusrechtlichen Ämtern und dem Gleichheitssatz sieht. Seiner Ansicht nach gebührt dem Gleichheitsgebot der Vorrang vor dem Gebot der Ausrichtung der Bezahlung nach Ämtern. Nach dem hier ermittelten Wert zwischen den Endgrundgehältern wäre nach dem Vorschlag ­Summers eine sanktionsbedingte Absenkung der Besoldung um bis zu 5 % möglich. Es ist allerdings fraglich, ob es sich bei einer Überschreitung dieser Grenze um einen Eingriff in den Kernbereich der Alimentation handeln würde. Die sanktionsabhängige Absenkung stellt jedenfalls auch einen Eingriff dar. Dieser ist jedoch wohl dadurch gerechtfertigt, dass damit eine Unleistung des Beamten sanktioniert wird. Dadurch wird auch der leistungsabhängige Aspekt des Alimentationsprinzips betont. Zudem wird das Ämtergefüge durch die Wahrung des Prinzips der halben Differenz gewahrt. Wenn eine derartige Absenkung jedoch nicht als durch einen Leistungsausfall bedingte Sanktion motiviert worden wäre, und kein anderweitiger Rechtfertigungsgrund zur Hilfe stünde, so befände man sich mög­ licherweise im Bereich einer alimentationsrechtlich relevanten Absenkung. Es wäre dann wohl eine Verletzung des Kernbereichs anzunehmen. Denn Eingriffe in den Kernbereich können nicht gerechtfertigt werden. Hingegen ist bei der Unleistungssanktion eine Rechtfertigung eben durch die nicht oder mangelhaft erbrachte Leistung zumindest denkbar. Aus alledem folgt für die Bestimmung des Kernbereichs des Alimentationsprinzips, dass eine Absenkung der Besoldung um 10 % bei allen Ämterstufen jedenfalls zu einer unangemessenen Besoldung führen würde. Es ist davon auszugehen, dass auch eine geringere Absenkung zur Verletzung des Kernbereichs führen kann. Die im Zusammenhang mit dem System des Ämtergefüges vorgeschlagenen leistungsbedingten Besoldungsmodifikationen können gewisse Anhaltspunkte für diese Zwischenwerte liefern. Da die Unleistungssanktionen jedoch Besonderheiten aufweisen, insbesondere bezüglich der Rechtfertigung dieser Eingriffe in die Besoldung, können für die hieraus keine eindeutigen Grenzwerte ermittelt werden. Ein Verstoß dürfte demnach ab einer Kürzung von über 5 % anzunehmen sein. Dies wird aber dann nicht gelten, wenn die negative Wirtschaftsentwicklung diesen Wert übersteigt (z. B. bei einer negativen Entwicklung der Wirtschaft von 10 %). b) Zwischenergebnis Die Feststellung der Unangemessenheit der Besoldung kann nicht auf Grundlage eines abstrakten Schwellenwerts vorgenommen werden. Auch eine relative Betrachtung, die auf der Überschreitung eines Marginalitätswerts, der sich aus dem Verhältnis zur Gesamtbesoldung ergibt, kann, für sich genommen, nicht zur Verletzung des Kernbereichs der Alimentation führen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Alimentationsprinzip einen Maßstabsbegriff liefert, der jeweils den

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

Zeitverhältnissen gemäß zu konkretisieren ist.402 Der Gesetzgeber muss bei dieser Konkretisierung eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigen, die bereits in Zusammenhang mit der Aufbereitung der Merkmale der Angemessenheit und der Amtsangemessenheit der Besoldung behandelt wurden. Ein einzelner Richtwert verengt dieses Betrachtungsspektrum und kann demnach nicht als verlässliches Kriterium herangezogen werden. c) Kombinierter Maßstab als Kriterium für eine Kernbereichsverletzung Auch wenn sich in aller Regel nicht in Form von feststehenden Geldbeträgen bestimmen lässt, auf welche Höhe sich die amtsangemessene Besoldung für die einzelnen Ämter jeweils exakt beläuft, so sind zumindest in gewissen Grundzügen fassbare objektive Bezugspunkte nötig, um die Effektivität des Alimentationsprinzips zu gewährleisten. Andernfalls stünde der Grundsatz mehr oder weniger zur Disposition des Gesetzgebers. Die Vielfalt der für die Bestimmung der Amtsangemessenheit und der Angemessenheit der Besoldung relevanten Merkmale wurde bereits erörtert. In diesem Abschnitt sollen die für die Ermittlung der kritischen Grenze der Angemessenheit der Besoldung maßgebenden Elemente ausgewählt werden und zu einem praktikablen Prüfungsraster zusammengefasst werden. aa) Anpassungspflicht als Ausgangspunkt Den Ausgangspunkt der Überlegung bildet der vom BVerfG aus dem Alimentationsprinzip abgeleitete Gedanke, der gleichermaßen eine primäre Vorgabe für den Gesetzgeber darstellt: Art. 33 Abs. 5 GG verpflichtet den Gesetzgeber, die Besoldung den jeweiligen Verhältnissen anzugleichen.403 Der allgemeine Lebensstandard bildet den allgemeinen Rahmen bei der Festsetzung der Gehälter. Im einschlägigen Schrifttum wird er als der bedeutendste Richtpunkt für das Niveau der Besoldung herausgestellt.404 Der Gesetzgeber ist mithin dazu verpflichtet, eine gewisse Dynamik der Besoldung im Hinblick auf die sich mit der Zeit verändernden Lebensverhältnisse herzustellen. Damit wird dem Gesetzgeber eine besondere Obliegenheit aufgetragen, die auch in Zusammenhang mit einer ständigen Beobachtung der aktuellen Entwicklungen außerhalb des öffentlichen Dienstes steht. Diese Verpflichtung wird im Rahmen des § 14 BBesG einfachgesetzlich konkretisiert. Bei der Ausgestaltung des gesetzgeberischen Spielraums nimmt sie eine übergeordnete Stellung ein, denn sie zwingt den Verpflichteten zu einer Handlung im Allgemeinen. Der Gesetzgeber hat dabei insbesondere die sonstige Einkommens­ 402

BVerfGE 44, 249, 266. BVerfGE 56, 353, 361 f.; E 58, 78; Günther, 104 ff.; Summer/Rometsch, ZBR 1981, 1, 12. 404 Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, § 83 BBG, Rn. 3; Günther, S. 104 ff.; Pannhausen, S. 74.

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X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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entwicklung im öffentlichen Dienst zu berücksichtigen. Ob die Anpassungspflicht rechtmäßig ausgeführt worden ist, also ob die einzelnen Kriterien erfüllt worden sind, kann und muss nur dann geprüft werden, wenn der Gesetzgeber überhaupt Anpassungshandlungen vorgenommen hat. Für den Nachweis einer Nichtbefolgung dieser abstrakt formulierten Anpassungspflicht muss natürlich ein Bezugspunkt formuliert werden. Dieser ist, wie an anderer Stelle bereits erörtert, in der allgemeinen Einkommensentwicklung zu sehen.405 Im Falle eines gesetzgeberischen Unterlassens der Anpassung werden die Entwicklung im Bereich der Einkommen der Beamten und die allgemeine Entwicklung auseinander fallen. In diesem Fall kommt es zunächst zu einer Nichtbefolgung der Pflicht aus § 14 BBesG, die sich schwerpunktmäßig auf die Regelmäßigkeit der Anpassung bezieht. Die damit einhergehende, nicht ausreichende Anpassung der Besoldung und Versorgung entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse kann darüber hinaus eine Verletzung der Kriterien des Art.  33 Abs.  5 GG, namentlich des Alimentationsprinzips, einleiten. Bei Letztem handelt es sich nicht lediglich um eine Nichtanpassung i. S. d. § 14 BBesG. Vielmehr handelt es sich dabei um einen Zustand, in dem jede weitere Absenkung der Besoldung oder Versorgung zur Verletzung des Kernbereichs führen wird. bb) Abkopplung der Alimentation von der allgemeinen Wirtschafts- und Einkommensentwicklung als erste Voraussetzung für die Feststellung einer Verletzung des Kernbereichs Eine über Nichtbeachtung des § 14 BBesG hinausgehende Verletzung der Anpassung der Besoldung an die allgemeine Wirtschafts- und Einkommensentwicklung kann als Abkopplung der Besoldung bezeichnet werden. Das Merkmal der Abkopplung der Besoldung von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung 405 Hierzu sehr deutlich das BVerwGE 117, 305, 309: „Bei der Vielzahl der Faktoren, die der Gesetzgeber aus Anlass der ihm von der Verfassung abverlangten Entscheidung über die Anpassung der Beamtenbezüge zu berücksichtigen hat, kommt den Leistungsverpflichtungen gegenüber den sonstigen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes besondere Bedeutung zu. Hinter deren materieller Ausstattung darf die Alimentation der Beamten, die unter denselben Voraussetzung Zugang zu öffentlichen Ämtern haben (Art. 33 Abs. 2 GG) und denen prinzipiell die Ausübung hoheitlicher Befugnisse vorbehalten ist (Art. 33 Abs. 4 GG), nicht greifbar zurückbleiben. Allerdings besteht keine Verpflichtung, die Ergebnisse der Tarifverhandlungen für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes spiegelbildlich auf die Beamtenbesoldung und -versorgung zu übertragen. Vielmehr hat der Gesetzgeber in eigener Verantwortung zu prüfen und zu entscheiden, welche Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen von Bediensteten bestehen und ob die Entwicklung der Lebenshaltungskosten, der Einkommen in der Privatwirtschaft und der Leistungen anderer Alterssicherungssysteme wichtige Anhaltspunkte dafür liefert, die Beamtenbesoldung nicht an der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst an­ zugleichen.“

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

wurde in der obergerichtlichen Rechtsprechung herausgearbeitet.406 Der Erste Senat des OVG NRW hat in seinem Urteil zur Kostendämpfungspauschale zunächst eine Abkopplung der Besoldung für die Jahre 1991–2002 analysiert und abgelehnt. Dabei ist er insbesondere darauf eingegangen, dass der Gesetzgeber die tarifliche Entwicklung bei der Gestaltung der Besoldung berücksichtigt hatte. Zwar habe es zeitliche Verschiebungen gegeben, die zu einer Unvollständigkeit der Anpassung geführt hätten. Dies hätte jedoch nicht zu einer Abkopplung geführt, da der Gesetzgeber nicht zu einer identischen Übernahme der tariflichen Entwicklung verpflichtet sei.407 Für den Zeitraum nach 2003 hingegen hat das Gericht eine Abkopplung bejaht.408 Maßgebend für die Feststellung war ein Zusammenwirken von mehreren Faktoren. Zunächst hat das Land ab 2003 Sonderzahlungen verringert, wobei diese Kürzung bis über 2,5 % des Jahreseinkommens ausgemacht hatte (abhängig von der Besoldungsgruppe). Hinsichtlich der Absenkung der Besoldung sei ein im Besoldungsgefüge liegender Grund ebenso wenig ersichtlich gewesen wie ein hierfür sprechender übergreifender Gesichtspunkt. Hier untersucht das Gericht eine mögliche negative Einkommensentwicklung vergleich­barer Beschäftigter und verneint sie. Unter Berücksichtigung der Kürzungen bei der Sonderzahlung ist der Zuwachs bei der Beamtenbesoldung ab 1990 bis 2007 mit 34,8 % deutlich geringer ausgefallen als bei den tariflich Beschäftigten im Land NRW (dort 40,1 %).409 Nach den in Anlehnung an empirische Daten detailliert vorgetragenen Darlegungen formuliert das Gericht eine Schlussfolgerung, die die Abkopplung in abstrakter Weise beschreibt und zusammenfasst: „Ist eine nachhaltige negative wirtschaftliche Veränderung der für die Bestimmung der Amtsangemessenheit der Besoldung maßgeblichen Verhältnisse objektiv nicht zu erkennen und deuten auch ausgeübte Prärogativen des Landes nicht in diese Richtung, hält demgegenüber aber gleichwohl die Einkommensentwicklung der Beamten mit der allgemeinen Entwicklung […] nicht mehr Schritt, sondern fällt im Wege einer deutlichen, ins Auge springenden Zäsur hinter die allgemeinen Verhältnisse zurück, so stellt dies eine greifbare und als solche nicht rechtfertigungsfähige Abkopplung der Besoldung dar.“410 Diese Feststellung wird durch einen wichtigen Passus ergänzt: „Je-

406 OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007  – 1 A 4955/05, DVBl. 2007, 1297; OVG SachsenAnhalt, Urteil vom 25.4.2007 – 1 L 453/05; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.8.2007 – 6 K 2823/01. 407 OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007 – 1 A 4955/05, Rn. 112 ff., DVBl. 2007, 1297 unter Bezugnahe auf: BVerwGE 117, 305 und BVerfGE 114, 258. 408 OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007 – 1 A 4955/05, Rn. 112 ff., DVBl. 2007, 1297. 409 Die Ausführungen werden ergänzt durch einen Vergleich von Arbeitszeiten von Beamten und tariflich Beschäftigten (Beamte: 41 Stunden/Woche; Beschäftigte 39 Stunden 50 Min./ Woche). Ferner hätte das Land die fortschreitende positive Entwicklung der wirtschaftlichen Gesamtsituation erkannt, da im Bereich der Abgeordnetenentschädigungen eine Anpassung erfolgt ist. 410 OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007 – 1 A 4955/05, Rn. 162, DVBl. 2007, 1297.

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der weitere besoldungswirksame Zugriff durch das Land, auch und gerade wenn er im Rahmen von Einschnitten beim gewähren fürsorgerischer Leistungen erfolgt, ist hiernach rechtswidrig, da den Beamten – über die Abkopplung hinaus – weitere finanzielle Belastungen auferlegt werden, die aus der allgemein zur Bestreitung des Lebensunterhalts gewährten  – unzureichenden  – Besoldung zu finanzieren sind. In dieser Weise wird das Spannungsverhältnis zwischen Besoldung und ergänzender fürsorgerischer Leistung nicht in verfassungskonformer Weise gelöst, sondern im Gegenteil in verfassungswidriger Weise verschärft. Ist dieser Zustand  – wie hier  – erreicht, sind vom Dienstherrn zu gewährende Besoldung und Fürsorge nicht mehr im Sinne ergänzender Wechselseitigkeit aufeinander bezogen.“411 Mit dem Maßstab der Abkopplung wird eine Eingangsvoraussetzung für die Beurteilung von Kürzungen in der Besoldung formuliert. Was sich nach der vom OVG NRW zu beurteilenden Konstellation für fürsorgerische Zusatzleistungen (Kostendämpfungspauschale) ergibt, muss auch in Bezug auf andere Kürzungen im Besoldungsbereich gelten. Das BVerfG hat mit diesem Maßstab bislang noch nicht gearbeitet. In seiner Entscheidung zur Kostendämpfungspauschale hat es jedoch das Merkmal der Gefährdung des amtsangemessenen Lebensunterhalts eingeführt, in Zusammenhang mit einer hinreichenden Absicherung des Beamten durch den fürsorgeverpflichteten Dienstherrn. Dieser müsse Vorsorge treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie auch bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- oder Todesfälle nicht gefährdet wird.412 Für die gerichtliche Prüfung kommt es danach entscheidend darauf an, ob die vom Dienstherrn festgelegte Fürsorge in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf den Umfang der gewährten Besoldung bezogen ist, ob sie also in ihrer konkreten Ausgestaltung den amts­angemessenen Lebensunterhalt des Beamten nicht gefährdet.413 Das BVerfG erweitert das klassische Eingriffsmuster, wonach eine nicht gerecht­ fertigte Kürzung zum Eingriff führt, um die Möglichkeit einer mittelbaren Verletzung des Alimentationsprinzips in Folge der Missachtung des Zusammenhangs zwischen den Dienstbezügen und fürsorgerischen Leistungen. Dieser würde auf eine Verteuerung des für die Behandlung von Krankheiten und Ähnliches typischerweise aufzubringenden Unterhalts einerseits und auf die entsprechende Kürzung der Besoldung hinauslaufen. Gerade dieser letztgenannte Effekt bedürfte nach Ansicht des BVerfG „substantiierter Aufstellungen“, welche Maßnah 411

OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007 – 1 A 4955/05, Rn. 162, DVBl. 2007, 1297. BVerfG, ZBR 2002, 351, 352; BVerfGE 83, 89; BVerfG, ZBR 2007, 416, 417. 413 Im zuletzt entschiedenen Fall wurde nicht dargetan, dass die den Beamten und Versorgungsempfängern gewährten Bezüge auch bei einer Kostendämpfungspauschale für einen angemessenen Lebensstandard nicht ausreichen würden. Die bloße Tatsache, dass eine die Kostendämpfungspauschale kompensierende Erhöhung der allgemeinen Bezüge nicht stattgefunden hat, reichte nach Ansicht des Gerichts für diese Annahme nicht aus – vgl. BVerfG, ZBR 2007, 416, 417. 412

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

men im Einzelnen die bestehende Alimentation in welchem Umfang geschmälert haben.414 Die Abkopplung der Besoldung der Einkommensentwicklung der Beamten von der allgemeinen Wirtschafts- und Einkommensentwicklung könnte in Zusammenhang mit der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG auch dahingehend ausgelegt werden, dass mit diesem Zustand bereits die Gefährdung der Amtsangemessenheit eingetreten ist. Jeder weitere besoldungsrelevante Eingriff in die Besoldung seitens des Gesetzgebers wäre dann mit einer Verletzung des Kernbereichs gleichzusetzen. cc) Ansätze für Kritik Die Feststellung der Abkopplung im erläuterten Sinne hängt mit einer Ver­ bindung unterschiedlicher Einzelhandlungen des Gesetzgebers, sei es in Form eines Tuns (Kürzung), sei es in Form eines Unterlassens (der Anpassung) zu einem Zustand, der im Hinblick auf das Alimentationsprinzip verwerflich ist. Er stellt, nach dem hier dargestellten Verständnis, die notwendige rechtliche Kulisse für die Bejahung der Rechtswidrigkeit einer weiteren finanziellen Belastung des Beamten dar. Erreicht wird damit zunächst ein nachvollziehbares Kriterium für die Feststellung eines Eingriffs in den Kernbereich des Alimentationsprinzips. Allerdings können sich daraus auch Bedenken ergeben, insbesondere im Hinblick auf die Kriterien, die für die Feststellung der Abkopplung notwendig sind. Das OVG NRW hat in seinem Urteil neben der fehlerhaften Anpassung der Beamtenbesoldung an die Einkommens- und Wirtschaftsentwicklung auch Kürzungen von Sonderzuwendungen als Kriterium für die Feststellung der Abkopplung herangezogen. Damit geht es über die einfachgesetzlichen Voraussetzungen für die Feststellung einer Nichtanpassung gem. § 14 BBesG hinaus. Das Gericht sieht den Verstoß des Gesetzgebers in Form der Abkopplung ausdrücklich als etwas qualitativ anderes als die Nichtanpassung. Dadurch wird möglicherweise eine Voraussetzung geschaffen, die zunächst keine Begründung im Wortlaut des BBesG hat. Dieser Einwand kann jedoch damit widerlegt werden, dass § 14 BBesG einen Maßstabs­ begriff beschreibt, der nach der Auslegung des BVerfG jeweils den Zeitverhältnissen gemäß zu konkretisieren ist. Demnach handelt es sich bei den Ausführungen des OVG NRW nicht um eine Erfindung zusätzlicher Maßstäbe, sondern vielmehr um eine Neuordnung der vorhandenen Kriterien. Fraglich bleibt jedoch, unter welchen Mindestvoraussetzungen bereits eine Abkopplung festgestellt werden kann. Soll dieses Merkmal etwas mehr als die 414 Der entsprechende Passus in der Entscheidung des BVerfG liest sich wie ein obiter dictum: „Nur aus einer dergestalt bilanzierten und in konkreten Zahlen bezifferten Auflistung der veränderten Gesamtumstände könnten sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Alimentation bestimmter Beamtengruppen insgesamt nicht mehr den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht.“ – BVerfG, ZBR 2007, 416.

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Nichtanpassung beschreiben, so wird man davon ausgehen müssen, dass für die Abkopplung neben der Nichtanpassung ein weiterer Eingriff, etwa eine weitere Kürzung vorliegen muss. Im Urteil des OVG NRW war es die Kürzung von Sonderzuwendungen. Zuvor hat der 21. Senat des OVG NRW geurteilt, dass die Streichung des Urlaubsgeldes allein durch das Sonderzahlungsgesetz-NRW mit Bezug auf das Jahr 2004 nicht zu einer dem Alimentationsprinzip widersprechenden Netto-Besoldung führe.415 Dieser Logik entspricht auch das Ergebnis eines Urteils des OVG Rheinland-Pfalz, in dem eine Abkopplung der Bezüge von der Teilhabe an der allgemeinen Wirtschafts- und Einkommensentwicklung infolge einer gegenüber dem Tarifbereich verschobenen Erhöhung der Bezüge der Beamten verneint wurde.416 Für die Feststellung einer Abkopplung ist demnach mehr als ein Merkmal notwendig, wobei die Nichtanpassung regelmäßig eine der Grundvoraussetzungen bildet. Die zweite Voraussetzung wird jedenfalls dann bejaht werden können, wenn es sich um einen Eingriff handelt, der über die bereits dargestellte Grenze der Marginalität hinausgeht. Mit der Voraussetzung der Abkopplung verbindet sich ein weiterer Effekt, der in Zusammenhang mit der Beurteilung des eigentlichen Eingriffs steht. Im Falle einer bejahten Abkopplung ist jeder weitere Eingriff rechtswidrig. Mithin indiziert die Abkopplung die Rechtswidrigkeit jeder weiteren Absenkung. Für eine eventuelle Rechtfertigung bleibt kein Raum, auch wenn die Kürzung unter anderen Umständen legitim wäre. Es stellt sich die Frage, ob in dieser Situation nicht eine Rechtfertigung zulässig sein müsste oder jedenfalls eine Relevanzgrenze für weitere Absenkungen eingeführt werden müsste. Der in einer Abkopplungssituation festgestellte Eingriff steht von vornherein im Bereich der Rechtswidrigkeit. Würde man jedoch eine Möglichkeit für die Rechtfertigung eines solchen Eingriffs eröffnen, so würde dies unter Umständen auf eine Zulässigkeit der Ver­letzung des Kernbereichs hinauslaufen. Zudem würde dies einer gesicherten Rechtsprechung des BVerfG widersprechen, wonach auch jene Elemente der Besoldung, die für sich genommen nicht verfassungsrechtlich verbürgt sind, bei der Berechnung der amtsangemessenen Besoldung mitberücksichtigt werden müssen. Der Besoldungsgesetzgeber könnte sich hinsichtlich seiner Pflicht zur Gewährleistung amtsangemessener Bezüge mit dem Hinweis auf die anderweitige Sicherstellung des im Ergebnis Angemessenen durch Dritte (aus öffentlichen Quellen) nicht entlasten.417 Die Einführung einer Relevanzgrenze für weitere Eingriffe, die bei einer Abkopplung festgestellt werden ist deshalb nicht notwendig, weil jedenfalls eine Gefährdung, wenn nicht bereits eine Verletzung, des Kernbereichs gegeben ist. Weitere Schwellenwerte hätten das Kriterium verwischt und ihm die Eindeutigkeit genommen, auf die es gerade ankommt. 415 OVG NRW, Urteil vom 20.6.2007 – 21 A 1634/05, dort mit dem Hinweis, dass die Streichung des Urlaubsgeldes in die Berechnung nicht einzubeziehen ist, weil sie Gegenstand des Streits ist. 416 OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.8.2007 – 2 A 10516/07. 417 Diese Möglichkeit eröffnet sich nach: BVerfGE 76, 256; E 83, 89; E 106, 225.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

d) Abkopplung als Eingriff Nach dem dargestellten Konzept bildet die Abkopplung eine Hintergrund­ voraussetzung für die Feststellung einer Verletzung des Kernbereichs. Das OVG NRW führt in den Entscheidungsgründen zu der zitierten Entscheidung zur Kostendämpfungspauschale an, dass die streitgegenständliche Abgabe eine weiter­ gehende Belastung verursacht habe, bei einer sich allenfalls am äußersten Rande des verfassungsrechtlich Zumutbaren bewegenden Besoldung.418 Diese zusätz­ liche Belastung habe dann zur Unterschreitung dessen geführt, was an angemes­ sener Alimentation zu erwarten war. An anderer Stelle spricht das Gericht von einer nicht rechtfertigungsfähigen Abkopplung.419 In diesem Zusammenhang ist fraglich, ob die Abkopplung für sich einen Eingriff in den Kernbereich der Alimentation darstellen kann. Das OVG NRW stellt die Abkopplung als eine besondere Situation der Nichtanpassung dar. Die Funktion dieses anhand von bestimmten Voraussetzungen festgestellten Zustands fügt sich in einen systematischen Rahmen ein. Danach bildet die Abkopplung eine erste Voraussetzung für die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer weiteren Absenkung der Besoldung. Diese Konstruktion hat den Vorteil, dass jede weitere Kürzung nicht gerechtfertigt werden kann. Ferner muss nicht primär auf die Nichtanpassung abgestellt werden. In der zitierten Entscheidung des OVG NRW werden jedoch auch diese Umstände eingehend geprüft. Die gesetzliche Verankerung der Pflicht des Gesetzgebers zur Anpassung der Besoldung an die allgemeinen Verhältnisse in § 14 BBesG und die bereits erörterte Verankerung dieser Norm auf verfassungsrechtlicher Ebene zeugen davon, dass eine Verletzung des Kernbereichs der Alimentation durch Abkopplung im hier dargestellten Sinne eine Verletzung des Kernbereichs der Alimentation darstellen kann. Andernfalls bliebe die Nichtbefolgung einer gesetzlichen Verpflichtung, die sich aus einem zu beachtendem Grundsatz der Alimentation ergibt, sanktionslos. Der Maßstab für die Anpassung ist anhand der verfassungsrechtlich entwickelten Vorgaben einfachgesetzlich verankert und deshalb unstrittig. Danach wird die Besoldung entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und unter Berücksichtigung der mit den Dienstaufgaben verbundenen Verantwortung durch Gesetz regelmäßig angepasst. Die entscheidende Frage geht dahin, anhand welcher Werte eine kernbereichsrelevante Ver­ letzung des Alimentationsprinzips festgestellt werden kann. Nicht zu verwechseln sind die hier einschlägigen Merkmale mit den Schwellenwerten, die im Zusammenhang mit der Verletzung des Kernbereichs bereits erwogen worden sind. Die dort herangezogenen Größen bezogen sich auf eine einmalige Absenkung oder Kürzung eines Besoldungsbestandteils. Hingegen geht es bei der Abkopplung um ein Auseinanderfallen zwischen der Besoldung und den Entwicklungen außerhalb 418

OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007 – 1 A 4955/05, Rn. 30, DVBl. 2007, 1297. OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007 – 1 A 4955/05, Rn. 162, DVBl. 2007, 1297.

