Deutsche Biographische Enzyklopädie (DBE): Band 3 Einstein - Görner [2nd rev. and enlarged Edition] 9783110946550

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Deutsche Biographische Enzyklopädie (DBE): Band 3 Einstein - Görner [2nd rev. and enlarged Edition]
 9783110946550

Table of contents :
Autorenverzeichnis
Hinweise für die Benutzung
Verzeichnis der häufig benutzten Werke
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
Verzeichnis der allgemeinen Abkürzungen
Abbildungsnachweis

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DEUTSCHE BIOGRAPHISCHE ENZYKLOPÄDIE (DBE) 2. Ausgabe

Herausgegeben von Rudolf Vierhaus

DEUTSCHE BIOGRAPHISCHE ENZYKLOPÄDIE (DBE) 2. Ausgabe

Herausgegeben von Rudolf Vierhaus unter Mitarbeit von Dietrich von Engelhardt, Wolfram Fischer, Hans-Albrecht Koch, Bernd Moeller und Klaus G. Saur

DEUTSCHE BIOGRAPHISCHE ENZYKLOPÄDIE (DBE) 2., überarbeitete und erweiterte Ausgabe Herausgegeben von Rudolf Vierhaus

Band 3 Einstein - Görner

K - G -Saur München 2006

Wissenschaftlicher Beirat der zweiten Ausgabe: P r o f e s s o r Dr. Dietrich v o n Engelhardt, P r o f e s s o r Drs. Dr. h. c. W o l f r a m Fischer, P r o f e s s o r Dr. H a n s - A l b r e c h t K o c h , P r o f e s s o r Dr. Dr. h. c. B e r n d M o e l l e r , P r o f e s s o r Dr. h. c. mult. Klaus G. Saur Redaktionelle Leitung: B r u n o Jahn Redaktion: S v e n K o c h , M i k e W . M a l m , Tanja N a u s e , Barbara P a l m b a c h , Sandra S c h a e f f , A l e x a n d e r S e e l o s , M i r k o Vonderstein, U t e W i e l a n d t Redaktionsschluß: 3 1 . Januar 2 0 0 6

Bibliographische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet unter http://dnb.ddb.de abrufbar.

© Gedruckt auf säurefreiem und chlorarmem Papier Printed on acid-free and chlorine-free paper Alle Rechte vorbehalten / All Rights Strictly Reserved K.G. Saur Verlag GmbH, München 2006 Printed in the Federal Republic of Germany Satz: bsix information exchange GmbH, Braunschweig Druck und Binden: Strauss GmbH, Mörlenbach ISBN-13: 978-3-598-25030-9 (Gesamt) ISBN-10: 3-598-25030-4 (Gesamt) ISBN-13: 978-3-598-25033-0 (Band 3) ISBN-10: 3-598-25033-9 (Band 3)

Inhaltsverzeichnis

Autorenverzeichnis

VI

Hinweise für die Benutzung

IX

Verzeichnis der häufig benutzten Werke Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Verzeichnis der allgemeinen Abkürzungen Abbildungsnachweis

X XIII XXXI XXXIII

Biographische Artikel Einstein - Görner

Autorenverzeichnis

Privatdozent Dr. Johannes Bahr Ludwig Erhard

Dr. Andreas Fijal Otto von Gierke

Professor Dr. Siegfried Bahne t Friedrich Engels

Dr. Elke Fröhlich Joseph Goebbels

Dr. Ingrid Bigler-Marschall Conrad Ekhof Therese Giehse

Dr. Friedrich Karl Fromme Theodor Eschenburg

Dr. Hans Erich Bödeker Gottlob Nathanael Fischer Karl Friedrich Flögel Professor Dr. Helmut Börsch-Supan Caspar David Friedrich Dozentin Dr. habil. Rosemarie Boldt Friedrich Fröbel Professor Dr. Rüdiger vom Bruch Gustav Freytag Dr. h. c. Günter de Bruyn Theodor Fontane Professor Dr. Dr. h. c. mult. Walter Burkert Olof Gigon Professor Dr. Karl Czok Friedrich August I., Kurfürst von Sachsen

Dr. Jörn Garber Georg Forster Dr. Nils Grosch Wolfgang Fortner Professor Dr. Dr. h.c. Gernot Gutmann Walter Eucken Professor Dr. Günter Häntzschel Salomon Gessner Professor Dr. Fritz Hartmann Johann Frank Professor Dr. Ulrich von Hehl Matthias Erzberger Clemens August Graf von Galen Professor Dr. Michael Heidelberger Gustav Theodor Fechner Professor Dr. Armin Hermann Albert Einstein

Professor Dr. Peter Dilg Leonhart Fuchs Konrad Gesner

Dr. Andreas Hochholzer Johann Bernhard Fischer von Erlach

Professor Dr. Dr. Detlef Döring Ernst I., Herzog von Sachsen-Gotha und Altenl

Professor Dr. Heinz Holeczek Erasmus von Rotterdam

Dr. des. Franziska Dunkel Friedrich von Gärtner

Professor Dr. Gangolf Hübinger Georg Gottfried Gervinus

Dr. Carsten Dutt Hans-Georg Gadamer

Bruno Jahn Carl Einstein Helmut Eisendle Gottlob Frege Anna Freud

Privatdozentin Dr. Ina Ebert Paul Johann Anselm Ritter von Feuerbach Professor Dr. Dietrich von Engelhardt Joseph Ennemoser Johann Benjamin Erhard Adolph Karl August Eschenmayer Albert Fraenkel Johann Baptist Friedreich

Dr. Christoph Jeggle Anton Fugger Jakob Fugger Professor Dr. Werner Jung Christian Fürchtegott Geliert

Privatdozent Dr. Paul Erker Friedrich Flick

Dr. Franz Georg Kaltwasser Hanns W. Eppelsheimer

Professor Dr. Dr. h.c. Emil A. Fellmann Leonhard Euler

Matthias Kassel Christoph Willibald Ritter von Gluck

vi

Autorenverzeichnis Professor Dr. Walther Killy t Paulus Gerhardt

Professor Dr. Dr. Ortrun Riha Dorothea Erxleben

Professor Dr. Andreas Kleinert James Franck

Professor Dr. Werner Rösener Friedrich I., Kaiser Friedrich II., Kaiser

Professor Dr. Hans-Albrecht Koch Manfred Fuhrmann Professor Dr. Alfred Kohler Ferdinand I., Römischer König und Kaiser Dr. Ulrich Krämer Hanns Eisler Wilhelm Furtwängler Privatdozent Dr. Hans-Christof Kraus Heinrich von Gagern Friedrich Gentz Ernst Ludwig von Gerlach Rudolf von Gneist Professor Dr. Bernhard Kroener August Wilhem Anton Graf Neidhardt von Gneisenau Dr. Alfred Kube Hermann Göring Dr. Silke Lehmann Eugen, Prinz von Savoyen Ferdinand II., Römischer König und Kaiser Franz Joseph I., Kaiser von Österreich Professor Dr. Gert Mattenklott Stefan George Dr. Michael Matthiesen Karl Dietrich Erdmann Carl Friedrich Goerdeler Professor Dr. Dr. Günter Meckenstock Johann Gotti ieb Fichte Dr. sc. Günter Meißner Adam Elsheimer Max Ernst Anselm Feuerbach

Dr. Regina Roth Friedrich Engels Privatdozent Dr. Karsten Rudolph Fritz Erler Privatdozentin Dr. Marianne Sammer Lion Feuchtwanger Dr. h. c. Heinz Sarkowski Samuel Fischer Professor Dr. Hans-Martin Sass Ludwig Feuerbach Professor Dr. h.c. mult. Klaus G. Saur Heinz Friedrich Professor Dr. Ivo Schneider Joseph von Fraunhofer Professor Dr. Dr. Heinz Schott Sigmund Freud Privatdozent Dr. Dietmar Schubert Paul Fleming Klaus Schultz August Everding Professor Dr. Hans-Werner Schütt Hans Fischer Dr. Stefan Schweizer Johann Dominicus Fiorillo Professor Dr. Ulrich Seelbach Johann Fischart

Dr. Christoph Michel Hartmut Erbse

Professor Dr. Christoph Siegrist Max Frisch

Professor Dr. Jan-Dirk Müller Sebastian Franck

Professor Dr. Johann Anselm Steiger Johann Gerhard

Professor Dr. Wolfgang Neugebauer Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg Friedrich Wilhelm I., König in Preußen

Professor Dr. Udo Sträter August Hermann Francke

Dr. Sigrid Oehler-Klein Franz Joseph Gall Dr. Birgit Pargner Otto Falckenberg

Professor Dr. Bernhard Streck Leo Frobenius Professor Dr. Dr. h. c. Rudolf Vierhaus Friedrich II., König von Preußen

Hans Günther Pflaum Rainer Werner Fassbinder

Privatdozent Dr. Matthias Vogel Johann Heinrich Ftissli

Professor Dr. Horst Remane Emil Fischer

Dr. Katharina Weigand Elisabeth, Kaiserin von Österreich vii

Autorenverzeichnis Professor Dr. Matthias Werner

Professor Dr. Hans Wußing

Elisabeth, Landgräfin von Thüringen

Carl Friedrich Gauß

Professor Dr. Reiner Wild

Dr. Gottfried Zirnstein

Norbert Elias

Karl Ritter von Frisch

viii

Hinweise für die Benutzung

1. Die Artikel setzen sich aus Name und Lebensdaten, Biographie und Literaturhinweisen zusammen. Der Artikelkopf besteht aus Name (mit Namensvarianten), Vorname (zum Rufnamen zusätzliche Vornamen werden in Klammern gesetzt) und gegebenenfalls Adelsprädikat. Pseudonyme, Geburtsname, eigentlicher Name und irrtümlich zugeordnete Namen werden genannt. Der Berufsbezeichnung folgen Geburts- und Todesdatum mit Ortsangaben. Die Biographien informieren über das Leben und Wirken der Personen, über Herkunft, Bildungsweg, einflußreiche Begegnungen, Entwicklung im beruflichen Leben, Wirkungsorte, bezeichnende Werke und Leistungen, Freundschaften und Beziehungen, Zugehörigkeit zu Gruppen und Vereinigungen, Rezeption sowie in besonderen Fällen über Preise und Ehrungen. 2. Lebensdaten werden nach der vorhandenen Literatur und nach Nekrologen so exakt wie möglich eingesetzt. Für Daten gilt der Gregorianische Kalender (neuer Stil). 3. Die Personen des Mittelalters bis zu der Zeit um 1500 sind nach ihren Vornamen sortiert, alle späteren - abgesehen von regierenden Fürsten - nach ihrem Nachnamen. Wo dieses Verfahren zu Unklarheiten führen könnte, finden sich Verweisungen.

4. DO verweist am Schluß eines Artikels auf eine weiterführende lexikalische Literaturangabe. Am Ende der ausführlichen, namentlich gezeichneten Artikel zu besonders herausragenden Persönlichkeiten werden weitere Werke der behandelten Person aufgeführt und umfangreiche Literaturangaben gemacht. 5. Bei der alphabetischen Anordnung der Artikel erfolgt bei Namensgleichheit die Sortierung in der Chronologie des Geburtsdatums. Bei persönlichen Namen gilt als Ordnungsprinzip: am Anfang stehen jeweils die deutschen Könige; ihnen folgen die übrigen Fürsten, alphabetisch nach Territorien angeordnet; dann Persönlichkeiten des Mittelalters, deren Beiname z.B. Herkunft, Stand oder Beruf bezeichnet. Danach werden die Artikel alphabetisch nach dem Familiennamen der Person angeordnet. Adelsprädikate und ähnliche Namensbestandteile werden nachgestellt. Umlaute gelten als zwei Buchstaben, weitere diakritische Zeichen haben auf die Sortierung keinen Einfluß.^ wird wie behandelt. 6. Wird in einem Artikel mit einem Pfeil auf einen anderen Namen verwiesen, kann ein Artikel zu dieser Person an entsprechender Stelle des Alphabets nachgeschlagen werden.

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Verzeichnis der häufig benutzten Werke

Alberti, Eduard: Lexikon der Schleswig-HolsteinLauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1829 bis Mitte 1866. 2 Bde., Kiel 1 8 6 7 / 6 8 . Alberti, Eduard: Lexikon der Schleswig-HolsteinLauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1866-1882. 2 Bde., Kiel 1 8 8 5 / 8 6 . Bader, Karl: Lexikon deutscher Bibliothekare im Hauptund N e b e n a m t bei Fürsten, Staaten und Städten. Leipzig 1925. Bayern. Biographische Skizzen aus d e m Königreich Bayern. Hrsg. v. Anton Mansch. Berlin ca. 1913. Bosls bayerische Biographie. 8000 Persönlichkeiten aus 15 Jahrhunderten. Hrsg. v. Karl Bosl. Regensburg 1983. Bosls bayerische Biographie. Erg.-Bd.: 1000 Persönlichkeiten aus 15 Jahrhunderten. Regensburg 1988. Brennsohn, Isidor: Die Ärzte Kurlands von 1825-1900. Ein biographisches Lexicon. Kurländische Gesellschaft für Literatur und Kunst. Mitau 1902. Brennsohn, Isidor: Die Ärzte Livlands von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Ein biographisches Lexikon nebst einer historischen Einleitung über das Medizinalwesen Livlands. Riga 1905. Brockhaus Enzyklopädie in 24 Bänden. 19. Aufl. Mannheim 1987-94. Brockhaus Riemann. Musiklexikon. In 4 Bänden und einem Ergänzungsband hrsg. v. Carl Dahlhaus und Hans Heinrich Eggebrecht. M a i n z / M ü n c h e n 1989. Brummer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. 6., völlig neu bearb. und stark verm. Aufl. Leipzig 1913. Die Dermatologen deutscher Sprache. Bio-bibliographisches Verzeichnis. Früher u . d . T.: Deutscher Dermatologen-Kalender und Deutsches DermatologenVerzeichnis. Leipzig 1955. Deutsch-österreichisches Künstler- und SchriftstellerLexikon. Biographien und Bibliographie der Wiener Künstler und Schriftsteller. Biographien und Bibliographie der deutschen Künstler und Schriftsteller in Österreich-Ungarn außer Wien. Hrsg. v. H e r m a n n Clemens Kosel. 2 Bde., Wien 1902-06. Das Deutsche Führerlexikon: 1934/35. Berlin 1934. Der deutsche Reichstag. Früher u . d . T . : ReichstagsHandbuch. 3. Wahlperiode nach d e m 3 0 . 1 . 1933. Berlin 1936. Deutsche Tonkünstler und Musiker in Wort und Bild. Hrsg. v. Friedrich Jansa. 2. Ausg. Leipzig 1911. Deutscher Chirurgenkalender. Hrsg. v. August Borchard und Walter von Brunn. 2. Aufl. Leipzig 1926. Deutscher Wirtschaftsführer. Lebensgänge deutscher Wirtschaftspersönlichkeiten. Hrsg. v. Georg Wenzel. Hamburg u . a . 1929. Deutsches Dermatologen-Verzeichnis. Lebens- und Leistungsschau. Hrsg. v. Erhard Riecke. 2. Aufl.; 1. Aufl. u . d . T . : Deutscher Dermatologen-Kalender. Leipzig 1939. X

Deutsches Gynäkologen-Verzeichnis. Wissenschaftlicher Werdegang und wissenschaftliches Schaffen deutscher Gynäkologen. Hrsg. v. Walter Stoeckel. 2. Aufl. des Deutschen Gynäkologenkalenders. Leipzig 1939. Deutsches Kolonial-Lexikon. Hrsg. v. Heinrich Schnee. 3 Bde., Leipzig 1920. Deutsches Musiker-Lexikon. Hrsg. v. Erich H. Müller. Dresden 1929. Deutsches Zeitgenossenlexikon. Biographisches Handbuch deutscher M ä n n e r und Frauen der Gegenwart. Hrsg. v. Franz Neubert. Leipzig 1905. Deutschlands, Österreich-Ungarns und der Schweiz Gelehrte, Künstler und Schriftsteller in Wort und Bild. Hrsg. v. Gustav Adolf Müller. Hannover 1908. Dlabacz, Gottfried Johann: Allgemeines historisches Künstler-Lexikon für B ö h m e n und zum Theil auch für Mähren und Schlesien. Hrsg. v. Paul Bergner. 3 Bde., Prag 1815. Drüll, Dagmar: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1652-1802. Berlin u . a . 1991. Drüll, Dagmar: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1803-1932. Berlin u . a . 1986. Drüll-Zimmermann, Dagmar: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1386-1651. Berlin u . a . 2002. Egerländer biografisches Lexikon. Mit ausgewählten Personen aus d e m ehemaligen Regierungsbezirk Eger. Hrsg. v. Josef Weinmann. 2 Bde., Bayreuth 1985-87. Eisenberg, Ludwig: Das geistige Wien. Mittheilungen über die in Wien lebenden Architekten, Bildhauer, Bühnenkünstler, Graphiker, Journalisten, Maler, Musiker und Schriftsteller. 2 Bde., Wien 1893. Fikenscher, Georg Wolfgang Augustin: Gelehrtes Fürstentum Baireuth. 12 Bde., Nürnberg 1792-1805. Das geistige Deutschland am E n d e des 19. Jahrhunderts. Enzyklopädie des deutschen Geisteslebens in biographischen Skizzen. Bd. 1: Die Bildenden Künstler. Leipzig / B e r l i n 1898. Das geistige P o m m e r n . G r o ß e Deutsche aus P o m m e r n . Sonderausstellung im Landeshaus Stettin. Stettin 1939. Geistige Welt. Gallerie von Zeitgenossen auf dem Gebiete der Künste und Wissenschaften. Hrsg. v. Anton Mansch. Berlin ca. 1910. Geistiges und künstlerisches M ü n c h e n in Selbstbiographien. Hrsg. v. Wilhelm Zils. M ü n c h e n 1913. Gradmann, Johann Jacob: Das gelehrte Schwaben oder Lexicon der jetzt lebenden schwäbischen Schriftsteller. Ravensburg 1802. Das Große Buch der Österreicher. 4 5 0 0 Personendarstellungen in Wort und Bild. Hrsg. v. Walter Kleindel. Wien 1987. Das große Lexikon der Musik in 8 Bänden. Hrsg. v. Marc Honegger und Günther Massenkeil. Freiburg/Breisgau 1978-82. Große Sudetendeutsche. Hrsg. v. Josef Schneider. München 1957.

Verzeichnis der häufig benutzten Werke Haan, Wilhelm: Sächsisches Schriftsteller-Lexicon. Alphabetisch geordnete Zusammenstellung der im Königreich Sachsen gegenwärtig lebenden Gelehrten, Schriftsteller und Künstler, nebst kurzen biographischen Notizen und Nachweis ihrer im Druck erschienenen Schriften. Leipzig 1875. Handwörterbuch der Staatswissenschaften. Hrsg. v. Ludwig Elster. 4. Aufl. 8 Bde., Ergänzungsbd. Jena 1923-29. Heiduk, Franz: Oberschlesisches Literatur-Lexikon. Biographisch-bibliographisches Handbuch. 3 Tie., Berlin 1990-2000. Heß, Richard: Lebensbilder hervorragender Forstmänner und u m das Forstwesen verdienter Mathematiker, Naturforscher und Nationalökonomen. Berlin 1885. Hinrichsen, Adolf: Das literarische Deutschland. 2., verb, und verni. Aufl. B e r l i n / L e i p z i g 1891. His, Eduard: Basler Gelehrte des 19. Jahrhunderts. Basel 1941. Historisch-biographisches Lexikon der Schweiz. Hrsg. v. Henrich Türler. 7 Bände, Suppl. Neuenb u r g / B a s e l 1921-34. Hochschullehrer der Wirtschaftswissenschaften in der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz. 2. Aufl. Berlin 1966. Hofer, Fritz; Hägeli, Sonja: Zürcher Personenlexikon. 800 biographische Porträts aus zwei Jahrtausenden. Z ü r i c h / M ü n c h e n 1986. Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biographische Beiträge zur Wiener Zeitgeschichte. Hrsg. v. Franz Planer. Wien 1929. Jöcher, Christian Gottlieb: Allgemeines GelehrtenLexicon. Darinne die Gelehrten aller Stände . . . vom A n f a n g e der Welt bis auf ietzige Zeit . . . Nach ihrer Geburt, Leben, . . . Schrifften aus den glaubwürdigsten Scribenten in alphabetischer Ordnung beschrieben werden. 4 Bde., Leipzig 1 7 5 0 / 5 1 . Jöcher, Christian Gottlieb: Allgemeines GelehrtenLexicon. Fortsetzung und Ergänzungen zu Christian Gottlieb Jöchers allgemeinem Gelehrten-Lexicon, worin die Schriftsteller aller Stände nach ihren vornehmsten Lebensumständen und Schriften beschrieben werden. Hrsg. v. Johann Christoph Adelung; [Bd. 3-6] Heinrich Wilhelm Rotermund. [Bd. 7] Otto Günther. 7 Bde., L e i p z i g / D e l m e n h o r s t / B r e m e n 17841897. Kehrein, Joseph: Biographisch-literarisches Lexikon der katholischen deutschen Dichter, Volks- und Jugendschriftsteller im 19. Jahrhundert. 2 Bde., Zürich / Stuttgart / Würzburg 1868-71. Kobolt, Anton Maria: Baierisches Gelehrten-Lexikon. Landshut 1795. K ö p f e der Forschung an Rhein und Ruhr. Dortmund 1963. K ö p f e der Politik, Wirtschaft, Kunst und Wissenschaft. Hrsg. v. Karl Ritter von Klimesch. 2 Bde., Augsburg 1953. Kordes, Berend: Lexikon der jetzt lebenden SchleswigHolsteinischen und Eutinischen Schriftsteller. Schleswig 1797. Kosch, Wilhelm: Biographisches Staatshandbuch. Lexikon der Politik, Presse und Publizistik. Fortgeführt v. Eugen Kuri. 2 Bde., B e r n / M ü n c h e n 1963. Kürschners biographisches Theater-Handbuch: Schauspiel, Oper, Film, R u n d f u n k . Deutschland Österreich - Schweiz. Hrsg. v. Herbert A. Frenzel und Hans-Joachim Moser. Berlin 1956. Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender. Berlin, später München 1925 ff.

Kürschners Deutscher Literaturkalender: [nebst] Nekrolog 1901-1935, 1936-1970 und 1971-1998. Jg. 29 ff. Berlin, später München 1907 ff. Kürschners Deutscher Musik-Kalender. M ü n c h e n 2002 ff. Kürschners Deutscher Sachbuch-Kalender. M ü n c h e n / Leipzig 2002 ff. Kürschners Handbuch der bildenden Künstler. M ü n c h e n / Leipzig 2005. Kunowski, Johannes: Deutsches Soldatentum: 100 Lebensbilder großer deutscher Soldaten. Berlin 1940. Kutzbach, Karl August: Autorenlexikon der Gegenwart. Schöne Literatur verfaßt in deutscher Sprache. Mit einer Chronik seit 1945. B o n n 1950. Leesch, Wolfgang: Die deutschen Archivare 1500-1945. Bd. 2: Biographisches Lexikon. M ü n c h e n u . a . 1992. Der Lehrkörper der Technischen Hochschule Hannover 1831-1956. Neuauflage. Hannover 1956. L e m m e n , Joseph von: Tirolisches Künstler-Lexikon. Innsbruck 1830. Lennhoff, Eugen; Posner, Oskar: Internationales Freimauer-Lexikon. Zürich / Leipzig / Wien [1932], Lexikon deutscher Frauen der Feder: eine Z u s a m m e n stellung der seit d e m Jahre 1840 erschienenen Werke weiblicher Autoren nebst Biographien der lebenden und einem Verzeichnis der Pseudonyme. Hrsg. v. Sophie Pataky. 2 Bde., Berlin 1898. Lexikon der Frau. 2 Bde., Zürich 1 9 5 3 / 5 4 . Lipowsky, Felix Joseph: Baierisches Künstler-Lexicon. 2 Bde., München 1810. Lipowsky, Felix Joseph: Baierisches Musik-Lexikon. M ü n c h e n 1811. Lippisches Autorenlexikon. Bd 1: Lebende und nach dem 1.1.1983 verstorbene Autoren mit Nachträgen. Hrsg. v. Detlev Hellfaier. Bearb. v. Ernst Fleischhack. L e m g o 1986. Meusel, Johann Georg: Lexikon der vom Jahr 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller. 15 Bde., Leipzig 1802-15. Meusel, Johann Georg: Teutsches Künstler-Lexikon oder Verzeichnis der jetzt lebenden Teutschen Künstler. 2., Überarb. Aufl. 2 Bde., L e m g o 1 8 0 8 / 0 9 . Mitteldeutsche Köpfe. Lebensbilder aus einem Jahrtausend. Frankfurt (Main) 1959. Neue Schweizer Biographie. Hrsg. v. Albert Bruckner. Basel 1938. Neues Lexikon des Judentums. Hrsg. v. Julius H. Schoeps. G ü t e r s l o h / M ü n c h e n 1992. Überarb. Neuausg. Gütersloh / M ü n c h e n 1998. Nowack, Karl Gabriel: Schlesisches SchriftstellerLexikon: oder bio-bibliographisches Verzeichnis der im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts lebenden schlesischen Schriftsteller. 6 Bde., Breslau 1836-43. Österreicher der Gegenwart. Lexikon schöpferischer und schaffender Zeitgenossen. Hrsg. v. Robert Teichl. Wien 1951. Otto, Gottlieb Friedrich: Lexikon der seit d e m 15. Jahrhunderte verstorbenen und jetztlebenden Oberlausizischen Schriftsteller und Künstler. 3 Bde. und Suppl. Görlitz 1800-03; 1821. Pagel, Julius Leopold: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des 19. Jahrhunderts. B e r l i n / W i e n 1901. Paris, Alain: Lexikon der Interpreten klassischer Musik im 20. Jahrhundert. M ü n c h e n / Kassel 1992. Personenlexikon Österreich. Hrsg. v. Ernst Bruckmüller. Wien 2001.

xi

Verzeichnis der häufig benutzten Werke Pütter, Johann Stephan: Versuch einer academischen Gelehrten-Geschichte von der Georg-AugustusUniversität zu Göttingen: fortgesetzt von Friedrich Saalfeld und Georg H. Oesterley. 4 Bde., Göttingen 1765-1838. Raßmann, E m s t : Nachrichten von d e m Leben und den Schriften Münsterländischer Schriftsteller des 18. und 19. Jahrhunderts. Münster (Westfalen) 1866. N. F. 1881. Recke, Johann Friedrich von; Napiersky, Karl Eduard: Allgemeines Schriftsteller- und Gelehrten-Lexikon der Provinzen Livland, Esthland und Kurland. 4 Bde., Mitau 1827-32. Recke, Johann Friedrich von; Napiersky, Karl Eduard: Allgemeines Schriftsteller- und Gelehrten-Lexikon der Provinzen Livland, Esthland und Kurland. Nachträge und Fortsetzungen, bearb. v. Theodor Beise. 2 Bde., Mitau 1859-61. Reden-Esbeck, Friedrich Johann von: Deutsches BühnenLexikon. Das Leben und Wirken aller hervorragenden deutschen Bühnen-Leiter und Künstler vom Beginn der Schauspielkunst bis zur Gegenwart. 1.-9. Heft. Eichstätt 1879. Reichstags-Handbuch (teil.: Amtliches . . . ) . Legislatur (Wahl)-Periode 1890-1933. Berlin 1890-1933. Riemann, Hugo: Musiklexikon. Hrsg. v. Alfred Einstein. 11. Aufl. Berlin 1929. Rotermund, Heinrich Wilhelm: Das gelehrte Hannover oder Lexikon von Schriftstellern und Schriftstellerinnen, gelehrten Geschäftsmännern und Künstlern, die seit der R e f o r m a t i o n in und außerhalb den sämtlichen zum jetzigen Königreich gehörigen Provinzen gelebt haben und noch leben. 2 Bde. (Α-K), B r e m e n 1823. Rotermund, Heinrich Wilhelm: Lexikon aller Gelehrten, die seit der Reformation in Bremen gelebt haben, nebst Nachrichten von gebohrnen Bremern, die in andern Ländern Ehrenstellen bekleideten. 2 Bde. und Anh. Bremen 1818. Rudolf, Rainer; Ulreich, Eduard: Karpatendeutsches biographisches Lexikon. Stuttgart 1988. Sachsens Gelehrte, Künstler und Schriftsteller in Wort und Bild. Nebst eines Anhang „Nichtsachsen". Hrsg. v. Bruno Volger. Leipzig 1 9 0 7 / 0 8 . Savelsberg, Heinrich: Aachener Gelehrte in älterer und neuerer Zeit. Aachen 1906. Schmidt, Andreas Gottfried: Anhalt'sches SchriftstellerLexikon: oder historisch-literarische Nachrichten über die Schriftsteller, welche in Anhalt geboren sind oder gewirkt haben, aus den drei letzten Jahrhunderten gesammelt und bis auf unsere Zeiten fortgeführet. Bernburg 1830. Schwarz, Max: M d R . Biographisches Handbuch der Reichstage. Hannover 1965.

Schweizer Biographisches Archiv. Hrsg. v. Willy Keller. 6 Bde., Z ü r i c h / L u g a n o / V a d u z 1952-58. Schweizerisches Schriftsteller-Lexikon. Hrsg. v. H e r m a n n Aellen. Ausgabe 1918. Weinfelden 1918. Schweizerisches Zeitgenossen-Lexikon. Hrsg. v. Hermann Aellen. 1. Ausgabe nebst Ergänzungsband. Bern 1921-26. Schweizerisches Zeitgenossen-Lexikon. Hrsg. v. Hermann Aellen. 2. Ausgabe. B e r n / L e i p z i g 1932. Scriba, Heinrich Eduard: Biographisch-literärisches Lexikon der Schriftsteller des Großherzogthums Hessen im 1. Viertel des 19. Jahrhunderts. 2 Bde., Darmstadt 1831-43. Seele, Götz von: Ostdeutsche Biographien: 365 Lebensläufe in Kurzdarstellungen. Würzburg 1955. Steimel, Robert: Kölner Köpfe. Köln 1958. Stein, Philipp: Deutsche Schauspieler. 2 Bde., Berlin 1907/08. Stockhorst, Erich: Fünftausend Köpfe. Wer war was im Dritten Reich. Velbert 1967. Tetzlaff, Walter: 2000 Kurzbiographien bedeutender deutscher Juden des 20. Jahrhunderts. Lindhorst 1982. Vereinigung der sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Hochschullehrer. Werdegang und Schriften der Mitglieder. Köln 1929. Verzeichnis der Professoren und Dozenten der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn 18181968. Hrsg. v. Otto Wenig = 150 Jahre Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn 1818-1968. Bd. 1. Bonn 1968. Volbehr, Friedrich; Weyl, Friedrich: Professoren und Dozenten der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 1665-1954. 4. Aufl. = Veröffentlichungen der Schleswig-Holsteinischen Universitätsgesellschaft. N.F. Nr. 7. Kiel 1956. Walk, Joseph: Kurzbiographien zur Geschichte der Juden 1918-1945. München 1988. Wer ist wer in Osterreich. Das österreichische W h o ' s W h o . Hrsg. ν. Wilhelm W. Orgel. Neuausgabe. Wien 1953. Wer ist wer. Lexikon österreichischer Zeitgenossen. Hrsg. v. Paul Emödi und Robert Teichl. Wien 1937. Will, Georg Andreas: Nürnbergisches Gelehrten-Lexicon. 5 Bde. und Suppl. N ü r n b e r g / A l t d o r f 1755-1808. Die Wirtschaftswissenschaftlichen Hochschullehrer an den reichsdeutschen Hochschulen und an der T H Danzig. Werdegang und Veröffentlichungen. Stuttgart / B e r l i n 1938. Witthöft, Hans Jürgen: Lexikon zur deutschen Marinegeschichte. 2 Bde., Herford 1 9 7 7 / 7 8 . Zischka, Gert Alois: Allgemeines Gelehrten-Lexikon. Biographisches Handwörterbuch zur Geschichte der Wissenschaften. Stuttgart 1961.

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

Ackerl Isabella Ackerl/Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personen-Lexikon der ersten und zweiten Republik. Wien 1992.

Alzheimer Heidrun Alzheimer: Volkskunde in Bayern. Ein biobibliographisches Lexikon der Vorläufer, Förderer und einstigen Fachvetreter. Würzburg 1991.

ADB Allgemeine Deutsche Biographie. Hrsg. von der Historischen Commission bei der Königlichen Akademie der Wissenschaften. 55 Bde., Registerband, Leipzig 1875-1912. Nachdr. Berlin 1967-71.

Andresen: Maler Andreas Andresen: Die deutschen Maler-Radirer (peintres-graveurs) des 19. Jahrhunderts nach ihren Leben und Werken. 5 Bde., Leipzig 1866-74.

Arzte 1 Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker. Hrsg. v. August Hirsch. 6 Bde., B e r l i n / W i e n 1929-35. Ärzte 2 Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre: (1880-1930). Hrsg. v. Isidor Fischer. 2 Bde., Berlin 1 9 3 2 / 3 3 . Ärzte 3 Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre von Isidor Fischer. Bd. 3: Nachträge und Ergänzungen. Aba-Kom. Bearb. und hrsg. v. Peter Voswinckel. Hildesheim u. a., 2002. Ärzte Schlesien Historisches Ärztelexikon für Schlesien. Biographischbibliographisches Lexikon schlesischer Ärzte und Wundärzte (Chirurgen). Bearb. v. Michael Sachs. Wunstorf 1997 ff. AKL Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker. Hrsg. vom K. G. Saur Verlag. Begründet und mitherausgegeben v. Günter Meißner. M ü n c h e n / L e i p z i g 1992 ff. Alckens August Alckens: Münchner Forscher und Erfinder des 19. Jahrhunderts. München 1965. Allg Hann Biogr Allgemeine hannoversche Biographie. Hrsg. v. Wilhelm Rothert. 3 Bde., Hannover 1912-16. Almanach Ost Akad Almanach der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften. Jg. 5 0 ff. Wien 1900 ff. Almquist Ernst Almquist: Große Biologen. Eine Geschichte der Biologie und ihrer Erforscher. München 1931. Altöst Rudolf Granichstaedten-Cerva/Josef Mentschl/Gustav Otruba: Altösterreichische Unternehmer. 110 Lebensbilder. Wien 1969. Altpreuß Biogr Altpreußische Biographie. Hrsg. im Auftrag der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung. Königsberg [ab Bd. 2: Marburg] 1941 ff.

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Baumeister Baumeister, Architekten, Stadtplaner. Biographien zur baulichen Entwicklung Berlins. Hrsg. v. Wolfgang Ribbe und Wolfgang Schäche. Berlin 1987.

Baur Samuel Baur: Allgemeines historisches Handwörterbuch aller merkwürdigen Personen, die in d e m letzten Jahrzehend des 18. Jahrhunderts gestorben sind. Ulm 1803.

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BBKL Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon. Begründet und hrsg. v. Friedrich Wilhelm Bautz. Fortgeführt v. Traugott Bautz. H a m m (später Herzberg, Nordhausen) 1970 ff.

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Beck 2 Hanno Beck: Große Reisende. Entdecker und Erforscher unserer Welt. München 1971.

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Berlin-Cölln 1 Lothar N o a c k / J ü r g e n Splett: Bio-Bibliographien. Brandenburgische Gelehrte der Frühen Neuzeit BerlinCölln 1640-1688. Berlin 1997.

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BHöP Biographisches Handbuch des österreichischen Parlaments 1918-1998. Hrsg. von der Parlamentsdirektion. Wien 1998 (siehe auch http:/www.parlament.gv.at). Β ΗΡΑ Biographisches Handbuch für das Preußische Abgeordnetenhaus 1867-1918. Bearb. v. Bernhard M a n n unter Mitwirkung v. Martin Doerry, Cornelia Rauh und T h o m a s Kühne. Düsseldorf 1988; 1849-1867. Bearb. v. Bernd Haunfelder. Düsseldorf 1994.

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Biogr Lex Banat A d a m Peter Petri: Biographisches Lexikon des Banater Deutschtums. Marquartstein 1992.

Biogr Lex Böhmen Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. Hrsg. v. Ferdinand Seibt. 4 Bde., München 1979-2003.

Bonn 8 Bonner Gelehrte. Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in Bonn. Bd. 8: Mathematik und Naturwissenschaften = 150 Jahre Rheinische FriedrichWilhelms-Universität zu Bonn 1818-1968. Bd. 2,8. B o n n 1970.

Biogr Lex Oberöst

Bosse

Biographisches Lexikon von Oberösterreich. Hrsg. v. Martha Khil. Lfg. 1-14. Linz 1955-68.

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Biogr Verstorb Schweiz Biographisches Lexikon verstorbener Schweizer. In memoriam. Bd. 1-8. Basel 1947-82.

Braune Elite 1

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BLW

Braune Elite 2

Bleibrunner

Biographisches Lexikon zur Weimarer Republik. Hrsg. v. Wolfgang Benz und Hermann Grami. München 1988.

Böhm Wolfgang B ö h m : Biographisches Handbuch zur Geschichte des Pflanzenbaus. M ü n c h e n 1997.

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Bonn 1 Bonner Gelehrte. Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in Bonn. Bd. 1: Evangelische Theologie. = 150 Jahre Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn 1818-1968. Bd. 2,1. Bonn 1968.

Die braune Elite II. 21 weitere biographische Skizzen. Hrsg. v. Romuald Smelser und Rainer Zitelmann. Darmstadt 1993.

Brauneder Juristen in Österreich 1200-1980. Hrsg. v. Wilhelm Brauneder. Wien 1987.

Braunschweig Braunschweigisches Biographisches Lexikon. 19. und 20. Jahrhundert. Hrsg. v. Horst-Rüdiger Jarck und Günter Scheel. Hannover 1996.

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Brem Bio 1 Bremische Biographie des 19. Jahrhunderts. Hrsg. von der Historischen Gesellschaft des Künstlervereins. Bremen 1912.

Brem Bio 2 Bremische Biographie 1912-1962. Bearb. v. Wilhelm Lührs. Bremen 1969.

Bonn 2

Brinker-Gabler 1

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Bonn 3

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Bonner Gelehrte. Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in Bonn. Bd. 3: Staatswissenschaften = 150 Jahre Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn 1818-1968. Bd. 2,3. Bonn 1969.

Bonn 4 Bonner Gelehrte. Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in Bonn. Bd. 4: Philosophie und Altertumswissenschaften = 150 Jahre Rheinische FriedrichWilhelms-Universität zu Bonn 1818-1968. Bd. 2,4. Bonn 1968.

Bonn 5 Bonner Gelehrte. Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in Bonn. Bd. 5: Geschichtswissenschaften = 150 Jahre Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn 1818-1968. Bd. 2,5. Bonn 1968.

Brinker-Gabler 2

Brischar Johann N e p o m u k Brischar: Die katholischen Kanzelredner Deutschlands seit den drei letzten Jahrhunderten. Als Beitrag zur Geschichte der deutschen Kanzelberedsamkeit, sowie als Material zur praktischen Benützung für Prediger. 5 Bde., Schaffhausen 1867-71.

Bromberg T h o m a s Gey: Die preußische Verwaltung des Regierungsbezirks Bromberg 1871-1920. K ö l n / B e r l i n 1976.

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Warren Royal D a w s o n / E r i c Parrington Uphill: W h o was who in Egyptology. 2., rev. ed. London 1972.

Buck Friedrich Johann Buck: Lebensbeschreibungen der verstorbenen preußischen Mathematiker überhaupt und des vor mehr denn hundert Jahren verstorbenen großen Preußischen Mathematikers P. Christian Otters insbesondere. K ö n i g s b e r g / L e i p z i g 1764.

Budke Petra B u d k e / J u t t a Schulze: Schriftstellerinnen in Berlin 1871 bis 1945. Ein Lexikon zu Leben und Werk. Berlin 1995.

Burg Paul Burg: Forscher, Kaufherrn und Soldaten. Deutschlands Bahnbrecher in A f r i k a in kurzen Lebensbildern dargestellt. Leipzig 1936.

DBJ Deutsches Biographisches Jahrbuch. Hrsg. v. H e r m a n n Christern. Überleitungsband 1-2. Bd. 3-5 und 10-11. Berlin 1914 ( 1 9 2 5 ) - 1 9 2 9 (1932).

DDR Wer war wer in der D D R ? Ein biographisches Lexikon. Hrsg. v. Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs und Dieter H o f f m a n n . Unter Mitarbeit v. Olaf W . Reimann und Bernd-Rainer Barth. 2., durchgesehene und aktualisierte Aufl. Berlin 2001.

Degener Wer ist's? Unsere Zeitgenossen, enthaltend Biographien und Bibliographien. Zusammengestellt v. Hermann A. L. Degener [teilweise unter dem Titel: Wer ist's? Unsere Zeitgenossen, 10. Ausgabe unter d e m Titel: Degeners Wer ist's? Begr. und hrsg. v. H e r r m a n n A. L. Degener]. 10 Ausgaben, B e r l i n / L e i p z i g 1905-35.

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Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Im Auftrag der Gesellschaft für Burschenschaftliche Geschichtsforschung e. V. ( G f b G ) hrsg. v. Christian Hünemörder. 6 Bde., Heidelberg 1996 ff.

Ute Deichmann: Biologen unter Hitler. Vertreibung, Karrieren, Forschung. F r a n k f u r t / M a i n , N e w York 1992.

Bursian Biographisches Jahrbuch f ü r die Altertumswissenschaften. (Jg. 56 ff: Jahresbericht über die Fortschritte der klassischen Altertumswissenschaften. 4. Abt.: Nekrologe). Hrsg. v. Conrad Bursian. Jg. 1-70. B e r l i n / L e i p z i g 1878-1944.

Deichmann 2 Ute Deichmann: Flüchten, Mitmachen, Vergessen. Chemiker und Biochemiker in der NS-Zeit. Weinheim u. a.

2001. Demokr Wege Demokratische Wege. Deutsche Lebensläufe aus fünf Jahrhunderten. Hrsg. v. Manfred Asendorf und Rolf von Bockel. S t u t t g a r t / W e i m a r 1997.

BWB

Deutschbalt biogr Lex

Baden-Württembergische Biographien. Im Auftrag der Kommission f ü r Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg hrsg. v. Bernd Ottnad. Stuttgart 1994 ff.

Deutschbaltisches biographisches Lexikon 1710-1960. Im Auftrage der Baltischen Historischen Kommission begonnen v. Olaf Welding ( t ) und unter Mitarbeit v. Erik Amburger und Georg von Krusenstjern hrsg. v. Wilhelm Lenz. Nachdr. Wedemark 1998 (erste Aufl. Köln 1970).

Casdorff Demokraten. Profile unserer Republik. Hrsg. v. Claus Hinrich Casdorff. K ö n i g s t e i n / T a u n u s 1983. http:// www.catalogus-professorum-halensis.de

CH 91 Schweizer Lexikon 91 in 6 Bänden. Luzern

Deutsche Buch Deutsche Buchhändler: 24 Lebensbilder führender Männer des Buchhandels. Hrsg. v. Gerhard Menz. L e i p z i g / S t u t t g a r t 1925.

Cat Prof Hai

1991/92.

Christi Demokr Christliche Demokraten gegen Hitler. A u s Verfolgung und Widerstand zur Union. Hrsg. v. Günter Buchstab, Brigitte Kaff und Hans-Otto Kleinmann. Freib u r g / B r e i s g a u u . a . 2004.

Christi Phil

Deutsche Irr Deutsche Irrenärzte. Einzelbilder ihres Lebens und Wirkens. Hrsg. v. Theodor Kirchhoff. 2 Bde., Berlin 1921-24.

Deutsche Presseverl Deutsche Presseverleger des 18. bis 20. Jahrhunderts. Hrsg. v. Heinz-Dietrich Fischer. Pullach 1975.

Christliche Philosophie im katholischen Denken des 19. und 20. Jahrhunderts. Hrsg. v. Emerich Coreth, Walter M . Neidl und Georg Pfligersdorffer. 3 Bde., Graz u . a . 1987-90.

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Christoph

Jüdische Frauen im 19. und 20. Jahrhundert. Lexikon zu Leben und Werk. Hrsg. v. Jutta Dick und Marina Sassenberg. Reinbek bei Hamburg 1993.

Sie gehören zu uns. Von Glatzer Heimatpriestern. Hrsg. v. Leo Christoph. Reinbek 1969.

Wilhelm Theopold: Doktor und Poet dazu. Dichterärzte aus sechs Jahrhunderten. 2. Aufl. Mainz 1987.

Dick

Cinegraph

Diet Art

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Diestelkamp

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Evangelisches Lexikon f ü r Theologie und Gemeinde. Hrsg. v. Helmut Burkhardt und U w e Swarat in Zusammenarbeit mit Otto Betz, Michael Herbert, Gerhard Ruhbach und T h e o Sorg. 3 Bde., Wuppert a l / Z ü r i c h , 1992-94.

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Embacher Friedrich Embacher: Lexikon der Reisen und Entdeckungen. 1. Abt.: Biographien der Forschungsreisenden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig 1882.

Enc Jud Encyclopaedia Judaica. Das Judentum in Geschichte und Gegenwart. 10 Bde., Berlin 1928-34 [letzter Band bis Lyra, mehr nicht erschienen],

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Enz Märchen

Biographisches-bibliographisches Handbuch. Begr. v. Wilhelm Kosch. Hrsg. v. Carl-Ludwig Lang, ab Bd. 2 v. Konrad Feilchenfeldt. M ü n c h e n / B e r n 2000 ff.

Enzyklopädie des Märchens. Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung. Begr. v. Kurt Ranke. Hrsg. v. Rolf Wilhelm Brednich u.a. B e r l i n / N e w York 1977 ff.

Döring: Kanzelredner Heinrich Johann Michael Döring: Die deutschen Kanzelredner des 18. und 19. Jahrhunderts. Nach ihrem Leben und Wirken dargestellt. Neustadt/Orla 1830.

Döring: Theol Heinrich Johann Michael Döring: Die gelehrten Theologen Deutschlands im 18. und 19. Jahrhundert. Nach ihrem Leben und Wirken dargestellt. 4 Bde., Neus t a d t / O r l a 1831-35.

DSB Dictionary of Scientific Biography. Ed. by Charles C. Gillispie. 16 Bde. Suppl.-Bde. 17-18. hrsg. v. Frederic L. Holmes. N e w York 1970-90.

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Dt Dichter 17. Jh.

Enz Phil Wiss Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. In Verbindung mit Gereon Wolters hrsg. v. JUrgen Mittelstraß. 4 Bde., S t u t t g a r t / W e i m a r , 1 9 9 5 / 9 6 . 2., neubearb. und wesentlich erg. Aufl. In Verbindung mit Martin Carrier hrsg. v. Jürgen Mittelstraß. S t u t t g a r t / W e i m a r 2005 ff.

Esselborn Karl Esselborn: Hessische Lebensläufe. Hrsg. v. Friedrich Knopp. Darmstadt 1979.

Essner Cornelia Essner: Deutsche Afrikareisende im 19. Jahrhundert. Zur Sozialgeschichte des Reisens = Beiträge zur Kolonial- und Uberseegeschichte. Bd. 32. Stuttgart 1985.

Exiltheater Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933-1945. Hrsg. v. Frithjof Trapp, Werner Mittenzwei, Henning Rischbieter und Hansjörg Schneider. 2 Bde., München 1999.

Deutsche Dichter des 17. Jahrhunderts. Ihr Leben und Werk. Hrsg. v. Harald Steinhagen und B e n n o von Wiese. Berlin 1984.

Färber

Dt Kommunisten

Felder

H e r m a n n W e b e r / A n d r e a s Herbst: Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945. Berlin 2004.

Gelehrten- und Schriftsteller-Lexikon der deutschen Katholischen Geistlichkeit. Hrsg. v. Franz Karl Felder und Franz Joseph Waitzenegger. 3 Bde., Landshut 1817-22.

Eberl/Marcon

Bedeutende Oberpfälzer. Hrsg. v. Sigfrid Färber. Regensburg 1981.

150 Jahre Promotion an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen. Biographien der Doktoren, Ehrendoktoren und Habilitierten 1830-1980 (1984). Bearb. v. I m m o Eberl und Helmut Marcon. Stuttgart 1984.

Feilerer

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Ehrlich: Geiger

Arnold Fisch: M e i n e Bundesräte. Stäfa 1989.

A. Ehrlich [d.i. Albert Payne]: Berühmte Geiger der Vergangenheit und Gegenwart. Leipzig 1893.

Flemig

Ehrlich: Säng

Forst

A. Ehrlich [d.i. Albert Payne]: Berühmte Sängerinnen der Vergangenheit und Gegenwart. Leipzig 1895.

Aus dreißig Jahren. Rheinisch-Westfälische PolitikerPorträts. Hrsg. v. Walter Forst. Köln 1979.

Eisenberg: Bühne

Fränk Leb

Ludwig Eisenberg: Großes Biographisches Lexikon der deutschen Bühne im 19. Jahrhundert. Leipzig 1903.

Fränkische Lebensbilder. Lebensbilder aus Franken. N e u e Folge. Hrsg. v. Gerhard Pfeiffer. Würzburg 1967 ff.

Kurt Flemig: Karikaturisten-Lexikon. München u . a . 1993.

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Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Frankf Biogr

Gel Hbg

Frankfurter Biographie. Personengeschichtliches Lexikon. Hrsg. v. Wolfgang Klötzer. Bearb. v. Sabine Hock und Reinhard Frost. 2 Bde., F r a n k f u r t / M a i n 1994-96.

Gelehrte in Hamburg im 18. und 19. Jahrhundert. Hrsg. v. Hans-Dieter Loose. Hamburg 1976.

Frankf Nationalvers

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Heinrich B e s t / W i l h e l m Weege: Biographisches Handbuch der Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung 1 8 4 8 / 4 9 . Düsseldorf 1996.

Frauen Frauen. Porträts aus zwei Jahrhunderten. Hrsg. v. Hans Jürgen Schultz. 6. Aufl. Stuttgart 1988.

Fries Katholische Theologen Deutschlands im 19. Jahrhundert. Hrsg. v. Heinrich Fries und Georg Schwaiger. 3 Bde., München 1975.

Frölich Z u m Höchsten der Menschheit emporgestrebt. Kurze Lebensbeschreibungen Dresdner Arbeiterfunktionäre und Widerstandskämpfer. Hrsg. v. Elsa Frölich = Beiträge zur Geschichte der Dresdner Arbeiterbewegung. H. 4. Dresden 1959.

Gerechte

Germanistik Wissenschaftsgeschichte der Germanistik in Porträts. Hrsg. v. Christoph König, Hans-Harald Müller und Werner Röcke. B e r l i n / N e w York 2000.

Gießen Gießener Gelehrte in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Hrsg. v. Hans Georg Gundel, Peter M o r a w und Volker Press. 2 Teile = Lebensbilder aus Hessen. Bd. 2 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Bd. 35. Marburg 1982.

Glarner Große Glarner. 26 Lebensbilder aus fünf Jahrhunderten. Hrsg. v. Fritz Stucki und Hans Thürer. Glarus 1986.

Fuchs

Glöckel

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Leb Berlin 3 Berlinische Lebensbilder. Bd. 3: Wissenschaftspolitik in Berlin. Minister, Beamte, Ratgeber. Hrsg. v. Wolfgang Treue und Karlfried Gründer. Berlin 1987.

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Krafft

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Lloyd N o r m a n Lloyd: Großes Lexikon der Musik. 3 Bde., Augsburg 1988.

LMU Biographisches Lexikon der Ludwig-MaximiliansUniversität M ü n c h e n . Hrsg. v. Laetitia Boehm, Winfried Müller, Wolfgang J. Smolka und Helmut Zedelmaier. Teil I: Ingolstadt-Landshut 1472-1826. Berlin 1998.

Lösche Vor d e m Vergessen bewahren. Lebenswege Weimarer Sozialdemokraten. Hrsg. v. Peter Lösche. Berlin 1988.

Lowenthal Bewährung im Untergang. Ein Gedenkbuch. Hrsg. v. E. G. Lowenthal. Stuttgart 1965.

LSDL Lexikon sozialistischer deutscher Literatur. Von den Anfängen bis 1945. Monographisch-biographische Darstellungen. s'Gravenhage 1973.

LThK Lexikon für Theologie und Kirche. Begr. v. Michael Buchberger. Hrsg. v. Josef Höfer und Karl Rahner. 10 Bde., F r e i b u r g / B r e i s g a u 1930-38. 2., völlig neu bearb. Aufl. Hrsg. v. Josef Höfer und Karl Rahner. 10 Bde., F r e i b u r g / B r e i s g a u 1957-65. 3., völlig neu bearb. Aufl. Hrsg. v. Walter Kasper mit Konrad Baumgartner, Horst Bürkle, Klaus Ganzer, Karl Kertelge, Wilhelm Korff und Peter Walter. 11 Bde., F r e i b u r g / B r e i s g a u u . a . 1993-2001.

Liibker / Schröder D(etlev) L(orenz) L ü b k e r / H ( a n s ) Schröder: Lexikon der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1796 bis 1828. 2 Bde., Altona 1829-30.

Liidicke Reinhard Lüdicke: Die Preußischen Kultusminister und ihre Beamten im ersten Jahrhundert des Ministeriums 1817-1917. Stuttgart/Berlin 1918.

Lüttgendorff

Siglinde B o l b e c h e r / K o n s t a n t i n Kaiser: Lexikon der österreichischen Exilliteratur. Wien 2000.

Willibald Leo von Lüttgendorff: Die Geigen- und Lautenmacher vom Mittelalter bis zur Gegenwart. F r a n k f u r t / M a i n 1904.

Lex sozialist Lit

Lullies

Lexikon sozialistischer Literatur. Ihre Geschichte in Deutschland bis 1945. Hrsg. v. Simone Barck, Silvia Schlenstedt, Tanja Bürgel, Volker Giel und Dieter Schiller. S t u t t g a r t / W e i m a r 1994.

Archäologenbildnisse. Porträts und Kurzbiographien von Klassischen Archäologen deutscher Sprache. Hrsg. v. Reinhard Lullies und Wolfgang Schiering. Mainz 1988.

Lex österr Exillit

xxiii

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Männer Nahrung

Metzler jüd Phil

M ä n n e r die Nahrung schufen. Hrsg. v. Otto Keune. Hannover 1952.

Metzler-Lexikon jüdischer Philosophen. Philosophisches Denken des Judentums von der Antike bis zur Gegenwart. Hrsg. v. Andreas B. Kilcher und Otfried Fraisse. Unter Mitarbeit v. Yossef Schwartz. Stuttg a r t / W e i m a r 2003.

Männer Wirtschaft Heinz R e n k / E r n s t Ruhe: M ä n n e r der Wirschaft. Unternehmen der Gründerzeit. Gütersloh 1966.

Marburg

Metzler Kabarett Klaus Budzinski / Reinhard Hippen: Metzler-KabarettLexikon. S t u t t g a r t / W e i m a r 1996.

Marburger Gelehrte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Hrsg. v. Ingeborg Schnack = Lebensbilder aus Hessen. Bd. 1. Marburg 1977.

Metzler Komponisten

Marcon / Strecker

Metzler-Komponisten-Lexikon. Hrsg. v. Horst Weber. Stuttgart 1992.

2 0 0 Jahre Wirtschafts- und Staatswissenschaften an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Leben und Werk der Professoren. Die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Tübingen und ihre Vorgänger (1817-2002). Hrsg. v. Helmut Marcon und Heinrich Strecker. 2 Bde., Stuttgart 2004.

Matschoß: Ing Conrad Matschoß: Große Ingenieure. Lebensbeschreibungen aus der Geschichte der Technik. München 1937.

Matschoß: Tech Conrad Matschoß: Männer der Technik. Ein biographisches Handbuch. Berlin 1925.

MBL Guido Heinrich / Gunter Schandera: Magdeburger biographisches Lexikon. 19. und 20. Jahrhundert. Biographisches Lexikon für die Landeshauptstadt Magdeburg und die Landkreise Bördekreis, Jerichower Land, Ohrekreis und Schönebeck. Magdeburg 2002.

Metzler Kunsthistoriker Peter B e t t h a u s e n / P e t e r H. Feist / Christiane Fork: Metzler Kunsthistoriker Lexikon. 2 0 0 Porträts deutschsprachiger Autoren aus vier Jahrhunderten. Unter Mitarbeit v. Karin Rührdanz und Jürgen Zimmer. S t u t t g a r t / W e i m a r 1999.

Metzler Philosophen Metzler-Philosophen-Lexikon. 300 biographischwerkgeschichtliche Porträts von den Vorsokratikern bis zu den Neuen Philosophen. Hrsg. v. Bernd Lutz. Stuttgart/Weimar 3 2003.

Meyer Lexikon des Sozialismus. Hrsg. v. T h o m a s Meyer u. a. Köln 1986.

MGG

MdB

Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. Hrsg. v. Friedrich Blume. 17 Bde., K a s s e l / B a s e l 1949-86. 2., neubearb. Ausgabe. Hrsg. v. L u d w i g Finscher. Personenteil. Kassel u . a . 1999 ff.

Biographisches Handbuch der Mitglieder des Deutschen Bundestages 1949-2002. Hrsg. v. Rudolf Vierhaus und Ludolf Herbst unter Mitarbeit v. B r u n o Jahn. 3 Bde., München 2 0 0 2 / 0 3 .

Bettina Michalski: Louise Schroeders Schwestern. Berliner Sozialdemokratinnen der Nachkriegszeit. Bonn 1996.

MdR

Mikroskopie

Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus. Politische Verfolgung, Emigration und Ausbürgerung 1933-1945. Eine biographische Dokumentation. Hrsg. v. Martin Schumacher. 3., erheblich erw. und Überarb. Aufl. Düsseldorf 1994.

Geschichte der Mikroskopie. Leben und Werk großer Forscher. Hrsg. v. H u g o Freund und Alexander Berg. Bd. 3: A n g e w a n d t e Naturwissenschaften und Technik. F r a n k f u r t / M a i n 1966.

Mecklenburg Biographisches Lexikon für Mecklenburg. Hrsg. v. Sabine Pettke. Rostock 1995 ff.

Mellenthin Friedrich Wilhelm von Mellenthin: Deutschlands Generale des Zweiten Weltkriegs. Bergisch Gladbach 1977.

Menz Deutsche Buchhändler. Hrsg. v. Gerhard Menz. Leipz i g / S t u t t g a r t 1925.

Merkel /Wunder Deutsche Frauen der Frühen Neuzeit. Dichterinnen, Malerinnen, Mäzeninnen. Hrsg. v. Kerstin Merkel und Heide Wunder. Darmstadt 2000.

Merlo Johann Jacob Merlo: Kölnische Künstler in alter und neuer Zeit. Köln 1895.

Metzler Autoren Metzler-Autoren-Lexikon. Deutschsprachige Dichter und Schriftsteller vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Hrsg. v. Bernd Lutz. Stuttgart 1986.

xxiv

Michalski

Modern Dance International Dictionary of M o d e r n Dance. Hrsg. v. Taryn Benbow-Pfalzgraf. Detroit/New York/London 1998.

Mühlleitner Elke Mühlleitner: Biographisches Lexikon der Psychoanalyse. Die Mitglieder der Psychologischen MittwochGesellschaft und der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung 1902-1938. Tübingen 1992.

Miiller-Dietz Heinz E. Müller-Dietz: Arzte zwischen Deutschland und Rußland. Lebensbilder zur Geschichte der medizinischen Wechselbeziehungen. Stuttgart/Jena/New York 1995.

Müller-Hill B e n n o Müller Hill: Tödliche Wissenschaft. Die Aussonderung von Juden, Zigeunern und Geisteskranken 1933-1945. Reinbek bei Hamburg 1984.

Münster Geschichte der Stadt Münster. Hrsg. v. Franz-Josef Jakobi. 3 Bde., Münster 3 1994.

Munzinger Munzinger. Internationales Biographisches Archiv. Ravensburg 1949 ff.

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Myß

Öst Natur b)

Die Siebenbürger Sachsen. Lexikon. Geschichte, Kultur, Zivilisation, Wissenschaften, Wirtschaft. Lebensraum Siebenbürgen (Transsilvanien). Hrsg. v. Walter Myß. Thaur bei Innsbruck 1993.

Österreichische Naturforscher, Ärzte und Techniker. Hrsg. v. Fritz Knoll. Wien 1957.

NDB Neue Deutsche Biographie. Hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften. Berlin 1953 ff.

Nekrologe Industrie Nekrologe aus d e m rheinisch-westfälischen Industriegebiet. Jg. 1939-1951. Bearb. v. Fritz Pudor. [Forts, unter d e m Titel: Lebensbilder aus d e m rheinischwestfälischen Industriegebiet] Düsseldorf 1955.

Oldenburg Biographisches Handbuch zur Geschichte des Landes Oldenburg. Hrsg. v. Hans Friedl u . a . Oldenburg 1992.

Olpp Gottlieb Olpp: Hervorragende Tropenärzte in Wort und Bild. M ü n c h e n 1932.

Oschilewski Berühmte Deutsche in Berlin. Hrsg. v. Walther G. Oschilewski. Berlin 1965.

Neuer Nekr

Osnabrück

Neuer Nekrolog der Deutschen. Hrsg. v. August Schmidt und Bernhard Friedrich Voigt. 30 Bde., Ilmenau 1824-56.

Biographisches Handbuch zur Geschichte der Region Osnabrück. Bearb v. Rainer Hehemann. Bramsche 1990.

Neumann

Osterroth

Ostschlesische Porträts. Biographisch-bibliographisches Lexikon von Österreich-Ostschlesien. Bearb. v. Karl Walter Neumann. Teil 1: A - D = Schriften der Stiftung Haus Oberschlesien. Landeskundliche Reihe. Bd. 2,1. Berlin 1991.

Franz Osterroth: Biographisches Lexikon des Sozialismus. Bd. I: Verstorbene Persönlichkeiten. [Mehr nicht erschienen] Hannover 1960.

NGroveD T h e N e w Grove Dictionary of Music and Musicians. 2. Ausgabe. Hrsg. ν. Stanley Sadie. 29 Bde., London 2001.

NGroveD Jazz T h e N e w Grove Dictionary of Jazz. Hrsg. v. Barry Kernfeld. N e w York 1994.

Niederrhein Unternehmer Wolfgang Burkhard: Niederrheinische Unternehmer. Duisburg 1990.

Nietzsche

Ostfriesland Biographisches Lexikon für Ostfriesland. Hrsg. v. Martin Tielke. Aurich 1993 ff.

Pädagoginnen Mütterlichkeit als Profession? Lebensläufe deutscher Pädagoginnen in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts. Bd. 1. Hrsg. v. Ilse Brehmer. Bd. 2: Kurzbiographien. Hrsg. v. Ilse Brehmer und Karin Ehrich. Pfaffenweiler 1990-93.

Päd Lex Pädagogisches Lexikon. Hrsg. v. Hermann Schwartz. 4 Bde., B i e l e f e l d / L e i p z i g 1928-31.

Hauke Reich: Nietzsche-Zeitgenossenlexikon. Verwandte und Vorfahren, Freunde und Feinde, Verehrer und Kritiker von Friedrich Nietzsche. Basel 2004.

Passau

Nikel

Patzak

Politiker der Bundesrepublik Deutschland. Persönlichkeiten des politischen Lebens seit 1949 von A bis Z. Hrsg. v. Ulrike Nikel. Düsseldorf 1985.

Bernhard Patzak: Die Jesuitenbauten in Breslau und ihre Architekten. Ein Beitrag zur Geschichte des Barockstiles in Deutschland. Straßburg 1918.

NÖB

Pers Europa

Neue Österreichische Biographie 1815-1918. [ab Bd. 9: Neue Österreichische Biographie ab 1815. Bd. 10-14: Große Österreicher] 22 Bde., Wien 1923-87.

Oberpräs Pommern Hans Branig: Die Oberpräsidenten der Provinz P o m m e r n . In: Baltische Studien (1959).

Obertribunal Friedrich Hermann Sonnenschmidt: Geschichte des Königlichen Ober-Tribunals zu Berlin. Berlin 1879. ÖBL Österreichisches biographisches Lexikon 1815 bis 1950. Hrsg. von der Österreichischen A k a d e m i e der Wissenschaften. G r a z / K ö l n , später Wien 1957 ff.

Ökonomen Ökonomenlexikon. Hrsg. v. Werner Krause u . a . Berlin (DDR) 1989.

ÖML Österreichisches Musiklexikon. Hrsg. v. Rudolf Flozinger. Wien 2002 ff.

Öst Natur a) Österreichische Naturforscher und Techniker. Wien 1951.

Franz Mader: Tausend Passauer. Biographisches Lexikon zu Passaus Stadtgeschichte. Passau 1995.

Persönlichkeiten Europas. Deutschland I. Stuttgart/Luzern 1976.

Pfalzer Pers Viktor Carl: Lexikon Pfälzer Persönlichkeiten. 2., Uberarb. und erw. Aufl. Edenkoben 1998.

Pfau 1 Karl Friedrich Pfau: Biographisches Lexikon des Deutschen Buchhandels der Gegenwart. Unter Berücksichtigung der hervorragenden Vertreter des Buchgewerbes der alten Zeit und des Auslandes. Leipzig 1890.

Pfau 2 Karl Friedrich Pfau: Das Buch berühmter Buchhändler. 2 Bde., Leipzig 1 8 8 5 / 8 6 .

Piazza Berühmte Leipziger Studenten. Hrsg. v. Hans Piazza. Leipzig/Jena/Berlin 1984.

Pietismus Geschichte des Pietismus. Hrsg. v. Martin Brecht u. a. 4 Bde. Göttingen 1993-2004. XXV

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Poggendorff

RE

Johann Christian Poggendorff: Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften. Bd. 1-2. Leipzig 1863. Bd. 3: 1858-1883. Teil 1-2. Hrsg. v. Berend Wilhelm Feddersen und Arthur Joachim von Oeningen. Leipzig 1898. Bd. 4: 1883-1904. Teil 1-2. Hrsg. v. Arthur Joachim v. Oettingen. Leipzig 1904. Bd. 5: 1904-1922. Teil 1-2. Red. v. Paul Weinmeister. Leipzig 1926. Bd. 6: 1923-1931, Teil 1-4. Red. v. Hans Stobbe. Leipzig 1936-40. Bd. 7a: 1932-53, Teil 1-4. Red. v. Rudolph Zaunick und Hans Salié. Berlin 1956-62. Bd. 7b: 1932-62. Teil 1-7. Leitung der Redaktion Hans Salié. Berlin 1967-85. Bd. 8. Teil 1-3. Leitung der Redaktion Margot Köstler. Berlin 1995-2004.

Real-Encyclopädie für protestantische Theologie und Kirche. Begründet v. Johann Jakob Herzog. 3. Aufl., hrsg. v. Albert Hauck. 24 Bde., Leipzig 1896-1913.

Pollak Tausend Jahre Osterreich. Eine biographische Chronik. Hrsg. v. Walter Pollak. Bd. 1: Von den Babenberger bis zum Wiener Kongreß. Bd. 2: Vom Biedermeier bis zur Gründung d. modernen Parteien. Bd. 3: Der Parlamentarismus und die beiden Republiken. Wien/ München 1 9 7 3 / 7 4 .

Reber Burkard Reber: Gallerie hervorragender Therapeutiker und Pharmakognosten der Gegenwart. Genf 1897.

Recktenwald Geschichte der politischen Ökonomie. Eine Einführung in Lebensbildern. Hrsg. v. Horst Claus Recktenwald. Stuttgart 1971.

Refardt Edgar Refardt: Historisch-biographisches Musikerlexikon der Schweiz. L e i p z i g / Z ü r i c h 1928.

Regensburg Berühmte Regensburger. Lebensbilder aus zwei Jahrzehnten. Hrsg. v. Karlheinz Dietz und Gerhard H. Waldherr. Regensburg 1997.

Reichshandbuch

Preuß Oberpräs

Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft. Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild. 2 Bde., Berlin 1 9 3 0 / 3 1 .

Die preußischen Oberpräsidenten 1815-1945. Hrsg. v.

Reinalter

Klaus Schwabe. B o p p a r d / R h e i n

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Preuß Staatsmin Die Protokolle des Preußischen Staatsministeriums 18171934/38. Hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften unter der Leitung von Jürgen Kocka und Wolfgang Neugebauer. 12 Bde., Hildesheim u . a . 1999-2004.

Priesdorff Kurt Priesdorff: Soldatisches Führertum. 10 Bde., Hamburg 1937-42.

Prof Basel Professoren der Universität Basel aus fünf Jahrhunderten. Bildnisse und Würdigungen. Hrsg. v. Andreas Staehelin. Basel 1960.

Profile Profile des neuzeitlichen Protestantismus. 2 Bde. in 3 Teilen. Hrsg. v. Friedrich Wilhelm Graf. Gütersloh 1990-93.

Psychologie Psychologie in Selbstdarstellungen. Hrsg. v. Ludwig J. Pongratz, Werner Traxel und Ernst G. Wehner. 4 Bde., Bern u . a . [Bd. 4: Lengerich u.a.] 1972-2004.

Puschner Uwe P u s c h n e r / W a l t e r S c h m i t z / J u s t u s H. Ulbricht (Hrsg.): Handbuch zur „Völkischen B e w e g u n g " 1871-1918. M ü n c h e n 1996.

Raabe Paul Raabe: Die Autoren und Bücher des literarischen Expressionismus. Ein bibliographisches Handbuch. Stuttgart 1985.

Rabbiner Biographisches Handbuch der Rabbiner. Hrsg. v. Michael Brocke und Julius Carlebach. Teil 1. Bd. 1-2. München 2004.

Raberg Biographisches Handbuch der württembergischen Landtagsabgeordneten 1815-1933. Im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in BadenWürttemberg bearb. v. Frank Raberg. Stuttgart 2001.

Rattner Josef Rattner: Große Pädagogen. 2., erweit. Aufl. München/Basel 1968.

xxvi

Helmut R e i n a l t e r / A x e l K u h n / A l i n Ruiz: Biographisches Lexikon zur Geschichte der demokratischen und liberalen B e w e g u n g e n in Mitteleuropa. Bd. 1: 17701800. F r a n k f u r t / M a i n u . a . 1992.

Rektoren Rostock Die Rektoren der Universität Rostock 1419-2000. Hrsg. v. Angela Hartwig und Tilmann Schmidt. Rostock

2000. Renkhoff Otto Renkhoff: Nassauische Biographie. Kurzbiographien aus 13 Jahrhunderten. 2., vollst. Überarb. und erweit. Aufl. = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Nassau. Bd. 39. Wiesbaden 1992.

RGG Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft. 3., völlig neu bearb. Aufl. Hrsg. v. Kurt Galling in Gemeinschaft mit Hans Frh. von C a m p e n h a u sen, Erich Dinkier, Gerhard Gloege und Knud E. L0gstrup. 6 Bde., Registerband. Tübingen 1957-65. Religion in Geschichte und Gegenwart. 4., völlig neu bearb. Aufl. Hrsg. v. Hans Dieter Betz, Don S. Browning, Bernd Janowski und Eberhard Jüngel. 8 Bde., Tübingen 1998-2005.

Rhein-Westf Wirt Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsbiographien. Münster 1931/32 ff.

Richarz Bürger auf Widerruf. Lebenszeugnisse deutscher Juden 1780-1945. Hrsg. v. M o n i k a Richarz. M ü n c h e n 1989.

Ridder Bernhard Ridder: M ä n n e r des Kolpingwerkes. Lebensbilder aus der hundertjährigen Geschichte des Kolpingwerkes. Köln 1955.

Roeseier Albrecht Roeseier: Große Geiger unseres Jahrhunderts. München/Zürich 1987.

Rößler/Franz Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Begr. v. Hellmuth Rössler und Günther Franz. 2., völlig neu bearb. und stark erw. Aufl. Bearb. v. Karl Bosl, Günther Franz und Hanns Hubert Kaufmann. 3 Bde., M ü n c h e n 1973-75, Nachdr. 1995.

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Rötger

Schmidt-Liebich

Nekrolog für Freunde deutscher Literatur. Hrsg. v. Gotthilf Sebastian Rötger. 4 Bde., Helmstedt 1796-99.

Jochen Schmidt-Liebich: Lexikon der Künstlerinnen 1700-1900. Deutschland, Österreich, Schweiz. M ü n chen 2005.

Romanisten Deutsche und österreichische Romanisten als Verfolgte des Nationalsozialismus. Hrsg. v. Hans Helmut Christmann und Frank-Rutger Hausmann Bd. 10. Tübingen 1989.

Romeyk

Schmitz Siegfried Schmitz: Große Entdecker und Forschungsreisende. Eine Geschichte der Weltentdeckung von der Antike bis zum 20. Jahrhundert in Biographien. Düsseldorf 1983.

Horst Romeyk: Die leitenden staatlichen und k o m m u n a len Verwaltungsbeamten der Rheinprovinz 1816-1945. Düsseldorf 1994.

Schmöckel

Sachs Biogr

Schmolke

Sächsische Biografie. Hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V. Wissenschaftliche Leitung: Martina Schattkowsky. Online-Ausgabe: http://www.isgv.de/saebi/.

Michael Schmolke (Hrsg.): Wegbereiter der Publizistik in Österreich. Wien/St. Johann (Pongau) 1992.

Sarkowicz Hans S a r k o w i c z / A l f Mentzer: Literatur in NaziDeutschland. Ein biografisches Lexikon. Erweiterte Neuausgabe. H a m b u r g / W i e n 2002.

Saupe Emil Saupe: Deutsche Pädagogen der Neuzeit. Ein Beitrag zur Geschichte der Erziehungswissenschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts. 5. und 6. Aufl. Osterwieck 1927.

SBZ/DDR Biographisches Handbuch S B Z / D D R 1945-1990. Hrsg. v. Gabriele Baumgartner und Dieter Hebig. 2 Bde., München u . a . 1 9 9 6 / 9 7 .

Schäfer Karl T . Schäfer: Verfassungsgeschichte der Universität Bonn 1818 bis 1960. Bonn 1968.

Schärl

Die Juristen der Universität Bonn im „Dritten Reich". Hrsg. v. Mathias Schmöckel. Köln u . a . 2004.

Scholder Protestantische Profile. Lebensbilder aus fünf Jahrhunderten. Hrsg. v. Klaus Scholder und Dieter Kleinmann. Königstein/Taunus 1983.

Scholz Ärzte in Ost- und Westpreußen. Leben und Leistung seit d e m 18. Jahrhundert. Hrsg. v. Harry Scholz und Paul Schroeder = Ostdeutsche Beiträge aus d e m Göttinger Arbeitskreis. Bd. 48. Würzburg 1970.

Schröder Wilhelm Heinz Schröder: Sozialdemokratsche Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 18671933. Biographien - Chronik - Wahldokumentation. Ein Handbuch. Düsseldorf 1995.

Schütz Hans J. Schütz: „Ein deutscher Dichter bin ich einst gewesen". Vergessene und verkannte Autoren des 20. Jahrhunderts. München 1988.

Schulte

Walter Schärl: Die Zusammensetzung der bayerischen Beamtenschaft von 1806 bis 1918. Kallmünz 1955.

Wilhelm Schulte: Westfälische Köpfe: 300 Lebensbilder bedeutender Westfalen. Biographischer Wegweiser. Münster 1963.

Schaffhauser Biogr

Schultheß

Schaffhauser Biographien des 18. und 19. Jahrhunderts (ab Bd. 5: Schaffhauser Biographien). Hrsg. v. Historischen Verein des Kantons Schaffhausen. Thayngen 1956 ff.

Schweizer Juristen der letzten hundert Jahre. Hrsg. v. Hans Schultheß. Zürich 1945.

Schein Christen zwischen Niederrhein und Eifel. Lebensbilder aus zwei Jahrhunderten. Hrsg. v. Karl Schein. 3 Bde., Aachen / Mönchengladbach 1993.

Schlichtegroll 1

Schulz Große Berliner aus d e m Osten. Bearb. v. Wolfgang Schulz und Gisela Höhle. Berlin 1987.

Schweiz Bundesräte Die Schweizer Bundesräte. Ein biographisches Lexikon. Hrsg. v. Urs Altermatt. Zürich u . a . 1991.

Schweiz Komp

Friedrich Schlichtegroll: Nekrolog auf das Jahr . . . l . - l l . Jg. Gotha 1791-1806.

4 0 Schweizer Komponisten der Gegenwart. Amriswil 1956.

Schlichtegroll 2

Schweizer Pioniere

Nekrolog der Teutschen für das 19. Jahrhundert. Hrsg. v. Friedrich Schlichtegroll. 5 Bde., Gotha 1802-06.

Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik. Hrsg. vom Verein für wirtschaftshistorische Studien. 81 Bde., Zürich, ab Bd. 47 Meilen 1955-2005.

Schmaling Paul Schmaling: Künstlerlexikon Hessen-Kassel 17772000. Mit den Malerkolonien Willinghausen und Kleinsassen. Kassel 2001.

Seidler

Schmersahl

Seiters

Elias Friedrich Schmersahl: Geschichte jetzt lebender Gottesgelehrten. 1 Band in 8 Stücken. Langensalza 1751-55.

Porträts christlich-sozialer Persönlichkeiten. Teil 1: Die Katholiken und die deutsche Sozialgesetzgebung. Hrsg. v. Julius Seiters. Osnabrück 1965.

Schmidt

Serlo

Ernst Wilhelm Schmidt: M ä n n e r der Deutschen Bank und der Disconto-Gesellschaft. Düsseldorf 1957.

Walter Serlo: Westdeutsche Berg- und Hüttenleute und ihre Familien. Essen 1938.

Eduard Seidler: Kinderärzte 1933-1945. Entrechtet geflohen - ermordet. Bonn 2000.

xxvii

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur SHBL

Stadtlex Erlangen

Schleswig-Holsteinisches Biographisches Lexikon. Hrsg. v. Olaf Klose. Bd. 1-5. Neumünster 1970-79. Fortges. unter dem Titel: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck. Neumünster 1982 ff.

Erlanger Stadtlexikon. Hsrg. v. Christoph Friedrich, Bertold Frh. v. Haller und Andreas Jakob. Nürnberg

Siebenbürger Schrittst

Stadtlexikon Nürnberg. Hrsg. v. Michael Diefenbacher und Rudolf Endres. 2., verb. Aufl. Nürnberg 2000.

Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Deutschen. BioBibliographisches Handbuch für Wissenschaft, Dichtung und Publizistik. Begr. v. Joseph Trausch, fortgeführt v. Friedrich Schuller und H e r m a n n Adolf Hienz. Köln u . a . 1995ff.

Siebert Karl Siebert: Hanauer Biographien aus drei Jahrhunderten. Hanau 1919.

Sigerist Henry E. Sigerist: G r o ß e Ärzte. Eine Geschichte der Heilkunde in Lebensbildern. 2., verm. Aufl. München 1931.

Sinzheimer Hugo Sinzheimer: Jüdische Klassiker der deutschen Rechtswissenschaft. Amsterdam 1938.

Sitt Kunsthistoriker in eigener Sache. Zehn autobiographische Skizzen. Hrsg. v. Martina Sitt. Berlin 1990.

Slapnicka Harry Slapnicka: Oberösterreich - Die politische Führungsschicht. 1918 bis 1938. Linz 1976.

Smelser Ronald S m e l s e r / E n r i c o Syring (Hrsg.): Die SS: Elite unter d e m Totenkopf. 30 Lebensläufe. 2., durchgesehene und aktualisierte Aufl. Paderborn u . a . 2003.

Smend

2002. Stadtlex Nürnberg

Stiglat Klaus Stiglat: Bauingenieure und ihr Werk. Berlin 2004.

StL Staatslexikon. Recht, Wirtschaft, Gesellschaft. Hrsg. von der Görres-Gesellschaft. 7 Bde., F r e i b u r g / B r e i s g a u 1985-93.

Stolleis Michael Stolleis: Juristen. Ein biographisches Lexikon. München 1995.

Streitb Jur Streitbare Juristen. Eine andere Tradition. Jürgen Seifert, Mithrsg. der Kritischen Justiz, zum 60. Geburtstag. Baden-Baden 1988.

Strieder Friedrich Wilhelm Strieder: Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten- und Schriftstellergeschichte. 20 Bde., Kassel 1780-1863.

Sucher Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Hrsg. v. C. Bernd Sucher. Von Christine Dössel und Marietta Piekenbrock unter Mitwirkung v. Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. Völlig neu bearb. und erw. 2. Aufl. München 1999.

Sutter

Rudolf Smend: Deutsche Alttestamentler in drei Jahrhunderten. Göttingen 1989.

Rotraut Sutter: Siebenbürger Sachsen in Österreichs Vergangenheit und Gegenwart. Eine Auswahl. Innsbruck 1976.

Spalek

Taube

Deutsche Exilliteratur seit 1933. Bd. 1 in 2 Teilbänden: Kalifornien. Hrsg. v. John M. Spalek und Joseph Strelka. Bern 1976. Deutschsprachige Exilliteratur seit 1933. Bd. 2 in zwei Teilbänden: N e w York. Hrsg. v. John M. Spalek und Joseph Strelka. Bern 1989. Bd. 3 in 5 Teilbänden: USA. Hrsg. v. John M. Spalek, Konrad Feilchenfeldt, Sandra H. Hawrylchak. B e r n / M ü n c h e n 2000-05. Bd. 4 in 3 Teilbänden: Bibliographien: Schriftsteller, Publizisten und Literaturwissenschaftler in den U S A . B e r n / M ü n c h e n 1994.

Deutsche Männer des baltischen Ostens. Hrsg. v. Arved von Taube. Berlin 1943.

Spenkuch Hartwin Spenkuch: Das Preußische Herrenhaus. Adel und Bürgertum in der Ersten K a m m e r des Landtages 1854-1918. Düsseldorf 1998.

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Stadtlex Dresden Folke S t i m m e l / R e i n h a r d t E i g e n w i l l / H e i n z Glods c h e i / W i l f r i d H a h n / E b e r h a r d S t i m m e l / R a i n e r Tittmann: Stadtlexikon Dresden A-Z. 2., Überarb. Aufl. Dresden 1998.

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Wolf Erik Wolf: Große Rechtsdenker der deutschen Geistesgeschichte. 4. Aufl. Tübingen 1963. Wiirtt Nekrolog Württembergischer Nekrolog für das Jahr ... Hrsg. v. Karl Weller und Viktor Ernst. Jg. 1913-1920/21. Sonderheft. Stuttgart 1916-28. Wuppertal Bio Wuppertaler Biographien. 17 Folgen, Wuppertal 1958-93. Wurm Ernst Wurm: Die Burgschauspielerin. 12 Porträtskizzen. Wien 1969. Wurzbach Constant von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. 60 Bde., Wien 1856-91. Nachdr. New York 1966-73. Wußing Fachlexikon Abc Forscher und Erfinder. Hrsg. v. HansLudwig Wußing. Frankfurt/Main 1992. Zekert Otto Zekert: Berühmte Apotheker. 2 Bde., Stuttgart 1955-62. ZSK Zeitgenössische schlesische Komponisten. Eine Dokumentation. 2 Bde., Dülmen (Westf.) 1979. Zürcher Arzte Christoph Mörgeli/Bruno Weber: Zürcher Ärzte aus vier Jahrhunderten. Die Porträtgalerie im Medizinhistorischen Museum der Universität Zürich. Hrsg. von der Ärztegesellschaft des Kantons Zürich. Zollikon 1998.

Abkürzungsverzeichnis

Abt. a. d. AG a. o. Prof. api. Prof. a. St. AT Aufl. Ausg. b. BBC Bd., Bde. Bearb. bearb. bes. Bez. Bibliogr. Biogr. BRD bzw.

Abteilung an dem, an der, auf der Aktiengesellschaft außerordentlicher Professor außerplanmäßiger Professor alter Stil Altes Testament Auflage Ausgabe bei British Broadcasting Corporation Band, Bände Bearbeiter(in) bearbeitet besonders Bezirk Bibliographie Biographie Bundesrepublik Deutschland beziehungsweise

ca. CDU CSU Cty.

circa Christlich Demokratische Union Christlich-Soziale Union in Bayern County

d. Ä. dän. dass. DDR DEK de ms. Dép. ders. d. Gr. dies. Diss. d. J. dt.

der (die) Ältere dänisch dasselbe Deutsche Demokratische Republik Deutsche Evangelische Kirche demselben Département derselbe der (die) Große dieselbe(n) Dissertation der (die) Jüngere deutsch

ebd. ed. e. h. eigentl. EKD EKU engl. erw. ΕΤΗ e. V. evang. f., ff.

ebenda edited ehrenhalber eigentlich Evangelische Kirche in Deutschland Evangelische Kirche der Union englisch erweitert Eidgenössische Technische Hochschule eingetragener Verein evangelisch folgende Seite(n), folgendes (folgende) Jahre

Faks. FDP Frfr. Frh. frz. geb. Gem. gest. Gestapo Gf. GmbH

Faksimile Freie Demokratische Partei Freifrau Freiherr französisch geboren(e) Gemeinde gestorben Geheime Staatspolizei Graf Gesellschaft mit beschränkt! tung

H. Habil. h. c. Hrsg. hrsg. Ing.

Ingenieur

Jg· Jh. kath. kgl. k. k. KPD Kr. Kt. k. u. k. lat. Lfg. lie. Lit. Ltd. luth. Nachdr. η. e. Neudr. Ν. F. Nr. NSDAP NT österr. ÖVP o. J. o. Prof.

katholisch königlich kaiserlich-königlich Kommunistische Partei Deutschlands Kreis Kanton kaiserlich und königlich lateinisch Lieferung licentiatus Literatur Limited lutherisch Nachdruck nicht ermittelt Neudruck Neue Folge Nummer Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Neues Testament österreichisch Osterreichische Volkspartei ohne Jahr ordentlicher Professor

preuß. Prof. Prov. Pseud.

xxxi

Abkürzungsverzeichnis Red. rev. S. SA schweizer, SED sog. Sp. SPD SPÖ SS St. TH Tl., Tie. trans, Tsd. TU

xxxii

Redaktion revidiert, revised Seite Sturmabteilung schweizerisch Sozialistische Einheitspartei Deutschlands sogenannt Spalte Sozialdemokratische Partei Deutschlands Sozialdemokratische Partei Österreichs Schutzstaffel Sankt Technische Hochschule Teil, Teile translation, translated Tausend Technische Universität

u. a. Übers. übers, Univ. u. ö. urspr. USPD

unter anderem, und andere Übersetzer(in), Übersetzung übersetzt Universität, University und öfter ursprünglich Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands

v. v. d. verb, verh. verm. veröff. verw. vgl. vorm.

von vor dem, vor der verbessert verheiratet vermehrt veröffentlicht verwitwet vergleiche vormals

z. B. z. T.

zum Beispiel zum Teil

Abbildungsnachweis

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Schutzumschlag, S. 1, 15, 27, 30, 32, 42, 83, 101, 116, 140, 146, 173, 178, 182, 234,

240, 280a, 280b, 291, 292, 293, 294, 300, 340, 383, 415, 428, 440, 444, 453, 468, 477, 480, 491, 508, 530, 532, 535, 543, 544, 548, 554, 569, 570, 583, 625, 628, 630, 643, 658, 662, 667, 698, 737, 747, 756, 772, 776, 796, 803, 863, 872, 878, 888, 890 Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung

S. 125

Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Universitätsarchiv Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina, Archiv Friedrich-Schiller-Universität Jena, Kustodie IMAGNO/Ullstein Detlev Moos

S. 385

S. 769

S. 7

S. 557

Kunstsammlung der Universität Göttingen Patmos Verlagshaus

S. 328

S. 633

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Archiv S. Fischer Verlag SV-Bilderdienst

S. 106

S. 359 S. 147

SV-Bilderdienst/Blanc Kunstverlag Ullstein Bild

S. 529

S. 110

S. 817

S. 3, 152, 172, 582

Ullstein B i l d / B o r g a s Ullstein Bild / d p a

S. 665 S. 652

Ullstein B i l d / I m a g n o Ullstein B i l d / T i m p e

S. 4 9 0 S. 815

Ullstein B i l d / W a s o w Universität Bern, Archiv

S. 220 S. 825

Universitätsbibliothek Frankfurt am Main

S. 97

Württembergisches Landesmuseum, Stuttgart (Peter Frankenstein / Hendrik Zwietasch)

S. 610

xxxiii

E Einstein, Albert, Physiker, * 14.3.1879 Ulm, t 18.4.1955 Princeton (New Jersey, USA). Das Jahr 1905 nennen wir heute den „annus mirabilis" der Physik. Mit seinen drei großen Arbeiten, alle in Band 17 der „Annalen der Physik", leitete E. den Übergang von der klassischen Physik des 19. Jh. zur Wissenschaft des 20. Jh. ein. Er gab einen Beweis für die atomistische Konstitution der Materie, stellte die Lichtquantenhypothese auf und schuf die Spezielle Relativitätstheorie. Aus dieser zog er, ebenfalls noch 1905, mit der berühmten Formel E = mc 2 den Schluß auf die Äquivalenz von Masse und Energie. Aufmerksam auf die Bedeutung der E.schen Arbeiten wurde als erster Max —> Planck. Zwar lehnte Planck die Lichtquantenhypothese ab, die uns heute als konsequente Weiterführung des Planckschen Quantenansatzes von 1900 erscheint; aber er war von der Speziellen Relativitätstheorie fasziniert und verglich schon 1909 die von ihr bewirkte Umwälzung des Weltbildes „an Ausdehnung und Tiefe" mit der seinerzeitigen Einführung des Copernikanischen Weltsystems. Die Spezielle Relativitätstheorie setzte sich im Kreis der deutschen Physiker und Mathematiker innerhalb sehr kurzer Zeit durch. Entscheidend war nicht die experimentelle Bestätigung, sondern die mathematische Struktur der Theorie. Von 1910 an bahnte sich auch der Umschwung für die neuen Quantenideen an; es gelang E., den Physikochemiker Walther —>Nernst und den theoretischen Physiker Arnold Sommerfeld zu überzeugen. Auf Initiative von Nernst fand in Brüssel eine Krisen- und Gipfelkonferenz der international führenden Physiker statt, die heute sogenannte Solvay-Konferenz. Noch nicht die Brüsseler Tagung selbst, aber die von ihr ausgehende Signalwirkung führte zum Umschwung. Eine wichtige Etappe auf dem Weg zu einer wirklichen Quantentheorie wurde 1913 das quantentheoretische Atommodell von Niels Bohr. E., Sohn eines Kaufmanns und Besitzers der elektrotechnischen Fabrik J. Einstein & Co., konnte seine Physik zunächst nur als Hobby neben seiner Berufsarbeit am Schweizer Patentamt betreiben, was ein junger Kollege schon damals einen „Treppenwitz in der Geschichte" genannt hat. 1909 erfüllte sich E.s Lebenswunsch; er wurde (a. o.) Prof. der theoretischen Physik an der Univ. Zürich. 1911 ging er als Ordinarius nach Prag, 1912 an die Eidgenössische Technische Hochschule nach Zürich. An der ΕΤΗ, damals noch „Polytechnikum" genannt, hatte er 1896 bis 1900 studiert und sein Diplom als Fachlehrer der Mathematik und Physik erworben, vergleichbar einem heutigen Staatsexamen für das höhere Lehramt. Zwei Jahre mußte er mit dem Erteilen von Nachhilfeunterricht und Vertretungen überbrücken, bis er 1902 die Stelle am „Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum" in Bern antreten konnte. Die sieben Jahre am Patentamt als technischer Vorprüfer betrachtete er später als wichtige Geistesschulung. Wahrscheinlich

ist seine Vorliebe für Gedankenexperimente darauf zurückzuführen, ebenso seine (von Planck konstatierte) Fähigkeit, „fremden neu auftauchenden Ansichten und Behauptungen schnell auf den Grund zu gehen und ihr Verhältnis zueinander und zur Erfahrung mit überraschender Sicherheit zu beurteilen". Seine erste Frau Mileva Marie hatte E. während des Studiums kennengelernt. Über das Schicksal des gemeinsamen, vorehelichen Kindes, des „Lieserls", ist nichts bekannt. Wahrscheinlich haben es die Eltern (wohl auf sein Betreiben) zur Adoption freigegeben. E. und Mileva hatten dann noch zwei Söhne; der ältere Hans Albert wurde Prof. der Hydraulik in Berkeley, der jüngere Eduard endete in einer Irrenanstalt. Die Ehe verlief unglücklich. E. und Mileva trennten sich 1914, die Ehe wurde 1919 geschieden. Die vielfach kolportierte Behauptung, Mileva E.-Marie sei an der Begründung der Speziellen Relativitätstheorie und anderer Arbeiten beteiligt gewesen, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit falsch. Zum 1.4. 1914 folgte E. einem Ruf nach Berlin an die Preußische Akademie der Wissenschaften. Er hatte hier keinerlei Lehrverpflichtungen, konnte aber jederzeit Vorlesungen an der Univ. halten. Bis auf die Teilnahme an den Akademiesitzungen Donnerstag nachmittag hatte er im Prinzip seine ganze Zeit frei für die wissenschaftliche Arbeit. Ende Oktober 1915 gelang E. nach siebenjähriger Arbeit die Formulierung der Allgemeinen Relativitätstheorie, der Feldtheorie der Gravitation. Er zeigte, daß seine neue Theorie in erster Näherung mit dem Newtonschen Gravitationsgesetz übereinstimmt. In zweiter Näherung gab es Abweichungen. E. nannte drei Effekte, die zwischen der alten Newtonschen und seiner neuen Theorie entscheiden sollten: die Perihelbewegung des Merkur, die Lichtablenkung am Sonnenrand und die Verschiebung der Spektrallinien des Sonnenlichts durch die Gravitationswirkung der Sonne. Die kleinen Anomalien des Merkur waren bereits astronomisch festgestellt; sie ergaben sich sofort richtig aus der Theorie. Um die Lichtablenkung am Sonnenrand bei der Sonnenfinsternis am 29.5. 1919 zu messen, entsandten die Royal Society und die Royal Astronomical Society zwei Expeditionen in die Tropen; am 6.11. 1919 wurde auf einer gemeinsamen Sitzung in London (mit einer gewissen Überinterpretation der Ergebnisse) bekanntgegeben, daß E.s Theorie bestätigt sei. (Die Prüfung der Rotverschiebung nahm noch viele Jahre in Anspruch). 1919/20 wurde E. innerhalb weniger Monate berühmt; die Zeitungen stellten ihn als „neue Größe der Weltgeschichte" vor. Rasch lernte er die Schattenseiten des Ruhmes kennen. In Berlin begann im August 1920 eine aus trüben politischen Quellen gespeiste Kampagne gegen ihn; seine Theorie wurde als „wissenschaftlicher Dadaismus" geschmäht. Hier bereiteten sich die späteren nationalsozialistischen Begriffe „Entartete Kunst" und „Entartete Wissenschaft" vor. Als prominenter Jude mußte E., der 1921 den Nobelpreis für Physik erhielt, in den Zeiten innenpolitischer Krisen, insbesondere nach dem Mord an Walther —> Rathenau, bei den (im Zusammenhang mit —> Hitlers Bierhallenputsch stehenden) antisemitischen Krawallen in Berlin Anfang November 1923 und nach dem Erfolg der NSDAP bei den Reichstagswahlen am 31.7.1932 mit Anschlägen auf seine Person rechnen. Jedesmal hat er Berlin für einige Zeit verlassen.

1

Einstein Die vor allem von den deutschen Physikern bewiesene Solidarität hat ihn bewogen, Deutschland nicht endgültig den Rücken zu kehren. Seit 1932 war er Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. Zur Zeit der Machtergreifung Hitlers befand sich E. nicht im Land, sondern in Pasadena. Er hat sofort gegen die Menschenrechtsverletzungen protestiert und sein A m t bei der Preußischen Akademie der Wissenschaften niedergelegt. Er fand eine neue Stellung am „Institute for Advanced Study" in Princeton (New Jersey). Seine große schöpferische Zeit lag hinter ihm. Mit der neuen, 1925-27 geschaffenen Quantentheorie und der statistischen Interpretation der physikalischen Gesetze konnte er sich nicht abfinden. („Der Alte würfelt nicht.") Er hat immer wieder vergeblich versucht, Unstimmigkeiten nachzuweisen. Immerhin ist die Theorie von ihm wenigstens als Zwischenergebnis akzeptiert worden, und er hat Werner —> Heisenberg und Erwin —> Schrödinger zum Nobelpreis vorgeschlagen. Schon A n f a n g der zwanziger Jahre setzte er sich zum Ziel, Gravitation und Elektrodynamik in einer „Einheitlichen Theorie" zusammenzufassen. Immer tiefer hat er sich in dieses Problem verbissen, aber nie ein greifbares Ergebnis erzielt. Im Kampf gegen das Dritte Reich fand E. eine neue große Aufgabe. Er suspendierte sogar seinen Pazifismus, weil er wußte, daß nur noch politische Wachsamkeit und militärische Stärke helfen konnten. Mit der Möglichkeit, die im Atom eingeschlossene Energie g e m ä ß seiner Formel E = mc 2 freisetzen zu können, hatte E. schon früh gerechnet. Er glaubte jedoch, daß er selbst diesen Tag nicht mehr erleben werde. Als er während eines Urlaubs auf Long Island im Juli 1939 von Leo Szilard und Eugene Wigner über die Entdeckung der Kernspaltung und die sich daran anschließenden Arbeiten informiert wurde, machte er kein Hehl aus seiner Überraschung. An eine Kettenreaktion mit Hilfe von Neutronen hatte er nicht gedacht. E. war von der unbedingten Loyalität der deutschen Gelehrten ihrem Staate gegenüber überzeugt. Im Ersten Weltkrieg hatten die Chemiker die Giftgase als neue Waffe eingeführt, jetzt würden die deutschen Physiker, meinte er, die Atomb o m b e entwickeln. Darin täuschte er sich. In Sorge, die Welt könnte von Adolf Hitler durch die Drohung mit der A t o m b o m b e erpreßt werden, unterzeichnete E. am 2 . 8 . 1 9 3 9 den berühmten Brief an den amerikanischen Präsidenten. Direkt den Anstoß zum Bau der A t o m b o m b e gab dieses Schreiben nicht; erst als andere amerikanische Gelehrte, die zum wissenschaftlichen Establishment des Landes gehörten, auf die Gefahr a u f m e r k s a m geworden waren, begann das gigantische „Manhattan Project". Nach der Explosion der Atombomben und der Kapitulation Japans engagierte sich E. als Präsident des von ihm gegründeten „Emergency C o m m i t t e e of Atomic Scientists" mit d e m Ziel, die Atomenergie „zum Segen und nicht zum Ruin der Menschheit" zu nutzen. E.s zweite, 1919 geschlossene Ehe verlief äußerlich harmonisch, aber nur, weil Elsa, geb. Löwenthal, ihm völlige Freiheit ließ. E. hat sich selbst einen „Einspänner" genannt, und seine Bindungslosigkeit anderen Menschen gegenüber zeigte sich hier besonders kraß. Seit Elsas Tod am 20. 12.1936 lebte er mit seiner Stieftochter Margot, seiner treuen Sekretärin Helene Dukas und zeitweise seiner Schwester Maya Winteler (1881-1951) in Princeton. WERKE: Ausgabe: T h e collected Papers of Α. E. Princeton. Bisher Vol. 1: T h e Early Years, 1879-1902 (1987). - Vol. 2: T h e Swiss Years: Writings, 1900-1909 (1989). - Vol. 3: The Swiss Years: Writings, 1909-1911 (1993). - Vol. 4: T h e Swiss Years: Writings, 1912-1914 (1995). - Vol. 5: T h e

2

Swiss Years: Correspondence, 1902-1914 (1993). - Vol. 6: T h e Berlin Years: Writings, 1914-1917 (1996). - Vol. 7: T h e Berlin Years: Writings, 1918-1921 (2002). - Vol. 8. Part A: T h e Berlin Years: Correspondence, 1914-1917 (1998). Vol. 8. Part B: T h e Berlin Years: Correspondence, 1918 (1998). - Vol. 9: T h e Berlin Years: Correspondence, January 1919 - April 1920 (2004). - Einzelwerke: Die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie. Leipzig 1916. - Über spezielle und allgemeine Relativitätstheorie, gemeinverständlich. Braunschweig 1917. - Die Evolution der Physik. Von Newton bis zur Quantentheorie. Hamburg 1956 (mit Leopold Infeld). - Über den Frieden. Weltordnung oder Weltuntergang? Hrsg. v. Otto N a t h a n / P a u l Norden. Bern 1975. - Aus meinen späten Jahren. Stuttgart 1979. - Mein Weltbild. Hrsg. v. Carl Seelig. Frankfurt 1981. LITERATUR: Ernst Weil: A. E. A Bibliography of his scientific Papers. 1901-1954. London 1960. - Nell B o n i / M o nique R u s s / D a n H. Laurence: A Bibliographical Checklist and Index to the Published Writings of A. E. Paterson ( N . J . ) 1960. - Carl Seelig: A. E. Eine dokumentarische Biographie. Zürich 1954, S. 263-294. - Ronald W. Clark: A. E. Leben und Werk. Esslingen 1974. - Banesh Hoffmann: Schöpfer und Rebell. Dietikon-Zürich 1976. - Paul A. Schilpp: A. E. als Philosoph und Naturforscher. Brauns c h w e i g / W i e s b a d e n 1979. - Abraham Pais: „Raffiniert ist der Herrgott . . . " . A. E. Eine wissenschaftliche Biographie. B r a u n s c h w e i g / W i e s b a d e n 1986. - Albrecht Fölsing: A. E. Eine Biographie. F r a n k f u r t / M a i n 1993. - Armin Hermann: E. Der Weltweise und sein Jahrhundert. Eine Biographie. München 1994. - Jürgen Neffe: E. Eine Biographie. Reinbek bei Hamburg 2005. - Jürgen Renn: A. E. Ingenieur des Universums. 2 Bde., Weinheim 2005. - Hubert Goenner: E. in Berlin 1914-1933. München 2005. Armin Hermann E i n s t e i n , Alfred (Moritz), Musikwissenschaftler, Musikkritiker, * 30. 12. 1880 München, f 13.2. 1952 El Cerrito (Kalifornien, USA). E., Sohn eines Textilgroßhandelskaufmanns und Cousin zweiten Grades von Albert —>E„ studierte in München Musikwissenschaft bei Adolf —»Sandberger und K o m p o sition bei Anton Beer-Walbrunn und wurde 1903 mit der Arbeit Zur deutschen Literatur für Viola da Gamba im 16. und 17. Jahrhundert (veröffentlicht 1905) zum Dr. phil. promoviert. H u g o -> Riemann verpflichtete ihn testamentarisch zur Weiterführung seines Musiklexikons, welches er als Herausgeber in der 9.-11. Auflage (1919, 1922, 1929) betreute. Seit 1918 redigierte E. die „Zeitschrift für Musikwissenschaft", lebte bis 1927 in München als Musikkritiker der „Münchener Post" und ging in diesem Jahr als Musikreferent zum „Berliner Tageblatt". 1933 emigrierte er nach London, hielt sich 1935-38 in M e z z o m o n t e bei Florenz auf und siedelte 1939 nach N e w York über. 1939-50 war E. als Visiting Professor of Music on the W. A. Neilson Foundation am Smith College in Northampton (Massachusetts) tätig. Er erlangte durch seine wissenschaftlichen und essayistischen Arbeiten international Bedeutung und zählte zu den führenden Musikhistorikern und -bibliographen seiner Zeit. E. schrieb eine Geschichte der Musik ( 1 9 1 7 / 1 8 , erweitert 6 1953), beschäftigte sich mit dem italienischen Madrigal des 16.-18. Jh. (The Italian Madrigal, 3 Bde., 1949), arbeitete über die Musik der Romantik und verfaßte Musikermonographien, u.a. Uber —>Gluck (1936, dt. 1954), —>Mozart (1945, dt. Neuausg. 1968) und Schubert (1951, dt. 1952). Er gab eine Neubearbeitung des Kochel-Verzeichnisses heraus ( 3 1937; Neudr. mit Berichtigungen und Zusätzen E.s, 1947, 1958), wobei seine neueingeführte Numerierung der Werke Mozarts als allgemeingültig ü b e r n o m m e n wurde. cd

MGG

Eipeldauer E i n s t e i n , Carl, urspr. Karl E., P s e u d . S a b i n e R e e , Urian, Schriftsteller, K u n s t k r i t i k e r , * 2 6 . 4 . 1885 N e u w i e d , "I" 5 . 7 . 1 9 4 0 B o e i l - B é z i n g ( B a s s e s - P y r é n é e s , Frankreich). D e r S o h n eines Lehrers, Predigers und Kantors k a m 1888 nach Karlsruhe, w o sein Vater Direktor a m Israelitischen L a n d e s s t i f t und Sekretär des G r o ß h e r z o g l i c h e n O b e r r a t s der Israeliten B a d e n s w u r d e . 1903 verließ E. o h n e A b s c h l u ß das G y m n a s i u m , brach im selben J a h r eine L e h r e in e i n e m B a n k h a u s ab, studierte 1904-08 Philosophie, K u n s t g e s c h i c h t e , G e s c h i c h t e und K l a s s i s c h e P h i l o l o g i e in Berlin, u. a. bei G e o r g —>Simmel, A l o i s —» Riehl und Heinrich —»Wölfflin, u n d b e s c h ä f t i g t e sich mit den S c h r i f t e n von E r n s t —»Mach u n d C o n r a d —> Fiedler. Bei e i n e m ersten A u f e n t h a l t 1907 in Paris w u r d e E . mit P a b l o P i c a s s o , G e o r g e s B r a q u e u n d J u a n Gris b e k a n n t . 1912-17 trug er mit A u f s ä t z e n , G l o s s e n und G e d i c h t e n zu F r a n z - > P f e m f e r t s Z e i t s c h r i f t „Die A k t i o n " bei und arbeitete seit 1913 an den „ W e i ß e n B l ä t t e r n " mit. D i e „ l a n g w e i l e n d e W ö r t l i c h k e i t g e g e n s t ä n d l i c h e r Sent i m e n t a l i t ä t " a b l e h n e n d , schrieb er in der A b s i c h t , „mit der W i l l k ü r die Kausalität zu b e s c h ä m e n " , den R o m a n Bebuquin oder Die Dilettanten des Wunders (1912; 2., Überarb. A u s g . 1917). D e m B u c h Negerplastik ( 1 9 1 5 , N e u a u s g . 1920) f o l g ten weitere A r b e i t e n , in d e n e n er ein „ k u b i s t i s c h e s " K u n s t k o n z e p t als revolutionäres P r o g r a m m e n t w i c k e l t e . I m Ersten Weltkrieg w u r d e E., der sich f r e i w i l l i g zur F r o n t g e m e l d e t hatte, n a c h e i n e m L a z a r e t t a u f e n t h a l t 1916 an d i e Zivilverw a l t u n g d e s G e n e r a l g o u v e r n e m e n t s Brüssel, A b t e i l u n g K o lonien, versetzt. Er k a m mit Carl —» S t e r n h e i m , G o t t f r i e d —> B e n n , O t t o —> F l a k e und W i l h e l m —> H a u s e n s t e i n in K o n takt. 1918 g e h ö r t e er d e m Soldatenrat der d e u t s c h e n T r u p p e n in B r ü s s e l an, z u n ä c h s t als M i t a r b e i t e r d e r P r e s s e k o m m i s sion, d a n n als „ D i p l o m a t i s c h e r Vertreter des Vollzugsausschusses". N a c h der R ü c k k e h r nach Berlin 1919 beteiligte sich E. an den J a n u a r k ä m p f e n d e s S p a r t a k u s . E r arbeitete an der von W i e l a n d —» H e r z f e l d e und G e o r g e —> G r o s z h e r a u s g e g e b e n e n Z e i t s c h r i f t „ D i e P l e i t e " mit, w a r z u s a m m e n mit G r o s z Hera u s g e b e r der satirischen W o c h e n s c h r i f t „ D e r b l u t i g e E r n s t " , v e r ö f f e n t l i c h t e seit 1920 k u n s t k r i t i s c h e B e i t r ä g e in der Zeitschrift „ D a s K u n s t b l a t t " und schrieb später auch f ü r d i e Zeitschrift „ D e r Q u e r s c h n i t t " . Sein J e s u s - D r a m a Die schlimme Botschaft ( 1 9 2 1 , U r a u f f ü h r u n g erst 1994 in L ü b e c k ) w u r d e b e s c h l a g n a h m t und b r a c h t e ihm einen P r o z e ß ein, in d e m er w e g e n G o t t e s l ä s t e r u n g zu einer G e l d s t r a f e verurteilt w u r d e . 1926 erschien in der P r o p y l ä e n - K u n s t g e s c h i c h t e sein international erfolgreichstes B u c h ü b e r Die Kunst des 20. Jahrhunderts (3., v e r ä n d . A u f l . 1931), in d e m er g e g e n W ö l f f l i n u n d e i n e a u t o n o m e Stilgeschichte f ü r e i n e f u n k t i o n s o r i e n tierte K u n s t g e s c h i c h t s s c h r e i b u n g eintrat. 1928 übersiedelte E. nach P a r i s und g a b 1 9 2 9 / 3 0 mit G e o r g e s Bataille u . a . d i e Z e i t s c h r i f t „ D o c u m e n t s , Doctrines, A r c h é o l o g i e , B e a u x - A r t s , E t h n o g r a p h i e " heraus. A n f a n g der dreißiger J a h r e entstand n e b e n A r b e i t e n a m BEB II u . a . d a s P a m p h l e t Die Fabrikation der Fiktionen ( 1 9 7 3 aus d e m N a c h l a ß veröffentlicht), das die R o l l e d e s m o d e r n e n Kunstlers z u m T h e m a hat und die bürgerliche Intelligenz ( „ G e i s t m a n n e q u i n " , „Intelligenzkokotten"), d i e in F o r m der A v a n t g a r d e auftritt, r i g o r o s verurteilt. Seit 1936 n a h m E. in der a n a r c h o - s y n d i k a l i s t i s c h e n „ K o l o n n e D u r r u t i " a m S p a n i schen B ü r g e r k r i e g teil und g e h ö r t e z e i t w e i s e d e m G e n e r a l stab B u e n a v e n t u r a Durrutis an. 1939 k e h r t e er nach F r a n k reich z u r ü c k und w u r d e 1940 i m L a g e r G u r s interniert. I m

Juni 1940 entlassen, setzte E., d e m als S p a n i e n k ä m p f e r d i e Flucht ü b e r S p a n i e n versperrt war, s e i n e m L e b e n ein E n d e . WEITERE WERKE: A n m e r k u n g e n . Berlin 1916. - D e r une n t w e g t e Platoniker. Leipzig 1918. - E n t w u r f einer L a n d schaft. Paris 1930. - G e o r g e s B r a q u e . Paris 1934. - G e s a m m e l t e Werke. Hrsg. v. E r n s t N e f . W i e s b a d e n 1962. Werke. H r s g . v. R o l f - P e t e r B a a c k e , M a r i o n S c h m i d und Liliane M e f f r e . 3 B d e . , B e r l i n / W i e n 1980-85. - Werke. Hrsg. v. H e r m a n n H a a r m a n n u n d K l a u s S i e b e n h a a r . 5 B d e . , Berlin 1992-96. - C . E . / D a n i e l - H e n r y K a h n w e i l e r : C o r r e s p o n d a n c e 1921-1939. Hrsg. v. Liliane M e f f r e . M a r s e i l l e 1993. LITERATUR: H e n n e r G r u b e : C. E . E i n e B i b l i o g r a p h i e . M a i n z 1997. - S i b y l l e Penkert: C . E. B e i t r ä g e zu einer M o n o graphie. G ö t t i n g e n 1969. - Dies.: C . E. E x i s t e n z und Ä s t h e tik. W i e s b a d e n 1970. - H e i d e m a r i e O e h m : D i e K u n s t t h e o r i e C . E.s. M ü n c h e n 1976. - C . E. H r s g . v. H e i n z L u d w i g A r nold. M ü n c h e n 1987 (Text + Kritik, H e f t 95). - C h r i s t o p h B r a u n : C. E. Z w i s c h e n Ästhetik und A n a r c h i s m u s : Z u L e b e n und Werk eines e x p r e s s i o n i s t i s c h e n Schriftstellers. M ü n c h e n 1987. - H a n s j ö r g Diener: D i c h t u n g als V e r w a n d l u n g . E i n e S t u d i e ü b e r d a s Verhältnis von K u n s t t h e o r i e und D i c h t u n g im Werk C . E.s Zürich 1987. - H e r m a n n H a a r m a n n / K l a u s S i e b e n h a a r : „ D a s K u n s t w e r k ist in vielerlei Hinsicht e i n e A r t S e l b s t m o r d . " Weltbild, ä s t h e t i s c h e T h e o r i e und literarische Praxis C. E.s. In: H e i n r i c h - M a n n - J a h r b u c h 4 . 1 9 8 6 ( 1 9 8 7 ) S. 2 0 4 - 2 4 1 . - K l a u s H . K i e f e r (Hrsg.): C . - E . - K o l l o q u i u m 1986. F r a n k f u r t / M a i n u . a . 1988. - Ders.: D i s k u r s w a n d e l i m Werk C. E.s. Ein Beitrag zur T h e o r i e und G e s c h i c h t e d e r eur o p ä i s c h e n A v a n t g a r d e . T ü b i n g e n 1994. - M a n u e l a G ü n t e r : A n a t o m i e des A n t i - S u b j e k t s . Z u r S u b v e r s i o n a u t o b i o g r a p h i s c h e n S c h r e i b e n s bei Siegfried Kracauer, Walter B e n j a m i n u n d C . E . W ü r z b u r g 1996. - Klaus H. K i e f e r (Hrsg.): C . - E . - K o l l o q u i u m 1994. F r a n k f u r t / M a i n u . a . 1996. - R o land B a u m a n n / H u b e r t R o l a n d (Hrsg.): C . - E . - K o l l o q u i u m 1998. C. E. in Brüssel: D i a l o g e ü b e r G r e n z e n / C . E. à B r u x e l l e s : D i a l o g u e s par-dessus les frontières. F r a n k f u r t / M a i n u . a . 2 0 0 1 . - Liliane M e f f r e : C. E. 1885-1940. Itinéraires d ' u n e p e n s é e m o d e r n e . P a r i s 2 0 0 2 . - K l a u s H . K i e f e r (Hrsg.): D i e visuelle W e n d e d e r M o d e r n e . C . E.s „ K u n s t des 20. J a h r h u n d e r t s " . M ü n c h e n 2 0 0 3 . - J o h a n n a D a h m : D e r B l i c k d e s H e r m a p h r o d i t e n . C. E. und die K u n s t d e s 20. J a h r h u n d e r t s . W ü r z b u r g 2 0 0 4 . Bruno Jahn E i n s t e i n , S i e g f r i e d , Schriftsteller, Journalist, * 3 0 . 1 1 . 1919 L a u p h e i m ( W ü r t t e m b e r g ) , t 2 5 . 4 . 1983 Mannheim. D e r S o h n eines j ü d i s c h e n W a r e n h a u s b e s i t z e r s e m i g r i e r t e 1934 d i e S c h w e i z , w o er ein H a n d e l s - und S p r a c h e n d i p l o m e r w a r b . W ä h r e n d des Z w e i t e n Weltkriegs w a r er in A r b e i t s l a g e r n interniert. D a n a c h w a r E. zeitweilig Leiter eines kleinen Verlags und schrieb f ü r d i e „ B a s l e r N a c h r i c h ten", d a s „St. G a l l e r Tagblatt", den Z ü r c h e r „Tagesanzeig e r " , den B e r n e r „ B u n d " und den „ S i m p l i c i s s i m u s " . 1946 erschien sein erster G e d i c h t b a n d Melodien in Dur und Moll, d e m 1950 d i e G e d i c h t s a m m l u n g Wolkenschiff f o l g t e . 1949 k a m er e r s t m a l s n a c h W e s t d e u t s c h l a n d und ließ sich 1953 in M a n n h e i m nieder. 1961 v e r ö f f e n t l i c h t e E. d i e D o k u m e n tation Eichmann - Chefbuchhalter des Todes. 1962 n a h m er als R e p r ä s e n t a n t der B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d a m M o s k a u e r K o n g r e ß f ü r F r i e d e n und A b r ü s t u n g teil. E . erhielt u. a. d e n K u r t - T u c h o l s k y - P r e i s d e r Stadt Kiel (1964). CD Killy E i p e l d a u e r , A n t o n , österr. A g r o n o m , * 2 5 . 2 . 1 8 9 3 M e i r e s (Niederösterreich), t 17. 10. 1977 Wien. Z u m G ä r t n e r ausgebildet, w u r d e E. 1928 Leiter der F a c h lehranstalt f ü r G a r t e n - und O b s t b a u der G e m e i n d e W i e n sow i e G e n e r a l s e k r e t ä r der Ö s t e r r e i c h i s c h e n G a r t e n b a u g e s e l l s c h a f t . D u r c h zahlreiche F a c h b ü c h e r w i e das Lexikon der

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Eipper 1000 Gartenfragen (1941), mehr noch durch seine Auftritte im Rundfunk und als „Blumendoktor" in der gleichnamigen populären Fernsehserie erreichte E. einen hohen Bekanntheitsgrad. E i p p e r , Christopher, Presbyterianer, Missionar, * 20.8. 1813 Eßlingen, t 3.9. 1894 Charleyong (Australien). E. erhielt seine theologische Ausbildung am Missionsinstitut Basel, wo er Kontakte zur Church Missionary Society knüpfte. 1837 konnte er für die missionarische Arbeit bei den australischen Aborigines gewonnen werden. 1838-43 war er Pfarrer in der deutschen Mission in Nundah (Brisbane), 1844-46 in Braidwood und 1847-50 in Paterson. Danach unterrichtete E. als Lehrer. Er blieb für den Rest seines Lebens in Australien. CD RGG E i p p e r , Paul, Schriftsteller, * 10.7.1891 Stuttgart, t 22.7.1964 Lochham (heute zu Gräfelfing). Zunächst Kunstmaler, arbeitete E. seit 1912 als Buchhändler in München und ging nach dem Ersten Weltkrieg als Privatsekretär von Samuel —> Fischer in dessen Verlag nach Berlin, 1920 in den Fritz Gurlitt Verlag. In den folgenden Jahren publizierte er literarische und photographische Studien, zum Teil in Zeitschriften. 1928 veröffentlichte E. ein in der Tierliteratur neuartiges und weltweit erfolgreiches Buch Tiere sehen dich an. Als freier Schriftsteller verfaßte er seit 1930 lebendige und sorgfältig beobachtete Tiergeschichten (u.a. Die gelbe Dogge Senta, 1950) sowie Bildbände und arbeitete für Funk, Fernsehen und Film (u. a. Kamerad Tier). CP Killy Eipperle, Trude, Sängerin, * 27.1.1908 Stuttgart, t 18.10. 1997 Aalen-Unterkochen. E. studierte Gesang an der Musikhochschule Stuttgart und wurde 1928 Elevin an der Staatsoper in Stuttgart. Sie erhielt erste Engagements an den Stadttheatern in Wiesbaden, Nürnberg und Braunschweig. 1937 war sie an der Staatsoper in Stuttgart und 1937-44 in München verpflichtet. 1939 wurde E. zur Bayerischen Kammersängerin ernannt. Sie trat bei Gastspielen in Wien und Berlin auf und sang bei den Salzburger Festspielen 1942 die Rolle der Zdenka in Arabella von Richard —»Strauss. 1945-51 war sie erste Sopranistin an der Kölner Oper, 1951-65 in Stuttgart, sang bei den Bayreuther Festspielen 1952 die Eva in den Meistersingern von Nürnberg und gastierte u. a. an den Opernhäusern von Brüssel, Mailand, London, Paris, Lissabon und Wien. E. trat vor allem als Protagonistin in den Bühnenwerken von —> Mozart bis Puccini und R. Strauss auf. Sie übernahm auch Rollen in französischen und slawischen Opern und wirkte in Konzerten, Oratorien und Operetten mit. e n Kutsch Eis, Egon, eigentl. E. Eisler, gemeinsames Pseud. mit Otto E.: Thomas B. Forster, weitere Pseud. H. G. Dennyson Holme, George Tennyson, George Turner, Edgar Müller-Frantz, Edgar van Eyss u.a., österr. Schriftsteller, * 6.10.1910 Wien, t 6.9. 1994 München. E., Sohn eines Bauunternehmers, war seit 1929 mit seinem Bruder Otto —>E. und mit Rudolf —»Katscher in Berlin als Drehbuchautor für Kriminalfilme tätig (u. a. Der Greifer, Der Tiger, beide 1930 aufgeführt). Daneben schrieb er Kurzgeschichten für die „Berliner Nachtausgabe" und verfaßte gemeinsam mit seinem Bruder Kriminalromane nach englischem Vorbild (Die letzte Frau von London, 1931 ; Gesucht wird Chester Sullivan, 1932). 1933 nach Wien zurückgekehrt, hatte er mit Stücken wie Der lächerliche Sir Anthony (1935 uraufgeführt) und Gefängnis ohne Gitter auch als Bühnenautor Erfolg; sein bekanntestes Werk Wasser für Canitoga (1936 uraufgeführt) lief in 56 Städten Europas und Lateinamerikas und wurde 1939 mit Hans -> Albers verfilmt.

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1938 emigrierte E. über die CSR zunächst nach Frankreich, 1940 nach Marokko, 1941 nach Kuba und hielt sich 1942-53 in Mexiko auf, wo er als Drehbuchautor und Produktionsassistent tätig war. Seit 1953 lebte er als Film- und Fernsehautor in München. Zu seinen Nachkriegsarbeiten gehörten die Drehbücher zu Viktoria und ihr Husar (1954), Glück ins Haus (1955) und zum Pater-Brown-Film Er kann's nicht lassen (1962) mit Heinz —> Rühmann in der Hauptrolle. Sein Bühnenstück Der Gipfel wurde 1958 von Heinz —>Hilpert am Deutschen Theater in Göttingen uraufgeführt. Daneben schrieb er historische und kulturhistorische Sachbücher, darunter Illusion der Gerechtigkeit. Die großen Schauprozesse der Geschichte (1965). DP Spalek 3,1 Eis, Gerhard, Germanist, * 9.3. 1908 Aussig (Böhmen), t 29.3.1982 Schriesheim bei Heidelberg. E., Sohn eines Architekten, studierte zunächst Naturwissenschaften, dann Deutsche Philologie und Anglistik an der Deutschen Univ. in Prag, wurde 1931 promoviert (Die Quellen des Märtyrerbuches, Nachdr. 1975) und habilitierte sich dort 1935 (Beiträge zur mittelhochdeutschen Legende und Mystik, Nachdr. 1967). 1935-40 war er Privatdozent, danach beamteter Dozent für Ältere deutsche Sprache und Literatur an der Deutschen Univ. in Prag, 1943-45 a. o.Prof. für Deutsche Literatur in Preßburg und 1944/45 api. Prof. in Prag. 1940-43 nahm D., seit 1938 Mitglied der NSDAP, am Zweiten Weltkrieg teil. 1946/47 war er Hilfskraft an der Dombibliothek in Freising, 1947-53 Lehrbeauftragter und Vorstand des Germanistischen Instituts an der PhilosophischTheologischen Hochschule in Bamberg, 1949/50 Lehrbeauftragter in Passau und 1950-55 an der TH München. 1955 ging er als a.o.Prof. für Deutsche Philologie und Volkskunde des Mittelalters nach Heidelberg, wo er 1957-73 als o. Prof. für Deutsche Sprache und Literatur, insbesondere Fachliteratur des Mittelalters und des Humanismus, lehrte. E. baute die Fachprosaforschung zu einer eigenen Disziplin der Mediävistik aus. Er veröffentlichte u. a. Die Quellen für das Sanctuarium des Mailänder Humanisten Boninus Mombritius (1933, Nachdr. 1967), Gottfrieds Pelzbuch. Studien zur Reichweite und Dauer der Wirkung des mittelhochdeutschen Fachschrifttums (1944, Nachdr. 1966), Historische Lautund Formenlehre des Mittelhochdeutschen (1950), Mittelalterliche Fachliteratur (1962, 2 1967), Vom Werden altdeutscher Dichtung (1962), Altdeutsche Zaubersprüche (1964), Forschungen zur Fachprosa (1971) und Medizinische Fachprosa des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit (1982). DP IGL Eis, Maria Theresia, österr. Schauspielerin, * 22.2. 1896 Prag, t 18.12.1954 Wien. E., deren Vater ein Kaffeehaus besaß, arbeitete in der Verwaltung des „Prager Tagblatts", als Gehilfin in einer Anwaltskanzlei und in einer Bank, ehe der Prager Theatermann Max Wolff ihr schauspielerisches Talent entdeckte. Nach der Ausbildung an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien (1916/17) erhielt sie 1918 ihr erstes Engagement an der Neuen Wiener Bühne. Nach Tourneen mit großen Berliner Darstellern wie Paul -> Wegener gelang ihr 1925-32 am Thaliatheater und am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg der Durchbruch zur großen Charakterschauspielerin und Tragödin. Anschließend verpflichtete sie Anton —> Wildgans ans Wiener Burgtheater, an dem sie bis zu ihrem Tod in fast allen klassischen Partien - Medea, Iphigenie, Lady Macbeth und Kriemhild - zu sehen war. Anläßlich der Wiedereröffnung des Burgtheaters 1945 spielte sie in —> Grillparzers Sappho eine ihrer größten Rollen. Nach dem Krieg sah man E. zunehmend im komischen Fach, sie wirkte auch in Operetten und zahlreichen Filmen mit. CD NÖB, Bd 22

Eiseisberg E i s , Otto, urspr. O. Eisler, Pseud. T h o m a s B. Foster, George Tennyson, George Turner, Osso von Eyss, Journalist, Schriftsteller, * 19.3. 1903 Budapest, t 12.5. 1952 Hollywood. Der Bruder von Egon —>E. verfaßte während der Zeit des Ersten Weltkriegs erste Gedichte, war Mitarbeiter der Berliner Zeitschrift „Die Lustigen Blätter" und seit 1929 Feuilletonist des „Prager Tagblatts". E n d e der Zwanziger Jahre folgte er seinem Bruder nach Berlin und schrieb mit diesem und Rudolf - » Katscher zahlreiche Drehbücher für Kriminalfilme der Ufa, darunter Der Zinker (1931) und Teilnehmer antwortet nicht (1932). 1933 kehrte E. nach Wien zurück, w o er und sein Bruder mit gemeinsam verfaßten Dramen erfolgreich waren, u . a . 1936 mit Wasser für Canitoga mit Attila - » H ö r b i g e r in der Hauptrolle. 1938 flohen beide nach Paris, wo E. an verschiedenen Filmen mitwirkte. 1940 zunächst interniert, gelang ihm über Spanien und Portugal die Flucht nach Kuba und 1942 in die U S A , wo er als Drehbuchautor für C o l u m b i a Pictures und seit 1943 für MetroG o l d w y n - M a y e r tätig war; er schrieb u . a . die Drehbücher der Filme I was a Prisoner on Devil's Island (1941) und Big Jack (1949). Ein Besuch seines Bruders 1 9 4 6 / 4 7 in Hollywood bot die Möglichkeit, gemeinsam an dem Entwurf zu d e m historischen R o m a n Blue Grass of Kentucky zu arbeiten, dessen deutsche Erstveröffentlichung unter d e m Titel Blaues Gras (1954) E. nicht mehr erlebte. DP Spalek 3,1

Ruhestand versetzt. 1945-47 war er Landrat in Saulgau und schriftstellerisch tätig (u. a. Stärker als Schuld ist die Liebe, 1951). E i s e l e , Karl, österr. Komponist, Kapellmeister, * 12.12. 1902 Wien, t 2 . 9 . 1 9 6 7 Wien. Bereits im Alter von zwölf Jahren als Organist erfolgreich, musizierte E. nach seinem Studium an der Wiener Musikakademie im Stummfilmorchester des Busch-Kinos und unternahm 1926 Konzerttourneen durch Frankreich, Spanien und Polen. Seit 1929 war er Organist im Apollo-Kino, 1933-38 spielte er für die Wochenschau und später beim Reichssender Wien. E. schrieb die Musik zu mehr als 150 Kulturfilmen und Unterhaltungsmusik Wiener Art. CD Ö M L

Eiselen,

Ernst (Wilhelm Bernhard), Turnpädagoge, * 2 7 . 9 . 1793 Berlin, t 2 8 . 8 . 1846 Misdroy auf Wollin. Der Sohn Johann Christoph —>E.s studierte zunächst Bergbau, wurde wegen schwerer Krankheit 1813 aus d e m Heer entlassen und leitete während der Abwesenheit Friedrich Ludwig —> Jahns dessen Berliner Turnbetrieb. Während der „Turnsperre" in Berlin 1819-42 hielt er in seiner privaten Schule mit ministerieller Erlaubnis Turnunterricht ab und eröffnete 1825 einen „Fecht- und Voltigiersaal", 1832 eine Mädchenturnanstalt, 1836 eine Ausbildungsstätte f ü r Turnlehrer. E., der theoretisch wie praktisch ein entpolitisiertes Turnen vertrat, veröffentlichte zahlreiche Schriften, darunter die Turntafeln (1837), worin die Turnübungen nach Schwierigkeitsgraden eingeteilt wurden. OD N D B

Eisbrenner,

Werner, Komponist, Dirigent, * 2. 12. 1908 Berlin, t 7. 11. 1981 Berlin. E. studierte an der Akademie für Kirchen- und Schulmusik in Berlin, wandte sich der Unterhaltungsmusik zu und komponierte neben Tanz- und Orchestermusik vor allem die Musik zu mehr als 80 Filmen, u . a . zu Titanic (1943), Große Freiheit Nr. 7 (1944) und Buddenbrooks (1959). Zu Texten von Willy —>Dehmel schrieb er 1968 Für Sie. Lieder und Chansons. Seit 1959 war E. Dirigent beim Sender Freies Berlin. E i s e l e , (Hermann Friedrich) Fridolin, Rechtshistoriker, * 2 . 5 . 1837 Sigmaringen, t 5 . 2 . 1920 Freiburg/Breisgau. E „ Sohn eines hohenzollernschen Hof- und Landestierarztes, studierte zunächst in Tübingen kath. Theologie, seit 1857 an der Univ. Berlin Jura, wurde 1866 promoviert und war von 1868 an Kreisrichter in Hechingen. Die B e r u f u n g zum Ordinarius der Univ. Basel 1872 erfolgte aufgrund seiner Veröffentlichung Die materielle Grundlage der Exceptio (1871), einer Untersuchung zum römischen Recht. Von 1874 bis zu seiner Emeritierung 1911 lehrte er an der Univ. Freib u r g / B r e i s g a u . In seinen Veröffentlichungen spiegelt sich der wissenschaftliche Methodenwechsel von einem dogmatischen zu einem historischen Ansatz wider. E. führte in seinem Aufsatz Zur Diagnostik der Interpolationen in den Digesten und im Codex (ZSRGr, Abt. 7, 1886) Methoden der Textkritik sowie Interpolationskriterien ein. CD Bad Bio N.F., Bd 2 E i s e l e , Hans, Beamter, * 3 . 3 . 1876 Metlangen bei Saulgau, | 19.3. 1957 Schwäbisch G m ü n d . Der Sohn eines Zimmermeisters und Landwirts studierte an der Univ. M ü n c h e n Philosophie, Jura und Nationalökonomie. Er wurde 1901 promoviert (Gewerbe-, Verkehrs- und Handelspolitik der bayerischen Handels- und Gewerbekammern vom Jahre 1833-1873), trat in die Redaktion der „Offenburger Zeitung" ein, arbeitete 1906-18 in der Berliner Redaktion, 1918-20 der Wiener Redaktion der „Kölnischen Volkszeitung" und war 1 9 2 0 / 2 1 Chefredakteur der „Allgemeinen R u n d s c h a u " in München. Seit 1921 Leiter der Pressestelle der Bayerischen Staatsregierung, wurde er 1923 Oberregierungsrat und 1934 auf politischen Druck in den

Eiselen,

Johann Christoph, Bergmann, * 1752, t 4 . 7 . 1816 Berlin. E. arbeitete zunächst als Hüttenbeamter in R o t h e n b u r g / S a a l e und war später in Berlin als Bergrat tätig. Er erwarb umfangreiche Kenntnisse auf d e m Gebiet der Torfgewinnung und -Verarbeitung und veröffentlichte zahlreiche fachspezifische Arbeiten, die zu seiner Zeit besonders beachtet wurden, u. a. Handbuch oder ausführliche theoretisch-praktische Anleitung zur näheren Kenntniß des Torfwesens (2 Bde., 1795). E. war der Vater von Ernst und Johann Friedrich Gottfried - > E .

Eiselen,

Johann Friedrich Gottfried, Nationalökonom, * 2 1 . 9 . 1785 R o t h e n b u r g / S a a l e , t 3 . 1 0 . 1 8 6 5 H a l l e / S a a l e . Der Sohn Johann Christoph - > E . s studierte an der Univ. Erlangen Theologie und Philosophie, nahm 1813 als Lützower Jäger an den Befreiungskriegen teil und wurde anschließend an der Univ. Berlin Privatdozent für Staatswissenschaft. 1820 wurde er a. o. Prof. in Breslau, im folgenden Jahr o.Prof. und wechselte 1829 an die Univ. Halle. E. war seit 1862 Mitglied des Herrenhauses und vertrat als Politiker den preuß. Vormachtsgedanken. Er veröffentliche zahlreiche volks- und staatswirtschaftliche Abhandlungen, u. a. Grundzüge der Staatswissenschaft oder der freien Volkswirtschaft und der sich darauf beziehenden Regierungskunst (1818) sowie Der preußische Staat. Eine Darstellung seiner gegenwärtigen natürlichen, socialen und politischen Verhältnisse (1862). m ADB

Eiselin,

Wilhelm, Prämonstratenser, * 1564 Mindelheim, t 2 8 . 3 . 1588 Rot (Kr. Biberach). E., der bereits in j u n g e n Jahren seine Eltern verloren hatte, besuchte in M e m m i n g e n die Schule und trat 1581 in das Kloster Rot ein. Nach seinem frühen Tod wurde E. im Volk als Seliger verehrt. CD LThK

Eiseisberg,

Anton Frh. von, österr. Chirurg, * 3 1 . 7 . 1860 Schloß Steinhaus (Oberösterreich), t 2 5 . 1 0 . 1 9 3 9 bei St. Valentin (Niederösterreich). Der Sohn eines Fideikommißbesitzers studierte seit 1878 an den Universitäten Wien, Würzburg, Zürich und Paris Medizin, wurde 1884 in Wien promoviert und war dann Assistent

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Eisen von Schwarzenberg Theodor - » B i l l r o t h s . 1890 habilitiert (Über Tetanie im Anschluß an Kropfoperationen), folgte er 1893 einem Ruf als Prof. der Chirurgie nach Utrecht, leitete 1896-1901 die Chirurgische Klinik Königsberg und war von 1901 bis zu seiner Emeritierung 1936 Leiter der I. Chirurgischen Universitätsklinik Wiens. Während des Ersten Weltkriegs als Chirurg an der Front eingesetzt, trug er zur Weiterentwicklung der Kriegschirurgie bei. E. war einer der bedeutendsten Chirurgen und klinischen Forscher seiner Zeit; seine vorrangigen Arbeitsgebiete waren die Bakteriologie, die Neurochirurgie, die plastische Chirurgie, die Magen-Darm-Chirurgie und die Schilddrüsenchirurgie, ferner die Physiologie und experimentelle Pathologie. 1907 gelang ihm erstmals in Europa die erfolgreiche Entfernung eines Rückenmarktumors. E. war Mitglied verschiedener wissenschaftlicher Gesellschaften, darunter der Österreichischen A k a d e m i e der Wissenschaften; 1932 wurde er zum Ehrenmitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina ernannt. E. veröffentlichte u . a . Die Krankheiten der Schilddrüse (1901), Die heutige Behandlung der Knochenbrüche ( 1905), Vorkommen und Behandlung der Tetania parathyreopriva ( 1908) und Aus der Werkstatt des Chirurgen (1912). CD Arzte 2, 3

Eisen von Schwarzenberg,

Johann Georg, evang. Theologe, Schriftsteller, * 1 9 . 1 . 1 7 1 7 Polsingen bei Ansbach, t 15.2. 1779. Der Sohn eines Predigers erhielt Unterricht bei Johann Alexander —»Döderlein, studierte 1737-40 in Jena, arbeitete zunächst als Hauslehrer in Livland und war seit 1745 Prediger in Torma und Lohhusu. E. v. S. beschäftigte sich auch mit Medizin (Blatternimpfung), C h e m i e und Ökonomie, verkaufte u . a . eine „Tinctura dulcis" und war entschiedener Gegner der Leibeigenschaft. 1775 ging er als Prof. der Ö k o n o m i e nach Mitau, war gleichzeitig Inspektor der fürstlichen Gärten und der Landwirtschaft und übernahm später in Jaropolz bei Moskau wiederum die Verwaltung einer Landwirtschaft. E. v. S. veröffentlichte mehrere Abhandlungen über Blatternimpfung, Leibeigenschaft und Küchenkräuter, u. a. Die Kunst, alle Küchenkräuter und Wurzeln zu trocknen und in Kartuse zu verpacken (1772). E i s e n a c k , Alfred, Paläontologe, * 13.5. 1891 Altfelde (Westpreußen), t 19.4. 1982 Reutlingen. Das 1911 in Jena begonnene Studium der Naturwissenschaften setzte E. nach d e m Ersten Weltkrieg in Königsberg fort, trat 1922 in den Schuldienst ein und wurde 1931 promoviert {Neue Mikrofossilien des baltischen Silurs). 1941 habilitierte er sich und wurde nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und der Gefangenschaft 1951 a. o . P r o f . der Paläontologie an der Univ. Tübingen. Ausgehend von den Funden an den Küsten seiner ostpreußischen Heimat, untersuchte er große Mengen teilweise noch unbekannter Mikrofossilien, leistete Pionierarbeit bei der Altersbestimmung von Gesteinen und arbeitete u. a. über Glaukoniten, Oakleyiten und Phosphate. E. war Mitherausgeber eines Katalogs der fossilen Dinoflagellaten, Hystrichosphären und verwandten Mikrofossilien (1964).

Eisenbart,

Johann Andreas, auch Eysenbarth, Arzt, getauft 2 7 . 3 . 1663 Oberviechtach/Oberpfälzer Wald, t 11.11. 1727 M ü n d e n (heute Hannoversch Münden). E., Sohn eines Okulisten, Bruch- und Steinschneiders, wurde zehn Jahre lang von seinem Schwager Alexander Biller in Bamberg unterrichtet, legte 1684 seine Gehilfenprüfung als „Medicus und Operator" ab und arbeitete seit 1685 selbständig als Chirurg und Starstecher. An 65 Orten Mittelund Norddeutschlands konnte E.s Tätigkeit nachgewiesen werden, u . a . 1686 in Altenburg, 1688 in Weimar, seit 1689 in Erfurt und 1692 in Dresden. 1703 ließ er sich in M a g -

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deburg nieder, erwarb eines der größten Patrizierhäuser der Stadt und unternahm von dort aus seine Reisen. E. führte Operationen bei Hodenbruch, Wasserbruch, Kröpf und Star aus. Wie zu seiner Zeit üblich, baute E. auf seinen Reisen auf Jahrmärkten eine Theaterbühne auf, um Patienten durch Akrobaten, Komödianten, Spaßmacher und M u sikanten anzulocken. E. war ein erfolgreicher Arzt und Chirurg, sein Können wurde von Zeitgenossen wie Lorenz —> Heister gerühmt. Er erfand eine Nadel zum Starstechen und einen Polypenhaken. Für sein Ansehen sprach, daß zehn Fürsten ihm die Berufsprivilegien gaben, der preuß. König —»Friedrich I. ihn zum Hofokulisten und Hofrat ernannte und —> Friedrich Wilhelm I. seine Privilegien erneuern ließ. 1772 verfaßte Gottsched ein Spottgedicht über E „ das zum Volkslied (Ich bin der Doktor Eisenbart, erstmals 1818 gedruckt) wurde und ihn als marktschreierischen Quacksalber darstellt. DP Färber

Eisenberg,

Ludwig Julius, Schriftsteller, * 5 . 3 . 1858 Berlin, f 2 4 . 1 . 1910 Wien. Der Sohn eines Prager Fabrikanten studierte an den Universitäten Wien, Prag, Heidelberg und Jena Naturwissenschaften, wurde in Göttingen promoviert und arbeitete zunächst als Chemiker in Görlitz, dann in der Fabrik seines Vaters. 1886-91 war er Angestellter der Österreichischen Staatsbahnen, daneben Redakteur der „Allgemeinen Kunstchronik" und freier Mitarbeiter für Theater, Kunst und Literatur verschiedener Zeitschriften. E. verfaßte u . a . Das geistige Wien (2 Bde., 1889) und Von der Strecke. Ernste und heitere Geschichten aus dem Eisenbahnleben (1891) und machte sich als Herausgeber des Großen Biographischen Lexikons der deutschen Bühne im 19. Jahrhundert (1903) einen Namen. m

ÖBL

Eisenberg,

Nicolaus, auch Eys(s)enberg, Is(senberg, Ys(s)enberg(k); Nickil, Niclas(s), Nikolaus, Nikolauß, Maler, * um 1420 Eisenberg (Thüringen) (?), f um 1490 Leipzig (?). E. wird erstmals als „magister operis" eines 1446 bemalten, jedoch nicht erhaltenen Schreins im Franziskanerkloster Zeitz erwähnt. 1452 verzierte er die Kirchenglocke von St. Nicolai in Leipzig, wo er 1452-82 lebte. Von seiner um 1452 entwickelten Arbeitsweise der Verzierung von Kirchenglocken mit eingerissenen Umrißdarstellungen blieben zwei datierte und signierte Glocken erhalten, die 1460 entstandene Glocke der Kirche zu Elstertrebnitz sowie die 1477 geschaffene Glocke „Gloriosa" der Leipziger Thomaskirche. Beeinflußt wurde E. vermutlich von der rheinisch-westfälischen Malerschule des frühen 15. Jh., zwei Kreuzigungsgemälde der Leipziger Nicolaikirche werden ihm zugeschrieben. m AKL E i s e n b e r g e r , Georg, Politiker, * 2 8 . 3 . 1863 Hutzenau (Gemeinde Ruhpolding), t 1.5. 1945 Ruhpolding. E. arbeitete zunächst in der Landwirtschaft und in staatlichen Forsten. Später übernahm er das elterliche Anwesen. 1900 wurde E., der sich früh dem Bayerischen Bauernbund anschloß, in den Gemeinderat in Ruhpolding, 1905 und 1911 zum Bürgermeister von Hutzenau gewählt. 1896 war er einer der Begründer des Raiffeisenvereins, 1900-31 Vorsitzender des Bayerischen Bauern- und Mittelstandsbunds. 1905-19 gehörte E. d e m Bayerischen Landtag, 1 9 1 9 / 2 0 der Weimarer Nationalversammlung und 1920-32 d e m Deutschen Reichstag an, in d e m er Fraktionsvorsitzender des Bayerischen Bauernbunds wurde. Von seinen Erlebnissen ließ sich L u d w i g —>Thoma z u m Einakter Erste Klasse (1910) anregen. N o c h vor der M a c h t ü b e r n a h m e durch die Nationalsozialisten zog sich E. auf seinen Hof zurück. c n MdR

Eisendle E i s e n b e r g e r , Severin, Musiker, * 2 5 . 7 . 1 8 7 9 Krakau, t 1 1 . 1 2 . 1 9 4 5 N e w York. Von seinem Vater im Klavierspiel unterrichtet, trat E. bereits mit neun Jahren mit d e m B-Dur-Konzert —> Beethovens öffentlich auf und studierte dann bei Heinrich —> Ehrlich in Berlin, 1896-1901 bei T h e o d o r - > Leschetizky in Wien. Auf seinen Konzertreisen trat er besonders als - » Schumann- und —> Brahms-Interpret hervor. 1914-21 als Klavierlehrer am Krakauer Konservatorium tätig, unterrichtete E. 1922-28 in Wien und war Mitglied des „Wiener Trios". Nach seiner Auswanderung in die U S A 1928 trat er u . a . 1935 mit d e m Cincinnati Symphony Orchestra auf, gab Konzerte in Cleveland (Ohio) und galt als Chopin-Fachmann. DD Ö M L E i s e n b u r g e r , Eduard, Politiker, Journalist, * 4 . 4 . 1928 Treppen, f 8.3. 1990 Kronstadt (Bra§ov, Rumänien). E. war 1957-89 Chefredakteur der „Volkszeitung", die 1968 in „Karpatenrundschau" umbenannt wurde. Seit 1964 gehörte er als Abgeordneter der Großen Nationalversammlung Rumäniens an, 1969 wurde er Mitglied des Staatsrats und des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei, 1978 Vorsitzender des Rats der Werktätigen Deutscher Nationalität. E. war der höchste Staats- und Parteifunktionär der Rumäniendeutschen; seine Arbeiten (Sie erkannten die Zeichen der Zeit, 1979) sind bestimmt von der offiziellen Ideologie des kommunistischen Staates. E i s e n b u r g e r , Kuno, Techniker, * 2 1 . 1 0 . 1 9 0 1 Bistritz, t 2 6 . 8 . 1 9 7 6 Wels. Im Zweiten Weltkrieg war E. Leiter eines Flugwissenschaftlichen Instituts und Mitarbeiter von Wernher von —> Braun, nach 1945 wurde die Schweißtechnik sein Spezialgebiet. Er erfand u. a. eine neuartige elektrische Schweißmaschine zur automatischen Herstellung von Baustahlgittern und wurde Teilhaber und technischer Direktor eines eigens d a f ü r gegründeten, weltweit tätigen Unternehmens. Mehr als 100 Patente auf allen Gebieten der Technik laufen auf seinen Namen. E i s e n b u r g e r , Otto, Kapellmeister, Kantor, * 2 5 . 8 . 1908 Bistritz, t 2 4 . 6 . 1 9 8 9 Bad Kissingen. Während des Studiums am Kirchenmusikalischen Institut in Leipzig waren Kurt —>Thomas, Karl —»Straube und Franziska —> Martienssen seine Lehrer. 1935 wurde E. Musikdirektor der Musikvereine in Schäßburg, im folgenden Jahr ging er in gleicher Funktion nach Hermannstadt. Später war er Kapellmeister der Wiener Sängerknaben, Opernkapellmeister in Graz, Den Haag, Magdeburg und Dresden sowie Generalmusikdirektor in Klagenfurt und Lübeck. 1961 wurde E. Stadt- und Bezirkskantor in Bad Kissingen. E i s e n d e c h e r , Karl von, Diplomat, Militär, * 2 3 . 6 . 1 8 4 1 Oldenburg, t 2 0 . 8 . 1 9 3 4 Baden-Baden. Der Sohn von Wilhelm —»E. gehörte 1856-75 der preuß., dann der kaiserlichen Marine an und war seit 1873 Marineattaché in Washington. Nach d e m Eintritt in den diplomatischen Dienst ging er 1874 als Ministerresident nach Tokio, wurde 1880 Gesandter und wechselte in gleicher Funktion 1882 nach Washington. 1884-1919 war E. preuß. Gesandter in Karlsruhe. E. war elf Jahre K o m m a n d a n t der Kaiserlichen Segeljacht. Als Sammler japanischer Kunstwerke gehörte er der Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens an. CO B H d A D E i s e n d e c h e r , Wilhelm von, Staatsmann, * 2 4 . 5 . 1 8 0 3 Hannover, t 3 . 3 . 1880 Wiesbaden. E., Sohn eines Rittmeisters in hannoverschen Diensten und späteren russischen Offiziers, studierte 1822-26 in Göttingen und Heidelberg; er wurde zum Dr. jur. promoviert und 1828 zum Vorleser Herzog —» Peter Friedrich Ludwigs von Oldenburg berufen. Seit 1830 Kabinetts- und Privatsekretär von dessen Sohn und Nachfolger, Großherzog

—»August, führte er seit 1836 den Titel Hofrat, wurde nobilitiert und übernahm 1849 in der Regierung die Departements des Großherzoglichen Hauses und des Äußeren. E. wurde Gesandter am Frankfurter Bundestag, wo er bis zu dessen Auflösung 1866 auch die Häuser Schwarzburg und Anhalt vertrat. Während seiner Oldenburger Zeit gehörte er d e m Literarisch-geselligen Verein an und pflegte Kontakte und Freundschaften zu Schriftstellern; Hans Christian Andersen verkehrte in seinem Haus. E. veröffentlichte u. a. Über die Entwicklung und Ausbildung des Bürgerrechts im alten Rom (1829). Er war der Vater von Karl von - > E . CD Oldenburg E i s e n d l e , Helmut, österr. Schriftsteller, * 1 2 . 1 . 1 9 3 9 Graz, t 2 0 . 9 . 2 0 0 3 Wien. E., Sohn eines Juristen und höheren Beamten in der Postverwaltung, arbeitete nach einer Telefonmechanikerlehre (1954-58) als Entstörer und Revisor in Graz, erwarb auf dem zweiten Bildungsweg die Hochschulreife, war während des Studiums der Psychologie, Philosophie und Biologie in Graz Werkstättenlehrer an der dortigen Höheren Technischen Lehranstalt für Maschinenbau und Elektrotechnik und wurde 1970 mit der Dissertation Das Fehlverhalten beim Lösen von Intelligenzproblemen als weitere Information über die Struktur der Persönlichkeit zum Dr. phil. promoviert. 1970-72 arbeitete er als Arzneimittelvertreter, gehörte zu den Gründungsmitgliedern der „Psychologischen Arbeitsgruppe für Erziehungsberatung und Verhaltenstraining" und war seit 1972 als freier Schriftsteller tätig. 1973 gemeinsam mit H. C. —> Artmann und Peter Rosei aus der „Grazer Autorenversammlung" wegen „zunehmender Entfernung von ihren Gründungszielen" ausgetreten, Schloß er sich ihr 1985 wieder an. Nach längeren Aufenthalten in Spanien, Italien, den Niederlanden und Deutschland lebte E., der Mitglied des „Forum Stadtpark" in Graz war, seit 1993 in Wien. Sich im Grenzbereich von Kunst und Wissenschaft, theoretischer Reflexion und sprachlicher Realität bewegend, vertrat E., angeregt vor allem von den philosophischen Arbeiten Fritz —»Mauthners, eine radikale sprach- und literaturkritische Position, die zugleich Ausgangspunkt einer prinzipiellen Kritik war, insbesondere der Naturwissenschaften (Walder oder die stilisierte Entwicklung einer Neurose. Ein programmiertes Lehrbuch des Josef W., 1972, Neuausg. 1984). Gegenüber deren formalisierten Kunstsprachen plädierte er für eine Sprache, mit der es möglich ist, die Erfahrung des Subjekts auszudrücken („Dem Wort Stringenz einen Tritt versetzen"). Dem Angepaßten, d e m monströsen Einzelnen, der schweigenden Mehrheit setzte E., wahnhafte Zustände als Möglichkeit der Erkenntnis bejahend, die Figur des Narren gegenüber, der den sprachlich vermittelten N o r m e n mißtraut (Jenseits der Vernunft oder Gespräche Uber den menschlichen Verstand, 1976; Neuausg. 2001; Das schweigende Monster. Prosamoritat, 1981; Der Narr auf dem Hügel. Landstriche, Flüsse, Städte, Dinge, 1981). Ein an den Konversationsroman des 18. Jh. erinnerndes dialogisches Prinzip bestimmt die F o r m der R o m a n e E.s (u. a. Exil oder Der braune Salon. Ein Unterhaltungsroman, 1977; Die Frau an der Grenze, 1984). Einen wichtigen Platz im Werk E.s nehmen die Hörspiele ein (u. a. Die Freiheit, die ich meine oder Ego-Washing, 1973; Die Gaunersprache der intellektuellen, 1986; Mitsubishi und Hugo Wolf, 1989). Er schrieb auch Theaterstücke (u. a. Salongespräch oder Die Chronik der geistigen Wunder

Eisengrein schimmert fahl und zweideutig, 1974, U r a u f f ü h r u n g 1976; als Hörspiel 1975), F i l m - und F e r n s e h d r e h b ü c h e r und war H e r a u s g e b e r der A n t h o l o g i e n Österreich lesen. Texte von Artmann bis Zeemann ( 1 9 9 5 ) und Fremd (1997). A l s M a l e r trat er in m e h r e r e n A u s s t e l l u n g e n hervor. E., der im U n terschied zu anderen M i t g l i e d e r n der „ G r a z e r G r u p p e " der siebziger Jahre der z u m literarischen P r o g r a m m e r h o b e n e n K o m p r o m i ß l o s i g k e i t bis zuletzt treu blieb, w u r d e u. a. mit d e m S t a a t s s t i p e n d i u m ( 1 9 7 2 ) und d e m W ü r d i g u n g s p r e i s f ü r Literatur ( 1 9 9 3 ) d e s österr. B u n d e s m i n i s t e r i u m s f ü r Unterricht und K u n s t s o w i e mit d e m P e t e r - R o s e g g e r - P r e i s ( 1 9 8 1 ) und d e m Literaturpreis ( 1 9 8 3 ) des L a n d e s S t e i e r m a r k ausgezeichnet. WEITERE WERKE: H a n d b u c h z u m ordentlichen L e b e n oder Ein T e s t i n s t r u m e n t zur P r ü f u n g der A n p a s s u n g an d a s Durchnittsidealverhalten. M ü n c h e n 1973. - D a s nachtländische R e i c h d e s D o k t o r L i p s k y . E r z ä h l u n g e n . S a l z b u r g / W i e n 1979. - D a s Verbot ist der M o t o r der Lust. E s s a y s . S a l z b u r g / W i e n 1980. - Ich Uber m i c h & keinen a n d e r n . G r a z 1981. S k i n f a x i in d e n W ä l d e r n . Ein M ä r c h e n . Berlin 1983. - O h H a n n a h ! R o m a n . W i e n / D a r m s t a d t 1988. - B e i l ä u f i g e G e d a n k e n über E t w a s . E s s a y s . W i e n / D a r m s t a d t 1989. - M o n a Lisa. C l a m o r exitosus. Z e r m a l m e n d e s W e h g e s c h r e i . Illustrationen von A r n o W a l d s c h m i d t . G i f k e n d o r f 1989. - B l o c k oder D i e M e l a n c h o l i e . Ein M o n o l o g . Z ü r i c h 1991. - D e r Egoist. I n n s b r u c k 1996. - Ein S t ü c k d e s blauen H i m m e l s . Salzburg u.a. 2003. LITERATUR: G e r h a r d F u c h s : L e b e n i m K o p f . Z u m sprachund w i s s e n s c h a f t s k r i t i s c h e n D e n k e n der P r o t a g o n i s t e n in d e n R o m a n e n H. E.s. Diss. U n i v . G r a z 1986. - A n d r e a s B r a n d t n e r / J u l i a D a n i e l c z y k : D i e O r t e des H. E. E i n e A u s s t e l l u n g . W i e n 2 0 0 3 . - M a r t i n L ü d k e / M a n f r e d M i x n e r : H. E. In: KLG. Bruno Jahn E i s e n g r e i n , Balthasar, a u c h E y s e n g r i n , Jurist, * 25. 11. 1547 Stuttgart, t 1 3 . 1 . 1611 Stuttgart. Sein S t u d i u m an der U n i v . T ü b i n g e n seit 1563 Schloß E „ S o h n eines B ü r g e r m e i s t e r s und H a l b b r u d e r M a r t i n —»E.s, mit der P r o m o t i o n z u m Dr. j u r . ab. 1578 w u r d e er württ e m b e r g i s c h e r gelehrter Rat, 1581 herzoglicher H o f r i c h t e r und 1608 Kirchenratsdirektor. E r analysierte b e i m E h e g a t tenerbrecht die Prinzipien der s ü d d e u t s c h e n S t a d t r e c h t e und verfaßte z u s a m m e n mit J a k o b H a u g 1604-06 R e v i s i o n s e n t w ü r f e d e s L a n d r e c h t e s von 1555. E. v e r ö f f e n t l i c h t e Des Herzogtums Wirttemberg erneuert gemein Landrecht von 1610 (1610). CD N D B E i s e n g r e i n , M a r t i n , a u c h E y s e n g r i n , E y s e n g r e i n , kath. T h e o l o g e , * 28. 12. 1535 Stuttgart, t 4 . 5 . 1578 Ingolstadt. E. w a r d e r S o h n eines B ü r g e r m e i s t e r s in Stuttgart und H a l b b r u d e r B a l t h a s a r —»E.s. E r studierte an den U n i v e r sitäten T ü b i n g e n , Ingolstadt und W i e n und w u r d e dort 1555 Prof. der B e r e d s a m k e i t und 1557 P r o f . der N a t u r p h i l o s o p h i e . 1558 k o n v e r t i e r t e er unter d e m E i n f l u ß seines O n k e l s J a k o b —» J o n a s z u m K a t h o l i z i s m u s , w u r d e 1560 Priester und D o m prediger in W i e n und f o l g t e 1562 e i n e m R u f als Prof. d e r T h e o l o g i e an d i e U n i v . Ingolstadt; er w a r m e h r m a l s d e r e n R e k t o r , seit 1570 d e r e n S u p e r i n t e n d e n t u n d g r ü n d e t e d i e dortige U n i v e r s i t ä t s b i b l i o t h e k . 1571 erhielt er als erster P r o p s t von Altötting d i e bischöflichen Insignien. E . f ü h r t e zahlreic h e k i r c h e n p o l i t i s c h e A u f t r ä g e H e r z o g —» A l b r e c h t s V . von B a y e r n aus, u . a . trat er 1 5 6 3 / 6 4 in Wien f ü r L a i e n k e l c h und Priesterehe ein. A l s kaiserlicher H o f p r e d i g e r in W i e n ( 1 5 6 8 / 6 9 ) w a r er f ü r seine v o l k s t ü m l i c h e n Predigten bekannt. E. hatte w e s e n t l i c h e n Anteil an der kath. R e s t a u r a t i o n in B a y e r n . Er v e r ö f f e n t l i c h t e m e h r e r e t h e o l o g i s c h e S c h r i f ten und G e b e t b ü c h e r , u. a. Aurea postilla evangelica dominicorum et festorum totius anni 1573 s o w i e Postilla catholica (1576). m LMU

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Eisengrein,

W i l h e l m , Jurist, C h r o n i s t , * 1544 S p e y e r , t 1570. D e r N e f f e M a r t i n —»E.s studierte in I n g o l s t a d t R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n u n d w u r d e z u m Dr. j u r . utr. p r o m o v i e r t . Er arbeitete als R e c h t s k o n s u l e n t und schrieb 1564 e i n e C h r o n i k der Stadt Speyer. D a n a c h w i d m e t e er sich - unterstützt von den P ä p s t e n und H e r z o g —» A l b r e c h t V . von B a y e r n - der W i d e r l e g u n g der M a g d e b u r g e r C e n t u r i a t o r e n (u. a. M a t t h i a s —» Flacius), z u n ä c h s t im Catalogus testium veritatis omnium orthodoxorum ecclesiae doctorum, qui adulterina ecclesiae dogmata et haeresin oppugnarmi (1565), d a n n in zwei Centenarii ( 1 5 6 6 , 1568) u n d in der Harmonía ecclesiae histórica (1576).

Eisenhart,

(Johann) A u g u s t von, B e a m t e r , * 3 . 1 1 . 1 8 2 6 München, t 21.12.1905 München. N a c h d e m J u r a s t u d i u m in M ü n c h e n und H e i d e l b e r g trat E „ S o h n eines b a y e r i s c h e n O b e r a p p e l l a t i o n s g e r i c h t s r a t s , in den bayerischen Justizdienst ein und arbeitete a m A p p e l l a t i o n s gericht von O b e r b a y e r n s o w i e a m Stadt- und K r e i s g e r i c h t M ü n c h e n . 1866 in d a s Kabinettssekretariat b e r u f e n , amtierte er 1870-76 als K a b i n e t t s s e k r e t ä r K ö n i g - » L u d w i g s II. 1870 w u r d e er Ministerialrat extra statum im J u s t i z m i n i s t e r i u m , w a r seit 1874 Staatsrat im a u ß e r o r d e n t l i c h e n , 1 8 7 5 - 1 9 0 5 i m ordentlichen Dienst. W ä h r e n d der R e g i e r u n g L u d w i g s II. b e m ü h t e er sich, einen geregelten F o r t g a n g der Staatsg e s c h ä f t e zu sichern, d e n K ö n i g bei der E n t s c h e i d u n g w i c h tiger politischer F r a g e n zu unterstützen und d i e Staatsautorität nach innen und a u ß e n zu erhalten. E. war seit 1857 mit L o u i s e —»E. verheiratet. DD N D B

Eisenhart,

J o h a n n Friedrich, Jurist, * 15. 10. 1720 Speyer, t 10. 10. 1783 H e l m s t e d t . D e r E n k e l J o h a n n e s —»E.s u n d S o h n eines A r c h i v a r s und Kanzleisekretärs studierte in H e l m s t e d t und G ö t t i n g e n , w u r d e 1748 p r o m o v i e r t u n d w a r seit 1751 a. o., seit 1755 o . P r o f . der R e c h t e in H e l m s t e d t . 1759 z u m H o f r a t e r n a n n t , w u r d e er 1763 O r d i n a r i u s der H e l m s t e d t e r Juristischen Fakultät. E. las ü b e r d a s d e u t s c h e R e c h t , v e r ö f f e n t l i c h t e zahlreiche j u r i s t i s c h e Schriften und w u r d e v o r a l l e m w e g e n seiner S t u d i e n ü b e r R e c h t s s p r i c h w ö r t e r ( G r u n d s ä t z e der teutschen Rechte in Sprüchwörtern mit Anmerkungen erläutert, 1759) b e k a n n t . CD Killy

Eisenhart,

J o h a n n e s , Jurist, * 18. 1 0 . 1 6 4 3 E r z i e h e n , t 9 . 5 . 1707. E. studierte seit 1663 in H e l m s t e d t und w u r d e M a g i s t e r artium, 1647 Licentiatus und z u m Dr. j u r . p r o m o v i e r t . Z u n ä c h s t a. o. Prof. d e r R e c h t e , erhielt er e i n e o r d e n t l i c h e P r o f e s s u r f ü r G e s c h i c h t e , P o e s i e und Sittenlehre und w u r d e später O r d i n a r i u s an der Juristischen F a k u l t ä t . E. w a r beeinflußt von H e r m a n n —»Conring, hielt 1667 e i n e R e d e De coniungendis iurisprudentiae et historiarum studiis und veröffentlichte Arbeiten über Naturrecht, Kriminalrecht sowie über P r o z e ß - und Privatrecht. E i s e n h a r t , ( F r a n z i s k a M a r i a ) L o u i s e (Karoline), geb. von Kobell, Schriftstellerin, * 13. 12. 1827 M ü n c h e n , t 28.12.1901 München. E. begleitete ihren Vater F r a n z von —» Kobell im G e f o l g e K ö n i g —»Ottos nach G r i e c h e n l a n d und vertiefte dabei ihre im E l t e r n h a u s g e w o n n e n e künstlerische und s p r a c h l i c h e Bild u n g . N a c h der Heirat mit d e m bayerischen Kabinettssekretär A u g u s t von —»E. g e h ö r t e sie in M ü n c h e n z u m Künstler- und G e l e h r t e n k r e i s u m W i l h e l m von —» K a u l b a c h und J u s t u s von - » L i e b i g . D e r E r f o l g kleinerer A r b e i t e n in Z e i t u n g e n und Z e i t s c h r i f t e n e r m u n t e r t e sie zu g r ö ß e r e n W e r k e n , die sie unter ihrem G e b u r t s n a m e n v e r ö f f e n t l i c h t e . U n t e r s u c h u n g e n w i e Münchner Porträts nach dem Leben

Eisenlohr (1897) und König Ludwig II. und Bismarck (1899) basierten zwar auf gründlicher Sachkenntnis und persönlicher Erfahrung, es fehlte ihnen jedoch die wissenschaftliche Systematik; gleichwohl geben sie die Atmosphäre des M ü n c h n e r Gesellschaftslebens wieder. CD N D B

Eisenhart-Rothe,

Georg Emil Ferdinand Karl von, Politiker, Bankier, * 2 8 . 5 . 1 8 4 9 Lietzow (Pommern), t 2 9 . 8 . 1 9 4 2 Lietzow. Nach dem Studium an den Universitäten Lausanne und Berlin trat E.-R. 1868 in den preuß. Militärdienst ein und nahm am Krieg 1870/71 teil. 1881 beendete er als Rittmeister seine militärische Laufbahn und war 1893-1913 Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses sowie des preuß. Herrenhauses. 1903 wurde er Landschaftsrat, 1911 Generallandschaftsrat und 1919 Generallandschaftsdirektor der Pommerschen Landschaft, einer Kreditinstitution.

Eisenhofer,

Ludwig (Karl August), kath. Theologe, * 1 . 4 . 1 8 7 1 München, t 2 9 . 3 . 1941 Eichstätt. E., Sohn eines königlichen Offizianten, studierte Philosophie in Freising ( 1 8 9 0 / 9 1 ) , Theologie in München (1891-94) und wurde 1895 zum Priester geweiht und nach kurzer seelsorgerischer Tätigkeit 1897 zum Dr. theol. promoviert. Er erhielt 1898 eine Professur für Patrologie, Liturgik und Kirchengeschichte (seit 1900) an der Bischöflichen Philosophisch-Theologischen Hochschule in Eichstätt. Sein Hauptwerk Handbuch der katholischen Liturgik (2 Bde., 1912, zunächst die 2. Auflage des gleichnamigen Werkes von Valentin - » T h a l h o f e r , 1 9 3 2 / 3 3 als eigenständige Neubearbeitung, 2 1941) gilt seit der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils als bedeutendste Quelle der vorkonziliaren Liturgie. t u NDB

Eisenhoit,

Anton, auch Iserenhodt, Eisenhut, Eisenhoidt, Eisenhott, Silberschmied, Medailleur, Kupferstecher, Graveur, * 1 5 5 3 / 5 4 Warburg (Westfalen), t zwischen 18.9. und 6. 11. 1603 Warburg. E. stammte vermutlich aus einer alten Warburger Familie, lernte wahrscheinlich in Kassel das Kupferstechen und übte sein Handwerk etwa zwischen 1580 und 1585 in R o m aus, w o er ein Porträt von Papst Gregor XIII. und 130 Illustrationen zu einer Beschreibung des Vatikans stach. In dieser Zeit schuf E. auch Stiche und Zeichnungen für ein naturwissenschaftliches Werk des Florentiner Arztes Michele Mercati. In Deutschland arbeitete E. f ü r die nieder- und oberhessischen Landgrafen sowie für den Paderborner Bischof Dietrich von —» Fürstenberg und dessen Bruder Kaspar von —» Fürstenberg. Zu seinen Hauptwerken zählt die Altarausstattung für die Familienkapelle des Fürstbischofs von Fürstenberg in Paderborn, heute als Herdringer Silberschatz auf Schloß Herdringen zu besichtigen. Von Bedeutung sind auch E.s Sternbildgravuren auf den Himmelsgloben von Jost —»Bürgi. E. war stilistisch von den Nachfolgern Michelangelos und Giambologna beeinflußt und verband Ornamentund Architekturformen der Gotik und der Renaissance. OD A K L

Eisenhuet,

T h o m a s , Taufname: Tobias, Augustinerchorherr, Theologe, Komponist, * 2 3 . 5 . 1644 Augsburg, t 4 . 1 1 . 1 7 0 2 Kempten. Musikalisch ausgebildet, wurde E., Sohn eines Bierbrauers und Gastwirts, 1664 Novize im Augsburger Chorherrenstift St. Georg, empfing die höheren Weihen, wurde Chordirigent und Organist und ging 1677 als Stiftskapellmeister der Fürstabtei nach Kempten, wo er bis zu seinem Lebensende blieb. E., der auch als Musiktheoretiker tätig war, komponierte u . a . Harmonía sacra per triginta concentus músicos à 2.3.4.5.6.7 vocibus distributa (1674). DP M G G

Eisenhut,

Johann Simon, Sektierer, * 3 0 . 6 . 1 7 8 1 Markteinersheim (Mittelfranken), t 9 . 3 . 1 8 4 2 Markteinersheim. Wie sein Vater von Beruf Schuhmacher, befaßte sich E. zunächst in seiner Heimat und zwischen 1817-23 in Würzburg mit theosophischen und religiösen Spekulationen. Er stand der fränkischen chiliastischen B e w e g u n g und dem Pöschlianismus nahe, stellte sich als „Prophet und Inspirierter" dar und bereicherte sein religiöses Gedankengut mit der Handhabung alchemistischer Künste. t u NDB

Eisenhuth,

Heinz Erich, evang. Theologe, * 8 . 5 . 1 9 0 3 F r a n k f u r t / M a i n , t 2 6 . 7 . 1983 P f e r d s d o r f / W e r r a . Nach d e m Studium der evang. Theologie in Rostock, Tübingen und Berlin wurde E. 1927 in Berlin zum Lic. theol. (Kritische Darstellung der Entwicklung des Problems der Glaubensgewißheit bei Karl Heim) und 1929 in Frankfurt zum Dr. phil. (Philosophische Studien zum Begriff des Irrationalen im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Theologie) promoviert. 1931 habilitierte er sich in Leipzig für Systematische Theologie ( D e r Begriff des Irrationalen als philosophisches Problem). Seit 1931 Privatdozent, wurde er 1936 kommissarischer und 1937 planmäßiger o . P r o f . für Systematische Theologie in Jena, 1938 Dekan der dortigen Theologischen Fakultät. E. war seit 1933 Mitglied der deutsch-christlichen Glaubensbewegung, in der er sich programmatisch und als Referent engagierte. Er arbeitete auch am „Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche L e b e n " (Eisenach) mit, das er 1943 kommissarisch leitete. Er unterzeichnete die Theologenerklärung von 1934 mit ihrem Bekenntnis zur nationalsozialistischen Weltanschauung und machte 1938 Vorschläge für eine theologische Studienreform im Geist völkischer Ideologie. Diese bestimmt auch Werke wie Kreuz und Ehre (1935) und Volksgeschichte und Heilsgeschichte (1938). Nach seiner Teilnahme am Zweiten Weltkrieg wurde E. als ehemaliges Mitglied der N S D A P 1945 aus d e m Universitätsdienst entlassen. Er blieb zunächst als Pfarrer in Jena, wurde 1952 Superintendent in Eisenach und später Lehrbeauftragter in Leipzig. IU BBKL

Eisenkolb,

Friedrich, Metallurge, * 5. 1.1901 Warnsdorf (Böhmen), t 2 9 . 9 . 1967 Dresden. E. studierte 1919-23 an der Deutschen T H in Prag Chemie und Metallurgie, wurde 1924 am dortigen PhysikalischChemischen Institut mit einer Arbeit über die Passivität des Nickels promoviert und übernahm bis 1931 die Leitung der Stoffwirtschaftsstelle des Chemischen Labors sowie der Technischen Versuchsanstalt des Werks Rothau der Eisenwerke A G . 1928 legte er eine zweite Dissertation über das Beizen von Feinblechen vor. E. wurde 1931 Leiter der Qualitätsstelle und der Forschungs- und Versuchsanstalt der Blechwerke A G Karlshütte in Leskovec. Nach der Habilitation 1937 an der T H Prag nahm er dort eine Lehrtätigkeit auf und leitete die Forschungs- und Versuchsanstalt bei den Eisen- und Hüttenwerken T h a l e / H a r z . E. erhielt 1949 einen Lehrstuhl für Werkstoffkunde an der T H Dresden und veröffentlichte u. a. Die neuere Entwicklung der Pulvermetallurgie (1955), Einführung in die Werkstoffkunde (4 Bde., 1957-60), Über pulvermetallurgisch hergestellte Gleit- und Reibwerkstoffe (1958) und Eisenwerkstoffe (1961). t u DDR

Eisenlohr,

August (Adolf), Ägyptologe, * 6. 10.1832 Mannheim, t 2 4 . 2 . 1 9 0 2 Heidelberg. Der Sohn Wilhelm Friedrich —> E.s studierte zunächst Theologie, dann C h e m i e an der Univ. Heidelberg und gründete nach seiner Promotion (1860) eine chemische Farbenfabrik. Seit 1865 mit chinesischen und ägyptischen Sprachstudien beschäftigt, habilitierte er sich 1869 in Heidelberg für Ägyptologie und wurde 1872 a . o . P r o f . , 1885 Honorarprofessor.

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Eisenlohr Neben allen Gebieten der ägyptischen Altertumskunde lehrte er Hebräisch, Phönizisch, Arabisch und Babylonisch. E. unternahm Forschungsreisen nach Ägypten (1869/70) und vermittelte 1872 den Ankauf des von ihm entdeckten „Papyrus Harris" durch das British Museum in London. In seinem Werk Ein mathematisches Handbuch der alten Ägypter (1877) übersetzte und erläuterte er den „Papyrus Rhind" und schuf damit einen neuen Zugang zur altägyptischen Mathematikgeschichte. E. war der Vater von Ernst —» E. DP NDB E i s e n l o h r , Ernst, Diplomat, * 12. 11.1882 Heidelberg, t 20. 1. 1958 Badenweiler. Der Sohn August - » E . s studierte 1900-04 an den Universitäten Heidelberg und Berlin (Promotion zum Dr. jur. 1905), trat 1911 in den Auswärtigen Dienst ein und wurde im folgenden Jahr Vizekonsul in London. Nach Kriegsdienst und Gefangenschaft wurd E. 1920 Gesandtschaftsrat in Lissabon, 1923 in Belgrad, war 1925-31 Vortragender Legationsrat im Auswärtigen Amt, danach Gesandter in Athen, 1936-38 in Prag. 1942 schied er auf eigenen Wunsch aus dem diplomatischen Dienst aus und war 1946-55 amtierender Bürgermeister von Badenweiler. DD BHdAD E i s e n l o h r , (Jakob) Friedrich, Architekt, * 23. 11.1805 Lörrach, t 27.2.1855 Karlsruhe. E., Sohn eines evang. Predigers, studierte in Freiburg/Breisgau und bei Friedrich —> Weinbrenner in Karlsruhe, unternahm 1826-28 eine Italienreise und legte 1830 das Architekturexamen ab. 1832 wurde er Lehrer, 1839 Prof. am Polytechnikum, 1853 Direktor der Bauschule in Karlsruhe. Seit Beginn der vierziger Jahre für den Hochbau der badischen Staatseisenbahnen zuständig, entwarf er die Bahnhöfe Mannheim (1840), Karlsruhe, Heidelberg und Freiburg in romanischem Stil unter Einbeziehung der im Schwarzwald traditionell verwendeten Holzkonstruktionen und war neben Heinrich —> Hübsch Begründer der romantischen Schule in der badischen Architektur. Im Sakralbau der Gotik verpflichtet, entwarf er die Kirchen von Baden und Offenburg. E. trat auch als Landschaftszeichner hervor und veröffentlichte u. a. Rede über den Baustil der neueren Zeit und seine Stellung im Leben der gegenwärtigen Menschheit (1833). CD AKL E i s e n l o h r , Friedrich, Schriftsteller, * 26.5.1889 Freiburg/Breisgau, t 18. 10. 1954 Berlin. E. lebte als Schriftsteller und Bühnenautor in Berlin. In seinem Erstlingswerk Kriminal-Sonette. Moritaten im klassischen Stil (1913), einer Gemeinschaftsarbeit mit seinen Freunden Ludwig -> Rubiner und Livingstone Hahn, beschreibt er unter dem Einfluß der frühexpressionistischen Groteske den Zerfall bürgerlicher Moral. Von seinen Dramen, deren Vorbilder die Werke von Frank —» Wedekind und Carl —> Sternheim waren, wurde Die Legende der Marquise de Croisset 1919 im Frankfurter Schauspielhaus, Der Skandal 1920 im Münchner Schauspielhaus uraufgeführt. Nach neusachlichen Zeitromanen (Das gläserne Netz, 1927) in den zwanziger Jahren schrieb E. zunehmend Unterhaltungs- und Kriminalliteratur {Der Mann im Schatten, 1936). In Bomber über Warschau (1940) verwendete er nationalsozialistische Ideologeme. Nach 1945 war E. Leiter des Bühnenvertriebs im Aufbau-Verlag in Berlin. CD Killy E i s e n l o h r , Ludwig d.Ä., Architekt, * 17.3. 1851 Nürtingen, t 11. 10. 1931 Stuttgart. Der Sohn Theodor —>E.s studierte am Polytechnikum in Stuttgart und an der Bauakademie Berlin, machte als Leutnant den Krieg 1870/71 mit und unternahm 1876/77 eine Studienreise nach Italien. Nach Abschluß seines Studiums arbeitete er seit 1877 als selbständiger Architekt, zunächst mit Carl —»Weigele, seit 1910 meist zusammen mit seinem

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Schwiegersohn Oskar Pfennig. E. war einer der schwäbischen Architekten, welche eine Verbindung zwischen traditioneller heimischer und, beeinflußt von Theodor —> Fischer, moderner Architektur herstellten. Zu seinen Bauten zählen das Alte Kunstvereinshaus in Stuttgart (1888) sowie das Schillermuseum in Marbach (1901). CD AKL Eisenlohr, Ludwig d.J., Architekt, * 22.9. 1894 Stuttgart, t 23.2.1983 Überlingen. Der Sohn Ludwig —> E.s d. Ä. nahm als Sanitätssoldat am Ersten Weltkrieg teil und studierte bis 1920 Architektur an der TH Stuttgart bei Paul —> Bonatz und Paul —> Schmitthenner. Seit 1920 in Essen, seit 1924 mit seinem Schwager Oskar Pfennig im väterlichen Büro in Stuttgart tätig, wandte sich E. u. a. mit dem Mittnachtbau (1926-28) in Stuttgart dem Neuen Bauen zu. Höhepunkt dieses Schaffens war das Kaufhaus Breuninger in Stuttgart (1929-31). 1933 trat E. in die NSDAP ein und baute vorwiegend dem Zeitgeschmack entsprechende Eigenheime und nationalsozialistische Repräsentationsbauten (SA-Schule in Rottenburg, 1934), aber auch funktionalistische Industriebauten (u.a. Mercedes-Benz-Verwaltung in Sindelfingen). Zu seinem rationalistischen Spätwerk gehört das Stuttgarter KatharinenHospital (1956-67). m AKL Eisenlohr, Theodor, Pädagoge, * 30.4.1805 Herrenberg (Baden-Württemberg), t 31.8. 1869 Zürich. E., Sohn eines Pfarrers, studierte seit 1823 Theologie am Tübinger Stift und wurde 1830 Stadtvikar in Stuttgart, 1833 Diakon und Ortsschulinspektor in Marbach/Neckar, 1838 Diakon und Volksschulleiter in Tübingen. Er gehörte zu den Begründern der evang. Sophienpflege Lustnau sowie des Württembergischen Volksschulvereins und wurde 1843 erster Rektor des Nürtinger Seminars. 1849 war er Mitglied der Deutschen Nationalversammlung, seit 1850 Ständiges Mitglied des württembergischen Staatsgerichtshofs in Stuttgart. E. trat für ein staatlich gesichertes Schulwesen mit religiöser Einflußnahme ein; er verfaßte u.a. Die Idee der Volksschule nach den Schriften Friedrich Schleiermachers (1852). E. war der Vater von Ludwig —> E. • • Frankf Nationalvers Eisenlohr, Wilhelm Friedrich, Physiker, * 1. 1.1799 Pforzheim, t 10.7. 1872 Karlsruhe. E., Sohn eines Oberamtmanns, studierte 1817-19 in Heidelberg Kamerai Wissenschaften und Mathematik; seit 1819 arbeitete er als Mathematik- und Physiklehrer am Mannheimer Lyzeum, später an der dortigen Gewerbeschule. 1840-65 war er Prof. der Physik am Polytechnikum in Karlsruhe. E. widmete sich der Erforschung des (von ihm 1854 so bezeichneten) ultravioletten Lichtes, dessen Wellenlänge er 1856, gleichzeitig mit Ernst Esselbach, unter Verwendung eines Strichgitters bestimmte. Er veröffentlichte u. a. ein Lehrbuch der Physik (1836, "1876), das als erstes deutsches Physiklehrbuch gilt, das nicht auf ausländischen Vorlagen beruhte, und eine Anleitung zur Ausführung und Visitation der Blitzableiter (1867). E. war der Vater von August —>E. CD NDB

E i s e n m a n n , (Johann) Gottfried, Mediziner, Politiker, * 20.5.1795 Würzburg, t 23.3. 1867 Würzburg. E., Sohn eines Schuhmachermeisters, studierte seit 1810 an der Univ. Würzburg Jura, nach der Teilnahme an den Befreiungskriegen auch Medizin und wurde 1820 zum Dr. med. promoviert. 1817 beim Wartburgfest anwesend, war er Mitbegründer der ersten Würzburger Burschenschaft und gehörte nach deren Auflösung dem Würzburger „Jünglingsbund" an. 1823 aus politischen Gründen verhaftet, wurde er nach dreizehn Monaten freigelassen und arbeitete dann als Arzt in Hammelburg und Würzburg. Seit 1829 war er Mitherausgeber des konstitutionell-monarchisch ausgerichteten „Bayerischen Volksblatts". Nach dem Hambacher Fest

Eisenmenger 1832 kam er wegen Hochverrats und Majestätsbeleidigung in Untersuchungshaft, wurde nach vier Jahren zu unbefristeter H a f t verurteilt und erst 1847 begnadigt. Während der Haft war E. Mitherausgeber und Redakteur verschiedener medizinischer Fachblätter. 1 8 4 8 / 4 9 gehörte E. der Frankfurter Nationalversammlung an, behielt seine liberal-monarchistische Haltung bei und trat für eine föderative Einigung Deutschlands ein. Er veröffentlichte u. a. Ideen zu einer Teutschen Reichsverfassung (1848) und Politisches Glaubensbekenntnis des Dr. Eisenmann (1848). E. verfaßte auch medizinische Werke, zu denen Die Kindbettfieber. Ein naturhistorischer Versuch (1834), Die vegetativen Krankheiten und die entgiftende Heilmethode (1835), Die Prüfung der Homöopathie (1836) und Pathologie und Therapie der Rheumatosen (1861) gehören. CD Leb Franken, Bd 4

Eisenmann,

Hans, Politiker, * 15.4. 1923 Ampertshausen bei P f a f f e n h o f e n , t 3 1 . 8 . 1 9 8 7 M ü n c h e n . Der Sohn eines Landwirts machte nach d e m Krieg die Landwirtschaftsprüfung, Schloß das Studium der Land- und Volkswirtschaft in München-Weihenstephan 1948 als Diplomlandwirt ab und wurde 1959 zum Dr. agr. promoviert. 1951-58 war er Lehrer an der Landwirtschafts- und Hopfenbaufachschule in P f a f f e n h o f e n , 1954-58 deren Direktor. E. gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Bayernpartei P f a f f e n h o f e n , trat 1954 in die C S U ein und war 1958-69 Landrat in P f a f f e n h o f e n . 1969 wurde er als Nachfolger Alois —» H u n d h a m m e r s bayerischer Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. CD Munzinger

lung des Weifenhauses nach Hannover und erreichte 1900 die Neugestaltung der Karlsruher Kunsthalle. E. veröffentlichte u . a . Meisterwerke der Galerie zu Cassel (1887).

