Die archaisch griechischen Skulpturen der Staatlichen Museen zu Berlin [Zweite Auflage, Reprint 2022] 9783112650462

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Die archaisch griechischen Skulpturen der Staatlichen Museen zu Berlin [Zweite Auflage, Reprint 2022]
 9783112650462

Table of contents :
1. Frauenstatue mit Granatapfel
2. Fragment einer Grabstele
3. Jünglingskopf
4. Jugendlicher Kopf
5. Jünglingskopf von einer Grabstele
6. Bärtiger Kopf eines Mannes
7. Fragment einer attischen Grabstele
8. Fragment einer bemalten Grabstele
9. Charitenrelief
10. Eule
11. Schiffsauge
12. Acheloosmaske
13. Hermenköpfchen
14. Frauenköpfchen
15. Fragment einer Lampe
16. Heroenrelief aus Chrysapha
17. Spartanisches Relief mit Jüngling und Schlange
18. Weiblicher Relief köpf
19. Jünglingskopf
20. Kore
21. Thronende Göttin
22. Frauenkopf aus Selinunt
23. Relief mit Jäger und Hund
24. Weihrelief mit thronendem Mann
25. Jünglingstorso
26. Männlicher Kopf
27. Oberkörper einer weiblichen Statuette
28. Frauenkopf
29. Europa auf dem Stier
30. Bruchstücke vom Oberkörper einer Frauenstatue
31. Mädchenkopf
32. Löwe von Knidos
33. Beckenträger
34. Von Cheramyes geweihte Frauenstatue
35. Zwei Bruchstücke einer stehenden Frauenstatue
36. Statue der Ornithe aus der Geneleosgruppe
37. Frauentorso
38. Bruchstück vom Hinterkopf eines Kuros
39. Panzertorso eines Kriegers
40. Unfertiger Frauenkopf
41. Frauenkopf
42. Unterteil der Kore des Anaximandros
43. Oberkörper einer Frauenstatuette
44. Weihrelief mit zwei stehenden Frauen
45. Weihrelief eines Mädchens
46. Bruchstück mit Relief eines stehenden Mädchens
47. Frauenstatue mit Steinhuhn
48. Bruchstück einer Frauenstatue
49. Frauenstatue mit Steinhuhn
50. Frauenstatue
51. Frauenstatue
52. Frauenstatue
53. Zwei Frauen auf einem Sessel
54. Frauenstatue
55. Frauenstatuette
56. Frauenstatuette
57. Frauenkopf
58. Frauenkopf
59. Vier Relief bruchstücke von einer Säulenbasis des alten Apollontempels in Didyma
60. Jüngling, der ein Opfertief trug
61. Rechte Hand eines Kuros
62. Liegender Löwe
63. Hintere Hälfte eines liegenden Löwen
64. Altarwange mit Reliefschmuck und Fragment von einem Gegenstück
65. Bruchstücke von einem Fries mit Wagenrennen
66. Weihgeschenk des Hermonax und seiner Frau
67. Bruchstück einer liegenden Gestalt
68. Gelagerter Mann
69. Statue eines bekleideten Jünglings
70. Jünglingskopf
71. Bruchstück einer samischen Kore
72. Bruchstück vom Architrav des alten Apollontempels in Didyma mit beflügelter Gorgo
Zusammenstellung der Inventar- und neuen Katalognummern
Verzeichnis der Vergleichsstücke nach ihren Aufbewahrungsorten
Verzeichnis der Abkürzungen
ABBILDUNGEN 1—225

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CARL BLÜMEL D I E ARCHAISCH GRIECHISCHEN SKULPTUREN

CARL B L Ü M E L

DIE ARCHAISCH GRIECHISCHEN SKULPTUREN DER STAATLICHEN MUSEEN ZU BERLIN

Zweite Auflage

AKADEMIE-VERLAG 1964

• BERLIN

ERSCHIENEN

ALS

ABHANDLUNG DER DEUTSCHEN

AKADEMIE

D E R WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN Klasse für Sprachen, Literatur und Kunst Jahrgang 1962

Nr.}

Für die Abhandlungen angenommen in det Klassensitzung vom 15. Februar

Zum Druck genehmigt am gleichen Tage, ausgegeben am 7. März 1963

Erschienen im Akademie-Verlag GmbH, Berlin W 8 , Leipziger Straße 3 — Copyright 1963 by Akademie-Verlag GmbH Lizenznummer: 202 • 100/171/64 Satz, Druck und Einband: V E B Druckhaus „Maxim Gorki", Altenburg Klischees: Sachsendruck Plauen Bestellnummer: 2001/62/V/3 • E S 1 2 B

BESCHREIBENDER KATALOG

i. Frauenstatue mit Granatapfel Weißer Marmor mit wenigen blaugrauen Streifen; er stammt sicher aus Attika, vielleicht vom Abb. 1-8 Hymettos. Höhe mit Plinthe 1,9} m, Höhe der Krone 0,07 m, Höhe des Gesichts 0,20 m, Schulterbreite 0,5 5 m. Die Plinthe ist 0,10—0,105 m hoch, 0,28 m breit und 0,30 m tief. Die Statue wurde in Südattika bei Keratea gefunden; nach übereinstimmenden, glaubwürdigen Mitteilungen war sie bei der Auffindung in Blei eingewickelt, was die Vermutung nahelegt, daß sie vor dem Persereinfall sorgfältig geborgen worden ist. Die Verpackung gerade in Blei erscheint bei der Nähe der Bergwerke von Laurion, wo Silber und Blei gewonnen wurde, nicht ungewöhnlich. Im Jahre 1924 wurde sie aus dem Kunsthandel für die Skulpturensammlung erworben. Die Arbeit zeigt keine Verwitterungsspuren und nur ganz unwesentliche Beschädigungen, die den Gesamteindruck nicht beeinträchtigen. Leicht bestoßen sind der obere Rand der Krone, das linke Augenlid mit einem Teil der Wange darunter, ein Stück vom Haar hinter dem rechten Ohr, der rechte Zeigefinger am Gelenk zwischen dem ersten und zweiten Glied, am rechten Fuß der vordere Teil der großen Zehe, der Nagel der dritten Zehe und das Riemenwerk der Sandale, am linken Fuß der vordere Teil der zweiten und das erste Glied der kleinen Zehe. Der Hals ist etwas unterhalb der Schmuckkette gebrochen, die linke Knospe an der Halskette wurde beim Aufsetzen des Kopfes in Marmor ergänzt. Der Körper ist nach der Auffindung durch zwei waagerechte Schnitte zerteilt worden; der erste liegt dicht unter dem Uberschlag des Gewandes, der zweite geht durch die Oberschenkel ungefähr 5 cm unterhalb der Enden des Umschlagtuches. Auf einen Fehler im Marmor ist ein Loch von 5 X 6,5 cm und 1,5 cm Tiefe zurückzuführen, das über dem Gewandende auf der linken Seite der Statue liegt. Während sich auf der Vorderseite nur vereinzelte braune Sinterflecke finden, breitet sich über große Teile der Rückseite eine harte Sinterschicht aus, die die Farbe der Oberfläche fast vollkommen zudeckt. Die nackten Teile sind sehr sorgfaltig mit einem weichen Stein oder Schmirgel geglättet und danach wohl auch mit Wachs getränkt worden. Raspelspuren finden sich auf den breiten Flächen der Gewandung, im Haar und auf dem Granatapfel in der Hand. Die Gewandsäume, die Ränder der Falten und • Binden im Haar, die Sandalenriemen sowie die Ornamente am Gewand und an der Krone sind mit dem Schlageisen gemeißelt. Überall da, wo ungeglättete Teile zutage treten, wie an der Plinthe, zwischen den Füßen und in der schüsselartigen Vertiefung oben in der Krone, zeigt der Marmor Spuren der Bearbeitung mit senkrechten Hieben des spitzen Eisens. Die zur Bemalung benutzten Farben bestehen aus gelbem und rotem Eisenocker. Von der blauen Farbe haben sich nur so geringe Reste erhalten, daß sie sich einer sicheren chemischen Untersuchung entziehen. Wahrscheinlich bestand das Blau wie an den archaischen Skulpturen von der Akropoüs aus Kupferoxyd. Rot sind die Sohlen, die äußeren Streifen der Sandalenquerriemen, die nach oben gehenden Sandalenriemen mit ihren Agraffen, der Peplos, einzelne Streifen der Mäanderborten, der Granatapfel, die Troddeln und Randstreifen des Mantels, das Halsband, die Haarbänder, Spuren am linken Augapfel, 7

wohl als Unterlage für eine andere Farbe, der Mäander und die Blüten am Diadem. Gelb sind die Unterlagen der Sohlen, Streifen der Mäanderborten, der Mantel, die Ohrgehänge und das Haar. Blau waren Streifen der Mäanderborten und vermutlich ehemals auch die jetzt farblosen Dreiecke der Staufalten über den Füßen. Sicher waren auch einmal die Augenbrauen, die Lippen, die Blütenknospen des Halsbandes und das Spiralarmband am linken Handgelenk farbig getönt. Einfache geometrische Verhältnisse und berechnete architektonische Formen beherrschen den Aufbau der Statue, nur beim Gesicht, den Armen mit den Händen und den Füßen wird dieses feste Gefüge durch organische Bildungen unterbrochen, die aber auch wieder durch ein deutlich erkennbares geometrisches Gerüst unterbaut sind, oder wie die Füße eine knappe und feste Umrahmung erhalten haben. Die Frauengestalt mit der Krone auf dem Haupt und mit einem Granatapfel in der rechten Hand steht geradeaus blickend aufrecht da. Aus dem farbig gehaltenen, strengen Aufbau von Sandalen, Gewandung, Haar und Krone müssen ursprünglich die nackten Teile von Gesicht, Armen und Füßen in dem gelblich weißen Marmorton hell, fast wie aus einem anderen Material, herausgeleuchtet haben; aber nur in der Vorderansicht, auf der Rückseite ist von den Armen nur ganz wenig zu sehen, Füße und Gesicht sind verdeckt, und der Haarschopf fügt sich als strenges Ornament in den Aufbau des Ganzen ein. Die Gestalt trägt einen einfarbig roten Chiton mit weiten Ärmeln, die über die Ellbogen herüberreichen. Das Gewand ist in Höhe der Hüften gegürtet, am Oberkörper liegt es glatt an, während es vom Gürtel in regelmäßigen, parallelen Steilfalten, die wie flache Kanneluren wirken, herabfallt. Ein breiter, glatter Streifen vorn in der Mitte ist mit einem rotgelbblauen Mäander geziert. Die senkrechten Gewandfalten endigen über den Füßen in unbemalte Dreiecke, die das Zickzack der sich stauenden Falten andeuten sollen. Auch der rundliche Gewandabschluß am Hals zeigt eine Borte, in der kleine quadratische Felder mit einem Mäander zu einem fortlaufenden Ornamentstreifen verwoben sind. Über dem Chiton trägt die Göttin ein Mäntelchen mit jederseits sechs parallelen Falten. Es liegt vierfach übereinander, wie man an seinem unteren Rand sieht. Vier kleine Troddeln bezeichnen die Ecken dieses Umschlagetuches, das auf dem Rücken mit seinen regelmäßigen Falten bogenförmig ausschwingt. An den Füßen trägt die Statue Sandalen, an denen das Riemenwerk mit den schließenden Agraffen in allen Einzelheiten gezeigt wird. Die dünnen roten Sohlen sind deutlich abgesetzt von dicken gelben Unterlagen, auf denen die Füße wie auf besonderen Postamenten stehen. Auf dem Kopf trägt sie eine zylindrische Krone, um deren unteren Rand ein roter Mäander herumläuft, aus dem ein Ornament von Lotosblüten und Knospen herauswächst. Der sparsame Schmuck besteht aus großen knospenförmigen Ohrgehängen, einem schmalen Halsband mit ebenfalls knospenartigen Anhängern und einem glatten Spiralarmband am linken Handgelenk. Mit besonderer Sorgfalt sind die nackten Teile des Körpers behandelt, vor allem die parallel nebeneinanderstehenden Füße mit den langen Zehen und dem hohen Spann. Wie hier jeder Knöchel, die Sehnen und die Knochen des Mittelfußes durchgeformt sind, zeugt für die liebevolle und selbständige Naturbeobachtung des Bildhauers. Weicher in ihren Rundungen sind die Arme, groß und einfach in den Formen die Hände; vor allem die linke, die flach vor der Brust liegt, vier Finger wie die Falten des Gewandes streng parallel nebeneinander, und wo nur der Daumen unter das Mäntelchen greift. Nicht ganz ohne Gewaltsamkeit ist es bei der rechten Hand abgegangen, wo dem Künstler alles daran lag, den roten Granatapfel recht deutlich in Vorderansicht zur Anschauung zu bringen, und sich die ihn umspannende Hand dieser Absicht anpassen mußte. Kräftig und breit laden die Schultern aus, während die Brüste unter dem dichten Gewand kaum angedeutet sind. Schlank und leicht trägt der Hals einen Kopf, der durch seine längliche Gesichtsform auffallt. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die hohe Stirn mit dem Haar darüber, das in gleichmäßig 8

flachen, konkaven Wellen beiderseits bis zu den Ohren verläuft, um dann in einem dicken Schopf, der auch wieder wellenförmig gegliedert ist, auf den Rücken herabzufallen. Das Ende ist mit einem Band zu einem schlauchförmigen Knauf zusammengebunden. Etwas gemildert wird die Länge und Schmalheit des Gesichts durch die Breite dieses Haarschopfes, von dem sich Hals und Gesicht wie von einem ornamentalen Hintergrund abheben. Unter der hohen, flachen und etwas zurückweichenden Stirn quellen die großen, weitgeöflneten Augen hervor, die einst noch mächtiger gewirkt haben müssen, als die Pupillen noch nicht ihre Farbe verloren hatten. Die Tränendrüsen sind noch nicht angedeutet, vielmehr stoßen die dünnen Augenlider im Augenwinkel in einer leicht geschweiften Spitze zusammen. Die kräftige Nase mit den scharf abgesetzten und in die Wangen eingetieften Nasenflügeln bildet mit der Stirn einen stumpfen Winkel. Fast kantig zugeschnitten ist der kleine Mund mit seinem starren Lächeln. Das Kinn ist im Verhältnis zu Nase und Mund kräftig gebildet und zeigt in seiner Mitte eine leichte Einsenkung. Die Ohren sind groß und schmal, liegen steil am Kopf an und führen in ihrer ornamentalen Formung bewußt zu der Schneckenform des Haarschopfes über. So kommen auch die nackten Teile dieser Statue immer wieder durch die stilisierte Prägung ihrer Formen zu einem Zusammenklang mit dem strengen Ornament von Gewandung, Haar und Krone. Und wenn trotzdem der Gesamteindruck in mancher Hinsicht zwiespältig bleibt, so liegt das nicht an einem Mangel bildhauerischen Könnens. Wenn die Statue nicht in dieser vollkommenen Erhaltung auf uns gekommen wäre und diejenigen, die jetzt von- einer provinziellen Arbeit sprechen, nur ein Fragment der Füße oder des Gesichts hätten kennenlernen können, sie hätten sicher die Güte der Arbeit aufs höchste bewundert, und das mit vollem Recht. Jede Form ist von einer Eigenwilligkeit und Schärfe der Fassung, die nur großen Meistern erreichbar ist. Der Bildhauer der altattischen Kore steht in einer Zeit stürmischer Entwicklung, in der man nicht die letzte Ausgeglichenheit eines gereiften Stils verlangen darf. Seine Kunstanschauung entspricht Werken, die um die Wende vom siebenten zum sechsten Jahrhundert v. Chr. entstanden sind. Die Vorläufer der attischen Frauenstatue sind der Kopf vom Dipylon, der Kuros in New York und der Sunionkuros (2720). Der Künstler löst den Körper in einzelne stereometrische Gebilde auf, die gelegentlich ohne vermittelnde Übergänge aufeinander stoßen können. Doch steht daneben ein Streben nach verfeinerter Naturwiedergabe, das notwendig mit dem Sinn für das Abstrakte, der die älteren Werke ganz beherrscht, in Kampf geraten muß. So kündigt sich in Teilen, wie zum Beispiel den Füßen, der rundplastische Stil des Kalbträgers von der Akropolis an, während die Statue als Ganzes sich aus der Formanschauung der Bildhauer, die um die Jahrhundertwende in Attika arbeiteten, nicht lösen konnte. Ihre Entstehung dürfte in das Jahrzehnt 5 80 — 5 70 v. Chr. fallen. Man hat die Kore von der Akropolis Nr. 589 (Payne Taf. 14) trotz ihrer geringen Qualität an die Berliner Frauenstatue anschließen wollen. Viel ist damit nicht gewonnen, weil sich eigentlich nur einige Steilfalten der Rückseiten beider Statuen miteinander vergleichen lassen, obwohl beide Arbeiten ungefähr in derselben Zeit entstanden sind. Dagegen wird man der Zuweisung unserer Kore durch Rumpf (Crd'A. 14, 1938, 47) an den Bildhauer der Phaidimosbasis in Athen (NM. 81. — ÖJh. 16, 1913, 86 Eichler) nicht zustimmen können, weil gerade die für die Füße der Basis charakteristische Krümmung der Fußnägel nach unten, die fast wie in den Boden eingekrallt erscheinen, an der Berliner Statue fehlt. Wichtig dagegen ist der von Neugebauer durchgeführte Vergleich mit einer angeblich aus Athen stammenden Bronzestatuette in Cambridge (AA. 43, 1928, 635). Die Deutung der Kore ist heute noch ebenso unsicher wie zur Zeit ihrer Auffindung, weil die Attribute, wie Krone und Granatapfel, die verschiedensten Deutungen zulassen. Unter den Göttinnen würde man mit U. v. Wilamowitz-Moellendorf am ehesten an eine Fruchtbarkeitsgottheit wie Aphrodite denken, aber auch eine Unterweltsgöttin wie Persephone könnte den Granatapfel in der Hand halten. Daneben bleibt aber immer noch die Möglichkeit offen, in der Gestalt eine Verstorbene zu