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des Beamtentums. Denkbar wäre es, an die bereits herangezogenen Werte anzuknüpfen. Sie können jedoch jedenfalls nicht direkt angewendet werden, da es sich um eine unterschiedliche Situation handelt. aa) Die Voraussetzungen für einen Eingriff durch Abkopplung Der Maßstab für die Nichtanpassung ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung sehr allgemein gehalten. Weder das BVerfG noch das BVerwG gehen auf eine feste Bezugsgröße ein. So wird lediglich festgestellt, dass die Besoldung nicht mehr amtsangemessen sei, wenn die finanzielle Ausstattung der Beamten greifbar hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung zurückbleibt.420 Das BVerfG hat in einem anderen Zusammenhang deutlich gemacht, dass es für die Feststellung eines Verstoßes gegen das Alimentationsprinzip hohe Anforderungen stellt. Demnach bedarf es substantiierter Aufstellungen, welche Maßnahmen im Einzelnen die bestehende Alimentation in welchem Umfang geschmälert haben. Nur aus einer dergestalt bilanzierten und in konkreten Zahlen bezifferten Auflistung der veränderten Gesamtumstände könnten sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Alimentation bestimmter Beamtengruppen insgesamt nicht mehr den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht.421 Diese Aussage hat das BVerfG zwar bezüglich einer möglichen Verletzung des Alimentationsprinzips infolge der Einführung der Kostendämpfungspauschale getroffen. Doch die Ausführungen lassen sich auch für die Feststellung einer Abkopplung übertragen. Daraus folgt, dass die qualitative Gewichtung der Abkopplung als eines greifbaren Zustands vor allem anhand von empirisch feststellbaren Daten vollzogen werden muss. Nicht nur muss die Abkopplung selbst anhand von bestimmten Gesichtspunkten ermittelt werden. Hinzu kommt, dass die Nichtanpassung bei fehlender Überalimentation passiert und eine Anpassung an steigende Einkommen notwendig ist. Die Bejahung dieser drei Voraussetzungen unter Beachtung der Vorgaben des BVerfG führt zu einem Eingriff in den Kernbereich des Alimentationsprinzips. bb) Die Abkopplung im engeren Sinne Zunächst ist auf die einzelnen Faktoren einzugehen, die das Auseinanderfallen der Besoldung und der allgemeinen Einkommensentwicklung belegen. Die An­forderungen an die Darlegungen sind, wie dargestellt, sehr hoch. Das BVerfG wählt in seiner bisherigen Rechtsprechung den Weg einer relativen Argumentation, indem es Bezugspunkte sucht, die nicht in der genauen Bezifferung der amtsangemessenen Besoldung liegen. Dies wird bereits in der ersten Entscheidung des BVerfG deutlich, in der es eine Verletzung des Kernbereichs festgestellt hatte. 420

BVerfGE 117, 372, 388; BVerwGE 117, 305, 309. BVerfG, ZBR 2007, 416.

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Unter Bezugnahme auf die Einschätzung des Gesetzgebers, wonach zum damaligen Zeitpunkt keine Überalimentation gewährt werde, hat das Gericht eine Unterschreitung der untersten Grenze der Alimentation für eine Gruppe von Beamten festgestellt, für die spezifische Abzüge vorgesehen waren.422 Auch in den Kinderzuschlagentscheidungen nimmt das BVerfG an, dass die Alimentation für Beamte mit zwei Kindern zum damaligen Zeitpunkt im Wesentlichen amtsangemessen war. Das Gericht nimmt diesen Wert als Bezugspunkt für die Feststellung der Rechtswidrigkeit von Zulagen für Beamte mit mehr als zwei Kindern. Diese Annahme bestätigt das BVerfG auch in der letzten Entscheidung aus dieser Reihe, die im Jahre 1998 ergangen ist.423 Daher kann davon ausgegangen werden, dass eine Amtsangemessenheit für Beamte mit bis zu zwei Kindern bis zu diesem Zeitpunkt auch unter dem Gesichtspunkt der Anpassung an die allgemeinen Lebenshaltungskosten gewährleistet war. Einen weiteren Beleg hierfür liefert die Entscheidung des BVerfG vom 12. Februar 2003, in der sich das Gericht mit der abgesenkten Besoldung im Beitrittsgebiet auseinandergesetzt hat.424 Dort wird Bezug genommen auf die Auseinandersetzung des Gesetzgebers mit der Höhe der Alimentation.425 Die Festlegung der Besoldungshöhe für in den Beitrittsgebieten verwendete Besoldungsempfänger setzte notwendigerweise eine Bewertung der bislang im Übrigen gewährten Alimentation hinsichtlich ihrer Amtsangemessenheit voraus. Der Besoldungsgesetzgeber hat das Besoldungsniveau in den alten Bundesländern als Bezugspunkt festgesetzt und gab damit zu erkennen, dass er die im bisherigen Bundesgebiet gewährte Alimentation für amtsangemessen ansah. Angesichts der ausdrücklich in Bezug genommenen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse im Beitrittsgebiet erachtete er die dort umgesetzten Abschläge für amtsangemessen. Der Besoldungsgesetzgeber ging damit keineswegs von einer Überalimentation der im bisherigen Bundesgebiet beschäftigten Besoldungsempfänger aus, die gegebenenfalls Abschläge gegenüber neu beschäftigten Beamten im Beitrittsgebiet hätten rechtfertigen können. Nach Auffassung des BVerfG hat er die Grenzen seines Gestaltungsspielraums mit seiner Einschätzung nicht überschritten. Die Feststellungen des BVerfG können in Verbindung mit den Erwägungen des Gesetzgebers zwar als feste Bezugspunkte für den maßgeblichen Zeitraum herangezogen werden. Das Problem liegt jedoch darin, dass sie nicht verallgemeinert werden können und nur in bestimmten Konstellationen anwendbar sind. Dabei spielt die zeitliche Komponente eine entscheidende Rolle. Die zitierten Bezugspunkte liegen in der Vergangenheit und für eine zeitnah zu treffende Beurteilung können sie nicht fruchtbar gemacht werden. Es bedarf daher einer Zusammenstellung abstrakter, systematisch anwendbarer Kriterien, die eine Abkopplung be­ legen würden. 422

BVerfGE 8, 1, 23 ff. BVerfGE 99, 300, 315 ff. 424 BVerfGE 107, 218. 425 BVerfGE 107, 218, 248 ff.

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cc) Verhältnis der tariflichen Entwicklung zur Beamtenbesoldung Das Kriterium des Verhältnisses zwischen den Entwicklungen der Einkommen im Tarifbereich und der Beamtenbesoldung wurde bereits bei der Darstellung der die Amtsangemessenheit bestimmenden Faktoren näher erläutert. Dort wurde auch die besondere Bedeutung dieses Merkmals hervorgehoben als Spiegelbild der wirtschaftlichen Entwicklung in einem Bereich, der mit dem Beamtentum auch hinsichtlich des Beschäftigungsgegenstands nah verwandt ist. Nun gilt es die Grenzen der zulässigen Diskrepanzen zu ermitteln. Aufschlussreich hierfür könnte die bislang ergangene Rechtsprechung sein, die sich mit diesem Merkmal aus­ einandersetzt. Bei der Bestimmung des Verhältnisses zwischen den beiden Faktoren ist von dem Grundsatz auszugehen, dass der Gesetzgeber nicht dazu verpflichtet ist, die Ergebnisse von Tarifverhandlungen für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes spiegelbildlich auf die Beamtenbesoldung zu übertragen.426 Vielmehr hat der Gesetzgeber in eigener Verantwortung zu prüfen und zu entscheiden, welche Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen von Bediensteten bestehen und ob die Entwicklung der Lebenshaltungskosten, der Einkommen in der Privatwirtschaft wichtige Anhaltspunkte dafür liefert, die Beamtenbesoldung nicht an die Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst anzugleichen. Damit wird die Anpassung vom BVerwG zwar nicht im Sinne eines Gleichstellungsgebots verstanden. Dennoch muss die Besoldung auf die tarifliche Entwicklung bezogen sein. Die Vermutung, die das Gericht aufstellt, ist auf eine Parallelisierung beider Gehälter gerichtet. Etwaige Abweichungen müssen unter Bezugnahme auf konkrete Anhaltspunkte belegt werden. Das BVerwG hat in derselben Entscheidung eine Differenz von 0,2 % zwischen den Ergebnissen der Tarifauseinandersetzungen des öffentlichen Dienstes und der Anpassung der Besoldung und Versorgung in den Jahren 1999 bis 2002 nicht als Abkopplung der Beamten von der Teilhabe an der allgemeinen Wirtschafts- und Einkommensentwicklung angesehen. Dabei hat das Gericht die Tatsache mit in die Erwägungen einbezogen, dass die Bezüge der Beamten im aktiven Dienst – und entsprechend auch die Versorgungsbezüge – ab Anfang 2002 bereits um ca. 0,6 % hinter den vergleichbaren Einkommen anderer Beschäftigter des öffentlichen Dienstes zurückgeblieben. Der Minderungsbetrag war in diesem Fall sehr gering und für die Ermittlung einer maximalen Diskrepanz nicht aussagekräftig. Hierfür könnte eine neuere Entscheidung des BVerfG zu Versorgungsabsenkungen herangezogen werden.427 Das Gericht hatte sich dort unter anderem mit der Frage zu beschäftigen, ob der Gesetzgeber bei einer Anpassung der Versorgung an die Rentenentwicklung über das Ziel hinausgehen darf. Dem Gesetzgeber wurde ein Maß an prognostischer Gestaltungsfreiheit zugesprochen. Im Er 426

BVerfGE 114, 258; BVerwGE 117, 305. BVerfGE 114, 258; hierzu: Wolff, ZBR 2005, 361.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

gebnis hielt das Gericht eine um 2,75 % höhere Absenkung der Versorgung als bei der Rentenentwicklung für verfassungsgemäß.428 Wollte man diesen Wert auch als Grenzwert für Abweichungen der Besoldungsanpassung an tarifliche Entwicklungen übernehmen, so ergeben sich mehrere Bedenken. Zunächst betreffen die Ausführungen des BVerfG in diesem Fall eine besondere versorgungsrechtliche Situation. Die überschießende Versorgungsabsenkung war nach Ansicht des Gerichts von der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers insbesondere deswegen gedeckt, da dieser das tatsächliche Ausmaß der Veränderung der Rente nicht sicher abschätzen konnte und daher eine prognostische Entscheidung erforderlich gewesen ist.429 Es ist fraglich, ob bei einer Anpassung der Besoldung an die Ergebnisse der Tarif­ verhandlungen dem Gesetzgeber noch eine Einschätzungsprärogative einzuräumen ist, wie sie nunmehr für den Versorgungsgesetzgeber gilt. Es könnte einerseits behauptet werden, bei dem Aushandeln der Tarife werden die maßgeblichen Faktoren abschließend berücksichtigt. Andererseits muss der Besoldungsgesetzgeber in seiner Entscheidung autonom bleiben. Hiervon zeugt auch die Rechtsprechung, wonach die Besoldung kein Spiegelbild der Tarifverhandlungen darstellt.430 Andernfalls wäre dem Gesetzgeber die Möglichkeit einer höheren Berechnung der Besoldung unmöglich. Demnach stellen die Ergebnisse der Tarifverhandlungen eines von vielen Elementen dar, die der Gesetzgeber im Rahmen seines Kalküls zu berücksichtigen hat. Dabei muss ihm auch das Recht eingeräumt werden, eigene Einschätzungen der künftigen Entwicklungen anzustellen. Die Tarifverhandlungen stellen so gesehen einen Richtwert dar, der wegen seines Charakters zwar eine besondere Stellung einnimmt, aber doch lediglich einer Orientierung des Gesetzgebers dient. Aber auch wenn man dem Gesetzgeber einen Spielraum für Abweichungen vom Tarif einräumt, so ist dieser nicht grenzenlos. Eine Differenz von ca. 2 % dürfte sich noch im Rahmen des Vertretbaren befinden, insbesondere wenn man die Maßstäbe aus der zitierten Entscheidung des BVerfG zur Versorgungs­ absenkung heranzieht. Weitere Grenzwerte könnten sich aus der jüngeren obergerichtlichen Recht­ sprechung ergeben. In der bereits erörterten Entscheidung zur Kostendämpfungspauschale hat das OVG NRW die tarifliche Entwicklung mit der Beamtenbesoldung im Land Nordrhein-Westfalen für die Jahre 1990 bis 2007 verglichen. In diesem Zeitraum stand einer Erhöhung der tariflichen Einkommen um 39,3 % eine Erhöhung der Beamtenbesoldung um 40,1 % gegenüber. Berücksichtigt man hingegen die Kürzungen bei den Sonderzahlungen ab dem Jahr 2003, so fällt der Zuwachs bei der Beamtenbesoldung mit 34,8 % deutlich geringer aus.431 Ähnliche Diskrepanzen fallen auf, wenn man der Untersuchung eine grafische Aufstellung des DGB zum Vergleich der beiden Gruppen zwischen den Jahren 1995–2007 zu 428

BVerfGE 114, 258; zur Berechnung vgl. Pechstein, ZBR 2002, 1, 7. BVerfGE 114, 258, 296 f. 430 BVerwGE 117, 305. 431 OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007 – 1 A 4955/05, Rn. 142, DVBl. 2007, 1297 unter Bezugnahme auf eine Aufstellung der Hans-Böckler-Stiftung (Stand April 2007). 429

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grunde legt. Daraus geht hervor, dass beide Entgelte ähnliche Unterschiede aufweisen, wenn man die Daten vergleicht. Auffällig ist dabei, dass eine über 2 %ige Abweichung bereits ab 2002 zu erkennen ist. Im Laufe der nächsten Jahre fallen die Werte weiter auseinander, bis sie im Jahr 2006 eine fünfprozentige Differenz erreichen. Dieser Zustand stabilisiert sich bis ins Jahr 2008. Eine Differenz von 5 % zwischen den beiden Entgeltgruppen ist bereits als greifbare Abkopplung der Besoldung einzustufen. Hierfür sprechen mehrere Gründe. Zunächst überschreitet dieser Wert die im Rahmen der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers vom BVerfG erörterten Grenzen. Zwar wurde dieser Spielraum im Zusammenhang mit einer Anpassung der Versorgung an Rentenreformen er­ wogen, doch auch hier geht es um eine Orientierung des Gesetzgebers an externen Faktoren. So gesehen ist die Ankopplung der Besoldung an den Tarifbereich auch eine Anpassung, die durch hergebrachte Grundsätze des Beamtentums vorgegeben ist. Bei einer fünfprozentigen Diskrepanz wird dieser Wert um das doppelte überschritten. Bedenkt man, dass die bereits angeführten Unterschiede im Ämter­gefüge zwischen den Endgehaltstufen bei der A-Besoldung ca. 10 % betragen, dann bedeutet eine fünfprozentige Absenkung eine Gleichsetzung mit der Besoldung in einem Zwischenamt. Nach den Ausführungen Summers kann eine fünfprozentige Kürzung der Bezüge eine empfindliche Sanktion darstellen.432 Sie ist dann durch die Unleistung des Beamten gerechtfertigt. In der Abkopplungssituation ist dieser Grund nicht gegeben. Mithin steht die Nichtanpassung bei fünfprozentiger Differenz der beiden Indikatoren mit einer erwägbaren höchstzulässigen Sanktionierung für seine Nichtleistung gleich. Die erwähnte Diskrepanz wurde auch vom OVG NRW im zitierten Urteil als Ausgangspunkt für die Feststellung einer rechtswidrigen Abkopplung angenommen. dd) Weitere Voraussetzungen für die Feststellung eines Eingriffs durch Abkopplung Für die Feststellung eines Eingriffs durch Abkopplung sind, wie bereits erwähnt, noch zwei weitere Voraussetzungen notwendig. Es müsste eine fehlende Überalimentation festgestellt werden, sowie die Notwendigkeit einer Anpassung bejaht werden. Dabei ist zu beachten, dass die Alimentation eine besondere Funktion hat und nicht allein dem Lebensunterhalt des Beamten dient. Sie hat zugleich eine qua­ litätssichernde Funktion. Der Gesetzgeber muss das Beamtenverhältnis für qualifizierte Kräfte anziehend ausgestalten. Dies setzt u. a. voraus, dass der öffent­ liche Dienst mit Konditionen wirbt, die insgesamt einem Vergleich mit denen der privaten Wirtschaft standhalten.433 Die Bedeutung dieses Merkmals könnte allen 432

Summer, ZBR 1995, 125, 128. St. Rspr. BVerfGE 114, 258; E 117, 330.

433

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

falls dann von besonderer Bedeutung sein, wenn die Besoldung im Rahmen einer bestimmten Laufbahn besonders hoch sein würde. Ein Eingriff durch Abkopplung wäre in diesem Fall ausgeschlossen. Dies dürfte jedoch angesichts der angespannten Haushaltslage der Länder eine Ausnahmekonstellation sein. Aus diesem Grund wird hier lediglich die theoretische Möglichkeit einer entsprechenden Ausnahme signalisiert. Vor dem Hintergrund der Ausführungen zur Abkopplung dürfte die Feststellung einer Notwendigkeit der Anpassung einen formalen Vorgang darstellen. Denn der Eingriff wird durch eine hinreichend schwerwiegende Abkopplung indiziert, was wiederum auf eine Anpassungspflicht schließen lässt. Dies ergibt sich aus dem Alimentationsprinzip selbst und aus der entsprechend einfachgesetzlich formulierten Pflicht zur Anpassung gem. § 14 BBesG (§ 71 BVersG für die Anpassung der Versorgung). 4. Dritte Kollisionsebene

Die Dimension der dritten Ebene erschließt sich aus dem Maßstab des Alimentationsprinzips, den der amtsangemessene Unterhalt darstellt. Mit der Forderung der Amtsangemessenheit wird einerseits zum Ausdruck gebracht, dass auch die Differenzierung der Bezüge entsprechend der Ämterhierarchie zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört.434 Der Unterhalt bemisst sich aber andererseits auch am Bedarf für eine bestimmte Lebensführung. Bereits in seinen früheren Entscheidungen spricht das BVerfG von einer unmittelbaren objektiven Gewährleistung des angemessenen Lebensunterhalts, die sich aus Art. 33 Abs. 5 GG ergibt.435 Eine nähere Konkretisierung dieses Kriteriums unter Bezugnahme auf den faktischen Bedarf des Beamten findet sich erst in späterer Rechtsprechung des Gerichts, die in Zusammenhang mit dem Kinderzuschlag ergangen ist. Im Rahmen von grundsätzlichen Erwägungen zum Alimentationsprinzip stellt das Gericht bereits in der ersten diesen Problemkreis betreffenden Entscheidung ausdrücklich fest, dass einige Regelungen im Beamtenrecht nicht den Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG genießen, da es insoweit keinen zu beachtenden hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums gibt. Dabei werden als Beispiel u. a. das Urlaubsgeld, das sog. 13.  Monatsgehalt und Zuschüsse zu Essenskosten genannt.436 Die Struktur der Beamtenbesoldung und die Zahlungsmodalitäten innerhalb des Rahmens, den die verfassungsrechtliche Alimentationspflicht zieht, könne jederzeit pro futuro geändert werden, solange sie nicht an der unteren Grenze einer amtsangemessenen Alimentierung liegt.437 Damit stehen die einzelnen Zuschläge, die unter anderem auch auf die Befriedigung des Bedarfs des 434

Masing, in: Dreier, Art. 33 Abs. 5 GG, Rn. 87. BVerfGE 8, 1, 17. 436 BVerfGE 44, 249, 263. 437 Leisner, ZBR 1984, 225, 229: „… der Gesetzgeber ist […] Herr der Besoldungsstruktur …“

435

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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Beamten abzielen, nicht unter dem Schutzschild des Alimentationsprinzips. Allerdings müssen die Bedürfnisse, denen diese Zuschüsse entsprechen sollen, im Rahmen der Angemessenheit der Alimentation berücksichtigt werden. Hierin liegt die entscheidende Aussage des BVerfG zur Rolle der Bedürfnisse im Rahmen des Alimenta­tionsgrundsatzes. Das Gericht verdeutlicht dies, indem es das Alimentationsprinzip dahingehend auslegt, dass dieses auch ein Minimum an „Lebenskomfort“ absichern soll.438 Folglich kann die Streichung von bestimmten Zuschlägen zu einer Absenkung der gesamten Besoldung führen, sogar unterhalb das Niveau der Angemessenheit. Auch Zuschläge sind für die Angemessenheit der Besoldung relevant, weil der Gesetzgeber so bestimmten Bedürfnissen des Beamten gerecht wird. Es können nicht alle Bedürfnisse des Beamten gedeckt werden. Aus der allgemeinen Alimentationsformel439 ergibt sich vielmehr, dass nur diejenigen berücksichtigungsfähig sind, die ein Minimum an Lebenskomfort absichern. Daraus ergibt sich gleichermaßen eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des Alimentationsprinzips, wie seine Einschränkung. Über das schwer definierbare Maß des Minimums an Lebenskomfort hinausgehende Bedürfnisse müssen im Rahmen der Besoldung nicht berücksichtigt werden, wobei von einem nicht besoldungsrelevantem Bedarf auszugehen ist. Andererseits ergibt sich aus der Einbeziehung dieses Maßstabs im Rahmen des allgemeinen Alimentationsprinzips, dass die Bedürfnisse bereits von der Grundalimentation gedeckt werden müssen. Ist ein bestimmter besoldungsrelevanter Bedarf im Rahmen eines Zuschlags berücksichtigt und wird dieser gestrichen, so muss geprüft werden, ob dieser Bedarf im Rahmen der Grundbesoldung saturiert wird. Insoweit verhalten sich Zuschläge und Grundalimentation wie ein System verbundener Gefäße. Andererseits folgt daraus, dass sich der Besoldungsgesetzgeber hinsichtlich seiner Pflicht zur Gewährleistung amtsangemessener Bezüge gerade mit dem Hinweis auf die anderweitige Sicherstellung des im Ergebnis Angemessenen entlasten kann. Dies gilt gerade auch dann, wenn die Leistungen des Dritten ihrerseits nicht verfassungskräftig garantiert sind.440 Die einschlägige, gesicherte Recht­sprechung des BVerfG wird in obergerichtlicher Rechtsprechung teilweise verkannt. Nach Ansicht des OVG Berlin-Brandenburg seien Sonderzahlungen allein deswegen bei der Bemessung dessen, was amtsangemessene Besoldung darstelle, außen vorzulassen, weil diese Leistungen nicht verfassungsrechtlich verbürgt seien.441

438

BVerfGE 44, 249, 265 f. dazu gehört nach den Ausführung des Gerichts z. B. Ausstattung des Haushalts mit dem üblichen elektrischen Gerät einschließlich seiner Unterhaltung, Radio- und Fernsehgerät samt laufenden Kosten, Zeitungs- und Zeitschriftenbezug, Theaterbesuch, Kraftwagen, Urlaubsreise, Bausparvertrag, Lebensversicherung und Krankenversicherung, Ausgaben für Fortbildung, soziale und politische Aktivitäten und vernünftige Freizeit­ beschäftigung. 439 Hierzu: Summer/Rometsch, ZBR 1981, 1. 440 BVerfGE 76, 256; E 99, 300; E 106, 225. 441 OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.1.2007 – 4 N 76.05; kritisch hierzu: OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007 – 1 A 4955/05, DVBl. 2007, 1297.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

Ein Missverständnis des Zusammenhangs zwischen Zuschlag und Grundbesoldung führt auch zu verfahrensrechtlichen Problemen. Das BVerfG hat zuletzt in seiner Entscheidung zur Kostendämpfungspauschale hervorgehoben, dass Abschläge bei der Gewährung des Beihilfezuschlags verfassungsrechtlich nicht durch eine Anpassung der nicht verfassungsverbürgten Beihilfesätze auszugleichen sind. Vielmehr sei eine entsprechende Korrektur der Besoldungsgesetze geboten, die von den betroffenen Beamten durch einen Antrag auf erhöhte Alimentation verfolgt werden müsste.442 Das Gericht hat diese Unterscheidung zwar für eine Situation getroffen, in der der Zuschlag nicht vom alimentierenden Dienstherrn gewährt wurde, sondern vom fürsorgegebenden. Ungeachtet der Kritik an dem Auseinanderhalten beider Dienstherrn und der Tatsache, dass die Entscheidung im Bereich der Kollision des Alimentationsgrundsatzes mit einem anderen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums ergangen ist, ist die Aussage auch für die hier behandelte Konstellation übertragbar. Sie verdeutlicht, dass die Streichung eines Besoldungselements, welches eigentlich nicht dem Schutz des Alimenta­ tionsprinzips unterliegt, zu einer mittelbaren Verletzung desselben führen kann.443 Für den Fall der Kürzung eines Zuschlags, der der Befriedigung von Bedürfnissen des Beamten dient, gilt diese Aussage entsprechend. Der Antrag des Klägers muss folglich nicht gegen die Kürzung eines Zuschlags gerichtet sein, sondern auf eine Erhöhung der Grundalimentation unter substantiiert vorgetragener Verletzung der Angemessenheit der Besoldung. Das Kollisionspotential innerhalb dieser Gruppe erschließt sich aus dem Zusammenhang des Bedarfs mit der Grenze der Amtsangemessenheit der Besoldung. Die Unterbewertung eines sich aus einer bestimmten Lebenslage ergebenden Bedarfs kann zum Verstoß gegen den Kernbereich der Alimentation führen. Denkbar ist auch, dass bestimmte Bestandteile der Besoldung, die durch einen Mehrbedarf motiviert sind (etwa Zuschläge, die durch regionale Kaufkraftunterschiede ver­anlasst werden), sich zu einem selbständigen Grundsatz verdichten. Dann würde eine Kürzung des jeweiligen Elements in erster Linie zu einem Verstoß gegen diesen Grundsatz führen. Diese Entwicklung wurde bei der ersten Kollisionsgruppe als Verfestigung einer Konkordanzposition bezeichnet. Bei bedarfsmotivierten Elementen der Alimentation ist die Rechtsprechung bei der Herleitung entsprechender Grundsätze zurückhaltend. Das BVerfG hat zuletzt untersucht, ob es einen selbständigen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums gebe, der den Gesetzgeber verpflichte, bei der Festsetzung der Bezüge einen spe 442 BVerfGE 117, 330, 352 unter Bezugnahme auf BVerfGE 99, 300, 330. Kritisch hierzu: OVG NRW, Urteil vom 12.11.2007 – 1 A 995/06. Danach sei zunächst die verfassungskräftige Pflicht zur Vermeidung einer Unteralimentation gerade auch für den fürsorgegebenden Dienstherrn bindend. Auch gäbe es bei Identität von alimentierendem und beihilfegewährendem Dienstherrn keinen nachvollziehbaren Grund für die vom BVerfG getroffene Unterscheidung zwischen alimentierendem und fürsorgegebendem Dienstherrn. 443 Das BVerfG nimmt ausdrücklich die Möglichkeit einer „mittelbaren“ Verletzung des Alimentationsprinzips an, vgl. BVerfG, ZBR 2007, 416, 419.