Eisenmann,

Rudolf, Komponist, * 1 4 . 1 2 . 1 8 9 4 Steinling, t 1.4. 1954 Regensburg. E. erhielt seine Ausbildung bei August —» Scharrer in Nürnberg und besuchte die Meisterklasse von Joseph - » Haas in München. Seit 1927 war er Lehrer und Musikerzieher in Regensburg. Er komponierte u. a. Vokal- und Chorwerke sowie eine Passacaglia und Doppelfuge für Orgel (1926). E i s e n m a n n , Will, Komponist, * 3 . 3 . 1906 Stuttgart, t 2 0 . 8 . 1992 Schwarzenberg (Kt. Luzern). E. begann das Studium der Kunstgeschichte und Philosophie und studierte 1926-29 an der Württembergischen Hochschule f ü r Musik in Stuttgart. Nach einjähriger Tätigkeit als Volontär am Württembergischen Staatstheater wurde er 1929 erster Regieassistent an der Staatsoper Wiesbaden. 1 9 3 2 / 3 3 studierte er bei Paul Dukas und Charles Koechlin in Paris. In Spanien, w o er sich seit 1933 aufhielt, leitete E. ein Studiotheater. 1935 ging er in die Schweiz, gründete Opernstudios in Zürich und Luzern und ließ sich als freischaffender K o m ponist und Musiklehrer in Schwarzenberg (Kt. Luzern) nieder. 1952 wurde E. vom Arbeitsausschuß „Tübinger Musiktage" mit dem deutsch-schweizerischen Kulturaustausch betraut. Er komponierte Chorwerke und Lieder, die Opern Der König der dunklen Kammer (1935, nach Rabindranath Tagore) und Leonce und Lena (1945, nach Georg —» Büchner), das Ballett Die kleine Seejungfrau, Orchesterwerke, darunter eine Symphonie, und K a m m e r m u s i k . c d MGG

Eisenmann,

Joseph Anton, kath. Theologe, Geograph, * 17.10. 1775 Oberlauda, t 10.5. 1842. Der Sohn eines Dorfschullehrers studierte an der Univ. Würzburg Theologie und Philosophie, empfing 1800 die Priesterweihe und arbeitete als Erzieher, bevor er Kaplan in Seibach wurde. 1802 erhielt er einen Ruf als o . P r o f . der katholisch-theologischen Fakultäten, die der König von Preußen an den Universitäten Königsberg und F r a n k f u r t / Oder plante. Während der mehrjährigen Vorbereitungszeit wurde Napoleon Kaiser, und die Pläne konnten nicht realisiert werden. E. ging 1805 als Gymnasialprofessor für Philosophie nach Miltenberg, 1808 als Prof. der Geschichte, Länderkunde und deutschen Literatur an das Kadetteninstitut M ü n c h e n und wurde 1823 Mitglied des Domkapitels in Bamberg. Er verfaßte zahlreiche historische und geographische Schriften, die zum Teil auch als Unterrichtsmaterial verwendet wurden, u. a. ein Lehrbuch der allgemeinen Geographie, (2 Tie., 1818-27).

Eisenmann,

(Volker) Kurt (Erich), Technologe, * 2 3 . 1 . 1 8 8 3 Berlin, f 2 8 . 4 . 1 9 6 3 Braunschweig. E. wurde nach den Studien in Berlin und Heidelberg 1910 promoviert (Über Potentialverteilung im dunklen Kathodenraum) und arbeitete seit 1908 als Regierungs-Bauführer der Kgl. Eisenbahndirektion in Berlin. 1921 folgte er einem Ruf als o. Prof. der Statik und Mechanik an die T H Braunschweig, wurde 1936 von der Lehrtätigkeit suspendiert, war seit 1940 auf Widerruf tätig und erhielt nach d e m Zweiten Weltkrieg seinen Lehrstuhl zurück. E. veröffentlichte u . a . die Abhandlung Uber die Potentialverteilung im dunklen Kathodenraum (1910). E i s e n m a n n , Oskar, Kunsthistoriker, Museumsdirektor, * 14. 1.1842 Berlin, t 2 1 . 8 . 1 9 3 3 Karlsruhe. E. studierte Jura, Literatur- und Kunstgeschichte und erwarb auf Studienreisen umfangreiche Kenntnisse der europäischen Kunst. 1876-1908 war er Direktor der Kasseler Galerie, gestaltete 1887 zusammen mit A b r a h a m Bredius die S a m m l u n gen des Mauritshuis in Den Haag neu, organisierte 1 8 8 8 / 8 9 die Überführung und Katalogisierung der G e m ä l d e s a m m -

E i s e n m e n g e r , August, österr. Maler, * 11.2. 1830 Wien, t 7 . 1 2 . 1907 Wien. E. besuchte 1845-48 die Wiener A k a d e m i e der bildenden Künste und wurde nach einer Unterbrechung von acht Jahren als Schüler im Atelier Carl —»Rahls a u f g e n o m m e n . Z u s a m m e n mit seinen damaligen Mitschülern (u. a. Eugen —»Felix, Gustav —»Gaul, Christian —»Griepenkerl) trat er gegen Karl von —»Blaas auf, dem 1859 die Fresken für das Wiener Arsenal übertragen wurden. Nach dem Tod Rahls übernahm E. die Ausmalung der Monumentalbauten Theophil von —»Hansens. Seit 1863 arbeitete E. als Zeichenlehrer, 1872 folgte er einem Ruf als Prof. an die Akademie der bildenden Künste in Wien und leitete daneben eine Spezialschule für Historienmalerei (1872-1901). Er schuf zahlreiche Fresken in Kirchen, Palästen, öffentlichen Gebäuden sowie Altarbilder, u. a. das Deckengemälde Apollo und die 9 Musen (1869) im großen Saal des Musikvereinsgebäudes sowie Tod des hl. Benedikts und Hl. Gregor ( 1888) in der Wiener Schottenkirche. CD A K L

Eisenmenger,

Johann Andreas, Hebraist, * 1654 Mannheim, t 2 0 . 1 2 . 1704 Mannheim. Der Sohn eines kurpfälzischen Steuereinnehmers studierte in Heidelberg Hebräisch, erhielt von Kurfürst —»Karl Ludwig ein Stipendium für Holland ( 1680/81 ) und England, war seit 1686 Dozent und setzte 1693 seine Studien in F r a n k f u r t / Main fort. Zunächst als Archivar tätig, war er seit 1700 Prof. der orientalischen Sprachen in Heidelberg. E. wurde mit seinem zweibändigen, 1700 im Selbstverlag erschienenen Werk Entdecktes Judentum (2 Bde.) zu einem der Begründer des neuzeitlichen „wissenschaftlichen" Antisemitismus. Die erste Ausgabe des Buches wurde nach jüdischen Protesten von der kaiserlichen Regierung —»Leopolds I. beschlagnahmt. 1711 erschien eine Neuausgabe nach Genehmigung durch den preuß. König —»Friedrich I., 1732-34 eine englische Bearbeitung. Zur verheerenden Wirkung trug die (von Franz —»Delitzsch bekämpfte) Popularisierung der Gedanken E.s in August —»Rohlings Der Talmudjude (1871) bei. CD N D B

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Eisenmenger E i s e n m e n g e r , Johann Georg, Instrumentenbauer, * 2.11.1698 Mosbach, t 27.5. 1742 Mannheim. E., Sohn eines Holzdrechslers, wurde von seinem Vater ausgebildet. Er arbeitete wohl zunächst für das Hoforchester in Heidelberg, folgte diesem 1720 nach Mannheim und war seit 1722 als Hofdrechsler und Hofinstrumentenbauer tätig. Von E. sind nur sechs Blasinstrumente erhalten, doch zeigen sie ihn als innovativen Handwerker. Er verwendete bereits früh eine Es-Klappe bei einem Fagott und schuf eines der ersten Bassetthörner, lange vor den Produkten der Gebrüder Mayerhofen die erst um 1760 entstanden. DD MGG E i s e n m e n g e r , Rudolf, Mediziner, * 12.9. 1871 Karlsburg, t 27.6. 1946 Wien. Nach dem Studium der Medizin praktizierte E. als Arzt in den siebenbürgischen Orten Broos, Baaßen und Hermannstadt, seit 1918 in Wien. Bereits 1900 hatte er einen, „Biomotor" genannten, Apparat für die mechanische Druck- und Saugmassage zur künstlichen Beatmung in allen westeuropäischen Ländern patentieren lassen. Das Gerät wurde in vielen Kliniken und Rettungsstationen eingesetzt und kann als Vorläufer der späteren „Eisernen Lunge" angesehen werden. E. erfand noch weitere Wiederbelebungsapparate, die er in Veröffentlichungen wie Saug- und Druckluft über dem Bauch (1940) beschrieb. 1916 erschien von ihm Das physikalisch-diätetische Heilverfahren. E i s e n m e n g e r , Rudolf Hermann, Maler, Zeichner, * 7.8.1902 Simeria (Siebenbürgen), t 3.11. 1994 Wien. E. kam 1921 nach Wien, studierte dort an der Akademie der Bildenden Künste bei Hans Tichy und Rudolf —> Bacher und war anschließend als freischaffender Maler und Zeichner in Wien tätig. Seit 1938 leitete er, zunächst provisorisch, das Wiener Künstlerhaus. Obwohl Mitglied der NSDAP setzte er sich in dieser Funktion für in Not geratene Künstler ein und beschäftigte Kollegen mit offiziellem Arbeitsverbot. 1945 aus dem Künstlerhaus ausgeschlossen, wurde er später rehabilitiert und 1947 wieder aufgenommen. 1951-72 war er Prof. und zeitweise Dekan der TH Wien. Als Zeichner arbeitete E. u. a. mit Tusche, Silberstift und Rötel. 1936 schuf er für die Olympiade in Berlin das Gemälde Läufer vor dem Ziel. Nach Kriegsende wirkte er am Wiederaufbau der Wiener Staatsoper mit und schuf 1950-54 Entwürfe zum großen Tapisserie-Zyklus Zauberflöte für den Gobelinsaal. E. erhielt danach zahlreiche öffentliche Aufträge für Mosaiken, Sgraffitis und Tapisserien. DD AKL E i s e n m e n g e r , Viktor, österr. Mediziner, * 29.1. 1864 Wien, t 11.12. 1932 Wien. E. Schloß das Studium an der Univ. Wien 1889 mit der Promotion ab und war Assistent an der Klinik für Laryngologie sowie an der III. Medizinischen Universitätsklinik bei Leopold ->Schrötter von Kristelli. Später wurde er Chef des Hofsanitätswesens und Leibarzt -» Franz Josephs I. sowie der Thronfolger —> Franz Ferdinand (Erzherzog Franz Ferdinand, 1929) und —»Karl I. In der Abhandlung Die angeborenen Defecte der Kammerscheidewand des Herzens (in: Zeitschrift für klinische Medizin, 1897) beschrieb E. ein Krankheitsbild, das nach ihm benannt wurde („EisenmengerKomplex"). m ÖBL Eisenreich, Herbert, österr. Schriftsteller, * 7.2. 1925 Linz, t 6.6. 1986 Wien. E. wurde mit achtzehn Jahren Soldat, im Zweiten Weltkrieg schwer verwundet und machte nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft 1946 sein Abitur. Das Studium der Germanistik, Klassischen Philologie und Theaterwissenschaft an der Univ. Wien gab er 1948 auf. In der Folge war er als freier Schriftsteller und Journalist tätig, arbeitete seit 1952 für „Die Zeit" in Hamburg, daneben für den Nordwestdeutschen Rundfunk und den RIAS Berlin. Seit 1956

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wieder in Österreich, lebte er 1958-67 in Sandl (Oberösterreich) und redigierte, nach Wien zurückgekehrt, u.a. im Osterreichischen Rundfunk die Sendereihe „Literarischer Salon". E. schrieb Materialismus und Denkklischees kritisierende Erzählungen (Böse schöne Welt, 1957), Gedichte (Verlorene Funde, 1976), Essays (Reaktionen, 1964), Hörspiele {Wovon wir leben und woran wir sterben, 1958) und einen als Fragment veröffentlichten Gesellschaftsroman (Die abgelegte Zeit, 1985). 1976 veröffentlichte er die Erzählungen Die blaue Distel der Romantik, in denen es vorrangig um Mißverständnisse in Zweierbeziehungen geht. Sein Schaffen stand in einer von Adalbert —» Stifter, Albert Paris —> Gütersloh und Heimito von —>Doderer herkommenden Erzähltradition. E. war ein Verteidiger einer österr. „Nationalliteratur". Sein Sprachstil war expressiv und symbolhaltig. E. wurde u.a. mit dem Österreichischen Staatspreis für Literatur (1958), dem Großen Kunstpreis Nordrhein-Westfalens (1965), dem Anton-Wildgans-Preis (1969) und dem FranzKafka-Preis (1985) ausgezeichnet. m KLG Eisenschitz, Otto, auch Eisenschütz, österr. Regisseur, Dramatiker, Journalist, * 21.2. 1863 Wien, t 11.9. 1942 Konzentrationslager Theresienstadt. E. war Feuilletonkorrespondent der „Frankfurter Zeitung" und des „Neuen Wiener Tagblatts", Feuilletonredakteur der „Deutschen Zeitung" und arbeitete als Dramaturg und Regisseur des Theaters in der Josefstadt sowie später des Parisiana-Theaters in Wien. Er lebte bis zu seiner Deportation 1942 vorwiegend in Wien und Luzern, übersetzte aus dem Italienischen und Französischen und schrieb zahlreiche Bühnenstücke und Novellen, darunter Klein Karlis Träume oder Wie der liebe Gott aus klein Karli einen braven Knaben machte. Geschichten für kleine und große Kinder (1905). m

DLL, 20. Jh.

E i s e n s c h m i d , Johann Caspar, Geodät, Mathematiker, * 15.9. 1656 Straßburg, t 4. 12. 1712 Straßburg. E., Sohn eines Kanten- und Zinngießers, wurde 1676 in Straßburg mit der Arbeit Diss. math, de umbilico terrae zum Dr. phil. und nach einem Studium der Arzneiwissenschaften zum Dr. med. (De scrofulis, 1684) promoviert. 1684-96 arbeitete er als praktischer Arzt in Straßburg und war danach als Mathematiker, Geodät und Altertumsforscher tätig. Sein erstes, 1691 erschienenes Werk Diatribe de figura telluris elliptico-sphaeroide, ubi una exhibitur ejus magnitudo per singulas dimensiones consensu omnium observationum comprobata verursachte einen ein halbes Jahrhundert dauernden Disput über die Gestalt der Erde zwischen französischen Geodäten und Anhängern der Newton-Huygensschen Theorie. E. gab ferner ein Werk über antike Maße, Gewichte und Geldwerte sowie 1700 eine überarbeitete Fassung der Kepler-Bartschschen Logarithmentafeln heraus. EP NDB Eisenstaedt, Alfred, Bildjournalist, Photograph, * 6.12.1898 Dirschau (Westpreußen), t 23.8. 1995 Oak Bluffs, Martha's Vineyard (Massachusetts, USA). Nach dem Ersten Weltkrieg Vertreter für Kurzwaren, wandte sich E., Sohn eines Kaufmanns, in den zwanziger Jahren der Photographie zu. Er beschäftigte sich zunächst mit Kunstund Porträtphotographie und war später u. a. für die „Berliner illustrierte Zeitung", „Die Dame" und „Illustrated London News" als Bildjournalist tätig. 1929-35 leitete er das Berliner Büro der Pacific and Atlantic Picture Agency (seit 1931 zu Associated Press gehörig). E. trat hervor mit Bildern von Thomas —» Mann bei der Verleihung des Nobelpreises und als Dokumentär des italienischen Äthiopienfeldzugs (1935, über 3500 Photos). 1935 emigrierte E. in die USA, wo er für das Magazin „Life" über 2500 Aufträge ausführte und 86 Titelbilder lieferte; daneben arbeitete er für die Zeitschriften „Vogue" und „Harper's Bazaar". Eines seiner meistgedruckten Photos, „V. J. Day", zeigt einen Matrosen, der auf dem

Eisinger New Yorker Times Square eine Krankenschwester küßt. E. veröffentlichte u. a. Witness to Our Time (1966), The Eye of Eisenstaedt (1969), People (1973) und Germany (1981). DD AKL Eisenstecken, Josef, österr. Militär, * 1.4.1779 Matrei (Tirol), t 1.5.1827 Bozen. Der Sohn eines Tagelöhners wurde mit siebzehn Jahren Soldat im kaiserlichen Jägerbataillon und war später Gastwirt (1802) an der Talferbrücke bei Bozen. Als Adjutant Andreas —> Hofers (1809) machte er sich bei der Befreiung Tirols verdient; ihm wurde „die zweite Befreiung des Landes" zugeschrieben. E. war seit 1810 Major. CD ADB Eisenstein, (Ferdinand) Gotthold (Max), Mathematiker, * 16.4.1823 Berlin, t 11. 10.1852 Berlin. Bereits als Gymnasiast besuchte E., Sohn eines Kaufmanns, die Mathematikvorlesungen Martin —» Ohms und Gustav Peter —» Dirichlets und studierte seit 1843 an der Univ. Berlin. Seit 1844 erhielt er ein von Alexander von —> Humboldt und Carl Friedrich - > G a u ß finanziertes „Gnadengehalt", um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. 1847-52 lehrte E. als Privatdozent an der Univ. Berlin und wurde 1851 in die Göttinger, 1852 in die Berliner Akademie der Wissenschaften aufgenommen. E., der rund fünfzig wissenschaftliche Beiträge in Fachzeitschriften veröffentlichte, arbeitete über die Beweise der kubischen und biquadratischen Reziprozitätsgesetze sowie die quadratische Zerfällung von Primzahlen. Gauß gab 1847 einen Sammelband von E.s Arbeiten unter dem Titel Mathematische Abhandlungen heraus. DP NDB Eisenstuck, (Jakob) Bernhard, Politiker, Fabrikant, * 20.9. 1805 Annaberg/Erzgebirge, t 5.4. 1871 Dresden. E., Sohn eines Pfarrers und Neffe von Christian Gottlob —>E., erhielt seine Ausbildung zum Kaufmann in der Chemnitzer Kattundruckerei Benj. Pflugbeil & Co., deren Mitinhaber er 1823 wurde. Er setzte sich seit 1828 im Sächsischen Industrieverein für den Anschluß Sachsens an den preuß. Zollverband, später für eine deutsche Schutzzollpolitik ein und war seit 1843 Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Industrievereins. 1848 wurde E. Abgeordneter der fortschrittlichen Linken im Frankfurter Vorparlament und in der Nationalversammlung und war Vorsitzender des volkswirtschaftlichen Ausschusses sowie zweiter Vizepräsident (seit April 1849). Nachdem er als rheinpfälzischer Reichskommissar im Mai 1849 die Aufstellung einer Volkswehr zum Kampf für die Reichsverfassung genehmigte, wurde er vom Ministerium —» Gagern wegen Kompetenzüberschreitung zurückgerufen, ging mit dem Rumpfparlament nach Stuttgart und emigrierte im Spätsommer 1849 nach Belgien. 1852-59 war E. Teilhaber einer Flachsspinnerei in Florial/Dyle (Belgien). 1859 kehrte er zurück und wurde Direktor einer Aktienspinnerei in Wiesenbad bei Annaberg. 1866/67 vertrat E. die Deutsche Fortschrittspartei in der Zweiten Kammer des Sächsischen Landtags. Er war Verfasser zahlreicher politischer und belletristischer Schriften, darunter Sächsische Industrie und ein Wort Uber die Anschließungsfrage (1833). DP NDB Eisenstuck, Christian Gottlob, Jurist, Staatsmann, * 3.10. 1774 Annaberg/Erzgebirge, t 31.5.1853. Seit 1798 Advokat in Dresden, wurde E. 1815 Mitglied einer Kommission zur Ausarbeitung des Strafgesetzbuches und 1820 Obersteuerprokurator. 1821 verteidigte er den der Ermordung des Malers Gerhard von —> Kügelgen angeklagten Soldaten Fischer. 1831-47 war E. als gemäßigter Liberaler Abgeordneter in der sächsischen Zweiten Kammer und deren Vizepräsident. Er war der Onkel von Bernhard —» E.

Eisfeld, Curt (Carl Gustav), Wirtschaftswissenschaftler, * 23.2.1886 Nordhausen, f 27.10.1969 Hamburg. Nach einer kaufmännischen Ausbildung studierte E., dessen Vater Vertriebsleiter eines landwirtschaftlichen Unternehmens war, 1908-13 an der Handelshochschule Berlin und der Univ. Tübingen; 1911 wurde er Diplomhandelslehrer und 1913 zum Dr. sc. pol. promoviert (Das niederländische Bankwesen, 2 Tie., 1916). 1916-20 war er Referent der preuß. Landes-Futtermittelstelle, daneben Assistent an der Handelshochschule Berlin (1915-19) und Lehrbeauftragter für die Handelshochschulkurse Freiburg/Breisgau (1919/20). 1923 wurde E. a.o., 1925 o.Prof. an der Univ. Tübingen und war 1927-51 o.Prof. an der Univ. Hamburg. Während der Inflation brachte er 1923 mit Carl —> Uhlig an der Univ. Tübingen Goldanleihen in Umlauf, die eine stabile Ersatzwährung darstellten. 1973 erschien Aus fünfzig Jahren. Erinnerungen eines Betriebswirts 1902-1951. •P

Marcon/Strecker

E i s g r u b e r , Elsa, eigentl. Elisabeth E., verh. SchrottFiechtl, Malerin, Illustratorin, * 22.3. 1887 Nürnberg, t 1.12.1968 Berlin. Nach bildhauerischen Studien bei Hans —>Perathoner an der Städtischen Kunstgewerbeschule West in BerlinCharlottenburg studierte E. an den Kunsthochschulen in Nürnberg und München und bildete sich als Malerin autodidaktisch weiter. In ihren meist religiösen Bildern bevorzugte sie die Darstellung der Mutter Gottes, oft umgeben von Kindern, Tieren und Pflanzen. Kleine Bildformate, eine in sich geschlossene Komposition und zarte Farben waren charakteristisch für ihre Arbeiten, zu denen auch eine Reihe künstlerisch gestalteter Stundenpläne und Kalenderblätter gehört. Schon früh fand E. auch zur Gestaltung von Kinderbüchern; ihr erstes Bilderbuch Die Elfen nach dem Märchen von Ludwig —>Tieck erschien 1922, und auch in der Folgezeit zeigte sie bei der Auswahl ihrer Textvorlagen eine Vorliebe für die Märchen der Romantiker. Das Bilderbuch Liebe Sonne, liebe Erde mit Gedichten von Christian —» Morgenstern wurde seit 1943 immer wieder neu aufgelegt. E. war u.a. auf der Weltausstellung in Chicago (1933) sowie in Berliner Kollektivausstellungen vertreten. CD AKL Eising, Hermann, kath. Theologe, * 4.2. 1908 Coesfeld, t 9.8. 1981 Münster. 1932 zum Priester geweiht, arbeitete E. 1933-38 als Kaplan und Sekretär des Grafen Clemens August von —> Galen. 1939-47 war er Kaplan in Berlin. 1940 wurde er in Münster promoviert (Formgeschichtliche Untersuchung zur Jakobserzählung der Genesis), wo er nach seiner Habilitation 1949 zunächst als Privatdozent und seit 1955 als o.Prof. für Exegese (Altes Testament) lehrte. 1959-70 war er Schriftleiter der „Theologischen Revue". c d LThK Eisinger, Irene, verh. Schoenwald, Sängerin, * 8.12. 1903 Kosel (Österr. Schlesien), t 8.4.1994 Weston-super-Mare. E. entstammte einer armen, kinderreichen jüdischen Familie. Nach der Ausbildung durch Paula —» Mark-Neusser in Wien debütierte sie 1926 am Stadttheater Basel und war 1928-31 an der Berliner Städtischen Oper engagiert; die Susanne in —» Mozarts Hochzeit des Figaro wurde ihre Paraderolle. An der Kroll-Oper hatte sie unter Otto —»Klemperer großen Erfolg, 1930/31 gastierte sie an der Wiener Staatsoper, 1930-33 als Mozart-Interpretin bei den Salzburger Festspielen. Gleichermaßen überzeugte sie in zeitgenössischen Opern wie Die ägyptische Helena von Richard -^Strauss und in der Berliner Aufführung von Kurt —> Weills Die Bürgschaft sowie in Musical-Verfilmungen wie Zwei Herzen im Dreivierteltakt (1930). 1933 emigriert, trat E. bis 1937 am Deutschen Theater in Prag auf. Nach einem Gastspiel an der

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Eisl Londoner Covent Garden Opera wirkte sie 1937-39 an den Opernfestspielen von Glyndebourne mit. Seit 1938 lebte die Sopranistin in England, wo sie nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Rundfunkkonzerten mitwirkte. OD Kutsch Eisl, Johannes Georgius, auch Eyssl, Eißl, Eisel, österr. Orgelbauer, * um 1708 Salzburg, t 18. 11. 1780 Laibach. E. wurde möglicherweise von Johann Egedacher in Salzburg zum Orgelbauer ausgebildet. Er stellte Orgeln im Stil des österr. Hochbarock her und ist seit 1763 als Orgelbauer in Laibach nachweisbar. E. war vor allem in Kroatien und Slowenien tätig, u. a. in der Paulinerkirche in Svetice (1760/61), der Franziskanerkirche in Novo Mesto (1763/64) und zuletzt an der Orgel im Dom von Gurk, starb aber während dieser Arbeit. Seine Pläne für eine Orgel im Dom von Laibach wurden erst von Josip Kucera verwirklicht. CD MGG Eisler, Arnold, österr. Jurist, Politiker, * 6.4.1879 Holleschau (Mähren), t 28. 1.1947 New York. E. studierte seit 1898 an der Wiener Univ. Rechtswissenschaft und wurde 1902 promoviert. Er war Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und vertrat als Anwalt in Graz vor allem Partei- und Gewerkschaftsangelegenheiten. Er gehörte dem steiermärkischen Landtag an, war Mitglied des Landesausschusses der Steiermark und wurde 1919 Unterstaatssekretär für Justiz im dritten Kabinett der Koalitionsregierung —> Renner. 1919-34 war E. Abgeordneter zum Nationalrat und Mitglied des Verfasssungsgerichtshofes. 1925-38 arbeitete er als Rechtsanwalt in Wien, floh nach mehrmonatiger Gestapohaft (1938) ins Ausland und stand seit 1940 an der Spitze der österr. Sozialisten in Amerika. Eisler, Brunhilde (Hilde), geb. Rothstein, Journalistin, * 28.1.1912 Tarnopol (Galizien), t 8. 10.2000 Berlin. Die Tochter eines Kaufmanns ließ sich 1929/30 zur Buchhändlerin ausbilden und war 1930-34 Mitarbeiterin des Marx-Engels-Verlags in Berlin. Seit 1931 Mitglied der KPD, gehörte sie seit 1934 dem Zentralkomitee der Partei an und war in Basel tätig. Sie reiste als Parteikurierin durch Deutschland, wurde 1935 verhaftet und 1936 nach Polen ausgewiesen. Seit 1937 lebte sie in Paris und Spanien. Ihre geplante Emigration nach Mexiko 1941 scheiterte, da sie mehrere Jahre lang in den USA festgehalten wurde. 1949 wurde E. in New York verhaftet, durfte aber schließlich nach Ost-Berlin ausreisen. Dort war sie 1952/53 stellvertretende Chefredakteurin der „Friedenspost", 1953 MitbegrUnderin und Leiterin der Kulturredaktion der „Wochenpost", 1954/55 stellvertretende Chefredakteurin und 1955-76 Chefredakteurin des „Magazin". 1961 wurde sie stellvertretende Vorsitzende des Verbands Deutscher Journalisten. E. war mit Gerhart —> E. verheiratet. e n DDR Eisler, Charlotte, geb. Demant, Sängerin, Musikerin, * 2.1. 1894 Tarnopol, t 3.8.1970 Wien. E. studierte in Wien u.a. bei Anton von —>Webern Formenlehre, bei Eduard —> Steuermann Klavier und bei Andersen Gesang. Zunächst erlangte sie Bekanntheit als Sängerin, später auch als Pianistin. 1920 heiratete sie den Komponisten Hanns —» Eisler, den sie im Kreis um Arnold —> Schönberg kennengelernt hatte. 1934 wurde die Ehe geschieden. Seit Beginn der zwanziger Jahre Mitglied der Kommunistischen Partei Österreichs, war sie seit 1933 in der Illegalität politisch tätig. 1936-38 arbeitete E. in Moskau im Staatlichen Musikverlag (MUSGIS), wo sie u. a. Vokalwerke von Gustav -^Mahler editierte. 1938 verließ sie die Sowjetunion und ging nach Manchester und trat als Sängerin und Pianistin in ganz England auf, u.a. mit Friedrich —»Buxbaum. Im September 1946 kehrte E. nach Wien zurück und wurde Professorin für Klavier am dortigen Konservatorium. Sie gab weiterhin Konzerte und trat häufig im Rundfunk auf. E. galt

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als Spezialistin für die Zweite Wiener Schule und für englische Musik des 20. Jahrhunderts. Sie war die Mutter des Malers und Graphikers Georg —»E. Eisler, Fritz, österr. Radiologe, * 18.4.1883 Boskowitz (Mähren), t 21.10.1936 Wien. Der Schüler von Robert —> Kienböck und Guido —> Holzknecht wurde 1907 an der Univ. Wien promoviert, war 1910-14 Assistent in der Röntgenabteilung der Poliklinik und leistete bis 1916 Kriegsdienst in Mostar, anschließend im Wiener Steckschußspital. 1920 wurde er Primarius am Röntgeninstitut des Wiedener Krankenhauses und habilitierte sich 1924 für medizinische Radiologie an der Univ. Wien. E. galt als Kenner von Knochenkrankheiten. Mit Geza Kopstein veröffentlichte er Röntgendiagnostik der Gallenblase (1931). CD ÖBL Eisler, Georg, österr. Maler, Graphiker, * 20.4.1928 Wien, t 15. 1. 1998 Wien. Der Sohn des Komponisten Hanns —> und der Sängerin und Pianistin Charlotte —>E. emigrierte 1936 mit seiner Mutter nach Moskau, ging 1938 nach Wien, 1939 nach England, wo er 1942/43 die Stockport School of Art und 1944 die Schools of Art in Manchester und Salford besuchte. 1946 kehrte E. nach Österreich zurück und stellte in großen Kunstausstellungen („Formen und Wege" 1948/49) aus. 1949-56 arbeitete er auch als Jazzmusiker und Journalist, unternahm mehrere Reisen und gab Sketchbücher heraus. Später entwarf E. auch Kostüme und Bühnenbild für die Zauberflöte am Royal Opera House, Covent Garden, in London. Seit 1963 Mitglied der Wiener Sezession, wurde er 1968 deren Präsident und war 1969-74 Mitherausgeber der Zeitschrift „Ver sacrum". 1979-91 hatte er eine Gastprofessur in Albuquerque (USA) inne. Charakteristisch für E. ist eine realistisch-expressive Malweise bei sozialen und politischen Themen. Zu seinen Werken gehören Die roten Strümpfe (1966), Phoenix-Club I-1V (1968/69), Straße mit Laufenden I-VIII (1968/69) sowie ein Porträt von Georg -»Lukács. E. erhielt u. a. den Österreichischen Staatspreis für Malerei (1965). CD A KL Eisler, Gerhart, Pseud. Hans Gerber, Gerhart, Edwards, Groß, Journalist, Politiker, * 20.2.1897 Leipzig, t 21.3. 1968 Jerewan (damals UdSSR, heute Armenien). Der Sohn Rudolf —»E.s sowie Bruder Hanns —»E.s und Ruth —¥ Fischers studierte in Wien, nahm am Ersten Weltkrieg teil und wurde 1918 Mitglied der KPÖ. 1921 ging er nach Berlin, Schloß sich der KPD an, arbeitete als Redakteur der „Roten Fahne" (1921/22) und als Chefredakteur des KPD-Pressedienstes (1922/23). Seit 1923 Kandidat des Zentralkomitees und des Politbüros der KPD, beteiligte er sich als „Versöhnler" am Kampf gegen Ernst —»Thälmann und wurde als Beauftragter der Komintern nach China (bis 1931 ) abgeschoben; danach lebte er in Moskau und seit 1933 als Vertreter der Komintern in den USA. Seit 1935 war E. Mitglied der Auslandsleitung der KPD in Prag und Paris, floh 1941 nach einer Internierung in Frankreich in die USA und gab dort die Zeitschrift „The German-American" heraus. Wegen des Verdachts der Spionage für die UdSSR angeklagt, gelang ihm 1949 die Flucht auf einem polnischen Dampfer. 1949/50 war E. Mitglied des Parteivorstandes der SED und Mitglied der Volkskammer, 1949-52 Leiter des Amtes für Information bei der Regierung der DDR, das er mit Hermann —>Axen gegründet hatte, 1953-55 freischaffender Journalist, 1956-62 stellvertretender Vorsitzender, seit 1962 Vorsitzender des Staatlichen Rundfunkkomitees, 1967/68 Mitglied des Zentralkomitees der SED. 1981 erschien von ihm Auf der Hauptstraße der Weltgeschichte. Artikel, Reden und Kommentare 1956-1968. CD DDR

Eisler E i s l e r , Hanns, Komponist, * 6.7.1898 Leipzig, Der Sohn des Philosophen Rudolf —> E. verlebte den größten Teil seiner Jugend in Wien. Obgleich seine musische Begabung bereits früh zutage trat die ersten Kompositionsversuche entstanden im Alter von elf Jahren - , ließen die materiellen Verhältnisse der Familie eine systematische musikalische Ausbildung nicht zu. E. blieb Autodidakt, bis er nach zweijährigem Militärdienst (1916-18) Kompositionsschüler am Neuen Wiener Konservatorium wurde; nach einem halben Jahr setzte er sein Studium als Privatschüler bei Arnold —> Schönberg fort. Für seine Schönberg gewidmete Sonate op. 1 erhielt E. 1925 den Künstlerpreis der Stadt Wien. Obgleich Schönberg seinen Schüler nach Kräften förderte, kam es 1926 zum Bruch. Der überzeugte Kommunist E. empfand die Kompositionstechnik der Neuen Musik, die das Werk Schönbergs und seiner Anhänger paradigmatisch verkörperte, als unzeitgemäß, da sie sich dem Verständnis des (Massen-)Publikums verschloß. Diesen Konflikt verarbeitete E. in seiner von Schönbergs Chorsatiren op. 28 beeinflußten Kantate Tagebuch des Hanns Eisler op. 9 (1926). Bereits im Jahr zuvor war E. nach Berlin gezogen, wo er eine Lehrstellung am KlindworthScharwenka-Konservatorium antrat. In Berlin fand er das geeignete Klima, seine Vorstellungen von einer proletarischen Gebrauchsmusik auszubilden und künstlerisch umzusetzen. Seine Zeitungsausschnitte op. 11 (1927) konzipierte E. in bewußtem Gegensatz zur herkömmlichen Konzertlyrik, indem er anstelle gewohnter Gedichtvorlagen triviale Alltagstexte vertonte. Im selben Jahr Schloß sich E. der kommunistischen Agitpropgruppe „Das Rote Sprachrohr" an, zu deren Programmen er Kampflieder und Arbeiterchöre beisteuerte. Die Popularität dieser Lieder trug zur Festigung seiner Position als Kopf der deutschen Arbeitermusikbewegung bei. Das Frühjahr 1930 brachte die Begegnung mit Bertolt —> Brecht. Aus der freundschaftlichen Zusammenarbeit gingen u.a. das noch im selben Jahr uraufgeführte Lehrstück Die Maßnahme, die Gorki-Bearbeitung Die Mutter (1931) und die bereits im dänischen Exil entstandene Parabel Die Rundköpfe und die Spitzköpfe (1934-36) hervor. Zahlreiche Lieder aus dieser Zeit schrieb E. für gemeinsame Auftritte mit dem Schauspieler Ernst —» Busch. Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme begann auch für E. die Zeit des Exils. Aufgrund zahlreicher Einladungen zu Vorträgen und Konzerten verbrachte er die ersten Jahre vor allem auf Reisen. Zur Sicherung seiner Existenz kam ihm zugute, daß er seit seiner Mitarbeit an dem Film Kuhle Wampe (1932) ein gefragter Filmkomponist war. Im Januar 1938 entschloß sich E. zur Emigration in die USA, wo er eine Gastprofessur an der New School for Social Research in New York antrat. Nachdem er 1939 wegen Visumschwierigkeiten vorübergehend gezwungen war, in Mexiko Domizil zu nehmen, ermöglichte ihm ein Stipendium der Rockefeller-Foundation im folgenden Jahr die Durchführung eines Forschungsprojekts zur Filmmusik, dessen Ergebnisse er gemeinsam mit Theodor W. —» Adorno in dem Buch Composing for the Films (1947) zusammenfaßte. 1942 übersiedelte E. nach Hollywood, wo er erneut mit Brecht zusammentraf. In gemeinsamer Arbeit entstanden neben zahlreichen Liedern u.a. die Bühnenstücke Furcht und Elend des Dritten Reiches (1945) und Galileo Galllei (1947). 1947 mußte sich E. wegen seiner kommunistischen Gesinnung vor dem „Committee on Un-American Activities" verant-

worten. Erst eine von Charles Chaplin und anderen amerikanischen Künstlern organisierte internationale Protestaktion verhinderte seine Zwangsausweisung. Nachdem E. im Frühjahr 1948 nach Europa zurückgekehrt war, ging er zunächst nach Wien, bevor er sich im folgenden Jahr endgültig in Berlin niederließ. In der neugegründeten DDR, deren Nationalhymne E. auf einen Text von Johannes R. —> Becher komponierte, übernahm er wichtige Positionen und erhielt zahlreiche Ehrungen. 1950 wurde er in Verbindung mit der Einrichtung einer Meisterklasse für Komposition ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie der Künste. Zugleich übernahm er eine Professur für Komposition an der Berliner Hochschule für Musik. Zweimal, 1950 und 1958, wurde E. der Nationalpreis 1. Klasse zugesprochen, und 1962 wurde er Ehrenmitglied des Verbandes Deutscher Komponisten und Musikwissenschaftler. Trotz seiner Stellung im Musikleben der DDR scheiterte sein Plan, den Faust-Stoff in Gestalt einer Oper neu zu interpretieren - das Libretto hatte er bereits vorab publiziert - , an der Kritik des Staatsapparats, der in E.s Konzeption eine „formalistische Verunstaltung" des —> Goetheschen Dramas erblickte. Als Geste der Versöhnung ehrte ihn die Akademie der Künste mit einer zehnbändigen Gesamtausgabe der Lieder und Kantaten (1955-66). Für die Warschauer Uraufführung von Schwejk im zweiten Weltkrieg 1957 vervollständigte E., der auch nach Brechts Tod dem Werk des Freundes verpflichtet blieb, die bereits im Exil begonnene Bühnenmusik. WERKE: Gesammelte Werke. Begründet v. Nathan Notowicz. Hrsg. v. Stephanie Eisler/Manfred Grabs im Auftrag der Akademie der Künste der Deutschen Demokratischen Republik. Leipzig 1968 ff. - Reden und Aufsätze. Hrsg. v. Winfried Höntsch. Leipzig 1960. LITERATUR: Sinn und Form. Sonderheft H. E. Berlin 1964. Hans Bunge: Fragen Sie mehr über Brecht. Gespräche mit H. E. München 1970. - Eberhard Klemm: H. E. Berlin 1973. - Jürgen Schebera: H. E. Berlin 1 9 8 1 . - Hanns-EislerSymposion zum 100. Geburtstag von H. E. Hrsg. v. Harald Goertz. Kassel u.a. 2000. Ulrich Krämer E i s l e r , Max, österr. Kunsthistoriker, * 17.3.1881 Boskowitz (Mähren), t 8.12.1937 Wien. Nach dem Studium der Kunstgeschichte an den Universitäten Wien (Promotion 1904), Leiden und Utrecht (1911/12), Studienreisen in Europa und einem längeren Aufenthalt in Den Haag wurde E., Sohn eines Metallwarenfabrikanten, 1914 Privatdozent für Kunstwissenschaft an der Univ. Wien. 1915 habilitierte er sich dort mit der Arbeit Die Geschichte eines holländischen Stadtbildes für Kunstgeschichte der Neuzeit und erhielt 1919 eine a. o. Professur. 1921 wurde er o.Prof. und Leiter der Abteilung für Österreich, Westeuropa und Städtebau am Kunsthistorischen Institut der Univ. Wien. E.s Hauptinteresse galt der modernen Kunst und dem zeitgenössischen Kunstgewerbe. Er veröffentlichte zahlreiche Monographien (u. a. Rembrandt als Landschafter, 1918; Dagobert Peche, 1925, Nachdr. 1992) sowie wissenschaftlich kommentierte Sammlungen der historischen Pläne Wiens, darunter Das bürgerliche Wien 1770-1860. Historischer Atlas der Wiener Stadtansichten (1929). m Lex dt-jüd Autoren E i s l e r , Moritz, Philosoph, Schulmann, * 20. 1.1823 Proßnitz (Mähren), t 21.12.1902 Troppau (Schlesien). E. studierte an der Univ. Prag Philosophie und orientalische Sprachen, war gleichzeitig Schüler des Oberrabbiners Salomo Jehuda Low —»Rapoport und wurde 1853 Gymnasialdirektor und Religionslehrer in Nikolsburg. 1862 gründete er den „Mährisch-Schlesischen Israelitischen Lehrerverein" zur Unterstützung invalider jüdischer Lehrer. E. veröffentlichte Schriften zu Fragen der jüdischen Philologie und Philoso-

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Eisler phie. Mit den Vorlesungen über die jüdischen Philosophen des Mittelalters (3 Bde., 1870-83) unternahm er einen der ersten Versuche, die Hauptsysteme der jüdischen Religionsphilosophie allgemeinverständlich darzustellen.

Einführung in die Erkenntnistheorie (1907, 2 1925) und Geist und Körper ( 1911, 2 1925). Er war der Vater von Gerhart und Hanns - » E . und von Ruth -»Fischer. CD Lex dt-jüd Autoren

E i s l e r , Paul, Anatom, * 17.2.1862 Schilfa bei Erfurt, t 31.10. 1935 Halle/Saale. E. schloß das Studium der Medizin an der Univ. Halle 1885 mit der Promotion ab (Zur Histologie der Magenschleimhaut) und erhielt 1886 seine Approbation als Arzt. 1883 wurde er Assistent am Histologischen Institut, 1886 Prosektor am Anatomischen Institut, habilitierte sich 1889 für menschliche und vergleichende Anatomie und Entwicklungsgeschichte (Das Gefäss- und periphere Nervensystem des Gorilla) und wurde 1900 a.o., 1922 o.Prof. an der dortigen Universität. 1905 erfolgte die Wahl in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. E. veröffentlichte u. a. einen Grundriß der Anatomie des Menschen ( 1893) und Die Homologie der Extremitäten (1895). c n Ärzte 2, 3

E i s l e r , Tobias, evang. Theologe, * 2 . 4 . 1 6 8 3 Nürnberg, t 8 . 1 0 . 1 7 5 3 Helmstedt. Nach dem Jurastudium in Halle und Altdorf wurde E. Kammersekretär und ging 1712 nach Nürnberg, um sich der pietistischen Erziehung von Kindern zu widmen. Angezogen von dem Theosophen Johann —»Tennhardt, wurde er zu dessen Biographen und zum Herausgeber seiner Werke. Vom theosophischen Gedankengut beeinflußt, verzichtete E. 1718 auf das Nürnberger Bürgerrecht, durchwanderte Deutschland und errichtete 1735 in Helmstedt, wo er seit 1719 lebte, eine Armenkinderschule. Er verfaßte pietistische Erbauungsliteratur sowie theologische Lehrwerke, u. a. Auserlesene Spruche und Gebetbüchlein auf die Feste (1732).

E i s l e r , Robert, Kulturhistoriker, Religionswissenschaftler, * 2 7 . 4 . 1 8 8 2 Wien, t 17. 12.1949 Oxted (Surrey, Großbritannien). Nach der Promotion zum Dr. phil. an der Univ. Wien 1902 mit der Dissertation Studien zur Werttheorie wurde E., Sohn eines Fabrikanten, 1905 dort mit der kunsthistorischen Arbeit Zur Geschichte der dekorativen Landschaftsmalerei erneut promoviert. Studienreisen führten ihn in den Orient. Er hielt Gastvorlesungen an englischen Universitäten und wurde 1925 stellvertretender Sekretariatschef des Völkerbundinstituts für geistige Zusammenarbeit in Paris; 1926/27 war er Gastprofessor an der Sorbonne. 1938 emigrierte er nach Großbritannien, wurde Lecturer an der Oxford University und war in der österr. Exilbewegung tätig. E.s Forschungsgebiete waren Kunst- und Wirtschaftsgeschichte, vor allem jedoch die vergleichende Religionsgeschichte. Er veröffentlichte u. a. Weltenmantel und Himmelszelt. Religionsgeschichtliche Untersuchungen zur Urgeschichte des antiken Weltbildes (1910). E. war Urheber der Hypothese, Jesus habe der Bewegung der Zeloten angehört (lesus basileus und basileusas, 2 Bde., 1929/30). CD Lex dt-jüd Autoren E i s l e r , Rudolf, österr. Philosoph, Soziologe, * 7 . 1 . 1 8 7 3 Wien, t 14.12. 1926 Wien. E., Sohn eines Tuchhändlers, studierte in Wien, Prag und Leipzig Philosophie, wurde 1894 promoviert (Die Weiterbildung der Kant'schen Aprioritätslehre bis zur Gegenwart. Ein Beitrag zur Geschichte der Erkenntnistheorie) und lebte nach einem Aufenthalt in Paris seit 1899 als Privatgelehrter und wissenschaftlicher Schriftsteller in Wien. Er war Mitbegründer und Sekretär der „Soziologischen Gesellschaft" (1907), Herausgeber der „PhilosophischSoziologischen Bücherei" sowie Redakteur der „Wissenschaftlichen Volksbibliothek". Von - » K a n t und Wilhelm —»Wundt beeinflußt, war E. dem Kritizismus zugeneigt, suchte eine Synthese zwischen Idealismus und Realismus (Idealrealismus), arbeitete auf den verschiedenen Gebieten der Philosophie und trat für Wundts psychophysischen Parallelismus ein. E., dessen Hauptleistung auf lexikographischem Gebiet liegt, verfaßte ein Wörterbuch der philosophischen Begriffe und Ausdrücke (1900; 3 Bde., 4 1927-30, weitergeführt und vollendet durch Karl —> Roretz; neu bearbeitet als Historisches Wörterbuch der Philosophie, hrsg. von Joachim ^ R i t t e r , Karlfried Gründer, u. a. 12 Bde., 1971-2004), ein Philosophen-Lexikon (1912) und ein Handwörterbuch der Philosophie (1913, 2 1922, Neudr. 1949). Aus dem Nachlaß wurde 1930 das Kant-Lexikon. Nachschlagewerk zu Kants sämtlichen Schriften, Briefen und handschriftlichem Nachlass (Nachdr. 1994) herausgegeben. Zu E.s Werken zählen ferner Geschichte der Philosophie im Grundriß (1895), Kritische Einführung in die Philosophie (1905),

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Eisler-Terramare, Georg -»Terramare, Georg E i s l e r - T e r r a m a r e , Michael, österr. Pathologe, * 2 0 . 1 . 1 8 7 7 Wien, t 10.2. 1970 Wien. Nach dem Medizinstudium in Wien (Promotion 1901) arbeitete E.-T. am Pathologisch-Anatomischen und am Medizinisch-Chemischen Institut und habilitierte sich 1910 für allgemeine und experimentelle Pathologie. In diesem Fach erhielt er 1916 eine außerordentliche Professur und war seit 1929 Leiter des Serotherapeutischen Instituts. 1939 wurde E.-T. zwangspensioniert und gegen Kriegsende nach Theresienstadt deportiert. 1945 befreit, kehrte er an seine frühere Wirkungsstätte zurück. E.-T. beschrieb die Entgiftung des Tetanustoxins und leitete damit die Entwicklung von Impfstoffen ein. Er veröffentlichte über 100 wissenschaftliche Arbeiten, darunter Versuche zur Entgiftung bakterieller, tierischer und pflanzlicher Gifte durch Sterine (1938). m Ärzte 2, 3 E i s m a n n , Johann Anton, auch Eisenmann, Ismann, Leismann, Lismann; Giovanni, österr. Maler, * um 1613 Salzburg oder um 1620 Goldegg (Land Salzburg), t um 1700 Venedig. E. studierte Mathematik in München, malte dort für Kurfürst —»Maximilian I. und ist 1644 in Venedig dokumentiert. 1650 war er in Rom, reiste dann nach München, Prag, Salzburg und Wien und ließ sich 1663 in Venedig nieder, wo er 1687-1700 in der Malergilde verzeichnet war. Beeinflußt von Salvator Rosa, spezialisierte sich E. auf Landschaften (Wasserfall, Ruinen am Fluß) und Schlachtenbilder (Seeschlacht, Schiffbruch). In Venedig schuf er auch Capricci, u.a. Nächtliche Seeschlacht, die Einfluß auf die Vedutenmalerei des 18. Jh. hatten. DP A KL E i s n e r , Bruno, Musiker, * 6. 12.1884 Wien, t 2 6 . 8 . 1 9 7 8 New York. E. studierte 1899-1901 am Wiener Konservatorium Klavier und Komposition, unternahm 1903-10 Konzertreisen und war 1910-14 Lehrer am Sternschen Konservatorium in Berlin. 1914 ging er als Musiklehrer an das VogtKonservatorium in Hamburg, lebte dann als freier Künstler und trat im In- und Ausland auf. 1930-33 lehrte E. an der Berliner Musikhochschule, emigrierte 1936 in die USA und war 1937-42 Lehrer für Klavier an der Young M e n ' s Hebrew Association in New York, 1945 Lehrer am Westchester Conservatory, danach am New York College of Music (1947/48) und 1948-50 an der Philadelphia Music Academy. 1951-54 hatte E. eine Gastprofessur an der Indiana University, Bloomington, 1956/57 an der Colorado State University. Er konzertierte mit verschiedenen Orchestern und Solokünstlern, u. a. mit A r t u r - » Schnabel. c n ÖML

Eissenhardt E i s n e r , Karl, Musiker, * 19.6. 1802 Pulsnitz bei Dresden, t 2 3 . 1 . 1 8 7 4 Dresden. E. wurde zunächst vom städtischen Organisten am Klavier, von seinem Bruder auf der Violine unterrichtet und kam mit dreizehn Jahren in die Lehre zu den Dresdner Stadtmusikern Krebs und Zillmann. 1821 erhielt er ein Engagement an das kaiserliche Theater von St. Petersburg und spielte Posaune, Trompete, Waldhorn und Geige. E. verließ 1833 mit einer Pension Rußland, unternahm verschiedene Konzertreisen und spielte 1 8 3 6 / 3 7 in der Königlich Sächsischen Kapelle. Er konzertierte einige Jahre frei, spielte 1844-49 als Hornist beim kaiserlich italienischen Theater in St. Petersburg und war 1853-71 kgl. K a m m e r m u s i k u s und erster Hornist der kgl. Kapelle in Dresden. E. komponierte u . a . Introduction und Polonaise für Horn mit Orchester. CD A D B E i s n e r , Kurt, Pseud. Reinhard Fern, M . Verus, R. Sylvester, David August Sinnig, Sperans, Jocosus, TatTwam, H o u y h n h n m , Journalist, Politiker, Schriftsteller, * 1 4 . 5 . 1 8 6 7 Berlin, t 2 1 . 2 . 1919 M ü n c h e n . Der Sohn eines jüdischen Uniformfabrikanten brach das Studium der Philosophie und Germanistik an der Univ. Berlin 1889 aus finanziellen Gründen ab und und war seit 1891 Redakteur bei der „Frankfurter Zeitung", seit 1893 bei der „Hessischen Landeszeitung" in Marburg, hörte dort Vorlesungen Hermann —» Cohens und arbeitete nach vorübergehender Haft wegen Majestätsbeleidigung seit 1898 durch Vermittlung Wilhelm —» Liebknechts beim „Vorwärts" in Berlin; im selben Jahr wurde E., der zunächst Friedrich —»Naumanns Nationalsozialem Verein angehört hatte, Mitglied der SPD. Als einer der bekanntesten Autoren der sozialdemokratischen Presse wurde er nach Auseinandersetzungen mit der innerparteilichen Linken und dem S P D Parteivorstand 1905 als Revisionist entlassen, kam 1907 als Chefredakteur zur SPD-nahen „Fränkischen Tagespost" in Nürnberg und übersiedelte nach d e m Erwerb der bayerischen Staatsbürgerschaft 1910 nach München, wo er sich als Parlamentsberichterstatter und Feuilletonist bei der „Münchener Post" einen N a m e n machte. Im Ersten Weltkrieg wurde er, nach anfänglichem Bejahen der Kriegskredite, zum Kriegsgegner, geriet darüber in Konflikt mit seiner Partei und übernahm 1917 den Vorsitz der von ihm mitbegründeten U S P D in München. 1918 war E. einer der Führer des M u nitionsarbeiterstreiks und deswegen von Januar bis Oktober 1918 inhaftiert. In der Novemberrevolution 1918 war er führend am Sturz des bayerischen Königs —»Ludwigs III. beteiligt, übernahm den Vorsitz des bayerischen Arbeiter-, Bauern- und Soldatenrats, proklamierte am 7. 11. 1918 den „Freistaat B a y e r n " und wurde am 8 . 1 1 . 1 9 1 8 bayerischer Ministerpräsident sowie Minister des Auswärtigen. E. vertrat einen eigenen, philosophisch begründeten, auf Veränderung der Triebstruktur zielenden Sozialismus, wollte Rätesystem und Parlamentarismus verbinden und ließ, in der Meinung, durch ein Kriegsschuldbekenntnis Deutschlands bessere Friedensbedingungen zu b e k o m m e n , durch seinen Sekretär Felix —»Fechenbach zum Teil entstellte Gesandtschaftsberichte zur Vorgeschichte des Ersten Weltkriegs publizieren. Bei den bayerischen Landtagswahlen im Januar 1919 erhielt die U S P D nur 2,5 Prozent der Stimmen (drei von 180 Sitzen) und verlor damit ihre parlamentarische Basis. Auf d e m Weg zur konstituierenden Sitzung des neugewählten Landtags wurde E. von Anton von - » Arco-Valley erschossen. Sein Tod wurde zum Signal für die A u s r u f u n g der zweiten M ü n c h n e r Revolution. E. veröffentlichte u. a. einen Beitrag zur Naturalismusdebatte (Parteikunst, 1896) und eine Biographie (Wilhelm Liebknecht. Sein Leben und Wirken, 1900). Ausgewählte Aufsätze und Reden E.s erschienen unter den Titeln Die halbe Macht den Räten (hrsg. von Renate und Gerhard Schmölze, o. J. [1969]), Sozialismus als

Aktion (hrsg. von Freya Eisner, 1975) und Zwischen Kapitalismus und Kommunismus (hrsg. von Freya Eisner, mit einer biographischen Einführung, 1996). • • Lex dt-jüd Autoren E i s n e r , Lotte (Henriette Regina), Pseud. Louise Escoffier, Journalistin, Filmhistorikerin, * 5 . 3 . 1896 Berlin, t 2 5 . 1 1 . 1983 Garches (Dép. Hauts-de-Seine). E., Tochter eines vermögenden Tuchhändlers, studierte 1920-24 Archäologie, Kunstgeschichte, Alte Geschichte und Philosophie in Berlin, Freiburg/Breisgau, M ü n c h e n und Rostock, w o sie 1924 promoviert wurde (Die Entwicklung der Komposition auf griechischen Vasenbildern), wandte sich dann dem Journalismus zu und war zunächst Kritikerin bei der „Literarischen Welt" und dem „Berliner Tageblatt". Befreundet mit Fritz —» Lang, M a x —» Reinhardt und Sergej Eisenstein, war sie 1927-33 Redakteurin und Chefkritikerin des „Film-Kuriers" in Berlin und wurde zu einer bedeutenden Interpretin des frühen deutschen Films. 1933 emigrierte sie nach Paris, war bis 1939 weiter als Filmkritikerin tätig und lebte nach kurzer Internierung im Lager Gurs seit 1940 unter falschem N a m e n im unbesetzten Teil Frankreichs. Nach Kriegsende baute sie mit Henri Langlois die Cinémathèque Française auf, deren Chefkonservatorin sie bis 1974 war, und organisierte zahlreiche Filmretrospektiven, Festivals und Ausstellungen. Daneben unterstützte E., die seit 1952 franz. Staatsbürgerin war, Regisseure der Nouvelle Vague und des neuen deutschen Films wie Werner Herzog, Volker Schlöndorff und Alexander Kluge. Sie veröffentlichte u . a . L'écran démoniaque. Influence de Max Reinhardt et de 1'Expressionisme (1952; dt. Die dämonische Leinwand. Die Blütezeit des deutschen Films, 1955) und F. W. Murnau (1964, dt. Murnau. Der Klassiker des deutschen Films, 1967). E. wurde u . a . 1974 mit d e m Deutschen Filmpreis/ Filmband in Gold und 1983 mit d e m Kreuz der französischen Ehrenlegion ausgezeichnet. DP Lex dt-jüd Autoren E i s n e r , Stella, Sängerin, * 1883 Wien, t 1972 (?) N e w York. E. wurde von Elisa Elizza in Wien in Gesang (Sopran) ausgebildet und debütierte 1910 an der Wiener Volksoper, deren Mitglied sie bis 1911 blieb. 1911-13 war sie am Stadttheater in Nürnberg engagiert, 1914-18 am Deutschen Theater Prag und 1918-1920 wiederum an der Wiener Volksoper. Danach beschränkte sie sich auf Gastauftritte, u. a. bei den Salzburger Festspielen, 1926 an der Wiener Volksoper als Blondchen in der Entführung aus dem Serail und 1932 als Micaela in Carmen. 1938 wanderte sie in die U S A aus, wo sie in San Francisco als Gesangslehrerin arbeitete. Dort unterrichtete sie u. a. die Sopranistin Lucine Amara. CD Kutsch

Eissenhardt,

Johannes (Kaspar), Kupferstecher, Maler, * 8.11. 1824 F r a n k f u r t / M a i n , t 11. 10.1896 F r a n k f u r t / Main. E. wurde am Städelschen Institut in F r a n k f u r t / M a i n u. a. bei Eugen Eduard - » S c h ä f f e r 1839-46 ausgebildet. Er gehörte d e m Kreis u m Philipp —> Veit, Alfred —> Rethel, Moritz von —»Schwind und Eduard —»Steinle an, denen er in seinem Frühwerk auch künstlerisch nahestand. 1857 ging E. nach Darmstadt, um Papiergeld bzw. Staatspapiere zu entwerfen, 1863-96 sowie 1889-91 übte er die gleiche Tätigkeit an der kaiserlichen Staatspapierdruckerei in St. Petersburg aus; er schuf dort u. a. ein Rundbild der Kaiserin —» Katharina II. Seit 1873 hatte E. sein eigenes Atelier am Städelschen Institut und wurde 1889 königlich preuß. Prof., im folgenden Jahr Ehrenmitglied der St. Petersburger Akademie der bildenden Künste. Er arbeitete auch als Illustrator und Radierer. m

A KL

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Eißfeldt E i ß f e l d t , Otto, evang. Theologe, * 1 . 9 . 1 8 8 7 Northeim, t 2 3 . 4 . 1973 Halle/Saale. E., Sohn eines Juristen, studierte 1905-07 Theologie und Orientalistik in Göttingen und Berlin. 1907-12 war er Studienleiter des Johanneum und 1912-22 Frühprediger an der Berliner Jerusalems- und Neuen Kirche. 1911 in Berlin zum Lic. theol. promoviert, habilitierte er sich dort 1913 mit der Arbeit Der Maschal im Alten Testament. 1916 erwarb er in Göttingen den Grad eines Dr. phil. (Erstlinge und Zehnten im Alten Testament, ein Beitrag zur Geschichte des israelitischjüdischen Kultus), wurde 1918 zum Titularprofessor in Berlin ernannt und folgte 1922 einem Ruf auf den Lehrstuhl für Altes Testament und Semitische Religionsgeschichte an der Univ. H a l l e / S a a l e , den er bis zu seiner Emeritierung innehatte und dann noch bis 1959 vertrat. 1 9 2 9 / 3 0 und 1945-48 war er Rektor der Univ. Halle-Wittenberg, 1936-57 Konsistorialrat in Magdeburg. E., der als Schüler von Julius —» Wellhausen, Hermann —»Gunkel und Rudolf —»Smend vorwiegend literarkritisch arbeitete, war auf allen Gebieten der alttestamentlichen Bibelwissenschaft tätig und schuf auch eigene Übersetzungen (u. a. Die Quellen des Richterbuches, 1925). Neben seinem Hauptwerk Einleitung in das Alte Testament (1934, J 1964) veröffentlichte er u . a . Arbeiten über die phönikische Religion. Z u s a m m e n mit Albrecht - » A l t war er Herausgeber der seit 1937 erschienen Biblia Hebraica (Rudolf —» Kittel). E. wurden zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen zuteil. Er war u. a. Mitglied der Sächsischen A k a d e m i e der Wissenschaften (1948) und der Deutschen A k a d e m i e der Wissenschaften (1949); 1955 wurde er korrespondierendes und 1966 ordentliches auswärtiges Mitglied der Académie des Inscriptions et Belles-Lettres (Paris), 1958 korrespondierendes Mitglied der British Academy (London) und 1969 der Kungliga Humanistika Vetenskapssamfundet (Lund). CD T R E

E i s s l e r , Kurt Robert, Psychoanalytiker, Mediziner, * 2 . 7 . 1 9 0 8 Wien, t 17.2. 1999 New York. E „ Sohn eines Industriellen, studierte seit 1926 Medizin und Psychologie an der Univ. Wien und wurde 1931 zum Dr. phil. ( Ü b e r Gestaltkonstanz im Wechsel von Ding, räumlicher Stellung und Vermittlung), 1937 zum Dr. med. promoviert. Seit 1936 mit Ruth —>E. verheiratet, emigrierte E. mit ihr 1938 in die U S A , war bis 1940 Arzt am Billings Hospital in Chicago und betrieb 1940-43 dort, seit 1947 in New York eine psychoanalytische Praxis. 1943-46 als Psychiater für die U S - A r m y tätig, 1952 Mitgründer und Leiter des Sigmund-Freud-Archivs in N e w York, war E. ein entschiedener Verfechter der Freudschen Lehre und veröffentlichte Medical Orthodoxy and the Future of Psychoanalysis (1965), Sigmund Freud und die Wiener Universität. Über die Pseudo-Wissenschaftlichkeit der jüngsten Wiener Freud-Biographik (1966) und Psychologische Aspekte des Briefwechsels zwischen Freud und Jung (1982). Er beschäftigte sich mit psychoanalytischen Aspekten des Todes und des Todestriebs (The Psychiatrist and the Dying Patient, 1955, dt. Der sterbende Patient. Zur Psychologie des Todes, 1978; Death Drive, Ambivalence and Narcissism, dt. Todestrieb, Ambivalenz, Narzißmus, 1980) und verfaßte eine bis in das Jahr 1786 reichende psychoanalytische Biographie von - » G o e t h e (Goethe. A Psychoanalytic Study, 1775-1786, 2 Bde., 1963; dt. von Peter Fischer und Rüdiger Scholz, Goethe. Eine psychoanalytische Studie, 2 Bde., 1983-85), ferner psychoanalytisch-biographische Arbeiten zu Leonardo da Vinci (Leonardo da Vinci. Psychoanalytic Notes on the Enigma, 1961; dt. Leonardo da Vinci. Psychoanalytische Notizen zu einem Rätsel, 1992) und Hamlet (Discourse on Hamlet and Hamlet. A Psychoanalytic Inquiry, 1971). E. war Mitglied des N e w York Psychoanalytic

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Institute (dort auch Lehranalytiker), der American Psychoanalytic Association und der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung. DP Lex dt-jüd Autoren E i s s l e r , Ruth, geb. Selke, Psychoanalytikerin, Schriftstellerin, * 2 1 . 2 . 1 9 0 6 Odessa, t 7. 10.1989 N e w York. E., Tochter eines in Odessa tätigen deutschen K a u f m a n n s , wuchs in Hamburg, Danzig und Freiburg/Breisgau auf und studierte 1925-30 in Freiburg und F r a n k f u r t / M a i n Medizin. Anschließend spezialisierte sie sich auf Psychiatrie, arbeitete abwechselnd bei Albert —»Fraenkel in Heidelberg und in Stuttgart in der Psychiatrie. 1932 wurde sie mit der Dissertation Sechs Lebensläufe als sozialhygienischer Beitrag zur Frage Alkoholismus und Tuberkulose in Heidelberg promoviert. 1933 emigrierte E. nach Wien, begann mit ihrer psychoanalytischen Ausbildung, wurde am Lehrinstitut der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung a u f g e n o m men und u . a . bei Theodor —»Reik ausgebildet. Danach erhielt sie eine Anstellung in der psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses Rosenhügel. Seit 1937 a. o. Mitglied in der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung, emigrierte E. 1938 mit ihrem M a n n Kurt Robert - » E . in die U S A und war in Chicago als Kinderpsychiaterin am Michael Reese Hospital, als Lehranalytikerin am Chicago Psychoanalytic Institute und in einer eigenen Praxis tätig. 1948 übersiedelte sie nach N e w York. E. wurde Mitglied und Lehranalytikerin der N e w York Psychoanalytic Society and Institute und der American Psychonanalytic Association. 1951-57 war sie zud e m Sekretärin, 1957-59 Vizepräsidentin der International Psychoanalytic Association und 1950-85 Mitherausgeberin des Jahrbuchs „The Psychoanalytic Study of the Child". Sie schrieb - größtenteils unveröffentlichte - Gedichte, R o m a n e und Novellen, 1976 erschien unter d e m Titel Gezeiten ein Band mit deutschen Gedichten. c n Mühlleitner E i s t e r t , Bernd (Karl Georg), Chemiker, * 9. 11. 1902 Ohlau, t 2 2 . 5 . 1 9 7 8 Saarbrücken. E. war nach dem Studium in Breslau (Promotion 1927, Untersuchungen in der Thiochromon-Reihe) seit 1929 als Chemiker in Ludwigshafen tätig, habilitierte sich 1942 in Heidelberg mit der Arbeit Konstitution und Farbe und wurde 1950 Prof. in Darmstadt und Saarbrücken. Er arbeitete über Reaktionsmechanismen, Beziehungen zwischen Konstitution und Farbe sowie Probleme der theoretischen organischen Chemie. E. veröffentlichte u. a. Tautomerie und Mesomerie, 1938, engl. 1945, frz. 1949), Chemismus und Konstitution (1948) und Chemie und Biochemie der Reduktone und Reduktonate (1957). E i t e l F r i e d r i c h II., Graf von Hohenzollern, Diplomat, * 1452, t 1 8 . 6 . 1 5 1 2 Trier. A m Hof —» Albrecht Achilles' von Brandenburg ausgebildet, blieb E. F. bis 1487 in brandenburgischen Diensten und übernahm 1488 die Herrschft in seiner Stammgrafschaft. Er war Ratgeber, militärischer Begleiter und Vertrauter König —»Maximilians I., vertrat auf den Reichstagen die Interessen des Königs, war Schiedsrichter in Streitfragen sowie kgl. Unterhändler, u . a . 1493 in Senlis. A m Schweizerkrieg 1499, am Bayerischen Erbfolgestreit 1504 und am Feldzug gegen Geldern 1505 nahm er als Truppenführer teil. Seit 1492 kgl. Kammerrichter, war er 1 4 9 5 / 9 6 Vorsitzender des Reichskammergerichts und wurde 1502 kgl. H o f m e i ster. 1505 bestätigte Maximilian I. die Belehnung E. F.s mit d e m Reichserbkämmereramt durch Kurfürst —»Joachim von Brandenburg. CD N D B

Eitel Friedrich, Graf von Hohenzollern-Sigmaringen, Fürstbischof von Osnabrück, Kardinal, * 2 6 . 9 . 1582 Hohenzollern, t 19.9. 1625 Iburg bei Osnabrück. Der Sohn des Grafen Karl II. erhielt seit 1595 bei den Jesuiten in Porrentruy bei Bern und in R o m (um 1599-1604)

Eitingon seine theologische Ausbildung und kehrte als päpstlicher Geheimkämmerer (seit 1600) nach Hause zurück. Er besaß gute Kontakte zum bayerischen sowie zum kaiserlichen Hof, war als Kölner Domscholaster (1604), Chorbischof (1610), Dompropst (vor 1612) sowie kurkölnischer Großhofmeister (1612-21) Verfechter der kath. Restauration in Köln und sicherte als inoffizieller päpstlicher Vertrauensmann die päpstliche Unterstützung der Liga im Pfälzischen Krieg. 1621 zum Kardinal ernannt, war er 1622-24 stellvertretender Kardinalprotektor in R o m , wurde 1623 Bischof von Osnabrück (Amtsantritt 1624) und bewirkte dort die E i n f ü h r u n g des Gregorianischen Kalenders, veranstaltete eine Diözesansynode (1625) und betrieb die Verwaltungsreform des Hochstifts. m Gatz 2 E i t e l F r i e d r i c h , Prinz von Preußen, * 7 . 7 . 1 8 8 3 Potsdam, t 8. 12.1942 Potsdam. Der Zweitälteste Sohn Kaiser —» Wilhelms II. wurde 1907 Herrenmeister des Johanniterordens (bis 1926) und trat nach einigen Semestern Studium an der Univ. Bonn in den Militärdienst ein. Als Bataillonskommandeur nahm E. F. am Ersten Weltkrieg teil. Während der Weimarer Republik gehörte er dem monarchistisch gesinnten „Bund der Aufrechten" an. CH Munzinger E i t e l , Albert, Architekt, * 2 9 . 1 . 1 8 6 6 Stuttgart, t 2 5 . 8 . 1 9 3 4 Stuttgart. Der Sohn eines Lederfabrikanten studierte Architektur in Stuttgart, Düsseldorf und Dresden, arbeitete bei Alfred —»Messel in Berlin und war 1906-12 in Partnerschaft mit Eugen Steigleder tätig. E. baute, zunächst von eklektizistischen Tendenzen geprägt, bürgerliche Wohnhäuser, aber auch Gebäude für den Adel. 1907 schuf er das Haus der Württembergischen Metallwarenfabrik in Stuttgart, das zu den besten Lösungen des modernen Warenhausproblems gehörte. Zu seinen Werken zählt auch die schloßartige Villa G e m m i n g e n (1909-11). Nach d e m Ersten Weltkrieg baute E. Siedlungen im Heimatstil, später zeigten sich in seinem Werk Z ü g e des Expressionismus (UFA-Palastkino in Berlin, 1 9 2 5 / 2 6 ; Innenarchitektur des Hindenburgbaus, 1926-29). m

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E i t e l , (August) Anton, Kupferstecher, * 2 2 . 6 . 1841 Düsseldorf, t 23. 12.1928 Düsseldorf. E. studierte an der Kunstakademie in Düsseldorf, besuchte seit 1862 die Kupferstichklasse bei Joseph von —»Keller und Schloß sich d e m Kreis der Düsseldorfer Nazarener an. 1 8 7 0 / 7 1 nahm er als Offizier am Deutsch-Französischen Krieg teil. Als Reproduktionsstecher schuf E. zahlreiche Platten nach biblischen Historien, Madonnen- und Heiligenbildern. Zu seinen Werken gehören die Blätter Die unbefleckte Empfängnis nach Albrecht Steiner von —»Felsburg und Mater amabüis nach Franz —» Ittenbach. m AKL E i t e l , Wilhelm (Hermann Julius), Mineraloge, * 6 . 5 . 1891 F r a n k f u r t / M a i n , t 2 0 . 7 . 1 9 7 9 Toledo (Ohio, USA). Nach den Studien der C h e m i e und der allgemeinen Naturwissenschaften an den Universitäten Tübingen (1909) und Heidelberg (1909-12) wurde E. 1912 promoviert (Die Bestimmung des Wassers in Silikat-Mineralien und -Gesteinen). Er nahm am Ersten Weltkrieg teil, habilitierte sich 1920 mit der Arbeit Untersuchungen Uber magmatische Vielstoffsysteme und wurde im selben Jahr a. o. Prof. an der Univ. Leipzig, 1921 o . P r o f . in Königsberg, 1926 in Berlin. E. war Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Silikatforschung, redigierte die „Fortschritte der Mineralogie" und veröffentlichte u . a . Physikalische Chemie der Silikate (1929, 2 1941) Elektronen-Mikroskopie und -Beugung silikatischer Metaphasen (1944) und Die heterogenen Schmelzgleichgewichte silikatischer Mehrstoffsysteme (1945). Seit 1933 Mitglied der N S D A P , wurde er 1945 entlassen. 1946 ging E. in die

U S A , w o er am Bureau of Mines in Norris (Tennessee) tätig war und 1952 zum Professor of Silicate Science an der University of Toledo (Ohio) ernannt wurde. E i t e l b e r g e r - E d e l b e r g , Rudolf von, österr. Kunsthistoriker, * 17.4. 1817 Olmütz, t 1 8 . 4 . 1 8 8 5 Wien. E.-E., Sohn eines Offiziers, studierte seit 1832 in Olmütz Jura, dann an der Univ. Wien Klassische Philologie, wurde 1838 z u m Dr. phil. promoviert und war bis 1840 Assistent des Lehrstuhlinhabers. Nach einer Tätigkeit als Hauslehrer habilitierte er sich 1847 für Kunstgeschichte und war für kurze Zeit Privatdozent f ü r Theorie und Geschichte der Kunst. 1848 kritisierte E.-E., der als Redakteur der literarischen Beilage der „Wiener Zeitung" für die Demokratie eintrat, in Die Reform des Kunstunterrichts und Professor Waldmüllers Lehrmethode die zeitgenössische Kunstausbildung. 1852 wurde er a . o . P r o f . , 1864 o.Prof. für Kunstgeschichte und Kunstarchäologie an der Univ. Wien und lehrte 1850-64 an der A k a d e m i e der bildenden Künste. E.-E. leitete als Direktor das von ihm 1864 initiierte Österreichische M u s e u m f ü r Kunst und Industrie (heute M u s e u m für angewandte Kunst), reorganisierte 1872 die A k a d e m i e der bildenden Künste und gab Anregungen zur Gründung der „Zentralkommission für Kunst und historische Denkmale". Er gab u. a. die Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Renaissance ( 18 Bde., 1871-82) und mit Mittelalterliche Kunstdenkmäler des österreichischen Kaiserstaates (mit Gustav von —» Heider, 2 Bde., 1858-60) die erste große deutschsprachige Kunsttopographie heraus, verfaßte aber auch zahlreiche Arbeiten zur zeitgenössischen Kunst und zum Ausstellungswesen (Die Kunstbewegung in Österreich seit der Pariser Weltausstellung 1867, 1878; Kunst und Künstler Wiens der neueren Zeit, 1879). m Metzler Kunsthistoriker E i t i n g o n , Chaim, Unternehmer, * 17. 12. 1859 Schklow (Rußland), t 24. 12.1932 Leipzig. E. gründete 1882 in Moskau eine Rauchwarenhandlung und richtete 1896 im Leipziger Brühl eine Filiale ein, die nach der Liquidierung des Moskauer Betriebs durch die russische Regierung 1917 Hauptsitz wurde. Nach Erweiterung des Sortiments und U m w a n d l u n g in eine Aktiengesellschaft (1925) konnte er das Unternehmen bald zu einem internationalen Imperium mit Filialen in London, Paris, wieder in Moskau, und in N e w York. 1926-28 erreichte E. mit seinem Unternehmen einen Jahresumsatz von 25 Millionen Mark und war damit neben Max —»Ariowitsch einer der bedeutendsten Händler am Brühl. E. gründete eine Stiftung für K a u f m a n n s w i t w e n und -töchter, ließ 1923 auf seine Kosten die Ez-Chaim-Synagoge errichten (1938 zerstört) und rief die Israelitische Krankenhaus-Eitingon-Stiftung ins Leben, die das erste jüdische Krankenhaus Sachsens war. Er war der Vater von M a x —» E. E i t i n g o n , Max (Markus), Psychoanalytiker, Mediziner, * 2 6 . 6 . 1 8 8 1 Mohilew (Rußland), t 3 0 . 7 . 1943 Jerusalem. E., Sohn von Chaim —» E., studierte 1900-04 Medizin an den Universitäten Leipzig, H a l l e / S a a l e , Heidelberg und Marburg sowie seit 1904 an der Univ. Zürich. 1906-08 war er Unterassistent von Eugen —»Bleuler am „Burghölzli" in Zürich und lernte in jener Zeit Carl Gustav —»Jung, Karl —»Abraham und L u d w i g —»Binswanger kennen. Seit einem ersten Besuch 1907 in Wien pflegte er engen Kontakt zu Sigmund —»Freud. 1909 in Zürich zum Dr. med. promoviert (Über die Wirkung des Anfalls auf die Assoziationen des Epileptischen, 1909) und im selben Jahr zum Assistent von Hermann —»Oppenheim ernannt, betrieb er seit 1910 zunächst als Neurologe, später als Psychoanalytiker eine Privatpraxis in Berlin und zählte zu den renommiertesten praktischen

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Eitner Psychoanalytikern seiner Zeit. Nach der Teilnahme als Militärarzt am Ersten Weltkrieg mit Behandlung von kriegsbedingten Nervenleiden und Forschungen zu Kriegsneurosen eröffnete er 1920 in Berlin zusammen mit Abraham eine erste psychoanalytische Klinik, die Vorbild wurde für ähnliche Einrichtungen weltweit. 1924-33 war E. Direktor der Anstalt, 1925-43 auch Vorsitzender der Internationalen Psychoanalytischen Unterrichtskommission und 1927-32 Präsident der Internationalen Gesellschaft für Psychoanalyse. 1933 gehörte er zu den Begründern der Palästinensischen Psychoanalytischen Gesellschaft. Im selben Jahr nach Palästina emigriert, arbeitete er an dem von ihm eingerichteten Palestine Institute for Psycho-Analysis und betreute im Rahmen der „Jugend-Aliyah" seelisch erkrankte Kinder und Jugendliche. E., der Mitglied und Ehrenmitglied deutscher, englischer und schweizer, psychoanalytischer Vereinigungen war, zog sich nach dem Tod Freuds (1939) aus dem Berufsleben zurück. CD Lex dt-jüd Autoren Eitner, Ernst (Wilhelm Heinrich), Maler, Graphiker, * 30.8.1867 Hamburg, t 28.8.1955 Hamburg. Nach einer lithographischen Ausbildung besuchte E. 1887-91 die Kunstakademie in Karlsruhe, war Schüler Gustav —» Schönlebers und wechselte 1892 an die Akademie zu Antwerpen. Er unternahm Reisen nach Paris, Italien, Dänemark sowie in die Schweiz und unterrichtete fünfzehn Jahre lang an der Hamburger Malschule Rover. E. war u. a. auf Ausstellungen in Dresden, Berlin, München, Düsseldorf, Bremen, Paris (1894) und Rom (1911) vertreten. Als Graphiker schuf er vorzugsweise Landschaften der Hamburger Gegend. Zu seinen Gemälden zählt Frühling (Der Künstler mit Familie) von 1901. 1917 erhielt E. den Professorentitel ehrenhalber. m AKL Eitner, Robert, Musikforscher, Bibliograph, * 22.10.1832 Breslau, f 2.2. 1905 Templin (Uckermark). Nach dem Besuch des Gymnasiums wurde E. vom Domorganisten Moritz —»Brosig in Kompositionslehre, Orgel- und Klavierspiel unterwiesen und war Violinschüler von Ignaz Peter Lüstner. 1853 ging er nach Berlin, wo er vorübergehend am Institut für Kirchenmusik studierte, dann als Musiklehrer tätig war und 1863 eine eigene Musikschule gründete. 1868 initiierte er die Gründung der ersten „Gesellschaft für Musikforschung", redigierte 1869-1905 deren „Monatshefte für Musik-Geschichte" und gab grundlegende bibliographische und monographische Arbeiten zur Musikgeschichte des 15.-18. Jh. heraus. Sein Hauptwerk ist ein Biographisch-Bibliographisches Quellen-Lexikon der Musiker und Musikgelehrten der christlichen Zeitrechnung bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts (10 Bde., 1900-04; Nachdr. 1959/60). E. erhielt 1902 den Professorentitel, CD MGG Eitner, Wilhelm, österr. Chemiker, * 28. I. 1843 Iglau, t 13.10. 1921 St. Christophen (Niederösterreich). Der Sohn eines Tuchmachers studierte Chemie an der TH Wien, arbeitete als Chemiker in Lederfabriken in Wien und Prag, wurde 1872 Vizedirektor der Slouper Lederfabrik und gründete 1874 die weltweit älteste „Chemisch-technische Versuchsstation für Lederindustrie" in Wien, als deren Direktor er vierzig Jahre lang tätig war. 1874-1913 war er technischer Schriftleiter und Redakteur der Fachzeitschrift der Versuchsanstalt, „Der Gerber". E. setzte in der Gerberei eine wissenschaftliche Betrachtungsweise durch, führte u. a. die Verwendung des Natriumsulfids ein und wurde 1876 anläßlich der Weltausstellung in Philadelphia zum Universalexperten für die Lederindustrie gewählt. Er veröffentlichte u.a. Leder-Industrie (1877) und Der Quebracho-Cerbstoff und seine Verwendung in der Lederindustrie ( 1898). CD NDB

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Eitz, Carl (Andreas), Musikpädagoge, Musiktheoretiker, * 25.6.1848 Wehrstedt (heute zu Halberstadt), t 18.4.1924 Eisleben. E., Sohn eines Gärtners und Volksschullehrers, beschäftigte sich im Selbststudium mit akustischen Problemen und Fragen der Notation und wurde u. a. von Hermann von —»Helmholtz, William Thierry —»Preyer und Max —> Planck als Akustiker und Musikpädagoge anerkannt. 1882 entwarf er einen Apparat zur Veranschaulichung longitudinaler und transversaler, stehender und fortschreitender Wellen; akustische Untersuchungen führten ihn zur Konstruktion eines Reinharmoniums mit 36 bzw. 104 Tönen in der Oktave. E. entwickelte die Tonwort-Methode, in der 21 Stufen innerhalb einer Oktave unterschieden werden. Er erhielt 1918 den Professorentitel. Er veröffentlichte u. a. Das mathematisch-reine Tonsystem (1891). Deutsche Singfibel (1899), Das Tonwortsystem und sein Verhältnis zu den in der Musik geltenden Stimmungsarten (1905), Bausteine zum Schulgesangunterrichte im Sinne der Tonwortmethode (1911, 2 1928 als Das Tonwort. Bausteine zur musikalischen Volksbildung, hrsg. von Frank Bennedik). CP MGG Eitzen, Albrecht von, Bürgermeister von Hamburg, * 6.9. 1578 Hamburg, f 4.5.1653 Hamburg. E., Sohn eines Kaufmanns und späteren Hamburger Senators, studierte in Rostock, Jena, Marburg und Leiden die Rechte, unternahm ausgedehnte Reisen nach Frankreich, Belgien und Italien, leistete Kriegsdienste in Ungarn und den Niederlanden und wurde nach seiner Rückkehr (1610) in den Hamburger Rat gewählt. Seit 1623 Bürgermeister Hamburgs, war er in den Wirren des Dreißigjährigen Kriegs Haupt der kaiserlichen Partei und arbeitete gegen die dänischschwedischen wie auch englisch-holländischen Strömungen im Rat und der Stadt. 1630 gegen seinen Willen zum Admiral der hamburgischen Flotte gegen —»Christian IV. von Dänemark ernannt, konnte er die zeitweilige Herrschaft der Dänen über die Elbe nicht abwehren. CD NDB Eitzen, Paul von, luth. Theologe, * 25. 1.1521 Hamburg, t 25.2. 1598 Schleswig. Nach dem Studium in Wittenberg bei —» Luther und —» Me· lanchthon wurde der aus einer angesehenen Hamburger Bürgerfamilie stammende E. 1544 Schulrektor in Cölln/ Spree (Berlin), ging 1546 zu weiteren Studien nach Rostock und wurde 1548 Pastor und lector secundarius am Dom in Hamburg. Seit 1555 Superintendent und lector primarius, wurde er im folgenden Jahr in Wittenberg zum Dr. theol. promoviert, wechselte 1562 als Superintendent nach Schleswig und wurde 1564 Generalsuperintendent des Herzogtums Holstein-Gottorp. E. bemühte sich im Sinne einer gemäßigten Orthodoxie um eine einheitliche Lehrmeinung im deutschen Luthertum und übte entscheidenden Einfluß auf die Kirche der Herzogtümer Schleswig und Holstein aus (u. a. Ablehnung des Konkordienbuches, 1574 Verpflichtung der Geistlichen im Ordinationseid auf die luth. Bekenntnisschriften ohne Konkordienformel). Er veröffentlichte zahlreiche philosophische und theologische Schriften, darunter Deutsche Postilla über die Sonntags- und Fest-Evangelia (1591). E. fand als Figur in Stefan —> Heyms Roman Ahasver ( 1981 ) Eingang. CD SHBL, Bd 5 Ekbert von Andechs-Meranien, Bischof von Bamberg, * nach 1173, t 5.6.1237 Wien. E., Sohn —»Bertholds IV. von Andechs-Meranien, wurde 1203 durch das Domkapitel zum Dompropst von Bamberg gewählt, von Papst Innozenz III. trotz verschiedener Formfehler zum Bischof geweiht und mit dem Pallium beliehen. Nach der Ermordung König —> Philipps von Schwaben (1208) wurden er und sein Bruder Heinrich der Mitwisserschaft verdächtigt, sie verfielen der Reichsacht und flohen zu

Ekhof ihrem Schwager, König Andreas von Ungarn. 1211 wurde E. nach Vermittlung durch den Papst und genauer Untersuchung von kirchlicher Seite wieder in sein Amt eingesetzt, nahm 1217 am Kreuzzug Andreas' von Ungarn teil und gehörte (seit 1225) zum Beraterkreis —» Friedrichs II. Er trat als Vermittler zwischen Osterreich und Ungarn (1224) sowie zwischen Friedrich II. und ^ H e i n r i c h (VII.) (1234/35) auf und wurde 1237 Reichsstatthalter von Österreich und Ungarn. Unter E. erhielt der von —» Heinrich II. erbaute Bamberger Dom seine heutige Gestalt. DD Gatz 1 Ekbert I., Graf von Braunschweig, Markgraf von Meißen, t 11.1. 1068. Der aus dem Haus der Brunonen stammende E. war durch seinen Vater —»Liudolf Enkel der Königin —» Gisela und mit dem salischen Kaiserhaus verbunden. Nach dem Tod —»Heinrichs III. unterstützte er zunächst dessen Witwe, wechselte dann auf die Seite —»Annos von Köln und Ottos von Wertheim, nahm an der Adelsverschwörung unter -»Otto von Northeim (1062) teil und erhielt 1067 die Mark Meißen. Er war der Vater von —> Ekbert II. DP LexMA E k b e r t II., Markgraf von Meißen, t 3.7.1090 Selketal/ Harz. Der Sohn —» Ekberts I. erhielt unter der Vormundschaft des Markgrafen Dedi II. 1068 die verkleinerte Mark, die ihm Kaiser —» Heinrich IV. wegen seiner Teilnahme am sächsischen Aufstand entzog und an Böhmen übertrug. Er wurde nach der Aussöhnung mit dem Kaiser restituiert, wechselte jedoch wiederholt seine Position zwischen Heinrich IV. und dessen Gegnern. 1086 und 1088 geächtet, verlor er alle Güter, die Mark Meißen wurde (1089) seinem Schwager —» Heinrich I. von Eilenburg übertragen. E. wurde während einer seiner Fehden im Selketal ermordet. Q3 NDB E k b e r t von Schönau, Benediktiner, Theologe, * vor 1132, t 28.3. 1184 Kloster Schönau (Kr. St. Goarshausen). Der Bruder der Mystikerin —»Elisabeth von Schönau war vermutlich bereits in jungen Jahren Kanonikus an St. Cassius in Bonn und studierte gemeinsam mit seinem Jugendfreund, dem späteren Kölner Erzbischof —»Rainald von Dassel, in Paris (1140-46) an der Schule Petit Pont bei Magister Adam de Belsham, einem der ersten Aristoteles-Kommentatoren. Im Anschluß an eine Romwallfahrt (1155), auf der er seine Priesterweihe erhielt, trat E. auf Drängen seiner Schwester Elisabeth als Benediktiner in das Kloster Schönau ein, wurde dort 1165/66 zweiter Abt und verzichtete damit auf eine Karriere als weltlicher Kleriker. Er wurde für seine Schwester maßgebender Berater, Sekretär und Redakteur ihrer Visionen, verfaßte kleine, zumeist in der mystischen Tradition Bernhards von Clairvaux und der Viktoriner stehende Abhandlungen und veröffentlichte Contra Catharos, einen Traktat gegen die Katharer. DP LexMA Ekert-Rotholz, Alice (Maria Augusta), Schriftstellerin, * 5.9. 1900 Hamburg, t 17.6. 1995 London. Die Tochter eines englischen Exportkaufmanns und einer deutsch-jüdischen Mutter lebte seit 1933 in London und hielt sich 1939-52 in Bangkok auf. Bereits mit ihrem ersten Roman Reis aus Silberschalen (1954), in dem sie ihre Reiseerfahrungen in Südostasien verarbeitete, hatte sie großen Erfolg. Die Begegnung mit exotischen Welten war auch das Thema vieler ihrer folgenden Gesellschafts- und Familienromane; in Wo Tränen verboten sind (1956) schilderte sie die Zeit der japanischen Besatzung in Thailand. 1958 kehrte E.-R. nach Hamburg zurück und war seit 1959 wieder in London ansässig. Von ihren insgesamt siebzehn Büchern wurden weltweit mehr als drei Millionen Exemplare verkauft. 1992 erschien Die letzte Kaiserin. CD Killy

E k h o f , (Hans) Conrad (Dietrich), Schauspieler, Theaterdirektor, * 12. 8.1720 Hamburg, t 16.6. 1778 Gotha. Der Sohn eines Schmieds und Stadtsoldaten war 1735-38 als Schreiber beim schwedischen Postkommissar Bostel, 1739 bei einem Advokaten in Schwerin tätig. Dessen umfangreiche Bibliothek nährte seine Theaterleidenschaft. 1739 Schloß sich E. der von Johann Friedrich —» Schönemann neugegründeten SchauspielerGesellschaft an und gab 1740 als Xiphares in Racines Mithridate im Reithaus der Ritterakademie in Lüneburg sein Debüt. In den folgenden Jahren erarbeitete sich E. viele Rollen und nahm einen gewichtigen Einfluß auf die Spielplangestaltung. 1741 finden wir E. mit der Truppe u.a. in Hamburg. Im Programm war auch das erste deutsche Lokallustspiel Der Bookesbeutel von Hinrich —»Borkenstein, in dem E. die Rolle des Grobians spielte. Nach einem Aufenthalt am Schweriner Hof erhielt die Gesellschaft 1742/43 Spielerlaubnis für Berlin, in den folgenden Jahren spielte sie hauptsächlich in Breslau, Hamburg und Leipzig. 1746 heiratete E. die Schauspielerin Georgine Spiegelberg. 1747 führte die Truppe in Hamburg das Lustspiel Der Bauer mit der Erbschaft von P. Marivaux auf (ins Plattdeutsche übertragen von J. C. -»Krüger). E.s Darstellung des Bauern Jürge wurde zum Muster für den neuen natürlichen und einfachen Stil. 1751 nahm Herzog —»Christian Ludwig II. von MecklenburgSchwerin die Schönemannsche Truppe als Hof-Komödianten in seine Dienste. Abwechselnd wurde in Rostock und Schwerin gespielt. Am 5.5. 1753 fand die Gründungssitzung der „Akademie der Schönemannischen Gesellschaft" statt, an der E. die von ihm erarbeitete Verfassung vorstellte. Nominell stand Schönemann an der Spitze, Spiritus rector war jedoch E. Wesentlichste Ziele waren das Studium der Schauspielkunst und die Hebung des Schauspielerstandes. Das Protokoll vom 2.6.1753 enthält das Credo: „durch Kunst der Natur nachahmen, und ihr so nahe kommen, daß Wahrscheinlichkeiten für Wahrheiten angenommen werden müssen oder geschehene Dinge so natürlich wieder vorstellen, als wenn sie jetzt erst geschehen." Theoretisch begründete E. die realistische deutsche Schauspielkunst. Für das Gelingen der Aufführung machte er jeden einzelnen verantwortlich. Nur im gemeinsamen Spiel aller, und hier taucht erstmals der Gedanke eines Ensembles auf, könne eine gute Aufführung zustande kommen. Neu war auch, daß E. die zu spielenden Stücke vorlas, damit die Schauspieler den Inhalt kennenlernen und verstehen konnten, um welche Charaktere es sich bei ihren Rollen handelte. E. verlangte, daß die Kostüme der Rolle entsprechen und ebenso die Dekoration und Beleuchtung dem Stück angepaßt werden müssen. Immer wieder ermahnte er die Mitglieder, sich vor allem eines anständigen Lebenswandels zu befleißigen. Jeder müsse dazu beitragen, daß der Stand des Schauspielers und dessen Kunst zum Vorbild des bürgerlichen Lebens werde. E. hielt Vorlesungen über theoretische Texte zur Schauspielkunst, so wie er auch mehrere französische Stücke übersetzte. Diese Urformen der Regiesitzungen dauerten jedoch nur etwas mehr als ein Jahr; am 15.6. 1754 fand die letzte Sitzung statt. Nach dem Tod des Herzogs (1756) ging die Truppe wieder auf Wanderschaft. In der Aufführung von -» Lessings Miß Sara Sampson (6. 10.1756) in Hamburg brach sich der in den Akademiesitzungen entwickelte Darstellungsstil vollends Bahn. E. mußte jedoch mit ansehen, wie sich langsam, aber unaufhaltsam der Niedergang der Gesellschaft vollzog. Im Sommer 1757 verließ

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Ekkard er mit seiner Frau die T r u p p e und wandte sich nach Dresden zur Gesellschaft Franz —»Schuchs. Schönemann löste am 2. 12. 1757 seine Truppe auf und zog sich nach Schwerin zurück. Die verwaisten Darsteller wandten sich an E.; er kehrte zurück und übernahm die Truppe gemeinsam mit J. L. Starke und d e m Ballettmeister G. E. Mierk. Die erste Vorstellung, am 17. 1. 1758 im Ballhaus in Kiel, fiel eher unbefriedigend aus. Man mußte sich ohne Garderobe, Dekorationen und Requisiten behelfen, denn dies alles war Schönemanns Privateigentum. Schließlich übernahm der Prinzipal Heinrich Gottfried —» Koch im April 1758 die Truppe. Koch gab einem Teil des Publikums nach und brachte wieder lustige Intermezzi und Ballette, sogar zwischen den einzelnen Akten ernsthafter Stücke. Enttäuscht verließ E. 1764 die Truppe und Schloß sich dem Prinzipal Konrad - » Ackermann und seiner Gesellschaft an. 1767-69 wirkte E. am neugegründeten Hamburger Nationaltheater. Hier kam es zur Zusammenarbeit mit Lessing. Zu einem Ereignis wurde die A u f f ü h r u n g der Minna von Barnhelm von Lessing am 2 8 . 9 . 1 7 6 7 ; E. spielte den Major von Tellheim. Nun schien auch der Weg f ü r das deutsche Lustspiel geebnet zu sein. Doch nur ein kleiner Teil der Schauspieler war bereit, den Höhenflügen Lessings und E.s zu folgen. Auch das Publikum kam nicht mehr so zahlreich. Die Truppe wich nach Hannover aus, der Zusammenbruch des Nationaltheaters war nicht mehr aufzuhalten. Ackermann übernahm wieder die Prinzipalschaft, und es begann ein neuerliches Wanderleben. E. ging im August 1769 zu Abel - » S e y l e r und seiner neu zusammengestellten Truppe. Man spielte u . a . immer wieder in Lübeck, Hannover, Osnabrück und Hildesheim. 1 7 7 1 / 7 2 war E. interimistischer Leiter der Truppe. Schließlich rief die Herzogin —» Anna Amalia von Sachsen-Weimar sie an den Hof in Weimar und sicherte den Schauspielern durch einen jährlichen Zuschuß ihre künstlerische Existenz. Sechzig neue Stücke wurden eingerichtet. Ein durchschlagender Erfolg war 1772 die A u f f ü h r u n g von Lessings Trauerspiel Emilia Galottr, die Rolle des Odoardo wurde von E. gespielt. Ein Brand von Schloß und Theater machte die Truppe drei Jahre später wieder heimatlos. Herzog —» Ernst II. von Gotha bot ihr eine neue Wirkungsstätte an. 1775 kam es zur Gründung des ersten durch den Hof finanzierten Sprechtheaters in der deutschen Theatergeschichte; E. wurde künstlerischer und Heinrich August Ottokar —» Reichard administrativer Direktor. Das Theater, das heute seinen Namen trägt, wurde unter E.s Leitung zu einem Anziehungspunkt weit über die Grenzen des Herzogtums hinaus. E. widmete sich der Ausbildung des Schauspieler-Nachwuchses und beschäftigte sich mit Kostüm- und Dekorationsfragen. Eine seiner letzten B e m ü h u n g e n galt dem Plan einer Pensions- und Sterbekasse für alle Schauspieler. A n f a n g 1778 folgte E. einer Einladung —»Goethes nach Weimar; am 13. 1. 1778 stand er als Stockwell in Richard Cumberlands Westindier neben Goethe und Herzog —» Karl August auf der Bühne. Damit hatte sich E.s Traum erfüllt: der Komödiant war zu einem achtbaren Mitglied der Gesellschaft geworden, und sein Spiel wurde nicht mehr als reine Unterhaltung, sondern als Kunst angesehen. LITERATUR: H u g o Fetting (Hrsg.): C. E. Ein Schauspieler des achtzehnten Jahrhunderts. Berlin 1954. - Heinz Kindermann: C. E.s Schauspieler-Akademie. Wien 1956. - Horst Zänger: Z u m Gedenken an C. E., Vater der deutschen Schauspielkunst: 12. August 1 7 2 0 - 16. Juni 1778. Schwerin 2003. Ingrid

Bigler-Marschall

E k k a r d , Friedrich, Philologe, Bibliothekar, * 6 . 4 . 1744 Friedrichsort bei Kiel, t 30. 10. 1819. E. studierte an der Univ. Göttingen, habilitierte sich 1772, war 1775-81 Bibliothekar der Göttinger Universitätsbibliothek, wechselte 1785 in gleicher Funktion nach Kopenhagen und wurde 1790 wirklicher Kanzleirat. Er übersetzte aus

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verschiedenen Sprachen, arbeitete an zahlreichen Wochenund Literaturzeitschriften sowie Almanachen mit und veröffentlichte völkerkundliche Schriften, u. a. Versuche aus der Culturgeschichte und Völkerkunde (4 Hefte, 1813-15). E k k e h a r d I., Markgraf von Meißen, * vor 985, t 3 0 . 4 . 1002 Pöhlde (heute zu Herzberg/Harz). Der Sohn des thüringischen Grafen Günther von Merseburg, dem von Kaiser —»Otto I. ein Teil der thüringischen Mark übertragen worden war, gründete in Kleinjena an der Unstrut ein Benediktinerkloster und trat nach d e m Tod —» Ottos II. für dessen minderjährigen Sohn —»Otto III. ein. 985 belehnte ihn Kaiserin - » T h e o p h a n u mit der väterlichen sowie der Markgrafschaft Meißen. Er sicherte seine Herrschaft durch Feldzüge gegen die slawischen S t ä m m e der Milzener sowie der Liutizen und erreichte von —» Boleslav II. von Böhmen die Anerkennung einer meißnischen Oberlehnsherrschaft. 9 9 7 / 9 8 begleitete E. Otto III. nach R o m , wurde nach der Niederwerfung des Aufstands des Crescentius und der Erstürmung der Engelsburg durch die U m w a n d l u n g zahlreicher kgl. Lehen in Eigengüter belohnt und besaß in Thüringen eine herzoggleiche Stellung. Nach d e m Tod Ottos III. bewarb er sich vergeblich um dessen Nachfolge und wurde auf d e m R ü c k w e g von Verhandlungen ermordet. E. war der Vater von - » E k k e h a r d II. von Meißen. m NDB E k k e h a r d II., Markgraf der Ostmark und von Meißen, * u m 1000, t 1046. Der jüngere Sohn —»Ekkehards I. erhielt 1032 die sächsische Ostmark, trat erst 1038 die Nachfolge seines Bruders —»Hermann als Markgraf von Meißen an und besaß vermutlich auch die Mark Oberlausitz. Er unterstützte die Politik —»Heinrichs III. sowie die Feldzüge gegen B ö h m e n ( 1 0 4 0 / 4 1 ) und führte zusammen mit seinem Bruder Hermann die Verlegung des Hochstifts Zeitz in das ekkehardingische N a u m b u r g durch. Die Stifterfiguren im Naumburger D o m zeigen vermutlich ihn mit seiner Frau Uta von Ballenstedt. DD N D B E k k e h a r d , Bischof von Prag, f 8. 8 . 1 0 2 3 P r a g ( ? ) . E., möglicherweise ein Blutsverwandter —» Heinrichs II., war seit 995 Abt des Klosters N i e n b u r g / S a a l e ; Heinrich II. hielt sich dort 1004, einer Einladung E.s folgend, zur Klosterweihe auf. 1017 wurde E. als Nachfolger Thieddegs vierter Bischof von Prag und empfing von Erzbischof —»Erchanbald von Mainz die Bischofsweihe. Er beherrschte die slawischen Sprachen und regelte den Bischofszehnten neu, indem er statt einer Garbenabgabe zwei Scheffel Zweikorn (Weizen und Hafer) entrichten ließ. 133 N D B E k k e h a r d , Bischof von Schleswig, auch Egward, t 13.2. 1026 Hildesheim. E. lebte zunächst wohl als M ö n c h in Hirsau und wirkte später missionarisch in Holstein. Er wurde nach 968 Bischof von Oldenburg und vor 1000 Bischof von Schleswig. Vor den Wirren in seinem Bistum floh er nach Hildesheim, ohne jemals zurückzukehren. CD B B K L E k k e h a r d von Aura, Benediktiner, Geschichtsschreiber, t 2 3 . 1 . n a c h 1125. E., edelfreier Herkunft, vielleicht aus der Familie der bayerischen Aribonen stammend, machte die Kreuzfahrt —»Welfs von Bayern 1101 nach Palästina mit und hielt sich auf der Rückreise während der Karwoche 1102 in R o m auf. Er wurde vermutlich 1 1 0 2 / 0 3 Mönch in Tegernsee, befand sich 1 1 0 4 / 0 5 nachweislich in der U m g e b u n g des aufständischen —»Heinrich V. und ist seit 1105 im Bamberger Kloster Michelsberg belegt. E. nahm an der Synode von Nordhausen (1105) teil, gehörte 1106 der Gesandtschaft Heinrichs V. zur Synode in Guastalla an und wurde 1108 von Bischof

Elbel —»Otto von B a m b e r g z u m ersten A b t des erst 1113 g e w e i h ten Klosters A u r a (bei B a d K i s s i n g e n ) e r n a n n t . E r w a r w a h r scheinlich Verfasser der Vita d e s ersten W ü r z b u r g e r B i s c h o f s —»Burchard und setzte die bis 1099 r e i c h e n d e W e l t c h r o n i k d e s Priors —»Frutolf von M i c h e l s b e r g in m e h r e r e n F a s s u n gen (bis 1125) und mit starker P a r t e i n a h m e f ü r das P a p s t t u m fort; die A b s c h n i t t e ü b e r Heinrich V. gelten als w e s e n t l i c h e Q u e l l e n zu dessen L e b e n . E.s A u t o r e n s c h a f t an einer „Laterna m o n a c h o r u m " ist f r a g l i c h . CD L e x M A E k k e h a r d I . von St. Gallen, Dichter, * u m 9 1 0 bei St. Gallen, t 14. 1 . 9 7 3 St. Gallen. D e r aus einer v o r n e h m e n T h u r g a u e r F a m i l i e s t a m m e n d e E., O n k e l —»Ekkehards II. und —»Ekkehards III., erhielt als S c h ü l e r von —» Gerald, der w i e d e r u m S c h ü l e r von —» N o t k e r B a l b u l u s war, seine E r z i e h u n g und A u s b i l d u n g i m Kloster St. Gallen und w u r d e unter A b t —»Craloh z u m D e k a n (958) b e s t i m m t . O b g l e i c h er a u f g r u n d einer F u ß v e r l e t z u n g auf d i e A b t s w ü r d e verzichtete, g e h ö r t e er zu den b e d e u t e n d s t e n , von —» O t t o I. h o c h g e s c h ä t z t e n M ö n c h s p e r s ö n l i c h k e i t e n des Klosters j e n e r Zeit. M i t s e i n e m N e f f e n A b t B u r c h a r d II. unt e r n a h m er e i n e Pilgerreise nach R o m . E . schrieb etliche S e q u e n z e n , einen H y m n u s , A n t i p h o n e , e i n e Vita der Hl. —» W i b o r a d a s o w i e e i n e Vita Waltharii manufortis. S i e w u r d e i m 19. Jh. u n d wird gelegentlich n o c h h e u t e mit d e m lateinischen H e l d e n e p o s Waltharius gleichgesetzt; E n t s t e h u n g s z e i t u n d Verfasser d i e s e s E p o s sind j e d o c h in der F o r s c h u n g bislang umstritten. m Killy E k k e h a r d I I . von St. G a l l e n , g e n a n n t Palatinus, Dichter, * um 920, t 2 3 . 4 . 9 9 0 Mainz. E. w u r d e n a c h d e n B e r i c h t e n —»Ekkehards I V . in den Casus Sancii Galli von s e i n e m O n k e l —»Ekkehard I. u n d von - » G e r a l d unterrichtet und w a r später L e h r e r d e r H e r z o g i n —»Hadwig von S c h w a b e n auf der B u r g H o h e n t w i e l . A u f g r u n d ihrer E m p f e h l u n g k a m er an den kaiserlichen H o f —»Ottos I., unterrichtete v e r m u t l i c h —»Otto II. und w u r d e in M a i n z D o m p r o p s t . E. schrieb u. a. die S e q u e n z Summis conatibus nunc Deo nostro modulemur auf den Hl. Desiderius. N a c h den Casus sancii Galli m a l t e er auch Initialen. E k k e h a r d I. und E. waren d a s Vorbild f ü r J o s e p h Viktor von —»Scheffels R o m a n Ekkehard. CD L e x M A E k k e h a r d I I I . von St. G a l l e n , Kleriker, t in d e n ersten J a h r z e h n t e n d e s 11. Jh. St. Gallen (?). D e r N e f f e - » E k k e h a r d s I. ist nur aus den Casus Sancti Galli b e k a n n t . Er w a r D i a k o n , als er seinen Vetter - » E k k e h a r d II. auf d i e B u r g H o h e n t w i e l begleitete, w o er später d i e B u r g k a p l ä n e unterrichtete. E r w i r k t e v e r m u t l i c h dreißig J a h r e lang als D e k a n in St. Gallen. CD V L E k k e h a r d I V . von St. Gallen, C h r o n i s t , Dichter, * 9 8 0 / 9 0 , t 2 1 . 1 0 . nach 1060. D e r B r u d e r d e s A b t e s Y m m o s t a m m t e v e r m u t l i c h aus der G e g e n d von St. G a l l e n ; die f r ü h e r b e z w e i f e l t e Verwandts c h a f t mit den dort a n s ä s s i g e n T r ä g e r n d e s N a m e n s E k k e hard und mit —»Notker d e m D e u t s c h e n wird h e u t e w i e d e r a n g e n o m m e n . E r k a m f r ü h in das Kloster St. Gallen und w u r d e von N o t k e r unterrichtet, d e m er s e h r v e r b u n d e n war. N a c h d e m Tod N o t k e r s und des A b t e s B u r c h a r d II. ( b e i d e 1022 g e s t o r b e n ) ging er nach M a i n z , w o er unter Erzbischof —»Aribo an d e r D o m s c h u l e lehrte. A u s d e r M a i n z e r Zeit datiert seine F r e u n d s c h a f t mit d e m D i a k o n J o h a n n e s , d e m späteren A b t von St. M a x i m i n bei Trier und von L i m burg an der Hardt. E. k e h r t e aus u n b e k a n n t e n G r ü n d e n nach St. G a l l e n zurück, war dort als L e h r e r tätig und erlebte d i e unter A b t N o r t p e r t 1034 v o l l z o g e n e c l u n i a z e n s i s c h e R e f o r m . N e b e n seiner L e h r t ä t i g k e i t w a r er als D i c h t e r tätig; zu seinen f r ü h e n W e r k e n (vor 1025) zählen S c h u l ü b u n g e n , G e l e g e n h e i t s g e d i c h t e ( E p i g r a m m e , E p i t a p h i e n ) und v e r m u t l i c h

d a s L e h r g e d i c h t De lege dictamen ornandi. A u s d e n M a i n zer Jahren s t a m m e n u . a . d i e Benedictiones super lectores per circulum annl·, n a c h 1035 entstand seine F o r t s e t z u n g der von A b t —» R a t p e r t b e g o n n e n e n H a u s c h r o n i k , der Casus Monasterii Sancti Galli. D a s c h r o n i k a l i s c h e Werk, d a s d e n Z e i t r a u m 8 9 0 - 9 7 5 u m f a ß t , blieb u n v o l l e n d e t . E. ließ d e m e h e r trockenen Bericht seines Vorgängers e i n e b i o g r a p h i s c h anekdotenhafte, jedoch oft unzuverlässige Chronik folgen, d i e J o s e p h Viktor von —» S c h e f f e l in s e i n e m Zeitbild Ekkehard a u f g r i f f . Von E. s t a m m e n f e r n e r lateinische Versionen zu R a t p e r t s v e r l o r e n e m a l t h o c h d e u t s c h e n Galluslied. Literaturgeschichtlich b e d e u t s a m ist d i e E i n f ü h r u n g d e s leoninischen Verses d u r c h E., eines b i n n e n g e r e i m t e n H e x a m e t e r s . CD L e x M A E k l ö h , Herbert, U n t e r n e h m e r , * 3 . 3 . 1905 B o c h u m , t 6 . 7 . 1978 S ü d f r a n k r e i c h . E. arbeitete nach einer k a u f m ä n n i s c h e n A u s b i l d u n g als selbständiger K a u f m a n n , kehrte 1935 von einer A m e r i kareise mit d e m M o d e l l der „ S e l b s t b e d i e n u n g " im L e b e n s mittelbereich nach D e u t s c h l a n d z u r ü c k und w a r bis 1940 f ü r d i e von ihm initiierte U m s t e l l u n g der L e b e n s m i t t e l a b t e i l u n g e n auf S e l b s t b e d i e n u n g f ü r d i e K a u f h o f A G als Berater tätig. 1938 m a c h t e er sich mit d e m ersten d e u t s c h e n Selbstb e d i e n u n g s l a d e n w i e d e r selbständig, w u r d e 1939 Generaldirektor des Görlitzer W a r e n e i n k a u f s v e r e i n s und b a u t e nach d e m Z w e i t e n Weltkrieg e i n e K e t t e von 2 4 L e b e n s m i t t e l l ä d e n auf S e l b s t b e d i e n u n g s b a s i s auf. 1957 e r ö f f n e t e E . in K ö l n den ersten d e u t s c h e n nach a m e r i k a n i s c h e m Vorbild g e f ü h r t e n S u p e r m a r k t ; nach d e m Verkauf seiner G e s c h ä f t e e r w a r b er d i e S ü ß w a r e n k e t t e Hussel und w a r deren V o r s t a n d s v o r s i t z e n d e r und später A u f s i c h t s r a t s v o r s i t z e n d e r . CD M u n z i n g e r E l b a u , Julius, urspr. M a n d e l b a u m , Journalist, * 1 9 . 3 . 1881 Stuttgart, t 2 6 . 1 0 . 1 9 6 5 C r o n t o n - o n - H u d s o n ( N e w York). D e r S o h n eines U h r m a c h e r s trat 1901 in d i e R e d a k t i o n d e r „ H e i l b r o n n e r Z e i t u n g " ein und w a r seit 1903 L o k a l r e d a k teur, später C h e f r e d a k t e u r der F r a n k f u r t e r „ K l e i n e n P r e s s e " , d i e der D e u t s c h e n Volkspartei n a h e s t a n d . 1913 w u r d e er R e d a k t e u r der n e u g e g r ü n d e t e n Z e i t s c h r i f t „ D a s Illustrierte B l a t t " in F r a n k f u r t / M a i n . 1914 w e c h s e l t e er zur „Berliner Illustrierten Z e i t u n g " und ü b e r n a h m im selben J a h r „ D i e g r o ß e Z e i t " und d a s „ K r i e g s - E c h o " . 1918 w u r d e er Leiter der i n n e n p o l i t i s c h e n S e k t i o n der „Vossischen Z e i t u n g " und stieg k n a p p zwei Jahre später zu ihrem stellvertretend e n C h e f r e d a k t e u r a u f ; 1930-33 w a r er C h e f r e d a k t e u r . E., d e r bereits 1910 a m E i n i g u n g s p a r t e i t a g der Fortschrittlichen Volkspartei t e i l g e n o m m e n hatte, Schloß sich nach d e m Ersten Weltkrieg der D e u t s c h e n D e m o k r a t i s c h e n Partei, 1930 der D e u t s c h e n Staatspartei an. A u s dieser Zeit s t a m m t e n K o n t a k t e m i t Erich —» K o c h - W e s e r , Paul —»Löbe und T h e o d o r —» H e u s s . N a c h seiner E n t l a s s u n g 1933 arbeitete E. als Ü b e r s e t z e r . 1938 e m i g r i e r t e er in die U S A ( N e w York), w o er weiterhin als Übersetzer u n d freier Schriftsteller tätig w a r und 1947-62 B e i t r ä g e f ü r d i e d e u t s c h s p r a c h i g e „ N e w Yorker S t a a t s - Z e i t u n g und H e r o l d " verfaßte. DP B H d E , B d 1 E l b e l , B e n j a m i n , a u c h Eibl, F r a n z i s k a n e r , T h e o l o g e , * 1 6 . 3 . 1 6 9 0 Friedberg ( B a y e r n ) , f 4 . 6 . 1 7 5 6 S ö f l i n g e n bei U l m . N a c h s e i n e m Eintritt in d e n F r a n z i s k a n e r o r d e n 1708 w a r E., S o h n eines Schreiners, L e k t o r d e r T h e o l o g i e in d e n zur Straßburger Provinz gehörenden Klöstern Salzburg (1714 und 1727), A u g s b u r g ( 1 7 1 5 ) , E g e r ( 1 7 1 8 ) und Passau (1720). 1735-38 amtierte er als Provinzial in S t r a ß b u r g und w a r 1735 Generalvisitator der s ä c h s i s c h e n s o w i e 1739 der k ö l n i s c h e n Provinz. Seit 1742 G e n e r a l k o m m i s s ä r der d e u t s c h - b e l g i s c h e n N a t i o n im O r d e n , hatte er 1747 den Vorsitz der N a t i o n a l k o n g r e g a t i o n in D e t t e l b a c h inne u n d

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Elben wurde 1748 Beichtvater der Klarissen (Söflingen). E. stand der systematischen Moralkasuistik nahe und veröffentlichte u. a. Theologia moralis decalogalis et sacramentalis per modum conferentiarum casibus practicis illustrata (1730 ff., neu hrsg. von Irenaeus Bierbaum, 3 Bde., 1891 f.). CD N D B E l b e n , Christian Gottfried, Verleger, * 4 . 5 . 1 7 5 4 Z u f f e n hausen (heute zu Stuttgart), t 4 . 2 . 1 8 2 9 Stuttgart. E., Sohn eines Schulmeisters und Amtmanns, studierte seit 1771 an der Univ. Tübingen Theologie, Geschichte und Philosophie, m u ß t e wegen finanzieller Schwierigkeiten das Studium unterbrechen und wurde von Werbern als Rekrut in die A r m e e Friedrichs II. geholt. 1778 entlassen, wurde er Hauslehrer in Stuttgart und erlangte im folgenden Jahr den Magistergrad an der Univ. Tübingen. 1785 gründete E. die bis 1941 bestehende Zeitung „Schwäbischer Merkur", 1786 die „Schwäbische Chronik" in Stuttgart und lehrte 1788-94 als Prof. der Geographie an der Karlsschule. Er verfaßte u . a . eine Einleitung in die Geschichte des Teutschen Ordens (1784). CD Deutsche Presseverl E l b e n , Karl, Redakteur, * 4 . 2 . 1855 Stuttgart, t 3 0 . 1 0 . 1914 Stuttgart. Der Sohn Otto —>E.s studierte an den Universitäten Tübingen, Leipzig und Göttingen Rechtswissenschaft, trat 1880 in die Redaktion des „Schwäbischen M e r k u r s " ein und wurde im folgenden Jahr promoviert. Seit 1888 war er als Nachfolger seines Vaters Chefredakteur der Zeitung. E. unterstützte besonders die Vereinheitlichung des deutschen Eisenbahnwesens auf württembergischem Gebiet, war Mitglied verschiedener Vereine, darunter des Flottenvereins sowie des Wehrvereins, und gehörte der Nationalliberalen Partei Württembergs an.

Elben,

(Hermann) Otto (Karl), Redakteur, Verleger, Politiker, * 30. 1. 1823 Stuttgart, t 2 8 . 4 . 1 8 9 9 Stuttgart. Der Enkel Christian Gottfried - > E . s studierte 1841-44 an der Univ. Tübingen Jura, wurde promoviert und arbeitete als Rechtsanwalt. Er bereiste England sowie den Mittelmeerraum und übernahm als Nachfolger seines Vaters Karl E. 1854 die Schriftleitung des „Schwäbischen Merkurs". E. war 1866 Gründungsmitglied der Deutschen Partei in Württemberg und setzte sich als entschiedener Befürworter der Reichsgründung für den Anschluß Württembergs an den Norddeutschen Bund ein. Er war 1868-82 Landtagsabgeordneter und gehörte 1871-77 als Nationalliberaler d e m Deutschen Reichstag an. Er gilt als geistiger Vater des Eisenbahnnetzes in Württemberg (Württemberg und die Nebenbahnen, 1880) und initiierte die Gründung des Reichseisenbahnamtes. E. veröffentlichte u . a . Der volkstümliche deutsche Männergesang, seine Gestalten, seine gesellschaftliche und nationale Bedeutung ( 1 8 5 5 , 2 1 8 8 7 ) und Geschichte des Schwäbischen Merkurs 1785-1885 (1885). Er war der Vater von Karl —>E. CD Raberg

unternommenen weiteren Expedition nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs in spanische „Schutzhaft" und starb an der Schlafkrankheit. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Die Landverluste an den Küsten Rügens und Hiddensees, ihre Ursachen und ihre Verhinderung (1907) und Die geologisch-morphologischen Verhältnisse der Insel Sumbawa (1912). CD N D B

Elbogen,

Ismar, jüdischer Theologe, Historiker, * 1 . 9 . 1 8 7 4 Schildberg (Posen), t 1 . 8 . 1 9 4 3 N e w York. E., Sohn eines Grundschullehrers, studierte seit 1893 am Jüdisch-Theologischen Seminar sowie an der Univ. Breslau, wurde 1898 promoviert (Der Tractatus de intellectus emendatione und seine Stellung in der Philosophie Spinozas) und lehrte 1899-1902 als Dozent für jüdische Geschichte und Bibelexegese am Collegio Rabbinico Italiano in Florenz. 1902 kehrte er nach Deutschland zurück, ging an die Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums und trat dort, seit 1919 Prof., als Lehrer, Forscher und Organisator (bis 1938) hervor. Er arbeitete am Jüdischen Lexikon (5 Bde., 1927-30), an der Encyclopaedia Judaica (1928-34) und seit 1934 an der „Germania Judaica" mit und war Mitherausgeber der von ihm gegründeten „Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland". Nach seiner Emigration 1938 in die U S A lehrte er bis zu seinem Tod am New Yorker Hebrew Union College. E. veröffentlichte mehrere Werke Uber die jüdische Geschichte. Sein Hauptwerk ist Der jüdische Gottesdienst in seiner geschichtlichen Entwicklung (1913). CD Lex dt-jüd Autoren

Elbogen,

Paul, Pseud. Paul(us) Schotte, Schriftsteller, * 11.11. 1894 Wien, t 10.6. 1987 Kanada. Nach dem Jura- und Kunstgeschichtsstudium an der Univ. Wien arbeitete E., Sohn eines Rechtsanwalts, als Lektor, Verlagssekretär, später als Chefredakteur der Zeitschrift „Moderne Welt" und pflegte Kontakte zu Wiener Autoren, darunter Jakob —» Wassermann. Nach ausgedehnten Reisen ging er 1929 nach Berlin, emigrierte 1935 über Österreich nach Italien, England und Frankreich, wurde dort 1940 interniert, floh dann nach Südfrankreich und verließ das Land 1941 über Spanien und Portugal nach New York. E. reiste nach Los Angeles weiter, wurde Filmautor für Columbia Pictures und war später als freier Schriftsteller und szenischtechnischer Berater verschiedener Filmstudios tätig, darunter f ü r Metro-Goldwyn-Mayer, Universal-International und Paramount. 1962 ging E. nach San Francisco, wo er vorwiegend als freier Schriftsteller, Lektor und K a u f m a n n tätig war. Er schrieb R o m a n e und Novellen (u. a. Der dunkle Stern, 1959) und war Herausgeber mehrerer Briefanthologien, u . a . Geliebter Sohn. Elternbriefe an berühmte Deutsche ( 1930). Autobiographisch ist das 1983 erschienene Buch Geht eine dunkle Wolk' herein. E. starb nach einem Autounfall auf einer Urlaubsreise. CD Spalek 1,1

Elbs, E l b e r t , Johannes (Eugen Wilhelm), Geologe, Geograph, * 5 . 1 . 1878 Coppenbrügge bei Hameln, f 1 3 . 1 0 . 1 9 1 5 Granada. E., Sohn eines Generalagenten, wurde nach Abschluß des Studiums an der Univ. Greifswald 1903 promoviert (Die Entwicklung des Bodenreliefs von Vorpommern und Rügen) und leitete nach einer Studienreise nach Sumatra und Java eine Expedition 1 9 0 9 / 1 0 nach Indonesien sowie auf die Großen und Kleinen Sunda-Inseln (Die Sundaexpedition des Vereins für Geographie und Statistik, 2 Bde., 1911/12). Er erforschte die von Alfred Rüssel Wallace aufgestellte Hypothese der tiergeographischen Scheidelinie zwischen der indischen und der australischen Fauna; die Ergebnisse der Expedition erbrachten grundlegende Kenntnisse dieser Region. E. geriet auf einer für das Reichskolonialamt ( 1 9 1 3 / 1 4 )

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Karl (Joseph Xavier), Chemiker, * 13.9. 1858 Breisach (Baden), f 2 4 . 8 . 1933 Gießen. Nach Abschluß eines naturwissenschaftlichen Studiums (seit 1877) an der Univ. Freiburg/Breisgau wurde E., Sohn eines Domänenverwalters, 1881 mit der Arbeit Beiträge zur Kenntniss des Amarins promoviert. Er habilitierte sich 1887 für C h e m i e mit einer Arbeit über Chlorpikrin und lehrte als a. o. Professor. 1893 wurde E. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . 1894 folgte er einem Ruf als o. Prof. an die Univ. Gießen, war dort Direktor des Physikalisch-Chemischen Laboratoriums und übernahm 1913 auch den Lehrstuhl für Chemie. E.' wissenschaftliches Interesse galt der elektrochemischen Reduktion aromatischer Nitroverbindungen und der anodischen Oxydation von Azoverbindungen sowie von aliphatischen Alkoholen; auf anorganischem Gebiet beschäftigte er sich mit der Perschwe-

Eleonore feisäure sowie deren Darstellung und analytischen Bestimmung. Er veröffentlichte u . a . Die synthetische Darstellung der Kohlenstoffverbindungen (2 Bde., 1889-91 ) und Die Akkumulatoren (1900,41908). CD N D B E l d e r i n g , Bram, Musiker, Musikpädagoge, * 8.7. 1865 Groningen (Niederlande), t 16. / 1 7 . 6 . 1943 Köln. E., dessen Vater zunächst Schulleiter in Hoogeveen, dann Direktor der Sparkasse in Groningen war, erhielt zunächst Violinunterricht bei Christian Poortman, wurde mit siebzehn Jahren Schüler Jenö Hubays am Brüsseler Konservatorium und wechselte mit ihm 1886 nach Budapest. Nach zwei Jahren als Bratscher im Hubay-Quartett studierte er bei Joseph —»Joachim in Berlin, wurde 1891 Konzertmeister der Berliner Philharmoniker, 1894 bei der Meininger Hofkapelle und ging 1903, nach zwischenzeitlicher Tätigkeit als Violinlehrer an der Amsterdamer Musikschule, nach Köln. Dort war E. erster Violinlehrer am Konservatorium sowie erster Konzertmeister (bis 1934) des Gürzenichorchesters und trat als Solist auf. Er blieb seit seiner Budapester Zeit Johannes —» Brahms verbunden, beeinflußte das Kölner K a m m e r m u sikleben durch ausgeprägte Brahms- und Beethovenpflege und unterrichtete u. a. Adolf —» Busch, Riele Queling, Max —» Strub, Maurits van den Berg, Hermann Zitzmann, Wilhelm —»Stroß und Siegfried —»Borries. E. starb bei einem Luftangriff. m MGG E l d e r s c h , Matthias, österr. Politiker, * 2 4 . 2 . 1869 Brünn, t 2 0 . 4 . 1931 Wien. Der Sohn eines Klaviertischlers machte eine Weberlehre. Er trat in den Arbeiterbildungsverein seiner Heimatstadt ein, übernahm 1892 die Verwaltung des sozialdemokratischen Wochenblatts „Der Volksfreund", wurde 1896 Sekretär der Bezirkskrankenkasse und organisierte 1898 den Streik der Jägerndorfer Textilarbeiter. 1901-11 war E. Mitglied des Reichsrats, seit 1911 Reichskommissar der Krankenkassen, 1 9 1 9 / 2 0 Staatssekretär für Inneres und Unterricht, 1919-23 Mitglied des Gemeinderats der Stadt Wien, 1919-31 der Konstituierenden Nationalversammlung bzw. des Nationalrats (1923-31 Präsident). Er war außerdem Präsident und Direktor der Hammerbrotwerke und Mitglied des Parteivorstands der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs OD Czeike E l d i t t , Heinrich, Kommunalbeamter, * 9 . 6 . 1 8 4 6 Königsberg (Preußen), t 11.9. 1909 Elbing. E. studierte in Königsberg seit 1866 Jura, machte den Krieg 1 8 7 0 / 7 1 mit und wurde 1875 Zweiter Bürgermeister, 1887 Oberbürgermeister in Elbing. Während seiner Amtszeit wandelte sich die zweitgrößte Stadt Westpreußens zur Industriestadt. Der von Kaiserin —»Auguste Viktoria geschätzte E. erhielt den Titel Geheimer Regierungsrat und vertrat Elbing seit 1888 im Preußischen Herrenhaus (Neue Fraktion). Sein plötzlicher Tod war nach zeitgenössischen Presseberichten ein Suizid, da ein Berliner Kellner den unverheirateten E. mit dem Vorwurf erkaufter Liebesdienste erpreßt hatte.

Eleazar ben Judah von Worms, Dichter, * um 1165 Mainz, t um 1230 Worms. E. lebte ursprünglich in Mainz, mußte die Stadt aber im Z u g e der Judenverfolgung um 1188 verlassen und ging nach Worms. Er war ein Schüler des Rabbi Jehuda ben Samuel aus Regensburg. Als wichtiger Vertreter des ashkenasischen Chassidismus im Kalonymuskreis markiert E. einen Höhepunkt der jüdischen Mystik des Mittelalters. Neben Gebetskommentaren verfaßte er einen Text zur Ethik ( S e f e r ha-Rokeach) sowie das esoterisch-mystische Sodej Rasajja (nach 1217), das nach d e m Tod ben Samuels und der Ermordung von E.s Familie entstand. DP L e x M A

E l e n d v o n E l e n d s h e i m , Gottfried Heinrich, Jurist, * 1.2. 1706 Hannover, f 17.3. 1771 Kiel. Ε. v. E., Sohn eines Gymnasialdirektors, studierte seit 1725 in Helmstedt, seit 1728 in Halle, reiste als Hofmeister 1729 nach Holland und England, zog 1733 nach Kiel und wurde dort im folgenden Jahr zum Dr. jur. promoviert. Seit 1738 a. o . P r o f . an der Univ. Kiel, kam er 1744 als Syndikus des Domkapitels nach Lübeck. Seit 1746 Oberprokurator, kehrte E. v. E. 1748 nach Kiel zurück, wurde 1750 in den Adelsstand erhoben und später zum Geheimer Legationsrat ernannt. 1758 aufgrund von Intrigen mehrerer Staatsverbrechen beschuldigt, wurde er durch die Inquisition zum Tod verurteilt, jedoch 1763 aus dem Gefängnis entlassen und 1764 rehabilitiert. Von Kaiserin —»Katharina II. von Rußland zum Konferenz- und Vorsitzenden Rat im schleswig-holsteinischen Kammer- und Finanzkollegium ernannt, wurde E. v. E. Vizekammerpräsident und 1768 Geheimer Rat Holsteins. Er veröffentlichte juristische Abhandlungen, u. a. eine Dissertatio de testamento reciproco, ejusque usu in civitatibus Holsaticis (1737). CD S H B L , Bd 1 E l e n s o n , Andreas, Theaterleiter, * zwischen 1640 und 1650(?), t u m 1706. E. gehörte möglicherweise zunächst als Harlekinspieler der Paulsenschen Truppe an; seine eigene Truppe bestand vermutlich bereits seit 1670 und ist seit 1671 nachweisbar. E.s Wanderfahrten dehnten sich über ganz Deutschland und Österreich aus; er bevorzugte die Messestädte Leipzig (1672, 1673, 1679, 1683), F r a n k f u r t / M a i n (1673, 1679, 1684, 1695) und die Höfe und spielte, zunächst Prinzipal der „Wienerischen C o m p a g n i e " , mit Privileg in Wien (1672, 1679, 1683, 1705-06) sowie 1673 in Graz. Der sachsenlauenburgische, badische und mecklenburgische H o f k o m ö d i ant war der Vater von Julius Franz —» E. CD N D B E l e n s o n , Julius Franz, Schauspieler, Theaterleiter, * 1680, t 7 . 7 . 1708 Schwalbach. Der Sohn Andreas —»E.s war zunächst Harlekin bei Katharina Elisabeth Velten (um 1694) sowie in der Theatergesellschaft seines Vaters und übernahm vermutlich nach dessen Tod u m 1706 dessen Gesellschaft. Er war mecklenburgischer H o f k o m ö d i a n t und unter d e m N a m e n „Pantalon" bekannt. Kurfürst —»Joseph Clemens von Köln ließ E. in Schwalbach einen Grabstein setzen.

Eleonora Maria Rosalia, Fürstin von Eggenberg, geb. Fürstin von Liechtenstein, Herzogin von Troppau und Jägerndorf, * 1647, t 7. 10.1703 Graz. E., Tochter des Fürsten Karl Eusebius von Liechtenstein, heiratete 1666 Johann Seyfried von Eggenberg, mit dem sie auf Schloß Eggenberg bei Graz lebte. 1695 erschien erstmals in Wien ein von E. herausgegebenes „Arzneibuch" unter dem Titel Freywillig aufgesprungener Granat-Apffel mit etwa 1770 Arzneirezepten, das ein 1686 anonym erschienenes, vermutlich ebenfalls von der Fürstin herausgegebenes Kochund Artzney-Buch zur Vorlage hatte. Der Granat-Apffel erschien 1695-1752 in insgesamt zwanzig nachweisbaren Ausgaben (weitere Ausgaben 1863 und 1978 Reprint einer Ausgabe von 1709) und war als S a m m l u n g volksmedizinischer Rezepte teilweise noch bis in das 20. Jh. in Gebrauch. Einen besonderen Schwerpunkt bildeten Rezepte f ü r schwangere Frauen und Kinderkrankheiten. c n Ärzte Schlesien E l e o n o r e , Erzherzogin von Österreich, auch E. Stuart, Verfasserin eines Prosaromans, * u m 1433 Schottland, t 2 0 . 1 1 . 1480 Innsbruck. Die Tochter König Jakobs I. von Schottland wuchs am heimischen Hof und seit 1445 am Hof Karls VII. von Frankreich auf. Nach ihrer Heirat mit Herzog —»Sigmund von Tirol kam sie an den Innsbrucker Hof, der zu den bedeutendsten deutschen Kulturzentren der Zeit gehörte. In dieser

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Eleonore U m g e b u n g war E. schriftstellerisch tätig und wirkte durch ihre Prosadichtung Pontus und Sidonia (entstanden zwischen 1449 und 1456, Erstdruck 1483 nach der Vorlage eines französischen Ritterromans vom E n d e des 14. Jh.) nachhaltig f ü r die Einführung des Prosaromans in Deutschland. m Killy

Eleonore,

Fürstin Reuß zu Köstritz, geb. Gräfin zu Stolberg-Wernigerode, Schriftstellerin, * 2 0 . 2 . 1 8 3 5 Gedern (Oberhessen), t 18.9. 1903 Ilsenburg/Harz. Nach dem frühen Tod des Vaters, des Erbgrafen Hermann zu Stolberg-Wernigerode, wurde E. im großväterlichen Haus in Wernigerode im pietistischen Sinne erzogen. Neben einer karitativen Tätigkeit widmete sie sich der Schriftstellerei und verfaßte Prosaschriften wie die Lebensbilder von Friederike, Gräfin von Reden (1888, 2 1897) und Adolf von ThaddenTrieglaff (1890, 2 1894) und religiöse Erbauungslyrik, die d e m Gedankengut der Erweckungsbewegung ihrer Zeit verpflichtet war (Die sieben Sendschreiben, 1872). Besonders produktiv war sie während ihrer glücklichen Ehejahre mit Heinrich L X X I V Fürst R e u ß zu Köstritz (gestorben 1886). Von ihr stammt der Choral Das Jahr geht still zu Ende. •D NDB

Eier,

Franz, auch Franciscus Elerus, Komponist, Pädagoge, * u m 1500 Uelzen, t 2 2 . 2 . 1 5 9 0 Hamburg. E. war nach 1529 wahrscheinlich als Kantor und Musiklehrer am Hamburger Johanneum tätig sowie vielleicht als Musikdirektor an St. Jacobi. Deren Organist, Hieronymus —> Praetorius, stand wohl in Beziehung zu E., denn ein Manuskript Praetorius' weist große Ähnlichkeit zu E.s Publikation Cantica sacra [...] auf, die 1588 zusammen mit einem zweiten Teil (Psalmi D. Martini Lutheri et aliorum ejus saeculi Psalmistarum) erschien. Das Werk enthält überwiegend homophone, lateinische und niederdeutsche Kirchenlieder zur luth. Liturgie, außerdem damals gebräuchliche Meßordnungen. DD M G G

Elers,

Heinrich Julius, Buchhändler, * 2 8 . 6 . 1 6 6 7 Bardowick bei Lüneburg, t 1 3 . 9 . 1 7 2 8 Halle/Saale. E. machte während des Theologiestudiums in Leipzig (1689) die Bekanntschaft August Hermann —> Franckes. An dessen Seite war er in die pietistischen Streitigkeiten in Leipzig ( 1 6 8 9 / 9 0 ) und Erfurt (1690) verwickelt. Seit 1690 Informator in Arnstadt, wurde er wegen Konventikelgründungen und zum Teil radikalpietistischer Ansichten 1694 inhaftiert und dann ausgewiesen. 1694-96 lebte E. als Informator in Muskau. 1697 wurde er Praeceptor an Franckes Waisenhaus in Halle, sagte sich von den radikalen Auffassungen los und übernahm 1698 die Leitung der Buchhandlung und der Druckerei des Waisenhauses, deren Ausbau er betrieb. E. eröffnete 1702 in Berlin eine Buchhandlung, deren Reingewinn d e m Unternehmen in Halle zugute kam. CD R G G

Eiert,

Werner (August Friedrich Immanuel), luth. Theologe, * 1 9 . 8 . 1 8 8 5 Heldrungen (Prov. Sachsen), t 21. 11. 1954 Erlangen. Der einer altlutherischen Bauernfamilie entstammende E., Sohn eines Kaufmanns, studierte 1906-12 an den Universitäten Breslau, Erlangen und Leipzig Theologie, Geschichte, deutsche Literaturgeschichte, Psychologie sowie Jura und wurde zum Dr. theol. und Dr. phil. promoviert. Er war altlutherischer Pfarrer in Seefeld (Pommern), Feldprediger im Ersten Weltkrieg und seit 1919 Direktor des Theologischen Seminars der altlutherischen Kirche in Breslau. 1923 folgte er einem Ruf auf eine Professur für Kirchengeschichte, Dogmengeschichte und Symbolik (später systematische und historische Theologie) an der Univ. Erlangen, deren Rektor er 1 9 2 7 / 2 8 war. E. war einer der profiliertesten luth. Theologen des 20. Jahrhunderts. In weitausholenden geschichtsanalytischen Entwürfen suchte er, zumal in

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Opposition zu Ernst —> Troeltsch, die Bedeutung des Luthertums für die Kulturentwicklung der Neuzeit aufzuweisen und für die Gegenwart neu zu bestimmen. Dabei setzte er sich 1 9 3 3 / 3 4 , u . a . wegen seiner Stellung zur Geltung des Arierparagraphen in der Kirche („Ansbacher Ratschlag"), dem Vorwurf übergroßer Nähe zu nationalsozialistischen Positionen aus. Sein wichtigstes Werk ist Morphologie des Luthertums (2 Bde., 1931/32, 3 1965). CD T R E

Elfinger,

Anton, österr. Zeichner, Mediziner, * 15. 1.1821 Wieden (heute zu Wien), t 19. 1. 1864 Wien. Schon in j u n g e n Jahren nahm E. bei Mathias Johann —»Ranftl Unterricht, 1836 war er Schüler von Leopold —> Kupelwieser an der A k a d e m i e der bildenden Künste in Wien. Weniger aus Neigung als auf Drängen seiner Familie absolvierte er 1839-45 das Medizinstudium, wurde Präparator und Sekundararzt und verband 1849-58 als Zeichner für Fachliteratur (u.a. bei Ferdinand von - » H e b r a s Atlas der Hautkrankheiten, 1845) seinen Brotberuf mit den künstlerischen Fähigkeiten. Diese pflegte er als ständiger Mitarbeiter der „Wiener Theaterzeitung", für die er seit 1842 unter dem P s e u d o n y m „Cajetan" Kostümbilder zeichnete. Ferner steuerte er Illustrationen zum „Humoristisch-satirischen Volkskalender" bei und lieferte aus dem Themenkreis der Revolution von 1848 Zeichnungen für das „Politische Kartenspiel". 1854 veröffentlichte E. Anatomie des Menschen, die Knochen- Muskel- und Bänderlehre enthaltend ( 2 1863). H l AKL E l g a r d , Nikolaus, auch Elgardus, kath. Theologe, * 1547 Elcherait bei Arlon (Belgien), t 2 0 . 8 . 1587 Erfurt. Der nach seinem Geburtsort benannte E. studierte Philosophie in Löwen, Theologie in Trier und wurde von Erzbischof Jakob III. zu - » Eitz zum Studienabschluß an das Germanic u m nach R o m geschickt, w o er bald an den Beratungen über die Neugestaltung des Kollegs teilnahm. Z u m Kanonikus von St. Moritz bei Augsburg ernannt, visitierte er 1573 das Bistum Augsburg unter Kardinal Otto —»Truchseß von Waldburg, im folgenden Jahr im Auftrag Papst Gregors XIII. Franken, Fulda sowie das Eichsfeld. 1 5 7 4 / 7 5 bereiste er mit der Aufgabe, kath. Reformen durchzuführen und Jesuitenkollegien einzurichten, als selbständiger päpstlicher Gesandter das Eichsfeld, Fulda, Bamberg, Würzburg, Halberstadt und Magdeburg. 1578 wurde er zum Weihbischof von Erfurt bestellt, als der er die kath. R e f o r m einleitete. CD Gatz 2 E l g e r , Graf zu Hohnstein, auch Hohenstein, Dominikaner, * u m 1180 Grafschaft Hohenstein (?), t 14. 10.1242 Frankfurt/Main. E. war Kanonikus in Magdeburg und Propst in Goslar, als Prediger und Organisator bekannt und lernte in Paris —> Jordan von Sachsen kennen, auf dessen Anregung hin er 1 2 2 8 / 2 9 in den Dominikanerorden eintrat. Von seiner Kongregation in die Heimat entsandt, begründete er das Dominikanerkloster in Erfurt, das zu einem der Hauptkonvente der sächsischen Ordensprovinz wurde, und stand ihm als Prior vor. 1236 erhielt er von Landgraf —> Heinrich Raspe von Thüringen in Eisenach eine Kirche und einen Bauplatz für ein Kloster, dessen erster Prior E. ebenfalls wurde. Als Beichtvater des Landgrafen übte er politischen Einfluß aus. CD N D B E l g e r s , Paul, ergenti. Schmidt-Elgers, Schriftsteller, * 2 3 . 3 . 1 9 1 5 Berlin, t 7 . 6 . 1995 Rudolstadt. Zunächst Drogist, wurde E., Sohn eines Musiklehrers, nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft Lektor beim Greifenverlag in Rudolstadt. Er gehörte zur B e w e g u n g der schreibenden Arbeiter in der D D R und erhielt für seinen R o m a n Es begann im Sommer (1960) den Literaturpreis des

Elias Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes 1961. Seine historischen Romane und Kriminalerzählungen spiegeln das Pathos des sozialistischen Realismus. In Jungfrau Johanna (1972) stellte er die überlieferte Jeanne-d'Arc-Legende in Frage, in Der Fall Kaspar Triimpy (1972) griff er die Medizingeschichte des 19. Jh. auf; die Hintergründe des ConterganSkandals sind Thema von Tödliches Geschäft (1985). E l g g e r , Franz, schweizer. Militär, Maler, * 1.8.1794 Rheinfelden, t 4 . 1 1 . 1 8 5 8 Luzern. E., Sohn eines großherzoglich badischen Verwalters, kämpfte im Großherzoglich-Badischen Militärdienst gegen Napoleon (1814/15), trat 1817 als Hauptmann in das französische Schweizerregiment von Salis ein, wurde 1831 Hauptmann im schweizer. Generalstab, 1837 Oberstleutnant, 1845 Chef der luzernischen und urschweizerischen Truppen gegen die Freischaren, 1847 Chef des Generalstabs im Sonderbundkrieg. Nach der Niederlage und der Flucht auf italienisches Territorium übernahm er das Kommando des päpstlichen Artillerieregiments und wurde 1858 General. E. war auch als Porträt- und Genremaler tätig. DP HLS E l h a f e n , Ignaz, auch Elhofer, Elhoffen, Elhoven, Eulhofer, Heihafen. Oelhafen, Elfenbeinschnitzer, Bildhauer, * 1 . 8 . 1 6 5 8 Innsbruck, t vor 1.6.1715 Düsseldorf. Seine Ausbildung erhielt E. in Innsbruck, Wien und Rom. 1685 und noch 1697 ist er in Wien nachgewiesen; seit 1704 stand er in Düsseldorf in Diensten des Kurfürsten —> Johann Wilhelm. Neben Rundbildwerken schuf er Reliefe mit geschichtlichen und mythologischen Motiven. Die dekorative Behandlung der Stoffe mit der Vorliebe für das Nackte und einer Neigung zu Übertreibung weisen auf Vorbilder wie Rubens und Bernini hin, ohne daß eine direkte Abhängigkeit zu erkennen ist. CD A K L E l h e n v o n W o l f h a g e n , Tilemann, auch T. Ehlen v. W., Chronist, * 1347 oder 1348 Wolfhagen bei Kassel, t vermutlich 1420 Limburg/Lahn. E. v. W. wurde auf einer vermutlich in Wolfhagen bestehenden Notarschule ausgebildet, erhielt in der Mainzer Diözese die niederen Weihen und ließ sich in Limburg/Lahn als „notarius publiais" nieder. Über fünfzig von ihm unterzeichnete Urkunden aus dem letzten Viertel des 14. Jh. blieben erhalten. Er hatte zumindest zeitweise das Amt des Stadtschreibers inne und zog sich vermutlich um 1400 aus dem Berufsleben zurück; die letzte von ihm unterzeichnete Urkunde stammt aus dem 1398. E. v. W. begann 1378 seine historischen Aufzeichnungen, die Limburger Chronik; er beschrieb in chronologischer, episodenhafter Anordnung die Zeit von 1335 bis 1398 in Limburg und dem Lahntal, verwendete als Quellen Selbsterlebtes und -gehörtes, vermutlich auch vorhandene Limburger Aufzeichnungen, und hinterließ kulturhistorisch wertvolle Aussagen u. a. über Kleidermode, deutsche zeitgenössische Lieder sowie Geißlerzüge und Pestseuchen. c d VL E l i a s , Julius, Literatur- und Kunsthistoriker, * 12.7. 1861 Hoya/Weser, t 2 . 7 . 1 9 2 7 Berlin. E„ Sohn eines Bankiers, studierte an den Universitäten Freiburg/Breisgau und München Geschichte und Klassische Philologie, wurde 1888 promoviert (Christian Wernicke [1. Buch]) und ließ sich 1890 in Berlin nieder, wo er Dozent für Kunstgeschichte an der T H wurde. Bereits in seiner Studienzeit legte er durch den Ankauf der Trommler von Fritz von —>Uhde den Grundstein zu seiner bedeutenden Gemäldesammlung. Während eines Aufenthalts in Paris 1890 hatte er Kontakt mit Pissarro, Monet und Cézanne und regte nach seiner Rückkehr nach Berlin die deutschen Kunsthändler zum Ankauf französischer Impressionisten an. E. war Mitbegründer der Münchner Sezession und der Freien Bühne in Berlin sowie Herausgeber der von

ihm begründeten und finanzierten „Jahresberichte für neuere deutsche Literaturgeschichte" (1892-1925). Zusammen mit Georg Brandes und Paul —> Schienther gab er sämtliche Werke Ibsens (10 Bde., 1898-1904) in deutscher Sprache heraus. Er schrieb Essays über moderne europäische Kunst und Literatur ( M a x Liebermann zu Hause, 1918), war Entdecker u. a. von Käthe —> Kollwitz sowie Förderer von Max —> Liebermann und Lesser —>Ury. DO Lex dt-jüd Autoren E l i a s , Norbert, Soziologe, t 2 . 8 . 1990 Amsterdam.

22.6. 1897 Breslau,

In Breslau, Freiburg und Heidelberg studierte E. seit 1918 Medizin und Philosophie. Das Medizinstudium beendete er nach dem Physikum; in Philo' ! j¡L3SP3S f j S B F j l Ä sophie wurde er 1924 in BresWm.'JU lau promoviert. Seit 1924 arbeitete sich E. in Heidelberg bei Alfred -> Weber und Karl —> Mannheim in die Soziologie ein; als Assistent Mannheims ging er 1930 an die Univ. Frankfurt. Die nationalsozialistische Machtübernahme 1933 verhinderte den Abschluß seines Habilitationsverfahrens und zwang ihn ins Exil; die Habilitationsschrift wurde, überarbeitet und mit einer neuen Einleitung versehen, erst 1969 unter dem Titel Die höfische Gesellschaft. Untersuchungen zur Soziologie des Königtums und der höfischen Aristokratie veröffentlicht. Gleichfalls 1969 erschien die zweite Auflage seines zuerst 1939 in der Schweiz veröffentlichten Hauptwerks Ober den Prozeß der Zivilisation. Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen, ein Jahr später das Lehrbuch Was ist Soziologie? Das Exil verbrachte E. zunächst in Paris, von 1935 an in England. Seit 1954 war er als Lecturer an der Univ. Leicester tätig; von 1961 bis 1963 lehrte er als Gastprofessor an der Univ. Ghana. Seit den siebziger Jahren lebte E. in Amsterdam; einige Jahre arbeitete er am „Zentrum für interdisziplinäre Forschung" in Bielefeld. Die Exilierung hat die Wirkung von E. in Deutschland zunächst behindert. Während er vor allem in den Niederlanden bereits früher beachtet wurde, setzte im deutschsprachigen Bereich erst mit dem 1974 erschienenen Neudruck von Über den Prozeß der Zivilisation eine breitere Rezeption ein, die bald Uber Soziologie und Sozialpsychologie hinaus in andere Fachgebiete, insbesondere in die Literaturwissenschaft, hineinreichte. In Über den Prozeß der Zivilisation untersuchte E. den komplementären Zusammenhang zwischen zunehmender sozialer Verflechtung und sich verändernder psychischer Struktur des einzelnen in der frühen europäischen Neuzeit, der z . B . am sich wandelnden Scham- und Peinlichkeitsempfinden ablesbar ist; ein Kennzeichen dieses Prozesses ist die Verwandlung von gesellschaftlich erfahrenem Fremdzwang in Selbstzwang des Individuums. Auf den materialen Untersuchungen aufbauend, entwickelte E. eine umfassende Theorie des historischen und sozialen Wandels, die in ihrer Verknüpfung von Geschichte, Soziologie und Psychologie einen Gegenentwurf zu den in den Sozialwissenschaften vorherrschenden struktural-funktionalistischen Theorien darstellt. Ausgangspunkt ist die wechselseitige Abhängigkeit und Angewiesenheit der Menschen, damit auch die Interdependenz der verschiedenen menschlichen Lebensäußerungen. Deren Träger sind weder die vereinzelten Individuen noch eine abstrakt gedachte Gesellschaft, sondern die ihrerseits miteinander verflochtenen Figurationen (von der Familie bis zum Staat), die nicht zuletzt Organisationen von Machtverhältnissen sind. Diese Figurationen sind dynamische Gebilde; ihre Entwicklung gehorcht Regelmäßigkeiten, welche die - durchaus ungeplanten - historischen Wandlungsprozesse bestimmen. In

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Eliasberg zahlreichen weiteren A r b e i t e n hat E. d i e T h e o r i e der Zivilisation an u n t e r s c h i e d l i c h e n G e g e n s t ä n d e n erprobt und b e s t ä n d i g weiterentwickelt, e t w a in den A b h a n d l u n g e n in Die Gesellschaft der Individuen ( 1987), in der zuerst in e n g lischer S p r a c h e e r s c h i e n e n e n U n t e r s u c h u n g Etablierte und Außenseiter ( z u s a m m e n mit J o h n L . S c o t s o n , dt. 1990) oder in d e n Studien über die Deutschen (1989). Weiter hat sich E. mit S p o r t s o z i o l o g i e , mit Fragen der W i s s e n s s o z i o l o g i e und Wissenschaftstheorie, mit Symboltheorie, mit Themen wie Tod und Zeit b e s c h ä f t i g t . N e b e n seinen w i s s e n s c h a f t l i c h e n A r b e i t e n schrieb er auch G e d i c h t e ; e i n e A u s w a h l erschien 1987 unter d e m Titel Los der Menschen. Seit 1997 erscheint e i n e G e s a m t a u s g a b e der W e r k e von E.; von d e n g e p l a n t e n 19 B ä n d e n sind bisher 17 e r s c h i e n e n , d a r u n t e r d i e zuerst 1991 auf englisch v e r ö f f e n t l i c h t e Symboltheorie (2001). WEITERE WERKE: Z w e i R e d e n anläßlich der Verleihung des T h e o d o r W . A d o r n o - P r e i s e s . F r a n k f u r t / M a i n 1977 (zus a m m e n m i t Wolf L e p e n i e s ) . - U b e r d i e E i n s a m k e i t d e s S t e r b e n d e n in unseren T a g e n . F r a n k f u r t / M a i n 1982. - E n g a g e m e n t und D i s t a n z i e r u n g . A r b e i t e n zur W i s s e n s s o z i o l o gie I. Hrsg. und übers, v. M i c h a e l Schröter. F r a n k f u r t / M a i n 1983. - U b e r d i e Zeit. A r b e i t e n zur W i s s e n s s o z i o l o g i e II. Übers, v. H o l g e r F l i e s s b a c h / M i c h a e l Schröter. F r a n k f u r t / M a i n 1984. - H u m a n a conditio. B e o b a c h t u n g e n zur E n t w i c k l u n g der M e n s c h h e i t a m 40. Jahrestag eines Kriegsendes. F r a n k f u r t / M a i n 1986. - Ν . E. ü b e r sich selbst. F r a n k f u r t / M a i n 1990. - M o z a r t . Z u r S o z i o l o g i e eines G e n i e s . Hrsg. v. M i c h a e l S c h r ö t e r . F r a n k f u r t / M a i n 1991. LITERATUR: H e r m a n n Körte: Ü b e r Ν . E. D a s W e r d e n eines M e n s c h e n w i s s e n s c h a f t l e r s . F r a n k f u r t / M a i n 1988. O p l a d e n 2 1 9 9 7 . - S t e p h e n M e n n e l l : Ν . E . Civilization and the H u m a n S e l f - I m a g e . O x f o r d / N e w York 1989. D u b l i n 2 1 9 9 8 . - Ralf B a u m g a r t / V o l k e r Eichener: Ν . E. zur E i n f ü h r u n g . H a m burg 1991, 2 1 9 9 7 . - Ν . E. und d i e M e n s c h e n w i s s e n s c h a f ten. S t u d i e n zur E n t s t e h u n g und W i r k u n g s g e s c h i c h t e seines Werkes. Hrsg. v. Karl-Siegbert R e h b e r g . F r a n k f u r t / M a i n 1995. - R o b e r t van K r i e k e n : Ν . E. K e y Sociologists. L o n d o n 1998. - Zivilisationstheorie in der Bilanz. B e i t r a g s r e i h e z u m 100. G e b u r t s t a g von N . E. H r s g . v. A n n e t t e Treibel, H e l m u t K u z m i c s und R e i n h a r d B l o m e r t . O p l a d e n 2 0 0 0 . - C l a u d i a O p i t z (Hrsg.): H ö f i s c h e G e s e l l s c h a f t u n d Z i v i l i s a t i o n s p r o zess. Ν. E . ' W e r k in k u l t u r w i s s e n s c h a f t l i c h e r P e r s p e k t i v e . Köln 2 0 0 4 . Reiner Wild E l i a s b e r g , A l e x a n d e r , Schriftsteller, Übersetzer, * 2 2 . 7 . 1878 M i n s k ( R u ß l a n d ) , t 2 7 . 7 . 1924 Berlin. D e r S o h n eines B a n k i e r s k a m 1905 n a c h e i n e m P h y s i k - und M a t h e m a t i k s t u d i u m in M o s k a u und e i n e m längeren A u f e n t halt in Berlin n a c h M ü n c h e n und b e g a n n ein P h i l o s o p h i e s t u d i u m , d a s er mit der P r o m o t i o n a b s c h l o ß . E r übersetzte klassische und m o d e r n e r u s s i s c h e Lyrik und P r o s a s o w i e m e h r e r e W e r k e der j ü d i s c h e n Literatur ins D e u t s c h e , g a b ein j ü d i s c h e s W ö r t e r b u c h (später Jüdisches Lexikon) s o w i e A n t h o l o g i e n der j ü d i s c h e n Literatur heraus und v e r f a ß t e Schriften über d i e G e s c h i c h t e der russischen Literatur und K u n s t , u . a . Russische Literaturgeschichte in Einzelporträts (1922, N e u a u s g . 1964). E., d e r n a c h d e m Ersten Weltkrieg Leiter des J ü d i s c h e n Verlags in Berlin und seit 1921 D i r e k t o r des W e l t v e r l a g s war, starb n a c h der A u s w e i s u n g aus B a y e r n ( 1 9 2 3 ) v e r a r m t in Berlin. Er w a r der Vater von Paul - » E . CD L e x d t - j ü d A u t o r e n E l i a s b e r g , Paul, M a l e r , G r a p h i k e r , * 1 4 . 7 . 1 9 0 7 M ü n c h e n , t 1. 10. 1983 H a m b u r g . D e r S o h n A l e x a n d e r —»E.s w u c h s in M ü n c h e n auf und w u r d e von Paul - » K l e e in d i e m o d e r n e K u n s t e i n g e f ü h r t . 1923 ü b e r s i e d e l t e die F a m i l i e nach Berlin, w o E. G e b r a u c h s graphik studierte. 1926 w u r d e er in Paris S c h ü l e r von R o ger Bissière. Bei B e g i n n des Z w e i t e n Weltkriegs k ä m p f t e er in der f r a n z ö s i s c h e n A r m e e , seit 1941 w a r er in der

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R é s i s t a n c e tätig. 1957 k e h r t e E . - i n z w i s c h e n f r a n z ö s i s c h e r Staatsbürger - nach D e u t s c h l a n d zurück. 1966-69 leitete er an der S t ä d e l s c h u l e in F r a n k f u r t / M a i n e i n e G r a p h i k k l a s s e . Z u d e n H a u p t m o t i v e n seiner A q u a r e l l e , Z e i c h n u n g e n und R a d i e r u n g e n zählen L a n d s c h a f t e n u n d A r c h i t e k t u r d a r s t e l l u n gen. m A KL E l i c h m a n n , J o h a n n , a u c h E l i c h m a n , Orientalist, M e d i ziner, * u m 1600 S c h l e s i e n , t 1 8 . 8 . 1639 L e i d e n . E. erlernte 1629 als M e d i z i n s t u d e n t autodidaktisch d i e arabische S p r a c h e und schrieb 1631 einen arabischen Brief an J o h a n n Z e c h e n d o r f ( 1 6 3 6 veröffentlicht), worin er d e n Vorteil d e s A r a b i s c h e n f ü r das M e d i z i n s t u d i u m diskutierte. Seit 1631 studierte er die a r a b i s c h e S p r a c h e an der U n i v . L e i d e n und w u r d e 1633 z u m D r . m e d . p r o m o v i e r t und praktizierte als Arzt. E. e r k a n n t e den g e m e i n s a m e n S p r a c h s t a m m der d e u t s c h e n u n d der persischen S p r a c h e und v e r m u t e t e e i n e sprachliche V e r w a n d t s c h a f t beider mit d e m G r i e c h i s c h e n . E r v e r s u c h t e d i e H y p o t h e s e , d a ß a r a b i s c h e T e x t e zur E m e n d a tion u n d E r g ä n z u n g u n v o l l s t ä n d i g e r g r i e c h i s c h e r Texte zu v e r w e n d e n seien, an den arabischen P a r a p h r a s e n der „Tabula C e b e t i s " s o w i e an den p y t h a g o r ä i s c h e n „ G o l d e n e n Versen" zu verifizieren. N a c h E.s Tod w u r d e d a s Werk Tabula Cebetis Graece, Arabice, Latine, Item Aurea Carmina Pythagorae cum paraphrasi Arabica 1640 von C l a u d i u s S a l m a s i u s herausgegeben. cu NDB

Elieser ben Natan, Talmudgelehrter, * um 1090, t u m 1170. E. studierte in M a i n z , kehrte nach R e i s e n vor a l l e m d u r c h d i e s l a w i s c h e n L ä n d e r dorthin z u r ü c k und w u r d e M i t g l i e d des r a b b i n i s c h e n G e r i c h t s . Sein überliefertes H a u p t w e r k Sefer ha-Raban, a u c h unter d e m Titel Eben ha-Eser geläufig, ist das erste v o l l s t ä n d i g e r h a l t e n e B u c h der d e u t s c h e n Jud e n . E s enthält h a l a c h i s c h e A b h a n d l u n g e n und R e s p o n s e n in t a l m u d i s c h e r Folge, K o m m e n t a r e zu B r ä u c h e n , liturgische S t ü c k e , d a r ü b e r h i n a u s aber a u c h I n f o r m a t i o n zu den Verhältnissen in D e u t s c h l a n d und F r a n k r e i c h und ü b e r den H a n d e l s v e r k e h r mit d e m s l a w i s c h e n Osten. E s ist d a m i t ein wichtiges Q u e l l e n w e r k zur L e b e n s w e i s e der J u d e n und zur W i r t s c h a f t s g e s c h i c h t e d e s 12. J a h r h u n d e r t s . m LexMA E l i l a n d , Graf von A n t d o r f , A b t von B e n e d i k t b e u e r n , t n a c h 808. E. e n t s t a m m t e der Ü b e r l i e f e r u n g n a c h d e r A d e l s s i p p e der H u o s i . Z u s a m m e n mit seinen B r ü d e r n , den G r a f e n L a n t f r i e d und W a l d r a m von A n t d o r f , stiftete er n e b e n B e n e d i k t b e u e r n (um 7 3 9 / 4 0 ) d i e Klöster W e s s o b r u n n , S c h l e h d o r f , S a n d a u , K o c h e l und Polling. N a c h L a n t f r i e d und W a l d r a m w a r E. der dritte A b t von B e n e d i k t b e u e r n . E r soll f r e u n d s c h a f t l i c h e B e z i e h u n g e n zu —» Karl d e m G r o ß e n unterhalten h a b e n , der d e r Abtei e i n e A b s c h r i f t der B e n e d i k t i n e r r e g e l n und d i e g r o ß e R e l i q u i e v o m rechten A r m d e s hl. B e n e d i k t , e i n e Bibel s o w i e zwei B ä n d e H o m i l i e n ü b e r b r i n g e n ließ. E l i s a b e t h von B a y e r n , d e u t s c h e K ö n i g i n , * u m 1227, t 9.10.1273. D i e Tochter H e r z o g —»Ottos II. von B a y e r n und der —» A g n e s von B r a u n s c h w e i g w u r d e 1235, noch m i n d e r j ä h r i g , mit d e m g l e i c h f a l l s m i n d e r j ä h r i g e n S o h n Kaiser —»Friedrichs II., d e m späteren K ö n i g —»Konrad IV., verlobt. D i e H o c h z e i t f a n d 1246 statt und sollte d e n bayerischstaufischen G e g e n s a t z e n d g ü l t i g b e h e b e n . E i n z i g e s K i n d der V e r b i n d u n g war —»Konradin, der n a c h der zweiten E h e s c h l i e ß u n g der M u t t e r mit —»Meinhard II. von Tirol 1259 zuerst a m W i t t e l s b a c h e r H o f von E.s B r u d e r , H e r z o g —» L u d w i g II. d e m S t r e n g e n von B a y e r n , d a n n in der O b h u t des B i s c h o f s —> E b e r h a r d von K o n s t a n z e r z o g e n w u r d e . D i e T h r o n a n s p r ü c h e ihres S o h n e s k o n n t e E. nicht d u r c h s e t z e n .

