Die Abteilung »Kunstschutz« in Italien: Kunstgeschichte, Politik und Propaganda 1936–1963 [1 ed.] 9783412518080, 9783412224042

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Die Abteilung »Kunstschutz« in Italien: Kunstgeschichte, Politik und Propaganda 1936–1963 [1 ed.]
 9783412518080, 9783412224042

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Brüche und Kontinuitäten Forschungen zu Kunst und Kunstgeschichte im Nationalsozialismus Band 1

Herausgegeben von Magdalena Bushart und Christian Fuhrmeister

Christian Fuhrmeister

Die Abteilung »Kunstschutz« in Italien Kunstgeschichte, Politik und Propaganda 1936  –1963

2019 BÖHLAU VERLAG WIEN KÖLN WEIMAR

Bei dieser Studie handelt es sich um meine geringfügig überarbeitete Habilitationsschrift, die im November 2012 unter dem Titel „Der Deutsche Militärische Kunstschutz in Italien 1943 – 1945 als kunsthistorisches Praxisfeld. Ein Beitrag zur Geschichte der Kunstgeschichte in den Jahren 1936 – 1963“ an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften, eingereicht und im Mai 2013 angenommen worden ist.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar. © 2019 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Lindenstraße 14, D-50674 Köln Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: Kohlhausen Cover, KS-Box-Fondi003, LaGuerraControLarte Korrektorat: Sophie Reinhardt, Berlin Register: Elena Mohr Satz: büro mn, Bielefeld Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-412-51808-0

Inhalt 1. Einleitung: Fragestellung und Erkenntnisinteresse 

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2. Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien 1943 – 1945 als methodischinhaltliche sowie fach- und quellengeschichtliche Herausforderung  . . . . . . . . . . 2.1 Nationale Perspektiven  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Deutsch-italienische Vergangenheitspolitiken nach 1945  . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Quellenlage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Forschungsstand  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

    

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3. Deutsche Kunstgeschichte und auswärtige Kulturpolitik des Deutschen Reiches in Italien 1936 – 1943 im Überblick  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  45 3.1 Kulturpolitik und Kunstgeschichte in Florenz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  54 3.2 Kulturpolitik und Kunstgeschichte in Rom  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  92 Zusammenfassung – und Ausblick auf die Zeit nach dem Sturz Mussolinis am 25. Juli und der Kapitulation Italiens am 8. September 1943  . . . . . . . . . .  110 4. Deutscher Militärischer Kunstschutz im Zweiten Weltkrieg  . . . . . . . . . . . . . . . . . .  123 4.1 Kunstschutz in Serbien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  140 4.2 Kunstschutz in Griechenland  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  146 5. Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien 1943 – 1945  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Zwei Reisen von Franz Graf Wolff-Metternich  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Deutscher Kunstschutz in Italien avant la lettre  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Einrichtung und Aufbau des Militärischen Kunstschutzes in Rom  . . . . . . . 5.4 Die Arbeit des Militärischen Kunstschutzes in Rom von Ende November 1943 bis Ende Mai 1944 – Handlungsprofil Hans Gerhard Evers’  . . . . . . . . . 5.5 Ludwig Heinrich Heydenreich und Herbert Siebenhüner in Florenz (November 1943 bis Juni 1944)  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6 Ein Revirement und seine Folgen: Alexander Langsdorff  . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7 Heydenreich in Mailand (Juli 1944 – April 1945)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8 Das weitere Personal des Militärischen Kunstschutzes in Italien sowie in den Operationszonen Alpenvorland und Adriatisches Küstenland – temporäre Zuweisungen, Anforderungen und Initiativbewerbungen  . . . . . 5.9 Kunstwerke: Schlaglichter auf Vermittlungen, Hinweise und Nachforschungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.10 Kunstschutz und Propaganda – Kunstschutz als Propaganda  . . . . . . . . . . . . .



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6. Nachkriegszeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Nach Kriegsende – das Jahr 1945  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Eine sehr kurze Geschichte des Weißbuchs  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Inversionen: Verharmlosung, Relativierung, Distanzierung, Abgrenzung, Verdrängung und Tabuisierung – eine Skizze  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Dank 



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8. Anhang  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1 Abbkürzungsverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Quellenverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Literaturverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

 

   

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9. Register  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  405

6 I Inhalt

1. Einleitung: Fragestellung und Erkenntnisinteresse Die Geschichte der Kunstgeschichte – als akademisches Fach, als geisteswissenschaft­liche Disziplin – wurde lange Zeit dezidiert fachimmanent, d. h. im Kern als Geschichte kunsthistorischer Veröffent­lichungen, begriffen und beschrieben.1 Als Untersuchungsgegenstände der Fachgeschichtsschreibung galten „vornehm­lich nur wissenschaftsinterne Strukturen und Ausdifferenzierungsprozesse“.2 Eher selten hat sich die fachgeschicht­liche Forschung den vielfältigen Praxisfeldern 3 von Kunsthistorikern, ihren Interaktionen mit Staat, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft (bzw. [Kunst-]Markt) zugewandt, noch seltener ihrer „lebenswelt­lichen Situation“4 und ihren intrinsischen oder karrierebezogenen Motiven und 1 Exemplarisch genannt s­eien Kirchner 1948 und vor allem Kultermann 1981 (die erste Ausgabe erschien 1966 und wurde für die Taschenbuchausgabe nur geringfügig überarbeitet). Auf zwei Beispiele für Kultermanns ausgesprochen selektive binnenfach­liche Sichtweise sei knapp hingewiesen: So bemerkt er zu Wilhelm Vöge (1868 – 1952), dem Doktorvater von Erwin Panofsky, eher kryptisch, er sei „1933 […] erneut durch äußere Umstände behindert“ worden (S. 349), und im abschließenden Kapitel XX, „Kunstgeschichte heute“, verweist Kultermann (S. 411) offenkundig zustimmend auf „Worte von Kunsthistorikern, die etwa auf den offiziellen Kongressen dieser Disziplin gefallen sind und die besagen, dass der Kunsthistoriker nicht gerade zu den Lebensgewandtesten gehört, dass die Verbindung ­dieses Berufs mit dem realen Leben also nicht harmonisch ist.“ – Hingewiesen sei auch auf Döscher 2005, S. 297 – 298: In Reaktion auf den von Hans-­Peter Schwarz erhobenen Vorwurf, Adenauer habe sich mit der Wahl von Wilhelm Hausenstein für den Posten des Botschafters in Paris einen „ziem­lich unpolitischen Kunsthistoriker […] aufschwatzen lassen“, meint Döscher festhalten zu müssen: „Kunsthistoriker sind nun einmal in der Regel keine ausgesprochen politischen Köpfe.“ – Zum Spannungsverhältnis von Person, Werk und Kontext siehe aus wissenschaftsgeschicht­licher Perspektive das Monitum von Middell, Thoms und Uekötter 2004a, S. 20: „Dennoch behandeln bis heute selbst s­olche biographische Arbeiten, die sich dezidiert auf sozialhistorische Ansätze berufen, Werk und Person des Wissenschaftlers oft getrennt, konzentrieren sich zudem ganz auf die wissenschaft­liche Biographie, d. h. die betreffenden wissenschaft­lichen Arbeiten.“ 2 So Klingemann 1996, S. 9, für die Geschichte der Soziologie; diese „verengte Perspektive“ müsse überwunden werden. 3 Mit dem Begriff Praxisfeld – als einer bewusst weiten und einschließenden Bezeichnung für alle Tätigkeiten und Aktivitäten eines Kunsthistorikers – plädiere ich für eine ganzheit­liche Betrachtungsweise. Zum Begriff Feld vgl. Bourdieu 2011, S. 62 – 73; siehe bes. S. 64 (als „Struktur objektiver Beziehungen“) und seine Überlegungen, inwieweit auch „der Ökonomie entliehene Begriffe (wie Konkurrenz, Monopol, Angebot, Nachfrage, usf.)“ als Analysekategorien Berücksichtigung finden könnten oder sollten (S. 66). 4 Thiel 2006, S. 173, mit Verweis auf Götz Aly: „In der Berücksichtigung der lebenswelt­lichen Situation liegt ein Schlüssel für die Erklärung des aus heutiger Sicht befremd­lichen Anpassungsverhaltens deutscher Wissenschaftler während der nationalsozialistischen Diktatur.“

Motivationen.5 Erst seit wenigen Jahren kann von einer dezidierten Kontextualisierung der Fachgeschichte gesprochen werden, von einer stärkeren Untersuchung von Beziehungs­ gefügen und Rahmenbedingungen, von Austausch- und Transferprozessen sowie von Resonanz- und Rückkopplungsdruck;6 erst seit Kurzem kennen wir Studien, die genauer untersuchen, wie kunsthistorische Forschungstendenzen auf außerakademische Diskurse und politische Konstellationen reagieren, aber auch auf diese zurückwirken können.7 Es kann nicht überraschen, dass diese Öffnung und Neuausrichtung der Fachgeschichtsschreibung sich in besonderem Maße gerade der Zeit des Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit gewidmet hat – ja dass diese Neuausrichtung auch aufgrund der erstmaligen Auswertung von Quellen der 1930er bis 1950er Jahre, die in den 1990er Jahren zugäng­lich (und erschlossen) wurden, teilweise sogar initiiert, auf jeden Fall aber befördert worden ist.8 Eine wichtige Rolle spielt dabei in jüngster Zeit das besonders dynamische Feld der Provenienzforschung zu NS -verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut, denn natür­lich haben auch die in Seilschaften und Netzwerken organisierten und/oder in kompetitiven oder konkurrierenden Strukturen agierenden Protagonisten zumindest eine partielle, oftmals frei­lich eine ganz reguläre vollständige akademische Ausbildung absolviert bzw. erhalten. Ältere disziplingeschicht­liche Modelle, die überwiegend von passiver Inanspruchnahme, von Gleichschaltung, Instrumentalisierung, Missbrauch und Vereinnahmung des Faches ausgingen oder die Verstrickung 9 einzelner Protagonisten betonten, sind nunmehr von ­Studien zur aktiven, bewussten und freiwilligen Indienststellung von Institutionen und 5 Vgl. Hausmann 2002a, S. 58 – 59, der für die Bereitschaft, eine der Leitungsfunktionen an einem der sechzehn seit April 1940 errichteten Deutschen Wissenschaft­lichen Institute zu übernehmen, eine „Mischung aus Pf­lichtgefühl, Idealismus, Eitelkeit und Überzeugung“ diagnostiziert. Vgl. auch Petropoulos 2005, der speziell für das Teilgebiet des Kunstraubs ein grundsätz­liches Spannungsgefüge ­zwischen „Orders from Above“ und „Rivalry“ sowie z­ wischen „Initiatives from Below“ und (systemimmanenter) „Competition“ postuliert; als individuelle Motivationen für die Partizipation an Erwerb, Beschlagnahme und „Sicherstellung“ von Kunst schlägt er – der Diagnose von Hausmann eng verwandt – unter anderem vor (S. 114): „sincere belief in the ideological project“, „wish for promotion“, „professional ambition“ und „pursuit of personal wealth“. 6 Bollenbeck, Knobloch 2001, S. 6. 7 Vgl. Sünderhauf 2004, passim. – Exemplarisch für eine s­ olche Kontextualisierung sei auf die monumentale Studie Arend 2009a verwiesen. – Vgl. auch Kohler 2011, S. 10 – 11, der für die Institution Museum einen „rein institutionsgeschicht­lichen Ansatz“ ablehnt und, unter anderem mit Bezug auf Gottfried Korff und Jörn Rüsen, eine „Rückkoppelung an die Gesellschaftsgeschichte“ fordert. 8 Dies bezeugt nicht zuletzt das Bekenntnis von Christof Thoenes (Thoenes 2007, S. 232): „[…] und ich entsinne mich meiner eigenen tiefen Verblüffung, ja meines Unglaubens, als ich 1982 in den alten Jahresberichten auf die Namen Göring, Papen und Hitler stieß und auf das, was dann kam. Die Verdrängung hatte perfekt funktioniert.“ 9 Zur Kritik ­dieses Topos siehe Doll, Fuhrmeister und Sprenger 2005, Einleitung, S. 10. – Als ein Beispiel für die Langlebigkeit dieser Vorstellungen sei auf Frodl-­Kraft 1997, S. 255, verwiesen, die die „dämonischen Suggestivkräfte des Nationalsozialismus“ als „mächtig“ und „unausweich­lich“

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von ­Kunsthistorikern zwar nicht abgelöst, aber doch in starkem Maße relativiert worden. Diese neueren Arbeiten berücksichtigen die einschlägigen Stichworte aus der gängigen wissenschaftshistorischen Literatur – wie Selbstgleichschaltung 10, Selbstmobilisierung 11 und Selbstindienststellung 12 – und ergänzen sie teilweise auch um handlungstheoretische Modelle. Konsensfähig erscheinen daher heute, im Einklang mit neueren Ansätzen der Wissenschaftsgeschichte (wie Mitchell Ashs Modell der wechselseitigen Ressourcen Wissenschaft und Politik 13) vor allem Untersuchungen, die simple binäre Schemata von Politik und Ideologie einerseits und unabhängiger, objektiver Fachwissenschaft andererseits überwinden und die „osmotischen Beziehungen ­zwischen wissenschaft­licher Argumentation und nationalsozialistischer Herrschaftspraxis“14 ins Auge fassen. Dies leuchtet schon im Hinblick auf das holistische und interdisziplinäre Wissenschaftsverständnis im NS-Staat unmittelbar ein, denn dort, etwa im Reichsinstitut für die Geschichte des Neuen Deutschlands, strebte man ausdrück­lich danach, „eine ‚politische Wissenschaft‘ zu verwirk­lichen, die zu ihrer echten Gestaltung ebenso sehr des strengsten wissenschaft­lichen Wahrheitsstrebens wie der Kraft großer politischer Leiden­schaft bedurfte“, und wollte eben die „Einheit von Politik und Wissenschaft“ konkret vor Augen führen.15 „Forschung and swastika seemed to have turned into one“, bemerkte Philipp Fehl (1920 – 2000) rückblickend.16 Auf den ersten Blick scheint diese enge Verbindung auch Hans Gerhard Evers (1900 – 1993)17 bewegt zu

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bezeichnet (wobei sie sich auf Dagobert Frey bezieht, der selbst – als „empfäng­liche Natur“ – diesen Kräften im „sensiblen Milieu der deutschen Ostgrenze“ ausgesetzt gewesen sei). Vgl. Langewiesche 1997. Etwa Weisbrod 2002b, S. 12. Etwa Thiel 2004, S. 127. – Nicht überzeugend erscheint mir der von Brands 2012, S. 6 und passim, gebrauchte Terminus „Selbstindienstnahme“ (anstelle von „Selbstindienststellung“). Ash 2002; siehe auch die informative und konzise Diskussion im Forschungsbericht von Hachtmann 2008, S. 540 – 541. – Vgl. ergänzend das Fazit der politikwissenschaft­lichen Arbeit von Gesche 2006, S. 15, die als Ergebnis festhält, „dass weniger Zwang, sondern normative Übereinstimmungen zu einer Zusammenarbeit von traditionellem Kulturvermittler und totalitärem Staat geführt haben.“ Matheus 2010, S. 43 – 44. Frank 1941, S. 7 – 9 (Vorrede, datiert auf den 18.8.1940), hier S. 7. Als Ideal formuliert Frank, sein Institut solle „in seinem innersten Kern nicht nur eine wissenschaft­liche Forschungsgemeinschaft [sein], sondern es soll gerade auch für seine junge Mannschaft eine geistige Heimat des totalen Menschen sein, so wie es für den Soldaten sein Regiment werden kann“ (S. 9, im Original ganzer Satz gesperrt). – Wissenschaft und Politik im Nationalsozialismus können daher kaum als Gegensätze verstanden werden; zutreffender erscheint es, mit Nagel, Sieg 2000, S. VIII, das „Dritte Reich“ als „Ära wissenschaft­licher Großforschung“ zu betrachten, „die durch riesige außeruniversitäre Netzwerke und rasch steigende Etats geprägt wurde.“ Fehl 1996, S. 171. Zu Hans Gerhard Evers, siehe die Biographie von Christiane Fork in Metzler 1999, S. 80 – 82, und Metzler 2007, S. 84 – 86; vgl. Fuhrmeister 2005, S. 221 – 226; speziell zu seinem Einsatz in Norditalien, vgl. Ghibaudi 2012.

Einleitung  I  9

1  Hans Gerhard Evers auf einer Exkursion mit Studierenden, nicht datiert (vermut­lich zweite Hälfte 1930er Jahre), Fotograf unbekannt (aus dem Fotoalbum von Adriane Heimendahl, München).

haben, als er am 8. Januar 1939 dem Dekan der Philosophischen Universität München und späteren ‚Führer-­Rektor‘, SS-Hauptsturmbannführer Walther Wüst, mitteilte: „Ich habe nie über Wissenschaft und über Kunst und Kunstgeschichte anders als politisch denken wollen.“18 Auf den zweiten Blick, und unter Berücksichtigung von Evers’ Schriften wie Staat aus dem Stein (1929) und Tod, Macht und Raum als Bereiche der Architektur (1939), kann seine Formulierung frei­lich auch als Ausdruck der Überzeugung verstanden werden, dass Machtund Herrschaftsverhältnisse stets eine essentielle Rolle bei der Entstehung von Kunst – und zumal von Architektur – spielen, die politische Dimension also vom Kunsthistoriker immer mitgedacht werden muss. Nichtsdestotrotz stellt sich grundsätz­lich die Frage, ob und inwiefern es im Nationalsozialismus überhaupt mög­lich war, „sich in die ‚innere Emigration‘ der reinen Sachforschung“ zurückzuziehen.19 Das Problemfeld, das hier zur Untersuchung ansteht, wird letzt­lich auch in der Denkfigur einer angeb­lichen „intellektuellen Abgeschnittenheit des Dritten Reiches“20 greifbar, denn

18 UAM, O-XIV-511, zitiert nach Fuhrmeister 2005, S. 223; dort auch nähere Erläuterung des Kontextes (1938 Entzug der Lehrbefugnis wegen „jüdischer Versippung“, Scheidung, erneute Heirat, August 1939 Ernennung zum Dozenten neuer Ordnung), weswegen die Mög­lichkeit erwogen werden muss, dass Evers Anfang 1939 strategisch das formulierte, was von ihm erwartet wurde – was nicht als Relativierung, sondern als Nuancierung zu betrachten ist. – Zu Wüst, siehe Schreiber 2008a. 19 In Abwandlung von Peter Betthausens Kurzbiographie von Wilhelm Pinder, in Metzler 1999, S. 309 – 312, hier S. 311: „P. gehörte nicht zu denen, die Deutschland verließen oder sich in die ‚innere Emigration‘ der reinen Sachforschung zurückzogen.“ 20 Sauerländer 1997, S. 23.

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selbstverständ­lich gab es nationalsozialistische Intellektuelle (oder Akademiker), die, etwa im Rahmen der Achsenpartnerschaft mit dem faschistischen Italien, an Kontakt, Austausch und grenzüberschreitender Vernetzung interessiert waren.21 Doch ebenso wie die strukturellen Ambivalenzen des Individuums der kritischen Autopsie bedürfen, so muss auch die prinzipielle Janusgesichtigkeit eines Phänomens wie „Kulturtransfer“ untersucht werden – vor allem dann, wenn „Kulturtransfer Feindschaft generiert und […] Feindschaft zum Movens für Anleihen beim Feind wird. Gegenerschaft wird damit zu einem Baustein, ohne den sich die Genese Europas nicht erklären lässt.“22 Denn nicht nur populärwissenschaft­ liche Veröffent­lichungen erlebten eine Hausse, auch ein kunsthistorischer Fachverlag wie der 1921 gegründete Deutsche Kunstverlag „entwickelte sich während der NS-Herrschaft prächtig. […] Das Geschäft blühte und kam auch während des Krieges keineswegs zum Erliegen“23 – im Gegenteil, der Verlag wurde als „Wehrbetrieb“ anerkannt. Für die heutige Forschungslage gibt es dabei ein doppeltes Desiderat: Auf der einen Seite haben kunsthistorische Arbeiten zur Geschichte der Kunstgeschichte im Nationalsozialismus die verschiedenen jüngeren, unterschied­lich akzentuierten Studien – wissenschaftsgeschicht­ lich, ideengeschicht­lich, disziplingeschicht­lich – bisher nur punktuell wahrgenommen; auf der anderen Seite ist mit Rainer Kahsnitz darauf hinzuweisen, dass die intensive Bearbeitung der Geschichte der Geistes- und speziell der Kulturwissenschaften im Nationalsozialismus in verschiedenen Sammelbänden und Handbüchern in den Jahren 2000 bis 2008 gerade die Disziplin Kunstgeschichte nicht berücksichtigt hat.24 Wichtig ist in ­diesem Zusammenhang, dass die lange dominierende Vorstellung vom Nationalsozialismus als totalitärer Diktatur und monolithischer Herrschaftsstruktur durch eine stärkere Berücksichtigung des polykratischen Charakters des NS-Regimes 25 in Frage gestellt worden ist. Wegen der NS-internen Grabenkämpfe um Ressourcenallokation 26 und der massiven Auseinandersetzungen z­ wischen einzelnen Akteuren, Organisationen und Institutionen, z­ wischen zentralen, regionalen und kommunalen Entscheidungsträgern, hat die zeithistorische Forschung verschiedent­lich Aushandlungsmög­lichkeiten betont und, beispielsweise in der neueren Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte, eine dynamische Spannung ­zwischen „restriktiven Rahmenbedingungen und massiven Durchgriffen des NS-Staates“ einerseits und „Spielräume[n] und Verhandlungsmacht“27 andererseits ­konstatiert. 21 Zahlreiche Beispiele für die „Verflechtung von Wissenschaft und Politik“ liefert Impekoven 2013. 22 Die Ambivalenzen betont beispielsweise Abel in ihrer Untersuchung des Osteuropahistorikers Peter Scheibert (Abel 2016 – dazu später mehr); die Dialektik von Feindschaft und Kulturtransfer (Zitat) erörtern Aust, Schönpflug 2007, S. 17. 23 Königseder 2016, S. 109 und 111, die folgende Einstufung als „Wehrbetrieb“ S. 112. 24 So sind beispielsweise die Thesen von Raphael 2001 oder Szöllösi-­Janze 2002 in der Kunstgeschichtsschreibung meines Wissens bisher nicht näher diskutiert worden. – Kahsnitz 2008, S. 77, Anm. 2. 25 Exemplarisch sei auf die Beiträge in Hachtmann, Süß 2006 verwiesen, besonders auf Gotto 2006. 26 Hettling 2004, hier mit Bezug auf Weisbrod 2002b, S. 18. 27 Berghoff, Kolbow 2010, S. 129.

Einleitung  I  11

Auch wenn die nationalsozialistische Diktatur als „ideologisch wie politisch-­praktisch ausgesprochen elastisch“28 wohl zu verkürzt charakterisiert ist, so gehören Heterogenität,29 Dynamik, Variabilität, „kumulative Radikalisierung“ (Hans Mommsen), „partikulare Vielfalt“30 und eben Entscheidungsoptionen heute dennoch untrennbar zu einem differenzierten Bild des NS-Staates. Dasselbe gilt zweifellos auch für die Wissenschaftspolitik, wo es „trotz Gleichschaltung und Führerprinzip […] gewisse Handlungsspielräume, eine ‚geduldete Mehrstimmigkeit‘“31 gab. Die Relevanz dieser zeithistorischen Differenzierungen für die Geschichte der Kunstgeschichte liegt auf der Hand, da die traditionelle Gegenüberstellung von Politik und Wissen­ schaft 32 mit unveränder­lichen Kategorien, geschlossenen Systemen und klar definierten Weisungsbefugnissen einherging. Wollte man diesen Entwicklungsprozess umschreiben, dann würde der Vorstellung einer „prinzipiellen Kollision“33 starrer Elemente ein binäres oder dichotomisches Modell entsprechen. Demgegenüber lassen sich die neueren Forschungstendenzen, die gezielt nach Überschneidungen, Überlappungen und Interdependenzen fragen, eher mit der Metapher einer durchlässigen Membrane charakterisieren. Dazu gehörten auch Untersuchungen, die im Anschluss an Ian Kershaw danach fragen, wer aus ­welchen Gründen meinte, „dem Führer entgegenarbeiten“ zu müssen, oder die Berücksichtigung neuerer Ansätze und Modelle wie etwa der Resilienz, d. h. der Anpassung unter Wahrung der Identität, oder die systematische Fokussierung und Reflexion aller mit der histoire croisée und überhaupt transnationalen Forschungsansätzen verbundenen Herausforderungen und Konfliktpotentiale.34 In dem Moment, in dem die vormals getrennten Sphären als interdependent erkannt werden, drängen sich unweiger­lich Fragen nach Ermessens- und Entscheidungsspielräumen sowie nach Handlungsoptionen (und ihren Konsequenzen) auf. Ohne die Bedeutung der Zwänge, Automatismen, Hierarchien und Handlungslogiken der nationalsozialistischen Diktatur zu verkennen oder gar zu verharmlosen, geht mit der Auflösung der binären 28 Hachtmann 2008, S. 562. Was die Kunstgeschichte betrifft, erwähnt Hachtmann indes ledig­lich Held, Papenbrock 2003. Dieser Band enthält in der Tat wichtige Beiträge, doch folgten ihm bis 2008 viele weitere Studien (wie etwa Aurenhammer 2004/2005; Doll, Fuhrmeister und Sprenger 2005; Kott 2006). Unklar ist, wieso Hachtmann durchgängig Hans Sedlmayr als „Sedlmeyr“ schreibt (S. 597 – 598) – bei Kahsnitz 2008, S. 101, hingegen „Sedlmayer“ und S. 102 „Sedlmaier“. 29 Hachtmann 2008, S. 567. 30 So Dahm 1995, der für den Bereich der Kulturpolitik die Spannung z­ wischen nationalen und regionalen, ­zwischen zentralen und partikularen Interessen diskutiert. 31 Bollenbeck 2001, S. 12. 32 Vgl. Hachtmann 2007, Bd. 2, S. 1106, der zu den apologetischen Argumentationslinien dieser Entlastungsstrategie den wichtigen Hinweis beisteuert, dass „der Begriff politisch auf parteipolitisch reduziert und wissenschaftspolitische Funktionen und Tätigkeiten ausgeklammert“ worden s­ eien. 33 Losemann 1977, S. 7. 34 Vgl. Paulmann 2007, S. 343 und 348.

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Struktur – hier Politik oder Ideologie, dort Wissenschaft – jedoch zwangsläufig eine andere Bewertung von Handlungen und Handlungsverweigerungen auch von Kunsthistorikern einher. Dieser hier nur skizzierte Problemhorizont wird ex negativo auch an Studien wie derjenigen von Rainer Kahsnitz zur Geschichte des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft deut­lich, der – trotz seiner verdienstvollen und wichtigen Quellen- und Literaturarbeit – in Reaktion auf und in Auseinandersetzung mit den Forschungen der 2000er Jahre erneut die traditionelle Sichtweise von Politik und Wissenschaft als prinzipiell getrennte Sphären zu reklamieren sucht.35 Demgegenüber sei auf die in den letzten Jahren verstärkte Forschung zu Grauzonen und Zwischenbereichen verwiesen, zu Heterogenitäten, Inkonsistenzen und Widersprüchen gerade der NS-Kunst- und Wissenschaftspolitik. Genannt sei an dieser Stelle auch das lange Zeit kaum beachtete Feld der auswärtigen Kulturpolitik, in dem Wissenschaft traditionell eine große Rolle spielt.36 Davon zeugt nicht zuletzt die ausgesprochen reichhaltige Dokumentation der intensiven Bemühungen der deutschen Botschaften, Gesandtschaften und Konsulate im Ausland und des Auswärtigen Amtes in Berlin. Jens Petersen hat in ­diesem Zusammenhang zu Recht darauf aufmerksam gemacht, dass Fragen der Kulturpolitik weder in der herkömm­lichen Zeitgeschichte noch in der Diplomatie-­Geschichtsschreibung oder in der Politikwissenschaft genauer erörtert worden sind.37 Die Berücksichtigung der Wechselwirkung von Kulturpolitik und fachwissenschaft­licher Entwicklung erscheint indes schon deshalb wichtig, weil die Initiativen der deutschen Kunstgeschichte und die Aktivitäten deutscher Kunsthistoriker im Ausland – sei diese Arbeit institutionell verankert oder nicht – immer in einem größeren kulturpolitischen Kontext stehen. 35 Kahsnitz 2008. – Um nur ein Beispiel für die Binsenweisheit zu geben, dass „jeder Wissenschaftler politisch-­ökonomisch-­gesellschaft­lich eingebunden ist“ (Hachtmann 2008, S. 549), sei auf einen Brief von Wolfgang Schöne (1910 – 1989; 1933 Eintritt in die SA, 1934 Promotion Frankfurt am Main, 1937 Eintritt in die NSDAP, 1943 Habilitation Freiburg im Breisgau, ab 1947 Ordinarius in Hamburg), der in Dänemark am „Einsatzort“ stationiert ist, an einen Mitarbeiter der Nationalgalerie Berlin vom 26. Juni 1940 hingewiesen (SMB-ZA, I/NG 1260): „Die grossen Ereignisse des Westens übersteigen alles, was man hoffen, ja, was man für mög­lich halten konnte. Um ein Feldherrengenie zu finden mit dem man den Führer vergleichen könnte muss man schon Napoleon nennen, nur dass wir alle das feste Vertrauen haben dürfen, dass der Führer das hat, was Napoleon fehlte, näm­lich die Kraft, eine Neuordnung der politischen Verhältnisse Europas zu schaffen, die nicht nach kurzer Zeit zerfällt, sondern eine dauerhafte Grundlage für lange glück­liche Entwicklungen bildet.“ Vgl. den dreiseitigen Lebenslauf vom 10.5.1941 im DKA, GNM, Nachlass Kurt Bauch, IC 12. Der Nachlass Schöne im Umfang von 201 Kästen und Ordnern befindet sich in der Handschriften­ abteilung der Staatsbibliothek zu Berlin (NL 264; von mir nicht eingesehen). Zu Schöne, siehe Schneider 2010, bes. S. 58. 36 Dazu Trommler 2014, S. 522 – 534 (Unterkapitel „Die Rolle der Wissenschaft für die Außenwirkung deutscher Kultur“), und passim. 37 Petersen 1988, S. 44, Anm. 1; auch der Bericht der Unabhängigen Historikerkommission (Conze, Frei, Hayes und Zimmermann 2010) geht auf Fragen der Kulturpolitik nicht ein.

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Vor d ­ iesem Hintergrund widmet sich diese Fallstudie einem zeit­lich und geographisch eng begrenzten Praxisfeld: Der Tätigkeit deutscher Kunsthistoriker zunächst in Mittel-, später vor allem in Norditalien z­ wischen Oktober 1943 und Anfang Mai 1945 – einschließ­ lich einer knappen Darstellung deutscher Forschungsaktivitäten in Italien ab 1936 und des späteren Umgangs der Protagonisten mit ihrer Tätigkeit (Selbstwahrnehmung) sowie der Deutung ihrer Arbeit durch andere (Fremdwahrnehmung) in der Zeit von 1945 bis Anfang der 1960er Jahre. Der Begriff Praxisfeld führt dabei „Verhalten und Verhältnisse“ (Hans Günter Hockerts) zusammen und fokussiert auf die Kategorie der „agency“, also des Handelns bzw. der Handlungsmög­lichkeiten im sozialwissenschaft­lichen Sinn. Der eigent­liche Untersuchungsgegenstand ist somit zwar vergleichsweise leicht überschaubar, doch müssen neben individual- und kollektivbiographischen auch institutions-, organisations- und strukturgeschicht­liche sowie rezeptions- und fachgeschicht­liche Perspektiven angemessen berücksichtigt und erörtert werden.38 Eben weil es um Aktivitäten und Handlungsspielräume geht, müssen ihre Voraussetzungen ebenso wie ihre Auswirkungen oder Resultate analysiert werden, in der Zusammenschau biographischer Forschung mit institutions- und strukturgeschicht­lichen Abhandlungen.39 Angestrebt wird daher insgesamt weniger eine (äußere) Ereignisgeschichte als vielmehr eine kritische Bewertung des Praxisfeldes selbst, also der „Abteilung Kunstschutz“, als Teil der „Abteilung Kunst-, Archiv- und Bibliotheksschutz“, angesiedelt beim Chef der Militärverwaltung beim „Bevollmächtigten General der Deutschen Wehrmacht in Italien“.40 Diese Fokussierung bedingt frei­lich zugleich, dass früherer und späterer Werdegang oder gar die Lebensleistung der Protagonisten d ­ iesem spezifischen Erkenntnisinteresse untergeordnet werden, weil nur so eine konzise Studie erarbeitet werden kann.

38 Eine Notwendigkeit, mich entweder für einen biographischen Zugriff (Mikrohistorie) oder für strukturelle, generalisierte Aspekte (Makrohistorie) zu entscheiden, vermag ich nicht zu erkennen. Vgl. die ähn­lichen Überlegungen zur Gattung Biographie von Jedlitschka 2006, S. 18 – 19, sowie Bollenbeck, Knobloch 2001, S. 5: „Doch verführt die biographische Perspektive – ohne die hinreichende Aufarbeitung veränderter Forschungs- und Resonanzbedingungen – häufig zu exkulpierenden Missbrauchsgeschichten wie zu personalisierenden Schuldzuschreibungen.“ Vgl. in ­diesem Zusammenhang auch die Besprechung von Bushart, Gasior und Janatkovà 2016 durch Witte 2017, S. 6: “[…], this volume demonstrates that German art historiography has taken a particular course in which academic practice and the institutional context have become just as important as the philosophical concepts adopted by its practitioners, and that this is all the more relevant when studying the discipline in times of regime change.” 39 Vgl. Abel 2016, S. 12. 40 So der Briefkopf eines Schreibens vom 27. Mai 1944 (an die Platzkommandantur Siena), Archiv KHI, Varia I, Praktischer Kunstschutz Siena Pisa. – Gelegent­lich ist in den Quellen abweichend von der „Abteilung Kunst-, Bibliotheks- und Archivschutz“ die Rede.

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Der erste Schritt ist dabei die Sammlung und Zusammenstellung von verfügbaren Informationen und Indizien, der zweite die Erschließung bislang unberücksichtigter Quellen.41 Die in den Text integrierte Analyse kontextualisiert und bewertet diese Befunde im Lichte der aktuellen zeitgeschicht­lichen und disziplingeschicht­lichen Forschungsansätze. Anders – einfacher – gesagt: Während die Gründe für Verdrängung und Amnesie unschwer zu benennen sind, möchte ich verstehen, warum Kunsthistoriker mach(t)en, was sie mach(t)en. Inwiefern sind persön­liche und wissenschaft­liche Motivation deckungsgleich? Ziel der – notwendig multiperspektivischen – Untersuchung ist eine quellenbasierte Analyse der Aktivitäten jener kleinen Gruppe deutscher Kunsthistoriker, die im Rahmen des Militärischen Kunstschutzes in Italien tätig waren. Zunächst ist zu klären, worin die Tätigkeit des Deutschen Militärischen Kunstschutzes in Italien bestand: Erschöpfte sich sein Auftrag darin, Belegungsverbote für künstlerisch oder kulturell bedeutsame Gebäude zu erteilen, Transporte zu ermög­lichen, Schutz- und Reparaturmaßnahmen einzuleiten und die italienischen Denkmalpfleger und Museumskuratoren logistisch zu unterstützen? Was genau waren die Aufgaben? Wem gegenüber war der Kunstschutz weisungsgebunden? Spielte auch die Vermittlung von Verständnis für Kunst und Kultur in der eigenen Truppe eine Rolle? Eng damit verbunden sind die Diskussion und Bewertung der Frage, in w ­ elchen Bereichen der Kunstschutz objektiv gute Arbeit geleistet – oder zumindest Schäden aktiv verhütet – hat und ­welche Tätigkeitsfelder demgegenüber als problematisch betrachtet werden müssen.42 Von elementarer Bedeutung sind dabei die kultur- und vor allem besatzungspolitischen Rahmenbedingungen, gab es doch einen intensiven deutsch-­italienischen Austausch in vielen Bereichen, vor und nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“, vor und nach dem bilateralen Abkommen von Oktober 1936 („Achse Berlin-­Rom“),43 vor und nach dem deutsch-­italienischen Kulturabkommen vom 23. November 1938,44 vor und nach dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939, vor und nach der italienischen Kriegserklärung an Großbritannien und Frankreich am 10. Juni 1940, vor und nach der gemeinsamen Kriegserklärung Deutschlands und Italiens an die Vereinigten Staaten am 11. Dezember 1941, vor und nach der Landung der Alliierten in Sizilien im Juli 1943. Die Kernfrage lautet hier: Welche dieser zwischenstaat­lichen Beziehungen erfuhren nach der italienischen Kapitulation am 8. September 1943 und im Rahmen der umgehenden deutschen Besatzung eine fruchtbare Entfaltung und Vertiefung, ­welche wurden im Herbst 1943 beendet? Wo gab es weiterhin Kooperation, wo Konfrontation mit Italienern, aber auch 41 Vgl. Hachmeister 1998, S. 25: „Für eine zureichende Analyse […] geht es tatsäch­lich zunächst einmal ganz profan um das Sichten von Material, das Erschließen neuer Quellen und vor allem die Rekonstruktion von Mentalitäten und Biographien.“ 42 Die mich im Folgenden beschäftigenden Punkte habe ich vor einiger Zeit schon einmal in etwas anderer Diktion formu­liert, siehe Fuhrmeister 2012a, S. 17 – 19. 43 Vgl. Bernhard 2011. 44 Petersen 1988.

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mit Briten und Amerikanern? Konnte die professionelle Identität als Kunst- oder Architekturhistoriker unter den Bedingungen des „Totalen Krieges“ noch internationale bzw. transnationale Bindungskräfte entwickeln, oder ging mit der staatsbürger­lichen Zugehörigkeit zwangsläufig ein nationalistisch oder patriotisch grundiertes Selbstbild einher? Wie wirken in d ­ iesem Kontext Nationalität, beruf­liches Selbstverständnis sowie Mitgliedschaften und Zugehörigkeiten (etwa in der NSDAP oder der SS) auf das Alltagshandeln in einem besetzten Land ein? Welche Auswirkungen haben individuelle Prägungen durch Elternhaus, Studium und Berufstätigkeit, w ­ elche Rolle spielen persön­liche Überzeugungen in einer ,Kriegsgesellschaft‘? Inwiefern, um eine weitere Betrachtungsperspektive zu eröffnen, ist die Tätigkeit im Kunstschutz paradigmatisch für das Verhalten von Geisteswissenschaftlern unter gesellschaft­lichem, politischem oder institutionellem Druck? Hier schließen sich aus handlungstheoretischer und akteursspezifischer Perspektive 45 notwendig weitere Fragen an: Welche Handlungsfelder bieten größere Spielräume als andere? Wer nutzt wann ­welche Entscheidungsspielräume – und wer nicht und warum? Auch wenn es ein Gemeinplatz ist: Diese für den Alltag ebenso wie für die Wissenschaftspraxis generell wichtige Frage stellt sich im Krieg umso drängender: „Our problems (and those of our neighbours) were of a different nature: they arose from a continual necessity to weigh, not between courage and cowardice or between right and wrong, but between conflicting duties and responsibilities, equally urgent. Every day the need for deciding between them would arise […].“46

Wie müssen wir uns diese Reibung von Individuum und administrativen Strukturen – von Verwaltungshierarchien, Weisungsbefugnissen und Befehlsketten bis zum profanen Alltag einer Besatzungsmacht – konkret vorstellen? Was bedeutet es, wenn Universitätsdozenten und Museumskuratoren in einem bürgerkriegsähn­lichen und von mörderischer Partisanenbekämpfung ebenso wie massiven alliierten Luftangriffen geprägten Umfeld arbeiten sollen und müssen? Können einer Militärverwaltung zugeordnete Kunsthistoriker das Ausmaß von Schäden und Zerstörungen (durch Belegungsverbote, bau­liche Schutzmaßnahmen in situ und Translozierung beweg­licher Werke) prinzipiell nur leicht verringern und lindern, also sozusagen bestenfalls palliativ wirken, oder können sie zumindest fallweise ein Baudenkmal

45 Vgl. zu dieser Perspektive und den damit verbundenen Analysemög­lichkeiten Gudehus 2011. 46 Iris Origo: Preface [datiert „La Foce, 1944“], in: Origo 1951, S. 7 – 16, hier S. 12, bzw. Repr. 2008, S. 15 – 26, hier S. 21. – Origo (1902 – 1988), eine mit einem Italiener verheiratete Engländerin (Vater Amerikaner), schildert in ihrem mehr oder minder authentischen Tagebuch (siehe dort S. 25), auf das noch einzugehen sein wird, die Dynamik der Kriegsereignisse aus der Perspektive der Landbevölkerung. Eher selektiv wird ihre eindrucksvolle Schilderung der Problemkonstellationen (z. B. Bürgerkrieg ­zwischen Partisanen und Faschisten) auch in rezenten italienischen Publikationen zustimmend zitiert, siehe etwa Gesualdi 2002.

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dauerhaft schützen oder eine (staat­liche oder private) Gemäldesammlung wirk­lich unversehrt für die Nachwelt erhalten? 47 Wie entscheidet sich in dieser Zwangslage der deutsche Leonardo-­Forscher oder der Architekturhistoriker, wenn ,seine‘ Untersuchungsobjekte nicht mehr länger akademisch verhandelt werden (können), sondern existenziell bedroht sind? Welche alten Animositäten werden gepflegt, ­welche neuen Allianzen geschmiedet? Lässt sich eine grundsätz­liche Spannung von fach­licher Kompetenz und ideologischen Vorgaben, von – vermeint­lich objektiver und neutraler, vermeint­lich reiner 48 – Wissenschaft und rasse- sowie kulturpolitischen Hegemonialvorstellungen beobachten? Oder gehorchen wissenschaft­liche Arbeit und Forschung von Kunsthistorikern im Krieg sowieso kategorisch anderen Parametern?49 Wissen wir überhaupt, wer sich freiwillig für die Arbeit im Kunstschutz meldete? Konnte diese Tätigkeit in der deutschen Militärverwaltung aktiv angestrebt werden – oder wurde man dorthin ohne eigenes Zutun abgeordnet oder versetzt? Handelte es sich bei der Abteilung für „Kunst-, Archiv- und Bibliotheksschutz“ (sei es in Belgien, Griechenland oder Serbien, sei es in Italien) mög­licherweise, wie Klinkhammer vermutet,50 um eine ,ruhige Nische‘, die vor der Einberufung an die Front schützen konnte? 47 Siehe dazu auch Fuhrmeister 2016c. 48 Vgl. Fuhrmeister 2012b. – Interessanterweise plädierte Evers 1943 in einem Brief an seine Frau Sibylle für Subjektivität in der Wissenschaft: „[…] Vielleicht gehe ich doch instinktiv einen fruchtbaren Weg, auch in der Wissenschaft. Ein paar Generationen ist die ,Objektivität‘ die höchste Forderung der Wissenschaft gewesen, fast ein Glaubenssatz, und ein Mann wie Vitzthum fordert sie ja auch wie ein Apostel. […] Wissenschaft muß wieder herz­lich werden, sonst geht sie kaputt. […] Die Wissenschaft braucht heute nicht die mensch­liche Zurückhaltung, sondern den mensch­lichen Einsatz. Sie braucht nicht Objektivität, sondern Heftigkeit. […] Das kann man nicht mit Objektivität, sondern nur mit der höchsten Subjektivität, damit man in jedem einzelnen Satze sagt und zeigt: so ist mein Herz.“ Brief vom 23.6.1944, Transkription: Karsten Evers, März 2013, zitiert nach http://www.kunstschutz. evers.frydrych.org/files/briefe/440623_kritik_der_objektiven_wissenschaft.pdf [Zugriff am 1.11.2017]. 49 Hier wäre an die Überlegung von Hachtmann 2008, S. 553, anzuknüpfen, der zufolge „das NS-Regime in seinem Bellizismus ohnehin pragmatisch agierte und infolgedessen innerhalb der Wissenschaften ‚die Befürworter der ideologischen Kohärenz meist verloren‘“. 50 Klinkhammer 1992, ähn­lich auch beim Roundtable zur „Geschichte der Bibliotheca Hertziana im Nationalsozialismus“ am 1.4.2011 in Rom sowie bei der Fachtagung „Danni bellici e ricostruzione dei monumenti e dei centri storici nel caso italiano e tedesco (1940 – 1955)“ / „Kriegszerstörungen und Wiederaufbau von Bauwerken und historischen Stadtzentren in Italien und Deutschland (1940 – 1955)“ in Brescia, 23.‒25.11.2011. – In einem bislang unpublizierten Vortrag „Schutz der Kunst oder Schutz der Wissenschaft? Eine Studie zur Tätigkeit deutscher Kunsthistoriker beim ,Kunstschutz der Wehrmacht‘ (Tagung „Trophäen – Verluste – Äquivalente. Kulturgüter als Kriegsopfer: Forschungsstand und Perspektiven“, Deutsches Historisches Institut Moskau, 27.‒28.2.2009) stellt auch Uwe Hartmann diese Überlegung an: „Der militärische Kunstschutz bot insbesondere jüngeren Kunsthistorikern eine Mög­lichkeit, den Fronteinsatz zu umgehen“ [Manuskript, S. 7. Ich danke Uwe Hartmann für ein Exemplar des Redemanuskripts].

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Gegen diese Vermutung, der Einsatz im Kunstschutz habe für die Akteure eine Schutzfunktion gehabt, spricht meines Erachtens schon die Tatsache, dass der Kunstschutz in Italien seit seiner Gründung in einem Land agierte, das in jeder Hinsicht – schon wegen der massiven alliierten, aber auch der verschiedenen deutschen Luftangriffe – als Kriegsgebiet bezeichnet werden muss. Auch aus dem Umstand, dass anders als im alliierten Kunstschutz – sowohl der kanadische Kunstschutzoffizier Major Ronald Balfour wie der amerikanische Captain Walter Huchthausen fielen im Rheinland 51 – kein Mitglied des deutschen Kunstschutzes im Einsatz ums Leben kam, kann nicht auf eine ungefähr­liche Tätigkeit ‚in der Etappe‘ geschlossen werden. Richtig bleibt frei­lich, dass die in der „Abteilung Kunst-, Archiv- und Bibliotheksschutz“ tätigen Kunsthistoriker, Historiker und Bibliothekare keine Gefechtswaffen trugen und nicht direkt und aktiv an militärischen Operationen an vorderster Front beteiligt waren. Was bedeutet in dieser Situation ,Taktieren‘ für einen Mitarbeiter des Kunstschutzes? Wo genau verlaufen die NS-internen Frontlinien? Kann es sinnvoll sein, sich den Begehr­lichkeiten eines besessenen Kunstsammlers wie Reichsmarschall Hermann Göring entgegenzustellen, wenn die eigenen Vorgesetzten hohe Ränge in der SS bekleiden? Kann es vorteilhaft sein, mit den Propagandastaffeln der Wehrmacht – oder der Kulturpropaganda des Auswärtigen Amts – zusammenzuarbeiten, um die operativen, technischen und materiellen Beschränkungen der eigenen Dienststelle zu relativieren oder zu verbessern? Welche Kompromisse mussten wann weshalb eingegangen werden? Wann wurde die Situation – d. h. die im Rahmen der Militärverwaltung bis Sommer 1944 zumeist noch gegebene Verfügungsgewalt über wichtige Ressourcen wie Fahrzeuge, Treibstoff, Personal und Baumaterialien und über s­ olche des besetzten Landes – ausgenutzt? Wofür, von wem – und von wem, warum, wann? Und ­welche Rolle spielt die Aktivität im Kunstschutz in Italien für die deutschen Kunsthistoriker nach 1945? Inwiefern wurde sie in den Entnazifizierungs- bzw. Spruchkammerverfahren thematisiert? Welche Mitglieder des Kunstschutzes blieben miteinander in fach­ lichem Kontakt und Austausch, ­welche Beziehungen wurden abgebrochen? Kann trotz der ­kurzen Dauer der Militärverwaltung in Italien von einer „Erfahrungsgemeinschaft“ 52 oder zumindest einer gruppenbezogenen Identität gesprochen werden? Welche Rolle spielte das Personal des Kunstschutzes in Italien in der deutschen Nachkriegskunstgeschichte allgemein und insbesondere für die Aufbauphase des im Herbst 1946 gegründeten Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München, das im März 1947 seine Arbeit aufnahm? Wie wird das Praxisfeld Kunstschutz nach 1945 überhaupt kommuniziert? Sind im Rahmen der „Persilscheinkultur“53 ausschließ­lich Entlastungsstrategien und gegenseitiges Attestieren 51 Flanner 1947c, S. 40 – 42. 52 In Abwandlung des von Jureit 2006, S. 13 und 78ff., für das Gefühl von Zusammengehörigkeit innerhalb einer Generation verwendeten Begriffs. Vgl. die Überlegungen zum „gemeinsamen Erfahrungshintergrund“ von Thiel 2004, S. 132. 53 Sachse 2002.

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tadellosen Verhaltens zu beobachten oder gibt es Spannungen, Reibungen, Dissens und sogar gegenseitig belastende Vorwürfe unter den Protagonisten? Welches Bild vom Kunstschutz wird schließ­lich kommuniziert und für die Nachkriegszeit bestimmend? So gut wie allen diesen Fragen ist bislang nicht näher nachgegangen worden. Weil es sich um eine komplexe Materie handelt, bedarf es zwingend der Nuancierung und der Differenzierung, will man zu einer ausgewogenen und nachvollziehbaren Beurteilung kommen. Es gilt somit auch, die in der Netzwerkforschung etablierten Analyseebenen – die Mikro-, Meso- und Makroebene – für eine quellenbasierte Geschichte der Kunstgeschichte fruchtbar zu machen. Die generelle hermeneutische Herausforderung besteht dabei nicht zuletzt in dem Umstand, dass das überlieferte Verwaltungsschrifttum – Anweisungen, Anforderungen, Berichte aller Art, Genehmigungen, Stellungnahmen etc. – in aller Regel individuelle Motive, Intentionen und Absichten auf den ersten Blick nicht erkennen lässt und auch das jeweilige Dokument seinerseits kontextualisiert werden muss.

Formalia und Hinweise Forschungsliteratur bis einschließ­lich Erscheinungsjahr 2011 ist systematisch rezipiert und ausgewertet worden, relevante Neuerscheinungen der folgenden Jahre wurden in Einzelfällen nachgetragen. Literaturangaben in den Fußnoten erfolgen durchweg in abgekürzter Form; diese Abkürzungen werden im Literaturverzeichnis aufgelöst (analog Archivalien). Vom Nationalsozialismus geprägte (Kampf- und Propaganda-)Begriffe wie Machtergreifung (zum Begriff siehe Frei 1983), Drittes Reich, Anschluss etc. werden im Folgenden nur bei der ersten Nennung mit Anführungsstrichen markiert; ähn­lich wird mit den verschiedenen Strukturen, Titeln und Bezeichnungen der Militärverwaltung bzw. der Besatzungspolitik wie Sonderführer oder Abt. Kunst-, Archiv- und Bibliotheksschutz verfahren. Sind Akten nicht foliiert, wird dies nicht eigens angegeben. Hervorhebungen in Zitaten wie Unterstreichung und S p e r r u n g sind stets aus den Originalquellen übernommen, ebenso wie die uneinheit­liche Schreibweise von Umlauten in Zitaten (Ä – Ae, ö – oe etc.). Orthographie und Zeichensetzung in Zitaten sind nicht korrigiert, offenkundige Fehler aber nicht durchgehend mit [sic] gekennzeichnet. In Zitate oder in den Haupttext eingefügte Hervorhebungen sind stets durch Kursivierung gekennzeichnet. Sämt­liche Einfügungen und Erläuterungen sowie Klärungen von Bezügen oder Bezugnahmen in Zitaten stehen in [eckigen] Klammern und stammen stets von mir. Zeilenumbrüche (etwa in Adressen) werden mit einem Schrägstrich / angedeutet. Wenn nicht ausdrück­lich anders angegeben, stammen alle Übersetzungen von mir.

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2. Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien 1943 – 1945 als methodisch-­inhalt­liche sowie fach- und quellengeschicht­liche Herausforderung Diese Untersuchung steht vor besonderen Herausforderungen. Die nachfolgend geschilderten vier Problemkonstellationen verdeut­lichen die Hürden dieser Studie, erläutern die Untersuchungsperspektiven und begründen, weshalb gleichwohl eine Überwindung der Hindernisse mög­lich erscheint.

2.1 Nationale Perspektiven So ist zunächst auf eine seit Aufkommen des akademischen Faches Kunstgeschichte im 19. Jahrhundert engstens mit der Disziplin verknüpfte Dimension zu verweisen: ihre zumeist implizit, gelegent­lich indes auch ausdrück­lich formulierte Funktion, nationale kulturelle Identität zu schaffen, zu befördern und zu bewahren. Wenn aus wissenschaftsgeschicht­licher Perspektive von einer nachhaltigen Nationalisierung der Wissenschaft im 19. Jahrhundert generell die Rede ist – insofern Wissenschaft als „wichtiger Verbündeter und Instrument staat­licher Eliten bei der Nationalisierung der Gesellschaften“54 erkannt wurde –, dann gilt diese Diagnose zweifellos für die Kunstgeschichte in besonderem Maße: „In ihrem ewigen Dilemma ­zwischen Historie und Ästhetik, Wissenschaft und Weltanschauung war die Kunstgeschichte seit je in Gefahr, zum Vehikel politischer Ambitionen zu werden.“55 Während außer Frage steht, dass sich die Kunstgeschichte im Kaiserreich „als Instrument des deutschen Kulturimperialismus in Dienst nehmen ließ“, bliebe indes noch genauer zu untersuchen, ob „die Nation“ tatsäch­lich mit d ­ iesem Fach und auf diese Weise „den Mangel an überseeischen Besitzungen“ zu kompensieren suchte;56 völlig zutreffend resümiert Joseph

54 Middell, Thoms und Uekötter 2004a, hier S. 12. 55 Thoenes 2007, S. 219 (auf Warnke 1970 Bezug nehmend). 56 Imorde 2009, S. 228, zur Situation der „Völkerconcurrenz“ im frühen 20. Jahrhundert: „Dass dieser Wettstreit vor allem in den Bereichen Kultur und Wissenschaft ausgetragen wurde, fand einen Grund auch in der außenpolitischen Ohnmacht des deutschen Reiches. Die zu spät gekommene Nation kompensierte den Mangel an überseeischen Besitzungen dadurch, dass sie nun alle ­mög­lichen

Imorde indes: „Gerade im Fach Kunstgeschichte lebte sich das hegemoniale Wunschdenken selbstgenüss­lich aus.“57 Diese Hypothek nationaler Indienstnahme und eben auch Indienststellung des Faches, die ihre Höhepunkte im Zusammenhang mit dem ­Ersten und dem Zweiten Weltkrieg erlebte,58 hat heute sowohl an Allgegenwärtigkeit und Ubiquität als auch an Schärfe und Virulenz verloren, ist aber keineswegs völlig verschwunden. Für eine größtenteils fachgeschicht­liche Untersuchung bedeutet d ­ ieses Erbe, dass Analyse und Interpretation der Quellen und der Literatur besonders umsichtig und reflektiert erfolgen müssen, will man nicht – allgemeine oder fachgeschicht­liche – nationale Stereotype, Denkmuster und -figuren tradieren. Dies ist auch deshalb so wichtig, weil die Forschung zum Krieg in Italien 1943 – 1945, zur Repubblica Sociale Italiana (RSI) und zu Translokation und Zerstörung von Kulturgut bzw. zu Kunst- und Kulturgüterschutz uneinheit­lich, selektiv und nach wie vor häufig von nationalen Stereotypen geprägt ist, was direkt mit dem jeweiligen Referenzrahmen zusammenhängt: Während amerikanische Publikationen häufig zu einer schematischen Sicht tendieren, die allein oder vornehm­lich die Leistungen der Monuments, Fine Arts and Archives (Sub-) Commission (MFAA) der Allied Control Commission (ACC) betont 59 und die Anstrengungen sowohl der italienischen Behörden als auch der deutschen Kunsthistoriker häufig gering schätzt oder sch­licht unerwähnt lässt,60 bewegen sich italienische Veröffent­lichungen

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­ issensgebiete eroberte und offene Forschungsfelder mit aller Kraft besetzte. Deutschland koloniW sierte in systematischer Weise die Welt der Wissenschaften […].“ Imorde 2009, S. 228. Vgl. Bakoš 2007, S. 147 – 154, und bes. die grundsätz­lichen Reflexionen von Bakoš 2008, S. 763 – 771. Besonders eklatant ist in dieser Hinsicht die Darstellung von Rosanne Scott (Scott 2008, S. 22), die nicht nur behauptet, die Monuments Men hätten 400.000 Werke aus dem Louvre evakuiert, sondern auch „mehr als 2 Millionen Objekte der Eremitage vor den Deutschen versteckt“, und zwar „kurz vor der deutschen Invasion der Sowjetunion“, sowie das Abendmahl-­Fresko von Leonardo da Vinci in der ­Kirche Santa Maria delle Grazie in Mailand durch ein Stahlgerüst mit Sandsäcken geschützt, und zwar bereits vor den alliierten Luftangriffen. Diese völlig verquere und faktisch ­sch­licht unzutreffende Sicht wäre nicht der Erwähnung wert, wäre sie nicht in der offiziellen Zeitschrift des staat­lichen National Endowment for the Humanities erschienen: „In advance of the Nazis, the Monuments Men evacuated 400,000 works from the Louvre, including the Mona Lisa, which they shuttled to safety six times. Just ahead of the German invasion of the Soviet Union, they emptied and stashed more than two million works from the Hermitage. But it wasn’t only Nazi plunder they had to guard against. It was left to the Monuments Men to figure a way to save da Vinci’s Last Supper, painted on the refectory wall of the convent at Santa Maria delle Grazie, before the Allies bombed Milan. By jury-­rigging a scaffold of steel bars and sandbags around the wall, they saved the masterpiece.“ Beispielhaft für die Perspektive sind die eher populärwissenschaft­lichen Veröffent­lichungen von Robert M. Edsel, siehe Edsel 2006 und Edsel 2009. Edsel 2013 lässt hingegen gewisse Ansätze einer punktuellen Differenzierung und Nuancierung erkennen, etwa S. 78 („In an effort to begin operations quickly, Tieschowitz pressed into service well-­respected German art scholars in Rome and Florence.

22 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

vielfach im von Rodolfo Siviero (1911 – 1983) geprägten Deutungshorizont,61 dem zufolge die deutsche Besatzungsherrschaft in Italien mit einem konzertierten Kunst- und Kulturgutraub einhergegangen sei.62 Dieses Narrativ besaß eine wichtige Funktion für Entlastung und Identitäts(neu)bildung nach schweren militärischen Niederlagen; es war eingebettet in eine größere geschichtspolitische Perspektive, die vermied, „sich den langen Schatten der faschistischen Vergangenheit und der Kriegsallianz mit dem Dritten Reich zu stellen.“63 Auf deutscher (und österreichischer) Seite gab es, von den 1950ern bis in die 1990er Jahre (und teilweise bis in die 2000er Jahre hinein 64), demgegenüber vor allem die Neigung, Vorwürfe und kritische Deutungen zu relativieren und gerade die Leistungen deutscher Kunstschützer hervorzuheben, was in der explizit und implizit gegen Siviero gerichteten Publikation von Ernst Kubin von 199465 zweifellos einen Höhepunkt erreichte. (Das ­Problem einer „nationalen“ Geschichtsschreibung ist frei­lich auch innerhalb der Zeitgeschichte selbst virulent, bedingt durch die Unterschiede z­ wischen den Generationen und ihren Wissenschaftsverständnissen.66)

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Because of their knowledge of Italy, much good work followed“) und S. 309 („But the truth is more complicated and nuanced“). – Gleichwohl ist Kott 2017a, S. 30, vorbehaltlos zuzustimmen, wenn sie feststellt, dass Edsels Behauptung (Edsel 2013, S. 65), Amerikaner und Briten hätten 1943 das „weltweit erste Programm zum Schutz von Kulturgütern in umkämpften Gebieten“ entwickelt, jeg­licher Grundlage entbehrt, „wenn auch die Konturen der alliierten Organisationen deut­licher waren als die ihrer Vorgänger im ­Ersten Weltkrieg.“ Siviero 1948; Siviero 1976; Siviero 1984. Eine der wenigen Ausnahmen ist Forti 2008, S. 70, der den guten Ausgang der Verlagerungen und Transporte in der Zusammenarbeit ­zwischen Vatikan und Kunstschutz begründet sieht. Gagliani 2010, S. 456. Siehe die völlig apologetische Darstellung von Lun 2004, etwa S. 234 – 235: „Der ‚Kunstschutz‘ erwarb sich in allen Einsatzgebieten besondere Verdienste um den Erhalt des europäischen Kunstund Kulturerbes.“, und S. 235: „Im Februar 1944 trat jener Mann an die Spitze der Organisation ‚Kunstschutz‘, der sich mit der Rettung italienischer Kunstwerke von unschätzbarem Wert durch Einlagerung in Südtirol bleibende Verdienste erworben hat: der Archäologe Prof. Dr. Alexander Langsdorff, der bis Kriegsende im Amt bleiben sollte.“ Kubin 1994; entgegen dem Titel handelt es sich weniger um eine Untersuchung des Deutschen Militärischen Kunstschutzes (nur eines von 20 Kapiteln behandelt diesen), sondern um eine trotz gewisser Quellenarbeit eher journalistische, in Teilen auch deut­lich polemische Auseinandersetzung bzw. Abrechnung mit den Forderungen und Vorwürfen des 1983 verstorbenen Siviero; im Zentrum stehen eindeutig die Rückgabeforderungen und -verhandlungen nach 1945. – Kubin (1926 – 1995) war Magistratsdirektor in Linz und Generaldirektor der dortigen Elektrizitäts-, Fernwärme- und Verkehrsbetriebe AG und hatte zuvor bereits zum „Führermuseum Linz“ publiziert. Sein Teil-­Nachlass im Stadtarchiv Linz (109 Ordner, 9 lfd. Meter) umfasst nur seine Materialsammlungen (Kopien) für seine Bücher Sonderauftrag Linz und Die Reichskleinodien, die 1989 und 1991 erschienen sind. So Lill 2006, S. 504, in der Klage über die „Einseitigkeit unserer neueren Autoren“, womit er unter anderem Lutz Klinkhammer meint, oder S. 509 mit der Bemerkung, „Erinnerungsschriften aus

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Auch wenn – wie besonders in den verdienstvollen und wichtigen Arbeiten des Historikers Lutz Klinkhammer 67 – Bemühungen um eine ebenso quellenkritische wie ausgewogene Darstellung deut­lich erkennbar sind, lassen sich in anderen – selbst in rezenten – Publikationen leicht Passagen finden, die als unreflektierte Fortschreibungen (oder als neo-­konservative Aktualisierungen) der Weltkriegs- und Nachkriegspropaganda gelten müssen. Hingewiesen sei an dieser Stelle exemplarisch auf einen italienischen Aufsatz von 2007 und einen ameri­ kanischen von 2009.68 Selbst im ausgesprochen fundierten und ungewöhn­lich kritischen Aufsatz von Marta Nezzo über die italienischen Luftschutzmaßnahmen ist am Schluss – en passant und simplifizierend – vom „National Socialist Kunstschutz“ die Rede.69 Und in der jüngsten Publikation zu Siviero heißt es im Kapitel „Kunstschutz: l’idea tedesca dell’arte in guerra“ einleitend: „Il modello è semplice: prendere più che si può e portarlo in Germania, dichiarando che lo si vuole mettere al sicuro. […] Protezione dell’Arte fu il nome scelto per il servizio tedesco creato per organizzare e ottimizzare i furti d’arte.“70 Die Diagnose von Einseitigkeit, Verkürzung und Überspitzung gilt in noch höherem Maße für populärwissenschaft­liche und populärkulturelle Darstellungen. So zeigt der auf dem gleichnamigen Buch von Lynn H. Nicholas (1994) basierende, von Robert Edsel koproduzierte Dokumentarfilm The Rape of Europa (2006), der immerhin auch durch das National Endowment for the Humanities und das National Endowment for the Arts gefördert wurde und in dem renommierte Forscher wie Lynn Nicholas und Jonathan Petropoulos als Experten interviewt werden, in der einleitenden Sequenz ein Foto: Das Bild stammt aus jener Serie, die die – frei­lich von den Deutschen propagandistisch inszenierte – Übergabe von Kunstwerken des Museo di Capodimonte in Neapel, die nach Monte Cassino ausgelagert worden waren,

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eigenem Erleben“ ermög­lichten „ein weitaus differenzierteres Bild, als es die akkusatorischen Autoren des letzten Jahrzehnts vermittelt haben.“ Klinkhammer 1992; besonders hingewiesen sei auf seinen – soweit ich sehe – wenig rezipierten, aber umsichtigen Beitrag von 2005 (Klinkhammer 2005). Siehe auch Klinkhammer 2011 und 2012. – Eine etwas merkwürdige, jedenfalls unklare Einschätzung von Klinkhammer 1992 („Aktenarchäologie schreibt sich hier im eigenen Medium“) bei Ernst 2003, S. 338. Luciani 2007, S. 240, hält apodiktisch fest: „Questo ufficio [der Kunstschutz] ritenne che il miglior modo di proteggere le opere fosse quello di trasportarle in Germania.” (Diese Dienststelle hielt den Abtransport der Werke nach Deutschland für den besten Weg, sie zu schützen.) – Die Deutungsperspektiven von Edsel aufgreifend, beschreibt Roach 2009 die Auslagerung der Florentiner Kunstwerke mit den Worten: „Looted by retreating Nazi forces, Florentine artworks were transported through combat zones and stored in northern Italy, where they were discovered by advancing Allied forces in the summer of 1945. […] Nazi caches of looted Florentine artworks […]“ (S. 165). Zu den Fotos von Charles Bernholz, dem Fahrer des MFAA-Offiziers Deane Keller (1901 – 1992), bemerkt Roach, die Aufnahmen der Florentiner Werke dokumentierten „gestohlene Objekte“ (S. 170). – Vgl. dagegen die insgesamt ausgewogenere, vor allem die italienisch-­amerikanische Zusammenarbeit ­zwischen den Soprintendenti und der MFAA behandelnde Arbeit von Brey 2009. Nezzo 2011a, S. 114. Scarlini 2014, S. 69 – 70.

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an die italienischen Behörden in Rom dokumentiert. Der im Off gesprochene Kommentar zu dieser am 4. Januar 1944 entstandenen Aufnahme 71 lautet: „Adolf Hitler purged art he hated, and he stole art he coveted.“ Explizit wird hier der Transport von ausgelagerten Kunstwerken in die Obhut der Italiener – an der der Kunstschutz in Person von Hans Gerhard Evers maßgeb­lich beteiligt war – als ‚Kunstraub Hitlers‘ bezeichnet, was auch dann falsch bleibt, wenn man weiß, dass dieser mit deutschen LKW durchgeführte Transport von ­Spoleto nach Rom vor allem auf Drängen der Italiener und mit großer Verzögerung stattfand. Genau ­dieses Foto trägt jedenfalls in einem rezenten Ausstellungskatalog des Vatikans die Bildunterschrift: „Eine der Kisten mit Gemälden aus dem Museo di Capodimonte, die geöffnet wurde, bevor sie in den Vatikan gebracht wurde.“72 Eine ähn­liche Differenz z­ wischen visueller Dokumentation und inhalt­licher Aussage ist am Schluss des Films zu beobachten. Gezeigt wird dort das Auslagerungsdepot der Uffizien und des Palazzo Pitti im ehemaligen Gerichts- und Gefängnisgebäude von St. Leonhard im Passeiertal: „High in the Italian alps, [Deane] Keller found the stolen treasures of Florence inside an abandoned, small-­town jail. It appeared to Keller that the collections were on their way to join the rest of Hitler’s plunder […].“73 Die genannten Schematisierungs- und Polarisierungstendenzen wurden im Spielfilm Monuments Men – Ungewöhn­liche Helden, der erklärtermaßen auf Edsels Buch The Monuments Men: Allied Heroes, Nazi Thieves and the Greatest Treasure Hunt in History basierte, nochmals sehr deut­lich gesteigert.74 Vor d ­ iesem Hintergrund ist unmittelbar nachzuvollziehen, dass jedwede Historiographie von Bemühungen um Kulturgutschutz in Kriegen besondere Sorge tragen muss: Es gilt, 71 Bundesarchiv Koblenz (im Folgenden: BA K), Bildarchiv, Bild 101I-729 – 0001 – 23, Fotograf: Meister, Archivtitel „Italien, Rom. ‒ Überführung von Kunstschätzen von Monte Cassino/Spoleto nach Rom durch Soldaten der Division ,Hermann Göring‘. Soldaten beim Halten eines Gemäldes von Giovanni Paolo Pannini vor dem ,Palazzo Venezia‘; Lw-­Div. Hermann Göring.“ – Ein ähn­liches Motiv aus dieser Serie ist auf dem Umschlag des Sammelbandes Kunsthistoriker im Krieg (Fuhrmeister, Griebel, Klingen und Peters 2012) abgebildet. 72 Pontificio Comitato 2008, S. 159 (zweiter Teil des Katalogs, mit den Ausstellungstafeln, hier Tafel „Il Vaticano durante la guerra: il salvataggio delle opere d’arte“, in der Sektion „Defensor Civitatis“): „Una delle casse contenente uno dei dipinti del Museo di Capodimonte aperta prima di essere portata in Vaticano.“ 73 Vgl. Edsel 2013 und die Adaption von Edsel 2009 als Film durch den Schauspieler und Regisseur George Clooney, http://www.lootedart.com/PPQR31798701 [Zugriff am 1.11.2017]. – Auf die hier aufgeworfene Frage, inwieweit die Verbringung von italienischem Museumsbesitz in die „Operationszone Alpenvorland“ als gezielte Raubaktion verstanden werden kann, wird weiter unten genauer eingegangen. 74 Regie George Clooney, Drehbuch und Produktion George Clooney und Grant Heslov; Weltpremiere am 4. Februar 2014 in New York, Europa-­Premiere am 8. Februar 2014 bei der Berlinale, deutscher Kinostart am 20. Februar 2014. In einer Besprechung des Films für die FAZ habe ich das propagierte binäre Modell kritisiert (Fuhrmeister 2014).

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bei Darstellung und Bewertung der historischen Vorgänge einen Betrachterstandpunkt einzunehmen, der – soweit mög­lich – eine über- oder transnationale Bilanzierung gestattet. Beispielhafte Schritte in diese Richtung leisten etwa die komparatistische Studie von Nicola Lambourne, War Damage in Western Europe. The Destruction of Historic Monuments During the Second World War, sowie die rezenten Arbeiten von Claudia Baldoli und Andrew Knapp.75 Entscheidend erscheint mir dabei, den transnationalen Ansatz nicht automatisch als modisches Paradigma zu adaptieren, sondern diese Perspektive von Fall zu Fall einzunehmen, weil sie die starke nationalhistorische Tradition zu relativieren vermag, in der gerade fachgeschicht­liche Untersuchungen oftmals stehen. Insofern legen auch hier sowohl die Quellen selbst als auch die verhandelte Fragestellung eine transnationale Betrachtung im Sinne einer histoire croisée nahe: „Der Blick auf die internationalen Zusammenhänge lässt erkennen, dass das Thema im institutionellen nationalgeschicht­lichen Rahmen nicht in den Griff zu kriegen ist.“76 Es kommt ­diesem Anliegen entgegen, dass im Zentrum dieser Arbeit weniger die „Akteurseinheit des Nationalstaates“77 steht – wie gleichermaßen bei Siviero, Kubin oder Edsel –, sondern Einzelpersonen beziehungsweise kleine Gruppen und ihre jeweiligen Handlungsoptionen in verschiedenen Zusammenhängen, Konstellationen und Lebensphasen. Als vorläufiges Ergebnis sei bereits an dieser Stelle festgehalten, dass in Zukunft nicht nur die Auswertung der internationalen Literatur zum Standard werden sollte, sondern auch die in den verschiedenen nationalen Archiven überlieferten Quellen parallel konsultiert werden müssen. Es kann nicht sein, dass die französische Forschung die Unterlagen von und zu Rose Valland im Bundesarchiv Koblenz nicht berücksichtigt, dass die deutsche Forschung Bestände in amerikanischen, russischen oder französischen Archiven unbeachtet lässt, oder dass sich eine rezente Studie zu Siviero 78 ausschließ­lich der italienischen Aktenüberlieferung bedient, ohne die Spiegelung seiner für die deutsch-­italienischen Rückgabeverhandlungen der 1950er Jahre so überaus wichtigen und prominenten Rolle in den deutschen Unterlagen (insbesondere in Berlin und Koblenz) auch nur zu erwähnen. 75 Lambourne 2001; Baldoli, Knapp und Overy 2011; Baldoli, Knapp 2012. Auch Serlupi Crescenzi, Calvano 2012 bemühen sich um ein ausgewogeneres Bild der historischen Vorgänge. 76 Steinacher 2008, S. 9. In ­diesem Sinne votieren ausdrück­lich auch Born, Störtkuhl 2017b, S. 15: „Dies erfordern nicht nur die Verflechtungen der Kunstschutz-­Aktivitäten der Mittelmächte – angefangen von den konzeptionellen Grundlagen bis hin zu Austausch und Kooperation in den Regionen „geteilter Herrschaft“ –, sondern vor allem auch die Interaktionen ­zwischen den Kriegsparteien sowie ­zwischen den Besatzungsmächten und den gesellschaft­lichen Kräften in den besetzten Gebieten.“ Skeptisch diagnostiziert Kott (Kott 2017a, S. 33) die verschiedenen rezenten Forschungsbemühungen in der Auseinandersetzung mit dem E ­ rsten Weltkrieg: „Teilweise ist bei diesen Veranstaltungen eine Art „Renationalisierung“ der Diskurse zu beobachten, während man nur selten dezidiert transnationale Forschungsansätze findet.“ 77 Gesche 2006, S. 13. 78 Bottari 2013, S. 283, mit Auflistung der fünf „archivi consultati“ in Florenz und Rom.

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2.2 Deutsch-­italienische Vergangenheitspolitiken nach 1945 Auch die zweite Herausforderung ist eng mit Fragen von nationaler Identität, Erinnerungskultur und kollektivem Gedächtnis sowie mit dem Bedürfnis nach Selbstvergewisserung verknüpft, handelt diese Studie doch von einem hochkomplexen Phänomen: Der (stellvertretenden) Fürsorge einer Besatzungsmacht für die reichen Kunstschätze einer Nation, die bis vor Kurzem wichtigster Allianzpartner bei der Realisierung einer imperialistischen, rassisch fundierten ,Neuordnung‘79 Europas gewesen war. Wichtig ist, dass diese offiziell die Haager Landkriegsordnung von 1899 bzw. 1907 umsetzende Aktivität im Rahmen einer Militärverwaltung stattfand, die ihrerseits Prinzipien von Befriedung, Ausbeutung und Unterdrückung verfolgte. Endgültig zu einem höchst umstrittenen Thema, ja zum Politikum wird die rund 18 Monate währende Tätigkeit deutscher Kunsthistoriker im besetzten Italien indes im Hinblick auf die Nachkriegsgeschichte in beiden Ländern. In Italien konnte Rodolfo Siviero – aufgrund einer besonderen innenpolitischen Konstellation, in der die (kommunistische) resistenza zur identitätsstiftenden und legitimierenden Grundlage des neuen Italiens werden konnte 80 – als ministro plenipotenziario per il recupero delle opere d’arte das bis heute in Italien und auch in den USA vielfach tradierte Narrativ eines systematischen Kunst- und Kulturgutraubes der Besatzungsmacht etablieren. In der jungen Bundesrepublik Deutschland gab es in Reaktion auf italienische Vorwürfe zwar einige kulturpolitische bzw. diplomatische Initiativen. Prägend hingegen war, sieht man von den zahlreichen selbstgerechten und beschönigenden Memoiren 81 und den Nürnberger Kriegsverbrecher-­Prozessen 79 Zu den zeitgenössischen Verwendungsweisen von ‚Ordnung‘ und ‚Neuordnung‘ – und damit zu den „Denkfiguren regimenaher bzw. loyaler Kulturwissenschaftler über Disziplingrenzen und Schulbildungen hinweg“ – siehe Raphael 2004, Zitat S. 115. – Zum Echo dieser Semantik in der Kunstgeschichte, siehe Warnke 1970; zu den Reaktionen auf und den Auswirkungen von Warnkes Diagnose, siehe Schneider 2010. 80 Vgl. Bertilotti 2011, S. 255, die eine Erosion ­dieses antifaschistischen Gründungsmythos als Grundlage für das demokratische Nachkriegsitalien in den Jahren um 1989 lokalisiert: „In Italy, the 50th anniversary of the 1938 anti-­Semitic laws took place in a new political context marked by the ‚crisis of anti-­fascism‘ as an ethical and political paradigm and the rise of racism against immigrants.“ – In der Tat ist das Bild von Siviero in Italien erst in letzter Zeit von einer jüngeren Generation neu befragt worden, wobei Kritik und Affirmation sich die Waage halten, siehe Isman 1996; Rovati 2005; Martinelli 2005/2007; Sanna 2006. Vgl. auch Steinacher 2008, S. 212, der nicht nur eine Verbindung ­zwischen Eugen Dollmann, dem Bormann-­Archiv und Siviero erwägt, sondern ihm auch lukrative „Nebengeschäfte“ unterstellt, die es dem „aus ärm­lichen Verhältnissen stammenden Siviero“ erlaubt hätten, bis zu seinem Tod eine Sammlung im „Wert von fünf Millionen DM“ zusammenzutragen. Die ausführ­lichste Auseinandersetzung legte Ende 2013 Francesca Bottari vor (Bottari 2013). 81 Genannt ­seien hier nur Rahn 1949; Moellhausen 1949; Dollmann 1956; Dollmann 1963. – Rudolf Rahn (1900 – 1975), seit 1928 im Auswärtigen Amt (AA ), war ab November 1943 bis Kriegsende deutscher Botschafter bei der Repubblica Sociale Italiana und Generalbevollmächtigter des Deutschen Reiches; Eitel Friedrich Moellhausen (1913 – 1988), seit 1939 im AA, war ab September 1943

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ab, ein kollektives Beschweigen der Jahre 1943 – 1945 wie des Nationalsozialismus insgesamt.82 Trotz aller Absichtserklärungen fand daher weder in der Bundesrepublik Deutschland noch in der Deutschen Demokratischen Republik eine öffent­liche Auseinandersetzung über den Kunstschutz im Zweiten Weltkrieg statt. Die für die nationale Selbstvergewisserung nach 1945 in Italien ebenso wie in Deutschland elementaren Deutungsmuster sind heute in den allgemeinen öffent­lichen Diskursen nach wie vor virulent, blickt man etwa auf den nur scheinbar paradoxen Befund, dass zu Beginn des 21. Jahrhunderts die gesamte deutsche Geschichte in italienischen Schulbüchern zu 86 Prozent aus der Geschichte des Nationalsozialismus besteht,83 während gleichzeitig – im Unterschied zu Frankreich und Spanien, wo die Werte niedriger liegen – knapp 45 Prozent der Italiener der Meinung sind, dass „der Holocaust noch immer das Bild Deutschlands“ bestimme.84 Diese Problemkonstellation, die eng mit der jeweiligen Erinnerungskultur und Vergangenheitspolitik 85 verbunden ist, hat sich im Falle des Kunstschutzes dahingehend ausgewirkt, dass in Italien nach Kriegsende nur einige wenige Schilderungen und Berichte veröffent­ licht wurden (denen später vor allem journalistische Beiträge sowie 1984 Sivieros posthum erschienenes Buch L’arte e il nazismo. Esodo e ritorno delle opere d’arte italiane 1938 – 1963 folgten), während es in Westdeutschland in den 1950er Jahren keine grundsätz­liche Auseinandersetzung gab, abgesehen von juristischen und besonders völkerrecht­lichen Studien, einigen Artikeln in der Tagespresse über die zwischenstaat­lichen Rückgabeverhandlungen sowie den tendenziell relativierenden Arbeiten des Tübinger Instituts für Besatzungsfragen, in dessen Schriftenreihe auch die lange Zeit einzige Publikation zum Kunstschutz veröffent­ licht wurde.86 Eine mehrfach von den Protagonisten angekündigte Gesamtdarstellung des deutschen Kunstschutzes im Zweiten Weltkrieg, eines „Weißbuches“, ist nie erschienen.

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Leiter der Dienststelle Rom des Bevollmächtigten des Großdeutschen Reiches bei der italienischen faschistischen Nationalregierung (bei Conze, Frei, Hayes und Zimmermann 2010, S. 271, drei Mal irrtüm­lich „Moelhausen“); Eugen Dollmann (1900 – 1985) – Kunsthistoriker und Dolmetscher – war Sonderbeauftragter der SS in Italien und von September 1943 bis April 1945 Adjutant von Karl Wolff (1900 – 1984), SS-Obergruppenführer, General der Waffen-­SS, ab Juli 1943 „Höchster SS- und Polizeiführer“ in Italien. – Ein späteres Beispiel ist die Autobiographie des Kunsthistorikers Walter Hotz (1912 – 1996) (Hotz 1982). Eine diametral andere Auffassung vertritt Horst Möller (Möller 2012). Der langjährige Direktor des Instituts für Zeitgeschichte in München behauptet sogar, „dass [in den Jahren nach 1949] die Rede von einem ‚restaurativen Charakter‘ oder einer Verdrängung der Nazizeit geradezu grotesk“ sei. Bertolucci 2002a, S. 160. Bertolucci 2002b, S. 97. Vgl. speziell zum Bild der Deutschen in italienischen Kriegserinnerungen Röhrs 2009. Frei 1996. Das Institut für Besatzungsfragen wurde 1949 in Tübingen gegründet und zunächst durch die Länder Württemberg-­Baden und Württemberg-­Hohenzollern finanziert, ab 1951/1952 durch

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Der Umstand, dass im Kontext der akademischen Vergangenheitspolitik 87 mit ihren vielfältigen Entlastungsstrategien und „kalkulierten Legenden“88 ein solcher Rechenschaftsbericht eben nicht publiziert wurde, ist selbst Indiz für den Forschungsbedarf, der hier konstatiert werden muss. Fest steht, dass in beiden Ländern, in Deutschland wie in Italien – gerade vor dem Hintergrund der europäischen Westintegration und des Kalten Krieges –, innen- und außenpolitische Erwartungen, Bedürfnisse, Wünsche, Sorgen und Befürchtungen die Art und Weise mitbestimmten, wie über den deutschen Kunstschutz in Italien und die „Gebrochene Achse“ (aber auch generell über Nationalsozialismus, Weltkrieg und Holocaust) gesprochen oder geschwiegen wurde.89 Und eben weil die Auswirkungen den Bund (bis 1953), anschließend bis 1960 durch Spenden und Einnahmen. In der Schriftenreihe „Studien des Instituts für Besatzungsfragen in Tübingen zu den deutschen Besetzungen im 2. Weltkrieg“ erschienen ­zwischen 1953 und 1961 insgesamt 20 Bände, darunter Herdeg 1953 (Band 1), Bräutigam 1954 (Band 3) und Herzog 1955 (Band 4). 1958 erschien Margot Hornigs Würzburger Dissertation (Hornig 1956) als Band 13 der Schriftenreihe (Hornig 1958). – Die Unterlagen des Instituts für Besatzungsfragen befinden sich heute im Bundesarchiv Koblenz, Bestand B 120 (687 Akteneinheiten). Eine Studie über das Institut für Besatzungsfragen scheint bisher nicht zu existieren. In BA K, B 120/578 befindet sich ein ausführ­licherer Briefwechsel zur Dissertation von (spätestens ab Anfang 1957 verheirateten) Margot Günther. – Ob Herbert Siebenhüner (1908 – 1996), seit 1954 Ordinarius für Mittlere und Neuere Kunstgeschichte an der Julius-­Maximilians-­Universität Würzburg, Margot Hornig zu ihrer Studie angeregt hat, konnte nicht verifiziert werden. Betreut wurde die Arbeit jedenfalls (so ein Brief von Hornig an Wolfgang Hagemann im DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 309, vom 21.9.1955, mit Nennung des Doktorvaters) vom streng rechtskonservativen Friedrich August Freiherr von der Heydte (1907 – 1994), Habilitation Universität München 1949, seit 1954 Ordinarius für Völkerrecht, Allgemeine Staatslehre, Deutsches und Bayrisches Staatsrecht und Politische Wissenschaften an der Universität Würzburg, der als Oberstleutnant der Fallschirmjäger zu den Verbänden gehörte, die am 11.9.1943 Rom besetzt hatten. – In dem genannten Brief gibt Hornig an, von Heydenreich habe sie „sehr viel Material über die Tätigkeit des Kunstschutzes in Italien bekommen.“ – Den NL Siebenhüner bzw. das „Herbert-­Siebenhüner-­Archiv“ im Institut für Kunstgeschichte der Julius-­Maximilians-­Universität Würzburg, in dem es laut tel. Auskunft von Stefan Kummer auch einen Ordner „Kunstschutz“ gebe, habe ich nicht konsultiert. 87 Weisbrod 2002a. 88 Hachtmann 2008, S. 561. 89 Nur am Rande sei etwa erwähnt, dass erst die Volksabstimmung im Juni 1946 zum Wechsel der Staatsform vom Königreich zur Republik Italien führte, wobei Zustimmung und Ablehnung bei dieser eher knappen Entscheidung fast exakt der Aufteilung in Nord und Süd während der deutschen Besatzung und des Allied Military Government (RSI und Regno del Sud) entsprachen: Während der zuvor faschistische Norden sich für die Republik entschied, hatte der Süden ebenso einheit­lich für den Fortbestand der Monarchie votiert. – Die großen Unterschiede in der zeitgeschicht­lichen Periodisierung ­zwischen Deutschland und Italien lassen sich beispielsweise auch daran erkennen, dass das zentrale Staatsarchiv (ACS ) noch bis 1953 Archivio del Regno hieß, siehe Grispo 1998, S. 206.

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dieser unterschied­lichen Vergangenheitspolitiken  90 bis heute spürbar sind, begibt sich eine Untersuchung zu ­diesem Themenfeld nolens volens auf ‚contested territory‘. Es handele sich, so ein hochrangiger italienischer Diplomat 1994, um „ein Knäuel von politischen und psychologischen Elementen“, dem zufolge „zwischen Deutschland und Italien delikate und empfind­liche Reibungspunkte nicht vermeidbar sind“91 (wie es auch die Auseinandersetzungen um den Status italienischer Zwangsarbeiter und ‚Militärinternierter‘ gezeigt haben, die anschließend – 2009 bis 2012 – in einer gemeinsamen Historikerkommission bearbeitet wurden 92). Ausdrück­lich und konkret auf das Thema Kunstschutz bezogen bestätigte dies 2010 auch der damalige italienische Generalkonsul in München, Adriano Chiodi Cianfarani.93 In dieser Hinsicht symptomatisch ist ferner die rezente Formulierung von Arianna Spinosa, das gesamte „patrimonio storico-­artistico, architettonico e archivistico“ sei im Winter 1943/44 „sowohl den deutschen Beraubungen als auch den angloamerikanischen Luftangriffen völlig ausgeliefert gewesen“94 – symptomatisch auch deshalb, weil hier eine eher passive Opferrolle behauptet wird, die ihrerseits durch Idealisierungen und Heroisierungen der italienischen Soprintendenti und Beamten, ihres „Mutes und ihrer Sensibilität“ in der Durchführung ihrer erfolgreichen Rettungsbemühungen „unter Einsatz ihres Lebens“,95 in Frage gestellt wird. Eine Studie zum Deutschen Militärischen Kunstschutz in Italien 1943 – 1945 muss erstens dieser Rezeptionsgeschichte des Zweiten Weltkriegs Rechnung tragen, zweitens die komplexe deutsch-­italienische Geschichte adäquat berücksichtigen und drittens, auf einer allgemeinen Ebene, Argumentationen und Schlussfolgerungen besonders hinterfragen. Hinzu kommt schließ­lich ein weiteres Problem der deutsch-­italienischen Historiographie, auf das C ­ hristof Dipper konzis hingewiesen hat, das „Zäsurdenken“: Entweder wird in der Forschung die Kriegs- oder speziell die Besatzungszeit 96 behandelt, oder aber das deutsch-­italienische 90 Zu ­diesem weiten Feld sei exemplarisch verwiesen auf Vordemann 1994; Guiotto 1997; Petersen, Schieder 1998; Rusconi 2006; Lingen 2006; speziell zur Deutung der deutschen Besatzung 1943 – 1945 sind immer noch wichtig die Beiträge im Sammelband Lill 1992 sowie Klinkhammer 1993. 91 Ferraris 1994, S. XI und XIII. 92 Der Abschlussbericht der Historikerkommission von Juli 2012 ist online veröffent­licht, siehe Bericht 2012. 93 Cianfarani 2012, S. 8 – 9: „sehr heikles Thema“; die Materie sei „sehr bedeutungsvoll und delikat“; „eine delikate Angelegenheit“. So auch schon Vicentini 1996, S. 16: „das heikle Thema“. 94 Spinosa 2011, S. 421: „Durante l’inverno 1943 – 1944, tutto il patrimonio storico-­artistico, architettonico e archivistico è completamente esposto sia alle spoliazioni tedesche che ai bombardamenti angloamericani.“ 95 Nicita 2010, S. 41: „Emerge l’impegno, il coraggio, la sensibilità di questi uomini e donne che non ebbero timore di disobbedire agli ordine di funzionari superiori in grado e di gerarchi fascisti, a costo di rischiare non solo il lavoro ma la loro stessa vita, pur di agire per mettere in salvo il patrimonio artistico del Paese.“ 96 Etwa Klinkhammer 1993.

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­ erhältnis in der Nachkriegszeit wird untersucht.97 Die hier betrachtete Zeitstellung 1936 bis V 1963 – von der Unterzeichnung des geheimen Freundschaftsvertrags ­zwischen Deutschem Reich und Italien am 25. Oktober 1936 und den damit verbundenen Institutionalisierungsund Verzahnungstendenzen bis zum vorläufigen Abschluss der Restitutionsverhandlungen 196398 – erfordert insofern einen Spagat ­zwischen distinkten Forschungsbereichen.

2.3 Quellenlage Der dritte Problemkomplex hängt mit der relativ schlechten Überlieferung zusammen. Der zentrale Quellenbestand ist nur fragmentarisch erhalten: Das Archiv des Deutschen Militärischen Kunstschutzes in Italien ist – wie auch das des Kunstschutzes in Frankreich 99 – als solches nicht mehr überliefert (oder, falls erhalten, ist der Aufbewahrungsort nicht bekannt).100 Die im Oktober 1944 nach Oberaudorf am Inn bei Rosenheim in die Villa des ehemaligen Vorstandsmitglieds des Kunsthistorischen Instituts in Florenz (KHI ), Friedrich Wilhelm Freiherr von Bissing (1873 – 1956), ausgelagerten Unterlagen 101 sowie die direkt in Salò und Fasano del Garda, dem Sitz der deutschen Botschaft sowie der Militärverwaltung, von den Alliierten beschlagnahmten Dokumente 102 sind jedenfalls in keinem Archiv als 97 Dipper 2007, S. 5 – 6, Zitat S. 5. 98 Die Treuhandverwaltung von Kulturgut in München bestand vom 22.2.1952 bis zum 31.12.1962. Zum 1.1.1963 wurden alle noch vorhandenen Unterlagen des Münchner Central Art Collecting Point in die Obhut der Oberfinanzdirektion München überführt. Vgl. NS-Nachlass. Übergrößen vorrätig, in: Der Spiegel, Heft 23, 5.6.1963, S. 69 – 70. 99 Heuß 2000, S. 273: „Die Akten der Gruppe Kunstschutz sind leider fast vollständig verloren gegangen, so daß hier [im Gegensatz zum Bibliotheksschutz] weit weniger detaillierte Aussagen gemacht werden können.“ Diese Einschätzung trifft zu; gleichwohl haben gerade die Arbeiten von Christina Kott gezeigt, dass der Kunstschutz in Frankreich trotzdem – auch ohne eine geschlossene Überlieferung – sinnvoll und gewinnbringend bearbeitet werden kann, frei­lich mit höherem Aufwand. – Hingewiesen sei in d ­ iesem Zusammenhang vor allem auf die Überlieferung zum Militärbefehlshaber in Frankreich im Bestand AJ 40 der Archives Nationales in Paris sowie im Bestand RW 35 im BA MA in Freiburg im Breisgau, die zumindest teilweise – soweit ich sehe, seit 2005 – über die bilinguale digitale Edition des IHTP (L’Institut d’histoire du temps présent), Frankreich im Zweiten Weltkrieg. Edition der Lageberichte des Militärbefehlshabers Frankreich und der Synthesen der Berichte der französischen Präfekten, 1940 – 1944 (http://www.ihtp.cnrs.fr/prefets/), recherchiert werden kann und viel Material zum Kunstschutz enthält. 100 Vgl. Hampe 1950, S. 2 (betr. Kunstschutz Griechenland): „Das deutsche Aktenmaterial ist wohl zum größten Teil vernichtet, z. T. vielleicht in Washington“; vgl. Klöckler 2006, S. 526, Anm. 106 (betr. Kunst- und Archivschutz Italien): „Über den Verbleib der Originale ist nichts bekannt.“ 101 Hubert 1997, S. 73. 102 Hartt 1949, S. 20: „The full narrative of what had happened at Montagnana [einem Auslagerungsdepot] we reconstructed only months later, when we came into possession of the archives of the

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geschlossene Bestände konsultierbar. Soweit bekannt, sind nur verschiedene Teilbestände vorhanden – teils als Ab­lichtungen und Fotokopien, wie im Falle von Sivieros Archiven in Rom und Florenz,103 teils in Form von Originaldokumenten, wobei hinsicht­lich der Überlieferungsdichte große Unterschiede bestehen, wie ein Vergleich ­zwischen dem Archiv des Kunsthistorischen Instituts in Florenz – Max-­Planck-­Institut und der Altregistratur des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München zeigt. Vereinzelte Schriftstücke oder Vorgänge finden sich wiederum in sehr vielen Institutionen, etwa im Archiv der Monumenta Germaniae Historica. Daneben haben die Aktivitäten des Kunstschutzes – als einer kulturpolitisch bedeutsamen Organisationseinheit der Militärverwaltung nach dem Krieg als Gegenstand langwieriger zwischenstaat­licher Verhandlungen – zwangsläufig in einer Reihe staat­licher Archive einen Niederschlag gefunden, von den Abteilungen des Bundesarchivs in Berlin, Koblenz und Freiburg bis zum Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes in Berlin, vom Archivio Centrale dello Stato in Rom bis zu den National Archives in Washington. Hinzu kommen kürzere oder umfangreichere Schriftwechsel in den Archiven einzelner Institute wie dem Deutschen Archäologischen Institut (Zentrale Berlin und Abteilung Rom), im Archiv der Max-­Planck-­Gesellschaft in Berlin, im Archiv des Florentiner Soprintendente Giovanni Poggi (1880 – 1961) im Archivio Storico des Polo Museale in Florenz sowie Nachlässe einzelner Protagonisten. Stellvertretend ­seien die Nachlässe des Historikers Wolfgang Hagemann (1911 – 1978) sowie des Deutschen Konsuls in Florenz, Gerhard Wolf (1896 – 1971), im Deutschen Historischen Institut Rom und der Teilnachlass von Leopold Reidemeister (1900 – 1987) im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin erwähnt. Darüber hinaus sind teils weniger ausführ­liche, teils umfangreiche Überlieferungen einzelner Akteure in Universitäts-, Insti­tuts- und Staatsarchiven, in kommunalen Archiven oder auch in Privatbesitz vorhanden (beispielsweise bei den German Kunstschutz.“ – Klinkhammer 1992, S. 490, Anm. 19, vermutete, dass sich das Archiv des Kunstschutzes im Archiv des Italienischen Außenministeriums (Archivio Storico del Ministero degli Affari Esteri, ASMAE) in Rom befinden könnte; eine Überprüfung dieser Vermutung war ihm indes nicht mög­lich. 103 Gemeint sind das Archiv der Commissione Interministeriale per il Recupero d’opere d’arte (CIR) in Rom und das Archivio Siviero in der Accademia delle Arti e del Disegno (ASAAD) in Florenz. In beiden Fällen handelt es sich, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, um Sammlungen von Fotokopien, die Siviero von den Alliierten zur Verfügung gestellt oder die auf seine Bitte hin angefertigt wurden. Während die Kopien in Rom in Absehung vom Inhalt der Unterlagen in eine streng chronologische Reihenfolge gebracht worden sind, sind die Kopien in Florenz – allerdings nicht konsistent – eher nach inhalt­lichen Kriterien geordnet. In Anbetracht der zahlreichen Originale und Durchschläge, die sowohl im Archiv des Kunsthistorischen Instituts in Florenz als auch in der Altregistratur des Zentralinstituts für Kunstgeschichte überliefert sind, erscheint es indes sehr unwahrschein­lich, dass Siviero jemals die kompletten Unterlagen zur Auswertung zur Verfügung gestanden haben.

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Nachfahren von Hans Gerhard Evers, Erika Hanfstaengl [1912 – 2003] und Alexander Langsdorff [1898 – 1946]).104 Auch die italienische Gegenüberlieferung ist an keinem Ort geschlossen zu konsultieren – die Akten der Direzione Generale Antichità e Belle Arti (AABBAA ) im Ministero della Pubblica Istruzione (MPI) geben zwar über einige Vorgänge Auskunft, decken aber keineswegs das gesamte Spektrum ab (was auch mit der wichtigen Funktion der regionalen Soprintendenti zusammenhängt), und die über Italien in privater oder öffent­licher Hand verstreuten Nachlässe sind teils, wie etwa die Tagebücher von Carlo Anti (1889 – 1961), der am 16. Dezember 1943 vom Ministerrat der RSI mit der Leitung der Generaldirektion der Altertümer und schönen Künste (AABBAA ) beauftragt worden war, noch immer nicht zugäng­lich,105 was auch für das Vatikanische Geheimarchiv gilt, dessen Bestände derzeit größtenteils nur bis zum Stichjahr 1939 konsultiert werden können.106 Eine Herausforderung ist diese Quellenlage auch deshalb, weil das Fehlen einer geschlossenen Selbst- oder Eigendokumentation des Kunstschutzes einen weiteren Arbeitsschritt erfordert, näm­lich die Rekonstruktion dieser Eigensicht bzw. d ­ ieses Selbstbildes durch die Kombination verschiedener Quellenbestände. Genau diese Hürde hat Christina Kott zutreffend so beschrieben: „Setzt man Quellen von Besatzern und Besetzten miteinander in Bezug, um nach der Methode der ‚histoire croisée‘ wenn mög­lich die Perspektive der ‚anderen Seite‘ mit einzubeziehen und eventuelle transnationale Interaktionen auszuloten, ergeben sich allerdings unvermeidbare Asymmetrien, die auf unterschied­liche Überlieferungssituationen zurückzuführen sind. Aufgrund der halb militärischen, halb zivilen Tätigkeit der Kunstschutzbeauftragten vermischen sich zudem die Ebenen oftmals, d. h. man findet amt­liches Material in privaten Nachlässen und privates Material in amt­lichen Archivalien.“107 Ein weiterer Gesichtspunkt kommt hinzu. Eben weil die Tätigkeit des Kunstschutzes neben seiner hier fokussierten fachgeschicht­lichen Dimension auch genuin (kultur-)politische, propagandistische, verwaltungstechnische, militär- und diplomatiegeschicht­liche 104 Einige wenige Nachlässe sind nicht, noch nicht oder nicht vollständig einsehbar. Das betrifft Teile des Nachlasses von Leopold Reidemeister im GStA PK in Berlin wie auch den Nachlass von Ludwig Heinrich Heydenreich in der Handschriftenabteilung der Bayerischen Staatsbibliothek (Ana 427): Gemäß Auskunft der Nachlassverwalterin sind derzeit ausschließ­lich Vorlesungs- sowie Buch­manuskripte konsultierbar, nicht aber die Korrespondenz (weder dienst­lich noch privat) oder die Sachakten. Wie Lauterbach 2015, S. 238, Anm. 462, zu entnehmen ist, konnte durch sie „Heyden­reichs Nachlass in der BSB ausgewertet werden“. 105 Nezzo 2011a, S. 119, Anm. 71, vermerkt zu den im Stadtmuseum Padua verwahrten Tagebüchern: „[…] after years of fruitless requests, it is hoped that these will soon be available for consultation. In the meantime, the recent volume Diari e altri scritti di Carlo Anti, edited by Girolamo Zampieri (Verona: Accademia dei Agricoltura, Scienze e Lettere, 2009) is unfortunately an unacceptable substitute.“ 106 Siehe http://www.archiviosegretovaticano.va/content/archiviosegretovaticano/it/l_archivio.html [Zugriff am 1.11.2017].. 107 Kott 2017a, S. 41– 42. Vgl. Fuhrmeister 2016a, S. 15 – 16.

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sowie (völker-)recht­liche Aspekte besitzt, mussten Bestände vieler verschiedener Instanzen, Ämter und Behörden auf Korrespondenzen geprüft werden. Aufgrund dieser Sachlage – weil die Quellen verstreut sind – werden sie im Folgenden teilweise ausführ­lich zitiert, aus zwei Gründen: Erstens, um die in dieser Arbeit getroffenen Einschätzungen überprüfbar und nachvollziehbar zu halten, und zweitens, um der zukünftigen Forschung den Zugriff auf diese verstreuten Bestände zu erleichtern. Keineswegs in direkter Folge, aber doch mitbestimmt durch diese insgesamt schwierige Quellenlage ist eine mög­lichst multiperspektivische, aber dennoch konzise Bearbeitung des Themas naheliegend und geboten.

2.4 Forschungsstand Auch wenn der Forschungsstand bei fast jeder akademischen Qualifikationsschrift eine Herausforderung darstellt, gilt dies doch für diese Studie in besonderem Maße. Unabhängig von den oben (1. Das Erbe der nationalen Perspektiven, 2. Deutsch-­italienische Vergangenheitspolitiken nach 1945) bereits knapp skizzierten Problemlagen ist festzuhalten, dass der Militärische Kunstschutz insgesamt bisher keine kritische Untersuchung erfahren hat. So konnte Gabriele Freitag noch 2006 nur auf Margot Hornigs Darstellung von 1958 verweisen (mit dem einschränkenden Hinweis, sie sei apologetisch).108 De facto liegt bis heute keine Gesamtstudie vor; gerade zum Kunst- und Kulturgüterschutz in Italien gibt es nur wenig substanzielle Fachliteratur, auf die aufgebaut werden kann. Die Forschungslage steht damit in markantem Unterschied zum Deutschen Militärischen Kunstschutz in Frankreich und Belgien, den vor allem Christina Kott sowohl monographisch als auch in zahlreichen Aufsätzen untersucht hat – besonders intensiv hinsicht­lich des ­Ersten,109 aber auch des Zweiten Weltkrieges.110 Während der Deutsche Militärische Kunstschutz – und auch der Archivschutz 111 – in Frankreich und Belgien somit vergleichsweise gut erforscht ist, liegen zu Italien im Kern nur der bereits erwähnte Aufsatz Klinkhammers von 1992 sowie seine erneuten Auseinandersetzungen mit der Thematik aus den Jahren 2005 bis 2012 vor.112 Klinkhammers Aufsatz von 1992 kommt zweifellos das Verdienst zu, erstmals einen quellenorientierten Blick auf den

108 Freitag 2006, S. 33. 109 Kott 1997; Kott 1998; Kott 2000; Kott 2001; Kott 2004; Roolf 2004 und besonders Kott 2006 sowie Kott 2017. Siehe auch Roolf 2007, S. 433 – 470; Levy 2011. Allgemein zur Arbeit deutscher Wissenschaftler im besetzten Belgien, siehe Roolf 2009. 110 Siehe neben Thomas 1973 besonders Sch­licht 2007; Roolf 2007, S. 470 – 477; Kott 2008. Die Aktivitäten in beiden Weltkriegen vergleichend: Kott 2007. 111 Siehe Roth 1989; Herrebout 2007. 112 Klinkhammer 2005; Klinkhammer 2007; Klinkhammer 2010; Klinkhammer 2011; ­Klinkhammer 2012.

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Kunstschutz geworfen zu haben; dies erhellt nicht zuletzt aus Jens Petersens Besprechung von Sivieros Buch 1986, in der er Sivieros Kernthesen weitgehend folgt.113 Die Arbeit von Kubin konzentriert sich ganz wesent­lich auf die Rückgabeverhandlungen der 1950er Jahre. Genau diese – einerseits objektorientierte, andererseits zwischenstaat­liche – Dimension prägt auch die quellenreiche, unveröffent­lichte tesi di laurea von Dela Kienle sowie die umsichtige juristische Dissertation von Emanuel Hofacker.114 Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass verschiedene Veröffent­lichungen auf den ersten Blick einschlägig erscheinen, dies aber nicht sind, wie etwa Kunstschutz und Kunstraub von Günther Haase.115 In ­diesem grosso modo geschichtsjournalistischen Bereich – sensationslüstern und sensationsheischend – gibt es zahlreiche weitere Publikationen, die keine Quellenbasis besitzen und hier nicht weiter berücksichtigt werden müssen.116 Ergänzt und vielfältig erweitert wird ­dieses Spektrum indes durch den 2012 veröffent­lichten Tagungsband Kunsthistoriker im Krieg des Zentralinstituts für Kunstgeschichte.117 Der positiv aufgenommene 118 Band konnte zwar neue Perspektiven eröffnen, doch aufgrund seiner Entstehungsgeschichte – dem Fund eines anfäng­lich auf rund 1.500, nunmehr indes auf über 3.000 Aufnahmen geschätzten Fotokonvoluts 119 – und seiner stark foto- und bestandsgeschicht­lichen Ausrichtung liefert er zwar eine erste Annäherung, aber weder eine systematische Erschließung der verstreuten Quellen noch eine umfassende Analyse der Organisations- oder gar Rezeptionsgeschichte. Das Fotoarchiv konnte im Zuge weiterer Recherchen als das von Ludwig 113 So übernimmt Petersen 1986, S. 474, Sivieros Ansicht, aus den nach 1938 getätigten Erwerbungen wurde „nach dem September 1943 […] unverhüllter Raub […]. Eine wenig klare Rolle spielte dabei der deutsche ‚Kunstschutz‘, in dem zahlreiche deutsche Kunstwissenschaftler mitarbeiteten.“ Einschränkend bemerkt er am Schluss ledig­lich: „Ob der ‚Kunstschutz‘ in Italien neben der Unterstützung nationalsozialistischer Ambitionen auch noch andere akzeptablere Aufgaben wahrgenommen habe, bleibt bei Siviero unerwähnt. Eine Aufarbeitung des gesamten Themenkomplexes auch von deutscher Seite wäre dringend erwünscht.“ 114 Kienle 2000/2001; Hofacker 2004. Ich danke Emanuel Hofacker für eine Kopie der Arbeit von Kienle, die in der Bibliothek der Universität Florenz eingesehen werden kann. 115 Haase 2008; d ­ ieses Werk ist nahezu völlig unbrauchbar: Weder Sachverhalte noch Zitate werden nachgewiesen, Dokumente ohne Quellenangabe abgedruckt etc. 116 Genannt s­ eien exemplarisch Wermusch 1991 und Alford 1994; Alford 2003 und Alford 2011. 117 Fuhrmeister, Griebel, Klingen und Peters 2012. 118 Vgl. Hausmann 2012; Voss 2012; Lingen 2012. 119 Die Zahl von „etwa 1500 Fotografien“ bei Kappel 2012, S. 213; zur Auffindung des Bildbestandes siehe Peters 2012, S. 229 – 230, dort die Schätzung des Konvoluts auf 400 Stück; in Anm. 1, S. 245, der Hinweis auf den Fund eines weiteren Konvoluts im Umfang von 350 Aufnahmen. Aufgrund der systematischen Durchsicht der topographischen Abteilung der Photothek, bei der weitere Aufnahmen dem Bildarchiv des Kunstschutzes zugeordnet werden konnten, ist der Gesamtbestand in der Einleitung mit „rund 2000“ beziffert worden (Fuhrmeister, Griebel, Klingen und Peters 2012, S. 12). Nach Drucklegung wurden weitere Aufnahmen identifiziert, sodass die Photothek den Umfang derzeit auf nunmehr rund 3000 Aufnahmen schätzt.

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2  Geöffneter Stahlschrank (ehemals für die Kartei der Mitglieder der NSDAP verwendet) im Untergeschoss des „Haus der Kulturinstitute“ (ehemals „Verwaltungsbau“ der NSDAP) mit Unterlagen des Gründungsdirektors Ludwig H. Heydenreich, vermut­lich nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst (1970) oder nach seinem Tod (1978) dort deponiert, Foto: Stephan Klingen.

Heinrich Heydenreich (1903 – 1978), dem von 1947 bis 1970 amtierenden Gründungsdirektor des Zentralinstituts für Kunstgeschichte, in den Bestand der Photothek integrierte Bildarchiv des Deutschen Militärischen Kunstschutzes in Italien identifiziert werden. Anders gesagt: Der bewusst komparatistisch konzipierte Band, der die Bemühungen der amerikanischen und britischen Kunsthistoriker in der MFAA und der italienischen Soprintendenti denen der deutschen Kunsthistoriker in der Militärverwaltung gegenüberstellt, entfaltet ein vielfältiges Spektrum der Problemhorizonte. Ein Desiderat bleibt jedoch die fachgeschicht­liche Dimension, die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung im Vordergrund steht. Dies gilt in gleichem Maße für den schmalen Band von Andrea Carlesi, der ebenfalls Anfang 2012 erschien.120 Ohne hier der weiter unten folgenden Auseinandersetzung vorwegzugreifen, ­seien zwei zentrale Aspekte benannt, die die Benutzbarkeit von La protezione del patrimonio artistico italiano nella RSI (1943 – 1945) stark beeinträchtigen. Dazu gehört an erster Stelle eine mit ‚rechtskonservativ‘ nur ungenau bezeichnete Grundausrichtung, die auf die Legitimität der Republik von Salò abhebt, das verläss­liche Funktionieren ­dieses faschistischen Marionettenstaats betont und letzt­lich auf die Behauptung einer auch über 120 Carlesi 2012.

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den 8. September 1943 hinaus intakten, belastbaren und verläss­lichen Allianz ­zwischen einem souveränen italienischen Staat unter Mussolinis Führung und dem Deutschen Reich hinausläuft.121 Die im Detail vielfältige Forschungsliteratur zum italienischen Kunst-, Denkmalund Kulturgüterschutz im Zweiten Weltkrieg besonders in Norditalien (von Elena Franchi über Carlotta Coccoli und Cecilia Ghibaudi bis zu Marta Nezzo und Simona Rinaldi) fast vollständig negierend,122 entwirft Carlesi eher ein subjektives Traum- oder Wunschbild denn eine brauchbare Analyse. Der zweite Punkt betrifft seinen Umgang mit Quellen. Der Autor bringt zwar einige bislang nicht berücksichtigte Dokumente in die Diskussion ein, doch nicht einmal die basalen Standards wissenschaft­licher Praxis (wie der Nachweis von Zitaten) werden eingehalten.123 Eine Überprüfung seiner Darstellung ist daher nicht, eine Auseinandersetzung mit seiner Deutung kaum mög­lich. Blickt man von diesen Spezialstudien 124 auf die allgemeinere, genuin historiographische oder disziplingeschicht­liche Dimension des Untersuchungsgegenstands, so gibt es auch hier kaum eine verläss­liche Basis. Ungeachtet der frühen und wichtigen, allerdings schmalen Studie Deutsche Kunsthistoriker 1933 – 1945 von Heinrich Dilly (1988) galt die Aufmerksamkeit zunächst und in erster Linie den exilierten Kunsthistorikern und der Wissenschaftsemigration insgesamt.125 Erst in einem zweiten Schritt wurde die universitäre Lehre im 121 Gegen die von Carlesi behauptete Perspektive stellte schon Prauser 2005, S. 273, Anm. 25, fest: „Abgesehen davon, daß die Staatskontinuität bei dem nach Süditalien geflohenen König und dadurch bei dem sogenannten Regno del Sud lag, fehlten der Repubblica Sociale Italiana die Hauptcharakteristika eines souveränen Staates: 1. Keine Souveränität über das eigene Hoheitsgebiet 2. Keine eigenen Streitkräfte 3. Keine wirtschaft­liche Unabhängigkeit.“ 122 Carlesi erwähnt Franchi 2006, aber nicht Franchi 2010, Franchi 2012, Coccoli 2007, Stefani/­Coccoli 2011, Ghibaudi 2009a, Ghibaudi 2009/2010, Rinaldi 2010a, Rinaldi 2010b, Nezzo 2011a und Nezzo 2011b, um nur die einschlägigsten Veröffent­lichungen zu nennen. – Ein gewisses Problem der italienischen Publikationen ist, dass deutschsprachige Literatur nur in Ausnahmefällen und deutschsprachige Quellen so gut wie nie berücksichtigt werden. 123 Von den fünf Anmerkungen der „Introduzione“ (Carlesi 2012, S. 15 – 21) enthalten immerhin drei konkrete Verweise auf Quellen oder Publikationen, doch im gesamten Text (S. 23 – 161) und in allen Biographien (S. 171 – 183 – mit Ausnahme von Giovanni Poggi) fehlen Quellenangaben. Nur eine einzige Fußnote (Anm. 37, S. 68) enthält überhaupt eine belastbare bibliographische Angabe: „ACTA dell’Istituto Storico della Repubblica Sociale Italiana, Anno IX, Nr. 3, Settembre ‒ Novembre 1995“. 124 Bisher nicht zugäng­lich war mir Salerno, Scala 2011 zu den Kunstschutzmaßnahmen in Turin. Die beiden Autoren stellten mir indes auf meine Bitte freund­licherweise den Abschnitt „IV.I Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg e Abteilung Kunstschutz. Burocrazia dei furti“ (S. 97 – 106 ihrer Arbeit) zur Verfügung, in welchem sie vorwiegend auf Siviero 1984 und Klinkhammer 2007 rekurrieren. 125 Die deutschen fachgeschicht­lichen Standardwerke sind zweifellos Wendland 1999 und Michels 1999; exemplarisch für die umfangreiche amerikanische Literatur zu Exilforschung und Wissenschaftsemigration sei hier nur auf den klassischen Aufsatz von Eisler 1969 verwiesen. Zur Entlassung des „jüdisch versippten“ Heidelberger Professors August Grisebach im Juni 1937 siehe ergänzend Maurer 2007, zu Richard Krautheimer Maurer 2008. Vgl. auch das vom Verfasser mitbetreute Seminar (im

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­ ationalsozialismus untersucht, mit besonderer Akzentuierung von herausragenden VerN tretern wie Albert Erich Brinckmann (1881 – 1958),126 Wilhelm Pinder (1878 – 1947),127 Hans Sedlmayr (1896 – 1984),128 Hubert Schrade (1900 – 1967)129 und anderen.130 Demgegenüber ist kein Mitglied des Kunstschutzes in Italien bisher monographisch, fachgeschicht­lich oder sonst ausführ­licher untersucht worden. Die personalbiographischen Untersuchungen wurden flankiert von Studien zur Geschichte einzelner kunsthistorischer Institute im Nationalsozialismus.131 In gewisser Hinsicht gebündelt – aber im Kern begrenzt auf die Institute in Berlin, Bonn, Hamburg und München – wurden diese Forschungen im Rahmen eines zweijährigen DFG -Projekts zur Geschichte der Kunstgeschichte im Nationalsozialismus (GKNS -WEL ).132 Parallel wurde die kunstgeschicht­liche Beteiligung an der sogenannten West- und Ostforschung 133 sowie

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Rahmen des Promotionsprogramms „Ausstellungskonzeption, -gestaltung und -vermittlung“ des Instituts für Kunstgeschichte der Ludwig-­Maximilians-­Universität) zu jüdischen Kunsthistorikern in und aus München, http://www.kunstgeschichte.uni-­muenchen.de/forschung/ausstellungsprojekte/ archiv/einblicke_ausblicke/index.html [Zugriff am 1.11.2017]. Arend 2003. Halbertsma 1992; Held 2003; Stöppel 2008a; Bredekamp 2010. Ottenbacher 2000; Ottenbacher 2001; Aurenhammer 2003a. Siehe auch Bohde 2012, passim. Schubert 2008; Hille 2008. Zu Kurt Bauch siehe Papenbrock 2003; zu Hamann siehe Heftrig 2014; zu Niels von Holst bereitet Christoph Frank, Università della Svizzera italiana, Mendrisio, eine Studie vor; vgl. http://www. zikg.eu/veranstaltungen/2017/workshop-­christoph-­frank [Zugriff am 1.11.2017]. Zu Wien, siehe Aurenhammer 2004/2005; zu Heidelberg, siehe Kirchner 2006; zu Jena, siehe ­Fuhrmeister 2006a. Zu weiteren kunstgeschicht­lichen Instituten, siehe die Bibliographie auf dem Stand von 2005 (mit einigen Nachträgen von 2006) unter http://www.welib.de/gkns/biblio.html (im Juli 2012 noch aufrufbar); vgl. die Dokumentation zur Lehr- und Forschungstätigkeit an kunstgeschicht­ lichen Universitätsinstituten in Deutschland in den Jahren 1933 bis 1945 unter http://kg.ikb.kit.edu/263. php, ebenfalls auf dem Stand von 2005 [Zugriff am 1.11.2017]. Da der ursprüng­liche, rein fachgeschicht­liche Antrag abgelehnt worden war, wurde das Vorhaben als Pilotprojekt einer Zusammenarbeit ­zwischen Informatikern (der TU Hamburg-­Harburg) und Kunsthistorikern neu beantragt und bewilligt. Neben der wichtigen Dokumentation der Abschlusstagung des Projekts im Oktober 2006 in Bonn, die 2008 erschien (Heftrig, Peters und Schellewald 2008), ist insbesondere auf die Datenbank GKNS -WEL (http://www.welib.de/gkns/) zu verweisen, die Transkriptionen zahlreicher Archivalien enthält und als unverzichtbare Arbeitsgrundlage gelten muss, aber seit Herbst 2012 wohl leider als dauerhaft unzugäng­licher Datenfriedhof angesehen werden muss. – Einen Überblick des Projekts bietet Arend 2006, eine gewisse Aktualisierung Hausmann 2011, S. 303 – 325. Westforschung: Doll 2002/2007; Doll 2003; Ostforschung: umfassend Arend 2009a. – Unglück­lich ist die Formulierung von „einer bisher nur ansatzweise existierenden entsprechenden ‚Südforschung‘“ bei Matheus 2010, S. 40, denn es handelt sich ja um ein distinktes historisches Phänomen, nicht um einen aktuellen Forschungsbereich; einleuchtend hingegen sein Hinweis auf die aufgrund des Achsenbündnisses „vielfach anders gelagerten Verhältnisse“.

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im Rahmen der „Aktion Ritterbusch“, d. h. des „Kriegseinsatzes der Geisteswissenschaften“,134 thematisiert. Gleichzeitig erfolgte, im Kontext der – im Gefolge der Washingtoner Erklärung von 1998 und der sogenannten Gemeinsamen Erklärung von Dezember 1999135 – seit rund einer Dekade intensivierten Forschungen zu NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut, international eine stärkere Beschäftigung mit Mechanismen und Strukturen von Besatzungspolitik und Kulturgutraub.136 Zu nennen sind hier Studien zu den Aktivitäten des Einsatzstabs Reichsleiter Rosenberg,137 zum „Sonderkommando Künsberg“,138 zum „Sonderauftrag Linz“139 und den in seinem Rahmen tätigen Akteuren 140 und ihrer Erwerbungsstrategien sowie Beiträge zur Geschichte einzelner Museen 141 oder einzelner Sammler wie Hermann Göring.142 Gerade diese Forschungsbereiche verdienen besondere Beachtung, da sie sich abseits der lange dominanten – jedoch natür­lich weiterhin wichtigen – Analyse kunsthistorischer Texte vor allem den Handlungs- und Praxisfeldern von Kunsthistorikern widmen. Insgesamt sind sowohl Quantität und Qualität der Forschungsliteratur als auch das öffent­liche Interesse an Fragen von Kunsterwerb, -raub, -verlagerungen und -transaktionen in der Zeit des Nationalsozialismus in der letzten Dekade so exponentiell gewachsen, dass mittlerweile von einem eigenständigen Forschungsbereich gesprochen werden kann. Dies gilt für den deutschsprachigen Raum 143 ebenso wie für Frankreich und auch die USA. Wie ausgesprochen schnell sich ­dieses Forschungsfeld entwickelt (hat), offenbart schon der vergleichende Blick auf die Übersichten von Christian Welzbacher aus dem Jahr 2012 und von Bianca Gaudenzi und Astrid Swenson aus dem Jahr 2017.144 134 Hausmann 2007; Aurenhammer 2003b (unter Bezug auf die erste Auflage von Hausmann, die 1998 erschienen war). 135 Siehe https://www.state.gov/p/eur/rt/hlcst/270431.htm und https://www.kulturgutverluste.de/Webs/ DE /Stiftung/Grundlagen/Gemeinsame-­Erklaerung/Index.html [Zugriff am 1.11.2017]. 136 Für die amerikanische Perspektive vor Ende der 1990er Jahre wichtig: Nicholas 1997 (amerikanische Originalausg. 1994). 137 Siehe etwa Heuß 2000; Bollmus 2006; Bertz 2008; Hoppe 2010. 138 Hartung 1997. 139 Vor allem Schwarz 2004; Löhr 2005; Schwarz 2009; der Forschungsstand konzise zusammengefasst bei Iselt 2010, S. 166 – 174. 140 Petropoulos 1996; Petropoulos 2000; besonders instruktiv Iselt 2010 zu Hermann Voss. 141 Exemplarisch zum Städel Museum: Fleckner, Hollein 2011; zu den Staat­lichen Museen zu Berlin: Grabowski, Winter 2013; Savoy 2014; im Überblick: Baensch, Kratz-­Kessemeier und Wimmer 2016. 142 Zur Mühlen 2004; Löhr 2009; Yeide 2009. 143 Stellvertretend für viele andere Aktivitäten sei hier nur Blimlinger, Schödl 2014 genannt, der fünfte Band der Kommission für Provenienzforschung, Wien. – Einen recht verläss­lichen internationalen Überblick über die dynamische Publikationslandschaft in ­diesem Bereich bietet die Commission for Looted Art in Europe sowohl unter http://www.lootedart.com/publications als auch unter https:// www.lootedart.com/SYSAII828991(Looted Art Bibliographies) [Zugriff am 1.11.2017]. 144 Welzbacher 2012; Gaudenzi, Swenson 2017.

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Auch wenn es weiterer beständiger Differenzierung bedarf (Kunstraub bzw. Raubkunst wird oft für synonym mit Beutekunst, NS-verfolgungsbedingt entzogener Kunst oder sogar mit der Beschlagnahme-­Aktion „Entartete Kunst“ gehalten, häufig ohne zu berücksichtigen, dass etwa für den „Sonderauftrag Linz“ weit über 100 Millionen Reichsmark verausgabt wurden), so kann insgesamt ein angemessen produktives Arbeitsfeld konstatiert werden. Dessen Ausdifferenzierung und Virulenz sind offenbar so groß, dass Gilbert Lupfer 2012 auf dem Internationalen Kunsthistorikerkongress in Nürnberg (CIHA)145 einen eigenen Studiengang für Fragen von Kulturgutschutz und Provenienzforschung gefordert hat, der derzeit – in Ergänzung des seit 2016 in Würzburg angebotenen Masterstudiengangs „Sammlungen – Provenienz – Kulturelles Erbe“146 – offenbar an der Universität Bonn vorbereitet wird. Dass die Geschwindigkeit dieser Entwicklung sogar zu Institutionalisierungstendenzen geführt hat, lässt die mittlerweile erfolgte Gründung des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste erkennen, das – maßgeb­lich katalysiert durch den sogenannten „Schwabinger Kunstfund“ – am 1. Januar 2015 seine Arbeit in Magdeburg aufgenommen hat.147 In d ­ ieses Spektrum gehört schließ­lich auch das rezente Leibniz-­Projekt-­Cluster Translocations. Historical Enquiries into the Discplacement of Cultural Assets von Bénédicte Savoy an der TU Berlin.148 Es handelt sich insofern um ein ausgesprochen beweg­liches, ja hoch dynamisches Forschungsfeld, denkt man an die jüngsten Ergänzungen im Bereich des Kulturgutentzugs in der SBZ bzw. in der DDR und an die aktuellen Debatten um kolonialzeit­liche Transferprozesse.149 Gleichwohl: Überblickt man ­dieses Forschungsfeld, das im Kern erst in der letzten Dekade konstituiert wurde, dann hat der Militärische Kunstschutz bisher eher wenig Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Nach wie vor gibt es kaum Untersuchungen zu den öst­lichen Besatzungsgebieten (wobei der Kunstschutz stricto sensu auch nur in jenen Ländern implementiert wurde, die über eine deutsche Militärverwaltung verfügten, also eben nicht im „Warthegau“, nicht im Generalgouvernement, nicht in den baltischen oder skandinavischen Ländern), obwohl auch die Wehrmacht selbst eigene Kunstschutzoffiziere besaß.150 Zum Kunstschutz 145 Sein Beitrag „Provenienzforschung und Kunstgeschichte – Spannungen und Perspektiven“ in der Sektion „Restitution“ von Bénédicte Savoy und Jacek Purchla am 20.7.2012 ist erschienen, siehe Lupfer 2013. 146 Https://www.phil.uni-­wuerzburg.de/sammlungen_provenienz/studium/ [Zugriff am 1.11.2017]. 147 Https://www.kulturgutverluste.de/Webs/DE/ProjektGurlitt/Index.html [Zugriff am 1.11.2017]. 148 Siehe ausführ­licher dazu http://www.kuk.tu-­berlin.de/menue/forschung/einzelne_forschungsprojekte/­ translocations/ [Zugriff am 1.11.2017]. 149 Eine aktuelle Einschätzung dieser Entwicklungen und ihrer Implikationen habe ich in Fuhrmeister 2018 gegeben. 150 So nennt Freitag 2006, S. 33, [Rittmeister Dr.] Ernstotto Graf zu Solms-­Laubach und [Hauptmann Dr.] Georg Poensgen als der Heeresgruppe Nord der Wehrmacht „für die okkupierten sowjetischen Gebiete“ zugeteilte „Personen“; vgl. Hoppe 2010, S. 184. Solms-­Laubach (1890 – 1977) hatte seit 1938 das Historische (Stadtgeschicht­liche) Museum Frankfurt am Main geleitet und an der „Sicherstellung“ jüdischer Kunst- und Kulturgegenstände partizipiert, siehe Klötzer 1996, S. 395 (Eintrag von

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in Serbien liegen mittlerweile erste Studien vor, während für Griechenland im Kern nur Vorarbeiten existieren.151 Für das wichtige Gebiet um Sankt Petersburg (Zarenschlösser, Museumsstädte) ist vor kurzem die Studie von Corinna Kuhr-­Korolev, Ulrike Schmiegelt-­ Rietig und Elena Zubkova erschienen. Zweitens kommt hinzu, dass auch Forschungen zur institutionalisierten deutschen Kunstgeschichte in Italien erst am Anfang zu stehen scheinen, gerade im Hinblick auf die Zeit des Nationalsozialismus. So hat zwar das 1887 gegründete Kunsthistorische Institut in Florenz (KHI) 1997 seine Geschichte durch Hans W. Hubert erarbeiten lassen, doch diese Studie genügt in vieler Hinsicht nicht den Ansprüchen an eine avancierte Institu­ tions- und Organisationsgeschichte.152 Die Bibliotheca Hertziana in Rom (BH) hat erst in ­allerjüngster Vergangenheit, in der Vorbereitung des Jubiläums zum 100. Gründungstag 2013, mit substan­zieller institutionsgeschicht­licher Forschung begonnen.153 Dies im ­Unterschied zum Reinhard Frost); Kingreen 2000; Heuß 2000, bes. S. 168 mit Anm. 28; Salupere o. J. beschreibt anhand von Quellen im Estnischen Historischen Archiv in Tartu (Dorpat), Bestand 1414, eindring­ lich die systematische Beschlagnahme jüdischer Privatsammlungen und -bibliotheken sowohl durch Solms-­Laubach als auch durch den ERR. – Poensgen (1898 – 1974) war offiziell von 1928 bis 1945 bei der Verwaltung der Staat­lichen Schlösser und Gärten Berlin-­Brandenburg tätig – ein Nachruf auf ihn setzt im Kern 1948 ein, mit Poensgens Berufung zum Direktor des Kurpfälzischen Museums Heidelberg, und charakterisiert die Phase seines Direktorats bis 1964 tatsäch­lich als „Zeit, in der nach den Jahrzehnten unerträg­licher Geschichtsfälschung weithin die Bereitschaft zu vielfältig-­ detaillierter historischer Orientierung vorhanden war“, siehe Mugdan 1973, S. 104. Erst jüngst hat sich Ulrike Schmiegelt-­Rietig detaillierter mit Solms-­Laubach befasst. 151 Zu Serbien, siehe Pollak 2015, S. 299 – 301; Fuhrmeister 2016b und vor allem, auf breiter Basis, Kott 2017b; Andreas Roth bereitet derzeit eine Monographie über Johann Albrecht Freiherr von Reiswitz vor, basierend auf Unterlagen im Familienbesitz. Zu Griechenland, erste Ansätze bei Losemann 1977, S. 153 – 167, im Rahmen seiner Erörterung des „Sonderkommando[s] Rosenberg in Griechenland“ und des „Sonderstab[s] Griechische Altertumskunde“; die umfangreichste Vorarbeit Griechenland betreffend leistete Hiller von Gaertringen 1995. 152 Vgl. die massive Kritik von Beyer 1998, die indes vor allem auf die fehlende kultur- und ideengeschicht­ liche Kontextualisierung der Gründungsphase abhebt. – Zur Institutsgeschichte im NS siehe Caraffa, Goldhahn 2012. 153 Zwar wurde die Ära Steinmann (1913 – 1934) von Tesche 2002 ausführ­lich untersucht, die Zeit des Nationalsozialismus hingegen nur unzureichend, siehe Thoenes 1983/1991; Fehl 1996; Thoenes 2007. Speziell zu Steinmanns Michelangelo-­Bibliothek 1935 – 1938 siehe Grafinger 1992. Die bislang ausführ­lichste quellenbasierte Untersuchung zur Bibliotheca Hertziana im Nationalsozialismus hat bezeichnenderweise ein Historiker im Rahmen einer Studie zur ­Kaiser-­Wilhelm-­Gesellschaft vorgelegt, siehe Hachtmann 2007, Bd. 1, S. 223 – 224, 298, 418 – 420, 428 – 430 und bes. S. 548 – 556. Vgl. Schmitz 2010, S. 34, Anm. 184: „Das komplexe Thema verdient, einmal ausführ­lich unter Heranziehung aller überlieferten Quellen aufgearbeitet zu werden.“ – Zum 100-jährigen Gründungsjubiläum erschien Ebert-­Schifferer 2013a, wobei besonders die Beiträge von Ralph-­Miklas Dobler und Wolfgang Schieder für die hier zur Verhandlung stehenden Fragen relevant sind. Bislang liegt offenbar nur eine Besprechung vor (Putz 2014). Zu korrigieren ist die Legende von Abb. 41 (Ebert-­Schifferer 2013a,

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­Deutschen ­Historischen Institut (DHI) in Rom, das mit Wolfgang Hagemann, ­Gottfried Lang (1909 – 1982),154 seinem Präsidenten Theodor Mayer (1883 – 1972) sowie – in eingeschränktem Maße – mit Fritz Weigle (1899 – 1966), einem Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes (SD) der SS, Mitarbeiter für die Tätigkeit vornehm­lich im Bibliotheks- und Archivschutz zur Verfügung stellte, zu denen schon länger teils umfangreichere 155 und kritische 156 Untersuchungen vorliegen. Da das kunsthistorische Personal des deutschen Kunstschutzes in Italien – mit Ausnahme von Hans Gerhard Evers, Erika Hanfstaengl, Alexander Langsdorff und Bernhard von Tieschowitz von Tieschowa (1902 – 1968) – sich ausschließ­lich aus Mitarbeitern, Assistenten und Stipendiaten dieser beiden deutschen kunsthistorischen Institute in Florenz und Rom rekrutierte, fällt die Absenz einschlägiger Studien umso mehr ins Gewicht. Es ist frei­lich ausgeschlossen, im Rahmen dieser Arbeit sozusagen en passant eine belastbare Geschichte der beiden deutschen kunsthistorischen Institute in Italien nachzuliefern. Drittens schließ­lich ist auf ein weiteres Desiderat hinzuweisen: Eine umfassende Studie zur Gründungsgeschichte des Zentralinstituts für Kunstgeschichte (ZI). Hervorgegangen aus dem Central Art Collecting Point (CCP) der amerikanischen Militärverwaltung, versammelte Gründungsdirektor Ludwig Heinrich Heydenreich in den späten 1940er und frühen 1950er Jahren zahlreiche deutsche Italienforscher und ehemalige Stipendiaten oder Mitarbeiter der deutschen kunsthistorischen Institute in Florenz und Rom – wie Wolfgang Lotz (1912 – 1981) und Ordenberg Bock von Wülfingen (1914 – 1960) – sowie MitarbeiterInnen des Kunstschutzes in seinem Haus, wie Otto Lehmann-­Brockhaus (1909 – 1999), Erika Hanfstaengl und seine Sekretärin Gertraud Weber. Iris Lauterbach hat sich zwar in zahlreichen Aufsätzen und kürz­lich auch monographisch intensiv mit dem CCP und der Frühgeschichte des ZI beschäftigt,157 doch wurde d ­ ieses genuin ‚italienische Erbe‘ dabei nicht ausführ­licher oder systematischer thematisiert und auch nicht die Frage erörtert, in welcher Beziehung das ZI zum geplanten Reichsinstitut für Kunstwissenschaft (oder zu anderen Instituten 158) steht, das

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S. 59), einem Foto vom 1.5.1931: Bei dem als „unbekannt“ bezeichneten Kunsthistoriker z­ wischen Werner Körte und Werner Gross handelt es sich zweifellos um Ludwig Heinrich Heydenreich (mit Dank für diese Identifizierung an Thomas Lersch, der meine Vermutung bestätigte). Kurzbiographie bei Klöckler 2006, S. 513, Anm. 62. Nachweise und Details zumeist bei Klöckler 2006. Vgl. Thiel 2012, S. 55: „Institutionelle Voraussetzung für die Beschaffung von Leibnitiana im besetzten Europa war die Infrastruktur der von den deutschen Besatzern installierten Einrichtungen des ‚Kunst- und Bibliotheksschutzes‘. Deren Übergänge zum Kunst- und Kulturgutraub – das ist in den letzten Jahren wiederholt durch detaillierte Untersuchungen eindrucksvoll bestätigt worden – waren dabei fließend. Archivschutz und Archivraub waren, das hat Ulrich Sieg für das besetzte Frankreich klar herausgearbeitet, untrennbar miteinander verbunden.“ Lauterbach 1995; Lauterbach 2003; Lauterbach 2005; Lauterbach 2007; Lauterbach 2008; ­Lauterbach 2010a; Lauterbach 2010b; Lauterbach 2015. So auch das Monitum von Stöppel 2011 in der Besprechung des Bandes, der auch Lauterbach 2010a enthält. – In Parenthese sei auf einen Brief Heydenreichs vom 3.1.1945 an Zimmermann verwiesen

42 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

­zwischen 1936 und 1941 in der K ­ aiser-­Wilhelm-­Gesellschaft (KWG) diskutiert worden war. Diese kritische quellenorientierte Untersuchung des ZI soll zum 75. Gründungsjubiläum 2021/2022 vorbereitet werden. Insgesamt muss daher für den Forschungsstand konstatiert werden, dass im Folgenden ungeachtet einiger Vorarbeiten in weiten Teilen quellenbasierte Grundlagenforschung betrieben werden musste. Gleichzeitig ist völlig klar, dass die benannten Desiderate, wie beispielsweise die Darstellung der Hertziana im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit, hier nicht eingelöst werden können, schon gar nicht hinsicht­lich des Verhältnisses der wissenschaft­lichen und außerwissenschaft­lichen Aktivitäten in und an der Hertziana. Ebenso wenig können die im engeren Sinne fachwissenschaft­lichen Leistungen der Protagonisten die ihnen gebührende Aufmerksamkeit erhalten. Auch deshalb steht diese Studie in einem permanenten Spannungsverhältnis von engem Fokus und größerem Kontext: Eben weil eine konzise Analyse geliefert werden soll, können Seitenstränge nur benannt und weiterführende Untersuchungsperspektiven nur angedeutet werden. Andererseits – oder gerade deshalb – bleibt es das Ziel, sowohl die historischen Kernkonflikte als auch die bis heute virulenten Deutungsgeschichte(n) herauszuarbeiten und damit die entscheidenden Bedeutungsdimensionen der Thematik auszuloten.

(SMB-ZA, III/VKI 34), in dem er Überlegungen über die „Weiterexistenz“ des KHI „auf deutschem Boden“ entwickelt – „Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir mitteilen würden, ob ich Ihnen in dieser Sache meine Vorschläge unterbreiten darf.“

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3. Deutsche Kunstgeschichte und auswärtige Kulturpolitik des Deutschen Reiches in Italien 1936 – 1943 im Überblick Rein formal – d. h. hier: völkerrecht­lich – folgt die Einrichtung der Abteilung Kunstschutz im Rahmen der Deutschen Militärverwaltung in Italien im Spätherbst 1943 einer internationalen Konvention (Haager Landkriegsordnung von 1899 bzw. 1907, bes. Artikel 27 und 56).159 Die Gründung des Kunstschutzes in Italien steht jedoch zugleich im engsten Zusammenhang einer langen Tradition institutionalisierter deutscher Italienforschung. Sowohl für die deutsche auswärtige Kulturpolitik als auch für die Kunstgeschichte (indes ebenso für die Archäologie und Geschichtswissenschaft) hatte Italien neben Frankreich schon immer eine besondere Bedeutung: 1829 wurde das Istituto di corrispondenza archeologica (ab 1874 Kaiser­liches Deutsches Archäologisches Institut) in Rom gegründet, 1888 das Preußische Historische Institut ebenfalls in Rom, 1897 das Kunsthistorische Institut in Florenz, 1913 die Bibliotheca Hertziana in Rom. 1905 eröffnete in Florenz die Villa Romana, 1913 nahm die Villa Massimo in Rom die ersten Stipendiaten auf. Die in den wissenschaft­lichen Instituten betriebene Arbeit war nicht nur wegen ihrer grundständigen Finanzierung bzw. Bezuschussung durch das Reich (dass der Verein zur Erhaltung des Kunsthistorischen Instituts in Florenz e. V. bis 1970 nominell alleiniger Rechtsund Unterhaltsträger war, stellt einen Sonderfall dar), sondern auch durch die vielfältigen Beziehungen sowohl zum Auswärtigen Amt in Berlin als auch zu den Botschaften vor Ort eng in die jeweilige deutsche Kulturpolitik und Kulturpropaganda, aber auch in die auswärtige Wissenschaftspolitik eingebunden. Es ist hier nicht der Ort, detaillierter auf die deutsche Kulturpolitik gegenüber und in Italien einzugehen oder die auf die deutsche Italienforschung gerichteten Steuerungsmaßnahmen im Einzelnen nachzuzeichnen. Dennoch müssen auf der Basis der Forschungsliteratur – genannt s­ eien Jens Petersen und vor allem Andrea Hoffend 160 – einige Punkte kurz angesprochen bzw. um die genuin fachgeschicht­liche Dimension ergänzt werden. So ist 159 Die Haager Landkriegsordnung von 1899 bzw. 1907 ist sowohl in mehreren gedruckten Editionen wie auch online bequem konsultierbar, weswegen hier auf einen detaillierten Nachweis verzichtet wird; siehe etwa http://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0201_ haa&l=de bzw. http://www.1000dokumente.de/pdf/dok_0201_haa_de.pdf [Zugriff am 1.11.2017]. 160 Petersen 1988; Hoffend 1998, bes. Kapitel  VI , Austausch im Wissenschaftsbereich, S. 269 – 324; Hindrichs 2010 behandelt die Nachkriegszeit.

zunächst darauf hinzuweisen, dass die gelegent­lich geäußerte Vorstellung, es handele sich bei der auswärtigen Kulturpolitik um einen nach- oder untergeordneten Bereich, so nicht zutrifft, ebenso wenig wie die Annahme, nur im Inland hätte es nach 1933 eine radikale nationalsozialistische Durchdringung der Ämter, Behörden und Instanzen gegeben, während Botschaften, Konsulate, Zweigstellen, Lektorate und Institute im Ausland der Kontrolle und Steuerung weitgehend entzogen gewesen s­eien. So charakterisiert Petersen den Leiter des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes in Rom, Dr. Theodor Blahut (1905 – 1992), als überzeugten frühen Nationalsozialisten (Mitglied der NSDAP seit 1927, der NS-Hochschulgruppe ab 1925), der mit „Feuereifer“ und „beträcht­licher Sachkenntnis“ ab 1934 hochkarätige Jahrestagungen in der italienischen Hauptstadt veranstaltet habe.161 Blahut, der im September 1939 in den diplomatischen Dienst wechselte, war maßgeb­lich am deutsch-­italienischen Kulturabkommen vom 23. November 1938 beteiligt, mit dem eine umfassende kulturelle Zusammenarbeit des faschistischen Italien mit dem nationalsozialistischen Deutschland festgeschrieben wurde. Dieses Abkommen hatte weitreichende Auswirkungen; es führte auch zu Initiativbewerbungen wie derjenigen des Schriftstellers, Kulturhistorikers und Journalisten Gustav René Hocke (1908 – 1985).162 In ­diesem Zusammenhang sind Kultur und Wissenschaft nicht nur nicht länger Antidota, sondern werden elementare Bestandteile eines neuen Politikverständnisses 163 sowie 161 Petersen 1988, S. 46. Weitere Details zu Blahut in Handbuch AA/1, S. 171 – 172 („22.10.1927 NSDAP [Stellvertretender Ortsgruppenleiter in Rom und stellvertretender Kreisleiter in Süditalien, Kulturstellenleiter der Landesgruppe Italien]“). In der „Geschäftsübersicht“ der Kulturpolitischen Abteilung des Auswärtigen Amtes vom 1.4.1944 ist Blahut als Leiter von zwei Referaten angegeben: Kult Pol Zw (Zwischenstaat­liche Verbände des In- und Auslandes) sowie im Rahmen von Kult Pol Länder für Italien, siehe ADAP, Serie E, Bd. VII, S. 710. 162 PA AA, R 61441, Hocke an Ministerialdirektor [Stieve], 4.12.1938: Er sei „gegenwärtig Leiter des kulturpolitischen Ressorts der Kölnischen Zeitung“, würde aber „eine fruchtbare Veränderung gerne in Aussicht nehmen […]. Ein äußerer Grund für diesen Wunsch besteht nicht. […] Ich möchte Sie bitten, mir zu sagen, ob für die nicht allzuferne Zukunft Aussicht besteht, in Zusammenhang mit dem neuen Abkommen in Italien so verwandt zu werden […]“. Die Antwort des AA vom 16.1.1939 verweist darauf, dass das Abkommen noch nicht ratifiziert sei, weswegen „noch nicht übersehen werden kann, in welchem Ausmaße neue Kräfte für die deutsch-­italienischen Kulturbeziehungen von amt­licher Seite zur Mitarbeit herangezogen werden können“. In einem Schreiben des AA an REM, RMVP, Deutsche Akademie und Deutsch-­Italienische Studienstiftung vom 10.8.1939 ist davon die Rede, dass im AA „von einer Reihe von Bewerbern Gesuche um Anstellung im Rahmen des durch das Abkommen vorgesehenen Kulturaustausches eingegangen“ s­ eien, deren „Verwertung“ man den Adressaten hiermit anheimstelle. – Keine Erwähnung der Bewerbung findet sich in den ­zwischen 1969 und 1984 verfassten Lebenserinnerungen (Hocke 2004). Vgl. auch Voigt 1993, S. 459. 163 Siehe Petersen 1988, der in seinem Beitrag grundsätz­lich die These verfolgt, „dass im Zeitalter des Totalitarismus auch die kulturellen Beziehungen eine eigentüm­lich neue, ihrem Wesen nach auch politische Wertigkeit gewinnen können“ (S. 44). Vgl. Hoffend 1998, S. 2, die zur kulturpolitischen „Forschungslücke“ festhält, dass „doch gerade diese auf den unteren Ebenen angesiedelten Beziehungen vielleicht sogar authentischeren Aufschluß über das Verhältnis z­ wischen N ­ ationalsozialismus und

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gleichzeitig auch zu unmittelbaren „Instrumenten“164 der nationalsozialistischen Außenpolitik. In der Presseberichterstattung über das deutsch-­italienische Kulturabkommen wurde gar vermerkt, es beinhalte „die Mög­lichkeit eines allmäh­lichen kulturellen Zusammenschlusses aller vom jüdischen Element sich gereinigt habenden europäischen Nationen“.165 In der Berliner Zentrale formulierte Friedrich (auch: Fritz) Stieve (1884 – 1966), Leiter der Kulturpolitischen Abteilung des Auswärtigen Amtes, diese neue Perspektive 1938 so: Die vom „Führer“ erreichte Stellung Deutschlands eröffne der Kulturpolitik Mög­lichkeiten, „die zugleich Notwendigkeiten darstellen, weil es die vornehmste Aufgabe der Kulturpolitik ist, politische Erfolge auszubauen und zu vertiefen.“166 Viereinhalb Jahre später sollte sein Nachfolger Fritz von Twardowski (1890 – 1970) dies weiter zuspitzen: Kulturpolitik „bedeute den bewussten Einsatz der Geisteskräfte des deutschen Volkes zur Beeinflussung der geistigen Schichten der anderen Völker und zur Erringung der geistigen Führerschaft in Europa.“167 Wenn deutsche Kulturpolitik in Italien, so Blahut bereits 1940, „die Totalmobilmachung für den geistigen Kampf zur Erreichung der von der Politik gewiesenen Ziele“168 sei, schlussfolgert Petersen zu Recht, dann gebe es keinen Unterschied von Kulturpolitik und Kulturpropaganda mehr. Zu ­diesem Umfeld von Absichtserklärungen, Verlautbarungen und Deklamationen gehören verschiedene Periodika, wie Italien. Monatsschrift der Deutsch-­Italienischen Gesellschaft,169 Italien-­Jahrbuch und Scienza Europea. Rivista Bimestrale 170 sowie Schriftenreihen Faschismus“ geben könnten als die Beziehungen auf der „diplomatischen respektive der Führer- und Repräsentanten-­Ebene“. 164 So der Untertitel der immer noch wichtigen, quellenreichen Studie von Barbian 1992. 165 Reichswart, 1.12.1938, zitiert nach Petersen 1988, S. 55. 166 Stieve, Aufzeichnung vom 23.2.1938 für den – seit dem 4.2.1938 amtierenden – Reichsminister des Auswärtigen, Joachim von Ribbentrop, in: PA AA, R 27267, zitiert nach Michels 1998, S. 13 – 14 (dort irrtüm­lich „Stiewe“). 167 PA AA , R 60608, Vortrag Twardowskis vor den Kulturreferenten der Auslandsvertretungen am 13.8.1942, zitiert nach Michels 1998, S. 15 – 16. Vgl. Hausmann 2002a, S. 20 – 21, Anm. 21. Im März 1943 wurde Twardowski vom Präsidenten des Deutschen Auslandswissenschaft­lichen Instituts, Prof. Dr. Franz Alfred Six (1909 – 1975), abgelöst, siehe Jäger 2004, S. 107, Anm. 171. Zu Twardowski siehe Handbuch AA/5, S. 84 – 86, hier S. 85: 1935 Stellv. Leiter der Kulturpolitischen Abteilung, 1939 Leiter; 1940 Mitglied der NSDAP, ab 1943 Generalkonsul in Istanbul. 168 Theodor Blahut, Gedanken zu einer Kulturpolitik im Kriege, in: Rundmitteilungen der Zweigstelle Rom des DAAD, Nr. 6 vom 1.4.1940, in: PA AA, Deutsche Botschaft Rom Geheim, Bd. 75, zitiert nach Petersen 1988, S. 62; ebendort auch Petersens Schlussfolgerung. 169 Nicht zu verwechseln mit der von Werner von der Schulenburg herausgegebenen Zeitschrift ­Italien. Monatsschrift für Kultur, Kunst und Literatur, von der z­ wischen 1927 und 1930 drei Jahrgänge erschienen. 170 Das erste Heft von Italien. Monatsschrift der Deutsch-­Italienischen Gesellschaft erschien im März 1942, das letzte Ende September 1944; Bd. 1 (für 1938) des vom Deutsch-­Italienischen Kulturinstitut Petrarca-­Haus in Köln herausgegebenen Italien-­Jahrbuchs erschien 1939, Bd. 4 (für 1941) erschien 1943;

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und ­Mitteilungsblätter der Deutsch-­Italienischen Gesellschaft und ihrer Ortsgruppen.171 Sie ergänzen das parteiamt­liche Schrifttum wie den Italien-­Beobachter  172 sowie, auch schon vor dem 8. September 1943,173 die diversen Reiseführer und Monographien für die in Italien stationierten deutschen Soldaten.174 Sowohl die in diesen Zeitschriften veröffent­lichten Texte deutscher Kunsthistoriker wie auch die Berichterstattung über ihre Aktivitäten und, später, über die Arbeit des Kunstschutzes, umfassen ein breites Spektrum, das von ausgesprochen sach­ licher Schilderung – so etwa 1939 die Darstellung der Arbeit des Kunsthistorischen Instituts in Florenz durch Werner Haftmann (1912 – 1999)175 – bis zu klassischer Propaganda reicht.176

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von der rein italienischsprachigen Scienza Europea. Rivista Bimestrale, herausgegeben vom Deutschen Wissenschaft­lichen Institut Venedig (Istituto Germanico, Venezia, Abbazia San Gregorio) erschien offenbar nur eine einzige Ausgabe im November 1944. – Zum Petrarca-­Haus zu Köln (1931 – 1944) siehe die informativen Aufsätze Hoffend 1995a und Hoffend 1995b; auf die spiegelbild­liche Gründung des Istituto italiano di Studi germanici „als Casa di Goethe in der Villa Sciarra sul Gianicolo“ in Rom 1932 durch den italienischen Germanisten Giuseppe Gabetti weist Burr 1995, Anm. 7, hin. Die Achse. Mitteilungsblatt der Deutsch-­Italienischen Gesellschaft erschien von 1940 bis 1943; darin zahlreiche Beiträge von Adolf Dresler; in Jg. 3, 1942, Folge 1/2, S. 3 – 6 ein Beitrag von Freiin G. v. Koenig-­Warthausen, „Das K ­ aiser-­Wilhelm-­Institut für Kulturwissenschaft im Palazzo Zuccari zu Rom“. – 1942 wurde in Leipzig der erste und einzige Band der Schriftenreihe der Deutsch-­Italienischen Gesellschaft Leipzig veröffent­licht (Helmut Berve: Imperium romanum [Vortrag, gehalten bei der Gründungsfeier der Deutsch-­Italienischen Gesellschaft Leipzig am 29.10.1942]). Italien-­Beobachter. Parteiamt­liches Organ der Landesgruppe Italien der AO der NSDAP erschien monat­ lich von 1937 bis 1944 in Rom (Startauflage 5.000 Exemplare, später 3.000). Zum „Hauptschriftleiter“ Siegfried Fuchs (1903 – 1978), Ortsgruppenleiter der NSDAP in Rom ab Mai 1937 (seit 1940 auch stellvertretender Landesgruppenleiter der AO der NSDAP in Italien) und von 1938 bis 1950 „Zweiter Sekretar“ (sic) des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom, der den Einband der Zeitschrift in Anlehnung an die Parteiuniform (braun mit einer Hakenkreuzbinde) selbst entworfen hatte, siehe detailliert Vigener 2012a. Zur AO der NSDAP vgl. die (oberfläch­liche) Studie von Koop 2009. Waetzoldt 1942/43; das Vorwort vom General der Infanterie von Rintelen (Militärattaché in Rom seit 1936) ist auf „Herbst 1942“ datiert; der Innentitel trägt den Zusatz „Nur für den Gebrauch innerhalb der Wehrmacht“. Der von Fulvio Bianconi entworfene Umschlag visualisiert und versinnbild­licht die ‚Achse‘ mit Hakenkreuz und Liktorenbündel, die von einem zur einen Hälfte aus Eichenlaub, zur anderen Hälfte aus Lorbeer gebildeten Kranz umfangen werden. Die Südfront. Feldzeitung für die Soldaten des Oberbefehlshabers Süd, später Die Südfront. Nachrichtenblatt für die deutschen Soldaten in Italien, erschien mit wöchent­lich drei Ausgaben ab Oktober 1943. Südfront-­Illustrierte. Monatshefte für die deutschen Soldaten in Italien erschien „im Auftrag des Oberbefehlshabers Südwest herausgegeben vom Bevollmächtigten General der Deutschen Wehrmacht in Italien, Abteilung Wehrbetreuung und Propaganda“ von März bis Oktober 1944. – Die vollständigste Überlieferung der verschiedenen Tageszeitungen und Illustrierten wird in der DNB Leipzig verwahrt. Zu Haftmann siehe Peter Betthausen in Metzler 2007, S. 145 – 147. Haftmann 1939; siehe demgegenüber Lipkau 1944, hier S. 7: „Auch die Vorfälle von Castel Gandolfo und Grottaferrata sowie einem Dutzend anderer Ortschaften lassen erkennen, dass dem Gegner die Rettung und Erhaltung der italienischen Kunstschätze

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Andrea Hoffend hat die außerordent­lich große Spannweite der bilateralen Kulturprojekte und die starke Intensivierung der deutsch-­italienischen Austauschprozesse nach 1938 detailliert beschrieben und analysiert, von der Gründung der Deutsch-­Italienischen Gesellschaft mit Hugo Bruckmann (1863 – 1941) als Präsident der Münchner Zweigstelle und dem notorischen Nationalsozialisten Adolf Dresler (1898 – 1971) als Vizepräsident und Redakteur des Mitteilungsblatts der Deutsch-­Italienischen Gesellschaft 177 über die Associazione Italo-­Germanica di Cultura bis zur geplanten Zusammenarbeit im Bereich der bildenden Kunst 178, dem Premio Cremona und der Städtepartnerschaft Hannover-­Cremona 179 – eine der insgesamt vierzehn Partnerschaften z­ wischen deutschen und italienischen Städten 180 –, Zeitschriften, Editionsprojekten und Wanderausstellungen oder dem Austausch z­ wischen Vereinigungen von Amateurfotografen, etc. In ­diesem Zusammenhang kommt dem Umstand Bedeutung zu, dass gerade im Bereich der Außenpolitik auch die Grenzen ­zwischen Kultur- und Wissenschaftspolitik oftmals fließend sind, wie an den Förder-, Kontroll- und Steuerungsmaßnahmen des Auswärtigen

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völlig gleichgültig ist. Nicht zuletzt scheint das auch in der amerikanischen Mentalität zu liegen, der wahre Kulturwerte und jahrtausendalte Tradition weitgehend fremd sind. Ein weiteres Beispiel für d ­ ieses Verhalten sind die in großem Maßstabe in den besetzten süditalienischen Provinzen vorgenommenen Versteigerungen und Verkäufe italienischer Kunstschätze an mehr oder weniger stark interessierte, aber um so dollarkräftigere Nordamerikaner, vor allem jüdische Aufkäufer.“ Hoffend 1998, S. 138; zu Bruckmann auch Stöppel 2010. – Einschlägig (und wohl deshalb – und trotz der hohen Auflage von mindestens 18.000 Exemplaren – antiquarisch begehrt) ist insbesondere die Hetzschrift Dresler 1938. Hoppenstedt und Dresler kannten sich gut, siehe BA B, NS 22/689, Hoppenstedt an Pg. Heinz Zilcher, Leiter des Amtes für theoretische Schulung im Hauptschulungsamt, Barerstr. 15, München, 5.1.1937. Hoffend 1998, S. 266; dort im Zusammenhang mit der Biennale 1942 die irrtüm­liche Nennung des „Präsidenten der Reichskammer der Bildenden Künste, Hans Severus Ziegler“ – es handelt sich natür­lich um den Maler und Funktionär Adolf Ziegler (1892 – 1959), siehe Fuhrmeister 2008a und Fuhrmeister 2015a. – In Hoffends souveränem Standardwerk sind einzig die Friktionen und Reibungen von faschistischer und nationalsozialistischer Ästhetik, etwa hinsicht­lich stilistischer Fragen von Kunst und Architektur, oder hinsicht­lich genuin kunstpolitischer Differenzen, nicht besonders ausführ­lich behandelt worden, siehe dazu beispielsweise Falkenhausen 1979 oder, zur für 1942 geplanten Weltausstellung in Rom, Timmermann 2001, dazu die Besprechung Sennebogen 2003; vgl. Sennebogen 2005. – Es wäre ein eigenes Thema, die Ausstellungsaktivitäten der Associazione Italo-­Germanica in Italien hinsicht­lich der kunstpolitischen Differenzen zu analysieren, siehe etwa den Katalog der von der Associazione organisierten „Mostra di Pittura in Guerra“ in der Galleria d’Arte Moderna Roma, 19.12.1941 – 10.1.1942 (CSD RSI Salò, Archivio Duilio Susmel, Fascicolo Vari 5 [B 5 F 791]). Dazu jüngst ausführ­licher Regin 2010, indes ohne Berücksichtigung von Krempel 2001 und der Auflistung der dort gezeigten Werke der hannoverschen Künstler aus dem Umkreis der Neuen Sach­lichkeit (S. 295 im Katalog, der auch Krempel 2001 enthält). – Zur „Achse Weimar-­Florenz“ vgl. Riederer 2008. Bernhard 2011, S. 147.