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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zifischen Ausgleich für regional erhöhte Lebenshaltungskosten zu gewähren.444 Nach eingehender Prüfung wird dies vom Gericht verneint. Anhand dieser Entscheidung wird deutlich, dass es sich bei der Problematik einer verfassungsrechtlichen Berücksichtigung des Bedarfs des Beamten, sei es wegen des Ausgleichs von Kaufkraftunterschieden, sei es wegen anderweitig motivierter Unterschiede, um einen Aspekt der Reichweite des Alimentationsprinzips selbst handelt. Diesbezüglich können der Ortszulagen-Entscheidung auch wichtige Aussagen entnommen ­werden. An dieser Stelle sei hervorgehoben, dass die dritte Kollisionsebene im Wesentlichen Spannungsverhältnisse innerhalb des Alimentationsprinzips betrifft und auch sichtbar macht. Denn die Amtsangemessenheit mit dem vom BVerfG bezeichneten Inhalt generiert die Notwendigkeit einer Rücksichtnahme auf bestimmte Bedürfnisse des Beamten. Eine Konturierung der Tragweite dieser Pflicht kann Rückschlüsse auf die Grenzen des Kernbereichs des Alimentationsprinzips liefern. a) Bedarfsorientierte Besoldung Der Bedarf eines Beamten im Hinblick auf seine Besoldung wird von unterschiedlichen Faktoren bestimmt. Hervorgehoben wurden bislang die Unterschiede, die auf eine rechtliche Belastung zurückzuführen sind. Ein erhöhter Bedarf eines Beamten kann sich demnach aus einer besonderen persönlichen Lage des Beamten ergeben. Nach der eingangs vorgestellten Kategorisierung von Lindner kann man hierbei zwischen drei Fallgruppen unterscheiden: Zunächst kann der Beamte die Angemessenheit der Besoldung subjektiv unterschiedlich empfinden. Eine weitere Gruppe bilden die Unterschiede in der rechtlichen Belastung des Beamten, insbesondere seine familienrechtlichen Unterhaltspflichten.445 Schließlich kann sich ein unterschiedlicher Bedarf daraus ergeben, dass während des Beamtenverhältnisses Erkrankungen oder Behinderungen eintreten, die einen kostenträchtigen Behandlungsbedarf verursachen.446 Die im Rahmen dieser Arbeit vorgenommene Unterscheidung soll auf der dritten Ebene Konstellationen umfassen, in denen das Alimentationsprinzip auf Bedarfsmomente reagieren muss, die weder aus anderen hergebrachten Grundsätzen (z. B.: Besoldungsgruppen in Zusammenhang mit dem Leistungsprinzip) entstehen, noch auf allgemeine Rechtsprinzipien (z. B.: Kinder 444

BVerfGE 117, 330. Diese Fallgruppe wurde nach dem hier vorgestellten Verständnis der Spannungsfelder im Alimentationsprinzip in die zweite Kollisionsgruppe eingeordnet. Die Belastungen des Beamten ergeben sich aus einer Verpflichtung, die auf ein Rechtsprinzip (Sozialstaatsprinzip) zurückzuführen sind. Deshalb sind sie einer anderen Konstellation unterzuordnen. 446 Diese Konstellation betrifft das Verhältnis zweier hergebrachter Grundsätze des Berufs­ beamtentums, deren Wirkung optimiert werden muss (hier: das Alimentationsprinzip und der Fürsorgegrundsatz). Aus diesem Grund wurde das Problem im Rahmen der ersten Ebene behandelt. 445

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

geld)  zurückzuführen sind. Es handelt sich mithin um tatsächliche Bedürfnisse des Beamten, die für eine (amts-)angemessene Lebensführung berücksichtigt werden müssen. Eine beispielhafte, nicht abschließende Aufzählung der einzelnen Elemente hat das BVerfG in der ersten Kinderzuschlagentscheidung gebracht.447 Diese Bedürfnisse werden natürlich primär bereits in der Grundalimentation berücksichtigt. Einige Komponenten wurden jedoch aus der Grundbesoldung ausgegliedert und in den rechtlichen Rahmen eines komplementären Besoldungs­ bestandteils (z. B.: Zulage, Zuschlag) gefasst. b) Jährliche Sonderzahlungen Ein Beispiel für diese bedarfsmotivierten Bestandteile der Besoldung sind jährliche Sonderzahlungen. Dabei können zusätzliche finanzielle Leistungen aus Anlass des Weihnachtsfestes, das jährliche Urlaubsgeld und andere Sonderzahlungen unterschieden werden. Sie haben eine unterschiedliche Entwicklung erfahren und sind vor allem Folge einer Anpassung der Beamtenbesoldung an die Tarif­ verträge.448 Ursprünglich handelte es sich dabei um freiwillige soziale Leistungen, die durch einen erhöhten Bedarf des Gratifizierten in einer besonderen Situation (z. B.: Urlaub, Weihnachtszeit) begründet waren. Die jährlichen Sonderzuwendungen wurden 1965 in den rechtlichen Rahmen eines Gesetzes gefasst,449 und wurden bis ins Jahr 2002 bundeseinheitlich gewährt. Nach dem Gesamtinhalt der Regelung und unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung stellt die Weihnachtszuwendung eine zusätzliche besondere Zahlung als Anerkennung für geleistete Dienste dar, eine auch in die Zukunft gerichtete Treueprämie und, wie sich insbesondere aus der historischen Entwicklung und aus dem Zeitpunkt der Zahlung ergibt, eine Sonderleistung zur Deckung des im Weihnachtsmonat entstehenden besonderen Bedarfes.450 Mit dem Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 2003/2004 wurde den Ländern durch sog. Öffnungsklauseln gestattet, durch Landesrecht eine vom Bundesrecht abweichende Regelung bei den jähr­ lichen Sonderzahlungen zu treffen. Die Länder hatten aufgrund der äußerst an­ gespannten Haushaltssituation und die in Folge der Tarifverhandlungen entstandenen zusätzlichen Belastungen nach Möglichkeiten gesucht, um die Mehrausgaben zu kompensieren. Die Vorschrift des § 67 BBesG sah nunmehr vor, dass Bund und Länder jährliche Sonderzahlungen gewähren können, die im Kalenderjahr die Höhe der Bezüge eines Monats nicht übersteigen dürfen. Folge dieser Reform war zwar eine Stärkung der Länderkompetenzen im Bereich der Besoldung und Versorgung. Zugleich eröffnete sich für die Länder jedoch die Möglichkeit einer 447

BVerfGE 44, 249, 265. Zur Rechtsentwicklung vgl. Massner, in: Schwegmann/Summer, BBesG, § 67 Rn. 2 ff. 449 Gesetz über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung vom 15.7.1965 (BGBl. I S. 1173). 450 BVerwGE 32, 326, 330. 448

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„kassenwirksamen“ Einsparung, von der sie auch effektiv und ausnahmslos Gebrauch gemacht haben.451 Die Regelungen haben sich äußerst unterschiedlich entwickelt. Gemeinsam ist allen Regelungen, dass für fast alle Gruppen von Beamtinnen und Beamten das Niveau der Sonderzahlungen gegenüber den Leistungen von Urlaubs- und Weihnachtsgeld herabgesetzt wurde. In der Regel wurde eine Staffelung nach Besoldungsgruppen vorgenommen. Dabei unterscheiden sich die Zahlungsweisen und Bemessungsgrößen beträchtlich: Während z. B. in Sachsen im Dezember nach Besoldungsgruppen gestaffelte Festbeträge gewährt werden, zahlt Baden-Württemberg seit 2004 einen monatlichen Erhöhungsbetrag von 5,33 % der Monatsbezüge aus. Das Urlaubsgeld wird fast gar nicht mehr geleistet. Damit wurde erstmals seit Beginn der 70er Jahre für einen bedeutsamen Bestandteil der Bezüge die Besoldungseinheit in Bund und Ländern wieder aufgegeben. Die Reform war ein erster Vorbote der im Jahre 2006 durchgeführten Rückverlagerung der Kompetenzen für die Besoldung und Versorgung auf die Länder. aa) Sonderzuwendungen in der Rechtsprechung Das BVerfG hatte sich bereits im Jahr 1967 mit einer Verfassungsbeschwerde zu befassen, die eine Weihnachtszuwendung für Beamte in Baden-Württemberg zum Gegenstand hatte, die seit 1962 aufgrund des Landesbeamtengesetzes gewährt und deren Höhe durch Rechtsverordnungen festgelegt wurde. Seit Dezember 1964 wurde als Grundbetrag ein Drittel der für den Monat Dezember maßgebenden Bezüge gezahlt. Mit der vierten Verordnung des Finanzministeriums Baden-Württemberg über die Gewährung einer Weihnachtszuwendung an Beamte und Versorgungsempfänger wurde diese Regelung für das Jahr 1967 dahingehend geändert, dass der Grundbetrag nur noch bis zu einem Höchstbetrag von 60 DM gewährt wurde. Das BVerfG hat festgestellt, dass die Leistungen eindeutig nicht zu den beamtenrechtlichen Ansprüchen gehörten, die nach den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums dem Beamten zustehen und deshalb durch Art. 33 Abs. 5 GG dem Beamten verfassungsrechtlich garantiert sind. Die nicht zur verfassungsrechtlich geschuldeten Alimentation zählende Weihnachtszuwendung könne deshalb jederzeit für die Zukunft gemindert oder gestrichen werden.452 Diese Er­ wägungen hat das BVerfG zuletzt in einem Beschluss wiederholt, in dem es eine Vorlage bezüglich der Verfassungsmäßigkeit einer nordrhein-westfälischen Landesregelung nicht zur Entscheidung angenommen hat, weil diese sich unter anderem mit der erwähnten Entscheidung aus 1967 nicht auseinander gesetzt hat.453 Das Vorlagegericht ging von einem Verstoß gegen den Vertrauensschutz bei Erlass eines Gesetzes mit unechter Rückwirkung aus. Infolge dessen wurde der Grundbetrag der Sonderzahlung bereits für das Jahr 2003 abgesenkt. Auf eine Verlet 451

Meier, ZBR 2004, 29. BVerfG, ZBR 1967, 364. 453 BVerfG, ZBR 2008, 42.

452

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

zung des Alimentationsprinzips hat das VG nicht abgestellt. Die Entscheidung des BVerfG lässt darauf schließen, dass das Gericht weiterhin die Ansicht vertritt, dass die Sonderzahlung nicht dem Schutz des Alimentationsprinzips untersteht. Für eine gegenteilige Auffassung sind keine Gründe ersichtlich. Die in Folge des Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes von 2003 in den Ländern eintretenden Kürzungen im Bereich der Sonderzuwendungen haben eine Reihe von Klagen ausgelöst. Die ersten Entscheidungen der Verwaltungs­ gerichte in Bezug auf Kürzungen der Sonderzuwendungen in Form von Urlaubsgeld oder der Weihnachtszulage durch die Länder sind bereits Ende 2003 ergangen.454 Die früheste Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte in Bezug auf diesen Problemkreis datiert auf Anfang 2007.455 Die bislang ergangenen oberverwaltungsgerichtlichen Entscheidungen gehen von einer Vereinbarkeit der Kürzungen mit dem Alimentationsprinzip aus. Im Hinblick auf die Behandlung der Sonderzuwendungen im Lichte des Alimentationsprinzips können zwei Ansätze unterschieden werden. Das OVG Berlin-Brandenburg folgt der Ansicht, die Sonder­zahlungen seien allein deswegen bei der Bestimmung dessen, was amtsangemessene Besoldung darstelle, außen vorzulassen, weil diese Leistungen nicht verfassungsrechtlich verbürgt seien.456 Im Ergebnis gelangt das Gericht zu einer Verfassungsmäßigkeit der Kürzung  – die Sonderzuwendung (sog. Weihnachtsgeld) wurde in Berlin auf einen Pauschalbetrag in Höhe von 640 € festgesetzt – ohne dass es darauf ankäme, ob die Absenkung dieser Sonderzahlung den angemessenen Lebensunterhalt des Klägers gefährdet habe. Hingegen gehen die OVGs der Länder Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen davon aus, dass auch wenn die Gewährung der Sonderzuwendung nicht zu der gemäß Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich geschützten Kernbesoldung gehört, führe deren Kürzung jedoch gegebenenfalls zu einer Verringerung der jährlichen Bezüge und damit unter Umständen zu einer Verletzung des Kernbereichs des Alimentationsprinzips.457 Die letztgenannte Ansicht kann sich auf eine gesicherte Rechtsprechung des BVerfG stützen, die zwar in Bezug auf Leistungen des Fürsorgedienstherrn ergangen ist, auf die Sonderzuwendungen jedoch entsprechend anwendbar ist.458 Die Gerichte 454

Vgl. u. a. VG Berlin, Beschluss vom 16.12.2003  – 7 A 386.03  – ZBR 2004, 180; VG Düsseldorf, Beschluss vom 11.3.2005 -26 K 2609/04; VG Magdeburg, Urteil vom 6.9.2005 – 5 A 60/05; VG Stuttgart, Urteil vom 9.9.2005 – 17 K 1823/05- NVwZ 2006, 486. 455 OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.1.2007 – 4 N 76.05; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25.4.2007 – 1 L 453/05; OVG NRW, Urteil vom 20.6.2007 – 21 A 1634/05; Eine Ausnahme bildet der Nichtzulassungsbeschluss des VerfGH Berlin bezüglich einer Absenkung der Sonderzahlung vom 2.4.2004 – 212/03, ZBR 2004, 275. 456 OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.1.2007 – 4 N 76.05. 457 OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25.4.2007  – 1 L 453/05; OVG NRW, Urteil vom 20.6.2007 – 21 A 1634/05. 458 Nach dieser Rechtsprechung des BVerfG kann sich der Besoldungsgesetzgeber hinsichtlich seiner Pflicht zur Gewährleistung amtsangemessener Bezüge gerade mit dem Hinweis auf die (anderweitige) Sicherstellung des im Ergebnis Angemessenen entlasten – dies gerade auch dann, wenn anderweitige Leistungen (z. B. Fürsorgeleistungen des Dienstherrn) ihrerseits nicht

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prüfen im Rahmen ihrer Entscheidungen, ob in Folge der reduzierten Gewährung der Sonderzuwendung eine Unteralimentierung zu konstatieren sei. Dies wird nach eingehender Prüfung der möglichen Verletzung des Kernbereichs der Alimentation verneint. Zu einem anderen Ergebnis gelangt das VG Arnsberg in seinem Vorlagebeschluss.459 Dabei zieht es die Erwägungen des OVG NRW heran, die dieses Gericht in Zusammenhang mit der Kostendämpfungspauschale angestellt hat.460 Die Feststellung der Abkopplung der Besoldung von den allgemeinen Einkommensverhältnissen bildet die Eingangsvoraussetzung für die Unverein­barkeit einer jeden weiteren Absenkung mit dem Alimentationsprinzip. bb) Grenzen möglicher Absenkungen Die wichtigste Erkenntnis, die sich aus der Rechtsprechung zu den Sonder­ zuwendungen für die Grenzen des Alimentationsprinzips ergibt, ist die Tatsache, dass die Kürzung dieser Zahlungen sich mittelbar auf die Höhe der Alimentation auswirkt. Zwar folgt aus der älteren Rechtsprechung des BVerfG, dass sie nicht unter dem Schutzschild des Alimentationsprinzips stehen.461 Die verfassungsrecht­ liche Relevanz einer Streichung kann sich jedoch aus einer infolge der Absenkung eintretenden Verletzung des Kernbereichs der Alimentation ergeben. Dies gilt soweit Sonderzahlungen eine Substitutionswirkung haben, wovon auszugehen ist. Folglich stellt die Tatsache, dass Sonderzuwendungen als Einzelelement der Besoldung nicht geschützt sind, kein Hindernis für eine eventuelle Feststellung einer Verletzung des Alimentationsprinzips dar. Dies hat das BVerfG in Bezug auf eine andere Besoldungsmodalität – die Kostendämpfungspauschale – ausdrücklich erwogen, obwohl für den Fall nicht angenommen.462 Die Konstellation wurde im Rahmen der Untersuchungen zur zweiten Kollisionsgruppe näher behandelt. Eine entsprechende Situation ist bei der bedarfsorientierten Besoldung denkbar. Sie wurde bereits in einem vom VG Arnsberg entschiedenen Fall angenommen, in dem, wie bereits erörtert, eine Absenkung der Weihnachtszulage angefochten worden ist. Das Gericht hat in seinem Vorlagebeschluss zunächst auf die bereits thematisierte Entscheidung des OVG NRW Bezug genommen um eine Abkopplung der Besoldung von der allgemeinen Einkommensentwicklung im entsprechenden Zeitraum festzustellen.463 In einem zweiten Schritt stellt es dann eine Verletzung des Kernbereichs des Alimentationsprinzips durch die Absenkung der Sonderzulage fest. Der ZweiSchritte-Test erweist sich somit auch im Zusammenhang mit der Prüfung eines verfassungskräftig garantiert sind (vgl. BVerfGE 76, 256, E 83, 89 und E 106, 225). Die Anwendbarkeit dieser Rechtsprechung auf Sonderzuwendungen wurde vom VG Arnsberg an­ genommen (Beschluss vom 27.12.2007 – 2 K 3224/04, ZBR 2008, 96). 459 VG Arnsberg, Beschluss vom 27.12.2007 – 2 K 3224/04, ZBR 2008, 96. 460 VG Arnsberg, Beschluss vom 27.12.2007 – 2 K 3224/04, ZBR 2008, 96, 98. 461 BVerfG, Urteil vom 29.11.1967 – 2 BvR 668/67, ZBR 1967, 364. 462 BVerfG, ZBR 2007, 416. 463 VG Arnsberg, Beschluss vom 27.12.2007 – 2 K 3224/04, ZBR 2008, 96, 98.

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bedarfsmotivierten Bestandteils der Besoldung als verläss­licher Maßstab für die Feststellung einer Verletzung des Kernbereichs des Alimenta­tionsprinzips. Die Feststellung des BVerfG bezüglich des verfassungsrechtlich nicht geschützten Besoldungselementes (dort in Form der Weihnachtszuwendung)464 widerspricht nicht der hier erläuterten Systematik einer Verletzung des Alimentationsprinzips. Sie bezieht sich auf eine Situation, in der, soweit ersichtlich, keine Abkopplung der Alimentation der Beamten von der allgemeinen Einkommens- und Wirtschaftsentwicklung gegeben war. Damit hatte die Kürzung des Weihnachtsgeldes auch keine weitere Minderung einer von der allgemeinen Entwicklung abgekoppelten Alimentation zur Folge. Bei dieser Ausgangslage ist nachvollziehbar und stichhaltig, dass eine Verringerung der Sonderzulage Art. 33 Abs. 5 GG nicht verletzt hat. Dies führt aber auch nicht dazu, dass bei einem kritischen Niveau der Grund­ alimentation eine Verletzung des Alimentationsprinzips in Folge einer Kürzung nicht festgestellt werden könnte. Hierauf lässt auch die vom BVerfG in ständiger Rechtsprechung wiederholte Aussage schließen, wonach das Alimentationsprinzip eine Auszehrung der Alimentation durch die tatsächlich bestehenden Unterhaltslasten unter den als amtsangemessen bewerteten Standard nicht zulässt.465 cc) Relative Größe als alternativer Maßstab für die Feststellung einer Verletzung des Alimentationsprinzips? Als Alternative zum hier dargestellten Zwei-Schritte-Test zur Feststellung einer Verletzung des Kernbereichs der Alimentation (Abkopplung und Absenkung) ist die Bezugnahme auf eine relative Größe der Kürzung möglich. Die Heran­ ziehung von Schwellenwerten ist in dieser Situation jedoch schon deshalb bedenklich, weil das Grundgesetz keinen festen Betrag vorgibt. Nichtsdestotrotz operierte die Rechtsprechung mit relativen Zahlen, wobei vor allem die vom BVerfG entwickelte 115 %-Grenze zur Sozialhilfe zu nennen ist, die bereits näher behandelt worden ist. Deshalb dürfte ein relativer Betrag für die Feststellung einer ver­fassungsrelevanten Absenkung von bedarfsmotivierten Besoldungselementen nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die bislang in Bezug auf Sonderzuwendungen ergangene Rechtsprechung orientierte sich zunächst an der jährlichen Entwicklung des Erwerbseinkommens bei den Beamten im Vergleich zu den Angestellten und Arbeitern im öffentlichen Dienst. Dabei war ein Unterschied von ca.  1 % als keine gravierende Abweichung bezeichnet worden.466 Dies ist ver­ 464

BVerfG, ZBR 2008, 42. BVerfGE 117, 330; BVerfG, ZBR 2007, 416. 466 OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25.4.2007  – 1 L 453/05 in Bezug auf die Jahre ­1998–2003; OVG NRW, Urteil vom 20.6.2007 – 21 A 1634/05 (Entscheidung des 21. Senats) in Bezug auf die Jahre 1996–2004. Der 1. Senat stellt in seiner bereits zitierten Entscheidung zur Kostendämpfungspauschale für die Entwicklung zwischen 1991–2002 ebenfalls keine gravierende Abweichung. Ab 2003 hingegen wird eine Abkopplung bejaht, vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007 – 1 A 4955/05, ZBR 2008, 96. 465

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tretbar, zumal keine Verpflichtung besteht, die Ergebnisse der Tarifverhandlungen für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes spiegelbildlich auf die Beamten­ besoldung und -versorgung zu übertragen. Nach Maßgabe ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung hat der Gesetzgeber in eigener Verantwortung zu prüfen und zu entscheiden, welche Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen von Bediensteten bestehen und ob die Entwicklung der Lebenshaltungskosten, der Einkommen in der Privatwirtschaft und der Leistungen anderer Alterssicherungssysteme wichtige Anhaltspunkte dafür liefert, die Beamtenbesoldung nicht an die Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst anzugleichen.467 Eine Anknüpfung an eine prozentual bemessene Absenkung der Besoldung durch die Streichung der Sonderzahlung wurde vom Beschwerdeführer in einer Verfassungsbeschwerde vor dem Berliner VerfGH erhoben.468 Es wurde vorge­ tragen, dass die angegriffene gesetzliche Regelung zu einer Verminderung des Jahresbruttoverdienstes von 5,08 % führe. Der Gerichtshof hat zunächst festgestellt, dass die Verminderung des verfügbaren Nettoeinkommens dementsprechend aufgrund der Steuerprogression noch geringer sein dürfte. Zudem liege die durch das Gesetz veranlasste Vermögenseinbuße in einem Bereich, der gravierende Einschnitte in eine zuvor aufgebaute wirtschaftliche Lebenssituation nicht erwarten ließe.469 Zusammenfassend lässt sich aus der dargestellten Rechtsprechung zu den Sonderzuwendungen folgern, dass sich eine verlässliche prozentuale Grenze für Absenkungen nicht ermitteln lässt. Insoweit kann auch auf die Ausführungen zu den absoluten Grenzen des Alimentationsprinzips verwiesen werden. Auch dort konnte kein sicherer Schwellenwert für die Verletzung des Kernbereichs des Alimenta­ tionsprinzips ermittelt werden. Gerade der kombinierte Maßstab (Abkopplung und Kürzung) soll der Notwendigkeit einer Bezifferung des Grenzwertes vorbeugen. c) Der Ortszuschlag Die ersten Ortszuschläge wurden im Jahre 1873 sowohl im Reich als auch in Preußen eingeführt. Es war eine Reaktion auf die Teuerungswelle bei den Mieten in den Gründerjahren nach dem deutsch-französischen Krieg 1870–71. Der Gesetzgeber hat damit anerkannt, dass der Beamte, der wegen seiner Residenzpflicht in einer Großstadt wohnen musste, teurer lebte, als sein Kollege auf dem Land. Für die Unterschiede waren die Einwohnerzahl, der wirtschaftliche Charakter der Region und die Durchschnittsraummiete maßgebend.470 Seit dem Jahr 1973 wurden 467

BVerwGE 117, 305, 309. VerfGH Berlin, Beschluss vom 2.4.2004 – 212/03, ZBR 2004, 275. 469 VerfGH Berlin, Beschluss vom 2.4.2004 – 212/03, ZBR 2004, 275, 276. 470 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht des Deutschen Bundestages vom 21.6.1957 über den von der Bundesregierung am 29.12.1955 eingebrachten Entwurf eines Bundesbesoldungsgesetzes – BT-Drs. II-3638. 468

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

überregionale und zwischenörtliche Preisunterschiede, vor allem Unterschiede des Verbraucherpreisniveaus innerhalb Deutschlands nicht mehr berücksichtigt. Der Grund für die Abschaffung des Ortsklassensystems war in erster Linie die Vor­ stellung, dass sich die Lebensverhältnisse einschließlich des Mietenniveaus zu­ nehmend angeglichen haben. Neben dem Ortszuschlag mit seinen Differenzierungen nach Ortsklassen gab es die örtlichen Sonderzuschläge, die ab 1. Oktober 1922 allen Beamten an Orten mit besonders schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen gewährt wurden. Diese Zuschläge haben sich aus den Kriegsteuerungszulagen entwickelt. In den folgenden Jahren wurde der örtliche Sonderzuschlag im Zuge von allgemeinen Be­soldungserhöhungen kontinuierlich abgebaut. In § 41 BBesG von 1957 war ein örtlicher Sonderzuschlag nur noch für Beamte in Berlin und Hamburg vorgesehen. Er diente entsprechend seiner früheren Zweckbestimmung dem Ausgleich örtlicher Teuerungsverhältnisse, die sich insbesondere aus dem Weltstadtcharakter beider Städte ergaben.471 Auch diese Sonderleistungen sind seit Mitte der 80er Jahre entfallen. Die Streichung wurde mit einer Angleichung der regionalen Kostenunterschiede im Bundesgebiet begründet. Die tatsächliche Entwicklung entsprach jedoch nicht der angenommenen Nivellierung. Vielmehr waren in den 80er Jahren deutlich höhere Lebenshaltungskosten in den Ballungsräumen zu verzeichnen. Daraufhin beantragte die Bundestagsfraktion der SPD im Jahr 1990 die Einführung einer Verordnungsermächtigung zur Gewährung einer Ballungsraumzulage.472 In der Entwurfsbegründung wurde das Mietpreisniveau der Stadt München an­ geführt, das zu dieser Zeit um mehr als 25 % über dem Bundesdurchschnitt lag. Obwohl dieser Antrag keine Mehrheit gefunden hat, wurde die begehrte Gesetzesänderung im Rahmen des Fünften Gesetzes zur Änderung besoldungsrecht­licher Vorschriften vom 28. Mai 1990 durchgeführt. Die damit geänderte Vorschrift des § 74 BBesG ermächtigte die Bundesregierung und die Landesregierungen, „jeweils für ihren Bereich zum Ausgleich von Mehrbelastungen in Orten mit weit überdurchschnittlichem Mietpreisniveau durch Rechtsverordnung die Gewährung einer örtlichen Prämie“ zu regeln. Die Geltung der Regelung wurde jedoch bis zum 31.  Dezember 1993 befristet, da die Bundesregierung der Auffassung war, dass der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt in Ballungsgebieten vorrangig durch Maßnahmen der Wohnungsbauförderung begegnet werden sollte.473 Eine Nachfolgeregelung wurde nicht mehr erlassen. Die angesprochene Novellierung von 1990 brachte eine weitere Möglichkeit zur Regelung von Sonderzuschlägen. Der neu formulierte § 72 BBesG ermöglichte den Erlass einer Verordnung zur Sicherung von Funktions- und Wettbewerbs­ fähigkeit des öffentlichen Dienstes. Er sollte durch die Gewährung eines zusätz­ lichen finanziellen Anreizes der Problemsituation bei der Personalbewirtschaftung 471

Schneider, RiA 1989, 36, 38. BT-Drs. 11/6835, S. 53. 473 BT-Drs. 11/6542, S. 19.

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X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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in Verwendungsbereichen begegnen, die von akutem Nachwuchsmangel bedroht waren oder in denen verstärkt Abwanderungstendenzen sichtbar wurden.474 Die Regelung besteht in mehrmals geänderter Fassung weiterhin, wobei Personalgewinnungs- und Personalerhaltungsmotive im Vordergrund stehen. In der Literatur wurde erwogen, den Sonderzuschlag aus § 72 BBesG als Ballungsraumzulage zu instrumentalisieren. Angesichts der Nichtverlängerung der Regelung des § 74 BBesG wurde nach bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten gesucht, den tatsächlich bestehenden regionalen Kostenunterschieden zu entsprechen.475 Doch weder die damals geltende, noch die aktuelle Fassung ermöglichen eine solche Auslegung. Denn der Sonderzuschlag wird nicht allein durch die hohen Lebenshaltungskosten in Ballungsraumgebieten gerechtfertigt. Den eigentlichen Zweck der Norm bildet die Reaktion auf Personalengpässe. Zudem sind Bedienstete im Endgrundgehalt vom Empfängerkreis ausgeschlossen, auch wenn sie die Belastung ebenfalls zu tragen haben. Ein Ballungsraumzuschlag ist hingegen für die gleichermaßen betroffenen Personenkreise auch gleichermaßen zu gewähren. Die Ballungsraumproblematik konnte mit den §§ 72 und 74 BBesG nicht gelöst werden. Besonders intensiv waren die Bemühungen der Bayerischen Landesregierung, die bereits seit Ende der achtziger Jahre bestrebt war, eine bundesrechtliche Regelung oder Öffnung im Beamtenbesoldungsrecht für die Gewährung von Ortszuschlägen in München zu erreichen. Nach dem Vorbild entsprechender tarifvertragsrechtlicher Bestimmungen wurde schließlich für den Landesbeamten eine Regelung getroffen. Die durch Gesetz vom 24. Juli 1990 neu eingeführte Vorschrift des § 86b des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) ermächtigte die Staatsregierung, durch Rechtsverordnung eine ergänzende Fürsorgeleistung zum Ausgleich der außerordentlich hohen Lebenshaltungskosten in München für Beamte und Richter mit dienstlichem Wohnsitz in München zu regeln. Die Vorschrift beinhaltet jedoch einen Grenzbetrag des Grundgehalts für die Gewährung des Zuschlags. Durch diesen Grenzwert wird ein Teil der Beamten und Richter vom Kreis der Begünstigten ausgeschlossen. Diese Ausgrenzung war der unmittelbare Anlass für die Beschwerde eines Münchener Kriminalhauptkommissars, die jüngst vor dem BVerfG entschieden worden ist.476 aa) Die Ballungsraumzulagenentscheidung Das BVerfG befasst sich in der Entscheidung zunächst mit der Frage, ob es einen selbstständigen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums gebe, der den Gesetzgeber verpflichte, bei der Festsetzung der Bezüge einen spezifischen Ausgleich für regional erhöhte Lebenshaltungskosten zu gewähren. Hierfür analysiert es die Rechtslage seit der Weimarer Republik und kommt zum Ergebnis, 474

Käppner, ZBR 1990, 240. Schwarz, Die Ballungsraumzulage im öffentlichen Dienst, 1994, S. 47 ff. 476 BVerfGE 117, 330.

