Führer durch die Staatlichen Museen zu Berlin. Das Kupferstichkabinett: Eine Anleitung zur Benutzung der Sammlung [Reprint 2021 ed.] 9783112426029, 9783112426012

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Führer durch die Staatlichen Museen zu Berlin. Das Kupferstichkabinett: Eine Anleitung zur Benutzung der Sammlung [Reprint 2021 ed.]
 9783112426029, 9783112426012

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FÜHRER DURCH DIE STAATLICHEN MUSEEN ZU BERLIN DAS

KUPFERSTICHKABINETT EINE ANLEITUNG ZUR BENUTZUNG DER SAMMLUNG

BERLIN UND LEIPZIG 1922

VEREINIGUNG WISSENSCHAFTLICHER VERLEGER WALTER DE GRUYTER & CO.

Druck der Vereinigung wissenschaftlicher Verleger Walter de Gruyter & Co. Berlin W. 10.

D

as Kupferstichkabinett umfaßt schiedene Hauptabteilungen.

zwei

räumlich

ge-

I. DIE ÄLTERE KUNST (bis etwa 1800). (Studiensaal und Raum für wechselnde Ausstellungen l i n k s von der Haupttreppe des Neuen Museums.) A . Werke der vervielfältigenden Kunst, Einzelblätter des Kupferstichs und des Holzschnitts, in Mappen, geordnet nach Ländern und Meistern (daneben Sammlungen von Städteansichten und Bildnissen). B. Zeichnungen, Einzelblätter in Mappen; Skizzenbücher. C. Handschriften mit Malerei; aus Handschriften ausgeschnittene Malereien in Mappen (Miniaturen). D. Illustrierte Druckwerke, Bücher mit Holzschnitten und Kupferstichen. E. Galeriewerke mit Nachbildungen älterer Gemälde und Zeichnungen. F. Handbibliothek. G. Photographien nach Gemälden und Zeichnungen.

II. DIE NEUERE KUNST (von 1800 etwa). (Studiensaal und Raum für wechselnde Ausstellungen r e c h t s von der Haupttreppe des Neuen Museums.) A. Werke der vervielfältigenden Kunst, Einzelblätter des Kupferstichs, Holzschnitts und des Steindrucks, geordnet nach Ländern und Meistern.

4 B. Illustrierte Druckwerke, Bücher mit Kupferstichen, Holzschnitten und Steindrucken. C. Handbibliothek. (Die Zeichnungen der neueren Meister werden in der Nationalgalerie aufbewahrt.)

In den Studiensälen werden wochentäglich in den Stunden von 9 — 3 Mappen und Bücher vorgelegt. Die Bestellzettel sind an den Pulten auszufüllen und den AufSehern zu übergeben. A l l e Anfragen sind an die diensttuenden Direktorialbeamten zu richten. Die beiden Ausstellungssäle sind Sonntags und Wochentags zu denselben Stunden, wie die anderen Säle im Neuen Museum zugänglich. Handschriftliche Verzeichnisse der illustrierten Druckwerke und der Handbibliothek liegen in den Studiensälen aus. Im Vorräume zu der Abteilung für ältere Kunst werden die neueren Erwerbungen des Kupferstichkabinetts ausgestellt. Direktor des Kupferstichkabinetts: Max J. Friedländer; K u s t o d e n : E. Bock, C. Glaser.

GESCHICHTE DER SAMMLUNG. Im Jahre 1831 wurde das Kupferstichkabinett begründet und in einem der Säle des Alten Museums untergebracht. Es umfaßte anfänglich nur die vom Hauptmann von Derschau erworbene Sammlung und die aus der Königl. A k a d e m i e der Künste übernommene, von K ö n i g Friedrich Wilhelm I. herstammende Sammlung von Zeichnungen alter Meister. Eine wesentliche Vermehrung erfuhr das Kabinett durch die 1835 erfolgte Erwerbung der großen Sammlung von Kupferstichen, Holzschnitten, Kunstbüchern und Zeichnungen des Generalpostmeisters von Nagler und die gleichzeitige Überweisung einer bis

5 dabin in der Akademie der Künste bewahrten Sammlung von Kupferstichen und Zeichnungen. Letztere war aus älteren Erwerbungen und Schenkungen gebildet, und zwar namentlich aus dem Besitz des Grafen Corneillan, 1825 erworben, aus den vom Akademiedirektor Weitsch angekauften Zeichnungen und aus der großen Sammlung, die Graf Lepell 1826 dem König Friedrich Wilhelm III. vermacht hatte. Des unzureichenden Raumes wegen, den das Alte Museum für die Kupferstich-Sammlung bot, wurde sie im Jahre 1840 im Schloß Monbijou untergebracht, im Herbst 1848 aber in die gegenwärtigen, 1907 nach dem Auszug des Antiquariums wesentlich erweiterten Räumlichkeiten des Neuen Museums übertragen. Im Jahre 1874 wurden dem Kabinette die Zeichnungen, • die mit der Suermondtschen Galerie erworben waren, einverleibt, 1877 erfolgte der Ankauf der ehemals Posonyschen Dürer-Sammlung. Durch den Ankauf eines Teiles der früher dem Herzog von Hamilton gehörigen Sammlung alter Handschriften wurde 1882 das Kabinett durch eine große Reihe illustrierter Handschriften aus den Epochen vom 12. bis zum 16. Jahrhundert in außerordentlicher Weise bereichert. Darunter befand sich die Illustrationsfolge Sandro Botticellis zu Dantes Göttlicher Komödie. Wichtigen Zuwachs hat das Kabinett empfangen durch verschiedene Schenkungen, wie die des Freiherrn von Lipperheide (Radierungen von Rembrandt) des Geh. Kommerzienrats Eduard Veit (altdeutsche Stiche u. a.), der Frau Professor Bernstein (eine Sammlung französischer Illustrationswerke des 18. Jahrhunderts) u. a. m. Im Jahre 1896 ist die bis dahin in der Nationalgalerie bewahrte Sammlung von Kupferstichen, Radierungen, Holzschnitten und Steindrucken neuerer deutscher Meister dem Kupferstichkabinett einverleibt worden. 1902 wurde die umfangreiche Sammlung" A v Beckerath (Zeichnungen alter Meister) angekauft. Im übrigen ist die Vermehrung durch Einzelkäufe bewirkt worden

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ZUR TECHNIK

DER VERVIELFÄLTIGENDEN KÜNSTE.

Zur Erleichterung des Verständnisses für die verschiedenen Verfahren, in denen die W e r k e der vervielf ä l t i g e n d e n K ü n s t e hergestellt werden, ist im D u r c h g a n g s raum in der A b t e i l u n g für neuere K u n s t ein S c h a u p u l t mit W e r k z e u g e n , Platten usw. aufgestellt, zu d e m hier einige erläuternde W o r t e folgen m ö g e n , während für ein genaueres S t u d i u m auf die Literatur verwiesen werden muß *).

DER

HOLZSCHNITT,

T A F E L I DES

SCHAUKASTENS

Original-Holzstock von (1500—1550) nebst Abdruck,

Hans Sebald sowie eine

Beham Anzahl

*) Von den Spezialwerken abgesehen finden sich Erklärungen der einzelnen Verfahren und historische Darstellungen in folgenden, in der Sammlung vorhandenen Werken: F ü r K u p f e r s t i c h u n d H o l z s c h n i t t : Paul Kristeller, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrh. 2. Aufl. 1911. F ü r d e n H o l z s c h n i t t : Max Osborn, Der Holzschnitt. 1905. — Die vervielfältigende Kunst der Gegenwart: Band I. Der Holzschnitt. 1887. Friedländer, Der Holzschnitt. 2. Aufl. 1 9 2 1 F ü r K u p f e r s t i c h u n d R a d i e r u n g usw.: Friedrich Lippmann. Der Kupferstich (Handbücher d. Staatl. Museen). V. Aufl. 1 9 1 9 . — Die vervielfältigende Kunst der Gegenwart: II. Der Kupferstich. 1 8 9 1 . III. Die Radierung. 1892. — H. W. Singer, Der Kupferstich. 1904. — Nur für die Technik: Walter Ziegler, Die Techniken des Tiefdruckes. 1 9 0 1 . — Hermann Struck, Die Kunst des Radierens. 1908. — Vojt. Preissig, Zur Technik der farbigen Radierung und des Farbenkupferstichs, I. Teil, Leipzig 1909. Für den S t e i n d r u c k : Die vervielfältigende Kunst der Gegenwart: IV. Lithographie. 1903. — Nur für die Technik: Alois Senefelder, Vollständiges Lehrbuch des Steindruckes. 2. Bde. 1 8 1 8 . — Carl Kappstein, Der künstlerische Steindruck, Berlin iqio

/

von M e s s e r n zum Ausheben des Grundes. Ein zweiter Holzstock, geschnitten von Fr. L. Unzelmann C1795—*854) nach Menzel, bietet ein Beispiel für die moderne Abart des Holzschnittes, den T o n s c h n i t t oder H o l z s t i c h , zu dessen Herstellung in erster Linie die sogen. Tonstichel verwandt werden. Der F a r b e n r e i b e r dient zum Einschwärzen des Stockes vor dem Druck. TAFEL II DES SCHAUKASTENS

H o l z s t ö c k e u n d I n s t r u m e n t e , wie sie in Anlehnung an japanische Technik für den modernen F a r b e n h o l z s c h n i t t gebräuchlich sind. Beispiel eines Farbenholzschnitts von Emil Orlik nebst den vier Holzstöcken, die zur Herstellung eines Blattes nacheinander abgedruckt werden müssen. Die Stöcke sind wie zum Druck mit Farbe eingerieben. Dem Ausschneiden des Holzstockes dienen die verschiedenen Messer, während der (japanische) Pinsel sowie der Verreiber für das Auftragen resp. Vertreiben der Tuschfarben bestimmt ist.

DER KUPFERSTICH. TAFEL III DES SCHAUKASTENS

Oben: gestochene K u p f e r p l a t t e von Jeremias Falk, (1677, Danzig), in die die Zeichnung mit einem G r a b s t i c h e l eingeschnitten worden ist. Das bei diesem Verfahren aus den Furchen emporgedrückte Metall (der sogen. G r a t ) wird mit dem S c h a b e r entfernt, während man zum Glätten der Fläche den P o Ii e r s t a h l verwendet. Zu besonders leichter und feiner Einritzung der Zeichnung in das Metall dient die Schneidenadel. Unten: radierte Kupferplatte von G. Fr. Schmidt (1712—1775 Berlin). Bei der R a d i e r u n g (Ätzkunst) wird die Kupferplatte mit einer im wesentlichen aus Wachs, Harz und Asphalt bestehenden Masse über-

8 deckt. Dann wird mit der R a d i e r n a d e l gezeichnet und das Kupfer bloßgelegt. Die folgende Behandlung mit ätzender Säure frißt die Zeichnung in das Metall ein. Nach Beseitigung der deckenden Schicht kann man mit der Schneidenadel weiterarbeiten (sogen. K a l t Nadelarbeit). Durch Verwendung der verschiedensten Instrumente entstehen zahlreiche Abarten der Radierung, wie die Aquatintamanier, das Vernis mou u. a. m. (Vgl. hierfür die oben genannte Literatur.)

DER

STEINDRUCK.

(Der Steindruck oder die Lithographie, A l o i s Senefelder erfunden.)

1797

von

T A F E L IV D E S SCHAUKASTENS

O r i g i n a l - S t e i n (Solnhofer Kalkschiefer), auf dessen leicht körniger Oberfläche die Zeichnung von Carl Kappstein (Berlin) aufgetragen ist. Gewöhnlich bedient sich der Künstler einer aus Fettstoffen zusammengesetzten K r e i d e , von der eine angespitzte für feinere Striche und eine breite, sogen. Tablette für breitere Strichlagen ausgestellt ist. Man kann auch eine entsprechend präparierte T u s c h e , die das Malen mit dem Pinsel oder das Zeichnen mit der Feder gestattet, verwenden. Mit Stichel und Schabeisen können schließlich noch besondere Wirkungen erzielt werden. — Der Prozeß des Druckens vollzieht sich folgendermaßen: über den stets feuchtgehaltenen Stein (gelegentlich wird auch eine Aluminiumplatte verwandt »Algraphien«) mit der durch Gummilösung fixierten Zeichnung wird Farbe hinübergewalzt, die nur an den farbbedeckten Stellen der Vorzeichnung, nicht aber an den freigebliebenen Partien haften bleibt, so daß sich bei dem Drucken in der Presse auf dem Papier nur die auf d e n S t e i n g e b r a c h t e Z e i c h n u n g abzieht. Farbige Lithographien können entsprechend der

9 bei dem Farbenholzschnitt besprochenen Methode durch das Übereinanderdrucken verschiedener, genau aufeinanderpassender Platten erzielt werden. Die Technik des Steindruckes bezeichnet man als F l a c h d r u c k , da die Zeichnung nicht wie beim Holzschnitt erhaben oder wie beim Kupferstich vertieft ist.