Elisabeth Z u m Gedenken des 1268 hingerichteten Konradin ließ E. 1272 in Stams ein Kloster errichten, wohin ihr Leichnam 1284 überführt wurde. E l i s a b e t h , deutsche Königin, * 1262 oder 1263, t 2 8 . 1 0 . 1313 Kloster Königsfelden bei Brugg (Kt. Aargau). Die Tochter des Grafen —> Meinhard II. von Görz-Tirol heiratete 1274 - » A l b r e c h t von Habsburg und nahm an dem Aufstieg der Habsburger unter König —»Rudolf I. teil. 1283 wurde sie Herzogin von Osterreich und Steiermark. Nach der Absetzung König —»Adolfs von Nassau ließ sich Albrecht 1298 zum deutschen König wählen. E. griff aktiv in die Regierungsgeschäfte ihres Mannes ein und vertrat ihn mehrmals als Statthalterin. Im Konflikt zwischen d e m König und den sich ausbildenden Ständen, insbesondere den österr. Landesherren, wirkte sie als Vermittlerin. Nach der E r m o r d u n g Albrechts ließ sie die Mörder um seinen Neffen —»Johann Parricida mit grausamer Härte verfolgen bis zum Ausgleich ihrer Söhne mit König —»Heinrich VII., der die Herrschaft der Habsburger über ihre Stammlande sicherte. 1311 zog sich E. in das von ihr gegründete Kloster Königsfelden bei Brugg im Aargau zurück. DP N D B E l i s a b e t h , deutsche Königin, * 2 8 . 2 . 1409 Prag, t 19.12. 1442 Raab (heute Györ, Ungarn). Als Erbtochter von König bzw. (seit 1431) Kaiser —»Sigismund und Tochter der —»Barbara von Cilli brachte E. ihrem Gemahl, Herzog —» Albrecht V. von Österreich, die Anwartschaft auf Böhmen und Ungarn mit in die Ehe. 1438 wurde sie zusammen mit Albrecht zur Königin von Ungarn gekrönt; noch im selben l a h r wurde Albrecht in Frankfurt zum deutschen König gewählt. Nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes 1439 versuchte E., das Erbe ihres damals noch ungeborenen Sohnes —»Ladislaus zu sichern. Mittels einer List bemächtigte sie sich der Stephanskrone und ließ 1440 ihren erst dreimonatigen Sohn zum König von Ungarn krönen. Dadurch geriet sie in Konflikt mit König Wtadistaw III. von Polen, der von den ungarischen Ständen zum König gewählt worden war. Angesichts der drohenden Türkengefahr trat E. 1442 auf Vermittlung der Kurie in Verhandlungen mit ihrem Widersacher ein. Über deren Ergebnisse wurde jedoch nichts bekannt, da E. wenige Tage später starb. CD N D B E l i s a b e t h , Markgräfin von Baden-Durlach, Dichterin, * 6 . 2 . 1 6 2 0 Durlach (heute zu Karlsruhe), t 13. 10. 1692 Basel. Die Tochter des Markgrafen - » Georg Friedrich von BadenDurlach verbrachte infolge des Dreißigjährigen Kriegs und der Feldzüge Ludwigs XIV. von Frankreich einen großen Teil ihres Lebens in Straßburg, wo sie von —» Rompier von Löwenhalt unterwiesen wurde, und seit 1638 in Basel. Dort begann sie zusammen mit ihrer Schwester A n n a handschriftliche Gedichtsammlungen. Großer Beliebtheit erfreute sich ihr Werk Tausendt merckwürdige Gedenck-Sprüch auß unterschiedlichen Aufhören zusammengezogen und in teutsche Verse Ubertragen (1685, 2 1696). Einzig diese zur Erbauung von Leserinnen gedachte, in Alexandrinern verfaßte Spruchs a m m l u n g gelangte zum Druck. Daneben schrieb E. eigene Gedichte und ein Drama über den Westfälischen Frieden. CD Killy E l i s a b e t h , Herzogin von Bayern-München, * u m 1374, t 2.2.1432. E., Tochter des vormaligen Reichsvikars und ignore von Mailand, Bernabò Visconti, brachte 1396 eine reiche Mitgift in ihre Ehe mit Herzog —»Ernst von Bayern-München. Ihre Vermählung war die letzte von vier Heiratsverbindungen der Visconti mit den bayrischen Wittelsbachern. DD L e x M A

E l i s a b e t h , Kurfürstin von Brandenburg, * 1383, t 1 3 . 1 1 . 1 4 4 2 Ansbach. E. heiratete 1401 den Burggrafen Friedrich VI. von Nürnberg, der 1415 als - » F r i e d r i c h I. die Markgrafschaft Brandenburg erhielt. Schon seit 1410 vertrat E. ihren M a n n mehrfach in dessen Abwesenheit und übernahm die Führung der Regentschaft. Im Bayerischen Erbfolgekrieg verteidigte sie energisch die fränkischen Ländereien der Hohenzollern. E., die wegen ihrer Schönheit „die schöne Else" genannt wurde, war die Stammutter aller Kurfürsten, Könige und Kaiser aus d e m Geschlecht der Hohenzollern. E l i s a b e t h , Kurfürstin von Brandenburg, * 1485 Nyborg (Dänemark), t 10.6. 1555 Cölln (heute zu Berlin). Die Tochter König —»Johanns I. von Dänemark vermählte sich 1502 mit dem Kurfürsten —»Joachim I. von Brandenburg. Unter dem Einfluß ihres Bruders Christian II. von Dänemark und ihres Leibarztes Matthias - » Ratzenperger wandte sie sich schon früh der Lehre —»Luthers zu. Nach d e m E m p f a n g des Abendmahls in beiderlei Gestalt kam es Ostern 1527 zum Bruch E.s mit ihrem Mann, der ein entschiedener Gegner der Reformation war. 1528 floh sie zu ihrem Onkel, d e m Kurfürsten —»Johann von Sachsen, und lebte in Torgau, Wittenberg und Weimar. Nach d e m Tod ihres Mannes und dem Übertritt ihres Sohnes, des Kurfürsten —»Joachim II. von Brandenburg , zur Reformation kehrte sie 1545 nach Brandenburg zurück, wählte ihr Leibgedinge Spandau zum Wohnsitz und bemühte sich u m eine Festigung des Luthertums in der Mark. DP N D B

Elisabeth Charlotte, Kurfürstin von Brandenburg, * 1597 Heidelberg, t 2 6 . 4 . 1 6 6 0 C r o s s e n / O d e r . Die Tochter des Kurfürsten —»Friedrich IV. von der Pfalz ging 1616 die Ehe mit d e m späteren Kurfürsten - » G e o r g Wilhelm von Brandenburg ein, um das kurz zuvor zum reformierten Bekenntnis übergetretene Brandenburg eng mit der calvinistischen Kurpfalz zu verbinden. Der politische Zweck der Ehe erfüllte sich jedoch nicht, da Georg Wilhelm, stark von dem prohabsburgischen Grafen A d a m zu —»Schwarzenberg beeinflußt, im Dreißigjährigen Krieg mehrfach die Partei wechselte und dadurch sein Land in besonderem M a ß e den Verheerungen des Kriegs aussetzte. E. C. war die Mutter des Kurfürsten —»Friedrich Wilhelm von Brandenburg. E l i s a b e t h , Herzogin von Braunschweig-Lüneburg, auch E. von M ü n d e n , Schriftstellerin, * 2 4 . 8 . 1 5 1 0 Berlin (?), t 2 5 . 5 . 1558 Ilmenau (Thüringen). Die Tochter des Kurfürsten —» Joachim I. von Brandenburg und der —»Elisabeth von Dänemark heiratete 1525 Herzog —»Erich I. von Braunschweig-Lüneburg (Calenberg). Seit 1538 trat E. für die Lehre —»Luthers ein und führte nach dem Tod ihres Mannes 1540 als Vormund ihres noch unmündigen Sohnes —»Erich II. mit Hilfe von Antonius —»Corvinus seit 1542 ihr Land der Reformation zu. Nach der Ü b e r n a h m e der Herrschaft durch Erich II. 1545 und dessen Übertritt zum kath. Glauben widersetzte sich E. Erichs Rekatholisierungspolitik und geriet in Konflikt mit ihrem Sohn. A u s M ü n d e n vertrieben, lebte sie in Hannover und seit 1555 mit ihrem zweiten Mann, einem Grafen von Henneberg, in Ilmenau. Neben ihrem politischen Wirken entfaltete E. eine religiöse, karitative und schriftstellerische Tätigkeit; sie schrieb Erbauungsliteratur für Eheleute, Witwen und Verfolgte, Lieder sowie ein Regierungshandbuch für meinen Sohn Erich (1545, hrsg. von Paul —» Tschackert, 1898). • • Merkel/Wunder E l i s a b e t h , Pfalzgräfin bei Rhein, Fürstäbtissin von Herford, * 2 6 . 1 1 . 1 6 1 8 Heidelberg, t 8 . 2 . 1 6 8 0 Herford. Die älteste Tochter —» Friedrichs V. von der Pfalz, des sogenannten „Winterkönigs", und —»Elisabeths von der Pfalz

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Elisabeth lebte 1627-50 im Exil in den Niederlanden und wurde zu einer der gebildetsten Frauen ihrer Zeit erzogen. Seit 1539 stand sie mit Anna Maria von —» Schurmann in Kontakt. 1640 wurde sie Schülerin von René Descartes, der ihr 1644 seine Principia philosophiae widmete. Seit 1650 hielt sich E. u. a. in Heidelberg und Kassel auf, lernte die Werke des reformierten Theologen Johannes —»Coccejus kennen und studierte die Bibel. Nachdem sie mehrfach Heiraten, u. a. mit König Wladislaw IV. von Polen, ausgeschlagen hatte, wurde sie auf Betreiben ihres Vetters, des Kurfürsten - » Friedrich Wilhelm von Brandenburg, 1661 zur Koadjutorin der Äbtissin der luth. Freien Reichsabtei Herford gewählt und 1667 als deren Nachfolgerin inthronisiert. Unter der toleranten Regierung E.s, die den in Holland verfolgten Labadisten Zuflucht gewährte und die Quäker William Penn und Robert Barclay als Gäste bei sich aufnahm, wurde Herford zu einem kulturellen Zentrum im Deutschen Reich. In den letzten Lebensjahren stand sie u . a . mit Gottfried Wilhelm - » L e i b n i z in Briefwechsel. CD N D B E l i s a b e t h , Prinzessin von Hessen und bei Rhein, * 1 8 . 6 . 1 8 1 5 Berlin, t 2 1 . 3 . 1 8 8 5 Darmstadt. E., die als Enkelin - » F r i e d r i c h Wilhelms II. dem preuß. Königshaus entstammte, zeigte schon früh eine ausgeprägte Hilfsbereitschaft für A r m e und Kranke. Nach ihrer Heirat mit Prinz Karl von Hessen und bei Rhein 1836 widmete sie sich karitativen Tätigkeiten und gründete eine Reihe von Wohlfahrtseinrichtungen. Deren bedeutendste war das 1858 gegründete Diakonissenmutterhaus Elisabethenstift in Darmstadt. E. begründete die Innere Mission und die weibliche Diakonie in Hessen. CD N D B E l i s a b e t h von Görlitz, Herzogin von Liaemburg, * N o v e m b e r 1390 Horsewitz, t 3 . 8 . 1451 Trier. Die Enkelin Kaiser —> Karls IV. wurde früh in die Hausmachtpolitik der Luxemburger hineingezogen. Seit 1409 mit Herzog Anton von Brabant vermählt, erhielt sie die Herrschaften Luxemburg und Chiny als Pfand. 1415 verwitwet, heiratete sie 1418 Herzog —»Johann von Bayern-Straubing. Nach dessen Tod 1425 geriet sie in wachsende finanzielle Nöte, die schließlich zur kriegerischen Einnahme L u x e m burgs durch Herzog Philipp III. von Burgund führten, d e m sie ihre Erbrechte verkauft hatte. E. verbrachte ihre letzten Lebensjahre in Trier, wo sie sich wegen ihrer kirchlichen Wohltätigkeit die Achtung ihrer Mitbürger erwarb. DD N D B E l i s a b e t h , Gräfin von Nassau-Saarbrücken, Übersetzerin, * um 1394 Vézelise (Lothringen), t 17. 1. 1456 Saarbrücken. Die Tochter Herzog Friedrichs V. von Lothringen und Margaretes von Vaudémont und Joinville heiratete 1412 Graf —» Philipp I. von Nassau-Saarbrücken-Weilburg und übernahm nach dessen Tod 1429 bis zur Volljährigkeit ihres Sohnes Philipp II. 1438 die Regentschaft im Land. In einem literarisch interessierten Elternhaus zweisprachig aufgewachsen und mit den Höfen in Nancy, Orléans und Heidelberg verbunden, wurde E. als Übersetzerin französischer Heldenepen eine bedeutende Vermittlerin zwischen beiden Kulturen. Ihre Übersetzungen (u. a. Loher und Maller, Sibille), u m sittlich anstößige und ihr unverständliche Passagen gekürzt, lehnten sich sprachlich eng an die Originalvorlagen an. In gekürzter Fassung als sogenannte Volksbücher fanden E.s Werke (u. a. Hug Schapler, zuerst gedruckt Straßburg 1500) große Resonanz und Verbreitung. CD Leb Saarland, Bd 1 E l i s a b e t h , Herzogin von Österreich, * 1 9 . 3 . 1 3 5 8 , t 4 . 9 . 1373. E. wurde im Z u g e der Heiratspolitik ihres Vaters, —» Karls IV., mit Markgraf Otto V. von Brandenburg verlobt. Diese Verlobung wurde aufgrund der luxemburgisch-

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habsburgischen Erbverbrüderung wieder gelöst, zugunsten einer in Prag 1366 geschlossenen Verbindung mit Herzog —» Albrecht III. von Österreich, die kinderlos blieb. Otto V. heitatete am selben Tag E. s Halbschwester Katharina, die in erster Ehe mit —» Rudolf IV. von Österreich verbunden war. CD L e x M A E l i s a b e t h Eugenie Amalie, Kaiserin von Österreich, Königin von Ungarn, * 24. 12.1837 München, t 1 0 . 9 . 1 8 9 8 Genf. Das dritte von sieben Kindern aus der unglücklichen Ehe von Herzog —> Maximilian in Bayern, d e m sogenannten „Zithermaxi", und Prinzessin Ludovica, Tochter des bayerischen Königs —»Maximilian I. Joseph, wuchs recht unkonventionell auf. Als E. ihren künftigen Gatten in Ischl kennenlernte, sollte eigentlich die Heirat zwischen ihm, Kaiser —» Franz Joseph, und der älteren Schwester von E., Helene, später verh. —»Thum und Taxis, arrangiert werden. Doch der j u n g e Kaiser entschied sich gegen den Willen seiner Mutter - » S o p h i e , die ihrerseits eine Schwester von Herzogin Ludovica in Bayern war, für die erst f ü n f z e h n j ä h r i g e E. Nach der Hochzeit zeigte sich rasch, daß die Kaiserin den großen Anforderungen nicht gewachsen war und vielleicht auch nicht genügen wollte. Sie mußte ein erhebliches Bildungsprogramm in kürzester Zeit nachholen; es wurde von ihr erwartet, daß sie sich dem spanischen Hofzeremoniell am österreichischen Kaiserhof klaglos unterwarf. Sie hatte Repräsentationsaufgaben zu erfüllen und sollte vor allem einem Thronfolger das Leben schenken. Darüber hinaus stand E. unter der strengen Aufsicht ihrer Schwiegermutter, die die Wahl ihres Sohnes f ü r verfehlt hielt. Zu ernsthaften Konflikten kam es nach der Geburt des ersten Kindes, Sophie (* 1855), dessen Erziehung Erzherzogin Sophie nicht ihrer Schwiegertochter überlassen wollte. Als sich E. zwei Jahre später mit d e m Wunsch durchsetzte, ihre kleine Tochter auf eine Reise nach Ungarn mitzunehmen, kam es zum ersten der vielen Schicksalsschläge: Sophie starb während dieser Reise. In den folgenden Jahren zog sich E. immer mehr vom Wiener Hof zurück, flüchtete sich in Krankheiten, unternahm lange Reisen durch ganz Europa, vernachlässigte ihre Repräsentationspflichten und kümmerte sich kaum u m ihre beiden nachgeborenen Kinder Gisela (* 1856) und —»Rudolf (* 1858). Politische Ambitionen entfaltete E. nur in bezug auf Ungarn, für das sie eine schwärmerische Verehrung an den Tag legte. So stellte sie sich von A n f a n g an gegen den von Erzherzogin Sophie am Wiener Hof bevorzugten böhmischen Adel; außerdem war sie maßgeblich am Zustandekommen des österreichisch-ungarischen Ausgleichs (1867), der Österreich und Ungarn in eine Doppelmonarchie umwandelte, beteiligt, und sie bewog ihren Gatten, den ehemaligen ungarischen Revolutionär Graf Gyula —»Andrássy zum Außenminister zu berufen. Ungarn dankte ihr dieses Engagement nicht nur mit großer Verehrung; das von ihr besonders oft besuchte Schloß Gödöllo war das Krönungsgeschenk der ungarischen Nation an sie. Mit Ungarn wurde auch E.s viertes Kind, Marie Valerie, in Verbindung gebracht, das 1868 geboren wurde und d e m die Kaiserin ihre ganze Liebe zuwandte; Marie Valerie wurde in Hofkreisen offen als das „ungarische Kind" und als „die Einzige" tituliert. Recht früh begann die Verehrung von E.s Schönheit - sie reagierte darauf, vor allem in ihren späteren Lebensjahren, mit einem zum Teil selbstzerstörerischen Programm zur

Elisabeth E r h a l t u n g dieser S c h ö n h e i t . I h r e m Gatten, der sie bis an sein L e b e n s e n d e in d e m ü t i g e r Verehrung liebte ( K o s e n a m e „Sisi"), e n t f r e m d e t e sich d i e Kaiserin mit d e n Jahren immer m e h r . E. s c h w ä r m t e f ü r Heinrich —»Heine und f ü h l t e sich viel eher von K ö n i g —» L u d w i g II. von B a y e r n als von i h r e m Gatten v e r s t a n d e n . Sie tolerierte d i e B e z i e h u n g Kaiser F r a n z J o s e p h s zu der d r e i u n d z w a n z i g J a h r e j ü n g e r e n W i e n e r S c h a u s p i e l e r i n K a t h a r i n a —»Schratt nicht nur, sie b e g ü n s t i g t e d i e s e v i e l m e h r und war erleichtert darüber, d a ß ihr G a t t e noch e i n e A r t von L e b e n s g e f ä h r t i n g e f u n d e n hatte, d i e b e s s e r zu i h m p a ß t e als sie selbst. Als E. i m A l t e r von 61 Jahren in G e n f von d e m italienischen A n a r c h i s t e n L u i g i L u c h e n i , der eigentlich d e m Prinzen H e n r i von O r l é a n s a u f g e l a u e r t hatte, mit einer Feile e r m o r d e t w u r d e , war sie d e s L e b e n s m ü d e g e w o r d e n . E i n e F ü l l e von S c h i c k s a l s s c h l ä g e n hatte sie in den letzten Jahren g e t r o f f e n : 1886 das E n d e K ö n i g L u d w i g s II., 1889 der S e l b s t m o r d ihres S o h n e s , d e s K r o n p r i n z e n R u d o l f , und der tragische T o d ihrer S c h w e s t e r S o p h i e , H e r z o g i n von A l e n ç o n , im J a h r 1897. D i e bis h e u t e a n d a u e r n d e , fast schon kultische Verehrung Kaiserin E.s, die w o h l auch mit d e m scheinbaren W i d e r spruch z w i s c h e n g r o ß e r S c h ö n h e i t und e i n e m u n g l ü c k l i c h e n L e b e n z u s a m m e n h ä n g t , findet ihren N i e d e r s c h l a g in o p u l e n ten B i l d b ä n d e n , M u s i c a l s u n d A u s s t e l l u n g e n s o w i e in Film e n , d i e das M ä r c h e n h a f t e ihres L e b e n s b e t o n e n . LITERATUR: E g o n C a e s a r C o n t e Corti: E. „ D i e s e l t s a m e F r a u " . G r a z u . a . 1934, 4 1 1 9 9 1 . - Heinrich B e n e d i k t : E. In: N D B , Bd. 4, 1959, S. 4 4 2 f. - Brigitte H a m a n n : Kaiserin E. von Österreich. In: Z e i t s c h r i f t f ü r b a y e r i s c h e L a n d e s g e schichte 4 4 (1981) S. 3 9 7 - 4 1 2 . - Dies.: E. Kaiserin w i d e r Willen. W i e n , M ü n c h e n 1982, 3 2 0 0 1 . - Karin A m t m a n n : E. von Österreich. D i e politischen G e s c h ä f t e der Kaiserin. R e g e n s b u r g 1998. Katharina Weigand E l i s a b e t h , P/«/zgräfin bei R h e i n , * 18. 10. 1552 W o l k e n s t e i n / E r z g e b i r g e , t 2. (12.) 4. 1590 Heidelberg. D i e Tochter des K u r f ü r s t e n —» A u g u s t von S a c h s e n u n d der K u r f ü r s t i n —»Anna g i n g 1570 die E h e mit —»Johann C a s i mir, d e m S o h n d e s K u r f ü r s t e n —» Friedrich III. von der P f a l z , ein. D i e A b s i c h t , d u r c h d i e V e r m ä h l u n g E.s, d i e sich zur L e h r e —»Luthers b e k a n n t e , mit d e m Calvinisten J o h a n n C a s i m i r e i n e B r ü c k e z w i s c h e n L u t h e r t u m u n d C a l v i n i s m u s zu s c h a f f e n , e r f ü l l t e sich nicht. V i e l m e h r trug die v o m k o n f e s sionellen G e g e n s a t z d e r Gatten g e p r ä g t e E h e zu der E n t f r e m d u n g von K u r s a c h s e n und K u r p f a l z , z u m Sturz der K r y p tocalvinisten in S a c h s e n u n d zu den religiösen u n d politischen Wirren a m k u r p f ä l z i s c h e n H o f bei. A l s J o h a n n C a s i m i r n a c h d e m T o d seines Vaters d i e R e c a l v i n i s i e r u n g seines H e r r s c h a f t s g e b i e t s betrieb, stellte sich E. d e m e n t g e g e n , allerdings o h n e E r f o l g . A u f B e t r e i b e n ihres M a n n e s 1589 gef a n g e n g e s e t z t , v e r b r a c h t e sie den R e s t ihres L e b e n s in H a f t . • • NDB E l i s a b e t h Stuart, K u r f ü r s t i n von der Pfalz, K ö n i g i n von B ö h m e n , * 19.8. 1596 F a l k l a n d C a s t l e (bei Perth), t 13. (23.) 2. 1662 L o n d o n . D i e älteste T o c h t e r K ö n i g J a k o b s I. von E n g l a n d heiratete 1613 d e n K u r f ü r s t e n —»Friedrich V . von der P f a l z , nachd e m ihr Vater 1612 einen B ü n d n i s v e r t r a g mit der protestantischen U n i o n a b g e s c h l o s s e n hatte. 1619 w u r d e Friedrich z u m K ö n i g von B ö h m e n g e w ä h l t , verlor j e d o c h bereits i m f o l g e n d e n J a h r n a c h d e r S c h l a c h t a m W e i ß e n Berg s o w o h l B ö h m e n als a u c h seine p f ä l z i s c h e n K u r l a n d e . E. f o l g t e ihrem M a n n nach D e n H a a g ins Exil. Dort w u r d e ihre f r a n z ö s i s c h g e p r ä g t e H o f h a l t u n g zu e i n e m geistigen und gesellschaftlic h e n A n z i e h u n g s p u n k t , stürzte E. j e d o c h in finanzielle Prob l e m e , d i e sich n o c h v e r s c h ä r f t e n , als ihr nach der Hinrichtung ihres B r u d e r s Karl I. von E n g l a n d 1649 die A p a n a g e gestrichen w u r d e . A u f g r u n d eines Z e r w ü r f n i s s e s m i t i h r e m S o h n —» Karl L u d w i g blieb ihr auch nach dessen W i e d e r e i n -

setzung als K u r f ü r s t von d e r P f a l z im W e s t f ä l i s c h e n F r i e d e n 1648 die R ü c k k e h r in d a s K u r f ü r s t e n t u m versagt. N a c h der Restitution der Stuarts in E n g l a n d k e h r t e E. 1661 dorthin zurück. D u r c h ihre Tochter —»Sophie, d i e 1658 —»Ernst A u gust von H a n n o v e r heiratete, g i n g d i e e n g l i s c h e K r o n e 1714 an ihren E n k e l , K u r f ü r s t —»Georg L u d w i g von H a n n o v e r , über. E. w a r die M u t t e r von —»Elisabeth, Fürstäbtissin von Herford. DP N D B E l i s a b e t h C h a r l o t t e , H e r z o g i n von O r l é a n s , g e n a n n t Liselotte von der Pfalz, * 2 7 . 5 . 1 6 5 2 H e i d e l b e r g , t 8. 12. 1722 S a i n t - C l o u d bei Paris. D i e T o c h t e r des K u r f ü r s t e n —»Karl L u d w i g von der P f a l z w u c h s w e g e n der zerrütteten E h e der Eltern bei ihrer Tante, der K u r f ü r s t i n —»Sophie von H a n n o v e r , auf. 1671 trat sie z u m K a t h o l i z i s m u s ü b e r und heiratete H e r z o g P h i l i p p von O r l é a n s , d e n B r u d e r K ö n i g L u d w i g s X I V . von F r a n k r e i c h . D i e E h e verlief u n g l ü c k l i c h . N a c h der G e b u r t des dritten K i n d e s lebten E . C . und ihr M a n n getrennt. N a c h d e m Tod (1685) ihres B r u d e r s , des K u r f ü r s t e n —»Karl von d e r P f a l z , e r h o b L u d w i g X I V . unter B e r u f u n g auf E. C . A n s p r ü c h e auf d i e P f a l z , von d e r e n V e r w ü s t u n g E. C . d e n K ö n i g nicht abhalten k o n n t e . S i e hinterließ e i n e u m f a n g r e i c h e K o r r e s p o n d e n z von rund 5 0 0 0 B r i e f e n , u. a. an H e r z o g —» A n t o n Ulrich von B r a u n s c h w e i g - W o l f e n b ü t t e l u n d —»Leibniz. D i e in anschaulicher, o f t derber S p r a c h e g e h a l t e n e n B r i e f e sind eine wichtige Quelle zum Leben am Hof Ludwigs XIV. m

NDB

E l i s a b e t h C h r i s t i n e , K ö n i g i n von Preußen, * 8. 1 1 . 1 7 1 5 W o l f e n b ü t t e l , t 1 3 . 1 . 1797 Berlin. D i e T o c h t e r von H e r z o g —»Ferdinand A l b r e c h t II. von B r a u n s c h w e i g - B e v e r n und A m a l i e von B r a u n s c h w e i g W o l f e n b ü t t e l s o w i e N i c h t e K a i s e r —» Karls VI. w u r d e im Interesse einer e n g e r e n V e r b i n d u n g z w i s c h e n P r e u ß e n und Österreich 1733 mit d e m K r o n p r i n z e n Friedrich, d e m späteren —»Friedrich d e m G r o ß e n , v e r m ä h l t ; d i e E h e b l i e b kinderlos. Sie lebte in den f o l g e n d e n J a h r e n in N e u r u p p i n und R h e i n s b e r g und nach d e m R e g i e r u n g s a n t r i t t Friedrichs 1740, von ihrem M a n n getrennt, auf ihrem S c h l o ß in S c h ö n h a u s e n . E . C . v e r f a ß t e und übersetzte m e h r e r e e r b a u l i c h e S c h r i f t e n .

Elisabeth, Königin von Rumänien -» Carmen Sylva E l i s a b e t h , H e r z o g i n zu Sachsen, * 4 . 3 . 1502 M a r b u r g , t 6. 12. 1557 S c h m a l k a l d e n . E., T o c h t e r d e s L a n d g r a f e n W i l h e l m II. und der —»Anna von H e s s e n , heiratete 1515 d e n späteren H e r z o g —»Johann von S a c h s e n und v e r b r a c h t e als G e m a h l i n d e s T h r o n f o l gers z w a n z i g J a h r e a m H o f —»Georgs von S a c h s e n . Trotz der f e i n d l i c h e n H a l t u n g ihres S c h w i e g e r v a t e r s g e g e n ü b e r der R e f o r m a t i o n Schloß sie sich der L e h r e —»Luthers an und versuchte, ihr in D r e s d e n z u m D u r c h b r u c h zu verhelf e n . N a c h d e m Tod ihres M a n n e s 1537 erhielt E. S c h l o ß und A m t R o c h l i t z als L e i b g u t und f ü h r t e dort d i e R e f o r m a tion ein. 1538 trat sie d e m S c h m a l k a l d i s c h e n B u n d bei. Im S c h m a l k a l d i s c h e n Krieg s u c h t e sie vergeblich den von ihr e r z o g e n e n H e r z o g —»Moritz von S a c h s e n g e g e n die H a b s burger zu beeinflussen. E. w u r d e d e s Verrats b e s c h u l d i g t ; M o r i t z e n t z o g ihr d a s L e i b g u t R o c h l i t z . D i e letzten J a h r e ihres L e b e n s v e r b r a c h t e E. in S c h m a l k a l d e n . DD L e b S a c h s e n , B d 2

Elisabeth Eleonore, Herzogin von

Sachsen-Meiningen,

* 3 0 . 9 . 1658 B r a u n s c h w e i g , t 1 5 . 3 . 1729 M e i n i n g e n . D i e älteste T o c h e r H e r z o g —» A n t o n Ulrichs von B r a u n s c h w e i g - W o l f e n b ü t t e l heiratete 1675 H e r z o g J o h a n n G e o r g von M e c k l e n b u r g - S c h w e r i n . Bereits i m f o l g e n d e n J a h r verwitwet, v e r m ä h l t e sie sich 1681 mit H e r z o g B e r n h a r d von S a c h s e n - M e i n i n g e n . N a c h dessen Tod 1706 ergriff sie f ü r ihren Stiefsohn H e r z o g —»Ernst L u d w i g und dessen M i n i ster von W o l z o g e n - g e g e n ihren leiblichen S o h n H e r z o g

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Elisabeth —» Anton Ulrich - Partei und trug so mit zum Ausbruch des dreißigjährigen Bruderkriegs am Meininger Fürstenhof bei. Im Verlauf dieses Zwistes zunehmend isoliert, verbrachte E. E. ihren Lebensabend zurückgezogen und schrieb eine Reihe von kirchlichen Dichtungen, die zum Teil als Kirchenlieder in die Gesangbücher des Meininger und Gothaer Landes eingingen. c d ADB Elisabeth, Landgräfin von Thüringen, Heilige, * 1207 Ungarn, t 16. /17.11. 1231 Marburg/Lahn. E., Tochter König Andreas' II. von Ungarn und seiner Gemahlin —»Gertrud aus dem Hochadelsgeschlecht der AndechsMeranier, wurde 1211 im Zusammenhang einer prostaufischen Fürstenkoalition gegen den weifischen Kaiser -»Otto IV. mit dem ältesten Sohn Landgraf —»Hermanns I. von Thüringen, Ludwig, verlobt. Aus ihrer 1221 mit —»Ludwig IV. geschlossenen Ehe gingen drei Kinder hervor: Hermann (1222-1241; 1238 Landgraf von Thüringen), -^Sophie von Brabant (1224-1284) und -»Gertrud von Altenberg (1227-1297). Bereits als Landgräfin wandte sich E. den Zielen der von Belgien und den Rheinlanden ausgehenden religiösen Frauenbewegung (Beginen) zu und Schloß sich den 1224 nach Thüringen gelangten Franziskanern an. Von ihrem Mann nachdrücklich unterstützt, suchte sie, oft im Konflikt mit ihrer höfischen Umwelt und ihren fürstlichen Pflichten, das Ideal radikaler Christusnachfolge in Selbsterniedrigung, Demut, Nächstenliebe und Hinwendung zu den Armen zu verwirklichen. Während der großen Hungersnot 1226 versorgte sie die notleidende Bevölkerung in spektakulärer Weise aus den landgräflichen Kornkammern. Im Streben nach höchster Vollkommenheit vertraute sie sich noch zu Lebzeiten ihres Mannes 1226 als Beichtvater und Seelenführer dem Kreuzzugsprediger und späteren Ketzerverfolger —» Konrad von Marburg an, der gleichfalls der religiösen Armutsbewegung nahestand. Als Ludwig IV. am 11.9.1227 auf dem Kreuzzug starb und E. vom landgräflichen Hof vertrieben und ihrer Witwengüter beraubt wurde, sorgte Konrad in päpstlichem Auftrag für ihre finanzielle Abfindung und veranlaßte ihre Übersiedlung in das landgräfliche Marburg. Hier errichtete E. 1228 unter seiner Leitung ein dem hl. Franziskus geweihtes Hospital, in dem sie im Dienst an den Armen und Kranken wirkte und ohne Anbindung an einen Orden ein Leben im geistlichen Stand als „Schwester der Welt" in Fürsorge für die Elenden und Aussätzigen in freiwilliger Armut, Handarbeit zum Lebensunterhalt. Askese und Kontemplation führte. Bereits zu ihren Lebzeiten im Ruf der Heiligkeit stehend und als „Mutter der Armen" verehrt, setzte sofort nach ihrem frühen Tod eine rasch ausgreifende, von Konrad von Marburg gezielt für seinen Ketzerkampf eingesetzte volksfromme Heiligenverehrung ein. E. war die erste Angehörige des europäischen Hochadels, die sich den von vielen Frauen ihrer Zeit getragenen neuen religiösen Bewegungen anschloß und deren Armutsideal in eigener Person verwirklichte. Als königliche Heilige, die wie keine andere den neuen Heiligentyp des 13. Jh. verkörperte, wurde sie dank des Zusammenwirkens der thüringischen Landgrafen, des Deutschen Ordens, dem die Landgrafen 1234 das Marburger Hospital mit dem Elisabeth-Grab übertragen hatten, Kaiser —» Friedrichs II. und der Kurie am 27.5.1235 von Papst Gregor IX. heiliggesprochen. Während Marburg, wo der Deutsche Orden über ihrem Grab eine große Wallfahrts- und Or-

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denskirche errichtete, binnen Kürze zu einem der großen mitteleuropäischen Pilgerziele aufstieg, wurde der Heiligenkult E.s von ihrer weitgespannten Familie, vom Deutschen Orden, dessen zweite Patronin sie zeitweise war, und vor allem von den Bettelorden und den ihnen nahestehenden Frauenkreisen in weiten Teilen Europas propagiert. Noch im 13. Jh. stieg E. zu einer der beliebtesten weiblichen Heiligen auf; im 14./15. Jh. nahm ihr Kult durch ihre Verehrung als Patronin zahlreicher städtischer und Ordenshospitäler noch weiter zu. Nach Rückschlägen infolge der Reformation setzte im 19. Jh. eine Wiederbelebung ihrer Heiligenverehrung z.T. mit stark volkstümlichen Zügen (Rosenwunder) ein. LITERATUR: Ortrud Reber: Die Gestaltung des Kultes weiblicher Heiliger im Spätmittelalter. Diss. Würzburg 1963. Sankt E. Fürstin - Dienerin - Heilige. Sigmaringen 1981. Erika Dinkler-von Schubert: E. v. T. In: TRE, Bd. 9, 1982, S. 513-520. - Kaspar Elm: E. v. T. Persönlichkeit, Werk und Wirkung (Marburger Universitätsreden 3). Marburg 1982. - Matthias Werner: E. v. T. In: LexMA, Bd. 3, 1986, Sp. 1838-1842. - Ders.: Mater Hassiae - Flos Ungariae - Gloria Teutoniae. Politik und Heiligenverehrung im Nachleben der hl. E. v. T. In: Politik und Heiligenverehrung im Hochmittelalter. Hrsg. v. Jürgen Petersohn. Sigmaringen 1994, S. 449-540. - Matthias Weber: E. v. T. In: LThK 3 , Bd. 3, 1995, Sp. 602 f. - Norbert Ohler: E. v. T. In: RGG 4 , Bd. 2, 1999, Sp. 1222 f. Matthias Werner Elisabeth von Reute, eigentl. Elisabeth-Maria Achler, Mystikerin, * 25. 11. 1386 Reute bei Waldsee (Württemberg), t 25.11. 1420 Reute bei Waldsee (Württemberg). Die Tochter eines Leinwebers stand früh unter dem Einfluß des Augustinerchorherren Konrad Kügelin und wurde Tertiarin des Franziskanerordens. Sie lebte seit 1403 in der Klause Reute, hatte Visionen und trug die Stigmata. E., die „gute Beth" genannt, war die Erzieherin der —» Ursula Haider, der späteren Äbtissin des Franziskanerordens in Villingen. 1421 schrieb Kügelin ihre Vita, eines der letzten Zeugnisse mittelalterlicher Mystik. 1766 wurde E. seliggesprochen. Ihre Verehrung dauert in Oberschwaben bis in die Gegenwart an. In ihrer Grabstätte, der Wallfahrtskirche in Reute, befinden sich Fresken zu ihrem Leben. m LexMA Elisabeth von Schönau, Benediktinerin, Mystikerin, * um 1129, t 18.6.1164 Kloster Schönau (Kr. St. Goarshausen). Aus adligem rheinischen Geschlecht stammend, trat E. mit zwölf Jahren in das Doppelkloster Schönau ein und legte dort 1147 die Profeß ab. Von 1157 bis zu ihrem Tod stand sie als Meisterin der Frauengemeinschaft vor. Eine schwere körperliche und seelische Krise löste 1152 bei E. eine Reihe von Visionen und Ekstasen aus, die von da an immer wiederkehrten. Unter der geistigen Führung ihres Bruders —» Ekbert, der 1155 ebenfalls in das Kloster Schönau eintrat, nahmen E.s Visionen zunehmend den Charakter von Antworten auf allgemeine und kirchlich-religiöse Zeitfragen an. Sie wurden von Ekbert schriftlich niedergelegt. Vor allem ihre phantastischen Offenbarungen über die hl. Ursula und die 11 000 Jungfrauen (Revelationes de sacro exercitu virginum Coloniensium, 1156/57) entfalteten eine große Breitenwirkung im mittelalterlichen Europa. Nach ihrem Tod wurde E. in Schönau als Heilige verehrt und 1584 in das Martyrium Romanum aufgenommen. Allerdings fanden ihre Visionen nie offizielle Anerkennung durch die Kirche. ED LexMA Elkan, Benno, Bildhauer, * 2.12. 1877 Dortmund, t 10.1.1960 Willesden (Middlesex, England). E. kam 1898 mit dem Wunsch nach München, Maler zu werden, besuchte die Malklassen der Münchner Akademie

Ellenberger der bildenden Künste, u . a . als Schüler Nikolaus —>Gysis, war 1 9 0 1 / 0 2 an der Kunstakademie Karlsruhe und bildete sich in Paris (1905-07) und R o m (1908-11) als Bildhauer aus. Er war mit d e m Bildhauer Paul Albert Bartholomé befreundet, traf Auguste Rodin, Pablo Picasso sowie in R o m Karl —> Hofer. 1911-18 lebte E. in Alsbach, von 1919 bis zu seiner Emigration 1933 nach London in F r a n k f u r t / M a i n . Er schuf u . a . Büsten, Medaillen sowie Denkmäler in naturalistischem Stil und stellte u . a . in Deutschland, Italien, Frankreich und Großbritannien (1934-56 regelmäßig in der Royal Academy) aus. E. war Mitglied des Reichswirtschaftsverbandes Bildender Künstler Deutschlands, des Deutschen Künstlerbundes sowie der Münchner Sezession. Zu seinen bekanntesten Werken zählen das Rheinland-BefreiungsDenkmal in Mainz (1930, 1933 gesprengt), seine Bildnisbüsten u. a. von Walther —» Rathenau, Winston Churchill und Karl —> Valentin sowie zwei große Bronzeleuchter in der Londoner Westminsterabtei. E. betätigte sich auch schriftstellerisch (u. a. Die große Reise der Tante Clementine, 1921). m AKL

Hohenheim mit der Arbeit Anwendung der Pflanzensoziologie zur Beurteilung der Wertänderung von Wiesen durch Grundwassersenkung. Zunächst Privatdozent, ging er 1953 als api. Prof. nach Hamburg und wurde 1958 Direktor des Geobotanischen Instituts der Ε Τ Η Zürich. 1966 nahm er einen Ruf an die Univ. Göttingen an und wirkte dort bis 1981 als Direktor des Systematisch-Geobotanischen Instituts. E. gilt als einer der Pioniere und Begründer der Ökosystemforschung in Deutschland. Er arbeitete auf dem Gebiet der angewandten Vegetationskunde, der experimentellen Ökologie sowie der Vegetationsökologie. E. unternahm mehrere Forschungsreisen nach Südamerika und war u . a . verantwortlich für die floristische Kartierung Mitteleuropas. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Aufgaben und Methoden der Vegetationskunde (1956), Vegetation Mittel-Europas mit den Alpen in kausaler, dynamischer und historischer Sicht ( 1964, 5 1996), Zeigewerte der Gefäßpflanzen Mittel-Europas (1974), Bäuerliche Bauweisen in geoökologischer und genetischer Sicht ( 1984) und Ökosystemforschung. Ergebnisse des Sollingprojekts ¡966-1986 (1986). m J b G A W 1998

E l k a n , (David) Levy, Maler, Lithograph, * 1 . 1 2 . 1 8 0 8 Köln, t 1.7. 1865 Köln. E. erhielt seine Ausbildung in Düsseldorf, wechselte nach Köln, gründete dort eine lithographische Anstalt und übernahm 1858 die lithographische Anstalt von A r n z & Co. in Düsseldorf. Er machte sich als Illustrator der Rheinromantik und des Kölner Karnevalslebens einen Namen und stellte das christliche Mittelalter sowie gotische Kunstdenkmäler dar. 1 8 4 8 / 4 9 illustrierte er politische Flugblätter und bildete das Zeitgeschehen satirisch ab. Zu seinen Lithographien zählen Christus, Maria und die 12 Apostel nach den Standbildern im Domchore zu Köln, (14 Blatt, Text von August - » Reichensperger, 1842). DP A K L

E l l e n b e r g e r , Hugo, österr. Schriftsteller, Dozent, * 5 . 2 . 1903 Wien, t 1 8 . 3 . 1 9 7 7 Wien. Nach dem Studium der Germanistik und Psychologie an der Univ. Wien wandte sich E. der Volksbildung zu und war mehr als vier Jahrzehnte als Dozent an Volkshochschulen (vor allem an der Urania) tätig. 1945 erhielt er den Professorentitel, seit 1959 lehrte er an der A k a d e m i e für Angewandte Kunst in Wien Deutsch und Staatsbürgerkunde. Er moderierte Radiosendungen, hielt Vorträge und veröffentlichte u. a. Wien - Weltstadt an der Donau (1956), Wiener Musikergedenkstätten (1957) und Fünfzehn Spaziergänge durch Wiens Innenstadt ( 4 1969).

E l k a r t , Karl, Architekt, * 1 5 . 9 . 1 8 8 0 Altshausen (Württemberg), t 12.6. 1959 Hannover. Nach Abschluß der Studien (1907) an der T U Stuttgart wurde E. Staatsbaumeister in Hamburg, wechselte 1912 als Stadtbaumeister nach Bochum und wurde 1918 als Stadtbaurat nach Spandau berufen. Nach dreijähriger Tätigkeit als Städtebaudirektor in Berlin, verantwortlich u. a. f ü r die Stadtplanung, wurde er 1925 Stadtbaurat und Senator in Hannover und war 1927-30 Vorsitzender des Architektenund Ingenieur-Vereins Hannover, seit 1929 Honorarprofessor an der T H Hannover. E. veröffentlichte u. a. Neues Bauen in Hannover (1929) und errichtete u . a . das Verwaltungsgebäude des Elektrischen Werkes Westfalen in B o c h u m . m AKL E l l , Erik G., österr. Journalist, * 3 . 5 . 1911 Wien, t 2 4 . 5 . 1 9 8 2 N e w York. Der Stiefsohn von Alfred - > Polgar arbeitete bereits als Schüler für den Sportteil des „Wiener Extrablatts" und der „Mittagszeitung", war Assistent Sigmund —> Freuds bei dessen Werk Das Unbehagen in der Kultur und siedelte dann nach Berlin über, w o er sein eigenes Kabarett „Peter, Bubi und ich" leitete. 1940 emigrierte E. nach N e w York und gründete ein Atelier für Modephotographie. Seit 1969 berichtete er f ü r den Springer-Auslandsdienst über Film, Theater und Sport. E l l e n b e r g , Heinz, Botaniker, * 1 . 8 . 1 9 1 3 Harburg (heute zu Hamburg), t 2 . 5 . 1997 Göttingen. E „ Sohn eines Mittelschullehrers, studierte in Montpellier, Heidelberg und Hannover, wurde 1940 in Göttingen mit der Dissertation Über Zusammensetzung, Standort und Stoffproduktion bodenfeuchter Eichen- und BuchenMischwaldgesellschaften Nordwestdeutschlands promoviert und habilitierte sich 1948 bei Heinrich —» Walter in Stuttgart-

E l l e n b e r g e r , Jakob, Erfinder, Elektroingenieur, Unternehmer, * 5 . 6 . 1905 R u c h h e i m / P f a l z , t 1 0 . 2 . 1 9 7 5 Nürnberg. E. ging 1919-24 bei der Brown, Boveri Cie. A G in Mannheim-Käfertal in die Lehre und studierte 1924-27 Elektrotechnik, 1 9 2 8 / 2 9 Betriebswirtschaft. 1929-32 arbeitete er als Konstrukteur für elektrische Schaltapparate, 1933-45 als Betriebsleiter und Elektroingenieur bei der I. G. Farbenindustrie A G , Ludwigshafen. Von 1945 bis Mitte 1948 betätigte er sich in der Landwirtschaft und bereitete mit Harald A. —»Poensgen die Unternehmensgründung der Ellenberger & Poensgen G m b H vor. Die Spezialfabrik für Schutzschalter begann im August 1948 mit der Produktion in Altdorf bei Nürnberg. Der innovative Konstrukteur E. besaß zahlreiche Patente; deren globale Vermarktung wurde mitgetragen durch die Gründung von Produktionsstätten in den U S A (1955). Das Familienunternehmen E - T - A Elektrotechnische Apparate G m b H ist Zulieferer elektromechanischer und elektronischer Sicherheitskomponenten f ü r eine Vielzahl von Branchen in marktführender Stellung. E l l e n b e r g e r , Wilhelm, Veterinärmediziner, * 2 8 . 3 . 1 8 4 8 Beiseförth bei Kassel, t 5 . 5 . 1929 Dresden. E., Sohn eines Bauern und Gastwirts, studierte an der Tierarzneischule und der Univ. Berlin, wurde zum Dr. med. und zum Dr. phil. promoviert und war nach seiner Teilnahme am Feldzug 1 8 7 0 / 7 1 kurzzeitig als Tierarzt tätig. 1879 erfolgte seine Berufung als Prof. der Veterinärmedizin an die Tierarzneischule Berlin, 1882 wechselte er an die Tierärztliche Hochschule in Dresden. 1896-1924 war er dort Hochschuldirektor, sorgte für den Anschluß der erweiterten Fakultät an die Univ. Leipzig und erreichte die akademische Anerkennung der Veterinärmedizin (Habilitationsordnung 1903, Promotionsordnung 1907). E. baute die Veterinärhistologie auf, beschäftigte sich grundlegend mit vergleichender Veterinäranatomie und Physiologie und veröffentlichte u . a .

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Eilenbog Handbuch der vergleichenden Histologie und Physiologie der Haussäugetiere (1887-92, M 921) und Topographische Anatomie des Pferdes (2 Tie., 1893-97, zusammen mit Hermann —>Baum). Seit 1908 war E. Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. DP N D B E i l e n b o g , Nikolaus, auch Cubitus, Cubitensis, Benediktiner, Humanist, * 18.3. 1481 Biberach (Württemberg), t 6 . 6 . 1543 Ottobeuren. Der Sohn Ulrich - > E . s trat nach d e m Philosophie- und Medizinstudium an den Universitäten Heidelberg (1497), Krakau (1501) und Montpellier ( 1 5 0 2 / 0 3 ) 1504 in den Benediktinerorden ein und wurde 1506 zum Priester geweiht. Er hatte im Kloster Ottobeuren verschiedene Ämter inne (Prior, Ö k o n o m , Novizenmeister), leitete seit 1509 die Klosterdruckerei und gründete 1543 die nur kurz bestehende Univ. der schwäbischen Benediktinerabteien. E., überzeugter Humanist, führte mit zahlreichen Gelehrten einen ausführlichen Briefwechsel, u . a . mit —>Erasmus von Rotterdam, Conrad —> Peutinger, Johannes —> Reuchlin, Johannes —> Eck, Jakob —> Locher, war entschiedener Gegner der Reformation und polemisierte gegen —> Zwingli und Johannes —> Oekolampad. • P Leb Schwaben, Bd 5 E i l e n b o g , Ulrich, auch Ellbogen, Elpogen, Mediziner, * 1435 Feldkirch (Vorarlberg), f 19. 1.1499 M e m m i n g e n . E. studierte zunächst an den Universitäten Wien (1450) und Heidelberg (1453), wurde 1455 Magister artium, ging zum Medizinstudium nach Italien und wurde 1459 in Pavia zum Dr. med. promoviert. Er praktizierte zunächst in Feldkirch, vermutlich seit 1464 in M e m m i n g e n und wurde 1470 in Augsburg Arzt des Bischofs sowie des Domkapitels. Zu seinen weiteren Patienten zählten der Abt von St. Ulrich, vor allem jedoch Herzog Johann von Bayern, der ihm vermutlich die B e r u f u n g an die Univ. Ingolstadt verschaffte, w o E. 1 4 7 2 / 7 3 lehrte. Seit 1473 wieder ausschließlich in Augsburg praktizierend, ging er 1478 nach Biberach und 1481 nach M e m m i n g e n . E. war auch Leibarzt Erzherzog —> Sigmunds von Tirol. Er verfaßte umfangreiche medizinische Abhandlungen; seine Schrift Von den gifftigen Besen Temmpffen und Reüchen der Metal von 1473 gilt als erstes gewerbehygienisches Merkblatt der Weltliteratur. E. war der Vater von Nikolaus - > E . OD L e x M A E l l e n b o g e n , Wilhelm, Mediziner, Politiker, Schriftsteller, * 9 . 7 . 1863 Lundenburg (Mähren), f 2 5 . 2 . 1951 N e w York. Nach d e m Medizinstudium an der Univ. Wien wurde E., Sohn eines Volksschullehrers, 1888 promoviert und war bis 1934 als Arzt tätig. Er wurde durch Karl —» Kautsky mit den Zielen der Arbeiterbewegung vertraut gemacht und trat 1888 der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei bei. 1891 wurde er Leiter des Unterrichtsverband der Arbeiterbildungs- und Fachvereine Wiens, eines Vorläufers der Bildungszentrale. Er beteiligte sich an der sozialdemokratischen K a m p a g n e zur Einführung des allgemeinen Wahlrechts und war 1901-18 Mitglied des Reichsrats, seit 1907 Mitglied des Staatseisenbahnrats. 1918-34 war er Mitglied der Provisorischen Nationalversammlung bzw. des Nationalrats. 1919 wurde er Unterstaatssekretär für Handel und Gewerbe, Industrie und Bauten, 1920 Staatssekretär und - als Nachfolger Otto —> Bauers - Präsident der Staatskommision für Sozialisierung. E. emigrierte 1938 nach Frankreich, 1940 in die USA. Er veröffentlichte u. a. Die Fortschritte der Gemeinwirtschaft in Osterreich (1922), Faschismus. Das faschistische Italien (1923) und Weltkrise und Wirtschaftskrise in Osterreich (1927). 1981 erschien Menschen und Prinzipien. Erinnerungen, Urteile und Reflexionen eines kritischen Sozialdemokraten (bearb. und eingel. von Friedrich Weissensteiner). c n Lex dt-jüd Autoren

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E l l e n d , Bernhard, österr. Fabrikant, Politiker, * 1 2 . 1 . 1 8 6 9 Gösting (Niederösterreich), t 2 7 . 7 . 1950 Wien. E. gründete 1893 als Glasermeister ein Unternehmen, das sich bis 1921 zur Feistritzer Glashütten A G entwickelte. Politisch interessiert, Schloß sich E. frühzeitig der Christlichsozialen Partei an, wirkte zwischen 1901 und 1930 als Bezirks-, Armen- und Gemeinderat in Wien und war 1930-33 Abgeordneter zum Nationalrat. Als Präsident des Wiener Gewerbegenossenschaftsverbandes und des Hauptverbandes der Gewerbetreibenden Österreichs gehörte er zu den führenden Mittelständlern des Landes. 1938 zog er sich ins niederösterreichische Pöggstall zurück. DP Ö B L E l l e n d t , Friedrich Theodor, Historiker, Pädagoge, * 6 . 1 . 1796 Kolberg (Pommern), t 1 1 . 5 . 1 8 5 5 Eisleben. Der Sohn eines Organisten und Salinensekretärs und Bruder Johann Ernst —>E.s studierte an der Univ. Königsberg Philologie, Philosophie und Geschichte, wurde 1819 zum Dr. phil. promoviert und habilitierte sich im selben Jahr. 1819-25 war er Lehrer am Königsberger G y m n a s i u m , lehrte seit 1825 als a. o. Prof. der Altertumswissenschaft an der dortigen Univ. und ging 1835 nach Italien. Nach seiner Rückkehr wurde er Direktor des G y m n a s i u m s in Eisleben. E. veröffentlichte pädagogische und philologische Arbeiten (Lexicon Sophocleum, 1872, Nachdr. 1986) sowie eine Lateinische Grammatik für untere Classen (1838, 7H 1928), welche überarbeitet fast hundert Jahre an deutschen Schulen verwendet wurde. DP Altpreuß Biogr, Bd 1 E l l e n d t , Johann Ernst, Pädagoge, * 1 8 . 2 . 1 8 0 3 Kolberg (Pommern), t 2 7 . 4 . 1863 Königsberg. Der Bruder Friedrich Theodor —»E.s studierte seit 1820 an der Königsberger Univ. Philologie und beschäftigte sich vor allem mit der griechischen Sprache. Seit 1825 war er Lehrer an der Kneiphöfschen höheren Bürgerschule und wurde 1838, nachdem die Schule 1831 in das Altstädtische G y m nasium umgestaltet worden war, dessen Direktor. E. veröffentlichte Arbeiten über H o m e r und Arrian (Drei Homerische Abhandlungen, 1864); sein Hauptwerk Loci paralleli ad Homert carmina blieb unveröffentlicht. OD Altpreuß Biogr, Bd 1 E l l e n h a r d , Bischof von Freising, ΐ 11.3. 1078. E. entstammte vermutlich einem sich später „von Tirol" nennenden Grafenhaus und empfing 1052 die Bischofsweihe. Er führte im Stift St. Andrä in Freising Kanoniker ein und dotierte das Stift mit Gütern, Paramenten und Handschriften. Einige Handschriften entstanden nachweislich auf seine Veranlassung hin oder wurden von ihm für die Freisinger Bibliothek erworben. E. war im Investiturstreit Anhänger —> Heinrichs IV., gehörte zu den 26 Bischöfen, die den Absagebrief (1076) an Papst Gregor VII. unterzeichneten und wurde von Heinrich IV. mit Besitzungen in Niederösterreich beschenkt. m NDB E l l e n h a r d , Geschichtsschreiber, * um 1240 Straßburg, t Mai 1304 Straßburg. E. stammte aus einer bürgerlichen Ministerialenfamilie in Straßburg und war 1294-1303 für das Stiftungsvermögen des Straßburger Münsterbaus zuständig und seit 1292 Pfleger der A r m e n p f r ü n d e des Münsters. Seine Bedeutung liegt in der Initiierung einer zwischen 1290 und 1299 entstandenen Sammelhandschrift mit lateinischen historiographischen Werken und Notizen. Der Ellenhard-Codex ist ein Beispiel früher bürgerlicher Zeitgeschichtsschreibung, in der E. teilweise selbsterlebte Ereignisse schilderte. Ziel der S a m m l u n g war die Einbindung der Straßburger Stadt- und Bistumsgeschichte in die Reichs- und gar Weltgeschichte; sie diente späteren Chroniken bis zum Beginn des 16. Jh. als Quelle und Vorlage. c n Killy

Eilermann Ellenrieder, (Anna) Marie, Malerin, * 20.3.1791 Konstanz, t 5.6.1863 Konstanz. Ersten Unterricht erhielt E„ Tochter eines Uhrmachers, 1810-13 beim Miniaturmaler Joseph Einsle; durch Vermittlung des Konstanzer Bischofs von Wessenburg wurde sie 1813 als erste weibliche Schülerin an der Münchner Akademie aufgenommen, wo sie bei Johann Peter von —» Langer studierte. 1816-22 übernahm sie Porträtaufträge im süddeutschen Raum. 1822-24 Schloß sie sich in Rom dem Kreis um Johann Friedrich —> Overbeck an und setzte sich intensiv mit Raffael und Fra Angelico auseinander, wobei die Porträtmalerei hinter die Darstellung religiöser Motive zurücktrat. Über Florenz kehrte E. nach Deutschland zurück, wurde 1829 zur badischen Hofmalerin ernannt und lebte nach einem neuerlichen Aufenthalt in Rom bis an ihr Lebensende zurückgezogen in Konstanz. Ihre religiösen Darstellungen - besonders die Madonnendarstellungen - zeichnen sich durch eine innige Empfindung, anmutige Form und harmonische Farbgebung aus. Das Altarbild Steinigung des hl. Stephanus (1828) in der kath. Pfarrkirche zu Karlsruhe gilt als Hauptwerk der Künstlerin, die als eine der bedeutendsten Malerinnen Deutschlands in der ersten Hälfte des 19. Jh. geschätzt wird. DD AKL Eller, Elias, Fabrikant, Gründer der Ronsdorfer Sekte, * 30.6.1690 Elberfeld (heute zu Wuppertal), t 16.5. 1750 Ronsdorf (heute zu Wuppertal). E., Sohn eines Kaufmanns, erlernte die Florettbandwirkerei und wurde dann Werkmeister der Florettbandfabrik Bolkhaus in Elberfeld, später durch Einheirat deren Mitinhaber. Er rief in Elberfeld die pietistisch-theosophische Gemeinde „Philadelphische Societät" ins Leben. Ihr gehörte auch E.s zweite Frau Anna vom —> Büchel an, die in Trance verkündete, daß das Ehepaar E. auserwählt sei, das neue Reich Zions zu gründen und Eltern des wiedergeborenen Messias zu werden. Nach dem Tod seines Sohnes, des angekündigten Messias, und Konflikten mit der reformierten Gemeinde ging E. 1737 mit zunächst fünfzig Elberfelder Familien nach Ronsdorf und errichtete eine Florettbandfabrik sowie eine Siedlung, die 1745 vom pfälzischen Kurfürsten Stadtrechte erhielt. E. herrschte seit 1747 diktatorisch als Bürgermeister, brachte der Gemeinde jedoch wirtschaftlichen Aufschwung. Erst nach E.s Tod trennte sich seine zionistische Gemeinde von der reformierten Kirche. t u Wuppertal Bio, Bd 2 Eller, Johann Theodor, Militärarzt, * 26. 11. 1689 Plötzkau (Anhalt), t 13.9.1760 Berlin. E., Sohn eines Schankwirts, studierte zunächst die Rechte, dann Naturwissenschaften und Medizin an den Universitäten Halle, Leiden, Paris und London (Promotion 1716, De liene). 1721 wurde er Leibarzt und Physikus in Bernburg, wo er als einer der ersten in Deutschland die Pockenimpfung durchführte. Seit 1724 Arzt am Berliner Friedrichs-Hospital, lehrte er als Prof. der Inneren Krankheiten am Collegium Medico-Chirurgicum und arbeitete zusammen mit Georg Ernst —> Stahl das Medizinaledikt (1725) aus. E. wurde 1735 Direktor der Physikalischen Klasse der Sozietät der Wissenschaften und war Leibarzt der preuß. Könige, seit 1735 Generalfeldstabsmedikus und Leiter des Medizinalwesens. 1738 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er engagierte sich für die wissenschaftliche Förderung der Chirurgie und veröffentlichte zahlreiche Arbeiten, u. a. Nützlich und auserlesene medicinische und chirurgischen Anmerckungen so wohl von innerlichen, als auch äußerlichen Kranckheiten (1730), Physiologia et pathologia medica (1748, 3 1770), Vollständige Chirurgie (2 Tie., 1763) und Ausübende Arziieiwissenschaft (1777). DP NDB

Eller, Louis, österr. Musiker, * 9.6. 1820 Graz, t 12.7.1862 Pau/Pyrenäen. E. war Violinschüler von Franz Eduard Hysel in Graz, hatte seinen ersten Auftritt bereits als Sechsjähriger, spielte 1836 in Wien und war seit 1842 Konzertmeister in Salzburg. Er unternahm Konzertreisen in die Schweiz, nach Frankreich, nach England und innerhalb Deutschlands. E. komponierte zahlreiche Violinsoli, u.a. Menuet sentimental (op. 12). m ÖML Eller, Rudolf, Musikwissenschaftler, * 9.5.1914 Dresden, t 24.9.2001 Rostock. E. studierte 1934-36 an der Orchesterschule der Sächsischen Staatskapelle u.a. Orgel, Komposition und Chordirigieren, 1936-41 an den Universitäten Leipzig und Wien Musikwissenschaft (bei Helmut Schulz, Heinrich —»Husmann, Robert ->Lach, Leopold -> Nowak), Kunstgeschichte, Geschichte und Philosophie. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg seit 1941 arbeitete er seit 1945 am Musikwissenschaftlichen Institut der Univ. Leipzig, wo er 1947 mit der Dissertation Die Konzertform Johann Sebastian Bachs promoviert wurde und seit 1953 Dozent war. 1952 wurde er Gastdozent und kommissarischer Leiter des Musikwissenschaftlichen Instituts in Rostock und habilitierte sich 1957 in Leipzig mit der Arbeit Das Formprinzip des Vivaldischen Konzerts. 1959 wurde E. Dozent an der Univ. Rostock, 1962 Prof. mit Lehrauftrag und 1970 o.Professor. 1956-61 war er Berater und Übersetzer u.a. einer deutschsprachigen Chopin-Gesamtausgabe und gab 1966-77 das „Deutsche Jahrbuch der Musikwissenschaft" heraus. 1994 wurde E. zum Ehrenmitglied der Gesellschaft für Musikforschung, 1996 der Neuen Bachgesellschaft ernannt. CD MGG Ellerbeck, Leopold Ernst, Ingenieur, * 14. 1. 1872 Bromberg, f 8.5. 1945 Berlin-Wilmersdorf. E., Sohn eines Kreisgerichtsrats, studierte an den Technischen Hochschulen Hannover und Berlin, machte die Baumeisterprüfung (1899) in Berlin, wurde 1918 an der dortigen TH zum Dr.-Ing. promoviert (Von der Schrumpfarbeit am Fachwerk) und arbeitete in Münster, Kosel und Potsdam sowie als Bauleiter beim Neubau der Memelbrücke in Tilsit. Acht Jahre lang Vorstand der Wasserbauinspektion Meppen, wurde er 1916 Regierungs- und Baurat in Berlin, 1921 Ministerialrat und war bis 1937 im Reichsverkehrsministerium, Abteilung Wasserstraßen, als Sachbearbeiter für Brückenbau, Statikprobleme sowie wissenschaftliche Fragen des Baustoffwesens zuständig. Während E.s Amtszeit entstand das Schiffshebewerk Niederfinow (1934 eröffnet). Er gehörte der Deutschen Gesellschaft für Bodenmechanik und dem Deutschen Normenausschuß an. E. war Esperantist und befürwortete Esperanto als Weltsprache. Er veröffentlichte u. a. Erläuterungen zu den preußischen Hochbaubelastungsvorschriften 1919 (1920, 2 1921), Lehrgang des Esperanto (2 Tie., 1920), Stellungnahme zu Erwin Ritters Vorschlägen für eine Weltverkehrssprache (1933) und Hundert Hefte der Schriftenreihe des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (mit Otto Graf, 1944). m NDB Ellermann, Heinrich, Verleger, * 12.2.1905 Hamburg, t 13.8.1991 Vaduz. E. Schloß das Studium der Psychologie und Philosophie mit der Promotion zum Dr. phil. ab. 1934 gründete er in Hamburg mit der Reihe „Das Gedicht. Blätter für die Dichtung" (1934-44) den Heinrich Ellermann Verlag. Schwerpunkt des frühen Verlagsprogramms war der Expressionismus; E. übernahm 1938 aus dem aufgelösten Kurt —> Wolff Verlag die Rechte am Werk Georg ->Heyms und Ernst —»Stadlers, deren Werkausgaben er aber erst in den sechziger Jahren herausbringen konnte. Bis zur kriegsbedingten Schließung des Verlags 1944 verlegte er u.a. Elisa-

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Ellermann beth —»Langgässer, Paula —> Ludwig, Peter —> Hüchel, Eberhard - > Meckel, Georg - > B r i t t i n g , Albrecht - > G o e s , Karl —> Krolow, Franz —> F ü h m a n n und Hermann —> Lenz. Nach d e m Zweiten Weltkrieg erhielt E. als einer der ersten Verleger eine Lizenz und verlegte zunächst Schulbücher für die britische Besatzungszone, später auch Lyrik, Belletristik und Sachbücher. Seit 1961 erschien die „Kleine russische Bibliothek". In den sechziger Jahren wandte er sich verstärkt d e m Kinder-, vor allem aber d e m Bilderbuch zu. 1967 verkaufte E. seinen Verlag an Berthold und Christa —> Spangenberg („Nymphenburger Verlagshandlung"). DP L G B E l l e r m a n n , Johann Arnold, K a u f m a n n , Reeder, * vor 1700 Venne bei Osnabrück, t Hamburg (?). E. ließ sich Anfang der zwanziger Jahre des 18. Jh. im südspanischen Atlantikhafen Cádiz nieder; sein Bruder Hermann war zeitweise in Hispanoamerika, der Bruder Georg Heinrich in Nordspanien, der Bruder Justus in Amsterdam tätig. E. ging in den dreißiger Jahren von Cádiz nach Hamburg, während Brüder und Neffen ihn in der spanischen Niederlassung vertraten. Sein dortiges Handelshaus und die Hamburger Reederei wurden von Nachfahren bis ins 19. Jh. weiter betrieben. In Hamburg war E. in der C o m m e r z d e p u tation (der Vorläuferin der heutigen Handelskammer) aktiv und wurde 1744 zu ihrem Präses gewählt. Er erreichte u . a . die A b s c h a f f u n g des vom Senat favorisierten starren Systems der Hamburger Convoyschiffahrt (militärisch gesicherte, einmal jährlich nach Spanien und ins Mittelmeer segelnde Handelsflotten) und die staatliche Förderung des Baus bewaffneter Handelsfregatten, die den gefürchteten nordafrikanischen Seeräubern auch ohne Geleitschutz widerstehen konnten. Entsprechend subventioniert, ließ er 1746 gemeinsam mit Jakob Albert B o k e die Fregatte „Augusta Coeli" bauen. 1752-61 war E. Mitglied des Hamburger Verfassungsorgans der „Sechziger". Er könnte ein Vertreter der westfälischen Töddenhändler gewesen sein, die aus dem Raum Osnabrück und Tecklenburg stammten und ihre Geschäfte üblicherweise im Hausierhandel mit westfälischen Leinenstoffen begannen. A u s dieser Tradition gingen bedeutende Unternehmen wie z . B . das Konfektionskaufhaus „ C & A " hervor. E. und seine Nachfahren betrieben in Cádiz, einem der wichtigsten europäischen Kolonialhandelshäfen des 18. Jh., das größte der dort ansässigen deutschen Handelshäuser. Sie exportierten mitteleuropäische Manufakturwaren, vor allem aber Leinen, nach dem spanischen Amerika und nach Afrika. E l l e r t , Gerhart, eigentl. Gertrud Schmirger, österr. Schriftstellerin, * 26. 1. 1900 Wolfsberg (Kärnten), f 7 . 5 . 1975 Wolfsberg. Die Arzttochter studierte Medizin und Geschichte in Graz und Wien und betrieb nach der Rückkehr nach Wolfsberg seit 1922 eine Baumschule. In E.s Dramen und zahlreichen zum Teil für die Jugend bearbeiteten - historischen und biographischen R o m a n e n (u.a. Der Zauberer, 1933, '"1956, Neuausg. 1981; Wallenstein, 1937, ' Ί 9 5 2 , Neuausg. 2 1977; Richelieu, 1948, 3 1956, Neuausg. 1973) steht zumeist eine starke historische Persönlichkeit im Zentrum, die sich gegen widrige Umstände durchzusetzen vermag. 1959 erhielt E. den Österreichischen Staatspreis f ü r Kinder- und Jugendliteratur. CD Killy E l l i n g e r , Abt von Tegernsee, * u m 9 7 5 / 8 0 , t 13.5. 1056 Tegernsee (Oberbayern). Aus einem Briefwechsel mit seinem Lehrer —»Froumund wird ersichtlich, daß E. sehr jung bereits M ö n c h in Tegernsee (997) war. Er hielt sich zur weiteren Ausbildung in Augsburg auf, wo er sich dem Kopieren mittelalterlicher Autoren widmete, und war 1012-16 in Würzburg ansässig. Z u m Besuch Kaiser —» Heinrichs II. in Bamberg schrieb er zwei Begrüßungsgedichte und wurde 1017 Abt von Tegernsee.

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1026 vermutlich auf Betreiben des benachbarten bayerischen Adels abgesetzt, wurde E. 1031 neuerlich als Abt bestätigt und mit der Wiedererrichtung Benediktbeuerns betraut. Er war ein erfolgreicher Verwalter seines Klosters, legte u . a . ein Salbuch an und initiierte den Tegernseer Reformkreis innerhalb der Klosterreform von Gorze-Cluny. E. lebte, 1041 auf Betreiben des Freisinger Bischofs wiederum abgesetzt, bis zu seinem Tod im Kloster Tegernsee und war Verfasser einiger Gedichte und Briefe. CD V L E l l i n g e r , Alexander, Pharmakologe, Mediziner, * 17.4. 1870 F r a n k f u r t / M a i n , t 2 6 . 7 . 1923 F r a n k f u r t / Main. E., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1887 in Berlin und Bonn Naturwissenschaften (Promotion 1892, Über einige Condensationsproducte aus Amidoacetal), danach Medizin in München, ging 1895 an das Pharmakologische Institut nach Straßburg und wurde 1897 Assistent von M a x —>Jaffé am Laboratorium für medizinische C h e m i e und experimentelle Pharmakologie an der Univ. Königsberg. 1898 zum Dr. med. promoviert (Ueber das Vorkommen des Bence-Jonesschen Körpers im Harn bei Tumoren des Knochenmarks und seine diagnostische Bedeutung), habilitierte er sich im folgenden Jahr, wurde 1911, nach Jaffés Tod, dessen Nachfolger und folgte 1914 einem Ruf an die neugegründete Univ. Frankfurt als Ordinarius für Pharmakologie. E. beschäftigte sich vor allem mit der pharmakologischen und physiologischen Chemie, mit Problemen der Fäulnis, Lymphbildung und der Wirkung der Bromverbindungen, entdeckte 1907 die Konstitution des Eiweißspaltungsprodukts Tryptophan und widmete sich der Immunitätsforschung sowie der Therapie von Kampfgasvergiftungen. Er war bearbeitete mit Karl Neubauer und H u g o —»Huppert Analyse des Harns (2 Bde., 1913) und war Mitherausgeber des Handbuchs der normalen und pathologischen Physiologie mit Berücksichtigung der experimentellen Pharmakologie (18 Bde., 1925-32). DD DBJ, Bd 5 E l l i n g e r , Andreas, Arzt, Dichter, * 1526 Orlamünde (Thüringen), t 12.3. 1582 Jena. E. studierte zunächst in Wittenberg (Magister 1549), dann in Leipzig Medizin, wurde 1557 zum Dr. med. promoviert und war zunächst a. o. Prof., seit 1569 o. Prof. der Medizin in Jena. Neben seiner Lehrtätigkeit trug er vermutlich zur Verbreitung der Heilkunde des —» Paracelsus bei, fand im Umfeld —» Melanchthons und seines Dichterkreises zur Poesie und bemühte sich um die Wiederbelebung der altchristlichen Hymnendichtung. E. veröffentlichte u. a. Hippocratis prognosticorum paraphrais poetica cum C. Celsi aliquot Hippocratis prognosticorum versione latina ( 1579) und Consilia medica (1604) und gab die umfangreiche S a m m l u n g Hymnorum ecclesiasticorum libri III (1578) heraus. CD Killy E l l i n g e r , Anselm, Mathematiker, Meteorologe, * 2 0 . 1 1 . 1 7 5 8 Geisenhausen bei Landshut, t 2 8 . 4 . 1816 München. Nach d e m Studium der Theologie und Naturwissenschaften wurde E., inzwischen Mönch des Benediktinerklosters Wessobrunn, Prof. der Mathematik und Physik an verschiedenen Institutionen in München, u . a . 1813 in Vertretung des Astronomen Carl Felix von —»Seyffer an der Sternwarte Bogenhausen. In seinen Forschungen beschäftigte sich E. vor allem mit meteorologischen T h e m e n . Zu seinen Publikationen gehören Ober die Anwendung und Wirksamkeit der Elektrizität bey Augenkrankheiten (1794), Beiträge zur Erläuterung der Vorstellung von Wetterwolken und Blitzen (1806), Beyträge Uber den Einfluß der Himmelskörper auf unsere Atmosphäre (3 Hefte, 1814-16) und Von den bisherigen Versuchen über längere Voraussicht der Witterung. Eine geschichtliche Skitze mit Bemerkungen (1815).

Ellmenreich E l l i n g e r , Georg (Jacob), Literarhistoriker, * 3 0 . 8 . 1859 Quedlinburg, t 1 0 . 1 1 . 1 9 3 9 Berlin. E., Sohn eines K a u f m a n n s , studierte nach anfänglichem Geschichtsstudium Deutsche Philologie an der Univ. Berlin, wurde 1884 zum Dr. phil. promoviert (Das Verhältnis der öffentlichen Meinung zu Wahrheit und Lüge im 10., II. und 12. Jahrhundert) und war seit 1887 Lehrer für Deutsch und Geschichte an höheren Schulen in Berlin; 1919 wurde er wegen eines Augenleidens beurlaubt. Er veröffentlichte Biographien, u . a . über E . T . A . —»Hoffmann und —»Angelus Silesius, dessen Werke er auch herausgab. E. war Mitarbeiter der von Julius Elias herausgegebenen „Jahresberichte für neuere deutsche Literaturgeschichte", Mitherausgeber der „Berliner Neudrucke" ( 1887-91 ) und arbeitete über den Humanismus. Sein Hauptwerk Geschichte der Neulateinischen Literatur im 16. Jahrhundert (3 Bde., 1929-33) blieb Fragment. Nach d e m Erhalt des Bescheids, sich zur Deportation nach Theresienstadt einzufinden, nahm sich E. das Leben. CD I G L E l l i n g e r , Philipp, Pharmakologe, Toxikologe, * 18.6. 1887 F r a n k f u r t / M a i n , t 1 2 . 9 . 1 9 5 2 London. E. wurde nach Abschluß seines naturwissenschaftlichen Studiums an der Univ. München 1911 zum Dr. phil. (Untersuchungen an einfach ungesättigten Kohlenwasserstoffen, Säuren und Estern mit semicyclischer Doppelbindung), 1913 nach dem Medizinstudium in Heidelberg zum Dr. med. promoviert und trat nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg in das Pharmakologische Institut der Univ. Heidelberg ein. Er habilitierte sich 1921 für Pharmakologie, Balneologie und Klimatologie und wurde 1925 a. o., 1931 o . P r o f . und Direktor des Pharmakologischen Instituts. Nach seiner Emigration nach England 1933 war E. als Pharmakologe am Lister Institute of Preventive Medicine in London tätig. 1939 wurde er britischer Staatsbürger. E. beschäftigte sich mit Zellatmung, Nierenphysiologie und -pharmakologie, Intravitalmikroskopie, entdeckte und identifizierte mit Walter Koschara das Riboflavin und untersuchte die Bedingungen der Vitaminmangelkrankheit Pellagra. Er veröffentlichte u. a. eine Monographie zur pharmakologischen und experimentellen Theraphie (1936). CD Ärzte 2, 3 E l l i n g h a u s , (Hermann Bernhard) Wilhelm, Jurist, * 2 7 . 6 . 1 8 8 8 Coesfeld (Westfalen), t 8 . 9 . 1961 Karlsruhe. Nach d e m Studium an den Universitäten München, Berlin, Freiburg/Breisgau und Münster wurde E. Gerichtsreferendar, danach Gerichtsassessor und arbeitete 1918-28 in Hagen als Rechtsanwalt und Notar. Er war 1928-30 Landrat, 1930-33 Regierungsvizepräsident, wurde 1933 von den Nationalsozialisten entlassen und praktizierte anschließend in Hannover als Rechtsanwalt. Nach d e m Zweiten Weltkrieg wurde E. Regierungspräsident von Hannover, 1946 Generalinspekteur f ü r die Entnazifizierung sowie niedersächsischer Justizminister. 1947 sozialdemokratischer Landtagsabgeordneter, wurde er 1951 Richter am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. CD Munzinger E l l i s s e n , (Georg Anton) Adolf, Pseud. Diezmann, A. Marx, Philologe, Byzantinist, Politiker, * 1 4 . 3 . 1 8 1 5 Gartow (Kr. Dannenberg), t 5. 11. 1872 Göttingen. E., Sohn eines Landphysikus und H o f m e d i k u s , studierte vorübergehend Medizin, seit 1834 Geschichte und Philologie in Göttingen und Berlin, erlernte Chinesisch und Neugriechisch, brach 1836 das Studium ab und reiste nach Paris und Athen. 1846 in Heidelberg promoviert, wurde er 1847 an der Universitätsbibliothek Göttingen angestellt, deren Sekretär er seit 1852 war. 1848 war E. Deputierter im Frankfurter Parlament, leitete 1 8 4 8 / 4 9 das „Göttinger Bürgerblatt" und gehörte als Liberaler 1849-55 der hannoverschen Ständevers a m m l u n g an, deren Präsident er 1 8 5 4 / 5 5 war. 1863 gehörte

er der Vorsynode des Hannoverschen Landtags, 1866 d e m Hannoverschen Provinziallandtag und bis 1870 d e m preuß. Abgeordnetenhaus an. Daneben beschäftigte sich E. mit byzantinistischer Literatur und gab Analekten der mittel- und neugriechischen Literatur (5 Bde., 1855-62) heraus. CD N D B E l l m e n r e i c h , (Franz Ludwig) Albert, Pseud. Alberti, M. L. Erich, Dr. Micheler, Z. Weien, Sänger, Theaterdirektor, * 1 0 . 2 . 1 8 1 6 Karlsruhe, t 3 0 . 5 . 1 9 0 5 Lübeck. E., Sohn von Johann Baptist und Friederike - » E., trat 1833 in den Theaterchor in F r a n k f u r t / M a i n ein, erhielt im folgenden Jahr in Altenburg ein Engagement und kam über Nürnberg und Würzburg 1835 zu Karl Leberecht —» I m m e r m a n n nach Düsseldorf. 1836-60 wirkte er als Bassist am Schweriner Hoftheater, leitete das Theater in Rostock, war dann als Schauspieler, Sänger und Regisseur in Berlin, Rotterdam, F r a n k f u r t / M a i n , Danzig, Posen, Riga und Straßburg tätig und zog sich 1884 nach Lübeck zurück. E.s Hauptrollen waren Wallenstein, Macbeth, Nathan und Mephisto. Er komponierte Lieder, Chöre und komische Opern, u. a. Gundel oder Die beiden Kaiser (1849). E. war der Vater von Franziska - » E. CD N D B E l l m e n r e i c h , Erna, Sängerin, * 1885 Stuttgart, t April 1976 Berlin. Nach d e m Debüt 1908 als Marguerite in Gounods Faust am Hoftheater in Stuttgart blieb sie diesem Haus bis 1924 verbunden; wegen eines Konflikts mit der Theaterleitung brach sie ihre Karriere ab und trat nur noch als Gast auf. Während ihres Stuttgarter Engagements wirkte die Sopranistin in einer Reihe von Uraufführungen mit, u . a . 1912 in Richard —»Strauss' Ariadne aufNaxos, 1917 in Siegfried —»Wagners An allem ist Hütchen schuld und 1921 in Paul - » H i n d e m i t h s Mörder, Hoffnung der Frauen. CD Kutsch E l l m e n r e i c h , Franziska, Schauspielerin, * 28. 1. 1847 Schwerin, t 20. 10. 1931 H e r r s c h i n g / A m m e r s e e . Die Tochter Albert —»E.s löste nach dem Debüt in Meiningen 1862 und Stationen in Mainz und Kassel 1865 in Hannover Marie —» Seebach im Fach der Liebhaberin und Heroine ab. 1880 begründete sie bei den M ü n c h n e r Musteraufführungen ihren künstlerischen Ruf. Nach Gastspielen in London und den U S A spielte sie ohne festes Engagement in Hamburg, Berlin und Wien und beteiligte sich 1901 an der Gründung des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg. Dort gehörte sie bis 1912 zum Ensemble, 1915 nahm sie am Berliner Hoftheater Abschied von der Bühne. Zu ihren Rollen zählten die Jungfrau von Orleans, die Maria Stuart, die Iphigenie und die Minna von Barnhelm. CD N D B E l l m e n r e i c h , Friederike, Schauspielerin, Sängerin, Übersetzerin, * 2 4 . 1 0 . 1775 Kothen (Sachsen), t 5 . 4 . 1 8 4 5 Schwerin. E., Tochter eines Sängers und einer Schauspielerin, heiratete 1792 Johann Baptist —»E., und hatte ihr Debüt am Landestheater Prag. 1 7 9 5 / 9 6 trat sie im Theater auf der Wieden (Wien) auf und ging anschließend nach Italien. 1801 unternahm sie zusammen mit ihrem M a n n Kunstreisen durch Deutschland und nach Paris und London und gastierte 1805 in Straßburg, 1806 in Augsburg. 1807-11 trat E. wieder in Wien (Theater an der Wien), 1812-17 am Hoftheater in Karlsruhe auf, nun hauptsächlich als Schauspielerin, übernahm gelegentlich aber auch Tenorpartien (u. a. die des Tantino in —»Mozarts Zauberflöte). Nach Engagements am Thalia-Theater (1817) und am Stadttheater (1818-20) in Hamburg (dort u. a. als Lady Milford in —» Schillers Kabale und Liebe und als Orsina in —»Lessings Emilia Galotti), wirkte sie 1820/21 als Schauspielerin in M a n n h e i m und

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Ellmenreich 1821-36 in F r a n k f u r t / M a i n . Ihren Lebensabend verbrachte E. in Schwerin, wo sie Lustspiele schrieb und Operntexte ins Deutsche übertrug. Sie war die Mutter von Albert —»E. e n Kutsch E l l m e n r e i c h , Johann Baptist, Schauspieler, Sänger, * 1770 Neu-Breisach (Elsaß), t 1816 St. Petersburg. E. debütierte 1792 in der Oper Die Liebe im Narrenhaus in Düsseldorf, hatte 1793-1800 ein Engagement in Frankf u r t / M a i n und gastierte an zahlreichen Opernhäusern, u . a . 1795 in Berlin, 1800 in Weimar, Leipzig und Kassel, 1801 am Théâtre-Italien in Paris, 1802 in St. Petersburg. 1807-10 war er Hofkapellsänger in München, versuchte ohne Erfolg ein Opernensemble zu gründen, das ausschließlich Mozart-Opern aufführte, und ging über Paris, Amsterdam und London 1814 nach St. Petersburg, wo er auch als Schauspieler großen Erfolg hatte. Zu seinen wichtigsten Interpretationen zählten die Baß-Partien aus den Opern Cherubinis und der Leporello im Don Giovanni. E. war mit Friedericke -> E. verheiratet und der Vater von Albert —> E. • D Kutsch E l i m e r , Peter, Maler, Lithograph, * 2 0 . 9 . 1 7 9 3 Regensburg, t 18.6. 1872 Freising. Seit 1818 in Haidhausen (heute zu München) ansässig, bezog E. 1826 ein eigenes Wohnhaus mit Atelier und gehörte zu den Begründern einer Zeichenschule. Er war 1833 Mitglied der Gemeindeverwaltung in Haidhausen, übersiedelte 1846 nach Freising und betrieb dort ebenfalls eine Zeichenschule. Von E.s vielseitigem Werk sind zahlreiche Lithographien und Ölbilder überliefert, u . a . 16 Fresken zur Bayerischen Geschichte, das Turnierbuch Herzog Wilhelms von Bayern, Brand des Münchner Hoftheaters am 14. Jan. 1823 und Sendlinger Mordweihnacht 1705. CD A K L E l l r i c h s h a u s e n , (Wilhelm Julius) Ludwig Frh. von, Land- und Forstwirt, * 17.4. 1789 Assumstadt, t 11.4. 1832 Hohenheim (heute zu Stuttgart). E. studierte 1807-09 an der Forstschule des württembergischen Forstrats Georg Ludwig —>Hartig und unternahm mit ihm wissenschaftliche Exkursionen. Die Bewirtschaftung von E.s Land- und Forstbesitz galt im Inland- und Ausland als mustergültig. Er gründete ein privates Institut für Land- und Forstwirtschaft und wurde 1828 Direktor der kgl. Akademie Hohenheim. E. initiierte während seiner Amtszeit den Zusammenschluß der kgl. Akademie und seines privaten Instituts zu den Hochschulen für Land- und Forstwirtschaft in Hohenheim. 1825-31 gehörte er dem Landtag Württembergs an. 1826 wurde E. württembergischer Kammerherr. •3

Raberg

E l l r o d , German August, auch Ellrodt, evang. Theologe, Schriftsteller, * 2 2 . 9 . 1 7 0 9 Bayreuth, t 5 . 7 . 1 7 6 0 Bayreuth. E. studierte in Erlangen Philosophie, Mathematik sowie Theologie und wurde 1731 Prof. der Beredsamkeit, Dichtkunst und Physik am Gymnasium illustre in Bayreuth, 1740 Konsistorialrat. Nach zweijähriger Lehrtätigkeit als Prof. der Theologie und Poesie an der Akademie Bayreuth wechselte er, als die zur Univ. erhobene Akademie nach Erlangen verlegt wurde, dort auf eine Professur für Kirchengeschichte und wurde Superintendent in Erlangen. 1747 erhielt E. das Amt des Oberhofpredigers in Bayreuth und wurde im folgenden Jahr Generalsuperintendent, 1758 Gymnasialdirektor. Er veröffentlichte zahlreiche Schriften zur Klassischen Philologie, darunter De studio eloquentiae, nostra aetate florescente (1731). E l l s t ä t t e r , Moritz, Jurist, Politiker, * 1 1 . 3 . 1 8 2 7 Karlsruhe, t 14.6. 1905 Karlsruhe. E., Sohn eines Möbelhändlers, studierte Jura in Heidelberg und Bonn, war vorübergehend im badischen Finanzministe-

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rium tätig, trat 1856 in die Berliner Discontogesellschaft ein und wurde deren Syndikus. 1859-64 arbeitete er als Rechtsanwalt in Karlsruhe, wurde Assessor am Kreis- und Hofgericht Mannheim, 1866 unter Karl —» Mathy Ministerialrat im badischen Finanzministerium und 1868 nach dessen Tod Finanzminister. E. bewirkte zahlreiche finanzpolitische Reformen, u. a. führte er 1886 die allgemeine Einkommensteuer ein und reformierte die Verbrauchsteuer. Seit 1871 Mitglied des Bundesrats, wirkte er bei der Reichsgesetzgebung über das MUnzwesen mit. m Bad Bio, Bd 6 E l l w e i n , Thomas, Politik- und Verwaltungswissenschaftler, * 1 6 . 7 . 1 9 2 7 H o f / S a a l e , t 6. 1. 1998 Schliersee. E., Sohn eines Oberkonsistorialrats, nahm nach der Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft in Erlangen das Studium der Theologie, Geschichte und Rechtswissenschaft auf und wurde 1950 mit der Arbeit Das Erbe der Monarchie in der deutschen Staatskrise (gedruckt 1954) zum Dr. jur. promoviert. 1952 wurde er Cheflektor und Dozent an der Münchner Hochschule für Politische Wissenschaften und hatte 1955-58 die Leitung der Bayerischen Landeszentrale für Heimatdienst inne. 1962-70 war er o.Prof. der politischen Bildung an der Univ. F r a n k f u r t / M a i n , 1970-74 Direktor des Sozial wissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr in München, 1974-76 Präsident der Hochschule der Bundeswehr in Hamburg und übernahm 1976 den Lehrstuhl für Innenpolitik und öffentliche Verwaltung an der Univ. Konstanz; 1989 wurde er emeritiert. E. hatte maßgeblichen Anteil an der Neuordnung des Ausbildungs- und Bildungswesens in der Bundeswehr. 1968 wurde er Präsident des Deutschen Studentenwerks, gehörte der Wahlrechtskommission des Deutschen Bundestags an und war Mitglied des Deutschen Presserats sowie Vorsitzender der Deutschen Vereinigung f ü r Politische Wissenschaft (1971-81). E. beschäftigte sich u. a. mit dem „politischen Verhalten", der Regierungsund Verwaltungslehre, der Binnenstruktur und Geschichte der öffentlichen Verwaltung in Deutschland sowie dem Zusammenspiel von Regierung und Verwaltung. Er hatte wesentlichen Anteil an der Institutionalisierung der Politikwissenschaft in der Bundesrepublik und trug durch seine empirischen Analysen in den sechziger und siebziger Jahren zur Konsolidierung einer sozialwissenschaftlichen „Verwaltungswissenschaft" bei. E. veröffentlichte u . a . Klerikalismus in der deutschen Politik (1955), Das Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland ( 1 9 6 3 , 7 1 9 9 2 ; s 1996, mit Joachim Jens Hesse), Politische Verhaltenslehre (1964, 7 1972), Einführung in die Regierungs- und Verwaltungslehre (1966), Politik und Planung (1968), Regierung als politische Führung (1970), Das Dilemma der Verwaltung (1994) und Der überforderte Staat (1994, mit J. J. Hesse). E. war Mitherausgeber der Reihe „Politisches Verhalten" (seit 1969), der Zeitschrift „Staatswissenschaften und Staatspraxis" und des Erziehungswissenschaftlichen Handbuchs (1974). CD Hamburg Biogr, Bd 2 E l m , Adolph (Johann) von, Journalist, Gewerkschafter, * 2 4 . 9 . 1 8 5 7 Wandsbek (heute zu Hamburg), t 1 8 . 9 . 1 9 1 6 Hamburg. E., Sohn eines Zigarrenfabrikanten, erlernte das Zigarrenmacherhandwerk, trat 1873 in die S P D und die Gewerkschaft ein und hielt sich wegen des Sozialistengesetzes 1878-82 in Nordamerika auf. Nach seiner Rückkehr war er 1882-91 Geschäftsführer des Verbandes der Zigarettensortierer. Unter seinem Einfluß schlossen sich die Organisationen der Zigarrenarbeiter zum Tabakarbeiterverband zusammen. E. war Streikführer beim Tabakarbeiterstreik 1890/91 und gehörte 1892 zu den Gründungsmitgliedern der Tabakarbeitergenossenschaft, die 1910 von der Großeinkaufsgesellschaft deutscher Konsumvereine übernommen wurde. Er war Mitbegründer der Generalkom-

Elsässer mission der Deutschen Gewerkschaften, dem Vorläufer des Deutschen Gewerkschaftbundes, und 1894-1907 Mitglied des Reichstags. 1899 wurde unter E.s Führung die Konsumgenossenschaft „Produktion" gegründet, 1912 als Gegengewicht zu den privaten Lebensversicherungen die gewerkschaftlich-genossenschaftliche Versicherung, die spätere „Volksfürsorge", mit E. als erstem Geschäftsführer. Journalistisch war er für verschiedene Parteiblätter tätig, u. a. für den „Vorwärts" und die „Socialistischen Monatshefte". DO NDB E i m e n d o r f f , Karl (Eduard Maria), Dirigent, * 25.10. 1891 Düsseldorf, t 21.10.1962 Hofheim/Taunus. E. studierte zunächst Klassische Philologie, dann an der Kölner Musikhochschule Musikwissenschaft, wurde am Kölner Konservatorium 1913-16 bei Fritz —> Steinbach und Hermann —> Abendroth ausgebildet und war 1916-20 Kapellmeister in Düsseldorf, 1920-23 in Mainz, 1923/24 in Hagen. Nach kurzer Tätigkeit in Aachen wechselte er als erster Kapellmeister 1925 an die Bayerische Staatsoper in München, wurde 1932 musikalischer Oberleiter am Nassauischen Landestheater Wiesbaden, 1936 Generalmusikdirektor am Nationaltheater in Mannheim und ging in gleicher Funktion als Nachfolger Karl —> Böhms 1942 an die Dresdner Staatsoper. 1948-56 wirkte er an den Staatstheatern Kassel und Wiesbaden und war als Gastspieldirigent in zahlreichen europäischen Städten tätig, u. a. an der Mailänder Scala. 1927-42 dirigierte er bei den Bayreuther Festspielen. m

MGG

E l m e n h o r s t , Hinrich, auch Henrich, Heinrich E., luth. Theologe, Dichter, Librettist, * 19. 10. 1632 Parchim (Mecklenburg), t 21.5. 1704 Hamburg. E. studierte seit 1650 in Jena, Wittenberg und Leipzig Theologie, wurde durch die luth. Orthodoxie sowie das rege Musikleben geprägt und wirkte seit 1660 als Diakon an St. Katharinen in Hamburg. 1673 wurde er Archidiakon, 1696 auch Seelsorger am St.-Hiob-Spital. Als Prediger (Leidens- und Liebesmaß, 1682) trat E. den kunstfeindlichen Tendenzen des Pietismus entgegen und beteiligte sich an der Gründung der Hamburger Oper (1678), der ersten „stehenden" deutschen Oper. E. schrieb zahlreiche Libretti, darunter das Singspiel Orontes, der verlohnte und wieder gefundene Königliche Printz aus Candia (1678) und die geistliche Oper Charit ine, Oder Göttliche Geliebte (1681) und über 100 Lieder, die zum größten Teil Johann Wolfgang —> Franck vertonte. E. erreichte die Wiedereröffnung der Oper nach der vorübergehenden Schließung auf Betreiben pietistisch gesinnter Kreise, darunter des Pfarrers Anton —» Reiser. • P MGG E l m i g e r , Franz (Jakob), schweizer. Maler, * 17.9. 1882 Ermensee (Kt. Luzern), t 27.9. 1934 Luzern. Aus einer Bauernfamilie stammend, besuchte E. 1897-99 das Lehrerseminar Hitzkirch, 1899/1900 die Kunstgewerbeschule Luzern, 1900-03 die Zürcher Kunstgewerbeschule. 1905-12 hielt er sich in München auf und war 1908-11 an der Kgl. Bayerischen Akademie Schüler Angelo —>Janks und Heinrich von —> Zügels. E. hatte Kontakt zu Giovanni Giacometti, Ferdinand ->Hodler, Max —>Buri und Cuno —>Amiet und arbeitete 1920-34 auch als Restaurator, u.a. in der Kapelle Adelwil. Zu seinen wichtigsten Bildern zählt Ackerpferde in der Abendsonne (1906). DD AKL E l m i g e r , Josef, schweizer. Mediziner, Pflanzenforscher, Politiker, * 19.7.1790 Reiden, t 22.6. 1859 Luzern. E., Sohn des Stadtarztes Alexander E., Schloß das Medizinstudium in Montpellier 1812 mit der Arbeit Histoire naturelle et médicale des digitales ab, übernahm die Leitung der medizinischen Klinik des Spitals Saint-Elois in Montpellier, erwarb 1817 das Patent als Wund- und Hebarzt, praktizierte

seit 1813 als Arzt in Luzern und betätigte sich als Pflanzenforscher. 1828-45 gehörte E. kantonalen Sanitätsbehörden an. Als konservativer Politiker war er Armen- und Waisenrat der Stadt Luzern, 1831 und 1841 Verfassungsrat auf kantonaler Ebene, seit 1814 und 1841-45 Großrat, 1841-45 Regierungsrat und 1842 Schultheiß. 1834 war E. Jahrespräsident der Schweizer Naturforschenden Gesellschaft. CD HLS E l m i g e r , Robert, schweizer. Architekt, Maler, * 10.12. 1868 Ermensee (Kt. Luzern), t 19.9. 1922 Luzern. E. besuchte 1884-88 die Kunstgewerbeschule Luzern, war vier Jahre lang im Architekturbüro Cattani tätig und unterrichtete seit 1892 konstruktives Zeichnen am Gymnasium Samen, seit 1900 an der Luzerner Kantons- und Kunstgewerbeschule. Er arbeitete an der Statistik der schweizer. Kunstdenkmäler mit, entwarf den Plan zur Wiederherstellung des Schlosses Lenzburg, leitete den Neubau der Kapuzinerkirche sowie des Klosters Samen und entwarf das Freilichttheater Hertenstein. Zu seinen Aquarellen zählt Inneres des Mailänder Doms. CD AKL Eloesser, Arthur, Pseud. Marius Daalmann, Elise Elösser, Literatur- und Theaterkritiker, * 20.3. 1870 Berlin, t 14.2. 1938 Berlin. Der Sohn eines Kaufmanns studierte in Berlin, Genf und München Germanistik, Geschichte und Romanistik und wurde 1893 bei Erich —» Schmidt mit der Arbeit Die älteste deutsche Übersetzung Molièrescher Lustspiele promoviert. Nachdem eine Universitätslaufbahn an seiner jüdischen Herkunft scheiterte, wurde er 1899 als Nachfolger Paul —> Schienthers Theaterkritiker der „Vossischen Zeitung" in Berlin. E. bevorzugte die „lebensechten" Dramen der Naturalisten, vor allem Gerhart —> Hauptmanns, stand den Expressionsiten ambivalent gegenüber und lehnte Autoren wie August Strindberg oder Frank —> Wedekind als „destruktiv" ab. 1913-20 arbeitete er als Dramaturg und stellvertretender Direktor am Berliner Lessing-Theater, war 1921-28 geschäftsführender Direktor, 1930-32 Vorsitzender des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller, schrieb seit 1924 für die „Weltbühne", trat 1928 wieder als Theaterkritiker bei der „Vossischen Zeitung" ein, die er 1933 verlassen mußte, und war dann für die .Jüdische Rundschau" tätig. Als Literaturhistoriker veröffentlichte E. u. a. Die deutsche Literatur vom Barock bis zur Gegenwart (2 Bde., 1930/31). 1919 erschien Die Straße meiner Jugend.. Berliner Skizzen (gekürzter Neudr. 1987). m IGL Elsässer, Hans, Astronom, * 29.3. 1929 Aalen (Württemberg), t 10.6.2003 Heidelberg. E. Schloß das Studium der Astronomie, Physik und Mathematik 1953 in Tübingen mit der Dissertation Die räumliche Verteilung der Zodiakalüchtmaterie ab, arbeitete an Forschungsstätten in der Schweiz und Südafrika und habilitierte sich 1959 in Tübingen mit der Arbeit Zur Theorie der astronomischen Szintillation. 1962 wurde er auf den Lehrstuhl der Astronomie in Heidelberg berufen, zum Direktor der Landessternwarte und 1968 zum Leiter des neugegründeten Max-Planck-Instituts für Astronomie mit einer Außenstelle in Cala Alto (Andalusien) ernannt. 1983 wurde E. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Neben seinem Engagement für den Ausbau der Großforschungsanlage charakterisieren seine Forschungsinteressen die Stichpunkte Interstellare Materie, Sternenentstehung, Aktive Galaxien, großräumige Strukturen im Kosmos. Zu seinen Veröffentlichungen gehören u.a. Weltall im Wandel (1985), Die neue Astronomie (1986), Physik der Sterne und der Sonne (1974, Neuaufl. 1990, mit Helmut Scheffler) und Bau und Physik der Galaxis (1982, Neuaufl. 1992, engl. 1987, mit Helmut Scheffler). 1962 war E. Mitbegründer der Zeitschrift „Sterne und Weltraum".

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Elsässer Elsässer,

Karl Friedrich, Jurist, * 2 8 . 5 . 1746 Stuttgart, t 7 . 7 . 1815 Tübingen. Nach Studien in Tübingen und Göttingen 1764-69 wurde E. in Tübingen Lizentiat der Rechte und württembergischer Hofgerichtsadvokat, hielt sich 1770 in Wetzlar auf und wurde 1771 Anwalt in Stuttgart. 1775 folgte er einem Ruf als o . P r o f . der Rechte an die Univ. Erlangen, wurde 1776 zum Hofrat ernannt und erhielt 1778 das Prokanzleramt. 1784 wechselte er als wirklicher Regierungsrat und Prof. der Rechte an die Stuttgarter Karlsakademie und wurde 1807 Oberappellationsrat in Tübingen. E. veröffentlichte u. a. Neue juristische Litteratur (6 Bde., 1776-78, mit Christian Gmelin). m ADB

Elsaesser,

Martin, Architekt, * 2 8 . 5 . 1884 Tübingen, t 5 . 8 . 1957 Stuttgart. E., Sohn eines Dekans, studierte an den Technischen Hochschulen Stuttgart und München, u. a. bei Theodor —> Fischer, erhielt praktischen Unterricht bei Friedrich von - » Thiersch und wurde 1912 a . o . P r o f . der Baugeschichte an der T H Stuttgart. 1920 folgte er einem Ruf als Direktor der Kölner Kunstgewerbeschule und war 1925-33 Stadtbaudirektor in F r a n k f u r t / M a i n sowie Prof. an der Kunstgewerbeschule. In Frankfurt errichtete er u. a. die Universitätskliniken und die Großmarkthalle. 1933 emigrierte E. in die Türkei und baute u . a . in Ankara die Sümerbank (1932-34). 1947 übernahm er einen Lehrstuhl für Entwurf an der T H München. m A KL

Elsas,

Fritz (Julius), Politiker, * 11.7. 1890 Cannstatt (heute zu Stuttgart), t zwischen dem 4. und 1 7 . 1 . 1 9 4 5 Konzentrationslager Sachsenhausen. E., Sohn eines Textilindustriellen, studierte an den Universitäten München, Berlin und Tübingen Volkswirtschaft, wurde promoviert und war nach Studienreisen durch Europa 1 9 1 4 / 1 5 bei der Stuttgarter Stadtverwaltung tätig. 1915-18 Direktor des Lebensmittelamtes, wurde er 1919 Stuttgarter Stadtrat, gehörte 1924-26 als Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei d e m württembergischen Landtag an und war 1926-31 Vizepräsident des Deutschen und Preußischen Städtetags. Seit 1931 Zweiter Bürgermeister Berlins, wurde E. 1933 aus allen öffentlichen Ämtern entfernt, war 1937 zeitweise in Haft und wurde 1945, nachdem er nach d e m gescheiterten Attentat auf —> Hitler am 20. Juli 1944 —»Goerdeler Zuflucht gewährt hatte, denunziert, verhaftet und ohne Gerichtsverfahren im Konzentrationslager Sachsenhausen erschossen. 2002 erschien Fritz Elsas. Ein Demokrat im Widerstand. Zeugnisse eines Liberalen in der Weimarer Republik (hrsg. von Manfred Schmid). c a Raberg E l s a s , Moritz Julius (John), Nationalökonom, * 2 5 . 1 2 . 1881 F r a n k f u r t / M a i n , t 18.4. 1952 London. E. Schloß das Studium der Staatswissenschaften 1918 mit der Promotion zum Dr. rer. pol. ab und war danach als Privatgelehrter tätig. 1919-24 berechnete er die Lebenshaltungskosten einer Arbeiterfamilie, zunächst für F r a n k f u r t / Main und Berlin, dann f ü r weitere Städte, und erstellte einen Index des sozialen Wohlstands, der seit 1924 zweimonatlich, später wöchentlich erschien. Seit 1929 erarbeitete E. als Gründungsmitglied und seit 1930 Leiter der deutschen Sektion des Internationalen Wissenschaftlichen Komitees für die Geschichte der Preise einen Umriß einer Geschichte der Preise und Löhne in Deutschland (2 Bde., 1936-40). 1933 emigrierte er nach Großbritannien, war u. a. Mitarbeiter von John Maynard Keynes und Lecturer an der London School of Economics and Social Research und untersuchte in deren Auftrag das britische Volkseinkommen insbesondere in den Jahren 1924-38. Als Ergebnis seiner Erhebungen für das Population Investigation Committee veröffentlichte er Housing

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before the War and after (1942, 2 1945) und Housing and the Family (1947). Seit 1948 war E. mit Forschungsaufgaben für das Cabinet Office in London betraut. CD Hagemann

Elsasser,

Friedrich August, Maler, * 2 4 . 7 . 1 8 1 0 Berlin, t 1.9. 1845 R o m . E. besuchte seit 1825 als Freischüler die Berliner Kunstakademie, wurde von Erdmann —> H u m m e l und Karl —> Blechen unterrichtet und malte seit 1830 Ansichten der Pfaueninsel bei Potsdam sowie landschaftliche Kompositionen. 1831 reiste er nach Italien, hatte in R o m freundschaftlichen Kontakt zu Franz L u d w i g —> Catel und unternahm Studienreisen durch ganz Italien, bei denen er landschaftliche Impressionen sammelte und Naturstudien machte. 1 8 3 4 / 3 5 hielt sich E. in Sizilien auf. Seit 1841 Mitglied der Berliner Akademie, wurde ihm kurz vor seinem Tod vom König von Preußen der Rote Adlerorden verliehen und eine Pension bewilligt. Zu E.s Gemälden zählt u . a . Klosterhof in Cefalù (1845). CD A K L

Elsbeth von Oye, Dominikanerin, Mystikerin, * um 1290, t u m 1340. E. trat als Sechsjährige in das Dominikanerinnenkloster Oetenbach bei Zürich ein und blieb dort bis an ihr Lebensende. Erhalten ist ein Autograph, in dem sie ihre blutigen Selbstkasteiungen und Gespräche mit himmlischen Personen schildert. E.s mystische Vorstellungen waren geprägt vom Blut- und Wunderglauben; sie suchte sie mit theologischen Spekulationen und dem Wortschatz des zeitweilig im Kloster predigenden Meister —> Eckhart zu untermauern. DD L e x M A E l s b e t h Stagel, Dominikanerin, Mystikerin, * um 1300 Zürich, t um 1360 Töss bei Winterthur. Die aus einem vornehmen Zürcher Bürgergeschlecht stammende Tochter eines Ratsherrn trat in früher Jugend in das Dominikanerinnenkloster Töss bei Winterthur ein, in dem sie bis zu ihrem Tod lebte. E. gilt als Autorin einer S a m m lung von geistlichen Lebensbeschreibungen, Gnadenerlebnissen und Visionsberichten ihrer Mitschwestern, des Tösser Schwesternbuchs, das noch im 17. Jh. abgeschrieben und handschriftlich verbreitet wurde, sowie als „Hagiographin" ihres Seelsorgers —> Heinrich Seuse. Sie soll insgeheim sein spirituelles Leben aufgezeichnet und so die unter seinem N a m e n laufende Vita Seuses geschaffen und zudem eine Auswahl aus den an sie und ihre Mitschwestern gerichteten Seelsorgebriefen zusammengestellt haben, auf die Seuses Briefbüchlein zurückgeht. Wie weit E. an der Abfassung beteiligt war, ist umstritten. CD L e x M A

Elsbeth,

Thomas, Komponist, * um 1555 (?) Neustadt (Franken), t nach 1624 Jauer (Schlesien). Obgleich in den Matrikeln nicht genannt, soll E. in Frankf u r t / O d e r studiert haben. Dort ließ er 1 5 9 9 / 1 6 0 0 bei d e m Buchdrucker und Buchführer Friedrich Hartmann seine erste Werkesammlung drucken und übte vermutlich gegen Ende des 16. Jh. ein musikalisches A m t aus. Den Erscheinungsorten weiterer Werke nach zu schließen, hielt er sich in Coburg und Liegnitz auf und wirkte 1616-24 wahrscheinlich als Kantor in Jauer, wo er seinen letzten Druck Melpomene sacra (1624) herausgab. E. komponierte 150 deutsche und lateinische Motetten, darunter sechzig deutsche Evangelienmotetten, schrieb über hundert geistliche und weltliche Liedsätze und bewegte sich mit seinem Werk innerhalb der konservativen Kunstauffassung seiner Zeit. CD M G G

Elschner,

Kurt, Unternehmer, * 15.1. 1876 Willerstedt (Thüringen), t n. e. Zunächst als Kellner in Deutschland und Großbritannien tätig, pachtete E. 1903 das Hotel „Metropol" in Erfurt, eröffnete dort 1907 die „Elschner-Passage", erwarb 1913 das

Elsenheimer Hamburger Hotel „Esplanade" und fügte in den folgenden Jahren weitere siebzehn Betriebe hinzu. Nach dem Ersten Weltkrieg führte E. im Auftrag von Hugo -> Stinnes große Hoteltransaktionen durch und erwarb u. a. die Berliner Hotels „Excelsior" und „Esplanade" sowie das Thalia-Theater in Elberfeld. E. wurde zum Geheimen Kommerzienrat ernannt und machte sich durch zahlreiche gemeinnützige Stiftungen verdient. CD Munzinger

Elschner, Walter, Sänger, * 22. 11.1887 Leipzig, t 22. 1. 1929 New York. Nach einer Gesangsausbildung in Leipzig begann E. 1911 seine Bühnentätigkeit am Stadttheater in Liegnitz. Einer wechselvollen Karriere mit Engagements in Elbing, Leipzig und Darmstadt folgte 1924 ein Ruf an das Opernhaus in Hamburg, dessen Mitglied er bis zu seinem Tod blieb. Seit 1922 übernahm er auch Regiearbeiten, in Hamburg war er Oberspielleiter. 1929 stellte E. eine Operntruppe zusammen, mit der eine Gastspielreise durch Nordamerika geplant war. E. erkrankte während der Schiffsreise und starb kurz nach der Ankunft in den USA. Während seiner Darmstädter Zeit wirkte der Tenor in mehreren Uraufführungen mit, u. a. Sonnenflammen von Siegfried —»Wagner und Gaudeamus von Engelbert —> Humperdinck. CD Kutsch

Elschnig, Anton Philipp, österr. Augenarzt, * 22.8. 1863 Leibnitz (Steiermark), t 13.11.1939 Wien. E., Sohn eines Direktors der k. k. Lehrerbildungsanstalt, studierte an der Univ. Graz, wurde 1886 promoviert und war als Assistent an der Grazer und Wiener Augenklinik tätig. 1892 habilitierte er sich für Augenheilkunde, kam 1895 nach Wien, wurde 1900 a. o.Prof. und lehrte 1907-33 als Ordinarius an der Deutschen Univ. in Prag. 1938 trat E. in die N S D A P ein. Er arbeitete über die normale und pathologische Anatomie des Sehnerveneintritts, über die Keratitis parenchymatosa sowie Uber die Entstehung der sympathischen Ophthalmie. Vor allem als Augenchirurg erfolgreich, wandte E. neue Operationsmethoden an, u.a. Ptoseoperation sowie Keroplastik, und modifizierte die Operationsmethoden des grauen und grünen Stars. Er veröffentlichte u.a. Die Funktionsprüfung des Auges (1896, 3 1923) Pathologische Anatomie des Sehnerveneintrittes (1900), Stereoskopisch-photographischer Atlas der pathologischen Anatomie des Auges (4 Lfg., 1901/02), Augenpflege (1915) und Die intrakapsuläre Starextraktion (1932) und war Mitherausgeber des Handbuchs der gesamten Augenheilkunde von Albrecht von —>Graefe und Theodor —>Saemisch (ab 2 1913). E. kam bei einem Verkehrsunfall ums Leben. CD NDB

Elsener, Ferdinand, schweizer. Jurist, * 19.4. 1912 Rapperswil, f 3 1 . 5 . 1 9 8 2 Attalens (Kt. Freiburg). Nach Abschluß der juristischen Studien an der Univ. Zürich wurde E., Sohn eines Bürstenfabrikanten, 1939 Rechtsanwalt in seiner Heimatstadt, habilitierte sich 1954 an der Univ. Zürich und wurde 1959 auf den Lehrstuhl für Deutsches Recht und Kirchenrecht der Univ. Tübingen berufen. Seine Forschungen galten besonders der südwestdeutschen und gesamteuropäischen Rechtsentwicklung. Eine Reihe von Arbeiten über den Juristenstand, Notare und Stadtschreiber gipfelte 1975 in dem Werk Die Schweizer Rechtsschulen vom ¡6. bis ¡9. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung des Privatrechts. Als Leiter der Abteilung für Rechtliche Volkskunde in der Schweizer Gesellschaft für Volkskunde galt sein Interesse insbesondere der Erforschung des bäuerlichen Rechtsbereichs. t u HLS

Elsener, Klemens, schweizer. Jurist, * 2 6 . 4 . 1 8 7 3 Menzingen (Kt. Zug), t 13. 12. 1865 Zug. E. studierte 1855-58 Rechtswissenschaften in München, Heidelberg und Zürich. 1862/63 und 1865 betreute er als erster

Redakteur das liberale „Zuger Volksblatt". 1862/63 war er Großrat in Zug und 1863-65 Staatsanwalt. E. entwarf die erste moderne Zuger Zivilprozeßordnung (1863). OO HLS

Elsenhans, Ernst, Journalist, Politiker, * 2 6 . 9 . 1 8 1 5 Feuerbach, t 1 7 . 8 . 1 8 4 9 Rastatt. Während des Studiums in Tübingen wurde E. Burschenschafter, ging anschließend in die Schweiz, wo er zeitweilig die „Bündner Zeitung" redigierte, und war nach der Rückkehr als Lehrer und Journalist tätig, u.a. bei der radikalen „Mannheimer Abendzeitung" und seit 1847 bei der „Republik" in Heidelberg. Wegen Aufforderung zum Hochverrat verurteilt und auf der Festung Kislau interniert, wurde er nach der Freilassung 1849 vom revolutionären Landesausschuß in Karlsruhe zum Zweiten Sekretär im Kriegsministerium ernannt. Nach dem Einmarsch der preuß. Truppen in Baden blieb E. für die nach Rastatt geflüchtete provisorische Regierung tätig und leistete dort u. a. als Schriftleiter des „Festungsboten" bis zu seiner standrechtlichen Erschießung erbitterten Widerstand. ED Leb Schwaben, Bd 6

Elsenhans, Theodor, Psychologe, Philosoph, * 7 . 3 . 1 8 6 2 Stuttgart, t 3. 1.1918 Dresden. E., Sohn eines Lehrers und Neffe von Ernst —> E., studierte evang. Theologie und Philosophie an der Univ. Tübingen, wurde 1885 zum Dr. phil. promoviert und war seit 1891 als Stadtpfarrer in Riedlingen tätig. Er habilitierte sich 1902 mit der Arbeit Das Kant-Friesische Problem, die 1906, wesentlich erweitert, unter dem Titel Fries und Kant. Ein Beitrag zur Geschichte und systematischen Grundlegung der Erkenntnistheorie (2 Bde.) erschien. Zunächst Privatdozent für Psychologie und Philosophie in Heidelberg, ging er 1908 als o. Prof. der Philosophie und Pädagogik an die T H Dresden, deren Rektor er 1916/17 war. E. betonte die Bedeutung der Psychologie für die Philosophie. Der Erkenntnisprozeß ist nach E. durch Mathematisierung (Raum und Zeit), Klassifikation (Substanz) sowie Kausalerklärung (Kausalitätsgesetz) gekennzeichnet. Als Psychologe war er Gegner der Aktualitätstheorie. Er veröffentlichte u.a. Psychologie und Logik zur Einführung in die Philosophie (1890, 7 1936), Charakterbildung (1908, 3 1920) und Lehrbuch der Psychologie (1912, 3 1939). OD NDB E l s e n h e i m e r , Christoph, auch Elsenhaimer von Elsenhaim, Hofkanzler, * um 1523 Salzburg, t Dezember 1589 München. E., Sohn eines Ratsbürgers und Handelsherrn, studierte die Rechte in Deutschland und Italien, wurde zum Dr. jur. promoviert, 1554 Salzburger Rat und war Assessor des bayerischen Kreises am Reichskammergericht. Seit 1558 in bayerischen Diensten, wurde er Hofrat, 1563 Geheimer Rat und 1574 als Nachfolger Simon Thaddäus —>Ecks Oberst- bzw. Hofkanzler. 1570 von Herzog —> Albrecht V. vergeblich als Reichsvizekanzler vorgeschlagen, erhielt E. 1572 die Edelmannsfreiheit und 1577 das kleine Palatinat. Seit Ende der sechziger Jahre gehörte er zu den einflußreichsten Räten Albrechts V. und trug insbesondere im Kampf um Freistellung und Erwerb (u.a. kölnische Kurwürde) von Bistümern zur bayerischen Vormachtstellung unter den kath. Reichsständen bei. E. war der Vater von Christoph Ulrich —>E. CD NDB

Elsenheimer, Christoph Ulrich, auch C. U. von Elsenheim, Hofkammerpräsident, * 1563, t 18.7.1630. Der Sohn Christoph —>E.s studierte 1579 in Ingolstadt und trat 1590 als Regimentsrat in Landshut in den bayerischen Staatsdienst ein. 1590-95 war er Pfleger in Traunstein, 1596-1630 in Mainburg. 1596 kam er in den Besitz von Wolnzach und nannte sich „zu Elsenhaym und Wolnzach, Hampersberg und Nanhofen". 1604 wurde er Rentmeister, 1609 Hofkammerpräsident in München. E. wurde 1611 der

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Elser Titel „von Elsenheim " verliehen. E. erwarb 1611 die Hofmark Haiming und 1612 die Hofmark Eurasburg. Als Hofkammerpräsident wurde er durch Herzog —>Maximilian I. zugunsten von Oswald von —> Schuss 1622 entlassen. Elser, (Johann) Georg, Widerstandskämpfer, * 4. 1. 1903 Hermaringen (Württemberg), t 9.4.1945 Konzentrationslager Dachau. Der Schreinergeselle faßte im Herbst 1938 den Entschluß zu einem Attentat auf Hitler und die nationalsozialistische Führung, um den heraufziehenden Krieg zu verhindern. Als Ort wählte er den Münchner Bürgerbräukeller, in dem traditionell am Vorabend des 9. November mit einer Rede Hitlers der Jahrestag des Putsches von 1923 gefeiert wurde. In monatelanger Arbeit bastelte E. als Einzelgänger eine Zeitbombe, die am 8. 11.1939 erst explodierte, nachdem Hitler den Saal bereits verlassen hatte. Durch die Explosion kamen acht Menschen ums Leben. E. wurde verhaftet, als er versuchte, illegal in die Schweiz zu gelangen. Seit 1939 im Konzentrationslager Sachsenhausen in Sonderhaft, wurde er Anfang 1945 ins Konzentrationslager Dachau verlegt und wenige Tage vor der Befreiung durch die Alliierten auf Befehl Heinrich —> Himmlers ermordet. CD Weiß Elsheimer, Adam, Maler, Radierer, Zeichner, getauft 18.3.1578 Frankfurt/Main, begraben 11. 12. 1610 Rom (in der Kirche San Lorenzo in Lucina). Geboren als ältester Sohn des Schneidermeisters Anton E. und seiner Frau Martha, geb. Reuß, begann E. fünfzehnjährig eine Lehre bei dem Frankfurter Maler Philipp ->Uffenbach, der ihm vor allem das Vorbild —» Dürers nahebrachte. Später inspirierte ihn jedoch mehr die niederländische Landschaftsmalerei der nach Frankenthal emigrierten Maler wie Gillis van Coninxloo und Lucas van Valckenborch. 1598 wanderte er über München nach Venedig, wo er bis Anfang 1600 beim Münchner spätmanieristischen Maler Hans —» Rottenhammer arbeitete und starke Eindrücke von venezianischen Malern wie Tintoretto, Jacopo Bassano u.a. empfing. Frühe Beispiele seiner allesamt in Öl auf Kupfer gemalten kleinformatigen Bilder wie Der heilige Christopherus (Eremitage in St. Petersburg), Die Sintflut (Städelsches Kunstinstitut Frankfurt) und Die Heilige Familie (Berlin, Gemäldegalerie, alle um 1599) belegen seine bereits eigenwillige Verschmelzung der verschiedenen Anregungen zu staffagebesetzten Landschaften mit dramatischen Hell-Dunkel-Lichteffekten und diagonalen Kompositionslinien. Spätestens im April 1600 (erste verbürgte Nachricht) in Rom eingetroffen, fand der wegen seiner Feinmalerei bei Sammlern bereits beliebte Künstler rasch Zugang zum humanistischen kath. Kreis um Johannes Faber mit Paul Bril, Peter Paul Rubens und anderen. Anfängliche Eindrücke von Brils stilisierten Landschaften wurden bald durch römische Anregungen stimmungsbetonter Landschaftssicht des Annibale Caracci, plastisch scharfer Figurenmodellierung des Caravaggio und klassischer Menschendarstellung (Raffael, Michelangelo) verdrängt und mit eigenen exakten Naturbeobachtungen, die besonders seine Zeichnungen beweisen, zu einer eigenen, neuartigen frühbarocken Kunstauffassung entwickelt. Die Werke seiner reifen Zeit, als er Mitglied der Accademia di San Luca war, mit zumeist vielfigurigen biblischen und mythologischen Motiven in baumbestandenen, bewegten Landschaften (u.a. Tobias und der Engel, um 1607/08, Historisches Museum Frankfurt/Main; Apollo und Coronis,

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um 1607/08, Walker Art Gallery Liverpool; Die Flucht nach Ägypten, 1609, Alte Pinakothek München) verbinden kabinetthafte Feinmalerei und monumentalen Ausdruck mit betonten Lichteffekten, die Vorliebe für Nachtstücke (Philemon und Baucis, Gemäldegalerie Dresden) mit kontrastreicher Raumstaffelung von hellem Vorder- und dunklem Hintergrund, intensiver Farbigkeit und kraftvoller plastischer Modellierung zu einer gesteigerten poetischen Bildhaftigkeit, die ihn schon zu Lebzeiten berühmt machte. Das brachte ihm aber wenig Glück. 1606 zum kath. Glauben übergetreten, heiratete er Carl'Antonia Stuart und trat 1607 in die Ateliergemeinschaft mit dem Holländer Hendrick Goudt, der ihn anfänglich sehr förderte und namentlich durch Nachstiche seiner Werke bekannt machte, dann aber wahrscheinlich auch die Einlieferung E.s in das Schuldgefängnis veranlaßte. Von diesem Schock hat er sich nicht mehr erholt; gemütskrank, starb er bald nach der Entlassung. E. ist als Wegbereiter frühbarocker Kunstauffassung der bedeutendste deutsche Maler zwischen der Dürerzeit und dem Barock. Er zeitigte eine vielfältige Nachfolge bis zu Imitationen und regte selbst Rubens, Rembrandt und Claude Lorrain an. Dies und die wenigen biographischen Daten und gesicherten Werke haben lange durch falsche Zuschreibungen ein unklares Bild E.s gezeichnet. Jüngste Forschungen, besonders von Keith Andrews, schränken das Werk einer nur vierzehnjährigen Schaffenszeit auf 30 Gemälde, 20 Zeichnungen, 10 Kupferstiche und 6 Gouachen ein. E.s authentisches Selbstbildnis (als einziges Öl auf Leinwand) befindet sich in den Uffizien Florenz. Wesentliche Werkteile bewahren das Städelsche Kunstinstitut Frankfurt, die Alte Pinakothek München und die Staatlichen Museen in Berlin. LITERATUR: Wilhelm von Bode: A. E. München 1920. Heinrich Weizsäcker: A. E., der Maler. 2 Tie., Berlin 1936-52. - Willi Drost: A. E. als Zeichner. Stuttgart 1957. Keith Andrews: A. E. Paintings, drawings, prints. London 1977. - Christian Lenz: A. E. Die Gemälde im Städel. Frankfurt/Main 1977, 2 1989. - Keith Andrews: A. E. Werkverzeichnis der Gemälde, Zeichnungen und Radierungen. München 1985. - Gottfried Sello: Α. E. Dresden 1988. Α. E.'s artistic development in relation to the mannerist and early baroque styles. Ann Arbor 2002. Giinter Meißner Elsholtz, Franz von, auch Elsholtz-Blomering, Schriftsteller, * 1.10.1791 Berlin, t 22.1. 1872 München. Der Sohn eines Kaufmanns wurde Offizier und nahm an den Befreiungskriegen teil. Als Rittmeister entlassen, arbeitete er zunächst als Regierungssekretär in Köln. In den zwanziger Jahren bereiste er als freier Schriftsteller England, Holland und Italien, hielt sich zeitweise in Weimar auf und traf dort mit - » Goethe zusammen. 1828-29 leitete E. das Gothaer Hoftheater, war 1837-52 coburg-gothaischer Legationsrat am bayerischen Hof und lebte dann in München sowie am Starnberger See. Er initiierte die literarische Gesellschaft „Die Zwanglosen", gab mehrere Zeitschriften, u. a. 1826 „Eos", heraus und schrieb u.a. Veteranen-Lieder. Ein Tagebuch aus den Befreiungskriegen (1865). Elsholtz, Johann Sigismund, auch Elßholtz, Mediziner, Botaniker, * 26. 8.1623 Frankfurt/Oder, t 28.2.1688 Berlin. Nach medizinischen Studien in Wittenberg und Königsberg wurde E., Sohn eines Sekretärs, 1653 in Padua promoviert, erhielt 1656 eine Stelle als Inspektor des Lustgartens am Berliner Schloß und war seit 1657 Grand Botanicus und Hofarzt beim Kurfürsten —> Friedrich Wilhelm von Brandenburg. 1674 wurde er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, in deren Abhandlungen zahlreiche seiner Arbeiten erschienen. Er publizierte Studien Uber die von ihm erstmals durchgeführte Injektion von Arzneimitteln in die Venen und ein Diaeteticon (6 Bde., 1682) als Theorie

Eisner und Praxis einer gesunden Lebensweise. Vom Garten-Bau (1666) entwickelte sich zum führenden deutschen Gartenbuch des 17. Jahrhunderts. In seinen chemischen Arbeiten beschäftigte sich E. u. a. mit d e m Leuchten des Flußspats beim Erwärmen. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Anthropometria (1654; auch 1663 und 1672), Flora Marchica (1663), Clysmatica nova; oder newe Clystier-Kunst (1665, 2 1667) und Destillatoria curiosa (1674). DD B B L

Elsholtz,

Ludwig, Maler, * 2 . 6 . 1805 Berlin, t 3 . 2 . 1 8 5 0 Berlin. E. besuchte seit 1822 die Berliner Kunstakademie und bildete sich im Atelier des Pferdemalers Franz - » K r ü g e r fort. Zahlreiche seiner Bilder, einige im Auftrag des preuß. Königs, waren 1828-44 auf den Ausstellungen der Berliner Akademie zu sehen. E. wurde bekannt durch historisch getreue Schlachtenbilder, u. a. Die Schlacht bei Leipzig ( 1833). DD A K L

Eisinger,

Anton, österr. Maler, Graphiker, Textilkünstler, * 15.3. 1925 Nikolsburg (Mähren), t 12.6. 1995 Brunn am Gebirge (Niederösterreich). E. studierte 1941-53 an der A k a d e m i e der Bildenden Künste in Wien bei Sergius —> Pauser und an der A k a d e m i e für angewandte Kunst bei Otto —> Niedermoser und Eduard Josef —> Wimmer-Wisgrill. 1957-65 war er als Requisitenmaler für Spielfilmproduktionen in Wien, M ü n c h e n und Berlin tätig. Seit 1966 wirkte er in Brunn am Gebirge. Stilistisch von Kubismus, Surrealismus, Futurismus und der Formensprache von Paul —>Klee beeinflußt, wandte er sich nach anfänglich figürlichen Darstelllungen zunehmend der geometrischen Abstraktion zu und arbeitete zuletzt vor allem mit kräftigen Primärfarben. In den siebziger Jahren schuf er eine Reihe von großformatigen Gobelins, u. a. zu Joseph —> Haydns Oratorium Die Schöpfung. 133 A K L E i s n e r , Alexander (Georg), Ingenieur, Politiker, * 2 2 . 7 . 1881 Mitteloderwitz (Kr. Bautzen), t 19.3. 1945 Jena. E. Schloß das Studium des Bauingenieurwesens in Stuttgart und Dresden 1910 mit der Promotion zum Dr.-Ing. ab (Die Behandlung und Verwertung von Klärschlamm, engl. 1912) und wurde im folgenden Jahr Regierungsbaumeister bei der Generaldirektion der Sächsischen Staatsbahnen. 1913 wurde er Stadtbaurat, 1922 Oberbürgermeister von Jena. Er war Mitbegründer sowie Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes Thüringischer Kreise und Gemeinden. E i s n e r , Bartholomäus, luth. Theologe, Orientalist, * 1596 Erfurt, t 16. 1. 1662 Erfurt. Nach Abschluß seiner Studien (seit 1613) reiste E. mehrere Jahre durch Norddeutschland, Norwegen, Dänemark, Holland und England und wurde 1624 Diakon. Seit 1642 Senior ministerii und Prof. der orientalischen Sprachen in Erfurt, war er 1645 sowie 1 6 4 8 / 4 9 Rektor und Mitarbeiter am Weimarschen Bibelwerk. E. verfaßte die populäre Dogmatik Der allersicherste Himmelsweg oder gründlicher Bericht von allen orthodoxen Artikeln der seligmachenden evangelischen Religion. DD A D B E i s n e r , Christoph Friedrich, Mediziner, * 14.1. 1749 Königsberg, t 1 9 . 4 . 1 8 2 0 Königsberg. E., Sohn eines Bäckermeisters, studierte seit 1766 in Königsberg Mathematik und Medizin, wurde 1773 zum Dr. med. promoviert (Num sulphur interne adhibitum jure medicamentum habeatur), habilitierte sich und ließ sich als Arzt in Bartenstein nieder. Er kehrte nach Königsberg zurück und wurde 1786 o . P r o f . der Medizin und kgl. Regierungsrat. E., der den Ruf eines ausgezeichneten Arztes und Lehrers hatte, behandelte - » K a n t in dessen letzten Lebensjahren. Er veröffentlichte u . a . eine Abhandlung Uber die

Brustbräune (1778), Beyträge zur Fieberlehre (1782, 2 1789) und Medicinisch-gerichtliche Bibliothek (2 Bde., 1784-87). n a Altpreuß Biogr, Bd 1 E i s n e r , Christoph Johann Heinrich, Mediziner, * 1 4 . 1 . 1 7 7 7 Bartenstein, t 2 4 . 4 . 1834 Königsberg. E., Sohn eines Arztes, wurde nach dem Studium der Medizin in Berlin 1799 in Königsberg mit der Arbeit De incerti in arte medica fonte promoviert. Nach wissenschaftlichen Reisen nach Wien und Paris seit 1802 Arzt in Braunsberg, ging er 1807 nach Königsberg, w o er 1815 zum o . P r o f . und Direktor der Klinik ernannt wurde. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Abhandlung Uber die Brustbräune (1778), Animadversiones physico-medicae praesertim de acaro ricino, speciminis loco ut benefica Wildio-Ruebiani leges expleantur (1794) und Ueber die Cholera, ein Versuch dieselbe zu deuten (1831). Brustbräune, später Angina pectoris, wurde auch Eisner'sches Asthma genannt. Von E. stammen A u s z ü g e aus Vorlesungen des Philosophen —» Kant (Anthropologie) im Wintersemester 1 7 9 2 / 9 3 . E i s n e r , Franz (Carl Leonhard), Pharmazeut, Chemiker, * 6. 11. 1802 Neustadt (Oberschlesien), t 2 9 . 1 1 . 1 8 7 4 Berlin. E. studierte Medizin und Naturwissenschaften, war nach der Promotion zum Dr. med. 1818 in Berlin (De cachexia in genere) als Pharmazeut tätig, seit 1834 als Lehrer der Chemie an der dortigen kgl. Gewerbeakademie und wurde 1839 zum Dr. phil. promoviert (De ratione, qua chloretum hydrargyricum cum albumine caseoque ineat). Seit 1852 war er als C h e m i k e r der Porzellanherstellung bei der kgl. Porzellanfabrik in Berlin angestellt. E. veröffentlichte neben vielen Aufsätzen u. a. einen Leitfaden der qualitativ-chemischen Analyse (2 Bde., 1844/45), Die chemisch-technischen Mittheilungen der Jahre 1846-1848 ihrem wesentlichen Inhalte nach systematisch zusammengestellt (1849) und Die galvanische Vergoldung und Versilberung, sowohl matt als glänzend, sowie die Verkupferung, Verzinnung, Verbleiung, Verzinkung, Bronzirung, Verplatinirung, Vernickelung metallener Gegenstände auf demselben Wege (1843, 3 1856). E i s n e r , Franz, österr. Maler, Graphiker, Zeichner, Keramiker, * 3 1 . 7 . 1 8 9 8 Wien, t 19.7. 1978 Wien. Der gelernte Lithograph nahm am Ersten Weltkrieg teil, wurde 1921 Mitglied des „Sonderbundes" und war seit 1923 Mitarbeiter von Anton —>Faistauer. E. schuf Entwürfe für die Wiener Gobelinmanufaktur und für Wandbehänge des Salzburger Festspielhauses. In der Zwischenkriegszeit war E.s Schaffen überwiegend von Postimpressionismus, Symbolismus, Expressionismus und Jugendstil geprägt. 1938 erhielt E. Berufsverbot, weil er sich der Auflösung seiner Ehe mit der jüdischen Malerein Lilly Kollberg widersetzte. 1940-42 war er bei der deutschen Luftwaffe, dann bis 1945 Bauhilfsarbeiter. Nach Kriegsende war er wieder künstlerisch freischaffend tätig und erhielt 1946 einen Lehrauftrag an der Akademie der Bildenden Künste. 1950 wurde er zum Prof. ernannt und leitete eine Meisterklasse. 1962-70 hatte E. zusätzlich die Leitung der Schule f ü r Kunsterziehung inne. 1946-52 war er Mitglied der Secession, seit 1959 des Künstlerhauses in Wien. Neben Porträts schuf er Landschaften, Tierdarstellungen, Blumenstücke und Stilleben, cd A K L E i s n e r , (Johannes Ferdinand Bruno) Georg von, Meteorologe, * 6 . 5 . 1 8 6 1 Reichenbach (Oberlausitz), t 1 4 . 1 2 . 1 9 3 9 Berlin-Lankwitz. E., Sohn eines Amtsgerichtssekretärs, studierte 1 8 8 1 / 8 2 in Breslau und Jena Naturwissenschaften, nahm das Studium nach fast fünfzehnjähriger Unterbrechung 1897 wieder auf und trat 1898 in das Preußische Meteorologische Institut in Berlin ein. Zunächst Assistent, wurde er 1900 wissenschaftlicher Hilfsarbeiter, 1906 Observator, 1911 Prof.

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Eisner und 1923 Abteilungsvorsteher. E. veröffentlichte u . a . 1911 ein großangelegtes Werk über Sommerhochwasser der Oder zwischen 1888 und 1907 und gab 1921 zusammen mit Gustav —> Hellmann, H e r m a n n Henze und Karl —»Knoch den Klima-Atlas von Deutschland heraus, der hinsichtlich der praktischen Klimatologie Deutschlands maßgebend für die folgenden Jahrzehnte war. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Barometrische Höhenmessungen und meteorologische Beobachtungen (1908), Meteorologische Untersuchungen über die Sommerhochwasser der Oder (1911) und Die Verteilung des Luftdrucks über Europa und dem Nordatlantischen Ozean (1925). OD N D B E i s n e r , Georg Wilhelm, Verleger, * 2 9 . 1 . 1874 Berlin, t 3 0 . 4 . 1945 Berlin. E. absolvierte eine dreijährige Lehrzeit in der Berliner Polytechnischen Buchhandlung, arbeitete dann als Gehilfe in der k. u. k. Hofbuchhandlung Wilhelm Frick in Wien sowie am Bibliographischen Institut Leipzig, dem Verlag des Duden und von —> Meyers Lexikon, und trat 1896 in den väterlichen Betrieb, die Otto Eisner Verlagsgesellschaft, in Berlin ein. Er initiierte eine Programmerweiterung, besonders im Zeitschriftenbereich, gab u. a. 1898 die Theaterzeitschrift „ B ü h n e und Welt", 1903 „Papierfabrikant", 1911 „Deutsche Technik" sowie 1914 „Das Metall" heraus und verfolgte eine Programmspezialisierung auf die Gebiete Sozialpolitik, Wirtschaft, Technik, Philosophie und Arbeitsrecht. E. war Gründer und langjähriger Vorsitzender des Verbandes der Fachpresse Deutschlands und wurde in die Leitung des aus ihm hervorgegangenen Reichsverbandes Deutscher Zeitschriftenverleger berufen. E i s n e r , Gisela, Schriftstellerin, * 2 . 5 . 1 9 3 7 Nürnberg, t 13.5.1992 München. Die Tochter eines Industriemanagers studierte seit 1956 in Wien Germanistik, Philosophie und Theaterwissenschaften, brach aber das Studium ab und lebte anschließend abwechselnd in London, R o m , Paris und Hamburg. Seit 1961 gehörte sie zur Gruppe 61 und erhielt 1963 das JuliusCampe-Stipendium. Bekannt wurde E. mit d e m R o m a n Die Riesenzwerge (1964), einer ins Monströse gesteigerten Kritik kleinbürgerlicher Verhaltensmuster. Satire und Groteske bestimmten auch ihre weiteren Werke, R o m a n e , Erzählungen und Hörspiele. Zunächst an Franz —» K a f k a und am Nouveau roman orientiert, wandte sie sich in ihren späteren R o m a n e n (u.a. Die Zerreißprobe, 1980; Abseits, 1982; Die Zähmung, Chronik einer Ehe, 1984; Das Windei, 1987) einem realistischeren Erzählstil zu. Der von ihrem Sohn Oskar Roehler inszenierte Film Die Unberührbare rückte E., die durch Selbstmord starb, 2000 wieder ins Licht der Öffentlichkeit. e n KLG E i s n e r , Ilse, geb. Künzel, Politikerin, * 2 5 . 1 1 . 1 9 1 0 Neukölln (heute zu Berlin), t 15.12. 1996 Hamburg. E., Tochter eines Holzbildhauers und einer Näherin, war zunächst Fremdsprachensekretärin, seit 1930 kaufmännische Angestellte der Deutsch-Amerikanischen PetroleumGesellschaft und studierte daneben 1932-35 Volkswirtschaft in Hamburg. 1936 zum Dr. rer. pol. promoviert (Wachsender Staatsinterventionismus in England als Folge des Arbeitslosenproblems), war sie 1936-43 Direktionssekretärin der D.A.P.G. Nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst als Übersetzerin für die britischen Behörden tätig, war sie 1946-50 Redakteurin beim „Hamburger Echo", dessen Wirtschaftsteil sie 1948 übernahm, und 1951-61 Redakteurin der Tageszeitung „Die Welt", seit 1953 verantwortlich für das Ressort Sozialpolitik. Daneben verfaßte sie für R u n d f u n k und Fernsehen Drehbücher zu sozialpolitischen T h e m e n . Seit 1946 Mitglied der SPD, war sie seit 1947 Mitglied in der Deputation für Wirtschaft in Hamburg. 1961-70 gehörte E. d e m

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Deutschen Bundestag sowie dem Europäischen Parlament an, in d e m sie seit 1964 den Vorsitz im Wirtschafts- und Finanzausschuß innehatte. 1970-74 im Hamburger Senat, war sie zunächst Bevollmächtigte Hamburgs in Bonn und seit 1972 Gesundheitssenatorin. CD M d B E i s n e r , Jakob, auch Elßner, Ölßner, VIßner, Maler, Illuminist, * 1 4 6 0 / 6 5 N ü r n b e r g ( ? ) , + um Pfingsten 1517 Nürnberg. E. war der Sohn eines wohlhabenden Nürnberger Bürgers und wahrscheinlich mit dem Miniaturenmaler Lorenz E. verwandt, mit dem er auch eine Werkstatt betrieben haben soll. Die Wanderjahre führten E. in die Gegend um Konstanz. U m 1490 war er wohl schon als Porträtist etabliert, ist aber erst danach als Miniaturenmaler nachweisbar. E.s Tätigkeiten konzentrierten sich vor allem in Nürnberg und am kursächsischen Hof in Wittenberg; seit 1493 arbeitete er mehrmals als Buchmaler für —» Friedrich III. In seinen u. a. von —> Dürer beeinflußten Porträts führte E. den Detailreichtum der Buchmalerei fort. Noch vor Dürer schuf er mit seinem Porträt des T h o m a s Reuss (um 1486) das erste Porträt in Frontalansicht der deutschen Malerei. In seiner Buchgraphik blieb E. kompilatorisch. Er illuminierte u . a . das Gänsebuch (Graduale von St. Lorenz, 1 5 0 7 / 1 0 ) und im Auftrag des Propstes von St. Lorenz, Anton Kress, das sog. Kress-Missale (1513). CD A K L E i s n e r , Jakob, reformierter Theologe, * M ä r z 1692 Saalfeld, t 8 . 1 0 . 1750 Berlin. Der Sohn eines wohlhabenden Bürgers studierte seit 1708 in Königsberg orientalische Sprachen. 1715-17 war er Konrektor an der reformierten Schule in Königsberg sowie Hauskaplan bei Graf Alexander —» Dohna zu Schlobitten. Er unternahm seit 1715 eine Studienreise nach Danzig, Berlin, Kleve und Holland. 1720 wurde E. Prof. für Theologie und orientalische Sprachen am G y m n a s i u m zu Lingen, 1722 Rektor des Joachimsthalschen G y m n a s i u m s in Berlin und 1729 Prediger der dortigen Reformierten. Aufgrund der von ihm herausgegebenen Observationes Sacrae in Novi Foederis Libros (2 Bde., 1720-28) wurde er 1728 von der Univ. Utrecht zum Dr. theol. promoviert. Später wurde er Konsistorialrat und Gymnasialinspektor. E. war Mitglied des reformierten Kirchendirektoriums von Berlin und seit 1742 Direktor der Klasse der schönen Wissenschaften an der Akademie der Wissenschaften. Er hinterließ Predigten und ein Werk über den zeitgenössischen Zustand der griechischorthodoxen Kirche. CD Altpreuß Biogr, Bd 1 E i s n e r , Johann Gottfried, Landwirt, * 1 4 . 1 . 1 7 8 4 Gottesberg (Schlesien), f 5 . 6 . 1869 Waldenburg (Schlesien). E., der den väterlichen Beruf des Kürschners ergreifen sollte, studierte 1805-07 an der Univ. Halle Theologie, Philologie sowie Philosophie und wurde nach Einheirat auf ein Landgut Landwirt. Nach dem Verkauf des Guts pachtete er 1822 die Stadtgüter Münsterberg, privatisierte seit 1830 und unternahm, um die Merinozucht bekannt zu machen, Reisen u . a . nach Ungarn und Österreich. E. war Redakteur u. a. der „Allgemeinen österreichischen Zeitschrift für den Landwirth, Forstmann und Gärtner" und der „Augsburger Allgemeinen Zeitung", 1 8 4 3 / 4 4 Herausgeber der „Schlesischen Bauern-Monatsschrift" und verfaßte eine große Anzahl landwirtschaftlicher Publikationen, u . a . Die verschiedenen Schafe der deutschen Merinozucht ( 1857). m

ADB

E i s n e r , Joseph (Anton Franz), Komponist, Musikpädagoge, * 1 . 6 . 1 7 6 9 Grottkau (Schlesien), t 18.4. 1854 Elsnerowo bei Warschau. E., Sohn eines Instrumentenbauers und Tischlers, nahm als Gymnasiast in Breslau Musikunterricht, studierte auf Wunsch des Vaters kurzzeitig Medizin (1789) und wurde

Elßler 1791 Geiger im Briinner Opernchor, im folgenden Jahr zweiter Kapellmeister an der Deutschen Oper in Lemberg, wo er eine Musikgesellschaft gründete. 1799 wechselte er als Theaterkapellmeister und späterer Direktor an das Warschauer Nationaltheater. E. hatte in der folgenden Zeit großen Erfolg bei der Aufführung seiner Werke in Paris, lernte Carl Maria von —> Weber in Dresden kennen und gründete zusammen mit Ε. T. A. —» Hoffmann 1805 in Warschau die „Musikressource". 1815 entstand nach französischem Vorbild unter E.s Leitung die „Gesellschaft zur Erhaltung und Förderung der Tonkunst" in Warschau, woraus sich 1821 das „Warschauer Konservatorium" entwickelte. E. wurde wegen seiner Bemühungen um die polnische Nationaloper und Kirchenmusik „Begründer der nationalen Musik" genannt und war Kompositionslehrer Chopins. Er schrieb 19 Opern, u.a. Leszek der Weiße (1809), drei Symphonien, acht Quartette sowie 105 kirchenmusikalische Werke. t u MGG

Eisner,

Moritz, Politiker, * 20. 11.1809 Kortnitz (Kr. Sprottau, Schlesien) t 8.8. 1894 Rothkretscham. Der Sohn eines Mühlenbesitzers studierte seit 1831 an der Univ. Breslau Naturwissenschaften, Medizin und Rechtswissenschaft, war als Mitglied der Burschenschaft der Raczeks zeitweilig inhaftiert, wurde 1839 promoviert und ging als Gymnasiallehrer 1842 nach Breslau, wo er sich auch publizistisch betätigte. 1848 wurde er in die preuß. Nationalversammlung gewählt, floh 1850, wegen revolutionärer Umtriebe zu Festungshaft verurteilt, nach London und hatte Kontakt zu Lothar —> Bucher. Nach der Urteilsaufhebung kehrte er nach Breslau zurück, leitete 1851-56 die „Neue Oder-Zeitung" und gründete die „Breslauer Morgenzeitung". 1863-94 war E. Mitglied der Breslauer Stadtverordnetenversammlung. c d Demokr Wege E i s n e r , Norbert, Ingenieur, * 6 . 9 . 1917 Rauschwalde (Schlesien), f 17. 11.2001 Dresden. Das Studium des Maschinenbaus (seit 1937) Schloß E. 1942 an der T H Breslau mit einer Diplomarbeit über Fortschritte im Lokomotivbau ab und war dann Assistent am Institut für Kolbenmaschinen und Energiewirtschaft. Aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt, in der er an der Entwicklung der russischen Raketentechnik beteiligt war, wurde er nach einer Tätigkeit als Assistent (1946-52) und Lehrbeauftragter 1955 zum Dr.-Ing. promoviert (Wärmedurchgang durch poröse Körper bei gleichzeitigem Stoffdurchsatz). E. erhielt 1956 als Prof. einen Lehrauftrag an der Hochschule für Verkehrswesen in Dresden, wurde 1958 zum Prof. für Energiewirtschaft an der T H ernannt, war zugleich Leiter des Instituts für Energiewirtschaft, seit 1963 Direktor des Instituts für Thermodynamik und Energiewirtschaft und Ordinarius für Technische Thermodynamik an der T U Dresden. Er befaßte sich mit der Wasserdampfforschung und der Anwendung des 2. Hauptsatzes zur Untersuchung ingenieurtechnischer Prozesse. E. gilt als Pionier bei der Einführung der exergetischen Bewertung. Zu seinen Publikationen gehören Grundlagen der Technischen Thermodynamik (1973; 2 Bde., "1991-93) und Aufgabensammlung 3 zur Technischen Thermodynamik (1975, 1987); mit Günter Kraft gab er ein Lehrbuch der Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik (1969, 2 1973) heraus.

später Studienrat in Berlin. E. strebte eine Bühnenreform im national-kuturellen Sinne an, gründete 1918 mit diesem Ziel die „Deutsche Dramatische Gesellschaft", die spätere „Vereinigung zur Pflege deutscher Dichtung", und war 1 9 2 4 / 2 5 Herausgeber der Zeitschrift „Deutscher Geist und Wille", 1929-35 des Jahrbuchs „Das deutsche Drama" sowie 1 9 3 6 / 3 7 des Jahrbuchs „Die deutsche Dichtung". Er schrieb Lyrik, R o m a n e und Dramen, u . a . Deutschritter (1907). cxi DLL, 20. Jh.

Elßler,

Anna, auch Nina E., österr. Tänzerin, * 14.2. 1804 Wien, t 7 . 4 . 1863 Wien. Mit ihren Schwestern Fanny und Therese —>E. begann E. ihre Karriere in Friedrich —»Horschelts Kinderballett im Theater an der Wien und wurde 1821 am Kärtnertortheater in das Corps de ballet aufgenommen. Als 1832 die Mutter starb, mußte sie von der Bühne Abschied nehmen, da ihr unter den Schwestern die Aufgabe zufiel, den kranken Vater Johann —>E. zu pflegen. DO Ö M L

Elßler,

Fanny, eigentl. Franziska E., österr. Tänzerin, * 2 3 . 6 . 1810 Gumpendorf (heute zu Wien), t 27. 11. 1884 Wien. Die Tochter Johann —> E.s und einer Stickerin trat schon als Fünfjährige mit ihren Schwestern Therese und Anna —> E. im Horschelt-Kinderballett im Theater an der Wien auf. Nach der Auflösung des Theaters wurde E. 1821 in das Ballettkorps am Kärtnertortheater aufgenommen, wo sie bis 1825 blieb. Während sie in Wien nur zögerliche Anerkennung fand, feierte E. bei Gastspielen in Berlin, London und Paris Erfolge. Bis 1840 in Paris engagiert, absolvierte sie 1840-42 eine triumphale Nordamerika-Tournee. Nach weiteren Reisen durch ganz Europa nahm sie 1851 Abschied von der Bühne. E., die von der Univ. Oxford die Ehrendoktorwürde erhielt, begründete mit ihrer realistischen Interpretation vor allem der National- und Charaktertänze den Weltruf des Wiener Balletts. DD M G G

Elßler,

Hermine, österr. Tänzerin, * 7 . 4 . 1811 Gumpendorf (heute zu Wien), t 17.3. 1895 Wien. Die Cousine von Anna, Fanny und Therese —»E. gehörte gleich diesen dem Corps de ballet des Wiener Kärtnertortheaters an (1824-36) und hielt sich nach Auslandsgastspielen 1837-49 in London auf. Danach zog sie sich in Wien ins Privatleben zurück und richtete aus ihrem Vermögen Stipendien für Studenten der Wiener Univ. ein. DD Ö M L E l ß l e r , Johann (Florian), österr. Musikkopist, * 3.5. 1769 Eisenstadt, t 6. 10. 1843 Wien. Der jüngere Sohn von Joseph —»E. begann zwischen 1782 und 1790 mit Kopierdiensten f ü r Joseph -> Haydn. 1 7 9 4 / 9 5 begleitete er den Komponisten als persönlicher Diener und Kopist auf dessen zweiter London-Reise und blieb später in Wien bis zu Haydns Tod (1809) dessen Kammerdiener. Von E. ist neben einer Reihe von Handschriften, die möglicherweise seinem Bruder Joseph —»E. zugeschrieben werden müssen, eine Vielzahl eindeutig identifizierbarer Kopien erhalten; eines der wichtigsten Dokumente ist das als „Haydn- oder Elßler-Verzeichnis" bekannte Werkverzeichnis von 1805. Aus der Ehe E.s mit Therese Prinster stammte Fanny - > E . DD M G G

Eisner,

Richard, Schriftsteller, * 10.6. 1883 Berlin, t 2 0 . 5 . 1 9 6 0 Güttingen. E. arbeitete 1901 als Landvermessereleve, holte dann sein Abitur nach, studierte in Berlin neue Sprachen, wurde 1908 zum Dr. phil. promoviert (Francis Jeffrey, der Hauptbegründer der Edinburgh Review und seine kritischen Prinzipien) und machte 1909 sein Oberlehrerexamen. Er wurde Lehrer in Arnswalde, 1911 Oberlehrer in Pankow und

E l ß l e r , Joseph, Musikkopist, * 1 7 3 8 / 3 9 Kieslingen (Schlesien), t 2 6 . 1 0 . 1782 Eisenstadt. Der fürstlich Esterházysche Musikkopist war ein Freund und Kopist Joseph -> Haydns. Da mehrere schwere Brände die im Familienbesitz befindlichen Musikarchive zerstörten, sind verhältnismäßig wenige Haydn-Kopien erhalten, u. a. Kopien von Haydns Salve Regina und dessen sogenanntem

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Elßler Entwurfkatalog. Weitere Kopien E.s befinden sich u . a . in der M u s i k s a m m l u n g der Österreichischen Nationalbibliothek und in der Library of Congress in Washington. E. war der Vater von Joseph und Johann —»E. DP M G G E l ß l e r , Joseph, österr. Musikkopist, * 7 . 8 . 1767 Eisenstadt, t 6 . 1 0 . 1 8 4 3 Wien. Der Sohn des älteren Joseph —> E. übernahm nach dem Tod des Vaters dessen Stelle als fürstlich Esterházyscher Kopist und wurde 1796 Oboist der Feldharmonie, 1800 Mitglied der fürstl. Kapelle. Seine Handschrift ist nicht zweifelsfrei zu identifizieren, jedoch ist anzunehmen, daß einige der zwischen 1784 und 1790 entstandenen und seinem Bruder Johann —» E. zugeschrieben - » Haydn-Manuskripte von ihm stammen. Sie werden teilweise im British M u s e u m in London und in der S a m m l u n g Oettingen-Wallerstein aufbewahrt. m MGG

Elßler,

Therese, verh. Frfr. von Barnim, österr. Tänzerin, * 5 . 4 . 1808 Wien, t 19. 11.1878 Meran. E., Tochter des Musikkopisten Johann - > E . und Schwester der Tänzerinen A n n a und Fanny —>E„ war 1818-32 am Kärntnertortheater in Wien tätig. Sie unternahm Gastspielreisen mit ihrer Schwester, mit der sie 1834-40 in Paris engagiert war. 1838 schrieb E. das Ballett La volière. 1840-42 trat sie auf einer Amerikatournee als Begleitung ihrer Schwester in Männerkleidung auf. 1848 feierte sie ihren Abschied von der Bühne. Seit 1850 war E. morganatisch mit —»Adalbert Heinrich Wilhelm, Prinz von Preußen, verheiratet, einem Neffen —»Friedrich Wilhelms III., der sie aus diesem Anlaß zur Freifrau von Barnim erhob. DD Ö M L E l s t e r , Daniel, Musikpädagoge, * 16.9. 1796 Benshausen (Thüringen), f 19. 12. 1857 Wettingen (Kt. Aargau). E., Sohn eines Hammerschmieds, studierte zunächst Theologie, dann Medizin an den Universitäten Leipzig und Jena, war Mitbegründer der Leipziger Burschenschaft und vertrat diese beim Wartburgfest. Er flüchtete nach Frankreich und war Fremdenlegionär in Korsika. Nach seiner Rückkehr 1821 nahm er in Würzburg das Medizinstudium wieder auf, mußte jedoch nach einem Duell erneut fliehen. Sein Weg führte E. über die Schweiz nach Griechenland; er nahm am griechischen Befreiungskrieg teil und bereiste als Musikant Kleinasien. 1823-25 war er Musiklehrer in Lenzburg, 1825-28 in Baden. 1828-40 hielt er sich in Thüringen und in verschiedenen deutschen Städten auf. In die Schweiz zurückgekehrt, war er 1845-57 Musiklehrer am aargauischen Lehrerseminar in Wettingen. E. war ein Förderer des Männer- und Volksgesangs, gründete zahlreiche Gesangvereine in Deutschland und der Schweiz und veröffentlichte u . a . eine Vollständige Volks-Gesangschule (1846). CD Leb Aargau E l s t e r , Ernst (August Eduard Jakob), Germanist, * 2 6 . 4 . 1 8 6 0 F r a n k f u r t / M a i n , t 6 . 1 0 . 1 9 4 0 Marburg. E. studierte seit 1879 Jura, Nationalökonomie und Kameralwissenschaft in Tübingen, Leipzig und Jena und wechselte dort 1882 zum Studium der Philologie, das er in Berlin fortsetzte und 1884 in Leipzig mit der Promotion zum Dr. phil. abschloß (Beiträge zur Kritik des Lohengrin). 1886-88 war er Lektor für Deutsche Sprache an der Univ. und am Queen Margaret College in Glasgow, habilitierte sich 1888 an der Univ. Leipzig (Zur Entstehungsgeschichte des Don Carlos) und wurde Privatdozent für Deutsche Literatur und Sprache. Seit 1892 a. o. Prof. für Neuere deutsche Sprache und Literatur in Leipzig, seit 1895 in Marburg, war er 1903-28 dort Ordinarius. 1917 wurde er zum Geheimen Regierungsrat ernannt. E. war Herausgeber der ersten kritischen Ausgabe der Werke Heinrich —»Heines (7 Bde., 1887-90) und

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der Beiträge zur deutschen Literaturwissenschaft ( 1907-31 ) und veröffentlichte u. a. Prinzipien der Literaturwissenschaft (2 Bde., 1897-1911). CD I G L

Elster,

Hanns Martin, Pseud. Hans Bruneck, Schriftsteller, Verleger, * 11.6. 1888 Köln, t 1 7 . 1 1 . 1 9 8 3 Gräfelfing. Der Sohn Otto - » E . s studierte an den Universitäten München, Paris, Leipzig und Berlin, wurde zum Dr. phil. promoviert, arbeitete seit 1911 als Lektor f ü r den Verlag G. Grote in Berlin und gab zusammen mit seinem Vater 1911-13 den „Wilhelm-Raabe-Kalender" heraus. 1920 gründete er die „Flöte. Monatsschrift für neue Dichtung. Zeitschrift des Künstlerdanks", 1924 den Horen-Verlag in Berlin und war 1924-31 Herausgeber der Monatsschrift „Die Hören". 1933 kam E. in die Pressestelle f ü r B e a m t e in der Reichsleitung der N S D A P . Seit 1949 Herausgeber der Literaturzeitschriften „Die Lesewelt" und „Deutscher Bücherbund", war er seit 1952 Verleger in Düsseldorf, 1955-63 Präsident der „ K o g g e " und wurde 1966 Vorsitzender der Nyland-Stiftung in Köln, 1968 Präsident der Gesellschaft der Bibliophilen. Er gab u . a . Irrfahrten des Daniel Elster. Student, Philhellene, Musikant (2 Bde., 1912) heraus, übersetzte französische Autoren des 19. Jh. und verfaßte mehrere Biographien, darunter Moritz Graf Strachwitz (1912). CD D L L , 20. Jh.

Elster,

Hans-Joachim, Zoologe, * 6 . 5 . 1908 Bernburg (Anhalt), t 1 0 . 9 . 2 0 0 1 Konstanz. Das Studium der Naturwissenschaftne in Leipzig, Freiburg/ Breisgau und München Schloß E. 1931 mit der Dissertation Monographische Studien an Heterocope weismanni Imhof ab. Seine Forschungen als Leiter des Instituts für Seenforschung und Seenbewirtschaftung in Langenargen am Bodensee legten die Grundlage der modernen Limnologie. 1946 wurde E. Leiter der Hydrobiologischen Station f ü r den Schwarzwald und nach der Habilitation 1951 Dozent für Zoologie, Limnologie und Fischereiwissenschaft in Freiburg/Breisgau, wo er 1966 den ersten Lehrstuhl f ü r Limnologie in Deutschland erhielt. Besonders bemühte sich E. um die Erforschung und Reinerhaltung des Bodensees. Zu den Publikationen von E., der für viele Jahre das „Archiv für Hydrobiologie" und die „Schriften der Gesellschaft für die Verantwortung in der Wissenschaft" herausgab, gehören Wirtschaftliche Aufgaben einer neuzeitlichen Wasserwirtschaft (1960), Ergebnisse der Limmnologie (1964, mit Waldemar Ohle), Umweltschutz, Herausforderung unsrer Generation (1984) und Humanökologie und Verantwortung für eine humane friedensfähige Zukunft im 3. Jahrtausend unserer christlichen Zeitrechnung (1998).

Elster,

Julius, Physiker, * 24. 12. 1854 B l a n k e n b u r g / H a r z , f 8 . 4 . 1920 Wolfenbüttel. Der Sohn eines Privatgelehrten wurde nach naturwissenschaftlichem Studium an den Universitäten Berlin und Heidelberg 1879 mit der Arbeit Über die in freien Wasserstrahlen auftretenden electrischen Kräfte promoviert und war von 1881 bis zu seiner Pensionierung 1919 Lehrer am Gymnasium Wolfenbüttel. 1892 wurde E. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . Z u s a m m e n mit seinem Schul- und Studienfreund Hans - » G e i t e l führte er seit 1884 wissenschaftliche Untersuchungen zum Photoeffekt (daraus folgte die Konstruktion der Photozelle), über die atmosphärische Elektrizität und nach 1896 auch über die Radioaktivität durch. 1889 konnten die beiden Wissenschaftler nachweisen, daß Glühkathoden negative Elektrizität emittieren. Sie prägten 1899 den Begriff „Atomenergie", nachd e m sie festgestellt hatten, daß die Energie der radioaktiven Strahlung aus dem A t o m selbst stammt. E. veröffentlichte u. a. Die radioaktive Emanation in der atmosphärischen Luft ( 1903) und Uber die Radioaktivität der Erbsubstanz und ihre mögliche Beziehung zur Erdwärme (1907). CD N D B

Eltester E l s t e r , Ludwig (Hermann Alexander), Nationalökonom, * 2 6 . 3 . 1 8 5 6 F r a n k f u r t / M a i n , t 3 0 . 1 2 . 1 9 3 5 Jena. E., Sohn eines Gesandtschaftssekretärs am Frankfurter Bundestag und späteren Versicherungspräsidenten, studierte an den Universitäten Göttingen, Berlin und Leipzig Rechtsund Staatswissenschaften, habilitierte sich 1880 in Halle und wurde 1883 Prof. an der T H Aachen. Er wechselte als a. o. Prof. der Staatswissenschaften an die Univ. Königsberg, 1887 nach Breslau, hatte dort ein nationalökonomisches Ordinariat inne und wurde 1897 als Nachfolger Friedrich —>Althoffs Vortragender Rat im preuß. Kultusministerium. Nach seiner Pensionierung 1916 wirkte E. als Honorarprofessor in Jena. Er war Begründer sowie Herausgeber u . a . der Staatswissenschaftlichen Studien (1887-1900) sowie des Wörterbuchs der Volkswirtschaft (1899). Gemeinsam mit Johannes Ernst —» Conrad, Wilhelm —> Lexis und Edgar —»Loening gab er die 1., mit Friedrich von Wieser und Adolf —» Weber die 4. Auflage des Handwörterbuchs der Staatswissenschaften heraus. 1891-97 war er Mit-, 1915-33 Herausgeber der „Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik". m NDB E l s t e r , Otto, Pseud. Otto von Bruneck, L u d w i g Hasse, Schriftsteller, * 11. 11.1852 Eschershausen, t 1. 12. 1922 Braunschweig. E., Sohn eines Arztes, trat nach dem Besuch des G y m n a siums 1872 in ein Infanterieregiment ein, war in Pfalzburg sowie Metz stationiert, ging 1883 als Premierleutnant in den Ruhestand und war danach Redakteur des „Braunschweiger Tageblatts". 1887 übernahm er die Leitung des „Kreuznacher Tageblatts", ging 1889 als freier Schriftsteller nach Berlin und war zehn Jahre lang Archivar des Prinzen Wilhelm von Schaumburg-Lippe in Nachod. Z u s a m m e n mit seinem Sohn Hanns Martin —>E. gab er 1911-13 den „Wilhelm-RaabeKalender" heraus. E. schrieb Schauspiele, R o m a n e und Jugendbücher, darunter Gräfin Vilma (1930). e n DLL

zeichnete für die Bühnenbilder zahlreicher Ur- und Erstaufführungen verantwortlich (1943 Carmina Burana von Carl —> Orff, 1959 Plautus im Nonnenkloster von Max —> Butting) und arbeitete viele Jahre mit dem Regisseur Joachim Herz (Ring des Nibelungen) zusammen. CD A K L E l t e r , Anton, Klassischer Philologe, * 5 . 3 . 1 8 5 8 R o s b a c h / Sieg, t 5 . 1 1 . 1925 Bonn. E. studierte seit 1876 in Münster und Bonn Philologie, war Assistent an der Bonner Universitätsbibliothek und wurde 1880 promoviert. 1880-84 hielt er sich als Erzieher der Söhne des Herzogs Onorato Caetani von Sermoneta in R o m auf. 1887 wurde E. a. o. Prof. der Philosophie in Czernowitz, 1890 a. o. Prof. der Klassischen Philologie an der B o n ner Univ. und 1892 Ordinarius. Zugleich ehrenamtlicher Prof. der Eloquenz, wurde er 1912 zum Geheimen Regierungsrat ernannt und war Mitbegründer des „Klassischphilologischen Vereins". E. machte sich durch die textkritische Edition spätgriechischer Florilegienliteratur einen Namen. CD Bursian, Jg. 4 6

Eltester,

Christian, Architekt, * 23. 10.1671 Berlin, t 5 . 5 . 1700 Berlin. Nach d e m Studium bei d e m Architekten Rutger van —> Langerfeld ging E. nach Italien, beteiligte sich dort am Umbau des päpstlichen Palazzo Ludovisi auf d e m Monte Citorio und kehrte 1696 nach Berlin zurück. Er trat in die Dienste des Kurfürsten —> Friedrich III. von Brandenburg, wurde 1697 kurfürstlicher Hofbaumeister sowie Ingenieur und erbaute das Lustschloß Grünhof bei Pobethen und das ehemalige kgl. Jagdschloß Friedrichsthal bei Oranienburg. Vermutlich arbeitete E. auch an den Inneneinrichtungen des Potsdamer sowie des Berliner Schlosses mit. Folgt man den Signaturen seines Skizzenbuches, hielt er sich 1698 in Warschau und Amsterdam, im folgenden Jahr in London und Paris auf. OD A K L

Eltester,

E l s t e r , (Gottfried) Rudolf, Maler, Freskant, Zeichner, Illustrator, * 5 . 4 . 1 8 2 0 Helmstedt, t 1 1 . 3 . 1 8 7 2 Berlin. Nach dem Studium 1838-40 am Collegium Carolinum in Braunschweig, 1 8 4 1 / 4 2 an der Städelschule in F r a n k f u r t / Main, u . a . bei Philipp ->Veit, besuchte E. 1 8 4 2 / 4 3 die Kunstakademie Karlsruhe. Anschließend studierte er in Berlin bei Peter von —> Cornelius und in M ü n c h e n bei Wilhelm von —» Kaulbach. 1858-68 lebte er in Düsseldorf, wo er Mitglied des KUnstlervereins Malkasten war. 1868 ließ er sich in Berlin nieder. E. war u . a . an der Gestaltung des Berliner Stadtschlosses, des Schweriner Schlosses, der Vorhalle des Alten M u s e u m s in Berlin und der Potsdamer Nikolaikirche beteiligt. Unter seinen Ölgemälden wird u. a. das Altarbild in der ehemaligen Klosterkirche in Doberlug-Kirchhain (Brandenburg) gerühmt. Als Zeichner trat er mit seinen Vorlagen zu einem kath. Bilderkatechismus (1862) hervor. E.s letzte Arbeit waren Kartons für die Glasfenster der Zionskirche in Berlin. m A KL

Otto Christoph, auch Elster, Jurist, Schriftsteller, * 1666 Kleve, t 1738 Berlin. E. wuchs in Berlin auf, wo sein Vater Mundschenk des Großen Kurfürsten war. Nach d e m Jurastudium in Frankf u r t / O d e r nahm er 1690 eine Tätigkeit als Kreisschreiber auf und wurde später Kammergerichtsrat, kgl. preuß. Protonotar und Sekretär der Preußischen Akademie der Künste und Mechanischen Wissenschaften. Mit seinem Bruder Christian —> E. gehörte er in Berlin zum Dichterkreis u m Johann Christoph —> Becmann, unter dessen Einfluß E. eine „Hirtengesellschaft" gründete, die sich die Pflege galanter Sprache und Dichtung zur A u f g a b e machte. Neben Einzeldrucken erschienen mehr als 100 Gedichte in der S a m m l u n g von Benjamin —» Neukirch, mit dem er freundschaftlich verbunden war. An Qualität, besonders in seinen Sonetten, übertraf E. in der klaren Gedankenführung und in der genauen Ausbildung des galanten Tons viele seiner Zeitgenossen. OD Killy

E l t e n , Max, Maler, Bühnenbildner, * 8 . 6 . 1 9 0 5 Oberdollendorf/Rhein, t 2.9.1982. Nach d e m Besuch der Folkwang-Handwerkerschule in Essen studierte E. 1927-30 an der Kunstakademie in Königsberg, an der T H München und am Werklehrerseminar in Halle und legte 1933 an der Kunsthochschule Berlin das Staatsexamen für das künstlerische Lehramt an Höheren Schulen ab. E. arbeitete 1934 an der Oper Königsberg und wurde 1936 Ausstattungsleiter der Leipziger Oper. Nach der Kriegsgefangenschaft nahm er seine Tätigkeit an der Behelfsspielstätte in Leipzig-Lindenau wieder auf, wurde durch die Kulturabteilung der Sowjetischen Militäradministration Sachsen z u m Chefbühnenbildner berufen und blieb nach der Bestätigung 1952 durch das Kulturamt Leipzig bis 1970 im Amt. E.

Eltester,

Walther, evang. Theologe, * 18.4. 1899 Hohenlandin (Kr. Angermünde), t 4 . 1 2 . 1976 Tübingen. E. studierte an den Universitäten Jena und Berlin und war 1924-31 wissenschaftlicher Hilfsarbeiter der Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften, 1931-40 wissenschaftlicher Beamter sowie Prof. bei der Kirchenväterkommission. 1940-45 Dozent für Kirchengeschichte an der Univ. Berlin, wurde er dort 1945 a. o., 1947 o. Prof., ging 1949 als o. Prof. des Neuen Testaments und der alten Kirchengeschichte an die Univ. Marburg und lehrte seit 1955 in Tübingen Kirchengeschiehte. E. war Mitherausgeber der „Zeitschrift für die Neutestamentliche Wissenschaft" und veröffentlichte Schriften zur Geschichte der altchristlichen Literatur (Aufsatzsammlung: Christentum und Gnosis, 1969).

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Eitz Eitz, Jakob III. zu, Kurfürst und Erzbischof von Trier, * 1510 Burg Eitz bei Cochem/Mosel, t 4.6.1581 Trier. E. war seit 1523 Domizellar am Dom zu Trier, studierte seit 1532 in Heidelberg, seit 1534 in Löwen und seit 1536 in Freiburg/Breisgau und wurde 1535 Domkapitular, 1547 Domdekan, 1550 Priester. 1559 verhinderte er einen Reformationsversuch des Kaspar —> Olevianus in der Stadt Trier. 1567 wurde E. zum Erzbischof von Trier gewählt und durchlief als einer der ersten deutschen Bischöfe den von Rom angeordneten Informationsprozeß. 1569 erfolgte in Koblenz seine Weihe zum Bischof. E. ließ eine Visitation der Diözese durchführen und dotierte 1570 das Trierer Jesuitengymnasium. E. erwarb 1576 die Fürstabtei Prüm. Er engagierte sich in der Rechtspflege und sorgte für Reformen in der Verwaltung. CD Gatz 2 Eitz, Philipp Karl Frh. von, Erzbischof von Mainz, * 26. 10. 1665 Eitz bei Cochem /Mosel, t 21.3. 1743 Mainz. Der einem moselländischen Adelsgeschlecht entstammende E. studierte 1679-82 an der Univ. Trier, die ihm den Grad eines Magisters verlieh, und 1684-86 am Germanicum in Rom. Nach der Aufnahme in die Domkapitel von Mainz (1694) und Trier (1700) war er Regierungspräsident in Mainz. 1710 wurde er dort Domkantor und versah bis 1729 das Domarchidiakonat an St. Peter in Trier. Im Juni 1732 wurde E. zum Erzbischof und Kurfürsten von Mainz gewählt. Seine Amtszeit wurde von tiefgreifenden Konflikten überschattet, so dem Polnischen Thronfolgekrieg, der nicht zuletzt am Mittel- und Oberrhein ausgefochten wurde, einer Auseinandersetzung mit Hessen-Kassel um das sog. Freigericht bei Alzenau sowie vom Beginn des Österreichischen Erbfolgekriegs. Während des Interregnums 1740-42 rückte E. in den Mittelpunkt der Reichspolitik. Obgleich den Habsburgern loyal ergeben, mußte E. dem Druck der französischen Krone nachgeben und die Wahl des bayerischen Kurfürsten ->Karl Albrecht zum römisch-deutschen Kaiser mittragen. Bei Amtsantritt bereits 66jährig und von den genannten Konflikten beansprucht, konnte E. tiefgreifendere Reformen in der Verwaltung des Erzstiftes und der Mainzer Regierungsbehörden nicht durchsetzen. CD Gatz 3 ELtz-Rübenach, (Peter) Paul (Raimund Maria Josef Hubert) Frh. von, Politiker, * 9.2. 1875 Wahn (Kr. Köln), t 25.8.1943 Linz/Rhein. Aus einem moselländischen Adelsgeschlecht stammend, studierte E.-R. an den Technischen Hochschulen Aachen und Charlottenburg Maschinenbau. 1905 legte er die Regierungsbaumeisterprüfung ab und trat in den Staatseisenbahndienst ein. In den folgenden Jahren arbeitete er im Werkstätten- und Maschinendienst der Preußischen Staatsbahnen und bei Eisenbahnunternehmen in den USA, war 1911-14 technischer Sachverständiger beim deutschen Generalkonsulat in New York und kehrte 1914 nach Deutschland zurück. Während des Ersten Weltkriegs im Feldeisenbahndienst, wurde E.R. nach Kriegsende mit Abwicklungsgeschäften im Eisenbahntransportwesen betraut und 1919 in das preuß. Ministerium für öffentliche Arbeiten, später in das Reichsverkehrsministerium berufen. 1923 wurde er Ministerialrat, im folgenden Jahr Präsident der Reichsbahndirektion Karlsruhe, 1932 Reichsverkehrs- und Reichspostminister im „Kabinett der Barone" von —> Papen und hatte dieses Ressort auch in den folgenden Regierungen (von —> Schleicher, —> Hitler) inne. E.-R. war als parteiloser Fachminister bekannt, erreichte eine Wiederaufwertung der Reichsbahn gegenüber der zunächst auf Straßenausbau konzentrierten nationalsozialistischen Verkehrspolitik und initiierte 1935 den „Verkehrswissenschaftlichen Forschungsrat beim Reichsverkehrsministerium". E.-R. geriet aufgrund der kirchenfeindlichen Haltung Hitlers zunehmend in Konflikt zur NSDAP, verweigerte

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1937 aus diesem Grund Parteieintritt und Goldenes Parteiabzeichen und wurde im selben Jahr zum Rücktritt gedrängt. CD Leb Rhein, Bd 2 Eitzbacher, Paul, Jurist, * 18.2.1868 Köln, t 26.10. 1928 Berlin. Der Sohn eines Arztes studierte in Leipzig, Heidelberg, Straßburg und Göttingen, habilitierte sich 1880 in Halle und wurde 1900 Privatdozent, 1906 o.Prof. der Rechte an der Handelshochschule Berlin. Sein Arbeitsgebiet waren die Rechts- und Sozialwissenschaften. E. veröffentlichte u.a. Der Anarchismus (1903), ein Werk, das in verschiedene Sprachen übersetzt wurde. Elvenich, Peter Joseph, kath. Theologe, Philosoph, * 29.1.1796 Embken bei Zülpich (Bez. Aachen), t 16.6.1886 Breslau. Nach Abschluß des Theologie- und Philosophiestudiums an den Universitäten Münster und Bonn mit der Promotion (1812, De Fichtii idealismo, Neuausg. 1832) wurde E. 1821 in Koblenz Gymnasiallehrer und 1823 Privatdozent an der Univ. Bonn. 1826 erfolgte dort seine Berufung zum a.o.Prof. der Philosophie. 1829-43 war er o.Prof. in Breslau, leitete 1830-38 das Matthiasgymnasium und 1839-72 die Universitätsbibliothek. E. wurde als Verteidiger des Hermesianismus bekannt. Nach der Verurteilung der Schriften von Georg —» Hermes reiste er 1837 mit Johann Wilhelm Josef —> Braun nach Rom, wo er sich vergeblich um die Revision der päpstlichen Dekrete bemühte. Nach dem Vatikanischen Konzil von 1870 Schloß er sich den Altkatholiken an. E. veröffentlichte u.a. Die Moralphilosophie (2 Bde., 1830-33) und und Acta Hermesiana (1836, 2 1937). CD LThK Elver, Hieronymus Stephan von, Beamter, Schriftsteller, * 1584(7), t Ende 1624 Wien. Der Sohn eines Bürgermeisters und Bruder Leonhard von —>E.s war mehrere Jahre als Wirklicher Hofrat sowie Geheimer Rat am kurbrandenburgischen Hof tätig und wurde nach seiner Konversion zum Katholizismus 1619 von Kaiser —> Matthias in den Reichshofrat aufgenommen, dem er bis zu seinem Tod angehörte. Als Vertrauensmann Kaiser —»Ferdinands II. bewirkte er den Bündnisvertrag von 1620 zwischen Kurfürst —> Johann Georg von Sachsen und der kaiserlichen Partei, der zur Verpfändung der Lausitzen an Kursachsen führte. Als Führer der kaiserlichen Gesandtschaft holte E. von fast allen Reichsständen des niedersächsischen Kreises die Versicherung ein, sich nicht der habsburgerfeindlichen Union anzuschließen. Er verfaßte u. a. eine Informatio fundamentalis super hodiernae Bohemiae statum (1620). CD NDB Elver, Leonhard von, Jurist, Bürgermeister, * 24.7. 1564, t 1631. Der Bruder Hieronymus Stephan von —»E.s war kurfürstlich brandenburgischer Hofrat, bis 1593 Regierungsrat in Küstrin, wurde 1606 Propst in Lüneburg und 1613 Lüneburger Bürgermeister. 1621 veranlaßte er Herzog Christian von Braunschweig-Lüneburg zur Waffenniederlegung und widersetzte sich 1629 dem Versuch, das Restitutionsedikt auf die Abtei St. Michaelis auszudehnen. E. schrieb u. a. eine Chronik von Lüneburg (Discursus historico-politicus de statu rei publicae Luneburgensis, 3 Tie.), die insbesondere über die Verhältnisse während des Dreißigjährigen Kriegs Auskunft gibt. m ADB Elverfeld, Jonas von, Dichter, Beamter, * um 1550 Krempe (?), t nach 1611. Der Sohn eines Pastors ist 1571 in der Matrikel der Univ. Jena nachgewiesen, um 1590 war er in Neumünster tätig und gehörte zum Kreis um den kgl. dänischen Statthalter

Elwert in Schleswig und Holstein, Heinrich —» Rantzau. E.s lateinische Lyrik umfaßt neben längeren Huldigungsgedichten eine große Anzahl kurzer Gedichte, die dem R u h m Rantzaus und dem Cimbern-Kult verpflichtet sind; mit Erläuterungen Rantzaus und dessen finanziellen Unterstützung erschienen sie 1592 als De Holsatia im Druck. CD S H B L , Bd λ E l v e r f e l d t , Levin, Unternehmer, * 1 4 . 5 . 1 7 6 2 Steinhausen, t 3 0 . 6 . 1830 Steele. E., ältester Sohn eines Domherrn und Landdrosts der Grafschaft Bentheim, studierte seit 1784 ohne Abschluß an der Univ. Münster und war dann Hofgerichtsassessor, kurkölnischer Kammerherr und 1786 Landdrost in Bentheim. Außerdem war er Markenrichter und Landschaftsdirektor, betätigte sich aber angesichts seiner übermäßig verschuldeten Güter auch als Unternehmer. Daneben handelte er u . a . mit Getreide und Holz und investierte in den Steinkohlebergbau. E. gründete 1798 mit Conrad L o h m a n n einen Kohlehandel, der 1819 Konkurs anmelden mußte. Gleichzeitig erwarb er Bergwerke im Bezirk Witten und darüber hinaus, von denen aber nur ein Teil Gewinne abwarf. Er verschuldete sich immer mehr und hatte zuletzt Mühe, seine Güter 1 8 2 5 / 2 6 an seinen Sohn Ludwig von —>E. abzutreten. Seit 1824 stand E. an der Spitze eines Interessenverbands von regionalen Gewerken und k ä m p f t e vehement gegen den Einsatz von ortsfremden Arbeitern im märkischen Bergbau. DO Rhein-Westf Wirt, Bd 18 E l v e r f e l d t , L u d w i g von, Unternehmer, * 1 4 . 6 . 1 7 9 3 Langen, t 2 . 3 . 1 8 7 3 Canstein. Der Sohn von Levin —» E. trat 1813 in das preuß. Militär ein, studierte 1816-18 in Duisburg und Berlin Jura und heiratete 1818 die aus einer Familie von Bergwerksbesitzern stamm e n d e Christiane von S c h w a k e n b e r g . 1 8 2 5 / 2 6 übernahm er die ausgedehnten, doch stark verschuldeten Bergbaubetriebe seines Vaters. E. betätigte sich seit 1832 im Tiefbau und investierte in Dampfmaschinen und in den Eisenbahnbau in Muttenthal, u m die Transportwege für seine Kohle zu verbessern. Daneben betrieb er seit 1848 Koksöfen. 1849 gab E. seine Geschäfte an einen Generalmandatar ab und verkaufte in den folgenden Jahren aus finanziellen Gründen mehrere Zechen. Er wandte sich zunehmend der Verwaltung seiner landwirtschaftlichen Güter zu und war zeitweise Gemeindevorsteher in Bickern. CD Rhein-Westf Wirt, Bd 18 E l v e r s , Christian Friedrich, Jurist, * 16.7. 1797 Flensburg, t 2 . 1 0 . 1 8 5 8 Kassel. E. studierte an der Univ. Göttingen Rechtswissenschaft, habilitierte sich 1819 und lehrte seit 1823 als a. o . P r o f . , 1828-41 als o . P r o f . in Rostock. Dann wurde er Rat am Appellationsgericht Kassel, w o er bis zu seinem Tod blieb. 1854-58 war E. Mitherausgeber des „Archivs f ü r praktische Rechtswissenschaft aus d e m Gebiet des Civilrechts, des Civilprocesses und Criminalrechts", gab die Missionszeitschrift „Blätter der chinesischen Mission in Kassel" heraus, betrieb rechtshistorische Studien und veröffentlichte u. a. Der nationale Standpunkt in Beziehung auf Recht, Staat und Kirche, dargelegt in einer Reihe von Aufsätzen aus früherer und späterer Zeit (1845). CD A D B E l w a n g e r , Julius (Alexander), Staats- und Kommunalbeamter, * 2 1 . 4 . 1807 Neu-Küstrinchen (Neumark), t 2 0 . 1 1 . 1 8 7 8 Berlin. Nach d e m Jurastudium in Berlin und Heidelberg bestand E. 1834 das Assessorexamen und wechselte später zur landwirtschaftlichen Verwaltung. 1848 wurde er Direktor der landwirtschaftlichen Generalkommission Breslau. Im G e f o l g e der Revolution 1 8 4 8 / 4 9 lagen Stadt Breslau und Innenministerium jahrelang im Streit. Als Kompromißlösung wählten die Stadtverordneten 1851 den liberalkonservativen Staatsbeamten E. zum Oberbürgermeister. Im Verfassungskonflikt

1863 lehnte die Stadtverordnetenmehrheit seine Wiederwahl ab; das dadurch düpierte Kabinett —»Bismarck berief E. in die Breslauer Bezirksregierung. 1867 wurde er zum Regierungspräsidenten in Kiel ernannt; 1870-73 war E. Ministerialdirektor im preuß. Finanzministerium. Im Ruhestand präsidierte der zum Wirkliche Geheime Oberfinanzrat ernannte E. der Verwaltung des Reichsinvalidenfonds. 1849-51 gehörte er der Zweiten Kammer, 1852-54 der Ersten Kammer Preußens an; 1854-63 saß er für Breslau im Herrenhaus, 1865-78 aufgrund monarchischer Berufung. CD Spenkuch E l w e n s p o e k , Curt, Pseud. Conrad Eigenstein, Christoph Erik Ganter, Schriftsteller, * 2 8 . 5 . 1884 Königsberg, t 13.4. 1959 Tübingen. Nach Abschluß seiner Studien in Tübingen, München, Berlin und Königsberg wurde E., Sohn eines Bürgermeisters, 1908 zum Dr. jur. promoviert {Über die Quellen des im Landrecht für das Herzogtum Preußen von ¡620 enthaltenen Strafrechts) und war in den folgenden Jahren Schauspieler, Regisseur und Dramaturg u . a . in Glogau, Tilsit, Amsterd a m und Köln. Seit 1914 Oberregisseur in Mainz, wurde er 1 9 1 8 / 1 9 Spielleiter in Wiesbaden, 1919-22 in Mainz, 1 9 2 2 / 2 3 Intendant in Kiel und 1 9 2 3 / 2 4 Oberspielleiter und Dramaturg in M ü n c h e n . Die folgenden sechs Jahre arbeitete er als Chefdramaturg an den württembergischen Staatstheatern, 1930-38 als Chefdramaturg beim Stuttgarter R u n d f u n k , während des Zweiten Weltkriegs beim R u n d f u n k in Oslo und Berlin und war nach dem Krieg für den Süddeutschen R u n d f u n k und den Südwestfunk (u.a. seit 1949 Kindersendung „Das Abendlied") tätig. E. schrieb zahlreiche Romane, Biographien (Schinderhannes, 1925), Essays (Postille des Herzens. Gedanken und Betrachtungen zum täglichen Leben, 1970), Hör- und Märchenspiele sowie Sachbücher. CD Altpreuß Biogr, Bd 3 E l w e r t , Georg, Ethnologe, * 1.6. 1947 München, t 3 1 . 3 . 2 0 0 3 Berlin. E. studierte Ethnologie, Soziologie und afrikanische Sprachen in M a i n z und Heidelberg, w o er 1973 promoviert wurde. 1980 habilitierte er sich in Bielefeld und war als Privatdozent tätig, bis er 1982 ein Heisenberg-Stipendium erhielt, das ihn nach Paris und an die Yale University führte. 1984 als Prof. nach Bielefeld zurückgekehrt, folgte er 1985 einem Ruf auf eine Professur f ü r Ethnologie an die Freie Univ. Berlin. Aus den auf Forschungsreisen nach Westafrika und Usbekistan gewonnenen Erkenntnissen über dortige Sozialstrukturen versuchte E., Kategorien für die Analyse westlicher Gesellschaften abzuleiten. Mit seiner Theorie der „Gewaltmärkte" legte er eine Erklärung der Ursachen afrikanischer Bürgerkriege und des islamischen Terrorismus als Folge ökonomischen Strebens vor. E. war Gründungsmitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. E l w e r t , Immanuel Gottlieb, Mediziner, * 7 . 3 . 1769 Cannstatt (heute zu Stuttgart), t 2 7 . 1 1 . 1 8 1 1 Cannstatt. E., ein Jugendfreund —»Schillers, Schloß das Medizinstudium an der Hohen Karlsschule in Stuttgart 1779 mit der Dissertatio medico-diaetetica de vitae ratione hominis naturae convenientissima generalia quaedam exhibens ab und war seit 1786 als Arzt in Cannstatt tätig. Er beschäftigte sich vor allem mit Gerichtsmedizin und verfaßte u . a . Binae observationes anatomico-medico-practicae (1780), Einige Fälle aus der gerichtlichen Arzneykunde (1792), Ueber den Selbstmord in Bezug auf gerichtliche Arzneykunde (1794), Die Unzulässigkeit ärztlicher Entscheidungen Uber vorhandenes männliches Vermögen, als anfang ein zufälliger Gedanke über den Begriff der Nothzucht (1808) und Ueber ärztliche Untersuchung des Gemüthszustandes (1810).

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Elwert Elwert,

Johann Kaspar Philipp, Mediziner, * 5 . 1 1 . 1 7 6 0 Speyer, t 3. 11. 1827 Hildesheim. E. wurde nach Abschluß seines Medizinstudiums 1786 in Erlangen mit der Dissertation Fasciculus plantarum e flora Marggraviatus Baruthini Amtsarzt der Amter Wohlenberg und Bilderlahe, Stadtarzt in Bokenem bei Hildesheim und Fürstlicher Hofarzt in Hildesheim. Er veröffentlichte u. a. Nachrichten von den Leben und den Schriften jetztlebender teutscher Aerzte, Wundärzte, Thierärzte, Apotheker und Naturforscher (Bd. 1, 1799) und Von den Aerzten, welche sich des seltenen Gluecks zu erfreuen hatten, nicht nur ein hohes Alter zu erreichen, sondern das Jubilaeum ihrer Doktorwuerde zu erleben. Zur Feier des Jubelfestes ... Dr. Friedrich Gerhard Hasenbalg (1822). E. gab das „Repertorium für Chemie, Pharmacie und Arzneymittelkunde" (Bd. 1, 1796) und das „Magazin für Apotheker, Chemisten und Materialisten" (3 St., 1758) heraus.