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

dass das Beamtenrecht ein Ortszulagensystem kannte, es jedoch nicht zum überlieferten Kernbestand von Strukturprinzipien des Beamtenrechts gehöre. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers werde dagegen nur durch solche hergebrachten Regelungen beschränkt, die das Bild des Beamtentums in seiner überkommenen Gestalt und Funktion so prägen, dass ihre Beseitigung auch das Wesen des Beamtentums antasten würde.477 Das Ortszulagensystem sei kein wesensprägender Charakter des Beamtenrechts.478 Die Ausgestaltung der Zulagen zur Beamtenbesoldung sei eine Detailregelung, die keinen zwingenden Bezug zur Angemessenheit der Alimentation aufweise. Das Gericht widmet der Frage, ob das Ortszulagensystem einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums bildet, einen beträchtlichen Teil seiner Entscheidung. Im Hinblick auf den Vortrag des Beschwerdeführers erscheint diese Frage von sekundärer Bedeutung. Sein Begehren richtete sich primär auf die Feststellung einer Verletzung des Kernbereichs des Alimenta­ tionsprinzips. Zu dieser Frage gelangt das Gericht jedoch erst im zweiten Punkt der Entscheidungsgründe. Hätte das Gericht das Ortszuschlagsystem als hergebrachten Grundsatz qualifizieren können, so wäre der Anspruch des Beschwerdeführers dem Grunde nach natürlich begründet. Es hätte sich lediglich die Frage nach einer angemessenen Höhe des Zuschlags gestellt. Allerdings war die Entscheidung bereits im Hinblick auf die gefestigte Rechtsprechung des BVerfG, wonach der Gesetzgeber die Struktur der Besoldung und die Zahlungsmodalitäten jederzeit pro futuro ändern kann,479 zu erwarten. Entscheidend ist die Antwort auf den zweiten Teil  der soeben herangezogenen Rechtsprechung: Die Änderungen sind solange zulässig, als sie nicht die verfassungsrechtlich garantierte Alimentierungspflicht und die hierdurch gesicherte Untergrenze einer amtsangemessenen Besoldung verletzen. Letzteres verneint das Gericht ebenfalls. Es eröffnet die Prüfung eines Ver­ stoßes gegen das Alimentationsprinzip mit einer kurzen, allgemeinen Definition des Grundsatzes und einer Feststellung, dass Unterschiede in der Belastung hierfür von Bedeutung sein können. Dabei nimmt er zunächst auf Unterhaltslasten Bezug und führt weiter an, dass die Höhe der tatsächlich anfallenden Lebenshaltungskosten auch in regionaler Hinsicht differieren könne. Ausgangspunkt für die Untersuchung, ob eine amtsangemessene Alimentation trotz mangelnder Ortszu­lagen gewährt wird, ist eine nähere Konturierung des Begriffs der Amtsangemessenheit. Die in Art. 33 Abs. 5 GG enthaltene Garantie eines „amtsangemessenen“ Unterhalts stellt nach Ansicht des Gerichts lediglich eine den Besoldungsgesetzgeber in die Pflicht nehmende verfassungsrechtliche Gestaltungsdirektive dar. Im Hinblick darauf stehe es dem Gesetzgeber frei, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen. Das BVerfG sieht die in Ballungsräumen höhere Lebens 477

BVerfGE 117, 330, 347. BVerfGE 117, 330, 348. 479 St. Rspr. seit BVerfGE 44, 249, 263.

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X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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qualität als berücksichtigungswürdige Kompensation für die dort höheren Lebenshaltungskosten. Auch für die Bezieher niedrigerer Einkommen stünden den höheren Lebenshaltungskosten Vorteile gegenüber, die dagegen sprächen, die geringere Kaufkraft in diesen Räumen ohne weiteres einem geringeren kompensationsbedürftigen Lebensstandard gleichzusetzen.480 Als Beispiele nennt das Gericht die in Ballungsräumen reichhaltigeren Bildungsangebote und medizinische Versorgungsmöglichkeiten, vielfältigere Freizeit- und Unterhaltungsangebote oder ortsspezifische Vorteile wie die Nähe zu attraktiven Erholungsgebieten. Zwar könnten diese Faktoren statistisch nicht präzise erfasst werden. Ihre Berücksichtigung hielte sich jedoch im Rahmen des dem Besoldungsgesetzgeber zustehenden Einschätzungsspielraums. Abschließend stellt das Gericht einen Vergleich des Einkommens des Beamten mit den Einkommen, die für vergleichbare und auf der Grundlage vergleichbarer Ausbildung erbrachter Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielt werden. Ein Ungleichgewicht sei diesbezüglich nicht dargetan worden. Es sei jedoch Aufgabe des Gesetzgebers, die tatsächliche Entwicklung der Lebenshaltungskosten auf relevante Unterschiede zwischen Stadt und Land zu beobachten, um möglichen Verstößen gegen den Alimentationsgrundsatz angemessen begegnen zu können. bb) Maßstäbe und Kritik Die Ballungsraumzulagenentscheidung ist in der Literatur auf Ablehnung gestoßen.481 Die Hauptkritikpunkt betraf die Nichtberücksichtigung der tatsächlichen Unterschiede bei den Lebenshaltungskosten trotz hinreichender Darlegung und trotz bestehender Differenzierungsmechanismen, die als Vorbild dienen könnten. Zu denken ist hier vor allem an das Wohngeldgesetz. Darin wird die Höhe des regionalen Mietkostenniveaus durch die berücksichtigungsfähigen Mietkosten ausgeglichen.482 Weiterhin wurden Auslandszuschüsse ins Feld geführt als Beleg für eine Flexibilität des Ausgleichs sogar bei Sachverhalten mit grenzüberschreitendem Bezug.483 In der Literatur wurde der Umgang des Gerichts mit dem Merkmal der Amts­ angemessenheit scharf kritisiert. Zunächst wurden dogmatische Einwände erhoben: Das BVerfG definiert das Merkmal als Gestaltungsdirektive, was nach einer Literaturansicht die Vermutung aufkommen lasse, dass der Begriff eine weniger intensive Bindung des Gesetzgebers impliziert als die Pflicht zur Beachtung hergebrachter Grundsätze des Berufsbeamtentums. Dies würde auf eine Schwächung 480

BVerfGE 117, 330, 352. Leisner-Egensperger, ZBR 2008, 9; Lindner, ZBR 2007, 221; Kenntner, ZBR 2007, 230. 482 § 8 Abs. 5 des Wohngeldgesetzes legt sechs „Mietenstufen“ fest, denen die Gemeinden anhand ihres jeweiligen Mietenniveaus zugeordnet sind – vgl. zu die Erläuterungen bei: Kenntner, ZBR 2007, 230, 231. 483 Kenntner, ZBR 2007, 230, 231. 481

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

des Alimentationsgrundsatzes hinauslaufen.484 Dieser Ansicht kann man zwei Argumente entgegensetzen. Zunächst wird der Begriff der Amtsangemessenheit in ständiger Rechtsprechung als Maßstabsbegriff in Zusammenhang mit dem Alimentationsgrundsatz erwähnt.485 Die Bezeichnung als Gestaltungsdirektive ist terminologisch nicht weit davon entfernt. Jedenfalls wird die Amtsangemessenheit dadurch nicht zu einem gesetzlichen Abwägungsgesichtspunkt unter vielen reduziert.486 Vielmehr bildet sie einen Oberbegriff für mehrere Merkmale, die das BVerfG bereits exemplarisch angeführt hat und die allesamt diesen Maßstab bestimmen. Weiterhin wird angeführt, die im Sinne einer Gestaltungsdirektive verstandene Amtsangemessenheit könnte zu einer Schwächung des Alimentationsprinzips führen angesichts seiner Qualität als Abwägungsmerkmal. Es stellt sich aber die Frage nach einer Alternative. Denkbar wäre es, die Amtsangemessenheit zu einem her­ gebrachten Grundsatz zu „befördern“. Es findet sich tatsächlich eine Ansicht in der neueren Literatur, die auf Grundlage der Wartefrist-Entscheidung des BVerfG annimmt, dass die Amtsangemessenheit einen eigenständigen hergebrachten Grundsatz darstellt.487 Zunächst ist nicht ersichtlich, wieso derselbe Senat des BVerfG die Amtsangemessenheit in einer Entscheidung als Gestaltungsdirektive bezeichnen sollte um nach nur zwei Wochen in einer Rechtssache, die ebenfalls das Alimentationsprinzip betrifft, seine Rechtsansicht diametral ändern sollte. Zudem muss sich nach ständiger Rechtsprechung des Gerichts der Grundsatz selbst als hergebracht erweisen, nicht dessen Auslegung. Mithin existiert keine Akzessorietät zwischen diesen Elementen, wonach die Auslegung des Grundsatzes dessen Rechtsqualität folgen würde. Folglich ist die Einordnung der Amtsangemessenheit als hergebrachter Grundsatz keine Alternative für die Amtsangemessenheit im Sinne eines Maßstabsbegriffs. Hierfür gibt es weder eine rechtliche Möglichkeit, noch ist dies tatsächlich notwendig. Vielmehr ergeben sich aus der Amtsangemessenheit Kriterien, die für die Bestimmung der Reichweite des Alimentations­prinzips relevant sind. Neben den dogmatischen Erwägungen zur Qualität der Amtsangemessenheit sind die Entscheidungspassagen zum Inhalt derselben von größerer Bedeutung. Zunächst erörtert das Gericht den „Lagevorteil“ der Stadt München gegenüber ländlichen Gebieten. Einwohner des Ballungsraums haben besseren Zugriff auf 484

Lindner, ZBR 2007, 221, 229. Vgl. Abschnitt C.IV. und V. 486 So aber: Lindner, ZBR 2007, 221, 229. 487 Leisner-Egensperger, ZBR 2008, 9, 11.  Demnach soll die Amtsangemessenheit einen eigenständigen hergebrachten Grundsatz darstellen, da eine Unterscheidung zwischen bloßer Auslegung und eigenständigem Grundsatz dogmatisch nicht vollziehbar wäre. Die Ausge­ staltung eines Grundsatzes bringe wiederum stets einen Inhalt hervor, der die Rechtsrealität des Grundsatzes teile. Die als Beleg hierfür zitierten Passagen des Urteils beziehen sich jedoch nicht auf die Amtsangemessenheit, sondern auf den Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt. 485

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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kulturelle, soziale und medizinische Einrichtungen, die einen geringeren Lebensstandard nach Ansicht des Gerichts aufwiegen. Bereits diese Überlegung stößt auf erhebliche Bedenken, und zwar aus mehreren Gründen. Zunächst hängt die Einschätzung darüber, ob die Nähe der genannten Einrichtungen einen Vorteil bringt, von subjektiven Präferenzen ab. Eine objektive Bewertung dieser Vorzüge ist nicht möglich. Dies scheint das Gericht auch zuzugeben, indem es anführt: „Solche Faktoren mögen sich einer präzisen statistischen Erfassung weitgehend entziehen; sie sind darum aber nicht unbeachtlich“.488 Dies könnte als eine Ausweitung des Maßstabsbegriffs der Amtsangemessenheit auf subjektive Elemente aus­gelegt werden. Allerdings stünde diese These im offenen Widerspruch zu dem, was das BVerfG im Rahmen der Amtsangemessenheit stets gefordert hat und innerhalb derselben Entscheidung vom Beschwerdeführer auch fordert. Dabei handelt es sich um Darlegungen unter Heranziehung objektiv messbarer Werte. In der Ballungsraumzulagenentscheidung verlangt das Gericht einen präzisen Vergleich der Beamtengehälter zu den Einkommen, die für vergleichbare und auf der Grundlage vergleichbarer Ausbildung erbrachter Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielt werden. Ein weiteres Beispiel bringen die bereits besprochenen Kinderzuschlagentscheidungen, in denen das Gericht die eindeutige, objektiv handhabbare 115 %-Grenze zum sozialen Existenzminimum als unterste Grenze der Alimentation einführt. Das BVerfG scheint eine Vermutung aufzustellen, wonach das Leben im Ballungsgebiet gegenüber einem Dasein auf ländlichen Gebieten als vorteilhaft empfunden wird. Dafür spräche die Ansammlung von Einkaufs-, Versorgungs- und Bildungsmöglichkeiten sowie die Vielfalt der Freizeit- und Erholungsangebote. Es mag sein, dass ein Teil der in München lebenden Beamten diese Angebote wahrnimmt, doch ist dies stets von einer persönlichen Präferenz bedingt und bleibt somit im Bereich des Fiktiven. Demgegenüber ist es eine nachgewiesene Tatsache, dass die Lebenshaltungskosten in München mehr als 20 % über dem bayerischen Landesdurchschnitt liegen. Konsequenterweise müsste man annehmen können, dass Beamte ein Fünftel ihres Einkommens dafür aufopfern, um an die angeführten Vorteile zu kommen. In der Literatur wird eine Parallele zur zivilrechtlichen Figur der aufgedrängten Bereicherung gezogen.489 Folgt man der in der Ballungsraumzulagenentscheidung vorgeschlagenen Logik, so kommt man zu Ergebnissen, die für den Kernbereich des Alimentationsprinzips sehr gefährlich sind. Aus der Gedankenführung des BVerfG ergibt sich nämlich, dass die Vorteile der Großstadt zwar existieren, es aber nicht nachweisbar ist, ob sie von den Beamten tatsächlich genutzt werden. Diese Vermutung muss gleichermaßen für diejenigen Beamten gelten, die auf dem Land leben. Letztere haben gegenüber den in München ansässigen Beamten den entscheidenden Vorteil, dass die Lebenshaltungskosten im Umland 20 % niedriger sind. Die Ver­ 488

BVerfGE 117, 330, 352. Kenntner, ZBR 2007, 230, 233.

489

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

mutung des Gerichts legt den Schluss nahe, dass, soweit die außerhalb der Stadt lebenden Beamten ihre Vorteile nicht nutzen, sie einen Einkommensvorteil von 20 % gegenüber den Münchener Beamten haben. Soweit dieser Teil des Einkommens nur für den Zugang und Gebrauch der Segnungen des Ballungsraums aufgeopfert wird, dann muss unterhalb dieser Grenze – also wenn man den Einkommensvorteil nicht hätte – ein amtsangemessenes Leben ebenfalls möglich sein. Denn auch wenn der Beamte, der in der Stadt lebt und mit seinem Einkommen ausschließlich die Lebenshaltungskosten bewältigt, steht er schlechter als sein Kollege auf dem Land. Dies ergibt sich aus dem Vergleich der allgemeinen Kostenentwicklung mit den durchschnittlichen Monatsverdiensten der Beamten sowie eines Vergleichs des Verbraucherpreisindexes mit der Beamtenbesoldung.490 In Anlehnung an diese Folgerung könnte man vertreten, dass der Kernbereich des Alimentationsprinzips nicht verletzt worden wäre, wenn man die Einkommen der auf dem Land lebenden Beamten um 20 % kürzen würde! Dies kann bereits im Hinblick auf den außerordentlich großen Grenzwert nicht richtig sein. Das BVerfG hat in der Vergangenheit bereits auf eine Verletzung des Kernbereichs der Alimentation entschieden, wenn die Differenz einen nur geringen Prozentsatz betraf.491 Zudem widerspricht das Ergebnis der Entscheidung dem Kern einer bereits im Rahmen der Kinderzuschlagentscheidungen getroffenen Aussage, wonach sich ranggleiche Besoldungsempfänger ohne Rücksicht auf die Größe ihrer Familie in der Lebenswirklichkeit annähernd das Gleiche leisten können. Damit hat das BVerfG im Rahmen der familienorientierten amtsangemessenen Alimentation ein Gleichbehandlungsgebot eingeführt, wonach Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandelt werden soll. Diese familiengerechte Betrachtungsweise kann auch regionalorientiert ausgeweitet werden. In Zusammenhang mit dem Grundsatz, dass sich alle Beamte annähernd das Gleiche sollen leisten können, muss bei der Alimentationsbemessung auch berücksichtigt werden, dass aufgrund regional unterschiedlicher Lebenshaltungskosten von gravierendem Ausmaß Beamte in verschiedenen Gegenden unterschiedlichen Belastungen bei der Abdeckung der Lebensbedürfnisse ausgesetzt sind. Die Notwendigkeit einer gerechten Sensibilisierung der Besoldung bezüglich vergleichbarer Leistung lässt sich auch auf einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums, der vom BVerfG in einer früheren, in Zusammenhang mit dem Alimentationsprinzip weniger beachteten Entscheidung abgeleitet worden ist, zurückführen.492 In der Rechtssache hatte sich das Gericht mit der Frage zu be­fassen, ob sich für eine Differenzierung der Bezüge von bestimmten Ämtern am Oberlandesgericht einerseits und des Oberverwaltungsgerichts andererseits sachliche Gründe heranziehen lassen. Den Ausgangspunkt der Erwägungen bildete der her 490

Kenntner, ZBR 2007, 230, 232. So in den Kindergeldentscheidungen, in denen die Kinderzulagen die 115 %-Grenze um einige Prozentpunkte unterboten haben, BVerfGE 44, 249; 81, 363 und 99, 300. 492 BVerfGE 12, 326. 491

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gebrachte Grundsatz des Berufsbeamtentums, wonach für gleiche und vergleichbare Dienstposten derselben Laufbahn im Hinblick auf die vom Träger des öffent­ lichen Amtes geforderte gleiche Tätigkeit, gleiche Leistung, gleiche Verantwortung und gleiche Arbeitslast gleiche (und zwar eine der Bedeutung von Leistung und Verantwortung entsprechende) Besoldung gewährt wird.493 Der Grundsatz liefert wichtige Maßstäbe vor allem für das Laufbahnprinzip, indem er es ins Verhältnis zum Alimentationsprinzip stellt. Doch der diesem Grundsatz inhärente Gleichstellungsgedanke kann auch für Besoldungsgesichtspunkte fruchtbar gemacht werden. Hierfür bedarf er einer gedanklichen Erweiterung. Die wörtliche Auslegung des Grundsatzes weist zunächst auf ein Gebot nomineller Gleich­stellung bei der Besoldung, sofern die vom Gericht angeführten Faktoren vergleichbar sind. Aber bei stark differierenden Lebenshaltungskosten, wie im Falle einer Gegenüberstellung der Verhältnisse in Ballungsgebieten und in ländlichen Gegenden, muss diese Komponente berücksichtigt werden. Deshalb kann nicht auf eine nominelle Gleichheit der Besoldung abgestellt werden. Vielmehr sind die Indizien zu berücksichtigen, die einen Aussagegehalt über den faktischen Wert der Besoldung haben. Allen voran sind es die Lebenshaltungskosten und der Verbraucherpreisindex, die den nominellen Wert der Besoldung regionalabhängig relativieren. Auf diesen Aspekt des hergebrachten Grundsatzes kam es in der Entscheidung von 1961 nicht an. Es ging primär um den Gesichtspunkt der Vergleichbarkeit der streitgegenständlichen Tätigkeiten.494 Die regionalabhängige „Gewichtung“ der Besoldung ist eine logische Konsequenz dieses Grundsatzes. Seine entsprechende Auslegung fügt sich auch in die kompetenzrechtliche Entscheidung des Grundgesetzgebers, wonach die Länder für die Besoldung ihrer Beamten zuständig sind und sie somit den landeseigenen Verhältnissen anpassen können. Dieser auf föderaler Ebene wiedereingeführte Grundsatz muss auch auf dem Gebiet eines Landes gelten. Die einzige Voraussetzung kann darin bestehen, dass die Diskrepanzen bei den Lebensverhältnissen einen bestimmten Schwellenwert erreichen. Bezüglich des Schwellenwerts lässt sich der Ballungsraumzulagenentscheidung nichts Konkretes abgewinnen. Das Gericht stellt zunächst fest, dass sich die Amtsangemessenheit der Alimentation auch durch ihr Verhältnis zu den Einkommen bestimmt, die für vergleichbare und auf der Grundlage vergleichbarer Ausbildung erbrachter Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielt werden. Dieser Vergleich ist in casu nach Ansicht des Gerichts nicht dargetan worden. Denn in der präsentierten Einkommensstudie handele es sich um eine Global­ betrachtung, die über die Verteilung der Einkommen und damit auch über die Einkommensverhältnisse der in der Sache in Betracht kommenden Vergleichs­gruppen

493

BVerfGE 12, 326, 334. Diesbezüglich hat das BVerfG festgestellt, dass bei dem vom Gesetzgeber angestellten Vergleich der Gestaltungsspielraum – dessen Überschreitung das Gericht lediglich am Maßstab der Willkür prüfen kann – nicht über die Grenzen des Zulässigen hinaus gebraucht worden ist – vgl. BVerfGE 12, 326, 335 f. 494

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

keine Auskunft gebe.495 Es hat mithin den vom Beschwerdeführer angeführten Vergleich deswegen verworfen, weil er den falschen Anknüpfungspunkt gewählt hat. Zunächst ist mit einer Literaturkritik anzumerken, dass die Darlegungsanforderungen an den Beschwerdeführer überspannt sein dürften, wenn das Gericht nach einem differenzierten Einkommensvergleich für einzelne Vergleichsgruppen verlangt.496 Weiterhin könnte man aus der Aussage des Gerichts folgern, dass eine ausreichende, kürzungsrelevante Diskrepanz angenommen werden könnte, wenn der Vergleich auf die belangvollen Gruppen eingeschränkt worden wäre. Eine Kürzung der Besoldung um 20 % hätte jedenfalls zur Verletzung des Kerbereichs geführt. Es ist jedoch fraglich, ob man eine Nichtanpassung an die Verhältnisse, die im Ballungsgebiet herrschen, mit einer Kürzung der Besoldung gleichstellen könnte. Dies könnte einerseits den Zugriff auf bereits für den Kürzungsbegriff zugängliche Maßstäbe ermöglichen. Es könnte auch den Bereich der Rechtfertigung eröffnen. cc) Regionale Unterschiede in Lebenshaltungskosten und der Kürzungsbegriff Das BVerfG geht in der Ballungsraumzulagenentscheidung nicht von einer Kürzung der Besoldung aus. Es prüft zwar, ob das Unterlassen des Gesetzgebers, einen spezifischen Ausgleich für die erhöhten Lebenshaltungskosten zu schaffen, im Lichte des Alimentationsprinzips zu beanstanden ist. Doch der Begriff der Kürzung wird an keiner Stelle ins Feld geführt. Die Anpassung an regionale Unterschiede bringt mehrere Besonderheiten, so dass anhand der Merkmale von Kürzungen (Absenkungen) im Einzelnen geprüft werden muss, ob und inwieweit Gemeinsamkeiten bestehen. Der Begriff der Besoldungskürzung wurde bereits an anderer Stelle erörtert.497 Die abstrakte Definition umfasst jede Rechtsänderung, die eine nominell geringere Besoldung bewirkt als die, auf die der Beamte vor der Rechtsänderung einen konkreten oder potenziellen Anspruch gehabt hätte. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn die Besoldung nominell ansteigt und die Anpassung hinter der Steigerung der allgemeinen Einkommensverhältnisse zurückbleibt.498 Die Situation, in der die 495

BVerfGE 117, 330, 352. Vgl. hierzu: Kenntner, ZBR 2007, 230, 232. Nach seiner Meinung dürfte der Beschwerdeführer zu einer solchen Detailuntersuchung kaum in der Lage sein. Als Lösung schlägt er eine zivilrechtlich geprägte Beweiskonstruktion vor. Demnach könnte die vom bayerischen Wirtschaftsministerium herausgegebene Kaufkraftstudie, wonach die in München ausgezahlten Löhne und Gehälter signifikant höher sind, als im Landesdurchschnitt, einen Anschein für das behauptete Missverhältnis liefern. In einem zweiten Schritt könnte der Freistaat Bayern dazu verpflichtet werden, einen Nachweis darüber zu erbringen, dass ein Missverhältnis bei den Einkommensverhältnissen für die Vergleichsgruppen des Beamtenrechts nicht gelte. 497 Vgl. Abschnitt C. X.3. 498 Wolff, DÖV 2003, 494. 496

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

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Einkommensentwicklung der Beamten mit der allgemeinen Entwicklung nicht mehr Schritt hält, sondern im Wege einer deutlichen Zäsur hinter die allgemeinen Verhältnisse zurückfällt, wurde bereits als Abkopplung der Besoldung bezeichnet. Sie kann als solche auch nicht gerechtfertigt werden und stellt somit nicht nur für sich eine Absenkung der Besoldung dar, sondern indiziert auch die Rechtswidrigkeit eines jeden weiteren besoldungswirksamen Zugriffs des Gesetzgebers. Das Unterlassen des Gesetzgebers bezüglich der Anpassung der Besoldung zieht somit eine Abkopplung der Besoldung nach sich, die ihrerseits eine rechtswidrige Kürzung darstellt, sofern alle Voraussetzungen vorliegen. (1) Die Abkopplung der Besoldung als Handlungsmaßstab Der Abkopplungstatbestand wurde für die Situation zugeschnitten, in der eine Nichtanpassung auf Landesebene erfolgt. Die Lebensverhältnisse im Rahmen dieser geordneten Fläche sind weitestgehend homogen. In der Ballungsraum­ situation besteht die Besonderheit, dass ein Gebiet aus dieser Einheitlichkeit heraussticht. Diese Besonderheiten könnten dazu führen, dass der Ballungsraum besoldungsrechtlich gesondert zu behandeln ist. Ein Ergebnis, das auch im Rahmen des Vorbringens des Beschwerdeführers in der Ballungsraumzulagen­entscheidung erreicht werden sollte. Als Vergleichskriterium wurde die unterschiedliche Situation der Beamten auf dem Lande herangezogen. Auch das BVerfG hat dies zum Hauptargument seiner Entscheidung gemacht, indem es auf die Vorteile abgestellt hat, die den Anwohnern der Ballungsgebiete zur Verfügung stehen. Dies hat leider nicht zu dem erwünschten Ergebnis geführt. Alternativ könnte der Gesichtspunkt der Abkopplung in den Vordergrund gestellt werden. Dann wären primär die Verhältnisse in München ins Auge zu fassen. Folglich müssten die Verhältnisse im Ballungsraum von denen außerhalb desselben gesondert betrachtet werden. Eine Vergleichbarkeit mit den Verhältnissen außerhalb des Ballungsgebiets wäre folglich nicht notwendig, auch nicht ein Rückgriff auf die subjektiven Präferenzen der Beamten. Weiterhin könnte und müsste auf dieser Grundlage eine gesteigerte Handlungspflicht des Gesetzgebers begründet werden. (2) Begründung einer Handlungspflicht Die Handlungspflicht hätte zur Folge, dass der Gesetzgeber sich die Verhältnisse im Bereich seiner Zuständigkeit regionalabhängig anschauen müsste. Eine entsprechende Pflicht könnte sich aus zwei Gründen ergeben. Zunächst spricht dafür, dass der Gesetzgeber bereits mehrmals eine regionale Anpassung der Besoldung vorgenommen hat. Das Besoldungsgesetz von 1957 sah die Gewährung von Ortszuschlägen als Bestandteil der Besoldung vor. Deren Höhe bestimmte sich gem. § 12 BBesG 1957 unter anderem danach, welcher Ortsklasse der dienstli-

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C. Maßstäbe für die Gestaltung der Besoldung auf Landesebene

che Wohnsitz des Beamten zugeordnet war.499 Zweites Bespiel ist die Anpassung der Besoldung an die Verhältnisse im Osten der Bundesrepublik nach der Wende. Diese Praxis hat das BVerfG zugelassen.500 Damals hat der Besoldungsgesetzgeber die Gestaltungsmöglichkeit der regionalen Unterschiede durch eine generelle Absenkung der Grundbesoldung zu seinen Gunsten herangezogen. In einer Ballungsraumsituation würde es natürlich zu seinem Nachteil ausfallen. Diese Beispiele zeigen, dass das System der Besoldung durchaus flexibel sein kann. Der Aspekt der Differenzierungsfähigkeit des Systems ist jedoch von sekundärer Bedeutung, soweit man primär auf die Notwendigkeit der Anpassung in einer Abkopplungssituation abstellt. Denn es ist die Nichtanpassung an die Lebensverhältnisse im Ballungsgebiet, die den Gesetzgeber zum Handeln zwingen soll. Auf der Landesebene wird diese Pflicht dadurch aktiviert, dass eine Abkopplung für sich genommen einen rechtswidrigen Zustand darstellt. Was allgemein für das Land gilt muss erst recht gelten, wenn die Abkopplungssituation im Ballungsgebiet eintritt. Die entscheidende Frage geht in dieser Situation wohl dahin, welche Kriterien für die Anpassungsnotwendigkeit ausschlaggebend sind. (3) Kriterien für die Feststellung einer Abkopplung Die allgemeinen Kriterien für die Feststellung einer Abkopplung wurden in Zusammenhang mit der Untersuchung der absoluten Grenze des Alimentationsprinzips erörtert. Die Nichtanpassung wurde dort als erste Voraussetzung für die Feststellung eines Verstoßes gegen den Kernbereich des Alimentationsgrundsatzes behandelt. Für die hier dargestellte Konstellation, in der die Diskrepanz der Lebensverhältnisse innerhalb eines Landes festzustellen ist, können diese Kriterien grundsätzlich entsprechend angewandt werden. Die Maßstäbe müssen jedoch insoweit angepasst werden, als dass die Bemessung der Lebenshaltungskosten sich gerade nicht am Landesdurchschnitt orientieren darf. Denn gerade die Ab­weichung dieser Kosten im Bereich des Ballungsraums im Vergleich zum übrigen Gebiet des Landes stellt den Grund für die entsprechende Erhöhung dar. Eine Orientierung der Anpassung an den Ergebnissen der Tarifverhandlungen, die diese Abweichungen nicht berücksichtigen, ist somit nicht geboten. Hier bedarf es einer autonomen Bemessung auf Grundlage des Beamtenrechts. Grundlagen für die Berechnung stehen in Form von statistischen Angaben zu den Lebenskosten, der wirtschaftlichen Entwicklung im Ballungsgebiet zur Verfügung. Denkbar wäre auch die Heranziehung der bereits angeführten „Mietenstufen“ aus dem Wohngeld­ gesetz als Leitbild für die Differenzierung.