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Amtes – teils vermittelt durch die Botschaft in Rom und die Konsulate 181 – deut­lich wird. Die wichtige Rolle des Auswärtigen Amtes sei an drei Beispielen – vor und nach 1933 –, die diese Kontrollfunktion teils antizipieren, teils einfordern, kurz veranschau­licht: 1. Briefwechsel z­ wischen Auswärtigem Amt, Deutschem Auslandsinstitut Stuttgart und Deutscher Gesandtschaft Prag im April und Mai 1931 zur Frage, ob der Kunsthistoriker Oskar Schürer (1892 – 1949) „für tschechische Belange Propaganda“ mache oder ob „seine Arbeiten nur deutschen Interessen dienen“;182 2. Bitte von Otto Kletzl (1897 – 1945) im November 1934, das Auswärtige Amt möge für seine „angestrebte Habilitation aus dem Fach ‚Kunstgeschichte, insbesondere des Grenz- und Auslandsdeutschtums im Rahmen deutscher Gesamtkultur‘“ eine Stellungnahme abgeben (auch zu der von Kletzl erbetenen „Dispensierung von Arbeitsdienst und Dozentenlager“), wobei er „mit vollster Verantwortung […] dem Dritten Reich ein Wirken im ausgesprochen grenzdeutschen Geiste [glaubt] versprechen zu können“, woraufhin die Deutsche Gesandtschaft Prag am 15. Januar 1935 ihm „gute völkische Arbeit“ attestiert und seine Dozentur in Deutschland befürwortet;183 3. Bitte von Albert Erich Brinckmann (1881 – 1958), das Auswärtige Amt möge in Person des Gesandten Dr. Stieve an einem von ihm für den 28. Januar 1935 geplanten Vortrag von Leo van Puyvelde (1882 – 1965), Generaldirektor der Brüsseler Museen, „im Hörsaal meines Instituts“ an der Friedrich-­Wilhelm-­Universität Berlin teilnehmen.184 Es würde indes zu weit führen, hier genauer beispielsweise auf die nicht nur für die Jahre ab 1940 sehr dichte Quellenlage zu den wissenschaft­lichen Fachvorträgen in der früheren Bibliotheca Hertziana einzugehen, die ab Juli 1934 unter einem Dach zwei eigenständige Abteilungen – für Kunstwissenschaft und für Kulturwissenschaft – beherbergte.185 Daher

181 Siehe etwa PA AA , Rom Quirinal Geheim, 35, Bericht Deutsches Konsulat Triest an Botschaft Rom, 24.7.1934: An der Handelsuniversität Triest s­ eien „Berufungen deutscher Emigranten an diese Hochschule bisher nicht erfolgt […]. Ähn­lich liegen die Verhältnisse, wie das Konsulat Venedig berichtet, an der Universität Padua; auch dort war über die Erteilung von Lehraufträgen an deutsche Emigranten bisher nichts festzustellen.“ 182 PA AA, R 61261; zu Schürer vgl. ferner Fuhrmeister 2005. 183 PA AA, R. 64032; Briefwechsel nicht in Arend 2009a enthalten; zu Kletzls langwierigem Habilitationsverfahren siehe ausführ­lich die Edition von Nagel 2000, Dokumente 123 – 135, S. 244 – 264. 184 PA AA, R 64032, Schreiben Brinckmann vom 14.1.1935; ausführ­liche Bio-­Bibliographie zu Leo van Puyvelde (1882 – 1965) im Jaarboek van de Maatschappij der Nederlandse Letterkunde, 1970, S. 171 – 181, online: http://www.dbnl.org/tekst/_jaa003197001_01/_jaa003197001_01_0018.php [Zugriff am 1.11.2017]. 185 Dazu PA AA, Rom Quirinal, 1403b, 3 Bände Vortragsreisen, davon Bd. 1 Jan.–April 1940, Bd. 2 April 1940 – 31.12.1940. In Bd. 1 die Abschrift eines Briefes des über 70-jährigen Paul Schultze-­Naumburg (1869 – 1949) an den Thüringischen Minister für Volksbildung in Weimar, 29.2.1940: „Ich bin von der ­Kaiser-­Wilhelm-­Gesellschaft in Rom und von der Partei aufgefordert worden, einige Vorträge in Rom und anderen Städten Italiens zu halten.“

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soll auch das Paradebeispiel für eine genuin kulturpolitische und kulturpropagandis­tische Institutionalisierungstendenz, näm­lich die Gründung einer Kulturwissenschaft­lichen Abteilung der Bibliotheca Hertziana im Oktober 1933 durch den Kunsthistoriker und Blutordensträger Werner Hoppenstedt (1883 – 1971), hier nicht weiter diskutiert werden. Die Ausrichtung von Hoppenstedts Abteilung – ab 1939 frei­lich keine abgespaltene „Abteilung“ mehr, auch kein „kulturwissenschaft­licher Wurmfortsatz“,186 sondern ein völlig eigenständiges ­Kaiser-­Wilhelm-­Institut – geht unmissverständ­lich aus seiner Denkschrift vom 11. Juni 1934 (eine erste Version datiert vom Dezember 1933) hervor: „In dieser Form wäre Italienern hier erstmals Gelegenheit geboten, sich an einer deutschen wissenschaft­lichen Stelle in Italien über deutsche Kultur, deutschen Geist und damit auch deutschen Zukunftswillen eingehend zu informieren. Es wäre zu hoffen, dass damit eine Stelle in Rom geschaffen wäre, die, ohne das Wort „Propaganda“ über ihre Pforten geschrieben zu haben, doch für die deutsche Sache und auch die deutsche Politik in bedeutsamer und entscheidender Weise werben könnte.“187

Auch auf die sowohl in Florenz wie in Rom schon 1934 vollzogene Um- bzw. Neuorientierung von reiner Italienforschung zum „Zentralproblem […], näm­lich […] die durch fast alle Jahrhunderte gehenden mannigfachen Wechselbeziehungen z­ wischen der Deutschen und Italienischen Kunst“188 – eine Beziehung, aufgrund derer auch der jüdische Kunsthisto­ riker Nikolaus Pevsner (1902 – 1983) 1933 in Göttingen ­dieses Land als Option für ein Exil erwog 189 – soll hier nicht weiter eingegangen werden. 186 So Ebert-­Schifferer 2013b, S. 12. 187 PA AA, Rom Quirinal, 1322b (6 Seiten, hier S. 4). Das Programm von Hoppenstedts Institut umfasste auch Vorträge, die selbst unter einem sehr elastisch ausgelegten Begriff von Kulturwissenschaft kaum subsumiert werden können; hingewiesen sei exemplarisch auf die Veranstaltungen am 22.3.1939 (H. Ziecher: Die nationalsozialistische Bewegung und die Volksordnung im Dritten Reich), 18.4.1939 (Ludwig Ferdinand Clauss: Rassepsychologische Blicke in die arabische Welt), 19.2.1940 (Otmar Freiherr von Verschuer: Über die Bedeutung der erb­lichen Disposition für somatische Erkrankungen), 7.12.1940 (Baron Julius Evola: Die arische Lehre von Kampf und Sieg) und 22.2.1941 (Ludwig Ferdinand Clauss: Über Grundfragen der Rassenpsychologie). 188 Zur verstärkten Berücksichtigung deutscher Kunst und Monumente in der Arbeit der Florentiner Instituts ab 1934, noch unter dem kommissarischen Direktor Arthur Haseloff (1872 – 1955), siehe Caraffa, Goldhahn 2012, S. 103 – 106; das Zitat oben aus dem „Bericht über die Neuorganisation des ­Kaiser-­Wilhelm-­Instituts für Kunst- und Kulturwissenschaft, Bibliotheca Hertziana, in Rom“ von Leo Bruhns, November 1934 (drei Seiten, hier S. 2), in: PA AA, Rom Quirinal, 1322b. 189 In einem Schreiben im Mai 1933 begründet Pevsner die Wahl von Italien so: „[…] die dortigen [italienischen] Kunsthistoriker empfinden selbst, daß sie von der nordischen Kunst zu wenig erfahren. Hier hätte ich also eine schöne Aufgabe der Kulturpropaganda […].“ Pevsner an Karl Brandi, 30.5.1933, zitiert nach Szabó 2000, S. 365, die ihrerseits nach Wollenhaupt-­Schmidt 1998, S. 473, zitiert. Zu Pevsner, siehe den Eintrag von Peter H. Feist in Metzler 1999, S. 306 – 308; Szabó 2000,

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Festgehalten sei indes, dass trotz dieser deut­lichen – jedoch in internen Schreiben geäußerten – Worte in offiziellen Verlautbarungen die klare Trennung von Wissenschaft und Kulturpolitik beziehungsweise (Kultur-)Propaganda eine elementare Bedeutung besaß (ein einschlägiges Beispiel ist das von Hausmann erforschte Netzwerk der Deutschen Wissenschaft­lichen Institute  190). Aus Sicht der Berliner Ministerien war es essentiell, die Indienstnahme so zu camouflieren, dass Wissenschaftler nicht in dem Bewusstsein arbeiteten, eine Dienstleistung für politische Ziele zu liefern, weil eben dies ihre auf Seriosität basierende Glaubwürdigkeit unterminiert hätte: Da beispielsweise die Deutsche Akademie 191 vor allem als ein Instrument zur „Beeinflussung des politischen Vorfeldes im Ausland, aber auch in den wissenschaft­lich tätigen Kreisen des Inlandes“ gelten müsse, sei es zentral, dass sie „nach aussenhin den streng wissenschaft­lichen Charakter bewahrt, um gerade dadurch unsere Mitarbeiter im Ausland in der subjektiven Unbefangenheit und daher inneren Aufgeschlossenheit zu erhalten.“192

S. 625 – 627; Engel 2004 und Engel 2008 sowie die konzise Biographie von Karen Michels in NDB, Bd. 20, 2001, S. 284 f., online: http://www.deutsche-­biographie.de/pnd118790692.html [Zugriff am 1.11.2017], und jüngst auch Whyte 2013. 190 Hausmann 2002a; knappe Zusammenfassung Hausmann 2008. – Ein anschau­licher Beleg findet sich in AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 343: Hans Fegers, Deutsches Institut Paris, an Bruhns, 12.2.1943: „Wie Ihnen sicher­lich bekannt ist, ist die Kenntnis der deutschen Kunst in Frankreich durchaus unzuläng­lich. Diese Tatsache ist nicht zuletzt auf eine kulturpolitische Beeinflussung zurückzuführen, die bewusst die deutschen Werte herabsetzte oder sie gar nicht erst bekannt werden ließ. Da die deutsche Kunst ein ausgezeichnetes Mittel darstellt, die deutschen Leistungen und damit den Wert des Deutschen herauszustellen, ohne dass ausgesprochene Propaganda-­Absichten fühlbar würden, müssen wir es uns angelegen sein lassen, ­diesem bestehenden Mangel abzuhelfen. Aus d ­ iesem Grunde habe ich mich darum bemüht, im Verlag Flammarion eine Buchreihe über die wesent­lichen Leistungen der deutschen Kunst herauszubringen. Dieser Plan findet die Unterstützung des Auswärtigen Amtes. […] Wenn ich mich trotzdem [trotz Bruhns’ Belastung durch andere Arbeiten] mit der Bitte um Mitarbeit an Sie wende, so geschieht das in der Überzeugung, daß hier eine dringende kulturpolitische Aufgabe zu lösen ist, deren Erfüllung unsere in Frankreich besonders wichtige Kulturarbeit erheb­lich unterstützt. Das Erscheinen einiger Bücher über die wesent­lichen Leistungen der deutschen Kunst stellt eine kulturpolitische Notwendigkeit ersten Ranges dar. Ich möchte Sie bitten, in dieser Reihe den Band über Kaiserpfalzen und Burgen des Mittelalters zu übernehmen […]“ Die Absage von Bruhns vom 24.2.1943 in AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 343. 191 Siehe hierzu ausführ­licher Fuhrmeister 2008b, S. 181 – 183 (Abschnitt „Die Deutsche Akademie als Instrument nationalsozialistischer Kulturpropaganda“) und S. 199 – 204 (Kapitel „Zum Verhältnis von Kunstgeschichte und nationalsozialistischer Kulturpropaganda“). 192 BA B, R 2/4780, Bl. 376 VS-377 RS, Arthur Seyss-­Inquart (in seiner Funktion als Präsident der „Deutschen Akademie zur wissenschaft­lichen Pflege und Erforschung des Deutschtums“) an Reichsfinanzminister Graf Schwerin von Krosigk, März 1944.

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Propaganda war fraglos das Ziel, doch um d ­ ieses zu erreichen, musste die Arbeit die maximale Differenz zu politischen Parolen betonen. Zwar gab es durchaus auch Kunsthistoriker wie Oskar Schürer, die selbstständig politische Ambitionen antizipierten; er formulierte 1940: „Meine Bücher […] dürfen den Anspruch erheben, der Reichspolitik vorgearbeitet zu haben durch die wissenschaft­liche Begründung des deutschen Anspruchs auf das Sudentenland.“193 Die Regel, gerade im Hinblick auf die Öffent­lichkeitsarbeit der Auslandsinstitute, war indes das Beharren auf Separierung. So wurde ein Runderlass des Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom 10. Oktober 1939, in dem es auch „um die vielfachen, insbesondere wissenschaft­lichen Beziehungen meines Geschäftsbereichs zum Ausland“ gegangen war, von d ­ iesem im Sommer 1940 dahingehend präzisiert, dass jede Aktivität vermieden werden sollte, „die im Ausland als auffällig empfunden, als bestellte politische Arbeit gedeutet und damit mehr schäd­lich als nütz­lich wirken würde.“ Selbstverständ­lich sei hingegen, dass die „wissenschaft­lichen und künstlerischen Institute im Ausland […] sich ohne weiteres ihrer Pf­licht zu stärkstem kulturpolitischem Einsatz während des Krieges bewusst sind.“194 Dass diese Pf­licht auch für den Kunstschutz selbst galt, räumt Franz Graf Wolff-­Metternich (1893 – 1978) in seinem Abschlussbericht im März 1945 unumwunden ein: „Es war eine dringende propagandistische Notwendigkeit, durch die Tat zu beweisen, dass das deutsche Reich nicht gegen Kultur und Kunst Krieg führte, sondern gewillt war, in den besetzten Ländern die Dokumente der Kultur in vorbild­licher Weise zu schützen und das Kulturleben nicht zu behindern, es sogar in den Grenzen des Mög­lichen und der Kriegsnotwendigkeiten zu fördern. Damit gewann der militärische Kunstschutz eine nicht zu unterschätzende politische Bedeutung.“195 193 BayHStA, MK 44309, Schürer an den Rektor der Universität München, 12.9.1940. Zum Kontext dieser Aussage siehe Fuhrmeister 2005, S. 232 – 234. – Vergleichsbeispiele für die ähn­liche Nutzung einer anderen Fachwissenschaft bei Gasche 2012, Kapitel „Die Vor- und Frühgeschichte als Hilfsmittel nationalsozialistischer Herrschaftssicherung“, S. 171 – 172. 194 PA AA, Rom Quirinal, 1390b, AA an Botschaft Rom (Eingangsstempel Rom 4.8.1940); der undatierte Brief zitiert die rezente Erläuterung des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (im Folgenden: REM, für die inoffizielle Bezeichnung „Reichserziehungsministerium“) zum Runderlass vom 10.10.1939. 195 BA MA, RH 3/154, Metternich: Abschließender Bericht, März 1945 (Bl. 5 – 39), hier Bl. 14 (= S. 7). – Da Franz Graf Wolff-­Metternich zur Gracht Briefe, Berichte etc. stets mit „Metternich“ zeichnete, wird hier und im Folgenden diese Kurzform des Namens verwendet. – Nicht eingesehen wurde der erst seit Ende 2014/Anfang 2015 zugäng­liche Nachlass Graf Wolff-­Metternich – Teilbestand mit dem Schwerpunkt: Militärischer Kunstschutz im Zweiten Weltkrieg – im Archivberatungs- und Fortbildungszentrum des Landschaftsverbandes Rheinland im LVR-Kulturzentrum, Abtei Brauweiler bei Pulheim.

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3.1 Kulturpolitik und Kunstgeschichte in Florenz Genau auf der Linie des oben zitierten Schreibens des Auswärtigen Amtes von August 1940 liegt der vierzehnseitige „Kulturpolitische Jahresbericht“ des Florentiner Konsuls (Legationsrat) Gerhard Wolf (1896 – 1971)196 vom 3. Juli 1941, für den er von Botschafter Hans Georg von Mackensen (1883 – 1947)197 und Botschaftsrat Johann Baron von ­Plessen (1890 – 1961) ausdrück­lich gelobt wurde und in dem er sowohl den gemeinsamen Besuch des Kunsthistorischen Instituts in Florenz durch Reichsminister Bernhard Rust (1883 – 1945) und Erziehungsminister Giuseppe Bottai (1895 – 1959) am 23. September 1940 als auch den zweiten Besuch Hitlers in Florenz am 28. Oktober 1940 ausführ­ licher würdigte. Direktor Friedrich Kriegbaum (1901 – 1943)198 und der Erste Assistent Herbert Siebenhüner (1908 – 1996), so Wolf, hätten dabei auch an der „Überreichung des Makart-­Triptychons durch den Duce an den Führer“ teilgenommen.199 Rust wurde bei seiner Italienreise vom 21. bis 28. September 1940 „auf seinen besonderen Wunsch hin“ von Werner Hoppenstedt, dem Direktor des K ­ aiser-­Wilhelm-­Instituts (KWI ) für 200 Kulturwissenschaft in Rom, begleitet. Wolf plädierte im Bericht mehrfach für höchste wissenschaft­liche Qualität und strengste Auswahl von Vortragsrednern – sowie für eine Anhebung der Mittel für die „Intensivierung der Werbetätigkeit“ –, da Florenz […] ein besonders schwieriger Boden [sei]. Es ist in kultureller Beziehung stets die Hauptstadt Italiens gewesen und geblieben. […] Man ist [in Florenz] skeptisch gegenüber allem Neuen, skeptisch gegenüber dem Faschismus, skeptisch gegenüber dem Nationalsozialismus und ü ­ berhaupt

196 Kurzbiographie in der Einleitung des Findbuchs zum Bestand N 9 (NL Wolf ) im Archiv des DHI Rom (erstellt von Cornelia Regin 1997, geringfügig überarbeitet von Karsten Jedlitschka 2005), S. 2 – 4, hier S. 2: „Von 1938 bis 1940 war er Leiter des Auslandsschulreferates in der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes in Berlin, von November 1940 bis Juli 1944 Konsul in Florenz, von November 1944 bis April 1945 Leiter der Dienststelle Mailand des Bevollmächtigten des Großdeutschen Reiches. Am 1. März 1939 auf Antrag in die NSDAP aufgenommen […].“ Siehe auch Handbuch AA /5, S. 321 – 322. 197 Mitglied der NSDAP seit 1.5.1934, 1942 SS-Gruppenführer, Botschafter in Rom 19.3.1938 – 6.8.1943, siehe Handbuch AA/3, S. 159 – 160. 198 Zu Kriegbaum siehe Kriegbaum 1953: bes. die Gedächtnisworte von Poggi und Heydenreich; ­Heydenreich 1955 sowie – posthum – Heydenreich 1982. 199 PA AA, Rom Quirinal, 1390b, Bericht Wolf vom 3.7.1941, S. 2 – 3. 200 AMPG , Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1724, [Werner Hoppenstedt:] K ­ aiser Wilhelm-­Institut für Kultur­ wissenschaft im Palazzo Zuccari in Rom. Tätigkeitsbericht über die Arbeitsjahre 1939/40 und 1940/41 für die Kuratoriumssitzung am 5.11.1941 in Berlin, hier S. 16. – Hubert 1997, S. 66, gibt für Rusts Besuch aus unbekannten Gründen „August 1940“ an.

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gegenüber der neuen, deutschfreund­lichen Haltung der italienischen Außenpolitik. […] Für Propaganda und Massenkundgebungen hat Florenz taube Ohren.201

Konsul Wolf und Direktor Kriegbaum stimmten prinzipiell in der Auffassung überein, dass die genuin wissenschaft­liche Ausrichtung der Institutsarbeit die beste Gewähr für kulturpolitische Wirksamkeit bot – wobei nicht vergessen werden darf, dass auch und gerade die kulturpolitischen Vorgaben Ausdruck des hegemonialen und imperialen Selbstverständnisses des nationalsozialistischen Staates waren.202 Vor Ort, in Florenz, war somit eine permanente Gratwanderung erforder­lich, was die beiden Florenzbesuche Hitlers und die Institutsführung für Rust anschau­lich machen. Die Besuche hatten den jungen Direktor des KHI , Friedrich Kriegbaum (bei Amtsantritt am 1. April 1935203 war er 34 Jahre alt), zweifellos stark herausgefordert und beansprucht. Wenn man Hans W. Hubert Glauben schenkt, war „die Atmosphäre am Institut […] unter Kriegbaum dem Nationalsozialismus gegenüber sogar ausgesprochen kritisch.“204 Doch, so Hubert weiter, „natür­lich blieben das Institut und seine Mitglieder vom politischen Tagesgeschehen nicht unberührt.“205 Berücksichtigt man die Quellen, ist diese Aussage untertrieben. Denn Hitlers Staatsbesuch am 9. Mai 1938 (nicht, wie Hubert schreibt, am 9. November 1938206) war eine gigantische, seit Januar 1938 penibel vorbereitete Inszenierung, ja eine „fascist repossession of Florence“, die mit einer umfassenden, mit Neubauten und Restaurierungsmaßnahmen

201 PA AA, Rom Quirinal, 1390b, Bericht Wolf vom 3.7.1941, S. 10 – 11. 202 Vgl. PA AA, Rom Quirinal, 1392b, Mappe 1392b/3, Wolf an Botschaft Rom, 14.3.1941, Befürwortung der Aufstockung des Publikationsetats des KHI  – was insofern Folgen zeitigt, als im Nachgang erwogen wird, das KHI vollständig in den Geschäftsbereich des AA zu übernehmen. In einem langen Brief (6 Seiten) von Wolf an das AA vom 12.12.1941 versucht der Legationsrat bzw. Konsul genau dies zu unterstreichen (S. 3): „Man weiss in Italien, dass hier [im KHI] hervorragende Gelehrte etwas streng Sach­liches leisten, nicht Kulturpropaganda, sondern Kulturarbeit.“ 203 Vgl. SMB-ZA, III/VKI 23, Zimmermann an Ministerialrat Dr. Conrad, Reichsministerium des Innern, 8.2.1939. 204 Hubert 1997, S. 62, der sich dabei auf eine von Petersen 1988, S. 70, Anm. 164, formulierte Charakterisierung bezieht, die ihrerseits auf einer Auskunft von Werner Haftmann vom 16.8.1986 beruht. Petersen hatte „in den Akten“ Hinweise auf eine Mitarbeit Haftmanns an einer mit der Botschaft Rom verbundenen „Beratungsstelle für das deutsche Schrifttum“ gefunden, doch Haftmann habe dies brief­lich zurückgewiesen und stattdessen die NS-kritische Situation am KHI beschrieben: „Über die Schärfe der Ablehnung kann man sich heute kaum noch eine Vorstellung machen.“ (zitiert nach Petersen 1988, S. 70, Anm. 164). Mit seiner Kommentierung, Haftmann habe diese kritische Haltung „später bezeugt“, übernimmt Hubert 1997, S. 75, Anm. 23, unhinterfragt ­Haftmanns Position von 1986. 205 Hubert 1997, S. 64. 206 Hubert 1997, S. 65.

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3  Firenze. Rassegna mensile del comune, Heft Mai 1938, nicht paginierte Seite mit Entwürfen für den Festschmuck in der Via Cerretani und auf der Piazza Signoria. ARZI, Konvolut Heydenreich.

v­ erbundenen Neuorientierung der Stadt auf ein sorgfältig präpariertes Renaissance-­Bild einherging (Abb. 3 und 4).207

207 Lasansky 2004, S. 85 – 98 (S. 89 mit der irrtüm­lichen Nennung von August von Mackensen, General­feldmarschall und Vater von Hans Georg von Mackensen, als deutscher Botschafter in Italien); Zitat S. 92. – S. 98 bilanziert Lasansky das Ergebnis des Besuchs für die Stadt Florenz: „Viewed as the height of Western civilization, the Renaissance was reactivated as central to the construction of a new and stronger Italian Aryan image.“ – Vgl. zu den Dekorationen 1938 auch Crum 1999, S. 15 („something like a cross between a Renaissance regal entrata and the manner in which Leni ­Riefenstahl presented Nürnberg in Triumph of the Will“). Vgl. ferner das Album mit 11 Farbaufnahmen von Aquarellen in der Prints & Photographs Division der Library of Congress, Washington, D. C., LOT 8432. – Eine umfassende Untersuchung mit dem Titel „Bilder der Achse. Hitlers Empfang in Italien 1938 und die mediale Inszenierung des Staatsbesuches in Fotobüchern“

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4  Firenze. Rassegna mensile del comune, Heft Mai 1938, Heftumschlag. ARZI, Konvolut Heydenreich.

Eine Sonderausgabe „Firenze e la Germania“ der Zeitschrift Illustrazione Toscana e dell’Etruria im Mai 1938 wurde offenkundig unter maßgeb­licher Beteiligung des KHI vorbereitet, enthält das Heft doch neben vier italienischen Beiträgen (darunter ein Artikel von Giorgio Pasquali [1885 – 1952] zum „L’istituto Germanico per la storia dell’arte a Firenze“, S. 9 – 11,) auch zwei reich illustrierte Texte von Friedrich Kriegbaum und Werner Haftmann: Während der Direktor „L’Imperatore Enrico VII in Italia“ behandelte (S. 35 – 40), widmete sich der Assistent „Della scoperta dell’antica pittura fiorentina nel tardo romanticismo ­tedesco: Johann David Passavant“ (S. 41 – 44), wobei sämt­liche Artikel in italienischer Sprache mit halbseitigen deutschen Zusammenfassungen gedruckt wurden. Das nur mit „E. B.“ gezeichnete Editorial (deutsch S. 2, italienisch S. 3) huldigt Hitler „und unserem geliebten Duce“, sieht in der Bestattung Dantes „in Ravenna neben dem grossen Germanenkönig ­Theoderich […] das Symbol […] einer gleich adeligen, unzerstörbaren Kraft des Blutes und des Geistes“, verbindet Machiavelli mit Fichte und schließt mit einem Gruß an den Gast „aus starker und freier Bruderhand, mit echter Aufrichtigkeit und im Bewusstsein seiner eigenen imperialen Zukunft.“

hat Ralph-­Miklas Dobler im Juni 2012 als Habilitationsschrift an der Universität Bonn eingereicht und kürz­lich publiziert (Dobler 2015).

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5  Firenze. Rassegna mensile del comune, Heft Mai 1938, S. 239 / 111 mit Abbildung der Photothek. ARZI, Konvolut Heydenreich.

Die „Achse Berlin-­Rom“ wurde bei d ­ iesem Besuch – der als das zweite „offizielle ‚Achsenereignis‘ auf dem Gebiet der bildenden Kunst“208 angesehen werden kann – durch mehr oder minder gleichrangige deutsch-­italienische Paarungen im Fahrzeugkorso und während der Visiten ad personam vor Augen geführt: Adolf Hitler und Benito Mussolini, Joachim von Ribbentrop und der Außenminister Galeazzo Ciano (1903 – 1944), Rudolf Heß und der Sekretär der faschistischen Partei Achille Starace (1889 – 1945), Joseph Goebbels und der Minister für Volkskultur Dino Alfieri (1886 – 1966), Heinrich Himmler und Unterstaatssekretär im Innenministerium Guido Buffarini Guidi (1895 – 1945), Hans Georg von Mackensen und Erziehungsminister Giuseppe Bottai.

208 Das erste, so Scholz 2013, S. 161, war die im November 1937 in der Akademie der Künste in Berlin eröffnete „Ausstellung italienischer Kunst von 1800 bis zur Gegenwart“.

58 I Deutsche Kunstgeschichte und auswärtige Kulturpolitik des Deutschen Reiches

6  Firenze. Rassegna mensile del comune, Heft Mai 1938, S. 237 mit Abbildung des Studiensaals. ARZI, Konvolut Heydenreich.

Auch das Mai-­Heft der Zeitschrift Firenze. Rassegna mensile del comune war vollständig auf das Treffen der „Führer der beiden Revolutionen“ ausgerichtet (Abb. 4). In suggestiven Bildpaaren wurden auch die genannten Minister visuell verbrüdert. Sämt­liche Texte wurden zweisprachig abgedruckt, wobei politische Lobeshymnen unvermittelt neben durchaus sach­ lichen und objektiven Beiträgen wie den Ausführungen von Oertel und Haftmann (über „Gemälde deutscher Meister in Florentiner Sammlungen“ und „Das kunsthistorische Institut in Florenz“, Abb. 5 und 6)209 standen. Der italienische Archäologe Ranuccio Bianchi Bandinelli (1900 – 1975), der gut Deutsch sprach, und Friedrich Kriegbaum, der sich für diesen Anlass eigens eine (Partei-)Uniform

209 Oertel 1938; Haftmann 1938.

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beschafft hatte,210 übernahmen die Führungen und komplettierten so die demonstrative binationale Verschränkungspolitik. In Bianchi Bandinellis zehn Jahre später veröffent­lichter Beschreibung des Besuchs kommt auch jene fraternisierende Perspektive – die mit „Wir Intellektuellen und Fachleute wissen, dass diese Politiker von Kultur und Geschichte nichts verstehen“ paraphrasiert werden könnte – zur Sprache, die später zumindest punktuell auch die gegenseitige Wahrnehmung von Kunstschutz und MFAA bestimmen wird. So bemerkt Bianchi Bandinelli, dass Kriegbaum „seine Aufgabe mit Gefühlen erledigt habe, die sich von meinen nicht unterschieden“ und er mit ihm von Zeit zu Zeit entsprechende Blicke getauscht habe, wobei er hinzufügte, dass jener sogar noch mehr als er unter der „Niederträchtigkeit [der Situation], in die er durch sein Vaterland geworfen worden war, gelitten habe“.211 Auch Bianchi Bandinellis Schilderung weiterer genuin kulturpolitischer Anfragen wie der Aufforderung vom 16. April 1939, Göring bei einem geplanten Besuch zu begleiten, oder seine erneut gewünschte Führung beim zweiten Besuch Hitlers am 28. Oktober 1940 (das Ministerium habe „quello dell’altra volta“ angefordert), der er sich mit einer vorgetäuschten Erkältung entzogen habe,212 lässt an die klassen- oder schichtenspezifischen Fraternisierungstendenzen in Jean Renoirs Film La grande illusion von 1937 denken – wobei nicht vergessen werden sollte, dass Bianchi Bandinelli seine augenzwinkernde, grenzüberschreitende Übereinstimmung von Fachleuten gegenüber Vorstellungen von Staatsmännern und Ministerialbürokraten erst nach dem Ende beider Regime äußerte. Meines Wissens bisher unbekannt ist eine weitere, 1942/1943 geplante wissenschaftspolitische Überkreuzung: Bianchi Bandinelli sollte auf Initiative von Bottai und Ciano in Berlin einen neu eingerichteten Lehrstuhl für „Geschichte der italienischen Kultur“ erhalten, während Wilhelm Pinder (1878 – 1947) eine ähn­liche Professur („una cattedra reciproca“) in

210 Archiv KHI, KHI A I, 22, Korr. 1937 – 1940, Mappe A‒B, Kriegbaum an Zimmermann, 1.5.1938: „Ich selbst bin noch mit der Beschaffung einer Uniform beschäftigt, weil ich den Führer durch die Galerien begleiten muß, wir alle finden ähn­liche Verwendung.“ – Kriegbaum war am 1.5.1937 in die NSDAP eingetreten (Mitgl.-Nr. 3988439), siehe Zentralkartei im BA B, 31 XX L 0061, zitiert nach GKNS-WEL. – Zu Bianchi Bandinelli siehe die Kurzbiographie von Bruni 2011. – Eine Aufnahme von Kriegbaum in Uniform in der Galleria degli Uffizi, Sala della Niobe, z­ wischen Hitler und dem Duce stehend, in: Lombardi 2011a, S. 291 (allerdings mit der falschen Datierung „1939“). 211 Bianchi Bandinelli 1948, S. 171 – 193, hier S. 191: „Del resto [der Führung] io avevo ceduto la guida all’amico Kriegbaum, direttore dell’istituto tedesco di Storia dell’Arte di Firenze, che assolveva il suo compito con sentimenti non diversi da miei e col quale ogni tanto ci scambiavamo degli sguardi. (Ma egli, più di me, soffriva per l’abiezione nella quale era caduta la sua patria. E poi, venuta la guerra, lo vidi consumarsi di giorno in giorno, perdere la sua scintillante ironia, logorarsi per la distruzione dei valori della cultura e dell’arte, in Europa, nella sua terra e nella nostra, sinché trovò, quasi cercate, la morte nel primo bombardamento aereo di Firenze, al quale, egli sempre diceva, non avrebbe mai voluto sopravvivere.)“ 212 Bianchi Bandinelli 1948, S. 193.

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Rom übernehmen sollte. Bianchi Bandinelli sei im Herbst 1942 nach Berlin gefahren,213 doch sowohl in der italienischen Botschaft als auch in der Universität habe niemand davon etwas gewusst („nessun sapeva nulla“), weswegen er unverrichteter Dinge nach Rom zurückgekehrt sei. Am 30. Mai 1943 habe er eine dürre Anweisung von Carlo Alberto Biggini (1902 – 1945), Ministro della Pubblica Istruzione (ab 23. September 1943 Ministero dell’Educazione Nazionale) erhalten, nun end­lich die Berliner Verpf­lichtungen wahrzunehmen, was er mit der Begründung, er sehe sich „nicht geeignet, an der Leichtfertigkeit und Oberfläch­lichkeit, die schon so viele Schäden auf dem Feld unserer Kultur verursacht hat, teilzunehmen“, ablehnte; er werde einzig eine „kulturelle Zusammenarbeit, die auf persön­licher Wertschätzung von Gelehrten im streng wissenschaft­lichen Bereich beruhe“, akzeptieren. Wegen des Sturzes von Mussolini am 25. Juli 1943 sei die Angelegenheit von Seiten des Ministeriums dann nicht weiter verfolgt worden.214 In unmittelbarem Zusammenhang mit der geplanten Lehrkanzel in Berlin dürfte ein Vortragszyklus des Faschistischen Kulturinstituts in Rom im Frühjahr 1943 stehen, der den Titel „Civiltà italiana e civiltà germanica“ trug. In ­diesem Zyklus sollte Wilhelm Waetzoldt (1880 – 1945)215 einen Vortrag in italienischer Sprache über „Il genio germanico nell’arte del medioevo“ halten.216 Es dürfte eben dieser umfassenden kulturpolitischen Durchdringung des Arbeitsalltags geschuldet sein, dass Fachleute auf deutscher und italienischer Seite, wie hier Bianchi ­Bandinelli, übereinstimmend das direkte persön­liche Gespräch als besten Modus Operandi bezeichneten. Exakt spiegelbild­lich formuliert jedenfalls Kriegbaum Ende 1942 gegenüber Franz Graf Wolff-­Metternich, der einen Vortrag über Kunstschutzfragen angeboten hatte: „Ich bin übrigens der Meinung, dass Besprechungen in engerem Kreis, die in Form von direktem Erfahrungs- und Gedankenaustausch stattfinden können, für beide Seiten wirksamer

213 In einem Brief an Cesare Brandi vom 5.9.1942 schreibt Bianchi Bandinelli: „Partirò il 1° di ottobre per Berlino, onde fissare orari ecc. Poi tornerò qua per gli esami e definitivamente sarò a Berlino ai primi di novembre. Ho deciso di fare un corso su ‚Formazione e carattere dell’arte romana‘ e un seminario su ‚Storia della critica d’arte‘“ (Barzanti 2009, S. 249 – 250, hier S. 250). 214 Bianchi Bandinelli 1948, S. 108 – 110 (überarbeiteter Tagebucheintrag Bianchi Bandinellis vom 10.7.1939). Seine geplante Berufung nach Berlin ist auch erwähnt bei Barzanti 2009, S. 27. 215 Nicht, wie Huber 1997, S. 57, angibt, 1880 – 1943. 216 Archiv KHI , KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 44), Mappe B, Ernst Eduard Berger, Ufficio Universitario Tedesco, Zweigstelle des DAAD , Rom, an Kriegbaum, 19.4.1943. – Huber 1997 zitiert S. 74, Anm. 9 aus der Diplomarbeit von Gisela Schunck, Der Kunsthistoriker Wilhelm Waetzoldt: Kunstreferent – Universitätslehrer – Museumsdirektor, Halle 1984, S. 63, Waetzoldt sei „der Prototyp des liberalen Menschen der [Weimarer] Republik gewesen“, was 1933 ein Grund für seine Entlassung gewesen sei. Vgl. dagegen Hoffend 1998, S. 311, die auf seine Partizipation am „nationalsozialistischen ‚Kulturbetrieb‘ und Propagandaapparat“ hinweist und auch sein Buch Kamerad Italien (Waetzoldt 1942/43) erwähnt.

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sein dürften.“217 Zugleich stellt eben diese Praxis eine hermeneutische Herausforderung dar, denn oftmals sind diese Gespräche, ihr Verlauf und ihre Ergebnisse weder im praktischen Verwaltungsschrifttum protokolliert noch in privaten Briefen überliefert. Zurück zu Kriegbaums Führung für Hitler und Mussolini: Vier Tage später, am 13. Mai 1938, schilderte Kriegbaum dem Berliner Vorsitzenden des Vereins zur Erhaltung des Kunsthistorischen Instituts in Florenz, Geheimrat Ernst Heinrich Zimmermann (1886 – 1971),218 detailliert Verlauf und Nachwirkungen: Die Generaldirektion der italienischen Museen hatte mich aufgefordert, mich und meine Mitarbeiter für die Führung durch die Galerien bereitzuhalten. Mein Assistent [Siebenhüner] und ich trugen die Parteiuniform. Ich führte kurz nach der Ankunft des Führers zunächst die Herren Reichsminister v. Ribbentrop, Göbbels [sic] und Frank, sowie Herrn Reichsführer SS . Himmler eingehend durch die Pitti-­Galerie. Die Führung des etwas später eintreffenden Herrn Reichsministers Hess übernahm Dr. Siebenhüner. Bei Eintreffen des Führers wurde ich ­diesem und dem Duce durch den Generaldirektor Poggi vorgestellt und gebeten, die Führung zusammen mit dem Archäologen Prof. Bandinelli zu übernehmen. Ich zeigte darauf dem Führer in fast eineinhalb Stunden die beiden Galerien, incl. den Uebergang durch den Korridor, sowie die wichtigsten Kunstwerke des Palazzo Vecchio und folgte hierauf der Einladung des Oberbürgermeisters zu dem offiziellen Empfang im Palazzo Vecchio. Der Führer schien besonders an der italienischen Malerei der Hochrenaissance ausserordent­lich interessiert und ich gab mir alle Mühe in dieser ­kurzen Zeit ihm alles wichtige [sic] zu zeigen. Ich glaube mich dieser Aufgabe nach besten [sic] Wissen entledigt zu haben. Wiederholt hatte ich auch Gelegenheit, mit dem Duce zu sprechen, der sich u. a. auch nach dem Institut erkundigte. Der Führer stellte ebenfalls diesbezüg­liche Fragen und versprach mir u. a. mir die Photographien nach italienischen Kunstwerken in seinem Besitz übersenden zu lassen. Ich wies bei dieser Gelegenheit auf unsere Photographiensammlung hin. Gleich nach der Abreise des Führers kam mir der Gedanke, ein Album von Originalphotographien der ca. 160 von ihm ins Auge gefassten Kunstwerke zusammenzustellen. Dieser Gedanke wurde bestärkt bei der Lektüre der ersten Presseberichte, die eine ganz unglaub­liche Willkür in der Aufzählung zeigten, während ich in d ­ iesem Falle zufällig allein in der Lage bin, jedes von ihm gesehene Bild anzugeben. Nun ergab sich im Gespräch mit Staatsminister Meissner [Otto Meissner

217 Archiv KHI, KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 44), Mappe M‒N‒O, Kriegbaum an Metternich 1.12.1942. 218 Zimmermann war von 1920 bis 1936 Direktor des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg, ab 1937 – als Nachfolger von Wilhelm Waetzoldt – Direktor des K ­ aiser-­Friedrich-­Museums in Berlin, wobei er auch Waetzoldts Funktion als Vereinsvorsitzender übernahm. Zu Zimmermann siehe Winter 2013 und Winter 2014. Im Rahmen der Studie zum Disziplinverfahren (Winter 2013, S. 283) heißt es: „Völlig ungeklärt ist bislang die Frage, was Zimmermann in den zweieinhalb Jahren [von März 1938 bis Juni 1940] tat, in denen er vom Museumsdienst suspendiert war.“ Zumindest zeitweise dürfte ihn das Amt als Vorsitzender des KHI-Vereins beschäftigt haben.

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(1880 – 1953), Leiter der Präsidialkanzlei des Führers bzw. Leiter des Büros des R­eichspräsidenten, seit 1. Dezember 1937 Staatsminister im Rang eines Reichsministers], den ich gestern durch Florenz führte, dass eine derartige Zusammenstellung dem Führer höchst willkommen sein dürfte. Ich glaubte daraufhin mit meinem Plan nicht zurückhalten zu dürfen und erkundigte mich bei dem Herrn Staatssekretär, ob ein solches Erinnerungsgeschenk seitens des Instituts etwa auch nur im geringsten [sic] als aufdring­lich und unangebracht empfunden würde. Da mich der Herr Staatssekretär daraufhin d r i n g e n d bat, den Plan doch mög­lichst umgehend in Angriff zu nehmen, und wiederholt zum Ausdruck brachte, dass ein solches Geschenk dem Führer ganz bestimmt sehr willkommen sein würde, so möchte ich hiermit um Ihre Zustimmung bitten, die Herstellung des Albums betreiben zu dürfen, welches der Herr Staatssekretär dem Führer persön­lich übergeben will. Ich erlaube mir hierzu zu bemerken, dass abgesehen von der grossen Ehre, die das Institut dabei einlegen könnte, auch wohl ganz allgemein von einem Interesse des Instituts an einem solchen Geschenk gesprochen werden kann. Die Herstellung des Albums würde die Summe von Lit. 1.200.‒ kaum über-, eher unterschreiten. Ich bitte diese Summe angesichts des einmaligen Zwecks ausseretatmässig zu bewilligen. […] Worum ich Sie im Augenblick bitten möchte, sehr verehrter Herr Geheimrat, mir mög­lichst bald eine, wenn mög­lich telegraphische Mitteilung grundsätz­licher Art zu geben, damit ich die Arbeit beginnen lassen kann. Ich betone ausdrück­lich, dass meine Nachfrage bei dem Herrn Staatssekretär rein informatorischen Charakter hatte und dass ich den Plan als von Ihrer Zustimmung abhängig ausdrück­lich charakterisierte. Erlauben Sie mir auch die Bemerkung, dass ich mich von jedem persön­lichen Ehrgeiz frei weiss, da das Album als unpersön­liches Geschenk des Instituts überreicht werden würde. Was die recht weitgehende Heranziehung des Instituts bei dem Führerbesuch betrifft, so finde ich sie deshalb besonders erfreu­lich, weil sie ausschließ­lich auf die Initiative unserer italienischen Kollegen zurückging und wir darin einen erneuten Beweis unseres guten Verhältnisses zu der italienischen Kollegenschaft erblicken dürfen. Meines Wissens ist von den übrigen deutschen Auslandsinstituten niemand zu ähn­lichen Zwecken herangezogen worden. In Erwartung eines freund­lichen Bescheids empfiehlt sich Ihnen mit H e i l H i t l e r ! Ihr ergebener 219

Tatsäch­lich war das Album nach gut drei Monaten fertiggestellt, und Kriegbaum schickte es am 20. August 1938 an Adolf Hitler: Mein Führer ! das Kunsthistorische Institut erlaubt sich Ihnen als Erinnerung an den Besuch in Florenz am 9. Mai 1938 ein Album der Bilder und Bildwerke der beiden Florentiner Galerien zu überreichen.

219 Archiv KHI, KHI A I, 22, Korr. 1937 – 1940, Mappe A‒B, Kriegbaum an Zimmermann, 13.5.1938, Durchschlag ohne Unterschrift.

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Da ich die Ehre hatte den Rundgang mitzumachen, war ich in der Lage eine lückenlose Fotografienreihe der näher betrachteten Kunstwerke zusammenzustellen. Ich würde mich glück­lich schätzen, wenn Ihnen, mein Führer, das Album zur Verlebendigung der [handschrift­lich eingefügt: guten] Erinnerung an [Ihren, handschrift­lich ersetzt: den] Besuch dienen könnte. Heil mein Führer!220

Hitler dankte postwendend am 24. August 1938.221 Der Bericht an Zimmermann und das Schreiben an Hitler verdeut­lichen in nuce Kriegbaums Wirken z­ wischen punktueller opportunistischer Anpassung und strategischem Kalkül. Würde man nur diese beiden Dokumente und ihre Nachwirkung (den Briefwechsel nutzt Zimmermann 1939 als Argument, um den Professorentitel für Kriegbaum zu erwirken 222) berücksichtigen, ergäbe sich indes ein verzerrtes Bild. Wir können jedoch glück­licherweise auf zahlreiche weitere Belege zurückgreifen, die die Praxis des Institutsdirektors näher erhellen und eine genauere Einschätzung und Bewertung seiner Aktivitäten erlauben.223 In einem privaten Brief an seinen Freund Ludwig Heinrich Heydenreich vom 2. Oktober 1938 begründet er sein Engagement am 9. Mai 1938 – wohl zutreffend – so: Um auf den Führerbesuch in d ­ iesem Zusammenhang zu kommen, so hat dieser mich eine Reise nach München gekostet. Mein Gesamtaufwand belief sich auf gegen 300 Mk. Wie ich Dir schon sagte, war das unvermeid­lich; ich habe zweimal abgelehnt, nach einer dritten Aufforderung Poggis hätte ich das Institut wohl in eine üble Lage gebracht, ich musste also in den Apfel beissen. Ihr müsst das bedenken, ehe Ihr vielleicht die ganze Angelegenheit auf meinen persön­lichen Ehrgeiz zurückführt. Heute noch wünschte ich – aus vielen Gründen – ich hätte die Sache umgehen können.224

220 Archiv KHI, KHI A I, 22, Korr. 1937 – 1940, Mappe C‒O, Schreiben Kriegbaum vom 20.8.1938 ohne Adresse, nur mit Anrede „Mein Führer!“. 221 SMB-ZA, III/VKI 34: „Der Führer und Reichskanzler […] Mit deutschem Gruss! Gez. Adolf Hitler“. 222 SMB-ZA, III/VKI 23, Zimmermann an Ministerialrat Dr. Conrad, Reichsministerium des Innern, 8.2.1939. 223 Vgl. allgemein auch Bollenbeck 2001, S. 23: „Das was geäußert wird, erlaubt nicht den Schluss, es entspreche dem, was gedacht wird. […] Aus veröffent­lichten Texten unvermittelt auf das Bewusstsein ihres Urhebers zu schließen ist problematisch.“ 224 ARZI, Konvolut Heydenreich, Box 1 (Briefe), Kriegbaum an Heydenreich, 2.10.1938, Typoskript, 4 Seiten, hier S. 2. – Im weiteren Verlauf des Briefes heißt es (S. 3): „Ich kann diese ganze, unwissenschaft­liche, Seite des hiesigen Betriebs, die früher ja überhaupt nicht bestand, einfach nicht aus der Welt schaffen. Es sind immer nur die italienischen Stellen, die uns dazu dringendst bitten, ob das nun ein Staatssekretär ist, wie nächstens wieder oder ein Ministerbesuch (wie im Okt. noch Rust). Das italien. Aussenministerium bittet mich einfach, mich zur Verfügung zu halten u. Du kannst mir glauben, wie gerne ich mich drücken würde.“

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Diese Aussage ist auch deswegen glaubhaft, weil gerade das Verhältnis von Kriegbaum zu Giovanni Poggi (1880 – 1961), Soprintendente alle Gallerie Fiorentine,225 als eng und einvernehm­lich bezeichnet werden muss. Poggi war 1924 von Wilhelm von Bode (1845 – 1929) „in Anerkennung Ihrer Verdienste um den Verein und in Würdigung Ihres den völkerverbindenden und kulturfördernden Bestrebungen des Vereins entgegengebrachten Wohlwollens“226 in den Vorstand des Vereins zur Erhaltung des Kunsthistorischen Instituts in Florenz e. V. berufen worden und hatte seitdem in vielfältiger Weise Anteil am KHI genommen. Im Gegenzug – und unter Berufung auf das deutsch-­italienische Kulturabkommen – beantragte der Verein beim Reichsministerium des Innern einen Druckkostenzuschuss von „8.–10.000 RM “ für den zweiten Band von Poggis Werk über den Dom von Florenz.227 Das persön­ liche Verhältnis ­zwischen Poggi und Kriegbaum (wie auch später das z­ wischen Poggi und dem Nachfolger Kriegbaums am KHI, Ludwig Heinrich Heydenreich) war so eng, dass der Soprintendente nicht nur private Bücherkisten von Kriegbaum im Palazzo Pitti einlagerte, sondern sich im Januar 1944, nach Kriegbaums Tod am 25. September 1943 durch einen britischen Bombenangriff,228 auch um die Ausgestaltung von dessen Grabstätte auf dem

225 Zu Poggi liegen zahlreiche biographische Darstellungen vor, siehe die Überblicke von Sframeli 2011 und Lombardi 2011b. 226 Archivio Poggi, Serie VII, Nr. 146, Mappe 87, Bode an Poggi, 5.9.1924. – Poggis Mitgliedschaft im dreißigköpfigen Ausschuss dürfte 1936 geendet gehaben, da der „neue, gleichgeschaltete Vorstand“ nur noch sechs deutsche Mitglieder umfasste, siehe Hubert 1997, S. 58 und 60, auf der Basis von Unterlagen im SMB-ZA, I/VKI 29, Bd. 2. 227 Archiv KHI, KHI A I, 22, Mappe A‒B, Zimmermann an RMI, 24.1.1939. Dort zahlreiche weitere Schreiben, darunter auch ein nicht gezeichneter, aber sehr wahrschein­lich von Kriegbaum verfasster Brief an Zimmermann, 25.5.1940, mit der Mitteilung, die Summe sei nun bewilligt worden. 228 Der Angriff galt dem Bahnhof Campo di Marte, der verfehlt wurde; die Bomben trafen Häuser im Umfeld der Gleisanlagen, darunter auch das Haus von Leo Planiscig in der Via Masaccio, den Kriegbaum gerade besuchte. Während Planiscig nur leicht verletzt wurde, starb Kriegbaum in den Trümmern. Vgl. Hubert 1997, S. 67 – 68. – Die detaillierteste Beschreibung von Kriegbaums Tod, durch Siebenhüner, in SMB -ZA , III /VKI 23. – Eine Bescheinigung bzw. Quittung, unterzeichnet von Heydenreich und Poggi am 16.6.1944, derzufolge „zwei große Kisten mit Büchern“ Kriegbaums „von d ­ iesem an Prof. L. H. Heydenreich vererbt wurden“, in Archiv KHI , Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Privatkorrespondenz Prof. Heydenreich“. – Nur wenige deutsche Kunsthistoriker, die nicht emigriert waren, dürften während des Zweiten Weltkrieges einen ausführ­lichen Nachruf in einer Schweizer Zeitung erhalten haben; siehe Samuel Guyer (1879 – 1950): Friedrich Kriegbaum †, in: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 1615, 17.10.1943, Morgenausgabe, Blatt 3, in: Archiv KHI , Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Kriegbaum – Heydenreich PK “; auch in Archiv KHI , Varia III , Mappe „Kriegbaum Heydenreich Florenz 1943/44“. Vgl. auch den nicht nament­lich gezeichneten, doch sicher­lich von Heydenreich verfassten Nachruf unter dem Titel „Künder des Cinquecento“ in Signal, der Propaganda-­Zeitschrift der Wehrmacht und des Auswärtigen Amtes (Nr. 15, 1944, S. 26 – als PrA in SMB -ZA , III /VKI 23). Ob auch der Untertitel von Heydenreich stammt, demzufolge Kriegbaum wie ein Soldat „gefallen“ sei, ist schwer zu

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Cimitero degli Allori kümmerte.229 Nicht unerwähnt bleiben darf hier, dass Kriegbaum Anfang Juli 1944 die Ehrenbürgerschaft der Stadt Florenz verliehen wurde.230 Vor d ­ iesem Hintergrund muss auch Kriegbaums Eintritt in die NSDAP differenziert betrachtet werden. Die einzige mir bekannte nähere Begründung stammt allerdings von Herbert Siebenhüner – aus dem Herbst 1948 und im Kontext von dessen Spruchkammerverfahren, was der Belastbarkeit der Aussage sehr enge Grenzen auferlegt. Siebenhüner konstruiert dort eine Notsituation, in der ein Opfer gebracht werden musste: Mein Eintritt in die NSDAP wurde nicht aus persön­licher Überzeugung oder um materieller Vorteile willen vollzogen, sondern ergab sich im Zusammenhang mit dem von den Mitgliedern des Deutschen Kunsthistorischen Instituts Florenz nach zweimaliger Ablehnung erzwungenen Beitritt von selbst. Die uns gestellte Alternative: Beitritt zur Partei oder Ausscheiden aus dem Institut beantworteten wir in gemeinsamen [sic] Beschluss mit dem Eintritt in die NSDAP , um dem jetzt seit fünfzig Jahren in Florenz bestehenden Institut durch unsere Person die freie wissenschaft­liche Forschungsarbeit zu garantieren. Der Gemeinschaftsbeschluss wurde von den folgenden Herren gefasst: Prof. Dr. Friedrich Kriegbaum, als Direktor (gest. 1943) dessen Nachfolger ich als unmittelbarer Mitarbeiter wurde.231 Doz. Dr. Robert Oertel, jetzt Freiburg/Br. Dreikönigstr. 30 Dozent der Universität Freiburg Dr. Wolfgang Lotz, jetzt 1. Assistent am Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München, Arcisstr. 8 Von mir, als dem dem Institut zugeteilten Stipendiaten der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit einer Spezialarbeit über den ital. Architekten Brunellesco 232

Die Konstellation ist insofern pikant, als Siebenhüner im obligatorischen Fragebogen als Datum seines Eintritts den 1. Oktober 1937 angibt, was auch für Robert Oertel (1907 – 1981) sagen. – Posthum, mehrere Jahre nach seinem Tod, erschien Heydenreichs Kurzbiographie von Kriegbaum in: NDB 13 (1982), S. 40, online: http://www.deutsche-­biographie.de/pnd121630420. html [Zugriff am 1.11.2017], auch in der gedruckten Fassung mit dem Schreibfehler „Paggi“. 229 Archivio Poggi, Serie VII, Nr. 146, Mappe 87, diverse Korrespondenzen und Rechnungen ­zwischen Januar und Mai 1944. – Am 29.6.1944 schickte Poggi eine Übersicht der von ihm ausgelegten Beträge für die Einrichtung und Ausgestaltung von Kriegbaums Grab an Konsul Wolf, siehe DHI Rom, Archiv, N 9, Nr. 7, Poggi an Wolf, 29.6.1944, 2 Bl. VS und RS, handschrift­lich. 230 Vgl. DHI Rom, Archiv, N 9, Nr. 8, Oberbürgermeister Giotto Dainelli an Konsul Gerhard Wolf, 5.7.1944, Übersetzung. 231 Nicht als Direktor, aber als „kommissarischer Direktor“ (und als „Beauftragter des Deutschen Reiches“) bezeichnet sich Siebenhüner selbst in einem Schreiben vom 16.10.1943 (DHI Rom, Archiv, N 9, Nr. 4 [Bl. 11]; Briefpapier KHI). Dies mag dem Anlass des Schreibens geschuldet sein, das dazu diente, zwei deutsche Offiziere von ihrem Vorhaben abzubringen, Zypressen vor dem Hotel Aurora in der Villa Medici in Fiesole abzuholzen, um eine bessere Sicht auf Florenz zu erhalten. 232 NdsHStA, Nds. 171 Hildesheim 10935 (Siebenhüner), Anlage zu Frage Nr. 21.

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zutrifft,233 Kriegbaum aber bereits am 1. Mai 1937 Mitglied der Partei geworden war, Lotz 233 So Iselt 2012, S. 49, auf der Basis der Personalakten im Hauptstaatsarchiv Dresden und im SMB-ZA. – Noch Ende 1935 zeigt sich Oertel indessen „erschüttert“ über Werner Körtes „neue Stellung in der Partei“ und deutet ­diesem an, „dass es in Zukunft sehr schwer für uns sein wird, noch Dinge zu besprechen, die über gleichgültigen geschäft­lichen Kram hinausgehen. […] was uns von nun an auf ganz verschiedene Plätze stellt, ist eine ungeheuer reale Tatsache […] Du wirst sagen, dass diese Tatsache schon von dem Moment an entsteht, wo man PG wird. An sich ja – aber das sind Viele, die glauben, sie könnten innere Vorbehalte machen (etwa nach der Formel: „politisch ja; aber kulturpolitisch nur mit Einschränkungen“). Ich gebe zu, dass wir fast alle heute bis zu einem gewissen Grade in dieser Lage sind; jeder ist es, der auch nur ein einziges Stück Brot nimmt, das der Staat ihm gibt […]. Aber die Partei will ja offenbar Leute dulden, die sach­lich etwas leisten und sich im übrigen politisch zurückhalten. Z. B. besteht ja kein Zwang für die Beamten, PG zu sein; das ist doch deut­ lich. – Nur für meine Begriffe gehört es dann einfach zum fair play und zur Loyalität, dass man in dieser Zurückhaltung auch bleibt! Für mich selbst war ich schon der Meinung, dass die Grenze schon da gezogen werden muss, wo der Weg zum Privatdozenten anfängt. Ich würde zugeben, dass man auch anders denken kann: wer von seiner Wissenschaft besessen ist und sich stark genug fühlt, etwa notwendig werdende Entscheidungen auf sich zu nehmen, der soll es versuchen. Aber eine verantwort­liche Parteistellung? Da ist die Linie überschritten, über die hinaus ich niemandem mehr folgen kann, auch in Gedanken nicht! […] Was mich ,mit einem wahren Grauen‘ erfüllt, ist […] die innere, geistige und charakter­liche Aushöhlung, die wir alle Schritt für Schritt an uns erleben. Wo soll das eigent­lich zuletzt noch hingehen? Ich bin weit davon entfernt, jemand anders dafür verantwort­lich zu machen, als uns selbst, das deutsche Bürgertum. Wann werden wir end­lich anfangen, die Dinge so ernst zu nehmen, wie sie sind? Ich würde auch mit niemand wegen einer politischen Stellungnahme rechten, wenn es sich um typisch radikale Leute handelt, wie etwa Bauch oder Heidegger. Aber Du wirst selbst nicht von Dir behaupten wollen, zu dieser Menschenart zu gehören. Ueber alle diese Punkte verstehe ich mich übrigens mit alten Parteigenossen ausgezeichnet. Denen imponieren die Bekenntnispfarrer, die für ihre Ueberzeugung ins KZ gehen, viel mehr als die Professoren, die sich umstellen. Bitte nimm nun auch das nicht gar zu persön­lich! Wir sind alle da hineingeraten, da im rechten Augenblick keiner Mut hatte, das Nötige zu tun. […] Es tut mir leid, dass dieser Brief so scharfe Worte enthält. Mehrere, die noch schärfere enthielten, habe ich schon verbrannt. Ich konnte mit dieser Sache nicht anders fertig werden, und es ist wohl auch besser, Klarheit zu schaffen. Wir wollen uns beide bemühen, den neuen Zustand wenigstens nicht auf das Sach­liche rückwirken zu lassen: auf die Arbeit unserer Institute und auf die so notwendige Kameradschaft ­zwischen ihen [sic].“ Eine Kopie des in vieler Hinsicht bemerkenswerten Schreibens von Oertel an Körte vom 15.12.1935 verdanke ich Prof. Arnold Körte, Wiesbaden, dem Sohn von Werner Körte (1905 – 1945). Eine gründ­liche Studie zu Werner Körte ist ein Desiderat. Von 1929 bis 1935 war Körte an der Hertziana, von 1936 bis 1940 als PD in Freiburg bei Kurt Bauch, ab 1940 als Lehrstuhlvertreter, ab 1942 als Ordinarius in Innsbruck, tatsäch­lich jedoch seit Kriegsbeginn fast dauernd an der Front. Vgl. Thiel

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hingegen erst 1940 – doch derartige Widersprüche boten im Spätherbst 1948 in der britischen Besatzungszone mit ihren bekanntermaßen laxen Entnazifizierungsverfahren keinen ausreichenden Grund für Nachfragen.234 Es erscheint jedenfalls eher unwahrschein­lich, dass Kriegbaum Druck auf seine Assistenten ausgeübt hat, in die NSDAP einzutreten. Werner Haftmann, Assistent von 1936 bis 1940, war kein Mitglied (aber Parteianwärter),235 und Siebenhüner war, wie er ja selbst angibt, von Frühjahr 1936 bis Herbst 1939 als Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Florenz,236 nicht als Mitarbeiter des KHI . Signifikant für die Einschätzung von Kriegbaum ist ferner dessen 1937 erschienener, seit 1933 vorbereiteter Band über Nürnberg (in der Reihe „Deutsche Lande, deutsche Kunst“). Nürnberg war Kriegbaums Geburtsstadt und bekanntermaßen nicht irgendeine Stadt, sondern die Stadt der Reichsparteitage. Mit dem geradezu sophistischen Argument, er wolle einem „raschen Veralten des Buches“ vorbeugen, sucht Kriegbaum die Nicht-­Berücksichtigung der riesigen Bauten des Parteitagsgeländes zu begründen. Wie anders hatte der fast gleichaltrige Hubert Schrade 1934 das deutsche Nationaldenkmal gerade aus der Gegenwart herzuleiten gesucht.237 Auch Kriegbaums Michelangelo-­Buch von 1940 macht gerade keine Konzessionen an jene lange Tradition der „deutschen“ Vereinnahmung Michelangelos, die Joseph Imorde 2009 in Michelangelo deutsch! ausgebreitet hat. Zur Charakterisierung des Kunsthistorikers Kriegbaum trägt schließ­lich sein 1942 im Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen publi­ zierter Aufsatz über die Michelangelo-­Statuen im Dom zu Siena bei: Ganz am Schluß ­dieses Aufsatzes, gewissermaßen in einem Nachwort, dankt er zwei italienischen Kollegen sowie dem Soprintendente Niccoli, der eine Umstellung der Figuren vorgenommen habe. Ein derart von Respekt (und wohl auch gegenseitiger Anerkennung) getragener Umgang erscheint bei Wilhelm Pinder undenkbar, und auch Werner Körte ist zur selben Zeit, 1942, in seinen „Gedanken zur deutschen Forschungsarbeit in Italien“, von einem extremen Sendungsbewusstsein durchdrungen (Abb. 7).238

234 235

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2008, S. 236 – 239; Thiel 2009, S. 225, 235; Dobler 2013, S. 79; Schieder 2013, S. 110 (zu Körte als Ortsgruppenleiter der NSDAP in Rom) und insbesondere Kappel 2013, Anm. 19. Der Entnazifizierungs-­Hauptausschuss der Stadt Göttingen entschied am 13.10. (rechtskräftig am 20.11.) 1948 „auf entlastet (Kategorie V)“, siehe NdsHStA, Nds. 171 Hildesheim 10935 (Siebenhüner). Aurenhammer 2003a, S. 167, gibt an, Kriegbaum habe Haftmann gegenüber Sedlmayr als „SA-Mann und Parteianwärter“ ausgewiesen – was auch durch Haftmanns Spruchkammerakte (Entnazifizierungshauptausschuss für den Landkreis Moers: LAV NRW, NW 1012 Nr. 10378) bestätigt wird: Im sogenannten großen Fragebogen des Military Government of Germany (12 Seiten) gibt Haftmann in der Kategorie „NSDAP“ an: „Anwaerter Mitte 39, Ruecktritt Anfang 1940“ (S. 6; dito für SA „Anwaerter Anfang 1934 bis Mitte 1934“). BA B, ehem. BDC , REM , DS A 0065 (Personalakte des REM für Siebenhüner ab August 1942 [im Kontext von dessen geplanter Dozentur an der Universität Graz]), Lebenslauf vom 23.9.1941, Bl. 7906 – 7907, hier 7906. Zu Schrade 1934 siehe Fuhrmeister 2008c. Körte 1942.

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7  Werner Körte: Gedanken zur deutschen Forschungsarbeit in Italien, in: Deutschlands Erneuerung. Monatsschrift für das deutsche Volk, Bd. 26, Juni 1942, Titelseite des Sonderdrucks.

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Die Quellenlage zu Hitlers zweitem, kürzeren und viel kurzfristiger geplanten Besuch am 28. Oktober 1940 ist wesent­lich schlechter als die zum ersten Besuch am 9. Mai 1938. Hubert zitiert aus den Lebenserinnerungen von Max Krell (1887 – 1962) von 1961 (die frei­lich wie alle autobiographischen Texte nicht nur quellenkritisch, sondern auch hinsicht­lich der weiteren Konsolidierung eines mittlerweile etablierten Selbstbildes befragt werden müssen – ein mit Zeitzeugenschaft in sehr grundsätz­licher Weise verbundenes Problem 239): Kaum hatte er [Kriegbaum] von der Anwesenheit der deutschen Spitzen erfahren, war er in das entlegene Vallombrosa gefahren, das so schwer zu erreichen war, dass seine Abwesenheit mindestens zwei Tage dauerte. Er besuchte Bernard Berenson, der Amerikaner und, nebenbei, Jude war.240

239 Zu d ­ iesem viel diskutierten Thema sei hier ledig­lich verwiesen auf die Sektion des Konstanzer Historikertages 2006 (dazu die Besprechung von Wehrs 2006), ferner – besonders hinsicht­lich der Inszenierung von Zeitzeugen in den Sendungen von Guido Knopp – auf Keilbach 2008 und ­Rütten 2009; umfassend Sabrow, Frei 2012. Speziell zur identitätsstiftenden Funktion innerfamiliärer Narrative immer noch wichtig Welzer, Moller und Tschuggnall 2002. – Einen Sonderfall stellt Eva Frodl-­Kraft (1916 – 2011) dar, die beansprucht, ihre Studie zur Geschichte der Denkmalpflege in Österreich 1918 – 1945 (Frodl-­Kraft 1997) als Zeitzeugin und Wissenschaftlerin verfasst zu haben, da sie „nur als Beobachter von außen, seit 1942 aber unmittelbar, wenn auch an ganz untergeordneter Stelle, in der Denkmalpflege tätig“ gewesen sei. Zur Zeitzeugenschaft bemerkt sie (S. IX) in dem dem Andenken ihres Mannes Walter Frodl (1908 – 1994; Kurzbiographie bei Wedekind 2012a, S. 166 – 167, Anm. 3) gewidmeten Band: „Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass meine Generation, die letzte der ‚Zeitzeugen‘, ein schweres Versäumnis auf sich geladen hat, indem sie ihren – u ­ nverzichtbaren – Beitrag zu einer fundierten Geschichte der Epoche häufig nur zu bereitwillig nachgeborenen Vereinfachern jedweder Couleur überlassen hat.“ Stimmt schon diese Einlassung skeptisch, entwirft die Autorin im Folgenden ein Modell von „Treibern oder Getriebene[n]“, postuliert eine Rolle des Zeitzeugen „nicht nur als bereichernde Verlebendigung, sondern auch als Korrektiv“ der „kritischen und distanzierten historischen Forschung“ und hält schon als Ergebnis ihrer Arbeit im Vorwort fest (S. X), dass „in der hier behandelten Zeitspanne […] ganz überwiegend die äußeren Zwänge die inneren Triebkräfte geknebelt, wo nicht erstickt“ hätten. – Auf die sozialpsychologische Forschung zu Konstruktionsmechanismen von Gedächtnis und Erinnerung, auch und gerade am Beispiel von Autobiographien, kann hier nicht eingegangen werden. 240 Hubert 1997, S. 66, mit Bezug auf Krell 1961, S. 278 – 279. – Vgl. in ­diesem Zusammenhang auch PA AA, Rom Quirinal 1405b, Bd. A‒L, Wolf (Florenz) an Wüster (Rom), 24.5.1941: „Der hier als Kunstsammler und Kunstkenner sehr bekannte Jude Berenson, der ein guter Freund des ebenfalls sehr bekannten italienischen Industriellen und Kunstmäzens Volpi ist, und bei dem der amerikanische Botschafter bei seinen häufigen Aufenthalten in Florenz immer wohnt, hat mir unter der Hand mitteilen lassen, daß er sich sehr freuen würde, wenn meine Frau und ich am nächsten Mittwoch zum Tee zu ihm kommen würden, um seine Sammlungen zu besichtigen. […] Ich habe selbstverständ­lich die Absicht, dieser Einladung nicht Folge zu leisten, wollte mich aber, bevor ich endgültig antworte, noch vergewissern, ob etwa die Botschaft an der Annahme dieser Beziehung aus politischen Gründen Interesse hat.“

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Hubert weist jedoch zugleich darauf hin, dass Kriegbaum, wie aus einem Schreiben an Zimmermann vom 7. November 1940 hervorgehe, „bei dem Treffen ­zwischen Hitler und Mussolini zugegen gewesen sei“, scheut aber dann vor einer Bewertung des Sachverhalts zurück: „Wie es sich tatsäch­lich verhalten hat, ist bislang nicht bekannt.“241 Hier stellt sich geradezu idealtypisch das historiographische Problem, inwieweit Krells Schilderung – Schriftsteller und vor 1933 Lektor des Ullstein Verlags, der 1936 aus unbekannten Gründen zuerst in die Schweiz, 1937 nach Italien emigrierte 242 – durch relativierende Deutungsmuster der 1950er Jahre geprägt ist.243 Weiter ist zu fragen, w ­ elche Funktion s­ olche Narrative sowohl für den Produzenten (Krell) als auch für Rezipienten von dessen Schilderung (wie Roger J. Crum 244) haben? Was genau 241 Hubert 1997, S. 75 – 76, Anm. 43. – Huberts Schlussfolgerung muss umso mehr erstaunen, als es in dem von ihm erwähnten Brief von Kriegbaum an Zimmermann vom 7.11.1940 (SMB-ZA, III/ VKI 34) ausdrück­lich heißt: „Ich war kürz­lich in Rom und wurde zu dem unerwarteten Führerbesuch zurückgerufen. Bei der Ueberreichung des Makart-­Triptychons durch den Duce an den Führer war ich mit dem Assistenten Dr. Siebenhüner anwesend und musste auch an den übrigen Veranstaltungen des Tages teilnehmen.“ 242 Lacina 1982. 243 Dies betrifft nicht nur die mit „tongue in cheek“ formulierte Ironie, sondern mehrere inhalt­liche Aspekte. So hält Krell in Kriegbaums Kurzporträt (Krell 1961, S. 276 – 281, hier S. 277) fest, das KHI habe „weit genug vom Schuß“ gelegen, womit er eine Distanz zum Nationalsozialismus suggeriert; so diagnostiziert er: „Die Nationalsozialisten hatten im Augenblick [gemeint sind die Jahre nach 1935] gröbere Aufgaben vor sich, als sich in Renaissanceforschung einzumischen.“ – wobei sowohl Hartmanns Artikel im Völkischen Beobachter vom 24.1.1936 als auch das Kulturabkommen von 1938 und die Forschungsprogramme der deutschen Institute in Florenz und Rom dies nicht erkennen lassen; so spricht er verharmlosend von „Augenblicken“ der Belastung, und konstruiert einen maximalen Gegensatz, wenn er Kriegbaum Berenson (zu dem der KHI-Direktor in der Tat einen kollegialen Kontakt pflegte) just während Hitlers Florenz-­Aufenthalt besuchen lässt. Auch seine Erinnerung „Zu Anfang des Krieges leerte sich das Kunsthistorische Institut. […] Nur ein älterer Herr hielt an einem Ecktischchen des Lesesaals aus […]“ (S. 281 – 282) widerspricht der vielfach belegten, gerade nach Kriegsbeginn nochmals intensivierten kulturpolitischen Aktivität. Schließ­lich sei auf die faktisch falsche Konjektur hingewiesen: Berensons Villa I Tatti lag in Settignano, nur wenige Kilometer nordöst­lich von Florenz gelegen, während Vallombrosa tatsäch­lich rund 30 km öst­lich von Florenz entfernt ist – doch für einen Aufenthalt Berensons in Vallombrosa kenne ich keinen Beleg. 244 Crum 1999, S. 17, übernimmt Krells „Erinnerung“ im Kontext einer Sektion, die das Jubiläum des KHI 1997 feierte (ohne Krell zu nennen; mög­licherweise einer Erläuterung von Hubert folgend): „I have learned that the atmosphere of the Institute under Kriegbaum was openly critical of National Socialism. Finally, when Hitler returned to Florence in 1940, Kriegbaum wanted nothing to have to do with him. He pointedly abandoned the city and retreated to far-­off Vallombrosa, effectively putting both himself and the Institute fully out of the Führer’s service. I would like to regard that brave retreat as Kriegbaum’s gesture of opposition to Hitler, to the war, and perhaps to the manipulation of the Renaissance that he had seen in 1938.“

Kulturpolitik und Kunstgeschichte in Florenz  I  71

wird bezweckt? Ungeachtet des Umstands, dass Menschen ihre politische Haltung ändern können, widerlegen die Archivalien in ­diesem Fall die Kriegbaum zugeschriebene Verweigerungshaltung. Andererseits steht bei Kriegbaum eine an Resistenz grenzende Grundhaltung außer Frage, wie auch Berenson selbst später notieren sollte.245 Da in offiziellen Schreiben – und auch in Gutachten, wie etwa für Christian Wolters (1912 – 1998)246 – von einer Distanz Kriegbaums zum Nationalsozialismus nichts zu spüren ist, er aber aufgrund verschiedener vor 1945 getroffener Aussagen übereinstimmend anders gehandelt hat, kann in seinem Fall eine gewisse pragmatisch-­funktionale Handhabung von Begriffen und Floskeln der Kulturpolitik und -propaganda konstatiert werden. So bedient sich Kriegbaum der affirmativen Rede von den „dem Deutschen Kunsthistorischen Institut Florenz zugewiesenen kulturpropagandistischen Aufgaben“ immer dann, wenn es darum geht, ein bestimmtes Ziel zu erreichen oder offensiv ein Problem zu lösen: 1940 souffliert er dem „Ortsgruppenamtsleiter für Kultur“ der Ortsgruppe Florenz der Auslandsorganisation der NSDAP, dass für die o. g. Aufgaben „nur sehr wenige Redner zur Verfügung stehen, [weswegen] eine Vortragstätigkeit des Dozenten Dr. L. H. Heydenreich in Florenz sehr erwünscht“247 sei – ein Schreiben, mit dem er Heydenreich erstens vor der Einberufung schützen, zweitens von der Lehrverpf­lichtung an der Berliner Universität befreien und ihm drittens einen längeren Aufenthalt in Florenz ermög­lichen will. Dessen ungeachtet trifft die Diagnose von Costanza Caraffa und Almut Goldhahn durchaus zu, die Institutsarbeit während des Direktorats von Kriegbaum sei – entsprechende Ansätze des kommissarischen Interimsdirektors Arthur Haseloff (1872 – 1955) fortsetzend – durch die verstärkte Berücksichtigung von Forschungen, Vorträgen und 245 Berenson 1952, S. 134: „He was one of the most thoroughly humanized and cultured individuals of my acquaintance, gentle and tender, incapable of evil and was doing nothing but good. He was one in a thousand, and if Germany had 75,000 like him she would be worth saving and cherishing.“ – Vgl. auch DHI Rom, Archiv, N 9, Nr. 4, Nicky Mariano an Gerhard Wolf, 26.9.1943, Kondolenzschreiben zum Tod von Kriegbaum, der mit Wolf befreundet war, sowie Berenson an Wolf, ohne Datum; dort auch Kondolenzschreiben von Mario Salmi, 27.9.1943. 246 So bemerkt Kriegbaum im Gutachten über Christian Wolters zu dessen Stipendiatenzeit am KHI von Herbst 1937 bis Sommer 1938: „Seine absolute politische Zuverlässigkeit steht ausser Frage; er hat sie in jeder Situation bewährt. Gelegent­lich des Führerbesuchs im Mai 1938 fand er als Angehöriger der SS ehrenvolle Verwendung in dem den Führer begleitenden Vorkommando.“ Archiv KHI, KHI E 1, 14 (Korr. der Photothek), Schreiben vom 10.6.1939. – Aus einem Schreiben von Kriegbaum an Direktor von Oppen im REM vom 26.5.1937 (am 21.6.1937 von Dr. von Staa an Zimmermann weitergeleitet; SMB-ZA, III/VKI 27) geht hervor, dass Kriegbaum vom Landesgruppenleiter der NSDAP erfahren habe, dass Wolters ein „Jahresstipendium […] übertragen worden sei.“ – Wolters leitete von 1964 bis 1974 das Doerner Institut in München, das 1958 den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen angegliedert worden war. 247 Archiv KHI, A I, 22, Korr. 1937 – 40, Mappe C‒O, Dr. Hugo Max an NSDAP AO, Ortsgruppe Florenz, 3.4.1940. Das Schreiben ist auch überliefert im UA HUB, UK PA H 297, Bd. 2, Bl. 162 (laut GKNS-WEL).

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Studienreisen zur deutschen Kunst ein „integraler Bestandteil“ der „Kulturpolitik des Dritten Reiches“ gewesen.248 Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass diese Einbindung des Florentiner Instituts in die Kulturpolitik auch schon in der Zeit des ­Ersten Weltkriegs virulent war.249 Zu beachten ist ferner die Entwicklungsdynamik. Wenn es kein (wohl folgenlos gebliebener) Lapsus, sondern Beschreibung der Alltagspraxis war, dann hat es bis Anfang 1937 kaum eine Abweichung von der seit der Institutsgründung unangefochten dominierenden Italienforschung gegeben – denn in einem Brief an die Reichsstelle für Devisenbewirtschaftung vom 27. Februar 1937 kämpft Kriegbaum gegen eine 30-prozentige Kürzung der Personal- und Sachbezüge mit dem 248 Caraffa, Goldhahn 2012, S. 103 – 107, Zitat S. 103. – Besonders anschau­lich wird dies im wohl im April 1937 gedruckten Jahresbericht 1935 – 36 u. 1936 – 37: Während in den eher internen „wissenschaft­ lichen Besprechungen“ bzw. „Sitzungen“ vor allem italienische ­Themen behandelt wurden, sind alle 13 öffent­lichen Vorträge (mit Ausnahme von Friedrich Wilhelm Freiherr von Bissing) ausschließ­lich ­Themen der deutschen Kunst im engeren Sinne gewidmet (S. 4 – 6); in der Photographiensammlung wurde „eine eigene Abteilung f ü r d e u t s c h e K u n s t w e r k e a u f i t a l i e n i s c h e m B o d e n “ eingerichtet (S. 8); im Anhang wird von Kriegbaum die Holzskulptur des hl. Rochus von Veit Stoß in der Santissima Annunziata in Florenz publiziert, als Auftakt einer Reihe, „die von jetzt ab Werke der deutschen Kunst publiziert […], die sich heute auf italienischem Boden befinden und die unbekannt oder wenig bekannt sind“ (S. 12 sowie Anhang mit 6 ungezählten Seiten). – Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass die „Landesleitung Italien des Kampfbundes für Deutsche Kultur“ in Florenz (und nicht in Rom) ansässig war, siehe BA B, R 56 I/44, Bl. 3 (= Anlage eines Schreibens der Reichsleitung des Kampfbundes an Staatskommissar Hinkel, Kultusministerium, 28.12.1933). 249 PA AA, Rom Quirinal Geheim, 35, Konsul Stiller, Florenz, 21.9.1921, an Legationsrat Morath, Berlin: „Sogar die rein wissenschaft­lichen Veranstaltungen des Instituts in den Jahren 1914 – 1918, die sich jeder politischen Propaganda fern hielten, allerdings die Verdienste der rein deutschen Wissenschaft betont haben, scheinen seinerzeit als deutsch-­politische Propaganda aufgefasst worden zu sein.“ Vgl. PA AA, Rom Quirinal, 1322a, Konsul Stiller, Florenz, an Botschaft Rom, 14.9.1932 (vier Blatt, jeweils VS und RS, hier Bl. 1 RS, Bl. 2 VS und Bl. 4 VS): „[…] So sind dem Institut durch seinen Aufgabenkreis und seine vielfachen Beziehungen ganz besonders günstige kulturpolitische Wirkungsmög­lichkeiten gegeben. […] Eine Schliessung des Instituts oder ein Einschränken seines Betriebes oder etwa eine – auch schon erörterte – räum­liche Vereinigung mit der Bibliotheca Hertziana in Rom dürfte m. g. D. [meines geneigten Dafürhaltens?] selbst als vorübergehende Massnahme besonders nach den in Italien bekanntgewordenen Verhandlungen mit Prof. H a s e l o f f eine nur schwer wieder gutzumachende Schädigung unseres wissenschaft­lichen Ansehens im Auslande und zugleich den Verlust eines wichtigen kulturpolitischen Stützpunktes in Italien bedeuten. […] M. g. D. kann also die Gewährung bezw. Erhöhung eines Reichszuschusses im Hinblick auf die grossen kulturpolitischen Wirkungsmög­lichkeiten des Instituts durchaus befürwortet werden.“ Vgl. auch BA B, R 2/12022, Reichsminister des Innern (gez. Frick) an Reichsminister der Finanzen, 2.6.1933: „Das kunstwissenschaft­lich und kulturpolitisch bedeutende Kunsthistorische Institut in Florenz befindet sich seit Jahren in einer schwierigen finanziellen Lage.“

Kulturpolitik und Kunstgeschichte in Florenz  I  73

Argument, „dass unsere Bücher und unsere kunsthistorischen Photographien grösstenteils in Italien gekauft werden müssen, weil es sich bei den hiesigen Forschungen ausschließ­lich um italienisches Material handelt.“250 Ein gutes halbes Jahr später geht Kriegbaum in die Offensive. Mit Verweis auf die „durch die neue Zeit gestellten, erweiterten kulturpolitischen und propagandistischen Aufgaben des Instituts“ will er nicht länger nur den Status quo wahren, sondern beantragt „end­lich“ die substanzielle Erhöhung des Etats: 1.) Das Institut soll eine Aktive Wirkungsstätte für D e u t s c h e K u l t u r p r o p a g a n d a in Italien sein. […] 2.) Das Institut soll überhaupt ein gewisser k u l t u r e l l e r M i t t e l p u n k t für die deutschfreund­ lichen Italiener sein. […] 3.) Das Institut soll ein Erforschungsmittelpunkt D e u t s c h e n K u n s t g u t e s in I t a l i e n sein. […]251

Gleichwohl wird man weiterhin Christof Thoenes’ Einschätzung folgen können, dass die Bibliotheca Hertziana bzw. das KWI für Kunstwissenschaft in Rom stärker „politisch kompromittiert war und zwar (wie ein Vergleich mit dem Florentiner Schwesterinstitut zeigt) weit über das nach den Umständen unvermeidbare Maß hinaus.“252 Auch Heydenreich ist es keineswegs fremd, von kulturpolitischen Argumentationsschemata Gebrauch zu machen. In einem – wie üb­lich im amt­lichen Schriftverkehr mit „Heil Hitler!“ unterzeichneten – Schreiben an die Philosophische Fakultät der Universität Berlin vom 12. September 1939 weist er darauf hin, dass er im Rahmen seiner Arbeitsaufenthalte in Italien besonders Anfang d ­ ieses Jahres, als ich auf Einladung italienischer Behörden mehrere Monate als Sachberater an den Vorbereitungen der großen Leonardo-­Ausstellung in Mailand tätig war, […] Gelegenheit [gehabt habe], weit über die engere Facharbeit hinaus in prinzipiell kulturpolitischen Fragen mit italienischen Dienststellen und Privatpersonen zu verhandeln und […] damals in 250 BA B, R 2/12022, Kriegbaum an Reichsstelle für Devisenbewirtschaftung, 27.2.1937, Hervorhebung Fuhrmeister. Aufschlussreich ist an d­ iesem zweiseitigen Schreiben auch Kriegbaums Vergleich der Personalkosten, die sich in Florenz „an der Minimalgrenze“ bewegen würden („Direktor Rmk. 5.000.‒, Bibliothekar Rmk 3.480.‒, Assistent Rmk 3.000.‒ […]“): „So bezieht der Assistent unseres Schwester-­ Instituts, der Bibliotheca Hertziana in Rom, das ­gleiche Gehalt wie der Florentiner Direktor, der Assistent des Archäologischen Institutes in Rom sogar das Doppelte wie dieser.“ – Die Gehälter änderten sich bis mindestens 1941 kaum, siehe ebenda Aktenvermerk vom 11.2.1941. 251 BA B, R 2/12022, Kriegbaum, „Zum Antrag auf Erhöhung des Etats“, Firenze, 1.10.1937, drei Seiten. 252 Thoenes 2007, S. 226. Vgl. hierzu nun auch Schmitz 2010, etwa S. 34 mit Details zum Besuch von Hitler in Rom im Mai 1938 (Schließung des Palazzo Zuccari für eine Woche, um in dieser „Festzeit“ deutsche Gäste, „ganz besonders aber die Parteigenossen“ zu beherbergen).

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ständigem Kontakt mit dem deutschen Generalkonsulat und der Ortsgruppe der NSDAP in Mailand [gestanden habe]. Es wäre mir eine besondere Freude, im Rahmen der italienisch-­deutschen Zusammenarbeit tätig sein zu können.253

Am nächsten Tag erfährt diese Initiativbewerbung in einem Schreiben an einen nicht nament­ lich genannten Mitarbeiter des Diplomatischen Dienstes eine markante Steigerung: Sehr verehrter Herr Legationsrat, zurückkommend auf unser vorgestern geführtes Telefongespräch möchte ich Ihnen heute, Ihrem Wunsche entsprechend, mein Anliegen betr. eine Verwendung im Bereich des auswärtigen Dienstes schrift­lich wiederholen. […] Die Untrennbarkeit kulturpolitischer und rein politischer Vorgänge, die für romanische Länder in einem besonderen Maasse [sic] charakteristisch ist, sowie Stimmungssituationen, die sich innerhalb der verschiedenen Landesteile Italiens oft sehr verschiedenartig äussern und auswirken können, erfordern m. E. eine besonders wache Aufmerksamkeit von unserer Seite. Auf ­diesem Gebiete würde ich gerne meine Erahrungen [sic] und Kräfte zur Verfügung stellen, sei es in der Weise, dass ich in Italien selbst wirksam sein könnte, sei es dass ich hier zu Sonderaufgaben herangezogen werden könnte. Ich wäre auch gern bereit, nähere Vorschläge zu unterbreiten. […] Es wäre mir eine aufrichtige Freude, wenn ich in dieser Zeit als Hilfskraft in einer Dienststelle oder angegliederten Stelle des Auswärtigen Amtes eingesetzt werden könnte.254

Der Grund für d ­ ieses Anerbieten dürfte in Heydenreichs Sorge gelegen haben, zur Wehrmacht einberufen zu werden. In der Zeit seiner Privatdozentur an der Universität Hamburg von 1934 bis 1937 hatte er nicht nur drei „Politische Wissenschaftslager“ (Februar 1935, März 1936, Herbst 1936),255 sondern 1935 und 1937 auch zwei jeweils zweimonatige Lehrgänge in der Ergänzungs-­Batterie Güstrow als Rekrut und in der Ergänzungs-­Batterie Wandsbek als Unterführeranwärter durchlaufen und sollte im Oktober 1939 als Gefreiter im Feldartillerie-­Regiment Frankfurt (Oder) dienen,256 wurde aber bald wegen eines Magenleidens wieder entlassen. Wilhelm Pinder, der schon im Herbst 1933 ­Heydenreichs Habilitationsverfahren in einem Brief an den Rektor der Universität Hamburg ­enthusiasmiert 253 ARZI, Konvolut Heydenreich, Box 1 (Briefe), Heydenreich an Phil. Fak. Berlin, 12.9.39, Typoskript. 254 ARZI, Konvolut Heydenreich, Box 1 (Briefe), Heydenreich an Unbekannt, 13.9.1939, Typoskript, 2 Blatt, ebenfalls mit Grußformel „Heil Hitler!“. 255 SMB-ZA, III/VKI 22, Lebenslauf, nach 26.2.1943. 256 Die Angaben über die Militärdienstzeiten Juni‒Juli 1935, August‒September 1937 und Oktober 1939 nach den Angaben im Fragebogen des Military Government of Germany, undatiert (nach 30.9.1946), in StA M, SpkA K 699 Heydenreich, Ludwig.

Kulturpolitik und Kunstgeschichte in Florenz  I  75

unterstützt 257 und ihm später die Umhabilitierung nach Berlin ermög­licht hatte,258 schrieb ihm am 5. Oktober 1939: Mein lieber Herr Heydenreich! Es hat mich erschreckt, dass Sie einberufen wurden, gerade einen Tage, nachdem Sie mir noch einmal von Ihrem Magengeschwür erzählt hatten. […] So sehr man wünscht, alle völlig Gesunden im Heeresdienst zu sehen, so erfüllt doch der Gedanke mit Sorge, dass eine an sich schon unangenehme Krankheit bis zur wirk­lichen Gefahr verstärkt und damit in ­diesem Falle auch Ihr eigener guter Wille zum Heeresdienst unausführbar gemacht würde.259

Auch wenn einige Berührungspunkte – wie fremdsprach­liche Kompetenzen und Auslandserfahrung – nicht von der Hand gewiesen werden können, und auch wenn manche Diplo­ maten Kunstgeschichte studiert hatten (wie Gerhard Wolf, bei Wölfflin 260) oder einige Kunsthistoriker zeitweise im Dienst des Auswärtigen Amtes standen (wie Hans Cürlis,261 Fritz Wichert 262 und natür­lich Bernhard von Tieschowitz), lassen die Differenzen ­zwischen der akademischen oder musealen Laufbahn eines Kunsthistorikers und dem kulturpolitischen Einsatz im Auswärtigen Dienst auf die Not- oder Zwangslage schließen, in der sich Heydenreich 1939 und 1940 befunden haben muss.263 Zu bedenken ist dabei auch, dass er seinem Freund Kriegbaum 1934/35 unterlag, als es um die Besetzung der Florentiner Direktorenstelle ging, und sich insofern nach seiner Umhabilitierung nach Berlin in einer prekären Lage befand, da er dort nicht, wie Hubert schreibt, 257 UA HUB, UK PA H 297, Bd. 3, Bl. 2, Pinder an Rektor der Universität Hamburg, 5.10.1933, zitiert nach Schaeff 2005, S. 207: „Das ist ein Mensch wie wir ihn brauchen: von einem glühenden Willen zum Reinen und Starken erfüllt, einer glühenden Liebe zu Deutschland, von großer Feinheit des Denkens, voll Tatkraft.“ – Schaeff schildert auf S. 207 – 208 detailliert den Verlauf der von Pinder im April 1936 initiierten Umhabilitierung und zitiert ein Schreiben des Berliner Dozentenführers Erhard Landt an MR Frey im REM vom 16.6.1937, dass nur die Versetzung Heydenreichs nach Berlin die Gewähr biete, „ihn unter der Führung Pinders zur Besinnung zu bringen“. – Zu Hermann-­Walther Frey (1888 – 1968) siehe Grüttner 2004, S. 53, und ausführ­lich Bushart 2014. 258 ARZI, Konvolut Heydenreich, Box 1 (Briefe), Pinder an Heydenreich, 5.5.1937, Typoskript, 2 Blatt. 259 ARZI, Konvolut Heydenreich, Box 1 (Briefe), Pinder an Heydenreich, 5.10.1939, Typoskript. 260 DHI Rom, Archiv, N 9, Nr. 1, Bl. 2, Lebenslauf mit Angaben zum Studium in München 1919 – 1924. 261 Handbuch AA/5, S. 421, Studium Kunstgeschichte 1911 – 1913, Promotion 1914, AA 1917 – 1921. 262 Handbuch AA /5, S. 264 – 265, Studium Kunstgeschichte 1899 – 1906, Promotion 1907, Direktor Kunsthalle Mannheim 1909 – 1914, 1914 – 1918 AA, 1919 – 1923 erneut Direktor in Mannheim. 263 Mög­licherweise ist Heydenreichs angespannte Situation auch der Grund dafür, dass er mehrere Briefe, die der 1935 in die USA emigrierte Horst W. Janson (der kurz vor Panofskys Emigration bei ­diesem in Hamburg studiert hatte) an ihn gerichtet hatte, nicht beantwortete, wie sich Janson in einem Brief an Wolfgang Lotz vom 21.4.1940 beklagte: „Erzählen Sie mir bitte auch von Heydenreich, der mir aus unerfind­lichen Gründen böse zu sein scheint / er hat alle meine Briefe unbeantwortet gelassen/.“ Archiv KHI, KHI F I, 15 (Korr. der Photothek), Janson an Lotz, 21.4.1940, 2 Seiten, hier S. 2.

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„seit 1941 einen Lehrstuhl innehatte“,264 sondern ledig­lich Diätendozent war und – auch wegen des (indes eher formalen denn inhalt­lichen 265) Einspruchs des NSD-Dozentenbundes im Februar 1939266 – erst 1943 den Titel eines außerplanmäßigen Professors erhielt,267 der jedoch bekannt­lich – anders als der Status des außerordent­lichen Professors – in der Regel nicht mit einem Beschäftigungs- oder Dienstverhältnis verbunden ist. Im Frühjahr 1940 musste Kriegbaum jedenfalls weiterhin für die Freistellung H ­ eydenreichs vom Wehrdienst kämpfen. Nachdem seine persön­liche Fürsprache beim Wehrbezirks-­ Kommando in Berlin-­Schöneberg im Februar erfolglos geblieben war, argumentierte er, taktisch geschickt, in einem Schreiben vom 8. März 1940 ausdrück­lich mit Heydenreichs kulturpolitischer und kulturpropagandistischer Bedeutung für das KHI: „Betr. Reklamation Dr. L. H.Heydenreich […] Mit dem Ausbruch des Krieges hat das Kunsthistorische Institut auf ausdrück­liche Weisung der Deutschen Botschaft in Rom, des Auswärtigen Amtes und der zuständigen Reichsministerien ganz besondere und neue Dienstaufträge erhalten, die dahin zielen, die deutsche Auslandspropaganda mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu steigern.

Hierfür sei Heydenreichs Mitarbeit unentbehr­lich: „Herr Dr. Heydenreich verfügt aufgrund langjähriger Tätigkeit in Italien wissenschaft­lich und kulturpolitisch über mannigfache und ausgezeichnete Beziehungen, die im Interesse Deutschlands ausgenützt werden müssen. Herr Dr. Heydenreich, der in Italien einen grossen Namen besitzt, soll zur Durchführung von Propagandavorträgen, kulturpolitischen Kursen und ähnl. eingesetzt werden. […] wird um seine Rückstellung und um Bewilligung der für seine Reisen nach Italien notwendigen Auslandsurlaubs im Zeitraum des kommenden Rechnungsjahres vom 1.IV.40 bis 31.III.41 gebeten.268 264 Hubert 1997, S. 68. 265 Wie Schaeff 2005, S. 203, feststellt, scheint das „reale Macht- und Durchsetzungspotential der Berliner Dozentenführung […] recht beschränkt gewesen zu sein“. Ihre Diagnose, dass der Dozentenbund ledig­lich „Verfahren verzögern, die definitive Ablehnung eines von der Fakultät und vom Ordinarius gewünschten Kandidaten […] jedoch selbst bei deut­lichem Missfallen […] nicht durchsetzen“ konnte, trifft sowohl auf Heydenreichs Umhabilitierungsverfahren wie auf seine Erlangung des Professorentitels zu. Ausschlaggebend für den Erfolg, so Schaeff (ebd.), sei die Unterstützung durch einen „politisch zuverlässigen Ordinarius“ – Pinder. 266 UA HUB, UK PA H 297, Bd. 3, Bl. 19, zitiert nach GKNS-WEL, Führer des NSD-Dozentenbunds an Dekan, 17.2.1939: „Da Dr. Ludwig Heydenreich erst seit 5 Jahren als Dozent tätig ist und kein Anlaß besteht, ihm vorzeitig den Professorentitel zuzuerkennen, erhebe ich gegen die Verleihung des n. b. a. o. Professors an H. Einspruch.“ 267 BayHStA, MK 60509, Personalbogen für Beamte, 30.7.1958. 268 Archiv KHI, A I, 22 (Korr. 1937 – 40), Mappe C‒O, Kriegbaum an Wehrbezirks-­Kommando VIII, 8.3.1940 (ähn­lich, ohne Datum, an den Dekan der Phil. Fak. der Universität Berlin).

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Als auch dieser Versuch am Veto des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (REM) scheitert, wiederholt er die Gesichtspunkte 269 und fügt das oben zitierte Schreiben der NSDAP-Ortsgruppe Florenz bei. Ungeachtet des Verständnisses, dass man für Heydenreich aufbringen kann, muss man ihm frei­lich auch einen gewissen Opportunismus oder sogar anbiederndes Verhalten attestieren. Anders kann man wohl kaum seinen proaktiven Vorschlag bewerten, sich Ende 1940 / Anfang 1941 für den Fall einer deutschen Besatzung Englands dem Oberkommando des Heeres zu Verfügung zu stellen, um „eine Zusammenstellung über den in England befind­lichen Kunstbesitz, insbesondere den über das ganze Land verstreuten Privatbesitz, auszuarbeiten“270 – ein Vorschlag, dem das OKH sogar zugestimmt hatte, der aber bekannt­lich nach dem Verschieben des „Unternehmens Seelöwe“ (so der Tarnname der geplanten deutschen Invasion Großbritanniens) keine Grundlage mehr besaß. Sicher­lich dürfte seine Kenntnis der in England befind­lichen Arbeiten von Leonardo da Vinci den Ausschlag gegeben haben, doch zugleich befremdet das Selbstverständnis, mit dem sich der Kunsthistoriker offenbar nonchalant und gewissermaßen bedenkenlos in den Dienst eines auf Eroberung und Unterwerfung anderer europäischer Nationen drängenden Regimes stellte. Die kulturpolitische Dimension des kunsthistorischen Praxisfeldes fungierte für ­Heydenreich offenkundig als verläss­licher Schutzschild. So berichtet beispielsweise der Ufficio Universitario Tedesco (so die italienische Bezeichnung des DAAD) am 20. Dezember 1941 an das REM:

269 Archiv KHI, A I, 22 (Korr. 1937 – 40), Mappe C‒O, Kriegbaum an REM, z.Hd. Reg.Rat Dr. ­Dahncke, 4.4.1940. 270 PA AA, R 27352 (= Handakten Hasso von Etzdorf, Vertreter des AA beim OKH), Brief des Vortragenden Legationsrats Ewald Krümmer an den Vortragenden Legationsrat von Etzdorf, 8. Februar 1941 (den Hinweis auf diesen Brief verdanke ich Michael Wedekind, seit September 2016 Mitarbeiter im Projekt TransCultAA): „Lieber Herr von Etzdorf! Wie ich höre, hat das OKH einen Professor Heydenreich beauftragt, eine Zusammenstellung über den in England befind­lichen Kunstbesitz, insbesondere den über das ganze Land verstreuten Privatbesitz, auszuarbeiten. Angeb­lich liegt diese Zusammenstellung bereits vor. Im Auftrag des Herrn Gesandten Luther bitte ich Sie, eine Abschrift dieser Liste nach Mög­lichkeit zu beschaffen und mir zuzusenden.“ Etzdorf vermerkt das Ergebnis seiner Erkundigungen handschrift­lich auf dem Blatt, das einen Posteingangsstempel vom 21.2.1941 trägt: „Nach Rücksprache mit KrVR Pieper habe ich VLR Krümmer das folgende mitgeteilt: Der – im OKH unbekannte Prof. Heydenreich – habe sich, scheinbar auf eigene Initiative an das OKH (W Pr, Obstlt. Blau) gewandt mit dem Angebot, eine Zusammenstellung des in England befind­lichen Kunstbesitzes zu machen, damit bei einer evtl. Landung die Truppe unterrichtet u. der Kunstbesitz geschützt werden könne. Das OKH habe dem Gedanken zugestimmt u. H. aufgefordert, die Zusammenstellung an[zufertigen].“

78 I Deutsche Kunstgeschichte und auswärtige Kulturpolitik des Deutschen Reiches

Uni. Prof. Dr. Ludwig Heydenreich von der Universität Berlin wurde ein mehrmonatiger Aufenthalt in Mailand genehmigt. […] Der Einsatz von Prof. Heydenreich für diese Arbeit erscheint auch vom kulturpolitischen Gesichtspunkt ungewöhn­lich wertvoll, da es ihm gelungen ist, mit Kreisen in Fühlung zu treten, die uns bisher fast unzugäng­lich waren.271

Es überrascht daher nicht, dass auch in Heydenreichs Bericht über seine „Studienreise […] von Oktober 1941 bis März 1942 und vom 15. April bis 2. Mai 1942“ der „Kulturpolitische Tätigkeitsbericht“ mit vier Seiten doppelt so lang ausfällt wie der „Wissenschaft­liche Tätigkeitsbericht“, der zwei Seiten umfasst.272 Am 28. April 1942 hielt Heydenreich im faschistischen Istituto d’Alta Cultura in Mailand den Vortrag „Arte e scienza in Leonardo“ (Abb. 11 und 12).273 Ein Ergebnis ­dieses Aufenthalts von Heydenreich in Mailand war, dass „von Seiten italienischer Fachgenossen von Rang der Plan gefasst worden [ist], den U. [den Unterzeichnenden, i. e. Heydenreich] für das Studienjahr 1942/43 als Gastprofessur [sic]

271 PA AA, Rom Quirinal, 1403b, Bd. 2. 272 ARZI , Konvolut Heydenreich, Mappe 19, Italienreisen 1942, Bericht über die Studienreise von Prof. Dr. Heinrich Heydenreich nach Italien in der Zeit von Oktober 1941 bis März 1942 und vom 15. April bis 2. Mai 1942, Typoskript, 7 Seiten (im Folgenden: Bericht Studienreise 1942). – Bei der Reise wurde Heydenreich von seiner Frau Elisabeth Heydenreich (geborene Brauer, Heirat 1935), einer 1931 von Panofsky in Hamburg promovierten Kunsthistorikerin (Panofsky 2011, S. 31), begleitet, die, so Heydenreich in einem Brief an das Auswärtige Amt vom 15.9.1941 (ebenda; 3 Seiten, hier S. 2), „als s­ olche wissenschaft­lich und publizistisch tätig (Mitarbeiterin des ‚Reich‘)“ sei. Das Reich war nach dem Völkischen Beobachter das zweitgrößte Presseorgan des nationalsozialistischen Deutschland. – In einem Brief an Ernst Eduard Berger vom 29.6.1941 (ebenda) teilt Heydenreich Berger mit, „die Leitung der Zeitschrift ‚Berlin-­Rom-­Tokio‘ [sei] mit der Bitte an mich herangetreten, die Bearbeitung der Sektion ‚Kunst‘ zu übernehmen, was ich mit viel Freude und Interesse tun werde.“ Zu Berlin Rom Tokio. Monatsschrift für die Vertiefung der kulturellen Beziehungen der Völker des weltpolitischen Dreiecks, herausgegeben von 1939 bis 1944 vom AA, vgl. Longerich 1987, S. 260 – 262; wie aus einer Aufstellung des Konsulats Turin vom 10.7.1941 hervorgeht (PA AA, Rom Quirinal, 1408b, Mappe 1408b/3, Schreiben an AA), galt die Zeitschrift – ebenso wie Signal, Die neue Linie, Die Kunst im Deutschen Reich und Die Judenfrage – sch­licht als „Propagandamaterial“, das in teils hohen Stückzahlen „zur Versendung gebracht“ wurde. – Eine Durchsicht der Zeitschrift Berlin Rom Tokio hat weder nament­lich gekennzeichnete Beiträge Heydenreichs noch sonst eine Nennung seines Namens im Impressum oder andernorts ergeben. 273 ARZI, Konvolut Heydenreich, Mappe 19, Italienreisen 1942, gedruckte Einladungskarte (mit Signet bzw. Tondo, das ähn­lich wie der Umschlag von Waetzoldt 1942/43 Eichenlaub und Lorbeer sowie Fasces und Hakenkreuz ineinanderschlingt, aber zusätz­lich von einem aufgeschlagenen Buch hinter­fangen wird, unter dem gekreuzte Schwerter die Waffenbrüderschaft symbolisieren). Das 1901 gegründete, 1926 renovierte und durch Gabriele D’Annunzio erneut eröffnete Primo istituto d’arte e d’alta cultura in Mailand – und sein Verhältnis zur Mailänder Università popolare von Benito Mussolinis jüngerem Bruder Arnaldo Mussolini, der 1931 starb – ist meines Wissens bisher nicht bearbeitet worden; zur (Ausstellungs-)Geschichte bis 1926 siehe Prevosti 2008; vgl. Leonardi 2010.

Kulturpolitik und Kunstgeschichte in Florenz  I  79

an die König­liche Universität Mailand einzuladen.“274 Zweitens sei Heydenreich „von den organisatorischen Leitern der Alta Cultura, Herrn Professor Passani und dem Kulturreferenten des Generalkonsulats, Herrn Knoche,275 […] zu laufender tätiger Mitarbeit an den Aufgaben der Alta Cultura aufgefordert“ worden, weswegen er „sich in dieser Hinsicht bereits mit Herrn Prof. Dr. Prinzing ([1911 – 1993] 276 Berlin) als Mitbegründer der genannten Gesellschaft in Verbindung gesetzt und ­diesem einige Vorschläge unterbreitet“ habe.277 In einem Schreiben an Konsul Dr. Weber vom Generalkonsulat Mailand vom 1. Mai 1942 konkretisiert Heydenreich, worauf seine proaktiven Vorschläge hinauslaufen:

274 ARZI, Konvolut Heydenreich, Mappe 19, Italienreisen 1942, Bericht Studienreise 1942, S. 5. 275 Alfred Knoche (1896‒?), ab 1931 Mitglied der NSDAP, 1937 – 1941 Leiter des Referats Ausland der Geschäftsführung der Deutschen Arbeitsfront, ab 20.2.1941 Gehilfe des Kulturreferenten im Generalkonsulat Mailand, ab 28.1.1944 Kultur- und Pressereferent des Generalkonsulats Genua (Handbuch AA/2, S. 564). 276 Albert Prinzing studierte 1930 bis 1931 in München und Kiel, von 1931 bis 1934 in Heidelberg (1933 Diplom-­Volkswirt, 1934 Dr. rer. pol. für Diss. über Wirtschaftslenkung, 1937 Habilitation); 1934/35 Stipendium der Rockefeller-­Stiftung, 1936 – 1938 Assistent von Prof. Dr. Carl Brinkmann in Heidelberg, 1938 – 1940 Abteilungsleiter im Hamburger Weltwirtschafts-­Institut, 1940 – 1943 Dozent und Professor an der Universität Berlin, ab 1.4.1943 Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes in der Botschaft Rom, dort als Präsident Leitung der deutschen Kulturinstitute; 1934 NSDAP, 1937 SS (1940 Hauptsturmführer), 1937 NSDoB, 1939 Reichsdozentenschaft; von 1941 bis 1943 stellvertr. Generalsekretär des Deutsch-­Italienischen Kultur-­Ausschusses, 1942 – 1943 Vorstandsmitglied der Deutsch-­Italienischen Gesellschaft. – Diese Angaben nach Prinzings Entnazifizierungsakte im Landesarchiv Baden-­Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, Signatur EL 903/2 Bü 948, die von der Forschung (u. a. Klingemann 1996, S. 138 – 139, 141 – 142; Hachmeister 1998, S. 241 – 242) bisher nicht berücksichtigt worden ist. – In einem Brief vom 23.12.1943 an Zimmermann gibt ­Heydenreich außerdem an (SMB-ZA, III/VKI 34), Prinzing gehöre dem SD an. – Laut Manasse 1997, S. 70, habe am 24.8.1940 „der nach Amsterdam geschickte SS-Obersturmführer (Oberleutnant) Dr. A. Prinzing triumphierend und ausführ­lich nach Berlin“ berichtet, dass die Bibliothek des am 15.7.1940 durch den SD geschlossenen Internationalen Instituts für Sozialgeschichte in Amsterdam „besonders wertvoll“ sei. Ab 1948 arbeitete Prinzing bei seinem Schulfreund Freddy Porsche in Stuttgart-­Zuffenhausen als Industriemanager (dazu ausführ­licher Hachmeister 2003, S. 358 – 360), von 1963 bis 1968 bei der AEG und von 1968 bis 1975 als Geschäftsführer bzw. Vorstandsvorsitzender der OSRAM AG in München (siehe Porsche, Molter 1989, S. 186 – 187; Osram 2006, S. 106). 277 ARZI, Konvolut Heydenreich, Mappe 19, Italienreisen 1942, Bericht Studienreise 1942, S. 6. Vgl. ebenda Schreiben Generalkonsul von Halem an Heydenreich, 7.5.1942: „Ganz allgemein möchte ich sie zu dem aussergewöhn­lichen Erfolg, den Sie in Mailand gehabt haben, beglückwünschen und die Hoffung aussprechen, dass ich Sie sehr bald als einen der erfolgreichsten ‚Kulturpropagandisten‘ in meinem Amtsbezirk wieder begrüssen kann.“ Zu Gustav Adolph von Halem (1899 – 1999) siehe Handbuch AA/2, S. 183 – 184: Seit 1926 im AA, seit Februar 1942 Generalkonsul in Mailand; 1935 Eintritt in die SS (1944 Standartenführer), 1937 Eintritt in die NSDAP.

80 I Deutsche Kunstgeschichte und auswärtige Kulturpolitik des Deutschen Reiches

Ihre so freund­lichen und anregenden Worte über die Frage der Einrichtung eines Institutes in Mailand haben umso nachhaltiger auf mich gewirkt, als ich schon selber ja seit langem diesen Plan mit mir herumtrage […], werde ich Ihnen einen Plan ausarbeiten und zuschicken, wie ich mir Form und Aufgabenkreis eines solchen Instituts denke.278

Es ist für Heydenreichs stets institutionsbezogenes Denken und Handeln bezeichnend, wie er am selben Tag seine Initiative gegenüber Ernst Eduard Berger (1904 – 1950279) vom Ufficio

278 ARZI, Konvolut Heydenreich, Mappe 19, Italienreisen 1942, Heydenreich an Konsul Dr. Weber, 1.5.1942. 279 Kurzbiographie bei Hausmann 2002a, S. 354: „Historiker, ab 1932 Sekretär des Kölner Petrarca-­Haus, Priv.-Doz. Köln 1941, Leiter der DAAD-Zweigstelle Rom im gleichen Jahr, 1944/45 Direktor dreier Abteilungen des DWI Venedig. Nach dem Krieg nicht mehr im Universitätsbetrieb nachweisbar.“ – Nicht von mir eingesehen wurden Ernst Eduard Berger (der auch unter dem Pseudonym „Italicus“ publizierte): Storia segreta di un mese di regno, Roma 1948 (Schriftenreihe Saggi, memorie, documenti, Bd. 8; nur in einem Exemplar nachgewiesen: Bibliothek des Max-­Planck-­Instituts für ausländisches öffent­liches Recht und Völkerrecht in Heidelberg Signatur: I: VII Ad: 11 [Präsenzbestand]), sowie L’Immagine dell’ Italia nello sviluppo della civiltà tedesca dalla controriforma all’ ultimo romanticismo. In memoriam Ernst Eduard Berger, 1950 (retrodigitalisierter Zettelkatalog UB Frankfurt am Main). – Die Bestände des DI Venedig wurden, wie auch Material der deutschen Botschaft Venedig, in der Saline Jagstfeld im August 1944 ein- und im März/April 1946 ausgelagert, siehe Schrenk 1997, S. 322 – 323. Eine interessante Ergänzung bietet BSR, War Damage Collection, Docs, Box E: Headquarters / Office of Military Government / SK & LK Heilbronn, Dale V. Ford, 1st Lieut. C. E., MFAA Specl. Off., an Director, Office of Military Government for Württemberg-­Baden / Attn: Lt. Koch, 23.4.1946, Subject: Investigation of Institute of Venice, Typoskript, 6 Seiten. Ausgelöst durch Erklärungen von Frau Schäfer-­Rümelin, der in Heilbronn ansässigen Ehefrau des früheren Generalkonsuls Dr. Max Otto Schaefer-­Rümelin (1889 – 1966; auch: Schäfer-­Rümelin), sei seit Anfang Januar 1946 die Geschichte des DI Venedig recherchiert worden, insbesondere hinsicht­lich der Auslagerung der Institutsbestände, die am 8.8.1944 in der Salzmine Kochendorf eingetroffen, aber aufgrund Platzmangels nach Jagstfeld weitergeleitet worden s­ eien. Der Transport hätte neben den Institutsbeständen auch umfasst: 29 Kisten mit der Privatbibliothek von Dr. Berger, 9 Kisten mit Büchern, die auf Anweisung des deutschen Botschafters in Italien im Sommer 1944 angekauft worden ­seien, 14 Kisten mit der Bibliothek des DI Venedig, 8 Kisten mit dem Privatbesitz deutscher Staatsbeamter in Italien, 1 Kiste mit Aufschrift „An die Kanzlei des Führers“, 1 Handtasche von Generalkonsul Schäfer-­Rümelin. Die Kisten mit dem Privatbesitz deutscher Beamter s­eien am 9.9.1944, die für die Reichskanzlei bestimmte Kiste (mit der in Venedig für Hitler angekauften originalen Totenmaske Richard Wagners) am 18.12.1944 wieder entnommen worden. Noch vorhanden s­ eien Teile der Bibliothek Berger, darin „the German text of Benito Mussolini’s opera, translated by Berger himself“. Nach Aussage von Frau Schäfer-­Rümelin sei Berger „one of the most active and fanatic national-­socialists in Italy, moreover a personal friend of Mussolini“ gewesen. Das Schreiben schließt mit der Frage „by what ways the books pertaining to the ‚Instituto sopra scienze economiche communale‘ have come into possession of the German Venice Institute“. Im Nachgang informiert ein zweites Schreiben vom 24.8.1946, dass „regardless of the title and stated purposes of the Institute, it has apparently been judged as an office

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Universitario Tedesco begründete: Er habe „wirk­lich mehr davon, diese kulturpolitisch so vielversprechende Tätigkeit in Mailand auf mich zu nehmen, als Backfische in Berlin in die Kunstgeschichte einzuführen.“280 Im Laufe des Sommers 1942 nahmen diese Planungen für ein zunächst im Rahmen des Istituto d’Alta Cultura zu errichtendes, mittelfristig aber eigenständiges deutsches Kulturinstitut in Mailand konkretere Form an. Auf der Basis verschiedener Gespräche mit Albert Prinzing mahnt Heydenreich am 31. August 1942 diesen, es sei nun „höchste Zeit, die praktischen Vorbereitungen für diejenigen Veranstaltungen zu treffen, die durchgeführt werden sollen“, und schickt ihm seinen Entwurf eines „Winterprogramms“.281 Für den Oktober plant er eine „Ausstellung der von Prof. Heydenreich geschenkten Reichsdrucke“ und will selbst zur Eröffnung dieser Ausstellung einen Vortrag „Meisterschöpfungen Deutscher Graphik“ halten, der Auftakt einer Vortragsreihe „Vom Wesen und Wert Deutscher Kunst“ sein könnte; im November sollen „Bildwerke und Zeichnungen von Hans Wimmer“ präsentiert werden, im Dezember „Deutsche (und italienische) Weihnachtsmusik (nach dem Muster der vorjährigen, außerordent­lich gelungenen Weihnachtsfeier im Institut von Dr. Hoppenstedt in Rom)“; für April 1943 sieht er eine Ausstellung „Deutsche Maler in Italien“ vor, für Mai eine „Ausstellung: ‚Deutsche ­Theater-­Regie‘ mit Vortrag von Staatsrat Gustav Gründgens“.282 Im Brief an Prinzing ergänzt Heydenreich, dass gerade die Wimmer-­Ausstellung vordring­ lich vorzubereiten sei (Abb. 8 – 10), for the dissemination of Nazi and militaristic propaganda in Italy. It is the function of the Library of Congress Mission to receive from confiscating agencies materials which are not to be returned to public use.“ Soweit ersicht­lich, dürften sich die Restbestände des DI Venedig damit in der Library of Congress in Washington, D. C. befinden. 280 ARZI, Konvolut Heydenreich, Mappe 19, Italienreisen 1942, Heydenreich an Dr. Berger (Ufficio Universitario Tedesco, Via Matteo Boiardo 16 – 18, Roma), 1.5.1942. 281 ARZI , Konvolut Heydenreich, Mappe 19, Italienreisen 1942, Heydenreich (z.Zt. Niehagen bei Wustrow i. M. [Mecklenburg]) an Prinzing, 31.8.1942, Durchschlag, 1 Blatt VS und RS, hier VS. 282 ARZI , Konvolut Heydenreich, Mappe 19, Italienreisen 1942, Heydenreich (o. D., sicher­lich ebenfalls 31.8.1942): „ A LTA C U LT U R A “ (Winter 1942/43), Vorschläge zu Veranstaltungen von Oktober bis Mai, Typoskript, 1 Seite. – In ARZI , Konvolut Heydenreich, Mappe 20, Italien 1942, befinden sich zwei handschrift­liche Briefe von Hans Wimmer an Heydenreich vom 19.4. und 8.6.1942 (je 1 Blatt VS und RS ), beiliegend 6 S/W-Aufnahmen von Wimmers Mussolini-­Büste (je eine Vorder-, Seiten- und Rückansicht in doppelter Ausführung) von Carl Lamb, davon 3 mit rückwärtiger Beschriftung „AUFNAHME DR . LAMB  […] Honorar an: Dr. Carl Lamb, Roma, Via Gregoriana 28, K ­ aiser-­Wilhelm-­Institut für Kunstgeschichte“. – Vgl. auch PA AA , Rom Quirinal, 1408b, Mappe 1408b/3, Hoppenstedt an Kulturreferat der Botschaft Rom, 21.2.1942, der vorschlägt, Wimmers Mussolini-­Büste dem Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten zum Ankauf zu empfehlen. Die Büste wurde 1942 in der Münchner Kunstausstellung im Maximilianeum und 1943 in Wien, Junge Kunst im Deutschen Reich, gezeigt, siehe Uta Kuhl: Hans Wimmer. Das plastische Werk, hrsg. vom Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum Schloß Gottorf, Göttingen 1999, S. 25, 139 – 140, 287, 434 – 435.

82 I Deutsche Kunstgeschichte und auswärtige Kulturpolitik des Deutschen Reiches

8  Hans Wimmer: Porträtbüste Mussolini, 1941/42, Frontalansicht, Foto: Carl Lamb.

9  Hans Wimmer: Porträtbüste Mussolini, 1941/42, Seitenansicht, Foto: Carl Lamb.

10  Hans Wimmer: Porträtbüste Mussolini, 1941/42, Rückansicht, Foto: Carl Lamb. Alle Aufnahmen: ARZI, Konvolut Heydenreich; Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Archiv Lamb, Susanne Hepfinger, München.

Kulturpolitik und Kunstgeschichte in Florenz  I  83

da Wimmer, mit dem ich in laufender Verbindung stehe, seine Sachen nur für den November frei hat, insbesondere seine Mussolinibüste, die ja den Kern und Angelpunkt der Ausstellung bilden würde. […] Ich verspreche mir von der Ausstellung einen s e h r großen Erfolg: sie müsste recht groß aufgezogen und mög­lichst Mussolini zur Eröffnung eingeladen werden. Wenn Mussolini aus irgend einem sonstigen Anlaß nach Mailand geht, würde er sicher dieser Einladung Folge leisten, da er Wimmer ungemein schätzt und persön­lich besonders gern hat. In einem solchen Falle müsste sich die Ausstellung natür­lich nach den Terminen richten, die der Duce bestimmt.283

Obwohl Heydenreich am 2. Juni 1943 eine Ausstellung des Istituto d’Alta Cultura im Salone del Gonfalone im Castello Sforzesco eröffnet („Esposizione di antiche incisioni e disegni tedeschi e italiani nei fac-­simili della Reichsdruckerei di Berlino“, Abb. 11 und 12), kann er in dem faschistischen Institut offenbar nie richtig Fuß fassen, denn als er als ehrenamt­licher Mitarbeiter des Kunstschutzes in der Stadt tätig ist, ist von seiner Mitarbeit überhaupt nicht mehr die Rede 284 – stattdessen wird er die am 18. Februar 1945 eröffnete Mailänder Zweigstelle des Deutschen Instituts Venedig leiten.285 Zurück zum KHI Florenz: Dort ließ sich die kulturpolitische Grundierung der Arbeit nicht immer selbstbestimmt steuern, wie etwa aus einem Schreiben von Herbert Siebenhüner vom 17. Januar 1942 hervorgeht. Das KHI erfuhr aus einem Rundschreiben des Kulturreferats der Botschaft in Rom betreffend „Institutsveranstaltungen in Italien von Oktober 1941 bis Mai 1942“, dass in wenigen Wochen ein Vortrag von Hubert Schrade über „Moderne Baukunst“ am KHI stattfinden solle. Da Schrade (1900 – 1967)286, den Kriegbaum sehr s­ keptisch gesehen haben dürfte, schon im Frühjahr 1940 „über annähernd das g­ leiche Thema (über die Baukunst des Dritten Reiches)“ vor den Florentiner Freunden der Deutschen Akademie gesprochen habe, so Siebenhüner in seinem Schreiben an die Botschaft, „dürfte eine 283 ARZI, Konvolut Heydenreich, Mappe 19, Italienreisen 1942, Heydenreich (z.Zt. Niehagen bei Wustrow i. M. [Mecklenburg]) an Prinzing, 31.8.1942, VS und RS. – Heydenreich ergänzt: „Von einer Ausstellung ‚Deutsches Bauen der Gegenwart‘ habe ich ganz abgesehen, da ich aus dem nächsten Mitarbeiterkreis von Speer höchst wichtige und interessante Informationen erhalten habe, die ich Ihnen einmal münd­lich berichten will.“ 284 Siehe CIR, 237, Ottobre 1944, Evers: „B e r i c h t über die Errichtung und die Tätigkeit der Aussenstelle Mailand der Abt. Kunstschutz“, 16.10.1944, der das Institut in der Kategorie „italienische Stellen“, mit denen der Kunstschutz in Mailand zusammenarbeite, so beschreibt: „Istituto di alta cultura (Fondazione Treccani della storia di Milano) Direktor Prof. Dr. Bassani. Palazzo Clerici, Via Clerici, Tel. 152343. – Im gleichen Palast und unter gleichem Direktor auch ein Institut für internationale Beziehungen. Weiter Ausstellungsräume […].“ 285 So Evers in einem Brief an seine Frau vom 8.3.1945, FA Evers. 286 Nach seiner Habilitation 1926 lehrte Schrade in Heidelberg als PD, ab 1931 als außerordent­licher Professor, ab 1935 als ordent­licher Professor, ab 1938 als Ordinarius; 1940 Ordinariat Straßburg, 1954 – 1965 Leiter des Kunsthistorischen Instituts in Tübingen, siehe Schubert 2008; Hille 2008. Vgl. Peter Betthausens Kurzbiographie in Metzler 1999, S. 371 – 373.

84 I Deutsche Kunstgeschichte und auswärtige Kulturpolitik des Deutschen Reiches

11  Vorderseite einer Einladungskarte des Istituto d’Alta Cultura für die Eröffnung einer Ausstellung am 2. Juni 1943 (im 21. Jahr der L’Era Fascista) durch Heydenreich im Salone del Gonfalone im Castello Sforzesco in Mailand. ARZI, Konvolut Heydenreich. 12  Innenseite der Einladungskarte für die Ausstellungseröffnung am 2. Juni 1943.

Neuansetzung d ­ ieses Themas für Florenz kaum gerechtfertigt sein.“287 Mit dieser formalen Begründung konnte der Vortrag von Schrade – neben Alfred Stange (1894 – 1968)288 und Pinder einer der profiliertesten nationalsozialistischen Universitäts-­Kunsthistoriker,289 denen 287 Archiv KHI, KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 44), Mappe D‒E, Siebenhüner an Kulturreferat der Botschaft Rom, 17.1.1942 (Durchschrift – das Original ­dieses Schreibens in PA AA, Rom Quirinal, 1404b, Band 7). Wie forciert Siebenhüners Begründung war, erhellt bereits aus der behaupteten Nähe von „Moderner Baukunst“ und „Baukunst im Dritten Reich“. Speziell zu ­diesem Spannungsverhältnis siehe detailliert Heftrig 2005. 288 Vgl. Peter Betthausens Kurzbiographie in Metzler 1999, S. 394 – 397. 289 In seiner Besprechung der von Dieter Wuttke edierten und herausgegebenen Korrespondenz von Erwin Panofsky bezeichnet Martin Warnke Niels von Holst „als den vielleicht strammsten Nationalsozialisten des Faches“ (Warnke 2012, S. 562). Damit spricht Warnke ein weites Feld an, denn woran genau ist diese von ihm für Holst diagnostizierte Übereinstimmung mit der nationalsozialistischen Ideologie festzumachen – an den fachwissenschaft­lichen oder an den populärwissenschaft­lichen Publikationen? An Mitgliedschaften in NSDAP und SA oder in SS und ERR? An einer steilen Karriere nach 1933, an antisemitischer Hetze oder an der persön­lichen Beteiligung an E ­ nteignungen

Kulturpolitik und Kunstgeschichte in Florenz  I  85

nach 1945 die Rückkehr an eine Hochschule de facto (jedenfalls zunächst) verwehrt blieb – offenbar tatsäch­lich abgewendet werden. Regelmäßig fanden zudem kunst- und architekturhistorische Führungen statt, wurde logistisch-­organisatorische Unterstützung für Besucher aus dem Reich geleistet, wie für Hermann Giesler (1898 – 1987), Generalbaurat für die Neugestaltung der „Hauptstadt der Bewegung“ München, oder Konstanty Gutschow (1902 – 1978), „Architekt für die Neugestaltung der Hansestadt Hamburg“.290 Komplementär sei an dieser Stelle auf die massive diplomatische und logistische Unterstützung verwiesen, die Botschafter Hans Georg von Mackensen (Mitglied der NSDAP und der SS )291 in der zweiten Jahreshälfte 1941 für Reichsmarschall Göring leistete, als dieser Probleme mit der Ausfuhr von Kunstwerken aus Italien hatte.292 Überhaupt kommt der Botschaft Rom eine zentrale Vermittlungsfunktion zu, und zwar sowohl hinsicht­lich älterer Kunst 293 als auch in Bezug auf Gegenwartskünstler.294 und Beschlagnahmungen? Je nach Gewichtung der Kriterien kämen jedenfalls durchaus auch andere deutsche Kunsthistoriker für diesen negativen Superlativ in Frage, wie beispielsweise Hubert Schrade, Alfred Stange, Robert Scholz oder Kurt Karl Eberlein. 290 Archiv KHI, KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 44), Mappe F, G, Giesler an Kriegbaum, 14.6.1941, mit Dank für eine Führung und der Bitte, demnächst auch Alwin Seifert, Dr. von Freyhold und zwei weiteren Mitarbeitern Florenz zu zeigen; Archiv KHI, KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 44), Mappe G; mit Schreiben vom 27.2.1942 bedankt sich Gutschow für die Führung durch Lotz und Kriegbaum. 291 Handbuch AA/3, S. 159 – 160, hier S. 159. 292 Zahlreiche, durchgehend als „Geheime Reichssache“ sowie als „Verschlusssache“ bezeichnete Telegramme, Briefe und Aktenvermerke in PA AA, R 67673. 293 Siehe etwa PA AA , Rom Quirinal, 1408b, Mappe 1408b/2, Mackensen an AA , 12.8.1941: Exzellenz Auriti (ehemaliger ital. Botschafter in Tokio) habe ihn darauf hingewiesen, dass Florenz und Venedig für zwei Kunstwerke in Wien „aus jüdischen Privatsammlungen“ (Ziborium von Desiderio da Settignano aus Sammlung Alfons Rothschild und ein Kardinalsporträt von Gentile Bellini aus der Sammlung Lederer) „ein ganz besonderes Interesse“ hätten; beide Werke s­ eien „von der deutschen Regierung beschlagnahmt worden. Botschafter Auriti erklärte, er wolle ledig­lich auf die Existenz dieser Gegenstände hinweisen für den Fall, daß deutscherseits in dem einen oder anderen Falle nach einer für Geschenkezwecke für Italien geeigneten Gabe gesucht werde.“ Die Antwort des Reichsstatthalters in Wien vom 16.9.1941, an die das AA den Vorgang weitergeleitet hatte, ist instruktiv: Das Ziborium sei bereits „mit anderem Kunstgut in den Besitz des Führers übergegangen“, das Tafelbild befinde „sich noch in Besitz der Eigentümerin Serena Lederer, wird aber im Falle der Auflösung dieser Sammlung vermut­lich gleichfalls vom Führer persön­lich erworben“. Da sich „italienischerseits die Wünsche auf geschenkweise Überlassung von Wiener Kunstgut im Laufe der letzten Jahre bereits öfter wiederholt hätten“, möchte man daran erinnern, „daß das Königreich Italien auf Grund des Friedensvertrages von St. Germain nach dem Weltkrieg umfangreiche und bedeutende Kunstbestände des kunsthistorischen Museums für sich beansprucht und nach Italien überführt“ habe. 294 Siehe etwa PA AA, Rom Quirinal, 1408b, Mappe 1408b/2: Werner Gilles (1894 – 1961) will in Palinuro, Provinz Salerno, an Entwürfen für Fresken arbeiten und bittet die Deutsch-­Italienische Gesellschaft

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Doch auch die Institute in Rom und Florenz waren immer wieder Anlaufstellen für Anfragen zum Kunstmarkt. So schreibt Bernhard Degenhart (1907 – 1999)295 am 24. September 1941 dafür auch um finanzielle Unterstützung; von dort wird der Antrag an die Botschaft Rom weitergeleitet; in Rom wird intern vermerkt, man müsse „über AA. bei Reichsk. d. Bi. Künste, Berlin [anfragen], ob der Mann würdig ist“; Reichskammer der bildenden Künste an RMVP, 13.8.1941: „Die NSDAP, Leitung der Auslandsorganisation, teilt mir im März 1940 über Gilles mit, daß er als ein in Italien besonders wertvoll wirkender Mensch bekannt sei, der auf seinem Gebiete gewisse propagandistische Aufgaben erfüllen kann. […] Die Gewährung eines Stipendiums an Gilles kann ohne Kenntnis seiner künstlerischen Leistungen seitens meiner Kammer nicht befürwortet werden.“ RMVP an AA, 22.8.1941: Die Deutsche Akademie (Villa Massimo) möge eine „Bewertung […] herbeiführen“; AA an Botschaft Rom, 1.11.1941: Laut Auskunft RMVP könne „weder die Bewilligung eines Stipendiums, noch eine Befürwortung der Zuteilung von Devisen für einen weiteren Aufenthalt in Italien erfolgen […]. Zur vertrau­lichen Unterrichtung wird mitgeteilt, daß die Arbeiten von Gilles in ihrer künstlerischen Haltung in starkem Gegensatz zum heutigen deutschen Kunstwollen stehen.“ 2 95 Degenharts Aktivitäten im Nationalsozialismus sind bisher nicht ausreichend untersucht worden; knappe Bemerkungen bei Fuhrmeister, Kienlechner 2008, S. 422 – 424. Während die Personalakte im Bayerischen Staatsministerium Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst noch für die Forschung gesperrt ist, können dem undatierten Lebenslauf in der Spruchkammerakte im StA M (SpkA K 262 Degenhart) einige Angaben entnommen werden: „Im Jahre 1934 sah ich mich gezwungen der Auslandsorganisation der Partei in Rom beizutreten, als die politische ‚Freundschaft‘ mit dem faschistischen Italien der Angelpunkt der ns [sic] Aussenpolitik war; man konnte sich einem dahinzielenden Zwang in der kleinen auslandsdeutschen Kolonie besonders im Zentrum Rom, wo man ohne weiteres erfass- und kontrollierbar war, umsoweniger entziehen, wenn man als junger Assistent und Angestellter an einem Staatsinstitut finanziell voellig vom Reich abhaengig war. Nichteintritt haette für mich den Verlust meiner Stellung bedeutet, damit aber einmal die Unmoeg­ lichkeit an meinem wissenschaft­lichen Lebenswerk weiterzuarbeiten, sodann auch die Notwendigkeit in ein vom Nazismus beherrschtes Deutschland und in eine voellig ungesicherte Zukunft heimzukehren. Ausserdem hielt ich es fuer wichtig, keinem fanatischen Nazi meinen Platz zu raeumen. Ich konnte dann auch von ihm aus manche Hilfe an rassisch oder politisch Verfolgte leisten. […] Bereits im Maerz 1940 wurde ich zur Wehrmacht eingezogen, bei der ich bis zu meiner Entlassung aus dem amerik. Kriegsgefangenenlager Ghedi (Italien) im Herbst 45 verblieb und bei der ich darauf bedacht war, es nicht weiter als bis zum Unteroffizier zu bringen. Ich machte zuerst den Feldzug in Holland mit, wurde dann aber aufgrund meiner fach­lichen Spezialkenntnisse von der deutschen Kunstverwaltung in Holland angefordert. Hier nahm ich Fuehlung mit den hollaendischen Kollegen auf und tat alles, was in meiner untergeordneten Stellung moeg­lich war, um Unrecht zu verhueten und zu mildern.“ Die Entlastungszeugnisse für Degenhart stammen unter anderem von Leo Bruhns, Ludwig Heydenreich, Ernst Strauss (bis 1938 als Emigrant in Rom, siehe Fuhrmeister 2006c, S. 27) und Fritz Volbach. – Degenharts Tätigkeit in der Dienststelle Mühlmann in Den Haag wird in einem Rundbrief von Bruhns „An die Freunde und Förderer des K ­ aiser-­Wilhelm-­Instituts für Kunstwissenschaft im Palazzo Zuccari in Rom“ (PA AA, Rom Quirinal, 1392b, Mappe 1392b/1, Typoskript, 4 Seiten, „Rom, im Dezember 1940“) so beschrieben: „Er [Degenhart] ist zur Zeit nach Teilnahme

Kulturpolitik und Kunstgeschichte in Florenz  I  87

mit dem Briefkopf „Berlin W 8 / Unter den Linden 27/II / Büro Dr. [­ Kajetan] M ­ ühlmann“296 an Kriegbaum und fragt nach dessen „Sondierungen bei Contini und Longhi“ – gemeint sind der Kunsthistoriker Roberto Longhi (1890 – 1970)297 und der Kunstsammler und -händler Alessandro Contini Bonacossi (1878 – 1955), der zahlreiche Werke über Walter Andreas Hofer (1893 – 1971[?]) an Göring, aber auch an Hitlers „Sonderbeauftragten“ Hans Posse (1879 – 1942) verkaufte 298 –, und fügt hinzu: „Fragen Sie vielleicht doch auch Planiscig [gemeint ist der Wiener, seit 1938 in Florenz lebende Kunsthistoriker und Kustos Leo Planiscig (1887 – 1952)].299

an den Kriegshandlungen im Westen bei der Denkmalpflege in den besetzten Gebieten (Holland) eingesetzt.“ 296 Zu Mühlmann (1898 – 1958), einem österreichischen Kunsthistoriker mit hohem SS-Rang (Oberführer), der als einer der profiliertesten nationalsozialistischen Akteure bei der Beschlagnahme von Kunst- und Kulturgut gelten muß, siehe Flanner 1947a, S. 34 – 35 (als PrA auch in Getty Research Institute, Los Angeles, Special Collections, Alois Schardt papers, Accession number 910172, Box 1, Folder 11); Meżyński 2000, S. 9 – 10, 50 – 52 und passim; Petropoulous 2000, S. 170 – 204; Widmann 2005/2007, S. 259; Handreichung 2007, S. 54, 57; Yeide 2009, S. 12 – 13; Hopp 2012, passim. 297 Longhi hatte ab 1937 eine Professur in Bologna, lebte aber ab 1939 in Florenz und besaß in Ronchi (süd­lich von Carrara) ein Haus, in das im Juli 1943 (ab 1.6.1943 waren in der Nähe drei Kompanien der 1. Marine-­Bordflak-­Abteilung Süd stationiert) offenbar deutsche Truppen einquartiert worden waren. Mit dem für das 4. Kriegsjahr ungewöhn­lichen Argument, Longhi brauche zum Schreiben „absolute Ruhe“, wandte sich Kriegbaum am 9.7.1943 an das Deutsche Kommando: „Ich möchte daher ergebenst bitten, von einer Inanspruchnahme seines Anwesens, auch seines Gartens, absehen zu wollen. Ich möchte mir erlauben, darauf hinzuweisen, dass in Prof. Longhi ein Fall vorliegt, der gesondert behandelt werden muss.“ Archiv KHI, KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 44), Mappe J‒K. 298 Der „dealer record“ zu Hofer, der 2012 unter http://www.lootedart.com/MFEU 4H36531 aufgerufen werden konnte, ist dort nicht länger erreichbar; siehe Hofers Interrogation Report auf der Seite des Holocaust Claims Processing Office unter http://www.dfs.ny.gov/consumer/holocaust/ history_art_looting_restitution/The%20Allies/OSS%20and%20the%20ALIU/ALIU%20Reports/ walter_andreas_hofer.pdf [Zugriff am 1.11.2017] sowie die Einschätzung von Plaut 1946a, S. 62: „Consistently with the Nazi code of ethics, Hofer even cheated Göring.“ – Eine Liste mit 49 Werken aus der Sammlung oder dem Geschäftsbesitz von Contini Bonacossi (von Pontormo und Bellotto über Murillo und Zurbarán bis zu Boucher), mit Angaben zu den Maßen, befindet sich in PA AA, Rom Vatikan, 1000; die „Quadri della Collezione del Conte Contini-­Bonacossi“ s­ eien in die Villa di Trefiano bei Carmignano ausgelagert worden, bis am 20.8. (1944) „un officiale tedesco“ die Evakuierung binnen zwölf Stunden verlangt habe. 299 Aus den beiden Akten zu Planiscig im KHM-Archiv, III 1321 und III 2308 (die Durchsicht verdanke ich Meike Hopp, München) geht nur hervor, dass Planiscig 1933 Direktor der „Sammlung für Plastik und Kunstgewerbe“ im Kunsthistorischen Museum Wien wurde, im „Herbst d. Jahres 1938 […] freiwillig in den Ruhestand“ trat und sich nach Florenz zurückzog, „wo er in einem eigenen Haus bis zu seinem Tode als Privatgelehrter lebt.“ (KHM-Archiv, III 2308, Erwin M. Auer an Galleria Luigi Bellini, Firenze, 28.2.1964). In der Akte III 1321 des KHM-Archivs wird dies durch einen Laufbahnbogen dahingehend präzisiert: „Ab 1. Juni 1933 mit der Leitung der Sammlung für Plastik und Kunstgewerbe betraut. Mit Entschließung des H. Bundespräsidenten mit Wirkung vom 30.6.1934

88 I Deutsche Kunstgeschichte und auswärtige Kulturpolitik des Deutschen Reiches

Mir zuliebe, das alles. Für die anderen Beteiligten würde es aber immerhin auch ein Geschäft bedeuten.“300 Kriegbaum antwortet, er habe „kaum Erkundigungen einziehen“ können, doch: Bei Contini soll letzthin ein halbes Dutzend von Bildern nach dem Norden abgeschoben sein. Einzelheiten sind nicht zu ermitteln. Leider ist ja der hiesige Markt wie Sie wissen sonst nicht interessant und bei C. ist im Augenblick wohl kaum Weiteres zu erreichen. […] Leider kenne ich ja den hiesigen Kunstmarkt sehr schlecht und Planiscig ist augenblick­lich nicht hier. – Er hat sich aber wiederholt sehr pessimistisch geäussert.301

Worin diese Auskunfts- und Vermittlungstätigkeit oder das „Geschäft“ im Einzelnen bestanden hat, ist nicht überliefert. Heydenreich scheint diese Dimension kunsthistorischer Arbeit indes nicht weiter interessiert zu haben,302 und auch Leo Bruhns (eigent­lich Leopold Paul Bruhns, 1884 – 1957, seit 1934 Direktor der Bibliotheca Hertziana bzw. des KWI für Kunstwissenschaft in Rom) scheint von der Bitte um eine Expertise, um die ihn der deutsche Generalkonsul von Neapel, Walther Wüster (1901 – 1949), gebeten hatte, irritiert gewesen zu sein.303 Gegenüber einer Anfrage von Hermann Voss (1884 – 1969) wies er dessen Ansinnen sogar relativ entschieden zurück:

zum Direktor ernannt. Mit 31. Mai 1938 ohne Pension und Abfertigung aus dem Bundesdienst ausgeschieden.“ Zu Planiscig siehe auch Wendland 1999, Bd. 2; Haupt 1995; Hehenberger, Löscher 2013, S. 18. 3 (2013): Thema 15 Jahre Provenienzforschung, 18 – 25. 300 Archiv KHI, KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 44), Mappe D‒E, Degenhart an Kriegbaum, 24.9.1941. 301 Archiv KHI, KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 43), Mappe C, Kriegbaum an Degenhart, 29.10.1941. 302 Er nahm zwar mit Planiscig nach Kriegsbaums Tod Kontakt auf, doch ging es dabei um dessen Rat bei einer Veröffent­lichung, siehe Archiv KHI , KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 43), Mappe P‒Q, ­Heydenreich an Planiscig, 22.11.1943: „Sechs Tage vor seinem Tod, am 19. September […] hat Kriegbaum mir einen Brief geschrieben, in welchem er im Hinblick auf die Gefähr­lichkeit seiner Reise für den Fall seines Todes einige letztwillige Verfügungen mitteilt. U. a. vertraut er mir darin die Verwaltung seines wissenschaft­lichen Nachlasses an und empfiehlt mir, für die Veröffent­lichung seiner Cinquecentoplastik Ihren Rat und wenn mög­lich Ihre Mitarbeit zu erbitten.“ 303 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 357, Generalkonsul Walther Wüster (zu Wüster siehe unten Anm. 343) an Bruhns, 18.6.1943: „Ich übersende Ihnen anliegend […] einen Kupferstich und drei Holzschnitte, ­welche Albrecht Dürer zugeschrieben werden. Diese stammen von Gasparo Casella, Napoli, und sind in dem beigefügten Katalog […] aufgeführt. Für die Drucke interessiert sich eine reichsdeutsche Stelle. Bevor ich den Kauf empfehle, hätte ich gern Ihr maßgeb­liches Urteil über die Echtheit gehabt. Ausserdem wäre ich für einen Hinweis dankbar, ob der von Casella geforderte Preis angemessen ist und ­welchen tatsäch­lichen Wert Sie den Blättern heute in Italien und in Deutschland zumessen.“ Zu Bruhns siehe Dobler 2013 mit weiterer Literatur.

Kulturpolitik und Kunstgeschichte in Florenz  I  89

In der irrigen Ansicht, dass ich als Leiter eines deutschen kunsthistorischen Instituts in Rom berufen wäre, Bilderverkäufe nach Deutschland zu vermitteln, kommen öfters italienische Besitzer von Kunstwerken zu mir, mich für ihre geplanten Geschäfte zu gewinnen. Selbstverständ­lich teile ich dann diesen Leuten jedes Mal mit, dass ich mich überhaupt nicht mit Angelegenheiten des Kunsthandels abgebe u. dass ich ihnen höchstens in dem Sinne gefällig sein könnte, dass ich bei Gelegenheit Leiter deutscher Museen, die mich besuchen auf das verkäuf­liche Kunstwerk, fals [sic] es Qualität hat[,] aufmerksam mache. Ob die betreffenden Herren dann die [sic] Sache nachgehen oder nicht könne mich dann nicht mehr interessieren. Vor einiger Zeit bin ich nun darauf hingewiesen worden, dass das sicher­lich auch Ihnen bekannte „Parisurteil“, das unter dem Namen Giorgione geht und der Familie Lanfranchi Albuzio in Chiavari (Ligure) Corso Umberto I Nr. 14 gehört[,] verkauft werden soll. […] Das einzige was ich tun kann ist Sie, als den Nachfolger Posses von der Mög­lichkeit zu unterrichten. Wenn Sie der Sache nähertreten wollen, wenden Sie sich bitte direkt an den Herr L ­ anfranchi[;] es kann dies ja über das Auswärtige Amt geschehen, durch welches ich Ihnen auch diesen Brief sende. […]304

Andererseits gab Bruhns sowohl gegenüber der Botschaft als auch gegenüber dem Ortsgruppen­ leiter der NSDAP in Rom durchaus Stellungnahmen – frei­lich keine Expertisen im engeren Sinne – ab 305 und sah überhaupt kein Problem darin, sich nicht nur „unter der Hand zu erkundigen“, ob Werke in italienischen Sammlungen „für Ankäufe durch deutsche Museen in Frage“ kämen, sondern diese auch persön­lich zu besichtigen.306 Zumindest im Falle der Sammlung Dall’Ora nimmt Bruhns auch sehr ausführ­lich zu Werken und den geforderten 304 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 358, Bruhns an Voss, 23.6.1943 (mit Begleitbrief an Albert Prinzing betr. Beförderung des Briefes an Voss). 305 Ein Marchese Gilberti aus Modena hatte der „Kanzlei des Führers“ mitgeteilt, er habe die Absicht, „dem Führer ein Selbstportrait Michelangelos Buanarotti zu schenken“ (PA AA, Rom Quirinal, 1408b, Mappe 1408b/2, AA an Wüster, Botschaft Rom, 4.7.1941), woraufhin Bruhns gebeten wird festzustellen, „ob es sich bei den angebotenen Bildern tatsäch­lich um Originalbilder berühmter Meister des Cinquecento handelt, da das Auswärtige Amt gegebenenfalls an den Bildern Interesse hätte“ (Bock an Bruhns, 21.7.1941). Bruhns urteilt vernichtend: „Ueber die Bilder des Marchese Gilberti habe ich mich schon einmal äussern müssen, als mich der Leiter der hiesigen Ortsgruppe der N. S. D. A. P. um eine Beurteilung ersuchte. Die Behauptung, jener Kapuzinermönch stelle Michelangelo dar und zwar von der Hand des grossen Meisters selbst gemalt ist ungefähr das Unsinnigste was überhaupt von ­diesem gänz­lich wertlosen Barockgemälde gesagt werden kann. Vollständig wertlose Dorfkirchenbilder sind auch sämt­liche andere vorgelegte Gemälde. Der Marchese ist jedenfalls mit guten Gründen von hohen italienischen Stellen abgewiesen worden. Sein Wagnis mit seinem Bilderkehricht den Führer zu belästigen kann nur als erstaun­lich bezeichnet werden.“ 306 PA AA, Rom Quirinal, 1408b, Mappe 1408b/3, Bruhns an Botschaft Rom, 18.6.1941: „Ich möchte übrigens nicht unerwähnt lassen, dass Angebote ähn­licher Art jetzt in Fülle an mich herantreten, da die Ankäufe, die besonders der mir wohl bekannte Dresdner Museumsdirektor Dr. Posse im Auftrage des Führers in Italien durchgeführt hat, eine geradezu revolutionäre Wirkung

90 I Deutsche Kunstgeschichte und auswärtige Kulturpolitik des Deutschen Reiches

Preisen Stellung, doch seine Empfehlungen und Zuschreibungen werden von Posse kurzerhand als die „in italienischen Privatsammlungen üb­lichen Phantasien“ abgetan.307 Dass es sich bei der Ausfuhr von Kunstwerken nach Deutschland grundsätz­lich um einen hochproblematischen Graubereich handelte, geht auch aus einem als „Segreto“ klassifizierten Rundbrief des italienischen Oberkommandos, Abteilung „Economia di Guerra“, vom 20. November 1942 hervor. Hinsicht­lich der „Esportazione clandestina opera d’arte da parte di militari germanici“ wird darin mitgeteilt, dass die Wehrmacht offensicht­lich heim­lich Kunstwerke außer Landes schaffe, doch da es sich um einen verbündeten Staat handele, mit dem man einen Wegfall der Kontrollen bei militärischen Eisenbahntransporten vereinbart habe, gebe es ein Problem, weswegen mehrere Ministerien aufgefordert werden, geeignete Maßnahmen anzuordnen.308 Welches Ausmaß dieser Transfer hatte, geht unmissverständ­lich aus einem Schreiben der Reichskammer der bildenden Künste an den Reichswirtschaftsminister vom 3. September 1942 hervor: Die Aufnahmefähigkeit für wertvolle Kunstgegenstände ist im Großdeutschen Reichsgebiet bereits vor dem Kriege, insbesondere aber während desselben so gestiegen, daß sich seit längerem auf dem deutschen Kunstmarkt ein immer größer werdender Mangel an guten Kunstwerken ergeben hat. Auch die nach siegreicher Beendigung der Feldzüge gegen Holland, Belgien und Frankreich aus diesen Ländern einsetzende Rückwanderung zahlreicher Gemälde, Gobelins, Antiquitäten und sonstiger Kunstgegenstände, von denen ein großer Teil während der Inflationszeit und in den anschließenden Jahren meist für billiges Geld aus Deutschland in die genannten Länder wanderte, vermochte den Bedarf nur zum geringen Teil zu befriedigen. […]

bei sämt­lichen Bilderbesitzern des Landes hervorgerufen zu haben scheinen. Ich habe sehr viele Sammlungen hier in Rom besichtigt […]“ 307 PA AA, Rom Quirinal, 1408b, Mappe 1408b/3, Bruhns an Botschaft Rom, 12.2.1941 (3 Seiten, hier S. 1): „Die zum Teil sehr hohen Preise für diese Gemälde können wohl zum grossen Teil erheb­ lich herabgedrückt werden, einige Bilder sind indessen so hochwertig, dass die für sie geforderten Beträge in Reichsmark übersetzt nicht einmal als ausserordent­lich bezeichnet werden dürfen“; Posse an REM, 3.7.1941 (Abschrift); AA an Botschaft Rom, 6.8.1941. 308 ACS, Ministero dell’Interno, Pubblica Sicurezza, II. Guerra Mondiale, A 5 G, busta 139, fascicolo 179, Comando Supremo an Ministero dell’Interno (Direzione Generale Pubblica Sicurezza), Ministero delle Finanze (Direzione Generale delle Dogane, Comando Generale R. Guardia Finanza Ufficio Servzio), Ministero Educazione Nazionale (Dir. Gen. Antichità e Belle Arti), Comando Generale Carabinieri Reali und Comando Gruppo Legioni Milizia Ferroviaria, 20.11.1942: „Tenuto conto che in base ad accordi intervenuti con lo Stato alleato non è consentita la visita doganale di confine ai convogli ferroviari germanici, si pregano le Amministrazioni in indirizzo, prescindendo da ogni visita di controllo doganale, di voler esercitare – in via reservata – un’opportuna azione di vigilanza al fine di impedire tale illecita attività che si risolve in un danno al patrimonio artistico ed all’economia nazionale.“

Kulturpolitik und Kunstgeschichte in Florenz  I  91

Um dem Mangel an Kunstwerken abzuhelfen, hat sich der Kunsthandel neuerdings in erhöhtem Maße wiederum Italien zugewendet, aus dem seit den Jahren vor dem Kriege infolge der bekannten Devisenschwierigkeiten so gut wie keine Ausfuhr an wertvollen Kunstgegenständen nach Deutschland erfolgte, das aber noch reich an Kunstschätzen aller Art ist. […] Ich stelle deshalb hiermit den Antrag, außer den aus den deutsch-­italienischen Wirtschaftsvereinbarungen etwa zur Verfügung gestellten Zusatzkontingenten für die Ausfuhr von Gegenständen meist kunsthandwerk­licher Art aus Italien aus der sog. normalen Einfuhr einen Betrag von vorerst jähr­lich mindestens 3 ½ Millionen Reichsmark zu bewilligen, der ausschließ­lich für die Einfuhr hochwertiger Gemälde, Plastiken, Kunstsammlungen, Antiquitäten, Gobelins, kunsthandwerk­licher Gegenstände und dergl. nach Deutschland bestimmt sein soll. […] Durch die Bereitstellung von finanziellen Mitteln wäre es des weiteren auch mög­lich, viele alte deutsche Kunstwerke, die zu irgend einer Zeit einmal nach Italien gelangten und früher wohl häufig durch private Stiftungen wohlhabender Kunstfreunde den deutschen Museen und Sammlungen wieder zuflossen, jetzt aber infolge Fehlens solcher Mög­lichkeiten gelegent­lich im Altkunsthandel in Italien auftauchen, durch sofortiges Zugreifen für Deutschland zu retten, ehe sie, wie es in Friedenszeiten oft der Fall war, meistens nach Amerika gelangten und so häufig für immer für Deutschland verlorengingen. Durch ein ständiges Zurück- oder Neuerwerben wertvoller Gegenstände der Kunst aller Zeiten aus Italien würde sich Deutschland allmäh­lich so erheb­liche Bestände verschaffen, daß es nach Eintreten normaler Friedenszustände wiederum seine einst führende Stellung im internationalen Kunsthandel einnehmen könnte.309

Diese ebenso markt- wie volkswirtschaft­lich argumentierende und ebenso an nationaler Identitätsbildung wie an florierenden bilateralen Handelsbeziehungen interessierte Sichtweise ist essentieller Bestandteil der deutsch-­italienischen Verhältnisse im dritten Kriegsjahr – und gehört somit zwangsläufig zu jenem Resonanzraum, in dem Kunsthistoriker agieren.

3.2 Kulturpolitik und Kunstgeschichte in Rom Die verschiedenen, mehr oder weniger stark kulturpolitisch begründeten Interaktionen der deutschen Kunsthistoriker in Florenz, die hier nur ebenso punktuell wie summarisch dargestellt werden konnten, haben mannigfache Parallelen in den Aktivitäten ihrer Kollegen in Rom. Elisabeth Kieven hat 2010 eine knappe Skizze vorgelegt, in der sie auch die „einschneidenden Veränderungen“ nach der „Machtübernahme der Nationalsozialisten“ erwähnt. Ernst Steinmann (1866 – 1934, Gründungsdirektor der Bibliotheca Hertziana in Rom) habe demnach zunächst noch „verhindern [können], dass der von der Reichskanzlei protegierte Nationalsozialist Walter [sic] Hoppenstedt Direktor des Instituts werden konnte. 309 BA B, R 2/4869, Bl. 26 VS und RS, Bl. 27, gez. Meister. – Für den Hinweis auf ­dieses Dokument danke ich Meike Hopp.

