Die Auslandsorientierung von Managern als strategischer Erfolgsfaktor [1 ed.] 9783428469147, 9783428069149

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Die Auslandsorientierung von Managern als strategischer Erfolgsfaktor [1 ed.]
 9783428469147, 9783428069149

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Schriften zum Marketing Band 28

Die Auslandsorientierung von Managern als strategischer Erfolgsfaktor Von Hans-Georg Köglmayr

Duncker & Humblot · Berlin

HANS-GEORG KÖGLMAYR

Die Auslandsorientierung von Managern als strategischer Erfolgsfaktor

SCHRIFTEN ZUM

MARKETING

hrsg. von Prof. Dr. Erwin Dichtl, Mannheim Prof. Dr. Franz Böcker, Regensburg Prof. Dr. Hermann Diller, Hamburg Prof. Dr. Hans H. Bauer, Koblenz Band 28

Die Auslandsorientierung von Managern als strategischer Erfolgsfaktor

Von Dr. Hans-Georg Köglmayr

Duncker & Humblot * Berlin

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Köglmayr, Hans-Georg: Die Auslandsorientierung von Managern als strategischer Erfolgsfaktor / von Hans-Georg Köglmayr. - Berlin: Duncker u. Humblot, 1990 (Schriften zum Marketing; Bd. 28) Zugl.: Mannheim, Univ., Diss., 1989 ISBN 3-428-06914-5 NE: GT

Alle Rechte vorbehalten © 1990 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fotoprint: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin 49 Printed in Germany ISSN 0343-5970 ISBN 3-428-06914-5

Vorwort Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation der deutschen Exportwirtschaft mag es überflüssig erscheinen, sich wissenschaftlich damit zu beschäftigen, wie die Erfolgsbilanz weiter verbessert werden kann. Anfang der 80er Jahre stellte sich die Situation jedoch ganz anders dar. Vor dem Hintergrund einer defizitären Leistungsbilanz wurden die Erfolge der Japaner allgemein als Bedrohung, aber auch als Herausforderung empfunden. Was lag näher, als einen Vergleich zwischen deutschen und japanischen Unternehmen anzustellen und nach Ähnlichkeiten und Unterschieden zwischen diesen zu forschen. Um nicht den in der Erfolgsfaktorenforschung häufig begangenen Fehler zu wiederholen, korrelative Daten kausal zu interpretieren, wurde eine Längsschnittstudie durchgeführt, die sich über vier Jahre erstreckte und auch eine finnische und südafrikanische Vergleichsstichprobe einschloß. Im Mittelpunkt dieser aufwendigen Vorgehensweise stand das Bestreben, den Nachweis zu führen, daß Auslandsorientierung von Managern zum Exporterfolg führt und nicht umgekehrt mit einer Intensivierung des Auslandsgeschäftes auch die psychische Hinwendung des Managements zu diesem Betätigungsfeld einhergeht. Dabei wurde untersucht, welche Bedeutung derartigen Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmalen sowohl für die Aufnahme als auch den Verlauf einer internationalen Tätigkeit zukommt, um darauf aufbauend Möglichkeiten einer effizienten Exportförderung darzulegen. Ohne die Unterstützung und konstruktive Kritik vieler Kollegen und Freunde, wäre die vorliegende Arbeit nicht zustande gekommen. Den Anstoß hierzu und eine Fülle von Hinweisen und Anregungen zur Erforschung dieser Fragestellung verdanke ich meinem akademischen Lehrer, Herrn Prof. Dr. E. Dichtl. Ihm sowie Herrn Dipl.-Psych. S. Müller, meinem Freund und ehemaligen Kollegen, der im Rahmen eines Gemeinschaftsprojektes Teile der Arbeit mitgestaltete, sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Den ausländischen Kollegen Prof. Dr. F. Kondo und Prof. Dr. M. Leibold schulde ich Dank für die aktive Mitwirkung bei der Durchführung der Studie in Japan und Südafrika. Ohne deren Unterstützung wären die Vergleichsuntersuchungen nicht zustande gekommen. Ferner gilt mein Dank Frau Dipl.-Kfm. T. Borck, die wesentlich zur Erhebung des finnischen Datensatzes beigetragen hat.

6

I. Die Intensivierung des Außenhandels

Nicht zuletzt sei der Außenwirtschaftlichen Abteilung der IHK-Rhein-Neckar gedankt, allen voran Herrn Dipl.-Volkswirt M. Neuerburg mit seinen Mitarbeitern Herrn H. Funk und Herrn Dipl.-Volkswirt W. Striehl, die den Kontakt zu den mittelständischen Unternehmen der Region herstellten und den Modellversuch "Marketing für den Export" in jeder erdenklichen Hinsicht unterstützten. Gleiches gilt für das Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft in Baden-Württemberg; hier half Herr G.-H. Kowollik bei der Beratung der Unternehmen mit Exportpotential.

Mannheim, im September 1989

Hans-Georg Köglmayr

INHALTSVERZEICHNIS Seite VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN

13

VERZEICHNIS DER TABELLEN

17

ERSTES K A P I T E L Die Intensivierung des Außenhandels als einzelund gesamtwirtschaftliches Anliegen der Bundesrepublik Deutschland

19

1. Struktur und Rahmenbedingungen der Außenwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland

20

2. Zielsetzung der Arbeit und Gang der Untersuchung

26

3. Die konzeptionellen Grundlagen der Untersuchung

28

3.1. Exportaktivitäten als Entscheidungsproblem

28

3.2. Die ungenügende Exportorientierung der mittelständischen Wirtschaft

31

3.3. Der unternehmenspolitische Stellenwert strategischer Erfolgsfaktoren

36

ZWEITES KAPITEL Die psychische Struktur des Managements als Schlüsselvariable für die Internationalisierung der Geschäftstätigkeit

41

1. Die Aufnahme von Auslandsaktivitäten im Spiegel der Literatur

41

1.1. Internationalisierung von Unternehmen und Internationales Marketing

43

1.2. Die Dynamik der Internationalisierung

53

8

Inhaltsverzeichnis

Seite 2. Die Rolle des Managements bei der Aufnahme von Auslandsaktivitäten

61

2.1. Die Motive zur Aufnahme von Auslandsengagements

62

2.2. Partialanalysen von Exportentscheidungen

63

2.2.1. Meikmalsprofile exportierender Unternehmen

63

2.2.2. Untemehmensziele als Determinanten der Aufnahme einer Exporttätigkeit

66

2.2.3. Die Wahrnehmung der Lage der Unternehmung in der Umwelt als Faktor der Internationalisierung

67

2.2.4. Die Bedeutung von Untemehmensmerkmalen für die Exportentscheidung

69

2.2.5. Eigenschaften des Managements als Bestimmungsgröße der Internationalisierung

70

2.3. Komplexe Modelle der Exportentscheidung

72

3. Methodenkritische Überlegungen zu einem Forschungsansatz

79

3.1. Die entscheidungstheoretische Natur der Fragestellung

79

3.2. Die Auslandsorientierung von Entscheidungsträgern als Vorbedingung für die Ausschöpfung von Exportreserven

89

3.2.1. Die Analyseebenen des Konstrukts der Auslandsorientierung von Managern

89

3.2.2. Möglichkeiten der Opeiationalisierung der Auslandsorientierung

92

3.2.2.1. Das Konstmkt der psychischen Distanz 3.2.2.2. Rigidität, Änderungsbereitschaft, Karriereaspekte und Risikobereitschaft als subjektive Komponenten der Internationalisierung

92

95

Inhaltsverzeichnis

9

Seite 3.2.2.3. Die Einstellung der Manager gegenüber einem Exportengagement

101

3.2.2.4. Personen-und Untemehmenscharakteristika als objektive Elemente der Internationalisierung

104

3.3. Die Konzeption einer Vergleichsstudie zur Auslandsorientierung von Managern in vier Ländern

105

DRITTES K A P I T E L Die Auslandsorientierung im Licht einer empirischen Studie

110

1. Die empirische Basis

110

2. Befunde im interkulturellen Vergleich

112

2.1. Ein Überblick

113

2.2. Die psychische Distanz zu ausländischen Märkten

115

2.3. Rigidität und Änderungsbereitschaft

118

2.4. Auswirkungen von längeren berufsbedingten Auslandsaufenthalten auf Karriere und Familie der Manager

121

2.5. Die Risikobereitschaft von Entscheidungsträgern

124

2.6. Die Einstellung der Manager gegenüber dem Auslandsengagement als Krisenbewältigungsstrategie

129

3. Erklärung des Exporterfolges und prognostische Validität des Untersuchungsansatzes

133

3.1. Die Determinanten erfolgreicher Auslandsengagements

133

3.2. Der Stellenwert des Konstrukts "Auslandsorientierung von Managern" für den Exporterfolg

140

10

Inhaltsverzeichnis

Seite 4. Die Erfolgschancen von mittelständischen Unternehmen bei Auslandsengagements 4.1. Die Identifikation von Exportpotential bei mittelständischen Firmen

149 149

4.1.1. Persönlichkeits- und Unternehmensdaten als Klassifikationsmerkmale

ISO

4.1.2. Länderspezifische Unternehmenstypen

157

4.2. Die von mittelständischen Unternehmen wahrgenommenen Exporthemmnisse

170

4.2.1. Die Exportschwierigkeiten aus der Sicht der Betroffenen

170

4.2.2. Zusammenhänge zwischen wahrgenommenen Exporthemmnissen

176

4.2.3. Exporthemmnisse vor dem Hintergrund unterschiedlicher Intemationalisierungsstrategien

179

4.2.4. Exporthemmnisse und Auslandsorientierung

182

4.2.5. Außenwirtschaftliche Schlüsselprobleme im Überblick

190

5. Zusammenfassende Würdigung der empirischen Befunde

195

Inhaltsverzeichnis

11

Seite VIERTES K A P I T E L Die Berücksichtigung der Auslandsorientierung von Managern als Voraussetzung für sachgerechtere Formen der Exportförderung

196

1. Traditionelle Formen der Exportförderung

196

1.1. Exportförderungsmaßnahmen des Staates

199

1.1.1. Angebot und Akzeptanz von Exportberatung

201

1.1.2. Die Förderung von Beteiligungen an Auslandsmessen

204

1.1.3. Die Gewährung von Exportgarantien

206

1.1.4. Außenwirtschaftliche Informationsangebote des Staates

210

1.2. Exportfördernde Aktivitäten ausgewählter privatwirtschaftlicher Institutionen

214

1.3. Außenwirtschaftliche Förderungsmaßnahmen im Vergleich

221

2. Marketing für den Export: Ein Modellversuch zur Förderung der Exportbereitschaft mittelständischer Unternehmen

233

2.1. Kontaktaufnahme und Analyse der Firmensituation

233

2.2. Akzeptanz und Wirkungen der angebotenen Exportförderungsmaßnahmen

234

3. Ansatzpunkte und Maßnahmen einer verbesserten Förderung von Auslandsengagements deutscher Firmen

243

3.1. Der Stellenwert außenwirtschaftlicher Rahmenbedingungen des Staates

243

3.2. Modifizierte Förderungsmaßnahmen nicht-staatlicher Institutionen

248

Inhaltsverzeichnis

12

Seite 3.3. Der Eigenbeitrag der Unternehmen zur Erschließung und Bearbeitung ausländischer Märkte

253

3.3.1. Die Auswahl von zukunftsträchtigen Exportmärkten

254

3.3.2. Zentrale Ansatzpunkte einer auslandsorientierten Unternehmenspolitik

266

3.3.2.1. Die Würdigung externer Rahmenbedingungen bei Auslandsengagements

266

3.3.2.2. Unternehmensinterne Determinanten des Internationalisierungsprozesses

271

FÜNFTES K A P I T E L Zusammenfassende Würdigung und Bewertung der Ergebnisse

274

Literaturverzeichnis

277

Anhang I :

Der eingesetzte Fragebogen

321

Anhang II:

Ausweitungen zum Komplex Exporthemmnisse

350

Anhang ΙΠ: Exportförderprogramme im Überblick

357

Anhang IV: Materialien zum Modellversuch "Marketing für den Export"

359

Inhaltsverzeichnis

13

V E R Z E I C H N I S DER A B B I L D U N G E N

Seite Abb. 1.1: Export-bzw. Importüberschüsse der Bundesrepublik Deutschland bei seinen wichtigsten Handelspartnern

22

Abb. 2. 1: Risiken/Chancen-Hierarchie der wichtigsten Internaüonalisierungsstrategien

45

Abb. 2. 2: Internaüonalisierungsgrade in Abhängigkeit von Management und Kapitalleistungen

46

Abb. 2. 3: Internationale Orientierung der Untemehmensführung und Internationalisierung der Unternehmenstätigkeit

47

Abb. 2. 4: Die evolutionäre Perspektive des Internationalisierungsprozesses

52

Abb. 2. 5: Konzeptioneller Rahmen der Exportentscheidung

61

Abb. 2. 6: Unternehmensgröße und Exportleistung

69

Abb. 2. 7: Das Exportverhalten als "Adoption einer Innovation" im Zeitverlauf Abb. 2. 8: Ein Modell der Exportneigung Abb. 2. 9: In empirischen Studien berücksichtigte umweltbezogene Einflußfaktoren der Exportentscheidung Abb. 2.10: In empirischen Studien berücksichtigte unternehmensbezogene Einflußfaktoren der Exportentscheidung Abb. 2.11: In empirischen Studien berücksichtigte entscheiderbezogene Einflußfaktoren der Exportentscheidung

75 77

82 83 84

Abb. 2.12: Ein entscheidungsorientiertes Modell der Aufnahme von Exporttätigkeit

86

Abb. 2.13: Kriterienstruktur der Auslandsorientierung

90

14

Inhaltsverzeichnis

Seite Abb. 2.14: Indikatoren und Meßebenen des Konstrukts "Auslandsorientierung"

91

Abb. 2.15: Exemplarisches Antwortmuster eines deutschen Managers

94

Abb. 2.16: Selbstverankerungsskala zur Messung der Risikobereitschaft

100

Abb. 2.17: Exemplarische Darstellung der Vorgehensweise bei der projektiven Messung "Einstellung zum Export"

102

Abb. 3. 1: Psychische Distanz zu ausländischen Märkten

116

Abb. 3. 2: Einstellungen von deutschen,finnischen, japanischen und südafrikanischen Managern zu Veränderungen und Innovationen

119

Abb. 3. 3: Einstellungen von deutschen,finnischen, japanischen und südafrikanischen Managern zu einem längeren berufsbedingten Auslandsaufenthalt

122

Abb. 3. 4: Risikobereitschaft im Auslandsgeschäft

125

Abb. 3. 5: Einstellungen von deutschen,finnischen, japanischen und südafrikanischen Managern zum Verhältnis von Chancen und Risiken im Exportgeschäft

127

Abb. 3. 6: Pfaddiagramm des Exporterfolgs

134

Abb. 3. 7: Kausaldiagramm des Exporterfolgs

137

Abb. 3. 8: Die Auslandsorientierung "erfolgreicher" und "erfolgloser" deutscher Exporteure

148

Abb. 3. 9: Unternehmen mit Exportpotential im Licht einer Clusterstudie (deutsche Stichprobe)

151

Abb. 3.10: Unternehmenstypologie nach Maßgabe von Persönlichkeits· und Unternehmensbedingungen (deutsche Stichprobe)

153

Inhaltsverzeichnis

15

Seite Abb. 3.11: Exportquoten von sieben Unternehmenstypen (deutsche Stichprobe)

156

Abb. 3.12: Unternehmen mit Exportpotential im Licht einer Clusterstudie (finnische Stichprobe)

158

Abb. 3.13: Unternehmenstypologie nach Maßgabe von Persönlichkeits- und Unternehmensbedingungen (finnische Stichprobe)

159

Abb. 3.14: Exportquoten von sechs Unternehmenstypen (finnische Stichprobe)

160

Abb. 3.15: Unternehmen mit Exportpotential im Licht einer Clusterstudie (japanische Stichprobe)

163

Abb. 3.16: Unternehmenstypologie nach Maßgabe von Persönlichkeits· und Unternehmensbedingungen (japanische Stichprobe)

164

Abb. 3.17: Exportquoten von sechs Unternehmenstypen (japanische Stichprobe)

165

Abb. 3.18: Unternehmen mit Exportpotential im Licht einer Clusterstudie (südafrikanische Stichprobe)

166

Abb. 3.19: Unternehmenstypologie nach Maßgabe von Persönlichkeits· und Unternehmensbedingungen (südafrikanische Stichprobe)

167

Abb. 3.20: Exportquoten von sechs Unternehmenstypen (südafrikanische Stichprobe)

168

Abb. 3.21: Unternehmenstypologien im Überblick

169

Abb. 3.22: Wahrnehmung von Exporthemmnissen in Abhängigkeit von der Exporterfahrung

176

Abb. 3.23: Verbundbeziehungen zwischen den Exporthemmnissen

178

Abb. 3.24: Strategien und Hemmnisse bei der Bearbeitung ausländischer Märkte

180

16

Inhaltsverzeichnis

Seite Abb. 3.25: Rangfolge der Ausfuhrhemmnisse aus der Sicht exporterfahrener und -unerfahrener Manager des Unternehmenstyps 5

186

Abb. 3.26: Rangfolge der Ausfuhrhemmnisse aus der Sicht exporterfahrener und -unerfahrener Manager des Unternehmertyps 1

188

Abb. 3.27: Rangfolge der Ausfuhrhemmnisse aus der Sicht exporterfahrener und -unerfahrener Manager des Unternehmenstyps 4

189

Abb. 4. 1: Zusammenhang zwischen Exportgarantie und Exportausfallgarantie

208

Abb. 4. 2: Informationswege der Bundesstelle für Außenhandelsinformation

212

Abb. 4. 3: Wettbewerbsnachteile mittelständischer Unternehmen gegenüber Großunternehmen im Auslandsgeschäft

222

Abb. 4. 4: Eignung der wichtigsten Informationsquellen für das Auslandsgeschäft

227

Abb. 4.5: Pilotstudie im Überblick: Maßnahmen zur Aktivierung des Auslandsgeschäfts von Unternehmen mit Exportpotential und die dabei erzielten Erfolge

236

Abb. 4.6: Länder mit ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen (1980)

259

Abb. 4.7:

Branchenspezifische Prognose von Zukunftsmärkten

264

Abb. 4.8:

Durchleuchtung von Zukunftsmärkten nach Maßgabe von Wirtschaftszweigen Bekanntheitsgrad von ausgewählten Risikoindikatoren und die von diesen erwartete Entscheidungshilfe

Abb. 4.9:

Abb. 4.10: Maßnahmen zur Förderung der Auslandsorientierung

265 269 273

Inhaltsverzeichnis

17

V E R Z E I C H N I S DER T A B E L L E N Seite Tab. 1.1: Exporte mittelständisch strukturierter Wirtschaftszweige

24

Tab. 1. 2: Die Abhängigkeit der Mittelstandsdefinition vom Wirtschaftszweig

34

Tab. 1.3: Die Klassifikation von Unternehmen nach Maßgabe des Bilanzrichtlinien-Gesetzes

35

Tab. 3.1: Strukturmerkmale der vier Teilstichproben

111

Tab. 3. 2: Hypothesen und Meßwerte der Auslandsorientierung exporterfahrener beziehungsweise -unerfahrener Manager aus vier Ländern

114

Tab. 3. 3: Eignung der Unternehmensstrategie "Erschließung von Auslandsmärkten" zur Bewältigung von Unternehmenskrisen

130

Tab. 3. 4: Motive der Ablehnung einer Erschließung ausländischer Märkte

131

Tab. 3. 5: Die Güte des Kausalmodells "Exporterfolg"

138

Tab. 3. 6: Prädiktoren des Exporterfolgs: Veränderung des Exportumsatzes zwischen 1981 und 1984 im Lichte regressionsanalytischer Befunde 141 Tab. 3. 7: Länderspezifische Ausprägungen der Indikatoren der Auslandsorientierung

145

Tab. 3. 8: Zuwachs des Exportumsatzes in Abhängigkeit von der Auslandsorientierung der Entscheidungsträger

146

Tab. 3. 9: Die wichtigsten Exporthemmnisse im Vergleich

171

Tab. 3.10: Wahrgenommene Exportschwierigkeiten in Abhängigkeit vom Unternehmenstyp

183

Tab. 3.11: Die Exporthemmnisse im Überblick

191

18

Inhaltsverzeichnis

Seite Tab. 4. 1 : Exportförderung in der Bundesrepublik Deutschland

197

Tab. 4. 2: Entsprechung von Angebot und Nachfrage außenwirtschaftlicher Förderung

198

Tab. 4. 3: Internationaler Vergleich der Ausgaben für Exportförderungsmaßnahmen

200

Tab. 4. 4: Staatliche Exportgarantieprogramme in der Bundesrepublik Deutschland im Überblick

210

Tab. 4. 5: Kenntnisstand kleiner und mittelständischer Unternehmen aus dem Rhein-Neckar-Raum bezüglich erlangbarer Exportförderungsmaßnahmen

224

Tab. 4. 6: Gründe, Exportförderungsmaßnahmen nicht in Anspruch zu nehmen

225

Tab. 4.7:

Stärken-Schwächen-Profil der wichtigsten Anbieter außenwirtschaftlicher Informationen

Tab. 4. 8: Aufteilung eines staatlichen Gesamtbudgets für Exportförderung aus der Sicht von Unternehmensvertretern Tab. 4.9:

Ländertypologie nach Maßgabe von währungsunabhängigen Merkmalen (1970,1975,1980)

228 231 257

Tab. 4.10: Veränderung der Importe

258

Tab. 4.11: Ländertypologie nach Maßgabe von währungsabhängigen und -unabhängigen Merkmalen (1970,1975, 1980)

261

Tab. 4.12: Absolute und relative Veränderung der Importe

262

ERSTES K A P I T E L Die Intensivierung des Außenhandels als einzel- und gesamtwirtschaftliches Anliegen der Bundesrepublik Deutschland Richtet man das Augenmerk nicht allein auf das absolute Exportvolumen, sondern berücksichtigt auch relativierende Kriterien wie die Exportquote, so tritt die besondere Stellung zutage, die die Bundesrepublik Deutschland unter den führenden Exportnationen einnimmt. Allein der Anstieg der Exportquote, den die deutsche Wirtschaft in den Jahren von 1970 bis 1986 verzeichnete (23,1 % 35,4 %), dokumentiert die wachsende Exportabhängigkeit und die intensive weltwirtschaftliche Verflechtung der heimischen Betriebe (vgl. Kitterer 1987, S. 29). Die Bedeutung der Handelsbilanzüberschüsse für unsere Volkswirtschaft liegt in den zu kompensierenden Defiziten in anderen Bereichen, wie sie sich in der Dienstleistungs- und Übertragungsbilanz offenbaren. Nur allzu leicht verleiten jedoch die von unserer Wirtschaft im Auslandsgeschäft erzielten Rekordumsätze zur Sorglosigkeit. Bereits in der näheren Zukunft wird es deutschen Unternehmen vermutlich schwerfallen, ihre Führungsposition zu halten; denn der Exportboom wurde von ungewöhnlich förderlichen und nur vorübergehend wirksamen Rahmenbedingungen (sinkende Ölpreise, expansive Wirtschaftspolitik der USA, Dollarkurs) zumindest begünstigt. Überdies stehen diese Erfolge auf unsicherem Grund. Vor allem zwei Gefahrenquellen sind unschwer auszumachen: •

Strukturelle Defizite der deutschen Wirtschaft kommen in dem negativen Verhältnis von wachsenden und stagnierenden bzw. schrumpfenden Wirtschaftszweigen zum Ausdruck.



Regionale und sektorale Schwächen der Exportwirtschaft daß

bestehen u.a. darin

-

die Produkte "Made in Germany" primär im geschützten EG-Raum abgesetzt werden und nicht in den dynamischen Zukunftsmärkten,

-

der Export von Hochtechnologiegütern nur wenig zur Handelsbilanz beiträgt und

-

die deutsche Wirtschaft unterproportional an dem stark wachsenden Dienstleistungsmarkt beteiligt ist.

20

I. Die Intensivierung des Außenhandels

Alle diese Überlegungen sprechen dafür, auch in Zukunft große Anstrengungen zu unternehmen, die Konkurrenzfähigkeit deutscher Unternehmen zu erhalten und nach Möglichkeit zu stärken. Daß dabei die psychischen Aspekte des Geschehens, d.h. die Einstellungen und Werthaltungen der Entscheidungsträger, leicht aus dem Blickfeld geraten, ist angesichts des (vermeintlich) objektiven Charakters der Fragestellung verständlich, nicht aber gerechtfertigt Im Mittelpunkt der Arbeit steht daher eine Vergleichsuntersuchung zur Auslandsorientierung deutscher, finnischer, japanischer und südafrikanischer Manager. Mit Hilfe dieser für exportbezogene Entscheidungsprozesse zentralen intervenierenden Variablen sollen die Suche nach Exportpotential der mittelständischen Wirtschaft verbessert und ein Beitrag zur Steigerung der Effizienz von Exportförderungsmaßnahmen geleistet werden.

1. Struktur und Rahmenbedingungen der Außenwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland Die Bedeutung der Bundesrepublik Deutschland als führender Welthandelsnation ist seit langem unumstritten. In den Jahren zwischen 1955 und 1986 konnte dank einer besonders im qualitativen Bereich weit überdurchschnittlichen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft der Außenhandelsumsatz um 1.043,1 %, nämlich von 50,1 Mrd. DM auf 526,4 Mrd. DM gesteigert werden (vgl. Institut der deutschen Wirtschaft 1986, S. 68; 1987, S. 16; 1988, S. 45), was den außenwirtschaftlichen Bereich in die Rolle eines Wachstumsmotors der heimischen Volkswirtschaft versetzte. Die in vielerlei Hinsicht wichtigen Devisenvorräte werden damit erwirtschaftet, Arbeitsplätze erhalten bzw. geschaffen und das inländische Angebot durch Erzeugnisse abgerundet, die im Ausland teils billiger, teils besser hergestellt werden können. Darüber hinaus benötigen wir Gelder in Fremdwährung, um Touristik-, Fracht-, Versicherungsund andere Leistungen, die Bürger der Bundesrepublik Deutschland im Ausland oder von Ausländern in Anspruch genommen haben, abzugelten (vgl. Dichtl 1986, S. 103). Mit einem Ausfuhrüberschuß von 110,2 Mrd. DM erreichte die Bundesrepublik Deutschland 1986 ihr bis zu diesem Zeitpunkt bestes Ergebnis und führte damit erstmals die Weltrangliste des Außenhandelsumsatzes an. Ihre wichtigsten Konkurrenten, Japan und die Vereinigten Staaten von Amerika, mußten mit den Plätzen zwei und drei vorliebnehmen. Außer Frage steht auch, daß sich der intensive Außenhandel positiv auf die inländische Produktion und Beschäftigungslage auswirkt und so zum Bestand bzw. Wachstum der deutschen Wirtschaft beiträgt. Dessenungeachtet sollte, bei aller Freude über die von unseren Nachbarn mit zunehmender Skepsis bedachten Erfolge, nicht unter-

1. Struktur und Rahmenbedingungen der Außenwirtschaft

21

schätzt werden, daß sich damit die Abhängigkeit von ausländischen Märkten immer mehr vergrößert. Doch nicht nur der grenzüberschreitende Warenhandel prosperierte in den der deutschen Wirtschaft im letzten Jahren, auch die Netto-Direktinvestitionen Ausland weisen gewaltige Zuwachsraten auf. Zwischen den Jahren 1966 und 1985 stieg das Anlagevolumen insgesamt um nicht weniger als 713,0 %, und mit einem Umfang von 13.643 Mrd. DM wurde 1986 der bis dahin höchste Stand von Vermögensanlagen deutscher Unternehmen im Ausland erreicht (vgl. DIW 1987, S. 55). Aufgrund des für die heimischen Investoren günstigen Pollarkurses entfiel 1986 mehr als die Hälfte der Direktinvestitionen (56,2 %) auf die USA. Weitere Schwerpunkte lagen in Großbritannien (19,2 %) und Italien (9,0 %) (vgl. Institut der deutschen Wirtschaft 1986, S. 73). Dabei erwiesen sich Beteiligungen an bereits bestehenden ausländischen Unternehmen mit zumindest 50 % des Gesamtkapitals sowie die Gründung eines Unternehmens mit wenigstens 50 % Anteil am Gesamtkapital als bevorzugte Anlageformen (vgl. v. Landsberg/Wölke 1985, S. 319). Bei oberflächlicher Würdigung dieser Fakten scheint der allgemeinen Zielsetzung der vorliegenden Arbeit, Möglichkeiten einer Intensivierung der Exporttätigkeit mittelständischer Unternehmen aufzuzeigen, um letztlich zu einer Steigerung der Leistungsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft beizutragen, der Boden entzogen. Schließlich betrug der Außenhandelsüberschuß, den die Bundesrepublik Deutschland alleine in einem Monat (März 1987) erzielte, über 10 Mrd. DM. Nur wenige führen sich indessen vor Augen, auf welcher Vielzahl von Faktoren dieser vornehmlich im Warenaustausch mit den USA, Frankreich, Großbritannien, Österreich und der Schweiz erwirtschaftete Überschuß basiert (vgl. Abbildung 1.1). Eine Produktpalette, die häufig in gelungener Weise Einfallsreichtum und handwerkliche Solidität verbindet, Zuverlässigkeit, was z.B. Liefertreue und Wartung anbelangt, sowie ein fast konkurrenzloses Image des "Made in Germany" spielen dabei ebenso eine gewichtige Rolle wie die überdurchschnittliche Leistungsbereitschaft der Bevölkerung und der nur mit japanischen Verhältnissen vergleichbare soziale Konsens. Andere Erfolgsgaranten, wie die hier thematisierte "Auslandsorientierung des Managements", erschließen sich weit weniger leicht und wirken eher indirekt, wenn auch nicht schwächer. Das sich in zahlreichen Kennzahlen dokumentierende ungewöhnlich starke außenwirtschaftliche Engagement vieler deutscher Unternehmen rührt nicht zuletzt von der auf dem heimischen Absatzmarkt stagnierenden Nachfrage bei unverändertem Angebots- und Kostendruck her. Für viele unserer Unternehmen stellt die Expansion auf internationale Märkte mehr oder weniger die einzige

22

I. Die Intensivierung des Außenhandels

Exporte (fob 1 ^)

Frankreich

In Mrd. D M

1I|||§||||

62,3

47,1

55,2

26,8

45.5

47,8

44.6

29,8

42,9

38,1

37,2

29,5

31.0

18,5

28.1

16,4

14.7

10,0

Dänemark

12,2

7,7

Spanien

12,1

7,2

9.4

9,4

8,7

24,0

5.5

3,9

4,2

3.0

2,4

3.1

U.S.A.

[ Z Z I

Ζ

Niederlande

• κ

Großbritannien

iE

Italien Belgien/Luxemburg Schweiz Österreich

κ

•E m

.

ι

Schweden

e e E c

UDSSR Japan Finnland Südafrika Südkorea

Importe (cif

2)

')

•• 3··

Legende: F':·:':·:':! Export- ÒZW. Importüberschuß

Quellen: Globus Kartendienst 1987, G 6502; Institut der deutschen Wirtschaft 1987; eigene Berechnungen.