499

Die Zuteilung der Orte zu Ortsklassen richtete sich gem. §§ 12 Abs. 1, 13 Abs. 2 BBesG 1957 nach Einwohnerzahl, Durchschnittsraummieten, sonstigen örtlichen Besonderheiten sowie der Zugehörigkeit zu einem in sich geschlossenen Wirtschaftsgebiet. 500 BVerfGE 107, 218.

X. Die drei Kollisionsgruppen im Einzelnen

203

d) Folgerungen für die dritte Kollisionsebene Die dritte Kollisionsebene stellt einen Bereich dar, der Spannungen innerhalb des Alimentationsprinzips selbst betrifft. Dabei geht es nicht um sich aus anderweitigen verfassungsrechtlichen Belangen ergebende Verpflichtungen, sondern nur um die Absicherung der vitalen Interessen eines Beamten. Seit einiger Zeit ist eine schrittweise Aufzehrung der Alimentation zu beobachten, der sich in einer konstanten Absenkung der Besoldung realisiert. Dies geschieht infolge von Streichungen und Aufhebungen von Zulagen und Zuschüssen, die besondere Bedürfnisse des Beamten absichern sollten. Da sich eine verlässliche Gegenmaßnahme nicht unter Hinzuziehung anderer Belange auf verfassungsrechtlicher Ebene schmieden lässt, mussten die einzelnen Bestandteile der Besoldung analysiert werden. Dabei kann als Ergebnis festgehalten werden, dass die Reduzierung der Alimentation grundsätzlich möglich ist. In der Praxis führt dies zu teilweise nicht vertretbaren Ergebnissen, wie anhand der Ballungsraumzulage festgestellt wurde. Eine zuverlässige Sicherung gegen derartige Absenkungsvorgänge lässt sich nur durch eine weitergehende inhaltliche Bestimmung der Angemessenheit und der Amtsangemessenheit der Besoldung erreichen. Das verfahrensrechtliche Instrument hierfür bietet der erarbeitete Zwei-Schritte Test. Dieser kann, wie dargestellt, auch im Rahmen eines Vergleichs der allgemeinen Lebensverhältnisse innerhalb eines Landes eingesetzt werden, sofern die Bedingungen beträchtlich ausein­anderfallen.

D. Grenzen der Absenkung der Versorgung Die Alterssicherung der Beamten ist zunehmend mit Problemen konfrontiert, die aus der Rentenversicherung bereits bekannt sind und die sich aus der Überalterung der Gesellschaft ergeben. Die Zahlen sprechen für sich: Während 1990 auf 100 Personen im Alter zwischen 20 und 60 Jahren 35 Personen kamen, die 60 Jahre oder älter waren, werden es im Jahre 2030 zwischen 69,6 Personen sein, im Jahre 2050 allen Prognosen zufolge sogar 74,6 Personen.1 Die Hauptursachen hierfür liegen zum einen in der negativen Geburtenentwicklung, zum anderen in der ständig steigenden Lebenserwartung.2 Die Zahl der Versorgungsempfänger von Bund, Ländern und Gemeinden wird von 895 000 im Jahresdurchschnitt 2003 um 641 000 (72 %) auf 1 536 000 im Jahre 2030 ansteigen, d. h. in den 27 Jahren von 2003 bis 2030 werden jedes Jahr durchschnittlich fast 24 000 Versorgungsempfänger hinzukommen. Bei der Beamtenversorgung treten neben den demographischen noch strukturelle Probleme hinzu.3 Zunächst wurde bereits in den 60er und 70er Jahren die Personalausweitung in den Bereichen Schulen und Hochschulen, Polizei und Justiz mit insgesamt etwa zwei Dritteln der Beamten der Gebietskörperschaften zugleich mit einer deutlichen strukturellen Gehaltsaufwertung verbunden. Daneben hat der Anteil höher qualifizierter Beamtinnen/Beamten in höheren Laufbahngruppen generell zugenommen. Das insgesamt deutlich höhere Bezahlungsniveau hat entsprechend höhere Versorgungsbezüge zur Folge. Eine weitere Ursache liegt im steigenden Frauenanteil und der damit einhergehenden Zunahme von Teilzeit­ beschäftigungen und Beurlaubungen. Dies hat bei gleicher Stellenzahl eine wachsende Zahl beschäftigter Personen zur Folge, die später Versorgungsbezüge erhalten.4 Nicht zuletzt ist das relativ geringe Ruhestandseintrittsalter zu nennen, welches im Jahre 2005 trotz eines Anstiegs im Vergleich zu 1993 insgesamt im Durchschnitt bei 60,3 Jahren lag, davon im höheren Dienst zwischen 61,2 Jahren (Gemeinden) und 63,4 Jahren (Bund und im mittleren/einfachen Dienst zwischen 55,2 Jahren (Länder) und 59,5 Jahren (Bund). Die daraus resultierenden langen Pensionslaufzeiten führen zu einer entsprechend hohen Zahl von Versorgungsempfängern.

1 Schlussbericht der Enquête-Kommission „Demographischer Wandel  – Herausforderungen unserer älter werdenden Gesellschaft an den Einzelnen und die Politik“, BT-Drs. 14/8800 vom 28.03.2002, S. 33. 2 Nachweise bei: Ruland, NVwZ 1995, 417. 3 Merten, NVwZ 1999, 809. 4 Dritter Versorgungsbericht der Bundesregierung vom 26.5.2005, S. 46 ff.

I. Die Versorgung als Bestandteil des Alimentationsprinzips

205

Diese Entwicklung ist in erster Linie auf die Versorgungsempfänger der Länder zurückzuführen, deren Zahl sich von 578 000 (2003) auf 1 165 000 (2030) verdoppeln und dann kontinuierlich weiter ansteigen wird auf 1 219 000 (2050). Dabei sind insbesondere die neuen Bundesländer betroffen, in denen die Zahl der Versorgungsempfänger von 6000 im Jahre 2003 auf fast 100 000 im Jahre 2030 und 127 000 im Jahre 2050 deutlich intensiver als in den alten Bundesländern ansteigen wird. Betrachtet man diese Entwicklungen in Zusammenhang mit der im Rahmen der Föderalismusreform durchgeführten Rückführung der Kompetenz für die Besoldung auf die Länder, so ist der Schluss nahe liegend, dass die Länder nach Möglichkeiten von Einsparungen suchen werden. Die Grenzen des Zulässigen von solchen Maßnahmen sollen hier ermittelt werden.

I. Die Versorgung als Bestandteil des Alimentationsprinzips Das Beamtenverhältnis endet nicht mit dem aktiven Dienst. Die Alimentation als gesetzlich festzulegende staatliche Leistung des Dienstherrn setzt sich während des Ruhestands des Beamten in Gestalt der Versorgung fort. Letztere bildet einen wesentlichen Bestandteil der Alimentation und steht, ebenso wie die Aktivbesoldung, unter dem Schutzschild des Alimentationsprinzips.5 Beiden Bestandteilen der Alimentation liegt der Gegenleistungsgedanke zugrunde. Während die Besoldung als Gegenleistung dem während der aktiven Dienstzeit jeweils bekleidetem Amt, dessen Bedeutung, Verantwortung und Beanspruchung entspricht, stellt die Versorgung das Korrelat für die lebenslange Zurverfügungstellung der Arbeitskraft des Beamten dar. Demzufolge bezeichnet das BVerfG beide Komponenten der Alimentation als „eigenständige, unverzichtbare Unterhaltsrechte“, als „die einheitliche, schon bei Begründung des lebenslangen Beamtenverhältnisses im Interesse des Dienstherrn selbst garantierte Gegenleistung, um den Beamten von der der Ehe- und Familiengemeinschaft entspringenden natürlichen Sorge um das wirtschaftliche Wohl seiner Angehörigen, auch für die Zeit nach seinem Tode, freizustellen und so die von ihm geforderte gewissenhafte Hingabe im Dienst und eine loyale Pflichterfüllung zu sichern.“6 Während die Unzertrennlichkeit der Besoldung und der Versorgung dem Grunde nach unstrittig besteht und deshalb keiner weiteren Vertiefung bedarf, sollen hier die unteren Grenzen der Versorgung ermittelt werden. Die Herleitung der Versorgung aus dem Alimentationsprinzip indiziert die Einschlägigkeit von Kriterien, die bereits erörtert wurden: der Angemessenheit und der Amtsangemessenheit. Folglich wird die Untersuchung von bekannten Maßstäben geprägt sein. Aber die Versorgung bringt auch Besonderheiten mit sich, die bei der Besoldung anders

5



6

Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, § 2 BeamtVG, Rn. 16 ff. BVerfGE 21, 329, 346.

206

D. Grenzen der Absenkung der Versorgung

gestaltet sind. Dies könnte zunächst zur Folge haben, dass die bekannten Faktoren in einem anderen Licht betrachtet werden müssen. Die Spezifität der Versorgungssituation, die sich vor allem in der dienstlichen Inaktivität des Beamten niederschlägt, bringt neue Aspekte mit sich, die unter Umständen Einfluss auf die Konturierung des Kernbereichs der Alimentation haben können. So begründet beispielsweise das Lebenszeitprinzip die Versorgung als solche7 und das Leistungsprinzip beeinflusst das Niveau der Versorgung.8 Die Auswirkungen dieser Prinzipien müssen in Bezug auf die Versorgung näher untersucht werden. Kehrseite dieses im Vergleich zur Besoldung eingeschränkten Wirkungsradius anderer hergebrachten Grundsätze ist eine verstärkte Einflussnahme externer Faktoren. Dies lässt sich mit der zuletzt durch das BVerfG entschiedenen Frage der wirkungs­ gleichen Übertragung von Absenkungen im Bereich der gesetzlichen Rente auf die Versorgung und der im Rahmen dieser Entscheidung vom Gericht getätigten Überlegungen belegen. In diesem Zusammenhang wird eine nähere Untersuchung der Rechtfertigungsgründe für Absenkungen notwendig sein. Nicht zuletzt wird auf das Verhältnis der Versorgung und der Besoldung näher einzugehen sein. Denn bereits das oben dargestellte Verständnis beider Elemente als Teile einer alimentativen Einheit gebietet den Schluss auf einen bestimmten Grad an Akzessorietät, möglicherweise auch einer Parallelität. Zusammenfassend wird die weitere Untersuchung in drei Schritten vorge­ nommen. Zunächst wird die Reichweite des Einflusses anderer hergebrachter Grundsätze und Rechtsprinzipien auf das Versorgungsniveau untersucht. Die Vorgehensweise wird sich dabei an der im zweiten Abschnitt dargestellten ersten Kollisionsebene orientieren. Sodann werden die Kriterien der Angemessenheit und der Amtsangemessenheit der Versorgung thematisiert. Abschließend wird das Verhältnis der Versorgung und der Besoldung im Sinne eines Aufeinanderbezogenseins konturiert und der Versuch unternommen, hieraus Rückschlüsse für das Niveau der Versorgung zu gewinnen.

II. Besonderheiten der Versorgung gegenüber der Besoldung Bevor die aufgeworfenen Kernfragen analysiert werden, soll auf die Unterschiede zwischen der Versorgung und der Besoldung hingewiesen werden. Der Alimentationsgrundsatz geht von der Versorgung und Besoldung als ergänzenden Bestandteilen einer Einheit aus. Dies führt jedoch nicht notwendigerweise zu dem Schluss, dass diese Bestandteile identisch sind. Für die Kennzeichnung der Unterschiede sind zwei Elemente ausschlaggebend. Zunächst muss das Pflichtenverhältnis des Beamten zu seinem Dienstherrn näher betrachtet werden. Während der aktiven Dienstzeit besitzt der Beamte einen höheren „Nutzwert“ als während

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8

Jachmann, in: v. Mangoldt/Klein, Art. 33 Abs. 5 GG, Rn. 52. Wolff, ZBR 2005, 361, 362.

II. Besonderheiten der Versorgung gegenüber der Besoldung

207

des Ruhestands. Bereits hieraus ergibt sich ein gesteigertes Interesse des Dienstherrn, den Beamten entsprechend zu besolden.9 Hinzu kommt, dass der Beamte auch berufsbezogene Aufwendungen hat. Schließlich sind die Pflichten des Beamten während seiner Aktivzeit umfassender, womit auch das Maß an Bedürfnissen gesteigert ist. Hingegen sind die gegenseitigen Pflichten des Beamten und des Dienstherrn während des Ruhestands im Vergleich zur Aktivzeit reduziert. Der Pensionär ist natürlich noch zur Treue verpflichtet. Auch der Dienstherr ist von einer Treuepflicht umfasst, die sich jedoch maßgeblich in einer Versorgungs­ sicherung niederschlägt.10 Dabei sind die Bedürfnisse des Beamten typischerweise anders, als während seiner Aktivzeit. Dies liegt nicht nur am Wegfall der berufsbezogenen Aufwendungen, einer größeren zeitlichen Flexibilität und der damit verbundenen Möglichkeit, die gleiche Lebensführung günstiger zu gestalten. Auch der Vermögensaufbau und die Vorsorge sind im Ruhestand weitestgehend abgeschlossen.11 Entsprechend ist eine im Vergleich zur Aktivbesoldung reduzierte Versorgung vom BVerfG anerkannt.12 Der zweite wichtige Unterschied ergibt sich aus der Qualität der Versorgung als Gegenstück zur aktiven Dienstzeit des Beamten. Das BVerfG spricht insoweit von einem Korrelat der vom Beamten zu seiner im aktiven Dienst unter Hingabe der ganzen Arbeitskraft erbrachten Dienstleistung. Es handelt sich dabei um ein „erdientes“ Ruhegehalt.13 Dies lässt auf eine gewisse Statik der Versorgung schließen, was vom Grundsatz der Bemessung der Versorgung nach dem letzten innegehabten Amt bekräftigt wird. Die „dynamisierenden“ Bestandteile der Versorgung ergeben sich zunächst aus dem Gebot der Anpassung an die allgemeine Entwicklung der Lebensverhältnisse – eine Vorgabe, die sich aus dem „allgemeinen Teil“ des Alimentationsprinzips ergibt. Sie können sich andererseits aber auch aus anderen Prinzipien ergeben, nicht nur aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, sondern – hier wohl mehr als bei der Besoldung – aus anderen Rechtsprinzipien, insbesondere aus dem Sozialstaatsprinzip. Es muss im Folgenden näher untersucht werden, inwieweit sich aus der Definition der Versorgung als „erdientes Ruhegehalt“ eine Einschränkung derselben ergeben kann. Hierfür kann die bei der Analyse der Besoldung vorgeschlagene Kategorisierung der drei Kol­ lisionsebenen in Ansatz gebracht werden.



9

Merten, ZBR 1995, 353; Fürst, ZBR 1983, 319. Müller, Der Bestandsschutz des Unterhaltsrechts des Beamten im Grundgesetz, S. 157 f. 11 Ruland, NVwZ 1995, 417, 425; Wolff, ZBR 2005, 361, 363; Summer, ZBR 2007, 289. 12 BVerfG 114, 258, 292 f. 13 BVerfG 21, 329, 345. 10

208

D. Grenzen der Absenkung der Versorgung

III. Versorgung und andere hergebrachte Grundsätze Die Kollisionsebene zwischen dem Alimentationsprinzip und anderen hergebrachten Grundsätzen betraf bei der Besoldung vor allem das Leistungsprinzip und das Fürsorgeprinzip. Während der aufgezeichnete Konflikt mit dem Fürsorgegrundsatz ausschließlich die Besoldung betraf, sind die Friktionen mit dem Leistungsgrundsatz auch für die Versorgung von Bedeutung. Dies zeigte sich bei der näheren Auseinandersetzung mit dem Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt und der Wartefrist-Entscheidung des BVerfG. In Bezug auf Kürzungen der Versorgung wird jedoch eine weitere Konstellation relevant, die bislang nicht erörtert wurde. Dabei handelt es sich um die Beteiligung der Beamten an den Kosten ihrer eigenen Altersvorsorge, also um eine Teilhabe der Betroffenen an einer Verpflichtung des Dienstherrn. Bei Kürzungen der Versorgung tritt dieses dogmatische Bild nicht in den Vordergrund. Auch ist nicht jede Kürzung der Versorgung mit diesem Zweck verbunden. Doch die wichtigsten, bereits vom BVerfG entschiedenen Fälle der Absenkungen der Versorgung dienen einer Verbesserung der Situation vor allem der künftigen Pensionäre. Dabei handelt es sich zunächst um die bereits erörterte strukturelle Anpassung der Versorgungshöhe an die Renten­ reformen.14 Weiter ist die Versorgungsrücklage zu nennen, die im § 14a BBesG ihre gesetzliche Grundlage hat. Sie soll die Versorgungsleistungen angesichts der demographischen Veränderungen und des Anstiegs der Zahl der Versorgungsempfänger sicherstellen.15 Sowohl die wirkungsgleiche Übertragung der Reformmaßnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen der Reduzierung des Höchstruhegehaltssatzes als auch die Versorgungsrücklage, stellen eine zusätzliche Belastung des Beamten für die Sicherung der Zukunft des Systems dar. Die hierzu ergangenen Entscheidungen des BVerfG sind in einer zeitlichen Abfolge von zwei Jahren erschienen, wobei bezüglich der Versorgungsrücklage später entschieden wurde. Eine Analyse der Letzteren könnte Hinweise zu den Grenzen der Absenkungen liefern. Hierbei wird nicht nur auf die Frage der Reichweite der Rechtfertigung einzugehen sein, sondern auch darauf, ob der bereits im Bereich der Besoldung fragliche Gedanke der Eigenbeteiligung des Beamten an den Pflichten des Dienstherrn bei der Versorgung zu anderen Ergebnissen führt. In diesem Zusammenhang könnte auch die Frage zu stellen sein, ob die besondere Zweckgebundenheit der Absenkung im Bereich der Versorgung eine Parallele zur Besoldung rechtfertigt. Der Mechanismus der Versorgungsrücklage erinnert an die dogmatische Konstruktion der Kostendämpfungspauschale, die im Zusammenhang mit der Besoldung besprochen wurde. Der Unterschied liegt darin, dass bei der pauschalierten Abgabe im Besoldungsbereich die Beamten sich an einer Verpflichtung des Dienstherrn beteiligen, die aus einem anderen hergebrachten Grundsatz herrührt als aus dem Alimentationsprinzip, nämlich dem Fürsorge

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15

§ 14 BeamtVG geändert durch Art. 1 Nr. 48 VersÄndG 2001, hierzu BVerfGE 114, 258. BT-Drucksache 13/9527, S. 28; BVerfG, ZBR 2007, 411.

III. Versorgung und andere hergebrachte Grundsätze

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grundsatz. Bei der Versorgungsrücklage hingegen übernimmt der Beamte einen Teil der Pflichten des Dienstherrn, die sich ebenfalls aus dem Alimentationsgrundsatz ergeben. Dabei hat er keinen Anspruch auf den zurückgelegten Teil. 1. Die Entscheidung des BVerfG zur Versorgungsrücklage

Die Versorgungsrücklagen können durch Bund und Länder als Sondervermögen aus der Verminderung der Besoldungs- und Versorgungsrücklagen gebildet werden, um die Versorgungsleistungen angesichts der demographischen Veränderungen und des Anstiegs der Zahl der Versorgungsempfänger sicherzustellen. Damit soll zugleich das Besoldungs- und Versorgungsniveau in gleichmäßigen Schritten von durchschnittlich 0,2 % um 3 % gesenkt werden (§ 14a Abs. 1 S. 1 BBesG). In der Zeit vom 1.1.1999 bis zum 31.12.2017 werden die Anpassungen der Besoldung nach § 14 BBesG auf diese Weise vermindert. Die Mittel der Sondervermögen darf man nur zu Finanzierung künftiger Versorgungsausgaben verwenden. Das BVerfG nimmt bei der Untersuchung der Verfassungsmäßigkeit der streitgegenständlichen Regelung des BBesG den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Konkretisierung des Alimentationsgrundsatzes zum Ausgangspunkt. Sodann stellt er fest, dass es offen bleiben könne, ob es sich bei den Anpassungsvermiderungen um „echte“ rechtfertigungsbedürftige Kürzungen des Besoldungs- und Versorgungsbezüge handelt. Denn auch bejahendenfalls bestehen für die Einschnitte sachliche Gründe. Sie seien sowohl wegen des Anstiegs der Versorgungslasten als auch im Hinblick auf die Reformmaßnahmen im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung gerechtfertigt.16 Der Anstieg der Versorgungslasten ist auf die gestiegene durchschnittliche Lebenserwartung sowie die hohe Zahl von Frühpensionierungen und damit auf die verlängerte Laufzeit der Versorgungsleistungen zurückzuführen. Es handelt sich dabei um Gründe, die im System der Beamtenversorgung angelegt sind. Dem zweiten Grund für die Absenkungen, der auf Anpassungen an die Reformmaßnahmen im Bereich der gesetz­lichen Rentenversicherung zurückzuführen ist, widmet das BVerfG mehr Platz. Das Gericht nimmt Bezug auf die Entscheidung vom 27.9.2005, insbesondere auf die Figur der prognostischen Entscheidung des Gesetzgebers über die künftigen Auswirkungen seiner Maßnahmen, die dieser bei der Übertragung von Reformen aus dem einen auf das andere System treffen muss. Nach einer Darstellung der Entstehungsgeschichte und der Ziele des § 14a BBesG stellt das Gericht fest: „Auch wenn die durch diese Maßnahmen bewirkte Absenkung der Beamtenbezüge über die im Bereich der gesetzlichen Rente vorgenommenen Kürzungen hinausgehen dürfte (vgl. BVerfGE 114, 258 ), so stellen sich die Vorschrift des § 14a Bundesbesoldungsgesetz und die hieran anknüpfenden Anpassungsverminderungen aufgrund der beschriebenen Rechtsentwicklung dennoch als Teil  eines Konzepts dar, mit

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BVerfG, ZBR 2007, 411.

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D. Grenzen der Absenkung der Versorgung

dem der Gesetzgeber sich bemüht hat, die Reformmaßnahmen im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung in der Beamtenversorgung systemkonform nachzuführen und „Sonderopfer“ der Besoldungs- und Versorgungsempfänger im Wesentlichen zu vermeiden.“17 Der Gesetzgeber habe auch durch die Schaffung einer Revisionsklausel seiner Verpflichtung Rechnung getragen, die Auswirkungen seiner Reformmaßnahmen zu beobachten und auftretende Ungleichheiten zu beseitigen. In der Entscheidung geht das BVerfG auf das Vorbringen der Beschwerde­führer ein, wonach die Versorgungsrücklage gegen Art. 33 Abs. 5 GG verstoße, weil die Beamten durch sie zu einem eigenen Beitrag für ihre Altersversorgung herangezogen würden. Dabei lässt das Gericht die Frage danach, ob die Beitragsfreiheit der Beamtenversorgung zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG gehört, ausdrücklich offen.18 Durch die Verminderung werde den Beamten kein eigener Betrag zur Finanzierung ihrer Versorgung abgefordert, denn die den Sondervermögen zugeführten Minderungsbeträge stammen nicht aus dem Vermögen der Beamten. Diese hatten zu keinem Zeitpunkt einen gesetzes- oder verfassungskräftigen Anspruch auf Auszahlung einer unverminderten Besoldung oder Versorgung. 2. Bewertung

Die Versorgungsrücklage wurde vor allem aus praktischen Erwägungen heraus kritisiert. Man würde mehr erreichen, wenn keine Rücklage gebildet, sondern die Nettokreditaufnahme gesenkt oder Schulden getilgt werden. Im Zweifel seien Kreditzinsen höher als die Erträge aus einer Pensionsrücklage.19 Zudem wurden rechtliche Gründe herangezogen, vor allem der Grundgedanke der Beitragsfreiheit der Versorgung. Die Rücklage sei eine mittelbare Einwirkung auf die Versorgung, die einen unmittelbaren, verfassungswidrigen Zugriff verschleiert.20 Das BVerfG orientiert sich hingegen am Kernbereich des Alimentationsgrundsatzes. Nur an dieser äußersten Grenze sollen sich Absenkungen messen lassen können. Damit unterstreicht das Gericht das Merkmal, welches bereits mit der Kinderzuschlagentscheidung konturiert worden ist und das in letzten Entscheidungen zur Besoldung und Versorgung wesentlich an Bedeutung gewonnen hat.21 Denn wegen der weitgehenden Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im Rahmen der Alimentation stellt der Kernbereich eine verlässliche, weil messbare Grenze dar.