92 I Deutsche Kunstgeschichte und auswärtige Kulturpolitik des Deutschen Reiches

Als Ausgleich wurde für Hoppenstedt eine eigene kulturwissenschaft­liche Abteilung im Institut eingerichtet.“ Im weiteren Verlauf fährt sie fort: „1940 trat Italien in den Krieg ein, die Institutsarbeit kam zum Stillstand.“310 Diese Aussage trifft selbst dann nicht zu, wenn man konzediert, dass eine gedrängte Darstellung (100 Jahre auf 7 Druckseiten) notwendig zu Verkürzungen und Detailverlusten führt. Denn die Quellenlage zu den Aktivitäten der beiden eigenständigen ­Kaiser-­Wilhelm-­Institute (für Kunstwissenschaft und für Kulturwissenschaft) nach dem 10. Juni 1940 ist so reichhaltig, die verschiedenen Aspekte der Institutsarbeit so gut dokumentiert, dass von „Stillstand“ nicht die Rede sein kann 311 – dazu später mehr. Zunächst sei festgehalten, dass es – wie in Florenz auch – der grundsätz­lich kulturpolitischen Dimension der deutschen Institutsarbeit in Rom geschuldet ist, dass bereits vor dem Kulturabkommen von 1938, ja vor 1936, verschiedene genuin außerwissenschaft­liche Aktivitäten im Haus stattfanden, wie etwa eine Rede von Hermann Göring vor der „Deutschen Vereinigung Rom“ am 18. April 1933 (und nicht, wie bisher angenommen, am 20. April 1933, Hitlers 44. Geburtstag).312 In d ­ iesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass die

310 Kieven 2010, S. 103. Nur leicht variiert findet sich dieser Satz bis heute – ungeachtet der Ausführungen von Dobler 2013, S. 84 – 85, und Schieder 2013, passim – auf der Homepage der Bibliotheca Hertziana, http://www.biblhertz.it/institut/geschichte/#c1375 [Zugriff am 1.11.2017]: „Mit dem Kriegseintritt Italiens wurden die Forschungen im Institut erneut [wie schon während und nach dem ­Ersten Weltkrieg] unterbrochen […].“ 311 So auch richtig Thoenes 1983/1991, S. 25: „Dagegen brachte der Kriegsausbruch zunächst keinen fühlbaren Einschnitt. Die Tätigkeit der Auslandsinstitute wurde für kriegswichtig erklärt; die Mitarbeiter sollten sich nicht zum Wehrdienst melden, sondern sich als ‚vom Führer auf ihren Posten gestellt‘ betrachten.“ 312 Thoenes 1983/1991, S. 22, vermerkt dazu: „Die nächste Feier im Goethesaal fand am 20. April 1933 statt. Hermann Göring und Franz v. Papen, Staatsgäste in Rom, sprachen vor der ‚Deutschen Vereinigung Rom‘ zum Geburtstag des ‚Führers‘, mit Übertragung im Deutschlandsender.“ Tesche 2002, S. 227, paraphrasiert diesen Passus leicht; ihr folgen Rischbieter 2004, S. 183, ebenso wie Hachtmann 2007, S. 527, der indes auch auf den Jahresbericht der Bibliotheca Hertziana für 1932/33 verweist, in AMPG Abt. I, Rep. 6, Nr. 561. Thoenes 2007, S. 217, zitiert Steinmanns Jahresbericht direkt (S. 6): „Eine besondere Freude war es der Bibliotheca Hertziana, der Deutschen Vereinigung in Rom den Goethe-­Saal für eine patriotische Feier des Geburtstages des Herrn Reichskanzlers Hitler zur Verfügung stellen zu dürfen.“ – Steinmanns Darstellung, die in der Literatur tradiert wurde, ist nicht ganz korrekt, denn Kube 1987, S. 36, hat Görings Italienreise vom 10. bis 20.4. auf der Basis von PA AA, Pol. Abt. II/Italien Politik 2, Bd. 8, Bl. 101 – 106, Bericht von Hassell an AA, 20.4.1933, rekon­ struiert. Demzufolge waren Göring und Papen am 18.4. Gäste der „Deutschen Vereinigung Rom“; am 19.4. flog Göring nach Mailand zu einer Mustermesse und kehrte am 20.4. nach Deutschland zurück. Nach der Edition des Tagebuchs von Ferdinand von Bredow durch Strenge 2009, S. 93, soll Görings Abreise nach Rom am 8.4.1933 stattgefunden haben; laut Knigge 2008a, S. 15, sei Göring zusammen mit Prinz Philipp von Hessen am 10.4. in Rom eingetroffen. – Eindeutig belegt ist das Datum des 18.4.1933 (statt 20.4.1933) im Tagebuch von Ludwig Pollak (siehe die Edition von Merkel

Kulturpolitik und Kunstgeschichte in Rom  I  93

Bibliothek zahlreiche Bücher als Geschenk erhielt, die mit Kunstgeschichte, ja mit Wissenschaft nichts zu tun hatten. Ludwig Schudt (1893 – 1961), Bibliothekar der Hertziana, bedankt sich beispielsweise am 24. Oktober 1933 geschäftsmäßig für die Übersendung politischer Kampfschriften, näm­lich für drei Exemplare von Adolf Ehrt: Bewaffneter Aufstand! Enthüllungen über den kommunistischen Umsturzversuch am Vorabend der nationalen Revolution und für zwei Exemplare von Joseph Goebbels’ Rassenfrage und Weltpropaganda.313 Die Zusendung dürfte auf Hoppenstedts Initiative zurückgegangen sein.314 Die Entscheidung, dass Leopold Bruhns Nachfolger von Ernst Steinmann werden würde, wurde erst im Juni 1934, nachdem Hoppenstedt seine Abteilung bereits eingerichtet hatte, getroffen; am 1. Oktober 1934 trat Bruhns das Amt an, am 23. November 1934 starb ­Steinmann.315 Die Ausgangssituation in Rom war damit eine andere als in Florenz: Die Einflussnahme der nationalsozialistischen Kultur- und Wissenschaftspolitik war – gerade wegen der staats- und regierungsnahen ­Kaiser-­Wilhelm-­Gesellschaft – schon früh strukturell im Institut verankert. Auch auf der Ebene des wissenschaft­lichen Arbeitsprogramms fand die Hinwendung sowohl zu den deutsch-­italienischen Austauschbeziehungen als auch zur deutschen Kunst in Italien in Rom offenkundig früher statt als in Florenz. Hinzu kommt eine – trotz der entscheidenden Anstöße des Auswärtigen Amtes – weniger genuin kulturpolitisch motivierte, sondern eher wissenschaftsimmanente Forschungsausrichtung. Schon im Jahresbericht 1934/35 hielt Bruhns fest, dass die „Aufgabe eines mit deutschen Mitteln in Guldan 1988, S. 289 – freund­licher Hinweis von Ralph Dobler), der am 19.4. notierte: „Die Tribuna bringt heute abend, daß gestern in der Hertziana (!!!) eine Hitlerversammlung abgehalten wurde, in der Goering, v. Papen sprachen. Goering hielt eine Rede zu Hitlers Geburtstage! Und das in der Hertziana! Der Gründung der Jüdin Henriette Hertz!!!!!“ 313 Ehrt 1933, Goebbels 1933 (Referat auf dem Reichsparteitag in Nürnberg am 2.9.1933; eine weitere Ausgabe dieser Schrift erschien 1934 in Langensalza). – Postkarte, Vordruck („Für das der Bibliotheca Hertziana überwiesene Geschenk […] sagt der unterzeichnete [sic] Direktor seinen aufrichtigsten Dank“, gez. i. A. Schudt, in: PA AA, Rom Quirinal, 1322b. 314 Am 23.10.1933, so Harald Keller in seiner Erinnerungsschrift Wir waren vier! (Die Hertziana ­zwischen den beiden Weltkriegen), niedergeschrieben in Deutschnofen/Südtirol im Herbst 1979 (S. 1 – 32), Herbst 1980 (S. 33 – 49) und Herbst 1981 (S. 49 – 58), Typoskript, 58 Blatt, in AMPG, Abt. II, Rep. 35, Institut allgemein Kasten 3, Bl. 134 – 190, hier S. 53 bzw. Bl. 185, hätte Hoppenstedt die „beiden Assistenten“, d. h. ihn selbst und Werner Körte, zu einem Abendessen eingeladen, mit dem „Zweck, uns zum Eintritt in die Partei zu bewegen“. Schon wenig später, so Keller weiter (S. 55/Bl. 187), waren „rein äußer­lich fast alle … Mitglieder des Hauses im Winter 33/34 Parteigenossen geworden […]. Körte hat es dann rasch zum Ortsgruppenleiter der Ortsgruppe Rom der NSDAP gebracht.“ – 1941 sieht Hoppenstedt in einem Schreiben an Rudolf Heß die Chance, eine „mög­lichst vollständige nationalsozialistische Bücherei“ für das KWI für Kulturwissenschaft zu erhalten (in Ergänzung der dort schon vorhandenen „Abteilung für Sozialwissenschaft, wie ferner eine ­solche für Anthropologie und Rassenkunde“), da dies „ein dringendes Erfordernis im Sinne der deutschen Kulturpropaganda“ sei (PA AA, Rom Quirinal, 1392b, Mappe 1392b/2, Hoppenstedt an Heß, 15.4.1941). 315 Vgl. Bruhns, Hermanin und Nogara 1935.

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Italien erhaltenen Forschungsinstituts in der jetzigen Zeit in einem staerkeren Maasse [sic] als früher eine nationale sein“ müsse.316 Bei der Kuratoriumssitzung der KWG in Berlin am 9. Januar 1936 erstattete Bruhns Bericht über seine bisherige Arbeit. Er betont einleitend die Kontinuität der Fokussierung auf die italienische Kunst: […] wir mussten uns nach wie vor aller Pf­lichten bewusst bleiben, die wir gegen die künstlerische Weltstadt Rom und die klassische Kunst Italiens ererbt hatten […] weiterarbeiten an der Erforschung der italienischen Kunst […] als Führer und Berater für die aus der deutschen Heimat kommenden Fachgenossen bereit halten. […] Aber dem Geiste einer neuen Zeit und den [handschrift­lich eingefügt:] gegenwärtigen Forderungen [gestrichen: deutscher, eingefügt: unserer] Wissenschaft [gestrichen: stärken] Rechnung tragend, hielt ich es außerdem für meine Pf­licht, auch mit neuen Fragestellungen an die überreiche Welt der bildenden Kunst in Italien heranzutreten. [gestrichen: Als Deutsche haben] Wir in Italien arbeitende deutsche Kunsthistoriker [eingefügt: haben doch wohl] die Pf­licht und das Recht, uns nicht nur für alle Beziehungen z­ wischen der italienischen und der deutschen Kunst zu interessieren, sondern auch nachzuforschen, w ­ elche Beiträge etwa unser Volk zu dem [sic] überreichen Schätzen Italiens geliefert hat. Nachdem die [eingefügt: heimische] kunsthistorische Forschung [gestrichen: in der Heimat] die deutsche Kunst in all ihrem Reichtum in einem bis dahin unerhörtem Masse ans Licht [gestrichen: gestellt, eingefügt: gezogen] hatte, konnten wir [gestrichen: in diese Forschungen] Eingeweihte gar nicht anders als auch im Auslande auf die Dinge besonders zu achten, die zu uns gehören oder zu uns in Beziehung stehen.317

Diese – wie in Florenz: programmatische – Neuausrichtung reflektiert in der Tat die gründ­ liche bis leidenschaft­liche Forschung zahlreicher deutscher Kunsthistoriker zu Fragen deutscher Kunst in den „langen 1920er Jahren“, bei der „der ausgeprägte, ja maßlose Nationalismus Pinders“318 ebenso eine zentrale Rolle gespielt hatte wie die populäre, in hohen Auflagen erschienene Reihe der Blauen Bücher.319 Im Rahmen der nationalsozialistischen Ambitionen und Ansprüche wurde – zunächst frei­lich aus dem Bestreben, mit der intensiven Forschung zu italienischer und französischer Kunst und Architektur gleichzuziehen – die Konzentration auf deutsche Th ­ emen immer stärker, verbunden mit Untersuchungen zu Kunst „in Relation zu Rasse und Volk“320. Nur am Rande sei an dieser Stelle auf die sukzessive Ausgrenzung von

316 Jahresbericht der Bibliotheca Hertziana 1934/1935, S. 5; vgl. Thoenes 1983/1991, S. 22, und Tesche 2002, S. 238. 317 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Kasten allgemein 3, Nr. 631 (Manuskripte und Veröffent­lichungen von Leo Bruhns 1937 – 1956), Bl. 67 – 69 RS, hier Bl. 67 – 68. 318 Kahsnitz 2008, S. 86. 319 Vgl. Klempert 2002; Schweizer 2009. 320 Hausmann 2011, S. 311. Vgl. den exzellenten methodengeschicht­lichen Überblick von Bakoš 2010, S. 324 – 329, der konzis die Inversionen der sogenannten Wiener Schule der Kunstgeschichte in den

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jüdischen Kunsthistorikern als Mitglieder des Fördervereins und als Nutzer der Bibliotheken in Florenz und Rom hingewiesen.321 Ohne dies weiter verfolgen zu können, sei an dieser Stelle ein weiteres Untersuchungsfeld kurz angedeutet: Wie wird in Rom und Florenz in den 1930er Jahren mit dem sogenannten Warburg-­Kreis oder den Wissenschaftlern und ihren Arbeitsansätzen, die mit der Kulturwissenschaft­lichen Bibliothek Warburg in Hamburg in Verbindung standen, umgegangen? Nur zwei kritische Hinweise ­seien hier gegeben: Kriegbaum, Schüler von Adolph Goldschmidt (1863 – 1944) in Berlin, dessen Wahl zum Stipendiaten Aby Warburg 1927 „als besonders glück­lichen Griff“ bezeichnete,322 hatte Bruhns die Dissertation von Werner H ­ aftmann, mit der er 1936 in Göttingen promoviert worden war, zugeschickt (1939 publiziert als Das italienische Säulenmonument. Versuch zur Geschichte des Denkmals und Kultmonumentes und ihrer Wirksamkeit für die Antikenvorstellung des Mittelalters und für die Ausbildung des öffent­lichen Denkmals in der Frührenaissance) – und ihn offenbar gebeten, die Arbeit für einen Abdruck im Kunstgeschicht­lichen Jahrbuch der Bibliotheca Hertziana in Erwägung zu ziehen, worauf Bruhns ihm am 20. Oktober 1937 antwortete: Die Dissertation von Herrn Haftmann ist in meinen Händen u. wird aufmerksam von mir gelesen. Fast die Haelfte der Arbeit beschaeftigt sich mit der Antike, was schon rein aeusser­lich ein wenig gegen ihre Aufnahme in unser Jahrbuch spricht. Auch sonst weisen Methode u. Zielsetzung recht stark in die Richtung der Veroeffent­lichungen des Instituts Warburg u. gerade ­dieses kann ich als besonders verwandt der Bibliotheca Hertziana nicht anerkennen. So neige ich zu der Meinung, dass die durch Fleiss, Materialkenntnis u. weiten Blick ausgezeichnete Arbeit ihres Assistenten in den Rahmen unseres Jahrbuchs doch nicht eigent­lich passen duerfte. Mein Urteil wird aber

1930er Jahren am Beispiel von Karl Maria Swoboda, Hans Sedlmayr und Dagobert Frey beschreibt und die Implikationen des ‚nationalen Paradigmas‘ herausarbeitet; vgl. auch Fuhrmeister 2012b. 321 Zu Rom siehe exemplarisch den Briefwechsel des jüdischen Prager Archäologen Ludwig Pollak, der seit 1893 in Rom lebte, mit Bruhns im Jahr 1935 (Merkel Guldan 1988, S. 292 – 294); zu Florenz siehe Archiv KHI, A I, 22, Korr. 1937 – 40, A‒B, Zimmermann an Kriegbaum, 1.8.1938 („Auch die ausländischen Nichtarier sollen, ohne internationales Aufsehen zu erregen, aus dem Verein zur Erhaltung des Kunsthistorischen Instituts in Florenz entfernt werden“); Schreiben Kriegbaum ohne Datum, ohne Adressat, „Betr. J ü d i s c h e A u s l ä n d e r a l s M i t g l i e d e r “; Zimmermann an Kriegbaum, 25.11.1938 („Halbarier dürfen nicht Mitglieder des Instituts sein. […] Dem Warburg-­ Institut bitte ich, von Florenz aus zu schreiben, da dies wirk­lich keine Angelegenheit des Vorstands ist. Sie können es ja vom Bibliothekar oder vom Rechnungsführer unterschreiben lassen, falls Sie es nicht gern tun wollen“); SMB-ZA, III/VKI 34, Schreiben Kriegbaum vom 19.11.1938: „Den ausländischen jüdischen Mitgliedern Prof. Berenson‒Florenz und Prof. Offner‒New York habe ich Mitteilung gemacht, dass ihr Verbleiben im Verein nicht erwünscht sei. Um eine entsprechende Mitteilung an das Warburg-­Institut habe ich den Herrn Schatzmeister gebeten.“ 322 In einem 8-seitigen Schreiben vom 2.12.1927 schildert Warburg dem Vorstand den Eindruck, den er im Oktober und November 1927 vom KHI gewonnen hatte (SMB-ZA, III/VKI 3).

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vielleicht durch den zweiten Teil der Arbeit noch veraendert werden koennen. Die Arbeit als Ganzes, so wie sie eben vorliegt, wird aber wohl in keinem Fall bei uns gedruckt werden koennen.323

Dieser Abgrenzung folgt 1940 eine zweite, weniger sach­lich und zugleich weniger eindeutig formulierte Mitteilung. Ludwig Schudt, der langjährige Bibliothekar der Hertziana, wendet sich mit einer Frage an Kriegbaum und ergänzt am Schluss: Kurz vor Toresschluss erhielt ich noch ein Buch von Panifsky [sic], Studies in iconology, das ein grosses Kapitel über Michelangelo enthält. Ich weiss nicht, ob Sie es schon kennen und ob diese für meine Begriffe ausgesprochen unfröh­liche Wissenschaft für Sie von Interesse ist.324

Auch wenn „Panifsky“ sicher­lich nur ein Schreibfehler ist, kann man sich des Eindrucks einer gewissen Geringschätzung von Panofsky – pars pro toto für den Hamburger Kreis um Aby Warburg – nur schwer entziehen. Prinzipiell richtig, aber in der Formulierung wohl zu plakativ zugespitzt hat diesen Prozess Imorde: Der regimekonforme Kurs, den Leo Bruhns ab 1934 an der Bibliotheca Hertziana einschlug, ließ in Rom mit nur wenig Verzögerung Wirk­lichkeit werden, was sich an den deutschen Universitäten schon vorher hatte vollziehen können – die rassische Reinigung und inhalt­liche Gleichschaltung der kunsthistorischen Arbeit. […] War die Kunstgeschichte im kaiserzeit­lichen Deutschland als ein Werkzeug der Weltaneignung verstanden und dergestalt von Staats wegen gefördert worden, richtete sich das Fach nach 1933 in geradezu isolationistischer Selbstbeschränkung auf deutsche ­Themen aus.325

Im Zuge der zunehmenden Radikalisierung der Forschungsagenden stand jedenfalls nicht mehr das rezeptive Aufnehmen und Verarbeiten fremder Einflüsse, sondern umgekehrt eine – behauptete – europaweite „Ausstrahlung“ deutscher Kunst im Mittelpunkt. Entscheidenden Anteil an dieser dynamischen Entwicklung hatte wiederum der rhetorisch geschickte, charismatische und vielseitige Wilhelm Pinder. Obwohl formale Funktionen, Ämter und Mitgliedschaften, wissenschaft­liche Arbeit und persön­liche politische Überzeugung häufig nicht nur keine direkten Entsprechungen haben, sondern – als Spannungsverhältnis – in einem stark von Kontext und Zeitpunkt abhängigen Bedingungsgefüge jeweils neu ausgelotet und so differenziert wie mög­lich bewertet werden müssen, scheint es bei Pinder eine größere Übereinstimmung z­ wischen seinen fach­lichen 323 Archiv KHI, KHI A I, 22, Korr. 1937 – 40, A‒B, Bruhns an Kriegbaum, 20.10.1937. 324 Archiv KHI, KHI F I, 15 (Korr. der Photothek), Schudt an Kriegbaum, 18.6.1940. – Panofskys Buch war 1939 in New York erschienen. 325 Imorde 2009, S. 215 und S. 230. – Ähn­lich überspitzt S. 219 die Rede von den „rassischen Kunstexperten“.

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Positionen und einer systemkonformen Haltung gegeben zu haben als bei anderen deutschen Kunsthistorikern. Ein geradezu unglaub­liches (aber deshalb nicht unglaubwürdiges) Dokument in ­diesem Zusammenhang ist ein Tagebucheintrag des langjährigen Botschafters in Rom (1920 – 1921, 1932 – 1938), Ulrich von Hassell (1881 – 1944). Am 16. März 1941 notiert der Diplomat, der später wegen Beteiligung an den Vorgängen des 20. Juli hingerichtet werden sollte, einige Reaktionen auf die Gedenkrede zum Tag der Parteigründung, die Hitler am 24. Februar 1941 an historischem Ort, im Hofbräuhaus in München, gehalten hatte, und gibt Pinders Auffassung so wieder: „Pinder meinte, die Rede habe die Zuversicht im Volke sehr gestärkt […].“326 Gerade weil diese Äußerung kein öffent­liches Lippenbekenntnis war, sondern offenkundig in privatem Rahmen stattfand, erlaubt sie meines Erachtens einen gewissen Rückschluss auf Pinders tendenziell affirmative Haltung zum Nationalsozialismus im zweiten Kriegsjahr. Selbstverständ­lich besteht hier kein kausaler Zusammenhang, aber es scheint doch – blickt man ergänzend auf den Beitrag des Kunsthistorikers in der Festschrift zu Hitlers 50. Geburtstag 1939 – durchaus eine Affinität Pinders zum Nationalsozialismus zu bestehen.327 Horst Bredekamp hingegen meint, eine „zumindest latente Opposition“ Pinders erkennen zu können, die indes einer „unbedingten Loyalität“ (zum Nationalsozialismus?) gegenübergestanden habe.328 Meines Wissens bisher nicht bekannt ist der Umstand, dass Pinder ein halbes Jahr später, im Herbst 1941, in das Kuratorium des KWI für Kunstwissenschaft aufgenommen wurde.329 Zurück zu Bruhns im Jahr 1936. Ohne hier die einzelnen Schritte und Ereignisse im Detail nachzeichnen zu können und zu wollen, sei an dieser Stelle ledig­lich auf den Angriff von Waldemar Hartmann im Völkischen Beobachter vom 24. Januar 1936 hingewiesen.330 ­Hartmann nahm einen Vortrag von Bruhns zu „Grabmal und ­Theater im römischen Barock“ in Frankfurt am Main zum Anlass, holte jedoch weiter aus und rieb sich zugleich am Begriff 326 Hassel 1988, S. 256. – Soweit ich sehe, ist dies in der Pinder-­Literatur – siehe zuletzt Stöppel 2008a; Stöppel 2008b; Bredekamp 2010 – bisher nicht diskutiert worden. 327 Vgl. Bushart 2016; Königseder 2016, S. 274. 328 Bredekamp 2010, S. 306 – 307. Nicht ausreichend quellenkritisch geht Bredekamp (S. 305 – 306) mit einem Nachruf von Henri Nannen auf Pinder (Wilhelm Pinder ist tot, in: Abendpost, 19.5.1947) um, wenn er nicht fragt: Wer sagt was, wann und warum? 329 AMPG , Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1722, Bl. 60 (Telschow an Pinder, 29.10.1941) und Bl. 62 (Pinder an Telschow, 10.11.1941), Zusage mit den Worten: „Eine Wahl in das Kuratorium des römischen K. W.-Institutes werde ich als grosse Ehre gerne annehmen.“ 330 Waldemar Hartmann: Schon wieder Rom! Wir fordern eine völkische, nicht „geistesgeschicht­ liche“ Kunstwissenschaft, in: Völkischer Beobachter. Norddeutsche Ausgabe, 24.1.1936, S. 5, als PrA in AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 81 (Presseberichte zum Palazzo Zuccari, zur Bibliotheca Hertziana und zur Tätigkeit ihrer Mitarbeiter 1908 – 1942). – Zu Hartmanns Artikel, siehe auch Grempler 2010, S. 88; Dobler 2013, S. 80 – 81, und Schieder 2013, S. 99, mit Verweis auf einschlägiges Material im Archiv des Instituts für Stadtgeschichte in Frankfurt am Main, Magistratsakten, Nr. 8420.

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„geistesgeschicht­lich“, den Friedrich Glum (1891 – 1974, von 1922 bis 1937 Generaldirektor der KWG) im Januarheft von Hochschule und Ausland gebraucht hatte: In Rom besitzt die Gesellschaft im Palazzo Zuccari zu eigen das K ­ aiser-­Wilhelm-­Institut für Kunst- und Kulturwissenschaft (Bibliotheca Hertziana), das der Erforschung der italienischen Kunst und des italienischen Geisteslebens gewidmet ist, zugleich aber die mannigfache gegenseitige Befruchtung der deutschen und italienischen Kultur geistesgeschicht­lich untersucht.331

Der Autor des Parteiorgans erhob schwere Vorwürfe gegen das römische Institut und seine Beschäftigung mit italienischer Kunst, und in hektischer Aktivität verfasste Bruhns eine vierseitige Denkschrift, in der er seinerseits den Vorwurf eines Dolchstoßes erhob: Ein solcher Vorwurf aus der Heimat erweckt in uns, die wir uns hier auf einem Vorposten deutscher Kultur, als Vorkämpfer für deutsche Wissenschaft 332 und deutsches Ansehen fühlen, den deprimierenden Eindruck, als ob wir von hinten her aus unseren eigenen Reihen beschossen würden.333

Bruhns’ Direktorenkollege Hoppenstedt sekundierte einen Tag später in einer eigenen „Denkschrift“: Ich stelle voran, dass ich selbst Blutordensträger bin, auf Gedeih und Verderb mich dem Werk Adolf Hitler’s [sic] verbunden fühle und hier in Rom die von der A. O. bestätigte Vertrauensstellung eines Sch­lichters des Kreises Italien-­Süd einnehme. Zunächst als stellvertretender Direktor im Herbst 1933 an die Hertziana berufen, wurde mir 1934 von der K ­ aiser-­Wilhelm-­Gesellschaft die ehrenvolle Aufgabe erteilt, an ihrem römischen Institut eine neue, selbständige Abteilung zu errichten, die im Gegensatz oder besser als Ergänzung der bisher allein gepflegten Kunstwissenschaft die Erforschung und, soweit mög­lich, Belebung der allgemein geistigen kulturellen Beziehungen ­zwischen Deutschland und Italien im Sinne des Dritten Reiches zum Ziele haben sollte.334 331 Glum 1936, S. 54. 332 Vgl. MGHA, B 704 I 2, Leo Bruhns: „Bericht über den Abtransport der deutschen wissenschaft­lichen Bibliotheken aus Rom nach Deutschland im Dezember 1943 – märz [sic] 1944“, Meran, 11.3.1944, Typoskript, 9 Seiten, hier S. 2: Bei der befohlenen Räumung der deutschen Institute hätten die „Würdenträger der Kurie“ ihre Sorge um das „wissenschaft­liche Leben Roms“ ausgedrückt, das durch den „Ausfall der so vortreff­lich aufgebauten deutschen Fachbibliotheken und dem Weggang der deutschen Gelehrten“ gefährdet sei, und auch von Prof. Sjöqvist, dem Direktor des Schwedischen Instituts in Rom, „der sich in schwerer Zeit als wahrer Freund unserer Institute bewährt hat, wurde dem Primat der Deutschen Wissenschaft rückhaltlos gehuldigt.“ 333 PA AA, Rom Quirinal, 1322b; die Denkschrift legte Bruhns einem Schreiben an den Botschafter in Rom vom 30.1.1936 bei. 334 PA AA, Rom Quirinal, 1322b; Denkschrift Hoppenstedt vom 31.1.1936, 5 Seiten, hier S. 2 – 3; beide Denkschriften schickte Botschafter Ulrich von Hassell (vgl. Handbuch AA/2, S. 205 – 207) noch

Kulturpolitik und Kunstgeschichte in Rom  I  99

Am 8. Februar 1936 erschien in den Leipziger Neuesten Nachrichten (wobei Bruhns als Leipziger Ordinarius ab 1927, bis zu seiner Berufung nach Rom, vermut­lich alte Kontakte n ­ utzen konnte) ein fingiertes Gespräch z­ wischen Bruhns und einem gewissen Dr. J. Schwanke. Hartmanns Invektive wurde zwar nicht erwähnt, war aber zweifellos Anlass des Artikels, der in jeder Hinsicht den Charakter einer Entgegnung trägt. Bruhns wird als „Vorkämpfer“ einer neuen „Richtung“ eingeführt, der mit seinem „Verständnis für das selbständige Wachstum der deutschen Kunst im Mittelalter zu einer vollständigen Neuorientierung der Kunstwissenschaft geführt“ habe.335 Als „Ergebnisse einer neuen Richtung der Kunstforschung“, so Bruhns, erkenne man nun, „dass die Italiener keineswegs immer die Lehrmeister der deutschen Kunst in den vergangenen Jahrhunderten gewesen sind, sondern dass auch sie gerade von deutschen Künstlern in fast allen Epochen entscheidende Anregungen empfangen haben.“ Vielfach habe sich beim „Stilvergleich von Gebäuden, die offenbar voneinander beeinflusst worden sind, [gezeigt,] daß nicht das italienische, sondern das deutsche das Aeltere ist.“ Das früheste Bauwerk in Italien selbst, an dem germanischer Einfluß spürbar wurde, ist das G r a b m a l T h e o d e r i c h s d e s G r o ß e n in R a v e n n a . „Wohl waren es sicher­lich Lateiner, die dem Gotenkönig sein Mausoleum errichteten. Aber trotzdem mutet es seltsam reckenhaft und dem Deutschen vertraut an.“

Der Artikel referiert im Weiteren Bruhns’ Ausführungen zu den Kaiserdomen, zu Veit Stoß und Albrecht Dürer und schließt damit, dass es ­diesem zufolge eine der wichtigsten Aufgaben des ­Kaiser-­Wilhelm-­Instituts für Kunst- und Kulturwissenschaft in Rom [sei], eine „Zentralstelle für Beziehungsforschung“ zu werden und zu untersuchen, wann, wie und durch ­welche Persön­lichkeiten sich die beiden Völker gegenseitig beeinflusst haben.

In dieser „Zentralstelle für Beziehungsforschung“ liegt zwar tatsäch­lich, blickt man auf die rezenten Diskussionen zu Austausch- und Transferprozessen, zum Verhältnis von Zentrum und Peripherie und auf Fragen zu Globalisierungstendenzen, ein gewisses methodisches Innovationspotenzial. Doch dürfte genau dies nicht gemeint gewesen sein, schaut man auf die weitere Entwicklung, an der auch Bruhns’ Vorträge Anteil hatten.336 Der Topos von der

am 31.1.1936 an das AA sowie, mit leicht geändertem Anschreiben, an Reichsminister Goebbels; Letzterem gegenüber beschrieb er die Arbeit der beiden KWG-Institute als „die beste Form von Propaganda […], näm­lich durch das Zeigen deutscher wissenschaft­licher und kultureller Leistung.“ 335 Dr. J. Schwanke: Auch die Meister waren Schüler. Prof. Dr. Bruhns über die Neuorientierung der kunsthistorischen Forschung, in: Leipziger Neueste Nachrichten, 8.2.1936, als PrA in AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 81. Die folgenden Zitate ebenda. 336 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 630: Wenige Wochen nach dem Einmarsch in Polen (17.11.1939) referierte Bruhns im KWI für Kunstwissenschaft über „Deutsche und Italienische Kunst in Polen“,

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„Ausstrahlung deutscher Kunst“ war stärker – und kulturpolitisch wesent­lich zeitgemäßer – als eine unvoreingenommene Bestandsaufnahme, wie sowohl an den gemeinsamen Planungen der KWG und des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft für ein „Reichsinstitut für Deutsche Kunstwissenschaft“ als auch an der groß angelegten, gleichnamigen Schriftenreihe gezeigt werden kann. Soweit ich sehe, gibt es bislang keine Untersuchung zu dem ­zwischen 1936 und 1941 geplanten Reichsinstitut.337 Erwähnt sei ledig­lich, dass das Kunsthistorische Institut Florenz und die Bibliotheca Hertziana bzw. das römische KWI für Kunstwissenschaft mit dem neuen „Kaiser-­Wilhelm-­Institut zur Erforschung deutscher Kunst“ zusammenarbeiten sollten; zunächst war an eine Ansiedelung in Berlin-­Dahlem gedacht, dann in der Schinkel’schen Bauakademie. In Absprache mit dem REM waren Pinder als Erster und Karl Koetschau (1868 – 1949) als Zweiter Direktor vorgesehen; sie sollten über einen stolzen Etat von 115.000 RM pro Jahr (etwas mehr als Bruhns’ KWI 338) verfügen. Die Realisierung verzögerte sich – weniger wegen Richard Hamanns (1879 – 1961) Vorstellungen eines eigenen „Forschungsinstituts für angewandte Photographie im Dienste der Kunstwissenschaft“ in Zusammenarbeit mit Agfa,339 sondern wegen Alfred Stanges offenkundig obstruktivem Versuch, das Forschungsinstitut in Art der nationalpolitischen Anstalten mit einer „grundlegenden erzieherischen wenige Monate nach dem Einmarsch in Frankreich (25.10.1940) über „Das Strassburger Münster als Deutsches Kunstwerk“. Dagobert Frey behandelte am 13.11.1942 „Den Anteil Deutschlands an der künstlerischen Kultur Osteuropas“. 337 Im Rahmen dieser Studie kann keine Darstellung erfolgen. Die ausführ­lichste, aber kursorische Erwähnung bei Kahsnitz 2008, S. 134 – 135, der auch vermutet (S. 134, Anm. 282): „Weitere Unterlagen zum Institutsplan mög­licherweise im Archiv der Max-­Planck-­Gesellschaft.“ Dies trifft zu; es handelt sich um die Akte AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 2845/1, die über 120 Blatt umfasst und eine detaillierte Darstellung erlauben würde. – Vgl. auch Heftrig 2008, S. 151, sowie Doll 2003, S. 991, die in Anm. 49 auf BA B, NS 8/243, Bl. 99 – 101, verweist (Aktenvermerk Robert Scholz für Amt Rosenberg vom 3.12.1943 über eine Besprechung mit Stange am 1.11.1943: Stange habe Scholz gebeten, er möge „sich gegenüber Rosenberg für ihn als Kandidat für den Direktorenposten des Reichsinsti­ tuts“ verwenden; beim REM ­seien dafür Hans Jantzen an erster und Stange an zweiter Stelle im Gespräch). – Siehe auch BA B, NS 15/27, Bl. 123 (Kulturpolitisches Archiv), 28.6.1938: „Professor Dr. Stange gehört zu den engeren Mitarbeitern von Reichsleiter Rosenberg und sollte infolgedessen besonders für weltanschau­lich wichtige ­Themen seines Fachgebiets herangezogen werden“, sowie BA B, NS 15/122, Entwurf eines Schreibens von Alfred Rosenberg an Martin B ­ ormann (nicht datiert, wohl Herbst oder Jahresende 1942): Er, Rosenberg, habe sich „für den Ausbau der Hohen Schule mit Rücksicht auf die Kriegsverhältnisse die größte Zurückhaltung auferlegt“, während andernorts die Gründung von Reichsinstituten (wie jenes für Kunstgeschichte) „eilfertig“ betrieben werde, was er nicht gutheißen könne. 338 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 519, Einnahmen- u. Ausgaben-­Aufstellung für 1943 vom 11.2.1943 in Höhe von 109.000,‒ RM. Vgl. Nr. 522, Reinold an Schudt, 10.3.1943. 339 Schon 1928 hatte es eine – kurzlebige – Initiative gegeben, ein kunsthistorisches KWI in Marburg anzusiedeln, siehe AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 2789.

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Aufgabe“ zu verbinden: Die Stipendiaten des Reichsinstituts, so Stange, „müssen in ihren Leistungen und ebenso in ihrer weltanschau­lichen Haltung gleichmässig ausgezeichnet sein, um zumal den Nachwuchs für die Lehrstühle der deutschen Hochschulen zu stellen.“340 Das Arbeitsprogramm sollte dabei „absicht­lich auf Editionen frühmittelalter­licher deutscher Kunstwerke beschränkt“ werden, doch das dem Reichsinstitut zu unterstellende Kunstinstitut [sic] in Florenz und die Bibliotheca H ­ ertziana sind zu beauftragen[,] neben ihren italienischen Forschungsaufgaben, die aus Tradition und Stolz nie aufgegeben werden dürfen, die deutsche Kunst in Italien zu sammeln und zu untersuchen. Besondere ­Themen: Katalog deutscher Kunstwerke in Italien a), Nachrichten über deutsche Künstler in Italien, sonder­lich in Mittelalter und Renaissance b), Fortsetzung der vor dem Krieg begonnenen Arbeit über die staufische Kunst in Unteritalien c) End­lich sind eingehende Untersuchungen über die langobardische Kunst d) und die lombardische Kunst des 10. bis 12. Jahrhunderts e) notwendig, dazumal diese letztere, die fast regelmaessig unter dem Titel oberitalienische Kunst steht, was nur geographisch richtig sein kann – für die deutsche Kunst von grösster Bedeutung ist, von viel grösserer als für die spätere Italiens, ist sie ja in jenen Jahrhunderten wohl überhaupt zur deutschen Kunst zu zählen.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass in Stanges Vision das Reichsinstitut noch einen anderen Aufgabenkreis zu erfüllen [habe]. Es hat Untersuchungen über die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts durchzuführen und zwar [:] Die Bedeutung der Juden für die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts, ihr Wirken als Künstler, in den Akademien, als Kunsthändler […] Diese Untersuchungen sind am zweckmässigsten in Verbindung mit dem Reichsinstitut für neuere Geschichte von Professor Walter Frank durchzuführen.

Selbst wenn man mit der forciert antisemitischen Ausrichtung von Walter Franks (1905 – 1945) „Reichsinstitut für Geschichte des Neuen Deutschlands“, das sich ausdrück­lich zu den Prinzipien von ‚kämpfender Wissenschaft‘ bekannte, nicht vertraut ist, müssen die hier von Stange entwickelten Vorstellungen als Extremfall einer vollständig politischen Durchdringung des Faches gelten. Es steht außer Frage, dass auch für die deutsche Italienforschung die exakte Umsetzung von Stanges Programm eine Katastrophe bedeutet hätte. Allerdings wurden einzelne Elemente, Aspekte und Bereiche durchaus übernommen und realisiert, wie die 340 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 2845/1, Bl. 99 – 107 (Alfred Stange: Aufgabenplan für das Reichsinstitut für deutsche Kunstgeschichte; Typoskript ohne Datum, vermut­lich November 1936), hier Bl. 100 und 101, die folgenden Zitate Bl. 102 sowie 103 – 104.

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S­ üditalienforschung bzw. die Arbeiten zu staufischen Burgen und Kastellen 341 sowie die Suche nach Spuren deutscher Künstler in Italien, durchaus auf der Basis von Quellenstudien.342 Gerade die Forschung zu den Spuren der Hohenstaufen – teilweise, in Anlehnung an Stefan George, mystisch verklärend, teilweise ausgesprochen macht- und geopolitisch orientiert – bot der ‚Achsenrhetorik‘ ein beliebtes Beispiel. Programmatisch verknüpfte Walther Wüster 343 – ehemals stellvertretender Gaupropagandaleiter München,344 von 1938 bis 1942 Kulturattaché an der deutschen Botschaft in Rom, 1940 Generalkonsul in Mailand, 1943 Generalkonsul in Neapel – im Februar 1943 in der Monatsschrift Italien Goethes Italienreise mit den Stauferburgen und die Antike mit der Gegenwart: Goethe habe nach seiner Italienreise seinen „Sturm und Drang in die ewig gültige Form des antiken und damit des nordischen Menschentums gebracht“, doch diese „Verbindung des Germanentums mit dem Süden“ bestehe „nicht erst seit Goethe“: Schon jener urgewaltige Vorgang, den kleine Menschen die Völkerwanderung nannten, war nichts anderes als das Hineinströmen ungebrochener politischer Kraft in den machtleeren Raum des Zerfallenen. Diese Wanderung ist die erste großartige Kulturschöpfung nordischen Menschentums, die die griechische und die römische Antike der Welt erhalten hat. Und es ist unser 341 Ausführ­lich hierzu Knaak 2001, passim. – Beim Roundtable zur „Geschichte der Bibliotheca Hertziana im Nationalsozialismus“ am 1.4.2011 in Rom trug Kai Kappel seine Überlegungen zur Geschichte der Süditalienforschung an der Bibliotheca Hertziana vor, die er zwei Jahre später publiz­ierte, siehe Kappel 2013. 342 Augenfälligstes Beispiel ist Siebenhüner 1944 (Nachwort, S. 54, datiert auf den 15.7.1943). Programmatisch ist zwar das auf „Mai 1943“ datierte „Vorwort zu der Bücherreihe ‚Deutsche Kunst in Italien‘“ von Bruhns (S. 7), nicht aber Siebenhüners Text, der quellenorientierter Sachforschung zugerechnet werden kann. Vgl. dazu AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 351, Bruhns an Eberhard Hanfstaengl, 5.4.1943: „Den größten Wert legte Herr Siebenhüner auf einige erklärende Einleitungen von mir; denn er trägt Bedenken, dass unser ganzes Unternehmen in Italien missverstanden und als eine Art von Kulturimperialismus auf scharfe Ablehnung stossen könnte. Ich habe infolgedessen beiliegendes kurzes Gesamtvorwort verfasst, das dann wohl dem ersten Heft der Abteilung ,Deutsche Kunst in Italien‘ vorgesetzt werden müsste.“ 343 Zu Walther (auch: Walter) Wüster siehe das Protokoll seiner Vernehmung von 1947 im Archiv des IfZ, http://www.ifz-­muenchen.de/archiv/zs/zs-1596.pdf [Zugriff am 1.11.2017]. – Schieder 2013, S. 104, verweist nur knapp auf Hoffend 1998, S. 348. Präzise Angaben im Handbuch AA/5, S. 337 – 338. – Walther sollte nicht mit Adolf (auch: Adolph) Wüster verwechselt werden; dieser war Kunsthändler, Kunstsammler und Kulturattaché (Konsul) der deutschen Botschaft in Paris (zu Adolf Wüster siehe Rosebrock 2012, S. 127 – 129, 131, 133 – 136, 142 – 147, die über Feliciano 1998, passim, hinausgeht), mög­licherweise – so die Annahme im Handbuch AA/5, S. 337 – identisch mit dem Maler Adolf Wüster (1888 – 1972; vgl. 05343 Adolf Wüster, Matrikelbuch 1884 – 1920, http://matrikel.adbk.de/ matrikel/mb_1884-1920/jahr_1913/matrikel-05343 [Zugriff am 1.11.2017]). 344 Stellvertretender Leiter der Landesstelle München-­Oberbayern des Reichspropagandaministeriums, siehe Zuber 2009, S. 136.

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Stolz, daß unsere Vorfahren von Italien aus das Abendland vor dem Ansturm des sarazenischen und mongolischen Asiatentums gerettet haben. […] Wer einmal vor den Kastellen Friedrichs II. in Apulien und Sizilien gestanden hat, der wird sich der ewigen Schicksalsverbundenheit von Romanità und Germanismo, von Römertum und Deutschtum, bewußt.345

Einen Aufsatz über „Staufische Denkmäler in Italien“ publizierte Bruhns Anfang 1942 im Italien-­Beobachter; im März 1943 behandelte er in Aachen „Hohenstaufenburgen in Italien“.346 Am 4. Juni 1943 sprach Bruhns über „Deutsche Künstler des späten Mittelalters in Italien“.347 Dies ist selbstverständ­lich nicht als Durchführung der von Stange projektierten Agenda zu sehen, sondern – womög­lich auch in völliger Unkenntnis von dessen Plänen – als Realisierung einer besonders seit Mitte der 1930er Jahre virulenten Grundtendenz der deutschen Kunstgeschichte. Schon am 16. Juni 1936 hatte sich jedenfalls Bernhard Degenhart bei dem Historiker Friedrich Bock (1890 – 1963) für die Übersendung eines Sonderdruckes bedankt und hinzugefügt: „Sie werden unter den ersten sein, die wir in unserem geplanten Katalog von Nachrichten u. s. w. ueber deutsche Kuenstler in Italien aufnehmen wollen. Begonnen werden soll damit gleich im Herbst.“348 Das Deutsche Historische Institut (DHI) in Rom, das sich 1938 Gebäude, Bibliotheks­ bestände und Personal des Österreichischen Instituts in Rom einverleibt hatte, verfolgte etwa mit den Studien von Fritz Weigle zu den deutschen Studenten in Italien 349 sehr vergleichbare 345 Wüster 1943, Zitate S. 349 und 350. Vgl. zu Wüsters Rede vom 24.1.1943 – anläss­lich der Gründung der Zweigstelle Weimar der Deutsch-­Italienischen Gesellschaft – auch Ducke 2008, S. 411. 346 Leo Bruhns: Staufische Denkmäler in Italien, in: Italien-­Beobachter, 6. Jg., Heft 1/2, 1942, S. 18 – 20; Aachener Anzeiger und Westdeutscher Beobachter vom 23.3.1943. Siehe auch „Unterlagen zum Projekt Süditalienforschung, darin: Berichte von Leo Bruhns und Hanno Hahn, Bemerkungen zum wiss. Nachlass von Heinrich M. Schwarz“ in AMPG, Abt. I, Rep. 6, Kasten allgemein 3. 347 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1718, Jahresbericht 1942/43, 14 Seiten, hier S. 7. 348 MGHA, NL Bock, Nr. 156, Degenhart an Bock, 16.6.1936. Bei dem angesprochenen Sonderdruck kann es sich aus inhalt­lichen Gründen und wegen einer von Degenhart genannten Seitenzahl nur handeln um: Friedrich Bock: Aus den Rechnungsrollen der Grafen von Savoyen, in: QFIAB, Bd. 26, 1935/1936, S. 277 – 280. 349 Weigle publizierte zu ­diesem Thema mehrere Aufsätze in QFIAB (1942, 1944) und Bücher (1956, 1962); in seinem Tätigkeitsbericht für die Zeit vom 1.4.1942 bis 30.3.1943 (DHI Rom, Archiv, N 19, Nr. 3) erwähnt er zahlreiche Vorträge zu ­diesem Thema in Florenz, Bologna, Fiume (heute: Rijeka), Ferrara und Rom. – Die Einschätzung von Elze 1990, S. 19 („Das Institut beteiligte sich jedoch nicht an der in Rom betriebenen nationalsozialistischen Kulturpolitik, es blieb als solches von der Tagespolitik ziem­lich unberührt […]“) bedarf der Revision; sehr vorsichtig dazu Matheus 2010, S. 38, der bemerkt: „Allerdings wissen wir bisher wenig über die politischen Einstellungen und mentalen Prägungen jener, die in diesen Jahren am Institut tätig waren, auch die Forschungskonzepte und wissenschaft­ lichen Projekte jener Jahre wurden bisher nicht untersucht. Zudem ist die Geschichte der deutschen ‚Kolonie‘ in Rom insgesamt in den zwanziger bis vierziger Jahren weithin eine Terra incognita.“

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Vorhaben. Doch weniger die Deutschen als Lernende oder Beeindruckte, sondern vielmehr als Gebende, die inspirierten, beeinflussten und den Weg wiesen, sollten im kunsthistorischen Bereich im Zentrum stehen.350 Bruhns’ „Zentralstelle für Beziehungsforschung“ von 1936 war jedenfalls schnell vergessen (wenn es nicht sowieso nur die Eingebung eines Gesprächsmoments gewesen war), stattdessen dominierte Pinders Modell deutscher Sonderleistungen und deutscher Ausstrahlungen: „Die Forschung zur italienischen Kunst verkümmerte zusehends.“351 Andererseits gilt auch hier, dass kulturpolitische Verlautbarungen und Realität keineswegs übereinstimmen müssen, wie aus Briefen von Bruhns hervorgeht. So schrieb er im Januar 1943 an Franz Graf Wolff-­Metternich, der einen Vortrag zu Alessandro Pasqualini vorgeschlagen hatte, ­dieses Thema sei „sehr willkommen“: Unser hiesiges Publikum interessiert sich doch sehr viel mehr für Fragen der italienischen Kunst als etwa für grosse deutsche Künstler oder Kunstwerke. Meine Versuche, diese hier gelegent­lich auch erläutern zu lassen, haben alles in allem genommen wenig Erfolg gehabt d. h. unser Saal blieb in solchen Fällen halb leer.352

Am 29. Januar 1943 hielt Pinder einen Vortrag im Reichsrundfunk, den er vier Monate später in Forschungen und Fortschritte, dem Organ des Reichsforschungsrates, unter dem Titel „Vom Strahlungsbereich der deutschen Kunst“ veröffent­lichte. Ausführ­lich erörtert er die „höheren geistigen Formen“, die Deutsche in den „Norden und Osten“ gebracht hätten, kommt kurz auf den „Westen“ zu sprechen und bemerkt zu Italien (das gemeinsam mit der iberischen Halbinsel für ihn den „Süden“ repräsentiert): „Von Italien haben wir viel empfangen – aber mehr gegeben, als gemeinhin gewusst wird.“353 Der Beitrag schließt: „Ein vielbändiges Werk wäre nötig, den Strahlungsbereich deutscher Kunst einzufangen. Möge es

350

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Weigles o. g. Tätigkeitsbericht liefert indes durchaus Belege: „Die propagandistische Tätigkeit durch Vorträge und Artikel hat sich so im Berichtsjahre bedeutend erweitert. […] Doch wird diese Form des Einsatzes heute vom Institut verlangt, und zumal die Vorträge in den Provinzakademien bilden einen wichtigen Teil der deutschen Kulturpropaganda in Italien.“ So werden im Protokoll der Kuratoriumssitzung vom 19.10.1936 „in den Räumen der Bibliotheca Hertziana“ Bruhns’ Ausführungen zu zwei Vortragsreihen so wiedergegeben: „[…] das erste Thema ‚Dürer und Italien‘ […], wobei Dürer nicht nur als lernender, sondern als gebender Künstler behandelt wurde.“ AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1721, Bl. 21. Imorde 2009, S. 225. AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 339, Bruhns an Metternich, 7.1.1943. Pinder 1943, S. 151; das folgende Zitat ebenda. – Am 21.11.1940 hatte Pinder vor der Gesellschaft der Berliner Freunde der Deutschen Akademie im Hotel Kaiserhof in der Reihe der sog. Donnerstags-­ Frühstücke einen Vortrag mit dem Titel „Die Ausstrahlung der deutschen Kunst nach dem Auslande“ gehalten, siehe AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1009/3. Vor Pinder hatte Hermann Esser, Staatssekretär im RMVP, über „Die Judenfrage“ gesprochen.

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geschrieben werden! Es wird ein Beitrag mehr sein zur Stellung Deutschlands als Herzland Europas, für das es jetzt seinen gewaltigen Kampf führt.“354 Genau ­dieses vielbändige Werk war seit spätestens Anfang 1941 konkret in Planung. Im Rahmen der ‚Arbeitsgemeinschaft für den Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften‘ sollte, so ein Verlagsprospekt von 1941, unter der Leitung von Wilhelm Pinder und Richard Sedlmaier (1890 – 1963) „Die Deutsche Kunst und ihr Wirkungskreis“ in zwei Reihen behandelt werden.355 Während die zweite, den „Sonderleistungen deutscher Kunst“ gewidmete Reihe mit 29 Bänden noch vergleichsweise überschaubar war, sah die erste Reihe „Die deutsche Kunst an den Rändern des Reiches (Ausstrahlungen)“ zwölf Abteilungen vor. Die mit Abstand umfangreichste Abteilung war ausgerechnet Italien unter der Leitung von Leopold Bruhns, mit 17 Einzelbänden, wobei frei­lich zu bedenken ist, dass der „Osten“ vielfach untergliedert war, mit eigenen Abteilungen für das „Baltenland“, Polen und Russland, „Sudetenraum“, „Karpathenraum“ sowie „Balkan und weiterer Osten“. Ein ähn­lich selektives Bild von deutscher Kultur – so, wie die Deutschen von den Italie­nern gesehen werden wollten, vor allem aber: wie sie sich selbst sahen – geht auch aus einem Ausstellungsvorhaben des Lektorats Palermo der Deutschen Akademie im Februar 1943 hervor: Für eine „geschicht­liche Ausstellung“ werden „einige Bilder“ erbeten: Codex Argenteus, Adlerfibel der Ostgoten oder sonstiger Schmuck, Das Grabmal Theoderichs des Grossen, Die Marienburg, Der Bamberger Reiter, Wallenstein, Prinz Eugen, Friedrich der Grosse, Maria Theresia, Goethe und Schiller, Freiherr vom Stein, Scharnhorst und Gneisenau, Königin Luise, Bismarck, Hindenburg.356

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass es im Rahmen der kulturellen Zusammenarbeit ­zwischen dem faschistischen Italien und dem nationalsozialistischen Deutschland auch von italienischer Seite – herausgegeben vom italienischen Außenministerium – seit 1934 eine kunsthistorische Publikationsreihe gab, die dem „genio italiano all’estero“ gewidmet war.357 Eingeschoben sei an dieser Stelle zudem, dass die verstärkte Bearbeitung des Themas 354 Es würde zu weit führen, sich an dieser Stelle eingehender mit Pinders Europa-­Begriff auseinanderzusetzen. Vgl. in ­diesem Zusammenhang die sehr anregenden, nicht nur begriffsgeschicht­lichen Überlegungen bei Oexle 2004. – Noch entschieden selektiver als Pinders Europa-­Begriff ist die Perspektive von Kohlhaussen 1944, S. 4: „Die Nationen Europas wahren und schützen ihre heiligsten Güter mit ihrem Blut. Die Angelsachsen zerschlagen sie in kalter Berechnung.“ 355 Konzis zusammengefasst von Hausmann 2007, S. 198 – 211, der auch die Quellen und Ergebnisse von Aurenhammer 2003b berücksichtigt, die in den ersten beiden Auflagen von Hausmanns Buch (1998 und 2002) nicht enthalten waren. 356 MGHA, NL Bock, Nr. 156, Korr. DHI, DA Lektorat Palermo (Dr. Hanke) an Bock, 3.2.1943. 357 Siehe exemplarisch Lavagnino 1943, der im Vorwort sowohl Max Goering in München (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege) als auch dem (schon 1933 emigrierten) Kunsthistoriker Fritz Volbach, Bibliotheca Vaticana, dankt.

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„Deutsche Kunst in Italien“ – in Rom wie in Florenz – in deut­lichem Gegensatz zu einer Formulierung von Metternich steht, die er in seinem Abschlussbericht über die Tätigkeit des Kunstschutzes im März 1945 verwendet. In einer die erwartbare deutsche Niederlage antizipierenden und insofern strategischen Überlegung heißt es dort, dass die Deutschen sich „gegenüber den als ideellen Gemeinschaftsbesitz aller europäischen Völker anerkannten und gewerteten Kulturgütern“ stets moralisch verpf­lichtet gefühlt hätten, und dies „[…] beweisen die zahlreichen Institute im Auslande, die der Erforschung fremder Kunst und Kultur dienen.“358 Auch wenn schon Bruhns’ Herausgeberschaft der Abteilung „Deutsche Kunst in Italien“359 der eingangs zitierten Rede vom „Stillstand“ der Institutsarbeit ab Sommer 1940 (respektive der Unterbrechung der Forschung 360) widerspricht, sei doch kurz auf die vielfältigen Institutsaktivitäten hingewiesen, die über Vorträge,361 Führungen und Publikationen weit hinausgingen. Noch im Januar 1943 hatte Bruhns, wie er in einem Brief bekannte, jedenfalls 358 BA MA, RH 3/154, Metternich, Abschließender Bericht (Bl. 5 – 39), Bl. 10 (= S. 3); Hervorhebung CF. 359 Vgl. AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 339, Richard Sedlmaier an Bruhns, 6.1.1943. Weitere Schreiben in dieser Akte zum kunsthistorischen Arbeitsprogramm des ‚Kriegseinsatzes‘ in Italien: Sedlmaier an Bruhns, 10.1.1943; Bruhns an Sedlmaier, 20.1.1943 (in dem er Sedlmaier vorschlägt, dass es „besser wäre, irgendein Fachgenosse in Deutschland übernähme die Abteilung ‚Deutsche Kunst in Italien‘. Ich schlage Dir Heydenreich in Berlin vor […].“ – Die Korr. setzt sich fort in AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 341, Sedlmaier an Bruhns, 30.1.1943 (vorläufige Ablehnung von Heydenreich, aber gleichzeitig – für den Fall von Bruhns’ Rückzug von seiner Funktion als Abteilungsleiter – Überlegung, Heydenreich zur für den 26. und 27.3.1943 geplanten Sitzung der Abteilungsleiter in Berlin einzuladen); Nr. 349, Bruhns an Gerstenberg, 14.4.1943 (Bericht über Sitzung in Berlin); Bruhns an Goering, 16.4.1943 (dito); Nr. 357, Pinder und Sedlmaier an Bruhns, 18.6.1943 (Rundbrief an die Abteilungsleiter mit Rüge über Verzögerungen der Manuskriptabgabe: „Das kunstgeschicht­ liche Kriegseinsatzwerk kann und darf den anderen Abteilungen des Gesamtwerks gegenüber nicht zurückstehen. […] Das Kriegseinsatzwerk ist als kriegswichtig bezeichnet. […] Es ist alles geschehen, um das Erscheinen der in Arbeit befind­lichen Bände auch im ‚totalen Kriege‘ sicherzustellen“) und Bruhns an Hetzer, 18.6.1943; Nr. 358, Sedlmaier an Bruhns, 23.6.1943 (Rundschreiben mit Formalia zur Manuskriptgestaltung); Bruhns an Hermann Voss, 23.6.1943 (mit Begleitbrief an Prinzing, 23.6.1943); Sedlmaier an Bruhns, 24.6.1943 (Begleitschreiben zu Rundbrief ); Nr. 359, Voss an Bruhns, 5.7.1943 (Absage); Bruhns an Gerstenberg, 7.7.1943; Bruhns an Max Goering, 7.7.1943; Nr. 360, Bruhns an S­ edlmaier, 8.7.1943 (mit Anfrage zu Vortrag in Rom im Frühjahr 1944); Bruhns an Sedlmaier, 14.7.1943; Nr. 362, Bruhns an Sedlmaier, 3.8.1943 (schickt die erbetene Liste potenzieller „Empfänger von Dedikations-­Exemplaren der Hefte ‚Ausstrahlungen deutscher Kunst‘“ und bemerkt, dass er wegen der zahlreichen Absagen und Verzögerungen „leider als ein ziem­licher ruinierter Abteilungsleiter“ erscheinen müsse – „Unser ganzes Unternehmen steht offenbar unter keinem günstigen Stern“); Bruhns an Eberhard Hanfstaengl, 3.8.1943. – Vgl. auch AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1717, Sedlmaier an Telschow/KWG, 11.1.1943. 360 Http://www.biblhertz.it/institut/geschichte/#c1375 [Zugriff am 1.11.2017]. 361 Einschlägig AMPG , Abt. I, Rep.  6, Nr.  626 (Vorträge Kunstgeschichte 21.1.1935 – 27.1.1956, mit Anwesenheitslisten); Nr. 627 (Vorträge Kulturwissenschaft Januar 1935 bis April 1940, mit

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„alle meine Assistenten an meiner Seite“362 und fühlte sich „noch immer als eine Insel des Friedens“363. Gegenüber Kriegbaum klagte Bruhns über die Strapazen einer Vortragstournee, sah aber gleichzeitig die Situation in Rom – und die aller Italieninstitute – als privilegiert an, woraus er im pastoralen Duktus eine Verpf­lichtung ableitete: „Wir müssen eben das Unsre tun, um die Mühseligen und Beladenen [im Reich] ein wenig zu trösten.“364 Bernhard Degenhart besuchte Ende März 1943 das Institut und sah es inmitten des Krieges an als „Fleckchen […], an dem Glueck­liche wissenschaft­lich arbeiten koennen.“365 An den Generalsekretär der KWG schrieb Bruhns im April 1943: „Die Arbeit in meinem Institut ist bis jetzt durchaus normal verlaufen.“366 Der erste Satz des Jahresberichts 1942/1943, den Bruhns im Juli 1943 verfasste, lautet: „Das mir anvertraute ­Kaiser-­Wilhelm-­Institut für Kunstwissenschaft hat auch im vierten Kriegsjahr seinen wissenschaft­lichen Aufgaben ungehindert nachgehen können.“367 Gerade weil den Assistenten (Otto Lehmann-­Brockhaus, Wilhelm Paeseler [1906 – 1983], Heinrich Schwarz [1894 – 1974]) und assoziierten Mitgliedern wie Carl Lamb (1905 – 1968) seit Anfang 1943 die Einberufung drohte,368 verhandelte Bruhns ­zwischen Mai und August 1943 mit Heinrich Gerhard Franz (1916 – 2006) über dessen Einstellung als Assistent.369 Erst nach dem Luftangriff auf Rom am 19. Juli 1943, bei dem in vier Angriffswellen das Stadtviertel von San Lorenzo fuori le mura schwer beschädigt wurde (die Gegend dort, so Bruhns Ende ­ nwesenheitslisten), Nr. 628 (Vorträge Kulturwissenschaft April 1940 bis Mai 1942, mit AnwesenheitsA listen), Nr. 629 (Vorträge Kulturwissenschaft Mai 1942 [bis 4. August 1943], mit Anwesenheitslisten). 362 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 339, Bruhns an Otto Förster (Köln), 7.1.1943. 363 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 339, Bruhns an Sedlmaier, 20.1.1943, 2 Bl. VS und RS, hier Bl. 2 VS. – In einem Schreiben von Dezember 1942 heißt es analog, dass Rom „bis vor kurzem […] für eine der sichersten Städte Europas gelten“ konnte, siehe AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1716, Bruhns an KWG, 23.12.1943; gleichlautend Nr. 1717, Bruhns an KWG, 5.1.1943. 364 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 340, Bruhns an Kriegbaum, 12.1.1943. 365 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 347, Degenhart an Bruhns, 31.3.1943. 366 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1717, Bruhns an Telschow, 20.4.1943, 3 Seiten, hier Seite 2 (= Bl. 1 RS). 367 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1718, Jahresbericht 1942/43 des K ­ aiser-­Wilhelm-­Instituts für Kunst- und Kulturwissenschaft im Palazzo Zuccari, Abteilung für Kunstwissenschaft, datiert „Juli 1943“, 14 Seiten, hier S. 1. Hinsicht­lich des 7. Bandes des Römischen Jahrbuchs für Kunstgeschichte (der 6. soll Ende 1943 als Doppelband 1942/43 erscheinen) ist Bruhns frei­lich skeptisch: Die Aussichten, ihn 1944 herauszubringen, ­seien „leider gering. Der Krieg macht sich in der wissenschaft­lichen Produktion doch immer stärker bemerkbar“ (S. 4). Tatsäch­lich erschien Bd. 6 erst 1946, Bd. 7 erst 1955. – Die Zahl der Bibliotheksnutzer beziffert Bruhns auf 3302, die Zahl deutscher Gäste auf 71 (S. 10). 368 So war Lehmann-­Brockhaus zum 25.3.1943 zum Pionier-­Ersatz-­Bataillon Karlsruhe einberufen worden, siehe AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 521, Schudt an Reinold, 23.2.1943. 369 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 353, Bruhns an Franz, 18.5.1943; Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1718, Bruhns an KWG, 9.7.1943; Franz an KWG, 6.8.1943; Telschow an Bruhns, 9.8.1943. – Im Januar 2006 habe ich ein (wenig ergiebiges) Interview mit Franz in Graz geführt; die Gesprächsdokumentation (Cassette) steht der Forschung auf Anfrage zur Verfügung.

108 I Deutsche Kunstgeschichte und auswärtige Kulturpolitik des Deutschen Reiches

Juli 1943, sehe „ebenso uebel“ aus „wie schwer getroffene Stadtteile von Berlin nach dem 1. Maerz“370) und „der ganze Hoppenstedtsche Hofstaat […] schon auf und davon“371 war, wurde ernsthafter über eine Räumung und Schließung des Institutes nachgedacht. Dessen ungeachtet arbeitete Bruhns gemeinsam mit Paul Ortwin Rave (1893 – 1962) und einer italie­ nischen Kommission (Carlo Giulio Argan [1909 – 1992], Giuseppe Gabetti [1886 – 1948], Arturo Farinelli [1867 – 1948]) noch bis Mitte 1944 an einer illustrierten, deutsch-­italienischen Gemeinschaftsausgabe von Goethes Italienischer Reise.372 Auch Fotosammlung und Bibliothek wurden nach dem Sommer 1940 wie in den Vorkriegsjahren regelmäßig und intensiv genutzt,373 Anschaffungen und Bestellungen kontinuier­ lich getätigt – die letzten Erwerbungen wurden am 27. September 1943 in den Zugangsbüchern registriert.374 Und obwohl die Bibliotheksbestände z­ wischen Dezember 1943 und März 1944 in ein Salzbergwerk bei Hallein ausgelagert worden waren, wurde das Institut erst am 30. September 1944 offiziell geschlossen; nichtsdestotrotz setzte Schudt von Wiesbaden aus auch jetzt noch das Erwerbungsprogramm fort.375

370 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 361, Bruhns an Kriegbaum, 29.7.1943: „Hier in Rom herrscht ein merkwuerdiges Schwanken z­ wischen Aufbruch und Anklammerung. Unsere offiziellen Stellen geben wenig Lebenszeichen von sich und halten es jedenfalls fuer besser, wenn wir in den Instituten selbst fuer uns sorgen.“ 371 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 361, Bruhns an Schudt, 31.7.1943. Pikanterweise hatte Hoppenstedt noch am 23.7. heroisch verkündet: „Ich werde selbstverständ­lich hier bleiben bis zum letzten Augenblick, also entweder ganz, wenn es gestattet werden sollte, oder werde erst als letzter das Institut verlassen.“ AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1718, Hoppenstedt an Telschow, 23.7.1943, 6 Seiten, hier S. 2. – Spätestens am 12.8.1943 war Hoppenstedt indes wieder nach Rom zurückgekehrt (ebenda, Hoppenstedt an Telschow, 12.8.1943). Vgl. AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 363, Bruhns an Adolf Spemann, 1.9.1943: „Eine zeitlang sah es so aus, als ob wir bald vor der mir so lieb gewordenen ewigen Stadt Abschied nehmen müssten. Inzwischen hat sich aber alles ein wenig beruhigt, wennschon es jedem klar ist, dass jeden Tag Überraschungen eintreffen können.“ – Siehe auch Schieder 2013, S. 104 – 105. 372 Siehe dazu u. a. AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1719, Frey/REM an Bruhns, 11.5.1944; Arndt/KWG an Bruhns, 18.5.1944, mit Abschrift Rave an Frey, 13.3.1944. – Nicht eingesehen habe ich einen Brief von Bruhns von 1944 an den Insel Verlag in Leipzig, in: Klassik Stiftung Weimar / Goethe- und Schiller-­Archiv, Signatur GSA 50/638. 373 Den Angaben in AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 625 (Fremdenbuch für die Gäste und Forschungsstipendiaten des Palazzo Zuccari) zufolge besuchten im Arbeitsjahr 1941/42 25 und in den Jahren 1941/42 und 1942/43 jeweils 32 auswärtige Fachwissenschaftler das Institut zu kürzeren bis mehrwöchigen Forschungsaufenthalten. Vgl. AMPG , Abt. I, Rep. 6, Nr. 351, Bruhns an Prinzing, 5.4.1943, mit kurzer Übersicht zu 23 deutschen und italienischen Kunsthistorikern, die seit Herbst 1941 ein oder mehrmals in der Gästewohnung untergebracht worden waren. 374 Schmitz 2010, S. 37, Anm. 202. 375 Schmitz 2010, S. 39 mit Anm. 215, dort Verweis auf AMPG, I. Abt., Rep. 1a, Nr. 1720. – Dies wäre zu ergänzen durch MGHA, NL Bock, Nr. 155, S‒U, Schudt an Bock, 13.12.1944: „Von Zeit zu Zeit geht eine Kiste an den Bergungsort.“

Kulturpolitik und Kunstgeschichte in Rom  I  109

Die Aussage vom „Stillstand“ der Institutsarbeit im Jahr 1940376 fällt sogar hinter Bruhns’ radikal apologetischen, sämt­liche Friktionen harmonisierenden Bericht im Mitteilungsblatt der Max-­Planck-­Gesellschaft (MPG) von 1952 zurück, der nicht nur Hoppenstedts Institut als eine „im Testament der Henriette Hertz angedeutete Mög­lichkeit“ beschreibt und ihm attestiert, „für die Pflege der geistigen Beziehungen z­ wischen Deutschland und Italien Wertvolles geleistet“ zu haben, sondern bündig festhält: „Der zweite Weltkrieg hat unser Arbeiten in seinen ersten Jahren kaum gelähmt, obschon wir ihm die schmerz­lichsten Opfer bringen mussten durch den Tod einstiger Mitarbeiter in Griechenland, Russland und Jugoslawien.“377

3.3 Zusammenfassung – und Ausblick auf die Zeit nach dem Sturz Mussolinis am 25. Juli und der Kapitulation Italiens am 8. September 1943 Die Einbindung der beiden deutschen kunsthistorischen Institute in Florenz und Rom in die Kultur- und Wissenschaftspolitik des Dritten Reiches war, wie dieser Überblick gezeigt hat, umfassend. Diese historische Tiefendimension fachwissenschaft­licher Arbeit in Italien ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Beurteilung der Tätigkeit des Deutschen 376 Kieven 2010, S. 103. 377 Bruhns 1952, S. 11; das vorhergehende Zitat S. 8. Bemerkenswert ist ferner die markante Umdeutung der deutschen Süditalienforschung (S. 9): „Die mittelalter­liche Forschung wurde hierbei [bei den Arbeiten der Assistenten] stark bevorzugt, schon weil diese in Italien besonders oft zu Fragen nach Beziehungen internationaler Art, auch zu Beziehungen nach Deutschland, Anlaß gibt. Unsere Bibliothek wurde dementsprechend immer bewußter ‚europäisiert‘ […].“ – Mit den „Opfern“ sind gemeint: Günther Neumann (bis 13.3.1939 Stipendiat, ab 15.3.1939 2. Assistent [AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 605, Bl. 9 – 10], als Fallschirmjäger am 23.5.1941 gefallen auf Kreta) und Werner Körte, der noch „Mitte Mai 1945, also einige Tage nach der deutschen Kapitulation“ (Thiel 2009, S. 235) aus politischer Überzeugung den Tod im Kampf gegen jugoslawische Partisanen und Kommunisten gesucht und gefunden hatte. – Hingewiesen sei an dieser Stelle auf die unterschied­liche Nuancierung in den beiden Nachrichten zu Neumanns Tod im Italien-­Beobachter, 5. Jg., Nr. 7, Juli 1941, S. 19: Während der Leiter der Ortsgruppe Rom der AO der NSDAP, W. Siewert, zum Tod von „Pg. Dr. Günther Neumann“ vermerkt, dessen Tod sei „die Vollendung seines Lebens als Nationalsozialist“ gewesen, formuliert Bruhns in seinem k­ urzen Nachruf: „In glühender Vaterlandsliebe verliess er im Herbst 1940 unseren Kreis, um als Kriegsfreiwilliger in den Reihen der Kämpfer für Deutschlands Grösse und Freiheit einzutreten. […] wir wissen um die Grösse des Ideales, dem ­dieses hoffnungsvolle Leben sich zum Opfer gab.“ Vgl. dazu wiederum Hans Jantzens Nachwort zu Neumanns Dissertation in der von Jantzen herausgegebenen Reihe „Münchener Beiträge zur Kunstgeschichte“, Bd. 11, 1942, S. 110 – 111, hier S. 110: „Günter Neumann hat am 23. Mai 1941 im Alter von 29 Jahren bei der Eroberung Kretas den Soldatentod gefunden. Sein Leben erfüllte sich in unbedingter Hingabe an ein höchstes Ziel. Diese Haltung war nicht nur für den Soldaten und Nationalsozialisten, sondern auch für den jungen Wissenschaftler vorbild­lich.“

110 I Deutsche Kunstgeschichte und auswärtige Kulturpolitik des Deutschen Reiches

Militärischen Kunstschutzes – nicht nur für dessen Inkubationsphase, sondern ebenso für Verlauf, Lokalisierung der Dienststellen, Schwerpunktsetzungen, propagandistische Auswertung etc. Dies gilt gleichermaßen für die Nachkriegszeit, in der nicht nur die Frage der Wiedereröffnung der Institute eng mit Diskussionen über Kriegsverluste und Restitutionsprobleme verknüpft werden sollte. Im Folgenden soll der Rückblick – die weitere Arbeit von KHI und den beiden römischen KWI ab Sommer 1943 wird weiter unten geschildert werden – mit einem Ausblick verbunden werden. Denn die Situation verschärfte sich ab Frühjahr und besonders im Laufe des Sommers 1943 aus mehreren Gründen.378 Am 17. Februar 1943 teilte das REM der KWG mit, das Auswärtige Amt habe die Stelle eines Generalbevollmächtigten für die deutschen Kulturinstitute in Italien geschaffen und mit Albert Prinzing besetzt, der bereits mit den entsprechenden Vollmachten versehen sei. Als Begründung wurden u. a. Ausführungen der deutschen Botschaft in Rom genannt, die eine mangelnde Koordination der Veranstaltungen der verschiedenen Institute in Italien kritisiert hatte.379 Hoppenstedt erhob sofort – allerdings zurückhaltenden – Einspruch, verwies auf die traditionell enge Abstimmung mit der Botschaft und gab zu bedenken, dass er und Bruhns doch seit Längerem „ohnehin veranlasst [seien], uns auf eine mehr extensive, kulturpropagandistische Arbeit einzustellen […] ist es unser aufrichtigster Wunsch, vor allem im Kriege, so weit es in unseren Kräften steht und so weit es nur irgend angeht, unsere Institute zu kulturpolitischem Einsatz zu bringen.“380 Zehn Tage später rief Hoppenstedt sogar in Berlin bei der KWG an, um seinen Unmut zu bekunden, dass die Berufung von Prinzing mit einer Kritik an der bisherigen Arbeit verbunden worden sei.381 Bereits im März 1943 traf sich Bruhns mit Prinzing in Berlin, der den Vorschlag machte, „dass führende Männer des deutschen Denkmalschutzes im Kriege mit italienischen Kollegen in einen ausführ­lichen Gedankenaustausch treten sollten“382 – was Bruhns in längeren Verhandlungen mit Paul Clemen (1866 – 1947), dem Nestor des deutschen Kunstschutzes im 378 Nichtsdestotrotz fanden auch im Sommer 1943 deutsch-­italienische Veranstaltungen statt, wie etwa die „Mostra di Arte Germanica Moderna di Bianco e Nero“, organisiert von der Associazione Italo-­ Germanica [Deutsch-­Italienische Gesellschaft] und dem Kunstdienst Berlin, die am 19.6.1943 in der Sala Napoleonica im Palazzo Reale in Venedig 1943 eröffnet wurde, siehe May 2009, S. 208. – Soweit ich sehe, sind die Ausstellungsaktivitäten der Associazione Italo-­Germanica noch nicht untersucht worden; hingewiesen sei an dieser Stelle auf die „Mostra dei pittori in guerra“, die vom 19.12.1941 bis 10.1.1942 unter der Schirmherrschaft des Oberkommandos der Wehrmacht in der Galleria nazionale d’arte moderna stattfand; kurze Beschreibung bei Cantatore 1997b, S. XXVII, Anm. 12. 379 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1717, REM (gez. Rust) an KWG, 17.2.1943. 380 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 346, Hoppenstedt an Botschaft Rom, 9.3.1943, 1 Bl. VS und RS, 1 Bl. VS, hier Bl. 1 RS. 381 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1717, Aufzeichnung über Anruf Hoppenstedt, 19.3.1943. 382 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 347, Bruhns an Metternich, ebenso an Paul Clemen, 25.3.1943; beide sollen in Rom in Bruhns’ Institut Vorträge halten.

Zusammenfassung  I  111

­ rsten Weltkrieg, und mit Franz Graf Wolff-­Metternich, die er beide zu Vorträgen in Rom E gewinnen wollte, zu realisieren suchte.383 Hoppenstedt dürfte bewusst gewesen sein, dass die Einsetzung von Prinzing faktisch auf seine Entmachtung hinauslief. Dabei dürfte auch der Altersunterschied eine Rolle gespielt haben: Der 28 Jahre jüngere, 1911 geborene Prinzing gehörte zu jener Alterskohorte der „verlorenen Generation“ (Detlev Peukert) beziehungsweise der „Generation des Unbedingten“ (Michael Wildt), auf die der Nationalsozialismus nicht nur besondere Attraktivität ausgeübt hatte, sondern die tatsäch­lich – als Intellektuelle – eine maßgeb­liche Stütze des Regimes bildeten und, wie auch Werner Best (1903 – 1989), ‚Theoretiker der Gestapo‘ und führender Kopf im Reichssicherheitshauptamt, in der Nachkriegszeit den wirtschaft­lichen Aufschwung der Bundesrepublik wesent­lich mitprägen sollten. Nicht wegen des Revirements im Kulturreferat der Botschaft Rom (ab 12. Juli 1943 geleitet von Generalkonsul Dr. Max Otto Schaefer-­Rümelin 384), sondern mit dem Sturz Mussolinis am 25. Juli und der späteren Kapitulation Italiens am 8. September 1943 änderte sich die Gesamtsituation in Italien – und damit auch die kulturpolitische Grundlinie – in entscheidendem Maße. Während zuvor der Gleichklang, die tiefe innere Übereinstimmung und die weltpolitische Allianz z­ wischen Faschismus und Nationalsozialismus betont worden war, ist nun ein ‚Zurückrudern‘ zu beobachten, ein Betonen der Differenzen. Ursäch­lich dürfte dafür auch die Annahme gewesen sein, der Machtverlust der Faschisten in Italien könnte Auswirkungen auf die Stimmungslage der Bevölkerung im „Altreich“ haben. Selbst in einer mit „Nur für den Dienstgebrauch“ gezeichneten Schulungsunterlage der NSDAP (undatiert, nach dem 25. August und vermut­lich vor Errichtung der Repubblica Sociale Italiana [RSI] am 23. September 1943) heißt es in einer Kapitelüberschrift nun ausdrück­ lich: „Nationalsozialismus und Faschismus [sind] in ihrer inneren Struktur verschieden“.385 383 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 348, Metternich an Bruhns, 3.4.1943 und Bruhns an Metternich, 7.4.1943; Nr. 349, Bruhns an Metternich, 13.4.1943; Bruhns an Clemen, 13.4.1943; Nr. 350, Metternich an Bruhns, 20.4.1943 und 30.4.1943; Nr. 353, Metternich an Bruhns, 20.5.1943; Nr. 354, Clemen an Bruhns, 21.5.1943; Nr. 359, Bruhns an Clemen, 7.7.1943; Nr. 361, Metternich an Bruhns, 16.7.1943. 384 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 361, Rundbrief an alle deutschen Institute in Rom vom 15.7.1943. – Schaefer-­Rümelin (auch: Schäfer-­Rümelin) arbeitete ab 1921 im AA; 1922 Dr. jur.; z­ wischen 1923 und 1936 verschiedene diplomatische Tätigkeiten in Paris, Kairo, Amsterdam und Zürich; 1935 Eintritt in die NSDAP ; 1936 – 1937 Generalkonsul in Mailand; 1937 – 1939 Kulturpolitische Abt. des AA , 1939 – 1940 „Dienstleistung zu Propagandazwecken beim Armeeoberkommando 14“, am 19.5.1943 Bestellung zum Kulturreferenten der Botschaft Rom mit der Dienstbezeichnung Generalkonsul, Dienstantritt 5.7.1943 (bis 8.9.1943); 12.10.1943 Beförderung zum Generalkonsul, Dienstantritt beim Bevollmächtigten des Großdeutschen Reichs bei der faschistischen Nationalregierung in Fasano am 26.10.1943; am 15.1.1945 Versetzung in den einstweiligen Ruhestand (Handbuch AA/4, S. 38 – 39). 385 Schulungs-­Unterlage Nr. 16 „Die Südfront – politisch“, Nur für den Dienstgebrauch, herausgegeben vom Reichsorganisationsleiter der NSDAP, Hauptschulungsamt, o. O., o. J. (BSB: Z 65.486 – 9), S. 3.

112 I Deutsche Kunstgeschichte und auswärtige Kulturpolitik des Deutschen Reiches

13  Deutsche Soldaten sehen Italien: Ausstellung der Wettbewerbsarbeiten im Rahmen der geistigen Betreuung und Freizeitgestaltung im Ausstellungssaal der Akademie der Künste Villa Massimo in Rom, Juni 1942. Umschlag (Bibliotheca Hertziana, KatE-ROM 106-1942/2).

Die Akzentverschiebung wird auch an einem anderen Umstand deut­lich: Während vor dem Herbst 1943 allgemein gehaltene, eher touristische Guidenliteratur sowie grosso modo landeskund­liche Schriften wie etwa Wilhelm Waetzoldts Kamerad Italien dominieren, werden nun – maßgeb­lich von den Propaganda-­Abteilungen der Wehrmacht initiiert – kulturelle Veranstaltungen speziell für in Italien stationierte deutsche Soldaten entwickelt, darunter auch Ausstellungen ‚von Soldaten für Soldaten‘, wie noch im September 1944 L’Italia vista dai soldati germanici. Mostra di fotografie e di disegni / Deutsche Soldaten sehen Italien. Ausstellung von Fotografien und Zeichnungen (vgl. auch Abb. 13).386 386 Torino, Piazza San Carlo 136, Vorwort bzw. Einleitung von Concetto Pettinato (1886 – 1975), dem Leiter der italienweit wichtigen Turiner Tageszeitung La Stampa, mit 195 einzeln aufgeführten Exponaten. – Der schmale Ausstellungskatalog (16 Seiten) ist, soweit ich sehe, nur in einem Exemplar überliefert, und zwar in der Stadtbibliothek Worms, die den mit 10 Regalmetern sehr umfangreichen Nachlass (Sig. 170/21) des Kunsthistorikers – und Mitglied einer Propagandastaffel – Walter Hotz (1912 – 1996) verwahrt. Im BA B, ehem. BDC, befindet sich zu Hotz nur eine Antwort des 1922 gegründeten völkischen Angelsachsen-­Verlag Bremen auf eine Anfrage der Reichsschrifttumskammer (RK, I 0248) vom 25.2.1942, derzufolge Hotz „z.Zt. Leutnant“ sei und sich auf seine Habilitation in Heidelberg vorbereite. – Offenbar handelt es sich um eine Wanderausstellung, denn in der Bibliotheca Hertziana – Max-­Planck-­Institut für Kunstgeschichte Rom befindet sich ein Exemplar, das

Zusammenfassung  I  113

14  Porträtfoto des Gesandten Rudolf Rahn (1900 – 1975), Fotograf unbekannt; ARZI, Konvolut Heydenreich.

Mit der „Anordnung des Führers über die Bestellung eines Bevollmächtigten des Großdeutschen Reiches in Italien und die Gliederung des besetzten italienischen Gebietes vom 10. September 1943“387 und der Ernennung des Gesandten Rudolf Rahn (1900 – 1975, Abb. 14) endet die alte Allianzpolitik. Gleichwohl werden verschiedene Vorhaben, nur leicht modifiziert, fortgeführt, und selbst wenn man ausschließ­lich die deutsche Seite in den Blick nimmt, ist mit einer Vielzahl teils konvergierender, teils konkurrierender Initiativen zu rechnen, und zwar in allen vier miteinander verbundenen Bereichen Kulturpolitik, Kulturpropaganda, Kulturgüterschutz und Kulturgüterraub. Diese komplexe, synchron und diachron zu untersuchende Gemengelage von partikularen Interessen kann indes im Rahmen dieser Studie nicht detaillierter nachgezeichnet und analysiert werden. Hier sei nur kurz auf die weitere Geschichte des KWI für Kulturwissenschaft eingegangen, das im Deutschen Institut Venedig (mit Zweigstelle in Mailand) aufging, weil d ­ ieses im Frühjahr 1945 auch für den Kunstschutz eine wichtige Rolle spielen wird. Am 7. September 1943 informierte das Auswärtige Amt die KWG, dass die Deutsche Botschaft Rom angewiesen worden sei, dem Italienischen Außenministerium mitzuteilen, als Katalog (24 Seiten) einer gleichnamigen Austellung in der Deutschen Akademie Villa Massimo im Juni 1942 bezeichnet ist (KatE-ROM 106-1942/2). 3 87 Moll 1997, S. 357 – 358 (Dokument 267).

114 I Deutsche Kunstgeschichte und auswärtige Kulturpolitik des Deutschen Reiches

dass „im Hinblick auf die durch die Kriegslage gebotene Konzentrierung aller Kräfte und zur Vereinfachung der Verwaltungsarbeiten“ beschlossen worden sei, die Mittelstelle der Deutschen Akademie in Rom mit ihren Provinzlektoraten und den Deutschen Akademischen Austauschdienst zu einer einheit­lichen Organisation unter dem Namen „Deutsches Institut“ zusammenzufassen. Die Leitung des Instituts ist dem Dozenten Berger als Generalsekretär übertragen worden.388

„In absehbarer Zeit“, so weiter, solle sodann eine „Personal-­Union ­zwischen dem K ­ aiser-­ Wilhelm-­Institut für Kulturwissenschaft und dem Deutschen Institut unter Professor ­Hoppenstedt vorgesehen werden.“ Dessen Einspruch im Frühjahr schien also nicht völlig folgenlos geblieben zu sein. Doch Hoppenstedts Hoffnungen wurden bald zunichte gemacht. Denn nicht in Rom, sondern in Venedig wurde ein Deutsches Institut gegründet (wie es sie in vielen anderen besetzten Ländern bereits gab), und nicht Hoppenstedt, sondern Prinzing sollte schließ­lich als Präsident amtieren.389 Etatisiert am 1. Januar 1944, wurde das DI Venedig am 17. Februar 1944 in der direkt neben der Chiesa Santa Maria della Salute am Canal Grande gelegenen Abbazia di San Gregorio u. a. in Anwesenheit des Gesandten Rahn, SS -Obergruppenführer Karl Wolff (1900 – 1984), Franz Alfred Six (1909 – 1975), Ziehvater und Duzfreund von Prinzing, Erziehungsminister Carlo Alberto Biggini und verschiedenen Universitätsrektoren eröffnet.390 Eine weitere Zweigstelle des DI Venedig sollte im Frühjahr 1944, geleitet von Heydenreich, in Florenz etabliert werden, doch seine „Ernennung zum Leiter der Zweigstelle des Deutschen Instituts in Venedig, Florenz“ hält Heydenreich Ende April „für inopportun“, da „eine Zersplitterung meiner Leistungen […] die unausbleib­liche Folge sein“ würde.391

388 AMPG , Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1009/5, AA an KWG , z.Hd. Dr. Telschow, 7.9.1943; das folgende Zitat ebenda. 389 PA AA, Rom Quirinal, 1560 (Deutsches Institut Venedig, 1942 – 1944), Ernst Junker (Mittelstelle der Deutschen Akademie in Bozen) an Horst Rüdiger (Lektorat Bologna), 10.11.1943: „In Durchführung eines schon vor dem 8. September gefassten Planes soll in Venedig ein deutsches Institut gegründet werden. […] Die Betreuung hat [Generalkonsul] Schäfer-­Rümelin.“ – Siehe ebenda, Schreiben vom 24.11.1943, zur Bestellung von Prinzing. 390 Dazu ausführ­licher auch Hausmann 2002a, S. 355, 362. – Vgl. Abschrift aus Archiv für Aussenpolitik und Länderkunde, Jan.‒Feb. 1944, S. 792, in BSR, War Damage Collection, Docs, Box E: Aufgabe des DI sei „es, den Austausch auf dem Gebiet von Wissenschaft und Hochschulen zu vermitteln, die Beziehungen zu den führenden geistigen Schichten des Landes zu pflegen und auszugestalten, sowie die jahrhundertealten kulturellen Verbindungen ­zwischen den beiden Ländern im Rahmen des europäischen Schicksalskampfes zu aktivieren.“ 391 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Heydenreich an Deutsches Konsulat Florenz, z.Hd. v. Herrn Kanzler Rissmann, 25.4.1944.

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Noch Anfang Juli 1944 – Hoppenstedt ist zu dieser Zeit als Hauptamtsleiter im Stab der Landesgruppe Italien der NSDAP mit Sitz in Meran tätig – beklagt sich der frühere KWI -Direktor beim Generalsekretär der KWG, dass Prinzings Ernennung zum Präsidenten des Deutschen Instituts in Venedig nur, „in geschickter Auswertung der durch die Räumung Roms gegebenen Situation, die Realisierung der Absichten darstellt, die das Auswärtige Amt, bzw. die Botschaft seit langem mit dem neu zu errichtenden Institut vorhatte“. Es charakterisiert einerseits die in der nationalsozialistischen Polykratie angelegten Grundsätze von Willkür, Eifersucht und Neid, andererseits Hoppenstedt selbst, wenn er Ernst Telschow (1889 – 1988) im weiteren Verlauf des Schreibens mitteilt, dass Prinzing „damit seinen Wunsch und seine Absichten erreicht“ habe, und hinzusetzt: „Er kann sich übrigens nur verhältnismäßig wenig dem Institut widmen.“392 Was Kulturpolitik und Kulturpropaganda betrifft, liegt die größte Veränderung des Jahres 1943 sicher­lich in der Reduktion der ledig­lich bilateralen deutsch-­italienischen Aspekte, paral­ lel zur gesteigerten Bezugnahme auf Vorstellungen von einem gemeinsamen europäischen Kulturbewusstsein beziehungsweise dem Rekurs auf das Abendland. Diese Verschiebung ist auch in Hoppenstedts – wie immer weniger detailliertem denn langatmig selbstreferenziellem – Tätigkeitsbericht vom Mai 1943 deut­lich greifbar. Trotz der „unvergleich­lich suggestiven Kraft des zum Äussersten entschlossenen Duce“, so Hoppenstedt, sei die „Festigkeit der Achse als solcher […] ihre[r] bisher stärkste[n] Belastungsprobe“ ausgesetzt. Gerade in den kulturpolitischen Beziehungen müsse der Eindruck vermieden werden, dass die Deutschen „die seelische Substanz des befreundeten Volkes […] zu erschüttern oder auch nur zu tangieren vorhätten.“ Aussichtsreich erscheine ihm daher der Bezug auf das gemeinsame Kulturbewusstsein Europas, das begreif­licherweise gerade in dem Augenblick entscheidende Gestalt zu gewinnen beginnt, in dem die europäische Gesamtkultur aufs schwerste bedroht ist […]. Die Furcht vor dieser unerhörten Gefahr schliesst nicht nur politisch die Staaten, sondern auch die vernünftigen und verantwortungsbewussten Geister auf europäischem Boden von Tag zu Tag enger zusammen […]. Dieser heutige Stand aber ist das Ergebnis der Zusammenarbeit aller arischen europäischen Völker, die damit Schöpfer und Träger der Weltkultur des weissen Menschen waren und sind, an erster Stelle jedoch der beiden Nationen, die durch Einsicht ihrer

392 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1720, Hoppenstedt an Telschow, 5.7.1944, 2 Bl. VS + RS, hier Bl. 1 RS. Hoppenstedt setzt die Invektive mit Bezug auf Prinzings Rede bei der Eröffnung – zu der er „nicht einmal“ eingeladen gewesen sei – fort, die in der Zeitschrift Italien abgedruckt worden war (sehr ausführ­lich zitiert von Hausmann 2002a, S. 362 – 363, der indes auf BA B, R 51/82 verweist), und sieht dessen Erwähnung des KWI für Kulturwissenschaft als „mehr wie eine Dreistigkeit“ an. Denn Prinzing hatte ausgeführt, dass die Arbeit von Hoppenstedts Institut im Aufgabenspektrum des DI „eingeschlossen“ sei. Hoppenstedt gelingt es nicht, seine Enttäuschung hinter der Formulierung zu verbergen, er messe „der ganzen Gründung dort keine grosse Bedeutung bei“, und bezeichnet sie sogar als „unangebracht und überflüssig“, ja „vor allem für gänz­lich belanglos“.

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gegenwärtigen grossen Führer zu einem unlösbaren Bunde auf Gedeih und Verderb vereint sind, der beiden Völker, die die Achse, das kulturelle Rückgrat Europas ausmachen.

Reduziert man die penetrant rasseideologische Dimension ­dieses Appells, sind hier die Kernpunkte der (kultur-)politischen Kommunikation der folgenden Monate klar benannt. Genau auf dieser Linie liegt jedenfalls Ende Juni 1943 die Anfrage des Redakteurs der Zeitschrift Italien, Egon Vietta (1903 – 1959), an Leopold Bruhns: Wie Sie wissen, leidet ja Italien ebenso wie unser Vaterland unter den brutalen Terrorangriffen der Angelsachsen und es sind unverlierbare Kulturschätze dadurch zerstört worden. Wir wollten nun für die „Italien“-Zeitschrift an repräsentativer Stelle, einen angesehenen Kunsthistoriker um einen Aufsatz über die Vernichtung dieser Kulturschätze bitten.393

Bruhns kommt der Aufforderung schnell nach 394 und enthält postwendend ein Schreiben von Albert Prinzing, der seit Ende 1942 als Herausgeber der Zeitschrift fungiert.395 Publiziert wurde Bruhns’ Aufsatz allerdings nicht; die Gründe sind nicht bekannt. Statt seiner veröffent­ lichte Alfred Fischer (1881 – 1950)396 in Heft 7/8 (September‒Oktober 1943) der Zeitschrift den Text „Die gefährdeten Kunstgüter Europas“. Dieser Beitrag setzt jedoch ledig­lich eine vorwiegend architekturgeschicht­liche Reihe des Architekten Fischer von Oktober 1942 und Februar 1943 unverändert fort. Nur die redaktionelle Vorbemerkung nimmt Bezug auf den Titel und erläutert, dass Fischers nachfolgender Text „Das Erlebnis des Raums“ bereits vorgelegen hätte, „als die letzten großen Luftangriffe über dem mitteleuropäischen Raume bedeutende Baudenkmäler und ganze Städte neuerdings zerstörten. So wurden diese

393 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 358, Vietta an Bruhns, 28.6.1943. 394 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 360; im Begleitschreiben an Vietta vom 14.7.1943 führt Bruhns aus: „Fotografien der Zerstörungen kann ich nicht auftreiben. Soweit ­solche gemacht sind, sind sie entweder noch Amtsgeheimnis oder zu propagandistischen Zwecken ausgeführt. […] Dom von Palermo […] dieser ist mir von ich weiss nicht wie vielen Leuten, die es ganz genau wissen sollten, als zerstört gemeldet worden, bis vernünftige und gebildete Kriegesteilnehmer, die ihn sich genau angesehen hatte, erfreu­licherweise das Gegenteil berichten konnten.“ 395 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 361, Prinzing an Bruhns, 15.7.1943, mit der Bemerkung: „Ich verspreche mir einen sehr guten Erfolg in dem Sinne, dass unsere gebildete Schicht noch mehr d ­ ieses jetzt so schwer geprüfte Land in sein Herz schließt.“ – Prinzing war ab Heft 8 Herausgeber der Zeitschrift; ihm oblag auch die „inhalt­liche Arbeit“ im Vorstand der Deutsch-­Italienischen Gesellschaft, siehe Ducke 2008, S. 407 und 409. 396 Beim Autor Alfred Fischer dürfte es sich um den Architekten Alfred Fischer handeln, der in den 1920er Jahren zahlreiche neusach­liche Industriebauten im Ruhrgebiet realisiert hatte und seit 1935 zurückgezogen in Murnau lebte, siehe Hendrich 2011, der indes die Aufsatzreihe nicht erwähnt (was nicht überrascht, da er die Zeit von 1935 bis 1945 in vier ­kurzen Absätzen behandelt, S. 310 – 311).

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­Aufsätze ungewollt zu einem Rückblick auf Kunstbauten des Abendlandes, die heute zum Teil schon nicht mehr sind.“397 Ein gutes halbes Jahr früher, im Februar 1943, war indes ein einschlägiger Beitrag von Bruhns erschienen, zu dem jedoch offenbar keine begleitende Korrespondenz überliefert ist: „Kunst- und Denkmalpflege in Italien während des Krieges“. In knapper Form berichtet Bruhns: „Fast alle staat­lichen Museen sind ausgeräumt worden und die in ihnen aufbewahrten Werke sind zum größten Teil in abgelegene, kleinere Orte abgewandert, wo sie nun in sorgfältiger Verpackung einen langen Schlaf halten müssen.“398 Demgegenüber s­ eien nur wenige ortsfeste Objekte „hinter Sandsäcken, Mauern, unverbrennbarer Watte usw. versteckt […] Die Kirchenräume, die Paläste konnten ja gar nicht verhüllt werden.“ Bemerkenswert ist die Differenzierung z­ wischen staat­lichem und kirch­lichem Besitz: K ­ irchen s­ eien „noch ganz zu sehen“, auch die vatikanischen Kunstsammlungen „zugäng­lich geblieben wie in Friedenzeiten“, denn „der Papst hat es abgelehnt, irgendein Kunstwerk, das der Kurie gehört, den Blicken zu entziehen“. Im weiteren Verlauf behandelt Bruhns indes keine Schutzmaßnahmen, sondern die Grabungen unter der Peterskirche und die Eröffnung des Zentralinstituts für die Restaurierung von Kunstwerken (R. Istituto Centrale del Restauro) im Herbst 1941 unter der Leitung von Cesare Brandi (1906 – 1988). Im gleichen Heft von Italien erwähnt auch Generalkonsul Wüster Luftschutzmaßnahmen und Beschädigungen, frei­lich in anderer Diktion und mit anderem Ziel: Das faschistische Italien ist das Italien der Giovinezza. Dieses junge Italien fühlt sich nicht als Museumswärter seiner Kultur. Es ist sogar entschlossen, die höchsten Opfer an einmaligen Kunstwerten zu bringen, um damit seine Stellung im neuen Europa zu erkämpfen. Jene englischen Terrorangriffe, denen d ­ ieses Volk in seiner Mentalität ebenso tapfer widersteht wie das unsrige, treffen nicht nur italienische Frauen und Kinder, sie treffen auch das Beste, was Europa an kulturellen Werten geschaffen hat. Aber auf den Trümmern der herr­lichen Bauten von Genua, Turin und Mailand gründet ein treues und arbeitsames Volk seine Zukunft. Und diese Zukunft ist nach dem Willen des Führers und des Duce für immer mit Deutschland verbunden.399

Schlägt der direkte Vergleich von Bruhns’ Schilderung mit Wüsters Durchhalteparolen fraglos zugunsten des Ersteren aus, verhält sich dies anders bei der von Albert Prinzing 1943 in der Schriftenreihe des Deutschen Auslandswissenschaft­lichen Instituts herausgegebenen Vortragsreihe Deutschland, Italien und das Neue Europa. Prinzings ebenso martialisches wie ausgeprägt ideologisches Vorwort preist die „Schicksalsgemeinschaft“400 der beiden Völker – 397 Fischer 1943, S. 183. 398 Bruhns 1943a, S. 371; die folgenden Zitate ebenda. 399 Wüster 1943, S. 351. 400 Zum Begriff der Schicksalsgemeinschaft – in Abgrenzung zur Volks-, Wehr-, Kampf-, Leidens- und Opfergemeinschaft – einige knappe Überlegungen bei Fuhrmeister 2010, S. 101 – 102.

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Nicht nur ein gemeinsames politisches Schicksal verknüpft sie, sondern eine große gemeinsame, politisch-­kulturelle Aufgabe: die Sicherung des europäischen Menschentums durch die Gewalt der Waffen gegen die Barbarei des Ostens, die Rettung der Grundlagen der europäischen Kultur vor der Zerstörung im Bolschewismus und der Verzerrung und Verflachung in der amerikanischen Massenzivilisation.401

– während sein den Sammelband beschließender Beitrag „Faschismus und National­ sozialismus“ in einem kaum zu überbietenden Gegensatz zu den Stellungnahmen seiner Studentinnen und seines Assistenten steht, die ihm vier Jahre später eine „rein objective Betrachtungsweise“, einen „streng wissenschaft­lichen Charakter“402 sowie seinem „Seminar eine wohltuende Atmosphäre von politischer Zwanglosigkeit“403 attestieren sollten: Die Fruchtbarkeit der Grundlegung der historisch-­politischen Betrachtungsweise auf den Erkenntnissen der Rassenlehre zeigt uns, daß trotz aller völkischen Verschiedenheiten die beiden Revolutionen letzt­lich die Werte des staatsgestaltenden und kulturschöpferischen arischen Menschentums repräsentieren. […] Die Front der Tyrannen in West und Ost gegen die Führer in Nord und Süd ist darum schicksalshaft, ebenso wie die innere Vernichtung aller derjenigen schicksalshaft ist, die mit verkehrter Front kämpfen, weil sie, wie die britischen Politiker, den Sinn d ­ ieses Weltkampfes nicht begriffen haben. Das kulturelle Europa muß im Lager des faustischen Menschen stehen, da das mephistophelische Prinzip die Antithese des europäisch-­arischen ist. Hier Führer und Volk, dort Tyrann und Kollektiv. Die kulturelle Achse Europas geht wie seit 1000 Jahren von Nord nach Süd, weil der Faschismus und der Nationalsozialismus das Lebensgesetz Europas verwirk­ lichen, das sich im Spannungsraum der drei Größen erfassen lässt: S c h ö p f e r i s c h e P e r s ö n ­­li c h k e i t   – L e i s t u n g s a r i s t o k r a t i e  – S o z i a l i s m u s .404

401 Prinzing 1943a, S. 7. 402 Landesarchiv Baden-­Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, Signatur EL 903/2 Bü 948 (Entnazifizierungsakte Prinzing), zwei eidesstatt­liche Erklärungen von Christa Brandt, beide vom 17.7.1947 (Bl. 53 – 59, beide Zitate Bl. 57). Vgl. ebenda die gemeinsame eidesstatt­liche Erklärung von Hertha Nöldeke und Hanne Walz, 11.8.1947 (Bl. 51): „Er [Prinzing] blieb immer streng sach­lich und übte an Missständen, die er keineswegs übersah, offen Kritik. Seine Offenheit und Schärfe ging dabei manchmal so weit, dass seine Hörer – der Nationalsozialismus stand damals immerhin noch in voller Blüte – sich nur darüber wundern konnten. Auch in privaten Gesprächen […] hat Prof. Prinzing sich niemals als Nationalsozialist gezeigt.“ 403 Landesarchiv Baden-­Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, Signatur EL 903/2 Bü 948 (Entnazifizierungsakte Prinzing), Erklärung von Franz Rosenkranz (gestorben April 1989; 1940 – 42 Student, anschließend Assistent von Prinzing) vom 31.3.1947, Bl. 59 – 61, hier Bl. 60. 404 Prinzing 1943b, S. 174.

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Derart von Prinzings Vorwort und dessen Schluss-­Aufsatz eingeklammert, widmet sich Bruhns „Deutschland und Italien in ihrer Bedeutung für die künstlerische Kultur Europas“, doch zumindest auf den ersten Seiten bestimmen nicht kulturelle, künstlerische oder kunsthistorische Fragen seinen Text, sondern historische und genuin politische – in einem Maße, die z­ wischen dem Text des nationalkonservativen Kunsthistorikers Bruhns kaum noch Unterschiede zu den Einlassungen des kulturell interessierten Nationalökonomen und 27 Jahre jüngeren nationalsozialistischen Ordinarius für „Volks- und Auslandskunde Italiens“ Prinzing erkennen lassen: Der Krieg steht hinter allem, was wir heute tun und denken. Er ist Deutschland und Italien aufgezwungen worden, weil man ihre neue staat­liche und gesellschaft­liche Ordnung nicht zu ertragen vermochte, ihre materiellen und geistigen Kräfte für gefähr­lich hielt. Die beiden Länder verteidigen sich selbst; aus dem Kampf für das Eigene ist aber, besonders im letzten halben Jahr wie durch Schicksalsfügung ein Kampf für Europa, ein Krieg um Leben oder Sterben des ganzen Kontinents, um eine neue Jugend oder den Zusammenbruch all dessen geworden, was unseren Erdteil auszeichnet und seinen Bewohnern teuer macht. Wenn der Bolschewismus gesiegt hätte, so wäre nicht nur Deutschland der Vernichtung anheim gefallen, sondern die gesamte Fülle der abendländischen Gesittung. Wenn Amerika siegen sollte, so würde unsere Kultur der Verflachung und Verzerrung preisgegeben sein. Die Aufgabe, die heute unseren Kriegern gestellt ist, kann in der Tat nur mit jener verg­lichen werden, die einst der Römer Aetius im Bunde mit den Westgoten auf den katalaunischen Feldern gegen Attilas Hunnenheer gelöst hat; oder mit jener, die Karl Martell gemeistert hat, als er mit seinen germanischen Franken und romanisierten Galliern den Ansturm der Sarazenen bei Poitiers brach.405

Im kunsthistorischen Teil des Aufsatzes scheinen die Arbeitsprämissen von Pinder, von dem Bruhns 1913 in Würzburg promoviert worden war, immer wieder durch,406 ergänzt um Bemerkungen zum Schönheitsideal der Renaissance, das „die körper­lichen Vorzüge der nordischen Rasse geadelt widerspiegelt“.407 Andererseits ist Bruhns von einer prinzipiellen Wertschätzung der italienischen Kunst geprägt, etwa in seinem Urteil, „daß der Deutsche aus den gesunden Wurzeln seines Volkstums dann am sichersten in die Höhen europäischer

405 Bruhns 1943b, S. 9. 406 Bruhns 1943b, etwa S. 21: „Der barbarische Osten hatte von Anfang seine Kultur im Zusammenhang mit dem west­lichen Christentum von Deutschland erhalten. Die besonders im 12. Jahrhundert beginnende große Kolonisation der ostelbischen Gebiete hat vor allem im Laufe des 13. diese Länder nicht nur sprach­lich, sondern auch in der Kunst zu deutschen Ländern gemacht. Die Hermannsfeste in Narwa redet noch heute zu uns als Grenzburg eines deutschen Reiches, das einst auch Livland umfasste.“ 407 Bruhns 1943b, S. 14.

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Geltung emporwächst, wenn ihm Reiser aus den Gärten des Südens aufgepfropft werden.“408 Es spricht frei­lich einiges für die Annahme, dass Bruhns sich bei der Formulierung seines Vortrags- bzw. Aufsatztitels („Deutschland und Italien in ihrer Bedeutung für die künstlerische Kultur Europas“) an einem Aufsatz des faschistischen Senators und Mitglied des „Gran Consiglio del Fascismo“, Maurizio Maraviglia (1878 – 1955), orientierte, der im Dezemberheft von Berlin Rom Tokio erschienen war: „Der Beitrag Italiens und Deutschlands zur Gestaltung der europäischen Kultur“.409 Der Tenor ist jedenfalls derselbe, auch wenn Bruhns sich nicht jener biologistisch-­rassistischen Argumentation bedient, mit der Maraviglia das von Deutschland und Italien gebildete „Universalreich“ vom „halbasiatischen Russland“ abgrenzt.410 Das Bild von Italien und italienischer Kultur, das im Frühjahr und Sommer 1943 auf deutscher Seite gezeichnet wird, ist durch eine merkwürdige Mischung von klassischer Sehnsucht und Durchhalteparolen, von Kampfbereitschaft und nüchterner Dokumentation, von Betonung der Gemeinsamkeiten und Hervorhebung der Unterschiede, gekennzeichnet. In gewisser Weise präludieren die Aufsätze von Bruhns, Wüster und Fischer in der Zeitschrift Italien, der Sammelband von Prinzing sowie die dreiwöchige Studienreise von Franz Graf Wolff Metternich im Juni 1943 (auf die unten noch ausführ­lich eingegangen wird) somit die Aktivitäten des Deutschen Militärischen Kunstschutzes in Italien im Bereich des Kunst-, Architektur- und Kulturgüterschutzes – und zwar gerade wegen der so unterschied­lichen Betrachtungsperspektiven und Schwerpunktsetzungen der Autoren.

408 Bruhns 1943b, S. 17. 409 Maraviglia 1942. 410 Maraviglia 1942, S. 4, dort auch die Behauptung: „In Wirk­lichkeit hört Europa dort auf, wo das römisch-­germanische Wiederaufbauwerk zu Ende ist, dort, wo man nicht die ‚biologische‘ Erinne­ rung an jenen romanisch-­germanischen Ursprung bewahrt, dort ist nicht mehr Europa.“

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4. Deutscher Militärischer Kunstschutz im Zweiten Weltkrieg Wie bereits in Kapitel  II . (besonders in den Abschnitten 1. und 3.) ausgeführt, geht die Etablierung des Militärischen Kunstschutzes im Zweiten Weltkrieg auf die Haager Landkriegsordnung von 1899 bzw. 1907 zurück. Deren Artikel 27 und 56 formulieren das Gebot, historische Denkmäler, Bildungseinrichtungen und Institutionen mit religiöser, gemeinnütziger, künstlerischer oder wissenschaft­licher Bedeutung bei Belagerungen und Bombardierungen so weit wie mög­lich zu verschonen, sowie ein allgemeines Verbot der Beschlagnahme, Zerstörung oder Beschädigung solcher Objekte und Einrichtungen, zu denen auch die Bestände von Museen und Archiven sowie Baudenkmäler und beweg­liche Kunstobjekte zu zählen sind (Abb. 15).411 Hauptaufgabe des Kunstschutzes war demnach, nach Einstellung der militärischen Auseinandersetzungen bzw. nach der Kapitulation des Gegners, Kunst- und Kulturgüter des besetzten Landes vor Beschädigungen durch die eigene Truppe zu bewahren. Diese Tätigkeit beinhaltete die Abstimmung und Zusammenarbeit mit den Denkmalpflegern und Museumskuratoren vor Ort ebenso wie die logistische Unterstützung bei Reparaturen, Transporten und Luftschutzmaßnahmen. Bereits im E ­ rsten Weltkrieg war auf Initiative des Rheinischen Provinzialkonservators Paul Clemen durch die Oberste Heeresleitung ein militärischer Kunstschutz in den besetzten Gebieten eingerichtet worden. Der barocke Titel des 1919 in zwei Bänden publizierten „Rechenschaftsberichts“412 – Kunstschutz im Kriege. Berichte über den Zustand der Kunstdenkmäler auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen und über die deutschen und österreichischen Massnahmen zu ihrer Erhaltung, Rettung, Erforschung – benennt mit dem Dreischritt von „Erhaltung, Rettung, Erforschung“ ausdrück­lich den Umstand, dass die Verfügungsmacht der Heeresverwaltung auch genuine kunsthistorische Forschung in den besetzten Gebieten ermög­lichte. Die hier ausgesprochene Unschärfe, d. h. der fließende Übergang von konservierender, bewahrender Tätigkeit zu aktiver, exploratorisch-­investigativer Forschung unter Ausnutzung der Besatzungsbedingungen, ist für Belgien im E ­ rsten Weltkrieg sowie Frankreich im E ­ rsten und Zweiten Weltkrieg schon mehrfach genauer dargestellt worden.413 Mindestens ebenso wesent­lich erscheint mir der Hinweis auf die grundsätz­lich kulturpolitische und kulturpropagandistische Dimension des Kunstschutzes bereits im E ­ rsten Weltkrieg. Das auf „Juni 1919“ 411 Die konzise Zusammenfassung von Schoen 2001, S. 538, erörtert zusätz­lich auch die Implikationen der Artikel 46 und 53. 412 Clemen 1919b, Vorwort. 413 Kott 1997 – 2008; Roolf 2004, Tralles 2005, Roolf 2007, Roolf 2009.

15  Karte der durch den Bev. Gen. D. Dt. Wehrm. in Italien geschützten Baudenkmäler, Beilage zu: Alexander Langsdorff: Verzeichnis und Karte der durch den Bevollmächtigten General der deutschen Wehrmacht in Italien geschützten Baudenkmäler, ohne Ort, 1945 (Bibliothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte, XI 24/5).

datierte Vorwort von Clemen (der „Versailler Vertrag“ wurde von deutscher Seite erst am 28. Juni 1919 unterzeichnet und trat am 10. Januar 1920 in Kraft) benennt als Aufgabe der zweibändigen Schrift ausdrück­lich dessen Funktion als „ein ehrenvolles und bleibendes Denkmal ernster und hingebender Kulturarbeit während des Krieges […] und ein politisches Dokument für künftige Zeiten für das Inland und hoffent­lich auch für das Ausland.“ Diese Doppelgesichtigkeit der Publikationen über die Kunstschutzarbeit – einerseits Dokumentation eigener Schutzleistungen, andererseits Klage über gegnerische Zerstö-

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rungen 414 – bildet die Grundstruktur: Es geht stets um Bilanzierung und Aufrechnung.415 Diese Disposition durchzieht im Kern das gesamte 20. Jahrhundert; blickt man auf rezente Publikationen, können nationalistische, per se zu Idealisierung neigende Perspektiven bis heute beobachtet werden.416 Es kann insofern nicht überraschen, dass bereits 1920 in einer Besprechung von Clemens Band diagnostiziert wird, er habe „admittedly a propagandist side“417 – Christina Kott bezeichnet ihn rundweg als „ouvrage de propagande“,418 und Hubert Fehr hält für die Arbeit an der Westfront insgesamt fest: „Während die Erfolge beim Schutz der Denkmäler im Kampfgebiet insgesamt bescheiden blieben, widmeten sich die Mitarbeiter des Kunstschutzes in größerem Maßstab der Propagandaarbeit.“419 Wie innig­lich Wissenschaft und Politik hier miteinander verbunden sind, erhellt auch aus dem Umstand, dass die Drucklegung von Clemens Kunstschutz im Kriege vom Auswärtigen Amt bezahlt wurde.420 414 Siehe beispielsweise Clemen 1919b, Vorwort: Die Darstellung des Kunstschutzes an der Ostfront beginne (bewusst) „mit der Schilderung der Zerstörung, die die Russen auf dem ostpreußischen Kriegsschauplatz verübt haben“. Siehe ferner dort im Beitrag über Italien Bildunterschriften wie „Chor des Domes von Spilimbergo, durch italienische Artillerie beschädigt und auf deutsche Veranlassung ausgebessert“ (Mannowsky 1919, S. 41) oder die visuelle Argumentation mit Bildpaaren (Mannowsky 1919, S. 45): Links „Sakristei des Domes von Spilimbergo, durch italienische Artillerie schwer beschädigt“, rechts „Sakristei des Domes von Spilimbergo, auf deutsche Veranlassung ­wieder eingedeckt“. – Zur Genese der antithetischen Bildpaar-­Argumentationen, siehe Kappel 2012, S. 218 – 221; zu Mannowsky, ab 1938 Direktor des Frankfurter Kunstgewerbemuseums und ab 1941 Sachverständiger der „Ankaufstelle für jüdisches Kulturgut“, vgl. Kingreen 2000 sowie http://www. lostart.de/cae/servlet/contentblob/39188/publicationFile/786/eobj_392160.pdf, S. 5, Anm. 4. 415 Dies gilt nicht nur für die Sammelbesprechung von Hampe 1950, der die griechische, englische und deutsche Berichterstattung zum Kunstschutz in Griechenland ansonsten weitgehend objektiv vergleicht, sondern sogar für juristische Arbeiten wie Buhse 1959 (Veröffent­lichungen des Instituts für Internationales Recht an der Universität Kiel, Bd. 40), S. 38, demzufolge „die Angriffe der alliierten Luftwaffe auf deutsche Städte in späteren Kriegsjahren von noch verheerenderer Wirkung, die Verluste an Kulturgut trotz aller Sicherungsmaßnahmen größer [gewesen s­ eien], als bei Angriffen von deutscher Seite.“ 416 Dies gilt, cum grano salis, selbst für Spirydowicz 2010. 417 Kurzbesprechung ohne Autor in: The Journal of Hellenic Studies, Bd. 40, 1920, Teil 2, S. 214. 418 Kott 2000, S. 202. Vgl. Goege 1991; eine ausführ­liche und erhellende Diskussion von Clemens Buch bei Kott 2007, S. 137 – 144. – Zu Clemens Publikation von 1919 siehe auch Widmann 2005/2007, S. 245: „Es wird das Bild gezeichnet eines integren Vorgehens der Deutschen in Sachen Kunstschutz in den besetzten Gebieten – und ­dieses Bild bleibt fast 80 Jahre so gut wie unangetastet.“ 419 Fehr 2010, S. 263; dort S. 264 auch kurze Diskussion, inwiefern dies in den 1920er Jahren auch in Deutschland selbst so gesehen wurde. 420 PA AA, R 65172, E. A. Seemann Verlag an AA, Presse-­Abteilung, 28.1.1920. – Am 21.1.1924 schrieb Clemen selbst an das AA (ebenda) und bat um dessen Unterstützung für die Drucklegung eines Buches von John Gitterman, Schwarze Schmach, eines „fanatischen Deutschenfreundes“. Die „Weiterleitung dieser Tatsachen […] vor allem an Geist­liche in Amerika“ sei „sehr wesent­lich“: „Für

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Es sei demgegenüber an dieser Stelle daran erinnert, dass Metternich in seinem „abschließenden Bericht über die Tätigkeit des Kunstschutzbeauftragten beim OKH“ im März 1945 (das Begleitschreiben datiert vom 28. März 1945) einleitend bemerkte, es sei „ein untilgbares Ruhmesblatt der deutschen Obersten Heeresleitung, damals als erste die Initiative ergriffen und den Schutz der Kulturgüter in den umfangreichen, von den deutschen Armeen besetzten Gebieten selbst in die Hand genommen zu haben“421 (wobei die Rede vom „Ruhmesblatt“ mindestens zwei direkte Vorläufer hat: Paul Clemen hatte anläss­lich von Metternichs 50. Geburtstag im Januar 1944 in der Kölnischen Zeitung behauptet, die Arbeit des Kunstschutzes sei insgesamt ein „Ruhmesblatt für die deutsche Verwaltung“422, und auch Heinrich Kohlhaussen [1894 – 1970] sprach 1944 vom „Ruhmesblatt für die Kulturverantwortung unserer Wehrmacht“423). Analog meinte Wilhelm Treue noch 1965 in den Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte in seiner Vorbemerkung zum „Bargatzky-­Bericht“, dass „nach dem ­Ersten Weltkriege mit gutem Gewissen allein von den Leistungen des deutschen Kunstschutzes in den vom Kriege erfassten Gebieten gesprochen werden durfte“.424 Leistungen im Sinne von objektiv guten, weil schützenden und bewahrenden Maßnahmen, hat es sowohl im ­Ersten Weltkrieg – ungeachtet des Einsatzes der Denkmalpflege als den Amerikaner ist die Tatsache, dass coloured people im besetzten Gebiet verwandt wird [sic] (es brauchen garnicht unbedingt nigger zu sein) schon ein Schlag ins Gesicht, und die Tatsache der Anwesenheit farbiger Truppen wird ja gerade von Frankreich frech geleugnet.“ 421 BA MA, RH 3/154, Metternich an Ministerialdirigent Dr. Medicus, 28.3.1945 (Bl. 4), Abschließender Bericht (Bl. 5 – 39), Anlagen Bl. 40 – 62. Zitat S. 1 – 2 des Berichts (= Bl. 8 – 9 der Akte). Der nächste Satz lautet: „Der Entschluss zu dieser historischen Tat wurzelte in einem hohen Verantwortungsgefühl gegenüber dem an hervorragenden künstlerischen Leistungen so überaus reichen Erbe der einzelnen Nationen und in der Erkenntnis, dass diese Werte zu dem ideellen Gemeinschaftsbesitz aller Kulturvölker gehören und dass ihr Verlust schliess­lich die gesamte Menschheit gleichermassen treffen würde.“ 422 Paul Clemen: Denkmalpflege und Kunstschutz im Krieg, in: Kölnische Zeitung, 8. Januar 1944; als Kopie auch vorhanden in CIR, 236, Gennaio 1944. – Ausgeschlossen erscheint mir ein Bezug zur berüchtigten Posener Rede Heinrich Himmlers vom 4.10.1943, in der es zur Vernichtung der Juden heißt (hier zitiert nach Hoffmann 1998, S. 7): „Es gehört zu den Dingen, die man leicht ausspricht. – ‚Das jüdische Volk wird ausgerottet‘, sagt ein jeder Parteigenosse‚ ,ganz klar, steht in unserem Programm, Ausschaltung der Juden, Ausrottung, machen wir.‘ […] Von allen, die so reden, hat keiner zugesehen, keiner hat es durchgestanden. Von Euch werden die meisten wissen, was es heißt, wenn 100 Leichen beisammen liegen, wenn 500 daliegen oder wenn 1000 daliegen. Dies durchgehalten zu haben, und dabei – abgesehen von Ausnahmen mensch­licher Schwächen – anständig geblieben zu sein, das hat uns hart gemacht. Dies ist ein niemals geschriebenes und niemals zu schreibendes Ruhmesblatt unserer Geschichte. […] Wir hatten das moralische Recht, wir hatten die Pf­licht gegenüber unserem Volk, ­dieses Volk, das uns umbringen wollte, umzubringen.“ 423 Kohlhaussen 1944, S. 12. 424 Treue 1965, S. 285.

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„Mittel der geistigen Kriegsführung“425 – als auch im Zweiten Weltkrieg zweifellos gegeben. Die Kernfrage bleibt indes, aus welcher Haltung heraus diese Leistungen erbracht wurden – und wie die Motivation intern und in der Öffent­lichkeit kommuniziert wurde, und zwar vor sowie nach 1945. So ist 1943 im Artikel „Auf Kulturwacht für das Abendland. Deutsche Soldaten betreuen französische Kathedralen. Drei Jahre Kunstschutz des OKH in Frankreich“ von einem „Verantwortungsgefühl gegenüber den unvergäng­lichen, gewissermaßen überstaat­lichen Werten der abendländischen Kultur“426 die Rede. Doch bei einer „Tagung der Verwaltungsgruppenleiter“ im Hotel Majestic am 1. und 2. Juni 1943 leitete Oberkriegsverwaltungsrat (OKVR ) Felix Kuetgens (1890 – 1976) seinen Vortrag zum Thema „Aktuelle Massnahmen des Kunstschutzes in Frankreich“ programmatisch mit dem Satz ein: „Der Kunstschutz beim Mil. Bef. in Frankreich wird deutscher, nicht französischer Interessen wegen, ausgeübt.“427 Diese „deutschen Interessen“ erläutert Bernhard von Tieschowitz – Nachfolger des im Juni 1942 als Leiter des Kunstschutzes und als Leiter der „Kulturabteilung beim Befehlshaber in Frankreich“428 entlassenen Franz Graf Wolff M ­ etternich, dessen Assistent im Amt des Provinzialkonservators der Rheinprovinz er seit 1936 gewesen war 429 – implizit und explizit in einer Beschreibung des Kunstschutzes in Frankreich am 15. Juni 1943: 425 Speitkamp 1996, S. 167. 426 Der Artikel von Hubert Doerrschuck, „redigiert von Tieschowitz“, erschien „leicht gekürzt“ in der Pariser Zeitung. Das Typoskript (8 Seiten) in PA AA, R 61087a. 427 PA AA, R 61087a, Typoskript des Kurzvortrags „Aktuelle Massnahmen des Kunstschutzes in Frankreich“, 8 Seiten, hier S. 1. 428 Mainzer 1993, S. 43, der dabei dem Lebenslauf von Metternich in der ihm gewidmeten Festschrift zum 80. Geburtstag 1973 (wie Thomas 1973), S. 11 – 14, hier S. 12, folgt. 429 PA AA, Personalakte Nr. 58609 (Tieschowitz), Personalbogen, unterzeichnet „Bonn, 23.6.1950“. Der Sohn des Generalleutnants a. D. Hans von Tieschowitz war nach dem Abitur in Berlin 1921 zunächst für ein Jahr Volontär in einem Berliner Bankhaus und studierte ab Frühjahr 1922 drei Jahre Nationalökonomie in Berlin, München und Marburg, ab Ostern 1925 Kunstgeschichte und Archäologie in Marburg, wo er 1929 mit einer Dissertation über das Chorgestühl des Kölner Doms promoviert wurde. Von Herbst 1929 bis März 1931 Angestellter der Galerie [Kurt Walter] Bachstitz in Berlin, ab März 1931 Assistent in Marburg, ab Herbst 1932 dort Lektor für kunstwissenschaft­ liche Photographie (vgl. dazu auch Auerbach 1979, S. 744), ab Herbst 1934 Mitarbeiter von Otto Schmitt beim Reallexikon für Kunstgeschichte zunächst in Greifswald, dann in Stuttgart; ab Herbst 1936 Angestellter der Rheinischen Provinzialverwaltung im Amt für Rheinische Denkmalpflege in Bonn, im Oktober 1944 Verbeamtung zum Direktorialassistenten. – Die Personalakte erlaubt somit auch die Korrektur der Angaben von Klinkhammer 1992, S. 489, wo es heißt: „1942 wurde ihm [Metternich] jede Amtshandlung untersagt. Erst im Oktober 1943 wurde mit Bernhard von Tieschowitz ein Nachfolger bestellt.“ – Ab März 1953 amtierte Tieschowitz als Kulturattaché (Leiter der Kultur-­Abteilung) der deutschen Botschaft in Paris, bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand zum 1.4.1967.

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I. Aufgaben: […] Ueberwachung der Bergungsdepots der franz. Museen. Sicherstellung und Ueberwachung des auslaendischen Kunstbesitzes. Vorbereitung der Rueckfuehrung des Deutschland geraubten Kunstgutes. Kontrolle und Steuerung des deutschen Kunsthandels in Frankreich. Propagandistische Auswertung der Kunstschutzarbeit. II . Bisherige Taetigkeit und Ergebnisse: […] Beratung bei der Metallablieferung (Denkmalentfernungen, Geraetesammlungen, Glockenabgabe etc.) Entfernung der Hassdenkmaeler. Listenmaessige Erfassung des Deutschland geraubten Kunstgutes. Vermittlung der Erwerbung von Kunstwerken im Werte von rund 100 Millionen RM fuer deutsche Museen, Staats- und Parteistellen. Passierscheinbearbeitungen. III. Arbeitszuwachs, Ausweitung, neue Aufgaben: Ausuebung des Kunstschutzes in Suedfrankreich seit Januar 1943 (besonders wichtig, weil dadurch die grossen Louvredepots mit Milliardenwerten unter deutsche Kontrolle gekommen sind). […] Vermehrung der Arbeit zum Schutz der histor. Schloesser und Wohnbauten infolge zunehmender Besatzungsdichte. Desgl. bei der Steuerung des in starkem Aufschwung begriffenen Kunsthandels und bei der Ausfuhr von angekauften Kunstwerken nach Deutschland.430

Mit der „listenmaessige[n] Erfassung des Deutschland geraubten Kunstgutes“ ist jener Vorgang gemeint, der seit Juli 1940 durch Otto Kümmel (1874 – 1952), den Generaldirektor der Staat­lichen Museen zu Berlin, betrieben wurde 431 und der vor allem auf Betreiben des RMVP eine systematische „Rückführung“ von Kunstwerken intendierte. Es ist für den Prozess der sukzessiven Radikalisierung des Regimes symptomatisch, dass die Kriterien dabei fortlaufend verschärft wurden: Ging es zunächst nur darum, jene Kunstwerke wieder nach Deutschland zu verbringen, die ­zwischen 1794 und 1811 zunächst vom revolutionären Frankreich, dann von Napoleon in Deutschland beschlagnahmt und nach Frankreich gebracht worden waren,432 so wurde dies bald auf alle jene Kunst- und Kulturgüter 430 PA AA, R 61087a. – Anfang Januar 1943 war Tieschowitz für drei Wochen in Südfrankreich „im dortigen neubesetzten Gebiet“, um den Kunstschutz aufzubauen, siehe AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 353, Tieschowitz an Bruhns, 19.5.1943. 431 Zur sog. Kümmel-­Liste – der vollständige Titel lautet: Bericht auf Erlaß des Herrn Reichsministers und Chefs der Reichskanzlei RK 118 II A vom 19. August 1940 und auf Erlaß des Herrn Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda BK 9900 – 02/13.8.40/89 – 1/6 vom 20. August 1940: betr. Kunstwerke und geschicht­lich bedeutsame Gegenstände, die seit 1500 ohne unseren Willen oder auf Grund zweifelhafter Rechtsgeschäfte in ausländischen Besitz gelangt sind; Teil I – III; abgeschlossen 31. Dezember 1940 [Vorbemerkungen datiert auf den 20. Januar 1941] – vgl. Widmann 2005/2007, S. 246, 252 – 253 (mit Nachweis der Literatur) und Steinberg 2015 (Vortrag 2016 im Israel Museum: http://www.hsozkult. de/event/id/termine-31672). Weder die Biographien in der DNB (http://daten.digitale-­sammlungen. de/0001/bsb00016330/images/index.html?seite=227; https://www.deutsche-­biographie.de/sfz46697. html#ndbcontent) noch die Biographie des Schwiegersohns (http://www.w-­ch-­klose.de/html/ ostasien_in_berlin.html#Otto [Zugriff jeweils am 1.11.2017] erwähnen die Liste bzw. den Bericht. 432 Dazu ausführ­lich Savoy 2011.

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­ausgeweitet, die „Deutschland“ nach 1700 und in der finalen Phase nach 1600 verlassen hatten – und zwar völlig unabhängig von den Gründen dieser Translokation, d. h. in der Endphase sollten auch jene Objekte „zurückgeführt“ werden, die „Deutschland“ aufgrund von Tausch, Verkauf, im Erbgang oder als Geschenke verlassen hatten. In diesen Prozess der sukzessiven Radikalisierung war der Kunstschutz in Frankreich durchaus involviert, wie ein Gesprächsprotokoll von Staatssekretär Leopold Gutterer (1902 – 1996) für Minister Joseph Goebbels vom 15. Mai 1942 belegt, das ein Gespräch z­ wischen Gutterer mit ­Metternich und Tieschowitz wiedergibt: „Bei den Nachforschungen des Kunstschutzes nach den in Frankreich befind­lichen Kulturgütern erschien im Interesse der Geheimhaltung der Aktion eine Tarnung dringend notwendig. […] Bisher ist ledig­lich die Waffenbeute zurückgeführt worden.“433 Frei­lich sind auch Differenzen ­zwischen der auf maximale Ergebnisse ausgerichteten Politik des RMVP und dem Kunstschutz zu beobachten, der mit strategischen Argumenten die Zahl der Objekte zu begrenzen suchte. So hält Gutterer für Goebbels fest, dass es – und hier gibt er vermut­lich die Position des Kunstschutzes wieder – nicht ratsam sei, „daß deutsche Kunstwerke, die Frankreich legal erworben hat, als Ersatz [für französische Reparationszahlungen] beansprucht werden, da gerade die deutsche Kunst im Ausland dazu berufen ist, kulturell und propagandistisch die Größe deutscher Kultur zu bezeugen.“434 Diese Auffassung mag Goebbels geteilt haben. Doch die Fotodokumentation „sämt­licher französischer Kulturdenkmäler“, von der – so Gutterer, einen Bericht von Tieschowitz referierend – „gegenwärtig schon […] 20 000 Platten“ vorlägen und mit der „vorgesehen sei“, so offenbar der Vorschlag von Metternich und Tieschowitz, „nach Abschluß des Friedens­vertrags gegebenenfalls Frankreich je einen Abzug dieser Aufnahmen zur Verfügung zu stellen, um der französischen Welt gegenüber zu beweisen, daß Deutschland auch in Kriegszeiten im Feindesland eine unvergleich­liche kulturelle Mission erfüllt hat“ – diesen Vorschlag quittiert der Minister am linken Rand des Schreibens mit einem großen Fragezeichen.435 Im Kern veranschau­lichen diese Positionen von RMVP und Kunstschutz genau den Grad von Zu- und Übereinstimmung, aber auch abweichenden Nuancen und tatsäch­lichen Differenzen. Die von Tieschowitz in seiner Beschreibung des Kunstschutzes in Frankreich am 15. Juni 1943 angesprochene „Steuerung“ des Kunsthandels behandelt auch OKVR Kuetgens in seinem Vortrag vom 1./2. Juni 1943. Dem Kunstschutz obliege dabei 433 BA B, R 55/1476, Bl. 119 – 121, Staatssekretär Gutterer an „Herrn Minister“, „Betrifft: Rückführung der von Frankreich geraubten deutschen Kulturgüter“, 15.5.1942 (Typoskript, 3 Seiten), Zitat Bl. 119 und 120. – Für die Bearbeitung der Listen im RMVP war Rolf Hetsch zuständig; zu Hetsch siehe Fuhrmeister 2006b. Ausfür­lich zu den deutschen Plänen der „Rückführung“ und zum „Projet de Goebbels“ siehe Stein 2012. 434 BA B, R 55/1476, Bl. 120. 435 BA B, R 55/1476, Bl. 121.

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die Leitung der Ausfuhr von Kunstwerken, die in Frankreich für deutsche Museen, Staats- und Parteistellen angekauft werden. Nachdem anfangs ledig­lich der Ankauf und die Ausfuhr von Kunstwerken über 1 Million Frs. dem Mil. Bef. zu melden war, ist neuerdings auch den zuständigen frz. Stellen ein Kontrollrecht bezüg­lich der Kunstausfuhr zugestanden worden. Die Ausfuhr von Kunstwerken nach Deutschland ist zwar unter allen Umständen zu genehmigen, jedoch kann im Falle, dass es sich nach frz. Auffassung um ein national-­wertvolles Kunstwerk handelt, über die Frage seiner Ausfuhr oder Nichtausfuhr mit den deutschen Stellen verhandelt werden.

Speziell hinsicht­lich des Archivschutzes vermerkt von Tieschowitz: Erfassung, Beaufsichtigung, Schutz der franz. Archive (mit Ausnahme der milit. und dem des Aussenministeriums); ihre Inventarisierung und Auswertung fuer deutsche Forschung, Politik, Verwaltung und Fotokopierung ausgewaehlter Bestaende; Vorbereitung deutscher Archivforderungen. Alle diese Aufgaben nur im Kriege durchfuehrbar.

Vor ­diesem Hintergrund ist eine außerordent­lich stark interessengeleitete Arbeitsperspektive des Militärischen Kunstschutzes zu konstatieren. Die vom und durch den Krieg bedingten Veränderungen der Rahmenbedingungen sowie der Rückhalt in einer Militärverwaltungsstruktur verschafften – auch – den Kunsthistorikern Gelegenheiten und Chancen, die es zu ­nutzen galt. Ein allgemeines Verantwortungsbewusstsein für „europäische Kulturgüter“ ist zwar ebenso wie das Gefühl individueller Verpf­lichtung für Bewahrung von Artefakten vor Zerstörung und Vernichtung (das man bei Kunsthistorikern sowieso voraussetzen darf ) keineswegs ausgeschlossen – wie auch und gerade die Briefe von Evers an seine Frau bezeugen 436 –, aber offenkundig wird dabei zugleich darauf geachtet, dass diese Intentionen nicht partikularen nationalen und (macht-)politischen Interessen zuwiderlaufen. Dies gilt auch für die Kommunikation der Kunstschutzarbeit.

436 Beispielsweise FA Evers, Brief vom 17.4.1945, mit deut­licher Kritik am „Kampfblockkommandanten“ und „Alarmeinheitsführer“ in Mantua, der nicht begreife, „dass er samt seinem Stacheldraht vergäng­lich, fünfhundertjährige Fresken von Mantegna aber ehrwürdig und kostbar sind“. Evers schildert ein Gespräch: „Er: ‚Bei uns in Deutschland geht soviel Kunst kaputt, was haben wir da Zeit und Anlaß, uns viel um die Sachen in Italien zu kümmern. […]‘ Ich: ‚[…] Gerade wenn viel vernichtet wird, muß man sich um jedes Stück, was übrigbleibt, doppelt kümmern.‘ Er: ‚Ja, wenn es deutsche Kunst wäre! Aber den Italienern, die uns verraten haben, auch noch helfen?‘ Ich: ‚Wenn Sie so denken, wieso sind Sie dann Kampfkommandant in einer italienischen Stadt? Dann gehen Sie doch an den Brenner zurück und verteidigen Sie Deutschland dort.‘ Er, in irgendeiner Weise verwirrt: ‚Wir brauchen doch den Raum, oder das Vorfeld, oder den Ernährungsraum, oder dergleichen.‘ Ich: ‚Eben, das ist es, das gibt es im Geistigen auch. Der Mensch lebt nicht von Brot allein. Es ist unsere eigene, abendländische Kunst, die hier gegen die Europafremden Mächte verteidigt wird.‘“

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Insofern ist das „Prinzip Propaganda“ kein äußer­liches, willkür­liches, nachträg­liches Phänomen, sondern der Kunstschutzarbeit strukturell inhärent, von Beginn an,437 weil diese Tätigkeit per definitionem im Krieg stattfindet, und Krieg eben maßgeb­lich auf der Mobilisierung der eigenen Truppe (und der eigenen Bevölkerung) und der Demotivation der Gegner beruht.438 Nichts belegt die konstitutive Verbindung von Kunstschutz und ­Propaganda deut­licher als die häufig wiederholte Bemerkung, dass über diesen Vorgang oder jenes Ereignis (vorläufig oder überhaupt) Stillschweigen bewahrt werden müsse. Für die fach- und wissenschaftspolitische Nutzung fremder Ressourcen unter Besatzungsbedingungen gibt es zahlreiche Beispiele, und auch die Funktionalisierung von Schutz- und Transportmaßnahmen des Deutschen Militärischen Kunstschutzes für politische Ziele ist häufig zu beobachten. Dies gilt vor allem für jene besetzten Länder, in denen eine Militärverwaltung eingerichtet wurde (Belgien, Frankreich, Serbien, Griechenland – und Italien). Keinen Kunstschutz im engeren Sinne (aber natür­lich Institutionen der Denkmal- und Heimatpflege, Luftschutzmaßnahmen, Auslagerungen von Museumsbeständen etc.) gab es in den Protektoraten (wie Böhmen und Mähren) und im Reichsgau Wartheland, auch nicht im Generalgouvernement für die besetzten polnischen Gebiete, in den Reichskommissariaten (Niederlande, Ostland, Ukraine, Norwegen) und in den annektierten Gebieten wie dem Sudetenland, Luxemburg oder Lothringen und Elsass.439 Nichtsdestotrotz existierte auch in diesen Ländern, ohne formale Institutionalisierung und feste Verankerung in den administrativen Strukturen der Verwaltungsstellen, zumindest in rudimentärer Form ein kunstschutzähn­licher Verhaltenskodex, wie die Beispiele Lettland, Norwegen und Sowjetunion zeigen. So hätte in Lettland Niels von Holst (1907 – 1993) „nach der Besetzung Rigas die ersten Maßnahmen auf dem Gebiet der Denkmalpflege und des Kunstschutzes zu treffen“ gehabt, wobei er, wenig überraschend, sich besonders um die „deutsche“ und „baltendeutsche“ Kunst und Architektur kümmerte und in der lettischen Hauptstadt alsbald ein „Deutsches Landesmuseum“ eröffnete.440 Im besetzten Norwegen wurde der Kunstschutz hingegen 437 Vgl. dazu auch die Differenzierung von Metternich in BA MA, RH 3/154, Abschließender Bericht, März 1945 (Bl. 5 – 39), hier Bl. 33 (= S. 16): „Die hohe propagandistische Bedeutung des militärischen Kunstschutzes ist unter I bereits gewürdigt worden. Es war nicht Aufgabe der Militärverwaltung, unmittelbar Propaganda zu treiben. Hiermit waren die amt­lichen Propagandastellen beauftragt. Die Militärverwaltung hatte jedoch dafür zu sorgen, dass diesen das nötige Material jederzeit zur Verfügung stand und dass sie rechtzeitig über alle irgendwie wertvollen Vorgänge unterrichtet wurden. So ist im Laufe der Zeit ein überaus reichhaltiges Material geliefert worden.“ 438 So die Ansicht von Karsten Evers, der ich mich anschließe. 439 Insofern ist die Angabe „Norvegia, Belgio, Francia, Olanda, Italia, Grecia e Serbia“ von Boi 1986, S. 5, in zwei Fällen unzutreffend. 440 Nicht nament­lich gezeichneter Artikel „Deutscher Kunstschutz in Lettland“ in: Frankfurter Zeitung, 7.11.1941 (Bezug nehmend auf einen nicht näher bezeichneten Artikel von Niels von Holst in der

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anfäng­lich von „Kamerad Jankuhn“,441 später („gemäß Befehl vom 1. Mai 1944“) von der Wehrmacht-­Propagandagruppe wahrgenommen.442 Aus Schweden sind meines Wissens keine Kunstschutz-­Aktivitäten überliefert, doch spricht Heinrich Kohlhaussen von „deutschen Kriegsaufnahmen (der Deutsche Verein für Kunstwissenschaft hat unter Leitung von Dr. phil. habil. H. Wentzel bisher über 10 000 Aufnahmen durchgeführt)“, die zu einem Umdenken geführt hätten: „Bisher glaubte die schwedische Kunstforschung, daß die Glasmalerei unter englischem Einfluß entstanden

Deutschen Allgemeinen Zeitung), als PrA in: BA B, R 55/1476, Bl. 111. Siehe dort auch Bl. 112, PrA: Dr. N. van Holst: Dorpats wertvolle Kunstsammlungen. Auserwähltes aus dem unberührt gebliebenen Kulturgut, in: Deutsche Zeitung im Ostland, 10.10.1941. – Siehe auch BA B, R 4901/5138, Bl. 108, Langsdorff („Der Persön­liche Referent / des Reichsministers des Innern / Ministerialrat Dr. Langsdorff“) an Wehrmeldeamt Charlottenburg, 29.9.1941: „Herr Dr. Niels von Holst […] ist mir seit einigen Jahren gut bekannt. Ich habe mit ihm im Außenamt der Staat­lichen Museen in enger Arbeitsgemeinschaft zusammen gearbeitet. Seine Fähigkeiten in organisatorischer Hinsicht sind außergewöhn­lich. In seinem Fach war er hervorragend. Charakter­lich kann ich ihm nur das beste Zeugnis ausstellen. Holst, der Balte ist, ist ein ausgesprochener Herrenmensch und verfügt über die nötigen Führereigenschaften. Seine politische Einstellung vor der Machtübernahme 1933 ist mir nicht bekannt. Da wir ihn seinerzeit als Beamten in den staat­lichen Dienst übernahmen, war sie selbstverständ­lich einwandfrei.“ Seit Herbst 1936 leitete Holst kommissarisch das so genannte Außenamt der Staat­lichen Museen zu Berlin, siehe Junker, Wieder 2005, S. 545 – Zu Niels von Holst, siehe Petropoulos 2000, S. 204 – 209; Kitschen 2011, S. 148 – 149; Frank, Windholz 2012, S. 106 mit Anm. 18; eine Studie zu dem baltendeutschen Kunsthistoriker bereitet Christoph Frank vor. 441 BA B, ehem. BDC, DS G 0126, Paraphe [vermut­lich Walther Wüst, Kurator des „Ahnenerbes“] an Oberleutnant und Kompanieführer Dr. Langsdorff, 17.6.1940: „Ich freue mich für Sie, dass Sie den Norwegen-­Feldzug mitmachen und erleben durften. Es wird Sie besonders interessieren, dass Kamerad [Herbert] Jankuhn [1905 – 1990] seit einigen Wochen in Oslo ist, um den Denkmalschutz wahrzunehmen. Er ist beim SD -Einsatz-­Kommando zu erreichen […] Der Reichsführer SS hat angeordnet, dass alles getan wird, um die vorgeschicht­ lichen Denkmäler Norwegens zu schützen und ihre Erschliessung zu fördern. Er betrachtet dies als eine Ehrensache von SS und Polizei. In Dänemark ist übrigens in gleicher Weise Dr. Kersten aus Kiel tätig.“ 442 Vom „Verzeichnis der unter Denkmalschutz stehenden Bau­lichkeiten Norwegens“, Oslo 1944, 83 Seiten, sind bundesweit nur zwei Exemplare nachgewiesen; Universitätsbibliothek Marburg, Sig. LV 13 29, und Bibliothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte München, Sig. XI 26/14. Der Band enthält eine kurze Vorbemerkung, wonach „alle nach norwegischem Reichsgesetz ‚gefriedeten‘ Bau­lichkeiten in öffent­lichem oder privatem Besitz, d. h. ­Kirchen, öffent­liche Gebäude, kulturhistorisch wertvolle Ruinen, Häuser, Bauernhöfe usw., die […] bau­lich nicht verändert oder gar abgetragen werden“ dürfen, aufgeführt worden ­seien, nicht hingegen Museen, Frei­lichtmuseen und vor- und frühgeschicht­liche Denkmäler Norwegens. – Vgl. Coles, Weinberg 1964, S. 875, die einen SHAEF-Bericht von Mai 1945 wiedergeben, wonach „die Deutschen“ 51 Gemälde aus dem König­lichen Palast und 29 aus der Nationalgalerie Oslo gestohlen hätten; Fuhrmeister 2015c.

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sei“, doch nun „hält die schwedische Kunstforschung die Herkunft des Stiles eines großen Teiles der schwedischen Scheiben aus Deutschland für erwiesen.“443 Darüber hinaus nominierte die kämpfende Truppe eigene Kunstschutzoffiziere – Harald Keller (1903 – 1989), seit 1937 Privatdozent an der Universität München, hatte diese Funktion inne, als sein Regiment in der Nähe der Zarenschlösser von Zarskoje Selo bei Leningrad stationiert war.444 Im Rahmen dieser Tätigkeit hatte er auch persön­lich Kontakt mit einer Arbeitsgruppe des ERR:

443 Kohlhaussen 1944, S. 8. 444 Siehe Getty Research Institute, Los Angeles, Special Collections, Harald Keller papers, 1929 – 1990, Collection number 920043. Für zahlreiche Notizen, Exzerpte, bibliographische Angaben etc. hat Keller – sparsam oder manisch – eigene frühere Manuskripte und Notizen rückseitig erneut beschrieben bzw. weiterverwendet. Verschiedene „boxes“ des rund 4,5 Regalmeter umfassenden Bestandes enthalten daher auch Schriftstücke, die – auf den heutigen Rückseiten – seinen Einsatz vor Leningrad dokumentieren. Siehe außerdem TSDAVO, 3676/1/149 [Fond 3676, Opis 1, Akte Nr. 149], Bl. 251 – 255, Aktenvermerk des ERR: „Zustand der Schlösser Gatschina, Pavlosk, Peterhof, Strelna und Zarskoje Selo“, datiert „Reval, den 30. November 1941“, hier Bl. 253: „[…] wurde kürz­lich von der Division der Divisionsangehörige, Universitätsdozent Uffz. Dr. H. Keller, als Kunstschutzbeauftragter eingesetzt.“ (sinngemäß ähn­lich ebenda Aktenvermerk Dr. Esser, Bl. 256 – 257), sowie Bl. 350 – 356 („Bericht über die Fahrt nach Siwerskaja, Gatschina, Zarskoje Selo, Pawlowsk und Peterhof vom 10.‒21.2.1942“, hier Bl. 353): „[Die Division] war inzwischen nach Usigont umgezogen und ihr früheres Gebäude, worin der Kunstbeauftragte der Division, Feldw. Dr. Keller, eine Menge Kunstschätze aufgehoben hatte (s. Sachbericht von Dr. Esser) durch Feuer vernichtet (es hatte inzwischen dort noch ein Regimentsstab gewohnt).“ – Zu Keller siehe den Überblick http:// kg.ikb.kit.edu/581.php [Zugriff am 1.11.2017]; vgl. Fuhrmeister 2005, S. 226 – 232, und den Eintrag von Peter Betthausen in Metzler 2007, S. 228 – 231, hier S. 229: „Seine Tätigkeit als Privatdozent für mittelalter­liche und neuere Kunstgeschichte an der Universität München seit 1937 unterbrachen Militärdienst und Krieg. 1947 wurde K. zum Ordinarius für Kunstgeschichte nach Frankfurt/ Main berufen.“ Dieser angeb­lich konsekutive Dreischritt von Wissenschaft, Krieg(sdienst) und erneuter Tätigkeit an der Universität war tatsäch­lich nicht so klar getrennt, sondern die Phasen überlappten sich, wie aus einem Brief von Evers vom 22.2.1945 hervorgeht (FA Evers, freund­liche Mitteilung von Karsten Evers): „Er liest, ist aber Leutnant und Zugführer beim Volkssturm. […] es ist richtige Kunstgeschichte, was er macht […] Dass er apla. Professor geworden sei, bezeichnet er als abzulehnen, er habe noch brief­lich versucht es abzuwehren.“ – Die Ergebnisse eines von der Volkswagen-­Stiftung unterstützten Forschungsprojekts der Stiftung Preußischer Kulturbesitz im Rahmen des Deutsch-­Russischen Museumsdialogs der Kulturstiftung der Länder, „Russische Museen im Zweiten Weltkrieg – Die Geschichte der Museumsstädte Novgorod und Pskov sowie der Zarenschlösser Carskoe Selo, Peterhof, Gatčina und Pavlovsk und ihrer Sammlungen von 1941 bis in die frühen 1950er Jahre“ (wissenschaft­liche Leitung: Prof. Dr. Wolfgang Eichwede) wird in der im Mai 2019 erschienenen Publikation von Corinna Kuhr-­Korolev, Ulrike Schmiegelt-­Rietig und Elena Zubkova aufgearbeitet. Vgl. auch Kuhr-­Korolev, Schmiegelt-­Rietig 2013; Kuhr-­Korolev, Schmiegelt-­Rietig 2015 und den Bericht „Beute verbindet“ von Kerstin Holm in der FAZ vom 20.11.2015 (Nr. 270, S. 12).

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Die Gruppe Esser, Speer, Peucker besichtigte mit Uffz. Dr. Keller, dem am Vortage eingesetzten Kunstsachverständigen der Division, die Schinkelkirche, Monplaisir und das abgebrannte Schloß Streha. Die Einsetzung eines Kunstschützers, die auf Initiative des Generals erfolgte, ist zu begrüßen und gegebenenfalls im größeren Rahmen auszuwerten, da Dr. Keller von Beruf Dozent der Kunstgeschichte in München ist.445

Metternich spricht zwar davon, dass in der zweiten Jahreshälfte 1941 („in den ersten Monaten der Besetzung russischer Gebiete bis zur Errichtung des Ostministeriums“), also z­ wischen 22. Juni und 18. November 1941, „der Aufbau einer Kunstschutzorganisation dort vorbereitet und zu d ­ iesem Zweck ein Beauftragter zur Vororientierung entsandt“446 worden sei, nennt aber keinen Namen. Da Anja Heuß erläutert, dass in den besetzten russischen Gebieten „dem ERR die Funktion eines militärischen ‚Kunstschutzes‘ im Bereich der HG [Heeresgruppe] Mitte und Süd übertragen“447 worden sei, kann Keller in gar keinem Falle für die gesamte Heeresgruppe Nord zuständig gewesen sein, denn diese bestand aus mehreren Armeen, die jeweils mehrere Korps, diese wiederum jeweils mehrere Divisionen umfassten. Auch wenn somit nur von einer vergleichsweise nachrangigen bzw. eng begrenzten Tätigkeit von Harald Keller ausgegangen werden muss, wäre es gleichwohl wichtig, mehr über seine Aktivitäten und seine offenbar vollzogene – und nicht verweigerte – Interaktion mit dem ERR in Erfahrung zu bringen.448 Auch Werner Körte (1905 – 1945) – Italianist wie Keller – hat in Russland nach eigener Aussage „hunderte von mittelalter­lichen Ikonen aus der Gefahrenzone“ gerettet und, zusammen mit seinem Freiburger Kollegen Helmut Perseke, „wertvolles Kunstgut, ganze Eisenbahnwagen voll, in Sicherheit nach Deutschland“ gebracht.449 Körte war gut einen Monat lang, vom 3. Juli bis 9. August 1942, als Leutnant und Kunstschutzbeauftragter bei Graf Solms tätig.450 Dem gebürtigen Ukrainer Otto Klein (1904 – 1995), einem bei Kurt Wehlte in Dresden ausgebildeten Restaurator, der sich Ende Juni 1941 mit der Bitte, „als Kunstbeauftragter in den besetzten Ostgebieten tätig zu werden“, an den Kunstschutz beim OKH gewandt hatte, 445 TSDAVO, 3676/1/149, Bl. 275 – 277, Vermerk betr. Peterhof vom 24.11.1941. 446 BA MA, RH 3/154, Metternich, Abschließender Bericht (Bl. 5 – 39), hier Bl. 17 – 18 (= S. 10 – 11). 447 Heuß 2000, S. 168. 448 Bereits die Diskussion über den Zusammenhang von Harald Kellers in einigen Quellen belegten Eintritt in die NSDAP am 1.1.1941 im Zusammenhang mit seiner Erlangung einer außerplanmäßigen Professur im August 1944 bei Fuhrmeister 2005, S. 231, sei für die Familie, wie mir der Sohn Ulrich Keller im Februar 2009 in Los Angeles mitteilte, völlig unbekannt gewesen. 449 So Thiel 2008, S. 239, der sich auf Kurt Bauchs Kriegs-­Rundbrief des Freiburger Kunsthistorischen Instituts, Nr. 7, Weihnachten 1942, im Universitätsarchiv Freiburg, C 57, unfoliiert, stützt. 450 Freund­liche Mitteilung von Arnold Körte, dem Sohn von Werner Körte, am 1.10.2013, mit Verweis auf einen Bericht seines Vaters „Zerstörte Kunst – geretttete Kunst, im Bereich der 18. Armee“ vom 27.4.1944.

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antwortete Kriegsverwaltungsabteilungschef Metternich am 11. Juli 1941, „dass in Russland kein militärischer Kunstschutz eingerichtet wird, sondern wahrschein­lich eine Zivilverwaltung mit einzelnen Referaten“, weswegen er Klein „empfehle, sich an die Dienststelle des Reichsleiters Alfred Rosenberg, Institut für kontinentaleuropäische Forschung, Berlin, Rauchstraße 17/18, zu wenden.“451 Bei d ­ iesem „Institut“ handelt es sich um die Tarnbezeichnung für das im Aufbau befind­liche Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete, dessen Existenz erst im November 1941 offiziell bekannt gegeben wurde.452 Anfang 1944 schreibt Klein auf Empfehlung von Tieschowitz an Evers mit dem Vorschlag, ihn mit der „Rettung“ des Abendmahls von Leonardo da Vinci in der Mailänder ­Kirche S. Maria delle Grazie zu betrauen: Ihrem eventuelle [sic] Antrag mich fuer diese Arbeit frei zu stellen wuerde m. E. sofort stattgegeben werden, wenigstens fuer eine bestimmte Zeit. Der Antrag waere zu richten an den Einsatzstab RR Sonderstab Bildende Kunst, Berlin-­Charlottenburg 2, Bismarckstrasse 1. Es waere unter allen Umstaenden zu vermeiden, dass meine vorgesetzte Behoerde von d ­ iesem meinem Schreiben etwas erfaehrt, da es mir falsch ausgelegt werden koennte, und ich bitte Sie daher es vertrau­lich zu behandeln.453

Um seine Qualifikation zu untermauern, fügt Klein seinem Schreiben die Abschrift eines Briefes von Alfred Stange bei.454 Evers’ Antwort ist ausgesprochen nüchtern, und eben darin sehr bezeichnend für seine persön­liche Auffassung der Arbeit im Kunstschutz:

451 Bentchev 1997, S. 27 – 28, der offenbar aus einem Originalschreiben von Metternich zitiert, aber dessen Standort (Nachlass Otto Klein?) nicht nachweist. Zu Klein, siehe Baldegger, Hejkal 1994 (Festschrift zu Kleins 90. Geburtstag), Weyer 2001, S. 205 – 206 (zu Kleins Zeit als Restaurator an der Städtischen Kunstsammlung Düsseldorf 1933 – 1936) und insbes. Blewett 2016. 452 Eine detaillierte Studie zum Institut liegt nicht vor; Erwähnung bei Zellhuber 2006, S. 155. Geleitet wurde das Institut vom Georgier Alexander Nikuradse (Pseudonym: A. Sanders); ab Ende 1943 untergebracht in Schwarzenfeld (Oberpfalz), wurde es 1947 – frei­lich mit anderer Aufgabenstellung – der TH München angegliedert. 453 Archiv KHI, Varia I, Kunstschutz Berichte, Klein (INSTITUT FUER UNTERSUCHUNG UND WIEDERHERSTELLUNG ALTER GEMAELDE Auf Kuenstlerischer und Naturwissenschaft­licher Grundlage, Postscheckkonto Koeln 69532, Buchheim/Iller) an Evers, 21.1.1944. 454 Archiv KHI, Varia I, Kunstschutz Berichte, Alfred Stange an Klein, 17.10.1941, Abschrift: „Ihrem Wunsche nach einem Zeugnisse zur Vorlage beim Einsatz Rosenberg komme ich gern nach. […] Sie haben, um nur einige Ihrer wichtigsten Arbeiten zu erwähnen, das Grünewald-­Bild der Sammlung Königs [zur Sammlung des Bankiers Franz Koenigs – zu Tode gekommen am 6. Mai 1941 auf dem Hauptbahnhof Köln – liegen verschiedene Forschungen vor] mit der vollsten Sorgfalt von seinen späteren Entstellungen befreien können und uns damit eines der grossen Meisterwerke der deutschen Kunst in seiner ursprüng­lichen Form wiedergeschenkt. Besonders dankbar sind Ihnen die Freunde deutscher Kunst für die gelungene Bergung der kostbaren karolingischen Fresken in Trier […].

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Die Abteilung Kunstschutz beim bevollmächtigten General der deutschen Wehrmacht in Italien arbeitet nicht als uebergeordnete, kommandierende Behoerde in Italien, sondern zur Unterstuet­ zung und im Einvernehmen mit den italienischen Denkmalbehoerden. Bei einem Werke von so ueberragender Bedeutung, an dem viele Generationen italienischer Restauratoren schon gearbeitet haben, waere die Uebertragung des Auftrags an einen deutschen Restaurator eine Art politischer Demonstration, die man nur nach reif­lichster Pruefung aller, auf [sic] der politischen Gesichtspunkte ins Auge fassen könnte.“455

Ein Briefwechsel wie dieser macht unmissverständ­lich klar, dass die prinzipielle Affinität der Kunstschutzarbeit zu Politik und Propaganda nicht automatisch auch zu einer exakten Umsetzung politischer Maßgaben führte, sondern dass es stets Entscheidungs- und Gestaltungsspielräume gab, die genutzt werden konnten und genutzt wurden. Weder der Nationalsozialismus insgesamt noch der Militärische Kunstschutz waren monolithische Gebilde, und die Forschung muss – wie stets – auch hier die Nuancen beachten, will sie zu einem differenzierten Urteil gelangen. An dieser Stelle können Gründung, Einrichtung, Etablierung, Ausbau und Ende des gesamten Deutschen Militärischen Kunstschutzes im Zweiten Weltkrieg nicht systematisch, aus den Quellen und in umfassender Weise dargestellt, diskutiert und bewertet werden. Vielmehr sollen nur jene Aspekte herausgearbeitet werden, die das spezifische Profil des Kunstschutzes in Italien zu erkennen und zu präzisieren helfen. Der offenkundigste Unterschied ist, dass in den anderen Ländern im Rahmen der Militärverwaltung bereits im Sommer 1940 eine Abteilung für Kunstschutz eingerichtet wurde, was in Italien erst volle vier Jahre nach dem deutschen Angriff auf Polen am 1. September 1939 geschah, in einer – nach der Kapitulation der 6. Armee in Stalingrad Anfang Februar 1943 und nach der Kapitulation der Achsenmächte in Nordafrika im Mai 1943 – nicht nur militärstrategisch grundsätz­lich anderen Situation. In Belgien, Frankreich, Serbien und Griechenland waren die Arbeitsstrukturen des Kunstschutzes von vornherein auf Dauer angelegt. Begleitet von fotografischen Dokumentationskampagnen und wissenschaft­lichen Arbeitsprogrammen – in Paris auch und gerade in Abstimmung mit der Kunsthistorischen Forschungsstätte (beim Deutschen Institut Paris) unter der Leitung des Stange-­Schülers Hermann Bunjes (1911 – 1945)456 – wurde proaktiv und, soweit mög­lich, systematisch kunst- und architekturhistorische Forschung betrieben. Ihre wichtigen Untersuchungen an dem berühmten Gemälde der Simonetta Vespucci von ­Botticelli, das in den Besitz des Führers gelangte, sind mir in bester Erinnerung. Ich schätze Sie als einen aufrechten, zuverlässigen und fleissigen Menschen, als einen dem Führer treu verbundenen Menschen.“ 455 Archiv KHI, Varia I, Kunstschutz Berichte, Evers an Klein, 22.2.1944. 456 Doll 2003, Kott 2008. – Wichtige Unterlagen zu Bunjes sind mittlerweile auch im Archiv des Französischen Außenministeriums in Paris im Bestand RV (Rose Valland) zugäng­lich.

