Deutsche Frauenarbeit in der Kriegszeit [Reprint 2021 ed.] 9783112487082, 9783112487075

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Deutsche Frauenarbeit in der Kriegszeit [Reprint 2021 ed.]
 9783112487082, 9783112487075

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Deutsche Frauenarbeit in öer Kriegszeit

Eöuarö Frei Herrn von -er Goltz

Leipzig 3- en Dienst auch des Reiches Gottes 1

1.

Die Hufgaben im eigenen hause, will es nicht fast wie ein Zurückrufen in die alten, eng gezogenen Schranken des häuslichen Lebens erscheinen, wenn wir unter den Pflichten der Frauen für das Vaterland die im eigenen hause als Gattin und Tochter, als Leiterin des hauswefens allen anderen voranstellen? Und doch bleibt es wohl dabei, daß es die feste Grundlage des vaterländischen Wohles für Gegenwart und Zukunft bleibt, daß die deutschen Frauen bereit und fähig sind, die Mütter des neuen Geschlechts zu fein und zu werden, hierzu muß ihre gesundheitliche Kraft, ihre wirtschaftliche Tüchtigkeit, ihr Fleiß und ihr Pflichtge­ fühl auch in Kriegszeiten erhalten werden. Reine eigene oder gemeinsame Not darf sie von diesen grundlegenden Pflichten abrufen. In den unteren Schichten unseres Volkes wird das vielfach auch als selbstverständlich angesehen, — aber grade da, wo Bildung, Besitz und soziale Stellung den weg zu allge­ meinen Interesse erleichtern, kann nicht lebhaft genug das einfachste, schlichteste Pflichtgefühl betont werden, das jede Frau leiten muß, ihr Hauswesen selbst zu besorgen und für die eigenen Rinder selbst zu sorgen. Gilt das schon in Friedenszeiten, so gilt es in Kriegs Zeiten um so mehr, daß diese Fundamente unseres Volks­ lebens fest liegen bleiben, daß der eigene Herd, das deutsche Familienleben unangetastet bleibe als der sichere Hafen, in den die Krieger wieder heimkehren, als der Ausgangspunkt für alles Weilerleben unseres Volkes, wenn Hunderte und Taufende

Pflichterfüllung im Hause.

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von Männern und Jünglingen durch neue Rräfte ersetzt werden müssen. Deshalb bleibt es die Grundregel für alle vaterländische Pflichterfüllung in der Gegenwart: Ihr Frauen und Töchter, bleibt auf Eurem Posten, mag es prosaisch und alltäglich sein oder nicht, und hütet und verwaltet das eigene Haus; pflegt alle besten Seiten Eures Familienlebens und laßt Euch nicht da­ von abziehen durch einen irregeleiteten Eifer, unt draußen zu helfen, wo Eure Hilfe vielleicht sehr entbehrlich ist, während zu Hause die Ordnung aus den Fugen geht, wenn Ihr fehlt. Es mag oft sehr sauer sein, in solch erhebender Zeit bei den nüchternen kleinen Pflichten des häuslichen Lebens zu bleiben. Aber wer auf seinem Posten steht, hat nicht zu fragen, ob das angenehm ist oder nicht, sondern er hat die ihm zugewiesene Pflicht tapfer zu erfüllen. So bleiben die Grundpflichten für alle Frauen und Jungfrauen dieselben, die sie bisher im Hause des Vaters, des Gatten, des Bruders oder in einer freiwillig über­ nommenen Stellung im fremden Haufe als Pflichten des häus­ lichen Lebens treu zu erfüllen hatten. Bliebe uns diese Grund­ lage nicht, so müßte auch die Volkswohlfahrt im ganzen sitt­ lich und wirtschaftlich den schwersten Schaden nehmen, wo aber auch immer solche häuslichen Pflichten treu erfüllt werden, da dürfen die Frauen auch bei der kleinsten Arbeit das Be­ wußtsein haben, in der Rüche, in der Rinderstube, im trauten Wohnzimmer dem Vaterland die wesentlichsten Dienste zu leisten und damit auch den Soldaten den Mut zu stärken, für Heimat und Herd bis zum guten Ende zu kämpfen. Rriegszeit stellt an uns alle nicht geringere, sondern größere Anforderungen auch für das häusliche Leben, welche Soldatenfrau, welche Mutter, die ihren Sohn ins Feld ziehen sah, wird jene ersten Augusttage des Jahres 1914 vergessen! Da ist viel von deutschen Frauen verlangt worden. Das Beste uiib Liebste hingeben, ihm und sich selbst das herz nicht schwer machen, — das verlangte größte Tapferkeit und hohe Opferge­ sinnung. Dabei galt es nicht nur geben, wo keine freie Wahl war, sondern gerne, mit Stolz und Begeisterung dem Vaterland