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sehen. Die Größe der Arbeit würde dem, besonders im sechsten Jahrhundert v. Chr., nicht widersprechen. Wie jedes bedeutende, gut erhaltene antike Kunstwerk, das nicht in einer Ausgrabung gefunden wurde, ist auch die altattische Frauenstatue zunächst von einigen Archäologen für eine Fälschung erklärt worden. Der Kreis der Zweifler ist, wie sich das bei echten Stücken immer wiederholt, mit den Jahren mehr und mehr zusammengeschmolzen. Geblieben sind fast nur Picard und daneben Deonna, der sich auf ihn beruft (REG. 1926, 133; 1929, 66; 1930, 91; 1933, 107. — GazBA. 1929 I 309. — REA. 1930, 105. — RA. 1935, 145 (Picard). — Fouilles de Delphe IV, 2 S. 15 Anm. 1. — Picard, Manuel I 264. 591. — Deonna, Dédale I 232. 237. 380. 392. 396. 400. 404. 442. 454. 464. 466. 496. 504. 568. II 10. 94. 162). Die letzten Zweifel wurden von Hamann (Marbjb. 15, 1949/50, 146 Abb. 17) geäußert. Alle diese Angriffe sind schließlich nicht nur in Deutschland wirkungslos geblieben. Inv. Nr. 1800. — Phot. 6458 — 66. 7561. Eingehend von Wiegand behandelt in AA. 40, 1925, 399. Abb. 3 u. 4. — BerlMus. 47, 1926, 18 Abb. 1 — 3. — Antike 2, 1926, 30 Taf. 1 u. 2. — AD. 4, 1928, i j Abb. 1 — 8 Taf. 11 —18. — FuF. 2, 1926, 21 mit Abb. Maandblad voor beeidende Künsten 3, 1926, 172 Abb. 1 — 3 (Snijder). — The Art News 24, 1926 Nr. 36 S. 19. — Karo, Griechisches Geschmeide (Festschrift zum 60. Geburtstag von P. Clemen) 108 Abb. 2. — K. V. Müller, Archaische Plastik Taf. VIII, 14. — AM. 5 2,1927, 207. 212 (Buschor). — Gnomon 4, 1928, 425 (Lippold). — Jdl. 43, 1928, 140 (Studniczka). — FuF. 4, 1928, 13 (Kern). — Gnomon 4, 1928, 203 (W. H. Schuchhardt). — A A . 43, 1928, 641 Abb. 6 (Neugebauer). — K. V. Müller, Frühe Plastik 186. 211. — W. Lamb, Greek and roman bronzes 87. — F. Poulsen, Den tidüg graeske kunst 147 Abb. 82/83 — RA- 29> T929> 327 Nr. 2 (Reinach). — PhW. 1930, 139 (Lippold). — G. Richter, The sculpture and sculptors of thegreeks2 36. 71. 74. 93.150.151 Abb. 267/69. — H. Sauer, Die archaischen etruskischen Terrakottasarkophage aus Caere 22. — Rumpf, Griechische und römische Kunst 17. — U. von Wilamowitz-Moellendorff, Der Glaube der Hellenen 1 5 . II 105. — Casson, The technique of early greek sculpture 87. 90. 93. 109. 116. — Schräder, Archaische griechische Plastik 29. 34. 38. 39. 40. 90 Abb. 14. 17. 18. — Text zu BrBr. 751 — 55 S. 25 (G. Richter). — Th. von Scheffer, Kultur der Griechen 131 Taf. 37. — Gotsmich, Probleme der frühgriechischen Plastik 30. 44. 72. 78 Abb. 3. — Jaeger, Paideia 191. — Payne, Archaic marble sculpture from the Acropoüs 1. 3. 5. 16. 19. 55 Abb. 1 B. — Buschor, Die Plastik der Griechen 34 Abb. S. 36/37. — Bossert, Hellas und Rom 20 Nr. 5 Abb. 5. — Crd'A. 14, 1938, 47. 48 (Rumpf). — Gnomon 14, 1938, 66 (Lullies). — From the collections of the Ny Carlsberg Glyptothek 2,1938, 80. 91. 111 (V. H. Poulsen). — S. Ruxer, Historja Naszyjnika Greckiego 363 Taf. B 3. — BIBulg. 12, 1938, 145 (Raubitschek). — L. Curtius, Die antike Kunst II, 1 S. 137. 277. 306 Taf. 21 Abb. 230. — Gerke, Griechische Plastik 24. 26. 28.33.35< 44- 64.65. 215 — 19 Taf. 24/25. — Rodenwaldt, Korkyra 194. — Fink, Die Haartrachten der Griechen 35. 36. Anm. 33. — Schräder, Archaische Marmorbildwerke der Akropoüs 37. 41. 50. 65. 67. 281. 309. — Langlotz, Bildhauersch. 190. — Ashmole, Late archaic and early classical greek sculpture in Sicily and South Italy 21. — Rumpf, Sakonides 20 Anm. 49. — Hesperia 7, 1938, 554 (E. Capps). — Gnomon 16, 1940,162 (Rodenwaldt). — W. H. Schuchhardt, DieKunst derGriechen 100 Abb. 75. — A J A . 46, 1942, 365 Abb. 6 (F. R. Grace). — AA. 58, 1943, 412 (Kübler). — Rodenwaldt, KdA. 4 Abb. 218—21. — Weickert, Griechische Plastik 6 Abb. 1—4 und Titelbild. — Schefold, Griechische Plastik I 34. 69 Nr. 16. — G. M. A. Richter, Archaic greek art 63 Abb. 90/91. — Homan-Wedeking, Anfänge der griechischen Großplastik 75. 118. — Lippold, HdArch. 37 Anm. 11 Taf. 10,2. —AnzAW. 1952, 87 (Walter). — Bd'A. 40, 1955, 199. 201 Anm. 17 (Sestieri). — Lullies-Hirmer, Griechische Plastik 39 Taf. 18—21. — W. H. Schuchhardt, Archaische Plastik der Griechen 8 Taf. 8/9. — Gnomon 30,1958, 482 (Schuchhardt). — A J A . 65, 1961, 389 Taf. 127 (Suhr). — Hafner, Geschichte der griechischen Kunst 105 Abb. 100. — V. H. Poulsen, Lindos III 558. 10

2. Fragment einer Grabstele Hymettischer Marmor. Höhe 0,322 m, Breite unten 0,315 m, oben 0,308 m, Tiefe unten 0,11 m, Abb. 9 oben 0,105 m Aus dem Münchner Kunsthandel 1930 erworben. Das Fragment besteht aus zwei ungefähr gleich großen Bruchstücken, die genau aneinander gepaßt werden konnten. Die Kanten sind bestoßen. Auf der Vorderseite befinden sich 23 kleinere Löcher, die fast alle innerhalb des Kopfumrisses sitzen. Man könnte vermuten, daß die Stele einmal als Zielscheibe für Schießversuche gedient hat. Vorderseite und Seitenflächen sind durch Reiben sorgfaltig geglättet. Auch auf der Rückseite sind keine Meißelspuren mehr sichtbar, wenn auch die Oberfläche rauher gelassen worden ist. Die Rückseite und die Vertiefungen in der Vorderseite sind versintert. Die Umrisse der Zeichnung sind nicht mit einem flachen Eisen in den Marmor gehauen, sondern man kann mit dem Vergrößerungsglas überall noch deutlich erkennen, daß der Bildhauer mit einem sehr feinen Spitzeisen ein kleines punktförmiges Loch neben das andere setzte und die Löcher dann zu den durchlaufenden Furchen des Umrisses miteinander verband. Das Fragment gehörte zu einer attischen Stele, die sich nach oben hin verjüngte und zugleich dünner wurde. Auf seiner unteren Hälfte sind Kopf und Hals einer Jünglingsfigur eingeritzt; darüber verläuft ein waagerechter Trennungsstrich. Das Gesicht ist in seinen Proportionen unausgeglichen. Während das Auge mit dem Brauenbogen darüber und die Nase recht groß sind, fällt das Untergesicht mit kleinem Mund und Kinn dagegen ganz ab. Das Ohr ähnelt in seinen gestreckten ornamentalen Formen dem der attischen Kore Nr. 1. Das Haar ist so gezeichnet, daß es wellenförmig zur Stirn und zu den Schläfen hin ausläuft. Im Nacken ist es zusammengenommen und in seinem Ende zu einem schlauchförmigen Knauf mit einem Band zusammengebunden. Auch das Kopfhaar wurde von einem Band zusammengehalten, das in Malerei angegeben war. Zwei feine Ritzlinien über dem Ohr lassen noch Spuren von diesem Band erkennen. Den Hals schmückt genau wie an den Kuroi vom Dipylon und in New York ein glatter Reif. Das Fragment setzt in Marmor die Tradition der hocharchaischen Ornamentstelen aus Poros mit Ritztechnik fort. Sie ist die älteste uns erhaltene attische Marmorstele. Ihre Entstehung fällt in das erste Drittel des sechsten Jahrhunderts vor Chr. Inv. 1835. — Phot. 6571. AM. 51, 1926, 147 Beilage VIII Nr. 1 (Buschor). — Bulas, Chronologja 1.23.84.101.102 Nr. 10 Abb. 12. — A A . 53,1938, 588 (Kübler). — Schräder, Archaische Marmorbildwerke der Akropolis 40 Anm. 42. — Lippold, HdArch. 83 Anm. 3. — K . F. Johansen, Grave-reliefs 90. — Hesperia 25, 1956, 32 (E. B. Harrison). — G. M. A. Richter, The archaic gravestones of Attica 21 Nr. 24 Abb. 79. Zur Haartracht vergleiche: Fink, Die Haartrachten der Griechen. 35.

3. Jünglingskopf Weißgrauer Marmor. Höhe 0,102 m, größte Breite 0,063 m Abb. 10-12 Stammt aus Tanagra, wurde 1876 in Athen erworben. Der Kopf ist in der Mitte des Halses abgebrochen. Oberlippe und linke Augenbraue sind bestoßen. Der größte Teil der Nase fehlt. Die Gesichtsoberfläche ist glattgerieben. Augenlider, Mund und Haarsträhnen sind mit dem Schlageisen gearbeitet.

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Der bartlose Jünglingskopf mit dem langen Gesicht gehörte sicher einmal zu einer stehenden nackten Statuette. Die leicht zurückweichende Stirn ist niedrig. Die großen, weit geöffneten Augen liegen flach im Gesicht und besitzen eine Andeutung der Tränendrüse. Der Mund springt fast schnabelförmig vor, die Mundwinkel sind hochgezogen. Das lange Kinn ist senkrecht durch einen flachen Einschnitt gespalten. Die kleinen formlosen Ohren mit einem Loch in der Mitte sitzen in Höhe der Augen steil am Kopf. Das Haar ist bis zum Wirbel gescheitelt und wird von einer Binde umfaßt. Der flache Oberkopf, der von dieser Binde begrenzt wird, ist nicht ganz fertig geglättet. Zwischen Binde und Stirn verlaufen nach beiden Seiten je drei Haarsträhnen, die hinter die Ohren zurückgenommen sind lind sich im Nacken mit der übrigen Haarmasse, die siebenmal horizontal gegliedert ist, vereinigen. Der Kopf, eine recht unbeholfene Arbeit, ist einer wesentlich jüngeren böotischen Jünglingsstatuette von ungefähr gleichen Größenverhältnissen im Britischen Museum (B 474) verwandt. In seinem Stil ist der attische Einfluß unverkennbar, seine Entstehung fällt in das Ende des ersten Viertels des sechsten Jahrhunderts v. Chr. Beschreibung 210 Nr. 537. — Phot. 6610/12. Kurze Beschreibung3 46 Nr. 5 37. — Kekule von Stradonitz, Griechische Skulptur3 5 2. — Schräder, Archaische Marmorbildwerke der Akropolis 38. 41. 65. — From the collections of the Ny Carlsberg Glyptothek 2 , 1 9 3 8 , 1 1 0 Abb. 32 (V. H. Poulsen). — Festschrift Robinson 1 6 4 1 Anm. 8 (Langlotz). — G. M. A. Richter, Kouroi 66, — Karusos, Aristodikos 5 6.

4. Jugendlicher Kopf Abb. ij, 14

Bräunlicher, weicher, sehr poröser Kalkstein (Poros). Höhe 0,18 5 m, größte Breite 0,15 6 m. In Griechenland gefunden. Im Jahre 1898 aus dem Münchner Kunsthandel erworben. Der Kopf ist unmittelbar unter dem Kinn abgebrochen. Die Nase, mehr als die linke Hälfte der Stirn und ein Stück des Oberkopfes sind weggeschlagen. Bestoßen sind Mund, Kinn, Augen und rechtes Ohr. Ob der jugendliche Kopf einmal zu einer Jünglings- oder Mädchenstatue gehört hat, läßt sich nicht mehr entscheiden. Der Blick der etwas schräg gestellten, großen Augen ist geradeaus gerichtet. Das Haar wird von einer Binde zusammengehalten und fällt nach hinten in breiter, ungegliederter Masse in den Nacken herab. Auch der Haarwulst, der vorn unter der Binde hervortritt und Stirn und Schläfen umrahmt, zeigt keine feinere Gliederung in einzelne Locken oder Haarsträhnen. Nach der Form von Mund und Ohren entstand das Stück im zweiten Viertel des sechsten Jahrhunderts v. Chr., Stil und Material sprechen für eine Entstehung in Attika. Kurze Beschreibung3 99 Nr. 1490. — Phot. 1123a—c. 6593/94. A A . 18, 1903, 30 Nr. 3 Abb. 3 (Watzinger). — Kekule von Stradonitz, Griechische Skulptur3 47 Abb. S. 46.

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5. Jünglingskopf von einer Grabstele Weißer, großkristallinischer Inselmarmor. Höhe 0,28 m, Breite 0,345 m, Tiefe 0,154 m, Reliefhöhe Abb. 15 0,025 m. War früher im Finlayschen Garten 211 Athen, kam von dort in die Sammlung Sabouroff und mit ihr in das Berliner Museum. Von der Stele ist nur das Bruchstück mit dem Jünglingskopf erhalten. Die Oberfläche ist verrieben und stark bestoßen. Nur links ist die ursprüngliche Seitenfläche der Stele noch vorhanden. Der im Profil dargestellte Jünglingskopf trägt langes, in den Nacken herabfallendes Haar, das von einer Binde zusammengehalten wird. Vor dem Gesicht hat sich ein Stück des Lanzenschaftes erhalten. Da der Kopf nicht behelmt ist, gehörte das Bruchstück wahrscheinlich zur Darstellung eines stehenden, nackten Jünglings, der mit der einen Hand seine Lanze hielt, die vor ihm auf dem Boden stand. Am oberen Rand links vom Schaft scheint ein kleiner Ansatz zur Lanzenspitze zu gehören, während ein Wulst neben dem unteren Teil der Lanze, soweit sie auf dem Bruchstück erhalten ist, möglicherweise von der Hand des Jünglings herrühren könnte. Das Haar des Kopfes ist großflächig gehalten. Das Ohr steht parallel zur Nackenlinie und nicht sehr steil. Das Gesichtsprofil, das in seinem Umriß gut erhalten ist und fast klassische Proportionen aufweist, zeigt eine Nase, die nur wenig aus dem Gesicht herausstößt. Das Auge ist trotz der reinen Profilstellung des Kopfes noch ganz von vorn gesehen; es steht nicht schräg, sondern gerade im Gesicht. Die Oberfläche des Reliefs ist durch Reiben geglättet worden, Färb spuren fehlen ganz. Die einfachen und großen Formen des Kopfes wirken edel und vornehm. Nach der Art des Profils und der flächigen Behandlung des Haares könnte man versucht sein, den Kopf in die Spätzeit der archaischen Plastik zu setzen. Dagegen spricht jedoch die Bildung des großen, flachliegenden Auges, das ganz in der Seitenansicht gegeben ist. Das Fragment ist sicher jünger als die Diskosträgerstele (NM. 38) in Athen, dürfte aber noch vor der Mitte des sechsten Jahrhunderts v. Chr. entstanden sein. Es zeigt wie manche andere Arbeit die innere Verwandtschaft des hocharchaischen mit dem frühklassischen Stil. Beschreibung 274 Nr. 733. — Phot. 6508. — Formerei Nr. 1381. Furtwängler, Sammlung Sabouroff 4 und Text zu Taf. 2. — Le Bas-Reinach, Voyage archéologique 52 Taf. V i . — Antike Skulpturen aus den Königlichen Museen I 1 Taf. 2. — Conze, Att. Grabreliefs I 6 Nr. 6 Taf. 5. — SBBerl. 1902, 390 (Kekule von Stradonitz). — Perrot-Chipiez, Histoire de l'art VIII 664 Abb. 343. — Kekule von Stradonitz, Griechische Skulptur3 47. — Kurze Beschreibung3 57 Nr. 733. — Schröder, Archaische griechische Skulpturen 8 Taf. 9. — Bulas, Chronologja 1. 33. 84. 102 Nr. 1 1 Abb. 19. — Picard, Manuel I 426/27. — Schräder, Archaische Marmorbildwerke der Akropoüs 17. 41. — Lippold, HdArch. 83 Anm. 9. — G. M. A. Richter, The archaic gravestones of Attica 35 Nr. 51 Abb. 133.

6. Bärtiger Kopf eines Mannes Weißer, wahrscheinlich parischer Marmor. Höhe 0,23 m, größte Breite 0,165 m Abb. 16-19 Entweder auf Aegina oder in Athen gefunden. Kam mit der Sammlung Sabouroff in das Alte Museum. Der Kopf ist im Hals von einer Statue abgebrochen. Es fehlen der größte Teil von Nase und Kinn. Bestoßen sind beide Augäpfel, die Lippen mit dem Schnurrbart und der Rand des rechten Ohrs.

Rote Farbspuren haben sich auf dem rechten Augapfel erhalten. Beide Augenbrauen zeigen einen drei Millimeter breiten, helleren Strich, der wegen seiner scharfen Begrenzung nicht durch späteres Verreiben entstanden sein kann, sondern auch von einem früheren Farbauftrag herrühren muß. Die Ränder der Augenlider ebenso wie die Lippen sind mit einem Schlageisen bearbeitet. Das Gesicht, die Ohren und der Hals sind durch Reiben geglättet, dabei sind einige zu tief gegangene Spitz eisenhiebe stehengeblieben, die jetzt wie spätere Beschädigungen wirken, so über der Nasenwurzel, auf beiden Augenbrauen, auf der linken Wange und der rechten Halsseite. Die Gesichtsoberfläche sc heint auch mit Wachs getränkt worden zu sein. Das Kopfhaar erscheint in seiner scharfen Begrenzung wie eine fest anliegende Mütze, die vorn ungefähr einen halben Zentimeter dick ist und zum Nacken hin etwas dünner wird. Diese Fläche ist mit feinen Spitzeisen- und Stockhammerhieben aufgerauht worden. Sie setzt sich halbkreisförmig von dem geglätteten Nacken ab, schließt unmittelbar an das Ohr an, verläuft über den Schläfen in einem leichten Bogen zur Stirn hinauf und setzt sich in derselben geschwungenen Linie von der Stirn ab. Jetzt ist über der Mitte der Stirn diese Bogenünie in einer Länge von 4 cm unterbrochen. Hier ist von derselben Hand, die das Haar aufrauhte, eine Abarbeitung vorgenommen worden. Schnurrbart und Backenbart sind ebenso wie die Haarfläche des Kopfes durch Aufpicken mit einem feinen Spitzeisen gewonnen worden und zwar läßt sich noch deutlich erkennen, daß der Bildhauer zunächst das ganze Gesicht einschließlich der Bartpartien fertiggeglättet hat, ehe er es mit dem Spitzeisen wieder aufrauhte. Im Backenbart haben sich überall und im Schnurrbart auf der linken Seite Reste der ursprünglich geglätteten Fläche erhalten. Der Grund für dieses Vorgehen ist darin zu suchen, daß beim Glätten durch Reiben größere Flächen sich leichter bearbeiten lassen als scharf begrenzte kleinere Teile, auf denen der weiche Stein sich nicht kräftig genug hin und her bewegen läßt. Das Gesicht des Mannes wirkt in seinen knappen, großen Formen ungewöhnlich lebendig. Die Augen liegen flach und sind etwas schräg gestellt. Die dünnen Lider sind weit geöffnet und zeigen mit einem feinen Einschnitt eine Andeutung der Tränendrüse. Die Augenbrauen sind rundlich gewölbt. Der Schnurrbart zeigt die Form eines flachen Dreiecks und läuft nach beiden Seiten auf den Wangen in eine Spitze aus. Der scharf geschnittene Mund zeigt kaum eine Andeutung des archaischen Lächelns. Die Ohren, in einfachen, flächigen, fast ornamentalen Formen gehalten, liegen am Kopf an. Das Stück ist von jeher ebenso berühmt wie problematisch gewesen, weil es in seiner Zeit durch die eigenartige Anlage des kurzen Haares für uns eine einmalige Erscheinung darstellt. Der übliche Erklärungsversuch lief immer wieder darauf hinaus, in dem Kopf einen ersten und überraschenden Anlauf zum individuellen Porträt zu sehen. Da wurden dann so verschiedenartige Vorschläge gemacht wie der „Tyrann Pisistratos" von Langlotz und Schefold, ein „kurzgeschorener Athlet" von Buschor und ein Bild des „Theseus" von Fink. Dabei hat man sich aber nicht klar gemacht, daß der Eindruck des Individuellen für uns nur durch die Behandlung des Haares hervorgerufen wird und die übrigen Formen des Kopfes, wie Mund, Augen, Wangen, Stirn und Ohren, durch nichts aus dem üblichen Formenschatz der archaischen Kunst herausfallen. Man fragt sich, warum der Künstler, wenn er ein Porträt schaffen wollte, nur beim Haar von dem Gewohnten abgewichen ist. Der Kopf könnte sich wie jeder andere in die Entwicklung einfügen, wenn Haar und Bart im Altertum nicht so ausgesehen hätten, wie es jetzt der Fall ist. Nimmt man an, daß die aufgerauhten Flächen von Haar und Bart so, wie sie uns erhalten sind, nur den Haarboden darstellten, auf dem das lange Kopfhaar und der Bart mit Stuck aufgetragen waren, so entfallen alle Schwierigkeiten für eine Einreihung des Kopfes in den Ablauf der archaischen Kunst. Für diese Annahme sprechen die folgenden Gründe: 1. Spuren von roter Farbe haben sich für uns noch erkennbar selbst auf der glatten Fläche des rechten Augapfels erhalten, dagegen fehlen alle Reste von Farbe in den aufgerauhten Flächen des Haares, wo sie sich viel leichter hätten halten können und wo man selbst kleinste Reste mit dem Mikroskop