Abbildung 1.1: Export- bzw. Importüberschüsse der Bundesrepublik Deutschland bei seinen wichtigsten Handelspartnern (1986) Anmerkungen:

1) fob = free on board; 2) cif = cost, insurance, freight

1. Struktur und Rahmenbedingungen der Außenwirtschaft

23

Strategie dar, den Bestand des Betriebes zu erhalten (vgl. Meissner 1974a; Köglmayr/Lingenfelder/Müller 1988). Doch die unbestrittenen Erfolge, die Produkte "Made in Germany" Jahr für Jahr weltweit erringen, lassen viele glauben, daß auch weiterhin Qualität, technische Innovationsfähigkeit und strategisches Profil genügen, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. In dem Maße, in dem mehr und mehr Wettbewerber entsprechende Vorzüge aufweisen können, reichen diese nicht mehr aus, um auch in Zukunft international konkurrenzfähig zu bleiben. Bei vergleichbaren Lieferbedingungen und Produktleistungen spielen die sog. "soft factors" die entscheidende Rolle (vgl. Hoffmann 1986, S. 83Iff.). Während noch 1976 im Durchschnitt nur jeder fünfte Arbeitnehmer direkt oder indirekt für den Export tätig war, läßt sich acht Jahre später schon jeder dritte Erwerbstätige diesem Bereich zuordnen (vgl. v. Landsberg/Wölke 1985, S. 40). Exporterfolge bei gleichzeitiger starker Abhängigkeit von ausländischen Nachfragern kennzeichnen somit die außenwirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre und spiegeln die Situation zahlreicher Unternehmen Anfang 1988 wider. Daß diese außenwirtschaftliche Dynamik auch die im Rahmen dieser Arbeit besonders interessierenden mittelständischen Unternehmen erfaßt hat, belegt Tabelle 1.1. Im Außenhandel können kleine und mittelständische Betriebe zum einen indirekt, vor allem als Zulieferer für internationale Konzerne, partizipieren. Zum anderen beteiligen sie sich zunehmend auch direkt am Exportgeschäft und schließen selbst Auslandsinvestitionen nicht mehr aus (vgl. Dülfer 1985, S. 493ff.; Steinmann/Kumar 1985, S. 515ff.; Schildbach 1985, S. 549ff.). Die Entwicklung der Exporte und die Höhe der Exportquote verdeutlichen, daß zumindest in den Bereichen Maschinenbau und Feinmechanik die Ausfuhr für mittelständische Firmen eine existentielle Dimension erreicht hat (vgl. Tabelle 1.1). Berücksichtigt man ferner, daß auch situative Faktoren den Außenhandelsüberschuß der deutschen Wirtschaft maßgeblich begünstigen, läßt sich unschwer vorhersagen, welche Folgen abrupte Nachfrageschwankungen, zunehmender Protektionismus und Wechselkursänderungen haben können. Einen ersten Eindruck davon vermittelte der Kurssturz des Dollars im Herbst 1987. Hier zeigten sich auch die ersten Konsequenzen der "Sünden" vergangener Tage, als die vergleichsweise mühelos erzielten Erfolge den einen oder anderen dazu verführten, die Hände in den Schoß zu legen und notwendige Investitionen oder andere dringend erforderliche Maßnahmen zu unterlassen.

24

I. Die Intensivierung des Außenhandels

WIRTSCHAFTSZWEIG

EXPORTQUOTE (1986) (in X)

Antei1 •ittelständischer Unternehien 1970 (in X)

EXPORTE [in 1 Hrd. DH) 1980

1983

1984

1985

1986

MASCHINENBAU

46,4

93

24,2

57,3

64,2

68,7

77,0

82,3

FEINMECHANIK/UHREN/OPTIK

38,9

97

2,7

6,9

7,8

8,7

10,0

10,7

FEINKERAMIK

35,9

86

0,9

1,5

1,6

1,7

1,8

1,8

NUSIΚINSTRUHENTE/SPIELHAREN/SCHMUCK

33,6

99

1,0

4,2

4,0

4,3

4,5

4,5

ELEKTROTECHNIK

32,8

88

12,1

34,4

41,8

48,5

53,0

56,9

LEDERERZEUGUN6

25,0

99

0,3

0,5

0,7

0,9

1,0

1,3

KUNSTSTOFFVERARBEITUN6

23,9

97

1,9

6,2

8,0

9,3

10,7

11,4

Quellen:

Dresdner Bank (Hrsg.) 1985, S. 4; Kitterer 1987, S. 3 Iff.

Tabelle 1.1: Exporte mittelständisch strukturierter Wirtschaftszweige Offensichtlich bedarf es also auch in Zukunft großer Anstrengungen, die Konkurrenzfähigkeit deutscher Unternehmen zu erhalten und nach Möglichkeit zu stärken. Angesichts des anerkannt hohen Niveaus unserer Exportwirtschaft, das insbesondere bei simultaner Betrachtung von Exportvolumen und Exportquote (vgl. Müller/Köglmayr 1985) deutlich wird, fällt die Bewältigung dieser Aufgabe indessen nicht leicht. Kleinere Länder, wie Belgien oder die Niederlande, sind traditionsgemäß nach außen orientiert Angesichts ihrer begrenzten Wirtschaftskraft bedeuten für sie Exportvolumina von 50 - 60 Mrd. US-$ Exportquoten, die weit über der 60 % Marke liegen. Große Industrienationen (z.B. USA, Japan) zeichnen sich dagegen durch eine Binnenorientierung aus. Ihre geringen Exportquoten (7,8 % -17,3 %) geben zu erkennen, daß für sie das Auslandsgeschäft, gemessen am jeweiligen Bruttosozialprodukt, nur eine untergeordnete Rolle spielt. Dies gilt erstaunlicherweise auch für Japan, das die Medien wegen seiner allerdings nur in einigen Branchen erzielten spektakulären Außenhandelserfolge regelmäßig als die Exportnation schlechthin darstellen. Die von der Bundesrepublik Deutsch-

1. Struktur und Rahmenbedingungen der Außenwirtschaft

25

land angeführten "Mittelmächte" bevorzugen eine Mischstrategie und behalten die inländischen wie die ausländischen Märkte gleichermaßen im Auge, wobei der Wirtschaft unseres Landes diese Balance überaus gut gelingt (vgl. Müller/Köglmayr 1985, S. 63). Allerdings dürfte sich diese Sonderrolle nur durch die systematische Identifikation und Aktivierung ungenutzten Exportpotentials behaupten lassen. Diese Aufgabe erfordert nicht nur die Prognose von Zukunftsmärkten, sondern insbesondere auch das Erkennen von Firmen, die aufgrund ihrer objektiven (Unternehmen) und subjektiven (Management) Bedingungen erstmalig oder in stärkerem Maße als bislang ins Ausland liefern könnten. Doch seien zunächst noch einige der von dieser Zielsetzung berührten außenwirtschaftlichen Problembereiche aufgezeigt, bevor die Vorgehensweise und Möglichkeiten der Identifikation von Unternehmen mit Exportpotential näher beleuchtet werden. Hohe Personal-, Energie- und Rohstoffleo sten und die allgegenwärtigen Konkurrenten aus den Niedriglohnländern, die nicht selten über eigene Rohstoffvorkommen verfügen, sowie der erneut aufkommende Protektionismus zwingen die deutschen Unternehmen zur Aktivierung sämtlicher Ressourcen. Eine wichtige Rolle bei der Verteidigung bzw. beim Ausbau der erreichten Position im Welthandel spielen die Präsenz deutscher Unternehmen in den Zukunftsmärkten und die Qualität der "vor Ort" tätigen Mitarbeiter (vgl. Etten 1986, S. 75; o.V. 1987a, S. 1). Nach Einschätzung der deutschen Auslandshandelskammern (vgl. DIHT 1984) liegt hierin die Schwachstelle der ansonsten so wettbewerbsstarken deutschen Unternehmen. Vielfach würden wegen gravierender Defizite in Marketing und Personalführung vorhandene Chancen nicht erkannt oder genutzt. Insbesondere die gerade in fernen, aber wachstumsstarken Märkten unzureichende Repräsentanz deutscher Unternehmen wird bemängelt. Alleine durch ständig anwesende Firmenvertreter, das Eingehen einer Kooperation mit einheimischen Partnern oder durch die Errichtung eigener Niederlassungen könnten die Marktchancen in wünschenswertem Maße realisiert werden. Wenn diese Strategie der intensivierten Präsenz auch den Ausbau des ausländischen Marktes zu einem Produktionsstandort einschlösse, könnte im übrigen der allerorten wachsende Protektionismus leichter überwunden werden. Viele deutsche Manager scheinen überhaupt die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Kontaktpflege und Kundenbetreuung zu unterschätzen. Generell messen sie, was vor allem im asiatischen Raum beklagt wird, den persönlichen Beziehungen zu ihren ausländischen Geschäftspartnern ein zu geringes Gewicht bei (vgl. Bürkner 1980, S. 262). Fremdländische Kollegen empfinden deutsche Manager vielfach als zu ungeduldig, weil sie sich, gemessen an den Landes-

26

I. Die Intensivierung des Außenhandels

Sitten, zu wenig Zeit für geschäftliche Verhandlungen nehmen (vgl. Crommer 1987, S. 346; Köglmayr/Müller 1983a, S. 512). Welche Bedeutung derartigen Einstellungen bzw. Persönlichkeitsmerkmalen sowohl für die Aufnahme als auch den Erfolg einer internationalen Tätigkeit zukommt, soll im folgenden untersucht werden, um darauf aufbauend Möglichkeiten einer effizienten Exportförderung darzulegen. Letztlich nimmt die gesamte Volkswirtschaft Schaden, wenn ein beträchtlicher Prozentsatz potentiell exportfähiger Unternehmen die Grenzen des nationalen Marktes nur deswegen nicht überwindet und sich dadurch beträchtlicher Möglichkeiten begibt, weil geeignete Mitarbeiter fehlen, die die strukturellen Veränderungen der wirtschaftlichen und sozialen Umwelt erkennen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen können (vgl. Dichtl 1986, S. 110).

2. Zielsetzung der Arbeit und Gang der Untersuchung Trotz der unstrittigen Bedeutung des Außenhandels für die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland fristet das Internationale Marketing in der wissenschaftlichen Literatur noch immer ein Außenseiterdasein (vgl. z.B. Müller 1983). Zwar widmen sich Wissenschaftler im anglo-amerikanischen Sprachraum schon seit langem den Besonderheiten und Schwierigkeiten multinationaler Unternehmen, doch sind die in diesem Zusammenhang entwickelten Konzepte nur begrenzt auf die wirtschaftlichen und strukturellen Bedingungen der Bundesrepublik Deutschland übertragbar. Angesichts der großen Bedeutung des in unserem Lande traditionsreichen Mittelstandes sprechen sowohl gesamt- wie auch einzelwirtschaftliche Überlegungen dafür, dem Auslandsgeschäft kleinerer und mitderer Betriebe besondere Beachtung zu schenken sowie Hilfestellung in Form von Verbesserungsvorschlägen und Lösungsalternativen zu gewähren. Vor diesem Problemhintergrund versucht die vorliegende Arbeit einen Beitrag zur Schließung der Forschungslücke zu leisten und Entscheidungshilfe für mittelständische Unternehmen anzubieten. Dabei spielt ein Meßansatz eine Schlüsselrolle, der es erlaubt, Exportpotential von im Auslandsgeschäft inaktiven Unternehmen zu identifizieren sowie operative und strategische Schwachstellen dieser Firmen aufzuzeigen. Das zentrale Anliegen der gewählten Vorgehensweise besteht darin, durch die Analyse des Zusammenwirkens von Persönlichkeitsbedingungen der Entscheidungsträger und objektiven Gegebenheiten der Unternehmung Exportpotential zu identifizieren. Gerade im Kontext des Internationalen Marketing interessiert auch die Frage, ob es sich bei dem entwickelten Ansatz um ein kulturinvariantes Meßinstrumentarium handelt.

2. Zielsetzung der Arbeit und Gang der Untersuchung

27

Deren Beantwortung setzt die Durchführung von (Vergleichs-)Untersuchungen in unterschiedlichen Ländern voraus. Ein weiterer, gleichermaßen theoretisch wie methodisch bedeutsamer Schwerpunkt der Arbeit faßt alle jene Überlegungen und Analysen zusammen, die der Evaluation bzw. Kontrolle des Instrumentariums in Form eines sog. Realitätstests dienen. Hierbei wird geprüft, inwieweit es gelingt, bei aufgrund der Testergebnisse ausgewählten (mittelständischen) Unternehmen brachliegendes Potential durch geeignete Exportförderungsmaßnahmen zu aktivieren. Zu diesem Zwecke wurden in Zusammenarbeit mit der IHK Rhein-Neckar nicht nur bestehende Förderprogramme genutzt und einer kritischen Würdigung unterzogen (vgl. z.B. Dichtl/Köglmayr/Müller 1985b), sondern auch neue Formen der Unterstützung von Auslandsaktivitäten erprobt. Im Einklang mit diesen Schlüsselfragen gliedert sich die vorliegende Arbeit in fünf Kapitel: In Kapitel 1 interessiert zunächst der thematische Hintergrund, wobei insbesondere Struktur und Rahmenbedingungen des Außenhandels der Bundesrepublik Deutschland beleuchtet werden. Bei der anschließenden Darlegung der konzeptionellen Grundlagen und der notwendigen gegenseitigen Abgrenzung von zentralen Begriffen werden nicht nur definitorische Aspekte angesprochen, sondern auch die Bedeutung einzelner strategischer Erfolgsfaktoren für ein Auslandsengagement mittelständischer Unternehmen herausgearbeitet. Kapitel 2 erhellt, welche Merkmale und Einflußfaktoren von Exportentscheidungen in der Literatur diskutiert werden und ob ihnen aufgrund empirischer Untersuchungen Erklärungswert gebührt. Ferner gilt es zu prüfen, inwieweit den einzelnen Autoren die Umsetzbarkeit der Erkenntnisse in absatzpolitische Empfehlungen gelungen ist. Dieser kritischen Würdigung des M state-of-the art" folgt die Erörterung der theoretischen Grundkonzeption zur Bestimmung der Auslandsorientierung von Managern. Dazu bedarf es einer methodischen und inhaltlichen Präzisierung der Konzeption, indem zum einen die Auslandsorientierung als ein multiattributives Konstrukt operationalisiert und zum anderen die Notwendigkeit von Vergleichsstudien dargelegt werden. Über die empirischen Befunde, die beim Einsatz des Meßkonzeptes in vier Ländern gewonnen werden konnten, unterrichtet das dritte Kapitel. Neben der Darstellung der wichtigsten materiellen Ergebnisse zur Güte der Auslandsorientierung von Managern in ausgewählten Ländern und der Prognosekraft des Meßansatzes in bezug auf die zu erwartenden Auslandsumsätze konzentrieren sich hier die Ausführungen auf den Versuch, bei mittelständischen Unternehmen Exportpotential zu identifizieren. Darüber hinaus interessiert an dieser Stelle die

28

I. Die Intensivierung des Außenhandels

Explikation der empirisch erfaßten Auslandsorientierung von Managern. Abschließend werden die von diesen artikulierten Exporthemmnisse näher betrachtet und mögliche Ansatzpunkte zu deren Überwindung aufgezeigt. In Kapitel 4 wird über die Umsetzbarkeit der Befunde in konkrete Exportfördermaßnahmen berichtet, wobei neben einer kurzen Charakterisierung der wichtigsten Förderprogramme die Überprüfung des Meßansatzes in der Realität den breitesten Raum einnimmt. Dazu wurden ausgewählten Unternehmen eine Reihe von Hilfsangeboten zur besseren Abwicklung von Auslandsgeschäften unterbreitet und, von der dabei gewonnenen Erfahrung ausgehend, Vorschläge zur Verbesserung der Exportförderung unterbreitet. Die Ausführungen beschränken sich dabei keineswegs auf eine bloße Beschreibung der benötigten Hilfestellung, sondern zeigen vor allem auch deren konkrete Auswirkungen auf. Das fünfte Kapitel der Arbeit schließlich bietet eine zusammenfassende Würdigung der Untersuchungsergebnisse. Stichwortartig werden hier noch einmal die Vorgehensweise bei der Konzipierung des Meßinstrumentariums sowie die wichtigsten empirischen Befunde herausgestellt und die daraus gewonnen Erkenntnisse in eine konkrete Hilfestellung für die Unternehmen sowie eine Modifikation des Angebots an Exportförderungsmaßnahmen umgesetzt.

3. Die konzeptionellen Grundlagen der Untersuchung Vor der intensiven Auseinandersetzung mit jenen Schwierigkeiten und Problemen, die der Aufnahme von Auslandsaktivitäten entgegenstehen, sowie dem Aufzeigen von Möglichkeiten, Firmen den Weg ins Ausland zu erleichtern, sollen einige zentrale Begriffe der Arbeit näher beleuchtet werden. Umschreibt man den Untersuchungsgegenstand als Entscheidung mittelständischer Unternehmen, eine Exporttätigkeit aufzunehmen, so ist damit auch eine erste Abgrenzung vorgenommen. Vor diesem Hintergrund wird analysiert, ob der Auslandsorientierung, d.h. der psychischen Offenheit von Managern für fremde Märkte und Länder, die Bedeutung eines strategischen Erfolgsfaktors zugeschrieben werden kann.

3.1. Exportaktivitäten als Entscheidungsproblem Mehrere Gesichtspunkte bilden den Hintergrund dafür, daß im Rahmen dieser Arbeit die Grundsatzentscheidung für die Aufnahme eines Auslandsengagements im Mittelpunkt der Betrachtung steht Vor allem die krisenhafte Arbeitsmarkt-

3. Die konzeptionellen Grundlagen der Untersuchung

29

Situation weist dem traditionellen Exportgeschäft besondere Bedeutung zu, da dieser Bereich am unmittelbarsten dazu beitragen kann, Arbeitsplätze im Inland zu sichern bzw. zu schaffen. Darüber hinaus lassen die überschaubaren Anforderungen hinsichtlich der Kapital- und Managementleistungen speziell den direkten Export sowie das ihm zugeschriebene niedrige Risikoniveau als eine Alternative erscheinen, die es insbesondere mittelständischen Unternehmen erlaubt, auf fremden Märkten Erfolge zu erringen. Ferner gilt es zu berücksichtigen, daß die Grundsatzentscheidung, Auslandsaktivitäten aufzunehmen, die erste Hürde darstellt, die auf diesem Weg bewältigt werden muß. Unter Entscheidung versteht man in der einschlägigen Literatur die willensbetonte Wahlhandlung zwischen Alternativen, wobei nicht nur die Willensbildung, sondern insbesondere auch die Willensdurchsetzung gemeint sind. Deshalb bezieht Kirsch (1973) das tatsächliche Verhalten bzw. die Umsetzung der gefällten Entscheidung in die Definition ein. Nach Maßgabe der Zwecksetzung, theoretischen Ausrichtung und Entwicklungsgeschichte lassen sich mit der normativen und der deskriptiven Entscheidungstheorie zwei hauptsächliche Strömungen unterscheiden. Das Aufgabenfeld der normativen Entscheidungstheorie wird in der Entwicklung formaler Regeln, die dem Entscheidungsträger bei gegebenen Handlungsmöglichkeiten, Umweltbedingungen und Zielkriterien die Wahl der optimalen Alternative eröffnen, gesehen. Die markanten Entwicklungsstufen dieser theoretischen Richtung lassen sich charakterisieren durch die •

Ansätze zur Spieltheorie (Bernoulli 1738 (1964); ν. Neumann/Morgenstern 1944),



theoretische Fundierung der statistischen Entscheidungstheorie (Wald 1950) sowie



Entwicklung des Simplex-Algorithmus (Dantzig 1963).

Aus diesen mathematisch orientierten Ansätzen entwickelten sich nicht nur eine Reihe von Risikomodellen, sondern mit dem Operations Research auch ein neues Forschungsgebiet der Betriebswirtschaftslehre. Allerdings wurde in zunehmendem Maße kritisiert, daß den konstruierten Modellen der Bezug zur betriebswirtschaftlichen Praxis weitgehend fehle (vgl. z.B. Bretzke 1980; Jacobi 1980, S. 39; Koch 1981, S. 705; Krautter 1979, S. 91). Mit dafür ausschlaggebend dürfte sein, daß sich nur wenige konkrete Problemstellungen modellhaft darstellen und mittels eines Kalküls lösen lassen. Wahrscheinlich sind die sog. irrationalen subjektiven Elemente der Entscheidungsfindung sehr viel zahlreicher und wirksamer, als es unser rationales Selbstverständnis, das

30

I. Die Intensivierung des Außenhandels

z.B. in der ,,homo-oeconomicus"-Prämisse seinen Ausdruck findet, wahrhaben möchte. Unter dem Eindruck dieser Erkenntnis stellten die verhaltenswissenschaftlich orientierten Forscher nicht das Entscheidungsobjekt, sondern das Entscheidungssubjekt, dessen Persönlichkeit und Verhalten in den Vordergrund (vgl. Lee 1977, S. 21). Die deskriptive Entscheidungstheorie versteht sich als eine Realwissenschaft, die sich nicht die Optimierung von Entscheidungen, sondern die Beschreibung und Erklärung des beobachtbaren Entscheidungsverhaltens zum Ziel setzt. Diese Richtung der Entscheidungstheorie wurde im deutschsprachigen Raum vor allem durch Kirsch (1977), Heinen (1971) und Witte (1972) verfolgt. Deren besondere Aufmerksamkeit galt dem kognitiven Anteil des Entscheidungsverhaltens. Anders als die normative Entscheidungstheorie geht die verhaltensorientierte Richtung von der Prozeßhaftigkeit des Entscheidungsverhaltens aus (Kirsch 1978, S. 11). Dieser Sachverhalt wird üblicherweise in Gestalt mehr oder weniger differenzierter Ablaufmodelle erfaßt (vgl. z.B. Simon 1957; Thomae 1960; Heinen 1968). Allerdings ließen sich diese Konzepte empirisch nicht bestätigen (vgl. Kahle 1981, S. 45), da die verschiedenen Phasen des Entscheidungsprozesses nicht in dem postulierten Zeitablauf aufeinander folgten. Es wäre indessen verfehlt, diese Modellierungen des Entscheidungsverhaltens als nutzlos einzustufen. Versteht man sie nicht als empirisch gesicherte Wiedergabe einer zeitlich festliegenden Abfolge kognitiver Aktivität, sondern als Versuch einer logischen Strukturierung des Geschehens, dann können die Phasenkonzepte zur Identifikation derjenigen Aspekte der Entscheidungsfindung beitragen, die bislang vernachlässigt wurden und deshalb der verstärkten Aufmerksamkeit bedürfen. Fraglos erlauben sie in einem konzeptionellen, "sprachregelnden" Sinne die sachliche und zeitliche Strukturierung von Entscheidungsprozessen (vgl. Körte 1977). Mit Blick auf Entscheidungen im Rahmen des Exportgeschäfts bedeutet dies, daß keines der Entscheidungsmodelle (normativ/deskriptiv) isoliert herangezogen werden kann (vgl. Bea 1983, S. 184). Während die normative Entscheidungstheorie die logische Fundierung betrieblicher Entscheidungsprozesse bildet, liefert die deskriptive Ausrichtung Grundlagen für die sachgerechte Konzeption der notwendigen Analysen und Prognosen (vgl. Bamberg/Coenenberg 1985, S. 10). Für die Zwecke dieser Untersuchung empfiehlt sich daher eine Synthese zwischen normativen und deskriptiven Komponenten (vgl. Kapitel 2; Abschnitt 3.1.). Um auch die personellen und organisationalen Einflüsse (vgl. Kieser/

3. Die konzeptionellen Grundlagen der Untersuchung

31

Kubicek 1977) berücksichtigen zu können, gilt es, die Voraussetzungen für Entscheidungen prozeßhaft zu strukturieren (vgl. Bea 1983).

3.2. Die ungenügende Exportorientierung der mittelständischen Wirtschaft In der Bundesrepublik Deutschland hat das Interesse an der mittelständischen Wirtschaft Tradition. Entsprechend findet dieser Unternehmenstyp auch in der Diskussion um den möglichen Beitrag der Exportwirtschaft zur Minderung der Strukturprobleme unseres Landes besondere Beachtung (vgl. von Dörnberg 1982; Schwarting/Thoben/Wittstock 1982; Schwarting/Wittstock 1981; Beuttel/Simmerl/Escherle 1980; Steimann/Kumar/ Wasner 1977). Demgegenüber manifestiert sich die im anglo-amerikanischen Sprachraum dominierende Beschäftigung mit den Zielen, Strategien und Problemen multinationaler Unternehmen bislang nur vereinzelt in deutschsprachigen Publikationen (vgl. z.B. Heinen 1982; Steffens 1982). Die Bedeutung mittelständischer Betriebe für die deutsche Volkswirtschaft ist schon aufgrund quantitativer Fakten unübersehbar. So liegt der Anteil der kleinen und mittleren Firmen an den ca. 1,9 Millionen Unternehmen in Industrie, Handwerk, Handel und im Dienstleistungsgewerbe bei mehr als 95 % (vgl. Gruhler 1984). Sie erwirtschaften 51% des zu versteuernden Umsatzvolumens, beschäftigen 66 % aller Arbeitnehmer und erbringen 49 % des Bruttosozialprodukts sowie 62 % des Steueraufkommens (vgl. Albach 1983; Zeitel 1986; o.V. 1986a, S. 488). Ferner leitet sich die Bedeutung des Mittelstandes aus einer Reihe wesentlicher Funktionen ab, die er im Rahmen der Gesamtwirtschaft übernimmt. Mittelständische Betriebe schaffen die Voraussetzungen zur Sicherung eines wirksamen Wettbewerbs, der zu den grundlegenden Elementen der sozialen Marktwirtschaft zählt (vgl. Zeitel 1983; 1986). Sie leisten weiterhin einen wesentlichen Beitrag zur Arbeitsplatzbeschaffung und -gestaltung sowie zur Ausbildung von Jugendlichen1). Nicht übersehen werden sollte schließlich ihr großer Anteil an der Neu- und Weiterentwicklung2) von Gütern und Dienst1) 2)

Kleine und mittlere Betriebe bilden über 900.000 der 1,4 Millionen Jugendlichen aus (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft 1978, S. 4). Die Rolle der mittelständischen Betriebe als "Innovatoren" wird beispielsweise aus dem über der 50 %-Marke liegenden Anteil an den jährlichen Patentanmeldungen in der Bundesrepublik Deutschland ersichtlich (vgl. Zeitel 1986, S. 416). Darüber hinaus werden bei kleineren Betrieben 70 % aller Erfindungen nach zwei Jahren wirtschaftlich genutzt, während im gleichen Zeitraum bei Großbetrieben die Markteinführung nur in 33 % der Fälle gelingt (vgl. Graf Hohenthal 1986, S. 9).

32

I. Die Intensivierung des Außenhandels

leistungen, zur regionalen und lokalen Versorgung sowie zur Gesellschaftspolitik (vgl. Klein-Blenkers 1979). Der Mangel an statistischen Daten 1 ), unterschiedliche Definitionen der Betriebsgröße sowie widersprüchliche Aussagen zur wirtschaftlichen Lage erschweren eine genaue Situationsanalyse. Dennoch soll zumindest ein grober Überblick vermittelt werden. Die in den letzten Jahren zu beobachtenden Konzentrationstendenzen gingen besonders zu Lasten der mittelständischen Unternehmen. Ihr Umsatzanteil verringerte sich in den Jahren von 1970 bis 1976 um 5,6 % (vgl. Steiner/ Börstler/Reske 1979). Auch die Anzahl der Insolvenzen spiegelt die angespannte Lage der gesamten mittelständischen Wirtschaft recht deutlich wider. Mußten 1982 schon rund 15.600 Konkurse und Vergleiche registriert werden, so stieg die Zahl 1983 auf mehr als 16.000 an (vgl. Zeitel 1986). Und der Trend, daß immer mehr Firmen zahlungsunfähig werden, ist ungebrochen. Darüber hinaus muß die deutlich unterproportionale Exportquote des Mittelstandes2) angesichts der den Binnenmarkt charakterisierenden Sättigungserscheinungen sowie einer verschärften Wettbewerbssituation3) nachdenklich stimmen und Zweifel an der Konkurrenzfähigkeit bzw. dem Weitblick der für diese Unternehmen Verantwortlichen aufkommen lassen. Umgekehrt aber verspricht wegen dieses Nachholbedarfs die verstärkte Ausrichtung von Exportförderungsmaßnahmen an den Bedürfnissen und Möglichkeiten der kleinen und mittelgroßen Betriebe besonderen Erfolg. Das dabei unterstellte Exportpotential sollte sich wegen der diesen Unternehmen zugeschriebenen Flexibilität besonders zügig realisieren lassen. Jedoch stehen dem größenbedingten Vorteil, sich schneller den diversen Umweltveränderungen, wie variierenden Marktbedingungen oder technologischem Wandel, anpassen zu können (vgl. Krämer/Biehl 1983, S. 666ff.), Schwächen, etwa im Managementbereich,'gegenüber (vgl. Graf v. Faber-Castell/Steinmann 1983). Nicht zuletzt wegen einer ungenügenden Personalausstattung nimmt die Mehizahl der mittelständischen Firmen die wirtschaftliche Herausforderung nicht an und wartet bzw. hofft auf protektionistische Maßnahmen, anstatt offensiv Wachstumschancen zu suchen und z.B. eine Internationalisierung der Geschäftstätigkeit zu betreiben.

1) 2)

3)

Die letzte amtliche Arbeitsstättenzählung wurde 1970 durchgeführt. In Baden-Württemberg erzielten im Jahre 1980 die Betriebe mit weniger als 500 Beschäftigten eine durchschnittliche Exportquote von 25,6 %, während es die Großbetriebe auf 34,4 % brachten (vgl. Sachverständigenkommission 1982). Z.B. treten im Bereich der Standardtechnologie mehr und mehr Schwellenländer in den Wettbewerb ein.

3. Die konzeptionellen Grundlagen der Untersuchung

33

Um Zugang zu den Problemen zu gewinnen, denen ein mittelständischer Betrieb speziell im Exportgeschäft gegenübersteht, soll im folgenden eine möglichst klare Definition dieses Unternehmenstyps gefunden werden. Diese Aufgabe wird jedoch unter anderem dadurch erschwert, daß die Bezeichnung "Mittelstand" oft synonym zu "Klein- und Mittelunternehmen" und "Small Business" verwendet wird. Etwas ironisch hat der Präsident der Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels (HDE), Wolfgang Hinrichs, am 25. Sept. 1985 auf der Jahresmitgliederversammlung des Einzelhandelsverbandes Baden-Württemberg in Stuttgart den Begriff wie folgt abgegrenzt: "Mittelständisch ist ein Unternehmen dann, wenn bei einem Konkurs weder der Staat hilft noch die Kirchen oder die Gewerkschaften nach einem Sozialplan rufen." Diese Begriffsbestimmung deutet an, daß die Bezeichnung Mittelstand nicht nur ökonomische Komponenten umfaßt (vgl. Gruhler 1984, S. 13ff.; Langen 1977, S. lOlff.; Viehoff 1978, S. 47; Zeitel 1980, Sp. 1222). Ein Blick über die Grenzen hinweg verdeutlicht, daß kein Land der Europäischen Gemeinschaft über eine Legaldefinition für Klein- und Mittelbetriebe verfügt (vgl. o.V. 1980b). Gemäß dem Mittelstandsförderungsgesetz von Baden-Württemberg setzt sich der wirtschaftliche Mittelstand aus kleinen und mittleren Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sowie den in der Wirtschaft tätigen freien Berufen zusammen. Letztere sind in der im amerikanischen Sprachraum gebräuchlichen Bezeichnung "Small Business" nicht enthalten; sie umschreibt in Abgrenzung zu der Kategorie "Big Business" den geweiblichen Mittelstand und unterscheidet nicht mehr zwischen Klein- und Mittelbetrieben (vgl. Bergmann 1972, S. 22ff.). 1> Hieraus läßt sich ableiten, daß der gewerbliche Mittelstand sowohl durch quantitative als auch qualitative Merkmale charakterisiert werden sollte. Bei den verwendeten quantitativen Abgrenzungskriterien handelt es sich meist um Beschäftigtenzahl und Umsatz (vgl. Kann 1978, S. 7). Sie bieten den Vorteil einer relativ sicheren und leichten Erfaßbarkeit. Deshalb spricht man in der Bundesrepublik Deutschland von einem industriellen Mittelbetrieb, wenn mit 50 bis 500 Beschäftigten 2 bis 25 Millionen DM Umsatz pro Jahr erzielt werden (vgl. Thürbach/Menzenwerth 1975, S. 55). In anderen Quellen tauchen

1)

Die "Small Business Administration"(vgl. Moon 1981, S. Iff.) in den USA grenzt dabei den Mittelstand aufgrund quantitativer Merkmale wie Beschäftigtenzahl und Umsatz ab. Außerdem kann dieser Untemehmenstyp definitionsgemäß keine marktbeherrschende Stellung einnehmen (vgl. Andreae 1974, Sp. 1490).

34

I. Die Intensivierung des Außenhandels

jedoch hiervon abweichende Grenzwerte auf (vgl. OECD 1971, S. 41ff.). 1) In den einzelnen Wirtschaftszweigen gelten meist unterschiedliche Abgrenzungen (vgl. Tabelle 1.2).

\Ha8stab Hirt\ schafts\ zweig

Beschäftigte Hittelstandi scher Bereich klein

Uisatz (in Hio. 0N) 6roibetriebe

1 Sittel 1

Hittelständischer Bereich klein

|

Grotbetriebe

litte!