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18

BVerfG, ZBR 2007, 411, 415. Einen hergebrachten Grundsatz bejahen: Merten, NVwZ 1999, 809, 814; v. Zezschwitz, ZBR 1998, 115, 119; Lecheler/Determann, ZBR 1998, 1; Fürst, ZBR 1983, 319, 323; ­BVerwGE 54, 177, 181; a. A. Battis/Kersten, NVwZ 2000, 1337, 1339; Ruland, NVwZ 1995, 417, 423. 19 Wichmann, in: Wichmann/Langer, S. 756 f. 20 Merten, NVwZ 1999, 809, 814. 21 BVerfGE 114, 258 m. w. N. und Wolff, ZBR 2005, 361.

III. Versorgung und andere hergebrachte Grundsätze

211

Die Ausführungen des Gerichts zur Versorgungsrücklage als Beitrag für die eigene Altersversorgung sind neu, bestätigen jedoch die erörterte Tendenz der Orientierung am Kerngehalt der Alimentation. Für die hier dargestellte Dogmatik folgt daraus, dass eine Eigenbeteiligung des Beamten an der Alimentationspflicht des Dienstherrn keine Verletzung des Alimentationsprinzips darstellt. Es lässt sich mithin aus diesem Fall der Kollision kein zusätzlicher Schutzmechanismus gegen Absenkungen der Besoldung und Versorgung ableiten. Hingegen bleibt es offen, ob dies auch für die Fälle gilt, in denen sich der Beamte mit einer pauschalierten Abgabe an einer anderen Verpflichtung des Dienstherrn beteiligt, als an der Alimentationspflicht. Ob sich allerdings nur aus der Tatsache, dass die Kollision zwischen zwei unterschiedlichen hergebrachten Grundsätzen stattfindet, und nicht im Rahmen desselben Grundsatzes, eine andere Herangehensweise ableiten lässt, ist zweifelhaft. Ausschlaggebend dürfte das Argument des BVerfG aus der Entscheidung zur Versorgungsrücklage sein, wonach ein verfassungskräftig verfestigter Anspruch des Beamten aus Auszahlung einer unverminderten Besoldung oder Versorgung nicht besteht. Demzufolge wird das Vermögen des Beamten, solange er es noch nicht erhalten hat, nicht durch eine Absenkung geschmälert. Aber dieses Argument lässt sich nicht direkt auf den Parallelfall der Kollision mit einem anderen hergebrachten Grundsatz übertragen. Der Anknüpfungspunkt für eine unterschiedliche Behandlung dieses Konfliktes (z. B. mit dem Fürsorgegrundsatz) könnte die Tatsache sein, dass der Beamte mit einer ausgezahlten Besoldung oder Versorgung alimentationspflichtmäßig bereits eine gesicherte Position eingenommen hat. Es ist folglich nicht so, dass wie im Fall der Versorgungsrücklage ein geminderter Betrag ausgezahlt wird, sondern dass der ausgezahlte Betrag erst nachträglich gemindert wird. Die Anwendung des im Zusammenhang mit der Besoldung herausgearbeiteten systematischen Ansatzes würde auch hier zu einer Absicherung der Höhe der Versorgung führen. Demnach wäre jede komplementäre Beteiligungspflicht des Beamten an Verpflichtungen des Dienstherrn, die aus einem anderen hergebrachten Grundsatz folgen, verfassungswidrig. Denn auch in der Versorgungs­situation würde der Dienstherr mit einer pauschalierten Abgabe in Bestandteile der Pension eingreifen, die insgesamt eine amtsangemessene Versorgung sichern. 3. Verfestigte Konkordanzposition als Sicherheitsschranke für Absenkungen?

Eine zusätzliche Schranke für Absenkungen im Bereich der Versorgung könnte die Beitragsfreiheit als verfestigte Konkordanzposition darstellen. Deren dogmatische Konstruktion wurde in Zusammenhang mit den Kollisionen zwischen hergebrachten Grundsätzen im Rahmen der Besoldung umfangreich diskutiert. Die Ableitung einer derartigen Position im Bereich der Versorgung hätte den Vorteil, dass damit ein zusätzlicher Schutzmechanismus vor Absenkungen der Versorgung entstünde, ohne dass ein hergebrachter Grundsatz bejaht werden müsste. Hierfür

212

D. Grenzen der Absenkung der Versorgung

müsste zunächst eine Konfliktlage im Bereich der hergebrachten Grundsätze vorliegen, die in diesem Fall im Rahmen des Alimentationsgrundsatzes bejaht werden könnte (Eigenbeteiligung des Beamten an der Alimentationspflicht des Dienstherrn). Es gibt jedoch bereits kein Indiz für die Existenz einer anerkannten, also verfestigten Position eines optimalen Ausgleichs zwischen den beiden Posten, die sich etwa aus dem Vorhandensein eines besonderen Rechtfertigungsgrundes für Eigenbeiträge des Beamten ergeben könnte. Vielmehr ist diese Kürzung wie jede andere Absenkung der Besoldung zu behandeln.

IV. Wirkungsgleiche Übertragung von Rentenreformen auf die Versorgung – Konsequenzen der Föderalismusreform 2006 Vor der Föderalismusreform 2006 war der Bund sowohl für die Gestaltung der Versorgung als auch für die Regelung der Höhe der Renten zuständig. Infolge der Kompetenzverlagerung kommt es nun zu einem Auseinanderfallen dieser Zuständigkeiten, die mit einer wichtigen Konsequenz für die Regelung der Versorgung durch die Länder verbunden ist. Ursprünglich hat sich der Bundesgesetzgeber bei der Gestaltung der Versorgung unter anderem an dem Rentenniveau orientiert. So auch im Rahmen des Versorgungsänderungsgesetzes 2001, mit dem der Höchstsatz der Versorgung von 75 % auf 71,5 % des Gehalts des letzten innegehabten Amtes gesenkt wurde. Das Gesetz war Gegenstand einer bereits erörterten Entscheidung des BVerfG.22 Das Gericht qualifizierte die Maßnahme als Versorgungsabsenkung, die aber gerechtfertigt war. Der Grund hierfür lag in der Anpassung der Versorgung an den geminderten Lebensstandard im Alter, der wiederum – nach Ansicht des Gerichts – an der Rentenabsenkung sichtbar wurde.23 Fraglich ist, ob dies nach der Neuordnung der Kompetenzen ohne Einschränkung aufrecht erhalten werden kann. Denn die Höhe der Rente wird weiterhin anhand des Bundesdurchschnitts ermittelt. Für den Landesgesetzgeber gelten demgegenüber die Maßstäbe innerhalb des Landes, also die landeseigene wirtschaftliche Entwicklung. Aus dieser Änderung ergeben sich zwei denkbare Ansätze. Zunächst könnte auf Landesebene auf die Ausrichtung der Versorgung an den auf Bundesebene eingeführten Veränderungen komplett verzichtet werden. Dies könnte damit begründet werden, dass die Anknüpfung an das Rentenniveau auf eine Anpassung anhand bundesrechtlich vorgegebener Maßstäbe hinauslaufen würde. Dem könnte das Alimentationsprinzip entgegenstehen, welches eine Anpassung an die innerhalb des Zuständigkeitsbereichs des jeweiligen Gesetzgebers herrschenden allgemeinen Lebensverhältnisse gebietet. Andernfalls könnte ein Land an die wirtschaftliche Entwicklung in einem anderen Land an

22



23

BVerfGE 114, 256 dazu Wolff, ZBR 2005, 361. BVerfGE 114, 256, 265 ff.

IV. Wirkungsgleiche Übertragung von Rentenreformen auf die Versorgung

213

knüpfen, und damit Kürzungen rechtfertigen. Zweitens könnte eine Übertragung der Reform unter Vorbehalt einer weitergehenden Prüfung durch den Landes­ gesetzgeber erfolgen. Die Anpassung des Rentenniveaus stellt ein Abbild der Verhältnisse im ge­ samten Bundesgebiet dar, beinhaltet also auch die allgemeinen Verhältnisse der jeweiligen Länder. Hierin dürfte die dogmatische Begründung für eine Übertragung der Reform auch im Rahmen des Versorgungsrechts der Länder liegen. Der Rentenanpassung lässt sich jedenfalls eine Tendenz für die wirtschaftliche Entwicklung in den Ländern entnehmen. Dies könnte zum Anlass genommen werden, die Versorgung innerhalb der Länder zu überprüfen. Daraus ergibt sich die Grundlage für den zweiten Ansatz. Infolge der Rentenanpassung würde dann keine „Über­ tragung“ ins landeseigene Versorgungsrecht erfolgen, sondern eine Anpassung, deren Auslöser die Bundesregelung wäre. Dies ergibt sich bereits aus der Erwägung, dass mit der Anknüpfung des Versorgungsniveaus an die Verhältnisse in den Ländern die Reichweite des Kernbereichs in den Ländern unterschiedlich sein wird. Insoweit besteht eine Parallele zum Besoldungsrecht, denn in beiden Bereichen wird der Kernbereich vom Alimentationsprinzip bestimmt. Die Höhe der Anpassung müsste folglich unter Berücksichtigung der landeseigenen Verhältnisse erfolgen. Die Länder müssten das Niveau der Versorgung für ihre Landesbeamte in nachvollziehbarer Weise, d. h. anhand der wirtschaftlichen Entwicklung im Land, darlegen. Mithin würden sie in diesem Fall sowohl für das „ob“ als auch für das „wie“ der Regelung zuständig sein. Allerdings darf durch diese Konzeption keine starre Anbindung der Landesregelung an die Bundesanpassung erfolgen. Es ist zunächst denkbar, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb eines Landes negativ verändern. Die bisherige Versorgung hat dann einen relativ höheren Wert, gemessen am relativen Wert (d. h. insbesondere an der Kaufkraft). Ein Eingriff in den Kernbereich infolge einer Anpassung an eine reduzierte Rente ist unwahrscheinlich. Denn dann benötigt der Versorgungsempfänger weniger Geld, um die gleiche Lebensführung fortzuführen: Die Versorgung kann allein aus diesem Grund abgesenkt werden.24 Anders hingegen, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse in einem anderen Land gleich bleiben oder sich positiv entwickeln. Dann hat die Anpassung eine negative Auswirkung auf das Niveau der Versorgung. Ob sich in dieser Situation eine einschränkungslose Angleichung an die Rentenreform noch rechtfertigen lässt, ist fraglich. Das BVerfG führt in der Entscheidung zur Versorgungsanpassung an, dass die gesamte Altersversorgung der Angestellten ein Vergleichsmaßstab dafür ist, was für einen Versorgungsempfänger angemessen ist. In dieser Funktion könne die Rentenabsenkung auch als Begründung für eine Versorgungsabsenkung herangezogen werden.25 Diese Aussage berücksichtigt jedoch nicht die neue Kompetenzverteilung, in der primär die landeseignen Verhält

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25

Jachmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 33 Abs. 5, Rn. 50. BVerfGE 114, 258, 292 ff.

214

D. Grenzen der Absenkung der Versorgung

nisse ausschlaggebend für die Besoldung und Versorgung sind. Um eine Wahrung des Kernbereichs der Alimentation zu gewährleisten dürfte deshalb eine zusätz­ liche Prüfung der Anpassung auf Landesebene notwendig sein. Bei einer drohenden übermäßigen Redzierung der Versorgung infolge dieser Übertragung müsste dann eine entsprechende Korrektur des Niveaus vorgenommen werden. Schließlich könnte danach gefragt werden, welche Kriterien bei der Bestimmung des landeseigenen Versorgungsniveaus ausschlaggebend sind. Die bereits im Rahmen des Alimentationsprinzips dargestellten Kriterien werden angesichts der Spezifität der Versorgung wohl kein abschließendes Bild über die entscheidenden Verhältnisse liefern können. Hervorzuheben ist hier ein externer Maßstab, dem das BVerfG für die Bemessung der Versorgung eine besondere Bedeutung beimisst. Danach bilden die Einkommen der Arbeitnehmer mit vergleichbarer Ausbildung und Tätigkeit, vor allem des öffentlichen Dienstes den Bezugs­rahmen für die betragsmäßige Konkretisierung der Amtsangemessenheit der Alimentation.26 Darüber hinaus könnten weitere Kriterien herangezogen werden, die eine Aussagekraft über die Verhältnisse der Versorgungsempfänger haben. Denkbar ist das Abstellen auf die Relation zwischen der Anzahl der aktiven Beamten und der Versorgungsempfänger. Daraus könnten Rückschlüsse auf die Kosten der Reform gezogen werden und auf die Höhe der Versorgungsrücklage. Ein reicheres Land mit wenigen Versorgungsempfängern könnte so die Anpassung an die Rentenreform abfedern oder sogar keine Kürzung vornehmen. Für ein ärmeres Land mit vielen Versorgungsempfängern wäre eine rentenreformbedingte Absenkung des Niveaus eine willkommene Sparmaßnahme, die bis zur Grenze der Amtsangemessenheit und der Grenze der Rentenerhöhung ausgeschöpft werden könnte. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass einer Versorgungsanpassung in den Ländern an das Rentenniveau eine Umsetzbarkeitsprüfung vorangestellt werden muss. Eine direkte Übernahme des bundesgesetzlich festgelegten Niveaus erscheint jedenfalls dann unzulässig, wenn infolge der Reform in den Kernbereich der Alimentation eingegriffen wird. Der Gesetzgeber kann die Rentenreform insoweit als Anlass für die Prüfung nehmen und in den meisten Fällen wird dies auch zu einer zulässigen Absenkung des Versorgungsniveaus führen. Wenn der Kern­ bereich des hergebrachten Grundsatzes tangiert wird, ist eine Beschränkung der Absenkung notwendig.



26

BVerfGE 114, 258, 293.

V. Versorgung und andere Rechtsprinzipien

215

V. Versorgung und andere Rechtsprinzipien – die zweite Kollisionsebene Der Einfluss anderer Rechtsprinzipien auf die Reichweite der Alimentation wurde in Zusammenhang mit der Besoldung ausführlich thematisiert. Bei der Versorgung sollen nur die Besonderheiten behandelt werden, die sich aus der Stellung des Beamten und seiner Familie während seines Ruhestands ergeben. Dabei wird insbesondere die sozialstaatlich motivierte Komponente der Versorgung untersucht werden müssen, die sich vor allem in der Ausdehnung der Alimentation auf die Hinterbliebenen niederschlägt. Die Lehre signalisiert bereits seit längerer Zeit ein mögliches Kürzungspotenzial in diesem Bereich,27 welches auch zu untersuchen sein wird. Besondere Bedeutung hat dabei die Frage nach der Zulässigkeit von Kürzungen der Witwen- und Witwerversorgung und der Anrechenbarkeit von Einkommen auf die Hinterbliebenenversorgung. Bereits anhand dieser Beispiele wird sichtbar, dass der Problemkreis Konstellationen betrifft, in denen nicht der Beamte selbst, sondern ein Dritter alimentiert werden soll. Zur Beleuchtung der Thematik wird zunächst das Verständnis des BVerfG von der Miteinbeziehung von Dritten im Rahmen des Alimentationsprinzips beleuchtet unter Berücksichtigung der Rolle des Sozialstaatsprinzips. Sodann werden Schnittstellen zwischen den beiden Grundsätzen untersucht, die auf eine mögliche Absenkung der Alimentation hindeuten können. 1. Die Hinterbliebenenversorgung als Alimentation

Bei der Begründung der Hinterbliebenenversorgung geht das BVerfG vom gegenseitigen Verhältnis des Beamten und seines Dienstherrn aus. Demnach ist die Versorgung ein eigenständiges, unverzichtbares Unterhaltsrecht  – die einheit­ liche, schon bei Begründung des lebenslangen Beamtenverhältnisses im Interesse des Dienstherrn garantierte Gegenleistung, um den Beamten von der der Ehe- und Familiengemeinschaft entspringenden natürlichen Sorge um das wirtschaftliche Wohl seiner Angehörigen, auch für die Zeit nach seinem Tode, freizustellen und so die von ihm geforderte gewissenhafte Hingabe im Dienst und eine loyale Pflichterfüllung zu sichern.28 Damit verknüpft das BVerfG die Hinterbliebenenversorgung direkt mit dem Alimentationsprinzip. Dieser stellt den Rechtsgrund für einen selbständigen Anspruch der Hinterbliebenen dar, der somit keiner ergänzenden Begründung bedarf. Das Gericht konkludiert in der gleichen Entscheidung: „Der Dienstherr tritt also nicht in die unterhaltsrechtliche Position des verstorbenen Beamten ein. Er hat vielmehr die schon zu dessen Lebzeiten gewährte Alimentation der Beamtenfamilie gegenüber den hinterbliebenen Fami 27 So schon: Ruland, NVwZ 1995, 417, 424; Denninger/Falkenberg, S. 64 f.; Lenze, NVwZ 2006, 1229, 1234. 28 BVerfGE 21, 329, 346; Pechstein, ZBR 2001, 318, 320.

216

D. Grenzen der Absenkung der Versorgung

lienangehörigen  – nur diese sind Hinterbliebene im Sinne des Beamtenrechts  – fortzusetzen (…). Für die Versorgungsbezüge der Witwen und Waisen sind deshalb auch seit jeher die gleichen Gesichtspunkte bestimmend, die auch bei der Besoldung und Versorgung des Beamten selbst zu beachten sind (…).“29 Damit tritt das BVerfG einer frühen Rechtsprechung des BVerwG entgegen, wonach die Hinterbliebenenversorgung lediglich als „Zuwendungen“ des Dienstherrn einzustufen seien, die in keinem Abhängigkeits- und Gegenleistungsverhältnis zur Dienstleistung des Beamten stünden und die nur deshalb gewährt werden, weil der Dienstherr in die Unterhaltspflichten des verstorbenen Bediensteten eintritt.30 In der Konsequenz hielt das Gericht es für möglich, dass der Umfang der Hinterbliebenenversorgung vom Ausmaß des Alimentationsbedürfnisses abhängig gemacht werde. Seit der Entscheidung des BVerfG aus dem Jahre 1967 ist diese Ansicht obsolet. Die enge Verbindung zwischen der Hinterbliebenenversorgung und dem Alimentationsprinzip, die das BVerfG in der Entscheidung umfassend begründet, ist sehr kategorisch. Das Gericht stellt fest: „Eine Verknüpfung dieser „amtsgemäßen“ Versorgung mit dem bürgerlichen Unterhaltsrecht war in der Vergangenheit ebenso wenig vorgesehen wie eine Bemessung der Besoldung und des Ruhegehalts nach den Bedürfnissen und Vermögensverhältnissen des Beamten und seiner Familie, die die privatrechtliche Unterhaltsverpflichtung beeinflussen.“31 Von dieser Rechtsprechung ist das Gericht bis heute nicht abgewichen. Sie liegt auch in der Logik eines „homogenen“ Alimentationsprinzips, welche die frühere Judikatur des BVerfG zu diesem Grundsatz prägte. Die Berücksichtigung anderer Rechtsprinzipien bei dem Alimentationsgrundsatz schien damals noch fern liegend. Der Grund hierfür könnte schlicht in einem mangelnden kasuistischen Bedürfnis für die Auseinandersetzung mit diesem Problemkreis sein. Die Tatsache selbst belegt unter anderem die folgende Aussage des Gerichts, die auch in der Entscheidung zur Hinterbliebenenversorgung von 1967 getroffen wurde: „Daß mit der Wahrung dieses Interesses [Funktionsfähigkeit des Berufsbeamtentums durch Hinterbliebenenversorgung] und der entsprechenden verfassungsrechtlichen Sicherung (Art. 33 Abs. 5 GG) zugleich dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 GG Genüge getan wird, ist lediglich eine Folge der insoweit übereinstimmenden Interessenlage (…).“32



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30



BVerfGE 21, 329, 346 f. BVerwGE 13, 242, 360. 31 BVerfGE 21, 329, 347. 32 BVerfGE 21, 329, 346 (Einfügung durch Verfasser).

V. Versorgung und andere Rechtsprinzipien

217

2. Die familienrechtliche Prägung der Hinterbliebenenversorgung

Eine ausdrückliche Hinzuziehung des Sozialstaatsprinzips in die Auslegung des Alimentationsgrundsatzes fand erstmals in der Kinderzuschlagentscheidung statt.33 Das BVerfG hat Art. 33 Abs. 5 GG in der gleichen Entscheidung als Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips und des Prinzips des Schutzes von Ehe und Familie bezeichnet. Daraus folgte nicht eine interpretatorische Umgestaltung des Alimentationsprinzips im Sinne einer sozialen Ausgleichsformel. Es zog vielmehr eine Flexibilisierung des Grundsatzes nach sich, die eine zeitgemäße Konkre­ tisierung desselben ermöglichte. Unmittelbare Auswirkung der Entscheidung war eine Einschränkung der Entschädigungs-/Ganzheitsformel, die vom Gericht zwar nicht unmittelbar vorgenommen wurde, jedoch von der Literatur vorgeschlagen wurde und sich dann in der Judikatur verfestigt hat.34 Viel wichtiger war allerdings die damit geschaffene Möglichkeit einer Sensibilisierung der Besoldung auf das machtpolitische Ungleichgewicht in Form einer Angemessenheitskontrolle der Alimentation. Das Gericht hat diese Prüfung in den Kinderzuschlagentscheidungen vorgenommen und somit unter Zuhilfenahme des Sozialstaatsprinzips eine Anhebung des entsprechenden Zuschlags durchgesetzt.35 Kehrseite der Möglichkeit einer Erweiterung der Reichweite der Alimentation ist die Eröffnung eines Weges für Absenkungen, die ebenfalls durch sozial­ fürsorgerische Maßnahmen motiviert sein können. Dies wurde bereits bei der Behandlung der Besoldung angekündigt und durch entsprechende Beispiele belegt. Die Alimentation wird durch diese Konstruktion nicht von vornherein eingeschränkt. Vielmehr führt die Miteinbeziehung des Sozialstaatsprinzips die Notwendigkeit einer zusätzlichen Rechtfertigung der Absenkungen nach sich, was zu einer zusätzlichen Absicherung in diesem Bereich beiträgt. Die Grundidee dieses Ansatzes liegt in dem sozialstaatlich motivierten Gedanken, wonach Staatslasten auf alle Bürger entsprechend ihrer Leistungskraft verteilt werden müssen. Dieses Konzept liegt schlussendlich auch dem in letzter Zeit vom BVerfG entwickelten Gedanken der Rechtfertigung von Kürzungen aus systemimmanenten Gründen zugrunde.36 Danach sind Absenkungen unter anderem unter der Einschränkung zulässig, dass sie von der gesamten Gruppe der Betroffenen getragen werden. In der Rechtsprechung des BVerfG finden sich weitergehende Ansätze für Kürzungsmöglichkeiten in Zusammenhang mit dem Gedanken der sozialen Gerechtigkeit. Allerdings sind die einschlägigen Entscheidungen in Bezug auf die gesetzliche Rentenversicherung ergangen. Im Folgenden sollen diese Konzeptionen unter

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34

BVerfGE 44, 249; 49, 260, 273. Summer/Rometsch, ZBR 1981, 1, 8. 35 In diesem Zusammenhang könnte man von einem langwierigen Kampf des BVerfG mit dem Gesetzgeber sprechen, der letztlich auf dem Umweg einer Beauftragung der Verwaltungsgerichte mit der Umsetzung der Anhebung gewonnen wurde: BVerfGE 99, 300, hierzu: Pechstein, ZBR 2007, 73. 36 BVerfGE 114, 258.

218

D. Grenzen der Absenkung der Versorgung

dem Gesichtspunkt ihrer Übertragbarkeit auf die Beamtenversorgung analysiert werden. a) Der Gedanke der „maßvollen Umverteilung“ Der Gedanke der Rechtfertigung von Kürzungen aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit wird vom BVerfG in Zusammenhang mit Hinterbliebenenrenten ausdrücklich erwähnt. Aus der Bestimmung des Art. 6 Abs. 1 GG leitet das Gericht eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur stärkeren Berücksichtigung der Kinder­ erziehung für die Bemessung der Rentenansprüche ab und gelangt dann zum folgenden Schluss: „Der Schutz der Rentenanwartschaften durch Art. 14 Abs. 1 GG steht einer maßvollen Umverteilung innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung zu Lasten kinderloser und kinderarmer Personen nicht entgegen“.37 Daher müsse der Gesetzgeber sicherstellen, dass sich mit jedem Reformschritt die Benachteiligung der Familie tatsächlich verringert, unabhängig davon, auf welche Weise die Mittel für den Ausgleich aufgebracht werden. Das BVerfG suggeriert in der Entscheidung die Möglichkeit einer praktischen Konkordanz zwischen dem Eigentumsschutz und Gründen der familienbezogenen, sozialen Gerechtigkeit aus Art. 6 Abs. 1 GG. Nichts anderes hat das Gericht in den Entscheidungen zur Alimentation kinderreicher Beamter vorgenommen, ohne dies ausdrücklich zu be­ nennen. Aus diesem Grunde wird in der Lehre bereits eine Bezugnahme auf die „maßvolle Umverteilung“ zu Lasten Kinderloser oder jedenfalls sich nicht zeitweise vorrangig der Kindererziehung gewidmet habender Personen bei der Gestaltung der Versorgung für zulässig erachtet.38 Hieraus könnte sich ein zulässiger, systemimmanenter Rechtfertigungsgrund für Kürzungen im Bereich der Witwen-/Witwerversorgung ergeben, die mit einer Zuschlagsregelung für Personen verbunden werden könnten, die sich in besonderer Weise der Kindererziehung gewidmet haben. Der Kernbereich des Alimentationsprinzips würde natürlich eine absolute Grenze für entsprechende Absenkungen sicherstellen. b) Sozialfürsorgerisch motivierte Leistungen als Bereichsausnahmen? Ein weitergehendes Beispiel stammt ebenfalls aus der Rechtsprechung des BVerfG zur gesetzlichen Rentenversicherung. In der Entscheidung wurde unter anderem problematisiert, ob die Hinterbliebenenversorgung dem Eigentumsschutz des Art.  14 GG untersteht. Die Klärung dieser Frage war ausschlaggebend für

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38

BVerfGE 87, 1, 41. Pechstein, ZBR 2001, 318, 322.

V. Versorgung und andere Rechtsprinzipien

219

die Anrechenbarkeit von eigenem Einkommen von Witwern und Witwen auf die Hinterbliebenenversorgung. Nach den Ausführungen des Gerichts sei die Hinterbliebenenrente als eine vorwiegend sozialfürsorgerisch motivierte Leistung einzustufen, weil sie ohne eigene Beiträge des Rentenempfängers und ohne erhöhte Beitragsleistung des Versicherten gewährt werde.39 Infolge dessen wurde die Hinterbliebenenrente aus dem Schutzbereich des Art. 14 GG ausgenommen, was wiederum die Anrechnung von eigenem Einkommen von Witwen und Witwern auf die Hinterbliebenenrente ermöglicht hat. Im Rahmen der Beamtenversorgung ist diese Ausklammerung jedenfalls im Hinblick auf das traditionelle Verständnis des Alimentationsprinzips nicht denkbar. Denn, wie das BVerfG ausdrücklich betont, „[a]bgesehen vom Ziel der angemessenen Sicherung des Lebensstandards im Alter bestehen zwischen beiden Systemen Unterschiede von solchem Gewicht, daß sie verschiedene Regelungen zur Anrechnung von Einkommen in beiden Rechtsgebieten rechtfertigen.“40 Diese Unterschiede liegen vor allem in der Finanzierung beider Systeme. Die Beamtenversorgung wird durch Steuern bezahlt und orientiert sich, wie dargestellt, am Prinzip der amtsangemessenen Alimentation. Deshalb erhält eine Witwe, die eigenes Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen bezieht, daneben ihre Versorgungsbezüge bis zur Höchstgrenze der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der sich das Ruhegehalt des Verstorbenen berechnet hat.41 Eine Übertragung der Rechtsprechung zur Anrechenbarkeit der Eigen­ renten auf die Hinterbliebenenrenten dürfte bereits aus systematischen Gründen nicht möglich sein. Während sozialfürsorgerisch motivierte Leistungen nicht dem Eigen­tumsschutz unterstehen können, ist deren Berücksichtigung im Rahmen der Alimentation sogar geboten. Eine andere Betrachtung könnte sich aus einer unterschiedlichen Auslegung der sozialfürsorgerischen Leistung ergeben, soweit diese mit dem Alimentationsprinzip verknüpft wird und nicht den Beamten persönlich, sondern Dritte betrifft. c) Bedarfsbezogene Hinterbliebenenversorgung als Alternative Der Rechtsprechung des BVerfG lässt sich ein statusbezogenes Verständnis der Hinterbliebenenversorgung entnehmen. Den Witwen und Witwern wird ein eigenständiger Anspruch auf die Versorgung zugesprochen, der direkt aus dem Alimentationsprinzip und seiner familienbezogenen Komponente folgt. Die Hinterbliebenen erhalten damit den Status, den der Beamte inne gehabt hat. Daraus folgt wiederum, dass sie eine Versorgung in voller Höhe erhalten können, ohne dass eigene Einkünfte in Form von Renten hierauf angerechnet werden müssten. Be

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40

BVerfGE 90, 271, 284 f. BVerfGE 90, 271, 293. 41 § 53 Abs. 1, 2 Nr. 1 BeamtVG. Eigene Renten der Witwen werden ausdrücklich nicht angerechnet – § 53 Abs. 3 Nr. 2 BeamtVG.