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In Italien mit seiner langen Tradition deutscher Italienforschung und den zwei Instituten in Florenz und Rom wurde paradoxerweise genau diese wissenschaft­liche Dimension nicht realisiert, was in erster Linie der hohen Dynamik des Kriegsverlaufs auf der Apenninhalbinsel geschuldet ist, in zweiter Linie der wesent­lich geringeren Zahl an Mitarbeitern. Der Kunstschutz in Italien ist durch Reaktionen weitaus stärker geprägt denn durch Eigeninitiative (wobei es frei­lich Ausnahmen gab).457 Bemerkenswert ist ferner, dass gerade im an archäologischen Stätten so reichen Italien keine Abteilung bzw. kein Referat für Archäologie bzw. für antike Monumente etabliert wurde. In Frankreich hatte der rheinische Landeskonservator Franz Graf Wolff Metternich, der nach Beginn des Westfeldzuges im Mai 1940 vom Oberkommando des Heeres zum Beauftragten für den „Kunstschutz“ in den unter deutscher Militärverwaltung stehenden besetzten Ländern Frankreich und Belgien ernannt worden war, Ende 1940 ein Referat „Vorgeschichte und Archäologie“ (auch: „Gruppe Vor- und Frühgeschichte und Archäologie“458) eingerichtet.459 Selbst im Rahmen d ­ ieses vergleichsweise kleinen Referats wurden sowohl lückenhafte Bestände deutscher Bibliotheken systematisch in „,Streifzügen‘ durch Pariser Antiquariate“ ergänzt als auch, im Projekt „Verfilmung von archäologischer Fachliteratur“ in der Pariser Bibliothèque nationale, in eineinhalb Jahren knapp 40.000 Seiten aus französischen Fachzeitschriften fotografiert.460 In Erwartung einer deutschen Besetzung Großbritanniens hatte Metternich im Sommer 1941 sogar Pläne für eine Abteilung Kunstschutz und Archäologie beim „Militärbefehlshaber in England“ entworfen.461 Im seinem Bericht von März 1945 heißt es dazu, „dass der Unterzeichnete auf Befehl des OKH Vorschläge für den Aufbau des Kunstschutzes im Falle einer Besetzung der britischen Inseln und Ägyptens ausgearbeitet“462 habe. Angesiedelt beim Stab des Generalquartiermeisters des Heeres,463 gehörte der Kunstschutz in Frankreich zur Abteilung Verwaltung des Militärbefehlshabers (die zweite Abteilung 457 Vgl. Fuhrmeister 2012a, S. 16. 458 So Kalb, Rasbach und Sasse-­Kunst 2002, S. 404, die einen Brief des Präsidenten des DAI, Martin Schede, von „Anfang Oktober 1940“ erwähnen, in dem er die Einrichtung dieser Gruppe vorschlage. Vgl. etwas ausführ­licher Schnurbein 2002, S. 219 – 227. 459 Dazu detailliert Fehr 2010, S. 404 – 514, bes. S. 417 – 447. Vgl. Haendschke 2010 zu Büchern in der Bibliothek des Landesmuseums Bonn, die in Paris von Mitarbeitern des Kunstschutzreferats „Vorgeschichte und Archäologie“ als „echte Schnäppchen“ (S. 9) erworben wurden. 460 Kalb, Rasbach und Sasse-­Kunst 2002, S. 404 – 406, Zitat S. 404. Zumindest ungewöhn­lich ist S. 406 die Formulierung von „den vom Krieg betroffenen Gebieten Europas“, da es sich hier um vom Deutschen Reich besetzte Länder handelt. 461 Archives Nationales, Paris, AJ 40, 573/3, Metternich, 28.6.1941, Aufbau eines Kunstschutzes im Falle einer Besetzung der englischen Insel, zitiert nach Fehr 2010, S. 418, Anm. 52. 462 BA MA, RH 3/154, Metternich, Abschließender Bericht (Bl. 5 – 39), hier Bl. 18 (= S. 11). 463 Vgl. BA MA, RH 3/154, Metternich, Abschließender Bericht (Bl. 5 – 39), hier Bl. 16 (= S. 9); zum Generalquartiermeister, siehe Wagner 1963.

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war der Wirtschaft gewidmet).464 Leiter dieser Verwaltungsabteilung war Werner Best,465 sein Stellvertreter Alexander Langsdorff,466 der in seiner dortigen Zeit natür­lich auch mit Tieschowitz zusammenarbeitete.467 Der Kunstschutz in Frankreich unter Metternich – dem schon während des Vormarsches auf Paris „ständig zwei Pionier-­Bataillone des Heeres [unterstanden], die für ihre Aufgabe reich­lich mit Dachpappe und Drahtglas ausgerüstet worden waren“468 – war die Keimzelle, Ausgangsbasis und Koordinationsstelle des deutschen Kunstschutzes im Zweiten Weltkrieg; hier liefen die Fäden zusammen, wurde die grundsätz­liche Ausrichtung festgelegt. Mit Ausnahme des fast ausschließ­lich mit genuin archäologischen Fragestellungen befassten Kunstschutzes in Griechenland können der Kunstschutz in Serbien und in Italien als Aus- oder Filialgründungen des Kunstschutzes in Frankreich angesehen werden.469 Dies gilt in beiden Fällen besonders für die Anfangsphasen: Metternich steuerte die Etablierung in Serbien, Tieschowitz den Aufbau der Strukturen in Italien im Herbst 1943. In welchem Maße in ­diesem Rahmen Wissenschaft und Forschung, unter bewusster Ausnutzung der Mög­lichkeiten und Bedingungen der Besatzungsherrschaft, praktiziert wurden,

464 Vgl. Brunner 2004, S. 41. 465 Umfassend Herbert 2001. 466 Vgl. BA MA , RH 3/155, MVOR (Militärverwaltungsoberrat) Dr. [Hans] Möbius: Das Referat „Vorgeschichte und Archäologie“ in der Militärverwaltung Frankreich. Schlussbericht über die Tätigkeit 1940 – 1944, mit handschrift­lichem Vermerk oben rechts: „Streng vertrau­lich!“, Bl. 39 – 48 (S. 1 – 15), hier Bl. 41 RS (= S. 2): „Der Leiter der Abteilung Verwaltung, KVChef Dr. Best, brachte der Frühgeschichte besonderes Interesse entgegen, sein Vertreter KVAC hef Dr. Langsdorff war sogar Archäologe vom Fach.“ – In der Biographie von Wolfgang Schiering in: NDB, Bd. 17, 1994, S. 604 – 605, kommt der Zweite Weltkrieg nur insofern vor, als von den „Kriegszerstörungen“ in Würzburg die Rede ist; Möbius’ zentrale Tätigkeit im Kunstschutz Frankreich vom 15.7.1941 bis Kriegsende (ab Ende 1942 auch zuständig für Südfrankreich, ab 1.5.1944 dort stationiert) wird in der NDB nicht erwähnt. 467 BA B, R 1501/5140, Bl. 197, Langsdorff an Tieschowitz, 22.8.1941: „Sie haben mir mit Ihrem freund­lichen Gedenken und der Übersendung der schönen Stiche, die ich von meinem Urlaub zurückkehrend hier vorfand, eine besondere Freude gemacht. […] So habe ich doch wenigstens eine bild­liche Erinnerung an die schöne Pariser Zeit, die mich mit Ihnen und der Arbeit der Gruppe Kunstschutz und Archäologie so eng verband. Ich hoffe, daß Sie weiter in der Collaboration auf dem Kunstgebiet Freunde und Erfolg haben. […] Grüßen Sie bitte den Grafen recht herz­lich.“ 468 Koßmann 1963, S. 308. – Anders hingegen die Schilderung bei Kott 2008, S. 367 (keine Schutzmaßnahmen im Rahmen des Vormarsches). 469 Dies geht expressis verbis auch aus einem „Gutachten“ von Bernhard von Tieschowitz hervor, das dieser am 16.5.1946 auf Wunsch von Hans Gerhard Evers (im Rahmen von dessen Entnazifizierungsverfahren) anfertigte (FA Evers, Dokument E 16, Typoskript, 2 Seiten, hier S. 1): „[…] Oktober 1943 […], um in Italien den militärischen Kunstschutz nach dem Vorbild der in Frankreich mit heute allgemein anerkanntem Erfolg wirksamen Organisation einzurichten.“

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soll hier jedoch nicht am oft behandelten Beispiel Frankreich,470 sondern am Kunstschutz in Serbien erhellt werden, der mit Ausnahme des Ende 2017 erschienenen, perspektivenreichen Aufsatzes von Christina Kott noch nie näher untersucht worden ist (beziehungsweise nur sehr knapp hinsicht­lich der archäologischen und vor- und frühgeschicht­lichen Anteile 471). Grundlage dieser Darstellung sind zwei gebundene maschinenschrift­liche Berichte von Kriegsverwaltungsrat Dr. Johann Albrecht Freiherr von Reiswitz (1899 – 1962),472 die sich seit Anfang 1951 in der Bibliothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte befinden.473

470 Etwa auch Lambourne 2001, S. 124 – 126. 471 Siehe Kater 2006, S. 293 – 294; dort S. 462 der Hinweis auf einen Erlass der serbischen Regierung vom 17.2.1942, dass die SS in Serbien ein „prähistorisches Monopol“ besitze. – Ausführ­lich jetzt Kott 2017b. 472 BayHStA, MK 44186; Stadtmüller 1963; Stadtmüller 1964: Geboren am 8.7.1899 in Lugano (Schweiz), gestorben 25.7.1962 in München. Kriegsdienst 30.7.1917 – 1.3.1919 (Fähnrich, durch Kopfschuss verletzt), ab 23.6.1921 „Charakter als Leutnant“, 12.5.1920 – 31.7.1941 Militärrente; Studium der Philosophie in Berlin 2.11.1918 bis Juli 1922, Promotion Berlin 14.8.1922 bei Ernst Troeltsch über „Das A-Historische, das Historische und das Anti-­Historische in der Philosophie Arthur Schopenhauers“ (ungedruckt), Studium der Biologie, 1928 Wendung zur Geschichtswissenschaft, 1.2.1929 – 30.6.1940 erst Stipendium des Preuß. Ministeriums für Erziehung und Unterricht, ab 1936 dann der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft für Forschungen zur neueren Geschichte des Balkans; macht 1930 den Berliner Prähistoriker Wilhelm Unverzagt auf die Burganlage über dem Kloster Sv. Erasmo aufmerksam, gemeinsam dort 1931 und 1932 Grabungen; Mitglied NSV und NSKOV 1933, veröffent­licht 1936 Belgrad-­Berlin, Berlin-­Belgrad 1866 – 1871 (Nachdruck 2008). Langes Habilitationsverfahren: Dekan Wüst an Rektor Universität München, 28.5.1938 (Verleihung des „Dr. habil“ „unter nicht unerheb­lichen Bedenken“); Mitglied NSDAP Januar 1940; Gutachten Dekan Wüst über Rektor an REM, 14.3.1940 („Ich habe den Eindruck, dass er charakter­lich noch sehr viel an sich zu arbeiten hat, damit er die Härte und Männ­lichkeit sich aneignet, die für ein Fach wie das der Geschichte, für die Wissenschaft im allgemeinen und für das Auftreten vor Studenten im Großdeutschen Reich notwendig sind“); Ablehnung Dozentur durch Harmjanz/REM am 27.7.1940; Bitte Rektor Wüst an SUK München am 19.12.1941 um nochmalige Prüfung; SUK an REM, 20.1.1942: „Durch die Ereignisse des letzten Jahres im Südosten haben sich die Aussichten und die Bedeutung einer Dozentur „Geschichte des Balkans“ grundlegend geändert […] Notwendigkeit [für eine Dozentur] dieser Fachrichtung [nun] gegeben“; REM an SUK, 17.2.1942, Verleihung Lehrbefugnis unter Berufung in das Beamtenverhältnis, 1.5.1946 Diätendozentur, 19.1.1948 außerplanmäßige Professur Universität München, lehrt bis 1960. Vom 24.6.1941 – 10.2.1945 beim „Chef der Militärverwaltung in Serbien als Charakter­licher Leutnant a. D. mit dem Range eines Militärverwaltungsrats“. Vgl. Stadtmüller 1963, S. 470: „Als Militärverwaltungsrat beim Militärbefehlshaber Südost war er dem Militärbefehlshaber in Serbien zur Bergung und Sicherstellung wichtiger Kulturgüter auf serbischem Boden zugeteilt.“ – Stadtmüller selbst (1909 – 1985) war ab 1934 Anwärter und ab 1938 Mitglied der NSDAP, siehe Lengyel 2013. 473 „Tätigkeitsbericht des Referenten für Kunst- und Denkmalschutz beim Kdr. General und Bfh. in Serbien, Verwaltungsstab // Berichtszeit: 3.7.1941 – 31.12.1943“, gezeichnet „Belgrad, am 14. Januar 1943“, 15 Seiten, Inv.-Nr. 32424, Signatur XI 27/20 R, im Folgenden „Bericht 1“; „Kunst- und

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Es kann vor d ­ iesem Hintergrund nur spekuliert werden, weshalb Eva Frodl-­Kraft 1997 meinte apodiktisch feststellen zu müssen: Vorweg ist zu wiederholen, daß es im Zweiten Weltkrieg – ungleich dem E ­ rsten – keinen institutionalisierten Kunstschutz im Rahmen der Wehrmacht gab. Die einzige Ausnahme bildeten die west­lichen Länder (Franz Graf Wolff-­Metternich), aber auch dort wurde seine Tätigkeit 1942 eingestellt.474

4.1 Kunstschutz in Serbien Der Kunstschutz in Serbien nahm seine Tätigkeit am 3. Juli 1941 auf, „also etwa 8 Wochen nach der Besetzung Serbiens durch die deutsche Wehrmacht“ (Bericht 1, S. 1475). Vorangegangen

Denkmalschutz [handschrift­lich hinzugefügt: in Serbien] von Dr. habil. Johann Albrecht Frhr. v. Reiswitz, Militärverwaltungsrat, Dozent an der Universität München“, mit handschrift­lichen Notizen „2. Fassung XII.43, 3. Fassung VII.44, entspricht 2. Fassung“, 8 Seiten, Inv.-Nr. 32425, Signatur XI 27/22 R, mit Vermerk „Verschlußschrank!“, im Folgenden „Bericht 2“. – Laut Inventarbuch der Bibliothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte kamen die beiden Berichte zum Kunstschutz in Serbien mit vier weiteren Berichten („Verordnung über die Erhaltung von Kunstschätzen im besetzten Gebiete Frankreichs“, 1940; Metternich: „Studienreise Italien“, 1943; Metternich: „Kunstschutz in Frankreich“, 1942; Metternich: „Kunstschutz in Griechenland“) am 22. Januar 1951 als Geschenk von Hans Beilhack in die Bibliothek. Der deutsche Bibliothekar Hans Beilhack hatte 1945 einem „Einsatzstab der Library of Congress“ zugearbeitet, der die im Mai 1945 in einem Salzstollen in der Nähe des Obersalzbergs entdeckte Bibliothek Hitlers sortierte, siehe Hans Beilhack, Die Bibliothek eines Dilettanten. Ein Blick in die Privatbibliothek des Herrn Hitler, in: Süddeutsche Zeitung, 9. November 1945, sowie die Rezension von Horst Meyer (von Philipp Gassert, Daniel S. Mattern: The Hitler library. A bibliography, Westport et al. 2001) in: IFB. Digitales Rezensionsorgan für Bibliothek und Wissenschaft (http://swbplus. bsz-­bw.de/bsz091278880rez.htm). Ein Foto (http://www.loc.gov/pictures/resource/cph.3c24359/ [Zugriff am 1.11.2017]) zeigt Beilhack beim Sortieren der Sammlung Rehse (heute Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Abt. V) im August 1946 im Keller des Hofbräuhauses in München. Aus welcher Quelle Beilhack die Kunstschutzberichte hatte, habe ich nicht zu eruieren versucht. – Der Nachlass Reiswitz in der Handschriftenabteilung der BSB – Ana 688 – wurde dankenswerterweise von Christina Kott im Mai‒Juni 2010 vollständig durchgesehen und verzeichnet, gilt aber aus Sicht der BSB als „ungeordnet“ (E-Mail der BSB vom 3. September 2012); er enthält vor allem Bildmaterial. – Zum Kunstschutz in Serbien, siehe Fuhrmeister 2016b. 474 Frodl-­Kraft 1997, S. 412. 475 „Tätigkeitsbericht des Referenten für Kunst- und Denkmalschutz beim Kdr. General und Bfh. in Serbien, Verwaltungsstab // Berichtszeit: 3.7.1941 – 31.12.1943“, gezeichnet „Belgrad, am 14. Januar 1943“; Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Signatur XI 27/20 R (hier und im Folgenden „Bericht 1“); auch das folgende Zitat S. 1.

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war eine Besprechung von Metternich mit Reiswitz am 20. Mai 1941, in dem Reiswitz – in dieser Reihenfolge, nach eigener Aussage – „4 Aufgabenkreise“ zugewiesen worden waren: I. Mobilisierung der einheimischen deutschfreund­lichen Kreise für eine aktive Mitarbeit am Aufbau eines im deutschen Interesse produktiven Kunst- und Denkmalschutzes; d. h. eines Kunst- und Denkmalschutzes, der die einheimischen Objekte schützt und dabei gleichzeitig die durch die Besetzungszeit gegebene einmalige Mög­lichkeit der Förderung wissenschaft­licher Forschungen in ­diesem Raume durch ad hoc einzusetzende bezw. zu mobilisierende Kräfte ausnutzt. II . Schutz der beweg­lichen Objekte; d. h. der Museen und Galerien der Hauptstadt und des Landes und deren Ausbau zu Punkten, die der deutschen Forschung von besonderem Wert sind. III . Schutz der unbeweg­lichen Objekte; d. h. der hist. Festungen, Burgen, K ­ irchen, Klöster und der vor- und frühgeschicht­lichen Fundstellen sowie der volkskund­lich besonders wichtigen Punkte. IV. Zusammenfassende Inventarisierung und kartografische Festlegung der vor- und frühgeschicht­ lichen Fundstellen, hist. Denkmäler und volkskund­lich besonders wichtigen Punkte auf Grundlage des beim Schutz der beweg­lichen und unbeweg­lichen Objekte durch die mobilisierten Kräfte gewonnenen Materials.

Wie stark der Bericht auf Vorgaben von Metternich beruht, wird an dem Vergleich mit dessen „Abschlußbericht über den Einsatz des kunstwissenschaft­lichen Arbeitsstabes in Frankreich“ vom 30. April 1942 deut­lich, in dem es nahezu gleichlautend heißt: Der deutschen Forschung ist unter Ausnutzung der einmalig gegebenen günstigen Gelegenheit für die Zukunft ein Material erschlossen worden, das in dieser Fülle und Qualität in der Vorkriegszeit nicht zu erlangen war und voraussicht­lich auch später, nach Eintritt normaler Verhältnisse, aus technischen Gründen nicht gewonnen werden könnte.476

Reiswitz’ Bericht versucht im Kern den Nachweis zu liefern, dass er allen diesen Vorgaben gerecht geworden sei. Bemerkenswerter ist das Bild, das er zeichnet. Der Chef des Verwaltungsstabes habe ihm die „klare Richtlinie“ gegeben, „dass die Serben ‚mit sanfter Gewalt‘ an einem in deutschem Interesse produktiven Denkmalschutz […] anzuhalten s­ eien“ (Bericht 1, S. 2). Reiswitz schildert den Instanzenweg – da es in Serbien kein Denkmalschutzgesetz gab, musste eine Verordnung erarbeitet und in Kraft gesetzt sowie eine serbische Verwaltungsstruktur geschaffen werden – und erwähnt en passant, dass er „mit Genehmigung des Chefs des Verwaltungsstabes im Banat die Lokalmuseen zu Heimatmuseen umwandeln und in den Besitz der deutschen Volksgruppe in Serbien und im Banat überleiten konnte.“ (Bericht 1, S. 4 – auf S. 7 die Erläuterung, diese Übertragung des Eigentums sei „durch Schenkung“ und „durch Kauf“ erfolgt.) 476 Staatsarchiv Marburg, 310, acc. 1983/15, Nr. 4354, Bd. 7, Bl. 209r‒235r, zitiert nach Nagel 2000, Dokument 227, S. 407 – 416, hier S. 415 – 416.

Kunstschutz in Serbien  I  141

Für Fragen der Vor- und Frühgeschichte besonders sensibilisiert, betont er den Wert der Bestände dreier Museen in Belgrad – Es gibt dort Objekte, w ­ elche für unsere deutsche Vor- und Frühgeschichte, einschl. der Völkerwanderungszeit ebenso wie für die gesamteuropäische Geschichte von entscheidender Bedeutung sind und, wie beispielsweise die Funde von Vinca, Starcevo, Bubanj, nicht weniger wichtig sind als die bekannten Funde von Troja. (Bericht 1, S. 6) –

und schildert sein Bemühen, „die verpackten Schausammlungen soweit wie mög­lich wieder aufgestellt [aufzustellen] und mit deutscher Beschriftung der Wehrmacht und Forschung zugäng­lich“ zu machen. Das „besonders wertvolle Museum in Werschetz“ (Vršac) sei auf Reiswitz’ Antrag schon im September 1941 durch den Einsatz von Prof. Holste aus Marburg 477 in grossen Umrissen aufgenommen und nach dessen Soldatentod von Dozent SS-Ostuf Dr. Willvonseder 478 aus Wien und dessen Assistenten Ostuf Klein, in den Einzelheiten zu inventarisieren begonnen. […] Alle diese Maßnahmen hatten so unauffällig wie mög­lich zu erfolgen. (Bericht 1, S. 7)

Überhaupt dienten seine (Um-)Strukturierungsmaßnahmen der Museumslandschaft und die Schaffung von „landeskund­lichen Forschungsstellen“, die „im deutschen Interesse mit serb. Mitteln errichtet“ worden s­eien, auch „der Bergung der Funde, zur Annahme und Beschaffung von Fundmeldungen und als Ausgangspunkte für spätere Forschungsreisen“, doch noch s­ eien nicht alle Lokalmuseen soweit „arbeitsfähig […], dass sie schon heute für uns sammeln, auswerten und uns berichten.“ (Bericht 1, S. 8 – 9) Reiswitz behandelt ausführ­lich die Wehranlagen der historischen Festung Belgrad. Durch den Krieg waren serbische Umgestaltungsmaßnahmen und Abbrucharbeiten unterbrochen worden, so dass zunächst „Aufräumungsarbeiten“, dann ­Wiederherstellungen 477 Friedrich Holste (1908 – 1942), 1939 Habilitation München (Vor- und Frühgeschichte), 1940 dort Dozent, wenige Tage nach Berufung zum außerordent­lichen Professor in Marburg am 22.5.1942 bei Semenowka gefallen. 478 Kurt Willvonseder (1903 – 1968), Promotion Wien 1933, dort auch 1937 Habilitation, 1938 Mitglied der SS, 1937 – 1945 Bundesdenkmalamt Wien, ab 1943 außerordent­licher Professor der Urgeschichte in Wien, 1945 SS-Obersturmbannführer, 1954 – 1968 Direktor des Salzburger Museums Carolino Augusteum. Siehe Kater 2006, S. 128 – 129, 272; relativierend dagegen Frodl-­Kraft 1997, S. 261 und passim. – Die Biographie von Willvonseder im monumentalen Band von Legendre, Oliver, Schnitzler 2007 ist von Renate Jernej verfasst, die irrtüm­lich „Karl“ als seinen Vornamen nennt (S. 463 – 464): 1941 Mitglied der NSDAP und zur Kulturkommission in Bozen einberufen, 1942 zum Persön­lichen Stab des Reichsführers SS versetzt. Siehe auch Jernej 2007, S. 284 – 285, wo sie „Karl [sic] Willvonseder“ als „herausragenden Vertreter des SS-Ahnenerbes in Österreich“ charakterisiert.

142 I Deutscher Militärischer Kunstschutz im Zweiten Weltkrieg

(Vermeidung von „Rekonstruktion im hist. Stil“), verbunden mit Sondierungen, durchgeführt worden ­seien. Im Oktober 1941 sei dann Prof. Dr. Wilhelm Unverzagt (1892 – 1971), Direktor des Staat­lichen Museums für Vor- und Frühgeschichte in Berlin,479 aufgefordert worden, eine systemathische [sic] Probegrabung mit den Aufräumungsarbeiten zu verbinden. Diese kam im Auftrage des Reichsführers SS vom 22.9.‒7.10.42 zur Ausführung. […] Sie führte zur Aufdeckung einer lückenlosen Kontinuität der Besiedelung des oberen Kalemegdan von der Jungsteinzeit an. […] Im Auftrag des Reichsführers SS ist für 1943 geplant einen kriegsversehrten Archäologen, Dr. habil. Kähler 480 aus München in Kostolac f. d. laufende Fundbeobachtung einzusetzen. (Bericht 1, S. 10, 12)

Ganz offensicht­lich stimmte sich Reiswitz sehr eng mit der „Reichsführung SS“ ab – erwähnt die 1935 gegründete SS-Forschungsgemeinschaft „Deutsches Ahnenerbe e. V.“481 jedoch nicht. Die immer wiederkehrende Formel für die Erkundungen, Reisen, „Einsätze“ und „Sondereinsätze“ von Holste, Unverzagt, Willvonseder sowie „Dozent Dr. Rust aus Hamburg“482 lautet: „im Auftrage der Reichsführung SS“ (Bericht 1, S. 14, hier allein vier Mal).483 Für die Zukunft entscheidend, so Reiswitz abschließend, sei die dauerhafte Verankerung der im Rahmen der deutschen Militärverwaltung geschaffenen Verwaltungsgruppe für Archive, Bibliotheken, Kunst- und Denkmalschutz […] durch das serb. Unterrichtsministerium […] denn allein durch eine s­olche Verankerung der gleichmässig ausgerichteten Massnahmen von Archiven, Bibliotheken, Kunst- und Denkmalschutz, wird deren Auswertung der deutschen Forschung auf längeren Zeitraum hinaus gesichert. (Bericht 1, S. 15)

479 Zu Unverzagt siehe Bertram 2005 und besonders Saalmann 2010, S. 98 – 102 die Schilderung, wie der alte Unverzagt auf Nachfragen der jungen Doktoranden Reinhard Bollmus und Michael H. Kater reagierte. Die Ergebnisse der Grabung in der Festung Belgrad publizierte Unverzagt Anfang 1945 (Unverzagt 1945). – Die gemeinsame Arbeit an dem „Kulturfilm ‚Deutsche Vergangenheit wird lebendig‘“ durch Unverzagt und Langsdorff 1936 im Auftrag der Reichsführung SS erwähnt Savoy 2014, S. 92. 480 Heinz Kähler (1905 – 1974), Promotion 1929 in Freiburg in Klassischer Archäologie, 1937 – 1941 Assistent von Ernst Buschor in München, dort 1942 Habilitation, 1943 Dozent, 1951 außerordent­licher Professor, Lehrstühle in Saarbrücken und Köln. 481 Bollmus 2006, Kater 2006. 482 Siehe Gernot Tromnau: Rust, Alfred Friedrich Wilhelm [1900 – 1983], in: NDB 22 (2005), S. 300, http://www.deutsche-­biographie.de/pnd118604317.html [Zugriff am 1.11.2017]. 483 Es überrascht daher nicht, dass Reiswitz beispielsweise zur Tätigkeit von Willvonseder bemerkt (Bericht 1, S. 14), er habe „die Inventare des Belgrader Prinz-­Paul-­Museums auf Fundstellen aus[gewertet], und […] die Sicherstellung und Auswertung der Werschetzer Sammlung im Banat planmässig ein[geleitet].“

Kunstschutz in Serbien  I  143

Es erscheint bezeichnend, dass Ludwig Bittner, Direktor des Haus-, Hof- und Staatsarchivs Wien, sich im November 1942 bei dem Versuch, Akten aus Belgrad abzutransportieren, Widerständen der Militärverwaltung gegenübersah, die er indes nicht in der Person von Reiswitz, sondern in dessen Kollegen KVR Zeltner lokalisierte: „Dieser ist serbenfreund­lich, wir sind es nicht.“484 Im Unterschied zu Reiswitz’ beflissen-­kleinteiligem Tätigkeitsbericht von Anfang 1943 dokumentiert sein zweiter Bericht von Juli 1944485 in noch stärkerem Maße die Dimensionen von Ausnutzung, „Sicherstellung“ und Ausbeutung im Sinne fachwissenschaft­licher Grundlagenforschung. Ausdrück­lich bezeichnet er als Ziel der von ihm getroffenen „Maßnahmen allgemeiner Natur“, dass diese den Interessen der deutschen Forschung (Bodenforschung, Kunstforschung, Volkskundeforschung) dienstbar gemacht werden [sollten]. Die mit der Besetzung des Landes gegebene einmalige Gelegenheit zur Durchführung bisher behinderter wissenschaft­licher Forschungen war auszunutzen. (Bericht 2, S. 1)

Er habe in d ­ iesem Zusammenhang „die deutsche Volksgruppe im Banat“, die „die Heimatmuseen ihres Gebiets zu kulturellen Zentren des Deutschtums auszugestalten“ wünschte, auch deshalb unterstützt, um diese „der Wehrmachtbetreuung zugäng­lich zu machen, zugleich aber auch der deutschen Forschung zu dienen.“ (Bericht 2, S. 1 – 2) Aufschlussreich für die Arbeitsperspektive des Kunstschutzes in Serbien ist nicht nur die von Reiswitz betriebene Einrichtung eines Referats für Kunst- und Denkmalschutz im serbischen Unterrichtsministerium, „welches von sich aus die deutscherseits für erforder­lich gehaltenen Anträge stellte und Vorschläge machte“, sondern auch die Ausbildung „geeigneter Personen, die für deutsche Forschungszwecke innerhalb der Schutzmaßnahmen eingesetzt werden konnten. Der so herangebildete Nachwuchs hat sich […] ausgezeichnet bewährt und hat den Einsatz deutscher Hilfskräfte entbehr­lich gemacht.“ (Bericht 2, S. 3) Genauer als Anfang 1943 formuliert Reiswitz im zweiten Bericht etwa hinsicht­lich des Werschetzer Museums: „Es wurde daher auf Antrag des Denkmalschutzes vom Reichsführer SS, Persön­licher Stab, Amt ‚A‘, ein Sondereinsatz angeordnet.“486 (Bericht 2, S. 5 – ähn­lich S. 6) 484 ÖStA/AdR, Akten GD ÖStA 2.817/1942 (Konvolut Organisatorische Neueinrichtung), zitiert nach Hutterer, Just 2007, S. 324. 485 „Kunst- und Denkmalschutz [handschrift­lich hinzugefügt: in Serbien] von Dr. habil. Johann Albrecht Frhr. v. Reiswitz, Militärverwaltungsrat, Dozent an der Universität München“, mit handschrift­ lichen Notizen „2. Fassung XII.43, 3. Fassung VII.44, entspricht 2. Fassung“, mit Vermerk „Verschlußschrank!“; Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Bibliothek, Signatur XI 27/22 R (hier und im Folgenden „Bericht 2“). 486 Es gab zwar auch ein ausdrück­lich so bezeichnetes „Amt A“ im SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt, das mit Truppenverwaltung befasst war und von SS -Brigadeführer Heinz Fanslau (1909 – 1987) geleitet wurde, doch handelt es sich bei dem von Reiswitz genannten „Amt A“ zweifellos um das Ahnenerbe – vgl. den „Enthält-­Vermerk“ zur Akte NS 21/796 (Bestand Forschungs- und

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Die Inventarisierung „der im serbischen Raum vorhandenen Fundstellen und historischen Denkmäler“ böte nun der deutschen Wissenschaft eine bisher nie vorhanden gewesene und dabei schmerz­lich vermisste Grundlage zu planmässigen Forschungen. […] Darunter befinden sich Objekte, die in ihrer Bedeutung hinter Troja nicht zurückstehen. Es wird hier eine Lücke ausgefüllt, die man im Frieden niemals hätte schließen können. […] Nur wenn man ungehindert durch lokale Behörden arbeiten kann, oft nur mit „sanfter Gewalt“, – jedenfalls nur dann, wenn man selbst die Leitung in den Händen behält, ist es in einem Balkanlande mög­lich […] die Sammlung aller Daten durchzuführen. (Bericht 2, S. 7 – 8)

Das Beispiel Serbien ist in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich, demonstriert es doch nicht nur den Stellenwert von Eigeninitiative und die Mög­lichkeit, innerhalb eines nur vage definierten Rahmens Schwerpunkte zu setzen. Zum einen hat Reiswitz im Bereich der praktischen Vor- und Frühgeschichte (mit Vorbereitung und Durchführung von Grabungen) Forschung(sförderung) im engeren Sinne betrieben, zum anderen, durch die Neuordnung der Museen im Banat, die nationalsozialistische Volkstums- und Kulturpolitik entscheidend unterstützt. Drittens scheint der militärische Kunstschutz in Serbien stets vom Primat einer deutschen Überlegenheit – in kultureller ebenso wie in wissenschaft­licher Hinsicht – durchdrungen gewesen zu sein. Die Besatzungssituation wird dabei ohne Zurückhaltung oder Gewissensbisse, in voller Überzeugung und bewusst als „einmalige Gelegenheit“ (Bericht 2, S. 1) angesehen, die – mit deutscher Organisationskompetenz und mit „sanfter Gewalt“487 (Bericht 1, S. 2, und Bericht 2, S. 8) – unbedingt ausgenutzt werden müsse. Festgehalten sei schließ­lich, dass in dieser Konstellation kaum noch von einer politischen Instrumentalisierung von Wissenschaft gesprochen werden kann; treffender erscheint vielmehr, hier eine weitgehende Kongruenz von Wissenschaft mit Geschichts-, Volkstums- und Kulturpolitik anzunehmen: Die wissenschaft­liche Dimension der Kunstschutzarbeit wird streng genommen zum bloßen Vorwand. Wissenschaft ist hier, anders gesagt, untrennbar mit hegemonialen Vorstellungen von einer Neuordnung Europas unter nationalsozialistischer Führung verbunden und arbeitet diesen Vorstellungen zu, indem eine historisch fundierte Legitimation für imperialistische Expansionsbestrebungen geliefert wird.

Lehrgemeinschaft „Das Ahnenerbe“) im BA B, der im Kontext von Ahnenerbe-­Unterlagen auf einen „Organisationserlass für das Amt ‚A‘ von September 1943“ verweist. 4 87 Inwiefern es sich hierbei um eine etablierte außenpolitische Prämisse oder um eine verwaltungstechnische Richtlinie oder nur um eine stehende Redewendung handelt, ist mir nicht klar; vgl. DHI Rom, Archiv, N 9, Nr. 4, Rudolf Rahn (Briefkopf: Deutsche Botschaft Rom) an Gerhard Wolf, 23.9.1943: „Lieber Gerhard! […] Es muß alles, was irgendwie arbeitsfähig ist, systematisch nach dem Norden abtransportiert werden. Je milder die Methoden sind, die dabei angewandt werden, desto lieber ist es mir. […] Du wirst es nach dem Gesetz der sanften Gewalt schon schaffen. […] Dein Rudolf“.

Kunstschutz in Serbien  I  145

4.2 Kunstschutz in Griechenland Die Situation in Griechenland, wo im Juni 1941 (nach der griechischen Kapitulation am 23. April 1941) eine Militärverwaltung eingerichtet worden war,488 weist in mancher Hinsicht Ähn­lichkeiten und Parallelen, aber auch einige Unterschiede zu Serbien auf. Julia Freifrau Hiller von Gaertringen hat 1995 in einem grundlegenden Aufsatz unter dem Titel „Deutsche Archäologische Unternehmungen im besetzten Griechenland 1941 – 1944“ Struktur, Arbeitsweise und Ziele des Kunstschutzes in Griechenland beschrieben, wobei sie sich auf einen Bericht des Kunstschutzes vom 13. Februar 1945, eine relativ gute Quellenüberlieferung in zahlreichen Archiven sowie auf die Arbeit von Volker Losemann stützen konnte, der 1977 erstmals die Arbeit des ‚Sonderkommandos Rosenberg in Griechenland‘ sowie des ‚Sonderstabs Griechische Altertumskunde‘ behandelt hatte.489 Als Besonderheit des Kunstschutzes in Griechenland müssen die Merkblätter für den deutschen Soldaten an den geschicht­lichen Stätten Griechenlands gelten, von denen 1942 und 1943 in schneller Folge 20 Nummern „mit 450 000 Exemplaren erschienen“,490 die die Grundlage für das 1955 erschienene Buch Griechenlandkunde von Ernst Kirsten (1911 – 1987) und Wilhelm Kraiker (1899 – 1987) bildeten. In einem Bericht Metternichs vom 15. Dezember 1941 über den Kunstschutz in Griechenland ist außerdem die Rede von einer „Erinnerungsschrift für die Teilnehmer am griechischen Feldzug“, die, herausgegeben vom Armeeoberkommando 12, der „Referent für Kunstschutz beim W.Befh. Südost zusammenstellen [werde], die sich aus Beiträgen von einer Reihe deutscher Fachgelehrter zusammensetzen“, aber trotz der von Metternich erwirkten „Zustimmung und Unterstützung des Reichserziehungsministeriums sowie des Reichspropagandaministeriums“ offenbar nicht erschienen ist.491

488 Zur Besetzung Griechenlands siehe Fleischer 1986; zur Militärverwaltung, siehe Fleischer 1998; Nessou 2009, S. 85 – 105; vgl. Breyer 2003, S. 25. 489 Hiller von Gaertringen 1995, Losemann 1977, bes. S. 153 – 167. 490 Losemann 1977, S. 248 (= Anm. 101). – Die DNB Leipzig weist bei 20 Nummern 22 Exemplare nach, was darin begründet ist, dass einzelne Merkblätter bis zu drei Auflagen erfuhren. – Kraikers Bericht vom 20.7.1944 (BA MA, RH 3/154, Bl. 51 – 62) ist zu entnehmen, dass „bereits einen Monat nach dem Einmarsch in Athen“ 11 Merkblätter in insgesamt 42 000 Exemplaren vorgelegen hätten (Bl. 57 – 58, i. d. S. 7 – 8 des Berichts). Vgl. Vigener 2012b, S. 96. 491 Hiller von Gaertringen 1995 zitiert den Bericht des Beauftragten für Kunstschutz beim OKH über den Kunstschutz in Griechenland vom 15.12.1941 mehrfach nach BA B, R 55/1475. Ein gebundenes Exemplar des 12-seitigen Berichts (6 Bl. VS + RS) befindet sich auch in der Rara-­Abteilung der Bibliothek des ZI, Signatur XI 27/10 R, nach dem ich zitiere (hier Bl. 4 VS). – Hiller von Gaertringen 1995 erwähnt die geplante Publikation nicht, verweist aber auf S. 481 auf einen Grabungsbericht, der Anfang 1945 fast abgeschlossen, dann aber in Berlin vernichtet worden und 1951 als rekonstruierte Fassung erschienen sei (Friedrich Matz [Hrsg.]: Forschungen auf Kreta 1942, Berlin 1951). Auch weil Metternichs Angaben („ca. 120 Textseiten und 85 Bildseiten“) nicht mit Matz’ Buch (166 Seiten, 68 Tafeln) übereinstimmen, scheint es sich um zwei verschiedene Veröffent­lichung(svorhab)en

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Hiller von Gaertringen hat zu Recht vor allem auf die Forschungserleichterungen und die Ausnutzung der Besatzungsbedingungen durch die Wissenschaft – keine Genehmigungs­ pf­licht seitens griechischer Behörden (mehr), Unterstützung durch die Wehrmacht mit Personal und technischen Geräten – ein besonderes Augenmerk gelegt.492 Sie betont die enge Zusammenarbeit des Kunstschutzes mit dem Deutschen Archäologischen Institut (DAI) in Athen 493– die ihr zufolge so eng war, „dass sich das Kunstschutzreferat gewissermaßen als verlängerter militärischer Arm“ des DAI bezeichnen ließe. Wichtig ist ferner ihre Diffe­ renzierung, dass der Kunstschutz „ohne Forschungsauftrag“, aber trotzdem „auch selber archäologisch tätig“ gewesen sei, sowie der Hinweis auf ein großes Projekt, in dem antike Ruinen aus der Luft fotografiert werden sollten. Dieses Luftbildprojekt wurde keine zwei Wochen nach der Kapitulation, am 5. Mai 1941 – und damit über einen Monat, bevor überhaupt eine Militärverwaltung in Griechenland etabliert worden war – vom Präsidenten des DAI, Martin Schede (1883 – 1947), in einem Schreiben an den Direktor des DAI Athen, Walther Wrede (1893 – 1990), als außerordent­ lich wichtig bezeichnet. Der Referent des Kunstschutzes, Hans Ulrich von Schoenebeck (1904 – 1944), argumentierte wenig später, dass die Deutschen mit diesen Luftaufnahmen „für Generationen die unbestrittene Führung auf dem Gebiet der Klassischen Archäologie und allgemein in der Wissenschaft des Spatens im In- und Ausland in der Hand halten“ werden; es handele sich dabei um „ein neues wissenschaft­liches Machtmittel […], mit dem die wissenschaft­liche Vormachtstellung für ein Jahrhundert gesichert werden kann“.494 Schede selbst bezeichnete die durch die deutsche Besatzung gegebene Mög­lichkeit für Luftaufnahmen als „einzigartige und voraussicht­lich nie wiederkehrende Gelegenheit.“495 Nur wenig zurückhaltender – allerdings mit deut­lich geringerer nationaler Euphorie – prophezeite Metternich Ende 1941 d ­ iesem Vorhaben einen Erfolg, „der zu den beacht­ lichsten geisteswissenschaft­lichen Leistungen während eines Krieges in einem besetzten Lande gehören dürfte und einen überaus wertvollen Fortschritt der archäologischen Arbeit bedeuten wird.“496 Auch im Referat „Vorgeschichte und Archäologie“ der Kunstschutzes in Belgien und Frankreich, dies sei hier eingeschoben, wurde eine „Luftbildprospektion“ in zu handeln, zumal Matz (1890 – 1974) zu keinem Zeitpunkt als Mitarbeiter oder Beauftragter des Kunstschutzes agierte. – Keine Nennung von Matz’ Grabungen auf Kreta in der Biographie von Andreas E. Furtwängler in: NDB, Band 16, 1990, S. 419 – 420. 492 Hiller von Gaertringen 1995, S. 462: „Die Gelegenheit, unter derart vorteilhaften Umständen in einem fremden Land zu forschen, wurde von verschiedenen wissenschaft­lichen Einrichtungen bedenkenlos ausgenutzt.“ – Die beiden folgenden Zitate S. 465 und 466. 493 Vgl. Vigener 2012b, S. 94 – 96. 494 Berichte Schoenebecks vom 24. und vom 29.7.1941, zitiert nach Hiller von Gaertringen 1995, S. 471. 495 DAI Archiv Zentrale, 18 – 41 Auslandsbeziehungen Griechenland 1941 – 1945, Schede an Reichsluftfahrtministerium, 19.5.1941, zitiert nach Vigener 2012b, S. 95. 496 Bericht des Beauftragten für Kunstschutz beim OKH über den Kunstschutz in Griechenland, 15.12.1941, BA B, R 55/1475, Bl. 47, zitiert nach Hiller von Gaertringen 1995, S. 472. – Ein g­ ebundenes

Kunstschutz in Griechenland  I  147

­ usammenarbeit mit der Luftwaffe durchgeführt.497 Bereits im Sommer 1941 hatte M Z ­ etternich in einem Vortrag zum Kunstschutz in Frankreich ganz ähn­lich ausgeführt, es werde die „Belohnung dieser großen kulturpflegerischen Arbeit […] sein, dass die deutsche Wissenschaft und insbesondere die kulturwissenschaft­liche Forschung hiervon [von der Arbeit des Kunstschutzes] profitiere.“498 Diese Vorteilsnahme spielte frei­lich in den Narrativen der Nachkriegszeit keine Rolle – so wurde Metternich 1973 attestiert, er hätte „schwere und seelisch anstrengende Arbeit zu leisten [gehabt] […] in dieser waffenklirrenden Zeit.“499 Sehr richtig resümiert Hiller von Gaertringen denn auch das Luftbildprojekt: Obwohl es völlig ideologiefrei im Interesse der archäologischen Wissenschaft durchgeführt wurde, handelte es sich doch um den Versuch deutscher Archäologen, ohne Einverständnis der Griechen aus der Situation einen Gewinn zu ziehen, der unter regulären Verhältnissen nicht denkbar gewesen wäre.500

Anders als in Serbien, wo die Zusammenarbeit des Kunstschutzes mit dem „Ahnenerbe“ – wie auch in Frankreich 501 – offenbar weitgehend harmonisch verlief, kam es in Griechenland zu Konflikten. So hatte auf Kreta – wo es seit Frühjahr 1942 ein eigenes Kunstschutzreferat gab, Exemplar des 12-seitigen Berichts (6 Bl. VS + RS) befindet sich in der Rara-­Abteilung der Bibliothek des ZI, Signatur XI 27/10 R – dazu ein summarischer Überblick bei Fuhrmeister 2016b. 497 Schnurbein 2002, S. 223; S. 226 wird ein Brief von 1950 zitiert, wonach die Luftaufnahmen „mit den Akten der Brüsseler Militärverwaltung ins Marburger Staatsarchiv [gelangt ­seien] und […] dort von amerikanischen Truppen zerstört [worden wären]“. 498 Nicht nament­lich gezeichneter Artikel „Deutscher Kunstschutz in Frankreich“ [Bericht über einen Vortrag von Metternich im Kölnischen Kunstverein] in: Die Kulturverwaltung, 5. Jg., Nr. 5/6, Juni/Juli 1941, S. 87. Hinsicht­lich der Wiederaufbauarbeiten führte er aus, „dass sich hier für den deutschen Denkmalpfleger interessante Probleme ergäben, an deren Lösung mitzuarbeiten um so dankbarer sei, als von französischer Seite die deutsche Unterstützung erbeten worden sei, womit die Überlegenheit der deutschen Städtebauer und ihres kulturpolitischen Könnens anerkannt werde.“ 499 So die Charakterisierung im Geleitwort von Hermann Heusch zur Festschrift, siehe Thomas 1973, S. 5. 500 Hiller von Gaertringen 1995, S. 470. 501 Fehr 2010, S. 511, Anm. 354, erwähnt ein Treffen z­ wischen dem Kunstschutz (in Gestalt von Heinz-­ Rudolf Rosemann [1900 – 1977]) und dem Ahnenerbe am 16.4.1943 in Brüssel, bei dem eine Zusammenarbeit „auf dem Gebiet vorgeschicht­licher Sicherungsmaßnahmen“ vereinbart worden sei. – Auf den Wölfflin-­Schüler Rosemann, von 1927 bis 1944 Mitglied der wissenschaft­lichen Abteilung der Deutschen Akademie in München und Mitglied der NSDAP ab 1937 (BA B, ehem. BDC, N 0062, zitiert nach GKNS-WEL) kann hier nicht weiter eingegangen werden; ausführ­liche biographische Angaben können sowohl dem Nachlass im DKA des GNM in Nürnberg (ZR ABK 3397, Best. Nr. 1147; im Umfang von 9 lfd. M., unverzeichnet) sowie vor allem dem Spruchkammerverfahren (NdsHStA, Nds. 171 Hildesheim 63740) entnommen werden; vgl. den Nachruf Sauerländer 1981 sowie Kott 2007, S. 147 – 148, 151 – 152.

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das Ulf Jantzen (1909 – 2000) leitete 502 – der Kommandeur der 5. Gebirgsdivision, Generalmajor Julius Ringel (1889 – 1967), „im Juni 1941 eigenmächtig Grabungen in Knossos […] mit Hilfe griechischer Kriegsgefangener“ angeordnet, obwohl oder weil sich dort ein Grabungsprojekt der Britischen Archäologischen Schule Athen befand.503 In einem anderen Fall intervenierte Reichserziehungsminister Rust, der Anfang 1942 angesichts willkür­lich begonnener Einzelgrabungen auf Kreta „eine systematische topographische Begehung und Durchforschung der Insel“ forderte.504 Schwerwiegender als die Profilierungssucht einzelner Befehlshaber waren indes die Auseinandersetzungen mit dem „Ahnenerbe“ ebenso wie mit dem „Sonderkommando Griechenland“ des ERR , die wesent­lich eindeutiger ideologische Ziele verfolgten. Dies gilt beim ERR für den „Sonderstab Vorgeschichte“ ebenso wie für den „Sonderstab Griechische Altertumskunde“. Hiller von Gaertringen verweist in ­diesem Zusammenhang auf einen anonymen Bericht in der Zeitschrift Germanenerbe,505 in dem von der „Klärung der nordisch-­germanischen Einwanderung in Griechenland […] und damit die Klarstellung der nordischen Grundlagen des ältesten Griechentums“506 die Rede ist. Doch schon zwei Jahre früher hatte der klassische Archäologe Wilhelm Kraiker, Autor der Merkblätter und seit Juni 1941 zunächst zum Kunstschutz abgeordnet, seit Oktober 1941 regulär als Kriegsverwaltungsrat (KVR) beim Stab des Befehlshabers Südgriechenland tätig, in einem Aufsatz „Nordische Einwanderungen in Griechenland“ auch mit formanalytischen Argumenten nachzuweisen gesucht, dass indogermanische Tradition und „nordischer Stil“ in den „griechischen Stil“ eingegangen ­seien.507 Instruktiv für Selbstverständnis und Vorgehensweise des ERR-„Sonderstabs Griechische Altertumskunde“ unter der Leitung des Altphilologen Richard Harder (1896 – 1957) ist ein Schreiben, mit dem Harder im Herbst 1941 auf eine Grabungsgenehmigung der griechischen Regierung reagiert. Diese Erlaubnis enthielt die Einschränkung, nicht dort zu graben, wo andere schon eine Grabung begonnen hatten. Harder sah hierin eine unzulässige Protektion der Engländer seitens der Griechen, was er als Provokation empfand: „[…] gleichgültig ob sie sich damit für den von Vielen ersehnten Fall einer baldigen Rückkehr der Engländer ein Alibi verschaffen oder ledig­lich erproben wollten, wie viel sich die Deutschen gefallen lassen.“508

502 In seinem Bericht vom 15.12.1941, Bl. 2 VS, hatte Metternich es allerdings als „nicht erforder­lich“ bezeichnet, „dass sich ein besonderer Kunstschutzbeauftragter dauernd auf Kreta aufhält.“ 503 Hiller von Gaertringen 1995, S. 475 – 476. 504 Rust an Alexander Andrae (General der Luftwaffe und Kommandant der Festung Kreta), 26.1.1942, zitiert nach Hiller von Gaertringen 1995, S. 477. 505 Bd. 6, 1941, S. 191. 506 Zitiert nach Hiller von Gaertringen 1995, S. 483 – 484. 507 Kraiker 1939. 508 Harder an den Bevollmächtigten des Reiches in Griechenland, 20.9.1941, zitiert nach Hiller von Gaertringen 1995, S. 485.

Kunstschutz in Griechenland  I  149

Ohne auf Details einzugehen, sei festgehalten, dass ERR und „Ahnenerbe“ in Griechen­ land miteinander konkurrierten und rivalisierten, letzt­lich aber, auch durch Stellungnahmen des Kulturreferats der Deutschen Gesandtschaft in Athen und des Auswärtigen Amtes, die Alleinzuständigkeit des DAI Athen für Ausgrabungen bestätigt wurde. Wichtig ist schließ­lich ferner, dass Kraiker im Frühjahr 1944 „um Ablösung von seinem Posten“ als Referent des Kunstschutzes bat, weil eine in Saloniki gefundene antike Statue ins Reich verbracht (und von Juni bis August 1944 in der Ausstellung Kampfraum Südost im Heeres­museum Wien gezeigt  509) wurde, er aber dennoch bis zur Auflösung der Dienststelle am 12. September 1944 in Athen verblieben sei.510 Es spricht im Übrigen, dies sei hier eingeschoben, für H ­ eydenreich, dass er (wohl nach Kriegsende) die sich hierauf beziehende Passage in Kohlhaussens Publikation – „Alle bei Erdbewegungen unserer Truppen gemachten Funde, deren größter eine spätantike, in Saloniki gehobene Marmorstatue ist, wurden den griechischen Museen überwiesen“ – lakonisch (und für ihn zugleich ungewöhn­lich ausführ­lich) am Rande mit der Bemerkung versah: „Aufgrund Führerbefehl nach Deutschland transportiert“.511 Auch in Griechenland wurde Propagandafragen große Bedeutung beigemessen. M ­ etternich erwähnt im Bericht vom 15. Dezember 1941 Pressemeldungen, „die Engländer hätten bei ihrem Abrücken aus Kreta Kunstwerke des Museums in Iraklion weggeführt“, schildert seine Erkundigungen (das griechische Kulturministerium und die Museumsleiter können dies nicht bestätigen, während Generalmajor Ringel am Vorwurf festhält), die „keine überzeugenden Anhaltspunkte für oder gegen die Annahme des englischen Kunstraubs“ erbracht hätten, und kommt zu dem Schluss: Der englische Kunstraub auf Kreta ist daher leider nicht als einwandfrei erwiesen anzusehen, wenn auch durchaus mit der Mög­lichkeit gerechnet werden kann. Die Angelegenheit wird wegen ihrer grossen propagandistischen Bedeutung nicht aus den Augen verloren werden […].512 509 Das Ausstellungsplakat befindet sich in der Österreichischen Nationalbibliothek Wien, Objekt 16307612; im Bildindex des Bildarchivs Foto Marburg (http://www.bildindex.de/obj16307612.html [Zugriff am 1.11.2017]), wohl auf der Basis eines Dorotheum-­Kataloges von 1997) irrtüm­licherweise auf „um 1941“ datiert. Ein PrA (Neues Wiener Tagblatt, 10.6.1944) zur Ausstellung befindet sich in der Universitätsbibliothek Gießen, Nachlass Bausch, Nachlassteil Karl Alexander Wilke (1879 – 1954); weitere Berichte u. a. in Wiener Illustrierte, 63. Jahrgang, Nr. 28, 12.7.1944, S. 2. – Hiller von Gaertringen 1995, S. 465 – 466, Anm. 10, gibt an, die Statue sei anschließend in Bad Aussee geborgen und nach Kriegsende restituiert worden. 510 Hiller von Gaertringen 1995, S. 465 – 466 mit Anm. 10. 511 Kohlhaussen 1944, S. 14. Das in der Bibliothek des Zentralinstituts vorhandene Exemplar des Buches mit der Signatur XI 20/15 trägt auf der hinteren inneren Umschlagseite die Paraphe „Hey“ sowie auf S. 14 die zitierte Anmerkung in Heydenreichs Handschrift. 512 Metternich, Bericht vom 15.12.1941 (Rara-­Abteilung der Bibliothek des ZI, Signatur XI 27/10 R), Bl. 3 RS.

150 I Deutscher Militärischer Kunstschutz im Zweiten Weltkrieg

Die Problemstellungen sind in Griechenland, wie wir sehen werden, denjenigen in Italien durchaus vergleichbar, insbesondere was den Grad der Involviertheit der deutschen Forschungsinstitute betrifft, aber auch hinsicht­lich des Spannungsverhältnisses des Kunstschutzes zu ERR und Ahnenerbe, die frei­lich beide in Italien nur in geringerem Maße in Erscheinung traten. Der kategorische Unterschied z­ wischen dem Kunstschutz in Serbien und Griechenland einerseits und dem Kunstschutz in Italien andererseits besteht indes darin, dass in den beiden südosteuropäischen Ländern im Rahmen der Militärverwaltung gezielte Forschungsaktivitäten (von Grabungen bis zu Dokumentationskampagnen) geplant und durchgeführt worden sind, während auf der Apenninhalbinsel mit seiner langen Tradition deutscher kunsthistorischer Forschung offenbar keine Notwendigkeit gesehen wurde, die ‚günstige Gelegenheit‘ eines systematischen Zugriffs auf zuvor unzugäng­liche Kulturgüter und wissenschaft­liche Ressourcen zu ergreifen. Hinzu tritt der eminent reaktive Charakter des Kunstschutzes in Italien, der zu einem Zeitpunkt implementiert wurde, als das Land schon knapp zur Hälfte von einem vorwärtsdrängenden Gegner mit zunehmender Lufthoheit besetzt war.

Kunstschutz in Griechenland  I  151

5. Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien 1943 – 1945 5.1 Zwei Reisen von Franz Graf Wolff-­Metternich Zur Vorgeschichte des Deutschen Militärischen Kunstschutzes in Italien gehören zwei Studienfahrten, die Metternich vom 26. November bis 18. Dezember 1942 (Reise 1, 15 S.) und vom 6. bis 27. Juni 1943 (Reise 2, 12 S.) unternahm.513 Von beiden Reisen fertigte er Berichte an (derjenige von 1942 wurde sogar gedruckt). Obwohl beide Fahrten so gut wie ausschließ­lich Fragen des Kunst- und vor allem des Denkmalschutzes gewidmet waren, reiste er in seiner Eigenschaft als Provinzialkonservator der Rheinprovinz, da er im Juni 1942 von seinen Aufgaben als Leiter des Kunstschutzes (in Frankreich, aber auch überhaupt) entbunden worden war. Nach eigener Angabe erfolgte diese Absetzung durch seinen „Konflikt mit den Parteimachthabern, nament­lich mit Göring, auf dessen Veranlassung ich durch unmittelbaren Befehl Hitlers zunächst beurlaubt und dann entlassen wurde.“514 Aufgrund ihres Quellenstudiums kommt Heuß zu einer etwas anderen Einschätzung: Weniger die Person Göring, sondern vielmehr „die Plünderungen solcher Organisationen wie die Deutsche Botschaft, das Sonderkommando Künsberg und vor allem der ERR“ hätten den Widerstand von Metternich hervorgerufen, weil sie gegen das Völkerrecht und die Haager Landkriegsordnung verstießen, wobei dieser Widerstand sich „offensicht­lich mehr auf die Willkür, mit der o. g. Organisationen immer versuchten, sich Kunstschätze anzueignen [bezog]. Weniger scheint das Schicksal der jüdischen Sammler und ihrer Sammlungen den Kunstschutz weiter interessiert zu haben.“515 513 Berichte von beiden Reisen befinden sich in der Rara-­Abteilung des ZI, Signaturen XI 24/10 R und XI 24/23 R; beide als Geschenk von Hans Beilhack im Januar 1951. Bericht 1 trägt auf dem Deckblatt den Vermerk „Vertrau­lich!“, Bericht 2 auf der Titelseite „Verschlussschrank!“; da beide Berichte eher unspektakuläre Sachverhalte schildern, dürften sie vor Mai 1945 angebracht worden sein, als Luftschutzmaßnahmen zumindest zeitweise der Geheimhaltung bzw. Berichte über Luftangriffe der Zensur unterlagen. – Der Bericht zu Reise 2 befindet sich als Kopie auch im CIR, 236, Giugno 1943, sowie im ASAAD, Ordner Copie Documenti Tedeschi (3), rote Mappe „1943“. 514 PA AA, Personalakte Nr. 59905 (Metternich), Lebenslauf, 5 Seiten (Bl. 3 – 7), hier S. 4 (Bl. 6), nicht datiert, nach dem 14.11.1945 (vermut­lich Dezember 1945). 515 Heuß 2000, S. 277; ihre Einschätzung deckt sich weitgehend – allerdings mit einer anderen Datierung des Dissens, näm­lich auf August 1942 – mit einem Bericht des MFAA vom 15.10.1944 (abgedruckt bei Coles, Weinberg 1964, S. 870 – im Ergebnis ähn­lich urteilt Flanner 1947b, S. 43): „The most outstanding point in information received suggests again the apparent integrity of Count Metternich, German Commissioner for the Protection of Art in France and Belgium. This

Für die Einschätzung von Metternichs Aktivitäten ist indes auch zu berücksichtigen, dass seine deutschen Gegner ihn nachhaltig zu diskreditieren und zu beschädigen suchten. In einem meines Wissens bislang nicht bekannten Gutachten des Sicherheitsdiensts (SD) vom 20. April 1943, das dem französischen Geheimdienst im Oktober 1945 von der Commission de Récupération Artistique (CRA) des Ministère de l’Éducation nationale in französischer Übersetzung zugesandt wurde, werden nicht nur schwere Vorwürfe der „Frankophilie“ gegen ihn erhoben, sondern auch seine Verwurzelung in der „katholischen Reaktion“ und seine Verbindung mit dem Malteserorden gegeißelt – der Hauptvorwurf d ­ ieses mit hoher Wahrschein­ lichkeit vom ERR bzw. vom Amt Rosenberg ‚bestellten‘ Gutachtens lautet, Metternich habe stets „französischen Interessen“ den Vorrang gegenüber deutschen eingeräumt.516 Seine beiden Reisen von Ende 1942 und Mitte 1943 zeigen frei­lich – ebenso wie der von Metternich verfasste Abschlussbericht des gesamten Kunstschutzes von März 1945 –, dass es einen klaren Schnitt nicht gegeben hat, dass Metternich trotz seiner Entlassung im Juni 1942 weiterhin als maßgeb­liche Autorität galt, auch wenn formal nun sein früherer Assistent Bernhard von Tieschowitz Leiter des Kunstschutzes geworden war. Es bedarf weiterer Forschungen in dem vor einiger Zeit in Pulheim-­Brauweiler zugäng­lich gewordenen Nachlass von Metternich, um seine Arbeitsbereiche im Kunstschutz nach Entbindung von den Leitungsaufgaben genauer zu fassen.517 Sehr vieles deutet darauf hin, dass Metternich sch­licht und einfach weitergearbeitet hat, und zwar nicht nur im Rheinland, sondern zumindest teilweise auch in Paris – so teilt Tieschowitz Evers am 12. Januar 1944 aus Paris en passant mit: „Morgen kommt Metternich für etwa zwei Wochen; er wird Ihre Berichte, die ich erst nach meiner Rückkehr hierher vorfand, sicher mit grossem Interesse lesen.“518 official drew up an agreement early in 1942 between the German Military authorities, the French Ministry of Education and the Belgian owners of the works of art sheltered in France to the effect that access to the latter was prohibited excepting with the written consent of the three parties of the agreement. The fact that this was broken by [Adolph] [sic] Hitler, through his emissary on 3 August 1942 when he removed the Van Eycks from Pau with [Pierre] Laval’s complicity, led Metternich to protest vigorously to his government, causing his eventual dismissal.“ 516 ASS, Paris, Dossier P 310969 (Metternich). Das mit „M. Schmidt“ gezeichnete Gutachten über Metternich wurde am 20.4.1943 von einem SS -Brigadeführer im RSHA an das REM gesandt; Hintergrund war die Annahme, das REM würde erwägen, Metternich zum Nachfolger von Reichskonservator Hiecke zu ernennen. Zu Hiecke, siehe Werner Bornheim genannt Schilling, in: NDB, Bd. 9, 1972, S. 106 – 107 (http://www.deutsche-­biographie.de/pnd139900888.html, zuletzt augerufen am 5.11.2015). 517 Von September 2016 bis August 2018 läuft ein vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördertes Projekt mit dem Titel Bereitstellung von archivischen Quellen aus deutschen, französischen und englischsprachigen Archiven für die deutsche und internationale Provenienzforschung zu Kunstschutz und Kunstraub im Zweiten Weltkrieg, in dessen Zentrum der Nachlass Franziskus Graf Wolff Metternich steht (https://www.kulturgutverluste.de/Content/03_Forschungsfoerderung/Projekt/Vereinigte-­ Adelsarchive-­im-­Rheinland-­eV-Pulheim/Projekt1.html [Zugriff am 1.11.2017]). 518 FA Evers, Dokument E 4, Tieschowitz an Evers, 12.1.1944, 3 Setien, hier S. 1.

154 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Noch Ende April 1944 wird Metternich jedenfalls in konkreten Einzelfragen angesprochen und ist seinerseits über Details informiert, wenn er auch offiziell keine Weisungsbefugnisse mehr besitzt;519 im Juni 1944 sucht ihn Evers in Bonn auf.520 Anders als Paul Clemen, der als éminence grise zwar häufig um Rat gefragt wird und diesen auch gerne erteilt, hat Metternich näm­lich tatsäch­lich noch eine genau umrissene Funktion, wie Tieschowitz Langsdorff am 25. Juni 1944 mitteilt: Langsdorff möge doch bitte Durchschläge aller Berichte nicht an ihn, sondern an Metternich ­­schicken, „der ja noch der Vertrauensmann des REMinisteriums für den gesamten militärischen Kunstschutz ist und die Berichte aus allen unter MVerwaltung stehenden besetzten Ländern befehlsgemäss luftgeschützt aufbewahrt.“521 Aus einem Brief von Evers an Metternich vom 15. Juli 1944 geht auch hervor, worum es bei Evers’ Besuch eigent­lich ging: Die beiden hätten in Köln „alle Probleme des ‚Kunstschutzes‘ so ausführ­lich durchgesprochen […] und der neu gewonnene Kontakt z­ wischen den einzelnen Ländern soll auch in Zukunft lebendig gepflegt werden.“522 Die Vernichtung der „Akten meiner halbjährigen Tätigkeit in Rom“ durch den Brand eines LKW, der die Unterlagen nach Norden transportieren sollte (Rom war am 4. Juni von den Alliierten besetzt worden),523 sei, so Evers weiter, „eine bittere Bestätigung Ihrer Lehre, dass die Akten, die 519 CIR , 236, Aprile 1944, Ministerialdirigent Robert Hiecke (1876 – 1952), REM , Konservator der Kunstdenkmäler, an Langsdorff, 30.4.1944: „Sehr verehrter Herr Professor! Unter dem 7. Juli 1944 hatte ich bei Herrn Dr. von Tieschowitz angefragt, wie er aufgrund seiner Kenntnis der italienischen Verhältnisse die vom Auswärtigen Amt hier gestellte Frage beurteile, w ­ elche Stellung wir zu einem Anerbieten der Schweizer Regierung zu nehmen hätten, Kunstschätze aus Italien in der Schweiz zu bergen. Wenn auch ernste Bedenken, unseres Erachtens vor allem wegen der Schwierigkeiten und Gefahren des Transportes, bestehen müssten, möchte man die sich hieraus ergebende Äußerung doch nicht ergehen lassen, ohne vorher seine Meinung zu hören. Leider ist das Schreiben sehr verspätet in die Hand des Herrn von Tieschowitz gekommen, und ich erhalte soeben erst durch Graf Metternich seinen Hinweis, daß er keine Mög­lichkeit mehr habe, persön­lich in der Sache etwas zu unternehmen, und empfehlen möchte, mich an Sie zu wenden.“ 520 Siehe CIR, 236, Maggio 1944, Evers (Florenz, den 26. Mai 1944): „B e r i c h t über die Arbeit der Abt. Kunstschutz (Mil.Verw.Rat Prof. Dr. Evers) in Umbrien vom 8.‒16. Mai 1944 / für Herrn MVAbt.Chef Dr. Langsdorff“: „Montag, 15.5.1944: […] Vorbereitung der Dienstreise nach Paris, Brüssel und Bonn (MVR von Tieschowitz, MVOR Prof. Rosemann, Prov. Konservator Graf ­Metternich).“ – Der Bericht über diese Reise nach Paris, Brüssel und Bonn vom 7.‒18.6.1944 befindet sich im Archiv KHI, Varia III, Berichte Evers. 521 CIR, 236, Giugno 1944, Tieschowitz an Langsdorff, 25.6.1944. 522 CIR, 235, Luglio 1944, Evers an Metternich, 15.7.1944. 523 CIR, 235, Luglio 1944, Evers an Metternich, 15.7.1944: „In der Nacht hatte der Wagen [mit den gesamten Akten der Abteilung Verwaltung] eine Panne, es kamen Panikmeldungen über den Vormarsch der Feinde durch, und die Wagenbesatzung hat selbst den Wagen angezündet, um ihn nicht in Feindeshand fallen zu lassen, wenige Stunden bevor ein Hilfswagen mit Ersatzteilen am nächsten Morgen eintraf.“ Das folgende Zitat ebenda. – In einem Brief an seine Frau schreibt Evers am

Zwei Reisen von Franz Graf Wolff-­Metternich  I  155

wir zu späterer Publikation brauchen, rechtzeitig aus dem Gefahrengebiet herausgebracht werden müssen.“ Nicht allgemein von Publikation, sondern konkret vom „späteren Rechenschaftsbericht über die Leistung des Kunstschutzes“ spricht Evers drei Tage später in einem Schreiben an MVOR Rosemann in Brüssel 524 und formuliert etwas später in einem „Lagebericht“ noch präziser, bei den Besprechungen in Brüssel und Köln sei „der spätere, zur Abwehr der feind­lichen Hasspropaganda notwendige Gesamtbericht vorbereitet“ worden.525 Aus diesen Bemerkungen lässt sich eindeutig schließen, dass bereits im Sommer 1944 unter der Führung von Metternich an einer Gesamtdarstellung des Militärischen Kunstschutzes gearbeitet werden sollte. Zurück zu Metternichs erster Italienfahrt: Ausgesprochen kurzfristig, näm­lich mit Schreiben vom 18. November 1942, kündigte er Kriegbaum seine Reise nach Rom und Florenz an – und bot ihm gleichzeitig einen Vortrag in der zweiten Dezemberwoche „über mein augenblick­liches engeres Arbeitsbereich [sic, gemeint ist wohl: Arbeitsgebiet], nament­lich die deutschen Leistungen auf dem Gebiete des Kunstschutzes und der Kulturpflege in den besetzten Gebieten sowie über den Schutz der Kunstdenkmale im Rheinlande“526 an. Der Direktor des KHI teilt Metternich am 1. Dezember nach Rom mit, dass ein Vortrag nicht mehr in das Programm aufgenommen werden könne und das Thema besser in „Besprechungen in engerem Kreis“ zu erörtern sei.527 Bericht 1 beginnt mit dem deut­lichen Understatement, dass Metternich in den Jahren 1940 bis 1942 „Gelegenheit“ gehabt habe, „die Kunstschutzmaßnahmen in Holland, Belgien, Frankreich, Serbien und Griechenland eingehend kennen zu lernen“, und geht kurz auf den von der Direzione Generale delle Arti vorgelegten, „umfassenden Rechenschaftsbericht“ La protezione del patrimonio artistico nazionale dalle offese della guerra aerea von 1942 ein, den

gleichen Tag (FA Evers, Transkription: Karsten Evers, 2011; http://www.kunstschutz.evers.frydrych. org/files/briefe/440715_akten_zerstoert.pdf ): „Schlimmerweise sind meine eigent­lichen Akten, die schön geordnet waren und soviel Material enthielten, was man beim späteren Rechenschaftsbericht des Kunstschutzes brauchen würde, verbrannt. Sie sind beim Rückzug mit den Akten der Verwaltung auf einem LKW gewesen. Der Wagen hatte nachts eine Panne. Es kamen Panikmeldungen, die Engländer ­seien dicht auf den Fersen. Da hat die Begleitmannschaft selbst den Lastkraftwagen angezündet, um die Akten nicht in Feindeshand geraten zu lassen. Am andren Morgen kamen die angeforderten Ersatzteile, aber da war’s zu spät. Das ist für mich recht fatal; meine ganze Arbeit in Rom ist nicht mehr richtig nachweisbar. Darin soll nun auch mög­lichst viel noch wieder aufgeholt werden.“ 524 CIR, 235, Luglio 1944, Evers an Metternich, 18.7.1944. 525 CIR , 235, Luglio 1944, Evers: „LAGEBERICHT DER ABTEILUNG KUNST -, ARCHIV - u. BIBLIOTHEKSSCHUTZ für die Zeit vom 16. Juni bis 15. Juli 1944“, gez. Evers (Mailand, den 25. Juli 1944). 526 Archiv KHI, KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 44), Mappe M‒N‒O, Metternich an Kriegbaum, 18.11.1942. 527 Archiv KHI, KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 44), Mappe M‒N‒O, Kriegbaum an Metternich (Rom, BH), 1.12.1942.

156 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

16  Direzione Generale delle Arti (Hrsg.): La protezione del patrimonio artistico nazionale dalle offese della guerra aerea, Firenze 1942, Umschlag. 17  Direzione Generale delle Arti (Hrsg.): La protezione del patrimonio artistico nazionale dalle offese della guerra aerea, Firenze 1942, Innentitel.

er „ausgezeichnet“ findet (Bericht 1, S. 2), während die heutige Forschung ihn als propagandistische Selbstberuhigung und -beweihräucherung des faschistischen Regimes ansieht (Abb. 16 und 17).528 528 Nezzo 2011b, S. 284 – 285; Nezzo 2011a, S. 107 – 108: „a self-­aggrandizement that smacked of propaganda […] with a triumphant tone […] designed to show that the situation was under control.“ – Diese Einschätzung findet eine Bestätigung in einem Schreiben von Bruhns an die Generalverwaltung der KWG vom 23.12.1942: „Der Vatikan hat bekannt­lich die ihm anvertrauten Kunstdenkmäler überhaupt nicht geschützt.“ (AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1716). – Vgl. auch das Urteil von Tintori 1999, S. 15, die Schutzmaßnahmen s­ eien „promossa piuttosto tardivamente“. Zu den italienischen Maßnahmen des Kulturerbeschutzes in den 1930er Jahren siehe Ranieri 2012, S. 30 (mit Überblick zur Literatur); zu den Maßnahmen des Ministero della Guerra ab 1938 vgl. Coccoli 2012, S. 75; in fast jedem größeren italienischen Archiv sind diese Aktivitäten (und ihre Kommunikation) dokumentiert, siehe etwa Archivio di Stato di Grosseto, Nuovo Deposito dell’Archivio Storico Postunitario del Commune di Grosseto (1860 – 1963), Serie VI, Nr. 31, Cat. IX; Serie XVIII Leva e truppa f ) 4, Rifugio pubblico antiaerea (1910 – 1945) und 12 Giro d’aereo d’Italia […] propaganda antiaerea (1930 – 1940) (nur Konsultation der Findbücher in situ). – Hinsicht­lich des Schutzes der frühchrist­lichen Mosaiken der Basiliken in Ravenna teilt Heydenreich Langsdorff im April 1944 mit, die Soprintendenza von Ravenna habe um Zuteilung von „280 qm Leinwand, 200 kg ­Tischlerleim

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Der voluminöse, reich illustrierte und ausschließ­lich in Italien erhält­liche 529 Band dokumentiert unterschied­liche Maßnahmen, von Auslagerung in Sammeldepots mit Luftfeuchtigkeitskontrolle über Demontage, Reinigung und feuerfeste Verpackung bis zu Sandsackstapeln in Eisen- und Holzgerüsten und der Konstruktion von Schutzbauten. Neben der Dokumentation von zumeist seit Sommer 1940 durchgeführten Schutzmaßnahmen diente der Band offenkundig der Bekräftigung der Illusion, kein Land sei auf Luftangriffe so gut vorbereitet wie Italien. Evers berichtet jedoch im März 1944: Die Schutzbauten in Rom „grossenteils aus Holz und Sandsaecken, verlieren an Wert, da der Sand auslaeuft, und da (wenigstens in Rom) das Holz von der Zivilbevoelkerung gestohlen wird.“530 Metternich berichtet über „Besprechungen“ in Rom mit „dem Beauftragten für die protezione antiaerea innerhalb der direzione delle belle Arti, de Tommaso“ (gemeint ist Michele De Tomasso [?‒1974], Leiter der Abteilung „Tutela dei monumenti medievali e moderni“531) und über „gründ­liche Aussprachen“ mit Carlo Giulio Argan und Cesare Brandi (Bericht 1, S. 3 – 4). In Florenz, so Metternich weiter, hätten hingegen „erschöpfende Aussprachen […] mit den Soprintendenti, die auf alle Fragen bereitwilligst Auskunft gaben und sich nach den im Rheinland gemachten Erfahrungen erkundigten“, stattgefunden (Bericht 1, S. 4). Ob diese Nuancierung z­ wischen Rom und Florenz („gründ­lich“ versus „erschöpfend“ und „bereitwilligst“) bewusst vorgenommen wurde, ist unklar, da meines Wissens auf italienischer Seite keine Protokolle von diesen Gesprächen mit Metternich überliefert sind. Im Abschnitt „Beobachtungen“ hält Metternich fest: Der ungeheure Reichtum an Kulturgütern aller Art, die fast gleichmäßig über das ganze Land verteilt sind, stellt die italienischen Denkmalpflegebehörden vor eine äußerst schwierige Aufgabe. Es war von vornherein klar, dass nur eine Auswahl der wichtigsten ortsfesten Objekte geschützt

und 70 kg Hanfseile – 20 mm Durchmesser –“ gebeten, und fügt hinzu, daß ­dieses seiner „Meinung nach eigent­lich ein bischen [sic] früher hätte geschehen können!“ (Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Heydenreich an Langsdorff, 15.4.1944). 529 Archiv KHI, KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 44), Mappe F, G, Max Goering, BLfD München, an Kulturreferat der deutschen Botschaft, Rom, 23.2.1943: Seine Bemühungen, es im Buchhandel zu beziehen, ­seien „leider gescheitert, da es nicht offiziell ins Ausland verkauft werden soll. Das Buch wäre für unsere Arbeiten des Kunstschutzes in Bayern von größter Bedeutung. Wir benötigen es ledig­lich zu inneramt­lichen Zwecken und würden es in keiner Weise Nichtamtsangehörigen bekannt oder zugäng­lich machen.“; [Weiterleitung der Bitte über KWI Rom an KHI] KHI an Goering, 11.5.43, Buch kommt demnächst; AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 362, Lill (BLfD) an Bibliotheca Hertziana, 10.8.1943, schickt 27 Fotos von Werken der Alten Pinakothek in München zur Begleichung der Rechnung in Höhe von 27 RM. 530 Archiv KHI, Varia I, Kunstschutz Berichte, Evers, 12.3.1944: „B E R I C H T fuer Herrn Militaer-­ Verwaltungs-­Abteilungschef Dr. Langsdorff ueber die Taetigkeit der Abteilung ‚Kunst-, Bibliotheksund Archivschutz‘ in R o m / Berichtszeit 13. Januar bis 12. März 1944.“ 531 Rinaldi 2010a, S. 109, Anm. 17.

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werden konnte. Die Gesichtspunkte, die hier maßgeb­lich waren, scheinen nicht immer einheit­lich gewesen zu sein. […] Es fällt dem deutschen Beschauer auf, dass viele Dinge, die uns unbedingt schützenswert erscheinen würden, ungeschützt dastehen, obschon sie leicht abtransportiert oder ört­lich gesichert werden könnten. (Bericht 1, S. 7)

Die außerordent­liche Quantität und Qualität von Kunst und Architektur in Italien – die 1944 auf amerikanischer Seite zum Stoßseufzer führte, der Kampf in Italien sei ein „war in a museum“532 – wurde im Lande selbst offenbar nicht überall so hoch geschätzt. Dem Duce war jedenfalls schon 1929 „ein einziger militärischer Sieg“ wichtiger als alle Kunst: „Io darei la Cappella Sistina, il Duomo di Firenze e tutte le raccolte dei Musei d’Italia per una sola vittoria militare.“533 Diese Haltung änderte Mussolini auch später nicht – Anfang 1943 gab Generalkonsul Walther Wüster seine Auffassung so wieder: Wir Nationalsozialisten sind ja keine Museumsbesucher, sondern wir bewegen uns in Räumen, die uns Aufgaben stellen, an denen unsere Schaffenskraft reifen kann. Wir dürfen auch nicht glauben, daß Italien nur ein Museum sei und bleiben wolle. Gerade in seiner letzten Rede sagte Mussolini, daß er es lieber sehen würde, wenn statt der Fülle der Bilder und Statuen Italien mehr eroberte Standarten besäße.534

Bestätigt wird diese Geringschätzung durch Argan und Bianchi Bandinelli, die Nachlässigkeit, Willfährigkeit, Inkompetenz und Versäumnisse der staat­lichen Verwaltungen von Kunst und Kultur in der Direzione Generale Antichità e Belle Arti im Ministero della ­Pubblica

532 So der Titel eines Artikels in The Times, 22.5.1944. Vgl. Mojaloli 1972, S. 19, der den britischen General Brian Hubert Robertson (1896 – 1974), 1944 Chief Administration Officer Allied Armies Italy, mit den Worten zitiert: „Io debbo fare la guerra. Che colpa ho io se mi hanno mandato a farla dentro un museo?“ Siehe aber auch Berenson 1952, S. 320, der in einem Tagebucheintrag von Juli 1944 über Eugen Dollmann notiert: „About the war he said little or nothing, but made this interesting remark: both sides were handicapped by having to conduct it in the halls and corridors of an art museum.“ 533 „Ich würde die Cappella Sistina, den Dom von Florenz und alle Sammlungen der italienischen Museen für einen einzigen militärischen Sieg geben.“ Tagebuch von Dino Grandi, 1.2.1929 (De Felice Archive – Microfilmed papers of Count Dino Grandi, Georgetown University L ­ ibrary, Washington, D. C., Rolle 9). Ich danke Prof. Dr. MacGregor Knox sehr herz­lich für diese Quellenangabe. Knox erwähnte Mussolinis Aussage in seinem Vortrag „Mussolini and Ethno-­ Nationalist Terrorism: The Quest for Results“ bei der Tagung „Die faschistische Herausforderung. Netzwerke, Zukunftsverheißungen und Kulturen der Gewalt in Europa 1922 bis 1945“ (Institut für Zeitgeschichte, München, 28.‒30.6.2012). – Übersetzung von Mussolinis Ausspruch durch ­Christian Fuhrmeister. 534 Wüster 1943, S. 350.

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Istruzione und im Ministero dell’Educazione Nazionale verschiedent­lich mit scharfen Worten anprangerten.535 Metternichs Blick ist der eines Fachmanns, der das Arbeiten in hierarchischen Behördenstrukturen gewohnt ist. Im Abschnitt „Lehren“ seines Berichts (Bericht 1, S. 13 – 15, hier S. 13) sieht er darin, dass „gleich bei Kriegsbeginn eine verantwort­liche und mit weitgehenden Vollmachten ausgestattete Instanz“ geschaffen wurde, die Voraussetzung für eine Durchführung der Schutzmaßnahmen „nach einheit­lichen Grundsätzen“ – offenbar ohne darin einen Widerspruch zu seiner oben bereits zitierten Feststellung zu sehen, dass die Gesichtspunkte für die Auswahl der besonders zu schützenden Objekte „nicht immer einheit­lich gewesen“ ­seien (Bericht 1, S. 7). Seine Schlussfolgerung, dass ein umfassender Schutz in Italien „nicht mög­lich“ sei, aber „eine Verminderung der Gefährdung und der etwaigen Schäden“ (Bericht 1, S. 15) erreicht werden könne, sollte sich grosso modo bewahrheiten. Metternichs zweite Reise fand im Juni 1943 statt – gewissermaßen als Fortsetzung, da im Dezember 1942 „beiderseits […] der Wunsch geäußert worden“ sei, die „Aussprache später fortzusetzen“ (Bericht 2, S. 1). Erneut traf er mit Argan und Brandi zusammen, wohl erstmals mit Aldo De Rinaldis (1881 – 1948, Direktor der Villa Borghese), Settimo Bocconi (1875 – 1959, Direktor der Collezioni Capitoline) und Alfonso Bartoli (1874 – 1957, Leiter der archäologischen Grabungen auf dem Palatin und dem Forum Romanum). Wie bei der ersten Reise waren die Kontakte zu den italienischen Behörden durch Bruhns und Kriegbaum vermittelt worden. Neben Rom und Florenz besichtigte Metternich nun auch Assisi, Lucca und Pisa. Zu Florenz, wo er erneut von Piero Sanpolesi (1904 – 1980) geführt wurde, bemerkt er, dass die Bronzetüren des Baptisteriums „inzwischen ausgebaut und anderweitig in Sicherheit gebracht“ worden s­eien (Bericht 2, S. 4) – ihre Rückführung nach Florenz sollte Heydenreich Anfang Mai 1944 intensiv beschäftigen.536 Metternichs Erwähnung von „Angriffen auf Messina“ (Bericht 2, S. 9) präludiert die bevorstehende „Operation Husky“, die Landung der Alliierten auf Sizilien am 10. Juli 1943, das bis zum 17. August vollständig besetzt werden sollte. Unaufgeregt berichtete Kriegbaum am 8. Juli Paul Clemen: „Graf Metternich war kürz­lich ein paar Tage hier […] hat […] mit den hiesigen Kollegen Gedanken über Denkmälerfürsorge ausgetauscht.“537 Es ist nicht bekannt, weshalb der rheinische Provinzialkonservator Mitte Juli „zu kurzem dienst­lichen Aufenthalt“ nach Paris, in die frühere Zentrale „seines“ Kunstschutzes, fuhr 538 –

535 So etwa ACS, AABBAA, Divisione III, 1940 – 1960, busta 258bis, Appunto von Commendatore Prof. Giulio Argan (Ispettore Centrale del Ministero dell’Educazione Nazionale), Oggetto: Esportazione di opere d’arte in Germania, 13.7.1944 (4 Seiten); Bianchi Bandinelli 1974. 536 Siehe Fuhrmeister, Griebel, Klingen und Peters 2012, Dokumentenanhang, Dokumente 5, 6a‒b, 7, 8a‒b, S. 278 – 283, mit den Berichten von Heydenreich vom 4., 5., 8. und 13.5.1944. 537 Archiv KHI, KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 43), Kriegbaum an Clemen, 8.7.1943. 538 Archiv KHI, KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 44), Mappe M‒N‒O, Metternich an Kriegbaum, 16.7.1943. In ­diesem Schreiben aus Paris dankt er für die Aufnahme in Florenz, berichtet von seinem Besuch

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es kann keineswegs ausgeschlossen werden, dass er mit Tieschowitz (der ihn bei der ersten Italienreise 1942 begleitet hatte) Fragen des Kunstschutzes erörterte, die mög­licherweise auch Italien betrafen. Beide, Metternich wie Tieschowitz, dürften indes kaum geahnt haben, wie irregulär und chaotisch sich die Situation im Herbst 1943 in Italien entwickeln und gestalten sollte: Eine Vielzahl von Akteuren mit unterschied­lichen, teils offen konkurrierenden Interessen schuf eine unübersicht­liche Gemengelage, die sowohl die Errichtung einer Militärverwaltung als auch Aufbau und Errichtung einer Kunstschutz-­Abteilung erst mit einiger Verzögerung erlaubte.

5.2 Deutscher Kunstschutz in Italien avant la lettre Die Situation in Italien nach der Landung der Alliierten auf Sizilien und der Absetzung Mussolinis am 25. Juli 1943 war unübersicht­lich. Am 14. August 1943 wurde Rom von italienischer Seite zur „città aperta“ erklärt. Die Ereignisse überstürzten sich, als am 8. September der bereits am 3. September in Cassibile von der Regierung des Marschalls Badoglio unterzeichnete Waffenstillstand bekanntgegeben und die italienischen Truppen entwaffnet wurden. Am 12. September wurde Mussolini in den Abruzzen befreit, am 23. September die Repubblica Sociale Italiana (RSI) gegründet, am 13. Oktober 1943 erklärte das Königreich Italien dem Deutschen Reich den Krieg.539 Ab dem 7. Dezember verstärkten reguläre italienische Truppen den Kampf der Alliierten gegen die deutsche Besatzung.540 Schon am 26. Juli 1943 – nur einen Tag nach dem Sturz Mussolinis – spürte Pasquale Rotondi (1909 – 1991), seit 1939 Soprintendente alle Gallerie e alle Opere d’Arte delle Marche, „es beginne sich ein gewisser Druck von deutscher und nazistischer Seite herauszubilden, Auslagerungen bevorzugt nach Venetien, zum Brenner oder schließ­lich Richtung Deutschland vorzunehmen.“541 Am 15. September entfernte Rotondi im Depot von Montefeltro sicherheitshalber sämt­liche Etiketten und äußere Beschriftungen: „Alle Kisten sind (jetzt) anonym.“542 bei Clemen auf der Rückreise, schildert einen Luftangriff auf Köln und teilt mit: „[…] musste ich dann hierher zu kurzem dienst­lichen Aufenthalt“. 539 Vgl. Ranieri 2012, S. 30: „Zwei Jahre lang gab es gewissermaßen zwei italienische Staaten, die sich gegenseitig bekämpften, sich jeweils für die legitime Regierung erklärten und die Kontrolle über den Verwaltungsapparat der von ihnen regierten und sich je nach Kriegslage ständig verschiebenden Territorien ausübten.“ 540 Office 1951, S. 231 (Bildunterschrift). 541 Emiliani 2010, S. 29 (Auszug aus dem Tagebuch von Rotondi): „26 luglio – Destituzione di ­Mussolini. […] Incomincia a profilarsi una certa pressione tedesca e nazista per privilegiare trasferimenti nel Veneto, sul Brennero e infine verso la Germania.“ 542 Emiliani 2010, S. 30 (15.9.1943): „P. Rotondi elimina tutte le etichette e identificazioni di superficie. Le casse sone tutte anonime.“ – Der deut­lich um ein ausgewogenes Urteil bemühte Archivar des

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Die deutsche Wehrmacht leistete den Alliierten Widerstand, musste sich aber immer weiter zurückziehen. In den Monaten September und Oktober 1943 gab es zahlreiche Luftangriffe und Zerstörungen. In dieser militärisch brisanten Situation hatte der Aufbau einer Militärverwaltung keine hohe Priorität, noch weniger der des Kunstschutzes. Hinzu kam, dass Tieschowitz, der seit der unbegrenzten Beurlaubung von Metternich im Juni 1942 als Dienststellenleiter alle Belange des Kunstschutzes wahrzunehmen hatte, mit der endgültigen Entlassung von Metternich aus der Militärverwaltung – und damit aus dem Heeresdienst – im Oktober 1943 nun als Beauftragter für Kunstschutz beim OKH für sämt­liche besetzten Gebiete (die 1944 auch als „überwundene Länder“ bezeichnet wurden 543) allein verantwort­lich war.544 Es ist nicht bekannt, w ­ elche Kenntnis Tieschowitz in Paris von Landungen, Frontverläufen und Luftangriffen in Italien erhielt. Auch über die Haltung der beiden deutschen Botschaften in Rom und im Vatikan dürfte er ebenso wenig genauer informiert gewesen sein wie über die Aktivitäten der Direktoren und Mitarbeiter der deutschen wissenschaft­lichen Institute in Rom. Vor ­diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass auch aus Sicht des Präsidenten des Deutschen Archäologischen Instituts in Berlin akuter Handlungsbedarf bestand: Martin Schede schlug Reichsminister Rust am 1. November kurzerhand vor, doch den Direktor der Zweigstelle Rom, Herrn Prof. v. Gerkan der Dienststelle des deutschen Bevollmächtigten in Italien zum Zwecke des Kunstschutzes zuzuteilen. […] So groß das Interesse der Archäologie am Kunstschutz in Italien zur Zeit ist, so überwiegt doch das der neuern Kunstgeschichte bedeutend. […] Ich schlage vor, sich dieserhalb sofort mit dem von Professor Dr. Graf Wolff-­Metternich vorbild­lich organisierten und jetzt in Paris amtierenden Kunstschutz des O. H. K. in Verbindung zu setzen.545

Mit ­diesem genuin archäologischen Vorstoß steht ein zweiter in Verbindung, der von Carl Weickert (1885 – 1975), seit 1936 Direktor der Antikensammlung der Berliner Museen, ausging. Er schrieb am 22. November 1943 an Carl Blümel (1893 – 1976), Kustos und Professor an den Staat­lichen Museen zu Berlin: Vatikanischen Geheimarchivs, Giulio Battelli, erklärt das ausgeprägte Misstrauen Rotondis plausibel damit, dass dieser in Urbino keine Kenntnis von den Vorgängen in Rom hatte („senza contatti con Roma“) und insbesondere nichts von Lavagninos Absprachen mit dem deutschen Botschafter beim Heiligen Stuhl, Ernst von Weizsäcker (1882 – 1951) ahnte, was die Begleitung von Transporten durch deutsche Beamte oder Offiziere betraf. Battelli wirft Rotondi gleichzeitig vor, auch in Publikationen von 1973 und 1991 die Rolle der „schwarzen“ Botschaft ignoriert zu haben (Battelli 2000, S. 66). 543 Kohlhaussen 1944, S. 9. 5 44 PA AA, Personalakte Nr. 59907 (Metternich, Bd. 2), Franz Graf Wolff-­Metternich: Über meine Tätigkeit als Beauftragter des Oberkommandos des Heeres für den Schutz der Werke der bildenden Kunst von 1940 – 42. Grundsätze und Arbeitsmethoden (35 Seiten), S. 25. 545 BA B, R 4901/14064, Bl. 143, zitiert nach GKNS-WEL.

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Da sich in Italien scheinbar, wie das so üb­lich ist, mehrere einander parallel laufende Kunstschutzorganisationen gebildet haben oder bilden wollen, wird der Plan beim Auswärtigen Amt bzw. bei der Botschaft hinfällig, und Schede hat seinen entsprechenden Antrag, bei dem auch Sie genannt waren, zurückgezogen. Anstelle ­dieses Unternehmens tritt eine Organisation, die dem Unternehmen Graf Metternich gleichgeschaltet ist. Metternich hat schon Tieschowitz zu vorbereitenden Schritten nach Italien geschickt, wo die Leitung aber nicht Metternich, sondern Kriegsverwaltungsabteilungschef Langsdorff haben wird, der, wie Sie wohl wissen, inzwischen beim Innenministerium zum Ministerialrat avanciert ist. Der Sitz dieser Kriegsverwaltungsbehörde wird Verona sein, und Langsdorff wird demnächst, um sich zu orientieren, nach Italien fahren. Er hat kürz­lich wegen dieser Angelegenheit eine Besprechung mit Schede und Gerkan gehabt, der ja auch beteiligt werden sollte, aber nun ausscheidet. Dabei hat Schede Langsdorff sehr empfohlen, Sie heranzuziehen, nachdem Langsdorff sich zu unserem Prinzip der Konservierung mög­lichst am Ort und nicht zu der Bergung an anderen Orten bekannt hat. Langsdorff wird die Stellung also nicht als Angehöriger der SS führen, sondern als Kriegsverwaltungsbeamter wahrschein­lich unter dem OKH. Trotzdem werden seine Beziehungen zur SS spürbar – er scheint einige Mitarbeiter aus dem Innenministerium mitnehmen zu wollen – und auch nütz­lich sein, denn Langsdorff hat enge Beziehungen persön­licher Art zum SS-Obergruppenführer Wolff, der Polizeichef in Italien ist. Langsdorff scheint die Mög­lichkeit Ihrer Mitarbeit sehr begrüßt zu haben und ist in Besitz Ihrer militärischen Personalien. […] Rein vom Sach­lichen her gesehen, würde ich Ihre Mitarbeit an dieser Stelle für sehr wesent­ lich halten, auch aus dem Grunde, weil dadurch ein gewisses Gleichgewicht in die Organisation kommen würde. An wen von kunsthistorischer Seite gedacht wird, weiß ich nicht. Es scheinen da noch keine Namen genannt worden zu sein. Das Verhältnis Archäologie zur Kunstgeschichte müsste für Ober- und Mittelitalien etwa wie 1:4 sein.546

Auch wenn dieser bislang unbekannte Vorschlag im Sande verlief, enthält er doch, wie sich zeigen wird, aufschlussreiche Einschätzungen zu Langsdorff. Grundsätz­lich gibt es auf deutscher Seite eine Reihe von Akteuren, die in der Literatur bisher kaum, unzutreffend oder gar nicht behandelt worden sind. Dies hat ursäch­lich damit zu tun – und auch hier hat Weickert Recht –, dass es bis ungefähr Februar 1944 keine zentrale Koordination gab, sondern viele verschiedene, parallel agierende, zum Teil selbsternannte Kunstschutzbeauftragte, die voneinander nichts wussten oder zu wissen vorgaben, die völlig unterschied­lichen Organisationen und Einheiten angehörten und deren Wirken konsequenterweise nicht geschlossen – teilweise auch nur sehr fragmentarisch – in den Quellen überliefert ist. Es handelt sich dabei im Einzelnen um: ʶʶ Wolfgang Hagemann als Dolmetscher und Sonderführer Z im Stab des Oberbefehlshabers Albert Kesselring (1885 – 1960),

546 DAI Berlin, Archiv, NL Weickert, Kasten 1, Weickert an Blümel, 22.11.1943.

Deutscher Kunstschutz in Italien avant la lettre  I  163

ʶʶ Oberstleutnant Julius Schlegel (1895 – 1958) und Stabsarzt Maximilian Becker (ab Mitte Oktober an der Sicherung der von Neapel in das Kloster Montecassino ausgelagerten Bestände des Museo di Capodimonte beteiligt, teilweise unter Heranziehung von Werner Haftmann als Dolmetscher), ʶʶ das Kulturreferat der deutschen Botschaft, ʶʶ die Mitarbeiter Jan Willem Crous (1902 – 1945), Friedrich Wilhelm Deichmann (1909 – 1993)547 und Heinrich Fuhrmann (1892 – 1953) des Deutschen Archäologischen Instituts, ʶʶ Peter Scheibert (1905 – 1995) und ʶʶ Wilhelm Mohnen (1902 – 1992548). Hinzu kommt ein weiterer Akteur, dessen konkrete Ambitionen im Zusammenhang mit dem Kunstschutz im Herbst 1943 in Italien meines Wissens noch nie eine Erwähnung gefunden oder gar eine genauere Darstellung erfahren haben: Die Arbeitsgruppe Italien des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg (ERR).549 In einem „Aktenvermerk für den R e i c h s l e i t e r “ zum Thema „Fragen des K u n s t s c h u t z e s in I t a l i e n “ nimmt ein Dr. Zeiss 550 von der Stabsführung am 15. November 1943 Bezug auf seinen 547 Deichmann, Fachmann für altchrist­liche und byzantinische Kunst, hatte 1934 in Halle bei Paul Frankl promoviert (Versuch einer Darstellung der Grundrisstypen des Kirchenbaues in frühchrist­licher und byzantinischer Zeit im Morgenlande auf kunstgeographischer Grundlage, 1937 erschienen). Ab 1937 arbeitete er am DAI Rom. 548 Das Todesdatum entnehme ich dem amerikanischen Social Security Death Master File (http://ssdmf. info/ [Zugriff am 1.11.2017]), demzufolge ein am 24. Juli 1902 geborener „Wilhelm J Mohnen“, zuletzt in Kalifornien ansässig, im Januar 1992 gestorben ist. – Stehle 1998, S. 162, hält – reißerisch zugespitzt und mit einigen inhalt­lichen Fehlern – zu dessen Vita hingegen fest: „[…] Mohnen, Fahrradhändler und Kunstliebhaber aus dem Saarland, der als Spion und ‚Bildersammler‘ für Reichsmarschall Göring nach Rom geschickt worden war, hatte sich rückversichert. Seine zwei Brüder, die in den USA lebten, bürgten [1945] für seinen sofortigen Firmenwechsel zum amerikanischen Geheimdienst, der ihn später ins kommunistische China geschickt haben soll – bis zu seinem Ende am Galgen …“ 549 Selbst die Expertin Patricia Kennedy Grimsted, die über Jahrzehnte zum ERR geforscht hat, vermerkt (etwa Grimsted 2005, S. 402) nur knapp: „The ERR was active in Italy starting only in late 1943 […]“; ähn­lich Grimsted 2011, S. 29, 35. – Bemerkenswert ist ihre Erläuterung (Grimsted 2011, S. 214) zum Bestand BA K, B 323/441 – 452: „it should be noted that it was the Art Protection Office (Kunstschutz) rather than the ERR that was responsible for most of the art looting in Italy.“ – Hoppe 2010, S. 180, erwähnt einen Einsatz des ERR „in Italien ab September 1943“, nennt aber keine Details und weist dies nicht eigens nach. – Klinkhammer 2007, S. 145 – 149, 159 – 160, beschreibt nur allgemein die Raubpolitik des ERR hinsicht­lich Bibliotheken. – Eine Anweisung von April 1944, der Kunstschutz möge Dr. Unger vom ERR Sonderstab Musik bei der Suche nach Noten und Handschriften unterstützen, erwähnt Boi 1986, S. 8. 550 Mög­licherweise jener Dr. Friedrich Zeiß, der am 23.11.1932 eine rechtswissenschaft­liche Dissertation an der Universität Frankfurt – ausgerechnet, möchte man hinzufügen – zum Thema Der Diebstahl,

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Vortrag über die Tätigkeit des Sonderkommandos in Italien, wobei ich die Aufmerksamkeit auch auf die Frage des Kunstschutzes gelenkt habe. Auch nach neuer­lichen Informationen ist auf dem Gebiet des Kunstschutzes bisher noch keine grössere Aktion durchgeführt worden, insbesondere wussten die zurückgekehrten Angehörigen des Amtes Überstaat­liche Mächte, Dr. Po h l  551 und Dr. G r ü n e w a l d   552, nichts von solchen Maßnahmen zu berichten. Anscheinend sind nur Einzelaktionen durchgeführt worden; dazu gehört z. B. die von der deutschen Wehrmacht durch Gestellung der Transportmittel ermög­ lichte Überführung der Urkundenschätze des Monte Cassino nach Rom, die durch die deutsche Presse gegangen ist. Der SD soll im letzten Augenblick versucht haben, die Gebeine Konradins aus Neapel zu bergen. Das ist aber nicht mehr gelungen. Wie ich selbst gesehen habe, hat man in Rom aber erst vor wenigen Wochen damit begonnen, künstlerisch wertvolle Gebäude und Gebäudeteile gegen Bombensplitter zu sichern. Andererseits zeichnet sich aber jetzt schon deut­lich ab, wie unheilvoll sich der Krieg auf die künstlerischen und historischen Schätze Italiens auswirken wird, wenn nicht noch in letzter Minute die erforder­lichen Schritte eingeleitet werden. Die italienischen Zeitungen sind voll von Meldungen und Klagen über den Kunstraub und die Barbarei der Anglo-­Amerikaner. Ich verweise nur auf die auch in der deutschen Presse erwähnte Tätigkeit der jüdischen Kunsthändler Duveen aus London. Zahlreiche Stäbe der Engländer und Amerikaner sollen in den vom Feind besetzten Gebietsteilen unterwegs sein, um Kunstschätze sicherzustellen oder „zu kaufen“. Hier rechtzeitig zu handeln darf nicht nur eine Angelegenheit der Italiener sein, sondern muss auch eine Aufgabe der Deutschen sein, da Deutschland nach der Entwicklung der letzten Monate weitgehend die Vertretung der Interessen Italiens in seine Hände genommen hat. Deutschland müsste zusammen mit der faschistischen republikanischen Regierung Bergungsmaßnahmen einleiten. Dabei wird man sich entscheiden müssen, ob alle wichtigen Kunstwerke von europäischer Bedeutung sichergestellt werden sollen, oder nur diejenigen Kunstwerke und historischen Schätze, die vom deutschen Gesichtspunkt aus besonders wertvoll sind. Wenn die italienische Regierung ihrerseits die Aktion nicht unterstützen will, wird sich das letztere empfehlen. Infrage käme dann eine Bergung der historischen und künstlerischen Zeugen der Herrschaft der deutschen ­Kaiser und die Zeugnisse deutscher Kunst, insbesondere der Tätigkeit deutscher Künstler in Italien. Die Organisation des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg würde die Gewähr für eine erfolgreiche Durchführung dieser Arbeit bieten, da sie durch die bekannten Aktionen in Frankreich

die unberechtigte Aneignung und die dauernde Entziehung von Sachen im Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs von 1927 (erschienen Bochum-­Langendreer 1932) angefertigt hatte und der 1986 starb; vgl. Grimsted 2011, S. 123. 551 Es handelt sich um den katholischen Theologen Dr. Johannes Pohl (1904 – 1960), der von April 1941 bis Oktober 1943 die Hebraica-­Sammlung des Instituts zur Erforschung der Judenfrage des ERR leitete (siehe http://www.jmberlin.de/raub-­und-­restitution/de/glossar_p.php [Zugriff am 1.11.2017]). 552 Es handelt sich um Dr. Hans Grünewald (1902‒?), seit 1.7.1942 Mitarbeiter der Hohen Schule, Außenstelle Frankfurt, Institut zur Erforschung der Judenfrage, siehe Tilitzki 2002, Bd. 1, S. 855 – 856.

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schon den Nachweis erbracht hat, dass sie eine ­solche umfangreiche Aufgabe bewältigen kann. Selbstverständ­lich müssten nach Mög­lichkeit auch italienische Sachverständige für diese Aufgabe von europäischer Bedeutung herangezogen werden. Als Bergungsort würde ich das Nordalpengebiet empfehlen, das auch gegen eine Bedrohung aus der Luft verhältnismässig sicher ist. Mit Rücksicht darauf, dass die Front Rom, das eines der Zentren italienischer Kunst und Geschichte darstellt, nahegerückt ist, scheint eine eilige Herbeiführung der erforder­lichen Massnahmen dringend geboten.553

Dieser Vermerk ist in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich; gleichzeitig wirft er Fragen auf, da die Intentionen des ERR hier nur relativ vage umschrieben werden. Aufschlussreich ist zunächst, dass hier eine handfeste, objektbezogene Bergungsaktion des Sicherheitsdienstes der SS (SD) dokumentiert wird;554 zweitens bestätigt diese Momentaufnahme von Mitte November 1943, dass der voluminöse Bildband La protezione del patrimonio artistico nazionale dalle offese della guerra aerea von 1942 eher als erfolgreicher faschistischer Propagandacoup denn als Beschreibung umfassender Schutzmaßnahmen zu gelten hat, die offenbar erst im Spätsommer 1943 „in letzter Minute“ punktuell realisiert wurden. Drittens dürfte es sich bei den „Stäben“ um eine der frühesten Erwähnungen der kurz zuvor gegründeten MFAA in Italien 555 von deutscher Seite handeln. Daneben ist ein gewisses Changieren zu konstatieren, denn einerseits wird mehrfach die Bedeutung italienischer Kunst betont und geradezu fürsorg­lich für die Bewahrung ­dieses Erbes „von europäischer Bedeutung“ plädiert. Auf der anderen Seite machen die Ausführungen zur erwogenen „Sicherstellung“ und „Bergung“ unmissverständ­lich klar, dass hier nichts anderes als Beschlagnahme und Raub vorgesehen sind.556 Mit absoluter Selbstverständ­lichkeit erachtet Zeiss es als legitim, „Zeugnisse deutscher Kunst“ zu „bergen“, völlig unabhängig von Besitz- und Eigentumsverhältnissen.

553 BA B, NS 8/260, Bl. 148 VS und RS. – Einige Worte und Satzteile des Aktenvermerks wurden später unterstrichen. Diese handschrift­lichen Unterstreichungen sind hier nicht eigens vermerkt, ledig­lich die maschinenschrift­liche Sperrung. 554 Eine Zusammenarbeit von SD und ERR erwähnt schon Siviero 1948, S. 20. 555 Detaillierte Schilderung der Inkubations- und Aufbauphase, insbes. zur Initiative der American Learned Societies und einzelner Museumsdirektoren im März und April 1943 sowie zur Gründung der American Commission for the Protection and Salvage of Artistic and Historic Monuments (Presidential Commission, Roberts Commission) im August 1943 in der Aktenedition von Coles, Weinberg 1964, S. 84 – 90; zur britischen Perspektive, siehe ergänzend Donnison 1966, S. 211 – 236. Vgl. Ranieri 2011, S. 56, sowie die Überlegungen von Allais 2008. 556 Ob diese semantische Umdeutung von „Sicherstellung“, „Bergung“, „Rettung“, „Bewahrung“, „Sicherung“ etc. kurzerhand als „das im NS-Jargon üb­liche Vokabular“ bezeichnet werden kann (wie Conze, Frei, Hayes und Zimmermann 2010, S. 215, formulieren), scheint frag­lich.

166 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Der zweiseitige Bericht schildert nicht zuletzt die unmittelbar drohende Gefahr eines direkten Zugriffs des ERR auf beweg­liche Kunstwerke im staat­lichen, kommunalen und privaten Besitz. Was eine s­ olche Tätigkeit des ERR in Italien für die dortigen Kunst- und Kulturgüter bedeutet hätte, lässt sich unschwer ausmalen. Zwei promovierte Kunsthistoriker des Sonderstabs Bildende Kunst des ERR, Karl-­Heinz Esser (1912 – 1999)557 und Dietrich Roskamp (1907 – 1967)558, hatten im April 1942 in einem Memorandum, das ein Gespräch mit Stabsführer Gerhard Utikal (1912 – 1982) dokumentiert, unmissverständ­lich festgehalten, ­welche Aufgaben sie angesichts geplanter Offensiven (wie der Einnahme des belagerten Leningrad und der sogenannten Südoffensive deutscher Truppen Richtung Kaukasus) als vordring­lich erachteten: I. Vor Beginn der Offensive in bereits unter Zivilverwaltung stehenden Gebieten. Sicherstellung von Kunstwerken aus jüdischem und bolschewistischem Besitz […] II . Mit Beginn der Offensive […]

Sicherstellung beweg­licher europäischer Kunstwerke, besonders aus Deutschland entführte Werke. (Petersburg eine der größten Kunstsammlungen der Welt)

557 Karl-Heinz Esser, Mitglied der NSDAP seit 1937, wurde 1939 in Bonn mit der Arbeit Der Architektur-­ Raum als Erlebnisraum. Eine kunstwissenschaft­liche Wesens- und Begriffsbestimmung promoviert (erschienen 1940). Er war zunächst im Kunstschutz in Frankreich, von Februar 1941 bis November 1943 im Sonderstab BK (Bildende Kunst) des ERR tätig (dazu Hoppe 2010). Ab 1950 arbeitete er am Altertumsmuseum und an der Gemäldegalerie Mainz, von 1952 bis 1977 war er Direktor des aus diesen beiden Häusern gebildeten Mittelrheinischen Landesmuseums Mainz. Der Teilnachlass im Stadtarchiv Mainz (NL 149) enthält ausschließ­lich Dokumente aus der Zeit seines Direktorats. 558 Dietrich (auch: Diedrich) Roskamp wurde 1934 in Marburg mit einer Arbeit über Salomon Geßner im Lichte der Kunsttheorie seiner Zeit. Ein Beitrag zum Problem Klassizismus und Romantik im 18. Jahrhundert (erschienen 1935) promoviert. Dauer und Art seiner Tätigkeit im Sonderstab BK des ERR sind noch nicht weiter erforscht worden; kurze Erwähnung im Archivalienüberblick von Grimsted 2011, S. 380; mehrfache Erwähnungen bei Bentchev 1997, Hoppe 2010 und besonders Gutsul 2013; nur eine Erwähnung („Dieter Roskamp“) bei Heuß 2000, S. 189; bislang keine Berücksichtigung im Rahmen der Institutionsgeschichtsschreibung der Hamburger Kunsthalle. – Zahlreiche Berichte, Briefe und Vermerke befinden sich in den ERR -Beständen des TSDAVO , Fond 3676. – Alfred Hentzen widmete ihm 1968 einen Nachruf, der in Diktion und Akzentsetzung symptomatisch für die 1960er Jahre ist (Hentzen 1968, S. 147): „[1934] begann er seine Tätigkeit an der Hamburger Kunsthalle, zunächst als Volontär. […] Zum Januar 1936 erhielt Roskamp dann einen Vertrag als ‚Wissenschaft­licher Hilfsarbeiter‘, der alljähr­ lich verlängert wurde, bis er – damals bereits seit acht Monaten zum Heeresdienst eingezogen – am 1. Februar 1941 in die feste Stelle eines wissenschaft­lichen Angestellten einrückte. Am 1. September 1942 wurde er zum Kustos, am 1. Januar 1965 zum Hauptkustos befördert. So hat er fast genau 33 Jahre dem gleichen Institut gedient.“

Deutscher Kunstschutz in Italien avant la lettre  I  167

Erfahrungsgemäß größte Gefahr – Zerstreuung von für Deutschland wertvollen Kulturgütern durch deutsche Soldaten. Nachforschungen nach von Bolschewisten verschleppten europäischen Kunstwerken. Materialbeschaffung für die zukünftige wissenschaft­liche Bearbeitung der russischen und bolschewistischen Kunst und des nordischen bezw. europäischen Einflusses in die Kunst des russischen Raumes. Kunstschutz der für den deutschen Besitzanspruch bedeutsamen ortsgebundenen Kunstwerke (Vorrang politischer Gesichtspunkte vor rein fach­lichen deshalb Bedeutung des Einsatzstabes gegenüber dem militärischen Kunstschutz.) Unerläss­liche Voraussetzung für die Erfüllung der unter II genannten über die allgemeinen Aufgaben des Einsatzstabes hinausgehenden Aufgaben in den besetzten Gebieten: Gleichstellung der Kunstsachbearbeiter des Einsatzstabes mit den militärischen Kunstschutz­beauftragten.559

Diesen letzten Aspekt wiederholten Esser und Roskamp am Schluss ihres Schreibens, indem sie die Differenz z­ wischen ERR und Kunstschutz so formulierten: „Vertretung der politischen Gesichtspunkte des Einsatzstabes neben den nur fach­lichen des militärischen Kunstschutzes.“ Aus Sicht des ERR, so lässt sich schließen, war demnach die Arbeit des Kunstschutzes in den besetzten Ländern immer noch als „nur fach­lich“ oder als „fach­lich gebunden und motiviert“ zu bezeichnen – und zwar ungeachtet des Bestrebens des Kunstschutzes, wie etwa in Frankreich, so viele Materialien und Informationen wie nur mög­lich zu gewinnen und mittel- und langfristig vor allem für die deutsche Wissenschaft nutzbar zu machen, oder wie in Serbien, wo der Kunstschutz dem „Ahnenerbe“ der SS den Weg zu Grabungen nicht nur ermög­lichte, sondern diese erst initiierte. Man kann frei­lich nur spekulieren, wie die Beurteilung von Bildern der Frührenaissance oder der barocken Sakralarchitektur nach den „politischen Gesichtspunkten des Einsatzstabes“ im Detail ausgesehen hätte. Diese Mög­lichkeit einer konkreten Befassung des ERR mit Kunst- und Kulturgut in Italien schien jedenfalls für rund vier Wochen zum Greifen nah – und in dieser Hinsicht war Rodolfo Sivieros Misstrauen durchaus berechtigt.560 Erst am 13. Dezember 1943, so ein handschrift­licher Vermerk oben rechts auf Zeiss’ Schreiben, 559 TSDAVO, 3676/1/138 [Fond 3676, Opisi 1, Akte Nr. 138], Bl. 710 – 711, Typoskript, 2 Seiten, überschrieben „Aufgaben des Sonderstabes Bildende Kunst im Einsatzstab RR “, datiert „Riga, den 23. April 1942“, gezeichnet „Dr. Esser Dr. Roskamp“; Zitate Bl. 710 und 711, das nachfolgende Zitat Bl. 711. – Die komplette Akte konnte 2012 als pdf-­Datei online eingesehen werden: http:// err.tsdavo.org.ua/static/pdf/61432820.pdf, was momentan nicht mehr der Fall ist. 560 Siviero 1948, S. 19 – 20, spricht davon, dass bereits bald nach dem 27.7.1943 „in the face of the impending German invasion“ eine Spionageabwehr im Untergrund organisiert worden sei, die kurz darauf Kenntnis erhalten habe vom ERR, „which the Germans had developped [sic] for the spoliation of works of art in occupied countries. The first job of this Gestapo-­branch [sic] in Italy, as our Milan center informed us, was to get hold of the Annunciation of Fra Angelico at Monte Carlo near S. Giovanni Valdarno in Tuscany, much desired by Marshal Goering.“ Mit Hilfe des

168 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

verschwand das Damoklesschwert wieder; erst jetzt wurde dem ERR untersagt, einen weiteren „Nachweis“ seiner „erfolgreichen […] Arbeit“561 zu erbringen: „erledigt. Wird durch die Wehrmacht durchgeführt. abl. [ablegen] Kp. 13/12“.562 Zu d ­ iesem Zeitpunkt war indes der Historiker Wolfgang Hagemann 563 schon weit über zwei Monate mit Fragen des Kunstschutzes beschäftigt: Am 30. September 1943 – und damit lange vor den Alliierten: Sir Leonard Woolley (1880 – 1960) wurde erst am 23. Oktober offiziell ernannt und traf am 1. Dezember auf dem Kriegsschauplatz ein, und auch die amerikanischen Kunstschutz-­Offiziere betraten das italienische Festland erst Ende November 564 – hatte ihn Generalfeldmarschall Albert Kesselring zum „Sonderführer (K) der ‚Kunstschutzstelle‘ im Range eines Hauptmanns“ ernannt und „der Ic-­Abteilung des Hauptquartiers“ zugeordnet.565

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Soprintendente sei es jedoch gelungen, das Bild – für das das Erziehungsministerium auf Druck der deutschen Botschaft bereits eine Ausfuhrgenehmigung erteilt hätte – zu verstecken. BA B, NS 8/260, Bl. 148 VS und RS: „Die Organisation des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg würde die Gewähr für eine erfolgreiche Durchführung dieser Arbeit bieten, da sie durch die bekannten Aktionen in Frankreich schon den Nachweis erbracht hat, dass sie eine ­solche umfangreiche Aufgabe bewältigen kann.“ BA B, NS 8/260, Bl. 148 VS. Vgl. den Nachruf von Diener 1978. Nicholas 1997, S. 312 – 313. Herde 2001, S. 53. – „Ic“ bezeichnet üb­licherweise einen Generalstabsoffizier mit besonderer Zuständigkeit für die sogenannte Feindlage, einschließ­lich Nachrichten und Sicherheitsfragen. – Zu Kesselring, siehe Lingen 2004. – Zum Zeitpunkt von Herdes Veröffent­lichung war der Nachlass von Hagemann im DHI Rom noch nicht konsultierbar (freund­liche Mitteilung von Lutz Klinkhammer, DHI Rom, 24.10.2012). – Vgl. DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 307, „Aktennotiz“ vom 24.3.1964: „Vom 12. September 1943 bis zum 30. September 1943 war ich als Sonderführer (K) Chefdolmetscher des damaligen deutschen Kommandanten in Rom, General Stahel“, sowie Vermerk „Feststellungen zur Frage der Übersendung eines Briefes von Conte Filangieri an den Unterzeichneten im Jahre 1943 betr. des Archivio di Stato von Neapel“, Rom, den 14.1.1965, demzufolge Hagemann „erst am 1. Oktober 1943 (d. h. einen Tag nach der Zerstörung der Materialien des Staatsarchivs von Neapel) zum Stabe Kesselring abkommandiert“ worden sei; er „habe erst etwa eine Woche später begonnen, den sogenannten ‚Kunstschutz‘ aufzubauen. Vorher hatte ich mit Kunstschutzfragen weder direkt noch indirekt überhaupt zu tun.“ – Unzutreffende amerikanische Berichte oder eine falsche Interpretation (oder beides) liegen der Darstellung von Nicholas 1997, S. 316, zugrunde: „Er [Kesselring] hatte unverzüg­lich einen SS-Offizier von seinem Nachrichtendienst, einen ehemaligen Angestellten der Deutschen Kunsthistorischen Biblioteca [sic] Hertziana in Rom, mit der Beschaffung von ‚Zutritt verboten‘-Schildern und der Verlegung von schützenswerten Objekten aus Gefechtszonen an sichere Orte abgeordnet.“ Die Aktivitäten passen zu Hagemann, aber er war weder SS-Offizier noch (ehemaliger) Angestellter des KWI für Kunstwissenschaft; Bruhns war dessen Direktor, doch im Herbst 1943 nicht mit Fragen des „praktischen Kunstschutzes“ (wie Heydenreich es später in seinem Dispositionsplan [siehe Fuhrmeister, Griebel, Klingen und Peters 2012, Anhang, Dokument 1, S. 269] nennen sollte)

Deutscher Kunstschutz in Italien avant la lettre  I  169

„Erst einige Wochen später“, so Peter Herde, sei der Kunstschutz beim Bevollmächtigen General der Deutschen Wehrmacht in Italien installiert worden; weniger Hagemanns frühe Befassung, sondern, so Herdes These, „seine zentrale Funktion als Kulturbeauftragter des Oberbefehlshabers in dessen Hauptquartier sicherte ihm […] einen höheren Einfluß, als viele seiner Kollegen im ‚Kunstschutz‘ besaßen.“566 Es erscheint mir wenig sinnvoll, diese These weiter zu erörtern: Selbstverständ­lich gestattete der persön­liche und vermut­lich sogar täg­liche Kontakt des Dolmetschers zum Generalfeldmarschall Hagemann prinzipiell eine weitaus direktere Einflussmög­lichkeit als etwa Hans Gerhard Evers, doch dürfte dies auf einen sehr kleinen Bereich der Kunstschutzarbeit begrenzt gewesen sein. Für eine Interaktion mit den und eine Unterstützung der Soprintendenti durch Hagemann bei konkreten Schutz- oder Transportmaßnahmen kenne ich jedoch keine Belege, und auch die italienische Forschung datiert den Beginn der Kunstschutzarbeit auf November 1943.567 Herdes Beispiele für Hagemanns Tätigkeit erstrecken sich denn auch vor allem auf Belegungs- und Einquartierungsverbote für die eigene Truppe. Zutreffend bemerkt Herde, dass Hagemann insgesamt „hier manches sicher geschönt […] und verkürzt dargestellt“ habe.568 Beispielhaft erwähnt sei die von Herde ausführ­lich erörterte Zerstörung der in die Villa Montesano ausgelagerten Bestände des Staatsarchivs Neapel am 30. September 1943 durch Soldaten der Division „Hermann Göring“: Unter Vernachlässigung der außerordent­lich chaotischen Bedingungen, unter denen die Mitarbeiter des Staatsarchivs die Auslagerung hatten vornehmen müssen, habe Hagemann bemängelt, daß, um jedwede Verständigungsschwierigkeiten auszuschließen, den Archivbeamten kein Schreiben in deutscher und (für die Zeit nach der Ankunft der britischen Truppen) in englischer Sprache mit einer k­ urzen Beschreibung des Inhalts und der Bedeutung des Depots übergeben worden sei, das sie bei Besuchen von Soldaten hätten vorzeigen können befasst, und Scheibert war zwar in der SS und vermut­lich auch nachrichtendienst­lich engagiert, doch gibt es keine Verbindung von ihm zur Bibliotheca Hertziana oder zu Kesselring, und auch seine Anbringung von Schutzschildern ist nicht dokumentiert. 566 Herde 2001, S. 66. 567 Giubbini 2007, S. 219 – 220: „Nell’autunno 1943 l’opera di protezione iniziò sotto l’ufficiale W. Hagemann dell’Istituto storico germanico, ma una vera e propria organizzazione sie ebbe con l’istituzione di un ufficio di protezione artistica, denominato Abteilung Kunstschutz bei [sic] Berollmächtingten [sic] General der Deutschen Wermacht [sic] in Italien […] nel novembre del 1943.“ 568 Herde 2001, S. 68. Hingewiesen sei auf das von Herde 2001, S. 109 – 112, abgedruckte Protokoll der Vernehmung Hagemanns am 25.4. 1947 im Gerichtsverfahren gegen Kesselring im Tribunale di Giustizia von Venedig (Imperial War Museum, London, FO 647, Kesselring Trial vol. 5), in dem Hagemann angibt (S. 111), dass italienische Vorwürfe, deutsche Truppen hätten Kunstgegenstände nach Deutschland verbracht, stets mit folgendem Ergebnis untersucht worden s­ eien: „these statements never corresponded to the facts“.

170 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

und das unter Umständen zu Maßnahmen zum Schutz des Archivs von Seiten der Truppe hätte führen können.569

Herdes Résumé – „Eines der bedeutendsten Archive des Abendlandes war vernichtet. Die Schuld der Deutschen bleibt unbestritten. Es erhebt sich nur die Frage, ob die Tat vorsätz­ lich begangen wurde oder nicht; letzteres ist wahrschein­licher“ – ist sicher­lich eine zutreffende Beschreibung der Problemkonstellation, doch bleibt zu fragen, ob die strafrecht­liche Dimension des „Vorsatzes“ eine weiterführende analytische Kategorie ist. Außerdem sind bislang offenbar nicht alle zeitgenössischen Quellen – wie etwa ein Schreiben des Kirchenhistorikers Hubert Jedin an Albrecht von Kessel (Deutsche Botschaft beim Heiligen Stuhl) vom 4. Oktober 1944570 – berücksichtigt worden.

569 Herde 2001, S. 77; Ausführungen zum verbrannten Auslagerungsdepot S. 70 – 81. 570 PA AA, Rom Vatikan, 1000. Der katholische Priester und Kirchenhistoriker Hubert Jedin (1900 – 1980) arbeitete im Vatikan an der Geschichte und an der Edition der Akten des Konzils von Trient. Sein Brief, den v. Kessel Botschafter v. Weizsäcker vorlegte, sei hier ungeküzt wiedergegeben: „Sehr verehrter Herr v. Kessel! Eine Bemerkung Benedetto Croces in seiner kürz­lich in Rom gehaltenen Rede veranlasst mich, Ihre Aufmerksamkeit auf einen Vorgang zu lenken, der nicht nur meinem persön­lichen Arbeitsgebiet nahe steht, sondern aller voraussicht nach auch in Zukunft in der antideutschen Propaganda eine gewisse Rolle spielen wird, ähn­lich dem Brande der Strassburger Universitätsbibliothek 1870 und dem der Löwener Bibliothek 1914. Es handelt sich um den Brand des Neapeler Staatsarchivs, das vor den Luftbombardements nach Nola geflüchtet worden war, im Verlauf der Kämpfe nach der Landung der Alliierten in Salerno. Es steht fest, dass ein, angeb­lich unter der Führung eines Leutnants stehender Trupp deutscher Soldaten an das Gebäude, in dem das Archiv untergebracht war, trotz der Vorstellungen des Kustoden über den Sachverhalt Feuer gelegt und dadurch die z. T. unersetz­lichen Schätze des Archivs, darunter die Register der Könige aus dem Hause Anjou und die mich, wegen des Konzils v. Trient, besonders interessierenden Carte Farnesiane, für immer vernichtet hat. Es steht ausser Zweifel, dass den Befehlshaber des Exekutionstrupps eine schwere Verantwortung trifft, weil er, über den Sachverhalt unterrichtet, keine neue Instruktion eingeholt hat. Umso wichtiger ist, dass die Schuldfrage doch nicht so klar liegt, wie es auf den ersten Blick scheinen könnte. Herr Battelli vom Vatikanischen Archiv hat auf einer Reise, die vor einiger Zeit zur Rettung gefährdeten Archivgutes nach [unleser­lich] unternommen hat, einige Umstände in Erfahrung gebracht, die geeignet sind, zu einer gerechteren Beurteilung des Falles beizutragen. Erstens: Der Befehl zur Niederbrennung des Gebäudes war gegeben worden, weil aus dem Gebäude, in dem das Archiv untergebracht war, auf deutsche Soldaten geschossen wurde. Zweitens: Die Direktion des Archivs hatte dem deutschen Kommando keine Mitteilung vom Aufenthaltsort des Archivs gemacht, so dass ­dieses, als es den Brandbefehl gab, nicht wissen konnte, ­welche Werte in Gefahr gebracht wurden. Die Verantwortung für die Richtigkeit dieser Informationen muss ich naturgemäss meinem Gewährsmann überlassen. Um so mehr wäre zu wünschen, dass sie, sobald als mög­lich, durch

Deutscher Kunstschutz in Italien avant la lettre  I  171

Grundsätz­lich, und auch in quellenkritischer Hinsicht (betreffend Entlastungsschreiben staat­licher und kirch­licher Behörden nach 1945 für die im Umfeld des Kunst- und Archivschutzes tätigen Historiker und Kunsthistoriker), besteht die hermeneutische Herausforderung nicht zuletzt darin, die Relationen und Proportionen zu beachten und einzelne Hilfsaktionen und Schutzmaßnahmen nicht über Gebühr zu bewerten. Denn auch wenn es zweifellos einige gemeinsame, einvernehm­liche und ‚geglückte‘ Rettungsversuche von Kulturgut gegeben hat, so sind auch zahlreiche Misserfolge, Missverständnisse und gezielte Raubaktionen von deutscher – und amerikanischer 571 – Seite dokumentiert, die ebenfalls Berücksichtigung finden müssen. Zu bedenken ist ferner, dass seit dem 29. September 1943 wohl nicht nur für das XIV. Panzer-­Korps der Befehl der „verbrannten Erde“ im Falle eines erforder­lich werdenden Rückzugs galt.572 Unter Verweis auf Lutz Klinkhammer erwähnt Herde auch „Dr. Peter Scheibert vom ‚Kunstschutz‘“,573 laut Klinkhammer ein „strikter Gegner jeg­licher Kunstraubaktivitäten“,574 der sich gerade in der unübersicht­lichen Lage in Rom ­zwischen Herbst 1943 und Frühjahr 1944 Verdienste um den Schutz italienischer Kunst und Architektur erworben habe. Diese Einschätzung des Zeithistorikers überrascht deshalb, weil er nicht – wie etwa Mario Ursino 575 – weiter nach Herkunft, Interessen und Motivationen des SS -Untersturmführers Dr. Peter Scheibert, „der dem SD angehörte“,576 fragt. Zumindest teilweise konnten diese Informationen seit 2008 der unpublizierten Gießener Magisterarbeit von Esther Abel ­entnommen werden; inzwischen wurde die Studie zu einer Dissertation ausgebaut und

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Zeugenaussagen der Beteiligten nachgeprüft werden, damit der Sachverhalt und [unleser­lich] Verantwortung klargestellt werden können. Mit ergebenem Gruss H. Jedin“. So Nicholas 1997, S. 313, mit Bezug auf die Monate Oktober und November 1943 in den von den Alliierten eroberten Gebieten: „Es gab unaufhör­lich Klagen über rüde Soldaten, die in verschlossene Bibliotheken und Lager eindrangen und Bücher, Münzensammlungen und Kunstwerke stahlen.“ Siehe auch den selbstkritischen MFAA-Bericht vom 15.12.1943 über Einquartierung alliierter Truppen in Neapel mit „many instances of the pillage and vandalism of works of art and books“, wiedergegeben bei Coles, Weinberg 1964, S. 416 – 417; vgl. analog Harris 1957, S. 163: „The experience of Naples had shown clearly the necessity of protecting monuments and archives of the capital, not only from public vandalism, but also from mishandling by the occupying troops.“ Klinkhammer 2010, S. 2, mit Verweis auf BA MA, RH 24 – 14, Bd. 81; identisch Klinkhammer 2005, S. 65. Herde 2001, S. 88, mit Anm. 123 (Verweis auf Klinkhammer 1992). Klinkhammer 1992, S. 508, und öfter, zuletzt Klinkhammer 2011, S. 201 („un energetico collaboratore“, der verschiedene Schutz- und Auslagerungsmaßnahmen „initiiert“ habe) bzw. Klinkhammer 2012, S. 52 („ein tatkräftiger Mitstreiter“); Klinkhammers zweites Kapitel in d ­ iesem Aufsatz trägt den Titel „Der Beginn des ‚Kunstschutzes‘ in Italien: SS -Untersturmführer Peter Scheibert und Generalkonsul Moellhausen“, S. 52 – 57. Ursino 2009, S. 18: „Chi era Scheibert?“ Seine Antwort fällt frei­lich denkbar knapp aus. Klinkhammer 1992, S. 508.

172 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

publiziert.577 Sie führt aus, dass Scheibert im September 1943 vom Reichssicherheitshauptamt mit einem nicht näher bezeichneten Einsatzkommando nach Italien entsandt worden war. Dieser Einsatz 578 sei Anfang November 1943 offiziell beendet worden, doch „auf Ansuchen der deutschen Botschaft“ in Rom sei Scheibert dort verblieben.579 Ein Funkspruch vom 577 Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv, Bibliothek, Signatur: 08 C 71 (Donum Februar 2008); Esther Abel: Peter Scheibert – ein Osteuropahistoriker im „Dritten Reich“. Magister-­Hausarbeit im Fach Osteuropäische Geschichte, Justus-­Liebig-­Universität Gießen, Marburg/Gießen 2007 (im Folgenden: Abel 2007; vgl. die Zusammenfassung und Überarbeitung der Magisterarbeit in Gestalt eines Aufsatzes: Abel 2012). Ich danke Frau Abel für die Erlaubnis, ihre Arbeit im BArch konsultieren zu könnent; ihre an der Universität Bochum abgeschlossene Dissertation zu Scheibert ist inzwischen publiziert, siehe Abel 2016 (Besprechung u. a. durch Westemeier 2017). – Scheibert trat am 1.11.1933 in die SA ein, am 1.5.1937 in die NSDAP und war von Mai 1942 bis September 1943 Mitglied der Waffen-­SS (NdsHStA, Nds. 171 Hannover 19132, Fragebogen – dort naheliegenderweise keine Angaben über eine Tätigkeit im SD. – Im Handbuch AA/4, S. 53, wird der Eintritt in die SA abweichend auf 1937 datiert; vgl. Abel 2016, S. 33 – 34). Er hatte seit dem WS 1933/34 Geschichte, Kunstgeschichte, Philosophie und Slawistik in Berlin, Breslau und Königsberg studiert und war im Juli 1939 in Berlin mit einer Arbeit über „Staat und Volk in Finnland in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts“ promoviert worden (die Arbeit erschien 1941 in Breslau); ab 1.11.1939 war er wissenschaft­licher Hilfsarbeiter des AA in der „Kommission zur Auswertung erbeuteter Akten“ (Abel 2012, S. 82; Handbuch AA/4, S. 53; vgl. Abel 2016, S. 34). Dieser Kommission arbeitete das sogenannte Sonderkommando Künsberg (SKK) seit Oktober 1939 zu, das in allen besetzten Gebieten systematisch Archivalien, aber auch Kunstgegenstände zu erbeuten suchte (Hartung 1997, Heuß 2000; Abel 2016, S. 46 – 89). Ab Juli 1941 im SKK „Beschlagnahme diplomatischer Akten, später auch anderer Kulturgüter in von dt. Truppen besetzten Ländern“ (Handbuch AA/4, S. 53). Am 1.8.1941 wurde das SKK in die Waffen-­SS eingegliedert; Scheibert war 1941 als Dolmetscher in Planungen zur „,Sicherstellung‘ finnischer Akten und Kunstwerke“ einbezogen (Abel 2012, S. 85), anschließend im Einsatzkommando Stettin (seit 15.7.1941 Einsatzkommando Hamburg) im Baltikum und in den Zarenschlössern vor Leningrad (mit dem Auftrag, u. a. „die Kunstschätze der Eremitage“ sicherzustellen). Dabei wurde u. a. „die Privatbibliothek des letzten Zaren Nikolaj, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreichte“, nach Berlin gebracht. Abel 2012, S. 87, resümiert: „In den Akten über die Einsätze um Leningrad fanden sich keine expliziten Hinweise auf eine Beteiligung Scheiberts, allerdings auch nicht darauf, dass er aus den Einsätzen ausgeschieden wäre. Da er ununterbrochen Mitglied d­ ieses Einsatzkommandos war, ist anzunehmen, dass er an allen Einsätzen beteiligt gewesen war.“ In der zweiten Jahreshälfte 1942 war Scheibert mit der Auswertung der vom Einsatzkommando Potsdam auf der Krim, in der Ukraine und in Stalingrad beschlagnahmten Materialien befasst. Ein internes Untersuchungsverfahren wegen kritischer Äußerungen über Vorgesetzte wurde mit einem einfachen Verweis beigelegt (Abel 2012, S. 92). 578 Es ist völlig unklar, worin der Auftrag ­dieses Einsatzkommandos bestand. Wenig wahrschein­lich ist eine Beteiligung Scheiberts an der ‚Bergung‘ der Gebeine Konradins aus dem Sockel des 1847 auf Veranlassung Kronprinz Maximilians von Bayern errichteten Konradin-­Denkmals von Thorvaldsen in der Karmeliterkirche von Neapel. 579 Abel 2007, S. 88, mit Verweis auf Scheiberts unveröffent­lichte Autobiographie, Gespräche mit dessen Tochter, Scheiberts Spruchkammerakte (NdsHStA, Nds. 171 Hannover 19132, Verhandlungsprotokoll

Deutscher Kunstschutz in Italien avant la lettre  I  173

19. November 1943, der am 3. Dezember wiederholt wurde, befahl Scheiberts Rückkehr nach Berlin – doch Scheibert blieb in Rom und bat in einem Bericht, ihn dort zur „Sicherung der italienischen Kunstgüter“ zu belassen.580 Der Amtschef VI des RSHA habe sich damit zwar am 13. Dezember 1943 einverstanden erklärt, doch gleichzeitig angeordnet, dass Scheibert „nur für das RSHA VI arbeiten dürfe, und in dieser Hinsicht SS.-Ostubaf. Elling unterstellt werde. Scheibert erhielt weiter den Befehl, monat­lich über seine Arbeit bei der Botschaft zu berichten.“581 Abel führt weiter aus: Bisher konnte nicht geklärt werden, worin Scheiberts Tätigkeiten während d ­ ieses Zeitraums bestanden haben. Am 27.1.1944 wurde Scheibert erneut gefragt, wann mit seiner Rückkehr zu rechnen sei. Durch einen Funkspruch vom 4.2.1944 kündigte Scheibert eine Beantwortung durch einen Brief an. Einen Tag später erfolgte dann ein Funkspruch SS-Obersturmbannführers Kappler, indem dieser mitteilte, er habe Scheibert mehrfach den Befehl zur Rückreise nach Berlin gegeben, doch habe Scheibert jeweils seine Abreise hinausgezögert. Im Laufe des Februar stellte sich heraus, dass Scheibert mit Hilfe des Botschafters Rahn versucht hatte, sich ganz aus seiner Dienststellung beim RSHA zu lösen und zum Auswärtigen Amt überstellen zu lassen. Dies glückte auch […] Scheibert wurde weiter „zur Verfügung gestellt“. Botschafter Rahn hatte beim AA nach einem Vertreter für den Kulturreferenten Gesandtschaftsrat Schäfer-­Rümelin angefragt, woraufhin Six als Leiter der Kulturpolitischen Abteilung am 29.3.1944 Scheibert für diese Tätigkeit vorschlug. Six formulierte hierzu, Scheibert befinde sich „zurzeit mit einem Sonderauftrag zur Sicherung von Kunstschätzen in Fasano“ und solle „auf 6 bis 8 Wochen ins Amt einberufen“ werden, damit er [von] der Kulturpolitischen Abteilung „in die Informationsarbeit eingearbeitet und dann als Vertreter des Kulturreferenten wiederum nach Fasano entsandt werden kann.“582 Es ist weder bekannt, um was für einen Sonderauftrag es sich im süditalienischen 583 Fasano handelte, noch, ob der Empfehlung Six’ seitens der Personalabteilung stattgegeben wurde. Die Erledigung des Auftrags kann jedoch nur wenige Wochen angedauert haben, da Scheibert definitiv seit dem 17.4.1944584 in der Kulturpolitischen Abteilung des AA arbeitete.585 vom 25.7.1949) und BA B, R 58/2693, Tagb.Nr. 390/44, 15.3.1944. 580 Abel 2007, S. 95. 581 Abel 2007, S. 95, mit Verweis auf BA B, R 58/2693, Tagb.Nr. 390/44, 15.3.1944. 582 Abel zitiert hier aus PA AA, Personalakte Nr. 13107 (Scheibert), Schreiben von Dg. Kult Pol an Pers H, 29.3.1944, mit Eingangsstempel AA Pers MA 2027, 12.4.1944. 583 Dies dürfte ein Versehen von Abel sein, die das süditalienische Fasano in Apulien, in der Nähe von Brindisi, mit Fasano sul Garda in der Nähe von Salò verwechselt, wo zahlreiche deutsche Behörden ihren Sitz hatten. 584 Battelli 2000, S. 72, gibt hingegen an, er habe mit Scheibert am 19. und 20.4.1944 einen Besuch in Ciociaria (also in der Gegend der Provinz Frosinone) gemacht, ja sogar noch am 30.4.1944 mit ihm das Archiv von Priverno aufgesucht (S. 75). 585 Abel 2007, S. 95 – 97, mit Verweis auf BA B, R 58/2693, Tagb.Nr. 377/44, 15.3.1944, sowie PA AA, Personalakte Nr. 13107 (Scheibert), Schreiben Abt. Kult Pol an Personalabteilung H, 29.3.1944.

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Das Biographische Handbuch des Deutschen Auswärtigen Dienstes 1871 – 1945 nennt als Scheiberts Arbeitsfelder: „[…] seit 1.8.1943 beim RSHA, Abt. VI G (Wissenschaft­lich-­methodischer Forschungsdienst) und Abt. III C (Kultur), dann bis April 1944 ‚Sonderauftrag zur Sicherung von Kunstschätzen‘ in Rom und Fasano“.586 Die Mög­lichkeit, dass Scheibert im Anschluß an diese „Sicherung“ auch an der großangelegten Aktion zur Durchsuchung und Dokumentation der italienischen Archive beteiligt war, kann nicht ausgeschlossen werden: Die Aktion des Dr. Scheibert (dessen Name ich nie gehört habe) scheint reich­lich kind­lich zu sein, wenn ihm die Leika fehlt, die doch dafür die Grundlage ist. Das Problem löst sich sehr einfach durch die Tatsache, dass wir keine Leika besitzen. Inzwischen fragte bei mir ein SS-Sturmbannführer Makowski an in der gleichen Angelegenheit, wobei bereits gesagt wurde ‚nach Rücksprache mit der Gen.-Verw. der KWG, die jedes Entgegenkommen zeigte‘. Ich war dann auch sehr entgegenkommend und habe geantwortet, dass wir es furchtbar gern tun würden, w e n n wir eben eine Leika besässen.587

Ohne hier Aufgaben, Ziele und Arbeitsstrukturen dieser beiden Abteilungen des RSHA unter den hochrangigen SD-Mitarbeitern SS-Hauptsturmführer Dr. Wilfried Krallert (1912 – 1969) und SS-Sturmbannführer Wilhelm Spengler (1907 – 1961) auf der Basis der zeithistorischen Forschungsliteratur näher zu erörtern und ungeachtet der unklaren Quellenlage 588, ist es meines Erachtens angesichts von Scheiberts langjähriger Mitarbeit im bzw. Abordnung zum Sonderkommando Künsberg (SKK ) – im Kern von Beginn seiner Tätigkeit im AA im Herbst 1939 bis zur Auflösung des SKK zum 1. September 1943 (auf Anordnung des SS -Führungshauptamtes im Juli 1943)589 – schwer vorstellbar, dass Scheibert sich völlig uneigennützig für Schutzmaßnahmen italienischer Kunstwerke eingesetzt haben soll. Es wäre ein drastischer Gesinnungswandel, wenn jemand, der sich jahrelang als Mitarbeiter einer notorischen Raub- und Plünderungsorganisation mit der Auswertung von in Archiven besetzter Länder beschlagnahmter Akten beschäftigt hat, nun ganz ohne Hintergedanken oder Ambitionen – und zudem offenbar ohne direkten Auftrag? – für den Kunstbesitz eines fremden Staates einsetzen würde. Schon der Umstand, dass Obersturmbannführer Kappler offenkundig Scheibert gegenüber weisungsbefugt war, lässt auf dessen Doppelspiel schließen. Abel wägt denn auch die Argumente ab, die dafür sprechen, „dass Scheibert Kunstraubaktivitäten grundsätz­lich ablehnte“, und resümiert, „dass Scheiberts Italienaufenthalt von 586 Handbuch AA/4, S. 53. 587 AMPG , Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1719, Schudt an Reinold, Datum unleser­lich [nach 16. und vor 27. April 1944]. 588 Abel 2012, S. 79, weist darauf hin, dass Scheibert merkwürdigerweise nicht in den Unterlagen des BDC im BA B verzeichnet ist. – Nur beiläufige Erwähnung von „Gruppenleiter Krallert“ bei Gutsul 2013, S. 284; am ausführ­lichsten immer noch Fahlbusch 2008. 589 Abel 2012, S. 96.

Deutscher Kunstschutz in Italien avant la lettre  I  175

Ambivalenzen geprägt war, was sich nicht zuletzt in den kontroversen Darstellungen der Evakuierung der Kunstgegenstände aus dem Kloster Monte Cassino zeigt.“590 Für diese Ambivalenzen sprechen jedenfalls sowohl Scheiberts Partizipation an der Volkstums-, Propaganda- und Vernichtungsarbeit beim deutschen Bevollmächtigten in Ungarn bzw. in der Deutschen Gesandtschaft Budapest und im Deutschen Konsulat Kaschau/Košice in der zweiten Jahreshälfte 1944 als auch der Umstand, dass bis heute nichts über Scheiberts Aufenthaltsort „von Anfang 1945 bis zum Beginn seines Entnazifizierungsverfahrens am 18.9.1948“ bekannt ist.591 Daneben belegt Scheiberts Engagement – ob tatsäch­lich aus eigener Initiative, auf Anweisung des RSHA oder auf Betreiben der seit dem 27. September 1943 von Eitel-­Friedrich Moellhausen (1913 – 1988) geleiteten (Rest-)Botschaft in Rom 592 – noch einmal deut­lich den großen Gestaltungsspielraum der diplomatischen Vertretungen bei der konkreten Umsetzung der Kunstschutzmaßnahmen in dieser Frühphase. 590 Abel 2012, S. 98; vgl. Abel 2016, S. 96 – 100. 591 Dazu Abel 2012, S. 98 – 100, Zitat S. 100; sehr ähn­lich Abel 2016, S. 117 – 118. – Scheibert wurde am 3.5.1950 als entlastet in Kategorie V eingestuft; nach Zwischenstationen u. a. bei der DFG (vgl. auch seine im Auftrag der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft erschienene Schrift Lage und Erfordernisse der westdeutschen wissenschaft­lichen Bibliotheken, Osnabrück 1951, oder das von ihm und Bernhard Sticker für die DFG zusammengestellte Verzeichnis der deutschen wissenschaft­lichen Zeitschriften, Bad Godesberg 1952) wurde er 1959 auf den Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte der Universität Marburg berufen, den er bis 1981 innehatte. Gemeinsam mit Peter Classen gab Scheibert die Festschrift Percy Ernst Schramm zu dessen 70. Geburtstag 1964 heraus. – Hingewiesen sei jedoch auf Scheiberts widersprüch­liche Angabe im Protokoll des Entnazifizierungs-­Berufungsausschusses vom 3.5.1950 (NdsHStA, Nds. 171 Hannover 19132), wonach er „von September 1944 bis Januar 1950 […] bei dem Konsulat in Ungarn mit dem Sitz in Kaschau tätig“ gewesen sei – widersprüch­ lich schon deshalb, weil Scheibert ja bereits 1948 und 1949 als in Uslar wohnhaft gemeldet war. 592 Handbuch AA/3, S. 273 – 274, hier S. 274: Moellhausen (1913 – 1988), seit 1.6.1939 Wissenschaft­licher Hilfsarbeiter im AA, hatte immer wieder eng mit dem Gesandten Rudolf Rahn zusammengearbeitet (1941 begleitete er Rahn bei dessen Sonderauftrag in Syrien, von November 1942 bis März 1943 bei dessen Sonderauftrag in Tunis). Seit dem 30.8.1943 war Moellhausen in der Deutschen Botschaft Rom am Quirinal beschäftigt; seit dem 27.9.1943 leitete er die „Dienststelle Rom des Bevollmächtigten des Großdeutschen Reiches bei der ital. faschistischen Nationalregierung, Fasano“, vertrat also Rahns Politik in Rom. – Ein Fernschreiben des Reichsaußenministers vom 9.10.1943 richtet sich ausdrück­lich an beide, Moellhausen und Rahn; es lautet: „Der Herr RAM bittet, Gesandten Rahn und Konsul Moellhausen mitzuteilen, dass auf Grund einer Führeranweisung die 8000 in Rom wohnenden Juden nach Mauthausen (Oberdonau) als Geiseln gebracht werden sollen. Der Herr RAM bittet, Rahn und Moellhausen anzuweisen, sich auf keinen Fall in diese Angelegenheit einzumischen, sie vielmehr der SS zu überlassen. Sonnleithner“ PA AA, Büro des Staatssekretärs, Akten betr. Italien, Bd. 17, 23. September 1943 – 15. Oktober 1943, als Kopie im CSD RSI Salò, Archivio Duilio Susmel, Fascicolo Vari 5 (B 5 F 791); auch abgedruckt in Conze, Frei, Hayes und Zimmermann 2010, S. 271.

176 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

An dieser Stelle sei ergänzend auf den eminent politischen, ja weltanschau­lichen Charakter der über fünf Jahre von Hans Georg von Mackensen geleiteten Botschaft beim Quirinal hingewiesen,593 besaß der Botschafter doch seit dem 30. Januar 1942 den Dienstgrad eines SS-Gruppenführers – und damit den dritthöchsten Generalsrang der SS überhaupt (vergleichbar einem Generalleutnant der Wehrmacht). Auch wenn Hitler ihn am 2. August 1943 wegen unterschied­licher Auffassungen über Mussolini seines Amtes enthob, er ab dem 6. August „ohne Verwendung“594 war und sein Nachfolger, der Gesandte Rudolf Rahn, nicht der SS angehörte,595 dürften Mackensens Auffassungen die grundsätz­liche Ausrichtung der Botschaft nachhaltig geprägt haben (er nahm auch an der Gruppenführertagung am 4. Oktober 1943 teil, bei der Heinrich Himmler die erste der berüchtigten Posener Reden hielt 596). Für die von Abel für Scheibert diagnostizierte Ambivalenz sprechen nicht zuletzt die bereits erwähnten „kontroversen Darstellungen der Evakuierung der Kunstgegenstände aus dem Kloster Monte Cassino“.597 Gemeint sind die sehr zahlreichen (u. a. italienischen, deutschen, österreichischen, amerikanischen und britischen) und an vielen Stellen außerordent­lich konträren Berichte über Verlauf, Akteure und Zielsetzung des Abtransports von Archivalien, Kunstgegenständen und Möbeln aus der mittelalter­lichen Benediktinerabtei, die am 15. Februar 1944 bis auf die Grundmauern zerstört werden sollte. Auch weil nicht nur die spätere Vernichtung des Klosters, sondern bereits die Auslagerungsmaßnahmen Gegenstand intensiver Propaganda wurden, bedürfte es einer umfangreichen eigenen Untersuchung, die im Rahmen dieser Studie nicht geleistet werden kann. Die bis heute anhaltende 598 – von Verdammung bis Idealisierung reichende – internationale Deutungs- und Interpretationsgeschichte verdichtet jedenfalls wie in einem Brennglas die ganze Problematik des Kulturgüterschutzes in Italien.599 Hier s­eien nur die zentralen Bestandteile erwähnt: die Einlagerung unter anderem von Beständen des Museo Nazionale di Capodimonte in Neapel, der Mostra Oltremare und der Biblioteca Nazionale di Napoli, des Weiteren die Einbindung des an einem wichtigen strategischen Punkt gelegenen Klosters in die deutsche Gustav-­Linie, die Abtransporte von Kunstwerken und Archivalien durch Truppen der Fallschirm-­Panzer-­Division „Hermann Göring“, die erzwungene Verbringung in den Vatikan bzw. in den Palazzo Venezia und die alliierten Angriffswellen vom 17. Januar 593 Vgl. etwa PA AA, Rom Quirinal, 1416, Korr. zu Propagandamaterial wie Postkarten, von denen z. B. 1941 50.000 oder 100.000 Stück bestellt werden. 594 Handbuch AA/3, S. 159. 595 Dies stellt frei­lich nur einen graduellen Unterschied dar, siehe PA AA, Rom Quirinal, 1561, Anweisungen von Rahn zur „Informations- und Kulturarbeit“, Fasano, den 15. November 1943. 596 Knigge 2006, S. 59; zur Ablösung von Mackensen, siehe dort S. 50 – 59 und passim. 597 Abel 2007, S. 89 – 94, 97 – 98; Abel 2012, S. 96 – 98. 598 Exemplarisch sei auf Bianchini, Gentile 2014 verwiesen, die schon im Untertitel „die Wahrheit“ versprechen. 599 Hingewiesen sei an dieser Stelle ledig­lich auf Avigliano 1980; Hapgood, Richardson 1984; Lang [2003]; Klinkhammer 2010; Abel 2016, S. 100 – 102.

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bis 18. Mai 1944.600 Weder die historischen Vorgänge noch die Implikationen der Geschichtsschreibung können und sollen indes im Folgenden näher erörtert werden. Ziel ist vielmehr, soweit mög­lich, das Profil der Protagonisten, das Gefüge der Akteursnetzwerke und ihrer Handlungsbedingungen schlag­lichtartig zu beleuchten. Mitte Oktober 1943 erfuhr ein britischer Leutnant vom Soprintendente in Neapel, das seit dem 1. Oktober von alliierten Truppen besetzt war, dass die Bestände des Neapler Museums wegen der Luftangriffe und des drohenden Einmarschs der Alliierten nach Monte Cassino ausgelagert worden waren.601 Dies teilte er am 20. Oktober in einem bewusst unverschlüsselten Funkspruch dem alliierten Luftkommando in Algier mit.602 Bereits am 14. Oktober hatte Oberstleutnant Julius Schlegel von der Division „Hermann Göring“603 den Erzabt aufgesucht,604 um Sicherungsmaßnahmen für die Abtei und ihr 80.000 Urkunden umfassendes Archiv zu erörtern – von den dort eingelagerten Kunstwerken wussten er und der anfänglich unabhängig von ihm agierende, dann ihn unterstützende Stabsarzt Maximilian J. Becker zunächst nichts.605 Mindestens einmal, vermut­lich regelmäßig nahm Werner Haftmann als Dolmetscher an den verschiedenen Gesprächen mit den Mönchen in Monte Cassino teil.606 Auf der Haftmann gewidmeten Homepage heißt es dazu: Von Juli 1940 bis Januar 1941 war Haftmann bei der deutschen Verbindungsdelegation zur italienischen Waffenstillstandskommission mit Frankreich in Turin als Sekretär und Dolmetscher beschäftigt, anschließend bis 1944 als Verbindungsoffizier. An der Evakuierung von K ­ unstgegenständen

600 Vgl. Office 1951, S. 281 – 283 und besonders Coles, Weinberg 1964, S. 418, die einen Bericht von April 1944 wiedergeben, wonach der „sacred character“ des Klosters der Truppe vor Ort völlig unbekannt gewesen sei. 601 Klinkhammer 1992, S. 502, auf der Basis von Molajoli 1974. 602 Hapgood, Richardson 1984, S. 30. 603 Die Division selbst kann im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter charakterisiert werden; vgl. Gentile 2001, S. 534, der feststellt, dass die Division „Hermann Göring“ und die 16. SS-Panzer-­Grenadier-­ Division „Reichsführer SS“ „überproportional häufig an Tötungen von Zivilisten beteiligt“ waren. 604 Lang [2003], S. 16. 605 Dies geht auch aus einem Bericht von Oberstleutnant Bobrowski vom Stab der Division „Hermann Göring“ mit Auszügen aus den Tagebucheinträgen vom 14. und 15.10.1943 hervor: „Abschrift. O. U., den 3. November 1943 // Auszug aus den Tagebuchnotizen des die Räumung von Monte Cassino leitenden Offiziers“, ADAIR , Sequesterakten 1943 – 1954, Kunstschutz in Rom und Italien, 1943. 606 Dies ist auch im Bild festgehalten, siehe Avagliano 1980, Bildstrecke ­zwischen S. 160 und 161 (ohne Nummerierung der Fotos), Aufnahme mit Bildunterschrift „18 febbraio 1944 – L’Abate Diamare accompagnato del Generale von Senger und Etterlin lascia la villa die Castel Massimo. Accanto all’Abate, d. Martino Matronola“: Haftmann ist im Bildhintergrund, ­zwischen dem Abt und dem General, deut­lich zu erkennen. Die Aufnahme steht auch online zur Verfügung: http://werner-­ haftmann.de/biografie/lebensbeschreibung/ [Zugriff am 1.11.2017].