Industrie

bis 50 j1 50 - 499

500 und lehr

bis 2,0 1 2,1 - 25

26 und lehr

firolhandel

bis

j

10 - 199

200 und uhr

bis 1,0

51 und lehr

Handwerk

bis

3 - 49

50 und lehr

bis 0,2 1 0,3 - 2

3 und «ehr

Einzelhandel

bis 2

100 und lehr

bis 0,5 Ι 0,5 - 10

11 und lehr

Verkehr und Nachrichtenübermittlung

bis 211 3 - 49

50 und aehr

bis 0,1 1 0,2 - 2

3 und lehr

50 und lehr

bis 0,1 J 0,2 - 2

3 und lehr

Dienstleistungen

bis

! 11 1Ι 1j 1 1

Ι1 1 2 1 1

3 - 99

3 - 49

1,1 - 50

Queüe: Thüibach/Menzenweith 1975, S. 55.

Tabelle 1.2: Die Abhängigkeit der Mittelstandsdefinition vom Wirtschaftszweig Andere quantitative Merkmale wie Kapitaleinsatz, Ausbringungsmenge, Betriebsfläche und Bilanzsumme besitzen keine große Bedeutung, da sie nur unzureichend statistisch erfaßt sind (vgl. Günzel 1975, S. 8ff.). In jüngster Zeit wurden im Rahmen der Beratungen zur Gestaltung des BilanzrichtlinienGesetzes drei Größenkategorien für Kapitalgesellschaften festgelegt (vgl. Göllert/Ringling 1985, S. 966ff.). Dabei versuchte man, die Grenzen den EGRichtlinien anzupassen (vgl. Tabelle 1.3).

1) Während die staatliche Förderung von Betriebsberatungen im Einzelhandel beispielsweise nur Unternehmen zugänglich ist, die weniger als 4 Millionen D M Umsatz pro Jahr erzielen, werden im Bereich der Forschungsförderung Unternehmen mit bis zu 200 Millionen D M Umsatz pro Jahr zum Mittelstand gerechnet (vgl. Dichtl/Raffée/Wellenreuther 1981, S. 21 Iff.; o.V. 1979, S. 60).

35

3. Die konzeptionellen Grundlagen der Untersuchung

^^faflstab Unternehienstyp Kleine Unternehmen Hittiere Unternehmen 6roie Unternehlen

Bilanzsuaae (Mio. DM)

Uasatz (Ilio. DH)

Beschäftigte

< 3,9

< 8,0

< 50

4,0 - 15,5

8,1 - 32,0

51 - 250

> 15,6

> 32,1

> 251

Quelle: Gölleit/Ringling 1985, S. 967.

Tabelle 1.3: Die Klassifikation von Unternehmen nach Maßgabe des Bilanzrichtlinien-Gesetzes Ob diese Kategorisierung über das Bilanzrecht hinaus Bedeutung erlangen wird, bleibt abzuwarten. Entscheidend könnte sein, daß aufgrund der gewählten Festlegungen künftig nicht mehr zwischen einer kleinen GmbH und einer kleinen AG unterschieden wird. 1) Aus den durch die ausschließliche Verwendung quantitativer Kriterien zur Bestimmung mittelständischer Betriebe resultierenden Unzulänglichkeiten erwächst die Notwendigkeit, auch qualitative Maßstäbe zu berücksichtigen. Die Diskussion darüber beschränkt sich im wesentlichen auf dominante Charakteristika kleiner und mittlerer Unternehmen (vgl. Günzel 1975, S. 25ff.; Zeitel 1986, S. 415ff.): •

Einheit von Eigentum und Leistung besagt, daß mittelständische Unternehmen in der Regel vom Eigentümer geführt werden und keine formalisierte Managementstruktur aufweisen (vgl. v. Dörnberg 1982, S. 9).



Der Mittelbetrieb wird entscheidend durch den Inhaber geprägt (personales Prinzip). Deshalb spricht man bei einer qualitativen Abgrenzung u.a. dann von einem Großbetrieb, wenn die Überschaubarkeit und Transparenz der Arbeitsabläufe durch den Inhaber nicht mehr gewährleistet sind (vgl. Kölver 1967, S. 16).

1)

Da beide Untemehmensformen dieselben verwaltungstechnischen und steuerrechtlichen Erleichterungen erhalten, entfällt beispielsweise für kleine Aktiengesellschaften die Prüfungspflicht (vgl. Göllert/Ringling 1985, S. 967).

36 •

I. Die Intensivierung des Außenhandels

Der fehlende Zugang zum Kapitalmarkt stellt viele kleine und mittlere Unternehmen bei der Kapitalbeschaffung vor nahezu unüberwindbare Schwierigkeiten. Daraus resultieren nicht nur ein chronischer Kapitalmangel und damit eng verknüpft eine geringe Eigenkapitalausstattung dieser Firmen, sondern auch die anhaltende "Konkursflut", die vornehmlich mittelständische Betriebe erfaßt (vgl. Mortsiefer 1981a). Diese Aspekte bilden den Hintergrund der erneut entfachten Diskussion, auch kleinen und mittelständischen Unternehmen den Zugang zur Börse zu eröffnen (vgl. o.V. 1987i, S. 47; Fritsch 1984, S. 16ff.).

Die Vor- und Nachteile derartiger Abgrenzungen sind offensichtlich; zwar umschreiben qualitative Merkmale die mittelständische Unternehmung in inhaltlicher Hinsicht recht gut, doch entziehen sie sich einer Operationalisierung weitgehend. Daher gilt es im folgenden, eine geeignete Kombination von quantitativen und qualitativen Kriterien zu finden. Zunächst werden die quantitativen Merkmale "Umsatz" und "Beschäftigtenzahl" zur Kennzeichnung von mittelständischen Unternehmen herangezogen. Demnach gehört ein Unternehmen dann dieser Kategorie an, wenn es mehr als 2 und weniger als 500 Mitarbeiter beschäftigt sowie zwischen 0,1 und 50 Millionen DM pro Jahr umsetzt. Diese Daten verkörpern jedoch mehr Anhaltspunkte denn starre Schranken. Von den qualitativen Kriterien eignet sich das personale Prinzip zur Abgrenzung. Entscheidend ist dabei der Umstand, daß in mittelständischen Unternehmen in erster Linie der Firmeninhaber selbst bzw. ein Geschäftsführer das Exportgeschäft betreiben.

3.3. Der unternehmenspolitische Stellenwert strategischer Erfolgsfaktoren Manager werden zusehends mit Problemen konfrontiert, die den Unternehmenserfolg grundsätzlich in Frage stellen. Droht dem Erfolgspotential Gefahr, d.h. dem unternehmerischen Aktionsfeld, auf dem dank der erreichten Wettbewerbsposition langfristig überdurchschnittliche Erträge erzielt werden können (vgl. Pümpin 1980, S. 8; 1982; Hahn 1981, S. 223ff.), genügt es nicht mehr, auf bestimmte Veränderungen der Umwelt zu reagieren. Vielmehr müssen frühzeitig schwache Signale einer krisenhaften Entwicklung antizipiert werden (vgl. Ansoff 1976, S. 129ff.; 1984; Arnold 1981, S. 290ff.; Raffée 1985, S. 15). Zu den Aufgaben von verantwortungsbewußten Führungskräften zählt es daher, Faktoren zu identifizieren und strategische Maßnahmen einzuleiten, die

3. Die konzeptionellen Grundlagen der Untersuchung

37

als "Bausteine" des Erfolgs bezeichnet werden können (vgl. Kirsch/Roventa 1983; Timmermann 1982, S. Iff.). Bei den strategischen Erfolgsfaktoren handelt es sich um Elemente, Determinanten oder Bedingungen, die den Erfolg bzw. Mißerfolg unternehmerischen Handelns langfristig entscheidend beeinflussen (vgl. z.B. Kreikebaum/Grimm 1983, S. 7; Lange 1982, S. 27; Dunst 1983, S. 65; Grimm 1983, S. 21; Steiner 1969, S. 2, Trux/Müller/Kirsch 1984; S. 160ff.). Hierunter fallen sowohl Faktoren der Umwelt- und Unternehmen s situation als auch strategische Maßnahmen, die in einem bestimmten Unternehmen oder einer Branche die Zielerreichung maßgeblich bestimmen (z.B. Verfügbarkeit von Rohstoffvorkommen, Innovationen, Kundennähe, Produktqualität, Personaleinsatz). In der Literatur wird eine Vielzahl von strategischen Faktoren diskutiert, die in jeweils unterschiedlichen Situationen Bedeutung erlangen. Dabei gilt, daß um so eher konkrete strategische Handlungsempfehlungen für ein Unternehmen ausgesprochen werden können, je spezifischer die Frage nach den Erfolgsfaktoren gestellt und beantwortet wird (vgl. Segler 1986, S. 42).

Ausgangspunkt und Grundlage der Erforschung von Erfolgsfaktoren bildet u.a. der aus dem Systemansatz (vgl. Raffée 1974, S. 79ff.) entwickelte Evolutionsansatz (vgl. Kieser/Kubicek 1983; Raffée 1984, S. Iff.). Danach reagieren die einzelnen Unternehmen auf sich ändernde Umweltbedingungen (Variation) unterschiedlich. Über längere Zeiträume hinweg überleben nur diejenigen Unternehmen, die den wechselnden Gegebenheiten am besten gerecht werden (Selektion) oder aber auf die Umwelt entsprechend Einfluß genommen haben. Die Grundidee bei der Analyse strategischer Erfolgsfaktoren besteht darin, die Unternehmen, die sich in diesem Selektionsprozeß behauptet haben, daraufhin zu untersuchen, welche Gestaltungsprinzipien, Struktur-Innovationen oder Indikatoren den Erfolg maßgeblich beeinflußten, um daraus Empfehlungen abzuleiten. Endziel der Bemühungen ist das Erkennen von Gesetzmäßigkeiten ('laws of the marketplace*), die dann in die Unternehmensphilosophie Eingang finden. Erfolgsfaktoren können aus theoretischen Erkenntnissen, Plausibilitätsüberlegungen, den Erfahrungen der Entscheidungsträger oder empirischen Untersuchungen abgeleitet werden. Beispielsweise identifizierten Peters/Waterman (1984) aufgrund langjähriger Erfahrungen nahezu ausschließlich qualitative Größen zur Bestimmung der Erfolgsursachen großer Industriebetriebe und verzichteten bewußt auf die Verwendung mathematischer Methoden und Modelle. Im Gegensatz dazu basieren die Untersuchungen von Steiner (1969), Töpfer (1984, S. 49ff.) oder auch die PIMS-Studien (vgl. Abell/Hammond 1979; Neubauer 1984, S. 165ff.) auf einer Vielzahl quantitativer Größen. An dieser Stelle soll auf zwei methodische Schlüsselprobleme dieses Forschungsfeldes hingewiesen werden, nämlich die Operationalisierung nicht objektiv meßbarer Merkmale sowie die interne und externe Validität. Daß die Meßanweisungen selbst bei den quantitativen Kriterien Widerspruch hervorrufen, zeigt sich am Beispiel der PIMS-Studien. Erfolg wird hierbei primär am

38

I. Die Intensivierung des Außenhandels

Unternehmensziel "Gewinn" gemessen, wobei man sich zweier Kenngrößen, nämlich "genormter Return of Investment" und "operative Effektivität", bedient (vgl. Guiniven/Fisher 1987, S. 12). Bei den PIMS-Studien wird weiterhin vor allem die Eignung des Regressionsansatzes kritisiert (vgl. Lange 1982, S. 27ff.; Grimm 1983; Jacob 1983, S. 56ff.; Lubatkin/Pitts 1983, S. 38ff.), da eine zwischen Erfolgsfaktoren und Ergebnisgröße bestehende (multiple) Korrelation zunächst nur etwas über ein gemeinsames Auftreten bestimmter Ausprägungen der Variablen aussage. Das tatsächliche Vorhandensein oder die Richtung der Kausalität blieben indessen unklar. Ebenso würden wesentliche denkbare Einflußfaktoren (z.B. Qualität des Managements, Organisationsstruktur) nicht berücksichtigt. Darüber hinaus verfälsche die Auswahl von unabhängigen Merkmalen, die in logischer Beziehung zur abhängigen Variablen stehen (z.B. Kapitalintensität zu ROI), die Ergebnisse. Ferner reiche die Betrachtung zweier erklärender Variablen nicht aus, um Multikollinearität vollständig zu erforschen. Kausale Wirkungen treten real häufig mit zeitlichen Verzögerungen ein, die bei dem relativ kurzen Betrachtungszeitraum und den nur kurzfristig orientierten Erfolgsgrößen hier ebenso unberücksichtigt blieben wie Synergieeffekte zwischen Geschäftsfeldern. All diese Vorwürfe summieren sich zu dem Einwand, daß es nicht gelungen sei, eine strategische Planung, die alle Aktivitäten der Unternehmung umfassend würdigt, abzubilden. Die Aussagefähigkeit werde auch dadurch beschränkt, daß es sich nicht immer empfiehlt, eine Ausdehnung der Marktanteile mit rein monetären Größen (Zielsystemen) anzustreben und zu messen. In dem komplexen Umfeld eines Unternehmens bestehe die Möglichkeit, Gegenmaßnahmen (z.B. des Staates, der Konkurrenten oder der Konsumenten) zu treffen, die den Erfolgsfaktor Marktanteil gegebenenfalls in einen Mißerfolgsfaktor umwandeln können. Neben den methodischen Unterschieden lassen sich die Untersuchungen auch inhaltlich durch das breite Spektrum betrachteter Erfolgsfaktoren charakterisieren. Die Ergebnisse von Studien, die den Erfolg auf internationalen Märkten thematisieren, belegen diese Einschätzung. So stellen Rosson/Ford (1980, S. 31ff.; 1982, S. 57ff.) die Qualität und Intensität der Hersteller-HandelsBeziehung als Erfolgsfaktor heraus, während Banting/ Ross (1973, S. 1) die Produkt- und Servicequalität für maßgeblich halten. Douglas/Craig (1983, S. 5Iff.) wiederum kommen zu dem Ergebnis, daß auf allen betrachteten Märkten die Produktqualität über den Erfolg entscheidet, sofern man den Marktanteil als Kriterium heranzieht. Umgekehrt biete dieser Vorzug aber noch keine Gewähr für die Erlangung hoher Renditen (ROI); denn auf den europäischen Märkten korrelieren beide Variablen negativ miteinander. Dort werden hohe Renditen nur erzielt, wenn es gelingt, hohe Preise zu realisieren und gleichzeitig intensive

3. Die konzeptionellen Grundlagen der Untersuchung

39

Werbemaßnahmen durchzuführen (vgl. Douglas/Craig 1983, S. 56ff.). Als zentrale Erkenntnis aus dieser Studie kann festgehalten werden, daß die Erfolgsfaktoren zwischen den einzelnen Exportmärkten differieren. Auch Bilkey (1982, S. 39ff.) mißt den Exporterfolg an der erzielten Rendite. Demnach gilt, daß der Direktvertrieb im Auslandsmarkt durch das Unternehmen selbst am günstigsten ist, sofern man die Rendite im Auge hat. Diese Erfolgsgröße korreliert positiv mit den Merkmalen hoher Exportpreis, Konzentration des Managements auf den Export sowie organisatorische Verankerung des Exports im Unternehmen. Demgegenüber üben die Wettbewerbsintensität auf den Auslandsmärkten und die Exporterfahrung der Unternehmung einen eher negativen Einfluß auf die Rendite aus. Der letzte Befund erhärtet die Erkenntnisse von Douglas/Craig (1983), wonach bei längerer Exporttätigkeit Umsatzund Marktanteilsziele zunehmend das Gewinnziel dominieren. An dieser Stelle ließe sich noch eine Reihe anderer Untersuchungen (vgl. u.a. Ayal 1982, S. 54ff.; McGuiness/Little 1981, S. llOff.; Allan 1982, S. 3ff.) anführen, die sich direkt oder indirekt mit der Identifikation von strategischen Erfolgsfaktoren im Export beschäftigen. Dennoch muß festgestellt werden, daß der Komplex der Human-Ressourcen einer Unternehmung bei der Diskussion um die firmenspezifischen Erfolgsfaktoren eher eine untergeordnete Rolle spielt.1) Human-Ressourcen umfassen das gesamte geistige und körperliche Potential der Mitarbeiter, wobei nicht zwischen latent vorhandenem oder genutztem Potential unterschieden wird (vgl. Laukamm 1985, S. 245). Strategische Bedeutung besitzt insbesondere die Frage, welche menschlichen Ressourcen das Unternehmen in der Zukunft benötigt und wie diese akquiriert werden können. Langfristig erreichen neben einem hohen Maß an Spezialkenntnissen vor allem Determinanten wie Eigeninitiative, Kreativität und Flexibilität (vgl. Laukamm 1985, S. 261) einen großen Stellenwert im Spektrum der Erfolgsgrößen. Daher gehört es zu den wichtigsten Aufgaben eines zukunftsorientierten Untemehmenskonzeptes, neben der Akquisition geeigneter Mitarbeiter auch für deren Fortbildung, Förderung und Motivation Sorge zu tragen. Peters/Waterman (1984), die diesem Gedanken große Resonanz verschafft haben, kommt überdies das Verdienst zu, die "soft-factors" (wieder) in den Vordergrund der unternehmensstrategischen Diskussion gerückt zu haben; denn trotz unstrittiger Multikausalität des Unternehmenserfolgs entscheiden letztlich einige wenige Faktoren über Gelingen oder Scheitern. Ein solcher "weicher 1)

Da im zweiten Kapitel dieser Arbeit über den Stellenwert des Managements für die Aufnahme von Auslandsengagements ausführlich berichtet wird, soU dieser Aspekt hier nur eine kurze Würdigung erfahren.

40

I. Die Intensivierung des Außenhandels

Erfolgsfaktor" besteht in der Qualität des Managements (vgl. Hoffmann 1986, S. 83Iff.), auf die bestimmte Persönlichkeitsmerkmale der Verantwortlichen (z.B. das Gespür für Situationen und Menschen oder die Fähigkeit, sachbezogene und emotionale Aspekte gleichermaßen zu berücksichtigen), aber auch Einstellungen, Verhaltensweisen, Ausbildungsstand und berufliche Erfahrung Einfluß nehmen. Die Bedeutung dieses Erfolgsfaktors wird von Töpfer (1984, S. 61) bestätigt, der eine leistungsorientierte Mitarbeiterfortbildung und potentialorientierte Mitarbeiterentwicklung bei besonders effizienten Unternehmen nachweist. Steiner (1969, S. 49) wiederum zählt die optimale Nutzung der Fähigkeiten und des Lernvermögens der Mitarbeiter sowie deren gezielte Aus- und Weiterbildung zu den internen strategischen Erfolgsfaktoren. Ein wichtiges Ergebnis dieser Studie lautet, daß nach Meinung der Befragten den Aspekten der •

Rekrutierung und langfristigen Bindung hochqualifizierter Topmanager sowie der



Vorbereitung zukünftiger Führungskräfte auf firmenspezifische Herausforderungen

die größte Bedeutung zukommt (vgl. Steiner 1969, S. 58ff.). Die in Fachzeitschriften zu beobachtende Flut von Publikationen zum strategischen Management kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß derartige personalpolitische Überlegungen in der Praxis nicht die notwendige Beachtung finden. Kaum anders ergeht es Fragen der Implementierung und Kontrolle strategischer Maßnahmen (vgl. Scholz 1986, S. 635). Da den in diesen Bereichen vorgebrachten Argumenten häufig eine empirische Absicherung fehlt, soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit versucht werden, auf der Basis von Vergleichsuntersuchungen einige dieser Aspekte näher zu durchleuchten. Abschließend gilt es festzuhalten, daß Strategien zur Bewältigung schwieriger Unternehmenssituationen auf die Optimierung kritischer Erfolgsfaktoren zielen, d.h. auf die konsequente Nutzung von Chancen und das Meiden von Risiken. Die Erfolgsfaktoren erfahren dabei eine Unternehmens- und marktspezifische Gewichtung, die vor dem Hintergrund der jeweils aktuellen Ziele, Strategien und Situationen einer Unternehmung zu würdigen sind. Dies bedeutet, daß der Aspekt der Dynamisierung von Erfolgsfaktoren (vgl. Laukamm 1985, S. 266ff.; Wiedmann/Kreutzer 1985, S. 61ff.) in zunehmendem Maße an Bedeutung gewinnt

ZWEITES K A P I T E L Die psychische Struktur des Managements als Schlüsselvariable für die Internationalisierung der Geschäftstätigkeit Die intensive Auseinandersetzung mit der Notwendigkeit einer Ausschöpfung des vorhandenen Exportpotentials gibt zu erkennen, daß neben der Berücksichtigung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen sowie der unternehmensspezifischen Gegebenheiten auch die Persönlichkeit der Entscheidungsträger in das Bemühen um den Abbau von Exportwiderständen einbezogen werden muß. In der einschlägigen Literatur finden sich zahlreiche empirisch gesicherte Hinweise auf entsprechende Einflüsse beim Zustandekommen bzw. Unterlassen von Exportgeschäften (vgl. Roux 1982; 1983; Bradley/Keogh 1981; Fenwick/Amnie 1979; Schlegelmilch 1986). Im Rahmen dieser Studien zeigte sich, daß eine positive Grundeinstellung zu grenzüberschreitenden Unternehmensaktivitäten und bestimmte Persönlichkeitsmerkmale ebenso förderlich sind wie die Basisentscheidung der Unternehmensleitung, Export als eine dem Inlandsgeschäft gleichrangige strategische Ebene anzusehen und die hierfür notwendigen finanziellen bzw. personellen Ressourcen bereitzustellen (vgl. Rosson/Brooks/Kamath/Patton 1985). Diese Erkenntnis bot Veranlassung, bei der Entwicklung eines Instrumentariums zur Identifikation von Exportpotential den Versuch zu unternehmen, neben objektiven Merkmalen (z.B. Produktionsstandard im internationalen Vergleich, Auslastungsgrad der Produktionskapazität) eine Vielzahl subjektiver Kriterien in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen.

1. Die Aufnahme von Auslandsaktivitäten im Spiegel der Literatur Bei der Auseinandersetzung mit der Grundsatzentscheidung von Unternehmen, auf ausländischen Märkten tätig zu werden, interessiert primär, welche Anreize unternehmensintemer oder -externer, objektiver oder subjektiver Art letztlich den Ausschlag für einen solchen Entschluß geben. Grenzüberschreitende Aktivitäten von Wirtschaftsunternehmen werden in der wissenschaftlichen Literatur mit Begriffen wie "International Marketing", "Comparative Marketing", "Foreign Marketing", "International Management", "Multinational Marketing Management", "International Business", "Overseas Operations" oder "Foreign Operations" bezeichnet Diese Termini verdeutlichen einerseits, daß nordamerikanische Wirtschaftswissenschaftler, die sich primär

42

Π. Die psychische Struktur des Managements

mit multinationalen Unternehmen (vgl. z.B. Wilkens 1970; Sheth 1977) beschäftigen, das Terrain beherrschen. Andererseits läßt ihre Heterogenität darauf schließen, daß eine eindeutige Abgrenzung der Begriffe bzw. eine allgemein akzeptierte Definition dessen, was unter Internationalem Marketing zu verstehen ist, noch aussteht. Da es wenig sinnvoll erscheint, der Fülle bereits vorhandener Nominaldefinitionen 1) eine weitere hinzuzufügen, soll durch die kritische Darstellung des Inhalts, der in der Literatur mit diesen Begriffen verbunden wird, ein Beitrag zur Realdefinition von Internationalem Marketing geleistet werden. Faßt man eine marketinggeleitete Unternehmensführung als die gezielte Auseinandersetzung einer Unternehmung mit ihrer Umwelt auf (vgl. Nieschlag/ Dichtl/Hörschgen 1985, S. 8-13), so bezeichnet "domestic marketing" Marketing in einer (wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen) Umwelt.2) Internationales Marketing stünde demnach für Marketing in multiplen Umwelten. Diese vordergründig an geographischen Kriterien orientierte Begriffsbildung würde jedoch kaum die Eigenständigkeit einer Wissenschaftsdisziplin rechtfertigen. Dementsprechend gibt es Stimmen, die diese Unterscheidung ablehnen. Bartels (1968a, S. 55) oder Bakker (1977, S. 3) beispielsweise fassen, in Anlehnung an Kotler (1972), Marketing als eine generell gültige Unternehmensstrategie auf und halten ihren Opponenten vor, sie verwechselten die Unterschiedlichkeit der Märkte mit der Heterogenität der zu ihrer Bearbeitung erforderlichen Maßnahmen. Vergegenwärtigt man sich indessen, daß die Grenzüberschreitung mit einer Vervielfachung der Umwelten einhergeht, in denen operiert wird, so läßt sich die eigenständige Qualität der dadurch aufgeworfenen Probleme nur schwerlich verneinen. Beispielsweise müssen im Zusammenhang mit Auslandsgeschäften zunächst geeignete Märkte/Umwelten ausgewählt werden, ein Entscheidungsproblem, das sich im "domestic marketing" nicht bzw. allenfalls in abgeschwächter Form stellt. Anschaulich belegt Berekoven (1978, S. 32) die Eigenständigkeit der Problemsituation, wenn er Marketing mit der Erziehung von Kindern vergleicht und ausführt, daß im Falle von fünf Kindern die Belastungen nicht einfach eine Verfünffachung der mit der Erziehung eines Kindes verbundenen Schwierigkeiten bedeuten, sondern eine qualitativ neuartige Herausforderung darstellen.

1) Macharzina (1981, S. 38) unterscheidet drei Definitionstypen, je nachdem ob quantitative (z.B. Anteil des Auslandsumsatzes am Gesamtumsatz), strukturelle (Merkmale der Unternehmensorganisation) oder Verhaltens-Kriterien (Entscheidungsverhalten des Managements) maßgeblich sind. 2) Wo dies wegen der regionalen Heterogenität des heimischen Marktes nicht der Fall ist, spricht man bezeichnenderweise zuweilen von einer internen Internationalisierung.

1. Die Aufnahme von Auslandsaktivitäten im Spiegel der Literatur

43

1,1. Internationalisierung von Unternehmen und Internationales Marketing Verbindendes Element der Mehrzahl der Begriffsbestimmungen ist, wie z.B. die Konzeptionen von Cateora/Hess (1979), Berekoven (1978; 1985), Terpstra (1978a; 1978b), Bernkopf (1980), Kahler/Kramer (1977), Ringle (1981) oder Meyer (1979) erhellen, der Aspekt der grenzüberschreitenden Unternehmensaktivität. Eine konsequent marktorientierte Unternehmensphilosophie impliziert, daß sich der Aktionsbereich der Unternehmung vom nationalen Markt auf das Ausland ausdehnt. Es hat sich eingebürgert, eine solche Ausweitung des Aktionsfeldes als Internationalisierung der Unternehmen zu bezeichnen. Damit wird auch signalisiert, daß mit der Bearbeitung von fremden Märkten eine Verlagerung von unternehmerischen Ressourcen ins Ausland einhergeht. Zu unterscheiden sind hierbei die Aufnahme und Intensivierung der Auslandsaktivitäten (Internationalisierungsprozeß) und das Ausmaß des Engagements der Unternehmung auf dem ausländischen Markt (Internatìonalisierungsgrad bzw. -intensität). Die grenzüberschreitende Ausweitung der Aktivitäten einer Unternehmung kann unterschiedliche Gestalt annehmen. Man differenziert zumeist zwischen dem direkten und indirekten Export, der Lizenzierung sowie dem Aufbau von Vertriebsorganisationen im Ausland. Darüber hinaus erlangt die Gründung von Produktionsstätten auf Auslandsmärkten in Form von Tochtergesellschaften oder Kapitalbeteiligungen (Joint-Ventures) in neuerer Zeit immer größere Bedeutung (vgl. Berekoven 1985, S. 39ff.). Führt man sich die unterschiedliche Intensität von Auslandsengagements vor Augen, so wird deutlich, daß diese bezüglich des Umfangs, der Fristigkeit sowie der Art der Kapitalbindung im Ausland und somit bezüglich des mit ihnen jeweils verbundenen Risikos differieren. Naturgemäß treten diese Erscheinungsformen von Auslandsaktivitäten im Prozeß des Unternehmenswachstums gewöhnlich nicht unverbunden und zufällig auf. Vielmehr sind bestimmte Abfolgen wahrscheinlicher als andere. Dieser Tatbestand regte eine Reihe von Autoren zur Konzeption von Phasenmodellen an, deren Stufen der jeweiligen Bindung unternehmerischer Ressourcen auf Auslandsmärkten entsprechen (vgl. z.B. Terpstra 1978a; Luostarinen 1979; Kulhavy 1981; Cavusgil 1982). Es bot sich ferner an, die Hierarchie der einzelnen Formen des Auslandsengagements als einen genetischen Prozeß der Internationalisierung (vgl. Meissner 1974b, Sp. 333) abzubilden, dem teilweise eine eigene Entfaltungsdynamik innewohnt.

44

Π. Die psychische Struktur des Managements

Die Konzepte bilden eine "Theoriebrücke" zwischen den traditionellen, spekulativ-normativen Ansätzen und empirisch-theoretisierenden Arbeiten. Sie stimmen in der impliziten Annahme überein, daß es zu Beginn der Existenz einer Unternehmung eine Art "domestic stage" gibt, ein Stadium also, in dem sich das Unternehmen ausschließlich mit der Bearbeitung des heimischen Marktes befaßt. Der Prozeß der Internaüonalisierung beginnt dann üblicherweise im Wege der Aufnahme einer (direkten oder indirekten) Exporttätigkeit, bevor die Unternehmung schließlich im weiteren Verlauf ihr Engagement z.B. auf die Errichtung von Auslandsniederlassungen ausdehnt.1) In Abhängigkeit von dem sachlichen Schwerpunkt der verschiedenen Phasenschemata und der zur Operationalisierung des Internationalisierungsgrades wendeten Konstrukte differieren naturgemäß auch die zur Beschreibung und Erklärung des Phänomens entwickelten Ansätze. Häufig geht es vor allem um die Systematisierung der realen Erscheinungsformen, aus deren Vergleich sich z.B. der zunehmende Transfer von Kapital- und Managementleistungen ins Ausland, der Umfang der Fristigkeit sowie die Aussichten und Gefahren einer Internationalisierung ablesen lassen. Der vielleicht differenzierteste Entwurf einer Risiken/Chancen-Hierarchie der wichtigsten Internationalisierungsstrategien stammt von Berekoven (1978) (vgl. Abbildung

2.1).

Im Verlaufe der Internationalisierung verschieben sich auch zwangsläufig die inhaltlichen Brennpunkte. Überwiegen z.B. beim direkten oder indirekten Export von Gütern "echte" Marketingaufgaben wie die •

Auswahl von Märkten, Leistungen und Verfahren (vgl. z.B. Seidel 1977),



Entwicklung länderbezogener Marketingstrategien (vgl.z.B. Dunn 1976) sowie



Gestaltung und Steuerung von Marketingaktivitäten (vgl. z.B. Meyer 1979, S. 158 f.),

so erfahren natürlich mit dem Aufbau von Auslandsniederlassungen oder gar der Gründung von Produktionsstätten im Ausland die Managementaufgaben eine stärkere Akzentuierung (vgl. z.B. Fröhlich 1974). Dies ist insofern plausibel, als in einer (Export-) Unternehmung ohne institutionelle Verankerung auf dem Auslandsmarkt die Marketing- und Managemententscheidungen im Stammhaus gefällt werden können. Mit wachsendem Auslandsengagement nehmen indessen die Führungsprobleme zu (vgl. z.B. Dülfer 1983), die etwa durch die häufig 1)

Litvak und Banting (1973, S. 86) sprechen in diesem Zusammenhang von "evolution of international business arrangements ,f.

ver-

45

1. Die Aufnahme von Auslandsaktivitäten im Spiegel der Literatur

konfliktträchtigen Beziehungen zwischen der Zentrale und den Niederlassungen, die Frage "Differenzierung oder Standardisierung", die Aufgabe der Wahrung der Unternehmensidentität und anderes mehr aufgeworfen werden (vgl. Abbildung

2.2).

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DIREKTER EXPORT AN ENDABNEHMER

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DIREKTER EXPORT AN WIEDERVERKÄUFER

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Quelle: In Anlehnung an Meissner/Gerber 1980, S. 224.