DIE ALTERE KUNST.*) ZUR GESCHICHTE DES HOLZSCHNITTS. Der Holzschnitt scheint in der Zeit zwischen 1400 und 1430 aus dem schon früher bekannten Zeugdrucke, dem Drucken mit Holzmodeln (»Formen«, daher auch »Formschnitt«) auf gewebten Stoffen, hervorgegangen zu sein und seine erste Entwicklung in Deutschland gefunden zu haben. Die T e c h n i k der Holzschneidekunst**) bestand in dieser Zeit im wesentlichen darin, daß die zu vervielfältigende Darstellung auf eine starke geglättete Tafel von Apfel- oder Birnbaumholz mit der Feder gezeichnet, die Striche der Zeichnung dann mit einem feinen Messer (Schneidemesser) umschnitten, die Stellen, die beim A b d r u c k e weiß bleiben sollten, mit einem geeigneten Instrumente (Aushebeisen) herausgeholt wurden. Von der so bearbeiteten, alsdann mit Farbe (Druckerschwärze) *) D i e f o l g e n d e Darstellung der T e c h n i k , der Erfindung und der geschichtlichen E n t w i c k l u n g der vervielfältigenden Künste, sowie die A n g a b e n über Z e i c h n u n g e n und Buchmalereien v e r f o l g e n nur den Z w e c k , die Benutzung der S a m m l u n g e n zu erleichtern. D i e A n g a b e n über die älteren Meister sind knapp gehalten, w e i l eine reiche Literatur leicht z u g ä n g l i c h ist. Ausführlicher d a g e g e n ist der Abschnitt über die neuere Kunst, weil die Besucher des Kupferstichkabinetts gerade hier bei dem Mangel zusammenfassender Darstellungen in der Literatur eines W e g w e i s e r s bedürfen. **) V g l . den Schaukasten läuterung dazu oben Seite 7.

mit den Instrumenten und die Er-

IO bestrichenen Tafel machte man Abdrücke auf Papier mittels geeigneter Pressen (Buchdruckerpresse). In der Frühzeit der Druckkunst erzielte man den Abdruck auf einfachere, wenn auch unvollkommene Weise, indem man die geschwärzte Platte auf ein leicht gefeuchtetes Papier abklatschte, oder indem man das Papier auf die Holzplatte legte und auf der Rückseite des Papiers mit einer Bürste oder einem glatten Holze herumrieb. Die beiden zuletzt genannten Verfahren waren bis über die Mitte des 15. Jahrhunderts und vor der Einführung der Buchdruckerpresse in Übung. Die so hergestellten Drucke nennt man gewöhnlich R e i b e r d r u c k e . Die erfindenden Meister der späteren Zeit haben in der Regel nur die Vorzeichnungen auf die Platte geliefert, während das Schneiden den professionsmäßigen Holzschneidern Formschneidern (Xylographen, vom griechischen »xylon« das Holz) überlassen blieb. Das Kabinett bewahrt eine große Zahl aus der Sammlung Derschau stammender Holzstöcke aus dem 15. und 16. Jahrhundert, darunter solche von Cranach, Schäufelein, Beham, Altdorfer u. a. Die gegenwärtig übliche Technik des Holzschnittes unterscheidet sich wesentlich von der alten Weise, indem man sich jetzt gewöhnlich des harten, gleichmäßigen Buchsbaumholzes und statt des Schneidemessers grabstichelartiger Instrumente bedient. Das Kabinett besitzt eine lange Reihe von Blättern aus den ersten Zeiten der Holzschneidekunst, von denen die Mehrzahl dem Stile nach als süddeutsch betrachtet werden. Doch fehlt es auch nicht an solchen Blättern, die dem Kunstcharakter nach oder auf Grund der Inschriften in Niederdeutschland oder in den Niederlanden lokalisiert werden. Die meisten Blätter sind mit der Hand koloriert, oder wenigstens für die Kolorierung berechnet gewesen. Von Holzschnitten des 15. Jahrh., die der niederländischen Kunstrichtung angehören: eine Madonna in der Strahlenglorie mit flämischer Umschrift, ein h. Johannes und h. Christoph, ein Folioblatt mit Szenen aus dem Leben der Maria. Im 15. Jahrhundert wurde der Holzschnitt in Deutsch-

ri land und in den Niederlanden zur Herstellung volkstümlicher Bilderbücher geistlichen und weltlichen Inhalts in der Weise verwendet, daß sowohl die Bilder als der Text in Holztafeln geschnitten wurden. Man nennt Bücher dieser Art x y l o g r a p h i s c h e oder B l o c k Bücher (Tafeldrucke). Das Kabinett besitzt 13 Blockbücher, darunter mehrere Unica: Die sogenannte A r m e n b i b e l (Biblia pauperum, eine Gegenüberstellung der einander entsprechenden Vorgänge des Alten und Neuen Testaments), d i e G e s c h i c h t e v o m L e b e n u n d d e r O f f e n b a r u n g d e s h. J o h a n n e s ( A p o k a l y p s e ) ; das P l a n e t e n b u c h u. a. — Nachdem um 1450 Johannes Gutenberg zu Mainz die Kunst, Bücher mit beweglichen Lettern zu drucken, erfunden hatte, kam die Anfertigung der xylographischen Bücher nach und nach außer Gebrauch. S c h r o t b l ä t t e r nennt man eine besondere Gattung Formschnitte des 15. Jahrh. (namentlich in Deutschland und Frankreich), in denen die Zeichnung im wesentlichen weiß auf schwarzem Grunde erscheint. In die vermutlich meist aus Metall bestehenden Platten wurden die Lichter mit Punzen und Sticheln eingeschlagen. Charakteristische Beispiele dieser Technik sind in großer Zahl vorhanden. Seine weitere Entwicklung fand der Holzschnitt zunächst in der Illustration gedruckter Bücher. Das Kabinett besitzt eine reichhaltige, aus ungefähr 1000 Bänden bestehende Sammlung mit Holzschnitten illustrierter Werke des 15. und 16. Jahrhunderts, deutschen, niederländischen, italienischen, französischen und spanischen Ursprungs. Deutsche Drucke aus dem 15. Jahrhundert, z. B. der A c k e r s m a n n a u s B ö h m e n , von Albert Pfister in Bamberg um 1462 gedruckt, eines der ersten mit Holzschnitten gezierten Bücher; B r e y d e n b a c h , Reise n a c h J e r u s a l e m , Mainz i486; D e r S c h a t z b e h a l t e r mit Holzschnitten von M i c h a e l W o l g e m u t , Nürnberg, 1 4 9 1 ; die L ü b e c k e r B i b e l von 1494. Handschriftliche Kataloge, geordnet nach den Autoren der Bücher und nach Druckorten im Studiensaal.

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Seine Blüte erreichte der Holzschnitt in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts in Deutschland durch A I b r e c h t D ü r e r (Apokalypse, Leben der Maria, sog. kleine und große Passion und viele Einzelblätter, die großen Holzschnittaufträge des Kaiser Maximilians I., die zum Teil von Schülern Dürers und von Augsburger und Regensburger Künstlern ausgeführt sind: Theuerdank, erzählt von den Taten des Kaisers, Exemplar auf Pergament), Hans Baidung Grien, Altdorfer, Hans Burgkm a i r, G e o r g B r e u , H a n s W e i d i t z , H a n s L . S c h ä u f e . l e i n , L u c a s C r a n a c h , H a n s H o l b e i n d. J. (Totentanz, Bilderbibel). Weiterhin J o s t A m m a n n (zahlreiche Illustrationsbücher, z. B. Buch der Handwerke, Jagdbuch), T o b i a s S t i m m e r (Bilderbibel) u. a. In Italien fand der Holzschnitt im allgemeinen nicht die Verbreitung wie in Deutschland, wurde jedoch namentlich in Venedig und in Florenz, unter dem Einfluß der dortigen Malerschulen zu großer Vollkommenheit gebracht, z. B. die g r o ß e A n s i c h t v o n F l o r e n z aus der Zeit um 1480. Zu den schönsten illustrierten italienischen Büchern gehören: V a l t u r i u s d e r e m i l i t a r i , Verona 1472, H y p n e r o t o m a c h i a P o l i f i l i (Colonna), Venedig 1499. In Venedig und Verona waren um das Jahr 1500 Holzschneider tätig, die volkstümliche Darstellungen von Madonnen und anderen religiösen Gegenständen, zuweilen mit bemerkenswerter Künstlerschaft, fertigten. Das Kabinett besitzt eine Serie solcher Blätter, von denen sich sonst nur wenige Beispiele erhalten haben. J a c o p o d e ' B a r b a r i s Ansicht von Venedig 1500, in sechs Großfolioblättern, ist eine der glücklichsten Schöpfungen der Xylographie. Späterhin entwickeln namentlich die unter dem Einfluß Tizians stehenden Meister eine eigenartige, breite, malerische Behandlung des Holzschnittes zu virtuoser Vollkommenheit (Nicolo Boldrini, Giuseppe Scolari, Nicolo V i c e n t i n o ) . Gleichzeitig wirken bis zum Schluß des 16. Jahrhunderts zahlreiche, teilweise sehr geschickte, dem Namen nach unbekannte Illustratoren. Der f r a n z ö s i s c h e Formschnitt (vielfach Metall-

13 schnitt), aus dessen frühester Periode die Sammlung mehrere hervorragende Blätter bewahrt, entfaltet sich in eigentümlicher Behandlungsweise in den in Paris und anderwärts etwa vom Jahre 1490 an zahlreich erscheinenden A n d a c h t s b ü c h e r n (Livres d'Heures); späterhin traten hier als Hauptmeister auf G e o f f r o y T o r y in Paris (um 1480—1533), J e a n C o u s i n (um 1501 bis 1589), B e r n a r d S a l o m o n , gen. P e t i t B e r n a r d , ein Nachahmer Holbeins, in Lyon (Bibelbilder, Geschichte Mosis u. a.). In den Niederlanden: eine Reihe von unbekannten, für die Bücherillustration arbeitenden Künstlern; ferner L u c a s v a n L e y d e n und seine Schule (Einzelblätter und Chronik von Holland, Leyden 1 5 1 7 ) , J a c o b C o r nelisz, Jan S w a r t van G r o n i n g e n , Peter Coeck v a n A e i s t (die Sitten der Türken). Im 17. Jahrhundert C h r i s t o p h v a n S i c h e r n ; die von P. P. Rubens beeinflußten Holzschneider: C h r i s t o p h J e g h e r u. a., in Holland J a n L i v e n s , D i r c k d e B r a y u. a. F a r b e n h o l z s c h n i t t e , sogen. Clair-obscurs, sind durch Abdrucken zweier oder mehrerer Platten erzeugte Farbendrucke. Das in seinen Grundzügen schon im 15. Jahrhundert in Deutschland und in Italien geübte Verfahren wurde durch J o s t d e N e g k e r , Lucas C r a n a c h und H a n s B u r g k m a i r in Augsburg im Anfang des 16. Jahrhunderts zu großer künstlerischer Höhe gebracht (der T o d und der Soldat, Reiterbild Kaiser Maximilians I., Porträt des Hans Fugger mit fünf Farbenplatten gedruckt), weiterhin geübt durch J o h a n n W e c h t Iin, H a n s B a i d u n g G r i e n (f 1545); in Italien durch U g o d a C a r p i (f 1523), A n t o n i o d a T r e n t o (geb. um 1508), A n d r e a A n d r e a n i (nach 1610), B a r t o l o m m e o C o r i o l a n o (1599—1676), in den Niederlanden durch H e n d r i k G o l t z i u s und C h r i s t o p h J e g h e r (um 1580—1652/3), in Frankreich durch N i c o l a s L e s u e u r (1690—1764). Im 18. Jahrhundert durch J o h a n n B a p t . J a c k s o n (geb. 1 7 0 1 , f nach 1754) und A n t o n i o M a r i a Z a n e t t i (um 1680—1757)

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ZUR GESCHICHTE DES KUPFERSTICHS. *) Die Technik des Kupferstichs besteht im wesentlichen darin, daß die Zeichnung in eine polierte Metall-(Kupfer-) Platte so eingegraben wird, das alle Striche und Stellen, welche in der Vervielfältigung schwarz erscheinen sollen, in der Platte vertieft sind. In diese vertieften Stellen wird ölige Farbe (Druckerschwärze) gerieben, die überflüssige Farbe von der Fläche abgewischt, das angefeuchtete Papier auf die Platte gelegt. Durch den Druck einer Walze (Kupferdruckpresse) wird die in den Vertiefungen enthaltene Schwärze auf das Papier gebracht. Nach der Art, in welcher die Zeichnung in die Platte gegraben ist, scheiden sich die Hauptgattungen des Kupferstiches in G r a b s t i c h e l a r b e i t und in R a d i e r u n g . Die erstgenannte Art der Ausführung geschieht mit dem Grabstichel, einem in eine scharfe Spitze endigenden Instrument aus Stahl, mit dem der Stecher die Linien seiner Zeichnung in die glatt polierte Kupferplatte zieht. Das zu beiden Seiten der vom Grabstichel gezogenen Furche emporstehende Metall, der Grat, wird durch den Schaber (ein scharfkantiges stählernes Werkzeug) entfernt. Der Polierstahl dient zum Entfernen der Rauhigkeiten und Unebenheiten der Platte. Die R a d i e r u n g besteht wesentlich im Einätzen der Zeichnungin die Platte mittels Säuren. Dazu wird die Kupferplatte mit einer für Säuren unangreifbaren Firnisschicht überzogen und diese durch Anrußen eingeschwärzt. In den so gewonnenen Ätzgrund ritzt der Zeichner mit einer Metallnadel feine Linien ein, so daß an allen Stellen, welche die Nadel überfährt, das Kupfer bloßgelegt wird. Der helle Ton des Metalls hebt sich scharf von dem schwarzen Firnisgrunde ab und gewährt dem Künstler die Kontrolle über seine Arbeit. Nach vollendeter Zeichnung wird die Platte der *) Eine mehr ausführliche Darstellung mit Abbildungen bietet das im Kupferstichkabinett käufliche Handbuch von F. Lippmann. Vgl. den Schaukasten mit den Instrumenten und die Erläuterung dazu oben Seite 8.