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b Die Aufgaben im eigenen Hause.

schenken, was dem Vaterland gehört. Und über jenen unver­ geßlich schmerzlichen Augenblick des Abschieds hinaus galt es dann, und gilt noch heute, das Sehnen und Entbehren, das warten und sich Sorgen ohne Klage ertragen. Da schwand jeder kleinliche Sinn, da war alles vergessen, womit einer dem andern einmal zur Last geworden war, — und es bleibt nur das wertvolle und Große, das in den persönlichen Bezie­ hungen von Mann und Frau, auch von Braut und Bräutigam, von Bruder und Schwester, von dem Sohne zu den Eltern be­ schlossen liegt. Das geht für das Leben nicht wieder verloren, und es ist gerade die Aufgabe der Frauen, diese Gemütswerte zu bewahren und wie ein heilig Feuer nie mehr ausgehen zu lassen. Das beste Mittel aber, innerlich durchzuhalten, ohne das Gleichgewicht zu verlieren, ist wieder pflichttreue Arbeit. Und wieviel wird jetzt der zurückgelafsenen Hausfrau zugemutet! Ob es sich um ein kaufmännisches Geschäft handelt, das weiter­ geführt werden muß, um einen Gutshof oder Bauernhof, auf dem nun die Frau der Herr fein muß, oder ob es sich um andere Aufgaben der Vermögensverwaltung handelt, immer sind der Frau ungewohnte und sehr verantwortliche Aufgaben zuge­ wiesen. Nicht jede wird einen sachkundigen verwandten oder Freund zur Seite haben, dem sie alles anvertrauen kann. Die Verantwortung bleibt jedenfalls der Frau, wir lernen daher jetzt wie nie zuvor, wieviel es bedeutet, wenn unsere jungen Mädchen zu wirtschaftlicher Selbständigkeit erzogen werden, wenigstens die Fähigkeit muß eine Frau haben, sich in Rechts­ fragen, Geldfragen und geschäftliche Angelegenheiten hinein­ zudenken. Die Rot lehrt ja vieles. Aber das große Lehrgeld, das vorübergehend oder dauernd vereinsamte Frauen zahlen müssen, kann erspart werden, wenn auf die Erziehung zur wirt­ schaftlichen Selbständigkeit beizeiten Bedacht genommen wurde. Schon die Haushaltungsschulen und entsprechende Kurse der Evangelischen Frauenhülfe, auch der vaterländischen Frauenvereine, haben dafür fleißig vorgearbeitet; besonders

wirtschaftliche Selbständigkeit.

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im Großherzogtum Baden hat man die Bedeutung der wirt­ schaftlichen Erziehung der Mädchen früh erkannt und unter Leitung der Frau Großherzogin Luise energisch in die Hand ge­ nommen. In Preußen hatte die Kronprinzessin Viktoria neben der Kaiserin Augusta grade auf diesem Gebiet treffliche An­ regungen gegeben — nicht zu vergessen die vorbildlichen wirt­ schaftlichen Frauenschulen, welche Fräulein Ida vonKortzsleisch in das Leben rief — eine Aufgabe, die in dem Haushaltungslehrerinnen-Seminar und der Frauenschule Luisenhof bei Bärwalde (Neumark) nun auch von der Frauenhülfe des Evan­ gelisch-kirchlichen Hilfsvereins energisch in Angriff genommen worden ist. Das ist noch eine Aussaat für die Zukunft, — aber ihre Bedeutung tritt in diesen Monaten wie nie zuvor in Helle Beleuchtung, wenn wir es erleben, ums unsern deutschen Frauen in ernster Zeit wirtschaftlich zugemutet wird. Sie bewahren und erhalten in schwerer Zeit einen großen Teil des wirtschaft­ lichen Kapitals unserer Volkswirtschaft. In der Fähigkeit dazu sollten die Frauen aus den vornehmen Ständen sich nicht von denen des erwerbenden Mittelstandes beschämen lassen. Unberührt im Glashause aufgewachsen, können sie heute oft nur wenig von dem leisten, was die weniger „Gebildeten" alle Tage bewähren müssen und können. Die Verwaltung des wirtschaftlichen Kapitals ist nun nicht das einzige, was die Frauen und Töchter im eigenen £?dufe zu leisten haben, Wertvoller ist noch der Bestand an Leben und geistigem Besitz, der ungeschmälert erhalten, vielmehr noch gefördert werden soll, vor allem durch die rechte Erziehung der Kinder. Soweit es sich dabei um Kinder in den ersten Le­ bensjahren handelt, liegt diese Pflicht ja auch in Friedens­ zeiten überwiegend auf den Schultern der Frau. Je älter die Kinder werden, desto wichtiger wird das Wort und der Einfluß des Vaters. Besonders in entscheidenden Lebensfragen, in der Bestimmung der zu verfolgenden Richtung in Ausbildung und Entwicklung erleichtert sich das Verantwortungsgefühl der Mutter gern durch das entscheidende Wort des Vaters; zumal