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auch heute noch hätte finden müssen, wenn sie einmal dagewesen wären. Das ist aber nicht der Fall; dafür lassen sich Reste von altem Stuck in der Haarfläche nachweisen. 2. Die spitze, dreieckige Form des Schnurrbarts ohne herabhängende Enden ist überhaupt nicht zu belegen. 3. Ließe sich auch die Abarbeitung des Haares über der Stirn bei einer Stuckperücke leicht erklären. Das kleine Stück wurde weggenommen, weil es zu weit in die Stirn hineinragte und deshalb zwischen den Stirnlocken der Stuckfrisur hervorsah (AA. 52, 1937, 52 Abb. 1. 3 Blümel). Ähnliche Stuckperücken trugen wahrscheinlich auch der Kuros vom Grab des Aristodikos (Richter, Kouroi 139 Nr. 165 Abb. 489) und der Kopf in Boston (Richter, Kouroi 122 Nr. 143 Abb. 413/14). An beiden Köpfen hat der Bildhauer nur die Locken am Haarrand in dem harten Marmor ausgeführt, bei dem übrigen Kopfhaar erleichterte er sich die Arbeit dadurch, daß er es in dem viel weicheren Stuck modellierte. Da später doch das ganze Kopfhaar einen Farbanstrich bekam, hob sich das Marmorhaar vom Stuckhaar gar nicht mehr ab. Auch die Mähnen der Pferdeköpfe im Akropolismuseum (Payne Taf. 16 Nr. 575. 578. 579. 580.) zeigen anstatt der modellierten Haarsträhnen, die man im sechsten Jahrhundert v. Chr. erwarten muß, aufgerauhte Flächen wie der Kopf Sabouroff. Auch sie trugen wahrscheinlich einmal einen Stuckauftrag, der später abfiel. Daß die rauhgepickten Teile noch Farbspuren zeigen, spricht nicht gegen die Annahme der Stuckperücken. Die Griechen dürften den Stuck mit einer farbigen Flüssigkeit angerührt haben. An einer Theatermaske aus Marmor des 5. Jhs. v. Chr. in Athen haben sich sogar Stuckergänzungen im Haar erhalten (AA. 57, 1942, 252 Abb. 26, 27). Für die zeitliche Einordnung des Kopfes lassen sich nur die Formen von Auge, Mund und Ohren verwerten, die ihre näc hsten Parallelen in den Köpfen von der Akropolis Nr. 269 und 617 finden, wenn auch unser Kopf etwas fortgeschrittener sein dürfte. Man kann sich seine Entstehung am ehesten in dem Jahrzehnt um 540 v. Chr. denken. Beschreibung 129 Nr. 308. — Phot. 5840/41. 5944/45. 6616. Bard 23/24. — Formerei Nr. 726. Furtwängler, Sammlung Sabouroff 4 Taf. 3/4. — Jdl. 14, 1899, 87 (Graef). — A A . 52, 1937, 52 Abb. 1.3 (Blümel). — Schräder, Archaische Marmorbildwerke der Akropolis 17.24.30.31.38.41.67.295. ArndtBr. 23/24. — Antike Skulpturen aus den Königlichen Museen I 1 Taf. 1. — Collignon, Histoire de la sculpture grecque I 363. — Winter, Griechische Porträtkunst 7 Abb. S. 8. — Lange, Darstellung des Menschen 1 3 3 Abb. 7. — Jahrb. f. klass. Philologie 1900, 208 (Harald Hofmann). — Perrot-Chipiez, Histoire de l'Art VIII462 Abb. 330. — S. Reinach, Têtes antiques 5 Taf. 7/8. — Klein, Geschichte der griechischen Kunst I 242. — Lechat, La sculpture attique avant Phidias 470. — Lermann, Altgriechische Plastik 20. 30. 7 1 . 1 1 7 . 1 1 8 . 138.140. — Deonna, Les Apollons archaiques 28. — Collignon, Statues funéraires 59. — MonPiot 1 9 , 1 9 1 1 , 1 7 6 (Michon). — Winter, KiB 2 . 206 Abb. 6. — Schräder, Auswahl archaischer Marmorskulpturen 4. — AM. 39, 1914, 244 Anm. 2 (Koch). — AM. 44, 1919, 74 Taf. V 22 (von Lücken). — NJbb. 45, 1920, 53 Taf. I 5 (Pfuhl). — Kekule von Stradonitz, Griechische Skulptur3 11 Abb. S. 12. — Kurze Beschreibung3 31 Nr. 308 Taf. 6. — Schröder, Archaische griechische Skulpturen 8 Taf. 9. — A M . 48, 1923, 156. 169. 170 (Pfuhl). — Waldmann, Griechische Originale2 72 Abb. 29. — Pfuhl, Anfange der griechischen Bildniskunst 2. — V. Müller, Archaische Plastik Taf. X I V 23. — Blümel, Griechische Bildhauerarbeit 5. — Z B K . 62, 1928/29, 129 (Studniczka). — G. Richter, The sculpture and sculptors of the greeks2 74 Abb. 156. — West, Römische Porträtplastik 11 Taf. 3 Abb. 4. — Casson, The technique of early greek sculpture 87. 179. — Schräder, Archaische griechische Plastik 43 Abb. 37/39. — Picard, Manuel 1268.622. — Payne, Archaic marble sculpture from the Acropolis 37. — L. Curtius, Die antike Kunst II, 1 S. 151. 153. 188. 291. 293.421 Abb. 281. — Gerke, Griechische Plastik 220. 229. — Fink, Haartrachten der Griechen 95. — Gnomon 14, 1938, 67 (Lullies). — L. Budde, Die attischen Kuroi 61 Anm. 24. — From the collections of the Ny Carlsberg Glyptothek 2,1938,143 (Riis). — W. H. Schuchhardt, DieKunst derGriechen

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148 Abb. 124. — Laurenzi, Ritratti greci 85 Nr. 1 Taf. 1. — Rodenwaldt, KdA 4 Abb. 226. — Weickert, Griechische Plastik 27 Abb. 13. — Schefold, Griechische Plastik 1 4 7 . 73 Nr. 46. — Lippold, HdArch. 76 Anm. 7. — AnzAW. 1952, 91 (Walter). — Festschrift für Rumpf 61 (Dohm). — ÖJH. 40,1953, 94 (Fink). — Alscher, Griechische Plastik III 133. — Buschor, Das Porträt 92 Abb. 63. — Karusos, Aristodikos 44. — Alscher, Griechische Plastik II 56 f. Abb. 15 a—c.

7. Fragment einer attischen Grabstele Abb. 21, 22 Pentelischer Marmor. Höhe 0,57 m, Höhe der Vorderfläche 0,385 m, Breite 0,30 m, Breite der Voru 24 ' derfläche 0,215 m> Tiefe 0,18 m, Reliefhöhe 0,014 m Angeblich bei Athen gefunden, nach einer anderen Mitteilung in der Gegend des Olympos in Südattika. Erworben 1901 im Kunsthandel. Das Fragment ist aus vier Bruchstücken zusammengesetzt. Rechts ist die ursprüngliche Seitenfläche erhalten, sie ist ebenso wie Teile der Grundfläche des Reliefs mit dem Scharriereisen geglättet. Auf der rechten Seite der Vorderfläche ist eine schmale, vom Reliefgrund noch durch eine eingeritzte Linie abgegrenzte Randleiste erkennbar. Erhalten ist ein nach rechts gewandter Mädchenkopf mit Hals und Nackenhaar, einem Stück der rechten Schulter und den Fingern der linken Hand mit Resten einer Blüte. Am Hinterkopf ist hinter dem Ohr ein Stück der Haarfläche herausgebrochen, auch fehlt fast das ganze Kinn. Rot sind der Reliefgrund, das Haar und die Pupille im Auge. Auf dem Band im Haar haben sich keine Farbspuren erhalten. Die Oberfläche vom Gewand und Gesicht ist glattgerieben. Die Haarwellen und die Umrandung des Augapfels sind mit dem Schlageisen bearbeitet. Die Grundfläche des Reliefs zeigt hauptsächlich Zahneisenspuren. Die nackten Teile sind wahrscheinlich mit Wachs getränkt worden. Das Bruchstück mit dem Mädchenkopf gehörte zu einer 4,23 m hohen attischen Grabstele, deren Reste sich jetzt im Metropolitan Museum in New York befinden. Diese Stele bestand aus einem Sockel mit Inschrift, dem Schaft mit Reliefdarstellung und einer mit gemalten Voluten und Palmetten geschmückten Bekrönung, auf der eine rundplastische Sphinx sitzt. Das Relief zeigt die Gestalt eines nach rechts gewendeten, stehenden, nackten Jünglings, der in der linken Hand einen Granatapfel hochhält und am Handgelenk ein Ölfläschchen mit Riemen befestigt trägt. Vor ihm, ungefähr bis zur Hüfte hinaufreichend, steht nach derselben Seite gewandt ein Mädchen, wohl seine Schwester. Sie ist barfuß und trägt ein Gewand, von dem sich Zickzackfalten auf ihrer rechten Körperseite erhalten haben. Das Gesicht dieses Mädchens mit ihrer linken Hand zeigt unser Bruchstück, das an der New Yorker Stele durch einen Gipsabguß ersetzt worden ist. An dem Mädchenkopf springt die Nase vorn mit einem rundlichen Wulst kräftig vor. Die Lippen sind etwas aufgeworfen. Das Auge ist in voller Vorderansicht gegeben. Das Haar ist am Hinterkopf leicht gewellt, unterhalb der Binde fließt es in scharf eingeschnittenen Wellenlinien nach hinten zurück und fallt lang in den Nacken herab. Das Ohr wird vom Haar nicht bedeckt. Die erhobene Hand hält mit Daumen und Zeigefinger eine Blume, die jetzt so stark zerstört ist, daß sie sich nicht mehr bestimmen läßt. Nach der allerdings stark verstümmelten Inschrift besteht die Möglichkeit zu der Annahme, daß die Stele, die das großartigste uns erhaltene Grabmonument des sechsten Jahrhunderts v. Chr. aus Attika darstellt, einmal auf dem Grabe von zwei Kindern des berühmten Megakles aus dem Geschlecht der Alkmäoniden gestanden hat. Ihre Entstehung fallt in die Jahre um 540 v. Chr. Kurze Beschreibung3 103 Nr. 1531 Taf. 5. — Phot. 6655 — 57. Bard 2. Eingehend von G. Richter behandelt in AD. 4,1929, 3 3 Taf. 19/20 Abb. 2. 16

SBBerl. 1902, 391 (Kekule von Stradonitz). — AA. 18, 1903, 35 (Watzinger). — Perrot-Chipiez, Histoire de l'Art VIII 660 Abb. 340. — BMetrMus. 8, 1913, 94 und 17, 1922, 68 Nr. 3 (Robinson) — KuK. 13, 1915, 9 Abb. S. 6. (Schröder). — Langlotz, Zeitbestimmung der strengrotfigurigen Vasenmalerei 17. — Kekule von Stradonitz, Griechische Skulptur 3 13 Abb. S. 15. — Schröder, Archaische griechische Skulpturen 8 Taf. 10. — Chase, Greek and Roman Sculpture in American Collections 26 Abb. 27. — G. Richter, Handbook of the classical Collection 2 232 Abb. 158. — Picard, Manuel I 427. — Bulas, Chronologja 2. 34. 84. 102 Nr. 14 Abb. 20. — Payne, Archaic marble sculpture from the Acropolis 48. — From the collections of the Ny Carlsberg Glyptothek 2 , 1 9 3 8 , 98 (V. H. Poulsen). — L. Curtius, Die antike Kunst II, 1 S. 151 Abb. 279. — Gerke, Griechische Plastik 31.32. 229 Taf. 80. — Schräder, Archaische Marmorbildwerke der Akropolis 31. — Schräder, Archaische griechische Plastik 59 Abb. 60. — Fink-Weber, Zur Trachtengeschichte Griechenlands 61 Anm. 8. — AJA. 45, 1941, 159 (G. M. A. Richter). — AA. 58,1943,392 Anm. 1 (Kübler). — G. M. A. Richter, Archaic greek art 76 Abb. 122. — Schefold, Griechische Plastik 143. 72 Nr. 37. — Lippold, HdArch. 83 Anm. 12. — Johansen, The attic grave-reliefs 97 Abb. 48/49. — AnzAW. 1 9 5 2 , 88 (Walter). — G. M. A. Richter, Catalogue of greek sculptures Nr. 15 Taf. 15. — W. H. Schuchhardt, Archaische Plastik der Griechen 10 Taf. 34b. 35. — D o h m , Attische Plastik 94 Anm. 46. — Gnomon 30, 1958, 482. 484(Schuchhardt). — Greifenhagen, Antike Kunstwerke 1. 35 Abb. 2/3. — G. M. A. Richter, The archaic gravestones of Attica 27 Nr. 37 Abb. 107. — Karusos, Aristodikos 45. 48. Kürzere Erwähnungen: AM. 32, 1907, 522 (Noack). — Winter, KiB. 2 213, 1. — Reinach, RR. II 39> 3- — Jdl- 36, 1921, 7 Anm. 3 (Rodenwaldt). — AM. 48, 1923, 169 Anm. 2 (Pfuhl). — JHS. 45, 1925, 174 Abb. 8 (Casson). — G. Richter, The sculpture and sculptors of the greeks 2 132 — Rumpf, Griechische und römische Kunst 1 7 . — RE. VI 2 3 1 1 / 1 2 Stele (Möbius). — Gnomon 1 4 , 1 9 3 8 , 7 4 (Lullies). — AJA. 43, 1939, 528 (M. Bieber). Irrtümlich erwähnt von Marshall, Catalogue of the Jewellery 166 Nr. 1593 Abb. 47 (Das Mädchen trägt keinen Ohrring).

8. Fragment einer bemalten Grabstele Pentelischer Marmor. Höhe der Vorderfläche 0,22 m, Breite der Vorderfläche 0,215 m, Tiefe 0,095 m. Abb. 20 Wurde angeblich in der Nähe des Tempels von Sunion, nach anderer, glaubwürdigerer Angabe auf einem Gute des Herrn Miletopulos bei Laurion gefunden und von den Findern an den französischen Konsul in Piräus verkauft. Erworben 1883 im Pariser Kunsthandel. Oben, unten und auf der linken Seite gebrochen, rechts ist die ursprüngliche Seitenfläche erhalten. Sie ist mit dem Scharriereisen bearbeitet. Die Rückseite ist grob gespitzt. Der Bruch links ist so derb, daß man annehmen muß, hier sei ein größeres Stück weggebrochen. Wäre das der Fall, so müßten auf der Stele entweder mehrere Gestalten dargestellt gewesen sein, oder die eine in stärkerer Bewegung. Auf der Vorderseite hebt sich von dem bräunlichen Grund ein nach links gewandter Jünglingskopf in hellerem T o n ab. Die Farben sind auch hier verschwunden, aber man erkennt noch deutlich das Gesicht mit einer besonderen Umrißlinie. Von der Augenbraue, dem Ohr und dem Haaransatz vor dem Ohr sind nur noch geringe Spuren geblieben. Dagegen sind das Auge mit hellerem Umriß und die Pupille auf dem dunkleren Grund des Augapfels deutlich sichtbar. Die Bemerkung in der Beschreibung von 1891, daß die Tränendrüse nach außen gestellt sein soll, beruht auf einem Sehfehler. Ein dunklerer Fleck im Stein wurde irrtümlich für die Tränendrüse gehalten. A m Hinterkopf hebt sich in welligem Umriß das lockige Haar vom braunen Hintergrund ab. Über der Stirn löst sich die wulstige Haarmasse in einige krause Strähnen auf, die einzeln nach vorn fallen. Die Zeichnung des Kopfes erinnert unmittelbar 2

Blümel, Skulpturen

an Arbeiten des Vasenmalers Skythes (MonPiot 20, 1913, 124 Abb. 6 Taf. 6/7; CVA. Cambridge Taf. 2 5 , 1 ; Pfuhl, MuZ. 1419^), Rumpf denkt sogar daran, daß auch unsere Stele von diesem Künstler bemalt wurde. Ihre Entstehung muß in die Jahre um 510 v. Chr. fallen. Beschreibung 275 Nr. 734. — Phot. 6609. BCH. 8, 1884, 459 Taf. 14 (Pottier). — A Z . 43, 1885, 198 Taf. 12, 3 (Winter). — A M . 10, 1885, 247 (P. J . Meier). — Conze, Att. Grabreliefs I 6 Nr. 8 Taf. VT, 2 und Nachtrag. — Z B K . 4, 1893, 198 Abb. 1 (Michaelis). — Jdl. 12, 1897, 7 (Dragendorff). — Langlotz, Zur Zeitbestimmung der strengrotfigurigen Vasenmalerei 64. — Kurze Beschreibung3 57 Nr. 734. — Kekule von Stradonitz, Griechische Skulptur3 48. — Schröder, Archaische griechische Skulptur 7 Taf. 7. — D L Z . 55, 1934, 314 (Rumpf). — Bulas, Chronologja 3. 48. 88. 105 Nr. 30 Abb. 30. — Rumpf, Malerei und Zeichnung 78 Taf. 22,3. — Hesperia 25, 1956, 34 (E. B. Harrison). — G. M. A. Richter, The archaic gravestones of Attica 49 Nr. 73 Abb. 167.