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D. Grenzen der Absenkung der Versorgung

reits hier liegt ein Widerspruch zur Situation des Beamten selbst. Dieser hätte wegen seiner Gebundenheit an den Dienstherrn keine anderweitigen Renten erhalten können – genehmigungsfähige Ausnahmen vorbehalten. Er könnte folglich nicht in die Situation kommen, in der er seine eigene Vollversorgung erhält und zusätzlich noch eine weitere Rente. Hier sind die Hinterbliebenen nur wegen ihres Status besser gestellt als der die Versorgung empfangende Beamte. Eine ähnlich gelagerte Diskussion wird im Zusammenhang mit dem Familien­ zuschlag geführt. Auch dort knüpft der Zuschlag, der ursprünglich als Ortszuschlag bedarfsorientiert gestaltet war, überwiegend an den Status des Beamten an. Eine derart gestaltete Privilegierung des Familienstandes ist jedoch nicht verfassungsrechtlich geboten. Die Alternative, die auch im Rahmen der Hinterbliebenenversorgung vorgeschlagen werden könnte, besteht darin, eine Bedarfsorientierung dieses Zuschlags einzuführen. Im Bereich der Versorgung würde dies auf eine Anrechenbarkeit anderer Einnahmen des Hinterbliebenen auf die Witwen- und Waisenrente hinauslaufen. Dafür spricht auch die gesellschaftliche Entwicklung, die von einer zunehmend partnerschaftlichen Arbeitsteilung in Familie und Beruf geprägt ist. Jedenfalls kann nicht mehr von einer durchgehenden Unterhaltsabhängigkeit von Beamtenwitwen ausgegangen werden.42 Auch wenn dies im Einzelfall einschlägig sein sollte, so würde nach dem hier vorgeschlagenen Konzept die auch bislang gewährte Versorgung erhalten bleiben. Der Vorschlag soll lediglich eine Anrechenbarkeit bestehender Leistungen auf die Versorgung außerhalb des Bedarfsfalles ermöglichen.

VI. Versorgung und die allgemeinen Bedürfnisse – die dritte Kollisionsebene Der Kernbereich des Alimentationsprinzips für die Versorgung wird bei der dritten Kollisionsebene durch die gleichen Merkmale bestimmt, wie bei der Besoldung. Die amtsangemessene Versorgung stellt einen Maßstabsbegriff dar, dessen wesentlicher Bezugspunkt die zuletzt erreichte Besoldung ist. Dieser Bezugspunkt bleibt grundsätzlich die Ausgangsbasis für die Berechnung der Versorgungsbezüge.43 Deshalb kann in diesem Punkt auf die Ausführungen zur dritten Kollisionsebene bei der Besoldung verwiesen werden.



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43

Lenze, NVwZ 2006, 1229, 1234. Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, BeamtVG, § 14 Rn. 15 ff.

E. Das Prinzip der Bundestreue und die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums als Homogenitätsklausel E. Bundestreue und die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums Nach einer Untersuchung der Spielräume einzelner Länder und des Bundes bei der Gestaltung der Besoldung im Rahmen des Alimentationsprinzips soll nunmehr der Frage nachgegangen werden, ob es auch nach der Abschaffung der Bundeskompetenz für die Landesbeamten ein gewisses Maß an Einheitlichkeit in der Besoldung geben kann. Ein denkbares Instrument für die Herstellung einer Kongruenz in diesem Bereich könnte sich aus dem Prinzip der Bundestreue ergeben. Das BVerfG hatte sich bereits in einigen Entscheidungen, die allerdings hauptsächlich in der Zeit vor der Einführung des Art. 74a GG ergangen sind, mit der Bundestreue als einer Leitlinie für die Einheitlichkeit der Alimentation beschäftigt. Die sich aus dieser Rechtsprechung ergebenden Anhaltspunkte könnten nun, nach der Föderalismusreform 2006, wieder aktuell werden. Abschließend wird untersucht, ob aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums eine die bundesweite Höhe der Besoldung und Versorgung vereinheitlichende Komponente abgeleitet werden kann. Zunächst ist jedoch kurz auf die theoretischen Grundlagen des Prinzips der Bundestreue einzugehen.

I. Bundestreue als Bestandteil der bundesstaatlichen Ordnung Nach dem Prinzip der Bundestreue, der als ungeschriebener Grundsatz aus dem Bundesstaatsprinzip abgeleitet wird, sind Bund und Länder zu gegenseitiger Rücksichtnahme, zur Unterstützung sowie zu Kooperation und Koordination verpflichtet. Nach allgemeiner Ansicht handelt es sich dabei um eine staatsrechtliche Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben.1 Das Prinzip ist an die Dynamik des Föderalismus gekoppelt und soll wegen dieser Entwicklungsoffenheit immer wieder aufs Neue konkretisiert werden.2 Für die Adressaten ergeben sich daraus konkrete Loyalitätspflichten. Zwei von denen sind im vorliegenden Zusammenhag hervorzuheben: die Verpflichtung zur Information und Konsultation und eine weitergehende Verpflichtung zur Abstimmung und Zusammenarbeit.



1 Herzog, in: Maunz/Dürig, Art. 20, Rn. 63; Sachs, in: Sachs, Art. 20 Rn. 68; Bauer, Die Bundestreue, 1992 S. 247 ff. 2 Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 20, Rn. 37.

222

E. Bundestreue und die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums

Die erstbezeichneten Verpflichtungen gebieten dem Bund und den Ländern zunächst generell bei der Wahrnehmung ihrer Kompetenzen die gebotene und ihnen zumutbare Rücksicht auf das Gesamtinteresse des Bundesstaates und auf die Belange der Länder zu nehmen.3 Dies ist eine durchaus wichtige Funktion im Rahmen der bundesstaatlichen Ordnung, jedoch wird man daraus schwerlich eine Komponente ableiten können, aus der sich eine verbindliche Vorgabe für eine einheitliche Struktur der Besoldung ergeben könnte. Die zweite Gruppe der Verpflichtungen ergibt möglicherweise eine Grundlage für die Ableitung strengerer Vorgaben, auch in Bezug auf die Gestaltung der Besoldung und Versorgung. Hierbei ist anzumerken, dass die Wahrung der Eigenstaatlichkeit der Länder es verbietet, aus der Bundestreue eine generelle Pflicht der Länder zur Anpassung ihrer Gesetzgebung an entsprechende Regelungen des Bundes oder zur Koordinierung ihrer Gesetzgebung bzw. des Gesetzesvollzugs untereinander herzuleiten.4 Bereits aus diesem Aufriss ergibt sich, dass das Bundestreueprinzip kein Homoge­ nitätsgebot beinhalten kann.

II. Die Bundestreue als Kompetenzausübungsschranke Eine Vereinheitlichungsfunktion der Bundestreue im Besoldungsbereich könnte sich aus der rechtsbeschränkenden Konkretisierung dieses Prinzips ergeben. Damit ist die zweite Gruppe von Verpflichtungen angesprochen, die eine höhere Bindungskraft beinhalten. In der Literatur und Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Bundestreue in dieser Ausprägung als Kompetenzausübungsschranke wirken kann.5 Das BVerfG führt an, dass die Kompetenzen nicht in egoistischer Weise zu gebrauchen seien, vielmehr ist Rücksicht auf Belange der anderen Beteiligten und der Gesamtheit zu nehmen, u. U. auf eigene Ziele zu verzichten.6 Dieser allgemein formulierten Vorgabe lassen sich zwei präzisere Elemente entnehmen. Dabei handelt es sich um das Verbot missbräuchlicher Rechtsausübung und das Verbot widersprüchlichen Verhaltens.7 1. Das Verbot missbräuchlicher Rechtsausübung

Das Rechtsmissbrauchsverbot soll verhindern, dass Bund und Länder kraft der ihnen eingeräumten Befugnisse rücksichtslos ihre eigenen Vorstellungen verwirklichen und nur ihren Interessen folgen, indem es jede Rechtsausübung unter den

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4

BVerfGE 32, 199, 218; 81, 310, 337; 92, 203, 230. Bauer, Die Bundestreue, 1992, S. 349 f. 5 Sachs, in: Sachs, Art.  20, Rn.  70; Sommermann, in: v.  Mangoldt/Klein/Starck, Art.  20, Rn. 37; Bauer, Die Bundestreue, 1992, S. 355. 6 BVerfGE 4, 115, 140; E 32, 199, 218; E 34, 9, 38; E 43, 291, 348; E 106, 1, 27. 7 Unterscheidung nach Bauer, Die Bundestreue, 1992, S. 356 f.

II. Die Bundestreue als Kompetenzausübungsschranke

223

immanenten Vorbehalt der Berücksichtigung der Belange der anderen Beteiligten des jeweiligen bundesstaatlichen Rechtsverhältnisses stellt.8 Ein entsprechender Verstoß wird vor allem dann zu bejahen sein, wenn in der Situation, in der die Verständigung zwischen den Ländern durch Gesetz gefordert wird, ein Adressat des Prinzips einen willkürlichen, weil auf sachfremden Motiven begründeten Widerspruch erhebt. Dieser Aspekt wurde für die Ausübung der Kompetenzen für die Besoldung und Versorgung durch die Länder vom BVerfG in einer frühen Entscheidung von 1954 konkretisiert. Demnach müssen die Länder bei der Ordnung der Besoldung ihrer Beamten bedenken, dass trotz der in Art. 109 GG verbürgten selbständigen Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern das Finanzwesen im Bundesstaat ein Gesamtgefüge darstellt.9 Das Rechtsmissbrauchsverbot ist also verletzt, wenn das gesamte Finanzgefüge von Bund und Ländern erschüttert wird. Bei der Prüfung dieses Kriteriums kann es sich – wie das BVerfG selbst betont – nur um die Kontrolle der Einhaltung äußerster Grenzen handeln.10 Das Merkmal ist folglich sehr allgemein formuliert und es ist fraglich, ob eine weitergehende Präzisierung überhaupt möglich ist. In einer späteren Entscheidung von 1971 hat das BVerfG im Zusammenhang mit dem Missbrauchsverbot einen weiteren Aspekt der Uneinheitlichkeit in der Besoldung angesprochen: „Es kann aber auch einmal von Belang sein die entsprechende Bedachtnahme auf Auswirkungen, die das Landesgesetz hinsichtlich der Entwicklung des öffentlichen Dienstrechts in Richtung auf eine unerwünschte Aufsplitterung der Einheit der Besoldungsordnung für alle Gruppen des öffentlichen Dienstes haben kann“.11 Ob es sich hierbei jedoch um eine weitergehende Präzisierung des Missbrauchsverbots handelt, ist fraglich. Das Gericht schildert damit zwar die Effekte der Besoldungsunterschiede zwischen den Ländern, ein greifbarer Maßstab ist dies jedoch nicht. Im Urteil wird auch die grundsätzliche Freiheit und Unabhängigkeit der Länder bei der Ausübung ihrer ausschließlichen Kompetenzen betont. Damit wird die Bedeutung des früher konturierten Elements wieder relativiert. Es müsste zudem weiter untersucht werden, ob Kriterien für die Feststellung einer Aufsplitterung fest­ gestellt werden können. Nichtsdestotrotz können drei Situationen unterschieden werden, in denen das aus dem Bundestreueprinzip folgende Missbrauchsverbot relevant sein könnte. Zunächst im Rahmen des sog. Besoldungswettlaufs nach unten, also dann, wenn ein Land versuchen wird, die Besoldung der Beamten auf einem möglichst geringstem Niveau zu halten. Denkbar ist auch, dass ein oder mehrere Länder versuchen werden, die Besoldung zu erhöhen um sich damit im Kampf um die best­qualifizierten Beamten eine führende Position sichern zu können. Schließlich ist auf das Problem von Besoldungsunterschieden innerhalb eines Landes einzu­gehen.



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Bauer, in: Dreier, Art. 20, Rn. 43. BVerfGE 4, 115, 140. 10 BVerfGE 4, 115, 140. 11 BVerfGE 32, 199, 218. 9

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E. Bundestreue und die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums

a) Missbrauchsverbot bei der Absenkung der Alimentation Im Rahmen des bereits erörterten Besoldungswettlaufs nach unten dürfte die Bedeutung des sich aus dem Bundestreueprinzip ergebenden Missbrauchsverbots von nachrangiger Bedeutung sein. Denn die hierfür maßgebenden Mindestniveaus ergeben sich aus Art. 33 Abs. 5 GG, insbesondere aus dem Alimentationsprinzip. Die an die Entwicklung der allgemeinen Lebensverhältnisse angelehnte unterste Grenze der Angemessenheit der Besoldung bietet eine unüberwindbare Hürde. Auch wenn die Alimentation in den jeweiligen Ländern bis zu dieser Schranke reduziert werden sollte, dürfte sich daraus kein Verstoß gegen das Bundestreueprinzip ergeben. Dies folgt bereits aus der Überlegung, dass die Länder die Absenkung in Anlehnung an verfassungsrechtliche Vorgaben werden realisieren können. Ein ungeschriebenes Verfassungsprinzip dürfte diesem Spielraum keine Grenzen setzen. b) Missbrauchsverbot bei einseitiger Erhöhung der Alimentation Die umgekehrte Situation betrifft den Fall einer Erhöhung der Alimentation durch ein Land. Bei der Untersuchung dieser möglichen Entwicklung muss zunächst bedacht werden, dass die aktuelle Rechtslage den Ländern die umfassende Kompetenz bei der Gestaltung der Besoldung und Versorgung einräumt. Es war gerade das Ziel der Föderalismusreform, eine landesabhängige Flexibilität zu schaffen. Auch ein Wettbewerb in diesem Bereich sollte durch die Reform erreicht werden. Auf der anderen Seite wird diese Reform voraussichtlich auch zu negativen Entwicklungen führen, vor allem bei der Mobilität der Beamten, was wiederum primär auf die Unterschiede in den Landeslaufbahnordnungen zurückzuführen sein wird.12 Das Bundestreueprinzip kann hier allenfalls eine äußerste Grenze bieten. Dies ergibt sich bereits aus der Zusammenschau der Entscheidungen, die in der Zeit vor der Einführung des Art. 74a GG ergangen sind. In dem bereits erörterten Urteil des BVerfG von 1954 ergab das streitgegenständliche Gesetz des Landes Nordrhein-Westfalen eine durchschnittliche Erhöhung der Bezüge um rund 7 %, in einzelnen Besoldungsgruppen eine solche um mehr als 10 % und in bestimmten Dienstaltersstufen einzelner Besoldungsgruppen sogar Erhöhungen um mehr als 30 % gegenüber entsprechenden Bundessätzen. Ein Verstoß gegen das Missbrauchsverbot konnte trotzdem nicht festgestellt werden.



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Pechstein, ZBR 2009, 20.

II. Die Bundestreue als Kompetenzausübungsschranke

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aa) Absolute und relative Bezugspunkte Bei der Betrachtung der landesbezogenen Abweichungen muss bedacht werden, dass sich die Unterschiede bereits daraus ergeben können, dass die Besoldung an die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung des Landes angekoppelt ist. Dies ermöglicht Abweichungen nach oben, aber auch nach unten, die durch Art. 33 Abs. 5 GG und das Alimentationsprinzip legitimiert sind. Auch bei einer bedeutenden, über 10 % hinausgehenden Diskrepanz in den allgemeinen Lebensverhältnissen zwischen zwei Ländern, wird dieser Unterschied folglich bereits durch die Vorgaben des Alimentationsprinzips legitimiert. Ein absoluter Vergleichsmaßstab kann folglich nicht gebildet werden, weil die Bezugspunkte durch landesabhängige Kriterien verfälscht worden wären. Es müsste folglich ein relativer Bezugspunkt gebildet werden, welcher die zu vergleichenden Werte entsprechend berücksichtigen würde. Ein derartiger gemeinsamer Nenner könnte beispielsweise in Anlehnung an die geringste zulässige Besoldung gebildet werden. Das Maß der Abweichung könnte somit quantifizierbar und vergleichbar gemacht werden. bb) Schwellenwerte für zulässige Abweichungen Es stellt sich nun die Frage, welche Diskrepanzen für die Feststellung einer Verletzung des Missbrauchsverbots relevant wären. Aus der bisherigen Recht­ sprechung des BVerfG ergibt sich, dass jedenfalls eine Differenz in der Besoldung von durchschnittlich 7 % nicht zu einer Verletzung des Bundestreueprinzips führen würde.13 Das Gericht hat jedoch zu dieser Zeit keinen relativen Bezugspunkt in dem hier vorgeschlagenen Sinne gebildet. Dies war auch nicht notwendig, denn der Vergleich der angegriffenen Landesbesoldung verlief im Vergleich zu den entsprechenden Rahmenvorschriften auf Bundesebene. Bei einer eventuellen Bestimmung eines Schwellenwerts müsste zunächst bedacht werden, dass das Verbot missbräuchlicher Rechtsausübung ein Ausnahmetatbestand des Bundesstaatsrechts ist. Die Ableitung einer bezifferbaren Vorgabe ist allein wegen der Rechtsnatur des Prinzips unüblich. In der Literatur wird der Sonderfall dahingehend präzisiert, dass die Ausübung eines Rechts unzulässig sein kann, wenn der Rechtsinhaber keine berechtigten Interessen verfolgt oder überwiegende Belange des bzw. der anderen Beteiligten entgegenstehen und die Rechtsausübung zu einer gravierenden Störung der bundesstaatlichen Ordnung führen würde.14 Wann danach ein Verstoß gegen das Rechtsmissbrauchsverbot in Betracht kommt, hängt letztlich von den konkreten Umständen des Einzel­falles ab. Die bereits erörterte Konkretisierung des BVerfG für das Besoldungsrecht, wonach jene Rechtsausübungen missbräuchlich seien, die eine „Erschütterung des

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BVerfGE 4, 115, 140. Bauer, Die Bundestreue, S. 357.

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E. Bundestreue und die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums

gesamten Finanzgefüges von Bund und Ländern“15 zur Folge haben, wurden für die Fälle einer Abweichung eines Landes von einer rahmenrechtlichen Bundes­ vorgabe konzipiert. Eine Übertragung dieser Maßgabe auf Verhältnisse zwischen den Ländern erscheint bereits wegen der Natur der Sache unmöglich: Es ist nicht vorstellbar, dass ein Land, das seine Besoldung wegen einer besonders guten wirtschaftlichen Lage erhöht, zur Erschütterung des gesamten bundesstaatlichen Finanzgefüges führen wird. Demnach ist aus dieser Präzisierung kein Schwellenwert ableitbar. Ein weiterer Anknüpfungspunkt für eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung der Besoldung könnte in der Einschränkung der Mobilität der Beamten im Bundes­ gebiet liegen.16 Eine verfassungsrechtliche Verankerung findet diese Freizügigkeit in Art. 11 GG. Hieraus müsste sich jedoch eine gravierende Störung der bundesstaatlichen Ordnung ergeben. Allein mit einer unterschiedlichen Höhe der Besoldung und Versorgung in den Ländern, auch wenn diese beträchtlich wären, dürfte jedoch keine schwerwiegende Einschränkung der Mobilität der Beamten ergeben. Dies könnte möglicherweise in Zusammenhang mit einer auseinander fallenden Gestaltung der Laufbahnordnungen geschehen.17 Die Ableitung eines Schwellenwerts könnte möglicherweise in Anlehnung an besondere verfassungsrechtliche Vorgaben für das Besoldungsrecht durchgeführt werden. Nahe liegend erscheint die Heranziehung des Alimentationsprinzips, in dessen Rahmen sich bereits quantifizierbare Maßstäbe für die Bestimmung der Höhe der Besoldung verfestigt haben. Allerdings ist eine Anwendung dieser Vorgaben im Bereich des Bundestreueprinzips fraglich. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Bundestreue eine nachrangige Stellung gegenüber besonderen Regelungen des Grundgesetzes hat.18 Würde man die Maßstäbe aus dem Alimentationsgrundsatz auf das Bundestreueprinzip übertragen, würde dies gegen die Subsidiarität des Letzteren verstoßen. Dieses soll gegen besonders gravierende Missbräuche schützen. Zudem würde das Bundestreueprinzip den föderalen Wettbewerb zwischen den Ländern übermäßig einschränken. Gerade hierauf kam es dem Gesetzgeber an, als er die Kompetenz des Bundes aus Art. 74 a GG abschaffte. Ein konkreter Schwellenwert für eine Verletzung des Missbrauchsverbots kann mithin nicht abgeleitet werden. Die vom BVerfG geforderte „Erschütterung des ge­ samten Finanzgefüges von Bund und Ländern“ als besoldungsrechtlich be­zogener Fall des Rechtsmissbrauchs wird daher von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig sein. Es ist indes schwer vorstellbar, dass ein Land durch Anhebung der Besoldung das bundesstaatliche Finanzgefüge beeinträchtigen kann. Dies wäre erst dann der Fall, wenn die eigene Finanzlage des Landes derart schlecht wäre, dass Bundesergänzungszuweisungen zum Zwecke der Sanierung seines Haushalts

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BVerfGE 4, 115, 140; 32, 199, 218. Frank/Heinicke, ZBR 2009, 34, 35. 17 Pechstein, ZBR 2009, 20. 18 Sachs, in: Sachs, Art. 20, Rn. 69.

II. Die Bundestreue als Kompetenzausübungsschranke

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notwendig wären. Diese unterliegen jedoch einem strengen ultima-ratio-Prinzip. Sanierungshilfen sind nur dann verfassungsrechtlich zulässig und geboten, wenn die Haushaltsnotlage eines Landes relativ  – im Verhältnis zu den übrigen Ländern – als extrem zu werten ist, und absolut – nach dem Maßstab der dem Land verfassungsrechtlich zugewiesenen Aufgaben – ein so extremes Ausmaß erreicht hat, dass ein bundesstaatlicher Notstand eingetreten ist.19 Eine derart desaströse Haushaltslage könnte erst bei einer äußersten Anhebung der Besoldung eintreten, die derzeit nirgends ersichtlich ist. c) Das Missbrauchsverbot und Besoldungsdiskrepanzen innerhalb eines Landes Ein weiterer Wirkungsbereich des Missbrauchsverbots könnte sich bei einer Besoldungsdiskrepanz innerhalb eines Landes ergeben. Auf diese Konstellation hat Summer hingewiesen, als die Diskussion um die Reföderalisierung der Alimentation angefangen hat.20 Es handelt sich dabei um einen Nebeneffekt der Rückübertragung der Kompetenzen für die Besoldung auf die Länder, der bereits im Rahmen der Diskussion der Föderalismusreform erörtert worden ist. Mit der föderalisierten Besoldungsregelung wird es zum Auseinanderfallen der Besoldung im gleichen Raum für Bundesbeamte einerseits und Landesbeamte und Kommunalbeamte andererseits kommen. aa) Besserstellung des Landesbeamten Denkbar ist zunächst, dass diese Diskrepanz zuungunsten der Bundesbeamten ausfällt, d. h. dass die Landesbeamten besser besoldet werden, als die Bundes­ beamten, die auf dem Gebiet dieses Landes arbeiten. Solange die Landesbesoldung auf einem verfassungsgemäßen Niveau gehalten wird, kann jedenfalls kein Verstoß gegen das Bundestreueprinzip angenommen werden. Das Land kann nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass die Bundesbeamten, die innerhalb seiner Grenzen tätig sind, nicht angemessen besoldet werden. Der Bund wird sich möglicherweise dadurch rechtfertigen können, dass auf Bundesebene eine Anpassung der Besoldung an den Bundesdurchschnitt der Lebenshaltungskosten und der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung geboten ist. Gegen diese Argumentation könnte man einwenden, dass praktisch alle Bundesbeamten in verschiedenen Ländern tätig sind. Die Lebenshaltungskosten sind unterschiedlich, so dass die wirtschaftliche Situation des Bundesbeamten durch den jeweiligen „Einsatzort“ relativiert wird. Letztlich hängt die finanzielle Lage des Bundesbeamten vom Zufall ab, je nach dem in welchem Land er tätig ist. Eine ähnliche Problematik tritt

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BVerfGE 116, 327. Summer, ZBR 2003, 28, 31. 

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E. Bundestreue und die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums

bereits in Zusammenhang mit Ballungsräumen innerhalb einzelner Länder zutage. In der bereits erörterten Entscheidung zur Ballungsraumzulage hat das BVerfG keine Pflicht des Gesetzgebers gesehen, das Besoldungsniveau entsprechend zu erhöhen, obwohl die Unterschiede der Lebenshaltungskosten im Vergleich zum Umland um 20 % höher waren.21 Bei der Feststellung einer Verletzung des Bundestreueprinzips in der hier untersuchten Fallkonstellation müsste der Bund als Verursacher eines Verstoßes herangezogen werden. Wenn jedoch eine Diskrepanz in den Lebenshaltungskosten von rund einem Fünftel keine Ausgleichspflicht des Gesetzgebers begründet, weil er im Rahmen des Art. 33 Abs. 5 GG über einen weiten Gestaltungsspielraum verfügt,22 dann wird dies auch nicht für eine Verletzung des Bundestreueprinzips angenommen werden können. bb) Ausgleichsmöglichkeiten nach dem Alimentationsprinzip Der Weg zu einer Besserstellung von Bundesbeamten in der beschriebenen Situation könnte dennoch über die Vorschrift des Art. 33 Abs. 5 GG führen. Hierfür müsste jedoch angenommen werden, dass sich der Maßstab für die Bemessung der Besoldung am Niveau der Lebenshaltungskosten orientiert, das in dem Land gegeben ist, in dem der Beamte eingesetzt wird. Denn sofern die Besoldung des Bundesbeamten diesem Niveau nicht entspricht, läuft dies auf eine Nicht­anpassung der Alimentation an die allgemeinen Lebensverhältnisse hinaus. Die Bemessung der Besoldung des Bundesbeamten anhand des Landesniveaus ist jedoch nicht selbstverständlich. Denn die vom Bund garantierte Besoldung ist ein Abbild des Amtes, welches der Beamte für den Staat innehat. Sie steht ferner für eine universelle, landesübergreifende Einsetzbarkeit des Beamten. Die Besoldung sollte die Existenz des Beamten sichern, auch wenn er bei seiner Tätigkeit die Landesgrenzen überschreitet. Auf der anderen Seite spielen die Gesichtspunkte der fak­tischen Ansässigkeit eine wichtige Rolle. Lässt sich der Beamte in einem Land nieder, in dem die Lebenshaltungskosten viel höher sind als im Bundesdurchschnitt, so steht er mit der gleichen Besoldung schlechter da, als sein Kollege, der in einem Land ansässig ist, in dem diese Kosten geringer sind. Dabei ist die Entscheidung über die Niederlassung meist nicht die des Beamten, sondern wird durch den Sitz des Dienstherrn prädestiniert. Der Gedanke des Schwerpunkts der Lebensführung dürfte für die Gestaltung der Besoldung maßgebend sein. Liegt dieser für einen Bundesbeamten notwendigerweise in einem Land mit sehr hohen Lebenshaltungskosten, so dürfte dies zum Anlass einer Erhöhung der Grundbesoldung genommen werden, vorausgesetzt die Landesbesoldung ist höher als der Bundesdurchschnitt. Ob sich für den dargestellten Erhöhungsmechanismus eine verfassungsrechtliche Pflicht aus dem Alimentationsprinzip ableiten lässt, ist fraglich. Dagegen

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BVerfGE 117, 330. So das BVerfG in der besprochenen Ballungsraumzulagenentscheidung: BVerfGE 117, 330.