Abbildung 2.2:

Internationalisierungsgrade in Abhängigkeit von Management· und Kapitalleistungen

Die bislang unterschiedenen Kategorien oder Stufen der Internationalisierung können auch als beobachtbare Erscheinungsformen bestimmter Denkweisen und Geisteshaltungen aufgefaßt werden. Das auf Perlmutter (1969) zurückgehende und von Wind/Douglas/Perlmutter (1973) modifizierte E.P.R.G.-Schema1) bietet ein Strukturmuster, das auf diese Hintergründe des Internationalisierungsverhaltens abstellt. Dieses weithin akzeptierte Element einer Theorie des Internationalen Marketing, dem sich die vier Grundgedanken der Internationalisierung zuordnen lassen (vgl. Abbildung 2.3), gilt als eine Art Richtschnur internationaler Marketingstrategien und soll deshalb kritisch analysiert werden.

1 ) JEthnozentrismus - Polyzentrismus - Äegiozentrismus - Geozentrismus

47

1. Die Aufnahme von Auslandsaktivitäten im Spiegel der Literatur

Gliederungskriterien dieses Konzeptes sind die Einstellung der Manager zur Internationalisierung bzw. übergreifende Marketingorientierungen. 1) Von diesen wird angenommen, daß sie die Unternehmensziele reflektieren und im Rahmen grenzüberschreitender Aktivitäten zu unterschiedlichen Management-Strategien und Planungsprozeduren führen. Die räumlichen Aktionsbereiche für Marketingpolitiken (Region, Land, Erdteil, Welt) ergeben sich demnach aus dem Grad der internationalen Orientierung einer Unternehmung. Besonderes Augenmerk finden darüber hinaus die Bedingungen, unter denen Manager diese Orientierungen und die damit verbundenen Strategien übernehmen.

UNTERNEHMENSEXTERNE KODETERMINANTEN

\

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UNTERNEHMENS1NTERNE KODETERMINANTEN I Ν Τ E R Ν Α Τ I O N A L I S I E R U

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MARKETING

MARKETING

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TRANSNATIONALES MARKETING

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ETHNOZENTRISCHE STRATEGIE

POLYZENTRISCHE STRATEGIE

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STRATEGIE

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Abbildung 2.3: Internationale Orientierung der Unternehmensführung und Internationalisierung der Unternehmenstätigkeit Wind/Douglas/Perlmutter (1973) unterscheiden vier Marketing-Orientierungen bzw. Phasen der Internationalisierung: In Phase 1 (Exportmarketing) beliefern Unternehmen mit betont nationaler Ausrichtung ausländische Märkte, wobei häufig lediglich die auf dem Binnenmarkt nicht absetzbaren Produktionsanteile über eigene oder fremde Kanäle vertrieben werden. Da heimische Techniken und inländisches Personal den im Ausland verfügbaren Alternativen als grundsätzlich überlegen angesehen werden, dominiert hier die weitgehend unverändert vorgenommene Übertragung der "zuhause" praktizierten Marketingtechniken auf Auslandsmärkte (ethnozentrische Strategie). Als charakteristisch für die durch die Erfordernisse des heimischen Marktes geleitete Unternehmens1)

Analoge Überlegungen liegen auch der Konzeption von Keegan (1975) zugrunde, der den (1) ethnozentrischen, den (2) dezentralisierten, und - als Synthese von (1) und (2) - den (3) interaktiven Typ der Untemehmensphilosophie unterscheidet.

48

Π. Die psychische Struktur des Managements

politik gelten das Vorhandensein einer Exportabteilung, eine Preiskalkulation, die sich lediglich durch einen Zuschlag für die erhöhten Distributionskosten von der "Inlandskalkulation" unterscheidet, sowie das Fehlen einer systematischen Auslandsmarktforschung. Für diese Unternehmen, die sich am Anfang des Internationalisierungsprozesses befinden, stehen Fragen der Ermittlung von Marktchancen und der Wahl geeigneter Eintrittsstrategien sowie zwischenbetrieblicher Kooperationsprobleme im Vordergrund. Phase 2 des Internationalisierungsprozesses (Internationales Marketing) ist dadurch bestimmt, daß die Besonderheiten der verschiedenen Auslandsmärkte eine jeweils angepaßte Marktbearbeitung bedingen. Die nationalen Eigenheiten werden nunmehr durch den Einsatz von heimischem Personal und Know-how berücksichtigt (polyzentrische Strategie). Weitgehend unabhängig operierende Tochtergesellschaften verfolgen autonome Marketingziele und -pläne. Marktforschung, Produktlinien, Preis- und Kommunikationspolitik sowie die Vertriebskanäle werden auf die jeweiligen lokalen Bedingungen abgestimmt. Aus der länderspezifischen Marktbearbeitung erwachsen zum einen Koordinations- und Kontrollprobleme; man denke nur an den vermeidbaren Mehraufwand bei der Produktentwicklung bzw. die Unmöglichkeit, Rationalisierungs- und Synergieeffekte im Rahmen der gesamten Marketingorganisation zu nutzen. Zum anderen führt diese Strategie zu einer Zersplitterung der Unternehmensaktivitäten und verhindert so die Herausbildung einer "corporate identity" (vgl. Wiedmann 1988, S. 236ff.). In Phase 3 (Multinationales Marketing) erfolgt deshalb der Übergang zu einer regiozentrischen Orientierung des Managements. Konkret wird unter Würdigung der einzigartigen Bedingungen jedes nationalen Marktes versucht, Cluster von Ländern zu bilden, die ein koordiniertes Vorgehen der einzelnen Tochtergesellschaften erlauben. In der Vergangenheit wurden internationale Marktsegmente primär nach Maßgabe der geographischen Nähe der Länder gebildet. Erst neuere Segmentierungsansätze (vgl. z.B. Sheth 1972), denen etwa ökonomische, nachfragebezogene oder unternehmensspezifische Kriterien zugrunde liegen, führten zu Marktbündelungen, die innerhalb der jeweiligen Segmente einen standardisierten Einsatz des Marketinginstrumentariums in Form regionaler Strategien zulassen. Charakteristisch für diese Phase ist neben dem Prinzip, die Unternehmensaktivitäten regional "so weitgehend wie nötig" zu differenzieren und "so weitgehend wie möglich" zu standardisieren, daß ganze Regionen als potentielle Märkte gelten und die traditionelle Dichotomie von Inlandsmarkt vs. Auslandsmarkt entfällt Im letzten Stadium der Internationalisierung (Phase 4; Transnationales Marketing) stellt sich die Unternehmung als weltweit agierender Firmenverbund

1. Die Aufnahme von Auslandsaktivitäten im Spiegel der Literatur

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mit einer geozentrischen Unternehmensphilosophie dar. Für eine derartige globale Definition und Verwirklichung von Marketingzielen und -Strategien eignen sich allerdings - zumindest im Konsumgüterbereich - nur wenige Produkte, wobei das häufig angeführte Beispiel Coca Cola lediglich die Ausnahme von der Regel darstellt (vgl. Queich/Hoff 1986; Raffée/Kreutzer 1986b; Kreutzer 1987). Die regio- und die geozentrische Unternehmensstrategie, die plausiblerweise nur Marketingstrategien multinational operierender Unternehmen sein können und für die mittelständische Wirtschaft nicht in Frage kommen, erlauben die Aufteilung der Aufgabenbereiche auf Zentrale und Auslandsniederlassungen: So kann die Dépendance primär auf lokale Entwicklungen reagieren, während die regionalen oder globalen "Headquarters" für die strategische Planung, Koordination und Rationalisierung zuständig sind. Zur Validierung dieses idealtypischen Phasenmodells internationaler Marketingstrategien führten Wind/Douglas/ Perlmutter (1973) zwei explorative Studien durch. Im Rahmen der ersten Untersuchung befragten sie 40 Manager einer großen US-amerikanischen Unternehmung, deren Angebot häufig gekaufte Haushaltsartikel umfaßt, nach den derzeitigen und den anzustrebenden bzw. idealen Marketingstrategien. Die Auswertung der Auswahlhäufigkeiten ergab, daß in der Realität die polyzentrische Orientierung in allen Entscheidungsfeldern dominiert, besonders aber bei Entscheidungen, die die Preisstellung, den Distributionskanal, den Kundendienst und die Marktforschung betreffen. Der angestrebte Zustand unterscheidet sich davon durch größere Anteile einer regiound geozentrischen Ausrichtung. Dieses Ergebnis werteten die Autoren als Beleg dafür, daß sich die von ihnen definierten Marketingorientierungen auch empirisch nachweisen lassen und das E.P.R.G.-Schema als Kategorisierungshilfe gegenwärtiger und zukünftiger Entscheidungen im Internationalen Marketing fungieren kann. Die zweite Studie sollte aufzeigen, welche Orientierung unter welchen Marktbedingungen bessere Ergebnisse zeitigt. Hierzu wurden mit zehn in ihrem jeweiligen Unternehmen für Internationales Marketing Verantwortlichen unstrukturierte Tiefeninterviews durchgeführt, in· denen sie zu der gegenwärtigen und geplanten Unternehmenspolitik sowie zu möglichen alternativen (E.P.R.G.-)Strategien Stellung nehmen mußten. Die Interviewprotokolle wurden inhaltsanalytisch ausgewertet und die Befunde den verschiedenen E.P.R.G.-Kategorien zugeordnet, was eine etwas differenziertere Ausgestaltung des anfänglich noch recht allgemeinen und wenig handlungsleitenden Schemas ermöglichte.

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Π. Die psychische Struktur des Managements

Den Aussagen dieser "senior international marketing executives" zufolge bietet die ethnozentrische Position dann Vorteile, wenn eine Unternehmung nur eine unbedeutende Exportquote erzielt bzw. wenn aufgrund der Begrenztheit des im Ausland realisierbaren Marktpotentials z.B. Produktmodifikationen oder marktspezifische Werbestrategien unrentabel wären. Sie kann weiterhin den Bedürfnissen und Möglichkeiten kleinerer Unternehmen, die am Anfang der Internationalisierung stehen, entsprechen. Aufgrund seiner begrenzten Ressourcen gelingt es diesem Firmentyp nicht, sich den jeweiligen Bedingungen fremder Märkte anzupassen. Diese Betriebe müssen sich damit behelfen, zunächst solche Märkte auszuwählen, die ohne wesentliche Anpassungsmaßnahmen zu erschließen sind. Ethnozentrisch im negativen Sinne des Wortes ist ein solches Vorgehen nicht. Diese Bezeichnung verdienen nur jene größeren Unternehmen, die trotz ausreichender Kapazität auf eine aktive Bearbeitung von Auslandsmärkten verzichten, sei es aus Ignoranz, oder weil ihnen ihre Überheblichkeit den Blick für die Erfordernisse des internationalen Wettbewerbs verstellt. Diese Einstellung entzieht etwaigen Versuchen, das Stadium des Exports als Lückenbüßer zu überwinden und den Internationalisierungsgrad der Unternehmung zu erhöhen, den Boden. Auch in der zweiten Erhebung stellte sich die polyzentrische Position als die in der Praxis am weitesten verbreitete heraus. Diese Vorrangstellung rührt nicht nur von der Annahme her, daß die Dezentralisierung eine höhere Flexibilität der Unternehmenspolitik ermöglicht; sie wird auch deshalb favorisiert, weil man dem für das Management daraus erwachsenden Handlungsspielraum eine motivierende Wirkung zuschreibt. Neben den schon genannten Koordinationsund Kontrollproblemen, die dieser Ausrichtung innewohnen, wurde auch auf die Gefahr der potentiellen Konkurrenz durch die autonomen Tochtergesellschaften auf Drittmärkten hingewiesen. Die Manager der Unternehmenstöchter widersetzen sich häufig aus dem Gefühl der Einzigartigkeit ihrer lokalen Bedingungen heraus Versuchen der Zentrale, durch Vorgabe von globalen Strategien die Nachteile der Autonomie zu mindern.1) Diese Marktspezifitäten können z.B. aus Besonderheiten der gesetzlichen Regelungen oder des Distributionssystems bestehen. Allerdings wird nach Ansicht der Befragten der idiosynkratische Charakter des jeweiligen Marktes häufig überbetont, zumal die sich verstärkende weltweite Kommunikation zunehmend zur Entstehung interkultureller Subkulturen (z.B. "Teenager-Kultur") beitrage. Der Realisierung der Weltmarkt-Perspektive, sei sie nun regio- oder geozentrischer Natur, stünden häufig Hemmschwellen wie 1)

Solche und ähnliche Probleme werden in der Literatur zum Internationalen Marketing unter Begriffen wie Standardisierung oder Differenzierung bzw. Global Marketing behandelt (vgl. Wiechmann 1976; Levitt 1983; Raffée/Kreutzer 1986a; 1986b; Meffert 1986).

1. Die Aufnahme von Auslandsaktivitäten im Spiegel der Literatur

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national geprägte Rechts- oder Währungsbedingungen entgegen, die sich stärker auf das Marketing denn auf die Produktion oder die Finanzierung auswirken. Zusammenfassend stellen Wind/Douglas/Perlmutter (1973) die Entscheidung für eine Stufe des E.P.R.G.-Schemas in Abhängigkeit von fünf Kriterien dar: der Unternehmensgröße, der Exporterfahrung, dem Volumen und der Heterogenität des potentiellen Marktes sowie der Art des Produkts. Auch die Autoren selbst erkennen, daß ihr Konzept allenfalls Strategien ausweist, die dem intendierten Grad der Internationalisierung gerecht werden, ohne zu präzisieren, wie diese Strategien zu entwickeln sind. Dieser Anspruch wird auch nicht mit dem Versuch eingelöst, durch die Berücksichtigung des Zusammenhangs von Marketing-Orientierung und internationaler Ausrichtung des Unternehmenszielsystems entsprechende Richtlinien zu erhalten. Angesichts der Unverbindlichkeit der Aussagen bleibt der Marketing-Manager letztlich wieder sich selbst überlassen: "Each company must, therefore, evaluate independently the desirability of each position and select the most appropriate degree of international orientation in light of its own market situation and objectives" (Wind/Douglas/Perlmutter 1973, S. 22). Man muß nicht nur die auch von den Autoren zugestandene fast "fallstudienhafte" schmale Datenbasis und das Fehlen einer Kreuzvalidierung bemühen, um zu begründen, daß von einer Validierung des E.P.R.G.-Schemas keine Rede sein kann. Insbesondere die "konfirmatorische " Anlage der Studien steht einem derartigen Anspruch entgegen: Aufgrund des Untersuchungsdesigns (vor allem von Studie I) konnte nichts anderes als der berichtete Befund resultieren, und der (nicht explizit formulierten) Hypothese von den vier eigenständigen Managementorientierungen drohte durch diese Art der "Überprüfung" nicht die Gefahr der Falsifikation. Des weiteren füllten die Autoren trotz der durch Studie I I erfolgten Präzisierung die vier Grundpositionen inhaltlich nicht so weit aus, daß diesem Konzept Handlungsrelevanz für die Praxis zugeschrieben werden könnte. Es vermag lediglich die Funktion der Sprachregelung für die Wissenschaft zu übernehmen. Soldner (1976; 1977a; b) kritisierte die eindeutige Verknüpfung von Intensität der Internationalisierung der Unternehmenstätigkeit und spezieller Marketingorientierung. Seiner Ansicht zufolge sind die ethno-, poly-, regio- und geozentrischen Unternehmensphilosophien prinzipiell auf allen Stufen des Export-/Transnational-Marketing-Kontinuums präsent, wenn auch mit variierenden Schwerpunkten (vgl. Abbildung 2.4).

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Π. Die psychische Struktur des Managements

INTERNATIONALE ORIENTIERUNG DER UNTERNEHhENSFUHRUNG

Quelle: Soldner 1977b, S. 23.

Abbildung 2.4: Die evolutionäre Perspektive des Internationalisierungsprozesses Beispielsweise sei die Phase des Exports anfangs zwar zweifelsohne primär ethnozentrisch geprägt, aber in dem Maße, wie von der Vermarktung der nationalen "Überschuß"-Produktion zur Anpassung der Produkte und/oder Vertriebskanäle an die jeweiligen Besonderheiten der bearbeiteten Märkte übergegangen wird, gewännen die übrigen Marketingorientierungen an Stellenwert. Umgekehrt bedeute selbst die Errichtung vollkommen eigenständiger Tochtergesellschaften nicht die automatische und vollständige Überwindung ethnozentrischer Motive. Diese als evolutionäre Perspektive bezeichnete differenziertere Sicht des fraglichen Zusammenhangs illustrierte Soldner in der in Abbildung 2.4 wiedergegebenen Form.

1. Die Aufnahme von Auslandsaktivitäten im Spiegel der Literatur

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1.2. Die Dynamik der Internationalisierung Die genetischen Ansätze enthalten, soweit sie den Eintritt in die Internationalisierung und deren Intensivierung als uniforme Entwicklung darstellen, die implizite Annahme, daß die Unternehmungen (1) entweder auf variierende Probleme, Krisen oder Chancen gleich reagieren oder (2) identischen Problemen, Krisen und Chancen ausgesetzt sind. Nur so wäre ein für alle Unternehmen gültiges sukzessives Voranschreiten auf einer wie auch immer beschriebenen Phasenleiter denkbar. Die zeitliche Abfolge der diversen Formen der Auslandstätigkeit als Muster der Internationalisierung darf jedoch keineswegs als allgemeingültig angesehen werden. In der Praxis finden «ich zahlreiche Beispiele dafür, daß manche Betriebe schon bei ihrem ersten Auslandsengagement eine höhere Internationalisierungsstufe als die des (indirekten) Exports bevorzugen. Andere wiederum verändern ihre einmal gewählte Form der Auslandstätigkeit niemals bzw. entscheiden sich im späteren Verlauf für Strategien, die in den diversen Phasenmodellen "niedriger" angesiedelt sind. Untersuchungen ergaben, daß die verschiedenen Auslandsmärkte in unterschiedlicher Form bearbeitet werden (vgl. Meffert/Althans 1982, S. 29): •

Stammen die Abnehmer aus Industrienationen, so dominiert der Export, aber auch Auslandsniederlassung und Auslandsproduktion sind häufig zu registrieren.



Geschäfte mit Kunden in Staatshandelsländern werden dagegen fast ausschließlich über Lizenzvergabe und Export abgewickelt.



Bei Handelsbeziehungen mit Entwicklungsländern kommt dem Export eine zentrale Bedeutung zu, in steigendem Maße sind aber auch Joint Venture und Auslandsproduktion anzutreffen.

Die sich aufdrängende Frage nach dem Motor dieser Prozesse wird von den Verfechtern dieser Ansätze durch die - implizite oder explizite - Annahme einer regelhaften Eigendynamik verdrängt, die Intensität bzw. Umfang des Auslandsengagements steuert. Eine für alle genetischen (Lebenszyklus-)Modelle charakteristische Betrachtungsweise, die de facto nur die Zeitkomponente als unabhängige Variable berücksichtigt, ist weder plausibel noch theoretisch zu erhärten. Es handelt sich vielmehr um ein simplifizierendes Negieren von Einflußgrößen der Internationalisierung, die von der Variablen Zeit lediglich "transportiert" werden. Beispielsweise wächst mit der Dauer der Exporttätigkeit die einschlägige Erfahrung. Wie empirische Befunde belegen, entstehen jedoch aus wachsender Exporterfahrung neue Impulse für die Intensivierung der Auslands-

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Π. Die psychische Struktur des Managements

tätigkeit. Somit wäre also nicht die Zeit, sondern die Erfahrung die relevante Variable. Bei der Erstellung von Typologien bzw. Phasenmodellen standen die Gemeinsamkeiten der zu untersuchenden Prozesse im Vordergrund. In der nachfolgenden Phase der kritischen Diskussion dieser Konzepte erfuhren die PTOzt&unterschiede in Form von Sonderentwicklungen, Interaktionen oder situativen Einflüssen eine stärkere Akzentuierung. So setzt sich auch im Bereich des Internationalen Marketing zunehmend die Erkenntnis durch, daß der Internationalisierungsprozeß keine "Einbahnstraße" darstellt. Beispielsweise beruht die Feststellung, daß die Progression vom Export über das Internationale und Multinationale Marketing bis hin zum Transnationalen Marketing keine Überwindung der jeweils vorgelagerten Kategorien bedeutet, sondern das simultane Operieren mit den verschiedenen Grundstrategien (vgl. Soldner 1976, S. 108), keineswegs nur auf "Common sense"-Überlegungen. Sie läßt sich auch empirisch erhärten. Als Beispiel hierfür kann angeführt werden, daß US-amerikanische Großkonzerne ca. 70 % der Exporte und 40 % der Importe der Vereinigten Staaten bestreiten. Man spricht in diesem Zusammenhang von einem "Importsog" von Auslandsinvestitionen bzw. deren Funktion als "Exportplattform" (vgl. z.B. Moxon 1975). Die Dependancen übernehmen die Rolle des Importeurs und Absatzmittlers für Teile der Produktpalette des Stammhauses, die nicht selbst hergestellt werden (vgl. Robertson 1971; Steinmann/Kumar/Wasner 1977, S. 18). Überträgt man den allgemeinen situativen Ansatz (vgl. Kieser/Kubicek 1978a; b) auf den Internationalisierungsprozeß, so bedeutet dies, daß die Lokalisation einer Unternehmung auf einer Stufe der Internationalisierung als Ergebnis von unternehmerischen (individuellen oder kollektiven) Entscheidungsprozessen anzusehen ist. Reale strategische Firmenentscheidungen werden nicht aufgrund einer unspezifizierten, geradezu mystischen Eigendynamik gefällt, sondern nach Maßgabe situationsspezifischer Kosten-NutzenÜberlegungen. Aufgabe einer entscheidungstheoretischen Analyse des Internationalisierungsprozesses ist es deshalb, die Dimensionen der in Frage stehenden Entscheidungssituationen zu identifizieren. Die Wahl des jeweils adäquaten Internationalen Marketing-Mix erfordert weiterhin, die relevanten Determinanten und intervenierenden Variablen herauszuarbeiten sowie die Richtung ihres Einflusses und ihr relatives Gewicht zu bestimmen. Formaler Rahmen eines solchen Ansatzes kann z.B. die Multiattributive Entscheidungstheorie sein.

1. Die Aufnahme von Auslandsaktivitäten im Spiegel der Literatur

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Dabei darf aber nicht übersehen werden, daß zu den Voraussetzungen dieser die Internationalisierung initiierenden Entscheidungsprozesse eine bestimmte Unternehmensphilosophie zählt, die sich letztlich in der Formulierung der handlungsleitenden strategischen Ziele niederschlägt. Diese Philosophie muß auf die konsequente Wahrnehmung von Wachstumschancen ausgerichtet sein, die alle Märkte - und somit auch Auslandsmärkte - bieten. Diesem Verständnis von Marketing1) zufolge läßt sich die Internationalisierung als Konsequenz des Marketing begreifen. Demnach wird Internationales Marketing nicht betrieben, weil das Management entsprechende Grundsätze festgelegt hat, sondern weil das Marketing zwangsläufig zur Internationalisierung führt; denn eine umfassende Marktorientierung muß logischerweise auch die Auslandsmärkte einschließen. S teinmann/Kumar/Wasner (1981) stellen ein Phasenmodell vor, das sich nur auf einen Teilbereich des Strategie-Kontinuums der Internationalisierung bezieht. Entsprechend ihrem auf Direktinvestitionen in eigene ausländische Produktionsstätten reduzierten Verständnis von Auslandsengagement befassen sie sich mit den Entscheidungen, die in den von ihnen unterschiedenen drei Phasen der Internationalisierung mittelständischer Firmen anfallen. Auch sie sehen in der von ihnen postulierten idealtypischen Sequenz eine genetischchronologische Ordnung. Zunächst ist die Grundsatzentscheidung zu fällen, Auslandsinvestitionen als mögliche Unternehmensstrategie (vgl. z.B. Brooke/Remmers 1978) anzusehen (Phase 1). In der zweiten Phase, die den Aufbau der Produktionsstätten betrifft, stehen Entscheidungen über Standortfragen, Markterschließungsstrategien oder Eigentumsverhältnisse an. Management- und Organisationsprobleme (z.B. Beziehung zwischen Auslandstochter und Zentrale) charakterisieren die Entscheidungsfelder der dritten Phase. Als Rahmenbedingungen ihres Ansatzes berücksichtigen die Autoren zunächst die strategierelevanten Merkmale mittelständischer Unternehmen, die nach van Hoorn (1979) ein enges Leistungsspektrum, beschränkte Ressourcen, administrative Schwächen sowie eine pragmatische Ausrichtung einschließen. Weiterhin stellen sie die z.B. von Richman/Copen (1972) beschriebenen Chancen und Risiken von verschiedenen Umweltbedingungen (Bildungsniveau, soziokulturelle, politisch-legale und ökonomische Bedingungen) in Rechnung, wobei sie gerade die Interaktion zwischen unternehmensinterner und -externer Umwelt interessiert Hier wäre etwa der besondere Schutz, den mittelständische Unternehmen in der Mehrzahl der kapitalistischen Industrienationen erfahren, zu nennen.

1)

Dieser Aussage liegt das Verständnis der Unternehmung als einer Marketing-Organisation zugrunde, der das mehr pragmatisch-instrumentelle Konzept gegenübersteht, wonach Marketing eine zielorientierte Anwendung des absatzpolitischen Instrumentariums bedeutet.

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Π. Die psychische Struktur des Managements

Steinmann/Kumar/Wasner (1981) ermittelten in Übereinstimmung mit Aharoni (1966) Indizen dafür, daß das persönliche Engagement eines ranghöheren Managers als unternehmensinterne "Initialzündung" dafür wirkt, daß Direktinvestitionen als strategische Alternative erwogen werden. Zu den externen Kräften, die in dieser Vorphase der Entscheidung geeignet sind, die typischen Nachteile kleinerer Unternehmen zu kompensieren, zählen Anreize der Gastländer1), z.B. steuerlicher Art, sowie der "band wagon"-Effekt, d.h. das Vorbild, das erfolgreiches Agieren vergleichbarer Betriebe im Ausland abgibt. Der Geltungsbereich von Aharoni's (1966) Entscheidungsmodell erfährt durch die Annahme, daß sich die Grundsatzentscheidung, international tätig zu werden, auf ein bestimmtes Gastland bezieht, wesentliche Einschränkungen. Diese Restriktion vermeiden Steinmann/Kumar/Wasner (1981) und definieren den Eiitscheidungsraum in Abhängigkeit von dem potentiellen Absatzmarkt und der Produktlinie der Unternehmung (vgl. auch Stobaugh 1969). Letztere reduziert sich im Falle der mittelständischen Betriebe häufig auf ein Produkt (vgl. Steinmann/Kumar/Wasner 1977). Die Länderauswahl wird - stärker noch als bei Großunternehmen - durch Risikoabwägungen dominiert, da selbst eine Minimum-Investition rasch zehn und mehr Prozent der Kapitalausstattung erreicht und die Möglichkeit der Risikostreuung in der Regel entfällt. Im Falle der Bearbeitung mehrerer Auslandsmärkte wird sich der hier primär interessierende Unternehmenstyp auf möglichst vergleichbare Länder beschränken wollen, da es ihm an Auslandserfahrung mangelt. Deshalb besitzen Märkte aus dem eigenen bzw. einem vertrauten Kulturkreis gewöhnlich die erste Priorität. Wenn schließlich die konkrete Investitionsentscheidung ansteht, wird deutlich, daß sich Großunternehmen und mittelständische Firmen weniger in der Art der benötigten Informationen als vielmehr bezüglich der Informationsquellen unterscheiden. Kleine und mittlere Betriebe können zumeist keine eigenen Erhebungen finanzieren und sind deshalb von externen Informationsquellen abhängig. Als Beispiele für den über den Markterfolg entscheidenden "Fit" von kritischen Umweltfaktoren und Untemehmensmerkmalen führen die Autoren ein vergleichsweise geringes Marktpotential und die Fähigkeit mittelständischer Unternehmen, auch bei kleineren Stückmengen effizient zu produzieren, an. Für die in der Aufbauphase der Produktionsstätten anfallenden Teilentscheidungen findet sich in der Literatur kein allgemein akzeptiertes Klassifikationsschema. Steinmann/Kumar/Wasner (1981) beschränken sich deshalb darauf, die aus ihrer Sicht relevanten Problembereiche zu nennen, wobei sie lediglich auf die Frage der Eigentumsverhältnisse näher eingehen. 1)

Besonders weniger entwickelte Länder bevorzugen die Ansiedlung mittelständischer Unternehmen, da diese häufiger mit geringerem Kapitaleinsatz produzieren und deshalb relativ gesehen - mehr Arbeitsplätze schaffen als das "big business". Auch nehmen sie geringeren Einfluß auf die Belange des Gastgeberlandes als größerer Wirtschaftseinheiten.

1. Die Aufnahme von Auslandsaktivitäten im Spiegel der Literatur

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Angesichts der begrenzten finanziellen Möglichkeiten mittelständischer Unternehmen kann die zunehmende Verbreitung von Joint Ventures (vgl. Brooke/Remmers 1978) nicht verwundern. Weitere Restriktionen wie die geringe Marktkenntnis lassen häufig Beteiligungen als einzig mögliche Form der Internationalisierung für mittelständische Betriebe erscheinen. Die dem Management der Auslandsproduktionsstätte {Phase 3) zuzurechnenden Entscheidungen analysieren die Autoren vor dem Hintergrund zweier strategischer Grundsatzfragen: "Angepaßtes vs. innovatives Management" und "Vereinheitlichung vs. Fragmentierung der Unternehmenspolitik" l \ Während die erstgenannte Entscheidungsebene die Beziehung zwischen der Auslandsniederlassung und dem Gastland anspricht, bezieht sich der Aspekt der Standardisierbarkeit der Geschäftsabläufe auf das Verhältnis Zentrale - Tochter. Aufgrund der Besonderheiten mittelständischer Unternehmen erwarten Steinmann/Kumar/Wasner (1980), daß etwa im Produktionsbereich wegen des spezialisierten Leistungsangebots das innovative Element überwiegt, während angesichts der begrenzten Ressourcen generell Standardisierung angestrebt werde. Wie die Autoren die postulierte hierarchische Struktur der Entscheidungen2) nur beispielhaft darstellen, so begnügen sie sich auch innerhalb der drei Phasen der Internationalisierung mit einer kasuistischen Argumentation, die ebenso beliebig erscheint wie die vereinzelt angeführten empirischen Belege. Wünschenswert wäre eine weiterreichende Systematisierung dieses Ansatzes, die der Ableitung und empirischen Überprüfung spezifischer Hypothesen entgegenkäme, was aber angesichts der Komplexität des Untersuchungsgegenstandes nur bei einer Reduktion des Aussagenspektrums möglich sein dürfte. Positiv hervorzuheben sind aber sicherlich die konsequente Entscheidungsorientierung, die die übliche Starrheit von Phasenmodellen mildert, sowie die bewußte interaktionistische Ausrichtung des Ansatzes, die das Zusammenspiel verschiedener Merkmale mittelständischer Unternehmen und der Umwelt berücksichtigt. Ergänzend hierzu sei noch das Konzept der sequentiellen Konzentration (vgl. Simon 1982, S. 33 Iff.) erwähnt Ausgehend von einer Skizze der Konzentration und Diversifikation, die er in Anlehnung an Hirsch/Lev (1973) und Ayal/Zif (1978; 1979) als zwei Strategien der internationalen Expansion schildert, sorgt Simon hiermit im Sinne von Attiyeh/Wenner (1981) für eine Dynamisierung der beiden ersten Ansätze.

1) Conformation vs. innovation, unification vs. fragmentation (vgl. Fayerweather 1969). 2) Die in späteren Phasen zu treffenden Entscheidungen werden durch vorangegangene Festlegungen kodeterminiert.

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Π. Die psychische Struktur des Managements

Konkret analysierte er die internationale Expansion eines mittelständischen Maschinenbauherstellers und wies zum einen ein ausgeprägtes Zwei-PhasenMuster der Marktexpansion in jedem der untersuchten Länder nach, wobei der Einführungsphase mit niedrigem Umsatzwachstum jeweils eine Wachstumsphase mit mehr als doppelt so hoher Umsatzsteigerung folgte. Zum anderen postulierte Simon (1982) folgende strategische Implikationen seiner Studie für die Internationalisierung mittelständischer Unternehmen: •

Die sequentielle Konzentration entspricht der für mittelständische Unternehmen adäquaten Expansionsstrategie. Konkret bedeutet dies, daß alle Ressourcen bis zum Erreichen bestimmter kritischer Schwellen zunächst nur auf ein einziges oder einige wenige Länder konzentriert werden.