'5 Wirkung des Ätzwassers (früher verdünnte Salpetersäure, jetzt vielfach andere Mittel) ausgesetzt. Indem die Säure nur diejenigen Stellen der Platte angreift, an welchen das Kupfer freiliegt, ätzt es die Zeichnung in das Metall ein. Ist nach genügender Ätzung die Platte gereinigt und der Firnis entfernt, so hat man die druckfertige Kupferplatte, von welcher nun mittels der Kupferdruckpresse Abzüge genommen werden. Sache der Übung und Geschicklichkeit des Radierers ist es, die rechte Zeitdauer, für die Einwirkung der Säuren auf die Metallplatte zu finden, diese weder zu »verätzen«, noch zu schwach zu ätzen. Sowohl der Stecher wie der Radierer bedienen sich vielfach, um feine Linien in das Kupfer zu reißen, einer Stahlnadel mit scharfer Spitze, kalte Nadel oder Schneidenadel genannt. Beim Radieren dient sie namentlich auf der geätzten Platte Halbschatten und zarte Übergänge zu vermitteln. Den beim Arbeiten mit der kalten Nadel entstehenden Grat lassen viele Künstler ganz oder teilweise stehen. Die an diesen Rauhigkeiten anhaftende Schwärze gibt im Abdruck tonige Stellen, malerische Effekte. Von dem leichter durch Ätzmittel angreifbaren Eisen, das man zuerst, im Anfang des 16. Jahrhunderts, zum Radieren benutzte, scheint man bald zum Kupfer übergegangen zu sein. Nach der Art der Strichbildung und Ausführung unterscheidet man die verschiedenen Manieren der Kupferstichs, die sich vornehmlich unter dem Einflüsse der gleichzeitigen Richtungen der Malerei und entsprechend der allgemeinen Entwicklung der Kunst ausgebildet haben. Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts wurde häufig die Grabstichelarbeit mit der Radierung verbunden (gemischte Manier). Bereits im 15. und 16., besonders aber im 17. und 18. Jahrhundert, pflegten die Stecher und Radierer, nachdem Abdrücke bereits gemacht worden waren, mancherlei Veränderungen anzubringen, entweder aus künstlerischer Absicht, um die Wirkung des Stiches zu verstärken, oder um dem durch die Abnutzung hervorge-

16 rufenen Schwächerwerden des Stiches entgegenzuwirken (aufstechen, Retouche, retouchieren). Durch diese Veränderungen ergeben sich verschiedene Gattungen der Abdrücke (Plattenzustände, Etats), von denen die früheren vor den späteren zumeist den Vorzug verdienen. Abzüge von der Platte vor Vollendung des Stiches nennt man Probedrucke. Solche machen die Stecher, um die Fortschritte ihrer Arbeit verfolgen zu können. Außerdem werden häufig Abdrücke von der Platte genommen, bevor die Namens- und Gegenstandsbezeichnungen darauf eingestochen sind: »Abdrücke vor der Schrift«. Deutschland. Die Kupferstechkunst ist wahrscheinlich vor der Mitte des 15. Jahrh. und zuerst in S ü d d e u t s c h l a n d oder der Schweiz aufgekommen. Das Gravieren von Ornamenten und Figuren war bei den Goldschmieden von jeher in Übung, und so sind denn auch die Kupferstecher der früheren Perioden häufig Goldschmiede gewesen. Erst weiterhin wurde das Stechen eine Sache der Maler und schließlich der professionsmäßigen Kupferstecher. Das Kabinett besitzt eine Reihe von Blättern, welche aus der frühesten Zeit der Stechkunst stammen, darunter das einzige bekannte Exemplar der ältesten datierten Kupferstiche, nämlich sieben Blätter einer Passionsfolge, von denen die Geißelung Christi mit der Jahreszahl 1446 bezeichnet ist. D e r M e i s t e r v o n 1 4 4 6 , von dem das Kabinett außer der Passion auch eine Apostelfolge besitzt, scheint in der Nähe von Basel, wenn nicht in dieser Stadt selbst, tätig gewesen zu sein und schließt sich technisch dem künstlerisch weit bedevrterenden M e i s t e r d e r S p i e l k a r t e n a n , der, vielleicht ein Landsmann von Konrad Witz, sein »Kartenspiel« nachweislich schon vor 1446 gestochen hat. Die ihrem vollen Namen nach unbekannten Künstler, welche die Kupferstechkunst zuerst ausübten, werden gewöhnlich nach äußeren Merkmalen ihrer Werke oder nach den darauf befindlichen Monogrammen bezeichnet. Von dem ersten Stecher in Deutschland, dem dieser Kunstzweig hauptsächlich eine breite Entfaltung verdankt, vom

17 M e i s t e r E S (tätig um 1450—1467), enthält die Sammlung ein reiches Werk, darin sein berühmtestes Blatt, die sog. Madonna von Einsiedeln. Fast vollständig und vortrefflich ist das Werk M a r t i n S c h o n g a u e r s (f 1491 in Kolmar) vertreten, des größten deutschen Meisters dieser Kunstgattung im 15. Jahrhundert, reichhaltig die Arbeiten der an beide Genannte sich anschließenden Stecher in Deutschland wie Veit Stoß, die Meister LCz, MZ, PPW, Mair von Landshut, Israel van Meckenem (f 1503) usw. Durch A l b r e c h t D ü r e r ( 1 4 7 1 — 1 5 2 8 ) wurde der Kupferstich zur vollendeten künstlerischen Ausbildung gebracht; seine Schöpfungen bilden die Grundlage für die ganze weitere Gestaltung dieses Kunstzweiges. Das Kabinett besitzt das vollständige Werk des Meisters, durchgehend in ausgezeichneten Abdrücken. Neben und nach ihm wirken A l b r e c h t A l t d o r f e r (um 1480—1538) und L u c a s C r a n a c h der Ältere ( 1 4 7 2 — 1 5 5 3 ) und die teils unter dürerschem, teils unter italienischem Einflüsse stehende Gruppe der sog. d e u t s c h e n K l e i n m e i s t e r , Künstler, die sorgfältig ausgeführte Stiche von kleinen Dimensionen lieferten: die Brüder H a n s S e b a l d und B a r t h e l B e h a m (um 1500—1550, 1502—1540), G e o r g P e n c z (1500—1550), H e i n r i c h A l d e g r e v e r (1502 bis nach 1555), J a c o b B i n c k (f 1569). Die schon von Albrecht Dürer und den Kleinmeistern beiläufig geübte Radierung fand durch D a n i e l H o p f e r in Augsburg, weiterhin durch A u g u s t i n H i r s c h v o g e l (1503 bis um 1553) und H a n s S e b a l d L a u t e n s a c k (1524—1563) besondere Pflege. An sie schließen sich die als Radierer und Stecher tätigen V i r g i l S o l i s ( 1 5 1 4 — 1 5 6 2 ) , J o s t A m m a n n ( 1 5 3 9 — 1 5 9 1 ) und eine Menge nur ihren Monogrammen ( M o n o g r a m m i s t e n ) nach zu benennender Künstler an. In der eigentlichen Grabstichelarbeit wird gegen Ende des 16. Jahrhunderts eine breitere und weniger ins einzelne gehende Behandlung üblich: die Stecherfamilie der S a d e l e r (Raphael f 1616, Egidius f 1629). Im 17. Jahrhundert arbeitete eine Gruppe sehr fruchtbarer, mehr oder minder geschickter Stecher, welche zumeist Kupferatichkabinett

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i8 Bildnisse fertigten, in Augsburg: L u c a s und B a r t h o l o m ä u s K i l i a n (1579—1637, 1630—1695). Hauptsächlich in Stockholm arbeitet der aus Danzig gebürtige J e r e m i a s F a l c k (1609—1677). Doch gewinnt die Radierung vor dem Kupferstich wachsende Bedeutung: P h i l i p p U f f e n b a c h (f um 1639), A d a m E l s h e i m e r (1578—1610), J o n a s U m b a c h ( i 6 2 4 — 1 7 0 0 ) , M a t t h ä u s M e r i a n (1593—1650), W e n z e l H o l l a r (1607—1677), von dem das nahezu vollständige Werk vorhanden ist. L u d w i g v o n S i e g e n (1609 bis nach 1676) erfand die sog. S c h a b k u n s t (Schwarzkunst), das Verfahren, eine aufgerauhte Kupferplatte durch Herausschaben (Glätten) der Lichter und Stehenlassen der dunklen Partien zum Druck geeignet zu machen. P r i n z R u p r e c h t von der Pfalz (1619—1682) dilettierte glücklich in dieser Technik. Die Schabkunst fand weiterhin in den Niederlanden und besonders in England künstlerische Pflege (Mezzotinto). Im 18. Jahrhundert wurde die Stechkunst in Deutschland von einer Anzahl tüchtiger Meister gepflegt, die sowohl den Grabstichel wie die Radiernadel geschickt handhabten. Das Kabinett besitzt sehr reichhaltige Werke des Berliner Stechers und Radierers G e o r g F r i e d r i c h S c h m i d t ( i 7 i 2 — 1 7 7 5 ) , des Stechers J oh a n n G e o r g W i l l e ( 1 7 1 5 —1807), des Radierers C. W. E. D i e t r i c h ( 1 7 1 2 — 1 7 7 4 ) , ferner ein überaus umfangreiches Werk (namentlich Buchillustrationen) von D a n i e l C h o d o w i e c k i (1726—1801), J o h a n n W i l h e l m Meil ( 1 7 3 3 — 1805), J o h a n n F r i e d r i c h B a u s e ( 1 7 3 8 — 1 8 1 4 ) . Die Niederlande. Der niederländische Kupferstich ist in seinen Anfängen von deutschen und französischen schwer zu trennen. Aus dem 15. Jahrhundert ist der M e i s t e r d e r L i e b e s g ä r t e n zu nennen, von dem das Kabinett mehrere Unika besitzt, und der M e i s t e r d e r B e r l i n e r P a s s i o n . Die Künstler, die bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts wirkten, sind ihrem wahren Namen nach häufig unbekannt (der Meister von Z w o l l e , A l a r t F V B u. a.)

du H a m e e l ,

, der M e i s t e r der Monogrammist

iy Lucas Jacobsz, gen. L u c a s v a n Leyden (um 1494—1533), ausgezeichnet durch außerordentliche Feinheit und Meisterschaft in der Handhabung des Grabstichels (das fast vollständige Werk). D i r k V e l l e r t (tätig um 1520—1550) und die übrigen der Richtung des Mabuse, van Orley und L. Lombard angehörenden Stecher, wie der M e i s t e r m i t d e m K r e b s und L a m b e r t S u a v i u s (tätig 1544—1572). Die Antwerpener Stecherfamilie der W i e r i x ( A n t o n i u s , H i e r o n y m u s und J o h a n n e s ) arbeitete gegen Ende des 16. Jahrhunderts. Ihre Zeitgenossen halten sich teils an die deutschen Kleinmeister. wie Allaert Claesz und Cornelis Metsys, teils bereiten sie den Stil der großen Reproduktions-Ateliers des 17. Jahrhunderts vor, wie H i e r . C o c k , P h i l G a l l e u. C r i s p i n v a n d e P a s s e . H e n d r i c k G o l t z i u s (1558—1616), der Begründer der modernen, auf breiten und malerischen Effekt zielenden Behandlung des Kupferstichs, ist reichaltig vertreten, ebenso seine Schüler und Nachfolger, wie J a n S a e n r e d a m (1595 bis 1607), J a n M ü l l e r (arb. 1598—1625), J a c o b M a t h a m ( 1 5 7 1 — 1 6 3 1 ) . Die von P. P. R u b e n s zur Verbreitung seiner Kompositionen gegründete Stecherschule: L u c a s V o r s t e r m a n der Ältere (1595 bis nach 1667), B o e t i u s und S c h e l t e a B o l s w e r t (um 1586—1659), P i e t e r S o u t m a n n (1580—1657), verbindet Radierung mit Grabstichelarbeit. P a u l u s P o n t i u s , ausgezeichnet als Stecher großräumiger Darstellungen (1603—1658). Der in einer eigentümlich verschmelzenden Vortragsweise arbeitende, vorwiegend als Bildnisstecher nach Frans Hals tätige Jonas Suyderhoef (um 1610—1686). Cornelis V i s s c h e r (1629—1662). A n t o n i u s v a n D y c k (1599 bis 1641), bedeutend durch seine eigenhändigen Bildnisradierungen. (Die nach ihm von den hervorragendsten niederländischen Künstlern gestochene große Sammlung von Bildnissen zeitgenössischer Persönlichkeiten, bekannt unter den Namen der Ikonographie des van Dyck). W i l l e m J a c o b s z D e l f f (1580—1638), Bildnisstecher. Einen großartigen Aufschwung nahm im 17. Jahrhundert die R a d i e r k u n s t in den Niederlanden, be-

20 sonders in Holland. Die Mehrzahl der niederländischen Maler jener Epoche hat gelegentlich Figurenkompositionen eigener Erfindung oder Landschaften radiert, so P. P. R u b e n s , A. v a n D y c k , L u c a s v a n U d e n (1595 bis 1672), D. T e n i e r s ( 1 6 1 0 — 1690). Bei vielen Holländern machen die Radierungen einen Hauptteil ihrer gesamten künstlerischen Tätigkeit aus. E s a i a s v a n d e V e l d e (um 1590—1630), H e r c u l e s S e g h e r s (1589—1640), der mit seinen farbigen Radierungen die Wirkung von Gemälden anstrebte. und W i l l e m B u y t e w e c h (1618—1645). Der Hauptmeister ist R e m b r a n d t v a n R i j n (1606 bis 1669), unübertoffen in der Freiheit und Kraft der Behandlung und der von ihm zur höchsten Vollendung gebrachten malerischen Wirkung der Radierung. Sein Werk, das alle Darstellungsgebiete umfaßt, ist nahezu vollständig und meist in ausgezeichneten frühen Drucken vorhanden, viele Blätter von verschiedenen Plattenzuständen, die bei ihm von besonderer Bedeutung sind. Von dem Blatte: Christus heilt die Kranken, dem sogenannten Hundert-Guldenblatt, ein Abdruck des seltenen I. Zustandes. Die Schüler und Nachahmer Rembrandts: J a n L i e v e n s (1607—1674), J a n J o r i s v a n V l i e t (um 1600 bis nach 1631), F e r d i n a n d B o l (1616—1680). A d r i a e n v a n O s t a d e (1610—1685), ausgezeichnet durch die lebendige Charakteristik seiner Komposition. C o r n e l i s B e g a (1620—1664). Die große Gruppe der niederländischen Radierer von Landschaft- und Tierdarstellungen: J a n B o t h (1610—1652), R e y n i e r Z e e m a n (1623 bis nach 1663), A n t o n i W a t e r l o o (um 1 6 1 8 bis um 1677), S i m o n d e V l i e g e r ( 1 6 0 1 — 1 6 5 3 ) , N i c o l a e s B e r c h e m (1620 — 1683), A l l a e r t v a n E v e r d i n g e n ( 1 6 2 1 — 1 6 7 5 ) sehr vollständig; P a u l u s P o t t e r (1625 bis 1654), K a r e l D u j a r d i n (1622—1678), J a c o b v a n R u i s d a e l (1628/9—1682). Aus der Gruppe derniederländischen Künstler vom Ausgang der Blüteepoche sind als Radierer zu erwähnen: R o m e i j n d e H o o g h e (um 1645—1708), J a n L u y k e n (1649—1712), C o r n e l i s B l o e m a r t (1603—1680). Die Schabkunst wurde namentlich von W a l l e r a n t V a i l l a n t (1623—1677), A b r a h a m