178 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

aus dem von den Alliierten bombardierten Kloster Montecassino süd­lich von Rom im Winter 1943/44 war Haftmann maßgeb­lich beteiligt.607 607 Http://werner-­haftmann.de/biografie/lebensbeschreibung/ [Zugriff am 1.11.2017]. An dieser Stelle sei so kurz wie mög­lich auf eine andere Ungenauigkeit dieser Biographie hingewiesen, wo es heißt: „Ein Angebot Julius von Schlossers, als Assistent und Privatdozent an das kunsthistorische Institut in Wien zu wechseln, lehnte er 1939 ab. Mög­licherweise lag dies in der Person Hans Sedlmayrs begründet, der zu jener Zeit der dortige Ordinarius war.“ – Diese Darstellung, die die scharfe Auseinandersetzung ­zwischen Haftmann und Sedlmayr auf dem 2. Kunsthistorikertag in München 1949 um zehn Jahre vordatiert, wirft nicht nur die Frage auf, inwiefern der 1936 emeritierte Schlosser, dem Sedlmayr in ­diesem Jahr als Ordinarius nachgefolgt war, überhaupt ein derartiges „Angebot“ hätte aussprechen können (zu Schlosser, siehe Lersch 1990). Sie widerspricht auch den Quellen im Archiv des Wiener Instituts für Kunstgeschichte, die Hans Aurenhammer gefunden und schon 2003 exzellent gedeutet hat (Aurenhammer 2003a, S. 167 – 168): Sedlmayr sei 1939 „der brief­lichen Empfehlung von Friedrich Kriegbaum […] für einen als linientreuen Nationalsozialisten, SA-Mann und Parteianwärter angepriesenen Stipendiaten [gefolgt]. Das war niemand anderer als Werner Haftmann […]. Nur acht Tage vor seinem Dienstantritt am 1.4.1940 sagte Haftmann plötz­lich in einem emotionellen Brief ab […].“ Aurenhammers Darstellung ist ledig­lich um die von ihm nicht herangezogene Personalakte ­Haftmanns im Universitätsarchiv zu ergänzen, wonach Haftmann am 7.2.1940 vom Kunsthistorischen Institut der Universität Wien zum Nachfolger von Fritz Novotny als Assistent „bestellt“ wird, unter Befürwortung des Dozentenbundsführers der Universität Wien (UA Wien, PH PA 1849 Haftmann, Werner-­Gustav, 1940.02.07 – 1940.05.31, Bl. 2 – 3). Eine weitere Bestätigung gibt ein Brief von Lehmann-­Brockhaus, wo es heißt: „Haftmann erzählte mir, daß er nun, im Einverständnis mit S., seine Stelle in Wien am 1. Mai antreten wird.“ (Archiv KHI, KHI F 1, 15 [Korr. der Photothek], Lehmann-­Brockhaus an Kriegbaum, 3.4.1940). Unter „Hinweis auf die an das Rektorat ergangene Zuschrift des Generalreferates für Kunstförderung, Staatstheater, Museen und Volksbildung der staat­lichen Verwaltung des Reichsgaues Wien vom 19. April d. J.“ teilt der Kurator der wissenschaft­lichen Hochschulen Wien, Dr. Goldberg, dem Rektor der Universität Wien am 30.4.1940 mit, dass die Stelle von Novotny „ab 1. Mai 1940 für die Bestellung des Dr. Werner Gustav H A F T M A N N zum wissenschaft­lichen Assistenten zur Verfügung“ stehe (Bl. 6), was der Rektor dem Vorstand des Kunsthistorischen Instituts – ­Sedlmayr – zur Kenntnis gibt (zu Sedlmayr, siehe auch Aurenhammer 2004/2005, passim; zu Novotny, siehe Blaha 2009, S. 59, die dessen Wechsel an die Österreichische Galerie im Belvedere indes auf 1939 datiert). Noch am 24.5.1940 teilt der Dekan dem Kurator mit, der Antrag auf Bestellung Haftmanns zum 1.5.1940 sei nunmehr „zu erledigen“ (Bl. 7), und erst am 31.5.1940 informiert der Rektor den Dekan, dass Sedlmayr mitgeteilt habe, dass Haftmann „infolge Erkrankung von seiner Bewerbung um die Bestellung zum wissenschaft­lichen Assistenten zurückgetreten ist“ (Bl. 8). – Haftmann, seine zahlreichen Schriften und sein Wirken vor und nach 1945 verdienen eine ähn­lich gründ­liche kritische Auseinandersetzung, wie sie zu Richard Hamann mit Heftrig 2014 vorliegt; vgl. vorerst Fastert 2008, bes. S. 316 – 319; Moser 2014; Fitzke 2015. Seit August 2017 bereitet die Baden-­Württemberg-­Stipendiatin am ZI , Vincenza Benedettino, eine Untersuchung zu Haftmann vor, siehe http://www.zikg.eu/projekte/stipendiatenprojekte/werner-­haftmann-­leiter-­der-­neuen-­ nationalgalerie-­in-­berlin-­wechselausstellungen-­und-­ankaufspolitik-1967  –  2013  –  1974 [Zugriff am

Deutscher Kunstschutz in Italien avant la lettre  I  179

Tatsäch­lich dürfte Haftmanns Rolle wesent­lich geringer gewesen sein, was für ihn spricht, hält doch Klinkhammer völlig zutreffend fest: Ohne irgendwelche Sondierungen mit italienischen, vatikanischen oder deutschen Stellen getätigt zu haben, beschlossen Schlegel und Becker den Abtransport des „Nationaldenkmals“ in das Nachschublager der Division „Hermann Göring“ bei Spoleto, während dem Abt mitgeteilt wurde, die Bestände würden Mussolini übergeben.608

Es ist exakt ­dieses eigenmächtige, willkür­liche und nicht kommunizierte Handeln, bei dem die hauchdünne Grenze ­zwischen Schutzmaßnahme und beabsichtigtem oder in Kauf genommenem Raub kaum mehr erkennbar ist. Es dürfte wegen der mit dem 8. September 1943 weitgehend zusammengebrochenen italienischen Ministerialbürokratie frei­lich auch Zufällen geschuldet gewesen sein, ob in der unübersicht­lichen Situation im Herbst 1943 bewahrende oder skrupellos gierige Kräfte sich durchsetzten. Die wiederholten Bitten – vor allem seitens der Italiener – um die Freigabe der in Spoleto lagernden Werke fasste die Journalistin Janet

1.11.2017]. – An dieser Stelle sei nur auf seinen Lebenslauf vom 22.2.1958 (Bewerbung auf die Professur für Ästhetik und Kunstgeschichte an der Akademie der Bildenden Künste München) verwiesen, in dem es zu den Jahren 1940 bis 1945 heißt: „Ich diente in Frankreich, Afrika und Italien und wurde mit dem EK II und dem KVK II ausgezeichnet“ (Akademie der Bildenden Künste München; Registratur, III .1.18 Lehrstühle Berufungen 1949 – 1958, Verhandlungen Generalsekretär Dr. Haftmann – Prof. Dr. Schmid), sowie auf einen Briefwechsel von Douglas Cooper und Will Grohmann im Herbst 1953, auf den mich freund­licherweise Andrea Bambi aufmerksam gemacht hat (Kunstarchive der Staatsgalerie Stuttgart, Archiv Will Grohmann, AWO 117, Mappe 3): Am 26.10.1953 fragt Cooper: „Was wissen Sie von der Vergangenheit von Haftmann???? War er, wie ich hörte, echt Nazi? Sicherheitsdienst? SS ? Auf alle Fälle ist sein Buch [gemeint ist: Paul Klee. Wege bildnerischen Denkens, München 1950] SEHR deutsch.“ Wenige Tage später, am 1.11.1953, antwortete Grohmann (ebenda): „Der Fall Haftmann ist schwieriger [als der Umstand, dass Ernst Buchner 1953 erneut General­ direktor der BSGS geworden war], und ich schreibe und sage ungern etwas, um nicht in den Verdacht zu kommen, auf ihn eifersüchtig zu sein. […] Wegen seiner Vergangenheit wurde ich von Herbert Read und noch zwei Ausländern angeredet, und ich habe, da uns natür­lich der Fall in der Gruppe des deutschen Kritikerverbands betrifft, ganz privat bei dem früheren deutschen Konsul [Gerhard Wolf ] Erkundigungen eingezogen. […] In Dublin wurde mir von einem Ausländer erzählt, und dies schreibe ich Ihnen aber vertrau­lich, da ich es bis jetzt nicht nachkontrollieren kann und ein derartiger Prozeß in Deutschland eventuell nicht den gewünschten Weg ging – er hätte sich selbst im Suff wiederholt gerühmt, Resistanceleute erschossen zu haben. Davon habe ich H. Read in Dublin nichts erzählt, denn die Sache war auch für mich neu und ich wollte [lieb]er jemanden darüber fragen. Der damalige Florentiner Konsul ist über diese Dinge nicht orientiert. Behalten Sie also diese Weisheiten für sich. Im Allgemeinen kommen diese Angelegenheiten doch einmal heraus von jemandem, der dabei war.“ 6 08 Klinkhammer 1992, S. 506.

180 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Flanner pointiert in dem Satz zusammen, die Division möge sie übergeben „if not to the Italians, whom they laughed at, or to the German Kunstschutz, which they despised, or to their own Headquarters Army Group, whom they ignored, then at least to the Pope.“609 De facto war es niemand anderes als Walter Andreas Hofer, Direktor der Kunstsammlungen des Reichsmarschalls Göring, der Mitte November im Depot der Division in Spoleto die versiegelten Kisten mit den Gemälden des Neapler Museums aufbrach 610 – 15 der 187 Kisten wurden in den nächsten Wochen nach Norden transportiert, 172 nach Rom.611 Dessen ungeachtet oder gerade deshalb wurde die Übergabe von „Büchern der Nationalbibliothek Neapel, sowie Kunstschätze des Nationalmuseums Neapel, die aus Montecassino von der Panzerdivision Hermann Göring vor einer kriegerischen Zerstörung gerettet wurden“ am 4. Januar 1944612 vor dem Palazzo Venezia in einer „Sprachregelung für die Inf. Arbeit“ der Kulturpolitischen Abteilung der Botschaft Fasano so formuliert: „Dieser Akt einer Rettung italienischen Kunstgutes durch die deutsche Armee ist weitgehendst zu verbreiten und dabei darauf hinzuweisen, dass es sich um kulturelle Werte aus Neapel handelt, von

609 Flanner 1947b, S. 44. 610 Klinkhammer 1992, S. 511; Carlesi 2012, S. 35. – Vgl. ADAIR, Sequesterakten 1943 – 1954, Kunstschutz in Rom und Italien, 1943, „B e r i c h t betreffend die Feststellung der durch die Division Hermann Göring aus der Abtei Monte Cassino geborgenen Bibliothek, Archivalien und Kunstwerke“, Typoskript, 2 Seiten, datiert „Rom, den 4. November 1943“, „abgefasst für den erkrankten Ustf. Dr. Scheibert // [Durchschlag ohne Unterschrift] Referent des Deutschen Archäologischen Institus [sic] in Rom“, definitiv von Deichmann verfasst (eine Abschrift späteren Datums befindet sich im DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 309, mit der Angabe „gez. Deichmann“, unter Weglassung des „Ustf.“ vor „Dr. Scheibert“); zu ­diesem Zeitpunkt waren die „204 plombierten Kisten“ in der Villa Colle Ferreto noch ebenso intakt wie die „680 Kisten der Biblioteca Nazionale Vittorio Emanuele zu Neapel, Luftschutzdepot aus Teano/Campanien.“ 611 Ranieri 2012, S. 40. – James S. Plaut, von November 1944 bis April 1946 Direktor der Art Looting Investigation Unit, OSS , spricht (Plaut 1946b, S. 75) von „17 paintings and 4 priceless bronzes from the Naples Museum which had been seized by the Herman Göring Panzer Division out of a convoy carrying these Italian national treasures from Monte Cassino to the Vatican in 1943, and presented by the Division to Göring at Carinhall.“ – Eine weitere, relativ detaillierte zeitgenössische Darstellung, die meines Wissens in der Literatur nicht berücksichtigt worden ist, bei Hamlin 1946, S. 224 – 225; dort S. 224 die Angabe, dass die Auslagerung von Neapel nach Monte Cassino am 9./10.9.1943 erfolgt sei, die beiden öffent­lichen Übergabezeremonien am 8.12.1943 (Castel S. Angelo) und 4.1.1944 (Palazzo Venezia); die Gesamtzahl der Kisten wird auch hier auf 187 beziffert, wovon 15 das Geburtstagsgeschenk der Division an Göring – von ­diesem zurückgewiesen – gebildet hätten. – Knigge 2008b, S. 90 – 91, nennt aus unbekannten Gründen andere Zahlen, näm­lich „100 Kisten mit über 400 Gemälden aus den Museen von Neapel“, von denen später „17 Kisten fehlten“. 612 ACS, Ministero dell’Interno, Pubblica Sicurezza, II. Guerra Mondiale, A 5 G, busta 130, fascicolo 120, Rundschreiben des Ministero dell’Educazione Nazionale mit Ankündigung der Übergabe für „Martedi 4 gennaio p. v. alle ore 12“.

Deutscher Kunstschutz in Italien avant la lettre  I  181

denen der anti-­faschistische Kunsthistoriker Maiuri in einem seinerzeit viel beachteten Interview an die USA-Presse behauptet hatte, sie ­seien von Deutschland geraubt worden.“613

Die „Rettung“ durch die Division „Hermann Göring“ geschah, darauf sei hier nochmals hingewiesen, zu einem großen Teil avant la lettre, denn der Militärische Kunstschutz in Italien nahm erst Anfang November langsam die Arbeit auf. Erst an den beiden Übergabezeremonien in Rom im Dezember und Januar war der Kunstschutz in Person von Evers beteiligt – der vom Fehlen von 15 Kisten spätestens im Oktober 1944 Kenntnis hatte.614 Just an d ­ iesem Tag, dem 5. Januar 1944, fragt Heydenreich übrigens Evers in einem handschrift­ lichen Nachsatz: „Ist jetzt alles aus Monte Cassino zurückgegeben?“615 Die verschwundenen Kisten beschäftigten im Oktober 1944 sogar die Deutsche Botschaft beim Heiligen Stuhl, die in einem Telegramm das Auswärtige Amt eigens um „baldige Sprachregelung“ in dieser Angelegenheit bat.616 In einem Brief vom 15. Juni 1945 sollte Evers seiner Frau ausführ­lich die auf den Fall Monte Cassino konzentrierte Befragung durch Douglas Cooper und Ernest Theodore DeWald am Vortag schildern:

613 PA AA, Rom Quirinal, 1561, Bl. 20 – 22; gemeint ist Amedeo Maiuri (1886 – 1963), seit 1924 Soprintendente alle Antichità di Napoli e del Mezzogiorno sowie Direktor des Museo Archeologico von Neapel. Der Artikel „Unique Collection of Art Treasures Taken Away by Germans in Italy. Paintings by All Old Masters and Irreplacable Antiquities Removed from Ancient Abbey of Montecassino – Grave Fears Felt“, in: New York Times, 10.11.1943 (basierend auf Aussagen von Maiuri vom 8. November 1943), ist reproduziert in Bianchini, Gentile 2014, Abb. 8 – 9, S. 166 – 167. 614 CIR, 237, Ottobre 1944, Evers an Langsdorff, 14. Oktober 1944 (in Vorbereitung einer Pressekonferenz, auf der Langsdorff sprechen soll): „In Pontida, 16 km nörd­lich Bergamo, Richtung Lecco, ist ein Pater Giuseppe, der in Montecassino war, als die P. D. Hermann Göring die Kisten im Kloster abholte. Er ist voll des Lobes über das gute und freund­liche Benehmen der Truppe. Er kann zwar nicht über den Inhalt der Kisten Nr. …. 173 bis 187 Auskunft geben, das kann niemand. Aber er kann die Behauptung widerlegen, dass die Deutschen wie Räuber aufgetreten wären.“ 615 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Heydenreich an Evers, 5.1.1944, handschrift­liches Post scriptum zum maschinenschrift­lichen Brief. 616 PA AA, Rom Vatikan, 1000, Weizsäcker an AA, Telegramm (offen) EILT, 9.10.1944: „In hiesiger Oeffent­lichkeit und geist­lichen Kreisen werden wiederholt folgende Behauptungen aufgestellt: 1. Division Hermann Göring habe von den aus Montecassino geretteten italiensichen Kunstschätzen zehn Kisten nicht an den Vatikan abgeliefert. 2. Aus Florenz ­seien vier = bis fünfhundert Kunstwerke darunter Werke Raffaels, Botticellis, ­Donatellos, Michelangelos, Watteaus, Rembrandts und zahlreiche antike Skulpturen von deutschen Truppen nach Norden abtransportiert worden. Wäre dankbar für baldige Sprachregelung. Weizsäcker.“

182 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Gestern waren zwei Herrn vom alliierten Kunstschutz da, der eigent­liche Chef, ein Professor Dewalt, von Princeton, und ein Engländer namens Cooper, ‒ woher weiß ich nicht. Beide sprachen fließend und ausschließ­lich deutsch. Beide in Oberst-­Leutnant-­Uniform. […] Am morgen, bevor das Verhör begann, war ich eigent­lich fröh­lich, jedenfalls inner­lich ganz ruhig, ganz in mir ruhend. Ich dachte: es fängt jedenfalls einmal etwas an, wir sind nicht mehr bloß namenlose Masse, sondern man weiß, wo wir sind, und wenn ich so ein sauberes Gewissen habe, wenn ich anderthalb Jahre in Italien gearbeitet habe ausschließlich und immer nur mit dem Bemühen, der italienischen Kunst zu helfen, dann ist es gar nicht anders möglich, als dass das anerkannt wird. […] Aber sie sind offenbar enttäuscht gewesen, weil ich von einem Hauptpunkt ihrer Untersuchung nicht viel aussagen konnte, näm­lich den Kisten, die aus Montecassino auf dem Umweg über die Division Hermann Göring nach Rom gebracht sind, und die ich dort im Rom zweimal in Empfang zu nehmen mitgeholfen habe. Seit einer Rede des englischen Kriegsministers im September ungefähr wissen wir, daß noch einige Kisten vermißt werden. Um diesen Verlust, über dessen Wirk­lichkeit, Inhalt, Reichweite wenigstens ich keine Ahnung habe, gehen nun die Nachforschungen. Es waren die ersten zwei Wochen meines Aufenthalts in Rom, in Italien, in der neuen Stellung als Verwaltungsbeamter nach vier Jahren Dienst im Mannschaftsrang. Die gleichen Wochen, in denen ich nicht schlafen konnte und zum ersten Mal wirk­lich „überanstrengt“ war. Die Montecassinoangelegenheit war mir von Tieschowitz übergeben worden als eine unangenehme, inzwischen aber schon gut beigelegte Sache: da sich bereits die deutsche Botschaft (und ich meine auch der Feldmarschall Kesselring?) eingeschaltet hatten, – da sogar schon ein Führerbefehl vorlag. Die Sachen würden nun kommen. Und sie kamen auch wirk­lich. Ziem­lich umgehend die erste Sendung, nach einigen Wochen Zögerns dann der große Rest. Dazwischen habe ich ziem­lich gedrängt, telefonisch und brief­lich, dass sie nun auch wirk­lich kommen müssten. Sie kamen, es wurde mir vollkommen fest versichert: das sei alles, was in Besitz der Division Hermann Göring gewesen sei. – Fünf Monate hindurch war ich weiter in Rom, und keine ernsthafte Beschwerde ist gekommen, nur einmal eine Anfrage von einem Italiener: ob noch weitere Kisten zu erwarten ­seien. – Ich habe immer das Gefühl von einer gut ausgegangenen und befriedigenden Sache gehabt bei ­diesem Transport aus Montecassino. – Nun sind plötz­lich, auf Grund ich weiß nicht welcher Listen und Lücken und Angaben, die Fragen aufgetaucht: ob nicht die Division doch eine Reihe von Kisten zurück behalten habe, und ob diese irgendwohin verschenkt oder verschleppt s­ eien. Und infolgedessen: daß der damals in Rom anwesende deutsche Kunstschutzbeamte die genaue Liste der Kisten hätte aufstellen, ihre Plombierung prüfen, ihre sofortige Rückstellung hätte bewerkstelligen müssen. Daß ich alles drei nicht getan habe, haben die Herren gestern mir mit sehr dürren Worten vorgeworfen, – ich weiß nicht, ob die Gegengründe und Erklärungen von ihnen viel gehört sind. Der wichtigste davon ist demjenigen, der die Division Göring gekannt hat, selbstverständ­lich: sie hätte mich überhaupt nicht an die Lager herangelassen, – und da sie befehlsgemäß weder dem Bevollmächtigten General, noch sogar dem Feldmarschall Kesselring unterstellt war, sondern dem letzteren als Oberbefehlshaber Süd-­West nur taktisch, so hätten sie einen Kunstschutzoffizier sofort heimgeschickt. Ich könnte auch Bemerkungen von den Offizieren erinnern, mit denen ich verhandelt habe, aus denen hervorgeht, wie sehr die Division eifersüchtig war auf das, was sie geborgen hatte, – es würde aber weder die Untersuchung

Deutscher Kunstschutz in Italien avant la lettre  I  183

fördern noch sonst einen Nutzen tun. – Ich habe versucht, zu sagen, daß man in dieser Sache die allerobersten befragen muß, den Botschafter v. Weizsäcker, und den Feldmarschall Kesselring. Ob die Herren das tun werden, weiß ich nicht. – Ich bin nun seitdem ein Schlachtfeld von Grübeleien und traurigen Phantasien, ich habe keine rechten Reserven mehr, weil der Körper geschwächt ist […].617

In den Monaten September und Oktober 1943, teilweise in Zusammenarbeit mit Scheibert, spielte indes das Deutsche Archäologische Institut (DAI) in Rom (und nicht etwa Bruhns’ KWI) eine maßgeb­liche Rolle. Nicht unerwähnt bleiben sollte in d ­ iesem Zusammenhang, dass Metternich und ­Tieschowitz schon im Juni 1942 vom E ­ rsten Sekretär des DAI Athen, Walther Wrede, als Dank für ihren Einsatz in Griechenland zu „Mitgliedern“ des DAI vorgeschlagen worden waren; der Präsident des DAI stimmte zu, Metternich zum Ordent­lichen Mitglied und Tieschowitz im nächsten Jahr zum Korrespondierenden Mitglied zu ernennen,618 was im September 1943 auch erfolgte.619 Die Involvierung und Befassung des DAI mit Kunstschutzfragen entwickelte sich gewisser­maßen organisch aus Unterredungen der Institutsmitarbeiter mit Filippo Magi, Beamter der Generaldirektion der Vatikanischen Museen im Laufe des September 1943. Aus einem Gesprächsprotokoll vom 4. September 1943 geht hervor, dass Magi mit Monsignore ­Giovanni Battista Montini (1897 – 1978), dem Sekretär des Papstes Pius XII. (der später, von 1963 bis 1978, selbst als Papst [Paul VI.] amtieren sollte), über die Mög­lichkeit eines Schutzes des Vatikans für das DAI und insbesondere dessen Bibliothek gesprochen hatte.620 Das mit hoher Wahrschein­lichkeit von Friedrich Wilhelm Deichmann verfasste Protokoll skizziert die Optionen, wie „im Falle einer Feindbesetzung das Deutsche Archäologische Institut zu schützen“ sei, und wie ­dieses auf Antrag des AA oder der Botschaft beim Heiligen Stuhl „unter dem Schutz des Vatikans“ genommen werden könnte. Diese Verhandlungen mit dem Vatikan hatten insofern eine prekäre Disposition, als der Vatikan zwar den alten Staat Italien, nun repräsentiert durch die Badoglio-­Regierung bzw. das Regno del Sud, anerkannte, nicht aber die am 23. September 1943 gegründete RSI,621 die ihrerseits die Rechtmäßigkeit des Königreichs des Südens in Frage stellte und zudem Verfügungsgewalt über die alten faschistischen Ministerien, Behörden und Ämter beanspruchte. 617 FA Evers, Brief vom 15.6.1945, transkribiert durch Karsten Evers im Oktober 2010. 618 DAI Berlin, Archiv, Biographica-­Mappe Bernhard von Tieschowitz v. Tieschowa, Wrede (DAI Athen) an Präsidenten, 11.6.1942, mit Vermerken des Präsidenten Martin Schede (1883 – 1947). 619 DAI Berlin, Archiv, Biographica-­Mappe Bernhard von Tieschowitz v. Tieschowa, Martin Schede an Tieschowitz, 15.9.1943; Tieschowitz an Schede, 18.9.1943 (Annahme der Wahl). 620 ADAIR , Sequesterakten 1943 – 1954, Kunstschutz in Rom und Italien, 1943: Nicht gezeichnetes Typoskript, 2 Seiten, datiert „Rom, den 4. September 1943“, überschrieben „Unterredung mit Dott. F. Magi am 4. Sept. 43, 20.15 Uhr“, vermut­lich verfasst von Friedrich Wilhelm Deichmann; die folgenden Zitate ebenda. 621 Vgl. Forti 2008, S. 70.

184 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Zu gleicher Zeit im September 1943 traf auch Ludwig Schudt, der langjährige Bibliothekar der Hertziana bzw. des KWI für Kunstwissenschaft, Vorbereitungen für den „Schutz des Instituts im Falle einer Besetzung Roms durch die Feindmächte“, wobei er sich „mit dem Arch. Inst., wo die Herrn Curtius, Crous, Deichmann und Fuhrmann zurückgeblieben sind, und dem Historischen Institut, wo Dr. Lang zurückblieb“, abstimmte bzw. mit diesen zusammenarbeitete.622 Wie schwierig und unvorhersehbar die Lage in Rom Mitte September war, hat Giulio Battelli (1904 – 2005), Archivar des Archivio Segreto Vaticano, festgehalten: Der Bahnhof sei ein „teatro di violenza popolare“ gewesen, die Telefonleitungen unterbrochen, es habe Ausgangssperre geherrscht bei gleichzeitiger Abwesenheit der Polizei („nessun servizio di polizia“).623 Eine zweite, ähn­liche Aufzeichnung vom 21. September dokumentiert ein weiteres Gespräch von Deichmann mit Magi, der „sich auf Bitten von Prof. Bruhns zu Mons. Montini begeben habe, um über die Bereitwilligkeit eines mög­lichen Schutzes durch den Vatikan für das Kunsthistorische Institut der K ­ aiser Wilhelm Gesellschaft unterrichtet zu werden“.624 Der Vatikan habe angeboten, diesen Schutz „für alle deutschen wissenschaft­lichen Institute in Rom zu gewähren“, wollte aber eine Reihe von Fragen geklärt sehen. Nur vor dem Hintergrund dieser Gesprächskontakte wird verständ­lich, weshalb sich Scheibert am 28. Oktober 1943 ausgerechnet im DAI vorstellte und seine Absichten hinsicht­lich des Kunstschutzes in Rom [entwickelte], die im grossen Ganzen auf folgende Ziele ausgehen: die an verschiedenen Bergungsorten in der Provinz verstreuten Kunstwerke sollen wieder nach Rom zurückgebracht werden, da die Bergung in Rom heute sicherer erscheint, als an einem Orte, der leicht in die Kampflinie geraten kann; auch der Abtransport nach Oberitalien, den die faschistische Regierung angeordnet hat, soll verhindert werden, weil der Transport heute zu gefähr­lich ist und etwaige Verluste oder Zerstörungen dabei der deutschen Regierung zur Last gelegt werden würden; die Zerreissung und Verschleppung von staat­lichen oder privaten Sammlungen soll verhindert oder rückgängig gemacht werden, vor allem soll der Abtransport nach Deutschland verhindert werden; die Gefahr, die Monumenten, Gebäuden usw., 622 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 528, Schudt an Telschow, 14.9.1943. 623 Battelli 2000, S. 55. Vgl. auch die Schilderung des Zustands in Neapel nach dem Einmarsch der Alliierten bei Nicholas 1997, S. 308. 624 ADAIR, Sequesterakten 1943 – 1954, Kunstschutz in Rom und Italien, 1943: Typoskript, 2 Seiten, datiert „Rom, den 21. September 1943“, unterzeichnet „Deichmann“; das folgende Zitat ebenda. – Weitere von Deichmann protokollierte Gespräche mit Magi, der sich seinerseits erneut mit Montini und dem Generaldirektor der Vatikanischen Museen, Bartolomeo Nogara, getroffen hatte, fanden am 22. und 24. September 1943 statt. Vom 25. September 1943 datiert ein „PRO MEMORIA“ des DAI an die Deutsche Botschaft beim Heiligen Stuhl zur Vorlage beim Staatssekretariat des Vatikan; vom 8. und 11. Oktober 1943 Aufzeichnungen des Bibliothekars Jan Willem Crous (1902 – 1945) über Gespräche mit dem italienischen Archäologen Massimo Pallottino (1909 – 1995), wie das DAI „angesichts der Entwaffnung der Carabinieri“ zu schützen sei.

Deutscher Kunstschutz in Italien avant la lettre  I  185

die unter D ­ enkmalschutz stehen, durch benachbarte Truppen, Waffenlager u. dgl. droht, soll nach Mög­lichkeit abgewandt werden. Als nächste praktische Ziele bezeichnete Herr Dr. Scheibert: Rückführung nach Rom des Archivs und der anderen aus Monte Cassino fortgeschafften Stücke; Rettung der Sammlung Doria und der Antiken der Villa Doria Pamphilj, besonders Wiedergewinnung der drei Grabsteine germanischer Söldner, die auf Veranlassung von Prof. F. X. Zimmermann 625 in das Museum von Klagenfurt verbracht worden sind; Aufspüren und Rückführung der aus dem Deposito von Gennazzano noch fehlenden Stücke. Diese Ziele sollen in gemeinsamer Arbeit und nur mit ausdrück­licher Zustimmung der italienischen Denkmälerverwaltung verfolgt werden. Herr Dr. Scheibert bat um Mitwirkung des Instituts bei dem Verkehr mit den italienischen Behörden und der Ermittlung gefährdeten Kunstgutes. Die Herren des Instituts stellten sich Herrn Dr. Scheibert für diese Zwecke voll zur Verfügung und rieten vor allem, sich mit der Direzione Generale delle Belle Arti nur für die Einleitung und allgemeine Regelung in Verbindung zu setzen, in den praktischen Hilfsfällen jedoch sich an die zuständigen Soprintendenten zu wenden und überhaupt die Mitarbeit der lokalen Denkmalschutzbeamten zu gewinnen. Es müsste erreicht werden, dass die italienischen Behörden sich sofort, wenn der Gefahrfall eintritt oder ein Kunstwerk entfernt werden soll, an das Institut wenden; die Soprintendenten sollen in ­diesem Sinne verständigt werden.626

625 Über Franz Xaver Zimmermann (1876 – 1959), österreichischer Schriftsteller und Lehrer, ist wenig bekannt. Er war von 1924 bis 1943 Kanzler der österreichischen Gesandtschaft am Heiligen Stuhl (Baur, Gradwohl-­Schlacher 2011, S. 290), danach Mitarbeiter des Klagenfurter Instituts für Kärntner Landesforschung in Görz (heute Gorizia) (Gencarelli 1979, S. 156; Ranieri 2012, S. 45; zum Institut, siehe ausführ­lich Wedekind 2008b) und Leiter des Kulturreferats beim Deutschen Berater für die Provinz Görz (Wedekind 2012a, S. 161); die insgesamt ausführ­lichsten biographischen Angaben gibt Karin Gradwohl-­Schlacher in Baur, Gradwohl-­Schlacher 2011, S. 289 – 291. – Eine Verbindung Zimmermanns zum „Ahnenerbe“ kann nicht ausgeschlossen werden; insofern könnte es sich bei Scheiberts geplanter „Wiedergewinnung“ auch um eine Auseinandersetzung ­zwischen RSHA, AA und „Ahnenerbe“ handeln. 626 ADAIR, Sequesterakten 1943 – 1954, Kunstschutz in Rom und Italien, 1943: Typoskript, 2 Seiten, datiert „29. Oktober 1943“, gezeichnet „Crous“, überschrieben „AUFZEICHNUNG über eine Unterredung mit Herrn Dr. Scheibert über Fragen des Kunstschutzes am 28. Oktober 1943“; an dem Gespräch nahmen neben Crous auch Deichmann und Fuhrmann teil. – Vgl. in demselben Faszikel den Brief an Armin von Gerkan, 13.11.1943, Typoskript, 4 Seiten, unterzeichnet „(Deichmann?)“, in dem es heißt: „Über Gerüchte der Verschleppung von Archiv und Bibliothek von Monte Cassino anläss­ lich der Evakuierung des Klosters liess sich leider nichts genaueres in Erfahrung bringen, da die hiesigen Stellen bis dahin keinen Bericht erhalten hatten. Am 28.10. rief mich Herr von Kessel [Albrecht von Kessel, 1902 – 1976] zu sich, da in dieser Frage nun der Vatikan vorstellig geworden war und teilte weiterhin mit, dass wir in dieser Frage mit einem Mitglied des Sicherheitsdienstes, Untersturmführer Scheibert, der von Seiten der weissen Botschaft zur Verfügung gestellt sei, zusammenarbeiten sollten.“

186 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Scheiberts umfangreiches Arbeitsprogramm lässt auf die genaue Kenntnis schließen, die er sich seit seiner Ankunft in Rom im September angeeignet hatte. Vermut­lich unterstützten Uniform und Anbindung an die Deutsche Botschaft seine Glaubwürdigkeit, denn Scheibert sprach kein oder nur sehr schlecht Italienisch (sein Brief vom 28. Oktober 1943 an „Ms. le Prof. Lazzari“ ist in französischer Sprache 627), und so begleitete Deichmann ihn am 29. Oktober als Dolmetscher zu einem Gespräch mit Commendatore Marino Lazzari (1883 – 1975), Generaldirektor der Schönen Künste im Erziehungsministerium.628 Lazzari habe sich mit dem geplanten Transport nach Rom einverstanden erklärt, zugleich aber gewünscht, „die wichtigsten Kunstwerke ungefähr dreihundert, aus Mittelitalien nach Venedig zu bringen und dort im Dogenpalast zu verwahren. Man müsse das vorallem [sic] deshalb tun, um sie vor Verschleppung oder Besitznahme durch die Anglo-­Amerikaner zu retten.“ Eine vom Ministerium vorgeschlagene Verbringung in den Vatikan, so Lazzari, habe dieser zunächst abgelehnt, „da die Angelsachsen mög­licherweise, da Italien kein Gold und kaum Bodenschätze besitzt, die Kunstschätze als Kriegskontribution fordern würden“, doch schließ­lich habe der Vatikan zumindest eingewilligt, „religiöse Kunstwerke in Verwahrung zu nehmen.“629 Der Vatikan als neutrale Macht war im Herbst 1943 sowohl für die römischen Denkmalpfleger und Museumskuratoren als auch für die beiden deutschen Botschaften und die verschiedenen deutschen wissenschaft­lichen Institute in Rom ein überaus w ­ ichtiger Verhandlungspartner. Gleichzeitig hatte der Vatikan jedoch offenbar weder mit dem deutschen Oberkommando noch mit der Repubblica Sociale Italiana direkte Kontakte.630 Das für Kunst und Denkmalpflege zuständige Ministero dell’Educazione Nazionale hatte seinen Sitz nach Padua verlegt, wo der Archäologe Carlo Anti, ehemaliger Rektor der Universität Padua, am 15. Dezember 1943 – als Nachfolger von Marino Lazzari – zum Direttore Generale delle Arti ernannt wurde.631 Die in Rom verbliebenen Beamten wie Carlo Giulio 627 ACS, AABBAA, Divisione III, 1929 – 1960, busta 257. 628 ADAIR, Sequesterakten 1943 – 1954, Kunstschutz in Rom und Italien, 1943: Typoskript, 2 Seiten, nicht datiert, gezeichnet „Deichmann“, überschrieben „A u f z e i c h n u n g über eine Unterredung des Dr. Scheibert mit Comm. M. Lazzari, Direttore Generale delle Belle Arti, im Beisein des Unterzeichneten als Dolmetscher im Ministero dell’Educazione Nazionale am 29. Oktober 1943 vormittags“; die folgenden Zitate ebenda. – Die italienische Gegenüberlieferung in ACS, AABBAA, Divisione III, 1929 – 1960, busta 257 (u. a. mit Rundschreiben Lazzari an verschiedene Soprintendenzen vom 29.11.1943). 629 Vgl. zur Frage der Einlagerung von Werken religiösen Charakters im Vatikan auch Franchi 2010, S. 140, die darauf hinweist, dass entsprechende Absichtserklärungen schon vor dem 8. September 1943 getroffen worden ­seien, dann aber wegen des Waffenstillstands nicht realisiert worden wären. 630 So jedenfalls Nicita 2010, S. 55. 631 Vgl. Franchi 2012, S. 111. – Zu Lazzari siehe Orbicciani 2011. – Hingewiesen sei auf ACS, AABBAA, Divisione II, 1940-‒45, busta 1, fascicolo 3, Materiale Archeologico di pertinenza dello Stato: Schreiben des Ministero dell’Interno an Alto Commissariato per le sanzione contro il Fascismo, 3.3.1945, wonach Guido Calza auf Anweisung von Minister Bottai Marino Lazzari mehrere archäologische

Deutscher Kunstschutz in Italien avant la lettre  I  187

Argan, Emilio Lavagnino (1898 – 1963) und andere waren damit in gewisser Weise auf sich allein gestellt; sie agierten fast zwangsläufig autonom, ohne Rücksprache mit ihrem fernen Ministerium, das sie zum 31. Dezember 1943 ganz entließ, weil sie der Anweisung, sich ebenfalls in den Norden zu begeben, nicht Folge geleistet hatten.632 Dies hieß zugleich, dass sie ohne einen Verwaltungsapparat und den damit zur Verfügung stehenden Informationsmög­ lichkeiten wie Polizei oder Geheimdienst handeln mussten – was auch erklärt, warum ihre Bergungsfahrten von den gefährdeten Depots nach Rom oder in den Vatikan heute als „trasporti semiclandestini“633 bezeichnet werden können. Diese Konstellation macht zumindest teilweise verständ­lich, weshalb Scheibert, der offenbar zu keinem Zeitpunkt die Verbindung zum Stab von Kesselring und damit zum Interims-­Kunstschutzbeauftragten Wolfgang Hagemann gesucht hatte, in direkten Austausch mit den italienischen Beamten trat bzw. treten konnte. Und erst – oder besser: nur – dieser Hintergrund erklärt, warum ein so ausgesprochen undurchsichtiger Mann wie Wilhelm Jakob Mohnen sich an der Verlagerung hochwertiger Kunstwerke beteiligen konnte. Beide, Mohnen wie Scheibert, werden in rezenten italienischen Publikationen als reguläre Mitarbeiter der Deutschen Botschaft bezeichnet, wobei sie bei Rücktransporten ausgelagerter Werke aus dem Latium nach Rom insbesondere mit dem Kunsthistoriker und Staatsbeamten im Ministero dell’Educazione Nazionale ­Emilio ­Lavagnino  634 eng zusammengearbeitet hätten.635 Morselli weiß sogar, dass ­Scheibert Objekte haben aushändigen müssen, die dieser 1940 oder 1941 dem japananischen Botschafter Matsucka bei dessen Rombesuch habe schenken wollen. 632 So Rinaldi 2010b, S. 96; Rinaldi 2011, S. 84. 633 Ursino 2009, S. 18. 634 Vgl. den Eintrag von Paola Nicita Misiani im Dizionario Biografico degli Italiani (Bd. 64, 2005, online unter http://www.treccani.it/enciclopedia/emilio-­lavagnino_(Dizionario_Biografico)/ [Zugriff am 1.11.2017]. 635 Zu Scheibert: Lavagnino 2006, passim; Ceresa 2007, S. 345 („tenente P. Scheibert della ‚Abteilung Kunstschutz‘“); Ursino 2009, S. 18 („un addetto culturale dell’Ambasciata germanica presso la Santa Sede“; „il tenente P. Scheibert della ‚Abteilung Kunstschutz‘“); Morselli 2010, S. 7, 14; Rinaldi 2010b, S. 95, 98 – 101, 103 – 105 sowie dort im Anhang passim. Zu Mohnen: Rinaldi 2010b, S. 98 sowie dort im Anhang S. 106 und 108; Rinaldi 2011, S. 79 – 80; auch Cannata 2011, S. 23, bezeichnet Mohnen (auf der Basis von Volbach) als „giovane funzionario“ und als „diplomatico“; Ghibaudi 2012, S. 135 mit Anm. 21, Lavagnino zitierend „Signor Mohnen, esperto per le cose dell’arte presso l’ambasciata di Germania“. – All dies ist insofern erstaun­lich, als Hector Feliciano (Feliciano 1998, S. 139 – 142) grundlegende Angaben über Mohnen veröffent­licht hat, die in mehreren Sprachen konsultiert werden können (französische Ausgabe Paris 1995, englische Ausgabe New York 1997, spanische Ausgabe Barcelona 2004, neue französische Ausgabe Paris 2008) und Mohnen auch in der Liste der „in den Handel mit verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern involvierten Kunsthändler“ aufgeführt ist, siehe zuletzt Handreichung 2007, S. 64, sowie die Angaben im Modul „Provenienzrecherche“ des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste/Lost Art: „Beteiligte Privatpersonen und Körperschaften am NS-Kulturgutraub“ (http://www.lostart.de/Content/051_ProvenienzRaubkunst/

188 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Lavagnino bei dessen Aufgaben unterstützt habe „aus Liebe zur italienischen Kunst, und insbesondere zur frühchrist­lichen Kunst, für die er ein Fachmann war“ („per amore dell’arte italiana e in particolare dell’arte paleocristina, di cui era uno specialista“)636 – für diese Liebe des Slawisten und Osteuropahistorikers zur italienischen Kunst gibt es frei­lich keine Belege, und auch zum behaupteten Expertenstatus habe ich keine Quellen finden können. Eine Agententätigkeit, wie sie bei Scheibert meines Erachtens zumindest für die Anfangsphase in Rom vermutet, aber derzeit nicht belegt werden kann, ist hingegen im Fall von Mohnen, der am 5. Februar 1945 auf der Piazza di Spagna von Agenten des amerikanischen Counter Intelligence Corps verhaftet wurde, eindeutig nachweisbar. Geboren am 24.  Juli 1902 in Mannheim, eröffnete Wilhelm Mohnen (Wilhelm Jakob Mohnen) dort 1926 ein Geschäft für Fahrräder, Motorräder und Haushaltswaren und begann, Bilder zu sammeln und auch mit ihnen zu handeln.637 Im August 1939 nur kurz zur Wehrmacht eingezogen, gerät er ab Dezember 1940 in Kontakt mit der DE/Beteiligte/M/Mohnen,%20Wilhelm%20Jacob.html?nn=5150&cms_lv2=5362&cms_lv3=26212

[Zugriff am 1.11.2017]) – allerdings ausschließ­lich bezogen auf Frankreich. 636 Morselli 2010, S. 7. 637 NARA, M1944, Records of the American Commission for the Protection and Salvage of Artistic and Historic Monuments in War Areas (The Roberts Commission), 1943 – 1946, Record Group (RG) 239, Roll 90, National Archives Catalog ID: 1537311, Subject Files, Interrogation Report on MOHNEN Wilhelm, TOP SECRET, 30.4.1945, 24 Seiten, gezeichnet: Major R. N. Bridge (im Folgenden: NARA, Interrogation Report on MOHNEN Wilhelm, 30.4.1945), hier S. 3 – 4. – Wie hart Mohnens Verhör war, ist nicht bekannt; der amerikanische Major notierte lakonisch (S. 17): „Under interrogation he [Mohnen] lied doggedly for a very long time, making only minor admissions of guilt, and deliberately trying to mislead the interrogator. Finally, however, he was brought to tell the story given above, which, while not considered complete or exact, is nevertheless thought to be a fairly close approximation of the truth.“ Obwohl Alvarez, Graham 1997, S. 36 – 43, diesen Bericht offenkundig auch herangezogen haben, schreiben sie durchweg „Wilhelm Möhnen“. Dieser Abschnitt ihres Buches basiere, so S. 47, Anm. 74, auf einem unpublizierten Manuskript von Robert A Graham: The Rise and Fall of a Secret Agent in the Vatican. – In der online zugäng­lichen Übersicht von NARA zu RG 239 (http://www.archives.gov/ iwg/declassified-­records/rg-239-monuments-­salvage-­commission/index.html [Zugriff am 5.11.2015]) wird der Inhalt des o. g. Verhörs (in Roll 90, Entry 6, Folder: Mohnen, Wilhelm Jakob) so angegeben: „CSDIC Interrogation Report on Wilhelm Mohnen, April 30, 1945, Copy No. 21 (24 pp.). Mohnen, owner of a cycle and motor cycle business in Mannheim, Germany, was involved with the Abwehr in France in 1941, investigated by the Gestapo for business malpractices, and went to Rome and the Vatican in early 1942. Was involved in art transactions with Dr. Lohse and came in contact with others involved in the art trade, including Heinrich Hoffman. He also did some work for the SD to obtain information in Rome. He was also instructed by the German foreign office in January 1943 to arrange for “direct Papal intervention in favour of peace by means of a direct appeal to Germany in his next public speech which would probably be at Easter.” References to Kappler, the Vatican, SS General Wolff, and selling of art work. Pages 18 – 24 of the report contains the names and positions of personalities mentioned in the report.“

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­ eutsch-­Französischen Waffenstillstandskommission und ist ab Januar 1941 als GeheimD agent für den deutschen militärischen Nachrichtendienst, der sogenannten „Abwehr“, tätig. Zugleich arbeitet er in Paris eng mit Bruno Lohse (1911 – 2007)638 zusammen, dem Stellvertretenden Direktor des ERR in Paris und zugleich einem der wichtigsten Kunstagenten von Hermann Göring, hat aber auch Kontakte zum Salzburger Kunsthändler Friedrich Welz (1903 – 1980).639 Mohnen logierte im Hotel Claridge auf der Avenue des Champs-­Élysées und „hatte einen hervorragenden Überblick über den Markt und die Qualität der gehandelten Objekte“.640 Seit März 1942 pendelte Mohnen z­ wischen Paris und Rom, versuchte Bilder von Lohse in Italien begutachten zu lassen und zu verkaufen sowie dort Werke niederländischer Meister für Lohse zu erwerben,641 wobei Details derzeit nicht bekannt sind (es ist unklar, ob Lohse diese Werke gekauft, getauscht, beschlagnahmt oder in Kommission genommen hatte). In der Folge gelang es dem „ever-­industrious“ Mohnen, vom Luftattaché in Rom, Oberstleutnant Herbert Veltheim, beauftragt zu werden, Informationen über die Haltung des Vatikans in politischen Fragen zu sammeln, obwohl er „no particular interest or aptitude for intelligence work“ hatte, aber entschlossen gewesen sei, sich nütz­lich zu machen „in any manner that would prevent his transfer to a combat unit.“642 In der Einleitung zum Bestand M1782 von Michael Hussey, Michael J. Kurtz, and Greg Bradsher (OSS ART LOOTING INVESTIGATION UNIT REPORTS, 1945 – 46, http://www.archives.gov/ research/microfilm/m1782.pdf [Zugriff am 1.11.2017]) wird mitgeteilt (nicht foliiert, S. 4 des pdf ): „The Director of the Unit proceeded to Italy on March 10, 1945, to conduct a survey of art looting in the Mediterranean ­Theater of Operations, and to supervise the interrogation, at Rome, of Wilhelm Mohnen, German espionage agent and minor participant in German official art looting activities in France. The detailed interrogation of Mohnen revealed little new information concerning German art looting but was chiefly productive for broad intelligence purposes.“ 638 In ­diesem besonderen Fall sei auf http://de.wikipedia.org/wiki/Bruno_Lohse verwiesen, da diese über 50.000 ­­Zeichen umfassende Biographie relativ zuverlässig die relevante Sekundärliteratur auswertet [Zugriff am 1.11.2017]. Erwähnt sei, dass Jonathan Petropoulos eine Monographie über Lohse vorbereitet. 639 Zu Welz’ Kontakten mit Mohnen, siehe Koller 2000, S. 14 – 16. 640 Feliciano 1998, S. 140. – Feliciano gibt S. 141 an, Mohnen sei von den Alliierten „im September 1944 im Vatikan“ verhört worden, was zwar im Interrogation Report vom 30.4.1945 keinerlei Erwähnung findet, aber dennoch glaubhaft erscheint (Feliciano verweist auf die Papiere der Spedition Schenker in NARA, Record Group 331, Box 325, Akte 246, „Looting: France“ sowie auf „Vernehmungsprotokoll Mohnen“ in Record Group 239, Box 238, die von mir nicht konsultiert wurden), weil ein „Field Memorandum 59“ des OSS vom 23.10.1944 ein „Interview with Mr. Ernst von Mohnen on German Art Collecting in France“ enthält, das mit „Rome, 30 September 1944“ datiert ist und sich als Negativ-­Fotografie wie als Übersetzung ins Französische („Entrevue avec Mr. Ernst von Mohnen sur le pillage artistique allemand en France“) im ASS, Paris befindet (Dokument P 310970). 641 NARA, Interrogation Report on MOHNEN Wilhelm, 30.4.1945, S. 7. 642 Alvarez, Graham 1997, S. 40.

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Im September 1942 lernte Mohnen nicht nur den KWI-Direktor Werner Hoppenstedt, sondern auch den Sammler und Händler Gottlieb Friedrich Reber (1880 – 1959)643 und den 1934 nach Rom emigrierten Wolfgang Friedrich (Fritz) Volbach (1892 – 1988)644 kennen.645 Volbach, Kustos an den Vatikanischen Museen, war sehr gut in der römischen Wissenschaftsund Kulturszene vernetzt und verkehrte „im Haus von Pietro Toesca, De Rinaldis und Lavagnino.“646 Über Volbach gewann Mohnen später, im Sommer 1943, das Vertrauen der Italiener: „Professor VOLBACH introduced subject [Mohnen] also to various art dealers and experts including a Professor DE RINALDIS of the Borghese Gallery and a certain LAVAGNINO of the Ministry of Culture.“647 In einem undatierten Promemoria, das am oder bald nach dem 12. Oktober 1943 entstanden sein muss, hält Lavagnino die Ereignisse vom 30. September bis zum 12. Oktober 1943 fest:648 Nach einem Treffen am 30. September unter dem Vorsitz des Generaldirektors sei er beauftragt worden, sich inoffiziell („ufficiosamente“) mit „il Sig. Wilhelm Mohnen d ­ ell’Ambasciata di 643 Zu Reber, einem wichtigen Sammler moderner Kunst, vgl. Kropmanns, Fleckner 2001; zu Reber als Händler alter Kunst (und Vermittler für Walter Andreas Hofer) einige knappe Bemerkungen bei Rewald 2006, S. 271. Reber, so Botschafter von Weizsäcker in einem Aktenvermerk vom 16. Juni 1944, sei zudem vom Schweizer Botschafter Jean de Stoutz als Vermittler herangezogen worden, siehe PA AA, Rom Vatikan, 996: „Minister de Stoutz pflegt seine Verabredungen mit der Gegnerseite zu führen im Esteri mit dem Grafen Vidau und mit den Amerikanern durch Herrn Reber.“ 644 Zu Volbach, siehe knapp Voigt 1989, S. 396, und ausführ­lich Wendland 1999, Bd. 2, S. 716 – 723 (bis 1933 Kustos K ­ aiser-­Friedrich-­Museum Berlin, ab 1934 an den Vatikanischen Museen tätig). Vgl. die Kurzbiographie von Peter H. Feist in Metzler 1999, S. 431 – 433, und Metzler 2007, S. 459 – 461. Für die Angabe von Lavagnino 2006, S. 126, Volbach sei „archivista in quegli anni presso la Bibliotheca Vaticana“ gewesen, kenne ich keine Belege. 645 NARA, Interrogation Report on MOHNEN Wilhelm, 30.4.1945, S. 8. 646 Volbach 1972, S. 32. – Palma Bucarelli (1910 – 1998), Direktorin der Galleria Nazionale d’Arte Moderna in Rom, stand ebenfalls in engem Kontakt zu Volbach; ­zwischen Frühjahr und Herbst 1944 vermerkt sie in ihrem Tagebuch drei Telefonate und sechs persön­liche Begegnungen (2. und 15.4., 28.5., 21.6., 10. und 17.8.1944), siehe Cantatore 1997a, passim. – Einen guten Überblick der Kontakte, Verbindungen und Beziehungen von (emigrierten) Wissenschaftlern im Umkreis des Vatikans in der Zeit von 1933 bis 1955 liefert Matheus, Heid 20015. 647 NARA, Interrogation Report on MOHNEN Wilhelm, 30.4.1945, S. 12. 648 NARA, A3380, Microfilm Copies of Reports from the Mediterranean and European Theaters of Operations Received from the Allied Military Government, 1943 – 1946, Record Group 239, Roll A3380_0002 (Old Roll 9), AMG 49, Typoskript, 3 Seiten (AMG 49 – 13 bis 49 – 15), nicht datiert, f.to [firmato = unterzeichnet] Emilio Lavagnino, hier S. 1 (im Folgenden: NARA, A3380, Promemoria Lavagnino). – Das Promemoria wurde kürz­lich ediert (im Anhang von Rinaldi 2010a, S. 127 – 129), wobei als Quelle ACS, Divisione 1, busta 125, Personale cessato al 1956, angegeben wird. Es gibt kleinere sprach­liche und orthographische Differenzen ­zwischen dem publizierten Dokument aus dem ACS und dem hier zugrunde gelegten maschinenschrift­lichen Bericht aus NARA, bei dem es sich entweder um eine Durchschrift oder um eine Abschrift vom Original handeln könnte, aber keine inhalt­lichen Differenzen.

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Germania, amico di Volbach“ zu treffen. Er habe sofort Volbach angerufen und sich für den Abend um 19 Uhr auf der Piazza di Spagna verabredet. Lavagnino habe Mohnen über den Stand hinsicht­lich Genazzano informiert („Metto il Sig. Mohnen al corrente della questione di Genazzano“) – die im dortigen Depot im Konvent von San Pio ausgelagerten Bestände des Museums im Palazzo Venezia waren von deutschen Truppen beschlagnahmt worden 649 –, doch Mohnen wusste davon nur das, was ihm Volbach erzählt hätte, und habe ergänzt, die Deutschen hätten nur die Dinge an sich genommen, die persön­licher Besitz Mussolinis ­seien („Mi dice che i tedeschi hanno preso soltanto le cose che appartengono personalmente a Mussolini“). Lavagnino habe dies bestritten („Io contesto la cosa“), worauf Mohnen – nun offenbar doch im Besitz genauerer Informationen – ihm mitteilte, in der Botschaft sei gesagt worden, dass alles im Einverständnis mit den italienischen Behörden durchgeführt werde („Lui mi dice che all’Ambasciata gli è stato detto che tutto è stato fatto d’accordo con le autorità italiane“). Auch dies habe Lavagnino bestritten, woraufhin Mohnen ihn für den nächsten Tag um 13 Uhr in die Botschaft in der Via Conte Rosso eingeladen habe, und bereits am Sonntag, 3. Oktober, habe man sich erneut getroffen, wobei Mohnen ihn informiert habe, dass auf deutscher Seite für Fragen des Kunstschutzes eigent­lich die Beauftragung von Friedrich Kriegbaum vorgesehen gewesen sei, dass aber wegen dessen Todes durch einen Luftangriff auf Florenz nun er, Mohnen, diese Aufgabe übernommen habe.650 Ohne hier auf weitere Details der zahlreichen Begegnungen und Besprechungen von Lavagnino und anderen italienischen Beamten mit Mohnen eingehen zu können: Zu beobachten ist auf italienischer Seite eine merkwürdige Mischung aus Naivität, Faszination, Vertrauen, Sorge und Skepsis, während man Mohnen attestieren muss, intuitiv und geschickt die unübersicht­liche Lage ausgenutzt zu haben. Ohne formellen Auftrag, ja vermut­lich völlig ohne Wissen von Kesselrings Stab war es ihm in kürzester Zeit gelungen, zu einem Ansprechpartner der italienischen Funktionäre für Fragen der Kunsttransporte zu werden. Als beispielhaft für Mohnens Vorgehen kann gelten, dass er Lavagnino mitteilte, jemand („qualcuno“), sicher­lich ein Italiener („certamente un italiano“), habe für 50.000 Lire die Lage der italienischen Museumsdepots im Land verraten – er also Lavagnino mit vermeint­lich

649 Vgl. Rinaldi 2010a, S. 107, die als Datum den 27.9. nennt, doch Lavagnino (NARA, A3380, Promemoria Lavagnino, S. 1 [AMG 49 – 13]) gibt an, die Beschlagnahme habe bereits „al dieci-­undici di settembre“ stattgefunden. 650 NARA, A3380, Promemoria Lavagnino, S. 1 (AMG 49 – 13) [vgl. Rinaldi 2010a, S. 127 – 128]: „Mi dice che l’incaricato di scegliere le opere d’arte nei ricoveri italiani è stato ucciso nella recente incursione su Firenze, poi saprò che si tratta del Prof. Krikbaum [sic] Direttore dell’Istituto Germanico di Firenze – e che lui, Mohnen, interpellato dal Ministro sul da farsi, come esperto d’arte, quando già si accingeva a parlargli per suo conto in seguito alle informazioni da me ricevuto, ha detto che non assume assolutamente la responsabilità di rimuovere oggi, nelle condizioni in cui erano le strade e le ferrovie, le opere d’arte dai rifugi.“

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geheimen Informationen köderte, aber auch bewusst Misstrauen säte.651 Meines Erachtens kann jedenfalls weder ausgeschlossen werden, dass Mohnen die Liste mit den Depots selbst gekauft hat, noch dass er die Geschichte frei erfunden hat, um Lavagnino zu beeindrucken. Gleichzeitig traf sich Mohnen seit Ende 1942 mit Himmlers Sonderbeauftragten Eugen Dollmann (1900 – 1985)652 und mit Herbert Kappler (1907 – 1978), Leiter des SD in Rom und seit 1942 Polizeiattaché: „On one of his visits to Kappler the latter asked him how well he knew Professor Volbach, and showed him the latter’s dossier containing evidence of his anti-­Nazi views which he had expressed in public. Subject [Mohnen] suggested that it would be worth while overlooking them, since Volbach had very useful Vatican contacts. Kappler agreed and Volbach was not arrested.“653

Andererseits wurde ausgerechnet der emigrierte Volbach selbst verdächtigt, ein Spion der Deutschen zu sein, wie die Direktorin der Galleria Nazionale d’Arte Moderna, Palma ­Bucarelli (1910 – 1998), am 12. Mai 1944 in ihrem Tagebuch vermerkte, aber ausschloss.654 Wie gut Mohnens perfide getarntes Doppelspiel – beim Einmarsch der Alliierten am 4. Juni 1944 versteckte er sich für einige Tage in der Wohnung des Schriftstellers und Journalisten G ­ ustav René Hocke (1908 – 1985) in der Via Gregoriana 655 – funktionierte, belegt eine Stelle in ­Volbachs Memoiren, die 1972 erschienen: 651 NARA, A3380, Promemoria Lavagnino, S. 2 (AMG 49 – 14); vgl. die Erwähnung bei Rinaldi 2010a, S. 128, noch zugespitzter bei Rinaldi 2011, S. 78: Die Dring­lichkeit für konzertierte italienische Aktionen sei umso höher als Lavagnino gewusst habe „che i tedeschi già conoscevano l’ubicazione dei ricoveri, poiché ne avevano acquistato l’elenco per 50.000 lire da un italiano“. 652 Der Kunsthistoriker und SS-Führer Dollmann ist meines Wissens bisher nicht ausführ­licher behandelt worden, obwohl er sehr häufig kurz erwähnt wird (etwa bei Plehwe 1980, passim). Die Gemeinsame Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek vermerkt: „Dt. Historiker, Dolmetscher in Rom“ sowie „Lebensdaten: ca. 20. Jh.“. Laut Steinacher 2008, S. 209, hat ­Dollmann 1926 in München promoviert (die geschichtswissenschaft­liche Dissertation Die Probleme der Reichspolitik in den Zeiten der Gegenreformation und die politischen Denkschriften des Lazarus von Schwendi erschien 1927), sei 1935 Leiter der Presseabteilung der NSDAP/AO in Italien und im November 1937 zum Oberst der Schutzstaffel – also SS-Standartenführer – befördert worden. Plehwe 1967, S. 14, vermerkt, SS -Sturmbannführer Dollmann sei „ständiger Berater“ des Botschafters (und SS-Gruppenführers) von Mackensen gewesen. Fast alle Publikationen von Dollmann liegen auch in italienischer Übersetzung vor; kürz­lich erschienen: Roma nazista 1937 – 1943 (Prefazione di Silvio Bertoldi), Milano 2002, und La calda estate del 1943 (Prefazione di Francesco Perfetti), Firenze 2012 (beide von mir nicht eingesehen). 653 NARA, Interrogation Report on MOHNEN Wilhelm, 30.4.1945, S. 9. 654 Cantatore 1997, S. 26: „Il povero Volbach è sospettato di essere spia; ma se fosse così i nazi gli darebbero di che vivere un po’ meglio; il poveretto non sa come tirare per mangiare.“ 655 NARA, Interrogation Report on MOHNEN Wilhelm, 30.4.1945, S. 13 (Bekanntschaft mit Hocke), S. 15 (Versteck bei Hocke). – Alvarez, Graham 1997, S. 42, erwähnen auch, dass Mohnen in der

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Unter den vielen Nazis der deutschen Botschaft fanden wir auch einen netten Mannheimer, beim Luftattaché beschäftigt. Der war uns ungemein behilf­lich, wenn es galt, Menschen zu retten, besonders Juden in den Klöstern unterzubringen. So stellte er sogar eines Tages den Wagen des Botschafters zur Verfügung für Ludwig Pollak, einen berühmten jüdischen Archäologen, um ihn in den Vatikan zu bringen. Da er an eine Gefahr nicht glauben wollte, wurde er später von der Gestapo gefangen und umgebracht.656

Völlig arglos schilderte Hocke in seinen Lebenserinnerungen, wie er Mohnen kennenlernte: Er sei „Gehilfe beim Luftwaffenattaché Herbert von Veltheim an der Deutschen Botschaft in Rom […] hieß Hans [sic] Mohnen, ein junger Industrieller aus Mannheim […].“657 In ihrer akribischen Rekonstruktion der Vita des aus Prag stammenden und seit 1893 in Rom lebenden jüdischen Archäologen, Kunsthistorikers und Kunsthändlers 658 Ludwig Pollak (1868 – 1943) und seiner Verhaftung am 16. Oktober 1943 zitiert Margarete Merkel Guldan auch einen Brief von Volbach von 1984, in dem er mitteilt, er hätte von der Gefahr, in der Pollak schwebte, schon früh an ­diesem Morgen von Wilhelm Mohnen [gehört], der mich anrief und mitteilte, dass er Kenntnis davon habe, an ­diesem Tag sei eine Razzia der Gestapo in und um den Palazzo Odescalchi angesetzt. Und da er wisse, dass ich mit Pollak befreundet sei, so bäte er mich, Pollak gleich aufzusuchen und zu bitten, in den Vatikan mit seiner Familie zu flüchten. Er habe ein Auto mit einem „zuverlässigen“ SS-Mann gefunden, das ihn und seine Familie in den Vatikan bringen würde. Er käme dann auch gleich zu Pollak.659

Toilettenspülung „of a friend“ (gemeint ist zweifelsfrei Hocke) zwei kleine Stifte für das Verfassen ‚unsichtbarer‘ Berichte versteckt habe („two match-­like sticks which were to be used for writing on paper previously swabbed by a cotton ball soaked in a special chemical“). 656 Volbach 1972, S. 29. – Zur Deportation römischer Juden gibt Knigge 2008b, S. 54 – 68, einen konzisen Überblick des Forschungsstandes. 657 Hocke 2004, S. 180. 658 Zu Pollak als Händler, siehe Cannata 2011, S. 22 – 23 (allein ­zwischen 1906 und 1914 habe er dem Liebieghaus in Frankfurt 51 Skulpturen verkauft), dort auch Verweis auf verschiedene jüngere italienische Veröffent­lichungen zu Pollak und zu Schenkungen der Schwester von Pollaks Witwe von „alcune opere provenienti dalle collezioni dell’archeologo salvate dalle razie naziste“ in den Jahren 1951 und 1958 – 1964. – Zu Verhandlungen mit Pollak seitens der Direzione Generale Antichità e Belle Arti (AABBAA) im Frühjahr 1935 siehe die Korrespondenz in ACS, AABBAA, Divisione II, 1934 – 40, busta 122, fascicolo 47/2 (mit 8 Fotos von 2 Gemälden und 6 Skulpturen, darunter eine Papstbüste eines späten Bernini-­Schülers und ein Porträt von Thorvaldsen): Soprintendenza Roma an Ministero dell’Educazione Nazionale, AABBAA, 12.4.1935, Bericht über Besichtigung angebotener Werke durch Michele De Tomasso und Emilio Lavagnino. 659 Merkel Guldan 1988, S. 306 – 307. – In den 1994 von Merkel Guldan edierten Memoiren ­Pollaks ­(Pollak 1994), an denen dieser mindestens bis September, vermut­lich aber bis kurz vor seiner

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In Pollaks Haus habe Volbach Mohnen dann bereits angetroffen, doch der 75-jährige Pollak habe die angebotene Fahrt abgelehnt. Am 18. Oktober 1943, so Merkel Guldan, sei Pollak aus Rom deportiert worden; ein Todesdatum sei nicht bekannt.660 Sehr vorsichtig und zurückhaltend vermutet Pollaks Biographin, dass „Mohnen damals schon eine Doppelrolle“ gespielt habe, da er sowohl von der geplanten Razzia wusste als auch die freundschaft­liche Beziehung ­zwischen Volbach und Pollak kannte, weswegen sein Rettungsplan für Pollak „vielleicht nicht selbstlos“ gewesen sei.661 Nur in Parenthese sei erwähnt, dass im Oktober 1943 nicht nur jüdische Privatsammlungen, sondern auch die Synagogen durchsucht und Objekte – insbesondere Bücher und Codices – nachweis­lich beschlagnahmt wurden.662 In jedem Fall hatte sich Mohnen schnell und nachhaltig in die römische Szene integriert: Volbach erzählte Palma Bucarelli am 10. August 1944 von der „Hilfe“ durch Mohnen (ohne näher auszuführen, worum es sich handelte),663 und im Oktober 1944 agierte Lavagnino sogar als Vermittler für Mohnen, als der deutsche Agent zwei Bilder, die er Anfang Mai 1944 ­ erhaftung und Deportation im Oktober 1943 arbeitete (Pollak 1994, S. 18 – 19), gibt es, soweit ich V sehe, keine Angaben, die den uns hier interessierenden Zusammenhang behandeln. 660 Merkel Guldan 1988, S. 309. 661 Merkel Guldan 1988, S. 307, Anm. 105. 662 ACS, Ministero dell’Interno, PS, II. Guerra Mondiale, A 5 G, busta 139, fascicolo 179, Schreiben der Regia Questura di Roma alla Segreteria Particolare dell’Ecc. il Capo della Polizia, Sede Nord, 25.2.1944: „Nella sede della communità israelitica di Roma, sita al Lungotevere de Cenci n. 15, esisteva una ricca collezione di codici. Nell’ottobre u. s. i germanici, a quanto affermano gli attuali custodi dell’edificio, coll’ausilio di un competente della Università di Berlino, professore di lingua ebraica, esaminarono uno per uno i tomi della raccolta, portando via quelli che ritennero di maggior pregio storico. Sta di fatto, che ora i libri antichi sono ben pochi nella bibliotheca. Quanto ai candelabri del tempio, essi sono al loro posto.“ In einem Schreiben vom 7.8.1961 nimmt Wolfgang Hagemann ausführ­lich Stellung zu einem Schreiben des Bundesministers des Innern vom 7.8.1961, „Betr.: Restitution im Kriege aus der römischen Synagoge geraubter hebräsicher Bibliotheken“ (DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 313 – dort auch die Anfrage des BMI mit der Datierung der Beschlagnahme auf den 11.10.1943 und der Angabe des Umfangs mit „zwei große Güterwagen“. – Von 2002 bis Ende 2008 versuchte eine internationale Historikerkommission „La Commissione per il recupero del patrimonio bibliografico della Comunità ebraica di Roma razziato nel 1943“ den Verbleib der Bibliothek festzustellen, kam aber zu keinem abschließenden Ergebnis, wie der Abschlussbericht von Februar 2009 festhält (siehe http://www.governo.it/Presidenza/USRI/confessioni/ doc/rapporto_finale_eng.pdf; über den aktuellen Sachstand der Recherchen berichtete Michael Frank: The Mystery of the Missing Jewish Books of Rome. Tracing the fate of 25,000 volumes lost to the Holocaust, in: Tablet, 3.11.2015 (http://www.tabletmag.com/jewish-­arts-­and-­culture/books/194543/ missing-­jewish-­books-­of-­rome; http://www.lootedart.com/RJ2KEK882121 [Zugriff am 1.11.2017]). 663 Cantatore 1997, S. 69 – 70, wobei der Name als „Moonen“ geschrieben wird; vgl. dort S. 106, Anm. 262: „Wilhelm Moonen, mercante ed esperto d’arte, era in Italia con l’esercito tedesco. Negli

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bei einer Fahrt von Paris nach Rom in Baden-­Baden gekauft hatte (darunter ein Breughel), für 700.000 Lire an einen römischen Kunsthändler verkaufte.664 Mit der „Andersen family who run a well-­known photograph shop in Piazza di Spagna […] and Lavagnino, the art expert who ran the exhibition of paintings in the Palazzo Venezia“, so das amerikanische Verhörprotokoll weiter, habe Mohnen sich auch im Winter 1944/45 häufig getroffen, die von Lavagnino kuratierte Ausstellung „several times in Dec 44 in company with Princess Ruffo and Professor Volbach“ besucht.665 Für Mohnen – der vielleicht auch mit jenem nicht nament­lich genannten „funzionario dell’Ambasciata Germanico presso la S. Sede“ identifiziert werden kann, dessen Teilnahme an einer Sitzung mit Pietro Romanelli (1889 – 1982), Guglielmo De Angelis d’Ossat (1907 – 1992), Tieschowitz, Konsul Moellhausen und „Dr. Haas“ am Abend des 10. November 1943 in einem tagebuchartigen Bericht belegt ist 666 – kann mithin die ungewöhn­liche Kombination von Geheimagent und Kunsthändler als gesichert gelten.667 Im Fall von Scheibert ist die Quellenlage zwar ungünstiger, doch kann auch in seinem Fall eine geheim- oder nachrichtendienst­ liche Dimension wegen seiner Tätigkeit im Reichssicherheitshauptamt nicht ausgeschlossen werden, handelte es sich doch bei Scheiberts direktem Vorgesetzten, SS-Obersturmbannführer Elling,668 um niemand anderes als den „ehemaligen Benediktiner-­Mönch Georg Elling, der in die deutsche Vatikanbotschaft in Rom ‚eingebaut‘ war“, um dort im Auftrag der Auslands-­ Spionage-­Abteilung des Reichssicherheitshauptamts Informationen zu sammeln.669 All dies anni precedenti Moonen aveva percorso l’Europa a caccia di capolavori per arrichire la collezione del gerarca nazista Hermann Goering.“ 664 NARA, Interrogation Report on MOHNEN Wilhelm, 30.4.1945, S. 16. 665 NARA, Interrogation Report on MOHNEN Wilhelm, 30.4.1945, S. 16. 666 Klinkhammer 2011, Anhang, S. 220; die Autorschaft dieser „resoconti giornalieri“ (S. 217 – 237) schreibt Klinkhammer mit plausiblen Gründen Argan zu. 667 NARA, M1947, Records Concerning the Central Collecting Points („Ardelia Hall Collection“): Wiesbaden Central Collecting Point, 1945 – 1952, Record Group (RG) 260, Roll 53, Activity Reports, Monthly Report: Office Of Military Government For Wurttemberg-­Baden, January 1947‒June 1947, Monthly Consolidated MFA & A Field Report, Captain Edith A. Standen, Stuttgart, 1.5.1947, S. 15: „31 drawings and paintings, mostly Dutch 17th century pieces, some of high quality, were shipped from Mannheim to the CCP Wiesbaden. They had been found in the possession of the wife of Wilhelm Mohnen, and taken into custody by Property Control. There is no evidence of where and when they were purchased, but, in view of Mohnen’s war-­time activities, it is very probable that they were obtained in France.“ 668 Abel 2007, S. 95, mit Verweis auf BA B, R 58/2693, Tagb.Nr. 390/44, 15.3.1944; siehe nun auch Abel 2016, S. 102. 669 Stehle 1989, S. 308. Zu Elling (Austritt aus der Katholischen K ­ irche 1931, Eintritt in NSDAP und SS 1933, spätestens seit 1935 im SD, dort Abteilungsleiter für „Kirchen und Sekten“; seit Frühjahr 1943 Bemühungen, ihn gegen den Willen des Botschafters Ernst von Weizsäcker als Kulturattaché an der deutschen Botschaft im Vatikan zu installieren, was das AA Anfang Dezember 1943 genehmigt), siehe auch Alvarez, Graham 1997, S. 127 – 135; Kaltefleiter, Oschwald 2006, S. 53, 81; Kaltefleiter 2007,

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wird in Scheiberts „B e r i c h t über den Schutz der Kunstwerke in Italien“ vom 25. Januar 1944 und seinem „Bericht über Kunstschutz in Rom und Umgebung Oktober 1943 – Februar 1944“ vom 23. Februar 1944 selbstredend nicht erwähnt.670 Brey vermutet daher wohl zu Recht, dass dem SS-Untersturmführer und Leutnant der Waffen-­SS Scheibert die alliierte Landung in Anzio und Nettuno nahe Rom am 22. Januar 1944 durchaus gelegen gewesen sein könnte: In der allgemeinen Sorge, wie man jetzt noch in aller Eile die Kunsttransporte in den Vatikan bewerkstelligen könne, sei es Scheibert leichter gefallen, Lavagnino von bohrenden Fragen nach dem Verbleib jener Gemäldekisten aus Monte Cassino abzulenken, die Anfang Januar von der Division „Hermann Göring“ nicht nach Rom gebracht worden waren.671 Weiter verkompliziert wird die Sachlage durch einen bislang unbekannten, nur in Übersetzung vorliegenden Brief des Ministers für nationale Erziehung, Carlo Alberto Biggini, vom 4. Februar 1944, dessen Adressat nicht genannt wird (die Anrede ist „Exzellenz“ – was auf den Botschafter schließen lassen könnte). Biggini schreibt dort: […] gestern morgen hat mich der Generalsekretär des Ministerium in Rom, Dr. Edoardo ­Scardamaglia, angerufen, um mir mitzuteilen, dass sich in seinem Büro Dr. Scheibert vorgestellt, der dem Militärkommando in Rom als Sachbearbeiter für unseren Kunstschutz zugeteilt ist. Dr. Scheibert machte Dr. Scardamaglia darauf aufmerksam, das zahlreiche Kunstwerke, die in letzter Zeit in die Umgebung Roms gebracht wurden, Gefahr liefen, infolge der Kämpfe verloren zu gehen, das das Ministerium keine Vorkehrungen für die Bezahlung der Transportspesen getroffen hatte und die beauftragten Firmen sich weigerten, die Arbeiten fortzusetzen. Dr. Scheibert bedauerte diese Sachlage und erklärte dem Generalsekretär des Ministeriums, dass er – falls nicht rechtzeitig die nötigen Vorkehrungen getroffen werden – die Hauptstadt sofort verlassen und dem Führer berichten werde. Dr. Scheibert hat dann nicht verheim­licht, dass er den Eindruck habe, die italienischen Regierungsbehörden interessierten sich nicht, wie dies früher der Fall war, für das Problem des Kunstschutzes. […] Sie wissen, Exzellenz, wie sehr uns das Problem des nationalen Kunstgutes am Herzen liegt und wie sehr die italienische Regierung die diesbezüg­lichen Bemühungen der Reichsbehörden schätzt. Vielleicht ist Ihnen aber nicht bekannt, dass ich Prof. Marino Lazzari am 16. Dezember pensionieren musste, der bis dahin mit der Leitung der General-­Direktion der Künste betraut war, da gegen ihn ein Verwaltungsverfahren eingeleitet wurde.

S. 43 – 47; Knigge 2008b, S. 23. – Zum „Fiasko“ der Arbeit sowohl des militärischen Geheimdienstes (Abwehr) als auch des politischen Auslandsgeheimdienstes des Amtes VI (SD-Ausland) des RSHA in Italien, siehe den instruktiven Aufsatz von Paehler 2003, die eine große Differenz von Anspruch und Realität bilanziert; ihre Dissertation soll unter dem Titel Making Intelligence Nazi: The SD, Foreign Intelligence, and Ideology erscheinen. 670 PA AA, R 61087. 671 Brey 2009, S. 30.

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[…] ich hoffe, dass Leutnant Scheibert mit dem Generalsekretär des Ministeriums – der einzig zuständige Beamte, der mich auf ­diesem Gebiet vertreten kann – wieder direkt in Verbindung tritt und so seine hohe Mission, deren Bedeutung die italienische Regierung wohl zu schätzen weiss, durchführen kann. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das oben Mitgeteilte dem Kommando in Rom zur Kenntnis bringen wollten.672

Scheiberts Behauptung, dass er „dem Führer berichten werde“, kann als strategische Finte gelten, um Druck auf die italienischen Behörden auszuüben, sich engagierter um den Schutz der Kulturgüter zu kümmern. Sie kann aber auch sch­licht als Wichtigmacherei angesehen werden, denn selbstverständ­lich hatte Scheibert keinerlei Mög­lichkeit, Hitler Bericht zu erstatten.673 Für Letzteres spräche, dass Scheiberts Agieren de facto in einer elementaren Umbruchsituation stattfindet, in der er eine Chance sah, sich angesichts unklarer Zuständigkeiten zu profilieren und von höchsten italienischen Stellen als Gesprächspartner ernst genommen zu werden. Eine andere Irritation wird in einem Tagesbericht vom 25. November 1943 (vermut­lich von Argan) vermerkt: Bei einem Treffen im Albergo Quirinale sei es auch um den Transport der ins Zisterzienserkloster Casamari (öst­lich von Rom) ausgelagerten Werke gegangen; Evers habe ihn informiert, wann die LKW zur Verfügung stünden. In d ­ iesem Moment habe Scheibert mitgeteilt, er sei im Besitz („in possesso“) einer vollständigen Liste der Werke, die sich dort im Depot befänden („un elenco completo delle opere che stavano a Casamari“), aber er wolle nicht sagen, wie die Liste in seinen Besitz gelangt sei („non vuol precisare come“) – was den Autor des Berichts umso mehr erstaunt, als eine ­solche Liste nicht einmal im Ministerium selbst vorhanden sei und er daher überhaupt nicht verstehe, wie Scheibert sie habe erhalten können. Auf direkte Nachfrage habe Scheibert dann jedoch zugesagt, ihm die Liste am nächsten Tag – so wört­lich – haben zu lassen („Glielo chiedo: Scheibert promette di farmelo avere domani“) –, wobei in der Folge nicht vermerkt wird, ob diese Übergabe erfolgt ist oder nicht.674 Welchen Reim soll man sich auf s­olche Interaktionen machen: Wieso erwähnt Scheibert überhaupt, dass er eine s­olche Aufstellung habe – will dann aber nicht angeben woher? Und wieso stellt er sie dann wiederum doch zur Verfügung?

672 Archiv KHI , Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Korrespondenz Dr. Langsdorff“, Biggini an ?, 4.2.1944, Übersetzung. Eine Abschrift auch in Archiv KHI , Varia II , Praktischer Kunstschutz. – Scardamaglia (1888 – 1959) war „Direttore Generale delle Accademie e Biblioteche“, siehe Paoli 2007, S. 39, 82. 673 Vgl. die Einschätzung von Abel 2016, S. 245: Sie diagnostiziert Scheiberts „Drang, aufzufallen, sein Handeln, stets in greifbarer Nähe des Übertreibens, des Schrillen, durchzieht seine gesamte Biographie.“ 674 Klinkhammer 2011, Anhang, Rechenschafts- bzw. Tagesbericht für den 25.11.1943: S. 229 – 231, hier S. 231.

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Vor d ­ iesem Hintergrund liegt es nahe, die Aktivitäten von Peter Scheibert – den ­ eichmann nach ihrem ersten Zusammentreffen am 28. Oktober 1943 mit wohl berechD tigter Skepsis als „eine Art Kunstschützer für Rom“675 bezeichnet hatte – zukünftig intensiver zu untersuchen.676 Esther Abel beurteilt ihn ausdrück­lich als „Kunst- und Kulturguträuber, doch hat er sich nicht persön­lich bereichert“.677 Ausgeschlossen werden kann derzeit jedenfalls auch nicht die Mög­lichkeit, dass Scheibert bei seinem Eintreffen in Rom einen relativ klaren Erkundungs- und evtl. auch „Sicherstellungs-“Auftrag hatte, dann aber durch die mehrere Monate währende Interaktion sowohl mit dem Militärischen Kunstschutz (erst vertreten durch Tieschowitz, dann durch Evers) als auch mit den italienischen Kustoden und Beamten eine Art Gesinnungswechsel vollzog. Dafür spräche eine auch sonst in den Quellen belegte Eigenwilligkeit und gewisse Aufmüpfigkeit gegenüber seinen Vorgesetzten (in d ­ iesem Fall dem RSHA )678 ebenso wie seine offenbar einvernehm­liche Begleitung zahlreicher Transporte, bei denen es nicht zu Zwischenfällen gekommen zu sein scheint.679 Doch die Belege, die gegen eine s­ olche Läuterungsthese sprechen, sind ebenfalls schwerwiegend, denn in einem Bericht von Evers vom 12. März 1944 heißt es ausdrück­lich: „Untersturmfuehrer Dr. Scheibert, vom S. D.; abgefahren von Rom nach Deutschland am 21. Februar.“680 Die Transporte gingen jedenfalls weiter, wobei Evers mindestens einmal bei 675 ADAIR, Sequesterakten 1943 – 1954, Kunstschutz in Rom und Italien, Lageberichte Institut Rom an ZD Berlin, 1943 – 1944, Deichmann (?) an [Direktor] Armin von Gerkan, 29.10.1943. – Sinngemäß gleichlautend auch die entsprechende Passage im Brief von Jan Crous an von Gerkan, 29.10.1943 (DAI Berlin, Ordner 10 – 30 [alt 10 – 31], Rom, Allgemeines, 14.1.1936 – 31.3.1948). 676 Vgl. NARA, M1944, Records of the American Commission for the Protection and Salvage of Artistic and Historical Monuments in War Areas (The Roberts Commission), 1943 – 1946, Record Group 239, Roll 0008, National Archives Catalog ID: 1518796, Reports, Lists, 1944 – 1946, Einzelseite aus den Unterlagen von Douglas Cooper (S. 151), mit Zusammenstellung von Informationen über Philipp von Hessen, Peter Scheibert, Siegfried Fuchs und Wilhelm Mohnen: „25.10.43 Scheibert remaining in Rome a few days longer in order to […] whereabouts of Italian art treasures […]. 12.11.43 Scheibert still in Rome but is to bring with him to Berlin a comprehensive catalogue of […] stocks evacuated to Northern Italy. 25.2.1944 Scheibert has secured new assignment to obtain works of art, and has arranged to become an employee at the Embassy.“ 677 Abel 2016, S. 245. 678 Vgl. Abel 2012, S. 92. 679 Rinaldi 2010a, S. 122 (unter Bezug auf einen Bericht von Italo Vannutelli, Verwalter des Palazzo Venezia, der die aus dem Latium zurückgeführten Depots betreute, vom 7.2.1944); Rinaldo 2010b, S. 100 (seit dem 18.11.1943 habe Scheibert „systematisch“ die Transporte im Latium begleitet [„scortati sistematicamente“]) und S. 104 (bei den Reisen von Lavagnino „era sempre presente Scheibert“); siehe auch Klinkhammer 2011, S. 212, Zusammenstellung der Transporte ­zwischen 15.1. und 8.3.1944. 680 Archiv KHI , Varia I, Kunstschutz Berichte, Evers, 12.3.1944: „B e r i c h t fuer Herrn Militaer-­ Verwaltungs-­Abteilungschef Dr. Langsdorff ueber die Taetigkeit der Abteilung ‚Kunst-, Bibliotheksund Archivschutz‘ in R o m / Berichtszeit 13. Januar bis 12. März 1944.“

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einer Fahrt auch von Hanns Hubertus Graf von Merveldt (1901 – 1969) begleitete wurde;681 die Arbeit war insofern nicht abgeschlossen. Einige Wochen später erkundigt sich Evers offenbar bewusst nicht bei der Botschaft, sondern beim SD, ob Scheibert nach Rom zurückkehren werde, doch: „Mit der Rueckkehr von Untersturmführer Dr. S­ cheibert ist, nach Auskunft des SD, nicht mehr zu rechnen.“682 Dies zumindest besagt, dass der SD offenbar nach wie vor über Scheiberts Aktivitäten informiert war. Schon in Evers’ allererstem Bericht vom 19. Dezember 1943 heißt es einerseits, Scheibert sei ihm „von der Dienststelle des Auswärtigen Amtes, und vom Sicherheitsdienst, […] als ausgezeichnete Hilfskraft zur Verfügung gestellt worden“, andererseits werde er – Evers – von Scheibert zwar „in anerkennenswerter Weise unterstützt, doch ist das Verhältnis nicht klar und wahrschein­lich nicht von Dauer.“683 Was genau „nicht klar“ sei, schreibt Evers nicht, und auch wenn all diese Details für sich 681 ASAAD, Ordner Copie Documenti Tedeschi (3), rote Mappe „Collezioni Kress Loeser Voigt Berenson Fedele“, Evers, 16.4.1944: „B e r i c h t fuer Herrn Militaer-­Verwaltungs-­Abteilungschef Dr. Langsdorff ueber die Taetigkeit der Abteilung ‚Kunst-, Bibliotheks- und Archivschutz‘ in R o m / Berichtszeit 13.3. bis 15.4.44.“ (auch vorhanden in Archiv KHI, Varia III, Berichte Evers; im Folgenden zitiert als: „ASAAD , Ordner (3), Mappe „Collezioni“, Bericht Evers 16.4.1944“). – In d ­ iesem Bericht (aber auch in Evers’ „B e r i c h t fuer Herrn Militaer-­Verwaltungs-­Abteilungschef Dr. Langsdorff ueber die Taetigkeit der Abteilung ‚Kunst-, Bibliotheks- und Archivschutz‘ in R o m / Berichtszeit 13. Januar bis 12. März 1944“ vom 12.3.1944 [Archiv KHI, Varia I, Kunstschutz Berichte; dort auch in Varia III, Berichte Evers]) nennt Evers als seinen „Vertreter innerhalb des Verwaltungsstabes der Aussenstelle Rom: Graf von Merveldt“ – wobei es sich um den Maler Hanns Hubertus Graf von Merveldt handeln dürfte, der sich im Mai 1933 in der Villa Massimo mit seinem Mitstipendiaten Felix Nussbaum eine Schlägerei lieferte, nach der beide die Akademie vorzeitig verlassen mussten. In der von Werner Haftmann mitkuratierten Merveldt-­Ausstellung heißt es: „1941 – 45 Kriegsdienst in der Luftwaffe (Russland, Waffenstillstandskommission Marokko, Holland)“ (Haftmann 1971, S. 15). Nicht eingesehen habe ich das Typoskript von Eka Gräfin von Merveldt: Eine Lanze für den Maler Merveldt (zur Affaire Merveldt-­Nussbaum in der Villa Massimo 1932) in seinem Nachlass im Archiv Lembeck im Haus Lembeck in Dorsten-­Lembeck. Auf die in der Exil- und Nussbaum-­ Literatur häufig thematisierte Auseinandersetzung – wobei die Frage nach einer antisemitischen Dimension des Streits unterschied­lich bewertet wird – kann hier nicht weiter eingegangen werden; Jobst Knigge arbeitet hierzu an einer Studie. – In CIR, 236, Maggio 1944, Evers an Langsdorff, 5.5.1944, wird Merveldts Funktion noch genauer bezeichnet als „Abteilungsleiter der Abt. Allg. Verwaltung“ beim Chef der Militärverwaltung in Rom. – Am 8.3.1944 begleitete Merveldt Evers bei einer Fahrt nach Assisi und bei der Besichtigung des Franziskanerklosters (Archiv KHI, Varia I, Kunstschutz Berichte, Bericht Evers vom 9.3.1944; ein weiteres Exemplar ­dieses Typoskripts in PA AA, Rom Vatikan, 998). – In einem Brief von Tieschowitz an Evers vom 2.8.1944 (FA Evers, e11_brief-­tieschowitz02aug44) heißt es: „Über den dramatischen Aufbruch des Stabes aus Rom hatte ich inzwischen eingehende Schilderungen von Merveldt, der jetzt in Lyon sitzt […].“ 682 ASAAD, Ordner (3), Mappe „Collezioni“, Bericht Evers 16.4.1944. 683 Archiv KHI, Varia III, Berichte Evers, Evers: „Bericht für Herrn Militär-­Verwaltungs-­Chef Dr. Canstein [sic] über die Tätigkeit des Referates Kunstschutz.“, Florenz, den 19.12.1943, Typoskript, 5 Seiten, hier S. 1 und 4.

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genommen belanglos wirken, sind sie in der Summe doch geeignet, die Skepsis gegenüber Scheibert zu nähren. Ein weiterer Widerspruch besteht darin, dass im großen tabellenartigen Chrono- und Organigramm des Kunstschutzes (Abb. 18 und 19), das nach Kriegsende wohl im Rahmen der Verhöre der MFAA angefertigt wurde, zu seiner Person ledig­lich vermerkt ist „Leutn. Scheibert (vom auswärt. Amt, Rom)“, im Februar 1944 „Zurück nach Deutschland“684 – dass also Evers, Heydenreich und Siebenhüner von Scheiberts Arbeit nach Februar 1944 gar keine Kenntnis mehr hatten. Eine eindeutige Bewertung ist daher nicht mög­lich – denn obwohl Scheiberts Abschlussberichte vom 25. Januar und vom 23. Februar 1944 vollständig der Perspektive des Militärischen Kunstschutzes entsprechen (und vom Wortlaut her auch von Evers oder Heydenreich hätten verfasst worden sein können 685), kam es Scheibert offenbar nach Ende des Krieges zunächst nicht in den Sinn, sie als Entlastungsmaterial anzuführen, und einzig Lavagnino äußerte sich im Oktober 1947 anerkennend über Scheiberts Arbeit.686 Länger als von Abel angenommen war Scheibert nach seiner Rückkehr in das Auswärtige Amt in Berlin auch mit der propagandistischen Aufbereitung der Kunstschutzaktivitäten betraut.687 Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass Scheibert dabei, zumindest in der 684 CIR, 238, Mappe „LV“, Tabelle „Personenbestand der Abt. ‚Kunst-, Bibliotheks- und Archivschutz‘“, nicht gezeichnet, nicht datiert, mit gestempelter Blattzahl „456“. 685 PA AA, R 61087; die Übereinstimungen betreffen auch Nebenbemerkungen wie die Formulierung im Bericht vom 23.2.1944, S. 4, dass in kleineren Orten nach Luftangriffen „oft kostbare Kirchenschätze ohne genügenden Schutz zurück[bleiben], die dem Zugriff von Dieben und im Weiteren auch von Angloamerikanern ausgesetzt sind“, oder seine Schlussbemerkung auf S. 5, die auch von Evers stammen könnte: „Auch die Kunstschutzbeauftragten müssten wenigstens einen Topolino haben, denn effektive Arbeit ist ohne die Mög­lichkeit freier Beweg­lichkeit zu dauernder Kontrolle unmög­lich.“ Siehe ebenda auch Scheiberts k­ urzen Bericht „Betrifft: Kunsttransporte“ vom 2.2.1944 (Typoskript, 1 Seite), adressiert an Konsul Moellhausen, mit Vermerk „(Original an A. A.)“, in dem er zum „durch englische Bomben zerstörten“ Etruskischen Museum in Tarquinia festhält: „Es sind Aufnahmen von den zerstörten Gebäudeteilen und Museumsräumen gemacht worden, die sich mög­licherweise zu propagandistischer Verwertung eignen.“ 686 NdsHStA, Nds. 171 Hannover 19132. 687 Abel 2012, S. 98, schreibt mit Verweis auf das Handbuch AA/4 und eine „schrift­liche Mitteilung aus dem Politischen Archiv des Auswärtigen Amts“: „Nach dem Einsatz in Italien kehrte Scheibert im April 1944 ins AA zurück, wo er kurz in der Kulturpolitischen Abteilung eingesetzt war, bevor er in Ungarn tätig wurde.“ So „kurz“ war Scheibert aber nicht im AA: Zwar heißt es zunächst (PA AA, R 61444a, AA an Professor Dr. [Carl] Blümel, 25.4.1944): „Das Auswärtige Amt sammelt zur Zeit Materialien über die Leistungen des deutschen Kunstschutzes in den besetzten Gebieten. Herr Generaldirektor Prof. Kümmel nannte uns Ihren Namen; wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie uns über Ihre Tätigkeit im Kunstschutz einige Daten zur Verfügung stellen könnten. Es darf gebeten werden, unter obiger Nummer Herrn Dr. Scheibert hierselbst anzurufen.“

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18  Chronogramm der Abt. „Kunst-, Bibliotheks- und Archivschutz“ [Mai 1945 oder später], Commissione Interministeriale per il Recupero d‘Opere d’Arte (CIR, „Archivo Siviero“), 238.

19  Grafische Darstellung von Abb. 18.

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­ orbereitungsphase, den Band Der Kampf des deutschen Kunstschutzes um die Erhaltung V europäischer Kulturwerte. Maßnahmen gegen den angelsächsischen Bombenterror, den der Direktor des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg, Heinrich Kohlhaussen,688 verfasste, redaktionell betreute (Abb. 20).689

– doch auch im Juni und Juli 1944 wird Scheibert als zuständiger Sachbearbeiter für eine geplante Broschüre genannt, siehe ebenda Entwürfe für Telegramme, gezeichnet Six, an Rosemann, Kraiker, Reiswitz, alle drei vom 5.6.1944, sowie einen Durchdruck von Scheibert an REM, gez. Six, 10.6.1944: Das Schreiben informiert über den Plan, vom Direktor des Germanischen Nationalmuseums, Heinrich Kohlhaussen, eine „Entgegnung auf eine grossangelegte amerikanische Propagandaaktion“ verfassen zu lassen, und bittet um ein Exemplar des im REM „erstellten Verzeichnisses der im Reich zerstörten Kunstwerke“. Am 11.7.1944 heißt es bei dem Erinnerungsschreiben an das REM in einem Randvermerk (PA AA, R 61444a): „Wv. [Wiedervorlage] nach 1 Woche bei Dr. Scheibert“, und noch im August paraphiert Scheibert mit Datum „10/8“ den Eingang des Berichts von Wilhelm Kraiker aus Athen. Es kann frei­lich nicht ausgeschlossen werden, dass Scheibert zu d ­ iesem Zeitpunkt bereits in Budapest arbeitete und nur kurz nach Berlin zurückgekehrt war. Dafür spricht ein Bericht über ein persön­liches Gespräch von Hauptmann Hermann Zobel (1893‒?) mit Scheibert (Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, „Betrifft: Rücksprache beim Auswärtigen Amt, Abteilung Kultur, in Berlin, Kurfürstenstrasse 136, am 10. Juli 1944“, 15.7.1944), in dem zugleich der Plan des AA bestätigt wird, „ein umfassendes Werk über die Kunst nicht nur in Italien, sondern auch in den anderen europäischen Ländern“ herauszugeben. Sachbearbeiter im AA für den mit der Durchführung beauftragten Kohlhaussen sei Scheibert, der jedoch „in den nächsten Tagen nach Budapest versetzt wird“. Es sei daher zweckmäßig, so Zobel weiter, dass Langsdorff mit Scheiberts Nachfolger Rücksprache nehme: „Dies hätte auch den Vorteil, dass andere das Auswärtige Amt interessierende Fragen besprochen werden können, unter anderem die Zusammensetzung einer Kommission von Kunstsachverständigen und deren Aufgabe. Diese Kommission soll von dem Generaldirektor der Berliner Museen, Prof. Kümmel, geleitet werden. Es ist beabsichtigt, ein Korrespondenzblatt herauszugeben, welches u. a. ausgetauschte Fragen enthält. Von Prof. Gehrig ist eine Broschüre ‚Bomben auf die Europäische Kultur‘ herausgegeben worden. Die zweite Auflage wird in Kürze durch Dr. Scheibert herausgebracht. Das A. A. beabsichtigt weiter eine Postkartenserie betr. Kulturwerke vor und nach ihrer Zerstörung anfertigen zu lassen, ­welche im Ausland verkauft werden soll.“ 688 Der Name des Autors im Innentitel von Kohlhaussen 1944 ist mit einfachem „s“ (Kohlhausen) geschrieben (und daher auch so von mir zitiert, siehe Fuhrmeister 2012a, S. 24 [Bildunterschrift] und 25); dies ist zu korrigieren, da der Name mit zwei „ss“ bzw. „ß“ geschrieben, siehe die Kurzbiographien von Matthias Mende zu „Kohlhaußen, Heinrich“, in: NDB, Bd. 12, 1979, S. 428 (http:// www.deutsche-­biographie.de/pnd116307366.html [Zugriff am 1.11.2017]) sowie Fork in Metzler 1999, S. 217 – 219. – Der Nachlass von Kohlhaussen im Archiv des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg enthält nach Auskunft von Matthias Nuding keine Unterlagen zur Publikation. 689 Als Terminus post quem der Bildbroschüre, der 17 Seiten Text beigegeben sind, hat die Nennung eines Luftangriffs auf Trier am „14. August des Jahres“ zu gelten (Kohlhaussen 1944, S. 18); allerdings ist in einer Bildunterschrift (die Tafeln sind nicht gezählt) zu Nürnberg auch vom „Zustand nach Terrorangriff Herbst 1944“ die Rede.

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20  Heinrich Kohlhaussen, Der Kampf des deutschen Kunstschutzes um die Erhaltung europäischer Kulturwerte. Maßnahmen gegen den angelsäch­ sischen Bombenterror, Prag 1944 (Bibliothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte, XI 20/15 R).

Ein Resümee des Herbstes 1943 in Rom ergibt zwangsläufig ein heterogenes und disparates Bild. Blickt man allein auf die deutschen Akteure – vom gescheiterten Versuch des ERR bis zu Wolfgang Hagemann, Julius Schlegel, Maximilian Becker, Eitel-­Friedrich Moellhausen, den DAI-Mitarbeitern Jan Willem Crous, Friedrich Wilhelm Deichmann und Heinrich ­Fuhrmann bis zu Peter Scheibert und Wilhelm Mohnen –, so lassen sich weder Intentionen noch Aktivitäten unter dem Nenner einer systematischen und konzertierten nationalsozialistischen Raubaktion subsumieren.690 Charakteristisch erscheint vielmehr eine generelle Unklarheit

690 So schon Klinkhammer 1992, S. 493, der zur Genese dieser Deutung nicht nur auf die Einleitung zu Siviero 1984, S. 9, verweist, sondern auch auf ein Schreiben des Unterrichtsministers des Regno del Sud, Guido De Ruggiero (1888 – 1944; zur Person, siehe ausführ­lich De Felice 1991) vom 24.11.1944 in ASMAE, Affari Politici 1931 – 1945, Italia, Band 99, Faszikel 9.

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über Zuständigkeiten sowie eine große Zahl von isolierten, aber zumindest teilweise parallel verlaufenden bilateralen Kommunikations- und Interaktionsversuchen.

5.3 Einrichtung und Aufbau des Militärischen Kunstschutzes in Rom Von ­diesem Tohuwabohu merkwürdiger Geschäfte und Allianzen, von dieser intensiven geheimdienst­lichen Tätigkeit auch der beiden deutschen Botschaften, von den konkurrierenden Interessen und Ambitionen 691 dürfte Kriegsverwaltungsrat (was dem militärischen Rang eines Hauptmanns entsprach 692) Bernhard von Tieschowitz keine Vorstellung gehabt haben, als er am 31. Oktober 1943 in Rom eintraf. Auch wird ihm kaum bekannt gewesen sein, dass „die deutsche militärische Organisation in Italien im September und Oktober 1943 […] reich­lich kompliziert“ war, wie Wolfgang Hagemann später notieren sollte.693 691 Vgl. zu dieser prinzipiellen Disposition etwa auch Rudolph 2003, S. 224, der zur Arbeit des RSHA-Amtes VII „Weltanschau­liche Forschung und Auswertung“ festhält: „Während des K ­ rieges war der Interessenausgleich mit dem Auswärtigen Amt (Sonderkommando Künsberg), dem Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, den Archiv- und Bibliotheksverwaltungen der Länder, des Reichs und in den besetzten Gebieten sowie der Wehrmacht (Kunstschutzoffiziere, OKW/Amt Abwehr) mühsam.“ 692 So Breyer 2003, S. 28; laut Thomas 1999, S. 20, entsprach der Dienstgrad Kriegsverwaltungsrat bei einem Alter von unter 35 Jahren einem Hauptmann, darüber einem Major; der Dienstgrad Oberkriegsverwaltungsrat bzw. Kriegsverwaltungsoberrat der Militärverwaltung entsprach einem Oberstleutnant. – Laut PA AA, Personalakte Nr. 58610 (Tieschowitz), teilweise foliiert, hier Bl. 33, Provinzialkonservator der Rheinprovinz an Oberpräsident der Rheinprovinz, 14.10.1939, war ­Metternich „seit Begründung“ Mitglied des „NS Deutschen Reichskriegerbundes“ [womit wohl kaum der 1938 aus dem Deutschen Reichskriegerbund „Kyffhäuser“ hervorgegangene NS-Reichskriegerbund gemeint ist, sondern eben der 1922 gegründete Kyffhäuserbund, der seinerseits aus dem 1900 gegründeten „Kyffhäuser-­Bund der deutschen Landes-­Kriegerverbände“ hervorging – 1922 war Metternich 29 Jahre alt], Tieschowitz dort seit 1937 Zugführer. – In einem Fragebogen (ebenda, nicht foliiert), den Tieschowitz offenbar im Vorfeld seiner Verbeamtung (zum 1.10.1944 als Direktorialassistent beim Provinzialkonservator der Rheinprovinz in Bonn) am 9.9.1944 ausfüllte, gibt er an, „Parteianwärter seit 1939“ zu sein, ferner seit 1937 im Soldatenbund und im Reichskolonialbund sowie, ohne Jahresangabe, im Reichsbund der Deutschen Beamten. 693 DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 308, Wolfgang Hagemann: „Bericht über die Organisation und Tätigkeit der mit Kunst- und Archivschutz während des Krieges in Italien beauftragten deutschen Dienststellen“, Typoskript, 17 Seiten, ohne Datum (wie aus einem Brief – DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 313, Hagemann an Heydenreich, 22.9.1959 – hervorgeht, hatte Hagemann den Bericht „Ende 1945 als allgemeine Zusammenstellung der darin beruehrten Fragen […] als eine Art Promemoria ausgearbeitet“), S. 2. Hagemann bezieht sich auf die Kommandogewalten der Heeresgruppe B unter Rommel in Norditalien und der Truppen in Mittel- und Süditalien unter dem Oberbefehlshaber Süd Kesselring, „während die Marine- und Luftstreitkräfte mehr oder weniger selbständig waren“, bis auch sie „längs der Küsten und an der Südfront“ im November 1943 der Befehlsgewalt der

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Zur Komplexität der Situation trug sicher­lich bei, dass Minister Biggini in Padua am 12. Oktober angeordnet hatte, dass sämt­liche Kunstwerke in mittelitalienischen Auslagerungsdepots sofort nach Norditalien transportiert werden sollten 694 – eine Anweisung, der nur wenige Soprintendenti Folge leisten sollten. Ranieri präzisiert dies dahingehend, dass die formell der Regierung in Padua unterstellten Inspektoren unter der Leitung Lavagninos wie Argan, Guglielmo De Angelis d’Ossat 695 und Pietro Romanelli „aus verschiedenen Gründen – einschließ­lich eines generellen Misstrauens gegenüber ihren ausländischen Beratern und anscheinend sogar gegenüber ihren eigenen Kollegen – oftmals auf eigene Faust“696 gehandelt hätten. Es ist nicht bekannt, inwiefern Tieschowitz s­ olche Interna bekannt waren und inwieweit er und Evers davon Kenntnis erhielten. Grundsätz­lich ist die politische Heterogenität innerhalb der Soprintendenti und Ispettore bislang kaum diskutiert worden; eine Bezugnahme auf unterschied­liche Affinitäten und Affiliationen von Seiten des Kunstschutzes ist jedenfalls nicht bekannt – wohl aber, ein Jahr später, von Seiten der MFAA im Fall von Piero Sanpaolesi (1904 – 1980), der für Pisa, Apuania, Lucca und Livorno zuständig war.697

Generalfeldmarschalls Kesselring unterstellt worden s­eien. „In allen anderen Gebieten Italiens wurde eine deutsche Militärverwaltung geschaffen, die an sich weitgehende Vollmacht hatte, aber in allen Fragen von Wichtigkeit für die Front und für die kämpfende Truppe an die Richtlinien Kesselrings gebunden war, ohne ­diesem formell unterstellt zu sein.“ Hagemann fährt fort (S. 3): „Diese komplizierte Organisation der militärischen Befehlsverhältnisse in Italien erklärt auch viele Schwierigkeiten bei der Lösung der Kunstschutzfragen und verhinderte die Schaffung eines einheit­ lichen zentralen Organs für den Kunstschutz.“ – Eine italienische Übersetzung von Hagemanns Bericht mit der Angabe „s. l. [sine loco, ohne Ort], 9 aprile 1946“ im ACS, fasc. 8912.152, wurde von Gencarelli 1979, S. 129 – 139, publiziert. – Vgl. auch CIR, 238, Mappe „LV“, „Bericht über den Anteil der Heeresgruppe C an der Bergung und Sicherstellung italienischen Kunstgutes“, Typoskript, 20 Seiten, mit zwei verschiedenen handschrift­lichen Zusätzen auf S. 1 über dem Titel, links „post-­dated 15/VI/45“, rechts „Bericht von Sdf. (K) Hagemann“. – Ohne diese Zusätze ist der Bericht auch vorhanden in DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 308. – In einem Brief an Heydenreich vom 22.9.1959 (in DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 313) präzisiert Hagemann, dass der „Bericht über den Anteil …“ von ihm „in der ersten Maihaelfte 1945 in Bozen zusammengestellt und in der zweiten Maihaelfte im Gefangenenlager in Ghedi (Norditalien, bei Brescia) den Alliierten als Basis fuer ihre Erhebungen uebergeben“ worden sei. 694 Rinaldi 2010a, S. 107. 695 Vgl. De Angelis d’Ossat 2011; dort S. 56 knappe Angaben zu seiner Gegnerschaft zur RSI „per ragioni politiche“. 696 Ranieri 2012, S. 39. 697 Lamberini 2006, S. 139, Anm. 22, zitiert einen als vertrau­lich gekennzeichneten Brief von Deane Keller an das Hauptquartier der 5. Armee vom 30.11.1944, der die „Fascist past“ von Sanpaolesi kritisiert, die u. a. verhindere, dass er mit dem Genio Civile in Pisa zusammenarbeite, weswegen seine Ablösung vorgeschlagen werde.

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Spätestens seit dem 5. August 1943 galt Tieschowitz, der „behelfsmäßig“ Italienisch sprach, jedenfalls als „Verbindungsoffizier zum italienischen Kunstschutz“.698 Am 19. Oktober 1943, so Tieschowitz, habe er von MVChef Dr. Medicus den „fernmünd­lichen Befehl“ (und am 20. Oktober 1943 vom OKH in Paris die Anweisung 699) erhalten, sich „unverzüg­lich nach Italien zu begeben“700 und dem Bevollmächtigten General der Deutschen Wehrmacht in Italien zur Verfügung zu stellen, um die faschistische Regierung in ihren Bemühungen zu unterstützen, italienische Architektur, Denkmäler und Kunstwerke zu schützen. Im Bericht vom 19. November 1943 gibt Tieschowitz an, er sei am 28. Oktober in Riva (del Garda) im Hauptquartier des Bevollmächtigten Generals eingetroffen, doch da der Chef der Militärverwaltung (Wilhelm Gustav Ermert 701) in Rom gewesen sei, wäre er dorthin weitergefahren, am 31. Oktober in Rom angekommen 702 und auf dessen Anweisung auch dort geblieben. Im Bericht von Ende Februar 1944 schildert Tieschowitz den Hergang ähn­lich, aber anders: Er habe sich in Riva am 28. Oktober „sofort zum Verwaltungsstab des Oberbefehlshabers Südwest nach Rom kommandieren [lassen], weil nur dort die Grundlagen für die

698 PA AA, Personalakte Nr. 58610 (Tieschowitz), teilweise foliiert, hier Bl. 38 VS und RS, Der Militärbefehlshaber in Frankreich – Chef der Militärverwaltung –: B e u r t e i l u n g (für Mil. Verw. Beamte), Paris, 5.8.1943. 699 NARA, A3380, Microfilm Copies of Reports from the Mediterranean and European Theaters of Operations Received from the Allied Military Government, 1943 – 1946, Record Group 239, Roll A3380_0002 (Old Roll 9), AMG 49, Typoskript, 4 Seiten (AMG 49 – 16 bis 49 – 19), Übersetzung eines Berichts von Tieschowitz an Rahn vom 19.11.1943 ins Englische, hier S. 1 (im Folgenden: NARA, A3380, Tieschowitz an Rahn, 19.11.1943). – Die kausale Verknüpfung von Rinaldi 2010a, S. 108 („Il 31 ottobre ’43 giunse poi a Roma il barone Bernard von Tieschowitz che a Parigi dirigeva il servizio di protezione delle opere d’arte (Kunstschutz) ancora mancante in Italia, a causa della repentina morte del direttore del Kunsthistorisches Institut di Firenze, prof. Friedrich Kriegbaum, durante un bombardamento aereo“), derzufolge es in Italien wegen des Todes von Kriegbaum keinen Kunstschutz gegeben habe, ist unzutreffend. 700 Wesent­lich ausführ­licher (6 Seiten) und anders akzentuiert als der in der vorstehenden Anmerkung genannte Bericht vom 19.11.1943 ist Tieschowitz’ „Zusammenfassender Bericht über die Einrichtung des Kunstschutzes in Italien (unter Benutzung bereits vorgelegter Einzelberichte)“, datiert „Paris, Ende Februar 1944“, im Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, aus dem diese Formulierung zitiert wird. 701 Die Lebensdaten von Ermert, der schon in Paris Chef der Militärverwaltung gewesen war, sind auch den Redakteuren der umfangreichen und sehr verdienstvollen digitalen Aktenedition Frankreich im Zweiten Weltkrieg. Edition der Lageberichte des Militärbefehlshabers Frankreich und der Synthesen der Berichte der französischen Präfekten, 1940 – 1944 (http://www.ihtp.cnrs.fr/prefets/) unbekannt geblieben, siehe die Erläuterung in http://www.ihtp.cnrs.fr/prefets/fr/content/erlebnis-­mbf#_ftn44zum Erlebnisbericht über den Rückmarsch des Stabes des Chefs der Militärverwaltung aus Frankreich [Zugriff am 1.11.2017]. 702 So auch Rinaldi 2010a, S. 108.

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Ausübung des Kunstschutzes gelegt und die aufgrund der militärischen Lage erforder­lichen Sofortmaßnahmen ergriffen werden konnten.“703 Noch am Tage seiner Ankunft in Rom, am 31. Oktober, traf sich Tieschowitz mit dem Archäologen und Philologen Bartolomeo Nogara (1868 – 1954),704 der seit 1920 als Direktor der Vatikanischen Museen amtierte. Bis Ende Oktober, so Tieschowitz rückblickend, sei in Italien bis dahin ein improvisierter Kunstschutz von Fall zu Fall schon von folgenden Stellen ausgeübt worden: Division Goering […]. Bevollmächtigter des Grossdeutschen Reiches in Italien, Botschafter Rahn, und dessen Vertreter in Rom, Konsul Möllhausen, in Verbindung mit SS-Untersturmführer Dr. Scheibert. Deutsche Botschaft beim Heiligen Stuhl, Botschafter von Weizsäcker. Deutsches Kunsthistorisches Institut in Rom [sic]. Deutsches Archäologisches Institut in Rom.705

Er habe sogleich Kontakt mit Konsul Moellhausen aufgenommen, der bereits mit Hilfe von „Dr. Haas and of the art-­historian SS deputy Stormtrooper Dr. Scheibert supplied by the Secret Police“706 entsprechende Schritte eingeleitet hätte (wobei es sich bei Scheibert nicht um eine Zugehörigkeit zur Geheimen Staatspolizei, sondern zum SD der SS gehandelt hat). Angemerkt sei an dieser Stelle, dass auch Leo Bruhns in der Frage des Transports der Bibliothek des KWI für Kunstwissenschaft nicht nur die Hilfe von Konsul Moellhausen, sondern auch die der „Dienststelle des SD der SS“ in Anspruch genommen hat.707 Am 12. November habe Tieschowitz Feldmarschall Kesselring „persön­lich Vortrag über die Aufgaben des Kunstschutzes“ gehalten, am 25. November 703 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Tieschowitz: „Zusammenfassender Bericht […]“, Ende Februar 1944, S. 1. 704 Rinaldi 2010b, S. 99. 705 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Tieschowitz: „Zusammenfassender Bericht […]“, Ende Februar 1944, S. 2. 706 NARA , A3380, Tieschowitz an Rahn, 19.11.1943, S. 1 – 2 (AMG 49 – 16 bis AMG 49 – 17). – Um ­welchen „Dr. Haas“ es sich handelt, konnte nicht festgestellt werden: Im Dienst des AA standen gemäß Handbuch AA/2 fünf Mitarbeiter mit dem Nachnamen „Haas“, doch drei von ihnen starben 1931 oder früher, und für Heinrich de Haas und Wilhelm Haas ist kein Einsatz in Italien verzeichnet. Haase 2008, S. 69, spricht – wie immer ohne Nachweis – von Moellhausens „Assistentin Dr. Haas“. – Warum Moellhausen in der Schilderung seiner Jahre in Italien außer einer kursorischen Erwähnung von Florenz als offener Stadt (Moellhausen 1949, S. 276) nicht eine Silbe über sein Engagement im Kunst- und Kulturgüterschutz verliert, ist nicht bekannt. 707 AMPG , Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1718, Bruhns an Telschow, 28.12.1943, 1 Bl. VS + RS , 1 Bl. VS (= 3 Seiten), hier S. 1: „Auch die hiesige Dienststelle des SD der SS hat uns ein paar Mal geholfen durch Übermittlung von telegrafischen Befehlen usw.“

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den Vertretern der italienischen und neutralen ausländischen Presse in Rom einen ausführ­lichen Vortrag über die Organisation des deutschen militärischen Kunstschutzes […]. Der Kunstschutzbeauftragte in Italien wird auch weiterhin die wichtige propagandistische Seite seiner Tätigkeit in Verbindung mit den zuständigen deutschen Stellen pflegen.708

Das Argument von Lynn H. Nicholas, die Deutschen hätten zwar „Erfahrung im Einsetzen von Besatzungsverwaltungen“, doch ihre „besondere Kunstschutz-­Organisation“ im Herbst 1943 in Italien sei „unerfahren“ gewesen, weil sie „in den öst­lichen Kampfgebieten nichts verschont und während des ­kurzen Angriffs im Westen kaum Gelegenheit [gehabt habe], ihre Gefechtsmethoden zu verfeinern“ und daher „nicht gerade gefechtserprobt“ gewesen sei,709 ist aus mehreren Gründen nicht stichhaltig: Es gab im Osten keinen institutionalisierten Kunstschutz des OKH ; der Kunstschutz kann nicht auf die unmittelbare Angriffs- und Vormarschphase eines Landkriegs reduziert werden; in einem hochtechnisierten Luftkrieg (gleichgültig, ob carpet bombing oder Präzisionsabwurf ) findet Zerstörung von Kulturgut auch in großer Entfernung zur Front statt; gerade in Frankreich dürften umfangreiche Erfahrungen gesammelt worden sein. Folgt man einem kurz nach Einmarsch der Alliierten in Rom verfassten Bericht von Argan und Romanelli, so hätte die Generaldirektion der Schönen Künste nach dem 8. September 1943 nach Wegen gesucht, in Kontakt mit den deutschen Behörden zu treten, und es soll bereits ein Einverständnis erzielt worden sein, dass diese Zusammenarbeit von deutscher Seite durch Friedrich Kriegbaum organisiert werden würde, doch dieser sei „am Vorabend seiner Abreise nach Rom in Florenz bei einem Luftangriff gestorben“ und später durch ­Tieschowitz „ersetzt“ worden.710 Nach Kriegbaums Tod am 25. September 1943 muss H ­ eydenreich zwar sehr schnell zum kommissarischen Direktor des KHI in Florenz ernannt worden sein, denn schon vier Wochen später hatte Erhard Göpel (1906 – 1966)711 im fernen Den Haag Nachricht von dieser Regelung der Nachfolge.712 Ein Automatismus war die Ernennung Heydenreichs zum 708 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Tieschowitz: „Zusammenfassender Bericht […]“, Ende Februar 1944, S. 4 und 5. 709 Nicholas 1997, S. 315 – 316. 710 Zitiert nach Rinaldi 2011, S. 85 – 86: „Il Governo fascista, d’accordo coi tedeschi, stabili che tutte le opere più notevoli di Roma e del Lazio dovessero essere portate al Nord: alla Direzione generale e alle Soprintendenze sarebbe stato affidato il compito della scelta, con la collaborazione e controllo del Prof. Kriegbaum (che, la vigilia della sua partenza per Roma, morì a Firenze durante un bombardamento aereo). […] A sostituire il Kriegbaum venne a Roma il Consigliere di governo militare barone von Tieschoeviz [sic] […].“ 711 Zu dem im Frühjahr 2012 gemeinsam mit Susanne Kienlechner verfassten Text über „Erhard Göpel im Nationalsozialismus“, der nie gedruckt wurde, siehe die Angaben unten in Anm. 1181 – wir haben die Korrekturfahne 2018 online zur Verfügung gestellt. 712 Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek, Bildnachlass Oertel (in ­diesem Konvolut von Fotos befinden sich auch einige wenige Briefe von und an Oertel), Göpel an Oertel, 24.10.1943:

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kommissarischen Direktor jedenfalls nicht – am 7. Oktober 1943 bittet Zimmermann den Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Berlin ledig­lich um eine „Beurlaubung“, weil „der Verein zur Erhaltung des Instituts […] auf eine vorübergehende Anwesenheit von Professor Heydenreich in Florenz den allergrössten Wert“ lege.713 Erst eine Woche später wird er offiziell als Nachfolger vorgeschlagen, erst mit Schreiben vom 19. Oktober 1943 ernannt.714 Doch davon, dass Heydenreich auch die Kriegbaum zugedachte Aufgabe im Kunstschutz übernehmen solle, war zunächst keineswegs die Rede: Noch im November 1943 versucht Heydenreich – wie in all den Jahren zuvor auch – einen konkreten Arbeitsauftrag im kulturpolitischen Bereich, angesiedelt beim Deutschen Generalkonsulat in Mailand, zu erhalten: Sollten Sie im neuen Jahre noch Verwendung für mich haben – Herr Prof. Vogliano, den ich in Berlin traf, deutete mir den Charakter der mir zugedachten Beschäftigung an – würde ich mich mit grosser Freude meine Kräfte dem Generalkonsulat zur Verfügung stellen. Sofern es sich um die Mitwirkung in einer deutsch-­italienischen Denkmalschutzkommission handelt, wäre es mir frei­lich lieb, wenn die Italiener (Nicodemi, Baroni, Chierici?) mein Kommen ausdrück­lich als

„Lieber Oertel! […] Die Nachricht von Kriegbaums Tod kam gleichzeitig mit Ihrem Brief in einem Briefe Degenhardts [sic] an Plietzsch im Haag an. Wirk­lich sehr schade, einer unserer sympathischsten Kollegen! Degenhardt [sic] frug übrigens wieder einmal über Plietzsch an, ob für ihn nichts beim Sonderauftrag zu tun wäre. Er scheint nicht mehr nach Turin zurückzugehen und sitzt augenblick­lich in Wiesbaden. Die Ernennung von Heydenreich ist ja höchst erfreu­lich, er hätte dann end­lich einen dauernden Wirkungskreis. Über den Kunstschutz in Italien sprach ich mit ­Tieschowitz, der Verhandlungen mit dem OKW deswegen geführt hat. Offenbar hat sich die italienische Regierung ein Vorrecht auf ­diesem Gebiete vorbehalten und die Militärs drängen sich nicht gerade dazu, Verantwortungen in dieser Richtung zu übernehmen. Für den Einsatz vorgesehene Fachleute sollen in München sitzen und warten.“ 713 SMB-ZA, III/VKI 23, Zimmermann an Dekan, 7.10.1943. 7 14 SMB-ZA, III/VKI 23, Zimmermann an Generaldirektor Kümmel, 14.10.1943; Zimmermann an Heydenreich, 19.10.1943. – Nicht in den Unterlagen des Vereins bzw. des Vorstandes enthalten ist ein Einspruch bzw. Protest des „Kultusministeriums“ gegen Heydenreichs „Entsendung nach Florenz als Nachfolger Kriegsbaums (1943)“, wie Heydenreich Max J. Friedländer am 29.10.1949 mitteilte (DKA, GNM, Nachlass Kurt Bauch, IC 12). Hintergrund war eine Auseinandersetzung ­zwischen Heydenreich und Bauch über ihre jeweiligen Tätigkeiten im Nationalsozialismus. Am 8.11.1956 verwehrt sich Bauch (ebenda) gegen Heydenreichs Vorwurf, er hätte „mit Schrade und Stange zu den drei bedeutenderen jüngeren Hochschullehreren unseres Faches [gehört], die sich der Idee des dritten Reiches verschrieben“, so: „Sach­lich ist Ihr Urteil nicht nur falsch, sondern ansichts Ihrer Karriere in den 1930er Jahren – während ich heute noch dasselbe bin, was ich vor Hitler war – hatten Sie auch nicht das Recht überhaupt zu urteilen. Wir können unmög­lich jetzt alle diese vergangenen und doch nicht vergangenen Dinge erneut diskutieren.“ Bauch, Mitglied der NSDAP seit Mai 1933 und im Krieg neben seiner Professur in Freiburg auch im Marineministerium in Berlin im Dienstrang eines Korvettenkapitäns tätig, war am 15.12.1948 als „Mitläufer“ eingestuft worden (DKA, GNM, Nachlass Kurt Bauch, IA 3 sowie IC 8).

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erwünscht bezeichneten, damit ich nicht in die Lage komme, als „Kriegskommissar“ angesehen zu werden. Meine Tätigkeit möchte stets eine helfende und vermittelnde bleiben. […] Im Auswärtigen Amt sagte man mir übrigens, dass ich unmittelbar vom Generalkonsul als Mitarbeiter (Hilfskraft) angefordert werden müsse.715

Aus ­diesem Schreiben geht zweifelsfrei hervor, dass Heydenreich zu d ­ iesem Zeitpunkt keine genaueren Kenntnisse von Aufgabenbereich und Organisationsstruktur des Kunstschutzes bzw. der Militärverwaltung besaß. Erst rund einen Monat später wird offiziell bestätigt, dass Heydenreich „gebeten und befugt worden [sei], in Florenz und Toscana die Belange des ‚Kunstschutzes‘ zu vertreten und sich den zuständigen militärischen Stäben beratend zur Verfügung zu stellen“ habe.716 Vorausgegangen war ein Gespräch mit Tieschowitz in Florenz Ende November 1943.717 Blickt man auf die Anfragen und Bitten, die seit Anfang November auf Tieschowitz einstürmten,718 wird deut­lich, wie sehr man auf italienischer Seite das Fehlen eines offiziellen verläss­lichen Ansprechpartners in der Militärverwaltung entbehrt haben muss. Vom 2. November 1943 datiert die „Beleihung“ von Hans Gerhard Evers „mit Wirkung vom 12. Nov. 1943 unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs mit der Kriegsstelle eines Militärverwaltungsbeamten“.719 Ab dem 17. November reist Militärverwaltungsrat Evers (der weder der SS 720 noch der Deutschen Botschaft im Vatikan 721 – aber als Sturmmann

715 Archiv KHI, KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 44), Mappe J‒K, Heydenreich an Deutsches Generalkonsulat Mailand, 10.11.1943. 716 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Der Beauftragte für Kunstschutz beim OKH (z.Zt. im Verwaltungsstabe des Bevollm. Generals der dt. Wehrmacht in Italien), Verona, an Militärkommandatur 1003 Florenz, 7.12.1943 (MVRat … [Paraphe, nicht leser­lich – evtl. Tieschowitz?]. 717 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Tieschowitz: „Zusammenfassender Bericht […]“, Ende Februar 1944, S. 5. 718 ADAIR, Sequesterakten 1943 – 1954, Kunstschutz in Rom und Italien, 1943: Ildebrando Vannucci (Vorsitzender Abt der Kongregation von Montecassino) an Tieschowitz, 5.11.1943 (Übersetzung ins Deutsche); Soprintendente Gioacchino Mancini (Denkmalamt für Südetrurien [Rom II]) an Tieschowitz, 6.11.1943 (Übersetzung ins Deutsche); Crous an Tieschowitz, 9.11.1943 (eine Bitte von Guido Calza [1888 – 1946] weiterleitend); Crous an Tieschowitz, 12.11.1943 (Dank und andere Bitte von Calza weiterleitend); Crous an Tieschowitz, 19.11.1943 (Dank und wiederum eine andere Bitte von Calza weiterleitend). 719 FA Evers, Dokument „e1_berufung_zum_mvr“. – An dieser Stelle fehlerhaft ist die Formulierung von Christiane Fork in Metzler 2007, S. 84: „Während des Krieges [sic] war er [Evers] ‚Beauftragter des OKW für Kunstschutz‘ in Italien, was eine Zusammenarbeit mit der Wehrmacht voraussetzte [sic].“ 720 Rinaldi 2010b, S. 95 und 100, bezeichnet ihn als „maggiore delle SS Hans Gerhard Evers“, was nicht zutrifft; zudem entspräche der Dienstgrad eines Majors in der Schutzstaffel einem Sturmbannführer. Vgl. Ursino 2009, S. 18: „il maggiore professor H. Hevers dell’università di Monaco“. 721 Lavagnino 2006, S. 126.

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der SA – angehörte 722) über München, Riva, Verona und Florenz – dort am 20. November kurzes Treffen mit Heydenreich, Siebenhüner und dem „Sonderführer im Leutnantsrang Dr. Halm, den ich von München her kannte“ – nach Rom, wo er am 21. November 1943 „morgens um 2 Uhr“ in Rom eintrifft und am Abend nur kurz mit Tieschowitz spricht.723 Worin die Aufgaben des Münchner Kunsthistorikers und „Sonderführer (Z)“ (was in den meisten Fällen eine Tätigkeit als Dolmetscher bezeichnete) Peter Halm (1900 – 1966)724 in

722 So Lersch 2003, Anm. 29 (S. 234): „Seit 1939 gehörte er als ‚Obersturmmann‘ der SA an, seit 1940 dem NS-Dozentenbund.“ 723 FA Evers, Dokument „briefe_43.nov_fahrt_nach_italien_und_erste_tage“ (Typoskript, 4 Seiten: Abschrift von mehreren handschrift­lichen Briefen von Evers an seine Frau durch den Sohn Karsten Evers, hier S. 1 – 2, Briefe vom 18.‒27.11.1943). – Rinaldi 2011, S. 79, datiert seine Ankunft auf den 22.11.1943. 724 BayHStA, MK 44787: Peter Halm, Sohn von Philipp Maria Halm (1866 – 1933), der von 1916 bis 1931 das Bayerische Nationalmuseum München leitete (so der Artikel des Sohnes über den Vater in der NDB, Bd. 7, 1966, S. 567 – 568 (http://www.deutsche-­biographie.de/pnd115503765.html [Zugriff am 1.11.2017]), studierte ab dem WS 1920/21 in München sowie in Rostock, Berlin und Wien und promovierte 1927 bei Wölfflin in München. Von 1927 bis 1935 arbeitete er als Wissenschaft­licher Hilfsarbeiter am Kupferstichkabinett Dresden, von 1935 bis 1938 als Kustos an der Staat­lichen Kunsthalle Karlsruhe, ab 1.9.1939 als Konservator an den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen (19.11.1939 Beamter auf Lebenszeit). BA B, ehem. BDC, PK, D 0342: Seine Berufung an die BSGS war dem Reichsdozentenführer Anlass, am 10.5.1939 bei der Gauleitung München-­Oberbayern der NSDAP „ein ausführ­liches Gutachten in fach­licher, charakter­licher und weltanschau­lich-­politischer Hinsicht“ anzufordern; die „Ortsgruppe Sendlingertor“ berichtete am 30.6.1939, „Nachteiliges irgend welcher Art [sei] nicht bekannt“; Gaupersonalamts- und Gauhauptstellenleiter Best meldete daraufhin dem Reichsdozentenbundführer am 7.7.1939, Halm sei „vor der Machtübernahme Angehöriger des Freikorps Epp [gewesen]. Mitglied der NSDAP ist er nicht, jedoch Angehöriger des NSV und des NSLB. Das soziale Verhalten ist einwandfrei.“ Zwei Jahre später, 1941, kam Halm in die engere Wahl für die Stelle des Direktors am Kupferstichkabinett Dresden, und erneut werden politische Gutachten eingefordert. Da er zwischenzeit­lich umgezogen war, beurteilt ihn am 19.7.1941 der Leiter der Ortsgruppe Max Josefsplatz, Gustav Meiners: „Dr. Halm ist im Luftschutz als Blockwart tätig. Nach Beobachtungen konnte ein sehr judenfreund­ liches Verhalten festgestellt werden. Dr. Halm setzt sich stark dafür ein, dass die Juden in den Luftschutzkeller gehen; auch begrüssen sie sich, wenn sich auf dem Hausgang treffen freund­lichst und reden längere Zeit miteinander. Ausserdem scheint er katholischen Kreisen sehr zugewandt zu sein. Es gehen öfter Boten von der Pfarrei bei ihm aus und ein.“ Ob bei dieser Einschätzung persön­liche Antipathien eine Rolle gespielt haben, ist unklar; die Gauleitung München-­Oberbayern holt jedenfalls beim Gauamt für Beamte der NSDAP (Pg. Klessing, Georgenstr. 7) ein weiteres Gutachten ein, das am 11.11.1941 so lautet: „Konservator Dr. Peter Halm ist ein offener, gerader Charakter […] Angehöriger der Zeitfreiwilligen=Eskadron von Rauscher, mit der er im März/April 1920 an dem Einmarsch der ‚Bayerischen Schützenbrigade von Epp‘ in das Ruhrgebiet teilnahm.

Einrichtung und Aufbau  I  213

Florenz im Herbst 1943 genau bestanden, bleibt aufgrund der Quellenlage unklar. Bekannt ist ledig­lich, dass Halm – der auch später verschiedent­lich an gemeinsam mit Italienern durchgeführten Bergungsfahrten teilnehmen wird 725 – zu d ­ iesem Zeitpunkt als „Feldwebel In politischer Hinsicht ist Nachteiliges über ihn nicht bekannt geworden. Der Mangel an aktiver Mitarbeit darf wohl nicht als ­­Zeichen einer Gegnerschaft gewertet werden, sondern ist wie bei den meisten Künstlern und Wissenschaftlern aus ihrer grundsätz­lich unpolitischen Einstellung zu erklären. Dr. Peter Halm ist z.Zt. im Heeresdienst als Sonderführer Z verwendet.“ Am 18.11.1941 paraphrasiert der Gauhauptstellenleiter im Brief an den Leiter des Sächsischen Ministeriums für Volksbildung jedenfalls ­dieses letztere Gutachten und resümiert, dass seitens der Gauleitung München-­Oberbayern keine Bedenken gegen die Ernennung zum Direktor des Kupferstichkabinetts in Dresden bestünden. BayHStA, MK 44787: Vom 30.8.1939 bis Januar 1941 leistet Halm im LIR (Landwehr-­Infanterie-­ Regiment) 316 Dienst, zuletzt als Unteroffizier, von Februar 1941 bis Juli bei der „Prop. St. S. W.“ (Propagandastaffel Südwest?), zuletzt als Feldwebel und Sdf. Z, und von September 1942 bis April 1945 – ebenfalls als Feldwebel und Sdf. Z – beim „Chef des Heeresmuseums“. Aus der Kriegsgefangenschaft (2.5. bis 27.9.1945) kehrt Halm nach München zurück und wird am 1.5.1948 Direktor der Staat­lichen Graphischen Sammlung München; als er 1965 in den Ruhestand tritt, wird Bernhard Degenhart (1907 – 1999) sein Nachfolger; Halm stirbt am 25.4.1966. Der Nachruf (Wegner 1966) erwähnt aus der Zeit von 1933 bis 1945 nur zwei von Halm kuratierte Ausstellungen in Dresden 1933 und Karlsruhe 1937; Hanfstaengl 1965 widmet der Zeit des NS in Halms Vita diesen Satz: „1935 folgte er einem Ruf an die Kunsthalle Karlsruhe und war von 1939 an Hauptkonservator an der Pinakothek München bis zu seiner 1949 erfolgten Ernennung zum Direktor der Graphischen Sammlung.“ 7 25 Siehe Pagano 1998, der verschiedene Bergungsfahrten des Archivars Battelli gemeinsam mit Halm dokumentiert, etwa am 31.12.1943 nach Velletri (S. 400; Halm habe LKW und Fahrer gestellt) oder am 8.5.1944 nach Anagni (S. 386). Genauer geht Pagano auf Transporte aus der kleinen Hafenstadt Gaeta, rund 130 km südöst­lich von Rom, in den Vatikan ein (S. 391 – 394). Die Situation in der am 9. und 10.9.1943 von deutscher Artillerie beschossenen und Mitte November 1943 evakuierten Stadt wurde von Evers und Battelli bei ihrem Besuch vom 9. bis 11.12.1943 sondiert; ein von Evers und Battelli begleiteter Transport fand am 23. und 24.12.1943 statt. Einige Tage später habe Halm Battelli einige Kunstwerke („alcuni oggetti d’arte“) übergeben, die Halm von einem deutschen Beamten oder Offizier, mit dem er befreundet war, erhalten habe („che dichiarò aver avuto da un ufficiale germanico suo amico“), die dieser aus Gaeta vor eventueller Zerstörung habe retten wollen: ein Tafelbild „Madonna mit Kind“ aus dem 14. Jh., eine römische Bleiflöte, ein Trinkbecher etc. (S. 393). – Eine detaillierte Schilderung der beiden Fahrten nach Gaeta auch bei Battelli 2000, S. 59 – 63, mit der Präzisierung, dass Scheibert bei der Rückkehr, da er in Uniform gewesen sei, die Vatikanstadt nicht habe betreten können (S. 62). Im weiteren Verlauf seiner Schilderung erwähnt Battelli Halms Hilfe bei der Organisation eines PKW Anfang Januar 1944 und charakterisiert ihn als „in servizio presso le truppe combattenti“, der die Aufgabe gehabt habe „di salvare oggetti di valore culturale nell’ambito dell’esercito“, gefolgt von einer der wenigen Ungenauigkeiten bei Battelli, insofern er feststellt, Halm sei vor und nach dem Krieg Mitarbeiter des „Museo di Arte Antica a Monaco“ gewesen (S. 64). Noch am 7.5.1944 in Anagni habe es eine „unverhoffte Hilfe“ (Battelli 2000, S. 76) durch Halm gegeben, der einen umfangreichen Transport mit 37 Kisten ermög­lichte;

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und Sdf. Z“ zum „Chef des Heeresmuseums“ abgeordnet war. Über diese „Dienststelle ‚Chef der Heeresmuseen‘“ ist bis heute kaum etwas bekannt.726 Eine der wenigen mir bekannten Quellen, in der diese Dienststelle erwähnt wird, ist ein Brief, den Heydenreich als eine seiner ersten Amtshandlungen als kommissarischer Direktor des KHI Florenz am 10. November 1943 an „Hauptmann Dr. Poensgen beim Chef der Deutschen Heeresmuseen Wien“ schreibt: Vor meiner Ankunft in Florenz hat der erste Assistent, Dr. Siebenhüner, das Institut vertretungsweise geleitet, und, da die allgemeine Lage vorübergehend äusserst bedroh­lich erschien, auf Anraten und mit Unterstützung des (hier in der Nähe als Sonderführer eingesetzten) Prof. Paatz über den OB die militärische Hilfe für unsere Bergungsaktion angefordert. Diese Hilfe wurde uns sofort zugewiesen in Gestalt eines Sonderkommandos, das Ihrem Dienstbereich untersteht (Sf. Dr. Halm und Uffz. Dr. Herzberg).727

die Reiseerlaubnis bzw. der Reiseausweis (von Battelli 2000, S. 98, als Tavola V abgebildet) trägt oben links den Stempel „Chef der Heeresmuseen // Einsatzgruppe // OKH“. 726 Eine umfassende Studie existiert nicht; kürzere oder ausführ­lichere Erwähnungen finden sich bespielsweise bei Hatschek 2009, Niemann 2014; Hufschmied 2017. Eine knappe allgemeine Beschreibung (ca. eineinhalb Seiten) bei Thümmler (2003), Abschnitt „2.2 Verwaltungsstrukturen“, mit der beiläufigen Bemerkung, die dem OKH der Wehrmacht unterstellte „Dienststelle ‚Chef der Heeresmuseen‘ […] koordinierte […] seit Kriegsbeginn die unbürokratische Aufteilung der Beutestücke auf alle Museen.“ Gemeint waren damit nicht nur das Sächsische Armeemuseum in Dresden und das Bayerische Armeemuseum München, sondern auch zahlreiche Garnisons- und Regimentsmuseen (etwa Oppeln sowie, nach dem „Anschluss“ Österreichs, das Pioniermuseum Klosterneuburg, „drei Museen in Graz, das Regimentsmuseum der Tiroler Kaiserjäger Innsbruck und des Regiments Erzherzog Rainer in Salzburg“). Auch die Heeresmuseen in den besetzten Gebieten wurden in der Dienststelle verwaltet, wie das Heeresmuseum Prag und die Festungsmuseen Straßburg und Metz. Das Badische Armeemuseum Karlsruhe erwähnt Thümmler in ­diesem Zusammenhang nicht. – Details zur Einrichtung des Heeresmuseums Straßburg bei Rosebrock 2012, S. 214 – 222; zur Tätigkeit von Hans Robert Weihrauch (1909 – 1980) für die „Dienststelle ‚Chef der Heeresmuseen‘“ siehe jetzt die unveröffent­lichte Magisterarbeit von Katharina Maria Kontny „Recherchen zur Rolle des Kunsthistorikers Hans Robert Weihrauch während der Zeit des Nationalsozialismus“, Universität Augsburg, Sommersemester 2015. 727 Archiv KHI, KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 44), Mappe P‒Q, Brief Heydenreich vom 10.11.1943. – Zur Tätigkeit von Georg Poensgen (1898 – 1974) und Ernstotto Graf zu Solms-Laubach beim „Chef der Heeresmuseen“, vgl. auch Niemann 2012, S. 90 – 109. – Von mir nicht eingesehen wurde der Nachlass Poensgen in der Universitätsbibliothek Heidelberg, Signatur: Heid. Hs. 3996, im Umfang von rund zwei laufenden Metern. – Eine Identifizierung von „Dr. Herzberg“ (oder „Hertzberg“, siehe unten) war mir nicht mög­lich. Vgl. SMB-ZA, III/VKI 34, Heydenreich an Zimmermann, 10.11.1943: „Zum Vollzug des Abtransports ist noch zu berichten, dass auf Antrag von Paatz ein Sonderkommando des Heeres, vertreten durch Dr. Peter Halm und Dr. G. Hertzberg (Kriegsschüler Pinders) seit geraumer Zeit in Florenz weilt (und es sich vorläufig hier recht wohl sein lässt) […].“

Einrichtung und Aufbau  I  215

Bei dieser „Bergungsaktion“ handelt es sich nicht, wie man annehmen könnte, um Schutzund ggfs. Auslagerungsmaßnahmen für die Bestände des KHI, sondern um nichts Geringeres als die „Sicherstellung des staat­lich-­italienischen Kunstgutes in Florenz und Toscana“, wie in einem nur mit „Direktor“ unterzeichneten Brief vom 11. November „An den Ic des LI. Gebirgskorps“ formuliert wird, der mit hoher Wahrschein­lichkeit von Heydenreich verfasst wurde.728 Derzeit nicht bekannt ist, worin die Aufgaben von Sonderführer Walter Paatz (1902 – 1978)729 und des Sonderkommandos von Peter Halm und „Dr. Herzberg“ im Herbst

728 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Schreiben vom 11.11.1943: „Ich rate dringend an, den Sf. Paatz, am Sonnabend oder Sonntag nach Florenz zu entsenden, damit ich ihn zwecks genauer Informierung mit den zuständigen deutschen und italienischen Dienststellen (Dem deutschen Konsul und dem Soprintendenten der Staatl. Galerien in Toscana) zusammenbringen kann.“ 729 Paatz war 1927/28 Stipendiat am KHI gewesen, habilitierte sich 1935 in Göttingen und war seit 1942 Ordinarius in Heidelberg; im März 1943 wurde er zum Wehrdienst eingezogen. Vgl. die Kurzbiographien von Peter Betthausen in Metzler 2007, S. 310 – 312, und von Hartmut Seeliger in: NDB, Bd. 19, 1998, S. 736 (online: http://www.deutsche-­biographie.de/pnd116011335.html [Zugriff am 1.11.2017]), derzufolge Paatz „nahezu zehn […] Forschungsjahre“ in Florenz verbracht haben soll, was offenkundig auf Paatz’ eigene Aussage in Paatz 1953, S. 5, zurückgeht. Zwischen 1940 und 1953/1954 veröffent­lichte Paatz gemeinsam mit seiner Frau Die ­Kirchen von Florenz. Ein kunstgeschicht­liches Handbuch. Zu Paatz als „Schwebefigur“ siehe Schubert 2008, S. 83 – 85, der kurz den Gegensatz ­zwischen der Behauptung von Paatz’ Rechtsanwalt 1947, sein Mandant habe im Nationalsozialismus „größte Schwierigkeiten“ gehabt, und Paatz’ reibungsloser Karriere als Dozent (Frankfurt am Main, 1936 – 1941) und Ordinarius (Heidelberg, ab Juli 1942) für Deutsche Kunst diskutiert. Dort S. 83 nur die Bemerkung: „Im März 1943 wurde er zum Wehrdienst als Soldat eingezogen, kam 1945 in Gefangenschaft in Italien.“ – Von mir nicht eingesehen wurde der Nachlass Paatz in der Universitätsbibliothek Heidelberg, Signatur: Heid. Hs. 3951, im Umfang von rund 1,5 lfd. M. – Eine sehr positive Einschätzung von Paatz durch Hubert Schrade von Juni 1941 (im Zusammenhang mit der Wiederbesetzung des Hamburger Ordinariats nach Schrades Berufung nach Straßburg), in der Schrade eindeutig für Paatz und gegen Oskar Schürer und Hans Weigert votiert (für Paatz spräche nicht nur seine höhere wissenschaft­liche Qualifikation, sondern auch, dass er sich bereits 1936 „freiwillig zur Wehrmacht gemeldet“ habe), im Warburg-­Archiv Hamburg, Akte Lehrstuhl Kunstgeschichte, zitiert nach GKNS-WEL. – Das auf „August 1952“ datierte Vorwort zu Paatz’ Überblickswerk Die Kunst der Renaissance in Italien (Paatz 1953, S. 5 – 6) ist in unserem Zusammenhang auf mehrfache Weise aufschlussreich: Zum einen solle sein „Buch Zeugnis ablegen für d ­ ieses Institutes [des KHI] Bemühungen um die Erkenntnis der künstlerischen Bedeutung Italiens“ (Hervorhebung CF); zweitens sieht der Autor die Sequestrierung des KHI als einen „für alle Kulturnationen unbefriedigenden provisorischen Status“ an, bei dessen Überwindung „den Leistungen der Gründernation Gerechtigkeit [zuteil] werden“ möge (S. 5). Er handle mit d ­ iesem Wunsch – dessen sei er sich sicher – „zugleich im Sinne der Gefährten von damals, die im zweiten Weltkrieg oder durch dessen Folgen auf beiden Seiten das Leben verloren haben.“ Nicht genuin politische Entscheidungen (wie die Rassenpolitik von Nationalsozialismus und Faschismus) hätten demnach ihren Tod verursacht, sondern ein militärischer Konflikt? Drittens schließ­lich kann Paatz’ Rede von den „Notjahren nach dem zweiten Weltkrieg“, in

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1943 bestanden haben könnten. Dies gilt in gleichem Maße für jene Transporte, für die die „Gruppe Sammeloffizier Sdf. Dr. Halm“ im März und April 1944 die Fahrzeuge stellte, mit denen in die Provinzen Frosinone, Viterbo und Rom ausgelagerte oder dort gefährdete Werke nach Rom gebracht wurden.730 Ein weiterer knapper Hinweis findet sich in einem Bericht von Wolfgang Hagemann, der sich mit dem Kunstschutz seitens der Heeresgruppe C befasst: In den ersten Monaten des Jahres 1944 […] im Raum süd­lich von Rom […]. Des öfteren konnte dabei auch der der Heeresgruppe zugeteilte Leiter der Abteilung der deutschen Heeresmuseen, Major Prof. Wilhelm-­Kästner und sein Assistent, Sonderführer (Z) Dr. Halm, durch Bereitstellung des ihnen zur Verfügung stehenden Transportraumes ­solche Bergungen vornehmen und damit wertvolles Material in Sicherheit bringen.731

Für ­welche Zwecke dieser Abteilung der „Transportraum“ zur Verfügung stand, sagt ­Hagemann in ­diesem Bericht frei­lich nicht. Doch in einem weiteren Schriftstück des Historikers, das vermut­lich als Beitrag zu dem nie erschienenen „Weißbuch“ dienen sollte und die umsichtige Tätigkeit des „OB Südwest“ – Kesselring – zu preisen sucht, heißt es: „Weiters sorgte OB Südwest dafür, dass mehr als einmal der LKW des Majors Wilhelm-­Kästner, der zusammen mit Sonderführer (Z) Dr. Halm den Auftrag erhalten hatte, Beutestücke für eine Ausstellung ,Der Krieg an der Südfront‘ zu sammeln und der sich gern dafür zur Verfügung stellte, für ­solche Transporte der Abteilung Kunstschutz zur Verfügung gestellt wurde.“732 Soweit bekannt, hat diese Ausstellung nie stattgefunden (und ob gerade Heeresmuseen für Provenienzfragen von „Beutestücken“ sensibilisiert sind, kann bezweifelt werden); eine

denen ihn und seine Frau „Sendungen von Nahrungsmitteln und Kleidern vor Hunger und Kälte bewahrten“ wohl kaum anders als Versuch einer Selbstviktimisierung bezeichnet werden: Schubert 2008, S. 85, weist darauf hin, dass Paatz bis zum Juli 1945 das Ordinariengehalt bezog, im Frühjahr 1947 als „,nicht betroffen‘ vom ‚Nationalsozialismus‘ eingestuft“ worden sei und ab Herbst 1947 wieder lehrte (sowie ab 1949 als Dekan fungierte). 730 Klinkhammer 2011, S. 212, das Zitat dort ebenfalls als Zitat gekennzeichnet, aber nicht eigens nachgewiesen. Vgl. CIR, 236, Marzo 1944, Evers an Langsdorff, 13.3.1944. 731 DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 308, „Bericht über den Anteil der Heeresgruppe C an der Bergung und Sicherstellung italienischen Kunstgutes“, Typoskript, 20 Seiten, nicht nament­lich gekennzeichnet, doch gemäß den handschrift­lichen Zusätzen über dem Titel der Version des Berichts in CIR, 238, Mappe „LV“, von Hagemann. – Die zitierte Passage auf S. 3. 7 32 DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 308, „Bericht über die Organisation und Tätigkeit der mit Kunst- und Archiv-­Schutz während des Krieges in Italien beauftragten deutschen Dienststellen“, Typoskript, 17 Seiten, nicht nament­lich gezeichnet. – In einem Brief an Heydenreich vom 22.9.1959 (im DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 313) erläutert Hagemann, dass er den Bericht „Ende 1945 als allgemeine Zusammenstellung der darin beruehrten Fragen“ verfasst und „als eine Art Promemoria ausgearbeitet, aber an keine amt­liche Stelle weitergeleitet“ habe. – Die zitierte Passage auf S. 10.

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Erklärung liefert Hagemann selbst: „Die allgemeine militärische Lage begann Anfang 1944 sich aber in keiner Weise zu bessern, sondern eher zu verschlechtern.“733 Zurück zu Evers im November 1943 in Rom: Am 22. November sprachen Tieschowitz und Evers „für eine Viertelstunde“ mit dem deutschen Botschafter beim Vatikan, SS-Brigadeführer Ernst von Weizsäcker (1882 – 1951).734 Am selben Tag habe Tieschowitz, so Evers in einem Brief an seine Frau, die allgemeine Lage in Rom ihm gegenüber „als ein Treiben auf einer Eisscholle, von der die Ränder unaufhör­lich abbröckeln“ bezeichnet.735 Diese beiläufige Metapher überzeugt im ersten Moment, wirft dann aber Fragen auf: Repräsentiert die Eisscholle den Militärischen Kunstschutz, die militärische Lage in Rom oder das nationalsozialistische Deutschland? Verliert die treibende Eisscholle ihre Substanz wegen mechanischer Einwirkungen (vulgo Vorstöße und Luftangriffe der Gegner) oder wegen einer Wassererwärmung (vulgo grundsätz­liche Änderung der weltpolitischen und geostrategischen Situation der kriegführenden Mächte)? Festgehalten werden kann indes das Gefühl einer gewissen Ohnmacht, eines Kontrollverlusts: Fast schon prophetisch scheint Tieschowitz die Sorge zu artikulieren, dass im Rahmen der Militärverwaltung in Italien eine Lenkung und Steuerung der Arbeit des Kunstschutzes in Zukunft nur mehr in stark eingeschränktem Maße mög­lich sein werde. Er sollte damit in doppelter Hinsicht Recht haben: Anders als in Frankreich waren die Aktivitäten in Italien zutiefst durch mehr oder minder kurzfristig erforder­liche Reaktionen – und nicht durch langfristig geplante, proaktive Dokumentations- und Forschungsvorhaben – geprägt, und zweitens gingen Gestaltungshoheit, Weisungsbefugnisse und Befehlsgewalt ab dem Sommer 1944 immer stärker von der Wehrmacht und der Militärverwaltung auf die SS über. Die zentrale Entscheidungsinstanz wurde zunehmend SS-Obergruppenführer und General der Waffen-­SS Karl Wolff, Höchster SS- und Polizeiführer in Italien, der Ende Juli 1944 auf eigenen Antrag auch zum Bevollmächtigten General der Deutschen Wehrmacht in Italien ernannt wurde. Diese Entwicklungstendenz von der Wehrmacht zur SS wurde verstärkt durch die Einsetzung von Alexander Langsdorff als Leiter des Kunstschutzes in Italien ab Februar 1944 (dazu unten mehr). Laut Rinaldi soll Tieschowitz Ende November von Rom nach Paris zurückgekehrt sein („suo rientro a Parigi alla fine di novembre“),736 doch er blieb bis zum 8. Dezember 1943 in Italien, für Besprechungen mit Rahn in Fasano und mit dem Bevollmächtigen General Rudolf

733 DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 308, „Bericht über die Organisation und Tätigkeit der mit Kunst- und Archiv-­Schutz während des Krieges in Italien beauftragten deutschen Dienststellen“, S. 8 – 9. 734 FA Evers, Dokument „briefe_43.nov_fahrt_nach_italien_und_erste_tage“, Brief vom 23.11.1943 (Typoskript, hier S. 3). – Den SS-Dienstgrad von Weizsäcker entnehme ich Knigge 2008b, S. 8, Anm. 6. Zu Weizsäcker siehe die konzise Biographie in Handbuch AA/5, S. 223 – 225. 735 FA Evers, Dokument „briefe_43.nov_fahrt_nach_italien_und_erste_tage“ (Typoskript, 4 Seiten: Abschrift von mehreren handschrift­lichen Briefen von Evers an seine Frau, hier S. 3, Brief vom 22.11.1943). 736 Rinaldi 2010b, S. 100.

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Toussaint (1891 – 1968) sowie mit dem Chef der Militärverwaltung in Verona.737 Evers war damit nach kurzer Einarbeitung auf sich allein gestellt – auch deshalb allein, weil er, soweit aus den Quellen ersicht­lich, zwar die Durchführung einiger Transporte mit Scheibert abgesprochen hat, aber ansonsten nicht näher mit ihm in Kontakt getreten ist. Als Angehöriger der deutschen Militärverwaltung – die in Rom ihre Infrastruktur spätestens im Dezember 1943 etabliert und stabilisiert hatte – bestand auch keine Notwendigkeit für ihn, enger mit Scheibert zusammenzuarbeiten. Es ist charakteristisch für Evers, wie er selbst am 6. Januar 1944 seine Aufgabe sah: „Das Ziel[,] der Schutz und die Erhaltung des italienischen Kunstbesitzes, kann nicht dem Belieben oder Nichtbelieben der Italiener allein ueberlassen werden; dafuer ist der italienische Kunstbesitz, als Teil der europaeischen Kultur, zu wichtig fuer Europa.“738 Die beiden KWI in Rom, unter Hoppenstedt und Bruhns (Abb. 21), hatten unterdessen andere Sorgen, denn ein „Führerbefehl“ verlangte die Schließung aller deutschen Institute in Rom und den Rücktransport der Bibliotheken nach Deutschland.739 Dieser Rücktransport, dessen mehrfache Behandlung in der Sekundärliteratur 740 mit der Überlieferung in verschiedenen Archiven noch ein ganzes Stück präzisiert werden könnte – etwa im Hinblick auf Bruhns’ Heranziehung von Kriegsgefangenen 741 oder seines Schreibens 737 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Tieschowitz: „N o t i z e n für MVRat Prof. Dr. E v e r s, z. Z. Rom“, z. Z. Verona, 7.12.1943. Vgl. ebenda, Tieschowitz: „Zusammenfassender Bericht […]“, Ende Februar 1944, S. 6. 738 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Evers: „B e r i c h t . Betr.: Die Durchführung des Kunstschutzes im Unterrichtsministerium in Rom“, 6.1.1944. 739 Ceresa 2007, S. 361: vgl. Billig 1990, S. 222: „On Dec. 9th a Führerbefehl reached Rome.“ 740 Goldbrunner 1990, S. 62 – 64; Benedetti 2009, S. 552 – 553; Schmitz 2010, S. 37 – 39. 741 MGHA, B 704 I 2, Leo Bruhns: „Bericht über den Abtransport der deutschen wissenschaft­lichen Bibliotheken aus Rom nach Deutschland im Dezember 1943 – märz [sic] 1944“, Meran, 11. März 1944, Typoskript, 9 Seiten, hier S. 4 (Einbringung in den Stollen von Hallein vom 7. bis 10.1.1944 „mit Hülfe von etwa 20 italienischen Kriegsgefangenen“) und S. 5 („am 8. Januar Ueberführung des Inhalts der 1½ Waggons von der Station Lamprechtshausen nach dem Kirchlein in Lauterbach […] Französische und serbische Kriegsgefangene […] waren aufgeboten, um die Kisten auszuladen […]“). – Der Hinweis auf die Hinzuziehung von Kriegsgefangenen auch bei Schmitz 2010, S. 38, Anm. 210, der den Bericht von Bruhns in der im AMPG überlieferten Version (Abt. I, Rep 1a, Nr. 1719) im Anhang seiner Arbeit als Faksimile reproduziert, was auch deshalb sinnvoll ist, weil in der (inhalt­lich identischen) Version im MGHA die S. 2 des Berichts fehlt. – Siehe dazu auch AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1719, Schudt: Bericht über meine Reise nach Salzburg und Bad Aussee vom 6.‒13. Mai 1944, mit dem Vorschlag, im Sommer in der Dorfkirche zu Lauterbach die an der Südwand der ­Kirche aufgestellten Kisten und Möbel „mit Hilfe von 2 – 3 Kriegsgefangenen in das Mittelschiff und auf die bis jetzt noch nicht ausgenutzte Empore zu stellen“. – Im Rahmen der Vorbereitungen, so Bruhns an Telschow, habe er sich „von militärischen oder SS-Dienststellen in Verona auch meinen früheren Assistenten Dr. Lehmann-­Brockhaus und einen Assistenten des Historischen Instituts, Dr. Weigle, als Helfer ausgebeten.“ AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1718, Bruhns an Telschow, 28.12.1943, 1 Bl. VS + RS, 1

Einrichtung und Aufbau  I  219

21 Leo Bruhns, Rom, Dachterrasse des Palazzo Zuccari, Januar 1944, Fotograf: Vasari/Rom, Archiv der Max-Planck-Gesellschaft, Berlin-Dahlem

an Reichsleiter Martin Bormann (1900 – 1945)742 – soll hier ebenso wie die Besetzung des Palazzo Zuccari im Juni 1944 „durch Amerikaner und Senegalneger“743 oder die Verbringung der KHI-Bestände 744 nicht weiter geschildert werden. Bl. VS (= 3 Seiten), hier Bl. 1 RS (= S. 2). – Die Organisation von Unterstützung war zwingend, denn die KWG ließ Bruhns mit allen Problemen alleine: „Sehen Sie zu, dass Sie unseren Besitz mög­lichst im Ganzen in einem Schloß oder einsamen Besitz unterbringen, nicht einfach gelagert in ­Kirchen.“ AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1719, Telschow an Bruhns, 8.1.1944. 742 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1719, Bruhns an Bormann, 24.2.1944. 743 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1720, „Kaiser-­Wilhelm-­Institut für Kulturwissenschaft in Rom / Kurzer Bericht über das Etatsjahr 1943/44“, gez. Hoppenstedt, Meran, den 3. Oktober 1944; Typoskript, 5 Seiten, hier S. 4. 744 Vgl. Archiv KHI , KHI A I, 26, Korr. 1941 – 44, A‒B, Heydenreich an „Hauptsturmführer SS­ A l b e r t i / Sicherheitsdienst F l o r e n z“, 22.12.1943 („[…] Marschbefehl (betreffend Bergung

220 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

5.4 Die Arbeit des Militärischen Kunstschutzes in Rom von Ende November 1943 bis Ende Mai 1944 – Handlungsprofil Hans Gerhard Evers’ Kombiniert man die in den verschiedenen Archiven überlieferten Dokumente zur Aktivität des Kunstschutzes in Rom, kann die Quellenlage trotz mancher Lücken als leid­lich gut bezeichnet werden. Diese Überlieferung würde es jedenfalls gestatten, die einzelnen Ereignisse und Aktionen sowie insbesondere die verschiedenen (Rück-)Transporte 745 von ausgelagerten oder gefährdeten Kunstwerken und anderen Kulturgütern (wie Bücher und Archivalien) relativ genau nachzuzeichnen. Im Einklang mit der akteursspezifischen – und damit fachgeschicht­lichen – Untersuchungsperspektive dieser Studie sollen indes in d ­ iesem und in den folgenden Abschnitten vor allem die Handlungsprofile der Protagonisten fokussiert werden, ohne den Kontext zu vernachlässigen. Im Zentrum stehen folg­lich Interaktionen, Haltungen, Positionen und Verhaltensweisen, nicht aber – zweifellos ebenfalls wichtige – Fragen der Provenienzforschung nach Erhalt und Verbleib von Objekten und Sammlungen. Grundsätz­lich ist festzuhalten, dass die deutsch-­italienische Zusammenarbeit im Kulturgüterschutz hinsicht­lich Belegungs- bzw. Einquartierungsverbote, einiger weniger punktueller Sicherungsmaßnahmen beschädigter Bauwerke und vor allem bei der Organisation und Durchführung von Transporten z­ wischen Herbst 1943 und Frühling 1944 als weitestgehend erfolgreich bezeichnet werden muss. Dies geht übereinstimmend aus den zeitgenössischen italienischen, deutschen und alliierten Berichten hervor, taucht frei­lich in den späteren Quelleneditionen und in der Forschungsliteratur in unterschied­lichem Maße und mit unterschied­licher Gewichtung auf. Sowohl für die Zeit von Tieschowitz’ vierwöchigem Rom-­Aufenthalt im November 1943 als auch für die folgenden Monate, in denen Evers die Arbeit des Kunstschutzes zu verantworten hatte, dokumentieren die Quellen jedenfalls keine Diebstähle, Beraubungen oder Beschlagnahmungen durch den Kunstschutz. unserer Geheimakten)“). 745 Siehe etwa die Auflistung zahlreicher Transporte in den Monaten Januar bis März 1944 bei ­Klinkhammer 2011, S. 212 (auf der Basis der Berichte in PA AA, R 61087 – der „B e r i c h t über die Rückführung der Kunstwerke aus staat­lichem Besitz nach R o m“ von Evers vom 2.6.1944 auch in CIR, 236, Giugno 1944; vgl. auch Archiv KHI, Varia I, Kunstschutz Berichte, mit Bericht von Evers vom 12.3.1944 über Zeitraum 13.1.‒12.3.1944), an denen sehr häufig auch ein „Dr. Krapf“ teilnahm (zwei eigene Berichte von Krapf vom 23.2. und 2.3.1944 im Archiv KHI, Varia I, Kunstschutz Berichte). Klinkhammer geht auf die Biographien handelnden Personen – wie oben am Beispiel Scheibert gezeigt – kaum ein, und auch zu Krapf finden sich bei ihm keine Angaben. Eine Identifizierung – und sei es nur die Zuweisung eines Vornamens – war mir bisher nicht mög­ lich: Ein Unteroffizier Wilhelm Krapf fiel am 10.1.1943 in der Sowjetunion (Landesarchiv Baden-­ Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand M 711: Bildnissammlung V, Nr. 2446, siehe http://www.landesarchiv-­bw.de/plink/?f=1 – 698306 [Zugriff am 1.11.2017]) ein Unteroffizier Josef Krapf am 5.5.1942 ebenfalls in der Sowjetunion.