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b Die Aufgaben im eigenen Hause.

bei der Erziehung und Führung der Knaben ist das wichtig, und nun bleibt das alles auf dem Gewissen der Frau. Mag vieles dadurch erleichtert fein, daß Staat und Gesellschaft in den öffentlichen Schul- und Ausbildungsangelegenheiten überall feste Geleise gelegt haben, so kann doch einer rechten Mutter damit die innere Verantwortung für die Lebensführung ihrer Rinder nie abgenommen sein: es bleibt ihr für die Zeit des Krieges und für nicht wenige Fälle auf immer das allein zu leisten, was sie sonst mit dem Manne geteilt hat. Dazu gehört Festigkeit und Kraft, Umsicht und Besonnenheit, die Gewöh­ nung an eigenes Denken und ruhiges Handeln. Auch liegt es auf der Hand, daß diese Pflichten um so leichter auszufüllen sind, je gebildeter eine Frau im besten Sinne des Wortes ist, und je reger sie an dem geistigen Leben des Volkes, auch unserer männlichen Jugend teilzunehmen versteht. Einige lateinische oder griechische Vokabeln, welche eine Mutter ihren Knaben abzuhören versteht, machen es noch nicht, viel wichtiger ist es, daß sie den geistigen Bedürfnissen der Söhne auch vom vier­ zehnten Lebensjahr an zu folgen vermag. Auch für solche hohen Anforderungen an die Mutter muß die Grundlage schon in der Mädchenerziehung gelegt werden, nicht durch Scheinbildung und gelehrtes vielwissen oder viellesen, sondern grade durch den Erwerb der Fähigkeit, sich ein abgegrenztes Gebiet metho­ disch und gründlich anzueignen. In diesen Monaten wird es manche Frau schmerzlich oder dankbar empfinden, wie wenig oder wieviel sie der Heranwachsenden Jugend zu sein vermag. Hängt die Leistungsfähigkeit nach dieser Richtung für viele Frauen mit dem früheren Lebensgang und den gebotenen Bil­ dungsgelegenheiten zusammen, die sie nachträglich nie mehr ganz zu ergänzen vermögen, so sind die werte der Gesinnung allen Frauen jeden Standes gleich zugänglich. Ls ist ja kein Wort darüber zu verlieren, wieviel die Mutter, wieviel auch die deutsche Jungfrau zu leisten vermag, um das heilige Feuer der besten Gemütswerte im Haufe zu pflegen und zu fördern, wie unendlich viel aber dem Hause verloren geht, wo Sinnlich-

Erziehung und häusliches Leben.

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keil, Oberflächlichkeit, Eitelkeit und äußerliche Vergnügungs­ sucht die Gesinnungspflege beeinträchtigen oder zerstören. Gilt das schon in Friedenszeilen, um so mehr gilt es während des Krieges. Das häusliche Leben bekommt heute eine deutlichere Farbe und seinen eigenen Charakter. Mögen sonst Musik und allerlei andere Künste, nicht nur deutsche, sondern auch ausländi­ sche Literatur und Sprache das geistige Leben der Frauen und Mädchen und damit auch den Austausch geistigen Lebens in der Geselligkeit beherrscht haben, in unseren (Lagen bekommt alles seinen deutschen Klang und seine ernste innerliche Vertiefung, vaterländisches und Christliches, das in vielen „modernen" Kreisen fast verächtlich beiseite geschoben wurde, findet wieder überall Beachtung. Damit sind wir in eine Bewegung einge­ treten, welche die Kräfte der Wiedergeburt Deutschlands im Zeitalter der Befreiungskriege wieder lebendig macht. Flug­ schriften deutscher Frauen\ die uns aus jener großen Zeit noch erhalten sind, zeigen es uns, wie lebhaft in jener Zeit der Reaktion gegen französische Bildung und Aufklärung der wert deutscher Gesinnungspflege durch die deutsche Frau empfunden worden ist. Drei Gedanken sind es vor allem, die damals immer wiederkehrten: deutsche Sprache, deutsche Tracht und deutsche Sitte und Frömmigkeit! Die Zeit französischer Kultur und Bildung liegt freilich uns schon sehr fern — aber wer wollte leugnen, daß die un­ glückliche Vorliebe des Deutschen für alles Fremde, seine Schwäche gegenüber ausländischem Wesen und eine vielfach durch eine undeutsch gesinnte presse beeinflußte kosmopo­ litisch gefärbte Indolenz sich im sprachlichen Verkehr, in der Mo­ de und in der Sitte geltend machten; darüber mußte deutsches Wesen und christliche Frömmigkeit auch im Familienleben Schaden leiden, hieran tragen die Frauen einen großen 1 Ausführlichere Auszüge aus solchen Flugschriften habe ich in meinem Buch „Der Dienst der Frau in der christlichen Kirche" 2. Aust., 1914, Teil II, 5. 12 if., abgedruckt.