Ein Überspringen der durchweg langen Einführungsphase von ca. fünf bis sieben Jahren scheint wegen der Notwendigkeit der Entwicklung einer Organisationsstruktur, der Herstellung von Kundenkontakten, des Kennenlernens des Marktes, des Absolvierens von Lernprozessen sowie des Aufbaus von Goodwill grundsätzlich nicht möglich zu sein.



Die Chance einer systematischen Nutzung von Lernprozessen legt Expansionsstrategien nahe, die schrittweise vom Vertrauten zum Entfernten führen. Daraus kann z.B. ein vorläufiger Verzicht auf den Eintritt in einen lukrativen, jedoch unvertrauten Markt folgen.



Die Tatsache, daß die internationale Expansion erlernt werden kann, eröffnet dem einzelnen Unternehmen die Möglichkeit, mit zunehmender Erfahrung die jeweils erforderliche Zeit bis zur Etablierung des Marktzugangs von Mal zu Mal zu verkürzen.

Auch hier läßt sich die genetische Ordnung der Phasenmodelle wiedererkennen. Vor übereilten Verallgemeinerungen muß hingegen aufgrund der sehr eingeschränkten empirischen Basis gewarnt werden. Abschließend sollen spezifische Defizite der Forschung zur Internationalisierung von Unternehmen akzentuiert sowie einige Begriffsbestimmungen vorgenommen werden. Generell lassen sich zwei Schwachstellen im Bereich der empirischen Forschung identifizieren (vgl. Macharzina 1981; Müller 1983). Erstens mangelt es an einem Theoriekonzept1) (vgl. Cavusgil/Nevin 1981a), das mehr bietet als eine Integration der empirischen Aussagen über Ziele und Beweggründe von international tätigen Unternehmen, wie sie etwa Simmerl (1981), Kormann (1981) oder Perlitz (1978) aufgelistet haben. Auch die Analyse der Motive der Gastgeberländer, die Geschäftstätigkeit dieser 1) Mit Feststellungen wie "absence of conceptual and theoretical framework" oder "general lack of concern" stellen Cavusgil/Nevin (1981a) die Defizite deutlich heraus.

1. Die Aufnahme von Auslandsaktivitäten im Spiegel der Literatur

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Unternehmen zu fördern bzw. zu tolerieren (vgl. z.B. Vernon 1971; International Labour Organization 1973), interessiert in diesem Zusammenhang.1) Als spezifische Leerstelle der empirischen Forschung wird das Hinterfragen der Legitimation der Unternehmensziele von international aktiven Firmen angesehen, das vor dem Hintergrund der Sozialverantwortlichkeit derartiger Wirtschaftseinheiten erfolgen sollte. Das zweite Handicap betrifft die mangelnde Repräsentativität und folglich eingeschränkte externe Validität bzw. Generalisierbarkeit der Untersuchungsergebnisse. Da dieser Vorwurf stereotyper Bestandteil von kritischen Literaturübersichten ist, handelt es sich hierbei möglicherweise um eine - mehr oder weniger - unausweichliche Schwachstelle sozialwissenschaftlicher Forschung, die es zu akzeptieren gilt. Informativer scheint dagegen die Erkenntnis zu sein, daß die "neben der Analyse von Sekundärmaterial notwendigen Befragungsmethoden nur bedingt angewandt werden, da die Informationsbereitschaft der Unternehmen beschränkt ist und sich häufig nur auf nicht-sensitive quantitative und qualitative Angaben erstreckt" (Macharzina 1981, S. 36). Die methodologisch motivierte Kritik hält den hier dargestellten Erklärungsansätzen entgegen, daß sie nur selten Gegenstand einer systematischen, empirischen Überprüfung sind. Wegen des globalen Charakters der theoretischen Modelle mangelt es an der Operaüonalisierung der einzelnen Konstrukte, so daß ein in sich kohärentes Hypothesengefüge als notwendige Voraussetzung für die empirische Überprüfung nicht entwickelt werden konnte. Wie das Beispiel der empirischen Sozialpsychologie zeigt, kann selbst mit einer kaum mehr überschaubaren Vielzahl von "Minitheorien", die häufig nur aus singulären Hypothesen bestehen, durchaus Erkenntnisfortschritt erzielt werden. Man muß allerdings bereit sein, sich jeweils mit einem bescheidenen Wissenszuwachs zu begnügen. Die Utopie einer einzigen umfassenden und gültigen Theorie verhindert geradezu die Genese weiter gefaßter Erklärungsansätze. Dagegen begünstigt der beispielsweise in der Sozialpsychologie verfolgte (forschungs-)pragmatische Ansatz die Erarbeitung eines breiten Fundus 1)

Ein weiterer Aspekt der Theorieentwicklung zur Internationalen Unternehmung betrifft die Erklärung von Direktinvestitionen (vgl. z.B. Dunning 1980; Fayerweather 1981) international tätiger Unternehmen. Da es sich hierbei in der Regel nicht um Grundsatzentscheidungen mittelständischer Firmen handelt, werden diese Ansätze nicht näher betrachtet. Sie erlangen beim gegenwärtigen Stand der Theoriebildung zur Internationalen Unternehmung indessen dadurch an Bedeutung, daß in zunehmendem Maße der Versuch unternommen wird, makro- und mikroökonomische Theorien zu integrieren und mit wesentlichen Teilen anderer Theorien (z.B. der Marketing-Theorie) zu verknüpfen, um realitätsgerechtere Erklärungsansätze zu entwickeln, als dies die klassische Nationalökonomie vermochte. So werden heute bereits zur Erklärung von Direktinvestitionen beispielsweise Elemente aus der Außenhandels-, Investitions-, Wettbewerbs- und Standorttheorie berücksichtigt (vgl. Meissner 1987, S. 1 Iff.; Jahrmann 1985, S. 40ff.).

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Π. Die psychische Struktur des Managements

empirischer Evidenz, auf dem sich längerfristig dann ein solcher integrativer Rahmen zu entwickeln vermag. Die Standortbestimmung des Forschungsfeldes "Internationalisierung von Unternehmen" ergab, daß mit Blick auf grenzüberschreitende Unternehmensaktivitäten das klassische Marketingdenken (domestic marketing) durch Prinzipien des Internationalen Marketing ergänzt bzw. ersetzt werden muß. Dabei kann der kulturvergleichende Ansatz den Orientierungsrahmen bilden ('comparative marketing') 1). Die zur Systematisierung des Internationalisierungsprozesses entwickelten genetischen Phasenmodelle und ihr starren Eigengesetzlichkeiten folgender Internationalisierungsverlauf sind zugunsten eines situativen, entscheidungsorientierten Ansatzes zu verwerfen. Beachtenswert scheint ferner die Uneinigkeit in der Terminologie zur Kennzeichnung einzelner Ausprägungen der Internationalisierung (z.B. direkter oder indirekter Export, Lizenzvergabe, Aufbau von Vertriebsorganisationen oder Gründung von Produktionsstätten im Ausland). Macharzina (1981, S.37) etwa erachtet das geringe Ausmaß sprachlicher Normierung als für den unbefriedigenden Stand der Theorieentwicklung über internationale Unternehmenstätigkeit mitverantwortlich. Ohne auf die unterschiedlichen Klassifikationsschemata näher einzugehen, die in der Regel übermäßig fein gegliedert sind, soll im folgenden Internationalisierung als ein komplexer Prozeß verstanden werden, dessen vielfältige Erscheinungsweisen sich einer starren Systematisierung entziehen. Darüber hinaus soll der allgemein eingeführte Begriff des Internationalen Marketing stellvertretend für alle einschlägigen Termini Verwendung finden und Marketing in multiplen Umwelten kennzeichnen.

1) In Abschnitt 3.3 dieses Kapitels wird die Problematik von Vergleichsanalysen näher beleuchtet (vgl. auch Boddewyn 1981; Bartels 1968b).

2. Die Rolle des Managements bei der Aufnahme von Auslandsaktivitäten

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2. Die Rolle des Managements bei der Aufnahme von Auslandsaktivitäten Bei der Beschäftigung mit der Grundsatzentscheidung von Unternehmen, auf ausländischen Märkten tätig zu werden, interessiert primär, welche Anreize unternehmensintemer oder -externer, objektiver oder subjektiver Art letztlich den Ausschlag für einen solchen Entschluß geben. Dieser Festlegung kommt bei dem Versuch, den konzeptionellen Rahmen der folgenden Ausführungen abzustecken, zentrale Bedeutung zu. Auslandsengagements stellen (mittelständische) Unternehmen zum einen vor die Aufgabe, die Auseinandersetzung mit den Schwierigkeiten multipler, nichtökonomischer Umwelten erfolgreich zu lösen. Zum anderen bedarf es aber auch großer Anstrengungen, um die unternehmerischen Ressourcen ins Ausland zu transferieren. Darüber hinaus gilt es festzuhalten, daß Entscheidungen von Unternehmen letztlich immer solche von Personen (Entscheidungsträgern) sind, die den Mittelpunkt eines aus vier Ebenen bestehenden Systems bilden (vgl. Abbildung 2.5).

NICHTÖKONOMISCHE

UMWELT

Abbildung 2.5: Konzeptioneller Rahmen der Exportentscheidung Was veranlaßt Manager, ein Auslandsengagement einzugehen? In der Literatur, die sich mit dieser Frage befaßt, finden sich Arbeiten, die •

sich mit dem Erstellen von Motiv- bzw. Checklisten begnügen,



eine gewisse Strukturierung des Untersuchungsgegenstandes anstreben, indem sie das typische Merkmalsprofil der exportierenden Unternehmen aufzeigen bzw. einzelne Aspekte von Exportentscheidungen durchleuchten, oder



Elemente und Struktur der Exportentscheidung in Form komplexer Entscheidungsmodelle abbilden.

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Π. Die psychische Struktur des Managements

2.1. Die Motive zur Aufnahme von Auslandsengagements Ein Großteil der Studien zur Exportentscheidung begnügt sich mit einer Beschreibung des Status quo der interessierenden Sachverhalte. Charakteristisch der Exportentscheidung, dafür ist das Bemühen, mögliche Einflußfaktoren Exportanreize und Determinanten des Exporterfolges (z.B. Informationsverhalten, Wahrnehmung von Exporthemmnissen, Ähnlichkeit von Märkten) aufzulisten. Wegen des vorwissenschaftlichen Charakters dieser Vorgehensweise soll es an dieser Stelle genügen, häufig genannte Exportstimuli exemplarisch den Kategorien des allgemeinen Bezugsrahmens (Abbildung 2.5) zuzuordnen.

Inlandsmarkt: - Größe und technologischer Stand des heimischen Marktes; - Wettbewerbssituation; - Exportförderungsprogramme; - Verbraucherverhalten. Auslandsmarkt: - Wirtschaftliche Risiken; - Handelshemmnisse; - Wettbewerbssituation; - Verbraucherverhalten; - Lieferanfragen. Unternehmung: - Anzahl der Beschäftigten; - Produktionsprogramm; - Marktanteil; - Rechtsform; - Organisationsform; - Unternehmensphilosophie. Entscheidungsträger: - Auslandserfahrung; - Sprachkenntnisse; - Risikoneigung; - Innovationsbereitschaft; - Anzahl der an der Entscheidung beteiligten Personen.

2. Die Rolle des Managements bei der Aufnahme von Auslandsaktivitäten

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Nichtökonomische Umwelt: - Wettbewerbsrecht; - Politische Risiken; - Bildungsniveau; - Kulturelle Distanz. Die Erstellung derartiger Listen von Faktoren, die im Rahmen von Exportentscheidungen fraglos von Bedeutung sind, erlaubt allerdings nicht die Isolierung der determinierenden Attribute, jener Merkmale also, die eine Identifikation solcher Unternehmen ermöglichen, die aller Voraussicht nach auch auf ausländischen Märkten bestehen können. Positiv festzuhalten bleibt hingegen, daß diese hypothesenfreie, häufig kasuistische Vorgehensweise (vgl. Berekoven 1985; Bilkey 1985) in mehr oder minder modifizierter Form Bausteine für die weitergehenden Profil- und Modellansätze (vgl. Abschnitt 2.2 und 2.3) bereitstellt.

2.2. Partialanalysen von Exportentscheidungen Als Partialuntersuchungen werden Arbeiten bezeichnet, die zur Erklärung der Exportentscheidung eine unabhängige Variable bzw. ein Konstrukt heranziehen. Der Erkenntniswert dieser Vorgehensweise liegt darin, daß sie beispielsweise die Möglichkeit eröffnet, das Exportpotential von Unternehmen abzuschätzen und damit gleichzeitig die Zielgenauigkeit von Förderungsmaßnahmen zu verbessern.

2.2.1. Merkmalsprofile exportierender Unternehmen Einen Sonderfall in dieser Hinsicht stellen die Profile exportierender Unternehmen dar. Das Anliegen , das mit dieser Methode verfolgt wird, besteht in der Zusammenfassung einer Vielzahl von Unternehmensmerkmalen aus allen vier in Abbildung 2.5 aufgezeigten Einflußbereichen zu deskriptiven Merkmalsprofilen, um anschließend jene Kombinationen von Ausprägungen zu finden, die charakteristisch für exportierende bzw. nicht-exportierende Unternehmen sind. Das primäre Interesse gilt dabei objektiven exportbezogenen Unternehmensmerkmalen, die allerdings mit theoretisch bedeutsamen explikativen Variablen allenfalls indirekt über Interkorrelationen verknüpft sind (vgl. Cavusgil/Bilkey/Tesar 1979, S. 91). Gleichwohl sollten auch die dieser Vorgehens weise innewohnenden Vorteile nicht gering geschätzt werden.

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Einerseits betrachtet man hierbei die einzelnen Merkmale nicht primär als isolierte Einflußgrößen, sondern im Verbund, und andererseits handelt es sich um ein Verfahren ohne eine explizite theoretische Fundierung, was sich gelegentlich aus praxeologischer Sicht als Vorteil erweist. Nach Snavely/Weiner/Ulbrich/Enright (1964, S. 72) wird das Profil der exportierenden Unternehmung geprägt von Patentbesitz und der Fähigkeit, daraus bedeutsame Vorteile zu ziehen, ferner von Preisvorteilen in dem bearbeiteten Markt, der Verfügbarkeit eines breiteren heimischen Marktes und einem stärker differenzierten Fächer an Marketingtechniken wie Persönlicher Verkauf und Merchandising, als dies bei nicht-exportierenden Unternehmen der Fall ist. Dagegen sieht Tesar (1975) folgende Charakteristika als Schlüsselgrößen an: Das Management erhofft sich von der Exporttätigkeit positive Auswirkungen auf das Unternehmens- und Marktwachstum, betreibt eine langfristige Marketingplanung und erzielt einen Jahresumsatz von mindestens 1 Mio. Dollar. Cavusgil/Nevin (1981b, S. 114) konzentrieren sich ebenfalls auf die Analyse von endogenen, d.h. unternehmensinternen Exportwiderständen. Von den 18 von ihnen berücksichtigten unabhängigen Variablen prägten die mit einer Exporttätigkeit verknüpften Erwartungen des Managements bezüglich des Firmenwachstums und die Selbstverpflichtung zum Export (Marketingplanung, Export als Element der Unternehmenspolitik, systematische Erkundung von Exportmöglichkeiten) die Profile exportierender Unternehmen am nachhaltigsten, während sich nicht-exportierende Firmen vornehmlich durch fehlende Entschlossenheit des Top-Managements, die Bedingungen von Auslandsaktivitäten konsequent zu erkunden, auszeichneten. Sieht man von Einwänden wie der Schwierigkeit der Durchführung von Profilvergleichen und deren mangelnder theoretischer Fundierung ab, die sich sowohl bei Tesar (1975) als auch bei Cavusgil/Nevin (1981b) in der Verwendung einer pragmatischen Strukturierungstechnik wie der AID manifestiert, so erscheint insbesondere die Einbeziehung der "Erwartungen des Managements hinsichtlich der Auswirkungen des Exports auf die Unternehmensziele" als unabhängige Variable verwunderlich. Da die zu erklärende, abhängige Variable exportierende von nicht-exportierenden Unternehmen trennt, sind die mitgeteilten Befunde m.E. tautologisch. Die konsistenztheoretische Erkenntnis, daß in der Nachentscheidungsphase Umbewertungen vorgenommen werden, um kognitive Dissonanzen zu vermeiden bzw. abzubauen, läßt kein anderes Ergebnis erwarten, als daß Manager, die sich für den Export entschieden haben, mit Auslandsaktivitäten höhere Erwartungen verknüpfen und mehr ExportmarketingPlanung betreiben als solche, die mit diesem Problemkreis im Rahmen einer

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wissenschaftlichen Erhebung u.U. zum erstenmal eingehender konfrontiert werden. Stellt man jedoch nicht methodisch-konzeptionelle Schwächen, sondern den praktischen Nutzen von Profilanalysen in den Vordergrund der Überlegungen, so ist zu prüfen, ob es gelingt, das postulierte Exportpotential zu aktivieren. Wandeln sich nicht-exportierende Firmen mit einem dem typischen Exporteur ähnlichen Profil tatsächlich zu Exporteuren, wenn man ihnen Verbindungen zu ausländischen Nachfragern schafft? Weiner/Krok (1967) gingen dieser Schlüsselfrage bei einem Teil der von Snavely/Weiner/Ulbrich/Enright (1964) durchleuchteten Unternehmen nach, wobei das Ergebnis ziemlich enttäuschte: Keines der 32 Unternehmen, die das typische Exportprofil aufwiesen und mit an ihren Erzeugnissen interessierten ausländischen Betrieben in Kontakt gebracht worden waren, konnte während des Untersuchungszeitraumes auch nur einen Exportauftrag verzeichnen. Dieser Mißerfolg muß nicht ausschließlich darauf zurückzuführen sein, daß die Profilmethode keine verläßliche Identifikation von Exportpotential erlaubt. Vielmehr mag auch die Vermittlung von Kontakten mit ausländischen Importeuren noch keinen ausreichenden Exportanreiz darstellen. Simpson/Kujawa (1974) jedenfalls gelangten zu dieser Schlußfolgerung, als sich in ihren Interviews mit Entscheidungsträgern von 120 Herstellern aus Tennessee zeigte, daß nicht nur bei allen exportierenden, sondern auch bei 54 % der nicht-exportierenden Unternehmen dieser Stichprobe Bestellungen aus dem Ausland eingegangen waren, die von den Betroffenen nicht initiiert worden waren und sie zum Teil völlig überrascht hatten. Hinsichtlich der angestrebten Aktivierung ungenutzten Exportpotentials kann dieser Befund als Beleg dafür gelten, daß Exportförderungsmaßnahmen wie der Nachweis von Interessenten zwar eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Bedingung für die Aufnahme von Auslandsaktivitäten darstellen. Da sich beiden Unternehmenstypen offensichtlich häufig dieselben Exportchancen eröffnen und - im konkreten Fall - 48 der 70 Interviewpartner aus nicht-exportierenden Firmen bestätigt hatten, daß ihr Unternehmen im Prinzip auch Exportaufträge bearbeiten könnte, charakterisierten Simpson/Kujawa (1974, S. 111) die Exportentscheidung als das Ergebnis einer Interaktion des "richtigen" Exportanreizes mit der adäquaten Wahrnehmung jener Faktoren, die beim Export eine Rolle spielen. Ihrer Analyse zufolge schätzen Exporteure vor allem die auf Exportmärkten gegebenen Gewinnchancen im Verhältnis zum heimischen Markt größer ein als Nicht-Exporteure. Außerdem weisen sie ein höheres Bildungsniveau und eine geringere Risikobereitschaft auf, setzen die verschiedenen durch Exportaktivitäten verursachten Kosten niedriger an und be-

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Π. Die psychische Struktur des Managements

fürchten weniger Kommunikationsschwierigkeiten als ihre auf den Binnenmarkt fixierten Kollegen.

2.2.2. Unternehmensziele als Determinanten der Aufnahme einer Exporttätigkeit Die Internationalisierung der Unternehmung vollzieht sich idealtypisch im Rahmen des Systems der Unternehmensziele. Dabei führen bestimmte Ziele eher zur Aufnahme eines Auslandsgeschäfts als andere. Die forschungspolitische Konsequenz aus dieser Feststellung besteht darin, die Zielsysteme jener Unternehmungen zu untersuchen, die aktiv und "willentlich" das Exportgeschäft suchen, um sie mit den Zielen nicht-exportierender Unternehmen zu vergleichen. In der klassischen Wirtschaftstheorie gilt die Gewinnmaximierung als oberstes Ziel einer Unternehmung (vgl. Kupsch 1979). Das würde bedeuten, daß Unternehmen um so eher den Schritt über die nationalen Grenzen wagen, je höhere Gewinnerwartungen das Management an das Exportgeschäft knüpft. Diese Vermutung fanden Simpson (1973) und, in seinem Gefolge, Tesar (1975), Bilkey/Tesar (1977) sowie Alexandrides (1977) bestätigt. In der Einschätzung des Managements vieler Firmen trägt der Export aber allenfalls kurzfristig zu einer Gewinnverbesserung bei (vgl. Tookey 1964; Barnhart 1968; Sinai 1970). Freilich sind die Buchhaltungssysteme der Unternehmen selten dazu angelegt, den aus Exporten fließenden Gewinn exakt auszuweisen (vgl. Simpson 1973). Ferner sprechen einige Untersuchungen dafür, daß - zumindest kurzfristig - die Gewinnmaximierung kein Motiv für eine Aufnahme von Exportgeschäften darstellt (vgl. Hunt/Frogatt/Hovel 1967; Cooper/Hartley/Harvey 1970). Diese Studien stützen die These, daß der Export eher als Mittel für die langfristige Sicherung eines Unternehmens bzw. die Einleitung einer Wachstumsphase angesehen wird. Plausiblerweise verstehen wettbewerbsfähige Betriebe eine negative Entwicklung der Nachfragesituation auf dem Inlandsmarkt als Anreiz zu einer räumlichen Ausdehnung ihrer Aktivitäten. Wie Bilkey (1978, S. 34) berichtet, fanden Pavord/Bogart (1975) bei 138 exportierenden Firmen im Mittelwesten der USA heraus, daß deren Primärmotiv für die Aufnahme eines Auslandsengagements in der Vermeidung von Verlusten bestand, die angesichts der auf dem saturierten US-Markt stagnierenden Umsätze zu erwarten waren.

2. Die Rolle des Managements bei der Aufnahme von Auslandsaktivitäten

67

2.2.3. Die Wahrnehmung der Lage der Unternehmung in der Umwelt als Faktor der Internationalisierung Die wichtigsten subjektiven Faktoren einer Internationalisierung systematisierte Bilkey (1978, S. 33) wie folgt: (1)

Zunächst erwies sich die diffuse Überzeugung des Managements, daß "Export attraktiv bzw. positiv sei" als förderlich für die Exportorientierung, und zwar unabhängig von dem realen Beitrag, den ein Auslandsengagement zu den Zielen der Unternehmung leistet (vgl. Simpson 1973). Die große Bedeutung dieser Einstellung liegt darin, daß insbesondere zu Beginn der Internationalisierung keine gesicherten Aussagen über den Beitrag des Exportgeschäfts zum Gewinn gemacht werden können.

(2)

Ein zweiter wichtiger Faktor, der Unternehmen veranlaßt, im bzw. ins Ausland zu expandieren, umfaßt die harten Wettbewerbsbedingungen auf dem heimischen Markt sowie das Vertrauen in die unternehmensspezifischen Wettbewerbsvorteile. Der Export soll somit die Existenz der Unternehmung sichern helfen (vgl. Pavord/Bogart 1975).

In einer Reihe von Untersuchungen ging man konsequenterweise der Frage nach, welche Gegebenheiten nicht-exportierende Firmen - mutmaßlich - am stärksten davon abhalten zu exportieren. Während die wirtschaftspolitische Relevanz derartiger Erkenntnisse auf der Hand liegt, erlauben die empirischen Befunde unterschiedliche Erklärungen. Drei Thesen erscheinen in dieser Hinsicht schlüssig: •

Weil Exporteure weniger Exporthemmnisse wahrnehmen, exportieren sie (vgl. Alexandrides 1977; de la Torre 1975; Tesar 1975).



Exporteure nehmen mehr Exporthemmnisse wahr, weil ihnen bei der Abwicklung von Auslandsgeschäften diese "erst recht" bewußt werden, während den Nicht-Exporteuren die kognitive Basis für die Perzepüon von Widerständen fehlt (vgl. Bilkey 1978).



Es besteht kein Zusammenhang zwischen der Exporterfahrung und der Wahrnehmung von Exporthemmnissen (vgl. Doyle/Schommer 1976).

Die Ausdehnung des Aktionsfeldes und damit die Vermehrung der Kulturkreise, in denen eine Unternehmung agiert, gehen zwangsläufig mit dèr Erhöhung spezifischer Länderrisiken einher (vgl. Zimmermann 1984; Dichtl/ Köglmayr 1985d; Köglmayr 1986; Dichtl/Köglmayr 1987; Köglmayr/Müller

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Π. Die psychische Struktur des Managements

1987a). Namentlich mittelständischen Betrieben fallen die Erlangung und Verarbeitung der für eine Risikoanalyse erforderlichen Informationen schwer. Es hat sich eingebürgert, die vielfältigen Risiken (z.B. Transfer-, Währungs-, Vertragserfüllungs-, Fabrikationsrisiko) in einem Index abzubilden, wobei der BERI-, der Euromoney-Index und das Institutional Investor-Country Rating den höchsten Bekanntheitsgrad besitzen. Da hierbei weder nach Branchen noch nach Länderkategorien und Markterschließungsstrategien differenziert wird, kommt sämtlichen derartigen Gradmessern zur Risikobewertung im Auslandsgeschäft lediglich die Funktion eines Hilfsmittels für die Grobselektion potentieller Auslandsmärkte zu.1) Die Unternehmen können also im Einzelfall nicht davon entbunden werden, Länder-, Standort- und Marktanalysen durchzuführen, die auf die spezifische Situation in ihrer Branche eingehen. In die Kategorie der "subjektiven" Einflußgrößen der Exportentscheidung gehört auch die Wahrnehmung von positiven Impulsen, z.B. von Fördermaßnahmen des Staates. Diese zielen darauf ab, Hemmnisse und Engpässe, die im Zusammenhang mit den Auslandsaktivitäten von Unternehmen auftreten können, zu mildern oder gar zu eliminieren. So untersuchte beispielsweise Rabino (1978) die Wirksamkeit eines Bündels exportfördernder Maßnahmen der US-Regierung, die unter der Bezeichnung DlSC-Programm (Domestic International Sales Corporation Program) bekannt geworden sind (vgl. Köglmayr 1984). Die Erkenntnisse, die er dabei gewonnen hat, lassen sich wie folgt zusammenfassen: Fördermaßnahmen werden vor allem von Unternehmen in Anspruch genommen, die bereits über Wettbewerbsvorteile auf Exportmärkten verfügen. Insbesondere exportierende Firmen erkennen darin einen "zusätzlichen Anreiz". Weniger ausgeprägtes Interesse zeigen dagegen Unternehmen, die eine überragende Wettbewerbsfähigkeit besitzen. Für sie verlieren die Programme ihre stimulierende Wirkung. Unbeschadet dieses Umstandes besteht für alle Betriebe der Hauptnutzen der Förderungsmaßnahmen in einer Verbesserung ihrer Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt

1)

Detaillierte Ausführungen zur Bewältigung risikoreicher Unternehmenssituationen finden sich in Kapitel 4, Abschnitt 3.3.2.1., dieser Arbeit.

2. Die Rolle des Managements bei der Aufnahme von Auslandsaktivitäten

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2.2.4. Die Bedeutung von Unternehmensmerkmaien für die Exportentscheidung Zahlreiche empirische Studien zielen auf jene Unternehmensmerkmale, die den Markteintritt und folglich auch die Bearbeitung ausländischer Märkte erleichtern (vgl. Burton/Schlegelmilch 1987; Cavusgil/Bilkey/Tesar 1979; Cooper/Hartley/Harvey 1970; Kirpalani/Macintosh 1980; Mayer/Hynn 1973; Pavord/Bogart 1975; Reffait/Roux 1979; Simmonds/Smith 1968; Tookey 1964). Alle diese Arbeiten konzentrieren sich auf eine Kombination von Merkmalen, die sich mit "Produkt - Markt - Organisation - Technisches Knowhow - Ressourcen" charakterisieren läßt, und erklären damit die unterschiedliche Intensität von Auslandsengagements. So fanden Welch/Wiedersheim-Paul (1980), daß Unternehmen, die nur einen lokalen Markt bearbeiten und nicht zu Exportaktivitäten neigen, nur über begrenzte Produktionskapazität verfügen und durch die einseitige Struktur der bisherigen Nachfrage benachteiligt sind. Faßt man die Internationalisierung als eine Etappe des Unternehmenswachstums auf, erscheint es naheliegend, die Betriebsgröße als eine wesentliche Determinante von Exportaktivitäten anzusehen (vgl. z.B. Tookey 1964). Bei dem Vergleich von drei Ländern erkannte Hirsch (1970), daß zwischen der Exportleistung eines Unternehmens und seiner Größe der in Abbildung 2.6 angedeutete Zusammenhang besteht.

Exportleistun?

Kleinbetrieb

Mittelständisches Unternehmen

GroßGroßbetrieb

Konzern

Quelle: Hirsch 1970, S. 86.

Abbildung 2.6: Unternehmensgröße und Exportleistung

'

Unternehmens grüße

70

Π. Die psychische Struktur des Managements

Andere Autoren gelangten zwar zu gegenteiligen Befunden (vgl. z.B. von Bilkey/Tesar 1977), aber dennoch spricht einiges für die Meinung von Hirsch (1970), daß nur in bestimmten Wachstumsphasen die Unternehmensgröße positiv mit der Exportintensität korreliert (vgl. Hirsch/Adar 1974). Auch nach Ansicht von Cavusgil (1984) bietet die Firmengröße den Unternehmen im Rahmen von Exportbemühungen einen komparativen Vorteil. Jedoch trägt dieser Forscher den nicht ganz eindeutigen empirischen Befunden (vgl. Bilkey 1978) Rechnung und stellt fest, daß nicht die Firmengröße den Exporterfolg determiniert, sondern damit verknüpfte Merkmale, wie genügend große Produktionskapazität sowie ausreichende finanzielle und personelle (Management-)Ressourcen (vgl. Cavusgil 1984, S. 7), diese Rolle spielen.