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Blooteling (1634 — 1695?), Nicolaes Verkolje (1673—1746), C o r n e l i s D u s a r t (1660—1704) gepflegt. — Das 18. Jahrhundert hat in den Niederlanden nur wenige bedeutendere Künstler des Kupferstiches hervorgebracht: P i e t e r v a n G u n s t (1667—1724), J a c o b H o u b r a k e n (Porträts, 1698—1780), C o r n e l i s P l o o s v a n A m s t e l (Reproduktionen von Zeichnungen, 1726 bis 1798). Italien. In Italien hat sich der Kupferstich wie im Norden aus der Goldschmiedegravierung entwickelt, und zwar, wie es scheint, ohne fremde Anregung und nicht wesentlich später als im Norden. Erst nach 1500 gewinnt die deutsche Technik Einfluß auf die italienischen Stecher. Im Gegensatz zu Deutschland, wo die Erziehung eines abgeschlossenen Bildes die wesentliche Absicht des Kupferstiches bleibt, wird in Italien diese Technik früh von großen Meistern der Malerei zur Reproduktion ihrer Zeichnungen verwendet. Der italienische Kupferstich bewahrt diesen zeichnerischen Stil, bis der Einfluß der Werke Dürers umgestaltend auf ihn einwirkt. Vornehmlich in Florenz und in Oberitalien (Mailand, Ferrara, Bologna, besonders Venedig) ist der Kupferstich sehr früh gepflegt worden. Man muß annehmen, daß um die Mitte des 15. Jahrhunderts die Kupferstichtechnik schon eifrig betrieben wurde, so daß sie in den sechziger Jahren bereits umfangreiche Aufgaben mit vollem Erfolge zu lösen vermochte. Das Kabinett besitzt unter anderen frühen Werken florentinischen Stilcharakters der Zeit um 1450 ein w e i b l i c h e s P r o f i l b i l d n i s , besonders bemerkenswert wegen der vollendeten Meisterschaft der Zeichnung bei noch einfacher Behandlung; ferner Blätter anderer unbekannter Künstler, zahlreiche Werke im Stil S a n d r o B o t t i c e l l i s (1446—1510), die vermutlich von dem Stecher B a c c i o B a l d i n i ausgeführt sind, z. B. die Illustrationen zu einer in Florenz 1481 erschienenen Ausgabe von Dantes Göttlicher Komödie, Folgen von Propheten und Sibyllen u. a. m. Von A n t o n i o P o l l a i u o l o (1429—1498) sind außer einem sicher von ihm eigenhändig ausgeführten großen Kupferstich einige Blätter in seiner Zeichnung und

22 Technik vorhanden. Zu dieser Schule gehört C h r i s t o f o r o R o b e t t a , der sich Pollaiuolo und Filippino Lippi anschließt. Die venezianischen Schulen der ältesten Zeit sind durch eine Folge meist mythologischer oder allegorischer Gestalten, die eine Art von Enzyklopädie, ein »Lehrbilderbuch«, darbieten, vertreten (die sogenannten Tarrocchi). Der Hauptmeister des nördlichen Italiens ist der Maler A n d r e a M a n t e g n a (1431—1506), dessen Werk beinahe vollständig vorhanden ist. Fast alle in Norditalien bis in das 16. Jahrhundert hinein tätigen Kupferstecher gehen von Mantegna aus. In Oberitalien: Zoan Andrea, Giov. Antonio da Brescia, N i c o l e t t a da Modena, Benedetto Montagna. In Venedig: Jacopo de' Barbari (gest. vor 1 5 1 6 in Brüssel), der in seiner Technik deutschen Vorbildern folgt, Girolamo Mocetto, während der Paduaner G i u I i o C a m p a g n o l a und sein Bruder D o m e n i c o , ebenso wie der bolognesische Meister, der sich mit I. B. u n d e i n e m V o g e l bezeichnet, trotz gelegentlicher Nachahmungen von Gestalten und Landschaften Dürers ihre nationale Eigenart bewahren. Eine besondere Gattung unter den Werken der älteren italienischen Stechkunst bilden die sog. N i e i l e n . Niellen nennt man gestochene Silberplättchen, die zur Verzierung von Kunstwerken verwendet wurden, nachdem man die Gravierung mit einer schwarzen Masse (Niello) ausgefüllt hatte. Vor dem Ausfüllen und dem Einbrennen der Masse pflegten die Goldschmiede seit dem 15. Jahrhundert die gravierten Plättchen ganz in der Art der Kupferstiche auf Papier abzudrucken. Solche Abdrücke (Niellodrucke) nennt man ebenfalls Niellen. Nach Vasarrs irrtümlicher Angabe soll M a s o F i n i g u e r r a um 1460 zuerst solche Plättchen abgedruckt haben und damit Erfinder der Kupferstechkunst geworden sein. Das Kabinett besitzt Niellen des bolognesischen Goldschmieds P e r e g r i n o und unbekannter florentinischer Meister vom Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts. M a r c a n t o n i o R a i m o n d i (um 1480 bis vor 1534), Schüler des Bologneser Malers und Goldschmieds Fran-

23 cesco Francia, gelangte zu bedeutender, selbständiger Entwicklung und wurde der Begründer einer großen und fruchtbaren Stecherschule. Seine zahlreichen Stiche und die seiner Schüler sind fast durchweg nach Zeichnungen und Entwürfen der großen, gleichzeitigen italienischen Maler ausgeführt, nach Francia, Michelangelo und hauptsächlich nach Raffael. Das Kabinett besitzt ein reichhaltiges Werk des Meisters. Seine bekanntesten Schüler: M a r c o D e n t e d a R a v e n n a (gest. 1527), A g o s t i n o V e n e z i a n o (tätig 1 5 1 4 — 1 5 3 6 ) und G i o v a n n i J a c o p o C a r a g l i o (um 1 5 0 0 — 1 5 7 0 ) . — In den späteren Generationen der Schule Marc-Antons wird die Behandlung weniger ausführlich und oft flüchtig: E n e a V i c o (tätig zwischen 1540 und 1560), G i u l i o B o n a s o n e (tätig zwischen 1 5 3 1 und 1574, N i c o l a B e a t r i z e t (um 1 5 1 5 bis um 1565). — Hingegen hält die M a n t u a n e r Stecherschule: G i o v . B a t t i s t a S c u l p t o r ( 1 5 0 3 — 1 5 7 5 ) , G i o r g i o G h i s i ( 1 5 2 0 — 1 5 8 2 ) , vorwiegend noch an der strengen Weise der früheren Periode fest. Für die Gestaltung der Grabstichelarbeit in dem späteren Verlauf des 16. Jahrhunderts wurde der Einfluß des Niederländers C o r n e l i s C o r t (um 1 5 3 3 — 1 5 7 8 ) entscheidend, der in Venedig und Rom arbeitet und eine breite und malerische Vortragsweise dort einbürgert. Die vorzüglichsten Stecher Italiens in dieser Epoche sind A g o s t i n o C a r r a c c i (1557—1602), C h e r u b i n o A l b e r t i ( 1 5 5 3 — 1 6 1 5 ) , F r a n c e s c o V i l l a m e n a (tätig 1566—1622). Neben den Genannten entfalten Werkstätten eine reiche Tätigkeit, wie die der KupferstichVerleger Lafreri, de Rossi usw. Die spätere Zeit des 16. und das 17. Jahrhundert bringen in Italien eine vielgestaltige Reihe selbsterfindender Malerradierer hervor, die auf der von F r a n c e s c o M a z z u o l i gen. P a r m i g i a n i n o ( 1 5 0 3 — 1 5 4 0 ) gezeigten Bahn weiterschreiten, darunter A n d r e a S c h i a v o n e (gen. Meldolla, ( 1 5 2 2 bis 1582), F e d e r i g o B a r o c c i ( 1 5 2 8 — 1 6 0 2 ) , G u i d o R e n i ( 1 5 7 5 — 1 6 4 2 ) , G u e r c i n o (1590—1666), S t e f a n o d e l l a B e l l a (1610—1664), B e n e d e t t o C a s t i g l i o n e (1616 bis 1670), S a l v a t o r R o s a ( 1 6 1 5 — 1673), C a s p a r P o u s -

24 s i n ( 1 6 1 3 — 1 6 7 5 ) , P a o l o F a r i n a t i (um 1524—1606), G i u s e p p e d i R i b e r a gen. S p a g n o l e t t o (1588—1652). Von den italienischen Radierern des 18. Jahrhunderts sind die bedeutendsten in Venedig tätig, wie A n t o n i o C a n a l e (1697—1768), B e r n a r d o B e i o t t o (1720 bis 1789), (venetianische Ansichten) und G i o v . B a t t i s t a T i e p o l o (1726—1804) und seine Söhne. In Rom führt P i r a n e s i ( 1 7 4 8 — 1 8 1 0 ) seine berühmten Veduten aus. — In Punktiermanier arbeitet F r a n c e s c o B a r t o l o z z i ( 1 7 2 8 — 1 8 1 5 , in England tätig). Im Laufe des 18. Jahrhunderts erhielt der Kupferstich in Italien einen neuen Aufschwung, als hauptsächlich aus Frankreich eine glänzende Behandlungsweise des Grabstichels eingeführt wurde. Diese Bewegung kam fast ausschließlich der Reproduktion klassischer Gemälde zugute. G i o v a n n i V o l p a t o (1733—1803), R a p h a e l M o r g h e n (1758—1833). Frankreich. Entgegen der älteren Annahme, daß der K u p f e r s t i c h in Frankreich erst mit dem 16. Jahrhundert einsetzte, scheint er doch schon um die Mitte des 15. unter dem Einfluß der kunstliebenden Burgunderherzöge geübt worden zu sein. Allerdings lassen sich bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts keine greifbaren Künstlerpersönlichkeiten namhaft machen. Auch dann noch wird die Kupferstecherei durch Künstler betrieben, die teilweise unter italienischem, teilweise unter deutschem und niederländischem Einfluß stehen. J e a n D u v e t (1480 bis nach 1556), E t i e n n e D e l a u n e ( 1 5 1 8 — 1 5 8 3 ) , J e a n G o u r m o n t (tätig um 1506—1626 in Lyon) und D u c e r c e a u (um 1 5 1 0 bis um 1580, radiert vornehm lieh Ornamentik). Die Stecher und Radierer der sog. S c h u l e v o n F o n t a i n e b l e a u (Gruppe der Künstler, welche unter Franz I. mit Rosso Rossi und Francesco Primaticcio an den französischen Hof berufen wurden). — T h o m a s d e L e u (1560—1620), L é o n a r d G a u l t i e r (1561 bis um 1630), E t i e n n e D u p é r a c (um 1560—1601). Ein national französischer Meister, der eigene Erfindungen in eigener Technik radiert und eine reiche Produktivität, entfaltet (figurenreiche Volks- und Kriegs-

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szenen) ist J a c q u e s C a l l o 1 ( 1 5 9 2 —1635). M i c h e l D o r i g n y (1617 —1666). A b r a h a m B o s s e (1605—1678). Unter Ludwig X I V . entstand in Frankreich eine Generation von Künstlern, die den Kupferstich zu virtuoser Vollendung brachten und, der Richtung der Zeit folgend, besonders das Porträt kultivierten. Eingeleitet wird diese neue Richtung durch C l a u d e M e l l a n (1598 bis 1688) und J e a n M o r i n (1600—1666). Es folgen N i c o l a s d e P o i l l y (1626—1690), endlich die Hauptmeister dieser Schule R o b e r t N a n t e u i l (1623—1678) und A n t o i n e M a s s o n (1636—1700), die vorzüglichsten Bildnisstecher der Epoche, ausgezeichnet durch glänzenden Vortrag und malerische Wirkung. Ihnen zunächst stehen der teilweise nach Gemälden von Raffael arbeitende G é r a r d E d e l i n c k (1640 — 1707), ferner N i c o l a s D o r i g n y (1657—1746), P i e r r e D r e v e t (1663 bis 1738) und P i e r r e I m b e r t D r e v e t (1679—1739). Die Überlieferung der großen Stecherschule hält in Frankreich noch während des 18. Jahrhunderts an und wirkt befruchtend auf fremde, namentlich auch auf deutsche Künstler (G. F. Schmidt, Wille u. a.), obwohl gleichzeitig die Verwendung des Kupferstichs zur Reproduktion französischer Gemälde (Watteau u. a.) eine leichtere Behandlungsart erheischte. N i c o l a s de L a r m e s s i n d J . (um 1683—1755), J e a n D a u l l é (1703 bis 1763), J a c q u e s P h i l . L e B a s (1707—1783), J a c q u e s A l i a m e t (1726—1788), J a c q u e s B e a u v a r l e t (1731 bis 1797). Die Radierung wird in Frankreich im 17. und 18. Jahrhundert von namhaften, sowohl selbst erfindenden, als nachbildenden Meistern vertreten. Neben Callot sind es vornehmlich: C l a u d e G e l l é e l e L o r r a i n (Claude Lorrain 1600 — 1682), C h a r l e s L e b r u n (1619—1690), Gérard Audran (1640—1703). Malerradierer des 18. Jahrhunderts: A n t o i n e Watteau ( 1 6 8 4 — 1 7 2 1 ) (seine Nachstecher und Radierer nach seinen Zeichnungen, darunter François Boucher), O u d r y (1686—1755), N a t o i r e 1700—1778), H u t i n (1705 —1776) und H o n o r é F r a g o n a r d (1732—T8O6) - Originalradierer• G e o r g W i l l e

26 ( 1 7 1 5 — 1 8 0 7 ) und seine Schule, J . J a c q u e s de B o i s s i e u ( 1 7 3 0 — 1 8 1 0 ) u. a. — Bücherillustratoren: F r a n ç o i s B o u c h e r (1705—1770), H. F r a n ç o i s G r a v e l o t (1699 bis 1773), C h a r l e s E i s e n (1720—1778), A u g u s t i n (1736 bis 1807 und G r a b r i e l d e St. A u b i n (1724—1780), P i e r r e C h o f f a r d (1730—1809), C h a r l e s C o c h i n (I735—I76O). Das Verfahren, farbige Drucke von mehreren Platten herzustellen, wurde in Frankreich durch den 1667 zu Frankfurt a. M. geborenen J a c o b C h r i s t o p h L e B l o n zuerst betrieben und fand daselbst Nachfolger in: G a u t i e r d' A g o t y d. Ä. und d. J. ( 1 7 1 7 — 1 7 8 6 , 1745—1784), F r a n ç o i s J a n i n e t (1752—1813), L o u i s P h i l i b e r t D e b u c o u r t (1755—1832). In England werden Farbendrucke von einer einzigen in Schabkunst oder Punktiermanier bearbeiteten Platte hergestellt, die vor dem jedesmaligen Abdrucken mit verschiedenen Farben eingetuscht wird ( B a r t o l o z z i 1 7 2 8 — 1 8 1 5 ) . Namentlich England versorgt bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts den europäischen Markt mit derartigen Farbendrucken meist größeren Formats. England. Die Kupferstechkunst entwickelt sich in England anfangs unter dem Einfluß der daselbst arbeitenden fremden, niederländischen und deutschen Künstler, wie F r a n z und R e m i g i u s H o g e n b e r g , W e n z e l H o l l a r u. a. Im 17. Jàhrhundert ist J o h n P a y n e (1606—1648), ein Schüler des Niederländers Simon de Passe, tätig (Bildnisse und Vignetten); weiterhin W i l l i a m F a i t h o r n e d. Ä. (1620—1691), Schüler und geschickter Nachahmer von Robert Nanteuil. — Erst das 18. Jahrhundert bringt eine sebständigere und reichere Gestaltung der Stechkunst hervor. Der selbsterfindende Maler W i l l i a m H o g a r t h (1697—1764), als Stecher mehr durch die charakteristischen Sittenschilderungen in seinen Darstellungen als durch eigentlich künstlerisches Verdienst bedeutend. Andere Sittenschilderer sind T h o m a s R o w l a n d s o n (1756—1827) und J a m e s G i l l r a y ( 1 7 5 7 — 1 8 1 5 ) , die ihre Radierungen satirischer und pamphletischer Art kolorierten. Die Grabstichel-