9. Charitenrelief Abb. 25, 26

Pentelischer Marmor. Höhe 0,193 m, Breite 0,347 m, Tiefe 0,104 m, größte Reliefhöhe 0,063 m Stammt aus dem Piräus, wurde 1880 durch Milchhöfer erworben. Nur oben ist der ursprüngliche Plattenrand erhalten, sonst rings gebrochen. Die vordere Kopfhälfte der links erhaltenen Figur ist mit rohen Spitzmeißelhieben abgeschlagen worden. Die alte Angabe, daß sie einmal wieder angesetzt gewesen sein soll, ist ein Irrtum. Auch das Gesicht der zweiten Figur ist bis auf ein Stück der Stirn abgeschlagen. Von beiden Mädchen sind Teile des Oberkörpers erhalten. Die Oberfläche ist durch Reiben geglättet, das Haar zum Teil mit Schlageisen gearbeitet. Die rechte der beiden weiblichen Figuren ist ganz frontal gesehen, bei der linken wird im Oberkörper eine Bewegung nach links deutlich, während sie den Kopf ein wenig zu ihrer Nachbarin zurückwendet. Sie tragen beide ein breites Diadem im Haar und Gehänge an den Ohrläppchen, die bei der rechten tropfenförmig sind und bei der linken die Form von runden Scheiben haben. Die Haare sind auf dem Kopf wellenförmig gegliedert, sie umrahmen die Stirn in zwei Reihen Buckellöckchen mit einer Reihe geringelter Locken darüber. Bei dem rechten Mädchen fallen je drei Strähnen von Locken über beide Schultern, bei dem linken werden infolge der Bewegung des Oberkörpers nur auf der linken Schulter diese Strähnen sichtbar und auch nur für eine kurze Strecke, weil sie dann unter dem Mäntelchen verschwinden. Das rechte Mädchen trägt einen Chiton mit Überhang wie die Kore von der Akropolis Nr. 605, das linke einen jonischen Chiton mit Mantel über beiden Schultern wie die Koren Nr. 666 und 671. Das Bruchstück gehörte zu einem Weihrelief, auf dem die drei Chariten Hand in Hand hintereinander schreitend dargestellt waren. Diese Figurenkomposition, die uns aus zahlreichen Wiederholungen bekannt ist, zeigt am vollständigsten das Relief Chiaramonti im Vatikan (Amelung, Vatikan I 546 Nr. 360 Taf. 5 8; BrBr. 654 r.), das auf ein böötisches Original aus der Zeit um 470 v. Chr. zurückgehen dürfte. Unser Fragment ist älter, es gehört noch in das letzte Jahrzehnt des sechsten Jahrhunderts v. Chr. und ist eine attische Originalarbeit, die von dem Relief Chiaramonti in Einzelheiten des Stils, der Frisur und Gewandung, in der Komposition aber vor allem durch die Rückwendung des Kopfes der linken Figur abweicht. Beschreibung 255 Nr. 686. — Phot. 6629/30. A M . 3,1878,189 Anm. 2 (Furtwängler). — Heibig 3 148. 50. — Kürze Beschreibung3 5 3 Nr. 686. — R. Feubel, Die attischen Nymphenreliefs VII Nr. 4 Taf. 3 S. 20.

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io. Eule Kalkstein. Höhe 0,093 m, Breite 0,12 m, Tiefe 0,076 m. Abb. 27, 28 Gefunden in Athen, wurde 1912 im Kunsthandel erworben. Die Oberfläche ist leicht verwittert. Farbspuren fehlen. Die kleine Eule (Käuzchen) sitzt mit geschlossenen Flügeln am Boden, den Kopf nach der Seite gedreht. Statt der Füße sind unten, kaum sichtbar, zwei viereckige Klötzchen angebracht. Über den großen Formen von Kopf und Körper ist das Gefieder in feinem Relief ausgeführt. Die Eule dürfte ein Weihgeschenk an Athena gewesen sein, sie ist bei aller Schlichtheit eine wirkungsvolle Tierdarstellung vom Ende des sechsten Jahrhunderts v. Chr. Kurze Beschreibung3 110 Nr. 1722. — Phot. 6444. 6658/59. A A . 34,1919, 92 Nr. 7 (Schröder). — Kekule von Stradonitz, Griechische Skulptur3 57. — Th. von Scheffer, Kultur der Griechen Taf. 137. — Blümel, Tierplastik 9 Nr. 54 Taf. 57. — Weickert, Griechische Plastik 29 Abb. 14. Zur Eule der Athena vergleiche: BCH. 32,1908,5 29 (Pottier).

11. Schiffsauge Parischer Marmor. Höhe 0,188 m, Breite 0,17 m, Dicke 0,032 m. Abb. 23 Gefunden bei der Anlage eines Weges, der aus dem Piräus zu den Zillerschen Häusern führt, am Hafen Zea, wo im Altertum die attischen Trieren lagen. Wurde 18 81 von Lolling der Skulpturensammlung geschenkt. Die Platte ist durchgebrochen, nur die linke Hälfte blieb erhalten. Der Rand ist stellenweise bestoßen, auch die äußerste linke Ecke fehlt. Die Oberfläche ist sehr sorgfältig durch Reiben geglättet worden. Die Seitenflächen sind gespitzt; die Rückseite wurde über der Spitzeisenarbeit oberflächlich geglättet. Die leicht gewölbte und umrandete Marmorplatte zeigt die Form eines Auges mit einem Loch von 0,02 m Durchmesser. Sie war dazu bestimmt, mit einem Eisenstift seitlich außen am Vorderkörper einer attischen Triere befestigt zu werden. Der Knopf des dicken Eisenstiftes stellte die Pupille des Auges dar. Um diesen Mittelpunkt sind fünf konzentrische Ringe von verschiedener Breite herumgelegt. Die Furchen, die die Zirkelspitze im Stein hinterlassen hat, sind noch deutlich erkennbar. Die Ringe waren verschiedenfarbig gegeneinander abgesetzt. Reste der Farbe haben sich noch erhalten. Der breite innerste Ring könnte gelb gewesen sein, wenn er nicht überhaupt von dem breiten Knopf des Eisenstiftes bedeckt wurde. Es folgten ein schmaler, roter, dann wieder ein breiter, der weiß oder blau war, darauf ein noch breiterer roter und schließlich wieder ein schmaler gelber Ring. Diese Augen dienten als Schiffszierat, waren aber ursprünglich sicher ein Apotropaion. Vergleiche das Auge an dem Schiff des Odysseus (FR. Taf. 124). Sie befanden sich dort, wo der Name des Schiffes angebracht war. Ihre ausdrückliche Erwähnung in den amtlichen Seeurkunden zeigt, daß man in ihnen einen selbstverständlichen Bestandteil der Schiffsausrüstung sah. Reste solcher Schiffsaugen sind im Piräus mehrfach gefunden worden, von Lolling werden elf erwähnt. Nach der sorgfaltigen Behandlung der Marmoroberfläche zu urteilen, muß das vorliegende Stück im sechsten Jahrhundert v. Chr. entstanden sein. Beschreibung 414 Nr. 1039. — Phot. 6667. AM. 5,1880,3 84 (Lolling). — Milchhöfer, Karten von Attika, Text Heft 158. — Kurze Beschreibung3 78 Nr. 1039. Zu den Schiffsaugen vergleiche RE. Suppl. V 916 mit der älteren Literatur (Miltner). 2*

12. Acheloosmaske Abb.29-33

Pentelischer Marmor. Höhe 0,32 m, Breite 0,21 m, Tiefe 0,12 m. Aus Marathon. Erworben 1848 durch Schaubert. Der obere Teil des Kopfes ist in Höhe des Haaransatzes weggebrochen. Augenbrauen, Lider, Nasenspitze, Mund und besonders hervorspringende Stellen des Bartes sind leicht bestoßen. An der oberen Hälfte der Stirn ist die Glättung nicht ganz zu Ende geführt; der schmale, fertig geglättete Streifen über den Augenbrauen in Form eines stumpfen Dreiecks hebt sich deutlich davon ab. Die Strähnen des Bartes sind mit dem Schlageisen gezogen. Ein schmaler Absatz über dem scharf abgegrenzten Bartrand der rechten Gesichtshälfte ist wohl auf eine Korrektur zurückzuführen, die der strengen Symmetrie zuliebe vom Bildhauer durchgeführt wurde. Die Augäpfel zeigen Raspelspuren. Die Rückseite ist geglättet. In tieferen Furchen der linken Barthälfte haben sich geringe rote Farbspuren erhalten. Hinten oben am Bruch steht ein Dübelloch von 0,04 x 0,06 m. Der keilförmige Einschnitt unten im Bart diente dazu, die Maske auf einem Tisch frei aufzustellen, wie man das auf dem Weihrelief aus Megara K 82 sieht (Abb. 31). Der glatte, abgeschrägte Teil des Bartes war in die Tischplatte eingelassen. Aus ihr ragte ein schwalbenschwanzförmiger Zapfen heraus, der in den Einschnitt des Bartendes eingefügt wurde. Auf der Rückseite der Maske wurde ein Keil in die Tischplatte eingelassen, der das Bartende fest nach vorn gegen den Zapfen drückte und damit der Maske die nötige Standfestigkeit gab. Der vorn sichtbare Zapfen wurde verkleidet. (BerlMus. 59, 1938, 10 Blümel). Die Stirn trug zu beiden Seiten Anstückungen. Dafür sprechen zwei Dübellöcher, von denen das linke noch den Bleiverguß enthält, während das rechte ausgebrochen ist. Das Gesicht ist streng regelmäßig in großen Flächen angelegt, die geschwungenen Brauenbögen heben sich leicht erhaben von der Stirn ab; sie waren ursprünglich wohl durch Farbe noch mehr hervorgehoben. Darunter liegen die flachen, leicht schräggestellten Augen mit der Umrahmung der schweren Lider. Die Nase ist gerade, mit leichter Schwellung in der Mitte; der geschlossene Mund mit der vollen, etwas hängenden Unterlippe ist scharf geschnitten. Der Vollbart, gegen die Wangen scharf abgegrenzt, wird von regelmäßigen, langen Wellenlinien durchfurcht. Fast geradlinige, kleinere Strähnen zeigt der in höherem Relief abgesetzte Schnurrbart; unter der Unterlippe ist der Bart zierlicher und feiner gelockt, aber auch wieder für sich gearbeitet. Der Gesamteindruck des Kopfes wurde wahrscheinlich wesentlich mitbestimmt durch die angestückten Teile, die jetzt verloren sind. Das Kopfhaar, aus Marmor oder Bronze, muß in dichter Masse über die Schläfen gefallen sein, darauf lassen die unfertigen Teile an der rechten Kopfseite schließen, die verdeckt gewesen sein müssen. Über der Stirn ist das Haar, nach dem dreieckigen, geglätteten Streifen zu urteilen, wahrscheinlich gescheitelt gewesen. Die beiden großen seitlichen Dübellöcher dienten zur Befestigving von Stierohren und Hörnern wie an der Maske des Acheloos auf dem Weihrelief aus Megara K 82. Die Maske dürfte in einem Nymphenheiligtum in der Nähe einer Quelle frei auf einem Opfertisch gestanden haben. Die Acheloosmaske ist in ihrem Stil strenger als vergleichbare Köpfe aus den Giebeln von Olympia. Mit der fast ziselierten Schärfe des Bartes sind der von Amelung im Vatikan-Magazin aufgefundene Aristogeitonkopf (Kaschnitz-Weinberg, Mag. Vat. Nr. 1 Taf. 1), der bronzene Poseidon im Nationalmuseum von Athen, der bärtige Kopf Nr. 96 ebenda und vor allem ein bärtiger Männerkopf, der auf der Agora von Athen gefunden wurde (AJA. 39, 193 5, 179 Abb. 7), zu vergleichen. Die Acheloosmaske muß um 470 v. Chr. entstanden sein. Sie gilt mit Recht als eine attische Originalarbeit aus der Schule des Kritios und Nesiotes. Der künsderische Eindruckist ganz aufden schweren Ernst der ruhig blickenden Augen gestellt. Beschreibung 51 Nr. 100. — Phot. 6562/63. 3051 (von oben), 7581. Blümel, Katalog III 2 Taf. 2 K 2. — AM. 53, 1928, 70 Beil. 23,2 Taf. 2 — 3 (Wrede). — Marbjb. 5, 1929, 7 (Jacobsthal). — Gnomon 7, 1931, 7. 8. 11 (Ed. Schmidt). — Text zu EA. 3231 S. 61 (Min20

gazzini). — Picard, Manuel I 88 Abb. 6. — ActaArch. 8, 1937, 67 (V. Poulsen). — From the collections of the Ny Carlsberg Glyptothek 2, 1938, 150 (Riis). — Gerke, Griechische Plastik 41. 235 Taf. 110. i n . — BerlMus. 59, 1938, 10 Abb. 1 (Blümel). — Text zu BrBr. 779—80, 16 Anm. 2 (Riemann). — RA. 18, 1941, 263 (Picard). — Weickert, Griechische Plastik 36 Abb. 19. — StEtr. 22, 1952—53, 73 (Arias). — W. H. Schuchhardt, Griechische Plastik 7 Taf. 5. — Lippold, HdArch. 108 Anm. 2. — Karusos, Aristodikos 55, H 2.

13. Hermenköpfchen Pentelischer Marmor. Höhe 0,069 m Abb. 34,35 Stammt angeblich aus Olympia. Es fehlt ein Stück der Nase. Der Rand des Vollbartes und die Oberfläche des Haupthaares sind bestoßen oder abgewittert. Dargestellt ist der Kopf eines bärtigen Gottes. Sein langes Haupthaar wird von einem Reif zusammengehalten. Als starker Wulst rahmt eine Masse des Haares Stirn und Schläfen ein. Im Nacken verbreitert sich der Schopf, der nach hinten herabfällt, wobei einige waagerechte flache Rillen sein Gelock andeuten. Der volle Bart steht schräg vom Hals ab und endigt in einer rundlichen Masse. Die Einzelformen des Gesichtes setzen sich in großen Zügen, aber ohne feinere Durchführung gegeneinander ab. Der bogenförmig angedeutete Schnurrbart verschwindet nach unten fast ganz im Vollbart, und auch die Ohren sind nur eben angelegt. Das Gesicht zeigt einen Ausdruck von gesammeltem Ernst. Der Mund ist geschlossen, die volle Unterlippe tritt deutlich aus der Masse des Bartes heraus. Der Blick der Augen, an denen die Lider nicht durchgezeichnet sind, ist leicht nach unten gerichtet. Die Haartracht entspricht bärtigen Köpfen aus der Zeit des ausgehenden Archaismus. Die große Einfachheit der Gesichtszüge läßt uns in dem Kopf schon einen Vorläufer phidiasischer Zeusköpfe sehen. Wahrscheinlich gehörte das Köpfchen, das um 470 v. Chr. entstanden sein dürfte, ähnlich wie der etwas ältere Kopf in der Ny Carlsberg Glyptothek Nr. 12 a zu einer Herme. Inv. 1877. — Phot. 6700/01. A A . 55, 1940, 615 (Neugebauer). — Berichte der Vereinigung der Freunde antiker Kunst 1940, 3 5 Abb. 1 u. 2 (Neugebauer). — Catalogue of the ancient sculpture in the Ny Carlsberg Glyptotek 31 Nr. 12 a.

14. Frauenköpfchen Weißer Marmor. Höhe 0,058 m. Abb. Stammt aus Athen, wurde 1878 erworben. Das zierliche, ganz unbeschädigte Frauenköpfchen mit dem ernsten Gesichtsausdruck blickt geradeaus. Das Haar ist vorn über der Stirn gescheitelt, es hängt in regelmäßigen Wellen tief in die Stirn herab und wird oben und hinten von einer faltenlos glattliegenden Haube bedeckt, die von Binden gehalten wird. Die Augen sind als vortretende Flächen gegeben und bekamen ihren Ausdruck erst durch die Bemalung. Der Hals ist unten zum Einsetzen in eine Statuette hergerichtet. Das Köpfchen ist trotz seines kleinen Maßstabes in großen, breiten Formen mit dem flachen Eisen zugeschnitten, seine Entstehung dürfte in die Jahre um 470—460 v. Chr. fallen. Beschreibung 236 Nr. 606. — Phot. 6333/34. Kurze Beschreibung3 50 Nr. 606. 21

36,37

15. Fragment einer Lampe Abb. 38-41

Weißer, feinkristallinischer Marmor. Höhe 0,08 m, Breite 0,13 m. Aus einer Privatsammlung in Griechenland erworben, Fundort nicht bekannt. Erhalten ist das Randstück einer Marmorlampe mit glatter Unterseite, zylindrischem, leicht nach außen geneigtem Rand, der ein flaches Becken umschließt, dessen Boden 0,05 m über der Grundfläche liegt. An dem Fragment hat sich ein oben abgeflachter Reliefkopf erhalten, der als Lampenschnauze diente und von hinten nach oben hin durchbohrt ist. Stirn, Nase und Kinn sind bestoßen. Der weibliche Kopf zeigt über der Stirn geringe Reste des gescheitelten Haares, das zu beiden Seiten in je einer quadratisch unterteilten Locke neben dem Gesicht und Hals herabfällt. Alle Formen sind mehr angedeutet als in Einzelheiten ausgearbeitet. Die großen Augen hat der Bildhauer mit einer Furche umrandet. In den hochgezogenen Mundwinkeln deutet sich ein Lächeln an. Das zum Teil erhaltene rechte Ohr sitzt ungewöhnlich hoch am Kopf. Eine marmorne Lampe aus dem Heiligtum der Malophoros von Selinunt, ebenfalls mit Frauenköpfen (Matz, Geschichte der griechischen Kunst 441 Taf. 261 a) entstand noch im ersten Viertel des sechsten Jahrhunderts v. Chr. Das vorliegende Fragment ist jünger und dürfte im zweiten Viertel des Jahrhunderts entstanden sein. Inv. Nr. 1899. — Phot. 7498/99. 75x9/20. Zu Tempellampen aus Marmor vergleiche: Festschrift für D. M. Robinson 641 Anm. 8 (Langlotz).