Hans Gerhard Evers  I  221

Gleichwohl erscheint es essentiell, Grauzonen, Auslassungen, Lücken und Verzögerungen 746 ebenso wie Differenzen und Abgrenzungen nuanciert nachzuzeichnen. So schildert Evers in einem Bericht über eine gemeinsam mit Giulio Battelli und Catullo Mercurelli (vom Landesdenkmalamt für Altertümer in Rom) durchgeführte Fahrt in die Abruzzen (u. a. L’Aquila) und in die Provinz Macerata: Besuch beim Erzbischof Monsignore Carlo Confalonieri [in L’Aquila]. Der Erzbischof macht einen wenig durch den Krieg beeinflussten Eindruck. In der Provinz ist bisher kaum Schaden angerichtet, trotzdem macht der Erzbischof eine Forderung auf Wiederherstellung eines Daches in S. Vittorino geltend. Auf die Bemerkung, es sei noch nicht erwiesen, dass das Feuer durch deutsche Fahrlässigkeit entstanden sei (es ist vielmehr laut Auskunft des Platzkommandanten durch Sabotage der Banden entstanden), bemerkt der Erzbischof, jedenfalls würde das Feuer nicht entstanden sein ohne Anwesenheit der Deutschen. Der Unterzeichnete wies daraufhin den Erzbischof mit deut­lichen Worten darauf hin, dass angesichts der schweren Lasten, die andere Länder innerhalb des Krieges zu tragen hätten, die Klage über d ­ ieses zerstörte Kirchendach überbetont erscheine.747

Auch wenn Evers sich in einem ausführ­lichen Lebenslauf von Herbst 1945 ausdrück­lich als „nicht preußisch“ sowie als „kein soldatischer Mensch“ bezeichnet hat,748 lässt sein Hinweis auf Entbehrungen, Sorgen, Nöte und Leid „anderer Länder“ doch auf ein gewisses preußisch-­ trockenes Gerechtigkeitsempfinden schließen – frei­lich frei von militaristischen Zügen. Dafür spricht nicht nur die nüchterne Schilderung des Gesprächsverlaufs; Evers dokumentiert offenkundig zugleich auch seine eigenen Wertmaßstäbe, indem er eine Beschädigung 746 Vgl. etwa ASAAD, Ordner (3), Mappe „Collezioni“, Bericht Evers 16.4.1944; dort hält Evers fest, dass die von der „Pz.-Abteilung 115 im Oktober 1943 in dem Turm Campo de Verre an der Garigliano-­ Muendung zum groessten Teil sichergestellt[e]“ Sammlung des ehemaligen (1925 – 1928) Unterrichtsministers Pietro Fedele erst „Anfang April [1944] unter Leitung des Ltn. Georg Ehring, F. P. Nr. 57440 A, nach Rom gebracht“ worden sei; diese sechsmonatige Quarantäne der 17 Kisten umfassenden Sammlung von „roem. Keramiken, Plastiken und Gemaelde aus verschiedenen Zeiten“ in der Obhut der 15. Panzergrenadier-­Division, die zumindest zeitweise eng mit der Division „Hermann Göring“ zusammenwirkte, beschreibt Evers als „wiederum ein Beispiel, dass die deutsche Kampftruppe ganz aus eigenem Antrieb Schaetze der ital. Kultur gerettet hat.“ – Wohl um diese Sammlung Fedele geht es in einem Schreiben von Peter Scheibert, der 1958 eine Vorladung zum Amtsgericht Bonn erhalten hatte: „[…] ich war von Oktober 1943 bis März 1944 beim Kunstschutz in und um Rom tätig, bin aber nie in Minturno gewesen. Vor allem kenne ich den Leutnant Ehring nicht.“ DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 308, Scheibert an Amtsgericht Bonn, 12.3.1958, Abschrift (mit Vermerk, das Schreiben sei am 15.3.1958 beim Bundesamt für äußere Restitutionen eingegangen). 747 PA AA, R 61097, Evers: „Bericht über die Besichtungsfahrt vom 24.–29.4.44 nach Macerata und anderen Orten“, „Rom, den 30. Mai 1944“. Typoskript, 3 Seiten, hier S. 2. – Auch vorhanden in MGHA, NL Bock, Nr. 157, Materialien Kunstschutz. 748 FA Evers, Lebenslauf Hans Gerhard Evers, nach 3.9. und vor 19.11.1945, Abschrift, Typoskript, 16 Seiten, Zitate S. 7 und S. 14. Ich danke Karsten Evers, dem Sohn, sehr für eine Kopie seiner Abschrift.

222 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

durch Partisanen erwägt und die Klage des Erzbischofs als überzogen zurückweist. Dieses Beharren auf seiner Sicht der Dinge prägt auch seinen Bericht vom 2. Juni 1944, in dem er einen italienischen Zeitungsartikel (aus L’Italia vom 9. Mai 1944) wiedergibt, der genau diese gemeinsam mit Battelli und Mercurelli durchgeführte Fahrt beschreibt. Zu ­diesem Artikel stellt Evers fest: Die betreffende Fahrt war eine Dienstfahrt des deutschen Kunstschutzbeamten zu den Militärkommandaturen der Provinzen, durchgeführt mit einem Militärkraftwagen und mit dem Betriebsstoff des Deutschen Kommandanten von Rom. Auf Aufforderung des deutschen Beamten nahmen Prof. Battelli und Dr. Mercurelli (von der Soprintendenza alla Antichità, Roma II) teil. Es wird ausdrück­lich berichtet, dass sowohl Prof. Battelli als auch Dr. Mercurelli Beamte sind, die rührig und tätig an der Bergung der Kunstdenkmäler arbeiten und die auch viele Fahrten mit eigenen Mitteln durchgeführt haben. Doch wird es in dem vorliegenden Bericht so dargestellt, als sei die Initiative zu der Reise in die Marken und die Abruzzen vom Vatikan ausgegangen, während sie in Wirk­lichkeit vom deutschen Kunstschutz ausging.749

Erneut insistiert Evers auf Relationen und Proportionen, weist nachdrück­lich auf die Differenz ­zwischen Presseberichterstattung und faktischem Hergang hin. Noch deut­licher wird er Ende 1944 auf den Bericht „Der Krieg und die Kunstwerke Italiens“ in der Neuen Zürcher Zeitung vom 12. Dezember 1944 reagieren, der anhand von drei Beispielen (Ravenna, Monte Cassino und Nemi-­See) die MFAA – „deren wissenschaft­liche und künstlerische Kompetenz mit ihrer leidenschaft­lichen Liebe für das Kunstwerk wetteifert“750 – in den Himmel lobt, während die „deutsche Kunstkommission, denn auch eine ­solche gab es“, kläg­lich versagt habe, weil „deutsche Soldaten […] Feuer an die Holzschiffe“ hätten legen können. Teils resigniert, teils sarkastisch, teils trotzig teilt Evers seiner Frau mit, die „Rettung Ravennas“ gehe einzig auf den Entschluß der deutschen Truppenführung zurück, mit persön­licher Intervention des Führers selbst. Und dieser Entscheid und das Interesse des Führers gehen zurück auf einen dringenden Antrag der deutschen Abteilung Kunstschutz vor mehreren Monaten, den ich geschrieben habe, und den Langsdorff dann unterzeichnet hat. Das heißt, wenn ich mich recht erinnere, habe ich ihn auch im Namen von Langsdorff unterschrieben. – Nun sieh nur, wie das alles von dem Herrn Schweizer zu Ehren der Amerikaner umgedreht wird. Am Ende des Krieges werden sie alles das gerettet haben, wofür wir jetzt arbeiten. Und noch ärger: für das, was wir nicht haben 749 PA AA, R 61097, Evers: „Bericht über die Rückführung der Kunstwerke aus staat­lichem Besitz nach Rom“, „Florenz, den 2. Juni 1944“, Typoskript, 4 Seiten, hier S. 4. 750 FA Evers, Brief an seine Frau, 19.12.1944 – freund­licher Hinweis von Karsten Evers. Die beiden folgenden Zitate ebenda.

Hans Gerhard Evers  I  223

retten können, werden wir womög­lich noch persön­lich verantwort­lich gemacht. Das ist ja nun schon beinahe angekündigt.751

Ähn­lich scharf ist Evers’ Bericht über eine Auseinandersetzung mit Giorgio Nicodemi (1891 – 1967), dem Direktor der städtischen Mailänder Sammlungen, in Perugia im Mai 1944: In einer Besprechung sei die Rede auf das Castello Sforzesco in Mailand gekommen, für das bisher ein Belegungsverbot gegolten habe, doch nun sei eine Belegung durch das Rote Kreuz erfolgt. Prof. Nicodemi brachte diese Sache in empoertem Tone vor, und […] erklaerte […] dass mit dem Belegungsverbot ein Gesetz und ein Recht vorgelegen habe, das nunmehr gebrochen sei. Er verg­lich die Unverletz­lichkeit ­dieses Gesetzes mit dem Beispiel: dass in einem Brunnen der Wasserspiegel nur bis zu einer bestimmten Hoehe steigen koenne: das heisst, er verg­lich die Unverletz­lichkeit mit einem Naturgesetz. Der Unterzeichnete wies diese Auffassung mit Schaerfe zurueck. Er betonte, dass bei einem von Deutscher Seite ausgegebenen Belegungsverbot eine administrative Anordnung vorliege, die jederzeit durch den Anordnenden abgeaendert oder widerrufen werden koennte, wenn andere Notwendigkeiten des Krieges eine andere Entscheidung notwendig machten. Ausserdem bleibe das Belegungsverbot innerhalb der deutschen Besatzung; ein Recht fuer die Italiener sei daraus auf gar keine Weise abzuleiten. Der Unterzeichnete machte, um Prof. Nicodemi nachdrueck­lich zu warnen, ein Gespraech mit dem Erzbischof von Aquila bekannt, der in einer Schadensersatzfrage geaeussert hatte: einerlei, wer am Brande eines Kirchendaches Schuld gehabt habe, ob Partisanen durch Brandstiftung oder die Belegung durch Unachtsamkeit, jedenfalls haette es nicht gebrannt, wenn nicht die Deutschen dagewesen waeren. Auch diese Aeusserung hat der Unterzeichnete scharf zurueckgewiesen; er wies in der Erzaehlung Prof. Nicodemi darauf hin, dass eine s­olche Aeusserung, einem Traeger der deutschen Uniform gegenueber, an eine Beleidigung grenze. […] Jedenfalls aber hat er [der Unterzeichnete = Evers] von Prof. Nicodemi den Eindruck gehabt, dass dieser der Kriegsnotwendigkeit ablehnend und verstaendnislos gegenueber steht, dass dieser eine Auffassung von ‚Recht‘ betreffend der Kunstdenkmaeler hat, die auf keine Weise anerkannt werden kann. […] Der Unterzeichnete wird jedenfalls die Amtsfuehrung und die Persoen­lichkeit von Prof. Nicodemi in Zukunft aufmerksam beobachten, und stellt anderen deutschen Dienststellen anheim, das Gleiche zu tun.752

751 FA Evers, Brief an seine Frau, 19.12.1944. 752 CIR, 236, Maggio 1944 (Bericht von Evers, 10.5.1944), „Betrifft: Unterredung mit Prof. Dr. Giorgio Nicodemi, Leiter der staedtischen Kunstsammlungen in Mailand“. Vgl. Ghibaudi 2012, S. 146, Anm. 7:

224 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Evers’ Haltung in dieser Auseinandersetzung hat durchaus etwas Anmaßendes; jedenfalls fällt es schwer, die von ihm hier wört­lich eingeforderte Achtung „einem Traeger der deutschen Uniform gegenueber“ nachzuvollziehen. Als problematisch erscheint auch, dass er „anderen deutschen Dienststellen“ anheimstellt, Nicodemi „aufmerksam“ zu beobachten. Im Juli 1944 nimmt Evers an einer Fortbildung in Venedig teil, genauer: an der „1. Hochschulwoche der Wehrmachtskurse zur Berufsförderung in Italien“.753 Evers’ Behandlung von Ausfuhr- und Vermittlungswünschen erfolgt streng nach den Vorgaben (und ist insofern ‚preußisch‘), etwa wenn er dem Besitzer einer „Kreuzigung“ von Tintoretto bündig mitteilt: Leider können wir aber Ihrem Vorschlag nicht folgen, da die Abteilung Kunstschutz die genaue Anweisung hat, dass die Werke, die dem italienischen Genius entstammen, auch in Italien selbst geschützt werden sollen. Deshalb hält unsere Abteilung sich von jeder Fühlungnahme mit dem Kunstkauf von italienischen Kunstwerken fern.754

Diese Differenzierung z­ wischen dem „italienischen Genius“ und dem „deutschen Genius“ – die auf eine Anweisung Hitlers gegenüber Rahn zurückgeht 755 – ist insofern hochbedeutsam, als Evers im Falle von Werken deutscher Künstler in Privatsammlungen oder auf dem Kunstmarkt, von denen er Kenntnis erhält, diese Information durchaus an deutsche Museen weiterleitet (dazu unten mehr). In manchen Fällen scheint Evers mit seinem Beharren auf Richtlinien, mit seinem Gerechtigkeitsempfinden und mit seiner Sorge um Kulturgüter, für die er sich verantwort­ lich fühlte, in den Augen von Langsdorff auch zu weit gegangen zu sein: Manchmal habe ich etwas Sorge, dass Ihre Schreiben wegen Freihaltung durch Truppen etwas scharf im Ton sind. Ich bitte, bei kritischeren Schreiben dieser Art, damit Sie sich nicht Ungelegenheiten aussetzen, dieselben auch mir zur Zeichnung herzureichen. Im Grossen betrachtet, haben Sie mit Ihrer Grundeinstellung völlig Recht, dass wir unter allen Umständen versuchen „Das Archiv von Giorgio Nicodemi, dem Direktor der Civici Musei Milanesi, welches, in Anbetracht der engen Beziehungen des Funktionärs zu den deutschen Befehlshabern, viele Informationen zur Rolle der deutschen Institution hätte liefern können, ist verschwunden, mög­licherweise wurde es von Nicodemi selbst im Moment der Entfaschisierung im Jahr 1945 entwendet.“ 753 CIR, 235, Luglio 1944, Evers an Langsdorff, Bericht über eine Dienstreise nach Venedig 6.‒11.7.44, „Verona, den 13. Juli 1944“. Evers nimmt nur am 7.7. an der Hochschulwoche teil; am 11.7. hat er Besprechungen im Unterrichtsministerium in Padua mit Generaldirektor Anti und Vizedirektor Biscottini. 7 54 ASAAD, Ordner Copie Documenti Tedeschi (1), Mappe „Esportazione in Svizzera di un dipinto della Signora Emma Jeker“, Evers (Florenz, den 30. Mai 1944 / Piazza S. Spirito 9) an Prof. Dr. Lodovico Magugliani (1914 – 1982), Bergamo. 755 Allerdings nicht bei Moll 1997 erfasst.

Hans Gerhard Evers  I  225

müssen, Kunstdepots und nationale Denkmäler weiter von Belegung freizuhalten. Es ist nur zu bedenken, dass bei der Verlagerung der Fronttruppen dies nicht immer durchführbar sein wird.756

Als Evers mit einem Schreiben an den Minister für nationale Erziehung Biggini von d ­ iesem zwei Millionen Lire erbittet, damit die zerstörten Dächer der Paläste in Genua vor dem ­Winter durch die Soprintendenza mit Notdächern versehen werden können,757 sieht Langsdorff dies als Kompetenzüberschreitung an und rügt Evers, der „einen sicher sehr notwendigen Brief an Minister Biggini geschrieben“ habe, doch: „Darf ich Sie bitten, in Zukunft Briefe und Schreiben an Minister, Botschafter, Obergruppenführer usw. mir zur Unterschrift zu ­­schicken. Es ist dies allgemein üb­lich und wird auch hier im Bereich des Chefs der Militärverwaltung so gehandhabt.“758 Dieses etwas gespannte Verhältnis ­zwischen Evers und Langsdorff kommt auch in anderen Details zum Ausdruck, etwa wenn Evers dem Archäologen bei einer Nachricht über Erika Hanfstaengl zugleich eine Kurzbiographie des Vaters mitliefert, als müsse er seinem fachfremden Vorgesetzten kunstgeschicht­liche Interna nahebringen.759 Evers’ Agieren strikt nach Vorschrift erfährt bis Kriegsende – gemäß seinen Angaben im Fragebogen des Military Government of Germany von Mai bis Juli 1944 in Verona, von August 1944 bis April 1945 in Mailand 760 – keine Änderungen. Sein Befolgen von Vorgaben geht soweit, dass er dem Mailänder Großindustriellen Guido Ucelli (1885 – 1964), der seit 1928 die Ausgrabung, Aufstellung, Erforschung und Veröffent­lichung der berühmten antiken römischen Nemi-­Schiffe finanziert hatte und der nach deren Zerstörung, so Evers, „sehr bewegt“ sei, nicht einmal den Bericht einer amerikanischen Zeitung über den Brand im 1940 eröffneten Museum geben zu können glaubt, sondern die Kulturpolitische Abteilung des Auswärtigen Amtes bittet, Ucelli „eine Photographie oder eine Abschrift der betreffenden amerikanischen Zeitung“ zu verschaffen. Es steht völlig außer Frage, dass Evers von Ucellis Persön­lichkeit und Engagement beeindruckt ist und ihm seinen Wunsch erfüllen möchte, sich aber gebunden sieht: „Ich unterstütze 756 ASAAD , Ordner Copie Documenti Tedeschi (1), rote Mappe „Aquileia“, Langsdorff an Evers, 18.11.1944. 757 CIR, 235, Settembre 1944, Evers an Biggini, 10.9.1944 (Typoskript, 3 Seiten). 758 ASAAD , Ordner Copie Documenti Tedeschi (1), rote Mappe „Aquileia“, Langsdorff an Evers, 9.11.1944. 759 CIR, 236, Febbraio 1944, Evers an Langsdorff, 24.2.1944. 760 UAM, E-II-1265 (Personalakte Evers), Angaben im Fragebogen des Military Government of Germany, 2.3.1946. – In einem Brief vom 31.5.1944 (CIR, 235, Luglio 1944, Evers an Zobel, 31.5.1944) heißt es abweichend: „Ich bin seit dem 25.5. in Florenz“, doch könnte es sich hier auch nur um einen kürzeren Aufenthalt von Evers bzw. um eine Zwischenstation auf dem Weg von Rom nach Verona handeln. – Offiziell zum „Leiter der Aussenstelle Mailand der Abteilung Kunst-, Archiv- und Bibliotheksschutz des Chefs der Militärverwaltung“ wird Evers am 25. Juli 1944 bestellt (FA Evers, Dokument E 10).

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deshalb die Bitte von Dr. Ucelli [um ein Foto oder eine Abschrift] auf das Wärmste, doch kann ich ohne die Ermächtigung des Auswärtigen Amtes ihm den Text der amerikanischen Zeitung nicht geben.“761 Heydenreich sah dies anders: Auf Ucellis Bittbrief vom 29. September 1944 notierte er am 20. Januar 1945 nur „ausgehändigt“.762 Ein anderes, wesent­lich prekäreres Beispiel ist ein Brief von Evers „An den Kommandeur der S. S. Einheit in Genua / Herrn Sturmbannführer Dr. Engel“ – es handelt sich um jenen Friedrich Engel (1909 – 2006), der 1999 von einem italienischen Militärgericht in Abwesenheit wegen Mordes (vor allem wegen einer Vergeltungsmaßnahme im Mai 1944, bei der 59 761 CIR, 237, Ottobre 1944, Evers (Abt. Kunstschutz, Außenstelle Mailand) an AA, Kulturpolitische Abteilung zu Kult Pol FüSt 3324 Gen II, 14.10.1944. – In dieser Mappe „Ottobre 1944“ befindet sich auch ein ausführ­licher Bericht von Evers, „Die Schiffe von Nemi“ (Typoskript, 4 Seiten), der die Maßnahmen der Militärverwaltung – Belegungsverbot, Absprachen und gemeinsame Begehungen mit Salvatore Aurigemma [1885 – 1964, Soprintendente alle antichità del Lazio], Bestellung von Kustoden vor Ort – ebenso schildert wie den Artikel der New York Herald Tribune vom 13.6.1944 und dessen Vorwurf, deutsche Soldaten hätten die Schiffe mit Fackeln angezündet: „Etwas Unglaubwürdigeres konnte ihnen nicht einfallen – woher in aller Welt sollten deutsche Soldaten im Jahre 1944 Fackeln beziehen, da sie weder in der Prähistorie leben, noch Fackelzüge veranstalten! […] [Es folgen drei Zeilen, die am Rand von anderer Hand mit einem Fragezeichen versehen und gestrichen wurden:] Ach, das ist so schmerz­lich, daß zu dem Verlust der Schiffe auch noch der Wust von Erbärm­ lichkeit und Entstellung kommt, ­dieses halbe Zugestehen und ganze Verleumden.“ Am 25.2.1945 veröffent­lichte Evers einen eigenen Bericht „Le navi romane del Lago di Nemi“ in: L’Illustrazione Italiana, Nr. 8, S. 992 (im FA Evers – Karsten Evers erhielt eine Kopie d ­ ieses Artikels von Elena Franchi). 762 Archiv KHI, Varia I, Kunstschutz, Ucelli an Evers, 29.9.1944, mit Vermerk Heydenreich vom 20.1.1945. – Nicht weiter ausgewertet werden kann hier das Faszikel Ucelli-­Wittgens (im Archiv KHI, Varia I), in dem Heydenreichs nachdrück­liche Bemühungen von August bis Oktober 1944, eine Entlassung bzw. „Enthaftung“ der vom SD Mailand inhaftierten Bruna Ucelli und der Direktorin der Pinacoteca di Brera in Mailand, Fernanda Wittgens, zu erreichen, dokumentiert sind (vgl. Ghibaudi 2012, S. 134, mit Verweis auf die Cartella „Wittgens Fernanda“ im Archivio Corrente der Mailänder Soprintendenza per i Beni Storici Artistici ed Etnoantropologici). Erwähnt sei nur, dass Heydenreich sowohl die Botschaft in Fasano (Konsul Wolf ) als auch in Mailand (Generalkonsul von Halem) sowie Albert Prinzing für eine Unterstützung zu mobilisieren sucht; besonders hingewiesen sei auf ein langes und argumentativ bemerkenswertes Schreiben des Mailänder Generalkonsuls von Halem vom 19.8.1944 (5 Seiten) an „Lieber Kamerad Rauff“, womit kein anderer als der Gruppenleiter II D des RSHA, Kommandeur der für die „Partisanenbekämpfung“ verantwort­lichen Gruppe „Oberitalien-­West“ des SD, SS-Standartenführer Walther Rauff (1906 – 1984), gemeint ist (dessen Agententätigkeit für den Bundesnachrichtendienst in den Jahren 1958 bis 1962 erst 2011 vom BND bestätigt worden ist). – Vgl. ergänzend DHI Rom, Archiv, N 9, Nr. 8, Heydenreich an Wolf, 19.8.1944, und Heydenreich an Prinzing, 18.9.1944, beiliegend „Aufzeichnung betreffend Verhaftung des Grossindustriellen Ing. Guido Ucelli und seiner Frau Carla, geb. Tosi.“ Weitere Angaben zu Carla und Bruna Ucelli wurden bisher nicht eruiert.

Hans Gerhard Evers  I  227

Gefangene erschossen worden waren) zu lebenslanger und vom Landgericht Hamburg 2002 zu sieben Jahren Haft verurteilt werden sollte (ein Urteil, das der Bundesgerichtshof 2004 wieder aufhob).763 Evers schreibt am 26. September 1944: Sehr geehrter Herr Sturmbannführer, Am 7. September machte ich Ihnen einen Besuch, um Sie nach der Münzsammlung des Königs zu fragen. Sie hatten keine genauen Unterlagen, glaubten aber etwas davon gehört zu haben, und sagten zu, bei gelegent­lichen Vorkommen mich zu benachrichtigen. Inzwischen habe ich bei einem Aufenthalt in Turin festgestellt, dass die gesuchte Münzsammlung sich in Cuneo 764 befindet, und zwar unter Aufsicht der dortigen faschistisch-­republikanischen Finanzbehörde. Damit ist die Nachforschung zum Ziel gekommen, und ich darf Ihnen für Ihren Anteil dabei vielmals danken. Das Weitere mögen nun die Vorgesetzten veranlassen. Inzwischen habe ich vom italienischen Landesdenkmalamt Genua gehört, es sei ein SS-Offizier beim Dr. Pastorini von der Stadtverwaltung Genua gewesen und habe um eine Liste der geborgenen Kunstwerke und die Angabe des gegenwärtigen Bergungsortes nachgesucht. Ein anderer Offizier habe später eine Liste der beschädigten Bauwerke verlangt. Die Genueser Behörden ­seien über das erste Nachsuchen beunruhigt. Ich nehme an, dass der Auftrag zu dieser Nachforschung durch meinen Besuch bei Ihnen ausgelöst ist, und ich möchte Sie deshalb davon unterrichten, dass die bewusste Sammlung inzwischen an anderem Orte gefunden ist. Wir lassen im übrigen die Italiener bei ihrer [sic] Bergungen nach Mög­lichkeit allein arbeiten, um auch den Anschein zu vermeiden, als wollten wir etwas davon beschlagnahmen. Ich habe nie in Genua noch an anderen Orten eine Liste der geborgenen Werke angefordert, sondern nur mich über die Bergungsorte informiert, um sie schützen zu können. Die Folge ­dieses Verhaltens ist, dass die Italiener Vertrauen haben, und sich auch in dem vorliegenden Falle an mich gewendet haben. Ich habe ihnen geantwortet, die Angelegenheit möge in der Schwebe gehalten werden, bis ich mit Ihnen habe Fühlung nehmen können, – was 763 Vgl. Gisela Friedrichsen, Krieg ist nicht human, in: Der Spiegel, 2002, Heft 23, S. 58 und 60; Presse­ mitteilung des BGH vom 25.6.2004 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-­bin/rechtsprechung/ document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=88e3f96100662b3dff8b618a1471475a&anz=1&pos=0&n r=32208&linked=pm&Blank=1 [Zugriff am 1.11.2017]). 764 Es ist unklar, wie lange die Sammlung dort – rund 75 km süd­lich von Turin – verblieben ist. In einem Zeitungsbericht vom 29.5.1945 (Neues Österreich, S. 2, als PrA in: Wienbibliothek im Rathaus, Tagblattarchiv, Tagblatt Sachmappen TS 3353 – freund­licher Hinweis Meike Hopp, München) heißt es: „In S ü d t i r o l werden immer neue Schätze aufgefunden, die von den Nazis dorthin verschleppt worden waren. Es handelt sich insbesondere um Gegenstände, die aus I t a l i e n stammen und einen Wert von hunderten Millionen Pfund repräsentieren. Erst dieser Tage wurden in einer Bergschlucht die i t a l i e n i s c h e n K r o n j u w e l e n , die berühmte M ü n z s a m m l u n g d e s K ö n i g s V i k t o r E m a n u e l sowie eine große Anzahl wertvoller G e m ä l d e und anderer Kunstwerke aus allen Städten Italiens sichergestellt.“

228 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

hiermit geschieht. Ich wiederhole, vermut­lich ist die Sache durch die Nachricht von Cuneo schon erledigt. Mit besten Grüssen Heil Hitler! Ihr Evers M. V. R.765

Diese Gratwanderung – von fast schon fatalistischer Ergebenheit gegenüber dem, was nun „die Vorgesetzten veranlassen“ mögen, und dem Beharren auf Red­lichkeit, was bis zur höf­lichen, aber deut­lichen Distanzierung von Engels Vorgehensweise geht – erscheint sehr charakteristisch für Evers’ Arbeit. Das Bild von Evers, das wir aus seinen dienst­lichen Briefen und Berichten erhalten, ist das eines manchmal pedantischen, besserwisserisch 766 und bisweilen überkorrekt wirkenden Militärbeamten, jedoch nicht – wie er verkürzt charakterisiert wurde – eines typischen „NS-Forscher[s]“767. Er vertritt seine Überzeugungen und Standpunkte mit Verve und zeigt meist wenig diplomatische Eleganz oder Finesse. Zugleich fällt die große Geradlinigkeit, die sich in schlechten Momenten als unversöhn­liche Halsstarrigkeit äußert, auf. Ungeachtet oder auch gerade wegen dieser Charakteristika wird man dem Kunsthistoriker gleichwohl eine große Aufrichtigkeit attestieren müssen. Weder doppelzüngig noch ideologisch verbohrt, ist er auch nicht an persön­licher Bereicherung interessiert. Die Strukturen, Prämissen und Ziele der Militärverwaltung werden von ihm anerkannt, befolgt und ausgefüllt – nicht mehr, nicht weniger.

5.5 Ludwig Heinrich Heydenreich und Herbert Siebenhüner in Florenz (November 1943 bis Juni 1944) „Ueber die Sammlung und Bibliothek Berenson schreibe ich Ihnen morgen genau. Die Angaben, die Herr Angerer [Josef Angerer, Agent von Göring] gemacht hat, sind unrichtig,

765 CIR, 235, Settembre 1944, Evers an Engel, 26.9.1944. 766 So regt er sich darüber auf, wieso die italienischen Behörden das Museum über dem Sepolco dei Volumni in Perugia, das direkt an einer bombengefährdeten Bahnlinie liege, nicht selber in die etruskischen Grabkammern, „ein idealer Luftschutzkeller“, verbracht habe: „Der Unterzeichnete hat Anweisung gegeben, dass die Gegenstaende des Museums in die leeren Grabkammern zu verbringen ­seien. Es ist ein besonders krasser Fall fuer die oft gemachte Erfahrung, dass es eines besonderen Anstosses bedarf, ehe auch die einfachste und praktischste Sicherung von wertvollem Kunstgut durchgefuehrt wird. Ob die Anordnung befolgt wird, muss bei einem naechsten Besuch festgestellt werden.“ PA AA, Rom Vatikan, 998, Bericht über die Besichtigung am 8.3.1944. 767 So Bohde 2008, S. 197.

Ludwig Heinrich Heydenreich und Herbert Siebenhüner  I  229

da der genannte Besitz bereits seit Jahren als Stiftung der Harvard-­University vermacht worden ist.“768 In Florenz ist Ludwig Heinrich Heydenreich neben der kommissarischen Leitung des KHI zugleich ehrenamt­licher Mitarbeiter des Kunstschutzes (was ihn stärker vor der Einberufung schützt als Ersteres, da das Institut ja offiziell geschlossen worden war).769 De facto geht der „Abtransport der Bibliothek des deutschen Kunsthistorischen Institutes“ einher mit der Einrichtung der „Dienststelle der Abteilung ‚Kunstschutz‘ in Florenz“.770 Paradoxerweise gehört zu Heydenreichs ersten Aufgaben, eben die Schließung und den „Rücktransport des Instituts“ in die Wege zu leiten, wie es in einem Brief an Zimmermann vom 16.­ ­Oktober 1943 heißt.771 768 CIR, 236, Maggio 1944, Heydenreich an Langsdorff, 25.4.1944. – Dieser Auffassung schließt sich Langsdorff am 18.5.1944 (ASAAD, Ordner Copie Documenti Tedeschi (3), rote Mappe „Collezioni Kress Loeser Voigt Berenson Fedele“) an: In einem an „Herrn SS.Sonderführer W e i g l e / Beim Befehlshaber der Sicherheitspolizei / und des SD in Italien / Ve r o n a / Corso Vittorio Emanuele 11“ gerichteten Schreiben mit dem „Betr.: Bibliothek und Kunstsammlung Berenson“ und dem „Bezug: Schreiben des BdS in Italien vom 15.4.1944“ erläutert er, da „der ganze Besitz […] unter Sequester gestellt [sei], gilt [er] bis auf weiteres als Besitz des italienischen Staates und wird von ­diesem verwaltet. Eine Sicherstellung im Sinne des Vorschlags von Herrn Angerer scheint mir aus den dargelegten Gründen nicht durchführbar. Die gemachten Angaben habe ich vom ört­lichen Soprintendenten und dem staat­lichen Sequestrator, Avv. Serlupi.“ – Zu Angerer siehe Hollmann, März 2014. 769 Archiv KHI, KHI A I, 26, Korr. 1941 – 44, B, Heydenreich an Berger, 17.1.1944: „Angesichts des Aufhörens unserer wissenschaft­lichen Arbeit, habe ich sogleich wie ich mein Amt übernahm, den Schwerpunkt unserer Tätigkeit auf den Kunstschutz gelegt; zunächst aus eigener Initiative, dann (seit Ende November) offiziell als Referent des militärischen Kunstschutzes beim Bevollmächtigten General in Zusammenarbeit mit Prof. Evers, der ja als Kunstschutzbeauftragter für ganz Italien beim Bevollmächtigten General tätig ist.“ Vgl. CIR, 237, Novembre 1944, Schreiben Wehrbezirks-­Kommando … [unleser­lich] an Chef der Militärverwaltung in Italien, Abt. Kunstschutz, 25.11.1944: „Heydenreich wird für die dortige Dienststelle bis zum 31.1.45 unabkömm­lich gestellt. Mit einer Verlängerung dieser Uk.-Stellung kann nicht gerechnet werden, falls die Nachuntersuchung, der Heydenreich sich Anfang Januar 1945 unaufgefordert unterziehen muß, ergeben sollte, daß der Genannte einsatzfähig ist. Es wird Ihnen daher aufgegeben, Heydenreich zu Anfang Januar 1945 einem Truppenarzt vorzustellen, der die Nachuntersuchung vornimmt und das Ergebnis nach hier mitteilt.“ 770 Archiv KHI, Varia I, Kunstschutz Berichte, Bericht Evers vom 22.2.1944 „ueber den Aufenthalt von MVR. E v e r s in Oberitalien.“ – Vgl. DHI Rom, Archiv, N 9, Nr. 5 (Bl. 23): „Aufzeichnung über die Sicherstellung ds Kunsthistorischen Instituts in Florenz“ (Durchschlag, 3 Seiten), 8.11.1943, nicht gezeichnet, mit hoher Wahrschein­lichkeit von Wolf, der argumentiert, weshalb der Transport nach Deutschland nicht sinnvoll sei. 771 SMB -ZA, III /VKI 34, Heydenreich an Zimmermann, 16.10.1943. Bereits Kriegbaum hatte versucht, Schließung und Abtransport zu verhindern, so Freiherr von Bissing an Zimmermann, 23.9.1943

230 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Tatsäch­lich versucht Heydenreich in zahlreichen Schreiben, in denen er ­verschiedene Argumente (Transportgefahren, militärische, recht­liche, wissenschaft­liche und kulturpolitische Gründe) geltend macht, den Transport ins Reich zu verhindern und schlägt entweder den Vatikan oder eine Villa des Marchese Serlupi als „Unterbringungsorte“ vor.772 Doch die bereits verpackten Bestände werden vom 16. bis 18. Februar verladen und am 21. und 22. Februar 1944 auf den Weg zur Saline Kochendorf bei Heilbronn geschickt. Noch in Heydenreichs rückblickender Zusammenfassung „Bericht über die Bergung des Instituts nach Deutschland“ vom 24. Mai 1944 (12 Seiten) werden vornehm­lich die Gründe resümiert, die für einen Verbleib in Florenz sprachen.773 Ungleich vertrauter mit der wissenschafts- und kulturpolitischen Situation in Italien, arbeitet Heydenreich auf ganz andere Weise als MVR Evers: einerseits wesent­lich konzilianter und zugleich viel stärker in der Florentiner Szene vernetzt, wobei seine enge Beziehung zu Giovanni Poggi hervorgehoben werden muss, andererseits sehr in der aktiven Ausgestaltung der deutschen „Gegenpropaganda“ engagiert, diese selbstständig mit eigenen Ideen und Vorschlägen bereichernd. Wie auch Evers ist Heydenreich oft bemüht, Unterstützung und Hilfe zu gewähren oder zu organisieren, wobei er geschmeidiger und viel strategischer agiert als jener. Im Falle von Berenson geht sein Entgegenkommen so weit, dass er als Vorsichtsmaßnahme sogar jene Aufnahmen in der Photothek des KHI, aus denen auf die bereits versteckten Bilder in Berensons Sammlung hätte geschlossen werden können, entfernte und ein neues Inventar erstellen ließ. Im Juni 1944, so Berenson, hätte Heydenreich „on receiving official orders to have my pictures and other works of art packed up and sent north, managed to (SMB -ZA , III /VKI 3). Eine Woche später – Kriegbaum war schon verstorben, was Bissing nicht wusste – formuliert Bissing Zimmermann gegenüber sogar ein Junktim: „Wenn Sie auf dem Abtransport der Bibliothek aus Florenz bestehen entgegen dem sachverständigen Urteil Prof. Kriegbaums und nicht vorher ein Gutachten des die florentiner Verhältnisse genau kennenden Deutschen Konsuls Dr. Wolf einholen […] dann blieb[e] mir nur übrig aus dem Vorstand des Vereins auszuscheiden […].“ 772 SMB-ZA, III/VKI 34, Heydenreich an Zimermann, 10.11.1943, 5 Seiten; Siebenhüner an ­Zimmermann, 16.11.1943, Heydenreich an Zimmermann, 16.12.1943, 3 Seiten, mit nochmaligem Appell, ungeachtet des „Befehls“ an die römischen Institute, „nach Norden zu bergen“, für das KHI einen Verbleib in Florenz zu erwägen: „Siebenhüner, in dem ich einen prachtvollen Kameraden und unermüd­lichen Helfer habe, teilt nach allen letzten Erfahrungen und Eindrücken meine Ansicht jetzt auch. […] Wir sind die Treuhänder des Instituts – in Bezug auf seine moralischen und materiellen Werte ‒, und wir werden nicht nur gegenwärtig, sondern unser Leben lang über unsere Entschlüsse und Handlungen Rechenschaft ablegen müssen.“ Es folgt ein Satz von Heydenreich, der eine Andeutung von Insubordination gegen über dem Vorsitzenden Geheimrat Zimmermann enthält: „Darum aber wird auch nichts geschehen, was nicht zu verantworten ist.“ 773 SMB -ZA , III /VKI 34; den Bericht vom 24.5.1944 schickt Heydenreich am 29.5.1944 an Ernst ­Friedrich Bange.

Ludwig Heinrich Heydenreich und Herbert Siebenhüner  I  231

create so many difficulties, by insisting on the agreement of the Italian sequestration office, that finally there was no time left to do anything about it.“774 Wie im vorhergehenden Abschnitt sollen hier nicht die Bemühungen um die Schaffung von „Lazarettstädten“ und „offenen Städten“775 oder die Zusammenarbeit mit der Organisation Todt, vermittelt durch Herbert Siebenhüner, etwa in der Errichtung eines Splitterschutzes für die Scrovegni-­Kapelle 776 oder die Erfolge („Die Kosten fuer diese Aktion soll nach Entscheidung des Reichsführers SS die deutsche Forschungsgemeinschaft tragen“777), Probleme und Misserfolge der Abt. Archiv- und Bibliotheksschutz 778 geschildert werden, sondern die Handlungsweisen. 774 Berenson 1952, S. 381. 775 Ausführ­lich dokumentiert in der Akte PA AA, Rom Vatikan, 998. 776 CIR, 237, Ottobre 1944, ausführ­licher „Aktenvermerk zum inneren und äusseren Splitterschutz in der Capella Scrovegni in Padua“ von Siebenhüner, 17.10.1944, Typoskript (4 Seiten mit Chronologie der Planungen und der Beschaffung von Materialien und Arbeitskräften), sowie Nachtrag vom 18.10.1944: „Dr. L. B. [Otto Lehmann-­Brockhaus] bestätigt als Teilnehmer des Gesprächs vom 5.10.44 bei der OBL IX, dass die Errichtung des äusseren Splitterschutzes als ‚unzeitgemässe Veranstaltung‘ bezeichnet wurde, und dass Oberbauleiter Buchner weder Arbeiter noch Materialien für die Durchführung des Baus zur Verfügung stellen könne.“ 777 ASAAD , Ordner Copie Documenti Tedeschi 1bis, rote Mappe „Roma Velletri Cerveteri Cavi Ninfa Frascati“, „Professor Dr. Theod. Mayer / Präsident des Reichsinstituts fuer / aeltere deutsche Geschichtskunde und / Direktor des deutschen historischen / Instituts in Rom / Verona, den 5. April 1944 / Gedaechtnisschrift / ueber eine Besprechung vom 3.4. v. 22 – 23.30 Uhr im Dienstzimmer von Sturmbannführer Dr. Turowski bei BdS in Verona“. 778 Die Darstellung von Klöckler 2006 – dem Matheus 2010, S. 50 – 51, weitgehend folgt – bedarf m. E. einiger Modifikationen; mir erscheint beider These, Theodor Mayer habe gegenüber Himmlers Anordnung, „die italienischen Archive unter deutsche Kontrolle zu bringen und bedeutende Zeugnisse für die deutsche Geschichte ins Reich zu transportieren […] eine Obstruktionspolitik betrieb[en]“ (Matheus 2010, S. 50), nicht völlig überzeugend. – Eine gründ­liche Darstellung der beiden Abteilungen Bibliotheksschutz und Archivschutz der Militärverwaltung erscheint trotz der Vorarbeiten von Klinkhammer und Klöckler weiterhin als ein Desiderat. – Vgl. AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1719, AA an REM, 14.6.1944 (Abschrift in Brief REM an KWG, 30.6.1944): „In Übereinstimmung aller beteiligten Dienststellen war vorgesehen, dass die an den deutschen wissenschaft­lichen Instituten in Rom tätigen Wissenschaftler und Angestellten nach Durchführung des Abtransports der Bibliotheken dieser Institute nach Deutschland zurückkehren sollten, und nur in Bezug auf das Deutsche Historische Institut hatte ich mich damit einverstanden erklärt, dass ­dieses sich an der Durchführung einer photographischen Aufnahme von Urkunden in italienischen Archiven beteiligt, die frühere deutsch-­italienische Beziehungen betreffen. Ich bitte um Mitteilung, ob tatsäch­lich die Angehörigen der beiden K ­ aiser-­Wilhelm-­Institute, des Archäologischen Instituts und des Deutschen Historischen Instituts in Rom Italien verlassen haben und bemerke, dass einem weiteren Aufenthalt dieser Personen in Italien von hier aus nur

232 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Grundsätz­lich sah die Arbeitsteilung ­zwischen Heydenreich und Siebenhüner ab März 1944 so aus, dass Ersterer eher für die beweg­lichen Kunstwerke, Letzterer stärker für den Schutz ortsfester Denkmäler zuständig war. Von November 1943 bis März 1944 hätten sie gemeinsam, so Siebenhüner in einem längeren Rechenschaftsbericht vom 1. Juni 1945, in Zusammenarbeit mit den Soprintendenze von Florenz, Siena, Pisa und Lucca den ausgelagerten staat­lichen Kunstbesitz in den Palazzo Pitti verbracht.779 Ab März 1944 habe Siebenhüner „mit Einverständnis“ von Langsdorff den Schutz der ortsgebundenen Kunstdenkmäler in Form der Errichtung von Schutzbauten alleine weitergeführt, wobei er ein Referat namens „Ref. Technik“780 geführt haben will (das aber außer in Siebenhüners Bericht nach Kriegsende nie als solches in den Unterlagen erscheint 781). Diese Schutzbauten ­seien „grundsätz­lich nur als Splitter- und Brandbombenschutz geplant“ worden, doch selbst in dieser reduzierten Form habe es mannigfaltige Schwierigkeiten der Ausführung gegeben „wegen lokaler Arbeiterabwanderungen, die entweder durch die Partisanen-­Bewegung oder durch die vorübergehende Einziehung von Arbeitskräften durch die Deutsche Wehrmacht oder durch die allgemeine Luftgefährdung und andere Gründe hervorgerufen wurden.“782 Die konkrete Durchführung der Schutzmaßnahmen habe – gemäß Rahns Kollaborationspolitik, wäre hier zu ergänzen – „vollständig in den Händen der Soprintendenza ai Monumenti“ gelegen, doch „alle beschlagnahmten Baumaterialien wie Zement, Kalk, Voll-, Hohl- und Klosterziegel, Bau- und Schalhölzer, sowie Bretter zum Verpacken von Kunstwerken stellte die Organisation Todt, Einsatzgruppe Italien.“783 Unterdessen stand Siebenhüner offenbar in einer (Publikations-)Verpf­lichtung gegenüber Hermann Giesler, dem Generalbaurat für die Neugestaltung Münchens, der „Hauptstadt der Bewegung“ – anders ist ein unleser­lich datiertes Schreiben von Langsdorff an Giesler (wohl im Juli 1944) nicht zu erklären, denn dort heißt es: „Sollte er [Siebenhüner] durch diese[n] aktuellen Einsatz [im Kunstschutz, als „Verbindungsmann zur Organisation Todt“]

zugestimmt werden könnte, wenn sie dort eine kulturpolitische wichtige und vom Auswärtigen Amt genehmigte Tätigkeit ausüben.“ 779 CIR, 238, Mappe „Kunst-­Schutz Bericht XXXVII Dr. H. Siebenhüner“; auf dem Titelblatt des Typoskripts, dem 6 nicht gezählte Seiten folgen: „B e r i c h t / über / Massnahmen des / deutschen Kunstschutzes / in Italien / vorgelegt von / Dr. Herbert Siebenhüner / Chef-­Assistent am Deutschen Kunsthistorischen / Institut in Florenz“; auf der letzten Seite unterschrieben und datiert „Corvara, am 1. Juni 1945“, hier S. 1. 780 CIR, 238, Mappe „Kunst-­Schutz Bericht XXXVII Dr. H. Siebenhüner“, S. 2. 781 Beispielsweise nicht in der „Übersicht über den Personalbestand“, in der Siebenhüner überhaupt nicht erwähnt wird (CIR , 235, Luglio 1944, Hauptabteilung Verwaltung an Chefabteilung, im Hause, Verona, den 8.4.1944). 782 CIR, 238, Mappe „Kunst-­Schutz Bericht XXXVII Dr. H. Siebenhüner“, S. 4. 783 CIR, 238, Mappe „Kunst-­Schutz Bericht XXXVII Dr. H. Siebenhüner“, S. 4 und 5.

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22  Florenz, Palazzo Pitti, Innenhof, Abladen der Nordtür des Florentiner Baptisteriums, Mai 1944, Fotograf unbekannt; der nicht uniformierte Herr in der Bildmitte, mit dem Rücken zum Betrachter, ist Heydenreich. Foto: ZI, Konvolut Kunstschutz, ZI-Pitti008.

weniger zu seiner wichtigen Arbeit an Brunelleschi gekommen sein, so bitte ich dies mit seinem Einsatz in Italien zu entschuldigen.“784 Als eine der Hauptaufgaben von Heydenreich darf der kurzfristige Rücktransport von einigen Dutzend Großbronzen und der Bronzetüren des Florentiner Baptisteriums mit einem Stückgewicht von bis zu fünf Tonnen aus einem Eisenbahntunnel bei Incisa nach Florenz in den Palazzo Pitti im Mai 1944 angesehen werden (Abb. 22).785 Diese Bergungsaktion, so Langsdorff in einem Lagebericht, sei „an Umfang und Bedeutung […] der von Montecassino gleichzusetzen.“786 784 CIR, 235, Luglio 1944, Langsdorff an Giesler, vermut­lich Juli 1944. 785 Einschlägige Vermerke und Berichte hierzu abgedruckt in Fuhrmeister, Griebel, Klingen und Peters 2012, S. 278 – 283, Dokumente 5 – 8. 786 CIR, 235, Settembre 1944, Langsdorff: „L a g e b e r i c h t für die Zeit vom 16.4.‒15.5.1944.“

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Wie umfangreich die Transportaufgaben in den Monaten Mai bis Juli 1944 waren, geht aus einer Liste hervor, die allein für „die wichtigsten Kunstschätze der Florentiner Sammlungen“ insgesamt 16 gefährdete Bergungsdepots aufführt, für die jeweils bis zu 20 LKW-Ladungen als Transportraum für die Rückführung benötigt wurden, derweil Soprintendente Poggi nur einen einzigen „Rohoel-­LKW“ zur Verfügung hatte – wäre dieser eine LKW nicht von der Militärverwaltung beschlagnahmt worden, wie Heydenreich notierte, der ebenso verzweifelt wie engagiert versuchte, Poggi zu unterstützen.787 All diese Aktivitäten fanden statt, während – unabhängig vom Kampf der regulären Fronttruppen – exzessive Gewalt- und Racheakte, Überfälle, Attacken, Repressionen und Repressalien, Geiselerschießungen und Vergeltungsmaßnahmen das Land, die Dörfer und die Städte erschütterten: Faschisten und Antifaschisten sowie Wehrmacht und Partisanen lieferten sich erbitterte Kämpfe. Die Quellen aus dem Umfeld der Abteilung Kunstschutz berichten kaum jemals von diesen Vorgängen. Nur punktuell scheint dieser Kontext auf, etwa in den langen Listen von Mitarbeitern der Soprintendenza all’Arte Medioevale e Moderna per la Toscana, für deren Rückstellung von der Einberufung sich Heydenreich vor allem von April bis Juli 1944 einsetzt,788 oder wenn Langsdorff Heydenreich am 24. Juli 1944 bescheinigt, dass er bis jetzt einen Waffenschein vom SD besessen hat, welcher inzwischen abgelaufen ist. Es wird gebeten, dem Vorgenannten einen neuen Waffenschein zum Führen einer Handfeuerwaffe ausstellen zu lassen. Er ist in der Abteilung Kunstschutz teils im Aussendienst tätig und bedarf für sich und das von ihm teils zu befördernde Material der Sicherheit, w ­ elche nur durch eine Handfeuerwaffe gewährleistet ist.789

Dieses Führen einer Waffe des SD (oder der Wehrmacht, jedenfalls zumindest auf Basis eines vom Sicherheitsdienst der SS ausgestellten Waffenscheins) ist auch deshalb ­bemerkenswert, weil Heydenreich nach wie vor – ähn­lich Siebenhüner 790 – nur als „unabkömm­lich gestellt“ 787 Archiv KHI, Varia III, Kunstschutz, [Heydenreich:] „Aktennotiz betreffend Bergungsaktion im Raume der Soprintendenza Florenz“, mit Schilderung der vom 2. bis 5.6.1944 unternommenen Versuche, Lastkraftwagen zu organisieren, sowie nicht datierte Liste mit den 16 Depots. Noch am 25.7. werden in einer anderen Liste 7 „mutmass­lich noch nicht abtransportierte Bergungsdepots“ aufgeführt (Dicomano, Gagliano, Scarperia, Montegufoni, Montagnana, Poppiano, Oliveto), ebenfalls 7 in einer weiteren Liste vom 18.8.1944 (Dicomano, Scarperia, Gagliano, Poppi, Soci, Pratolino, Poggio a Caiano), jeweils mit ­kurzen Angaben über den Inhalt der Depots. 788 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Mappe „Kunstschutz Rückstellungen“. Siehe dort auch Heydenreich an Bianchi Bandinelli, 26.5.1944: „z.Zt. […] meine Hauptbeschäftigung“ (Briefwechsel mit Bianchi Bandinelli in deutscher Sprache). 789 CIR, 235, Luglio 1944, Bescheinigung Langsdorff, 24.7.1944: „Diese Bescheinigung hat nur Gültigkeit zur Erlangung eines Waffenscheins beim SD.“ 790 CIR, 235, Agosto 1944, Deutsches Konsulat Florenz, Abwicklungsstelle Deutsche Botschaft Fasano/ Gardasee, an Abt. Kunstschutz in Lecco, 14.8.1944: Siebenhüner sei „bis zum 30.9.1944 Uk gestellt“.

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galt und ihm nach wie vor nur quartalsweise die Fortsetzung seines laufenden „Auslandsurlaubs“ genehmigt wurde.791 Diese unterschied­liche Stellung von Evers und Heydenreich – Ersterer als Militärverwaltungsbeamter, Letzterer als ehrenamt­licher Mitarbeiter – führte im August 1944 insofern zu einem kleinen Dissens, als der ambitionierte, auf institutionelle Strukturen hinarbeitende Heydenreich einen „Dispositionsplan der Dienststelle Heydenreich“ entworfen hatte.792 Erst auf Rückfrage, so Evers an Langsdorff, habe Heydenreich ihm erläutert, dass dieser Plan ein Archivplan [sei], nicht ein Arbeitsplan für die zukünftige praktische Arbeit. Natür­lich hatte ich mich gewundert, wieso die ganze Sparte „Praktischer Kunstschutz“, darunter auch der „Militärische Sektor“ zum Dispositionsplan der Dienststelle Heydenreich gehörten und wieso „Rom“ als „offene Stadt“ und „Assisi als Hospitalstadt“ unter den Dispositionsplan der Dienststelle Heydenreich gehören. Ich nehme aber an, daß das Ganze mehr für das Auswärtige Amt, als für uns bestimmt ist, und daß das Auswärtige Amt wissen wird, wo die entsprechenden Akten zu finden sind, und wer den Kunstschutz in Italien gemacht hat.793

Offenkundig sah Evers – der diese Aufgabe hauptamt­lich wahrnahm – zu d ­ iesem Zeitpunkt sich selbst (und Langsdorff) als denjenigen an, der maßgeb­lich „den Kunstschutz in Italien gemacht hat“, und befürchtete zugleich, dass diese seine Arbeit vom ehrenamt­lichen ‚Plänemacher‘ Heydenreich usurpiert werden könnte. In einer offiziellen „Dienstanweisung“ begründet und erläutert Langsdorff Anfang Juli 1944 die formale Umstrukturierung des Kunstschutzes. Dieses (bislang noch nie erwähnte) Schlüsseldokument sei hier ungekürzt wiedergegeben:

791 CIR, 235, Luglio 1944, Paraphe (vermut­lich Reidemeister) an Heydenreich, Außenstelle Mailand („Bergamo, den 31.7.1944“): Zustimmung für Auslandsbeurlaubung vom 1.7.‒30.9.44 – „Erneuter Urlaubsantrag muss von hier rechtzeitig Anfang September gestellt werden.“ – Vgl. CIR , 235, Settembre 1944, Langsdorff an Wehrbezirkskommando VIII , Berlin, 21.9.1944: Beantragt wird „Beurlaubung über 30.9.44 bis 31.3.45“, verbunden mit dem Hinweis, dass „Heydenreich an einem chronischen Magenleiden (klinisch und röntgenologisch nachgewiesene offene Magengeschwüre) erkrankt ist.“ 792 Der Plan befindet sich im Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz – abgedruckt als Dok. 1 in Fuhrmeister, Griebel, Klingen und Peters 2012, S. 269. 793 CIR, 235, Agosto 1944, Evers an Langsdorff, 23.8.1944.

236 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

D I E N S TA N W E I S U N G für die Abteilung Kunst-, Archiv- und Bibliotheksschutz.

Durch die Aufgabe von Rom am 6. Juni und die Räumung von Florenz am 19. Juni 1944 durch die Abteilung, ist der Sitz der Abteilung Kunst-, Archiv- und Bibliotheksschutz von Florenz nach Verona zum Chef der Mil. Verw. verlegt worden. Damit tritt die Abt. Kunstschutz, bisher in der Aussenstelle Rom des Bev. Gen., wiederum unmittelbar zum Chef der Mil. Verw., desgleichen der Direktor des deutschen kunsthistorischen Institutes in Florenz, der mit den Kunstschutzaufgaben in der Toscana beauftragt war. Durch die sogenannte grüne Linie ist der Arbeitsraum der Abteilung Kunst-, Archiv- und Bibliotheksschutz verkleinert worden, was eine Umgruppierung, teilweise Verminderung der Kräfte, aber auch neue Einsatzschwerpunkte nach sich zieht. Kunstschutz Daher wird MV Rat Prof. Dr. Evers, Referatsleiter für Kunstschutz, mit Dr. Lang (ehrenamt­ licher Mitarbeiter) beide bisher Aussenstelle Rom, Sitz in Mailand haben und den Westteil des verbleibenden Italiengebietes bearbeiten. Sein Arbeitsgebiet umfasst LK Mailand mit den Mil. Kdtren. 1005 (Turin), 1007 (Bussala), 1014 (Alessandria), 1016 (Bergamo), 1020 (Cuneo) und 1021 (Novara). Prof. H e y d e n r e i c h mit seinem Institutsassistenten Dr. S i e b e n h ü n e r (beide ehrenamt­ liche Mitarbeiter im Referat Kunstschutz) haben von Venedig aus 794 die laufenden Arbeiten des Kunstschutzes auszuführen und zwar im Gebiet der LK Verona und LK Bologna mit den Mil. Kdtrn. 1004 (Padua), 1005 (Ferrara), 1008 (Parma), 1011 (Brescia), 1015 (Lucca). Die Arbeiten des Kunstschutzes umfassen wie bisher: 1. Belegungsverbote und Sicherstellung von Villen, Schlössern, Burgen, Museen und Kunstdepots. 2. Rückführung bzw. Überführung gefährdeter Kunstwerke in zur Sicherung vorgesehene Bergungsdepots. 3. Ueberprüfung von Schutzbauten, bzw. Vorschläge zu ihrer Neuerrichtung von durch den Luftterror besonders gefährdeten Monumenten. 4. Aufnahme zerstörter Denkmäler. 5. Abwehr der feind­lichen Hetzpropaganda. Darüber hinaus ist Prof. Heydenreich besonders beauftragt, den schon in Florenz begonnenen systematischen Katalog der zerstörten Denkmäler Italiens fortzusetzen und dazu fotografisches Belegmaterial mit tun­lichst je 2 Fotos (Objekt vor und nach der Zerstörung) in Verbindung mit den Soprintendenzen und allen anderen dafür in Frage kommenden Stellen, vor allem mit dem A. A. zu sammeln; Dr. Siebenhüner, hat die Uebernahme aller ingenieur-­technischen 794 Tatsäch­lich nahm auch Heydenreich Dienstsitz in Mailand, allerdings mit anderem Aufgabenspektrum als Evers.

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Fragen zum Schutz der Bauten zu bearbeiten. MVR. Prof. Dr. Evers ist ständiger Stellvertreter des Abteilungsleiters und neben den unter 1 – 4 aufgeführten laufenden Arbeiten des Kunstschutzes beauftragt, die wissenschaft­liche Vorbereitung einer künftigen Publikation über den Kunstschutz in Italien zu übernehmen und die Erfahrungen des Denkmalschutzes in anderen Ländern dazu heranzuziehen. Archaeologie und Vorgeschichte MV Rat Prof. R e i d e m e i s t e r mit Dienstsitz Verona, hat die Ueberprüfung der Unterbringung der archäologischen und vorgeschicht­lichen Museen in Oberitalien wahrzunehmen und für notwendigen Abtransport gefährdeter Sammlungen zu sorgen. Soweit als mög­lich wird Presse und Propaganda für die Gesamtabteilung von ihm mit wahrgenommen. Archiv- u. Bibliotheksschutz Dr. L a n g mit Dienstsitz in Venedig, ist Herrn MVR. Prof. Dr. E v e r s zugeteilt und übernimmt den Archivschutz für Oberitalien. Dr. We i g l Sonderführer beim BdS, wird wie bisher beratend die Arbeiten des Archivschutzes unterstützen. Die bisherigen Mitarbeiter des Referates Prof. Dr. M a y e r, Prof. Dr. B o c k und Dr. O p i t z (ehrenamt­lich Mitarbeiter des Referats Archivschutz, bisher Florenz), sind mit sofortiger Wirkung ausgeschieden. Hptm. Z o b e l steht dem Abteilungsleiter im Innen u. Aussendienst zur Verfügung. Sein Arbeitsgebiet umfasst die innere Verwaltung einschl. der Aussenstellen Venedig und Mailand, Aufbau des Gesamtarchivs und die Bearbeitung der Bauvorhaben in Bezug auf das anzufordernde Material. Abwehr Die Erfahrungen des abgeschlossenen halben Jahres haben gezeigt, dass die Abteilung mit der Hetzpropaganda der Feindseite in kulturellen Fragen zu tun hat. Daher ist die Abwehr dieser Hetzpropaganda eine vordring­liche Aufgabe geworden. An der Abwehr ist das A. A. und OKH besonders interessiert. Die Leitung dieser Abwehr in Verbindung mit dem A. A. und OKH ist dem Abteilungschef selbst vorbehalten. [Unterschrift:] Dr. Langsdorff MVAbt. Chef [handschrift­lich:] 4.7.44795

Soviel diese Anweisung auch klärt, so viele Fragen werden damit aufgeworfen. So handelt es sich beim Passus zu „Archäologie und Vorgeschichte“ – der auch formal so behandelt wird, als sei dies eine eigene Abteilung gewesen, gleichwertig zu oder auf der gleichen Ebene angesiedelt wie der Kunst- oder der Archiv- und Bibliotheksschutz –, jedenfalls um eine der wenigen expliziten Erwähnungen d ­ ieses Arbeitsgebietes in Italien überhaupt. Zweitens 795 Archiv KHI, Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Dienstanweisungen“. – Ein weiteres Exemplar in Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz.

238 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

23  Berliner Illustrierte Nachtausgabe, Nr. 66, 18. März 1944, Titelseite. ARZI, Konvolut Heydenreich.

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24  Italienischer Kunstbesitz im Schutz unserer Wehrmacht, in: Berliner Illustrierte Nachtausgabe, Nr. 66, 18. März 1944. ARZI, Konvolut Heydenreich.

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ist meines Wissens weder in Westeuropa (Frankreich, Belgien) noch in Südosteuropa (Serbien, Griechenland) ein Sonderführer des BdS (Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes), also ein Mitarbeiter einer Außenstelle des Reichssicherheitshauptamts, in dieser Weise wie Fritz Weigle 796 in das Personaltableau des Kunstschutzes – wenn auch nur als „Berater“ – integriert worden. In unnachahm­licher Weise hat dies Wolfgang Hagemann wohl in den frühen 1950er Jahren so formuliert: Besonders günstig war auch die Tatsache, dass Dr. Weigle, Mitglied des Deutschen Historischen Instituts in Rom, damals als Dolmetscher dem Befehlshaber der Sicherheitspolizei in Verona zugeteilt war, und auf Grund seiner persön­lichen Kenntnisse der italienischen Verhältnisse sich häufig durch Einsatz seiner Person für die Kunstschutzfragen interessierte, so z. B. für den Transport der gesamten Archive Dalmatiens nach Venedig.797

Drittens ist in Italien schon im Frühjahr 1944 Propaganda bzw. Abwehr von Propaganda oder Gegenpropaganda ein Basso continuo der Kunstschutzarbeit auf allen Ebenen geworden. Dies ist an Meldungen mit geringem Informationsgehalt ebenso erkennbar 798 wie an der Beauftragung eines Berliner Presseausschnittdienstes (am 25. März 1944799) und beeinflusst 796 Die Forschungslage zu Weigle, der seit 1.11.1943 beim BdS in Verona als Mitarbeiter von SS-Sturmbannführer Dr. Ernst Turowski (1906 – 1986 – zu Turowski und seiner „nachrichtendienst­lichen Bearbeitung der deutschen Kulturpolitik“ wie der „außeruniversitären wissenschaft­lichen Institute“, siehe Lerchenmüller 2001, S. 30 – 31; Wildt 2003, S. 385, 390) tätig war, ist nicht befriedigend. Gemäß Rundschreiben des Chefs der Militärverwaltung vom 25. Februar 1944 stand „Für Fragen des Bibliothek- und Archivschutzes: Sonderführer Dr. Fritz Weigle beim Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD. in Verona (Corso Vittorio Emanuele Nr. 11 […]), für das nörd­liche Gebiet [Italiens] einschließ­lich des Bereichs der Mil. Kdtren Florenz und Lucca“ als „ehrenamt­liche Kraft zur Verfügung“, siehe Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz. – Klöckler 2006, S. 506 – 507, sieht in Weigle den Initiator eines großen Plans zur „Bergung und Sicherstellung“ italienischer Archive, der daraufhin „von Berlin aus befohlen“ und „frei­lich erst durch Himmler und seine Entourage eine wesent­liche Verschärfung [erfahren] und […] zum geplanten Raub“ geworden sei. Herde 2001, S. 90 – 92, hier S. 91, gibt an, Weigle sei nach dem 8.9.1943 „zu seinem Unglück nicht zur Wehrmacht, sondern zur SS, speziell zum SD eingezogen worden“, was – wenn es zuträfe – der einzige mir bekannte Fall wäre, dass jemand „zum SD eingezogen“ worden wäre. – Ein relativ detaillierter Bericht „Italienischer Kunstbesitz im Schutz unserer Wehrmacht“, in: Berliner Illustrierte, Nachtausgabe, Nr. 66, 18.3.1944, S. 2 (Archiv KHI, Varia III, Mappe „Zeitungsausschnitte“), nennt als „Sachbearbeiter für den Archivschutz der Leiter der Außenstelle Verona Dr. Weigel [sic]“. 797 DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 308, Wolfgang Hagemann: „Bericht über die Organisation und Tätigkeit der mit Kunst- und Archiv-­Schutz während des Krieges in Italien beauftragten deutschen Dienststellen“, S. 15. 798 Mehrere Beispiele in ARZI, Konvolut Heydenreich, Mappe 26, Kunstschutz, Presse. 799 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Auftragsbestätigung des Berliner „Argus“-Nachrichten-­ Bureau an „Dienststelle Heydenreich“, 4.4.1944.

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die täg­liche Arbeit auch in Gestalt der „wissenschaft­lichen Vorbereitung“ der geplanten „Publikation über den Kunstschutz in Italien“ (Abb. 23 und 24). Hier zeigt sich ein erneut ein Unterschied zum Militärischen Kunstschutz in Frankreich, wo die alliierten Luftangriffe und die Zerstörung von Baudenkmälern erst im Mai und Juni 1944 eine Zuspitzung erfuhren, was zu einer ähn­lichen Dokumentationskampagne dieser Schäden führen sollte, jedoch aufgrund der bald folgenden Invasion nicht mehr realisiert wurde und in den Ansätzen steckenblieb.800

5.6 Ein Revirement und seine Folgen: Alexander Langsdorff „In der Anlage sende ich Ihnen auch einen ganz wichtigen Erlass über Judenvermögen, den zur Hand zu haben in Zweifelsfällen immer gut sein wird. Damit ist so wilden Sachen wie in Paris ein für allemal der Riegel vorgeschoben.“801 Mit diesen mehr andeutenden denn enthüllenden Worten grenzt SS-Standartenführer Alexander Langsdorff, theoretisch seit Dezember 1943, tatsäch­lich erst ab Mitte Februar 1944 Leiter des Militärischen Kunstschutzes in Italien, gegenüber der „Außenstelle Rom des Bevollmächtigen Generals der Deutschen Wehrmacht in Italien – Verwaltungsstab –“ in Person des Kunsthistorikers Hans Gerhard Evers im April 1944 die Arbeit des Kunstschutzes von den Aktivitäten des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg ab, der unter anderem in Frankreich vermeint­lich herrenlose jüdische Privatsammlungen beschlagnahmt hatte. Langsdorff nimmt dabei nicht nur Bezug auf seine persön­liche Beteiligung an diesen Auseinandersetzungen ­zwischen der Militärverwaltung und dem ERR in Paris in der ersten Jahreshälfte 1941.802 800 Archives Nationales, AJ 40/444, Der Militärbefehlshaber in Frankreich, „Lagebericht über Verwaltung und Wirtschaft für den Monat Juni 1944, Paris, den 13. Juli 1944, Geheim!“, zitiert nach http://www.ihtp.cnrs.fr/prefets/fr/content/lagebericht-­juni-1944-mbf [Zugriff am 1.11.2017]: „In Verbindung mit der Propaganda-­Abteilung Frankreich und der franz. Kunstverwaltung ist eine Inventarisation der durch den anglo-­amerikanischen Luftterror verursachten Schäden an historischen Baudenkmalen (z. B. in Rouen, Orléans, Angers usw.) begonnen worden; sie wird laufend weitergeführt. Wie wichtig eine ­solche Dokumentation für die Zukunft ist, zeigt das Beispiel Italiens, wo die Alliierten an den durch ihre eigenen Luftangriffe zerstörten Baudenkmalen im Süden des Landes Schilder haben anbringen lassen mit der Aufschrift: ,Zerstört von den Deutschen!‘. Angesichts der intensiven anglo-­amerikanischen Propaganda mit ihrer grossangelegten Kunstschutzkommission in Italien ist auf Anfordern [sic] dem Auswärtigen Amt zum Zwecke einer wirksamen Gegenpropaganda Material über die bisherige Tätigkeit des deutschen Kunstschutzes zur Verfügung gestellt worden.“ 801 CIR, 236, Aprile 1944, Langsdorff an Evers, 28.4.1944. 802 Siehe Fuhrmeister 2012a, S. 21, wo Langsdorffs Brief vom 28.4.1944 bereits zitiert und ansatzweise kontextualisiert worden ist.

242 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Vielmehr liegen die Wurzeln dieser Konfrontation in erbitterten NS-internen Kämpfen um Deutungs- und Gestaltungshoheit im Bereich der Vor- und Frühgeschichte in der Mitte der 1930er Jahre vor allem z­ wischen Reichsführer SS Heinrich Himmler und Reichsleiter Alfred Rosenberg, dem „Beauftragten des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschau­lichen Schulung und Erziehung der NSDAP“, bei denen Langsdorff keine unwesent­liche Rolle spielte.803 Man wird nicht fehlgehen, die Gründe für die oben zitierte Distanzierung Langsdorffs von den „wilden Sachen wie in Paris“ auch in dieser fast zehn Jahre zurückliegenden, sowohl genuin wissenschaft­lichen als auch organisatorischen und institutionellen Frontstellung (aufgrund welcher es auf Seiten der SS dann zur Gründung des „Ahnenerbes“ am 1. Juli 1935 kam) zu lokalisieren. Trotz grundsätz­licher ideologischer Übereinstimmung z­ wischen SS und „Amt Rosenberg“ wurden ihre – selbst für die prinzipielle Polykratie des nationalsozialistischen Regimes ungewöhn­lich scharfen – Auseinandersetzungen zu keinem Zeitpunkt beigelegt, sondern permanent erneuert. Es ist meines Erachtens Langsdorffs starke (und womög­lich bedingungslose) Verankerung in der SS, die Übereinstimmung mit deren Selbstverständnis als Elite und idealer Verkörperung der nationalsozialistischen Weltanschauung, die seine Abgrenzung gegenüber dem ERR motiviert. Mit Alexander Langsdorff wird jedenfalls ein Geisteswissenschaftler Leiter des Militärischen Kunstschutzes in Italien, dessen Wahl in einiger Hinsicht erklärungsbedürftig ist. Denn Langsdorff war kein Kunsthistoriker, sondern Archäologe sowie Vor- und Frühgeschichtler – dennoch wurde er Leiter der Abt. Kunst-, Bibliotheks- und Archivschutz in einem Land, in dem – anders als in Frankreich oder Griechenland – die Militärverwaltung kein eigenes Referat für Archäologie oder für Vor- und Frühgeschichte eingerichtet hatte, obwohl sowohl die ubiquitären Bodendenkmäler des römischen Imperiums als auch beispielsweise die Relikte langobardischer Herrschaft dies mehr als gerechtfertigt hätten. In seiner Amtszeit spielten wiederum Fragen vorgeschicht­licher Altertümer kaum eine Rolle – obwohl Langsdorff in einer „Übersicht über den Personalbestand“ von Anfang April 1944 als „Abt.-Leiter zugleich Ref.-Leiter f. Vor- und Frühgeschichte“804 bezeichnet wird, doch spezielle Aktivitäten oder gar Schutz- oder Transportmaßnahmen in dieser Hinsicht sind so gut wie nicht überliefert (was indes nicht bedeutet, dass es sie nicht gegeben hat). Eine Ausnahme ist ein direkt an Himmler gerichtetes Schreiben vom 19. Juli 1944, in dem er einschlägige Argumente für die „Erhaltung der Stadt Ravenna“ (nicht aber für die Klassifizierung von Ravenna als „offene Stadt“) vorbringt.805 Die Mög­lichkeit, dass gerade d ­ ieses Engagement im Bereich der ­­Vor 803 Hier sei auf die entsprechenden Ausführungen von Kater 2006, S. 20 – 24, und Bollmus 2006, S. 167 – 168, 186 – 189, verwiesen. 804 CIR , 235, Luglio 1944, Hauptabteilung Verwaltung an Chefabteilung, im Hause, Verona, den 8.4.1944. 805 CIR, 235, Luglio 1944, Langsdorff an Reichsführer SS Himmler, 19.7.1944 (mit Vermerk: „Das g­ leiche Schreiben wird zugeleitet: Herrn Botschafter des Grossdeutschen Reiches / bei der faschistisch-­

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und Frühgeschichte in der Eigendokumentation des Kunstschutzes gezielt unterschlagen wurde, ist frei­lich in Erwägung zu ziehen. Für Langsdorffs Berufung dürften zwei Faktoren ausschlaggebend gewesen sei: Zum einen die Verwaltungserfahrungen, die er vor allem in Berlin und Paris gesammelt hatte, zum anderen seine Laufbahn in der SS, die ihn in den Augen des SS-Obergruppenführers und General der Waffen-­SS Karl Wolff, Höchster SS- und Polizeiführer in Italien – Pate seines im Februar 1942 geborenen Sohnes 806 – fraglos auszeichnen musste und Gewähr für einen Einsatz in Wolffs Sinne bot. Hinzu kommt, dass Italien für Langsdorff keine Terra incognita war: Im März 1936 hatte er in Rom in der Villa Sciarra (am Sitz des am 12. Juni 1931 gegründeten und am 3. April 1932 eingeweihten Istituto Italiano di Studi Germanici) einen Vortrag über Ausgrabungen in Deutschland gehalten,807 und im Herbst 1936 in einer offiziellen Delegation der deutschen Polizei an der Seite von Heinrich Himmler, Reinhard Heydrich und Kurt Daluege (Stellvertreter Himmlers als „Chef der Deutschen Polizei“ im Reichsinnenministerium sowie „Chef der Deutschen Ordnungspolizei“) eine Italienreise unternommen, bei der er während seines Aufenthalts in Rom ­zwischen dem 16. und 22. Oktober 1936 auch Mussolini getroffen hatte.808

republikanischen Regierung / Herrn Oberbefehlshaber Südwest / A. O. K. 14 / A. O. K. 10 / Herrn Bev. General d. Dt. Wehrm. in Italien / Herrn höchsten SS u. Polizeiführer in Italien, Obergruppen­ führer Wolff“): „Die Stadt Ravenna ist als Stätte der Kunst von grösster allgemeiner Bedeutung. Darüber hinaus ist sie diejenige Stadt Italiens, die am meisten mit Deutschland verbunden ist. […] Dieser Theoderich der Grosse ist der Dietrich von Bern der deutschen Heldensage, seine Stadt Ravenna ist die Stadt Raben (‚Rabenschlacht‘) der Dietrichsage. […] Die Verbindung der Stadt Ravenna und ihrer Bauten mit Dietrich von Bern ist etwas völlig Einmaliges. Nur in Ravenna, nirgends sonst in der Welt, ist die deutsche Heldensage mit den von den Helden wirk­lich gebauten und heute wirk­lich erhaltenen Bauwerken verbunden. Etwas Gleiches gibt es weder für die Nibelungen, noch für irgendeinen anderen germanischen Sagenkreis. Daher steht Ravenna seit 500 Jahren im Blickpunkt der deutschen wissenschaft­lichen Forschung. Aus der Gegenwart sei erwähnt, dass auf Befehl des Reichsführers-­SS kurz vor und während d ­ ieses Krieges Ausgrabungen am Theoderich-­Grab stattgefunden haben, deren Ergebnisse eben veröffent­ licht werden.“ 806 BA B, R 1501/5140, Bl. 411 (Langsdorff an Wolff, 16.3.1942), Bl. 413 (Wolff [„Der Reichsführer SS / Der Chef des Persön­lichen Stabes / Führer-­Hauptquartier, den 11.3.42“] an Langsdorff ); vgl. Bl. 417 (Langsdorff an Wolff, 17.12.1941 [Dank für „Mietberechtigungsschein (…) sehr schöne Wohnung in Dahlem, die in Schweizer Besitz ist. Ich bin in den Mietvertrag des einstigen Besitzers, der schon zwei Jahre von Deutschland fern ist, eingetreten“]). 807 PA AA, Rom Quirinal, 1376/4. 808 Legendre 2009, S. 7, der auf einen Artikel im Schwarzen Korps verweist, der über diesen Besuch berichtet: Nr. 44, 29.10.1936, S. 3.

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Langsdorffs „polymorphe“ Persön­lichkeit, „à la fois fascinant et repoussant“809 – so die Einschätzung des französischen Archäologen Jean-­Pierre Legendre, der mit einem Artikel von rund zehn Seiten die bisher ausführ­lichste Biographie vorgelegt hat (eine fachgeschicht­liche Dissertation ist in Bearbeitung 810) – ist in der Literatur zum Kunstschutz in Italien bislang nicht näher ausgeleuchtet worden. Ein Brückenschlag zur mittlerweile recht intensiven fachgeschicht­lichen Forschung zur Vor- und Frühgeschichte sowie zur Archäologie im Nationalsozialismus ist indes schon deshalb erforder­lich, weil dort, von wenigen Ausnahmen abgesehen, Langsdorffs Tätigkeit im Kunstschutz kaum oder nur ungenau 811 behandelt wird. Als 17-jähriger Kriegsfreiwilliger nimmt Alexander Langsdorff ab März 1916 am E ­ rsten Weltkrieg teil, wird im Oktober 1916 mit dem Dienstgrad eines Fähnrichs von den Franzosen gefangen genommen und nach einem Fluchtversuch zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Nach vier weiteren Versuchen gelingt ihm im April 1919 in amerikanischer Uniform die Flucht. Von 1919 bis 1921 studiert er Landwirtschaft in Berlin, wo die Familie seit 1907 lebt, und von 1922 bis 1927 Vor- und Frühgeschichte sowie Archäologie und Alte Geschichte in Marburg und München.812 1923 nimmt er am Marsch auf die Feldherrnhalle in München teil. Bereits 1920 veröffent­licht er unter dem Pseudonym „Sandro“ einen Bericht über seine Inhaftierung und die Fluchten aus französischer Kriegsgefangenschaft, der 1934 in erweiterter Form und 1937 sowie 1942 erneut, nun versehen mit einem Geleitwort von 809 Legendre 2009, S. 1 und S. 10; S. 1 auch die Formulierung, er sei „sans doute un des destins les plus extraordinaires de l’historie et de l’archéologie“; Bollmus 2006, S. 168, spricht ähn­lich von einer „der merkwürdigsten Persön­lichkeiten in der Geschichte des Nationalsozialismus“. 810 Im Rahmen ihrer von Eckart Conze und Uta Halle betreuten Dissertation „Gero Merhart von Bernegg (1886 – 1959) und die Prähistorische Archäologie im Nationalsozialismus“ (Universität Marburg) beschäftigt sich Dana Schlegelmilch auch intensiv mit Alexander Langsdorff; bereits ihre Magisterarbeit von 2006 war Gero Merhart gewidmet. 811 So etwa bei Junker, Wieder 2005, S. 545, die Angabe, er sei „Kunstschutzoffizier in dem Deutschen Reich besetzten Gebieten (um 1943); Bollmus 2006, S. 168: „Am 1. Dezember 1943 übernahm er den ‚Kunstschutz‘ der Wehrmacht in Verona […]“; Leube 2007, S. 97: „Später war er leitend im Kunstschutz in Frankreich und in Italien eingesetzt.“ – Vgl. auch Wermusch 1991, S. 130: „Leiter des deutschen ‚Kunstschatzes‘ [sic] in Italien war seit Juli 1944 SS-Standartenführer Professor Alexander Langsdorff […].“ 812 In einem Lebenslauf vom 27. Juni 1935, der m. W. in der Langsdorff-­Literatur bisher nicht berücksichtigt wurde, nennt er als Hauptstudienfach „Deutsche Vorgeschichte. Daneben studierte ich Germanistik, Archäologie, Alte Geschichte und Geologie“. Lebenslauf Langsdorff in Archiv IfZ, ED 108, Bd. 1, gestempelte Blattzahlen 220 – 225, handschrift­liche Blattzahlen 247 – 252, hier Bl. 220/247. Langsdorff sandte diesen Lebenslauf am selben Tag an Staatsarchivrat Wilhelm Engel im Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung – dem er mitteilte, er fahre in den nächsten Tagen „wieder in Begleitung des Reichsführers fort, diesmal in die Kölner Gegend und nach der Wewelsburg“ (Bl. 219/246) –, woraufhin Engel am 3.8.1935 ein Gutachten über Langsdorff an „Herrn Minister“ sandte (Bl. 217-218/244 – 245).

Alexander Langsdorff  I  245

Heinrich Himmler, erscheint.813 Schon Langsdorffs militärische und politische Sozialisation, die teils vor, teils während des Studiums stattfindet, unterscheidet ihn somit markant von allen anderen Kunstschutzbeauftragten. 1927 wird er vom jüdischen Archäologen Paul Jacobsthal (1880 – 1957) in Marburg promoviert und geht als Wissenschaft­licher Hilfsarbeiter erst nach Kassel, dann an die Vorgeschicht­ liche Abteilung des Museums für Vor- und Frühgeschichte in Berlin.814 Mit einem Stipendium des Deutschen Archäologischen Instituts nimmt er 1930 und 1932 an Ausgrabungen unter anderem in Ägypten (Aniba) und Persien (Tall-­i-­Bakun bei Persepolis, geleitet von dem jüdischen Archäologen Ernst Herzfeld [1879 – 1948] 815) teil. Im Juni 1933 tritt er – mit einer Bürgschaft von Rudolf Heß 816 – in die NSDAP ein, im Oktober 1933 wird er SS-Anwärter. Am 1. Januar 1934 erhält Langsdorff die Kustodenstelle eines aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums entlassenen Kollegen am Staat­lichen Museum für Vor- und Frühgeschichte in Berlin und wird „nur zwei Monate später […] zum Professor ernannt“.817 Der Generaldirektor der Berliner Museen beauftragt ihn im April 1934 „mit der Auswertung der Museumsbestände im Sinne des nationalsozialistischen Bildungszieles.“818

813 Langsdorff 1920; Langsdorff 1934; Langsdorff 1937 (Himmlers Vorwort dort S. 5); Langsdorff 1942. Die biographischen Angaben vor allem nach Legendre 2007, Legendre 2009. 814 Von April 1927 bis März 1928 Museum Kassel, anschließend bis Sommer 1929 in gleicher Funktion in Berlin. Vgl. Bertram 2005, S. 163; Junker, Wieder 2005, S. 545. – Genauere Angaben in einem Schreiben des Hessischen Landesmuseums in Kassel vom 8.6.1955 an den Sozialhygieniker Hans Harmsen (1899 – 1989; 1939 Habilitation über „Mög­lichkeiten und Grenzen der Eugenik“), den die Witwe Marlis Langsdorff um Hilfe bei der Regelung von Pensionsansprüchen gebeten hatte, und der daraufhin umfangreiche Recherchen anstellte; demnach war Langsdorff vom 19.4.1927 bis 15.3.1928 in der Prähistorischen Abteilung der Staat­lichen Kunstsammlungen in Kassel beschäftigt, siehe BA K, N 1336/226 (Nachlass Harmsen). In einer „eidesstatt­lichen Erklärung zur Vorlage beim Pensionsamt Kiel“ vom 26.8.1955 gibt Harmsen an, dass Langsdorff im Anschluss an die Zeit in Kassel „in eine Assistentenstelle nach München [kam] und hat dort gleicherweise die Neuaufstellung der prähistorischen Abteilung durchgeführt.“ 815 Bei Bollmus 2006, S. 168, wird Herzfelds Vorname irrtüm­lich mit „Paul“ angegeben. 816 Legendre 2009, S. 5: „[…] sa candidature est parrainée par le dauphin d’Hitler lui-­meme, Rudolph [sic] Hess […]“. 817 Junker, Wieder 2005, S. 545. Vgl. Lebenslauf Langsdorff vom 27.6.1935 (Archiv IfZ, ED 108, Bd. 1, Bl. 222/249), demzufolge er mit Erlass des REM vom 9.12.33 „mit Wirkung zum 1. Januar 1934 zum Kustos bei den Staat­lichen Museen (Museum für Vor- und Frühgeschichte) und mit Wirkung zum 1. März 1934 zum Professor ernannt“ wurde. 818 So eine Anweisung vom 13.4.1934, zitiert nach Bollmus 2006, S. 168. Vgl. BA B, NS 15/256, Bl. 273, wo als Langsdorffs Dienstadresse am 19.11.1934 „Lustgarten, Altes Museum“ genannt wird; Savoy 2014, S. 40.

246 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Tatsäch­lich widmet sich Langsdorff kaum der Museumsarbeit im engeren Sinne:819 Im April 1934 wird er in die SS aufgenommen, wo er bis 1936 sehr schnell eine steile Karriere macht 820 und auch in der SS-Wochenzeitschrift Das Schwarze Korps publiziert.821 Ab 1934 ist Langsdorff Kulturpolitischer Referent im Persön­lichen Stab des Reichsführers SS ,822 ab April 1935 dort Abteilungsleiter für Vorgeschichte 823 sowie Mitarbeiter in der vor- und frühgeschicht­lichen Abteilung des Rasseamtes der SS 824, die eng mit dem im Juli 1935 gegründeten „Ahnenerbe“ der SS zusammenarbeitet. Ebenfalls 1934, aber offenbar nur für kurze Zeit, arbeitete Langsdorff „im Aussenpolitischen Amt der NSDAP des Reichsleiters Rosenberg im Referat Persien“; 1935 leitete er „die Schulungskurse der SS-Leibstandarte Adolf Hitler in Germanischer Vorgeschichte“.825 Ein Gutachten von 1935 bescheinigt ihm: Politisch und charakter­lich ist L. ohne Fehl. Sein Kriegserlebnis, die Jahre der französischen Gefangenschaft und die wiederholten Fluchtversuche formten ihn zum völkischen Kämpfer. […] Wissenschaft­liches Verantwortungsbewusstsein, Kenntnis und Erfahrung, politische Einsatzbereit­ schaft und charakter­liche Sauberkeit kennzeichnen Langsdorff.826

Im September 1936 wechselt Langsdorff in die „Dienststelle Ribbentrop“, die mit dem AA konkurriert (das Ribbentrop 1938 übernehmen wird), und leitet dort die Südostabteilung.827 Am 1. September 1938 wird Langsdorff Regierungsrat (später Oberregierungsrat 828 und Ministerialrat) im Reichsinnenministerium und persön­licher Referent von Wilhelm Frick 819 Ein Brief vom 29.10.1935 (von Werner Buttler, in BA K, N 1573/4, Bl. 52 – 53) ist adressiert an „Prof. Dr. Langsdorff / Generaldirektion der Staat­lichen Museen, Aussenamt / Berlin / am Lustgarten“. Savoy 2014, S. 40, sieht ihn „kaum zwei Jahre an der Spitze des Außenamtes“, doch tatsäch­lich leitete er ­dieses von April 1934 bis September 1936, als er von Niels von Holst abgelöst wurde. 820 15.7.1934 Sturmmann, 9.11.1934 Rottenführer, 30.1.1935 Unterscharführer, 27.3.1935 Oberscharführer, 16.6.1935 Untersturmführer, 24.4.1936 Obersturmführer, 30.1.1938 Hauptsturmführer, 30.1.1939 Sturmbannführer, 1.9.1941 Obersturmbannführer, 30.4.1944 Standartenführer; vgl. BA B, NS 21/56, passim, sowie NS 21/1882; ehem. BDC , DS G 0126; siehe auch http://forum.axishistory.com/ viewtopic.php?f=38&t=42959&start=0 [Zugriff am 1.11.2017]. 821 Kater 2006, S. 20, Anm. 109, verweist auf die Serie „Deutsche Soldaten brechen Frankreichs Ketten“, die vom 10.10.1935 bis 23.1.1936 im Schwarzen Korps erschien. 822 Junker, Wieder 2005, S. 546; Kater 2006, S. 23. 823 Schöbel 2007, S. 70, Anm. 29. 824 Leube 2007, S. 95 – 98. 825 Archiv IfZ, ED 108, Bd. 1, Bl. 223/250. 826 Archiv IfZ, ED 108, Bd. 1, Bl. 217-218/244 – 245 (Gutachten von Wilhelm Engel, 3.8.1935). 827 Legendre 2009, S. 7. Vgl. BA B, ehem. BDC, RK I 0316. 828 Die Kulturverwaltung, 3. Jg., Nr. 2, 25. Februar 1939, S. 58: „Der Kustos und Professor der Staat­ lichen Museen, Dr. Langsdorff, persön­licher Referent des Reichsministers Dr. Frick, ist zum Oberregierungsrat im Reichsministerium des Innern ernannt worden.“ – Siehe auch BA B, R 601/1816, Ernennungsvorschlag vom 2. bzw. 9.1.1939.

Alexander Langsdorff  I  247

(1877 – 1946). Er wechselt somit nicht nur von der Wissenschaft in die Politik, sondern er gibt die international anerkannte Rolle, die er in den frühen 1930er Jahren gespielt hatte, für die administrative Durchsetzung antijüdischer Maßnahmen auf. Gleichwohl bleibt er soweit mit der akademischen Welt in Kontakt, dass der Reichsdozentenführer ihn 1941 um ein vergleichendes Gutachten für die Besetzung des Lehrstuhls für Vor- und Frühgeschichte an der Reichsuniversität Posen bittet.829 1940 nimmt er am „Unternehmen Weserübung“, der deutschen Invasion Norwegens, teil.830 Pläne des „Ahnenerbes“ im Februar 1940 – Monate vor dem Westfeldzug –, L ­ angsdorff auf Initiative des Kurators, SS-Obersturmbannführer Walther Wüst (1901 – 1993), und mit Unterstützung von SS-Gruppenführer Wolff als „Heeresarchäologe“ im Westen zu installieren, verlaufen im Sande.831 Langsdorff geht als Oberkriegsverwaltungsrat (was dem Dienstgrad eines Oberstleutnants in der Wehrmacht entspricht) zur Militärverwaltung in Paris (15. Januar bis 24. Juni 1941832). Dort ist er, wie oben bereits erwähnt, Stellvertreter von Werner Best 829 BA B, R 1501/5139, Bl. 139, Langsdorff an Reichsdozentenführer, 12.3.1941. 830 Vgl. BA K, N 1573/3, Bl. 286, „Dr. Langsdorff, Oberleutnant und Komp.Führer“ an Unteroffizier W. [Werner] Buttler, 16.2.1940; BA B, R 1501/5139, B. 105 – 107, Langsdorff an „Kamerad [vermut­lich: Fritz] Müssigbrodt“, 30.4.1941 („Ich selbst bin seit Kriegsbeginn als Kompagniechef [sic] draussen gewesen […]“). 831 BA B, ehem. BDC, DS G 0126, „A k t e n v e r m e r k für den Kurator / Betr.: Verlust und Zerstörung vorgeschicht­licher Bodenfunde im Westen des Reiches“, 24.2.1940, gez. Brandt / SS-Hauptsturmführer / Paraphe Sievers, SS-Sturmbannführer. – Keine Erwähnung von dieser geplanten Heranziehung Langsdorffs bei Legendre 2009 oder an anderer Stelle. 832 Freund­liche Mitteilung Mareile Langsdorff Claus, August 2012. – Charakter, Umfang und Probleme der Militärverwaltung werden in einem Brief vom Chef des Verwaltungsstabes, Dr. iur. Jonathan Schmid (1888 – 1945; zu Schmid, siehe Borgstedt 1997) an Langsdorff vom 5.12.1941 näher erläutert (BA B, R 1501/5140, Bl. 31 – 33): „[…] Attentatswellen […] deutsche Vergeltungsmaßnahmen […]. Mit der Festnahme und Erschiessung von Geiseln im Sinne des hergebrachten Geiselbegriffs ist ja gar nichts zu machen. […] Wenn man aber so weit vom ursprueng­lichen und eigent­lichen Sinn der Geiselnahme abweicht und mehr und mehr zur Methode der Ausrottung asozialer Elemente uebergeht, so ist das zwar fuer uns wie fuer die franz. Regierung und das franz. Volk an sich bequemer, stellt aber umso groessere Anforderungen an diejenigen deutschen Soldaten, die das blutige Handwerk verrichten muessen. Ich habe schon vor Wochen empfohlen, zu umfangreichen Deportationen von Maennern aus den besonders anruechigen Altstadtvierteln nach dem deutschen Osten und darueber hinaus zu greifen.“ Eine Besprechung von Georg Schnath (1898 – 1989), dem Leiter der Abteilung Archivwesen der deutschen Militärverwaltung im besetzten Frankreich, mit Langsdorff am 12.2.1941, verzeichnet Schnath in seinem Tagebuch, siehe Stein 2007, S. 184, der Indizien für die „Selbstzensur bei der Führung des Tagebuchs“ diskutiert und grundsätz­lich festhält (S. 183): „So ist die nun einsetzende Plünderung von Archiv- und Bibliotheksgut im Besitz von Juden, Emigranten, Kommunisten, Freimauern [sic] und K ­ irchen zwar nicht dem Archivschutz anzulasten, aber sie vollzog sich doch in einem System, in das auch der Archivschutz eingebunden war und für das er Informationen zur Verfügung stellte.“

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und gewissermaßen Vorgesetzter der Abt. Kunstschutz, zu der er jedoch nur losen Kontakt hat.833 In einem Brief vom 7. April 1941 an Oberst Rudolf Schmundt (1896 – 1944) erläutert Langsdorff seine Aufgaben genauer; er sei die ersten zwei Monate des Jahres „Leiter der Gruppe ‚Schule und Kultur‘“ gewesen: Ich kam sofort mitten ins politische Leben und hatte lächer­liche Angriffe der Feindpresse, vor allen Dingen der Amerikaner abzuwehren. So wurde behauptet, dass der Führer die Nike von Samothrake, die zu den schönsten Stücken des Louvre gehört, in seinem Arbeitszimmer habe, dass selbstverständ­lich die Venus von Milo, die Gioconda und andere Preziosen des Louvre von uns entführt worden s­eien.834 Es waren acht schrift­lich gestellte inquisitorische Fragen, die ich natür­lich gut beantworten konnte, da es sich um öffent­lichen Kunstbesitz handelte, den wir selbstverständ­lich respektieren. […] Anders steht es mit dem jüdischen Kunstbesitz. Da hat der Einsatzstab Rosenberg ziem­lich verheerend gewirkt und durch Sonderaktionen, die einem Raub ähneln, böses Blut gemacht. Es wurde da immer mit einem Führerbefehl gearbeitet, den der Führer ganz bestimmt nicht so gegeben hat, wie ihn diese Herren hier wieder einmal auslegten. Aber auch dort ist es der Militärverwaltung gelungen, die Zügel fester zu fassen und den gröbsten Unfug von Eingriffen in Privateigentum – auch wenn es Juden sind – zu verhindern. Denn schließ­lich muss man sich ja immer darüber klar sein, dass in Frankreich noch nicht die Nürnberger Gesetze gelten. […] Neben dem Amt des Kunstschutzes habe ich das persön­liche Referat beim Staatsminister Dr. Schmid, dem Chef des Verwaltungsstabes beim Militärbefehlshaber in Frankreich.835

Im August 1941 kehrt Langsdorff – auf Anforderung von Frick 836 – nach Berlin ins Reichsinnenministerium als „persön­licher und politischer Referent und […] ständiger Vertreter 833 Vgl. Legendre 2009, S. 8: „En janvier 1941, Langsdorff s’installe à Paris en tant que membre de l’état-­major de l’armée allemand de France occupée: il est affecté à l’Abteilung I chargée de l’administration générale, avec le rang de Oberkriegsverwaltungsrat qui équivaut à celui de lieutenant-­colonel. […] Langsdorff entretient bien entendu des contacts avec la section chargée de la protection du patrimoine (Kunstschutz) mais ne travaille pas pour elle, contrairement à ce qui a pu être avancé par certains (Heuss 2000, p. 219 ; Leube 2007, p. 97).“ 834 Vgl. Kohlhaussen 1944, S. 15: Der in ­diesem Band vorgelegte Überblick habe sich „auf deutsche Akten in Bild und Wort stützen [können]. Sie haben zu ihrem Teil und zu ihrer Zeit die feind­liche Hetzpropaganda Lügen gestraft, nach der deutsche Kriegsraubkompanien emsig am Werk ­seien, nach der die Nike von Samothrake des Louvre im Berliner Arbeitszimmer des Führers und die Venus von Milo beim Reichsmarschall stünde, ganz zu schweigen von Leonardos Mona Lisa. Wir können mit gelassener Würde solchen Gassenlärm überhören.“ 835 BA B, R 1501/5140, Bl. 61 – 65, Langsdorff an Schmundt, 7.4.1941. 836 Zu entnehmen BA B, R 1501/5138, Bl. 94 – 95, Langsdorff an „Professor Dr. [Reinhard] Höhn“, 28.9.1941; Höhn (1904 – 2000) war Jurist (Verwaltungs- und Staatsrecht, hoher SS-Führer und seit

Alexander Langsdorff  I  249

des Generalreferenten des Reichsministers des Innern“837 zurück, arbeitet dort jedoch nicht lange, sondern nimmt mit der 163. Infanterie-­Division an den Kämpfen in Finnland teil (im April 1942 Beförderung zum Hauptmann der Reserve 838), wo er bis zum Herbst 1943 bleibt (und das Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse erhält 839). Im Oktober 1943 fungiert Langsdorff nochmals kurzfristig als Referent für Wilhelm Frick, der mittlerweile Reichsprotektor für Böhmen und Mähren in Prag geworden war. Kurz zuvor hatte Langsdorff – „probablement pour la dernière fois“840 – noch ein persön­liches Gespräch mit Himmler geführt: Nach meiner Rückkehr aus dem Felde hatte ich eine Unterredung mit dem Reichsführer SS, der meinen neuen Einsatz festlegte. Ich bin mit dem Reichsprotektor zum Einstand nach Prag gegangen, kehre aber Ende des Monats nach Berlin zurück. Dann werde ich wohl nach ­Ober-­Italien 1939 Abteilungsleiter im RSHA). In d ­ iesem Brief lässt Langsdorff seine Zeit in Paris Revue passieren: „Ich habe vor allem trotz meiner Zuchthauserlebnisse bei den Franzosen mit ernstem Willen an der Kollaboration gearbeitet und darin vielleicht auch einige Erfolge gehabt. Ich habe es auch im Hinblick auf die große politische Entwicklung getan, da ich das Anwachsen der feind­lichen Mächtegruppen immer mit Besorgnis verfolge und Frankreichs Mitarbeit an unserer Seite für unerläss­lich halte ganz abgesehen vom europäischen Schicksalsgedanken. Besonders beglückend war in Paris die Zusammenarbeit mit Dr. Best. Ich habe an ihm den wärmsten Förderer aller kulturpolitischen Arbeit gehabt und einen stets hilfsbereiten großen Kameraden. Er ist einer der wenigen, die ein heiliges Feuer beseelt. Hoffent­lich kann er damit einmal das Eisen glühen, das er sich erträumt. Ich wünschte es ihm von Herzen.“ 837 BA B, R 1501/5138, Bl. 366 (mit Beschreibung von Langsdorffs Aufgaben durch Frick). Vgl. BA B, R 1501/5138, Bl. 326, Langsdorff an Stabsarzt Dr. Lange, 1.7.1941: „Ihr freund­liches Schreiben vom 4. v. M. habe ich in Paris erhalten, wo ich seit Januar als Kriegsverwaltungsabteilungschef im Verwaltungsstab beim Militärbefehlshaber in Frankreich eine sehr interessante Tätigkeit hatte, die wirk­lich befriedigte. Ich war zeitweise Gruppenleiter der Abteilung Kunstschutz und Archäologie, kam sehr viel mit guten Franzosen zusammen und konnte wirk­lich im Sinne der Collaboration, die im Hinblick auf Europa notwendig erscheint, manches Gute tun und Nütz­liches leisten. […] Privat ging es mir ausgezeichnet. Ich hatte ein schönes Pferd, mit dem ich morgens im Bois ausreiten konnte und sonst unternahm ich manche Reise durch das schöne Land. Nun hat mich Herr Minister Frick wieder nach Berlin beordert, weil hier Mangel an Arbeitskräften durch den Osteinsatz eingetreten ist.“ 838 Vgl. BA B, R 1501/5140, Bl. 55, Langsdorff an Generalmajor Rudolf Schmundt, 23.4.1942: „Ich hoffe, in den nächsten Tagen wieder zum aktiven Wehrdienst eingezogen zu werden […] Ich war ständig in Verbindung mit der alten Kompanie geblieben, die sich inzwischen wacker durch Karelien geschlagen hat. Es ist sicher nicht einfach dort oben in den Wäldern, aber soldatisch und seelisch eine wunderbare Aufgabe.“ 839 BA B, NS 21/56, Reichsgeschäftsführer [des „Ahnenerbes“, Wolfram Sievers] an Langsdorff, 12.10.1943, Glückwunsch zur Verleihung. Vgl. BA B, ehem. BDC, DS G 0126, „Ahnenerbe“ an Persön­licher Stab Reichsführer SS, 13.10.1943: Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse mit Schwertern am 1.1.1943, Spange zum Eisernen Kreuz 2. Klasse am 21.7.1943. 840 Legendre 2009, S. 8.

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kommen, wo den italienischen Präfekten deutsche Berater, von denen ich einer sein werde, an die Seite gesetzt werden. Da ich mancherlei Vorbedingungen für Italien mitbringe, freue ich mich auf diesen Einsatz ganz besonders.841

Zu diesen „Vorbedingungen“ dürfte indes, sieht man sich die Korrespondenz vor allem im Archivio Siviero in der Accademia delle Arti del Disegno di Firenze an, erstaun­licherweise nicht die Kenntnis der italienischen Sprache gezählt haben: An Langsdorff gerichtete Briefe von italienischen Behörden werden sehr häufig ins Deutsche übersetzt, und Langsdorff verfasst auch seine Antworten in deutscher Sprache, die dann ins Italienische übersetzt und verschickt werden.842 Inwiefern diese Praxis auf den schrift­lichen Verkehr beschränkt war und Langsdorff im persön­lichen Gespräch auf Dolmetscher verzichtete, ist unklar (Evers hingegen schrieb und sprach sehr passabel Italienisch,843 Heydenreich und Bruhns sowieso – Bruhns hingegen konnte kein Englisch, oder behauptete dies zumindest 844). 841 Legendre weist Angaben nicht einzeln nach, sondern gibt die Quellen seines Beitrags summarisch an; hier bezieht er sich offenkundig auf diesen Brief: BA B, ehem. BDC, DS G 0126, Langsdorff an Sievers (Reichsgeschäftsführer des „Ahnenerbes“), 28.10.1943. 842 Siehe etwa ASAAD, Ordner Copie Documenti Tedeschi (1), Mappe „Esportazione in Svizzera di un dipinto della Signora Emma Jeker“, Ufficio per l’Esportazione degli oggetti d’antichità e d’arte, Milano, an Signor Dott. Langsdorff, 25.10.1944, mit Übersetzung; Schreiben von Langsdorff an Prof. Dr. Anti, Generaldirektor im Ital. Erziehungsministerium, 24.9.1944 (deutsch); Büro für den Export von Antiquitäten und Kunstgegenständen, Mailand, Palazzo di Brera, an Langsdorff, 4.10.1944 (ins Deutsche übersetzt); ähn­lich dort rote Mappe „Aquileia“, Anti an Col. Alessandro Langsdorff, 5.10.1944, mit Übersetzung, Antwort Langsdorff an Anti, 20.10.1944 (deutsch). – Siehe auch ASAAD, Ordner Copie Documenti Tedeschi 1bis, Mappe „Verona“, Schreiben von Pietro Gazzola, Soprintendenza ai Monumenti delle Provincie di Verona Cremona Mantova, an ­Langsdorff, 8.7.1944, mit Übersetzung ins Deutsche, und Langsdorffs Antwort an Gazzola, 16.7.1944, in deutscher Sprache; die Übersetzung eines Vorschlags von Gazzola vom 15.2.1945, alle Durchfahrten, Brücken und Tore von Verona zu sperren, erfolgt durch Sonderführer (K) ­Hagemann, ebenso wie weitere Texte bis 26.4.1945. – Unwillkür­lich fühlt man sich bei der Durchsicht dieser Unterlagen an den Monolog von Gottfried Benns „Glasbläser“ in Der Ptolemäer von 1949 erinnert („Ein Volk will Weltpolitik machen, aber kann keinen Vertrag halten, kolonisieren, aber beherrscht keine Sprachen […]“). 843 Siehe etwa ACS, AABBAA, Divisione III, 1929 – 1960, busta 257, Evers an Michele de Tommaso [sic, gemeint ist Tomasso], 23.12.1943. – In einem privaten Brief an seine Eltern (Archiv KHI, Varia III, Berichte Evers) vom 6.3.1944 schreibt er nicht ohne Humor: „[…] sonst unterhalte ich mich natuer­ lich gern mit den Mitfahrern, schon um mich in der Sprache zu ueben; ich bin jetzt soweit, dass sie sich keine Mühe mehr geben, deut­lich zu sprechen, und dann verstehe ich sie wieder schlechter.“ 844 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1719, AA an Bruhns (KWG, Berlin), 31.3.1944: „Die Feindpropaganda verbreitet seit Jahren tendenziöse Auslassungen über den angeb­lichen Niedergang der deutschen Wissenschaft. Um dieser Propaganda in einer positiven Form entgegenzutreten, ist beabsichtigt, eine Reihe deutscher Wissenschaftler zu bitten, Rundfunkvorträge aus ihrem Fachgebiet über einen nach den Vereinigten Staaten gerichteten Kurzwellensender zu halten. […]

Alexander Langsdorff  I  251

Sehr bemerkenswert – aber in der Literatur zum Kunstschutz bisher nicht erwähnt – ist ferner, dass Himmler persön­lich Langsdorffs „neuen Einsatz [in Italien] festlegte“. Worin diese Festlegung bestand und w ­ elche Vorgaben Langsdorff erhielt, ist jedoch offenbar nicht überliefert. Es liegt auf der Hand, dass Langsdorffs kategorisch anderer Werdegang – grundsätz­lich anders, weil nicht nur wesent­lich stärker ideologisch geprägt als der von Evers, H ­ eydenreich oder Siebenhüner, sondern weil er persön­lich, soweit erkennbar, vollständig von den weltanschau­lichen Prinzipien der nationalsozialistischen Diktatur durchdrungen war – für den Charakter der Arbeit des Kunstschutzes in Italien Konfliktpotenzial bereithielt, das besonders ab Mitte 1944 zur Entfaltung kam. Die aus Langsdorffs Lebenslauf und Profil zu erwartende besondere Willfährigkeit gegenüber vorgesetzten Instanzen des Regimes ist bereits für das Frühjahr 1941 dokumentiert.845 Andererseits hat er sich zumindest punktuell, näm­lich im Fall von Helene Westphal (1880 – 1965), der Tochter des berühmten Mäzens der Staat­lichen Museen zu Berlin, James Simon (1851 – 1932), für eine jüdische Familie eingesetzt, und zwar – von SS -Obersturm­ bannführer zu SS-Obersturmbannführer – in einem Schreiben an Adolf Eichmann, Reichssicherheitshauptamt, am 19. Februar 1942.846 Und Alexander Langsdorff muss auch eine gewisse – wenn auch nur punktuelle – kunstund kulturpolitische Eigensinnigkeit attestiert werden, wenn er sich 1934 für den angegriffenen Bildhauer Ernst Barlach einsetzte.847 Dies gilt auch dann, wenn man weiß, dass die Die Wahl des Themas bleibt Ihnen überlassen. Die Dauer des Vortrags soll 10 Minuten nicht überschreiten.“ Bruhns antwortet knapp (ebenda, 13.4.1944), er könne kein Englisch. 845 Archives Nationales, Paris, AJ 40, 1672, nicht foliiert (Bl. 200 der Rolle), Aktennotiz von Hermann Bunjes vom 3.4.1941, zitiert nach GKNS-WEL: „Auf Anruf besuchte ich heute morgen Herrn Kriegsverwaltungs-­Abteilungschef Prof. Dr. ­Langsdorf [sic] und trug ihm vor über die Tätigkeit des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg und stellte ihm die Entwicklung bis zum Eintreffen des Herrn Reichsmarschalls [Hermann Göring] dar und betonte, dass d ­ ieses ein Durchbrechen der anfäng­lich vorgesehenen blossen Sicherstellung sei und bat um Eingreifen des Herrn Militärbefehlshabers. Herr KV.-Chef Prof. Dr. Langsdorf [sic] gab mir daraufhin wört­lich zur Antwort: ‚Die ganze Sache ist ja so unerfreu­lich. Aber man kann da eben nichts machen.‘“ 846 BA B, R 1501/5140, Bl. 398 VS und RS. Auf Langsdorffs offenbar mit Otto Kümmel – „der persön­ lich einer der hervorragendsten nationalsozialistischen Wissenschaftsvertreter ist“ – abgestimmte Argumentation soll hier nicht weiter eingegangen werden (er schickt Eichmann sogar Sonderdrucke, aus denen hervorgehe, dass „Simon sehr wichtige indogermanische Grabungsarbeiten in Boghazköi finanziert hat in einer Zeit als die Systemregierung für Deutschlands Außengeltung nichts übrig hatte“); siehe Schultz 2006, S. 18 – 22. 847 Ernst Barlach, Brief an Alexander Langsdorff, Güstrow i. M./Heidberg, 11.2.35, abgedruckt in Barlach 1989, S. 197 – 200. – Den Hinweis auf diesen Brief verdanke ich James A. Van Dyke, University of Missouri, Columbia, MO.

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kunstpolitische Situation des Jahres 1934 ausgesprochen dynamisch, ja gärend und sch­licht unübersicht­lich war. Zugleich darf Langsdorffs ‚offenes Ohr‘ für den unter Druck geratenen modernen Künstler nicht überbewertet werden und muss auch in Relation zu Barlachs anderen zeitweiligen Unterstützern gesehen werden, wie etwa Rolf Hetsch im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda.848

Exkurs: Alexander Langsdorff ­zwischen Wissenschaft, Politik und Alltag Zwei Vorgänge sollen an dieser Stelle genauer betrachtet werden, um Langsdorffs Persön­ lichkeit näher zu erhellen: Sein Verhältnis zu Ernst Herzfeld und seine Vorteilsnahme bei der Suche nach einer Wohnung in Berlin in den frühen 1940er Jahren. Während Langsdorffs Zusammenarbeit mit Herzfeld und seine spätere Denunziation des jüdischen Gelehrten schon mehrfach erwähnt wurde, ist die Wohnungsangelegenheit noch nie erörtert worden. Wie oben geschildert, nahm Langsdorff mit einem Postdoktoranden-­Stipendium 1932 an Ausgrabungen im Iran teil, die von Ernst Herzfeld geleitet wurden. Die Ausgrabung in Tall-­i-­Bakun wurde vom Oriental Institute in Chicago finanziert, das Langsdorff auf Anraten und Vermittlung von Herzfeld als „field director“ (wohl: Grabungsleiter) anstellte.849 Gemeinsam mit Donald E. McCown betreute Langsdorff von März bis Juli 1932 die Untersuchung der ersten prähistorischen Siedlungsstratigraphien im Iran.850 Kurz nachdem Langsdorff zum Professor am Museum für Vor- und Frühgeschichte ernannt worden war – eine Anstellung, die „eher formeller Natur“ war und „anfangs der zu Beginn des Dritten Reichs üb­lichen Alimentierung eines ‚alten Kämpfers‘“ diente 851 –, verfasste er einen Bericht, der Herzfeld massiv zu diskreditieren suchte. Zuerst aufmerksam gemacht hat auf diesen Bericht Ahmad Mahrad (1938 – 2011) in seiner Dissertation Die deutsch-­ persischen Beziehungen von 1918 – 1933, allerdings ohne Langsdorff zu nennen.852 1999 folgte ein Aufsatz von Mahrad, der einige Passagen des Schreibens zitierte, doch auch hier ist im Text ausschließ­lich vom „Denunzianten“ die Rede, und nur in den Anmerkungen wird als Autor der Diffamierung der „Kustos und Professor Langstdorff [sic]“ genannt.853

848 Zu Hetsch siehe Fuhrmeister 2006b und Régincos 2010, die den Aufsatz von 2006 indes nicht erwähnt. 849 Root 2005, S. 228. 850 Helwing 2012, S. 63. 851 Saalmann 2010, S. 96. 852 Mahrad (1974) 1979, S. 483 – 484. 853 Mahrad 1999, passim. – Auf den Aufsatz von Mahrad 1999 beziehen sich u. a. Gunter, Hauser 2005, S. 30 – 31; Renger 2005, S. 575, Anm. 46 („I have not yet been able to gain access to the Langsdorff report itself“); Helwing 2012, S. 63, verweist auf Hauser 2008. – Da Mahrad die Quelle nur mit dem historischen Aktenzeichen (AZ III 02774 – 35) und einer Film-­Nr. (L 316277) angab, konnte der Originalbericht lange nicht konsultiert werden. Durch die Hilfe und Unterstützung des Archivars

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Doch soweit ersicht­lich, ist dies kein wirk­lich klarer Fall von ,Vatermord‘. Denn Herzfeld hatte als Ausgräber keinen Namen, und Langsdorffs umsichtige und genaue Arbeitsweise in der vorgeschicht­lichen Stätte gilt noch heute als vorbild­lich.854 Und auch wenn Herzfeld der deutsche Diplomatenpass, wie von Langsdorff angeregt, sehr schnell entzogen wurde, hinterließ die Inkriminierung keine Spur („no trace“) in Herzfelds Personalakte und trübte offenbar auch nicht dessen (gute) Beziehungen zum Reichs- und Preußischen Ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung.855 Zu bedenken ist frei­lich, dass Herzfeld im Sommer 1935 bereits in London war und wenig später, am 19. September 1935, aufgrund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Beamtentums“ vom 7.4.1933 in Verbindung mit § 4 des „Gesetzes über die Entpf­lichtung und Versetzung von Hochschullehrern aus Anlaß des Neuaufbaus des deutschen Hochschulwesens“ vom 21.1.1935, wegen seiner jüdischen Großeltern seiner Professur enthoben und in den Ruhestand zwangsversetzt [wurde].856

Wenn also der Dissens z­ wischen Langsdorff und Herzfeld ebenso beruf­lich wie politisch motiviert war und obwohl Langsdorffs Bericht zahlreiche denunziatorische Anwürfe enthält – bis zum in den Jahren um 1930 allgemein besonders verbreiteten Vorwurf,857 er „gebe sich mit Kunsthandel ab“ und verfasse „wissenschaft­lich höchst zweifelhafte Gutachten“ –, so sind Herzfelds Emigration und Entlassung gleichwohl nicht monokausal auf Langsdorffs Intrigieren zurückzuführen. Doch selbstverständ­lich nutzte Langsdorff sein Netzwerk und seine Kontakte, um den Gelehrten nachhaltig zu diskreditieren und ihn seiner Arbeitsmög­lichkeiten zu berauben. Die Überlagerung privater, beruf­licher und politischer Aspekte, dies gilt es festzuhalten, prägt dabei einen Prozess, der nicht deckungsgleich ist mit der zeithistorischen Periodisierung, denn auch bei Langsdorffs Beziehung zu Paul Jacobsthal (1880 – 1957) war das entscheidende Jahr – der turning point – nicht 1933, sondern 1929.858 In einer Buchbesprechung von 1928 setzt sich Langsdorff sogar ausgesprochen kritisch mit den rassenkund­lichen Thesen eines

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Dr. Martin Kröger, der entsprechende Konkordanzlisten durchsah, konnte die Quelle als PA AA, R 78099 identifiziert werden. Root 2005, S. 228. Renger 2005, S. 576. Hauser 2008, S. 28. Beim internationalen Kolloquium „Expertise. Das Kunsturteil ­zwischen Geschichte, Technologie, Recht und Markt“ am 16. und 17. Mai 2013 im Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft SIK-ISEA in Zürich widmete sich Meike Hopp unter dem Titel „,Sens unique – sens pratique‘: Die Expertise in der Krise 1930“ kritisch dem historischen Spannungsfeld von Fachwissenschaft und Markt im Hinblick auf Macht, Einfluss und Missbrauch. Vgl. den Tagungsbericht von Dorothee Wimmer in: H-Soz-­Kult, 7.10.2013, http://www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-4983 [Zugriff am 1.11.2017]. Crawford, Ulmschneider 2011, S. 135 – 137.

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Karl Kynast auseinander („Dieser Gegensatz von nordisch = gut und nichtnordisch = böse durchzieht das ganze Buch“), die er als unwissenschaft­lich ablehnt.859 Springen wir für das zweite Beispiel in das Jahr 1941. Nach dem Ende seiner Verwendung bei der Militärverwaltung in Paris war Langsdorff im August 1941 nach Berlin zurückgekehrt, um für Reichsinnenminister Frick als persön­licher Referent zu arbeiten. Doch auch ein privates Anliegen beschäftigte den erfolgreichen SS-Führer: Er suchte eine standesgemäße Wohnung, zumal Nachwuchs zu erwarten war. Die Dokumentation dieser Wohnungssuche ist an einem ungewöhn­lichen Ort überliefert, im Archiv des Kunsthistorischen Instituts in Florenz.860 Erwartungsgemäß ging Langsdorff den institutionellen bzw. behörd­lichen Weg, indem er sich direkt an die Wohnungsabteilung des GBI (Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt [Albert Speer]) wandte, die ihm ein Verzeichnis der „Auswahlwohnungen“ zur Verfügung stellte. Dabei handelte es sich, gegliedert nach Bezirken und Wohnungsgrößen, um sogenannte „Judenwohnungen“ vor allem – aber nicht nur – in „Räumungsbereichen“, also Gebieten, die im Neugestaltungsplan eine Rolle spielten. Unter den Dokumenten im KHI-Archiv befinden sich sowohl maschinenschrift­liche Aufstellungen (etwa: „Bezirk Charlottenburg, 4 ½ Zimmerwohnungen“) als auch gedruckte (etwa: „Bezirk Wilmersdorf, 3 Zimmer-­Wohnungen“). Gemeinsam ist ihnen, dass die Vornamen der männ­lichen Wohnungsbesitzer stets mit „Isr.“ für „Israel“, die Vornamen der weib­lichen stets mit „Sara“ angegeben sind. Am 28. November 1941 teilte Ministerialrat und SS-Obersturmbannführer Langsdorff der Wohnungsabteilung des GBI mit, dass er die „freund­licherweise in Berlin-­ Grunewald, Wangenheimstr. 5 zur Verfügung gestellte Wohnung“ nun nicht mehr benötige, weil er eine „andere“ gefunden habe, und fügte hinzu: „So werden Sie die Wohnung sicher gern einem anderen Kameraden zur Verfügung stellen, zumal jetzt der Nachlaß der Frau Sara Kirchheim entfernt ist […].“861 Bei der „anderen“ Wohnung handelt es sich um ein Haus in der Helfferichstr. 74 in Berlin-­Dahlem, das die schweizerische Wehrli-­Bank um 1925 von dem Mann der Schauspielerin Henny Porten erworben und an den deutsch-­amerikanischen Brauereibesitzer Herbert Uhl (1907 – 1997) vermietet hatte. Dessen Vater Conrad Uhl (1854 – 1921) hatte 1892 das damals modernste und vornehmste Berliner Hotel (Hotel Bristol, Unter den Linden 5 – 6, heute Standort der russischen Botschaft) eröffnet, seine ­Mutter war Amerikanerin. Seit 1928 lebte Herbert Uhl in Berlin, zunächst als Verleger, dann als Prokurist und später Besitzer einer Weißbier-­Brauerei. Größtenteils in den USA aufgewachsen, besaß Herbert Uhl nicht die deutsche Staatsangehörigkeit und musste wiederholt seinen Fremdenpass 859 Langsdorff 1928, S. 401. 860 Für vielfältige Hilfestellung bei der Benutzung des KHI-Archivs bin ich Frau Dr. Sylvia Garinei ebenso wie Frau Dr. Almut Goldhahn zu großem Dank verpf­lichtet. Die Signatur d ­ ieses bislang nur vorläufig erfassten und geordneten Teilbestandes lautet „KHI A I, 28 a) (provisorisch)“. 861 Archiv KHI, KHI A I, 28 a) (provisorisch), die folgenden Zitate ebenda.

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bzw. Aufenthaltsgenehmigungen verlängern lassen. Nach dem Sommerurlaub im August 1939 kehrte die Familie Uhl nicht nach Berlin zurück, sondern fuhr in die Schweiz, wo die erkrankte ­Mutter lebte. Auf ­dieses leerstehende Haus, das die Haushälterin der Familie Uhl pflegte, hatte ­Langsdorff im Herbst 1941 sein Auge geworfen, und er benutzte sofort den gesamten ihm zur Verfügung stehenden ‚Apparat‘, um an sein Ziel zu gelangen. In einem Vermerk vom 1. November 1941 schilderte Langsdorff die Situation: Herr Herbert Uhl reiste am 8.11.29 nach Deutschland mit einem amerikanischen Paß ein. Am 9.5.35 bekam er den Nansenpaß. Als er zu Kriegsbeginn am 30.9.39 Deutschland verließ, hat er sich die ungarische Staatsangehörigkeit erworben. Jetzt hat er einen Antrag gestellt, als Angehöriger des Staates Liechtenstein, um die Einreise nach Deutschland, die ihm vom Chef der Sicherheitspolizei am 20.10.41 versagt wurde, weil der Arbeitsminister die Einreise des Herrn Uhl ablehnt. […] Ich habe dem Vertreter der Wehrli-­Bank […] angeboten, in den Mietvertrag des Herrn Uhl einzutreten. […] Ich bin auch bereit, das Haus zu kaufen.

Ob die genannten Ablehnungsbescheide des Arbeitsministers sowie des Chefs der Sicher­ heitspolizei und des SD, Reinhard Heydrich, auf Langsdorffs Betreiben hin zustande kamen, ist unklar. Doch seinen unmittelbaren Vorgesetzten, Innenminister Frick, forderte ­Langsdorff am 3. November 1941 nach einem Gespräch mit dem Schweizer Gesandten gezielt auf, ihn zu unterstützen, da der Gesandte meinte, „daß ein Brief von Ihnen, Herr Minister, die Sache doch wesent­lich erleichtern würde.“862 Frick kam Langsdorffs Bitte sofort nach und schickte postwendend einen von Langsdorff entworfenen Brief an die Schweizerische Gesandtschaft, der am 7. November wohlwollend beantwortet wurde. Die konzertierte Aktion verlief erfolgreich, und schon Mitte Dezember 1941 dankte Langsdorff Karl Wolff, dem Chef des Persön­lichen Stabes von Reichsführer SS Heinrich Himmler, für dessen Hilfe mit dem „Mietberechtigungsschein […] sehr schöne Wohnung in Dahlem, die in Schweizer Besitz ist. Ich bin in den Mietvertrag des einstigen Besitzers, der schon zwei Jahre von Deutschland fern ist, eingetreten.“863 Eine skurrile Geschichte entspinnt sich nun. Zunächst beantragte Anfang Februar 1942 ein vom Eigentümer, dem Züricher Bankhaus Wehrli, zum Verwalter bestellter Notar und Rechtsanwalt einen Gartenschlauch: „Der bisherige Bewohner obengenannten Grundstücks Herr Brauereidirektor Herbert Uhl ist nach der Schweiz ausgewandert und hat dabei den Gartenschlauch mitgenommen.“ Weil der Schlauch auch für die Zentralheizung benötigt werde, bat er um baldmög­lichste Erteilung einer „Bezugsbescheinigung“.864 862 Archiv KHI, KHI A I, 28 a) (provisorisch), Vermerk für Herrn Minister, 3. November 1941. 863 Bundesarchiv Berlin, R 1501/5140, Bl. 417, Langsdorff an Wolff, 17.12.1941. 864 Archiv KHI, KHI A I, 28 a) (provisorisch), Dr. jur. Franz Hirschwald an Kartenstelle Berlin-­Dahlem, 4.2.1942.

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In den Memoiren von Uhl wird der Vorgang kurz skizziert. Demnach habe Langsdorff auf einem Kauf des Hauses bestanden, doch sei ihm behörd­lich verweigert worden, es in Devisen zu bezahlen, worauf er es – gegen den Protest von Uhl – gemietet habe: Die Familie unserer Hausangestellten musste ausziehen. Langsdorff beauftragte die Firma Gustav Knauer im März 1941, unsere Möbel in die Schweiz zu transportieren. Um die Möbel unterzubringen, hatten wir vorübergehend in Zürich eine Wohnung gemietet. Bei der Ablieferung fehlte auch tatsäch­lich nichts. Langsdorff hatte – mitten im Kriege! – dafür gesorgt, daß der Transport einwandfrei vonstatten ging. Ich musste ihm am Ende sogar dafür dankbar sein; nur kurze Zeit später, er war gerade eingezogen, wurde das Haus von Brandbomben getroffen, Langsdorff’s ganzes Mobiliar verbrannte. Das Haus war nicht mehr bewohnbar. Von Langsdorffs habe ich nie mehr etwas gehört.865

Der Vorgang ist in mehrfacher Weise skurril: Während Uhl einerseits vorgeworfen wird, bei seiner „Auswanderung“ (tatsäch­lich kehrte er, wegen des Kriegsausbruchs, nach dem Urlaub nicht nach Berlin zurück) einen „Gartenschlauch mitgenommen“ zu haben, ist Langsdorff andererseits so korrekt, dessen Mobiliar von einer Spedition nach Zürich bringen zu lassen. In eben d ­ iesem so zielstrebig begehrten Haus verbrennt indes wenig später Langsdorffs eigener Hausstand.

Zwischenfazit Inwiefern sind die beiden skizzierten Vorgänge für Langsdorffs Profil im Verhältnis von Wissenschaft, Politik und Alltag lehrreich? In mehrfacher Hinsicht. So kann, muss aber weltanschau­ liche Radikalität nicht zwangsläufig mit Obsession und überschäumendem Eifer einhergehen. Den ideologischen Prinzipien eines hohen SS-Führers scheinen sowohl die skrupellose Ausnutzung aller Gestaltungsmög­lichkeiten eigen wie eine – mög­licherweise mit dem elitären Selbstbild verbundene – korrekte Abwicklung von Ausgrenzungs- und Entrechtungsprozessen. Grundsätz­lich sollten wissenschafts- und disziplingeschicht­liche Untersuchungen binäre Schemata nicht tradieren, sondern prüfen und problematisieren, wobei den Spezifika des Einzelfalls größte Aufmerksamkeit zukommen muss. An die Stelle eines Modells distinkter Sphären würde dann ein Ansatz treten, der Politik und Wissenschaft von vornherein als ein elastisches Spannungsfeld betrachtet. Dies bedeutet auch, dass die handlungsleitenden Prämissen variabel sind, abhängig vom Kontext und der jeweiligen Zielsetzung. 865 Uhl 1991, S. 123 – 124. – Die Autobiographie ist nur in zwei deutschen Bibliotheken nachgewiesen, die beide nicht am Fernleihverkehr teilnehmen. Das von mir antiquarisch erworbene Exemplar habe ich 2019 der Bayerischen Staatsbibliothek München mit der Auflage geschenkt, es auf Anfrage national und international zur Verfügung zu stellen.

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Es mag zu den mensch­lichen Bedürfnissen gehören, klare Kategorien zu postulieren. Doch allein schon die Identifizierung und Herausarbeitung von (konsekutiven) Phasen macht deut­lich, dass die Parameter der Einordnung und Beurteilung flexibel gehandhabt werden müssen, um historischer Kontingenz, Komplexität und Widersprüch­lichkeit gerecht werden zu können. Zurück zu Langsdorff als Leiter des Kunstschutzes in Italien. Für das Datum seiner offiziellen Ernennung enthalten die Quellen unterschied­liche Angaben. Bereits am 20. November 1943, noch vor dem Eintreffen von Evers in Rom, hat jedenfalls der Präsident des DAI , Martin Schede, Kenntnis von Langsdorffs (geplanter) Leitung des Kunstschutzes in Italien.866 Langsdorff selbst wusste am 28. Oktober nur davon, dass er „Berater“ italienischer Präfekten werden solle.867 Heydenreich rechnete am 10. November bereits seit einigen Tagen mit dessen Eintreffen.868 SS-Oberführer Wüst notiert am 7. Dezember: „Er übernimmt ab 1.12.43 den Kunstschutz in Italien mit Sitz in Verona.“869 Aus einem Brief von Metternich an Langsdorff („Lieber Herr Dr. Langsdorff!“) vom 13. Dezember 1943 geht hervor, dass Langsdorff dem Provinzialkonservator der Rheinprovinz am 5. Dezember Mitteilung gemacht hatte, der seine Berufung sehr begrüßte und eine Rücksprache für „ausserordent­lich wertvoll halten“ würde.870 Doch noch am 7. Dezember hatte Tieschowitz Evers in einer Notiz mitgeteilt: Die Angelegenheit Langsdorff ist noch nicht geklärt. Ich werde darueber mit OKH verhandeln. Voraussicht­lich kommt es so, dass Ministerialrat Langsdorff einer Gruppe „Kunst“ im hiesigen Verwaltungsstabe [gemeint ist Verona] eingebaut wird und Sie ihm als Referent zugeteilt werden. Faktisch wuerde sich das wohl so auswirken, dass jeder von Ihnen einen bestimmten Bezirk Italiens uebernimmt.871

Und in einem Brief vom 12. Januar 1944 an Evers berichtete Tieschowitz von Gesprächen, die er ­zwischen dem 2. und 7. Januar in Berlin geführt hätte: Dirigent Medicus (Verwaltungschef beim OKH ) sprach ich kurz in Berlin. Langsdorff wird voraussicht­lich demnächst in der besprochenen Weise beim Bevollm. General in Italien eingebaut

866 BA B, R 4901/14064, Bl. 146, Schede an REM, 20.11.1943, zitiert nach GKNS-WEL. 867 BA B, ehem. BDC, DS G 0126, Langsdorff an Sievers, 28.10.1943. 868 SMB-ZA, III/VKI 34, Heydenreich an Zimmermann, 10.11.1943. 869 BA B, ehem. BDC, DS G 0126, Vorschlag von SS-Standartenführer [gestrichen, handschrift­lich ersetzt: Oberführer] Wüst vom 7.12.1943, Langsdorff zum 30.1.1944 zum Standartenführer zu befördern. 870 Archiv KHI , Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Korrespondenz Dr. Langsdorff“, Metternich an Langsdorff, 13.12.1943. 871 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Tieschowitz: N o t i z e n für MVRat Prof. Dr. E v e r s , z. Z. Rom, z. Z. Verona, 7.12.1943, Typoskript, 3 Seiten, hier S. 2.

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werden; sie kommen bestimmt sehr gut mit ihm aus. Die eventuelle Einstellung eines der von Ihnen vorgeschlagenen Herren als Sonderführer betreiben Sie am besten von dort aus.872

Tatsäch­lich trifft Langsdorff jedoch offenbar erst einige Wochen später in Italien ein. Denn in seinem Tagebuch, in dem nur sporadisch datierte Eintragungen auftauchen 873 – weswegen wohl eher von einem gelegent­lich benutzten Notizbuch zu sprechen wäre, zumal die gesamte Zeit von Anfang 1944 bis April 1945 in der Transkription nur 5,5 Seiten umfasst 874 –, hält er fest, dass er erst am 7. Februar 1944 die Uniform für seine neue Leitungsfunktion erhalten habe: Ich komme jetzt, ähn­lich wie seiner Zeit in Paris, nach Verona zum Chef der Zivilverwaltung beim O. B. als Leiter der Abteilung Kunst und Kunstschätze. Ein weit gespanntes Aufgabengebiet gerade für Italien, wo alles zur Zeit sehr gefährdet ist. Nebenbei lese ich Gundolfs „Goethe“, ein umfassendes Werk.875 Ich hätte es viel früher lesen sollen, wie vieles andere. Ich war eben oft träge, hatte eine Art Hemmung, dies oder das einfach frisch anzupacken, nachdem ich Gutes davon oder darüber gehört hatte. Am 7. Februar 1944 fuhr ich nach Marburg/Lahn, wo ich als Militärverwaltungsabteilungschef eingekleidet wurde, dann weiter über München nach Verona. Und nun erlebe ich Italien wie nie zuvor, trinke das noch bestehende, ach schon allenthalben so bedrohte Schöne in mich hinein und bin dankbar und fromm. Es ist schön, sich dankbar zu zeigen. Und so fühle ich mich gerade in d ­ iesem Lande, das mir als Student die ersten großen Kunsteindrücke vermittelte, verpf­lichtet, meinen Dank abzustatten. Das kann ich als Leiter der Kunstschutzabteilung am besten, da mein Dienstsitz Florenz ist. In Verona fühlte ich mich nicht so glück­lich wie hier. Das machte die schwierige Arbeitsatmosphäre. Aber hier bin ich selbständig und selbstverantwort­lich und kann Ideen haben, die Nütz­liches bedeuten. Ich bin viel schon gereist, war am Gardasee, in Innsbruck, über die schönen Apenninpässe nach Florenz und Rom im offenen Wagen gefahren, war in Ravenna, Ferrara, Padua, San Marino, Siena. Es war immer schön, grandios und überwältigend. Aber die Toskana übertrifft alles an Weichheit und Schönheit der Formen. Und die Farben um diese Jahreszeit, was sind sie schön! Und die Häuser, Villen, Schlösser, so oft zerfallen, wie stehen sie monumental da, Götterbildern vergleichbar, die der Mensch sich unter dem ewigen Himmel

872 FA Evers, Dokument E 4, Tieschowitz an Evers, 12.1.1944, 3 Seiten, hier S. 2. 873 Unter einem Datum stehen dort nur Ereignisse und Erlebnisse am 17. April, 19. Mai, 16. Juni und 1. September 1944. 874 Ich danke der Tochter Mareile Langsdorff Claus (Kanton Waadt/Schweiz) für die Übermittlung dieser von ihr angefertigten Transkription „Kunstschutz in Italien / Italien, 1944“; das Word-­Dokument enthält rund 2.200 Wörter. 875 Gemeint ist die populäre Goethe-­Biographie des jüdischen Literaturwissenschaftlers Friedrich Gundolf (1880 – 1931), deren Erstauflage von 1916 zahlreiche Wiederauflagen folgten.

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setzte. Hier muss die Seele gesunden. Und ich fühle mich, das Land durchfahrend, wieder wie der Fisch im Wasser. Alles, was ich anfasse, fügt sich wohl und in Florenz wohne ich auf Anraten des Botschafters von Weizsäcker unweit der Piazza Michelangelo in der Via Erta Canina 60 ganz verwunschen und abseits, habe aus meinem Studio den Blick über die alte Stadtmauer auf Florenz und des morgens von meinem Bett den Blick auf San Miniato. Während ich schreibe, brennt das Feuer aus zersägten Stämmen alter Ölbäume in meinem blauen Kamin und ich bin so dankbar, dass ich das geschmackvoll ausgestattete Haus als Gastfreund der Manentis und der Advokaten Milo, die in Rom sind, bewohnen darf, betreut von Rina, der Dienerin, die zu allem noch vortreff­lich kocht. Verona, 17. April. Es ist ein unheim­licher Wind, am Himmel fliegende Wolken, das grüne Wasser der Etsch am alten rostroten Kastell der Scaliger brandet grünschillernd und weiß­lich am Ufer, die Luft ist staubig gelbbraun.876

Langsdorffs Beschreibung seiner ersten Monate in Italien wird hier bewusst ungekürzt wiedergegeben: Zum einen, um (wie bei den zitierten Briefen von Evers an dessen Frau) seine persön­liche Sicht auf seine Aufgabe nicht zu unterschlagen, zum anderen, um das in zumeist staat­lichen Archiven überlieferte Verwaltungsschrifttum um eine individuelle Deutungsperspektive zu ergänzen. Auch wenn der Erkenntnisgewinn im Hinblick auf die Leitfragen dieser Untersuchung nur gering ist, tragen auch ­solche Ego-­Dokumente dazu bei, ein vielschichtiges Bild der Ereignisse zu gewinnen. Dies betrifft vor allem die Differenz von Selbstbild (etwa „dankbar und fromm“, „glück­lich“, „alles […] fügt sich wohl“) und dem tatsäch­lichen Agieren innerhalb der Strukturen der Militärverwaltung und, so wäre hinzuzufügen, den Strukturen bzw. Befehlsketten der SS. Das genaue Datum von Langsdorffs Ankunft in Italien hat Evers festgehalten: 11. Februar 1944.877 Wie Langsdorff Metternich am 16. Februar mitteilte, habe er den Sitz des Kunstschutzes nach reif­licher Ueberlegung nach Florenz gelegt, und meinen Arbeitsplatz ins Institut. Dies wird auch von den Italienern warm begrüsst. So hat das Institut, dessen Bestände in der nächsten Woche nach Deutschland kommen, wieder eine Aufgabe und seinen entsprechenden Kriegseinsatz.878

876 Familienarchiv Langsdorff Claus, Notizen Alexander Langsdorff, „Kunstschutz in Italien / Italien, 1944“, Typoskript, S. 1 – 2. 877 Archiv KHI, Varia I, Kunstschutz Berichte, Evers, 12.3.1944: „B E R I C H T fuer Herrn Militaer-­ Verwaltungs-­Abteilungschef Dr. Langsdorff ueber die Taetigkeit der Abteilung ‚Kunst-, Bibliotheks- und Archivschutz‘ in R o m / Berichtszeit 13. Januar bis 12. März 1944.“ – Das Datum wird auch genannt ebenda in Evers’ Bericht vom 22.2.1944 „ueber den Aufenthalt von MVR E v e r s in Oberitalien“. 878 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Langsdorff an Metternich, 16.2.1944. Weitest­gehend gleichlautend schreibt Langsdorff am gleichen Tag auch an Zimmermann im ­Kaiser-­Friedrich-­Museum

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Langsdorffs Aktivitäten in den folgenden Monaten können hier nur schlag­lichtartig beleuchtet werden. Exemplarisch sei auf zwei Briefe hingewiesen, die seine grundsätz­liche Janusgesichtigkeit veranschau­lichen; der eine ist gerichtet an den „Reichsgeschäftsführer des Ahnenerbes / SS. Standartenführer Sievers“, der andere an Giovanni Poggi, den Florentiner Soprintendente. Sievers hatte Langsdorff mitgeteilt, „dass der Einsatzstab Rosenberg zu einer vorgeschicht­lichen Expedition nach Italien rüstet“ und er ihn vorsorg­lich darauf aufmerksam machen [wolle], damit wir unter Umständen Unheil verhüten können. Ich wüsste auch wirk­lich nicht, was die Herrschaften dort wollten; denn SS-Obergruppenführer Wolff hat mich bereits ersucht, ihm einige Leute zu ­­schicken, die Sicherstellungen auf vorgeschicht­lichem Gebiet in Museen usw. vornehmen können. Eigent­lich dürfte das ja genügen. Möchten doch die Reinerth-­Leute ihren Tätigkeitsdrang wie bisher auch weiterhin im Osten befriedigen.879

Darauf antwortet Langsdorff am 30. März 1944: Lieber Kamerad Sievers, recht schönen Dank für den Brief vom 20. März und für den Hinweis, dass der Einsatzstab Rosenberg zu einer vorgeschicht­lichen Expedition nach Italien rüstet. Ganz so schlimm sieht es nun in Wirk­lichkeit nicht aus: denn Prof. Mathes [sic]880 ist in Verona bei mir gewesen und hat gebeten, irgendwelche Aufnahmen in einigen Museen in Rom machen zu dürfen. Da für mich kein ersicht­licher Grund vorlag, dies zu verhindern, habe ich ihn zu Prof. Evers nach Rom fahren lassen. Ich glaube jedoch nicht, daß er viel ausrichtet, da z.Zt. alles Wertvolle entweder vergraben oder in Kisten in Kellern untergebracht ist. Mit Bergungsarbeiten und all’ den Dingen, die uns übertragen sind, haben die Leute überhaupt nichts zu tun. Was SS-Obergruppenführer Wolff für Wünsche hat wegen Sicherstellung auf vorgeschicht­lichem Gebiet in Museen usw., ist mir unklar und ich werde ihn bei nächster Gelegenheit in Verona fragen. Ich bitte nur, wenn Sie Ihre Leute zunicken [sic, wohl: schicken], ­­ dass dieselben mit mir in Fühlung treten damit nicht irgendwelche Doppelarbeit geleistet wird.

in Berlin (ARZI , Konvolut Heydenreich, Mappe 21, Korrespondenz Kunsthistor. Institut Florenz 1944). 879 Archiv KHI , Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Korrespondenz Dr. Langsdorff“, Sievers an Langsdorff, 20.3.1944. 880 Gemeint ist Walter Matthes (1901 – 1997), Inhaber des 1934 errichteten Lehrstuhls für „Vorgeschichte und germanische Frühgeschichte“ an der Universität Hamburg (bis 1945, dann erneut von 1951 bis 1969). Vgl. Kurzbiographie von Legendre in Legendre, Olivier und Schnitzler 2007, S. 453 – 454.

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Es wird Sie interessieren, dass mir der Obergruppenführer einen Auftrag weiterleitete von Hofrat Zimmermann, Institut für Kärntner Landesforschung.881 Der Gauleiter Reiner [sic, gemeint ist: Friedrich Rainer, 1903 – 1947] bat wohl [unleser­lich], dem Museum einige Gegenstände auf [sic], die für Germanien von Bedeutung sind und will daher für sein Museum davon Lichtbilder oder Gipsabgüsse aus Rom haben. Auch dies zu Ihrer Kenntnis.882

Bemerkenswert ist der Satz „Mit Bergungsarbeiten und all’ den Dingen, die uns übertragen sind, haben die Leute überhaupt nichts zu tun.“ Denn die Aussage ist ambivalent: Denkbar ist einerseits, dass Langsdorff mit „uns“ den Kunstschutz meint und als „Leute“ die Mitarbeiter des ERR anspricht. Denkbar ist frei­lich andererseits auch, dass er mit „uns“ das „Ahnenerbe“ meint, also das ihn und Sievers seit vielen Jahren verbindende Interesse an „germanischer Frühgeschichte“. Doch es spricht mehr für die erstere Lesart. Der Brief veranschau­licht indes vor allem, in ­welchen Befehlsketten und -hierarchien der Leiter des Kunstschutzes steht: Nicht das OKH ist für ihn maßgeb­lich, sondern die Weisungen von Obergruppenführer Wolff. Es besteht nicht der geringste Zweifel, dass Langsdorff sich d­ iesem stärker verpf­lichtet sieht als der Wehrmacht bzw. der Militärverwaltung. Das zweite Schreiben, in dem ebenfalls eine gewisse Doppelzüngigkeit zutage tritt, ist Langsdorffs „Abschiedsbrief“ an Poggi vom 18. Juni 1944: Hochverehrter Herr Professor! Im Augenblick, da ich Florenz verlassen muss und meine Arbeit für den Schutz der Kunstwerke, soweit es in meinen Kräften stand, abgeschlossen ist, drängt es mich, Ihnen von Herzen Lebewohl zu sagen. Es war eine selbstverständ­liche Ehrenpf­licht, Ihre Sorgen wegen der grossen Kunst, die dieser Stadt das Gepräge gibt, jederzeit zu teilen und alles zu tun, um die edle Kunst, die dem italienischen Genius verdankt wird, einer schönheitsdurstigen Menschheit zu erhalten. Da Sie als alter Freund des Kunsthistorischen Instituts und meines Kameraden Prof. Heydenreich, mir als Vertreter der Militärverwaltung volles Vertrauen entgegenbrachten, gestaltete sich die Arbeit in jeder Beziehung erfreu­lich. Florenz wird angstvolle Tage erleben, aber ich hoffe, es wird bald vorüber sein. Ich hege die Erwartung, dass auch auf der anderen Seite, die Ihnen nun näher kommt, Kollegen aus besseren Zeiten, die wir alle kennen und schätzen, sich der Kunst als Beschützer annehmen werden. Wenn dieselbe in glück­licheren Zeiten Mäzene nötig hatte, so in weniger glück­lichen und kriegerischen Zeiten bedarf sie der Protektoren. So könnte ich mir von Prof. Woolley und auch von Le Clarque [Kenneth Clark, 1903 – 1983] wohl denken, dass sie ­gleiche Achtung und Liebe für die italienische Kunst haben, wie wir sie in diesen Monaten hier erweisen durften. So hege ich

881 Zum Institut siehe Wedekind 2008b. 882 Archiv KHI , Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Korrespondenz Dr. Langsdorff“, Langsdorff an Sievers, 30.3.1944.

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auch die bestimmte Zuversicht, dass die Kunstwerke Italiens weiterhin ihrem schwergeprüften Lande verbleiben und nicht exportiert werden. Als ich im Dienst des Oriental Institute Chicago in den Jahren 1931 bis 33 Persepolis ausgrub, habe ich auch Prof. Woolleys Ausgrabungen in Ur Mesepotamien besucht und die wundervollen Arbeiten ­dieses grossen Gelehrten bewundert. Sollten Sie ihn sehen, so erzählen Sie ihm in kolle­ gialer Weise von unserem ernsten Bemühen zur Erhaltung der italienischen Kunst und dass wir die Giotto Fresken in Padua noch durch Bauten besonders zu schützen suchen, weil die Mantegna Fresken daneben durch einen unseligen Fliegerangriff zerstört wurden. Dass ich am Lago Maggiore ein Kunstdepot errichte, auf der Isola Bella für die oberitalienische Kunst, sagte ich Ihnen schon. Mit vielen guten Wünschen für Ihre Zukunft, grüsse ich Sie in kollegialer Verbundenheit.883

Exemplarisch ist dieser Brief auch darin, wie Langsdorff die Tätigkeit des deutschen Kunstschutzes schildert („Ehrenpf­licht“, „Sorgen teilen“, der „Menschheit zu erhalten“), was er nicht sagt und wie er den alliierten Kunstschutz („Protektoren“) einerseits auf einer persön­lichen Ebene wertschätzt, andererseits eine mit d ­ iesem – und nicht mit dem deutschen – Kunstschutz verbundene Gefahr des „Exports“ insinuiert. Tatsäch­lich gibt es ja eine lange historische Tradition, in der Besatzung und Kulturgüterraub geradezu synonym waren, von der Antike über die Napoleonischen Beutezüge (Savoy 2011) bis in das 20. Jahrhundert hinein. Insofern war das spätere alliierte Verfahren, Central Collecting Points einzurichten und die aus den (verschiedenen seit 1939 vom nationalsozialistischen Deutschland) besetzten Ländern Europas stammenden Kulturgüter in die Herkunftsgebiete zurückzuführen, tatsäch­lich ein Novum und im Sommer 1944 kaum vorhersehbar. Und es ist auch unwahrschein­lich, dass L ­ angsdorff zu d ­ iesem Zeitpunkt Kenntnis von der sogenannten Londoner Erklärung vom 5. Januar 1943 hatte (Inter-­Allied Declaration against Acts of Dispossession committed in Territories under Enemy Occupation and Control – Alliierte Erklärung über die in den vom Feinde besetzten oder unter seiner Kontrolle stehenden Gebieten begangenen Enteignungshandlungen 884). Dennoch scheint es symptomatisch, dass Langsdorff offenkundig keinerlei Problembewusstsein für deutsche Handlungen in den besetzten Gebieten besaß, aber den Briten und Amerikanern unterstellte, prinzipiell drohe durch sie Ausfuhr oder Export der „Kunstwerke Italiens“, was die „Kollegen aus besseren Zeiten“ in der MFAA aber wohl verhindern würden. In jedem Fall ist ein Kontrast zu diagnostizieren, wenn man das Schreiben an Poggi mit einem zwei Wochen später von Schäfer-­Rümelin abschickten Telegramm der „Dienststelle Rahn“ vergleicht:

883 CIR, 236, Giugno 1944, Langsdorff an Poggi, 18.6.1944. 884 Vgl. aus juristischer Sicht Fiedler 2000.

Alexander Langsdorff  I  263

In der Angelegenheit der Bergung von Instrumenten und Materialien aus dem Gebiet des Apennin hat der mit dem Kunstschutz beauftragte Dr. Langsdorff folgendes festgestellt: Umfangreiche Bergungsaktionen wurden durchgeführt […] Von den Heerespharmazeuten ist das Istituto Farmaceutica Militare übernommen worden. Dasselbe erfolgte mit dem Istituto Geografico Militare durch die deutsche Wehrmacht (beide in Florenz). Topographisches Material wurde vom Kunstschutz geborgen und nach Verona abtransportiert.885

Demnach wurden mit Langsdorffs Kenntnis und Billigung zumindest „Instrumente und Materialien“ sowie, offenbar in seinem Auftrag, auch Karten und Messblätter direkt durch den Kunstschutz „übernommen“ und „geborgen“ sowie nach Norden (Richtung Brenner) verbracht. In Bezug auf Kunstwerke hält Langsdorff hingegen fest: Der mir durch den Herrn Bevollmaechtigten des Grossdeutschen Reiches in Italien, Botschafter Rahn, uebermittelte Fuehrerbefehl, Kunstschaetze, die dem italienischen Genius verdankt werden, in die offenen Staedte Rom und Florenz zurueckzubringen, damit sie vor Bombenterror bewahrt und Europa erhalten blieben, war fuer die Abt. Kunst-, Archiv und Bibliotheksschutz b. Bev. Gen. D. Dt. Wehrm. in Italien seit Beginn ihres Einsatzes im September 1943 oberstes Gesetz.886

Beim Abtransport der Florentiner Sammlungen Finaly und Acton 887 nach Südtirol 888 wurde frei­lich nicht nach der Nationalität der Künstler unterschieden – perfider noch: in Langsdorffs Aktenvermerk „über die Besichtigung der Kunstdepots in S. Leonhard in Passeier und Sand in Taufers mit dem Vertreter des ital. Ministeriums für Nationale Erziehung Generaldirektor Prof. Dr. Carlo Anti vom 27. bis 30. 11. 1944“ heißt es am Schluss: „Die Sammlung F. A. wurde selbstverständ­lich nicht erwähnt.“889

885 PA AA, R 61087, Telegramm von Schaefer-­Rümelin, „Dienststelle Rahn“, 2.7.1944. 886 PA AA , R 61087, „Bericht ueber Bergungsfahrten von Kunstwerken aus dem Frontbereich bei Florenz der Abt. Kunst-, Archiv- und Bibliotheksschutz des Bevollmaechtigten Generals der Deutschen Wehrmacht in Italien in der Zeit vom 16.7.–14.8.44“, Typoskript, 4 Seiten, „gez. Langsdorff“, o. O., „21. August 1944“, „Verteiler: 1) SS-Obergruppenführer Wolff, 2) Fuehrer, 3) Reichsfuehrer-­SS Himmler 4) Botschafter Rahn, 5) Gauleiter Hofer, 6. Entwurf zum Verbleib.“ 887 Für die beiden Villen, in denen sich die Sammlungen befanden – Villa Finaly alla Pietra in der Via Bolognese 88 und Villa Acton alla Pietra in der Via Bolognese 84 – waren am 9.10.1943 bereits Belegungsverbote erlassen worden, siehe DHI Rom, Archiv, N 9, Nr. 4, Liste der Soprintendenza. 888 ACS, ACC, Roll 253 A, Bl. 738. 889 ASAAD, Ordner Copie Documenti Tedeschi (3), rote Mappe „Lago Maggiore / Isole Borromee“.

264 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

5.7 Heydenreich in Mailand (Juli 1944 – April 1945) Heydenreich und Siebenhüner verließen Florenz am 20. Juni 1944.890 Die Außenstelle Mailand der Abt. Kunstschutz wurde am 26. Juli 1944 eingerichtet.891 Doch schon einige Wochen vorher war Heydenreich dort beim Deutschen Generalkonsulat installiert, wo er sich vor allem dem „Archiv der zerstoerten Kunstwerke“ widmete, also jener Abbildungssammlung, die der Kunstschutz auf Anforderung des Auswärtigen Amtes bereitwilligst zusammenstellte. Gewissermaßen ein Ausweichbüro zur Bearbeitung des „Inventars der Kunstschaeden“ hatte Heydenreich, wie aus einem Brief an Langsdorff vom 11. Juli 1944 hervorgeht, zuvor im Deutschen Institut in Venedig bezogen, wo ihm Prinzing in „sehr netter Weise sein eigenes Zimmer in Venedig als Arbeitsraum zur Verfuegung gestellt“ habe.892 In seiner Mailänder Zeit bereitete Heydenreich einerseits die Gründung einer Zweigstelle des Deutschen Instituts in Mailand vor (einer gedruckten Einladungskarte zufolge fand die Eröffnung am 18. Februar 1945 statt)893 und setzte andererseits vor allem die Arbeit am Bildarchiv der zerstörten Baudenkmäler und am Archiv der Abteilung Kunstschutz fort. Doch so intensiv er sich dieser Aufgabe auch widmete – spätestens im Herbst 1944 müssen ihm Zweifel weniger am eigenen Tun, sondern vielmehr an der Art und Weise, wie Langsdorff die nach Südtirol – in die Operationszone Alpenvorland – verbrachten Werke der Florentiner Museen behandelte beziehungsweise nicht behandelte, gekommen sein. Denn mehrfache Bitten und Nachfragen der salò-­faschistischen Behörden, die auf Besichtigung und Kontrolle der Inventare der Auslagerungsdepots in Sand in Taufers und St. Leonhard im Passeiertal drangen, waren von Langsdorff nicht oder ausweichend beantwortet worden. Je mehr Zeit verstrich, desto stärker dürfte ein Gewissenskonflikt in Heydenreich (und Evers) genährt worden sein, denn aufgrund seines genauen Studiums der Presse kannte er die Vorwürfe genau, hatte aber keine Entscheidungshoheit, sondern war in die Strukturen der Militärverwaltung eingebunden und konnte ohne Genehmigung von Langsdorff keine Entscheidungen herbeiführen.894 890 Archiv KHI, Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Privatkorrespondenz Prof. ­Heydenreich“, Heydenreich an Oertel, 20.11.1944. 891 CIR, 237, Ottobre 1944, Evers: „B e r i c h t über die Errichtung und die Tätigkeit der Aussenstelle Mailand der Abt. Kunstschutz“, 16.10.1944. 892 CIR, 235, Luglio 1944, Heydenreich an Langsdorff, 11.7.1944. Auch vorhanden im Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz. 893 ARZI, Konvolut Heydenreich, Mappe 25, Mailänder Institut, 1944 – 1945, Inaugurazione Deutsches Institut Mailand, Plazzo Morando, Via S. Andrea N. 6. – Formell war das Mailänder Institut „eine Zweigstelle des Detuschen Instituts Venedig“, so Schaefer-­Ruemelin am 16.8.1944 in einem Schreiben an das Deutsche Generalkonsulat Mailand (ebenda). – Zur Eröfnung erschienen Bericht in La Sera, La Repubblica Fascista und im Corriere della Sera, jeweils 19. Februar 1945, jeweils Titelseite (ebenda). 894 Vgl. hierfür und für die folgenden Angaben ergänzend die Ausführungen von Franchi 2012, bes. S. 115 – 126, die den Konflikt hinsicht­lich der Bergungsdepots in Südtirol vor allem aus der Perspektive

Heydenreich in Mailand  I  265

Ende Oktober 1944 wandte sich Heydenreich deshalb vertrau­lich an Konsul Wolf, der nach der Räumung von Florenz an die Botschaft in Fasano abgeordnet worden war, und bat ihn um Mithilfe bei der Erwirkung eines „Führerbefehls“, den Heydenreich so vorschlug: Ich ordne an, dass die durch die Abteilung Kunst-, Archiv- und Bibliotheksschutz beim Bevollmächtigten General der Deutschen Wehrmacht in Italien im Frontgebiet geborgenen Kunstwerke aus italienischem Staatsbesitz, die nach Sand in Taufers und S. Leonhard im Passeiertal Alpenvorland verbracht sind, dort für den italienischen Staat sichergestellt bleiben. Die zur Betreuung der unermess­lich wertvollen Kunstwerke erforder­lichen Massnahmen veranlasst die Abteilung Kunstschutz.895

Dieser Text – ein Kunsthistoriker schlägt einen „Führerbefehl“ vor – ist nur dann verständ­ lich, wenn man sich Heydenreichs Situation vor Augen führt, in der er meint, mit einer solchen Verlautbarung Hitlers nicht nur das geringere Übel im Vergleich zum willkür­lichen Handeln der SS gewählt zu haben, sondern diese offenbar sogar als Schutz gegen Letzteres begriffen hat. Ob (und wenn ja, ab wann) sich Heydenreich über Langsdorffs Haltung im Klaren war, ist schwer zu sagen: In dem für Konsul Wolf bestimmten Vermerk gibt er zwar an, dass der „Plan“ auf „Aussprachen z­ wischen Prof. Langsdorff, Prof. Reidemeister und mir“ zurückgehe, doch könnte dies von Heydenreich auch als Vorsichtsmaßnahme behauptet worden sein, um nicht Gefahr zu laufen, der Insubordination verdächtigt zu werden. Heydenreichs Ziel ist es jedenfalls, end­lich die „vorgesehene offizielle Besichtigung der Bergungsdepots im Voralpenland durch die Vertreter der italienischen Regierung v­ orzunehmen, deren Durchführung z.Zt. noch Schwierigkeiten bereitet.“ In einem Brief an Konsul Wolf, dem gegenüber er deut­lich offener formuliert als in seinem Schriftverkehr mit Langsdorff, schlägt Heydenreich neben Carlo Anti mehrere Soprintendenti sowie einen Restaurator für diese Begehung vor und schließt: Was die Aushändigung der Inventare der sichergestellten Kunstwerke betrifft, die bereits in muster­ gültiger Form vorliegen und dem italienischen Ministerium seit längerem versprochen worden sind, hat sich eine Prof. Reidemeister und mir nicht klar ersicht­liche Verzögerung eingestellt, die mit Behutsamkeit und Geschick ergründet werden müsste.896

von Anti und Biggini schildert. 895 Archiv KHI , Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Langsdorff, Soggetti Speciali“: „Mailand, d. 31.10.44 / Vertrau­liche Aktennotiz/ für Herrn Generalkonsul Dr. G. Wolf / Betreffend: Den gegenwärtigen Stand der Kunstschutzaktion“, nicht unterzeichnet, aber definitiv von ­Heydenreich verfasst. 896 Archiv KHI, Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Langsdorff, Soggetti Speciali“: „Vertrau­ liche Aktennotiz / für Herrn Generalkonsul Dr. G. Wolf.“

266 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Am gleichen Tag schreibt er auch an Langsdorff, bedient sich hier aber einer ganz anderen Argumentation und erwähnt auch den zu erwirkenden „Führerbefehl“, der vermeint­lich mit Langsdorff abgesprochen gewesen sei, mit keiner Silbe. Schon der Betreff ist strategisch formuliert: „Kunstwerke aus italienischem Staatsbesitz unter deutscher Obhut“, und ­Heydenreich appelliert in der Folge, dass aufgrund ­dieses Umstands den Deutschen die volle Verantwortung für die sachgemässe Pflege und Erhaltung dieser unermess­ lichen Werte zu[falle] […]; es erwächst jedoch aus dieser ersten Rettungsaktion die Verpf­lichtung, die sichergestellten Werke mit pein­lichster Gewissenhaftigkeit zu überwachen, sie unter ständiger Kontrolle zu halten, damit sie zum gegebenen Zeitpunkt dem italienischen Staat in einem Zustand zurückgegeben werden können, der jeden Zweifel an einer unsachgemässen oder leichtfertigen Behandlung ausschliesst. Es ist daher aus sach­lichen wie aus politisch-­propagandistischen Gründen unerläss­lich, auch deutscherseits neben der Organisation des militärischen Kunstschutzes, die gleichsam ein „Bergungskommando“ darstellt, einen Ausschuss von Sachverständigen einzusetzen, der mit der ständigen Ueberwachung und Pflege der italienischen Kunstwerke betraut wird.897

Für diese Sachverständigenkommission – und dies ist für seine Einschätzung der Lage bezeichnend – empfiehlt Heydenreich: Hermann Voss (den er, wie er später in einem Brief erwähnt, persön­lich überhaupt nicht kennt,898 und von dessen Erwerbungspraxen er sicher­lich keine Kenntnis hatte 899), „Dr. Curt Oertel“ (sic – er meint Robert Oertel), Ernst Friedrich Bange (1893 – 1945), Leiter der Skulpturensammlung des ­Kaiser-­Friedrich-­Museums in Berlin, den Innsbrucker Landeskonservator von Südtirol, Josef Ringler (1893 – 1973), sowie Leo Bruhns und sich selbst. Proaktiv schlägt Heydenreich weiter vor, „einige Vertreter der internationalen, vor allem der Schweizer Presse zu einer Besichtigung der Kunstdepots“ einzuladen. Langsdorff reagiert – zunächst gar nicht. Knapp zwei Wochen später schickt ihm ­Heydenreich „die Uebersetzung der neuesten Stellungnahme der Feindseite zu dem uns untergeschobenen ‚Raub der toskanischen Kunstwerke‘“ und erläutert seinem Vorgesetzten detailliert, was den einzelnen Vorwürfen entgegnet werden sollte.900 Sein Problem ist offenkundig, dass einige dieser Vorwürfe seinen eigenen Erfahrungen entsprechen, und so 897 Archiv KHI, Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Langsdorff, Soggetti Speciali“: „Mailand, d. 31.10.44 /Aktennotiz. / Für MVA-Chef Prof. Langsdorff.“, mit Paraphe „Hey“. Die folgenden Zitate und Angaben ebenda. – Der Brief bzw. die Aktennotiz ist abgedruckt bei Fuhrmeister, Griebel, Klingen und Peters 2012, S. 276 – 277, Dokument 4, und wird mit ähn­lichem Tenor, aber anderer Akzentsetzung diskutiert von Caraffa, Goldhahn 2012, S. 100 – 102. 898 Archiv KHI, Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Privatkorrespondenz Prof. ­Heydenreich“, Heydenreich an Oertel, 20.11.1944. 899 Dazu detailliert Iselt 2010. 900 Archiv KHI , Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Langsdorff, Soggetti Speciali“, ­Heydenreich an Langsdorff, 13.11.1944, 3 Seiten, hier S. 1.