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technik findet in R o b e r t S t r a n g e (1721 —1792), W i l l i a m W o o l e t t (1735—1785) und W i l l i a m S h a r p (1749—1824) hervorragende Vertreter. Ganz besonders wird am Ende des Jahrhunderts, entsprechend der in zarten Übergängen modellierenden Vortragsweise, welche in der englischen Malerei üblich war, daselbst die Schabkunst gepflegt. J o h n S m i t h d. Ä. (um 1652—1742), G e o r g e W h i t e (um 1671—1732), R i c h a r d H o u s t o n (1722—1775), J a m e s W a t s o n (1739—179°)> J a m e s M a c A r d e i l (1729—1765). Eine Reihe Künstler verwenden diese technische Vollkommenheit der Schabkunsttechnik zur Wiedergabe von Gemälden (vornehmlich Porträts). J o h n W a t t (tätig 1770—1786) schabt nach Reynolds, R i c h a r d E a r l o m (1743—1822) nach Lorrains »Liber veritatis«, Hobbema usw., W i l l i a m D i c k e n s o n (1746—1823) ebenfalls nach Reynolds, J o h n J o n e s (1745—1797) nach Romney; schließlich J o h n R a p h a e l S m i t h (1752—1812) der bedeutendste Schabkünstler dieser Zeit, der Reynolds, Romney und Gainsborough wiedergibt; und die Brüder W i l l i a m (1766—1826) und J a m e s W a r d (1709—1859). Die großen englischen Maler des 18. Jahrhunderts haben sich der Originalradierung nicht gewidmet. Nur G a i n s b o r o u g h hat gegen Ende seines Lebens den Versuch gemacht, seine Landschaftszeichnungen durch die Radierung zu vervielfältigen. In Spanien wurde die Radierung von den Malern der großen Kunstepoche nur gelegentlich und fast nie in bedeutenderem Umfange geübt. Aus der Ribera(1556 Schule seien genannt T h e o d . F i l . L i a g n o bis 1625), V i n c e n z o C a r d u c c h o (1578—1638). Der erste große Radierer Spaniens, F r a n c e s c o G o y a (1746 bis 1828), ist den Meistern des 19. Jahrhunderts zugeordnet (s. unten).

ZEICHNUNGEN ALTER MEISTER. Das Kupferstichkabinett besitzt Studien, Skizzen und Entwürfe von Malern, auch von Architekten, Bild-

28 hauern und Ornamentisten*) aller Schulen, vom 15. bis zum 18. Jahrhundert. Die Zeichnungen dienen, insofern sie nicht ein fertiges Werk bilden, den Künstlern sowohl zum Festhalten der unmittelbar vor der Natur gemachten Beobachtungen (Naturstudien), wie als Entwürfe für die weitere Ausführung. Neben ihrem künstlerischen Wert haben sie eine besondere kunstgeschichtliche Wichtigkeit durch die Einblicke, die sie in die Art des Schaffens der Meister gewähren. Bevor das Papier etwa seit der Mitte des 14. Jahrhunderts allgemeine Verbreitung fand, pflegte man auf Täfelchen von Holz zu zeichnen, denen man eine gleichmäßige Oberfläche gegeben hatte; daneben bediente man sich besonders des Pergaments, das auch späterhin seiner Festigkeit und sonstigen Eigenschaften wegen noch häufig in Gebrauch genommen wurde. Das Material, mit dem die Zeichnungen hergestellt werden, ist trocken oder flüssig; häufig erscheinen beide Arten zugleich angewendet. Die Zeichnungen benennt man gewöhnlich nach dem zu ihrer Herstellung benutzten Material. Die t r o c k e n e n S t o f f e sind vornehmlich: die K o h l e , Holzkohle aus dünnen, verkohlten Weidenstäbchen, die entweder im ursprünglichen Zustande gebraucht wurde, wobei man durch ein besonderes Verfahren ( F i x i e r e n ) die Zeichnung auf dem Papier festhielt, oder die man, namentlich in Deutschland und den Niederlanden, vor der Verwendung in Leinöl tauchte. Die W e i ß e K r e i d e besteht aus Pfeifenerde, mit Gummiwasser zu einem Teig angemacht, in Stücke geschnitten und dann getrocknet. Die durch Zusatz von Farbstoffen in ähnlicher Weise erzeugten f a r b i g e n C r a y o n s dienen zur Pastellmalerei. Die S c h w a r z e K r e i d e , kohlenreicher weicher Tonschiefer. Der R o t s t i f t oder R ö t e l , zumeist roter Toneisenstein, häufig aber, und wohl auch schon in älterer Zeit, künstlicher roter Crayon. Der M e t a l l s t i f t , Stifte von weichem Metall, wie Silber oder Blei, mit denen man auf gut * ) S y s t e m a t i s c h g e s a m m e l t s i n d E n t w ü r f e von Architekten und Ornamentisten in der Bibliothek des K u n s t g e w e r b e - M u s e u m s .

¿9 grundiertem, d h mit einer geleimten Kreidemasse überzogenen Material, wie Holztäfelchen, Pergament oder Papier zu zeichnen pflegte. Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts ist der G r a p h i t s t i f t (Bleistift) in Aufnahme gekommen. Die n a s s e n Zeichenstoffe sind organische oder mineralische Substanzen, welche durch Wasser oder andere Mittel (Eigelb, Feigenmilch, Leimwasser, ö l usw.) flüssig gemacht, mittels der Kielfeder (Gänse-, Schwanen-, Pfauen- und Rabenfeder), der Rohrfeder oder des Pinsels anfgetragen werden: T i n t e (früher Galläpfeltinte, häufig mit Ofenruß versetzt und dann oft stark vergilbt), T u s c h e , chinesische Tusche seit den ältesten Zeiten in Europa bekannt, B i s t e r , ein Präparat aus Glanzruß, S e p i a , Saft des Tintenfisches usw. G e h ö h t nennt man Zeichnungen, bei denen die hellen Partien (Lichter) durch einen an diesen Stellen aufgetragenen hellen Farbstoff (Weiß, G o l d : weiß gehöhte, mit Gold gehöhte Zeichnung) besonders hervorgehoben sind. In Wasserfarben bunt ausgeführte Zeichnungen nennt man A q u a r e l l e und unterscheidet von ihnen die Malereien in Deckfarben (Gouache), womit man gewöhnlich solche Wasserfarben bezeichnet, die wegen eines geringen Zusatzes von Gummi den Untergrund nicht durchscheinen lassen. Von den Zeichnungen, welche das Kupferstichkabinett besitzt, sind besonders zu erwähnen: Aus der deutschen Schule (ein vollständiger, reich illustrierter Katalog der Zeichnungen deutscher Meister ist 1921 im Verlage Julius Bard, Berlin, erschienen): M e i s t e r E S (Mitte des 15. Jahrhunderts): Weibliches Brustbild. — M a r t i n S c h o n g a u e r ( 1 4 4 5 — 1 4 9 1 ) : Madonna mit dem Kinde. M e i s t e r d e s H a u s b u c h e s : Liebespaar u. a. Eine lange Reihe kunsthistorisch bedeutender deutscher Zeichnungen des 15. Jahrhunderts, die mit bestimmten Namen noch nicht verbunden werden können. — M i c h e l W o l g e m u t ( 1 4 3 4 — 1 5 1 9 ) : einige Blätter von ihm und aus seiner Schule. — A l b r e c h t D ü r e r ( 1 4 7 1 — 1 5 2 8 ) : Madonna, Federzeichnung, datiert 1485; drei Landsknechte, Federzeichnung, 1489; Landschaft

jO »Die Drahtziehmühle«, Malerei in Deckfarben; lautespielender Engel 1497; Bildnis Pirkheimers, 1503; stehender und kniender Apostel, 2 Blätter von 1508; Simson schlägt die Philister, 1510; Ruhe auf der Flucht nach Ägypten, 15x1; Bildnis von Dürers Mutter Barbara, 1514; vier Blätter Silberstiftzeichnungen aus dem Skizzenbuche der niederländischen Reise, 1521; Bildnis seiner Frau Agnes usw. Im ganzen über 100 Zeichnungen seiner Hand, die einen Überblick über seine Entwicklung gewähren Nur in der Albertina zu Wien ist Dürer als Zeichner noch besser vertreten — H a n s v o n K u l m b a c h (f um 1522). — H a n s S c h ä u f e l e i n (vor 1490—1540). — M a t t h ä u s Grünewald, (nach 1470 bis nach 1529) von dem im ganzen nur sehr wenige Zeichnungen bekannt sind: Studie zu einer Krönung Mariä, Kohlezeichnung. — L u c a s C r a n a c h (1472—1553): Satyrn und Nymphen, Silberstiftzeichnung. — H a n s B a i d u n g G r i e n (1476—1545). — H a n s H o l b e i n d e r Ä l t e r e (um 1460—1524): eine Folge von 75 Blättern aus einem Skizzenbuch, meist Bildnisse von Augsburger Persönlichkeiten. — H a n s H o l b e i n d e r J ü n g e r e (1469—1543): männliches Bildnis; zwei Landsknechte, einen Wappenschild haltend; Apollo und die Musen. — A l b r e c h t A l t d o r f e r (vor 1480—1538): eine Folge von ausgeführten, gehöhten Zeichnungen. — W o l f H u b e r (1490 bis 1542). — H a n s B u r g k m a i r (1475 — 1 53 1 )- — H a n s S. B e h a m (1500—1550). — B a r t h e l B e h a m (1502 bis 1540): Findung des Moses, Federzeichnung. — H a n s S e b a l d L a u t e n s a c k (+1563): Landschaften in Federzeichnung. — P e t e r F l ö t n e r (f nach 1546). — E r h a r d S c h ö n . — G e o r g B r e u (ca. 1480—1537). — V i r g i l i u s S o l i s (1514—1562): Skizzenbuch mit Federzeichnungen. — J o s t A m m a n (1539—1591)- — Zeichnungen unbekannter deutscher Meister des 16. Jahrhunderts, Entwürfe von Glasmalern und Ornamentisten. — W e n z e l H o l l a r (1607—1677). — B a l t h a s a r D e n n e r (1685—1747): Bildnisstudien. — J o h a n n E l i a s R i d i n g e r (1698—1767): Jagdstücke. — J o h a n n G o t t l i e b G l u m e (1711—1778). — C. E. W. D i e t r i c h (1712—1774). — G e o r g F r i e -

3i d r i c h S c h m i d t ( 1 7 1 2 — 1 7 7 5 ) : Bildnisse u. a. — D a n i e l C h o d o w i e c k i (1726—1801), J o h a n n W i l h e l m M e i l (1733—1805), beide reich vertreten. — Salomon Gessner (1730—1788): Landschaft (Gouache). — P h i l i p p H a c k e r t (1737—1807). — A n g e l i k a K a u f m a n n (1741 —1807). — W. v. G o e t h e (1749 bis 1832). — Fr. G. W e i t s c h (1758—1828): Bildnis Schillers in farbigen Kreiden. Niederländische Schule. Den großen Malern des 15. Jahrhunderts [Roger, Bouts, Memling] lassen sich nur ausnahmsweise Zeichnungen zuschreiben, doch besitzt das Kabinett eine lange Reihe von Blättern, die sich den Stilweisen dieser Maler anschließen. Im 16. und 17. Jahrhundert treten die Maler deutlicher als Zeichner hervor. — H i e r o n y m u s B o s c h (f 1516). — L u c a s v o n L e y d e n (1494—1533). — D i r k V e l l e r t (tätig in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts). — J a n S w a r t v a n G r o n i n g e n (um 1520). — M a r t e n v a n H e e m s k e r c k (1498—1574), römische Skizzenbücher. — Pieter B r u e g e l d e r Ä l t e r e (ca. 1525—1569) sehr reich vertreten, J a n B r u e g e l (1568—1625). — H a n s B o l (1534 bis 1593), Kleinmalereien auf Pergament in Deckfarben, Landschaften mit figürlichen Szenen. — H e n d r i k G o l t z i u s ( 1 5 5 8 — 1 6 1 7 ) : Bildnisse und allegorische Darstellungen. — J a c o b d e G h e y n ( i 5 6 5 —1616). —• A b r a h a m B l o e m a e r t (1565—um 1568): Skizzenbuch mit landschaftlichen Aufnahmen. — P i e t e r N e e f s ( 1 5 7 0 bis 1651). — P e t r u s P a u l u s R u b e n s (1577—1640). — J a c o b J o r d a e n s (1593—1678). — A n t o n i s v a n D y c k (1599—1641). — H e n d r i c k v a n A v e r k a m p (arb. 1610—1640), reichhaltig: »Der Sommer« und »Der Winter«, Aquarelle. — A d r i a e n v a n d e V e n n e (1589 bis 1665). — J a n v a n G o i j e n (1590—1656), sehr reichhaltig, darunter aquarellierte Landschaften. — W i l l e m B u y t e w e c h (1618—1645). — R e m b r a n d t v a n R i j n (1606—1669), ganz besonders reich vertreten. Bildnis der Frau des Künstlers, Saskias, Silberstiftzeichnung; sitzender Philosoph, Rötelzeichnung; der ungezogene Knabe; Landschaften — Die Schüler und Nachahmer