16. Heroenrelief aus Chrysapha Abb. 42-44

Graublauer Marmor. Höhe 0,87 m, größte Breite 0,65 m, Dicke 0,10—0,13 m, größte Reliefhöhe 0,07 m. Gefunden nach Angabe in AM. 2,1877, 303 etwas über ein halbe Stunde südlich von Chrysapha am Südabhang eines Hügels. Die Gegend wird Pikromygdalia genannt. Das Relief stand nach Aussage des Finders aufrecht in einer tumulusartigen Anhäufung von Erde und Steinen. Nur wenige Fuß von der Fundstelle lag mit anderen dort aufgeschichteten Steinen vermengt eine völlig unbearbeitete Platte von 0,49 x 0,28 m Größe mit der Inschrift 'Ep^avo? (AM. 2,1877,434 Nr. 4 mit Abb.), womit die Stelle als dem Hermes der Unterirdischen geweiht bezeichnet wurde. Das Relief kam aus dem Besitz des Bauern Christos Plagakis in Chrysapha nach Athen in die Sammlung Sabouroff und weiter in die Antikensammlung des Alten Museums. Das Relief ist fast unbeschädigt, nur am oberen rechten Rand sind kleinere Stücke ausgebrochen. Die horizontale Rille auf dem unbearbeiteten unteren Teil des Reliefs rührt von einem Versuch aus neuerer Zeit her, dieses Stück abzuschlagen. Das roh gelassene untere Ende des Reliefs sollte nicht sichtbar sein, es steckte ursprünglich in einem Postament oder einfach in der Erde. Die Oberfläche zeigt verriebene Spitz- und Zahneisenspuren. Die Rückseite ist ganz roh gelassen. Das Relief besitzt keinen tektonischen Rahmen, der Rand folgt dem Umriß der Darstellung, wobei alle leeren Teile der Grundfläche abgeschlagen sind. Auf einem hohen Thron sitzen nebeneinander eine männliche und eine weibliche Gestalt, denen sich zwei kleinere Figuren mit Weihegaben nähern. Hinter dem Thron hat sich eine mächtige Schlange aufgerichtet. An dem Sessel sind die Beine in Form von Löwenfüßen gebildet. Die hohe Rückenlehne geht in die Hinterfüße über und läuft oben in eine Palmette aus. Das kräftige Sitzbrett ohne Polster hat im Quer22

schnitt die Form eines Trape2es. Die Seitenlehnen werden durch je ein gedrechseltes Säulchen gestützt, das auf den Vorderfüßen des Sessels ruht. Die Lehne läuft vorn in eine halbkugelförmige Schale aus. Mann und Frau sitzen auf dem Thron nach rechts gewendet nebeneinander. Der Mann trägt einen langen Chiton mit Mantel und Sandalen an den Füßen, die auf einem starken stufenförmigen Fußbrett ruhen. Der Chiton tritt nur unten mit seinen fünf gradlinigen Steilfalten zutage, während er an der rechten Schulter nicht plastisch, sondern ursprünglich wohl nur in Malerei angedeutet war. Der Mantel läßt die rechte Schulter frei, fällt über die linke Schulter auf den Rücken, wo sein Endzipfel steif vom Körper absteht. Während der Mann bis zu den Schultern hinauf im Profil gezeigt wird, blickt der Kopf gerade aus dem Relief heraus. Er wirkt fast wie von einer Rundfigur abgeschnitten. Das Haar wird von einer glatten Binde gehalten, unter der über Stirn und Schläfen acht Löckchen hervorsehen. Der Oberkopf ist glatt gelassen. Über Brust und Rücken fallen je zwei perlschnurartige Löckchen herab. Die Ohren sind groß und abstehend. Die Augäpfel werden schlitzförmig durch stark abgesetzte Augenlider umrandet. Der Mund mit schmaler Oberlippe und den etwas emporgezogenen Mundwinkeln gibt dem Gesicht einen freundlichen Ausdruck. An dem stark vorspringenden Kinn ist ein keilförmiger Bart mit wenigen flachen Einschnitten angedeutet. Er wurde sicher ursprünglich durch Farbe stärker hervorgehoben. In der rechten Hand hält der Mann ein großes zweihenkliges Gefäß, die linke ist noch weiter ausgestreckt und zeigt die ganze innere Handfläche. Neben dem Mann, von ihm zum großen Teil verdeckt, sitzt die Frau; sie ist ganz im Profil gegeben. An den Füßen trägt sie Schnabelschuhe. Die Falten des Gewandes sind nur über den Beinen angedeutet. Mit der linken ausgestreckten Hand faßt sie in die Endfalte ihres ausgespannten Schleiers, während die rechte mit einem Granatapfel auf dem Oberschenkel ruht. Der Oberkopf ist wie beim Manne glatt gelassen. Man hat deshalb vermutet, daß die Frau eine Haube trägt. Über der Stirn liegt eine zopfartige Flechte, von der vor dem Ohr eine Locke über die Wange herabhängt. Das schräg gestellte, geschlitzte Auge ist ganz in Vorderansicht gegeben. Hinter dem Thron richtet sich steil die Schlange empor, ihr Kopf mit großem Kamm und schmalem Bärtchen ragt über die Rückenlehne hinweg, während die Ringelung des Schwanzes dazu benutzt wird, den leeren Raum unter dem Sessel zu füllen. Auf dem Fußbrett vor den thronenden Gestalten nahen von rechts her, viel kleiner gebildet, ein Mann und eine Frau. Der Mann trägt auf der vorgestreckten rechten Hand einen Hahn und in der linken ein Ei. Am Kopf sind über der Stirn einige Locken angedeutet. Seine Kleidung besteht aus einem langen enganliegenden Gewand mit einem Mäntelchen, das ebenso wie bei dem Thronenden hinten vom Rücken etwas absteht. Die Frau im langen Chiton mit Überfall und langen, dreimal geknöpften Ärmeln trägt in der rechten Hand eine Blüte und in der linken einen Granatapfel. Ihre Frisur entspricht der der Frau auf dem Thron, nur erkennt man bei ihr auch ein Band, das das Haar am Kopf zusammenhält, und dazu einen perlschnurartigen Zopf. Die alte Erklärung, nach der auf dem Relief zwei Verstorbene mit der Todesschlange dargestellt sind, wie sie von ihren Angehörigen als Heroen verehrt werden, hat neuerdings durch den Fund eines Fragments einer ähnlichen spartanischen Stele mit der Inschrift X I A O N seine Bestätigung gefunden. Der Name wird von Wace ('Etpvjfii. 1937, 217) mit dem weisen Chilon in Verbindung gebracht, der in Sparta um 566 v. Chr. Verfassungsreformen durchführte. Das Bruchstück gehörte demnach wahrscheinlich zu dem Denkmal, das in einem Heroon auf seinem Grabe errichtet wurde. Ebenso dürfte auch das Relief aus Chrysapha Weihung und Grabesschmuck zugleich gewesen sein. Vielleicht waren die Namen der Toten nur in Malerei ausgeführt und sind deshalb nicht erhalten. Sicher ist jedenfalls, daß auf diesen spartanischen Reliefs Heroen und keine Unterweltsgottheiten dargestellt sind. Man vergleiche auch die Reliefs des Timokles und Aristokles (Cat. Sparta Museum S. 105 K , L Abb. 6 u. 7.

23

— AM. 1879, 127. 163 Nr. 4 u. 5), auf denen wie bei dem Chilonrelief die Namen der Toten sich erhalten haben. Die harte und eckige Formgebung dieser Reliefs, in denen die einzelnen Schichten brettartig aufeinanderliegen und auf jede weichere Rundung verzichtet wird, hat anfangs dazu geführt, diese Arbeiten für besonders alt zu halten. Da sich aber die Haartracht und die Diagonalfalten der Gewandung ähnlich an den Fragmenten der Kroisossäulen vom alten Artemistempel in Ephesos und ungefähr gleichzeitigen Werken finden, kommt man mit dem Relief von Chrysapha, der sehr ähnlichen, aber roher gearbeiteten Stele im Museum von Sparta (Tod-Wace, Catalogue of the Sparta Museum 104. 133 Nr. 3 Abb. 2) sowie mit dem etwas jüngeren Fragment des Chilonreüefs in die Jahrzehnte zwischen 550 und 530 v. Chr. Bei dem Thronsessel mit den Löwenfüßen hat man an ägyptische Vorbilder erinnert, während für Kleidung, Frisur und vor allem die Schnabelschuhe der Frau die Vorbilder nur in Jonien zu finden sind. Man vergleiche vor allem ein Schalenbruchstück aus Klazomenai (AM. 23, 1898, Taf. 6). Das sind jedoch nur hereingetragene Äußerlichkeiten, die wohl für die Zeitbestimmung wichtig sind; falsch wäre es aber, deshalb in dem Stil dieser Gruppe von spartanischen Reliefs tiefergehende jonische Einflüsse erkennen zu wollen. Beschreibung 273 Nr. 731. — Phot. 7386—88. — Formerei Nr. 1378. A M . 2,1877,303. 459 Taf. 20. 21 (Dresselund Milchhöfer). — FW. 29 Nr. 58. — AM. 4,1879, l(>3 (Milchhöfer). — A Z . 39, 1881, 293 (Milchhöfer). — AM. 7 , 1 8 8 2 , 1 6 1 (Furtwängler). — Furtwängler, Sammlung SabourofF Taf. 1 und Einleitung S. 3 f. — Koeppen und Breuer, Geschichte des Möbels 129 Abb. 170. — Tod-Wace, Catalogue of the Sparta Museum 102 Abb. 1. — Kurze Beschreibung3 57 Nr. 731 Taf. 1. — Schröder, Archaische griechische Skulpturen 7 Taf. 8. — Langlotz, Bildhauersch. 90. — RE. V I 2311 (Möbius). — Casson,The techniqueof early greeksculpture 137. 138. 140. 142.143. — 'E Tiefe 0,122 m. Abb. 74-76 Gefunden in Chalkedon am Südausgang des Bosporus, erworben 1907 im Kunsthandel. Die Figur ist unter der Brust quer durchgebrochen, nur der obere Teil ist erhalten. Die Nase, das rechte obere Augenlid und die vordere Hälfte der Krone sind stark bestoßen. Die Oberfläche der Vorderseite ist durch Reiben geglättet. Augenlider, Mund und Gewandfalten sind mit dem Schlageisen gearbeitet. Die Rückseite ist nur angelegt, wobei sich die Masse des herabfallenden Haares in breiter Fläche vom Rücken absetzt. Kopf und Krone sind hier abgeplattet, weil der Stein nach der Tiefe zu nicht ausreichte. Die Glättung der Rückseite erfolgte mit dem Scharriereisen, wobei zahlreiche zu tief gegangene Hiebe der voraufgegangenen Spitzeisenarbeit stehengeblieben sind. Farbspuren haben sich nicht erhalten. Die Frau ist mit dem ionischen Chiton bekleidet, der auf den Oberarmen geknüpft ist. Das Gewand setzt sich nicht plastisch vom Hals ab, seine Falten sind meist durch eingetiefte Furchen angedeutet. Das Haupt bedeckt eine Krone, die in ihrer oberen Hälfte leicht rund auslädt. Das Kopfhaar ist flächig gehalten und setzt sich in Wellenlinien von der Stirn ab. In den Nacken fällt es in breiter, ungegliederter 37

Masse herab, nach vorn über die Schultern in je drei Reihen Perlenlocken. Die Ohren sind flach gehalten; das Ohrläppchen wird von einem großen, rosettenförmigen Schmuck ganz bedeckt. Die Augen, ohne Andeutung der Tränendrüsen, sind weit geöffnet und etwas schräg gestellt. Die Mundwinkel sind ein wenig in die Höhe gezogen. Die linke Hand mit ihren langen steifen Fingern liegt flach vor der Brust. Als nahe verwandt werden mit Recht von Langlotz zwei Torsen in Chios angeführt (Schräder, Archaische Marmorbildwerke der Akropolis 36 Abb. 4—7). Die Arbeit ist nicht bedeutend, ihre Entstehung fällt in die Jahre vor 5 50 v. Chr. Kurze Beschreibung3 113 Nr. 1651. — Phot. 5942/43. 7500—02. A A . 34,1919,93 Nr. 8 (Schröder). — Kekule von Stradonitz, Griechische Skulptur3 48. — Schräder, Archaische Marmorbildwerke der Akropolis 18. 37. 39 Abb. 8 S. 40. — From the collections of the Ny Carlsberg Glyptothek 2, 1938, 108. 109 Abb. 31 (V. H. Poulsen). Kurze Erwähnungen: V. Müller, Der Polos 35 Formentafel A 43. — F. Poulsen, Der Orient und die frühgriechische Kunst 140 Anm. 4.

28. Frauenkopf Abb. 77-80

Großkristallinischer, gelblichweißer Marmor. Höhe 0,25 m. Stammt angeblich aus Anatolien. Wurde von Th. Wiegand 1932 im Kunsthandel erworben und dem Museum geschenkt. Der fast lebensgroße Frauenkopf ist leider an der Oberfläche sehr stark verrieben. Nur die wenigen tief gelegenen Stellen des Gesichts und der rechten Wange mit Schläfe, so besonders die Augenhöhlen neben dem Nasenansatz und die Mundwinkel, sind erhalten. Man kann aber trotzdem eine Vorstellung gewinnen, wie der Kopf einmal ausgesehen hat. Die Formen des Gesichts waren breit und rund. Über der Stirn ist das Haar gescheitelt, die einzelnen schmalen Strähnen verlaufen in Wellenlinien zum Ohr herab. Unterhalb des Ohres ist das Haar auf jeder Seite in drei dicke zopfartige Strähnen gegliedert, die neben dem Hals herabhängen und wohl vorn über der Brust endigten. Vom rechten Ohr ist so viel erhalten, daß man seine Hauptformen erkennen kann. Es ist ungewöhnlich breit und in seiner oberen Hälfte spiralförmig gebildet. Auf dem schweren Ohrläppchen kann wohl einmal ein runder Ohrschmuck aufgesessen haben. Ganz glatt geblieben sind das Nackenhaar und der Oberkopf. Diese Teile setzen sich klar von den durchmodellierten Haarteilen ab. In der Anordnung der Frisur ist der Frauenkopf von der Kroisossäule des Artemistempels von Ephesus in London (Pryce, B 91 Taf. 5), der um die Jahrhundertmitte entstanden sein muß, dem Berliner Kopf nahe verwandt. Man müßte sich dann an dem Kopf das entsprechende Diadem mit dem Haar auf dem Hinterhaupt in Stuck aufgesetzt vorstellen. Das wäre die einzig mögliche Erklärung für die glatt gelassenen Teile an dem Frauenkopf. Inv. 1852. — Phot. 7526—28. V. H. Poulsen, Lindos III 541.

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29. Europa auf dem Stier Weißer, großkörniger Inselmarmor. Höhe 0,208 m, Breite 0,21 m, Tiefe 0,052 m, größte Reliefhöhe Abb. 81 0,019 m Wurde von Scha2mann bei einem Bewohner Pergamons gekauft und 1910 durch Vermittlung von Conze an die Berliner Skulpturensammlung abgetreten. Das Reliefbruchstück ist oben, unten und auf der linken Seite roh quadratisch zurechtgeschnitten. Auf der rechten Seite ist der ursprüngliche Rand erhalten. Die Oberfläche ist zum Teil verrieben. Von einer bekleideten Frau, die auf einem Stier reitet, blieben erhalten: die untere Hälfte des Gesichts mit einigen langen Locken, die nach vorn über die Schulter fallen, die ganze linke Körperhälfte mit dem Arm und der Hand, von der nur der Daumen fehlt, und dem Bein bis herunter zum Fuß; vom Stier der größte Teil von Kopf, Brust und ein Stück vom rechten Vorderbein. Dargestellt war Europa, wie sie auf dem trabenden Stier entführt wird. In ihrer Angst umklammert sie mit der linken Hand ein Horn, während ihre Rechte wahrscheinlich an der Kruppe des Tieres einen Halt suchte. Sie trägt einen ionischen Chiton mit langen Ärmeln und darüber das fein gefältelte schräge Mäntelchen. Ein Schleiertuch fällt ihr als schmales Band von der Schulter über den linken Oberarm herab. Am Stier sind die Hautfalten in Form von Wellenlinien sehr sorgsam durchgeführt. Zum Typus dieser Darstellung vergleiche man die Metope vom Sikyonierschatzhaus in Delphi (Fouilles de Delphe IV Taf. 3) und die Metope von Selinunt (BrBr. 288 b). Beide Darstellungen sind älter als unser Relief, das ungefähr um 530/20 v. Chr. von einem ionischen Bildhauer geschaffen wurde. Kurze Beschreibung 3 115 Nr. 1709. — Phot. 6628. — Formerei Nr. 1453. Amtl. Ber. 32,1910/11, 240 Abb. 133 (Schröder). — A A . 34,1919,104Nr. 24(Schröder). — Jdl. 52, 1937, 91 (Technau). — Lippold, HdArch. 64 Anm. 1 1 . Kurze Erwähnungen: Jdl. 29, 1914, 164 Abb. 28 (Schröder). — K u K . 13, 1915, 10 Abb. S. 5 (Schröder). — Kekule von Stradonitz, Griechische Skulptur3 57. — Schröder, Archaische griechische Skulpturen 8 Taf. 1 1 . — Rumpf, Griechische und römische Kunst 26. — Jacobsthal, Die Melischen Reliefs 52, 4. — Enciclopedia dell'arte anticalll 542 (Pincelli).

30. Bruchstücke vom Oberkörper einer Frauenstatue Weißer Marmor. Höhe 0,45 m. Abb. In Pergamon 1902 bei den Grabungen unterhalb der Theaterterrasse gefunden. Erhalten sind sieben Bruchstücke, die zu dem stark zerstörten Oberkörper einer Frauenstatue zusammengefügt werden konnten. Die Oberfläche des rechten Arms ist verrieben, die linke Schulter zeigt Verwitterungsspuren. Die Fragmente gehörten zu einer bekleideten stehenden Frauenstatue, die gesenkte Linke raffte wahrscheinlich das Gewand, die rechte Hand dürfte sie vorgestreckt haben. Die Bekleidung besteht aus einem ionischen Chiton mit Knüpfstellen auf dem rechten Oberarm. Sehr sorgfältig ist das feine Faltengekräusel des dünnen Stoffes ausgeführt. Am Halsausschnitt schließt der Chiton mit einem glatten Streifen ab. Auf dem Rücken über der rechten Schulter und unter der rechten Achsel haben sich die breit ausschwingenden Falten des Mäntelchens erhalten. Die Frau muß einmal das Haar zu einem Knoten aufgebunden getragen haben, da weder auf dem Rücken noch vorn neben der Brust sich Lockenreste erhalten haben. 39

82-84

Es ist zu bedauern, daß von der Statue nur die wenigen Reste erhalten blieben, sie müssen einmal zu einer Arbeit von hohem künstlerischem Rang gehört haben, die um die Wende vom sechsten zum fünften Jahrhundert v. Chr. in einer inselionischen Werkstatt entstand. Man vergleiche zu den erhaltenen pergamenischen Fragmenten die Ktiidier Karyatide in Delphi und die Nike Nr. 690 im Akropolismuseum in Athen. Nr. P 1. - Phot. 6646 — 48. AM. 29, 1904, 187 (Altmann). — Altertümer von Pergamon VII, 1 S. 3. 67 Taf. 1 (Winter). — Langlotz, Bildhauersch. 140 Nr. 3. 145. — A A . 50, 1935, 671 (Heidenreich). — Schrader-Langlotz, A M A . 35 Gruppe C. S. 37. 124 zu Nr. 77. — Lippold, HdArch. 64 Anm. 10.

31. Mädchenkopf Abb.

85,86

Weißer, großkristallinischer Marmor. Höhe 0,25 m. Angeblich aus der Gegend von Kyzikos. Im Kunsthandel von Wiegand erworben und dem Museum geschenkt. Von dem jugendlichen Kopf sind die Nase und ein Teil vom Kinn abgestoßen, auch ist die Oberfläche an besonders hervorspringenden Teilen, wie etwa den Augenbrauen, etwas verrieben. An dem Kopf blieb von Augen und Mund noch so viel erhalten, daß man erkennen kann, wie die Mundwinkel leicht zu einem Lächeln emporgezogen und die Augen etwas schräg gestellt sind. Das Haar ist in seiner Hauptmasse über den eiförmig hohen Hinterkopf zurückgekämmt. Vorn ist es in der Mitte gescheitelt, parallel zur Stirn in zehn Strähnen gewellt und hinter die Ohren zurückgenommen. In Kräusellocken aufgelöst fallt es dann vorn und hinten über die Schultern. Das Nackenhaar ist auch nur gewellt, jede Verbindung mit der sonst üblichen Perlenperücke ist aufgegeben. Sehr zart ist die Wangenpartie modelliert mit den breiten, tief in das Haar eingebetteten Ohren. Das junge Mädchen trägt im Gegensatz zu gleichzeitigen attischen Köpfen keinen Schmuck. Die schöne Arbeit, die einmal zu einer spätarchaischen Frauenstatue gehört haben muß, ist am Anfang des fünften Jahrhunderts v. Chr. entstanden. In unserer Kenntnis der ionischen Kunst dieser Zeit hilft sie eine fühlbare Lücke schließen. Inv. Nr. 1851. — Phot. 5565/66. BerlMus. 54, 1933, 53 Abb. S. 54 (Blümel). — ActaArch. 5, 1934, 56 Abb. 10—11 (F. Poulsen). — Picard, Manuell 585 Anm. 5. — Fink, Die Haartrachten der Griechen 70. — Schrader-Langlotz, A M A . 37 D. — Payne-Young, Archaic marble sculpture2 56. 57. — Lippold, HdArch. 65 Anm. 9.