b Die Aufgaben im eigenen Hause.

Teil der Schuld, und grade in der sog. gebildeten weiblichen Jugend machte sich dieser blasierte Ton geltend, der sich in der Literatur vom Auslande, in der Mode immer von Paris, in der Sitte von England oder sonstwoher abhängig machte. Die vaterländische Gegenbewegung hat seit Ausbruch des Krieges kräftig eingesetzt. Zuerst in der Schätzung deutscher Sprache und Literatur. Mir reden nicht einer nationalen Engigkeit das Wort. Ls gibt auch Fremdwörter, die unentbehrlich ge­ worden sind, es gibt eine ausländische Literatur, die ein Ge­ meingut der ganzen gebildeten Welt zu bleiben verdient, wie Dantes wert für uns immer derselbe bleibt, ob nun das heutige Italien uns freundlich oder feindlich gesinnt ist, so bleibt auch die Literatur der Völker, mit denen wir im Kriege stehen, unser Eigentum. Aber gegen unnötige Lehnwörter aus fremden Sprachen, auch gegen jede Bevorzugung ausländischer Literatur soll grade die Frau ihr Haus zu schützen wissen. Die Sprache des geselligen Verkehrs, insbesondere die der Höflichkeit und Ritterlichkeit, ist schon wesentlich reiner und deutscher ge­ worden. Die große nationale Bewegung der Gegenwart wird aber dafür sorgen, — und das hat grade die Frau in der Hand — daß auch die letzten Reste unnötiger Fremdwörter ver­ schwinden, daß aber auch die leichte Ware französischer Tages­ erscheinungen und englischer Wochenschriften aufhört eine bevorzugte Nahrungsquelle unserer Heranwachsenden Jugend zu sein. Die häusliche Erziehung ebenso wie der gesellige Verkehr geben jeder Mutter Gelegenheit, nach dieser Richtung zu wirken, — freilich nicht durch beengenden Zwang, sondern durch die stille Beeinflussung des geistigen Lebens, wie sie sich durch geäußertes Urteil, durch Lenkung der Gespräche wie durch Beschaffung der gesunden geistigen Nahrung von selber geltend macht. Denkt und empfindet eine Mutter gut deutsch, so lernen es auch die Töchter nicht anders kennen und die Söhne atmen die Luft ein, die ihren Sinn deutsch erhält, trotz aller modernen Einflüsse, die sich geltend machen, wir haben gute Zuver-

Deutsche Sprache und Tracht.

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sicht, daß die große Zeit, in der wir leben, in Sprache und Literatur nicht zum wenigsten durch die Frauen die letzte Rei­ nigungsarbeit leisten wird. Schwerer wird es der deutschen Frau werden, sich auch in Kleidung und Tracht aus der ausländischen Sklaverei freizumachen. Das hängt damit zusammen, daß in solchen'Fragen jede einzelne Frau überhaupt in eine traurige Abhängigkeit von dem geraten ist, was die „Modejournale" vorschreiben oder was die Schneiderin für modern hält. Eine besondere Gabe, auch Anmut und leichte Gefälligkeit in der Kleidung zur Geltung kommen zu lassen, wird man auch der Französin nicht absxrechen können. Und doch hängt grade hier inneres Wesen und äußere Gestaltung viel mehr zusammen, als man denkt. Deshalb steht das spezifisch Französische oder das charakteristisch Englische der deutschen Frau gar nicht, und es ist deshalb eine der besten Erscheinungen der Gegenwart, daß auch deutsche Modezeitungen jetzt darnach trachten, sich von Paris freizumachen und das Interesse der deutschen Frauen­ welt für deutsche Tracht und einfache deutsche Formen zu ge­ winnen. wieviel Lug und Trug, wieviel Scheinwesen und Heuchelei, wieviel leere und hohle Eitelkeit im ausländischen Wesen steckt, das zeigt ja der große Lügenfeldzug der