Elwert,

Noa Gottfried, Verleger, * 9 . 9 . 1807 Reutlingen, t 6.11.1873. E. absolvierte in Reutlingen eine Buchdruckerlehre, in Cannstatt eine Buchhandelslehre und arbeitete nach mehrjähriger Tätigkeit in verschiedenen Städten, u. a. Ludwigsburg und F r a n k f u r t / M a i n , als Geselle in der Kriegerschen Buchhandlung in Marburg. 1831 kaufte er von Karl Kempf, dem Schwiegersohn Johann Christian —»Kriegers, das aus Verlag, Buchhandlung und Druckerei bestehende Unternehmen. E. siedelte das Programm von Verlag und Buchhandlung im wissenschaftlichen Bereich an und verlegte u.a. August Friedrich Christian —» Vilmars Geschichte der deutschen National-Lileratur (1845) sowie das Lehrbuch der Pandekten (3 Bde., 1842-46) von Carl Adolph von —»Vangerow. DP A D B

Elwert,

Rudolf, Buchhändler, * 28. 11.1904 Hamburg, t 25. 11. 1961 Berlin. Im Export- und Bankfach ausgebildet, ging E. 1923 nach Berlin, kam zum Buchvertrieb des Gewerkschaftsbundes der Angestellten (GDA) und war dort bis zu dessen Auflösung tätig. Zusammen mit Kurt —»Meurer errichtete er 1934 aus den Resten des Buchvertriebs der G D A eine eigene kleine Versandbuchhandlung. Nach der Ausbombung des Geschäfts im Zweiten Weltkrieg bauten E. und Meurer nach 1945 die Firma wieder auf, die nach 1945 die bedeutendste Buchhandlung in Berlin wurde. CD L G B

Elwert,

(Wilhelm) Theodor, Romanist, * 20. 12. 1906 Stuttgart, t 1 2 . 2 . 1 9 9 7 Mainz. E. studierte an den Universitäten Lausanne, Freiburg/Breisgau und München, war 1933 als Lektor an der Univ. Pisa tätig und wurde 1934 zum Dr. phil promoviert (Die Geschichtsauffassung in den historischen Romanen F. D. Guarrazzis). Seit 1935 Assistent an der Bibliotheca Hertziana in Rom, ging er 1938 als Assistent an die Univ. München, wo er sich 1941 habilitierte (Die Mundart des Fassa-Tals). 1951 wurde er api., 1953 o . P r o f . an der Univ. Mainz. E. beschäftigte sich mit vor allem mit italienischer und französischer Sprach- und Literaturwissenschaft (Studien zu den romanischen Sprachen und Literaturen, 10 Bde., 1967-89) und war Mitherausgeber der „Mainzer Romanistischen Arbeiten" und der „Untersuchungen zur romanischen Philologie". Weite Verbreitung fanden seine Französische Metrik (1961, 4 1978) und Italienische Metrik (1968, 2 1984). E. veröffentlichte ferner Das zweisprachige Individuum. Ein Selbstzeugnis (1960), Die romanischen Sprachen und Literaturen. Ein Uberblick (1979) und Die italienische Literatur des Mittelalters. Dante, Petrarca, Boccaccio (1980).

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Elyan,

Kaspar, Drucker, * um 1430 (?) Groß-Glogau, t um 1483 vermutlich Italien. Nach dem Studium in Leipzig, Erfurt und Krakau erwarb E. den Grad eines Licentiatus in Decretis und wurde 1475 Unterkantor an der Kollegiatkirche zum Hl. Kreuz in Breslau, 1477 Kanonikus an der Kathedralkirche. 1475 gründete er, wahrscheinlich auf Wunsch Bischof —> Rudolfs von Breslau, eine Druckerei. E., der einzige Drucker Breslaus im 15. Jh., druckte theologische sowie pastorale Texte, u . a . von Thomas von Aquin und Jean de Gerson, und die Facetiae des Poggio Florentinus. 1482 zum letzten Mal urkundlich in Breslau bezeugt, wurde E. im folgenden Jahr Mitglied der Heilig-Geist-Bruderschaft in Rom und kehrte vermutlich aus Italien nicht zurück. m NDB

Elze,

Curt, Anatom, * 1 6 . 2 . 1 8 8 5 Halle, t 9 . 4 . 1 9 7 2 Kassel. E., Sohn eines Rechtsanwalts, studierte seit 1903 Medizin in Freiburg/Breisgau und Halle und wurde 1908 in Freiburg promoviert (Beitrag zur Histologie eines embryonalen Säugetierdarmes). Seine Spitalsdienst- und Assistentenzeit verbrachte er in Freiburg, Wien und Heidelberg, wo er sich 1912 für Anatomie habilitierte (Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte des Blutgefäßsystems) und Prosektor wurde. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg (1914-16) war er seit 1918 a . o . P r o f . in Heidelberg, erhielt 1921 eine planmäßige a. o. Professur in Gießen und übernahm noch im selben Jahr eine o.Professur in Rostock ( 1 9 3 1 / 3 2 Rektor). Nach einem Wechsel auf eine Professur in Gießen (1936) wirkte E. seit 1940 als Prof. und Direktor des Anatomischen Instituts in Würzburg. 1952 wurde er emeritiert. E. gab bis 1967 die „Zeitschrift für Anatomie und Entwicklungsgeschichte" und die „Ergebnisse der Anatomie und Entwicklungsgeschichte" heraus, führte das Lehrbuch Anatomie des Menschen seines Lehrers Hermann - > Braus ab dem dritten Band (1932) fort und veröffentlichte Arbeiten zur Anatomie, Entwicklungs- und Medizingeschichte (u. a. Anatomie der Speiseröhre, 1929; Der menschliche Körper, 1966). CD Ärzte 2, 3

Elze,

(Friedrich) Karl, Anglist, * 2 2 . 5 . 1821 Dessau, t 2 1 . 1 . 1 8 8 9 Halle/Saale. Der Sohn eines Pfarrers studierte 1839-43 an den Universitäten Leipzig und Berlin Klassische Philologie, wurde Gymnasiallehrer in Dessau und hielt sich später zu Studienzwecken in Schottland auf. Er war um die Erforschung der englischen Literatur und Sprache in Deutschland bemüht, gründete 1853 die Zeitschrift „Atlantis", übersetze englische und amerikanische Lyrik (u.a. Westward Ho!, 1857, 2 1882) gab seit 1867 die Werke Shakespeares heraus und war an der Gründung der Shakespeare-Gesellschaft beteiligt. Sein wissenschaftliches Interesse galt vor allem der elisabethanischen Epoche sowie der Romantik; 1876 erschien mit E.s William Shakespeare die erste wissenschaftliche Shakespearebiographie in Deutschland. E. wurde 1875 a.o., 1878 o.Prof. der Englischen Philologie an der Univ. Halle. Er veröffentlichte u.a. Über Philologie und System (1845), Byron (1862, 3 1884), Notes on Elizabethan dramatists with conjectural emendations on the text ( 1 8 8 0 - 8 6 , 2 1 8 8 9 ) und einen Grundriß der englischen Philologie ( 1887, 2 1889). CD Anglisten

Elze,

Reinhard, Historiker, * 2 8 . 6 . 1 9 2 2 Rostock, t 8 . 1 1 . 2 0 0 0 München. E. studierte Geschichte und Klassische Philologie in Freiburg/Breisgau und Göttingen, wurde 1944 promoviert (Die päpstliche Kapelle) und fand 1948 eine Anstellung an der Monumenta Germaniae Histórica in München. Nach seiner Habilitation 1958 in Bonn war er 1961-72 Prof. für Geschichte an der Freien Univ. Berlin und trat 1972 das Amt des Direktors des Deutschen Historischen Instituts in Rom

Embden an, das er bis 1988 innehatte. E. veröffentlichte u . a . Die Ordures für die Weihe und Krönung des Kaisers und der Kaiserin (1960, Nachdr. 1995) und Päpste - Kaiser - Könige und die mittelalterliche Herrschaftssymbolik (1982).

Elzer,

Margarete Anna Elisabeth, geb. Courths, Pseud. Hanna Dueren, A n n a Richter, Schriftstellerin, * 19. 10. 1889 H a l l e / S a a l e , t 2 6 . 8 . 1966 Tegernsee. E., Schwester von Friede —»Birkner, veröffentlichte 1921-53 mehr als 50 Romane, die die Unterhaltungsliteratur ihrer Mutter Hedwig —> Courths-Mahler kopierten. Sie gestaltete die Charaktere ihrer Frauenromane unter d e m Aspekt traditioneller Weiblichkeitsvorstellungen. Zu ihren Werken zählen Die Fahrt ins Glück (1923) und Der Mann ihres Herzens (1935). Während des Nationalsozialismus erfreuten sich ihre Texte großer Beliebtheit. DD DLL, 20. Jh.

Emanuel Lebrecht,

Fürst zu Anhalt-Kothen, * 2 0 . 5 . 1671 Kothen, t 3 0 . 5 . 1704 Kothen. Nach dem Tod seines Vaters, des Fürsten Emanuel zu Anhalt-Köthen, geboren, stand E. L. bis zu seinem Regierungsantritt 1793 unter der Vormundschaft seiner Mutter A n n a Eleonore und des Fürsten —> Johann Georg II. zu Dessau, an dessen Hof er zeitweilig lebte. 1692 vermählte er sich mit der luth. Gisela Agnes von Rath, die 1694 zur Reichsgräfin von Nienburg erhoben wurde. Nicht zuletzt aufgrund dieser Verbindung gewährte E. L. seinen luth. Untertanen freie Religionsausübung, was zu Streitigkeiten mit der reformierten Bürgerschaft führte. CD A D B

Emanuel,

Gustav, Mediziner, * 20. 10.1879 Mengeringhausen (Waldeck), t 8 . 3 . 1 9 5 2 Berlin. Nach d e m Medizinstudium, das er u . a . bei Rudolf —»Virchow und Bernhard —»Naunyn (Promotion in Straßburg 1904, Über die Wirkung der Labyrinthe und des Thalamus Opticus auf die Zugcurve des Frosches) absolvierte, war E., Sohn eines K a u f m a n n s , Assistent und Oberarzt in den Mendelschen Heilstätten in Berlin-Pankow. 1910 wurde er Oberarzt und später Direktor an der Edelschen Anstalt in Berlin-Charlottenburg. Nach d e m Kriegsdienst als Stabsarzt und der Auflösung der Edelschen Anstalt machte sich E. um die Organisation der Berliner Fürsorge für psychische Hygiene im Sinne des anstaltsungebundenen WendenburgSystems verdient. A u f g r u n d seiner jüdischen A b s t a m m u n g wurde er 1933 aus allen Ämtern entfernt und erst nach 1945 wieder beim Gesundheitsamt Berlin eingesetzt. Neben seinen Pionierleistungen auf dem Gebiet der freien Geisteskranken- und Süchtigenfürsorge erlangte E. im wissenschaftlichen Sektor vor allem durch die Darstellung des Mastix-Lumbotests Bedeutung, die er zusammen mit H. Rosenfeld durchführte. DD N D B

Emanuel,

Isidor (Markus), kath. Theologe, Bischof von Speyer, * 7. 10.1905 Merzalben (Pfalz), t 3 0 . 1 1 . 1 9 9 1 Zweibrücken. E. war das jüngste von elf Kindern eines Druckereiarbeiters und studierte an der päpstlichen Univ. in R o m Theologie und Philosophie. 1927 wurde er zum Dr. phil. und nach der Priesterweihe 1930 im selben Jahr auch zum Dr. theol. promoviert. 1931 kehrte E. nach Deutschland zurück, w o er 1933 Dozent für Moraltheologie und Subregens am neueröffneten Priesterseminar in Maria Rosenberg wurde. Nach einer kurzen Tätigkeit als Arbeiterpfarrer war er 1941-50 Rektor des dortigen Diözesanexerzitienwerks. 1950 kam er als Domkapitular nach Speyer und war 1952-68 Bischof. E.s Sorge galt der religiösen Erneuerung nach d e m Krieg, der Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich wie auch der umfassenden Renovierung des Speyerer D o m s und d e m Wiederaufbau zahlreicher zerstörter kirchlicher Stätten. CD Gatz 5

E m b d e , (Johann Julius) August von (van) der, auch E m b den, Emde(n), Maler, * 4 . 1 2 . 1 7 8 0 Kassel, t 10.8. 1862 Kassel. Ausgebildet an der Akademie in Kassel, errang E. erste Erfolge durch seine Studienarbeiten in Sepia nach alten Meistern in den Sammlungen von Dresden, Düsseldorf, M ü n c h e n und Wien. Danach ließ er sich in Kassel nieder und schuf neben Frauenbildnissen auch die Porträts der hessischen Landgrafen in der Schloßkuppel zu Wilhelmshöhe. Seit 1830 malte E. auch viele Genrebilder nach Motiven aus d e m hessischen Bauernleben. Er war der Vater von Caroline und Emilie von der - > E . CD A K L

Embde,

Caroline von der, auch Karoline, genannt Lina; verh. Klauhold, Klauhold von der Embde, Malerin, * 3 1 . 1 . 1812 Kassel, t 2 8 . 1 1 . 1 8 6 7 Hamburg. Die Tochter von August von der —> E. und Schwester von Emilie von der —>E. erhielt die erste Ausbildung bei ihrem Vater, arbeitete zunächst im Elternhaus in Kassel und seit 1850 in Düsseldorf. Nach ihrer Heirat 1854 lebte sie zunächst in Bremen, seit 1856 in Hamburg und signierte seitdem mit „Klauhold von der Embde". Ähnlich wie der Vater, dessen Mitarbeiterin sie war, malte E. überwiegend Einzel- und Gruppenbildnisse des gehobenen Kasseler Bürgertums und des hessischen Adels, häufig vor Landschaftshintergründen oder detailreichen ländlichen Genreszenen. E. bediente sich einer biedermeierlich feinen lasierenden Malweise, die kaum eine Unterscheidung von der des Vaters zuließ. Daneben schuf sie einige reine Landschaftsbilder. CD A K L E m b d e , (Ernestine) Emilie (Marie) von der, Malerin, * 10.12. 1816 Kassel, t 1 4 . 5 . 1 9 0 4 Kassel. Wie ihre Schwester Caroline von der —»E. bekam E. ihren ersten Unterricht bei ihrem Vater August von der —>E. und unternahm Studienreisen nach Dresden und M ü n c h e n . Sie blieb unverheiratet und wohnte mit zwei weiteren unverheirateten Schwestern bis zum Tod im elterlichen Haus in Kassel. Sie wurde in Themenwahl und Malstil stark vom biedermeierlichen Œ u v r e des Vaters beeinflußt, malte vorzugsweise bürgerliche Porträts und Genrebilder des oberhessischen Landlebens sowie Landschafts- und Stadtmotive von Kassel, war aber auch mit botanisch genauen Blumen- und Planzenbildern erfolgreich. Zu ihren Werken zählt das zwischen 1854 und 1894 geschaffene, nach Monaten gegliederte Album Plantas Hassiacas et pulcriores et rariores [...] mit Aquarellen der hessischen Flora. CD A K L E m b d e n , Elieser S a l o m o von, Mediziner, * 1775 E m m e r i c h / R h e i n , t nach 1838. E. studierte in F r a n k f u r t / O d e r Medizin und wurde dort 1800 mit einer Arbeit De epilepsia promoviert. 1804-16 lebte er in England und wirkte dann als praktischer Arzt in Hamburg, wohin er nach erneuten Aufenthalten in England (1838) und Brasilien zurückkehrte. E. war Mitarbeiter an Christoph Wilhelm —> Hufelands „Journal für praktische Medizin" und schrieb neben medizinischen Abhandlungen zahlreiche Aufsätze in deutschen und englischen medizinischen Zeitschriften. Z u s a m m e n mit Isaak Metz verfaßte er den lateinischen und hebräischen Katalog der Oppenheimerschen Bibliothek, Collectio Davidis (1826). Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Versuch einer Hypochondralgologie oder Lehre von der Milz und der Mutterbeschwerde (1804) und Diätetik für Schwangere (1807). E m b d e n , Gustav (Georg), Physiologe, Chemiker, * 10.10. 1874 Hamburg, t 2 5 . 7 . 1 9 3 3 N a s s a u / L a h n . Nach d e m Studium in Freiburg/Breisgau, München, Berlin und Straßburg (Dr. med. 1899, Anatomische Untersuchung

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Enibel eines Falles von Elephantiasis fibromatosa) war E., Sohn eines Rechtsanwalts, Assistent am Straßburger PhysiologischChemischen Institut von Franz —> Hofmeister. Er vervollk o m m n e t e seine Ausbildung u . a . bei Justus —» Gaule in Zürich, Paul —> Ehrlich in F r a n k f u r t / M a i n und Richard —> Ewald in Straßburg und kam 1904 nach F r a n k f u r t / M a i n , wo er bald Direktor des Chemischen Laboratoriums der M e dizinischen Klinik wurde. 1907 in Bonn habilitiert, erhielt er 1914 eine Professur für physiologische C h e m i e an der Frankfurter Univ. und wurde gleichzeitig Direktor des Instituts für vegetative Physiologie. E. hatte mit seinen Forschungen und zahlreichen Veröffentlichungen maßgeblich Anteil an der Entwicklung der physiologischen C h e m i e (u. a. Ueber die neuere Entwicklung der Humoralphysiologie, 1925); insbesondere seine Arbeiten über Stoffwechselvorgänge der Leber und der Muskulatur waren grundlegend. Mit Albrecht —»Bethe, Gustav von —» Bergmann und Alexander —» Ellinger gab er ein Handbuch der normalen und pathologischen Physiologie (17 Bde., 1927-32) heraus. Seit 1925 war E. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. m NDB E m b e l , Franz Xaver, Topograph, * 10. 11.1770 Florenz, t 2 6 . 7 . 1 8 5 6 Mödling (Niederösterreich). Der Sohn eines österr. Gesandtschaftsbeamten am Florentiner Hof besuchte die Realakademie in Wien und war 1787-1807 Beamter der dortigen Kameralhauptbuchhaltung. 1804-07 lebte E. in Dalmatien, wo er mit der Finanzverwaltung betraut war, seit 1807 als Stadtoberkämmerer und Magistratsrat wieder in Wien. 1830 trat er in den Ruhestand und widmete sich der Topographie. Die Schilderungen seiner Ausflüge in die Gegenden Niederösterreichs sind die ersten Monographien der Naturschönherten und Baudenkmäler dieser Gegend (Fußreise von Wien nach dem Schneeberge, 1801; Schilderungen der Gebirgsgegenden um den Schneeberg in Österreich, 1803). Besonders wertvoll darin sind nicht zuletzt die Abbildungen später zerstörter Bauwerke. E m b r i c h o , auch Embrico, Imbricon, Bischof von Würzburg, t 10. oder 11. 11. 1146 Aquileja. A u s edelfreiem, vermutlich rheinfränkischem Geschlecht stammend, wurde E. 1117 Propst am Marienstift in Erfurt, 1125 Kanzleivorstand König —»Lothars von Süpplingenburg und 1127 vermutlich auf Intervention des Königs zum Bischof von Würzburg gewählt. Als erster Inhaber dieses A m tes führte er auf Münzen den Titel „dux". Er errichtete das Würzburger Schottenkloster St. Jakob und ließ die erste steinerne Mainbrücke in Würzburg erbauen. Im Reich war er ein einflußreicher Berater König —> Konrads III. und nahm an vielen Reichstagen teil. 1144 reiste E. als Gesandter des Königs nach Byzanz, um die Hochzeit von dessen Schwägerin —> Bertha von Sulzbach mit Kaiser Manuel I. vorzubereiten. Auf der Heimreise ereilte ihn der Tod. Für die Literaturgeschichte erlangte er Bedeutung durch seine in zweisilbig gereimten leoninischen Versen abgefaßte Confessio Imbriconis episcopi Wirceburgensis, die gegen E n d e seines Lebens entstand. DD L e x M A E m b r i c h o von Mainz, auch Embrico, Imbrico, Dichter, * 1010(7), t 3 0 . 7 . 1077 (?) Augsburg. Augrund einer in zwei Handschriften überlieferten „Vita auctoris" wird E. heute mit d e m gelehrten, aus v o r n e h m e m Mainzer Geschlecht stammenden E. identifiziert, der 1064 Bischof von Augsburg wurde und 1077 starb. Er verfaßte eine in 16 Handschriften überlieferte Vita Mahumeti, eine Verserzählung in 574 leoninischen Distichen über das Leben M o h a m m e d s . Die sagenhafte Geschichte des Sklaven M a m m u t i u s spiegelt in ihren satirischen Zügen vor allem die christliche Polemik gegen die Lehren des Islam wider, die nach d e m ersten Kreuzzug, etwa bei Guibert von Nogent, im 12. Jh. eine Blüte erlebte. c d VL

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E m b s e r , Johann Valentin, Schriftsteller, * 1 4 . 2 . 1 7 4 9 Bruchmühle bei Wörth (Elsaß), t 27. 11.1783 Zweibrücken. E. studierte in H a l l e / S a a l e und Göttingen, ging als Französischlehrer an die Ritterakademie Reval und lernte auf Reisen u . a . Leonhard —>Euler, Friedrich Gottlieb —»Klopstock und Jean-Jacques Rousseau kennen. Seit 1775 wirkte er als Präzeptor am G y m n a s i u m Illustre in Zweibrücken. Neben pädagogischen Arbeiten (u.a. Philanthropische Gedanken über den Philanthropismus, 1777; Die Abgötterei unseres Jahrhunderts, 1779) wurde E. vor allem als Herausgeber von griechischen und lateinischen Klassikern bekannt, die er seit 1777 als Mitglied der Societas Bipontina zusammen mit Friedrich —» Exter und seinem Schwiegervater Georg Christian —»Crollius veröffentlichte. Selbständig gab er 1779 eine sorgfältig gestaltete Sallust-Ausgabe heraus; an anderen Editionen (Plautus, Piaton, Tacitus und Vellerns) hatte er entscheidenden Anteil. ED Killy E n i c k e , Max, Politiker, Jurist, * 2 2 . 7 . 1892 Tingleff (Nordschleswig), t 8 . 1 1 . 1 9 8 2 Kiel. E. studierte in Leipzig, Berlin und Kiel Jura, wurde 1920 in Kiel zum Dr. jur. promoviert und arbeitete seit 1925 als Rechtsanwalt, später als Notar in Kiel. 1945 wurde er Oberbürgermeister dieser Stadt. Entgegen den Plänen der britischen Militärregierung setzte E. den Wiederaufbau der weitgehend zerstörten Stadt durch. Auf Weisung des alliierten Kontrollrats wurde er 1946 abberufen. Bis 1950 war E. Abgeordneter der C D U , zu deren Mitbegründern in Schleswig-Holstein er gehörte, im ersten gewählten Schleswig-Holsteinischen Landtag. 1950 trat er aus der C D U aus. Nachdem er 1954 als Gegenkandidat Kai-Uwe von —»Hassels in der Wahl f ü r das A m t des Ministerpräsidenten unterlegen war, beendete er seine politische Karriere und war wieder als Rechtsanwalt und Notar tätig. CD Munzinger E m d e , Fritz, Techniker, * 1 3 . 7 . 1 8 7 3 Uschütz (Oberschlesien), t 3 0 . 6 . 1 9 5 1 Stuttgart. E., Sohn eines Landwirtschaftsbeamten und Mühlenpächters, erwarb sich nach einer praktischen Lehrzeit Kenntnisse der Elektrotechnik im Selbststudium sowie durch eine Tätigkeit bei der A E G und bei Siemens im Starkstrom-Versuchsfeld. 1911 an die Bergakademie nach Clausthal berufen, wurde er 1912 o . P r o f . der theoretischen Elektrotechnik an der T H Stuttgart, wo er bis zu seiner Emeritierung 1938 wirkte. E.s Forschungen galten vorrangig der Feldausbildung und dem Parallelbetrieb elektrischer Maschinen. Auch leistete er wesentliche Beiträge zum Maß-System auf diesem Gebiet und zur Formelsprache. Sein Hauptwerk Tafeln elementarer Funktionen, 1909 erstmals mit Eugen —> Jahnke herausgegeben, erschien 1933 in einer zweisprachigen Fassung ( 7 1966, bearb. von Friedrich Lösch). Spätere elektrotechnische Arbeiten sind in Quirlende elektrische Felder (1949) zusammengefaßt. CD N D B E m d e , Hermann (Karl Christian), Chemiker, * 10.12. 1880 Opladen (Rheinland), t 1 9 . 7 . 1 9 3 5 Thun. E., Sohn eines Chemikers und Fabrikdirektors, studierte Pharmazie, C h e m i e und Nahrungsmittelchemie in Braunschweig und Marburg, wo er Schüler von Ernst —»Schmidt war. 1906 mit der Dissertation Beiträge zur Kenntnis und Versuche zur Synthese des Ephedrins und Pseudoephedrins promoviert, habilitierte er sich 1908 mit der Arbeit Kohlenstoffdoppelbindung und Kohlenstoffstickstoffbindung an der T H Braunschweig, war dann in der Industrie tätig und nach dem Ersten Weltkrieg u. a. Mitarbeiter bei H o f f m a n n - L a Roche in Basel. 1930 wurde er dort a . o . P r o f . , 1931 o.Prof. der pharmazeutischen und Nahrungsmittelchemie in Königsberg. Der nach ihm benannte „Emde-Abbau", die Aufspal-

Enierich tung quartärer A m m o n i u m s a l z e unter Anlagerung von Wasserstoff, wobei Stickstoff als tertiäres Amin abgespalten wird, war später für die Aufklärung der Konstitution von Alkaloiden eine wichtige Voraussetzung. E. veröffentlichte u. a. Rekonstruktive Biochemie am Beispiele von Pflanzenstoffen (1931) und Betelkauen, Tabakrauchen und Rauschgifte (1934). 1906-11 gab er mit Heinrich - > B e c k u r t s die „Jahresberichte der P h a r m a z i e " heraus. CD N D B E m d e n , Levin von, Jurist, * vermutlich zwischen 1480 und 1500, t 1552. U m 1530 stand E. als Rat und promovierter Jurist im Dienst Herzog —> Albrechts VII. von Mecklenburg. Seit A n f a n g des Jahres 1533 ist er als Syndikus der Stadt Braunschweig nachweisbar. Noch im Verlauf der dreißiger Jahre wechselte er in eine gleiche Stellung nach Magdeburg. Historische Bedeutung erwarb er durch seinen maßgeblichen Einfluß auf die Beschlüsse der städtischen Ratsmitglieder bei den hansischen Versammlungen, an denen er satzungsgemäß nicht einmal hätte teilnehmen dürfen. Als einer der ersten hat er so durch seine Rechtsgelehrtheit und sein Verhandlungsgeschick die Überlegenheit des Berufsdiplomaten gegenüber dem angesessenen Patriziat gezeigt. Dieser Umstand hat später die Hansestädte zur Bestellung eines eigenen Syndikus bewogen. OD N D B E m d e n , (Jacob) Robert, schweizer. Physiker, Meteorologe, * 4 . 3 . 1862 St. Gallen, t 8. 10. 1940 Zürich. Nach d e m Studium in Heidelberg, Berlin und Straßburg wurde E., Sohn eines K a u f m a n n s , 1887 mit einer Arbeit die D a m p f s p a n n u n g e n von Salzlösungen promoviert. 1889 habilitierte er sich an der T H München für Physik, wirkte dort zunächst als Privatdozent, seit 1907 als a. o . P r o f . der Meteorologie und Luftschiffahrt und war seit 1924 zusätzlich Honorarprofessor der Astrophysik an der Univ. M ü n c h e n . 1934 emigirierte E. nach Zürich. E.s Forschungsgebiete waren hauptsächlich die Sonnen- und Wärmetheorie sowie allgemein die Astrophysik (u. a. Thermodynamik der Himmelskörper, 1926). Seine Arbeit Gaskugeln. Anwendungen der mechanischen Wärmetheorie auf kosmologische und meteorologische Probleme (1907) wurde teilweise grundlegend für Arthur Stanley Eddingtons Theorie des inneren A u f baus der Sterne. Daneben beschäftigte sich E. mit Fragen der Luftschiffahrt, speziell der Ballonfahrt (Grundlagen der Baiionführung, 1910), und mit Versuchen zur photogrammetrischen Vermessung aus der Luft. Er war Mitglied der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften. CO N D B E m e l é , Wilhelm, Maler, * 2 0 . 5 . 1 8 3 0 B u c h e n / O d e n w a l d (Baden), t 11. 10. 1905 Freiburg/Breisgau. E. begann eine militärische Laufbahn, wandte sich dann aber der Malerei zu und wurde 1851 Schüler von Feodor —>Dietz in München. In Antwerpen und Paris vollendete er seine Ausbildung und kehrte für kurze Zeit nach München zurück. Erste Erfolge auf Aufstellungen in Wien und in Prag veranlaßten ihn 1860 zur Übersiedlung nach Wien, w o er sich vorrangig der Darstellung historischer Ereignisse widmete, u. a. Tod des Fürsten von Fürstenberg in der Schlacht bei Stockach 1799 (1859). 1870/71 nahm E. am DeutschFranzösischen Krieg teil; seine Erlebnisse gingen in acht größere Bilder ein, die er seit 1872 in Karlsruhe schuf. Seit 1876 wieder in München, siedelte er später nach Berlin über und wandte sich verstärkt friedlichen Szenen sowie Genrebildern der Renaissance- und Rokokozeit zu. tan A K L E m e n d ö r f e r , Max, Parteifunktionär, * 2. 12. 1911 Tübingen, t 1 8 . 6 . 1 9 7 4 Berlin. Nach einer Ausbildung zum Schuhmacher arbeitslos, trat E. 1931 in die K P D ein, wurde 1 9 3 3 / 3 4 mehrfach verhaftet und war 1935-37 in den Konzentrationslagern Esterwegen

und Sachsenhausen interniert. 1940 trat er in die Wehrmacht ein und lief 1942 zur Roten A r m e e über. Er wurde Mitglied und einer der Vizepräsidenten des Nationalkomitees „Freies Deutschland" und kehrte 1945 nach Berlin zurück, wo er auf Veranlassung von Walter —» Ulbricht als angeblicher Informant der Gestapo verhaftet und 1947 in die Sowjetunion deportiert wurde. 1952 wurde E. in der UdSSR zu 10 Jahren Verbannung verurteilt, 1956 jedoch vorzeitig in die D D R entlassen. Seitdem war er als Redakteur der „Freiheit" in Halle tätig und arbeitete an seinen 1972 erschienenen Erinnerungen (Rückkehr an die Front. Erlebnisse eines Antifaschisten). CD D D R E n t e r i c h , Friedrich Joseph, auch Emmerich, Jurist, Schriftsteller, * 2 1 . 2 . 1 7 7 3 Wetzlar, f 17. 11.1802 Würzburg. E., Sohn eines Juristen am Reichskammergericht in Wetzlar, studierte in M a i n z und Marburg Jura und wurde 1793 Praktikant am Reichskammergericht. Wegen seiner Mitgliedschaft in revolutionären Zirkeln wurde er jedoch zur Advokatur nicht zugelassen und Schloß sich daraufhin der französischen A r m e e an. 1798-1801 war er in der Verwaltung der Mainzer Republik tätig, wo er wahrscheinlich auch mit —> Hölderlin zusammentraf. Seit 1801 war E. freier Schriftsteller. Wegen seiner scharfen Kritik in den Briefen über den gegenwärtigen Zustand der deutsch-französischen Rheinländer (1801/02) in Johann Wilhelm von —> Archenholtzens „Minerva" wurde er verfolgt und ins Reichsgebiet abgeschoben. E. starb in geistiger Verwirrung nach einem Hungerstreik im Juliusspital in Würzburg. Sein Werk, das d e m literarischen Jakobinismus zuzurechnen ist, ist erst in jüngerer Zeit in seiner Bedeutung erkannt worden, da viele Schriften anonym erschienen. Hölderlin sprach sich f ü r seine Gedichte (1799) aus, wenn er auch ihre F o r m kritisierte. CD Killy E n i e r i c h , Johann, auch Emericus, Drucker, * 15. Jh. Speyer oder Udenheim (heute Philippsburg), f Venedig. E. ist seit 1487 als Buchdrucker in Venedig nachweisbar, wo er zunächst gemeinsam mit Johann Hamann, später allein vor allem liturgische Werke druckte. Seine Auftraggeber waren u. a. Lucantonio Giunta, Nicolaus von Frankfurt und Johann Paep. Seine Drucke zeichnen sich durch ihre Qualität, ihre originellen Initialen und schöne Holzschnitte aus. Er verwendete ausschließlich gotische Typen, von denen er allerdings zahlreiche Alphabete besaß. Aus seiner Werkstatt stammen sowohl das größte Buch (ein Graduale von 1499) wie auch das kleinste Buch {Officium Beatae Virginis Mariae, 1499) des 15. Jahrhunderts. CD N D B E m e r i c h , Paul, Musiker, Musikpädagoge, * 12. 11. 1895 Wien, t 2 8 . 4 . 1 9 7 7 N e w York. E., Sohn eines Prokuristen, studierte u. a. bei Franz —> Schmidt und Eusebius Mandyczewski an der Wiener Musikakademie, danach bei Emmanuel M o o r in der Schweiz. Nach Konzerttourneen durch Europa und die U S A wurde er 1929 Direktor des Internationalen Pianistenseminars in Wien. Dort gab er Unterricht in Klavier, Theorie und Komposition. 1931-34 lehrte er an der Columbia University, der Sorbonne und der Wiener Musikakademie, bis er 1934 Musikdirektor des Jüdischen Blindeninstituts in Wien wurde. 1939 emigrierte E. in die U S A , war bis 1941 Lehrer am Blindeninstitut in Yonkers (New York) und hatte 1966-72 die Direktion von „The Braille Musician" inne. 1941-66 gab er Privatunterricht. Unter seinen Schülern waren Erich —>Leinsdorf, Karl —> Bamberger und Franz —»Mittler. E. veröffentlichte u . a . Manual of piano technique (1942), Basic elements of music (1949) und The road to modern music (1953; dt.: Ein Weg zur modernen Musik, 1954). CD Ö M L

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Emge E m g e , Carl August, Pseud. ab Insulis, Rechtsphilosoph, * 2 1 . 4 . 1 8 8 6 H a n a u / M a i n , t 2 0 . 1 . 1970 Bad Honnef. E. studierte an den Universitäten Tübingen, Heidelberg und Marburg Rechtswissenschaften, danach Philosophie, Kunstgeschichte und Psychologie und wurde zum Dr. jur. und zum Dr. phil. (Das Eherecht Immanuel Kants. Ein Beitrag zur Geschichte der Rechtswissenschaft) promoviert. 1916 habilitierte er sich in Gießen für Jura ( Ü b e r das Grunddogma des rechtsphilosophischen Relativismus), 1923 in Jena f ü r Philosophie. Einer außerordentlichen Professur in Jena folgte die Berufung nach Riga, wo er auch das Ordinariat für Soziologie innehatte. 1931 wurde ihm die wissenschaftliche Leitung des Nietzsche-Archivs in Weimar und der kritischen Gesamtausgabe von Nietzsches Werken übertragen. Von A n f a n g an ein Verfechter konservativer Lehrideen, wurde E., seit 1931 Mitglied der N S D A P , bei der Machtergreif u n g der Nationalsozialisten in Thüringen 1932 zum Universitätskommissar der nationalsozialistischen B e w e g u n g in Jena ernannt. 1933 erhielt er das erste Ordinariat f ü r Rechtsphilosophie in Deutschland und trat in die Geschäftsführung von Hans Franks A k a d e m i e für deutsches Recht ein. 1934 übernahm E. den Vorsitz der „Internationalen Vereinigung f ü r Rechts- und Wirtschaftsphilosophie", die ihren letzten Namensbestandteil durch Sozialphilosophie ersetzte. 1945 war er Mitbegründer der A k a d e m i e der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. E. veröffentlichte u . a . Hegels Logik und die Gegenwart (1927), Geistiger Mensch und Nationalsozialismus (1931), Ideen zu einer Philosophie des Führertums (1936), Der „umgedrehte Piatonismus". Anregungen Nietzsche's zur Situationsphilosophie (1952), Einführung in die Rechtsphilosophie (1955) und Philosophie der Rechtswissenschaft. Erfahrung und Denken (1961). •P

Munzinger

Ertlich, Friedrich Peter, österr. Chemiker, * 5 . 9 . 1 8 6 0 Graz, t 22. 1 . 1 9 4 0 Graz. Nach dem Chemiestudium an der T H Graz war E., Sohn eines Ingenieurs, zunächst im Schuldienst tätig. 1888 habilitierte er sich und wurde 1889 in Graz a. o. Prof. und war 1894-31 o. Prof. der allgemeinen Chemie. Seit 1927 war E. Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. Neben Fritz Pregi gilt er als Pionier der Mikrochemie. Angeregt durch Arbeiten von Theodor Heinrich Behrens, wurde E. zum Begründer der quantitativen anorganischen Mikroanalyse. Mit großem experimentellem Geschick entwickelte er zahlreiche chemische Bestimmungsmethoden, aber auch neuartige Hilfsmittel; u . a . wurde die Mikrowaage von ihm entscheidend verbessert. Er veröffentlichte u. a. ein Lehrbuch der Mikrochemie ( 1911, 2 1926). m NDB E m i c h o , Bischof von Freising, * um 1245, t 2 3 . 7 . 1 3 1 1 Wien. E., Sohn des Wildgrafen Emich, war 1266 Propst des Stiftes St. Andrä in Freising und kandidierte 1279 erstmals für das A m t des Bischofs, in das er 1283 gewählt wurde. Aufgrund seiner verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Grafen von Tirol und Görz und damit auch zu König —> Albrecht I. besaß er großen Einfluß in seiner Stellung als Reichsfürst. 1290, 1293 und 1297 vermittelte er in Streitigkeiten zwischen Osterreich und Salzburg, unterstützte König Albrecht u . a . 1286 gegen Ungarn und nahm 1298 am Reichstag von Nürnberg teil. Seine territorialen Erwerbungen (u. a. Grafschaft Werdenfels 1294, Vogtei des Freisinger Domkapitels um 1300, Käufe in Niederösterreich und Krain) brachten ihn in Gegensatz zu den Wittelsbachern, die als Nachbarn den Ausbau seines Gebietes begrenzten. DP Gatz 1 E m i l , Prinz von Hessen und bei Rhein, * 3 . 9 . 1 7 9 0 D a r m stadt, t 2 8 . 4 . 1856 Baden-Baden. Der Sohn des Großherzogs —> Ludwig I. wurde in preuß. und hessischem Militärdienst ausgebildet und k ä m p f t e seit

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1809, von Napoleon als Militär geschätzt, in der Rheinbundarmee. Nach der Schlacht von Leipzig vorübergehend preuß. Kriegsgefangener, führte er seit 1813 das hessische Korps gegen Frankreich. Auf d e m Aachener Kongreß, an d e m er als Vertreter Hessens teilnahm, gewann er die Gunst von Kaiser —» Franz I. von Osterreich. E. beteiligte sich am A u f b a u des hessischen Staates, wirkte an der Verfassung von 1820 mit und war Mitglied, später Präsident der ersten K a m m e r der Landstände. Dort vertrat er das „monarchische Prinzip", die Anlehnung an Österreich und war Gegner der Demokraten und Liberalen. t u NDB E m i n P a s c h a , M e h m e d , eigentl. Eduard (Carl Oscar Theodor) Schnitzer, Mediziner, Afrika- und Naturforscher, * 2 8 . 3 . 1840 Oppeln, t 2 3 . 1 0 . 1 8 9 2 Kinena (im heutigen Zaire). E. P. entstammte einer jüdischen K a u f m a n n s - und Bankiersfamilie, wurde 1846 getauft und studierte Medizin. 1865 wurde er Quarantänearzt im damals türkischen Albanien. Im Gefolge des türkischen Gouverneurs Ismail Hakki Pascha reiste er durch Kleinasien, Arabien und Nordafrika und erwarb sich umfangreiche Sprachkenntnisse und die Beherrschung der islamischen Lehre und Gebräuche. 1876 trat E. P. in ägyptische Dienste und wurde 1879 mit der Verwaltung der Äquatorialprovinzen betraut, um deren wirtschaftliche und soziale Ordnung er sich verdient machte. Daneben war er weiterhin als Arzt tätig und betrieb geographische, ethnographische und naturkundliche Forschungen. Durch den Aufstand der Mahdisten wurde E. P. 1883 von der Außenwelt abgeschnitten, konnte sich jedoch behaupten, bis 1888 der britische Forscher Henry Morton Stanley zu ihm stieß. Mit ihm zog er nach Deutsch-Ostafrika. Im Dienst des deutschen Reiches eroberte er 1890 den Nordwesten Tanganjikas. Auf einer Expedition ins Kongogebiet wurde E. P. von Arabern ermordet. Er gehört zu den Pionieren der Erforschung Innerafrikas. Eine Sammlung von Reisebriefen und Berichten E. P. 's aus den ehemals ägyptischen Aquatorialprovinzen und deren Grenzländern (hrsg. von Georg Schweinfurth und Friedrich Ratzel) erschien 1888. Seine Tagebücher (4 Bde., 1916-27 hrsg. von Franz —> Stuhlmann) enthalten wertvolle wissenschaftliche Beobachtungen. Seit 1889 war E. P. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. m Henze E m i e r , Bonaventura (Leon), österr. Maler, * 1 9 . 1 0 . 1 8 3 1 Wien, t 2 0 . 4 . 1862 Wien. E. studierte an der Wiener Kunstakademie unter Joseph von —> Führich, zwischenzeitlich auch unter Carl —>Rahl. In den folgenden Jahren schuf er einige große Altarbilder, daneben Arbeiten über historische T h e m e n . 1855 erhielt er von Kardinal Michele Viale-Prelà den Auftrag für eine Anbetung der Könige. Im September 1857 ging E. als kaiserlicher Pensionär nach R o m , wo sein Hauptwerk, drei Kartons zu Dantes Göttlicher Komödie entstand, 1858 das Inferno, 1859 das Purgatorio und 1860 das Paradiso. Die malerische A u s f ü h r u n g konnte E. nicht mehr vollenden. e n AKL E m i e r , Josef, Historiker, * 10. 1.1836 Libowitz, t 1 0 . 2 . 1 8 9 9 Prag. Nach d e m Universitätsstudium in Wien war E. zunächst Schullehrer in Prag, kam 1862 als A d j u n k t an das B ö h m i s c h e Landesarchiv und widmete sich fortan der Sammlung und kritischen Edition der Quellen zur böhmischen und mährischen Landesgeschichte. 1864 wechselte er in das Prager Stadtarchiv und setzte die Edition der Regesta diplomatica nee non epistolaria Bohemiae et Moraviae Karl Jaromir —>Erbens fort. Seit 1872 lehrte er als Privatdozent historische Hilfswissenschaften an der Univ. Prag, 1887 wurde er o. Prof. an der neuen tschechischen Universität. In seinen

Emmerich Schriften war E. ein Vorkämpfer der kritischen Geschichtsforschung Böhmens. Die Bände 1-4 der Fontes Bohemicarum rerum erschienen 2004 im Nachdruck. CD ADB E m m e l , Egenolff, Drucker, Verleger, beerdigt 16.1.1627 Frankfurt/Main. Aus der Grafschaft Hanau stammend, kam E. 1602 nach Frankfurt, wo er zunächst als Verleger und dann vermutlich als Setzer in der Druckerei der Basseschen Erben tätig war. Nach seiner Einbürgerung in Frankfurt bewarb er sich beim Rat der Stadt um die Zulassung als Buchdrucker, hatte jedoch hiermit erst Erfolg, nachdem sich Landgraf —> Ludwig V. von Hessen für ihn verwendet hatte. Seiner Werkstatt entstammen u. a. auch einige Musikdrucke. Bedeutung erlangte E. vor allem durch die Herausgabe des „Frankfurter Journals", der ersten periodischen Wochenschrift, die in Frankfurt erschien. Das Blatt konnte sich erfolgreich auch gegen ein Konkurrenzunternehmen des Frankfurter Postmeisters Johann von der ->Birghden behaupten, gegen das E. beim Rat der Stadt erfolglos geklagt hatte. CD NDB E m m e l , Hildegard, Germanistin, * 23.7.1911 Frankfurt/ Main, t 6.1.1996 Bern. Das Studium der Germanistik, Geschichte, evang. Religionslehre, Philosophie, Kunstgeschichte und Volkskunde in Frankfurt/Main Schloß E. 1935 mit der Arbeit Das Verhältnis von ère und triuwe im Nibelungenlied und bei Hartmann und Wolfram (Nachdr. 1981) bei Julius Schwietering ab. 1938-45 war sie Lehrerin an Oberschulen in Sontra, Eger und Den Haag, 1945/46 Leiterin der nach Fallingbostel verlegten Oberschule Den Haag und 1948-50 freie Mitarbeiterin der Deutschen Akademie der Wissenschaften Berlin (Ost). 1950 wurde E. auf Veranlassung Wolfgang —> Schadewaldts Mitarbeiterin des „Goethe-Wörterbuchs" in Berlin, habilitierte sich 1951 in Rostock (Mörikes Peregrinadichtung und ihre Beziehung zum Noltenroman), wo sie bis 1956 als Dozentin lehrte, ehe sie 1956 als Prof. für Neuere deutsche Literatur nach Greifswald berufen wurde. 1958 wurde sie unter dem Vorwand, ihr Buch Wehklage und Bild der Welt in der Dichtung Goethes (1957) vermittle „reaktionäre Auffassungen", ihres Amtes enthoben. 1960 übersiedelte E. in die Bundesrepublik, nahm 1961 eine Gastprofessur in Oslo wahr und war 1964-67 Prof. in Ankara (Türkei), anschließend bis 1981 an der University of Connecticut (USA). Ihr Hauptwerk ist eine Geschichte des deutschen Romans (3 Bde., 1972-78, engl. 1984). 1991 erschien E.s Autobiographie Die Freiheit hat noch nicht begonnen. CP IGL E m m e n e g g e r , Hans, schweizer. Maler, * 19.8.1866 Küssnacht am Rigi, t 21.9.1940 Luzern. Zum Lehrer ausgebildet, wandte sich E., Sohn eines Glasfabrikanten, der Malerei zu und besuchte seit 1883 die Kunstgewerbeschule in Luzern, die Académie Julian und Ecole des Beaux-Arts in Paris sowie die Akademische Vorschule in München. Studienaufenthalte führten ihn nach Algier, Italien, Südfrankreich, Bayern und nach Paris. Zu seinen Lehrern zählten Benjamin Constant, Lucien Doucet und Bernhard —> Buttersack. E.s Werk konzentriert sieh auf die Landschaftsmalerei und das Stilleben. Seine Bilder zeichnen sich durch große Leuchtkraft der Farben und ihre oft eigenwillige Perspektive aus. Mit der Schneeschmelze errang er 1913 eine Goldene Medaille auf der internationalen Kunstausstellung in München. E. war regelmäßig auf den schweizer., Pariser und Münchner Kunstausstellungen vertreten und Mitglied zahlreicher Vereinigungen. DD AKL E m m e r , Johannes, Pseud. Hans Kelling, österr. Journalist, Schriftsteller, * 18.10.1849 Wien, t 20.1.1928 Innsbruck. Nach Abschluß des Jurastudiums mit der Promotion arbeitete E. vorübergehend in einer Rechtsanwaltskanzlei und war

seit 1872 Redakteur verschiedener politischer Tagesblätter. Seit 1879 Redaktionsleiter des belletristisch-populärwissenschaftlichen Blattes „Heimat" in Wien, gründete er 1882 eine eigene Wochenzeitung, den „Österreichischen Reichsboten", und wurde 1884 Redakteur der „Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins", dessen Generalsekretär er später war. E. schrieb zahlreiche vereinsgeschichtliche Beiträge und nahm Einfluß u.a. auf die Errichtung von Studentenherbergen und das alpine Rettungswesen. An den Satzungen des Gesamtvereins von 1909 war er maßgeblich beteiligt. 1911 zog sich E. als freier Schriftsteller nach Innsbruck zurück. Er veröffentlichte u.a. Die Geldfrage (1919) und Deutschösterreich. Seine Schicksale und seine geschichtliche Stellung (1923). CD Czeike E m m e r a m , auch Haimrham, * Aquitanien, t um 680 Helfendorf (Oberbayern). Einzige Quelle für das Leben E.s ist die Vita et passio Sancii Haimhrammi Martyris des Bischofs —>Arbeo von Freising (neu hrsg. von Bernhard Bischoff, 1953). Danach soll E. Bischof in Poitiers gewesen sein, bevor er nach 649 als Wanderprediger nach Bayern kam. Ob er von Herzog —>Theodo ins Land gerufen wurde oder, seines Amtes enthoben, auf dem Weg in die Verbannung war, ist ungeklärt. Es ist anzunehmen, daß sich E. in Regensburg neben der Seelsorge auch der bayerischen Kirchenorganisation widmete. Nach dreijähriger Tätigkeit soll E. eine Pilgerreise nach Rom geplant haben. Dazu kam es nicht; er wurde in Helfendorf bei Bad Aibling ermordet. Man geht heute davon aus, daß er das Opfer einer Hofintrige wurde. Die erste Grablege E.s war Aschhcim; von hier aus wurde der Leichnam nach Regensburg gebracht und im Gefolge Theodos beigesetzt. Bischof Gaubald sprach E. um 740 heilig, und schon bald setzte eine starke liturgische Verehrung E.s in Regensburg und in der Diözese München und Freising ein. CD LexMA E m m e r i c h , Albert, eigentl. Emmerich Weill, österr. Sänger, * 4.5.1901 Wien, f 24.12.1976 Wien. E. studierte an der Univ. Wien Kunstgeschichte, nahm daneben Gesangsunterricht, debütierte 1922 ander Wiener Volksoper und trat am Theater von Aussig auf. Nach weiteren Gesangsstudien in Mailand kam E. 1925 unter Clemens ->Krauss ans Opernhaus in Frankfurt/Main und war dort in zahlreichen Baßpartien zu erleben (u. a. 1926 in der Uraufführung von Bernhard ->Sekles' Oper Die zehn Küsse). Zu seinen herausragenden Rollen gehörten der Ochs im Rosenkavalier, der Gurnemanz im Parsifal und der Fafner im ffmg-Zyklus. Gastauftritte führten ihn u. a. zu den Wiener Festspiclen und an die Wiener Staatsoper. 1935 wechselte E. an das Opernhaus von Zürich, wo er an den Uraufführungen von Alban —> Bergs Lulu (1937) und Paul —> Hindemiths Mathis der Maler mitwirkte. Erfolge leierte er auch bei den Zürcher Festwochen unter Wilhelm —> Furtwängler und bei Gastspielen am Teatro Liceo Barcelona. Seit 1942 am Deutschen Opernhaus in Berlin engagiert und zugleich Gast an der Hamburger Staatsoper, lebte E. nach dem Zweiten Weltkrieg in Kärnten, später in Wien, gab Konzerte und Gastspiele u. a. in Innsbruck, an der Wiener Staatsoper und 1950 an der Mailänder Scala unter Furtwängler. Eine Ertaubung beendete seine Gesangskarriere. CD Kutsch E m m e r i c h , Ferdinand, Pseud. für Ferdinand EmmerichHoegen, Schriftsteller, * 8.7.1858 Hamm/Niederrhein, t 2.8.1930 Pasing (heute zu München). E., der bereits im Elternhaus Schriften von Friedrich —> Gerstäckers kennenlernte, brach sein in Bonn begonnenes Studium bald ab und wurde Schiffsjunge. Er erlitt Schiffbruch, wurde gerettet und erforschte danach die Südseeinseln. Später bereiste E. Mittel- und Südamerika sowie

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Emmerich A s i e n . In P a l e r m o Schloß er sein M e d i z i n s t u d i u m ab. Weitere R e i s e n f ü h r t e n ihn u. a. ins A m a z o n a s - G e b i e t , z u m Orin o k o und in e i n e m z w e i h u n d e r t d r e i ß i g t ä g i g e n F u ß m a r s c h an d e n R i o N e g r o . E s f o l g t e n E x p e d i t i o n e n n a c h Tibet, C h i n a und Indien. Bei A u s b r u c h des Ersten Weltkriegs e n t g i n g E. k n a p p der I n t e r n i e r u n g , ließ sich 1914 in P a s i n g nieder und verarbeitete s e i n e E r l e b n i s s e in E r z ä h l u n g e n , exotischen N o vellen und A b e n t e u e r b e r i c h t e n . Z u seinen Werken zählen Schmuggle/fahrten im Malaiischen Archipel ( 1 9 2 3 , 2 1 9 2 8 ) und An den Ufern des Amazonasstromes (1925, 6 1 9 2 7 ) . DD D L L , 20. Jh.

Habilitation in L e i p z i g w u r d e E. A s s i s t e n t bei P e t t e n k o f e r und w i d m e t e sich der H y g i e n e . A u f M a d e i r a und in N e a p e l e r f o r s c h t e er w ä h r e n d dort h e r r s c h e n d e r C h o l e r a e p i d e m i e n deren K r a n k h e i t s e r s c h e i n u n g e n u n d m ö g l i c h e Erreger. Ferner arbeitete er (zeitgleich, aber u n a b h ä n g i g von E m i l von —> B e h r i n g ) an Versuchen mit künstlicher I m m u n i t ä t , über F r a g e n der K o n s e r v i e r u n g von Fleisch s o w i e über die Ursachen d e s T y p h u s . 1902 w u r d e E. O r d i n a r i u s f ü r H y g i e n e und B a k t e r i o l o g i e in M ü n c h e n . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. e i n e Anleitung zu hygienischen Untersuchungen (mit Heinrich Tri 1 lieh, 1889, 3 1 9 0 2 ) und Max Pettenkofers Bodenlehre der Cholera indica (1910).

Emmerich,

G e o r g , M e d i z i n e r , Politiker, * 5 . 5 . 1 6 7 2 Königsberg, f 1 0 . 5 . 1 7 2 7 Königsberg. E. w u r d e 1692 n a c h d e m S t u d i u m der M e d i z i n in L e i d e n mit der Arbeit Positiones physico-medicae promoviert, im selben J a h r z u m a. o . P r o f . und 1724 z u m o . P r o f . in K ö n i g s berg u n d z u m B ü r g e r m e i s t e r e r n a n n t . Er v e r ö f f e n t l i c h t e vers c h i e d e n e Dissertationen zur A t m u n g , zu K r a n k h e i t e n der Seeleute, zur L i e b e s k r a n k h e i t und zu g e r i c h t s m e d i z i n i s c h e n T h e m e n , d a r u n t e r De inspiratione ( 1698), De morbo marino navigantibus prima inprimis vice familiari (1700), De frigore correptis (1701 ), De febre virginum amatoria ex amore ( 1 7 0 8 ) und De inspectione cadaveris in genere (1710).

Emmerich,

Julius, Architekt, * 2 2 . 4 . 1 8 3 4 Trier, t 3 0 . 9 . 1917 Berlin. E. studierte 1853-56 an der B a u a k a d e m i e in Berlin bei Karl —> B o e t t i c h e r u n d J o h a n n Heinrich —> Strack, dessen Mitarbeiter er b e i m U m b a u des K r o n p r i n z e n p a l a i s war. Bis 1870 war er in D ü s s e l d o r f im Staatsdienst tätig. A n s c h l i e ß e n d ging er e r n e u t nach Berlin und arbeitete z u n ä c h s t als B a u i n s p e k t o r und seit 1880 als R e g i e r u n g s - und B a u r a t in der Ministerialb a u k o m m i s s i o n . 1 8 8 3 - 1 9 0 4 war E. f ü r die R e i c h s b a n k f i l i a l bauten i m g e s a m t e n Reich zuständig. 1886 w u r d e er M i t glied d e r A k a d e m i e des B a u w e s e n s , 1891 G e h e i m e r Rat. Z u seinen W e r k e n gehörten in Trier u n d S a a r b r ü c k e n vor allem Villen, in Berlin d i e U m g e s t a l t u n g e n u. a. des A b g e o r d n e t e n h a u s e s ( 1 8 7 2 , 1 8 7 4 / 7 5 ) , des I n n e n m i n i s t e r i u m s ( 1 8 7 3 - 7 6 ) und der R e i c h s b a n k ( 1 8 9 2 - 9 4 ) s o w i e spätklassizistische K o l o s s a l b a u t e n in der N a c h f o l g e der S c h i n k e l s c h u l e . E. w a r der Vater von Paul —> E. DD A K L

Emmerich,

Paul, Architekt, * 2 7 . 7 . 1 8 7 6 Berlin, t 2 8 . 9 . 1958 Berlin. N a c h d e m S t u d i u m an der T H C h a r l o t t e n b u r g n a h m der S o h n von Julius —>E. s e l b s t ä n d i g e U m b a u p l a n u n g e n von Berlin vor und e r ö f f n e t e 1911 z u s a m m e n mit s e i n e m S c h w a g e r Paul —>Mebes ein A r c h i t e k t u r b ü r o , das M i t t e d e r zwanziger Jahre zu d e n g r ö ß t e n Berlins zählte. Sie orientierten sich an d e r A r c h i t e k t u r u m 1800, s c h u f e n aber a u c h m o d e r n e W o h n a n l a g e n u n d S i e d l u n g e n s o w i e Verwaltungsg e b ä u d e in Berlin und trugen m a ß g e b l i c h zur R e f o r m d e s M i e t w o h n u n g s b a u s zu B e g i n n d e s 20. Jh. bei. Sie e n t w a r f e n S i e d l u n g e n nach d e m K o n z e p t der G a r t e n b a u b e w e g u n g ( B e r l i n - Z e h l e n d o r f , Gartenstadt, 1912-14) bauten M i e t w o h n u n g e n mit m o d e r n e r A u s s t a t t u n g , planten erste M e h r f a m i l i e n w o h n h ä u s e r als Stahlskelettbauten, d a s erste m o d e r n e L a u b e n g a n g h a u s (Lichterfelde, 1928-30) und d i e erste Z e i l e n b a u s i e d l u n g . W ä h r e n d der Zeit d e s N a t i o n a l s o z i a l i s m u s w a n d t e n sie sich einer traditionellen B a u w e i s e zu. N a c h d e m Z w e i t e n Weltkrieg beteiligte sich E. z u s a m m e n mit s e i n e m S o h n Jürgen E. a m W i e d e r a u f b a u von Berlin. CD A K L

Emmerich,

Rudolf, Hygieniker, Bakteriologe, Mediziner, * 2 9 . 9 . 1 8 5 2 Mutterstadt (Rheinpfalz), f 1 7 . 1 1 . 1 9 1 4 München. S e i n e m e d i z i n i s c h e n S t u d i e n absolvierte E. in M ü n c h e n , w o er mit einer Arbeit Über die chemischen Veränderungen des Isarwassers während seines Laufes durch München ( 1 8 7 8 ) in K o n t a k t zu M a x von —» P e t t e n k o f e r k a m . N a c h der

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Emmerick,

Anna Katharina, auch Emmerich, A u g u s t i n e r i n , * 8 . 9 . 1774 F l a m s c h e n (heute zu C o e s f e l d ) , t 9 . 2 . 1 8 2 4 D ü l m e n (Westfalen). Z u n ä c h s t in der L a n d a r b e i t , 1789-99 als N ä h e r i n und ans c h l i e ß e n d als H a u s h a l t s h i l f e tätig, trat E., T o c h t e r eines Webers und Kötters, 1802 in das A u g u s t i n e r i n n e n k l o s t e r A g n e t e n b e r g in D ü l m e n ein. N a c h der A u f h e b u n g d e s Klosters 1811 w u r d e sie in die W o h n u n g des A b b é L a m b e r t a u f g e n o m m e n . Ihre 1813 b e k a n n t g e w o r d e n e n W u n d m a l e (Christi) w u r d e n in einer kirchlichen U n t e r s u c h u n g n a c h g e w i e s e n , ihre Visionen v o m L e b e n und L e i d e n Christi und M a r i e n s zunächst nur b r u c h s t ü c k h a f t w i e d e r g e g e b e n , seit 1818 von C l e m e n s —> B r e n t a n o a u f g e z e i c h n e t und literarisch verarbeitet ( D a s bittere Leiden unseres Herrn Jesu Christi, 1833; Leben der heiligen Jungfrau Maria, 1852). E. starb i m R u f der Heiligkeit. 1975 w u r d e n ihre G e b e i n e in d i e K r y p t a d e r H e i l i g - K r e u z - K i r c h e in D ü l m e n umgebettet. 2 0 0 4 w u r d e E. von P a p s t Paul J o h a n n e s II. s e l i g g e s p r o c h e n . DO L T h K

Emmerling,

Adolph, Chemiker, * 13.6.1842 Freiburg/ Breisgau, t 1 7 . 3 . 1 9 0 6 Baden-Baden. E., S o h n eines Druckereibesitzers, Schloß sein C h e m i e s t u d i u m an d e r U n i v . F r e i b u r g / B r e i s g a u 1866 mit der P r o m o tion a b (Einwirkung von Organometallen auf Mnochloressigaether. Analyse des Pseudonephrits, eines neuen Silikates). N a c h Assistententätigkeit in c h e m i s c h e n Universitätslaboratorien ü b e r n a h m er 1870 d i e L e i t u n g der L a n d w i r t schaftlichen Versuchsanstalt Kiel, die er bis zu s e i n e m Tod innehatte. 1874 an der U n i v . Kiel m i t einer Arbeit über ein p f l a n z e n p h y s i o l o g i s c h e s T h e m a f ü r A g r i k u l t u r c h e m i e habilitiert, erhielt E. 1882 d e n Titel eines P r o f e s s o r s . 1895 erschien sein B u c h Agrikultur-chemische Untersuchungen, Versuche und Analysen mit besonderer Berücksichtigung SchleswigHolsteinischer Landesverhältnisse und 1901 z u s a m m e n m i t Carl Albert —> W e b e r der B a n d Beiträge zur Kenntnis der Dauerweiden in den Marschen Norddeutschlands. CD B ö h m

Emmerling,

L u d w i g A u g u s t , M i n e r a l o g e , * 7 . 5 . 1765 E l l e b e n bei A r n s t a d t , t 24. 12. 1841 D a r m s t a d t . E. ließ sich nach d e m S t u d i u m der N a t u r w i s s e n s c h a f t e n an der U n i v . G i e ß e n und an der B e r g a k a d e m i e in Freiberg als P r i v a t d o z e n t f ü r M i n e r a l o g i e und B e r g b a u k u n d e in G i e ß e n nieder. 1783 vertauschte er d a s L e h r a m t g e g e n e i n e praktische T ä t i g k e i t als B e r g m e i s t e r bei den K u p f e r b e r g - und H ü t t e n w e r k e n in Thalitter. Sein H a u p t w e r k ist ein dreibändiges Lehrbuch der Mineralogie ( 1 7 9 3 - 9 7 , 2 1 7 9 9 / 1 8 0 0 ) , dessen B e d e u t u n g in der v o l l s t ä n d i g e n E n t w i c k l u n g der Klassifikation von A b r a h a m G o t t l o b —> W e r n e r liegt. Seit 1821 w a r E. Rat an der O b e r f i n a n z k a m m e r in D a r m s t a d t , w o er sich in der O b e r b a u d i r e k t i o n f ü r die F ö r d e r u n g d e s hessischen B e r g b a u s einsetzte. • • ADB E m m e r t , A d a m J o s e p h , Archivar, K o m p o n i s t , * 2 4 . 12. 1765 W ü r z b u r g , t 1 1 . 4 . 1812 W i e n . E. w u r d e von s e i n e m Vater J o h a n n J o s e p h —» E. musikalisch ausgebildet, w ä h l t e aber e i n e V e r w a l t u n g s l a u f b a h n : 1788 w u r d e er g e h e i m e r K o n z i p i e n t im f ü r s t l i c h - e r z b i s c h ö f l i c h e n

Emminger Kabinett in Salzburg, 1798 Geheimsekretär und Registrator, 1805 geheimer Archivrat und 1806 Offizial am k.k. geheimen Haus- und Hofarchiv in Wien, w o E. zuletzt als Haus- und Hof-Archivrat tätig war. Daneben schuf er zwischen Klassik und Romantik stehende Kompositionen wie die Opern Don Silvio von Rosalva (1801) und Der Sturm (1806), außerdem mehrere Lieder, Tänze und eine nicht erhaltene Kantate (um 1799). E. war mit Michael —» Haydn befreundet, der ihn auch musikalisch beeinflußte. DP M G G E m m e r t , August Gottfried Ferdinand, Anatom, Physiologe, * 17.3. 1777 Göttingen, t 2 2 . 8 . 1 8 1 9 Tübingen. E., Bruder von Ludwig Carl Friedrich —> E., entstammte einer Gelehrtenfamilie, aus der eine Reihe von Ärzten hervorgegangen ist. Er studierte in Tübingen Medizin, wo er sich nach der Promotion 1800 (De incombustibilium nonnullorum vi in aërem atmosphaericum) als Arzt niederließ. 1805 erhielt E. einen Ruf als Ordinarius für Anatomie und Physiologie an die neuerrichtete A k a d e m i e in Bern. 1815 kehrte er als Nachfolger von Ludwig Friedrich —>Froriep nach Tübingen zurück. Seine Veröffentlichungen werteten seine intensiven Versuche über toxikologische Gegenstände aus. c d ADB E m m e r t , Carl Friedrich, schweizer. Chirurg, Gerichtsmediziner, M 8 . 4 . 1 8 1 3 Bern, t 2 3 . 1 2 . 1 9 0 3 Bern. E., Sohn von L u d w i g Carl Friedrich —> E., studierte in Bern, Berlin und Paris Medizin und wurde 1835 in Berlin mit der Arbeit Observationes quaedam microscopicae, in partibus animalium pellucidis institutae de inflammatione promoviert. Seit 1863 war er o . P r o f . der Staatsmedizin in Bern. Seine Forschungen galten der Chirurgie und Gerichtsmedizin. Er veröffentlichte u. a. Ueber die Endigungsweise der Nerven in den Muskeln (1836), Beiträge zur Pathologie und Therapie mit besonderer Berücksichtigung der Chirurgie (2 Hefte, 1842-46), Lehrbuch der Chirurgie (4 Bde., 2 1850, 1859; unter d e m Titel Lehrbuch der speciellen Chirurgie, 2 Bde., 1870), Die Unterleibsbrüche. Mit einem Anhange über die Lageveränderungen der Eingeweide in der Bauchhöhle ( 1857) und Lehrbuch der gerichtlichen Medizin, mit Berücksichtigung der deutschen, österreichischen und bernischen Gesetzgebung (1900). E m m e r t , Johann Joseph, Komponist, * 27. 11. 1732 Kitzingen, t 2 0 . 2 . 1 8 0 9 Würzburg. Der Sohn eines Amtsboten arbeitete als Schulrektor in Schillingsfürst, wo er auch die Kinder des Fürsten Hohenlohe in Musik unterrichtete. E. wurde um 1773 Rektor in Würzburg und war dort wohl auch Chormeister der Univ. Er komponierte einfach gehaltene Kirchenmusik und veröffentlichte Chorpsalmen in Ecclesia una, sive Psalmodia vespertina (1766), die S a m m l u n g Messlieder (1786) und ein Choralbuch zu dem 1800 erschienenen neuen Würzburgischen Gesangbuche (O.J.). Hinzu kamen die in Würzburg aufgeführten Opern Semiramis (1777), Tomiris (1780) und Eberhard (1780). Er war der Vater von A d a m Joseph —»E. DD M G G E m m e r t , L u d w i g Carl Friedrich, Chirurg, * 1770 Göttingen, t 1 4 . 5 . 1 8 3 4 Interlaken. E. wurde 1805 in Tübingen nach d e m Studium der Medizin mit der Arbeit De venenatis acidi borussici in ammalia effectibus promoviert und übernahm den neuen Lehrstuhl für Tierheilkunde an der A k a d e m i e Bern, 1812 die Professur für Chirurgie und Geburtshilfe. Seine Arbeiten auf den Gebieten der Physiologie, Entwicklungsgeschichte, Chirurgie und Geburtshilfe erschienen vor allem in Zeitschriften. Von seinen Vorlesungen existieren mehrfach Nachschriften in der Fakultätsbibliothek. E. war der Vater von Carl Friedrich —» E.

E m m i c h , Otto (Albert Theodor) von, Militär, * 4 . 8 . 1 8 4 8 Minden (Westfalen), t 22. 12. 1915 Hannover. E., Sohn eines Geheimen Postrats, trat 1866 in das Militär ein, nahm am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 teil und wurde 1909 General der Infanterie und Kommandierender General in Hannover. E.s N a m e ist mit der völkerrechtswidrigen Besetzung Lüttichs und der Eroberung der dortigen Festung in den ersten Tagen des Ersten Weltkriegs verbunden. Im Verlauf des Kriegs nahm E. mit seiner Einheit an den Schlachten bei St. Quentin und an der M a r n e teil und wurde später im Galizien- und Polenfeldzug eingesetzt. m NDB

Emminger,

(Markus Alois) Eberhard, Lithograph, Zeichner, * 16. 10.1808 B i b e r a c h / R i ß (Württemberg), t 25.11.1885 Biberach/Riß. E.s früh entwickeltes Talent zum Zeichnen führte ihn 1822 in die Kunsthandlung, Lithographie und Kolorieranstalt von Ebner in Stuttgart. Bei Lorenz Ekeman-Allesson erlernte er die Lithographie und bildete sich nach der Lehrzeit an der Kunstschule als Landschaftzeichner weiter aus. Sein Blatt Der Rosenstein nach - > Steinkopf erwirkte ihm ein kgl. Stipendium für eine Kunstreise nach M ü n c h e n und Italien. Auf seiner zu Fuß unternommenen Wanderung im Winter 1 8 3 5 / 3 6 schuf er zahlreiche Landschaftszeichnungen und Kopien nach Gemälden. Weitere Reisen führten ihn nach Wien, an den Rhein und nach R o m . Eine Fülle von gezeichneten und lithographierten Städteansichten und Landschaftsbildern machte ihn weithin bekannt. N a c h d e m er längere Zeit in M ü n c h e n gelebt hatte, ging E. 1873 nach Stuttgart und kehrte 1878 nach Biberach zurück, w o er bis zu seinem Tod künstlerisch tätig war. Od A K L

Emminger,

Erich, Jurist, Politiker, * 2 5 . 6 . 1 8 8 0 Eichstätt, t 3 0 . 8 . 1 9 5 1 München. Nach d e m Jurastudium als Rechtsanwalt in Augsburg und Nürnberg tätig, trat E. 1909 in den Staatsdienst ein und wurde 1910 Amstrichter in Augsburg. 1913 wurde er Abgeordneter der Zentrumspartei im Reichstag; 1918 wechselte er zur Bayerischen Volkspartei, die er 1920-33 im Reichstag vertrat. Im ersten Kabinett —> Marx war E. Justizminister und setzte aufgrund eines Ermächtigungsgesetzes („EmmingerVerordnung") eine R e f o r m zur Beschleunigung des Zivilund Strafrechtsverfahrens durch. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten zog sich E. aus der Politik zurück, blieb aber als Richter am Obersten Landesgericht bzw. Oberlandesgericht (seit 1935) in München tätig, als dessen Senatspräsident er 1946-49 wirkte. Er war der Vater von Otmar - > E . t u NDB

Emminger,

Otmar, Bundesbankpräsident, * 2. 3. 1911 Augsburg, t 3 . 8 . 1986 Manila. Der Sohn Erich —>E.s studierte Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft in Berlin, München, Edinburgh und an der London School of Economics. Anschließend war er u. a. am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung tätig, wurde 1939 zur Wehrmacht eingezogen und war nach Kriegsdienst und Gefangenschaft 1945 Mitarbeiter der Volkswirtschaftlichen Arbeitsgemeinschaft Bayern. Seit 1947 Oberregierungsrat im Bayerischen Wirtschaftsministerium, trat er 1950 in die Bank Deutscher Länder ein, der Vorläuferin der B u n desbank; seit 1969 war er deren Vizepräsident, 1977-79 deren Präsident. Seit 1949 in zahlreichen internationalen Wirtschaftsorganisationen in leitenden Stellungen tätig, galt E. als Fachmann für internationale Währungsfragen und war 1958-77 Vizepräsident und zeitweilig Präsident des Währungsausschusses der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ( E W G ) . n a Munzinger

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Emminghaus E m m i n g h a u s , A r w e d (Karl B e r n h a r d ) , W i r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t l e r , * 2 2 . 8 . 1 8 3 1 N i e d e r r o ß l a bei A p o l d a , t 8 . 2 . 1916 G o t h a . D a s S t u d i u m der R e c h t s w i s s e n s c h a f t u n d N a t i o n a l ö k o n o m i e in J e n a Schloß E., S o h n eines Juristen und w e i m a r i s c h e n G e h e i m e n Finanzrats, 1855 mit d e r P r o m o t i o n a b und w a r im w e i m a r i s c h e n M i n i s t e r i u m tätig. 1858-61 arbeitete er f ü r d i e D r e s d n e r F e u e r v e r s i c h e r u n g s g e s e l l s c h a f t in B e r n u n d leitete seit 1861 d i e R e d a k t i o n d e s „ B r e m e r H a n d e l s b l a t t s " ; in B r e m e n w a r er 1865 an der G r ü n d u n g der D e u t s c h e n G e s e l l s c h a f t zur R e t t u n g S c h i f f b r ü c h i g e r beteiligt. 1866 erhielt er einen R u f als Prof. f ü r W i r t s c h a f t s l e h r e an d i e T H K a r l s r u h e u n d w a r 1873-1903 Vorsitzender Direktor der G o thaer L e b e n s v e r s i c h e r u n g s b a n k in G o t h a . In dieser Stellung m a c h t e er sich u m R e f o r m e n im V e r s i c h e r u n g s w e s e n ( u . a . E i n f ü h r u n g einer K r i e g s v e r s i c h e r u n g der W e h r p f l i c h t i g e n zu Lasten der G e m e i n s c h a f t der Versicherten) verdient, legte mit S t e r b l i c h k e i t s u n t e r s u c h u n g e n die G r u n d l a g e f ü r einen Z w e i g der V e r s i c h e r u n g s w i s s e n s c h a f t u n d w a r G u t a c h t e r der R e i c h s r e g i e r u n g bei der G e s e t z g e b u n g f ü r d i e privaten Vers i c h e r u n g s u n t e r n e h m e n . E . ' soziales E n g a g e m e n t zeigte sich in der G r ü n d u n g m e h r e r e r g e m e i n n ü t z i g e r Vereine. Er verö f f e n t l i c h t e u. a. Die schweizerische Volkswirtschaft (2 Bde., 1 8 6 0 / 6 1 ) , Das Armenwesen und die Armengesetzgebung in europäischen Staaten (1870) und August Lammers. Lebensbild eine deutschen Publizisten und Pioniers der Gemeinnützigkeit aus der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts (1908). OD N D B E m m i n g h a u s , G u s t a v , Jurist, * 3 . 3 . 1791 Jena, t 2 5 . 2 . 1859 W e i m a r . E. studierte die R e c h t e u n d legte das S t a a t s e x a m e n i m Alter von n u r z w a n z i g J a h r e n ab. N a c h der P r o m o t i o n und der Habilitation w a r er P r i v a t d o z e n t in J e n a u n d gleichzeitig als R e c h t s a n w a l t tätig. 1817 w u r d e E. in d i e L a n d e s r e g i e r u n g zu W e i m a r b e r u f e n , der er bis 1850 a n g e h ö r t e . E r v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . ein Corpus juris Germanici academicum (2 Tie., 1824) und Pandekten des gemeinen sächsischen Rechts ( 1 8 4 8 - 5 1 ) . CD A D B

Emminghaus,

H e r m a n n , Psychiater, * 2 0 . 5 . 1845 W e i m a r , f 1 7 . 2 . 1904 F r e i b u r g / B r e i s g a u . N a c h d e m S t u d i u m in G ö t t i n g e n , Jena, W i e n und L e i p z i g ( P r o m o t i o n 1870, Über hysterisches Irresein) arbeitete E., S o h n eines w e i m a r i s c h e n R a t s u n d E n k e l von G u s t a v —» E., a m P h y s i o l o g i s c h e n Institut in Leipzig. 1873 ließ er sich als praktischer Arzt in W ü r z b u r g nieder, w o er sich im selben J a h r habilitierte (Ueber die Abhängigkeit der Lymphabsonderung vom Blutstrom). 1880 erhielt er e i n e P r o f e s s u r f ü r Psychiatrie in D o r p a t und lehrte 1 8 8 6 - 1 9 0 2 in F r e i b u r g / B r e i s g a u . E r v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Die allgemeine Psychopathologie ( 1 8 7 8 ) und Psychische Störungen des Kindsalters (in: Carl —»Gerhardt, Handbuch der Kinderkrankheiten, E r g ä n z u n g s b a n d , 1887). OD N D B E m m i u s , U b b o , eigentl. U . E m m e n , G e s c h i c h t s s c h r e i b e r , * 5. 1 2 . 1 5 4 7 Greetsiel ( O s t f r i e s l a n d ) , t 9 . 1 2 . 1625 G r o n i n gen. D e r S o h n eines luth. Pastors studierte 1570-73 T h e o l o g i e in R o s t o c k , 1576-78 vor a l l e m G e s c h i c h t e in G e n f , w o er z u m r e f o r m i e r t e n G l a u b e n übertrat. 1579 w u r d e er R e k t o r der L a t e i n s c h u l e n in N o r d e n , 1588 in L e e r und 1594 in G r o n i n g e n . Bei der G r ü n d u n g der dortigen Univ. 1613, an der er m a ß g e b l i c h Anteil hatte, erhielt er die P r o f e s s u r f ü r G e s c h i c h t e und G r i e c h i s c h und w u r d e z u g l e i c h R e k t o r . E . ' H a u p t w e r k ist e i n e bis 1564 r e i c h e n d e G e s c h i c h t e F r i e s l a n d s (Rerum Frisicarum historia, 1616), die als B e g i n n der n e u zeitlichen w i s s e n s c h a f t l i c h e n G e s c h i c h t s s c h r e i b u n g in Friesland gilt; p o s t u m erschien seine g r i e c h i s c h e G e s c h i c h t e Vetus Graeca (3 T i e . , 1626). In zahlreichen Schriften vertrat er d i e

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S a c h e der ostfriesischen S t ä n d e in ihrem K a m p f g e g e n d e n G r a f e n v o n O s t f r i e s l a n d und verteidigte d e n C a l v i n i s m u s gegen seine G e g n e r . DP O s t f r i e s l a n d , B d 1

Emmoser,

G e r h a r d , a u c h E m o s s e r ; Gerhart, G e r h a r d von Rainen, Uhrmacher, Goldschmied, * 1 5 3 0 / 3 5 R a i n / L e c h , t N o v e m b e r 1584 W i e n . E. w a r E n d e d e r f ü n z i g e r J a h r e des 16. Jh. in H e i d e l b e r g tätig. 1556 w u r d e er von P f a l z g r a f —»Otto H e i n r i c h nach T ü b i n g e n gesandt, u m d e m A s t r o n o m e n P h i l i p p I m s e r b e i m B a u einer planetarischen U h r zu h e l f e n . S i e w a r d i e erste a s t r o n o m i s c h e Uhr, d i e auf e i n e m e i n z i g e n Z i f f e r b l a t t d i e P o s i t i o n e n aller b e k a n n t e n P l a n e t e n und die M o n d p h a s e n zeigte, auf einer e i n z i g e n A c h s e montiert u n d von e i n e m R ä d e r w e r k angetrieben. Von Kaiser —»Ferdinand I. w u r d e E. in A u g s b u r g als U h r m a c h e r etabliert und erhielt 1563 die M i t g l i e d s c h a f t der S c h m i e d e z u n f t . 1566 w u r d e er von Kaiser —»Maximilian II. an d e n H o f n a c h W i e n b e r u f e n , z u n ä c h s t als K a m m e r - , seit 1579 als H o f u h r m a c h e r . t u AKL

Emmrich,

H e r m a n n Friedrich, G e o l o g e , * 7 . 2 . 1815 M e i n i n g e n , t 24. 1 . 1 8 7 9 M e i n i n g e n . D e r spätere Prof. und Direktor a m h e r z o g l i c h e n R e a l g y m n a s i u m in M e i n i n g e n w a r d e r S o h n eines O b e r h o f p r e d i g e r s und Konsistorialrats und b e g a n n s e i n e g e o l o g i s c h e n F o r s c h u n gen in T h ü r i n g e n und F r a n k e n . 1839 w u r d e er an der U n i v . Berlin mit der Arbeit De trilobitis p r o m o v i e r t . 1844 verö f f e n t l i c h t e er e i n e U n t e r s u c h u n g ü b e r Die Schichtenfolge der Flötzgebirge des Gadertales, der Seiser Alpe und insbesondere bei St. Cassian, d i e das N o r m a l p r o f i l der Trias der Südtiroler A l p e n e r s t m a l s z u t r e f f e n d erklärte. Weitere A r b e i t e n b e s c h ä f t i g e n sich mit d e r g e o l o g i s c h e n E n t w i c k lung und d e m A u f b a u der b a y e r i s c h e n A l p e n , d e r e n Juraund K r e i d e s c h i c h t e n E. w i e d e r u m als erster richtig gliederte und sich d a m i t u. a g e g e n L e o p o l d von —» B u c h und Karl E m i l von —» S c h a f h ä u t l durchsetzte. U n t e r den Fossilien widm e t e er d e n Trilobiten, die auch T h e m a seiner Dissertation (1839) w a r e n , s e i n e b e s o n d e r e A u f m e r k s a m k e i t . Z u seinen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n g e h ö r e n f e r n e r Übersicht über die geognostischen Verhältnisse um Meiningen (2 Bde., 1868-73. B d . 3 unter d e m Titel Zur Geologie der Umgegend von Meiningen, 1876) und Geologische Geschichte der Alpen (1873). 00 NDB

Emperger,

Friedrich I g n a z E d l e r v o n , auch Fritz von E., österr. I n g e n i e u r , * 1 1 . 1 . 1 8 6 2 B e r a u n (heute PragB e r a u n ) , f 7 . 2 . 1942 W i e n . E., S o h n eines I n g e n i e u r s und E i s e n b a h n b e a m t e n , studierte an den T e c h n i s c h e n H o c h s c h u l e n P r a g und W i e n und w a r dann Assistent am Prager Lehrstuhl für Brückenbau. Auf der Pariser W e l t a u s s t e l l u n g lernte er d e n Stahlbeton k e n n e n , dessen W e i t e r e n t w i c k l u n g er in N e w York bei d e n J a c k s o n Architect Iron W o r k s betrieb. N a c h E.s E n t w ü r f e n w u r den in der Folgezeit viele B r ü c k e n , H o c h h ä u s e r und I n d u striebauten errichtet. 1898 k e h r t e er n a c h E u r o p a zurück, lehrte bis 1902 E n z y k l o p ä d i e d e r I n g e n i e u r w i s s e n s c h a f t e n an der T H Wien und w u r d e 1903 als einer der ersten t e c h n i s c h e n D o k t o r e n p r o m o v i e r t . Er e n t w a r f d i e beiden g r ö ß t e n B o g e n b r ü c k e n Österreichs, ü b e r d e n T r a u n f a l l und im S c h a r n s t e i n . 1926-38 war E. P r ä s i d e n t des Österreichischen E i s e n b e t o n - A u s s c h u s s e s , den er m i t b e g r ü n d e t hatte. Z u seinen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n zählen Neue Bogenbrücken aus Gußeisen, System Emperger (1913), Die Rißfrage bei hohen Stahlspannungen und die zulässige Bloßlegung des Stahles ( 1 9 3 5 ) , Stahlbeton, mit vorgespannten Zulagen aus höherwertigem Stahl ( 1 9 3 9 , 2 1 9 4 8 ) und Stahlbeton mit vorgespannten Zulagen aus höherwertigem Stahl ( 1 9 4 1 , "1948). 1901 b e g r ü n d e t e E. d i e Z e i t s c h r i f t „ B e t o n und E i s e n " und g a b seit 1907 d a s Handbuch für Eisenbetonbau in 14 B ä n d e n heraus. CD N D B

Encke Emperius,

Adolf Karl Wilhelm, Philologe, Historiker, * 1805 Braunschweig, t 1844 Braunschweig. Während seines Universitätsstudiums in Leipzig Schloß sich E. der griechischen Gesellschaft Gottfried —> Hermanns an, wurde nach Studien in Berlin und Göttingen Privatdozent am Collegium Carolinum in Braunschweig, danach a. o. Prof., 1843 o.Professor. 1844 brachte er eine kritische A u s g a b e der Reden des Dion Chrysostomos heraus. CD A D B E m r i c h , Wilhelm, Germanist, * 2 9 . 1 1 . 1909 Nieder-Jeutz (heute zu Thionville), t 7. 8. 1998 Berlin. E., Sohn eines Reichsbahnobersekretärs, studierte seit 1929 Germanistik, Philosophie und Geschichte in F r a n k f u r t / M a i n und wurde 1933 mit der Dissertation Paulus als literarische Figur promoviert (gedruckt unter d e m Titel Paulus im Drama, 1934). Während des Studiums führendes Mitglied der Roten Studentengruppe, trat er 1935 in die N S D A P ein und war seit 1941 Zellenleiter. 1934-38 war er Lektor der Akademie zur Wissenschaftlichen Erforschung und zur Pflege des Deutschtums in Kragujevac (Serbien), Dupnitza (Bulgarien) und A g r a m (Zagreb, Kroatien), 1942-44 Referent in der Abteilung Schrifttum des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda. 1944 habilitierte sich E. in Berlin mit der Arbeit Die Symbolik von Faust lì. Sinn und Vorformen (1943, Ί 9 8 1 ) . 1 9 4 4 / 4 5 Studienassessor in B u c h e n a u / H e r s f e l d , wurde er seit Herbst 1945 acht Monate lang inhaftiert, nahm 1948 seine Tätigkeit in Buchenau wieder auf und unterrichtete 1 9 5 1 / 5 2 in Kassel. 1953-56 war er a. o., 1956-59 o. Prof. für Neuere deutsche Philologie an der Univ. Köln, 1959-78 o . P r o f . für Neuere deutsche Literaturgeschichte an der Freien Univ. Berlin. E.s Studien zur deutschen Literatur vom Barock bis zur M o derne sind von dem Versuch gekennzeichnet, Symbolik und Bilder literarischer Werke methodologisch zu entschlüsseln. Er veröffentlichte u . a . Franz Kafka (1958, 9 1981), Protest und Verheißung. Studien zur klassischen und modernen Literatur (1960, 3 1968), Geist und Widergeist. Wahrheit und Lüge der Literatur (1965), Polemik. Streitschriften, Pressefehden und kritische Essays um Prinzipien, Methoden und Maßstäbe der Literaturkritik (1968), Poetische Wirklichkeit. Studien zur Klassik und Moderne (1979) und Deutsche Literatur der Barockzeit (1981). Er war Herausgeber der Werke von A r n o Holz, Carl —> Sternheim und Ricarda —» Huch. E. wurde 1956 Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften und Literatur Mainz. CD I G L E m s e r , Hieronymus, kath. Theologe, * 2 8 . 3 . 1478 Weidenstetten bei Ulm, t 8 . 1 1 . 1 5 2 7 Dresden. E., Sohn des Kanzlers der Abtei St. Ulrich und A f r a in Augsburg, war der heftigste literarische Gegner —» Luthers in der Frühzeit der Reformation. Nach dem Theologiestudium in Tübingen und Basel, w o er 1499 den Magister artium erwarb und zum Priester geweiht wurde, begleitete E. den Ablaßprediger Kardinal Raimund Peraudi auf seinen Reisen durch Deutschland. 1504 hielt er humanistische Vorlesungen in Erfurt, wo sich vermutlich auch Luther unter seinen Zuhörern befand. Z u m Wintersemester 1 5 0 4 / 0 5 wechselte E. nach Leipzig, wurde zum Baccalaureus der Theologie sowie zum Lizentiaten des kanonischen Rechts promoviert und nahm bald eine Stellung als Geheimsekretär und Hofkaplan des Herzogs —> Georg von Sachsen an. Hier kam E. in eine Atmosphäre humanistischer Kirchenkritik und Kirchenreform. Nach sechs Jahren verließ er den Dienst beim Herzog, mit d e m er gleichwohl in Kontakt blieb. Als Begleiter Johannes —>Ecks nahm E. 1519 an der Leipziger Disputation teil und wurde zum erbitterten Gegner Luthers. In der Folgezeit tauschten die beiden Kontrahenten zahlreiche Streitschriften aus, die sich an polemischer Schärfe gegenseitig überboten. 1524 veröffentlichte E. eine umfangreiche Kritik der Bibelübersetzung Luthers. 1527 erschien seine im

Auftrag des Herzogs von Sachsen entstandene Neuübertragung der Vulgata, die auf Luthers Arbeit basiert, diese jedoch im katholisch-dogmatischen Sinne verändert. Obgleich E. die Wertschätzung berühmter Zeitgenossen besaß, wie u . a . Briefe von Willibald und Charitas —»Pirckheimer an ihn belegen, blieb seine Nachwirkung begrenzt, CD T R E

Emsheimer,

Ernst, Musikwissenschaftler, * 15. 1.1904 F r a n k f u r t / M a i n , f 12.6. 1989 Stockholm. E. studierte Klavier und Musiktheorie bei Bernhard —>Sekles in Frankfurt sowie an der Univ. Wien bei Guido —> Adler und Wilhelm - » Fischer, daneben Komposition bei Alban —>Berg. Er setzte sein Studium in Freiburg/Breisgau bei Wilibald —»Gurlitt und Heinrich —» Besseler fort und wurde 1927 mit der Arbeit Johann Ulrich Steigleder, sein Leben und seine Werke promoviert. 1933 emigrierte E. in die Sowjetunion, w o er in Leningrad an der Nationalen Akademie für Kunstgeschichte, der Eremitage und den Phonogrammarchiven des Ethnographischen M u s e u m s arbeitete. 1936 leitete er eine musikethnologische Expedition in den Nördlichen Kaukasus. 1937 ging E. aus politischen Gründen nach Stockholm, wo er musikwissenschaftlicher Berater am Ethnographischen M u s e u m wurde und 1949 die Direktion des M u s e u m s f ü r Musikgeschichte übernahm. E. initiierte dort Konzertreihen mit historischer Aufführungspraxis, erweiterte die S a m m l u n g alter Instrumente und förderte die Bildung von Ensembles alter Musik sowie die musikethnologische, -geschichtliche und instrumentenkundliche Forschung. Z u s a m m e n mit Erich Stockmann gab E. die instrumentenkundliche Reihe „Studia Instrumentorum Musicae Popularis" heraus. CO M G G

Emsmann,

H u g o Georg August, Industrieller, Militär, * 2 6 . 4 . 1857 Stettin, t 12.12. 1933 Berlin. Mit 17 Jahren trat E. in die kaiserliche Marine ein und wurde 1889 Kapitänleutnant, 1900 Fregattenkapitän; seit 1900 war er im Technischen Departement des Reichsmarineamtes tätig. 1906-09 K o m m a n d a n t in Helgoland, wurde er anschließend Direktor und Vorstandsmitglied der Hochfrequenz-Maschinen A G f ü r drahtlose Télégraphié in Berlin. E n a u x , François Lucien (Franz), Industrieller, * 16.9. 1820 Saarn bei M ü l h e i m / R u h r , t 6. 11. 1886 Solingen. E., Sohn eines Büchsenmachers, erlernte den väterlichen Beruf, trat 1850 auf Empfehlung von Johann A b r a h a m Henckels, bei d e m er zuvor gearbeitet hatte, in die Blankwaffenfirma Gebrüder Weyerserg ein und stellte in den sechziger Jahren die bisher in Heimarbeit geleistete Herstellung von Bajonetten auf maschinelle Produktion um. Als der K a u f m a n n Fritz Weyersberg 1873 von William Charles Barnes aus Sheffield die Herstellungslizenz f ü r eine Klingenwalze erwarb, beauftragte er E. mit der praktischen Umsetzung dieser Erfindung, für die damals noch keinerlei Erfahrungen vorlagen. Die bei 800 Grad mechanisch gewalzten Klingen zeigten sich in ihrer Qualität den handgeschmiedeten deutlich überlegen. E. hat maßgeblichen Anteil am wirtschaftlichen Aufstieg Solingens im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts. CD N D B

Encke,

Eberhard, Bildhauer, * 2 7 . 1 0 . 1881 Neubabelsberg (heute zu Potsdam), t 2 2 . 1 0 . 1 9 3 6 Berlin (?). Der Sohn Erdmann —»E.s studierte an den Akademien der bildenden Künste in M ü n c h e n und Berlin, wo er die Meisterklasse von Wilhelm von - > R ü m a n n besuchte, und war dann Meisterschüler von Louis —»Tuaillon. Neben Kleinbronzen, Medaillen und Plaketten schuf E. mehrere Kriegerdenkmäler, die Figuren und ein Giebelrelief am Kremato-

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Encke rium Berlin-Wilmersdorf sowie die Faustkämpfergruppe auf d e m Fehrbelliner Platz in Berlin. Eine Kolossalplastik auf der Deutschen Botschaft in St. Petersburg wurde im Ersten Weltkrieg zerstört. CO A K L E n c k e , Erdmann, Bildhauer, * 2 6 . 1 . 1843 Berlin, t 7 . 7 . 1 8 9 6 Neubabelsberg bei Potsdam. Als Schüler von Albert —» Wolff und Enkelschüler von Christian Daniel —» Rauch setzte E. dessen Richtung in der monumentalen Porträtplastik fort. Nachdem er als Sieger im Wettbewerb u m das Denkmal des „Turnvaters" - » J a h n in der Hasenheide bei Berlin (vollendet 1872) erstmals A u f merksamkeit erregt hatte, schuf er u. a. ein Bronzedenkmal Kurfürst —» Friedrichs I. am Berliner Rathaus, das M a r m o r monument der Königin —» Luise sowie die Sarkophage Kaiser —» Wilhelms I. und der Kaiserin —» Augusta im Mausoleum Charlotten bürg. Die strengen Formen des Klassizismus und das Vorbild Rauchs blieben dabei für sein Werk bestimmend. E. war seit 1882 ordentliches Mitglied und Senator der kgl. A k a d e m i e der Künste in Berlin, auf deren Ausstellungen er bis 1890 fast regelmäßig vertreten war. E. war der Vater von Eberhard - » E. c n AKL E n c k e , Fedor, Maler, * 13. 11. 1851 Berlin, t 11.9. 1926 Bad Sachsa. E., studierte 1869-72 an der A k a d e m i e in Berlin, seit 1872 an der Kunstschule in Weimar bei Karl —»Gussow und Theodor Joseph - » Hagen. Nach einem Aufenthalt 1 8 7 6 / 7 7 in Cincinnati (Ohio) war E. 1879-83 im Atelier von Mihály von —»Munkäcsy in Paris tätig. Weitere Studienreisen führten ihn nach R o m und in die U S A , w o er Porträtaufträge erhielt, u. a. zu Präsident Theodore Roosevelt und d e m Bankier John Pierpont Morgan. E. schuf auch Genrebilder, zum Teil exotischen Inhalts. Zu seinen bekannten Porträts gehören Prinz —» Heinrich von Preußen, Robert —» Hausmann und der M a ler Fritz - » Werner. m AKL E n c k e , Fritz, Gartenarchitekt, * 5 . 4 . 1861 Oberstedten/ Taunus, t 12.3. 1931 Herborn (Hessen). Nach d e m Studium 1880-82 an der Kgl. Gärtnerlehranstalt Postdam-Wildpark war E. 1886-90 Geschäftsführer einer Gartenbaufirma in Steglitz bei Berlin. 1890-1902 unterrichtete er Gartenkunst an der Kgl. Gärtnerlehranstalt. Seit 1899 Kgl. Gartenbaudirektor, war E. 1903-26 Gartendirektor der Stadt Köln, 1908-13 Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst. 1931 erhielt E. durch die Landwirtschaftliche Hochschule Berlin den Ehrendoktor. Anfangs noch dem Historismus verbunden (u. a. Viktoria-Luise Platz, Berlin, 1898), orientierte er sich später in Köln an großzügigen landschaftlichen und streng architektonischen Gestaltungsgrundsätzen und schuf dort etwa 30 Anlagen. Zu seinen Arbeiten gehören der Sportpark Müngersdorf (1920-23), der Äußere Grüngürtel (1919-29) und der Volkspark Raderthal (1923/24). m AKL

Encke,

Johann (Franz), Astronom, * 2 3 . 9 . 1791 Hamburg, t 2 6 . 8 . 1 8 6 5 Spandau (heute zu Berlin). E., Sohn eines Archidiakonus, studierte seit 1811 Mathematik und Astronomie in Göttingen, w o er Schüler von Carl Friedrich - » G a u ß war. 1816 wurde er Beobachter, 1822 Direktor der Sternwarte auf dem Seeberg bei Gotha. 1825 erhielt er einen Ruf als Astronom der Berliner A k a d e m i e und wurde Direktor der dortigen Sternwarte, die unter seiner Leitung und nach Plänen von Karl Friedrich —» Schinkel neu erbaut wurde. Seit 1844 lehrte E. als Prof. der Astron o m i e an der Berliner Universität. 1858 wurde E. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgen o m m e n . Seine Arbeiten galten vornehmlich der Bahnberechnung von Planetoiden und Kometen und deren Störun-

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gen durch die großen Planeten. Bekannt wurde er vor allem durch den Nachweis der Periodizität eines 1818 in Marseille entdeckten Kometen, der dann nach E. benannt wurde. Aus den Vorübergängen der Venus vor der Sonne 1761 und 1769 berechnete er die Sonnenparallaxe. Die von E. herausgegebenen Berliner Akademischen Sternenkarten halfen später bei der Entdeckung des Planeten Neptun durch Gottfried Galle. DP Leb Berlin 1

Enckhausen,

Georg (Heinrich), Musiker, Komponist, * 13.7. 1801 Celle, t 2 1 . 1 1 . 1 8 6 8 Hermannsburg. Der Sohn des Celler Ratsmusikanten Heinrich E. und Bruder von Heinrich —»E. war seit 1817 Kürassier und seit 1820 Leibgardist in Hannover. 1825 wurde er aus gesundheitlichen Gründen entlassen und arbeitete bis 1867 als Steuerbeamter in Pattensen, Gartow, Dannenberg, Gifhorn, Hameln, Göttingen und Stade, dann als Revisor des Missionswerks in Hermannsburg. Daneben war E. musikalisch aktiv. Er erhielt 1834-37 Musikunterricht bei Heinrich Wilhelm —» Stolze in Celle, war selbst Musiklehrer in Hannover und wurde 1847 A d j u n k t des Organisten der dortigen Neustädter Kirche. E. publizierte ein Choral-Melodienbuch zum sindenden und betenden Zion ( 1869) und das Hermannsburger Missions-Choralbuch (1876). CD M G G

Enckhausen,

Heinrich (Friedrich), Komponist, Musiker, * 2 5 . 9 . 1 7 9 9 Celle, t 15.1. 1885 Hannover. E., Bruder von Georg —»E., wurde 1816 Gardekürassier und spielte u. a. Violine, Flöte und Pianoforte. 1826 entlassen, erhielt er eine musikalische Ausbildung bei Aloys —»Schmitt in Berlin. Er folgte Schmitt 1827 nach Hannover, wo E. bis 1832 als Hornist dem Hoforchester angehörte, ehe er Leiter der Singakademie wurde. Seit 1833 unterrichtete er am Lehrerseminar in Hannover Gesang, wurde 1839 Organist an der Schloßkirche und 1845 auch Gesangslehrer am Lyzeum. E. komponierte u.a. Psalmen und Choralmelodien (1850), aber auch eine Operette Der Savoyard (1830). Er führte in Celle zahlreiche Oratorien auf. CD M G G E n d , Gustav, Verleger, * 25. 11. 1900 Hof, t 2 3 . 4 . 1994 München. E. war 1928-45 Produktionsleiter bei der Deutschen Buchgemeinschaft in Berlin, bevor er 1946 in München mit Heinrich —»Beck den Biederstein-Verlag gründete. Der BiedersteinVerlag übernahm zunächst das gesamte juristische Programm von Beck, und als Beck wieder selbst lizenziert wurde, führte er die Belletristik fort. Neben Autoren wie Heimito von —»Doderer, M a n f r e d —»Bieler und Herbert Rosendorfer, die dort ihr Debüt gaben, brachte E. Übersetzungen der Werke von Marguerite Duras und Louis Aragon heraus. 1972 zog sich E., der an der Begründung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels mitgewirkt hatte und zu den Initiatoren des Deutschen Taschenbuchverlags gehörte, aus der aktiven Verlagstätigkeit zurück.

Ende,

Adolf, Pseud. Lex Breuer, Journalist, * 6 . 4 . 1 8 9 9 Bad Kissingen, t 15. 1. 1951 Hilbersdorf (Sachsen). E., Sohn eines Kunsthändlers, nahm an der Novemberrevolution 1918 teil, beteiligte sich als Mitglied der K P D an den Kämpfen im Ruhrgebiet sowie gegen den Kapp-Putsch und vertrat die Partei 1928-30 im Reichstag. Seit 1930 war er Chefredakteur der „Roten Post", des Wochenblatts der KPD, und zeitweise stellvertretender Chefredakteur der „Roten Fahne". Ende 1933 flüchtete E. ins Saarland und später nach Frankreich, wo er seine publizistische und politische Tätigkeit fortsetzte. In Paris leitete er die „Deutsche Volkszeitung", wurde bei Kriegsbeginn interniert und hielt sich nach seiner Flucht bis 1945 in Marseille auf, w o er einer Gruppe von Widerstandskämpfern angehörte. Nach Kriegsende kehrte E. nach Deutschland zurück, gründete in Berlin den „Freien B a u e r n " und wurde später Chefredakteur des

Endeil Zentralorgans der S E D „Neues Deutschland". Wegen seiner Verbindung zu Noel H. Field wurde E. 1950 aus der Partei ausgeschlossen. Danach arbeitete er in einem Sächsischen Eisenwerk bei Freiberg. 1989 wurde E. postum rehabilitiert. m DDR E n d e , Edgar (Alfons), Maler, * 2 3 . 2 . 1901 Altona (heute zu Hamburg), t 2 7 . 1 2 . 1965 Netterndorf (Oberbayern). E. studierte in Hamburg und ließ sich 1931 in München nieder. 1933 wurde er mit Ausstellungsverbot belegt. E. gilt als Hauptvertreter der deutschen Surrealisten. Seine Werke, die ihre T h e m e n oft aus d e m mystischen und mythologischen Schrifttum entwickeln, zeigen sich von De Chirico beeinflußt. E. schuf u . a . Illustrationen zu den Romanzen Das Wüstenabenteuer und Die Zigeunermusik von Garcia Lorca. Er war der Vater von Michael —> E. en AKL E n d e , Hermann (Gustav Louis), Architekt, * 4 . 3 . 1829 Landsberg /Warthe, t 10.8. 1907 Wannsee (heute zu Berlin). Nach dem Studium in Berlin betrieb E. gemeinsam mit Wilhelm —> B ö c k m a n n 1860-95 eine der angesehensten Baufirmen in Berlin, deren Tätigkeit insbesondere die Villen- und Palastarchitektur der Stadt wesentlich bestimmt hat. Zu E.s wichtigsten Bauten zählen das sogenannte „Rote Schloß", ein für seine Zeit mustergültiges Geschäftshaus, das Antilopenhaus, das Elefantenhaus und der Festsaal im Zoologischen Garten, das V ö l k e r k u n d e m u s e u m (alle in Berlin) sowie das erbprinzliche Palais in Dessau. Ebenso wie auch die Villen von E. und B ö c k m a n n in Berlin, Wannsee und Neubabelsberg zeigen diese Bauten späklassizistische und besonders historistische Formen der Neo-Renaissance. E. war 1878-85 Prof. an der Bauakademie und T H Berlin, seit 1885 Vorsteher des Meisterateliers und 1895-1904 Präsident der A k a d e m i e der Künste. DD A K L E n d e , Konrad, Industrieller, * 1 . 7 . 1 8 9 5 Groß Bislaw (Kr. Tuchel, Westpreußen), t 2 4 . 9 . 1 9 7 6 Salzgitter. E. nahm als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil, studierte 1918-23 Bergbau und Ingenieurwissenschaften an der Bergakademie Clausthal und in Leipzig sowie später an der T H Berlin, wo er 1933 zum Dr.-Ing. promoviert wurde. Von März bis N o v e m b e r 1933 gehörte er für die Deutschnationale Volkspartei dem Reichstag an. E. war in der PhoenixA G , dann in der Stahlvereins-Zeche Holland und schließlich als Geschäftsführer der Vereinigten Schachtbau und Tiefbau G m b H tätig, bis er 1941 zur A G für Berg- und Hüttenbetriebe in Salzgitter wechselte und seitdem für alle Bergbaubetriebe des Konzerns verantwortlich war. 1950 wurde er in den Vorstand dieses Unternehmens berufen und übernahm 1952 den Vorsitz. E. gelang die Integration der verschiedenen Teile der Salzgitter A G ; seiner Initiative sind die Sicherung der Kohlengrundlage und die Erweiterung der Eisenerzbasis zu verdanken sowie der Ausbau der Verbundwirtschaft zwischen Kohle, Gas, Energie, Öl und Hüttenwerken.

verfilmt und vielfach übersetzt. Es folgten der Märchenroman Momo oder Die seltsame Geschichte von den ZeitDieben und von dem Kind, das den Menschen die gestohlene Zeit zurückbrachte (1973, 1986 von Johannes Schaaf verfilmt), der 1974 den Deutschen Jugendbuchpreis erhielt, und 1979 der märchenhaft-phantastische, aber auch romantischsozialkritische R o m a n Die unendliche Geschichte (Verfilmung 1984, Regie: Wolfgang Petersen). In seinen Büchern schuf E., der eine Trennung zwischen Kinder- und Erwachsenenliteratur strikt ablehnte, eine Bilderwelt, die für Jung und Alt gleichermaßen zugänglich ist. 1981 wurde E. mit d e m Janusz-Korczak-Preis ausgezeichnet. Seine surrealistischen Erzählungen Der Spiegel im Spiegel. Ein Labyrinth erschienen 1984. Nach langjährigem Italienaufenthalt lebte E. seit 1985 wieder in München. c d KLG E n d e i l , August (Ernst Moritz), Architekt, * 1 2 . 4 . 1 8 7 1 Berlin, t 13.4. 1925 Berlin. Der nach einem Philosophiestudium seit 1892 in München lebende und von Hermann —»Obrist beeinflußte, jedoch weitgehend autodidaktisch ausgebildete E., Sohn von Karl Friedrich —>E. und Bruder von Fritz —»E., begann seine künstlerisch-praktische Tätigkeit mit Entwürfen f ü r Textilien und Möbel. Er war einer der Hauptvertreter des deutschen Jugendstils. Das von ihm 1896 erbaute Photoatelier Elvira in München wurde insbesondere durch die phantastische Ornamentik seiner Fassade epochemachend. In seinen Bauten gestaltete E. von A n f a n g an auch die Innenausstattung bis ins Einzelne und wurde mit der genauen organischen Abstimmung von Raumverhältnissen und Inventar zum Wegbereiter einer neuen Wohnkultur. Nach seiner Übersiedlung nach Berlin 1901 rückte die Zweckmäßigkeit der Bauformen stärker ins Zentrum, die frühere ungezügelte Ornamentik trat zurück. Zu E.s Hauptwerken aus dieser Zeit gehören das Hotel Steinplatz und die Trabrennbahn Mariendorf. In mehreren Schriften und Vorträgen an der von ihm gegründeten „Formschule" in Berlin äußerte er sich auch theoretisch zu seinen Grundsätzen. Seit 1918 war E. Prof. und Direktor der Breslauer Kunstakademie. c n AKL E n d e l l , Fritz, Holzschneider, Radierer, * 2. 11. 1873 Stettin, t 8 . 2 . 1 9 5 5 Bayrischzell. Der Bruder von August —>E. studierte zunächst Theologie, begann aber bald zu zeichnen und besuchte die Kunstgewerbeschule in M ü n c h e n bei Hermann —>Obrist sowie die Akademien Colarossi und Julian in Paris. Seit 1900 beschäftigte er sich intensiv mit dem Holzschnitt und war an der Kunstakademie in Stuttgart Meisterschüler von Leopold von —»Kalckreuth und Adolf —»Holzel. Neben Glückwunschkarten, Exlibris und anderem Buchschmuck schuf E. verschiedene Mappenwerke. Unter dem Titel Tod und Trost veröffentlichte er 1925 eine Holzschnittfolge in HelldunkelHolzschnitten. E. war auch als Radierer tätig. Nach einem längeren Aufenthalt in N e w York, wo er Zeichenlehrer an der Duncanschule war, lebte E. wieder in München. CD A K L

CD Altpreuß Biogr, Bd 4 E n d e , Michael (Andreas Helmuth), Schriftsteller, * 12.11. 1929 Garmisch (heute zu Garmisch-Partenkirchen), t 2 8 . 8 . 1995 Stuttgart. Nach einer Schauspielausbildung an der Falckenbergschule (1948-50) lebte der Sohn Edgar E.S als Schauspieler, Kabarettist und Filmkritiker in Rendsburg und München, arbeitete 1954-62 als Filmkritiker für den Bayerischen Rundf u n k und war seit 1957 als Kinderbuch- und Theaterautor tätig. Sein erstes Kinderbuch Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer (1960), das 1961 mit d e m Deutschen Kinderbuchpreis ausgezeichnet wurde, und dessen Fortsetzung Jim Knopf und die Wilde 13 (1962) wurden bald dramatisiert,

E n d e l l , Karl Friedrich, Architekt, * 7 . 4 . 1 8 4 3 Stettin, t 8.3. 1891 Berlin. E. war 1863-64 Baueleve in Stettin, studierte 1864-66 an der Bauakademie in Berlin und arbeitete bei Paul T h ö m e r und James —> Hobrecht in Stettin. 1871 legte er die Baumeisterprüfung an der Bauakademie in Berlin ab und war f ü r kurze Zeit als Wasserbauinspektor in Stettin tätig. 1872-76 Baumeister bei der Regierung in Stettin, war E. seit 1876 am Ministerium in Berlin f ü r öffentliche Arbeiten zuständig. Außerdem gehörte er zu den Begründern der „Zeitschrift f ü r das Bauwesen", deren Redakteur er bis 1883 war. 1879 war er Regierungs- und Baurat, 1883 Geheimer Rat, 1887 Mitglied der A k a d e m i e des Bauwesens, 1888 Geheimer

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Endell Oberbaurat und 1891 Oberbaudirektor. Als Ministerialbeamter leitete E. den Bau zahlreicher Justiz- und Regierungsgebäude in ganz Deutschland. Seine Entwürfe orientierten sich teilweise an Bauwerken der deutschen Renaissance und an italienischen Palastbauten. Zu seinen Werken gehören das ehemalige Landgericht in Potsdam (1880-83) und das Gebäude der ehemaligen schlesischen Regierung in Breslau (1883-86). E. war der Vater von August und Fritz —>E. CD A KL E n d e l l , Kurd (Eduard Karl Heinrich), Bauwissenschaftler, * 1.2. 1887 Stade, t 2 2 . 3 . 1945 Berlin-Wannsee. E., Sohn eines Baurats, studierte seit 1905 C h e m i e und Mineralogie in Lausanne, Grenoble, Breslau und Berlin, wurde 1910 promoviert (Ober die chemische und mineralogische Veränderung basischer Eruptivgesteine bei der Zersetzung unter Mooren) und widmete sich fortan der Erforschung der Technologie der Silikate. Als wissenschaftlicher Berater verschiedener Industrieunternehmen beschäftigte er sich mit chemischen und physikalischen Grundlagen feuerfester Baustoffe und der Z e m e n t e sowie mit Tonen. Es gelang ihm die Schaffung des hochquellfähigen Betonits, der von großer wirtschaftlicher Bedeutung wurde. E. entwickelte Meßmethoden für die Viskosität, der er 1940 durch seine „Trennstellentheorie" auch eine theoretische Grundlage gab. Das von E. erfundene Erhitzungsmikroskop fand Verwendung bei der Erfassung der feuerfesten Baustoffe; auf d e m Gebiet der Tone wandte er die Röntgenuntersuchung an, bei den Schlacken die physikalische Viskosination. E. wurde 1913 Privatdozent, 1921 a. o . P r o f . an der T H Berlin.

t u NDB

Endemann,

Friedrich, Jurist, * 2 4 . 5 . 1857 Fulda, t 3 1 . 1 0 . 1936 Heidelberg. Der Sohn von Wilhelm —>E. studierte in Jena, Berlin und Bonn Jura, habilitierte sich 1886 in Berlin und ging als a. o. Prof. des römischen und deutschen bürgerlichen Rechts 1888 nach Königsberg. Seit 1892 o . P r o f . , wurde er 1895 nach Halle berufen und lehrte 1904-24 in Heidelberg. Schon bald nach dem Erscheinen des Bürgerlichen Gesetzbuches veröffentlichte E. sein Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts (3 Bde., 1903), das mit 9 Auflagen großen Einfluß auf die Geschichte und Lehre der deutschen Rechtswissenschaft gen o m m e n hat. CD N D B

Endemann,

Samuel, reformierter Theologe, * 1 8 . 3 . 1 7 2 7 Carlsdorf (heute zu Hofgeismar, Hessen), t 3 1 . 5 . 1 7 8 9 Hanau. E. war Schüler von Daniel -> Wyttenbach in Marburg, später Prediger in Jesberg und seit 1753 Gymnasialprofessor, Konsistorialrat, Kirchen- und Schulinspektor in Hanau. 1782 erhielt er eine Professur für Theologie in Marburg. Obgleich E. Enkelschüler Christian —> Wolffs war, wird dessen Einfluß auf E.s Theologie eher gering veranschlagt. Gemäßigt positiv in seiner Ansicht, suchte E. zwischen verschiedenen Richtungen zu vermitteln. Besonders deutlich wird dies in seiner 1783 veröffentlichten Sciagraphia theologiae polemicae, die sich der kritisch-historischen Neologie ebenso wie d e m reinen Rationalismus Kants verschließt: Die Vernunft ist im Kampf mit Päpstlichen und Sektierern hervorragende Dienerin der Schrift, aber in keiner Weise Glaubensnorm. CD A D B

Endemann,

(Samuel) Wilhelm, Jurist, Politiker, * 2 4 . 4 . 1 8 2 5 Marburg, t 1 3 . 6 . 1 8 9 9 Kassel. Nach seinem Studium in Marburg und Heidelberg schlug E., Sohn eines Richters und Urenkel von Samuel —>E., zunächst die richterliche Laufbahn ein. In Jena war er Mitglied des Oberappellationsgerichts und lehrte seit 1862 als o. Prof. Handels- und Zivilprozeßrecht. Von 1875 bis zu seiner Emeritierung 1895 war er o. Prof. in Bonn und hielt auch

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Vorlesungen über Staats- und Strafprozeßrecht. Bleibendes Ansehen erwarb E. durch Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Rechts- und Wirtschaftsgeschichte sowie durch mehrere Lehrbücher zum Handelsrecht (1865) und zum Zivilprozeßrecht. Methodologisch zählte E. zur jüngeren historischen Richtung, die durch ihre H i n w e n d u n g auf praktische und soziale Aufgaben des Rechts gekennzeichnet ist. Als Mitglied der National liberalen Partei gehörte er 1867-70 und 1871-74 d e m Norddeutschen bzw. d e m Deutschen Reichstag und dem Landtag von Weimar an. E. war der Vater von Friedrich - > E . m NDB E n d e r , E m m a (Elisabeth), geb. Behle, Frauenpolitikerin, * 2 . 8 . 1875 F r a n k f u r t / M a i n , t 2 5 . 2 . 1954 Hamburg. Nach dem Besuch der Staatlichen höheren Töchterschule in Darmstadt kam die Tochter eines K a u f m a n n s 1900 nach Hamburg, wo sie sich im Allgemeinen Deutschen Frauenverein engagierte; 1907-16 war sie dessen stellvertretende Vorsitzende in Hamburg. 1912 trat sie als eine der ersten Frauen dem Nationalliberalen Verein bei. 1915-33 war sie Vorsitzende des Stadtbundes Hamburgischer Frauenvereine dessen Vorsitzende und leitete 1919-28 den Verband Norddeutscher Frauenvereine. 1919 wurde E. Mitglied des Vorstandes, 1921 geschäftsführende Vorsitzende und 1924 Erste Vorsitzende des Bundes Deutscher Frauenvereine. 1919-24 gehörte sie für die D V P der Bürgerschaft an. Als Gegnerin des Nationalsozialismus zog sich E. 1933 aus d e m öffentlichen Leben zurück. E n d e r , Johann (Nepomuk), österr. Maler, * 4. 11.1793 Wien, t 1 6 . 3 . 1 8 5 4 Wien. E. studierte ebenso wie sein Zwillingsbruder T h o m a s —»E. an der A k a d e m i e der bildenden Künste in Wien, w o er u. a. Schüler von Hubert Maurer war. Anschließend als Porträtmaler tätig, unternahm er als Begleiter des Grafen Szechényi 1 8 1 8 / 1 9 eine Reise durch Italien, Griechenland und den Orient und ging 1820 als kaiserlicher Stipendiat nach R o m , um besonders Raffael zu studieren. 1826 kehrte E. nach Wien zurück und wurde 1829 Prof. an der Kunstakademie. Neben zahlreichen Porträts von Persönlichkeiten des Wiener Hofs und der Aristokratie trat E. vor allem durch Historienbilder und Altarblätter hervor. Zu seinen bekanntesten Arbeiten zählt das Freskogemälde des Mysteriums der Erlösung in der Liechtenstein-Kapelle des Wiener D o m s St. Stephan (1850-52). E. gilt als Nachfahre der Nazarener und geschickter Vertreter der herrschenden akademischen Richtung, dessen Werke wegen ihrer Lebendigkeit hoch geschätzt wurden. DP A K L E n d e r , Otto, österr. Politiker, * 24. 12. 1875 Altach (Vorarlberg), t 2 5 . 6 . 1 9 6 0 Bregenz. An den Universitäten Innsbruck, Freiburg (Schweiz), Prag und Wien studierte E. Jura und Nationalökonomie, wurde 1901 promoviert und ließ sich 1908 als Rechtsanwalt in Bregenz nieder. Während des Ersten Weltkriegs O b m a n n der Christlichsozialen Partei in Vorarlberg, wurde er 1918 Landeshauptmann und betrieb, vor allem aus wirtschaftlichen Überlegungen, den Anschluß Vorarlbergs an die Schweiz. 1930 wurde E. österr. Bundeskanzler, mußte jedoch nach dem Scheitern einer geplanten Zollunion mit Deutschland und d e m Z u s a m m e n b r u c h der Osterreichischen Kreditanstalt 1931 zurücktreten. Bis 1934 war er erneut Landeshauptmann von Vorarlberg, 1 9 3 3 / 3 4 Minister f ü r Verfassungsfragen in der Regierung —» Dollfuß und arbeitete die ständische Bundesverfassung, die sogenannte „Maiverfassung", aus, mit der er sich jedoch nicht durchsetzen konnte. 1934-38 Präsident des Rechnungshofs, wurde er von den Nationalsozialisten 1938 mit „Gauverbot" belegt und mußte bis 1945 in Wien leben. c d Czeike

Enderlein E n d e r , Thomas, österr. Maler, * 4. 11. 1793 Wien, t 2 8 . 9 . 1 8 7 5 Wien. Auf der Wiener A k a d e m i e der bildenden Künste war E., Zwillingsbruder von Johann —>E., zunächst Schüler von Hubert —> Maurer, später von Josef —>Mößmer und Franz —> Steinfeld, studierte dann selbständig die Werke von Claude Lorrain und Jacob van Ruisdael und unternahm verschiedene Reisen. Von —> Metternich gefördert, nahm er 1817 an der östenr. Expedition anläßlich der Brautfahrt der Erzherzogin Leopoldine nach Brasilien teil, auf der er rund 700 Aquarelle und Zeichnungen schuf. 1819-23 lebte er als kaiserlicher Pensionär in Italien, arbeitete 1823 für Metternich im Salzkammergut, später für Erzherzog —»Johann in Gastein und war 1837-51 Prof. der Landschaftsmalerei an der Wiener Akademie. Gemeinsam mit anderen Künstlern schuf E. die Vorlagen für Das pittoreske Österreich, das 1840-47 mit Chromolithographien nach Originalzeichnungen dieser Künstler erschien. Seine Ansichten aus der Umgebung Wiens, besonders jedoch diejenigen seiner Brasilienreise sind für die historische Topographie und die Völkerkunde von Bedeutung. CD A K L E n d e r e s , Bruno Ritter von, österr. Ingenieur, Politiker, * 1 9 . 2 . 1 8 7 1 Wien, t 17. 10.1934 Wien. Nach d e m Studium an der T H Wien trat E., Sohn eines Redakteurs, 1897 beim österr. Eisenbahnministerium in den Staatsdienst ein. Seit 1906 Bauleiter der elektrischen Bahn Trient-Malé, kam er 1908 zur Aussig-Teplitzer EisenbahnGesellschaft, wurde 1909 deren Generaldirektor und kehrte 1917 ins Eisenbahnministerium zurück. 1918 arbeitete er als Unterstaatssekretär für das Verkehrswesen und war anschließend bis zu seiner Pensionierung 1923 in der Verwaltung der neuen Österreichischen Bundesbahnen tätig. E. veröffentlichte zahlreiche Arbeiten zu Fragen der Wirtschafts- und Verkehrspolitik (u. a. Die wirtschaftliche Bedeutung der Anschlußfrage (1929), Die Semmeringbahn. Chega und sein Werk, 1929) und war 1925-27 Präsident des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins. 1908 erschien von ihm Pyhrnbahn Linz - Klaus - Selzthal als erste Veröffentlichung in der Reihe „Reiseführer auf den neuen österreichischen Alpenbahnen". CO N D B E n d e r l e , August, Redakteur, Parteifunktionär, * 5 . 8 . 1887 Feldstetten bei Münsingen, t 2 . 1 1 . 1 9 5 9 Köln. E., Sohn eines Z i m m e r m a n n s , machte eine Mechanikerlehre und war bis 1920 als Mechaniker und Eisendreher tätig. Politisch zunächst der S P D zugehörig, Schloß er sich später der U S P D , dann dem Spartakusbund und der K P D an und wurde 1921 Redakteur der „Roten Fahne", 1928 jedoch aus der K P D ausgeschlossen, nachdem er die KPD(O) mitgegründet hatte. 1932 trat E. zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands über und wurde Redakteur der „Sozialistischen Arbeiter-Zeitung" in Berlin, die er später in Breslau fortführte. Nach seiner Emigration im Juni 1933 setzte er seine politische Aktivität in den Niederlanden, in Belgien und später in Stockholm u . a . im sogenannten „AskaniaKreis" und in der Landesgruppe deutscher Gewerkschafter in Schweden fort. Gemeinsam mit Willy —> Brandt und Stefan Szende trat er für die Schaffung einer sozialistischen Einheitspartei ein. 1945 nach Deutschland zurückgekehrt, wurde er Mitbegründer und Redakteur des „Weser-Kuriers" in Bremen und redigierte seit 1947 die Gewerkschaftszeitung „Der Bund", seit 1949 das Gewerkschaftsorgan „Die Quelle". CD B H d E , Bd 1 E n d e r l e , Johann Baptist, Maler, * 1 5 . 6 . 1 7 2 5 Söflingen bei Ulm, t 1 5 . 2 . 1 7 9 8 Donauwörth. Seine Ausbildung zum Maler erhielt E. in Günzburg bei seinem Onkel Anton E. und in Augsburg. 1753 ließ er sich in Donauwörth nieder und wirkte bis zu seinem Tod

vorwiegend im schwäbisch-bayerischen R a u m als Vertreter der kirchlichen Rokokomalerei. E.s zahlreiche Decken- und Wandfresken, Altarbilder und Kreuzwegstationen zeichnen sich bei einer eher volkstümlich schlichten A u f f a s s u n g der Themen durch ihre zarte, kultivierte Farbigkeit aus. Gekonnt verbindet sich in ihnen augsburgische Schultradition mit einer durchaus individuellen Richtung E.s. Zu seinen Hauptwerken zählen das Deckengemälde in der Wallfahrtskirche Allerheiligen bei Scheppach im Kreis Günzburg (um 1770) und das Deckenfresko im Festsaal des ehemaligen Benediktinerklosters zum Heiligen Kreuz in Donauwörth (1780). CD A K L E n d e r l e , Wilhelm Gottfried, auch Enderlein, Enterlin, Musiker, Komponist, * 2 1 . 5 . 1 7 2 2 Bayreuth, t 18.2. 1790 Darmstadt. E., Sohn eines Hof- und Jagdmusikus, wuchs in Bayreuth und Nürnberg auf, erhielt früh Musikunterricht, bildete sich autodidaktisch weiter und studierte ein Jahr lang Komposition in Berlin. Seit 1738 in Nürnberg und auf Konzertreisen als Violinvirtuose tätig, wurde er 1748 Violinist und K a m m e r m u s i k u s der Würzburger Hofkapelle und ging 1753 als Konzertmeister nach Darmstadt. Daneben gab er Konzerte in F r a n k f u r t / M a i n und unterrichtete u . a . den späteren Landgrafen —» L u d w i g IX. und dessen Sohn —> Ludwig. 1762 übernahm E. die Leitung der Kapelle. Auch in der Zeit der Auflösung der Darmstädter Kapelle 1773-76 blieb er in Darmstadt und beteiligte sich in den achtziger Jahren unter Erbprinz L u d w i g X. am Wiederaufbau des Musiklebens. E., der einige Opernaufführungen am fürstlichen Hof leitete, komponierte Vokalmusik, Sinfonien, Kammer- und Klaviermusik. DD M G G E n d e r l e i n , Caspar, auch Kaspar, Endterlein, Enderle, Enderlin, Endres, schweizer. Zinngießer, Formschneider, getauft 2 4 . 6 . 1560 Basel, t 19.4. 1633 Nürnberg. E., Sohn eines Handwerksmeisters, war 1574 Lehrling bei d e m Kannengießermeister Hans Fridenrich in Basel, kam 1583 nach Nürnberg, d e m damaligen Zentrum der Produktion von Zinngerät, und wurde 1586 Bürger der Stadt und Meister. Schon 1584 ist er als Meistersinger bezeugt. 1603-06 und 1613-16 stand E. als einer der drei Geschworenen an der Spitze der Kannengießerzunft. E.s Bedeutung beruht vor allem auf der Vermittlung französischer Renaissanceformen auf d e m Gebiet des Zinngusses nach Deutschland. Berühmt wurden seine dem deutschen Stilempfinden angepaßten Kopien der sogenannten „Temperantia-Schüssel" nach François Briot mit d e m Motiv der Mäßigung. Als erster soll E. auch „hangende Leuchter" aus Zinn gegossen haben. Die von E. geschnittenen Formen sind jeweils durch sein Porträtmedaillon, sein M o n o g r a m m und die Jahreszahl gekennzeichnet. Die für den Zinngießer vorgeschriebene Meistermarke fehlt; E.s erhaltene Werke tragen überwiegend die Marken anderer Nürnberger Zinngießer, die seine Formen bis ins 18. Jh. verwendeten. CD A K L E n d e r l e i n , Günther, Zoologe, * 7 . 8 . 1872 Leipzig, t 11.8. 1968 Hamburg. E., Sohn eines Lehrers, studierte in Leipzig Zoologie (Promotion 1899, Die Respirationsorgane der Gastriden) und wurde Assistent am Zoologischen Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin. 1900-06 war er Assistent am dortigen M u s e u m für Naturkunde, anschließend bis 1919 Kustos und Abteilungsvorstand am Zoologischen M u seum in Stettin und von 1919 bis zu seiner Pensionierung 1937 Kustos und Prof. am Zoologischen M u s e u m der Univ. Berlin sowie Verwalter der Zentralstelle für blutsaugende Insekten. E. unternahm mehrere Forschungsreisen auf den Balkan und die Kanarischen Inseln. Sein wissenschaftliches Interesse galt vor allem den blutsaugenden Insekten und der

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Enderlein Cyclogenie der Bakterien. E. veröffentlichte u. a. Die Insekten des Antarkto-Archiplata-Gebietes (1912) und BakterienCyclogenie (1925) Er gab verschiedene Zeitschriften heraus, darunter Archiv für klassifikatorische und phylogenetische Entomologie (1930) und „Immunobiologica" (seit 1946). Ein von ihm entwickeltes Krebsheilmittel „Endobiont chondritin enderlein" war 1952 Gegenstand teils heftiger Diskussionen. •3

Munzinger

Enderlein,

Kurt, Architekt, * 1896 (?) Berlin, t 2 1 . 2 . 1978 Berlin. E. studierte Architektur in Berlin, wurde 1922 Regierungsbaumeister und war für die Preußische Staatshochbauverwaltung tätig. Nach 1945 arbeitete er als freischaffender Architekt in Berlin und lehrte 1954-68 als Prof. der T H an der Fakultät für Bauwirtschaft und Baubetrieb. E. trug sowohl als Entwerfer als auch als Bauleiter wesentlich zum Wiederaufbau von Berlin bei. Er errichtete u. a. das Bilka-Kaufhaus, 1 9 5 2 / 5 3 das Haus der Wirtschaft, die Industrie- und Handelskammer und die Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche im Hansaviertel. Höhepunkt seines Schaffens war der Bau der Berliner Philharmonie nach Plänen von Hans - > S c h a r o u n . Daneben veröffentlichte E. wissenschaftliche Abhandlungen über Probleme des modernen Bauwesens. CD A K L

Enderlein vom Burgstadl,

Matthes, Bergmann, * 1493 Zwönitz (Sachsen), t 2 1 . 1 0 . 1556 J o a c h i m s t h a l / E r z g e birge. E. v. B., Sohn eines Müllers, studierte seit 1518 an der Univ. Leipzig, war Kantor und später Rektor der Lateinschule Schneeberg und gleichzeitig Schichtmeister der Schneeberger Bergwerke, ging 1533 in gleicher Funktion nach Joachimsthal und wurde 1536 Bergmeister und damit für wichtige Geschäfte der Verwaltung und der Gerichtsbarkeit in Bergsachen zuständig. 1541 war E. v. B. an der Bearbeitung der zweiten Bergordnung beteiligt und verfaßte als deren Ergänzung ein praktisches Handbuch für die Bergleute, das sogenannte Bergformelbuch. 1550 wurde E. v. B. Amtsverwalter von Joachimsthal. Von E. stammen mehrere Werke z u m Recht und zur Geschichte des Bergbaus in Böhmen und im Erzgebirge, darunter eine S a m m l u n g des geltenden bergmännischen Gewohnheitsrechts, die 1616 unter dem Titel Ursprung und Ordnung der Bergwerke im Königreich Böhmen gedruckt wurde. • • Leb Sudeten, Bd 3

Enderlen,

Eugen, österr. Chirurg, * 21. 1. 1863 Salzburg, t 7 . 6 . 1940 Stuttgart. E., Sohn eines Ingenieurs und Gaswerksdirektors, studierte in M ü n c h e n Medizin (Promotion 1888, Versuche über den Durchtritt pathogener Bacterien durch die intacte Lungenoberfläche), war Assistent bei Otto von —> Bollinger und habilitierte sich 1895 bei Heinrich —> Helferich in Greifswald. Zunächst a. o . P r o f . in Marburg, wurde er 1904 o . P r o f . der Chirurgie in Basel, 1907 in Würzburg und lehrte 1918-33 in Heidelberg. Zu E.s Leistungen zählen experimentelle Transplantationen von Niere und Schilddrüse, die Entwicklung der modernen Technik der Kropfoperation (zusammen mit Gerhard Hotz), eine Methode zur Blasenektopie und die sogenannte Oesophagotomie zur Entfernung eines im Thoraxbereich der Speiseröhre steckengebliebenen Fremdkörpers. Er veröffentlichte u . a . Über Blasenektopie (1904) und Stereoskopbilder zur Lehre von den Hernien (1906). CD N D B

Enderli,

Hans, schweizer. Jurist, Politiker, * 2 2 . 5 . 1879 Zürich, t 1 7 . 1 0 . 1 9 4 4 Zürich. Der Sohn eines Setzers Schloß das Studium der Rechtswissenschaften in Zürich, Berlin und R o m 1903 in Zürich mit der Promotion zum Dr. jur. ab. 1906-10 war er Bezirksrichter in Zürich und seit 1910 Rechtsanwalt und Leiter des vom Vater gegründeten Pressebüros. Politisch Schloß er sich der

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Sozialdemokratischen Partei (SP) und d e m Grütliverein an. 1910-16 und 1918-25 gehörte er d e m Zürcher Großen Stadtrat, 1908-26 dem Zürcher Kantonsrat und 1919-22 d e m Nationalrat an. Wegen seiner Kritik an der Politik der S P aus d e m Nationalrat ausgeschieden, gründete E. den „Zürcher Grütliverein", den er redaktionell betreute. CD H L S

Enderlin,

Joseph Friedrich, Forstmann, * 25. 1.1732 Bötzingen am Kaiserstuhl (Baden), t 26. 1. 1808 Karlsruhe. E., Sohn eines Gutsbesitzers und Vogts, studierte in Jena Botanik, Mathematik, Physik sowie Staats- und Kameralwissenschaften und wurde nach einer praktischen Tätigkeit auf d e m väterlichen Gut 1756 badischer Forstsekretär, dann Forst- und Kammerrat, 1779 Hofrat. Als erster wissenschaftlich ausgebildeter badischer Forstmann machte sich E. um die Intensivierung der Landwirtschaft in Baden verdient und verfaßte zahlreiche Schriften, die ihn in kameralistischer Hinsicht als Anhänger der physiokratischen Schule ausweisen. Mit seinem Werk Die Natur und Eigenschaften des Holzes und seines Bodens nebst seiner Nahrung und Ursachen des Wachstums (1767, 2 1770), das Anatomie, Morphologie und Physiologie der Holzgewächse behandelt, begründete E. die naturwissenschaftliche Seite der Forstwirtschaft in Deutschland. m NDB

Enderling,

Paul Anton, Schriftsteller, Übersetzer, * 2 2 . 4 . 1 8 8 0 Danzig, t 1 6 . 1 . 1 9 3 8 Stuttgart. E. studierte an den Universitäten Königsberg und Berlin und betrieb auf mehreren Reisen weitere Sprach- und kunstgeschichtliche Studien. 1914 ließ er sich in Stuttgart als freier Schriftsteller nieder, 1 9 2 2 / 2 3 war er verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift „Der Wahre Jacob". Seine Romane, Novellen, Erzählungen und Gedichte haben häufig die Geschichte und das Schicksal seiner Heimatstadt Danzig zum T h e m a (Stürme in der Stadt, 1921; Wächter im Turm und andere Danziger Novellen und Dichtungen, 1923). E. dichtete die H y m n e des Freistaates Danzig, Dies ist die Stadt am Bernsteinrand. Er trat auch als Übersetzer japanischer Novellen und Gedichte hervor. c n D L L , 20. Jh. E n d e r s , Carl, auch Karl E „ Germanist, * 2 0 . 7 . 1877 Saarburg (Lothringen), t 6 . 8 . 1963 Juist. E., Sohn eines kaiserlichen Enregistrementseinnehmers und späteren Kaufmanns, studierte seit 1898 Sanskrit, Sprachwissenschaft, Germanistik, Geschichte und Philosophie an der Univ. Bonn und wurde 1904 promoviert (Chronologischbiographische Studien zu den Schul- und Universitätsjahren Johann Christian Günthers). 1904-08 als Lehrer in Bonn tätig, habilitierte er sich 1908 mit der Schrift Friedrich Schlegel und die poetische Theorie und war seit 1908 Privatdozent, seit 1914 Titularprofessor für Neuere deutsche Literaturgeschichte an der Univ. Bonn. 1 9 1 8 / 1 9 lehrte er Deutsche Literaturgeschichte an der Kriegsuniversität Dorpat, seit 1920 Rheinische Literaturgeschichte an der Univ. B o n n (seit 1921 als nichtbeamteter a. o. Prof.) und war von 1924 bis zur Entlassung 1937 aus politischen Gründen hauptberuflich Studienrat am Staatlichen G y m n a s i u m in Siegburg. Seit 1945 unterrichtete er erneut Rheinische Literaturgeschichte an der Univ. Bonn, 1 9 4 6 / 4 7 als Honorarprofessor und 1948-55 als Emeritus. E. veröffentlichte u. a. Die Katastrophe in Goethes Faust (1905), Das deutsche historische Drama (1922), Schiller und die Gegenwart ( 1948) und Dichtung und Geistesgeschichte um den Rhein von den Anfängen bis zur Gegenwart (1957). 1956 gab er die Erinnerungen von Oskar —»Walzel (Wachstum und Wandel) heraus. • • IGL E n d e r s , (Ernst) Ludwig, luth. Theologe, * 27. 12. 1833 F r a n k f u r t / M a i n , t 13.7. 1906 F r a n k f u r t / M a i n . Der Sohn eines Schneidermeisters studierte in Heidelberg, Erlangen und Tübingen Theologie, wurde 1856 Prediger am

Endres Versorgungshaus in Frankfurt und lehrte später an verschiedenen Schulen der Stadt. 1863 wurde E. Pfarrer der Erlösergemeinde in Frankfurt-Oberrad, in der Folgezeit war er auch Konsistorialrat und Mitglied der Kirchenleitung der damals selbständigen Frankfurter Landeskirche sowie Kreisschulinspektor. Seine umfassenden Kenntnisse der Reformationsgeschichte brachte E. in mehrere Ausgaben von —> Luthers Schriften und Briefen ein, die sich durch ihre breite Quellenbasis und einen reichhaltigen kritischen Apparat auszeichnen (Erlanger Luther-Ausgabe, 2. Auflage, Bd. 1-24, 1862-65; M. Luthers Briefwechsel, Bd. 1-11, 1884-1907, fortgesetzt von Gustav - > Kawerau u. a.). CD N D B E n d e r s , Werner, Sänger, * 11.3. 1924 Beiersdorf, t 1 . 1 2 . 2 0 0 5 Berlin. E. besuchte die Musikfachschule Radebeul, studierte Violine in Zwickau und Gesang bei Rita Meinl-Weise in Berlin und wurde 1941 Zweiter Geiger an der Staatsoper Dresden. Nach 1945 konnte er seinen Beruf wegen einer Kriegsverletzung nicht mehr ausüben und begann eine Karriere als Sänger. Seit 1947 am Theater in Zwickau, seit 1949 am Landestheater in Altenburg (Thüringen) tätig, wechselte er 1953 an das Stadttheater H a l l e / S a a l e und trat als Interpret der Werke —» Händeis hervor. 1957 wurde er Kammersänger an der Komischen Oper Berlin, w o er als Charakter- und Buffo-Tenor brillierte und an den Operninszenierungen Walter —> Felsensteins mitwirkte, sich aber auch als Interpret zeitgenössischer Werke ( u . a . in Hans Werner Henzes Der junge Lord) einen N a m e n machte. E. sang u . a . den M i m e im Ring des Nibelungen, den Schulmeister und Dackel im Schlauen Füchslein von Leo§ Janácek und den Bobèche in —» Offenbachs Ritter Blaubart, eine seiner Glanzrollen. Noch in den neunziger Jahren trat er gelegentlich als Gast an der Komischen Oper auf, so etwa 2001 als alter Mann in Rimskij-Korsakows Das Märchen vom Zaren Saltan. 1962 wurde F. mit dem Nationalpreis der D D R für Kunst und Literatur ausgezeichnet. CD Kutsch E n d l e r , Friedrich Gottlob, Kupferstecher, * 12.3. 1763 Lüben, t 7 . 7 . 1 8 2 2 Breslau. E., Sohn eines Gärtners, erlernte zunächst ebenfalls den Beruf seines Vaters, arbeitete seit 1782 als königlicher Kammer-Kondukteur für den Architekten Carl Gotthard —» Langhans und war während dieser Zeit vermutlich am Bau des Lustschlosses des Grafen Schlabrendorff in Seppau beteiligt. Seit 1786 veröffentlichte er erste druckgraphische Arbeiten, die aktuelle Geschehnisse wiedergeben wie zum Beispiel Freiballonstart des Flugpioniers Blanchard am 2 7 . 5 . 1 7 8 9 in Breslau. In den folgenden Jahren entstanden bevorzugt Darstellungen von Landschaften sowie Ortsansichten Schlesiens, die u . a . in Serien zu mehreren Blättern, in der Monatsschrift „Vaterländische Blätter zum Nutzen und Vergnügen" und 1798-1801 in vier Heften (Abbildungen Schlesischer und Glätzischer Gegenden) erschienen. 1800-09 schuf E. rund 520 Radierungen, Aquatintablätter oder Kupferstiche für die Zeitschrift „Breslauer Erzähler". Er war Mitherausgaber der elfbändigen A u s g a b e Der Naturfreund oder Beiträge zur schlesischen Naturgeschichte (1809-24), für die er in insgesamt 572 Radierungen die Tierund Pflanzenwelt seiner Umgebung abbildete. • 3 Leb Schlesien, Bd 7 E n d l e r , Johann Samuel, Kapellmeister, Komponist, * 2 6 . 7 . 1694 O l b e r n h a u / E r z g e b i r g e , t 2 3 . 4 . 1762 Darmstadt. Seine musikalische Ausbildung erhielt E., Sohn eines Organisten und Schulmeisters, vermutlich teilweise in Leipzig, w o er 1716 an der Univ. immatrikuliert wurde. 1721-23 leitete er das zweite von Johann Friedrich - » F a s c h gegründete Collegium Musicum. Durch die Bekanntschaft mit Christoph

—> Graupner k a m er nach Darmstadt, wo er 1723 zunächst Altist und Violinist der Hofkapelle wurde, zum Konzertmeister und Vizekapellmeister aufstieg und nach Graupners Tod 1760 Kapellmeister wurde. E. komponierte u . a . 29 Symphonien, die sich eng an das Schaffen Graupners anlehnen, dabei aber durch ihre thematische Prägnanz und das in ihnen bewiesene handwerkliche Können überzeugen. Auch Parallelen zur Symphonik der frühen „Mannheimer Schule" sind festzustellen. Ein originelles Werk ist E.s Baß-Solokantate Der Raritätenmann (1747), die eine politische Satire enthält. m

MGG

Endlicher,

Stephan (Friedrich Ladislaus), auch István László E., österr. Botaniker, * 2 4 . 6 . 1804 Preßburg, t 2 8 . 3 . 1 8 4 9 Wien. 1823 zum Dr. phil promoviert, wandte sich E., Sohn eines Stadtphysikus, der Theologie zu, gab aber nach E m p f a n g der niederen Weihen die geistliche Laufbahn auf und wurde 1828 Skriptor der Wiener Hofbibliothek, wo er den Katalog der Handschriftensammlung bearbeitete. Z u n e h m e n d mit botanischen Studien beschäftigt, wurde er 1836 Kustos am Hofnaturalienkabinett, erhielt 1839 eine Professur für Botanik an der Univ. Wien und wurde Direktor des Botanischen Gartens sowie des dank seiner Initiative 1844 erbauten Botanischen M u s e u m s . An der Gründung der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien 1847 hatte E. ebenfalls maßgeblichen Anteil. Seit 1833 war E. Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. Unter seinen zahlreichen Arbeiten, die auch die Klassische Philologie, Sinologie, Numismatik und ungarische Rechtsgeschichte betreffen, ragt die Systematik der Pflanzen (Genera piantarmi, 4 Bde. und Suppl., 1836-50) hervor, die sich durch eine vollständige Beschreibung der Gattungs- und Familienmerkmale auszeichnet. 1848 Schloß sich E., ungeachtet seiner engen Kontakte zu Kaiser —> Ferdinand I., der freiheitlichen B e w e g u n g an und war Mitglied des Reichstags von Kremsier, mußte aber nach einer fälschlichen Denunziation als Hochverräter flüchten. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Anonymi Belae regis notarli de gestis Hungarorum (1827), Grundzüge einer neuen Theorie der Pflanzenzeugung (1838) und Grundzüge der Botanik (1843). E. starb durch Selbstmord. ED Öst Natur b)

Endorfer,

Jörg, österr. Geschützgießer, Büchsenmeister, * um 1450, t zwischen 2 8 . 2 . und 16. 10.1508 Innsbruck. Seit 1479 stand E. nachweislich in Diensten des Erzherzogs —>Sigmund, später —»Maximilians I. Als Geschützgießer genoß E. offenkundiges Ansehen und wird mehrfach in Innsbrucker Akten erwähnt. Die von ihm hergestellten Geschütze sind durch sein Siegel, ein Wappenschildchen mit dem Segment eines Zahnrades oder mit einem senkrecht gestellten Geschützrohr gekennzeichnet. DP N D B E n d r e s , Franz Carl, Schriftsteller, Journalist, * 17.12. 1878 M ü n c h e n , t 1 0 . 3 . 1 9 5 4 Muttenz (Kt. BaselLandschaft). E., Sohn des bayerischen Generalstabschefs Carl Ritter von E „ besuchte die Kriegsakademie in München, lehrte in seiner Heimatstadt und später an der Generalstabsschule in Konstantinopel Kriegsgeschichte und nahm als Generalstabschef einer türkischen A r m e e am Ersten Weltkrieg teil. Nach schwerer Malaria dienstuntauglich, wurde er 1916 Mitarbeiter der „Frankfurter Zeitung" und des „Berliner Tageblatts", reiste als Journalist nach Griechenland und in die Niederlande und lebte seit 1926 als freier Schriftsteller in der Schweiz. E. verfaßte zahlreiche Schriften über militär-, kultur- und sozialgeschichtliche Themen, aber auch Reisebeschreibungen, R o m a n e und Novellen. In seinem zunächst

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Endres a n o n y m erschienenen W e r k Die Tragödie Deutschlands [...] (1923, N e u a u f l a g e als Der deutschen Tragödie erster Teil, 1948) vertrat er e i n e k o n s e q u e n t pazifistische Position. m D L L , 20. Jh. E n d r e s , Fritz, G e w e r k s c h a f t e r , Politiker, * 1 5 . 1 0 . 1 8 7 7 Ebenhausen (Unterfranken), t 2 . 5 . 1 9 6 3 München. Z u n ä c h s t K u p f e r s c h m i e d bei den E i s e n b a h n - B e t r i e b s w e r k stätten W ü r z b u r g , w u r d e E. 1911 Sekretär d e s Kartells der f r e i e n G e w e r k s c h a f t e n in W ü r z b u r g . Er g e h ö r t e d e m W ü r z b u r g e r Stadtmagistrat, 1912-18 u n d 1920-33 als M i t g l i e d der S P D d e m B a y e r i s c h e n L a n d t a g an. 1919 in d i e Weimarer Nationalversammlung gewählt, war E. anschließend in der bayerischen R e g i e r u n g —> H o f f m a n n 1919 J u s t i z m i n i ster und 1 9 1 9 / 2 0 I n n e n m i n i s t e r . Bis 1933 f u n g i e r t e E. als S e k r e t ä r d e s L a n d e s a u s s c h u s s e s u n d der L a n d t a g s f r a k t i o n seiner Partei. Von Juni bis O k t o b e r 1933 s o w i e von A u g u s t bis S e p t e m b e r 1944 w a r er H ä f t l i n g des K o n z e n t r a t i o n s l a gers D a c h a u . DD S c h r ö d e r E n d r e s , J o h a n n N e p o m u k , T h e o l o g e , K a n o n i s t , * 1731 W ü r z b u r g (?), t 4 . 5 . 1791. E. studierte in W ü r z b u r g und R o m , b e v o r er z u m D o k t o r der T h e o l o g i e und der R e c h t e p r o m o v i e r t w u r d e . Seit 1760 o. Prof. f ü r K i r c h e n r e c h t in W ü r z b u r g , w u r d e er auch Geistlic h e r Rat u n d K a n o n i k u s a m Kollegiatstift zu H a u g . Er veröff e n t l i c h t e u. a. De diverso juris germanici ad civile romanum et canonicum commune habitu ( 1771 ) und De liberiate ecclesiarum Germaniae concordatis vindicata (1775). E. b e m ü h t e sich in seinen S c h r i f t e n , d i e S e l b s t ä n d i g k e i t der d e u t s c h e n Kirche kritisch zu e r w e i s e n , a u c h g e g e n ü b e r der r ö m i s c h e n Kurie. OD A D B E n d r e s , J o s e p h A n t o n , kath. T h e o l o g e , * 1 2 . 5 . 1863 Untermeitingen, f 1 9 . 1 . 1 9 2 4 Regensburg. E. studierte P h i l o s o p h i e u n d T h e o l o g i e in M ü n c h e n und wirkte e i n i g e Zeit als S e e l s o r g e r in der A u g s b u r g e r Diözese, bis er 1890 als Prof. d e r P h i l o s o p h i e an d a s L y z e u m in R e g e n s b u r g b e r u f e n w u r d e . N e b e n einer g r u n d l e g e n d e n Geschichte der mittelalterlichen Philosophie im christlichen Abendlande (1908) v e r ö f f e n t l i c h t e E. v e r s c h i e d e n e A r b e i t e n über d i e G e i s t e s g e s c h i c h t e des Mittelalters, ü b e r d i e S c h o l a stik, aber a u c h über lokal- und k u n s t g e s c h i c h t l i c h e T h e m e n . E n d r e s , ( T h e o d o r M a r q u a r t ) M a x , F o r s t m a n n , * 3 . 4 . 1860 Großhabersdorf (Mittelfranken), t 9 . 1 1 . 1 9 4 0 München. E., S o h n eines Revierförsters, studierte F o r s t w i s s e n s c h a f ten in A s c h a f f e n b u r g u n d M ü n c h e n , w o er 1884 p r o m o viert w u r d e ( D i e Productionsfactoren in der Waldwirthschaft). D a n a c h als A s s i s t e n t und D o z e n t in M ü n c h e n tätig, w u r d e er 1888 a. o „ 1891 o . P r o f . an der T H K a r l s r u h e und war 1 8 9 5 - 1 9 3 0 Prof. d e r Forstpolitik und Forstlichen B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e an der U n i v . M ü n c h e n , zu d e r e n R e k tor er 1907 g e w ä h l t w u r d e ( R e d e Die Leistungsfähigkeit der Forstwirtschaft). Sein Handbuch der Forstpolitik (1905, 2 1 9 2 2 ) enthält e i n e erste u m f a s s e n d e D a r s t e l l u n g d e r ges a m t e n Forst- und H o l z w i r t s c h a f t s p o l i t i k . A l s ständiges M i t glied d e s R e i c h s f o r s t w i r t s c h a f t s r a t s , l a n g j ä h r i g e r Leiter d e s H o l z h a n d e l s a u s s c h u s s e s und M i t g l i e d weiterer b e d e u t e n d e r forstlicher O r g a n i s a t i o n e n s o w i e als H o c h s c h u l l e h r e r hat E. m a ß g e b l i c h e n E i n f l u ß auf d i e Forstpolitik und -Wissenschaft seiner Z e i t a u s g e ü b t . Zu seinen weiteren V e r ö f f e n t l i c h u n g e n z ä h l e n Waldbenutzung vom 13. bis Ende des 18. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Geschichte der Forstpolitik (1888) und ein Lehrbuch der Waldwertrechnung und Forststatistik (1894, 4 1 9 2 3 ) . OD N D B

Endrikat,

F r e d , Schriftsteller, * 7 . 6 . 1890 N a k e l / N e t z e , t 12.8.1942 München. E. w u c h s in W a n n e - E i c k e l als S o h n eines B e r g m a n n s auf und durchlief eine H a n d w e r k s l e h r e , b e g a n n aber bald, C o u -

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plets u n d S k e t c h e zu schreiben, u . a . f ü r Ciaire —» W a l d o f f und M a r i t a G r ü n d g e n s , und trug G e d i c h t e a u c h selbst vor, u. a. im M ü n c h n e r „ S i m p l " , im „ K a b a r e t t der K o m i k e r " in Berlin und i m H a m b u r g e r „ B r o n z e k e l l e r " . Wegen d e r heiter-spielerischen A r t seiner E p i g r a m m e und M i n i a t u r B a l l a d e n , d i e o f t a l l g e m e i n e S c h w ä c h e n der Zeit parodieren, k o n n t e E. mit s e i n e m E n s e m b l e „Die A r c h e . Kabarett der tödlichen L a n g e w e i l e " a u c h unter d e r nationalsozialistischen H e r r s c h a f t u n b e h e l l i g t durch D e u t s c h l a n d reisen und 1940 u . a . eine Höchst weltliche Sündenfibel. Moralische und „unmoralische" Verse h e r a u s b r i n g e n ( N e u a u s g . 1952 u. ö.). 1953 erschien Sündenfallobst. Verse zum fröhlichen Genießen ( 2 1955). CD Killy

Endrulat,

B e r n h a r d ( F e r d i n a n d Julius), S c h u l m a n n , Schriftsteller, Journalist, * 2 4 . 8 . 1 8 2 8 Berlin, t 1 7 . 2 . 1 8 8 6 Posen. E. studierte seit 1848 in Berlin P h i l o s o p h i e u n d P h i l o l o gie, brach d a s S t u d i u m j e d o c h w e g e n h ä u s l i c h e r Verhältnisse ab. I m S c h l e s w i g - H o l s t e i n i s c h e n Krieg 1849 n a h m er auf preuß. Seite teil, desertierte und w u r d e H a u s l e h r e r in Holstein. 1854-64 war er L e h r e r f ü r d e u t s c h e Literatur und G e schichte in H a m b u r g . 1858 w u r d e E. an der U n i v . J e n a z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t . 1864 berief ihn H e r z o g —»Friedrich von S c h l e s w i g - H o l s t e i n - A u g u s t e n b u r g z u m Leiter des Press e b ü r o s nach Kiel. Seit 1866 w i e d e r L e h r e r und Schriftsteller in H a m b u r g , ü b e r n a h m E. 1868 d i e R e d a k t i o n der „Itzehoer N a c h r i c h t e n " und w a r 1873-76 R e d a k t e u r u n d Mitarbeiter v e r s c h i e d e n e r Z e i t u n g e n in S t r a ß b u r g . 1876 trat er in D ü s s e l d o r f in den S t a a t s a r c h i v d i e n s t ein; 1882 w u r d e er Kgl. Staatsarchivar in Wetzlar und 1885 Leiter d e s Archivs in P o s e n . E. g r ü n d e t e d i e „ H i s t o r i s c h e G e s e l l s c h a f t f ü r d i e P r o v i n z P o s e n " . A l s Schriftsteller ist E. d u r c h freiheitliche und patriotische G e d i c h t e hervorgetreten. Z u seinen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n g e h ö r e n Gedichte ( 1857), Von einem verlorenen Sohn. Ein Buch der Erinnerung an SchleswigHolstein ( 1 8 5 7 ) und Geschichten und Gestalten. Erzählende Dichtungen (1863). DO D S L

E n d s t o r f e r , A n t o n , österr. B i l d h a u e r , * 1 5 . 7 . 1880 L i e s i n g (Niederösterreich), t 2 . 9 . 1961 Wien. D a i h m w e g e n m a n g e l n d e r G e l d m i t t e l d e r B e s u c h der K u n s t a k a d e m i e v e r w e h r t blieb, n a h m E. Unterricht bei verschied e n e n B i l d h a u e r n und w a r 1900-13 M i t a r b e i t e r von Carl —»Wollek. 1915 erhielt er den Kaiser-Preis und w u r d e M i t glied d e s W i e n e r K ü n s t l e r h a u s e s . Nach d e m „ A n s c h l u ß " belegten ihn die Nationalsozialisten mit B e r u f s v e r b o t , d a er mit einer J ü d i n verheiratet war, u n d w u r d e Hilfsarbeiter im Atelier G r i e n a u e r . N a c h d e m Krieg w a r er bis 1957 als freier B i l d h a u e r tätig. E. schuf u. a. B r u n n e n p l a s t i k e n und W e r k e f ü r d e n städtischen W o h n h a u s b a u . CD A K L

Endt,

H e r m a n n v o m , Architekt, * 1 8 . 7 . 1861 D ü s s e l d o r f , t 2 7 . 9 . 1 9 3 9 Düsseldorf. N a c h d e m A r c h i t e k t u r s t u d i u m an der kgl. K u n s t a k a d e m i e in D ü s s e l d o r f war E., S o h n eines K a u f m a n n s , u. a. bei der Arc h i t e k t e n f i r m a B o l d t & F r i n g s tätig, später Mitarbeiter von B r u n o —»Schmitz in L e i p z i g u n d Berlin. Seit 1886 lebte er als s e l b s t ä n d i g e r A r c h i t e k t in D ü s s e l d o r f , w o er in d e n folg e n d e n J a h r e n den W e t t b e w e r b f ü r d i e T o n h a l l e g e w a n n und a u c h in den städtebaulichen W e t t b e w e r b e n f u r G r o ß - D ü s s e l dorf und G r o ß - Z ü r i c h p r ä m i e r t w u r d e . N a c h E.s P l ä n e n w u r den in D ü s s e l d o r f d a s A p o l l o - T h e a t e r , d a s G e b ä u d e der H a n d e l s k a m m e r , das L a n d e s h a u s ( f ü r d i e P r o v i n z i a l - V e r w a l t u n g d e r R h e i n p r o v i n z ) u n d m e h r e r e B a n k g e b ä u d e errichtet und d a s S t ä n d e h a u s u m g e b a u t . E. w a r M i t g l i e d v e r s c h i e d e n e r F a c h v e r e i n i g u n g e n u n d G r ü n d e r d e s B u n d e s D e u t s c h e r Architekten ( B D A ) .

Enge E n d t e r , Georg, Drucker, Buchhändler, * 7.3. 1562, t 9.12.1630. E. kann als „Stammvater" einer bedeutenden Familie von Buchdruckern und -händlern in Nürnberg angesehen werden. Sein Vater Michael E. war Buchbinder in Nürnberg. E. ließ nachweislich 1595 einen geistlichen Traktat in Amberg drucken, der fälschlich die Stadt Nürnberg als Druckort im Impressum führt. 1602 konnte er von Katharina Dietrich, der Witwe des Buchdruckers Alexander Dietrich, dessen Werkstätte erwerben. 1620 übergab E. diese Druckerei seinem zweiten Sohn Wolfgang —> E. d. Ä. bei dessen Heirat; er selbst behielt seine neueingerichtete Offizin. DD MGG E n d t e r , Johann Andreas, Drucker, Buchhändler, * 9.4.1625 Nürnberg, t 18.8. 1670 Nürnberg. Der Sohn Wolfgang —»E.s d. Ä. durchlief eine Lehre in Holland bei der Druckerfamilie Elsevier und erwarb mit seinem Bruder Wolfgang —> E. d. J. die Dümlersche Druckerei in Nürnberg mit den Niederlassungen in Leipzig und Frankfurt/Main. E n d t e r , Michael, Drucker, Verleger, * 13.7. 1613 Nürnberg, t 15.4.1682 Regensburg. E. stammte aus einer der wichtigsten Nürnberger Familien von Musikdruckern und -Verlegern und war ein Enkel von Georg —»E. Mit seinem Bruder Johann Friedrich E. ist er ab 1661 mit eigenen Drucken nachweisbar. Er verlegte u.a. Werke von Johann —» Kindermann, Sigmund —»Staden, Georg Arnold und Samuel -»Capricornus. Nach E.s Tod führten seine Söhne das Unternehmen und erweiterten das Programm auch um Schriften ohne musikalischen Bezug. m MGG E n d t e r , Wolfgang d.Ä., Buchhändler, Drucker, * 5.7.1593 Nürnberg, f 17.5. 1659 Nürnberg. Nach einer Lehrzeit als Buchdrucker und Buchhändler im Ausland übernahm E. 1612 die Druckerei seines Vaters Georg —>E., die er ungeachtet der durch den Dreißigjährigen Krieg erschwerten äußeren Umstände bald zu einem bedeutenden Unternehmen ausbaute. E. holte Schriftgießer nach Nürnberg und richtete in der Folgezeit drei Druckereien mit neuen Pressen ein. 1629 erwarb er die Papiermühle zu Wangen/Allgäu, 1630 die Papiermühle zu Wendelstein bei Nürnberg. Seit 1629 war E. wiederholt mit zahlreichen Titeln auf der Frankfurter Buchmesse vertreten. Er unterhielt weitreichende Handelsbeziehungen bis nach Schweden und überflügelte mit seiner Produktion, die sich vorwiegend auf luth. Gebets- und Andachtsliteratur konzentrierte, teilweise die Leipziger Drucker. 1641 erhielt E. das Privileg für den Druck der Weimarer- oder Kurfürstenbibel, einer der am weitesten verbreiteten protestantischen Bibelausgaben. Auch für die Musikgeschichte hat E.s Verlag durch eine Reihe von Gesangbüchern Bedeutung erlangt. Er war der Vater von Wolfgang und Johann Andreas -> E. CD MGG E n d t e r , Wolfgang d.J., Drucker, Buchhändler, * 13.2. 1622 Nürnberg, t 21.12.1655 Nürnberg. E., Sohn von Wolfgang —>E. d.Ä. und Bruder von Johann Andreas —»E., durchlief eine Buchdrucker- und Buchhändlerlehre im väterlichen Geschäft. Im Auftrag seines Vaters bereiste er Schweden, Livland und Preußen. 1652 erwarb er mit seinen Brüdern die Druckerei von Jeremias Dümler in Nürnberg und die dazu gehörenden Niederlassungen in Leipzig und Frankfurt. • • MGG E n d t e r , Wolfgang Moritz, Drucker, Verleger, * 1.3. 1653 Nürnberg, t 28.2. 1723 Nürnberg. Der aus einer der wichtigsten Nürnberger Familien von Musikdruckern und -Verlegern stammende E. war ein Urenkel von Georg —»E. und Sohn von Wolfgang - > E . d.J. Er besaß

eine Papiermühle zu Wendelstein und war seit 1674 am Familienunternehmen beteiligt, das E. seit 1680 mit den Nachkommen seines Onkels Johann Andreas - » E . führte, von denen er sich aber 1684 trennte. Anschließend war E. mehr im Buchhandel als im Druckgewerbe aktiv und verkaufte die Offizin 1699 an J. E. Adelbulner. E. arbeitete eng mit dem Organisten Georg Caspar —» Wecker zusammen und erreichte dadurch eine Optimierung des Notendrucks. Er verlegte Werke Weckers, Philipp Heinrich —» Erlebachs und Georg —»Falcks. E. war mit Susanne Maria von —»Sandrart verheiratet. CD MGG E n e n , Johannes, eigentl. Johannes Sculteti, Schultheiß, Weihbischof von Trier, * um 1480 Enen (Luxemburg), t 31.7. 1519 Trier. E. studierte in Trier, wurde 1498 Magister artium und war 1502 Dekan der Artistenfakultät, 1512 Rektor und Domprediger. Nach seiner Promotion zum Dr. theol. wurde er 1517 zum Titularbischof geweiht und war bis zu seinem frühen Tod Weihbischof unter Erzbischof Richard von —> Greiffenclau und Dekan der Theologischen Fakultät. E. veröffentlichte Medulla gestorum Treverensium (1514, neu hrsg. von J. A. Schmitz, 1845), eine kurzgefaßte Geschichte der Stadt Trier und ihrer Kirchen, erstmals in deutscher Sprache. t r i Gatz 2 E n e n g l , Josef, österr. Schriftsteller, * 4 . 9 . 1 9 2 6 Kallham (Oberösterreich), f 12.4. 1993 Wien. E.s Interesse galt schon früh den Werken der bildenden Kunst, mit Alfred —» Kubin, Fritz —»Wotruba, Emilio Vedova und Karl Anton Wolf verband ihn langjährige Freundschaft. Nach Lyrik-Publikationen in den Zeitschriften „Merkur" und „Neue deutsche Hefte" folgte 1957 die erste Buchveröffentlichung Der Vogel Simurg. Das poetische Credo E.s, der dem Surrealismus nahestand, ist u.a. in dem 1987 erschienenen Band Am Ursprung der Atmung dargelegt, der Texte aus mehr als 30 Jahren vereinigt. CD Killy E n e n k e l , Job Hartmann von, auch Enikel, österr. Historiker, Genealoge, * 14.9.1576 Heinrichschlag (Niederösterreich), t 9.2. 1627 Wien. Der aus einem alten niederösterreichischen Adelsgeschlecht stammende E. begann 1592 das Studium der Rechte und der Geschichte in Jena, wechselte 1596 nach Padua und später nach Siena. Seit 1601 lebte er im Schlößchen Leobenbach ob der Enns und bekleidete verschiedene Ämter in der Landesverwaltung. Um 1606 wurde er Landrat; 1610-13 war er Schulinspektor, danach Kämmerer, Kaiserlicher Rat und Regent der niederösterreichischen Stände in Wien. Er schrieb historische und religiöse Werke und die Colletana genealogica (3 Bände, 1602-27). Außerdem fertigte er Abschriften bedeutender Geschichtswerke wie das Fürstenbuch seines Vorfahren ->Jans Enikel und die Chronik des Thomas —> Ebendorfer, die nur in E.s Abschrift überliefert ist. OD Killy E n g e , Johannes Reinhard, Psychiater, * 27.7.1877 Görlitz, t 15.11.1966 Lübeck. E., Sohn eines Oberlehrers, studierte Medizin in Leipzig und wurde 1902 mit der Dissertation Über die Dauer der menschlichen Schwangerschaft promoviert. Er arbeitete danach an der Nervenklinik in Dresden, wo er eine neurologisch-psychiatrische Ausbildung erhielt. 1903 übernahm er die Stelle des 2. Assistenzarztes der Staatsirrenanstalt in Lübeck und wurde 1904 dort erster und einziger Assistenzarzt unter Oscar —> Wattenberg. 1924 übernahm er als erster Oberarzt die Leitung der Heilanstalt Strecknitz und wurde 1928 zu ihrem Direktor ernannt. Zur Entwicklung der Lübecker Psychiatrie trug E. durch eine Einrichtung der offenen Fürsorge und einer Irrenpflegeschule bei. Nach der

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Engel Auflösung der Anstalt und ihrer Umwandlung in ein Lazarett im Herbst 1941 wurde E., Befürworter des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses und zugleich Kritiker der Diskriminierung psychisch Kranker, zum 1.6.1942 in den Ruhestand versetzt. Er eröffnete in Lübeck eine kleine Privatpraxis, die er bis Mitte der fünfziger Jahre betrieb. Zu seinen Publikationen, vor allem auf dem Gebiet der Sozialpsychiatrie, gehören ein Ratgeber für Angehörige von Geisteskranken (1916, 2 1924) und Soziale Psychiatrie (1919). E n g e l , Alexander, Pseud. Alfred Cavoret, Paul Mira, Germain d'Ange, Schriftsteller, * 10.4.1868 Turocz-Neczpál (Slowakei), t 17. 11.1940 Wien. Früh schriftstellerisch tätig, veröffentlichte E. bereits im Alter von 17 Jahren Feuilletons im „Wiener Tagblatt", arbeitete später in der Redaktion dieser Zeitung und war bis 1897 Herausgeber der „Österreichischen Feuilleton-Korrespondenz". Mit dem Theaterstück Das liebe Geld errang er 1895 am Wiener Raimund-Theater seinen ersten großen Erfolg und gehörte bald zu den meistgespielten Wiener Lustspielautoren. Seine Stücke, die sich durch Esprit und Situationskomik auszeichnen, fanden auch Eingang in das Repertoire der großen Bühnen; das Lustspiel Der ewige Jüngling (1925) wurde am Wiener Burgtheater mehrfach aufgeführt. Mit Alfred —>Grünwald verfaßte E. das 1929 am Wiener Akademietheater mit großem Erfolg uraufgeführte Stück Die Prinzessin und der Eintänzer; daneben schrieb er Romane, Novellen und Aphorismen (u. a. die Satire auf Bürokratie und Nepotismus Protektion, 1904). CD Lex dt-jüd Autoren E n g e l , Andreas, auch A. Angelus, luth. Theologe, * 16. 11. 1561 Strausberg (Mittelmark), t 9. 8.1598 Strausberg. E. studierte seit 1573 in Frankfurt/Oder und wurde 1582 Konrektor, 1584 Rektor in Strausberg. 1586 war er Konrektor in Brandenburg-Neustadt, lebte in Holstein und war 1591/92 am Grauen Kloster in Berlin tätig, bis er als Pfarrer und Superintendent in seine Heimatstadt zurückkehrte, wo er 1598 der Pest erlag. Bedeutung erlangte E. insbesondere durch seine in deutscher Sprache abgefaßten Annales Marchiae Brandenburgicae (1598), die die Geschichte Brandenburgs vom Jahr 416 n. Chr. bis 1596 behandeln und sich durch ihre Ausstattung mit Holzschnitten, einer Landkarte und Stammtafeln, besonders aber durch die Einarbeitung von Zeitereignissen und später verlorengegangener Quellenwerke auszeichnen. DD NDB E n g e l , Carl (Wilhelm Jakob) auch Karl E., genannt Engel von der Rabenau, Maler, * 28. 10. 1817 Londorf bei Gießen, t 31.3. 1870 Rödelheim (heute zu Frankfurt/ Main). E. war Schüler der Kunstakademie in Düsseldorf und ging 1836 nach München, wo er u. a. von Wilhelm von —> Kaulbach und Peter von —> Cornelius gefördert wurde und durch seine Biirgermädchen bei Bier und Rettig im englischen Garten bekannt wurde. 1840 zog er nach Frankfurt und ließ sich schließlich im nahen Rödelheim nieder, wo er mit dem Bildhauer und Maler Johann Baptist —> Scholl ein gemeinsames Atelier einrichtete. Aus der Zusammenarbeit mit Scholl entstanden Die sinnliche Liebe und Die ideale Liebe, die auf der Pariser Kunst- und Industrieausstellung 1854 Aufsehen erregten. Zunehmend wandte sich E. jedoch der Genremalerei zu und schuf Bilder nach Szenen des hessischen Volkslebens, die im Stahlstich und in Lithographie Verbreitung fanden. CD AKL E n g e l , Carl, Musikwissenschaftler, * 21.7. 1883 Paris, t 6.5. 1944 New York. E. studierte an den Universitäten Straßburg und München, wo er Kompositionsschüler von Ludwig —»Thuille war.

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1905 ging er in die USA und arbeitete 1909-21 im Verlag Boston Music Company. 1922-34 war er Leiter, danach ehrenhalber Beirat der Musikabteilung der Library of Congress, 1929-32 und seit 1934 Präsident des Musikverlags G. Schirmer in New York. 1929 wurde er Schriftführer von „The Musical Quarterly" und war 1934 Mitgründer der American Musicological Society. E. vertrat 1927 Amerika auf der Beethoven-Zentenarfeier in Wien. Er war Präsident der American Musicological Society, Ehrenmitglied der Harvard Music Association, Mitglied der American Academy of Arts and Letters sowie Ritter der französischen Ehrenlegion. Er veröffentlichte u. a. Alla breve, from Bach to Debussy ( 1921, 1970) und Discords mingled (1931). CP MGG E n g e l , Carl (Friedrich), Prähistoriker, * 2. 10. 1895 Magdeburg, t 21.1.1947 Lager Fünfeichen. Der Sohn eines Kaufmanns begann 1913 in München ein Studium der Naturwissenschaften, nahm am Ersten Weltkrieg teil und war 1919-27 als Buchhändler in Magdeburg tätig. Seit 1925 ehrenamtlicher Mitarbeiter, seit 1927 wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Magdeburger Heimatmuseum, wurde E. 1928 mit der Dissertation Die jungsteinzeitlichen Kulturen des Mittelelbegebiets (Teildruck 1933) an der Univ. Tübingen promoviert. 1929 ging er als Assistent an das Prussia-Museum nach Königsberg und beteiligte sich an zahlreichen Grabungen in Ostpreußen, über die er in für die Vor- und Frühgeschichte Preußens maßgeblichen Publikationen berichtete (u. a. Vorgeschichte der altpreußischen Stämme, 1935; Kulturen und Völker der Frühzeit im Preußenlande, 2 Tie., 1936/37, mit Wolfgang —>La Baume). Seit 1934 Dozent, seit 1935 a. o.Prof. für Vorgeschichte an der Univ. Riga, wurde er dort 1937 zum o. Prof. ernannt und ging 1939 an die Univ. Greifswald. 1942 wurde E. deren Rektor, als der er, Mitglied der NSDAP und 1941 /42 Mitarbeiter für Früh- und Vorgeschichte am Reichskommissariat Ostland, 1945 mitverantwortlich war für die kampflose Übergabe der Stadt. Später wurde er von der sowjetischen Besatzungsmacht interniert. Als grundlegend für die baltische Vorgeschichtsforschung gilt der von E. herausgegebene Band Ostbaltische Frühzeit (1939). 1962 erschien Typen ostpreußischer Hügelgräber (aus dem Nachlaß hrsg. von Rudolf Grenz). c u MBL E n g e l , Eduard, Stillehrer, Literaturhistoriker, Schriftsteller, * 12. 11. 1851 Stolp (Pommern), t 23. 11.1938 Potsdam. Der Sohn eines Kreisgerichtskanzleirats studierte 1870-73 in Berlin und Rostock Sanskrit, Klassische und Romanische Philologie und wurde 1874 zum Dr. phil. promoviert {De pristinae linguae Francicae syntaxi). Daneben war E. seit 1870 Schreiber im preuß. Abgeordnetenhaus und 1871-1919 amtlicher Stenograph im Deutschen Reichstag, dessen Stenographenbüro er 1882-1904 vorstand. Als Mitglied des Prüfungsamtes des Orientalischen Seminars der Univ. Berlin wurde er zum Prof. ernannt. 1879-86 redigierte er das „Magazin für die Literatur des In- und Auslandes" und führte Emile Zola und Alphonse Daudet beim deutschen Publikum ein. Seine Kenntnisse der literarischen Strömungen in Deutschland sind in eine Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart (2 Bde., 1906, 3« 1929) eingegangen. Ein zweiter Schwerpunkt von E.s Wirken lag in seinem Bemühen um einen klaren deutschen Stil ohne Anleihe bei anderen Sprachen (Entwelschung. Verdeutschungswörterbuch für Amt, Schule, Haus, Leben, 1918). Seine Deutsche Stilkunst (1911) erreichte 1931 die 31. Auflage. Im selben Jahr wurde E. zum Ehrenmitglied des Deutschen Sprachvereins ernannt. Nach 1933 erhielt er wegen seiner jüdischen Herkunft Publikationsverbot. 1944 plagiierte Ludwig —» Reiners E.s Stilkunst.