32. Löwe von Knidos Abb. 87-89

Weißgrauer Marmor. Länge 1,36 m, Höhe 0,80 m. Auf der Knidischen Halbinsel bei der Datscha Bai gefunden. Im Kunsthandel 1902 erworben. Abgebrochen sind die beiden Vorderfüße von den Ellenbogen und die Hinterfüße von etwas oberhalb der Fersen an. Von der Schnauze ist ein großer Teil weggebrochen, das Gesicht ist so stark verrieben, daß selbst von den Augen kaum mehr etwas zu erkennen ist. Auf dem Hinterteil mehrere längliche Löcher, die wohl von der Hacke der Ausgräber herrühren. Die ganze übrige Oberfläche zeigt zahllose kleinere Löcher, die von den groben Hieben eines starken Spitzmeißels herrühren. Der Löwe sitzt auf den angezogenen Hinterfüßen. Der linke Vorderfuß war leicht angehoben und lag wohl auf einem Beutestück, vielleicht einem Stierkopf. Der rechte Vorderfuß stand senkrecht auf

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dem Boden auf. Der Kopf ist leicht nach links gedreht, man hat sich die Haltung des Tieres ähnlich der der Sphinx von Spata oder Ägina zu denken, wenn auch weniger steil aufgerichtet. Die Mähne des Löwen ist in viele schuppenartige Zotteln aufgeteilt, sie bedeckt den Kopf, den Hals, die Brust und zieht sich zwischen den Vorderbeinen bis kurz hinter die Ellenbogen zurück. Auch über die ganze Länge des Rückens bis zum Schwanzansatz läuft ein schmaler zopfartiger Streifen von Haarzotteln, wie er in der Natur niemals vorkommt. Der Schweif ist unter dem Leib durchgeschlagen und um das linke Knie gelegt. Viele naturalistische Formen des walzenförmigen Leibes mit deutlich abgesetzten Muskelpartien und vor allem die stark hervortretenden Rippen erinnern an einen Hundekörper. Ähnliche Löwen, allerdings aus späterer Zeit, hat man auf dem nicht weit von Knidos entfernten Rhodos in der Nekropole von Jalysos gefunden (Laurenzi, Clara Rhodos 8, 1936, 19 Abb. 6 und 204 Abb. 206 und 207). Zu vergleichen wäre auch der Löwe im Museum von Florenz (ArchClass. 1, 1949,113). Der Löwe von Knidos dürfte um die Wende vom sechsten zum fünften Jahrhundert v. Chr. entstanden sein. Kurze Beschreibung3 116 Nr. 1724. — Phot. 7478 —81. AmtlBer. 34,1913, 243 (Schröder). — A A . 30, 1919, 92 Nr. 6 (Schröder). — Kekule von Stradonitz, Die griechische Skulptur3 57. — Picard, La sculpture antique I 300. — Deonna, Dédale II 63. — Picard, Manuel I 550. — Lippold, HdArch. 66 Anm. 7. — Gnomon 30, 1958, 483 (Schuchhardt). — Olympische Forschungen 4, 1959, 37. 45 Taf. 3 (Willemsen).

33. Beckenträger Grauweißer Marmor. Höhe 0,52 m, Breite 0,3 5 X 0,37 m, Höhe der Plinthe 0,07 m. Abb. 90-93 Aus dem Heraion von Samos. Erhalten ist der quadratische Untersatz mit zwei Löwen und drei weiblichen Statuetten. Von diesen sind zwei bis zu den Hüften und die dritte bis zum Hals einschließlich erhalten. Die drei Figuren waren oberhalb der Löwen abgebrochen. Die vollständigste war auch in der Hüfte durchgebrochen. An dieser Figur haben sich im Rücken und im Haar rote Farbspuren erhalten. Der marmorne Untersatz mit den beiden liegenden Löwen und den darüberstehenden drei Frauen (Perirrhanterion) trug einmal ein Gerät, wahrscheinlich ein Becken, und stand, wie in dem Heiligtum des Poseidon Isthmios, vor dem Eingang zum Tempel. Eine 0,03 m dicke Marmorplatte ist hinten leicht abgerundet; unter jeder der vier Ecken liegt wieder eine kleine quadratische Platte (Länge 0,09 m, Höhe 0,03 m). Darüber liegen nebeneinander zwei langgestreckte kantige Löwen, deren Köpfe über die vorderen Ecken der Platte, auf der sie liegen, diagonal herüberragen. Jeder dieser Löwen ist um den Hals mit einer Schlinge gefesselt, die in zwei Enden ausläuft. Eine der drei Frauen ist sehr langgestreckt und steht zwischen den Vorderteilen der beiden Löwen. Sie hält in jeder der gesenkten Hände das Ende einer Fessel. Zwei weitere Frauen stehen auf den Rücken der Löwen und halten in den am Körper gesenkten Händen die beiden anderen Enden der Fesseln, mit denen die Löwen gebunden sind. Mit der anderen Hand greifen sie nach den Löwenschwänzen, die an ihren Enden in eine dicke Quaste auslaufen. Die walzenförmigen Körper der drei Löwengöttinnen tragen um die Hüfte einen starken Gürtel. Das Haar, das tief in den Nacken und nach vorn über die Schultern fällt, ist nur durch vier flache Einschnitte gegliedert. Der Gegensatz zwischen der viereckigen Grundplatte und dem Dreieck der drei stehenden Gottheiten wird geschickt überbrückt durch die Schrägstellung der massigen orientalischen Löwenköpfe. Solche Marmorbecken, die von Löwengöttinen getragen wurden, muß es in vielen griechischen Heiligtümern des siebenten Jahrhunderts v. Chr. gegeben haben. Beispiele sind bei Ausgrabungen in Athen, Olympia, Delphi, Rhodos, Olynthos und Korinth gefunden worden (Vgl. Hesperia 27, 1958, 24. —

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R A . 49/50, 1957, 84. — BCH. 81, 1957, 531). Das Perirrhanterion von Samos ist zweifellos das älteste uns bekannte und dürfte noch vor der Mitte des siebenten Jahrhunderts v. Chr. entstanden sein. Inv. Nr. 1747. — Phot. 7555 — 59. Buschor, Altsamische Standbilder V 74 Abb. 317. 318. 321 — 23. — A J A . 66, 1962, 103 (G. M. A. Richter). Zu den Stützfiguren marmorner Becken vgl. Matz, Geschichte der griechischen Kunst 196.3 8 2 Anm. 444 Abb. 28b Taf. 120. 246. 247.

34. Von Cheramyes geweihte Frauenstatue Abb. 94-98

Grauweißer Marmor. Höhe mit Plinthe 1,67 m, Höhe der Plinthe 0,07 m, Durchmesser der Plintheo,48 m. Im heiligen Bezirk von Samos gefunden. Abgebrochen ist der Kopf mit dem Hals. Bestoßen sind Daumen und Zeigefinger beider Hände, die Zehen, der Kopf des Hasen und der Zipfel des Mäntelchens hinter der rechten Hand. Der ganze linke Arm mit der Brust zeigt starke Verwitterungsspuren. Die Statue muß viele Jahrzehnte im Freien gestanden haben und kann deshalb kein Kultbild gewesen sein. Fast die ganze Oberfläche mit Ausnahme der glatten Rückseite zeigt starke dunkle Sinterspuren. Aus einer säulenartigen Rundform ist die hoheitsvolle Gestalt der stehenden Göttin entwickelt. Sie trägt auf der gestreckten linken Hand vor der Brust einen Hasen mit angelegten Ohren.Aus diesem Attribut läßt sich schließen, daß die Weihung offenbar der Göttin Aphrodite galt, wenn sie nicht selbst die Dargestellte war. Ihre Kleidung besteht aus einem fein gefältelten Chiton mit breitem Gürtel. Von dem Mantel hängen vor und hinter der gesenkten Hand Zipfel bis auf Kniehöhe herab. Von dem rechten Oberarm sind Knüpfstellen gerade noch erkennbar. Vor der Brust ist der Mantel rechts in eine Partie mit senkrechten und links mit waagerechten Falten aufgeteilt. Der untere Chitonsaum weitet sich glockenförmig über der Plinthe, legt sich in einem flachen Bogen über die Füße, von denen nur die Zehen sichtbar werden. Ein Zipfel des Saums senkt sich zwischen den Füßen fast bis zum Boden herab. Den Kopf, den ganzen Rücken und die linke Hälfte des Unterkörpers bedeckt ein Schleiertuch, das vorn durch den Gürtel hindurchgezogen wurde. Am Rand des Schleiers ist eine einen Zentimeter breite Borte durch eine feine Linie angedeutet. Auf der rechten Rückenseite laufen zwei Borten von oben nach unten, um eine Doppellage des Schleiertuches anzudeuten. Vorn läuft neben dem Rand des Schleiertuches eine Inschrift von oben nach unten: © h i

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Die Statue ist zweifellos eine jüngere Schwester der Hera von Samos im Louvre (Nr. 686), die ebenfalls von Cheramyes geweiht wurde. Beide Werke können nur aus derselben Werkstatt hervorgegangen sein, obwohl sie nicht unwesentlich voneinander verschieden sind. Die Hera im Louvre ist 0,25 m größer und wesentlich straffer in ihrem Aufbau. Chiton, Mantel und Schleier heben sich deutlich in ihrer Oberflächenmodellierung voneinander ab. Die breiten waagerechten und zu den Mantelzipfeln senkrecht fallenden Mantelfalten setzen sich scharf ab von der feineren Riffelung der senkrechten Chitonfältchen und den glatten Flächen des Schleiertuches, während bei der Göttin mit dem Hasen sich nur das glatte Schleiertuch von den in der Hauptsache senkrechten Riffeln von Mantel und Chiton absetzt. Die rechte Hand der Berliner Statue greift nicht in das Schleiertuch wie die der Hera im Louvre. Auch die Senkung des Chitonsaums zwischen den Füßen fehlt bei der großen älteren Statue. Die

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jüngere ist weicher in ihrem Umriß, aber härter in den scharf geschnittenen senkrechten Fältchen des Chitons. Aphrodite, die auf Samos immer neben Hera verehrt wurde, bekam um 5 60— 5 5 v. Chr. einen neuen kleinen Tempel. Zu derselben Zeit dürfte die Weihung des Cheramyes an Aphrodite mit dem Hasen als Attribut entstanden sein. Inv. Nr. 1750. — Phot. 7448—51. 7545. Buschor, Altsamische Standbilder IV 67, V 83. 87 Abb. 341—44. — Festschrift für Schweitzer 98 (Buschor). — Enciclopedia dell'arte antica III 863. 1011. 1017 Abb. 1300. — A J A . 66, 1962, 103 (G. M. A. Richter). — Alscher, Griechische Plastik II 146.

35. Zwei Bruchstücke einer stehenden Frauenstatue Grauweißer Marmor. Die ganze Statue war ohne Kopf ungefähr 1,55 m hoch. Abb. 99-101 Auf Samos gefunden. a) Vordere Hälfte vom Oberkörper einer Frau. Höhe 0,31 m, Breite 0,39 m, Tiefe 0,13 m. Die Oberfläche zeigt starke Verwitterungsspuren. Die Statue muß viele Jahre im Freien gestanden haben. b) Linker Fuß auf einem Stück der Statuenpünthe mit Teilen der Gewandung, die den linken Unterschenkel bedeckten. Höhe 0,28 m, Höhe der Plinthe 0,06 m, Breite 0,25 m, Tiefe 0,16 m, Durchmesser der ganzen Plinthe 0,39 m. Die stehende Frauenstatue trug einen ionischen Chiton mit freiem Halsausschnitt. Auf der rechten Schulter sind zwei Knüpfstellen erkennbar, von denen nach unten zur Brust je zwei eingeritzte Gruppen von fünf und acht Fältchen ausgehen. Die ganze linke Brust wird von dem faltenlos gehaltenen Mäntelchen bedeckt. Oben auf beiden Schultern haben sich die Ansätze von einem Schleiertuch erhalten, das einmal den Kopf der Statue bedeckte und über den Rücken herabfiel. Vor dem Körper hielt die Frau mit der linken Hand eine Opfergabe; nach den erhaltenen Bruchspuren dürfte es wohl ein Vogel gewesen sein. Der erhaltene linke Fuß ist stark verwittert, er steht ohne Sandale unmittelbar auf dem Plinthenstück, das nur Spuren vom Spitzeisen zeigt. Die Statue ist wie die von Cheramyes geweihte Frauengestalt Nr. 34 aus einer säulenartigen Rundform entwickelt. Der untere Gewandsaum legt sich bogenförmig über den nackten Fuß und weitet sich seitlich glockenförmig über der Plinthe. Streng parallel verlaufen die senkrechten Chitonfältchen, von denen vorn je fünf zu einem stärkeren Faltenbündel zusammengefaßt sind. Auf der linken Seite des Fragments erscheint als glatte Fläche der untere Zipfel des Mäntelchens. Die Statue entstand in der Nachfolge der von Cheramyes geweihten Statuen. Das Verlegen einer starken senkrechten Faltenmasse vorn zwischen die Beine ist eine grundlegende Neuerung. Zu vergleichen wäre eine Göttin aus Olympia, die wahrscheinlich zu einem bronzenen, dreifüßigen Kesseluntersatz aus Samos gehört hat (Buschor, Altsamische Standbilder Abb. 118/20). Die beiden Bruchstücke gehörten zu einer Statue, die auf Samos im dritten Viertel des sechsten Jahrhunderts v. Chr. entstanden sein muß. Inv. Nr. 1743. — Phot. 7582 — 84.

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36. Statue der Ornithe aus der Geneleosgruppe Abb. 102bis 105 u. 123

Weißer, großkristallinischer Marmor. Höhe mit Plinthe i,68 m, Höhe der Plinthe 0,07 m. B e i m Heraion von Samos gefunden. Weggebrochen sind der Kopf mit dem größten Teil des Halses und die Füße mit drei Viertel der Plinthe. Kleinere Beschädigungen vom unterhalb des Gürtels und am Rand des Chitonüberschlags neben dem rechten Unterarm. Die Mädchenstatue der Ornithe gehört zu der von Geneleos signierten Gruppe von sechs Statuen, die auf einer noch erhaltenen gemeinsamen zweistufigen Basis standen. Ornithe trägt den Chiton mit einem breiten Gürtel, dem bogenförmigen Überfall und Knöpfstellen auf dem Oberarm. Das Gewand ist mit feinen parallelen Faltenrillen belebt, die vor der Brust durch eine senkrechte glatte Stoffbahn unterbrochen werden. Beide Arme hängen am Körper herab, die linke Hand ist geschlossen, die rechte greift in die Mittelbahn des Chitons und rafft ihn an der rechten Seite. Das rechte Bein ist etwas vorgestellt, dadurch strafft sich das Gewand um die ganze linke Hälfte des Unterkörpers und liegt dort faltenlos an. Die klaren Umrißlinien von Unter- und Oberschenkel zeichnen sich ab und setzen sich über der gesenkten linken Hand in der zarten Silhouette von Arm und linker Schulter fort. Die Brust ist unter dem feinen Gefältel des Chitons nur eben angedeutet. Daneben fallen zu beiden Seiten je vier dichte Haarsträhnen wie schwere Perlketten fast bis zum Gürtel herab. Auch auf der Rückseite bildet der Überfall des Chitons einen Bogen, dessen Ränder steil nach den Seiten abfallen. Über dem Gürtel bedeckt die volle Masse des Haares fein schachbrettförmig gegliedert die ganze Breite des Rückens. In der griechischen archaischen Kunst wird man kaum eine zweite Mädchengestalt finden, an der Gewand und jugendlicher Körper sich zu einer derart harmonischen Einheit verbinden. Auf der Basis des Geneleos stand Ornithe (Abb. 123), so ist sie inschriftlich in Kniehöhe unter der rechten, das Gewand raffenden Hand bezeichnet, zwischen ihrem Bruder, dessen Statue leider verloren ist, und ihrer älteren Schwester Philippe. Die Gruppe des Geneleos dürfte wenig jünger als die drei von Cheramyes geweihten Statuen und noch vor der Mitte des sechsten Jahrhunderts v. Chr. entstanden sein. Inv. Nr. 1739. - Phot. 7 4 1 5 - 1 7 . 7432. 7452-7454. 7533. Festschrift für Schweitzer 96 (Buschor). — Buschor, Altsamische Standbilder V 84 Abb. 345 — 350. Zur Geneleosgruppe: AbhBerl. 1929, 17 Abb. 14 Taf. 11 —12 (Schede). — Buschor, Altsamische Standbilder II 26. — Die Antike 15, 1939, 278 Abb. 3 u. 4 (Technau). — G. M. A. Richter, Archaic greek art 104. 105. 108. 115 Abb. 167—69. — Lippold, HdArch. 57. — Buschor, Das Porträt 91 Abb. 60. — Neue Deutsche Ausgrabungen 223 (Buschor). — Enciclopedia dell'arte antica 861. — A J A . 66, 1962, 102 (G. M. A. Richter).

37. Frauentorso Abb. 106 bis 109

Weißer Marmor. Höhe 0,52 m, größte Breite 0,22 m. Vor der Westfront des Heratempels von Samos gefunden. Abgebrochen sind der Kopf und die Unterschenkel mit den Knien. Bestoßen ist die linke Hand, an der Daumen und Zeigefinger fehlen. Die Frauenstatue stand mit leicht vorgesetztem linken Bein ruhig da, die gesenkten Arme Hegen am Körper an, die linke Hand rafft das Gewand. Die Frau trägt den langen ionischen Chiton mit einem breiten Gürtel. Im oberen Teil ist das Gewand wellenförmig gefältelt und bildet über der Mitte des Gürtels einen bogenförmigen Überfall. Nach unten schwingen die Chitonfalten breiter aus, eine flache 44

Stoffbahn führt im Bogen vom Gürtel zu der das Gewand raffenden linken Hand. Auf dem rechten Oberarm sind vier Knüpfstellen des Chitonärmels zu erkennen. Über dem fein gefältelten Untergewand trägt die Frau ein Mäntelchen aus schwererem Stoff, das Brust, Schultern und linken Oberarm bedeckt. Auf dem Kopf lag ein Schleier, der breit ohne Falten sich auf die Schultern senkt und in zwei Enden über den Rücken herabhängt. Das obere Ende verläuft in einem spitzen Zipfel unterhalb des Schulterblattes nach rechts, das untere bedeckt die ganze Rückseite, soweit sie erhalten ist. Die Faltengebung des Gewandes an dieser Frauenstatue entbehrt bei ausgiebiger Benutzung des Schlageisens nicht einer gewissen Schärfe. Der Typus der Frauenstatuen aus der Geneleosgruppe ist hier zu einer letzten Klarheit und kühlen Einfachheit weiterentwickelt. Kurze Beschreibung3 117 Nr. 1744. — Phot. 7482—85. — Formerei Nr. 308. AD. III 1916—17, 52 Abb. 9 (Wiegand). — Langlotz, Bildhauersch. 128 Taf. 74 d. — Gnomon 4, 1928, 424 (Lippold). — Schrader-Langlotz, A M A . 37 D. — Lippold, HdArch. 54 Anm. 1. — MdL 4, 1951, 97 Anm. 84 (Darsow). — Festschrift für Rumpf 44 Anm. 15 (Darsow). — BCH. 77, 1953, 349 (P. de la Coste-Messeliere et J . Marcade). — Jdl. 69, 1954, 69 (Darsow). — Buschor, Altsamische Standbilder V 93. 96 Abb. 373—75. — Alscher, Griechische Plastik II 160f. Anm. 77 Abb. 48.