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Kembrandts, J a n I . i e v e n s (1607—1674) u. a. - A e l b e r t C u i j p (1605—1691), sehr gut vertreten mit aquarellierten Landschaften und vorzüglichen Tierstudien.) — G e r a r d T e r B o i c h (1608—1681). — H e r m a n S a f t - L e v e n ( 1 6 1 1 — 1 6 8 5 ) . — C o r n e l i s S a f t - L e v e n (geb. um 1 6 1 2 , f nach 1682). — A d r i a e n v a n O s t a d e (1610—1685): das Innere einer Bauernstube a. a. — N i c o l a e s B e r c h e m (1620—1683). — A l l a e r t v a n E v e r d i n g e n (¡621 —1675): Folge von landschaftlichen Skizzen. — S a l o m e n v a n R u i s d a e l (um 1600—1670). — J a c o b v a n R u i s d a e l (1628 oder 1629—1682), mit guten Beispielen. — C o r n e l i s V i s s c h e r (arb. 1646 bis 1658): Bildnis eines Knaben. — W i l l e m v a n d e V e l d e (1633—1707). — A d r i a e n v a n d e V e l d e (1634—1672), sehr reichhaltig. — Von den Künstlern des 18. Jahrhunderts ist C o r n e l i s T r o o s t ( i 6 9 7 — 1 7 5 0 ) , J a c o b d e W i t (1675 —1754) u. a. vertreten. Italienische Schule. Zeichnungen unbekannter Meister des 14. und 15. Jahrhunderts — V i t t o r e P i s a n o , gen. P i s a n e l l o (1397—1455). — A n t o n i o d e l P o l l a i u o l o Aktstudien (1429—1498). A n d r e a d e l V e r r o c c h i o (1435 — 1488). — L u c a S i g n o r e l l i (1441 bis 1523): Aktstudien, Kohlezeichnungen. — S a n d r o B o t t i c e l l i ( 1 4 4 6 — 1 5 1 0 ) : Illustrationen zu Dantes Göttlicher Komödie. Eine Folge von 84 in höchster Meisterschaft mit Silberstift und Feder auf Pergament entworfenen, zum Teil sorgfältig ausgeführten Zeichnungen. Jede illustriert einen Gesang des Gedichts. Auf der Rückseite der Blätter befindet sich der geschriebene Text der Göttlichen Komödie. Es ist dies die bedeutendste derartige Bilderfolge, die wir aus der Zeit der Kunstblüte der Renaissance kennen. Das Ganze, ursprünglich in Buchform angelegt, ist jetzt in einzelne Blätter getrennt. D o m e n i c o G h i r l a n d a i o (1449—1494), F i l i p p i n o L i p p i (um 1457—1504), Figurenstudien. — P i e t r o P e r u g i n o (1446—1524). — C o s i m o T u r a (1432?—1495). — E r c o l e d e ' R o b e r t i (nach 1450 bis 1496). — M i c h e l A n g e 1 o B u on a r ro ti (1475 —1564):

33 Studienblatt zu einer H. Familie, Entwurf zum Juliusgrab. — F r a B a r t o l o m m e o (1475—1517), A n d r e a d e l S a r t o (i486—1531), J a c o p o P o n t o r m o (1494—1556). — R a f f a e l und Zeichnungen aus seiner Schule. — D o m e n i c o C a m p a g n o l a (1482—1559). — D o m e n i c o B e c c a f u m i (1484—1559). — G a u d e n z i o F e r r a r i (1484—1559). — A g o s t i n o B u s t i , gen. B a m b a j a (f um 1550): Blätter aus einem Skizzenbuch. — G e n t i l e B e l l i n i (1427?—1507). — J a c o p o T i n t o r e t t o (1518—1592). — F r a n c e s c o M a z z u o l i , gen. i l P a r m i g i a n i n o (1503/4—1540). — P a o l o C a l i a r i , gen. V e r o n e s e (1528—1588). F e d e r i g o B a r o c c i (1528—16x2) mit über 300 Zeichnungen, darunter viele in farbigen Kreiden. — Die C a r r a c c i . — T a d d e o Z u c c h e r o (1529—1566). — F e d e r i g o Zucchero (f 1609). — F r a n c e s c o B a r b i e r i , gen. G u e r c i n o (1590—1666). — G i o v a n n i B a t t i s t a T i e p o l o (1693 bis 1770): Skizzenbücher und einzelne Blätter. — P o m p e o B a i o n i 1708—1788). — Zeichnungen unbekannter italienischer Meister des 16. bis 18. Jahrhunderts. Französische Schule. Jean F o u q u e t (f um 1480), Studie zu dem Ursins-Porträt im Louvre. — Art des F r a n ç o i s C l o u e t . — J a c q u e s C a l l o t (1592—1635). C l a u d e L o r r a i n (1600—1682), reich vertreten. — G a s p a r d D u g h e t (Poussin) (1613—1675). — E u s t a c h e L e s u e u r (1617—1655). — A n t o i n e W a t t e a u (1684 bis 1721). — N i c o l a s L a n c r e t (1696—1743). — J e a n B a p t i s t e P a t e r (1695—1736). — F r a n ç o i s B o u c h e r (1703—1770). — J e a n E t i e n n e L i o t a r d (1802—1789). — H u b e r t F r a n ç o i s G r a v e l o t (1699—1773). — Jean Heonoré Fragon'ard (1732—1806).—Hubert R o b e r t (1733—1808). — A u g u s t i n de St. A u b i n (1736—1807). — J e a n B a p t i s t e H u e t (1740—1810). Englische Schule. T h o m a s G a i n s b o r o u g h (1727 bis 1788): Landschaftsstudien, Figuren und Tiere, gut vertreten. — J o s h u a R e y n o l d s (1723—1792), G e o r g e R o m n e y (1734—1802), Porträtskizzen. — J o h n F l a x man (1755—1826) R upferstichkabinett

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34 Spanische Schule. Die großen Spanier haben fast keine Zeichnungen hinterlassen. Nur F r a n c e s c o G o y a (1746—1828) ist mit einigen charakteristischen Stücken vertreten.

HANDSCHRIFTEN-MALEREIEN. A n die Sammlung von Zeichnungen schließt sich eine umfangreiche Sammlung von H a n d s c h r i f t e n Malereien, die fast alle Zeiten im Abendland und Richtungen dieser Kunstübung vom 11 bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts umfaßt. V o r Erfindung der Buchdruckerkunst wurden die Bücher geschrieben, gewöhnlich auf Pergament. Die Handschriften wurden häufig mit Malereien ausgestattet, die zur Illustration des Textes dienten, oder, wie Randleisten und verzierte große Anfangsbuchstaben (Initialen), nur ornamentale Bedeutung hatten. Man pflegt diese Malereien »Miniaturen« zu nennen, von »Minium«, einem roten Farbstoff, dessen sich die »Miniaturmaler« bedienten. Die Miniaturmalerei repräsentiert einen wichtigen Z w e i g der bildenden Kunst, namentlich im Mittelalter vor der Entwicklung der Tafelmalerei. A u s dem Besitz des Kabinetts ist unter zahlreichem Anderen hervorzuheben: Evangelistarium um 1020 mit dem Bildnis Kaiser Heinrichs IV., wahrscheinlich im Kloster Reichenau entstanden. — Leben der h. L u c i a 12. Jahrhundert (Metz?). — Geschichte der h. Benedicta, sog. livre du trésor d'Origny, reich mit Miniaturen ausgestattet, 1312, nordfranzösisch unter englischem Einfluß. — Bibel, geschrieben von Johannes de Ravenna, zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts. Unteritalienische Prachthandschrift mit zahlreichen Miniaturen. — Evangelienharmonie des Jacobus Gradenigo von Venedig, angefertigt 1399, mit vielen sehr kleinen sorgfältig ausgeführten Miniaturen. — Französisches Gebetbuch um 1400. — Bibel des Grafen von T o g g e n b u r g vom Jahre 1411 (Bodensee). — Petrarcas Triumphe und andere Gediohte, mit Randleisten und Darstellungen der sechs

35 Triumphe, italienisch um 1450. — Briefe des h. Hieronymus mit einer überaus vortrefflichen Miniatur der venetianischen Schule, um 1475. — In Italien im Laufe des 15. Jahrhunderts gefertigte Handschriften klassischer Autoren mit künstlerischer Ausstattung: Horaz für Ferdinand I. von Neapel geschrieben. — Gasparo Visconti : Romanzo di due amanti mit reizenden Randzeichnungen von Christoforo Preda um 1485. — Gesangbücher für den gleichzeitigen Gebrauch des ganzen Singchores, daher in größtem Format, ausgeschmückt mit verzierten Anfangsbuchstaben und Malereien, italienisch, 15. Jahrhundert. — Meßbuch, 1520 für Cardinal Giulio de' Medici, den späteren Papst Clemens VII. geschrieben, mit zahlreichen Miniaturen von der ferraresischen Schule angehörigen Künstlern. — Andachtsbücher (Breviarien, Horarien, Livre d'heureß): Gebetbuch der Maria von Burgund, der Gemahlin Kaiser Maximilians I., f 1482, mit besten Malereien eines Brügger Miniaturisten, der den Meistern des Codex Grimani vorangeht. — Gebetbuch der Pfalzgräfin Margarethe von Simmern von 1482 mit sehr feinen Randzeichnungen eines augsburgischen Künstlers. — Psalterium des Grafen Karl Wolfgang von Oettingen von 1537 mit Malereien von Hans Schäufelein. Eine umfangreiche Sammlung von Miniaturarbeiten in E i n z e l b l ä t t e r n , herausgeschnitten aus Büchern des r i . bis 16. Jahrhunderts aller Schulen. — Englische Schule 14. Jahrhundert: der h. Michael. — Antonio da Monza, Maria und Anna. Niccolò di Giacomo da Bologna Jüngstes Gericht. — Niederländisch, Schule des Roger van der Weyden: Kreuzabnahme Christi, für Eleonore, dié Gemahlin Kaiser Friedrichs III., um 1450 gemalt. — Lombardische Schule 15. Jahrhundert, der h. Georg.

ILLUSTRIERTE DRUCKWERKE DES XV.—XVni. JAHRHUNDERTS. Die etwa 3000 Nummern umfassende Sammlung ist besonders reich an Büchern des 15. und 16. Jahrhunderts

36 mit Holzschnitten, Kupferstichen und Radierungen. (Vgl. das im Abschnitt über den Holzschnitt Gesagte.) Eine große Anzahl französischer Bücher des 18. Jahrhunderts mit Kupferstichen besitzt das Kupferstich-Kabinett durch die Schenkung Bernstein (s. oben S. 5). An diese Gruppe schließen sich Abbildungswerke mit historischen Darstellungen, Städteansichten usw — Handschriftliche Verzeichnisse liegen im Studi'ensaal I aus.

GALERIEWERKE. Zur Reproduktion von Kunstwerken fanden Kupferstich und Radierung ausgedehnte Verwendung, seitdem man im 17. Jahrhundert Bildwerke, Gemälde und Zeichnungen systematisch zu sammeln begann. Die sogenannten Galeriewerke erfreuen sich bis in unsere Tage, nachdem auch der Steindruck und die mechanischen Reproduktionsverfahren in den Dienst der Vervielfältigung getreten sind, großer Beliebtheit und sind nicht bloß zum Studium der abgebildeten Kunstwerke, sondern zur Orientierung über den jeweiligen Stand der Graphik von Bedeutung. Die Sammlung besitzt die bedeutendsten Werke dieser Art. Ein Katalog mit einem Ortsverzeichnis liegt im Studiensaal I aus

PHOTOGRAPHIEN. Die Sammlung dient kunstgeschichtlichen Studien Sie enthält: 1. Aufnahmen von Gemälden alter Meister (bis zum Ausgang des X V I I I . Jahrhunderts) nach Schulen und Meistern alphabetisch geordnet. 2. Aufnahmen von Zeichnungen alter Meister mit der gleichen zeitlichen Beschränkung und Anordnung. 3. Aufnahmen von besonders seltenen Kupferstichen und Holzschnitten, die in der Sammlung nicht vorhanden sind.

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KATALOGISIERUNG V e r g l e i c h e : O r d n u n g und K a t a l o g i s i e r u n g eines K u p ferstichkabinetts. Erfahrungen und Vorschläge von V . v. L o g a , Berlin 1 9 1 0 . ( K ä u f l i c h beim S a m m l u n g s Aufseher.) — Ferner H . W . Singer, H a n d b u c h f ü r K u p ferstichsammlungen, L e i p z i g 1 9 1 6 . Außer den handschriftlichen K a t a l o g e n , die in den Studiensälen zugänglich sind, ist ein Zettelkatalog der Bildnisse vorhanden, der auf W u n s c h eingesehen werden kann. A u c h die noch nicht ganz vollendeten Zettelkataloge, die nach den Malern und n a c h den G e g e n s t ä n d e n geordnet sind, können benutzt werden.