Engel E n g e l , (Maria) Emilie, Ordensfrau, Provinzoberin, Pädagogin, * 6 . 2 . 1893 H u s t e n / D r o l s h a g e n (Sauerland), t 2 0 . 1 1 . 1956 Koblenz-Metternich. Die Tochter eines Landwirts wurde von den Marienschwestern in Vallendar-Schönstatt ausgebildet und machte 1914 in Arnsberg ihr Examen als Lehrerin. Sie unterrichtete dann in Grimlinghausen und in Börning-Sodingen. Seit 1926 Marienschwester in Schönstatt, gehörte sie 1926-50 dem Generalrat an; 1929-35 war sie Novizen- und Terziatsmeisterin und danach Provinzoberin der Westprovinz. Weil E., die an Tuberkulose erkrankt war, sich zeitlebens f ü r sozial benachteiligte Kinder einsetzte, wurde 1999 ein Prozeß zu ihrer Seligsprechung eingeleitet. CD B B K L E n g e l , Erich (Wilhelm), Musiker, Kapellmeister, Musikschriftsteller, * 13. 1. 1888 Wien, t 30. 12.1955. E. studierte an der Univ. Wien und erhielt Privatunterricht in Berlin. 1 9 1 3 / 1 4 war er Solokorrepetitor und nach der Teiln a h m e am Ersten Weltkrieg 1919-25 Kapellmeister, Dramaturg und Vortragsmeister am Deutschen Opernhaus in Berlin. 1923-25 unterrichtete er an der dortigen Hochschule für Musik. 1925-33 war E. musikalischer Studienleiter an der Staatsoper in Dresden, emigrierte 1933 nach Argentinien, w o er bis 1950 u. a. als Direktor der Opernklasse am Teatro Colón in Buenos Aires tätig war. Nach seiner Rückkehr nach Österreich dirigierte er seit 1951 an der Wiener Staatsoper. E. veröffentlichte u. a. Johann Strauß und seine Zeit (1911). Er war mit der Sopranistin und Gesangspädagogin Editha —> Fleischer-Engel verheiratet. DD Ö M L

Engel,

Erich (Otto Gustav), Regisseur, * 1 4 . 2 . 1 8 9 1 Hamburg, t 1 0 . 5 . 1 9 6 6 Berlin. Nach der Schauspielausbildung an der Theaterschule Leopold —>Jessners in Hamburg war E. kurze Zeit als Schauspieler tätig, kam 1918 als Regisseur an die Hamburger Kammerspiele und ging 1921 an das Staatstheater M ü n c h e n . Dort lernte er Bertolt —» Brecht kennen, d e m er dann besonders in Berlin, wo er seit 1924 an verschiedenen Theatern wirkte, den Boden bereitete. In mustergültigen Inszenierungen verhalf E. zahlreichen Werken zur Uraufführung ( u . a . Dreigroschenoper, Theater am Schiffbauerdamm, 1928) und unterstützte Brecht auch bei der Entwicklung der dramaturgischen Prinzipien des epischen Theaters. 1933-45 war E. am Deutschen Theater Berlin engagiert, w o er u . a . hervorragende Shakespeare-Inszenierungen herausbrachte. 1945-47 war er Intendant der M ü n c h n e r Kammerspiele und nahm 1948 die Zusammenarbeit mit Brecht und dessen Berliner Ensemble wieder auf. Seit 1932 arbeitete E. auch als Filmregisseur, u . a . Der Maulkorb (1938) und Die Affäre Blum (1948). OD Cinegraph E n g e l , (Christian Lorenz) Ernst, Statistiker, * 2 6 . 3 . 1821 Dresden, t 8. 12. 1896 Radebeul bei Dresden. E., Sohn eines Weinhandlungskellermeisters, studierte Bergund Hüttenwesen und arbeitete seit 1848 in der K o m m i s sion zur Untersuchung der Gewerbe- und Arbeitsverhältnisse im Königreich Sachsen. Mit seiner Berufung an die Spitze des neugegründeten Statistischen Bureaus im sächsischen Innenministerium wandte er sich der Statistik zu und wurde 1853 an der Univ. Tübingen promoviert. 1860 wurde E. Direktor des preuß. Statistischen Bureaus und gründete die „Preußische Statistische Zentralkomission", um bei statistischen Erhebungen eine Zusammenarbeit der gesamten Staatsverwaltung zu erreichen. E., der zu den bedeutenden Organisatoren und R e f o r m e r n der Statistik gehörte, sah in der methodischen Massenbeobachtung die Grundlage der statistischen Arbeit, die das gesamte gesellschaftliche und staatliche Leben umfassen sollte. Er war Mitglied zahlreicher nationaler und internationaler statistischer Gremien und gehörte 1867-70 als National liberaler d e m preuß. Abgeordnetenhaus an. Nach E. ist das Engeische Gesetz benannt,

d e m z u f o l g e bei wachsendem Wohlstand einer Familie die Ausgaben für die Ernährung prozentual sinken. Er veröffentlichte u. a. Die Branntweinbrennerei in ihren Beziehungen zur Landwirtschaft, zur Steuer und zum öffentlichen Wohl (1853), Die Baumwollen-Spinnerei im Königreich Sachsen seit Anfang dieses Jahrhunderts bis auf die neueste Zeit (1856), Zur Statistik der Dampfkessel und Dampfmaschinen in allen Ländern der Erde (1874) und Das Zeitalter des Dampfes in technisch-statistischer Beleuchtung (1880, 2 1881). Zu den von E. gegründeten und herausgegebenen Zeitschriften gehören das „Jahrbuch für Statistik und Staatswirthschaft des Königreichs Sachsen" (1853 ff.), die „Zeitschrift des Königlich Sächsischen Statistischen Bureaus" (1855 ff.), „Preussische Statistik" (1861 ff.) und die „Zeitschrift des Königlich Preussischen Statistischen Bureaus" (1861 ff.). m NDB E n g e l , Ernst, Schriftkünstler, Drucker, * 13.12. 1879 Kassel, t 17.7. 1967 Bad König. Nach dem Abbruch des Studiums zum Buchdrucker ausgebildet, übernahm E. 1905 die Leitung der Hausdruckerei der Schriftgießerei der Gebrüder Klingspor in Offenbach. Er arbeitete mit den wichtigsten Vertretern der „Offenbacher Schule" zusammen, u.a. mit Peter —> Behrens, Fritz Helmuth —>Ehmcke, Otto —> Eckmann, Heinrich —> Vogeler und Rudolph Koch. Dank der Unterstützung Samuel Guggenheims konnte E. 1919 eine Handpresse erwerben und eine eigene Werkstatt einrichten. 1921 entstanden die ersten Handpressendrucke, u. a. —> Goethes Vier Jahreszeiten. E. schuf auch eigene Typen. CD A K L E n g e l , (Martin Georg) Franz, Tropenmediziner, * 18.2. 1850 Hamburg, t 14.3. 1931 BerlinCharlottenburg. Das Medizinstudium in Heidelberg, Leipzig, Berlin und Straßburg Schloß E., Sohn eines Schneidermeisters, 1876 mit dem Staatsexamen ab, arbeitete kurze Zeit als praktischer Arzt und ging 1879 nach Kairo, w o er 1880 Inspektionsarzt des Schwefelbades Heluan wurde. 1884 von der britischen Kolonialherrschaft der neueingerichteten Sanitätsdirektion zugeteilt, ordnete er die ägyptische Sanitätsstatistik von Grund auf neu und veröffentlichte Untersuchungen zu verschiedenen Infektionskrankheiten und zum ägyptischen Klima. 1893 wurde E. in Straßburg promoviert (Die Influenza-Epidemie in Egypten im Winter 1889/90 nach gesammelten ärztlichen Berichten). Sein Hauptinteresse galt bald der Erforschung der Lepra. E. veranlaßte eine offizielle Zählung der Leprakranken und richtete eine private Poliklinik f ü r sie ein. Auf sein Betreiben hin gelang es den Chemikern der Elberfelder Farbwerke H o f f m a n n und Taub, den Äthylester des Chaulmoograöls als reines Präparat zu gewinnen, der als „Antileprol" fortan in der Lepratherapie Verwendung fand und die Heilbarkeit der Krankheit bewies. E. veröffentlichte u . a . Sinnen- und Seelenleben des Menschen unter Tropen (1874) und Das Winterklima Egyptens für Àrzte und Patienten (1903). Er war der Vater von Hans - > E . m NDB

Engel,

(Johann Daniel) Friedrich, Architekt, * 2 0 . 9 . 1 8 2 1 Danzig, t 13.5. 1890 Berlin. Nach seiner Ausbildung ließ sich E., Sohn eines Lotsenkommandeurs, 1846 in W r i e z e n / O d e r als Baumeister nieder. Aus der Beschäftigung mit Albrecht Daniel —>Thaers Schriften entstanden E.s Hauptwerke Der Kalk-Sand-Pisébau (Kalksandstampfbau, 1851) und das Handbuch des landwirtschaftlichen Bauwesens (1852; " 1 9 2 3 , bearb. von L u d w i g —>Noack). 1857 wurde E. Dozent an der landwirtschaftlichen A k a d e m i e in Proskau (Oberschlesien), wo nach seinen Plänen einige Bauten für die A k a d e m i e und mehrere Wohn- und Wirtschaftsgebäude für Gutsbetriebe entstanden. Seit 1881 lebte er in Berlin. CD N D B

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Engel Engel, Friedrich, Mathematiker, * 26.12. 1861 Lugau bei Chemnitz, t 2 9 . 9 . 1 9 4 1 Gießen. Nach dem Mathematikstudium in Leipzig und Berlin (1879-83, Promotion bei Adolph —> Mayer) wurde E., Sohn eines Pfarrers, 1884 Schüler von Sophus Lie in Christiania, kehrte 1886 mit ihm nach Leipzig zurück, habilitierte sich mit der Arbeit Ueber die Definitionsgleichungen der continuirlichen Transformationsgruppe und war seit 1899 ordentlicher Honorarprofessor (1890 Antrittsvorlesung Der Geschmack in der neueren Mathematik). 1904 erhielt er einen Ruf als o.Prof. nach Greifswald und 1913 nach Gießen, wo er bis zu seinem Tod wirkte. E.s entscheidender Mithilfe ist die Veröffentlichung von Lies dreibändiger Theorie der Transformationsgruppen (1888-90) zu verdanken. Nach dem Tod seines Lehrers gab er dessen Gesammelte Abhandlungen in sechs Bänden heraus (1922-37) und schrieb als eigenes Werk zusammen mit Karl Faber Die Lie'sehe Theorie der partiellen Differentialgleichungen 1. Ordnung (1932). Weitere Arbeiten E.s beschäftigen sich u. a. mit dem Pfaffschen Problem, der Flächentheorie und der Geschichte der nichteuklidischen Geometrie. E. war Mitglied mehrerer in- und ausländischer Akademien. CD N D B

Engel, Fritz, Redakteur, Schriftsteller, * 16.2.1867 Breslau, t 3 . 2 . 1 9 3 5 Berlin. E. studierte Literatur in München und Berlin, wo er 1890 Redakteur und Theaterkritiker des „Berliner Tageblatts" wurde. Daneben war er Vorsitzender der Kleist-Stiftung, die er 1911 mit Richard -> Dehmel begründet hatte, und Mitglied zahlreicher Vereinigungen (u.a. des Vereins Berliner Presse, des Goethebundes und der Kleist-Gesellschaft und SchillerStiftung). E. arbeitete regelmäßig an der „Central VereinsZeitung" und der „Jüdisch-liberalen Zeitung" mit. Für die Sammlung „Schneiders Bühnenführer" bearbeitete er u. a. die Bände über Shakespeare, Shaw und Wilde. Als Schriftsteller trat E. mit einer Reihe von Novellen, Lustspielen und Gedichtsammlungen hervor, u. a. mit Und draußen ist Krieg! (1915) und Wir sind jung! (1916). CD Lex dt-jüd Autoren

Engel, Georg (Julius Leopold), Pseud. Johannes Jörgensen, Schriftsteller, Redakteur, * 2 9 . 1 0 . 1 8 6 6 Greifswald, t 19. 10. 1931 Berlin. Der Sohn eines Großhandelskaufmanns und Schiffsreeders studierte seit 1888 in Berlin Philosophie, Germanistik und Geschichte und wurde 1890 Kunst- und Theaterkritiker beim „Berliner Tageblatt". Seit 1891 war er als freier Schriftsteller tätig. In seinen naturalistischen Dramen (u. a. Hadasa, 1895) und Erzählungen sind Einflüsse von Gustav —>Freytag und Julian —» Schmidt spürbar. Die Themen entstammen häufig dem Dorf- und Fischerleben der pommerschen Küste, wie etwa in dem Roman Claus Störtebecker (2 Bde., 1920). E. war Gründer und Präsident der Notgemeinschaft des deutschen Schriftums, Präsident des Reichsverbandes des deutschen Schrifttums, seit 1921 Erster Vorsitzender des Verbandes deutscher Erzähler sowie Mitglied des Vereins Berliner Presse und der Literarischen Gesellschaft. CD Lex dt-jüd Autoren

Engel, Gustav Eduard, Gesangspädagoge, Musikschriftsteller, * 29. 10. 1823 Königsberg, t 19.7. 1895 Berlin. Neben dem Philologiestudium in Berlin hörte E. Vorlesungen bei Adolph Bernhard —»Marx, wirkte in der Singakademie und im Domchor mit und wandte sich nach einem Probejahr als Gymnasiallehrer ganz der Musik zu. Seit 1853 arbeitete er als Musikkritiker für die „Spenersche Zeitung", seit 1861 für die „Vossische Zeitung". 1862 erhielt E. eine Anstellung als Gesanglehrer an Theodor —»Kullaks Neuer Akademie der Tonkunst, 1874 eine Professur für Gesang an der Hochschule für Musik in Berlin. Zu seinen Schülern

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zählte die Sängerin Therese - » Malten. Als Musikschriftsteller beschäftigte er sich auch theoretisch mit der Gesangslehre sowie mit allgemeinen ästhetischen und philosophischen Fragen; er veröffentlichte u. a. eine auf den Helmholtzschen Theorien fußende Ästhetik der Tonkunst (1884). Zu seinen von —» Hegel beeinflußten philosophischen Schriften zählen Die dialektische Methode und die mathematische Naturanschauung ( 1865), Sein und Denken ( 1889) und Entwurf einer ontologischen Begründung des Sein-Sollenden (1891). m MGG

Engel, Hans, Musikwissenschaftler, * 2 0 . 1 2 . 1 8 9 4 Kairo, t 15.5. 1970 Marburg. Der Sohn des Tropenarztes Franz —> E. studierte an der Akademie der Tonkunst in München Klavier, Orgel und Komposition, bei Hugo —»Röhr Dirigieren sowie an der Univ. bei Adolf —»Sandberger Musikwissenschaft und wurde mit der Arbeit Die Entwicklung des deutschen Klavierkonzertes von Mozart bis Liszt in Leipzig promoviert. Nach kurzer Tätigkeit als Theaterkapellmeister habilitierte er sich 1925 in Greifswald mit einer Arbeit über Luca Marenzio, wirkte als Privatdozent, später als a . o . P r o f . , ging 1936 in gleicher Funktion nach Königsberg wo er 1944 o.Prof. wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg folgte E. einem Ruf als Ordinarius für Musikwissenschaft nach Marburg. In seinen Schriften und Musikeditionen beschäftigte sich E. mit dem Madrigal des 16. Jh. ebenso wie mit der Geschichte des Instrumentalkonzerts und speziell der Musik der Wiener Klassik. Mehrfach arbeitete er über die Musikgeschichte Pommerns und Ostpreußens. Zu seinen Werken zählen Das Instrumentalkonzert (1932, Neuausgabe 1971) und Musik und Gesellschaft. Bausteine zu einer Musiksoziologie (1960). E. gründete die Zeitschrift „Musik in Pommern" und war seit 1949 Mitherausgeber der Zeitschrift „Die Musikforschung". CD M G G

Engel, Heinrich, evang. Theologe, Journalist, * 15.12. 1834 Holzheim bei Gießen, t 6 . 9 . 1 9 1 1 Berlin. Der Bauernsohn besuchte nach dem Theologiestudium das Predigerseminar in Friedberg (Hessen) und wurde Diakonus in Erbach (Odenwald), 1864 Pastor in Gelnhaar (Oberhessen). Er gründete den „Hessischen Volksfreund", dessen packender, volkstümlicher Stil die Herausgeber des „Reichsboten" 1873 dazu bewog, E. die Schriftleitung des neuen Blattes zu übertragen. E. sah seine Aufgabe hier vor allem in der Förderung evangelisch-christlichen Volkslebens in allen seinen Erscheinungen. Aus seiner konservativen Grundeinstellung resultierte eine scharfe Opposition zur damaligen Sozialdemokratie, aber auch zum kirchlich-theologischen Liberalismus. Während E.s insgesamt achtundreißigjähriger Leitung wurde der „Reichsbote" zum führenden Organ im konservativen Mittelstand und in frommen Pastorenkreisen. CD N D B

Engel, Jakob, auch Jacomo Angelin, Angelini, Architekt, * 15.9. 1632 San Vittore (Misox, Kt. Graubünden), t 30. 11.1714 Eichstätt. E.s Lehr- und Wanderzeit liegt im dunkeln. Um 1670 wurde er zum fürstbischöflichen Baumeister nach Eichstätt berufen, das 1634 zerstört worden war und dessen Wiederaufbau zur barocken Residenzstadt E. nun maßgeblich leitete. Seine städtebauliche Leistung verdient besondere Beachtung. Die Fassaden seiner Bürgerhäuser und Domherrnhöfe gaben dem Leonrodplatz, der Residenzstraße, der Großen und Kleinen Marktgasse ein schlichtes, vornehmes Gepräge. Die Details der Fensterumrahmungen folgen dabei dem Vorbild von Elias —»Holl. Die Gestaltung der Erker, die breiten Proportionen und das flache Relief der Bauten entsprechen dem süddeutschen und schwäbischen Baustil. Außerhalb

Engel Eichstätts finden sich weitere b e d e u t e n d e B a u t e n E.s in G r a d i n g ( S c h l o ß und R a t h a u s ) und in A r l e s h e i m bei B a s e l ( D o m und D o m p l a t z ) . c o NDB E n g e l , J a k o b Karl, a u c h Josef Karl E., T h e a t e r d i r e k t o r , * 4 . 3 . 1 8 2 1 P e s t ( h e u t e zu B u d a p e s t ) , t 2 8 . 6 . 1888 Berlin. S e i n e m u s i k a l i s c h e A u s b i l d u n g erhielt E. z u n ä c h s t in B u d a pest; er studierte d a n n a m W i e n e r K o n s e r v a t o r i u m bei Joseph —> B ö h m Violine und trat bereits im Alter von 13 J a h r e n ö f f e n t l i c h als G e i g e r auf. In der F o l g e z e i t wirkte er als K o n zertmeister in B u d a p e s t , W i e n und St. Petersburg. 1851 g i n g er an die K r o l l - O p e r n a c h Berlin, d e r e n Leiter und I n h a ber er nach der Heirat mit A u g u s t e Kroll, der T o c h t e r des B e g r ü n d e r s Josef Kroll, w u r d e . E.s K o n z e r t e i m prachtvollen G a r t e n d e s E t a b l i s s e m e n t s erfreuten sich in Berlin g r o ß e r Beliebtheit. E. k o m p o n i e r t e a u c h U n t e r h a l t u n g s m u sik. CD K o s c h : T h e a t e r

leitete er mit Karl W i l h e l m —> R a m l e r das B e r l i n e r N a t i o naltheater. E. w a r einer der f ü h r e n d e n Vertreter der Berliner A u f k l ä r u n g . In seinen T h e a t e r s t ü c k e n und Libretti (u. a. der k o m i s c h e n O p e r Die Apotheke, 1772, zu d e m Christian G o t t l o b —>Necfe die M u s i k schrieb) ist d a s Vorbild G o t t hold E p h r a i m —» L e s s i n g s und Christian Felix W e i ß e s zu e r k e n n e n . A u ß e r d e m v e r f a ß t e E. zahlreiche moralisierende, p o p u l a r p h i l o s o p h i s c h e , ästhetische u n d kritische S c h r i f t e n , u. a. Anfangsgründe einer Theorie der Dichtungsarten, aus teutschen Mustern entwickelt (1783). M i t seinen Ideen zu einer Mimik (2 Bde., 1 7 8 5 / 8 6 ) w u r d e E. ein Vorläufer d e r m o d e r n e n A u s d r u c k s p s y c h o l o g i e . Teile seines vielbeachteten Z e i t r o m a n s Herr Lorenz Stark (1801) erschienen bereits 1795-97 in —»Schillers „ H ö r e n " . Z u E.s V e r ö f f e n t l i c h u n g e n zählen auch Der Philosoph für die Welt (3 Bde., 1775-1800) und Der Fürstenspiegel (1798). S e i n e Sämtlichen Schriften e r s c h i e n e n 1801-06 in z w ö l f B ä n d e n . DP Killy

Engel,

J o h a n n Christian von, Historiker, * 1 7 . 1 0 . 1770 L e u t s c h a u ( U n g a r n , h e u t e L e v o i a ) , t 2 0 . 3 . 1814 Wien. N a c h historischen u n d p h i l o s o p h i s c h e n S t u d i e n in G ö t t i n g e n trat E. 1791 in die W i e n e r H o f k a n z l e i f ü r S i e b e n b ü r g e n ein, deren S e k r e t ä r er von 1812 bis zu s e i n e m T o d war. D a n e ben betrieb er historische F o r s c h u n g e n . D u r c h seine S a m m lung w e i t g e h e n d u n b e k a n n t e r , verstreuter und vielsprachiger Q u e l l e n zur G e s c h i c h t e der u n g a r i s c h e n L ä n d e r und Sieb e n b ü r g e n s , d i e er in M o n o g r a p h i e n in d e u t s c h e r S p r a c h e z u s a m m e n f a ß t e , w u r d e E. z u m Vater der S ü d o s t e u r o p a f o r s c h u n g . U n t e r seinen Werken befinden sich eine Geschichte des ungarischen Reichs und seiner Nebenländer (5 B d e . , 1797-1804) und e i n e Geschichte des Königreichs Ungarn (5 B d e . , 1 8 1 4 / 1 5 ) . CD N D B E n g e l , J o h a n n Friedrich, a u c h J o h n Fred. E., M a l e r , * 2 7 . 4 . 1 8 4 4 B e r n k a s t e l / M o s e l , t 2 . 3 . 1921 M ü n c h e n . S e i n e A u s b i l d u n g erhielt E . in A l b a n y ( N e w York), w o h i n s e i n e Eltern w ä h r e n d seiner K i n d h e i t a u s g e w a n d e r t w a r e n , und später in M ü n c h e n . 1868-72 w i r k t e er als P o r t r ä t m a l e r in A m e r i k a , k e h r t e d a n n nach M ü n c h e n z u r ü c k und widm e t e sich v o r w i e g e n d der L a n d s c h a f t s - und G e n r e m a l e r e i . A u s f l ü g e in den C h i e m g a u und an d i e A d r i a lieferten d i e M o t i v e f ü r s e i n e Fischerin am Chiemsee, Badende Kinder am Strand und Aus Chioggia. E. w a r mit seinen G e m ä l d e n auf den A u s s t e l l u n g e n im M ü n c h n e r G l a s p a l a s t e b e n s o w i e in der G r o ß e n Berliner K u n s t a u s s t e l l u n g vertreten. Viele seiner Bilder, d i e d u r c h ihre subtile A u s f ü h r u n g h e r v o r r a g e n , h a b e n a u c h i m H o l z s c h n i t t und d u r c h P h o t o g r a p h i e n Verbreitung g e f u n d e n . DP A K L

Engel,

J o h a n n J a k o b , Schriftsteller, * 1 1 . 9 . 1 7 4 1 P a r c h i m , t 2 8 . 6 . 1 8 0 2 Parchim. D e r S o h n eines P r e d i g e r s studierte z u n ä c h s t in R o s t o c k u n d B ü t z o w T h e o l o g i e , w e c h s e l t e unter d e m E i n f l u ß von Joh a n n N i c o l a u s —> Tetens zu P h i l o s o p h i e , M a t h e m a t i k u n d P h y s i k , w u r d e 1763 mit einer p h y s i k a l i s c h e n Arbeit p r o m o viert und ging 1765 nach Leipzig, w o er sich der Philosophie, G e s c h i c h t e , d e n alten und n e u e n S p r a c h e n und der J u r i s p r u d e n z z u w a n d t e . In L e i p z i g war er u. a. mit Christian Felix —» W e i ß e u n d Christian —»Garve b e f r e u n d e t . D u r c h die W a n d e r t r u p p e n von Heinrich G o t t f r i e d —»Koch und A b e l —» Seyler k a m er in K o n t a k t mit d e m S c h a u s p i e l e r C o n r a d —»Ekhof. N a c h v o r ü b e r g e h e n d e r Tätigkeit als T h e a t e r d i c h ter, R e z e n s e n t und Essayist ging er 1776 als Prof. der M o r a l p h i l o s o p h i e an d a s J o a c h i m s t h a l s c h e G y m n a s i u m in Berlin. E. n a h m an gelehrten Zirkeln w i e der „ M i t t w o c h s g e s e l l s c h a f t " teil, w a r M i t g l i e d der P r e u ß i s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n und w u r d e E r z i e h e r der B r ü d e r A l e x a n d e r und W i l h e l m von —» H u m b o l d t s o w i e d e s späteren K ö n i g s —»Friedrich W i l h e l m III. 1 7 8 5 / 8 6 g a b E. das „ M a g a z i n d e r P h i l o s o p h i e und s c h ö n e n W i s s e n s c h a f t e n " heraus. 1787-94

Engel,

Johannes, auch Angelus, Mathematiker, Astronom, * vor 1472, t 2 9 . 9 . 1512 W i e n . E.s N a m e taucht in der O r i g i n a l m a t r i k e l des G r ü n d u n g s j a h res (1472) der U n i v . Ingolstadt auf. E i n e U r k u n d e der U n i v . W ü r z b u r g von 1497 f ü h r t ihn als M a g i s t e r u n d A n g e h ö r i g e n der M e d i z i n i s c h e n Fakultät. Später wirkte E. in W i e n als A s t r o n o m in d e r Tradition d e s —»Regiomontanus und v e r ö f f e n t l i c h t e nach d e s s e n T a f e l n E p h e m e r i d e n der H i m m e l s k ö r p e r . D i e E p h e m e r i d e n von 1489 versah er mit Prog n o s t i k a . Er v e r f a ß t e u . a . ein Werk über d a s A s t r o l a b i u m und e i n e S c h r i f t zur Verbesserung d e s Kalenders. CD L M U

Engel,

J o h a n n e s , Politiker, * 1 5 . 5 . 1894 E r n s t h a u s e n (Kr. F r a n k e n b e r g ) , t 1 8 . 7 . 1 9 7 3 Berlin. E. erlernte das D r e h e r h a n d w e r k und w a r zunächst im elterlichen Betrieb, später f ü r k u r z e Zeit i m B e r g b a u tätig. N a c h d e m Ersten Weltkrieg blieb er z u n ä c h s t Soldat, kehrte d a n n aber in seinen B e r u f zurück. 1927 w u r d e er M i t g l i e d der N S D A P , gründete die „Nationalsozialistischen Betriebsorg a n i s a t i o n e n " und w u r d e 1929 S t a d t v e r o r d n e t e r der N S D A P in Berlin. 1933 w u r d e E . T r e u h ä n d e r der Arbeit f ü r d a s W i r t s c h a f t s g e b i e t B e r l i n - B r a n d e n b u r g ; seit 1934 leitete er d i e F r e m d e n Verkehrsorganisation in Berlin und seit 1935 die R e i c h s v e r k e h r s g r u p p e S c h i e n e n b a h n e n . 1938 w u r d e E. R e i c h s a m t s l e i t e r der D e u t s c h e n A r b e i t s f r o n t und 1944 stellvertretender G a u l e i t e r G r o ß - B e r l i n s . E r war seit 1933 M i t glied des R e i c h s t a g s u n d der S A . CD Lilla, Statisten E n g e l , J o s e f , a u c h József E „ B i l d h a u e r , * 2 6 . 1 0 . 1 8 1 1 S á t o r a l j a - U j h e l y ( U n g a r n ) , t 3 0 . 5 . 1901 B u d a p e s t . E. w a r z u n ä c h s t T a l m u d s c h ü l e r , m a c h t e aber mit Schnitzarbeiten auf sich a u f m e r k s a m u n d b e s u c h t e seit 1832 die W i e ner K u n s t a k a d e m i e . D e m väterlichen W u n s c h e n t s p r e c h e n d , unterbrach er d i e s e A u s b i l d u n g und b e s u c h t e das R a b b i n e r s e m i n a r in P r e ß b u r g , w o er seine K u n s t s c h n i t z e r e i e n fortsetzte. N a c h d e m Tod d e s Vaters kehrte E. n a c h W i e n zurück, g e w a n n dort mit e i n e m J u n o - u n d e i n e m A p o l l o k o p f j e einen Preis und f ü h r t e seine S t u d i e n 1837 auf der L o n d o n e r K u n s t s c h u l e weiter. S e i n e G ö n n e r i n , K ö n i g i n Viktoria, s a n d t e ihn 1847 n a c h R o m , w o er e i n e f ü r sie b e s t i m m t e A m a z o n e n g r u p p e in M a r m o r a u s f ü h r t e u n d m e h r e r e Statuen nach m y t h o l o g i s c h e n und allegorischen T h e m e n s c h u f . 1865 g e w a n n er den W e t t b e w e r b u m d a s D e n k m a l S z é c h e n y i s in B u d a p e s t und kehrte im f o l g e n d e n J a h r in s e i n e H e i m a t z u r ü c k ; nach erheblichen S c h w i e r i g k e i t e n w u r d e d a s M o n u m e n t 1880 fertiggestellt. 1889 w a r E. d a s letzte M a l mit einigen A r b e i t e n auf einer A u s s t e l l u n g in Paris vertreten, d a r u n t e r einer Eva, d i e 1873 in W i e n p r ä m i e r t w o r d e n war. CD A K L

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Engel Engel, Josef, österr. Anatom, * 29.1.1816 Wien, t 3.4. 1899 Wien. E. Schloß das Medizinstudium 1839 in Wien mit der Dissertation Über den Hirnanhang und den Trichter ab und war seit 1840 als Asssistent am Wiener pathologisch-anatomischen Lehrstuhl tätig. 1844 wurde er Prof. der Anatomie in Zürich, 1949 der pathologischen Anatomie in Prag und 1854 Prof. an der medizinisch-chirurgischen Josefs-Akademie in Wien. E. setzte sich für eine größere Genauigkeit in der pathologisch-anatomischen Beschreibung sowie für eine entsprechende Fundierung der Gerichtsmedizin ein. Er veröffentlichte u.a. Entwurf einer pathologisch-anatomischen Propädeutik (1845), Anleitung zur Beurtheilung des Leichenbefundes ( 1846), Das Knochengerüste des menschlichen Antlitzes. Ein physiognomischer Beitrag (1850), Untersuchungen über Schaedelformen (1851) und Darstellung der Leichenerscheinungen und deren Bedeutung. Unter staeter Berücksichtigung der haeufigsten Fehlerquellen bei Leichenuntersuchungen, vorzugsweise für Anatomen, Amts- und Gerichtsaerzte (1854). Engel, Ludwig, Benediktiner, Theologe, * um 1634 Schloß Wagrein bei Vöcklabruck (Oberösterreich), t 22.4. 1674 Grillenberg (Niederösterreich). E. trat 1654 in das Benediktinerkloster Melk ein, studierte später in Salzburg Rechtswissenschaften und wurde 1657 promoviert. 1660 erhielt er eine Professur für kanonisches Recht an der Salzburger Univ., deren Prokanzler er 1669 wurde. 1674 als Kandidat für die Nachfolge des Abtes, der von seinem Amt zurücktreten wollte, nach Melk berufen, starb E. unerwartet im nahen Grillenberg. Unter seinen Schriften ragt das dreibändige Collegium universi juris canonici juxta triplex juris objectum, personas, res et actiones partitum heraus (1671-74), das in mehrfachen Auflagen über hundert Jahre als Lehrbuch des Kirchenrechts in Gebrauch blieb. m ADB Engel, (Johann Carl) Ludwig, Architekt, Maler, * 3.7. 1778 Berlin, f 14.5.1840 Helsingfors (heute Helsinki). Seine Ausbildung erhielt E., Sohn eines Maurermeisters, in der Berliner Bauschule, wo Karl Friedrich —»Schinkel zu seinen Mitschülern gehörte. Nach vorübergehender Tätigkeit im dortigen Oberbaudepartement war er 1808-14 Stadtbaumeister in Reval, ging dann nach Finnland und wurde 1816 von Zar Alexander I. zum Architekten des Aufbaukomitees in Helsingfors ernannt. Ihm oblagen vor allem Planung und Ausführung der Staatsbauten für die 1812 zur Hauptstadt des autonomen russischen Großfürstentums ernannten Stadt. In E.s Stil, der den Stadtkern prägte und eine langdauernde Tradition schuf, mischen sich Elemente des preuß. und des russischen Klassizismus. Hauptwerke sind das Senatsgebäude, der Neubau der 1828 nach Helsinki verlegten Univ. und die luth. Nicolaikirche. Ferner entstanden nach E.s Plänen zahlreiche Landkirchen und Herrenhäuser in den Provinzen. OD NDB Engel, Ludwig, Politiker, * 30.11. 1906 Darmstadt, t 26.9.1975 Darmstadt. Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Heidelberg, München, Berlin, Frankfurt/Main und Gießen (Dr. jur. 1932) trat E. in den Staatsdienst ein, wurde jedoch 1933 wegen „politischer Unzuverlässigkeit" entlassen und ließ sich als Rechtsanwalt in Darmstadt nieder. Nach der Kriegsgefangenschaft war er als Rechtsanwalt und Notar tätig und wurde Senatspräsident beim Oberlandesgericht in Frankfurt/Main. 1951-71 als SPD-Mitglied Oberbürgermeister von Darmstadt, bemühte sich E., die im Krieg schwer

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zerstörte Stadt als ein geistiges und kulturelles Zentrum auszubauen. Seit 1974 war er Vorstands Vorsitzender der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Darmstadt. CP Munzinger Engel, Moritz von, auch Maurus Engel von Jánosi, österr. Fabrikant, Schriftsteller, * 6.8. 1858 Fünfkirchen (Ungarn), t 5.5. 1924 Wien. Der Sohn eines Holz- und Zementsteinfabrikanten und Bruder von Josef —> Engel de Jánosi studierte an der Hochschule für Bodenkultur und an der Philosophischen Fakultät der Univ. in Wien und war seit 1889 als Kaufmann in der Holzindustrie tätig. Daneben veröffentlichte E., der u.a. Julius —>Bittner und Bruno —»Walter zu seinem Freundeskreis zählte, Erzählungen und Gedichte in verschiedenen österr. Zeitschriften. Als Bühnenschriftsteller trat er 1888 mit dem Trauerspiel Hassan und 1902 mit dem Schauspiel Transactionen in Erscheinung. Zu seinen Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Wirtschaft zählen Österreich-Ungarn im Welthandel (1902) und Holzzölle und HolzproduktionsVerhältnisse ( 1908). E. war der Vater von Friedrich —> EngelJanosi. CD Lex dt-jüd Autoren Engel, Nelly, geb. Thieberger, Schriftstellerin, * 4. 8.1894 Goltsch-Jenikau (Böhmen), t 13.6.1977 London (?). E., Tochter eines in Prag lehrenden Rabbiners, gehörte zu den Gründern des ersten Prager zionistischen Mädchen- und Frauenklubs und war u.a. mit Max —>Brod, Oskar —>Baum und Franz —> Kafka befreundet. Während des Ersten Weltkriegs leistete E. Flüchtlingsarbeit, übernahm 1919 als Nachfolgerin von Felix —»Weltsch die Redaktion der zionistischen Wochenschrift „Selbstwehr" und unterstützte durch Vorträge und Sammeltätigkeit die zionistische Bewegung. 1934 richtete sie auf ihrem Grundstück an der Grenze zum Deutschen Reich den Kibbutz Hachsharah ein, in dem sie u. a. jüdische Flüchtlinge versteckte. 1938 emigrierte E. nach Großbritannien, wurde 1942 Mitglied des Women's State Council der tschechischen Exilregierung und Mitbegründerin und langjährige Vorsitzende der „Maria Schmolka WIZO Gruppe". Daneben schrieb sie Artikel u.a. für die „Neue Zürcher Zeitung" und das „Jüdisch-christliche Forum". CD Lex österr Exillit Engel, Otto, Ingenieur, * 23.6. 1872 Saarbrücken, t 9.10.1932 Wiesbaden. An der TH Berlin-Charlottenburg studierte E„ Sohn eines Kaufmanns, Schiffsmaschinenbau, wurde 1897 Marinebauführer und war Dezernent für Elektrotechnik im Reichsmarineamt. Nach vorübergehender leitender Tätigkeit in der U-Boot-Inspektion verließ er die Marine und wurde Vorstandsmitglied eines Industriewerks für elektrotechnische Spezialerzeugnisse. E.s Initiative sind wichtige Neuerungen in der Schiffselektrotechnik zu verdanken, u.a. die Konstruktion des sogenannten Engel-Schalters, eines Paketschalters, und die Durchbildung des Standsehrohres für U-Boote. CD NDB Engel, Otto Heinrich, Maler, * 27.12.1866 Erbach/Odenwald, t 20.1.1949 Glücksburg. Der Sohn des Journalisten Heinrich —> E. besuchte seit 1886 die Akademie der bildenden Künste in Berlin, war u. a. Schüler von Paul —» Meyerheim, ging dann nach Karlsruhe und beendete seine Ausbildung auf der Akademie in München bei Ludwig —»Löfftz und Paul —>Hoecker. 1893 war E. mit dem Bild Flensburger Bucht erstmals auf einer Ausstellung der Münchner Sezession vertreten. Seit 1896 lebte er wieder in Berlin, wo er Mitbegründer der dortigen Sezession wurde, aus der er 1905 jedoch unter Protest austrat. Seit 1906 war er Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. 1933 ließ er sich in Glücksburg nieder. In seinen

Engel impressionistisch beeinflußten Bildern widmete sich E. vorwiegend der Landschaft und den Menschen Frieslands, besonders der Flensburger Förde. Als eines der bedeutendsten Werke gilt Meeresleuchten (1895). E. trat auch mit Radierungen und Lithographien hervor und schuf u. a. Buchillustrationen zu Gottfried —> Kellers Der grüne Heinrich. c a SHBL, Bd 10

question, quand et comment l'Amérique a-t-elle été peublée d'hommes et d'animaux? (5 Bde., 1767, Nachdr. 1982) und Extraits raisonnés des voyages faits dans les parties septentrionales de l'Asie et de l'Amérique, ou Nouvelles preuves de la possibilité d'un passage aux Indes par le nord (1779, Nachdr. 1983). E. war ein Vetter Albrecht von -> Hallers. CD HLS

Engel, Paul, Pseud. Diego Viga, Mediziner, Schriftsteller, * 7.6.1907 Wien, t 27.8.1997 Quito (Ecuador). E., Sohn eines Landwirts und späteren Textilfabrikanten, studierte seit 1926 Medizin an der Univ. Wien, wurde 1932 zum Dr. med. promoviert und wandte sich zunächst der Endokrinologie, anschließend der Biochemie zu. Nach einem Aufenthalt 1935/36 an der Univ. Montevideo war E. 1936-38 Hilfsarzt an der Universitäts-Geburtsklinik Wien. 1938 floh er nach Kolumbien, arbeitete als Arzneimittelvertreter in Bogotá und bereiste große Teile Südamerikas. Seit 1938 a. o.Prof. für Endokrinologie, Biologie, Anthropologie und Psychologie an der Universidad Libre de Columbia in Bogotá, ging er 1950 nach Quito (Ecuador), wo er zunächst in der medizinischen Forschung tätig war und 1957-77 eine Professur für Histologie und Allgemeine Pathologie innehatte. Seit 1940 schrieb E. unter Pseudonym vor allem Romane in deutscher und spanischer Sprache, darunter Der Freiheitsritter (1955, Neuaufl. 1982), Schicksal unterm Mangobaum (1957) und Ankläger des Sokrates (1987). CD Lex österr Exillit

Engel, Siegfried (Theodor) Wolfgang (Ernst), Kriminologe, Psychiater, * 20.10.1914 Zuffenhausen (heute zu Stuttgart), t 31.12.2002 Heidelberg. E., Sohn des Juristen Wolfgang E. und Enkel des Erforschers der Schwäbischen Alb, Theodor E., wurde nach dem Studium der Medizin 1943 in Heidelberg mit der Arbeit Über Anfallsparalysen promoviert und habilitierte sich für das Fach Neurologie und Psychiatrie an der Univ. Heidelberg. Neben psychiatrischen Studien galt sein besonderes Forschungsinteresse der Kriminologie, in der er zu einem der führenden Vertreter der Verlaufsforschung gehörte und deren Ergebnisse er den Studierenden der Jurisprudenz nahe brachte. Mit dem individuellen ,Kriminogramm' als einer Verbindung der delinquenten Akte mit biographischen und sozialen Faktoren oder Ereignissen läßt sich die statistische Prognose zu einer fur die juristische Praxis unabdingbaren Individualprognose ergänzen. In der Therapie verband E. in undogmatischer Weise somatische, psychische und soziale Ansätze. Er veröffentlichte u.a. Die Zeit des Gefangenen (1963) und Zur Metamorphose des Rechtsbrechers. Grundlagen einer Behandlungslehre (1973) und gab 1978 mit Dietrich von Engelhardt den Sammelband Kriminalität und Verlauf heraus. E. war auch künstlerisch tätig und publizierte eine Reihe poetischer Texte, die sich zum Teil ebenfalls auf Themen der Kriminalität beziehen.

Engel, Rudolf, Politiker, * 12.9. 1903 Berlin, t 16.10. 1993. Der aus einer Arbeiterfamilie stammende E. bestritt mit Gelegenheitsarbeiten seinen Lebensunterhalt, trat 1930 in die KPD ein und arbeitete in deren Militärpolitischem Apparat. 1934 emigrierte er in die tschechische Republik, kämpfte 1937/38 im spanischen Bürgerkrieg, ging 1939 nach Frankreich, war bis 1941 interniert und Schloß sich der Résistance an. 1945 in die Sowjetische Besatzungszone zurückgekehrt, wurde E. Präsident der Zentral Verwaltung für Umsiedler und 1948 leitender Mitarbeiter und Vizepräsident der Deutschen Verwaltung für Volksbildung. 1950-55 war er Direktor der Deutschen Akademie der Künste, seit 1955 Leiter der kulturpolitischen Abteilung im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten und 1963-67 Kulturattache an der Botschaft der DDR in Prag. 1968 wurde er zum Generalsekretär der Kommission für UNESCO-Arbeit in der DDR ernannt. •D DDR Engel, Samuel, schweizer. Staatsmann, Ökonom, Philanthrop, * 2. 12.1702 Bern, t 26.3. 1784 Bern. E., dessen Vater Mitglied des Großen Rats und Landvogt war, Schloß sein Studium 1726 mit dem Notariatsexamen ab, wurde 1727 Magristratsschreiber und war 1736-48 Oberbibliothekar der Stadtbibliothek in Bern. 1745 wurde er Mitglied des Großen Rats der Republik Bern, 1748 Landvogt in Aarberg und 1760 in Echallens-Orbe. Er widmete sich der Förderung von Land- und Forstwirtschaft und führte im Hungerjahr 1770/71 in der Gegend von Nyon den Kartoffelanbau ein. 1759 gründete er zusammen mit Johann Rudolf —»Tschiffeli die Ökonomische und Gemeinnützige Gesellschaft des Kantons Bern. E. war ein Pionier des physiokratischen Systems und verfaßte wichtige Abhandlungen zur Agronomie, zur Getreideversorgung und zur Behebung des Holzmangels, beschäftigte sich aber auch mit der umstrittenen nördlichen Durchfahrt vom Atlantischen zum Stillen Ozean. Die von ihm propagierte Nordostroute wurde erst hundert Jahre später durch die geglückte Durchfahrt Nordenskiölds als möglich erwiesen. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Traité de la nature, de la culture et de l'utilité des pommes de terre (1766, auch 1771), Essai sur cette

Engel, Stefan, Pädiater, * 7. 11.1878 Reichenbach (Schlesien), t 22.2.1968 London. Nach dem Medizinstudium in Breslau, Würzburg und München (Promotion 1902) und der Assistentenzeit, die er am Breslauer Pathologischen Institut verbrachte, wirkte E. kurze Zeit am Säuglingsheim in Dresden. 1906 ging er an die Kinderklinik der Akademie in Düsseldorf, habilitierte sich 1910, wurde 1912 a.o.Prof. und übernahm 1917 die Leitung der Kinderklinik der Städtischen Krankenanstalten in Dortmund. 1933 mußte er diese Stellung aufgeben und emigrierte nach Großbritannien, wo er seit 1936 am Kinderkrankenhaus in London arbeitete. E. war Mitglied der Royal Society of Medicine in London, später Ehrenmitglied der Medizinischen Akademie in Düsseldorf. In verschiedenen Publikationen beschäftigte er sich mit der Pathologie und Therapie der Tuberkulose im Kindesalter. Sein Grundriß der Säuglingskunde (mit Marie —>Baum, 1912) erschien 1929 in 15. Auflage. CD Ärzte 2, 3 Engel, Werner (Emil), schweizer. Maler, Graphiker, Illustrator, Photograph, * 22.8. 1880 Thun, t 18.6. 1941 Thun. Nach einer Photographielehre 1896-99 in Zürich und Thun arbeitete E. bis 1902 als Photograph in Montreux und Bern. 1902-05 studierte er an der Kunstgewerbeschule in Bern und ließ sich für ein Jahr bei Ernst —> Linck und Philipp —> Ritter ausbilden. 1905-07 folgte ein Studium an der Kunstgewerbeschule in München bei Maximilian —>Dasio, 1908 an der Akademie in Stuttgart bei Robert —> Poetzelberger. Seit 1909 war E. freischaffend in Thun tätig, unterbrochen durch Studienaufenthalte in Paris an der Académie Ranson bei Félix Vallotton und Maurice Denis. E. malte vor allem Landschaften, Stilleben und Porträts sowie Figürliches. Anfangs von Ferdinand —» Hodler und Paul Cézanne geprägt, orientierte er sich später mit seinen meist kleinformatigen Gemälden an Werken der Impressionisten und Pointillisten. In den zwanziger Jahren zeigen sich auch kubistische Einflüsse

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Engel-Dollfus in großformatigen Gemälden und Wandbildern. Außerdem schuf E. Radierungen, Linol- und Holzschnitte, Lithographien sowie Buchillustrationen, Zeichnungen und heraldische Wandbehänge in Batik. c u AKL E n g e l - D o l l f u s , Friedrich, eigentl. F. Engel, Industrieller, Philanthrop, * 2 7 . 3 . 1 8 1 8 Sennheim (Elsaß), t 1 6 . 9 . 1 8 8 3 Paris. Zu den Industriellengestalten des 19. Jh., die sich durch ihr soziales und kulturelles Wirken auszeichnen, gehört auch E.-D. Der Sproß einer Fabrikantenfamilie aus Mülhausen machte seine Lehre in einem Handelshaus in L e Havre, heiratete 1843 die Tochter des Baumwollfabrikanten Johann Dollfus und trat in das Geschäft seines Schwiegervaters ein. Er widmete sich besonders dem noch jungen Zweig der Baumwollspinnerei, der unter seiner umsichtigen Leitung auf dem Weltmarkt bald mit der englischen Produktion konkurrieren konnte. Bleibende Verdienste erwarb sich E.D. durch seinen Einsatz für die Arbeiterschaft: Er gründete einen Verein, der Schutzvorrichtungen zur Unfallverhütung vertrieb, und eine Heilanstalt f ü r bedürftige Kinder. Dem Kunstmäzen E.-D. verdankt Mülhausen u . a . eine Gemäldegalerie mit Werken von Meistern des 19. Jahrhunderts. m ADB E n g e l - J a n o s i , Friedrich, früher F. Engel von Jánosi, österr. Historiker, * 18.2. 1893 Oberdöbling (heute zu Wien), t 7 . 3 . 1 9 7 8 Wien. Das 1912 an der Univ. Wien begonnene Jurastudium Schloß der Sohn Moritz von —»Engels nach der Kriegsteilnahme 1919 mit der Promotion zum Dr. jur. ab. Nach einem kurzen Geschichtsstudium wurde er 1921 mit der Arbeit Die Lehre vom Staat im vormärzlichen Osterreich in Wien zum Dr. phil. promoviert. Nach der A u f g a b e der Leitung der väterlichen Holz- und Parkettfabrik habilitierte sich E.-J. 1929 für Neuere Geschichte und erhielt 1935 den Titel eines a. o. Prof. an der Univ. Wien. 1 9 3 7 / 3 8 Gastprofessor an der Univ. Rom, emigrierte E.-J. 1938 nach Großbritannien, wo er seit 1939 an der Univ. Cambridge lehrte, und wurde 1942 Gastprofessor, 1945 Prof. der neueren Geschichte an der Catholic University of America in Washington, D. C. (USA). N a c h d e m er bereits 1949 kurzzeitig als Gastprofessor in Österreich gelehrt hatte, kehrte er 1959 endgültig nach Wien zurück und hatte bis 1969 als Honorarprofessor die Leitung des Lehrstuhls für Neuere Geschichte an der Univ. Wien inne. E.-J. beschäftigte sich vor allem mit der Geschichte Österreichs im 19. und 20. Jh. Er veröffentlichte u . a . Österreich und der Vatikan ¡846-1918 (2 Bde., 1958-60), Die politische Korrespondenz der Päpste mit den österreichischen Kaisern (1963), Vom Chaos zur Katastrophe (1973) und „ . . . aber ein stolzer Bettler". Erinnerungen aus einer verlorenen Generation (1974). Seit 1963 war E.-J., der zahlreichen historischen Vereinigungen angehörte, korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. • • Lex dt-jüd Autoren E n g e l d e J á n o s i , Josef (Joska), Pseud. J. E. de Sinoja, Musikkritiker, Fabrikant, * 20. 11.1851 Fünfkirchen (Ungarn), t 2 5 . 1 1 . 1 9 3 9 Gut Jánosi. Der Bruder von Moritz —» Engel studierte an der Univ. Wien und am Wiener Konservatorium und strebte eine Virtuosenlaufbahn an, trat dann aber in das väterliche Holzunternehmen ein. Er gehörte zum Freundeskreis C o s i m a und Richard —»Wagners, betrieb musikästhetische Studien und war langjähriger Mitarbeiter der „Musikalischen Wochenblätter" (Leipzig) und der von Robert —»Schumann gegründeten „Neuen Zeitschrift für Musik". In seinen Artikeln verteidigte E. de J. u . a . G i a c o m o —»Meyerbeer gegen die antisemitischen Angriffe Wagners. Unter Pseudonym veröffentlichte

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er mehrere Dramen, darunter Der Kabbaiist (1904), und die Streitschrift Das Antisemitentum in der Musik (1933). CD Lex dt-jüd Autoren E n g e l v o n M a i n f e l d e n , August Frh., österr. Politiker, * 1 . 7 . 1 8 5 5 Wien, t 9 . 1 . 1941 Wien. Nach d e m Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Wien, w o er 1879 pomoviert wurde, trat E. v. M., Sohn eines Bankiers, 1878 bei der Finanzprokuratur in den Staatsdienst ein. 1883 wechselte er in das Finanzministerium über, w o er maßgeblich am Aufbau einer eigenen Budgetsektion beteiligt war, deren Leitung er 1905 übernahm. Er setzte die Umstellung der staatlichen Wirtschaftsführung auf einen budgetären Wirtschaftsplan durch und erreichte damit den Ausgleich des Staatshaushaltes. 1913 mit der Vertretung des Finanzministers beauftragt, sorgte er zu Beginn des Ersten Weltkriegs dafür, daß der österr. Staatskredit zunächst erhalten blieb. 1915 zum Finanzminister ernannt, veranlaßten ihn Differenzen mit der Militärverwaltung und mit parlamentarischen Kreisen jedoch bald zum Rücktritt. CD N D B E n g e l b e r g , Burkhard, auch Engelberger, Architekt, *1447 H o r n b e r g / S c h w a r z w a l d , t 1 2 . 2 . 1 5 1 2 Augsburg. 1477 wurde E. Baumeister des Reichsstiftes St. Ulrich und Afra in Augsburg, in dessen Kirche das Mittelschiff mit d e m reichgeschmückten Nordportal und der Simpertusempore nach seinen Plänen gebaut wurde. Seit 1495 Werkmeister der Stadt, wurde er 1506 Augsburger Stadtbaumeister. Neben der Stiftskirche erarbeitete E. einen Entwurf für das Katharinenkloster und war am Dombau (u.a. Nordflügel des Kreuzgangs) beteiligt. Auch an vielen anderen Orten wurde E. als Berater hinzugezogen; er wirkte u. a. an der Kilianskirche in Heilbronn, an der Nördlinger Kirche St. Georg und am Berner Münster mit. Der von E. 1499 entworfene T u r m der Stadtkirche zu Bozen wurde 1502-19 durch seinen Schüler Hans Lutz ausgeführt. Zu E.s bedeutendsten Leistungen zählt die Sicherung des 1492 einsturzgefährdeten T u r m e s des Ulmer Münsters. Sein Grabstein in St. Ulrich und Afra rühmt E. als des „Pfarrturms zu Ulm und andrer schadhafter Gezarcke grossen Widerbringer". t u HLS E n g e l b e r t I. von Berg, Erzbischof von Köln, * um 1185, Ϋ 7 . 1 1 . 1225 am Gevelsberg bei Schwelm (Westfalen). Als nachgeborener Sohn des Grafen Engelbert von Berg für die geistliche Laufbahn bestimmt, wurde E. 1198 Propst von St. Georg in Köln, 1199 Dompropst und später u. a. Propst von St. Severin in Köln und St. Maria in Aachen. Wegen seiner Parteinahme für Erzbischof —» Adolf von Köln und —»Philipp von Schwaben vom Papst exkommuniziert, unterwarf sich E. diesem 1208, nahm am Kreuzzug gegen die Albigenser teil und wurde 1216 zum Erzbischof von Köln gewählt. Er ging erfolgreich an die Neuordnung des im Thronstreit seit 1198 verwüsteten Erzbistums, sicherte seine Führungsrolle gegenüber Limburg und Kleve und erweiterte die Kölner Territorialherrschaft vor allem nach Süden hin. Seit 1220 war E. Reichsverweser und Vormund —»Heinrichs (VII.), den er 1222 in Aachen zum König krönte. E.s Bestreben, die profranzösische Politik der Staufer durch eine Annäherung an England zu ersetzen, scheiterte. E.s ausgeprägte Machtpolitik, über der er gleichwohl seine geistlichen Pflichten nicht vernachlässigte, führte zum Streit mit seinem Verwandten —»Friedrich von Isenberg, der ihn ermordete. E. gilt als Heiliger, sein Todestag wird seit 1618 im Erzbistum Köln gefeiert. CD Gatz 1 E n g e l b e r t II. von Falkenburg, Erzbischof von Köln, * u m 1220, t 2 0 . 1 0 . 1 2 7 4 Bonn. Der aus dem Geschlecht der Grafen von Kleve stammende E. war päpstlicher Kapellan, seit 1253 Archidiakon von Lüttich und seit 1257 Dompropst von Köln. 1261 wurde er vom

Engelbrecht Kölner Domkapitel einstimmig zum Erzbischof von Köln gewählt. E.s Bestrehen, seine Herrschaft über die Stadt zu erweitern, führte zu erbitterten Kämpfen mit den städtischen Patriziern, in deren Verlauf er 1263 und 1267-71 in die Gefangenschaft der Bürger bzw. des mit der Stadt verbündeten Grafen Wilhelm von Jülich geriet. Auch die Unterstützung des Papstes, der Köln in dieser Zeit mit d e m Interdikt belegte, konnte an dem Ausgang des Streits nichts ändern. —» Albertus M a g n u s vermittelte 1271 die Versöhnung. Im Interregnum stand E. auf der Seite —»Richards von Cornwall, der mit E.s Nichte —»Beatrix von Falkenburg verheiratet war. 1273 beteiligte sich E. an der Wahl - » R u d o l f s von Habsburg, den er im Oktober desselben Jahres in Aachen zum deutschen König krönte. In Bonn gründete E. ein Minoritenkloster. m Gatz 1

Engelbert II., Graf von Nassau, * 1451, t 1504. Als treuer Anhänger des burgundischen Hauses folgte E. Karl d e m Kühnen auf dessen Feldzügen und war später Ratgeber —»Marias von Burgund, der Gemahlin Kaiser —»Maximilians. Im flämischen Bürgerkrieg k ä m p f t e E. für den Zusammenhalt der auseinanderstrebenden Teile der Niederlande. Er hatte maßgeblichen Anteil am Friedenssschluß zwischen Maximilian und Karl VIII. in Frankreich, den er während einer Gefangenschaft vorbereitete. E. k ä m p f t e gegen Brügge und Gent, bis nach der Eroberung von Sluis und der Volljährigkeit —»Philipps des Schönen der Streit beigelegt wurde. Kurz vor seinem Tod suchte E. vergeblich, den Krieg zwischen Philipp und d e m Herzog von Geldern, Karl von Egmond, dessen Erzieher er war, zu verhindern. In der Kirche zu Breda befindet sich ein M a r m o r d e n k m a l E.s, das sein Neffe, Graf —»Heinrich III. von Nassau, errichten ließ. m A DB

Ellgelbert

von Admont, auch Engelbertus Admontensis, Engelbrecht Poetsch, Benediktiner, * um 1250, t 10. oder 1 2 . 5 . 1 3 3 2 A d m o n t . Der vermutlich einer angesehenen Familie aus der Steiermark entstammende E. trat 1267 in das Benediktinerkloster A d m o n t ein. Seine dort begonnenen philosophischen und theologischen Studien setzte er an der Prager Domschule und 1278 in Padua fort (zunächst an der Univ. bei Wilhelm von Brescia und seit 1281 am Dominikanerkloster), w o er sich mit den aristotelischen Schriften beschäftigte. 1287 oder 1288 nach A d m o n t zurückgekehrt, wurde er 1297 zum Abt gewählt und resignierte 1327. E. schrieb theologische, naturphilosophische, moralphilosophische (u. a. Speculum virtutum moralium) und staatstheoretische (De regimine principum, um 1310) Werke im Geist des zeitgenössischen Thomismus sowie einen Traktat De musica. In dem Traktat De ortu, progressu et fine regnorum et praecipue regni seu imperii Romani (um 1312, gedruckt 1553) fordert er ein vom Papsttum unabhängiges, gleichberechtigtes Kaisertum. Unter Bezug auf die wichtigsten klassischen, patristischen und mittelalterlichen Autoritäten verteidigte E. das D o g m a von der Transsubstantiation gegen die Impanationslehre des Johannes von Paris. DP L e x M A

Engelbert,

Kurt, kath. Theologe, Archivar, * 17.7. 1886 Wansen (Schlesien), t 12.9. 1967 Hildesheim. E. studierte in Breslau Theologie und Philosophie (Promotion 1923, Kaspar von Logau, Bischof von Breslau [ 1562-1574]), wurde zum Priester geweiht und kam 1918 an das Generalvikariat in Breslau. 1937 übernahm er die Redaktion des Archivs für schlesische Kirchengeschichte und wurde 1940 Direktor des Diözesanarchivs, des Diözesanmuseums und der Dombibliothek in Breslau. 1946 ging er nach Hannover, wurde Offizial in Hildesheim, gründete 1951 einen Arbeitskreis für ostdeutsche Kultur- und Kirchengeschichte und wurde 1958 Leiter des Instituts für ostdeut-

sche Kirchen- und Kulturgeschichte. In seinen Publikationen beschäftigte sich E. mit der allgemeinen und der Kirchengeschichte Schlesiens.

Engelbert,

Louis, Optiker, Unternehmer, * 1814 Haiger, t 1874 Wetzlar. Der Sohn eines Schreinermeisters erhielt eine Ausbildung zum Optiker bei seinem Cousin, d e m Techniker, Mathematiker und Optiker Carl —» Kellner. Bereits an dessen Optikerwerkstatt bis 1856 beteiligt, wurde E. zum Gründer einer eigenen Optikerwerkstatt in Oberndorf (Kr. Wetzlar). Das 1861 mit der optisch-mechanischen Werkstatt Moritz Carl Hensoldt vereinigte Unternehmen verlegten E. und M. C. Hensoldt nach B r a u n f e l s / L a h n , wo jedoch eine getrennte Leitung der beiden Unternehmen erfolgte. Nach E.s Tod stand dessen Sohn der väterlichen Firma noch bis 1887 vor. Dann wurde sie mit den Optischen Werken Hensoldt & Söhne vereinigt.

Engelbrecht,

August, österr. Philologe, * 1 4 . 3 . 1 8 6 1 Wien, t 14.4. 1925 Wien. E. studierte an der Univ. Wien Klassische Philologie und wurde 1882 promoviert. Nach weiteren Studien in B o n n wurde er 1886 Prof. am G y m n a s i u m der Theresianischen Akademie, wo er neben seiner Lehrtätigkeit die archäologische S a m m l u n g der Anstalt ordnete und katalogisierte. 1899 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Österreichischen A k a d e m i e der Wissenschaften sowie zum Hauptgeschäftsträger der dortigen Kirchenväterkommission ernannt. Unter seiner Redaktion erschienen in der Folgezeit 2 6 Bände des Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum, drei Bände gab er selbst heraus (u. a. Claudiani Mamerti opera, C S E L XI, 1885). 1901 wurde E. a. o . P r o f . an der Universität; 1908 trat er aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand, gleichzeitig erhielt er den Titel eines o. Professors. c u ÖBL E n g e l b r e c h t , Georg, Jurist, * 6. 1. 1626 Greifswald, t 12.10. 1693. Nach akademischen Studien in Rostock, Königsberg, Greifswald und Leiden hielt sich E. einige Zeit in der Schweiz auf, bereiste Italien und Paris und wurde 1652 in Greifswald promoviert. 1653 besuchte er den Reichstag in Regensburg und wurde im selben Jahr vom schwedischen König zum a . o . P r o f . der Rechte in Greifswald berufen. Seit 1660 o.Professor, wurde er 1663 Hofrat, 1664 Tribunalsrat in Wismar. Während der Eroberung der Stadt lebte E. mit seiner Familie vorübergehend in Lübeck, kehrte aber nach dem Friedensschluß 1680 in sein A m t zurück und wurde 1681 Direktor des Konsistoriums. E. hinterließ eine Reihe von juristischen Abhandlungen und einen Band akademischer Festreden (Sermones solemnes). DP A D B

Engelbrecht,

Hans, auch Johann, Johannes E „ Mystiker, Bußprediger, * 8. / 1 1 . 4 . 1 5 9 9 Braunschweig, t 2 0 . 2 . 1642 Braunschweig. Der Sohn eines Schneiders erlernte in Braunschweig das Tuchmacherhandwerk, erkrankte 1622 schwer und fühlte sich, während seine Angehörigen ihn bereits tot glaubten, in Visionen z u m Bußprediger berufen. Als sein Bußruf sich auch gegen die Geistlichkeit der Stadt richtete, wurde er vom Abendmahl ausgeschlossen. In der Folgezeit zog er als Wanderprediger durch Norddeutschland. Wunderbare Begebenheiten und Visionen brachten ihm regen Zulauf, doch fand er auch kirchlichen Widerstand, obwohl er die Kirche als Organisation nie bekämpfte. Eine gesammelte A u s g a b e seiner Schriften erschien 1686 unter dem Titel Der Teutsche Swedenburg ( 2 1783). m NDB

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Engelbrecht Engelbrecht,

Hermann Heinrich von, Jurist, * 2 7 . 7 . 1 7 0 9 Greifswald, t 4 . 9 . 1 7 6 0 Wismar. E. studierte Philosophie, Geschichte und Rechtswissenschaften in Greifswald, Halle, Leipzig, Erfurt, Jena und Helmstedt. Er verfaßte verschiedene Abhandlungen und war als Erzieher in adligen Familien tätig. 1735 wurde er in Greifswald promoviert, 1737 Prof. der Rechte und 1741 Rektor der dortigen Universität. Seit 1744 Rat des Tribunals in Wismar, stieg E. später zum Vizepräsidenten dieses höchsten Gerichtshofs auf. Unter seinen zahlreichen Schriften gelten die Selectiores consultationes Ictorum Gryphiswaldensium (1741) als sein Hauptwerk. OD A D B

Engelbrecht,

(Thies) Hinrich, Landwirt, Agrargeograph, * 6. 10. 1853 Herzhorn (Kr. Steinburg), t 18. 10. 1934 Herzhorn (Kr. Steinburg). Der einer alten Bauernfamilie entstammende E. durchlief nach dem Besuch des G y m n a s i u m s eine landwirtschaftliche Lehre und studierte dann in Leipzig und Straßburg Nationalökonomie, u . a . bei Wilhelm —»Roscher. Seit 1878 auf d e m elterlichen Hof tätig, studierte er sei 1880 auf ausgedehnten Reisen die Landwirtschaft der U S A . Nach Europa zurückgekehrt, übernahm er 1895 Gut Obendeich und betätigte sich politisch, zunächst in landwirtschaftlichen Gremien, dann auch auf kommunaler Ebene. Als freikonservativer Abgeordneter war er seit 1895 Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses und seit 1914 des Herrenhauses. Durch seine zahlreichen Veröffentlichungen aus dem von ihm gegründeten Fach der Agrargeographie ( u . a . Die Landbauzonen der außertropischen Länder, 2 Bde., 1 8 9 8 / 9 9 ; Die geographische Verteilung der Getreidepreise in den vereinigten Staaten von 1862-1900, 1903; Bodenanbau und Viehstand in Schleswig Holstein, 2 Bde., 1905-07; Die Feldfrüchte des Deutschen Reiches in ihrer geographischen Verbreitung, 1926; Die Feldfruchte des Deutschen Reichs in ihrer geographischen Verbreitung, 1. Teil, 1928) wurde E. auch außerhalb Deutschlands bekannt. Die Universitäten Breslau und Kiel sowie die Landwirtschaftliche Hochschule Berlin verliehen ihm die Ehrendoktorwürde. OD S H B L , Bd 8

Engelbrecht,

Johannes, Goldschmied, Silberarbeiter, * 1673 Augsburg, begraben 11.8. 1748 Augsburg. Als evang. Goldschmied schuf E., seit 1704 Meister, vor allem Tafelgerät für den Adel. Er zählte zu den wichtigsten Augsburger Meistern des 18. Jh., die große Aufträge der europäischen H ö f e erhielten. 1 7 1 8 / 1 9 beteiligte er sich an der Anfertigung umfangreicher Silberservices und Guéridons für —» Friedrich August I. Ebenso arbeitete er im Auftrag König —» Friedrich Wilhelm I. f ü r das Berliner Schloß (1730-33). Für den dänischen Hof lieferte E. ein massiv goldenes Service, das —»Christian VI. 1731 in Auftrag gegeben hatte. CD A KL

Engelbrecht,

Martin, Kupferstecher, Verleger, * 1 6 . 9 . 1 6 8 4 Augsburg, t 18. 1.1756 Augsburg. E., Sohn eines Farbenhändlers, erhielt seine Ausbildung bei Gabriel —»Ehinger in Augsburg, lebte um 1708 kurze Zeit in Berlin bei seinem Bruder Christian E. und kehrte 1711 nach Augsburg zurück. Dort trat er im selben Jahr in den von seinem Bruder und Johann Andreas —»Pfeffel gegründeten Kunstverlag ein, den er nach d e m Tod des Bruders als alleiniger Inhaber weiterführte und erweiterte. Seit 1743 gehörte er d e m Rat der Reichsstadt an. E. trat vor allem als vielseitiger Verleger von Kupferstichen hervor. Neben Ornamentvorlagen brachte er u . a . Städteansichten, Bildnisse sowie religiöse und allegorische Darstellungen heraus. Als Kupferstecher schuf er bereits in seiner Berliner Zeit einige Blätter nach Johann Friedrich —» Eosander. E.s schöpferischer Anteil an den in Augsburg von ihm verlegten Blättern ist nicht immer zweifelsfrei festzustellen. Nach seinem Tod wurde

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der Verlag von den Erben bis 1827 unter d e m alten Namen fortgeführt, seit 1828 als Schlossersche Buch- und Kunsthandlung. m A KL

Engelhard,

(Johann) Daniel (Wilhelm Eduard), Architekt, Zeichner, Fachschriftsteller, * 1 2 . 4 . 1 7 8 8 Kassel, t 13.10. 1856 Kassel. Der Sohn des kurhessischen Kriegsrats und Zeichners Wilhelm Heinrich Albrecht E.s studierte Architektur an der Akademie Kassel bei Heinrich Christoph —» Jussow. Nach einer Italienreise 1811 hielt er sich in Weimar auf, wo er —» Goethe traf. In Wien machte er die Bekanntschaft von Dorothea —»Schlegel und Christian Daniel —»Rauch. Anschließend reiste er über Verona, Venedig, Mantua und Florenz nach R o m weiter und besichtigte Paestum und Pompeji. In R o m pflegte er Kontakte zu Wilhelm —»Schadow, Joseph Anton —»Koch, Franz —»Pforr und Bertel Thorvaldsen. Nach seiner Rückkehr wurde E. zunächst Mitarbeiter von Jussow, 1817 Erster Architekt der Kattenburg in Kassel und später hessischer Oberbaumeister. Daneben führte er Landbaumeisteraufträge zu zahlreichen Stadt- und Dorfkirchen aus. E. war der Vater von Gottlob —»E. m AKL

Engelhard,

Edgar, K a u f m a n n , Politiker, * 5 . 5 . 1917 Hamburg, f 6 . 6 . 1979 Hamburg. Nach einer kaufmännischen Lehre war E. im Außenhandel einer Import- und Exportfirma tätig, hielt sich 1938 in A m e rika auf und wurde 1939 zum Wehrdienst eingezogen. Nach dem Krieg wurde er Mitinhaber einer neugegründeten Reederei. Als FDP-Mitglied 1946 in die Hamburger Bürgerschaft gewählt, wurde er Landesvorsitzender in Hamburg und war 1953-66 zweiter Bürgermeister von Hamburg. t u Munzinger

Engelhard,

Gottlob, Architekt, Maler, Graphiker, * 18.12. 1812 Kassel, t 1 3 . 4 . 1 8 7 6 Münster. Der Sohn des Architekten Daniel —» E. studierte Architektur und Malerei an der Kunstakademie Kassel und lebte 1834-41 in Italien. In R o m errichtete er u . a . das Istituto di Corrispondenza Archeologica (Casa Tarpea) auf d e m Monte Caprino und stand in Kontakt mit der deutschen Künstlerkolonie (Moritz von —»Schwind, Wilhelm von —» Kaulbach, Johann Friedrich —»Overbeck). Skizzen, Zeichnungen, Aquarelle und Gemälde belegen verschiedene Studienaufenthalte in Nord- und Süditalien sowie in Athen und Konstantinopel. 1841 kehrte E. nach Kassel zurück, wurde 1842 Conduktor am Kurfürstlichen Hochbauamt, 1854 Oberhofbaudirektor und 1864 Inspektor für die Wasserkünste, die Kaskaden und das Oktogon in Kassel-Wilhelmshöhe sowie Hofbauinspektor zu Wilhelmshöhe. E. unterstanden damit alle dortigen Schloßbauten. Daneben beteiligte er sich 1852-56 am Bau des Hauptbahnhofs in Kassel. 1866-76 war er u. a. f ü r die Reorganisation der Kunstakademie Kassel zuständig. Zahlreiche Stahlstiche wurden nach E.s Veduten und Ansichten Kassels angefertigt. m AKL

Engelhard,

Johann Konrad, Journalist, * 1 2 . 2 . 1 7 4 3 Baiersdorf, t 2 2 . 5 . 1797 Bayreuth. E. studierte an der Univ. Erlangen Theologie und übernahm 1765 die Redaktion der „Baireuthischen Politischen Zeitung", die er bis zu seinem Tod innehatte. Neben einer Vielzahl von Artikeln für dieses Blatt schrieb er einige Gedichte und Aufsätze für andere Journale und übersetzte das Leben des Abts Lorenz Ricci, letzten Generals der Jesuiten aus dem Italienischen (1775). E n g e l h a r d , Karl, Ingenieur, Stenograph, * 18.10. 1833 Olmütz, t 22. 11.1896 Wien. Nach dem Studium an der T H war E. 1856-73 als Eisenbahntechniker für die Kaiser-Ferdinand-Nordbahn tätig.

Engelhardt 1873 wurde er o.Prof. des Eisenbahnwesens an der neugegründeten Wiener Handelshochschule, wechselte nach deren Auflösung an die Fortbildungsschule für Eisenbahnbeamte und war Redakteur der „Österreichischen Eisenbahnzeitung". Seit 1861 Kammerstenograph im Mährischen Landtag und im Reichsrat, wurde E. 1870 Vorsitzender, später Vorstandsmitglied des Wiener Stenographischen Zentralvereins. Als solcher bemühte er sich erfolgreich um die Uberwindung des Gegensatzes zwischen der sogenannten Wiener Schule und der München-Dresdner Richtung innerhalb der Gabelsbergerschen Stenographie sowie u m den Anschluß der österr. Stenographen an den Deutschen Gabelsberger-Stenographenbund. E. veröffentlichte Schriften zur Eisenbahntechnologie sowie Lehr- und Lesebücher für Stenographie (Lesebuch für angehende Gabelsberger Stenografen (1876, 7 1910). CD A D B E n g e l h a r d , Regnereus, Topograph, * 3 0 . 1 0 . 1717 Kassel, t 6 . 1 2 . 1 7 7 7 Kassel. Nach dem frühen Tod von E.s Vater, der Haushofmeister des Prinzen Georg von Hessen-Kassel war, ermöglichte der Prinz E. den Besuch des Collegium Carolinum in Kassel und anschließend das Jurastudium in Marburg, Jena und Leipzig. 1741 wurde E. hessischer Regimentsauditeur und war seit 1755 Kriegsrat. Er veröffentlichte u . a . Erdbeschreibung der hessischen Lande Kasselischen Antheils mit Anmerkungen aus der Geschichte und aus Urkunden erläutert (2 Tie., 1778). CD A D B E n g e l h a r d , (Friedrich) Wilhelm, Bildhauer, Maler, * 9 . 9 . 1813 Grünhagen bei Lüneburg, t 2 3 . 6 . 1902 Hannover. E. bildete sich in Paris und London zum Elfenbeinschnitzer aus, erregte durch seine Arbeiten die Aufmerksamkeit der Königin von Hannover und wandte sich mit ihrer Unterstützung der Bildhauerei zu. 1839 wurde er Schüler Bertel —»Thorvaldsens in Kopenhagen und ging 1841 zu Ludwig —» Schwanthaler nach München, dessen Richtung er sich in seinen Monumentalstatuen anschloß. 1848 verließ E. München und lebte vorübergehend in Hamburg und Rom, bis er 1859 von König -> Georg V. nach Hannover berufen wurde, u m bei der Ausgestaltung der Marienburg mitzuwirken. Dort kam nun E.s schon früher entworfenes Hauptwerk, ein Eddafries, zur Ausführung. 1865 erhielt E. einen Lehrauftrag für das Bossieren an der Polytechnischen Schule in Hannover und wurde 1869 o.Professor. Zu seinen späteren Werken zählen eine sitzende Statue der Kurfürstin —» Sophie und eine Wotangruppe. OP A K L E n g e l h a r d t , Andreas, Mediziner, * 10.4. 1617 Aschersleben, t 1 2 . 2 . 1 6 8 2 Moskau. E., Sohn des Stadtarztes Matthias E. in Aschersleben, studierte Medizin in Leiden, Königsberg und Franeker, w o er mit der Dissertation De epilepsia 1644 promoviert wurde. Zunächst Stadtarzt in seinem Geburtsort, ging er 1657 durch Vermittlung des Lübecker K a u f m a n n s Jakob Horn nach Moskau und wurde Leibarzt des Zaren Alexej Michailowitsch. 1666 folgte er einer Einladung des Kurfürsten —> Friedrich Wilhelm von Brandenburg nach Deutschland, kehrte jedoch auf Wunsch des Zaren Fjodor Aleksejewitsch 1676 nach Moskau zurück. Bekannt wurde E. durch das Eintreffen einiger Prophezeiungen; so sagte er 1664 in einer Denkschrift an den Zaren aus d e m ungünstigen Stande einiger Gestirne im astrologischen Kalender und den ungewöhnlichen Witterungsverhältnissen eine Pest im Ausland voraus, die in der Tat 1665 in London ausbrach. E n g e l h a r d t , Elisabeth, Schriftstellerin, * 11.3. 1925 Leerstetten bei Nürnberg, f 8 . 8 . 1 9 7 8 Leerstetten. E., Tochter eines Kleinbauern und Fabrikarbeiters, erhielt eine Ausbildung bei einem Kunst- und Theatermaler und

arbeitete seit 1953 als Dekorationsnäherin und Malerin bei den Städtischen Bühnen Nürnberg. Seit Beginn der sechziger Jahre auch schriftstellerisch tätig, verfaßte sie Erzählungen und R o m a n e ( u . a . Feuer heilt, 1964, 2 1969; Ein deutsches Dorf in Bayern, 1974, 2 1989), vielfach sozialkritischen Inhalts. Seit 1965 war E. Mitglied der Dortmunder Gruppe 61. m Killy E n g e l h a r d t , H e r m a n n , Paläontologe, * 10.3. 1839 Oberhohndorf bei Zwickau, t 24. 1. 1918 Dresden. Neben seiner Tätigkeit als Hilfslehrer in Nossen und dann als Hauslehrer auf dem Rittergut Krossen erlernte E., Sohn eines Markscheiders und Schichtmeisters, autodidaktisch die lateinische und die französische Sprache und beschäftigte sich mit Geologie und Paläontologie. 1861 wurde er Lehrer für Naturwissenschaften am Seminar Dresden-Friedrichstadt und ging 1869 an die Dresden-Neustädter Realschule, der er bis zu seiner Pensionierung 1907 angehörte. 1881 wurde E. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. Angeregt durch eine Preisaufgabe Uber die Flora der sächsischen Braunkohlenformation, verfaßte E. mehrere Monographien über die Tertiärflora verschiedener Gebiete (u. a. Sachsen, B ö h m e n , Bosnien und Herzegowina, Sardinien und Chile); die zahlreichen Abbildungen seiner Publikationen zeichnete er selbst. • • NDB E n g e l h a r d t , Karl August, Pseud. Richard Roos, Pädagoge, Schriftsteller, * 4 . 2 . 1 7 6 8 Dresden, t 28. 1.1834 Dresden. E. studierte an der Univ. Wittenberg Theologie und nahm 1790 eine Stelle als Hofmeister an, die er jedoch 1794 wieder aufgab. 1805 kam er als Akzessist an die Kgl. Bibliothek in Dresden, wechselte 1810 in die G e h e i m e Kriegskanzlei und wurde 1831 Kriegsministerial-Archivar. Seit 1818 f ü h r t e e r die Redaktion der Gesetzessammlung. Als Schriftsteller ist E. durch Arbeiten zur Geschichte Sachsens, vor allem jedoch durch Erzählungen und Gedichte hervorgetreten, die er unter Pseudonym veröffentlichte. Mit Dankegott Immanuel —> Merkel zusammen gab er die Jugendzeitschrift „Der neue Kinderfreund" (12 Bde., 1794-98) heraus, m ADB E n g e l h a r d t , Ludwig, Bildhauer, * 18.8. 1924 Saalfeld (Thüringen), t 18. 1.2001 Berlin. E. erhielt eine Ausbildung zum Möbeltischler, nahm als Soldat teil am Zweiten Weltkrieg und studierte 1 9 5 0 / 5 1 an der Pädagogischen Hochschule Berlin und 1951-56 an der Hochschule für bildende und angewandte Kunst BerlinWeißensee. 1956-58 war er Meisterschüler an der Deutschen A k a d e m i e der Künste bei bei Heinrich —» Drake und erhielt 1959 eine Anstellung als Assistent an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Seit 1964 war er freischaffend tätig. 1969 wurde er Mitglied, 1974 Sekretär der Deutschen A k a d e m i e der Künste. E. schuf Bronzeskulpturen, die in der Tradition der deutschen realistischen figürlichen Plastik der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts stehen. Zu seinen Arbeiten zählt das Mahnmal im M u s e u m des Martyriums im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz und das MarxEngels-Denkmal auf dem Marx-Engels-Forum in Berlin (für die Platzanlage war er 1977-86 auch als künstlerischer Gesamtleiter verantwortlich). CD A K L E n g e l h a r d t , Moritz Frh. von, Mineraloge, Geologe, * 2 7 . 1 1 . 1 7 7 9 Gut Wieso (Estland), t 10.2. 1842 Dorpat. N a c h d e m E. in Leipzig und Göttingen 1796-98 zunächst Jura studiert hatte, wandte er sich nach der politisch bedingten Unterbrechung (Verbot 1798 des Studiums für russische Untertanen an deutschen Universitäten durch Zar Paul I.) und dem Besuch der Vorlesungen Johann Jakob Friedrich Wilhelm —» Parrots und Alexander Nicolaus von —» Scherers in Dorpat 1805 der Mineralogie bei A b r a h a m Gottlob —» Werner in Freiberg zu. Dort befreundete er sich

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Engelhardt mit Karl von —> Raumer, mit d e m er ausgedehnte Forschungsreisen an den Rhein und nach Frankreich unternahm. 1810 erschienen seine Fragmente aus der Mineralogie. Mit Friedrich Parrot erkundete E., der 1809 wieder in seine Heimat zurückgekehrt war, 1811 die Krim und den Kaukasus. Spätere Expeditionen führten ihn wiederholt in verschiedene Regionen des russischen Reiches, zu dessen geologischer Kenntnis er wesentlich beitrug. Zahlreiche Publikationen dokumentieren die Ergebnisse seiner Reisen (u. a. Geognostische Umrisse von Frankreich, Großbritannien, einem Theil Teutschlands und Italiens, 1817, zusammen mit Karl von Raumer). Wegen des ähnlichen Gesteinsaufbaus in Brasilien und im Ural Schloß E. auf das Vorkommen von Diamanten im Ural, noch bevor sie dort entdeckt wurden (Die Lagerstätte des Goldes und Platins im Ural-Gebirge, 1828; Die Lagerstätte der Diamanten im Ural-Gebirge, 1830). 1820-30 bekleidete E., der Mitglied verschiedener wissenschaftlicher Gesellschaften war, eine Professur für Mineralogie an der Univ. Dorpat. 1827 wurde ihm der St. Annen-Orden der 2. Klasse und 1833 der Rang eines Staatsrats verliehen. Zu seinen Veröffentlichungen gehört ferner Geognostische Versuche (mit Karl von Raumer, 1815). E. war der Vater des Theologen Moritz von —>E. CD Henze

Engelhardt,

(Gustav) Moritz (Konstantin) Frh. von, luth. Theologe, Kirchenhistoriker, * 2 6 . 6 . 1828 Dorpat, t 2 3 . 1 1 . 1881 Dorpat. Der Sohn des Mineralogen Moritz von —»E. studierte zunächst in seiner Heimatstadt Theologie, wo ihn der orthodoxe Lutheraner Friedrich Adolf —> Philippi nachhaltig beeinfiußte, dann an den Universitäten Erlangen, Bonn, Berlin und Dresden und habilitierte sich 1853 in Dorpat für Kirchengeschichte. 1858 wurde E. dort o. Prof. der Kirchengeschichte. Sein besonderes Interesse galt der Dogmengeschichte und der Entwicklung der ältesten Kirche. Dabei gewannen die Auffassungen Albrecht —» Ritschis über die Entstehung der altkatholischen Kirche Einfluß auf ihn. E. war mit den Brüdern Oettingen, besonders mit seinem Schwager Alexander von —> Oettingen, freundschaftlich verbunden. Zu seinen Schülern zählte Adolf von —»Harnack. E. veröffentlichte u . a . Das Christentum Justins des Märtyrers. Eine Untersuchung Uber die Anfänge der katholischen Glaubenslehre (1878). Er war der Vater von Walter von —»E. CD N D B

Engelhardt,

(Johann Georg) Veit, luth. Theologe, * 12.11. 1791 N e u s t a d t / A i s c h , t 1 3 . 9 . 1 8 5 5 Erlangen. Nach d e m Theologie- und Philosophiestudium in Erlangen war E., Sohn eines Seilermeisters, als Diakon in der praktischen Seelsorge und als Lehrer am G y m n a s i u m tätig. 1820 promoviert und habilitiert, wurde er 1821 a. ο., 1822 o. Prof. der Theologie in Erlangen und gründete 1826 das Kirchenhistorische Seminar der Universität. E. veröffentlichte mehrere Abhandlungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte sowie zu Fragen der Mystik und Patristik; sie verbinden eine positivistische Grundhaltung mit den A n f ä n g e n des Erlanger Konfessionalismus. Neben seinem Wirken als T h e o l o g e beschäftigte sich E. mit Literatur und beherrschte mehrere Sprachen. Eine enge Freundschaft verband ihn mit d e m Dichter August von Platen. Er veröffentlichte u . a . ein Handbuch der Kirchengeschichte (4 Bde. 1 8 3 3 / 3 4 ) und eine Dogmengeschichte (2 Bde., 1839). t u Leb Franken, Bd 2 E n g e l h a r d t , Victor (Josef Karl), Elektrochemiker, * 2 6 . 1 0 . 1866 Wien, t 9 . 3 . 1 9 4 4 Berlin-Charlottenburg. E., Sohn eines Kaufmanns, besuchte die Oberrealschule in Triest, wo ihm wegen seiner besonderen naturwissenschaftlichen Begabung ein Arbeitsplatz in der Biologischen Station eingeräumt wurde. Nach dem Studium an der T H Wien trat er 1889 als Elektrotechniker in die Firma Siemens &

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Halske ein und siedelte 1905 nach Berlin über, wo er bis 1932 an den elektrochemischen Arbeitsstätten des Unternehmens tätig war. 1910-20 war er Dozent an der T H Breslau, übernahm 1920 eine Honorarprofessur an der T H BerlinCharlottenburg und hielt Vorlesungen über Elektrochemie und Elektrometallurgie. Zu seinen Leistungen zählt die Entwicklung der Goldgewinnung durch Laugung von Golderzen mit Zyankalium zur großtechnischen Reife sowie der Bau von Karbidanlagen und von Anlagen zur Herstellung von Silizium und Silizium-Kupfer um die Jahrhundertwende. 1931-35 gab er das dreibändige Handbuch der technischen Elektrochemie heraus. CD N D B

Engelhardt,

Walter Baron von, Gartenkünstler, Gartentheoretiker, Publizist, * 3 0 . 6 . 1864 Dorpat, t 7 . 3 . 1940 Düsseldorf. Der Sohn des Theologen Moritz —>E. studierte an der Univ. Dorpat Botanik. 1 8 9 1 / 9 2 war er Hospitant der Preußischen Gärtnerlehranstalt in Potsdam-Wildpark und pflegte Kontakte zu Peter —> Behrens, Fritz —>Encke, M a x —> Liebermann und Hermann —>Muthesius. Bis 1905 arbeitete E. als freier Gartenarchitekt in den baltischen Ostseeprovinzen, 1906-31 als städtischer Gartendirektor in Düsseldorf. 1906-40 war er außerdem als Lehrer für Gartenkunst an der Kunstakademie Karlsruhe. E. gehörte zu den Hauptvertretern der Gartenreformbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Seine theoretischen Abhandlungen weisen Bezüge zur Lebensphilosophie und zu den philosophischen Schriften von —>Goethe, —»Nietzsche und Bergson auf. E. veröffentlichte u . a . der Ludenhof (1893), Wissust (1895) und das Erbbegräbnis Jensei (1899). m AKL

Engelhardt,

Wilhelm, Militärbeamter, * 7 . 3 . 1 8 2 7 Geldern, | 8 . 7 . 1896 Berlin. Ursprünglich Jurist, trat E. 1850 in die Intendantur des Kriegsministeriums ein, nahm an den Kriegen von 1866 und 1870/71 bei verschiedenen Einheiten teil und wurde 1871 mit der Oberleitung aller Verpflegungsangelegenheiten der Besatzungsarmee in Frankreich betraut. Dort erwarb er sich Verdienste durch die Einführung von Dauernahrungsmitteln. 1884 wurde E. Chef der Verpflegungsabteilung im preuß. Kriegsministerium. Die Errichtung der ArmeeKonservenfabriken geht auf E. zurück. DO A D B E n g e l h a r d t - K y f f h ä u s e r , Otto, Maler, Graphiker, Zeichner, * 5. 1.1884 Artern (Thüringen), f 7 . 6 . 1965 Göttingen. E.-K. studierte 1901-07 an der Kunstschule Kassel, anschließend an den Kunstakademien Berlin und Weimar, w o er Kontakt zu Christian —> Rohlfs, M a x —> Beckmann und Edvard M u n c h hatte. 1907-10 unternahm er Reisen in Deutschland, nach Holland, Belgien, Schweden, Österreich und in die Schweiz. 1910 wurde er Mitglied des Deutschen Künstlerbundes und nahm seinen Doppelnamen an. 1912-14 als Musikerzieher in Burg bei Magdeburg tätig, war E.-K. nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg seit 1919 Maler und Kunsterzieher an der Louisenschule in Görlitz. 1939-45 war er im Auftrag der Wehrmacht Kriegsmaler in Polen, Holland, Belgien und Osteuropa. Seit 1945 lebte er in Göttingen. E.-K.s Werke waren vom Freilichtrealismus beeinflußt. 1922 erschien das graphische Mappenwerk Das schöne Görlitz, 1935 die Dokumentation deutscher Frontkameradschaft in Skizzen, Studien in Wort und Bild. 1 9 3 9 / 4 0 dokumentierte er in Das Buch vom großen Treck die Umsiedlung der Deutschen aus Galizien und Wolhynien in Skizzen und Aquarellen. Seit 1948 erregte E.-K. durch Aktdarstellungen, Figuren und Landschaften in einer selbst entwickelten Monotypietechnik internationale Aufmerksamkeit. Daneben widmete er sich seit 1951 vor allem der Darstellung von Bergleuten und Stahlwerkern aus d e m Ruhrgebiet. CD A K L

Engelhorn E n g e l h a r t , Hans, Baumeister, * A n f a n g 16. Jh., f kurz vor 2 . 2 . 1 5 7 3 Heidelberg. E.s erste urkundliche Erwähnung betrifft die Ernennung zum Brunnenmeister durch —> Ludwig V. von der Pfalz 1533. Seit 1547 Baumeister am Hof, diente E. bis zu seinem Tod d e m Kurfürsten und seinen Nachfolgern —> Friedrich II., —>Otto Heinrich und —> Friedrich III. Aus Urkunden und Briefen geht seine einflußreiche Stellung und sein hohes Ansehen hervor. 1556 führte E., noch vor dem Regierungsantritt Otto Heinrichs, kleinere bauliche Veränderungen an dessen Wohnung im Schloß durch. 1561 errichtete er die kurfürstliche Kanzlei am Fuße des Schloßbergs, die 1689 zerstört wurde. O b E. auch der Architekt des 1557 begonnenen OttheinrichBaus des Heidelberger Schlosses ist, konnte bislang nicht eindeutig geklärt werden. m AKL E n g e l h a r t , Josef (Anton), österr. Maler, Bildhauer, * 1 9 . 8 . 1 8 6 4 Wien, t 19. 12.1941 Wien. E. begann ein Studium an der T H Wien, wandte sich aber bald der bildenden Kunst zu und besuchte die Kunstakademien in Wien und München, wo er Schüler von L u d w i g —»Hetterich und L u d w i g —>Löfftz war. Es folgten ein längerer Aufenthalt in Paris sowie Bildungsreisen nach Spanien und Italien. 1897 gehörte E. zu den Gründungsmitgliedern der Wiener Sezession, der er bis 1939 angehörte und zweimal als Präsident vorstand ( 1 8 9 9 / 1 9 0 0 und 1910/11). Als Maler ging E. von der Darstellung Altwiener Volksszenen aus, deren lebensvolle, realistische Schilderung seinen Werken auch kulturhistorische Bedeutung verleiht. Eine Ausstellung in der Sezession präsentierte 1919 nahezu sein gesamtes malerisches Werk von 1890 bis 1918. Der vielseitige Künstler schuf auch Buchillustrationen, Wandmalereien und kunstgewerbliche Arbeiten. Seit 1903 wandte sich E. verstärkt der Plastik zu. Neben Porträtbüsten und Grabdenkmälern entstanden 1909 der Karl-Borromäus-Brunnen und 1937 das Fiaker-Denkmal. c n AKL E n g e l h a r t , Leopold, österr. kath. Theologe, * 15. 11. 1892 Wien, t 4. 8 . 1 9 5 0 Wien. Nach dem Theologiestudium an der Univ. Wien wurde E. 1917 zum Priester geweiht und war 1919-26 Diözesanpräses der österr. kath. Gesellenvereine, seit 1924 Domkurat, 1927 Domprediger, 1926-36 Direktor des Exerzitienwerks der Erzdiözese Wien. 1931-36 wirkte er als Vizekustos von St. Stephan, 1933 als Referent für die religiöse Vorbereitung des Katholikentags, gehörte 1934-38 d e m Bundeskulturrat an und amtierte als Generalsekretär der Katholischen Aktion. 1938 wurde E. Pfarrer in Neu-Ottakring. Mit der Instituierung der Gemeinschaft der Dienerinnen Christi des Königs (1926) gilt E. als Begründer des Berufs der Seelsorgehelferin. E n g e l h a r t , Michel (Michael), österr. Architekt, Graphiker, Maler, * 7 . 7 . 1 8 9 7 Wien, t 5 . 3 . 1 9 6 9 Wien. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg erhielt der Sohn einer Malerin eine Ausbildung als Maler und Radierer bei Alfred —»Cossmann und studierte anschießend Architektur an der T H Wien. E. arbeitete u . a . mit Max von —»Ferstel, Siegfried —> Theiss und Hans —> Jaksch, schließlich mit Paul —» Bonatz und Friedrich Eugen Scholer in Stuttgart zusammen. Seit 1924 Assistent am Institut für Baukunst an der T H Wien, wurde er 1926 mit der Arbeit Kirchliche Rundbauten des Mittelalters in Österreich promoviert. Seit 1929 arbeitete E. f ü r das Bundesdenkmalamt, dessen ständiger Konsulent er seit 1946 war. Im selben Jahr wurde er a. o . P r o f . , 1950-60 war er Prof. an der T H Wien, zunächst für zeichnerische und malerische Darstellung, seit 1950 Ordinarius und Leiter des Instituts für Baukunst und B a u a u f n a h m e n . E. war nach d e m Zweiten Weltkrieg wesentlich am Wiederaufbau von Wien beteiligt. Zu seinen bekanntesten Leistungen gehört

die Wiederherstellung des Burgtheaters (1951-55). Daneben war er mit d e m sozialen Wohnungsbau (u.a. Künstlersiedlung Stadbau, 1950, mit Fritz Judtmann) und d e m Landhausund Villenbau betraut. Außerdem betätigte sich E. als Maler und Graphiker und schuf detaillierte Bestandsaufnahmen Wiens. CD A K L E n g e l h o r n , Carl, Verleger, * 1.3. 1849 Stuttgart, t 1 2 . 1 2 . 1 9 2 5 Stuttgart. E. trat 1874 als Teilhaber in den von seinem Vater Johann Christoph E. 1860 gegründeten Verlag ein, dessen Schwerpunkte bis dahin geographische und kunstgewerbliche Publikationen und Prachtbände waren. Auf seine Initiative hin erschien seit 1884 „Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek", eine S a m m l u n g gehobener Unterhaltungsliteratur, die in Konkurrenz zur ein Jahr älteren „Collection S p e m a n n " zu niedrigen Preisen herausgegeben wurde und manche Nachahmung fand. 1897-1901 war E. Vorsteher des Βörsenvereins der Deutschen Buchhändler, 1904-09 Vorsitzender des Deutschen Verlegervereins. An der Vorbereitung des Urheberund Verlagsgesetzes von 1901 war er wesentlich beteiligt. 1910 verkaufte er seinen Verlag an Paul Schumann, der seit 1904 sein Teilhaber war, und an Adolf —> Spemann und engagierte sich in der Folgezeit im Volksbibliothekswesen und anderen öffentlichen Tätigkeiten. Das geographische Verlagsprogramm wurde später an K. F. Koehler in Leipzig verkauft, der Verlag selbst 1956 der Deutschen Verlagsanstalt angegliedert. c u LGB E n g e l h o r n , Friedrich sen., Industrieller, * 1 7 . 7 . 1 8 2 1 Mannheim, t 1 1 3 . 1902 Mannheim. E., dessen Vater als Bierbrauermeister, dann als Ö k o n o m tätig war, durchlief in M a n n h e i m eine Lehre als Juwelier und U h r m a c h e r und ließ sich nach der Wanderschaft 1846 dort als Goldarbeiter nieder. 1848 wandte er sich dem Gasgeschäft zu, gründete mit der bereits bestehenden „GasApparat-Gesellschaft" die Firma „Engelhorn & C o . " zur Herstellung von Gas in tragbaren Behältern und erhielt 1851 zusammen mit F. Sonntag und Spreng einen Auftrag zur Errichtung eines Gaswerkes aus städtischen Mitteln. Die erfolgversprechende Gewinnung von Anilinfarben aus Steinkohlenteer, der bei der Gasherstellung anfiel, veranlaßten E., F. Sonntag u. a. 1860 zur Gründung der „Chemischen Fabrik Dyckerhoff, C l e m m & Co.", die 1863 in die Firma „Sonntag, Engelhorn & C l e m m " überging. 1865 begann er, auch die teuren Hilfsstoffe für die Farbenherstellung selbst zu produzieren, und gründete in Ludwigshafen mit den Brüdern August und Carl —» C l e m m die „Badische Anilin- und SodaFabrik" (BASF). Das später weltweite Bedeutung erlangende Industrieunternehmen wurde von E. als Direktor bis 1883 geleitet. Er war der Vater von Friedrich —> E. jun. m NDB E n g e l h o r n , Friedrich jun., Chemiker, Unternehmer, * 1854 M a n n h e i m , t 3. 1. 1911 Mannheim. Der Sohn Friedrich —>E.s sen. studierte zunächst am Polytechnikum in Karlsruhe C h e m i e und wurde 1879 in Straßburg mit der Arbeit Beiträge zur Kenntnis ungesättigter Säuren promoviert. Nach der Militärzeit ging er nach England, um die wirtschaftlichen und technischen Voraussetzungen für chemische Großproduktion zu lernen. 1883 trat er jedoch auf Wunsch seines Vaters als Teilhaber in die Fa. „C. F. Boehringer & Söhne" in Mannheim ein, u m d e m j u n g e n Erben, d e m K a u f m a n n Ernst —> Boehringer nach d e m Tod von dessen Vater als Chemiker zur Seite zu stehen. Als auch Ernst Boehringer 1892 plötzlich starb, wurde E. Alleininhaber und erweiterte die Produktion der Firma, die bisher Chinin und eine kleine Anzahl von Arzneimitteln und Feinchemikalien hergestellt hatte, durch zahlreiche neue M e d i k a m e n t e aus der Klasse der Alkaloide, darunter

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Engelhus A t r o p i n , C o c a i n , C o d e i n , C o f f e i n , Veratin und Y o h i m b i n , später auch d u r c h S y n t h e t i k a w i e A n t i p y r i n und S t r o p h a n tin s o w i e d u r c h G e r u c h s - und D u f t s t o f f e . U n t e r seiner Leitung e r w a r b die F i r m a m e h r als 7 0 0 Patente. 1909 hatte sie r u n d 7 0 0 B e s c h ä f t i g t e , d a r u n t e r 31 C h e m i k e r und I n g e n i e u r e und 2 6 L a b o r a n t e n und T e c h n i k e r . F ü r d i e B e l e g s c h a f t w u r d e n W o h n h ä u s e r , Kantinen u n d B ä d e r s o w i e U n f a l l - und Pensionsversicherungen und verschiedene Hilfsfonds eingerichtet, a u c h W e i h n a c h t s - und U r l a u b s g e l d gezahlt. E. n a h m m e h r e r e A u f s i c h t s r a t s m a n d a t e in d e r Industrie u n d der Versic h e r u n g s w i r t s c h a f t wahr, war M i t g l i e d der nationalliberalen F r a k t i o n i m B ü r g e r a u s s c h u ß , M i t g l i e d der H a n d e l s k a m m e r , H a n d e l s r i c h t e r und Vorsitzender d e s A r b e i t g e b e r v e r b a n d e s der c h e m i s c h e n Industrie. E r starb an e i n e m H e r z i n f a r k t . Da seine vier S ö h n e sich noch in A u s b i l d u n g b e f a n d e n , w u r d e d i e F i r m a f ü r e i n e Ü b e r g a n g s z e i t von seiner W i t w e und ein e m d r e i k ö p f i g e n D i r e k t o r i u m aus F ü h r u n g s k r ä f t e n weitergeführt.

Engelhus,

Dietrich

Dietrich

Engelhus

Engelke,

Bernhard, Musikwissenschaftler, Musiker, Gesangspädagoge, * 2 . 9 . 1 8 8 4 Braunschweig, t 16.5.1950 K i r c h b a r k a u bei Kiel. E., S o h n eines Ingenieurs, studierte bei H e r m a n n —>Abert in H a l l e und H u g o —> R i e m a n n in L e i p z i g M u s i k w i s s e n s c h a f t und w u r d e 1908 mit der Dissertation Johann Friedrich Fasch. Sein Leben und seine Tätigkeit als Vokalkomponist p r o m o v i e r t . 1912-25 M u s i k l e h r e r , O r g a n i s t und L e i ter d e s D o m c h o r s in M a g d e b u r g , g i n g er a n s c h l i e ß e n d n a c h Kiel, w o er sich 1927 an der U n i v . mit der Arbeit Friedrich Weißensee und sein opus melicum habilitierte. N e b e n seiner Tätigkeit im S c h u l d i e n s t w i r k t e E. bis zu s e i n e m T o d als M u s i k f o r s c h e r , -kritiker u n d P r i v a t d o z e n t f ü r M u s i k w i s s e n s c h a f t . E r m a c h t e sich d u r c h A u s g a b e n älterer W e r k e und w i s s e n s c h a f t l i c h e P u b l i k a t i o n e n vor allem u m d i e M u s i k g e s c h i c h t e M a g d e b u r g s , M i t t e l d e u t s c h l a n d s und S c h l e s w i g H o l s t e i n s verdient. CD M G G E n g e l k e , Gerrit (Ernst Manilius), Dichter, * 21. 10. 1890 H a n n o v e r , t 13. 10. 1918 Etaples bei B o u l o g n e . F r ü h z e i t i g auf d e n e i g e n e n B r o t e r w e r b a n g e w i e s e n - der Vater, ein K a u f m a n n , w a n d e r t e schon 1901 nach A m e r i k a aus, die M u t t e r 1910 - , e r l e r n t e E. d a s M a l e r h a n d w e r k . In A b e n d k u r s e n bildete er sich auf der K u n s t g e w e r b e s c h u l e weiter und b e g a n n zu zeichnen, w i d m e t e sich in a u t o d i d a k t i schen S t u d i e n a b e r z u n e h m e n d d e r Literatur u n d schrieb u m 1 9 1 0 / 1 1 erste G e d i c h t e . Unterstützt von R i c h a r d —>Dehmel k a m E. in K o n t a k t mit der D i c h t e r g r u p p e d e r „ W e r k l e u t e auf H a u s N y l a n d " und J a k o b —> K n e i p . U n t e r d e m von E. g e w ä h l t e n Titel Rhythmus des neuen Europa erschien 1921 e i n e A u s w a h l seiner G e d i c h t e , d e r e n T h e m e n häufig der G r o ß s t a d t und A r b e i t e r w e l t e n t s t a m m e n . E.s Gesamtwerk w u r d e erst 1960 veröffentlicht. E.s z u m Teil h y m n i s c h e r Ton v e r b i n d e t ihn mit seinen Vorbildern R . D e h m e l , Walt W h i t m a n u n d E m i l e Verhaeren. P a t h e t i s c h b e s c h w o r er s e i n e Vision eines m e n s c h l i c h - b r ü d e r l i c h e n , n e u e n E u r o p a s . E. starb n a c h einer s c h w e r e n V e r w u n d u n g . CD Killy

Engelken,

Friedrich I., C h i r u r g , * A n f a n g M a i 1744 O b e r n e u l a n d (heute zu B r e m e n ) , t 2 9 . 1 . 1815 Oberneuland. E., S o h n eines B a u e r n , e r w a r b b e i m h o l l ä n d i s c h - i n d i s c h e n Militärdienst K e n n t n i s s e in der B e h a n d l u n g von G e i s t e s s t ö r u n g e n mit O p i u m , trat nach seiner R ü c k k e h r 1761 in B r e m e n eine c h i r u r g i s c h e Lehrstelle an, w a r seit 1764 als C h i r u r g tätig und g r ü n d e t e 1770 d i e Privat-Irrenanstalt B l o c k d i e c k in O b e r n e u l a n d , d i e f ü r G e n e r a t i o n e n in F a m i lienbesitz blieb und in der von seinen N a c h k o m m e n u. a. H e r m a n n I. - > E . , J o h a n n L u d w i g H e r m a n n II. —»E. und

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J o h a n n L u d w i g H e r m a n n III. —>E. als P s y c h i a t e r tätig waren. D i e B e h a n d l u n g der G e i s t e s k r a n k e n f o l g t e innovativ hum a n e n G e s i c h t s p u n k t e n u n d setzte u. a. A r b e i t s t h e r a p i e ein. D i e A n w e n d u n g von O p i u m blieb g e h e i m , d a E. als C h i r u r g zu internistischen B e h a n d l u n g e n nicht b e f u g t war; erst unter s e i n e m E n k e l J o h a n n L u d w i g H e r m a n n E. k a m es 1844 zu einer e n t s p r e c h e n d e n V e r ö f f e n t l i c h u n g nach e i n e m Vortrag vor der G e s e l l s c h a f t d e u t s c h e r N a t u r f o r s c h e r und Ärzte.

Engelken,

Friedrich II., M e d i z i n e r , P s y c h i a t e r , * A n f a n g D e z e m b e r 1777 O b e r n e u l a n d ( h e u t e zu B r e m e n ) , f 11.10.1829 Oberneuland. E., j ü n g e r e r S o h n von Friedrich I. —>E., Schloß d a s M e d i z i n s t u d i u m in G ö t t i n g e n 1799 mit der Dissertation Descriptio rheumatismifebrilis ab, ließ sich 1801 als praktischer A r z t in B r e m e n nieder, e r w a r b 1810 d a s G u t H o d e n b e r g in O b e r n e u land u n d g r ü n d e t e dort neben der väterlichen Anstalt B l o c k dieck e i n e zweite, g r ö ß e r e und sich schnell e n t w i c k e l n d e Anstalt, d i e 1829 von s e i n e m S o h n —> Friedrich III. —>E. und n a c h dessen Tod von s e i n e m E n k e l Friedrich I V . E. übernommen wurde.

Engelken,

Friedrich III., M e d i z i n e r , P s y c h i a ter, * 1 6 . 4 . 1 8 0 6 O b e r n e u l a n d ( h e u t e zu B r e m e n ) , t 1 4 . 5 . 1 8 5 8 H o d e n b e r g bei B r e m e n . E., S o h n von Friedrich II. —>E., studierte seit 1826 M e d i z i n in Leipzig, B o n n und H e i d e l b e r g , ü b e r n a h m 1829 von sein e m Vater die Anstalt H o d e n b e r g und Schloß 1830 das Stud i u m mit der P r o m o t i o n ab. Er e r g ä n z t e kritisch die A n g a b e n seines Vetters H e r m a n n II. E. ü b e r die O p i u m b e h a n d l u n g und v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Die Privat-Irrenanstalt zu Oberneuland bei Bremen (1835), Beiträge zur Seelenheilkunde (1846), Das Pennsylvanische Strafsystem vom ärztlichen Standpunkte betrachtet und kritisch (1847) und Die Psychiatrie (1849).

psychischbeleuchtet

Engelken,

J o h a n n L u d w i g H e r m a n n II., M e d i z i n e r , P s y c h i a t e r , * 5 . 5 . 1807 O b e r n e u l a n d ( h e u t e zu B r e m e n ) , t 3 0 . 7 . 1881 O b e r n e u l a n d . E. ü b e r n a h m nach d e m S t u d i u m der M e d i z i n seit 1827 in G ö t t i n g e n u n d W ü r z b u r g ( P r o m o t i o n 1832) u n d einer p r a k t i s c h e n Tätigkeit in B r e m e n 1837 von s e i n e m Vater H e r m a n n I. E . d i e von s e i n e m G r o ß v a t e r Friedrich I. —»E. g e g r ü n d e t e Anstalt B l o c k d i e c k in O b e r n e u l a n d . N e ben seiner L a n d p r a x i s hatte er e i n e k o n s u l t a t i v e N e r v e n p r a xis, in der er d i e bisher g e h e i m e O p i u m b e h a n d l u n g seines G r o ß v a t e r s a n w a n d t e , d i e er 1844 v e r ö f f e n t l i c h t e und d a m i t zur E t a b l i e r u n g dieser T h e r a p i e beitrug. 1860 ü b e r n a h m E. a u c h die von s e i n e m O n k e l Friedrich II. —»E. g e g r ü n d e t e Anstalt H o d e n b e r g , die aber bereits im f o l g e n d e n J a h r a u f gelöst w u r d e . 1868 ü b e r g a b E., d e r erfolgreich d i e F a m i l i e n p f l e g e förderte, d i e L e i t u n g der Anstalt B l o c k d i e c k s e i n e m S o h n J o h a n n L u d w i g H e r m a n n III. —» E.

Engelken,

J o h a n n L u d w i g H e r m a n n III., M e d i z i n e r , P s y c h i a t e r , * 2 4 . 2 . 1 8 4 4 O b e r n e u l a n d (heute zu B r e m e n ) , t 2 . 5 . 1919 B r e m e n . E., S o h n von J o h a n n L u d w i g H e r m a n n II. —>E., Schloß d a s M e d i z i n s t u d i u m in G ö t t i n g e n und Z ü r i c h 1867 mit der Prom o t i o n a b (Beitrag zur Pathologie der acuten Myelitis) und w u r d e M i t i n h a b e r der väterlichen A n s t a l t B l o c k d i e c k , 1868 N a c h f o l g e r seines Vaters. Er e r w e i t e r t e u n d m o d e r n i s i e r t e die Anstalt, hatte e i n e a u s g e d e h n t e N e r v e n p r a x i s und leitete die F a m i l i e n p f l e g e in R o c k w i n k e l , bis sie von der staatlichen B r e m e r Anstalt Ellen ü b e r n o m m e n w u r d e . M i t d e m Verkauf 1900 w a r die Anstalt nicht m e h r in F a m i l i e n b e s i t z .

Engelking,

Ernst, O p h t h a l m o l o g e , * 5 . 5 . 1 8 8 6 B i e l e f e l d , f 2 0 . 4 . 1975 Heidelberg. E. studierte M e d i z i n in F r e i b u r g / B r e i s g a u , Jena, M ü n c h e n und Berlin, w u r d e 1913 p r o m o v i e r t ( I n t r a l i g a m e n t ä r entwickelte Eierstockschwangerschaft), w a n d t e sich unter

Engelmann T h e o d o r —»Axenfeld der A u g e n h e i l k u n d e zu und habilitierte sich 1926 f ü r dieses F a c h ( Ü b e r den methodischen Wert physiologischer Perimeterobjekte). 1930-34 Leiter der städtischen A u g e n k l i n i k in K ö l n , d i e er zu einer w i s s e n s c h a f t l i c h e n Anstalt ausbaute, hatte er von 1935 bis zu seiner E m e r i t i e r u n g 1954 den L e h r s t u h l f ü r A u g e n h e i l k u n d e an der U n i v . H e i d e l b e r g inné. E. w a r M i t g l i e d der S A . S e i n e m e d i z i n i s c h e n A r b e i t e n b e t r e f f e n v o r a l l e m d i e pat h o l o g i s c h e P h y s i o l o g i e des F a r b e n s e h e n s , d e n Vorgang der D u n k e l a d a p t i o n und d i e sog. Perimetrie, d . h . d i e A u s m e s s u n g d e s G e s i c h t s f e l d e s . N e b e n der E n t w i c k l u n g d i a g n o stischer M e t h o d e n ( E n g e l k i n g - H a r t u n g ' s c h e s A d a p t a m e t e r , E n g e l k i n g - E c k s t e i n ' s e h e P e r i m e t r i e p a p i e r e ) w i d m e t e sich E. F r a g e n der N a t u r p h i l o s o p h i e . Er w a r M i t g l i e d d e r M e d i z i nischen A k a d e m i e M e x i k o s und der H e i d e l b e r g e r A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n (1962). E. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Augenheilkunde der Gegenwart (mit W a l t h e r L ö h l e i n , 3 Bde., 1942-44) und Dokumente zur Erfindung des Augenspiegels durch Hermann von Helmholtz im Jahre 1850 (1950). A b der 12. A u f l a g e ( 1 9 5 5 ) f ü h r t e er den von F r a n z —» S c h i e c k b e g r ü n d e t e n Grundriß der Augenheilkunde für Studierende fort. m J b H A W 1976

Engell,

H a n s E g o n , Politiker, * 5. 11. 1897 Hof S e l m s d o r f bei S c h ö n b e r g ( M e c k l e n b u r g ) , t 1 6 . 8 . 1 9 7 4 B a d Salzdetfurth. D e r S o h n eines L a n d w i r t s studierte nach d e m Kriegsdienst vier S e m e s t e r S t a a t s w i s s e n s c h a f t e n in Berlin, L e i p zig und M ü n c h e n , w a n d t e sich w i e d e r der L a n d w i r t s c h a f t zu und ü b e r n a h m 1921 den väterlichen H o f . Seit 1931 M i t glied der N S D A P , w u r d e E. 1932 L a n d t a g s a b g e o r d n e t e r f ü r M e c k l e n b u r g - S c h w e r i n und stellvertretender F r a k t i o n s f ü h r e r seiner Partei, 1933 Staatsrat und im selben J a h r M i n i sterpräsident M e c k l e n b u r g s . 1934 zog er sich aus d e r Politik zurück. 1946 g r ü n d e t e E. d i e I n t e r e s s e n g e m e i n s c h a f t der Vertriebenen im Kreis H i l d e s h e i m , w a r i m L a s t e n a u s g l e i c h s a m t tätig und g e h ö r t e f ü r d e n G e s a m t d e u t s c h e n B l o c k / B l o c k d e r H e i m a t v e r t r i e b e n e n und E n t r e c h t e t e n seit 1953 d e m D e u t s c h e n B u n d e s t a g an. CD M d B

Engelland,

H a n s , e v a n g . T h e o l o g e , * 2 3 . 6 . 1 9 0 3 Föhrd e n / R e n d s b u r g , f 4. 1 1 . 1 9 7 0 Kiel. D e r S o h n eines L a n d w i r t s studierte e v a n g . T h e o l o g i e in T ü b i n g e n ( 1 9 2 3 - 2 7 ) , G ö t t i n g e n ( 1 9 2 5 ) und Berlin ( 1925 / 26), u. a. bei Karl Barth. 1928 g i n g er als A s s i s t e n t Karl —> H e i m s nach T ü b i n g e n , w o er 1930 z u m D r . theol. p r o m o v i e r t w u r d e (Die Frage der Gotterkenntnis bei Melanchthon). E. lehrte als D o z e n t f ü r S y s t e m a t i s c h e T h e o logie in T ü b i n g e n u n d Kiel, w o er sich 1933 habilitierte (Die Gewissheit um Gott und der neuere Biblizismus). Die Nationalsozialisten e n t z o g e n E. 1935 die Lehrerlaubnis, obw o h l er s e i n e A u f f a s s u n g e n als „christlichen N a t i o n a l s o z i a l i s m u s " b e z e i c h n e t e . 1 9 3 5 / 3 6 w a r E. Vikar in Preetz und Kiel, w o er 1936 ordiniert w u r d e , und 1 9 3 6 / 3 7 D o z e n t und I n s p e k t o r an der „ A p o l o g e t i s c h e n C e n t r a l e " in BerlinS p a n d a u . 1938 w u r d e er P a s t o r und Vorsteher a m Elisabethstift in O l d e n b u r g . 1940-45 n a h m er a m Z w e i t e n Weltkrieg teil. Seit 1948 w a r er D o z e n t und seit 1950 P r o f . f ü r S y s t e m a t i s c h e T h e o l o g i e an der Kirchlichen H o c h s c h u l e in H a m b u r g , 1949-52 a u c h L e h r b e a u f t r a g e r a m P ä d a g o g i s c h e n Institut. 1954 w u r d e er H o n o r a i p r o f e s s o r u n d R e k t o r des A m a l i e - S i e v e k i n g - H a u s e s , 1962 H a u p t p a s t o r an St. J a c o b i in H a m b u r g und 1963 o . P r o f . f ü r S y s t e m a t i s c h e T h e o l o g i e in Kiel. E. galt als —> M e l a n c h t h o n - E x p e r t e , w a r M i t h e r a u s g e b e r d e s Biblisch-theologischen Handwörterbuchs zur Lutherbibel und v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Melanchthon. Glauben und Handeln (1931), Gott und Mensch bei Calvin ( 1 9 3 4 ) und Drei Wege zu Gott? Der völkische Glaube, der katholische Glaube, der biblisch-reformierte Glaube (1938). cd BBKL

Engelmann,

B e r n t , P s e u d . M d l e n T o m s e n , Schriftsteller, Journalist, * 2 0 . 1 . 1 9 2 1 Berlin, t 1 4 . 4 . 1994 M ü n c h e n . D e r S o h n eines Verlagsdirektors n a h m a m Z w e i t e n Weltkrieg teil, k o n n t e sein S t u d i u m nach e i n e m L a z a r e t t a u f e n t halt 1942 fortsetzen und arbeitete bei einer W i r t s c h a f t s k o r r e s p o n d e n z . 1944 e n t d e c k t e n d i e Nationalsozialisten seine Tätigkeit f ü r d e n W i d e r s t a n d , und E. w u r d e bis zu seiner B e f r e i u n g 1945 in den K o n z e n t r a t i o n s l a g e r n F l o s s e n b ü r g , H e r s b r u c k und D a c h a u g e f a n g e n g e h a l t e n . Er studierte d a n n n e u e r e S p r a c h e n , G e s c h i c h t e und Jura an den U n i v e r s i t ä t e n K ö l n , B o n n , G e n f und Paris, w a n d t e sich 1946 d e m Journ a l i s m u s zu u n d w a r e i n i g e J a h r e Mitarbeiter des N a c h r i c h t e n m a g a z i n s „ D e r S p i e g e l " . 1961-64 arbeitete E. u . a . als Berichterstatter des A R D - M a g a z i n s „ P a n o r a m a " f ü r d a s F e r n s e h e n und lebte seit 1964 als f r e i e r Schriftsteller a m T e g e r n s e e . B i s 1967 g a b er z u s a m m e n mit G e r t von P a c z e n s k y die Z e i t s c h r i f t „ D e u t s c h e s P a n o r a m a " heraus und w a r 1972-84 P r ä s i d i u m s m i t g l i e d des P E N - Z e n t r u m s d e r B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d , 1977-84 B u n d e s v o r s i t z e n d e r d e s V e r b a n d e s d e u t s c h e r Schriftsteller ( V S ) in d e r I G D r u c k und Papier. E. beteiligte sich an vielen pazifistischen Initiativen. 1986 erhielt er den H e i n r i c h - H e i n e - P r e i s der D D R . E. v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Meine Freunde, die Millionäre. Ein Beitrag zur Soziologie der Wohlstandsgesellschaft nach eigenen Erlebnissen ( 1 9 6 3 ) , Deutschland ohne Juden ( 1 9 7 0 ) und Großes Bundesverdienstkreuz (1970). CD K L G

Engelmann,

E d u a r d sen., österr. U n t e r n e h m e r , * 2 1 . 1 . 1833 W i e n , t 6. 11. 1897 W i e n . N a c h der A u s b i l d u n g a m W i e n e r P o l y t e c h n i k u m u n d ein e m B a n k p r a k t i k u m g r ü n d e t e der aus einer alten W i e n e r G r o ß h ä n d l e r f a m i l i e s t a m m e n d e E . e i n e Fabrik f ü r Wachstuch und K u n s t t a p e t e n . B e e i n d r u c k t von e i n e m Gastspiel d e s a m e r i k a n i s c h e n Eisläufers J a c k s o n H a i n e s in Wien, beg a n n er, d e n Eissport zu f ö r d e r n , und errichtete im Garten seiner F a b r i k und später in der Stadt einen E i s l a u f p l a t z . A l s sein U n t e r n e h m e n 1873 i n f o l g e eines B ö r s e n k r a c h s und d e r a m e r i k a n i s c h e n K o n k u r r e n z in S c h w i e r i g k e i t e n geriet, m a c h t e er d i e „ E n g e l m a n n - A r e n a " g e g e n Eintritt d e m Publik u m z u g ä n g l i c h und e r w a r b sich so Verdienste u m die W i e ner S c h u l e d e s K u n s t e i s l a u f s . E. war der Vater von E d u a r d —>E. j u n . CD C z e i k e

Engelmann,

E d u a r d j u n . , österr. Techniker, E i s k u n s t läufer, * 1 4 . 7 . 1 8 6 4 Wien, t 3 1 . 1 0 . 1944 W i e n . D e r S o h n von E d u a r d —»E. sen. Schloß d a s S t u d i u m an der T H W i e n als D i p l o m - I n g e n i e u r ab, w a n d t e sich d e m E i s e n b a h n b a u zu und w u r d e O b e r b a u r a t bei der N i e d e r ö s t e r r e i c h i s c h - S t e i r i s c h e n A l p e n b a h n und später Direktor bei der N i e d e r ö s t e r r e i c h i s c h e n LandeseisenbahnB a u d i r e k t i o n . 1909 f ü h r t e er d i e Elektrifizierung der M a riazeller B a h n durch, errichtete das K r a f t w e r k W i e n e r b r u c k und e n t w a r f ein P r o j e k t f ü r d i e Irrenanstalt G u g g i n g . In j u n g e n Jahren auf der E i s b a h n seines Vaters z u m E i s k u n s t l ä u f e r ausgebildet, w a r er 1892-94 dreimal in F o l g e E u r o p a m e i s t e r ; 1912 errang er die österr. D r e i r a d m e i s t e r s c h a f t . E. b a u t e d i e von s e i n e m Vater errichtete A n l a g e zur 1. F r e i l u f t k u n s t e i s bahn u m und schuf 1912 in W i e n und 1922 in B u d a p e s t weitere E i s b a h n e n . DD N D B

Engelmann,

E d u a r d W i l h e l m , Illustrator, H o l z s c h n e i d e r , * 7 . 2 . 1825 Leipzig, t 2 . 4 . 1 8 5 3 . E., der als einer der b e d e u t e n d s t e n d e u t s c h e n H o l s c h n e i d e r und -Stecher seiner Zeit gilt, arbeitete seit 1844 selbständig s o w i e f ü r d i e X y l o g r a p h i e - A n s t a l t e n von E d u a r d K r e t s c h m a r und J o h a n n G o t t f r i e d Flegel. E r w a r u. a. f ü r d i e „ L e i p z i g e r Illustrierte Z e i t u n g " und das Conversations-Lexikon für bildende Kunst tätig. D a s v o n i h m mit L i t h o g r a p h i e n illustrierte A l b u m Schiefertafelbilder zu deutschen Liedern nach Arnim, Brentano, Simrock u.a. ( 1 8 5 1 ) stellt in der G e s c h i c h t e d e r

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Engelmann deutschen Buchillustration eine Besonderheit dar, da es sich von den die Malerei nachahmenden lithographischen und xylographischen Illustrationen abgrenzt. Die Lithographien zeigen Schiefertafeln mit Weißlinienzeichnungen und weißer Schrift auf schwarzem Grund. CD A K L E n g e l m a n n , Georg (Theodor), Botaniker, Mediziner, * 2 . 2 . 1809 F r a n k f u r t / M a i n , t 4 . 2 . 1 8 8 4 St. Louis (USA). E., dessen Vater eine von ihm gegründete Höhere Töchterschule leitete, studierte in Heidelberg, Berlin und Würzburg Medizin und wurde 1832 mit einer Dissertation über Blütenabnormitäten promoviert (De antholysi prodromus), die besondere Anerkennung bei —> Goethe fand, der das T h e m a in seiner Metamorphose der Pflanzen aufgegriffen hatte. Nach Reisen durch Nordamerika ließ sich Ε. 1835 in St. Louis als praktischer Arzt nieder, blieb jedoch u. a. als Herausgeber der Zeitschrift „Das Westland" in Kontakt mit Deutschland. Mit seinen fortgesetzten Studien und mehreren Publikationen auf dem Gebiet der Botanik leistete E. grundlegende Beiträge zur Systematik der Pflanzenkunde und zur Kakteenkunde der U S A . Seine Entdeckung, daß die amerikanischen Weinreben gegen die europäische Reblaus immun waren, rettete den europäischen Weinbau vor der drohenden Vernichtung. 1856 gründete E. die „Academy of Science of St. Louis", deren erster Präsident er wurde. 1864 erfolgte die Wahl in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1887 erschienen The botanical works of the late Georg Engelmann (hrsg. von William Trelease und Asa Gray). m

NDB

Engelmann, (Pavel) Michael, Illustrator, * 2 6 . 2 . 1928 Prag, t 2 4 . 1 . 1966 Düsseldorf. E., Sohn einer Schauspielerin und eines Fabrikanten, kam 1941 in die U S A , leistete 1 9 4 6 / 4 7 Militärdienst bei der U S A r m y in Deutschland und durchlief danach eine Schauspielausbildung in N e w York. 1949 nach Europa zurückgekehrt, war er zunächst Graphiker bei der Zeitschrift „International Textiles" (Amsterdam), später Art Director bei der US-amerikanischen Zeitung für Deutschland „Die Neue Zeitung" in München, wurde 1 9 5 2 / 5 3 künstlerischer Leiter des Studios Sigla in Mailand und arbeitete anschließend als freier Graphiker in München und Düsseldorf. Nach einem erneuten Aufenthalt in den U S A ( 1 9 5 7 / 5 8 ) in München ansässig, wurde er 1965 Mitgründer einer Werbeagentur in Düsseldorf. Mit seinen klar gestalteten Plakatentwürfen war E. richtungweisend für die Werbegraphik nach dem Zweiten Weltkrieg; bekannt wurden u . a . seine mehrfach ausgezeichneten Arbeiten f ü r Roth-Händle. c n AKL Engelmann,

Paul, Architekt, Möbeldesigner, Philosoph, Schriftsteller, * 14.6. 1891 Olmütz, t 5 . 2 . 1965 Tel Aviv (Israel). E. studierte seit 1909 an der T H Wien Architektur, war 1912-14 Schüler, später auch Mitarbeiter von Adolf - > L o o s in dessen Bauschule und lebte mit Beginn des Ersten Weltkriegs zeitweise wieder in Olmütz. Dort ging er philosophischen, literarischen und journalistischen Tätigkeiten nach, war Privatsekretär von Karl —»Kraus und pflegte seit 1916 eine Freundschaft mit L u d w i g —> Wittgenstein, die 1925 zerbrach. 1934 emigrierte E. nach Palästina, lebte in Tel Aviv und arbeitete als Möbelzeichner und Architekt. Er gehörte zu den Herausgebern der Schriftenreihe „Gedanken", war Redakteur der Zeitschrift „Bei der L a m p e " und seit 1962 auch Redakteur bei der hebräischen Zeitschrift „Prosdor". Nach seiner Emigration veröffentlichte E. neben eigenen Werken (u.a. Gedanken, 1944; Im Nebel, 1945) vor allem Andenkenbände an Karl Kraus, Adolf Loos und Ludwig Wittgenstein. OD A K L

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Engelmann,

Richard, Bildhauer, * 5 . 1 2 . 1868 Bayreuth, t 9 . 9 . 1 9 6 6 Kirchzarten bei Freiburg/Breisgau. E. besuchte die A k a d e m i e der bildenden Künste in München und bildete sich 1893-95 in Florenz, 1896-99 in Paris weiter aus, wo er besonders Rodins Werke studierte. 1899 ging er nach Berlin, war Mitglied der Freien Sezession und 1913-31 Prof. an der Staatlichen Kunsthochschule in Weimar. Seit 1937 lebte er zurückgezogen in Kirchzarten bei Freiburg/ Breisgau. Unter E.s Werken ragen vor allem seine m o n u m e n talen, in Stein gehauenen Frauengestalten hervor, die bevorzugt in Brunnen- oder Gartenanlagen Aufstellung gefunden haben, wie etwa in den Brunnen der Stadtgärten von Görlitz und Osnabrück. E. schuf ferner das Wildenbruch-Denkmal in Weimar, Grabmäler, Kriegerdenkmale sowie Porträtbüsten (u.a. von d e m Komponisten M a x —» Reger). c n AKL

Engelmann,

Susanne (Charlotte), Germanistin, * 2 6 . 9 . 1 8 8 6 Berlin, t 2 6 . 6 . 1 9 6 3 Berlin. E., Tochter eines Kaufmanns, studierte seit 1905 Deutsche Sprache und Literatur, Englisch und Philosophie in Berlin, seit 1907 in Heidelberg, w o sie 1909 promoviert wurde (Der Einfluß des Volksliedes auf die Lyrik der Befreiungskriege). Nach einem Studienjahr am Bryn M a w r College in Bryn M a w r (Pennsylvania, U S A ) unterrichtete sie seit 1912 an Höheren Mädchenschulen in Berlin und wurde 1925 Leiterin des Berliner Margarethen-Lyzeums, 1928 des ViktoriaOberlyzeums (seit 1932 Oberstudiendirektorin). 1934 aus d e m Schuldienst entlassen, leitete sie 1935-37 die Volkshochschulkurse des Paulus-Bundes in Berlin. 1940 emigrierte E. über die Türkei in die U S A , w o sie 1 9 4 6 / 4 7 Assistant Professor an der Abilene Christian University in Abilene (Texas) und 1947-51 als Associate Professor of German am Mary Washington College der University of Virginia in Fredericksburg war. 1951 kehrte sie nach Berlin zurück und hatte 1952-57 einen Lehrauftrag für Sprech- und Stilerziehung an der Freien Univ. inné. E. schrieb u . a . Methodik des deutschen Unterrichts ( 1 9 2 6 , 5 1 9 5 7 ) , Die Krise der heutigen Mädchenerziehung (1928, 2 1929) und Deutsche Sprachlehre für Kinder (1930). DD I G L

Engelmann,

Wilhelm, Verleger, Bibliograph, * 1.8. 1808 Lemgo, t 23. 12.1878 Leipzig. Der Sohn eines Buchhändlers besuchte in Leipzig die Thomasschule, ging dann u . a . bei T h e o d o r —>Enslin in Berlin in die Lehre und übernahm 1833 die von seinem Vater 1811 gegründete Verlagsfirma. E. baute das kleine Unternehmen bald zu einem der bedeutendsten Verlagshäuser im Bereich der Geistes- und Naturwissenschaften aus. Bleibende Verdienste erwarb er sich insbesondere durch die hervorragende Ausstattung der bei ihm verlegten Literatur mit wissenschaftlich brauchbaren Abbildungen in F o r m von Holzschnitt, Lithographie und Lichtdruck. In E.s Verlagsprogramm waren u . a . Carl —»Gegenbaur, Ernst - ^ H a e c k e l , Georg Weber und Karl - » B i n d i n g vertreten. 1847 erschien bei ihm Adolf Glaßbrenners „Berliner Volksleben" mit den Illustrationen von Theodor —> Hosemann. In der Nachfolge von T. Enslin verfaßte E. eine Reihe von Fachbibliographien (u. a. Bibliotheca historico-naturalis, 1846; Bibliotheca geographica, 1858; Bibliotheca scriptorum classicorum, et graecorum et latinorum, 1847, 3 1880-82 in 2 Abt. hrsg. von Emil Preuß, Nachdr. 1959). Er war der Vater des Physiologen Wilhelm —>E. CD N D B

Engelmann,

(Theodor) Wilhelm, Physiologe, * 1 4 . 1 1 . 1 8 4 3 Leipzig, t 2 0 . 5 . 1909 Berlin. Der Sohn des älteren Wilhelm —>E. ging nach d e m Medizinstudium in Jena, Leipzig, Heidelberg und Göttingen 1867 (Promotion mit der Arbeit Ueber die Hornhaut des Auges) als Assistent zu Frans Cornells Donders nach Utrecht, wo er 1871 eine Professur für Biologie und Histologie erhielt.

Engels 1888 wurde er Nachfolger von Donders als Ordinarius für Physiologie und begab sich 1897 in gleicher Funktion und als Direktor des Physiologischen Instituts nach Berlin. Seit 1889 war E. Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. E.s Forschungen widmeten sich vornehmlich den Ursachen und der Mechanik der Bewegung, der Leitung von Erregungsvorgängen und den Sinnesorganen. Grundlegend waren seine Beobachtungen über die Bewegung der Zapfen und der Pigmentzellen im Auge unter dem Einfluß von Belichtung und Verdunkelung. E. war in zweiter Ehe mit der Pianistin E m m a Brandes, einer Schülerin von Clara —>Schumann, verheiratet und u . a . mit Johannes —» Brahms befreundet. E. veröffentlichte u.a. Die Flimmerbewegung (1868), Über den Ursprung der Muskelkraft (1892, 2 1893) und Das Herz und seine Tätigkeit im Lichte neuerer Forschung (1903). CD Biogr Jahrb, Bd 14

E n g e l s , Friedrich, Industrieller, * 1 2 . 5 . 1 7 9 6 Barmen (heute zu Wuppertal), t 2 0 . 3 . 1 8 6 0 Barmen. Nach einer Kaufmannslehre in Frankfurt war E. zunächst in d e m von seinem Vater Caspar —»E. gegründeten Geschäft tätig, trennte sich 1837 von seinen Brüdern und trat in die Firma der Brüder Ermen in Manchester ein, die unter d e m N a m e n Ermen und Engels eine Niederlassung ihrer B a u m wollspinnerei in B a r m e n eröffneten. Schon bald konnte E. auch in Engelskirchen eine Spinnerei errichten und verhalf diesem damals gewerblich unterentwickeltem Gebiet zu einem sichtlichen Aufschwung. G e m ä ß der Wuppertaler und der besonderen Familientradition übernahm E., der als weltgewandter K a u f m a n n und gleichzeitig strenger Pietist geschildert wird, in der Unterbarmer unierten Gemeinde mehrfach Kirchenämter und war 1835 und 1849 Kirchenmeister. Er war der Vater des Sozialisten Friedrich —> E. CD Wuppertal Bio, Bd 9

Engelmann,

Woldemar (August), Jurist, * 1 . 5 . 1 8 6 5 Dorpat, t 5 . 2 . 1 9 4 2 M a r b u r g / L a h n . Der aus einer livländischen Adelsfamilie stammende E., Sohn eines Juraprofessors, studierte 1886-90 in Dorpat, Freib u r g / B r e i s g a u und Leipzig Jura und wurde dort nach der Promotion 1892 (Der dolus indirectas, seine historische Entwicklung und Bedeutung) Assistent bei Adolf —>Wach und Karl —> Binding, der ihn nachhaltig beeinflußte. 1895 habilitierte er sich für Strafrecht und Strafprozeß und war 1901-03 an der Bibliothek des Reichsgerichts tätig. Seit 1902 a. o . P r o f . in Leipzig, ging er 1903 nach Marburg und war von 1920 bis zu seiner Entlassung 1933 o . P r o f . des Straf- und Strafprozeßrechts sowie des Zivilprozeß-, Konkurs- und Militärstrafrechts. In mehreren Veröffentlichungen beschäftigte sich E. mit d e m mittelalterlichen italienischen Recht. Sein Hauptwerk ist Die Wiedergeburt der Rechtskultur in Italien durch die wissenschaftliche Lehre (1938). Über die grundlegende Behandlung des Einflusses der Glossatoren und Postglossatoren, der Justizreform in Sinne des römischen Justizrechts, der Statutargesetzgebung u. a. hinaus, liefert E. hier wertvolle Beiträge für Fragen der deutschen Rezeptionsgeschichte. CD N D B

Engelmar,

Bischof von Passau, 9. Jh. Wohl als Nachfolger —» Ermenrichs wurde E. 875 Bischof von Passau. Er erhielt Privilegien für Hochstift und Stadt durch - » K a r l den Dicken, erwirkte Immunität und Königsschutz f ü r den Domstiftbesitz Passaus, besonders die St. Stephanskirche. Während E.s Amtszeit ernannte Kaiser —> Arnulf den —»Wiching zum Bischof, gegen den sich E. jedoch behaupten konnte. E n g e l s , (Johann) Caspar, Industrieller, * 2 8 . 2 . 1753 Unterbarmen, t 2 0 . 7 . 1 8 2 1 Unterbarmen. E.' Vater war Garnbleicher und Β and Wirker in Unterbarmen und begründete die dortige mechanische Spitzenfabrikation. G e m e i n s a m mit seinem Bruder Benjamin betrieb E. in seiner F i r m a zugleich Großhandel und den Import von italienischer Seide; in seinem Gut „am Siepken" besaß E. auch eine Ziegelei. E. erwarb sich Verdienste durch sein soziales Engagement in verschiedenen Wohlfahrtseinrichtungen und seinen Dienst in kirchlichen Organisationen. U m die kirchliche Armenpflege gegenüber den Säkularisierungsbestrebungen der französischen Regierung seit 1807 zu verteidigen, setzte sich der der reformierten Kirche angehörende E. seit 1817 für eine Zusammenarbeit der luth, und reformierten Bekenntnisse ein und war wesentlich an der Gründung der „vereinigt-evangelischen" Gemeinde in Unterbarmen beteiligt. E. war der Vater des Industriellen Friedrich —>E. CD N D B

E n g e l s , Friedrich, Pseud. T h e o d o r Hildebrandt, Friedrich Oswald, sozialistischer Theoretiker, Publizist, Politiker, * 2 8 . 1 1 . 1820 Barmen (heute zu Wuppertal), t 5 . 8 . 1 8 9 5 London. E. war der älteste Sohn des streng religiösen reformierten Textilfabrikanten Friedrich —» E. Während seiner kaufmännischen Lehre (seit 1838) betätigte er sich unter dem Pseudonym Friedrich Oswald als Dichter und Schriftsteller; er näherte sich, 1 8 4 1 / 4 2 in Berlin den Militärdienst ableistend, dem theoretischen (Junghegelianer) und politischen Radikalismus. Seit 1842 als K a u f m a n n in Manchester tätig, wurde er mit den mit der Industrialisierung verbundenen sozialen Problemen, der entstehenden britischen Arbeiterbewegung und mit deutschen kommunistischen Emigranten bekannt. 1845 publizierte er Die Lage der arbeitenden Klasse in England. Seit 1844 war er eng mit Karl —»Marx befreundet (ihr 1 8 4 5 / 4 6 entstandenes gemeinsames Manuskript der Deutschen Ideologie erschien, fast vollständig gedruckt, erst 1932). Gemeinsam entwickelten sie die Theorie des Wissenschaftlichen bzw. Historischen Materialismus, wandelten 1847 den „Bund der Gerechten" (London) in den „Bund der K o m m u n i s t e n " um und verfaßten das Manifest der Kommunistischen Partei (publiziert Februar 1848). 1 8 4 8 / 4 9 redigierten sie die „Neue Rheinische Zeitung" (Köln). E. beteiligte sich an revolutionären Aktivitäten 1 8 4 8 / 4 9 , u . a . im Rheinland und in Baden. Seit E n d e 1849 erneut in England, nahm er seine kaufmännische Tätigkeit in Manchester wieder auf, unterstützte finanziell den mittellosen Marx, verfaßte mehrere Schriften ( u . a . Der deutsche Bauernkrieg, 1850, nach Wilhelm —» Z i m m e r m a n n , 1 8 4 1 / 4 2 ) und schrieb Zeitungsartikel f ü r Marx (u. a. f ü r die „New York Tribune"). In der Ansprache der Zentralbehörde an den Bund vom M ä r z 1850 haben Marx und E. ihre Haltung während der Revolution von 1 8 4 8 / 4 9 kritisch analysiert und die selbständige Aktion der „proletarischen Partei" gegenüber den „kleinbürgerlichen D e m o k r a t e n " gefordert mit dem Ziel, „die Revolution permanent zu machen, so lange, bis alle mehr oder weniger besitzenden Klassen von der Herrschaft verdrängt sind". Nach der Auflösung des Kommunistenbundes befaßte sich E. vor allem mit militärischen Fragen (Spitzname „General"), den Problemen des Panslawismus, des Krimkriegs und der „orientalischen Frage". E. trat gegen das Selbständigkeitsstreben der „geschichtslosen" kleinen (vor allem slawischen)

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Engels V ö l k e r auf, unterstützte aber d i e nationalen A m b i t i o n e n der Polen und Iren (siehe ζ. B. Brief von E. an Karl Kautsky, 7 . / 1 5 . 2 . 1882). In Z u s a m m e n h a n g mit d e m d r o h e n d e n italienischen Krieg f o r d e r t e E. A n f a n g 1859 (in Po und Rhein) f ü r die D e u t schen „die Einheit, d i e [ . . . ] allein uns nach innen und a u ß e n stark m a c h e n k a n n " ; a u ß e r d e m w a r n t e er vor einer „russischf r a n z ö s i s c h e n A l l i a n z " (Savoyen, Nizza und der Rhein, 1860). In den s e c h z i g e r Jahren b e s c h ä f t i g t e sich E. n o c h intensiver m i t der d e u t s c h e n Politik (Die preußische Militärfrage und die deutsche Arbeiterpartei, 1865), b e k ä m p f t e F e r d i n a n d —> Lassalle und d e n A l l g e m e i n e n D e u t s c h e n Arbeiterverein ( A D A V ) ; nach d e m preuß. Sieg in der S c h l a c h t von K ö n i g g r ä t z akzeptierte er die b e v o r s t e h e n d e d e u t s c h e Einheit unter p r e u ß . F ü h r u n g , „ o h n e es [das F a k t u m ] zu billigen", u m „ d i e sich j e t z t j e d e n f a l l s darbieten m ü s s e n d e n g r ö ß e r e n Facilitäten zur nationalen O r g a n i s a t i o n und Vere i n i g u n g des d e u t s c h e n Proletariats [zu] b e n u t z e n , s o w e i t wir k ö n n e n " (E. an M a r x , 2 5 . 7 . 1866). Vor allem nach der G r ü n d u n g der S o z i a l d e m o k r a t i s c h e n Arbeiterpartei ( S D A P , 7 . - 9 . 8 . 1869 in E i s e n a c h ) v e r s u c h t e n E. und M a r x , Einfluß auf d i e e n t s t e h e n d e sozialistische A r b e i t e r b e w e g u n g in D e u t s c h l a n d zu n e h m e n . 1 8 6 9 / 7 0 arbeitete E. an einer nicht b e e n d e t e n d e u t s c h s p r a c h i g e n G e s c h i c h t e Irlands. D e n D e u t s c h - F r a n z ö s i s c h e n Krieg analysierte er in einer u m f a n g reichen Artikelserie. N a c h s e i n e m A u s s c h e i d e n aus d e m U n t e r n e h m e n E r m e n & E n g e l s übersiedelte er 1870 als w o h l h a b e n d e r Rentier nach L o n d o n . D o r t war E. seit O k t o b e r 1870 M i t g l i e d des Generalrats der Internationalen Arbeiterassoziation ( I A A ) und dessen k o r r e s p o n d i e r e n d e r S e k r e t ä r z u n ä c h s t f ü r B e l g i e n , d a n n (seit 1871) f ü r S p a n i e n und Italien s o w i e (seit 1872) f ü r P o r t u g a l u n d D ä n e m a r k . N a c h d e m H a a g e r K o n g r e ß ( 1 8 7 2 ) v e r f a ß t e E., unter Mitarbeit von M a r x und dessen S c h w i e g e r s o h n Paul L a f a r g u e , 1873 d i e geg e n B a k u n i n gerichtete S c h r i f t L'Alliance de la Démocratie Socialiste et l'Association Internationale des Travailleurs ( 1 8 7 4 d e u t s c h als Ein Komplott gegen die Internationale Arbeiterassoziation). Z u m i n d e s t seit 1854 (bis zu ihrem Tod 1863) w a r d i e irische Arbeiterin M a r y B u r n s und d a n a c h ihre S c h w e s t e r Lizzy, d i e er auf ihrem Totenbett 1878 heiratete, E.s Partnerin. N a c h d e m E n d e der I A A betätigte sich E. seit 1872 w i e d e r stärker publizistisch mit d e m Ziel, „ein universales, w i s s e n s c h a f t l i c h - p h i l o s o p h i s c h e s S y s t e m des dialektischen M a t e r i a l i s m u s " e i n z u f ü h r e n , „ d u r c h das er M a r x ' .politische Ö k o n o m i e ' n a t u r w i s s e n s c h a f t l i c h zu f u n d i e r e n und zu einer a l l g e m e i n e n , Natur, G e s c h i c h t e und G e s e l l s c h a f t u m f a s s e n d e n W i s s e n s c h a f t s l e h r e a u s z u b a u e n " (H. B o l l n o w ) trachtete. E r versuchte, g e m e i n s a m mit M a r x auf d i e E n t w i c k l u n g der d e u t s c h e n S o z i a l d e m o k r a t i e v o r und nach d e m G o t h a e r Vere i n i g u n g s k o n g r e ß (Mai 1875) und w ä h r e n d d e s Sozialistengesetzes ( 1 8 7 8 - 9 0 ) E i n f l u ß zu n e h m e n . E i n e g r o ß e W i r k u n g hatten s e i n e Schriften Herrn Eugen Diihrings Umwälzung der Wissenschaft (1878), Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates ( 1 8 8 4 ) und Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie (1888). N a c h M a r x ' Tod 1883 w u r d e E. z u m H a u p t b e r a t e r des „marx i s t i s c h " beeinflußten Teils d e r internationalen, b e s o n d e r s d e r d e u t s c h e n A r b e i t e r b e w e g u n g . E r n a h m E i n f l u ß auf das E r f u r t e r P r o g r a m m d e r S P D ( 1891 ) u n d auf d i e E n t w i c k l u n g d e r d e u t s c h e n S o z i a l d e m o k r a t i e (u. a. S t e l l u n g n a h m e g e g e n G e o r g von —» Vollmars „ R e f o r m i s m u s " und die „ l i n k e " O p position der „ J u n g e n " ) ; er h o f f t e a n g e s i c h t s der s o z i a l d e m o kratischen E r f o l g e bei d e n R e i c h s t a g s w a h l e n von 1890 und 1893 auf d e n baldigen „ g r o ß e n K l a d d e r a d a t s c h " in D e u t s c h land (siehe E.s B r i e f w e c h s e l mit A u g u s t —> Bebel). Von 1888 bis 1893 spielte E. eine e n t s c h e i d e n d e R o l l e bei G r ü n d u n g und A u f b a u der Z w e i t e n I n t e r n a t i o n a l e und blieb w i c h t i g f ü r

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d e r e n E n t w i c k l u n g bis zu s e i n e m Tod. E r w a r m a ß g e b l i c h daran beteiligt, d a ß sich die n e u e Institution als loser Z u s a m m e n s c h l u ß u n a b h ä n g i g e r n a t i o n a l e r Parteien f o r m i e r t e u n d d a ß d i e „ m a r x i s t i s c h " orientierten Parteien, i n s b e s o n d e r e aus F r a n k r e i c h u n d D e u t s c h l a n d , ihre Vorstellungen w e i t g e h e n d d u r c h s e t z e n k o n n t e n . E. betrachtete sich als politischer und literarischer N a c h l a ß v e r w a l t e r von M a r x und regte mit N e u h e r a u s g a b e n und Ü b e r s e t z u n g e n von W e r k e n , die M a r x allein o d e r mit i h m z u s a m m e n v e r f a ß t hatte, z . B . die Kritik des Gothaer Programms, s o w i e mit seiner publizistischen T ä t i g k e i t e i n e a u s g e d e h n t e R e z e p t i o n an (siehe ζ. B. M E G A 2 1 / 3 1 ) . In einer ein J a h r z e h n t u m f a s s e n d e n R e d a k t i o n s a r b e i t bereitete er die Edition der B ä n d e 2 und 3 des M a r x s c h e n Kapital (1885, 1894) vor (siehe M E G A 2 I I / 1 2 , 1 1 / 1 3 , 1 1 / 1 4 und 11/15). E., darauf b e d a c h t , von M a r x o f f e n g e l a s s e n e Fragen und P r o b l e m e als s o l c h e zu belassen, griff vielfach strukturierend und stilistisch in die M a r x s c h e n T e x t e (siehe M E G A 2 I I / 4 . 2 und 11/11) ein. E. starb an S p e i s e r ö h r e n k r e b s ; seine A s c h e w u r d e bei Eastb o u r n e im M e e r v e r s e n k t . WEITERE WERKE: Karl M a r x / F . E.: Historisch-kritische G e s a m t a u s g a b e (1. M E G A ) . Hrsg. v. D. R j a z a n o v , seit 1931 v. V . A d o r a t s k i . 12 Bde., F r a n k f u r t / M a i n , Berlin; M o s k a u / L e n i n g r a d 1927-35 (unvollständig). - Karl M a r x / F . E.: Werke. 39 Bde., 2 E r g ä n z u n g s b ä n d e , Berlin 1961-68. - Karl M a r x , F. E.: G e s a m t a u s g a b e . Berlin 1975ff. ( M E G A 2 ; seit 1990 hrsg. von der Internationalen M a r x - E n g e l s - S t i f t u n g A m s t e r d a m , nicht a b g e s c h l o s s e n ) . M a r x : Ö k o n o m i s c h e M a nuskripte 1863-1867. Teil 2. Berlin 1993 ( M E G A 2 I I / 4 . 2 ) . Karl M a r x : M a n u s k r i p t e z u m z w e i t e n B u c h des „ K a p i t a l s " (in Vorb.) ( M E G A 2 11/11). Karl M a r x : D a s Kapital. Kritik der politischen Ö k o n o m i e . R e d a k t i o n s m a n u s k r i p t z u m zweiten B u c h d e s „ K a p i t a l s " von F. E. 1 8 8 4 / 1 8 8 5 . Berlin 2 0 0 5 ( M E G A 2 I I / 1 2 ) . Karl M a r x : D a s Kapital. Kritik der politischen Ö k o n o m i e . Z w e i t e r B a n d . H r s g . v. F. E. H a m b u r g 1885 (in Vorb.) ( M E G A 2 11/13). Karl M a r x / F . E.: M a n u skripte und redaktionelle Texte z u m dritten B u c h d e s „ K a p i tals" 1871 bis 1895. Berlin 2 0 0 3 ( M E G A 2 I I / 1 4 ) . Karl M a r x : D a s Kapital. Kritik der politischen Ö k o n o m i e . Dritter B a n d . Hrsg. v. F. E. H a m b u r g 1894. Berlin 2 0 0 4 ( M E G A 2 II / 1 5 ) . F. E.: Werke. Artikel. E n t w ü r f e O k t o b e r 1886 bis F e b r u a r 1891. Berlin 2 0 0 2 ( M E G A 2 1 / 3 I ) . - M a r x E n g e l s Verzeichnis. 2 B d e . , Berlin 1968-71. - (Willy Herferth): Sachregister zu d e n W e r k e n Karl M a r x / F . E. Hrsg. v. H a n s Jörg S a n d k ü h l e r . K ö l n 1983. - D e r g r ö ß t e Teil d e s literarischen N a c h l a s s e s von E. befindet sich im I I S G ( A m s t e r d a m ) . Korrespondenzen: F. E.s B r i e f w e c h s e l mit Karl K a u t s k y . H r s g . v. B e n e d i k t K a u t s k y . W i e n 1955. - F. E . / P a u l et L a u r a L a f a r g u e . C o r r e s p o n d a n c e . H r s g . v. E m i l e Bottigelli. 3 B d e . , Paris 1956-59. - Karl M a r x / F . E.: B r i e f w e c h s e l mit W i l h e l m B r a c k e ( 1 8 6 9 - 1 8 8 0 ) . Berlin 1963. - W i l h e l m L i e b knecht. B r i e f w e c h s e l mit Karl M a r x und F. E. Hrsg. v. G e o r g Eckert. T h e H a g u e 1963. - A u g u s t B e b e l s B r i e f w e c h s e l mit F. E. H r s g . v. W e r n e r B l u m e n b e r g . L o n d o n / T h e H a g u e / P a ris 1965. - E d u a r d B e r n s t e i n s B r i e f w e c h s e l mit F. E. Hrsg. v. H e l m u t Hirsch. A s s e n 1970. - G e s p r ä c h e mit M a r x und F. E. Hrsg. v. H a n s M a g n u s E n z e n s b e r g e r . 2 B d e . , F r a n k f u r t / M a i n 1973. LITERATUR: G u s t a v M a y e r : F. E. E i n e B i o g r a p h i e . 2 B d e . , H a a g 1934 (Bd. 1 : 1 . Aufl., Berlin 1920). - A u g u s t e C o r n u : Karl M a r x und F. E. L e b e n und W e r k ( 1 8 1 8 - 1 8 4 6 ) . 3 Bde., Berlin b z w . B e r l i n / W e i m a r 1954-68. - J e l e n a S t e p a n o v a : Frederick E. M o s k a u 1958. - H e r m a n n B o l l n o w : E., F. In: N D B , Bd. 4, 1959, S. 5 2 1 - 5 2 7 . - V é r a M a c h á í k o v á : D e r j u n g e E . und d i e Literatur. ( 1 8 3 8 - 1 8 4 4 ) . Berlin 1961. H o r s t Ullrich: D e r j u n g e E. 2 B d e . , Berlin 1961-66. - G e r hard B e c k e r : Karl M a r x und F. E. in K ö l n 1848-1849. Berlin 1963. - H e l m u t Hirsch: F. E. in S e l b s t z e u g n i s s e n und B i l d d o k u m e n t e n . R e i n b e k bei H a m b u r g 1968. - H e n -

Engels ryk Skrzypzcak: Marx, E., Revolution. Berlin 1968. - F. E. Eine Biographie. Berlin 1970. - F. E. Sein Leben und Wirken. Moskau 1970 (russ.), 1973 (dt.). - Joachim S t r e y / G e r hard Winkler: Karl Marx und F. E. in Köln 1 8 4 8 / 4 9 . Berlin 1972. - W. O. Henderson: T h e Life of F. E. 2 Bde., London 1976. - M a n f r e d Kliem (Hrsg.): F. E. Dokumente seines Lebens 1820-1895. Leipzig 1977. - R o m a n Rosdolsky: Zur nationalen Frage. F. E. und das Problem der geschichtslosen Völker. Berlin 1979. - Terrell Carver: F. E. His Life and Thought. B a s i n g s t o k e / L o n d o n 1989. - Markus Biirgi: F. E. und die Zweite Internationale. In: M E G A - S t u d i e n 1 9 9 6 / 2 , S. 66-78. - F. E., savant et révolutionnaire. Sous la direction de Georges Labica et Mireille Delbraccio. Paris 1997. Manfred B. Steger/Terrell Carver (Hrsg.): E. after Marx. Manchester 1999. - Lutz Klinkhammer: Der j u n g e F. E. als Kritiker seiner Zeit. In: Europäische Sozialgeschichte. Festschrift für Wolfgang Schieder. Hrsg. v. Christof Dipper. Berlin 2000, S. 275-295. - Herfried Münkler: Der gesellschaftliche Fortschritt und die Rolle der Gewalt: F. E. als Theoretiker des Krieges. In: Marxismus. Versuch einer Bilanz. Hrsg. v. Volker Gerhardt. Magdeburg 2001, S. 165-191. Siegfried

Bahne/Regina

Roth

E n g e l s , Gabriel, Maler, * 2 4 . 8 . 1592 Hamburg, t 3 0 . 8 . 1654 Hamburg. E.' Eltern kamen aus Brabant, von w o sie aufgrund ihres protestantischen Glaubens flüchten mußten. Wichtige Quelle für E.' Leben ist eine von Georg —»Greilinger verfaßte Leichenrede, derzufolge E. England, Frankreich, Brabant und Italien bereist haben soll. Als Perspektivmaler genoß E. zu Lebzeiten auch außerhalb Hamburgs Ansehen, doch sind die meisten seiner Bilder, die überwiegend Architekturstucke (u. a. Lustschlösser, Tempel) darstellten, verschollen. Als Hauptwerk gilt daher sein Gemälde Tempel Salomas in der Hamburger Kirche St. Katharina, das das Innere des Tempels zu Jerusalem als eine in Renaissanceformen entwickelte Halle zeigt. In der Gestalt eines Malers hinter einem Pfeiler des Tempels wird ein Selbstbildnis E.' vermutet. CD A K L E n g e l s , Georg, Schauspieler, * 12. 1.1846 Altona (heute zu Hamburg), t 31. 10. 1907 Berlin. E. begann eine Ausbildung als Kunstmaler in Hamburg. Während eines Volontariats in einem Theaterdekorationsatelier wurde sein schauspielerisches Talent entdeckt, 1870 debütierte er am Woltersdorff-Theater in Berlin und kam 1872 als Komiker ans Wallner-Theater, 1883 an das Deutsche Theater. E. spielte zunächst in Berliner Lokalpossen und übernahm später auch komische Rollen und Charakterrollen in großen Schauspielen. Zu seinen herausragenden Erfolgen zählte der Kollege Crampton in Gerhart —» Hauptmanns gleichnamigem Stück. Nach Gastspielreisen durch Europa und Amerika trat E. wieder in Berlin auf, u. a. am Lessing-Theater und unter Max —»Reinhardt am Deutschen Theater. t u Biogr Jahrb, Bd 12 E n g e l s , Hubert Heinrich, Ingenieur, * 2 5 . 1 . 1 8 5 4 M ü l h e i m / R u h r , f 30. 10. 1945 Jena. Nach dem Studium (1874-77) an der Alten A k a d e m i e für Architektur in Berlin und der T H München war E., Sohn eines Musikdirektors, als Bauführer u . a . am Ausbau des Kieler Hafens beteiligt und ging 1881 zu L u d w i g —»Franzius nach Bremen, wo er an der Regulierung der Unterweser und dem Ausbau des Bremer Hafens mitwirkte. Vorübergehend als technischer Berater der preuß. Regierung in Königsberg tätig, leitete E. später den Bau der Straßenbrücke über die Nordelbe bei Hamburg. 1888 wurde er Prof. des Wasserbaus an der T H Braunschweig, 1890 in Dresden, wo er 1897 die erste „ständige Flußbau-Versuchsanstalt" einrichten konnte. Das Institut wurde vorbildhaft und zog bald eine Reihe ähnlicher Einrichtungen in Europa und Amerika nach sich. Seine Forschungen faßte E. im Handbuch des Wasser-

baues (2 Bde., 1921, 3 1923) zusammen. Im Ausland wurde er am Mississippi und am Hoang-ho als Gutachter herangezogen. m NDB E n g e l s , Jakob (Gerhard), evang. Theologe, * 5 . 1 0 . 1 8 2 6 Inden bei Jülich, t 1 6 . 2 . 1 8 9 7 Nümbrecht bei Siegburg. Seine Kindheit verbrachte E. in Köln, wo sein Vater Pfarrer an der Antoniterkirche war, studierte seit 1844 in Berlin und Bonn Theologie und wurde nach einer Vikariatszeit in Kaiserswerth 1851 Pfarrer in Nümbrecht im Oberbergischen Kreis. Dort entfaltete er eine äußerst wirksame Tätigkeit als Prediger, aber auch intensives soziales Engagement. Als in den siebziger Jahren des 19. Jh. unter dem Einfluß des in Wuppertal predigenden Engländers Pearsall Smith die Erweckungsbewegung auch Nümbrecht und seine U m g e b u n g erfaßte, verstand E. es, Irrationalismus und Separatismus in seiner G e m e i n d e zu verhindern, und wurde einer der angesehensten Vertreter der deutschen Erweckungsbewegung. m

NDB

E n g e l s , Johann Adolf, Industrieller, * 2 0 . 8 . 1767 Kettwig, t 16.10. 1828 Essen-Werden. Nach der Ausbildung zum Händler eröffnete E., dessen Vater Tuchhändler und Pächter der Walkmühle Kettwig war, 1791 mit seinen drei Brüdern ein Schreibwarengeschäft in Hohenlimburg bei Hagen. Daneben betrieb er bald eine Papiermühle bei Hagen, beteiligte sich später an der Papiermühle Nümbrecht bei Siegburg und pachtete 1799 vom Abt von Werden die Papiermühle Holsterhausen, die unter dem N a m e n H. W . W. S ö h n e firmierte. Hier produzierte er neben Schreibpapier grünes Druckpapier, bei d e m er die Farbe bereits d e m Stoff- oder Lumpenbrei zusetzte. Für seine Herstellung von Packpapier aus alten Schiffstauen, das den Inhalt vor Rost schützte und früher aus England und Holland eingeführt werden mußte, erwarb E. ein großherzoglich bergisches Patent. Der aufgrund der Kontinentalsperre gesteigerte Absatz bewog E. dazu, sein Holsterhausener Werk ganz auf die Produktion von rostschützendem Papier umzustellen. Er veröffentlichte u. a. Über Papier ( 1808) und Denkwürdigkeiten der Natur und Kunst, Religion und Geschichte, Schiffahrt und Handlung in den königlich Preussischen Niederrheinischen Provinzen (1817, 2 1819). CD N D B E n g e l s , Otto, Chemiker, * 2 6 . 4 . 1 8 7 5 Holthausen bei Düsseldorf, t 1 8 . 6 . 1 9 6 0 Speyer. E „ Sohn eines Landwirts, studierte Naturwissenschaften in Bonn und Würzburg und wurde 1900 an der Univ. Breslau mit der Arbeit Ueber Anlagerung von Formaldehyd an α - γ Lutidin und Spaltung des α - γ Lupetidins in seine optischen Isomeren promoviert. Danach an den landwirtschaftlichen Versuchsstationen in Breslau und Marburg tätig, wurde er 1904 Assistent, 1927 stellvertretender Direktor und 1939 Direktor an der Landwirtschaftlichen Versuchsstation Speyer. 1948 trat er in den Ruhestand. E., seit 1926 auch Professor, forschte insbesondere auf den Gebieten der Bodenkunde, der Düngung, der Pflanzenernährung und der Futtermittelkunde und publizierte nahezu 1000 Fachbeiträge. Z u s a m m e n mit Hermann Schmitt verfaßte er Das neuzeitliche Düngewesen, seine Entwicklungsgeschichte und Zukunft (1942) und Mineraldünger und Landmaschinen als Hauptstützen der großdeutschen Landwirtschaft (1943). CD B ö h m E n g e l s , Robert, Maler, Zeichner, Graphiker, Illustrator, Karikaturist, * 9 . 3 . 1 8 6 6 Solingen, t 2 4 . 5 . 1 9 2 6 München. Nach einer kaufmännischen Lehre studierte E. 1886-90 an der Kunstakademie Düsseldorf bei Adolf —»Schill und Peter —»Janssen. 1891 bildete er sich an der Académie Julian in Paris weiter und war anschließend freischaffend in Düsseldorf tätig. Zwischen 1892 und 1895 hielt er sich zu Studienzwecken u . a . in Dachau, London, Bremen und Worpswede auf. 1898 wurde E. ständiger Mitarbeiter der

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Engels Zeitschrift „Jugend" in München. Die Illustration des Werkes Le roman de Tristan et Iseut (1900) bedeutete für E. den künstlerischen Durchbruch. 1905 wurde er Lehrer an der D a m e n a k a d e m i e des „Vereins Münchner Künstlerinnen", 1910 Prof. für dekorative Malerei an der Kunstgewerbeschule in München. E., der Landschaften, biblische und mythologische Sujets, Porträts und Tierdarstellungen schuf, orientierte sich zunächst an dem dunkeltonigen Detailrealismus der Düsseldorfer Schule. Nach einem Aufenthalt in Paris stand er unter d e m Einfluß der Impressionisten, seit etwa 1911 unter d e m der Expressionisten. Von Bedeutung sind darüber hinaus E . ' s Illustrationen von Mythen und Märchen, darunter die Kinder- und Hausmärchen von Jacob und Wilhelm —> G r i m m (1908) sowie kunstgewerbliche Arbeiten wie Entwürfe f ü r Plakate, Glasfenster, Textilien, Bühnenbild und Figurinen zu Schauspielen und Opern. CD A K L E n g e l s , Wolfram, Wirtschaftswissenschaftler, Publizist, * 1 5 . 8 . 1 9 3 3 Köln, t 3 0 . 4 . 1 9 9 5 Bad H o m b u r g v . d . H . E., Sohn eines Wollhändlers, studierte nach einer kaufmännischen Lehre in Bremen Volks- und Betriebswirtschaft in Hamburg, Köln und N e w York und wurde 1961 zum Dr. rer. pol. promoviert. Bis 1964 in einem Textilunternehmen in Mönchengladbach tätig, habilitierte er sich 1968 an der Univ. Saarbrücken und wurde 1969 o. Prof. der Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Bankbetriebslehre, in Frankf u r t / M a i n . Seit 1984 war E. Herausgeber der Zeitschrift „Wirtschaftswoche". Er gehörte zu den Begründern des Frankfurter Instituts (Stiftung Marktwirtschaft und Politik) und war Sprecher des Kronberger Kreises. E. beschäftigte sich vorwiegend mit Kapitalmarkt- und Organisationstheorie. Er veröffentlichte u. a. Rentabilität, Risiko und Reichtum (1969), Das Volksvermögen (1974, mit H. Sablotny und D. Zickler), Mehr Markt (1976, 2 1977), The optimal monetary unit (1981), Den Staat erneuern - den Markt retten (1983) und Über Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit (1985). CP Munzinger E n g e l s c h a l l , Joseph Friedrich, Philosoph, Schriftsteller, Philologe, Maler, * 16. 12. 1739 Marburg, t 1 8 . 3 . 1 7 9 7 Marburg. Nachdem E., Sohn eines Advokaten, im 13. Lebensjahr das Gehör verloren hatte, bildete er sich weitgehend im Selbststudium aus, wobei er sich vor allem der Philosophie, Literatur und Zeichenkunst widmete. Längere Zeit verdiente er seinen Lebensunterhalt als Privatlehrer und durch die Publikation von Gedichten in Musenalmanachen, bis er 1788 als a. o . P r o f . für Philosophie an die Univ. Marburg berufen wurde. Eine Gedichtsammlung von E. erschien 1788. Einige Zeichnungen von ihm dienten Karl Wilhelm —>Justi später als Vorlagen für Abbildungen in seinen Aufsätzen. E.s Biographie Johann Heinrich Tischbein (Hofmahler zu Cassel) wurde nach seinem Tod 1797 von Justi herausgegeben. CD A K L

Engentinus,

Philipp, eigentl. P. Engelbrecht, Humanist, * um 1499 Engen (Hegau), t 1 2 . 9 . 1 5 2 8 Straßburg. E. studierte in Wittenberg, erlangte 1512 den Magistergrad und wurde 1514 in Freiburg/Breisgau immatrikuliert, wo er auf E m p f e h l u n g von Ulrich —>Zasius 1516 eine Professur f ü r Poetik erhielt. Sympathiebekundungen für —» Luther brachten E. verschiedentlich Schwierigkeiten ein. Er war mit Ulrich von —»Hutten befreundet, zu dessen „Verskunst" er unter der Bezeichnung „Hutteni coniuratus" einige Distichen beitrug, stand in Briefwechsel mit —> Erasmus und hatte Kontakt mit —> Beatus Rhenanus, T h o m a s —> Blarer und anderen Humanisten. 1521 nahm E. am Wormser Reichstag teil. Unter seinen literarischen Werken verdient vor allem ein Preisgedicht auf Freiburg aus dem Jahr 1515 Beachtung. •D NDB

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E n g e r , Robert, Klassischer Philologe, * 10. 1. 1813 Rybnik (Schlesien), t 1 4 . 4 . 1 8 7 3 Posen. Nach dem Studium an der Univ. Breslau wurde E. 1839 Gymnasiallehrer in Oppeln, 1845 Direktor des G y m n a s i u m s in Ostrowo und 1866 Direktor des Mariengymnasiums in Posen. Daneben setzte sich E. in mehreren Publikationen mit Text, Metrik und Szene der griechischen Dramen auseinander. Von einer geplanten kritischen A u s g a b e der Schriften des Aristophanes sind zwei Abteilungen des ersten Bandes erschienen. CD A D B E n g e r d , Johannes, auch Stenechthon, Dichter, * 1546 Neustadt (Thüringen), f nach 1587. Um 1565 hielt sich E. in Passau auf, trat zum Katholizismus über und immatrikulierte sich 1570 an der Univ. Ingolstadt. 1572 wurde er dort zum Dichter gekrönt und erhielt eine Professur für Poesie. 1587 verließ er nach Streitigkeiten mit den Vorständen der Univ. die Stadt. E. schrieb zahlreiche Gelegenheitsdichtungen in lateinischer Sprache, meist Festgedichte auf Hochzeiten und Promotionen. Bekannt wurde er auch als Verfasser eines Schmähgedichtes auf —> Luther und einer der ersten theoretischen Abhandlungen zur deutschen Verskunst (Prosodia Germanica [...], 1583). Seit 1581 setzte E. die von Valentin —»Rotmar begonnenen Annalen der Ingolstädter Hochschule fort. CD L M U E n g e r t , Ernst Moritz, Pseud. M. van Dronte, Graphiker, Silhouettenschneider, Bühnenbildner, * 2 4 . 2 . 1 8 9 2 Yokohama, t 14.8. 1986 Lieh (Hessen). E. studierte 1 9 0 9 / 1 0 an der Kunstgewerbeschule in München bei Julius —> Diez und an der Privatschule von Wilhelm von —> Debschitz. Außerdem hatte E. Kontakt zum Kreis u m Georg - > H e y m und Stefan - » George und August —> Macke. Nach d e m Kriegsdienst 1915-18 wurde E. Mitglied der Darmstädter Sezession und war für die Zeischriften „Der Z w e e m a n n " und „Das Tribunal" tätig. 1945 kehrte E. nach der Kriegsgefangenschaft nach Hadamar zurück, war als Illustrator und Porträtist tätig und unterrichtete seit 1952 an der dortigen Glasfachschule. Seine Holz- und Scherenschnitte um 1910 weisen Bezüge zu Kubismus und Futurismus auf, später orientieren sie sich an den fließenden F o r m e n des Jugendstils. Seit den zwanziger Jahren wandte sich E. auch der Gebrauchsgraphik zu. CD A K L E n g e r t , Thaddäus Hyazinth, kath., später evang. Theologe, * 1 0 . 8 . 1 8 7 5 Ochsenfurt (Bayern), t 2 6 . 1 . 1945 Gräfenroda (Thüringen). E. studierte in Würzburg, München, Berlin und Jena Theologie, wurde 1899 zum Priester geweiht, 1901 promoviert und war Benefiziat in Ochsenfurt sowie an verschiedenen Orten als Seelsorger tätig. Seine historisch-kritischen Schriften zum Alten Testament brachten ihn in Konflikt mit der Kirche, und er wurde 1907 exkommuniziert. Nach zweijähriger Leitung der modernistischen Zeitschrift „Das Zwanzigste Jahrhundert" trat E. zum Protestantismus über, studierte evang. Theologie und war seit 1913 Pfarrer in Gräfenroda. Er veröffentlichte u . a . Modernistische Vorträge (1910, 2 1914).

Engerth,

Eduard von, österr. Maler, Zeichner, * 13.5. 1818 Pleß (Schlesien), t 2 8 . 7 . 1897 Semmering (Niederösterreich). Seinen ersten Unterricht erhielt E., Bruder von Wilhelm von —>E„ von seinem Vater, einem fürstlich anhaltischen Hofmaler, und seinem Onkel, einem Bühnenmaler, studierte dann an der Wiener Kunstakademie u. a. bei Leopold —» Kupelwieser und hielt sich als Stipendiat mehrfach in R o m auf. 1854 wurde er Direktor der Akademie in Prag, erhielt 1865 eine Professur an der A k a d e m i e der bildenden Künste in Wien und wurde 1871 Direktor der

Engildeo kaiserlichen Gemäldegalerie im Belvedere, deren Übersiedlung in das Kunsthistorische M u s e u m und Erfassung in einem Katalog er später leitete. E. gehörte als Porträtmaler zu den bevorzugten Künstlern des Wiener Kaiserhofs. Er malte großangelegte Fresken wie die Darstellungen aus der Orpheus-Sage und die Hochzeit des Figaro in der Wiener Oper (1866-68, 1945 zum Teil zerstört). Zu E.s Schülern zählen Julius Victor von —> Berger und Franz —> Rumpier. CD A K L

der T H Karlsruhe. E.s Arbeiten zur Baustatik im allgemeinen und zur Statik des Brücken- und Eisenbahnbaus im besonderen sind von grundlegender Bedeutung f ü r die Theorie der eisernen Brücken. Seine oft durch rein empirische Forschungen und Modellversuche gewonnenen Ergebnisse wurden später durch statische Berechnungen bestätigt. E. veröffentlichte u. a. Theorie und Berechnung der Bogenfachwerkträger ohne Scheitelgelenk (1880). m Bad Bio N.F., Bd 2

Engerth,

Engesser,

Horst Frh. von, Ingenieur, * 13.6. 1914 Marb u r g / D r a u , f 1 8 . 1 0 . 2 0 0 3 Erding bei München. E., Sohn eines österr. Obersten, Schloß das Maschinenbaustudium 1936 an der T H München ab, war anschließend u . a . als Kraftfahrzeugsachverständiger in Berlin tätig und trat 1938 in den Militärdienst ein. Nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft 1946 studierte er nach einjähriger Tätigkeit in einer Brauerei und Mälzerei an der T H München-Weihenstephan Brauereiwesen, wurde 1952 bei Walther —» Fischer zum Dr. agr. promoviert (Beitrag zur Größenbestimmung und Kostenermittlung der Brauereiabteilung Kühlhaus) und übernahm 1954 den Lehrstuhl für Maschinenwesen und Energiewirtschaft der Brauerei sowie das Technische Büro Weihenstephan. 1968-70 war er Rektor, 1970-72 Prorektor der T U München und 1970-74 Vorsitzender der Bayerischen Rektorenkonferenz. 1973 in den Gründungsausschuß f ü r die Hochschule der Bundeswehr in München-Neubiberg berufen, war E. 1974-82 deren Präsident. 1970-91 gehörte er d e m Bayerischen Senat an. In d e m von Rudolf —> Plank herausgegebenen Handbuch der Kältetechnik veröffentlichte E. 1960 als zehnten Band Die Anwendung der Kälte in der Lebensmittelindustrie. Q3 Bayer Senat

Engerth,

Wilhelm Frh. von, österr. Ingenieur, * 2 6 . 5 . 1814 Pleß (Schlesien), t 4 . 9 . 1884 Leesdorf bei Baden (Niederösterreich). Der Bruder Eduard von —> E.s studierte an der A k a d e m i e der bildenden Künste und am Polytechnischen Institut in Wien Architektur, widmete sich auch dem Maschinenbau und erhielt nach einer Assistenzzeit am Institut für Mechanik des Polytechnikums 1844 eine Professur für Maschinenlehre am Johanneum in Graz. 1850 trat er als Technischer Rat in die Abteilung für Eisenbahnbetriebsmechanik des Ministeriums für Handel und G e w e r b e ein. In dieser Funktion entwarf E. die als „System Engerth" bekanntgewordene Lokomotivbauart für die Semmeringbahn, die als erste gebirgstaugliche B a u f o r m rasch Verbreitung fand. 1855 wurde er von der neueingerichteten österr. Staatseisenbahngesellschaft übernommen und setzte sich für den Bau des Basistunnels f ü r die Arlbergbahn ein. Als Mitglied der Donauregulierungskommission machte sich E. u m die Hochwasser- und Treibeisregulierung der Donau durch die Erfindung eines Schwimmtores bei Nußdorf verdient. Er gehörte als Beirat dem österr. Herrenhaus an. Er veröffentlichte u. a. Die Lokomotive der Staatseisenbahn über den Semmering (1854) und Das Schwimmtor zur Absperrung des Wiener Donaukanals ( 1884). OD N D B

Engesser,

Friedrich, Ingenieur, * 12.2. 1848 W e i n h e i m / Bergstraße, t 2 9 . 8 . 1931 Achern (Baden). Nach d e m Studium am Polytechnikum in Karlsruhe (1865-69) trat E., Sohn eines Musiklehrers, 1870 als Ingenieur in den badischen Staatsdienst ein. Zunächst im Wasserund Straßenbau tätig, arbeitete er bald f ü r die badische Staatsbahn, wirkte beim Bau der Höllental- und Schwarzwaldbahn mit und wurde später Vorstand des Brückenbaubüros sowie Geheimer Oberbaurat. 1885 erhielt er eine Professur für Statik, Brückenbau und Eisenbahnwesen an

Lukas, auch Engehser, Architekt, * 1 8 . 1 0 . 1 8 2 0 Villingen, f 3 1 . 1 . 1 8 8 0 Freiburg /Breisgau. E. war am Polytechnikum in Karlsruhe u.a. Schüler von Friedrich —> Eisenlohr, vertiefte seine Studien auf einer Reise durch Italien und wurde nach seiner Rückkehr 1855 mit den Eisenbahnhochbauten auf der Strecke Basel-Waldshut beauftragt. Seit 1857 badischer Bezirksbaumeister, wurde er 1863 erzbischöflicher Baumeister in Freiburg/Breisgau und widmete sich vor allem dem Kirchenbau. E. schuf u. a. die Kirchen in St. Georg bei Freiburg, Mahlberg und Lörrach, die in einem neuromanischen Baustil gehalten sind. Bekannt wurde er auch durch seine Restaurierungsarbeiten am Münster in Breisach und an der Kirche St. Martin in Freiburg. m

AKL

Engl,

Gadient, schweizer. Industrieller, * 1 3 . 1 2 . 1 8 8 1 Chur, t 19.5. 1945 Riehen bei Basel. Das Studium an der Ε Τ Η Zürich und der Univ. Genf Schloß E., Sohn eines Schlossermeisters, 1903 mit dem Diplom als Technischer Chemiker ab; 1904 wurde er an der Univ. Genf promoviert. Er arbeitete danach als wissenschaftlicher und Betriebschemiker, seit 1907 als Abteilungsleiter bei der Gesellschaft für Chemische Industrie in Basel (CIBA); 1914 wurde er Prokurist, 1916 Vizedirektor, 1918 Direktor, 1924 Delegierter, 1928 Vizepräsident und Delegierter des Verwaltungsrats. Durch seine Erfindungen auf dem Gebiet der künstlichen organischen Farbstoffe, der sogenannten indigoiden Küpenfarbstoffe, legte E. den Grundstein für den Aufstieg der schweizer. Teerfarbenindustrie zur Weltgeltung. Maßgeblichen Einfluß auf die wirtschaftliche Entwicklung seines Landes nahm E. auch als Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für chemische Industrie (1927-37), des Basler Volkswirtschaftsbundes (1932-38) und des Verbandes Basler chemischer Industrieller (1935-43). E. war Ehrenmitglied der Schweizerischen Chemischen Gesellschaft, der Society of Chemical Industry, London, und der Société de Chimie Industrielle, Paris. 1942 gehörte er d e m Schweizerischen Schulrat an. CD Schweizer Pioniere, Bd 15

Engilbert,

Bischof von Passau, t 1065. Der ehemalige Hofkaplan der Kaiserin —> Agnes übte seit 1045 sein Bischofsamt in Passau aus und erlangte mehrere Gnadenbriefe und Privilegien für das Hochstift. 1051 waren Kaiser —» Heinrich III. und Papst —» Leo IX. am bischöflichen Hof anwesend; aus diesem Anlaß erhielt er Besitzbestätigungen u . a . für Kremsmünster und Mattsee. E. förderte das Klosterwesen und errichtete in Passau neben der Dompfarrei eine zweite Pfarrei.