II. Die Bundestreue als Kompetenzausübungsschranke

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spricht der vom BVerfG in der Ballungsraumzulagenentscheidung betonte, große Spielraum des Gesetzgebers bei der Gestaltung der Besoldung. In der hier dar­ gestellten Konstellation würde das Gericht jedoch jedenfalls nicht auf das Argument zurückgreifen können, wonach die im Ballungsraum ansässigen Beamten über mehr Möglichkeiten für eine bessere Lebensführung verfügen, was die geringere Besoldung aufwiegt.23 Denn die Vergleichsgruppen würden hier anders ausfallen. Es müsste die Situation eines Bundesbeamten und eines Landesbeamten verglichen werden, die unter Umständen im gleichen Ballungsgebiet leben. Bei einem 20 %igen Besoldungsunterschied dürfte die Entscheidung im Sinne einer Verletzung des Alimentationsprinzips ausfallen. Denn es dürfte keinen Unterschied machen, von welchem Dienstherrn die Besoldung ausgezahlt wird, wenn sie für ein angemessenes Leben auf gleichem Raum schlichtweg unzureichend ist. Hierbei könnte bereits die Nichtanpassung der Besoldung an die in diesem Gebiet vorherrschenden Verhältnisse zum Anlass für die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 5 GG genommen werden. Insoweit träfe den Besoldungsgesetzgeber auf Bundesebene eine Differenzierungspflicht bei der Gestaltung der Alimentation, die eine landesabhängige Modifizierung der Besoldungshöhe nach sich ziehen würde. Dies wäre durch flexible Besoldungselemente auch verwaltungstechnisch durchsetzbar. 2. Kooperativer Föderalismus im Besoldungsrecht

Das Bundestreueprinzip liefert keine detaillierten Vorgaben für die Ausübung der Kompetenzen zur Besoldung und Versorgung durch die Länder. Eine Verletzung des sich aus dem Prinzip ergebenden Verbots der missbräuchlichen Rechtsausübung ist nur bei gravierenden Einschnitten in die bundesstaatliche Struktur anzunehmen. Schwellenwerte für die Gestaltung der Besoldung oder Versorgung können jedenfalls nicht abgeleitet werden. Daher dürfte ein weiterer Aspekt des Bundestreueprinzips von größerer Be­ deutung sein, nämlich die sich daraus ergebende Forderung nach einer vertieften Zusammenarbeit bei der Entscheidungsfindung. Das BVerfG hat bereits sehr früh aus der Bundestreue den Zwang zur Verständigung über gemeinsame Entscheidungen abgeleitet.24 Dieses Postulat bewirkte eine Entwicklung zu einem im Grundgesetz zunächst so nicht angelegten kooperativen Föderalismus.25 Im Bereich des Besoldungsrechts hat diese Forderung bereits vor der Einführung des Art.  74  a GG konkrete Formen angenommen. Die Länder wurden zunächst untereinander aktiv, weil sie der unerfreulichen Entwicklung im Besoldungsrecht entgegenwirken wollten. Mit „Abkommen“ versuchten sie, ein Mindestmaß an

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BVerfGE 117, 330. BVerfGE 1, 299, 315. 25 Sachs, in: Sachs, Art. 20, Rn. 58.

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E. Bundestreue und die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums

Besoldungseinheit zu sichern.26 Auch nach der Einführung des Art. 74 a GG haben Bund und Länder eine „Gemeinsame Erklärung“ verfasst, in der sie auf alle „kostenwirksamen strukturellen Maßnahmen“ im Bereich des öffentlichen Dienstes verzichtet haben.27 Die Tatsache, dass die Länder damals bereits auf die genannten Mittel zurückgegriffen haben verdeutlicht, wie nachteilig sich die Verhältnisse entwickelt haben. Eine Rückkehr zu der damals geltenden Rechtslage lässt vermuten, dass auch heute ähnliche Probleme entstehen werden. Die künftig möglicherweise auftretende Notwendigkeit der Aktivierung der dargestellten Lösungsansätze bewirkt in diesem Zusammenhang zwar eine größere Bedeutung der verfahrensrechtlichen Dimension der Bundestreue.28 Dies eröffnet neue Wege zur Gestaltung des kooperativen Föderalismus. Im Vergleich zur einheitlichen Kompetenzlage bedeutet diese Lösung einen Rückschritt. Es wird möglicherweise auf Abkommen zwischen den Ländern zurückgegriffen werden müssen, in Bereichen, in denen sich eine ausdrückliche verfassungsrechtliche Regelung grundsätzlich bewährt hat. Notwendige Reformen hätten jedenfalls auch im Rahmen der alten Rechtslage durchgeführt werden können und werden nunmehr für mehrere Länder im Wege einer Zusammenarbeit vorgenommen.29

III. Homogenitätsbegründende Aspekte weiterer hergebrachter Grundsätze Vor dem Hintergrund der dargestellten Auswirkungen des Bundestreueprinzips soll nochmals auf die hergebrachten Grundsätze Bezug genommen werden. Daraus könnte sich eine die Besoldung nivellierende Komponente ergeben, insbesondere für Abweichungen zwischen den Ländern. Dabei wird das Alimentationsprinzip keine Rolle spielen können, denn es hat die allgemeinen Lebensverhältnisse innerhalb eines Landes als Bezugspunkt. Denkbar ist jedoch die Heranziehung des bereits erwähnten hergebrachten Grundsatzes der gleichen Besoldung für gleiche und vergleichbare Dienstposten derselben Laufbahn.30 Der Grundsatz kann als besondere Ausprägung des Gleichheitssatzes für die Beamtenbesoldung verstanden werden. Das BVerfG hatte in der Entscheidung zunächst gem. Art. 3 GG darauf abgestellt, ob für die angegriffene Differenzierung der Bezüge der Richter, Senatspräsidenten und Vizepräsidenten der Oberlandesgerichte einerseits und des Oberverwaltungsgerichts andererseits sich irgend ein sachlich vertretbarer Grund

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Das erste Abkommen kam am 18.2.1966 zustande. Es folgten zwei weitere, am 30.9.1966 und am 14.10.1970. Vgl. dazu Schick, FS Maunz, S. 281, 284. 27 Die Erklärung datiert auf den 19.12.1974. Zit. nach Schick, FS Maunz, S. 281, 284. 28 Frank/Heinicke, ZBR 2009, 34, 37. 29 Vgl. den gemeinsamen Ansatz zur Reform des Beamtenrechts der norddeutschen Küstenländer (Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Mecklemburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein) verdeutlicht im Rahmen der „Eckpunkte für eine Reform des Beamtenrechts in Niedersachsen“ vom 8.7.2008. 30 BVerfGE 12, 326, 334, s. hierzu Abschnitt C. X.4. c).

III. Homogenitätsbegründende Aspekte weiterer hergebrachter Grundsätze

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anführen lässt oder ob die Differenzierung mangels eines solchen Grundes willkürlich erscheint. Die Gleichheit der Bedeutung der Verwaltungsgeschäfte sei ferner der entscheidende Aspekt für den erwähnten hergebrachten Grundsatz: „Wäre dies der allein maßgebliche Gesichtspunkt, unter dem die Besoldung der genannten Richtergruppen hier und dort geregelt werden müsste, so würde auch der hergebrachte Grundsatz des Berufsbeamtentums und des Richtertums (Art.  33 Abs. 5 GG), dass für gleiche und vergleichbare Dienstposten derselben Laufbahn im Hinblick auf die vom Träger des öffentlichen Amtes geforderte gleiche Tätigkeit, gleiche Leistung, gleiche Verantwortung und gleiche Arbeitslast gleiche (und zwar eine der Bedeutung von Leistung und Verantwortung entsprechende) Be­ soldung gewährt wird, nötigen, die vergleichbaren Richter der Oberlandesgerichte und des Oberverwaltungsgerichts gleich zu besolden“.31 Der Grundsatz ist eng mit dem Gleichheitsgrundsatz verknüpft und orientiert sich maßgeblich an dessen Strukturen. Die Besonderheit liegt darin, dass auf die Vergleichbarkeit der Tätigkeit im weiteren Sinne abgestellt wird. Folglich müssen zunächst die Vergleichsgruppen ermittelt werden. Wollte man den Grundsatz als Schranke der Kompetenzausübung durch die Länder im Hinblick auf die Besoldung ihrer Beamten verstehen, so müsste diese Feststellung länderübergreifend vorgenommen werden. Auch wenn dies ermittelt werden könnte, so wäre der Aspekt der gleichen Besoldung entscheidend. Letztlich würde hieraus die Rechtfertigung für die landesabhängig unterschiedliche Besoldung folgen. Denn diese müsste stets in Zusammenhang mit den allgemeinen Lebensverhältnissen innerhalb des jeweiligen Landes gesehen werden. Insoweit hat die Besoldung einen festen Bezugspunkt, der aus dem Alimentationsprinzip folgt und sich aus den wirtschaftlichen Verhältnissen eines Landes ableitet. In diesem Zusammenhang könnte bereits von einer Ungleichheit der Vergleichsgruppen gesprochen werden. Jedenfalls aber wird man hier von einem im Hinblick auf die unterschiedlichen Verhältnisse in den Ländern relativen Wert der Tätigkeit abstellen müssen. Die variierenden Besoldungstatbestände stellen somit allenfalls eine scheinbare Ungleichbehandlung dar. Der Grundsatz ist somit ungeeignet für die Bewertung der Unterschiede. Im Übrigen gilt dies für die Anwendbarkeit des Art. 3 GG entsprechend. Einziger Bezugspunkt für die Feststellung der Unangemessenheit der Besoldung im „Ursprungsland“ ist die Bezugnahme auf das Alimentationsprinzip, die bereits dargestellt wurde.



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BVerfGE 12, 326, 334.

F. Zusammenfassung Die Entwicklung des Besoldungsrechts in den ersten zwei Dekaden nach dem Krieg verlief in den Ländern uneinheitlich. Der Verfassungsgesetzgeber hat auf die sich hieraus ergebenden negativen Auswirkungen mit einer Verschiebung der Kompetenzen für die Besoldung und Versorgung auf den Bund reagiert. Dieser Schritt hat zu einer Vereinheitlichung geführt, ohne dass die notwendige Flexibilität bei der Gestaltung der Alimentation der Beamten auf Landesebene komplett weggefallen wäre. Nach über dreißigjähriger, bewährter Praxis in diesem Bereich wurde eine Diskussion um eine Neuausrichtung des föderalen Staates eingeleitet. Dabei kamen auch die beamtenrechtlichen Zuständigkeitsregelungen auf den Prüfstand. Schließlich wurde auch für diesen Bereich am 1.9.2006 eine Reform durchgesetzt, gegen deren Einführung sich fast das gesamte Schrifttum gewehrt hatte. Die Rückübertragung der Kompetenzen für die Besoldung und Versorgung auf die Länder hat den deutschen Föderalismus auf den Stand vor 1970 gebracht. Dabei ist zu erwarten, dass das gesamte Spektrum von Problemen, die einst der Grund für die Hochzonung waren, wieder aufleben wird. Allen voran ist das Auseinander­ fallen der Besoldungshöhe in den Ländern zu nennen, wodurch nicht nur die Übersichtlichkeit des gesamten Systems verloren geht, sondern die Mobilität der Beamten eingeschränkt wird. Auch könnte eine Art Besoldungswettlauf zwischen den Ländern eintreten, der nicht – wie in der Nachkriegszeit – dahingehend verlaufen wird, welches Land die besseren finanziellen Bedingungen schafft, sondern inwieweit die Besoldungshöhe eingeschränkt werden kann. Dieser Effekt dürfte durch die fortwährende Finanzkrise verstärkt auftreten. Vor diesem Hintergrund war die Frage nach den Grenzen des Alimentationsprinzips ausschlaggebend für die Ermittlung des Kernbereichs einer angemessenen Besoldung und Versorgung. Der altbewährte hergebrachte Grundsatz muss sich nunmehr mit neuen Herausforderungen messen und neue Funktionen wahrnehmen. Im Zuge der Reform wird das Prinzip, sowie alle das Beamtentum prägenden Grundsätze, an Bedeutung und praktischer Relevanz gewinnen. Einerseits werden siebzehn Gesetzgebungsinstanzen den Rahmen des Möglichen ermitteln und ausschöpfen. Andererseits wird es für die Rechtsprechungsinstanzen einfacher sein, eine auf eine Region begrenzte Regelung für nichtig zu erklären. Unabhängig davon liefern die verfassungsrechtlichen Garantien die einzige Vorgabe für die Gestaltung der Alimentation. Für den Gang der Untersuchung wurde ein modernes, das Gegenleistungsmoment des Beamten berücksichtigendes Verständnis des Alimentationsprinzips zugrunde gelegt. Der Bestand der Kriterien im Spielraum des Gesetzgebers hat sich nicht geändert. Ausschlaggebende Anknüpfungspunkte sind dabei die Angemessenheit und die Amtsangemessenheit der Besoldung und Ver-

F. Zusammenfassung

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sorgung. Hierbei galt es, die Elemente zeitgemäß zu konturieren und die Bezugspunkte zu den beamtenrechtsinternen und -externen Maßstäben zu konkretisieren. Die prominenteste Stellung dürfte hierbei den externen Merkmalen der allgemeinen Lebensentwicklung und den finanziellen Verhältnissen, gemessen an den Entwicklungen im Tarifbereich zukommen. Den Kern der Arbeit bildet ein neues dogmatisches Konzept für den Umgang mit den Belangen, die im Rahmen des Gestaltungsspielraums des Alimentationsprinzips wirksam sind. Dieses hat zunächst den Vorteil, dass es die Spannungs­ momente im Alimentationsgrundsatz verdeutlicht und auf den drei Ebenen einschlägige und für die jeweilige Gruppe angemessene Lösungsansätze ermöglicht. Für die Konflikte des Alimentationsprinzips mit anderen hergebrachten Grundsätzen konnte eine neue dogmatische Ebene herausgearbeitet werden, für die der Begriff einer verfestigten Konkordanzposition verwendet wurde. Die Figur hat einen entscheidenden Vorteil für das Alimentationsniveau: Sie bietet eine zusätzliche Sicherung gegen Absenkungen durch die Notwendigkeit einer zusätzlichen Rechtfertigung für etwaige Kürzungen. Ferner konnten bei dieser Kategorie systematische Probleme bei dem Umgang des BVerfG mit kollidierenden hergebrachten Grundsätzen ermittelt werden (Fürsorgegrundsatz). Dabei wurden Lösungen vorgeschlagen, sowohl im Rahmen eines materiellen Ansatzes (systematische Lösung) als auch einer verfahrensrechtlichen Dimension (zusätzlicher Begründungszwang). Hier wurde auch deutlich, dass eine direkte Gegenüberstellung der konfligierenden Grundsätze zur Auflösung der Spannungen im Wege einer praktischen Konkordanz führen kann. Die zweite Ebene, die Kollisionen mit anderen Rechtsprinzipien betrifft, eröffnet nicht nur die Notwendigkeit einer Erhöhung der Besoldung (Kinderzuschläge über das Sozialstaatsprinzip), sondern auch die Möglichkeit einer Einschränkung derselben. Dies wurde im Bereich der Versorgung besonders deutlich, wo „Sparpotenziale“ bei der sog. Witwenversorgung aufgedeckt und begründet werden konnten. Schließlich brachte die dritte Kollisionsebene Friktionen innerhalb des Gestaltungsspielraums des Grundsatzes mit den Bedürfnissen des Beamten zutage. Dies wurde insbesondere anhand des Umgangs des BVerfG mit der sog. Ballungsraumzulage dargestellt, in der das Gericht die erhöhten Bedürfnisse des Beamten angesichts nachweisbar höherer Lebenshaltungs­ kosten mit einer gewissen Indifferenz angegangen ist. In allen drei Bereichen hat sich gezeigt, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung eine direkte Gegenüberstellung der relevanten Belange im Gestaltungsbereich des Alimentationsgrundsatzes anstrebt, diese jedoch teilweise in nur schwer nachvollziehbarer Weise gewichtet. In Anlehnung an das vorgestellte dogmatische Konzept und die neuesten Entwicklungen in der Rechtsprechung konnte ein Prüfungsmaßstab für die Feststellung einer Verletzung des Kernbereichs des Alimentationsprinzips herausgearbeitet werden. Dieser Teil der Arbeit dürfte für die Praxis von größter Bedeutung sein. Denn Untersuchungen der Judikatur haben gezeigt, dass die Gerichte verständ­ licherweise Schwierigkeiten mit der Ermittlung der äußersten Grenzen der Be-

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F. Zusammenfassung

soldung haben. Der hier vorgeschlagene „Zwei-Schritte-Test“ bezieht sich auf die Feststellung einer Abkopplung der Besoldung von der allgemeinen Lebens­ entwicklung und einer weiteren Absenkung, die, kumulativ bejaht, jedenfalls auf die Verletzung des Kernbereichs hinauslaufen. Die Konzeption des OVG NRW, die dem Test zugrunde liegt, wurde dabei insbesondere um die Feststellungen bezüglich eines Eingriffs in den Kernbereich ausschließlich durch Abkopplung der Besoldung von den allgemeinen Lebensverhältnissen erweitert. In diesem Zusammenhang wurden vorhandene Maßstäbe, wie die 115 %-Grenze kritisch erörtert und einige Grenzwerte für die Bejahung einer Abkopplung neu ermittelt. Für die Reformen der Landesgesetzgeber konnten aus den Wechselwirkungen zwischen den hergebrachten Grundsätzen und infolge dogmatischer Anknüpfungen an die Rechtsprechung des BVerfG zum Steuerrecht mehrere Vorgaben ermittelt werden. Diese Maßstäbe werden insbesondere bei einer tiefgreifenden Neugestaltung des Besoldungsgefüges relevant sein. So ergibt sich zunächst aus den Grundsätzen der Alimentation und der Leistung das Gebot der Wahrung an­ gemessener Abstände zwischen den einzelnen Ämtern. Bei der Bewertung einzelner Dienstposten sind externe Vergleiche geboten, insbesondere mit anderen Tätigkeiten im öffentlichen Dienst. Ein solches Differenzierungsgebot ergibt sich im Umkehrschluss aus dem hergebrachten Grundsatz der gleichen Besoldung für gleiche Tätigkeit. Dieses Korrektiv wird nach der Föderalismusreform an Bedeutung gewinnen. Schließlich ist im Falle einer Neugestaltung des Ämter­ gefüges das Prinzip der Folgerichtigkeit der Reform zu beachten. Diese Rechtsfigur wurde aus der Rechtsprechung des BVerfG aus dem Bereich des Steuerrechts ermittelt und mit einer dogmatischen Begründung in den Bereich des Besoldungsrechts übertragen. Es schränkt den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers insoweit ein, als es einen sachlichen Grund für Abweichungen von Grundentscheidungen voraussetzt und die Heranziehung von rein fiskalischen Motiven ausschließt. Im Bereich der Versorgung konnte das neue dogmatische Konzept erfolgreich angewendet werden. Dabei stellten sich bei der ersten Ebene ähnliche Fragen wie bei der Besoldung. Verfestigte Konkordanzpositionen konnten nicht ermittelt werden, jedoch wurde der Umgang des BVerfG mit anderen hergebrachten Grundsätzen insbesondere im Rahmen der Entscheidungen zur Versorgungsrücklage und den Versorgungsanpassungen dargestellt. Das letztgenannte Urteil brachte viele wichtige Anhaltspunkte, die bereits im Rahmen der Analyse des Kernbereichs des Alimentationsprinzips für die Besoldung fruchtbar gemacht werden konnten. Dabei wurden die Bezugnahme des Gerichts auf Einschätzungsprärogativen des Gesetzgebers, sowie die Ausführungen des Gerichts zu systemimmanenten Rechtfertigungsgründen dogmatisch eingeordnet. Bei Letzteren wurde die Gefahr einer mittelbaren Bezugnahme auf fiskalische Gründe als Rechtfertigung für Kürzungen offen gelegt. Auch lieferte der neu vorgeschlagene Umgang mit dem Sozialstaatsprinzip Räume für Absenkungen bestimmter Versorgungselemente, namentlich der Witwen- und Witwerversorgung.

F. Zusammenfassung

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Einer Versorgungsanpassung in den Ländern an das Rentenniveau muss eine Umsetzbarkeitsprüfung vorangestellt werden. Eine direkte Übernahme des bundesgesetzlich festgelegten Niveaus ist jedenfalls dann unzulässig, wenn infolge der Reform in den Kernbereich der Alimentation eingegriffen wird. Der Gesetz­ geber kann die Rentenreform insoweit als Anlass für die Prüfung nehmen und in den meisten Fällen wird dies auch zu einer zulässigen Absenkung des Versorgungsniveaus führen. Wenn der Kernbereich des hergebrachten Grundsatzes tangiert wird, ist eine Beschränkung der Absenkung notwendig. Schließlich wurde auf das Prinzip der Bundestreue als mögliche Homogenitätsklausel für die auseinander fallenden Besoldungsniveaus in den Ländern ein­ gegangen. Hierbei konnte an bereits bestehende Rechtsprechung des BVerfG von der Zeit vor 1970 angeknüpft werden. Dabei wurde deutlich, dass die Bundestreue in ihrer kompetenzbeschränkenden Funktion sehr hohe Anforderungen an den Missbrauch der Zuständigkeit stellt, so dass eine Absicherung gegen heterogene Entwicklungen allenfalls bei äußersten Unterschieden gewährleistet werden kann. Das Prinzip konnte schon vor der Reform von 1970 nicht wirksam gegen das Auseinanderdriften der Besoldung und Versorgung schützen. Daran hat sich heute nichts geändert.

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Sachverzeichnis Alimentation –– Abkopplung der Alimentation von der allgemeinen Wirtschafts- und Einkommensentwicklung  171, 177 –– Amtsangemessenheit  67 –– Entstehung des Begriffs  57 –– Kürzung  113, 200 –– Mindest~  85, 157 –– standesgemäße ~  65 –– und Leistungsbesoldung  60 Alimentationsprinzip –– absolute Grenzen des ~s  157, 170, 189 –– Eingriff in das ~  92 –– Facetten des ~  97 –– Gegenleistungsgedanke im ~  59 –– Kerngehalt des ~s  85, 95, 119 –– Rechtfertigung des Eingriffs in das ~  93 –– Schutz des ~s durch Verfahren  121 –– Systematik  98 Amt –– Abstandsgebot zwischen Ämtern  128, 167 –– Definition besoldungsrechtlich  128 –– Gefüge der Ämter  127 –– Neubewertung durch Reformen  127, 132 Amtsangemessenheit –– als hergebrachter Grundsatz  196 –– Gefahren für die ~  123, 156 –– Kriterien  76, 80 Angemessenheit im Allgemeinen  71 Anpassungspflicht des Gesetzgebers  170 Ausgleichsmoment  99 Ballungsraumzulage  185, 192 Ballungsraumzulageentscheidung des BVerfG  193 Begründungspflicht des Gesetzgebers  122 Beihilfe  110, 122 Beitragsfreiheit  120 Besoldung –– angemessene ~  65 –– Gefüge der ~  127

–– Grenzen der Reform des Gefüges der ~  127 –– im Beitrittsgebiet  178 Bundesverfassungsgericht –– Praxis bei der Prüfung des Alimentationsprinzips  90 Differenzierungsgebot  77 Eigenbeteiligung an Krankheitskosten  119 Erfahrungsstufen  98 Existenzminimum  140, 166, 197 Finanzielle Verhältnisse siehe wirtschaftliche und finanzielle Verhältnisse Führungspositionen auf Zeit  124 –– Entscheidung des BVerfG  124 Ganzheitstheorie  58 Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit  131 Gestaltungsspielraum –– 115%-Grenze  165 –– absolute Werte  164 –– des Gesetzgebers im Alimentationsprinzip  69, 96 –– Einschätzungsprärogativen des Gesetzgebers  161 –– Marginalitätsgrenze  163 –– relative Werte  165 Gleichheitsgrundsatz  70, 131 Grundrechte  86, 93 –– und hergebrachte Grundsätze  94 –– Wesensgehalt  94 Grundsatz der Besoldungsgleichheit für gleiche und vergleichbare Dienstposten  80, 129, 198 Grundsatz der Hauptberuflichkeit  145 Grundsatz der Wirtschaftlichkeit  150 Haushaltswirtschaft  149, 150

Sachverzeichnis hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamten­ tums  50, 88, 109 –– abgeleitete ~  105 Hinterbliebenenversorgung  215 –– bedarfsbezogene ~  219 –– Familienrecht  217 Kinderzulageentscheidungen des BVerfG  114, 136, 139, 178, 217 Kollisionsebenen im Versorgungsrecht  206 –– Dritte Kollisionsebene  220 –– Erste Kollisionsebene  208 –– Zweite Kollisionsebene  215 Kollisionsebenen in der Besoldung  101 –– Dritte Kollisionsebene  182 –– Erste Kollisionsebene  102 –– Zweite Kollisionsebene  135 Kollisionsmoment  99 Kostendämpfungspauschale  110, 111, 116, 159, 184 Laufbahn  127 Laufbahnprinzip  78 Lebenspartnerschaft, eingetragene  143 Lebenszeitprinzip  124 Leistungsprinzip  77, 104 Lohn, angemessener  139 maßvolle Umverteilung  218 Ortszuschlag  191 Pendlerpauschale – Entscheidung des BVerfG  130 Pflegezuschlag  143 Prinzip der Folgerichtigkeit der Neugestaltung des Ämtergefüges  130 Prinzip der praktischen Konkordanz  93, 100 Prinzip des Schutzes der Ehe und der Familie  141 Rechtfertigungsmoment  100 Rechtsprinzipien als Einschränkung der Alimentation  144 Reform des Besoldungsrechts –– im Jahr 1957  19 –– im Jahre 1969  23 –– im Jahre 1970/71  24

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–– im Jahre 2006 siehe Föderalismusreform Rentenentwicklung  179 Sonderzuwendung  174, 186, 187 Sozialstaatsprinzip  138, 139 Sparmaßnahmen  116, 133 –– fiskalische Gründe  149, 151 Stabilitätsopfer  138, 148 Stabilitätspolitik  137, 144 Systemwechsel im Steuerrecht  131 Tariflohn  179 –– und Besoldung  179 Treuepflicht des Dienstherrn  117, 159 Unleistungssanktion  168, 169 Unterhaltspflicht des Beamten  115, 141, 143 Urlaubsgeld  161, 175, 186 Verbot missbräuchlicher Rechtsausübung  222 –– Schwellenwerte bei Abweichungen  224 Verfassungsprinzipien  138 verfestigte Konkordanzpositionen  105, 126, 211 Versorgung –– Absenkung  179 –– Besonderheiten gegenüber der Besoldung  206 –– Grenzen der Absenkung  204 –– Rücklage  120, 208 –– und Alimentationsprinzip  205 –– Wartefrist-Entscheidung  103 Versorgung aus dem letzten Amt – Grundsatz der ~  104 Versorgung der Hinterbliebenen siehe  Hinterbliebenenversorgung Versorgungsänderungsgesetz 2001  154 Weihnachtsgeld siehe Sonderzuwendung Weimarer Verfassung  90 wesensgleiche Übertragung der Rentenreform auf die Versorgung  209 wirtschaftliche und finanzielle Verhältnisse  72, 171 –– Entwicklung  73 Wohngeldgesetz  49, 195, 202 Zwangsteilzeit  126, 145