DIE NEUERE KUNST*). ZUR GESCHICHTE DES HOLZSCHNITTS. D e m Holzschnitt wurden g e g e n das E n d e des 18. Jahrhunderts d u r c h T h o m a s B e w i c k ( 1 7 5 3 — 1 8 2 8 ) neue Wirkungsmöglichkeiten eröffnet. E r ersetzte das » L a n g *) Bei der Trennung dieser für die Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts bestimmten Abteilung von dem anderen Teil der Sammlung, der alle vor dem 19. Jahrhundert entstandenen Werke der vervielfältigenden Künste enthält, ließ sich ein scharfe Grenzlinie nicht ziehen. Im allgemeinen war der Grundsatz maßgebend, daß alle Künstler, die entweder nach 1 7 7 0 geboren oder erst nach 1 8 3 0 gestorben sind, der neuen Abteilung überwiesen wurden, jedoch konnte die Zuweisung eines Künstlers, der um das Jahr 1800 gelebt hatte, an diese oder jene Gruppe, nicht allein nach den Lebensdaten bestimmt werden, sondern mußte gelegentlich von Fall zu Fall nach dem Charakter seiner Kunst entschieden werden, so daß z. B. Thomas Bewick ( 1 7 5 3 — 1 8 2 8 ) , dem man die Wiederbelebung der Holzschneidekunst verdankt, der n e u e r e n Abteilung, der französische Farbenstecher Debucourt, welcher noch bis 1 8 3 2 lebte, der ä l t e r e n Abteilung zugewiesen wurde, da seine Arbeiten ebenso wie die von ihm bevorzugte Technik des Farbenstiches durch-

3« holz« durch das »Hirnholz« (d. h. rechtwinklig zur Faser geschnittenes Holz, zumeist Buchs, während man ehemals Birnbaum in der Richtung der Faser geschnitten gebrauchte) und führte als Instrument anstatt des Messers den Stichel ein, den bisher nur der Kupferstecher gebraucht hatte. Damit ermöglichte er eine weit zartere Behandlung des Holzes und ließ den Holzschnitt in Wettbewerb mit dem Kupferstich treten, der ihn während des 18. Jahrhunderts auch aus seinem eigensten Bereiche, dem gedruckten Buche, verdrängt hatte. Von Bewicks Erfindung ausgehend entwickelt sich der Holzschnitt, der besser nun »Holzstich« genannt wird, nach zwei Richtungen, dem in Deutschland hauptsächlich geübten »Faksimileschnitt«, der bei aller Feinheit im einzelnen doch in der alten Weise getreu den Linien einer Vorzeichnung nachgeht und dem vor allem in Frankreich neu gebildeten »Tonschnitt«, der die Tonlagen der Zeichnung frei in ein System von Linien übersetzt. Eine neue "Form des Holzschnitts entwickelte sich wiederum zunächst in England gegen das Ende des 19. Jahrhunderts, wo die präraffaelitische Strömung die Buchillustration auf italienische Vorbilder des 15. Jahrhunderts zurückverwies. Noch einflußreicher wurde jedoch die Kenntnis des japanischen Farbenholzschnitts, der zumal in Deutschland eine große Zahl von Künstlern zu eigener Beschäftigung mit der allmählich in Mißachtung geratenen und durch die Photomechanik verdrängten Technik antrieb. Auf diesen neuen Farbenholzschnitt endlich folgte in jüngster Zeit, eingeleitet durch die Bemühungen V a l l o t t o n s in Frankreich und N i c h o l s o n s in England und zur Höhe geführt durch den Norweger Edvard M ü n c h eine andere Form des Originalholzschnitts, der in Schwarz-Weiß monumentale Wirkungen aus der Art des 1 8 . Jahrhunderts entsprechen. Hingegen wurden alle jene Künstler, die sich mit der fiir das 19. Jahrhundert bezeichnenden Lithographie befaßt haben, z. B. Goya ( 1 7 4 6 — 1 8 2 8 ) , der n e u e r e n Abteilung eingeordnet. Demnach sind in der älteren Abteilung sämtliche Farbenstiche, abgesehen von ganz modernen Versuchen, in der neueren aber alle Steindrucke autbewahrt.

39 durch großzügige Flächenbehandlung anstrebt. Auch diese letzte Form des Holzschnitts hat vor allem in Deutschland Schule gemacht. Deutschland. Fast gleichzeitig mit Bewick begannen in Deutschland die beiden U n g e r (Johann Georg der Vater und Johann Friedrich Gottlieb der Sohn) ihre Tätigkeit. Der Jüngere (f 1804), Akademieprofessor zu Berlin, w a r d e r Lehrer von Friedr. Wilh. G u b i t z (1786 bis 1870), der sich ebenfalls erfolgreich um die Hebung der Holzschnittechnik bemühte. Auf eine künstlerische Höhe wurde der deutsche Holzschnitt aber erst durch Adolph M e n z e l gehoben. Seine Zeichnungen zu Kuglers Geschichte Friedrichs des Großen und zu den Werken Friedrichs des Großen stellten bisher in Deutschland nicht bekannte Anforderungen an den Holzschneider. In Männern wie U n z e l m a n n , Otto und Albert V o g e l sowie Eduard K r e t z s c h m a r fand Menzel technisch geschulte Kräfte, die er für seine Aufgaben heranzubilden wußte. Auch Adrian Ludwig R i c h t e r s (1803—1884) volkstümliche Buchillustrationen trugen zum Aufschwung des Holzschnittes bei. In seinen heroisch-romantischen Kompositionen hat Alfred R e t h e l ( 1 8 1 6 — 1 8 5 9 ) den Holzschnitt zu seiner alten Form zurückzuführen versucht. Als die dem Volk besonders verständliche Sprache bevorzugten den Holzschnitt fast alle ihr deutsches Denken und Fühlen betonenden Künstler wie S c h n o r r v o n C a r o l s f e l d , F ü h r i c h ( 1 8 0 0 — 7 6 ) , Adolf S c hr ö d t e r , Otto S p e c k t e r oder der Graf P o c c i . Unter den Holzschneidern seien Hugo B ü r k n e r und G a b e r genannt. An die Gründung der xylographischen Anstalt von Braun und Schneider in München (Verlag der Fliegenden Blätter, Münchener Bilderbogen) knüpfte sich die Tätigkeit zahlreicher Künstler wie S c h w i n d s , N e u r e u t h e r s , Wilhelm B ü s c h s , Adolph O b e r l ä n d e r s . In Österreich wirkte B l a s i u s H ö f e l (1792—1863), Schüler von Gubitz, für die technische Weiterbildung des Holzschnittes, Hermann P a a r machte Versuche auf dem Gebiete des Farbenholzschnittes

40 Unter englischem und französischem Einfluß entwickelte sich der Holzschnitt auch in Deutschland zu einer vielgeübten Reproduktionstechnik. Man ging auch hier zum »Tonschnitt« über, der zur Wiedergabe ursprünglich nicht für den Holzschnitt bestimmter Vorlagen benutzt wurde, bis ihn die photochemische Technik ersetzte. Heut wird der Tonschnitt nur noch in vereinzelten Fällen, z. B. von Martin H o e n e m a n n und Reinhold H o b e r g , der Faksimileschnitt von Oskar B a n g e m a n n mit außerordentlicher technischer Geschicklichkeit geübt. Unter dem Eindruck der japanischen Holzschneidekunst*) sowie der mittlerweile in England zu hoher Blüte gelangten Buchkunst beschritten Künstler wie Peter B e h r e n s und Otto E c k m a n n , die im übrigen hauptsächlich kunstgewerblich tätig waren, wiederum neue Wege. In Japan selbst studierte Emil O r l i k die Technik des Farbenholzschnittes, in der u. a. Gustav B e c h l e r , Siegfried B e r n d t , Carl M o l l , Henriette H a h n , ^Valter K l e m m , Charlotte R o l l i u s , Harry S c h u l t z , Daniel S t a s c h u s , Adolf T h o m a n n und Carl T h i e m a n n sich betätigten. Die jüngste Form des Holzschnitts, die teils in Abhängigkeit von Vallotton und Münch, teils in selbständiger Verfolgung ähnlich gerichteter Ziele sich entwickelte, fand in Deutschland ihre bedeutendsten Vertreter in Künstlern wie E r i c h H e c k e l , Ernst Ludwig K i r c h n e r , E m i l N o l d e , M a x P e c h s t e i n . Eine eigene Form der Übertragung seiner plastischen Gestaltungen in einem kräftigen Linienschnitt fand E r n s t Barlach. England. Der Holzschnitt, dessen Wiederbelebung von England ausgegangen war, hat sich dort in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts mehr durch technisch vortreffliche als künstlerisch bedeutende Arbeiten für die zahlreichen illustrierten Zeitschriften hervorgetan. Erst gegen Ende der fünfziger Jahre traten bemerkens*) Die Sammlung japanischer Farbenholzschnitte befindet sich in der Bibliothek des Staatl. Kunstgewerbemuseums.

41 werte künstlerische Kräfte in die Geschichte des Holzschnitts ein. Meister wie M i l l a i s , R o s s e t t i , B i r k e t F o s t e r , H o u g h t o n und zahlreiche andere waren an der Illustrierung der Bücher beteiligt, die im Verlaufe der sechziger Jahre (daher »Sixties« genannt) erschienen. Wieder eine neue Wendung nahm der englische Holzschnitt endlich unter dem Einfluß der präraffaelitischen Strömung vor allem durch die Bemühungen von Männern wie W i l l i a m M o r r i s (1834 bis 1896), B u r n e J o n e s (1833—1898), W a l t e r C r a n e und A u b r e y B e a r d s l e y * ) . Als selbständige Zeichner sind C h a r l e s R i c k e t t s , C h a r l e s S h a n n o n und T. S t u r g e M o o r e zu nennen; W i l l i a m N i c h o l s o n , hat eine besondere Technik breitflächiger Schattenlagen ausgebildet. Von W i l l i a m S t r a n g rührt ein durch seine auflerordentliche Größe interessanter Holzschnitt her, der zum Schmuck des Studiensaales II verwandt ist. Amerika. Amerikas Holzschneidekunst hat von englischen Vorbildern ihren Ausgang genommen. AnBewick lehnt ihr Begründer A l e x a n d e r A n d e r s o n (1775—1870) sich an. Seinen Nachfolgern, unter diesen einem Deutschen F r i e d r i c h J u e n g l i n g , gebührt das Verdienst, die Technik zu den raffiniertesten Effekten gesteigert zu haben. Frankreich. Auch der französische Holzschnitt hat sich im Anschluß an Bewicks Erfindung zu einer neuen Blüte entwickelt. Im Verlauf der dreißiger Jahre begann die Reihe der illustrierten Bücher, für deren Holzschnittzeichnungen hervorragende Künstler tätig waren. Der Gil Blas mit den Vignetten des Jean Gigoux stand an der Spitze. Es folgten zahlreiche andere, an deren Illustrierung vor allem die Brüder J o h a n n o t , G r a n d ville, Daubigny, Monnier, R a f f e t , Meissonnier, G a v a r n i , T r a v i è s , A d a m beteiligt waren. Über alle diese ragte weit empor H o n o r é D a u m i e r (1808—79), der neben seiner ausgedehnten Tätigkeit für die Litho*) Für diese Meister findet man in der Bibliothek Staatl. Kunstgewerbemuseums ein größeres Material

des

42 graphie auch als Zeichner für den Buchholzschnitt beschäftigt war. Fruchtbarer als alle seine Vorgänger war G u s t a v e D o r é der in den fünfziger Jahren der beliebteste Illustrator wurde und es durch zwei Jahrzehnte geblieben ist. Eine Reihe vorzüglicher Techniker stand den Zeichnern zur Verfügung. Als selbständiger Künstler ist aus ihrer Mitte A u g u s t e L e p ó r e hervorgegangen der den »Tonschnitt« vorzüglich zu handhaben verstand, zugleich aber in Frankreich den Übergang zu dem unter japanischem Einfluß entstandenen neuen Farbenholzschnitt vollzog. F e l i x V a l l o t t o n bildete eine neue Art des Holzschnittes mit einfachen starken Kontrasten breiter Schattenlagen aus. Die Bestände der Sammlung bieten für die Geschichte des Holzschnittes in den übrigen Ländern nichts Nennenswertes. Nur der Norweger E d v a r d M ü n c h ist mit einer Anzahl seiner Arbeiten vertreten, in denen er den Flächenholzschnitt mit einer wahrhaft elementaren Kraft behandelt. Als beachtenswerte Proben moderner Holzschneidekunst in Holland können die Arbeiten von I. G. V e l d h e e r genannt werden.

ZUR GESCHICHTE DES NEUEREN KUPFERSTICHS. Am Ende des 18. Jahrhunderts sah man im Kupferstich in erster Linie ein Mittel der Reproduktion von Gemälden und Zeichnungen, strebte auch danach den Arbeiten der vervielfältigenden Kunst den Charakter von gemalten Bildern zu geben. Eine Reihe von Abarten der Radierung, die ganz besonders in dieser Zeit gepflegt wurden, verfolgen solche Zwecke: die vor allem in England geübte S c h a b k u n s t (mezzotinto), der von den Franzosen zu hoher Blüte ausgebildete F a r b e n s t i c h , die eine weiche Kreidezeichnung imitierende C r a y o n m a n i e r (als deren geschicktester Vertreter der Belgier D e m a r t e a u gilt) und die A q u a t i n t a m a n i e r .

43 Deutschland. Diese Bestrebungen finden ihre Fortsetzung noch im Beginn des 19. Jahrhunderts. Das Aquatintaverfahren wird für die Wiedergabe von Gemälden sowie zur Reproduktion landschaftlicher Veduten vielfach benutzt, bis diese Aufgaben der neuen Technik des Steindrucks anheimfallen. Der »Punktiermanier« bediente sich gelegentlich noch der Berliner F r i e d r i c h B o l t (1769—1836). Der aufkommende Geschmack der neuen Zeit jedoch, der farbenfeindliche Klassizismus eines C a r s t e n s und C o r n e l i u s , griff zu dem trockenen Linienstich, für manche Zwecke sogar zum reinen »Umrißstich«, der dem Vorbilde der antiken Malerei wie sie in den Vasenbildern erhalten ist, am besten zu entsprechen schien. B o n a v e n t u r a G e n e l l i ist der Hauptvertreter dieser Richtung. Dem Kupferstecher blieb die reproduktive Tätigkeit fast allein übrig, weil der Gedanke an selbständige Kompositionen auf der Kupferplatte ziemlich verloren gegangen war. Der eigentliche Linienstich übernahm die Aufgabe bildmäßiger Wiedergabe berühmter Meisterwerke alter sowohl wie zeitgenössischer Kunst. Aus der großen Zahl der Kupferstecher des 19. Jahrhunderts seien nur hervorragende Techniker wie S a m u e l A m s l e r (1791—1849) und H e i n r i c h M e r z , J o s e p h K e l l e r (Düsseldorf), M o r i t z S t e i n l a (1791 —1858) Dresden genannt. Die Berliner E i c h e n s , E i l e r s und M a n d e l haben sich bis in die neueste Zeit dieses sorgfältigen aber kalten Linienstichs bedient. Neben dem Kupferstich wurde vielfach die neue Technik des Stahlstichs*) geübt, in der die Strichlagen noch feiner und enger gebildet werden konnten. Durch die Vervollkommnung der Photographie verlor der reproduzierende Linienstich sein Daseinsrecht. An seiner *) Die Stahlplatte, die für die Bearbeitung, erweicht und vor dem Druck wieder gehärtet wird, erlaubt durch ihre Widerstandsfähigkeit eine fast unbegrenzte Zahl von Abzügen im Gegensatz zu der leichter sich abnutzenden Kupferplatte.