Engildeo,

Graf, * um 844, t nach 895. E. war wahrscheinlich ein Sohn von Graf Rodold aus dem Gebiet nördlich von Freising. Er ist während der ersten Regierungsjahre von Kaiser —> Arnulf als Graf im Donaugau und Nordgau nachweisbar. E. hatte u . a . Besitz in Straubing, den er 8 8 3 / 8 7 gegen den Hof Elsendorf tauschte. Er selbst residierte wohl in Regensburg. E. war bayerischer Statthalter von —> Karl III. dem Dicken. Er besaß großen Ehrgeiz, König zu werden oder sich von dem karolingischen Herrschaftsverbund zu lösen. Kaiser Arnulf griff E. schließlich

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Engilmar mit Hilfe —> Erchanbalds an und überwand ihn. 895 wurde E. endgültig abgesetzt. Von seinem Sturz profitierte vor allem Graf —» Luitpold, der seine Amter und Würden übernahm. DO L e x M A E n g i l m a r von Niederharthausen, Bischof von Parenzo, t nach 1040 Parenzo (Istrien). Der aus einer wohlhabenden Familie stammende E. verließ 1006 Niederharthausen und wurde Archipresbyter der Regensburger Kirche, bevor er in das Kloster St. E m m e r a m eintrat. Von vor 1030 bis ca. 1040 war er Bischof im Suffraganbistum Parenzo. In dieser Eigenschaft nahm er 1037 die Kirchweihe des wiedererrichteten Niederaltaich vor. Auf E., der Kontakte zu —» Arnold von St. E m m e r a m unterhielt, gehen zahlreiche Stiftungen zurück. E n g i s c h , Karl (Franz Wilhelm), Jurist, * 15.3. 1899 Gießen, t 11.9. 1990 Nieder-Wiesen (Hessen). E. studierte Rechtswissenschaften in Gießen und München, wurde 1924 in Gießen promoviert (Die Imperativentheorie) und habilitierte sich 1929 (Untersuchungen Uber Vorsatzund Fahrlässigkeit im Strafrecht), nachdem er als Gerichtsund Anwaltsassessor sowie als Assistent der Gießener Fakultät tätig gewesen war. Lehraufträge führten ihn nach Freiburg und München, bis er 1934 als Ordinarius für Strafund Prozeßrecht und Rechtsphilosophie an die Univ. Heidelberg berufen wurde. 1953 erhielt E. einen Ruf an die Univ. M ü n c h e n , w o er bis zu seiner Emeritierung 1967 lehrte. Zahlreiche Veröffentlichungen auf den Gebieten des Strafrechts und der Rechtsphilosophie (u.a. Einführung in das juristische Denken, 1956, "1983), aber auch über Rechtsprobleme in der Medizin haben E. bekannt gemacht. Er war Mitglied der Heidelberger und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. E n g l , Josef Benedikt, Zeichner, Bildhauer, Lithograph, * 2 . 7 . 1867 Schallmoos bei Salzburg, t 2 5 . 8 . 1907 München. E., Sohn eines Lokomotivheizers und Bremsers, studierte nach einer Lithographenlehre in München 1885-88 an der dortigen Kunstgewerbeschule. 1888 war er Mitarbeiter des Witzblatts „Radfahr-Humor", 1891-98 der „Meggendorfer Blätter" und seit 1893 des „Süddeutschen Postillons". In den „Fliegenden Blättern" veröffentlichte er erstmals 1894 Zeichnungen. Von 1896 (ab Nr. 2) bis zu seinem Tod war E. ständiger Mitarbeiter des „Simplicissimus". In seinen Zeichnungen stellte er vor allem das Milieu Münchner Kleinbürger und Arbeiter dar. Er war der Vater des Physikers Joseph Benedict - » E . e n A KL E n g l , Joseph Benedict, Physiker, * 6 . 8 . 1 8 9 3 München, t 8 . 4 . 1942 N e w York. E., Sohn von Josef Benedikt —»E., Schloß sein Studium der Physik mit der Promotion 1917 ab. Mit Joseph —» Massolle und Hans —»Vogt ging er als Erfinder des sogenannten „Triergon"-Verfahrens für die A u f n a h m e und Wiedergabe von Lichttonfilmen in die Geschichte ein. Das in einem privaten Studio entwickelte System wurde 1922 erstmals öffentlich vorgeführt und revolutionierte die Filmtechnik. 1923-26 war E. für die Tri-Ergon A G Zürich tätig, habilitierte sich 1926 mit der Arbeit Zur Zustandsgieichung und inneren Reibung von Wasserstoffgas und betrieb, neben einem Lehrauftrag an der T H Berlin, in einem eigenen Laboratorium in Berlin Forschungen über Ultraschall. Für amerikanische Filmgesellschaften arbeitete er seit 1929 an der Entwicklung von Tonfilmgeräten. 1939 emigrierte E. in die U S A und wirkte als beratender Physiker. Er veröffentlichte u . a . Der tönende Film (1927) und Raum- und Bauakustik (1939). m NDB

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E n g l ä n d e r , Margarete, geb. Pastor, Politikerin, * 2 2 . 2 . 1 8 9 5 Krefeld, t 8 . 5 . 1 9 8 4 Krefeld. Nach einer kaufmännischen Ausbildung und Tätigkeit in einer Weberei erlebte E. den Ersten Weltkrieg als Pflegerin des Deutschen Roten Kreuzes. 1925 wurde sie Vorstandsmitglied der Evangelischen Frauenhilfe, nach dem Zweiten Weltkrieg der Schwesternschaft des Deutschen Roten Kreuzes. Seit 1945 Mitglied der C D U , begann sie ihr politische L a u f b a h n 1949 als Stadtverordnete in ihrer Heimatstadt; 1952 wurde sie Vorstandsmitglied der C D U Rheinland, des Frauenausschusses der C D U Nordrhein. 1957-61 und 1962-65 war sie Mitglied des Deutschen Bundestags. E. gehörte d e m Vorstand des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands an, dessen Zweite Vorsitzende sie 1957 wurde. m MdB E n g l ä n d e r , Richard (Bernhard Wilhelm Otto), Musikwissenschaftler, Dirigent, Musiker, * 1 7 . 2 . 1 8 8 9 Leipzig, t 16.3. 1966 Uppsala. Nach dem Besuch der Thomasschule in Leipzig studierte E. am dortigen Konservatorium Violoncello, Klavier und Komposition (u.a. bei Paul —»Klengel), ferner Musikwissenschaft bei Hugo - » R i e m a n n und Arnold - » S c h e r i n g in Leipzig sowie bei Hermann —» Kretzschmar in Berlin. Mit einer grundlegenden Arbeit über Johann Gottlieb Naumann als Opernkomponist, die 1922 in einer überarbeiteten F o r m erschien, wurde E. 1916 promoviert und lebte bis 1939 als Musikschriftsteller und Pianist ( u . a . Konzertbegleiter, Solorepetitor der Staatsoper) in Dresden. 1939 emigirierte er nach Schweden, hielt Rundfunkvorträge, lehrte seit 1948 an der Univ. Uppsala und leitete dort seit 1954 das neugegründete Collegium musicum. Seine musikwissenschaftlichen Forschungen zur Geschichte der Gustavianischen Oper in Schweden fanden in Fachkreisen Beachtung. Als K o m p o nist trat E. u. a. mit Cello- und Gambensonaten sowie Klavierliedern hervor. DD M G G E n g l ä n d e r , Sigmund, österr. Journalist, Schriftsteller, * 1828 Wien, t 30. 11. 1902 Turin. Der einer streng orthodoxen jüdischen Familie entstamm e n d e E. brach sein Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. Wien ab, wurde 1842 Mitarbeiter des „Wiener Sonntagsblatts", 1847 Redakteur der „Konstitutionellen Donauzeitung", pflegte seit 1846 U m g a n g mit Friedrich —»Hebbel und gab die literarische Zeitschrift „Der Salon" heraus. Im Revolutionsjahr 1848 veröffentlichte er zwischen d e m 9 . 6 . und d e m 27. 10. die „Wiener Katzenmusik" (auch unter d e m Titel „Charivari"), wurde deshalb vom Pressegericht verurteilt und floh zunächst nach Leipzig. Später reiste er weiter nach Paris, wo er trotz der Intervention Heinrich —» Heines wegen der Teilnahme an geheimen Gesellschaften inhaftiert wurde. E. konnte nach London e n t k o m m e n und war dort in einem Telegraphenbüro und als K a u f m a n n tätig. Später lebte er wieder in Wien. c d Lex dt-jüd Autoren E n g l a n d e r , Ludwig, auch Engländer, Englaender, Kapellmeister, Komponist, * 2 0 . 1 0 . 1853 Wien, t 13.9. 1914 Far Rockaway (New York, USA). E. studierte in Wien Komposition bei Franz von —»Suppé, Johann —»Brandl und Robert —»Fuchs. Er wanderte nach N e w York aus, wo er seit 1882 u. a. am Thalia Theatre und Casino Theatre als Kapellmeister und Hauskomponist tätig war. Anfangs unterrichtete er auch Harmonielehre und Kontrapunkt. Nach d e m Erfolg seiner Revue „The Passing S h o w " (1894), die er zusammen mit d e m Bühnenautor Sydney Rosenfeld geschaffen hatte, komponierte er für verschiedene N e w Yorker Theater. Zwischen 1890 und 1923 war er neben Gustave Kerker einer der wichtigsten B ü h n e n k o m ponisten am Broadway. Einige seiner Stücke waren große

Engler Erfolge, darunter Miss Innocence (1908) und The Casino Girl (1900). 1911 bzw. 1912 wurden in Wien seine Operetten Vielliebchen und Kittys Ehemänner uraufgeführt. m MGG

Englberger,

Ilse, Malerin, Graphikerin, * 1 1 . 4 . 1 9 0 6 Dortmund, f 3 1 . 6 . 1 9 9 1 Berlin. Nach dem Besuch der Kunstgewerbeschule in Dortmund 1925-29 besuchte E. die Folkwangschule in Essen und studierte bei Wilhelm Pötter, Josef —»Urbach und Karl —»Rössing. Während dieser Zeit lernte sie ihren späteren Mann, den Architekten Otto E., kennen, mit d e m sie nach einer Lehrtätigkeit für Schrift- und Plakatgestaltung in Essen nach Berlin zog. Seit 1945 war E. freischaffende Künstlerin und lebte seit 1952 in Weimar. Besonders in ihren Gemälden wandte sich E. der gesellschaftlichen Rolle der Frau zu. Auf dem Internationalen Frauenweltkongreß in Moskau enstanden zahlreiche Porträtskizzen, u . a . von der Kosmonautin Valentina Tereskova. E.s farbenkräftige Stilleben und Landschaften weisen expressionistische Formen auf. DP A K L

Englberger,

Otto, Architekt, * 1 7 . 8 . 1 9 0 5 Erlangen, t 3 0 . 1 0 . 1977 Weimar. Nach einer Maurerlehre studierte E. bis 1925 an der Bauschule in Nürnberg, nach einer Tätigkeit im Stadtbauamt in O c h s e n f u r t / M a i n an der Folkwangschule in Essen und arbeitete in einem Architekturbüro in Gelsenkirchen und bei Emil —»Fahrenkamp in Essen. 1929 wurde er Architekt der Gemeinnützigen Aktien-Gesellschaft f ü r AngestelltenHeimstätten in Essen und leitete 1937-39 die Berliner Entwurfsabteilung. Seit 1945 Leiter des Bau- und Wohnungsamtes des Landkreies Teltrow in Blankenfelde bei Berlin, wurde er 1950 an das Institut f ü r Städte- und Hochbau des Ministeriums für Aufbau der D D R berufen, wo er 1951-53 mit Heinz Präßler und Gustav Lüdecke typisierte Grundrisse für den Wohnungsbau entwickelte. 1951 wurde er kommissarischer Direktor, 1954 Rektor der Hochschule für Architektur und Bauwesen in Weimar, an der er als Prof. Wohnund Gesellschaftsbau lehrte. E. gehörte der Deutschen Bauakademie an. Er war mit Ilse - » E. verheiratet. CD A K L E n g l e r , Adolf (Gustav Heinrich), Botaniker, * 2 5 . 3 . 1844 Sagan (Schlesien), t 10. 10. 1930 Berlin-Dahlem. An der Univ. Breslau erwarb sich E., Sohn eines Kaufmanns, bei seinen Lehrern Ferdinand Julius —>Cohn, Heinrich —>Göppert und Carl Neumann umfangreiche botanische Kenntnisse, die er als Kustos der Botanischen Anstalt in München vertiefte. 1866 mit der Arbeit De genere Saxífraga L. promoviert, habilitierte er sich 1872 (Monographie der Gattung Saxífraga L.), wurde er 1878 Prof. der Botanik in Kiel und ging 1884 nach Breslau, 1889 nach Berlin, wo er auch Direktor des von ihm gegründeten Botanischen Gartens und M u s e u m s in Dahlem wurde. Ausgehend von seiner Dissertation über die Gattung Saxífraga entwickelte E. ein neues System der Pflanzenwelt, das dasjenige von Linné ablöste und die Pflanzenverbreitung nach morphologischen Merkmalen erklärte. Neben zahlreichen Fachbüchern und wissenschaftlichen Aufsätzen in Periodika veröffentlichte E. zus a m m e n mit Karl —> Prantl Die natürlichen Pflanzenfamilien (19 Bde., 1887 ff., 2 1925 ff.), in der er seine pflanzengeographischen Gedanken darlegte. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Versuch einer Entwicklungsgeschichte der Pflanzenwelt (2 Bde., 1879-82) und Pflanzengeographische Gliederung von Afrika (1908). E. war Mitglied der Preußischen sowie der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften und wurde 1876 zum Mitglied, 1925 zum Ehrenmitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. DP N D B

E n g l e r , Arnold, schweizer. Forstmann, * 29. 1.1869 Stans (Kt. Nidwaiden), t 1 5 . 7 . 1 9 2 3 Zürich. Nach Tätigkeiten im praktischen Forstdienst und als Kantonsoberförster in Nidwaiden wurde E., Sohn eines Lehrers, 1897 Prof. für Waldbau an der Ε Τ Η Zürich und 1902 Direktor der Eidgenössischen Forstlichen Versuchsanstalt. A u f grund langjähriger Forschungen im bewaldeten Sperbel- und unbewaldeten Rappengraben des Emmentals veröffentlichte E. 1919 seine Untersuchungen über den Einfluß des Waldes auf den Stand der Gewässer. Seine in verschiedenen Versuchsgärten angelegten Kulturen von Föhren und anderen Holzarten wurden viel beachtet. Nachhaltig setzte sich E. für eine Abkehr von Kahlschlag und Kunstforst und die Einrichtung von Femel- und Plenterwald ein. CD N D B E n g l e r , Carl (Oswald Viktor), Chemiker, Politiker, * 5 . 1 . 1 8 4 2 Weisweil bei Freiburg/Breisgau, t 7 . 2 . 1 9 2 5 Karlsruhe. Nach d e m Chemiestudium in Karlsruhe und in Freiburg/ Breisgau wurde E., Sohn eines Pfarrers, 1867 Privatdozent (Habilitationsschrift: De nonnullis recentioribus typi ammoniaci coniunctionibus) und 1872 a. o . P r o f . in Halle. 1876 erhielt er eine ordentliche Professur f ü r chemische Technologie am Polytechnikum (der späteren T H ) Karlsruhe, lehrte seit 1887 reine C h e m i e und leitete das Chemische Laboratorium. 1879 wurde E. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . Neben der ersten vollständigen Synthese des Indigos, Arbeiten über das Ozon und die Autoxydation gehört insbesondere die Begründung der Erdölwissenschaft und -technik zu E.s Leistungen. Das „Engler-Viskosimeter" ist ein Apparat zur Bestimmung der Feuergefährlichkeit des Petroleums. In der Hochschulpolitik setzte sich E. für die Gleichstellung der T H mit den Universitäten und das Promotionsrecht der T H ein. Als Vertreter der Nationalliberalen Partei gehörte er 1887-90 dem Reichstag und 1890-1904 der Ersten K a m m e r der badischen Landstände an. E. veröffentlichte u . a . ein Handbuch der technischen Chemie (2 Bde., 1872-74, mit Friedrich —> Stohmann), Kritische Studien über die Vorgänge der Autoxydation (mit Josef Weissberg, 1904), Die Chemie und Physik des Erdöls (1913) und Die Prüfung und Verwendung des Erdöls, des Erdgases und der Erdölprodukte (1916). Seit 1887 gab E. das Handbuch der chemischen Technologie (38 Bde.) heraus. DP Haunfelder, Lib Abg E n g l e r , Gottlieb Benjamin, Orgelbauer, * 1734 Breslau, t 4 . 2 . 1795 Breslau. E. wurde 1750-55 von seinem Vater Michael —» E. d. J. im Orgelbau ausgebildet. Nachweislich tätig war er in der Pfarrkirche in Glogau ( 1 7 7 4 / 7 5 ) , der Karmeliterkirche in Wohlau ( 1 7 8 4 / 8 5 ) und in der evang. Kirche in GroßWeigelsdorf (1788). E. baute auch mindestens ein Klavier (Jungfrauenkloster Jauer, 1776). Er war der Vater von Johann Gottlieb —»E. DP M G G E n g l e r , Heinz H „ Keramiker, Designer, * 5 . 6 . 1 9 2 8 B i b e r a c h / R i ß , t 2 2 . 8 . 1986 B i b e r a c h / R i ß . Nach einer Töpferlehre 1949-50 bei der späteren Ehefrau Margarete Frauer-E. studierte E. 1950-52 an der Fachschule für Keramiktechnik und Gestaltung in Höhr-Grenzhausen. 1952-63 leitete er die Oberschwäbische Töpferwerkstatt Margarete Frauer und arbeitete 1 9 5 6 / 5 7 als Designer f ü r die Firma Arabia in Helsinki. 1958 gründete er ein Studio f ü r Modell- und Typenentwicklung in Biberach und war als Entwerfer u. a. für die Wiesenthal-Glashütte in SchwäbischG m ü n d und das Keramische Werk Dr.-Ing. Alfred Ungewiß in Bad Oeynhausen tätig. Der Ästhetik von Bauhaus und Ulmer Schule folgend und dem funktionalistischen Konzept des „Produkts als Dienstleistung" verpflichtet, schuf E. in den fünfziger Jahren figürliche Keramik sowie einfache

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Engler Gefäßkeramik mit monochromen Oberflächen. Später entstanden Großserien in Porzellan, Steinzeug, Glas und Kunststoff in einer reduzierten und ausgewogenen Formensprache. Nach seiner Entwurfstätigkeit zwischen 1950 und 1970 wandte sich E. wieder der figürlichen Keramik zu. m A KL E n g l e r , Johann Gottlieb, Orgelbauer, * 2 8 . 9 . 1 7 7 5 Breslau, t 5 . 4 . 1 8 2 9 Breslau. E. war der Sohn von Gottlieb Benjamin —>E., der ihn im Orgelbauhandwerk ausbildete, und lernte nach dessen Tod bis 1795 bei einem anderen Lehrmeister. Bis ca. 1800 baute E. seine Orgeln in Zusammenarbeit mit Johann Christian Benjamin Müller, der später sein Konkurrent wurde. 1815-22 reparierte er die Orgel in Maria Magdalena (Breslau) und von 1828 bis zu seinem Tod die Orgel in St. Bernhardin. Außerdem baute er Orgeln in Schwoitsch ( 1 7 9 6 / 9 7 ) , Herrenprotsch ( 1 7 9 8 / 9 9 ) und Peterwitz ( 1800-05), daneben Stubenpositive f ü r Breslauer Bürger. c d MGG E n g l e r , Michael d.J., Orgelbauer, * 6 . 9 . 1 6 8 8 Breslau, t 1 5 . 1 . 1 7 6 0 Breslau. Im Orgelbau vermutlich von seinem Vater, d e m Instrumenten- und Orgelbauer Michael E. d . Ä . , ausgebildet, errichtete E. 1 7 2 0 / 2 1 in der Propsteikirche zu Oels seine erste Orgel. Es folgten Orgeln u . a . in der Kirche St. Hieronymus in Breslau, w o E. seit 1725 das Bürgerrecht besaß, in der Propsteikirche in Olmütz (1745) und in St. Elisabeth in Breslau, durch die E. zu einem der bedeutendsten Orgelbauer Schlesiens wurde. Sein Sohn Gottlieb Benjamin —> und sein Enkel Johann Gottlieb Benjamin - > E . setzten die Orgelbauertradition der Familie fort. Für den Orgelbau des deutschsprachigen südöstlichen Raumes wurden E.s Orgeln typisch. m

MGG

E n g l e r t , Sebastian (Maria), Lehrer, kath. Theologe, * 13.7. 1854 Aschaffenburg, t 6 . 6 . 1933 Eichstätt. E. studierte an der Univ. Würzburg, wo er 1883 zum Dr. phil. promoviert wurde. Seit 1880 war er Gymnasiallehrer in D i l l i n g e n / D o n a u , unterrichtete 1894-1903 in Eichstätt und wurde später Rektor. 1924 empfing er die Priesterweihe und war Dompfarrer in Eichstätt. Neben Unterrichtsbüchern und Erbauungsschriften verfaßte E. historische Dichtungen und Schriften, darunter das Rittermärchen Heinrichs Buch oder Der Junker und der treue Heinrich (1892) nach einer Dillinger Handschrift. E n g l e r t , Sebastian, ergenti. Anton Franz E., Kapuziner, Missionar, Sprachforscher, * 17. 11. 1888 Dillingen, t 8. 1. 1969 N e w Orleans. Nach dem Theologiestudium in Dillingen trat E. in den Kapuzinerorden ein, wurde 1912 zum Priester geweiht und war Seelsorger in Altötting. Den Ersten Weltkrieg erlebte er als Feldgeistlicher an der Front, wurde Kaplan an St. Josef in München und ging 1923 als Missionar zu den Indianern im südchilenischen Araukanien. E. erlernte die MapucheSprache, über die er eine Reihe vielbeachteter Aufsätze verfaßte und Vorlesungen an der Univ. Santiago d e Chile hielt. Seit 1927 leitete er im Missionssprengel Villarica sieben Schulen mit mehreren hundert Schülern. 1935 übersiedelte E. auf die Osterinsel, missionierte die noch priesterlosen Kanaken, leistete auch materielle Entwicklungshilfe beim Straßenbau und in der Landwirtschaft und setzte seine Sprachstudien mit der Erforschung der Rapa-Nui-Sprache fort. Er schuf ein Lexikon mit 7000 Wörtern und einer dazugehörigen Grammatik, beschrieb die Kult- und Kunstgegenstände der einzelnen Familien und katalogisierte die mehr als 600 rätselhaften Steinfiguren der Insel. E. wurde auf der Osterinsel begraben, nachdem er während einer Vortragsreise durch Nordamerika gestorben war. c n Leb Bayer Schwaben, Bd 12

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E n g l e r t h , Sebastian, Weinrebenzüchter, * 2 3 . 9 . 1804 R a n d e r s a c k e r / M a i n , t 1 5 . 3 . 1 8 8 0 Randersacker. Bei seinen Eltern, die Gastwirte und Weinbauern waren, sammelte E. von Kindheit an Erfahrungen im Weinanbau, die er später in der eigenen Rebschule auf d e m ererbten ehemaligen Klostergut Mönchshof in Randersacker mit Versuchen zur verbesserten Bodenbearbeitung, fortschrittlicheren Kellerbehandlung und - beim ersten Auftreten der Reblaus zur Schädlingsbekämpfung erweiterte. Studienreisen führten ihn durch Deutschland, Österreich, Ungarn und Frankreich, von w o er die Spätburgundertraube einführte und im fränkischen Weinbau heimisch machte. Durch Kreuzung der Rebsorten Riesling und Silvaner gewann E. den BouquetRiesling. Die von ihm 1873 gegründete Weinbauschule mußte 1877 wieder schließen. E. war auch als Gemeindevorsteher tätig. E. veröffentlichte u . a . Deutscher Weinbau und Weinhandel. Dessen mögliche Konkurrenz mit dem französischen und die chemische Weinverbesserung (1849), Dr. Gall's Weinveredlung und die Ansicht der Chemiker darüber (1855) und Die Geschichte der fränkischen Weinkultur (1860). m Leb Franken, Bd 2 E n g l i s c h , (Wilhelm) Eugen, Chemiker, * 2 . 1 0 . 1 8 6 9 Teinach (Württemberg), t 1 4 . 3 . 1 9 0 5 Stuttgart. E., Sohn eines Restaurators, studierte seit 1887 in München, Tübingen und Hannover, wurde 1893 mit der Arbeit Thermoelectrische Untersuchungen promoviert und war anschließend Assistent bei Georg Hermann —» Quincke in Heidelberg sowie bei Anton —> Oberbeck in Tübingen. 1901 habilitierte er sich in Stuttgart (Das Schwärzungsgesetz für Bromsilbergelatine) und behandelte in seiner Antrittsvorlesung das T h e m a der „Photographie als Wissenschaft". Bereits 1899 hatte er das „Archiv f ü r wissenschaftliche Photographie" gegründet, das in die „Zeitschrift f ü r wissenschaftliche Photographie, Photophysik und Photochemie" überging. 1905 erschien E.s Photographisches Compendium, das erste Lehrbuch der Photographie auf moderner wissenschaftlicher Basis. CP N D B E n g l i s c h , Johannes, auch Anglicus, genannt Leymen Hans; auch Johannes Pyxocomiston, Liederdichter, * 1502 Buchsweiler (Elsaß), t 3 1 . 7 . 1 5 7 7 Straßburg. Aus seiner Vaterstadt mußte E. im Streit um die Reformation fliehen und kam nach Straßburg zu Matthäus —»Zell. 1536 ist E. als Helfer am Straßburger Münster bezeugt. Er unterzeichnete die Wittenberger Konkordie. Seine Tätigkeit als Prediger im Münster mußte E. während des Augsburger Interims 1548-51 unterbrechen und wirkte in dieser Zeit an der „neuen Kirche". Seit 1563 war er „Freiprediger". E. wurde als Dichter einiger Kirchenlieder bekannt, die erstmals im Straßburger Gesangbuch von 1530 erschienen, darunter der Lobgesang Simeonis, aus dem Friedrich —» Spitta das Danklied Im Frieden dein, o Herre mein, laß ziehn mich meine Straßen schuf. E n g l i s c h , Josef, österr. Chirurg, Urologe, * 1 1 . 1 . 1 8 3 5 Freudenthal (Österr.-Schlesien), f 5 . 5 . 1915 Wien. E. studierte Medizin an der Univ. Wien, wurde dort 1863 promoviert und war 1863-65 Assistent bei Johann —> Dumreicher von Östenreicher an der Ersten Chirurgischen Universitätsklinik in Wien. 1866-69 Erster Sekundararzt unter Leopold von —> Dittel an der Chirurgischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses, arbeitete er 1869-71 als praktischer Arzt, war seit 1871 Privatdozent für Chirurgie an der Wiener Univ. und wirkte seit 1876 als k. k. Primararzt am Rudolfsspital. 1892 erfolgte E.s Ernennung zum a. o.Prof., 1907 wurde er Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Urologie. Er veröffentlichte zahlreiche Aufsätze zu urologischen T h e m e n , die u. a. in der „Wiener medizinischen Presse", d e m „Wiener medizinischen

Enke Jahrbuch" und der „Zeitschrift für praktische Heilkunde" erschienen; 1891 erschien seine Arbeit Über Hernia obturatoria. CD Ärzte Schlesien E n g l i s c h , Lucie, österr. Schauspielerin, * 8.2. 1902 Baden (Niederösterreich), t 1 2 . 1 0 . 1 9 6 5 Erlangen. E. debütierte mit vierzehn Jahren am Kurtheater in Baden bei Wien, erhielt ihr erstes Engagement am dortigen Stadttheater und ging dann als Naive und jugendliche Salondame an das Stadttheater nach Eger. 1932 gastierte sie mit einem Wiener Ensemble in verschiedenen rumänischen Städten und trat dort als Partnerin Paul —»Wegeners auf. Nach ihrer Rückkehr nach Wien wurde E. am Theater in der Josefstadt engagiert, spielte 1 9 2 5 / 2 6 am Lustspieltheater und ging anschließend an das neue Theater nach F r a n k f u r t / M a i n , wo sie den Schauspieler und Autor Heinrich Fuchs heiratete. Seit 1928 stand E. am Berliner Theater an der Behrensstraße als Partnerin von Ralph Arthur —» Roberts auf der Bühne und errang ihre größten Erfolge in Stücken wie Ingeborg, Der Mustergatte und Scampolo. Sie wirkte auch als komische, oft ländliche Naive in mehr als 120 Filmen mit, darunter Die Unschuld vom Lande (1933) und Gräfin Marita (1958). Nach d e m Zweiten Weltkrieg gab E. Gastpiele in Deutschland und der Schweiz, trat 1 9 4 8 / 4 9 in Wien auf und verkörperte zuletzt vorwiegend Mütterrollen an M ü n c h ner Theatern und im Film. CO Munzinger E n h o l t z , Walter, auch Enholz, schweizer. Maler, * 17.4. 1875 Kreuzlingen (Kt. Thurgau), t 11. 12.1961 Basel. Nach der Ausbildung bei Fritz —»Schider an der Allgemeinen Gewerbeschule in Basel besuchte E. die Ecole des Beaux-Arts in Genf, machte eine Lehre als Dekorationsmaler in F r a n k f u r t / M a i n und Hamburg und lebte seit 1901 als freier Künstler wieder in Basel. Maßgeblichen Einfluß auf seine in Tempera, Öl und Aquarell gemalten Bilder hatten Hans —> Sandreuter und der Bildhauer August Bosch, den E. 1905 in R o m aufsuchte. Seit 1910 lebte E. meist im Tessin. Er trat vorwiegend als Landschaftsmaler hervor und bezog seine Motive überwiegend aus d e m Tessin, der Bodenseelandschaft und dem Wallis. CD A K L

E n i g k , Karl, Parasitologe, * 2 3 . 1 0 . 1 9 0 6 Torgau, t 2 9 . 1 2 . 1997 Hannover. E. studierte in Leipzig Veterinärmedizin und wurde 1931 promoviert (Die Veränderung der Bronchien bei der Tuberkulose des Rindes). Danach arbeitete er als Parasitologe an der Veterinärmedizinischen Fakultät der Univ. Berlin (Habilitation 1928, Ein Beitrag zur Physiologie und zum Wirt-Parasitenverhältnis von Graphidium strigosum [Trichostrongylidae, Nematoda]), im Zweiten Weltkrieg vor allem in Süd- und Südosteuropa, danach im Tropeninstitut in Hamburg und 1953-76 an der Tierärztlichen Hochschule Hannover. E. regte die Gründung der Deutschen Gesellschaft für Parasitologic (1960) an, deren 1. Vorsitzender er 1960-64 war. Die Karl-Enigk-Stiftung nahm 1993 unter d e m Vorsitz ihres Stifters ihre Arbeit auf. E n k v o n d e r B u r g , Michael (Leopold), Benediktiner, Schriftsteller, * 18. 1. 1788 Wien, t 11.6. 1843 bei Melk (Niederösterreich). Nach dem Philosophie- und Theologiestudium in Wien trat E. v. d. B., Sohn eines Bauaufsehers und Mautbeamten, 1810, einem Gelübde der Mutter folgend und gegen seine innere Neigung, in das Benediktinerstift Melk ein und wurde später Lehrer am dortigen Stiftsgymnasium. Literaturhistorische Bedeutung erlangte er als Lehrer und Berater des Dichters Friedrich —»Halm, den er maßgeblich beeinflußte, und durch seine Kontakte u . a . mit —»Grillparzer, —»Lenau und Eduard von —»Bauernfeld. E. v. d. B.s eigene schriftstellerische Produktion umfaßt ästhetische und literaturtheoretische Schriften ( M e l p o m e n e oder über das tragische Interesse, 1827), Rezensionen und Kritiken, Abhandlungen ( u . a . Briefe über Goethe's Paust, 1834), Lehrgedichte, (pessimistische) philosophische Erzählungen und R o m a n e (Dorats Tod, 1833). Zeitlebens schwermütig, suchte er 1843 den Freitod in der Donau. CD Killy

E n h u b e r , Karl von, Maler, * 16. 12.1811 Hof, t 6 . 7 . 1 8 6 7 München. E., Sohn eines Beamten, kam in j u n g e n Jahren nach München, w o er 1832 für kurze Zeit Schüler der A k a d e m i e der bildenden Künste war. Kleine volkstümliche Genrebilder mit der Darstellung von Wildschützen, Flößern, Händlern verschafften ihm seit 1833 wachsende Popularität. Er schuf u. a. für die Reproduktion bestimmte Grau-in-Grau-Gemälde nach den Erzählungen aus dem Ries seines Jugendfreundes Melchior —>Meyr, deren Vollendung durch seinen plötzlichen Tod (infolge eines Insektenstiches) verhindert wurde. CD A K L

E n k e , (Eduard Philipp) Alfred, Verleger, * 7 . 8 . 1 8 5 2 Erlangen, f 4 . 5 . 1937 Stuttgart. Der Sohn Ferdinand —>E.s erwarb 1874 den väterlichen Verlag durch einen Kaufvertrag von seinen Geschwistern und verlegte ihn im selben Jahr nach Stuttgart. Er baute vor allem das zum Zeitpunkt des Erwerbs schon bedeutende Programm in der Medizin weiter aus, u . a . durch die Gründung einer von Theodor —»Billroth herausgegebenen Sammlung von Monographien unter dem Titel Deutsche Chirurgie und die Herausgabe von medizininischen Fachzeitschriften in den Bereichen Gynäkologie, Kinderheilkunde und Orthopädie sowie einer „Zeitschrift f ü r das gesamte deutsche, österreichische und schweizerische Hebammenwesen". E. führte die Verlagsbereiche Geowissenschaften, Veterinärmedizin und Sozialwissenschaften ein. Er veröffentlichte Wilhelm —» Wundts Werke zur Ethik und Logik, Max —» Dessoirs Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft sowie die ebenfalls von Dessoir herausgegebene „Zeitschrift f ü r Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft" (1906-43).

E n h u e b e r , Johann Baptist, Benediktiner, Theologe, * 14.9. 1736 Nabburg (Oberpfalz), t 2 9 . 5 . 1800 Regensburg. E., Sohn eines Organisten, trat 1754 in das Benediktinerkloster St. E m m e r a m in Regensburg ein, wurde 1760 zum Priester geweiht und war Prof. der Philosophie und Theologie in diesem Kloster. 1773 schlug er die Abtswürde von Ensdorf aus, wurde 1775 Prior in St. E m m e r a m und lehrte seit 1781 als Prof. der Dogmatik in Ingolstadt. Seit 1785 Propst in Hohengebraching, kehrte E. später nach St. E m meram zurück, wo er als G r o ß ö k o n o m tätig war und sich weiterhin wissenschaftlichen Studien widmete. Er arbeitete an der —> Alkuin-Ausgabe von Frobenius —> Forster mit und bereitete eine eigene Edition des —»Hrabanus Maurus vor, die jedoch nicht zustandekam. CD Leb Regensburg, Teil 1

E n k e , Ferdinand (Ernst Jakob), Verleger, * 8. 10. 1810 Erlangen, t 8 . 1 2 . 1869 Erlangen. E. übernahm 1837 das Sortimentsgeschäft der väterlichen Firma Palm & Enke, dem er bald einen eigenen Verlag anschloß. Mit der Herausgabe des Handbuchs der specialen Pathologie und Therapie vom klinischen Standpunkt aus bearbeitet von Karl Friedrich —»Canstatt, von Werken von Rudolf —» Virchow u. a. wurde E.s Firma zu einem der bedeutendsten medizinischen Fachverlage in Deutschland. Auf seine Anregung hin gaben Theodor —> Billroth und Franz von —> Pitha seit 1865 das Handbuch der allgemeinen und speciellen Chirurgie heraus, mit dem E. seine Idee des großen Sammelwerkes und der arbeitsteiligen M e t h o d e auf d e m Gebiet der wissenschaftlichen Literatur verwirklichte. Juristische, staats- und naturwissenschaftliche Publikationen

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Enkevort ergänzten das Programm des Verlags, der 1874 an E.s Sohn Alfred —>E. überging und nach Stuttgart verlegt wurde. m NDB

Enkevort, Adrian Graf von, auch Enkenvoirt, Enghefurt, Heerführer, * um 1600, t 1663 Wien. Der Sohn eines aus Brabant eingewanderten bayerischen Oberstwachtmeisters diente zunächst im bayerischen Heer, später unter —> Wallenstein, wo er sich vor allem bei der Verteidigung von Prag auszeichnete. Im kaiserlichen Heer kämpfte E. unter Karl von Lothringen im Elsaß, unter —»Piccolomini in der Picardie und den Niederlanden. 1641 wurde E. Feldmarschall, geriet 1645 in schwedische Gefangenschaft, wurde nach seiner Auslösung Kommandant von Tirol und Vorarlberg und kämpfte in Böhmen und Bayern. Für seine Verdienste in den Grafenstand erhoben, führte E. 1656 die kaiserlichen Hilfstruppen in Italien im Krieg zwischen Spanien und Frankreich. E n k i n g , Ottomar, Pseud. Kopernikus, Schriftsteller, Literaturwissenschaftler, * 28.9. 1867 Kiel, t 13.2. 1945 Dresden. Der Sohn eines Rektors studierte in Kiel Philologie und Jura, kurze Zeit auch Philosophie und Geschichte. Er wurde Schauspieler und arbeitete danach als Redakteur einer Kieler Lokalzeitung. Gleichzeitig schrieb er Novellen und Romane, später auch Dramen, in denen er vorwiegend das Milieu norddeutscher Kleinstädte schilderte. Bekannt wurde er mit dem 1903 erschienenen Roman Familie P. C. Behm (erster Teil des Romanzyklus Die Leute von Koggenstedt), dessen zwischen Tragik und Komik angelegte Handlung für E. charakteristisch ist. Nach Tätigkeiten als Journalist in Köln und Wismar lebte E. seit 1906 als freier Schriftsteller in Dresden. 1912 zum Prof. ernannt, lehrte er 1919-36 deutsche Geschichte und Literatur an der Staatlichen Akademie für Kunstgewerbe. CD Killy E n n e c c e r u s , (Carl Martin) Ludwig, Jurist, Politiker, * 1.4. 1843 Neustadt am Rübenberge, t 31.5. 1928 Marburg. E., Sohn eines Pastors, habilitierte sich 1870 für Römisches Recht in Göttingen, wurde 1872 a. o. Prof. und ging 1873 als o.Prof. nach Marburg. Seit 1874 war er Mitglied des Kommunallandtags des Bezirks Kassel, 1882-98 Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses und gehörte 1887-90 sowie 1893-98 als Nationalliberaler dem Reichstag an. Dort wirkte er maßgeblich an der Verabschiedung des Genossenschaftsgesetzes und am zweiten Entwurf des ersten und zweiten Buches des Bürgerlichen Gesetzbuches mit. Neben mehreren Arbeiten zum Steuerrecht veröffentlichte E. u. a. Das bürgerliche Recht. Eine Einführung in das Recht des Bürgerlichen Gesetzbuches (2 Bde., 1898-1900), ein Werk, das, von Hans Carl —»Nipperdey und Heinrich Otto Lehmann bearbeitet, zahlreiche Auflagen erlebte. t u Haunfelder, Lib Abg

Ennemoser, Joseph, Mediziner, Schriftsteller, * 15.11. 1787 Schönau (SUdtirol), t 19.9.1854 Egern/ Tegernsee. Der Sohn eines Tiroler Bauern studierte seit 1808 in Innsbruck Medizin, beteiligte sich 1809 an dem Aufstand in Tirol und war Schreiber und Adjutant von Andreas —>Hofer. In Salzburg, Erlangen und Berlin setzte E. seine Studien fort, war 1813 Mitglied des Lützowschen Korps und wurde 1816 zum Dr. med. promoviert (De montium inftuxu in valetudinem hominum). Nach der Habilitation wurde er Privatdozent in Bonn, 1820 a.o. und 1828 o.Prof. und hielt Vorlesun-

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gen über Anthropologie, Psychologie und Pathologie. 1820 wurde E. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. 1837-41 in Innsbruck tätig, wirkte er in den folgenden Jahren als Arzt in München. E. gehört zur mystisch-religiösen Richtung der Naturphilosophie um 1800; sein besonderes Interesse galt dem animalischen Magnetismus, der Leib-Seele-Beziehung und dem Verhältnis von Natur und Geist. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Der Magnetismus (1819, 2 1844, Neudr. 1982) und Historischpsychologische Untersuchungen über den Ursprung und das Wesen der menschlichen Seele (1824, 2 1851, Neudr. 1980). „Allerdings habe ich mich in manches finstere, von den meisten unbekannte und darum gefürchtete Gebiet der Natur gewagt." WEITERE WERKE: Der Magnetismus im Verhältnisse zur Natur und Religion. Leipzig 1819. Stuttgart 1842, 2 1853. Über die Bedeutung der Sinne in psychischer Hinsicht. In: Zeitschrift für psychische Ärzte 4 ( 1821 ) S. 64-99. - Anthropologische Ansichten, oder Beiträge zur bessern Kenntniss des Menschen. Teil 1. Bonn 1828. - Die Geschichte der Magie. Leipzig 1844. Nachdr. Wiesbaden 1966. - Über Erziehung und Unterricht des weiblichen Geschlechts in Briefen. Mannheim 1848. - Der Geist des Menschen in der Natur, oder die Psychlogie in Uebereinstimmung mit der Naturkunde. Stuttgart 1849. - Anleitung zur mesmeristischen Praxis. Stuttgart 1852. LITERATUR: Jakob Bremm: Der Tiroler J. E. 1787-1854. Ein Lehrer des tierischen Magnetismus und vergessener Vorkämpfer des entwicklungsgeschichtlichen Denkens in der Medizin. Jena 1930. - Karl Wilhelm Schmitz: Der Tierische Magnetismus als Teilaspekt der Romantischen Naturphilosophie des frühen 19. Jahrhunderts im Lebenswerk des Tirolers J. E. Phil. Diss. Bonn 1995. Dietrich von Engelhardt E n n e n , Edith, Historikerin, * 2 8 . 1 0 . 1 9 0 7 Merzig/Saar, f 2 8 . 6 . 1 9 9 9 Bonn. Die Tochter eines Arztes studierte Geschichte an den Universitäten Freiburg/Breisgau, Berlin und Bonn, wurde 1933 promoviert (Die Organisation der Selbstverwaltung in den Saarstädten vom ausgehenden Mittelalter bis zur französischen Revolution) und legte 1935 die Archivarische Staatsprüfung ab. 1936-47 war sie Wissenschaftliche Assistentin am Institut für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande in Bonn, 1947-64 Leiterin des dortigen Stadtarchivs. Seit 1961 Honorarprofessorin in Bonn, lehrte sie 1964-68 als o. Prof. an der Univ. Saabrücken und 1968-74 an der Univ. Bonn. E. beschäftigte sich insbesondere mit vergleichender Landeskunde, Verfassungs-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Sie veröffentlichte u.a. Frühgeschichte der europäischen Stadt (1953, 3 1981), Geschichte der Stadt Bonn (Bd. 2 1962, Bd. 3 1989), Die europäische Stadt des Mittelalters (1972, 4 1987), Gesammelte Abhandlungen zum europäischen Städtewesen und zur rheinischen Geschichte (2 Bde., 1977-87, hrsg. von G. Droege) und Frauen im Mittelalter (1984, 5 1994).

Ennen, Leonhard, kath. Theologe, Historiker, * 5 . 3 . 1820 Schleiden/Eifel, t 14.6. 1880 Köln. E. studierte Theologie und Philosophie in Münster und Bonn und wurde nach der Priesterweihe Vikar und Leiter der höheren Stadtschule in Königswinter. 1857 wurde er erster hauptamtlicher Stadtarchivar und Stadtbibliothekar in Köln. Von ihm stammt u. a. der Katalog der Inkunabeln in der Stadtbibliothek zu Köln. Abt. I (1865), der als eines der frühesten derartigen Werke Beachtung verdient. Zu E.s historischen Werken zählt eine Geschichte der Stadt Köln (5 Bde., 1862-79). DP LGB

Enseling E n n o III., Graf von Ostfriesland, * 30.9.1563, t 19.8. 1625 Leerort (Ostfriesland). Im Gegensatz zu E.s Regentschaft im Harlingerland, das er, Sohn —»Edzards II., 1581 durch seine Heirat mit der Rietberger Erbtochter Walpurgis gewann, verlief seine Regierungszeit in Ostfriesland (seit 1599) glücklos. Im ständigen Kampf mit den Ständen mußte er wichtige Rechte auf dem Gebiet des Steuerwesens, der Militär- und Gebietshoheit, des Pachtrechts und der Predigerbesetzung abtreten. Der Zwist gipfelte in E.s vorübergehender Gefangensetzung durch seine Untertanen 1618. Neben Schicksalsschlägen wie der Besetzung des Landes durch die Mansfelder und der Fastnachtsflut 1625 weist E.s Regentschaft eine Reihe von bemerkenswerten Verwaltungsmaßnahmen auf, u.a. die Untergerichtsordnung von 1614 sowie Deichverordnungen. t u NDB E n n ö c k l , Katharina, österr. Schauspielerin, * 10. 10. 1789 Wien, t 20.7. 1869 Wien. Nach ihrem Debüt am Leopoldstädter Theater 1804 kehrte E. der Bühne zeitweilig den Rücken und wurde Vorleserin bei Fürst —»Kaunitz. Mit Gastspielabenden am Theater an der Wien startete sie erneut eine Theaterkarriere, die sie an das Leopoldstädter Theater zurückführte, wo sie zwischen 1814 und 1817 mehr als 50 Rollen einstudierte und sich den Beinamen „Perle der Leopoldstadt" erwarb. Adolf —> Bäuerle, mit dem sie liiert war, schrieb für sie einige Stücke. Letzlich vermochte sie sich jedoch nicht gegen den neuen Star Therese —» Krones durchsetzen und wurde 1829 mit anderen bewährten Ensemblemitgliedern entlassen. Nach dem Tod von Bäuerles Gemahlin legitimierte sie ihr Verhältnis und nahm Abschied von der Bühne. E n o c h , Kurt, Schriftsteller, Verleger, * 22.11. 1895 Hamburg, t 15.2.1982 Puerto Rico. E. stammte aus einer jüdischen Familie. Sein Vater war der Antiquariatsbuchhändler Oskar E., der später eine Druckerei mit Verlagsabteilung und Verlagsauslieferung erwarb und den belletristischen Gebrüder Enoch Verlag gründete. E. nahm am Ersten Weltkrieg teil und beendete 1921 ein Studium der Nationalökonomie an der Univ. Hamburg mit der Dissertation Die Bodenpolitik im Hafengebiet Hamburgs. Anschließend trat er in das Unternehmen seines Vaters ein, wurde 1923 Geschäftsführer und etablierte ein anspruchsvolles literarisches Verlagsprogramm mit Klaus —»Mann als prominentestem Autor und den frühen Romanen von Ernst —»Sander. Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt waren illustrierte Bücher. Zusammen mit zwei Partnern gründete E. 1932 The Albatross Modern Continental Library, in der britische und amerikanische Titel als Paperback-Reprints verlegt wurden. 1936 emigrierte er nach Paris, 1940 in die USA. Dort arbeitete er seit 1941 für Penguin Books Inc. in New York, wurde 1945 Präsident und Teilhaber, bis er 1947 mit G. Weybright den gesamten Verlag übernahm. Das Unternehmen entwickelte sich unter seinem neuen Namen The New American Library of World Literature zum größten Taschenbuchverlag der USA und hatte, obgleich auf ein Massenpublikum hin ausgerichtet, auch mit dem Nachdruck anspruchsvoller Titel von Autoren wie William Faulkner, Virginia Woolf und Ignazio Silone großen Erfolg. Nach dem Verkauf 1960 an die Times Mirror Company, Los Angeles, blieb E. dem Unternehmen noch bis 1964 als Geschäftsführer und Mitglied des Aufsichtsrats verbunden. Er engagierte sich darüber hinaus für den Aufbau des Staates Israel und unterstützte zahlreiche kulturelle Einrichtungen der USA. Seine Erinnerungen faßte er in seiner Autobiographie Memoirs of Kurt Enoch (1984) zusammen. E. war 1922-36 Mitglied des Deutschen Verlegervereins, wurde 1961 Direktor des American Book Publisher Council, 1965 des Franklin Book Program und gehörte seit 1968 dem Rat des National Book Committee an. CD Spalek 3,3

E n o c h , Samuel, Rabbiner, * 8. 10.1814 Hamburg, t 31.12.1876 Fulda. E. studierte an den Universitäten Würzburg und Erlangen, wurde im Alter von nur 18 Jahren zum Dr. phil. promoviert und setzte seine bereits in Würzburg betriebenen talmudischen Studien anschließend in Hildesheim bei Levi Bodenheimer und in Kassel bei Philipp Romann fort. In Altona gründete er eine Realschule, die er bis 1855 leitete, wurde dann Provinzialrabbiner in Fulda und wirkte dort bis zu seinem Tod. E. begründete die erste orthodoxe jüdische Wochenzeitung „Der treue Zionswächter", die zusammen mit einer wissenschaftlich-belletristischen Beilage in hebräischer Sprache „Schomer Zijon ha-neeman" 1845-55 in Altona erschien. Auch die Berliner Zeitschrift „Die jüdische Presse" verdankte E. als Mitbegründer und Mitherausgeber ihre Entstehung. DD ADB E n o m i y a - L a s s a l l e , Hugo Makibi, eigentl. Hugo Lassalle, Jesuit, Missionar, Religionswissenschaftler, * 11.11.1898 Externbrock bei Nieheim (Westfalen), t 7.7. 1990 Münster. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg trat E.-L. in die Gesellschaft Jesu ein, studierte Theologie und Philosophie und kam 1929 als Missionar nach Japan. Neben seinen Tätigkeiten als Hochschullehrer und Novizenmeister engagierte er sich dort als Sozialarbeiter in den Armenvierteln von Tokio. Seit 1940 lebte er in Hiroshima, wurde 1945 beim Abwurf der Atombombe schwer verletzt und regte nach dem Krieg den Bau der dortigen Weltfriedenskirche an, der weitgehend durch von ihm gesammelte Spenden finanziert wurde. 1948 erhielt E.-L. die japanische Staatsbürgerschaft und nahm den Namen Makibi E. an. Bis 1978 lehrte er Religionsphilosophie an den Universitäten von Hiroshima und Tokio, wo er das erste christliche Meditationszentrum Japans aufbaute. Zahlreiche Veröffentlichungen beschäftigen sich u. a. mit der Praxis der Zen-Meditation, die E.-L., selbst Zen-Meister, auf das Christentum zu übertragen suchte (u. a. Zen, Weg zur Erleuchtung., 1960; Zen-Buddhismus, 1966, 3 1986 unter dem Titel Zen und christliche Mystik). CD BBKL E n s , Caspar, Pseud. C. von Lorch, C. Casparsen, Schriftsteller, Übersetzer, * 1569 Lorch (Württemberg), t 1642 (oder später) Köln (?). Der Sohn eines protestantischen Pfarrers studierte seit 1586 an der Univ. Tübingen, brach die Ausbildung jedoch 1591 ab und begleitete dann möglicherweise Adlige auf Reisen. Später lebte er als Schriftsteller in Köln und verfaßte neben neulateinischen Dichtungen vor allem Gebrauchsliteratur wie Reiseführer, Aphorismensammlungen und Konversationsliteratur, aber auch deutsche und lateinische Meßrelationen (1605-42). Diese bildeten die Grundlage für in Fortsetzung erscheinende Berichtbände Uber historische Ereignisse (1606-24). E. war auch als Übersetzer tätig und übertrug insbesondere spanische Werke ins Deutsche und Lateinische (darunter eine gekürzte Fassung des Lazarillo de Tormes). CD Killy E n s e l i n g , Joseph (Bernhard Hubert), Bildhauer, * 28.11.1886 Coesfeld (Westfalen), t 16.7. 1957 Düsseldorf. Zunächst Holzbildhauer, studierte E. an der Kunstgewerbeschule in Düsseldorf bei Wilhelm Heinrich —» Kreis und Behrens und später in Paris. Studienreisen führten ihn u.a. nach Großbritannien, in die Niederlande und nach Österreich. Als freischaffender Bildhauer kehrte er nach Düsseldorf zurück und wurde 1919 Lehrer an der Folkwangschule für Gestaltung in Essen, 1940 Leiter einer Bildhauerklasse an der Düsseldorfer Akademie. Unter seinen Porträt- und

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Ensingen Denkmalplastiken ragen eine Büste —> Hindenburgs und ein Kriegerdenkmal in Essen heraus. E. schuf die Ehrenhalle f ü r 3000 im Ersten Weltkrieg gefallene Werksangehörige der Kruppschen Gußstahlfabrik in Essen. CO A K L

Ensingen,

Ulrich von, auch U. Ensinger, Baumeister, * um 1350 Ensingen (heute zu Ulm) oder Oberensingen (heute zu Nürtingen), t 1 0 . 2 . 1 4 1 9 Straßburg. E. wurde 1392 als Nachfolger des Werkmeisters Heinrich d. J. von der Stadt Ulm mit der Weiterführung des Münsterbaus beauftragt. Durch die von ihm durchgeführte Grundrißänderung und sein großartiges Turmprojekt, das die ursprüngliche Planung zugunsten einer monumentalen basilikalen Anlage veränderte, wurde E. zum bedeutendsten der Ulmer Münsterbaumeister, obgleich der T u r m Torso blieb (später nach dem Entwurf von Matthäus —»Böblinger vollendet). 1399 ü b e r n a h m E. als Baumeister des Straßburger Münsters sein zweites großes Turmprojekt; er führte dessen Nordturm bis zum Ansatz des Helmes aus. 1400 war er auch Bauleiter der Frauenkirche in E s s l i n g e n / N e c k a r (Entwurf des Westturms). Beide Bauten wurden nach E.s Tod nach veränderten bzw. neuen Plänen fortgeführt. 1414 war E. als Gutachter für den Münsterbau in Basel tätig. Vermutlich leitete er auch den Wiederaufbau des Maria-MagdalenenKlosters in Pforzheim seit 1409. E. war der Vater von Matthäus - » Ensinger. CD A K L

Ensinger,

Matthäus, auch Änsinger, Ansinger, Entzinger, Baumeister, * um 1395 U l m ( ? ) , t 1463 Ulm. E. arbeitete zunächst bei seinem Vater Ulrich von —> Ensingen am Straßburger Münster und ging nach dessen Tod 1420 nach Bern, wo er Planung und Bau des dortigen Münsters übernahm. Seit etwa 1430 führte er, zum Teil mit Unterstützung seines Bruders Matthias E., den von seinem Vater begonnenen Bau der Frauenkirche in Esslingen fort, 1436 wurde er mit einem Entwurf für die Kirche NotreD a m e in Ripaille beauftragt und 1445 als Gutachter und zur Übernahme einiger Bauarbeiten nach Freiburg (Schweiz) berufen. Seit 1446 leitete er den Ulmer Münsterbau und setzte, in Nachfolge seines Schwagers Hans Kun und dessen Sohn Kaspar, auch dort das Werk seines Vaters mit nur wenigen Abweichungen fort. E. war der Vater von Vincenz und M o ritz - > E . DD A K L

Ensinger,

Moritz, auch Enntziger, Mauritz, Meister M a u ritz, Baumeister, * um 1 4 3 0 / 3 5 (?) Bern, t 1 4 8 2 / 8 3 Lenzburg (Aargau). Der Sohn Matthäus - » E.s setzte die Baumeistertradition der Familie fort. 1449 als Geselle am damals von seinem Vater geleiteten Ulmer Münsterbau belegt, trat er nach dessen Tod die Nachfolge an und wurde zunächst auf zehn Jahre, dann auf Lebenszeit angestellt. E. wölbte das Mittelschiff ein und setzte den Turmbau fort. Als Gutachter wurde er in Nördlingen bei der Kirche St. Georg und bei der Liebfrauenkirche in München herangezogen. 1478 ging E. nach Konstanz, wo sein Bruder Vincenz —>E. Dombaumeister war, und wurde 1481 Werkmeister der Stadt Bern zur Vollendung des Münsters. CD A K L

Ensinger,

Vincenz, auch Einsinger, Baumeister, * u m 1 4 2 2 / 2 3 Bern, t nach 1493 Konstanz (?). E. wird 1448 erstmals als Vertreter seines Vaters Matthäus —> E. bei der Leitung des Berner Münsterbaus erwähnt. Nach Aufenthalten mit ihm in Ulm und in Straßburg kehrte E. nach Bern zurück, w o er 1453 auch als Mitglied des Großen Rats belegt ist. N o c h vor 1459 scheint seine B e r u f u n g zum Baumeister des D o m e s in Konstanz erfolgt zu sein. Daneben wirkte er 1460 am Bau der Kirche St. Martin in Colmar, 1470 auch am Basler Münster (südlicher Turm und kleiner

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Kreuzgang) mit. 1479 wurde E. in Basel, 1489 auch aus d e m Baumeisteramt in Konstanz entlassen, wo er bis 1493 nachweislich lebte. CD A K L E n s l e n , Carl Georg, Maler, Lithograph, Zeichner, * 2 0 . 9 . 1792 Wien, t 17.4. 1866 Lille. Der Sohn von Johann Carl —>E. studierte 1808-11 an der Kunstschule in Danzig bei Johann A d a m —>Breysig, 1813-15 an der A k a d e m i e in Berlin. E. malte zu Beginn seiner Karriere Porträts nach —> Dürer, Rembrandt und Raffael, später Landschaften mit Staffage. Eine Reise 1 8 1 6 / 1 7 mit seinem Vater durch Deutschland inspirierte ihn zur Prospektund Vedutenmalerei sowie zur Anfertigung von Panoramen, die er erstmals 1821 auf der Leipziger Ostermesse mit großem Erfolg ausstellte. Seither unternahm er zahlreiche Reisen zur A u f n a h m e unterschiedlicher Landschaften und Orte. 1825 malte E. den Rundblick vom Dresdner Schloßturm über den Zwinger, 1847 eine Rundsicht über Frankfurt vom T u r m der Deutschordenskirche aus. 1843 wurde E. Prof. für Perspektivmalerei an der Akademie in Berlin. Er starb auf einer Reise nach Paris. CD A K L E n s l e n , Johann Carl, Optiker, Panoramenkünstler, Zeichner, Photograph, * 2 1 . 4 . 1 7 5 9 Stuttgart, t 10.12. 1848 Dresden. A n f a n g der achtziger Jahre kam E. nach Straßburg, konstruierte seit 1784 Heißluft- und Gasballons in F o r m von menschlichen und tierischen Figuren und machte diese „fliegenden Plastiken" in ganz Europa bekannt. E. lebte 1792 in Wien, 1793 in Breslau, betrieb 1795-1807 eine Eisengießerei auf Gut Freudenthal bei Danzig und ging 1811 nach Berlin. Dort widmete er sich zusammen mit seinem Sohn Carl Georg E. der Gestaltung von P a n o r m a m e n und deren Vorführung, wobei E. für das Zeichnerisch-perspektivische und die technische Vorführung, sein Sohn für die malerische Gestaltung zuständig war. 1832 zog E. nach Dresden und widmete sich neben seinen technischen Erfindungen auch der Photographie. 1841 veröffentlichte er eine Anleitung zur Herstellung von Lichtbildern auf Papier. Cd A K L E n s l i n , Adolf, Verleger, * 1.2. 1826 Berlin, t 2 5 . 6 . 1882 Berlin. Nach einer Buchhändlerausbildung, die er bei Karl —> Baedeker in Koblenz absolvierte, sowie Aufenthalten in Leipzig und Paris gründete E. 1851 in Berlin ein eigenes Sortimentsgeschäft und übernahm im selben Jahr den Verlag seines Vaters Theodor —>E. Als Mitglied des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, dem E. 1873-79 und 1880-82 vorstand, hatte er Anteil an der Neubearbeitung der Vereinssatzungen. Dabei wollte er die Regelung der Rabattfrage den Kreisvereinen zuweisen und brachte durch Beharren auf diesem Standpunkt das R e f o r m w e r k zum Scheitern, das erst unter seinem Nachfolger Adolf —> Kröner weitergeführt werden konnte. OP L G B E n s l i n , Theodor (Johann Christian Friedrich), Verleger, * 13.11. 1787 Kloster Sulz bei Ansbach, t 2 2 . 5 . 1851 Berlin. Seine Lehr- und Wanderjahre führten E., Sohn eines Pfarrers, nach Stuttgart, Göttingen und Leipzig. 1817 gründete er eine Buchhandlung nebst einem Kommissionsgeschäft in Berlin und konnte 1824 eine Filiale in L a n d s b e r g / W a r t h e eröffnen, die er jedoch schon 1827 an C. G. Ende verkaufte. E.s Verlag konzentrierte sich auf naturwissenschaftliche und medizinische Literatur sowie Schulbücher. Neben seinen bibliographischen Arbeiten (u. a. Bibliotheca medico-chirurgica et pharmaceutico-chemica, 1 8 1 7 , 4 1 8 2 5 ) sind besonders E.s Verdienste als Mitglied und Vorsteher (1835-38) des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler hervorzuheben. Unter seiner Leitung wurde das Statut des Börsenvereins revidiert. Der von ihm schon 1836 geforderte Kodex der „Usancen des

Enzinger deutschen Buchhandels" wurde mit der Buchhändlerischen Verkehrsordnung von 1891 verwirklicht. 1838 erfolgte die Gründung eines Unterstützungsvereins deutscher Buchhändler und Buchhandlungsgehilfen. E. hatte auch entscheidend Anteil an der Vorbereitung der Gesetzgebung zum Urheberschutz im Deutschen Bund und in Preußen. Er war der Vater von Adolf - > E . CD N D B

Ensslin,

Gudrun, * 1 5 . 8 . 1 9 4 0 Bartholomä, t 18. 10. 1977 Stuttgart-Stammheim. Die Pfarrerstochter studierte in Tübingen Philosophie, Anglistik und Germanistik und ging 1965 nach Berlin, wo sie sich für die S P D engagierte. Mit Andreas —> Baader und Ulrike —> Meinhof gehörte sie zu den führenden Köpfen der 1968-70 entstandenen terroristischen Gruppierung „Rote Armee-Fraktion" (RAF). Nach der Beteiligung an Banküberfallen und Sprengstoffanschlägen wurde sie 1972 verhaftet und 1977 mit Baader, Meinhof und Jan-Carl Raspe zu lebenslanger Haft verurteilt. Als Gesinnungsgenossen die Häftlinge mit der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin —»Schleyer freizupressen versuchten und damit scheiterten, verübte E. Selbstmord.

Ensslin,

Wilhelm, Althistoriker, * 9 . 1 2 . 1 8 8 5 Aalen, t 8.1.1965 Kirchheim/Neckar. E. studierte Geschichte und Klassische Philologie in Tübingen, Berlin, München und Straßburg, wurde 1911 als Schüler von Karl Johannes —> N e u m a n n mit der Dissertation Kaiser Julians Gesetzgebungswerk und Reichsverwaltung promoviert, nahm am Ersten Weltkrieg teil und arbeitete als Lehrer im preuß. Höheren Schuldienst in Bromberg. 1923 habilitierte er sich in Marburg mit der Arbeit Zur Geschichtsschreibung und Weltanschauung des Ammianus Marcellinus. Seit 1927 war E. nichtbeamteter a. o. Prof. in Marburg; 1930 wechselte er auf eine o. Professur in Graz, 1936 nach Erlangen und hatte seit 1943 eine Professur in Würzburg inne. Seine Veröffentlichungen galten vor allem der römischen Geschichte des 3.-6. Jahrhunderts. Neben Aufsätzen zum kaiserlichen Zeremoniell, zum Heermeisteramt des spätrömischen Reiches und zu Diokletian verfaßte er die grundlegende Arbeit Theoderich der Große (1949, 2 1960).

Entfelder,

Christian, Täufer, t nach 1547. E. war Schüler von Hans —>Denck und 1526-28 Prediger einer Täufergemeinde in Eibenschütz (Böhmen). Als B ö h m e n unter österr. Herrschaft kam, wurde er zur Auswanderung gezwungen und ging 1529 nach Straßburg, wo er Kontakt zu Johannes —» Bünderlin und Kaspar von - » Schwenckfeld hatte. Dort erschien 1530 u . a . Von warer Gotseligkait, wie der mensch allhie inn diser zeyt darzu kommen mag, in der E. seine stark mystisch bestimmte und zum Spiritualismus neigende Theologie entfaltet. Spätestens 1536 wurde er Berater —» Albrechts d. Ä. von Preußen in Königsberg. CD N D B

Entner von Entnersfeld,

Friedrich Franz, österr. Jurist, Kameralist, * 15.3. 1731 Wien, t 6. 12. 1797 Wien. Früh verwaist, bildete sich Ε. v. E. weitgehend autodidaktisch und wurde 1764 zunächst bei der böhmisch-österreichischen Hofkanzlei angestellt. 1765 wurde er Konzipient im Präsidialbüro und gleichzeitig in den Adelsstand erhoben. Ε. v. E. war Mitglied der ökonomischen Gesellschaft in Wien sowie mehrerer gelehrter Gesellschaften. Seit war er a. o. Prof. der Ö k o n o m i e an der Univ. Wien. E. veröffentlichte u . a . ein Lehrbuch der landwirthschaftlichen Oekonomie (1791). E n t r e s , Joseph Otto, Bildhauer, * 13.3. 1804 Fürth, t 1 4 . 5 . 1 8 7 0 München. E. studierte seit 1820 an der Münchner Kunstakademie, w o ihn sein Lehrer Konrad —» Eberhard entscheidend be-

einflußte. Er schuf zahlreiche Holzplastiken im mittelalterlichen Stil für Kirchen und Grabdenkmäler, wobei er sich als einer der ersten von der damals herrschenden antikisierenden Richtung abwandte. Zu seinen Werken zählen ein Abendmahl und eine Madonnenstatuette für den D o m sowie die Skulptierung der Türflügel an der Kirche St. Peter in München. Er war auch Sammler mittelalterlicher Kunstschätze. Als Schüler E.' gelten u. a. Johann —>Petz und Josef Knabl. CD A K L E n u m , Johan von, auch Einem, Einum, Maler, * Flensburg, t vor 19.8. 1615. E. gilt neben den Brüdern von Achten als bedeutendster Maler des Manierismus im Herzogtum Schleswig. Sein Stil zeigt Enflüsse der Antwerpener Maler der fünfziger Jahre des 16. Jh. und wirkte schulbildend bis nach Jutland. Seit 1573 lebte E., der selbst Sohn eines Malers war, nachweislich in Flensburg und genoß offenkundig hohes Ansehen, wie aus seinen Tätigkeiten als Kirchengeschworener und Kirchenrechnungsführer (1602) hervorgeht. 1607 übersiedelte er nach Nyborg in Dänemark und arbeitete 1 6 0 7 / 0 8 sowie 1612 für König - » Christian auf Frederiksborg. Von E.s zahlreichen Arbeiten f ü r Flensburger Kirchen ist nur wenig erhalten (u. a. ein Altargemälde in St. Marien in Flensburg). Er schuf ferner Bildnisse dänischer Könige. CD S H B L , Bd 6

Enzensperger,

Josef, Meteorologe, Alpinist, * 8 . 2 . 1873 Rosenheim, t 2 . 2 . 1903 Kerguelen-Inseln (Antarktis). Der Sohn eines Bahnverwalters wuchs seit 1887 in Sonthofen und der Allgäuer Bergwelt auf. Als Stipendiat des Maximilianeums studierte er zunächst Jura, wandte sich dann aber mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern mit Schwerpunkt der Meteorologie zu. Bekannt wurde er durch zahlreiche Erstbegehungen in den Nördlichen Kalkalpen, die Erstbesteigung des Öfelekopfes im Wettersteingebirge über die Westwand 1892 sowie die aufsehenerregende Besteigung der Trettachspitze über die Südwand 1894 und der Kleinen Halt im Wilden Kaiser 1895. 1892 war E. einer der Begründer des Akademischen Alpenvereins in München. 1900 überwinterte er als erster Beobachter auf der meteorologischen Station auf der Zugspitze. 1901 startete E. zu einer von Erich von —»Drygalski geleiteten Südpol-Expedition, erlag aber auf den KerguelenInseln der Beri-Beri-Krankheit. Postum erschienen Ein Bergsteigerleben. Alpine Aufsätze und Vorträge, Reisebriefe und Kerguelen-Tagebuch (1905, 2 1924) und Fahrten im Wilden Kaiser. 1873-1903 (1923). CD N D B

Enzinger,

Moriz, österr. Germanist, * 3 0 . 1 2 . 1891 Steyr (Oberösterreich), t 4. 10. 1975 Wien. A u s einer K a u f m a n n s f a m i l i e stammend, begann E. 1911 das Studium der Germanistik, Geschichte und Geographie an der Univ. Graz, wechselte bald darauf zu Germanistik und Romanistik und studierte dann an den Universitäten Freiburg (Schweiz), Wien und Prag, u. a. bei Josef —»Nadler und August —> Sauer. 1916 Schloß er das Studium mit der Promotion an der Univ. Prag ab (Das Wiener Theater in seiner Entwicklung vom 18. zum ¡9. Jahrhundert·, stark erw. Fassung unter d e m Titel Die Entwicklung des Wiener Theaters vom 16. zum 19. Jahrhundert. Stoffe und Motive, 2 Bde., 1918/19). Seit 1916 war er Lehrer in W a i d h o f e n / T h a y a und K r e m s / D o n a u , 1922-46 o . P r o f . f ü r Deutsche Sprache und Literatur an der Univ. Innsbruck. 1940 wurde er Mitglied der N S D A P . 1946 in den dauernden Ruhestand versetzt, war E. 1948-54 erneut o . P r o f . an der Univ. Innsbruck und hatte 1954-63 den Lehrstuhl für Österreichische Literaturgeschichte und allgemeine Literaturwissenschaft an der Univ. Wien inne. E. arbeitete u. a. über Literatur und Literaturgeschichtsschreibung Tirols. Ein Großteil seiner Publikationen, darunter Adalbert Stifters Studienjahre (1818-1830) (1950), weist ihn als hervorragenden Kenner Adalbert Stifters aus. Seine Beschäftigung

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Enzio mit Franz —» Grillparzer führte zu einer Neubewertung dieses Autors. Seit 1951 war E. korrespondierendes, seit 1963 wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. DD IGL E n z i o , König von Sardinien, eigentl. Heinrich, auch Entius, Henzius, Heinz, * um 1224, t 14.3. 1272 Bologna. Der uneheliche Sohn Kaiser —»Friedrichs II. mit einer deutschen Adligen besaß die besondere Zuneigung seines Vaters. 1238 in Cremona zum Ritter geschlagen, wurde er im selben Jahr mit der Erbin eines Teils von Sardinien vermählt und nahm den Titel eines Königs von Sardinien an. 1239 ernannte ihn Friedrich II. zum Generallegaten von Italien, wo er in der Folgezeit mit der Rückgewinnung des Herzogtums Spoleto und der Mark Ancona sowie dem von ihm vorbereiteten Sieg der kaiserlich-pisanischen Flotte über die Genuesen bei Montecristo 1241 entscheidende Erfolge f ü r seinen Vater errang. Bei Kriegszügen gegen die guelfischen Kommunen in Oberitalien geriet E. 1249 in die Gefangenschaft der Bologneser. Ungeachtet hoher Auslösungsangebote seitens Friedrichs II., blieb E. bis zu seinem Tod in strenger, aber ehrenvoller Haft und mußte so den Untergang des Stauferhauses miterleben. Seine tragische Gestalt wurde in der Sage zum Idealbild staufischen Rittertums überhöht. • a LexMA E n z l i n , Matthäus, auch Aentzlinus, Jurist, Beamter, * 1 6 . 5 . 1 5 5 6 Stuttgart, | 2 2 . 1 . 1 6 1 3 Urach. Nach dem Studium beider Rechte in Tübingen wirkte E., Sohn eines Kirchenratsdirektors, vorübergehend am Reichskammergericht in Speyer und wurde 1581 als o.Prof. nach Heidelberg berufen. 1585 kehrte er nach Tübingen zurück, war dort auch Mitglied des Senats und Rektor und wurde 1596 Geheimer Rat Herzog —»Friedrichs I. von Württemberg. Der umfassend gebildete Jurist unterstützte seinen Dienstherrn beim Aufbau einer frühabsolutistischmerkantilistischen Regierungsweise. Seine „Erklärung" des sogenannten Tübinger Vertrags, des Landesgrundgesetzes von 1514, lieferte dem Herzog 1607 den Vorwand f ü r die Zerschlagung der Macht der Landstände. Nach dem Tod Friedrichs und einer ständischen Restauration wurde E. 1608 zu lebenslanger Haft verurteilt. Seine Versuche, freizukommen, wobei er u. a. mit dem Verrat von Staatsgeheimnissen drohte, führten zu einem zweiten Verfahren, in dem er wegen Hochverrats zum Tod verurteilt und hingerichtet wurde. DP N D B E n z w e i l e r , Max, Ingenieur, * 4 . 8 . 1 8 8 4 Luxemburg, t 2 . 3 . 1950 München. E., Sohn eines Direktors der Landwirtschaft im luxemburgischen Staatsdienst, studierte an der T H Berlin Bauingenieurwesen und trat 1908 in die Elektrische Bahnabteilung der Firma Siemens & Halske ein. Zu seinen ersten großen Aufgaben gehörte die Untertunnelung der Spree in offener Baugrube beim Ausbau der Berliner Hoch- und Untergrundbahn. 1921 wurde E. Leiter der Abteilung Wasserkraftanlagen in der neuen Siemens-Bauunion G m b H und führte in den folgenden Jahren zahlreiche Kraftwerksbauten im In- und Ausland durch, darunter die Schwarzenbachtalsperre im Schwarzwald, die Baustellen-Einrichtung für den Dnjeprostroy-Staudamm in der Ukraine 1927-30 sowie das Boberkraftwerk und die Wasserkraftanlage am Rio Negro in Uruguay 1942. Daneben wirkte er an den Bauten der Untergrundbahn in Buenos Aires und den Getreidespeichern im Stettiner Hafen mit. Seit 1928 Mitglied der Geschäftsleitung der Siemens-Bauunion, widmete sich E., der auch durch zahlreiche Veröffentlichungen in der Fachpresse hervorgetreten ist, nach 1945 deren Wiederaufbau. DP N D B

E o b a n u s Hessus, Helius - » H e s s u s , Helius Eobanus

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E o s a n d e r , Johann Friedrich (Nilsson), Frh. (seit 1713) Göthe, genannt E. Göthe, Architekt, Militär, getauft 2 3 . 8 . 1669 Stralsund, t 22.5. 1728 Dresden. E., Sohn eines schwedischen Generalquartiermeisterleutnants, durchlief bis 1689 eine Ingenieurausbildung in Riga, war seit 1692 Leutnant auf der Festung Stettin und wurde 1699 als Hofarchitekt in den Dienst des Kurfürsten und späteren preuß. Königs —»Friedrich I. nach Berlin berufen. Zunächst u.a. mit den Dekorationen der Oper befaßt, wurde er 1702 als Nachfolger Andreas —»Schlüters zum Ersten Baudirektor ernannt und mit den Erweiterungsarbeiten am Schloß Lützenburg, dem späteren Charlottenburg, beauftragt. Seit 1707 leitete E. als Schloßbaudirektor den Bau des Berliner Schlosses, das er u. a. um den Westtrakt erweiterte. Nach seinen Plänen entstanden auch das Schlößchen Favorite im Schloßpark Oranienburg und der Mittelteil des Schlosses Monbijou in Berlin. Nach Friedrichs Tod trat E. 1713 als Generalquartiermeister, später Generalmajor in den Dienst Karls XII. von Schweden. 1715 kurzzeitig in preuß. Gefangenschaft, übernahm er 1716 die Leitung des Merianverlages in F r a n k f u r t / M a i n und gab u . a . die Zeitschrift „Theatrum Europaeum" heraus. 1722 wurde er Generalleutnant in Kursachsen, 1726 Chef des Sächsischen Ingenieurcorps. Zuletzt lebte er in Dresden. E. gilt als einer der bedeutendsten deutschen Baumeister am Übergang des Spätbarocks zum Klassizismus. m AKL E p h a , Wilhelm Franz, Forstmann, * 11.8. 1828 Goldap (Ostpreußen), t 1 6 . 9 . 1 9 0 4 Rossitten (Ostpreußen). Seine forstliche Ausbildung erhielt E., Sohn eines Schneidermeisters, in der Oberförsterei Nassawen (Rominter Heide) und kam nach zehnjährigem Militärdienst 1857 als Forstschutzbeamter nach Memel. Dort widmete er sich vornehmlich der Bekämpfung der Wanderdünen in der Kurischen Nehrung, die er entgegen früherer Gepflogenheit nicht durch Pflanzung der Sandgräser zu binden suchte, sondern durch netzförmiges Bestecken mit Reisig oder Rohr („Bestrauchung") festlegte und gleichzeitig bepflanzte. In dieser Weise befestigte er die Bruchberge bei Rossitten, den Urbo- und Angiu-Kalns bei Nidden sowie die großen Wanderdünen bei Pillkoppen und rettete das Dorf Pillkoppen. DD Altpreuß Biogr, Bd 1 E p h r a i m , Fritz (Bruno), Chemiker, * 4 . 9 . 1 8 7 6 Berlin, t 1 7 . 1 . 1 9 3 5 Bern. Der Kaufmannssohn studierte in München und an der T H Charlottenburg Chemie, wurde 1899 mit der Arbeit Untersuchungen in der Bindongruppe promoviert, arbeitete im Labor von Emil —»Fischer und ging 1901 als Asistent von Carl —»Friedheim nach Bern. 1902 habilitierte er sich für anorganische Chemie und wurde 1911 a . o . P r o f . der analytischen Chemie, 1932 o.Prof. der organischen und theoretischen Chemie. E. beschäftigte sich u . a . mit Konstitutionsaufklärung, beschrieb zahlreiche bis dahin unbekannte Verbindungen wie die Doppelhalogenide und arbeitete Uber Fragen der chemischen Bindung unter dem Gesichtspunkt der räumlichen Verhältnisse und der elektrischen Ladung. Er veröffentlichte u . a . Das Vanadin und seine Verbindungen (1904), Lehrbuch für anorganische Chemie (1922, 5 1934), Chemische Valenz- und Bindungslehre (1928) und Seltene Erdelemente im einzelnen. Lanthan, Cerium, Praeseodym (1932). t n NDB E p h r a i m , (Nathan) Veitel Heine, Juwelier, Münzmeister, * 1703 Berlin, t 1 6 . 5 . 1 7 7 5 Berlin. Der Sohn des preuß. Hofjuweliers Chaijm ben Ephraim war seit 1737 Lieferant der preuß. Münze. Die vom Vater übernommene Firma Chaijm Heine und Sohn machte E. durch Juwelenhandel, Geldleihe, aber auch Silber- und Salzlieferungen zu einem Großunternehmen. 1756 verpachtete ihm

Eppelsheimer —> Friedrich II. die Leipziger und Dresdner Münze, wo zur Finanzierung des Siebenjährigen Kriegs minderwertige sächsische 8- und 18-Groschenstücke geprägt wurden, die im Volksmund bald „Ephraimiten" hießen. 1758 gingen alle preuß. und sächsischen Münzstätten an ein von E., Daniel —hitzig und Moses Isaak gegründetes Konsortium. Mit dem sogenannten Schlagschatz, der Differenz zwischen Herstellungskosten und Kurswert der geprägten Münzen, wurden 17 Prozent der Kriegskosten finanziert. Nicht zuletzt durch den Eintrag von Kriegskontributionen wurde E. vielfacher Millionär, doch wurde sein Kapital in Form von Beteiligungen an Manufakturen und Fabriken für die kgl. Wirtschaftspolitik fruchtbar gemacht. CD NDB E p p , Franz Xaver, Jesuit, Naturwissenschaftler, * 8.12.1733 Schongau, t 25.12. 1789 München. Zunächst Seminarist in München, legte E. 1753 die Profeß ab. Nach seiner Promotion zum Dr. phil. et theol. wurde er Lehrer für Mathematik und Physik am Münchner Lyzeum. Er lehrte als Nachfolger Ildephons —»Kennedys besonders Experimentalphysik. Mit ihm hielt erstmals ein Lehrer Physikvorlesungen in deutscher Sprache. Später war er auch Lehrer für Theologie in Dillingen. 1774 wurde E. Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1783 Stadtpfarrer in München und kurfürstlicher Wirklicher Geheimrat. E. beschäftigte sich mit Meteorologie, Elektrizität und Magnetismus, bemühte sich um die Einrichtung von Vergleichsgrundlagen für eine einheitliche Wetterbeobachtung in ganz Bayern und führte in Bayern die Benutzung von Blitzableitern ein. Er veröffentlichte u.a. Abhandlung von dem Magnetismus der natürlichen Elektricität (1777) und Ueber die Wetterbeobachtung (1780). E p p , Franz Xaver Ritter von, Militär, Politiker, * 16. 10. 1868 München, t 31.1. 1947 München. Nach der Ausbildung an der Kriegsschule und -akademie in München diente E., Sohn eines Kunstmalers, 1900/01 als Kompaniechef im Ostasiatischen Expeditionskorps und war 1904-06 in gleicher Funktion bei der Schutztruppe in Südwestafrika. Nach Frontdienst im Ersten Weltkrieg kämpfte er als Führer des „Freikorps Epp" gegen die Münchner Räterepublik und beteiligte sich an der Niederwerfung des kommunistischen Ruhraufstandes 1920. 1923 knüpfte er Kontakte zu rechtsradikalen Kreisen, nahm als Generalmajor seinen Abschied von der Reichswehr und begann nach seinem Ausscheiden aus der Bayerischen Volkspartei einen Aufstieg in der NSDAP. Seit 1928 Reichstagsabgeordneter, nahm er 1932 an den Abrüstungs- und Reparationskonferenzen teil, wurde im selben Jahr Reichsleiter der Wehrpolitischen Abteilung der Partei und der SA und nach —> Hitlers Machtergreifung zunächst Reichskommissar, dann Reichsstatthalter in Bayern. 1934 erfolgte seine Ernennung zum Reichsleiter des Kolonialpolitischen Amtes der NSDAP; seit Juni 1936 amtierte E. als Bundesführer des Reichskolonialbundes. Kurz vor Kriegsende hob ihn die „Freiheitsaktion Bayern" aus, er weigerte sich jedoch, die Kapitulation Bayerns anzubieten, und wurde von den Amerikanern interniert. CD Lilla, Statisten E p p , Leon, österr. Regisseur, Theaterdirektor, * 29.5. 1905 Wien, | 21. 12.1968 Wien. E. besuchte die Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien, wurde Schauspieler und wirkte als Charakterdarsteller in Teplitz-Schönau, München (unter Otto —> Falckenberg), Köln und Leipzig. Nach Wien zurückgekehrt, gründete er 1937 das Kellertheater „Die Insel", das aufgrund der politischen Verhältnisse jedoch 1938 wieder schließen mußte. 1939-41 leitete E. die „Komödie", wurde anschließend Oberspielleiter in Bochum und Graz und

eröffnete 1945 in Wien sein Privattheater „Die Insel" wieder, das 1951 Bankrott machte. Zwischenzeitlich als Leiter des Wiener Renaissance-Theaters tätig, wurde E. 1952 Direktor des Volkstheaters, dem er bis zu seinem Tod vorstand. Sein Programm umfaßte das Wiener Volksstück (u. a. Ludwig —> Anzengruber) wie auch zeitgenössische Dramen von Friedrich —> Dürrenmatt und Rolf Hochhuth. Mit der Aufführung von Stücken Bertolt —» Brechts durchbrach er den in Wien bestehenden Boykott gegen den Autor. CD Czeike E p p , Rudolf, Maler, * 30.6.1834 Eberbach (Baden), t 8.8.1910 München. Seinen ersten Unterricht erhielt E., Sohn eines Dekorationsmalers, von dem Landschaftsmaler Karl Ludwig Seeger. Mit Unterbrechungen durch mehrere Verpflichtungen zum Militärdienst, setzte er seine Studien an der Kunstschule in Karlsruhe u. a. bei Ludwig —> Des Coudres sowie auf Reisen in den Schwarzwald und nach München fort, wo ihn besonders Karl von -»Piloty anregte. 1863 ging E. nach München und erzielte mit kleinen Genrestücken, in denen er Landschaftsmalerei und Figurenbild zu verbinden wußte, bald Erfolge. Ausflüge in die Bergwelt von Bayern und Tirol lieferten ihm neue Motive. Zu seinen Werken zählen sein oft reproduziertes Schwarzmaidmädchen und seine Bilder nach Motiven aus Hermann und Dorothea. DD AKL E p p e l s h e i m e r , Hanns W(ilhelm), Bibliothekar, Literaturwissenschaftler, * 17. 10. 1890 Wörrstadt (Rheinhessen), t 14.8. 1972 Frankfurt/Main. E. war das erste von sechs Kindern des Geometers Wilhelm E. und seiner Frau Elise, geb. Horst. Nach dem Studium der Kunstwissenschaft und der Rechtswissenschaft wurde er 1914 mit einer Arbeit über Petrarca als Politiker promoviert (Petrarca, 1926). Am Ersten Weltkrieg nahm E. als Kriegsfreiwilliger teil. Seine Laufbahn als Bibliothekar begann er 1918 an der Stadtbibliothek Mainz, an der er den „Mainzer Sachkatalog" nach der unter seinem Namen bekannt gewordenen „Sacherschließungsmethode Eppelsheimer" schuf, die von verschiedenen wissenschaftlichen Bibliotheken übernommen wurde. Bestimmt war diese Methode durch „Standortfreiheit" (Unabhängigkeit des Katalogs von der Aufstellung der Bücher) und Verschlüsselung formaler Begriffe. Seit 1929 Direktor der Hessischen Landesbibliothek in Darmstadt, wurde E. 1933 „als politisch unzuverlässig nach § 4 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" (1933) entlassen; denn seine Frau Maria Elisabeth Albert, die er 1922 geheiratet hatte, war Jüdin. Diesen erzwungenen „Ruhestand" nutzte E. zur Ausarbeitung des bio-bibliographischen Handbuchs der Weltliteratur (1937, 2 1947-50, 3. neubearbeitete Aufl. 1960). Von 1946 bis 1958 war E. Direktor der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt/Main. Nach Rückführung der verlagerten Bestände der stark dezimierten Bibliothek konnte er diese durch „herrenlos" gewordene Bücherbestände wieder auffüllen. An der Univ. Frankfurt wurde er Honorarprofessor für Bibliothekswissenschaft. Von seinen hochfliegenden Plänen, wie die einer „Großhessischen Staatsbibliothek" oder einer Zentralbibliothek für Westdeutschland unter Einschluß der in den Westen verlagerten Bestände der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek, blieb als dauerndes Verdienst sein erfolgreicher Einsatz für die Gründung der Deutschen Bibliothek. Diese Einrichtung des Börsenvereins für den Deutschen Buchhandel

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Eppendorf war zunächst als Provisorium gedacht, wurde jedoch später von der Bundesrepublik Deutschland übernommen und nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten mit der älteren Deutschen Bücherei in Leipzig vereinigt. E. war Direktor der Deutschen Bibliothek von 1946 bis 1959. Außer für die fortlaufende S a m m l u n g der deutschen Literatur seit 1946 setzte sich E. erfolgreich für den nachträglichen Aufbau einer „Emigrantenbibliothek" ( 1 9 3 3 - 4 5 ) in der Deutschen Bibliothek ein. Er geriet dabei jedoch in die Kritik, da er bei der Abfassung seines Handbuchs der Weltliteratur ( 1 9 3 7 ) sich insofern angepaßt hatte, als er bestimmte Autoren, wie z . B . Thomas —»Mann, nicht aufgenommen hatte. D e m Erfolg der heutigen Abteilung für Exilliteratur in der Deutschen Bibliothek konnte diese Kritik nicht schaden. E. blieb immer ein H o m m e de lettres, ein Bibliograph nicht mit formalistischem, sondern mit inhaltlichem, wertend e m Interesse. A u s seinen verschiedenen bibliographischen Unternehmungen ragt sein Alterswerk Geschichte der europäischen Weltliteratur hervor, dessen erster und einziger Band Von Homer bis Montaigne 1970 erschien. Sein verlegerisches Interesse zeigte sich darin, daß er das Verlagsprogramm von Peter —»Suhrkamp bis ins Detail mitbestimmte. E. war 1958-62 Vizepräsident und 1963-65 Präsident der Deutschen A k a d e m i e für Sprache und Dichtung in Darmstadt. WEITERE WERKE: Weltliteratur. Ein Katalog der Mainzer Stadtbibliothek. Mainz 1930. - Bibliographie der deutschen Literaturwissenschaft. 1 . 1 9 4 5 / 5 5 f f . 1 9 5 7 f f . (Hrsg.). Deutsche Bücher 1939-1945. Frankfurt/Main 1947. - Bibliothek eines geistig interessierten Deutschen. 1958. LITERATUR: Eva Tiedemann: H. W. E. Curriculum vitae und ein bibliographischer Bericht. In: Die Deutsche Bibliothek 1945-1965. Frankfurt/Main 1966, S. 9-19. - H. W. E. ( 1 8 9 0 - 1 9 7 2 ) . Bibliothekar, Literaturwissenschaftler, H o m m e de Lettres. Frankfurt/Main 1990. Franz Georg

Kaltwasser

E p p e n d o r f , Heinrich, Humanist, * 1496 Eppendorf bei Freiberg (Sachsen), t nach 1551 Straßburg. E., Sohn eines Dorfrichters, studierte 1506-08 in Leipzig, war anschließend vermutlich Stadtschreiber in Kamenz und überbrachte 1520 ein Geschenk seines Gönners Herz o g —> Georg von Sachsen an Erasmus von Rotterdam in L ö w e n , dem er nahetrat. Im Streit zwischen Erasmus und Ulrich von - > Hutten, den E. seit 1520 kannte, spielte E. eine unklare Vermittlerrolle, vertiefte den Zwist durch die vermutlich ohne Einwilligung Huttens erfolgte Drucklegung von dessen Expostulatio (1523), die Erasmus zu öffentlichem Eintreten für —> Luther aufforderte, und brach 1523 mit Erasmus. Nach Huttens Tod lebte E. in Straßburg. Verdienste erwarb sich der von Erasmus als dreist und aufschneiderisch geschilderte E. durch seine deutschen Übersetzungen antiker lateinischer Prosa, die sich durch ihren modernen Stil auszeichnen und eine wichtige Quelle für Hans —> Sachs wurden. OD Killy E p p e n d o r f e r , Hans, eigentl. Hans-Peter Reichelt, Schriftsteller, * 1 0 . 6 . 1 9 4 2 Lütjenburg (Schleswig-Holstein), t 2 3 . / 2 4 . 1. 1999 Hamburg. Wegen Mordes v o m 18. bis 28. Lebensjahr im Gefängnis, begann E. danach zu schreiben, erwarb das D i p l o m für Journalistik und war bis 1989 als Redakteur tätig. 1 9 7 8 / 7 9 war er Vorstandsmitglied des Hamburger Literaturzentrums, 1 9 8 1 / 8 2 Stadtteilschreiber von St. Pauli. E. veröffentlichte u. a. Der Ledermann spricht mit Hubert Fichte (3 Interviews, 1977; auch als Theaterstück), Barmbecker Kuß. Szenen aus dem Knast (1981), Szenen aus St. Pauli (1982), Domenica. Körper mit Seele. Mein Leben (1994), Der neue Ledermann ( 1 9 9 6 ) und den Roman Der König von St. Pauli (1997, mit Dieter Wedel). Er schrieb auch Kinderbücher (u. a. Ge-

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spensterschule, 1986, seit 1987 unter dem Titel Gespensterspaß; Der Piranha in der Badewanne, 1991) s o w i e Filmdrehbücher. c n DLL, 20. Jh. E p p e n s t e i n , (Martin) Otto, Physiker, * 7. 10. 1876 Breslau, t 7. 1 0 . 1 9 4 2 Jena. E., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1894 in Heidelberg, Breslau, Wien und Jena Physik und Mathematik, wurde nach der Promotion ( Ü b e r die Dampfdruckerniedrigung verdünnter wässriger Lösungen) 1900 Assistent der Jenaer Universitätssternwarte an der Station für Erdbebenforschung und trat 1907 in die Zeisswerke ein. Dort war er bis zu seinem Tod in der Entfernungsmesserabteilung, später auch in der Feinmeßabteilung tätig und meldete als Erfinder oder Miterfinder 88 Patente u.a. auf verschiedene Entfernungsmesser, ihre Einzelteile, kinematographische Geräte, Einrichtungen zum Prüfen und M e s s e n von Gewinden, Maßstäben, Parallelkoordinaten und eine Längenmeßmaschine an. m NDB E p p e n s t e i n , Simon, Rabbiner, Historiker, * 25. 8 . 1 8 6 4 Krotoschin, t 1 9 . 1 1 . 1 9 2 0 Berlini?). E. besuchte das Rabbinerseminar in Berlin und wirkte 1889-1911 als Rabbiner in Briesen in Westpreußen. 1911 wurde er als Nachfolger von Abraham —> Berliner an das Rabbinerseminar in Berlin berufen, w o er bis zu seinem Tod jüdische Geschichte lehrte. Als Wissenschaftler machte er sich durch bahnbrechende Forschungen zur Geschichte der gaonäischen und nachgaonäischen Zeit ebenso verdient w i e durch seine Arbeiten auf d e m Gebiet der jüdischen Schrifterklärung und der hebräischen Sprachwissenschaft im Mittelalter. Seine kommentierte Bearbeitung des fünften Bandes der Geschichte der Juden von Heinrich —> Graetz erschien 1909.

Epper,

Franz Joseph, auch Fritz Joseph E., schweizer. Ingenieur, * 2 4 . 3 . 1855 Freihirten (Gemeinde Hauptwil bei Bischofszell, Kt. Thurgau), t 2 8 . 1 2 . 1 9 2 4 Bern. Nach Tätigkeiten im Straßen- und Eisenbahnbau und einem Studium an der Ingenieurschule des Eidgenössischen Polytechnikums wurde E., Sohn eines Schreiners, 1880 Ingenieur beim Eidgenössischen Oberbauinspektorat. 1886 übernahm er die Leitung des Eidgenössischen Hydrometrischen Bureaus in Bern. Mit der wissenschaftlichen Untersuchung der Wasserverhältnisse in der S c h w e i z lieferte er die Grundlagen für die damals in Angriff g e n o m m e n e n Wildbachverbauungen und Flußkorrektionen. E. führte einen täglichen postalischen Meldedienst der Wasserstände und einen telegraphischen Hochwassermeldedienst ein und machte sich durch die Konstruktion neuer Apparate zur direkten Wassermengenmessung verdient. 1908-11 war er Direktor der Abteilung für Landeshydrographie. Er veröffentlichte u.a. Die Entwicklung der Hydrometrie in der Schweiz (1907). CD N D B E p p e r , Ignaz, schweizer. Graphiker, Maler, * 6 . 7 . 1892 St. Gallen, t 1 2 . 1 . 1 9 6 9 Ascona. E., Sohn eines Stickereizeichners, erlernte 1908-12 den väterlichen Beruf, arbeitete 1912 als Entwerfer von M o d e skizzen in Berlin und wurde nach einem Aufenthalt in Weimar und München 1913 in Zürich zum Lithographen ausgebildet. 1918-32 lebte E., der u.a. mit Han —»Coray, Paul —» Ganz und Robert —» Schürch bekannt war, in Zürich und ließ sich danach in Ascona nieder, w o er mit dem EranosKreis um Carl Gustav —>Jung in Kontakt kam. Mit seinem Frühwerk, vor allem Holzschnittarbeiten, in dem er häufig biblische Themen (u.a. der Zyklus „Kleine Passion", 1915), aber auch Kriegs- und Großstadtszenen s o w i e Industrielandschaften darstellte, gehörte E. zu den bedeutendsten Vertretern des schweizer. Expressionismus. Später schuf er ver-

Epstein mehrt Landschaften, Akt- und Bildnisdarstellungen sowie Stilleben in Aquarell, Öl oder als Zeichnung. E. starb durch Selbstmord. CD A K L

men gemacht und sich u . a . im Cholerajahr 1854 bewährt. Für E. wurde später der offizielle Prozeß der Seligsprechung eingeleitet. CD N D B

E p p i c h , Egon, Maler, Graphiker, Bildhauer, * 2 3 . 8 . 1927 Gottschee (Kocevje, Slowenien), t 3 1 . 1 0 . 1 9 8 2 Fürth. E. lebte seit 1938 in Nürnberg, begann 1942 eine Lithographenlehre, die er nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg 1947 abschloß, und studierte 1947-55 an der Kunstakademie in Nürnberg Malerei. 1950 gehörte er zu den Begründern der „Ellinger Freien G r u p p e " und 1963 der „Gruppe N". Seit 1955 arbeitete er als freischaffender Künstler in Nürnberg und war seit 1959 Berater, später künstlerischer Leiter der Lithographischen Kunstanstalt Franz Xaver Leipold in Zirndorf. Seit 1964 beschäftigte sich E. auch mit Skulptur. Seine aus den Ideen des Bauhaus entwickelten Vorstellungen vom räumlichen Gesamtkunstwerk realisierte er mit seinen Stahlskulpturen im Garten des Helmut-Eppich-Hauses (1974-76) in Vancouver oder der Innen- und Außengestaltung der Fa. Leipold in Zirndorf (1978-82). E. war in Nürnberg lange Zeit der einzige Vertreter der geometrischen Abstraktion.

E p p i n g e r , Hans sen., österr. Pathologe, * 1 7 . 1 2 . 1 8 4 6 Karolinenthal (heute zu Prag), t 1 2 . 8 . 1 9 1 6 Graz. Nach dem Medizinstudium in Prag, wo er 1869 promoviert wurde und sich 1872 habilitierte, war E., Sohn eines Notars und Bruder von Karl - » E., zunächst Assistent am dortigen Institut unter Wenzel Treitz und Edwin —> Klebs. Seit 1875 a. o. Prof., folgte er 1882 einem Ruf als o. Prof. nach Graz. 1885 wurde E. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . E. machte sich besonders um die Bakteriologie und die Erforschung von Infektionskrankheiten verdient. Bei der Hadernkrankheit gelang ihm die Nachweis, daß es sich u m eine Infektion durch Einatmen von Milzbrandsporen handelt, die Ausgangspunkt einer Allgemeininfektion werden kann. Als erster beschrieb E. auch das embolisch-mykotische Aneurysma und eine pathogene Cladothrix als Ursache einer Pseudotuberkulose. Mit seinen Untersuchungen zur Entstehung des Ikterus regte er seinen Sohn Hans —>E. jun. zu dessen Forschungen zur Leberpathologie an. E. veröffentlichte u . a . Pathologische Anatomie des Larynx und der Trachea (1880) und Die Hadernkrankheit als typischer Inhalationsmilzbrand (1894). • • NDB

m

AKL

E p p i c h , Josef, kath. Theologe, Politiker, * 2 0 . 2 . 1874 Malgern bei Gottschee (Krain), t 2 . 6 . 1 9 4 2 Mitterdorf bei Gottschee. Nach dem Theologiestudium in Laibach und der Priesterweihe 1897 wurde E. Kaplan in Döberitsch und Gottschee, 1902 Pfarrer in Mitterdorf. Dort gründete er 1904 mit dem „Gottscheer Boten", der später als „Gottscheer Zeitung" weitergeführt wurde, das erste Heimatblatt der deutschen Sprachinsel in Krain. Auch als O b m a n n der Bauernpartei und Abgeordneter der Laibacher Gebietsversammlung bemühte sich E. um die Erhaltung des Deutschtums. Daneben war er im landwirtschaftlichen Genossenschaftswesen tätig. In den Partisanenkämpfen des Zweiten Weltkriegs zwischen Italienern und Slowenen fand er den Tod. E p p i n g , Joseph, Jesuit, Astronom, Assyriologe, * 1 . 1 2 . 1 8 3 5 Bevergern (Westfalen), t 2 2 . 8 . 1894 Exaeten (Niederlande). E., Sohn eines Glasers, studierte in Münster Mathematik und wurde, seit 1859 Mitglied der Gesellschaft Jesu, 1863 Prof. der Mathematik in Maria Laach. 1867-71 studierte er Theologie, empfing die Priesterweihe und ging 1872 mit anderen deutschen Jesuiten nach Ecuador, wo er am von Garcia Moreno gegründeten Polytechnikum in Quito Mathematik lehrte. 1876 kehrte E. nach Europa zurück und wirkte als Lehrer für Mathematik und Astronomie in Blijenbeck und Exaeten in den Niederlanden. E. entschlüsselte zusammen mit Johann N e p o m u k —> Straßmaier die assyrischbabylonischen Mondtafeln. Seine Ergebnisse, veröffentlicht in der Schrift Astronomisches aus Babylon oder das Wissen der Chaldäer über den gestirnten Himmel (1889), bildeten die Grundlage f ü r die späteren Forschungen Franz Xaver Kuglers. Zu seinen Publikationen gehört ferner Der Kreislauf im Kosmos (1882). CD N D B E p p i n g e r , Elisabeth, Ordensname: Alfons-Maria, Gründerin der Niederbronner Schwestern, * 9 . 9 . 1814 Niederbronn (Elsaß), t 3 1 . 7 . 1867 Niederbronn. Die Bauerntochter machte als j u n g e Frau zunächst durch Visionen und Prophezeiungen von sich reden, bevor sie sich in ein Kloster zurückzog. In ihrem Heimatort Niederbronn gründete sie 1849 eine Kongregation der „Schwestern vom Allerheiligsten Heiland", der sie als erste Generaloberin vorstand. 1866 erfolgte die Bestätigung der Ordensgründung durch Papst Pius IX. Die Niederbronner Schwestern hatten sich damals bereits durch ihr soziales Engagement einen Na-

E p p i n g e r , Hans jun., österr. Internist, * 5 . 1 . 1 8 7 9 Prag, t 2 5 . 9 . 1946 Wien. E. studierte u. a. an der Univ. Graz, wo sein Vater Hans —> E. sen. als Ordinarius wirkte, bildete sich nach der Promotion bei Friedrich - » K r a u s und Richard —» Paltauf weiter und war Assistent bei Karl von —>Noorden in Wien. Nach der Habilitation war E. als api., dann als a. o . P r o f . in Wien tätig und folgte 1926 einem Ruf nach Freiburg/Breisgau. 1930 ging er nach Köln und kehrte als Vorstand der 1. Medizinischen Universitätsklinik 1933 nach Wien zurück. Seit 1938 war er Mitglied der N S D A P . 1940 erfolgte die A u f n a h m e in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. E. gilt als einer der Begründer der neuzeitlichen Pathophysiologie. Schwerpunkte seiner Arbeiten bildeten die Kreislaufpathologie, Krankheiten der Schilddrüse und Nebenschilddrüse, die experimentelle Analyse des E K G , die Milzpathologie und besonders die Leberpathologie. Nach ihm sind die „Eppinger-Sternchen", typische Hauterscheinungen bei chronischen Leberkranken, benannt. Im Konzentrationslager Dachau leitete E. Meerwasserversuche an Zigeunern. Er veröffentlichte u . a . Zwerchfellkrankheiten (1910), Pathologie des Ödems (1917), Die Krankheiten der Drüsen mit innerer Sekretion (1931), Die Leberkrankheiten (1937) und Die Permeabilitätspathologie als die Lehre vom Krankheitsbeginn (1949). Nach der Vorladung zum Nürnberger Ärzteprozeß nahm sich E. das Leben. CD N D B E p p i n g e r , Karl, österr. Politiker, * 6. 1.1853 Braunau (Böhmen), t 15.7. 1911 Salzburg. Der Bruder des Pathologen Hans —>E. sen. studierte an der Prager Univ. Jura und ließ sich nach absolvierter Gerichtspraxis in Niemes als Rechtsanwalt nieder. Dort engagierte er sich zunächst auf lokaler Ebene auch politisch, wurde 1895 in den böhmischen Landtag als Vertreter von Niemes und Zwickau gewählt und 1901 Führer der Deutschen Fortschrittspartei. Nach der Wahlreform von 1907 war E. Mitglied der Verfassungspartei im österr. Herrenhaus und setzte sich für den Ausgleich zwischen den Volksgruppen in B ö h m e n ein. • • Biogr Jahrb, Bd 16 E p s t e i n , Alois, Pädiater, * 1 . 1 . 1 8 4 9 Kamenitz (Böhmen), t 2 7 . 1 0 . 1918 Prag. Nach dem Medizinstudium in Prag, w o er sich 1880 für Kinderheilkunde habilitierte, wurde E., Sohn eines Kaufmanns, als Nachfolger seines Lehrers Gottfried —» Ritter

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Epstein von Rittershain Primararzt der Findelanstalt u n d 1884 als a. o. Prof. auch Leiter d e r K i n d e r k l i n i k der D e u t s c h e n Universität. Seit 1888 w a r E. Mitglied der D e u t s c h e n A k a d e m i e der N a t u r f o r s c h e r L e o p o l d i n a . M i t seinen aus der praktischen Tätigkeit e r w a c h s e n e n A r b e i t e n ü b e r S ä u g l i n g s - und K i n d e r k r a n k h e i t e n g e h ö r t e E. zu d e n B e g r ü n d e r n der m o d e r n e n Pädiatrie. D a n k verbesserter H y g i e n e und einer bevorzugten E r n ä h r u n g der S ä u g l i n g e mit F r a u e n m i l c h g e l a n g ihm e i n e d e u t l i c h e S e n k u n g der K i n d e r s t e r b l i c h k e i t in seiner Anstalt. D i e s o g e n a n n t e n „ B e d n a r s c h e n A p h t h e n " erkannte er als m e c h a n i s c h e S c h ä d i g u n g d u r c h das A u s w i schen des M u n d e s b e i m S ä u g l i n g . D i e P s e u d o d i p h t h e r i e wird n a c h i h m als „ E p s t e i n s c h e K r a n k h e i t " bezeichnet. Ferner b e s c h ä f t i g t e er sich mit septischen E r k r a n k u n g e n der S c h l e i m h ä u t e , d e r T u b e r k u l o s e und G e l b s u c h t bei N e u g e b o r e n e n . Z u seinen S c h ü l e r n zählt A d a l b e r t —»Czerny. E. v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Beitrag zur Kenntniss des systolischen Schädelgeräusches der Kinder (1878), Über septische Erkrankungen der Schleimhäute bei Kindern (1879), Über die Gelbsucht bei neugeborenen Kindern (1880), Studien zur Frage der Findelanstalten unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in Böhmen ( 1 8 8 2 ) und Über die Notwendigkeit eines systematischen Unterrichtes in der Säuglingspflege an Hebammenlehranstalten (1916). CD N D B

H o n o r a r p r o f e s s u r e n f ü h r t e n E. in d e n f ü n f z i g e r und sechziger J a h r e n an d i e U n i v e r s i t ä t e n B o n n und H a m b u r g , 1960-63 leitete er z u d e m das E d i t i o n s p r o j e k t „ D o k u m e n t e zur deutschen a u s w ä r t i g e n Politik 1 9 1 8 - 1 9 4 5 " in B o n n . Seit 1963 Prof. of E u r o p e a n D i p l o m a t i e History an der I n d i a n a University in B l o o m i n g t o n , kehrte E. 1969 nach D e u t s c h l a n d zurück und lehrte 1974-79 als H o n o r a r p r o f e s s o r an der U n i v . F r e i b u r g / B r e i s g a u . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Die marxistische Geschichtswissenschaft in der Sowjetunion seit 1927 (1930) und Germany and the East. Selected essays (1973). DD L e x dt-jüd A u t o r e n

Epstein,

Julius, österr. M u s i k e r , * 7 . 8 . 1832 A g r a m , t 1 . 3 . 1 9 2 6 Wien. E. w a r in W i e n S c h ü l e r von A n t o n —»Halm und J o h a n n R u f i n a t s c h a . 1867-1901 lehrte er a m W i e n e r K o n s e r v a t o r i u m . Z u seinen S c h ü l e r n zählten I g n a z —> Brüll und G u stav —»Mahler. Als Pianist m a c h t e sich E. vor allem u m die K l a v i e r m u s i k der W i e n e r K l a s s i k e r verdient, mit d e r e n Tradition er durch seinen L e h r e r H a l m u n m i t t e l b a r v e r b u n d e n war, und w a r einer der b e d e u t e n d s t e n —> M o z a r t - I n t e r p r e t e n seiner Zeit. E r g a b zahlreiche klassische und v o r k l a s s i s c h e W e r k e e r s t m a l s im D r u c k h e r a u s und w a r M i t a r b e i t e r der ersten G e s a m t a u s g a b e von - » S c h u b e r t s Werken, m ÖML

Epstein,

Epstein,

Else, eigentl. M a r i a Elisabeth E., g e b . B e l i n g , Organisatorin der E r w a c h s e n e n b i l d u n g , Politikerin, * 2 2 . 1 2 . 1881 S t e i n b a c h / T a u n u s , t 1 3 . 1 2 . 1948 F r a n k f u r t / Main. E. w u r d e zur Haushaltslehrerin ausgebildet und studierte d a n n o h n e A b s c h l u ß an der F r a n k f u r t e r A k a d e m i e f ü r Sozialund H a n d e l s w i s s e n s c h a f t e n . Seit 1905 arbeitete sie f ü r d e n R h e i n - M a i n i s c h e n Verband f ü r Volksbildung und seit 1914 e h r e n a m t l i c h im A u s s c h u ß f ü r V o l k s v o r l e s u n g e n in F r a n k f u r t / M a i n , dessen G e s c h ä f t s f ü h r e r ihr E h e m a n n W i l h e l m —>E. war. 1919-1933 war sie S t a d t v e r o r d n e t e f ü r die D D P . 1941 w u r d e E. w e g e n K o n t a k t e n zu j ü d i s c h e n F r e u n d e n verh a f t e t und war 1 9 4 2 / 4 3 zehn M o n a t e im K o n z e n t r a t i o n s l a ger R a v e n s b r ü c k in H a f t . 1945 g r ü n d e t e sie d e n F r a n k f u r t e r B u n d f ü r Volksbildung neu und b a u t e g e m e i n s a m m i t Carl —>Tesch e i n e V o l k s b i l d u n g s o r g a n i s a t i o n auf, a u s der sich d i e V o l k s h o c h s c h u l e entwickelte. E. w a r G r ü n d u n g s m i t g l i e d der F r a n k f u r t e r C D U , f ü r d i e sie 1946-48 S t a d t v e r o r d n e t e war, und 1946 M i t g l i e d d e s b e r a t e n d e n L a n d e s a u s s c h u s s e s der Verfassungsgebenden Landesversammlung Groß-Hessen. tao F r a n k f B i o g r

Epstein,

Fritz T ( h e o d o r ) , Historiker, * 20. 8 . 1 8 9 8 Saarg e m ü n d ( L o t h r i n g e n ) , t 6 . 1 2 . 1979 R e h l i n g e n . E., S o h n eines M a t h e m a t i k e r s , studierte seit 1916 R e c h t s u n d S t a a t s w i s s e n s c h a f t e n an den Universitäten Heidelberg, J e n a , F r a n k f u r t / M a i n u n d Berlin, w u r d e 1924 mit einer A r beit zur russischen V e r w a l t u n g s g e s c h i c h t e z u m Dr. phil. prom o v i e r t und w a r a n s c h l i e ß e n d b e i m Verlag de G r u y t e r in Berlin tätig. 1926-31 arbeitete er als A s s i s t e n t a m O s t e u r o p ä i s c h e n S e m i n a r der U n i v . H a m b u r g . S e i n e 1934 bei der U n i v . H a m b u r g e i n g e r e i c h t e Habilitationsschrift Rußland und die Weltpolitik 1917-1920 w u r d e von der P h i l o s o p h i s c h e n F a k u l t ä t w e g e n E.s j ü d i s c h e r A b s t a m m u n g abgelehnt. E. e m i g r i e r t e d a r a u f h i n nach E n g l a n d , 1937 in d i e U S A und w a r 1937-41 R e s e a r c h A s s i s t a n t an der H a r v a r d U n i versity in C a m b r i d g e ( M a s s a c h u s e t t s ) , 1 9 4 1 - 4 4 B i b l i o t h e k a r der dortigen W i d e n e r Library u n d 1 9 4 4 / 4 5 R e s e a r c h A n a l y s t a m O f f i c e of Strategie Services in W a s h i n g t o n , D . C . B e r e i t s 1945 hielt er sich kurzzeitig in D e u t s c h l a n d auf, arbeitete bis 1946 als D e u t s c h l a n d e x p e r t e a m U . S. State D e p a r t m e n t , seit 1948 als Historiker f ü r m e h r e r e D o k u m e n t a t i o n s p r o j e k t e und w u r d e 1951 Lecturer, 1959 A d j u n c t P r o f e s s o r an der A m e rican University in W a s h i n g t o n , D . C . M e h r e r e Gast- und

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M a x , P s e u d . G e o r g e Gotthardt, M a x M u t h , Jurist, Schriftsteller, * 9. 3 . 1 8 7 4 K ö n i g s h ü t t e ( O b e r s c h l e sien), t 9 . 5 . 1948 L o n d o n . E., S o h n eines K a u f m a n n s , Schloß das S t u d i u m der R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n 1897 mit der P r o m o t i o n a b (Der Landesverrat in historischer, dogmatischer und rechtsvergleichender Darstellung), w a r a n s c h l i e ß e n d Leiter eines A n w a l t s b ü r o s in Berlin, später a u c h U n i v e r s i t ä t s p r o f e s s o r und e n g a g i e r t e sich als Theaterfinanzier. E. war G r ü n d e r und Besitzer d e s B e r liner Künstlertheaters. E i n n a h m e n aus von i h m g e p a c h t e t e n T h e a t e r g a r d e r o b e n und E r f r i s c h u n g s r ä u m e n investierte er in T h e a t e r p r o d u k t i o n e n ; d a m i t war er an zahlreichen B ü h n e n beteiligt und n a h m E i n f l u ß auf d i e P r o g r a m m g e s t a l t u n g . In j u r i s t i s c h e n S c h r i f t e n , aber a u c h e i g e n e n B ü h n e n w e r k e n und R o m a n e n setzte er sich mit d e m T h e a t e r und seinen wirtschaftlichen A s p e k t e n a u s e i n a n d e r ( u . a . Das Theater als Geschäft, 1911 ; Man spielt Theater. Roman hinter den Kulissen, 1932). 1919-21 und 1 9 2 5 - 3 0 g a b E. die literarische W o c h e n s c h r i f t „ D a s B l a u e H e f t " heraus. 1935 erhielt er B e r u f s v e r b o t und e m i g r i e r t e n a c h L o n d o n . OD L e x dt-jüd A u t o r e n

Epstein,

M o r i t z , österr. R e d a k t e u r , Schriftsteller, * 2 9 . 3 . 1 8 4 4 Trebitsch ( M ä h r e n ) , t 15. 11. 1915 W i e n . E. w a r seit 1868 R e d a k t e u r der W i e n e r „ M o r g e n p o s t " , d e s „ N e u e n F r e m d e n b l a t t s " und des „ N e u e n W i e n e r Tagblatts". Später w u r d e er auch K o r r e s p o n d e n t der „ F r a n k f u r t e r Zeit u n g " und M i t a r b e i t e r der „ N e u e n Freien P r e s s e " . W ä h r e n d des D e u t s c h - F r a n z ö s i s c h e n K r i e g s w a r E. in W i e n M i t g l i e d des E x e k u t i v k o m i t e e s und w i r k t e später l a n g e Zeit im A u s s c h u ß und im Vorstand d e r g r o ß d e u t s c h orientierten „ C o n c o r d i a " . A l s B ü h n e n s c h r i f t s t e l l e r und Erzähler schrieb er vor a l l e m Lustspiele. D a s L e s s i n g d e n k m a l in W i e n w u r d e auf sein B e t r e i b e n hin errichtet. DD Ö B L

Epstein,

Naphtali, Hebraist, Politiker, * 1 1 . 8 . 1 7 8 2 Karlsruhe, t 14. 10. 1852 Karlsruhe. E i n e r alten R a b b i n e r f a m i l i e e n t s t a m m e n d , w u r d e E. in B r u c h s a l von s e i n e m Vater, d e m dortigen R a b b i n e r , in d e r hebräischen S p r a c h e und Literatur u n t e r w i e s e n , erhielt aber auch von Geistlichen des F ü r s t b i s c h o f s von S p e y e r Unterricht. Als erster J u d e B a d e n s b e s u c h t e er d i e U n i v . Heidelberg und w i d m e t e sich fortan der W a h r u n g religiöser und rechtlicher Interessen der J u d e n in B a d e n . Bei der B i l d u n g des „ O b e r r a t s " der Israeliten, einer B e h ö r d e , d i e unter staatlicher L e i t u n g d i e religiösen A n g e l e g e n h e i t e n d e r J u d e n in

Erasmus von Rotterdam Baden zu regeln hatte, wurde E. zum Sekretär und später zum Referenten für jüdische Religionssachen ernannt. Er setzte sich für die Rechtsgleichheit der Juden mit den Christen und für das jüdische Bildungswesen ein. Die jüdischen Schulen Badens wurden f ü r andere Staaten vorbildlich. OD A D B

Epstein,

Im Kloster traf er auf einen humanistischen Kreis von Brüdern, die klassische Sprachstudien neben d e m Bildungsprogramm des Ordens betrieben. Seit der Priesterweihe 1492, erstes belegtes Ereignis seines Lebens, suchte er dem Kloster zu entkommen. Seine H o f f n u n g war eine Bildungsreise nach Italien: Der erste Versuch 1 4 9 3 / 9 4 als Sekretär des Bischofs von Cambrai, Heinrich van Bergen, mißlang; er begleitete ihn auf Reisen, doch die Italienreise zerschlug sich. Schließlich erhielt E. 1495 ein Stipendium f ü r ein Studium. Er studierte in Paris Theologie, um das Doktorat zu erwerben. Vorausgesetzt war das vierjährige Artesstudium, danach ein achtjähriges Studium der Theologie. E. blieb im Zeitrahmen und wurde 1506 in Turin zum Doktor der Theologie promoviert.

Epstein,

Während seiner Zeit beim Bischof von Cambrai entwarf E. die Antibarbari gegen die Sprachbarbaren, ein Werk, das 25 Jahre später teilweise herauskam: Im Gespräch zwischen Freunden werden die humanistischen Ideen von der Perfektibilität der Menschen durch Bildung und Erziehung entwickelt. Die humane Bildung sei auf natürliche Weise in der Antike geoffenbart und durch die christliche Offenbarung vollendet worden. Barbarischer Bildungsfeind ist nicht der rohe Ungebildete, sondern der tyrannische Verbildete in Mönchsorden und Schulen. E. artikulierte als sein zentrales Problem die Suche nach dem christlichen Humanismus. Sein Studium in Paris begann am Collège Montaigue, einem Ort strengster Disziplin. Er fand Anschluß an den Pariser Humanistenkreis, doch blieb er dort nur einer unter vielen . j u n g e n " Humanisten. Als Privatlehrer entwarf er etliche Lehrtexte, wie De conscribendis epistolis und De copia verborum, die erst später veröffentlicht wurden. Sein Lateinschüler Lord Mountjoy, William Blount, lud ihn 1499 nach England ein.

Paul, Mathematiker, * 2 4 . 7 . 1871 F r a n k f u r t / Main, t 11.8. 1939 F r a n k f u r t / M a i n . E. studierte in Straßburg und Göttingen, trat nach der Promotion 1895 (Zur Lehre von den hyperelliptischen Integralen) in den elsässisch-lothringischen Schuldienst ein und wurde 1900 Oberlehrer an der kaiserlichen T H zu Straßburg, an der er sich 1903 habilitierte. 1919 wurde er an der Univ. Frankfurt als Privatdozent eingestellt, war seit 1921 nicht beamteter a. o. Prof. und erhielt einen Lehrauftrag für Geodäsie, Didaktik und Geschichte der Mathematik, von d e m er 1935 entbunden wurde. E. veröffentlichte u. a. Repertorium der höheren Analysis (1910) und Arithmetik, Algebra und Analysis (1922). Er war Mitherausgeber der Enzyklopädie der Elementarmathematik ( 5 1934) von Heinrich —» Weber und Josef —» Wellstein. E. nahm sich nach einer Vorladung durch die Gestapo das Leben. m Poggendorff 5-6 Wilhelm, Chemiker, * 2 6 . 1 0 . 1860 Leipzig, t 18.2. 1941 F r a n k f u r t / M a i n . E. war nach d e m Chemiestudium zunächst ehrenamtlich im Frankfurter Ausschuß f ü r Volksvorlesungen tätig, dessen Geschäftsleiter er 1906 wurde; 1919 wurde der Verein in Frankfurter Bund für Volksbildung umbenannt. 1921 gründete E. eine Volksbühne, die im Wesentlichen von seiner Frau Else —>E. organisiert wurde. E „ der 1920-24 Stadtverordneter der S P D war, achtete auf politische Neutralität des Vereins, vermied aber die Zusammenarbeit mit nationalsozialistischen Gruppierungen. 1930 schied er aus Altersgründen aus d e m Dienst aus. m Frankf Biogr

Eras,

Wolfgang H „ Verbandsfunktionär, * 1 4 . 4 . 1 8 4 3 Schönfeld bei Großenhain, t 2 9 . 1 2 . 1892 Breslau. E „ Sohn eines Pfarrers, studierte Mathematik und Naturwissenschaften am Polytechnikum in Dresden und an den Universitäten Leipzig und Jena, wo er auch Rechtswissenschaften hörte. In Jena promoviert, begann er mit einer umfangreichen publizistischen Tätigkeit, übernahm die Schriftleitung der „Mittelrheinischen Volkszeitung" in Wiesbaden, bezog zu aktuellen wirtschaftspolitischen Fragen Stellung und wurde 1868 erster hauptamtlicher Sekretär der Handelskammer Bielefeld. 1871 wechselte er als Syndikus an die Handelskammer Breslau. E. tat sich als radikaler Gegner der Arbeiterbewegungen hervor und engagierte sich für die Belange der deutschen Leinenindustrie, die durch die englischeKonkurrenzgefährdetwar. DO Rhein-WestfWirt,Bd 15

Erasmus von Rotterdam,

Desiderius, Humanist, * zwischen 1466 und 1469 bei Rotterdam, t in der Nacht zum 1 2 . 7 . 1 5 3 6 Basel. Der N a m e Roterodamus ersetzte den Familiennamen; Desiderius war der Humanistenname. Die Herkunft des E. ist unklar; er stammte aus der Verbindung eines niederen Klerikers mit der Arzttochter Margareta Rogers aus Gouda. Die fünfzehnjährige Schulzeit dauerte ungewöhnlich lange: auf Gouda folgte die Domschule von Utrecht, dann die Kapitelschule der Brüder vom Gemeinsamen Leben in Deventer. 1487 trat E. mit seinem älteren Bruder Pieter in das Augustiner-Chorherrenstift Steyn bei Gouda ein.

Der halbjährige Englandaufenthalt bis Februar 1500 mit Perspektive einer Italienreise - wurde kurzfristig zur Enttäuschung, langfristig die Lebenswende: Er fand Anerkennung und wurde in die hohe Gesellschaft eingeführt. In Oxford fand er angemessene Gesprächspartner, so in John Colet, der ihn zu den Disputatiunculae de tedio, pavore, tristitia Jesu und der Concio de puero Jesu anregte. E. überzeugte sich von der Bedeutung des Griechischen und wendete sich der antiken paganen wie christlichen Literatur zu. Es wurde ihm die Bedeutung der alten Vätertheologie klar, besonders die von Hieronymus und Orígenes, und damit seine eigene Rolle als Sprachgelehrter in der Theologie. Zurückgekehrt in seine kargen Pariser Verhältnisse, gab E. 1500 dort sein erstes Buch, die Adagia, heraus. Diese S a m m lung lateinischer Sprüche zur Pflege eines eleganten Stils ergänzte er in weiteren Ausgaben u m griechische Weisheiten, bis 1536 die letzte Ausgabe 3260 kommentierte Redewendungen enthielt. Verschiedentlich hielt er sich in den Niederlanden auf und fand in Theodor Maertens in Antwerpen (dann Löwen) einen Drucker, der 1503 seine Lucubrationes, Ergebnisse seiner Nachtwachen, verlegte. Darin befand sich das Enchiridion militis christianae (Handbüchlein eines christlichen Ritters), welches erst die gesonderte Ausgabe 1518 bei —>Froben in Basel zu dem - von —> Luther wie von Ignatius von Loyola - gelobten und verdammten Hauptwerk humanistischer Christus-Frömmigkeit machte. Im Jahr 1504 fand E. im Kloster Pare bei Löwen das Manuskript der Annotationes in Novum Testamentum seines Vorbildes Lorenzo Valla, worin der Vulgatatext am klassischen Latein wie am griechischen Urbild geprüft wurde. Die philologische Bibelkritik inspirierte E. zu der ein Jahrzehnt später edierten kritischen Neuausgabe des Neuen Testaments. In England lebte E. nach seinem halbjährigen Besuch 1 4 9 9 / 1 5 0 0 erstmals etwa ein Jahr 1505 bis 1506, dann nach dem Studienaufenthalt in Italien 1509 bis 1514, endlich mehrmals kurzzeitig 1515 bis 1518 in London, an den Uni-

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Erasmus von Rotterdam versitäten und kirchlichen Zentren, so Canterbury. E. verdankte England viel, vor allem M ä z e n e und Freunde, wie den kgl. Erzieher Lord Mountjoy, den Dean of St. Paul's, John Colet, den Erzbischof von Canterbury, William Warham, und den Protagonisten des „zivilen" H u m a n i s m u s Thomas More, mit d e m er griechische Literaturstudien (LukianÜbersetzungen) betrieb, aus denen das Lob der Torheit und die Utopia entstanden. Die Studienreise nach Italien ergab sich 1506. E. hielt sich in Turin (Promotion), Padua, Bologna, Neapel und Florenz auf. In Venedig edierte er bei Aldus Manutius die um griechische Sprüche erweiterten Adagia. Nach R o m kam er wegen der Kriegszüge Papst Julius' II. spät, wo er die Gunst der Kardinäle Grimani, Riario und des späteren Papstes Leo X., Giovanni de' Medici, gewann. Sein Interesse galt weniger der antiken Kunstüberlieferung als alten, unedierten Manuskripten. Als ihn 1509 aus England die Nachricht erreichte, der alte König liege im Sterben, eilte er dorthin, in Erwartung des „goldenen Zeitalters der Gelehrsamkeit". Die folgenden englischen Jahre wurden eine Zeit intensiver Studien, besonders an den griechisch-lateinischen Bibeltexten. Man hörte nichts von ihm, außer, er habe im S o m m e r 1511 sein Lob der Torheit selbst in Paris zum Druck gegeben. Die H o f f n u n g e n auf Heinrich VIII. wurden enttäuscht. Auch fand E. in England keine unabhängige Stellung als Gelehrter und auch keine leistungsfähige Druckerei. Als E. 1514 wieder auf den Kontinent übersiedelte, suchte er einen Platz bei Gönnern, auch in Löwen, w o sein Drucker Maertens saß. In dieser Übergangssituation erreichte ihn der Rückruf seines Priors ins Kloster, den er mit einem beeindruckenden Lebensbekenntnis ablehnte. Mitte August 1514 war er auf dem Weg rheinaufwärts, blieb in Basel und begann mit Frohen sofort ein umfangreiches Druckprogramm: Eine Adagia-Ausgabe, neue Plutarch-Übersetzungen und Seneca-Texte, vor allem die Editionen der HieronymusBriefe und des Neuen Testaments. Auf seinen Reisen durch das Rheinland seit 1514 zeigte sich, wie berühmt E. bereits war. Er wurde als Licht der Bildung gefeiert, welches nun auch in Deutschland aufscheine. In Mainz und Frankfurt traf er Reuchlin und Hutten. Nachdem er fast Engländer geworden war, werde er nun Deutscher, so fand E. selbst. Die Jahre seines frühen Ruhmes von 1515 bis 1518 waren außerordentlich unruhig; kein Angebot entsprach seinen Ansprüchen an Unabhängigkeit. Jean le Sauvage, Kanzler von Brabant, verschaffte ihm 1516 den Titel eines Ratgebers beim j u n g e n —»Karl (V.). E. verfaßte dazu die Erziehungslehre für Prinzen, Institutio Principis Christians, doch mochte er nicht mit dem zum König gewählten Karl nach Spanien übersiedeln. Unglücklich verliefen seine B e m ü h u n gen, sich in Löwen niederzulassen. Wegen Luther kam er zunehmend in Konflikte mit der dortigen Theologischen Fakultät. E. mißbilligte zwar Luthers Heftigkeit entschieden und seine Thesen z u m Teil, doch das Reformanliegen verteidigte er voll, verfaßte kirchenkritische Gelegenheitsschriften in seinem Sinn und plädierte für die Reintegration des Wittenbergers. Er engagierte sich in der „Causa Lutheri" stark und entwarf einen Plan, um zwischen Kurie und Luther durch ein Gelehrtengericht zu vermitteln. Auf dem Kölner Fürstentag im Oktober 1520 bestärkte er persönlich den sächsischen Kurfürsten, Luther zu schützen. Der Lutherstreit war aber so weit fortgeschritten, daß E. kaum Vermittlungsmöglichkeiten mehr sah. Der Antilutherpartei in L ö w e n genügte seine Haltung nicht. Seine Schriften sollten geprüft werden. E g m o n d a n u s und andere predigten öffentlich gegen ihn. Man suchte ihn in Stellung gegen Luther zu bringen. Das aber traf E.' Nerv, sein Bestehen auf geistiger Unabhängigkeit. Im Herbst 1521 siedelte er fast fluchtartig nach Basel Uber. Doch vermochte ihn dort auch das Haus

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Froben-Amerbach nicht vor den reformatorischen Auseinandersetzungen zu schützen. Nach 1520 gab E. zwar noch schriftliche Ratschläge, trat aber persönlich weder auf den Reichstagen zu W o r m s 1521 und Augsburg 1530 noch auf der Versammlung der Eidgenossen in Baden 1526 auf. In Basel 1521 wurde E. zu einer Art Privatgelehrten des Druckhauses Froben. Er reiste kaum mehr; sein Leben bestand aus Schreiben und Edieren der zahlreichen begonnenen und entworfenen Unternehmen: Der humanistischen Bildungswerke, der Klassikerausgaben und -Übersetzungen, etwa von Plutarch, Seneca, Terenz, besonders aber der Väterausgaben. Die Ausgaben des Neuen Testaments beanspruchten viel Kraft. Seine Paraphrasen der Evangelien widmete er den vier Regenten: Karl V., Franz I„ Heinrich VIII. und —> Ferdinand. Die Kontroversschriften nahmen in den zwanziger Jahren derart zu, daß E. fürchtete, er könne kaum noch etwas Aufbauendes schreiben. Durch einen immensen Briefwechsel und ein eigenes Botensystem korrespondierte er mit der Außenwelt. Mit seinem sechsjährigen „Exil" von 1529 bis 1535 im kath. Freiburg wich E. den religionspolitischen Wirren aus, die ein ruhiges Studieren unmöglich machten, und protestierte gegen Basels Übergang zur Reformation. Doch kehrte er im S o m m e r 1535 dorthin zurück und lebte bis zu seinem Tod in der Obhut der Froben. Das letzte Werk, das er zum Druck bringen konnte, war seine große Predigtlehre Ecclesiastes sive de ratione concionandi. Seit seiner Niederlassung in Basel beschäftigten E. Entwürfe für seine Gesammelten Werke. Ausgereift war der Plan im Index Lucubrationum 1530. Seine neun „Ordines" wurden maßgebend für die Basler Ausgabe durch Froben-AmerbachEpiscopius 1538-40, die Leidener Ausgabe durch Jean L e Clerc 1703-06 und die seit 1969 im Erscheinen begriffene Amsterdamer Gesamtausgabe. Die neun Klassen wurden nach formalen und inhaltlichen Gesichtspunkten konzipiert, so daß sie in etwa gleichstarke Bände paßten. Das von P. S. Allen besorgte Opus Epistolarum, Oxford 1900-47, wurde zur Grundlage der neueren Erasmusforschung (ehemals Ordo 3). Die von E. als seine „propria res" bezeichneten Ordines 1 und 2 „ad institutionem literarum" betreffen das humanistische Bildungsthema direkt. Neben den Adagia und Leitfäden zum eleganten Gebrauch der alten Sprachen stehen die Colloquia familiaria. Diese vertrauten Gespräche in gutem Latein sind eine Sammlung moralischer Gespräche zu zivilisatorischen Lebenssituationen von Ehe, Zölibat, Kindheit, Alter, Tod, gesprochen von Charakteren wie Abt, Dirne, Söldner, Wallfahrer. Nach der unautorisierten Ausgabe von Froben 1518 besorgte E. selbst fünf eigene Ausgaben mit weiteren Gesprächen. Die Klassen 4 und 5 „ad moraliam et pietatem" enthalten seine literarischen Hauptwerke zur politischen Ethik und christlichen Lebensphilosophie: Moriae encomium (Lob der Torheit), Querela pacis (Friedensklage), Enchiridion, Institutio principum (Fürstenlehre), De bello Turcico (Türkenkrieg), aber auch die A u f r u f e zur Bibellesung für alle Christen im Kommentar zu Psalm 1: Beatus vir, und der Paraclesis (Ermahnung). Alle diese Texte wurden umgehend volkssprachlich in den Reformdiskurs der Zeit eingebracht. Die Klassen 6, 7 und 9 enthalten Beiträge zur Erschließung der Bibel und der Kirchenväter. Seine Annotationes in NT wie seine Bibelparaphrasen sind heute kaum mehr bekannt. Die lateinischen Kirchenväterausgaben sind nicht in die Omnia Opera a u f g e n o m m e n und noch in den alten FrobenAusgaben zu benutzen: Hieronymus (1516), Cyprian (1520), Arnobius (1522), Hilarius (1523), Ambrosius (1527), Augustinus ( 1 5 2 8 / 2 9 ) . Die Erasmus-Übersetzungen von Orígenes, Chrysostomus und Irenaus wurden als eigene Werke aufgenommen.

Erb In den achten Ordo sind die kontroversen Apologien und Streitschriften gestellt: Sie enthalten Auseinandersetzungen mit den Reformatoren wie mit den traditionalistischen Theologen der Universitäten Paris, Köln, Löwen sowie denen Spaniens. Unter diese von E. geringgeachteten Apologien rechnete er nicht die humanistischen Streitschriften, so den Ciceronianus gegen die Sprachpuristen, die er unter die M o ralia stellte. Hierzu zählen aber besonders die Kontroversen mit Luther um den freien Willen. WERKAUSGABEN: Neben den drei genannten Ausgaben der „ O m n i a O p e r a " sowie dem „Opus epistolarum" von Allen sind zu nennen: Erasmi opuscula. A Supplement. Hrsg. v. Wallace Κ. Ferguson. Den Haag 1933. - T h e Poems. Hrsg. v. Cornells Reedijk. Leiden 1956. LITERATUR: Bibliographien: Ferdinand van der Haeghen: Bibliotheca Erasmiana. Gent 1893. Neudr. 1972. Jean-Claude Margolin: Quatorze années de bibliographie érasmienne (1936-1949). Paris 1969. - Jean-Claude Margolin: Douze années de bibliographie érasmienne (1950-1961). Paris 1963. - Ders.: Neuf années de bibliographie érasmienne (1962-1970). Paris 1977. - Erasmusdrucke des 16. Jh. in bayerischen Bibliotheken. Hrsg. ν. Irmgard Bezzel. Stuttgart 1979. - V D 16, E 1859-3666. - Laufende Berichterstattung: Archiv für Reformationsgeschichte. Beiheft Literaturbericht. Gütersloh 1972 ff. - Biographien: Johan Huizinga: E. Dt. von Werner Kaegi. Basel 1926. Reinbek bei Hamburg 1993. - Karl August Meissinger: E. von Rotterdam. Berlin 1942, 2 1948. - Richard Newald: E. Roterodamus. Freiburg/Breisgau 1947. - Andreas Flitner: E. im Urteil seiner Nachwelt. Tübingen 1952. - Margaret PhilipsMann: E. and the Northern Renaissance. 1965. Woodbridge 2 1981. - Cornells Augustijn: E. von Rotterdam. München 1986. - James D. Tracy: E. of the Low Countries. Berkeley, Kalifornien 1996. Heinz Holeczek E r a s m y , Walter, Journalist, * 1 3 . 1 1 . 1 9 2 4 Essen, t 23. 1.1993 Köln. E. wurde 1946 Reporter beim damaligen Nordwestdeutschen R u n d f u n k , später arbeitete er in der Redaktion von „Zwischen Rhein und Weser". Im ersten Fernsehregionalprogramm des Westdeutschen R u n d f u n k s ( W D R ) 1957 leitete er die Reportageabteilung für „Hier und Heute". Nach der Gründung von W D R 3 wurde er Chefredakteur, Leiter der Hauptabteilung „Regionale I n f o r m a t i o n " und Chef des Düsseldorfer Studios. 1988 verließ er den W D R und übernahm eine journalistische Beratertätigkeit beim RheinischWestfälischen Elektrizitätswerk (RWE).

Erastus,

Thomas, eigentl. Lüber, Humanist, Mediziner, Philosoph, * 7 . 9 . 1 5 2 4 Baden (Aargau), t 31. 12.1583 Basel. Der aus einer Handwerkerfamilie stammende E. studierte 1542-44 Theologie in Basel und bis 1552 Medizin in Bologna. Rasch erwarb er sich den Ruf eines der besten deutschen Ärzte seiner Zeit und wurde bekannt als Gegner des —> Paracelsus. 1558 als Prof. der Medizin nach Heidelberg berufen und nach einem Jahr zum Rektor gewählt, bestimmte E. die Umgestaltung der Univ. wesentlich mit. Als Mitglied des Kirchenrats (1559-64) hatte er großen Anteil an der Einführung der reformierten Lehre in der bis dahin luth. Kurpfalz, bekämpfte jedoch das Bemühen Kaspar —»Olevianus' und seiner Anhänger, eine Kirchenzucht nach Genfer Vorbild einzuführen. 1580 mußte er der Lutheranisierung der Univ. weichen und war bis zu seinem Tod Prof. der Ethik in Basel. Er veröffentlichte u . a . De causa morborum continente (1572), De occultis pharmacorum potestatibus (1574, auch 1611) und De putredine liber (1580, auch 1590). Seine Explicatio gravissimae quaestionis (po-

stum erschienen 1589) war Grundlage zur Rechtfertigung des staatskirchlichen Systems, des sogenannten Erastianismus, in England und Schottland. CD Killy

Erath,

Anton Ulrich von, Archivar, Historiker, * 17.3. 1709 Braunschweig, t 2 6 . 8 . 1773 Dillenburg. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Helmstedt war E., Sohn eines Kommendisten beim Braunschweiger St. Blasiusstift, seit 1736 Stiftsarchivar in Quedlinburg, bis er 1742 als Beisitzer ans Hofgericht Wolfenbüttel und zugleich als Archivar ins Stadt- und Waisenhaus-Archiv nach Braunschweig berufen wurde. Seit 1747 Regierungsrat und Archivar in Dillenburg, verzeichnete E. das nassau-oranische Archiv. E.s Conspectus historiae Nassaviensis samt Adnotationes war Grundlage der nassau-oranischen Geschichtsschreibung. CD Leb Nassau, Bd 4

Erath,

Vinzenz, Schriftsteller, * 3 1 . 3 . 1 9 0 6 Waldmössingen (heute zu Schramberg, Württemberg), f 1 0 . 1 1 . 1 9 7 6 Vaihingen/Enz. Der Sohn eines Kleinbauern studierte Philologie und Philosophie in Tübingen und München; 1933-39 war er Privatlehrer und Leiter der Volkshochschule Reutlingen. Nach Kriegsdienst und Gefangenschaft begann er, bis 1950 noch als Waldarbeiter auf der Alb, zunächst autobiographisch bestimmte R o m a n e zu schreiben: Größer als des Menschen Herz (1951) oder Das blinde Spiel (1954). Danach schilderte E. in der F o r m des Entwicklungsromans und bei kath. Grundhaltung das Leben einfacher Menschen: So zünden die Väter das Feuer an ( 1956), So hoch der Himmel ( 1962). In Stuttgart, wo E. seit 1963 lebte, verfaßte er seine Autobiographie Zwischen Staub und Sternen (1966). CD DLL, 20. Jh. E r b , Alfons, kath. Funktionär, * 4 . 1 1 . 1907 Essen, t 2 4 . 1 2 . 1 9 8 3 Freiburg/Breisgau. E. arbeitete seit 1933 in der Pressestelle des deutschen Caritasverbandes, gehörte von A n f a n g an - u. a. als Vizepräsident - der Pax-Christi-Bewegung an und trug als Mitglied des Arbeitskreises f ü r internationale Fragen im Zentralkomitee der deutschen Katholiken wesentlich zur Gründung des Hilfswerkes „Misereor" bei. E. war außerdem Begründer, langjähriger Geschäftsführer und späterer Ehrenpräsident des Maximilian-Kolbe-Werkes, das bedürftige polnische Konzentrationslager-Opfer und deren Angehörige unterstützt. E r b , Anselm, Benediktiner, Theologe, * 2 9 . 1 . 1 6 8 8 Ravensburg, f 2 1 . 5 . 1 7 6 7 Ottobeuren. Seit 1712 Lizentiat der Theologie und der Rechte, lehrte E. 1 7 2 0 / 2 1 an der Univ. Salzburg Philosophie. Nach der Promotion zum Dr. jur. wurde er 1725 Prof. des Kirchenrechts in Freising und Fulda, 1740 als Nachfolger von Rupert —> Ness Abt von Ottobeuren. Die Pläne Simpert —> Kraemers f ü r den Kirchenneubau ließ er 1744 durch Joseph —> Effner und endgültig 1748 von Johann Michael —> Fischer überarbeiten, 1766 konnte er die Vollendung und Einweihung der Kirche noch erleben. E. machte sich auch u m die Musikpflege im Kloster verdient, Künstlern wie dem Komponisten Benedikt Kraus und d e m Orgelbauer Karl Joseph —> Riepp schuf er den Rahmen für ihre Tätigkeit. CD LThK E r b , Fritz, schweizer. Redakteur, * 12.4. 1894 Innertkirchen, t 9 . 1 1 . 1970 Zürich. 1910-14 zum Lehrer ausgebildet und danach bis 1928 in seinem Beruf tätig, wurde E. 1924 Delegationschef bei den Olympischen Winterspielen, 1928 Trainer der schweizer. Skimannschaft. 1939-45 war er als Oberst Leiter der Gebirgsausbildung der Armee, der er bis 1956 als Mitglied der Gebirgskommission und Vorsitzender der Militärskikommis-

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Erb sion verbunden blieb. E. war Angehöriger des Schweizerischen Olympischen Komitees und 1948 Vorsitzender der Pressekommission der Olympischen Spiele. CD Biogr Verstarb Schweiz, Bd 7 E r b , Jörg, evang. Pädagoge, Schriftsteller, * 2 0 . 1 0 . 1 8 9 9 Kürzell (Lahr), t 1 2 . 5 . 1 9 7 5 Freiburg. Der Sohn eines Landwirts war bis 1964 als Lehrer tätig. Er gehörte dem evang. Bund Deutscher Jugendvereine an, dessen Hauptorgan „Unser B u n d " er 1922-33 herausgab. 1931 Schloß sich E. der Evangelischen Michaelsbruderschaft an. Er veröffentlichte Sammlungen von Kindergebeten (Die Himmelstür, 1930) und Kinderliedern (Gottes Lob, 1952) sowie das illustrierte Religionsbuch Schild des Glaubens. Geschichten der Bibel Alten und Neuen Testaments (1941), das mehr als sechzig Auflagen erlebte. E. verfaßte auch biographisch-kirchenhistorische Arbeiten (Die Wolke der Zeugen, 1951-63) und autobiographisch-missionarische Werke wie Ich bleibe dabei (1966) und Es reut mich nicht (1968). 1938-41 und 1949-63 war er Herausgeber des „Neuwerk-Boten". DP B B K L E r b , Karl, Sänger, * 13.7. 1877 Ravensburg, f 1 3 . 7 . 1 9 5 8 Ravensburg. Der Autodidakt wurde 1902 als Chorsänger bei einem Gastspiel der Stuttgarter Oper entdeckt, an der E. fünf Jahre später debütierte. Über Lübeck und wiederum Stuttgart kommend, wirkte er 1912-25 unter Bruno —»Walter an der M ü n c h n e r Staatsoper als lyrischer und Heldentenor und ging 1925 an die Städtische Oper Berlin. A u s gesundheitlichen Gründen beendete E. 1930 seine Opernlaufbahn und trat bis in die fünfziger Jahre als Konzertsänger auf. Höhepunkt seiner Laufbahn war 1917 die Titelpartie in Hans —»Pfitzners Palestrina. Auch als Lieder- und Oratoriensänger ( u . a . als Interpret Franz —» Schuberts und als Evangelist in den Passionen Johann Sebastian —> Bachs) machte sich E. einen Namen. DD M G G E r b , Marie-Joseph, Musiker, Komponist, Musikpädagoge, * 2 3 . 1 0 . 1858 Straßburg, t 9 . 7 . 1 9 4 4 Andlau (Elsaß). E., Sohn eines Schulleiters und Organisten, erhielt seine Ausbildung bei E. Gigout in Paris und wurde 1883 Organist an St. Georg in Schlettstadt, wo er mit A b b é C. H a m m die Association Sainte Cécile gründete. Von Franz —» Liszt, dessen Gast er im S o m m e r 1884 war, wurde er zum Komponieren ermutigt. Seit 1890 war E. als Organist, Pädagoge und Komponist in Straßburg tätig. 1910 wurde er von Hans —»Pfitzner an das dortige Konservatorium als Lehrer für Komposition, Klavier und Orgel berufen. E., der sich seit 1937 ausschließlich der Komposition widmete, galt als Meister der Satztechnik, der alle musikalischen Gattungen pflegte. Zu seinen Kompositionen gehören Lieder und Chöre in elsässischer Mundart sowie Kirchenmusik. CD N D B E r b , Matthias, auch Erbe, Reformator, * 1494 Ettlingen (Baden), t 1 3 . 5 . 1 5 7 1 Rappoltsweiler (Elsaß). In der Schule des Chorherrn Heinrich Wölflin in Bern humanistisch gebildet, wandte sich E. 1520 der Reformation zu. 1531 war er Feldprediger der bernischen Truppen im Krieg gegen die kath. Kantone. Kurz danach wurde er H o f prediger des Markgrafen —> Bernhard III. an der Stiftskirche in Baden-Baden. Nach dem Tod des Markgrafen von dort vertrieben, kam E. 1536 als Schulmeister nach Gengenbach. Graf Georg, Bruder Ulrichs von Württemberg, beauftragte ihn 1538 mit der Reformierung der württembergischen Besitzungen Reichenweier und Horburg bei Kolmar. Infolge des Augsburger Interims war E. 1549-52 ohne Amt. Als er nach Georgs Tod 1558 gegen die von Herzog —»Christoph

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von Württemberg eingeführte luth. Kirchenordnung protestierte, wurde er 1560 mit einem Ruhegehalt entlassen und lebte fortan in Rappoltsweiler. DP A D B E r b , Wilhelm Heinrich, Internist, Neurologe, * 3 0 . 1 1 . 1 8 4 0 Winnweiler (Donnersbergkreis), t 2 9 . 1 2 . 1 9 2 1 Heidelberg. Als Siebzehnjähriger bezog E. die Univ. Heidelberg, an der er 1864 promoviert wurde (De acido picrinico) und sich im folgenden Jahr für Innere Medizin habilitierte ( Z u r Entwickelungsgeschichte der rothen Blutkörperchen). Seit 1869 a. o. Prof., wurde er 1880 als o. Prof. für spezielle Pathologie und Therapie nach Leipzig berufen, kehrte aber 1883 nach Heidelberg zurück. 1887 wurde E. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. Nach ersten Arbeiten auf toxikologischem und histologischem Gebiet wandte er sich bald der Neurologie zu. E. war Mitbegründer der Elektrotherapie und Entdecker zahlreicher neurologischer Krankheitsbilder wie der progressiven Dystrophie der Muskeln und der kombinierten Schulter-ArmL ä h m u n g (Erb-Duchennesche Lähmung). Er fand den Erbschen Punkt sowie das mit Carl - » Westphal entdeckte ErbWestphalsche Symptom. Aufsehen erregte E.s Entdeckung des Z u s a m m e n h a n g s zwischen Rückenmarksschwindsucht und Syphilis. 1917 wurde er auf eigenen Wunsch emeritiert. E. veröffentlichte u . a . Die Pikrinsäure. Ihre physiologischen und therapeutischen Wirkungen (1865), Handbuch der Elektrotherapie (1882) und Bemerkungen zur Balneologie und physikalisch-diätischen Behandlung der Nervenleiden (1901). Seine Gesammelten Abhandlungen. 1864-1910 (2 Bde.) erschienen 1910. Größere Beachtung fand auch seine Rede Über die wachsende Nervosität unserer Zeit (1893,'1894). QP N D B

Erbach,

Christian d . Ä . , Musiker, Komponist, * um 1570 Gau-Algesheim (Rheinhessen), begraben 1 4 . 6 . 1 6 3 5 Augsburg. Seit etwa 1596 war E. in Augsburg Organist der Kapelle Markus Fuggers d. J., ein Amt, das er bis zu dessen Tod 1614 innehatte. 1602 wurde er dazu Stiftsorganist an St. Moritz, Organist der Reichsstadt Augsburg und Haupt der Stadtpfeifer. Seit 1625 Domorganist, führte E. die Chorpraxis nach venezianischem Vorbild ein, d e m er auch in eigenen Orgelwerken folgte, verbunden mit einheimischer Koloristik und den neuen Formen der Toccata oder des Ricercars. Er komponierte zahlreiche Motetten und mehrstimmige deutsche Lieder und war als Lehrer für Tasteninstrumente weit über Süddeutschland hinaus schulebildend. c n MGG

Erbach,

Friedrich Karl Graf zu, Komponist, * 2 1 . 5 . 1680 Erbach, t 2 0 . 2 . 1 7 3 1 Erbach. Der Sohn des Grafen Georg Ludwig zu E. diente als Offizier in den Niederlanden, war Major im Erbachischen Regiment und übernahm 1720 die gräfliche A m t s f ü h r u n g in Erbach. E. unterhielt eine eigene Hofkapelle, erhielt oft Besuch von Georg Philipp —»Telemann, der mit ihm musizierte und ihn vermutlich in Komposition unterrichtete. Von E.s stilistisch eng an Telemann angelehnten Kompositionen sind die Divertimenti armonici erhalten, verloren hingegen Kantaten mit dem Titel Andächtiges Singopfer (1729). t u MGG

Erbach,

Rudolf, Schiffbautechniker, * 2 3 . 4 . 1 8 8 0 Düsseldorf, t 10. 12. 1959 Düsseldorf. Nach d e m Studium und der Promotion ging E. als Konstrukteur zunächst zur Germania-Werft nach Kiel, danach zur Deutschen Werke Kiel AG. Später übernahm er eine Professur für Schiffbau an der T H Danzig. Während des Ersten Weltkriegs wurde E. der Erbauer des Unterseeboots „UDeutschland", das 1916 als erstes Handels-U-Boot der Welt, die britische Blockade Deutschlands durchbrach, den Atlantik überquerte, von N e w York mit einer Ladung Metall und

Erbermann R o h g u m m i zurückkehrte und, nach erneuter Überwindung der Blockade, seinen Heimathafen Kiel erreichte. Nach d e m Krieg entstanden unter E.s Konstruktionsleitung die letzten großen Segelschiffe für die Handelsmarine. In den dreißiger Jahren baute E. Luxusjachten, die weltweit zu den größten ihrer Art zählten. CD Munzinger

Erbach-Erbach,

Franz Graf zu, Kunstsammler, * 2 9 . 1 0 . 1 7 5 4 E r b a c h / O d e n w a l d , t 8 . 3 . 1 8 2 3 Erbach. Nach seinen Begegnungen mit Johann Daniel —>Schöpflin, Voltaire, Rousseau, —»Friedrich II. von Preußen und —» Maria Theresia lernte E.-E., Sohn des Grafen Georg Wilhelm zu —>E.-E., die Altertumsforscher M o n t a g u e und Sir William Hamilton kennen. Seit Juli 1775 regierend, reformierte E.-E. Verwaltung und Justiz und hob Landwirtschaft, Industrie und Bildung in der Graftschaft. Seit 1785 nahm E.E. seine Kunst- und Altertumsstudien wieder auf und erwarb zahlreiche Statuen, Bronzen, Vasen und Büsten als Grundstock seiner Antiken-Sammlung im Erbacher Schloß. Er ließ im Odenwald die Limes-Kastelle ausgraben und römische F u n d e der U m g e b u n g in einem Englischen Garten aufstellen. In zwölf selbstverfaßten Katalogen verzeichnete E.-E. seine Sammlungen. DP N D B

Erbe,

Walter, Jurist, Politiker, * 2 0 . 6 . 1909 Reutlingen, t 3 . 1 0 . 1 9 6 7 Tübingen. Im Jahr 1940 an der Univ. Berlin f ü r Rechtswissenschaften habilitiert, erhielt E. 1945 eine ordentliche Professur in Tübingen. Hier setzte er die von Philipp —>Heck begründete Richtung der sogenannten Interessenjurisprudenz fort. 1948-51 war er Rektor der Univ. Tübingen. E. vertrat die deutschen Universitäten bei der U N E S C O und wurde im S o m m e r 1951 zum Vorstandsvorsitzenden des Deutschen Instituts für Auslandsbeziehungen in Stuttgart gewählt, das er bis 1967 leitete. Als FDP-Politiker gehörte er dem badenwürttembergischen Landtag von 1952, mit kurzer Unterbrechung 1 9 5 6 / 5 7 , bis zu seinem Tod an, zuletzt als Vizepräsident und Vorsitzender des Kulturpolitischen Ausschusses. m

Munzinger

E r b e n , (Johann) Balthasar, auch Baltzer E., Komponist, * 1626 Danzig, begraben 3. 10. 1686 Danzig. E., Sohn eines Kaufmanns, ging 1653 mit Hilfe eines Stipendiums auf eine ausgedehnte Studienreise, die ihn u . a . über Regensburg, WUrzburg, Antwerpen, Brüssel, Paris und England 1657 nach R o m führte. Von dort zurückgekehrt, wurde er im Februar 1658 in das A m t des Kapellmeisters an St. Marien in Danzig eingeführt, das er bis zu seinem Tod bekleidete. Die wenigen von ihm in Uppsala und der Berliner Staatsbibliothek handschriftlich erhaltenen K o m p o sitionen - deutsche Choralvariationen, lateinische Motetten sowie geistliche Konzerte - belegen E.s Bedeutung für die Entwicklung der Kantate und des deutschen Liedes. Sein einziges veröffentlichtes Werk sind die fünf Lieder Der fortgepflanzte Lustwald (1657). t u MGG E r b e n , Franz Xaver, österr. Internist, * 2 2 . 8 . 1876 Wien, t nach 1935. E. Schloß das Studium 1901 mit der Promotion z u m Dr. med. ab, habilitierte sich 1906 an der Univ. Prag für Innere und Nervenkrankheiten und war 1906-10 dort Dozent, 1910-31 Privatdozent an der Univ. Wien. E. betrieb chemischpharmazeutische Forschungen auf dem Gebiet der Arsenierung des Chinins. Schon eine seiner ersten Publikationen wurde ein Standardwerk: Vergiftungen. Klinischer Teil (= Handbuch der ärztlichen Sachverständigentätigkeit, 7,1,1 und 7, 1,2, 1909/10). Neben Vergiftungen befaßte sich E. mit Herz- und Gefäß- sowie mit Blutkrankheiten. Außerhalb der Univ. fungierte er als Sachverständiger für Invalidenentschädigungen. Zu seinen Veröffentlichungen gehört ferner Klinische und chemische Beiträge zur Lehre von der

exsudativen Perikarditis (1905). E. gab 1909-26 das „Zentralblatt für Herz- und Gefäßkrankheiten" heraus. E r b e n , Heinrich Karl, Geologe, * 19.5. 1921 Prag, t 15.7. 1997 Bonn. E. studierte seit 1946 C h e m i e und Geowissenschaften in Berlin, wurde 1949 in Tübingen promoviert (Neue Faunen von herzynischem und thüringischem Typus im Unterharz) und habilitierte sich 1951. Danach an der Univ. Würzburg tätig, war er 1953-56 Prof. in Mexico City und ging 1956 als a. o . P r o f . an die Univ. Bonn, wo er 1963-85 als Ordinarius f ü r Paläontonlogie lehrte. E., 1960-69 Vorsitzender der International Subcommission on the S i l u r i a n / D e v o n i a n Boundary, beschäftigte sich mit der S i l u r / D e v o n - G r e n z e und mit Grundfragen der Stratigraphie. Er gab die Zeitschriften „Palaeontographica" und „Biomineralisation" heraus. E. war seit 1967 Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften und der Literatur in Mainz, seit 1973 der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina und gehörte seit 1992 als korrespondierendes Mitglied der Österreichischen A k a d e m i e der Wissenschaften an. Er veröffentlichte u. a. Die Entwicklung der Lebewesen ( 1 9 7 5 , 3 1 9 8 8 ) , Leben heißt Sterben. Der Tod des Einzelnen und das Aussterben der Arten (1981), Intelligenzen im Kosmos (1986, 2 1988), Wissenschaft zwischen Verantwortung und Freiheit der Forschung (1989) und Evolution - eine Übersicht (1990). • P Almanach Öst Akad, Jg. 147 E r b e n , Karl Jaromir, Dichter, Historiker, * 7 . 1 1 . 1811 Miletin (Böhmen), t 21. 11. 1870 Prag. Nach dem Studium der Rechte in Prag war E. in verschiedenen Verwaltungsstellen tätig, bis er 1843 Mitarbeiter Frantisek —>Palackys, des Führers der Slawenpartei, wurde. 1846-49 redigierte E. die „Prager Zeitung" und wurde 1851 Stadtarchivar von Prag. E. sammelte volkskundliches Material und edierte museale und archivalische Bestände, insbesondere böhmische Volkslieder, Sagen und Märchen. E. veröffentlichte u . a . Reges ta diplomatica nec non epistolaria Bohemiae et Moraviae (4 Bde., 1855-92, ab Bd. 2 bearb. von Josef - » E m i e r ) . CD Ö B L

Erben,

Wilhelm, österr. Historiker, * 3. 12. 1864 Salzburg, t 7 . 4 . 1933 Graz. Nach d e m Studium der Geschichtswissenschaften in Wien und Mitarbeit an den Monumenta Germaniae Histórica kam E. 1891 an das Heeresmuseum. 1901 habilitiert und Privatdozent in Wien, wurde er 1903 in Innsbruck Prof. der Geschichte des Mittelalters sowie der historischen Hilfswissenschaften und ging 1917 als o . P r o f . an die Univ. Graz. Neben der Historiographie und der Universitätsgeschichte beschäftigte sich E. vor allem mit den Herrscherurkunden des Mittelalters sowie mit Quellen und Problemen der mittelalterlichen Kriegsgeschichte. Zu seinen zahlreichen Veröffentlichungen gehört Die Schlacht bei Mühldorf (1923). CD Almanach Öst Akad, Jg. 83

Erbermann,

Vitus, auch Ebermann, Jesuit, Theologe, * 2 5 . 5 . 1 5 9 7 Rentweinsdorf (Unterfranken), t 8 . 4 . 1 6 7 5 Mainz. Als Student 1620 zum Katholizismus konvertiert und in die Gesellschaft Jesu eingetreten, lehrte E. als Prof. Philosophie, scholastische Theologie, Moral und Kontroverstheologie in Würzburg, M a i n z und Fulda, wo er Leiter des päpstlichen Seminars war. In zahlreichen Streitschriften setzte er sich mit führenden Protestanten der Zeit, darunter Georg —>Calixt, Hermann —> Conring, Johannes —»Musaeus und Andreas Wigand, auseinander. So verteidigte er in Justa expostulate cum protestantium theologis (3 Bde., 1662-68) das Papsttum und kritisierte protestantische Bibelübersetzungen, zuletzt in Lutherische Schriftfolter (1672). CD N D B

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Erbkam E r b k a m , Wilhelm Heinrich, evang. Theologe, * 8 . 7 . 1810 Glogau (Schlesien), t 9 . 1 . 1884 Königsberg. E., Sohn eines Oberamtsregierungsrats, studierte in Bonn und Berlin Theologie. 1838 in Berlin habilitiert, wurde er in Königsberg 1847 a. o., 1855 o . P r o f . der Kirchengeschichte und 1857 Konsistorialrat. Kirchenpolitisch griff er in den Kampf um Ernst Wilhelm —> Hengstenberg als Herausgeber der „Evangelischen Kirchenzeitung" zu dessen Gunsten gegen die „Lichtfreunde" ein, die Bibelgläubigkeit und Bekenntnistreue als „orthodoxe Finsternis" bekämpften, und verfaßte dazu Beleuchtung der Erklärung von 1845 (1845). Neben vielen biographischen Beiträgen zur preuß. Kirchengeschichte veröffentlichte E. eine Geschichte der protestantischen Sekten im Zeitalter der Reformation (1848) sowie Melanchthons Verhältnis zu Herzog Albrecht und zur Königsberger Universität (1860). CD Altpreuß Biogr, Bd 1 E r b s e , (Karl Hugo) Hartmut, Klassischer Philologe, * 2 3 . 1 1 . 1 9 1 5 Rudolstadt, t 7 . 7 . 2 0 0 4 Trossingen. Der Sohn eines Arztes und Bruder des Komponisten Heimo —>E. begann 1934 ein Musikstudium in München. Seit 1937 studierte er, mit Unterbrechungen durch den Kriegsdienst, Klassische Philologie und Alte Geschichte in Hamburg, w o er 1941 mit der Edition Fragmente griechischer Theosophen ( 2 1995) bei Bruno —> Snell promoviert wurde. 1948 habilitierte er sich mit der Arbeit Untersuchungen zu den attizistischen Lexika. 1960 wurde er als Nachfolger Snells o . P r o f . in Hamburg. Seit 1965 lehrte er als Kollege Wolfgang Schadewaldts in Tübingen, von 1968 bis zu seiner Emeritierung 1984 in Bonn. Uberzeugt, daß die modernen Interpreten noch immer von den antiken Kommentatoren lernen können, erarbeitete E. mit seiner monumentalen A u s g a b e der //las-Scholien (Scholia Graeca in Homert Iliadem. Scholia Vetera, 7 Bde., 1969-88; bereits 1960 vorbereitet durch die Schrift Beiträge zur Überlieferung der Iliasscholien) ein Grundlagenwerk der Homerphilologie. Auch als (in der Auseinandersetzung mit der „oral-poetry"-Forschung durchaus kämpferischer) Homer-Interpret erwarb sich E. internationales Ren o m m e e ; seine zahlreichen Einzelstudien faßte er 1972 in den Beiträgen zum Verständnis der Odyssee und 1986 in den Untersuchungen zur Funktion der Götter im homerischen Epos zusammen. Als Kenner der Überlieferungsgeschichte und methodisch souveräner Textkritiker schrieb er grundlegende Artikel für die Geschichte der Textiiberlieferung der antiken und mittelalterlichen Literatur (Bd. 1, 1961; als Taschenbuch 1975) und für das Lexikon der Alten Welt (1965), dessen Mitherausgeber er war. A u s d e m weiten Spektrum seiner Lehr- und Forschungstätigkeit gingen die Studien zum Prolog der euripideischen Tragödie (1984), die Thukydides-interpretationen (1989), die Abhandlung Fiktion und Wahrheit im Werke Herodots ( 1991 ) und die Studien zum Verständnis Herodots (1992) sowie zwei S a m m e l b ä n d e kleinerer Einzelschriften (Ausgewählte Schriften zur klassischen Philologie, 1979; Studien zur griechischen Dichtung, 2003) hervor. E. leitete 1965-78 das Lexikon des frühgriechischen Epos und war viele Jahre Mitherausgeber der Zeitschriften „Glotta" und „Hermes", der „Studienhefte zur Altertumswissenschaft" und der monographischen Reihe „ H y p o m n e m a t a " sowie der „ S a m m l u n g griechischer und lateinischer Gram-

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matiker". Er war korrespondierendes Mitglied der Royal British Academy und der Göttinger A k a d e m i e der Wissenschaften. LITERATUR: Joachim Latacz/Günter Neumann/Klaus Nickau/Ernst-Richard S c h w i n g e / E r n s t Siegmann (Hrsg.): Festschrift für H. E. zum 65. Geburtstag. Wurzburg 1980 (darin S. 269-276: Verzeichnis der Schriften H. E.s 1941-1980). - Adolf Köhnken: Nachruf auf H. E. In: Gnomon 77 (2005) S. 380-383. Christoph Michel E r b s e , Heimo, Komponist, * 2 7 . 2 . 1924 Rudolstadt, t 2 2 . 9 . 2 0 0 5 Baden (Niederösterreich). E., Bruder von Hartmut —>E., begann 1942 ein Studium an der Staatlichen Hochschule für Musik in Weimar, arbeitete nach der Rückkehr aus dem Zweiten Weltkrieg 1947-50 als Opernregisseur an mitteldeutschen Bühnen und setzte seine Ausbildung 1950-52 in Berlin (West) bei Boris —»Blacher (Komposition), Hermann —> Abendroth (Dirigieren) und Ernst Kranz (Opernregie) fort. In Berlin komponierte er Bühnenmusik für das Theater am Kurfürstendamm sowie Filmmusiken, machte mit ersten Orchester- und Kammermusikwerken auf sich a u f m e r k s a m und schrieb 1957 Musik und Text der Oper Julietta (nach —> Kleists Novelle Die Marquise von O., uraufgeführt 1959 bei den Salzburger Festspielen). Seit 1957 lebte E. als freischaffender K o m p o nist in Taxenbach im Salzkammergut (Oberösterreich), seit 1989 in Baden bei Wien. 1969 wurde er österr. Staatsbürger. Seine Kompositionen (darunter Opern, Orchester- und Kammermusikwerke, insbesondere Symphonien, Lieder und das Ballett Ruth, 1959) sind von Alban —»Bergs expressiver Zwölftontechnik wie von Blachers Variationstechnik beeinflußt. E. erhielt u . a . den Berliner Kunstpreis für Musik (1956) und den Beethoven-Preis der Stadt B o n n (1961); seit 1976 war er Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. OD M G G

Erbshäuser,

Georg Heinrich, Pseud. Drachengift, Antimonius, Schneider, Dichter, * 1748 Schwaben (?), t 1. 10. 1819 Hamburg. E., der seit 1756 taub war, erlernte das Schneiderhandwerk, bevor er ausgedehnte Reisen unternahm. 1766 kam er nach Hamburg, wo er 1772 Meister wurde. Zu seinen Werken zählen Politische Klagelieder (1793), Schriftsteller, Hauswirthe, Juden, Christen, Scharfrichter und Frohn Knechte (1798) und Philaleth oder Litterarische Sammlung von und für Nichtstudierte (1804). E. setzte sich in seinen Schriften u. a. mit Advokaten, Briefvorschriften, Napoleon, seinen Zunftgenossen und „Todtenläden" auseinander. CD D L L

Erbslöh,

Adolf, Maler, * 2 7 . 5 . 1 8 8 1 N e w York, t 2 . 5 . 1947 Irschenhausen/Isartal. E. studierte an den Kunstakademien von Karlsruhe und München, wo er sich 1904 niederließ. Er war Mitbegründer der Neuen Münchner Künstlervereinigung und später Mitglied der Neuen Sezession. E. malte und zeichnete hauptsächlich figürliche Kompositionen, Landschaften und Blumenstücke, in seinem koloristischen Stil sich d e m Expressionismus annähernd. Nach 1937 lebte er zurückgezogen in Irschenhausen. Zu seinen Hauptwerken zählen Der violette Schleier (1910) und die Komposition Abend (1913). CD A K L

Erbslöh,

Siegfried, Industrieller, * 2 3 . 6 . 1888 Düsseldorf, t 2 7 . 1 . 1 9 6 8 Wiesbaden. Nach d e m Studium des Bergbaus und der Volkswirtschaftslehre in Darmstadt und Berlin sowie Studienreisen durch Kanada und die U S A trat E. als Teilhaber in die Erbslöh & Co. Geisenheimer Kaolinwerke ein, deren Leitung er 1921 übernahm und die er zu einem international bekannten Unternehmen mit mehreren Niederlassungen ausbaute. 1924-62 Mitglied der Industrie- und Handelskammer in Wiesbaden,

Erckert hatte er 1947-54 das A m t des Präsidenten inné. E. gehörte d e m Aufsichtsrat verschiedener Gesellschaften sowie d e m Vorstand des Berg- und Hüttenmännischen Vereins Wetzlar an und war Kuratoriumsmitglied der Werk- und Kunstschule in Wiesbaden und Synodaler der evang. Kirche in HessenNassau.

Erchanbald,

Bischof von Eichstätt, t 1 9 . 9 . 9 1 2 Eichstätt (?). Nahe verwandt mit dem Haus der Karolinger, nahm E., Bischof von Eichstätt 882-912, als Diplomat an den Reichsversammlungen zwischen 889 (Forchheim) und 912 (Ulm) teil. Er war einflußreichster Berater von —» Ludwig dem Kind und hatte Anteil am Reichsregiment. E. veranlaßte die Abschrift von Handschriften und die erste deutsche Legendensammlung. Unter ihm entstand vermutlich durch Gerald in Eichstätt das Waltharilied, das ihm gewidmet wurde. Bei seinen engen Verbindungen zum Herrscherhaus gelang E. die Vergrößerung des Hochstiftes durch Schenkungen sowie die Erlangung des Mauer- und Stadtrechts für Eichstätt 908. CD N D B E r c h a n b a l d , Erzbischof von Mainz, t 1 7 . 8 . 1 0 2 1 Mainz. E. zeichnete sich durch seine Treue zum deutschen König, vor allem zu —»Heinrich II., aus. Seit 997 Abt von Fulda, unterstützte er Heinrichs Umritt 1002 ebenso wie als Erzbischof von Mainz (seit April 1011) dessen Eingriffe in Fulda 1013 bei der Absetzung des Abtes Branthoh oder Heinrichs Feldzug gegen Otto von Hammerstein 1018-20. CD N D B

Erchanbald, Bischof von Straßburg, * um 937, t 12.7. (oder 10. 10.) 991. Der aus hochadliger Familie stammende E. wurde 963 zum Priester geweiht und 965 in sein Bischofsamt eingesetzt. Als Günstling Ottos I. und —> Ottos II., den er 981 nach Italien begleitete, erwarb E. für seine Diözese Immunitätsprivilegien, Zollbefreiung und das Münzrecht. Seine Mitwirkung bei der Weihe auswärtiger Bischöfe sowie zahlreicher Altäre und Kapellen bezeugt seine herausragende Stellung im Reichsklerus. E. sammelte bedeutende Handschriften und förderte die Wissenschaft. Das eigene Œ u v r e umfaßt neben Gelegenheitsgedichten die poetische Fortsetzung eines Straßburger Bischofsverzeichnisses und die Überarbeitung der Passio des Hl. Trudbert sowie eine nicht erhaltene, Suspirium genannte Trostschrift. • • VL

Erchanbert,

Bischof von Freising, t 1 . 8 . 8 5 4 . E. stammte aus dem westbayerischen Adel der Huosi und war möglicherweise ein N e f f e von —»Hitto, seinem Vorgänger als Bischof. Er wurde wahrscheinlich im Domklerus von Freising ausgebildet. Es gibt Hinweise auf das U m feld der karolingischen Hofkapelle. 835 oder 836 erfolgte E.s Wahl zum Bischof von Freising. 843 ist seine A n w e senheit bei dem Vertrag von Verdun nachweisbar. Damals erwarb er auch Besitz in Bayern. Von König —> L u d w i g dem Deutschen erhielt er spätestens 844 die wohlhabende Abtei Kempten. E. förderte die Freisinger Bibliothek und betrieb zahlreiche Rechtsgeschäfte, von denen viele erhaltene Traditionsurkunden Zeugnis ablegen. Man verehrte ihn wegen seines Engagements als Seligen. Cd L e x M A

Erchanbert, Grammatiker, 1. Hälfte 9. Jh. E. schrieb einen Kommentar zur Ars maior und Ars minor des Donatus, Tractatus super Donatum. Unter anderem benutzte er die anonyme, zu Beginn des 9. Jh. entstandene „Ars Bernensis" und die Grammatik des Clemens Scotus aus dem 2. Jahrzehnt des 9. Jahrhunderts. Sein eigenes Werk wurde zwischen 842 und 856 von Hrabanus Maurus ausgeschrieben. Ein wichtiges Anliegen E.s war die Verteidigung der Autorität Priscians gegen Lehren anderer Grammatiker, besonders des Pompeius. DD L e x M A

Erchanger,

Pfalzgraf, t 21. 1.917 Otlingen bei Kirchh e i m / T e c k (?). A u s der mit den Alaholfingern verwandten Familie der Bertholde stammend, verwaltete E. wie sein Bruder Berthold als Pfalzgraf das Reichsgut am Bodensee. Nach der Niederlage gegen die konkurrierenden Hunfridinger führte er den schwäbischen Stamm. Nach einem Sieg über die Ungarn 913 setzte E. Bischof Salomo III. von Konstanz, den Gegner einer Erneuerung des Herzogtums in Schwaben, gefangen, schlug 915 Anhänger seines Schwagers König —> Konrad I. im Hegau und wurde zum Herzog ausgerufen. Die Synode von Hohenaltheim verurteilte ihn und seinen Bruder 916 zu lebenslänglicher Klosterhaft. Auf Geheiß des Königs wurde E. 917 öffentlich enthauptet. • • LexMA E r c k e r , Lazarus von, auch Erckner, Erckel, Montanist, Münzmeister, * vor 1530 Annaberg (Sachsen), t 1594 Prag. E. studierte seit 1547 in Wittenberg, danach vermutlich auch in Italien, Naturwissenschaften und Mathematik. Nach Tätigkeiten als Wardein (= Prüfer des Metallgehaltes von Erzen oder Münzen) und Generalprobationsmeister in Dresden war er seit 1558 braunschweigischer Münzmeister in Goslar und verfaßte dort ein umfangreiches Münzbuch und einen ersten Bericht über Hüttentechnik. Nachdem seinem fehlgeschlagenen Versuch, in die alte Heimat zurückzukehren, ging E. 1568 nach St. Joachimsthal und Kuttenberg. Bald danach wurde er nach Prag geholt, w o ihn Kaiser —> Maximilian II. zum Buchhalter seiner Güter machte. In dieser Zeit entstand E.s Großes Probierbuch (1574), f ü r mehr als zweihundert Jahre die theoretische Grundlage des Hüttenbaus in Mitteleuropa. Kaiser Rudolf II. ernannte ihn zum Obersten Bergmeister B ö h m e n s und 1583 zum Münzmeister, als der E. die böhmischen, mährischen und zum Teil ungarischen Bergwerke zu begutachten hatte. Zu seinen Veröffentlichungen gehört ferner eine Beschreibung aller fürnemisten mineralischen Ertzt unnd Bergkwercks Arten (1580, Neuausg. 1960). DP N D B

Erckert,

Friedrich Carl von, Diplomat, * 17.3. 1869 Berlin, t 9 . 2 . 1923 Llanquihue (Chile). E., Sohn eines preuß. Offiziers, studierte 1 8 8 7 / 8 8 in Berlin, trat dann in den preuß. Militärdienst ein und wurde 1891 zur Botschaft in R o m kommandiert. 1 8 9 3 / 9 4 war er Attaché in London und trat 1895 in den diplomatischen Dienst ein. Bis 1897 bei der Gesandtschaft in Rio de Janeiro, danach ein Jahr in Guatemala und 1 8 9 8 / 9 9 Sekretär bei der preuß. Gesandtschaft in Stuttgart, war E. 1899 Sekretär und Protokollführer auf der Haager Friedenskonferenz. In der Gesandtschaft von Lissabon bis Herbst 1901 tätig, ging E. im folgenden Jahr als erster Sekretär nach Tokio, w o er 1906 Geschäftsträger wurde. Nach seinem Dienst als Legationsrat und Vortragender Rat im Auswärtigen A m t wurde E. 1910 Gesandter in Chile. Bei der Besteigung des Vulkans Lanin in der Provinz Llanquihue stürzte E. ab. • • BHdAD

Erckert,

Roderich (George Ferdinand Robert) von, Militär, Geograph, * 15.12. 1821 Kulm, f 12. 12.1900 Berlin. E., Sohn eines Offiziers im Kulmer Kadettenkorps, stand als Offiziers zunächst in preuß., dann in russischen Diensten, zuletzt als K o m m a n d e u r einer Division im Kaukasus. 1884 nahm er als Generalleutnant seinen Abschied und ließ sich in Berlin nieder, wo er u. a. mit —> Bismarck verkehrte. Daneben widmete sich E. literarischen und landeskundlichen Studien zu Polen und Rußland, insbesondere zum Kaukasus, und veröffentlichte u. a. Der Kaukasus und seine Völker ( 1 8 8 0 / 8 1 ) und Die Sprachen des kaukasischen Stammes (2 Bde., 1895); das Material zu diesen für die Ethnographie des Kaukasus lange Zeit maßgeblichen Werken hatte E. bereits während seiner Dienstzeit vor Ort gesammelt.