2.2.5. Eigenschaften des Managements als Bestimmungsgröße der Internationalisierung Naturgemäß gibt es auch unternehmensinterne Faktoren, die den Internationalisierungsprozeß hemmen bzw. verhindern, etwa eine gewisse unternehmerische "Passivität". So begegneten Doyle/Schommer (1976) in der Tat bei nicht-exportierenden US-Firmen einem übersteigerten Sicherheitsstreben. Gleichzeitig beobachteten sie, daß Exporteure ihr Management als sehr viel aggressiver bezeichneten als Nicht-Exporteure. Breiter angelegte Studien (Tookey 1964; Cunningham/Spigel 1971; Tesar 1975; Bilkey/Tesar 1977; Wiedersheim-Paul/Olson/Weich 1978; Reid/Mayer 1980; Reid 1981; 1987) kamen zu dem Schluß, daß erstere generell über ein effektiveres Management verfügen. Hunt/Frogatt/Hovell (1967) stellten fest, daß die Intensität, mit der Manager Unternehmensziele wie Gewinn, Wachstum und Diversifikation verfolgen, auch für eine erfolgreiche Bearbeitung ausländischer Märkte den Ausschlag gibt. Simmonds/Smith (1968) wiederum faßten Export als eine Innovationsstrategie auf und charakterisierten besonders innovative Manager durch Merkmale wie Risikoneigung, aggressives Geschäftsgebaren und Gewinnmotivation. Auf der Basis derartiger empirischer Befunde wurde die verhaltenswissenschaftliche Anspruchsniveautheorie diskutiert. Im Verbund mit bestimmten Elementen der psychologischen Entscheidungstheorie würdigt dieser Ansatz insbesondere die Rolle des "risk-taking behavior" (vgl. McGuire 1964). Siegel (1957) - dessen Ausführungen auf Lewin (1951) zurückgehen - definierte "aspiration" als die Nutzenerwartungen, die eine Person bezüglich bestimmter Ziele hegt (vgl. auch Atkinson 1957). Davon ausgehend wurden bislang mehrere Versuche unternommen, im Zusammenhang mit Auslandsgeschäften

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die "Effekte von Erwartungen von Managern" empirisch zu überprüfen (vgl. Bilkey 1973). Cyert/March (1963) entwickelten gar eine "theory of expectations" und integrierten diese als eine von vier Hauptkomponenten in ihr "Verhaltensmodell von Firmen". Demnach gestalten sich die Erwartungen von Managern hinsichtlich Profitabilität, Risikohafügkeit und Kostenintensität von Exportaufträgen in Abhängigkeit von ihren eigenen und den Erfahrungen des Unternehmens. Nicht anders verhält es sich mit ihrer Wahrnehmung der sich ständig wandelnden Umweltbedingungen auf internationalen Märkten (Wechselkurse, politische Veränderungen, Marktpotential). Die Abhängigkeit der Exportentscheidung von den Erwartungen und dem Engagement der beteiligten Entscheidungsträger belegen auch Befunde von Cavusgil/Nevin (1981b). Basche (1971) wies nach, daß Nicht-Exporteure und Gelegenheits-Exporteure die Risiken, Kosten und möglichen Gewinne, die mit Exportaufträgen verbunden sind, pessimistischer beurteilen als ihre exporterfahrenen Kollegen. Er berichtete auch, daß Manager mit zunehmender Erfahrung im Exportmarketing ihre Risikoerwartungen reduzieren und Auslandsengagements optimistischer beurteilen als anfänglich. Viele Forscher glauben, Belege dafür gefunden zu haben, daß das Interesse und die Unterstützung des Top-Managements die Exportaktivitäten von Unternehmen entscheidend prägen (vgl. Cunningham/Spigel 1971; Hunt/Frogatt/ Hovell 1967; Langeard/Reffait/Roux 1976; Weinrauch/Rao 1974). Konkret betätigen sich Manager dann als Promotoren von Auslandsengagements, wenn sie dieses Themengebiet mit "nachdenklicher Aufmerksamkeit" verfolgen, gewillt sind, "die erforderlichen Ressourcen (finanzieller und personeller Art) für die Exportaktivitäten bereitzustellen" und explizit "eine Exportstrategie formulieren". Als wichtig erwies sich auch die Bereitschaft, die Unternehmensstrategie "Export" gleichrangig neben die Bearbeitung des Inlandsmarktes zu stellen. Dies bedeutet, daß neben der Schaffung einer unternehmensinternen Infrastruktur für das Exportmarketing (z.B. ausländische Märkte systematisch erkunden, Produktstandards abstimmen) auch die Untemehmensphilosophie den gewachsenen Anforderungen angepaßt werden muß (vgl. Cavusgil 1984). Als weitere Prädiktoren der Exportaktivitäten kristallisierte dieser Autor die Gewinnerwartung der Manager, deren Technologieorientierung sowie die Bemühungen zur Sicherung der Investitionen heraus. Es gelang ihm damit, 20,7 % der

72

Π. Die psychische Struktur des Managements

Auslandsengagements der Unternehmen zu erklären. 1) Die Bedeutung der strategischen Planung von Exportgeschäften für deren Erfolg wird auch durch eine Arbeit von Linden (1980) bestätigt. Großen Stellenwert, nicht zuletzt auch im Rahmen dieser Arbeit, besitzt ein von Cavusgil (1984) berichteter Befund, wonach Exportanreize auf der Makroebene ihre Wirkung verfehlen, solange die Grundsatzentscheidung des Managements über die Aufnahme bzw. Ausweitung von Exportaktivitäten noch aussteht. Daraus leitet er die Forderung ab, als Prädiktoren für Exportaktivitäten unbedingt organisationale Sachverhalte und Managercharakteristika heranzuziehen (vgl. auch Cavusgil/Naor 1987). Auch die von Burton/ Schlegelmilch (1986) durchgeführten Analysen bestätigen, daß Einstellungs- und Personenmerkmale der Manager den Exporterfolg einer Unternehmung entscheidend mitbestimmen. Im einzelnen handelt es sich dabei um "das Ausbildungsniveau, Sprachkenntnisse sowie das Angebot eines unternehmensinternen Exporttrainings durch erfahrene Seniormanager" (vgl. auch Meidan 1979; Reid 1981). Derart ausgebildete jüngere Manager wirken wie "Exportagenten" in den Unternehmen (vgl. Dunphy/Layton 1970; Simpson/Kujawa 1974).

2.3. Komplexe Modelle der Exportentscheidung Will man ergründen, wie und warum nicht-exportierende zu exportierenden Unternehmen werden, muß mit der Analyse schon vor deren Exportdebut angesetzt werden. Mit Ausnahme von Simpson/Kujawa (1974), die ihre Probanden baten, sich an die Entscheidungen zu erinnern, die zur Aufnahme einer Exporttätigkeit führten, haben Forscher immer wieder versucht, die gewünschten Rückschlüsse aus den Unterschieden zwischen exportierenden und nicht-exportierenden Unternehmen zu ziehen, wobei sich der typische Untersuchungs-

1)

Als abhängige Variable wurde der Prozentsatz des Auslandsgeschäfts am Umsatz des gesamten Unternehmens (Exportquote) gewählt. Während Hunt/Frogatt/Hovell (1963) diese Meßgröße in Frage stellten und vermuteten, daß die Exportquote keine oder allenfalls geringe Anhaltspunkte dafür liefern kann, ob "alle" profitablen Auslandsgeschäfte getätigt wurden oder nicht, belegt die Studie von Hirsch (1970) das Gegenteil. Ihm gilt die Exportquote als adäquate Kenngröße, um den Erfolg von Unternehmen im Ausland festzustellen. Idealerweise müßte ein Maß der "Exportbereitschaft" bei unterschiedlicher Wettbewerbssituation entwickelt werden. Meßtheoretische Schwierigkeiten verhinderten bislang die Realisierung dieses Gedankens. Ein anderer Vorschlag, die "Optimierung des Exports" als Verhältnis zwischen Auslandsumsatz und dem branchenspezifischen "IdealOutput" auszudrücken, birgt Berechnung s Schwierigkeiten und Definitionsprobleme in sich.

2. Die Rolle des Managements bei der Aufnahme von Auslandsaktivitäten

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ansatz wie folgt charakterisieren läßt: Querschnittsanalyse, Korrelationsanalyse, einmalige Erhebung. Es genügt aber keineswegs, exporterfahrene Manager nach deren Risikowahrnehmung vor der Aufnahme der Exporttätigkeit zu fragen, soweit sie sich überhaupt noch daran zu erinnern vermögen. Gefordert ist vielmehr die Analyse des Entscheidungsprozesses von Managern, die noch keine einschlägigen Erfahrungen gesammelt haben. Es erscheint deshalb unabdingbar, unter Bezug auf allgemeine entscheidungstheoretische Phasenschemata ein Modell der Exportentscheidung zu entwickeln, das es vermag, die Genese der Exportentscheidung bis hin zu den in der Nachentscheidungs-Phase ablaufenden Umbewertungen prozeßhaft darzustellen. Das ideale Modell der Exportentscheidung ist •

komplex, d.h. es berücksichtigt eine Vielzahl von Entscheidungsgrößen,



explikativ, d.h. es beschreibt nicht nur die zwischen den relevanten Variablen bestehenden Beziehungen, sondern erklärt sie auch,



dynamisch, d.h. es analysiert die Entscheidung im Zeitverlauf, sowie



personenbezogen, d.h. es betrachtet die Internationalisierungsentscheidung einzelner Wirtschaftssubjekte und nicht die von Unternehmen.

Angesichts der Vielschichtigkeit des Untersuchungsgegenstands kann man sich die Konstruktion eines solchen Modells kaum noch vorstellen; zumindest wäre das Ergebnis empirisch nicht überprüfbar. So verwundert es nicht, daß in der Literatur vorgeschlagene Modelle jeweils nur Teile eines solchen utopischen Globalmodells verkörpern. Die wichtigsten dieser - zumindest ihrer Intention nach - explikativen Modelle werden im folgenden kritisch beleuchtet. Cavusgil (1976) unterscheidet zwischen Hintergrundvariablen und intervenierenden Variablen, um die Wahrscheinlichkeit dafür, daß ein Unternehmen zu exportieren beginnt, zu erklären. Anstelle der informativeren Pfadkoeffizienten teilt der Autor jedoch lediglich die Korrelationskoeffizienten für Variablenpaare mit. Substantiell ist an dem gewählten Ansatz zu bemängeln, daß sich die Hintergrundvariablen auf wenige Unternehmens- und Managermerkmale beschränken und die zentralen intervenierenden Variablen ("management's expectations regarding effects of exporting" und "allocation of firm's resources to planning for exporting") keine eigentlichen Kausalfaktoren, sondern notwendige Begleiterscheinungen der Aufnahme einer Exporttätigkeit darstellen. Im übrigen ist das Modell statisch konzipiert.

74

Π. Die psychische Struktur des Managements

Auch ein Stufenmodell von Bilkey und Tesar (1977), die in Übereinstimmung mit Rogers (1962) die Exportentscheidung nach Maßgabe des von der Unternehmung geforderten Involvement in sechs Phasen zerlegten 1), verdeutlicht die Folgen theorielosen Forschens. Im Ergebnis ähnlich wie Cavusgil (1976) stellen sie nach regressionsanalytischen Studien fest, daß sich die für die Fragestellung besonders bedeutsame Phase der Erkundung der Realisierbarkeit von Exportlieferungen am besten durch die Variable "Unternehmung plant Export" vorhersagen läßt. Dies indessen ist schlichtweg tautologisch. Wenn die systematische Planung des Exports als Voraussetzung für die Sinnhaftigkeit von "Feasibility Studies" angesehen wird, liegt offensichtlich eine Umkehrung von Ursache und Wirkung vor. Größere Plausibilität besitzt gewiß die Vorstellung, daß Exportvorbereitungen als Folge von positiv verlaufenen Vorstudien getroffen werden. Tatsächlich aber scheint der Eintritt in diese Vorstufe des Exports, wie Bilkey und Tesar (1977, S. 94) selbst ausführen, eher von psychologischen Variablen als von dem Ergebnis streng ökonomischer Überlegungen abzuhängen. Auslösender Faktor ist oftmals nichts anderes als die diffuse Überzeugung des Managements, daß Export per se wünschenswert sei, und zwar unabhängig von dem zu erwartenden Beitrag zu den Unternehmenszielen (vgl. Simpson 1973). Andere berichten, häufig gebe eine starke Auslandsorientierung des Managements den Anstoß (vgl. Langston/Teas 1976). Lee und Brasch (1978) versuchten, den Eintritt von Unternehmen in die Exportphase mittels der Diffusionstheorie 2) zu erklären. Ihren Ermittlungen zufolge lief bei knapp 70 % der 35 von ihnen untersuchten kleinen Firmen der Entscheidungsprozeß "irrational" ab. Unter Rückgriff auf eine Annahme von Johanson/Vahlne (1977), wonach die Initialzündung entweder von dem Wissen um spezifische Unternehmensprobleme oder von der Wahrnehmung von Marktchancen ausgehe, stellten sie nur bei einer Minderheit diese Problemorientierung fest, während die Mehrzahl der Betroffenen innovationsorientiert entscheidet und vornehmlich die Marktchancen sieht, die der Export eröffnet. Neben der geringen Fallzahl und der atypischen Größe der befragten Unternehmen, die den Ablauf des Entscheidungsprozesses unmittelbar beeinflußt, weist vor allem die fehlende Nachvollziehbarkeit eines von den Autoren benutzten Rationalitätsindex dieser Studie bestenfalls explorativen 1) 2)

Ähnliche Phasenmodeüe legte auch die "Uppsala-Schule" (vgl. Olson 1975; Johanson/ Wiedersheim-Paul 1975) vor. Die Entscheidung, Verkäufe ins Ausland als Teil der Marketingstrategie aufzufassen, wird als ein Fall von "Adoption einer Innovation" betrachtet.

2. Die Rolle des Managements bei der Aufnahme von Auslandsaktivitäten

75

Charakter zu. Positiv schlägt freilich die Abkehr von dem (unausgesprochenen) Dogma absoluter Rationalität zu Buche, die derartigen Entscheidungen im Hinblick auf die durch sie verursachten Kosten häufig unreflektiert zugeschrieben wird. Als einen Innovations-Adoptions-Prozeß versteht auch Reid (1981) den Vorgang der Exportentscheidung (vgl. Abbildung 2.7; und Kieser 1985). Mit seinem die Phasen Bewußtwerden, Absicht, Versuch, Bewertung und Akzeptanz umfassenden Modell, dessen Schwerpunkt auf der Endphase der Exportentscheidung liegt, systematisiert er aber lediglich die relevanten Einflußgrößen aus diffusionstheoretischer Sicht. Noch nicht einmal auf diesem konzeptionellen Niveau kommt jedoch der von Reid besonders betonte Aspekt der Interaktion von Unternehmens- und Entscheidermerkmalen zum Tragen. Dennoch verdient seine Arbeit Beachtung, weil sie einen instruktiven Überblick über wichtige, der Erforschung des Einflusses von Managermerkmalen auf die Exportentscheidung gewidmeten Studien gibt.

Stage 1

Stage 2

Stage 3

Stage 4

Stage 5

Export Awareness

Export Intention

Export Trial

Export Evaluation

Export Acceptance

EXPORT ADOPTION STAGES

problem or opportunity recognition. arousal ot need

personal experience from limited exporting

results from engaging In exporting

adoption of exporllng/reiectfon of exporting

DECISION MAKER

past experience export-related or not; type, level, & amount of foreign Information exposed to, and associated Individual characteristic·, unsolicited foreign orders

motivation, attitude, beliefs, and expectancy about export contribution expectations from entry Into foreign market, foreign market orientation, export orientation, and underlying attitude· toward foreign Involvement

sought foreign orders through search of foreign markets

profitability, sales stability

export expansion activity shown by continued export growth as: (1) increased exports as a percentage of sales; (2) continued entry Into new markets; (3) continued absolute export growth; (4) continued Introduction of new products Into export markets

unsolicited foreign orders, existence of available managerial and financial resource·

result· Irom engaging in export behavior

Variables Involved

FIRM Variables Involved

past firm performance, reputation. and visibility

managerial goals and existing firm resources

Quelle: Reid 1981, S. 103.

Abbildung 2.7: Das Exportverhalten als "Adoption einer Innovation" im Zeitverlauf Im übrigen macht er deutlich, daß die Wirkungen von Exportanreizen von Informationsstand, Einstellungen und Motivationslage des Managements abhängen (vgl. auch Reid 1984). Seltsamerweise hält er aber McGuiness (1978) vor, das von diesem postulierte Konstrukt der "motivation towards foreign

76

Π. Die psychische Struktur des Managements

involvement" nicht operationalisiert zu haben, ohne sich der Tatsache bewußt zu sein, daß auch er selbst für seine "foreign market orientation" keinen Meßvorschlag unterbreitet hat. Die dynamischen Konzepte von Welch/Wiedersheim-Paul (1977), Wiedersheim-Paul/Olson/Weich (1978) sowie Olson/Wiedersheim-Paul (1978) stellen vor allem auf den Zusammenhang zwischen der Exportentscheidung und dem Informationsverhalten der Unternehmung in der Vorentscheidungsphase ab (vgl. auch Reid 1984). Dabei werden aktives, passives und reaktivierendes VorExportverhalten sowie inlandfixiertes Informationsverhalten unterschieden. Die Entwürfe von Welch/Wiedersheim-Paul sowie Olson/Wiedersheim-Paul stützen sich auf eine Vielzahl von Variablen aus den Bereichen "Entscheider", "Unternehmung", "Inlandsmarkt" und "Auslandsmarkt", während der Vorschlag von Wiedersheim-Paul/Olson/Welch (1978) eine vergleichsweise einfache Struktur besitzt. Die Verfasser der zuletzt genannten Studie versuchen ebenso wie Welch/ Wiedersheim-Paul (1977), ihr Modell durch Fallstudien empirisch zu erhärten. Dabei gelangen Wiedersheim-Paul/Olson/Welch (1978, S. 55) zu recht trivialen Feststellungen der Art, daß acht der von ihnen untersuchten Firmen, die sich in der Vor-Exportphase nachdrücklich um Informationen kümmerten, auch vorhatten zu exportieren, während 22 Unternehmen, die keine Exporttätigkeit planten, weder Marktinformationen sammelten noch solche weiterleiteten. Betont wird dabei die Bedeutung der Firmenvergangenheit, d.h. der Erfahrungen, die ein Unternehmen bei Ausweitung seiner Tätigkeit auf dem Binnenmarkt erwirbt ("domestic internationalization"), und der Firmenumwelt, womit Kontakte zu anderen Unternehmen gemeint sind. Die Autoren vernachlässigen gleichwohl den Umstand, daß alle Anreize verpuffen müssen, wenn sie nicht vom zuständigen Entscheider in geeigneter Weise wahrgenommen und verarbeitet werden. Sie erkennen zwar die Relevanz von Managermerkmalen wie Werthaltungen, Auslandsorientierung, Risikowahrnehmung oder Ambiguitätstoleranz, wagen sich aber nicht an die Aufgabe heran, ihre Vorstellungen zu präzisieren, geschweige denn Operationalisierungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Trotz einer Reihe gravierender Schwächen, die dem Modell der Exportneigung von Olson/Wiedersheim-Paul (1978) anhaften, darf es als das fundierteste Konzept bezeichnet werden. Der von ihnen eingeführten Schlüsselgröße der "export-propensity" zufolge können die unterschiedlichen Stimuli, die von der internen (z.B. Produktmerkmale, Expansionsziele) oder der externen Umwelt (z.B. Marktchancen, Wettbewerb) ausgehen, nur insofern wirksam werden, als sie von den Entscheidungsträgern wahrgenommen werden (vgl. Abbildung 2.8).

2. Die Rolle des Managements bei der Aufnahme von Auslandsaktivitäten

FIRM CHARACTERISTICS -

PRODUCT CHARACTERISTICS DOMESTIC MARKET OPTIMAL SCALE OF PRODUCTION LOCATION IN DOMESTIC MARKET POTENTIAL EXPORT MARKETS

EXPORT STIMULI EXPOSED TO THE FIRM

X DECISION-MAKER CHARACTERISTICS - COGNITIVE STYLE - DEGREE OF INTERNATIONAL ORIENTATION

PERCEIVED EXTERNAL EXPORT STIMULI

PERCEIVED INTERNAL EXPORT STIMULI

PERCEPTION OF PRESENT OR FUTURE - FORTUITOUS ORDERS - MARKET OPPORTUNITY - COMPETITION - GOVERNMENT STIMULATION - ECONOMIC INTEGRATION

PERCEPTION OF PRESENT OR FUTURE - EXCESS CAPACITY - PRODUCT CHARACTERISTICS EXPANSION OBJECTIVES

DISCONTINUOUS EXPORT EFFORTS

DOMESTIC - NO DELIBERATE PREPARATIONS MADE FOR EXPORT SALES

ACTIVE - ACTIVELY SEEKING EXPORT 13EBUT

Quelle: Olson/Wiedersheim-Paul 1978, S. 285.

Abbildung 2.8: Ein Modell der Exportneigung

PASSIVE - PASSIVELY WAITING FOR EXPORT DEBUT

77

78

Π. Die psychische Struktur des Managements

Die bedeutsamsten Managermerkmale sind dabei der kognitive Stil und die Auslandsorientierung der Betroffenen. Allerdings leidet der Aussagegehalt des Modells wiederum unter der unzureichenden theoretischen und völlig fehlenden meßtechnischen Präzisierung der Aussagen zu dieser zentralen Komponente. Weiterhin übersehen die Autoren, daß nicht nur Manager die Exportanreize filtern. Bevor diese auf die Entscheidungsträger treffen, müssen sie in Gestalt der Firmenumwelt und der Unternehmung nämlich weitere Filter passieren. Als Beispiele für Firmencharakteristika können Organisationsstruktur und Unternehmensgröße gelten, während im Falle der Umwelt etwa an die Aufbereitung und Weiterleitung exportrelevanter Informationen durch Industrie- und Handelskammern oder kommerzielle Informations-Broker zu denken ist. Dies wird von den Autoren zwar prinzipiell erkannt, konkret beschränken sie sich jedoch - wie so häufig - auf eine exemplarische, ausschließlich auf die technische Komplexität des fraglichen Produkts bezogene Argumentation.1) Der Gedanke von der Filterfunktion der Firmenumwelt taucht allenfalls implizit auf. Obwohl in ihren Darlegungen dem "cognitive functioning" der Manager eine zentrale Rolle als explikativem Konstrukt zukommt, wenden sich Olson/ Wiedersheim-Paul (1978) bei der empirischen Überprüfung ihres Modells2) überraschenderweise ausschließlich der Verifizierung ihrer Typologie des VorExport-Informationsverhaltens zu. Den Aussagen zur Angemessenheit ihrer Klassifikation der Unternehmen in solche mit aktivem, passivem oder reaktivierendem Vor-Exportverhalten sowie in inlandfixierte Betriebe kommt jedoch lediglich der Stellenwert empirischer Illustrationen zu, wie dies von den Autoren selbst auch eingeräumt wird. Neben der Nicht-Nachvollziehbarkeit des Zustandekommens der Exportaufträge gibt vor allem die überaus simple Operationalisierung des Vor-Exportverhaltens zu dieser Bewertung Anlaß. Die Unterteilung der Firmen nach Maßgabe eines so einfachen Kriteriums wie des Ausmaßes der vor Aufnahme des Exports bzw. in einem Vergleichszeitraum gesammelten oder weitergeleiteten Informationen kontrastiert deutlich mit der vergleichsweise differenzierten verbalen Umschreibung dieser Stile des VorExport-Informationsverhaltens. Solange freilich die Relevanz des kognitiven Stils und der Auslandsorientierung der Entscheidungsträger für die Wahrnehmung von Exportanreizen lediglich postuliert, nicht jedoch geprüft wird, müssen derartige Modelle vage bleiben, womit sie nicht mehr als den Rang von Denkansätzen beanspruchen können. 1)

2)

"The more technically complicated a product is, the smaller the possible number of producers and therefore the higher the possibility of being exposed to external stimuli" (Olson/Wiedersheim-Paul 1978, S. 289). Es handelt sich dabei um eine explorative Studie mit 69 kleinen Betrieben, deren Jahresumsatz deutlich unter 10 Mio. Schwedenkronen lag.

3. Methodenkritische Überlegungen zu einem Forschungsansatz

79

3. Methodenkritische Überlegungen zu einem Forschungsansatz Reid (1981) bezeichnet die bislang auf dem Gebiet der Exportentscheidung betriebene Forschung trotz ihres Umfangs als zu fragmentarisch und unprogrammatisch, um mehr als vordergründige und lückenhafte Einsichten zu liefern. Dieser Bewertung ist im Prinzip zuzustimmen, doch erscheint sie zu unverbindlich, als daß sie der Forschungrichtungsweisende Impulse geben könnte. Selbst die Forderung nach der Entwicklung von Theorien mittlerer Reichweite (vgl. Reid 1981, S. 101) muß als überhöht gelten, sofern sie nicht die Abkehr von empirisch nicht überprüfbaren Globalmodellen impliziert. Daher sollen im folgenden einige wenige, aber konkrete Ansätze zur Weiterentwicklung dieses Forschungsfeldes im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Bei dem Versuch, die eine oder andere Forschungslücke zu schließen, kommt der Operationalisierung des Konstrukts "Auslandsorientierung des Entscheiders" besondere Bedeutung zu. Im Vordergrund steht dabei das Ziel, mit Hilfe einer Längsschnittstudie den diesem Konstrukt attribuierten hohen Stellenwert zu überprüfen, wobei exportierende und nicht-exportierende mittelständische Unternehmen die Erkenntnisobjekte sind.

3.1. Die entscheidungstheoretische Natur der Fragestellung Wie bereits erwähnt, genießen die mittelständischen Unternehmen im Rahmen dieser Arbeit besondere Aufmerksamkeit. Dies gründet sich auf die Vermutung, daß sie über ein beträchtliches Exportpotential verfügen, das aufgrund der großen Flexibilität der Betroffenen schnell zu aktivieren ist. Umgekehrt bestehen dort häufig Probleme beispielsweise bei der Informationsbeschaffung, -Verarbeitung und -Verwertung, die sich nachteilig auf die systematische Bewertung von Marktchancen auswirken (vgl. Müller/Höhn 1989). Hieraus leitet sich die Notwendigkeit ab, die Forschungsbemühungen auf dem Sektor der Entscheidungsprozesse kleiner und mittelgroßer Unternehmen zu verstärken. Dabei verdienen zwei Aspekte besondere Beachtung: (1)

Die Grundsatzentscheidung, international tätig zu werden, und

(2)

die Entscheidung für ein bestimmtes Internationalisierungsmuster, durch die Parameter Markt, Produkt und Strategie charakterisierbar ist.

Im folgenden wird ein Forschungskonzept präsentiert, das der Überzeugung Rechnung trägt, daß im Interesse der Gesamtwirtschaft vorrangig die "Schwellenangst" solcher nicht-exportierender Unternehmen abgebaut werden

das

80

Π. Die psychische Struktur des Managements

sollte, die über unausgeschöpftes Exportpotential verfügen. Ist der erste Schritt erst einmal getan, so die Überlegung, dann werfen die nachfolgenden Phasen, etwa die Erarbeitung und Umsetzung spezifischer Marketingstrategien, keine grundsätzlichen Probleme mehr auf. Diese Argumentation begründet die Konzentration auf die Grundsatzentscheidung der Firmen, im Ausland aktiv zu werden. Darüber hinaus geht diese Arbeit der Frage nach, welche Anreize, seien sie objektiver oder subjektiver Art, letztendlich den Ausschlag für den Entschluß geben, ausländische Märkte zu bearbeiten. Zunächst jedoch interessiert nochmals die Abgrenzung der Untersuchungseinheiten. Da das Entscheidungsverhalten die Schlüsselvariable darstellt, darf die Definition von "kleineren und mittleren Unternehmen" nicht ausschließlich auf objektiven Größen wie Umsatz (vgl. Lee/Brasch 1978) oder der Anzahl der Beschäftigten (vgl. Steinmann/Kumar/Wasner 1981) basieren. Vielmehr spielen gleichermaßen die Unterschiede in den Entscheidungsprozessen kleiner und großer Unternehmen eine Rolle, man denke nur an die Zahl der an der Entscheidung beteiligten Personen bzw. Unternehmenshierarchie-Ebenen. Lee/ Brasch (1978) etwa berichten, daß in den von ihnen untersuchten Firmen höchstens fünf Personen an der Exportentscheidung beteiligt waren, in 66 % der Fälle aber nur eine Führungskraft. Die vorliegende Untersuchung trug den personalpolitischen Besonderheiten mittelständischer Unternehmen (vgl. Kapitel 1; Abschnitt 2) insofern Rechnung, als nur Mitglieder der Geschäftsleitung um Auskünfte gebeten wurden (vgl. Anhang I). Darüber hinaus lautete die Vorgabe, daß im Interesse einer sachgerechten Bearbeitung neben dem Geschäftsführer nur noch die für Auslandsengagements verantwortliche Person der Unternehmung die gestellten Fragen beantworten sollte.1) Weiterhin bedurfte es einer Klärung der relevanten Beschreibungsdimensionen des zu untersuchenden Entscheidungsprozesses. Durch eine grobe Systematisierung der in vorliegenden einschlägigen Studien untersuchten abhängigen Variablen soll versucht werden, das bestehende Dilemma aufzuzeigen. Die Zuordnung empirisch geprüfter Einflußgrößen der Exportentscheidung zu den Systemkomponenten "Umwelt" (Inlandsmarkt, Auslandsmarkt und außerökonomische Umwelt), "Unternehmung" und "Entscheider", wie sie in den Abbildungen 2.9 bis 2.11 vollzogen wird, verdeutlicht die prinzipiellen 1) An dieser Stelle sei auch schon erwähnt, daß die Industrie- und Handelskammer RheinNeckar bei der Kontaktaufnahme mit den Firmen behilflich war und wertvolle Hinweise gab, sei es bei der Auswahl der Ansprechpartner oder bei der Festlegung der Größenordnung, ab der ein Unternehmen als Exporteur gelten kann (Auslandsurnsatz > 10 % des gesamten Umsatzes). Diese Maßgabe gewährleistete, daß nur solche nicht-exportierende Firmen berücksichtigt wurden, die prinzipiell auch in der Lage waren, Exportengagements einzugehen (d.h. beispielsweise keine "Hinterhof-Klitschen").

3. Methodenkritische Überlegungen zu einem Forschungsansatz

81

Schwierigkeiten des vorherrschenden korrelativen Untersuchungsansatzes; denn eine auf einen Erhebungszeitpunkt beschränkte Querschnittsanalyse wird naturgemäß dem Prozeßcharakter des Erkenntisobjekts nicht gerecht (vgl. Reid 1981, S. 101). Der Eklektizismus, mit dem die theoretische und empirische Ergründung der Exportentscheidung betrieben wird (vgl. Bilkey 1978), hat eher zur Vernebelung als zur Aufhellung des Forschungsfeldes beigetragen. Worin unterscheiden sich beispielsweise "degree of international orientation" (Olson/Wiedersheim-Paul 1978), "foreign market orientation" (Reid 1980) und "motivation towards foreign involvement" (McGuiness 1978)? Es lassen sich unschwer weitere Beispiele dafür finden, wie durch einen ideographischen Sprachgebrauch der Eindruck einer Heterogenität der Forschung erzeugt wird, die faktisch nicht bzw. nicht in dem Maße gegeben ist (z.B. "willingness to start exporting"; Bilkey/ Tesar 1977 und "planning to export"; Simpson 1973). Sollen die - durchaus berechtigten - Forderungen nach der Entwicklung dynamischer Modelle, nach prozeßorientierter Analyse der Interaktionen zwischen Firmen- und Managermerkmalen oder nach der Durchführung von Längsschnittstudien zur Identifikation kausaler Beziehungen nicht auf dem Niveau wissenschaftsrhetorischer Pflichtübungen verkümmern, ist es unausweichlich, die Erarbeitung eines konsensfähigen Katalogs von Beschreibungsdimensionen in Angriff zu nehmen. Die angestrebte Übereinkunft schafft eine wesentliche Voraussetzung für die Vergleichbarkeit der verschiedenen Untersuchungen und letztlich für die Überwindung der bestehenden Stagnation. Mag dies auch bei den sog. objektiven Kriterien noch einfach erscheinen, so besteht schon hier Uneinigkeit, etwa bezüglich der Ebene der relevanten Unternehmensziele: Genügt es, allgemein danach zu fragen, ob sich das Management von einer Auslandsaktivität Wettbewerbsvorteile erhofft (z.B. Bilkey/Tesar 1977), oder sollte präzisiert werden, worin diese Vorteile bestehen (z.B. im Ausnutzen freier Kapazität; vgl. Lee/Brasch 1978; Simpson/Kujawa 1974)? Diese Beispiele verdeutlichen, daß selbst bei den vergleichsweise unproblematischen "objektiven" Meßdimensionen noch Verbesserungen durch eine Harmonisierung der Operationalisierungen erreicht werden können.