44 Stelle tritt neben der mechanischen Wiedergabe in neuerer Zeit mit Anspruch auf selbständige künstlerische Bedeutung die Radierung auf, deren sich Künstler wie W i l l i a m U n g e r in Wien, P e t e r H a l m in München, A l b e r t K r ü g e r in Berlin sowie der in Paris geschulte K a r l K ö p p i n g mit Erfolg bedienten, während E r n s t M o r i t z G e y g e r die Grabsticheltechnik zu einer bisher unerhörten Feinheit ausbildete. Vornehm ausgestattete Galeriewerke, wie das der Berliner Museen, gaben zahlreichen Künstlern Gelegenheit, die Werke der alten Meister in die Technik der Radierung zu übersetzen. Die Pflege der Originalradierung war in Deutschland seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert niemals ganz verloren gegangen. An C h o d o w i e c k i schlössen sich unmittelbar B o l t und der Bildhauer G o t t f r i e d S c h a d o w an, dessen zierliche Blättchen noch ganz in der Tradition der vergangenen Zeit stehen, während die großen Landschaftsradierungen C. W. K o l b e s , obwohl sie noch in engem Zusammenhang mit G e ß n e r s Idyllenzeichnungen stehen, doch schon die Vorboten eines neuen Geistes sind. Die klassische Landschaft der Deutschrömer fand schon in ihrem ersten Vertreter I. C. R e i n h a r t einen Meister der Radierung, und ebenso vertraute I. A. K o c h eine Anzahl seiner Landschaftskompositionen der Kupferplatte an. Aus diesem Kreise sind L u d w i g R i c h t e r s (1805—84) Jugendarbeiten, ebenfalls zumeist radierte Landschaften hervorgegangen. Im Anschluß an die niederländischen Radierer des 17. Jahrhunderts, den auch K o l b e gesucht hatte, begründeten einerseits W i l h e l m v o n K o b e l l i n München, anderseits C h r i s t i a n E r h a r d in Nürnberg, dem sich sein minder bedeutender Jugendgenosse J o h . A d a m K l e i n anschloß, eine neue Form der Radierung. Neben ihnen haben sich die als Maler berühmten Meister der Zeit nur gelegentlich mit der Radierung beschäftigt. Aus ihrer Zahl verdienen nur M o r i t z v o n S c h w i n d , der einige seiner zierlich romantischen Erfindungen der Platte anvertraute, A n d r e a s A c h e n b a c h , der ebenso wie W i l h e l m S c h i r m e r einer Folge von Landschafts-

45 radierungen veröffentlichte, und F r i e d r i c h P r e l l e r (1804 bis 78) an dieser Stelle eine Erwähnung. Die Tradition der Originalradierung wird seit der Mitte des Jahrhunderts durch eine Reihe minder bedeutender Künstler aufrechterhalten. Genannt seien von ihnen: W i l h e l m H e c h t , J . L. R a a b und seine Tochter D o r i s R a a b sowie W i l h e l m K r a u s k o p f , Fritz W e r n e r , B e r n h a r d M a n n f e l d und der Freiherr v o n Gleichen -Russwurm. Die wichtigsten Leistungen der Jahrhundertmitte sind die vereinzelten Versuche A d o l p h M e n z e l s , deren früheste den vierziger Jahren entstammen. Zu eigentlich selbständiger Bedeutung gelangte die Originalradierung ¡edoch erst wieder in den siebziger Jahren, als nacheinander eine Reihe bedeutender künstlerischer Persönlichkeiten sich ihrer annahmen. M a x K l i n g e r wurde (* 1857) für die neuere deutsche Radierkunst bestimmend, indem er sein tiefes Gedankenleben in dieser Kunstgattung leichter als in Bildwerken oder Gemälden ausprägte. Im Jahre 1878 erschien sein erstes umfangreiches Werk, die »Rettungen ovidischer Opfer«, es folgten von wichtigeren Arbeiten 1880 die »Paraphrase über den Fund eines Handschuhs«, die »Intermezzi« und »Eva und die Zukunft«, ( 1 8 8 1 — 1 8 8 3 ) »Dramen« (1881 —1884), »Ein Leben« (1879—1887), »Eine Liebe«, »Vom Tode I« (beendet 188g), die »Brahmsphantasie« (1891 —1894) und »Vom Tode II« (1898). In engen künstlerischen und persönlichen Beziehungen zu Klinger hat K a r l S t a u f f e r - B e r n ( 1 8 5 7 — 1 8 9 1 ) gestanden, der die vernachlässigte Porträtradierung wieder zu Bedeutung erhob. Wesentlich von Klinger beeinflußt ist O t t o G r e i n e r , neben dessen zahlreichen Lithographien die geringe Zahl seiner Kalt-Nadelarbeiten*) *) Eine Anzahl neuerer Künstler zieht wie Greiner die KaltNadelarbeit der Radierung vor; d. h. sie bedienen sich nicht der Atzung, sondern zeichnen mit der Radiernadel d i r e k t in die Kupferplatte. (Von den Engländern »dry pointe, von den Franzosen »pointe sèche« genannt,)

46 zurücktritt. Den Radierungen E r n s t M o r i t z G e y g e r s ist vor allem eine virtuose Beherrschung der Technik nachzurühmen. Ebenfalls im Anschluß an Klinger hat K ä t h e K o l l w i t z von starkem sozialen Mitgefühl getragene Darstellungen des Arbeiterlebens radiert, in denen ein ausgesprochen dramatisches Temperament sich mit einem nicht gewöhnlichen Darstellungsvermögen verbindet. K a r l K o e p p i n g bewies mehr Glück in seinen feinfühligen Wiedergaben Rembrandtscher Gemälde als in eigenen Kompositionen. Auch H a n s M e y e r s Bedeutung beruht vor allem in seiner technischen Erfahrung. Neben diesen berufsmäßigen Radierern, zu denen in neuerer Zeit der in allen Techniken gleichmäßig gewandte E m i l O r l i k gezählt werden kann, haben sich viele Maler mehr oder minder ausgiebig mit der Radierung beschäftigt. So besitzen wir von W i l h e l m L e i b i einige kleine Radierungen, die den bedeutendsten Schöpfungen dieser Gattung zuzuzählen sind. Hans T h o m a hat eine große Zahl seiner Kompositionen in Radierung wiedergegeben. W i l h e l m T r ü b n e r schuf eine kleine Zahl von Porträtradierungen. Sehr umfangreich und bedeutend ist das radierte Werk M a x L i e b e r m a n n s , der für die ihm eigentümliche Form der malerischen SchwarzWeiß-Zeichnung in der Ätzung und in seiner Spätzeit vor allem in der Kaltnadelarbeit ein neues Ausdrucksmittel von bisher unerhörtem Reichtum geschaffen hat. W a l t e r L e i s t i k o w hat eine Anzahl edler Landschaftsradierungen hinterlassen. M a x S l e v o g t , dessen Begabung entschieden zur Illustration geführt hat, schuf eine Folge von Radierungen zu Mozarts Zauberflöte. L o v i s C o r i n t h beweist seine virtuose Zeichenkunst in einer immer noch wachsenden Zahl von graphischen Arbeiten. In München, wo F r a n z S t u c k gelegentlich radierte, haben Sion L. W e n b a n , Th. M e y e r - B a s e l , O t t o G a m p e r t und R e i f f e n s c h e i d , O s k a r G r a f und E u g e n K i r c h n e r sich vielfach mit der Ätzung beschäftigt. B e r n h a r d P a n k o k hat sich in den verschiedensten Formen der Radiertechnik versucht. Die

47 bewußt kraftvolle Art F r i t z B ö h l e s sucht ihren Anschluß einerseits an Thoma anderseits an den altdeutschen Holzschnitt. W i l l i G e i g e r hat vor allem im Stierkampf seine Motive gefunden. A d o l f S c h i n n e r e r hat sich durch Landschaftsradierungen wie durch einen radierten Zyklus »Die Reise des jungen Tobias« einen Namen gemacht. Schließlich sei noch der in Berlin wirkende H a n s M e i d mit seinen Zyklen zum »Don Juan« und zur Bibel genannt. In Dresden sind R i c h a r d M ü l l e r und O t t o F i s c h e r die bekanntesten Vertreter der Radierkunst, in Weimar wirkte der durch seine Bildnisse bekannte H a n s O l d e , in Königsberg i. Pr. arbeitet der Porträtist H e i n r i c h W o l f f. In Eddelsen nahe Harburg hat sich L e o p o l d G r a f K a l c k r e u t h niedergelassen, der eine große Zahl stimmungsvoller Radierungen geschaffen hat. Unter den älteren Künstlern nahm in Wien neben dem schon oben erwähnten W i l l i a m U n g e r , der durch vortreffliche Stiche (Raffaels Schule von Athen) bekannte L o u i s J a c o b y (1863—1882 Professor der Kupferstechkunst an der Akademie) einen wichtigen Platz ein. Das Haupt der Jüngeren ist F e r d i n a n d S c h m u t z e r , der vor allem ausgezeichnete Porträts geschaffen hat. Von Schweizer Radierern ist A l b e r t W e l t i zu nennen. Die Bemühung, die jüngsten Bestrebungen der Maler, in Beispielen ihrer zum Teil fruchtbaren Radiertätigkeit zu zeigen, hat zunächst zur Vertretung folgender Künstler geführt:Purrmann,Pascin, Großmann. — Heckel, Kirchner, Pechstein, Nolde, Nauen, Lehmbruck, Beckmann. Frankreich. Im Gegensatz zu Deutschland, wo das ausgehende 18. Jahrhundert nur schwache Vertreter der Kupferstechkunst besaß, bleibt Frankreich zu diesem Zeitpunkt besonders in technischer Beziehung auf beträchtlicher Höhe, was u. a. die zahlreichen reizvollen Farbenstiche beweisen. Im ersten Kaiserreich, in der Periode des Klassizismus, war für diese galante Kunst, die auf dem Boden des farbenfreudigen Rokoko erwachsen war, kein rechter Platz mehr — Das Studium alter Kunst-

4« werke zeitigte vielmehr auf dem Gebiet des Kupferstiches die reproduktive Tätigkeit; beeinflußt durch das Vorbild der italienischen Kupferstecher, schufen Künstler wie A u g u s t e B o u c h e r D e s n o y e r s (1779—1857), B l a n c h a r d , D a n g u i n , der später als Radierer bekannte L é o p o l d F l a m e n g u. a. zahlreiche Stiche, meistens nach Raffael. Der kalten Linienstichmanier dieser Künstler setzte H e n r i q u e l - D u p o n t (1797 —1892) eine bewegtere Strichführung bei reicherer Verwendung zarter Linien entgegen und widmete seine Kunst besonders zeitgenössischen Werken (historische Gemälde von Delaroche und Scheffer). F e r d i n a n d G a i l l a r d ging auf dem Wege der Verfeinerung des Stiches bis zur äußersten Grenze. — Einer der ersten, die sich wieder der Radierung zuwandten, war der Landschafter E u g è n e B l é r y , Lehrer von C h a r l e s M e r y o n (1805—1888). Noch im Jahre 1854 war die Technik des Radierverfahrens derart unbekannt, daß F é l i x B r a c q u e m o n d (* "833) sich die notwendigsten Anleitungen aus Büchern verschaffen mußte. In der Folge hat er diese Kunst zu erstaunlicher Höhe entwickelt, was neben den reproduktiven Arbeiten seine vortrefflich beobachteten Szenen aus dem Tierleben beweisen. Léopold Flam e n g , der ursprünglich den Linienstrich geübt hatte, wandte sich in seinen späteren Jahren gleichfalls der Radierung zu. Umfangreiche, technisch vorzügliche Blätter nach älteren und neueren Meistern hat C h a r l e s W a l t n e r , Szenen aus dem Leben der eleganten Dame J a m e s T i s s o t geschaffen. J u l e s J a c q u e m a r t verband eine ungemeine technische Begabung mit scharfer Beobachtung, z. B. in seinen Radierungen nach kostbaren Stücken aus den kunstgewerblichen Sammlungen des Louvre. Alle Radierer dieser Generation überragt C a r i e s M é r y o n (1821—1868). Seine Bilder aus dem alten Paris, die Kirche Notre Dame, die Seine mit ihren Brücken usw. zeigen ein außerordentliches Verständnis für das Architektonische und stellen vielleicht die reifsten Schöpfungen französischer Radierkunst des 19. Jahrhunderts dar. Ihm schließen sich M a x i m L a i a n n e und A d o l p h e A p p i a n

49 an. — F é l i c i e n R o p s ( i 8 3 3 — 1 8 9 8 ) , seiner Geburt nach Belgier (er wurde in Namur geboren und wird deshalb in unserer Sammlung den Niederländern beigezählt), ist seiner Kultur und künstlerischen Richtung nach durchaus Franzose und muß deshalb an dieser Stelle erwähnt werden. Neben seinen geistvollen satirisch-erotischen Kompositionen, die er elegant vorzutragen verstand, hat man zuweilen seine naturfrischen Szenen aus dem Leben des Landvolkes, der Jäger und Fischer mit Unrecht übersehen. Früher und in noch größerem Umfange als in Deutschland haben neben den Berufsradierern auch viele der bedeutenden Maler sich auf der Kupferplatte versucht. Bereits D e l a c r o i x vertraute ihr einige seiner Kompositionen an. Unter den Landschaftern beginnt der Romantiker P a u l H u e t die Reihe, die die Meister von Barbizon fortführen. Von ihnen war C h a r l e s D a u b i g n y (1817—78) ursprünglich auch berufsmäßig als Radierer tätig und hat neben eigenen Landschaftskompositionen gelegentlich Werke alter Meister wiederholt. T h é o d o r e R o u s s e a u (1842—67) hat sich nur in wenigen Ausnahmefällen der Radierung bedient. Auch Corot (17(56—1875) hinterließ nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Radierungen, in deren freier Strichführung die geniale Zeichenkunst des Meisters ihre höchsten Triumphe feiert. Besonderen Ruhm als Radierer genießt J e a n F r a n ç o i s M i l l e t (1814—1875), der seine monumental erfundenen Kompositionen in eine kraftvolle Strichführung zu übersetzen verstand. Seine Darstellungen aus dem ländlichen Leben gelangen im einfachen Schwarz-Weiß der Radierung oft zu stärkerer Wirkung als im gemalten Bilde. Als Zeichner der Tiere, insbesondere der Schafe, hat sich C h a r l e s J a c q u e (1813—94) hervorgetan. In dem Kreise der Meister von Barbizon wurde vielfach auch die Technik des Glasklischees*) geübt. *) Auf einer Glasplatte, die mit Druckerschwärze überzogen ist, verfährt man mit der Nadel wie auf dem Ätzgrund der Radierung. Die blosgelegte Zeichnung stellt ein Negativ dar und wird auf photographisches Papier kopiert. fCupferstichkabinett 4

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