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Ercklentz 1901 erschien das aus verschiedenen Quellen zusammengestellte und kurz vor E.s Tod vollendete Atlaswerk Wanderungen und Siedelungen der germanischen Stämme in MittelEuropa, von der ältesten Zeit bis auf Karl den Großen. OD Altpreuß Biogr, Bd 5 E r c k l e n t z , Wilhelm, Internist, * 2 2 . 3 . 1872 Mönchengladbach, t V. 12.1948 Chur. Nach der Promotion 1895 in B o n n (Ein Fall von Gesichtsemphysem nach Trauma) und der Habilitation für Innere Medizin 1902 in Breslau (Experimentelle und klinische Untersuchungen über die Leistungen der Kochsalzinfusion) wurde E., Sohn eines Tuchindustriellen, dort a. o . P r o f . und gründete 1914 die Privatklinik „Caritasheim", deren Innere Abteilung er bis zu seiner Vertreibung 1945 leitete. 1918 richtete E. am Allerheiligen-Hospital in Breslau, dessen Chefarzt er bis 1945 war, eine neurologische Abteilung ein. Hauptgebiete seiner wissenschaftlichen Arbeit waren u. a. Bronchial-Asthma und Diabetes mellitus. Die ersten A n w e n d u n g e n von Insulin in Deutschland fanden hier statt, worüber E. 1923 einen der ersten Beiträge publizierte. Angeregt durch die Zusammenarbeit mit namhaften Chirurgen, darunter Ferdinand —» Sauerbruch, beschäftigte sich E. auch mit den Grenzgebieten zwischen Innerer Medizin und Chirurgie. OD N D B E r d b e r g - K r c z e n c i e w s k i , Robert (Adelbert Wilhelm) von, Pseud. Robert v. Erdberg, Beamter, * 6 . 6 . 1 8 6 6 Riga, t 3 . 4 . 1929 Berlin. Der Sohn eines russischen Rittmeisters studierte zunächst Kunstgeschichte in Leipzig, wurde dann Schauspieler und hatte Engagements in Kothen und Bremen. 1892-96 studierte er in Marburg, Halle, Wien und Berlin Nationalökonomie. Nach der Promotion 1896 arbeitete er bei der Zentralstelle f ü r Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen in Berlin. Von 1919 bis zu seinem Tod leitete er die Abteilung für Erwachsenenbildung im preuß. Kultusministerium. Als Gründer und Herausgeber des „Volksbildungsarchivs" (1909) eröffnete E.-K. in Kooperation mit dem Reformator der Volksbücherei, Walter - » H o f m a n n , die Periode einer kulturkritischen Erwachsenenbildung. E.-K. veröffentlichte u . a . Fünfzig Jahre freies Volksbildungswesen (1924). CD N D B E r d h e i m , Jakob, österr. Pathologe, * 2 4 . 5 . 1 8 7 4 Boryslaw (Galizien), t 1 8 . 4 . 1 9 3 7 Wien. E. studierte in Wien Medizin, wo er 1901 promoviert wurde und sich 1913 für pathologische Anatomie habilitierte. 1916-24 Vorstand des Pathologisch-Anatomischen Instituts am Krankenhaus der Stadt Wien und seit 1918 a . o . P r o f . , übte er zusätzlich die Funktion eines Prosektors am St.-Anna-Kinderspital aus. 1924-37 leitete E. die Prosektur des Lainzer Krankenhauses. Seine Forschungsschwerpunkte bezogen sich auf die krankhaften Veränderungen von Knorpeln und Knochen sowie j e n e der Nebenschilddrüse und der Hypophyse. Neben anderen komplexen Krankheitsbildern wird das Kraniopharyngeom, eine zystische Geschwulst am Rachendach und im Bereich der Schädelbasis, nach ihm als „Erdheim-Tumor" bezeichnet. E. veröffentlichte u . a . Über Hypophysenganggeschwülste und Hirncholestoatome (1904), Über Epithelkörperbefunde bei Osteomalacie ( 1907) und Die Lebensvorgänge im normalen Knorpel und seine Wucherung bei Akromegalie (1931). CD Czeike E r d l e , Artur, Maler, Zeichner, Graphiker, * 2 4 . 5 . 1 8 8 9 Köln, f 1.1. 1961 Düsseldorf. Nach privatem Malunterricht 1 9 1 1 / 1 2 in Köln studierte E. 1912-18 an der Kunstakademie in Düsseldorf u. a. bei Willy —» Spatz und Carl —¥ Ederer und war anschließend freischaffend tätig. In den zwanziger Jahren unternahm er Reisen

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durch Deutschland, nach Belgien, Paris und Spanien. E. hatte Kontakt zum Kreis um die Düsseldorfer Kunsthändlerin Johanna —>Ey und war u . a . mit Otto —>Dix, M a x —>Ernst und Gert —> Wollheim befreundet. 1919 gehörte er zu den Begründern der Künstlervereinigung „Das J u n g e Rheinland" und gründete 1928 u . a . die Rheinische Secession. 1937 wurde E.s Kunst als „entartet" diffamiert. 1943-45 lebte er in Robertville (Ardennen, Belgien). In seinen Gemälden orientierte sich E. zunächst an den Impressionisten, Cézanne und den Fauves und entwickelte später einen expressiven Realismus. Seine Porträts und Figurenbilder der zwanziger Jahre sind von der Malerei der Neuen Sachlichkeit beeinflußt. Daneben schuf er Landschaften, die von impressionistischen Tendenzen bis hin zu flächigen Abstraktionen reichen, sowie Stilleben in altniederländischer Tradition und Industriedarstellungen. In seinen Zeichnungen und Aquarellen griff E. auch biblische Themen auf. m AKL E r d m a n n , Benno, Philosoph, * 3 0 . 5 . 1851 Guhrau bei Glogau (Schlesien), t 7. 1. 1921 Berlin. Zunächst Buchhändler, studierte E., Sohn eines freichristlichen Predigers, in Berlin und Heidelberg Mathematik, Physik und Philosophie. Er wurde stark von —>Helmholtz und —>Zeller beeinflußt. 1873 in Berlin aufgrund der Dissertation Die Stellung des Dinges an sich in Kants Aesthetik und Analytik promoviert, habilitierte er sich 1876, wurde 1878 a . o . , 1879 o . P r o f . in Kiel, 1884 in Breslau, 1890 in Halle, 1898 in Bonn und kehrte 1909 nach Berlin zurück. Dort gehörte er der Akademie der Wissenschaften an und leitete nach d e m Tod von Wilhelm —» Dilthey die —> Kant- und die —»Leibniz-Ausgabe der Akademie. Die Bedeutung E.s liegt in seinen Arbeiten zur Geschichte der Philosophie, insbesondere zu Immanuel Kant (Kant's Kritizismus in der I. und 2. Auflage der Kritik der reinen Vernunft, 1878). Es gebührt ihm das Verdienst, eine streng historisch orientierte Kantphilologie gegen philosophische Zeitbedürfnisse, Kant ohne Rücksicht auf historische Bedingungen seines Philosophierens in Anspruch zu nehmen, entwickelt zu haben. Auf dem Gebiet der systematischen Philosophie galt E.s Interesse der Erkenntnistheorie sowie der Logik (Logik, Bd. 1 : Logische Elementarlehre, 1892; 2., völlig umgearbeitete Aufl., 1907, 3 1923). Seine wahrnehmungspsychologischen Forschungen faßte er in Grundzüge der Reproduktionspsychologie ( 1920) zusammen. Er war der Vater von Lothar - » E. • P DBJ, Bd 3 E r d m a n n , Carl, Historiker, * 2 7 . 1 1 . 1898 Dorpat, f 3 . 3 . 1945 Zagreb. E., Sohn eines Juraprofessors, studierte seit 1916 in Berlin Theologie, wandte sich aber, beeindruckt von den Vorlesungen des Historikers Paul —»Joachimsen in München, 1920 der Geschichte zu. 1921-24 war er Hauslehrer in Lissabon, wurde 1925 in Würzburg promoviert und von Paul Fridolin —» Kehr mit der S a m m l u n g der Papsturkunden in Portugal beauftragt. Nach Abschluß dieser Arbeit ging er an das Preußische Historische Institut in R o m , wo er sein Buch Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens (1935) vorbereitete, mit dessen erstem Teil er sich 1932 in Berlin habilitierte. 1934 wurde E. Mitarbeiter bei den „ M o n u m e n t a Germaniae Histórica". Seine Gegnerschaft zum Nationalsozialismus hatte 1936 den Verlust der Venia legendi zur Folge. 1943 zum Wehrdienst einberufen, starb er 1945 in Jugoslawien. CD N D B E r d m a n n , David Christian Friedrich, evang. Theologe, * 2 8 . 7 . 1 8 2 1 Güstebiese (Neumark), t 11.3. 1905 Dresden. Nach der Promotion 1851 wurde E. Divisionspfarrer, 1853 in Berlin Privatdozent, 1856 o. Prof. des Neuen Testaments und der Kirchengeschichte in Königsberg, 1864 Generalsuperintendent von Schlesien und ein Jahr später zugleich

Erdmann ordentlicher Honorarprofessor in Breslau. 1878-1900 leitete E. den schlesischen Hauptverein der Gustav-Adolf-Stiftung und gründete 1882 den Verein für die Geschichte der evang. Kirche Schlesiens, dessen Vorsitzender er bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 1900 war. In Schlesien machte E. die Generalkirchenvisitation wieder zur festen Einrichtung und förderte das evang. Vereinswesen. Zu seinen Werken, darunter Luther und die Hohenzollern (1883), zählen Aufsätze zur Kirchengeschichte Ostpreußens, Schlesiens und Polens, aber auch populäre Schriften. OP R E E r d m a n n , Eduard (Paul Ernst), Musiker, Komponist, * 5 . 3 . 1 8 9 6 Wenden (Livland), t 2 1 . 6 . 1 9 5 8 Hamburg. E. studierte in Berlin bei Conrad —> Ansorge Klavier und bei Heinz —»Tiessen Komposition. 1920 erregte seine expressive 1. Symphonie Aufsehen beim Weimarer Tonkunst-Fest. Seit 1919 auf Konzertreisen, lehrte E. 1925-35 als Prof. an der Kölner Hochschule f ü r Musik. Mit Paul - > H i n d e m i t h gehörte er zur Jury der Donaueschinger Kammermusiktage für zeitgenössische Tonkunst. Während des Nationalsozialismus waren seine Werke, neben vier Symphonien Kammermusik vor allem für Klavier und Violine sowie Lieder, mit Aufführungsverbot belegt. Seit 1935 bereiste E. konzertierend die Welt, bis er 1950 eine Professur an der Musikhochschule Hamburg übernahm. Als Pianist spielte er vor allem Werke von —> Bach, —> Schubert, —> Beethoven und Chopin, war aber auch ein Interpret von Musik der Moderne. m MG G E r d m a n n , Ernst (Immanuel), Chemiker, * 12.2. 1857 Altfelde (Westpreußen), t 17.8. 1925 Schweden. E., Sohn eines Superintendenten und Bruder von Oskar —>E., studierte Naturwissenschaften in Berlin, Heidelberg und Straßburg, wurde dort 1881 mit der Arbeit Ueber die Einwirkung von Schwefelsäure auf die Zimmtsäure in der Wärme zum Dr. phil. nat. promoviert und habilitierte sich 1902 in Halle für angewandte Chemie (Beitrag zur Kenntniss des Kaffeeöles und des darin enthaltenen Fuifuralkohols). Seit 1881 Assistent am Chemischen Laboratorium der Univ. Straßburg, wechselte er 1883 als Betriebsführer zur Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation in Berlin. 1889 wurde E. mit seinem Bruder Hugo —>E. Inhaber eines chemischen Privatlaboratoriums in Halle, das er bis 1901 leitete. Seit 1902 als Nachfolger seines Bruders Leiter des anorganischchemischen Laboratoriums der Univ. Halle, wurde E. 1908 zum Prof. und 1913 zum o. Honorarprofessor ernannt. Seine Forschungen führten zu einer Reihe von Patenten und neuen Verfahren, u. a. zur Herstellung von bituminösen Teeren und zur Gewinnung viskoser Schmieröle aus Braunkohlenteer. E. veröffentlichte u.a. Die Chemie der Braunkohle (1907, 2 1927). 1905 erfolgte die Wahl in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. E. verstarb auf einer Reise durch Schweden. CD Altpreuß Biogr, Bd 4 E r d m a n n , Friedrich (August Christian), Forstmann, * 16.3. 1859 Dannhorst bei Celle, t 3. 1.1943 Neubruchhausen (heute zu Bassum). Nach d e m Studium der Forstwissenschaft war E., dessen Vater Oberförster in Leese bei Nienburg war, mit kurzen Unterbrechungen in hannoverschen Revieren tätig. Mit den Problemen des nordwestdeutschen Heidegebiets beschäftigt (u. a. Die Heideaufforstung, 1904; Die nordwestdeutsche Heide in forstlicher Beziehung, 1907), übernahm er auf eigenen Wunsch 1892 das Forstamt Neubruchhausen in der Bremer Heide, das E. bis zur Pensionierung 1924 bewirtschaftete. Als ausgeprägter Verfechter eines wissenschaftlichen Waldbaus vertrat er im Gegensatz zur herrschenden mechanistischen Richtung eine betont naturgemäße Waldbehandlung. E. bahnte dem rationellen Bodengesundheitsdienst und damit der Entwicklung optimaler Ertragsleistungen im

Wirtschaftswald den Weg. Seine praktischen Erfolge sowie Verdienste um die Wissenschaft wurden mit der Umbenennung seines Fortamtes in Erdmannshausen gewürdigt. •D NDB E r d m a n n , Gerhard, Sozialpolitiker, * 31. 1.1896 Thorn, t 16.7. 1974 Köln. E., Sohn eines Landgerichtspräsidenten, studierte nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg seit 1918 Rechtswissenschaften in Leipzig, München und Breslau, wo er 1920 promoviert wurde, und trat in die Geschäftsführung der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände in Berlin ein, deren Hauptgeschäftsführer er seit 1927 war. Er wirkte führend an der Entwicklung des Sozial- und Arbeitsrechts sowie beim Aufbau der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung mit. Nach Auflösung der Arbeitgeberverbände leitete E. 1935-45 die Reichs wirtschaftskammer. 1949 übernahm er die Hauptgeschäftsführung der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände. Sein besonderes Interesse galt der sozialen Selbstverwaltung (vor allem der Tarifautonomie) und der Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften auf überbetrieblicher Ebene. Auf E.s Initiative kamen 1954 das „Margarethenhof-Abkommen" und später die Spitzengespräche zwischen der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und dem Deutschen Gewerkschaftsbund zustande. Er veröffentlichte u. a. Konstruktive Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften (1956) und Die deutschen Arbeitgeberverbände im sozialgeschichtlichen Wandel der Zeit (1966). t u Altpreuß Biogr, Bd 4 E r d m a n n , H u g o (Wilhelm Traugott), Chemiker, * 8.5. 1862 Preuß. Holland (Ostpreußen), t 25.6. 1910 Müritzsee (Mecklenburg). Nach der Promotion 1883 in Straßburg (Condensationen und Metamorphosen der Phenylcrotonsäuren) und der Habilitation 1885 an der Univ. Halle (Ueber die Umwandlung der Lactonsaeuren in Lactone) förderte E. dort die technische Chemie. 1889 gründete er mit seinem Bruder Ernst —>E. ein privates Laboratorium für chemisch-technische Arbeiten und initiierte 1899 das Laboratorium für angewandte Chemie an der Univ. Halle. Seit 1894 Prof., folgte E. 1901 einem Ruf an die T H Berlin als o.Prof. und Leiter des Anorganisch-Chemischen Laboratoriums. Auf dem Gebiet der organischen Chemie war E. an der Entwicklung der Farbstoffchemie beteiligt und setzte sich für die chemische Prüfung des Trinkwassers gegenüber der bakteriologischen ein. Auf anorganischem Gebiet identifizierte und analysierte er wenig verbreitete Elemente und Erden. E. prägte den Begriff „Edelgase" und plädierte als Bezugseinheit von Atomgewichten für H = 1,00. Z u m Studium von Gold- und Ölvorkommen unternahm er Reisen u. a. nach Sibirien, China und Alaska. Er veröffentlichte u. a. Anleitung zur Darstellung organischer chemischer Präparate (1894), Lehrbuch der anorganischen Chemie (1898, 5 1910) und Naturkonstanten in alphabetischer Anordnung (mit Paul Köthner, 1905). E. ertrank bei einer Paddelbootfahrt. DP Altpreuß Biogr, Bd 4 E r d m a n n , Johann Eduard, Philosoph, * 13.6. 1805 Wolmar (Livland), t 1 2 . 6 . 1 8 9 2 Halle/Saale. E., Sohn eines Pfarrers, Schloß das Studium der Theologie und Philosophie in Dorpat und Berlin 1830 mit der Promotion in Kiel ab. 1828 ordiniert, war er 1829-32 in seinem Geburtsort Pfarrer und ging dann nach Berlin zurück, wo er sich 1834 f ü r Philosophie habilitierte. 1836 folgte er einem Ruf nach Halle und wurde 1839 o. Professor. Er gilt als einer der wichtigsten Althegelianer, die im Gegensatz zu den Junghegelianern für die theistisch-orthodoxe Auslegung der Religionsphilosophie —> Hegels eintraten. E. arbeitete auch über Spinoza und —» Leibniz, dessen philosophische Schriften (Opera philosophica, 2 Bde., 1839, Nachdr. 1959) er

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Erdmann herausgab. Dabei veröffentlichte er erstmals das der Leibnizforschung wichtige Impulse gebende französische Original der Monadologie. E.s Hauptwerke sind Versuch einer wissenschaftlichen Darstellung der Geschichte der neuem Philosophie (6 Bde., 1834-53; Nachdr. in 7 Bänden, 1932/33, 2 1977), Crundriß der Logik und Metaphysik. Für Vorlesungen (1841, 4 1864), Psychologische Briefe (1851, 4 1868, 7 1896) und Crundriß der Geschichte der Philosophie (2 Bde., 1866; 4. Aufl., hrsg. v. Benno —» Erdmann, 1896; neu bearbeitet und bis in die Gegenwart fortgeführt von Ferdinand Clemens, 1930). In seinen Philosophischen Vorlesungen über den Staat (1851) spiegelt E. die Staatsvorstellungen des preuß. Konservativismus nach 1848 wider. CD NDB E r d m a n n , Johann Friedrich, Mediziner, Medizinhistoriker, * 18.7. 1778 Wittenberg, t 28. 1. 1846 Wiesbaden. Der 1804 in seinem Heimat- und Studienort Wittenberg nach dem Studium zuerst der Theologie, dann der Medizin (Promotion 1802 in Wittenberg, Utrum aqua per electricitatem columnae a cel. Volta inventae in elementa sua dissolvatur?) zum Prof. der Pathologie und Therapie ernannte E. arbeitete 1810-17 im russischen Kasan, wo er seit 1814 zugleich als Schulvisitator mehrerer Gouvernements wirkte. 1817-43 war E., unterbrochen von einer Tätigkeit als Leibarzt des Königs von Sachsen in Dresden (1823-27), Prof. an der Univ. Dorpat, wo er seit 1828 auch mit Diabetik/Diätetik, Arzneimittellehre und Medizingeschichte befaßt war. Neben chemischen Analysen russischer Gewässer interessierte ihn die medizinische Topographie, festgehalten in Beiträge zur Kenntnis des Inneren von Rußland (2 Bde., 1822-25). Um Zeit und Raum zu sparen, empfahl er in dem Journalbeitrag Schreibekunst in ihrer höchsten Vereinfachung statt der Buchstaben Punkte und Striche. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Elementa organonomiae ex notione motus derivata (1808), Annales scholae clinicae Dorpatensis annorum 1818-¡820 (1821) und Aus der ärztlichen Praxis (1847). m Ärzte 1 E r d m a n n , Karl Dietrich, Historiker, * 29.4.1910 Mülheim (heute zu Köln), t 23.6.1990 Kiel. Der Sohn eines Prokuristen studierte Geschichte, Germanistik und Evangelische Theologie. Dabei prägten ihn besonders die Quellenkritik Rudolf —> Bultmanns und die weltoffene Pädagogik Adolf —» Reichweins, mit dem er 1929 nach Rumänien reiste. Nach einem Studienaufenthalt 1930/31 in Paris distanzierte sich E. 1932 in seinem ersten gedruckten Aufsatz vom nationalistischen „Langemarck"-Mythos durch die Erinnerung an die allen Gefallenen gemeinsame christlich-humanistische Tradition Europas. Er wurde 1933 bei Wilhelm —> Mommsen in Marburg mit einer Dissertation über Das Verhältnis von Staat und Religion nach der Sozialphilosophie Rousseaus (1935) promoviert. 1933/34 ging E. mit einem Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) wieder nach Paris, wo er unter dem Einfluß von Karl Epting in Diskussionen mit Emigranten das „Dritte Reich" nach außen zu vertreten hatte. 1934-38 arbeitete E. im Höheren Schuldienst, den er verließ, um seine Frau trotz eines fehlenden „Abstammungsnachweises" für ihren elsässischen Großvater heiraten zu können. Nach kurzen Tätigkeiten in der Industrie war E. 1939-45 Soldat und führte zuletzt ein Bataillon an der Ostfront. 1943 verwundet, wurde er Lehrer an Offiziersschulen und bis zum Lehrgruppenkomman-

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deur befördert. Peter —»Rassow ermöglichte ihm 1947 die Habilitation an der Univ. Köln mit einer Arbeit über das Verhältnis von Staat und Kirche zu Beginn der Französischen Revolution. 1950-53 war er Generalsekretär der deutschen UNESCO-Kommission. 1950 gründete E. gemeinsam mit Felix —> Messerschmid „Geschichte in Wissenschaft und Unterricht", die an eine von seinem Lehrer W. Mommsen herausgegebene Zeitschrift anknüpfte und 40 Jahre von ihm betreut wurde. 1953 folgte er einem Ruf an die Univ. Kiel, zu deren Rektor er 1966/67 gewählt wurde. Nach Aufenthalten in Indien (1956/57) veranlaßte er die Einrichtung eines Lehrstuhls für Asiatische Geschichte. E. war 1962-67 Vorsitzender des Deutschen und 1975-80 des Internationalen Historikerverbandes. 1966-70 leitete er den Deutschen Bildungsrat. Sein zentrales Forschungsgebiet wurde die Zeit zwischen 1914 und 1950, die er für den „Gebhardt", das Handbuch der deutschen Geschichte, bearbeitete. Außerdem gab E. 23 Bände „Akten der Reichskanzlei" in der Weimarer Republik heraus. 1966 erschien eine Untersuchung der Rheinlandpolitik Konrad —> Adenauers, den E. sehr schätzte, nach dem Ersten Weltkrieg. Weitere Arbeiten galten der Außenpolitik von Aristide Briand, Walther —» Rathenau und Gustav —> Stresemann. Neben didaktischen Fragen behandelten E.s Aufsätze vor allem sozialethische Themen wie das Widerstandsrecht und die Lehre vom gerechten Krieg bei Martin —»Luther, Roger Williams' Staatsgründung im Zeichen der Toleranz und das Geschichtsdenken von —»Kant und Arnold Toynbee. In den Kontroversen um die Hintergründe des Kriegsausbruchs 1914 bemühte sich E. in Zusammenarbeit mit Gerhard —»Ritter und Egmont —»Zechlin um eine ausgewogene Analyse der Verantwortlichkeit aller Beteiligten. Gegen einseitige Schuldzuweisungen setzte er das Bewußtsein, daß auch „der Friede seinen Preis kostet, damals wie heute." Große Bedeutung maß er seiner allerdings nicht unumstrittenen Edition der Aufsätze und Tagebücher Kurt —» Riezlers (1972) bei. Wiederholt nahm E„ der Mitglied der CDU war, auch zu aktuellen Fragen wie der Ostpolitik Stellung. Seine letzte Publikation war eine Auswahl der Reden und Briefe von Hermann —»Ehlers (1990). E. wollte Grenzen überwinden, im nationalen Rahmen durch Studien wie Die Spur Österreichs in der deutschen Geschichte. Drei Staaten, zwei Nationen, ein Volk? (1989) und dann durch sein Buch über Die Ökumene der Historiker. Geschichte der Internationalen Historikerkongresse und des Comité International des Sciences Historiques (1987), das auch marxistische Positionen berücksichtigte. Als pragmatischer Historiker, der auf eindrucksvolle Weise sachliche Kompetenz mit rhetorischer Begabung verband, suchte E. aus der dialektisch betrachteten Geschichte Erfahrungen für die Gegenwart zu gewinnen. Jede Generation habe von neuem „das Erbe kritisch zu sichten". Von E.s Haltung zeugt das Wort: „Der Ruf zur metanoia bleibt". WEITERE WERKE: Geschichte, Politik und Pädagogik. Aufsätze und Reden. 2 Bde., Stuttgart 1970-86. LITERATUR: Hartmut Boockmann/Kurt Jürgensen (Hrsg.): Nachdenken über Geschichte. In memoriam K. D. E. Neumünster 1991 (Bibliographie). Michael Matthiesen E r d m a n n , Lothar, Publizist, Schriftsteller, * 12. 10.1888 Breslau, t 18.9.1939 Konzentrationslager Sachsenhausen. Der Sohn von Benno —»E. studierte in Bonn, Freiburg und London, nahm Ersten Weltkrieg teil und wurde anschließend Mitarbeiter am Wölfischen Telegraphenbüro in Amsterdam. 1924 trat er in den Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund in Berlin ein, in dessen Auftrag er Die Gewerkschaften im Ruhrkampf (1924) verfaßte. Bis 1933 leitete E. als Chefredakteur die Zeitschrift „Die Arbeit", danach war er als freier Publizist tätig. CD Demokr Wege

Erdmannsdörfer Erdmann,

Martin, evang. Theologe, Landesbischof von Braunschweig, * 2 3 . 7 . 1896 Ingeleben (Kr. Helmstedt), t 1 . 9 . 1 9 7 7 Braunschweig. Nach seinem Studium 1914-21 in Halle und Göttingen wirkte E. als Pfarrer im Braunschweigischen, zuletzt in Lelm bei Königslutter. Als Mitglied des Bruderrats der Bekennenden Kirche im Kirchenkampf des „Dritten Reiches" hervorgetreten, wurde er 1945 zum Landeskirchenpräsidenten gewählt und war 1947-65 Bischof der Braunschweigischen Evangelisch-Lutherischen Landeskirche, seit Juni 1959 Mitglied des Zentralausschusses des Weltrats der Kirchen sowie des Vereins für ärztliche Mission in Tübingen. CD Munzinger

Erdmann,

(Hermann) Oskar (Theodor), Germanist, * 1 4 . 2 . 1 8 4 6 Thorn, t 1 3 . 6 . 1 8 9 5 Kiel. E., Sohn eines Predigers und späteren Superintendenten, studierte seit 1863 in Leipzig, Berlin und Königsberg Klassische und Germanische Philologie und wurde 1867 promoviert (De Pindari usu syntacticö). Seit 1868 Gymnasiallehrer in Graudenz und Königsberg, habilitierte er sich 1883 in Königsberg f ü r Germanische Philologie und wurde 1885 a. o. Prof. in Breslau, 1889 o. Prof. für Deutsche Sprache und Literatur in Kiel. Er war 1885-89 Schriftleiter der Monatsschrift „Nord und Süd", 1891-95 Mitherausgeber der „Zeitschrift f ü r deutsche Philologie" und 1 8 9 4 / 9 5 Mitarbeiter am Deutschen Wörterbuch. E. veröffentlichte u. a. Untersuchungen über die Syntax der Sprache Otfrids (2 Bde., 1874-76), Ueber die Wiener und Heidelberger Handschrift des Otfried (1880) und Grundzüge der deutschen Syntax nach ihrer geschichtlichen Entwicklung dargestellt (1886, Nachdr. 1985). Er war der Bruder von Ernst und Hugo —> E. CD I G L

Erdmann,

Otto (Wilhelm Eduard), Maler, * 7. 12. 1834 Leipzig, t 9. 12. 1905 Düsseldorf. Zunächst Schüler an der Leipziger Kunstakademie, setzte E. seine Studien in Dresden, München, Berlin und Paris fort und siedelte 1858 nach Düsseldorf über. Der Genremaler behandelte mit Vorliebe Szenen im Kostüm der Rokokozeit und beschickte seit 1861 die Akademieausstellungen in Dresden und Berlin, verschiedentlich auch die „Internationale" in München. Viele Jahre war E. Vorstandsmitglied der Künstlervereinigung „Der Malkasten". Zu seinen Werken zählen Das Blindekuhspiel (1863) und Im Reich der Töne (1894). CD A K L

Erdmann,

Otto Linné, Chemiker, * 1 1 . 4 . 1 8 0 4 Dresden, t 9 . 1 0 . 1 8 6 9 Leipzig. Der Sohn eines Arztes und Amtsphysikus studierte seit 1820 Medizin in Dresden und Leipzig, dann Chemie, wurde 1824 promoviert und habilitierte sich 1825 in Leipzig mit der Arbeit De natura affinitatis chemicae für Chemie. Nach einjähriger Tätigkeit als Leiter einer Nickelhütte in Hasselrode am Harz kehrte er nach Leipzig zurück und wurde 1827 a. o . P r o f . , 1830 o . P r o f . der technischen Chemie. Er befaßte sich zunächst mit Nickelgewinnung und Nickelsalzen (Über das Nickel, 1827), Erz-, Gestein- und Schlackenanalysen. Auf organisch-chemischem Gebiet erlangten seine Untersuchungen über Indigo und Isatin sowie deren Derivate besondere Bedeutung. Mit Richard Felix —> Marchand bestimmte er die Atomgewichte von Kohlenstoff, Wasserstoff, Calcium, Kupfer, Quecksilber, Schwefel und Eisen. Der Leipzig-Dresdner-Eisenbahngesellschaft empfahl E. Kalkhydrat als Zusatz, um den schwefelkieshaltigen sächsischen Koks f ü r Lokomotivheizung verwertbar zu machen. 1828-33 war er Herausgeber des „Journals für technische und ökonomische Chemie", 1834-69 Mitherausgeber des „Journals für praktische Chemie". E. veröffentlichte u. a. Über das Nickel, seine Gewinnung im Grossen und technische Benutzung,

vorzüglich zu Weisskupfer (Argentan, Neusilber) (1827), Populäre Darstellung der neueren Chemie mit Berücksichtigung ihrer technischen Anwendung ( 1828) und Grundriß der allgemeinen Waarenkunde (1833, 1 4 1906). OD N D B

Erdmann,

(Anna Maria) Rhoda, Zellforscherin, * 5. 12. 1870 Hersfeld, t 2 3 . 8 . 1935 Berlin. E., Tochter eines Lehrers, erhielt 1889-92 eine Ausbildung am Lehrerinnenseminar in Hamburg und unterrichtete 1892-1903 an Privat- und Volksschulen. Anschließend studierte sie Naturwissenschaften in Berlin, Zürich, Marburg und München, wurde 1912 bei Richard —»Hertwig mit der Arbeit Experimentelle Untersuchungen der Massenverhältnisse von Plasma, Kern und Chromosomen in dem sich entwickelnden Seeigelei promoviert und arbeitete 1908-12 bei Robert —> Koch am Institut f ü r Infektionskrankheiten in Berlin. 1913-19 war E. in den U S A tätig, zuerst als Stipendiatin der Yale-University in N e w Haven, w o sie beim Zellbiologen Ross Granville Harrison neueste Methoden der Zellforschung und Gewebezüchtung kennenlernte und die aktive Immunisierung gegen die Hühnerpest entwickelte, später als Lecturer und zuletzt als Associate Professor für Biologie am Rockefeller Institute in Princeton. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland richtete sie eine Abteilung für experimentelle Zellforschung am Institut für Krebsforschung an der Berliner Charité ein. E. gehörte damit zu den Pionieren auf diesem Gebiet. 1920 habilitierte sie sich mit der Studie Cloromyxum leydigi und seine Beziehung zu anderen Myxosporiden als zweite Frau an der Philosophischen Fakultät der Univ. Berlin. 1923 als Privatdozentin an der Medizinischen Fakultät zugelassen und 1929 zur beamteten a. o. Prof. für experimentelle Zellforschung ernannt, wurde E. 1933 aufgrund einer Denunziation verhaftet und vorübergehend in den Ruhestand versetzt. Nach ihrer Haftentlassung konnte sie ihre Arbeiten unter erschwerten Bedingungen vorübergehend wieder aufnehmen, wurde jedoch bereits ein Jahr später und kurz vor ihrem Tod emeritiert. 1925 gründete E. als fachspezifisches Periodikum das „Archiv f ü r experimentelle Zellforschung" und organisierte erste internationale Zellforscherkongresse in Budapest (1927), Amsterdam (1930) und Cambridge (1933). Zu ihren Veröffentlichungen gehören Die Entwicklung der Sarcocystis muris in der Muskulatur (1910), Endomixis und ihre Bedeutung für die lnfusiorencelle (1915) und Praktikum der Gewebepflege oder Explantation besonders der Gewebezüchtung (1922, 2 1930). CD Ärzte 2, 3

Erdmann,

Veronika, verh. Czapski, Schriftstellerin, * 2 . 1 1 . 1894 Dorpat, t 1 8 . 2 . 1 9 8 4 München. Das Studium der Philosophie, Germanistik und Kunstgeschichte in M ü n c h e n und Jena Schloß E. 1922 mit der Promotion ab (Ueber Hölderlins aesthetische Theorie im Zusammenhang seiner Weltanschauung, 1923). Ihr bereits 1921 erschienener erster Gedichtband Die Gedichte vom fremden Leben wurde von Rainer Maria - » Rilke bewundert (2. Aufl. unter d e m Titel Lieder vom Fern- und Nahesein, 1927). E. lebte mit ihrem M a n n zusammen in Berlin und ging 1963 nach Tegernsee. Sie veröffentlichte literaturwissenschaftliche Werke (Die Auseinandersetzung des gotischen Weltgefühls mit dem antiken bei Rainer Maria Rilke, 1927) und übersetzte Frauenlieder aus drei Jahrtausenden ( 1947). Ihre Briefwechsel mit Rilke und T h o m a s —»Mann wurden teilweise veröffentlicht. CD DLL, 20. Jh.

Erdmannsdörfer,

Max (Carl Christian) von, Dirigent, Komponist, * 1 4 . 6 . 1 8 4 8 Nürnberg, t 1 4 . 2 . 1 9 0 5 München. E., Sohn eines Musiklehrers, studierte 1863-69 am Leipziger Konservatorium und in Dresden. 1871 wurde er als fürstlich schwarzburgischer Hofkapellmeister Nachfolger von Max - > Bruch. Im R a h m e n der „Loh-Konzerte" verhalf E., seit

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Erdmannsdörfer 1874 mit Pauline von —»E. verheiratet, den „neudeutschen" Werken von Franz —> Liszt und Johannes —> B r a h m s zum Durchbruch und bereitete d e m umstrittenen Werk Richard -> Wagners den Weg. 1881-89 leitete E. als Nachfolger von N. G. Rubinstein die Konzerte der Russischen Musikgesellschaft in Moskau, seit 1889 die Philharmonischen Konzerte in Bremen. 1895 ging E. nach München und wurde 1896 Hofkapellmeister sowie Prof. an der Akademie der Tonkunst. Daneben engagierte er sich für eine bessere soziale Lage der Musiker. 1903 erhielt E. den mit persönlichem Adel verbundenen bayerischen Kronenorden. Zu seinen Kompositionen zählen Chorwerke, Lieder und Klavierstücke. CD M G G

Erdmannsdörfer,

Pauline von, geb. Oprawill, Musikerin, Komponistin, * 2 8 . 6 . 1 8 4 7 Wien, t 2 4 . 9 . 1916 München. E. erhielt 1870/71 Klavierunterricht bei Franz von —>Liszt und spielte danach als Hofpianistin in Weimar und D a r m stadt. Sie unterrichtete auch selbst und heiratete 1874 Max von —> E. Gemeinsam veranstalteten sie die bald weithin bekannten „Loh-Konzerte" im Schloßpark von Sondershausen und förderten so die Neudeutsche Schule. E. komponierte auch Lieder und Klavierphantasien. DP M G G

Erdmannsdörffer,

Bernhard, Historiker, * 24. 1. 1833 Altenburg (Thüringen), t 1 . 3 . 1 9 0 1 Heidelberg. Seit 1852 studierte E., Sohn eines K a u f m a n n s und Handelsherrn, Klassische Philologie in Jena, wurde 1857 mit einer Arbeit bei Johann Gustav -> Droysen promoviert und habilitierte sich im folgenden Jahr. 1861 von Droysen nach Berlin geholt, wurde E. 1862 Privatdozent an der Univ., 1864 an der Kriegsakademie. 1871 folgte er einem Ruf als o. Prof. der neueren Geschichte nach Greifswald, 1873 nach Breslau und übernahm 1874 den Lehrstuhl von Heinrich von —»Treitschke in Heidelberg. Für sein Hauptwerk Deutsche Geschichte vom Westfälischen Frieden bis zum Regierungsantritt Friedrichs des Großen (2 Bde., 1 8 9 2 / 9 3 ) erhielt er 1894 den Verdun-Preis. E. überwand sowohl die spezifisch borussische Legende seines Lehrers Droysen als auch die kämpferisch nationalpolitische Tendenz seines Freundes Treitschke und folgte der verstehenden Geschichtsbetrachtung Leopold von —> Rankes. E. war Bearbeiter der „Politischen Verhandlungen" der Urkunden und Actenstiicke zur Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg (5 Bde., 1864-83) und der Politischen Correspondenz Karl Friedrichs von Baden 1783-1806 (5 Bde., 1888-1900). Er war der Vater von Otto - > E . c u NDB E r d m a n n s d ö r f f e r , Otto (Heinrich), Mineraloge, Petrograph, * 11.3. 1876 Heidelberg, f 18.4. 1955 Heidelberg. Das Studium der Naturwissenschaften in Heidelberg und Straßburg Schloß E., Sohn von Bernhard —> H. 1900 mit der Promotion ab (Geologische und petrographische Untersuchungen im Wehrathai) und war 1900-12 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Preußischen Geologischen Landesanstalt. 1908 habilitierte er sich für Mineralogie und Pétrographie an der Univ. Berlin. 1912 als Prof. an die T H Hannover berufen, ging E. 1926 nach Heidelberg, w o er bis zu seiner Emeritierung 1948 an der Univ. wirkte. Seit 1940 war E. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Als Leiter des Mineralogisch-Petrographischen Instituts erforschte er insbesondere die Struktur des Granits im Harz, Schwarzwald und Odenwald. E. war Herausgeber der „Heidelberger Beiträge zur Mineralogie und Petrographie" und seit 1948 Mitherausgeber der Zeitschrift „Mineralogie und Petrographie in Einzeldarstellungen". Neben Grundlagen der Petrographie ( 1924) veröffentlichte er u . a . Petrographische Untersuchungen an einigen GranitSchieferkontakten der Pyrenäen (1914), Mineralogie einst und jetzt (1931) und Beiträge zur Petrographie des Odenwaldes (3 Bde., 1941-52). Cd Bad Bio N.F., Bd 2

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Erdmannsdorf,

Otto von, Diplomat, * 2 7 . 1 0 . 1888 Dresden, t 30. 12.1978 Starnberg. Nach d e m Studium der Rechtswissenschaften seit 1907 in Grenoble, M ü n c h e n , Kiel und Leipzig und der Promotion (1912) war E., Sohn eines sächsischen Offiziers, 1913 / 1 4 in Tsingtau tätig. Nach d e m Ersten Weltkrieg war er 1918 an der Deutschen Gesandtschaft in Riga, 1920-23 als Legationssekretär in Mexiko, danach als Legationsrat im Auswärtigen Amt, 1925-28 im Büro des Reichspräsidenten tätig, nahm jedoch 1928 an der Deutschen Gesandtschaft in Peking und als Botschaftsrat in Tokio den Auslandsdienst wieder auf. Seit 1933 leitete er die außereuropäische Gruppe der Politischen Abteilung und war - seit 1937 Mitglied der N S D A P 1937-41 Gesandter in Budapest. 1947 einer der Mitangeklagten im „Prozeß gegen die Wilhelmstraße" vor d e m Interalliierten Gerichtshof, wurde E. am 1 4 . 4 . 1 9 4 9 freigesprochen. m BHdAD

Erdmannsdorf^

Friedrich Wilhelm von, Architekt, * 18.5. 1736 Dresden, t 9 . 3 . 1800 Dessau. Der Sohn eines kursächsischen Hausmarschalls und Oberschenks studierte 1754-57 Geschichte, Philosophie und Sprachen an der Univ. Wittenberg und wurde in Dessau mit Fürst —> Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau bekannt. Angeregt durch seine erste Bildungsreise 1 7 6 1 / 6 2 nach Venedig und Florenz, begann E. zu zeichnen. 1 7 6 3 / 6 4 begleitete er seinen Dienstherrn und Freund nach Holland und England, w o ihn die klassizistischen Bauten besonders beeindruckten. E. beschloß, Baumeister zu werden. Nach einer zweiten Reise nach Italien, w o er 1 7 6 5 / 6 6 die antike Baukunst studierte und in R o m Johann Joachim —» Winckelmann traf, verwirklichte E. erstmals seine architektonischen Ideen mit dem Festsaal im Dessauer Schloß. Danach beauftragte ihn der Fürst mit dem Bau des Schlosses Wörlitz und seiner Gartenanlagen (1769-73), das E. nach d e m Muster englischer Landsitze ausführte. Später gestaltete er als Innendekorateur eine Reihe von R ä u m e n in Sanssouci und im Berliner Schloß. E.s Werk ist der Frühphase des klassizistischen Baustils in Deutschland zuzurechnen. OP A K L

Erdmuthe Sophia,

Herzogin von Sachsen, Markgräfin von Brandenburg-Bayreuth, Dichterin, Historikerin, * 1 5 . 2 . 1 6 4 4 Dresden, f 1 2 . 6 . 1 6 7 0 Bayreuth. E. S., Tochter des Kurfürsten - ^ J o h a n n Georg II. von Sachsen, erhielt eine für ihre Zeit hervorragende Ausbildung in Religion, Fremdsprachen, Geschichte und Mathematik (u.a. durch Jakob Weller von Molsdorf, Oberhofprediger in Dresden) und heiratete 1662 —> Christian Ernst, Markgraf von Brandenburg-Bayreuth. Die Ehe blieb kinderlos. Das Ehepaar unterstützte die Dichterin Catharina Regina von —» Greiffenberg und unterhielt engen Kontakt zum Nürnberger Dichterkreis, insbesondere zu Sigmund von —»Birken. Seit 1654 widmete sich E. S. der Dichtkunst sowie der Kirchen- und Verfassungsgeschichte und schrieb Kirchenlieder. Sehr beliebt wurde ein von ihr herausgegebenes K o m pendium, das in tabellarischer F o r m einen Uberblick über Geschichte und Wesen des Heiligen Römischen Reichs gab, aber auch andere Wissensgebiete berücksichtigte und sich kritisch mit dem Calvinismus auseinandersetzte (Handlung von der Welt Alter deß Römischen Reichs Ständen und derselben Beschaffenheit, 1666, später unter dem Titel Sonderbahre Kirchen-, Staats- und Welt-Sachen, 3 1676, 4 1696). • 3 Sächs Biogr E r d ö s , Stephan, Keramiker, * 13.2. 1906 Lipina (Ungarn), t 2 2 . 3 . 1956 Tittmoning (Oberbayern). E. studierte an der Porzellanfachschule in Karlsbad und 1925-29 an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien bei E m m e r i c h Selch und Michael —»Powolny, dessen Assistent er 1929-32 war. 1932-45 betrieb er eine eigene

Erfurth Werkstatt in Znaim, wo er 1938-43 auch an der Lehrerbildungsanstalt und Oberschule für Knaben unterrichtete. Seit 1946 hatte er mit seiner Frau zusammen eine Werkstatt in Tittmoning. 1953 wurde er Direktor der Staatlichen Fachschule f ü r Glasindustrie in Zwiesel. E.s Gefäße zeichnen sich durch klare und kompakte Formen, fein bewegte Umrißlinien und häufig stark krakelierte Oberflächen aus. Darüber hinaus setzte sich E. mit ostasiatischer, nach 1945 auch mit finnischer Keramik auseinander. c d AKL E r d t , Paulin, Pseud. Vindanus, Lupinaus de la Vinde, Franziskaner, Theologe, * 7 . 6 . 1737 Wertach/Allgäu, t 16.12. 1800 Freiburg/Breisgau. Seit 1756 Franziskaner, war E. in Freiburg Vikar und mehrere Jahre Prof. der Theologie. Er verfaßte, zum Teil anonym oder unter Pseudonym, zahlreiche populärwissenschaftliche Werke meist pastoraltheologischen und erbaulichen Charakters. Dabei ging es E. vor allem um die Verteidigung der natürlichen und christlichen Religion und Moral gegen Aufklärer, Illuminaten und Freidenker. Er veröffentlichte ferner eine Anleitung für angehende Bibliothekare und Liebhaber von Büchern (1786). CP A D B E r d t e l t , Alois, Maler, * 5.11. 1851 Herzogswalde (Schlesien), t 18. 1.1911 München. Nach einer Lehre als Haus- und Zimmermaler kam E. an die Berliner Kunstakademie. Doch erst nach seiner Übersiedlung nach München 1874 fand er bis 1879 unter Wilhelm von —> Diez seinen richtunggebenden Stil. Mit Porträts und heiteren Genrestücken, darunter ein Raucher (1879) und Beim Flickschneider (1885), hielt E. heimatliche Erinnerungen ganz im Geiste von Gottfried —> Kellers Grünem Heinrich wach. Doch die Genremalerei war nicht seine Domäne, sondern träumerische, gerade nicht immer schöne Frauenund blumenbekränzte Mädchenköpfe, die als Reproduktionen in illustrierten Zeitschriften ein breites Publikum fanden. Mit jenen wechselten Matronen und Herrenbildnisse. E. stellte in Antwerpen, London, Wien, Paris und St. Louis aus. Seit 1889 war er Lehrer an der Kunstgewerbeschule in München. DD A K L E r f l e , Heinrich (Valentin), Optiker, * 1 1 . 4 . 1 8 8 4 Dürkheim (Rheinpfalz), t 8 . 4 . 1 9 2 3 Jena. Das Studium an der T H und der Univ. München Schloß E., Sohn eines Bezirksbaumeisters, 1907 mit der Promotion ab (Optische Eigenschaften und Elektronentheorie). Zunächst Assistent am Physikalischen Institut der T H , danach Mitarbeiter der Optischen Werkstätte C. H. Steinheil & Söhne in München, wechselte E. 1909 in die Fernrohrabteilung bei Carl Zeiss, deren Leitung er 1918 übernahm. Seine Erfindungen steigerten die Leistungen der Sehrohre für U-Boote und der Fernrohre für Schiffsgeschütze sowie der Zeissischen Prismenfeldstecher und Zielfernrohre für Jäger. E.s zahlreiche Veröffentlichungen in der Fachpresse betrafen die Lehre von den Prismen und algebraischen Formeln, suchten aber auch gemeinverständlich Kenntnisse der Optik zu verbreiten. DP N D B E r f u r d t , Karl Gottlob August, Philologe, Pädagoge, * 11. 12. 1780 Zörbig, t 5 . 2 . 1813 Merseburg. E., Sohn eines sächsischen General-Accis-Einnehmers, studierte in Wittenberg und seit 1798 in Leipzig, wo er zu den ersten Mitgliedern der „griechischen Gesellschaft" gehörte. Seit 1801 Lehrer, seit 1802 Konrektor am Gymnasium von Merseburg, wurde er 1810 o.Prof. der Alten Literatur und Direktor des Philologischen Seminars der Univ. Leipzig. E. erarbeitete eine mit kritischen Anmerkungen versehene Ausgabe der Tragödien des Sophokles (6 Bde., 1802-11). Ein siebter Band zu Oedipus Coloneus wurde postum 1825 veröffentlicht. Neben dieser Ausgabe begann E. eine klei-

nere Reihe, aus der er nur zwei Titel, Antigone und Oedipus Rex (1809 ff.), vorlegen konnte. Er war Herausgeber einer von Johann Augustin Wagner begonnenen Ausgabe des Geschichtswerkes von A m m i a n u s Marcellinus (3 Bde., 1808). t n Altpreuß Biogr, Bd 1 E r f u r t h , Hugo, Photograph, * 14. 10.1874 Halle/Saale, t 14.2. 1948 Gaienhofen (Kr. Konstanz). Bereits ein Jahr nach seinem Abitur erhielt E. den Großen Staatspreis für seine ersten ausgestellten Photographien. Nach rasch absolvierter Lehre spezialisierte er sich auf die Porträtphotographie. Schon bald galt E. als Porträtist der guten Gesellschaft wie der Kunstprominenz, die aus ganz Deutschland anreiste. Die konservativen Repräsentationsporträts überwand er seit 1904 mit dem reinen Profil, noch häufiger aber mit einem klaren Bildnis en face. In der psychologischen Durchdringung hatten seine Schwarzweiß-Porträts Einfluß auf die Selbstbildnisse von Max —» Beckmann, Otto —»Dix und Hans —> Thoina. E. arbeitete seit etwa 1917 als Porträtphotograph in Dresden, seit 1934 in Köln. DP A K L E r f u r t h , Paul, evang. Theologe, * 9 . 8 . 1873 Homburg v . d . H . , t 30.9. 1944 Bensberg bei Köln. Nach dem Theologiestudium in Berlin war E., Sohn eines Schulrektors und Kreisschulinspektors, seit 1900 Pfarrer in Aschersleben, bis er 1907 die Leitung des Elberfeld-Barmer Zufluchthauses übernahm. Er gründete und leitete das Bergische Diakonissen-Mutterhaus mit Anstalten in Aprath, Wuppertal-Elberfeld, Bensberg und Kürten (bis 1935). Neben der Diakonisseneinrichtung schuf E. 1910 eine evang. soziale Frauenschule. 1922-31 war er zudem Dozent in Bonn. In Soziologie und Kirche (1937) legte E. sein Konzept einer dienenden Volkskirche, einer „reformatorischen Gemeindekirche von unten" dar. Zu seinen weiteren Werken zählen Staat und Innere Mission in der Fürsorgeerziehung (1912) und Gemeinde und Wohlfahrtspflege (1922). OP Wuppertal Bio, Bd 9 E r f u r t h , Ulrich (Wilhelm), Regisseur, Theaterintendant, * 2 2 . 3 . 1910 Elberfeld (heute zu Wuppertal), t 1 9 . 9 . 1 9 8 6 Hamburg. E. begann seine Theaterlaufbahn 1931 als Schauspieler und Regieassistent in Wuppertal. 1935 holte ihn Gustaf —> Gründgens an das Staatstheater nach Berlin. 1946-49 inszenierte E. an den Hamburger Kammerspielen. 1949-63 erneut bei Gründgens, wirkte er bis 1955 als Oberregisseur an den Städtischen Bühnen Düsseldorf, danach als Schauspieldirektor und Stellvertreter des Generalintendanten Gründgens am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. 1964 übernahm er die Leitung des Instituts f ü r Schauspiel an der Folkwang-Schule in Essen. 1966-68 als Regievorstand am Wiener Burgtheater, unterrichtete er auch dort am ReinhardtSeminar sowie an der Film- und Fernsehakademie. 1968-72 war E. der letzte Generalintendant der Städtischen Bühnen Frankfurt. 1965-76 leitete er die Festspiele in Bad Hersfeld. Zu E.s zahlreichen Theaterinszenierungen kamen Arbeiten für Film, darunter Rittmeister Wronski (1954), und Fernsehen. E r f u r t h , Waldemar, Militär, * 4. 8 . 1 8 7 9 Berlin, t 2 . 5 . 1971 Tübingen. Nach dem Abitur schlug E. die Offizierslaufbahn ein. Im Verlauf des Ersten Weltkriegs wurde er Chef des Generalstabs des V. Reservekorps. Nach Stabsdienst in Königsberg, Konstanz, Berlin und Schwerin, schied E. 1931 als Generalleutnant aus, studierte an der Univ. Freiburg Geschichte, wurde 1934 promoviert und erhielt einen Lehrauftrag für Kriegsgeschichte. 1938 reaktiviert, gehörte er 1941-44 zum

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Erhard Stab Marschall Mannerheims in Finnland. Nach d e m Krieg wandte sich E. wieder seinen militärhistorischen Studien zu. Er veröffentlichte u.a. Geschichte des deutschen Generalstabes von 1918-1945 (1957). CD Munzinger E r h a r d , Bischof von Regensburg, * Südfrankreich, t um 700 Regensburg (?). Genaue Angaben über E.s Leben sind spärlich und durch Legenden verzerrt. Er stammte angeblich aus narbonnischem Adel und verließ Südfrankreich wohl unter d e m Druck der Araber. Als Missionsbischof gründete er möglicherweise mehrere Klöster im Elsaß und errichtete nach neueren Erkenntnissen auch eine Kirche bei Moyenmoutier. U m 6 8 0 / 6 9 0 kam er nach Regensburg, w o er bis etwa 717 als Bischof unter dem Agilolfingerherzog —»Theodo wirkte. Die Erhebung seiner Gebeine erfolgte 1052 durch Papst - » L e o IX. E. wurde als Patron des Viehs, der Schuhmacher, Schmiede und Bäcker verehrt. m LexMA E r h a r d , Andreas, Philosoph, Dramatiker, * 29. 1. 1790 Bozen, f 27. 11.1846 München. E., der früh verwaiste Sohn armer Bauersleute, studierte in Landshut Theologie, dann Philosophie. Seit 1820 Rektor und Oberlehrer in Landshut, wurde er 1824 Gymnasiallehrer in M ü n c h e n und war 1826-44 Privatlehrer am dortigen königlichen Hof. 1832 wurde er a. ο., 1837 o. Prof. der theoretischen und praktischen Philosophie an der Univ. München. Als Philosoph war E. Anhänger des von —» Schelling geprägten Realidealismus. Neben philosophischen Arbeiten (u. a. Handbuch der Logik, 1839; Handbuch der Moralphilosophie, 1841) schrieb E. Dramen, von denen besonders das Trauerspiel Heimeran (1819) bekannt geworden ist. • D Wurzbach E r h a r d , Christian Daniel, Jurist, Schriftsteller, * 6 . 2 . 1759 Dresden, t 1 7 . 2 . 1 8 1 3 Leipzig. Nach d e m Studium 1778-82 in Leipzig wurde E. dort Advokat des Oberhofgerichts und Beisitzer am Niederlausitzer Landgericht. Seit 1787 Prof. der Rechte, war er seit 1793 auch Beisitzer der Juristenfakultät und des Oberhofgerichts, an dem er 1809, nach Niederlegung seiner Professur, zum Gerichtsrat aufstieg. Im selben Jahr wurde E. Direktor der „Teutschen Gesellschaft" in Leipzig. Er arbeitete an der „Leipziger Gelehrten Zeitung" mit, veröffentlichte zahlreiche Fachpublikationen und übersetzte auch aus dem Englischen und Italienischen. Seinen Versuch einer Kritik des allgemeinen Gesetzbuches für die preußischen Staaten (1792) verfaßte er auf Anregung des Großkanzlers Johann Heinrich Kasimir von - » C a r m e r . Daneben schrieb er historische Betrachtungen, Freymaurer-Gebete beym Schlüsse des 18ten Jahrhunderts (1800) und Gedichte. m ADB E r h a r d , Christian H u g o Theodor, Montanist, * 28. 10. 1839 Dresden, t 6 . 4 . 1919 Freiberg. E. studierte an der Bergakademie in Freiberg und legte 1863 das Staatsexamen als Hütten- und Bergmaschineningenieur ab. Bis 1867 in verschiedenen Hüttenbetrieben tätig, übernahm er 1 8 6 7 / 6 8 die Vertretung einer Physikprofessur an der Bergakademie Freiberg und wurde 1868 fest angestellt. 1 8 6 9 / 7 0 hielt er auch Vorlesungen über Höhere Mathematik und Darstellende Geometrie. Seit 1881 wirkte E. vorwiegend auf dem Gebiet der Elektrotechnik und verfaßte eine Einführung in die Elektrotechnik (1897). 1901 erfolgte seine Ernennung zum Oberbergrat. E.s letzte Schrift war Der elektrische Betrieb im Bergbau (1902). DD Poggendorff 3-5 E r h a r d , Eduard, Sänger, * 9 . 8 . 1 8 8 0 Wien, t n . e . E. erhielt seine Ausbildung an der Wiener Musikakademie und in Berlin und trat zunächst als Schauspieler auf. Nach

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seinem Wechsel an die O p e r n b ü h n e hatte er Engagements an den Stadttheatern in Nürnberg ( 1 9 0 3 / 0 4 ) , Straßburg ( 1 9 0 4 / 0 5 ) , Essen (1905-07), Hamburg ( 1 9 0 7 / 0 8 ) , Magdeburg ( 1 9 0 8 / 0 9 ) und erneut in Hamburg ( 1 9 0 9 / 1 0 ) . 1 9 1 3 / 1 4 Direktor des Neuen Opernhauses in Hamburg, trat E. in den folgenden Jahren bei Operngastspielen (u. a. in Leipzig, Berlin und London), vor allem aber als Konzert- und Liedersänger auf. Im Zentrum seiner Tätigkeit als Liedersänger standen Werke von Richard —» Strauss; zu seinen großen Opernpartien gehörten der Ottokar in —»Webers Freischütz, der Wolfram in Richard —»Wagners Tannhäuser und der Papageno in - » M o z a r t s Zauberflöte. 1908 war er in Hamburg an der Uraufführung von Siegfried —»Wagners Oper Sternengebot beteiligt. Später lehrte E. als Prof. und Gesangspädagoge in Karlsruhe. c n Kutsch E r h a r d , Heinrich, Verleger, * 16.4. 1796 Stuttgart, t 1 4 . 8 . 1 8 7 3 Stuttgart. Als Buchhändler und im Bankfach ausgebildet, übernahm E. als Neunzehnjähriger vom Vater die Metzlersche Verlagsbuchhandlung. 1 8 1 8 / 2 0 gliederte er eine Druckerei, später eine Schriftgießerei an. Anfangs verlegte er —»Görres, Karl Julius —»Weber sowie Johann Heinrich —»Voß' Shakespeare-Übersetzungen (1824-29), bald folgten u . a . - » H a u f f , - » S c h w a b , Conrad Ferdinand - » M e y e r und —»Scheffel. In Übersetzungen legte er Scott und Chaucer, um 1840 das Gesamtwerk von Charles —»Sealsfield vor. Bedeutsam wurde E. auch als wissenschaftlicher Verleger. Die S a m m l u n g griechischer und römischer Klassiker mit fast tausend N u m m e r n initiierte er ebenso wie - » P a u l y s Real-Encyclopädie der classischen Alterthumswissenschaft (1830-52). Hinzu kamen zahlreiche Titel auf staatsrechtlichem Gebiet sowie landwirtschaftliche, politische und literaturwissenschaftliche Zeitschriften. 1843-46 war E. erster Vorsteher des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler. •D

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E r h a r d , Heinrich August, Pseud. Friedrich Hecker, Mediziner, Historiker, * 13.2. 1793 Erfurt, t 2 2 . 6 . 1851 Münster. E., Sohn eines Anatomieprofessors an der Univ. Erfurt, studierte seit 1809 neben Medizin Philologie und Geschichte und wurde 1812 in Medizin promoviert (Historia foetus humani pathologica). 1813-16 war er in Erfurt praktischer Arzt und Privatdozent für Medizin. 1817 erfolgte die Promotion zum Dr. phil. (De restauratis Uteris tarn sacris, quam profanis, seculo sedecimo initio optime merita). Seit 1816 auch Unterbibliothekar der Erfurter Kgl. Bibliothek, schuf E. einen einheitlichen Katalog der Bestände. Nach einem Zwischenspiel 1 8 2 0 / 2 1 als Lehrer am evang. Gymnasium wurde er 1822 zum Vorstand der Kgl. Bibliothek ernannt, zwei Jahre später als Regierungsarchivar nach M a g deburg und 1831 als Vorstand des Archivs für Westfalen nach Münster versetzt. Unter P s e u d o n y m gab er das Reallexikon der Medizin (5 Bde., 1816-30) heraus, bevor er sich publizistisch ausschließlich der Kulturgeschichtsforschung widmete. E. verfaßte biographische, landeskundliche und bildungsgeschichtliche Schriften, darunter Theodor Körner (1821), Handbuch der deutschen Sprache in ausgewählten Stücken (3 Tie., 1822-26, 3 1834) und Geschichte des Wiederaufblühens wissenschaftlicher Bildung, vornehmlich in Deutschland bis zum Anfange der Reformation (3 Bde., 1827-31). c n Leb Westfalen, Bd 4 E r h a r d , Hubert, Zoologe, * 9. 1. 1883 München, f 1 8 . 6 . 1 9 5 9 Siegsdorf. E. studierte in M ü n c h e n sowie Jena (Promotion 1909, Studien über Flimmerzellen) und habilitierte sich 1913 in

Erhard Munster für Zoologie. 1914 ging er an die Univ. Gießen, wo er 1922 a. o.Prof. wurde, und war seit 1928 o.Prof. an der Univ. Freiburg (Schweiz). E.s Untersuchungen betrafen Zellforschung, Tierphysiologie, angewandte Zoologie und Geschichte der Zoologie, insbesondere aber Systematik und Tierwelt der Alpen. Er veröffentlichte u. a. Tierphysiologisches Praktikum (1916), Geschichte der Zoologie und ihrer wissenschaftlichen Probleme (1921) und Unsere Nutzfische (1925). E r h a r d , Johann Benjamin, auch Erhardt, falschlich Ehrard, Mediziner, Philosoph, * 8.2. 1766 Nürnberg, t 28.11.1827 Berlin. Aus finanziellen Gründen lernte E. zunächst den Beruf eines Drahtziehers wie sein Vater, der ihn schon früh zu autodidaktischer Beschäftigung mit den Naturwissenschaften und Künsten anregte. 1787 begann E. in Würzburg mit dem Studium der Medizin, das er 1790/91 auf die Philosophie in Jena ausdehnte, wo er Christoph Martin —> Wieland (Warnung vor Kantischer Terminologie), Friedrich —»Schiller (Beteiligung an der Zeitschrift „Die Hören") und —»Novalis („wirklicher Freund") kennenlernte. Nach der Promotion 1792 in Altdorf (Idea organi medici) ließ sich E. als praktischer Arzt in Nürnberg nieder. Reisen unternahm er nach Kopenhagen, Königsberg (Besuch bei —»Kant), Wien und Oberitalien. 1797 trat E. in die Dienste Karl August von -»Hardenbergs in Ansbach und übersiedelte 1799 nach Berlin, wo er als praktischer Arzt tätig war und 1823 zum Obermedizinalrat ernannt wurde. Philosophisch war E. von Kant beeinflußt, der ihn seinerseits persönlich sehr schätzte; politisch begeisterten ihn der amerikanische Unabhängigkeitskrieg und die Französische Revolution. Diese Hintergründe prägten E.s Schriften. Sein Versuch über die Narrheit und ihre ersten Anfänge (1794) plädiert für Religion und Moral in der Prävention wie für eine pragmatisch-moralische „Kur der Herstellung", Gewalt soll allenfalls das letzte Mittel sein. Die Abhandlung Über das Recht des Volkes zu einer Revolution (1795) überträgt das philosophische Ideal der individuellen Autonomie auf die Gesellschaft. In der Theorie der Gesetze, die sich auf das körperliche Wohlsein der Bürger beziehen (1800) werden Politik und Medizin in eine enge Verbindung gebracht: „Der Arzt hat nur als Staatsdiener bürgerlichen Wert"; andererseits soll der Staat „schlechterdings sich nicht in diese Ausübung mischen". E. setzte sich im übrigen für ein „Frauenzimmerbild" ein, um „dem halben Menschengeschlechte seine verlorenen, Jahrtausende lang verkannten Rechte durch geistige Ausbildung und sittliche Förderung wiederzugeben". Die von ihm 1805 selbst verfaßte Lebensbeschreibung wurde von Karl August —»Varnhagen von Ense in den Biographischen Denkmalen (1837) publiziert. WEITERE WERKE: Über die Melancholie (Beiträge zur philosophischen Anthropologie, 1796). - Versuch eines Organons der Heilkunde (Magazin zur Vervollkommnung der theoretischen und praktischen Heilkunde, 1800/01). - Über die Einrichtung und den Zweck höherer Lehranstalten. 1802. - Über das Recht des Volks zu einer Revolution und andere Schriften. Hrsg. und mit einem Nachwort versehen von Hellmut G. Haasis. München 1970 (mit Auswahlbibliographie). LITERATUR: Heinrich Schipperges: Ein Arzt im Streit der Fakultäten. Zu Leben und Werk von J. B. E. In: Melemata. Festschrift für Werner Leibbrand zum 70. Geburtstag. Hrsg. v. Joseph Schumacher. Mannheim 1967, S. 105-111.- Gerhard Rudnitzky: J. B. E. und seine Theorie der Medizin. Med. Diss. Heidelberg 1968. - Steven D. Martinson: Reason, revolution and religion. J. Β. E.'s concept of enligh-

tened revolution. In: History of European Ideas 12 (1990) S. 221-226. Dietrich von Engelhardt E r h a r d , Johann Christoph, Maler, Radierer, Kupferstecher, * 21.2. 1795 Nürnberg, f 20. 1.1822 Rom. E. begann seinen künstlerischen Weg als Schüler der städtischen Zeichenschule und seit 1809 von Ambrosius —> Gabler in Nürnberg. Mit seinem Förderer Johann Adam —»Klein ging er 1816 nach Wien, wo er seine Landschafts- und Pflanzenstudien zu Radierungen verarbeitete. Seit 1818 bevorzugte E. die Kaltnadel, die seinen Landschaftsblättern feinere atmosphärische Stimmungen verlieh. Als er 1819 nach Rom reiste, war er bereits von schweren Leiden heimgesucht, die ihn ein Jahr später zu einem Vergiftungsversuch trieben. Hinzu kamen Zweifel an seiner künstlerischen Befähigung. In Rom setzte er 1822 seinem Leben ein Ende. E.s knapp zweihundert Radierungen hat sein Biograph Aloys Apell beschrieben. c d AKL E r h a r d , Johann Ulrich, Dichter, * 1647 Roseck, t 15.8.1718 Stuttgart. Aufgewachsen in Wildberg im Schwarzwald, studierte E. in Tübingen die Artes und Schloß das Studium 1671 als Magister ab. Seit 1676 Klosterpräzeptor in Hirsau, wurde er 1679 Pastor in Maichingen und 1689 in Gerlingen. Um 1696 zum Hofpoeten ernannt, war E. seit 1700 Gymnasialprofessor für Latein und Poesie in Stuttgart. E. schrieb zunächst vor allem lateinische Lyrik (u. a. Rosetum Parnassium, 3 Bde., 1674-78). Unter E.s späteren Werken ragt die deutschsprachige Sammlung Neu vermehrte im Frühling, Sommer, Herbst und Winter singende himmlische Nachtigall (1706) hervor, offenbar als protestantisches Gegenstück zur Trutznachtigall von Friedrich von —»Spee von Langenfeld konzipiert. —»Herder nahm ein lateinisches Gedicht E.s in die Stimmen der Völker in Liedern auf. DD Killy E r h a r d , Kaspar, Benediktiner, Theologe, * 3. 1. 1685 Stadel bei Landsberg/Lech, t 29.5. 1729 Hohengebraching (Oberpfalz). E., Bruder Thomas Aquin —»E.s, besuchte Gymnasien in Landsberg und München. Seit 1702 lebte er im Kloster St. Emmeram, wo er 1704 die Profeß ablegte. Er studierte Philosophie in Benediktbeuern (1706/07), anschließend Theologie in Weihenstephan (1707-09) und an der Univ. Salzburg. Nach der Priesterweihe wurde er Kooperator zu St. Rupert in Regensburg. E. lehrte als Prof. für Physik an verschiedenen Ordensschulen, darunter in St. Emmeram, seit 1716 in Oberaltaich und seit 1718 in Michelfeld. 1719 wurde er Subprior und Prof. für Theologie, 1725 Prior in St. Emmeram, 1729 Propst in Hohengebraching. E. schrieb mehrere, häufig aufgelegte Erbauungsbücher, darunter ein Christliches Handbüchlein (1727). Hinzu kamen physikalische und theologische Abhandlungen. E r h a r d , Ludwig (Anton), Ingenieur, Museumsdirektor, * 25.8. 1863 Aicha vorm Walde bei Passau, t 28.10. 1940 Baden (Niederösterreich). Während des Studiums 1882-86 an der TH München hörte E., Sohn eines Arztes, auch medizinische und kunsthistorische Vorlesungen an der Universität. Im Bayerischen Gewerbemuseum Nürnberg befaßte er sich neben technischmusealen Angelegenheiten mit Gewerbeförderung und regte Lehrlingsbildungsstätten an. 1913 wurde er Direktor des in Neugründung befindlichen Technischen Museums für Industrie und Gewerbe in Wien. E.s entwicklungsgeschichtliches Ausstellungskonzept bildete vielfach die Grundlage bei der Schaffung von Museen. 1931 übernahm er die ehrenamtliche Leitung des neugegründeten Österreichischen Forschungsinstituts für Technikgeschichte. DD NDB

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Erhard Erhard, Ludwig (Wilhelm), Politiker, * 4.2.1897 Fürth, t 5.5. 1977 Bonn. E. wuchs als drittes von vier Kindern in einer mittelständischen, liberal eingestellten Kaufmannsfamilie auf. Nach Abschluß der Realschulausbildung machte er in Fürth eine kaufmännische Lehre. Aus dem Ersten Weltkrieg mit einer schweren Verwundung zurückgekehrt, studierte er in den Jahren 1919-25 Betriebs- und Volkswirtschaftslehre in Nürnberg und Frankfurt/Main, wo er promoviert wurde. Im Dezember 1923 heiratete er Luise Schuster, geb. Lotter. Seinen beruflichen Werdegang begann E. mit der Leitung des elterlichen Geschäfts. Nach wenigen Jahren ging er in die Wirtschaftsforschung. Von 1928 bis 1942 arbeitete E. zunächst als Assistent, dann als stellvertretender Leiter am Institut für Wirtschaftsbeobachtung an der Handelshochschule Nürnberg. Seit 1933 war er auch Lehrbeauftragter an der Nürnberger Handelshochschule. Auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise griff E. erstmals in die wirtschaftspolitische Diskussion ein, indem er im Oktober 1932 eine Belebung der Verbrauchsgüterproduktion forderte. Abweichend vom Hauptstrom der damaligen Wirtschaftswissenschaftler trat E. für eine Wettbewerbswirtschaft und freie Marktpreisbildung ein. Im Zweiten Weltkrieg wurde ihm die Aufsicht über die Lothringer Glasindustrie übertragen. Daneben gründete er 1942 ein privates Institut für Industrieforschung. Im Auftrag der Reichsgruppe Industrie beschäftigte sich E. mit Nachkriegsplanungen; 1943/44 entstand ein Memorandum Kriegsfinanzierung und Schuldenkonsolidierung, das auch in der Widerstandsgruppe vom 20. Juli 1944 Beachtung fand. E. plädierte darin für eine Belebung der Nachfrage durch eine Förderung der Verbrauchsgüterindustrie. In Abgrenzung zur keynesianischen Theorie, die sich in den westlichen Industrieländern durchzusetzen begann, trat er nicht für eine expansive Finanzpolitik ein. In den ersten Nachkriegsjahren gelangte E., der nie eine politische Laufbahn angestrebt hatte, als parteiloser Fachmann rasch in hohe politische Ämter. Nachdem er sich der amerikanischen Militärregierung durch Expertisen empfohlen hatte, wurde er im Oktober 1945 als bayerischer Wirtschaftsminister eingesetzt. Nach den Wahlen im Dezember 1946 mußte er aus diesem Amt ausscheiden. 1947 übernahm er eine Honorarprofessur an der Univ. München und die Leitung der Sonderstelle Geld und Kredit des bizonalen Wirtschaftsrats, eines Sachverständigengremiums, das die Militärregierungen bei den geheimgehaltenen Vorbereitungen zur Durchführung einer Währungsreform beriet. Die Sonderstelle legte im April 1948 den Homburger Plan zur Neuordnung des Geldwesens in den Westzonen vor, der von den Militärregierungen jedoch nicht übernommen wurde. Im März 1948 wurde E. Direktor der Verwaltung für Wirtschaft der Bizone. Er gelangte damit in eine Schlüsselposition, die es ihm ermöglichte, parallel zu der von den Militärregierungen durchgeführten Währungsreform den Übergang zu einer Marktwirtschaft einzuleiten. E. ging dabei ohne Abstimmung mit den Militärregierungen vor. Auf der Grundlage des Leitsätzegesetzes vom 24.6. 1948 wurden Bewirtschaftungsregelungen und Preisbindungen mit wenigen Ausnahmen aufgehoben. Daß er die Einführung der D-Mark mit einer Wirtschaftsreform verband, war E.s historische Tat, auf die sich sein späterer Ruf als „Vater des Wirtschaftswunders" gründete.

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Am 20.9.1949 wurde E. in der Regierung —» Adenauer Bundeswirtschaftsminister. Während des Bundestagswahlkampfs hatte die CDU in den Düsseldorfer Leitsätzen sein Programm der Sozialen Marktwirtschaft übernommen, obwohl E. zunächst der FDP nahegestanden hatte. Seine Politik war zunächst heftig umstritten. Wegen der zurückgestauten Nachfrage hatten die Reformen von 1948 zu hohen Preissteigerungen, Reallohnverlusten und einer Überexpansion der Konsumgüterindustrie geführt. Am 12.11. 1948 kam es zu einem Generalstreik. Während der Korea-Krise von 1950/51 erfolgte vorübergehend eine Korrektur des marktwirtschaftlichen Kurses. Erst seit dem anschließenden Übergang zum selbsttragenden Wachstum, dem Beginn des „Wirtschaftswunders", war E.s Stellung unangefochten. Ob E.s Politik das hohe Wirtschaftswachstum der fünfziger und frühen sechziger Jahre bewirkt hat, wird heute kontrovers beurteilt. Sicher beseitigte sie Barrieren, die der Entfaltung der Wachstumskräfte und der Wiedereingliederung in die Weltwirtschaft entgegenstanden. E.s Prestige als „Vater des Wirtschaftswunders" wurde im Laufe der fünfziger Jahre wirtschaftlich wie politisch ein Stabilitätsfaktor. Seine Ordnungspolitik beruhte nicht auf einer in sich geschlossenen Theorie. E. übernahm von Alfred —> Müller-Armack den 1946 geprägten Begriff der Sozialen Marktwirtschaft für eine Wirtschaftsordnung, die das Wettbewerbsprinzip mit sozialer Sicherung verband. Der Wettbewerb sollte nicht ungeregelt verlaufen, doch hatte sich der Staat auf die Schaffung der Rahmenordnung zu beschränken. Besonders nachdrücklich trat E. für die Liberalisierung des Außenhandels ein. Konsequent hielt er an diesen Prinzipien fest, was ihm auch im eigenen Lager den Ruf eines Dogmatikers eintrug. E.s Wirkung beruhte nicht zuletzt darauf, daß es ihm gelang, seine Wirtschaftspolitik populär darzustellen, wie etwa in seinem 1957 veröffentlichten Buch Wohlstand für alle. E. blieb vierzehn Jahre im Amt des Bundeswirtschaftsministers. Neben Konrad Adenauer wurde er zu einer Symbolfigur der frühen Bundesrepublik. Ordnungspolitisch grundlegende Gesetze wie das Kartellgesetz von 1957, das Bundesbankgesetz von 1957 und das Außenwirtschaftsgesetz von 1961 gingen auf Initiativen E.s zurück. Widerstand aus den Wirtschaftsverbänden und Interventionen Adenauers führten wiederholt zu Kompromißlösungen, insbesondere beim Kartellgesetz. Den Ausbau der sozialen Sicherung betrieb E. durch das Lastenausgleichsgesetz von 1952 und die Förderung der Vermögensbildung. Weitergehenden sozialpolitischen Neuerungen wie dem Mitbestimmungsgesetz für die Montanindustrie (1951) und der Einführung der dynamischen Rente (1957) stand er kritisch gegenüber. Als entschiedener Befürworter einer liberalen Außenwirtschaftsordnung und einer weltweiten Handelsintegration hatte er Vorbehalte gegen die institutionelle Integration im Rahmen der Montanunion und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). Das Verhältnis zwischen E. und Adenauer war zunehmenden Belastungsproben ausgesetzt, als E. gegen Ende der fünfziger Jahre in die Rolle eines „Kronprinzen" hineinwuchs. Zum Eklat kam es im Vorfeld der Bundespräsidentenwahl von 1959, als Adenauer versuchte, E. durch Nominierung für das Präsidentenamt aus der Kanzlernachfolge auszuschalten. Am 16. 10.1963 wurde E. zum Bundeskanzler gewählt, als der er jedoch wenig Fortüne hatte. Sein Kabinett einer Koalition aus CDU/CSU und FDP wurde bei der Bundestagswahl von 1965 bestätigt. Im März 1966 wurde E. Vorsitzender der CDU. Seine Position innerhalb der Regierungsparteien war jedoch schwach, da er über keine Hausmacht verfügte. Erst kurz vor seiner Wahl zum Vorsitzenden der CDU war er in die Partei eingetreten. In den Auseinandersetzungen um die Prioritäten der Außenpolitik standen innerhalb der CDU/ CSU die „Gaullisten" um Konrad Adenauer und Franz Jo-

Erhardt sef —»Strauß g e g e n d e n „ A t l a n t i k e r " E. Seiner R e g i e r u n g g e l a n g es nicht, d i e n e u e n H e r a u s f o r d e r u n g e n der s e c h z i g e r J a h r e a u f z u g r e i f e n . A l s E. 1965 d a s Leitbild einer „ f o r m i e r ten G e s e l l s c h a f t " aus k o o p e r i e r e n d e n G r u p p e n u n d Interessen vorstellte, fand er d a f ü r in Politik und Ö f f e n t l i c h k e i t w e n i g U n t e r s t ü t z u n g . In n a h e z u allen Politikbereichen, auch in d e r W i r t s c h a f t s - und F i n a n z p o l i t i k , g e w a n n d i e F o r d e r u n g an G e w i c h t , d a s liberale M o d e l l der f ü n f z i g e r J a h r e d u r c h n e u e S t e u e r u n g s m e c h a n i s m e n zu m o d e r n i s i e r e n . Als 1966 d i e bis d a h i n s c h w e r s t e R e z e s s i o n der N a c h k r i e g s zeit einsetzte, verblaßte E.s N i m b u s als W i r t s c h a f t s p o l i t i k e r u n d „ W a h l k a m p f l o k o m o t i v e " . N a c h N i e d e r l a g e n in m e h r e ren L a n d t a g s w a h l e n und v e r g e b l i c h e n Versuchen, mit der F D P in der F r a g e der H a u s h a l t s s a n i e r u n g zu einer E i n i g u n g zu g e l a n g e n , trat d a s Kabinett E. a m 30. 11. 1966 z u r ü c k . Ein halbes J a h r später legte E. a u c h d e n C D U - V o r s i t z nieder. Er blieb M i t g l i e d d e s B u n d e s t a g s . 1972 und 1976 e r ö f f n e t e er d e n B u n d e s t a g als Alterspräsident. D a s historische Bild E.s, das in d e n siebziger und achtziger J a h r e n verblaßte, e r f u h r durch die d e u t s c h e W ä h r u n g s u n i o n von 1990 eine W i e d e r b e l e b u n g . LITERATUR: Volker Laitenberger: L. E. D e r N a t i o n a l ö k o n o m als Politiker. G ö t t i n g e n / Z ü r i c h 1986. - Horst Friedrich W ü n s c h e : L. E.s G e s e l l s c h a f t s - und W i r t s c h a f t s k o n z e p tion. S o z i a l e M a r k t w i r t s c h a f t als P o l i t i s c h e Ö k o n o m i e . B o n n 1986. - Daniel K o e r f e r : K a m p f u m s K a n z l e r a m t . E . und A d e n a u e r . Stuttgart 1987. - Volker Hentschel: L . E. Ein P o litikerleben. M ü n c h e n / L a n d s b e r g a m L e c h 1996. - A l f r e d C . M i e r z e j e w s k i : L. E. D e r W e g b e r e i t e r d e r Sozialen M a r k t w i r t s c h a f t . Berlin 2 0 0 5 . Johannes Bähr

E r h a r d , T h o m a s Aquin, Benediktiner, Theologe, * 9 . 1 1 . 1 6 7 5 Stadel bei L a n d s b e r g / L e c h , t 8 . 1 . 1 7 4 3 Vilgertshofen. N a c h d e m S t u d i u m in Dillingen, L a n d s b e r g und M ü n c h e n trat E., B r u d e r K a s p a r —>E.s, 1695 in das B e n e d i k t i n e r k l o ster W e s s o b r u n n ein. Seit der P r i e s t e r w e i h e 1702 war er in d e r S e e l s o r g e tätig und betreute d i e W a l l f a h r t s k i r c h e Vilg e r t s h o f e n . S c h o n w ä h r e n d seines S t u d i u m s s a m m e l t e E. zur F ö r d e r u n g des geistlichen L e b e n s Zitate, die er in s e i n e m Werk Ars memoriae (3 Bde., 1715) vorlegte. 1723 b r a c h t e er e i n e B i b e l ü b e r s e t z u n g mit e x e g e t i s c h e n A n m e r k u n g e n heraus ( 7 1 7 7 2 ) , 1736 einen a u s f ü h r l i c h e n B i b e l k o m m e n t a r . Sein L e b e n s w e r k w u r d e d i e Wessobrunner Bibelkonkordanz (2 B d e . , 1751), d i e A b t B e d a von —> S c h a l l h a m m e r nach E.s Tod a b s c h l i e ß e n ließ. m NDB

E r h a r d t , Albrecht Johannes, Eisenhütteningenieur, * 3 . 4 . 1 8 1 9 Stuttgart, f 1 . 1 0 . 1 8 9 7 Stuttgart. N a c h einer vielseitigen A u s b i l d u n g und A b s c h l u ß r e i s e zu den I n d u s t r i e w e r k e n der F r a n c h e C o m t é , im Saargebiet, a m Mittelrhein und im Siegerland b e g a n n E „ d e s s e n Vater H o f k o c h in Stuttgart war, 1843 als Assistent bei d e n rivalisierenden württembergischen Hüttenwerken Königsbronn und W a s s e r a l f i n g e n . 1847 übertrug i h m d i e R e g i e r u n g d i e Verw a l t u n g von K ö n i g s b r o n n , 1853 d i e L e i t u n g von Wasseralfingen. Dort b a u t e E. e i n e m e c h a n i s c h e Werkstätte, ein P u d d e l w e r k u n d ein Stabeisen-, S c h i e n e n - u n d B a n d a g e n w a l z w e r k auf, lehnte d i e E r r i c h t u n g eines a n g e s c h l o s s e n e n Stahlw e r k s h i n g e g e n ab. Z u r A n l i e f e r u n g von E r z und z u m A b transport der S c h l a c k e initiierte er d i e erste Z a h n r a d b a h n in D e u t s c h l a n d , 1876 in B e t r i e b g e n o m m e n . I m selben J a h r bot i h m A l f r e d —> K r u p p die L e i t u n g seiner G u ß s t a h l f a b r i k in Essen an. Bis 1887 unterstanden E . bei K r u p p d e r techn i s c h e Betrieb, d i e B e r g - und H ü t t e n w e r k e s o w i e d i e R o h stoffbeschaffung. DP L e b S c h w a b e n , B d 2

E r h a r d t , Christian D o m i n i k u s , a u c h Erhart, E r h a r d , M a l e r , * 20. 11. 1 7 3 0 ( ? ) A u g s b u r g , t 10. 10. 1805 Augsburg. Bei s e i n e m O n k e l J o h a n n G e o r g —> B e r g m ü l l e r in A u g s burg erhielt E „ S o h n eines M ü l l e r s , seine A u s b i l d u n g und w u r d e 1756 M e i s t e r . N a c h g e w i e s e n ist seine B e t e i l i g u n g an A u s s t e l l u n g e n der S t a d t a k a d e m i e 1784 und 1786. D i e Tradition B e r g m ü l l e r s f o r t f ü h r e n d , w u r d e E. in der zweiten H ä l f t e d e s 18. Jh. n e b e n M a t t h ä u s —> G ü n t h e r und Joseph —»Huber z u m b e d e u t e n d s t e n F r e s k o m a l e r A u g s b u r g s . E r h a l t e n sind E.s F r e s k e n von 1761 und 1768 in der Pfarrk i r c h e K o t t i n g w ö r t h ( O b e r p f a l z ) , nicht m e h r erhalten sind sie in A u g s b u r g : St. P e t e r (1773), Hörsaal d e r alten Stadtbibliothek (1779), Saal der K a u f l e u t e s t u b e oder Konzertsaal im F u g g e r h a u s . Zerstört sind a u c h d i e meist o r n a m e n t a l e n F a s s a d e n f r e s k e n an A u g s b u r g e r H ä u s e r n . DP N D B E r h a r d t , F r a n z ( B r u n o ) , P h i l o s o p h , * 4. 11. 1864 N i e d e r trebra ( T h ü r i n g e n ) , t 6 . 4 . 1 9 3 0 R o s t o c k . E., S o h n eines P f a r r e r s , studierte in H e i d e l b e r g , Berlin und Jena, w o er 1888 p r o m o v i e r t w u r d e (Kritik der Kantischen Antinomienlehre) und sich 1891 f ü r P h i l o s o p h i e habilitierte (Der Satz vom Grunde als Prinzip des Schließens). Seit 1899 w a r er o. Prof. in R o s t o c k . Bei aller B e w u n d e r u n g f ü r d i e T i e f e kantischen P h i l o s o p h i e r e n s trat E. bei der Kategorie n l e h r e in s c h a r f e n G e g e n s a t z zu —> K a n t und w a n d t e sich u. a. g e g e n d e s s e n T h e s e n von d e r U n m ö g l i c h k e i t einer wiss e n s c h a f t l i c h e n M e t a p h y s i k . Er erstrebte e i n e w i s s e n s c h a f t lich b e g r ü n d e t e , s e l b s t ä n d i g e w i e positive M e t a p h y s i k und sprach einer P h i l o s o p h i e o h n e M e t a p h y s i k j e d e D a s e i n s b e r e c h t i g u n g ab, w o m i t er auch in O p p o s i t i o n zu den L e h ren der M a r b u r g e r S c h u l e stand. E. k o n n t e sein D e n k s y s t e m nicht vollenden. D e r erste Teil Metaphysik. Erkenntnistheorie erschien 1894, der z w e i t e Teil ( N a t u r p h i l o s o p h i e ) war bei s e i n e m Tod d r u c k f e r t i g , der dritte Teil ( P s y c h o l o g i e ) nicht a b g e s c h l o s s e n . N e b e n Schriften zu K a n t (u. a. Die Grundgedanken der Kritik der reinen Vernunft, 1924; Bleibendes und Vergängliches in der Philosophie Kants, 1926) v e r ö f f e n t l i c h te E. Die Wechselwirkung zwischen Leib und Seele (1897), Psychophysischer Parallelismus und erkenntnistheoretischer Idealismus (1901), Tatsachen, Gesetze, Ursachen ( 1 9 1 2 ) und Die Philosophie des Spinoza im Lichte der Kritik (1908). m

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E r h a r d t , H e i n r i c h , auch Ehrhardt, Industrieller, * 1 7 . 1 1 . 1 8 4 0 Z e l l a - M e h l i s ( T h ü r i n g e n ) , f 20. 1 1 . 1 9 2 8 Zella-Mehlis. N a c h seiner L e h r e als M e c h a n i k e r v e r v o l l k o m m n e t e E., S o h n eines L o k o m o t i v f ü h r e r s und N e f f e des H y g i e n i k e r s J o h a n n Heinrich —>E., in W a n d e r j a h r e n seine K e n n t n i s s e und g r ü n d e t e mit 2 6 J a h r e n e i n e M a s c h i n e n f a b r i k in Zella, d i e a b e r bald e i n g i n g . Als Z i v i l i n g e n i e u r in D ü s s e l d o r f erw a r b er sich schnell den R u f eines h e r v o r r a g e n d e n K o n s t r u k teurs von B e a r b e i t u n g s m a s c h i n e n und g r ü n d e t e d i e F i r m a Heinrich E h r h a r d t , D ü s s e l d o r f , F a b r i k in Zella St. Blasii. Bei der H e r s t e l l u n g von R o h r e n w a r E. auf d i e Ü b e r w i n d u n g der S c h w e i ß n a h t b e d a c h t und e r f a n d das „ E h r h a r d t sche L o c h - P r e ß v e r f a h r e n " . U m es auf breiter B a s i s a n w e n d e n zu k ö n n e n , ü b e r n a h m er 1889 d i e L e i t u n g der zur Prod u k t i o n von M a n t e l g e s c h o s s e n n e u g e g r ü n d e t e n R h e i n i s c h e n M e t a l l w a r e n - und M a s c h i n e n f a b r i k D ü s s e l d o r f - D e r e n d o r f und b e f a ß t e sich bald mit d e m G e s c h ü t z b a u . E.s E r f i n d u n g d e s langen R o h r r ü c k l a u f s bei F e l d g e s c h ü t z e n wirkte sich u m w ä l z e n d auf d i e Artillerie aller L ä n d e r aus. Z a h l r e i c h e F i r m e n a n g l i e d e r u n g e n , d a r u n t e r d i e D i x i - W e r k e in E i s e n a c h , stärkten R h e i n m e t a l l , von d e r e n L e i t u n g E. erst 1920 zurücktrat. m NDB

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Erhardt E r h a r d t , Heinz, Schauspieler, Schriftsteller, Filmproduzent, * 2 0 . 2 . 1 9 0 9 Riga, t 5 . 6 . 1 9 7 9 Hamburg. Ausgebildet 1926-28 am Leipziger Konservatorium, debütierte E., Sohn eines Theaterkapellmeisters, 1932 am Deutschen Schauspiel in Riga als Komponist und Schauspieler. 1938 holte ihn Willi —»Schaeffers an das Berliner „Kabarett der Komiker". Nach d e m Krieg wurde E. erfolgreicher Conférencier, Kabarettist, Bühnen- und Filmkomiker. Neben Hauptrollen an der Kleinen K o m ö d i e in Hamburg begründeten der R u n d f u n k (Noch'η Gedicht . . . ) und zahlreiche Filme, darunter Witwer mit fünf Töchtern. (1957), Der Haustyrann (1958) und Immer die Radfahrer (1958), seine außergewöhnliche Popularität. Häufig spielte E. den „kleinen M a n n " (Willi Winzig), der sich nicht zuletzt aufgrund seiner liebenswürdigen Verlegenheit durchsetzte. In seinem literarischen Werk herrscht die Kunst der Nonsensdichtung und der Wortakrobatik in heiter-ironischen und sinnlos-grotesken Versen. Eines seiner erfolgreichsten Werke war Das große Heinz-Erhardt-Buch (1970). In seiner vierzig Jahre zuvor geschriebenen, später fürs Fernsehen bearbeiteten Zehnpfennigoper hatte E. im Februar 1979 seinen letzten Auftritt. CP Cinegraph E r h a r d t , Jakob, evang. Missionar, * 17.4. 1823 Bönnigheim (Württemberg), t 1 4 . 8 . 1 9 0 1 Stuttgart. In Basel 1841-46 als Missionar ausgebildet, ging E. 1843 im Auftrag der Londoner Church Missionary Society nach Ostafrika. Seine linguistischen Studien verwertete er nach der Rückkehr 1855 in seinem 1857 erschienenen englischen Wörterbuch der Massai-Sprache. Aufgrund seiner Erkundungen entwarf E. mit Johannes —» R e b m a n n die erste Karte von Ost- und Zentralafrika und schrieb die Erläuterungen dazu. 1855 in England und 1856 von August Petermann in dessen „Mitteilungen" publiziert, gaben Zweifel an der Karte den Anstoß zu Expeditionen unter Burton und Speke sowie deren Entdeckungen des Tanganyika- wie des Victoriasees. Für E. eröffnete sich im südlichen Indien ein neues Missionsfeld, wo er 1860-91 tätig war. CD Henze E r h a r d t , Johann Heinrich, Ingenieur, * 2 9 . 4 . 1 8 0 5 ZellaMehlis (Thüringen), t 2 9 . 4 . 1883 Radebeul bei Dresden. Wie sein Vater gelernter Büchsenmacher, ging Ε. 1831 nach Belgien zu John Cockerill, dessen erste L o k o m o t i v e „Le B e i g e " er 1835 montierte. Nach anschließendem Besuch der Düsseldorfer Gewerbeschule trat er in die Sächsische Maschinenbau-Compagnie Chemnitz ein, wo er 1 8 3 9 / 4 0 den Bau der einzigen Lokomotiven dieser Firma, „Teutonia" und „Pegasus", leitete. 1843-68 stand E. in Diensten der Sächsisch-Schlesischen Bahn sowie der Sächsischen Staatsbahnen. Er entwickelte 1847 die schwingende Welle der zweiseitigen B r e m s e und die nach ihm benannte Erhardtsche Waage zum Messen des Fahrzeug-Achsdruckes. Der als Altmeister des Eisenbahnwesens geltende E. war mit George Stephenson, dem Gründer der ersten Lokomotivenfabrik der Welt, befreundet. m NDB E r h a r d t , Johann Simon, Philosoph, * 3 0 . 3 . 1 7 7 6 Ulm, t 2 4 . 6 . 1 8 2 9 Heidelberg. Nach ersten Anstellungen 1809-11 als Gymnasiallehrer in Schweinfurt, Ansbach und Nürnberg wurde E. 1812 Prof. in Erlangen. 1817 folgte er einem Ruf als Prof. der Philologie und Ästhetik an die Univ. Freiburg/Breisgau und 1823 nach Heidelberg. Er war Mitherausgeber der Zeitschrift „Eleutheria oder Freyburger litterarische Blätter" (1818-20) und Verfasser zahlreicher historisch-philologischer wie philosophischer Schriften, u. a. Philosophische Encyklopädie oder System der gesammten wissenschaftlichen Erkenntnisse (1818), Grundlage der Ethik (1821) und Einleitung in das Studium der gesammten Philosophie (1824). E. knüpfte zum Teil an das Identitätssystem - » S c h e l l i n g s an. Zugleich sah er den

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Parallelismus der makrokosmischen Weltseele und der mikrokosmischen Menschenseele von den vier „Gesetzen" Beharrung, Entzweiung, Entwicklung und Erregung gesteuert. m ADB E r h a r d t , Otto, eigentl. Otto Martin Ehrenhaus, Operndirektor, Musikpädagoge, * 1 8 . 1 . 1 8 8 8 Breslau, t 18.1. 1971 San Carlos de Bariloche (Argentinien). Als Geiger ausgebildet, studierte E. in Breslau, München und London Anglistik, Musik- und Kunstgeschichte und wurde mit der Studie Die Operndichtung der deutschen Romantik 1911 promoviert. Nach dem Staatsexamen für neuere Sprachen (1914) wandte er sich als Geiger und Bratscher der Musikerlaufbahn zu und trat im selben Jahr bei den Festspielen in Bayreuth auf. Als Oberregisseur wirkte E. 1916 in Hamburg, 1 9 1 7 / 1 8 in Barmen-Elberfeld, bis 1920 in Düsseldorf sowie Duisburg, bis 1927 am Württembergischen Landestheater Stuttgart und bis 1932 an der Staatsoper in Dresden, zugleich an der Civic Opera in Chicago. 1938 wanderte E. nach Buenos Aires aus, w o er bis 1961 am Teatro Colón inszenierte. Seit 1950 führte er auch an der Mailänder Scala und der New York City Opera Regie. Adolphe François —>Appia und Emile —> Jaques-Dalcroze folgend, entwickelte E. den nichtrealistischen, vor allem an der Partitur orientierten Bühnenstil weiter. • D B H d E , Bd 2 E r h a r t , Gregor, Bildhauer, * u m 1470 Ulm, t 1540 Augsburg. E. kam 1494 nach Augsburg, w o er eine große Werkstatt, vorwiegend f ü r das Kloster St. Ulrich und Afra, unterhielt. Keine seiner Arbeiten blieb erhalten. E.s Werk ist stilanalytisch nur mit einiger Wahrscheinlichkeit erschlossen, darunter das steinerne Kruzifix von 1498 f ü r St. Ulrich, der Frühmeßaltar und das Sakramentshaus (1502-08) für St. Moritz in Augsburg und das Reiterstandbild für Kaiser —> Maximilian. E. gilt als einer der bedeutendsten Meister seiner Zeit. Das einzige gesicherte Werk E.s ist die lebensgroße Schutzmantelmadonna vom Hochaltar der Zisterzienserkirche in Kaisheim bei Donauwörth (1502-04; 1945 in Berlin verbrannt). Der früher E. zugeschriebene Hochaltar von Blaubeuren ( 1 4 9 3 / 9 4 ) gilt heute überwiegend als Werk seines Vaters Michel —>E. tri L e x M A E r h a r t , Jörg, Kapuziner, * vor 2 5 . 1 1 . 1 6 9 6 Kreuzegg bei Pfronten, f 7. 10.1762 Frascati. Nach einer Bäckerlehre in Immenstadt übte E. in R o m seinen Beruf aus und widmete sich daneben der Meditation und der Missionierung seiner Landsleute. Als Fra Giorgio d ' A u g u s t a trat er 1724 in den Kapuzinerorden ein, legte zwei Jahre später das Gelübde ab und versah bis 1740 in verschiedenen italienischen Klöstern niedere Arbeiten. Als Pfleger des kranken Ordenspaters Gregor von R o m erwarb er sich in den folgenden f ü n f z e h n Jahren den Ruf der Heiligkeit und wurde ein begehrter Taufpate des römischen Adels. Der Seligsprechungsprozeß ist eingeleitet. In Peter —> Dörflers Die Gesellen der Jungfer Michline (1953) ist E. literarisch verewigt. CD Leb Schwaben, Bd 11 E r h a r t , Michel, Bildhauer, * um 1440-45 Ulm, t nach 1522 Ulm. E. betrieb eine Bildschnitzerwerkstatt in Ulm und war im späten 15. Jh. der meistbeschäftigte Bildhauer der Stadt. 1474 erhielt er mit d e m Schreiner Jörg —> Syrlin d . Ä . den Auftrag f ü r den Hochaltar des Ulmer Münsters, für den E. die Plastiken lieferte. Wie der 1497 ebenfalls für das Münster gearbeitete Christus im Grab wurden seine Werke Opfer des Bildersturms. Obgleich sein Sohn Gregor —> E. in Augsburg eine eigene Werkstatt betrieb, bekam auch E. A u f t r ä g e von dort, 1485 von Ulrich Fugger für einen Dionysiusaltar, 1495 für zwei Kruzifixe und 1508 f ü r schwebende Engel,

Erich jeweils in St. Ulrich und Afra. Als sein einziges gesichertes Werk gilt das überlebensgroße Kruzifix der Stadtkirche von Schwäbisch Hall (1494). E.s Œ u v r e ist ebensowenig erhalten wie das seines Sohnes. Seine letzten Arbeiten, E n t w ü r f e f ü r Steinbildwerke, datieren von 1516-18; seit D e z e m b e r 1522 wies ihm die U l m e r Pflege ein wöchentliches Gnadengeld an. oa A K L

Verteidigung von Burg und Stadt. 1 5 2 2 / 2 3 begleitete er den Hochmeister auf eine Reise ins Reich. 1524 abberufen und zum L a n d k o m t u r von Koblenz ernannt, verfolgte E. seinen ehrgeizigen Plan weiter, Hochmeister zu werden. Doch verm o c h t e er sich nicht durchzusetzen, weil nicht nur Albrecht, sondern auch der Deutschmeister ihm entgegenwirkten. DP N D B

E r i c h I., Herzog von Braunschweig-Grubenhagen, genannt der Sieger, * 1 3 8 3 / 8 4 , t 2 8 . 5 . 1 4 2 7 . B e i m Tod des Vaters, Herzog Albrecht II. J o h a n n s von Grubenhagen, 1384 gerade geboren, stand E. bis 1401 unter der V o r m u n d s c h a f t seines O h e i m s Graf Friedrich von Grubenhagen-Osterode. Danach geriet er in Streitigkeiten mit seinen Vettern, der Stadt Braunschweig, seinem bisherigen Vormund, den Grafen von Schwarzburg und dem Landgrafen von Thüringen. 1406 wurde E. in einer F e h d e mit den Herren von Hardenberg zu Lindau g e f a n g e n g e n o m m e n . Weitere Auseinandersetzungen mit den Grafen von Hohenstein mündeten 1415 in blutigem K a m p f bei Osterhagen, den E. f ü r sich entschied. N a c h d e m ihm 1422 die Äbtissin von G a n d e r s h e i m Schloß und Forst Elbingerode zum Lehen gegeben hatte, belehnte die Äbtissin —» Adelheid von Quedlinburg ihn und die anderen Grubenhagenschen Herzöge mit Duderstadt, Gieboldehausen und der Goldenen Mark.

E r i c h , Markgraf von Brandenburg, Erzbischof von Magdeburg, * um 1245, t 2 1 . 1 2 . 1 2 9 5 . Schon früh für den geistlichen Stand bestimmt, sollte E., Sohn des M a r k g r a f e n —» Johann I. von Brandenburg, die Position Brandenburgs gegenüber dem Erzstift M a g d e b u r g stärken. 1264-73 als Halberstädter D o m h e r r und seit 1267 als Propst des dortigen Stifts St. B o n i f a z erwähnt, wird E. 1277 als kgl., 1283 als päpstlicher Kaplan und D o m h e r r von Köln genannt. Nach einem vergeblichen Versuch 1264, D o m h e r r von M a g d e b u r g zu werden, gelang ihm dies 1270. Dagegen scheiterte am Widerstand der Bürgerschaft E.s Wahl zum M a g d e b u r g e r Erzbischof 1277, gegen die er sich erst 1282 durchsetzte. Der jahrzehntelange K a m p f zwischen den beiden im A u f b a u befindlichen Territorien förderte offenbar einen Ausgleich zwischen Brandenburg und M a g d e b u r g . E. w a n d t e sich der Aufrechterhaltung des Landfriedens zu und belagerte die zum Raubnest g e w o r d e n e Feste Harlingerberg. Bei diesen K ä m p f e n konnte er sich auf die Stadt M a g d e burg und auf markgräfliche Verwandte als B u n d e s g e n o s s e n stützen. Als G e g e n g a b e n mußte er den Markgrafen die M a g deburger Rechte im Land Lebus und der Bürgerschaft den Schöppenstuhl 1295 fast ganz überlassen. CD Gatz 1

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A DB

E r i c h I., Herzog von Braunschweig-Liineburg, * 16.2. 1470 Neustadt a m Rübenberge, t 3 0 . 7 . 1540 Hagenau (Elsaß). Nach dem Regierungsverzicht seines Vaters —» Wilhelm II. 1491 teilte E. mit seinem Bruder —»Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel 1495 das Erbe und vereinigte die Fürstentümer Calenberg und Göttingen. Erzogen a m bayerischen Hof, war E. zeitlebens eng mit Kaiser —» Maximilian und dessen ritterlichen Idealen verbunden. Er wurde habsburgischer Parteigänger und trat seit 1525 den kath. Bündnissen zu Dessau, Halle und Nürnberg bei, ohne j e d o c h die reformatorischen Bestrebungen seiner zweiten Gemahlin —» Elisabeth zu behindern. Durch den glücklichen A u s g a n g der Hildesheimer Stiftsfehde 1519-23 weiteten E. und sein N e f f e —» Heinrich von Wolfenbüttel ihre Territorien auf Kosten des Bistums Hildesheim beträchtlich aus. Unter E. setzte die Entwicklung zum Absolutismus ein, die unter seinem Sohn —» Erich II. fortgesetzt wurde. DO N D B E r i c h II., Herzog von Braunschweig-Liineburg, * 10.8. 1528 Hannoversch M ü n d e n , t 2. 11. 1584 Pavia. Der nach d e m Tod seines Vaters —» Erich I. unter Vormundschaft seiner Mutter —» Elisabeth seit 1540 protestantisch erzogene E. wurde 1546 katholisch, unterlag j e d o c h als kaiserlicher Obrist im Schmalkaldischen Krieg 1547 den protestantischen Städten Norddeutschlands. Ständigen Geldschwierigkeiten und der U b e r m a c h t seines Vetters Herzog —» Heinrich von Wolfenbüttel suchte sich E. 1550 durch den Verkauf seiner Fürstentümer und ein Leben als L a n d s k n e c h t f ü h r e r in kaiserlichen und spanisch-niederländischen Diensten zu entziehen. Da auch seine zweite E h e kinderlos blieb, trat Herzog Julius II. von Wolfenbüttel E.s N a c h f o l g e an. •P

NDB

E r i c h , Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, Deutschordenskomtur, * 1500, t zwischen 10.8. 1531 und 25. 1.1532. Seit Eintritt in den Deutschen Orden 1517 hielt sich E., Sohn —» Heinrichs I. von Braunschweig-Wolfenbüttel, meist a m H o f e des Hochmeisters —» Albrecht in Königsberg auf, der eine Unterstützung seiner Politik durch das Weifenhaus erhoffte. Seit 1518 K o m t u r in M e m e l , leitete E. seit 1520 die

E r i c h I., Herzog von Pommern-Stolp, König von Norwegen, D ä n e m a r k und Schweden, eigentl. Bogislaw, * 1 3 8 1 / 8 2 , t vor 16.6. 1459 R ü g e n w a l d e . Von seiner Großtante Königin Margarete von Dänemark zum Erben ausersehen, siedelte Bogislaw, Sohn Herzog Wartislaws VII. von P o m m e r n - W o l g a s t , 1 3 8 8 / 8 9 nach Dänemark über und nahm den N a m e n E. an. 1397 wurde er zum K ö n i g gekrönt und trat nach Margaretes Tod 1412 ihre N a c h f o l g e in D ä n e m a r k , N o r w e g e n und Schweden an. Im Krieg gegen die von der Hanse unterstützten Schauenburger (1426-35) h o f f t e er, das Herzogtum Schleswig und im B ü n d n i s mit dem Polenkönig Wtadyslaw Jagietto Estland und Livland zu gewinnen. Die Schauenburger behaupteten sich 1435 im Frieden von Vordingborg. E.s Plan, an Stelle des Wahlkönigtums die E r b m o n a r c h i e einzuführen, stieß auf erbitterten Widerstand. Die dänischen Reichsräte holten E.s N e f f e n —»Christoph Pfalzgraf bei Rhein ins Land und erklärten E. 1439 für abgesetzt; die Schweden und N o r w e g e r schlossen sich diesem Vorgehen an. E. zog sich nach P o m m e r n zurück, das er allein regierte. CD N D B E r i c h I I . , Herzog von Pommern, * um 1425, f 6 . 7 . 1 4 7 4 Wolgast. Nach d e m Tod seines Vaters Wartislaw IX. von P o m m e r n Wolgast ü b e r n a h m E. 1457 die Regierung des H e r z o g t u m s Wolgast, f ü r das er im Thorner Frieden 1466 Lauenburg und B ü t o w sicherte. Durch das Aussterben der Linie Stettin wurden E. und sein Bruder Herzog Wartislaw X. in Erbauseinandersetzungen mit Brandenburg verwickelt und mußten im Vertrag von Soldin 1466 die brandenburgische Lehnshoheit über das Herzogtum Stettin anerkennen. Nach blutigen K ä m p f e n belehnte Kaiser —»Friedrich III. 1470 Markgraf —»Albrecht Achilles mit Stettin. Die Zähigkeit der beiden Herzöge, unterstützt von den Professoren der Greifswalder Juristenfakultät, veranlaßte Albrecht 1472 zur Übertragung des Herzogtums an E. und seinen Bruder, vom Kaiser 1473 bestätigt. Damit waren die seit 1295 getrennten Länder P o m m e r n s wiedervereinigt. CD N D B

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Erich E r i c h V . , Herzog von Sachsen-Lauenburg, t E n d e 1435. E. setzte 1411 die Politik seines Vaters, Herzog —> Erichs IV., fort, die weitere Ausdehnung Lübecks auf lauenburgisches Gebiet zu verhindern. Mit der Klage vor d e m Reichshofgericht erreichte er 1418 die Verhängung der Acht über Lübeck. Doch nützten die Hansestädte E.s Einfall in die Mark Brandenburg zur Eroberung Bergedorfs, das er mit den Vierlanden im Vertrag von Perleberg 1420 endgültig an die Städte abtreten mußte. Seit 1422 verfocht E. den Anspruch auf Kursachsen vergeblich mit einem gefälschten Lehnbrief. Die A n r u f u n g des Papstes 1427 blieb ebenso erfolglos wie die Einschaltung des Basler Konzils 1434. Dieser Anspruch auf das 1423 von König —»Sigismund an —»Friedrich den Streitbaren von Meißen verliehene Kursachsen wurde zuletzt von Herzog Julius Franz (1665-89) erneuert. Cd N D B

Erich,

Nicolaus, auch Erichius, Pädagoge, Komponist, * 2 6 . 2 . 1 5 8 8 Andisleben bei Erfurt, t 3 1 . 8 . 1 6 3 1 Jena. E. besuchte Schulen in Andisleben, Weißensee und Roßleben. Nach seinem Studium an der Univ. Leipzig war er seit 1609 Lehrer in Dessau, seit 1610 in Neuhaidensleben und seit 1612 in Riedtnordhausen sowie Musiker am Hof in Weimar. 1614 wurde er Kantor an der Stadtkirche in Jena. Als Komponist noch d e m Stil des 16. Jh. verhaftet, schrieb E. überwiegend Gelegenheitskompositionen, darunter Hochzeitsmotetten, Begräbnis- und Geburtstagsstücke, aber auch Psalmen. DP M G G

Erichsen,

Karl Gustav von, Militär, * 11.1. 1743 Moskau, t 5 . 3 . 1827 Breslau. E. trat 1756 in russischen Hofdienst und nahm im Siebenjährigen Krieg 1760-62 am Feldzug gegen Preußen teil. Der in russische Gefangenschaft geratene General Paul von Werner veranlaßte ihn 1762 zum Übertritt in preuß. Dienst. Während der Revolutionskriege stieg E. 1792 zum M a j o r auf und wurde mit dem Orden pour le mérite ausgezeichnet. 1802 erhielt er das K o m m a n d o über die Füsilierbrigade in Breslau und wurde Chef des Füsilierbataillons Anhalt-Pleß. E. nahm an der Schlacht von Jena teil, wurde schwer verwundet und übernahm 1809 das K o m m a n d o über die Festung Cosel. Seit 1810 Generalmajor, wurde er 1813 im Rang eines Generalleutnants in den Ruhestand entlassen. m ADB

Erichson,

Johann, Pseud. Lucran, Philosoph, * September 1777 Stralsund, t 1 6 . 1 2 . 1 8 5 6 Greifswald. E. studierte 1795-98 in Jena und Greifswald Theologie, Ästhetik und Philosophie und wurde 1804 zum Dr. phil. promoviert. In Wien widmete er sich 1805-14 philosophischen Studien und lernte Ludwig van —» Beethoven kennen. 1810 veröffentlichte er unter d e m Titel Griechischer Blumenkranz griechische E p i g r a m m e in Übersetzungen und gab 1811-14 die Zeitschrift „Neue Thalia" und 1814 den „ M u s e n - A l m a n a c h " heraus. Im selben Jahr nach Greifswald zurückgekehrt, wurde E. A d j u n k t der Philosophischen Fakultät, 1822 a. o., 1830 o. Prof. der Ästhetik und der Eloquenz. 1817 begründete er in Greifswald das „Akademische Archiv", das er als Herausgeber betreute. CD A D B

Erichson,

Ludwig Alfred, evang. Theologe, * 1843 Münster (Oberelsaß), t Mai 1901 Straßburg. E. studierte 1862-65 in Straßburg Theologie. 1867 wurde er Pfarrverweser in Kaysersberg (Oberelsaß), 1870 Pfarrer in Hürtigheim (Unterelsaß) und 1873 Direktor des Collegium Wilhelmitanum in Stuttgart. Er war Vikar, später Prediger an der Straßburger Thomaskirche. Der liberale Reformationshistoriker E. übernahm als Nachfolger von Eduard - » Reuß die Herausgabe der letzten Bände von Calvins Werken, die im Corpus Reformatorum erschienen (1863-1900). DP B B K L

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Eriksdun,

Friedrich Rudolf, ergenti. Kröger, Maler, * 2 8 . 3 . 1 9 0 4 Niederbecksen bei Bad Oeynhausen, t 1 3 . 5 . 1 9 8 2 Troisdorf bei Bonn. Nach d e m Jurastudium 1924-27 in Göttingen und Berlin wandte sich E. 1927 als Autodidakt der Malerei zu und nahm 1928 den Künstlernamen E. an. 1932 erhielt er den Rompreis und floh nach einer nicht genehmigten Ausstellung in Berlin 1934 in den Vorderen Orient. 1936 zurückgekehrt, lebte er zunächst wieder in Berlin, dann am Chiemsee, war 1952-57 in der Schweiz tätig, danach in den U S A und anschließend wieder in Deutschland. E. setzte sich u. a. mit Franz —> Marc auseinander und zählt zu den expressiven deutschen Realisten. Er schuf Landschaften, Stadtmotive, Marinen, Figürliches, Porträts, Stilleben und Tierdarstellungen. In den späten Wandbildern und Mosaiken entwickelte er abstrakte Tendenzen. CD A K L

Erikson,

Erik H(omburger), bis 1939 Erik Homburger, Psychologe, * 15.6. 1902 F r a n k f u r t / M a i n , t 12.5. 1994 Harwich (Massachusetts, USA). E., Sohn des Kopenhagener Bankiers Waldemar Salomonsen, von d e m sich seine Mutter noch vor seiner Geburt trennte, wuchs im Haus seines Stiefvaters in Karlsruhe auf. Er studierte Malerei in Karlsruhe und München, ging 1927 nach Wien, unterrichtete in einer Privatschule, begann eine Lehranalyse bei A n n a —» Freud und studierte bis 1933 Psychoanalyse am dortigen Psychoanalytischen Institut. 1933 wurde E. ordentliches Mitglied der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung und emigrierte über Dänemark in die U S A , w o er in Boston eine kinderanalytische Praxis aufbaute. Er wurde Mitglied der Amerikanischen Psychoanalytischen Gesellschaft, arbeitete an der Harvard Medical School, dem Massachusetts General Hospital in Boston, wirkte als Berater am Judge Baker Guidance Center und trat in den Stab der Harvard Psychological Clinic ein. 1936 wechselte E. nach New Haven an das Institute of Human Relations der Yale University. 1938 unternahm er seine erste kulturanthropologische Forschungsreise in ein Reservat der Sioux-Indianer in South Dakota. Seit 1939 in San Francisco ansässig, eröffnete er eine kinderanalytische Praxis und wurde zum Lehranalytiker bestimmt. Neue ich-psychologische, sozialpsychologische, entwicklungspsychologische und spieltherapeutische Erkenntnisse systematisierte er in dem Buch Childhood and Society (1950, verb. 1953; dt. Kindheit und Gesellschaft, 1957). 1949 erhielt E. eine Professur an der Univ. Berkeley, trat jedoch aus politischen Gründen zurück und ging 1950 als Mitarbeiter des Austen Riggs Center nach Stockbridge (Massachusetts), wo das Adoleszentenleben in den Mittelpunkt seines Interesses rückte. 1951-60 war er Visiting Professor an der Univ. Pittsburgh und arbeitete daneben am dortigen Western Psychiatric Institute mit verhaltensauffälligen Kindern aus unteren sozialen Schichten. 1960 folgte E. einem Ruf als Prof. der Entwicklungspsychologie an der Harvard University; 1970 wurde er emeritiert. In den sechziger Jahren befaßte er sich thematisch vor allem mit den Lebensstadien des erwachsenen Menschen, der Problematik des Alters und des Lebenssinns. E. versuchte in seinen Arbeiten, den klassischen Interpretationsrahmen der Psychoanalyse u m die psychosoziale und die psychohistorische Dimension zu erweitern. Er beschäftigte sich mit der Ich-Identität, ihrem A u f b a u und ihrer krisenhaften Entwicklung und verschaffte d e m Begriff Identität in den Sozialwissenschaften Anerkennung. Mit seinem Acht-Phasen-Konzept des Lebenszyklus dehnte er die psychoanalytische Entwicklungslehre als erster auf das Erwachsenenalter aus. Zu E.s Veröffentlichungen gehören u . a . Young Man Luther. A Study in Psychoanalysis and History (1958; dt. Der junge Mann Luther. Eine psychoanalytische und historische Studie, 1964), Identity and the Life Cycle (1959; dt. Identität und Lebenszyklus, 1966), Insight

Erkanbert and Responsibility. Lectures on Ethical Implications of Psychoanalytic Insight (1964; dt. Einsicht und Verantwortung. Die Rolle des Ethischen in der Psychoanalyse, 1966), Identity, Youth and Crisis (1968; dt. Jugend und Krise, 1970), Gandhi's Truth. On the Origins of Militant Nonviolence (1969; dt. Gandhis Wahrheit. Über die Ursprünge der militanten Gewaltlosigkeit, 1971 ), Dimensions of a New Identity (1974; dt. Dimensionen einer neuen Identität, 1975), Life History and the Historical Moment (1975; dt. Lebensgeschichte und historischer Augenblick, 1977), Toys and Reasons. Stages in the Ritualization of Experience (1977; dt. Kinderspiel und politische Phantasie. Stufen in der Ritualisierung der Realität, 1978) und Adulthood (1978). • α B H d E , Bd 2

auf Probleme der Meteorologie (1887) fand die Isoplethenmethode Eingang in die Praxis. 1901 wurde er Honorarprofessor an der Univ. München. E.s Verdienste liegen, neben der Einführung der Wetterprognose-Durchsage in allen bayerischen Poststationen, auf dem Grenzgebiet zwischen Meteorologie und Luftfahrt. Da sein besonderes Interesse der Erforschung höherer Luftschichten galt, baute E. 1883 die Meteorologische Bergstation auf d e m Wendelstein, 1890 auf dem Hirschberg und erreichte 1900 die Dauerbesetzung der Zugspitzwetterwarte mit einem Meteorologen. Er führte zahlreiche Ballonfahrten durch und veröffentlichte u. a. Das Klima von Oberbayern (1898). E. war der Vater von Sigmund - > E . m NDB

Erismann,

E r k , L u d w i g (Christian), Volksliedsammler, Chorleiter, Musikpädagoge, * 6. 1. 1807 Wetzlar, t 2 5 . 1 1 . 1 8 8 3 Berlin. E., Sohn eines Kantors und Lehrers, besuchte seit 1820 ein Erziehungsinstitut in Offenbach und wurde 1826 von Friedrich Adolph Wilhelm —> Diesterweg als Seminarlehrer nach Moers geholt. Dort rief er Gesangvereine und Musikfeste zur Pflege des Volkslieds ins Leben. 1835 ans kgl. Seminar nach Berlin berufen, gründete E. dort 1843 den Erkschen Männergesangverein, dem er 1852 einen gemischten Chor anschloß, u m in Anlehnung an die Gesangsbildungslehre nach —»Pestalozzi die Musikerziehung grundlegend zu reformieren. Daraus entstanden vierzehn mehrbändige Liedersammlungen für die Schule mit zum Teil mehr als hundert Auflagen. 1857 wurde E. Kgl. Musikdirektor und 1876 Professor. Mit 2 0 0 0 0 Aufzeichnungen war er einer der bedeutendsten Volksliedsammler des 19. Jahrhunderts, u. a. Die deutschen Volkslieder mit ihren Singweisen (3 Bde., 1838-45, mit Wilhelm Irmer), Deutscher Liederhort (1856, neu bearbeitet und fortgesetzt von Franz M a g n u s —» B ö h m e , 3 Bde., 1 8 9 3 / 9 4 , Nachdr. 1963) und Deutscher Liederschatz (3 Bde., 1859-72, Nachdr. 1956). OD M G G

Friedrich, schweizer. Ophthalmologe, Hygieniker, Sozialmediziner, * 24. 11.1842 Gontenschwil (Kt. Aargau), t 1 3 . 1 1 . 1 9 1 5 Zürich. Nach d e m Studium der Medizin in Zürich, Prag und Würzburg und der Promotion 1867 in Zürich ( U e b e r Intoxikations-Amblyopieen) bildete sich E., Sohn eines Pfarrers, in der Augenheilkunde weiter und praktizierte seit 1869 als Augenarzt in St. Petersburg. Die Entwicklung der M y opie bei Schulkindern führte ihn zu hygienischen und sozialwissenschaftlichen Studien; 1 8 7 3 / 7 4 kam er zum Münchner Hygieniker M a x von —» Pettenkofer. 1881 wurde E. Prof. der Hygiene in Moskau und damit Begründer der wissenschaftlichen Hygiene in Rußland. Nach Fertigstellung seines Moskauer Hygieneinstituts 1890 übernahm er 1891 auch die Leitung des Laboratoriums zur Untersuchung von Lebensmitteln. 1896 aus politischen Gründen entlassen, zog E. nach Zürich, w o er, seit 1870 Sozialdemokrat, als Mitglied der Zentralschulpflege und seit 1901 als Stadtrat sowie Vorsteher des Gesundheitswesens wirkte. E. förderte die Arbeitslosenfürsorge und initiierte das alkoholfreie Volkshaus. Er veröffentlichte u . a . Gesundheitslehre für Gebildete aller Stände (1878, 3 1885), Die Desinfectionsarbeiten auf dem Kriegsschauplatze (1879), Untersuchung über die gesundheitlichen Verhältnisse in den Fabriken des Moskauer Gouvernements (19 Bde., 1890-93, russ.) und Gesundheitsund Wohlfahrtspflege der Stadt Zürich (1909). DP Ärzte 2 E r i s m a n n , Theodor, Philosoph, Psychologe, * 16.9. 1883 Moskau, t 2 . 1 2 . 1961 Innsbruck. E., Sohn eines schweizer. Universitätsprofessors in Moskau, studierte an der Univ. Zürich Physik und Philosophie, w o er 1911 promoviert wurde. 1913 ging er als Privatdozent für Philosophie und Psychologie nach Straßburg, 1914 nach Bonn. 1926 wurde er o . P r o f . an der Univ. Innsbruck. Neben zahlreichen Beiträgen, insbesondere auf den Gebieten der experimentellen Wahrnehmungspsychologie, der Kinderpsychologie und der Massenpsychologie, veröffentlichte E. u . a . Psychologie (3 Bde., 1 9 2 0 / 2 1 ; 2., neubearb. Auflage unter d e m Titel Allgemeine Psychologie, 2 Bde., 1958/59), Psychologie der Berufsarbeit und der Berufsberatung (1922, mit Martha Moers) und Denken - Wollen - Sein (2 Bde., 1950-53). Bis 1945 war er Mitherausgeber des „Archivs für die gesamte Psychologie", seit 1946 der „Wiener Zeitschrift für Philosophie, Psychologie und Pädagogik". E r k , Fritz, Meteorologe, * 1 7 . 1 0 . 1 8 5 7 Straubing (Niederbayern), t 3 1 . 8 . 1909 München. E., Sohn eines Gymnasialprofessors, studierte 1877-80 Mathematik und Physik in München und war seit 1881 Assistent bei Wilhelm von —>Bezold an der Bayerischen Meteorologischen Zentralstation in München. 1883 mit der Arbeit Die Bestimmung wahrer Tagesmittel der Temperatur promoviert, wurde er 1885 Adjunkt, 1893 Direktor der Zentralstation. Mit E.s Habilitationsschrift Zwei Studien über die Anwendung einer räumlich-geometrischen Darstellung

E r k , Sigmund (Hugo Georg), Physiker, * 1 1 . 7 . 1 8 9 5 München, t 1 8 . 1 2 . 1 9 3 9 F r a n k f u r t / M a i n . Der Sohn von Fritz —>E. Schloß das Studium an der T H M ü n c h e n 1922 ab, w o er 1927 mit der Arbeit Zähigkeitsmessungen und Untersuchungen von Viskosimetern zum Dr.-Ing. promoviert wurde. Seit 1922 wissenschaftlicher Mitarbeiter, wurde er 1926 Regierungsrat und 1931 zum Mitglied der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin ernannt, deren Laboratorium für Viskosimetrie und Erdölapparate er leitete. Zunächst mit Untersuchungen zur Strömungslehre sowie Wärmeübertragung und Wärmeleitung befaßt, widmete er sich später hauptsächlich der Physik der zähen Flüssigkeiten. 1928 tauschte E. vier Normalöle, 1930 geeichte Viskosimeter mit dem amerikanischen Bureau of Standards aus und erreichte 1932 eine ähnliche Zusammenarbeit mit dem Petroleuminstitut in Straßburg. Bedeutsam für die Kältetechnik wurden E.s Untersuchungen über das Verhalten von Ölen in der Kälte. Er veröffentlichte u. a. Der Druckabfall in glatten Rohren und die Durchflussziffer von Normaldüsen (1924) und Die Grundgesetze der Wärmeübertragung (1933, mit Heinrich Gröber). OP N D B

Erkanbert,

auch Ercumbert, Herkumbert, Bischof von Minden, t 7 . 6 . 8 3 0 Minden. E. war wohl aus d e m Gollachgau (Würzburg) gebürtig und lebte ursprünglich unter Abt Baugulf als Mönch im Kloster Fulda. Seit 785 missionierte er im Wesergebiet, bevor er u m 7 9 0 z u m Bischof geweiht wurde. Nach Minden kam er nach 8 0 3 / 0 4 , als ihn —> Karl der Große in dem neuen Bistum als Missionsbischof einsetzte. CD B B K L

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Erkelenz E r k e l e n z , Anton (Peter), Gewerkschafter, Politiker, * 10.10. 1878 Neuss, t 2 5 . 4 . 1 9 4 5 Berlin. E., Sohn eines Schlossers, arbeitete im väterlichen Beruf, bis er 1902 Sekretär bei den Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereinen in Düsseldorf wurde. 1907 in die Hauptverwaltung nach Berlin berufen und schon vor 1914 Mitarbeiter von Friedrich —> Naumann, wurde er 1919 für die Deutsche Demokratische Partei (DDP) in die Nationalversammlung und 1920 in den Reichstag gewählt, dem er bis 1930 angehörte. Zugleich war er Schriftleiter des „Regulator", einer Publikation der Metallarbeitergewerkschaft, und seit 1923 Mitherausgeber von Naumanns Zeitschrift „Die Hilfe". 1921-29 fungierte E. als einer der beiden Vorstandsvorsitzenden der DDP und galt als Exponent des linken Flügels, der sich für den beruflichen, kulturellen und sozialen Aufstieg der Arbeiterschaft engagierte. Mit dem Rechtsschwenk der Partei, die 1930 mit dem Jungdeutschen Orden zur Deutschen Staatspartei zusammenfand, verließ E. die D D P und Schloß sich der S P D an. Nach Zerschlagung der Gewerkschaften 1933 zog er sich ins Privatleben zurück. E. wurde von russischen Soldaten erstochen. m NDB E r k e n s , Peter, Politiker, * 2 4 . 7 . 1 8 9 8 Rheydt (heute zu Mönchengladbach), t 22. 10. 1972 Mönchengladbach. E. studierte an der Schule der Missionspatres in Steyl. Zunächst bei der Zentralstelle Mönchengladbach des Volksvereins für das kath. Deutschland tätig, wechselte er bald als Korrespondent in die Wirtschaft und hatte seit 1923 leitende Stellungen inne. Bis 1933 Mitglied der Zentrumspartei, Schloß er sich nach dem Krieg der C D U an und war 1947-66 Landtagsabgeordneter in Düsseldorf. Seine Tätigkeit als Dezernent der Industrie- und Handelskammer beendete Ε. 1958 mit der Übernahme des Ministeriums für Wiederaufbau im Kabinett —» Meyers, das er bis 1962 leitete. •D Munzinger

Erkes, Eduard August, Sinologe, * 2 3 . 7 . 1 8 9 1 Genua, t 2 . 4 . 1958 Leipzig. E. studierte in Bonn und Leipzig Sinologie, allgemeine Sprachwissenschaft, Geschichte und Ethnologie. Nach einer Studienreise 1912 durch China und Japan wurde er 1913 promoviert, erhielt eine Stelle am Museum für Völkerkunde in Leipzig. 1917 für Sinologie habilitiert, war er von 1928 bis zur Absetzung aus politischen Gründen 1933 a. o.Prof. an der Univ. Leipzig. 1947 nahm E. seine Lehrtätigkeit dort wieder auf und erhielt eine Gastprofessur in Berlin. Er veröffentlichte u.a. Chinesische Literatur (1922), Wie Gott geschaffen wurde (1925) und Die Geschichte Chinas (1948). OD DLL, 20. Jh. E r l , Anton, österr. Sänger, * 12. 1.1848 Wien, t 2 7 . / 2 8 . 9 . 1927 Dresden. E. widmete sich zunächst der Malerei und war Meisterschüler an der Wiener Akademie. Später wandte sich der Sohn des Hofopernsängers Joseph —>E. der Bühne zu, für die ihn neben Richard Levy sein Vater zum Sänger ausbildete. Als Lyrischer Tenor und Buffo trat E. erstmals in Dresden auf, war bis 1873 in Braunschweig tätig und wurde nach einem Zwischenspiel an der Komischen Oper in Wien 1875 erneut an die Dresdner Hofoper berufen, wo er, seit 1883 Kammersänger, bis 1912 blieb. E. gestaltete lyrische wie dramatische Rollen, u.a. Faust, Fliegender Holländer, Romeo, Raoul und alle ersten Tenorpartien in den Opern - » Mozarts. CD Kutsch E r l , Joseph, österr. Sänger, * 17.3.1811 Wien, t 2. 1. 1874 Hütteldorf (heute zu Wien). Schon in seiner Jugend wirkte E. als Organist an der Wiener Mechitaristenkirche. 1827 wurde er Chorist am Theater an der Wien und 1829 am Kärtnertor-Theater, wo er sich als Tenor zum Solosänger entwickelte. Bühnenroutine erwarb

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er 1835 bei Gastspielen in Pest und am Josefstädter Theater in Wien. 1836 ging E. ans Königstädtische Theater nach Berlin und kehrte 1838 nach Wien zurück, wo er bis zu seiner Pensionierung 1868 am Kärntnertor-Theater und an der Hofoper tätig war. Dazwischen lagen Gastspiele in Paris und London. Zu E.s Hauptrollen gehörten u. a. Arnold (Wilhelm Teil), Stradella (Alessandro Stradella) und Florestan (Fidelio). Er war der Vater von Anton —» E. CD Kutsch E r l a c h , Franz Ludwig von, schweizer. Staatsmann, * 4 . 1 . 1575 Bern, f 20.4. 1651 Spiez (Kt. Bern). E., Sohn eines Großrats, war Freiherr zu Spiez und Oberhofen sowie Herr zu Schadau. 1596 Mitglied des Großen Rats der Stadt Bern, wurde er 1604 Schultheiß in Burgdorf, 1611 von Bern. 1629-51 war E. jedes zweite Jahr alternierend Schultheiß von Bern. Im Dreißigjährigen Krieg, als die Schweiz durch innere Zwiste bedroht war, führte er Bern unbeschadet durch die Gefahren. CD HLS

Erlach, Hieronymus von, Militär, Staatsmann, * 3 1 . 3 . 1 6 6 7 Riggisberg (Kt. Bern), t 2 8 . 2 . 1 7 4 8 Hindelbank (Kt. Bern). Als Zwanzigjähriger ging E., Sohn eines Militärs, als Offizier nach Frankreich, wurde 1702 Oberst eines Schweizerregiments im Dienste Kaiser —> Leopolds I. und stieg in den Feldzügen des Spanischen Erbfolgekriegs zum Generalfeldmarschalleutnant auf. Seit 1715 Mitglied des Kleinen Rats der Stadt Bern, wurde er seit 1721 jedes zweite Jahr alternierend Schultheiß bis 1746/47. E. galt als reichster Berner seiner Zeit; er besaß die Herrschaften Urtenen, Mattstetten, Thunstetten, Moosseedorf sowie Hindelbank und entwickelte seine großangelegte Bautätigkeit. 1745 erhob ihn der Kaiser zum Reichsgrafen. CD HLS E r l a c h , Johann Ludwig von, Heerführer, * 3 0 . 1 0 . 1 5 9 5 Bern, t 26.1. 1650 Breisach. Nach dem Pagendienst 1611-16 bei Fürst Christian von Anhalt nahm E., Sohn eines Landvogts zu Morges, als Offizier in anhaltinischen, brandenburgischen, braunschweigischen und mansfeldischen Diensten an Feldzügen des Dreißigjährigen Kriegs teil. 1625 war er Oberst und Generalquartiermeister im Polenzug von König Gustav Adolf von Schweden. 1626 nach Bern zurückgekehrt, wurde E. Mitglied des Großen Rats, 1629 des Kleinen Rats. 1638 legte er alle Ämter nieder, um in die Dienste Herzogs —»Bernhards von Sachsen-Weimar zu treten, der ihn nach der Eroberung der Festung Breisach zu deren Gouverneur machte. Nach dem Tod Bernhards ging E. in französische Dienste über, wo er 1647 Generalleutnant unter Turenne wurde. Im Juli 1648 entschied er die Schlacht von Lens (Flandern) gegen die Spanier. CD NDB

Erlach, Karl Ludwig von, Militär, * 10.11.1746 Bern, t 5 . 3 . 1 7 9 8 Oberwichtrach (Kt. Bern). Zunächst als Oberst eines Dragonerregiments in französischen Diensten stehend, übernahm E., Sohn eines Landvogts und Obersten, 1798 den Oberbefehl Uber die bernischen Truppen. Im selben Jahr war er den in die Schweiz einbrechenden französischen Truppen in den Gefechten bei Fraubrunnen und im Grauholz unterlegen, womit der Untergang der Republik Bern und der alten Eidgenossenschaft besiegelt war. Auf der Flucht wurde E. von aufgewiegelten Soldaten als Verräter beschuldigt und erschlagen. CD HLS E r l a c h , Ludwig von, Söldnerführer, * 1470 Bern, t 1522. Seit 1494 Mitglied des Großen Rats der Stadt Bern, trat E. im selben Jahr in französische Dienste, wurde 1500 aus dem Rat ausgeschlossen und wegen erneuter Werbungen für Frankreich verbannt, später aber begnadigt. 1516 war er französischer Söldner im Rang eines Hauptmanns. E. kaufte die Herrschaft Spiez und das Säßhaus in Bern und war bis

Erlenmeyer 1501 Herr zu Jegenstorf sowie zu Balm. Ein Jahr vor seinem Tod stellte er sich in den Sold des Papstes, der ihn zum Ritter ernannte. E r l a c h , Rudolf von, schweizer. Schultheiß, * 1448 Bern, t 18. 11. 1507 Bern. Der Ritter E., Sohn eines Kleinrats, war letzter Vogt zu Erlach des Hauses Chalón und 1474 der erste Vogt Berns. Seit 1479 war er in vier Perioden Schultheiß von Bern. Als Befehlshaber der bernischen Truppen im Schwabenkrieg zog er 1499 in den Hegau und k ä m p f t e im selben Jahr in der Schlacht bei Dornach. E. erwarb großen Reichtum, vor allem Grundbesitz. 1 4 8 4 / 8 5 ließ er von Diebold —»Schilling die unter d e m N a m e n „Spiezer Schilling" bekannte Berner Chronik anfertigen. DP H L S E r l a c h , Rudolf Ludwig von, genannt Hudibras, schweizer. Politiker, Philosoph, * 26. 10. 1749 Bern, t 1 3 . 6 . 1 8 0 8 Bern. Seit 1785 Mitglied des Großen Rats von Bern, ging E., Sohn eines Offiziers und Landvogts, 1786 als Vogt nach L u g a n o und wurde 1796 Schultheiß von Burgdorf. Er führte den A u f stand gegen die helvetische Regierung 1802 („Stecklikrieg") an und wurde 1803 erneut Großrat, 1807 Kaufhausverwalter. E. verfaßte mehrere philosophische und politische Schriften, u. a. den Code du Bonheur (6 Bde., 1788). m HLS E r l a c h , Sigmund von, Schultheiß, Militär, * 3 . 1 0 . 1614 Bern, + 7 . 1 2 . 1 6 9 9 Bern. E „ Sohn eines Landvogts, führte im Dreißigjährigen Krieg ein Regiment in französischen Diensten und wurde 1648 Maréchal de camp. 1645 kam er in den Großen Rat, 1652 in den Kleinen Rat der Stadt Bern. Als Befehlshaber der bernischen A r m e e schlug er den Bauernaufstand unter Führung von Nikiaus —> Leuenberger 1653 bei Herzogenbuchsee nieder, verlor dann aber im Krieg gegen die kath. Innerschweizer 1656 die Schlacht bei Villmergen. Seit 1675 wurde er in j e d e m zweiten Jahr regierender Schultheiß. c n HLS E r l a c h e r , Philipp, österr. Orthopäde, * 1 . 3 . 1 8 8 6 Radenthein (Kärnten), t 29. 1. 1980 Wien. E. studierte in Graz, Jena und Berlin, wurde 1910 promoviert, spezialisierte sich auf die orthopädische Chirurgie und arbeitete unter Hans —> Spitzy in Graz und Wien, unter Fritz —> L a n g e in München. 1919 habilitiert, erhielt E. 1923 eine a. o. Professur an der Univ. Graz. 1938 verlor er die Stelle, weil er mit einer „Nichtarierin" verheiratet war, und ging 1939 nach Wien, wo er 1945 Direktor des Orthopädischen Spitals wurde. E. beschäftigte sich auch mit Kinderchirurgie und Krüppelfürsorge. Er war Gründungsmitglied und Delegierter Österreichs der Internationalen Gesellschaft für orthopädische Chirurgie und Traumatologie. E. veröffentlichte u. a. Technik des orthopädischen Eingriffs (1928) und Lehrbuch der praktischen Orthopädie (1955). CD Arzte 2, 3 E r l a n g e r , Carlo Frh. von, Zoologe, * 5 . 9 . 1872 Niederi n g e l h e i m / R h e i n , t 4 . 9 . 1904 Salzburg. E., Sohn eines Gutsbesitzers und Enkel von Raphael von —»E., studierte seit 1891 in Lausanne, Schloß sich 1893 einer Expedition von Paul W . Spatz nach Nordafrika an und lernte nach einem Studienaufenthalt 1894 in Cambridge in Berlin Arabisch und Suaheli. 1896 erforschte E. mit Spatz in Nordafrika unbekannte Wüstengebiete und das Atlasgebirge. Eine weitere Expedition führte ihn 1899 vom Golf von Aden durch Abessinien bis nach Kismaju am Indischen Ozean. Als einer der ersten machte E. das seinerzeit neue Prinzip der Zoogeographie - die gleiche Vogelart paßt sich in ihrer Farbe in verschiedenen Zonen den jeweiligen geographischen Verhältnissen an - zum Leitgedanken seiner Forschung und verhalf ihm z u m Durchbruch. Er starb bei einem Autounfall. DP N D B

E r l a n g e r , Raphael Frh. von, Bankier, * 2 7 . 6 . 1 8 0 6 Wetzlar, t 3 0 . 1 . 1 8 7 8 F r a n k f u r t / M a i n . E., Sohn eines Wechselmaklers, arbeitete im väterlichen Beruf an der Frankfurter Börse und gründete 1848 ein eigenes Bank- und Wechselgeschäft, 1865 umgewandelt in von Erlanger & Söhne. 1855 zum schwedischen Konsul in Frankfurt ernannt, verhalf er Schweden mit einer Anleihe durch seine danach einsetzende Handels- und Geldkrise und war Bankier der skandinavischen Regierungen. 1859 stand er Portugal in ähnlicher Weise bei und wurde daraufhin portugiesischer Konsul. 1862 brachte E. die erste Anleihe Ägyptens heraus und gründete mit Gebr. Bethmann die Frankfurter Hypothekenbank. Die Einführung der österr. StaatsbahnAktien an der Börse und die Rettung des Vermögens der T h u m und Taxis brachten ihm den österr. Freiherrnstand ein. Im Auftrag —» Bismarcks kaufte E. 1864 die Eisenbahn Schleswig-Holsteins aus englischem Besitz auf. Mit Gebr. Sulzbach und befreundeten Firmen war der Initiator vieler Bankengründungen auch Wegbereiter der Industriepapiere an den süddeutschen Börsen. DD N D B E r l e b a c h , Philipp Heinrich, Kapellmeister, Komponist, getauft 2 5 . 7 . 1 6 5 7 Esens (Ostfriesland), t 17.4. 1714 Rudolstadt. E. verlor seinen Vater, der Musiker am Hof der Grafen von Ostfriesland und Vogt in Bense und Seriem war, im Alter von drei Jahren. Seine musikalische Ausbildung erhielt E. vermutlich am Auricher Hof, ehe er an den Hof des Grafen Albrecht Anton von Schwarzburg-Rudolstadt e m p f o h len wurde. 1679 erstmals in einem Rudolstädter Kirchenbuch als „Grfl. Musicus und Kammerdiener" erwähnt, wurde er 1681 Kapelldirektor und 1693 Kapellmeister. Unter Albert Anton wurde die geistliche Musik gepflegt, bis gegen Ende des Jahrhunderts die weltliche Musik und seit 1710 die Oper in den Vordergrund trat. E. pflegte den von JeanBaptiste Lully beeinflußten Instrumentalstil; seine VI Ouvertures (1693) zeigen den Suitenaufbau des Franzosen. Die von E. in dem um 1700 angelegten Musikalienkatalog verzeichneten Kompositionen sind zum größeren Teil verlorengegangen. Seine Bedeutung als Liedkomponist liegt darin, daß er in der Harmonischen Freude musicalischer Freunde (2 Tie., 1697-1710) einen Ausgleich zwischen Lied und Opernarie vollzog und mit einigen Stücken dieser S a m m l u n g -> Bach und -> Händel nahekam. Daneben schuf E. ein umfangreiches kirchenmusikalisches Werk (u. a. Kantaten, Messen und Oratorien). • • Ostfriesland, Bd 1 E r l e m a n n , Gustav, kath. Kirchenmusiker, Komponist, * 2 9 . 3 . 1 8 7 6 Neuwied, t 5 . 1 0 . 1 9 3 6 Trier. E. besuchte das Lehrerseminar in Boppard und erhielt seit 1891 eine Ausbildung am Akademischen Institut f ü r Kirchenmusik und an der Akademie der Künste in Berlin, an der er als Meisterschüler von M a x —> Bruch studierte. Zunächst als Klavierlehrer in Berlin tätig, ging er 1903 nach Trier und begründete dort die „Kirchenmusikschule Erlemann", die 1926 staatlich anerkannt wurde. Er komponierte Lieder und Stücke f ü r Klavier, Orgel, Chor und Orchester, darunter die Römische Suite für Orchester (1921) und die symphonische Dichtung Das Lied vom Leben (1921). Im kirchlichen Rahmen sprach sich E. für ein einheitliches kath. Gesangbuch aus (Die Einheit im katholischen deutschen Kirchenlied, 1911). CD B B K L E r l e n m e y e r , (Johann Adolph) Albrecht, Psychiater, * 1 1 . 7 . 1 8 2 2 Wiesbaden, t 9. 8 . 1 8 7 7 Bendorf bei Koblenz. E., Sohn eines Konrektors, späteren Pfarrers und Bruder von Emil —>E., studierte seit 1840 in Marburg, Bonn und Berlin, wo er 1844 promoviert wurde (De urina maniacorum). Danach arbeitete er als Assistent bei d e m Psychiater Maximilian - » J a c o b i in Siegburg, bis er seit 1846 alle größeren

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Erlenmeyer Irrenanstalten besuchte und in Prag an den Hirnsektionen Vinzenz Bochdaleks teilnahm. 1848 ließ er sich in Bendorf als Allgemeinpraktiker nieder und errichtete dort im selben Jahr eine Augenklinik sowie ein „Asyl für Gehirn- und Nervenkranke", das er 1866 u m die „Villa für Nervenkranke" und 1868 um eine landwirtschaftliche „Kolonie" erweiterte. Diese Dreiteilung fand bald zahlreiche Nachahmungen bei Anstaltsneugründungen. 1853 wurde E. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. 1854 war E. Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Gerichtliche Psychologie und übernahm Redaktion wie Mitherausgabe der Gesellschaftsorgane. Als Schüler von Jacobi war er Anhänger der somatischen Richtung und trat für die Einheit von Psychiatrie und Neurologie ein. E. veröffentlichte u. a. Die Gehirnatrophie der Erwachsenen ( 1852), Wie sind die Seelenstörungen in ihrem Beginne zu behandeln? (1860), Übersicht der öffentlichen und privaten Irrenund Idioten-Anstalten aller europäischen Staaten ( 1863), Die luetischen Psychosen in diagnostischer und prognostischer Beziehung (1876, 2 1877), Die Morphiumsucht und ihre Be4 handlung (1883, 1887) und Über Irrenwesen und -pflege (1896). c d NDB E r l e n m e y e r , (Richard August Carl) Emil, Chemiker, * 2 8 . 6 . 1 8 2 5 Wehen (heute zu Taunusstein), t 22. 1.1909 Aschaffenburg. E., Bruder von Albrecht —»E., studierte seit 1845 Pharmazie und C h e m i e in Gießen und Heidelberg; 1847-51 war er Assistent in einer Wiesbadener Apotheke, dann Apotheker. Seit 1857 Privatdozent, seit 1863 a. o . P r o f . der Chemie an der Univ. Heidelberg, war er 1868-83 o.Prof. der allgemeinen C h e m i e an der T H München, w o er 1870 in die Bayerische Akademie der Wissenschaften a u f g e n o m m e n wurde. Nach seiner Pensionierung lebte er als Privatgelehrter in F r a n k f u r t / M a i n und seit 1893 in Aschaffenburg. E. trug wesentlich zur Verbreitung der Atomtheorie sowie der Avogadroschen Hypothese bei. Er arbeitete über die Struktur organischer Verbindungen und definierte 1862 als erster die Doppel- und die Dreifachbindung. Eine seiner Entdeckungen ist als „Erlenmeyersche Regel" in die Literatur eingegangen. Neben einem Lehrbuch der organischen Chemie (3 Bde., 1867-94, mit Richard - > Meyer, Otto Hecht, Heinrich —» Goldschmidt und Karl von —>Buchka) veröffentlichte E. u. a. Über Bildung und Zusammensetzung des sogenannten sauren phosphorsauren Kalks (1857), Valeriansäuren verschiedenen Ursprungs (1870), Über den Einfluss des Freiherrn Justus von Liebig auf die Entwicklung der reinen Chemie (1874), Das Wasser als Oxydations- und Reductionsmittel (1876) und Paramethoxyphenylglycolsäure und Paramethoxyphenylglycocoll (1877). In die Labortechnik führte er den nach ihm benannten Erlenmeyer-Kolben ein, einen Glaskolben zum Erhitzen von Flüssigkeiten. E. war der Vater von Emil - » E. CD Poggendorff 3-5

E r l e n m e y e r , (Friedrich Gustav Karl) Emil, Chemiker, * 14.7. 1864 Heidelberg, t 14.2. 1921 Berlin. Der Sohn von Emil —>E. studierte seit 1883 in Heidelberg, Bonn, F r a n k f u r t / M a i n , Darmstadt und Marburg Naturwissenschaften, 1888 wurde er in Göttingen mit der Arbeit Zur Kentniß der Phenyl-alphaund der Phenyl-alphabeta-oxypropionsäure promoviert und habilitierte sich 1891 in Bonn für Chemie. 1893 folgte E. einem Ruf an die Univ. Straßburg und wurde dort 1896 zum a . o . P r o f . ernannt. 1907 wechselte er als Mitglied an die Biologische Reichsanstalt in Berlin-Dahlem, w o er im selben Jahr Regierungsrat wurde. In seinem Spezialgebiet der organischen C h e m i e veröffentlichte E. rund neunzig Abhandlungen insbesondere über Säuren. 1898 erschienen Bemerkungen Uber

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Examina und Ausbildung der technischen Chemiker (1898). E. war der Vater von Hans Friedrich Albrecht —> E. CD Poggendorff 4 - 6 E r l e n m e y e r , Hans Friedrich Albrecht, Chemiker, * 2 0 . 3 . 1900 Straßburg, t 2 9 . 5 . 1 9 6 7 Basel. Der Sohn Emil —>E.s studierte 1918-22 in Jena und Berlin, wo er nach der Promotion 1922 (Über die asymmetrische Synthese) Assistent von Bernhard —»Lepsius wurde. 1925 kam e r a i s Assistent zu Friedrich —>Fichter nach Basel. Hier habilitierte er sich 1927 für anorganische Chemie. 1933 zum a. o. Prof. ernannt, nahm E. im folgenden Jahr die Schweizer Staatsbürgerschaft an. Nach d e m Rücktritt Fichters wurde er 1941 o.Prof. und Vorsteher des Instituts für Anorganische C h e m i e der Univ. Basel. In seinen Forschungsgebieten Strukturchemie und Immunochemie, dargelegt in rund 5 0 0 Publikationen, ging es E. oft u m die Systematisierung von Einzelphänomenen und deren Verknüpfung mit anderen Bereichen der Naturwissenschaft und der Medizin. Nach 1933 bot er vielen Naziverfolgten an seinem Institut Studienplätze an. m HLS E r l e r , Adalbert, Jurist, Rechtshistoriker, Kirchenrechtler, * 1.1. 1904 Kiel, t 19.4. 1992 F r a n k f u r t / M a i n . E., Sohn eines Marineoffiziers und späteren Admirals, studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg und Berlin, wurde 1928 in Greifswald promoviert (Die rechtliche Stellung der Evangelischen Kirche in den ¡918 abgetretenen östlichen Gebieten, gedruckt 1929) und war seit 1930 im preuß. Justizdienst tätig. 1939 habilitierte er sich an der Univ. Frankf u r t / M a i n mit der Arbeit Bürgerrecht und Steuerpflicht im mittelalterlichen Städtewesen ( 2 1963), war dort Privatdozent, ging 1941 als a . o . P r o f . nach Straßburg, wurde 1946 o . P r o f . in Mainz und lehrte 1950-72 wieder an der Univ. Frankfurt. E. arbeitete vor allem auf den Gebieten Deutsche Rechtsgeschichte, Kirchenrecht und Zivilrecht. Er veröffentlichte bedeutende Arbeiten und Editionen zur mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Rechtsgeschichte sowie Studien zum Kirchenrecht und zur kirchlichen Rechtsgeschichte. Zu seinen Werken gehören u. a. Das napoleonische Konkordat im Elsaß (1948), Kirchenrecht (1949, 5 1983) und Ältere Ansätze zur Überwindung der Sklaverei (1978). Er gab Die älteren Urteile des Ingelheimer Oberhofes (4 Bde., 1952-63) und Der Oberhof zu Neustadt an der Weinstraße (2 Bde., 1968-71) heraus und war Mitherausgeber des Handwörterbuchs zur deutschen Rechtsgeschichte (5 Bde., 1964-98) sowie der Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte (Neue Folge, 1962 ff.). m RGG

E r l e r , Erich, genannt Erler-Samaden, Maler, Graphiker, * 1 6 . 1 2 . 1 8 7 0 Frankenstein (Schlesien), t 19.6. 1946 Icking (Oberbayern). Zur Unterscheidung von seinem älteren Bruder Fritz —>E., der ebenfalls Maler war, und weil er aus Gesundheitsgründen bald nach Samaden im Engadin umsiedeln mußte, führte E. den Namen Erler-Samaden. Zunächst Schriftsetzer und Lokalreporter, wurde er 1892 Schüler von Albrecht —> Bräuer in Breslau und betätigte sich danach in Paris als Schriftsteller. Im Engadin begann er, lyrisch gestimmte Landschaften und als „Volkstypen" charakterisierte Bewohner des Hochgebirges zu malen. 1899 stellte E. erstmals in M ü n c h e n aus und wurde dort Mitglied der Künstlergruppe „Scholle" sowie Mitgründer und Illustrator der Zeitschrift, J u g e n d " . Auch die Berliner Sezession, den Deutschen Künstlerbund und Ausstellungen u. a. in Dresden und Düsseldorf beschickte er mit neoimpressionistischen Alpenlandschaften, darunter Schneeland (1903) und Frühling im Engadin. Seit 1915 malte E. auch Soldaten- und Kriegsbilder. CD A K L

Erler E r l e r , Franz (Christoph), österr. Bildhauer, * 5. 10.1829 Kitzbühel (Tirol), t 6 . 1 . 1911 Wien. Der Sohn eines Müllers lernte bei einem Bildschnitzer in Kufstein, bis ihn 1853 die Wiener Akademie der bildenden Künste aufnahm. Gefördert von Joseph —> Führich, erhielt E. 1861 den Auftrag, einen Kreuzweg und andere Figuren für die Altlerchenfelder Kirche in Wien zu gestalten. 1866 übertrug ihm Heinrich —»Ferstel einen großen Teil der figuralen Ausschmückung der Votivkirche, zwölf Apostel aus Stein, Reliefs und weitere Plastiken. Danach erhielt E. zahlreiche Aufträge und wurde einer der meistbeschäftigten Bildhauer und Restauratoren der Ringstraßenzeit. Er schuf u. a. für den Stephansdom in Wien Statuen, Nischen, Portale und den Herz-Jesu-Altar, dazu eine Pietà, und für die Freisinger Kapelle in der Stiftskirche von Klosterneuburg 24 Statuen. E. lieferte Skulpturen auch nach Salzburg, Laibach, Sarajevo und Ungarn. Zu seinen letzten Werken gehören 16 Statuen für Maria am Gestade in Wien (1903). m AKL E r l e r , (Johann) Friedrich (Gottlob), Kürschner, Kaufmann, * 1 7 . 1 . 1 8 2 0 Leipzig, t 23.7. 1898 Leipzig. Nach der Kürschnerlehre arbeitete E., Sohn eines Kutschers, als Zurichtergeselle in Frankfurt/Main. 1847 gründete er in Leipzig die Firma Friedr. Erler, mit der er Rohfelleinkauf und Zurichtung in einer Hand hatte. Bald nahm er den Großhandel mit Rauchwaren, speziell Fuchsfellen, hinzu. Die handwerkliche Verarbeitung suchte E. durch Maschinen zu ersetzen, wofür er mehrere Patente erhielt. 1876 baute er mit dem Chemiker und Färber Adolph Sieglitz eine Rauchwarengroßhandlung ohne Kürschnerei auf. 1880 gründete E. den Verein Deutscher Kürschner. CD NDB E r l e r , Fritz, Maler, Graphiker, * 15. 12. 1868 Frankenstein (Schlesien), t 11.7. 1940 München. E., Sohn eines Kreissekretärs und Enkel von Christoph Martin —> Wieland, besuchte seit 1886 die Kunstschule Breslau und bildete sich 1892-94 an der Pariser Académie Julian weiter. 1895 nach München gekommen, lebte er seit 1918 am Ammersee. Wie sein Bruder Erich —» E. begründete er 1896 die Zeitschrift „Jugend" und 1899 die Künstlervereinigung „Scholle" mit. Er schuf großformatige dekorative Gemälde und Fresken zumeist mit Motiven aus der germanischen Mythologie, so im Wiesbadener Kurhaus ( 1907), im Festsaal des Rathauses von Hannover (1912) und für den Sitzungssaal der Münchner Rückversicherung (1913). Auch als Porträtist bekam E. zahlreiche Aufträge; malte er um die Jahrhundertwende Richard —> Strauss und Gerhart -> Hauptmann, war er zur Zeit des Nationalsozialismus besonders erfolgreich mit Bildnissen von Adolf —> Hitler, Franz Xaver von —>Epp oder Wilhelm —> Frick sowie den Gemälden Die Fremdlinge und Nordische Mutter. CD A K L E r l e r , (Kurt Gustav) Fritz, Politiker, * 1 4 . 7 . 1 9 1 3 Berlin, t 2 2 . 2 . 1 9 6 7 Pforzheim. E. wuchs als fünftes und jüngstes Kind in einem sozialdemokratischen Elternhaus auf; der Vater war Friseurmeister, die Mutter Schneiderin. Nach dem Besuch der Volksschule absolvierte der begabte Schüler, der am deutschfranzösischen Jugendaustausch teilnahm, zunächst die Realschule (1923-29), anschließend die Oberrealschule (1929-32). 1931 gründete er die Gruppe Prenzlauer Berg der Sozialistischen Arbeiterjugend und wurde 1932 Vorsitzender der Sozialistischen Schülergemeinschaft Groß-Berlins. Nach dem

Abitur fand er eine Stelle in der Bezirksverwaltung Prenzlauer Berg. Angesichts der Machtübergabe an die Nationalsozialisten Schloß sich E. der linkssozialistischen Widerstandsgruppe „Neu Beginnen" an. Im April 1933 wurde er aus der Berliner S P D ausgeschlossen. 1938 wechselte E. als kaufmännischer Leiter eines chemischen Unternehmens in die Industrie über. Wenige Monate nach der Heirat mit Käthe Wiegand im November 1938 wurde er von der Gestapo verhaftet. E. saß bis zum August 1939 in Untersuchungshaft, wo er Kurt —> Schumacher kennenlernte. Der Zweite Senat des Volksgerichtshofs verurteilte ihn zu zehn Jahren Zuchthaus mit Zwangsarbeit wegen Vorbereitung zum Hochverrat. Vom Zuchthaus Brandenburg wurde er 1940 in das Konzentrationslager Ascherdorfer Moor im Emsland überstellt, wo er sich stark für die von den Gefangenen betriebene „Mooruniversität" engagierte. Ende 1940 wurde E. für wenige Wochen in ein Lager bei Dieburg in Hessen überführt, bis er in das Zuchthaus KasselWehlheiden verbracht wurde. Im April 1945 gelang ihm bei der Evakuierung der Strafanstalt die Flucht. Im Mai 1945 ernannte ihn die französische Besatzungsmacht zum Landrat in Biberach/Riß. Da E. Teilen der Besatzungsmacht wegen seiner sozialistischen Auffassungen unbequem wurde, nahmen sie seine Mithilfe bei der Flucht von aus der Fremdenlegion desertierten Deutschen in die US-Zone zum Anlaß, ihn von Januar bis Mai 1946 im Lager Balingen zu internieren. Nachdem Carlo —> Schmid ihn in die Landespolitik von Südwürttemberg-Hohenzollern geholt hatte, leitete er eine Kommission zur Entnazifizierung und Reorganisation der Staatsverwaltung, gelangte 1947 in den Landtag und wurde im selben Jahr Landrat in Tuttlingen. Mit 36 Jahren wurde E. in den ersten Deutschen Bundestag gewählt, und er verschrieb sich ganz der Politik. Sein stetes Engagement für ein Zusammenwachsen Europas - E. war Gründungsmitglied des Deutschen Rats der Europäischen Bewegung, dessen Vizepräsident er 1954 wurde, seit 1950 Mitglied der Beratenden Versammlung des Europarats, seit 1955 Mitglied der Versammlung der Westeuropäischen Union (WEU) und seit 1956 Vizepräsident der Europäischen Stiftung für Internationalen Austausch sowie der Deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik - führte ihn zur intensiven Auseinandersetzung mit sicherheitspolitischen Fragen. Ende der fünfziger Jahre galt er als der wehrpolitische Experte der SPD, doch erstreckte sich sein Interesse darüber hinaus auf die Außenpolitik. 1964 wurde E.s Aufstieg in die Führung von Partei und Fraktion mit der Wahl zum stellvertretenden Partei- und Fraktionsvorsitzenden abgeschlossen. Im selben Jahr wurde er Vizepräsident des Institute for Strategie Studies in London. E. zählt zur kleinen Schar brillanter Parlamentarier der Nachkriegszeit, aus welcher er durch persönliche Integrität, politische Redlichkeit, Mut, Bescheidenheit und intellektuellen Esprit hervorstach. Mit den Schriften des austromarxistischen Theoretikers Otto —> Bauer war er ebenso vertraut wie mit den inneren Problemen der Bundeswehr. E., der zunächst für ein zwischen Ost und West vermittelndes Deutschland und ein Europa der Dritten Kraft eingetreten war, entwickelte sich rasch zu einem überzeugten Anhänger der Westintegration, ohne daß er die Frage der deutschen Einheit aus den Augen verlor. Er trug wesentlich dazu bei, die SPD von einer verknöcherten Funktionärspartei in eine moderne linke Volkspartei zu verwandeln und sie aus einer intransigenten, isolierten Oppositionshaltung herauszuführen, um sie in eine regierungsfähige Position zu bringen. Die Bildung der Großen Koalition im November 1966 krönte diese politisch erfolgreiche Strategie, doch konnte E., der neben Willy —> Brandt als erster sozialdemokratischer Bundeskanzler im Gespräch war, deren Anfänge nur noch vom Krankenbett aus verfolgen.

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Erler WERKE: Sozialismus als Gegenwartsaufgabe. Schwenningen 1947. - Demokratie in Deutschland. Übertragen aus dem Englischen und bearb. v. Theo Sommer. Stuttgart 1965. Politik für Deutschland. Stuttgart 1968. LITERATUR: Hartmut Soell: F. E. - Eine politische Biographie. 2 Bde., Berlin/Bonn 1976. Karsten Rudolph Erler, (Richard) Georg, Historiker, * 1.1.1850 Krögis bei Meißen, f 30.6. 1913 Münster. E., Sohn eines Veterinärmediziners, studierte seit 1869 Philologie und Geschichte in Leipzig (Promotion 1874), war dort 1873-84 Lehrer am Nikolai-Gymnasium und habilitierte sich 1887 für Mittlere und Neuere Geschichte (Dietrich von Nieheim. Sein Leben und seine Schriften, Nachdr. 1977). Seit 1890 a. o. Prof., folgte Ε. 1892 einem Ruf als o. Prof. an die Univ. Königsberg und 1902 nach Münster, wo er 1907/08 Rektor der Univ. war. Er wurde Vorsitzender der Historischen Kommission für Westfalen und war 1907-10 Herausgeber der „Beiträge zur Geschichte Niedersachsens und Westfalens". E.s Arbeiten befassen sich vorwiegend mit der Papst- und Konziliengeschichte des 14. und 15. Jh. im Zusammenhang mit Studien über —» Dietrich von Nieheim. Er veröffentlichte eine Deutsche Geschichte in den Erzählungen ihrer Geschichtsschreiber (3 Bde., 1882-84) und gab Die Matrikel der Universität Leipzig ¡409-1559 (3 Bde., 1895-1902, Nachdr. 1976) sowie die der Univ. Königsberg (2 Bde., 1908-12) heraus. m Leb Sachsen, Bd 4 Erler, Georg (Oskar), Maler, Graphiker, Radierer, * 15.10. 1871 Dresden, t 6.7. 1951 Ainring bei Bad Reichenhall. E. studierte 1892-94 an der Kunstgewerbeschule in Dresden bei Oskar -> Seyffert, anschießend bis 1898 an der Kunstakademie bei Gotthardt —> Kuehl und Hugo —» Bürkner. 1901 erhielt er ein zweijähriges Rom-Stipendium. 1897 hielt er sich zu Studienzwecken in Paris auf, wo zahlreiche Ansichten der Stadt entstanden. Anschließend war er ein Jahr in München tätig und stand unter dem Einfluß des Radierers Heinrich -»Wolff. 1901-09 gehörte E. der Gruppe „Die Elbier" an. 1913 wurde er Prof. an der Kunstgewerbschule in Dresden. 1937-43 vorübergehend im Ruhestand, nahm er anschließend seine Lehrtätigkeit wieder auf. Bei der Bombardierung Dresdens verlor E. Atelier und Werk und zog 1945 nach Ainring. E. wurde v.a. durch seine Radierungen in technisch aufwendigen Verfahren und seine Farblithographien bekannt. Er schuf Darstellungen aus dem Volks- und Arbeiterleben, Akte, Exlibris und Stadtlandschaften, darunter 20 lithographierte Ansichten Dresdens, sowie Buchillustrationen. CP AKL Erler, Liselotte, Kostüm- und Bühnenbildnerin, * 9.3. 1915 Gießen, f 5.3. 1990. Hamburg. E. studierte 1934/35 an der Kunstakademie in München bei Emil -»Preetorius und war 1935/36 Assistentin von Leo Pasetti. Anschließend arbeitete sie als Kostümbildnerin und war 1939-42 Leiterin des Kostümwesens am Stadttheater in Breslau. In München war sie auch als Bühnenbildnerin tätig, 1944 beim Bayerischen Staatsschauspiel, 1945-48 bei den Städtischen Bühnen, 1949-58 bei den Kammerspielen und 1962/63 an der Bayerischen Staatsoper. Daneben arbeitete sie 1960/61 bei den Bühnen der Stadt Köln, 1964-72 am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg und 1968-83 an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf. 1957-86 gastierte E. am Württembergischen Staatstheater in Stuttgart, an der Staatsoper und am Burgtheater in Wien, an der Niederländischen Oper in Amsterdam und am Teatro della Scala in Mailand. E.s Kostümentwürfe für Schauspiel, Oper und Ballett waren für die deutsche Theatergeschichte stilbildend. OD AKL

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Erler, Otto, Schriftsteller, Dramaturg, * 4.8.1873 Gera, t 8.10.1943 Dresden. E. studierte in Marburg, Berlin und Greifswald neuere Sprachen, Germanistik und Geschichte. Nach der Promotion 1896 unterrichtete er am Realgymnasium in Plauen, seit 1901 in Dresden, zuletzt als Gymnasialprofessor. Zugleich war er dort Dramaturg am Schauspielhaus. Nach dem Übertritt in den Ruhestand 1933 siedelte er nach Weimar über. Erstmals 1899 mit Lyrik hervorgetreten, wandelte sich E. bald zum Dramatiker, beeinflußt von Heinrich von —> Kleist und Friedrich —»Hebbel. Mit seiner Tragödie Zar Peter (1905) fand er Anerkennung auch im Ausland. Sein nächstes Werk erregte Aufsehen, weil Die Hosen des Bartolus (1910), eine Auseinandersetzung mit dem Zölibat, nach Annahme durch das Berliner Hebbeltheater zunächst verboten wurden. Zu seinen späteren Werken zählt Thors Gast (1937). ED DLL, 20. Jh. Erlinger, Georg, auch Erlanger, Formschneider, Drucker, * um 1485 Augsburg, t 1541 Bamberg. E. war 1502 an der Univ. Ingolstadt immatrikuliert. 1516 gab er ein vielleicht von ihm selbst verfaßtes astrologisches Werk heraus. Zunächst in seiner Heimatstadt und seit 1519 in Bamberg als Formschneider tätig, wandte er sich 1522 auch dem Buchdruck zu. In seiner Offizin druckte E. zahlreiche, meist unfirmierte Reformationsschriften, geschmückt mit Holzschnittbordüren und -Illustrationen. 1524 ging er nach Wertheim, wo er Graf Georg II. das Evangelion Christi, eine selbst besorgte Zusammenstellung der Evangelien, widmete. 1525 nach Bamberg zurückgekehrt, gab er die evang. Lehre auf und wurde mit dem Druck amtlicher Schreiben der fürstbischöflichen Regierung beauftragt. Dennoch brachte E. 1530 die Restauflage seines Evangelions mit einem Vorwort - » Melanchthons heraus. Die von E.s Witwe weitergeführte Druckerei ging 1543 in den Besitz des Bamberger Hofs über. m

AKL

Erlung, Bischof von Würzburg, * um 1045/50 Ostfranken, t 30.(28.7)12. 1121 Würzburg. E., Neffe des —»Meinhard von Bamberg, wurde von diesem zum Kleriker ausgebildet und kam an den kaiserlichen Hof. Etwa seit 1095 verfaßte er einen Großteil der Briefe —»Heinrichs IV. und war 1103-05 dessen Kanzler. 1105 zum Bischof von Würzburg gewählt, setzte ihn —» Heinrich V. im Juli desselben Jahres zunächst wieder ab. Dennoch trat E. auf dessen Seite über, wurde 1106 erneut inthronisiert und hatte das Bischofsamt bis zum Tod inne. Er nahm 1110/11 am Romzug Heinrichs V. und am 7. 8. 1111 an der Beisetzung Heinrichs IV. in Speyer teil. E. gilt als Verfasser zweier anonymer Werke. Im Carmen de bello Saxonico (kurz nach 1075) schildert er voller Bewunderung für den König den Sieg Heinrichs IV. über die Sachsen (1075). Die Vita Heinrici IV. (1106) ist eine biographisch gestaltete Totenklage, in der E. Tugenden und Schicksal des Herrschers einfühlsam beschreibt. • • VL Erlwein, Georg, Ingenieur, Elektrochemiker, * 20.5.1863 Kunreuth (Oberfranken), t 24.8. 1945 Potsdam. E., Sohn eines Bierbrauers und Gastwirts, studierte Chemie und Physik in Würzburg und Erlangen, wo er 1887 (Schiefergesteine Süd-Georgiens) promoviert wurde. Danach ging er als Elektrotechniker zur Deutschen Edison-Gesellschaft nach Berlin. Seit 1888 alleiniger Elektrochemiker im Berliner Werk von Siemens & Halske, wechselte er zwei Jahre später ins dortige Laboratorium, das Werner von —» Siemens leitete. Hier befaßte sich E. hauptsächlich mit der Sterilisation des Trinkwassers und der Luft durch Ozon. Kurz nach 1900 wurden unter E.s Leitung die Ozonwasserwerke Wiesbaden-Schierstein und Paderborn errichtet, wodurch an diesen Orten die Typhusepidemien ein Ende fanden. 1911 erhielten St. Petersburg und Paris Siemens-Ozonwasserwerke.

Erman E. war überdies führend beteiligt an der Entwicklung von Retortenöfen zur Herstellung des in der Landwirtschaft bedeutsamen Kalkstickstoffs. Die Konstituierung der Cyanidgesellschaft (und die von ihr gegründete Bayerische Stickstoffwerke AG) ging auf E.s Initiative zurück. Er veröffentlichte u . a . Herstellung und Verwendung des Ozons (1911). 1943 erhielt E. die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft. CD N D B

Erlwein,

Hans (Jakob), Architekt, * 1 3 . 6 . 1 8 7 2 Bayerisch Gmain bei Bad Reichenhall, t 9. 10.1914 A m a g n e - L u c q u y bei Rethel (Frankreich). Nach d e m Studium an der T H München und ausgedehnten Studienreisen wurde der Hotelierssohn E., Vetter von Georg —> E., Bauassessor bei den bayerischen Staatsbahnen in A m berg, Regierungsbauführer in der bayerischen Militärverwaltung und 1898 Stadtbaurat von Bamberg, wo er die Bautradition der Stadt mit ihren Spätrenaissancegiebeln weiterentwickelte (u. a. Luitpoldschule und Chirurgisches Krankenhaus). Seit 1905 Stadtbaurat in Dresden, veränderte er durch eine Vielzahl von Bauten das Stadtbild in h o h e m M a ß e („Stil der Erlwein-Zeit"). Er überwand den Historismus und ließ die Farbe zurückkehren. Das Vieh- und Schlachthofviertel mit rund siebzig Einzelbauten gestaltete er 1906-10 in ihrer Gesamtheit, den Theaterplatz rundete er mit dem „Italienischen D ö r f c h e n " (1910-13) ab. E. verunglückte bei einem „Liebesgabentransport" an die Front. CD A K L

Ermacora,

Felix, österr. Jurist, Politiker, * 13. 10. 1923 Klagenfurt, t 2 5 . 2 . 1995 Wien. Der Sohn eines Bahnbeamten nahm am Zweiten Weltkrieg teil, studierte in Innsbruck und Paris Rechtswissenschaften und habilitierte sich 1951 für Staats- und Verwaltungsrecht an der Univ. Innsbruck. Nach praktischen Jahren beim Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes wurde E. 1957 a. o. Prof. an der Univ. Innsbruck, ehe ihn die Univ. Wien auf einen Lehrstuhl f ü r öffentliches Recht berief. International bekannt machte ihn sein Einsatz für die Menschenrechte. M e h r als drei Jahrzehnte arbeitete E. in den M e n schenrechtskommissionen des Europarats und der Vereinten Nationen und untersuchte im Auftrag der U N O weltweit Konfliktherde. Seit 1971 gehörte er für die Ö V P d e m österr. Nationalrat an. E. veröffentlichte u. a. Handbuch der Grundfreiheiten und Menschenrechte (1963). 1993 erschien Menschenrechte ohne Wenn und Aber. Meine Erlebnisse und Begegnungen. CD DLL, 20. Jh. E r m a n , (Georg) Adolf, Geophysiker, Naturforscher, * 12.5. 1806 Berlin, t 1 2 . 7 . 1 8 7 7 Berlin. E. studierte in Berlin Physik bei seinem Vater Paul —>E. und bei Ernst Florens Friedrich —»Chladni, Mathematik und Astronomie bei Jabbo Oltmanns und Geographie bei Carl —> Ritter. Nach seiner Promotion 1826 im Fach Physik (Rationis quae inter Volumina corporis eiusdem. Solidi, liquescentis, liquidi, intercedit, specimen) war er Volontärassistent bei d e m Astronomen Friedrich Wilhelm —»Bessel. 1828 brach er auf zu einer Reise um die Erde: Auf der ersten Etappe begleitete er zwei Norweger auf einer magnetischen Expedition nach Sibirien, reiste ab Kjachta an der Grenze zur Mongolei allein weiter und gelangte nach Ochotsk. Er überquerte das Ochotskische M e e r und nahm von Petropawlowsk auf Kamtschatka aus an einer russischen Weltumsegelung teil, deren Route über Südamerika nach St. Petersburg führte. 1830 war E. wieder zurück in Berlin. Auf seiner Reise führte er magnetische, meteorologische sowie geographische Messungen durch; seine Eindrücke und Ergebnisse legte er in den folgenden Jahren in einem umfassenden Bericht nieder (Reise um die Erde durch Nordasien und die beiden Oceane in den Jahren 1828-30, 1. Abt.: 5 Bde., 1833-42; 2. Abt.: 2 Bde. mit Atlas, 1835-41). 1834 wurde E. in Berlin zum

a. o. Prof. ernannt; er unterrichtete am französischen G y m nasium und war verantwortlich für die Herausgabe des „Archivs für wissenschaftliche K u n d e von Rußland". Das Ziel, auf eine ordentliche Professur berufen zu werden, blieb ihm offenbar u. a. aus politischen und persönlichen Gründen verwehrt. Wissenschaftlich beschäftigte sich E. weiterhin mit geophysikalischen Fragestellungen. Er verfaßte zahlreiche bedeutende Arbeiten zum Erdmagnetismus, darunter die Berechnung der Konstanten f ü r die von Carl Friedrich —> Gauß aufgestellte Theorie des Erdmagnetismus, die er 1874 im Auftrag der kaiserlichen Admiralität durchführte. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Der Lauf des Obi zwischen Tobolsk und Obdorsk, berichtigt durch astronomische Beobachtungen ( 1831 ) und Zur Theorie der Sternschnuppen (1867). E. war seit 1874 auswärtiges Mitglied der Royal Society in London. Er war der Vater des Agyptologen Adolf —»E. sowie von Heinrich und Wilhelm - > E . CD D S B E r m a n , (Johann Peter) Adolf, Ägyptologe, * 31. 10. 1854 Berlin, t 2 6 . 6 . 1937 Berlin. E., Sohn des Naturforschers Adolf —>E. und Bruder von Heinrich und Wilhelm —>E., studierte Ägyptologie in Leipzig und Berlin, w o er 1878 mit der Dissertation Die Pluralbildung im Ägyptischen promoviert wurde und sich 1880 für Ägyptologie habilitierte. 1884 übernahm er als Nachfolger von Richard —> Lepsius die Direktion des Ägyptischen M u seums in Berlin und wurde 1885 a. o., 1892 o . P r o f . an der dortigen Universität. Er war Mitglied zahlreicher Akademien im In- und Ausland. Mit dem von ihm begründeten Ägyptischen Wörterbuch, für dessen Unterstützung sein amerikanischer Schüler James Henry Breasted die Rockefeller Foundation gewann, schuf E. die philologischen Grundlagen der Ägyptologie, die er mit Büchern wie von dem noch in der gegenwärtigen Ägyptologie als Standardwerk angesehenen Buch Ägypten und ägyptisches Leben im Altertum (1885, 3 1923, neu bearbeitet von Hermann —> Ranke, Nachdr. mit einem Vorwort von A r n e Eggebrecht, 1987) und Die Religion der Ägypter ( 1934, 2 2001 ) zugleich auf Themen der Religion, Literatur und des Alltagslebens ausdehnte. 1929 veröffentlichte er Mein Werden und mein Wirken. Als Haupt der „Berliner Schule" weltweit anerkannt, erhielt E. als „Vierteljude" 1934 Lehrverbot. 1982 erschien Der Nachlaß Adolf Erman (hrsg. von Hans Kloft). CD N D B

Erman,

Hans, Schriftsteller, * 1 0 . 3 . 1 9 0 0 Straßburg, t 1 8 . 8 . 1 9 8 4 Berlin. Nach d e m Studium und der Promotion zum Dr. phil. trat E. 1924 mit der Schrift Dramaturgie des Sturm und Drang erstmals hervor. Seit 1925 gab er die Zeitschrift „Marionettentheater" heraus und war 1937-40 Mitherausgeber des Illustrierten Filmbuchs. Nach d e m Zweiten Weltkrieg erschienen zunächst einige Hörspiele, später vor allem Biographien, darunter Elisabeth von England (1953). 1954 veröffentlichte er ein in Zusammenarbeit mit einem Enkel August —» Scherls verfaßtes Porträt August Scherl. Dämonie und Erfolg in Wilhelminischer Zeit (1954). E. war Vorsitzender des Schutzverbandes Berliner Schriftsteller und Vizepräsident des Deutschen Schriftstellerverbandes. CD DLL, 20. Jh.