Heydenreich in Mailand  I  267

versucht er, sowohl die von ihm erwartete (und sicher­lich zu einem guten Teil auch mit echter Überzeugung vertretene) klassische Propagandaarbeit zu leisten 901 als auch Langsdorff zu einem Einlenken zu bewegen: Dass Ihre Bergungsaktion als Vo r w a n d für einen geplanten Raub dargestellt wird, ist als reine Propaganda nicht weiter tragisch zu nehmen. […] Deshalb finde ich die Anweisung des Botschafters vorzüg­lich, die Angelegenheit im Rundfunk gleichsam unter dem Motto zu behandeln „was kümmerts den Mond, wenn der Hund ihn anbellt“. Sach­lich aber wird es m. E. im höchsten Masse dring­lich, die von uns seit langem geplanten Massnahmen in Sachen der Voralpenland-­Depots nunmehr wirk­lich durchzuführen, näm­lich: Die Besichtigung der Depots durch eine von Anti geführte italienische Kommission, der neben einem italienischen Restaurator noch zwei oder drei Denkmalspfleger von internationalem Ansehen – ich schlug Pacchioni, Morassi und Moschini vor – angehören möchten. […] Die offizielle Uebergabe der Bergungslisten an die italienische Regierung. […] Einsetzung eines deutschen Sachverständigenausschusses […] Wenn diese Massnahmen durchgeführt werden und mit der nötigen Offenheit (Hinzuziehung der neutralen Presse) behandelt werden, würden die gegen uns erhobenen Anschuldigungen, deren Schwere und Folgenschwere nicht unterschätzt werden darf, ein für allemal gegenstandslos gemacht werden.902

Am nächsten Tag bittet Heydenreich Konsul Wolf, dem er eine Abschrift des Briefes an Langsdorff vom Vortag beilegt, seinen „ganzen Einfluss geltend [zu] machen […], dass die von mir vorgeschlagenen Massnahmen durchgeführt werden.“903 Langsdorff reagiert – mit Verzögerung. Eine Woche später lässt er Heydenreich wissen: Was Ihre Schlussfolgerung aus dem Ganzen betrifft, so ist die Angelegenheit im Augenblick noch nicht mit einer grossen Kommission zu klären. Obergruppenführer Wolff hat aus verschiedenen Gründen vorerst zugestimmt, dass der Generaldirektor der Schönen Künste, Prof. Anti, mit einem Herrn der Botschaft und mir zu den Bergungsorten fährt. Anschließend will er Minister Biggini 901 Siehe etwa seine Stellungnahme in einer „Aufzeichnung / für Herrn Dr. Domes / Betrifft: Publikation des Ministero della Cultura Popolare: ‚Distrizuioni del patrimonio storico-­artistico italiano‘“, 18.11.1944: „Propagandamittel erster Ordnung“ (Archiv KHI, Varia I, Kunstschutz – Alfred Domes [1901 – 1984] war Kulturreferent des Generalkonsulats Mailand), oder ebenda Brief an Sonderführer K Hagemann, 4.12.1944. Vgl. Archiv KHI, Varia I, Kunstschutz Berichte, Heydenreich: „Aufzeichnung. Für Herrn Dr. Pabst“, 9.11.44; „Aufzeichnung. Für Herrn Dr. Mollier“, 4.12.44, Paraphe „Hey“; „Aufzeichnung. Für Herrn Dr. Pabst“, 10.12.44, Paraphe „Hey“. 902 Archiv KHI , Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Langsdorff, Soggetti Speciali“, ­Heydenreich an Langsdorff, 13.11.1944, 3 Seiten, hier S. 1 – 3. 903 Archiv KHI , Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Langsdorff, Soggetti Speciali“, ­Heydenreich an Wolf, 14.11.1944.

268 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

in feier­licher Form die Listen der geborgenen Kunstwerke überreichen. Ich denke mir, dass dies sehr wirksam sein wird. Von Gauleiter Hofer, dem Obersten Kommissar im Alpenvorland, mit dem wir in letzter Zeit mancherlei Kummer hatten, ist es völlig unmög­lich zu erreichen, dass eine italienische Kommission in dem von Ihnen vorgeschlagenen Ausmass nach Bozen und weiter reist. Da die Angelegenheit im übrigen mit dem Kultusminister Biggini besprochen war, dessen Vertrauensmann Anti ist, so genügt dieser als Besichtigender vollauf. Wie im Grossen nachher die Angelegenheit behandelt wird, entscheidet der Führer persön­lich, dem der Obergruppenführer Wolff selbst Vortrag halten wird. Bis dahin müssen sich sämt­liche geplanten Kommissionen gedulden. Darf ich fragen, wer eigent­lich die Herren der italienischen Kommission, die Sie mir gleichfalls in einem Vermerk mitteilen, so dring­lich vorgeschlagen hat?904

Mit dieser deut­lichen Zurückweisung – mit dem Verweis auf Hofers Antipathie gegenüber Italienern 905 und mit dem gar nicht dezenten Hinweis, dass Wolff die Angelegenheit mit Hitler selbst besprechen werde – torpediert Langsdorff Heydenreichs Bemühungen auf allen Ebenen, wobei dieser natür­lich auch um seinen eigenen Ruf als Kunsthistoriker besorgt war (er sei, schrieb Heydenreich an anderer Stelle, „seit September vorigen Jahres mit Aufgaben betraut […], für die ich einmal vor der gesamten zivilisierten Welt Rechenschaft abzulegen haben werde“906). Was Heydenreich nicht gewusst, vielleicht nicht einmal geahnt haben dürfte: L ­ angsdorff hatte mit großer Wahrschein­lichkeit entsprechende Vorgaben von Wolff erhalten, der die ausgelagerten Kunstwerke eigent­lich für Himmler, später wohl – ob mit oder ohne Himmlers Wissen – im Rahmen seiner Waffenstillstandsverhandlungen mit dem amerikanischen Geheimdienst OSS als Faustpfand einzusetzen gedachte. Bereits am 26. Juli 1944 hatte Himmler Wolff per Fernschreiben jedenfalls unverblümt anweisen lassen: Reichsführer-­SS bittet, von dem Transport der Cranach-­Bilder „Adam und Eva“ ins Führerhauptquartier abzusehen. Er hält es für besser, wie es bereits für die übrigen Kunstschätze geschieht, in Südtirol Plätze ausfindig zu machen, die eine sichere Aufbewahrung der Bilder gewährleisten, ohne daß zunächst die Autorität des italienischen Staates angetastet wird. Es müsse allerdings sicher sein, daß der Raum, in dem sich die Bilder dann befinden, auf jeden Fall von Deutschland geschützt würde.907

904 Archiv KHI , Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Langsdorff, Soggetti Speciali“, ­Langsdorff an Heydenreich, 20.11.1944. 905 Eine nütz­liche Übersicht zu Franz Hofer (1902 – 1975) auf der Basis der Gerichtsakten im Staatsarchiv München bei Schreiber 2008b, S. 86 – 88. 906 Archiv KHI, Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Privatkorrespondenz Prof. ­Heydenreich“, Heydenreich an Konrad Lemmer / Rembrandt Verlag / Berlin, 31.10.1944. 907 Archiv IfZ, MA 332 (Korr. RFSS – HSSPF Italien), Aufnahme Nr. 656992, Fernschreiben „An den Höchsten SS- und Polizeiführer Italien SS-Obergruppenführer Wo l f f Ve r o n a “, „gez. M e i n e ,

Heydenreich in Mailand  I  269

Dieses Fernschreiben beantwortet ein anderes Fernschreiben, das Wolff am 25. Juli – „Dringend! Geh. Kdo.-Sache!“ – an Himmler gesandt hatte (seinerseits auf einen Funkspruch des RF SS vom 22. Juli reagierend). Wolff schrieb: – GEHEIME KOMMANDOSACHE – SOFORT VORLEGEN – AN DEN REICHSFUEHRER – SS H. H I M M L E R – BETR.: SICHERSTELLUNG VON KUNSTSCHAETZEN. – BEZUG: FUNKSPRUCH RF – SS NR. 0200 VOM 22.7.1944 – REICHSFUEHRER – BISHER HATTE LANGSDORFF DEN IHM VOM BOTSCHAFTER DR. RAHN UEBERMITTELTEN FUEHRERBEFEHL BEFOLGT: KUNSTSCHAETZE, DIE DEM ITAL. GENIUS VERDANKT WERDEN, IN DIE OFFENEN STAEDTE ROM UND FLORENZ ZURUECKZUBRINGEN, DAMIT SIE VOR BOMBENTERROR BEWAHRT UND EUROPA ERHALTEN BLEIBEN. IN VILLEN UND KASTELLEN IN DER UMGEBUNG VON FLORENZ LIEGEN TROTZDEM NOCH KUNSTWERKE MIT ALLERGROESSTER KUNST AUS FLORENZ, DIE AUS TRANSPORTMANGEL NOCH NICHT ABTRANSPORTIERT WERDEN KONNTEN. AUS EINEM SOLCHEN DEPOT, KASTEL OLIETO, DASS (sic) SCHON IM ARTILLERIEFEUER LAG, HAT LANGSDORFF DIE BEIDEN BERUEHMTESTEN BILDER VON LUKAS CRANACH “ADAM UND EVA“ DIE DER FUEHRER BEI SEINEM BESUCH IN FLORENZ GANZ BESONDERS SCHAETZTE, MIT HILFE VON FALLSCHIRMJAEGERN BERETTET [sic] UND NACH BERGAMO, SEINEM DIENSTSITZ MITGENOMMEN ER BITTET UM ENTSCHEIDUNG, OB IN (sic) DIESE KUNSTSCHAETZE INS FUEHRER­HAUPTQUARTIER GEBRACHT WERDEN SOLLEN, DAMIT DER FUEHRER WEITERES UEBER DEN VERBLEIB DER WELTBERUEHMTEN VON UNS GERETTETEN BILDER VERFUEGT. – ENTSPRECHEND DEM FUNKSPRUCH RF-SS VOM 22.7.44 IST LANGSDORFF MIT LKW-KOLONNE DER SS NACH FLORENZ GESTARTET, UM DIE VILLEN UND KASTELLEN DER UMGEBUNG VON FLORENZ NOCH [sic] GEHORTETEN UND BALD IN ARTILLERIBESCHUSS [sic] LIEGENDEN GROSSEN FLORENTINER KUNSTWERKE ZUNAECHST NACH SUEDTIROL ABZUTRANSPORTIEREN.908

Hier wird jene Befehlskette sichtbar, die das Handeln des überzeugten SS-Mannes ­Langsdorff bestimmte und an die er sich gebunden fühlte. Gegenüber dieser Entscheidungskette war SS-Hauptsturmführer, 26.7.44 Me/H.“. 908 Archiv IfZ, MA 332 (Korr. RFSS – HSSPF Italien), Aufnahme Nr. 656994 – 656996, Fernschreiben „DER HOECHSTE SS-U. POL. FUEHRER ITALIEN, GEZ.: WOLFF, SS-OBERGRUPPENFUEHRER UND GEN. DER WAFFEN-SS / TGB .NR. 5290/44 G, KDOS+“ an Reichsführer SS Himmler, 25.7.1944.

270 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Heydenreichs Bemühen zum Scheitern verurteilt; seine faktische Ohnmacht ging indes nicht mit Untätigkeit einher. Noch in Unkenntnis der Abfuhr, die Langsdorff ihm am 20. November erteilt, schreibt Heydenreich am selben Tag an Oertel (und auch hier ist es bezeichnend, welches Bild Heydenreich von Posse – vielleicht aus der Zeit der Angriffe gegen Posse in den Jahren 1937/38909 – im Kopf hatte): Was ich in den letzten Monaten an Sorgen und Problemen zu bewältigen hatte, ist nicht zu schreiben, sondern nur zu erzählen. Ich möchte Sie über den dring­lichsten Vorgang aufgrund der beigefügten Unterlagen unterrichten und zwar zunächst streng vertrau­lich. Ich hoffe, daß Sie imstande sind, auch ohne Kommentar, den ich beim besten Willen schrift­lich nicht geben kann, zu verstehen, um was es geht, und bitte Sie alles zu tun, was Sie für richtig halten. Es ist ungeheuer zu beklagen, dass Posse tot ist. Er wäre die einzige Persön­lichkeit gewesen, die diese Frage hätte lösen können. Leider kenne ich Voss persön­lich nicht und kann daher nicht beurteilen, wie er zu dem ganzen Problem Stellung nimmt und ob er – was bei Posse bestimmt der Fall gewesen wäre – von sich aus bereit sein würde, etwas zu tun. Bitte denken Sie alles genau durch: ich schreibe an Sie völlig aus eigenem Entschluss und auf eigene Verantwortung, da ich niemand davon in Kenntnis gesetzt habe.910

Heydenreich dürfte, wie auch aus diesen Zeilen hervorgeht, bewusst gewesen sein, was den Florentiner Werken, die weiterhin keinen italienischen Behördenvertretern gezeigt wurden, drohte: Ihre weitere Verschleppung nach Norden. Anders gesagt: Im Herbst 1944 nimmt der Entscheidungsdruck auf den Militärischen Kunstschutz in Italien weiter zu, während die Gestaltungsräume kleiner werden, was auch zu Friktionen und Spannungen untereinander führte. So vermerkt Evers am 12. November 1944: „Ich höre von Dr. Lang, daß Langsdorff und seine Leute unzufrieden mit mir s­ eien, weil ich nicht energisch genug aufgetreten sei. Holla, was ist da los?“911 Heydenreich versuchte unterdessen, die geplante Eröffnung der Zweigstelle des Deutschen Instituts in Mailand „zum Anlass zu nehmen, die Affaire der Bergamodepots endgültig und offiziell zu klären.“ Am besten, so Heydenreich, wäre es, wenn dabei der Botschafter „über das Kunstschutzproblem“ sprechen würde: „denn auf diese Weise könnte vielleicht ein gewisser Druck darauf ausgeübt werden, dass die nun bereits 4 Monate lang schwebende Angelegenheit in Ordnung kommt.“912

909 Dazu Lupfer, Rudert 2015, passim. 910 Archiv KHI, Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Privatkorrespondenz Prof. ­Heydenreich“, Heydenreich an Oertel, 20.11.1944. 911 FA Evers, Brief vom 12.11.1944 an seine Frau. 912 Archiv KHI, Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Privatkorrespondenz Prof. ­Heydenreich“, Heydenreich an Konsul Wolf, 17.11.1944.

Heydenreich in Mailand  I  271

De facto besichtigte nur ein einziger Italiener, näm­lich der vergleichsweise ‚pflegeleichte‘ – weil „durch und durch faschistische“ („fascista tutto di un pezzo“913) – Carlo Anti Ende November die beiden Depots, begleitet nur von Langsdorff und Reidemeister. Diese Inaugen­scheinnahme, so Langsdorff am 2. Dezember 1944 abwiegelnd, verlief völlig harmonisch, und Prof. Anti ist äusserst befriedigt von uns geschieden. Die Überreichung der Listen, und zwar in successiver Folge, hat sich Obergruppenführer Wolff persön­lich vorbehalten. Er hat letzten Sonntag dem Duce die erste Liste der Bilder aus Montagnana (Marano) persön­lich überreicht, der sich darüber besonders gefreut hat. Weitere Listen werden zu gegebener Zeit vom Obergruppenführer dem Duce übergeben werden, entsprechend werde ich jeweils Herrn Prof. Anti eine Kopie zugehen lassen. Dies ist von allen so verabredet und wird auch eingehalten. Wenn Sie bei der Eröffnung des Deutschen Instituts irgendwelche Erklärungen über diese Kunstschutzarbeit und die Bergungen wünschen, so ist dies unbedingt vorher mit dem Obergruppenführer Wolff abzustimmen, denn an sich ist die Atmosphäre der vertrauensvollen Zusammenarbeit wirk­lich wieder da, und es ist alles geschehen, was zur Behebung des mög­lichen Misstrauens geschehen konnte. Auch wünscht der Reichsführer-­SS nicht zuviel Lärm um diese mit Vorsicht zu behandelnden Dinge.914

Dieser Brief enthält zwei deut­liche Warnungen an Heydenreich: Erstens beansprucht ­Langsdorff die Richtlinienkompetenz, pocht auf Einhaltung der durch ihn ergangenen Vorgaben und verbindet dies sogar mit einer Art Drohung („Dies […] wird auch eingehalten“), und zweitens benennt er mit Heinrich Himmler seinen stärksten Allianzpartner und, so darf vermutet werden, Auftraggeber, um seinen „ehrenamt­lichen Mitarbeiter“ vor Alleingängen zu warnen – zumal „nicht zuviel Lärm“ das Gegenteil von energischer Zurückweisung der Feindpropaganda ist, die ja erklärtermaßen Aufgabenbereich des Kunstschutzes war und mit der sich Heydenreich in besonderem Maße beschäftigte. Man kann es vor dem Hintergrund dieser Dokumente der italienischen Forschung jedenfalls überhaupt nicht verdenken, wenn dort die Organisation des deutschen Kunstschutzes in Italien noch heute mit distanzierenden Anführungsstrichen umschrieben wird, wie etwa von Cecilia Ghibaudi, die ihn als „organizzazione tedesca istituita per la ‚protezione‘ delle opere d’arte italiane“ bezeichnet.915 Und an dieser Stelle muss man auch Siviero Recht geben, der in seiner Tendenz zum holzschnitthaften Vereinfachen sch­licht vom „SS-Kunstschutz“ 913 Bobbio 1997, S. 53. 914 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Langsdorff an Heydenreich, 2.12.1944. – Vgl. die Zusammenfassung von Caraffa, Goldhahn 2012, S. 102: Langsdorff verfügte kurzerhand, „dass die Aushändigung der Listen mit dem Verzeichnis der im Depot aufbewahrten Kunstwerke an die Italiener eine Angelegenheit ­zwischen Obergruppenführer Karl Wolff und dem ‚Duce‘ sei.“ 915 Ghibaudi 2009b, S. 86.

272 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

sprach, den er 1953 vom „militärischen Kunstschutz“ abgrenzte (nachdem deutsche Diplomaten und Sachverständigen-­Kommissionen ihn jahrelang zu überzeugen gesucht hatten, dass nicht der komplette Kunstschutz mit der SS identisch gewesen sei), wobei Wolfgang Hagemann just diese Differenzierung nicht gelten lassen wollte.916 Denn tatsäch­lich kam die „schwebende Angelegenheit“ auch weitere vier Monate später nicht „in Ordnung“: Noch am 19. April 1945 bat Heydenreich Langsdorff, das „Problem der Voralpendepots“ zu lösen: […] in Erwägung aller Gesichtspunkte […] und in Anbetracht der Gesamtlage […], dass ich es im Augenblick für richtig, ja unerläss­lich halte, dass die Depots namhaft gemacht und den Alliierten bzw. einer neutralen Macht gegenüber bekanntgegeben werden. Ob man sich der Kurie oder des Aussendepartements der schweizer Regierung 917 dabei bedient, kann nur von Ihnen entschieden werden.918

Gleichzeitig und ganz unabhängig von dieser für Heydenreich – und ja auch tatsäch­lich – bedeutenden Frage wurde indes schon seit einigen Wochen 919 intensiv und konkret am „Weißbuch“ gearbeitet, zu dem alle Mitarbeiter des Kunstschutzes beitragen sollten. Wie Heydenreich diesen Gegensatz – einerseits Besichtigungsverbot und Verheim­lichung der Standorte gegenüber den Soprintendenti, andererseits Verfassen seines „Anteils am Weissbuchtext“920 – ausgehalten hat, ist nicht bekannt. Die in die Voralpen verlagerten Werke der toskanischen Sammlungen und Museen sind gleichermaßen blinder Fleck wie Sollbruchstelle für den Deutschen Militärischen 916 DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 308, Hagemann an Botschaftsrat Dieter Sattler, 12.7.1953, Typoskript, 4 Seiten. Eine Auseinandersetzung mit Hagemanns Argumentation erfolgt weiter unten. – Zu Sattler liegt mit Stoll 2005 eine ausgesprochen material- und perspektivenreiche Studie vor, die Sattlers vielfältiges kulturpolitisches Wirken schildert und auch seine intensive Befassung mit den deutsch-­italienischen Kulturbeziehungen in der Zeit seiner Tätigkeit als Kulturattaché der Botschaft in Rom von 1952 bis 1959 schildert. 917 De facto fand vom 6.7. bis 31.10.1946 im Kunstmuseum Luzern eine Ausstellung Italienische Kunst. Ambrosiana Mailand. Meisterwerke aus oberitalienischen K ­ irchen, Museen und Privatsammlungen statt. Das Vorwort (siehe Hilber, Schmid 1946, hier S. 11) erläutert: „Der Gedanke einer Ausstellung italienischer Kunst in Luzern geht bis in die letzten Monate des zweiten Weltkrieges zurück, als Oberitalien zum Kriegsschauplatz zu werden drohte. Damals sollte sich den gefährdeten oberitalienischen Kunstwerken im Herzen der Schweiz ein Zufluchtsort eröfffnen. Glück­licherweise wurden diese Pläne gegenstandslos, noch ehe zu ihrer Verwirk­lichung geschritten werden mußte, und die rasche Besetzung Oberitaliens durch die Alliierten enthob die zuständigen italienischen Behörden für den Augenblick weiterer Sorgen.“ 918 Archiv KHI, Varia I, Kunstschutz, Heydenreich an Langsdorff, 19.4.1945. 919 Archiv KHI, Varia I, Kunstschutz, Reidemeister an Evers, Heydenreich, Bruhns, Lehmann-­Brockhaus und Siebenhüner, 27.2.1945, „Betr.: Rechenschaftsbericht über den militärischen Kunstschutz in Italien“. 920 Archiv KHI, Varia I, Kunstschutz, Heydenreich an Langsdorff, 19.4.1945.

Heydenreich in Mailand  I  273

Kunstschutz in Italien. Denn die Quellen offenbaren, wie umstritten das von Langsdorff durchgesetzte Verfahren unter den Kunsthistorikern war. Neben den zitierten Schreiben von Heydenreich geht dies auch aus den Briefen hervor, die Evers nach dem Verlassen von Mailand (in der Nacht vom 24. auf den 25. April) Ende April aus Sand in Taufers an seine Frau schrieb: Sonntag, 29. April 1945. […] Langsdorff hat frei­lich auch seine eigenen Gedanken dabei gehabt, daß er meine Dienststelle hierher befohlen hat. Denn hier liegen viele Gemälde und Plastiken aus den Florentiner Museen, die kostbarsten Werke, Raffael und Tizian und Michelangelo und Rubens. Sie sind hierher gebracht, um den Krieg zu überstehen. Ich habe bisher mit dieser Bergungsaktion nicht das geringste zu tun gehabt und das war mir sehr lieb, denn sie war etwas, was in die andere Tätigkeit des Kunstschutzes nicht richtig hineinpasste, – so wie ich ihn überall durchgeführt habe. Nun handelt es sich darum, diese Werke mit guter Art wieder an die rechtmäßigen Besitzer zurückzubringen, ohne Schäden und vollständig. Und bei beiden Forderungen kann man gar nichts machen, da weder die Listen vorliegen, was eigent­lich da sein müßte, noch die Verpackungen oder Transportmittel, wie sie transportiert werden müßten. Nun bin ich zu guterletzt noch in diese Angelegenheit verwickelt, mit der ich bisher nichts zu tun hatte, – über die aber schon Radio-­Reden hinundher gewechselt worden sind. […] Nun muß ich sie bewachen, und muß nach Mög­lichkeit dafür sorgen, daß sie auch die letzten Wochen noch richtig überstehen, und dann wohl auch, daß sie richtig übergeben werden. – Auch diese Werke haben eine lange Würde, und wenn ich mich in der Terminologie der Kunstgeschichte ausdrücken wollte, so müßte ich sogar sagen: sie haben den Ewigkeitswert. Die Porträts von Raffael, das Selbstbildnis mit dem Ehrenpreis von Dürer, der Bacchus (oder ist es eine andere Figur, ich habe sie nicht gesehen, von Michelangelo), – was sind das für Namen. Vierhundert Jahre bestehen sie nun, und sammeln das Geistige in der Menschengeschichte. Wenn sie diese Wochen überstehen, werden sie auch weitere vierhundert Jahre leben, so schnell verändert sich die Menschheit nicht. – Der Krieg bringt so viele Umformungen von Wertangaben mit sich. Da kommt irgendein Oberst der Luftwaffe, der seine Dienststelle hier hat, und sagt: „Was geht uns ­dieses Depot von Kunstwerken an? Es ist Krieg.“ – und kommt sich männ­lich dabei vor. Und merkt nicht, daß es schon längst die Luftwaffe nicht mehr gibt, deren Uniform er trägt. Und merkt nicht, daß er mitsamt seinem Silber und seinen zwei Sternen nur eine Eintagsfliege ist neben den Werken, die unten liegen. Das Gegeneinander der beiden Denkweisen ist so krass wie nie, wenn man einen Auftrag hat, wie ich hier. Der kriegerischen, die alles Lebendige in den Dienst des einen Kampfes stellen will, und die unbedenk­lich jeden Wert, auch den höchsten und ewigsten, opfern will, um den augenblick­lichen Kampf zu führen. Und der friedensmäßigen, vor deren Werten der Krieg ein Unwetter ist, das die ewigen Kunstwerke nach Mög­lichkeit überstehen müssen, – um wieder ihren Glanz zu gewinnen, ja noch mehr Glanz als vorher. – Ich empfange Befehle von der kriegerischen Denkweise, und muß doch sorgen für die friedensmäßige, – befehlsgemäß. In meinem Herzen und in meinem Handeln gehöre ich zur friedensmäßigen Denkweise, das hat sich nun sechs Jahre hindurch gezeigt.

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Dienstag, 1. Mai 1945 Liebste, den Brief nach München bin ich gestern doch nicht mehr losgeworden, und er wäre ja auch nicht mehr durchgekommen, da die Andern (die Franzosen?) bereits in Oberammergau und in Partenkirchen sein sollen. Statt dessen ist gestern Nachmittag plötz­lich Langsdorff erschienen, mit Hauptmann Zobel und mit einem weiteren Stab. Das ist ausgezeichnet. Denn erstens habe ich dadurch wieder Anschluß nach oben, und zweitens bin ich die Verantwortung für die Sachen los, die hier lagern. Und die an Bedeutung das üb­liche Maß doch übersteigen, da es Raffaels, Dürers, Tizians und dergleichen sind, nicht zugeschriebene Bilder, sondern die alten seit vierhundert Jahren berühmten Stücke der europäischen Kunst. – Ich habe mit dieser ganzen Verlagerung bisher nicht das geringste zu tun gehabt, und war froh darüber. Und nun ist mir der unangenehme Gedanke, ich könnte noch ganz zum Schluß hereingezogen werden, auch behoben.921

5.8 Das weitere Personal des Militärischen Kunstschutzes in Italien sowie in den Operationszonen Alpenvorland und Adriatisches Küstenland – temporäre Zuweisungen, Anforderungen und Initiativbewerbungen Eine ganze Reihe von Kunsthistorikern und Kunsthistorikerinnen gehörte zeitweilig dem Militärischen Kunstschutz in Italien an, war d ­ iesem temporär assoziiert und wurde von ihm angefordert oder von Dritten für eine Mitarbeit vorgeschlagen, doch auch Eigen- oder Initiativbewerbungen sind in den Akten dokumentiert. Nicht weiter eingegangen werden soll indes auf die Abteilung Bibliotheks- und Archivschutz, der der Historiker und Archivar Gottfried Lang sowie zeitweise (vom 12. April bis zum 13. Juni 1944, mit Sitz in Florenz 922) auch die Historiker Friedrich Bock, Gottfried Opitz und Fritz Weigle angehörten – auch wenn die Abteilungsgrenzen fließend waren und Lang beispielsweise ebenfalls zahlreiche Aufgaben in der Abteilung Kunstschutz (von Transportbegleitung bis zu Redaktionsarbeiten) übernahm oder Weigle Villenbesichtigungen durchführte.923 921 FA Evers, Evers an seine Frau, Briefe vom 24.4., 28.4., 29.4. und 1.5.1945, hier 29.4. und 1.5.1945. 922 So die Angabe in MGHA, NL Bock, Nr. 155, G‒H, Bock an Hagemann, 28.9.1946. Vgl. DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 310, Eidesstatt­liche Erklärung Gottfried Opitz, 2.2.1947, derzufolge er vom 12.4. bis 14.6.1944 im Archiv- und Bibliotheksschutz tätig gewesen sei. 923 CIR, 236, Aprile 1944, Langsdorff an Evers, 24.4.1944 („Dr. WEIGLE ist morgen unterwegs mit kostbaren Büchern nach Venedig und wird gleichzeitig in der Provinz Venezia nötige Villenbesichtigungen vornehmen“). – Im MGHA sind umfangreiche Bestände vorhanden, die in vielen Fällen von Klöckler 2006 ausgewertet wurden, der frei­lich Fragen des Kunstschutzes nur tangential berührt. Hingewiesen sei daher vor allem auf NL Bock, Nr. 154, passim, und Nr. 155, Korr. O (Opitz an Bock, 4.10.1944: Langsdorff sei an der „plötz­lichen Abreise [von Bock und Opitz] nicht ganz unschuldig gewesen“).

Das weitere Personal des Militärischen Kunstschutzes  I  275

Zumindest zeitweise gehörte jedenfalls Werner Haftmann dem Kunstschutz an, wie aus einem „Lagebericht“ der Militärkommandatur 1005 in Turin vom 15. Januar 1944 hervorgeht: Durch Verfügung des OKW – Ersatzamt – vom 29.12.1943 – Abt. E (II d) Az: 34 Nr. 26 196/43 – ist mit Wirkung vom 15.1.44 ab als Sprachmittler für Italienisch, St. Gr. Z, der Schuetze Dr. Werner Haftmann zur besonderen Verwendung bei der Sicherstellung und Verwaltung des Vermoegens der ital. Waffenstillstandskommission zur Militaerverwaltungsgruppe der Militaerkommandatur 1005 versetzt worden. Da H. vor Ausbruch des Krieges dem kunsthistorischen Institut in Florenz angehoert hat, ist beabsichtigt, ihm auch das auf Grund der Verfuegung des Bev. G. d. Dt. Wehrm. i. It. – Verwaltungsstab – vom 9.12.43 – Az.: V 1 – Tgb. Nr. 193/43 – innerhalb der Abt. Verwaltung der Militaerverwaltungsgruppe eingerichtete Sachgebiet ,Kunstschutz‘ zu uebertragen.924

Langsdorff begrüßte einen Monat später „diese Anregung dankbar“ und bat die Militär­ kommandatur Turin, Dr. Haftmann zu veranlassen, daß er einen Bericht über das Sachgebiet ,Kunstschutz‘ innerhalb des Verwaltungsgebietes der MK. 1005 an mich einsendet. Ich bitte ferner, eine Vorstellung des Dr. Haftmann in Florenz resp. Verona ins Auge zu fassen. Von meiner Abteilung werden dann von jetzt an die das Sachgebiet „Kunstschutz“ betreffenden Anweisungen an die MK 1005 zur Weitergabe an Dr. Haftmann übersandt werden.925

Diese Zuweisung von Haftmann scheint tatsäch­lich vollzogen worden zu sein, denn am 28. April 1944 wird von Langsdorff ausgestellt eine Bescheinigung Der Sonderführer (Z) Dr. Werner H a f t m a n n ist ermächtigt, im Bereich des militärischen Kunst-, Archiv- und Bibliotheksschutzes zu erarbeiten. Alle militärischen Dienststellen sowie die italienischen Behörden werden gebeten, ihm bei der Ausübung dieser Tätigkeit Schutz und Unterstützung zu gewähren.926

Konkrete Aktionen Haftmanns sind in den Quellen indes nicht dokumentiert. Doch schon im Vorjahr, 1943, hatte Haftmann in seiner Funktion als „Verbindungsoffizier“ der „deutschen Verbindungsdelegation zur italienischen Waffenstillstandskommission mit Frankreich in Turin“927 aus unbekannten Gründen Bernard Berenson in seiner Villa I Tatti besucht. Es 924 CIR, 236, Gennaio 1944. 925 CIR, 236, Febbraio 1944, Langsdorff an Militärkommandatur 1005, 13.2.1944. 926 CIR, 235, Luglio 1944, Bescheinigung von Langsdorff, 28.4.1944. 927 Http://werner-­haftmann.de/biografie/lebensbeschreibung/ [Zugriff am 1.11.2017].

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spricht jedenfalls alles dafür, dass Haftmann – und nicht Heydenreich – als jener „H.“ zu identifizieren ist, von dem Berenson in seinem Tagebucheintrag vom 29. Juli 1943 berichtet: Day before yesterday H. was here. He is a young German art historian and has been working with the German armistice commission at Turin. It seems to be composed of retired colonels and generals. H., although anti-­Nazi, is treu und fromm in his feelings towards the army, and absorbs their opinions with reverence. Well, he said that the withdrawal of Italy from the war would be an alleviation for Germany, for Italy has never been more than a dead-­weight. On the other hand, they would not tolerate North Italy being turned into territory from which allied aircraft and eventually armies could attack Germany. If, therefore, North Italy was not neutralized they, the Germans, would defend it tooth and nail; no matter what the destruction entailed upon monuments and what miseries inflicted on the population.“928

Berenson überliefert nicht, worin der Zweck d ­ ieses Besuches bestanden hatte. Sicher­lich fand er auf privater Basis statt; womög­lich hatte Kriegbaum Haftmann gebeten, Berenson unverbind­lich über die Implikationen der veränderten Situation nach der Landung der Alliierten auf Sizilien und der Absetzung Mussolinis am 25. Juli 1943 zu informieren. Mög­ licherweise kann auch ein späterer Tagebucheintrag ebenfalls mit Haftmann in Verbindung gebracht werden, in dem indes nur von einem „friendly German“ die Rede ist, der Berenson geraten habe, seine Bücher und Bilder besser in Sicherheit zu bringen 929 (genau dies, und zwar ebenfalls in Settignano, hatte Haftmann selbst übrigens auch getan 930). In ­diesem Falle hätte Haftmann Berenson tatsäch­lich gewarnt. Dass die Folgen der gebrochenen Waffenbrüderschaft ­zwischen Deutschland und Italien auch für ihn persön­lich Berenson bewusst waren, geht jedenfalls deut­lich aus seinem oben zitierten Eintrag hervor. Vor d ­ iesem Hintergrund barg der Besuch eines deutschen Wehrmachtsangehörigen – ob in Zivil oder Uniform – für beide, für Haftmann und für den amerikanischen Juden,931 durchaus ein Risiko. Nur eine Woche später suchte Kriegbaum selbst Berenson auf – und bat ihn darum, seinen Einfluss 928 Berenson 1952, S. 126. 929 Berenson 1952, S. 135 (Eintrag vom 30.10.1943, S. 134 – 137): „Immediately after the German occupation we got hints, not only from the Superintendent [Giovanni Poggi] but from a friendly German, that we had better put books and pictures in safety.“ 930 Archiv KHI, Varia III, Kunstschutz, Vermerk zur Villa L’Orcia in Settignano (Florenz), nicht datiert: „In ­diesem Raum sind die wissenschaft­lichen Materialien, Bücher und Kunstwerke des deutschen Gelehrten Dr. Werner Haftmann (fr. Assistent am Kunsthistorischen Institut Florenz) deponiert. Der Raum darf nicht belegt werden!“ 931 So jedenfalls der Tenor seines Eintrags vom 23.10.1943 (Berenson 1952, S. 127 – 132, hier S. 128): „Carla feared that the Germans, taking possession, would allow the local Fascists to return to power and wreak their will upon well-­known anti-­Fascists. Besides there was danger that the ­Germans on their side would treat me not only as an American, but as enemy number one, the enemy for whom and with whom there were no possible pacts, namely a Jew.“

Das weitere Personal des Militärischen Kunstschutzes  I  277

auszuüben, um das KHI vor Beschlagnahme oder sogar Auflösung und Verstreuung durch die Alliierten zu retten.932 Dass diese merkwürdige, ebenso partikular-­persön­liche wie transnationale Allianz tatsäch­lich auf Gegenseitigkeit beruhte, zeigte sich wenig später, als nicht die Alliierten, sondern die Deutschen Florenz besetzten: Es dürfte dem Einfluss des KHI – in Sonderheit Kriegbaum und Haftmann – zuzuschreiben sein, dass ein deutscher Konsul im Herbst 1943 einen (offenbar offiziellen) Aktenvermerk wie diesen anlegt: Notiz Für den Einfall, daß auch in Florenz eine Judenaktion vorgenommen werden sollte, mache ich darauf aufmerksam, daß dort der in der ganzen Welt bekannte 84jährige Kunsthistoriker ­B e r e n s o n lebt. In Florenz geht das für mich nicht nachprüfbare Gerücht, er sei der unehe­liche Sohn eines russischen Großfürsten und demnach arisch. Als amerikanischer Staatsangehöriger hat er, wie aus den Akten des Auswärtigen Amts zu ersehen sein müsste, am Ende des letzten Weltkrieges durchgesetzt, daß ein großer Teil deutschen Kunstbesitzes, den man uns nehmen wollte, in Deutschland verblieben ist. Fasano, den 1. November 1943933

Geschickt formuliert, hatte die Notiz tatsäch­lich die erwünschte (zumindest aufschiebende) Wirkung, doch dürfte es vor allem der engen langjährigen Beziehung z­ wischen Rahn und Wolf 934 geschuldet sein, dass s­olche riskanten Einlassungen mög­lich waren. Eine Woche später schreibt Wolf jedenfalls: „Die hiesige Judenaktion ist, wenn ich richtig unterrichtet bin, gestern Mittag vorläufig beendet worden.“935 Mitte Mai 1944 – da sich das Arbeitsgebiet des Kunstschutzes „in letzter Zeit wesent­lich erweitert“ habe – bittet Langsdorff

932 Berenson 1952, S. 132 (Eintrag vom 29.10.1943, S. 132 – 134): Zweck des Besuches sei gewesen, „to procure my influence in favour of saving the German Institute for Art History from confiscation or even dispersal by the Allies.“ 933 DHI Rom, Archiv, N 9, Nr. 4 (Bl. 17). Die Aktennotiz ist nicht nament­lich gezeichnet. Neben Wolf kommt meines Erachtens auch Rahn selbst in Frage. 934 Vgl. DHI Rom, Archiv, N 9, Nr. 5, Wolf an Rahn, 16.11.1943: Wolf definiert hier die „gleiche Grundlinie“, die ihn und Rahn seit 23 Jahren verbinde: „Wir wollen mit Geschick, aber auch mit Tapferkeit das Beste für unser Vaterland zustandebringen.“ – Zu den Prinzipien der deutschen Besatzungspolitik in Italien immer noch grundlegend: Klinkhammer 1993. – In d­ iesem Sinne äußert sich übrigens auch Heydenreich (undatiert, sehr wahrschein­lich im Spätsommer 1946) gegenüber Kurt Martin, dem er deut­lich machen will, „dass Wolf bis zuletzt aus jener grossen Liebe zu Deutschland gehandelt hat, die uns alle trägt und leitet.“ DHI Rom, Archiv, N 9, Nr. 14, Heydenreich an Martin, o. D. (mit dem Schreiben bittet Heydenreich Martin, Wolf nach Mög­lichkeit eine „verantwortungsvolle Position in unserer kulturellen Wiederaufbauarbeit“ zu geben). 935 DHI Rom, Archiv, N 9, Nr. 5, Wolf an Rahn, 8.11.1943, 3 Seiten, hier S. 2.

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um Abkommandierung für die folgenden 3 Monate von: 1.) Prof. Dr. Walter Paatz, Ordinarius für Kunstgeschichte an der Universität Heidelberg (Jahrgang 02), Sonderführer (Z) bei der Einheit Lausbub, Feldpostnummer 02 469. Standort zuletzt (20. April) in Arcidosso bei Grosseto. 2.) Dr. Bernhard Degenhart, Kustos an der Albertina in Wien (Jahrgang 1907); bedingt kriegstaug­ lich (KV b), z.Zt. als Unteroffizier bei der R.K [unleser­lich] oder beim R.K-Kommando [unleser­lich] […] zu erreichen durch deutsche Dienstpost Alpenvorland. Stammtruppe bzw. Ersatztruppenteil: Dolmetscherkommando Wien, Rossauerkaserne. 3.) Dr. Eberhard Wiegand, Kustos am Germanischen Museum in Nürnberg […]936

– was im Falle von Degenhart binnen einer Woche zunächst zu klappen scheint,937 doch offenbar nur von kurzer Dauer war, denn am 9. Juli 1944 ergeht ein Bescheid, wonach „laut Mitteilung des Bev. Gen. Abt. IIa vom 3.7.1944 […] die Genannten [Prof. Dr. Walter Paatz und Dr. Bernhard Degenhart] gemäss Fernschreiben ihrer Dienststelle nicht frei gegeben werden.“938 Degenharts Tätigkeit wird indes auch von Wolfgang Hagemann, wohl in den frühen 1950er Jahren, bestätigt: Weiter ist zu nennen die Tätigkeit von Sonderführer (Z) Dr. Degenhart, der früher der Bibliotheca Hertziana angehörte, und der nun seine genaue Kenntnis der Kunstdenkmäler Norditaliens der Abteilung Kunstschutz zur Verfügung stellte, um zu einer Klärung zu gelangen, ­welche Objekte kunsthistorisch wertvoll ­seien oder nicht.939

Wohl im Zuge dieser geplanten Erweiterung des Kunstschutz-­Personals, mög­licherweise auch in Reaktion auf eine Eigenbewerbung, empfiehlt Evers Langsdorff die Heranziehung der Kunsthistorikerin Ellen Haniel: Frl. Ellen Haniel kenne ich sehr gut von Muenchen, wo sie auch meine Schuelerin gewesen ist. Sie ist aus bester Familie, vaeter­licherseits Grossindustrie, muetter­licherseits Adel. Sie ist persoen­lich ein ,famoser Kerl‘, mensch­lich sauber, tuechtig und zuverlaessig. Wissenschaft­lich gehoert sie zu den Damen, die klar denken und ueberlegt arbeiten koennen.

936 CIR, 236, Maggio 1944, Langsdorff an Bev. Gen. d. Dt. Wehrm. in Italien, 19.5.1944. 937 CIR, 236, Maggio 1944, Bescheinigung von Langsdorff, 25.5.1944: „A u s w e i s . Der Unteroffizier Dr. Bernhard Degenhart ist Mitarbeiter des Kunstschutzes innerhalb der Abteilung Kunst=, Archiv= u. Bibliotheksschutz beim Bevollmächtigten General der Deutschen Wehrmacht in Italien.“ 938 CIR , 235, Luglio 1944, MV -Assessor Arndt, Chefabteilung Ch A 2 über Hauptabteilung V an Abteilung Kust- [sic], Archiv- und Bibliotheksschutz, 9.7.1944. 939 DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 308, (Wolfgang Hagemann:) „Bericht über die Organisation und Tätigkeit der mit Kunst- und Archiv-­Schutz während des Krieges in Italien beauftragten deutschen Dienststellen“, S. 12.

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Daher unterstuetze ich eine Verwendung von Frl. Haniel innerhalb des Kunstschutzes sehr. […] Man muesste auf jeden Fall, bei einer Verwendung, Frl. Dr. Haniel gleich darauf aufmerksam machen, dass ihr Dienst wesent­lich in Bueroarbeit bestehen wuerde. Denn zu den ­selbststaendigen Besichtigungs- und Bergungsfahrten bei Truppen, unter Fliegerbedrohung, kann man eine Dame nicht brauchen.940

Ellen Haniel (1914 – 1970) hatte bei Hans Jantzen in München studiert; ihre Dissertation über Meister Wenzlaus von Riffian war 1940 erschienen. Bevor sie ab Anfang Juni 1941 Mitarbeiterin der Südtiroler Kulturkommission des „SS-Ahnenerbes“ bei der Hauptstelle Bozen der Amt­ lichen Deutschen Ein- und Rückwandererstelle (Arbeitsgruppe Bau- und Kunstdenkmäler, Registrierung) wurde, war die Tochter einer noch heute bedeutenden Unternehmerfamilie 1940/41 im Berliner Kupferstichkabinett tätig gewesen.941 Im Rahmen einer umfangreichen kunsttopographischen Dokumentation – „Das bedeutete ein Wandern von Dorf zu Dorf, die Besichtigung jeder ­Kirche und Kapelle, der Schlösser, Burgen und Ansitze, mit einem Wort die Registrierung jedes kunsthistorisch wertvollen Gebäudes und Gegenstandes“942 (und zwar, entgegen Evers’ Diktum, durchaus selbstständig) – wurden alle Objekte erfasst, die mit deutschem Volkstum in Verbindung gebracht werden konnten: […] all das, Bergdorf, Burg, K ­ irche, Bürgerhaus, ja jedes Familienbild, die Truhe oder eine Plastik strömten eine Kraft aus, die deutsch war, die uns mit jeder Form mahnte […].943 Für uns gab es kein Fragen. Wir waren nur Werkzeuge, um einen Befehl durchzuführen, gute Werkzeuge, denn wir taten alles mit feinfühliger Liebe, mit einer tiefen Hoffnung im Herzen, daß die Arbeit, die vorerst aufwühlte und zerriß, einmal der Grundstein zu einem neuen Aufbau, zu einer glück­lichen Wiedererstehung sein sollte.944

Weil jedoch die „Inventarisierungen der Kulturkommission […] die Forderungen gegenüber Italien hinsicht­lich der vereinbarten Sicherstellung und des Abtransports der ­‚deutschen‘ 940 CIR, 236, Maggio 1944, Evers an Langsdorff, 10.5.1944. 941 Wedekind 2012a, S. 170, Anm. 52. 942 Lutterotti/Haniel 1980, S. 14. Diese Publikation – strenggenommen nur ein gebundenes Typoskript, von dem aber mehrere Exemplare existieren dürften – ist nur in der Landesbibliothek Dr. ­Friedrich Teßmann in Bozen vorhanden, Signatur: III A-2.618. Ellen Haniel heiratete 1946 Ludwig von ­Lutterotti. Dem der Bibliothek am 24.8.1980 von Andreas von Lutterotti gewidmeten Exemplar sind im Vorsatz zwei Anmerkungen eingeklebt, auf die hier nicht eingegangen werden soll. – Frodl-­Kraft 1997, S. 410, Anm. 837, bezeichnet die Publikation als „mensch­lich ergreifende Erinnerungen“. 943 Die zeitgenössische Gegenposition zur (auch von Pinder vertretenen) Annahme, dieser oder jener Gegenstand sei „deutsch“, findet sich bei Kohlhaussen 1944, S. 17, der zur deutschen Auswanderung in die USA im 18. und 19. Jahrhundert bemerkt, diese früheren Deutschen ­seien nun „seelisch versteppt gleich ihren Antipoden in den UdSSR.“ 944 Lutterotti/Haniel 1980, S. 14.

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materiellen Kulturgüter ins Reich stützen“945 sollten, gab es massive Vorbehalte der Pfarrer, denen Ellen Haniel klarzumachen suchte, „daß das Bestreben unserer Aktion nur wissenschaft­lichen Zwecken galt und nicht, wie die Trienter Kurie verbreitete, um Land und ­Kirche der Kunstschätze zu berauben.“946 Der autobiographische Text der 1970 gestorbenen Kunsthistorikerin geht nicht auf die Zeit nach 1943 ein, als sie als „Beauftragte für Kunst und Kultur“ beim Deutschen Berater für die Provinz Trient an Bergungs- und Sicherungsarbeiten von Archivalien im Trentino beteiligt war.947 Ellen Haniel war folg­lich zwar zu keinem Zeitpunkt reguläre Mitarbeiterin des militärischen Kunstschutzes in Italien, ebenso wenig wie Erika Hanfstaengl (1912 – 2003). Aber als Assistentin von Ringler in der Operationszone Alpenvorland war Haniel an verschiedenen Arbeiten im Zusammenhang mit den Südtiroler Bergungsdepots beteiligt, etwa am 6. September 1944, als sie Cranachs Adam und Eva von Bozen nach St. Leonhard brachte, als sie am 7. September einen Transport nach Campo Tures und Schloss Neumelans begleitete, dabei Werke und Listen kontrollierte sowie neue Listen anfertigte,948 oder als sie am 4. und 5. Oktober 1944 zusammen mit Bruhns und Ringler die nach St. Leonhard ausgelagerten Werke inventarisierte.949 Beide, Haniel wie Hanfstaengl (wegen deren 1941 erfolgter Heirat mit Otto ­Grokenberger gelegent­lich auch Hanfstaengl-­Grokenberger [irrtüm­licherweise manchmal auch Hanfstaengl-­ Grockenberger 950] genannt), waren vollständig in das administrative System der beiden Operationszonen 951 integriert – Hanfstaengl sogar in leitender Position –, beide waren an dort vollzogenen Maßnahmen beteiligt, beide haben, soweit ich sehe, diese Tätigkeit nach Kriegsende nicht von sich aus thematisiert und sind offenbar auch zu keinem Zeitpunkt ausführ­licher dazu befragt worden. Obwohl auch Hanfstaengl nicht dem Militärischen Kunstschutz in Italien angehörte, übte sie eine dem Kunstschutz in Frankreich und Italien prinzipiell vergleichbare Tätigkeit aus, und zwar in der Operationszone Adriatisches Küstenland, was in der zeit- und bibliotheksgeschicht­lichen Forschungsliteratur bekannt ist,952 nicht aber in der Fachgeschichte. 945 Wedekind 2012a, S. 162. 946 Lutterotti/Haniel 1980, S. 19. 947 Wedekind 2012a, S. 164. 948 Carlesi 2012, S. 109: „Inoltre sua moglie [gemeint ist die Ehefrau von Ringler] e la Dottoressa Haniel hanno ben controllato le liste delle opere e hanno stilato nuovi elenchi, evidenziando qualche piccolo danno alle opere.“ 949 Carlesi 2012, S. 117 (wie immer bei Carlesi ohne Quellennachweis). 950 Und zwar sowohl zeitgenössisch – Archiv KHI, KHI F 1, 15 (Korr. der Photothek), Postkarte: Buchheit an Möller, 24.3.1943 (mit Nennung von „Frau Dr. Erika Grockenberger-­Hanfstaengl“) – als auch in der rezenten Forschungsliteratur, so durchgängig bei Hall, Köstner 2006. – Die Ehe wurde im August 1947 geschieden. 951 Zu Struktur, Verfasstheit und mittelfristigen Zielen der Verwaltung der Operationszonen ausführ­ lich Wedekind 2003, mit kritischer Diskussion der Forschungsliteratur. 952 Wedekind 2012a, S. 156 – 157; Hall, Köstner 2006.

Das weitere Personal des Militärischen Kunstschutzes  I  281

Im Februar 1944 informierte Evers Langsdorff: „In Udine (Friaul, Oberitalien) ist taetig in der Denkmalpflege Frau Dr. H a n f s t a e n g l -­G r o k e n b e r g e r (Tochter von Direktor Hanfstaengl, ehemals Kronprinzenpalais-­Berlin, jetzt Bruckmann-­Verlag-­Muenchen). Sie ist unterstellt Herrn Dr. Frodl in Klagenfurt.“953 Auf Erika Hanfstaengl muss hier schon deshalb eingegangen werden, weil sie ab „Juni 1945 als Kuratorin am Central Art Collecting Point München tätig“954 war und zudem zum Gründungspersonal des von Heydenreich geleiteten Zentralinstituts für Kunstgeschichte gehört, wo sie – ab 1. Juni 1947 mit der „Wahrnehmung einer Konservatorenstelle beauftragt“955 – die Photothek leiten wird. Wie alle anderen Mitarbeiter des Kunstschutzes auch – mit Ausnahme von Langsdorff, der am 15. März 1946 im Kreiskrankenhaus Eutin an an „Paratyphus, Rheumatismus, Ischias, Pneumonie, Herzversagen“956 starb – verkörpert sie damit jene prinzipielle Kontinuität, die die deutsche Kunstgeschichte der Nachkriegszeit prägt. Diese Kontinuität hatte durchaus auch methodologische Implikationen, insofern als remigrationswillige Kunsthistoriker, die aus den USA, wo sie mit anderen Denk- und Arbeitsweisen konfrontiert gewesen waren, bei ihren Rückkehrbemühungen große Schwierigkeiten erfuhren.957 Erika Hanfstaengl studiert von 1931/32 Kunstgeschichte in München, 1932/33 in Wien und danach weiter in München, von September 1934 bis Juli 1935 mit einem DAAD-Stipendium am Wheaton College in Massachusetts.958 Als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft nationalsozialistischer Studentinnen (ANST) seit Sommersemester 1933 arbeitet sie von November 1935 bis 1. April 1936 im Hauptamt VI der Reichsführung der Deutschen Studentenschaft.959 Danach setzt sie ihr Studium in Berlin fort, nimmt vom 2. bis 15. Oktober 1937 am „Schulungskurs“ der Bibliotheca Hertziana bzw. des KWI teil,960 und wird am 24. Februar 1938 in Berlin, wo sie Heydenreich begegnet sein könnte, promoviert.961 953 CIR, 236, Febbraio 1944, Evers an Langsdorff, 24.2.1944. 954 BayHStA, MK 60502 (Personalakte Hanfstaengl), Lebenslauf. 955 BayHStA, MK 60502. 956 Sterbeurkunde Nr. 80 des Standesamtes Eutin vom 18. März 1946, zitiert nach http://de.wikipedia. org/wiki/Alexander_Langsdorff [Zugriff am 1.11.2017]; vgl. Carlesi 2012, S. 178, der indes das Datum der Ausstellung des Totenscheins (18.3.1946) anstelle des Todesdatums (15.3.1946) angibt. 957 Vgl. Fuhrmeister 2006c. 958 FA Hanfstaengl, Aufstellung für die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mit Nachweisen für „Lücken“ der Beschäftigungszeiten, 20.9.1974. – Die Dissertation Cosmas Damian Asam erscheint 1939 in München. 959 BA B, ehem. BDC, PK, 1030077958, Personalbogen sowie Schreiben vom 28.2.1936 mit Kündigung zum 1.4.1936. – Gemäß BayHS tA, MK 60502, Fragebogen Military Government of Germany, 1936 – 1938 NS-Reichsbund für Leibesübungen und 1938 – 1939 DAF. 960 AMPG, Abt. Rep. 6, Nr. 630, Bl. 67 – 68. 961 FA Hanfstaengl, Aufstellung für die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mit Nachweisen für „Lücken“ der Beschäftigungszeiten, 20.9.1974, sowie BayHStA, MK 60502.

282 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Von Juli 1938 bis Oktober 1939 ist sie in der Bremer Werkschau von Ludwig Roselius tätig, anschließend bis Oktober 1940 als Volontärin am Bayerischen Nationalmuseum, danach bei der „Bavaria Film“ im „Wissenschaft­lichen Beirat“ für den Film Philine, bis die Dreharbeiten im März 1941 abgebrochen werden.962 Von Mai 1941 bis November 1942 ist sie – gemeinsam mit Ellen Haniel – nach eigener Angabe „Angestellte bei der ‚Kulturkommission‘ der Südtiroler Umsiedlungskommission“,963 die bei der „Amt­lichen Deutschen Ein- und Rückwandererstelle“ (ADERS t)964 in Bozen angesiedelt ist, die ihrerseits direkt Reichsführer SS Heinrich Himmler als dem „Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums“ untersteht.965 Laut einem Schreiben von Walter Frodl von 1960 bestand die kunstgeschicht­liche Abteilung der Kulturkommission aus Josef Ringler, Oswald Graf Trapp (1899 – 1988) und ihm selbst, wobei die Abteilung „als Assistentinnen die Damen Dr. E. Haniel (vereh. Lutterotti) und Dr. Erika Hanfstaengl beschäftigte“.966 Aufgabe von Erika Hanfstaengl, so Frodl, sei „die Kontrolle und Ergänzung des Südtiroler ‚Dehio‘“ sowie der Ausbau der kunsttopographischen Fotosammlung gewesen: Über diese Arbeiten hinaus ist Frau Dr. Erika H. aber auch mit anderen Aufträgen bedacht worden, die dich [sic] aus der Tätigkeit der erwähnten Arbeitsgemeinschaft ergeben haben. Es handelte sich hiebei [sic] um Gutachten, Bewertungen von Kunstgegenständen oder um die Beratung und Kontrolle von Malern und Architekten, die Kopien von Malwerken oder Pläne von Baudenkmälern anfertigten.967

Welche Kunstgegenstände im Rahmen der Arbeit am Dehio „bewertet“ werden mussten, sagt Frodl, der frühere Gaukonservator für Kärnten und Direktor des Kärntner „Reichsgaumuseums“ in Klagenfurt, nicht; Michael Wedekind zufolge fotografierte sie 1942 auch „Kunstgegenstände in Laibacher Museen im Rahmen der Kulturkommission des ‚SS-Ahnenerbes‘ beim Deutschen Umsiedlungsbevollmächtigten für die Provinz Laibach.“968

962 BayHStA, MK 60502. – Im Schreiben von 1974 werden hierfür etwas andere Daten angegeben: „Jan. 1940 bis April 1941: Volontär am Bayer. National Museum […] ab 16.10.1941 bis 22.3.1941 Vertrag mit der Bavaria Filmkunst als kunsthistor. Berater“. 963 FA Hanfstaengl, Aufstellung für die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mit Nachweisen für „Lücken“ der Beschäftigungszeiten, 20.9.1974. – Zur Kulturkommission, siehe Wedekind 2005, S. 127 – 129, sowie Wedekind 2008a. 964 Archiv KHI, KHI F 1, 15 (Korr. der Photothek), Grokenberger-­Hanfstaengl an „Fräulein Dr. Möller“ (KHI – [Liselotte Möller]), 27.9.1942 (Briefkopf: Amt­liche Deutsche / Ein- und Rückwandererstelle / Hauptstelle / Bozen, Via Piave 9). 965 Vgl. Mura 2012, S. 174. 966 FA Hanfstaengl, „Bestätigung“ Frodl, 29.12.1960, S. 1. 967 FA Hanfstaengl, „Bestätigung“ Frodl, 29.12.1960, S. 2. 968 Wedekind 2012a, S. 167, Anm. 5.

Das weitere Personal des Militärischen Kunstschutzes  I  283

Von November 1942 bis November 1943 ist Hanfstaengl am Landesamt für Denkmalpflege in München bei Georg Lill (1883 – 1951) mit Inventarisationsarbeiten beschäftigt,969 und zwar, als Stipendiatin, für den Band zu Rothenburg ob der Tauber.970 Am 2. Oktober 1943 bat Frodl Erika Hanfstaengl, „die Erfahrungen, die Sie gelegent­lich Ihrer Arbeit in den letzten Jahren in Südtirol erwerben konnten nun auch in den Dienst ­dieses mir erteilten Auftrages zu stellen.“971 Der Frodl vom Obersten Kommissar in der Operationszone Adriatisches Küstenland, NSDAP -Gauleiter und Reichsstatthalter von Kärnten und Salzburg, SS-Obergruppenführer Friedrich Rainer, „erteilte Auftrag“ bestand in der „Wahrnehmung der denkmalpflegerischen Interessen, einschliess­lich der Sicherung des beweg­lichen und unbeweg­lichen Kunstbesitzes in den Provinzen der Venezia Giulia und Friaul“. Eva Frodl-­Kraft beschreibt diesen Vorgang so: „Als am 12. September 1943 Hitler Südtirol und Oberitalien bis Verona den Gauleitern von Tirol und Kärnten überantwortete, wurde davon auch der Kunst- und Denkmalschutz betroffen.“972 „Amtssitz“ von Erika Hanfstaengl, so Frodl am 2. Oktober 1943 weiter, sei „voraussicht­ lich das Museo civico in Udine […] Der Auftrag vollzieht sich im Operationsgebiet der Wehrmacht und besitzt höchste Kriegswichtigkeit.“973 Der auf den 2. November datierte Dienstausweis hält fest, dass sie „mit der Durchführung von Inventarisationsarbeiten auf dem Gebiete des bewegl. und unbeweg­lichen Kunstbesitzes“ beauftragt sei.974 Dies klingt zwar ähn­lich wie zeitgleich die Aufgabenbeschreibung für Tieschowitz und Evers in Rom, findet aber unter völlig anderen Bedingungen und im Rahmen wesent­lich radikalerer administrativer Maßnahmen statt, die unter anderem auf Entrechtung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung abzielen. Von dieser Situation ist noch im Rückblick sogar bei Frodl selbst etwas zu spüren, wenn er Hanfstaengl attestiert, sie habe ihm bei dieser nicht sehr angenehmen Aufgabe seit dem 1. November 1943 bis zum Kriegsende in einer Weise beigestanden, die an Hilfs- und Einsatzbereitschaft ihresgleichen sucht und wohl nur unter dem Blickwinkel der damals herrschenden Verhältnisse und tumultuarischen Ereignisse ganz gewürdigt werden kann. Da ich selbst infolge verschiedener anderer dienst­licher Beanspruchungen nicht ständig in Udine weilte, hat Frau Dr. Erika H. das Amt fast immer allein führen müssen […]. Die Tätigkeit war, wie es im Charakter der Aufgabe lag, weit gespannt und sie umfasste von den Maßnahmen der reinen Verwaltung mit ihren personellen und finanziellen Fragen, bis zur

969 FA Hanfstaengl, „Bestätigung“ Lill, 11.2.1947, auch in BayHStA, MK 60502. 970 BA B, R 4901/12271, Bl. 10 – 11 VS + RS, Lill an Ministerialdirigent Hiecke, 19.2.1943, hier Bl. 1 RS und Bl. 2 VS. 971 FA Hanfstaengl, Frodl an Erika Hanfstaengl, 2.10.1943, auch in BayHStA, MK 60502; das folgende Zitat ebenda. 972 Frodl-­Kraft 1997, S. 416. 973 FA Hanfstaengl, Frodl an Erika Hanfstaengl, 2.10.1943, auch in BayHStA, MK 60502. 974 FA Hanfstaengl, Ausweis, von Frodl in Klagenfurt am 2.11.1943 unterzeichnet.

284 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

­Durchführung von Bergungstransporten und ausgesprochenen Rettungsaktion, der Veranlassung von Schutzbauten, der Materialbeschaffung, der Sicherung oder Schätzung von Kunstgegenständen, auch rein wissenschaft­liche Arbeiten, die – wie in Südtirol – ihren Niederschlag wieder in der Schaffung einer umfangreichen Fotosammlung finden.975

Zu den „weit gespannten Aufgaben“ von Frodls Stellvertreterin, die am 12. November ihren Eltern mitteilt, sie habe „mit Erfolg ein lieb­lich zentral-­geheiztes Zimmer im Pal. Communale [in Udine] in Besitz genommen“,976 gehörten neben den Schutz- und Bergungsmaßnahmen, die Frodl-­Kraft als „Tragikomödie“977 bezeichnet, auch die „,Verwertung‘ von Objekten der bildenden und angewandten Kunst aus jüdischem Besitz.“978 De facto wurde in der Operationszone Adriatisches Küstenland ab Ende 1943 das exekutiert, was in Wien nach dem „Anschluss“ im März 1938 modellhaft entwickelt worden war: Die ökonomische Entrechtung und Enteignung der Juden (modellhaft deshalb, weil diese Maßnahmen als Vorbild für ähn­liche Aktionen im „Altreich“ angesehen wurden 979). Es ist hier nicht der Ort, den gesamten Komplex der sogenannten „Masse Adria“ aufzurollen und Frodls „bislang nur teilweise beleuchtete“ Rolle – das heißt: seine „Mitwirkung an den Verbrechen gegen Juden und den Raubzügen“ – nachzuzeichnen.980 Auch die enge Zusammenarbeit z­ wischen Frodl, Hanfstaengl und dem (seit 1938 amtierenden) Direktor der Nationalbibliothek in Wien, Paul Heigl (1887 – 1945), kann nur skizziert werden.981 Tatsache ist, dass die in jüdischen Privatsammlungen der Operationszone beschlagnahmten Bücher zunächst in der Synagoge von Triest lagerten („Eine vorsichtige Schätzung würde auf mehrere hunderttausend Bücher lauten“ 982), von wo sie auf verschiedene Institutionen in Kärnten (vor allem nach Klagenfurt) und der „Ostmark“ verteilt

975 FA Hanfstaengl, „Bestätigung“ Frodl, 29.12.1960, S. 2. – Zum Topos der „reinen Wissenschaft“, vgl. Fuhrmeister 2012b. 976 FA Hanfstaengl, Erika Hanfstaengl, privater Brief, 12.11.1943. 977 Frodl-­Kraft 1997, S. 417 und 419, wobei sie sich auf das „Bergungstagebuch“ von Hanfstaengl im Archiv des Bundesdenkmalamts in Wien bezieht, das in einem 12-seitigen Aktenvermerk schildert, wie Hanfstaengl die Bestände des am 20.2.1944 zerstörten Notariatsarchivs von Udine bis zum 25.3.1944 aus den Trümmern zu retten versuchte. 978 Wedekind 2012a, S. 156. 979 Vgl. die Hinweise bei Fuhrmeister, Kienlechner 2008, S. 423. Auf den Nachweis der substanziellen österreichischen Forschungsliteratur zum Modellcharakter von Wien (und seinen Folgen) wird hier verzichtet. 980 Hall, Köstner 2006, S. 427; dort bzw. in der dazugehörigen Anm. 1430 auf S. 569 auch einige knappe Hinweise zum Forschungsstand von 2006. Vgl. Lütgenau, Schröck und Niederracher 2006, S. 127 – 145, sowie Krohn 2012. 981 Dazu zusammenfassend das Kapitel XII. „,Für Jürgens bleiben auf jeden Fall Massen‘. Die NB und der Bücherraub in Triest“ in Hall, Köstner 2006, S. 427 – 458. 982 Hall, Köstner 2006, S. 450.

Das weitere Personal des Militärischen Kunstschutzes  I  285

­ urden. Auch weil Frodl „nur etwa alle 14 Tage nach Udine kommen konnte“,983 agierte w ­Hanfstaengl dabei ­weitgehend autonom,984 zumal sie ab Ende Januar 1944 Frodls Aufgaben in der Dienststelle des Obersten Kommissars der Operationszone in Triest wahrnahm.985 John Bryan Ward-­Perkins (1912 – 1981) nannte sie in seinem „Report on German Activities 1943 – 5 in the Operationszone Adriatisches Küstenland in the Field of Fine Arts, Libraries and Archives“ vom 2. August 1945 sch­licht „in FRODL’s continued absence, the operative figure“.986 Michael Wedekind hat den gegenwärtigen Sachstand kürz­lich konzis zusammengefasst: Frodl und Hanfstaengl bildeten hier gewissermaßen die Nachhut der im „Adriatischen Küsten­ land“ (nach ihrer offiziellen Auflösung im November 1943) weithin wieder reaktivierten Einsatzkräfte der SS -„Aktion Reinhard“. Dabei entschied insbesondere Hanfstaengl über den Verbleib der bei den Beschlagnahmeaktionen in jüdischen Wohnungen aufgefundenen Kunstwerke und Kunstgegenstände. Offiziell als Eigentum italienischer Staatsangehöriger aufgefasst (und damit anders eingestuft als das als „deutsches“ Eigentum geltende jüdische „Umzugsgut“ im Freihafen Triest), waren auf Anregung Frodls die von ihm und Erika Hanfstaengl aussortierten Kunstgegenstände aus dem Besitz ortsansässiger Juden im Allgemeinen den Museen des „Adriatischen Küstenlandes“ zuzuweisen. So gingen beispielsweise Teile der Sammlungen von Mario Morpurgo (Brugnera, Villa Varda) und der Familie Pollitzer (Triest) an das Städtische Museum der Adriastadt. Stücke aus den Sammlungen von Filippo Brunner (Isola Morosini), Oscar Luzzatto (Udine), Enrico Morpurgo (Udine, Palazzo Valvason) und des vormaligen

983 Frodl-­Kraft 1997, S. 419, Anm. 863. 984 Siehe Hall, Köstner 2006, S. 436, mit Verweis auf Unterlagen im Archiv der Jüdischen Gemeinde Triest, darunter Brief Hanfstaengl vom 2.8.1944; S. 437, mit Verweis auf BA B, R 58, Schreiben Hanfstaengl an Obersten Kommissar Operationszone Adriatisches Küstenland vom 31.8.1944; S. 574, Anm. 1500, zu Brief von Hanfstaengl an SS -Standartenführer Bestmann, Kommandeur der SS -Junkerschule in Lendorf bei Klagenfurt, 12.12.1944. – Siehe auch CIR , 235, Luglio 1944, Grokenberger-­Hanfstaengl („Der Beauftragte für den Denkmalschutz in der Operationszone Adriatisches Küstenland i. A. Dr. Grokenberger-­Hanfstaengl“) an Langsdorff, 17.7.1944: „Mit Ihrem befürwortenden Schreiben vom 26.VI .44 wurden die beiden Gesuche von Prof. Brusin um Zementzuweisung für das römische ­Theater in Triest und die römischen Ausgrabungen im Pustertal an mich zur Bearbeitung weitergegeben.“ 985 Walzl 1993, S. 30: „All’interno di questo ufficio il direttore del museo di Gau di Klagenfurt, dott. Frodl, fu inizialmente responsabile della tutela dei monumenti, poi sostituito a fine gennaio 1944 dal dott. Grokenberger-­Hanfstaengl.“ 986 BSR, War Damage Collection, Docs, Box E, John Bryan Ward-­Perkins, Headquarters Allied Commission, APO 394, Subcommission for Monuments, Fine Arts & Archives: „Report on German Activities 1943 – 5 in the Operationszone Adriatisches Küstenland in the Field of Fine Arts, Libraries and Archives“, 2.8.1945, Typoskript, Bericht 12 Seiten und Verteilerliste sowie Appendix mit 20 Seiten, hier Bericht, S. 2.

286 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Senators und Unterstaatssekretärs Baron Elio Morpurgo (Udine), der im April 1944 während der Deportation ins KZ Auschwitz erfror, wurden dem Städtischen Museum in Udine überlassen.987

Ungeachtet der hier besonders starken Partisanentätigkeit war Hanfstaengl noch im Frühjahr 1945 im Dreieck Udine, Triest und Ljubljana (Laibach) tätig, wie ein „Grenzübertrittschein“ für die Zeit vom 11. Februar bis 11. Mai 1945 belegt.988 Nach eigener Angabe habe sie „im Oktober 1943 […] eine Anstellung am Denkmalamt Kärnten an[genommen] mit der Aufgabe, den Kunstschutz in dem besetzten Friaul zu übernehmen, wo ich bis Kriegsende, April 1945, blieb.“989 Wenn es eines Nachweises bedurft hätte, dass die sogenannte „(SHAEF) white list of art personnel“ der Amerikaner (die auch als Grundlage für die Heranziehung deutscher Fachkräfte für Tätigkeiten im Kulturbereich einschließ­lich der Central Collecting Points genutzt wurde) hochgradig subjektiv und unzuverlässig war, dann müsste Erika Hanfstaengl bei einer kritischen Diskussion dieser Handreichung eine Sonderrolle einnehmen. Denn es ist wirk­lich kaum nachvollziehbar – aber vermut­lich für das Jahr 1945 typischer als gemeinhin angenommen –, dass sie noch im Januar vom „Judentempel“990 spricht und wenige Monate später, im Juni 1945, als „Curator“ des CCP München 991 an der Erfassung, Inventarisierung und schließ­lich, wenn mög­lich, an der Restitution jener (aus unterschied­lichen Gründen) dislozierten Gegenstände mitwirkt, an deren Verwaltung sie bis vor Kurzem noch selbst persön­lich beteiligt gewesen war. Es bleibt zukünftigen Studien überlassen, auszuloten, was es für das professionelle Selbstverständnis einer Kunsthistorikerin oder eines Kunsthistorikers bedeutet, wenn man innerhalb kürzester Zeit erst „Judenbücher“ und dann „Hitlerbücher“ sortiert. Denn die aktuelle Charakterisierung der persön­lichen Einstellung zu dieser Arbeit im CCP als „hochmotiviert“992 trägt ­diesem so drastischen wie ambivalenten Transformationsvorgang keine Rechnung und ist zumindest ebenso unterkomplex wie die Formulierung, Erika Hanfstaengl hätte als Leiterin der Photothek von 1947 bis 1956 gut „ihre Erfahrung in der Dokumentation von Kunstwerken einbringen“993 können.

987 Wedekind 2012a, S. 156 – 157. 988 FA Hanfstaengl. 989 BayHStA, MK 60502, Lebenslauf. 990 BA B, R 83 Adriatisches Küstenland, Hanfstaengl an Heigl, 12.1.1945: „Dr. Trenkler war vor einiger Zeit hier gewesen und hat im Judentempel die nötigen Maßnahmen getroffen, damit alles zum Abtransport bereit ist.“ Zitiert nach Hall, Köstner 2006, S. 575, Anm. 1513. 991 BayHStA, MK 60502, Lebenslauf. Siehe auch Lersch 1997, S. 40, mit Erwähnung von Einträgen im Diary des CCP durch Hanfstaengl am 19.7. und 23.8.1945, und Verweis auf BA K, B 323/547 – 548 (von mir nicht eingesehen). 992 Lauterbach 2015, S. 175. 993 Vigneau-­Wilberg 1997, S. 65.

Das weitere Personal des Militärischen Kunstschutzes  I  287

In vielen anderen Fällen ist der beruf­liche Werdegang zwar weniger spektakulär, aber dennoch wichtig nachzuzeichnen, denn nur so kann die lange Zeit auf die Abfolge von Veröffent­lichungen reduzierte Geschichte des Faches Kunstgeschichte um jene konkret berufsspezifische Dimension erweitert werden, die für eine ganzheit­liche Betrachtung unerläss­ lich scheint. Nur unter Einschluss dieser alltagspraktischen Elemente der professionellen Identität – wozu im Falle von Hanfstaengl an erster Stelle der ungewöhn­liche Status der Operationszonen zählt, die „der Souveränität der verbündeten neofaschistischen Republik (R. S. I.) entzogen und unter deutsche Zivilverwaltung gestellt wurden“, mit der „Aufgabe, die formelle und materielle Einverleibung dieser Gebiete in das Reich vorzubereiten“994 – kann die Geschichte des Faches adäquat bearbeitet werden. Daher wieder zurück zur Frage: Welche weiteren Kunsthistoriker waren im Umfeld des Kunstschutzes in Italien tätig? In Mailand, so Evers im Oktober 1944, habe der Kunstschutz zusammengearbeitet mit der Militärkommandantur Mailand u. a. in Person von „Oberst Wilhelm Müseler, Verfasser von sechs weitverbreiteten Büchern über bildende Kunst und Kunsterziehung, daher ebenfalls [wie auch der Kommandant, General Wenig] für jede Frage des Kunstschutzes interessiert“995 sowie mit dem „Chef der Heeresmuseen, Sammeloffizier Gruppe Italien Kommandant: Major Wilhelm-­Kästner, im Zivil Prof. für Kunstgeschichte an der Universi­ tät Hamburg. Sfr. (Z) Dr. Halm, im Zivilberuf Hauptkonservator an der Staatsgemäldesammlung in München. Mit der Dienststelle Sammeloffizier ist die Aussenstelle Mailand schon von Rom befreundet, und hat auch in der Berichtszeit in Mailand und Turin zweimal Besuch und wesent­liche Hilfe von ihr erhalten.996

994 Collotti 1998, S. 80. 995 CIR, 237, Ottobre 1944, Evers: „B e r i c h t über die Errichtung und die Tätigkeit der Aussenstelle Mailand der Abt. Kunstschutz“, 16.10.1944. – Evers bezieht sich hier auf die populärwissenschaft­ liche Buchreihe von Wilhelm Müseler [1887 – 1952], Geist und Antlitz der deutschen Epochen, die ab 1937 im Berliner Safari-­Verlag erschienen war. 996 CIR, 237, Ottobre 1944, Evers: „B e r i c h t über die Errichtung und die Tätigkeit der Aussenstelle Mailand der Abt. Kunstschutz“, 16.10.1944. – Zu Kurt Wilhelm-­Kästner (1893 – 1976), siehe http:// kg.ikb.kit.edu/781.php [Zugriff am 1.11.2017] sowie vor allem Grüttner 2004, S. 183: 1921 Promotion Marburg, anschließend Hilfsassistent Universität Berlin, 1923 – 1933 Kustos Folkwang-­Museum Essen, 1924 Habilitation Münster, dort 1931 a. o. Prof.; 1937 Eintritt in die NSDAP, 1937 – 1942 Ordinarius Greifswald, dort 1938 – 1942 Rektor, 1941 – 1942 Gaudozentenbundführer Pommern, 1942 – 1946 und 1952 – 1961 Ordinarius Hamburg. Die spannungsreiche Vita des Hamann-­Schülers Wilhelm-­Kästner (von den wichtigen Fotografie-­Ausstellungen am Folkwang-­Museum über die Funktion des Gaudozentenführers bis zur Nachkriegszeit) ist meines Wissens noch nie gründ­licher behandelt worden; dass die Erforschung der „Dienststelle ‚Chef der Heeresmuseen‘“ ein Desiderat ist, wurde oben schon vermerkt.

288 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

In dieser Zeit, im Oktober 1944, ist Heydenreich damit beschäftigt, das Archiv des Kunstschutzes auszulagern – und zwar nach Oberaudorf am Inn, in das Haus des – seit 1936997 – Vorstandsmitglieds des KHI , Freiherr Friedrich Wilhelm von Bissing (1873 – 1956).998 Noch Mitte September war unklar, ob nicht die Saline Kochendorf besser geeignet sei, doch auch der „Plan, uns beim Ahnenerbe in Oberfranken einzuquartieren“999 wurde erwogen. In seinem Tagebuch 1000 und im „Bericht über die Verbringung des Archivmaterials der Abteilung Kunst-, Archiv- und Bibliotheksschutz nach der Ausweichstelle Oberaudorf am Inn“1001 schildert Heydenreich die strapaziöse Reise mit 18 Gepäckstücken, darunter einigen Kisten von jeweils 130 Kilo: Am 6. Oktober Fahrt von Mailand nach Verona, dort zwei Tage lang Organisation einer Fahrtmög­lichkeit, am 9. Oktober nachmittags Packen des LKW, am 10. morgens mit der „SD-Fahrbereitschaft“ des BdS (Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes) von Verona nach Bozen, abends weiter nach Franzensfeste; von dort mit dem nächsten Zug in offenen Güterwagen am 11. Oktober nachmittags nach Innsbruck, in der Nacht noch weiter nach Kufstein, morgens Ankunft in Oberaudorf, nachmittags Unterbringung der Materialien im Haus. Das Haus des Freiherrn von Bissing, schreibt Heydenreich am 14. Oktober 1944 erleichtert an Langsdorff, sei zwar schon „übervoll, da auch ein Depot des Wallraf-­Richartz-­Museums untergebracht ist, dessen Betreuer, Herr Dr. Fremersdorf  1002 mit Frau und zwei Kinder[n] gleichfalls hier wohnen. Ausserdem hat der Verlag Oskar Beck München einen Teil seiner 997 998

Hubert 1997, S. 58. Kürz­lich hat Alfred Grimm dem Ägyptologen eine ausführ­liche Lebensbeschreibung gewidmet, die zwar von Bissings Eintritt in die NSDAP im Jahre 1925 „und zwar einzig und allein aus ­politischer Überzeugung“ (Grimm 2010, S. 40) ebenso wie das Parteiausschlussverfahren in den Jahren 1936/37 erwähnt, aber beispielsweise dessen Verbindung zum KHI mit keinem Wort erwähnt. Zu von Bissings Ordinariat an der Universität München von 1906 bis 1922 und vor allem zu seiner Beziehung zum Institut für Ägyptologie nach 1933, vgl. auch Beckh 2006. – Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass die Beziehung zum KHI so eng war, dass von Bissing sogar „Beisitzer des Redaktionskomitées der ‚Mitteilungen des Kunsthistorischen Instituts‘“ war, siehe Archiv KHI, KHI A I, 22, Z ­ immermann an K ­ riegbaum, 17.12.1938 (dort auch Schreiben von Bissing an Kriegbaum mit der Anrede „Lieber Freund!“). 999 CIR, 235, Settembre 1944, Heydenreich an Langsdorff, 22.9.1944. Auch vorhanden im Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz. – Vgl. CIR, 235, Settembre 1944, Telegramm Langsdorff an Sievers, 20.9.1944, und von „WOLFF SS-OSTUF. IM PERS. STAB D REICHSFHR. SS“ an Langsdorff, 10.10.1944. 1000 ARZI , Konvolut Heydenreich, Tagebuch bzw. Journal, begonnen in Mailand am 29.7.1944, letzter (leerer) Eintrag am 17.10.1944; online unter https://artsandculture.google.com/exhibit/ XQLyuxKeK-OhLA [Zugriff am 1.11.2017]. 1 001 CIR , 235, Agosto 1944, Oberaudorf, 14.10.1944. – Auch vorhanden im Archiv KHI , Varia II , Praktischer Kunstschutz. 1 002 Fritz Fremersdorf (1894 – 1983), 1923 – 1959 Direktor der Römischen, ab 1934 der Römisch- und Germanischen Abteilung des Wallraf-­Richartz-­Museums Köln.

Das weitere Personal des Militärischen Kunstschutzes  I  289

Lagerbestände hier deponiert“,1003 dennoch sei das Haus als „Arbeitsstätte“ sehr viel „geeigneter als es Kochendorf [das Depot im Salzbergwerk bei Heilbronn, in das im Februar 1944 die Bestände des KHI ausgelagert worden waren 1004] gewesen wäre, da uns auch die umfangreiche Bibliothek des Besitzers zur Verfügung steht – in Deutschland heutzutage ein äußerst seltener Vorteil.“ Diese „Ausweichstelle“ des Militärischen Kunstschutzes in Italien wurde tatsäch­lich – wenn auch zunächst nur rund eine Woche lang – vor allem dazu genutzt, um dort sowohl die propagandistischen Veröffent­lichungen über die alliierten Zerstörungen italienischer Bauwerke als auch die Unterlagen des Kunstschutzes für den ‚Rechenschaftsbericht‘ beziehungsweise für die „weissbuchartige Zusammenstellung unserer hier verbrachten Leistungen“1005 vorzubereiten.1006 Ein zweiter Arbeitsaufenthalt in Oberaudorf mit „einer ersten Auswahl des Fotomaterials für die Kunstschädenpublikation des A. A.“ fand Mitte Dezember 1944 statt.1007 Die aufgrund der militärischen Lage teils hektisch überstürzte und improvisierte Arbeit des Kunstschutzes ab dem Sommer 1944, mit zahlreichen Verlagerungen, Standortwechseln und temporären Zuordnungen der Mitarbeiter, erschwert einen präzisen Überblick. Anfang Juli 1944 wird jedenfalls Otto Lehmann-­Brockhaus dem Kunstschutz „von seinem Vorgesetzten, Sdf. (K) Dr. Hagemann, OB Suedwest Abt. Ic […] zur Verfuegung gestellt“,1008 und Mitte Juli ist in einem Brief die Rede vom „neu eingetroffenen Dr. Reidemeister vom Ostasiatischen Museum in Berlin, den das OKH noch als Mil. Verw.Rat beliehen hat.“1009 1003 CIR , 235, Agosto 1944, Heydenreich an Langsdorff, 14.10.1944. Das folgende Zitat ebenda. Gemeint ist der Verlag C. H.Beck, der ab 1884 von Oskar Beck (auch: Oscar Beck) bis zu dessen Tod 1924 geleitet worden war. 1004 Siehe Schrenk 1997, S. 42 – 43: Der Abtransport der Bestände des KHI (Bücher, Akten und „Lichtbilder“) aus Italien war am 19.1.1944 angeordnet worden. Der Transport von Florenz ins Salzbergwerk Heilbronn bzw. Kochendorf erfolgte vom 22. bis 25.2. (am 26. und 27.2.1944 Verbringung in die Grube). Laut Schrenk 1997, S. 96, wurde das Material des KHI Anfang Juli 1946 in den CCP Offenbach gebracht, von dort im November 1946 zurück nach Florenz; vgl. ebd. auch Zusammenfassung S. 239. 1005 So Heydenreichs Formulierung in einem Schreiben an die Staat­liche Saline Kochendorf vom 26.9.1944 (Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz). 1006 Einen weiteren Arbeitsaufenthalt in Oberaudorf kündigt Heydenreich von Bissing mit Schreiben vom 9.11.1944 an (Archiv KHI, Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Privatkorrespondenz Prof. Heydenreich“). 1007 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Archiv der Abtlg. Kunstschutz [= Heydenreich] an Langsdorff, 15.12.1944. – Wie schon bei der ersten Fahrt war die Benutzung eines „LKW des SD“ vorgesehen (ebenda, Heydenreich an Langsdorff, 10.12.1944), doch für die Strecke Mailand–Bozen wurde dann eine „Speer-­Transportkolonne“ benutzt. 1008 CIR, 235, Luglio 1944, Langsdorff an Leiter der Chefabteilung, Min. Rat Hufnagel, 3.7.1944. – Der Ausweis für den „Gefreiten Dr. Otto Lehmann-­Brockhaus“ wird noch am selben Tag ausgestellt. 1009 CIR, 235, Luglio 1944, Evers an Metternich, 15.7.1944.

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Reidemeisters Vita nach 1945 ist gut dokumentiert und publiziert, und über seine Jugend in Braunschweig sowie seine ersten Berufserfahrungen im Berlin der 1920er hat er selbst durchaus bereitwillig Auskunft gegeben.1010 Seine Aktivitäten in der Zeit des Nationalsozialismus sind hingegen weder gut dokumentiert noch erforscht, noch wurde bislang an einem biographischen Eintrag wie ­diesem – „Nach 1933 mußte R. erleben, wie die außereuropäische Kunst aus dem öffent­lichen Bewusstsein allmäh­lich verschwand. Im Herbst 1945 wurde R. zum Direktor des Kölner Wallraf-­Richartz-­Museums ernannt; seine Hauptaufgabe war der Wiederaufbau des weitgehend zerstörten Gebäudes“1011 – Anstoß genommen, obwohl das Spatium nach Ende des ersten Satzes und dem Beginn des zweiten durchaus einen längeren Lebensabschnitt bezeichnet. Ein veritabler Tiefpunkt ist der über 300seitige Sammelband anläss­lich des 50. Gründungsjubiläum des Brücke-­Museums 2017, denn die einleitende – sich über 50 Seiten erstreckende – Biographie des Kunsthistorikers widmet nicht nur keinen kritischen, sondern überhaupt keinen Satz seinen Aktivitäten in der Zeit des Nationalsozialismus, und einzig der „‘Ein Diplomat der Künste‘. Leopold Reidemeisters Engagement für eine Wiederaufnahme internationaler Kontakte und Verbindungen nach 1945“ betitelte Beitrag von Dorothea Schöne enthält ein kursorisches Unterkapitel „Reidemeisters Tätigkeiten im Kunstschutz“, das indes vornehm­lich dessen Relativierungsbemühungen um 1950 schildert.1012 Reidemeister, der „getreue Gefolgsmann von Otto Kümmel“1013, dem Generaldirektor der Staat­lichen Museen Berlin, schrieb im September 1944 an seinen Berliner Vorgesetzten: „Da inzwischen Dr. Langsdorff hier die Chefabteilung übernommen hat, muss ich ihn im Kunstschutz entlasten und habe infolgedessen viel zu tun. Der echte Krieg 1010 Siehe zu allen genannten Aspekten vor allem Roters 1988. 1011 So Christiane Fork in Metzler 1999, S. 319 – 321, hier S. 320; identisch in Metzler 2007, S. 340 – 342, hier S. 341. Die beiden zitierten Sätze sind im Lexikon durch einen Absatz getrennt: Vor dem Absatz wird Reidemeisters Leben bis 1933 geschildert, nach dem Absatz die Nachkriegszeit. – Fork hat hier frei­lich keine Verharmlosung betrieben, sondern im Kern nur die Literaturlage wiedergegeben; vgl. die Angaben zur Vita, die Laudatio zur Aufnahme in den Orden Pour le Mérite 1980 sowie die Gedenkworte zu seinem Tod 1987 auf http://www.orden-­pourlemerite.de/mitglieder/ leopold-­reidemeister: „Unbelastet von den politischen Beschwernissen der vergangenen Jahre setzte er sich mit voller Energie für einen Neubeginn ein.“ Siehe auch die Kurzbiographie von Peter Springer in: NDB, Bd. 21, 2003, S. 325 – 326 (http://www.deutsche-­biographie.de/pnd119335603. html [Zugriff am 1.11.2017]). – Die meines Wissens ausführ­lichste Beschreibung der Aktivitäten des Kunsthistorikers im Zweiten Weltkrieg liefert Carlesi 2012, S. 182. 1012 Severin 2017a; Schöne 2017, das Unterkapitel S. 183 – 185. 1013 So Eberhard Illner in seinem Vortrag „Kulturpolitische Rahmenbedingungen und Kunstpolitik“ bei der Tagung „Ausstellungswesen und Sammlungspolitik in den ersten Jahren nach dem 2. Weltkrieg“, Museum Ludwig Kön, 9.‒10.11.2012. In seinem Beitrag im Tagungsband (Illner 2013b) wird Reidemeister indes nicht erwähnt. Zu Reidemeister als Kustos für Asien des Berliner Völkerkunde-­Museums in Bezug zur Ostasiatica-­Sammlung von Eduard Freiherr von der Heydt (1882 – 1964) siehe auch Illner 2013a, bes. S. 43 – 44 mit Anm. 102 – 104.

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war aber dem Papierkrieg gegenüber befriedigender.“1014 Diesen „echten“ und „befriedigenderen“ Krieg hatte Reidemeister als Zugführer im Osten erlebt, wo er 1942/43 auf der Krim stationiert war.1015 Laut eigener Aussage war er dort „als Museumsfachmann in einer Organisation des Chefs der Heeresmuseen als Sonderführer Z in Südrussland“ eingesetzt.1016 Worin dieser Osteinsatz im Vernichtungskrieg bestand bleibt ebenso unklar wie die Zeit z­ wischen 1939 und 1941, denn während der Ostasiatika-­Experte Herbert Butz festhält, „Reidemeister wird 1939 zum Wehrdienst eingezogen“, klafft in der Biographie eine Lücke z­ wischen 1938 und 1941.1017 Als engster Mitarbeiter von Langsdorff, neben dem altgedienten Hauptmann Hermann Zobel, war Reidemeister ab Juni oder Juli 1944,1018 teilweise gemeinsam mit Langsdorff, an den „Bergungsfahrten im Frontraum“ beteiligt, die zur Verbringung der ausgelagerten Florentiner Museumsbestände in die Operationszone Alpenvorland führten. Noch vor Kriegsende verfasste er seinen „Beitrag zum Rechenschaftsbericht des militärischen Kunstschutzes in Italien ‚Bergungsfahrten im Frontraum‘“.1019 Zahlreiche weitere Kunsthistoriker und Kunsthistorikerinnen boten sich für eine Arbeit im Kunstschutz in Italien an oder wurden dafür vorgeschlagen, so Ernst Holzinger,1020 Gräfin Hoyos,1021 1014 ASAAD, Ordner (3), Mappe „Collezioni“, Reidemeister an Kümmel, 17.9.1944. 1015 Carlesi 2012, S. 182. – Moeller 2017, S. 293, vermerkt hingegen „April 1941 – März 1944 Kriegsdienst als Gefreiter in Südrussland“. 1016 GStA PK, VI. HA NL Reidemeister, Nr. 388, undatierte Aufzeichnung Reidemeisters, zitiert nach Schöne 2017, S. 188, Anm. 41. 1017 Butz 2017, S. 100; Moeller 2017, S. 292 – 293. 1018 Laut Moeller 2017, S. 293, “ab Juni 1944 als Militärverwaltungsrat im Kunstschutz in Italien“. 1019 ASAAD, Ordner Copie Documenti Tedeschi (3), rote Mappe „Lago Maggiore / Isole Borromee“; Typoskript, 11 Seiten. 1020 CIR, 236, Marzo 1944, Evers an Langsdorff, 13.3.1944: „Von einem durchreisenden Hauptmann wurde mir Mitteilung gemacht, daß Museumsdirektor Dr. Holtzinger [sic, gemeint ist Ernst Holzinger] (Staedel, Frankfurt am Main), der etwa Anfang Vierzig ist, damit rechnet, demnaechst eingezogen zu werden, und dass er sich eine Taetigkeit innerhalb des Kunstschutzes wuenscht. Ich gebe diese Miteilung nur weiter, und habe natuer­lich nicht die geringste Hoffnung gegeben.“ 1021 CIR, 236, Febbraio 1944, Langsdorff an „Gräfin Hoyoz [sic] / Wien / Plössligasse 1“, 16.2.1944. Es handelt sich mit sehr großer Wahrschein­lichkeit um Gräfin Alice Hoyos (26.7.1918 – 31.8.2007), die, so Langsdorff in seinem Antwortschreiben, offenbar angenommen hatte, im Rahmen des Kunstschutzes „ihre Barockstudien fortführen“ zu können. 1955 sollte sie den adeligen Filmschauspieler Friedrich von Ledebur heiraten. Im Sommer 1943 hatte die Gräfin das ihrer Familie gehörende Schloss Schwertberg zur Evakuierung der Bibliothek des Kunsthistorischen Instituts angeboten (so der Wiener Institutsvorstand Karl Oettinger in einem Brief vom 20. Juli 1943 – freund­licher Hinweis von Hans Aurenhammer). In welchem Verwandschaftsverhältnis die in Oslo geborene Wiener Kunsthistorikerin, die 1942 oder 1943 über „Die Treppenanlage des Palastes Doria-­Tursi. Ein Beitrag zur genuesischen Architektur des 16. Jahrhunderts“ promoviert worden war (das maschinenschrift­liche Manuskript mit der Signatur Di 1943 B 1194

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Johannes Schwieger,1022 Arnold Tschira,1023 doch auch Initiativbewerbungen von Kunsthändlern sind in den Akten dokumentiert.1024 Der Braunschweiger Kustos Hans Werner Schmidt war, wie Regine Schallert dargelegt hat, ab 1943 bei der 44. Infanteriedivision der Grenadierdivision Hoch- und Deutschmeister in Italien; er wurde als Sonderführer (Z) am 17. April (mit Wirkung zum 29. März) 1944 zur „Versorgungsbasis Oberitalien in Verona“ versetzt „und gehörte vermut­lich in dieser Zeit schon zum ‚Kunstschutz‘“.1025 Schmidt oblag vor allem die Anfertigung der Fotografien für das Archiv des Kunstschutzes und damit des „Schadensarchivs“, doch nahm er von Ende Februar bis Anfang März 1945 im Auftrag von Langsdorff auch die ins Depot von Sand in Taufers ausgelagerten Kunstwerke der Uffizien auf; ein Album mit diesen Fotografien sollte Hitler zu seinem Geburtstag am 20. April 1945 geschenkt werden.1026

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in der DNB Leipzig wurde vom Verfasser nicht eingesehen) zu jener gleichnamigen „Gräfin Alice Hoyos“ (wohl 1851 – 1936) stand, deren Nachlaß 1936 versteigert worden war, ist mir nicht bekannt (siehe S. Kende Wien [Hrsg.]: Freiwillige Versteigerung der Kunstsammlung und kompletten Wohnungseinrichtung aus dem Nachlaß nach Gräfin Alice Hoyos: Antikes und Stilmobiliar, Silber, English plated, Porzellan, Glas, Kunstgegenstände, Vitrinenobjekte, Gemälde alter und neuerer Meister, 4. bis 7. März 1936, Katalog Nr. 103, online unter http:// digi.ub.uni-­heidelberg.de/diglit/kende1936_03_04/0007 [Zugriff am 1.11.2017]. – Alice Hoyos und Eva Kraft (später: Frodl-­Kraft) waren in der Salzmine Bad Aussee zuständig für die Vorbereitung der Einlagerung der für den „Sonderauftrag Linz“ erworbenen Kunstwerke, siehe Iselt 2010, S. 234, Anm. 348. CIR, 235, Luglio 1944, Evers an Langsdorff, 11.3.1944: „Hauptmann Dr. Schwieger (schaetzungsweise 50 Jahre alt) ist Kunsthistoriker (Schueler von Strzygowski) und Maler. Er ist augenblick­lich als Sammeloffizier und als Kriegsmaler eingesetzt. Da Bestimmungen über eine Beschraenkung der Sammeloffiziere vorliegen, sucht Hauptmann Dr. Schwieger Anschluss an das Aufgabengebiet des Kunstschutzes.“ CIR , 236, Febbraio 1944, Langsdorff an Armin von Gerkan, Greifswald, 18.2.1944. Gerkan (1884 – 1969) hatte Tschira vorgeschlagen; zu Tschira (1910 – 1969) siehe http://kg.ikb.kit.edu/621. php sowie vor allem https://www.leo-­bw.de/web/guest/detail/-/Detail/details/PERSON /kgl_ biographien/105974668/biografie [Zugriff am 1.11.2017]. – Noch Anfang April 1944 wird Tschira in der Funktion „Sachbearbeiter“ als „angef. [angefordert] b. Ch.-Abt. als MVR “ bezeichnet (CIR , 235, Luglio 1944, Hauptabteilung Verwaltung an Chefabteilung, im Hause, Verona, den 8.4.1944). CIR , 236, Aprile 1944, Schreiben von Ernst Becker, „Kunsthändler u. Sachverständiger für Gemälde u. Graphik alter Meister“ an Langsdorff, 12.4.1944: Da er durch die Luftangriffe auf Berlin Ende Januar 1944 seine Wohnung mit seiner Sammlung (die er detailliert beschreibt) verloren habe, wende er sich an Langsdorff, unter dessen „Leitung vor einiger Zeit ein Amt zur Sicherstellung italienischer Kunstwerke eingerichtet“ worden sei, und bittet um „irgendeine Beschäftigung“, die ihm „mehr Freude [bereite] als die Tätigkeit eines Rechnungsführers bei der Panzer Instandsetzungs-­Gruppe Mitte in Minsk.“ Schallert 2012, S. 251. Schallert 2012, S. 258 – 260.

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Der Beginn der Beschäftigung von Leo Bruhns im Kunstschutz lässt sich auf den Tag genau datieren: 28. April 1944.1027 Bruhns hat, Langsdorff von dieser Aufgabe entlastend,1028 in den ersten Monaten vor allem Besichtigungsfahrten unternommen, bei denen die Anbringung von Schutzschildern geprüft und durchgeführt wurde. Diese „Reisen durch Oberitalien“ sah er als „ebenso interessant wie fruchtbar für eine hoffent­lich noch einmal kommende neue Tätigkeit in Rom“ an, aber auch als „aufregend“, weil er „oft in Gegenden kam, wo die Banditen die Herrschaft ausübten oder Tiefflieger ihr Wesen trieben“.1029 Ähn­lich wie Evers äußert Bruhns dabei auch gelegent­lich Kritik an den Soprintendenti wie etwa Gino Chierici (1877 – 1961), von dem er tatsäch­lich „mehr Rücksicht“ verlangte, denn dessen Liste von Palästen in Mailand, Brescia, Bergamo und Como sei zu lang und nicht aktuell gewesen, moniert er im Juli 1944: Es erwiesen sich mehrere als bereits im August 1943 zerstört, andere als so beschädigt, dass sich unsere Schutzschilder an ihnen nur seltsam ausgenommen hätten. Ich machte Herrn Prof. Chierici bei dem ausführ­lichen Gespräch, das ich mit ihm hatte, auf die Rücksichtslosigkeit, die in der Aufstellung jener Listen lag, in freundschaft­licher Form aufmerksam, fand aber eigent­lich bei ihm keine triftige Erklärung. […] Ein so vorzüg­licher Fachmann, wie es Prof. Chierici ist, der ohne Zweifel die Lombardei besser kennt als irgendjemand anders, hätte aber auf unsere Zeit, die Benzinverhältnisse usw., wohl etwas mehr Rücksicht nehmen müssen.1030

Die Verschärfung der militärischen Lage verunmög­lichte im Laufe des späteren Sommers 1944 weitere Besichtigungsfahrten, so dass sich Bruhns nach Meran zurückzog. Im Herbst 1944 übte das Auswärtige Amt in Person von Six Druck auf Bruhns auf, er müsse nun „in das Reich zurückkehren“: „Jeder Deutsche, der nicht mit einer kriegswichtigen Aufgabe im Ausland betreut ist, sollte in dieser Zeit Wert darauf legen, an den Sorgen und Lasten der Heimat persön­lich Anteil zu nehmen.“1031 Bruhns suchte daraufhin nach Mög­lichkeiten, die Dring­lichkeit seines Verbleibs in Italien nachzuweisen: Zunächst durch Vorträge in 1027 CIR, 236, Aprile 1944, Langsdorff an Evers, 28.4.1944: „Herr Professor BRUHNS war heute hier und hat seine Mitarbeit angeboten, die ich in der üb­lichen ehrenamt­lichen Form vorerst angenommen habe. Er wird Ihre und Heydenreichs Kreise nicht stören. Ich denke, ihn im nörd­lichen Raum zunächst zu verwenden. Zuweilen wird er auch nach Rom fahren, um nach seinem Institut zu sehen.“ Vgl. AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1719, Postkarte Bruhns an Arndt/KWG, 12.5.1944: „Ich war eine Woche in Verona und kehre auch bald wieder dorthin hin zurück, um mich im Dienste des Deutschen Kunstschutzes in Italien, dem ich mich als Sachverständiger zur Verfügung gestellt habe, nütz­lich zu machen.“ 1028 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Langsdorff an Heydenreich, 27.4.1944. 1029 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1720, Bruhns an Reinold (KWG), 2.8.1944. 1030 CIR , 235, Luglio 1944, „Nachtrag zum Bericht über die Reise durch die Lombardei vom 9.‒23.7.1944“, gez. 25.7.44 Prof. L. Bruhns. 1031 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1720, Six an KWG, 21.10.1944.

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­Verona,1032 sodann, im Rahmen der Truppenbetreuung, durch Kurse in Kriegslazaretten. Auch wenn man Bruhns konzedieren muss, dass die inhalt­liche Fokussierung dieser Kurse und Vorträge seine Einziehung zur Wehrmacht verhindern sollte, weist seine Themenwahl eine hochgradig politische Funktionalisierung der Kunstgeschichte auf: Deutsche Dome am Rhein Das Strassburger Münster Hohenstaufenschlösser Fränkische Reichsstädte Das mittelalter­liche Rathaus in Deutschland und Italien Die deutsche Hanse Die deutsche Kunst im Baltikum Südtirol, ein deutsches Kunstland Krakau, eine deutsche Stadt in Polen Schwäbische Barockkirchen Der Naumburger Meister Der deutsche Krieger in der Kunst Mutter und Kind in der deutschen Kunst Tilmann Riemenschneider Albrecht Dürer Verona Leningrad Wien 1033

Daneben engagiert sich Bruhns im September 19441034 und im November 1944 „im Zuge einer großen Bücherbeschaffungsaktion“ für die Akquisition von Publikationen nicht nur für sein eigenes KWI – darin unterstützt von Ludwig Schudt in Wiesbaden –,1035 sondern auch für die Zweigstelle Rom des DAI 1036 (was ein weiteres Indiz dafür ist, dass die „Insti­ tutsarbeit“ nicht 1940 „zum Stillstand“ kam 1037). Auch im Falle des längst geschlossenen

1032 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1720, Bruhns an Telschow, 8.11.1944. 1033 AMPG , Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1720, Heeresgruppenarzt C / NS -Führungsoffizier an Bruhns, 16.11.1944; vgl. ebenda Oberbefehlshaber Suedwest (Oberkommando Heeresgruppe C) NS-Fueh­ rung an KWG, 27.1.1945. 1034 ARZI, Konvolut Heydenreich, Mappe 21, Korrespondenz Kunsthistor. Institut Florenz 1944, Bruhns an Heydenreich, 11. September 1944. 1035 Konvolut Heydenreich, Mappe 22, Kunsthistorisches Institut Florenz 1944 – 1945, Schudt an Heydenreich, 13.12.1944. 1036 DAI Berlin, Archiv, Ordner 20 – 30, Bibliothek, Rom 1936 – 1954, „Bs.“ an Crous, 25.11.1944. 1037 Kieven 2010, S. 103.

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KHI werden weiterhin Neuerscheinungen erworben, darunter noch am 20. April 1945 eine

komplette 20bändige Reihe.1038 Im Dezember 1944 schlägt Heydenreich Robert Oertel für die Mitarbeit im Kunstschutz vor: Oertel sei bislang „für Linz uk. gestellt“, doch „seit kurzem einberufen“1039 worden. Zu einer Tätigkeit Oertels im Kunstschutz kommt es indes nicht mehr.1040

5.9 Kunstwerke: Schlag­lichter auf Vermittlungen, Hinweise und Nachforschungen Während der Militärische Kunstschutz sich abseits der Transporte und Bergungsfahrten in aller Regel nicht mit Werken italienischer Künstler befasst hat, und sich auch nicht weiter um Arbeiten, die direkt von Privatbesitzern oder via Kunsthandel angeboten wurden, gekümmert hat, sind durchaus Vorgänge dokumentiert, in denen die deutschen Kunsthistoriker in Italien deutschen Museen spezielle Hinweise gaben oder beim Erwerb konkret mit deutschen Institutionen zusammenarbeiteten. So weist Evers den Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, Ernst Buchner (1892 – 1962), gezielt auf Werke von Künstlern hin, bei denen er ein besonderes Interesse für die Münchner Sammlungen vermutet, wie bei Leibl und Lenbach. In beiden Fällen kommt es indes nicht zu einem Ankauf.1041 1038 ARZI, Konvolut Heydenreich, Mappe 22, Kunsthistorisches Institut Florenz 1944 – 1945, Vermerk Heydenreich über vier Titel „deponiert bei Prof. Baroni, Castello Sforzesco (Mailand, den 27. Januar 1945)“, ebenso am 20.4.1945 eine Buchserie (‘”Atti e Memorie dell’Accademia di Agricoltura, Scienze e Lettere di Verona”. 1039 CIR, 237, Dicembre 1944, Heydenreich an Langsdorff, 4.12.1944. 1040 Eine genauere Untersuchung von Oertels Tätigkeiten in den Jahren 1943 und 1944 hat Christine Bach in ihrer Masterarbeit unternommen: „Robert Oertel und der ,Sonderauftrag Linz‘ unter Hermann Voss. Ein ambivalentes Profil im NS-Kunstraub“ (LMU München, Sommersemester 2015). 1041 CIR, 236, Maggio 1944, Evers an Buchner, 26.5.1944; im Fall des zunächst Leibl zugeschriebenen Männerporträts könne „dann das Bild wohl aus der Reihe derjenigen Werke ausgeschieden werden, die für einen dringenden Ankauf im Augenblick in Frage kommen“, da es von Buchner aufgrund einer ihm von Evers geschickten Fotografie als ein Werk von Alois Erdtelt (1851 – 1911) identifiziert worden war; bei einer „offenbar lebensgrossen, farbig getönten Kreidezeichnung von Lenbach, darstellend mög­licherweise den früheren König von Sachsen“ teilt Evers bündig mit, er habe „kein Interesse, ­diesem Fall weiter nachzugehen“. – Zu Buchner, siehe Müller 1962; Petropoulos 2000, S. 16 – 51; Pereña Sáez 2005. Im Rahmen des Forschungsprojekts „Das Schicksal jüdischer Kunstsammler und Händler in München 1933 – 1945“, das sich im Kern auf eine 2007 im Münchner Stadtmuseum aufgefundene Akte „Betrifft Judenbesitz-­Wiedergutmachungsakt“ mit den Listen der 1938/39 in Münchner Privatsammlungen erfolgten Beschlagnahmungen bezieht, wurden auch Recherchen zu Ernst Buchner, der die BSGS von 1933 bis 1945 und erneut von 1953 bis 1957 leitete, angestellt, da er an der Begutachtung der beschlagnahmten Sammlungen beteiligt war. Die Projektergebnisse können in den Bayerischen

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Anders verläuft es im Falle eines Werkes von Anselm Feuerbach. Zunächst berichtet Evers im April 1944, dass er „zusammen mit Dr. Halm, 2 Bilder von Anselm Feuerbach in roem. Privatbesitz besichtigt“ habe und nun „die Verhandlungen darueber vorwaertszubringen [suche], dass diese für den deutschen Kunstbesitz wichtigen Werke von Deutschland erworben werden koennen“ – ein handschrift­licher Zusatz lautet: „Inzwischen mit Unterstützung der Botschaft angekauft“.1042 Wenig später schreibt Langsdorff an Evers: Ich bin sehr einverstanden, dass Sie mir das Feuerbachbild hierher ­­schicken. Aus Ihren mir sonst noch mitgeschickten Unterlagen ersehe ich, daß Sie schon die richtigen Schritte unternommen haben, dass das Bild auch nach Karlsruhe kommt. Unter Umständen nehme ich es gleich mit, damit es nicht in ,unrechte‘ Hände fällt.1043

De facto hat die Generalverwaltung der oberrheinischen Museen in Person von Kurt ­Martin (1899 – 1975),1044 von 1934 bis 1956 Direktor der Staat­lichen Kunsthalle Karlsruhe, das M ­ ädchenbildnis von Anselm Feuerbach (1848, Öl/Lw., 64,5 × 52,3 cm, Inv.-Nr. 2233) aus dem Besitz eines „Dr. Veneziano“ für die Kunsthalle Karlsruhe von Evers erworben.1045 Im November 1944 informiert Heydenreich Robert Oertel – Kustos an der Dresdner Gemäldegalerie und engster Mitarbeiter von Hermann Voss beim „Sonderauftrag Linz“ – dass ihm „hier in Mailand dieser Tage ein Selbstporträt von Tizian gezeigt worden [sei], das zum Preise von Lit 12 000 000.‒ käuf­lich ist. […] Ebenso wurde mir ein Goya (ein Bildnis seiner Schwester) gezeigt. Könnten nicht Sie oder Voss nach Mailand kommen und die Bilder besichtigen?“1046

Staatsgemäldesammlungen eingesehen werden; vgl. Kuller 2014. Das Projekt „Im Fokus des NS-Staates: Der Zugriff auf jüdischen Kunstbesitz in München 1938/39“ von Christiane Kuller, Universität Erfurt (Laufzeit 2015 – 2016) mündete 2016 in die Publikation von Jan Schleusener. – Seit 2016 arbeitet Theresa Sepp an einer Dissertation zu Buchner im Nationalsozialismus (LMU München). 1042 ASAAD, Ordner (3), Mappe „Collezioni“, Bericht Evers 16.4.1944, S. 2. – Die erste Besichtigung der beiden Feuerbach-­Werke fand am 12.3. statt, wie aus Evers’ Bericht vom 13.3.1944 hervorgeht (Archiv KHI, Varia I, Kunstschutz Berichte; dort auch Evers’ Schreiben an Kurt Martin, ebenfalls vom 13.3.1944). 1043 CIR, 236, Aprile 1944, Langsdorff an Evers, 24.4.1944. 1044 Kurzbiographie von Elfriede Schulze-­Battmann in NDB, Bd. 16, 1990, S. 281 – 282 http://www. deutsche-­biographie.de/pnd116805188.html [Zugriff am 1.11.2017]; ausführ­lich Rosebrock 2012. 1045 Die Kaufsumme von 200.000 Lire war vom Chef der Militärverwaltung in Rom, Militärverwaltungsoberrat Dr. Seifarth, ausgelegt worden; „Unteroffizier Dr. Herzberg“ brachte das Bild in das Armee-­Museum München, von wo es noch im Frühjahr 1945 nach Karlsruhe transportiert wurde. Diese Informationen aus dem Generallandesarchiv Karlsruhe (GLA 441 Zug. 1981/70, Nr. 378) verdanke ich der Provenienzforscherin der Kunsthalle, Tessa Rosebrock, der für ihre Auskunft vom 20.11.2012 herz­lich gedankt sei. 1046 Archiv KHI , Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Privatkorrespondenz Prof. ­Heydenreich“, Heydenreich an Oertel, 20.11.1944.

Kunstwerke  I  297

Zum Arbeitsgebiet des Kunstschutzes in Italien gehörte – wie auch in Frankreich – die Aufsicht und Genehmigung der Ausfuhr von Kunstwerken. Naturgemäß können diese zahlreichen Vorgänge hier nicht detailliert analysiert werden. Im Hinblick auf die sensible Provenienzthematik (und die oft desolate Quellenlage) sei hier dennoch, pars pro toto, auf die „Bergung der Privatsammlung Dr. Neef nach Deutschland“ im August 1944 hingewiesen.1047 Nur wenigen Fällen agierte der Kunstschutz beim OKH über die Grenzen mehrerer besetzter Staaten hinweg. Das folgende Beispiel illustriert mustergültig das Problemfeld des Kulturgüterschutzes im Krieg angesichts antagonistischer und zugleich wandelbarer Interessen: Kriegsverwaltungsrat Wilhelm Kraiker, seit Juni 1941 Beauftragter für den Kunstschutz in Griechenland (siehe oben), wandte sich am 14. Juni 1944 an den „Beauftragten für Kunstschutz beim OKH“, also an Tieschowitz, „Betr.: Fahndung nach Antiken, die von italienischen Offizieren aus dem Museum von Tigani (Samos) gestohlen wurden“. Wie aus Kraikers Bericht vom 13. August 1942 hervorgehe, wurden aus dem Museum in Tigani (Samos) etwa 9 Portraitköpfe römischer K ­ aiser, die aus einer griechischen Werkstatt wohl claudischer Zeit stammen, und andere nicht mehr feststellbare Marmorplastiken durch italienische Offiziere während der italienischen Besetzung der Insel entwendet. Der italienische Beauftragte für Kunstschutz in Griechenland versprach damals die Rückgabe durch seine vorgesetzte Behörde zu veranlassen, konnte aber bis zum Badoglio-­Verrat noch keine Mitteilungen über etwaige Feststellungen machen. Wie der deutsche Konsul auf Samos dem Unterzeichneten anläss­lich seiner Dienstreise dorthin mitteilte, sind diese Antiken durch den Adjutanten P a l a v i c i n i , der in Mailand ansässig ist, geraubt worden. […] Es wird gebeten, durch den Beauftragten für Kunstschutz in Italien Fahndungen nach den gestohlenen Antiken, vor allem in der Wohnung des Palavicini in Mailand, anzustellen. Vermut­ lich befinden sich darunter auch Terrakottareliefs (Bruchstücke) und bemalte Vasenscherben aus den deutschen Grabungen auf Samos. Photographien der geraubten Stücke sind leider nicht vorhanden. Gegebenenfalls sind die in den Wohnungen vorhandenen Antiken sicherzustellen. Es wird vorgeschlagen, sie sofort nach Deutschland abtransportieren zu lassen und zwar an die Direktion der Antikensammlungen in München, Barerstr. 27 mit entsprechender Benachrichtigung dorthin.1048

1047 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Aufzeichnung für Herrn Dr. Domes, 23.8.1944, mit Paraphe „Hey“. 1048 CIR, 236, Giugno 1944, Kraiker an den Beauftragten für Kunstschutz beim OKH über Militärbefehlshaber in Frankreich, 14.6.1944. – Vgl. demgegenüber BA K, B 120/630, Kraiker an ­Kerampullos, Griechisches Kultusministerium, 27.6.1947 (7 Seiten), und ebenda den „Schlußbericht über die Tätigkeit des Beauftragten für Kunstschutz in Griechenland (Juli – 15. Sept. 1944)“, gez. „Heidelberg, den 14.10.1944“.

298 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Dieses Dokument verschlägt einem aus mehreren Gründen den Atem. Erstens zeigt es die Italiener als Besatzer und Täter (und erwähnt die Existenz eines eigenen italienischen Kunstschutzes in den von Italien besetzten Ländern, der meines Wissens bislang völlig unbearbeitet geblieben ist). Zweitens verquickt Kraiker die Entwendung griechischen Museumsbesitzes nonchalant mit der Suche nach Funden aus deutschen Grabungen (die ihrerseits – trotz erzwungener Grabungsgenehmigungen – griechischer Besitz geblieben waren). Drittens erwägt Kraiker offenbar zu keinem Zeitpunkt eine Rückführung nach Griechenland, sondern stellt eine „sofortige“ Überführung in ein deutsches Museum anheim. Nochmals gesteigert wird ­dieses – nicht nur im Lichte der Haager Landkriegsordnung ungeheuer­liche – Schreiben indes durch einen Vermerk von Langsdorff vom 5. August 1944 am Fuß der Seite: „Letzteres nicht. Kommt in das Depot der SS in Bozen.“ Endgültig zur ,Räuberpistole‘ gerät der Vorgang frei­lich durch die Beantwortung des Schreibens von Kraiker bzw. der Militärverwaltung in Griechenland durch Evers am 8. November 1944 (der Rückzug der Wehrmacht aus Griechenland hatte im September 1944 begonnen). Evers teilt Tieschowitz mit, die Nachforschungen von der Abt. Ic der Leitkommandatur Mailand, vom SD Mailand, und von der Aussenstelle Kunstschutz Mailand, sind ergebnislos verlaufen, und zwar aus folgenden Gründen: Die vermissten Antiken sind ungenügend bezeichnet […]. Die Person des Adjutanten „Palavicini“ (ohne Angabe eines Vornamens) ist ungenügend bezeichnet.1049

In seiner spezifisch beharr­lichen Weise, die von Buchstabentreue und Loyalität ebenso geprägt ist wie von einem individuellem Verständnis von Anständigkeit, fährt Evers fährt fort: Eine Beschlagnahme von Antiken in einer Mailänder Wohnung wäre nur dann angängig, wenn dem Wohnungsinhaber Stück für Stück bewiesen werden könnte, daß die betreffenden Stücke aus dem Museumsbesitz in Samos stammen. Sonst würde die ausführende deutsche Einheit in genau den gleichen Verdacht kommen, Kunstraub zu betreiben, der als Tatbestand offenbar in dem Museum in Samos vorliegt. Da die italienischen Landesdenkmalämter in Mailand und überhaupt in Oberitalien ungestört und eifrig arbeiten, und da die Abteilung Kunstschutz mit diesen italienischen Behörden eng zusammenarbeitet, so hat unsere Abteilung ein Interesse daran, keine Handlungen einzuleiten oder durchzuführen, die nicht so eindeutig sind, daß sie auch den italienischen Behörden g­ egenüber vertreten werden können. Eine derartige Klärung war in ­diesem Falle weder der Sache nach noch den Personen nach erreichbar.1050

1049 CIR, 236, Giugno 1944, Evers an Tieschowitz, 8.11.1944. 1050 CIR, 236, Giugno 1944, Evers an Tieschowitz, 8.11.1944.

Kunstwerke  I  299

Betrachtet man beide Schriftstücke, das Schreiben von Kraiker mit dem Vermerk von Langsdorff und den Brief von Evers, zusammen, kann man nur den Schluss ziehen, dass die gemäß Langsdorffs Vermerk geplante oder tatsäch­lich erfolgte 1051 Verbringung der Objekte „in das Depot der SS in Bozen“ vom SS -Standartenführer ohne Kenntnis seines Untergebenen – Evers – erfolgt sein muss. Diese Hypothese entspricht zugleich dem Profil dieser beiden Protagonisten, wie es aus anderen Quellen in dieser Studie herausgearbeitet werden konnte. Konsolidiert wird diese Deutung auch durch ein undatiertes Dokument, das mög­ lichwerweise Mitte September 1944 verfasst wurde. Das maschinenschrift­liche Blatt trägt den Titel „XII. ERFASSTE KUNSTGEGENSTÄNDE“ und trägt rechts oben den handschrift­lichen Vermerk „IX.15“ sowie, neben dem Titel, den Zusatz „MERANO“. Es folgen drei Punkte: 1.) Lagerung größtenteils in der Operationszone Alpenvorland. 2.) Die durch die 16. Pz. erfassten Gegenstände lagern in Meran, konnten wie fernschrift­lich mitgeteilt, nicht auf Wunsch RF-SS auf We w e l s b u r g gebracht werden, da Wagongestellung nicht mög­lich war. 3.) Listen L a n g s d o r f f .1052

Dies legt den Schluss nahe, dass die SS-Formationen in Oberitalien unter dem Befehl von Karl Wolff Kunstwerke nicht nur als Faustpfand und persön­liche Absicherung bei den vorgezogenen Waffenstillstandsverhandlungen mit dem amerikanischen Geheimdienst OSS (Office of Strategic Services) zu ­nutzen gedachten, sondern dass es – parallel dazu und unabhängig davon – einen Transportbefehl Himmlers für „Gegenstände“ gab, hinter denen man zumindest auch Kunstwerke vermuten darf. Heydenreich streicht jedenfalls mit rotem Bleistift eine Passage in einem Zeitungsbericht „Inesorabile caccia nel Reich ai criminali di guerra“ im Giornale Lombarda vom 28. Mai 1945 an, in dem es heißt: A Campo Tures, presso il confine austriaco, è stato catturato il colonello delle SS Alexander Langsdorff, esperto di opere d’arte dello stato maggiore del generale delle SS Karl Wolff. Langsdorff era il commandante incaricato della custodia di alcuni dei piu preziosi quadri del mondo. Stava a Langsdorff decidere quali dei tesori d’arte italiani di fama mondiale dovessero accompagnare i tedeschi nella loro ritirata. Può essere interessante sapere che il colonella chiama il suo commando „il dipartimento per la protezione dell’arte“.1053

1051 Die Klärung ­dieses Sachverhalts ist nicht ausgeschlossen, kann aber im Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet werden. 1052 CIR, 238, Mappe „Kunstschutz“. 1053 ARZI, Konvolut Heydenreich, Mappe 26, Kunstschutz, Presse.

300 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Die Quellen geben zwar in vielen Fällen Hinweise auf Anhaltspunkte, die für weitere Recherchen zur Translokation von Kunstwerken wichtig sind, doch diese objektbezogene Dimension steht nicht im Fokus dieser Studie.

5.10 Kunstschutz und Propaganda – Kunstschutz als Propaganda Die grundsätz­liche und prinzipielle Nähe, ja Kongruenz von Militärischem Kunstschutz und politischer Propaganda ist im Rahmen dieser Studie – wie auch von Klinkhammer 1054 – schon mehrfach angesprochen worden. Ohne diese Ausführungen zu wiederholen, muss ­dieses genuine Aufgabenfeld deutscher Kunsthistoriker in Italien aber schon deshalb etwas näher beleuchtet werden, weil Phänomene wie Nähe, Distanz und Opposition zum nationalsozialistischen System nicht auf die Frage einer formalen Mitgliedschaft in der NSDAP begrenzt werden können (wie es nach Ende des Nationalsozialismus vielfach geschehen ist). Hier ist Differenzierung geboten, zumal auch die Propaganda selbst nicht länger auf den „tradierten Befund von der ebenso perfiden wie perfekten Manipulationsmacht des NS-Mediensystems“ reduziert werden kann.1055 Die Grenze ­zwischen praktischer Arbeit und der öffent­lichkeitswirksamen Vermittlung dieser Arbeit ist jedenfalls schon im Dezember 1943 hauchdünn – so dünn, dass beide Bereiche fast nahtlos ineinander übergehen. Zur geplanten „Bergung des Standbildes von Ferdinand I. von Toskana im Hafen von Livorno“ mit „Balkenhölzern […] die sich im Magazin der Marinebeute in Livorno befinden“ hält Heydenreich fest: „Die Bergungsarbeit soll kulturpropagandistisch ausgenutzt werden als Widerlegung der Feindpropaganda, die uns des Kunstraubes bezichtigt.“1056 Auch in Evers’ „B e r i c h t über die Einrichtung des ‚Kunstschutzes‘ in Italien“ vom 31. Mai 19441057 – den Langsdorff zwei Wochen später, am 13. Juni 1944, als ‚seinen‘ Bericht an das Auswärtige Amt in Berlin schickt 1058 – ist mit völliger Selbstverständ­lichkeit davon die Rede, dass im Rahmen der Kunstschutzarbeit

1054 Klinkhammer 2012, S. 58 – 66, der sich dabei vor allem auf PA AA 61087 stützt. 1055 So Mühlenfeld 2010, S. 160. 1056 Archiv KHI, Varia I, Praktischer Kunstschutz Siena Pisa, Heydenreich an Hafenkommandatur Livorno, 20.12.1943. 1057 CIR, 236, Mai 1944, Typoskript, 5 Seiten, davon S. 1 und 5 abgebildet bei Fuhrmeister 2012a, S. 20 (Abb. 1 und 2). 1058 PA AA, R 61087, Typoskript, 7 Seiten, „gez. Dr. Langsdorff, MilVerw.Abteilungschef u. SS-Standartenführer“, aber identisch mit Evers’ Bericht, da ein größerer Zeilenabstand gewählt worden ist. – Eine Kopie von Evers’ Bericht mit einigen handschrift­lichen Ergänzungen von Langsdorff (insbesondere zur Einrichtung von Assisi als Bergungsort, S. 2) in ASAAD, Ordner Copie Documenti Tedeschi (1), rote Mappe „Leggi rig. Esportazione di Quadri / vedi anche Documenti catalogati“.

Kunstschutz und Propaganda  I  301

die durch Feindeinwirkung eintretenden Schäden […] mit ihrem genauen Datum festgestellt, beschrieben und fotografisch festgehalten werden [müssen]. Der militärische Kunstschutz arbeitet mit den italienischen Behörden und mit den deutschen Propagandastaffeln zu d ­ iesem Ziel zusammen.1059

Die Kriegsberichterstatter bzw. die Mitglieder der Propagandastaffeln oder Propaganda-­ Kompanien waren frei­lich keine Journalisten in Uniform, sondern sollten, „wenn irgend mög­lich, die NS-Weltanschauung verinner­licht haben“.1060 Schon 1938 war der Propagandakrieg als „wesent­liches, dem Waffenkrieg gleichrangiges Kriegsmittel anerkannt“1061 worden, und die Forschung hat denn auch eine „durchgängige Affinität der Wehrmachtpropaganda zu den Feindbildmustern des NS-Regimes“1062 festgestellt, einschließ­lich der rassenideologischen Dimension. Dennoch: Auch wenn Evers wohl ledig­lich eine pragmatische Hilfestellung hinsicht­lich fotografischer Aufnahmen im Auge hatte, muss diese Zusammenarbeit – ebenso wie Heydenreichs kulturpolitische Ambitionen – eindeutig als Verlassen des Bereichs ‚reiner Wissenschaft‘1063 angesprochen werden (der frei­lich nach 1945 allerorten als Begründung für die prinzipielle und entschiedene Politikferne von Kunsthistorikern angeführt werden sollte). Dies gilt, besonders in der Spätphase des Krieges, auch und gerade für die Kulturpolitik, die nun eine nochmals gesteigerte, systemstabilisierende Wirkung zu entfalten hatte. In einer (mög­licherweise von Prinzing verfassten) „Sprachregelung für Inf.-Arbeit“ der deutschen Botschaft in Fasano vom 30. März 1944 wird diese Dimension jedenfalls ausdrück­lich festgehalten: Das deutsche Volk […] hat erlebt und gelernt, dass man sich d­ iesem Daseinskampf nicht entziehen kann und dass es nur einen Weg gibt: unbeugsam und mit starkem Herzen alle Notstände und Gefahren zu überwinden. Darum ist auch der Verlust von so viel gegenständ­lichen und kulturellen Gütern nicht etwa mit Apathie und Resignation verbunden, sondern mit einer Steigerung der geistigen Klarheit und der Entschlossenheit. […] Worauf es vor allem ankommt, ist, dass wir als Nationalsozialisten auch im Ausland, trotz der Distanzierung in räum­licher Hinsicht, die stärksten Träger der Kampfgesinnung des deutschen Volkes sind. […] Wir, die wir in der Führung des Kontinents sind, bringen auch die schwersten Opfer. Aber wir bringen sie nicht für uns allein, sondern wir tragen sie auch für die Zukunft aller Völker Europas und dies verbindet uns mit ihnen zu einer Schicksalsgemeinschaft.1064

1059 1060 1061 1062 1063 1064

In Reinschrift übertragen, war d ­ ieses annotierte Exemplar die Vorlage für Langsdorffs Bericht vom 13.6.1944. Vgl. die diesbezüg­lichen Schriftwechsel in PA AA, Rom Vatikan, 998. CIR, 236, Mai 1944, Typoskript Evers vom 31.5.1944 (auch vorhanden in Archiv KHI, Varia III, Berichte Evers); PA AA, R 61087, Typoskript Langsdorff vom 13.6.1944, S. 4. Moll 2012, S. 188. So Hasso von Wedel 1962, ein Abkommen z­ wischen RMVP und OKW von Oktober 1938 wieder­ gebend, zitiert nach Moll 2012, S. 188. Moll 2012, S. 192. Vgl. Fuhrmeister 2012b. PA AA, Rom Quirinal, 1561, Bl. 57 – 59.

302 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Diese Selbstbeauftragung und -überschätzung – zu der auch gehört, dass die RSI hier kaum jemals auch nur erwähnt wird – kennzeichnet viele Veröffent­lichungen des Jahres 1944. So heißt es in der Propagandabroschüre des Auswärtigen Amtes in gleichem Sinne: „Aber was wäre Europa ohne uns, wie wäre abendländische Kultur ohne die Deutschen zu denken?“1065 Diese Perspektive prägt im Kern alle diese kulturpolitischen Dienstanweisungen; immer wieder wird die Bedeutung der eigenen Arbeit beschworen, wobei die Grundmotive leicht variiert bzw. nur paraphrasiert werden: I.) Unserer Kulturarbeit im Ausland liegt ein bestimmtes Deutschlandbild, Europabild und Weltbild zugrunde. […] Die aktiven Träger der deutschen Kulturarbeit im Ausland würden ihre Aufgabe niemals erfüllen können, wenn ihre Grundhaltung die des musealen Kulturverwalters wäre. […] II .) Neben der Arbeit der Deutschen Wissenschaft­lichen Institute behalten selbstverständ­lich die deutschen künstlerischen Veranstaltungen ihre Bedeutung. Für sie gilt, ebenso wie für die Vorträge und Kulturabende der Deutschen Wissenschaft­lichen Institute, dass die Kulturarbeit im Krieg Zeugnis der deutschen Stärke ist. Je ruhiger und unbeirrbarer wir unsere Kulturarbeit durchführen, desto mehr wird sich bei den Fremdvölkern die Überzeugung festigen, dass ein Volk, das mitten in einem Existenzkampf derartigen Ausmasses noch die Kraftreserven besitzt, um von seinem Kulturgut anderen Missionen mitzuteilen, nicht besiegt werden kann. […] Wir wollen zeigen, dass der Satz „Im Kriege schweigen die Musen“ nicht gilt, sondern dass wir durch den Krieg hindurch und über den Krieg hinweg der Kulturgemeinsamkeit eines neuen Europa zustreben. So muss die Kulturarbeit während des Krieges mit eine der grössten Leistungen d ­ ieses Krieges werden. Jede Störung dieser Absichten ist mit geeigneten Mitteln zu unterbinden.1066

Diese Vorstellung eines deutschen Primats in Europa manifestierte sich kulturpolitisch – ungeachtet des Vorrückens der Roten Armee in der Winteroffensive 1943/44 und ihrer Frühjahrsoffensive 1944 – so, dass in Oberitalien eine gesamteuropäische Führung durch die Deutschen als Ziel formuliert wurde: In keinem Land soll mehr eine Elite getrennt von der deutschen Führung des Kontinents, ohne Verbindung mit der deutschen Kultur- und Geistesleistung entstehen. […] Die Erkenntnis muß sich durchsetzen, daß Elitenbildung in Opposition zur deutschen Kulturleistung einfach undenkbar ist und daß eine Elite geistig genommen nur dann europäischen Rang beanspruchen darf, wenn sie ein engeres inneres Verhältnis zum deutschen Kulturgut besitzt.1067 1065 Kohlhaussen 1944, S. 16. 1066 PA AA, Rom Quirinal, 1561, Bl. 66 – 73, „Sprachregelung für Inf.- und Kulturarbeit“ der Deutschen Botschaft in Fasano vom 6.4.1944, Zitate Bl. 73 (= S. 1) und 67 (= S. 7). 1067 PA AA, Rom Quirinal, 1561, „Informations- und Propagandaarbeit der Botschaft Rom (Fasano), 1943/1944“, zitiert nach Petersen 1988, S. 75.

Kunstschutz und Propaganda  I  303

Auch wenn, wie gezeigt, Kunstschutz und Propaganda auf einer abstrakten Ebene prinzipiell konvergieren, und auch wenn schon die Übergabezeremonien der Werke aus Monte Cassino in Rom klassische politische Inszenierungen waren,1068 muss dennoch ­zwischen der pragmatischen Unterstützung italienischer (Rück-)Transporte von Herbst 1943 bis März 1944 und der nachfolgenden Phase unterschieden werden. Denn nun, im Frühjahr 1944, verlangt das Auswärtige Amt über die Botschaften Aktivitäten „zur wirksamen Begegnung dieser Feindtaktik“ und fordert vom „Kunstschutzreferat des Bev. Generals der Dt. Wehrmacht in Italien“ Maßnahmen zur Gegenpropaganda 1069 bzw. eine „Gegenaktion gegen Roosevelts Kommission zum Schutze der Kunstdenkmaeler“, wobei das Auswaertige Amt […] besonderen Wert auf folgende Fragen [lege]: Was wurde zerstoert? Was wurde gesichert und gerettet? Wer hat gerettet?1070

Der Kunstschutz kommt ­diesem Ansinnen nicht nur nach, sondern entwickelt stellenweise eine eigene Begeisterung für diese zusätz­liche Aufgabe, arbeitet jedenfalls in ­diesem Sinne initiativ, kreativ und, soweit erkennbar, reibungslos mit der „Gruppe Aktivpropaganda“ der „Propaganda Abteilung I“ (I, manchmal auch J, für Italien) zusammen.1071 Für diese Aufgabe 1068 Vgl. die Bildunterschrift zur Umschlagabbildung in Fuhrmeister, Griebel, Klingen und Peters 2012, gegenüber dem Inhaltsverzeichnis, [S. 4]. 1069 Siehe CIR, 236, Marzo 1944, Deutsche Botschaft Fasano an Kunstschutzreferat über Deutsches Konsulat Florenz, 18.3.1944, gez. Schaefer-­Rümelin. Eine Abschrift d ­ ieses Dokuments auch im Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz. – Vgl. Klinkhammer 2012, S. 59 mit Anm. 38 und 39, der aus dem im Führungsstab der Kulturpolitischen Abteilung des AA von Blahut unterzeichneten Entwurf ­dieses Schreibens vom 7.3.1944 zitiert. 1070 CIR, 236, Maggio 1944, Deutsche Botschaft Fasano an Bevollmächtigten General, 25.4.1944, gez. Schäfer-­Rümelin (Kultinf. 1047/44). – Auch zitiert von Schallert 2012, S. 248. Die Beantwortung dieser Fragen durch Evers am 3.6.1944 in CIR, 236, Giugno 1944, ist als Dokument 3 abgedruckt in Fuhrmeister, Griebel, Klingen und Peters 2012, S. 274 – 275. 1071 CIR, 236, Aprile 1944, „Gruppe Aktivpropaganda / Tagb. Nr.: 242/44, Bo/Ha“ an Langsdorff, 6.4.1944: Mehrere Exemplare der Broschüre „Kunstraub auf Befehl“ sollen demnächst an den Kunstschutz geschickt werden; gleichzeitig wird „zum Zwecke der engen Zusammenarbeit auf ­diesem Gebiete um Uebersendung der dort vorhandenen Unterlagen [gebeten]. Vor allen Dingen sind erwuenscht Bilder und kurze Beschreibung der zerstoerten Kunstwerke im Hinblick auf ihren kuenstlerischen Wert und ihre Bedeutung.“ Vgl. CIR, 236, Maggio 1944, Langsdorff an Hauptmann Ganz, Kommandeur der Propaganda-­Abteilung J, Verona, 3.5.1944: „[…] Ganz besonders aber bin ich Ihnen dankbar, dass Sie aufgrund der mit Ihren Herren – Hptm. HUMER und Gefr. BOLAY – gehabten Besprechung von der beabsichtigten Broschüre ‚Kunstraub auf Befehl‘ Abstand genommen haben. Ich glaube, dass es der Arbeit des Kunstschutzes nur von Vorteil sein wird.

304 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

stellt das Auswärtige Amt „für die Führung des Fotoarchivs“ den Betrag von 100.000 Lire zu Verfügung, von denen 45.000 Lire am 5. Juli 1944 in Fasano von Generalkonsul Schäfer-­ Rümelin an Heydenreich in bar ausbezahlt werden.1072 In ­diesem Zusammenhang entsteht später das „auf dem Fotomaterial unseres Archivs beruhende“1073 schmale Buch La guerra contro l’arte, das Ende 1944 im Mailänder Verlag Domus erscheint (Abb. 25). Heydenreichs konzeptionelle, inhalt­liche und redaktionelle Verantwortung ist mehrfach belegt: Ferner arbeite ich an der Schlussredaktion der Publikation „Krieg gegen die Kunst“, die von der Propagandaabteilung Italien bei dem hiesigen Verlage „Domus“ herausgebracht wird. Wir haben auch noch eine ganze Anzahl von Fotos unseres Archivs ausgeliehen […] ausserdem erwarte ich aus Berlin vom Bildarchiv der Luftwaffe einen Posten von etwa 250 Fotografien, den ich kurz vor meiner Reise nach Deutschland bei der LW Kriegsberichterabteilung des Luftflottenkommandos 2 aus 1500 (!) Leica-­Filmen ausgesucht habe. […] Auch der Zettelkatalog der zerstörten Kunstwerke muss noch à jour gebracht werden, was eine recht umfangreiche Arbeit bedeutet. End­lich haben wir das Archiv der Presse- und Radionachrichten neu zu ordnen begonnen […]. 1074

In einem Schreiben an die Propagandaabteilung Verona will Heydenreich zum Ausdruck bringen, wie sehr nütz­lich und fruchtbar ich die Zusammenarbeit unserer beiden Dienststellen [bei La guerra contro l’arte] empfunden habe. Es ist m. E. gelungen, ein propagandistisch ausserordent­lich wirkungsvolles und sach­lich unantastbares Werk zu schaffen, dessen Erfolg gross sein dürfte.1075

Daneben wurde, wie schon mehrfach erwähnt, die „Publikation des Auswärtigen Amtes über ‚die Kunstschäden in Europa‘“1076 vorbereitet, und zwar offensicht­lich unabhängig von bzw. in Ergänzung der im Herbst 1944 erschienenen Broschüre von Heinrich Kohlhaussen Sobald ich neue sach­liche Angaben und Unterlagen über zerstörte Kunstwerke in Italien habe, werde ich Sie unterrichten.“ 1072 Archiv KHI, Varia I, Kunstschutz, „Abrechnung über die der Abtlg. Kunstschutz beim B. G. I. (MVA-Chef Dr. Langsdorff ) für die Führung des Fotoarchivs von der Deutschen Botschaft Fasano zur Verfügung gestellten Lit. 100.000.‒“, nicht datiert (März 1945), 4 Seiten, mit detaillierten Angaben über die einzelnen Ausgabeposten. 1073 CIR, 237, Ottobre 1944, Langsdorff: „Beitrag zum Lagebericht f. d. Zeit v. 16.9.‒15.10.44“, 22.10.1944. 1074 CIR, 235, Settembre 1944, Heydenreich an Langsdorff, 18.9.1944. – Auch vorhanden im Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz. 1075 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Heydenreich an Propagandaabteilung Verona, z.Hd. von Hptm. Ganz, 27.9.1944. 1076 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Heydenreich an Langsdorff, 27.11.1944.

Kunstschutz und Propaganda  I  305

25  La guerra contro l’arte, Mailand 1944 (Bibliothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte, XI 24/42).

(1894 – 1971), Der Kampf des deutschen Kunstschutzes um die Erhaltung europäischer Kulturwerte. Maßnahmen gegen den angelsächsischen Bombenterror (Abb. 20). Für den „Italienband“ dieser Reihe, von deren Planung der Kunstschutz eher zufällig erfuhr, engagiert sich Heydenreich in besonderem Maße – es handele sich dabei um ein sehr bedeutendes Unternehmen. […] Geplant ist die Herausgabe einer mehrbändigen Publi­ kation über die Kunstschäden in Europa, deren einzelne Bände Deutschland, Italien, Frankreich, Belgien, Griechenland, die Balkanländer, die Ostrandstaaten und vielleicht auch Südrussland erfassen sollen. Entscheidend für den Charakter der Publikation ist, dass nur Monumente gebracht werden sollen, die unwiederbring­lich oder jedenfalls so weitgehend zerstört sind, dass eine Rekonstruktion ihres ursprüng­lichen Zustands unmög­lich ist. Hierdurch unterscheidet sie sich also wesent­lich von den bisher veröffent­lichten Büchern dieser Art. Die Bildunterschriften werden übrigens viersprachig gehalten sein. […]

306 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

So reizvoll und vielversprechend das Unternehmen ist, so starke Zweifel habe ich an seinem wirk­lichen Zustandekommen; denn unter der Voraussetzung, dass das Bildmaterial in den nächsten vier Wochen zur Verfügung steht, kann das Buch frühestens im Juni 1945 erscheinen. […] Sie ersehen aus ­diesem Vorgang, dass wieder einmal ein Riesenunternehmen von höchster politischer Bedeutung durch das Auswärtige Amt und Propagandaministerium in die Wege geleitet wird, ohne dass wir darüber auch nur im geringsten unterrichtet worden sind […].1077

Auf Heydenreichs Klage über die Nichtberücksichtigung des Kunstschutzes schon in der Planungsphase der Veröffent­lichung reagiert Langsdorff erwartungsgemäß („unglaub­liche Zumutung“) und kündigt an, dass er sich „entsprechend zur Wehr zu setzen und mit Graf Metternich bzw. über O. K. H. diese Dinge abstellen lassen“ werde.1078 Dies ist – wenn dies noch eines Nachweises bedurft hätte – im Übrigen ein weiterer Beleg dafür, dass M ­ etternich nach wie vor und trotz seiner Demission auch noch Ende November 1944 als zentrale Instanz des Kunstschutzes in den besetzten Gebieten wahrgenommen wurde. Der Beginn der radikalen Ausweitung der propagandistischen Dimension der Kunstschutzarbeit im Jahr 1944 ist in der Forschung bisher übereinstimmend – von Klinkhammer bis Schallert – auf März 1944 datiert worden, und zwar als Reaktion auf Vorstellungen, Wünsche, Nachfragen und Vorgaben des Auswärtigen Amtes in Berlin.1079 Tatsäch­lich kam die Anregung aber aus Italien und dürfte vom Kunstschutz selbst – und zwar, wenig überraschend, von Heydenreich – mitinitiiert worden sein. Denn wie aus einem Bericht des stets um Ausgleich und Verständigung bemühten Konsul Wolf an die Dienststelle des Reichsbevollmächtigten für Italien hervorgeht, wurden die Überlegungen in Florenz entwickelt. Wolf schreibt am 30. Januar 1944: Um eine wirkungsvolle Propagandaaktion durchzuführen, scheint mir jetzt die Zeit gekommen, einmal von Kunsthistorikern an Hand eines genauen Bildmaterials Aufsätze und gegebenenfalls kleine Broschüren über die vom militärischen Standpunkt aus meist völlig sinnlose Zerstörung edelster Denkmäler der abendländischen Kultur in Italien verfassen zu lassen. Je weniger dabei propagandistische Schlagworte und hetzerische Phrasen verwendet werden, umso durchschlagender dürfte die Wirkung sein. Ich habe zu d ­ iesem Zwecke bereits den Präfekten von Florenz und den Leiter des Kunsthistorischen Instituts von Florenz, Professor Heydenreich, angesetzt, möchte aber vorschlagen, diese Aktion auch noch auf andere Provinzen auszudehnen.1080

1077 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Heydenreich an Langsdorff, 8.11.1944. 1078 Archiv KHI, Varia II, Praktischer Kunstschutz, Langsdorff an Heydenreich, 20.11.1944. 1079 Klinkhammer 2012, S. 59; Schallert 2012, S. 248. 1080 DHI Rom, Archiv, N 9, Nr. 6, Vorgang 37, Deutsches Konsulat Florenz (gez. Wolf ) an Dienststelle des Reichsbevollmächtigten für Italien (Rahn), 30.1.1944, „Betrifft: Innerpolitische Lage und Stimmung der Bevölkerung; propagandistische Mög­lichkeiten“, 4 Seiten, hier S. 4. – Um, jedenfalls in bestimmtem Maße, Ausgleich und Verständigung war Wolf beispielsweise insofern

Kunstschutz und Propaganda  I  307

In Fortsetzung seiner kulturpolitischen Lageberichte, die ebenfalls die Überzeugungskraft von sach­lichen Argumenten gegenüber marktschreierischer Zuspitzung zum Prinzip erhoben und für die Arbeit des KHI eingefordert hatten, ist Wolfs folgenreicher Vorschlag mutmaß­lich schon im Januar 1944 im Einvernehmen mit Heydenreich entwickelt worden. Die spätere Umsetzung folgt diesen Prämissen allerdings kaum. Es ist zwar auch zu erwägen, ob die fachwissenschaft­lichen, genuin kunsthistorischen Interessen – wie, ganz banal, die Erhaltung und Dokumentation eines Objekts – unter den gegebenen Rahmenbedingungen gar nicht anders zu realisieren gewesen wären als unter Nutzung der effizienten Infrastruktur, die den verschiedenen Zweigen der Propaganda zur Verfügung stand. Dieses weniger subversive als vielmehr instrumentelle Verständnis dürfte jedoch schnell an seine Grenzen gekommen sein, weil Ressourcenverteilung und Weisungsbefugnisse im Rahmen der umfassenden Mobilisierung, Kontrolle und Methoden des im Februar 1943 ausgerufenen „Totalen Krieges“1081 anderen Prioritätensetzungen folgten. Auch ohne entsprechende Dokumente darf daher für die Mitarbeiter des Kunstschutzes eine Zwangslage vermutet werden: Da der vollständige Schutz historischer Bauten und Mobilien vor einer Zerstörung nicht zu erreichen war, stieg die Bedeutung ihrer exakten Dokumentation, und diese war nach Lage der Dinge in größerem Maßstab nur im Rahmen der Propaganda zu realisieren. Die Bereitwilligkeit, sich in die große Dynamik der kulturpolitischen und -propagandistischen Entwicklungs- und Radikalisierungsprozesse zu begeben, dürfte bei Heydenreich am größten gewesen sein. Kurz und bündig teilt er etwa im August 1944 Herbert von Einem mit: „Ich bin dem militärischen Kunstschutz in Italien zugeteilt und arbeite zugleich an einem Sonderauftrag des Auswärtigen Amtes.“1082 Es erscheint indes nicht als sinnvoll oder lohnend, den Propagandakrieg als solchen hier näher zu betrachten. Die zirkuläre Argumentation, das Aufbauschen von Petitessen, die semantische Kriminalisierung des Gegners,1083 die Betonung gegnerischer Gräuel und das Lob eigener Anständigkeit sind fraglos die Ingredienzien dieser Berichte.1084 Instruktiv bemüht, als er in d ­ iesem Bericht, um der von ihm beobachteten Ablehnung der Bevölkerung „gegen das neue System“, sprich der RSI, entgegenzusteuern, empfiehlt, im Rundfunk in italienischer Sprache „Nachrichten über die in deutschen Internierungslagern lebenden Italiener [zu] bringen und sie vielleicht selbst sprechen zu lassen“. 1081 Vgl. AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 357, Pinder und Sedlmaier an Bruhns, 18.6.1943 (Rundbrief ): „Das kunstgeschicht­liche Kriegseinsatzwerk […] ist als kriegswichtig bezeichnet. […] Erscheinen der in Arbeit befind­lichen Bände auch im ‚totalen Kriege‘ […].“) 1082 ARZI, Konvolut Heydenreich, Mappe 21, Korrespondenz Kunsthistor. Institut Florenz 1944, Heydenreich an von Einem, 2.8.1944. 1083 So etwa in der Bezeichnung eines Luftangriffs auf Lübeck als „Attentat“ bei Kohlhaussen 1944, S. 8. 1084 Eine Sammlung von Presseberichten befindet sich im Archiv KHI, Ordner „Langsdorff Soggetti Speciali“; hingewiesen sei auch auf Otto Brües: Kunstschutz in Europa, in: Kölnische Zeitung, 14.10.1944, und Kurt Brüggisser, Kriegsschäden an der mittelitalienischen Kunst, in: Neue Zürcher Zeitung, 21.1., 24.1. und 25.1.1945 (alle drei als PrA in PA AA, R 61087, Letzterer auch im DHI

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sind ledig­lich besondere Irrtümer oder Zuspitzungen, weil sie paradoxerweise zugleich den (gegenseitigen) Informationsmangel belegen. So heißt es im Juni 1944 in Homer Bigarts Artikel „Art Treasures at Lake Nemi Sacked by Nazis“,1085 Naval Lieutenant Perry B. Cott (1909 – 1998) von der MFAA „revealed it was Hans Posse of the Dresden Museum who stayed in Rome until very recently safeguarding art treasures. Dr. Posse did a good job for there is no evidence that Reich Marshall Hermann Wilhelm Goering has been enriched at the expense of Rome“ – was in mehrfacher Hinsicht falsch ist: Posse war im Dezember 1942 gestorben und folg­lich zu keinem Zeitpunkt im Kunstschutz in Italien tätig, hat über Prinz Philipp von Hessen aber sehr wohl Kunstwerke erwerben und mit höchster politischer Unterstützung auch ausführen können, wobei er dies für das „Führermuseum“ bzw. den „Sonderauftrag Linz“ tat, und nicht für Göring. Noch Ende Januar 1945 ist in einem Bericht der „Psychological Warfare Branch“, der auf Aussagen eines nicht identifizierten „Informanten“ basiert, die Rede von einer „collection at Linz got together by Professor Bosset (?) of Dresden University at Hitler’s order“, was den geringen Kenntnisstand der MFAA vom „Sonderauftrag Linz“ zu ­diesem Zeitpunkt illustriert.1086 Auch auf der anderen Seite sind Realität und ihre Wahrnehmung nicht deckungsgleich. Per Telegramm übermittelt Botschafter von Weizsäcker am 3. Januar 1945 die Einschätzung nach Berlin: „Alliierte Propaganda beschäftigt sich angesichts sonstiger Mißerfolge mit angeb­lichem deutschen Kunstraub in Italien.“1087 Von Evers und Heydenreich sicher­lich nicht gutgeheißen dürften jene deutschen Artikel sein, die über den von ihnen wohl zumindest partiell geteilten Vorwurf des alliierten Barbarentums hinaus eine spezifisch antisemitische Propaganda zu verbreiten suchten, wie etwa „Juden verschachern die Kunstwerke Italiens“.1088 Grundsätz­lich ist, gerade bei Heydenreich, der diesen Aspekt der Kunstschutzarbeit wie kein anderer repräsentiert, ein ausgesprochen intensives ‚Monitoring‘ der gegnerischen Presseberichterstattung zu beobachten: Mit größter Akribie werden – auch und vor allem

1085 1086 1087 1088

Rom, Archiv, N 9, Nr. 14). Sehr zahlreiche Presseberichte und auch Propagandaplakate im Archiv KHI, Varia III, Karton Presse/Bilder. Die mit Abstand umfangreichste Sammlung von Presseberichten aus der Nachkriegszeit befindet sich im NL Hagemann im Archiv des DHI Rom, in Nr. 309 und 310, vor allem aber in Nr. 313. Herald Tribune, 13.6.1944, als PrA in PA AA, R 61087. ACS, ACC, Roll 253 A, Bl. 665. In einem anderen Dokument wird dieser Informant als „a German painter who was assistant to Poggi between Feb. and August 1944“ identifiziert (Bl. 666). PA AA, Rom Vatikan, 1000. Deutsche Allgemeine Zeitung, Nr. 27, 28.1.1944, als PrA in Archiv KHI, Varia III, Mappe „Verschiedene Städte / Pisa, Lucca, Livorno“, sowie in Varia III, Mappe „Kunstraub“; dort auch Südfront, 9.5.1944, Artikel „Die künstlerischen Schätze Europas“, mit Charakterisierung der MFAA als „eine neue geplante Schiebung jener jüdischen Sachverständigen, die bereits Süditalien von den meisten seiner ehrwürdigen und wertvollen Kunstschätze befreit haben.“

Kunstschutz und Propaganda  I  309

in der Kulturpolitischen Abteilung des Auswärtigen Amtes – regelmäßig Pressedossiers und Berichte über Rundfunkmeldungen und Zeitungsberichte erstellt.1089 Die Beschriftungsaktion an zerstörten Kulturdenkmälern in Genua, Turin, Mailand ist schon weitgehend durchgeführt, in anderen Orten noch im Gange. In Padua wurden steinerne Tafeln an zerstörten Kulturstätten feier­lich eingeweiht. Eine ähn­liche Zeremonie findet am 2.6. in Treviso statt. Weitere Einweihungen sind in Vicenza und Parma beabsichtigt. Gelegent­lich derartiger Einweihungen gibt das italienische Volkskulturministerium jeweils eine Broschüre heraus, die reich­lich mit Bildern von Kulturdenkmälern vor und nach der Zerstörung ausgestattet sind.1090

Daneben entsteht im Herbst 1944 ein Bericht wie „Die Kunstwerke der Stadt Rom und der ‚Kunstschutz‘ der Deutschen Militärverwaltung“, mit sehr hoher Wahrschein­lichkeit von Evers verfasst, der zugleich als Rückblick, Rechtfertigung, Reflektion und propagandistischer Appell charakterisiert werden muss (aber offenbar nie erschienen ist).1091 Am aufschlussreichsten sind die Schlussseiten: Für eine Weile ist ein wichtiger Teil des europäischen Gebietes vom Feind besetzt. Das ist ein Zustand, den wir bisher nicht gekannt haben. Womit haben wir beim Gegner zu rechnen? Wir wissen, dass auch drüben eine Art „Kunstschutz“ besteht. Wir kennen (aus … [unleser­lich]) einige seiner Männer, und teilweise sind wir ihnen in Friedenszeiten schon begegnet: den Amerikaner Woolley [sic, ein Brite], die Engländer Kenneth Clarc [sic] und Christopher Norris; auch Richard Krautheimer. Diese Männer, deren wissenschaft­liches Ansehen hoch ist, werden den Kunstschutz mit ähn­lichen Gesichtspunkten führen wie wir. Aber werden sie sich durchsetzen? Sie selber rechnen mit den grossen Gefahren ihres Lagers. Das wissen wir aus einer Tornisterschrift, die bei den Gefangenen gefunden worden ist […].1092

Diese (wohl von Evers stammenden) Überlegungen, denen im weiteren Verlauf des Berichts platte Propagandafloskeln folgen („die Amerikaner sammeln alles, von Bierfilzen bis Papstaudienzen“), sind auch deshalb aufschlussreich, weil sie die einzigartige Konstellation des

1089 Siehe etwa die Zusammenstellung von übersetzten Berichten aus der Times, 9.9.1944; Daily Mail Reporter, 15.5.1944; Daily Telegraph, 14.9.1944; Times, 25.5.1944; New York, 11.6.1944; Reuter, 2.10.1944 (Typoskript, 5 Seiten, in PA AA, R 61087). 1090 PA AA, Rom Quirinal, 1561, „Sprachregelung“, Fasano, den 30. Juni 1944, Bl. 91 – 92, hier Bl. 91. 1091 CIR, 237, Ottobre 1944, „Die Kunstwerke der Stadt Rom und der ‚Kunstschutz‘ der Deutschen Militärverwaltung“, Typoskript, 6 Seiten, mit Ergänzungen in Evers’ Handschrift sowie einer Paraphe „la“ [Langsdorff ] und Datum „6.10.“; auch im Archiv KHI, Varia III, Berichte Evers. 1092 CIR, 237, Ottobre 1944, „Die Kunstwerke der Stadt Rom und der ‚Kunstschutz‘ der Deutschen Militärverwaltung“, Typoskript, 6 Seiten, hier S. 4 – 5.