38. Bruchstück vom Hinterkopf eines Kuros Weißer Marmor. Stark versintert. Höhe 0,28 m, Breite 0,27 m, Tiefe 0,20 m. Abb. no, 111 Auf Samos gefunden. Von dem Kopf ist das vom Hinterkopf in Perlsträhnen in den Nacken herabfallende Haar mit dem hinter das nicht mehr erhaltene linke Ohr zurückgestrichenen Schläfenhaar erhalten. Von der rechten Kopfhälfte blieb das muschelförmig stilisierte Ohr mit einem Stück der rechten Wange übrig. Auch auf dieser Seite war das Schläfenhaar hinter das Ohr zurückgestrichen. Das sorgfältig durchgebildete Korallenhaar verweist das Stück in die Zeit bald nach der Geneleosbasis. Es gehörte zu einem Kuros von ungefähr eineinhalbfacher Lebensgröße, der um die Jahrhundertmitte des sechsten Jahrhunderts v. Chr. oder bald danach entstanden sein dürfte. Mit dem Bruchstück wollte Buschor, der es nur aus alten Photographien kannte, zwei weitere Fragmente verbinden (Altsamische Standbilder Abb. 41 und 45), was aber leider nicht möglich ist. Inv. Nr. 1757. — Phot. 7588/89. Buschor, Altsamische Standbilder 67 Abb. 265/66.

39. Panzertorso eines Kriegers Grauweißer Marmor. Höhe 0,86 m, größte Breite 0,53 m. Abb. 112 Stammt von der Insel Samos. bis 11$ Der Torso ist aus vier großen Bruchstücken zusammengesetzt: dem Kopf mit Hals, der rechten Schulter mit Ansatz zum Oberarm, der linken Schulter und der Bauchpartie. Die Fugen sind mit Zement ausgefüllt worden. Von der Helmkappe sind auf der rechten Hälfte und hinten größere Teile weggebrochen. Die Augen sind bestoßen, ebenso Nase, Mund und Kinn. Der Krieger trägt einen Glockenpanzer, der oben mit einem kragenförmigen Rand auch den Hals schützte. Vorn in der Mitte ist noch ein Stück vom unteren Rand erhalten, der leicht nach außen vorgebogen war. An der Brust ist der Panzer stark gewölbt, zwei weit ausschwingende Spiralen umschreiben 45

die Brust. Durch eingetiefte Furchen ist ganz schematisch der Rand des Rippenbogens angedeutet; ein nach unten spitz zulaufendes Ornament bezeichnet die Mittellinie des Bauches. Auf dem Rücken ist unten durch eine flache Einsenkung die Lage der Wirbelsäule angedeutet. Am rechten Oberarm ist der glatte Ärmel eines Chitons erkennbar. Der ionische Helm besteht aus der Schädelkappe mit einem nach rückwärts ausgebogenen Nackenschutz. Die Wangenklappen sind heruntergeschlagen, zwischen ihnen liegen Augen, Nase, Mund und Kinn frei. Auch die Helmkappe ist seitlich mit Spiralen verziert. Hinten tritt das Haar in breiter Masse aus dem Helm heraus und fällt weit über den Rücken herab. Die einzelnen Strähnen sind schachbrettartig gemustert und laufen nach unten in dünnere Ringellöckchen aus. Zwei Bruchstücke eines mächtigen Kriegers aus dem Heraheiligtum von Samos (Buschor, Altsamische Standbilder 47 Abb. 172/73) könnten nach ihrer Größe einmal zu dem Kriegertorso gehört haben, wenn auch die recht zierlichen Ornamente auf den Beinschienen kaum zu dem viel derberen Schmuck des Brustpanzers passen wollen. In solchen Kriegern möchte man am ehesten Darstellungen des Gottes Ares sehen, aber auch berühmten Helden der Vorzeit hat man vielleicht in diesen gewaltigen Gestalten ein Denkmal setzen wollen. Für die zeitliche Eingliederung bietet der samische Torso wenig Anhaltspunkte. Die wulstigen Augenlider machen jedoch eine Entstehung im dritten Viertel des sechsten Jahrhunderts v. Chr. recht wahrscheinlich. Inv. Nr. 1752. — Phot. 7529—32. Weickert, Griechische Plastik 20 Abb. 9—11. — Lippold, HdArch. 58 Anm. 8. — Karusos, Aristodikos 93 Anm. 88.

40. Unfertiger Frauenkopf Abb. 116, 117

Weißer Marmor. Höhe 0,13 m. Am Heraion von Samos gefunden. Bestoßen ist die Nase. Am vorderen Rand des Schleiers über der Stirn sind deutliche Spuren eines Rundeisens stehengeblieben. Der jugendliche weibliche Kopf mit den ernst, etwas nach unten blickenden Augen ist mit Ausnahme des Gesichts ganz in einen Schleier gehüllt, der fast wie eine weiche wollene Mütze wirkt. Vielleicht hätte er etwas von seiner Dichte eingebüßt, wenn das Köpfchen fertig durchgebildet worden wäre. Dem Mädchenkopf nahe verwandt sind das Bruchstück eines Marmorkopfes von zwei Drittel Lebensgröße, das im Schutt des Rhoikostempels 1956 auf Samos gefunden wurde (Buschor, Altsamische Standbilder V 92 Abb. 364—70) und ein Kopffragment vom Artemision von Ephesos in London B 89 (Lippold, HdArch. Taf. 15,1). Inv. Nr. 1875. — Phot. 6591/92. Buschor, Altsamische Standbilder V 92 Abb. 371.

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41. Frauenkopf Weißer Marmor. Höhe 0,11 m. Abb. Ii8. 119 Am Heraion von Samos gefunden. Abgebrochen ist die Nase. Bestoßen ist das linke Auge mit der Augenbraue darüber. Der jugendliche weibliche Kopf mit den großen, etwas schräg gestellten Augen und dem leicht angedeuteten Lächeln blickt geradeaus. Das Haar mit dem ganzen Hinterkopf ist von einem enganliegenden Schleier bedeckt, der unterhalb der Ohren seitlich frei auf die Schultern herabfiel. Von der Stirnmitte ausgehend sind 2wei eingetiefte Falten scharf in das Schleiertuch eingeschnitten. Der obere Ohrenrand ist unter dem Schleier angedeutet. Breit und wulstig sind die oberen Augenlider. Stilistisch und zeitlich ist der kleine Kopf, der beim Heraion auf Samos gefunden wurde, von dem fast lebensgroßen Kopf aus Milet Nr. 5 8 nicht zu trennen. Inv. Nr. 1874. — Phot. 6589/90. Buschor, Altsamische Standbilder V 97 Abb. 395/96.

42. Unterteil der Kore des Anaximandros Weißer, großkristallinischer Marmor. Höhe 0,71 m, größte Breite 0,29 m, Tiefe 0,19 m. Abb. 120 bls 1 2 2 Gefunden in Milet bei Arbeiten im Hof des Rathauses. Das von der Statue Erhaltene besteht aus zwei fast gleichgroßen Stücken, die nicht Bruch an Bruch aneinander passen, die aber sicher zusammengehören. Die Oberfläche ist von der groben Arbeit mit dem Spitzmeißel her ziemlich rauh geblieben. Beide Stücke wurden einmal als Baumaterial verwendet. Zu diesem Zweck ist alles, was hinderte, grob abgeschlagen worden. Dazu gehörten beiderseits der Füße die glockenartige Ausweitung des Gewandes und auf der Rückseite ein langer senkrechter Wulst. Der untere erhaltene Teil dieser archaischen Gewandstatue trägt auf der Plinthe eine Inschrift mit dem größten Teil des Namens Anaximandros. Auf der rechten Seite findet sich eine breite Falte, die oben und unten ein wenig nach außen gekrümmt ist. Die untere Endigung der Falte verliert sich an dem bogenförmigen Ausschnitt, in dem die Vorderteile der Füße erscheinen. Oben, unmittelbar unter dem Bruch, wird in der breiten Falte eine flache Einsenkung erkennbar, die zweifellos mit der Raffung des Gewandes zusammenhängt. Auch die Rückseite besaß links eine ähnlich wulstige Falte wie die Vorderseite. Sie wurde ganz abgearbeitet. Man erkennt aber noch, daß sie nicht bis zum Boden durchlief, sondern unten in leichtem Bogen nach rückwärts abbog. Eine weitere Abarbeitung befindet sich unten auf der Rückseite an dem glockenförmigen Rand des Gewandes. Das Fragment galt lange Zeit wegen der archaischen Inschrift, die mit Sicherheit zu Anaximandros oder o (Genitiv) zu ergänzen ist, als der Rest einer männlichen Bildnisstatue, die man in hellenistischer Zeit im Rathaus aufstellte, weil man glaubte, daß sie den milesischen Philosophen darstellte. Das Fragment kann aber nicht zu einer männlichen Statue gehört haben, weil es mit dem Typus des bekleideten Mannes in der ionischen Plastik dieser Zeit unvereinbar ist. Die glockenartige Erweiterung des Gewandes kehrt wieder an den beiden weiblichen Statuen des Cheramyes von Samos und an einer milesischen Kore Nr. 47 im Berliner Museum. Zu demselben Typus gehören auch die naxischen Torsen von der Akropoüs Nr. 619 und 677 und ein Torso von der Insel Delos (Matz, Geschichte der griechischen Kunst I Taf. 121). Am nächsten kommen dem Fragment in der Haltung zwei Frauen auf einem milesischen Weihrelief in Berlin Nr. 44, die auch das Gewand mit der rechten Hand raffen. Der abgearbeitete Wulst auf der 47

Rückseite dürfte wie bei der Hera des Cheramyes zum Schleier gehört haben. Wahrscheinlich hielt die Kore auch die Hand vor der Brust wie die Frau mit dem Steinhuhn Nr. 47 in Berlin. Die Datierung schwankt vom Ende des siebenten bis in das letzte Viertel des sechsten Jahrhunderts v. Chr. Gerade ein Epigraphiker wie A. E. Raubitschek (Jdl. 69, 1954, 114 Anm. 38) schlägt diese junge Datierung vor. Der Hauptgrund für eine zeitlich frühe Ansetzung waren immer die Einfachheit der Formen und vor allem die fast völlige Faltenlosigkeit des Gewandes, die jedenfalls eine Entstehung in der zweiten Hälfte des sechsten Jahrhunderts ausschließt. Für den Fußausschnitt des Gewandes wurde eine Elfenbeinstatuette aus Ephesus (Lippold, HdArch. Taf. IZ,I) verschiedentlich zum Vergleich mit herangezogen. Eine Datierung der Anaximandros Kore in die Jahre um 560 v. Chr., in denen auch die Hera von Samos entstand, dürfte viel Wahrscheinlichkeit für sich haben. Kurze Beschreibung 3 109 Nr. 1599. — Phot. 5632. 7443. 7549. — Formerei Nr. 303. Wiegand, Milet I, 2, 1 1 2 Nr. 8 Abb. 103. — ÖJh. 12, 1909, 292 Anm. 202 (Loewy). — Winter, KiB. 2 201,1. — Diels, Antike Technik 11 Abb. 3. — AM. 44,1919, 63 Anm. 2 (v. Lücken). — AM. 46, 1921, 51 (V. Müller). — NJbb. 16, 1923, 66—67 (Diels). — AM. 48, 1923, 162 (Pfuhl). — Langlotz, Bildhauersch. 126. — V. Müller, Frühe Plastik 185. 193. — Deonna, Dédale I 290 Anm. 7. — Rumpf, Griechische und römische Kunst 18. — Jdl. 48, 1933, 58 (Rumpf). — Matz, Geschichte der griechischen Kunst I 198 Taf. 124. — Lippold, HdArch. 47 Anm. 12. — Homann-Wedeking, Die Anfänge der griechischen Großplastik 61. — Festschrift für Andreas Rumpf 45 (Darsow). — Jdl. 69, 1954, 101 (Darsow). — Karusos, Aristodikos 91 Anm. 77. — Jeffery, The local scripts of archaic Greece 334 Taf. 64 Nr. 26.

43. Oberkörper einer Frauenstatuette Abb. 124, 125

Weißer Marmor. Höhe 0,15 m, Breite, 0,15 m. Herkunft unbekannt. Von der Statuette fehlen der Kopf mit dem Hals und der gesamte Unterkörper von der Gürtung abwärts sowie beide Unterarme. Die linke Schulter ist stark bestoßen, ebenso zwei Haarsträhnen vorn neben der Brust. Dargestellt war eine stehende Frau mit gesenkten Armen, die am Körper anlagen. Die Kleidung besteht aus einem gegürteten ionischen Chiton mitÄrmeln, die die Oberarme bedecken. Der Überschlag des Chitons ist vorn und im Rücken bogenförmig geführt. Über ihm setzt sich mit einem schmalen Rand das Mäntelchen ab, das auch den ganzen rechten Oberarm bedeckt, und dessen oberer Rand vorn schräg über der Brust verläuft. Die Gewandung umschließt den Körper glatt ohne Faltengebung. Vom Haar haben sich im Rücken die Enden von zwölf leicht gewellten Strähnen erhalten; die Spuren von zwei stärkeren und längeren Strähnen zeichnen sich auf der Vorderseite neben der Brust ab. Die Statuette kommt zweifellos aus dem samisch-milesischen Kunstkreis, ihre Entstehung fallt in das zweite Viertel des sechsten Jahrhunderts v. Chr. Inv. Nr. 1898. — Phot. 7488/89.

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44> Weihrelief mit zwei stehenden Frauen Grauweißer Marmor. Höhe 0,63 m, Breite 0,43 m, Tiefe 0,28 m, Reliefhöhe 0,03 m. Abb. 126 Gefunden in Milet. Gesicht und Brust der beiden Frauen sind stark verrieben. Die rechte Hand der rechten Gestalt ist abgestoßen. Weggebrochen ist links ein größeres Stück des Einlaßzapfens des Reliefs. Der Reliefblock ist seitlich mit dem Spitzeisen bearbeitet und auf der Rückseite nur ganz roh zugehauen. Dargestellt sind zwei Frauen in Vorderansicht nebeneinander, die von den rechteckig zugeschnittenen Rändern des Reliefs wie von einer Nische eingeschlossen werden. Sie sind bekleidet mit dem gegürteten ionischen Chiton und einem Mäntelchen darüber, das auf ihrer rechten Seite in einem langen Zipfel bis unter Kniehöhe herabreicht. Mit der gesenkten rechten Hand heben sie das Gewand an. Über den Köpfen liegt ein Schleier, der auf beide Schultern herabfällt. Vor der Brust halten beide eine Weihgabe, die nicht mehr deutlich zu erkennen ist. Über den Füßen wölbt sich der Gewandsaum in einem flachen Bogen. Die Gewandung und Stellung der beiden Frauen entspricht fast vollkommen dem Bruchstück der Kore des Anaximandros Nr. 42. Da zwei Frauen nebeneinander dargestellt sind, kann es sich nur um ein Weihrelief und nicht um ein Grabrelief handeln. Dasselbe gilt auch für das Relief mit einem Mädchen aus Milet Nr. 45. In der weichen Formgebung ist das Marmorrelief einer sitzenden Göttin aus Milet im Museum von Istanbul (Mendel Nr. 5 23) zu vergleichen. Kurze Beschreibung3 113 Nr. 1647. — Phot. 2955. Lippold, HdArch. 47 Anm. 1 1 .

45. Weihrelief eines Mädchens Grauweißer Marmor. Höhe 0,47 m, Breite 0,20 m, Tiefe 0,10 m. Abb. 127 Gefunden in Milet. Das Unterteil des Reliefs von der Kniegegend des Mädchens abwärts ist weggebrochen. Alte Beschädigungen an der rechten seitlichen Umrahmung, neuere Schäden, die wahrscheinlich bei der Ausgrabung entstanden sind, befinden sich an Nase, Kinn und über beiden Augen. Die Reliefplatte ist oben und an den Seiten sorgfältig geglättet, auf der Rückseite etwas oberflächlicher. Dargestellt ist ein stehendes Mädchen in Vorderansicht, das von den flachen, rechteckig aufeinander stoßenden Rändern des Reliefs wie von einer Nische umschlossen wird. Der Kopf der stehenden Gestalt ist ungewöhnlich groß. Das Mädchen trägt den langen gegürteten Chiton, der in der Mitte drei Steilfalten zeigt. Darüber liegt eine Art Jäckchen mit Halbärmeln. Das Haar mit den Ohren ist von einem fest anliegenden Schleier bedeckt, der auf beide Schultern herabfallt. Auf dem Schleier liegt noch ein breites schweres Stück Tuch. Das Relief zeigt die weichen verschwimmenden Formen der frühen ionischen Kunst. In dem rundlichen, breiten Mädchengesicht mit der wulstigen Nase liegen die geschlitzten Augen sehr flach. Die Mundlinie ist geradlinig gehalten ohne die Andeutung eines Lächelns. Der Hals tritt frei aus dem Gewandausschnitt heraus, die Brüste heben sich unter dem Chiton weich hervor. In beiden Händen hält das Mädchen je einen Gegenstand, wohl Weihgaben, die nicht ganz klar zu deuten sind. In der rechten Hand könnte es vielleicht ein Ei sein, in der linken wohl ein kleines längliches Gefäß. Die Kleidung des Mädchens entspricht in allen Einzelheiten der Frauenstatuette aus Elfenbein, die in Ephesos gefunden wurde (Lippold, HdArch. 47 Taf. 12,1). Die Entstehung des Reliefs fällt noch in die erste Hälfte des sechsten Jahrhunderts v. Chr. Inv. Nr. 1792. — Phot. 2954. 4

Blamel, Skulpturen

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BerlMus. 48, 1927, 62 Abb. 2 (Wiegand). — ActaArch. 5, 1934,52 Abb. 5 (F. Poulsen). — Lippold, HdArch. 47 Anm. 1 1 .