82

Π. Die psychische Struktur des Managements

Auslandsmarkt

Inlandamarkt

Makroeben·

Mikroebene Beratung l Forderung

Marktbeschrelbung - Information« about t h · existence οf • a r t e t opportunities @ @ - Information c o l lection a c t i v i t y

• Different consumer 0 standards • CoHunication barriers (advert i s i n g ) @ (Π) • Cost/benefit (export market vs. domestic market (33)

Θ®

- Market knowledge

ΧΤ)(Τ)_

• Price advantages

• vfSles Q. ity

- RflVs o f f o r è markets (expropriations) ^3) - D i f f i c u l t y in understanding foreign business practices ( 7 ) ^ © ^

agent a c t i (3J) - Market opportunity © .35) - Fortuitous orders Ç5) (3^ - Unsolicited

Marktzugang - Specific commerc i a l laws (J) - Rate of exchange ® - Foreign invest-—^ ment climate (23) - P r o f i t remittances and exchange controls @ @ -

- Government programs for i n creasing manufactured exports 0 - Specifically helps for exporting (25) - Export promotion program to βηcour rage producers (3ί

- St a t e©and*

structure of the market ( s i z e , competition) (^9)

® © Stagnation

of the domestic market (home market) ©

Finanzen » Kosten _ - Tax incentives (Jjj) - Taxation @ - DISC @ - Improved Exçort Financing 133') - Potential export markets (£5)

Political stability (rebellion) ime type

(if

- Investment climate (§) - urbanization (telephone) (19) - Human r e sources 0

@

Legende :

,

Tax incentives 6 ] Taxation (2ch W DISC #7) Economic integration (25)

Marktbearbeitung

® ©

Wettbewerbs-Sit. - Entry of domes t i c competitors i n t o export markets (following the leader)

|

- Adequate represen- I t a t i o n in foreign | markets 0 £3) - Trade fairs (£3) - Trade mission activity @ I

2 3 4 5 β 7 β 9 10 11 12 υ 14 15 1« 17 ia

Abdel-ftoleh (1974) Aharonl (1966) Bilkey (1978) Bilkey / Taiir (1977) Carlson (1975) Cavuegli (1976) Cavueçll (1984) Cavusgil / Nevln (1981b) Cavusgil / Naor (1987) Cunningham / Splfel (1971) Cabale (1981) Garnier (1974) McGulneas (1978) Hirsch (1970) Hunt / rroqatt / Movali (1967) Johanaon (1972) Johanaon / Vahlna (1975) Johanaon / Vahlna (1977)

19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36

Kobrln (1976) Kobrin / Baaak f Blank / La Palombara (1980) Xolde (1980) Längsten / Tees (1976) Lee / Braach (1978) Mayer / riynn (1973) Olaon / Wledarahela-Paul (1978) Plnney (1970) Rabino (1980) Reid (1980) Reid (1981) Reid (1984) Slaeenda / Selth (1968) S 1stpaon (1973) Simpson / Kujawa (1974) Snavely / Weiner / Ulbrich / Bnrlçht (1964) Welch / Wlederahela-Paul (1977) Wiederahele-Paul / Olson / Welch (1978)

Abbildung 2.9: In empirischen Studien berücksichtigte umweltbezogene Einflußfaktoren der Exportentscheidung Anmerkung: Die Aufnahme einer Variablen in diese Aufstellung bedeutet nicht, daß deren Relevanz als gesichert angesehen werden kann. Es wurde lediglich von den jeweiligen Autoren der Versuch einer empirischen Absicherung unternommen.

83

3. Methodenkritische Überlegungen zu einem Forschungsansatz

Unternehmensplanunq - Long term goals of the f i r m , basic p o l i c i e s ( p r o f i t , market development, market expansion, growth) @ (23)

Grenzen der Produktion - Production resources

© ©

- Excess c a p a c i t y

©

©

- C a p i t a l resources

©©©

- Willingness to s t a r t © exporting

- S p e c i f i c cost — variable· @ Umfang der Produktion - Technically_sunrlor products © © - Production-program

- Planning to export ( s y s t · · , explore the f e a s i b i l i t y to exporting) @ - O r g a n i z a t i o n a l commitment « p o r t marketing © ©

- F i n a n c i a l resources

- S p e c i f i c cost Qß variables

©

Aufbaff- i Ablauforganisatlon - Managerial resources (fò

@

- Organizational structural c h a r a c t e r i s t i c s (unrelated with the firms exporting adopting process (23) - Firm · ! « · © © © @ - Age and h i s t o r y of the fir» ©

• Q u a l i t y and dynamismof t i r e ' s management ( 1 )

u

© © ©

- Risk t a k i n g behavl

05)

- seasonal p r o d u c t ·

(33)

- Uniqueness of the production -product quality © ^

0

®

©

- Expectations of manageswnt concerning the e f f e c t s of exporting on business goals © @ - P r o f i t growth 0 0 Profit aotlvation

(33)

- Foreign swrket o r i e n t a -

tion

©

- Competitively products

priced

©©©

- Price advantages i n f o r e i g n s u r k e t s —~

©

- Product q u a l i t y - Distribution Q ) ( * ) © ® ©

&

- S p e c i f i c management expectations of export a c t i v i t i e s

-

Marketing-Mix

Φ

E i n s t e l l u n g gegenüber Export - Management perceptions of t h e i r firm's competitive advantages (4J (33)

-

- Potential exportmarkets @ - Expansion goals (expansion opportunities) ^

relationship

ΊΤ

0 0

©©© © © © ©©

- S p e c i f i c cost v a r i a b l e s (packing, s h i p p i n g , insurance)

- Product l i n e ( g ) - Product characteristics/ Product standard·

- Overrepresentation of l n i g r a n t s , foreign language experiences, and u n i v e r s i t y education among top (24) management [anager s t a f f

θ

Marktforschung - Market knowledge (of f o r e i g n markets)

© ©

Degree of i n t e r n a t i o n a l orientation - M o t i v a t i o n towards foreign involvi The r e c e i p t or ~non-receipt of an u n s o l i c i t e d i n i t i a l export order ( u n s o l i c i t e d © φ orders) © φ

©

Legende : 1 2

3 4 S 6 7

• 9 10 11 12 13 14 15 1« 17 18

Abdel-Malak (1974) Aharoni (1966) Bilkey (1976) Bilkey / Tesar (1977) Carlson (1975) Cavuagll (1976) Cavuagil (1964) Cavusgll / Nevln (1961b) Cavuagil / Naor (1967) Cunningham / Spigai (1971) Gabel· (1961) Garnier (1974) McGuin··· (1976) Hirsch (1970) Hunt / Frogatt / Morali (1967) Johanaon (1972) Johanaon / Vahln· (1975) Johanaon / Vahln· (1977)

19 Kobrln (1976) 20 Xobrln / Basek / Blank / La Palombari (1960) 21 Kolde (1960) 22 Längsten / Teas (1976) 23 Le· / Braach (1976) 24 Mayer / Flynn (1973) 25 Olaon / Wiedarahalm-Paul (1976) 26 Plnney (1970) 27 Kabiao (1960) 26 Raid (1960) 29 Raid (1961) 30 Raid (1964) 31 Simmonda / Smith (1966) 32 Simpson (1973) ' 33 Simpson / Xujawe (1974) 34 Snavaly / Mainar / Olbrich / Enrlght (1964) 35 Welch / Wiederahalm-Paul (1977) 36 Wiederaheim-Paul / Olaon / Walch (1976)

Abbildung 2.10: In empirischen Studien berücksichtigte unternehmensbezogene Einflußfaktoren der Exportentscheidung Anmerkung: Die Aufnahme einer Variablen in diese Aufstellung bedeutet nicht, daß deren Relevanz als gesichert angesehen werden kann. Es wurde lediglich von den jeweiligen Autoren der Versuch einer empirischen Absicherung unternommen.

84

Π. Die psychische Struktur des Managements

Legende :

Entscheider

Objektive - Age

Kriterien

©

@

- L e v e l and t y p e o f e d u c a t i o n - Ability -

t o speak f o r e i g n

Foreign n a t i o n a l i t y

(33)

languages

- L i v i n g / w o r k i n g abroad f o r a

time

(2^

(3l) longer

(Π) @

Subjektive Kriterien - P s y c h i c d i s t a n c e t o foremen countries (Π) (n) (fSJ - M e n t a l map

(3«

-

Management's linage o f areas (2^)

-

Positive experiences areas @

foreign in

foreign

- Foreign market o r i e n t a t i o n

(T3) (28)

-

Degree o f i n t e r n a t i o n a l orientation £5)

-

M o t i v a t i o n towards f o r e i g n ment (Π)

-

Risk t a k i n g b e h a v i o r

-

P e r c e p t i o n s o f managers r e g a r d i n g risk cost/benefit expectations i52)

©

@

~ General cost p e r c e p t i o n -

Perception of the environment (2Ì)

- Cognitive -

style

@

^3)

business @

Innovation-oriented

- Willingness

involve®

@ (rigidity)

($3)

t o change ( f j )

- Travel opportunities exporting @

arising

from

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18

Abdel-Malek (1974) Aharonl (1966) Bilkey (1978) Bilkey / Teear (1977) Carleon (1975) Cavusgil (1976) Cavusgil (1984) Cavusgil / Nevin (1981b) Cavusgil / Naor (1987) Cunningham / Splgel (1971) Gabele (1981) Gamier (1974) McGulnesa (1978) Hirsch (1970) Hunt / Frogatt / Hovel1 (1967) Johaneon (1972) Johaneon / Vahlne (1975) Johaneon / Vahlne (1977)

19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36

Kobrln (1976) Kobrln / Basek / Blank / La Palombara (1980) Kolde (1980) Langston / Teas (1976) Lee / Braach (1978) Mayer / Flynn (1973) Olson / Wiederehelm-Paul (1978) Plnney (1970) Rabino (1980) Reid (1980) Reid (1981) Reid (1984) Simmonds / Smith (1968) Simpson (1973) Simpson / Kujawa (1974) Snavely / Weiner / Ulbrich / Enrlght (19M) Welch / Wiederahelm-Paul (1977) Wlederehelm-Paul / Olson / Welch (1978)

Abbildung 2.11: In empirischen Studien berücksichtigte entscheiderbezogene Einflußfaktoren der Exportentscheidung Anmerkung: Die zahlreichen Überschneidungen mit Abbildung 2.10 (Management) sind unvermeidbar, da diese Faktoren sowohl auf der Individualebene (Entscheider) als auch auf der Gruppenebene (Management) wirksam werden können. Ferner signalisiert die Aufnahme einer Variablen in diese Aufstellung nicht, daß deren Relevanz als gesichert angesehen werden kann. Es wurde lediglich von den jeweiligen Autoren der Versuch einer empirischen Absicherung unternommen.

3. Methodenkritische Überlegungen zu einem Forschungsansatz

85

Ungleich schwieriger verhält es sich mit den in diesem Zusammenhang interessierenden psychischen Konstrukten. Voraussetzungen für die Erzielung von Fortschritten auf diesem zentralen Terrain sind die Explizierung der theoretischen Basis, die Konkretisierung der Konstrukte, die testtheoretisch fundierte Verbesserung der Meßvorschläge und die Konstruktvalidierung.1) Eine derartige Konzeption erfordert eine Versuchsplanung, die folgender Überlegung Rechnung trägt: "If one aims to unterstand why a firm starts its internationalization process, the simplification to consider only firms that already were exporting is hardly defensible" (Olson/Wiedersheim-Paul 1978, S. 284). Die Bekundungen der Manager solcher Unternehmen bieten nur die Sicht aus der Retrospektive, Ex post-Rationalisierungen, die zum Zweck des Abbaus von Nachentscheidungs-Dissonanz getroffene Entscheidungen eher verklären als erklären (vgl. Simpson/Kujawa 1974). Es genügt aber keineswegs, exporterfahrene Manager nach deren Risikowahrnehmung vor der Aufnahme der Exporttätigkeit zu fragen. Gefordert ist vielmehr die Analyse des Entscheidungsprozesses von Managern, die noch keine einschlägigen Erfahrungen gesammelt haben. Deshalb wurde im Rahmen eines von E. Dichtl geleiteten Forschungsprojektes2) ein Modell der Exportentscheidung entwickelt, das geeignet erscheint, die Genese der Exportentscheidung - bis hin zu den in der Nachentscheidungs-Phase ablaufenden Umbewertungen - prozeßhaft darzustellen (vgl. Abbildung 2.12). Dabei wurde versucht, auf der Basis der skizzierten theoretischen Ansätze sowie unter Bezug auf allgemeine entscheidungstheoretische Phasenmodelle (vgl. z.B. Irle 1971) alle relevanten Strukturelemente des interessierenden Entscheidungsprozesses abzubilden. Auch wenn dies so erscheinen mag, so handelt es sich dabei keineswegs um eines der zuvor kritisierten und für nicht realisierbar gehaltenen Globalmodelle, sondern um eine Auffächerung des in Abbildung 2.5 veranschaulichten Grundkonzepts. Dieser Ansatz wird vor allem der zentralen Rolle des Entscheidungsträgers und der Differenziertheit des Entscheidungsprozesses besser gerecht als andere in der Literatur zu findende Vorschläge.

1) Diese auf den ersten Blick langwierige Forschungsperspektive wird im Abschnitt 3.2. dieses Kapitels näher erläutert. Sie gilt nicht nur als ergiebiger, sondern ist letztendlich auch ökonomischer als das weitere Ansammeln unvergleichbarer Einzelbefunde. 2) Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Land Baden-Württemberg finanzierte Forschungsprojekt hatte den Titel "Entscheidungsdeterminanten und Entscheidungsfindung im Exportgeschäft".

86

Π. Die psychische Struktur des Managements

Unternehmensintern

I

Unternehroensextern

(Umwelt)

Quelle: Dichtl/Leibold/Beeskow/Köglmayr/Müller/Potucek 1983a, S. 439.

Abbildung 2.12: Ein entscheidungsorientiertes Modell der Aufnahme von Exporttätigkeit Anmerkung: Firmen- und Umweltvariablen können sowohl Anreize darstellen als auch Exportstimuli filtern. So vermittelt etwa die Umweltvariable "Exportberatungsstelle" den Unternehmen Anreize in Forni von Informationen, die sie aber zumeist nicht verzerrungsfrei, d.h. ungefiltert daibietet.

3. Methodenkritische Überlegungen zu einem Forschungsansatz

87

Insofern ist auch der Entwurf dieses "entscheidungsorientierten Modells der Aufnahme einer Exporttätigkeit" (Dichtl/Leibold/Köglmayr/Müller 1984b, S. 57) nicht als Versuch einer möglichst wirklichkeitsgetreuen Abbildung der Realität zu verstehen. Angesichts der kaum überwindbaren Schwierigkeiten, die sich bei der empirischen Analyse organisationaler Entscheidungsprozesse stellen (vgl. Kieser/Kubicek 1977), wäre einem solchen Unterfangen wohl auch kaum Erfolg beschieden. Diese theoretische Modellierung der in die Export-Grundsatzentscheidung involvierten psychischen Prozesse erwies sich jedoch als durchaus geeignet, ein gravierendes Defizit der bisherigen Entscheidungsforschung über die Aufnahme einer Exporttätigkeit aufzudecken: Zu selten, und auch dann zumeist nur in theoretisierender Form oder mit Hilfe von Fallstudien, wurde bislang dem Umstand Rechnung getragen, daß die von der unternehmensinternen und externen Umwelt ausgehenden Exportanreize nicht direkt und unverzerrt auf die Entscheidungsträger einwirken, sondern durch vielfältige personale und organisationale Einflüsse verändert werden, bevor sie im eigentlichen Entscheidungsprozeß wirken. Die unter der Rubrik "Informationsverarbeitungs-Theorie" zusammengefaßten Arbeiten lassen erkennen, daß das aus der begrenzten menschlichen Verarbeitungskapazität und der (ständig zunehmenden) Informationsfülle erwachsende Dilemma durch das Prinzip der selektiven Wahrnehmung entschärft wird (vgl. Bettman 1979). Jede Entscheidung fordert zunächst die Identifizierung des Problems (Phase 1). Der zweiten Phase ist die gezielte Informationssuche zugeordnet, an die sich die Generierung alternativer Problemlösungen anschließt. Darauf folgen die Bewertung der Alternativen, dann der Entschluß, d.h. die Auswahl einer Alternative (Phase 5), danach die Durchsetzung der Entscheidung in der Unternehmung (Phase 6), daraufhin deren Realisation (Phase 7) und schließlich die mehrstufige Evaluationsphase (8). In der Literatur dokumentierte Forschungsbemühungen konzentrieren sich vorwiegend auf die Phasen 4 und 5 (welche Beurteilungskriterien werden herangezogen und wie kommt es "letztlich" zum Export?). Die aus entscheidungsorientierter Sicht zentralen Stufen des Problemerkennens, der Informationssuche und der Alternativengenerierung (Phasen 1,2 und 3) werden dabei ebenso vernachlässigt wie die Besonderheiten der Nachentscheidungs-Evaluation (Phase 8). Diese Überlegungen sollten bei den Forschungsarbeiten wie folgt berücksichtigt werden: Das Erkennen einer Problemsituation hängt in entscheidendem Maße davon ab, ob die Exportanreize (vgl. die Anreizebene in Abbildung 2.12) von dem Entscheider als solche wahrgenommen werden. Dabei interessiert primär der Aspekt der Filterung der Exportstimuli: Firmeninterne und -externe Anreize wirken auf die Filterkomponenten "Umwelt", "Unternehmung" und

88

Π. Die psychische Struktur des Managements

"Entscheider" ein und werden selektiert, interpretiert, verstärkt, abgeschwächt oder verformt. In den dieser Arbeit zugrunde liegenden empirischen Untersuchungen stand die Filterfunktion der Entscheider im Mittelpunkt der Betrachtung, wobei deren Auslandsorientierung als zentrale Variable angesehen wurde: Sie legt Intensität und Richtung der Informationssuche (Phase 2) fest und verstärkt Exportanreize oder schwächt sie ab. Das für die Untersuchung der Export-Grundsatzentscheidung typische Untersuchungsparadigma negiert die entscheidungstheoretisch bedeutsamen Phasen der Generierung und Bewertung alternativer Problemlösungen (3; 4) und verkürzt die Entscheidungssituation auf die Frage "Export ja/nein". Um auch jenen Fällen Rechnung zu tragen, in denen es sich bei der Exportoption um eine von mehreren Alternativen zur Lösung einer problematischen Unternehmenssituation handelt, wurden verschiedene Operationalisierungen (z.B. Szenariotechnik) verwendet, die dichter an die Unternehmenswirklichkeit heranführen. Die in der Nachentscheidungs-Phase bei den Entscheidern ablaufenden Umbewertungen zur Erzeugung bzw. Wahrung kognitiver Konsistenz1) machen es erforderlich, den Determinanten der Export-Grundsatzentscheidung in einer Längsschnittstudie durch eine wiederholte Kontaktaufnahme 2) mit bislang exportunerfahrenen Managern nachzugehen. Später, nach einem angemessenen Zeitraum, kann die Stichprobe in Exporteure und Nicht-Exporteure unterteilt werden. Erst durch dieses klassische varianzanalytische Design und die Meßwiederholung, wobei die "beharrlichen Nicht-Exporteure" die Kontrollgruppe bilden, läßt sich die Relevanz der unterstellten Determinanten der Export-Grundsatzentscheidung empirisch nachweisen. Fraglos dürfen sich die untersuchten Einflußfaktoren nicht auf subjektive (Manager-)Merkmale beschränken, sondern müssen durch objektive (Unternehmens-)Merkmale ergänzt werden. Aus den Befunden dieser Studie ergeben sich für die Praxis im positiven Fall insofern Konsequenzen, als es bei einer Verifizierung der Schlüsselfunktion des Informationsfilters "Manager" naheläge, die klassischen Exportförderungsprogramme durch Kommunikationsmaßnahmen zu ergänzen, die auf eine vermehrte Auslandsorientierung der Entscheidungsträger zielen. Auch für die 1) So besagt z.B. der sog. Divergenzeffekt (vgl. Raffée/Sauter/Silberer 1973), daß die Attraktivität der gewählten Alternative (z.B. Export) steigt und die der verworfenen Alternativen (z.B. Produktinnovation, Werbekampagne) sinkt. 2) In Zusammenarbeit mit der Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar und dem Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft in Baden-Württemberg gelang es, nicht-exportierenden Firmen mehrfach Exportanreize (Informationen, Beratung, Schulung) zu vermitteln. Die Ergebnisse dieser Bemühungen werden im 4. Kapitel dieser Arbeit ausführlich dargelegt.

3. Methodenkritische Überlegungen zu einem Forschungsansatz

89

Personalpolitik exportierender und entsprechend interessierter Unternehmen könnte dieses Persönlichkeitsmerkmal als Entscheidungskriterium Bedeutung erlangen.

3.2. Die Auslandsorientierung von Entscheidungsträgern als Vorbedingung für die Ausschöpfung von Exportreserven Die Schwachstellen der auf dem Gebiet der Exportentscheidung betriebenen Forschung stehen, wie in Abschnitt 2 dieses Kapitels näher erläutert wurde, vor allem mit der Diskrepanz zwischen der Komplexität der vorgeschlagenen Modelle und der Simplizität der empirischen Bewährungsversuche in Zusammenhang. Ergänzen läßt sich diese methodenkritische Analyse durch den Hinweis, daß ein theoretischer und begrifflicher Konsens auf diesem Gebiet noch aussteht. Vor diesem Hintergrund erscheint die folgende Vorgehensweise angebracht, zur Überwindung der Stagnation auf diesem Forschungsfeld beizutragen: •

Beschränkung des Forschungsansatzes auf empirisch überprüfbare interessierenden Entscheidungsprozesses;



Operationalisierung des als zentral angesehenen Konstrukts der "Auslandsorientierung des Managements";



Aufnahme der Forschungsaktivitäten

Teile des

vor dem Exportdebut der Unternehmen.

3.2.1. Die Analyseebenen des Konstrukts der Auslandsorientierung von Managern Die Auslandsorientierung von Managern entzieht sich, wie alle derartigen Konstrukte, einer direkten Beobachtung und muß deshalb über eine Reihe von Indikatoren, die als Reflex dieses komplexen Merkmals anzusehen sind, erschlossen werden. Ziel der Operationalisierung eines Konstrukts ist es, offen zutage tretende Verhaltensweisen, Aussagen etc. zu finden, die geeignet erscheinen, die angenommenen, d.h. nicht direkt beobachtbaren Eigenschaften bzw. hypothetischen internen Prozesse und Strukturen zu erschließen (vgl. Cattell 1964). Am Beginn der Etablierung eines Konstrukts, der sukzessiven Approximation des Testverfahrens an die empirische Realität, steht gewöhnlich eine rein

90

Π. Die psychische Struktur des Managements

theoretische Klärung des Sachverhaltes. Ihr folgt jedoch unmittelbar die Phase der Empirie, die eine fortwährende Revision des sprachlichen Konzepts und des Meßverfahrens einleitet. Hierbei finden alle Evaluationsansätze Verwendung: logische, korrelationsstatistische sowie experimentelle Analyseverfahren (vgl. Cronbach/Meehl 1955). Abbildung 2.13 stellt den ersten Schritt zur Operationalisierung der Auslandsorientierung von Managern schematisch dar. Um möglichst alle Facetten der Problemstruktur auszuleuchten, wird dieses mehrdimensionale Konstrukt von vier Analyseebenen herkommend erschlossen. Durch eine psychophysikalische, projektive, psychometrische und demographische Messung (vgl. Abbildung 2.14) sollen erste Fortschritte bei der Konkretisierung des Konzeptes erreicht werden.

Abbildung 2.13: Kriterienstruktur der Auslandsorientierung

3. Methodenkritische Überlegungen zu einem Forschungsansatz

Psychische

Distanz

psychophysikalische

Messung

zu a u s l ä n d i s c h e n

91

A ü

Märkten

S Subjektive

L

Manager-

A

merkmale

Ν -

Persönlichkeitsmerkmal

-

D

(Rigidität)

Werthaltungen

p s y c h o m e t r i s c h e Messung

(Xnderungsbereitschaft) -

0

Zukunftsperspektiven

R

(Auswirkungen von l ä n -

-

S

geren Auslandsaufent-

I

h a l t e n auf d i e

E

Karriere)

Persönlichkeitsmerkmal

Ν

(Ris ikobere i t s c h a f t )

Τ I Einstellung Export a l s

gegenüber

projektive

Messung

Unternehmens-

E R

strategie

ϋ Ν Objektive merkmale

Manager(Alter,

Fremd-

sprachenkenntnisse,

demographische Messung

G

Aus-

bildungsniveau)

Quelle: Dichtl/Leibold/Beeskow/Köglmayr/Müller/Potucek 1983a, S. 440.

Abbildung 2.14: Indikatoren und Meßebenen des Konstrukts "Auslandsorientierung"

92

Π. Die psychische Struktur des Managements

Die Hypothese, die der Operationalisierung des dabei maßgeblichen Konstrukts der "Auslandsorientierung von Managern" zugrunde liegt, lautet: Manager, die •

eine unterdurchschnittliche psychische Distanz zu fremden Märkten oder Ländern zu erkennen geben,



jünger sind, ein höheres Ausbildungsniveau aufweisen, Fremdsprachen besser beherrschen und häufiger ins Ausland reisen als ihre Kollegen,



risikofreudig, flexibel und änderungswillig sind sowie von längeren berufsbedingten Auslandsaufenthalten keine negativen Auswirkungen auf Familie und Beruf erwarten und



gegenüber dem Export als einer möglichen Unternehmensstrategie grundsätzlich positiv eingestellt sind,

verfügen über Auslandsorientierung und werden unter vergleichbaren Bedingungen eher eine Exporttätigkeit aufnehmen als Manager, die dieses Profil nicht aufweisen. Im Umkehrschluß müßte es möglich sein, mit Hilfe eines auf diesen Grundgedanken basierenden Meßinstrumentariums zwischen exporterfahrenen und exportunerfahrenen Entscheidungsträgern zu differenzieren, was im Erfolgsfalle als Ausweis der Validität dieser Vorgehensweise gewertet werden darf (vgl. Dichtl/Leibold/Köglmayr/Müller 1984a, S. 124).

3.2.2. Möglichkeiten der Operationalisierung der Auslandsorientierung Da sich die Qualität der erhobenen Daten durch die Art und Weise ihrer Messung bestimmt, wurden mit Blick auf die inhaltliche Heterogenität der Fragestellungen verschiedene Skalentypen zur Operationalisierung herangezogen. Insbesondere dieser Unterschiedlichkeit der Meßebenen gilt im folgenden das Interesse.

3.2.2.1. Das Konstrukt der psychischen Distanz Dem Konzept der psychischen Distanz (vgl. Anhang I; S. 340) werden all1 jene Faktoren subsumiert, die im Falle einer überdurchschnittlich großen Entfernung die bestehenden Exportanreize abschwächen und im Falle einer

3. Methodenkritische Überlegungen zu einem Forschungsansatz

93

besonders geringen Distanz zu deren Akzentuierung führen. Auslandsmärkte differieren untereinander und insbesondere von den heimischen Gegebenheiten hinsichtlich zahlreicher Eigenschaften. Dabei spielen Sprache, Kultur, Verbraucherverhalten, Rechtsnormen, Kaufkraft, Geschäftspraktiken etc. eine Rolle. Diese und weitere Merkmale führen dazu, daß einem manche Märkte bzw. Länder vertrauter erscheinen als andere. Das Konstrukt der psychischen Distanz nimmt darauf Bezug, wobei unterstellt wird, daß unter sonst gleichen Bedingungen die Neigung, mit einem distanziert wahrgenommenen Land Geschäftsbeziehungen aufzunehmen, geringer ist, als wenn Gefühle der Nähe, Gleichartigkeit etc. vorherrschen. Seine große Plausibilität führte dazu, daß zahlreiche Autoren wirtschaftswissenschaftlicher Provenienz den Stellenwert dieses Konzepts für das Internationale Marketing betonen. Aber weder Simmonds/Smith (1968)1), die dabei ebenso auf den Informationsfluß abhoben wie Johanson/Vahlne (1977)2\ noch Wiedersheim-Paul (1972) oder Carlson (1975) überwanden in ihren einschlägigen Ausführungen das rein konzeptionelle Stadium. Sie begnügten sich damit, äußerst komplexe Entscheidungsmodelle des Exportverhaltens vorzuschlagen, in denen entsprechenden Konstrukten zwar eine Moderatorfunktion zugewiesen wurde, ohne jedoch eine stringente empirische Überprüfung vorzusehen. Werden die psychischen Distanzen zu einer Vielzahl von Objekten simultan untersucht und dargestellt, spricht man von kognitiven Karten. Bereits in den zwanziger Jahren versuchten Geographen wie J.K. Wright oder C. Sauer, die Umwelt so wiederzugeben, wie ein Mensch glaubt, daß sie ist (vgl. z.B. Downs/Stea 1982). Auch in anderen Wissenschaftsdisziplinen (vgl. z.B. Lewin 1951) machte sich die Erkenntnis breit, daß sich Menschen ein subjektives Abbild räumlicher Struktur sowie der Vorgänge, die darin ablaufen, formen, das im Regelfall nicht mit der objektiven Realität übereinstimmt. Intra- und interindividuelle Abweichungen sind nun aber nicht einfach als Fehler aufzufassen, sondern erlauben es, Schlußfolgerungen bezüglich der Bedürfnisse und Motive der Befragten zu ziehen. Die deutschen Probanden beurteilten elf Länder, die auf der Basis einer Clusteranalyse (vgl. Sethi 1971) so ausgewählt wurden, daß alle Erdteile, hochund geringentwickelte Länder etc. vertreten waren. Dabei bestand die Aufgabe darin, die Stimuli (Länder) so in den Urteilsraum zu piazieren, daß die Entfernung vom Mittelpunkt (D), dem heimischen Markt, der jeweiligen subjektiven Distanz entsprach. Um ein gewisses Maß an Vergleichbarkeit zu 1) A measure of international outlook: To what extent a decision-maker perceives and considers what is happening outside his own country as interesting. 2) The sum of factors preventing the flow of information from and to the maiket.

94

Π. Die psychische Struktur des Managements

erreichen, stand mit den Niederlanden (NL) ein Referenzfall zur Verfügung, zu dem die Angaben in Beziehung gesetzt werden sollten. Abbildung 2.15 gibt das Antwortverhalten einer Versuchsperson wieder. Die dazugehörige Instruktion zur Erfassung der psychischen Distanz findet sich im Anhang I auf Seite 340.

Abbildung 2.15:

Exemplarisches Antwortmuster eines deutschen Managers

Selbstverständlich konnte diese Versuchsanordnung bei den Befragten in Finnland, Japan und Südafrika 1) nur vom Prinzip her übernommen werden. Im einzelnen bedurfte es länderspezifischer Modifikationen. Beispielsweise wurde für die japanische Stichprobe Portugal durch die Philippinen ersetzt, und für Südafrika lag der Akzent bei den europäischen Ländern, weshalb hier Libyen und 1) Die theoretischen Hintergründe für {lie Durchführung von Vergleichsstudien werden in Abschnitt 3.3 dieses Kapitels näher beleuchtet.

3. Methodenkritische Überlegungen zu einem Forschungsansatz

95

Iran unberücksichtigt bleiben mußten. Die Ankerstimuli, die für den nächstgelegenen bzw. vertrautesten Markt stehen sollten, waren naturgemäß jedesmal zu ändern (Finnland - Schweden; Japan - Südkorea und Südafrika - Zimbabwe). Die Summe aller ermittelten Distanzen zum Heimatmarkt steht für die psychische Distanz zum Ausland. Manager mit einer so gemessenen kleinen psychischen Distanz verfügen über eine größere Auslandsorientierung und damit über eine größere Fähigkeit, Informationen über Exportmöglichkeiten wahrzunehmen und darauf adäquat zu reagieren, als Manager, denen eine große psychische Distanz und damit eine geringe Auslandsorientierung zugeschrieben werden.

3.2.2.2. Rigidität, Änderungsbereitschaft, Karriereaspekte und Risikobereitschaft als subjektive Komponenten der Internationalisierung Eine weitere Gruppe maßgeblicher Einflußgrößen besteht aus einigen subjektiven Managermerkmalen. Mit Hilfe eines psychometrischen Meßansatzes wurden deshalb mit der Risikobereitschaft, der Rigidität und der Änderungsbereitschaft für das Entscheidungsverhalten maßgebliche Persönlichkeitsmerkmale sowie eine ebenfalls entscheidungsrelevante Werthaltung erfaßt (Zukunftsorientierung der Entscheidungsträger). Der Meßvorschlag für das subjektive Merkmal Rigidität 1"* (vgl. Anhang I; S. 339) basiert auf einer Auswahl von Items aus einer entsprechenden Skala von Wesley (1953; vgl. auch Robinson/S haver 1969). Dabei wird davon ausgegangen, daß die Tendenzrigider Personen, auf Reaktionsweisen zu beharren, die früher in der einen oder anderen Situation angemessen gewesen sein mögen, aber 1) Großen Einfluß auf den Prozeß der Entscheidungsfindung im Zusammenhang mit der Aufnahme einer Exportaktivität besitzt nach Luostarinen (1980) der Aspekt der "lateralen Rigidität". Die charakteristischen Komponenten dieses Konzeptes, nämlich begrenzte Wahrnehmung, eingeschränkte Reaktion, selektive Suche und beschränkte Wahl, können bewirken, daß erfolgversprechende Alternativen vorzeitig aus dem Entscheidungsprozeß ausgeschlossen werden. Es wird als typisch bezeichnet, daß die Entscheidung für neue alternative Strategien durch laterale Rigidität behindert wird, während der Entscheidungsprozeß bei vertrauten Alternativen elastisch ist (vgl. Luostarinen 1980, S. 35). Angesichts der Schwierigkeit der Erfassung organisationaler Tatbestände (vgl. Wollnik 1978) wurde davon abgesehen, dem Vorschlag Luostarinens (1980) zu folgen, der mit seinem Konzept der "lateralen Rigidität" auf die Erstarrung der Entscheidungsstruktur der Unternehmung abstellt, zumal es sich hierbei lediglich um ein theoretisches, nicht-operationalisiertes Konzept handelt, das Luostarinen zur Ex postErklärung des Exportverhaltens von Unternehmen heranzieht. Für die Beschränkung auf die Rigidität der einzelnen Entscheidungsträger sprechen aber nicht nur meßtechnische Gründe. Vielmehr begründet m.E. die Rigidität der Mitglieder einer Organisation auch die Rigidität der Organisation.