310 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Kunstschutzes in Italien benennen: In keinem anderen besetzten Land stand dem Deutschen Militärischen Kunstschutz für fast die gesamte Dauer der Militärverwaltung ein vergleichbarer alliierter Kunstschutz gegenüber. Dieser wurde frei­lich auch von der faschistischen Propaganda der RSI mit Flugblättern aufs Korn genommen.1093 Wie Ralf Peters bereits herausgearbeitet hat, wurde das von Heydenreich betreute Bildarchiv „weder aus Gründen des ‚Kunstschutzes‘, denkmalschützerischen Erwägungen noch aus kunsthistorischer Dokumentationsabsicht erarbeitet […], sondern ausschließ­lich aus propagandistischen Intentionen.“ 1094 Geradezu begeistert stürzte sich Heydenreich in diese Arbeit und leitete selbst einen Fotografen an, „der nach meinen Angaben besonders wirksame Aufnahmen zerstoerter Bauten gemacht hat. In Mailand habe ich mit der oert­lichen Propaganda-­Staffel Fuehlung genommen.“ Heydenreich schlägt Langsdorff Genua und Turin als wichtige Städte für seine Fotokampagne vor und bemerkt zu Turin: Glueck­licherweise ist gerade dieser Tage der mir sehr tuechtig erscheinende Fotograf der hiesi­gen Propaganda-­Staffel, Sonderfuehrer (Z) Kasparek, nach Turin versetzt worden, wo als Staffelfuehrer Ltn. Hotz taetig ist, der frueher in Florenz war und uns schon bekannt ist. Ich habe Herrn Kasparek in Ihrem Auftrag gebeten, Herrn Ltn. Hotz die Dring­lichkeit der Kunstschaeden-­Fotos ans Herz zu legen und eine umfangreiche Foto-­Taetigkeit auf ­diesem Sektor ins Werk zu setzen. Da Herr Hotz im buerger­lichen Leben gleichfalls Kunsthistoriker (Kunsthaendler) ist, glaubt Herr Kasparek, dass er binnen kurzem reich­liches Material nach Verona wird ­­schicken koennen.1095

Auch dort, in den Propagandastaffeln, waren studierte, teils promovierte Kunsthistoriker wie Walter Hotz (1912 – 1996), Henri Nannen (1913 – 1996) und Edmund Theil (1913‒nach 1989?) tätig. Die naheliegende engere Zusammenarbeit ­zwischen ihnen und dem Kunstschutz ist indes nicht dokumentiert. Hotz’ Autobiographie von 1982 zeigt sowohl im Text- als auch im Bildteil (und in der Beschriftung dieser Aufnahmen) eine überraschende Unbekümmertheit: Die deutsche Bevölkerung bringt den Soldaten Erfrischungen / Vernissage der von der „Gruppe Kultur“ veranstalteten Ausstellung „La Normandie“ vom 1.–21. September 1941 im städtischen Museum Caen. Hier war die französische Landschaftsmalerei der 20er und 30er Jahre mit guten Werken vertreten / Im Empfangsraum eines Klosters hing unter den Bildern ermordeter Zaren, z­ wischen Herrschern und Patriarchen der Ostkirche auch ein Bild von Adolf Hitler. 1093 Siehe das antisemitische Flugblatt vom 20.7.1944 bei Trota, Sulla 2006, S. 72: „Opere d’arte sequestrate in Italia“ sind in einer Kiste „Spedizione in America“: Ein reicher, großer Kapitalist mit überzeichneter jüdischer Physiognomie und Lupe betrachtet ein Bild, während ein kleiner Italiener ihm die Schuhe putzt. 1094 Peters 2012, S. 233. 1095 CIR, 235, Luglio 1944, Heydenreich an Langsdorff, 11.7.1944.

Kunstschutz und Propaganda  I  311

Die Athosmönche sagten dazu: Der Heilige Berg betet für den Frieden / Der Verfasser in der Villa Gamberaia in Settignano bei Florenz, 1944 / Mit dem Lautsprecherwagen unterwegs in Piemont 1944.1096

Zwar wird Hotz’ Tätigkeit kurz erläutert („Der Verfasser war als Kompaniechef einer Propaganda-­Staffel in Italien vom 10. Dezember 1943 bis zum 30. April 1945 in den Städten und zugehörigen Provinzen Padua, Florenz, Turin und Mailand eingesetzt“ 1097), doch der Reflexionsgrad tendiert gegen Null, wenn es dort heißt: Wie so viele, so hat auch mich der Krieg hinausgeführt in die Weite der europäischen Länder. Manche Ahnung des forschenden Geistes wurde dort bestätigt. Neue unerwartete Einblicke durften wir tun in das Lebens- und Formgesetz anderer Nationen und Räume. Und wir haben die Menschen und die Länder gründ­licher kennen gelernt, als das je dem Reisenden oder Studierenden im Frieden mög­lich war. Und überall fanden wir Menschen und Freunde … […] Ich lernte auf diese Weise die großen Faktoren, sichtbar und erlebbar in den Völkern und Landschaften, kennen, die Europas, seinen Charakter und seine trotz aller Vielfalt sich immer wieder bewährende Einheit ausmachen. Das Bild dieser Länder, zusammen mit Deutschland, kann man auf die vier Elemente deuten, wobei jeweils ein geistiger Korrelatbegriff anzuklingen hätte. Ich wähle für Deutschland die Erde […] In solcher Betrachtung und Redeweise werden alle Erlebnisse dieser sechs Kriegsjahre unter fremdem Himmel sinnvoll und zukunftsträchtig geordnet.1098

Nannen hingegen hatte schon als Student ein anderes intellektuelles Kaliber. Er hatte ab 1933 Kunstgeschichte und Zeitungswissenschaft in München studiert und im Reichssender München gearbeitet, war aber auch im NS-Studentenbund und der NS-Kulturgemeinde aktiv gewesen. In einem Lebenslauf von 1940 formulierte er: Im Jahre 1937 beendete ich mein Studium, um eine mir angebotene Stellung in der Schriftleitung der Zeitschrift „Die Kunst im Dritten Reich“, Verlag Eher, anzutreten. Als die Redaktion dieser Zeitschrift nach Berlin verlegt wurde, trat ich als Schriftleiter der Zeitschrift „Die Kunst“ in den Verlag F. Bruckmann ein, wo ich bis zum Ausbruch des Krieges tätig war.1099

1096 Hotz 1982, Bildstrecke mit unnummerierten Aufnahmen vor S. 121, von denen hier knapp die Hälfte der Bildunterschriften wiedergegeben wird. – Eine ausführ­liche Untersuchung von Hotz hat Link in seiner Baseler Dissertation von 2012 (2014 erschienen) zu Burgen und Burgenforschung im Nationalsozialismus vorgelegt, siehe Link 2014, S. 242 – 291. 1097 Hotz 1982, S. 129. 1098 Hotz 1982, S. 164 – 165. 1099 BA B, R 55/23694, Bl. 25 – 26, Lebenslauf Gefr. Henri Nannen, Luftflottenkommando 3, Abt. Ic – Presse, 12.5.1940.

312 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

Nannen, der 1937 angetreten war, im Verlag „den Laden hier auf[zu]möbeln“,1100 veröffent­ lichte verschiedent­lich Besprechungen der Großen Deutschen Kunstausstellung im Haus der Deutschen Kunst sowie zum Tag der Deutschen Kunst in Die Kunst im Dritten Reich und in Kunst dem Volk 1101, und erhielt sogar 1942/43 noch einen Arbeitsurlaub, um im Bruckmann-­Verlag zu arbeiten.1102 1942 veröffent­lichte er einen Aufsatz „Maske und Gesicht der sowjetischen Kunst“.1103 Als Leutnant der Reserve war Nannen zunächst ­Zugführer eines Luftwaffenpropagandazugs und Propaganda-­Verbindungsoffizier beim Armee-­Oberkommando 10 in der Nähe von Rom,1104 dann zusammen mit SS-Obersturmführer Hans Weidemann (1904 – 1974) im „Unternehmen Südstern“ der SS-Standarte „Kurt Eggers“1105 unter dem Kommando von Edmund Theil 1106 und SS-Untersturmbannführer Gunter d’Alquen (1910 – 1998) aktiv.1107 Nannen, so Theil, sei ihm durch dessen 1100 Zitiert nach Schreiber 1999, S. 67. Das Problem von Schreibers Nannen-­Biographie besteht nicht allein in den ungenauen oder fehlenden Quellennachweisen, sondern vor allem in der Gesamtperspektive, die sich nicht kritisch genug mit Nannens Eigendeutungen auseinandersetzt und über weite Strecken einfach dessen Anekdoten weiterreicht. – Zum Verlag Bruckmann im NS siehe Bechstedt, Deutsch und Stöppel 2008. 1101 Auflistung von insgesamt 12 Artikeln bei Schreiber 1999, S. 439, dort auch Liste von 7 PK-Berich­ ten im BA MA. 1102 BA B, R 55/23694, Bl. 23 – 24 und 27 – 28. 1103 Nannen 1942; vgl. Schreiber 1999, S. 81 – 82. 1104 Schreiber 1999, S. 132. 1105 Vgl. Kaden 2009, S. 70 – 77. 1106 Theil 1983, S. 18. – Theil hatte nach 1934 (Bruhns war schon an die Bibliotheca Hertziana berufen worden) Kunstgeschichte in Leipzig bei Johannes Jahn und Theodor Hetzer studiert, siehe Theil 1983, S. 115; im OPAC des ZI sind 59 Publikationen von und zu Theil nachgewiesen. 1107 Vgl. CIR, 236, Maggio 1944, Evers, Rom, den 5. Mai 1944: „Bericht ueber die Villa Doria Pamfili bei Rom, besucht am 2.5.1944“: „[…] von mehreren deutschen Einheiten nacheinander belegt gewesen […]. Die jetzige Einheit ist eine Sonderformation der SS und unter Untersturmbannführer Gunter d’Alquen. […] Das Kasino wird mit einer turmartigen Terrasse gekroent, an deren 4 Ecken 4 etwa mannshohe Vasen stehen. Eine dieser Vasen ist aufgrund einer Wette unter angeheiterten Soldaten zum Ziel eines Schusses aus einiger Entfernung gemacht worden und ist dabei voellig zertruemmert. Auch an anderen Statuen der Bruestungsbekroenung sind frische Beschaedigungen. […] Gegen eine Belegung durch eine Truppe, die den Bau und den Garten sorgsam behandelt, braucht nichts eingewendet zu werden. Der Kommandeur der Einheit sagte eine s­ olche sorgsame Behandlung zu.“ Siehe auch CIR, 236, Maggio 1944, Evers an Langsdorff, 5.5.1944: „Wie Sie aus dem Bericht über die Villa Doria Pamfili sehen koennen, habe ich dort Ihren Sturmkameraden Gunter d’Alquen, und ebenso Ihren Kameraden von Wangenheim [vermut­lich Konrad Freiherr von Wangenheim, 1909 – 1953] getroffen, der zwar nicht zu jener Einheit gehoert, aber in der unmittelbaren Naehe (mit dem Dichter Eberhard Wolfgang Moeller [1906 – 1972] zusammen) wohnt. Beide lassen Sie herz­lich gruessen.“

Kunstschutz und Propaganda  I  313

­ eröffent­lichungen bekannt gewesen „und gewährleistete eine erfolgreiche Durchführung V der im Rahmen einer gezielten psychologischen Kriegsführung ins Auge gefassten Maßnahmen.“1108 Die Propaganda des „Südstern“ der SS-Standarte „Kurt Eggers“ richtete sich insbesondere gegen die alliierten – darunter auch polnischen – Truppen, die monatelang die Abtei Monte Cassino belagerten.1109 Dessen ungeachtet durchlief der „Verleger“ und Feuilletonredakteur Nannen im Sommer 1948 völlig problemlos das Genehmigungsverfahren für eine „publisher’s license in Hannover“1110 und bereitete so den Boden für das „Kartell der Kriegsberichterstatter“, wie Habbo Knoch die Konzentration publizistischer NS-Eliten in den 1950er Jahren nannte.1111 Auch Lothar-­Günther Buchheim – Kriegsberichterstatter und Publizist, vor und nach 1945 – muss zu ­diesem Kartell gerechnet werden.

1108 Theil 1983, S. 218. Vgl. Krause 2009, S. 43: „Als die SS-Standarte ‚Kurt Eggers‘ Anfang des Jahres 1944 an der Italienfront ein Unternehmen der Kampfpropaganda in die Wege leitete, dessen Deckname ‚Südstern‘ lautete und womit die Absicht verfolgt wurde, Angehörige der polnischen Armee des Generals Anders zum Überlaufen zu bewegen, wurde auch Henri Nannen in die SS-Standarte eingegliedert. Dies bedeutet indes nicht, dass er selbst Mitglied der SS wurde […].“ 1109 Dazu Krause 2009, S. 200 – 211; vgl. Schreiber 1999, S. 122 – 125, 131 – 134; Kaden 2009, S. 70 – 77; S. 76 verweist Kaden auf „270 verschiedene Flugblätter, die sich an Amerikaner, Engländer und Kanadier wandten und von Henri Nannen, dem damaligen Verbindungsmann zum OKW/WPr, und Hans Weidemann verfasst worden waren“, die sich heute in der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek Berlin befinden. – Einige Arbeiten (Wandanschläge, Plakate, Flugblätter und Handzettel) der Propagandastaffel Italien sind abgebildet bei Olivieri 2011, z. B. S. 120 – 124, 127 – 129. Zur „Erfindung“ des Stern durch Henri Nannen und die Parallelen zu einer gleichnamigen Unterhaltungszeitschrift, die von September 1938 bis Dezember 1939 erschien, siehe Minkmar 2002; zum Verhältnis von Nannen und Roman Norbert Ketterer siehe Fuhrmeister 2017, S. 417 – 418. 1110 BA B, ehem. BDC, RK D 0059. 1111 Knoch 2005, S. 212 – 214. Vgl. auch Fuhrmeister 2017.

314 I Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien

6. Nachkriegszeit 6.1 Nach Kriegsende – das Jahr 1945 Noch vor der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 bat Heydenreich Bernard Berenson, ihm einen Kontakt zur Allied Control Commission zu vermitteln, um einen Passierschein zu erhalten „to move freely and to travel in case of necessity.“1112 Kurz darauf, am 14. Mai 1945, wendet sich Heydenreich auch direkt an das Allied Military Government in Italy in Person von Theodore DeWald (1891 – 1968)1113 – in einem Brief in deutscher Sprache: „Als der Zusammenbruch des deutschen Heeres unmittelbar bevorstand, bin ich wissent­lich in Italien zurückgeblieben in der ausschliess­lichen Absicht, mich dem A. M. G. zur Verfügung zu stellen.“1114 Das von ihm geleitete „Deutsche Institut in Mailand“, so Heydenreich weiter, sei „ein rein wissenschaft­liches Unternehmen“ gewesen.1115 In einer überraschenden Volte erläutert der 42-jährige Deutsche dem amerikanischen Kunsthistoriker, er wolle nun „mit den zuständigen Behörden des A. M. G. Kontakt gewinnen und ihnen meine Vorschläge zum Wiederaufbau des Erziehungswesens in Deutschland vortragen“. Das war nicht nur, aber auch ein rhetorischer Schachzug, um Aufmerksamkeit zu generieren: Heydenreich hätte bereits „Gelegenheit [gehabt], Herrn Captain Deanne Keller (Ambi 5 Army) und Herrn Lt. Perry Cott (A. M. G. Milan)1116 zu sprechen“, und bat nun, „Professor De Wald persön­lich Bericht erstatten zu dürfen“. Der zu visionären Plänen neigende, immer Strukturen schaffen wollende Heydenreich wäre über Nacht, mit der in Italien bereits am 29. April erfolgten Kapitulation der Wehrmacht, ein Anderer geworden, hätte er nicht auch dieser Initiative bereits „ein Exposé über die im Hinblick auf meine künftige Arbeit zu ergreifenden Massnahmen“ beigelegt.1117 Nicht mehr unter Langsdorffs Kuratel stehend, 1112 Archiv KHI, Varia I, Kunstschutz, Heydenreich an Berenson, 6.5.1945. 1113 Nicht eingesehen wurden die Ernest Theodore DeWald Papers (Call number: C0420, 3.6 linear feet, 10 archival boxes) in der Princeton University Library, Dept. of Rare Books and Special Collections, Manuscripts Division. 1114 ACS, ACC [Allied Control Commission], Roll 253 A, Bl. 770 – 769, Heydenreich an DeWald, 14.5.1945. 1115 Lauterbach 2015, S. 176 – 177, zitiert ­dieses Schreiben aus der Überlieferung des mir nicht zugäng­ lichen Nachlasses von Heydenreich in der BSB (Ana 427, Schachtel 18, XIV, 1). – Zum Topos der „reinen Wissenschaft“ siehe Fuhrmeister 2012b. 1116 Also jenen Naval Lieutenant der MFAA, der im Juni 1944 in der Herald Tribune enthüllt hatte, wie gering seine Kenntnisse (darin vermut­lich repräsentativ für die MFAA) von den Aktivitäten deutscher Kunsthistoriker auch und gerade in Italien waren. 1117 ACS, ACC, Roll 253 A, Bl. 768 – 766.

stellte er in einer bezeichnenden Flucht nach vorne DeWald als Erstes anheim, das Archiv des Kunstschutzes in Oberaudorf „sicherzustellen“, zweitens die Bestände des KHI in der Saline Kochendorf, drittens die „Bestände der Bibliotheca Hertziana Rom im Salzbergwerk Hall bei Salzburg“ (als sei die Trägerschaft der ­Kaiser-­Wilhelm-­Gesellschaft und die nicht nur kulturpolitische Durchdringung der Institutsarbeit mit all ihren Implikationen nur ein Umhang gewesen, der nun bereits abgelegt worden sei), viertens die Bestände des DAI, fünftens die „Auffindung nachfolgender Persön­lichkeiten“ (in dieser Reihenfolge): Tieschowitz, Evers „(Neapler Galeriewerke aus Montecassino)“,1118 Konsul Wolf, Langsdorff, Reidemeister, Ringler, Bruhns, Lehmann-­Brockhaus, Deichmann, Crous,1119 Oertel, Siebenhüner sowie die Sekretärin Gertraud Weber. Als „erste Tätigkeit von Professor Heydenreich“ sieht er – de facto der Einrichtung des CCP München im Juni 1945 und der Gründung des Zentralinstituts für Kunstgeschichte im Herbst 1946 und dessen Mitarbeiterstab en détail vorgreifend, sowie eigenes Interesse im Hinblick auf das KHI damit geschickt verknüpfend – an: A.) Rechtfertigung und Klärung der Bergungsaktionen 1.) Verbringung des Kunstschutz-­Archivs aus Oberaudorf an einen von der Art-­Commission des AMG zu bestimmenden Ort (Florenz?) 2.) Einrichtung einer Fahndungsstelle nach verschollenen Kunstwerken. Deutsches Personal: Prof. Heydenreich, Dr. Lehmann-­Brockhaus, Fräulein G. Weber. (Als Verbindungsleute in Deutschland werden vorgeschlagen: Prof. Reidemeister, Dr. Oertel, Dr. Lotz) 3.) Rückführung des Deutschen Kunsthistorischen Institutes nach Florenz […] B.) Rechtfertigung und Klärung der deutschen Kunstschutz-­Arbeit in Italien im Ganzen. Ausarbeitung eines Sammelberichtes über die Einrichtungen und Massnahmen des Militärischen Kunstschutzes unter Heranziehung der Tätigkeitsnachweise aller Mitarbeiter.1120

1118

Heydenreich beobachtete auch nach Kriegsende sehr gewissenhaft die (internationale) Presseberichterstattung; unter den zahlreichen Presseausschnitten in ARZI, Konvolut Heydenreich, Mappe 26, Kunstschutz, Presse, befindet sich auch eine Meldung in einer italienischen Tageszeitung vom 24.10.1945, in der es unter dem Titel „Restituirli tutti e nove?“ erstens um französische Forderungen gegen Italien geht, Werke von Renoir, Cézanne und Van Gogh, die Göring beim Händler Eugenio Ventura gegen Werke der italienischen Renaissance eingetauscht hatte, zurückzuerstatten, zweitens „di restituire alla Francia quadri rubati agli ebrei“ und drittens um „la scoperta delle ultime opere d’arte italiana rubate dai tedeschi nei depositi di Montecassino“. 1119 Dass der noch im Dezember 1944 zur Wehrmacht eingezogene Crous, der bis dahin in der Ausweichstelle des DAI in Schloss Niederhof bei Greifswald gearbeitet hatte, seit dem 1. Januar 1945 in der Gegend von Międzyrzecz (rund 60 km öst­lich von Frankfurt [Oder]) vermisst wurde, konnte Heydenreich nicht wissen. 1120 ACS, ACC, Roll 253 A, Bl. 767.

316 I Nachkriegszeit

In d ­ iesem letzten Punkt schlägt Heydenreich, mit anderen Worten, der MFAA als sein zukünftiges Arbeitsgebiet exakt das vor, woran er selbst seit rund einem Jahr – in Verbindung auch mit den Propagandastaffeln der Wehrmacht und in Abstimmung mit und Finanzierung durch das Auswärtige Amt – gearbeitet hatte: das Weißbuch. Als „weitere Arbeitsprojekte Prof. Heydenreich’s“ nennt er die „Mitwirkung am Wiederaufbau des Erziehungswesens in Deutschland“, worunter er die „Auswahl geeigneter Persön­ lichkeiten für die Durchführung der verschiedenen Aufgaben bei der Neugestaltung von Lehr- und Bildungsanstalten“ versteht, sowie die „Rasche Schaffung einiger Musterschulen, -universitäten, -erziehungs und -bildungsanstalten zur beschleunigten Heranziehung eines brauchbaren Nachwuchses“ einschließ­lich der „Sicherung einer beschleunigten Produktion von neuen Lehr- und Bildungsmitteln (Bücher, Anschauungsmaterial, Arbeitsinstrumente etc.).“1121 In einem beigefügten Curriculum Vitae nennt er als seine Lehrer an der Universität Berlin „Geheimrat Goldschmidt, Prof. Noack und Prof. Waetzoldt“, ab 1925 in Hamburg die „Herren Professoren Panofsky, Warburg, Saxl (Kunstgeschichte), von Mercklin (Archaologie [sic]); Cassirer (Philosophie), Salomon (Historische Hilfswissenschaften, Paläographie und Diplomatik)“ und gibt an, er sei von 1926 bis 1928 „Hilfsarbeiter an der Kulturwissenschaft­lichen Bibliothek Warburg“ gewesen. 1934 sei „auf Vorschlag von Prof. Panofsky“ die Habilitation in Hamburg, 1937 die „Versetzung an die Universität Berlin“1122 erfolgt – der Name Pinder fällt an keiner Stelle. Im Wintersemester 1940/41 sei er mit der „Vertretung des Ordinariats für Kunstgeschichte an der Universität Göttingen beauftragt“ worden. In einem Passus „Politische Tätigkeit“ führt Heydenreich aus: Apolitisch. Nicht Mitglied der NSDAP, infolgedessen andauernde, oft ernste Schwierigkeiten mit der Partei. Wegen „politischer Unzuverlässigkeit Begründung: Liberalistische Gesinnung und Philosemitismus“ als unwürdig für eine ordent­liche Professur erklärt, trotz wiederholter Berufungen zur Ernennung nicht zugelassen.1123

In einer konzisen Vorwegnahme der späteren Entnazifizierungsverfahren nennt H ­ eydenreich in d ­ iesem Schreiben vom 14. Mai 1945 insgesamt 25 „Referenzen“, darunter Berenson, „Mr. M. M. und Erich Warburg, New York / Prof. Dr. Georg Swarzenski, Boston / Prof. Dr. Erwin Panofsky, Princeton-­University / The Warburg Institute, London (Mr. Saxl) / Sir Kenneth Clark, London / Mr. Christopher Norris, London“1124, und fügt auch schon ein dreiseitiges, an „Al chiarissimo tenente COTT“ gerichtetes Schreiben des Segretario della Raccolta Vinciana (der 1905 gegründeten wissenschaft­lichen Vereinigung zur Erforschung 1121 1122 1123 1124

ACS, ACC, Roll 253 A, Bl. 766. ACS, ACC, Roll 253 A, Bl. 765. ACS, ACC, Roll 253 A, Bl. 764. ACS, ACC, Roll 253 A, Bl. 764.

Nach Kriegsende – das Jahr 1945  I  317

des Werks von Leonardo da Vinci), Prof. Costantino Baroni (1905 – 1956), bei, in dem dieser versucht, „precisar meglio la sua posizione politica negli ultimi mesi“.1125 Etwa später schreibt er auch an Bianchi Bandinelli und berichtet ­diesem von der „freudigen Überraschung, als Dott. Siviero mich gestern besuchte.“1126 Heydenreichs Bemühungen dürften unmittelbar ausgelöst worden sein durch eine zweistündige Befragung durch Deane Keller (1901 – 1992) wenige Tage zuvor, am 11. Mai 1945. Keller meldete in seinem Bericht vom 13. Mai „the finding of the number 2 man on the German Fine Arts Commission in Italy“.1127 In einer gesunden Skepsis – mehrfach wiederholend, seine Angaben s­ eien ledig­lich „recordings of fact as heard from Heydenreich“ – gibt er an, jener sei „a friend of Berenson (he has a recent letter from this man) […] knows many Italian Superintendents well […] knows a lot of partisans well.“1128 Unverblümt notiert Keller seinen Eindruck („The German Monuments Commission was not as good as the Allies. They had fewer men, no regular transport […]“), doch wichtiger ist seine Wiedergabe von Heydenreichs Worten, der Kunstschutz sei „completely out of touch with the Hermann Goering Division and elements of the SS “ gewesen, denn mit Langsdorff war die SS ja nicht nur Bestandteil des Kunstschutzes gewesen, sondern ein relativ hoher SS-Führer hatte den Kunstschutz geleitet. Keller schließt mit dem Bekenntnis, er „believed most of what Heydenreich said, as some of it could be confirmed from previous knowledge. What he did not say is another matter.“1129 Mit dieser beiläufigen Bemerkung – „What he did not say is another matter“ – ist wenige Stunden nach dem Ende des nationalsozialistischen Regimes konzis jenes Phänomen von Verdrängung und Tabuisierung angesprochen, das die nächsten Monate und Jahre eine bedeutende Rolle in Deutschland beziehungsweise in den vier Besatzungszonen spielen wird. Wie außerordent­lich „erfolgreich“ diese Auslassungs- und Umdeutungsstrategien auch im engeren fach- und institutionsgeschicht­lichen Diskurs waren und sind, erhellt im Übrigen schon aus dem Umstand, dass die Gründungsgeschichte des Zentralinstituts für Kunstgeschichte bis heute gewissermaßen ab ovo mit den Initiativen der amerikanischen Militärregierung im Allgemeinen und mit Craigh Hugh Smyth, dem ersten Direktor des CCP, beginnt,1130 ohne dass Heydenreichs langjährige und vielfältige Ambitionen, Institute 1125 1126 1127 1128 1129 1130

ACS, ACC, Roll 253 A, Bl. 762 – 760. ARZI, Konvolut Heydenreich, Mappe 28, MFAA, 1945 – 1947, Heydenreich an Bianchi-­Bandinelli,

30.5.1945. ACS, ACC, Roll 253 A, Bl. 744 – 741. ACS, ACC, Roll 253 A, Bl. 744; das folgende Zitat ebenda. ACS, ACC, Roll 253 A, Bl. 741. Siehe etwa Tegethoff 1997, S. 9 – 10: Die „kollegial geprägte Arbeitsatmosphäre“ am CCP führte zu einem „intensiven Austausch“, der „auf deutscher Seite Hoffnungen auf eine allmäh­liche Wiederbelebung der nach 1933 abgerissenen und für das Fach so notwendigen internationalen Kontakte aufkeimen ließ. Spiritus rector dieser merkwürdigen Gruppierung von Fachleuten […] war der amerikanische Kunstschutzoffizier und damalige Leiter des Münchner Collecting Point

318 I Nachkriegszeit

(durchaus als Arbeitsinstrumente und infrastrukturelle conditio sine qua non effektiver kunsthistorischer Forschung verstanden) zu konzipieren, zu realisieren und zu verstetigen, adäquat berücksichtigt werden. Selbstverständ­lich konnte 1946 nur die amerikanische Militärregierung das „Central Art Institute“ tatsäch­lich ins Werk setzen, doch als dessen geistiger Ziehvater spielte Heydenreich eine wesent­lich größere Rolle als bisher angenommen. Diese über die vermeint­liche „Stunde Null“ hinausreichenden Kontinuitätslinien – die im Einzelnen fraglos der weiteren Erforschung bedürfen – belegen daher für den Bereich der Wissenschaft wie für den Bereich der (nationalsozialistischen) Kunst 1131 einen Gegensatz z­ wischen ergebnisoffener Autopsie der Quellen auf der einen und der Fortschreibung der Rezeptions- und Deutungsgeschichte auf der anderen Seite. Und selbstverständ­lich sind Heydenreichs vor Kriegsende formulierten Überlegungen keine ‚Kuckuckseier‘, die nach der Kapitulation von unwissenden Wirten ausgebrütet werden; vielmehr ist (zukünftig) geboten, anhand der Gemeinsamkeiten wie der Unterschiede jenen spezifischen Transformationsprozess so präzise wie mög­lich zu bestimmen, im Sinne einer differenzierten ganzheit­lichen Institutions- und Fachgeschichtsschreibung. Eine ­solche reflektierte Auseinandersetzung macht sofort einsichtig, was Wissenschafts- und Gesellschaftsgeschichte verbindet, denn „[i]n den zwei deutschen Nachkriegsstaaten wurden unterschied­liche kulturelle Identitätskonstruktionen etabliert, die jedoch beide durch die Suggestion historischer Diskontinuität geprägt waren.“1132 Weiterhin gilt es, diese Dimension – von Vergangenheitsdeutung als Vergangenheitskonstruktion, die für gegenwärtige Bedürfnisse bedeutsam ist – differenziert zu analysieren. Wir bedürfen der quellenkritischen Analyse, um zu verstehen, warum Bernard ­Berenson am 6. November 1945 an den Cultural Attaché to the American Embassy in Rom, Prof. Charles R. Morey, schreibt: „Dear Morey, the bearer of this letter, Professor Ludwig H ­ eydenreich, is a dear friend of mine and one of Goldschmidts most devoted pupils, who, incidentally, weas chiefly responsible for getting Goldschmidt out of Germany. […] Let me add that I owe Heydenreich the safety of my art treasures and library.“ 1133

1131 1132 1133

Craigh Hugh Smyth. […] Smyth verdient daher mit Recht, als Gründervater des Zentralinstituts bezeichnet zu werden […].“ Vgl. Sauerländer 1997, S. 23 („Das auf amerikanische Initiative hin eröffnete Haus sollte jene Verbindungen zu den Wissenschaftlern im Ausland wieder beleben, die der nationale Wahn 1933 gekappt hatte“), Lauterbach 2010a, S. 14, sowie Lauterbach 2015, S. 175 – 176: „Keiner der deutschen Museumskuratoren, die am CCP mit den Vertretern der Militärregierung über das Institut verhandelten, kannte die beiden deutschen Forschungsinstitute in Italien aus intensiver eigener Erfahrung. […] Die amerikanische Militär­regierung fasste von Anfang an Ludwig Heinrich Heydenreich als Gründungsdirektor des geplanten Instituts ins Auge.“ Zur Ausschmückung von Diensträumen der amerikanischen Militärregierung in München mit Exponaten der Großen Deutschen Kunstausstellung siehe Fuhrmeister 2015c, S. 102 – 103. Rehberg, Panzer und Völz 2015, S. 5. ARZI, Konvolut Heydenreich, Mappe 23, Prof. Heydenreich, 1944 – 1945, Berenson an Morey, 6.11.1945.

Nach Kriegsende – das Jahr 1945  I  319

Und was ex post als folgerichtige Entwicklung angesehen wird, ist im historischen Zusammenhang eine ungewisse Zukunft – noch im Mai 1946 trägt sich Heydenreich jedenfalls mit dem Gedanken, „in die englische Zone“ zu gehen, wo er „infolgedessen unter derselben Verwaltungseinheit stehe, der auch Köln angehört.“1134

6.2 Eine sehr kurze Geschichte des Weißbuchs Bis zum Ende des Krieges war die lange geplante Selbstdarstellung des Deutschen Militärischen Kunstschutzes aus mehreren Gründen nicht erschienen. Spätestens nach Freilassung aus der zumeist k­ urzen Kriegsgefangenschaft bzw. vorübergehenden Internierung war die Veröffent­lichung einer gegen alliierte Vorwürfe gerichteten Darstellung – erneut aus mehreren Gründen – mehr als opportun: Als Rechenschaftsbericht, aber auch als Rechtfertigung sowohl der Militärverwaltung als auch der einzelnen Protagonisten, schließ­lich auch als Entgegnung mit dem mittelfristigen Ziel der Re-­Integration in eine sich langsam formierende west­liche Wertegesellschaft. Die lange Zeit virulente Dimension einer aktiven Propagandamaßnahme, wie sie Kohlhaussens Buch von Herbst 1944 verkörpert hatte, stand frei­lich nicht länger zur Debatte. Es ist wenig überraschend, dass die Quellenüberlieferung für die Zeit von 1945 bis 1963 wesent­lich besser ist, und dass auch die Forschungsliteratur zu den Rückgabeverhandlungen – sowohl der in der unmittelbaren Nachkriegszeit sequestrierten deutschen Institute wie zur Restitution von Werken aus italienischem Besitz in den west­lichen Besatzungszonen beziehungsweise, ab 1949, aus der Bundesrepublik Deutschland nach Italien – viel reichhaltiger ist.1135 Diese beiden Punkte, die Rückgabe der Institute und die bilaterale Verständigung über während des Krieges (und insbesondere während der Besatzungszeit) verschwundene Objekte, waren bis 1953 von italienischer Seite engstens – kausal – miteinander verknüpft worden. Noch stärker als in der Darstellung der Praxisfelder deutscher Kunsthistoriker vor 1945 muss daher in den folgenden Abschnitten die fachgeschicht­liche einschließ­lich der davon, so die These, nicht abtrennbaren vergangenheitspolitischen Dimension fokussiert werden. Kennzeichnend ist dabei die Annahme, dass die Zeitzeugen am besten in der Lage ­seien, über Vorgänge und Sachverhalte Auskunft zu geben. Dieses Grundprinzip kennzeichnet nicht nur die Aktivitäten des (Tübinger) Instituts für Besatzungsfragen – so wird 1953 etwa der frühere „Inspekteur der Staatsgüterverwaltung Ukraine“ um einen „sach­lichen und mit mög­lichst Tatsachenmaterial gefüllten Bericht über Ihre Erfahrungen und Beobachtungen im 1134 1135

ARZI , Konvolut Heydenreich, Mappe 24, Kunsthistorisches Institut Florenz, Kunstschutz,

1944 – 1945, Heydenreich an Ernst Eduard Berger, 15.5.1946. Sehr ergiebig ist Kienle 2000/2001; siehe auch Hofacker 2004. Allgemein zur Kulturpolitik, siehe Hindrichs 2010, speziell zu Sattler, siehe Stoll 2005. Hinsicht­lich der Quellen sei verwiesen auf BA K, B 106/33079 und 33157; PA AA, B 86/841, B 95/645 – 654, B 95/973, B 95/987a.

320 I Nachkriegszeit

besetzten Osten“ gebeten, weil den „zum Teil sehr unobjektiven Darstellungen des Auslandes über die deutsche Besatzungspolitik im zweiten Weltkrieg dringend eine wissenschaft­lich fundierte und objektive Darstellung von deutscher Seite entgegengestellt werden sollte.“1136 ‚Unobjektiv vs. objektiv‘ wird in ­diesem Zusammenhang fast synonym mit ‚Ausland vs. deutsch‘. Nur die Protagonisten selbst scheinen in der Lage, belastbare Angaben liefern zu können. Dies betrifft selbstredend auch den Militärischen Kunstschutz – so wandte sich Hans Möbius, seit 1943 Ordinarius in Würzburg, explizit gegen eine Behandlung durch Dritte: Mit ­diesem [mit Graf Wolff Metternich] und einem anderen Kollegen aus dem Stab des Kunstschutzes weiss ich mich nun einig in der Ansicht, dass bei einer solchen Untersuchung delikate Fragen angeschnitten werden können, über deren Behandlung in einer gedruckten Veröffent­lichung nur Diejenigen zu entscheiden vermögen, die damals im Kunstschutz mitgearbeitet haben.1137

Ähn­lich antwortete von Reiswitz 1955 auf die Bitte von Margot Hornig (verheiratete Günther): Soweit ich unterrichtet bin[,] haben sie [Metternich und Tieschowitz] wie ich nur abgewartet, daß die Souveränität wiedererlangt wird und beabsichtigen wie ich über Aufgabe und Ergebnisse des Kunstschutzes während des 2. Weltkrieges eine Publikation herauszugeben. Es wird auch schwer sein für einen Außenstehenden[,] die Arbeit des Kunstschutzes zu übersehen. […] Mir ist nicht ganz klar, wie ­dieses Thema als Dissertation geplant ist, halte es auch nicht dafür geeignet.1138

Dies läuft auf eine Selbstbeschreibung hinaus: Nur die Akteure selbst könnten beurteilen, was geschehen ist. Auch das Bundesministerium des Innern verfolgte diese Linie, indem es in die Kommissionen und Arbeitsgruppen für die „Deutsch-­italienischen Verhandlungen 1136 1137 1138

BA K, B 120/573, Tobler an Gugelmeier, 11.5.1953. BA K, B 120/578, Möbius an das Institut für Besatzungsfragen, 12.7.1956. BA K, B 120/652, von Reiswitz an Hornig, 8.7.1955. – Erwähnt sei, dass Hornig auch Gerhard

Utikal um Auskunft gebeten hatte, der am 12.5.1955 ausführ­lich antwortete (6 Seiten, hier S. 4): „Wichtig für die historische Wahrheitsfindung ist die Tatsache, daß der Einsatzstab keinerlei Exekutive hatte. Er konnte nur im Rahmen der Mög­lichkeiten arbeiten, die ihm die Militärverwaltung in Frankreich einräumte. […] Die Mög­lichkeit, in Räumen des Louvre und des ‚Jeu de Peaume‘ [sic] überhaupt zu arbeiten, wurden [sic] insbesondere auch durch den Leiter der Abteilung Kunstschutz beim Militärbefehlshaber in Frankreich Herrn Grafen Metternich geschaffen. Er selbst war mehrfach im ‚Jeu de Peaume‘ [sic] und war sehr beflissen, Wünsche und Befehle des Reichsmarschalls auszuführen. Man kann wohl sagen, daß die Herren Graf Metternich, Dr. Bunjes und Herr von Behr wetteiferten, die Wünsche des Reichsmarschalls zu erfüllen. In ­diesem Bestreben hatten sich, wenn ich die Zusammenhänge richtig übersehe, die Herren Dr. Bunjes und von Behr gegen Herrn Graf Metternich zusammengetan und es dann wohl auch erreicht, daß Herr Graf Metternich später keine direkte Einwirkungsmög­ lichkeit mehr hatte.“

Eine sehr kurze Geschichte des Weißbuchs  I  321

über die Rückgabe italienischen Kunstgutes, das während des Krieges abhanden gekommen ist“1139, beispielsweise Reidemeister und Heydenreich, berief. Doch zurück an den Anfang, als die Entwicklung rasant verlief: Im September 1946 steht Heydenreich primo loco auf der Liste für das Ordinariat für Kunstgeschichte an der TU München, doch aufgrund von Intrigen des Drittplatzierten Luitpold Dussler zerschlägt sich diese Berufung. Heydenreich verhandelt weiter und wird offiziell zum 1. August 19471140 Direktor des im Herbst 1946 gegründeten Zentralinstituts für Kunstgeschichte, das am 1. März 1947 die Arbeit aufgenommen hatte. In einem undatierten „Memorandum über das Münchner Zentralinstitut für Kunstgeschichte“, das Heydenreich im Herbst 1946 verfasst haben dürfte, wird die Arbeit des Central Art Collecting Point als „Arbeitsgemeinschaft deutscher und ausländischer, vor allem amerikanischer Kunstwissenschaftler“ und München als idealer Ort bezeichnet; es gelte, so Heydenreich, „Forschung und Lehre gerade an ­diesem Kunstzentrum fortzuführen, zu vertiefen und, wo notwendig, zu erneuern“ (Letzteres, so ist anzunehmen, wohl im Hinblick auf den Status Münchens als „Hauptstadt der Deutschen Kunst“ seit Oktober 1933).1141 Das Institut solle „mitwirken an der Bewahrung und Erneuerung des humanistischen (abendländischen) Weltbildes, aus dem allein unsere Zukunft ihr geistiges Antlitz erhalten kann.“ Der Fokus der Institutsarbeit liege auf der Forschungstätigkeit – darunter versteht Heydenreich erstens die Schaffung eines Zentralkataloges, zweitens die „Anlage eines Inventars der zerstörten deutschen Kunstdenkmäler“ und drittens die „Edition eines Corpus der zerstörten deutschen Kunstdenkmäler.“ Damit vollzieht Heydenreich in kurzer Zeit eine signifikante Wendung, die seine Bemühungen, die Zerstörungen italienischer Kunstdenkmäler so umfassend wie mög­lich zu dokumentieren, der Situation des Nachkriegsdeutschlands adaptiert. Schon bald ist jedoch wieder vom „Rechenschaftsbericht“ die Rede. In einem Brief des ­Ersten Assistenten bzw. Zweiten Direktors Wolfgang Lotz (der im ersten Jahresbericht von 1949/50 als „Direktorialassistent“ und „Konservator“ bezeichnet wird)1142 an Konsul Wolf im 1139

Die einschlägigen Dokumente sind in BA K, B 106 enthalten (beispielsweise 33079 und 33157). – Erwähnt sei an dieser Stelle der Abschlussbericht der Vorstudie „Die Nachkriegsgeschichte des Bundesministeriums des Innern (BMI ) und des Ministeriums des Innern der DDR (MdI) hinsicht­lich mög­licher personeller und sach­licher Kontinuitäten zur Zeit des Nationalsozialismus“ vom 29.10.2015 (http://www.ifz-­muenchen.de/fileadmin/user_upload/Neuigkeiten%202015/ BMI_Abschlussbericht%20der%20Vorstudie.pdf, [Zugriff am 1.11.2017]). Hinsicht­lich des BMI kommt die Vorstudie zu dem Ergebnis, dass die Zahl der früheren NSDAP-Mitglieder 1950 bei 50 Prozent lag und danach bis Anfang der 1960er Jahre kontinuier­lich anstieg: „In den Jahren 1956 und 1961 erreichte die Entwicklung mit einem Anteil von 66 Prozent ihren Höhepunkt und ging bis 1970 wieder auf das Ausgangsniveau zurück.“ 1140 Handbuch 1949, Bd. 2, S. 1010; BayHStA 60509. 1141 ARZI, Konvolut Heydenreich. Die folgenden Zitate ebenfalls aus dem undatierten Memorandum. 1142 Zu Lotz siehe die Kurzbiographie von Christof Thoenes in NDB, Bd. 15, 1987, S. 253 (online: http://daten.digitale-­sammlungen.de/bsb00016333/image_267 [Zugriff am 1.11.2017]), sowie

322 I Nachkriegszeit

November 1948 heißt es: „Ich hatte seinerzeit nach meiner Rückkehr aus Florenz ­Heydenreich von Ihrem und Poggi’s Wunsch erzählt, einen solchen Bericht zu erhalten; H ­ eydenreich ist damals auch zu Besprechung über einen solchen Bericht nach Bonn gefahren.“1143 Eine Rechtfertigung der Kunstschutzarbeit von deutscher Seite wurde schon deshalb zunehmend dring­lich, weil Darstellungen sowohl der Alliierten als auch der Denkmalpfleger und Kuratoren der vormals besetzten Länder nun in dichter Folge erschienen. Bereits 1944 war ein erstes britisches Buch erschienen, 1945 folgte ein Überblick just zu Italien süd­lich von Bologna.1144 Pasquale Rotondi sprach schon im Titel seines ebenfalls 1945 erschienen Buches vom „deutschen Raub“, Cesare Fasola von den „verschwundenen Kunstwerken“.1145 Die umfassende, sechs frühere Einzeldarstellungen bündelnde britische Gesamtschau wurde 1947 unter dem Titel A Record of the Work Done by the Military Authorities for the Protection of the Treasures of Art & History in War Areas publiziert.1146 Der Druck auf die Deutschen stieg zusehends – und dann erschien, 1949, Florentine Art under Fire von Frederick Hartt.1147 Das Exemplar in der Bibliothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte mit der Signatur XI 24/93 hat Heydenreich – der Hartt 1937 oder 1938 in Berlin kennen gelernt hatte 1148 –, wie aus seinen zahlreichen Anstreichungen, Korrekturen (etwa zur Bildunterschrift von Abb. 52) und seltenen Randbemerkungen („böswillige Entstellung“, S. 69) zu ersehen ist, intensiv durchgearbeitet (Abb. 26). Im Dezember 1949 erhielt er einen Brief von Wolf, der nach relativ langer Internierung wieder als Leiter einer kleinen Handelskammer in Florenz lebte: Dieser Tage habe ich mir von Berenson das Kunstschutzbuch von Fred Hart [sic – er meint: ­Frederick Hartt] geliehen. Ich habe es gestern abend durchgeblättert und habe den Eindruck gewonnen, dass die Darstellung – obwohl Du und ich sehr gut dabei wegkommen – sehr einseitig

Thoenes 2013, hier S. 155. In beiden Fällen wird die Einberufung zur Wehrmacht auf 1942 datiert, und damit ein Ende der Assistentenzeit am KHI vermutet („Auf die Promotion 1937 mit einer Dissertation über Vignola-­Zeichungungen (1939) folgten fünf Jahre als Stipendiat und Assistent am Kunsthistorischen Institut […]“). Tatsäch­lich war das Arbeitsverhältnis nicht beendet worden, sondern nur eine „einstweilige Suspendierung der Gehaltszahlung“ ergangen (SMB-ZA, III/VKI 23, Lotz an Zimmermann, 30.1.1945). In dieser Antwort auf ein Schreiben Zimmermanns vom 13.1.1945 erläutert Lotz, dass sein „Anstellungsvertrag vom 15.9.1939 […] bisher nicht gekündigt worden ist“. Und am 25.3.1945 informiert Zimmermann Lotz über sein seit dem 1.4.1944 erhöhtes Gehalt, das am 22.3.1945 dem Postscheckkonto seiner Frau in Wien überwiesen worden sei. 1143 DHI Rom, Archiv, N 9, Nr. 28, Lotz an Wolf, 4.11.1948. 1144 Mihan 1944, War Office 1945. 1 145 Rotondi 1945, Fasola 1945. 1 146 Woolley 1947. 1 147 Hartt 1949. 1148 ARZI , Konvolut Heydenreich, Mappe 24, Kunsthistorisches Institut Florenz, Kunstschutz, 1944 – 1945, Hartt an Heydenreich, 20.6.1945.

Eine sehr kurze Geschichte des Weißbuchs  I  323

26  Frederick Hartt: Florentine Art under Fire, Princeton 1949 (Bibliothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte, XI 24/93), von Heydenreich korrigierte Bildunterschrift von Abb. 52.

und t­ eilweise falsch ist. Es scheint mir immer noch wichtig, dass einmal eine deutsche Darstellung der Kunstschutzbemühungen gegeben wird und ich wäre Dir sehr dankbar, wenn Du – vielleicht im Benehmen mit Prof. Reidemeister – der ja gerade die letzte nicht ganz klare Tätigkeit L ­ angsdorfs [sic] in Florenz und Umgebung persön­lich miterlebt hat – eine ­solche anfertigen und mir auch zur Weiterleitung an Poggi zusenden könntest.1149

Dieser Appell war für Heydenreich sicher­lich bindender als das oberfläch­liche Urteil der amerikanischen Journalistin Flanner von 1947 – „The German Kunstschutz […] was ­headed by a Prussian S. S. colonel, a professor whose specialty was typography. He was aided by two majors – one an Egyptologist, the other an Orientalist. None of the three knew a­ nything about Italian art.“1150 – die ihn nicht einmal erwähnte (sondern nur Langsdorff, Evers und Reidemeister). 1149 DHI Rom, Archiv, N 9, Nr. 25, Wolf an Heydenreich, 28.12.1949. 1150 Flanner 1947a, S. 41 (als PrA auch in Getty Research Institute, Los Angeles, Special Collections, Alois Schardt papers, Accession number 910172, Box 1, Folder 11).

324 I Nachkriegszeit

Wolf insistierte, und mit ähn­lichem Tenor schickte er Heydenreich ein halbes Jahr später einen Artikel der Nazione vom 15. August 1950 über eine Ausstellung von aus Deutschland zurückgebrachten Kunstwerken im Palazzo Venezia, der in recht unfreund­lichem Ton geschrieben ist und den deutschen Kunstschutz ironisch behandelt. Da ich die Dinge im einzelnen nicht beurteilen kann, möchte ich den Artikel Dir gleich ­­schicken. Vielleicht kannst Du eine fachmännische Stellungnahme machen oder veranlassen, die ich der Zeitung übergeben kann, aber das müsste schnell gehen, um diese Dinge nicht immer wieder von neuem aufzurühren. Die Verkennung der ausserordent­lichen Leistungen des deutschen Kunstschutzes in Italien ebenso wie in Frankreich, erregt stets meinen besonderen Ärger und trifft in dieser Verallgemeinerung ebenso sehr Dich und Reidemeister wie Langsdorf [sic], dessen Rolle ja tatsäch­lich noch nicht völlig klar ist (Cranach).1151

Nun reagierte Heydenreich und teilte Wolf mit, daß Dr. Hagemann in diesen Tagen bei Professor Percy Schramm, dem derzeitigen Bearbeiter des Kriegstagebuches des OKH, gewesen ist, um mit ihm endgültige Vereinbarungen über die Abfassung des von uns geplanten „Weissbuches“ des deutschen Kunstschutzes im Kriege zu treffen.1152

Tatsäch­lich existiert im Nachlass Hagemann eine handschrift­liche Gliederung für eine Publi­kation „Kunstschutz in Italien 1943 – 1945 / dargestellt von den Beteiligten / heraus­ gegeben von / Dr. W. Hagemann“. Als Bearbeiter bzw. Beteiligte werden genannt: Metternich, ­Reidemeister, Heydenreich, Hagemann und (Percy Ernst) Schramm, des Weiteren – ­offenbar zu einem späteren Zeitpunkt ergänzt – Wolff und „Kessel“, unschwer als „Kesselring“ zu entschlüsseln. Auch wenn – wie bekannt­lich u. a. bei Albert Speer – die Haft keinen Hinderungsgrund für das Publizieren von Büchern darstellte, bestätigt die geplante Autorschaft des ehemaligen Generals der Waffen-­SS Karl Wolff eine Datierung von Hagemanns Planung in die 1950er Jahre, denn Wolff war im Juni 1949 nach einer Revision aus der Haft entlassen worden und sollte erst 1962 erneut verhaftet werden. In acht Schritten konzipiert Hagemann die „Arbeitsgänge“ (VIII . ist „Druck“). Die schwer lesbare Handschrift – es handelt sich um eine flüchtige Skizze – erlaubt derzeit keine

1151

DHI Rom, Archiv, N 9, Nr. 25, Wolf an Heydenreich, 17.8.1950; ebenda Heydenreichs Antwort

1152

vom 18.9.1950: „Da bei einer Unterredung mit dem italienischen Missionschef in Deutschland, Babuscio Rizzo u. A. vereinbart wurde, alle die (auf beiden Seiten erwünschte) fried­liche Beilegung dieser Frage hindernden Pressemitteilungen einzustellen, bedeuten diese neuer­lichen Attacken Siviero’s einen Bruch d ­ ieses Gentleman-­Agreement und Staatssekretär Dr. Sattler hat auf meine Bitten hin auch Babuscio Rizzo in ­diesem Sinne unterrichtet.“ DHI Rom, Archiv, N 9, Nr. 25, Heydenreich an Wolf, 18.9.1950.

Eine sehr kurze Geschichte des Weißbuchs  I  325

nähere Auseinandersetzung mit der Zielsetzung der geplanten Schrift. Es ist jedoch völlig klar, dass eine kritische Selbstreflektion nicht dazugehören sollte und konnte; signifikant für die Jahre um 1950 ist zudem, dass alle Translokationen von Italien ins Deutsche Reich vor dem Stichtag des 25. Juni 1943 zu ­diesem Zeitpunkt als unproblematisch empfunden wurden, da die Werke aus dem Handel stammten und daher als reguläre Erwerbungen betrachtet wurden. Gegen die Ende 1948 erfolgte Rückführung von 18 dieser Werke wurde – über den 1948 gegründeten Verband Deutscher Kunsthistoriker – ein Protest von über 90 namhaften deutschen Kunsthistorikern als „Appell an Präsident Truman“ vorbereitet.1153 Warum die Planungen für ein Weißbuch dennoch – wieder einmal – steckenblieben, geht aus den konsultierten Quellen nicht eindeutig hervor. Mög­licherweise haben kritische Stimmen aus den eigenen Reihen dazu beigetragen, dass das Projekt nicht weiterverfolgt wurde. Lehmann-­Brockhaus schrieb jedenfalls im Sommer 1959 an Hagemann: Lieber Wolfgang, […]. Ich erhielt gestern das Schreiben von Heydenreich, aus dem ich ersehe, dass auch Du auf dem Verteiler stehst und somit informiert bist über die Erstellung eines Weissbuches über den deutschen Kunstschutz, die hier vom Zentralinstitut ausgehen soll. Du weißt aus Gesprächen, wie negativ ich zu diesen ganzen Unternehmungen stehe. Man müsste die Sache doch mög­lichst objektiv und in seiner [sic] ganzen Breite sehen, und damit wäre kein Proporz mehr vorhanden ­zwischen Arbeit und Nutzen der Sache. Ich kenne die Berichte der Engländer aus den ersten Nachkriegsjahren und kann nur feststellen, dass das Urteil auf dieser Seite im grossen und ganzen doch zutreffend war. Bevor ich das Heydenreich’sche Schreiben beantworte, läge mir daran zu wissen, was Du von dem ganzen Unternehmen hältst und was Du zu tun gedenkst. Ich persön­lich könnte einen wirk­ lich genauen und ausführ­lichen Bericht jetzt, nach 15 Jahren, überhaupt nicht mehr abfassen.1154

Das „Heydenreich’sche Schreiben“ hatte Hagemann indessen selbst auch erhalten, am selben Tag (Eingangsstempel DHI Rom: 2.7.1959), als der Bibliotheksdirektor Lehmann-­ Brockhaus 1155 in München seine Bedenken formulierte. Aus ihm geht hervor, dass Schramm 1153 1154 1155

Dazu ausführ­lich ARZI , Konvolut Heydenreich, Mappe 29, Kunstschutz, Appell Deutscher Kunsthistoriker 1949 gegen Truman / Ital. Reaktion/Protest / Deu. Reaktion auf Ital. Reaktion. DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 311, Lehmann-­Brockhaus an Hagemann, 2.7.1959. Ausführ­liche biographische Angaben in BayHStA, MK 60539 sowie Lebenslauf von 1937 in BA B, ehem. BDC, RKK 2101 0743 08: Promotion 1934 in Göttingen, als Student (wie Haftmann) 1933 – 1936 Mitglied der SA, 1935 Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft, 1937 – 1938 Lektor Büchergilde Gutenberg, 1937 Sachbearbeiter im Archiv des Verlags der Deutschen Arbeitsfront, 1937 – 1938 wiss. Mitarbeiter Deutscher Verein für Kunstwissenschaft, 1938 – 1939 Stipendiat, 1939 – 1946 Assistent an der „Bibliotheca Hertziana“ (= KWI für Kunstwissenschaft), ab März 1943 Rekrut und Vorträge in der Wehrmachtsbetreuung, ab Herbst 1943 Kunstschutz, 1945 kurze Zeit bei der Soprintendenza ai Monumenti in Venedig, 1946 – 1948 MFAA und Control Commission Britische Zone, ab 1948 Leiter der Bibliothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte, ab 1962

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im April 1959 in der Kuratoriumssitzung „in ausführ­licher Begründung die Dring­lichkeit der Aufgabe dargelegt“ hatte, die „heute noch lebenden Beteiligten zur Abfassung einer Dokumentation der Kunstschutztätigkeit zu veranlassen.“1156 Er habe formell beantragt, das Zentralinstitut für Kunstgeschichte möge „auf systematischer Grundlage die Materialien für ein Weißbuch des deutschen Kunstschutzes“ sammeln, was „von sämt­lichen Mitgliedern des Kuratoriums uneingeschränkt befürwortet und zum Beschluß erhoben worden“ sei. Nun gelte es, das Material zu sammeln, zu sichten und ein „Memorandum“ abzufassen, das „in knapper tagebuchartig geführter Form alle wichtigen Vorgänge des militärischen Kunstschutzes aufführt, an denen er mitgewirkt hat.“ Dieses Schreiben schickte ­Heydenreich gleichlautend auch an Siebenhüner, Reidemeister, Evers, Lehmann-­Brockhaus und Metternich. Anders als Lehmann-­Brockhaus reagierte Hagemann so enthusiastisch auf die Anfrage, die er noch am Tag des Erhalts – 2. Juli 1959 – beantwortete, dass man meinen könnte, er habe nur darauf gewartet. Weil er „ueber diese Frage schon des oefteren mit Herrn Prof. Schramm in den letzten Jahren gesprochen“1157 habe, liegt in der Tat die Vermutung nahe, dass er, Hagemann, Schramm zu dem Antrag im Kuratorium des Zentralinstituts angeregt hat. Es folgt im Herbst des Jahres 1959 zwar noch ein freund­licher Briefwechsel, doch die Unerreichbarkeit der den Alliierten 1945 übergebenen Originalakten dämpft die Erwartungen, so dass auch diese Initiative ohne Ergebnis bleibt. Ein weiterer Anstoß geht erneut vom Zentralinstitut für Kunstgeschichte aus: In seiner Sitzung vom 10. Dezember 1965 beauftragte dessen Kuratorium einstimmig Hans Kaufmann, „bei der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes mit aller Dring­lichkeit vorstellig zu werden, daß das schon lange besprochene ‚Weißbuch‘ über die Tätigkeit des deutschen Kunstschutzes während des Krieges in Italien ohne weitere Verzögerung nunmehr in Angriff genommen werde.“1158 Doch auch diese Initiative verlief im Sande (Abb. 27 und 28). Aufschlussreich sind die subtilen Änderungen, Variationen und Nuancierungen, wie sie den Brief von Ministerialdirigent Carl Gussone an den Historiker Theodor Schieder vom 16. Juli 1970 kennzeichnen. Der Betreff lautet nunmehr „Dokumentation über den Deutschen Kunstschutz im 2. Weltkrieg“. Weil Heydenreich, Reidemeister und Kurt Martin „inzwischen im Alter vorgerückt“ ­seien, wäre „Eile geboten, wenn man sich der Hilfe dieser Herren noch bedienen will, was eigent­lich unverzichtbar und unumgäng­lich ist.“1159 Etwas paradox argumentierend sei man nun

1156 1157 1158 1159

Leiter der Bibliothek der Hertziana, dort ab 1967 Direktor (bis 1977); vgl. Lersch 1997, S. 40 – 45; Pace, Kliemann 2000; Pace 2013. DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 311, Heydenreich an Hagemann, 30.6.1959. Die folgenden Zitate ebenda. DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 311, Hagemann an Heydenreich, 2.7.1959. BA K, B 106/33157, Kaufmann an Sattler, 21.1.1966. BA K, B 106/33157, Gussone an Schieder, 16.7.1970, 3 Seiten. Das folgende Zitat ebenda.

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27  Regierungsdirektor Dr. Petersen an Prof. em. Dr. Hans Kaufmann, Freie Universität Berlin, 7. April 1966, S. 1, Altregistratur des Zentralinstituts für Kunstgeschichte.

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28  Regierungsdirektor Dr. Petersen an Prof. em. Dr. Hans Kaufmann, Freie Universität Berlin, 7. April 1966, S. 2, Altregistratur des Zentralinstituts für Kunstgeschichte.

Eine sehr kurze Geschichte des Weißbuchs  I  329

übereinstimmend zu der Auffassung [gekommen], daß eine ­solche wissenschaft­liche Forschungsund Dokumentationsaufgabe zweckmäßig nicht von einem staat­lichen Institut übernommen und durchgeführt würde, um jedem Einwand gegen die Objektivität von vornherein begegnen zu können. Deshalb scheiden die beiden historischen Institute in Rom und Paris als Träger von vornherein aus. Des weiteren kam man zu der Auffassung, dass eine s­ olche Aufgabe von einem jüngeren Historiker übernommen werden müßte, nicht aber von einem Kunsthistoriker, weil es sehr auf die Methoden der historischen Forschung dabei ankommt. So könnte auch das Zentralinstitut für Kunstgeschichte als Träger nicht in Frage kommen, ganz abgesehen davon, daß die Verbindung zu Herrn Professor Heydenreich, einem der ‚Beteiligten‘, vielleicht erschwerend nach außen wirken könnte.

Das Weißbuch des Deutschen Militärischen Kunstschutzes in Italien ist nie erschienen. Eine mög­liche Erklärung könnte, wie Götz Aly kürz­lich in anderem Zusammenhang bemerkte, darin liegen, dass dies „verlangt hätte, die eigene Rolle im Dritten Reich öffent­lich zu reflektieren.“1160 Diese Selbstbefragung und Selbstreflexion der deutschen Kunstgeschichte, was die Brüche und Kontinuitäten von 1933 und besonders von 1945 betrifft, ist ungeachtet vieler wichtiger Forschungsbeiträge bisher nicht in ausreichendem Maße geleistet worden – nicht ausreichend auch deshalb, weil die späteren Ego-­Dokumente, Selbstzeugnisse und Rechenschaftsberichte meist nicht quellenkritisch gelesen werden. Quellenkritisch heißt in ­diesem Zusammenhang, dass die identitätsstiftende Modulation der eigenen Erinnerung mitbedacht werden muß, um Primo Levi zu paraphrasieren, der diesen Prozess der Adaption so beschrieben hat: Ihre Vergangenheit belastet sie; sie empfinden Abscheu vor den Handlungen, die sie begangen oder erlitten haben, und neigen deshalb dazu, etwas anderes an ihre Stelle zu setzen. Das kann bei vollem Bewußtsein der realen Zusammenhänge einsetzen, mit einem erfundenen, verlogenen, wiederhergestellten Handlungsablauf, der aber weniger schmerzvoll ist als der wirk­liche. Beschreibt man diesen Ablauf oft genug gegenüber anderen und sich selbst, verliert die Unterscheidung ­zwischen Wahrheit und Lüge allmäh­lich ihre Konturen, und der Mensch glaubt schließ­lich mit voller Überzeugung an seine Geschichte, die er so oft erzählt hat und noch immer erzählt, wobei

1160 Interview mit Götz Aly, „Die Täter waren nicht primitiv“, in: FAZ, 21.12.2009, Nr. 298, S. N 4. Aly antwortet auf die Frage der FAZ – „Halten Sie die Lektüre von Eggebrechts musikwissenschaft­ lichem Werk auf Spuren dieser Zeit und dieser Ereignisse hin [NS , Weltkrieg] für insgesamt plausibel?“ – mit: „Ja. […] Manchmal findet man Selbstdistanzierungen, aber auch, wie offenbar bei Eggebrecht, eine etwas verfremdete Rückkehr zum Tatort. [Theodor] Schieder, der die Vertreibung von Polen und Juden gefordert hatte, ließen die Fragen nach seiner eigenen Vergangenheit nie mehr los. Der Abschlussband seiner Dokumentation über die Vertreibung der Deutschen erschien nie, weil das verlangt hätte, die eigene Rolle im Dritten Reich öffent­lich zu reflektieren.“

330 I Nachkriegszeit

er die weniger glaubhaften oder die untereinander nicht unbedingt korrespondierenden oder die nicht in den Zusammenhang des Entwurfs der herangezogenen Ereignisse passenden Details glättet und aufs neue bearbeitet: aus dem anfäng­lichen ,Widerbesseres-­Wissen‘ ist ,Treu-­und-­ Glaube‘ geworden. Der lautlose Übergang von der Lüge zum Selbstbetrug ist nütz­lich: wer auf ,Treu-­und-­Glaube‘ lügt, lügt besser, spielt seine Rolle besser, findet leichter Glauben beim Richter, beim Historiker, beim Leser, bei seiner Frau und bei seinen Kindern. Je weiter die Ereignisse in die Zeit zurücktreten, um so mehr wächst und vervollkommnet sich die Konstruktion einer bequemen Wahrheit.1161

6.3 Inversionen: Verharmlosung, Relativierung, Distanzierung, Abgrenzung, Verdrängung und Tabuisierung – eine Skizze „Wir können unmög­lich jetzt alle diese vergangenen und doch nicht vergangenen Dinge erneut diskutieren.“1162

Für die Nachkriegszeit können verschiedene Strategien diagnostiziert werden. Bernhard von Tieschowitz etwa stritt bereits 1946 sch­lichtweg ab, er habe mit dem Kunstschutz in Italien nach dem Frühjahr 1944 etwas zu tun gehabt: „Als später der deutsche Kunstschutz in Italien in der Person des Prof. Langsdorff einen neuen Leiter erhielt, der sich weitgehend verselbständigte und dem Evers unterstellt wurde, riss meine Verbindung mit dem italienischen Kunstschutz ab.“1163 Wolfgang Hagemann hingegen ging ins Detail: 1953 erstattete er Botschaftsrat Dieter Sattler gewissermaßen Bericht über ein Treffen, das dieser ­zwischen Siviero und Hagemann vermittelt hatte. Es ist sicher­lich Hagemanns eigenen Interessen geschuldet, wenn er einleitend festhält, dass für ihn „am Interessantesten“ gewesen sei, dass Siviero eine Unterscheidung getroffen hätte: Während er [Siviero] praktisch den „militärischen“ Kunstschutz unter Generalfeldmarschall Kessel­ring [und damit auch ihn, Hagemann, selbst] von jeder Schuld freisprach, richtete er seine 1161

Levi 1988, S. 8. Vgl. die an Levi geknüpften Überlegungen bei Eickhoff, Halle, Legendre und Urban 2013. 1162 DKA, GNM, Nachlass Kurt Bauch, IC 12, Bauch an Heydenreich, 8.11.1956. 1 163 FA Evers, Dokument E 16, Typoskript, 2 Seiten, hier S. 1 – es handelt sich um ein „Gutachten“, das Tieschowitz am 16.5.1946 auf Wunsch von Hans Gerhard Evers (im Rahmen von dessen Entnazifizierungsverfahren) anfertigte. – Detailierter äußerte sich von Tieschowitz in seinem vierseitigen „K u r z b e r i c h t über die Einrichtung des deutschen Kunstschutzes in Italien und die Rettung der Archivalien und beweg­lichen Kunstgegenstände aus dem Kloster Monte Cassino im November 1943“, den er am 29.5.1947 in Bonn anferigte (ARZI , Konvolut Heydenreich, Mappe 28, MFAA, 1945 – 1947).

Inversionen – eine Skizze  I  331

gesamten Angriffe gegen die Kunstschutzorgane, die unter Leitung von Professor Langsdorff gearbeitet haben.1164

In der Folge versucht er, Siviero Übersetzungsfehler nachzuweisen und kommt hinsicht­ lich der Cranach-­Bilder zu dem Ergebnis: „Die Schuld von Professor Langsdorff in d ­ iesem Falle liegt m. E. nur darin, daß er nicht von vornherein den Gedanken, die Gemälde nach Deutschland zu bringen, schroff abgelehnt hat.“1165 Punkt für Punkt relativiert Hagemann im weiteren Verlauf die Vorwürfe, und schließt befriedigt: Ich freue mich, feststellen zu können, dass das angeb­lich für Professor Langsdorff so belastende Material tatsäch­lich nur ergeben hat, dass er angesichts von höheren Weisungen in einzelnen Fällen nicht die entschlossene Abwehrbereitschaft gezeigt hat, wie man an sich von ihm als Wissen­ schaftler hätte erwarten müssen. Andererseits weiss man ja, was es bedeutete, Befehlen höherer SS-Stellen nicht zu gehorchen.1166

Auf der anderen Seite ist eine starke, bisweilen auch makabre semantische Inversion von Begriffen zu beobachten. So schildert Bruhns am 1. Januar 1947 in einer eidesstatt­lichen Erklärung für Rudolf Rahn seine Gespräche mit Rahn in Fasano über Fragen des Kunstschutzes: Damals erregte das zeitweilige Verschwinden des Bilderpaares von Lukas Cranach „Adam und Eva“ (aus dem Besitz der Florentiner Museen), das durch das Eingreifen unberufener Kräfte verschuldet war, in unseren Kreisen Sorge und Zorn. Herr Botschafter Rahn […] unterstützte auch aufs entschiedenste meinen Vorschlag, das Verzeichnis der in St. Leonhard aufbewahrten Kunstwerke baldmög­lichst als eine Quittung italienischen Amtsstellen einzuhändigen [sic] und diese zur genauen Besichtigung einzuladen. Herr Botschafter Rahn ist es auch gewesen, der diese unsere von den Italienern bestätigten genauen Verzeichnisse der nach Südtirol in Sicherheit gebrachten (aus z. T. brennenden Depôts der Frontlinie geretteten) Kunstwerke beim Zusammenbruch des deutschen Widerstandes in Italien den Alliierten übermitteln liess […].1167

Diese Äußerung von Bruhns ist nicht deshalb so bemerkenswert, weil er sich selbst die Initiative für die Übergabe der Inventare zuschreibt, sondern weil hier die deutsche Besatzungsherrschaft in Italien kurzerhand zum „deutschen Widerstand“ erklärt wird, als habe 1164 1165 1166 1167

DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 308, Hagemann an, 12.7.1953, Typoskript, 4 Seiten, hier S. 1. DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 308, Hagemann an, 12.7.1953, Typoskript, 4 Seiten, hier S. 2. DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 308, Hagemann an, 12.7.1953, Typoskript, 4 Seiten, hier S. 4. DHI Rom, Archiv, N 9, Nr. 20, Bruhns: Bescheinigung, 1.1.1947, Abschrift mit Vermerk

von Wolf, die Abschrift befinde „sich in vollständiger Uebereinstimmung mit dem Original, deponiert bei der Geschäftsstelle des Hilfswerks der Ev. ­Kirchen in Deutschland für die franz. Zone, Baden-­Baden.“

332 I Nachkriegszeit

der Nationalsozialismus sich gegen eine alliierte Fremdherrschaft erhoben. Ungeachtet der komplexen, von wechselnden Bedürfnissen geprägten Rezeptionsgeschichte des militärischen wie des kommunistischen Widerstands bzw. des späteren Umgangs mit oppositionellem Handeln 1168 ist Bruhns’ beiläufige Bemerkung wichtiges Indiz für einen größeren Prozess der kollektiven und individuellen Neuformation. Wenn daher 2010 festgehalten wird: Die Bruhns in der Nachkriegszeit zuteil gewordene Anerkennung spricht für seine unleugbaren Verdienste um das Institut. 1953 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet, auch durfte er sich der hohen Verehrung seines im Dritten Reich politisch integren Nachfolgers, Graf Wolff Metternich, sicher sein, auf dessen Vorschlag er 1954 zum Wissenschaft­lichen Mitglied der MPG ernannt wurde 1169,

dann scheinen die Seilschaften der Verharmlosung und die „Netzwerke der Stagnation“1170 bis heute ihre Wirkkraft bewahrt haben zu können. Denn die Beispiele für Relativierung und Verharmlosung sind zahlreich und betreffen das Fach Kunstgeschichte fast in seiner ganzen Breite. Der Restaurator Otto Klein, von Ende Oktober 1941 bis Ende August 1942 als Mitglied des Sonderstabs Bildende Kunst des ERR in Kiew, meinte rückblickend: „Hier herrschte eine erstaun­lich lockere Atmosphäre. Wie ich selbst, waren die meisten Mitarbeiter keine Mitglieder der NSDAP. In den wöchent­lichen Besprechungen äußerte man sich ungezwungen.“1171 Ein drastischer Fall ist auch Günther Schiedlausky (1907 – 2003), erst Stipendiat des KHI Florenz,1172 dann Mitarbeiter im Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg in Frankreich,1173 danach für anderthalb Jahrzehnte, bis zur Pensionierung, am Germanischen Nationalmuseum Nürnberg tätig.1174 Die Charakterisierung Heydenreichs – durch Peter Betthausen – als einem Kunsthistoriker, der sich „keine Illusionen“ über den Nationalsozialismus gemacht habe, aber dennoch nicht emigriert sei, sondern „versuchte auf seine Weise zu widerstehen“1175, ist nicht grundfalsch, aber 1168 1169 1170 1171

Einen guten Überblick der Forschungsliteratur bietet Conze 2003. Schmitz 2010, S. 36. Wedekind 2012b, S. 609. Bentchev 1997, S. 31; zu Klein hat Elena Velichko im SS 2018 eine Masterarbeit an der LMU München geschrieben: Otto Klein (1904 – 1995). Mitläufer, Profiteur oder Idealist? Studien zu Werk und Vita des deutsch-ukrainischen Restaurators in der NS- und in der Nachkriegszeit. 1172 Aus einem Schreiben von Kriegbaum an Direktor von Oppen im REM vom 26.5.1937 (am 21.6.1937 von Dr. von Staa an Zimmermann weitergeleitet; SMB-ZA, III/VKI 27) geht hervor, dass Kriegbaum vom Landesgruppenleiter der NSDAP erfahren habe, dass das Stipendium für Schiedlausky um ein halbes Jahr verlängert worden sei. Er fährt fort: „Sein weiteres Verbleiben in Florenz wäre auch deshalb wünschenswert, weil ihm soeben die Schulungsleitung der hiesigen Ortsgruppe der NSDAP übertragen worden ist.“ 1 173 Flanner 1947b, S. 40; Hoppe 2010, S. 183. 1 174 Schürer 2004. 1 175 In Metzler 1999, S. 181 – 183, hier S. 181, sowie in Metzler 2007, S. 196 – 198, hier S. 196: „Über den Nationalsozialismus machte er sich keine Illusionen, emigrierte jedoch nicht und versuchte auf

Inversionen – eine Skizze  I  333

von einer starken Relativierungstendenz gekennzeichnet. Denn er verlängert damit die schematische Sichtweise der frühen Nachkriegszeit, als in den Spruchkammerverfahren entweder Fragen formaler Mitgliedschaft oder punktuelle Hilfe und Unterstützung für Unterdrückte, Verfolgte und Inhaftierte eine ausschlaggebende Rolle spielten. Heydenreich attestierte selbst dem nationalsozialistischen Ideologen Prinzing eine „Objektivität des Urteils“ und eine „Einsatzbereitschaft für Politisch Gefährdete“.1176 Auf der anderen Seite waren die zahlreichen italienischen Soprintendente 1946 und 1947 nicht gezwungen, sich anerkennend über Evers zu äußern.1177 Auch in methodischer Hinsicht gibt es in der Geschichte der Kunstgeschichte bislang keine etablierten Modelle, um die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in der Nachkriegszeit zu analysieren. Weder sind die Unterlagen der Entnazifizierungsverfahren systematisch, zusammenfassend und komparativ untersucht worden, noch sind Verfahren der Exilforschung oder sozial- oder literaturwissenschaft­liche Untersuchungsansätze für die Kunstgeschichte fruchtbar gemacht worden, wie sie im Forschungsfeld der „First Letters“, also der ersten erneuten Kontaktaufnahmen nach Krieg und Emigration, seit einiger Zeit praktiziert werden.1178 Die Geschichte des Kunstschutzes in Italien nach 1945 ist auch eine Geschichte des Ausweichens. Weniger Haftmann, der sich schon immer für zeitgenössische Künstler interessiert hatte, als vielmehr Leopold Reidemeister, der nach Kriegsende die wohl steilste Karriere – bis zum Generaldirektor der Berliner Museen – erlebte, ist hierfür ein beredtes Beispiel. In Parenthese sei ergänzt, dass Haftmann 1967 das Amt des Direktors der Neuen Nationalgalerie von Reidemeister übernahm. Reidemeisters Vita ist eng verknüpft mit jener großen Bewegung, die auf der Legende basiert, dass in der „Stunde Null“ die im Nationalsozialismus diffamierte Kunst der Moderne wieder in ihr Recht gesetzt worden sei. Diese Rehabilitierung der Moderne ging indes, wie hier nur angedeutet werden kann, mit einer Selbstpurifikation der Protagonisten einher. Am 31. März 1945 notierte MVR Reidemeister in einem „Aktenvermerk für die Hauptabteilung Verwaltung V 1“: seine Weise zu widerstehen.“ – Zum Fund der verloren geglaubten Habilitationsschrift von Erwin Panofsky und dessen Verhältnis zu Heydenreich siehe das Interview mit Gerda Panofsky in der FAZ vom 31.8.2012 (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/gerda-­panofsky-­im-­gespraech-­ ein-­ausdruck-­des-­schlechten-­gewissens-11873504.html [Zugriff am 1.11.2017]), Panofsky 2014, und Herklotz 2015. 1176 Landesarchiv Baden-­Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, Signatur EL 903/2 Bü 948 (Entnazifizierungsakte Prinzing), Bl. ohne Foliierung, mit Vermerk „9/9“, Erlärung Heydenreich vom 19.12.1946. 1177 FA Evers, mit Schreiben für Evers’ Entnazifizierungsverfahren von Bartolomeo Nogara (29.3.1946), Emilio Lavagnino und Carlo Argan (27.6.1946), Guglielmo Pacchioni (17.11.1946), Carlo Carducci (24.11.1946), Achille Bertini Calosso (23.12.1946), Antonio Morassi (24.2.1947). 1178 Siehe exemplarisch Kucher, Evelein und Schreckenberger 2011; Kettler 2011, Chapter 6, First Letters: The Liquidation of Exile?, S. 109 – 145; Garz, Kettler 2012; Below, Hansen-­Schaberg und Kublitz-­Kramer 2014.

334 I Nachkriegszeit

Nach Fühlungnahme mit dem Leiter der Ortsgruppe der N. S. D. A. P. wurde gestern die zur Verfügung gestellte Bibliothek mit der dafür zuständigen Referentin, der Frau des Ortsgruppenleiters, durchgesehen und die jüdische und pazifistische Literatur ausgeschieden. Mit Rücksicht auf die bevorstehenden Feiertage wurden die Bücher sofort MV-Asst. Heiland zur Ausgabe übergeben.1179

Dieses durchaus regimekonforme Handeln im Frühjahr 1945 zeitigte keine Folgen, ja verkehrte sich im Rückblick sogar zu einer entschiedenen Distanz, wenn Reidemeister urteilte, „einer Entnazifizierung bedurfte es nicht, da ich dem bisherigen Regime keine Konzessionen hatte machen müssen.“1180 Sieben Monate nach dem Aussortieren der „jüdischen und pazifistischen Literatur“, am 1. November 1945, wurde Reidemeister kommissarischer Direktor des Wallraf-­Richartz-­Museums. Sicher­lich hat er für die Kölner Museumslandschaft elementare Aufbauarbeit geleistet. Dennoch sei nachdrück­lich darauf hingewiesen, dass sich in der Ausstellungs- und Ankaufstätigkeit der deutschen Museen nach 1945 ein sehr selektives Moderne-­Verständnis manifestierte, das sich im Kern auf den Expressionismus, nament­ lich auf die Künstlergruppen der Brücke und des Blauen Reiter, bezog, und weite Teile der Avantgarde der 1920er Jahre (von Abstraktion und Konstruktivismus über Dadaismus und Suprematismus bis zum Neuen Sehen und den Werken eines Dix oder Grosz) ebenso wie, zunächst, auch die zeitgenössische Kunst weitgehend aussparte. Mit dieser Fokussierung auf eine wenn auch sehr eng definierte Moderne ging oftmals eine Ausblendung der eigenen Aktivitäten im Nationalsozialismus einher. Es würde indes zu weit führen, diese erfolgreiche Reinigungsbewegung hier ausführ­licher darzustellen, zumal ich verschiedene Facetten und mehrere Protagonisten bereits an anderer Stelle untersucht habe.1181 Erwähnt sei jedoch die Festschrift von Gustav Friedrich Hartlaub zum 60. Geburtstag von Georg Poensgen 1958. Es ist in jeder Hinsicht symptomatisch, wenn der 74-jährige 1179 ASAAD , Ordner Copie Documenti Tedeschi 1bis, rote Mappe „Roma / Velletri / Cerveteri / Cavi / Ninfa / Frascati“, Aktenvermerk Reidemeister, „Bergamo, den 31. März 1945“. 1180 Leopold Reidemeister, Nachwort, in: Berthold Roland (Hrsg.): Werner Haftmann: Verfemte Kunst. Bildende Künstler der inneren und äußeren Emigration in der Zeit des Nationalsozialismus, Köln 1986, S. 367 – 374, hier S. 368, zitiert nach Severin 2017b, S. 116 (Anm. 3). 1181 Siehe Fuhrmeister 2013a; Fuhrmeister 2013b und Fuhrmeister 2017 zu den auch politischen und moralischen Implikationen des bipolaren, dichothomischen Umwertungsprozesses (Ablehnung der Moderne im NS, Ablehnung des NS nach 1945) und zu den Chancen, die ­dieses bis heute nur selten hinterfragte Modell für die Vergangenheitsbewältigung von Kunsthistorikern bereithielt. Vgl. auch den im Frühjahr 2012 gemeinsam mit Susanne Kienlechner verfassten Text über „Erhard Göpel im Nationalsozialismus“ für einen von Andrea Baresel-­Brand geplanten Band Kunstexperten im Nationalsozialismus (Koordinierungsstelle Magdeburg, jetzt Deutsches Zentrum Kulturgutverluste Magdeburg), der nie erschienen ist, weswegen wir die Korrekturfahne seit Anfang 2018 unter https://www.zikg.eu/personen/cfuhrmeister/bib-­fuhrmeister/pdfs/ Fuhrmeister_Kienlechner-­Goepel.pdf zur Einsichtnahme bereitstellen.

Inversionen – eine Skizze  I  335

Hartlaub dem jüngeren Kollegen („Sohn eines bekannten Industriellen aus einem typisch großbürger­lichen Milieu“) zunächst Kultiviertheit, Kennerschaft und „ästhetische Instinkte“ attestiert, und dann dessen Aufgeschlossenheit und Wandlungsfähigkeit lobt, wie sie sich in seinem „Bilderwerk zur sogenannten abstrakten, das heißt gegenstandslosen Malerei“ äußere.1182 Poensgens Tätigkeit im Zweiten Weltkrieg behandelt ein Satz: „Im Kriege war Poensgen dem Kunstschutz zugeteilt, hat in dieser Eigenschaft auch ferne Länder, Rußland und Japan, gesehen.“1183 Auch wenn 1963 die 14-jährige Kanzlerschaft Konrad Adenauers endete und die Auschwitz­ prozesse in Frankfurt am Main begannen, kann nicht von einem markanten Einschnitt gesprochen werden. Doch zugleich ist eine gewisse Änderung und Transformation zu beobachten: Eine neue Phase der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Am 10. Februar 1963 veröffent­lichte Rasa Gustaitis in der Washington Post den Beitrag „Tracking Down Stolen Art Is Rewarding Art in Itself“, der sich insbesondere Siviero („a one-­of-­a-­kind sleuth“, also „ein einmaliger Spürhund“) widmete. Zehn Tage später berichtete die Süddeutsche Zeitung über die spektakuläre Entdeckung – „ein sensationeller Fund“1184 – in der Kommode eines Münchner Metzgermeisters. Fünf Werke aus den Uffizien und dem Palazzo Pitti hatte der Mann, dessen Name von der Polizei verschwiegen wurde, „als Soldat beim Rückzug aus Italien […] an sich gebracht.“ Die Kriminalpolizei sah in der Auffindung eine „Rettung“, da „der Tatbestand des Diebstahls oder der Untreue […] verjährt“ sei. Nicht verjährt, sondern gewandelt hatten sich Dispositionen, Mentalitäten, Strukturen und Verhältnisse. Denn nun bat die deutsche Botschaft in Washington nach Rücksprache mit Edgar Breitenbach, dem Art Intelligence Officer und zeitweiligen Direktor des CCP München,1185 der seit 1956 die Prints & Photographs Division der Library of Congress leitete, Heydenreich um eine „Richtigstellung“ des Artikels von Gustaitis in Form eines Leserbriefs, weil „die delikate Angelegenheit in der hiesigen Presse nicht immer gerade in sehr deutschfreund­licher Weise behandelt worden“ sei.1186 Ob Heydenreich erwähnen wolle, wie Breitenbach nahegelegt hätte, dass er (Heydenreich) „persön­lich Minister Siviero aus dem Konzentrationslager befreit“ hätte? Zumindest ein handschrift­licher Entwurf Heydenreichs hat sich erhalten, der so beginnt: „Ihr Brief reißt eine alte Wunde in mir auf.“1187

1182 1183 1184

1185 1186 1187

Hartlaub 1958, S. 4. Hartlaub 1958, S. 5. Johann Freudenreich: Gestohlene Bilder – nach 19 Jahren gefunden / Münchner nahm 1944 beim Rückzug fünf Gemälde aus Florentiner Museen mit / In der Kommode versteckt, in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 44, 20.2.1963, als PrA in DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 308. Die folgenden beiden Zitate ebenda. Lauterbach 2015, S. 165 – 168 und passim. ARZI, Konvolut Heydenreich, Box 1 (Briefe), Botschaftsrat I. Klasse Dr. Hanns-­Erich Haack an Heydenreich, 14.2.1963. ARZI, Konvolut Heydenreich, Box 1 (Briefe), nicht datierter Briefentwurf.

336 I Nachkriegszeit

Die gewünschte Entgegnung verfasste de facto Josef Ringler in Dolomiten. Tagblatt der Südtiroler unter dem Titel „Die Verlagerung Florentiner Kunstgutes nach Südtirol“.1188 Unterstützt durch zwei Fotos von Ursula Ringler beteuert der Direktor des Tiroler Volkskundemuseums in Innsbruck, Langsdorff und Reidemeister ­seien „durch und durch Ehrenmänner“ gewesen und „weit davon entfernt, sich auch nur die geringste Unkorrektheit zuschulden kommen zu lassen“. Er schildert die Zeit von August 1944 bis Mai 1945 und bekennt, dass auch ihm durch die „Nachricht von der Auffindung der Bilder in den USA und in München“ ein „schwerer Stein vom Herzen“ gefallen sei. Ebenfalls 1963 wurde Hans Gerhard Evers vorgeworfen, er sei Mitglied der SS und an der Zerstörung italienischen Kunstbesitzes beteiligt gewesen. Evers wehrte sich mit einem Rundumschlag, mit Stellungnahmen – er spricht von „amt­lichen Bestätigungen“ – von 12 italienischen Soprintendenten, die er dem italienischen Generalkonsulat in Frankfurt am Main vorlegte, „um diese unsinnige Anschuldigung zurückzuweisen“.1189 Die Vergangenheit endet nicht 1963. Aber am 21. Dezember 1962 endet ihre Bearbeitung insofern, als die Kunstgegenstände aus ehemaligem Reichsbesitz, die zunächst im CCP und anschließend, im selben Gebäude, von der Treuhandverwaltung von Kulturgut verwahrt und restituiert worden sind, in die Obhut „der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesschatzminister, vertreten durch die Oberfinanzdirektion München als Eigentum übergeben“ wurden.1190 Die materielle Vergangenheitsbewältigung hatte damit ein – vorläufiges – Ende. Entgegen Berensons Diktum – „Therefore History should not be too busy about the Why, as is too often the case with German-­minded books, nor too strenuous about the How, but insist on finding out the exact What“1191 – hoffe ich nicht zuletzt gezeigt zu haben, dass erstens die Praxisfelder eine überfällige Ergänzung der Fachgeschichtsschreibung bilden, und dass zweitens sowohl das Warum, das Wie und das Was eine entscheidende Rolle in der Bildung jener Konfiguration und Disposition gespielt haben, die gemeinhin als Geschichte der Kunstgeschichte und als Geschichte der Moderne bezeichnet wurde und bezeichnet wird. Diese Reflexion mag schließ­lich auch beitragen zu dem „ever to be renewed questioning of ourselves in ever new situations [–] inviting academic corruption, self-­deception, and arrogance [–], what scholarship really is about.“1192

1188 1189

Als PrA in ARZI, Konvolut Heydenreich, Box 1 (Briefe); Dolomiten, Nr. 58, 9.3.1963, S. 9 – 10. DHI Rom, Archiv, N 7, Nr. 309, Rundbrief Evers vom 8.10.1963 an: Rektorat der Technischen

Hochschule Darmstadt / Auswärtiges Amt, Bonn / Italienisches Generalkonsulat, Frankfurt am Main / Deutsche Presse-­Agentur, Frankfurt am Main / Prof. Dr. Graf Metternich, Rom / Prof. Dr. Kurt Martin, München / Dr. Bernhard von Tieschowitz, Paris. 1190 PA AA, B 95/987a, Hoffmann/Treuhandverwaltung von Kulturgut an AA, 21.12.1962. 1 191 Berenson 1952, S. 132 (Tagebucheintrag vom 23.10.1943). 1 192 Fehl 1996, S. 162.

Inversionen – eine Skizze  I  337

Zusammenfassung Die Studie geht von der Annahme aus, dass die Geschichte der Kunstgeschichte im 20. Jahrhundert unvollständig bleibt, wenn nur fachwissenschaft­liche Veröffent­lichungen herangezogen, andere Aktivitäten von Kunsthistorikern jedoch nicht beachtet werden. Eine ­solche traditionelle Sichtweise prolongiert zugleich die vorgeb­lich kategorische Differenz und scheinbar prinzipielle Gegensätz­lichkeit von Wissenschaft und Politik. Auf der Basis neuerer wissenschaftsgeschicht­licher Ansätze plädiert diese Studie daher für die Berücksichtigung der verschiedenen kunsthistorischen Praxisfelder. Sie widmet sich, als Fallbeispiel, einer Gruppe von deutschen Forschern, die ­zwischen 1943 und 1945 im Militärischen Kunstschutz im besetzten Italien tätig waren, und situiert ­dieses Praxisfeld in den zeitgenössischen Diskursen der Jahre 1936 bis 1963. Im Unterschied zu den zumeist ereignis-, milieu- oder strukturorientierten Arbeiten der zeitgeschicht­lichen Forschung ist hier vor allem die fachgeschicht­liche Dimension ausschlaggebend. Deshalb stehen sowohl die Berührungsflächen von Kunstgeschichte mit Kultur- und Wissenschaftspolitik als auch die zeitgenössischen Werthorizonte und individuellen Biographien der Protagonisten im Zentrum. Von besonderer Bedeutung für diese Kontextualisierung sind erstens die Tradition und Situation der deutschen Forschungsinstitute in Italien, zweitens die Analyse der Vorgaben im zwischenstaat­lichen und kulturpolitischen Bereich, und drittens die Handlungslogiken von Besatzungsherrschaft im Bereich des Kulturgutschutzes. Im Rahmen der Auseinandersetzung mit den Prinzipien deutscher Besatzungsherrschaft in den eroberten Ländern Europas und der Etablierung eines Militärischen Kunstschutzes in Serbien und Griechenland werden die spezifischen Grundstrukturen und Handlungsprämissen in Italien schärfer konturiert. In Italien stehen jene Objekte im Fokus, die seit jeher den Bezugspunkt des Faches bilden, ja die überhaupt erst zu seiner Entstehung geführt haben: Gemälde, Grafiken und Skulpturen ebenso wie ­Kirchen, Villen, Schlösser und Denkmäler im engeren Sinne. Innerhalb des Systems der Militärverwaltung agierend, in einem von militärischen Logiken wie von außenpolitischen Vorgaben beherrschten Land, sind deutsche Kunsthistoriker, Denkmalpfleger und Kuratoren bei ihrer Zusammenarbeit mit den verschiedenen italienischen Behörden und Instanzen vielfältigen Zwängen unterworfen. Doch so stark und repressiv diese Zwänge auch waren, so deut­lich zeigen sich dennoch – oder besser gerade deshalb – große Unterschiede z­ wischen den einzelnen Akteuren. Erstmals werden im Hinblick auf das Praxisfeld Kunstschutz die jeweiligen Handlungsprofile und Reaktionsmuster umfassend aus den Quellen herausgearbeitet. Auch die aktuellen, oftmals objektbezogenen Fragestellungen im ausgesprochen dynamischen Forschungsbereich „Wert von Kulturgütern / Provenienzforschung“ profitieren von dieser ganzheit­lichen Perspektive auf das Engagement der Akteure, Seilschaften und

338 I Nachkriegszeit

Netzwerke bei der Vermittlung und Begutachtung von Kunstwerken.1193 Dies gilt nicht nur, aber auch für die Nachkriegszeit, die von Selbststilisierungen und individuellen Verharmlosungstendenzen ebenso wie vom kollektiven Beschweigen des Nationalsozialismus gekennzeichnet ist, und in der dennoch elementare Transformationsprozesse von Organisationen, Institutionen und Akteuren stattfanden. Die Arbeit belegt, dass die Interaktionsmomente von Kunstgeschichte und Politik wesent­ lich zahlreicher und wirkmächtiger waren als bisher angenommen, bis hin zu ausdrück­licher gegenseitiger Bezugnahme. Gezeigt wird, wie die Gestaltungsspielräume bemessen waren, die einzelne Kunsthistoriker oder Gruppen besaßen, wahrnahmen, anstrebten oder zurückwiesen. Damit wird gerade in jenem Bereich Grundlagenforschung betrieben, der als das breite Mittelfeld z­ wischen den Polen der intensiven Emigrations- und Opferforschung einerseits und der eigent­lichen Täterforschung andererseits bisher kaum untersucht worden ist. Nur der dezidiert multiperspektivische Zugriff – Aspekte der Institutions- und Organisationsgeschichte mit individuellen Lebenswegen und übergreifenden inhalt­lichen Fragen verschränkend – führt zur histoire croisée einer Problemgeschichte von Ästhetik und Politik. Insgesamt liefert die Studie somit weder ein Braun- noch ein Weißbuch, sondern ein nachdrück­liches Plädoyer: Für Reflexion und für eine ‚neue‘ Fachgeschichte, die die Integrität des einzelnen Kunsthistorikers wahrt, seine Intentionen zu verstehen sucht und zugleich elementare Grundzüge sowohl der Fachentwicklung als auch alltagspraktischer Entscheidungen im größeren gesellschaft­lichen und politischen Kontext verortet. Kennzeichen dieser ‚neuen‘ Fachgeschichtsschreibung ist die Berücksichtigung sowohl der innerfach­lichen Entwicklungsdynamiken als auch der außerfach­lichen Bezüge. Erst diese Einbettung erlaubt Rückkopplungsprozesse wahrzunehmen, adäquat – das heißt: kritisch und gerecht – zu beschreiben und zu bewerten, um neue heuristische Potenziale zu erschließen. Gerade eine historische Disziplin wie die Kunstgeschichte, die sich gewissermaßen qua Amt mit der Tradierung und Transformation von Formen und Inhalten beschäftigt, tut gut daran, die Chancen einer solchen Selbstreflexion offensiver zu ­nutzen.

1193 Siehe https://www.zikg.eu/forschung/provenienzforschung-­werte-­von-­kulturguetern und die sieben Unterpunkte (Projekte, Veranstaltungen, Veranstaltungen / Vorträge extern, Publikationen, Kooperationen, Berichterstattung / Presse und Aus- und Weiterbildung).

Zusammenfassung  I  339

7. Dank Diese Arbeit hätte ohne vielfältige Hilfe und Unterstützung nicht geschrieben werden können. An erster Stelle danke ich allen Archivarinnen und Archivaren für Beratung und Hilfestellung sowie für den Zugang zu den von ihnen verwahrten Dokumenten. Die Zahl dieser Archivarinnen und Archivare ist zu groß, um hier alle nament­lich zu nennen; umso wichtiger war und ist ihre Bedeutung. An zweiter Stelle den Bibliothekarinnen und Bibliothekaren vor allem der Bayerischen Staatsbibliothek und des Zentralinstituts für Kunstgeschichte. Für die Einsichtnahme in Dokumente in Privatbesitz danke ich den Nachlassverwaltern Karsten Evers, Egfried Hanfstaengl und Mareile Langsdorff Claus. Für einzelne Hinweise und Anregungen danke ich Carlotta Coccoli, Karsten Evers, Elena Franchi, Almut Goldhahn, Marta Nezzo und Regine Schallert. Sehr erleichtert wurde mir die Arbeit im Archiv des KHI von Almut Goldhahn und Sylvia Garinei. Für die kritische Durchsicht verschiedener Phasen und Teile des Manuskripts bin ich Nikola Doll, Johannes Griebel, Meike Hopp und Stephan Klingen zu großem Dank ­verpf­lichtet. Alle ihre Anregungen und Korrekturvorschläge wurden eingearbeitet; alle Fehler, die diese Arbeit noch enthält, sind meine. Vor der Veröffent­lichung habe ich das gesamte Manuskript zwei besonders kritischen Lesern zugäng­lich gemacht, Karsten Evers – dem Sohn von Hans Gerhard Evers – und Thomas Lersch, und beide haben mich zu Recht auf einige Unstimmigkeiten, Widersprüche, Auslassungen und Nachlässigkeiten hingewiesen, wofür ihnen sehr großer Dank gebührt. Besonders Karsten Evers habe ich für einen intensiven mehrjährigen Diskussionsprozess zu danken, in dessen Verlauf wir beide gelernt haben. Für Nachsicht und vielfältige Unterstützung danke ich meiner Frau, Sabine Fuhrmeister. Den Transformationsprozess der akademischen Qualifikationsschrift in ein Buch haben in der Schlussphase besonders Johannes Griebel und Stephan Klingen konstruktiv und penibel begleitet.

8. Anhang 8.1 Abkürzungsverzeichnis Allgemeine Abkürzungen AA AABBAA BDC BH BLfD BSB BSGS DA

Auswärtiges Amt Direzione Generale Antichità e Belle Arti Berlin Document Center Bibliotheca Hertziana Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Bayerische Staatsbibliothek München Bayerische Staatsgemäldesammlungen Deutsche Akademie (zur Wissenschaft­lichen Erforschung und Pflege des Deutschtums) DHI Deutsches Historisches Institut DI Deutsches (Wissenschaft­liches) Institut GKNS-WEL Geschichte der Kunstgeschichte im Nationalsozialismus – Warburg Electronic Library (www.welib.de/gkns/) K Karton KHI Kunsthistorisches Institut Florenz KVR Kriegsverwaltungsrat KWG Kaiser-­Wilhelm-­Gesellschaft KWI Kaiser-­Wilhelm-­Institut MFAA Monuments, Fine Arts, and Archives (Section) MPG Max-­Planck-­Gesellschaft MVR Militärverwaltungsrat NDB Neue Deutsche Biographie NSDoB Nationalsozialistischer Dozentenbund OKH Oberkommando des Heeres OKVR Oberkriegsverwaltungsrat PrA Presseausschnitt QFIAB Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken REM Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung RMVP Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda RS Rückseite RSHA Reichssicherheitshauptamt RSI Repubblica Sociale Italiana

SD SHAEF SKK

Sicherheitsdienst der SS Supreme Headquarters, Allied Expeditionary Force Sonderkommando Künsberg SpkA Spruchkammerakte SUK Staatsministerium für Unterricht und Kultus UA Universitätsarchiv VS Vorderseite

Abkürzungen von Archiven ACS ADAIR AMPG

Archivio Centrale dello Stato, Rom Archiv des Deutschen Archäologischen Instituts Rom Archiv der Max-­Planck-­Gesellschaft, Berlin Archiv IfZ Archiv des Instituts für Zeitgeschichte, München Archiv KHI Archiv des Kunsthistorischen Instituts Florenz – Max-­Planck-­Institut Archivio Poggi Polo Museale della Città di Firenze, Archivio Storico delle Gallerie Fiorentine, Archivio Giovanni Poggi ARZI Altregistratur des Zentralinstituts für Kunstgeschichte, München ASAAD Archivio Siviero in der Accademia delle Arti del Disegno, Florenz ASMAE Archivio Storico del Ministero degli Affari Esteri, Rom ASS, Paris Centre historique des archives du Service historique de la Défense, Département des archives définitives, archive du service secret, Paris BA B Bundesarchiv Berlin BA K Bundesarchiv Koblenz BA MA Bundesarchiv-­Militärarchiv, Freiburg im Breisgau BayHStA Bayerisches Hauptstaatsarchiv München BSR British School at Rome, Archiv CIR Archiv der Commissione Interministeriale per il Recupero d’opere d’arte (CIR), Rom CSD RSI Salò Centro Studi e Documentazione sul Periodo Storico della Repubblica Sociale Italiana, Salò DAI Berlin, Archiv Archiv des Deutschen Archäologischen Instituts, Zentrale Berlin DHI Rom, Archiv Archiv des Deutschen Historischen Instituts, Rom DKA, GNM Deutsches Kunstarchiv, Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg DNB Leipzig Deutsche Nationalbibliothek Leipzig FA Evers Familienarchiv Evers FA Langsdorff Familienarchiv Langsdorff GStA PK Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin KHM-Archiv Archiv des Kunsthistorischen Museums Wien

344 I Anhang

LAV NRW MGHA NARA NdsHStA ÖStA/AdR PA AA SMB -ZA

StA M TSDAVO

UA HUB UAM

Landesarchiv Nordrhein-­Westfalen Monumenta Germaniae Historica Archiv, München National Archives and Records Administration, College Park, MD Niedersächsisches Landesarchiv – Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv Hannover Österreichisches Staatsarchiv / Archiv der Republik Wien Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, Berlin Zentralarchiv der Staat­lichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz Staatsarchiv München Tsentral’nyi derzhavnyi arkhiv vyshchykh orhaniv vlady ta upravlinnia Ukraïny, Kyiv (Zentrales Staatsarchiv der obersten Machtorgane und Regierung der Ukraine, Kiew) Universitätsarchiv der Humboldt-­Universität zu Berlin Universitätsarchiv München

8.2 Quellenverzeichnis Quelleneditionen ADAP, Serie E, Bd. VII Akten zur deutschen auswärtigen Politik 1918 – 1945. Aus dem Archiv des Auswärtigen Amtes, Serie E, Bd. VII (1. Oktober 1943 bis 30. April 1944), Göttingen 1979 (urn:nbn:​de:bvb:​ 12-bsb00049957 – 5)

Die folgende Aufstellung enthält nur jene unveröffent­lichten Quellen, aus denen in der vorliegenden Arbeit zitiert wird oder auf deren Inhalt ich nach eigener Einsichtnahme verweise. Archivalien, die in der Literatur erwähnt werden, die ich aber nicht selbst eingesehen habe, sind nur in den Anmerkungen aufgeführt, nicht in ­diesem Quellenverzeichnis. In den Fällen, in denen Quellen nach der Sekundärliteratur zitiert werden, ist dies vermerkt.

Deutschland Berlin Archiv der Max-­Planck-­Gesellschaft (AMPG) AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1009/3 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1716 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1717 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1718

Quellenverzeichnis  I  345

AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1719 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1720 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1721 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1722 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 1724 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 2789 AMPG, Abt. I, Rep. 1a, Nr. 2845/1 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Kasten allgemein 3 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 339 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 81 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 340 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 341 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 343 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 346 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 347 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 348 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 349 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 350 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 351 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 353 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 354 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 357 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 358 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 359 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 360 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 361 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 362 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 363 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 519 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 605 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 625 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 626 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 627 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 628 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 629 AMPG, Abt. I, Rep. 6, Nr. 630

Archiv des Deutschen Archäologischen Instituts, Zentrale Berlin (DAI Berlin, Archiv) Biographica-­Mappe Bernhard von Tieschowitz von Tieschowa NL Weickert, Kasten 1

346 I Anhang

Ordner 20 – 30, Bibliothek, Rom 1936 – 1954 Bundesarchiv Berlin (BA B) BA B, 31 XX L 0061 (zitiert nach GKNS-WEL) BA B, ehem. BDC, DS G 0126 BA B, ehem. BDC, PK, D 0342 BA B, ehem. BDC, RK D 0059 BA B, ehem. BDC, RK I 0316 BA B, ehem. BDC, REM, DS A 0065 BA B, NS 8/243 (zitiert nach Doll 2003, S. 991, Anm. 49) BA B, NS 8/260 BA B, NS 15/27 BA B, NS 15/122 BA B, NS 15/256 BA B, NS 21/56 BA B, NS 22/689 BA B, R 2/4780 BA B, R 2/4869 BA B, R 2/12022 BA B, R 55/1475 BA B, R 55/1476 BA B, R 55/23694 BA B, R 56 I/44 BA B, R 58/2693 BA B, R 601/1816 BA B, R 1501/5138 BA B, R 1501/5139 BA B, R 1501/5140 BA B, R 4901/5138 BA B, R 4901/12271 BA B, R 4901/14064 (zitiert nach GKNS-WEL) Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv, Bibliothek, Signatur: 08 C 71 Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes (PA AA) PA AA, Büro des Staatssekretärs, Akten betr. Italien, Bd. 17 (zitiert nach der Kopie im CSD RSI Salò, Archivio Duilio Susmel, Fascicolo Vari 5 [B 5 F 791]) PA AA, B 86/841 PA AA, B 95/645 – 654 PA AA, B 95/973

Quellenverzeichnis  I  347

PA AA, B 95/987a PA AA, Personalakte Nr. 13107, Scheibert PA AA, Personalakte Nr. 58609, Tieschowitz PA AA, Personalakte Nr. 58610, Tieschowitz PA AA, Personalakte Nr. 59905, Metternich PA AA, Personalakte Nr. 59907, Metternich, Bd. 2 PA AA, Pol. Abt. II/Italien Politik 2, Bd. 8 (verwiesen nach Kube 1987, S. 36) PA AA, R 27267 (zitiert nach Michels 1998, S. 13 – 14) PA AA, R 27352 PA AA, R 60608 (zitiert nach Michels 1998, S. 15 – 16) PA AA, R 61087 PA AA, R 61087a PA AA, R 61097 PA AA, R 61261 PA AA, R 61441 PA AA, R 61444a PA AA, R 64032 PA AA, R 65172 PA AA, R 67673 PA AA, R 78099 PA AA, Rom Geheim, 75 (zitiert nach Petersen 1988, S. 62) PA AA, Rom Quirinal Geheim, 35 PA AA, Rom Quirinal, 1322a PA AA, Rom Quirinal, 1322b PA AA, Rom Quirinal, 1376/4 PA AA, Rom Quirinal, 1390b PA AA, Rom Quirinal, 1392b, Mappe 1392b/1 PA AA, Rom Quirinal, 1392b, Mappe 1392b/2 PA AA, Rom Quirinal, 1392b, Mappe 1392b/3 PA AA, Rom Quirinal, 1403b, Bd. 2 PA AA, Rom Quirinal, 1405b, Bd. A‒L PA AA, Rom Quirinal, 1408b, Mappe 1408b/2 PA AA, Rom Quirinal, 1408b, Mappe 1408b/3 PA AA, Rom Quirinal, 1416 PA AA, Rom Quirinal, 1560 PA AA, Rom Quirinal, 1561 PA AA, Rom Vatikan, 996 PA AA, Rom Vatikan, 998 PA AA, Rom Vatikan, 1000

348 I Anhang

Universitätsarchiv der Humboldt-­Universität (UA HUB) UA HUB, UK PA H 297, Bd. 2 (verwiesen nach GKNS-WEL) UA HUB, UK PA H 297, Bd. 3, Bl. 2 (zitiert nach Schaeff 2005, S. 207) UA HUB, UK PA H 297, Bd. 3 Bl. 19 (zitiert nach GKNS-WEL) Zentralarchiv der Staat­lichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz SMB-ZA, I/VKI 29, Bd. 2 (verwiesen nach Hubert 1997, S. 58 und 60) SMB-ZA, I/NG 1260 SMB-ZA, III/VKI 3 SMB-ZA, III/VKI 22 SMB-ZA, III/VKI 23 SMB-ZA, III/VKI 27 SMB-ZA, III/VKI 34

Düsseldorf Landesarchiv Nordrhein-­Westfalen (LAV NRW) NW 1012 Nr. 10378 (Spruchkammerakte Werner Haftmann)

Eiterfeld Familienarchiv Evers (FA Evers) E1 E 11 E 16 Transkript: Aus Briefen an Sibylle Evers: Fahrt nach Italien und erste Tage Transkript: Lebenslauf 1945

Freiburg im Breisgau Bundesarchiv-­Militärarchiv (BA MA) BA MA, RH 24 – 14, Bd. 81 BA MA, RH 3/154 BA MA, RH 3/155

Hannover Niedersächsisches Landesarchiv – Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv (NdsHStA) NdsHStA, Nds. 171 Hannover 19132 NdsHStA, Nds. 171 Hildesheim 10935 NdsHStA, Nds. 171 Hildesheim 63740

Karlsruhe Generallandesarchiv Karlsruhe

Quellenverzeichnis  I  349

GLA 441 Zug. 1981/70, Nr. 378 (gemäß freund­licher Mitteilung von Tessa Rosebrock)

Koblenz Bundesarchiv Koblenz (BA K) BA K, B 106/33079 BA K, B 106/33157 BA K, B 120/573 BA K, B 120/578 BA K, B 120/630 BA K, B 120/652 BA K, B 323/441 – 452, verwiesen nach Grimsted 2011, S. 214 BA K, N 1336/226 BA K, N 1573/3 BA K, N 1573/4

Ludwigsburg Landesarchiv Baden-­Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg EL 903/2 Bü 948

München Akademie der Bildenden Künste München Registratur, III.1.18 Lehrstühle Berufungen 1949 – 1958, Verhandlungen Generalsekretär Dr. Haftmann – Prof. Dr. Schmid Bayerisches Hauptstaatsarchiv (BayHStA) MK 44186 MK 44309 MK 44787 MK 60502 MK 60509 MK 60539 FA Hanfstaengl Aufstellung für die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mit Nachweisen für „Lücken“ der Beschäftigungszeiten, 20.9.1974 Ausweis, von Frodl in Klagenfurt am 2.11.1943 unterzeichnet „Bestätigung“ Frodl, 29.12.1960 „Bestätigung“ Lill, 11.2.1947 Erika Hanfstaengl, privater Brief, 12.11.1943 Frodl an Erika Hanfstaengl, 2.10.1943

350 I Anhang

Institut für Zeitgeschichte, Archiv ED 108, Bd. 1 MA 332 (Korr. RFSS – HSSPF Italien)

Vernehmungsprotokoll Walter (auch: Walther) Wüster 1947 (http://www.ifz-­muenchen.de/ archiv/zs/zs-1596.pdf ) Monumenta Germaniae Historica Archiv (MGHA) B 704 I 2 NL Bock, Nr. 155 NL Bock, Nr. 156 NL Bock, Nr. 157 Staatsarchiv (StA M) SpkA K 699 Heydenreich, Ludwig SpkA K 262 Degenhart, Bernhard Universitätsarchiv (UAM) O-XIV-511 Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Altregistratur (ARZI) Konvolut Heydenreich, Box 1 (Briefe) Konvolut Heydenreich, Mappe 19, Italienreisen 1942 Konvolut Heydenreich, Mappe 20, Italien 1942 Konvolut Heydenreich, Mappe 21, Korrespondenz Kunsthistor. Institut Florenz 1944 Konvolut Heydenreich, Mappe 22, Kunsthistorisches Institut Florenz 1944 – 1945 Konvolut Heydenreich, Mappe 23, Prof. Heydenreich, 1944 – 1945 Konvolut Heydenreich, Mappe 24, Kunsthistorisches Institut Florenz, Kunstschutz, 1944 – 1945 Konvolut Heydenreich, Mappe 26, Kunstschutz, Presse Konvolut Heydenreich, Mappe 28, MFAA, 1945 – 1947 Konvolut Heydenreich, Mappe 29, Kunstschutz, Appell Deutscher Kunsthistoriker 1949 gegen Truman / Ital. Reaktion/Protest / Deu. Reaktion auf Ital. Reaktion Konvolut Heydenreich, Tagebuch bzw. Journal, 29.7.‒17.10.1944 Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Bibliothek (Gebundene Typoskripte und/oder extrem seltene Publikationen) XI 20/15 XI 24/10 R XI 24/23 R XI 26/14 XI 27/10 R

Quellenverzeichnis  I  351

XI 27/20 R XI 27/22 R

Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek Bildnachlass Oertel

Nürnberg Deutsches Kunstarchiv, Germanisches Nationalmuseum (DKA, GNM) Nachlass Kurt Bauch, IA 3 Nachlass Kurt Bauch, IC 8 Nachlass Kurt Bauch, IC 12 Nachlass Kurt Bauch, IC 41 ZR ABK 3397, Best. Nr. 1147

Stuttgart Kunstarchive der Staatsgalerie Stuttgart, Archiv Will Grohmann AWO 117, Mappe 3 (freund­liche Mitteilung von Andrea Bambi)

Wiesbaden Privatarchiv Körte

Frankreich Archives Nationales Paris AJ 40/ 444 (zitiert nach http://www.ihtp.cnrs.fr/prefets/fr/content/lagebericht-­juni-1944-mbf) AJ 40, 573/3 (zitiert nach GKNS-WEL)

Centre historique des archives du Service historique de la Défense, Département des archives définitives, archive du service secret, Paris (ASS, Paris) Dossier P 310969 (Metternich) Dossier P 310970 (Mohnen)

Großbritannien Imperial War Museum, London FO 647, Kesselring Trial vol. 5 (verwiesen nach Herde 2001, S. 109 – 112)

352 I Anhang

Italien Florenz Archiv des Kunsthistorischen Instituts Florenz – Max-­Planck-­Institut (Archiv KHI) KHI A I, 22, Korr. 1937 – 1940, Mappe A‒B KHI A I, 22, Korr. 1937 – 1940, Mappe C‒O KHI A I, 22, Korr. 1937 – 40, Mappe A‒B KHI A I, 22, Korr. 1937 – 40, Mappe C‒O KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 43), Mappe C KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 43), Mappe P‒Q KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 44), Mappe B KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 44), Mappe D‒E KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 44), Mappe F, G KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 44), Mappe G KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 44), Mappe J‒K KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 44), Mappe M‒N‒O KHI A I, 26 (Korr. 1941 – 44), Mappe P‒Q KHI E 1, 14 (Korr. der Photothek) KHI, F I, 15 (Korr. der Photothek) Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Dienstanweisungen“ Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Korrespondenz Dr. Langsdorff“ Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Kriegbaum – Heydenreich PK“ Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Langsdorff, Soggetti Speciali“ Ordner „Langsdorff, Soggetti Speciali“, Mappe „Privatkorrespondenz Prof. Heydenreich“ Varia I, Kunstschutz Varia I, Kunstschutz Berichte Varia I, Praktischer Kunstschutz Siena Pisa Varia II, Praktischer Kunstschutz Varia II, Praktischer Kunstschutz, Mappe „Kunstschutz Rückstellungen“ Varia III, Berichte Evers Varia III, Karton Presse/Bilder Varia III, Kunstschutz Varia III, Mappe „Kriegbaum Heydenreich Florenz 1943/44“ Varia III, Mappe „Kunstraub“ Varia III, Mappe „Verschiedene Städte / Pisa, Lucca, Livorno“ Varia III, Mappe „Zeitungsausschnitte“ Archivio Siviero in der Accademia delle Arti del Disegno (ASAAD) Ordner Copie Documenti Tedeschi (1), Mappe „Esportazione in Svizzera di un dipinto della Signora Emma Jeker“

Quellenverzeichnis  I  353

Ordner Copie Documenti Tedeschi (1), rote Mappe Ordner Copie Documenti Tedeschi 1bis, Mappe „Verona“ Ordner Copie Documenti Tedeschi (3), Mappe „Collezioni“ Ordner Copie Documenti Tedeschi (3), rote Mappe „1943“ Ordner Copie Documenti Tedeschi (3), rote Mappe „Collezioni Kress Loeser Voigt B ­ erenson Fedele“ Polo Museale della Città di Firenze, Archivio Storico delle Gallerie Fiorentine, Archivio Giovanni Poggi (Archivio Poggi) Serie VII, Nr. 146, Mappe 87

Grosseto Archivio di Stato di Grosseto Nuovo Deposito dell’Archivio Storico Postunitario del Commune di Grosseto (1860 – 1963), Serie VI, Nr. 31, Cat. IX Serie XVIII Leva e truppa f ) 4, Rifugio publico antiaerea (1910 – 1945) Serie XVIII Leva e truppa f ) 12 Giro d’aereo d’Italia […] propaganda antiaerea (1930 – 1940) (nur Konsultation der Findbücher in situ)

Rom Archivio Centrale dello Stato (ACS) AABBAA, Divisione 1, busta 125, Personale cessato al 1956 (ediert im Anhang von Rinaldi 2010a, S. 127 – 129) AABBAA, Divisione II, 1934 – 40, busta 122, fascicolo 47/2 AABBAA, Divisione II, 1940 – 45, busta 1, fascicolo 3 AABBAA, Divisione III, 1929 – 1960, busta 257 AABBAA, Divisione III, 1940 – 1960, busta 258bis ACC, Roll 253 A Fasc. 8912.152 (ediert von Gencarelli 1979, S. 129 – 139) Ministero dell’Interno, Pubblica Sicurezza, II. Guerra Mondiale, A 5 G, busta 130, fasc. 120 Ministero dell’Interno, Pubblica Sicurezza, II. Guerra Mondiale, A 5 G, busta 139, fasc. 179 Archiv der Commissione Interministeriale per il Recupero d’opere d’arte (CIR) 235, Luglio 1944 236, Giugno 1943 236, Gennaio 1944 236, Marzo 1944 236, Aprile 1944 236, Maggio 1944 236, Giugno 1944 237, Ottobre 1944

354 I Anhang

238, Mappe „Kunstschutz“ 238, Mappe „LV“ Archiv des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom (ADAIR) Sequesterakten 1943 – 1954, Kunstschutz in Rom und Italien, 1943 Archiv des Deutschen Historischen Instituts (DHI Rom, Archiv) N 7 (NL Wolfgang Hagemann): Nr. 307, 308, 309, 310, 311, 313 N 9 (NL Gerhard Wolf ): Nr. 1, 4, 5, 6, 7, 8, 14, 20, 25, 28 N19 (NL Fritz Weigle): Nr. 3 Archivio Storico del Ministero degli Affari Esteri (ASMAE) Affari Politici 1931 – 1945 (verwiesen nach Klinkhammer 1992, S. 493) British School at Rome, Archiv (BSR) War Damage Collection, Docs, Box E

Salò Centro Studi e Documentazione sul Periodo Storico della Repubblica Sociale Italiana (CSD RSI Salò) Archivio Duilio Susmel, Fascicolo Vari 5 (B 5 F 791)

Österreich Archiv des Kunsthistorischen Museums Wien (KHM-Archiv) III 1321 (durch freund­liche Vermittlung von Meike Hopp) III 2308 (durch freund­liche Vermittlung von Meike Hopp) Universitätsarchiv Wien UA Wien, PH PA 1849 Haftmann, Werner-­Gustav

Österreichisches Staatsarchiv / Archiv der Republik Wien (ÖStA/AdR) GD ÖS tA 2.817/1942, Konvolut Organisatorische Neueinrichtung (zitiert nach Hutterer, Just 2007, S. 324)

Quellenverzeichnis  I  355

Schweiz Familienarchiv Langsdorff Transkription „Kunstschutz in Italien / Italien, 1944“

Ukraine Tsentral’nyi derzhavnyi arkhiv vyshchykh orhaniv vlady ta upravlinnia Ukraïny, Kyiv (Zentrales Staatsarchiv der obersten Machtorgane und Regierung der Ukraine, Kiew) (TSDAVO) 3676/1/138 [Fond 3676, Opisi 1, Akte Nr. 138] 3676/1/149 [Fond 3676, Opisi 1, Akte Nr. 149]

USA College Park, MD National Archives and Records Administration (NARA) A3380, Microfilm Copies of Reports from the Mediterranean and European Theaters of Operations Received from the Allied Military Government, 1943 – 1946 (konsultiert via Fold3) M1944, Records of the American Commission for the Protection and Salvage of Artistic and Historic Monuments in War Areas (The Roberts Commission), 1943 – 1946 (konsultiert via Fold3) M1947, Records Concerning the Central Collecting Points („Ardelia Hall Collection“): Wiesbaden Central Collecting Point, 1945 – 1952 (konsultiert via Fold3) Record Group 239, Box 238, verwiesen nach Feliciano 1998, S. 141 Record Group 331, Box 325, verwiesen nach Feliciano 1998, S. 141

Los Angeles, CA Getty Research Institute, Special Collections Alois Schardt papers, Accession number 910172, Box 1, Folder 11 Harald Keller papers, 1929 – 1990, Collection number 920043

Washington, D. C. De Felice Archive, Georgetown University Library De Felice Archive – Microfilmed papers of Count Dino Grandi, Georgetown University Library, Washington, D. C., Rolle 9 (gemäß freund­licher Mitteilung von MacGregor Knox) Library of Congress, Prints & Photographs Division LOT 8432

356 I Anhang

8.3 Literaturverzeichnis Abel, Esther: Peter Scheibert – ein Osteuropahistoriker im „Dritten Reich“, unveröff. Magister-­Hausarbeit im Fach Osteuropäische Geschichte, Universität Gießen, Marburg/­ Gießen 2007 (Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv, Bibliothek, Signatur: 08 C 71; Donum Februar 2008). Abel, Esther: Peter Scheibert – ein Osteuropahistoriker im „Dritten Reich“, in: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas, Bd. 60, 2012, Heft 1, S. 78 – 106. Abel, Esther: Kunstraub – Ostforschung – Hochschulkarriere. Der Osteuropahistoriker Peter Scheibert. Paderborn 2016. Akten zur deutschen auswärtigen Politik 1918 – 1945. Aus dem Archiv des Auswärtigen Amtes, Serie E, Bd. VII (1. Oktober 1943 bis 30. April 1944). Göttingen 1979, http://nbn-­resolving. de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00049957 – 5 [Zugriff am 1.11.2017]. Alavarez, David/Graham, Robert A.: Nothing sacred. Nazi espionage against the Vatican 1939 – 1945. London/Portland, OR 1997. Alford, Kenneth: The Spoils of World War II. The American Military’s Role in the Stealing of Europe’s Treasures. New York 1994. Alford, Kenneth: Nazi Plunder. Great Treasure Stories of World War II. New York 2003. Alford, Kenneth: Allied Looting in World War II. Thefts of Art, Manuscripts, Stamps and Jewelry in Europe. Jefferson, NC 2011. Allais, Lucia: Will to War, Will to Art: Cultural Internationalism and the Modernist A ­ esthetics of Monuments 1932 – 1964, unveröff. Diss. Massachusetts Institute of Technology, September 2008. Arend, Sabine: Albert Erich Brinckmann (1881 – 1958), in: Kunst und Politik. Jahrbuch der Guernica-­Gesellschaft, Bd. 5, 2003, S. 123 – 142. Arend, Sabine: GKNS -WEL  – Geschichte der Kunstgeschichte im Nationalsozialismus. Ein Datenbankprojekt im Internet, in: kritische berichte, Bd. 34, 2006, Nr. 1, S. 82 – 85. [Arend 2009a] Arend, Sabine: Studien zur deutschen kunsthistorischen „Ostforschung“ im Nationalsozialismus. Die Kunsthistorischen Institute an den (Reichs-) Universitäten Breslau und Posen und ihre Protagonisten im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik, Diss. HU zu Berlin 2009, http://edoc.hu-­berlin.de/18452/16871 [Zugriff am 1.11.2017]. [Arend 2009b] Arend, Sabine: The Art History Section of the Institut für Deutsche Ostarbeit in Occupied Cracow (1940 – 1945), in: Centropa. A Journal of Central European Architecture and Related Arts, Bd. 9, 2009, Heft 3, S. 209 – 221. Ash, Mitchell: Wissenschaft und Politik als Ressourcen für einander, in: Rüdiger vom Bruch, Brigitte Kaderas (Hrsg.): Wissenschaften und Wissenschaftspolitik. Bestandsaufnahmen zu Formationen, Brüchen und Kontinuitäten im Deutschland des 20. Jahrhunderts. Wiesbaden 2002, S. 32 – 51.

Literaturverzeichnis  I  357

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404 I Anhang

9. Register Abel, Esther  11, 172 – 175, 177, 198 – 199, 201 Adenauer, Konrad  7, 336 Aetius, Flavius  120 Alfieri, Dino  58 Alighieri, Dante  57 Alquen, Gunter d’  313 Aly, Götz  330 Andrae, Alexander  149 Angerer, Josef  229 – 230 Anti, Carlo  33, 187, 225, 251, 264, 266, 268 – 269, 272 Argan, Carlo Giulio  109, 158 – 160, 187, 188, 196 – 198, 207, 210, 334 Ash, Mitchell  9 Aurenhammer, Hans  179 Aurigemma, Salvatore  227 Auriti, Giacinto  86 Bachstitz, Kurt Walter  127 Badoglio 161 Baldoli, Claudia  26 Balfour, Ronald  18 Bambi, Andrea  180 Bange, Ernst Friedrich  231 Bange, Ernst Friedrich  267 Barlach, Ernst  252 Baroni, Constantino  318 Baroni, Nello  211, 296, 318 Bartoli, Alfonso  160 Bassani, Gerolamo  80, 84 Battelli, Giulio  162, 171, 185, 214, 222 – 223 Bauch, Kurt  38, 67, 134, 211 Beck, Oskar  290 Becker, Ernst  293 Becker, Maximilian J.  164, 178, 180, 205 Behr, Kurt von  321 Beilhack, Hans  140, 153 Bellini, Gentile  86 Bellotto, Bernardo  88 Benedettino, Vincenza  179

Berenson, Bernard  70 – 72, 96, 159, 229, 231 – 232, 276 – 278, 315, 317 – 319, 323, 337 Berger, Ernst Eduard  61, 79, 81 – 82, 115 Bernholz, Charles  24 Bertini Calosso, Achille  334 Carducci, Carlo  334 Berve, Helmut  48 Best, Werner  112, 138, 213, 248, 250 Bestmann, Walter  286 Bianchi Bandinelli, Ranuccio  59, 60 – 62, 159, 235, 318 Bianconi, Fulvio  48 Bigarts, Homer  309 Biggini, Carlo Alberto  61, 115, 197 – 198, 207, 226, 266, 268 – 269 Biscottini, Umberto  225 Bissing, Friedrich Wilhelm Freiherr von  31, 73, 231, 289 Bittner, Ludwig  144 Blahut, Theodor  46 – 47, 304 Blau, Albrecht  78 Blümel, Carl  162, 201 Bobrowski, ?  178 Bocconi, Settimo  160 Bock von Wülfingen, Ordenberg  42 Bock, Friedrich  104, 238, 275 Bode, Wilhelm von  65 Bollmus, Reinhard  143 Bonaparte, Napoleon  13, 128, 263 Bormann, Martin  101, 220, Bottai, Giuseppe  54, 58, 60, 187 Botticelli, Sandro  136, 182 Boucher, François  88 Brandi, Cesare  61, 118, 158, 160 Brandi, Karl  51 Brandt, Christa  119 Bredekamp, Horst  98 Bredow, Ferdinand von  93 Breitenbach, Edgar  336 Brinckmann, Albert Erich  38, 50

Brinkmann, Carl  80 Bruckmann, Hugo  49 Brües Otto  308 Brüggisser, Kurt  308 Bruhns, Leo (eigentlich Leopold Paul)  51 – 52, 87, 89 – 90, 94 – 101, 104 – 111, 117 – 121, 157, 160, 169, 184 – 185, 209, 219 – 220, 251 – 252, 267, 281, 294 – 295, 313, 316, 332 – 333 Brunner, Filippo  286 Brusin, Giovanni Battista  286 Bucarelli, Palma  191, 193, 195 Buchheim, Lothar-Günther  314 Buchner, Ernst  180, 232, 296 Buffarini Guidi, Guido  58 Buhse, Karl-Heinrich  125 Bunjes, Hermann  136, 252, 321 Buonarroti, Michelangelo  68, 90, 97, 182, 274 Buschor, Ernst  143 Butz, Herbert  292 Calza, Guido  187, 212 Caraffa, Costanza  72 Carlesi, Andrea  36 – 37 Casella, Gasparo  89 Cassirer, Ernst Alfred  317 Cézanne, Paul  316 Chierici, Gino  211, 294 Cianfarani, Adriano Chiodi  30 Ciano, Galeazzo  58, 60 Clark, Kenneth  262, 310, 317 Classen, Peter  176 Clauss, Ludwig Ferdinand  51 Clemen, Paul  111, 123 – 126, 155, 160, 161 Clooney, George  25 Coccoli, Carlotta  37 Confalonieri, Carlo  222 – 223 Conrad, Walter  55, 64 Contini Bonacossi, Alessandro  88, 89 Cooper, Douglas  180, 182 – 183 Cott, Perry B.  309, 315 Cranach, Lucas d. Ä.  269, 325, 332 Croce, Benedetto  171 Crous, Jan Willem  164, 185 – 186, 199, 205, 316 Cürlis, Hans  76 Curtius, Ludwig  185

406 I Register

D’Annunzio, Gabriele  79 Dainelli, Giotto  66 Dall’Ora, Sammlung  90 Daluege, Kurt  244 De Angelis d’Ossat, Guglielmo  196, 207 De Rinaldis, Aldo  160, 191 De Ruggiero, Guido  205 De Tomasso, Michele  158, 194 Degenhart, Bernhard  87, 104, 108, 211, 214, 279 Deichmann, Friedrich Wilhelm  164, 181, 184 – 187, 199, 205, 316 Desiderio da Settignano  86 DeWald, Ernest Theodore  182 – 183, 315 – 316 Diamare, Gregorio  178 Dietrich von Bern  244 Dilly, Heinrich  37 Dipper, Christof  30 Dix, Otto  335 Doerrschuck, Hubert  127 Dollmann, Eugen  27 – 28, 159, 193 Domes, Alfred  268 Donatello, Donato di Niccolò di Betto Bardi, gen. 182 Dresler, Adolf  48 – 49 Dürer, Albrecht  89, 100, 105, 274 – 275, 295 Dussler, Luitpold  322 Duveen, Gebrüder (Firma)  165 Eberlein, Kurt Karl  86 Edsel, Robert M.  22 – 26 Ehring, Georg  222 Ehrt, Adolf  94 Eichmann, Adolf  252 Eichwede, Wolfgang  133 Einem, Herbert von  308 Elling, Georg  174, 196 Engel, Friedrich  227 Erdtelt, Alois  296 Ermert, Wilhelm Gustav  208 Esser, Hermann  105, 133 – 134 Esser, Karl-Heinz  167, 168 Etzdorf, Hasso von  78 Evers, Hans Gerhard  9 – 10, 17, 25, 33, 42, 84, 130, 133, 135, 138, 154 – 156, 158, 170, 182 – 184, 198 – 201, 207, 212, 214, 218, 219, 221 – 231,

236 – 238, 242, 251 – 252, 258, 260 – 261, 265, 271, 274, 279, 280, 282, 284, 288, 294, 296 – 297, 299, 300 – 302, 304, 309 – 310, 316, 324, 327, 331, 334, 337 Evers, Karsten  131 Evers, Sibylle  17, 182, 218 Evola, Julius Baron  51 Eyck, Jan van  154 Fanslau, Heinz  144 Farinelli, Arturo  109 Fasola, Cesare  323 Fedele, Pietro  222 Fegers, Hans  52 Fehl, Philipp  9 Fehr, Hubert  125 Feliciano, Hector  188, 190 Feuerbach, Anselm  297 Fichte, Johann Gottlieb  57 Filangieri, Riccardo  169 Fischer, Alfred  117, 121 Flanner, Janet  180 – 181, 324 Fra Beato Angelico  168 Franchi, Elena  37 Frank, Christoph  38, 132 Frank, Walter  9, 62, 102 Frankl, Paul  164 Franz, Heinrich Gerhard  108 Freitag, Gabriele  34 Fremersdorf, Fritz  289 Frey, Dagobert  9, 96, 101 Frey, Hermann-Walther  76 Freyhold, Rudolf von  86 Frick, Wilhelm  73, 247, 249 – 250, 255, 256 Friedländer, Max J.  211 Frodl, Walter  70, 282 – 286 Frodl-Kraft, Eva  70, 140, 280, 284 – 285, 293 Fuchs, Siegfried  48, 199 Fuhrmann, Heinrich  164, 185 – 186, 205 Gabetti, Giuseppe  48, 109 Garinei, Sylvia  255 Gaudenzi, Bianca  39 Gehrig, Oskar  200 George, Stefan  103 Gerkan, Armin von  162 – 163, 186, 199, 293

Ghibaudi, Cecilia  37, 272 Giesler, Hermann  86, 233 Gilberti, Marchese  90 Gilles, Werner  86, 87 Giorgione, Giorgio da Castelfranco, gen.  90 Giotto di Bondone  262 Gittermann, John  125 Glum, Friedrich  99 Goebbels, Joseph  58, 62, 94, 100, 129 Goering, Max  106, 107, 158 Goethe, Johann Wolfgang von  103 Gogh, Vincent van  316 Goldberg, Josef  179 Goldhahn, Almut  72, 255 Goldschmidt, Adolph  96 Goldschmidt, Adolph  96, 317, 319 Göpel, Erhard  210, 335 Göring, Hermann  8, 18, 39, 60, 86, 88, 93, 153, 164, 168, 181, 190, 196, 229, 252, 309, 316 Goya, Francisco de  297 Grandi, Dino  159 Grimm, Alfred  289 Grisebach, August  37 Grohmann, Will  180 Grokenberger, Otto  281 Gross, Werner  42 Grosz, George  335 Gründgens, Gustav  82 Grünewald, Hans  165 Gundolf, Friedrich  259 Günther, Margot, geb. Hornig  29, 34, 321 Gussone, Karl  327 Gustaitis, Rasa  336 Gutschow, Konstanty  86 Gutterer, Leopold  129 Guyer, Samuel  65 Haas, Dr.  196, 208 Haase, Günther  35 Haftmann, Werner  48, 55, 57, 59, 68, 96, 164, 178 – 180, 200, 276 – 278, 334 Hagemann, Wolfgang  29, 31, 42, 163, 169 – 170, 188, 195, 205 – 207, 217 – 218, 241, 251, 273, 279, 290, 325 – 327, 331 – 332 Halem, Gustav Adolph van  80, 227

Register  I  407

Halm, Peter  213 – 217, 288, 297 Halm, Philipp Maria  213 Hamann, Richard  38, 101, 179, 288 Hampe, Roland  125 Hanfstaengl, Erika  33, 42, 226, 281 – 288 Haniel, Ellen  279, 280, 281, 283 Harder, Richard  149 Harmsen, Hans  246 Hartlaub, Gustav Friedrich  335 – 336 Hartmann, Uwe  17 Hartmann, Waldemar  98, 100 Hartt, Frederick  323 Haseloff, Arthur  51, 72 – 73 Hassell, Ulrich von  98, 99 Hausenstein, Wilhelm  7 Heidegger, Martin  67 Heigl, Paul  285 Heiland, ?  335 Hentzen, Alfred  167 Herde, Peter  170 – 171 Hertz, Henriette  94, 110 Herzberg, G.  215 – 216, 297 Herzfeld, Ernst  246, 253 – 254 Heslow, Grant  25 Heß, Rudolf  58, 62, 94, 246 Hetsch, Rolf  129, 253 Hetzer, Theodor  313 Heuß, Anja  134, 153 Heydenreich, Elisabeth  79 Heydenreich, Ludwig Heinrich  29, 33, 35 – 36, 42, 64, 65, 72, 74 – 82, 84 – 85, 87, 89, 107, 115, 150, 157, 160, 169, 182, 201, 210 – 216, 227, 229 – 237, 251 – 252, 258, 262, 265 – 269, 271 – 274, 277 – 278, 282, 289 – 290, 294, 296 – 297, 300 – 302, 305 – 309, 311, 315 – 320, 322 – 327, 330, 333 – 334, 336 Heydrich, Reinhard  244, 256 Heydt, Eduard Freiherr von der  291 Heydte, Friedrich August Freiherr von der  29 Hiecke, Robert  154 – 155 Hiller von Gaertringen, Julia  146 – 149 Himmler, Heinrich  58, 62, 126, 177, 193, 232, 241, 243, 244, 246, 250, 252, 256, 264, 269, 270, 272, 283, 300

408 I Register

Hitler, Adolf  8, 12 – 13, 25, 47, 54, 55, 57 – 58, 60, 62 – 64, 70 – 71, 74, 86, 88, 90, 93 – 94, 98 – 99, 119, 136, 140, 153, 154, 177, 197, 198, 211, 225, 246, 249, 264, 266, 269, 284, 293, 309, 311 Hocke, Gustav René  46, 193, 194 Hockerts, Hans Günther  14 Hofacker, Emanuel  35 Hofer, Franz  264, 269 Hofer, Walter Andreas  88, 181, 191 Hoffend, Andrea  45, 49 Hoffmann, Heinrich  189 Höhn, Reinhard  249, 250 Holst, Niels von  38, 85, 131 – 132, 247 Holste, Friedrich  142, 143 Holzinger, Ernst  292 Hopp, Meike  88, 92, 254 Hoppenstedt, Werner  49, 51, 54, 82, 92 – 94, 99, 109 – 112, 115 – 116, 191, 219 – 220 Hornig, Margot  29, 34 Hotz, Karl  28 Hotz, Walter  113, 311 – 312 Hoyos, Alice  292 – 293 Hubert, Hans W.  41, 55, 70 – 71, 76 Huchthausen, Walter  18 Imorde, Joseph  21 – 22, 68, 97 Jacobsthal, Paul  246, 254 Jahn, Johannes  313 Janson, Horst W.  76 Jantzen, Hans  101, 110, 280 Jantzen, Ulf  149 Jedin, Hubert  171 – 172 Jeker, Emma  225 Junker, Ernst  115 Kähler, Heinz  143 Kahsnitz, Rainer  11, 13 Kappler, Herbert  174 – 175, 189, 193 Karl Martell  120 Kasparek, ? (Fotograf )  311 Kater, Michael H.  143 Kaufmann, Hans  328, 329 Keller, Deane  24 – 25, 207, 315, 318 Keller, Harald  94, 133 – 134 Keller, Ulrich  134 Kershaw, Ian  12

Kessel, Albrecht von  171, 186 Kesselring, Albert  163, 169 – 170, 183 – 184, 188, 192, 206 – 207, 209, 217, 325, 331 Kienle, Dela  35 Kienlechner, Susanne  210, 355 Kieven, Elisabeth  92 Kirchheim, Sara  255 Kirsten, Ernst  146 Klein, Otto  134 – 135, 142, 333 Kletzl, Otto  50 Klinkhammer, Lutz  17, 23 – 24, 34, 172, 221, 278, 301, 307 Knapp, Andrew  26 Knigge, Jobst  200 Knoch, Habbo  314 Knoche, Alfred  80 Knopp, Guido  70 Knox, MacGregor  159 Koenig, Franz  135 Koenig-Warthausen, G. Freiin von  48 Koetschau, Karl  101 Kohlhaussen, Heinrich  126, 132, 150, 204 – 205, 320 Konradin (Konrad II.), König von Sizilien und Jerusalem 173 Kontny, Katharina Maria  215 Korff, Gottfried  8 Körte, Arnold  67, 134 Körte, Werner  42, 67 – 69, 94, 110, 134 Kott, Christina  31, 33 – 34, 125, 139 – 140 Kraiker, Wilhelm  146, 149 – 150, 204, 298 Krallert, Wilfried  175 Krapf, Dr.  221 Krapf, Josef  221 Krapf, Wilhelm  221 Krautheimer, Richard  37, 310 Krell, Max  70 – 71 Kriegbaum, Friedrich  54 – 55, 57, 59 – 68, 70 – 74, 76 – 77, 84, 86, 88 – 89, 96 – 97, 108, 156, 160, 179, 192, 208, 210 – 211, 231, 277 – 278, 289, 333 Kröger, Martin  254 Krümmer, Ewald  78 Kubin, Ernst  23, 26, 35 Kuetgens, Felix  127, 129

Kuhr-Korolev, Corinna  41, 133 Kümmel, Otto  128, 201, 252, 291 Kummer, Stefan  29 Kynast, Karl  255 Lamb, Carl  82 – 83, 108 Lambourne, Nicola  26 Landt, Erhard  76 Lanfranchi Albuzio, Familie  90 Lang, Gottfried  42, 185, 237 – 238, 271, 275 Langsdorff Claus, Mareile  259 Langsdorff, Alexander  23, 33, 42, 124, 132, 138, 143, 155, 157 – 158, 163, 182, 199 – 200, 204, 218, 223, 225 – 226, 230, 233 – 236, 238, 242 – 279, 282, 286, 289, 291 – 294, 297, 299 – 302, 304 – 305, 307, 311, 313, 315 – 316, 318, 324 – 325, 331 – 332, 337 Langsdorff, Marlis  246 Lauterbach, Iris  42, 315 Lavagnino, Emilio  162, 188 – 189, 191 – 197, 199, 201, 207, 334 Laval, Pierre  154 Lazzari, Marino  187, 197 Lazzatto, Oskar  286 Lebedur, Friedrich von  292 Lederer, August und Serena  86 Legendre, Jean-Pierre  245 Lehmann-Brockhaus, Otto  42, 108, 179, 219, 232, 290, 316, 326 – 327 Leibl, Wilhelm  296 Lenbach, Franz von  296 Leonardo da Vinci  17, 78, 135, 249, 318 Lersch, Thomas  42 Levi, Primo  330 Lill, Georg  284 Lohse, Bruno  189, 190 Longhi, Roberto  88 Losemann, Volker  146 Lotz, Wolfgang  42, 66 – 67, 76, 86, 316, 322 – 323 Lupfer, Gilbert  40 Luther, Martin  78 Lutterotti, Andreas von  280 Lutterotti, Ludwig von  280 Machiavelli, Niccolò  57 Mackensen, August von  56

Register  I  409

Mackensen, Hans Georg von  54, 56, 58, 86, 177, 193 Magi, Filippo  184 Magugliani, Lodovico  225 Mahrad, Ahmad  253 Maiuri, Amedeo  182 Makart, Hans  54, 71 Makowski, Ernst  175 Mancini, Gioacchino  212 Manenti, evtl. Giulio  260 Mannowsky, Walter  125 Mantegna, Andrea  263 Maraviglia, Maurizio  121 Mariano, Nicky  72 Martin, Kurt  278, 297, 327, 337 Matronola, Martino  178 Matthes, Walter  261 Matz, Friedrich  146 – 147 Max, Hugo  72 Maximilian I. von Bayern  173 Mayer, Theodor  42, 232, 238 McCown, Donald E.  253 Medicus, Franz Albrecht  208, 258 Meiners, Gustav  213 Meissner, Otto  62 Mercklin, Eugen von  317 Mercurelli, Catullo  222 – 223 Merkel Guldan, Margarete  194 – 195 Merveldt, Eka Gräfin von  200 Merveldt, Hanns Hubertus Graf von  200 Möbius, Hans  138, 321 Moeller, Wolfgang  313 Moellhausen, Eitel Friedrich  27, 176, 196, 201, 205, 209 Mohnen, Wilhelm Jakob  164, 188 – 196, 199, 205 Montini, Battista (Papst Paul VI.)  184 – 185 Morassi, Antonio  268, 334 Morath, Hans  73 Morey, Charles R.  319 Morpurgo, Elio  287 Morpurgo, Enrico  286 Morpurgo, Mario  286 Moschini, Vittorio  268 Mühlmann, Kajetan  87 – 88

410 I Register

Murillo, Bartolomé Esteban  88 Müseler, Wilhelm  288 Müssigbrodt, Fritz  248 Mussolini, Arnaldo  79 Mussolini, Benito  37, 54, 57 – 58, 60 – 62, 71, 79, 81, 84, 110, 116, 118, 159, 161, 177, 180, 192, 244, 272, 277 Nannen, Henri  98, 311 – 314 Neef, Dr., Sammlung  298 Neumann, Günther  110 Nezzo, Marta  24, 37 Niccoli, Raffaello  68 Nicholas, Lynn H.  24, 169, 210 Nicodemi, Giorgio  211, 224, 225 Nikolaj, Zar von Russland  173 Nikuradse, Alexander (Pseudonym: A. Sanders)  135 Noack, Werner  317 Nogara, Bartolomeo  185, 209, 334 Nöldeke, Hertha  119 Norris, Christopher  310, 317 Novotny, Fritz  179 Nuding, Matthias  200 Nussbaum, Felix  200 Oertel, Robert  59, 66, 67, 210, 211, 267, 271, 296 – 297, 316 Oettinger, Karl  292 Offner, Richard  96 Opitz, Gottfried  238, 275 Origo, Iris  16 Paatz, Walter  215 – 217, 279 Pacchioni, Guglielmo  268, 334 Paeseler, Wilhelm  108 Palavicini, ?  298 – 299 Pallottino, Massimo  185 Pannini, Giovanni Paolo  25 Panofsky, Erwin  7, 76, 79, 97, 317, 334 Panofsky, Gerda  334 Papen, Franz von  8, 93, 94 Pasquali, Giorgio  57 Pasqualini, Alessandro  105 Passavant, Johann David  57 Pastorini, Dr.  228 Perseke, Helmut  134

Peters, Ralf  311 Petersen, Dr.  328 – 329 Petersen, Jens  13, 35, 45 – 47, 55 Petropoulos, Jonathan  8, 24, 190 Pettinato, Concetto  113 Peucker, ?  134 Pevsner, Nikolaus  51 Philipp, Prinz von Hessen  93, 199, 309 Pieper, KrVR 78 Pinder, Wilhelm  10, 38, 60, 68, 75 – 77, 85, 95, 97 – 98, 101, 105 – 106, 120, 215, 280, 308, 317 Pius XII., Papst  118, 184 Planiscig, Leo  65, 88 – 89 Plaut, James S.  181 Plessen, Johann Baron von  54 Poensgen, Georg  40, 41, 215, 335 – 336 Poggi, Giovanni  31, 37, 62, 64 – 66, 231, 235, 261 – 263, 277, 309, 323 – 324 Pohl, Johannes  165 Pollak, Ludwig  93, 194 – 195 Pollitzer, Familie  286 Pontormo, Jacopo Carucci, gen.  88 Porsche, Freddy  80 Porten, Henny  255 Posse, Hans  88, 90 – 91, 271, 309 Prinzing, Albert  80, 82, 84, 111 – 112, 115 – 121, 227, 265, 302, 334 Puyvelde, Leo van  50 Rahn, Rudolf  27, 114 – 115, 145, 174, 176 – 177, 209, 218, 225, 233, 264, 270, 278, 332 Rainer, Friedrich  262 Ranieri, Ruggero  207 Rauff, Walther  227 Rave, Paul Ortwin  109 Read, Herbert  180 Reber, Gottlieb Friedrich  191 Rehse, Friedrich  140 Reidemeister, Leopold  31, 33, 236, 238, 266, 272 – 273, 290 – 292, 316, 322, 324 – 325, 327, 334 – 335, 337 Reiswitz, Johann Albrecht Freiherr von  41, 139 – 145, 204, 321 Rembrandt Harmenzs. van Rijn  182 Renoir, Jean  60

Renoir, Pierre-Auguste  316 Ribbentrop, Joachim von  47, 58, 62, 247 Riefenstahl, Leni  56 Riemenschneider, Tilmann  295 Rinaldi, Simona  37, 208, 212 – 213, 218 Ringel, Julius  149 – 150 Ringler, Josef  267, 281, 283, 316, 337 Ringler, Ursula  337 Rintelen, Enno Emil von  48 Rizzo, Babuscio  325 Robertson, Brian Hubert  159 Romanelli, Pietro  196, 207, 210 Rosemann, Rudolf  148, 155, 156, 204 Rosenberg, Alfred  101, 135, 164, 243, 247 Rosenkranz, Franz  119 Roskamp, Dietrich (Diedrich)  167, 168 Roth, Andreas  41 Rothschild, Alfons, Sammlung  86 Rotondi, Pasquale  161 – 162, 323 Rubens, Peter Paul  274 Rüdiger, Horst  115 Rüsen, Jörn  8 Rust, Bernhard  54 – 55, 64, 143, 149, 162 Salmi, Mario  72 Salomon, Richard  317 Sanpaolesi, Pietro  160, 207 Sanzio, Raffael(lo)  182, 274, 275 Sattler, Dieter  273, 325, 331 Savoy, Bénédicte  40, 143, 247 Saxl, Fritz  317 Scardamaglia, Edoardo  197 Schaefer-Rümelin (Schäfer-Rümelin), Max Otto  81, 112, 115, 174, 263, 265, 304 – 305 Schaefer-Rümelin, Ehefrau  81 Schallert, Regine  293, 307 Schede, Martin  137, 147, 162 – 163, 184, 258 Scheibert, Peter  11, 164, 169, 172 – 177, 181, 184 – 189, 196 – 201, 204 – 205, 209, 214, 219, 221 – 222 Schieder, Theodor  327, 330 Schiedlausky, Günther  333 Schlegel, Julius  164, 178, 180, 205 Schlegelmilch, Dana  245 Schlosser, Julius von  179

Register  I  411

Schmid, Jonathan  248 Schmidt, Hans Werner  293 Schmidt, M.  154 Schmiegelt-Rietig, Ulrike  41, 133 Schmitt, Otto  127 Schmundt, Rudolf  249 Schnath, Georg  248 Schoenebeck, Hans Ulrich  147 Scholz, Robert  86, 101 Schöne, Dorothea  291 Schöne, Wolfgang  13 Schrade, Hubert  38, 68, 84 – 86, 211, 216 Schramm, Percy Ernst  176, 325 – 327 Schudt, Ludwig  94, 97, 175, 185, 219, 295 Schulenburg, Werner von der  47 Schultze-Naumburg, Paul  50 Schulze-Battmann, Elfriede  144 Schürer, Oskar  50, 53, 216 Schwanke, Dr. J.  100 Schwarz, Hans-Peter  7 Schwarz, Heinrich M.  104, 108 Schweizer, ? 223 Schwerin von Krosigk, Johann Ludwig Graf  52 Schwieger, Johannes  293 Scott, Rosanne  22 Sedlmaier, Richard  106 – 107, 308 Sedlmayr, Hans  12, 38, 68, 96, 179 Seifert, Alwin  86 Senger und Etterlin, Fridolin von  178 Sepp, Theresa  297 Serlupi, Marchese  230, 231 Seyss-Inquart, Arthur  52 Siebenhüner, Herbert  29, 54, 62, 65 – 66, 68, 71, 84 – 85, 103, 201, 213, 215, 229, 231 – 233, 236 – 237, 239, 241, 252, 265, 273, 316, 327 Sieg, Ulrich  42 Sievers, Wolfram  250, 261 – 262 Simon, James  252 Siviero, Rodolfo  23 – 24, 26 – 28, 31, 35, 166, 168, 202, 205, 272, 318, 325, 331, 332, 336 Six, Franz Alfred  47, 115, 174, 204, 294 Sjöqvist, Erik  99 Smyth, Craig Hugh  318 – 319

412 I Register

Solms-Laubach, Ernstotto Graf zu  40 – 41, 134, 215 Sonnleithner, Franz von  176 Speer, Albrecht  84, 134, 255, 325 Spengler, Wilhelm  175 Spinosa, Arianna  30 Staa, Wolf Meinhard von  72, 333 Stahel, Rainer  169 Stange, Alfred  85, 86, 101 – 102, 135¬–136, 211 Starace, Achille  58 Steinmann, Ernst  41, 92 – 94 Sticker, Bernhard  176 Stieve, Friedrich (Fritz)  46 – 47, 50 Stiller, Bruno  73 Stoß, Veit  73, 100 Stoutz, Jean de  191 Strauss, Ernst  87 Swarzenski, Georg  317 Swenson, Astrid  39 Swoboda, Karl Maria  96 Telschow, Ernst  98, 116, 209, 219 Theil, Edmund  311, 313 Theoderich, König der Ostgoten/Germanen  57, 100, 244 Thoenes, Christof  74 Thorvaldsen, Bertel  173, 194 Tieschowitz von Tieschowa, Bernhard von  22, 42, 76, 127 – 130, 135, 138, 154 – 155, 161, 163, 183 – 184, 196, 199 – 200, 206 – 213, 218, 221, 258, 284, 298 – 299, 316, 321, 331, 337 Tintoretto, Jacopo  225 Toesca, Pietro  191 Trapp, Oswald Graf  283 Trenkler, Ernst  287 Treue, Wilhelm  126 Troeltsch, Ernst  139 Truman, Harry S.  326 Tschammer, Hans von  82 Tschira, Arnold  293 Turowski, Ernst  232, 241 Twardowski, Fritz von  47 Ucelli, Bruna  227 Ucelli, Guido  226 – 227 Uhl, Conrad  255 – 256

Uhl, Herbert  255 – 257 Unger, Max Ernst  164 Unverzagt, Wilhelm  139, 143 Utikal, Gerhard  167, 321 Valland, Rose  26, 136 Vannutelli, Italo  199 Vecellio, Tizian(o)  274 – 275, 297 Velichko, Elena  333 Veltheim, Herbert von  190, 194 Veneziano, Dr.  297 Ventura, Eugenio  316 Verschuer, Otmar Freiherr von  51 Vespucci, Simonetta  136 Vidau, Graf  191 Vietta, Egon  117 Vittorio Emanuele, ital. König  228 Vöge, Wilhelm  7, Vogliano, Achille  211 Volbach, Wolfgang Friedrich (Fritz)  87, 106, 188, 191 – 196 Volpi, Elia  70 Voss, Hermann  89, 107, 267, 271, 297 Waetzold, Wilhem  61 – 62, 79, 113, 317 Wagner, Richard  81 Walz, Hanne  119 Wangenheim, Konrad Freiherr von  313 Warburg, Aby  96 – 97, 317 Warburg, Erich  317 Ward-Perkins, John Bryan  286 Warnke, Martin  27, 85 Watteau, Antoine  182 Weber, Gertraud  42, 316 Weber, Konsul  80 Wedekind, Michael  78, 283, 286 Wehlte, Kurt  134 Weidemann, Hans  313 – 314 Weigert, Carl  162 Weigert, Hans  216 Weigle, Fritz  42, 104 – 105, 219, 238, 241, 275 Weihrauch, Hans Robert  215 Weizsäcker, Ernst von  162, 171, 182, 184, 191, 196, 209, 218, 260, 309 Welz, Friedrich  190 Welzbacher, Christian  39

Wenig, General  288 Wentzel, H.  132 Westphal, Helene  252 Wichert, Fritz  76 Wiegand, Eberhard  279 Wilhelm-Kästner, Kurt  217, 288 Wilke, Karl Alexander  150 Willvonseder, Kurt  142 – 143 Wimmer, Hans  82 – 84 Wittgens, Fernanda  227 Wolf, Gerhard  31, 54 – 55, 66, 70, 72, 76, 145, 180, 227, 230 – 231, 266, 268, 278, 307, 308, 316, 322, 323, 325, 332 Wolff Metternich, Franz Graf  53, 60, 105, 107, 112, 121, 126 – 127, 129, 131, 134 – 135, 137 – 138, 140 – 141, 146 – 150, 153 – 156, 158, 160 – 163, 184, 206, 258, 260, 307, 321, 325, 327, 333 Wolff, Karl  28, 115, 163, 189, 218, 244, 248, 256, 261 – 262, 264, 269 – 270, 272, 300, 325 Wölfflin, Heinrich  76, 148, 213 Wolters, Christian  72 Woolley, Leonard  169, 262 – 263, 310 Wrede, Walther  147 Wrede, Walther  184 Wüst, Walther  139, 248 Wüster, Adolf (auch Adolph)  103 Wüster, Walther  70, 89, 103, 118, 121, 159 Zeiss (Zeiß, Friedrich?)  164 – 166, 168 Zeltner, Hermann  144 Ziecher, H.  51 Ziegler, Adolf  49 Zilcher, Heinz  49 Zimmermann, Ernst Heinrich  42, 60, 62 – 65, 71 – 72, 80, 211, 230, 231, 260, 323 Zimmermann, Franz Xaver  186, 262 Zobel, Hermann  200, 231, 275, 292 Zubkova, Elena  41, 133 Zurbarán, Francisco de  88

Register  I  413