46. Bruchstück mit Relief eines stehenden Mädchens Abb. 128

Weißer Marmor. Höhe des Blocks 0,41 m, Tiefe 0,32 m, Breite 0,30 m, Reliefhöhe 0,05 m. Wahrscheinlich in Milet gefunden. Die linke Seitenfläche des Blockes und die Rückseite sind geglättet. Der Stein enthält waagerecht verlaufende ausgewaschene Adern, die zum Teil tiefe Risse geworden sind. Von der Umrandung des Reliefs hat sich links ein 0,06 m breiter, stark bestoßener Rand erhalten. Die Darstellung zeigt den Körper eines stehenden Mädchens, das mit der linken Hand eine Weihgabe, wahrscheinlich einen Vogel, vor der Brust hält. Der rechte Arm ist gesenkt und raffte das Gewand. Von dem rundlichen Kopf blieb nur ein Teil des Untergesichts erhalten, das aber auch stark bestoßen ist. Über dem Kopf lag ein Schleier, dessen Enden über beide Schultern herabfallen. Das Mädchen ist mit Chiton und Mäntelchen bekleidet und mit einem breiten Band gegürtet. Der Überfall des Gewandes bildet einen Bogen. Von der rechten Hand, die jetzt auch abgestoßen ist, wird der Chiton mit seinem breiten, bogenförmig verlaufenden Mittelstreifen gerafft. Die Beine von den Knien abwärts fehlen. Das bescheidene Relief ist wahrscheinlich wie Nr. 44 und 45 eine Weihgabe, aber nach Kleidung und Haltung der Hände zu urteilen, etwas jünger. Es dürfte bald nach der Mitte des sechsten Jahrhunderts v. Chr. entstanden sein. Zu vergleichen wäre die neuerdings gefundene Rundbasis aus Kyzikos in Istanbul (Akurgal, Die Kunst Anatoliens 234 Abb. 200. 220). Inv. Nr. 1900. — Phot. 7566—7567.

47. Frauenstatue mit Steinhuhn Abb. 129 bisi32

Weißer Marmor. Höhe mit Plinthe 1,43 m, Höhe der Plinthe 0,06 m. In Milet gefunden. Abgebrochen ist der Kopf mit dem Hals, bestoßen ist die linke Hand. Über die ganze Oberfläche der Statue verstreut finden sich kleine Löcher von Spitzeisenhieben, die zu tief gegangen sind. Der Aufbau der Statue ist aus einer säulenartigen Rundform entwickelt, die aber durch die weichen, den organischen Körperumriß andeutenden Umrißlinien jede Härte verloren hat. An dem rechten, gesenkten Arm der Frau ist die Hand wie bei einer ägyptischen Statue zur Faust geschlossen. Mit der linken flachen Hand drückt sie ein Steinhuhn an die Brust. Die beschuhten Füße treten zur Hälfte aus dem flachen Bogen des unteren Gewandsaumes heraus. Ihre Kleidung besteht aus einem fein gefältelten, mit rundlichem Band gegürteten Chiton, der den Halsausschnitt freiläßt. Ein breiter, glatter, senkrecht verlaufender Mittelstreifen gewann ursprünglich durch ein gemaltes Schmuckornament eine besondere Bedeutung. Der Oberkörper ist mit einem Mäntelchen bekleidet, das die Unterarme freiläßt. Auf dem rechten Oberarm sind die Knöpfstellen deutlich erkennbar. Ein Zipfel fällt vorn rechts lang herab, sein Saum zeigt ein zierliches Ornament von Zickzackfältchen. Der zweite, hinter dem rechten Arm herabfallende Zipfel des Mantels ist wesentlich länger und besteht nur aus drei großen, parallel verlaufenden Falten. Vor der Brust, die sich zart unter dem Mäntelchen andeutet, ist die Fältelung des Mantels in eine senkrecht und in eine schräg verlaufende Gruppe geteilt, zwischen 5°

denen über der linken Brust ein Stück des feinen Chitons sichtbar wird. Vom Kopf herab fällt über Schultern und Rücken ein glatt gehaltener Schleier mit einer dreifachen Randborte, der auch einen Teil der linken Seite der Figur deckt. Ein Zipfel dieses Schleiers ist unter der linken Hüfte bis zur Mitte des Gürtels heraufgezogen und dort befestigt, ebenso wie an den beiden Frauenstatuen aus dem Weihgeschenk des Cheramyes. Die milesische Frau mit dem Steinhuhn ist ohne ihre samischen Vorgängerinnen nicht zu denken. Bei der engen Nachbarschaft von Samos und Milet dürften sich die Kunstwerke beider Schulen in dieser Zeit kaum wesentlich voneinander unterschieden haben. Die Entstehung der Statue wird man sich um oder bald nach der Jahrhundertmitte des sechsten Jahrhunderts v. Chr. zu denken haben. Inv. Nr. 1791. — Phot. 7444—7447. BerlMus. 48, 1927, 63 Abb. 3 (Wiegand). — R A . 30, 1929, 104,4 (Reinach). — Documents 2, 1930, 348 (V. Müller). — Deonna, Dédale 44 Anm. 7. — Picard, Manuel 1545. — From the collections of the Ny Carlsberg Glyptothek 2, 1938, 108 (V. H. Poulsen). — Gerke, Griechische Plastik 19. 213 Taf. 1 1 . — Curtius, Die antike Kunst II 134 Abb. 204. — Weickert, Griechische Plastik 12 Abb. 5. — G. M. A. Richter, Archaic greek art 109 Anm. 91 Abb. 166. — Festschrift für Andreas Rumpf 50. 58 (Darsow). — Payne-Young, Archaic marble sculpture2 9 Anm. 1. 17 Anm. 1. — Lippold, HdArch. 57 Anm. 2. — Jdl. 69, 1954, 109 Anm. 29 (Darsow). — Festschrift für Schweitzer 97 (Buschor). — Buschor, Altsamische Standbilder V 87. 89 Abb. 352. — Akurgal, Die Kunst Anatoliens 234. 237. 239 Abb. 203. — A J A . 66, 1962, 103 (G. M. A. Richter). — Alscher, Griechische Plastik II 146.

48. Bruchstück einer Frauenstatue Grauweißer Marmor. Höhe des Erhaltenen 0,58 m, größte Breite 0,26 m, Tiefe 0,16 m. Abb. 133, 134 Aus Didyma, in der näheren Umgebung des Tempels gefunden. Der obere Bruchrand läuft durch den rechten Ellenbogen, den Gürtel und die linke Hand, der untere trennt die Füße ab. Das Bruchstück gehörte zu einer stehenden Frau, die das linke Bein etwas vorstellt. Die Arme lagen seitlich am Körper an. Die Kleidung bestand aus einem Chiton und einem Mäntelchen. Die rechte Hand greift in einen herabhängenden Zipfel des Mantels, der in Zickzackfalten am Rand über die rechte Hüfte herabfällt; die linke Hand raffte den Chiton, der mit einem 0,015 m breiten Band gegürtet ist. Eine breite, glatte Stoffbahn verläuft von der Mitte der Gürtung in einem Bogen zur linken Hand. Die feine Fältelung des Chitons ist durch flache, in Kurven verlaufende Furchen angedeutet. Der eng anliegende Chiton läßt die klare und sichere Gliederung der Körperformen mit ihrem lebendigen Umriß von allen Seiten deutlich werden. Die Statue ist das letzte Glied einer langen Reihe von ruhig stehenden Frauenstatuen mit am Körper gesenkten Armen, die mit der linken Hand den Chiton raffen. Ihre Entstehung fällt in das letzte Viertel des sechsten Jahrhunderts v. Chr. Inv. Nr. 1793. — Phot. 7486/87. — Formerei Nr. 885. Lippold, HdArch. 54 Anm. 2. — Jdl. 69,1954,109 (Darsow). — Alscher, Griechische Plastik II 161.

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49- Frauenstatue mit Steinhuhn Abb. 135 bis 138

Großkristallinischer, grauweißer Marmor. Höhe 1,06 m. Gefunden in Milet bei den Ausgrabungen Wiegands im Herbst 1900 in einer Mauer aus der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts n. Chr., die zum Schutz gegen die Goteneinfälle gebaut worden war, zusammen mit anderen sitzenden Frauenfiguren. Es fehlen der Kopf mit dem Hals und beide Beine von den Knien abwärts. Kopf und Hals waren gesondert gearbeitet und mit einem zapfenförmigen Stück in die Höhlung zwischen den Schultern eingelassen. Weggebrochen ist der ganze linke Ellenbogen mit einem Stück vom Mantel. Hinter der rechten Hand war ein Teil des hängenden Mantelzipfels ursprünglich angestückt. Er ist j etzt verloren ; ein bronzener Befestigungsstift steckt noch im Marmor. Stark verrieben ist die Oberfläche beider Hände. Die Rückseite ist vom Bildhauer genauso durchgeformt wie die Vorderseite, nur hat er auf die Glättung dieser Teile verzichtet. Die Oberfläche der Statue ist weitgehend mit dunkelgrauem Sinter überzogen. Die mit Chiton und Mäntelchen bekleidete Frau steht mit vorgestelltem rechtem Bein ruhig da. Sie hält mit der linken Hand vor der Brust ein Steinhuhn, ihre gesenkte rechte Hand rafft den Chiton. Das Haar fällt in breiter Masse, die in schmale Strähnen gegliedert ist, in den Nacken. Vorn fallen rechts und links je vier stärkere Ringellocken über die Brust. An beiden Handgelenken trägt die Frau je ein breites Armband. Bekleidet ist sie mit einem ionischen Chiton, dessen Ärmel auf dem rechten Oberarm sechs Knöpfstellen zeigt. Sie ist mit einem breiten Band gegürtet. Der Überfall des Gewandes bildet einen flachen Bogen. Darüber steht in einem zweiten Halbkreis der gestaffelte Saum des Mäntelchens, das die ganze rechte Hälfte des Oberkörpers bedeckt und weiter nach unten in einem Treppensaum ausläuft. Von der rechten Hand wird der Chiton mit seinem breiten Mittelstreifen, der einen mächtigen Bogen beschreibt, mit festem Griff gerafft. Die Falten, die den Oberschenkel umspielen, folgen in Abständen dem Schwung der Mittelborte, die sicher einmal ein reiches Farbenmuster trug. Zu beiden Seiten des Mittelstreifens und von dem rechten Oberarm ausgehend, ist der Chiton mit zahlreichen kleinen, rillenförmig verlaufenden Fältchen belebt, die im Gegensatz stehen zu der breiten, senkrecht gestaffelten Gliederung des Mäntelchens. Bis in viele Einzelheiten der Form- und Faltengebung stimmt mit der Frauenstatue eine im Jahre 1936 auf Samos gefundene unterlebensgroße Arbeit überein (Buschor, Altsamische Standbilder 90 Abb. 357—59. 361), auch eine kleinere Statuette im Britischen Museum aus Theangela in Carien (Pryce B 319) wäre zu vergleichen. Beide erreichen aber nicht entfernt die ausgewogene Größe und Fülle der milesischen Statue, deren Entstehung schon in das letzte Viertel des sechsten Jahrhunderts v. Chr. fallen dürfte. Sie wird von Buschor in die vierziger Jahre des sechsten Jahrhunderts datiert, Langlotz denkt sie sich fast ein halbes Jahrhundert später entstanden. Kurze Beschreibung3 108 Nr. 1577 Taf. 4. — Phot. 7521 — 24. — Formerei Nr. 307. A A . 16, 1901, 198 (Wieg'and). — K u K . 13, 1915, 539 (Schröder). — AM. 34, 1919, 64 Anm. 4 (v. Lücken). — Kekule von Stradonitz, Die griechische Skulptur3 55. — Schröder, Archaische griechische Skulpturen 6 Taf. 5. — Schräder, Phidias 203 Abb. 181. — Jdl. 41, 1926, 153 Abb. 12 (Pfuhl). — AD. III 52 (Wiegand). — Langlotz, Bildhauersch. 173. — V. Müller, Frühe Plastik 205. 227 Taf. 31 Abb. 343. — RA. 30, 1929, 111,6 (S. Reinach). — H. Sauer, Die archaischen etruskischen Terrakottasarkophage aus Caere 38. — Deonna, Dédale 231. — Schrader-Langlotz, A M A . 37 D. — G. M. A. Richter, Archaic greek art 178 Anm. 108 Abb. 269. — Lippold, HdArch. 54 Anm. 2. — MdL 4, 1951, 97 Anm. 84 (Darsow). — BCH. 77, 1953, 349 (P. de la Coste-Messelière et J . Marcadé). — Buschor, Altsamische Standbilder II 36 Abb. 125 V 89. — Akurgal, Die Kunst Anatoliens 234 Abb. 204. — A J A . 66, 1962, 103 (G. M. A. Richter). — Alscher, Griechische Plastik II 160. 164 Anm. 77. 156. 158 Abb. 47a.

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50. Frauenstatue Grauweißer, großkristallinischer Marmor. Höhe 0,92 m, Breite 0,54 m, Tiefe 0,63 m. Abb. 139, Bei den Ausgrabungen Wiegands in Milet im Herbst 1900 in einer Mauer aus der zweiten Hälfte des 1 4 0 dritten Jahrhunderts n. Chr., die zum Schutz gegen die Goteneinfälle gebaut war, zusammen mit anderen ähnlichen Frauenfiguren gefunden. Es fehlt der Kopf. Er war gesondert gearbeitet und mit seinem Hals in eine Höhlung von 0,06 m Tiefe zwischen den Schultern eingelassen. Die Verwitterung hat besonders die Unterarme, Hände und Füße stark mitgenommen. Von dem linken vorderen Sesselpfosten ist ein größeres Stück weggebrochen. Die Frau sitzt auf einem schweren rechteckigen Sessel gerade aufgerichtet, die nackten Füße ruhen auf einer massiven, vorn abgerundeten Fußbank. Die Oberarme liegen am Körper an, die Unterarme ruhen auf den Oberschenkeln und beide Hände flach auf den Knien. An dem würfelförmigen Sessel ist das vierkantig geschnittene Holz, aus dem er zusammengesetzt ist und das auch die Seitenund Rückenlehne bildet, im Relief angegeben. Unter den Seitenlehnen, die vorn in einen runden Knauf auslaufen, wölbt sich das Polster heraus, auf dem die Frau sitzt. Sie ist mit einem ionischen Chiton bekleidet, an dem man vorn in der Mitte die Gürtung und den Rand des Überschlags erkennen kann. Weite Scheinärmel fallen bis auf die Ellenbogen herab; auf dem rechten Oberarm sind Knüpfstellen erkennbar. Ein Mäntelchen über den Schultern und dem linken Oberarm zeigt vor der Brust breite gestaffelte Vertikalfalten. Die Enden eines schweren Kopftuches, das über den Rücken herabfällt, liegen auf den Schultern auf. Die Unterschenkel treten mit voller Rundung aus dem Stoff heraus, der in lang ausschwingenden Bogenfalten neben den Beinen herabfällt. Zwischen den Beinen reicht eine glatte Stoffbahn, die ursprünglich eine in Malerei ausgeführte Stickerei schmückte, bis zu den Knöcheln herab. Vorn am Thron hat sich die Aufschrift APTE erhalten. Bei der Auffindung der Statue lagen in unmittelbarer Nähe eine Inschrift an Artemis Lochie und eine zweite an Artemis Pythie, ferner eine Marmorstele mit Zusatzbestimmungen über Ehrengaben an die Artemis-Priesterin. Wiegand vermutet deshalb in der Nähe des Mauerteils, in dem die Statuen gefunden wurden, ein Artemis-Heiligtum. Zwei ganz ähnliche Frauenstatuen, die aus derselben Grabung stammen, befinden sich im Museum von Istanbul (Mendel Nr. 248/49), eine weitere, schon früher geborgene befindet sich im Louvre (Perrot-Chipiez VIII 277 Abb. 112). Alle diese weiblichen Sitzstatuen sind jünger als die Branchiden im Britischen Museum und entstanden wahrscheinlich im dritten Viertel des sechsten Jahrhunderts v. Chr. Kurze Beschreibung3 108 Nr. 1574 Taf. 2. — Phot. 7541/42. A A . 16, 1901, 198 (Wiegand). — Mendel, Catalogue des sculptures I 570 Nr. 248. — AM. 41, 1916, 167 Anm. 5 (Möbius). — Kekule von Stradonitz, Griechische Skulptur3 53 Abb. S. 54. — Schröder, Archaische griechische Skulpturen 9 Taf. 12. — Langlotz, Bildhauersch. 103. — V. Müller, Archaische Plastik 5 Taf. 13 Nr. 20. — Jdl. 50, 1935, 11 (Pfuhl). — G. M. A. Richter, Archaic greek art 170 Abb. 263. — Lippold, HdArch. 53 Taf. 13,3. — Mdl. 4, 1951, 97 Anm. 84 (Darsow). — Festschrift für Robinson II 1039 (Zschietzschmann).

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5i. Frauenstatue Abb. 141, 142

Grauweißer Marmor. Höhe 0,90 m, Breite 0,49 m, Tiefe 0,46 m. Gefunden in Milet; aus der Justinianischen Mauer. Es fehlt der Kopf, der gesondert gearbeitet und mit seinem Hals in eine Höhlung zwischen den Schultern eingelassen war. Weggebrochen ist die ganze linke Schulter. Unterarme, Hände und Füße sind stark verwittert wie an der Statue Nr. 5 o. Im ganzen ist sie aber besser erhalten, denn man erkennt deutlich vorn an den Thronbeinen die beiden Zapfen, die die waagerechten Querbalken tragen. In Kleidung und Haltung stimmt die Statue mit Nr. 5 o überein und dürfte vermutlich in derselben Werkstatt entstanden sein. Inv. Nr. 1575. — Phot. 7458/59.

52. Frauenstatue Abb. 143, 144

Grauweißer Marmor. Höhe 0,76 m, Breite 0,47 m, Tiefe 0,49 m. Gefunden in Milet; aus der Justinianischen Mauer. Weggebrochen sind Teile der Rückenlehne, die vorderen Kanten der Seitenlehnen, die ganze Fußbank mit den Füßen, der obere Rand der Schultern, die linke Hand mit Teilen vom linken Unterschenkel. Stark bestoßen ist auch die rechte Hand. Der Kopf war zum Einsetzen gesondert gearbeitet und ist jetzt verloren. Die Statue ist in Haltung und Kleidung Nr. 50 und 51 sehr ähnlich, nur fehlen auf den Schultern die Reste eines Schleiertuches, dafür sind neben der rechten Brust Spuren von drei Haarsträhnen zu erkennen. Die Statue dürfte etwas jünger als Nr. 50 und 51 sein. Inv. Nr. 1576. — Phot. 7543/44.

53. Zwei Frauen auf einem Sessel Abb. 145 bis 147

Gelblicher Marmor, wohl von den griechischen Inseln. Höhe 0,66 m, Breite 0,80 m, Tiefe 0,41 m. Gefunden in Milet südöstlich des Theaterhügels. Wahrscheinlich aus der Justinianischen Mauer. Es fehlen die Köpfe der beiden Frauen. Weggebrochen sind die seitlichen Ecken der Rückenlehne. Auch in der Mitte ist ein Stück aus der Lehne herausgebrochen, darunter hat man ein Loch von 0,04 m Durchmesser gebohrt. Stark bestoßen sind die Unterarme, Hände und Füße der beiden Frauen. Die Kleidung der beiden sitzenden Frauen besteht in dem gegürteten Chiton und dem Mäntelchen darüber, das den rechten Oberarm freiläßt. Auf dem Rücken der Frauen sind noch die Enden von zwölf Haarsträhnen zu erkennen. Sechs Ringellöckchen fallen nach vorn über die Brust. Die krause Führung der Chitonfalten ist ähnlich der an der Kore mit Steinhuhn Nr. 49. Die beiden Frauen unterscheiden sich dadurch deutlich von den drei älteren Sitzfiguren Nr. 50/51 und 52. Auch tragen sie an den Füßen Sandalen. Durch eine Schrägstellung der Oberschenkel wirkt ihr Sitzen leichter und natürlicher. Sie werden nicht vor 530 v. Chr. entstanden sein. Auf der Rückseite der Sessellehne ist eine Inschrift angebracht: '07tXr]8-cov8soTep7)7

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