96

Π. Die psychische Struktur des Managements

nun nicht mehr adäquat erscheinen, um gegenwärtige Ziele zu erreichen oder aktuelle Probleme zu lösen, die Internationalisierung der Unternehmenstätigkeit behindert. Die konkreten Statements wurden aus einem Pool von 41 Items (vgl. Robinson/S haver 1969, S. 313-316) nach Maßgabe ihres Bezugs zum Arbeitsund Entscheidungsverhalten ausgewählt (z.B. "Gewöhnlich erweist sich meine Art, ein Problem anzugehen, als die beste, selbst wenn es zu Beginn nicht den Anschein hat."). Fragen, die teilweise sehr persönlich gehalten sind, blieben unberücksichtigt, um die Antwortbereitschaft nicht zu gefährden. Im Rahmen der unternehmerischen Entscheidungsfindung wirken nicht nur eine rigide Persönlichkeitsstruktur, sondern alle subjektiv und objektiv hemmenden Faktoren, negativ. Daher wurde mit Hilfe eines weiteren Fragenblocks untersucht, in welchem Maße Probanden Änderungen als etwas Positives bzw. Negatives empfinden. Der aus zehn Items bestehende Ansatz zur Erfassung der Werthaltung Änderungsbereitschaft basiert auf Vorarbeiten von Shartle/ Brumback/Rizzo (1964) und Gabele (1981), die die Werthaltungen von Gruppen und Organisationen (wie Unternehmen, Militäreinrichtungen oder Hochschulen) untersucht haben (vgl. Anhang I, S. 341). Folgendes Statement bietet ein charakteristisches Beispiel dafür: "Ein Unternehmen sollte Veränderungen nur sehr vorsichtig und mit Bedacht vornehmen." Eine weitere Facette der Auslandsorientierung stellen die Auswirkungen auf Karriere und Familie (Zukunftsperspektive) dar, die Manager mit längeren berufsbedingten Auslandsaufenthalten verbunden sehen. Hierbei handelt es sich um einen Aspekt, der kaum jemals untersucht wurde, obwohl gerade die geringe Verfügbarkeit geeigneten Personals für Auslandstätigkeit häufig beklagt wird. Ob sich jemand für einen Auslandseinsatz eignet, hängt nämlich nicht nur von Sprachkenntnissen oder der Vertrautheit mit den Usancen auf fernen Märkten ab. Entscheidende Vorbedingung dafür ist auch eine positive Erwartungshaltung; denn Mitarbeiter, bei denen längere berufsbedingte Auslandsaufenthalte Zukunftssorgen auslösen, werden ihren Auslandsjob wahrscheinlich weniger gut ausfüllen als ihre in vergleichbarer Hinsicht optimistisch gestimmten Kollegen. Der Quantifizierung dieser Lebensraumdimension (vgl. Lewin 1948) dienen die Zustimmung bzw. Ablehnung der Probanden zu Aussagen wie "Längere berufsbedingte Auslandsaufenthalte rufen häufig familiäre Schwierigkeiten hervor" (vgl. Anhang I, S. 344). Die Fragen nach der Zukunftsperspektive orientierten sich an den Ergebnissen einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft: "Auslandsmüde Deutsche? - Auslandserfahrung im Urteil der Wirtschaft" (vgl. v. Landsberg/Wölke 1982). Die Risikobereitschaft der Entscheidungsträger rundet die Reihe der in dieser Vergleichsstudie berücksichtigten subjektiven Managermerkmale ab. Obgleich sich schon eine Vielzahl von Autoren (vgl. z.B. Philipp 1967, S. 34;

3. Methodenkritische Überlegungen zu einem Forschungsansatz

97

Neubürger 1980, S. 37) mit dem Begriff des Risikos befaßt hat, liegt bislang noch keine allgemein akzeptierte Definition dieses Konzepts vor. Jedoch läßt sich die Mehrzahl der Formulierungen einem von drei Vorschlägen zuordnen, deren Unterschiede in der Hervorhebung jeweils anderer Aspekte des Risikophänomens liegen. Während die einen •

Risiko als Verlustgefahr Mellerowicz 1966),

interpretieren (vgl. z.B. Oberparleiter 1955;



betrachten andere Risiko als Ungewißheit bezüglich des Eintretens von Ereignissen (vgl. z.B. Knight 1964) oder



als Gefahr einer Fehlentscheidung (vgl. z.B. Krelle 1961; Wittmann 1959).

Versteht man Risiko allgemein als die Möglichkeit einer Fehlentscheidung, so wird häufig übersehen, daß nicht nur aus der Aufnahme, sondern auch aus der Unterlassung einer Exporttätigkeit bestimmte Risiken resultieren können. Folgende Überlegungen bestätigen diese Behauptung: •

Zunächst lassen sich bei Verzicht auf eine Internationalisierung der Geschäftstätigkeit eine Erweiterung des Absatzvolumens und die damit verbundenen Vorteile, z.B. die sich aus den "economies of scale" ergebenden Kostenvorteile, weit schwerer realisieren als unter Einbeziehung der Auslandsmärkte.



Weiterhin kann ein Unternehmen durchaus auch auf dem heimischen Markt durch in- und ausländische Konkurrenten, die die Vorteile der Internationalisierung zu nutzen wissen, in Bedrängnis geraten.



Schließlich eignet sich auch die Bearbeitung unterschiedlich entwickelter Märkte als Strategie der Risikostreuung.

Zahlreiche Autoren begnügen sich mit einer qualitativen Ausfüllung des Risikokonzepts (vgl. z.B. Bernkopf 1980, S. 119ff.; Meissner 1981, S. 21ff.). Letzterer beispielsweise unterscheidet wirtschaftliche, politische, Transfer- und Währungs- sowie Substitutions-Risiken. Im Rahmen dieser Arbeit erscheint es sinnvoll, Risiko als ein komplexes Konstrukt zu verstehen, das auf den Entscheidungsprozeß (von Managern) maßgeblichen Einfluß ausübt und in dem die Verlustgefahr, die Ungewißheit bezüglich des Eintretens von Ereignissen sowie die Gefahr einer Fehlentscheidung untrennbar interagieren. Angesichts der wachsenden Komplexität und schwindenden Abwägbarkeit der Konsequenzen öffentlicher bzw. privater Entscheidungen beschäftigte sich eine

98

Π. Die psychische Struktur des Managements

Vielzahl verhaltenswissenschaftlich-deskriptiver 1) Arbeiten mit der Prognose des Risikoverhaltens. Ein großer Teil der in den sechziger Jahren durchgeführten Untersuchungen (vgl. Slovic 1962; Merz 1963; v. Hoyos 1969; v. Klebelsberg 1969; Hasty 1969) war dem Zusammenhang von Risikobereitschaft und Risikoverhalten gewidmet. Daß dabei überwiegend nur indifferente Beziehungen nachgezeichnet werden konnten (vgl. v. Klebelsberg 1969, S. 66ff. und S. 17 Iff.), hat vielerlei Gründe. Von ganz entscheidender Bedeutung aber dürfte die diesen Studien zugrunde liegende Annahme gewesen sein, das Risikophänomen lasse sich als eindimensionales Konstrukt abbilden. Diese Prämisse galt Mitte der siebziger Jahre angesichts des erreichten Kenntnisstandes über die Funktion kognitiver Prozesse im Entscheidungsablauf als überholt (vgl. Hansen 1972; Panne 1977; Fischhoff/Slovic/Lichtenstein/ Read/Coombs 1978). Demnach kann Risikoverhalten allenfalls mit Hilfe eines multidimensionalen Meßansatzes erfaßt werden, wobei Risikobereitschaft und Risikowahrnehmung eine besondere Rolle spielen. Unverständlich bleibt, weshalb die bislang vornehmlich im Rahmen der Konsumentenforschung betriebenen Analysen des wahrgenommenen Risikos (vgl. z.B. Bauer 1967; Bettmann 1973) und der Risikobereitschaft (vgl. z.B. Slovic 1962; v. Hoyos 1969) nur ausnahmsweise das Vorbild für Untersuchungen von Internationalisierungsentscheidungen von Unternehmen abgaben (vgl. Köglmayr/Müller 1983b). Die zentralen exportbezogenen Befunde dieser Forschungsrichtung lauten: •

Exporterfahrene Manager unterscheiden sich von ihren inlandsorientierten Kollegen in der Bewertung der Risikohaftigkeit von Auslandsgeschäften. Während letztere in einer Befragung diese sehr viel höher ansetzten als die Gefahrenträchtigkeit einer Inlandstätigkeit, nahmen Manager aus exportierenden Unternehmen kaum nennenswerte Unterschiede wahr (vgl. Simpson/Kujawa 1974). Insbesondere solche Probanden, deren Unternehmen

1) Bei näherer Betrachtung der einschlägigen Literatur lassen sich verschiedene Forschungstraditionen identifizieren. Neben den aufgeführten Versuchen, das Risikokonzept nomologisch zu erhellen, existieren eine normative und eine deskriptive Perspektive der Risikoanalyse sowie die äußerst pragmatisch orientierten Arbeiten im Zusammenhang mit den Risikoindikatoren (vgl. Köglmayr/MüUer 1983b; 1987a; Dichtl/Köglmayr 1985d; 1987; Müller/Köglmayr 1987). Die deskriptive Entscheidungstheorie versteht sich als eine Wissenschaft, deren Ziel nicht die Optimierung von Entscheidungen, sondern die Beschreibung und Erklärung des Entscheidungsverhaltens ist. Diese Akzentuierung wurde im deutschsprachigen Raum vor allem von Kirsch (1970; 1971a; 1971b), Hein en (1971) und Witte (1972) vorgenommen, wobei deren besondere Aufmerksamkeit den kognitiven Prozessen galt, die dem Entscheidungsverhalten zugrunde liegen. Verhaltenswissenschaftlich orientierte F or scher, wie etwa Lee (1977, S. 21), wandten sich schließlich von dem Entscheidungsobjekt ab und rückten das Entscheidung ssubjekt, dessen Persönlichkeit und Verhalten, in den Vordergrund.

3. Methodenkritische Überlegungen zu einem Forschungsansatz

99

hohe Exportanteile verzeichneten, schrieben dem grenzüberschreitenden Handel keine besondere Qualität zu, was die damit verbundenen Risiken betrifft (vgl. Tesar 1975; Roux 1987). •

Offensichtlich hat man sich weiterhin die Risikowahrnehmung als einen relativ undifferenzierten Prozeß vorzustellen. Grundlage dieser Annahme bildet eine Beobachtung von Chevalier/Hirsch (1981), wonach Manager selten Einstufungen im mittleren Bereich einer Risikoskala vornehmen und letztlich nur "Risikoländer" und "potentielle Exportmärkte" unterscheiden.



Rice (1983) beschränkte sich als einzige nicht auf die Analyse der Wahrnehmung des (politischen) Risikos, sondern zog auch die Risikobereitschaft sowie die Anfälligkeit der von den Unternehmen exportierten Produkte für politische Risiken in Betracht. Es ergaben sich Hinweise auf eine Zweistufigkeit der Risikowahrnehmung: Im unteren und im mittleren Risikobereich waren branchen- bzw. firmenspezifische Überlegungen maßgeblich. So bezeichneten Probanden aus der Strickwaren-Branche die Vereinigten Staaten von Amerika wegen der dort für diesen Maikt ergriffenen Schutzmaßnahmen alsrisikoreich, während sich für die Hersteller von Werkzeugmaschinen, denen in den USA zum Zeitpunkt der Befragung keine protektionistischen Eingriffe drohten, dieses Land als risikoarm darstellte. Lediglich im oberen Risikobereich dominierte wie im Falle des Irans das allgemeine Länderrisiko wirtschaftliche Kriterien. Wahrgenommene Risiken schlugen sich aber erst dann in einer geminderten Risikobereitschaft nieder, wenn ihnen direkte Relevanz für die eigene Unternehmenspolitik zugeschrieben wurde. Hierüber wiederum entscheidet die Anfälligkeit der Produktpalette für politische Risiken.

Vor diesem Hintergrund sind die Forschungsbemühungen um die Beschreibung und Erklärung der Risikobereitschaft im Exportgeschäft zu sehen. Der Operationalisierung der Dimension Risikobereitschaft diente zum einem eine Itembatterie (vgl. Anhang I; S. 343), die zehn Statements umfaßt (z.B.: "Sind Chancen und Risiken bei einer wirtschaftlichen Entscheidung in etwa gleich verteilt, sollte man besser davon Abstand nehmen."). Um nicht auf die psychischen und situationsbedingten Hintergründe dieses Konstrukts beschränkt zu bleiben und um Aussagen über die Risikobereitschaft hinsichtlich konkreter Entscheidungsfelder treffen zu können, wurden die Probanden zum anderen gebeten, auf einer von 0 (= vollkommen risikolose Entscheidung) bis 100 (= äußerst gewagte Entscheidung) reichenden Skala anzugeben, welches Ausmaß an Risiko nach ihrer Meinung angesichts der aktuellen Wirtschaftslage in den Bereichen des Marketing-Mix sowie in der Marktforschung und im Personalwesen eingegangen bzw. nicht überschritten werden sollte.

100

Π. Die psychische Struktur des Managements

Da Risikobereitschaft als ein Bezugssystem der Selbsteinschätzung beschrieben werden kann, wurde als Erhebungsinstrument eine in Anlehnung an Cantril (1965) entwickelte sog. Selbstverankerungsskala eingesetzt (vgl. Abbildung 2.16). Deren Prinzip läßt sich folgendermaßen umschreiben: Zunächst stellen sich die Probanden sowohl eine vollkommen risikolose als auch eine äußerstrisikoreiche Entscheidung vor. Indem die Befragten letzterer den höchsten Skalenwert (= 100) zuordnen und die risikolose Entscheidung dementsprechend mit dem niedrigsten Skalenwert (= 0) belegen, wird eine individuelle Festlegung der inhaltlichen Spannweite der Skala erreicht. Die Lokalisation der Risikobereitschaft erfolgt dadurch, daß die Befragten zu einem Vergleich zwischen den theoretischen Entscheidungssituationen und den konkreten Entscheidungsfeldern aufgefordert werden (vgl. Anhang I; S. 342).

Abbildung 2.16: Selbstverankerungsskala zur Messung der Risikobereitschaft

3. Methodenkritische Überlegungen zu einem Forschungsansatz

101

3.2.2.3. Die Einstellung der Manager gegenüber einem Exportengagement Vielfach wird eine grundsätzlich negative Einstellung gegenüber dem Export als einer Unternehmensstrategie durch äußerlich rational begründetes Verhalten so verdeckt, daß die wahren Beweggründe für eine Entscheidung nicht sichtbar werden. Nicht zuletzt um auch den realen Verhältnissen Rechnung zu tragen, in denen die Exportoption normalerweise als eine von mehreren Alternativen zur Lösung einer problematischen Unternehmenssituation behandelt wird, basiert die projektive Messung der Einstellung des Entscheiders gegenüber Export als Unternehmensstrategie auf einem realitätsnahen, alternative Entscheidungsmöglichkeiten berücksichtigenden "Szenario" (vgl. Frank 1938; Oberkampf 1976; vgl. Abbüdung 2.17). Zudem sollte die Einstellung der Probanden gegenüber dem Export als einer Unternehmensstrategie so erhoben werden, daß die vielleicht gravierendste Schwachstelle der Einstellungsmessung, die Reaktivität der Messung, wenn schon nicht vollständig vermieden, so doch abgeschwächt wird. Auf dieses zentrale Problem der Einstellungsforschung wurde erstmals von Campbell/ Stanley (1963) hingewiesen. Bei den meisten klassischen Meßtechniken (z.B. dem Semantischen Differential oder der Likert-Skala) ist sich die Versuchsperson in der Regel der Tatsache bewußt, daß ihre Einstellung zu einem bestimmten Meinungsgegenstand erfragt werden soll. Dieses Wissen fördert häufig verzerrende Antworttendenzen, z.B. das Bestreben, sozial erwünschte Auskünfte zu geben. Somit verändert also der Meßvorgang den Meßgegenstand. Mit Hilfe indirekter, nicht-reaktiver Verfahren (vgl. Webb/Campell/Schwartz/ Sechrest 1966), die den Probanden nicht zu erkennen geben, daß ihre Einstellungen gemessen werden, läßt sich dieser Effekt mildern. Im Rahmen des gewählten Operationalisierungsvorschlags wurde versucht, diesem Problem durch Ausnutzen des Projektionsprinzips zu begegnen. Unter Projektion soll in diesem Zusammenhang das Bestreben verstanden werden, einer anderen Person eigene Gefühle, Gedanken oder Einstellungen zuzuschreiben (vgl. Frank 1938; Murray 1951). Die Einstellung der Befragten zu der Exportoption wird somit nicht "direkt" erfragt. Ob Export grundsätzlich als etwas eher Positives oder eher Negatives angesehen wird, oder ob, wie es Simpson (1973) bzw. Bilkey/Tesar (1977) ausgedrückt haben, der diffuse Eindruck besteht, daß eine Exporttätigkeit per se wünschenswert ist, unabhängig davon, welchen Beitrag sie zur Realisation der Unternehmensziele leistet, wurde gemäß der in Abbildung 2.17 skizzierten Vorgehens weise in Erfahrung gebracht.

102

Π. Die psychische Struktur des Managements

AUFGABENSTELLUNG

'

ENTSCHEIDUNGSALTERNATIVEN

Bei dieser Aufgabe silier» Sie drei Haniger anhand vorgegebener Kriterien heiterten. Vir de· Hintergrund einer bestiaaten Nirtschafts- und Unterneh•enssituation sowie sieben konkreter Entscheidungsalternativen haben diese Hanager unterschiedliche Losungen gewählt.

Alternative A: Hit Freadkapital finanzierte Rationalisierungsinvestitionen durchführen.

Hirtschaftssituation

Alternative B: Die Abteilung 'Forschung und Entaicklung' personell verstärken.

Die Jahre 1980 bis 1982 varen für deutsche Unterneh•en ait die schMierigsten der Nachkriegszeit. 'Energiekrise*, 'Massenarbeitslosigkeit* und 'Uaaeltschutz*, so lauteten einige der ReizNorte. Die Realeinkouen der privaten Haushalte stagnierten. Steigende Preise, unruhiger Konjunkturverlauf, hohes Zinsniveau, ein stark schMankender Dollarkurs und ein zeitweise erschreckend hohes Leistungsbilanzdefizit gaben die Rahaenbedingungen für die Wirtschaft ab.

Unternehaenssituation Die ELEKTRO GabH, ein aittelstindisches Unternehaen ait 250 Hitarbeitern, das in früheren Jahren beträchtlich expandierte, leidet unter hohea Nettbewerbsdruck, stagnierenden Uasätzen und einea branchenuntypisehen stetigen Rückgang des Auftragsbestandes. Die Produktionsanlagen sind gelegentlich überlastet. Aufgrund dieser Gegebenheiten, aber auch aus Hangel an qualifizierten Fachkräften, können neue Produkte nur in begrenztea Uafang entaiekelt aerden. Die Eigenkapitalausstattung liegt etaas unter dea Branchendurchschnitt, und innerhalb der Vertriebsorganisation offenbaren sich zunehaend Schwächen. Es ist zu befürchten, dal sich die Absatzsituation in nächster Zukunft aeiter verschlechtert, aenn nicht einschneidende Halnahaen eingeleitet aerden.

Angesichts dieser Raheenbedingungen aerden von der Geschäfts lei tung folgende Prob lea lisungen diskutiert

Alternative C: Eine Unternehaensberatung hinzuziehen. Alternative 0: Hit einea gleichrangigen Unternehaen kooperieren, das über beträchtliches produktpolitisches Knoa-hoa verfügt. Alternative E: Ausländische Harkte erschHelen. Alternative F: Einen kapitalstarken Parnter suchen und ihn für eine Beteiligung geainnen. Alternative fi: Den Personalbestand der Unternehaenslituition anpassen.

Zur Verbesserung der Unternehaenssituation haben drei Hanager Koabinationen von Problealisungsalternativen vorgeschlagen. Der Einfachheit halber sei ia folgenden jedoch nur das jeweils zentrale Eleaent ihrer Vorstellungen angegeben. Ihre Aufgabe besteht nun nicht darin, die Angeaessenheit der einzelnen Alternativen zu beurteilen. Vielaehr sollen Sie auf den nachfolgenden Seiten die Hanager, die sich für eine bestiaate Alternative entschieden haben, beurteilen.

Abbildung 2.17: Exemplarische Darstellung der Vorgehensweise bei der projektiven Messung "Einstellung zum Export"

103

3. Methodenkritische Überlegungen zu einem Forschungsansatz

BEURTEILUNG

Hie wrden Sic einen Manager, der sich in der geschilderten Hirtschafts- und Unternehienssituatien dafür entscheidet, ausländische Wirkte zu erschlielen. charakterisieren?

Bitte kreuzen Sie bei jede· der folgenden fünf Aussagenpaare die Ausprägung an, die Ihnen a· besten geeignet erscheint, diesen Manager zu beschreiben.

durch Harktdiversifikatien.

(2a)

Er untemirft sich eine· gewissen Trend, das Auslandsgeschäft zu fercieren.

(3a) Er lichte Auslandsaktivitaten als Vonand nutzen, ui seine Reiselust befriedigen zu

(4a)

Er sichert letztlich hei«isehe Arbeitsplätze.

• •

(lb)

•der



(2b) Er hat erkannt, dal die Bearbeitung v»n Auslandsmärkten eine echte Entscheidungsalternative darstellt.

(3b) Er l i l t sich auch durch die • i t Auslandsreisen verbundenen Rühen nicht abhalten, neue Geschäftsverbindwgen zu knüpfen.

Ι - 1 L J

(Sa) Er leistet einen Beitrag zu· Γ ~ Ί Ausgleich der Leistungsbilanz | _ 1 und letztlich zur Veraehrung unseres Hehlstandes.

Er l i l t sich auf die unkalkulierbaren Risiken ausländischer Märkte ein.

(4b) Er sacht den ersten Schritt zur Verlagerung der Preduktien ins Ausland und gefährdet daait heilischt Arbeitsplätze.

•der

(5b) Er vergrilert die pali tischen und iirtschaftliehen Risiken der sehen jetzt stark expertìastigen Hirtschaft.

I—I L J





• •

Abbildung 2.17: Exemplarische Darstellung der Vorgehensweise bei der projektiven Messung "Einstellung zum Export"

104

Π. Die psychische Struktur des Managements

Die Probanden werden mit unspezifischen Stimuli (Wirtschaftssituation, Unternehmenssituation, Handlungsalternativen und konkreten Entscheidungen) konfrontiert, ohne in ein starres System "richtiger" oder "falscher" Antworten gezwängt zu werden. Die vorgegebenen Situationsbeschreibungen sind relativ unstrukturiert und mehrdeutig, d.h. sie präjudizieren keine Antwort im Sinne des Exportierens als der adäquaten Entscheidungsalternative. Wegen der Präsentation mehrerer Handlungsmöglichkeiten erkennen die Befragten auch nicht, daß allein ihre Einstellung zum Export interessiert und die restlichen Vorgaben nur den Hintergrund für eine vergleichsweise realistische Entscheidungssituation abgeben (vgl. Anhang I; S. 345-349). Die Grundannahme lautet dabei, daß in solchen mehrdeutigen Situationen die Probanden ihre Einstellung auf die "targets" (hier fiktive Manager, die in der beschriebenen Konstellation bestimmte Entscheidungen getroffen haben) projizieren. Wenn man sozusagen anderen die eigene Meinung bzw. heimlichen Vorurteile in den Mund legen kann, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden, fühlt man sich aus der Pflicht entlassen, vorurteilsfrei zu antworten. Auf diese Weise öffnet sich die Versuchsperson unbewußt der eigentlichen Meßintention und verzichtet auf die Rationalisierung ihrer Auskünfte. Die fünf Beschreibungsdimensionen, anhand derer die Probanden den fiktiven Manager charakterisieren können, sind so formuliert, daß ihre beiden Ausprägungen jeweils eine starke und eine schwache Auslandsorientierung signalisieren. Wählt ein Proband ausschließlich oder überwiegend die positiven Bewertungen, so trägt seine Einstellung gegenüber dem Export als einer Unternehmensstrategie zur Auslandsorientierung bei.

3.2.2.4. Personen- und Unternehmenscharakteristika als objektive Elemente der Internationalisierung Bei den weiterhin erfaßten soziodemographischen Daten ( 10 X (Exporteure)

44 60

42,3 57,7

41 24

63,1 36,9

46 20

69,7 30,3

22 33

40,0 60,0

40,·

Tabelle 3.1: Strukturmerkmale der vier Teilstichproben1) 1)

Bei der Auswertung des deutschen, finnischen und japanischen Teils der Untersuchung wurde nach Rücksprache mit den jeweiligen Kooperationspartnern nur dann von Exportfirmen (Exporteuren) gesprochen, wenn diese mindestens 10 % ihres Umsatzes im Auslandsgeschäft erwirtschaften; denn unterhalb dieses Schwellenwertes handelt es sich zumeist nur um "Zufalls geschäfte", d.h. nicht systematisch akquiriertè Aufträge, die noch keinen maßgeblichen Einfluß auf die Unternehmenspolitik ausüben. Von diesen Überlegungen wurde im Falle Südafrikas auf Anraten des dortigen Partners, Prof.Dr. M . Leibold, abgewichen. In Anbetracht des generell niedrigeren wirtschaftlichen Niveaus des Verarbeitenden Gewerbes Südafrikas sollte jeglicher Auslandsumsatz (Exportquote > 0 %) als Indikator jener strukturellen Unterschiede und Bewußtseinsänderungen gelten, die mit einer systematischen Exporttätigkeit verbunden sind.

112

ΠΙ. Die Auslandsorientierung im Licht einer empirischen Studie

Angesichts der enormen Schwierigkeiten, die mit der Durchführung einer derartigen Vergleichsuntersuchung verbunden sind, können die dabei auftretenden Diskrepanzen, z.B. in den Unternehmensgrößen, nicht überraschen. Daher müssen an den Gütekriterien der Stichprobengewinnung (z.B. Parallelität der Teilstichproben) fraglos Abstriche vorgenommen werden. Im übrigen wäre durchaus zu problematisieren, ob in diesem Zusammenhang Vergleichbarkeit Identität voraussetzt oder ob nicht vielmehr gerade die länderspezifischen Besonderheiten (z.B. das Übergewicht kleiner und kleinster Betriebe in Finnland und Südafrika) berücksichtigt werden sollten. Entsprechendes gilt auch für die durchschnittliche Exportquote, die zwischen 20,5 % (Bundesrepublik Deutschland) und 6,9 % (Südafrika) variiert Während die befragten Unternehmen1) der deutschen Stichprobe allesamt im Bezirk der Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar angesiedelt sind, verteilen sich die Firmen des japanischen Sample vornehmlich auf die Zentren Tokio, Kyoto und Osaka. Die Standorte der befragten finnischen Betriebe liegen überwiegend im Süden des Landes mit den räumlichen Schwerpunkten Helsinki und Tampere. Die Heimat der südafrikanischen Befragungsteilnehmer ist die Kapprovinz.

2. Befunde im interkulturellen Vergleich Zwar wird in dieser Arbeit die Auslandsorientierung als eine Schlüsselvariable im Rahmen exportbezogener Entscheidungsprozesse betrachtet (vgl. Kapitel 2), doch ist damit keine Geringschätzung sog. objektiver Einflußgrößen wie z.B. des Auslastungsgrades der Produktionskapazität verbunden. Vielmehr galt es zu zeigen, wie man durch eine Synthese von psychischen und objektiven Faktoren zu einer realistischeren und verläßlicheren Einschätzung des Exportpotentials gelangt, als dies bei einer einseitigen Festlegung auf subjektive oder objektive Determinanten möglich wäre.

1)

Der bei den vier Untersuchungen verwendete Fragebogen gliedert sich in drei für alle Stichproben weitgehend konstant gehaltene Teile (vgl. Kapitel 2). Zunächst wurden Unternehmensdaten sowie die Erfahrungen der Filmen bei Auslandsengagements erfragt. In einem zweiten Teil standen die Personendaten der befragten Manager im Vordergrund, während im letzten Abschnitt die Meinungen und Ansichten dieser Entscheidungsträger Gegenstand des Interesses waren. Als Beispiel ist der vollständige deutsche Fragebogen im Anhang I wiedergegeben. Da sowohl in inhaltlicher als auch in formaler Hinsicht Vergleichbarkeit gewählt wurde, sind gemeinsame Auswertungen und Gegenüberstellungen der erhobenen Daten zulässig'.

2. Befunde im interkulturellen Vergleich

113

2.1. Ein Überblick Wie Tabelle 3.2 zeigt, ist es gelungen, ein Verfahren zu konzipieren, das die postulierten Zusammenhänge in Form von "größer - kleiner"-Hypothesen weitestgehend widerspiegelt, und zwar in allen vier Ländern. Die wenigen Falsifikationen können durch nationale Eigenheiten (z.B. Bildungssystem und Loyalitätsverhältnis Arbeitgeber - Arbeitnehmer in Japan oder die engen Bindungen der Südafrikaner an ihre Herkunftsländer) bzw. Effekte, die auf das Skalierungsverfahren zurückzuführen sind (Alter), ohne weiteres erklärt werden. So sind das deutsche und japanische Bildungssystem nur bedingt miteinander vergleichbar. Angesichts des Umstandes, daß 80 bis 90 Prozent selbst der Fließbandarbeiter in der japanischen Automobilindustrie einen dem deutschen Abitur ähnlichen Schulabschluß aufweisen sollen, leuchtet es ein, daß diese Variable in Ländern mit einem solcherart durchlässigen Schulsystem nicht über die notwendige Trennschärfe verfugt. Sie differenziert also im Falle Japans nicht zwischen exporterfahrenen und -unerfahrenen Managern. Ganz anders als in der Bundesrepublik Deutschland ist dort auch ein gelegentlicher Wechsel des Arbeitgebers zu bewerten. Während sich bei uns größere Flexibilität in einem tendenziell häufigeren Wechsel von Arbeitsplatz und Arbeitgeber äußert, liegen bei der Kontrastgruppe andersartige Rahmenbedingungen vor, die eine unterschiedliche Würdigung des Sachverhalts erfordern. Daß exporterfahrene japanische Manager hier geringere Werte aufweisen, hat seine Ursache in dem viel diskutierten Phänomen der in bestimmten Teilen der japanischen Wirtschaft üblichen lebenslangen Beschäftigung (vgl. Kobayashi 1980, S. 37ff.). Werfen derartige Querschnittsvergleiche auch immer unweigerlich die Kausalitätsfrage auf - führt Auslandsorientierung zu einer Intensivierung des Exportgeschäfts oder verstärkt dieses umgekehrt erst die Auslandsorientierung(?) -, so läßt dieser Befund doch zumindest den Schluß zu, daß es sich bei Konstruktebenen wie der psychischen Distanz oder der Änderungsbereitschaft um relevante Analysedimensionen des Exportverhaltens handelt. Jede der Ebenen des Meßansatzes (z.B. psychische Distanz, Rigidität, Änderungsbereitschaft, Einstellung zum Export) soll im Rahmen des Gesamtkonzepts nicht nur zur Prognose des Exportverhaltens und der Identifikation von Exportpotential beitragen, sondern bietet, insbesondere aufgrund der Verfügbarkeit entsprechender Angaben aus vier Ländern, auch zahlreiche Analysemöglichkeiten. Das dem gewählten Ansatz innewohnende materielle Erkenntnispotential soll im folgenden an den einzelnen Facetten der Auslandsorientierung von Entscheidungsträgern verdeutlicht werden.

MANAGER-

MAX.

7,82

5

12.73

2.20**

6.66 *

6.05 *

5,05*

WERT

BEZnwNG

>

68.63

>

1,51 *

>

36,33 **

5.85

ΒΕΖΠ»**;

WERT

WERT

M E S S - M E S S " WERT

4

>•

>

27

;>

5,78

5,91

WERT

«IBM«

WERT

8

2

5 57

>

>

MESS-

4,52*·

MESS-^^^

>

> 1,18

1,3.81

l^**

5,13*

5,57

>

4,11