Erman,

Heinrich, Jurist, * 1 5 . 1 . 1 8 5 7 Berlin, t 1 0 . 5 . 1 9 4 0 Münster. Nach d e m Studium in Leipzig und Berlin erhielt E., Sohn des Naturforscher Adolf —> E. und Bruder des Ägyptologen Adolf —>E. und des Bibliothekars Wilhelm —>E„ noch im Jahr der Promotion 1883 einen Ruf an die Univ. Lausanne als a . o . P r o f . für römisches Recht. Seit 1885 o.Prof., bekam er 1889 eine entsprechende Professur in Genf, kehrte aber 1896 nach Lausanne zurück. Dort gründete er neben d e m Studentenverein „Germania" den „Deutschen Hilfsverein" als Zentren deutschen Lebens in der Stadt. 1902-27 wirkte

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Erman er als Ordinarius für bürgerliches und römisches Recht in Münster und wechselte 1928 erneut nach Lausanne, wo er zusätzlich Veranstaltungen über B o d e n r e f o r m abhielt. Mit diesem Gebiet hatte er sich seit 1906 befaßt und war längere Zeit zweiter Vorsitzender des Bundes deutscher Bodenreformer. Neben zahlreichen Werken zu Detailfragen des römischen Rechts veröffentlichte E. zuletzt Die Bodenreform in der Reichsverfassung (1930), bevor er sich 1933 in Münster zur R u h e setzte. CD Munzinger E r m a n , Paul, Physiker, * 2 7 . 2 . 1764 Berlin, t 11. 10. 1851 Berlin. E., Mitglied der französischen Kolonie in Berlin, schon früh Anhänger Kants und von Rousseau beeinflußt, besuchte das Séminaire de Théologie und wurde dort 1781 Lehrer. 1791 erhielt er eine Professur am Französischen G y m n a s i u m und unterrichtete zugleich Physik an der Académie des Nobles (seit 1818 Allgemeine Kriegsschule). Mit der Gründung der Berliner Univ. wurde Ε. 1810 deren erster Ordinarius für Physik. 1819 erfolgte die A u f n a h m e in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. Seit 1820 vom G y m nasialunterricht befreit, lehrte er an Kriegsschule und Univ. bis 1846. Als heftiger Gegner der romantischen Naturforschung und idealistischen Naturphilosophie setzte sich E. f ü r die Experimentalphysik ein. E. entdeckte u. a. das Spannungsgefälle im äußeren Stromkreis der Voltaischen Säule (1801) und wies zusammen mit seinem Sohn, dem Naturforscher Adolf —» E., die stetige Temperaturzunahme im Erdinnern nach. Für seine Arbeit Über die fünffache Verschiedenheit der Körper in Rücksicht auf galvanisches Leitungsvermögen (1806) erhielt er den Galvanischen Preis des Pariser Institut National. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Über den wechselseitigen Einfluss von Electricität und Wärmethätigkeit (1814), Umrisse zu den physischen Verhältnissen des von Örsted entdeckten elektro-chemischen Magnetismus (1821) und Über die magnetischen Verhältnisse der Gegend von Berlin (1831). OD N D B E r m a n , Wilhelm (Adolf), Bibliothekar, * 13.6. 1850 Berlin, t 19.5. 1932 Bonn. E., Sohn des Naturforschers Adolf —»E. und Bruder des Ägyptologen Adolf - > E . und des Juristen Heinrich —»E., studierte seit 1868 Geographie, Philologie, Sanskrit, Geschichte und Philosophie in Berlin und Leipzig, wo er 1872 promoviert wurde. Seit 1874 Assistent an der Kgl. Bibliothek Berlin, gab er 1878-89 die „Mitteilungen der afrikanischen Gesellschaft in Deutschland" heraus. 1889 wurde E. Vorstand, 1894 Direktor der Universitätsbibliothek Berlin, die er ausbaute und umgestaltete. 1901 übernahm er die entsprechende Position in Breslau, 1907-20 in Bonn. Als Berater Friedrich —»Althoffs gehörte E. zu den Vätern der preuß. Bibliotheksreform. Er veröffentlichte u. a. Bibliographie der deutschen Universitäten (3 Bde., 1 9 0 4 / 0 5 , mit Ewald Horn) und Weltbibliographie und Einheitskatalog (1919). 1924 erschien Schwarzrotgold und Schwarzweißrot. Ein historischer Rückblick ( 2 1925), 1927 die familiengeschichtlich angelegte Biographie seines Großvaters, Paul Erman, ein Berliner Gelehrtenleben. DO N D B E r m a t i n g e r , Emil, schweizer. Literaturwissenschaftler, * 2 1 . 5 . 1 8 7 3 Schaffhausen, t 1 7 . 9 . 1 9 5 3 Zürich. Nach dem Studium der Klassischen Philologie, des Sanskrit und der Geschichte der antike Philosophie in Zürich und Berlin, das er 1897 mit der Promotion abgeschloß (Die attische Autochthonensage bis auf Euripides), war E., Sohn eines Kaufmanns, Gymnasiallehrer in Winterthur, bis er 1909 einen Ruf als Prof. für Deutsche Literatur an der Ε Τ Η Zürich erhielt. 1912-43 lehrte er, zunächst als a. o . P r o f . f ü r Neuere deutsche Literaturgeschichte, seit 1921 als o . P r o f . für Ältere Literatur von 1500 bis zu Goethes Tod, zugleich an der dortigen Universität. G e m ä ß seinem theoretischen Hauptwerk

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Das dichterische Kunstwerk. Grundbegriffe der Urteilsbildung in der Literaturgeschichte (1921, die 3., überarbeitete Auflage 1939 enthält antisemitische Ausfälle) forderte er eine Erklärung der Dichtung aus der Erlebniswelt des Autors und ein persönliches Werturteil des Wissenschaftlers. E., einer der führenden Repräsentanten der geistesgeschichtlichen Literaturbetrachtung in der Nachfolge Wilhelm —> Diltheys, veröffentlichte u . a . Dichtung und Geistesleben der deutschen Schweiz (1933) und Deutsche Dichter 1700-1900. Eine Geistesgeschichte in Lebensbildern (2 Bde., 1 9 4 8 / 4 9 , 2 1961). Seine beiden Erinnerungsbücher Richte des Lebens und Jahre des Wirkens erschienen 1943 und 1945. Er war der Vater von Erhart —> E. DP I G L E r m a t i n g e r , Erhart, schweizer. Komponist, Musikschriftsteller, * 1 6 . 2 . 1 9 0 0 Winterthur, t 14.7. 1966 Arnheim (Niederlande). Der Sohn von Emil —>E. studierte 1918-22 Musik am Zürcher Konservatorium und an der Hochschule für Musik in Berlin. 1 9 2 5 / 2 6 übernahm er einen Lehrauftrag an der Univ. Freiburg/Breisgau. Nach seiner Tätigkeit als Kritiker bei der „Allgemeinen Musikzeitung" in Berlin (1926-30) war er Chordirigent im niederländischen Nederhemert, bis er 1934 in Zürich seßhaft wurde. Dort wirkte er vor allem als Chorerzieher und seit 1945 als Theorielehrer am Konservatorium. E.s von Ferruccio —»Busoni und Heinrich Kaminski bestimmte Kunstauffassung zeigte tiefe Skepsis gegenüber d e m kompositorischen Schaffen der Gegenwart, die er u . a . in der Schrift Zerfall und Krise des nachklassischen Musiklebens (1939) formulierte. Im Zentrum seines Œuvres stehen Chorwerke, Motetten und Kantaten, daneben schuf E. eine Oper, drei Symphonien, Sonaten sowie Orgelwerke. m MGG E r m e c k e , Gustav Peter, kath. Moraltheologe, * 2 8 . 2 . 1907 Hörde (heute zu Dortmund), t 17.2. 1987 Witten. E. studierte seit 1926 Romanistik und Anglistik, seit 1927 auch Jura und wurde 1929 in Bonn zum Dr. phil. promoviert. 1932 begann er in Paderborn das Studium der Theologie, wurde 1933 in Münster zum Dr. jur. promoviert und empfing 1936 die Priesterweihe. Nach einer Tätigkeit in der Seelsorge erhielt E. 1939 eine Stelle als Studienpräfekt. 1940 in Münster auch zum Dr. theol. promoviert (Die natürlichen Seinsgrundlagen der christlichen Ethik), wurde er im folgenden Jahr Geheimsekretär im Rang eines Erzbischöflichen Kaplans unter d e m Erzbischof von Paderborn, Lorenz —> Jaeger. 1945-65 lehrte E. als Prof. für Moraltheologie und Sozialethik an der A k a d e m i e in Paderborn, anschließend bis 1975 als o.Prof. an der Univ. B o c h u m . E. war Synodalrichter, Ehrendomherr, Mitglied der Päpstlichen Römischen Theologischen Akademie, Peritus der Päpstlichen Kongregation für die Glaubenslehre und Päpstlicher Ehrenprälat. Er veröffentlichte u. a. Zur ethischen Begründung der Todesstrafe heute (1959) und Katholische Moraltheologie (3 Bde., 1959-61). m BBKL E r m e l s , Johann Franciscus, auch Ermel, Ermelein, Maler, Radierer, * 1641 R e i l k i r c h / M o s e l , t 3 . 1 2 . 1 6 9 3 Nürnberg. E.' in Köln erfahrenen Einfluß des Historienmalers Johann Hulsmann hatte während eines Hollandaufenthalts der Landschaftsmaler Jan Both überlagert. 1660 ging E. nach Nürnberg, wurde im folgenden Jahr Meister, 1662 Bürger der Stadt und trat zum Protestantismus über. Er Schloß sich besonders Wilhelm von —> B e m m e l an, dessen Landschaften E. mit Figuren bestückte. Als Historienmaler debütierte er 1661 mit Christus und die Samariterin am Brunnen. Sein bekanntestes Werk entstand 1663 mit der Auferstehung Christi auf dem Muffeischen Altar in St. Sebald zu Nürnberg. Neben Landschaftsmalereien schuf E. Zeichnungen und Bildnisradierungen. CD A K L

Ermold Ermenrich

von Ellwangen, auch Ermenerich, Hermanrich, Hermenrich, Benediktiner, Bischof von Passau, * um 814, t 26. 12.874 Passau. Nach f r ü h e m Eintritt ins Benediktinerkloster Ellwangen war E. etwa 822-26 Schüler des - > Rudolf von Fulda. U m 833 wurde er in die Hofkapelle —> Ludwigs des Deutschen in Regensburg a u f g e n o m m e n , kehrte aber etwa 839 nach Ellwangen zurück. U m 846-49 studierte und lehrte E. unter —»Walahfrid Strabo auf der Reichenau und ging nach dessen Tod zu Grimald, d e m A b t von St. Gallen. 866 wurde er Bischof von Passau. Als Verfechter der karolingischen Missionspolitik suchte er 8 6 7 / 6 8 das Gebiet des Bulgarenfürsten Boris der deutschen Donaumission einzugliedern, doch päpstliche Missionare waren ihm zuvorgekommen. Ebenso erfolglos k ä m p f t e er gegen den Slawenapostel Methodios in Mähren, veranlaßte aber dessen Gefangenschaft 870-73, woraufhin ihn Papst Johannes VIII. absetzte. E. hinterließ zwei hagiographische Werke, Vita Sualonis (839-42) und Vita Hariolfi (vor 849), sowie eine Epistola ad Grimaldum ( 8 5 0 / 5 5 ) . m VL E r m e r s , Max, bis 1910 Maximilian Rosenthal, österr. Kunsthistoriker, Journalist, Redakteur, * 11.2. 1881 Wien, t 2 . 1 0 . 1 9 5 0 Wien. E., Sohn eines Exporteurs, studierte nach einer Ausbildung an der Wiener Handelsakademie und dreijähriger Berufstätigkeit seit 1901 in Berlin, Zürich und München Volkswirtschaft, Biologie, Geschichte und Kunstgeschichte und wurde 1909 zum Dr. phil. promoviert (Die Architekturen in Raffaels Gemälden). Er lehrte deutsche Literatur und Kunstgeschichte an der Arbeiterhochschule Berlin sowie 1912-14 alte und byzantinische Kunstgeschichte am Volksheim für Erwachsenenbildung in Wien und gründete das erste kunsthistorische Institut an der Univ. Wien. Nach d e m Ersten Weltkrieg war E. Gründer und 1919-23 Leiter des städtischen Siedlungsamtes, Organisator der Wiener Siedlungsbewegung und gemeinsam mit Adolf —> Loos Erbauer von über zwanzig Siedlungen. E. gab die Zeitschriften „Neue E r d e " (1919-21) und „Wiener Zeit" ( 1 9 3 4 / 3 5 ) heraus. 1939 nach Großbritannien emigriert, arbeitete er als Glasbläser in der Bimini-Kunstwerkstätte Fritz —»Lampls und als Bibliothekar an der Univ. Cambridge. 1948 nach Wien zurückgekehrt, wurde E. Pressechef des Instituts f ü r Friedenswissenschaft und Völkerverständigung. Er veröffentlichte u. a. Victor Adler. Aufstieg und Größe einer sozialistischen Partei (1932) und Allen gehört die Erde! (1950). CD Lex dt-jüd Autoren E r m i n o l d , Abt von Prüfening, t 6. 1. 1121 Prüfening. Früh dem Benediktinerkloster Hirsau anvertraut, wurde der aus einem edelfreien schwäbischen Geschlecht stammende E. auf Wunsch Kaiser —> Heinrichs V. Abt der Reichsabtei Lorsch. 1114 beauftragte ihn Bischof —»Otto von Bamberg mit der Leitung des von diesem nahe Regensburg gegründeten Klosters Prüfening, des ersten Hirsauer Klosters in Altbayern. Seine unbeugsame Durchsetzung der R e f o r m b e w e gung von Cluny („Hirsauer Klosterreform") stieß auf erbitterten Widerstand. E. wurde von einem Mönch derart verprügelt, daß er tags darauf verstarb. 1283 fand seine Seligsprechung und Beisetzung in einem Hochgrab statt, dessen Schöpfer als Erminold-Meister bekannt ist. m LexMA

Erminold-Meister, Bildhauer, 2. Hälfte 13. Jh. Über die Person des E. sind keine biographischen Fakten bekannt. Nach neueren Forschungen war er möglicherweise mit d e m Dombaumeister Ludwig identisch, der um 1280 nach Regensburg berufen wurde. Hauptwerk des E. ist das Hochgrab des Abtes —> Erminold in St. Georg (RegensburgPrüfening). Das Grab ist nach oberrheinischen Vorbildern gestaltet. DD L e x M A

Ermisch,

Hubert (Maximilian), Archivar, Bibliothekar, * 2 3 . 6 . 1 8 5 0 Torgau, t 6 . 4 . 1932 Dresden. E. studierte Geschichte und Philosophie in Heidelberg und Göttingen, wo er 1871 promoviert wurde. 1872-74 Erzieher der Prinzen Adolf Wilhelm Viktor und Otto Heinrich zu Schaumburg-Lippe, ging er an das Staatsarchiv Breslau und war 1875-1907 Archivar am Sächsischen Hauptstaatsarchiv in Dresden. Dort entwickelte E. Grundsätze für die Bewahrung der Materialien und führte Visitationen bei allen Gemeinde- und sonstigen Archiven ein, die dem Staatsarchiv unterstellt wurden, trieb verwaltungstechnische Neuerungen voran und publizierte bedeutende Quellen zur sächsischen Geschichte, u. a. die Urkundenbücher von Chemnitz und Freiberg und Urkunden der Markgrafen von Meißen und Landgrafen von Thüringen (3 Bde., 1887-89). 1880-1925 hatte E. die Schriftleitung des „Neuen Archivs f ü r sächsische Geschichte" inne. 1907-20 war er Direktor der Kgl. Öffentlichen Bibliothek (seit 1917 Landesbibliothek) Dresden sowie Vorsitzender des Sächsischen Altertumsvereins. E. war der Vater von Hubert (Georg Karl Rudolf Wilhelm) - > E . m LGB

Ermisch,

Hubert (Georg Karl Rudolf Wilhelm), Architekt, * 2 1 . 9 . 1 8 8 3 Dresden, t 11.11. 1951 Dresden. Während des Studiums 1904-07 an den Technischen Hochschulen Dresden und München wurde E., Sohn von Hubert (Maximilian) - > E . , von Cornelius —»Gurlitt praktisch wie theoretisch auf die Denkmalpflege hingewiesen. Nach d e m Ersten Weltkrieg oblagen ihm, nun Regierungsbaurat, in Leipzig die Bauleitung der Tierärztlichen Fakultät der Univ. und die Umbauten der Frauenklinik und der Universitätsbibliothek. 1924-36 übernahm er die Wiederherstellung des Zwingers in Dresden, der durch unsachgemäße Sicherungsarbeiten im 19. Jh. schwere Schäden erlitten hatte. Dabei rekonstruierte er Parkanlagen und Graben nach den alten Plänen. Seit 1939 betreute E. die Bergungsorte der Dresdner Kunstsammlungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg leitete er im Auftrag der Landesregierung den Wiederaufbau des Zwingers und der benachbarten Hofkirche, w o f ü r er 1951 der Nationalpreis erhielt. e n NDB

Ermisch,

(Georg Friedrich) Richard, Architekt, Maler, Zeichner, * 1 7 . 6 . 1 8 8 5 H a l l e / S a a l e , t 7. 12. 1960 Berlin. E. besuchte 1903-06 die Königliche Preußische Baugewerbeschule in Erfurt, war 1906 Mitarbeiter des Architekten Karl Doflein in Berlin, 1907-22 bei der Bauverwaltung Charlottenburg und 1923-50 bei der Berliner Bauverwaltung. 1921 wurde er Baurat, 1929 Oberbaurat, später Magistratsbaurat und Stadtbaudirektor. E. war am Spandauer Siedlungsprogramm beteiligt, für das er zahlreiche Mehrfamilienbauten mit mehreren hundert Wohnungen baute. Außerdem errichtete er die S c h u l f a r m Scharfenberg am Tegeler See (1927-28, 1934-36). Mit Martin Wagner zusammen baute E. das Strandbad Wannsee (1929-30). Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte er mit Karl —> Bonatz zusammen eine Wiederaufbauplan für Berlin. 1950 schied er aus dem Staatsdienst aus. Daneben war E. auch als Maler und Zeichner tätig. c u AKL E r m o l d , Ludwig, Sänger, * 2 . 6 . 1883 Offenbach, t 15.12. 1949 Offenbach. E. debütierte 1905 am Stadttheater Zürich als Baculus in —»Lortzings Wildschütz und folgte 1909 einem Ruf an die Hofoper (später Staatsoper) Dresden. In einer mehr als fünfunddreißigjährigen Ensemblezugehörigkeit erwarb er sich einen Ruf als Buffosänger und als —> Wagner-Interpret, zwischen 1911 und 1935 sang er in den Uraufführungen von Richard —> Strauss' Rosenkavalier, Intermezzo und Die schweigsame Frau. Seine musikalischen Leistungen ver-

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Ermweig mochte E. durch ein außergewöhnliches schauspielerisches Talent zu unterstreichen. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in zunehmender geistiger Umnachtung in seiner Heimatstadt. CD Kutsch E r m w e i g , Michael, auch Ermbeig, Handelsherr, * 1523 Weiden, t 9.2. 1594 Weiden. Seit 1548 Ratsmitglied in Weiden, wurde E. 1554 Bürgermeister und Almosenpfleger sowie 1565-68 Bauleiter beim Wiederaufbau des Altalmosenkastens der Stadt, die er zudem mit einem zinslosen Baudarlehen unterstützte. 1569 wurde E. als Stadtrichter zuständig für die Kriminalgerichtsbarkeit. Von seinem großen Vermögen, das er sich als Malzhändler erworben hatte, richtete er eine Stiftung für bedürftige Studenten ein, die erst 1817 aufgelöst wurde. E r n é , Nino, eigentl. Giovanni Bruno E.; Pseud. Gur Bland, Golo Jacobsen, René Ramon, Irenaus Schnuspelpold, Bruno Scorpione, Hugo Stummel, Peter Zapfel, Schriftsteller, Journalist, * 31.10. 1921 Berlin, t 11. 12. 1994 Mainz. E. studierte in Berlin Germanistik und war nach der Promotion (Die schwebende Betonung als Kunstmittel in der Lyrik. Untersucht an den Gedichten Rainer Maria Rilkes, 1944) Lektor beim S. Fischer-Verlag. Nach Aufenthalten in Hamburg, München, Aix-en-Provence, wo er an der Univ. lehrte, siedelte er nach London über. 1966-73 war er ZDFKorrespondent in Rom und später in der Hauptredaktion „Aktuelles" für die Kulturberichterstattung des Mainzer Senders verantwortlich. E., mit Ernst —»Sander befreundet, schrieb Gedichte (Der sinnende Bettler, 1946), Erzählungen (Kinder des Saturn, 1987), Essays (Kunst der Novelle, 1956) und Romane (u.a. Rom, ein Tag - eine Nacht, 1982; Alter Mann in Manhattan, 1994). Sein letztes Werk Der weiße Pavillon (1995) gestaltet in Briefen und Tagebuchaufzeichnungen ein bis in die preziose Tonlage stimmiges Bild des Rokoko in Aix-en-Provence. E. war auch als Übersetzer (von Dino Buzzati, Italo Calvino) und Herausgeber (u.a. von Arthur Conan Doyle: Sherlock Holmes' sämtliche Romane, 1966) tätig. m DLL, 20. Jh. E r n e m a n n , (Carl Heinrich) Alexander, Ingenieur, Industrieller, * 3.6. 1878 Dresden, t 14. 10.1956 Stuttgart. Nach dem Examen zum Diplomingenieur an der TH Dresden ging E. vier Jahre in die USA. 1904 trat er in die von seinem Vater Heinrich —>E. gegründete Ernemann-Werke AG ein und kümmerte sich um die noch junge Kinematographie. E. begann als Betriebsingenieur und wurde Direktor, 1910 Vorstandsmitglied. Nach der Fusion mit anderen Kamerabetrieben zur Zeiss-Ikon AG 1925 erhielt er auch hier 1926 einen Sitz im Vorstand. Den Ernemann-Werken fiel vorwiegend die Fabrikation von Kinoprojektoren zu. Schon 1909 konstruierte E. den ersten deutschen Stahlprojektor, der als „Ernemann I" Urtyp der späteren, Weltruf erlangenden Kinoprojektoren war. 1924 brachte er die Kleinbildkamera „Ermanox" mit der damals sehr großen Lichtstärke 1 :2 heraus. Nach Enteignung der Dresdner Werke 1946 und Sitzverlegung der Zeiss-Ikon AG nach Stuttgart wurden unter E.s Leitung im Zweigwerk Kiel neuartige Kinoprojektoren, die „Ernemann-Maschinen", gebaut. Als erster Deutscher wurde E. 1956 Ehrenmitglied der Society of Motion Picture and Television Engineers in New York. CD NDB E r n e m a n n , (Johann) Heinrich, Industrieller, * 28.5.1850 Gernrode/Harz, t 16.5.1928 Dresden. E. erwarb 1876 in Dresden ein Textilhandelsgeschäft, das er wieder verkaufte, und 1889 eine Tischlerei, den Grundstock der späteren Ernemann-Werke zur Fabrikation von Kameras. Er baute einen preiswerten Amateurapparat, wobei er anstelle der Glaslinse ein periskopisches Objektiv in Messingfassung und einen Metallverschluß einsetzte; Maschinen-

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statt Handarbeit steigerte die Präzision. 1898 gliederte E. die Görlitzer Camerafabrik Herbst & Firl ein und stellte nun auch Apparate für klinische, wissenschaftliche und kriminalistische Zwecke her. 1907 begann er als erster sächsischer Betrieb mit der Produktion von kinematographischen Objektiven. Neben der Erfindung des Rollfilms 1890 trugen die von E. konstruierten Präzisionskameras zur weltweiten Verbreitung der Photographie seit der Jahrhundertwende bei. m NDB Ernest, Gustav, urspr. Seligsohn, Musiker, Komponist, Musikwissenschaftler, * 5.7.1858 Marienwerder bei Berlin, f 1941 Amsterdam. Während seines Jurastudiums in Berlin war E. Klavierschüler u.a. von Theodor —>Kullak. 1883-1909 wirkte er in London als Pianist, Komponist und Dirigent sowie als Lehrer an der Musikschule des Crystal Palace. 1884 gewann er mit einer Konzertouvertüre einen internationalen Preis der Philharmonie Society. 1909 nach Berlin zurückgekehrt, wurde E. 1910 Dozent für Musikwissenschaft an der HumboldtAkademie. E. komponierte Kantaten, Lieder, Klavier- und Cellostücke sowie zwei Violinkonzerte. Neben zahlreichen Beiträgen in Fachzeitschriften veröffentlichte er Biographien von —> Wagner, —> Beethoven und —> Brahms sowie Wilhelm Berger. Ein deutscher Meister (1931). CD MGG Ernest, Wilhelm, eigentl. Willy Schlichting, Sänger, * 16.5.1913 München, t 23.4.1975 Füssen. E. wollte zuerst Landwirt werden, studierte dann Ingenieurwissenschaft und ließ seine Stimme bei Paul Bender in München ausbilden. Ersten Auftritten 1941 bei Opernvorstellungen bei einem Münchner Marionettentheater folgte nach dem Zweiten Weltkrieg eine Bühnenkarriere an Theatern in Kaiserslautern, Düsseldorf und Augsburg. E. trat in dieser Zeit unter seinem eigentlichen Namen auf, vervollkommnete sein Studium bei Edith Lukaschik in München und wurde 1951 am Stadttheater Regensburg, 1953 an der Oper in Frankfurt/Main unter seinem Pseudonym bekannt. 1957 wechselte der Heldentenor an die Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf-Duisburg. Bei Gastspielen in den Niederlanden, in Belgien, Frankreich, Spanien, Großbritannien und Mexiko sang er u. a. den Siegmund in der Walküre, den Florestan in —» Beethovens Fidelio und den Titelhelden in Hans —»Pfitzners Ρ cilestrina. CD Kutsch Ernesti, August Wilhelm, Philologe, * 26. 11.1733 Frohndorf (Thüringen), t 29.7. 1801 Leipzig. Der Neffe des Johann August —» E. studierte in Leipzig Mathematik, Geschichte und Philologie, wurde 1757 Magister und habilitierte sich 1758. Seit 1765 a.o. Prof., trat er 1770 als o. Prof. an die Stelle seines Onkels. Ein Schlaganfall zu Beginn der neunziger Jahre beendete seine Lehrtätigkeit, in deren Zentrum die lateinischen Schriftsteller gestanden hatten. Als E.s erste Publikation erschien 1769 eine Ausgabe des Titus Livius, mit einem Glossar versehen. Seine Memoriae erschienen zusammen mit anderen kleinen Schriften 1794 als Opuscula oratorio-philologica. CD ADB Ernesti, Johann August, evang. Theologe, Philologe, Pädagoge, * 4.8. 1707 Tennstedt (Thüringen), t 11.9.1781 Leipzig. Der Sohn eines evang. Theologen und Bruder von Johann Friedrich Christoph —>E. war Zögling der Fürstenschule Pforta und studierte seit 1726 in Wittenberg und Leipzig Philologie, Philosophie, Theologie und Mathematik. 1730 wurde er Magister, 1731 Konrektor der Thomasschule zu Leipzig (und damit Vorgesetzter von Johann Sebastian —>Bach) und 1734 als Nachfolger von Johann Matthias —»Gesner deren Rektor. Er verfaßte ein umfangreiches

Ernst gelehrtes Werk, darunter neben verschiedenen Schulordnungen die sich an Christian —> Wolff orientierenden Initia doctrinae solidioris (1736, 3 1750) und war 1736-38 Antipode Bachs in einem langwierigen Kompetenzstreit. Zugleich seit 1742 a. o . P r o f . der klassischen Literatur an der Univ. Leipzig, wurde er 1756 o . P r o f . der Beredsamkeit und 1759 auch der Theologie. 1762 legte er das Rektorenamt nieder. Als Gutachter der Zensur bewirkte er ein Verbot der Leiden des jungen Werther von —» Goethe. Mit Gesner gilt E. als Reformator der humanistischen Bildung, wobei ihm ein auf die Inhalte gerichtetes Studium der lateinischen Literatur als Bildungsziel vorschwebte; er erwarb sich den Ehrennamen „Germanorum Cicero". In der Theologie begründete E. mit seiner Anweisung f ü r den Ausleger des Neuen Testaments (Institutio interpretis Novi Testamenti, 1761, 5 1809) eine F o r m der philologisch-historischen Exegese, die alle dogmatischen Aneignungskategorien als Gegenstände einer eigenständigen Dogmengeschichte zuwies. E. trat auch als Kommentator klassischer Autoren hervor. Er war der Vater von Johann Christian Gottlieb —>E. CD R G G

Ernesti,

Johann Christian Gottlieb, Philologe, * 1756 Arnstadt (Bez. Erfurt), t 5. / 6 . 6 . 1802 Kahnsdorf bei Leipzig. E., Sohn von Johann August —>E., studierte Philologie und Theologie in Leipzig, wurde 1777 Magister und habilitierte sich 1779. 1782 wurde er a. o. und 1802, wenige Monate vor seinem Tod, o. Prof. Er befaßte sich in seinen Vorlesungen und Veröffentlichungen mit den griechischen und römischen Klassikern. E. zog als einer der ersten Philologen die griechischen Lexikographen zur Auslegung der Bibel heran; sein besonderes Interesse aber galt der rhetorischen Technik. Schon 1789 mit der Herausgabe von Ciceros Briefen befaßt, veröffentlichte er zehn Jahre später Cicero's Geist und Kunst (3 Bde., 1799-1802), eine mit Kommentaren versehene Übersetzung. CD A D B

Ernesti,

Johann Friedrich Christoph, evang. Theologe, * 2 3 . 2 . 1 7 0 5 Tennstedt (Thüringen), t 2 4 . 2 . 1 7 5 8 Arnstadt. Der Bruder von Johann August —»E. studierte in Wittenberg und Leipzig Theologie. 1730 beauftragte ihn Prinz Wilhelm von Schwarzburg mit der Aufsicht über seine Bibliothek. Danach war er Pfarrsubstitut in Alkersleben und neun Jahre Inspektor in Gehren. 1744 wurde E. Archidiakon und 1747 Superintendent von Arnstadt, wo er am Lyzeum Religionsunterricht erteilte. Er verfaßte mehrere Auslegungen zum Alten und Neuen Testament, doch beschäftigte ihn vor allem die kritische Untersuchung sämtlicher Lesarten des hebräischen Β i bel textes. e n ADB

Ernesti,

Johann Heinrich, Schulmann, Philologe, * 1 2 . 3 . 1 6 5 2 Königsfeld (Sachsen), t 1 6 . 1 0 . 1 7 2 9 Leipzig. E. studierte 1670-74 in Leipzig. Seit 1684 Rektor der Thomasschule, erhielt er 1691 zusätzlich einen Ruf an die Universität. Als Prof. der Poesie hatte er alljährlich die Lebensläufe der Magister- und Promotionskandidaten in Versf o r m zu fassen. Diese „Panegyrici" und Anekdoten über die Univ. hat E. seit 1678 in mehreren Sammlungen veröffentlicht, zuletzt in Paralipomena (1711). E. verfaßte theologische, philosophische und altphilologische Arbeiten sowie Studien zum deutschen Humanismus. Für die Schule schrieb er Lehrbücher, u. a. zur Rhetorik und zur Poetik. CD D L L

Ernesti,

Johann Heinrich Martin, Pädagoge, Historiker, Schriftsteller, Philosoph, * 26. 11.1755 Mitwitz (Oberfranken), t 10.5. 1836 Coburg. E. war seit 1784 Prof. am akademischen G y m n a s i u m in Coburg. Er veröffentlichte zahlreiche Schriften für den Schulunterricht sowie moralphilosophische Abhandlungen, u. a. Praktische Unterweisung in den schönen Wissenschaften für

die kleine Jugend (1778, 2 1780), Initia Romanae Latinitatis (2 Bde., 1 7 8 0 / 8 1 , Neuaufl. 1792), Anweisung zur Glückseligkeit. Ein Elementarbuch für Schulen (1787), Neues Handbuch der Dicht- und Redekunst (2 Bde., 1798), Concordia. Ein Buch zur Beförderung des häuslichen, bürgerlichen und National-Glücks (1797), Pflichten und Tugendlehre der Vernunft und Religion nach den Bedürfnissen der Zeit (1817). E. führte das von Friedrich Karl Gottlob - > H i r s c h i n g begonnene Historisch-literarische Handbuch berühmter und denkwürdiger Personen, welche in dem 18. Jahrhundert gestorben sind (ab Bd. 5, 1801) weiter.

Ernesti, (Heinrich Friedrich Theodor) Ludwig, evang. Theologe, * 2 7 . 5 . 1 8 1 4 Braunschweig, t 1 7 . 8 . 1 8 8 0 Wolfenbüttel. Nach seinem Studium in Göttingen war E. Hilfsprediger in Braunschweig und seit 1838 Diakon. 1843 wurde er Superintendent von Wolfenbüttel, 1850 Konsistorialrat, 1858 Generalsuperintendent, 1877 Vizepräsident des Landeskonsistoriums. Schon seit 1852 Abgesandter bei der Eisenacher Kirchenkonferenz, war er 1874-80 deren Präsident und hatte entscheidenden Anteil an der Einführung der synodalen Kirchenordnung in Braunschweig. E.s Erläuterung des Kleinen Katechismus Martin —» Luthers wurde erstmals 1858 als öffentliches Lehrbuch eingeführt. Zu seinen Werken zählt ferner Vom Ursprung der Sünde nach paulinischem Lehrgehalte (2 Bde., 1855-62). CD B B K L Ernsdorfer,

Bernhard von, Taubstummenlehrer, * 2 0 . 8 . 1767 Landshut, t 3 0 . 1 1 . 1 8 3 6 M ü n c h e n . Nach d e m Studium der Theologie in Freising, München und Ingolstadt wurde E., Sohn eines Stadtgerichtsprokurators, 1790 zum Priester geweiht. Fünf Jahre danach ging er als Lehrer nach Freising, ließ sich 1797 in Wien zum Taubstummenlehrer ausbilden und eröffnete 1798 im M ü n c h n e r Josephspital eine Taubstummenfreischule. 1804 entstand unter seiner Leitung in Freising die erste bayerische Taubstummenanstalt, die, 1817 zur „Musteranstalt" erklärt, auch der Ausbildung von Taubstummenlehrern diente und 1826 nach M ü n c h e n verlegt wurde. E. sorgte für die schulische wie auch die berufliche Bildung der Zöglinge. Er veröffentlichte u. a. Über den Zweck öffentlicher Taubstummenanstalten (1814). m NDB

Ernst I.,

Markgraf von Baden-Durlach, * 7.10.1482 Pforzheim, t 6 . 2 . 1 5 5 3 Sulzburg. Zunächst z u m Geistlichen bestimmt, trat E., Sohn des Markgrafen —> Christoph I. von Baden, 1515 die provisorische Regierung der Markgrafschaft Hochberg an, erlangte die fürstliche Gewalt aber erst nach dem Tod des Vaters 1527. 1533 erbten er und —»Bernhard III. die Länder ihres Bruders —»Philipp, doch führten stete Streitereien 1535 zur Teilung; E. erhielt Pforzheim und Durlach. Er erweiterte sein Gebiet durch zahlreiche Zukäufe; 1545 zog er das Nimburger Antoniterkloster ein. Der u m Gesetzgebung und Verwaltung bemühte Landesherr war dem Luthertum zugetan, scheute aber den offenen Bruch mit der kath. Kirche aus Furcht vor —> Karl V. Dieser Zwiespalt veranlaßte den Gründer des Hauses Baden-Durlach 1552 zum Verzicht auf die Regierung zugunsten seiner beiden Söhne Bernhard und —> Karl II. von Baden-Durlach. CD N D B

Ernst Friedrich,

Markgraf von Baden-Durlach, * 17.10. 1560 Mühlburg (Baden), t 14. (24.) 4. 1604 Remchingen (Kr. Pforzheim). Seit seiner Mündigsprechung 1584 teilte E. F. das von seinem Vater Markgraf —»Karl II. ererbte Land mit zwei

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Ernst Brüdern, 1595 mit d e m bis dahin unter E. F.s Vormundschaft stehenden —» Georg Friedrich. In seiner Durlacher Residenz gründete er 1586 das Ernestinum, beteiligte sich 1592 am Straßburger Kapitelstreit und Schloß 1594 das Heilbronner Bündnis, Vorläufer der evang. Union. 1599 trat der Lutheraner öffentlich zum Calvinismus über und legte sein Bekenntnis im sog. Stafforter Buch nieder. Durch seine Konfessionspolitik in den von ihm okkupierten oberbadischen Herrschaften seines kath. Vetters und seines verstorbenen Bruders drohte ihm die Reichsacht. Der Stifter des Ritterordens zur blauen Binde (1584) pflegte U m g a n g mit Künstlern und Humanisten wie Nikolaus von - » Reusner. Von Geisterglauben und Verfolgungswahn gefangen, starb E. F. auf einer Strafexpedition gegen Pforzheim. m NDB E r n s t , Herzog von Bayern-München, * 1373, t 2 . 7 . 1 4 3 8 München. E., Sohn Herzog Johanns II., regierte mit seinem Bruder —»Wilhelm III., von seinem Oheim —»Stephan III. und dessen Sohn —» L u d w i g VII. von Ingolstadt in offenem Krieg verfolgt. In der Residenzstadt München stand das Patriziat unter Jörg Katzmair zu ihm, die Bürgerschaft zu den Herzögen von Ingolstadt, so daß der Besitz der Stadt wiederholt zwischen den Parteien wechselte. 1414 Schloß E. mit drei Wittelsbachern das „Bündnis des Sittich" gegen Ludwig VII., der 1422 bei Alling besiegt wurde. Nach Aussterben der Linie Straubing-Holland erhoben die Brüder Anspruch auf den Straubinger Landesteil; mit d e m Preßburger Schied 1429 erhielt E. u. a. Stadt und Landgericht Straubing sowie weitgehende Rechte in Regensburg. Agnes - » Bernauer, die ihr Verlöbnis mit seinem Sohn - » Albrecht nicht widerrief, ließ er 1435 in der Donau bei Straubing ertränken. E. war seit 1396 mit —» Elisabeth, der Tochter des B e r n a b ò Visconti verheiratet. CD N D B E r n s t , Markgraf von Brandenburg, * 18.1. 1617 Jägerndorf, f 4. 10.1642. E.s Vater wurde als Parteigänger des böhmischen Winterkönigs - » F r i e d r i c h von der Pfalz nach der Schlacht am Weißen Berg (1621) von Kaiser —» Ferdinand II. mit der Reichsacht belegt und verlor damit sein schlesisches Herzogtum Jägerndorf. Auf verwandtschaftliche Unterstützung angewiesen, verbrachte E. einen großen Teil seiner Jugend auf Reisen in Italien und Frankreich, zuletzt in ärmlichen Verhältnissen in Deutschland. 1640 ging er an den Hof des Kurfürsten von Brandenburg. Als Demonstration gegen den Kaiser ernannte ihn —»Friedrich Wilhelm zum Statthalter in den Marken. Jedoch schon nach anderthalb Jahren konnte E. seine A u f g a b e infolge einer schweren Gemütskrankheit nicht mehr bewältigen. DP A D B

Ernst

der Bekenner, Herzog von Braunschweig-LüneburgCelle, * 2 6 . 6 . 1497 Uelzen, f 11. 1. 1546 Celle. E., Sohn Herzog —»Heinrichs des Mittleren von Braunschweig-Lüneburg, studierte 1512-18 in Wittenberg, w o er auch —»Luther hörte. Nach dreijährigem Aufenthalt am französischen Hof übernahm er 1521 die Mitregentschaft und wurde nach der Resignation des Vaters und dem Verzicht seiner Brüder 1539 Alleinherrscher in seinem Territorium. Er konsolidierte das durch die Hildesheimer Stiftsf e h d e (1514-19) zerrüttete Land, führte seit 1525 die Reformation ein und begann nach der Teilnahme am Reichstag zu Speyer 1526 mit der Säkularisierung der Klöster. Mit Luther besprach er 1527 die Organisation des neuen Kirchenwesens und berief 1530 Urbanus —»Rhegius als ersten Generalsuperintendenten nach Celle. Im selben Jahr unterzeichnete er die Confessio Augustana, w o f ü r er im 18. Jh. seinen Beinamen erhielt. Er war Mitglied des Schmalkaldischen Bundes,

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der durch ihn seine erste feste Bastion in Norddeutschland fand. Mit d e m 1535 gegründeten Hofgericht führte er erstmals das römische Recht in seinem Land ein. CD N D B

Ernst d. Α., Herzog von

Braunschweig-Grubenhagen,

* nach 1290, t 9 . 3 . 1 3 6 1 . Der Sohn —» Heinrichs des Wunderlichen war für den geistlichen Stand vorgesehen, verließ aber nach d e m Tod des Vaters 1322 das Stift St. Blasius in Braunschweig und teilte mit den Brüdern —»Heinrich und Wilhelm das Erbe. Er bekam Einbeck, Grubenhagen und Osterode. Als Wilhelm kinderlos starb und die S ö h n e Heinrichs verzichteten, wurde E. Regent sämtlicher grubenhagenscher Länder. Er bereicherte Klöster durch Schenkungen und gewährte den Städten seines Herzogtums wichtige Privilegien. 1359 machte er seinen Sohn Albrecht zum Mitregenten. c n ADB

Ernst d. J., Herzog von

Braunschweig-Grubenhagen,

* 2 . 4 . 1518, 2 . 4 . 1 5 6 7 begraben in Osterode. E. kam früh an den Mansfelder Hof und begleitete Kurfürst - » J o h a n n Friedrich von Sachsen, Oberbefehlshaber des Schmalkaldischen Bundes, d e m er nach der Schlacht bei Mühlberg 1547 freiwillig in kaiserliche Haft folgte. Nach der Auflösung des Schmalkaldischen Bundes und der Rückkehr in die Heimat auf Schloß Salz übernahm E. 1551 die Regierung des Herzogtums Grubenhagen. Er förderte die Weiterentwicklung des Bergbaus. Überdies sorgte er für die Verankerung des Luthertums. Mit König Philipp II. von Spanien Schloß E. 1556 einen Dienstvertrag auf sechs Jahre, quittierte jedoch den Kriegsdienst, als Philipp begann, die protestantischen Niederlande zu unterwerfen. ED A D B

Ernst August,

Prinz von Hannover, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, * 17.11. 1887 Penzing (heute zu Wien), t 3 0 . 1 . 1 9 5 3 Schloß Marienburg (Kr. Hannover). Ε. Α., Sohn des Herzogs von Cumberland, trat 1908 als Offizier in die bayerische A r m e e ein. Nach seiner Heirat mit —»Viktoria Luise, der Tochter Kaiser —»Wilhelms II., 1913 und der Aussöhnung zwischen Hohenzollern und Weifen, nach dem Verzicht seines Vaters auf alle Ansprüche und nach Anerkennung der Reichsverfassung konnte E. A. im N o v e m b e r 1913 die Regierung in Braunschweig antreten. In der Novemberrevolution 1918 mußte er abdanken lebte danach in G m u n d e n (Oberösterreich) oder auf Schloß Blankenburg im Harz. 1933 nahm die Familie ihren Wohnsitz auf Schloß Blankenburg, seit 1945 auf der Marienburg bei Nordstemmen. 1950 versteigerte E. A. Teile seines Besitztums. Er war der Vater des Prinzen —» Ernst August. CD Munzinger

Ernst August, Herzog von Braunschweig und Lüneburg, Kurfürst von Hannover, Bischof von Osnabrück, * 3 0 . 1 1 . 1629 H e r z b e r g / H a r z , t 2 . 2 . 1698 Herrenhausen (heute zu Hannover). Seit 1646 Koadjutor des Erzstifts Magdeburg, wurde Ε. Α., Sohn Herzog —»Georgs von Braunschweig-Lüneburg, nach dessen Säkularisation infolge des Westfälischen Friedens mit der Option auf das alternierend katholisch und protestantisch regierte Bistum Osnabrück entschädigt, w o er 1661 evang. Bischof wurde. Nach dem Tod seines kinderlosen Bruders —»Johann Friedrich übernahm er 1679 dessen Herzogtum Calenberg, setzte durch einen Vertrag mit seinem Bruder —»Georg Wilhelm 1682 die Primogenitur im Weifenhaus durch und erlangte 1692 gegen starke Widerstände die Kurwürde für Hannover. Durch seine Ehe (1658) mit der Stuart-Enkelin —»Sophie von der Pfalz erwarb er seinem Haus die Anwartschaft auf die englische Krone. E. war der Vater des Osnabrücker Bischofs —» Ernst August II.. DP Allg Hann Biogr, Bd 3

Ernst Ernst August, Herzog von Cumberland, König von Hannover, * 5 . 6 . 1771 London, t 1 8 . 1 1 . 1 8 5 1 Hannover. Der Sohn König —» Georgs III. von Großbritannien und Irland studierte in Göttingen und nahm 1793-95 am ersten Koalitionskrieg teil. Seit 1799 Herzog von Cumberland, war er im Oberhaus Führer der Tories und bestrebt, j e d e R e f o r m zu verhindern. Mit d e m E n d e der Personalunion zwischen Hannover und Großbritannien 1837 wurde E. A. König von Hannover, beseitigte sogleich das Staatsgrundgesetz von 1833 und enthob die dagegen protestierenden „Göttinger Sieben" ihrer Ämter. 1848 mußte sich der erbitterte Feind der Paulskirche der liberalen Strömung beugen und das Innenministerium Johann Carl Bertram —» Stüve übertragen. Zwar konnte er diesen 1850 entlassen, die D u r c h f ü h r u n g der Märzreform unter dessen Nachfolger aber kaum noch behindern. m Allg Hann Biogr, Bd 2

Ernst August

Georg Wilhelm, Prinz von Hannover, Herzog zu Braunschweig-Lüneburg, * 18.3. 1914 Braunschweig, t 9. 12.1987 Hannover. Der älteste Sohn des letzten regierenden Herzogs —> Ernst August von Braunschweig studierte Rechtswissenschaften in Freiburg, Berlin, Oxford und Göttingen, wo er promoviert wurde. Im Zweiten Weltkrieg Offizier, war er nach d e m 20. Juli 1944 für kurze Zeit verhaftet. Nach dem Tod des Vaters 1953 wurde E. A. Oberhaupt des Weifenhauses, stand aber lange im Schatten seiner Mutter. Er leitete seinen landwirtschaftlichen Besitz Calenberg bei Nordstemmen. Aufsehen erregten E. A.s Verkäufe und Versteigerungen aus dem Familienbesitz. t u Munzinger

Ernst Ludwig,

Landgraf von Hessen-Darmstadt, * 15.12. 1667 Gotha, t 12.9. 1739 Schloß Jägersburg (Hessen). E. L., der 1688 als Nachfolger seines Stiefbruders Ludwig VII. die Herrschaft des unter den französischen Raubkriegen leidenden Landes übernahm, verlegte den Hof zunächst nach Gießen und erleichterte dadurch die Hinwendung zum Pietismus, der jedoch nach d e m Tod seiner Frau 1705 einer freieren Lebensauffassung wich. E. L. reformierte Wirtschaft und Verwaltung in absolutistischem Sinne, übte Toleranz gegenüber Katholiken wie Juden und siedelte im Odenwald Waldenser an. Unter d e m Druck von Beamten und Pfarrern mußte E. L., auch Dichter und Komponist geistlicher Lieder, 1718 den Plan für ein ständiges Theater aufgeben sowie die Parforcejagd und den Bau mehrerer Jagdschlösser einstellen. Außenpolitisch wenig erfolgreich, lag E. L. auf reichspolitischem Kurs mit scharfer antifranzösischer Tendenz. CD N D B

Ernst Ludwig,

Großherzog von Hessen und bei Rhein, * 2 5 . 1 1 . 1868 Darmstadt, t 9 . 1 0 . 1 9 3 7 Schloß Wolfsgarten (Kr. Offenbach). Seit 1892 an der Regierung, versuchte der liberalkonstitutionell eingestellte Sohn des Großherzogs ^ L u d wig VI. und der —» Alice von Hessen 1916 vergeblich, über familiäre Verbindungen - seine Schwester Alix (—» Alexandra Feodorowna) war seit 1894 Zarin - Friedensgespräche mit Rußland einzuleiten. Nach seiner Absetzung im N o v e m b e r 1918 hat E. L. nie einen Thronverzicht erklärt. Förderer von Wissenschaft und Volkswohlfahrt, engagierte er sich besonders für die Künste. Wegweisend waren die Ausstellungen der 1899 entstandenen „Darmstädter Künstlerkolonie". Hier versammelte E. L. Architekten, Bildhauer, Kunstgewerbler und Maler, darunter Peter - » Behrens und Joseph Maria —> Olbrich. Auch die Gründung des Porzellanm u s e u m s (1907), des J a g d m u s e u m s Kranichstein, der „Gesellschaft hessischer B ü c h e r f r e u n d e " (beide 1918) und der „Schule der Weisheit" (1920) sind E. L.s Initiative zu verdanken. DP N D B

E r n s t , Landgraf von Hessen-Rheinfels, * 18.12.1623 Kassel, t 12.5. 1693 Köln. Der calvinistisch erzogene E. aus der zweiten Ehe des Landgrafen —> Moritz von Hessen-Kassel diente nach ausgedehnten Reisen und längeren Studien in Paris (1636-41) seit 1642 im Heer seines Hauses. 1649 erhielt er aus der 1624 für die Söhne dieser Ehe gestifteten „Quart" die Niedergrafschaft Katzenelnbogen mit der Festung Rheinfels. Nach d e m Tod seiner Brüder fiel ihm bis 1658 die gesamte Quart mit E s c h w e g e und Rotenburg zu, doch lag die Landeshoheit bei seinem Halbbruder —»Wilhelm aus der Hauptlinie Hessen-Kassel. Vergeblich suchte E. die Landeshoheit zu erlangen. 1650 mit der H o f f n u n g auf politische Hilfe in Wien, wurde er dort f ü r den Katholizismus gewonnen, trat 1652 im Kölner Dom zur kath. Kirche über und gründete in St. Goar, Nastätten und seiner Sommerresidenz Bad Schwalbach kath. Pfarrkirchen. Dennoch hielt er eine Wiedervereinigung der Konfessionen für möglich und korrespondierte darüber mit Gottfried Wilhelm —»Leibniz, Philipp Jakob —»Spener und Jacques-Bénigne Bossuet. 1663 trat E. in Wien in kaiserliche Dienste gegen die Türken. • • NDB E r n s t , Herzog von Bayern, Kurfürst und Erzbischof von Köln, * 1 7 . 1 2 . 1 5 5 4 München, t 17.2. 1612 Arnsberg. Als Zwölfjähriger wurde E., Sohn —> Albrechts V. von Bayern, Bischof von Freising, 1573, mit päpstlicher Dispens, auch Bischof von Hildesheim. In Köln 1577 zum Priester geweiht, wurde er 1581 ferner Fürstbischof von Lüttich und Administrator der Abtei Stablo-Malmedy. Nach Absetzung des Gebhard —»Truchseß von Waldburg wurde E. 1583 zu dessen Nachfolger als Kölner Erzbischof gewählt, konnte das Kurfürstentum jedoch erst mit Hilfe von bayerischen und spanisch-niederländischen Truppen in Besitz nehmen. Seit 1585 auch noch Bischof von Münster, war er ein entschiedener Vertreter der Gegenreformation in West- und Nordwestdeutschland. Der nie zum Bischof Geweihte förderte in seinen Diözesen die Niederlassungen der Jesuiten und setzte sich trotz seiner Pfründenkumulation für die Durchsetzung der Beschlüsse des Konzils von Trient ein. Wegen seines umstrittenen Lebenswandels mußte E. 1595-1611 sein kirchliches A m t dem Neffen —»Ferdinand von Bayern überlassen und zog sich mit seiner Mätresse Gertrud von Plettenberg nach Arnsberg zurück. ED Gatz 2 E r n s t , Herzog von Sachsen, Erzbischof von Magdeburg, Administrator von Halberstadt, * 2 6 . 6 . 1464, t 3. 8 . 1 5 1 3 Halle/Saale. Mit elf Jahren wurde E. zum Erzbischof von Magdeburg postuliert. Gestützt auf kursächsische Räte, trat er die Regierung im Oktober 1476 an, empfing die geistlichen Weihen wegen seiner Minderjährigkeit hingegen schrittweise. Nachdem ihm sein Vater, Kurfürst —»Ernst von Sachsen, 1479 auch das Bistum Halberstadt verschafft hatte, wurde E. 1489 zum Erzbischof geweiht. Dieser Erwerb wichtiger Pfründen sollte den Wettinern bei der Ausdehnung ihres Machtbereichs nach Mitteldeutschland dienen. Während die Städte Halle und Halberstadt schon seit 1478 abhängig waren, mußte Magdeburg die Landeshoheit des Erzbischofs 1486 anerkennen. E. entfaltete eine rege Bautätigkeit, darunter die als Zwingburg gegen Halle errichtete Moritzburg, und stattete die Kirchen mit bedeutenden Kunstwerken aus. Seine bereits 1495 fertiggestellte Grabtumba im Magdeburger Dom gilt als eines der wichtigsten Werke der VischerWerkstatt in Norddeutschland. CD Gatz 2

Ernst

der Eiserne, Herzog von Österreich und Steiermark, * 1377 B r u c k / M u r (Steiermark), t 10.6. 1424 B r u c k / M u r . Bei der Erbteilung 1406 wurde E., Sohn Herzog —»Leopolds III. von Österreich, Herzog der Steiermark und damit Begründer der Steirischen Linie, der die späteren Habsburger entstammten. Nach d e m Tod des ältesten Bruders

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Ernst —»Wilhelm 1406 mußte er die Vormundschaft über den minderjährigen —» Albrecht V. und damit die Regentschaft über Nieder- und Oberösterreich dem Bruder —» Leopold IV. überlassen. Da E. beim Hochadel und dem wohlhabenden Bürgertum Wiens, Leopold hingegen beim niederen Adel und bei ärmeren städtischen Schichten Rückhalt suchte, eskalierte der Konflikt 1407 zum Bürgerkrieg und wurde erst 1409 durch einen Schiedsspruch König —»Sigismunds beendet. Nach dem Tod Leopolds 1411 Alleinherr in Innerösterreich, suchte E. auch in Tirol und den Vorlanden Fuß zu fassen, was mißlang. 1414 ließ er sich in Kärnten huldigen und nannte sich von da an Erzherzog. Sein Sohn war der spätere Kaiser - » Friedrich III. m NDB

Ernst, Erzherzog von Österreich, * 1 5 . 7 . 1 5 5 3 Wien, t 12.2. 1595 Brüssel. Mit seinem Bruder, dem späteren Kaiser - » Rudolf II., wurde E., Sohn Kaiser —»Maximilians II., seit 1564 am spanischen Hof erzogen. 1573 und 1575 bewarb er sich ohne Erfolg um den polnischen Thron. Statthalter seines Bruders in Ober- und Niederösterreich, förderte er im Auftrag Rudolfs, unterstützt von Kardinal Melchior - » K h l e s l , seit 1576 die Gegenreformation, später auch in Innerösterreich, wo er seit 1590 die Vormundschaft über die Söhne des Erzherzogs —»Karl führte. 1593 als Nachfolger Alessandro Farneses zum spanischen Statthalter in den Niederlanden ernannt, konnte er die dort herrschenden Unruhen nicht beenden. c d NDB

Ernst, Erzherzog von Österreich, * 8.8. 1824 Mailand, t 4 . 4 . 1899 Arco. Der Sohn des Vizekönigs der Lombardei und Venetiens, Erzherzog —» Rainers, widmete sich früh militärischen Studien. 1845 auf Vorschlag des Grafen —» Radetzky zum Oberst ernannt, stieg E. 1847 zum Generalmajor auf und nahm an den meisten Gefechten gegen die „Garibaldianer" teil. Für seinen Anteil an der Zersprengung der Freischaren 1849 wurde er 1850 zum Feldmarschalleutnant befördert. 1866 führte er in Böhmen ein Armeekorps gegen Preußen, wurde 1867 General der Kavallerie, zog sich aber im folgenden Jahr ins Privatleben zurück. c a ADB

Ernst August II., Herzog von Braunschweig-Lüneburg, evang. Bischof von Osnabrück, * 17.9. 1674 Osnabrück, t 14.8.1728 Osnabrück. Aufgewachsen am Hof seiner Mutter —»Sophie von der Pfalz, wurde Ε. Α., Sohn des Kurfürsten —» Ernst August von Hannover, 1716 evang. Bischof von Osnabrück, eine Folge der im Westfälischen Frieden 1648 festgelegten Alternation. Seine Regierung war von Konflikten mit den kath. Domherren ausgefüllt. Seine Versuche mißlangen, die Zinsen der Landesschulden an das Domkapitel von sechs auf reichsrechtliche fünf Prozent zu senken oder die Jesuiten auszuweisen. Erfolgreicher war seine 1722 eingeführte Eigentumsordnung, die das Verhältnis zwischen Gutsherren und bäuerlichen Hintersassen regelte und die 150 Jahre Bestand hatte. Gemäß merkantilistischer Anschauung förderte E. A. die heimische Kohlen-, Erz- und Salzgewinnung. Der aufgeklärte Absolutist blieb ehelos. DD NDB

Ernst von Österreich, Markgraf der bayerischen

Ostmark, * 1025/28, t 9 . 6 . 1075 Homburg/Unstrut (Sachsen). Der Sohn und seit 1055 Nachfolger des Markgrafen —»Adalbert, durch seine erste Ehe eng mit führenden sächsischen und thüringischen Familien verbunden, sicherte die Reichsgrenze im Osten gegen Ungarn. Unter ihm wurde die Eingliederung der Böhmischen Mark an der Thaya sowie der Ungarischen Mark an March und Fischa vollendet. Der Förderer des Klosters Melk unterstützte im Investiturstreit

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Kaiser —» Heinrich IV. und erlitt in dessen Kampf gegen die sächsischen Adligen in der Schlacht bei Homburg an der Unstrut eine tödliche Verwundung. CD NDB E r n s t , Herzog von Bayern, Administrator von Passau und Salzburg, * 1 3 . 6 . 1 5 0 0 München, f 7 . 1 2 . 1 5 6 0 Glatz. Erzogen von Johannes —»Aventinus in Burghausen, München und Landshut, machte E., Sohn Herzog - » A l brechts IV. von Bayern, eine Bildungsreise nach Italien, Frankreich und Sachsen, bis er sein Studium 1515 in Ingolstadt aufnahm. Schon 1516 übernahm er, der bereits Koadjutor des Bischofs von Passau war, nach dem Tod seines Vorgängers die Administration des Bistums. Anfänglich dem Luthertum nicht abgeneigt, erwies er sich bald als aktiver Gegenreformator und ließ 1527 den evangelisch gewordenen Kaplan Leonhard —» Käser auf dem Scheiterhaufen hinrichten. 1540 trat E. die Nachfolge des Erzbischofs Matthäus —» Lang als Administrator von Salzburg an, mußte aber 1554 auf das Erzstift verzichten, weil er den Empfang der höheren Weihen ablehnte, und zog sich in seine 1549 erworbene Grafschaft Glatz zurück, wo er sich mit Mathematik und Astrologie beschäftigte. Zu Beginn seines Wirkens in Salzburg konnte er - » Paracelsus veranlassen, sich in der Stadt niederzulassen. CD Gatz 2

Ernst Ludwig, Herzog von Pommern-Wolgast, * 2 . 1 1 . 1 5 4 5 Wolgast, t 17.6. 1592 Wolgast. E. L., Sohn Herzog Philipps I. von Pommern-Wolgast, studierte in Greifswald und Wittenberg u. a. Zivilrecht. Bei der Teilung von Pommern-Wolgast 1569 erhielt er Wolgast. Seine prunkvolle Hofhaltung führte das Land in finanzielle Nöte und zu dauerndem Streit mit den Stettiner Ständen über Steuerbewilligungen. E. L. förderte die Univ. Greifswald, verfügte die Errichtung eines später nach ihm benannten Neubaus und veranlaßte den Kanzler Valentin von —»Eickstedt, zu dessen Werk Epitome annalium Pomeraniae (1552) eine Chronik in deutscher Sprache abzufassen, ergänzt durch die wichtigsten weltgeschichtlichen Daten seit Christi Geburt. m NDB

Ernst von Pardubitz, Erzbischof von Prag, * um 1305 Hostinné oder Starà (heute Staré Hrady bei Jaromër), t 3 0 . 6 . 1 3 6 4 Raudnitz/Elbe. Aus ritterlichem Geschlecht der Malowetz von Pardubitz in Ostböhmen stammend, studierte E. in Bologna und Padua Kirchenrecht. 1326 wurde er Prager Domherr, 1338 Domdekan. Seit 1343 Bischof von Prag, wurde er 1344 zum ersten Erzbischof der neuen Metropole gewählt und legte im selben Jahr den Grundstein zur Prager Kathedrale. E. war 1348 Mitbegründer und Förderer der Prager Univ. sowie zahlreicher Klöster, Schulen, Hospitäler und weiterer Stiftungen. Um die Kirchenreform in Böhmen voranzutreiben, hielt er 1349 eine Provinzialsynode ab. Als enger Vertrauter von Kaiser —»Karl IV. beriet er diesen in Fragen der Verwaltung und Diplomatie. E. wurde in der von ihm gestifteten Chorherrenkirche zu Glatz beigesetzt. CD Gatz 1

Ernst, Kurfürst von Sachsen, * 2 4 . 3 . 1 4 4 1 Meißen, t 2 6 . 8 . 1 4 8 6 Colditz. E., der 1455 mit seinem jüngeren Bruder —» Albrecht von dem Ritter Kunz von Kaufungen in Altenburg entführt worden war, übernahm nach dem Tod seines Vaters, —»Friedrichs II. des Sanftmütigen, 1464 auch im Namen seines Bruders die Regierung. Gestützt auf den Vertrag von Eger (1459), pflegte er enge Beziehungen zu Böhmen und stand ohne Rücksicht auf die hussitenfeindliche Stimmung im eigenen Land zu Georg von Podiebrad. Später suchte er die Annäherung an den Ungarnkönig —»Matthias Corvinus. E. erwarb 1466 Besitzungen im Vogtland, 1472 das Fürstentum Sagan in Niederschlesien, 1477 Gebiete in der

Ernst Niederlausitz. Die von E. 1485 in Leipzig durchgeführte Teilung der wettinischen Länder in die nach ihm benannte Ernestinische und die Albertinische Linie führte zur nachhaltigen Schwächung des Hauses Wettin. Er war der Vater von —> Friedrich III. von Sachsen und von Erzbischof —> Ernst von Magdeburg. t u NDB E r n s t I., Herzog von Sachsen-Coburg-Saalfeld, seit 1826 Sachsen-Coburg und Gotha, * 2 . 1 . 1 7 8 4 Coburg, t 2 9 . 1 . 1 8 4 4 Gotha. E„ Sohn von Herzog —> Franz von Sachsen-Coburg-Saalfeld, gehörte im Feldzug 1806 an der Seite Preußens zu den Verlierern und mußte das Herzogtum Coburg abtreten, das Napoleon im Tilsiter Frieden jedoch wieder zurückgab. Dem Rheinbund beigetreten, wechselte E. in der Völkerschlacht von Leipzig die Fronten und befreite mit dem 5. deutschen Armeekorps Mainz. Für seine Verdienste wurde ihm vom Wiener Kongreß das Fürstentum Lichtenberg zugesprochen. 1821 erließ der konservativ eingestellte E. eine liberale Verfassung, mit der neben dem Adel Vertreter der Städte und Bauernschaft Sitz und Stimme im Landtag erhielten. Nach Erlöschen des Stammhauses fiel das Herzogtum Gotha 1826 an E., der damit Gründer des einflußreichen Fürstenhauses Coburg-Gotha wurde. Seine internationalen Kontakte verhalfen seinem jüngeren Bruder —» Leopold zum belgischen Königsthron, sein Sohn Albert wurde Prinzgemahl von Königin Viktoria. Innenpolitisch wirkte E. als Förderer von Bildungs- und Kultureinrichtungen; er richtete in Coburg ein Lehrerseminar ein, gründete in Gotha das Gymnasium Ernestinum und vergrößerte den Bestand der dortigen Bibliothek. CD N D B E r n s t II. August Carl Johannes Leopold Alexander Eduard, Herzog zu Sachsen-Coburg und Gotha, Jülich, Kleve und Berg, auch Engern und Westfalen, Landgraf in Thüringen, Markgraf zu Meißen, gefürsteter Graf zu Henneberg, Graf in der Mark und Ravensberg, Herr zu Ravenstein und Tonna, Pseud. Otto Wernhard, * 2 1 . 6 . 1 8 1 8 Schloß Ehrenburg bei Coburg, t 22. 8.1893 Reinhardsbrunn bei Gotha. Der Sohn Herzog -> Emsts I. studierte seit 1836 in Brüssel und Bonn, wurde 1839 Rittmeister in Dresden und übernahm 1844 die Regierung der beiden in Personalunion verbundenen Länder Sachsen-Coburg. Der liberal und kleindeutschnational eingestellte E. verhinderte in der Revolution von 1848 den Ausbruch größerer Unruhen, nahm 1849 am Krieg gegen Dänemark teil und förderte nach dem Scheitern der preuß. Unionspolitik 1 8 4 9 / 5 0 die Einigungsbestrebungen des Deutschen Nationalvereins mit Sitz in Coburg, dessen Protektor er wurde. Seinen Ländern gab er 1852 eine gemeinsame Verfassung. 1861 Schloß er eine Militärkonvention mit Preußen, wandte sich aber, da er die liberalen Vorurteile gegen —> Bismarck teilte, Österreich zu. Der Frankfurter Fürstenkongreß war maßgeblich von ihm initiiert. Nach Ausbruch des Preußisch-Österreichischen Kriegs trat er offen für Preußen ein und nahm, ebenso wie 1870/71, im Großen Hauptquartier am Krieg teil. Nach Gründung des Deutschen Reiches zog er sich aus der Politik zurück und komponierte. Er pflegte mit dem ihm politisch nahestehenden Gustav —»Freytag eine intensive Korrespondenz Gustav Freytag und Herzog Ernst im Briefwechsel (1904). Seine Memoiren Aus meinem Leben und aus meiner Zeit (3 Bde., 1887-89) spiegeln das liberale, vom Nationalismus geprägte Denken jener Jahre. E.s politische Bestrebungen, seine Geschäftigkeit wie auch die internationalen Beziehungen des Hauses Coburg weisen ihm unter den kleinen Bundesfürsten eine Sonderstellung zu. CD Leb Franken, Bd 5

E r n s t I. der Fromme, Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg, * 25. 12.1601 Altenburg, t 2 6 . 3 . 1 6 7 5 Gotha. Der Sohn Herzog Johann Wilhelms von Weimar und der Dorothea Maria von AnhaltKöthen wurde nach dem frühen Tod des Vaters (1605) u.a. durch den Reformpädagogen Wolfgang —»Ratke erzogen. 1618 wurde das Herzogtum Weimar von E. und seinen sieben Brüdern in gemeinsame Verwaltung übernommen. 1631/32 beteiligte er sich an den Feldzügen Gustav Adolfs in Deutschland (u. a. Schlacht am Lech, Schlacht bei Lützen). Im Auftrag seines Bruders —»Bernhard übernahm er die Verwaltung des aus den Bistümern Würzburg und Bamberg gebildeten Herzogtums Franken (1633), das sein Bruder nach der Schlacht bei Nördlingen (1634) jedoch wieder verlor. Im Gegensatz zu Bernhard trat E. dem Prager Frieden (1635) bei. 1636 heiratete er Elisabeth Sophie, die Tochter des Herzogs Johann Philipp von Altenburg. 1640 wurde zwischen den noch lebenden Brüdern das Herzogtum Weimar geteilt. E. erhielt das Herzogtum Sachsen-Gotha als selbständige Herrschaft. Durch weitere Gebietserwerbungen vereinigte E. an seinem Lebensende etwa zwei Drittel des ernestinischen Thüringen in seiner Hand (wichtig vor allem der Anfall von drei Vierteln von Sachsen-Altenburg im Jahr 1672). In der Außenpolitik, die schon aufgrund der Schwäche des kleinen Landes nur geringen Spielraum bot, folgte E. einer reichs- bzw. kaisertreuen Orientierung (z.B. durch die Stellung erheblicher Militärkontingente in den Reichskriegen gegen Türken und Franzosen). Das Verdienst und die Bedeutung der Regierung E.s liegt jedoch auf dem Gebiet der inneren Politik, die ganz im Zeichen des Wiederaufbaus seines vom Krieg verwüsteten Landes stand. Das Besondere in E.s Vorgehen liegt in der Dominanz von Handlungen, die in der überkommenen patrimonialen Regierungsweise wurzeln, bei gleichzeitiger Verbindung mit Elementen des aufkommenden Absolutismus. Die Regierung E.s ist in ihrem Charakter und ihrem Ergebnis nicht denkbar ohne das Mitwirken hoher Beamter, z . B . Ernst Ludwig Avemanns, Hiob —»Ludolfs und vor allem Veit Ludwig von —> Seckendorffs, dessen „Teutscher Fürstenstaat" in vielerlei Hinsicht ein Abbild der Wirklichkeit in E.s Landen darstellt. Charakteristisch an E.s Politik ist der bei keinem zeitgenössischen Herrscher in gleicher Intensität zu verfolgende Versuch, das Alltagsleben des Volkes nach den Normen der luth. Lehr- und Moralvorstellungen zu gestalten. Dem diente einerseits ein intensives Unterrichten und Examinieren (Schulmethodus von 1642 mit z . T . zukunftsweisenden Bestimmungen, z . B . Einführung des Realienunterrichtes), das auch die Erwachsenen erfaßte, andererseits erfolgte der Aufbau eines Kontrollapparates (Disziplinarinspektoren, Rügegerichte), der die Lebensführung jedes einzelnen Einwohners zu überwachen hatte. Entspricht dies auch dem allgemeinen Trend der Epoche zur Sozialdisziplinierung der Untertanen, so sind doch Form und Geist jener Maßnahmen in ihrer massiv religiösen Begründung noch stark dem konfessionellen Zeitalter verpflichtet. Andererseits weisen manche Züge der von E. verfolgten Ziele auf spätere Versuche des Pietismus, das Alltagsleben religiös zu durchdringen. In seiner Haltung zu den zahlreichen innerprotestantischen Lehrstreitigkeiten des 17. Jh. griff E. einer späteren Entwicklung vor, indem er diese von seinem Land fernzuhalten suchte (Nähe zu dem Helmstedter Theologen Georg Calixt). Bedeutung besitzt E. auch als Kulturmäzen (Gründung der Gothaer Bibliothek) und Förderer der Wis-

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Ernst s e n s c h a f t e n , z . B . d u r c h sein W i r k e n als einer der Nutriatoren der J e n a e r Universität, an der er m o d e r n e D i s z i p l i n e n zu f ö r d e r n v e r s u c h t e ( z . B . vergeblicher Versuch der B e r u f u n g S a m u e l —» P u f e n d o r f s ) . I m G e g e n s a t z zu der sich i n n e r h a l b der Territorialstaaten in der zweiten H ä l f t e d e s 17. Jh. i m m e r stärker d u r c h s e t z e n d e n P r i m o g e n i t u r v e r f ü g t e E. d i e A u f t e i lung des L a n d e s unter seinen sieben S ö h n e n . LITERATUR: A u g u s t B e c k : E. der F r o m m e . 2 B d e . , W e i m a r 1865. - W o l d e m a r B ö h n e : D i e p ä d a g o g i s c h e n B e s t r e b u n g e n E. des F r o m m e n von G o t h a . G o t h a 1888. - G e s c h i c h t e T h ü r i n g e n s . Hrsg. v. H a n s P a t z e / W a l t e r Schlesinger. B d . 5, T e i l b a n d 1, K ö l n 1982, S. 2 0 9 - 2 4 4 und B d . 5, Teil 1, Teilband 2, Köln 1984, S. 7 9 9 - 8 0 2 (Lit.). Detlef Döring

Ernst Ludwig II., H e r z o g von Sachsen-Gotha und Altenburg, * 30. 1 . 1 7 4 5 G o t h a , t 2 0 . 4 . 1 8 0 4 G o t h a . Seit 1772 an der R e g i e r u n g , f ö r d e r t e E. L. f r e i g e b i g d i e K ü n s t e . S o e r m ö g l i c h t e er d e m M a l e r Heinrich W i l h e l m - » T i s c h b e i n d i e F o r t s e t z u n g seiner A u s b i l d u n g in R o m , kaufte für die Gemäldesammlung Gotha niederländische M e i s t e r u n d errichtete das H o f t h e a t e r . D e r F r e i h e i t s k a m p f der A m e r i k a n e r begeisterte E. L. e b e n s o w i e a n f ä n g l i c h d i e F r a n z ö s i s c h e R e v o l u t i o n . Seit 1774 F r e i m a u r e r , trennte er sich M i t t e der achtziger J a h r e von den L o g e n , a l i m e n tierte W i s s e n s c h a f t l e r , b a u t e eine S t e r n w a r t e und ließ n e u e E n t d e c k u n g e n der P h y s i k e x p e r i m e n t e l l ü b e r p r ü f e n . E. L. g r ü n d e t e d i e L a n d e s b r a n d a s s e k u r a n z u n d die W i t w e n s o zietät f ü r Staatsdiener, erließ e i n e n e u e P r o z e ß o r d n u n g und b e k ä m p f t e das „ z ü g e l l o s e A d v o k a t e n w e s e n " . m ADB Ernst I.,

H e r z o g von Schwaben, * v o r 9 8 4 , t 3 1 . 3 . 1015, b e g r a b e n in W ü r z b u r g . I m D i e n s t —»Heinrichs II. stehend, k ä m p f t e E., S o h n d e s M a r k g r a f e n der O s t m a r k , L u i t p o l d , und B r u d e r von —» P o p p o von Trier, 1002 e r f o l g l o s g e g e n A r d u i n von Ivrea. 1003 unterstützte er den A u f s t a n d seines Vetters, d e s M a r k g r a f e n —» Heinrich von S c h w e i n f u r t , und geriet dabei in G e f a n g e n s c h a f t . D i e V e r m i t t l u n g des E r z b i s c h o f s —»Willigis von M a i n z v e r m o c h t e die von e i n e m F ü r s t e n g e r i c h t a u s g e s p r o c h e n e T o d e s s t r a f e in e i n e G e l d b u ß e u m z u w a n d e l n . N a c h d e m T o d seines S c h w a g e r s H e r z o g H e r m a n n III. von S c h w a ben e r n a n n t e ihn Heinrich II. 1012 z u m s c h w ä b i s c h e n Herzog. Er starb bei e i n e m J a g d u n f a l l . E. w a r der Vater von - » E r n s t II. CD L e x M A E r n s t I I . , H e r z o g von Schwaben, * u m 1010, t 17.8.1030 Burg Falkenstein/Schwarzwald. N a c h d e m T o d seines Vaters —» E r n s t I. stand E . bis zur W i e d e r v e r h e i r a t u n g seiner M u t t e r ( 1 0 1 6 ) mit d e m späteren K ö n i g - » K o n r a d II. unter ihrer V o r m u n d s c h a f t , d a n a c h unter der seines O h e i m s —»Poppo von Trier. 1024 ü b e r n a h m er d a s H e r z o g t u m S c h w a b e n und stellte sich 1025 g e g e n K o n rad II. N a c h A u s s ö h n u n g , n e u e r l i c h e m R e b e l l e n t u m , G e f a n g e n s c h a f t , Verlust des H e r z o g t u m s , B e g n a d i g u n g und Weig e r u n g , seinen i m W i d e r s t a n d g e g e n den K ö n i g v e r h a r r e n d e n F r e u n d W e r n e r von K y b u r g zu v e r f o l g e n , trafen E. R e i c h s acht und K i r c h e n b a n n . 1030 fiel er i m K a m p f g e g e n d i e L e u t e d e s B i s c h o f s W a r m a n n von K o n s t a n z , seines N a c h f o l g e r s im A m t d e s H e r z o g s . E.s L e b e n w a r Vorlage f ü r d a s E p o s Herzog Ernst ( u m 1180), f ü r L u d w i g U h l a n d s gleichn a m i g e s D r a m a (1817) u n d Peter —»Hacks' Volksbuch vom Herzog Ernst ( 1957). DD L e x M A E r n s t v o n Z w i e f a l t e n , B e n e d i k t i n e r , A b t , t 1148. Der aus der F a m i l i e der E d l e n von S t e u ß l i n g e n s t a m m e n d e E. lebte als B e n e d i k t i n e r in Kloster Z w i e f a l t e n , d e m er seit 1121 als A b t vorstand. E r scheint das A m t 1146 niedergelegt zu h a b e n . Im f o l g e n d e n J a h r ist er im G e f o l g e von B i s c h o f —» O t t o von Freising als T e i l n e h m e r des zweiten K r e u z z u g s n a c h g e w i e s e n , w ä h r e n d d e m er starb. E. w u r d e später als Heiliger verehrt. DP L T h K

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E r n s t , (Friedrich W i l h e l m ) A d o l f v o n , Ingenieur, * 1 7 . 3 . 1 8 4 5 Berlin, t 28. 8 . 1 9 0 7 M e i r i n g e n ( S c h w e i z ) . N a c h d e m A b i t u r 1863 arbeitete E., S o h n eines G e h e i m e n O b e r j u s t i z r a t s , in einer M a s c h i n e n f a b r i k , b e s u c h t e d a n n d i e G e w e r b e a k a d e m i e Berlin u n d trat dort 1868 als I n g e n i e u r bei der F i r m a E. B e c k e r ein. N a c h e i n j ä h r i g e m A u f e n t h a l t in E n g l a n d w e c h s e l t e er zur M a s c h i n e n f a b r i k L . S c h w a r t z k o p f in Berlin. Im Krieg 1 8 7 0 / 7 1 s c h w e r v e r w u n d e t , bereitete sich E. w ä h r e n d seines f ü n f j ä h r i g e n K r a n k e n l a g e r s auf d i e S t a a t s p r ü f u n g f ü r d a s L e h r f a c h an H ö h e r e n G e w e r b e s c h u l e n in P r e u ß e n vor. 1876 ging er als L e h r e r f ü r M a s c h i n e n b a u und M e c h a n i k an d i e H ö h e r e G e w e r b e s c h u l e von H a l b e r stadt. Sein Werk Hebezeuge ( 1 8 8 3 , 4 1 9 0 3 ) brachte i h m einen R u f als P r o f . an d i e T H Stuttgart ein, an der E. bis 1907 blieb. 1905 w u r d e ihm der w ü r t t e m b e r g i s c h e P e r s o n a l a d e l verliehen. m NDB E r n s t , A d o l f , S c h a u s p i e l e r , T h e a t e r d i r e k t o r , * 1 0 . 5 . 1846 Breslau, t 1 0 . 5 . 1 9 2 7 Berlin. D e r S o h n eines M a s c h i n e n b a u e r s debütierte 1866 als S c h a u spieler in Breslau. N o c h i m selben J a h r k a m E. ans Vorstädtische T h e a t e r in Berlin und g i n g 1869 nach W ü r z b u r g , 1870 n a c h K ö n i g s b e r g und an das Viktoriatheater in Berlin und zwei J a h r e später ans R e u n i o n t h e a t e r . Als K o m i k e r inzwischen p o p u l ä r g e w o r d e n , kehrte er 1875 an d a s Viktoriatheater zurück. 1879 ü b e r n a h m E. d i e L e i t u n g des Luisenstädtischen Theaters, das er 1888 k a u f t e und nun als A d o l f - E r n s t - T h e a t e r w e i t e r f ü h r t e . E r bildete u . a . mit Carl —»Karlweis und G u i d o —»Thielscher ein E n s e m b l e , in d e m E. die Väter- und O n k e l r o l l e n spielte. DP K o s c h : T h e a t e r

Ernst,

Albert, P ä d a g o g e , * 17. 11. 1847 G ö r s h a g e n (Kr. Stolp, P o m m e r n ) , t 1 5 . 1 . 1917 Berlin. N a c h d e m B e s u c h d e s L e h r e r s e m i n a r s in Köslin und Lehrtätigkeit in B e l g a r d , Stettin und F r a n z b u r g , w u r d e E., S o h n eines M ü h l e n b e s i t z e r s , 1879 Direktor der Städtischen H ö h e r e n M ä d c h e n s c h u l e in S c h n e i d e m ü h l . A u f g r u n d e n g l i s c h e r B e o b a c h t u n g e n ( D e r Haushaltungsunterricht in England, 1900) f o r d e r t e er d i e E i n f ü h r u n g d e s H a u s h a l t u n g s u n t e r r i c h t s und die H e b u n g der A l l g e m e i n b i l d u n g f ü r M ä d c h e n aus d e n unteren Volksschichten. S e i n e L e s e b ü c h e r f ü r M ä d c h e n und F o r t b i l d u n g s s c h u l e n f a n d e n g r o ß e B e a c h t u n g . 1 8 9 8 - 1 9 0 3 R e i c h s t a g s a b g e o r d n e t e r d e r Fortschrittlic h e n Volkspartei und 1 8 9 8 - 1 9 1 7 M i t g l i e d d e s p r e u ß . A b g e o r d n e t e n h a u s e s , trat er i m S i n n e von Friedrich A d o l p h W i l h e l m —» D i e s t e r w e g f ü r d i e A n l i e g e n der Volksschullehrer ein. CP N D B E r n s t , A l f r e d , s c h w e i z e r . B o t a n i k e r , * 2 1 . 2 . 1875 Winterthur, t 1 7 - 9 . 1 9 6 8 Z ü r i c h . E., S o h n eines L e h r e r s , studierte z u n ä c h s t a m L e h r e r s e m i nar in K ü s n a c h t , seit 1896 N a t u r w i s s e n s c h a f t e n in Paris und w a r seit 1897 L e h r e r in N e a p e l . Seit 1901 P r i v a t d o z e n t in Zürich, w u r d e er 1905 z u m a. o., 1909 z u m o . P r o f . f ü r allg e m e i n e B o t a n i k e r n a n n t . 1 9 2 8 - 3 0 w a r er R e k t o r der U n i v . (Entstehung neuer Eigenschaften und Erbanlagen, Rektoratsrede und Jahresbericht, 1 9 2 7 / 2 8 ) . 1 9 3 0 / 3 1 u n t e r n a h m er mit seiner Frau M a r t h e —» E r n s t - S c h w a r z e n b a c h e i n e Studienreise nach I n d o n e s i e n und M a l a y s i a . E. arbeitete v o r a l l e m auf den G e b i e t e n der F o r t p f l a n z u n g von A l g e n , der E m b r y o l o g i e der B l ü t e n p f l a n z e n und der Genetik der H e terostylie bei P r i m u l a - A r t e n . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Die neue Flora der Vulkaninsel Krakatau (1907, engl. 1908), Die Besiedelung vulkanischen Bodens auf Java und Sumatra (1909), Weitere Untersuchungen zur Phänanalyse. Zum Fertilitätsproblem und zur Genetik Heterostyler Primeln (3 Bde., 1933-38), Genmutation als Ursache von Abänderungen in Penetranz und Expressivität einer Bildungsanomalie, nachgewiesen durch experimentelle Stammbaumforschung an cylcycanthemen Primeln ( 1 9 4 2 ) und Vererbung durch labile Gene (1942). DP H L S

Ernst Ernst,

Anton Benedikt, Glockengießer, t 3 . 1 . 1 7 4 9 München. E. kam 1718 in die Gießerei seines Stiefgroßvaters Johann Matthias Langenegger, mit d e m er bis 1738 zusammenarbeitete; seit 1728 signierte er seine Werke allein. 1732 wurde er kurfürstlicher Zeugleutnant, 1 7 4 3 / 4 4 kaiserlicher, ein Jahr später kurfürstlicher Stückhauptmann und 1747-50 Stückleutnant. Während sein Großvater Glocken mit üppigem Barockdekor - Friese aus Engelsköpfen, tanzende Putten, Einfassung der Flankenreliefs durch Arabesken aus Akanthus schuf, bevorzugte E. Friese im Régencestil und verzichtete auf die Arabeskeneinfassung. Vor dem Ersten Weltkrieg waren in der Diözese München-Freising noch rund 135 Glocken mit der Signatur „A. B. Ernst" nachweisbar, doch hatte diese auch E.s Witwe, die die Werkstatt mit Gesellen weiterführte, bis zum Verkauf der Glockengießergerechtigkeit 1761 beibehalten. m NDB

Ernst,

Bernhard, Glockengießer, * um 1 5 9 6 / 9 7 Warth (Kr. Dingolfing), t April 1682 München. Seit 1665 Inhaber eines Privilegs des Freisinger Bischofs, belieferte E. vor allem das Gebiet der heutigen Diözese München-Freising. 1913 waren noch 239 Glocken aus den Jahren 1625-70 nachweisbar, darunter Geläute f ü r die ehemalige Jesuitenkirche in Landshut (1639-43), die Stadtpfarrkirchen Rosenheim ( 1641 ) und Erding ( 1651 ) sowie einzelne Glocken in Münchner Kirchen. Charakteristikum war neben der Schlichtheit der Glocken die Einfassung der Schulterinschrift durch zahlreiche Stege mit bisweilen nachgotischen Friesen, später von Engelsköpfen und Fruchtgehängen abgelöst. E.s Geschützproduktion war vermutlich noch umfangreicher; 1627 etwa erweiterte er dänische Geschütze, 1638 lieferte er sieben Feldschlangen für das Zeughaus der Stadt M ü n c h e n . Nach seinem Tod wurde die Gießerei 1682 an den Stück- und Glockengießer P. Kopp aus Würzburg verkauft. DP N D B

Ernst,

Christoph Friedrich Wilhelm, reformierter Theologe, * 18. 12.1765 Jesberg (Treysa), t 2 4 . 1 . 1855 Kassel. E. wurde 1795 Hofprediger in Kassel, 1813 Metropolitan und Konsistorialrat, 1837 Superintendent und 1845 Generalsuperintendent der reformierten Kirche in Niederhessen. Als rationalistischer Theologe war er ein Gegner der Erweckungsbewegung. Als beliebter Prediger veröffentlichte er zahlreiche seiner Predigten. Seine Überzeugungen eines christlichen Greises erschienen 1845 anonym. E r n s t , Eugen (Oswald Gustav), Politiker, * 2 0 . 9 . 1864 Murovana-Goslin (Prov. Posen), t 3 1 . 5 . 1 9 5 4 Werder/ Havel. E., Sohn eines Tischlermeisters, besuchte die Volksschule in Werder und lernte 1878-82 das Buchdruckerhandwerk. 1884 der S P D beigetreten, war er 1892-1902 Druckereifaktor, 1 9 0 2 / 0 3 Geschäftsführer und 1903-18 Hausverwalter der Buchdruckerei des „Vorwärts" in Berlin. 1906-19 hatte er den Vorsitz der Groß-Berliner und der preuß. Landesorganisation der S P D inne und war 1900-03 und 1917-19 Mitglied des Parteivorstands, 1905-17 Mitglied der Kontrollkommission. Nach der Novemberrevolution war er bis Juni 1919 preuß. Innenminister, 1 9 1 9 / 2 0 Polizeipräsident in Berlin, dann kurzfristig in Breslau. Er war Mitglied der Verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung. 1946 Schloß sich E. der S E D an. Er veröffentlichte u . a . Polizeispitzeleien und Ausnahmegesetze 1878-1910 (1911) und die Autobiographie Ein Leben für die Arbeiterbewegung (1946). CD Schröder E r n s t , Ferdinand, schweizer. Brauereibesitzer, * 24. 10. 1819 Winterthur, t 2 3 . 3 . 1875 Winterthur. E., Sohn eines Landwirts und Müllers, wurde im Münchner Hofbräuhaus im Brauereifach ausgebildet und gründete

1843 zusammen mit weiteren Erben seines Vaters im Gebiet der Stadt Winterthur die Brauerei Haldenberg, deren Geschäftsführer er wurde. Seit 1851 zeichnete er als alleiniger Eigentümer für das nun in Brauerei Haldengut umbenannte Unternehmen verantwortlich. 1873 lernte er den Geschäftsmann Johann Georg —> Schoellhorn kennen, der die Brauerei nach E.s Tod weiterführte, m Schweizer Pioniere, Bd 57

Ernst,

Franz von, schweizer. Journalist, * 2 9 . 8 . 1 8 7 9 Bern, t 9 . 1 . 1957 Bern. E., Sohn eines Bahnbeamten, studierte Rechtswissenschaften in Bern, Wien, Siena und Paris. 1903-34 war er Bundesstadtkorrespondent des Luzerner „Vaterlands", seit 1919 außerdem Sekretär des Nationalrats und der Vereinigten Bundesversammlung in Bern. 1925 gehörte er zu den Gründern der „Neuen Berner Nachrichten". 1938-42 war er Mitglied des Großen Rats von Bern der Katholischen Volkspartei, der er auch vorstand. 1939-57 war er erster Präsident der katholischen Gesamtkirche Bern und konnte 1939 das Berner Großratsdekret zur Gleichberechtigung der Katholiken durchsetzen. 1940-54 gehörte er d e m Kleinen Bürgerrat der Gemeinde Bern an. E. war Präsident des Berner Preßvereins, Vizepräsident des Schweizerischen Preßvereins und 1934-50 Direktor des Eidgenössischen Internationalen Büros des Weltnachrichtenvereins. t u HLS E r n s t , Franz Anton, Musiker, Komponist, * 3. 12.1745 Georgenthal (Böhmen), t 13. 1. 1805 Gotha. In Prag beendete E. das Studium der Rechtswissenschaften, betrieb weiterhin das Geigenspiel, das er bei seinem Großvater erlernt hatte, und nahm in seiner Heimatstadt die Stelle eines Syndikus an. Als ihn hier Graf Salm auf der Violine hörte, bot dieser ihm an, sein Sekretär in Prag zu werden. Dort erlebte E. den Geigenvirtuosen Antonio Lolli und nahm bei ihm Unterricht. Er ließ sich ferner vom Lehrer Lollis in Straßburg und von Franz Stade ausbilden. Seit 1773 zurück in Prag, hatte er großen Erfolg und ging 1778 als Konzertmeister nach Gotha. Von E.s zahlreichen K o m positionen erschien nur das Es-Dur Concert im Druck. In den letzten zehn Jahren seines Lebens widmete er sich dem Geigenbau. CD Wurzbach E r n s t , Friedrich, Bankier, * 9 . 6 . 1889 Berlin, t 28. 1 1. 1960 Berlin. Nach dem Jurastudium und Kriegsdienst trat E. 1919 in das preuß. Handelsministerium ein, d e m er bis 1931 angehörte; ihm wurde das infolge des Bankenkrachs geschaffene A m t eines „Reichskommissars für das Kreditwesen" übertragen. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs beantragte er die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand, wurde statt dessen 1939-41 Reichskommissar für die Verwaltung „feindlichen Vermögens", danach Mitinhaber des Bankhauses Delbrück, Schickler & Co. E., vom Kreis um Carl Friedrich —> Goerdeler als Staatssekretär vorgesehen, wurde nach d e m Scheitern des Attentats vom 20. Juli 1944 verhaftet und im April 1945 zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt, aber wenige Tage später von den sowjetischen Truppen befreit. 1948 war er als Leiter der Berliner W ä h r u n g s k o m m i s s i o n maßgeblich an der Geldreform beteiligt, übernahm 1949 bis zur Gründung der Bundesbank den Vorsitz im Verwaltungsrat der Berliner Zentralbank und leitete 1952-58 den Forschungsbeirat für Fragen der Wiedervereinigung Deutschlands beim Gesamtdeutschen Ministerium. E. war Aufsichtsratsvorsitzender u. a. bei der A E G Berlin, t u Widerstand

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Fritz, schweizer. Literaturwissenschaftler, Essayist, * 14.6. 1889 Winterthur, t 2 6 . 3 . 1958 Zürich. E., dessen Vater Lehrer für Geschichte war, studierte zunächst Jura, seit 1919 Germanistik und Philosophie in Berlin und Zürich, w o er 1915 mit der Arbeit Die romantische Ironie promoviert wurde. 1 9 1 6 / 1 7 war er Lehrer

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Ernst für Deutsch und Geschichte an der Kantonsschule, 1917-47 an der Höheren Töchterschule in Zürich, 1943-58 o.Prof. f ü r Deutsche Literaturgeschichte an der dortigen Ε Τ Η und 1948-58 a . o . P r o f . für Vergleichende Literaturgeschichte an der Universität. In seinen Essays befaßte sich E. mit der Mittlerfunktion schweizer. Kulturgeschichte in der europäischen Geistesgeschichte und der Eigenständigkeit der schweizer. Literatur (u.a. Helvetia mediatrix, 1939, Neuausg. 1955, frz. 1946), aber auch mit —>Goethe, —»Schiller sowie der spanischen Literatur- und Geistesgeschichte. DD I G L

teiligt. Mit dem anschließend in Zürich gegründeten Unternehmen Koch & Ernst führte er eine großstädtische Bauweise ein. Zu den bekanntesten Bauten zählte das nach einem preisgekrönten Entwurf E.s errichtete Linth-EscherSchulhaus (1873-75). 1873 studierte E. das Wohnhaus in England und Schottland. Nach A u f h e b u n g der Firma 1874 führte er die Bauten in Zürich allein aus, darunter neben Villen und Privathäusern das Rämi-Quartier (1885), das Rote Schloß (1891-93) und nach 1900 das Hansahaus-Hotel in Düsseldorf. Seit 1903 lebte E. in Pegli. CP A K L

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Fritz (Friedrich Wilhelm), Historiker, * 2 0 . 1 0 . 1905 Stuttgart, t 21. 12. 1963 Heidelberg. E., Sohn von Viktor —>E., studierte 1923-27 an den Universitäten Tübingen und Berlin Geschichte, wurde 1929 in Tübingen promoviert (Die wirtschaftliche Ausstattung der Universität Tübingen in ihren ersten Jahrzehnten [Ì477-1534]) und habilitierte sich dort mit einer Arbeit über - » E b e r h a r d im Bart (1933, Nachdr. 1970). Seit 1937 o . P r o f . der mittleren und neuen Geschichte an der Univ. Heidelberg, war er 1961-63 deren Rektor. 1944 wurde er Mitglied der Heidelberger A k a d e m i e der Wissenschaften. E. beschäftigte sich sowohl mit mittelalterlicher und württembergischer Geschichte wie mit Zeitgeschichte und der Geschichte englischsprachiger Staaten. Er veröffentlichte u. a. England und Indien (1939) und Uber die Memoiren des Philippe de Commynes ,Welt als Glaube' (1943), die er auch übersetzte und herausgab ( M e m o i r e n , 1950, 2 1972), sowie Die Deutschen und ihre jüngste Geschichte ( 1 9 6 3 , 4 1 9 7 0 ) . Seit 1938 war er Mitherausgeber der Zeitschrift „Die Welt als Geschichte". DD Bad Bio N.F., Bd 2 E r n s t , Georg, Arbeitervereinsfunktionär, * 2 5 . 1 2 . 1880 Buchbach (Oberbayern), t 3 1 . 1 . 1 9 5 3 München (?). E. studierte Theologie und Staatswissenschaften in München und wurde 1907 zum Dr. rer. pol. promoviert (Die ländlichen Arbeitsverhältnisse im rechtsrheinischen Bayern). Seit 1905 Kaplan in Rosenheim, wurde er 1906 Redakteur des „Arbeiter" in München, 1907 Sekretär des Verbandes katholischer Hausangestellten-Vereine und 1910 Direktor der Hauptstelle katholisch-sozialer Vereine in München. 1914 gründete er das Leohaus und 1917 die Leo-Film AG, die Filme religiösen Inhalts, bald auch Spiel- und Kulturfilme produzierte. E. wurde Vorstand der Bild- und Filmzentrale in Köln und 1928 Präsident des Internationalen Filmkomitees in Den Haag. 1 9 4 3 / 4 4 war er im Konzentrationslager Dachau interniert.

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Hans, Glockengießer, * A n f a n g 15. Jh. Heimsheim (Württemberg), t vor 1493 Stuttgart. Durch zwei Glocken ist E., Bürger von Stuttgart, bekannt: die Salveglocke der Münchner Frauenkirche, die er im A u f trag —> Albrechts IV. goß, und die Hosannaglocke im Kloster Weingarten. Beide zeichnen sich durch die damals noch seltene Erwähnung des Stifters in der Glockeninschrift sowie durch gleiche F o r m der Inschrift und gleichen unteren Schulterfries aus. Hinzu k o m m t bei der Weingartener Glocke ein reicher Reliefschmuck, der erstmals das Motiv des Heiligen-Blut-Rittes der —> Judith von Flandern, die die Hl.-Blut-Reliquie zum Kloster Weingarten gebracht hatte, und ihres Gemahls Herzog —>Welf IV. aufgriff. Als Büchsengießer ist E. 1483-89 nachweisbar. CD N D B

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Heinrich, schweizer. Architekt, * 1 . 4 . 1 8 4 6 Neftenbach (Bez. Winterthur), t 23. 12.1916 Pegli bei Genua. E., Sohn eines Botaniker, machte 1860-63 eine Lehre als Maurer und Steinhauer in Zürich, arbeitete bis 1866 als Bauzeichner in Vevey, studierte danach am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich und erhielt 1870 das Diplom als Architekt. Seit 1869 Mitarbeiter von Gottfried Semper, war E. 1 8 7 0 / 7 1 am Bau des neuen Theaters in Dresden be-

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Heinrich, Sänger, * 1 9 . 9 . 1 8 4 8 Dresden, t 1 1 . 8 . 1 9 1 9 Berlin. Bereits als Achtjähriger wegen seiner klangvollen S t i m m e von Johann —» Nestroy am Wiener Carl-Theater engagiert, absolvierte E. am Konservatorium von Budapest ein Gesangstudium. 1872 feierte er sein Debüt als Bariton am Leipziger Opernhaus. 1875 kam es zu seinem Debüt als Tenor an der Hofoper Berlin, w o er bis 1890 wirkte. Seine Glanzrolle war der José in Bizets Carmen. Bei der Erstaufführung des Siegfried in Berlin (1885) gestaltete E. die Titelrolle und beherrschte bald das gesamte - > Wagner-Repertoire; allein den Lohengrin sang er mehr als f ü n f z i g Mal. Seine Partie als L o g e in Rheingold brachte ihm eine persönliche Anerkennung Kaiser —> Wilhelms I. ein, und Kaiser —> Friedrich III. ernannte ihn zum Kammersänger. Nach seinem Ausscheiden aus der Hofoper gastierte E. an fast allen namhaften Bühnen in Deutschland und Österreich. CD Kutsch E r n s t , Heinrich Wilhelm, Musiker, Komponist, * 6 . 5 . 1814 Brünn, t 8. 10. 1865 Nizza. E., Sohn eines Kaufmanns, trat bereits als Kind mit großem Erfolg öffentlich auf. 1825-27 erhielt er eine Ausbildung auf der Geige und in Harmonielehre am Wiener Konservatorium. Angeregt von einem Konzert Paganinis 1828 in Wien, ging er zu weiteren Studien nach Paris. Ohne feste Stellung, trat er danach in Frankreich, Holland, Belgien, England, Deutschland, Dänemark und Rußland auf; Wien feierte ihn als „ersten Sänger auf der Geige". 1843 besuchte er London, wo er sich nach weiteren Konzertreisen Mitte der fünfziger Jahre niederließ. Seit 1864 lebte er in Nizza. E. komponierte u. a. Carneval de Venise, die Othello-Fantasie (nach Rossini) und das Violinkonzert fis-Moll. e n MGG

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Helen, eigentl. Helene Margareta Valeska E., verh. Beckmann, Zeichnerin, * 10.3. 1904 Athen, t 2 6 . 3 . 1948 Schwerin. Nach d e m Studium 1921-24 an den Berliner Kunstschulen unterrichtete E. bis 1931 Modezeichnen in Berlin und war als Gewerbelehrerin in Potsdam tätig. 1931 wurde sie Mitglied der K P D und der Assoziation Revolutionärer Bildender Künstler Deutschlands, arbeitete bei der Roten Hilfe mit und schuf Illustrationen für die „Rote Post". Sie pflegte Kontakt u . a . zu Hans —»Baluschek, Magnus —>Zeller, Joachim —» Ringelnatz, Ernst —¥ Jünger, Willi —» Münzenberg und Käthe —» Kollwitz, die ihr künstlerisches Vorbild wurde. Nach zweimaliger Verhaftung 1933 emigrierte sie 1934 in die Niederlande, arbeitete als Illustratorin und unterrichtete an der Nieuwe Kunstschool in Amsterdam. 1940 verhaftet, war sie 1941-45 im Konzentrationslager Ravensbrück und zuletzt im Außenlager Barth inhaftiert. Nach der Befreiung 1945 zog E. nach Schwerin. Nach einem Verfahren wegen angeblicher Spitzeltätigkeit in Ravensbrück wurde sie 1948 rehabilitiert. Wenig später starb sie an Tuberkulose. E.s Werk umfaßt rund 1400 Zeichnungen. c d AKL E r n s t , Jakob Daniel, Pseud. Johann Damian Ehrenhold, evang. Theologe, Historiker, * 3. 12.1640 Rochlitz bei Meißen, f 15. 12.1707 Altenburg. E., Sohn eines Schuldirektors und späteren Pfarrers, Schloß das Studium der Theologie und Geschichte in Leipzig

Ernst 1 6 6 1 / 6 2 als Magister ab. 1663 wurde er Pfarrer in Kriebitzsch, 1678 Gymnasialrektor in Altenburg und übernahm seit 1681 erneut geistliche Ämter, bis er 1705 z u m Konsistorialassessor und Stiftsprediger in Altenburg ernannt wurde. E. trat vor allem mit der Kompilation umfangreicher, zum Teil mehrbändiger Exempelsammlungen hervor. Diese Exempel zur Belehrung und Unterhaltung waren Historienkompilationen und Chroniken des 16. und 17. Jh. sowie bekannten protestantischen Sammlungen entnommen. Zahlreiche Quellenangaben bezeugen E.s große Belesenheit. Über Nutzen und A n w e n d u n g seiner Werke äußerte er sich in der Anweisung, wie die drei Theile seines Historischen BilderHauses [...] nützlich anzuwenden (2 Tie., 1685). Vermutlich dienten sie nicht zuletzt als Handbücher für Prediger. m Killy

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Johannes, Politiker, * 3 0 . 1 0 . 1 8 8 8 Kirschienen (Ostpreußen), t 2 0 . 4 . 1 9 6 9 Aachen. Nach d e m Besuch der Volksschule arbeitete E., Sohn eines landwirtschaftlichen Arbeiters, seit 1905 als Bergmann im Ruhrgebiet, wurde 1907 Mitglied der Zentrumspartei und des Gewerkvereins christlicher Bergarbeiter, nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg Gewerkschaftsfunktionär, Stadtverordneter in Waldenburg und 1920/21 Abgeordneter des Schlesischen Provinziallandtags. 1928-33 war E. Stadtverordneter in Herzogenrath (Bez. Aachen) und Mitglied des Rheinischen Provinziallandtags; 1932 entsandte ihn das Zentrum in den Reichstag. Nach 1933 arbeitete er bei einer Versicherung; 1944 wurde er zusammen mit Konrad —»Adenauer verhaftet. 1945 war E. beim Industrie-Verband Bergbau, 1 9 4 6 / 4 7 als Landrat des Kreises Aachen-Land, danach als Direktor der Deutschen Kohlenbergbauleitung in Essen tätig. Daneben war er Gründer und Mitinhaber der „Aachener Volkszeitung". Seit 1946 CDU-Abgeordneter im Landtag Nordrhein-Westfalens, war E. 1950-53 sowie 1 9 5 8 / 5 9 Arbeitsminister im Landeskabinett. Besondere Verdienste erwarb er sich als Schlichter in Lohnkonflikten. m Altpreuß Biogr, Bd 3 E r n s t , Julius, schweizer. Kupferstecher, * 4 . 9 . 1830 Winterthur, t 2 7 . 8 . 1861 München. Zunächst Schüler des Kupferstechers und Zeichenlehrers Diethelm —> Stabil in Winterthur, besuchte E. die Kupferstecherklasse unter Julius —> Thaeter an der Münchner Akademie. Er begann mit Kopien nach d e m Meister —»E. S. und Marc Anton, arbeitete im Kartonstich 1856 die Symphonie nach Moritz von —» Schwind aus, vervielfältigte 1862 mehrere Werke von Johann Friedrich —» Overbeck und stach nach Gustav —> König sowie Franz Xaver —> Barth. Mit dem Schokoladenmädchen nach Jean-Etienne Liotard hatte sich E. 1856 auch dem Mezzotintstich zugewandt. Weite Verbreitung fand insbesondere sein Blatt Alpstubete nach Emil —> Rittmeyer. Sein letzter Stich Minne, angelegt nach Ludwig —» Kachel, vollendete nach seinem Tod Johannes —> Burger (1865). m AKL E r n s t , Karl, Politiker, * 1.9. 1904 Wilmersdorf (heute zu Berlin), t 3 0 . 6 . 1934 Berlin. Nach einer kaufmännischen Ausbildung in Berlin war E. zunächst im erlernten Beruf, dann in wechselnden Stellungen in Berlin, Mainz und Danzig tätig. 1923 trat er, geprägt durch die nationale Jugendbewegung, der N S D A P und der SA bei und stieg dank persönlicher Beziehungen zu Ernst —>Röhm in der S A schnell auf. 1927-31 war er Mitglied der Obersten SA-Führung in München, wurde 1931 SAOberführer in Berlin und 1933 Führer der S A - G r u p p e BerlinBrandenburg. E., der seit Juli 1932 d e m Reichstag angehörte, wurde Juni 1934 im Z u s a m m e n h a n g mit dem sog. R ö h m Putsch in Bremen verhaftet, nach Berlin überstellt und dort von der SS erschossen. c n Lilla, Statisten

E r n s t , Konrad, Inkunabelforscher, Schulmann, * 19.3. 1866 Algermissen (Kr. Hildesheim), t 2 5 . 2 . 1934 Algermissen. E. studierte in Würzburg Theologie, nach der Priesterweihe 1889 Klassische Philologie und Geschichte in Göttingen und Bonn. 1903 kam er ans Bischöfliche G y m n a s i u m Josephinum in Hildesheim und war 1911-29 dessen Direktor. Bekannt wurde E. als Inkunabelforscher. Er veröffentlichte u. a. Incunabula Hildeshemensia (2 Bde., 1908/09). 1 9 0 9 / 1 0 war E. beauftragt, in Spanien und Portugal den Bestand an Wiegendrucken festzuhalten. DP Leb Nieders, Bd 5

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Leonhard, Glockengießer, * vermutlich 1.8. 1561 Nürnberg, t vor 1615. E., Rotschmied in Nürnberg, gab sein Bürgerrecht dort 1592 auf. Schon seit 1586 in Lindau tätig, gründete er die Lindauer Gießhütte. Wie seine N a c h k o m m e n belieferte er die U m g e b u n g Lindaus, das schwäbische Oberland, Vorarlberg und die Schweiz, zum Teil auch Baden. Während sich seine frühen Glocken noch durch nachgotische Minuskeln und gotisierende Friese auszeichneten, verwendete E. nach 1600 Modeln, die fast 200 Jahre immer wieder benutzt wurden: Rankenfriese, die einem Engelsmund entspringen, und halbfigürliche Reliefs des Salvator mundi und der zwölf Apostel auf Wolken. Das bedeutendste erhaltene Werk E.s ist das Geläut der Stephanskirche in Lindau. Nachweisbar ist sein Wirken in Lindau bis 1611, als er eine Glocke für Hohentwiel goß. OD N D B E r n s t , Leopold, österr. Architekt, * 1 4 . 1 0 . 1 8 0 8 Wien, t 17.10. 1862 Wien. E. studierte seit 1822 an der Wiener A k a d e m i e der bildenden Künste und erwarb sich nach einem Italienaufenthalt 1831-33 einen hervorragenden Ruf als Architekt. Eines seiner Hauptwerke ist der Um- und Neubau des Schlosses Grafenegg in Niederösterreich (1840-73). Nach 1841 errichtete E. die Kapelle des Grafen Strachwitz in Mähren. In Wien war er erstmals 1 8 4 5 / 4 6 tätig, als er die Dekoration der drei großen Säle im Niederösterreichischen Landhaus übernahm. 1852 erhielt er den Auftrag zum Umbau der Liechtensteinkapelle im Stephansdom, dessen Restaurierung er bis zu seinem Tod leitete; schon 1853 wurde er zum D o m b a u meister ernannt. E., der seine Bauten im gotisierenden Stil ausführte, war Mitherausgeber der Baudenkmale des Mittelalters im Erzherzogtum Österreich (4 Hefte, 1846-48) und Mitbegründer des Vereins zur Erhaltung der B a u d e n k m a l e in Wien. 1855 erschienen seine Architektonischen Erörterungen. CD A K L E r n s t , Marianne Katharine, eigentl. Seidler, auch Kurth, Sängerin, * 2 8 . 4 . 1 8 0 8 Stuttgart, t 1 3 . 3 . 1 8 6 9 Neusohl (heute Banská Bystrica). Die Tochter eines Schauspielers trat als Kind vor ein großes Publikum, so 1816 in Regensburg in d e m romantischen Singspiel Das Donauweibchen von Ferdinand —» Kauer. Nach einer zweijährigen Ausbildung an der Theaterschule in M ü n c h e n sang sie auf Betreiben des Komponisten als Elfjährige die Partie des Isaak in Peter Josef —> Lindpaintners Werk Abrahams Opfer, erhielt Engagements u. a. in Frankf u r t / M a i n , Trier und M a n n h e i m und wechselte an das Landestheater in Prag. 1829 folgte sie einem Ruf an das Wiener Theater am Kärtnertor, wo sie 1833 die Titelrolle in der Erstaufführung von Bellinis Norma sang. 1839 verlor sie auf einer Tournee durch Frankreich ihre Stimme. Unter d e m N a m e n Kurth zog sie verarmt als Schauspielerin auf Wanderbühnen durch die Schweiz und Österreich, ehe ihr ein kaiserliches Gnadengehalt gewährt wurde. c n Kutsch

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Ernst Ernst, Max, Maler, Graphiker, Plastiker, Dichter, * 2.4. 1891 Brühl (Erftkreis), t 1.4.1976 Paris. Der Sohn eines kunstdilettierenden Taubstummenlehrers studierte 1910-14 Philologie und Philosophie an der Univ. Bonn und befaßte sich zugleich intensiv als Autodidakt mit Malerei. Über August —> Macke 1913 mit den Franzosen Robert Delaunay und Guillaume Apollinaire bekannt gemacht, dazu 1914 mit Hans - » A r p , war er früh avantgardistisch (zunächst expressionistisch) orientiert. Während des Ersten Weltkriegs Artillerist, heiratete er 1918 Luise Strauß (der einzige Sohn Jimmy, 1920 geboren, wurde ebenfalls Maler) und begründete 1919 zusammen mit Hans Arp und Johannes Theodor —»Baargeld in Köln die Dada-Gruppe „Zentrale W / 3 " . Als Dadaist profilierte sich E. mit alogisch ironisierenden Collagen aus alten Illustrationsstichen, auch Photos und ersten Durchreibungen von Lettern. Von André Breton entdeckt, 1921 in der Pariser Galerie „Au Sans Pareil" vorgestellt und seitdem mit Paul Éluard befreundet, ging er noch im selben Jahr nach Paris. Die gemeinsam mit Eluard 1922 verfaßten und illustrierten Editionen Répétitions und Les malheures des Immortels sowie die wieder einsetzende, nun veristisch-phantastisch beeinflußte Malerei (Der Elefant Celebes, 1921, Sammlung Sir R. Penrose, London) bereiteten den Übergang zum Surrealismus vor, der nach Bretons Manifest (1924) E.s weiteres Schaffen grundsätzlich, aber doch eigenwillig-kreativ ausgelegt, bestimmte. Mit der 1925 gefundenen „Frottage" (Abreibungen von Holz, Geweben usw.), die er 1926 im Album Histoire naturelle ausgereift präsentierte, begründete er ein „halluzinatorisch" bedeutsames, aber nicht völlig „automatisches" surreales Schaffensprinzip, wie seine Romancollagen La Femme 100 têtes (1929) oder Une Semaine de bonté (1934) beweisen. Die zeitlebens immer wieder genutzte Frottage wie die von ihm adäquat 1926 für die Malerei entwickelte Technik der Grattage (Herauskratzen von Formen durch feuchte Farbschichten, oft kombiniert mit Spachteln und Eindrücken von Materialien) bestimmten seinen typischen Stil eines äußerst struktursublimen Formpräzisionismus. Mit ihm gestaltete er zumeist in Bildserien eine naturmythisch-orphische Traumwelt von assoziativen Landschaften, Dschungelwäldern, Zwitterwesen und Vögeln (u. a. Wälder, 1926-33). 1927 verheiratet mit Marie-Berthe Aurenche, 1937 in Deutschland als „entartet" diffamiert, 1939 mit Kriegsausbruch als Deutscher in Frankreich interniert, gelang ihm 1941 in letzter Minute die Flucht in die USA, wo er im selben Jahr die Kunstsammlerin Peggy Guggenheim heiratete. Bereits 1942 verband er sich aber mit der Malerin Dorothea Tanning (Heirat 1946), eine erfüllte Partnerschaft, mit der das weniger alptraumhafte als harmonische Spätschaffen beginnt. Mit seinen jetzt in der verfeinerten Technik der „Decalcomanie" (Abklatschverfahren, um 1935 erfunden von Oscar Domínguez) entstehenden Bildern (u.a. Napoleon in der Wildnis, 1941, Museum of Modern Art, New York), die er seit 1942 durch „Oszillationen" (Vorwegnahme des Farbdripping) ergänzte (u. a. Junger Mann, beunruhigt durch den Flug einer nichteuklidischen Fliege, 1942/47, Privatbesitz Zürich), sowie der gleichzeitigen Mitarbeit als Herausgeber der Zeitschrift „ V W " (mit A. Breton, Marcel Duchamp und anderen) wurde er zu einem wichtigen Wegbereiter des Surrealismus in Amerika. 1949 erhielt er die USamerikanische Staatsbürgerschaft, kehrte aber - nunmehr zu

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internationaler Anerkennung gelangt - 1953 nach Frankreich zurück und nahm 1955 in Huismes bei Tour und 1964 in Seilans (Südfrankreich) seinen Wohnsitz, nachdem er 1959 französischer Staatsbürger geworden war. Sein Schaffen in der Nachkriegszeit ist vor allem durch Verfeinerung der Färb- und Formkultur und freiere, geometrisch-facettenhaft stilisierende Sprache gekennzeichnet. Graphik und Plastiken surrealer Gegenstandskompositionen (u.a. Capricorn, 1948, Sammlung Dornier, Zürich), bereits in den USA wichtig gewordene Schaffenszweige, spielten neben der Illustration (Mappe Maximiiiana, 1964) im Spätwerk eine wichtige Rolle. Obgleich E. 1954 wegen der Annahme des Malereipreises der 27. Biennale von Venedig aus dem französischen Surrealistenkreis ausgeschlossen wurde, ist er einer der profiliertesten und formkünstlerisch kreativsten Repräsentanten des internationalen Surrealismus. Werke von ihm befinden sich in allen bedeutenden Museen der Welt, in Deutschland vor allem im Sprengel-Museum Hannover, dem Museum Ludwig in Köln und der Staatsgalerie moderner Kunst München. WEITERE WERKE: Beyond Painting and other writings by the artist and his friends. Hrsg. v. Robert Motherwell. New York 1948. - Écritures. Hrsg. v. R. Bertelé. Paris 1970. Schriften. Hrsg. v. Werner Spies. Köln 1975. LITERATUR: Patrick Waldberg: M. E. Paris 1958. - Werner Spies: M. E. Œuvrekatalog I: Helmut R. Leppien: M. E. Das graphische Werk. Köln 1975. II: Werner Spies/Sigrid Metken/Günter Metken: M. E. Werke 1925-1929. Köln 1975. III: Dies.: M. E. Werke 1925-1929. Köln 1976. IV: Dies.: M. E. Werke 1929-1938. Köln 1979. V: Dies.: M. E. Werke 1939-1953. Köln 1987. - Werner Spies: M. E. Frottagen. Stuttgart 1986. - Ders.: M. E. Collagen. Köln 1988. - Johannes auf der Lake: Skulpturen von M. E. Frankfurt/Main 1986. - Jimmy Ernst: Nicht gerade ein Stilleben. Erinnerungen an meinen Vater M. E. Köln 1985. - Lothar Fischer: M. E. mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek 1991. - Eduard Trier: Schriften zu M. E. Köln 1993. - Marjorie E. Warlick: M. E. and alchemy. Austin 2001. - Susanne Kaufmann: Im Spannungsfeld von Fläche und Raum. Studien zur Wechselwirkung von Malerei und Skulptur im Werk von M. E. Weimar 2003. - Werner Spies: Μ. E. Leben und Werk. Köln 2005. Günter Meißner Ernst, Otto, eigentl. Otto Ernst Schmidt, Schriftsteller, * 7.10.1862 Ottensen (heute zu Hamburg), t 5.3. 1926 Groß-Flottbek (heute zu Hamburg). Nach einer Tätigkeit als Volksschullehrer in Hamburg (1883-1900) lebte E., Sohn eines Zigarrenmachers, seit 1901 als freier Schriftsteller in Eimsbüttel, seit 1903 in GroßFlottbek. Schon 1889 war ihm für seine Gedichte der Augsburger Schiller-Preis verliehen worden. 1891 gründete er mit Gustav —> Falke die „Literarische Gesellschaft" in Hamburg. E. schilderte in seinen Dramen und Komödien, in Gedichten, gesellschaftskritischen Erzählungen und Romanen satirisch und humorvoll kleinbürgerliche Verhältnisse. In der auf vielen Bühnen erfolgreichen Komödie Flachsmann als Erzieher (1901) karikiert er Lehrertypen als Vertreter des wilhelminischen Bildungssystems. Breiten Anklang fand seine dreiteilige autobiographische Bildungsromanfolge Asmus Semper's Jugendland (1905), Semper der Jungling (1908) und Semper der Mann (1916), die das Ideal der Selbstbescheidung aus kleinbürgerlicher Beschaulichkeit darbietet. E. veröffentlichte ferner Kindergeschichten (Appelschnut, 1907), Humoristische Plaudereien (4 Bde., 1919) und gab 1922 ein internationales Arbeiterlesebuch. Kommunismus in Südamerika heraus. Seine Gesammelten Werke erschienen 1922/23 in zwölf Bänden. CD SHBL, Bd 8

Ernst Ernst,

Otto, C h e m i k e r , * 7 . 1 0 . 1 8 7 0 W i e s b a d e n , t 5 . 1 0 . 1 9 3 6 Wiesbaden. N a c h d e m S t u d i u m u n d der P r o m o t i o n (1890, Über Diphenylaminderivate) an der Univ. Basel g i n g E. zu d e m F a r b s t o f f c h e m i k e r O t t o N i k o l a u s —> Witt nach Berlin u n d zu d e m B e g r ü n d e r der katalytischen H y d r i e r u n g , Paul Sabatier, nach Paris. 1894 trat er bei den F a r b w e r k e n M e i s t e r , L u cius & B r ü n i n g in H ö c h s t als C h e m i k e r ein. Er e n t w i c k e l t e schwarze Wollfarbstoffe und Baumwoll-Azofarbstoffe, womit d i e P r o d u k t i o n der D i a n i l - F a r b s t o f f e eingeleitet w u r d e . D e r erste P i g m e n t f a r b s t o f f s t a m m t e von E . D a n a c h k o n z e n trierte er sich auf A c e t y l e n - C h e m i e und d e r e n F o l g e p r o d u k t e A c e t a l d e h y d , E s s i g s ä u r e s o w i e A c e t o n . D a s H ö c h s t e r Werk der I . G . F a r b e n i n d u s t r i e A G errichtete f ü r ihn d a s Katalytische L a b o r a t o r i u m , dessen L e i t u n g er ü b e r n a h m . E., der g e r n malte, b e n u t z t e d a z u I n d a n t h r e n f a r b s t o f f e und ein von ihm e r f u n d e n e s F a r b v e r d i c k u n g s m i t t e l auf Zellulosebasis. E r v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Chemische Industrie (mit O t t o N . Witt, 1893). DD N D B

Ernst,

Paul, P a t h o l o g e , * 2 6 . 4 . 1 8 5 9 Z ü r i c h , t 1 8 . 1 2 . 1 9 3 7 Heidelberg. E . studierte in Z ü r i c h u n d Berlin M e d i z i n , w u r d e 1884 in Zürich p r o m o v i e r t (Zur Ätiologie der Nephritis) und habilitierte sich 1888 f ü r p a t h o l o g i s c h e A n a t o m i e und B a k t e riologie in H e i d e l b e r g ( U e b e r Kern- und Sporenbildung bei Bacterien). D o r t 1893 z u m a. o . P r o f . e r n a n n t , f o l g t e er 1900 e i n e m R u f als o . P r o f . nach Z ü r i c h u n d lehrte 1907-28 in Heidelberg. 1933 w u r d e E. M i t g l i e d der D e u t s c h e n A k a d e m i e der N a t u r f o r s c h e r L e o p o l d i n a . N e b e n s e i n e m A u f t r a g f ü r M e d i z i n g e s c h i c h t e b e f a ß t e sich E. weiterhin mit s e i n e m Spezialgebiet P a t h o l o g i e d e r Zelle und des N e r v e n s y s t e m s , später a u c h mit k o l l o i d c h e m i s c h e n P r o b l e m e n in ihrer B e d e u t u n g f ü r den K r a n k h e i t s v e r l a u f . N e b e n d e m Werk Wege und Wanderungen der Krankheitsstoffe ( 1 9 0 1 ) w u r d e n E.s F o r s c h u n g s e r g e b n i s s e in d e n wichtigsten H a n d b ü c h e r n publiziert. S e i n e n N a m e n tragen die B a b e s - E r n s t s c h e n K ö r p e r c h e n , d i e typisch vor a l l e m f ü r D i p h t h e r i e b a k t e r i e n sind. E.s Jugenderinnerungen erschienen 1929. DD Ä r z t e 2, 3 E r n s t , (Karl Friedrich) Paul, P s e u d . P. W . S p a ß m ö l l e r , Schriftsteller, * 7 . 3 . 1 8 6 6 E l b i n g e r o d e / H a r z , t 1 3 . 5 . 1 9 3 3 St. G e o r g e n / S t i e f i n g (Steiermark). E., S o h n eines G r u b e n s t e i g e r s , studierte seit 1886 in Göttingen, T ü b i n g e n , Berlin und B e r n , w o er 1892 z u m Dr. rer. pol. p r o m o v i e r t w u r d e ( D i e gesellschaftliche Reproduktion des Capitals bei gesteigerter Produktivität der Arbeit). Noch w ä h r e n d des S t u d i u m s f a n d er A n s c h l u ß an d i e Sozia l d e m o k r a t i e und w u r d e 1890 Schriftleiter d e s W o c h e n blatts „Berliner V o l k s - T r i b ü n e " s o w i e Parteiredner. U n t e r d e m E i n f l u ß des k o n s e r v a t i v e n Politikers und Publizisten R u d o l f —> M e y e r w a n d t e er sich bald von der S P D a b und verließ sie 1896. Seit 1897 w a r E. f r e i e r Schriftsteller, 1 9 0 4 / 0 5 D r a m a t u r g a m D ü s s e l d o r f e r S c h a u s p i e l h a u s . 190.3 nach W e i m a r übergesiedelt, k e h r t e er 1914 nach Berlin zurück, lebte 1918-25 auf s e i n e m G u t S o n n e n h o f e n im Isartal und seit 1925 auf s e i n e m S c h l o ß St. G e o r g e n bei G r a z . B e f r e u n d e t mit H e i n r i c h u n d Julius —» Hart s o w i e mit A r n o —>Holz, b e g a n n E. literarisch als Naturalist. D o c h g a b er s e i n e sozialkritische Position bald z u g u n s t e n eines elitären, a n t i d e m o k r a t i s c h e n K o n z e p t e s auf: W ü r d i g e r Geg e n s t a n d der Literatur sei nicht die M a s s e ; g ü l t i g e s E t h o s und w a h r e Sittlichkeit k ö n n e d e r D i c h t e r n u r d u r c h die G e s t a l t u n g von A u s n a h m e m e n s c h e n vermitteln, bei d e n e n sich (geschichtliche) „ N o t w e n d i g k e i t e n " k r e u z e n . D i e Verb i n d u n g von klassischer F o r m k u n s t mit sittlich-nationalem V e r a n t w o r t u n g s b e w u ß t s e i n m a c h t e ihn n e b e n W i l h e l m von —> S c h o l z und S a m u e l —>Lublinski z u m R e p r ä s e n t a n t e n des d e u t s c h e n N e o k l a s s i z i s m u s . E.s E t h o s beruhte auf betont preuß. u n d v ö l k i s c h e r G e s i n n u n g , w o f ü r das D r a m a

Preußengeist ( 1 9 1 5 ) steht. S e i n e S t ü c k e waren reine B u c h d r a m e n mit S t o f f e n aus Antike, H e l d e n s a g e und R e i c h s g e schichte, d i e rasch aus den S p i e l p l ä n e n v e r s c h w a n d e n und erst nach 1933 offizielle F ö r d e r u n g e r f u h r e n . D a s 9 0 0 0 0 Verse u m f a s s e n d e E p o s Das Kaiserbuch (3 B d e . , 1923-28) zur d e u t s c h e n G e s c h i c h t e 9 1 9 - 1 2 5 0 f a n d w e n i g R e s o n a n z . E r f o l g r e i c h e r waren seine straff k o m p o n i e r t e n , von schelm i s c h e m H u m o r d u r c h z o g e n e n N o v e l l e n in s e i n e m 2 5 0 Titel starken E r z ä h l w e r k , d a r u n t e r d i e Spitzbubengeschichten (1920). O b g l e i c h E. den R o m a n „ H a l b k u n s t " n a n n t e , nutzte er ihn f ü r s e i n e volkserzieherischen Ziele, u m A r b e i t s a m k e i t und G e n ü g s a m k e i t als w a h r e T u g e n d e n e i n f a c h e r M e n s c h e n zu preisen. Stark a u t o b i o g r a p h i s c h g e p r ä g t ist der R o m a n Der schmale Weg zum Glück (1904). DD Killy E r n s t , R i c h a r d , M u s e u m s d i r e k t o r , * 1.2. 1885 Eger (Böhmen), t 7 . 7 . 1 9 5 5 Wien. E . studierte K u n s t g e s c h i c h t e und A r c h ä o l o g i e an der Prager D e u t s c h e n Univ., w o er 1911 p r o m o v i e r t w u r d e . Seit 1912 a m M u s e u m f ü r K u n s t und I n d u s t r i e in Wien, w a r er 1932-51 dessen Direktor. Er organisierte d i e N e u o r d n u n g der S a m m l u n g e n und b e f a ß t e sich in seinen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n m i t d e u t s c h e r Malerei und Plastik der F r ü h - und H o c h g o t i k , u . a . Die Krumauer Madonna ( 1 9 1 7 ) u n d Die Klosterneuburger Madonna (1925). DP C z e i k e

Ernst,

Robert, D i p l o m a t , * 4 . 2 . 1897 H ü r t i g h e i m (Elsaß), t 1 4 . 4 . 1980 R i m s t i n g / C h i e m s e e . E., S o h n eines Pfarrers, studierte n a c h der T e i l n a h m e a m Ersten Weltkrieg seit 1919 R e c h t s - und Staats Wissenschaften in H e i d e l b e r g u n d T ü b i n g e n und w u r d e 1921 p r o m o v i e r t . 1 9 2 1 / 2 2 b e i m D e u t s c h e n S c h u t z b u n d f ü r d a s G r e n z - und A u s l a n d s d e u t s c h t u m tätig, w u r d e er 1923 H e r a u s g e b e r der Monatsschrift „Elsaß-Lothringen/Heimatstimmen" und war seit 1927 Teilhaber d e s Verlags B e r n a r d & G r a e f e . 1928 w u r d e E. von e i n e m f r a n z ö s i s c h e n G e r i c h t in A b w e s e n heit zu 15 J a h r e n Z u c h t h a u s verurteilt. Seil 1933 M i t g l i e d der N S D A P , w u r d e er i m selben J a h r Leiter des D e u t s c h e n S c h u t z b u n d e s f ü r d a s G r e n z - und A u s l a n d s d e u t s c h t u m und arbeitete in f ü h r e n d e n P o s i t i o n e n bei weiteren v o l k s t u m s p o litischen O r g a n i s a t i o n e n mit. 1940 trat er als S a c h v e r s t ä n d i ger f ü r E l s a ß - L o t h r i n g e n in den A u s w ä r t i g e n D i e n s t und w a r - mit U n t e r b r e c h u n g d u r c h den M i l i t ä r d i e n s t 1 9 4 3 / 4 4 1941-45 O b e r s t a d t k o m m i s s a r von S t r a ß b u r g , d a n a c h F ü h r e r d e r E l s ä s s i s c h e n F r e i h e i t s f r o n t . Z u n ä c h s t w e g e n H o c h - und L a n d e s v e r r a t s , d a n n w e g e n K r i e g s v e r b r e c h e n verurteilt, w a r E. 1946-55 in f r a n z ö s i s c h e r H a f t . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Die Eingliederung der vertriebenen Elsaß-Lothringer in das deutsche Wirtschaftsleben. Tatsachen und Politik ( 1921 ) und Rechenschaftsbericht eines Elsässers ( 1954). DP B H d A D

Ernst,

Viktor, Historiker, * 1 8 . 2 . 1 8 7 1 M a r b a c h / N e c k a r , t 3 0 . 1 0 . 1933 Stuttgart. E., S o h n eines G e r b e r m e i s t e r s , b e s u c h t e die S e m i n a r e M a u l bronn und B l a u b e u r e n und studierte seit 1889 T h e o l o g i e a m T ü b i n g e r Stift s o w i e K i r c h e n g e s c h i c h t e in Halle. 1896 w u r d e ihm die H e r a u s g a b e d e s B r i e f w e c h s e l s von Herzog —> C h r i s t o p h von W ü r t t e m b e r g angetragen, d i e er, seit 1898 P r i v a t d o z e n t in T ü b i n g e n u n d seit 1903 Prof. in Stuttgart, 1899-1907 in drei B ä n d e n besorgte. D a n n w a n d t e er sich f r ü h m i t t e l a l t e r l i c h e n Sozial-, V e r f a s s u n g s - und Wirts c h a f t s g e s c h i c h t e zu u n d v e r ö f f e n t l i c h t e Die Entstehung des niederen Adels ( 1 9 1 6 ) und Die Entstehung des deutschen Grundeigentums (1926). E. w a r der Vater von Fritz - » E . OD N D B

Ernst,

(Friedrich) W i l h e l m , B u c h h ä n d l e r , Verleger, * 1 0 . 1 2 . 1814 Berlin, t 1 5 . 4 . 1 8 9 4 Berlin. E., S o h n eines B u c h h ä n d l e r s und Verlegers, trat u m 1830 als G e h i l f e in d i e G r o p i u s s c h e B u c h - und K u n s t h a n d l u n g

141

Ernst in Berlin ein, die 1843 zum Teil an Carl Reimarus überging. Bei dessen Tod 1849 übernahm E. die Geschäftsleitung von Buchhandlung und angeschlossenem Verlag. Seit 1850 Konzessionär, vereinigte er den Betrieb im selben Jahr mit Heinrich —> Korn und dessen traditionsreichem Breslauer Geschäft zu Ernst & Korn, Berlin, Verlag für Architektur und technische Wissenschaften. Seit 1851 verlegte E. die „Zeitschrift für Bauwesen". Die Mitarbeit namhafter Fachleute sorgte ebenso für weltweite Anerkennung und Nachahmung wie die neuartige Ausstattung: Texte in Großquart, künstlerische Tafeln im Mehrfarbendruck sowie Kupfer- und Stahlstiche. Die Hütte, des Ingenieurs Taschenbuch (1857) wurde z u m verbreitetsten technischen Taschenbuch der Welt. Nach d e m Austritt Korns 1880 wurde die Wilhelm Ernst & Sohn oHG einer der führenden Technikverlage Deutschlands. DP N D B E r n s t , Wolfgang Anton, Meinungsforscher, Unternehmer, * 1.5. 1922 Paderborn, t 11.11. 1991 München. Nach dem Studium der Zeitungswissenschaften, der Soziologie und Psychologie an der Univ. M ü n c h e n gründete E. dort 1947 mit seiner Frau Lena-Renate E. das Meinungsforschungsinstitut Infratest als „Institut zur Erforschung der Wirkung publizistischer Mittel". 1955 kamen Markt- und Sozialforschung hinzu, 1957 begann man mit der systematischen Fernsehforschung, die zum Schwerpunkt der Tätigkeit wurde. Es folgten Wirtschaftsforschung f ü r die Automobilindustrie, Konjunktur-, Pharmamarkt- und Wählerforschung. Nach der Ü b e r n a h m e der fünf europäischen Büros der USamerikanischen Burke Marketing Services 1980 gehörte das Unternehmen zu den zehn größten Meinungsforschungsinstituten der Welt. Nach der U m w a n d l u n g in eine Aktiengesellschaft 1989 übernahm E. den Vorsitz und besaß 80 Prozent der Kapitalanteile. t u Munzinger

Ernst-Schwarzenbach,

Marthe, schweizer. Biologin, * 2 4 . 1 . 1900 Kilchberg, f 2 7 . 8 . 1967 Zürich. E.-S. studierte seit 1921 Biologie in Genf und Zürich und war nach der Promotion 1926 (Regeneration und Aposporie bei Anthoceros) Mittelschullehrerin und Assistentin am Institut für allgemeine Botanik der Univ. Zürich. 1 9 2 9 / 3 0 hielt sie sich zu Forschungszwecken in Frankreich und Deutschland auf, unternahm 1 9 3 0 / 3 1 eine Studienreise nach Indonesien und Malaysia, habilitierte sich 1939 in Zürich mit der Arbeit Zur Kenntnis des sexuellen Dimorphismus der Laubmoose und lehrte seit 1939 als Privatdozentin, seit 1950 als Prof. f ü r Embryologie, Zytologie und Genetik an der Univ. Zürich. 1947-65 gab sie die Jahresberichte der Schweizerischen Gesellschaft für Vererbungsforschung heraus, ebenfalls seit 1947 das „Archiv der Julius-Klaus Stiftung für Vererbungsforschung, Sozialanthropologie und Rassenhygiene" und den schweizer. Teil der „Resumptio Genetica". Als Mitglied der Sozialdemkokratischen Partei setzte sich E. für die Frauenförderung ein. Ihre Forschungsergebnisse erschienen vorwiegend in Zeitschriften. Seit 1930 war sie mit dem Botaniker Alfred —> Ernst verheiratet. c u HLS

Ernstberger,

Anton, Bankier, * 2 0 . 8 . 1 9 1 0 München, t 19.12. 1978 München. E. studierte seit 1929 Rechtswissenschaften an der Univ. M ü n c h e n und trat nach der Promotion 1937 in das Bankhaus Merck, Finck & Co. in München ein, d e m er, seit 1950 Generalbevollmächtigter, bis 1956 angehörte. 1956-60 war E. Geschäftsführer des Bankhauses Hardy & Co. in Frankfurt, 1958-60 geschäftsführender Gesellschafter der Bank August Lenz & Co. in München. Danach wurde er Vorstandsmitglied der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank, 1968 deren Sprecher. Unter seiner Führung entwickelte sich die Bank zu einem weltweit operierenden Unternehmen und zum größten deutschen Bieraktionär. 1976 übernahm er den Vorsitz im Aufsichtsrat. CD Munzinger

142

Ernsthausen, Ernst von, Beamter, * 14.3. 1827 Gummersbach, t 1 9 . 8 . 1 8 9 4 Bonn. E., Sohn eines Landrats, studierte 1845-48 in Heidelberg und Bonn die Rechte. Er wurde Landrat in verschiedenen rheinischen Kreisen, 1865 Bürgermeister in Königsberg, später Regierungsvizepräsident. Hier wie auch als Regierungspräsident in Trier (1870-74), als Präfekt in Straßburg und Colmar (1875-79) und als Oberpräsident von Westpreußen (1879-88) bewies er großes organisatorisches Geschick. 1865 gehörte er als Konservativer dem preuß. Abgeordnetenhaus an. 1894 erschienen seine Erinnerungen eines preußischen Beamten. OD Altpreuß Biogr, Bd 1

Ernsting,

Arthur Conrad, Apotheker, Mediziner, Botaniker, getauft 2 9 . 9 . 1709 Sachsenhagen (Schaumburg-Lippe), t 11.9. 1768 Sachsenhagen. E. begann 1722 eine Lehre in der väterlichen Apotheke und arbeitete als Gehilfe in Halberstadt, bevor er die Univ. Helmstedt bezog. 1737 zum Dr. med. promoviert (De materia perlata), ließ er sich als Arzt in Braunschweig nieder, w o bald sein Hauptwerk Nucleus totius medicinae (Tl. 1-5, 1741, erneut 1770/71), ein medizinisch-chemisch-pharmazeutisches Lexikon, entstand. Seit 1754 in Hagenburg lebend, widmete sich E. neben seiner Arztpraxis der literarischen Arbeit und verschiedenen Ämtern. 1760 zum Brunnenarzt von Rodenberg bestellt, machte er erstmals die Quellen des späteren Bad Nenndorf nutzbar. Nach einer Vorlage E.s sprach die Regierung von Schaumburg-Lippe im Streit zwischen Ärzten und Apothekern um die Darlegung der Arzneikosten 1767 dieses Recht dem Apotheker zu. Bis zuletzt galt sein Hauptanliegen der Erforschung von Pflanzen und ihrer Heilwirkungen (Beschreibung der Pflanzen nach Linné, Tl. 1-2, 1761 / 6 2 ) . Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Der vollkommene Apotheker (1741), Anfangsgründe der Botanik (1749) und Beschreibung der Geschlechter der Pflanzen (1762). CD Leb Nieders, Bd 7

Ernsting,

Walter, Pseud. Clark Darlton, Schriftsteller, * 1 3 . 6 . 1 9 2 0 Koblenz, t 15. 1.2005 Salzburg. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg 1952 aus sowjetischer Gefangenschaft entlassen, arbeitete E. als Übersetzer für die britischen Besatzungsbehörden, seit 1954 beim Pabel Verlag, für den er die Reihe „Utopia M a g a z i n " als Redakteur und Übersetzer betreute. Für seinen ersten R o m a n Ufo am Nachthimmel (1955) erhielt er 1957 den deutschen H u g o Award für Science Fiction; weitere R o m a n e und Erzählungen folgten ( u . a . Raum ohne Zeit, 1957). 1961 rief er gemeinsam mit Karl-Herbert -> Scheer die Romanserie „Perry R h o d a n " ins Leben, für die er insgesamt 192 R o m a n h e f t e verfaßte. Zu einer der beliebtesten Figuren der Serie wurde E.s Erfindung „Gucky der Mausbiber". Zu seinen weiteren Veröffentlichungen zählen Das Meer derZeit (1971,21976) und Die unterirdische Macht (2000). m DLL, 20. Jh. E r p e n b e c k , Fritz, Pseud. F. Beck, Fritz Erck, Fr. L a m bert, Hannes Waterkant, Schriftsteller, Redakteur, Dramaturg, Schauspieler, * 6 . 4 . 1897 Mainz, t 7 . 1 . 1 9 7 5 Berlin. Z u m Schlosser ausgebildet, arbeitete E. nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg als Schauspieler an zahlreichen deutschen Bühnen, als Darsteller und Regisseur an verschiedenen Agit-Prop-Theatern in Berlin und als Dramaturg bei Erwin —>Piscator. 1927 wurde er Mitglied der K P D und des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller und arbeitete neben seiner Theatertätigkeit für die Zeitschriften „Rote Fahne", „Magazin für alle" und „Linkskurve". Seit 1928 war E. mit Hedda —> Zinner verheiratet. Bis zur Emigration 1933 nach Prag war E. Herausgeber der Satirezeitschriften „Eulenspiegel" und „Roter Pfeffer". 1935-45 wirkte er in Moskau als Redakteur der Zeitschriften „Das Wort", „Internationale Literatur" und „Deutsche Blätter" und verfaßte

Ertel Erzählungen und Romane, darunter Emigranten (1937). Seit 1945 in Berlin (Ost), gab E. 1946-58 „Theater der Zeit" und den „Theaterdienst" heraus, war 1946-49 Theaterkritiker beim „Vorwärts", 1 9 5 0 / 5 1 Leiter der Zentralen Spielplankommission im Ministerium f ü r Volksbildung, 1954-56 Chefredakteur der „Artistik" und 1959-62 Chefdramaturg der Volksbühne Berlin. Danach freier Schriftsteller, schrieb er Abenteuer- und Kriminalromane sowie Theateranekdoten ( u . a . Kiinstlerpension Boulanka, 1964, verfilmt 1964). E. wurde 1956 und I960 mit dem Lessing-Preis ausgezeichnet. •3

Exiltheater

Erpf,

Hermann (Robert), Musiktheoretiker, Musikpädagoge, * 2 3 . 4 . 1891 Pforzheim, t 17. 10.1969 Stuttgart. E. studierte in Heidelberg und Leipzig, wo er 1914 mit der Arbeit Der Begriff der musikalischen , Form ' promoviert wurde. Nach einem Kapellmeisterstudium in Mannheim war er seit 1919 an einem privaten Konservatorium in Pforzheim tätig. Seit 1922 Lektor für Musiktheorie an der Univ. Freiburg/Breisgau, wurde er 1925 stellvertretender Direktor der Musikhochschule Münster, 1927 der Folkwangschule in Essen, 1935 deren Direktor. 1943-45 und 1952-56 war E. Direktor der Musikhochschule Stuttgart. Als Komponist schuf er neben Vokalmusik (Kantaten, Hymnen, Lieder) einige Streichquartette und Orchesterwerke wie die Festliche Fantasie (nach Samuel —» Scheidt). Er veröffentlichte u . a . Vom Wesen der Neuen Musik (1949) und Lehrbuch der Instrumentation und Instrumentenkunde (1959). DD M G G E r r e l l , Lotte, geb. Rosenberg, verh. Levy, Sostmann, Photographin, Journalistin, * 2 . 2 . 1903 Münster, t 26.6.1991 München. E., die zunächst im Berliner Werbeatelier ihres Mannes arbeitete, begann ihre Karriere als Photographin bei einer Filmexpedition an die Goldküste (Ghana, Westafrika). Ihre dort gemachten A u f n a h m e n - zumeist Porträts - veröffentlichte sie in Zeitschriften und Büchern (Kleine Reise zu schwarzen Menschen, 1931). Seit 1925 war E. mit Richard Levy —>E. verheiratet. Für den Ullstein-Verlag reiste sie 1 9 3 1 / 3 2 nach China und beobachtete dabei speziell das Leben der Frauen. Es folgten Reportagen u. a. aus England, Irland und dem Iran, wohin sie den schwedischen Kronprinzen Gustav Adolf begleitete. Nachdem E. in Deutschland als Jüdin seit 1934 Berufsverbot hatte, ließ sie sich 1935 in Bagdad nieder. 1938 photographierte sie bei einer Reise durch die U S A mit Aufenthalten in N e w York und Chicago u. a. am New Bauhaus, 1941 wurde sie im Irak unter dem Verdacht der Spionage für die Nationalsozialisten festgenommen, 1942 an die Britischen Militärbehörden ausgeliefert und über Palästina nach Uganda deportiert. 1945 nach Bagdad zurückgekehrt, lebte sie nach dem Zweiten Weltkrieg in Palästina und im Irak, bis sie 1954 nach München übersiedelte. In ihren Bildreportagen der zwanziger und dreißiger Jahre entwickelte E. einen eigenen Stil an der Schnittstelle zwischen sachlicher Dokumentation und ästhetisierender, von zeitgenössischer Werbung beeinflußter Photographie. Dû A K L E r r e l l , Richard Levy, eigentl. Richard Levy, Graphiker, Photograph, * 7 . 2 . 1899 Krefeld, t 19.6. 1992 Locarno. E. verließ 1913 vorzeitig die Schule in Krefeld und begann eine kaufmännische Lehre in einer Seidengroßhandlung. Nach Kriegsausbruch wechselte er als Dekorateur zu Coppel & Goldschmied nach Düsseldorf. Er besuchte Abendkurse an der Kunstgewerbeschule, später an der Kunstakademie Düsseldorf; 1918 ließ er sich in M ü n c h e n im Aktzeichnen ausbilden. Seit 1919 war er wieder als Dekorateur für Krefelder Firmen, dann als Chefdekorateur und Werbefachmann in Saarbrücken tätig. Daneben arbeitete er als Werbegraphiker. 1923 wurde er Werbeleiter bei Rosenberg & Hertz in Köln und begann mit d e m Entwurf von Anzeigenkampa-

gnen begann, die in der Berliner „Illustrierten Zeitung" erschienen. 1925 heiratete er Lotte —>E. N o c h im selben Jahr ging er im Auftrag der Miederwarenfabrik F o r m a nach Paris, wo er an der A c a d é m i e de la Grande Chaumière studierte. 1926-33 war E. f ü r die Firma Fischer, Maas & Kappauf in Oberlungwitz bei Chemnitz tätig. 1927 wurde der aus den Initialen seines bürgerlichen Namens Richard Levy zusammengesetzte Künstlername E. gesetzlich anerkannt. 1933 zog er kurz nach der Scheidung von seiner ersten Frau von Berlin nach Prag, w o er an der Privatschule von W. Rotter unterrichtete. 1937 siedelte er nach Palästina über und war als Bühnenbildner, Photograph und Graphiker tätig. 1939 arbeitete er als Bildredakteur für die Radio-Zeitschrift „Forum". Während dieser Zeit entstanden gegen die NS-Diktatur gerichtete Collagen im Stil von John —>Heartfield. 1948 wurde E. Graphischer Berater der israelischen Regierung und unterrichtete Gestaltung an der Hochschule der World Zionist Organisation. Außerdem entwarf er Hoheitszeichen, Briefmarken und Publikationen f ü r Regierungsämter, häufig unter Verwendung eigener und fremder Photographien. Im Anschluß an zwei Reisen nach Deutschland erschien 1961 das bekannte und mehrfach nachgedruckte Bilderbuch für Vergeßliche. 1961 ging E. in die Schweiz, übernahm dort die Leitung eines israelischen Verlags und unterrichtete Gestaltung an der Sunnydale-Schule bei Interlaken. m A K L

Ersch,

Johann Samuel, Bibliograph, * 2 3 . 6 . 1 7 6 6 GroßGlogau (Niederschlesien), t 16.1. 1828 Halle/Saale. E., Sohn eines Seilers, studierte in Halle zunächst Theologie, dann Geschichte, Geographie und Literatur. Nach Jena zog ihn 1786 die kurz zuvor gegründete „Allgemeine LiteraturZeitung" als führendes Organ der deutschen Klassik und Romantik. Hier veröffentlichte er seine erste große bibliographische Arbeit, ein Repertorium über die allgemeinen deutschen Journale [...] (3 Bde., 1790-92), eines der frühesten Verzeichnisse von Zeitschriftenaufsätzen. 1793-1807 erschien sein Allgemeines Repertorium der Litteratur (8 Bde.). Seit 1795 Schriftleiter der „Neuen Hamburger Zeitung", kehrte E. 1800 als Universitätsbibliothekar nach Jena zurück und war seit 1802 Professor. 1804 ging er als Redakteur der „Allgemeinen Literatur-Zeitung" nach Halle, w o er 1806 Prof. der Geographie und Statistik sowie 1808 Oberbibliothekar der Universitätsbibliothek wurde. Seit 1820 setzte er Gelehrtes Teutschland von Johann Georg —» Meusel fort und übernahm mit Johann Gottfried —> Gruber die Herausgabe der 1818 begründeten Allgemeinen Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, die er bis zum 21. Teil der ersten Sektion leitete (bis 1889 167 Bde., Nachdr. 1969 ff.) m

LGB

E r s i n g , Joseph, Gewerkschafter, Politiker, * 4 . 2 . 1 8 8 2 Ochsenhausen (Kr. Biberach), t 5 . 8 . 1956 Rottweil. Der Sohn eines Z i m m e r m a n n s und gelernte Schreiner wurde 1906 Bezirksleiter des Zentral Verbandes Christlicher Holzarbeiter Deutschlands in F r a n k f u r t / M a i n , 1911 in Karlsruhe Sekretär des Gesamtverbands der Christlichen Gewerkschaften für Südwestdeutschland. 1914-17 nahm er am Ersten Weltkrieg teil. 1919 entsandte ihn die Zentrumspartei in die Nationalversammlung; 1920-33 war E. Mitglied des Reichtags, seit 1931 stellvertretender Vorsitzender der Fraktion der Zentrumspartei. Als Widerstandskämpfer wurde er im Oktober 1944 verhaftet und im Januar 1945 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat" verurteilt. Im Juli 1945 nahm er in Berlin an der Gründung der dortigen C D U teil und war 1946-50 Abgeordneter des Landtags von Württemberg und Baden. m

Bad Bio N.F., Bd 2

E r t e l , Hans (Richard Max), Geophysiker, Meteorologe, * 2 4 . 3 . 1904 Berlin, f 2 . 7 . 1971 Berlin. E. war Bankangestellter, Maschinist und Bibliothekskraft, bis er 1929 das Studium der Mathematik und der Natur-

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Ertel Wissenschaften in Berlin a u f n a h m , wo er 1932 mit der Arbeit Theorie der durch Variationen des magnetischen Potentials induzierten Erdströme bei ungleichförmiger Leitfähigkeit der Erdrinde promoviert wurde. Danach Mitarbeiter am Observatorium Potsdam, Observator und a. o. Prof. an der Univ. Berlin, war er 1 9 4 2 / 4 3 a. o . P r o f . der Meteorologie und Geophysik in Wien und 1943-45 o . P r o f . in Innsbruck. Seit 1946 wirkte er an der Berliner Humboldt-Universität und leitete 1948-69 das Institut für Physikalische Hydrographie der Deutschen A k a d e m i e der Wissenschaften, deren Vizepräsident er 1951-61 war. E. arbeitete speziell auf d e m Gebiet der theoretischen Hydrodynamik. Er veröffentlichte u . a . Methoden und Probleme der dynamischen Meteorologie (1938), Elemente der Operatorenrechnung mit geophysikalischen Anwendungen (1940), Entwicklungsphasen der Geophysik (1953) und Ein Problem der meteorologischen Akustik (1955). Der Herausgeber von sieben Fachzeitschriften war u. a. Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina (seit 1955). m DDR E r t e l , (Jean) Paul, Musiker, Komponist, Musikkritiker, * 2 2 . 1 . 1 8 6 5 Posen, t 1 1 . 2 . 1 9 3 3 Berlin. Nach erstem Unterricht in Komposition und Klavier in Posen bildete sich E., Sohn eines Baumeisters, ein Jahr bei Franz -> Liszt in Weimar fort. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Berlin und der Promotion 1896 gründete er ein juristisches Repetitorium, bis 1910 eine wichtige Einnahmequelle. Seit 1894 schrieb E. Musikkritiken für das „Berliner Fremdenblatt", die „Deutsche Tageszeitung" und 1895-1928 für den „Berliner Lokal-Anzeiger". 1897-1905 redigierte er die „Deutsche Musikerzeitung". E. komponierte, als Anhänger der neudeutschen Richtung, eine Reihe von symphonischen Dichtungen (u. a. Maria Stuart, Hero und Leander), zwei Opern ( G u d r u n , Santa Agatha), Klavierstücke, Orgelwerke, K a m m e r m u s i k und Lieder. DD M G G E r t e l , Traugott Leberecht von, Mechaniker, * 2 9 . 9 . 1777 Oberforchheim bei Freiberg (Sachsen), t 8 . 2 . 1858 München. E. machte 1793-98 eine Schmiedelehre in Freiberg, der er Wanderjahre durch Österreich und Ungarn anschloß. 1804 wurde er in Wien Instrumentenmacher. Auf E m p f e h l u n g erhielt er 1806 in München eine Stelle am Mechanischen Institut Georg von —» Reichenbachs. Im Eigenstudium eignete sich E. Kenntnisse in Mathematik und im Zeichnen an. Die Qualität seiner Meßinstrumente bewogen Reichenbach, E. 1815 als Teilhaber aufzunehmen. Mitte 1820 wurde er Werkmeister der Mathematisch-Astronomischen Werkstätte des Polytechnischen Instituts in Wien, kehrte aber noch im selben Jahr nach München zurück und übernahm Reichenbachs Institut als Leiter und alleiniger Inhaber. E. erweitere den Präzisionsinstrumentenbau u m Maschinen, Pumpen und Hydraulikpressen. E.s astronomische, geodätische und nautische Instrumente waren auch im Ausland, insbesondere in Rußland, begehrt. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen und wurde in den Adelsstand erhoben. en ADB E r t h a l , Franz Ludwig Frh. von, Fürstbischof von Wurzburg und Bamberg, * 16.9. 1730 L o h r / M a i n , t 14.2. 1795 Würzburg. Der Bruder des Mainzer Erzbischofs Friedrich Karl von —>E. erhielt 1740 Domicellarpräbenden in Würzburg und Bamberg. Er studierte Philosophie, Rechtswissenschaft und Theologie in Mainz, Würzburg und Rom. 1757 wurde er Domkapitular in Bamberg, 1763 in Würzburg, dort zugleich auch Präsident der weltlichen Regierung, 1767 kaiserlicher Geheimrat und Mitglied der Kommission zur Visitation des Reichskammergerichts in Wetzlar und 1775 K o n k o m m i s s a r

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beim Immerwährenden Reichstag in Regensburg. Im März 1779 erfolgte die Weihe zum Fürstbischof von Würzburg, im April desselben Jahres von Bamberg, danach seine Priesterweihe. E. verstand sich als erster Diener seines Staates, sanierte dessen Finanzen grundlegend, führte regelmäßige Visitationen durch und bemühte sich um kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung. Im Hochstift Bamberg förderte er den A u f b a u von Leinwandmanufakturen, Alaun-, Vitriolund Schwefelhütten und einer Spiegelfabrik in Forchheim, im Hochstift Würzburg den Weinanbau. Er gründete 1791 das Schullehrerseminar in Bamberg, errichtete Sonntags-, Industrie- und Zeichenschulen, förderte die schulische Bildung von Mädchen und baute die Univ. Würzburg aus. Die A r m e n - und Krankenpflege unter seiner Regierung fand einen Höhepunkt im Neubau des Allgemeinen Krankenhauses in Bamberg. E. veröffentlichte u. a. Predigten dem Landvolk vorgetragen (1797). CD Gatz 3 E r t h a l , Friedrich Karl Joseph Frh. von, Kurfürst und Erzbischof von Mainz, * 3 . 1 . 1719 Mainz, t 2 5 . 7 . 1 8 0 2 Aschaffenburg. E., Sohn von Philipp Christoph von —>E., war der Bruder von Lothar Franz Michael und von Franz Ludwig von E. Verwandtschaftliehe Beziehungen im rheinischen und fränkischen Adel verschafften ihm, der in Mainz, Würzburg und Wien studiert hatte, zahlreiche Dompräbenden. Seit 1731 Dignitär der Mainzer Kirche, wurde er 1758 Präsident des kurfürstlichen Regierungsrats. Als Rektor der Mainzer Univ. war er seit 1764 um eine Verbesserung der philosophischen und theologischen Studien bemüht. Nach diplomatischen Missionen wurde er 1774 zum Erzbischof von Mainz und Bischof von W o r m s gewählt. Das Verbot des Jesuitenordens ermöglichte ihm sowohl an der Univ. wie auch im Domkapitel durchgreifende R e f o r m e n im Sinne der Aufklärung. Im Einklang mit anderen rheinischen Kirchenfürsten setzte er sich für eine größere Unabhängigkeit von R o m ein; so war er an der Emser Punktation 1786 beteiligt. Die Verhandlungen um die Wahl des Weihbischofs Carl Theodor von - » D a l b e r g und der Widerstand der Bischöfe der Mainzer Kirchenprovinz zwangen E. bei seinen kirchenrechtlichen Bestrebungen zu Kompromissen. Auch seine B e m ü h u n g e n um die Stärkung seiner Position als Reichskanzler und um eine österreichisch-preußische Koalition gegen die französischen Revolutionsheere scheiterten. Die Besetzung der linksrheinischen Gebiete des Erzbistums zwang E. 1792, in seine rechtsrheinische Residenz in Aschaffenburg auszuweichen. e n Gatz 3 E r t h a l , Lothar Franz Michael von und zu, Statthalter von Aschaffenburg, * 12.11. 1717 L o h r / M a i n , t 4 . 1 2 . 1 8 0 5 Aschaffenburg. E., Bruder von Friedrich Karl Joseph und Franz Ludwig von —>E., wurde in Würzburg und Mainz erzogen. Seit 1745 Ritter des Johanniterordens und kurfürstlicher Kammerherr, wurde er 1748 Oberamtmann von Lohr, dann mainzischer H o f - und Regierungsrat, kurfürstlicher Geheimer Rat, Kommandant des Josephs-Ordens und kaiserlicher Geheimer Rat. Danach war E. u. a. Staats- und Konferenzminister, Hofgerichtspräsident sowie Statthalter von Aschaffenburg. Großen Einfluß hatte er als Rat des Reichsritterkantons R h ö n / W e r r a . Der bedeutende Kunstsammler war Begründer der späteren Graphischen S a m m l u n g Aschaffenburg. E r t h a l , Philipp Christoph von, Beamter, * 1689, t 14.6. 1748 Mainz. E. wurde 1710 mainzischer und bambergischer Hofrat, gab 1714 seine Domizellariate in M a i n z und Würzburg auf und wurde 1745 mainzischer Obermarschall, später Konferenzminister. In Prag, Wien und bei der Kaiserwahl 1745 fand er

Erti diplomatische Verwendung. Er nahm Einfluß auf Schönbornsche Bauvorhaben wie Schloß Pommersfelden und die Residenz Würzburg. 1734-43 erbaute er den Erthal-Hof in Mainz. E. war der Vater von Lothar Franz Michael, Friedrich Karl Joseph und Franz Ludwig von —> E. E r t h e i l e r , August, Industrieller, * 15.9. 1863 Nürnberg, t 5 . 1 . 1 9 6 0 Nürnberg. Nach d e m Besuch des G y m n a s i u m s trat E. 1880 in seiner Heimatstadt in die väterliche Firma E. Vollrath & Co. ein, deren Alleininhaber er 1900 wurde. Nach der U m w a n d l u n g des Unternehmens in eine Aktiengesellschaft 1922 stand ihm E. als Generaldirektor vor. Anfang 1914 unternahm der Likör-Fabrikant eine Studienreise durch Ceylon und Indien. Von Ende 1915 bis A n f a n g 1919 war E. als Hauptmann und Referent für Feldverpflegung und Volksernährung im Kriegsministerium in Berlin tätig. Er war Vorsitzender und Vorstandsmitglied zahlreicher Vereinigungen wie des Bundes Deutscher Nahrungsmittel-Fabrikanten, des Verbandes Deutscher Spiritus- und Spirituosen-Interessenten und des Verbandes der Deutschen Obst- und Beerweinkeltereien, ferner Beisitzer des Kartellgerichts, Mitglied des Reichsgesundheitsrats sowie Handelsrichter. CD Reichshandbuch E r t h e l , Sebastian, auch Erti, Ertelius, österr. Komponist, Benediktiner, * um 1555 Mariazell (Steiermark), t 13.7. 1618 Garsten (Steyr). E. lebte wohl ursprünglich im Kloster Weihenstephan und seit etwa 1590 im Stift Garsten. Er betreute 1598 kurz die Gemeinde Gaflenz und war seit 1599 Chormeister in St. Lambrecht (Steiermark), u m 1601 auch Chormeister in Mariazell und um 1603 Musiker und Sänger in Admont. 1605 kehrte er als Chormeister nach Garsten zurück. E. komponierte vor allem Motetten, Messen und Magnificats in gemischter, vokal-instrumentaler Besetzung nach venezianischem Vorbild und veröffentlichte u. a. Symphoniae sacrae (1611), Sacrosanctum magnae et intimeratae virginis canticum (1615) und Canticum Beata Virgine Mariae (1615). OD M G G E r t i , Emil (Adolf Viktor), österr. Schriftsteller, * 11.3. 1860 Wien, t 8 . 5 . 1935 Wien. Der aus einer alten Wiener Seidenweberfamilie stammende E. studierte Jura, Philosophie und Geschichte in Wien und Graz, w o er 1886 promoviert und im selben Jahr Bibliotheksbeamter am Joanneum wurde. 1889 wechselte er an die Bibliothek der T H Graz, deren Direktor er 1898-1922 war. Seit 1927 lebte er wieder in Wien. E.s schriftstellerisches Jugendwerk reicht von romantischer Märchenseligkeit bis zu herber Zeitkritik und Mitleidsethik. Die Freundschaft mit Peter —> Rosegger brachte ihn zur Synthese von naturalistische Milieuschilderung und gemütvollem Humor. Seine Heimatdichtung erzählt vom Wien der Habsburger Zeit, von Arbeit und Fleiß als Haupttugenden des deutsch-österreichischen Bürgertums. Sein Werk umfaßt Romane, Erzählungen und Novellen. Seine Romantrilogie Ein Volk an der Arbeit. 100 Jahre Deutsch-Österreich im Roman (Die Leute vom blauen Guguckshaus, 1906; Freiheit, die ich meine, 1909; Auf der Wegwacht, 1911) wurde durch Im Haus zum Seidenbaum (1926) zur Tetralogie erweitert. 1930 Träger des Grillparzer-Preises, erklärte E. nach A n n a h m e einer Resolution gegen das nationalsozialistische Deutschland durch den österr. P E N - C l u b 1933 seinen Austritt aus dem Schriftstellerverband. Er war der Vater von Herbert —>E. m Killy E r t i , Hans, Photograph, Filmemacher, Kameramann, * 2 1 . 2 . 1 9 0 8 München, t 23. 10.2000 La D o l o r i d a / C h i quitania (Bolivien). E. ließ sich nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften in München und einer kaufmännischen Lehre als Kameramann ausbilden. Während einer Grönland-Expedition

drehte er seinen ersten Film (SOS-Eisberg), d e m bald weitere mit zum Teil spektakulären Kameraeinstellungen und experimentellen Filmtechniken folgten. 1936 wurde er von Leni —> Riefenstahl als C h e f k a m e r a m a n n für den zweiten Teil ihres Olympia-Films angestellt. In den dreißiger Jahren unternahm E. zahlreiche Bergbesteigungen in den Alpen und im Himalaya, über die er in seinem Buch Bergvagabunden (1941) berichtete. Nachdem er im Zweiten Weltkrieg als Sonderberichterstatter in Frankreich, A f r i k a und Rußland gearbeitet hatte, nahm E. 1953 an der erfolgreichen NangaParbat-Expedition teil, drehte einen Film über den Erstbesteiger Hermann Buhl und wanderte anschließend nach Bolivien aus, w o er bis zu seinem Tod als Farmer lebte. 1955 glaubte er, die Inka-Stadt Paititi entdeckt zu haben (Paititi. Ein Spähtrupp in die Vergangenheit der Inkas, 1956), und drehte 1958 mit seiner Tochter Monika E. den Film HitoHito über einen Indianer-Stamm in Bolivien. Seine frühen Lebensjahre hat E. in Meine wilden dreißiger Jahre (1982) beschrieben. CD A K L E r t i , Herbert (Wolfgang), österr. Schriftsteller, * 1 9 . 3 . 1 8 8 8 Graz, t 2 1 . 9 . 1958 Wien. Der Sohn Emil —>E.s studierte in Graz Jura, wurde dort promoviert und trat danach in die Finanzprokuratur in Wien ein. 1913 wechselte er in die Handels- und G e w e r b e k a m m e r über. Während des Ersten Weltkriegs war er Prokurist der österr. Öl- und Fettzentrale A. G. und Sekretär des Kriegsverbandes der Öl- und Fettindustrie. Nach d e m Ausscheiden aus d e m Berufsleben schrieb E. seit Ende der dreißiger Jahre zehn Schauspiele und eine Burleske. N a m h a f t e Bühnen haben seine Stücke uraufgeführt, so das Wiener Burgtheater Eine halbe Million (1938) und das Theater in der Josefstadt Bertha Suttner (1950). E r t i , Jakob, Schriftsteller, * 2 5 . 7 . 1875 A u g r u b (Gemeinde Oberneumais, heute zu Regen), t 3 0 . 7 . 1 9 5 6 Augrub. Nach d e m Schulbesuch arbeitete E. als Knecht in der Landwirtschaft und trat 1896 in das 13. Infanterieregiment in Ingolstadt ein. Während der Dienstzeit erwarb er sich gute Englisch- und Französischkenntnisse, bildete sich nach der Entlassung auf literarischen Gebiet autodidaktisch weiter und legte 1900 erste Arbeiten vor. Durch die Freundschaft mit M a x —>Peinkofer wurde er zu seinem Erzählband Das Licht im Fenster (1948) angeregt. E., der auch als Maler und Holzschnitzer tätig war, verarbeitete zumeist Motive der kleinbäuerlichen Welt. • • DLL, 20. Jh. E r t i , Joseph, Landwirt, Politiker, * 7 . 3 . 1925 Oberschleißheim, t 16. 11.2000 Murnau. E., Sohn eines Landwirts, nahm als Kampfflieger am Zweiten Weltkrieg teil, durchlief 1945-47 eine landwirtschaftliche Lehre, studierte bis 1950 an der T H München Landwirtschaft und erwarb 1952 das Diplom als Landwirt. Er war bis 1959 Leiter des Landjugendberatungsdienstes im Bayerischen Landwirtschaftsministerium, von d e m er zur Alm- und Landwirtschaftsschule in Miesbach wechselte, die er seit 1960 als Oberlandwirtschaftsrat leitete. In selben Jahr wurde er auch Direktor des Landwirtschaftsamtes Miesbach. Seit 1952 Mitglied der FDP, war er 1964-70 stellvertretender Vorsitzender, 1971-83 Vorsitzender der F D P Bayern. 1961-87 gehörte E. dem Deutschen Bundestag an, hatte 1968 den stellvertretenden Vorsitz der FDP-Fraktion inne und war 1969-82 und nach kurzer Unterbrechung 1 9 8 2 / 8 3 Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Seine Politik erwirkte eine allgemeine Erhöhung des E i n k o m m e n s niveaus und damit soziale Strukturstärkungen der ländlichen Regionen, u . a . durch eine verbesserte Altersversorgung der Landwirte. 1984-90 war E. Präsident der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft. Er gehörte zu den Begründern des

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Ertle Südtiroler Kulturwerks, dessen Präsident er wurde. E. veröffentlichte u . a . Die soziale Sicherung der Menschen auf dem Lande (1971) und Agrarpolitik ohne Illusionen. Politische und persönliche Erfahrungen (1985). CD M d B E r t l e , Sebastian, Bildhauer, Steinmetz, * um 1570 vermutlich Überlingen (Baden), t u m 1612. Seit etwa 1585 Schüler von Hans —»Morinck, d e m Hauptmeister des schwäbischen Manierismus, kam E. vermutlich in jungen Jahren nach Magdeburg. Dort und in der Umgebung ist sein Wirken von 1 5 9 5 / 9 7 bis 1612 durch Inschriften und Steinmetzzeichen nachweisbar. Noch als Geselle von Christof Kapup arbeitete er 1595-97 an dessen Alabasterkanzel des Magdeburger Doms. E.s Tätigkeit richtete sich insbesondere auf das monumentale Steinepitaph als Kernpunkt der manieristischen Plastik im Norden. Zu seinen Werken zählen Epitaphien (1601-12) im Magdeburger und im Halberstädter Dom (1605), das Domherrendenkmal in Athensleben bei Calbe (1602) sowie das Orgelgehäuse im D o m zu Magdeburg ( 1 6 0 4 / 0 5 ) , das bis auf wenige figürliche Reste 1830 abgebrochen wurde. DP N D B E r t l e r , Bruno, österr. Schriftsteller, * 29. 1.1889 Pernitz (Niederösterreich), f 1 0 . 1 2 . 1 9 2 7 Graz. E., Sohn eines Postmeisters, studierte seit 1909 in Graz Germanistik und Kunstgeschichte und wurde 1916 promoviert. 1917-22 war er Journalist und Kunstreferent beim „Neuen Grazer Tageblatt", danach freier Schriftsteller. In ärmlichen Verhältnissen lebend und durch ein Leberleiden beeinträchtigt, fand er 1926 eine Anstellung beim steiermärkischen Landes-Abgabenamt. Zahlreiche, während des Studiums entstandene Texte konnte er erst nach dem Ersten Weltkrieg veröffentlichen, so den impressionistischen Lyrikband Eva Lilith (1919) und einige Novellen (u.a. Venus, die Feindin, Venus im Morgen, beide 1921). E.s Prosa ist getragen von einer bejahenden Lebensphilosophie, Kindheits- und Jugenderlebnisse sowie Irrwege erotischer Beziehungen aufgreifend. Bekannt wurde E. vor allem mit drei Einaktern, zusammengefaßt unter dem Titel Wenn zwei das Gleiche tun ... ( 1920). In Das Spiel vom Doktor Faust stellt er —» Goethes grüblerischer Faustfigur den lebenstüchtigen, heiteren Hanswurst gegenüber. CD Killy E r t l i n , Johann, auch Oertlein, kath. Theologe, * u m 1545 Sulzdorf (Kr. Donauwörth), f 2 5 . 3 . 1 6 0 7 Bamberg. Nach der Promotion zum Magister artium in Dillingen war E. zunächst Hofmeister in Eichstätt und seit 1567 Prediger in Jettingen. In Eichstätt zum Priester geweiht, wurde er bischöflicher Kaplan, Domprediger sowie Prof. und Schloß seine Studien mit der Promotion zum Dr. theol. in Ingolstadt ab. Seit 1576 Chorherr und Pfarrer zu St. Martin in Forchheim, wurde er 1580 Weihbischof von Bamberg unter Bischof Martin von Eyb. Unter vier Fürstbischöfen reformierte E., auch Pfarrer von St. Martin und Kanonikus an St. Stephan in Bamberg, die Diözese und das Priesterseminar, bemühte sich um die Umsetzung der Vorschriften des Tridentinums und bearbeitete die 1587 gedruckte Agenda Bambergensis. Als eines seiner Hauptwerke gilt Epitome postillile Feuchthianae de sanctis (3 Bde., 1582-90). m Gatz 2 E r t m a n n , Ertwin, auch Erdmann, Erdwin, Chronist, * um 1430 Osnabrück, t 3 0 . 3 . 1 5 0 5 oder 3 0 . 5 . 1506. E. studierte 1443 in Erfurt die Rechte. Seit 1452 Ratsherr, erreichte er im selben Jahr die Wiederaufnahme seiner Heimatstadt in die Hanse und vertrat sie auf den Hansetagen 1456 und 1461. Zugleich stand er im Dienst des Bischofs von Osnabrück, war von 1477 bis kurz vor seinem Tod einer der drei Bürgermeister von Osnabrück und suchte den Ausgleich zwischen den Interessen von Stadt und Bistum.

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E. schrieb zwischen 1481 und 1491-95 zwei Fassungen einer Geschichte des Bistums Osnabrück. Indem die Cronica sive catalogus episcoporum Osnaburgensium auch Beziehungen der Osnabrücker Bischöfe zu denen von Münster, Minden und Utrecht aufgreift, bietet sie zugleich eine Geschichte Westfalens. Die Chronik wurde von Bernhard von Horst 1550-55 übersetzt und von Dietrich Lilie bis zum Jahr 1553 weitergeführt. CD V L E r w i n von Steinbach, auch Meister E. (Beiname im 17. Jh. hinzugefügt), Baumeister, * um 1240, t 17. 1.1318 Straßburg. E. stiftete 1275 eine Laienbruderschaft der Steinmetzen und löste dadurch die Steinmetzenbruderschaft von den mönchischen Bauvereinen. Wann er die Leitung der Straßburger Münsterbauhütte übernahm, ist ebenso umstritten wie sein eigener Anteil an Entwurf und A u s f ü h r u n g der unteren Teile der 1276 begonnenen Westfassade des Straßburger Münsters. Vermutlich schuf er, 1284, 1293 und 1316 als Werkmeister erwähnt, nur den sog. Riß B, der seit 1277 bis zur Scheitelhöhe der Seitenportale ausgeführt wurde, bis 1298 ein Brand den Bau unterbrach. Nach diesem Bauriß erweist sich E. als bedeutender gotischer Meister, der die französischen Bauten genau kannte, j e d o c h selbständig arbeitete. Seit der Erwähnung in —»Goethes Aufsatz Von deutscher Baukunst (1773) spielt E. eine wichtige Rolle in der Neubewertung mittelalterlicher Architektur. CD L e x M A E r w i t t e , Dietrich Ottmar von, Militär, t 1631 Breitenfeld (heute zu Leipzig). Kurz nach Beginn des Dreißigjährigen Kriegs erhielt E., bis dahin pfalzneuburgischer Oberstleutnant und Stadthauptmann von Lippstadt, ein Werbepatent für das Heer der Liga. Als bayerischer Oberst und Führer eines Reiterregiments k ä m p f t e er unter —> Tilly in B ö h m e n , danach in dessen Feldzügen gegen Ernst von —»Mansfeld, —»Christian von Braunschweig und - ^ C h r i s t i a n IV. von Dänemark. Als Befehlshaber der bayerischen Reiterei focht er unter —»Pappenheim in der Breitenfelder Schlacht, in der er den Tod fand. OP A D B E r x l e b e n , Dorothea (Christiane), geb. Leporin, Medizinerin, * 13. 11.1715 Quedlinburg, t 13.6. 1762 Quedlinburg. Die begabte, aber kränkelnde Tochter des Quedlinburger Arztes Christian Polykarp Leporin (1689-1747) fand Ablenkung und geistige Anregung im intensiven häuslichen Unterricht, den sie gemeinsam mit ihrem ältesten Bruder erhielt und der außer Sprachen auch medizinisches Wissen in Theorie und Praxis umfaßte. Auf der Basis dieses Heimstudiums konnte E. 1740 anläßlich der Erbhuldigung an —»Friedrich II. von Preußen ein Gesuch verfassen, in dem sie nicht nur (vergeblich) die Freistellung ihres Bruders vom Militärdienst, sondern auch für sich als erste Frau - die Zulassung zum Medizinexamen an der Univ. Halle erbat. Trotz wohlwollender Antwort verzögerte sich die Erfüllung dieses Wunsches u m 14 Jahre: E. heiratete 1742 den verwitweten Diakon Johann Christian E. (1697-1759) und k ü m m e r t e sich u m dessen fünf Kinder aus erster Ehe, zu denen später noch vier eigene k o m m e n sollten. Im selben Jahr erschien in Berlin die 1738 abgeschlossene Gründliche Untersuchung der Ursachen, die das Weibliche Geschlecht vom Studieren abhalten, Darin deren Unerheblichkeit gezeiget, und wie möglich, nöthig und nützlich es sey, Daß dieses Geschlecht der Gelahrtheit sich befleisse

Erzberger (Neudr. 1993). E. wendet sich darin gegen gängige Vorurteile gegenüber Frauen, wie mangelnden Verstand, Stimmungsschwankungen, Schwatzhaftigkeit, Bestimmung für die Haushaltsführung, und betont die gesamtgesellschaftlichen Vorteile einer Beteiligung weiblicher Talente an anspruchsvollen Tätigkeiten. Darüber hinaus ist die Schrift ein Appell an die Frauen, in deren Selbstbild und Verhalten E. viele Hindernisse begründet sieht. Die Rezensionen waren wohlwollend und entlarvten den anonymen, um Leporins Einleitung gekürzten Raubdruck mit dem Titel Vernünftige Gedanken vom Studiren des schönen Geschlechts (1749). Aus Neigung und Geldnot praktizierte E. jahrelang auch ohne Examen die Heilkunst, reichte aber schließlich, veranlaßt durch die Klagen der ortsansässigen Ärzte, die ihr Kurpfuscherei und den Tod einer Patientin vorwarfen, am 6. 1.1754 ihre Doktorarbeit in Halle ein, legte am 6. Mai die mündliche Prüfung ab und wurde am 12. Juni nach Eintreffen der ausdrücklichen kgl. Genehmigung promoviert. Die lateinische Dissertano inauguralis medica exponens quod nimis cito ac jucunde curare saepius fiat causa minus tutae curationis, in der die drei Richtlinien ärztlichen Handelns (schnell, angenehm, sicher) gegeneinander abgewogen werden, ließ E. ein Jahr später erweitert und ins Deutsche übersetzt als Abhandlung von der gar zu geschwinden und angenehmen, aber deswegen öfters unsichern Heilung der Krankheiten in Halle drucken. Der Aspekt der größtmöglichen Risikominderung bestimmt die therapeutischen Empfehlungen, die vor allzu drastischen und vor nebenwirkungsreichen prophylaktischen M a ß n a h m e n warnen. Ausgestattet mit staatlicher Approbation, arbeitete E. bis zu ihrem frühen Tod als angesehene Ärztin. LITERATUR: Werner Fischer-Defoy: Die Promotion der ersten deutschen Ärztin, D. C. E., und ihre Vorgeschichte. In: Sudhoffs Archiv 4 ( 1 9 1 0 / 1 1 ) S. 440-461. - Lotte Knabe: Die erste Promotion einer Frau in Deutschland zum Dr. med. an der Universität Halle 1754. In: 4 5 0 Jahre MartinLuther-Universität Halle-Wittenberg. Bd. 2, Halle 1952, S. 109-124. - Heinz B ö h m : D. C. E. Ihr Leben und Wirken. Quedlinburg 1965. - Anton Hermann Billig: D. C. E., die erste deutsche Ärztin. Med. Diss. München 1966. - Londa Schiebinger: Schöne Geister. Frauen in den Anfängen der modernen Wissenschaft. Stuttgart 1993, S. 350-360. Ortrun Riha E r x l e b e n , Johann Christian Polycarp, Naturforscher, * 2 2 . 6 . 1 7 4 4 Quedlinburg, f 1 9 . 8 . 1 7 7 7 Göttingen. Der älteste Sohn Johann Christian und Dorothea —> E.s studierte in Göttingen Medizin, wandte sich aber bald den Naturwissenschaften zu. 1767 mit der Arbeit Diiudicatio systematum animalium mammalium promoviert, hielt er schon seit 1766 Vorlesungen über Naturgeschichte und C h e m i e (seit 1767), bevor er 1771 a. o. und 1775 o . P r o f . der Physik wurde. E. verstand diese Wissenschaft noch im umfassenden Sinn auch als Naturgeschichte. Das K o m p e n dium Anfangsgründe der Naturgeschichte (1768; 4 1791, hrsg. von Johann Friedrich —»Gmelin) blieb nicht bei der bloßen Beschreibung von Naturobjekten stehen. Die Anfangsgründe der Chemie (1775, s 1793) stellen dieses Fach als selbständige Disziplin dar. Z u s a m m e n mit den Anfangsgründen der Naturlehre (1772, 2 1777) waren die drei Lehrbücher f ü r Generationen von Studenten wie Professoren maßgebend; E.s Amtsnachfolger Georg Christoph —» Lichtenberg gab seine Naturlehre neu heraus ( , 1 7 8 4 , 6 1794). Zu E.s Veröffentlichungen gehören ferner Einleitung in die Vieharzneykunst (1769, 2 1769; 1798 unter d e m Titel Theoretischer Untericht in der Vieharzneykunst, 1771,21777 unter d e m Titel Praktischer Unterricht in der Vieharzneykunst, 1800, hrsg. von Konrad Anton Zwierlein) und Physikalische Bibliothek (4 Bàe., ΠΊ5-79). DP Killy

E r y t h r ä u s , Gotthart, Komponist, * um 1560 Straßburg, t 1617 Altdorf bei Nürnberg. Der Sohn des Valentin - > E . erwarb 1587 in Altdorf die Magisterwürde und wurde 1595 Kantor, 1 6 0 9 / 1 0 Rektor der dortigen städtischen Lateinschule. E.s einziges überliefertes Werk Herrn D. Martini Lutheri und anderer gottsförchtiger Männer Psalmen und Geistliche Lieder [...] enthält 85 vierstimmige Kantionalsätze und ist eine der wichtigsten Liedersammlungen um die Wende zum 17. Jahrhundert. m MGG E r y t h r ä u s , Valentin, eigentl. Roth, Philologe, Schulmann, * 1521 Lindau, f 2 9 . 3 . 1576 Altdorf. E. hielt sich seit 1538 in Straßburg auf und studierte dort, anschließend in Wittenberg bei —»Luther und —»Melanchthon. Sein früherer Lehrer Johannes —> Sturm rief ihn nach Straßburg, wo er bald Prof. der Rhetorik wurde. Als 1575 das G y m n a s i u m von Nürnberg nach Altdorf verlegt wurde, übernahm E. dort das Rektorat und eine Professur. Sein umfangreiches Schrifttum zur Klassischen Philologie behandelt fast ausschließlich rhetorische Fragen. E. war der Vater von Gotthart - > E . m ADB E r y t h r o p i l u s , Rupert, eigentl. Rothhuth, evang. Theologe, * 1556 Schmallenberg (Sauerland), t 7 . 1 0 . 1 6 2 6 Hannover. Der Sohn eines Tuchmachers studierte in Leipzig und Wittenberg Theologie. Seit 1584 Magister, wurde er 1585 Konrektor und 1586 Prediger. 1590 übernahm er die Pfarrei zu St. Georg in Hannover. Der Senior der hannoverschen Geistlichkeit verfaßte mehrere theologische und philosophische Schriften. In einem seiner in deutscher Sprache abgefaßten Werke beschäftigte sich E. mit d e m Vorrücken der Türken und der Bedrängnis für Deutschland (Weckglock darinnen die schlaffende Teutschen wider die wachen Türcken auffgeweckt werden [...]. 1595). CD D L L E r z b e r g e r , Jakob, schweizer, adventistischer Prediger, * 2 3 . 3 . 1 8 4 3 Seltisberg (Kt. Basel-Landschaft), t 13.7. 1920 Sissach (Kt. Basel-Landschaft). E., Sohn eines Postbeamten, stammte aus einer nach dem frühen Tod des Vaters verarmten Familie. Er arbeitete als Pförtner im Kantonsspital Liestal und war Schüler an der Pilgermission von St. Chrischona (Basel). Als fahrender Prediger und Missionar im Jura traf er in Tramelan den Adventisten Michael Czechowski und seine Gemeinde, in deren Glauben er sich 1868 taufen ließ. 1869 besuchte er seine Glaubensbrüder in Michigan (USA), wo er 1870 ordiniert wurde. Fortan widmete er sich der Verbreitung der Adventisten in Europa und betreute seit 1875 die Adventisten bei Wuppertal. 1906 kehrte er in die Schweiz zurück; seit 1909 lebte er in Sissach. CP B B K L E r z b e r g e r , Matthias, Politiker, * 2 0 . 9 . 1 8 7 5 Buttenhaus e n / S c h w ä b i s c h e Alb, t 2 6 . 8 . 1921 G r i e s b a c h / S c h w a r z wald. Der begabte und ehrgeizige, in kleinbürgerlichen Verhältnissen des schwäbischen Diasporakatholizismus aufgewachsene E. arbeitete zunächst als Volksschullehrer, seit 1896 als Redakteur und rühriger Organisator im politischen und Verbandskatholizismus Südwestdeutschlands. Schon früh zeigte er als „Anwalt der kleinen Leute" eine ausgeprägte, später nicht selten mißbrauchte Hilfsbereitschaft. Seine publizistische Tätigkeit behielt er zeitlebens bei. Sie war die

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Erzgräber wirtschaftliche Grundlage seiner Laufbahn als Berufspolitiker, die der erst Achtundzwanzigjährige 1903 mit d e m Einzug als Abgeordneter des Zentrums in den Reichstag einschlug. In Berlin fiel E. durch stetige Präsenz, Umtriebigkeit und eine ungewöhnliche Arbeitskraft auf, mit der er sich rasch ein enormes Sachwissen namentlich in der Finanz-, Sozial-, Kolonial- und Militärpolitik erwarb, aber auch stark vom bedächtigen Honoratiorengefiige der Zentrumsfraktion, zu deren linkem Flügel er zählte, unterschied. Da er immer wieder durch penetrante Besserwisserei Mißfallen erregte, hatte er inner- wie außerhalb seiner Partei zahlreiche Gegner. Erst 1912 rückte er in die Fraktionsführung vor. E. war als stets gut informierter Debattenredner gefürchtet. 1906 führte seine A u f d e c k u n g von Kolonialskandalen zur vorzeitigen Auflösung des Reichstags. Ungeachtet aller kritischen Einwände bejahte er aber grundsätzlich die Kolonialund Rüstungspolitik des Reiches. Während des Kriegs organisierte er im Auftrag des Reichskanzlers Theobald von - » B e t h m a n n Hollweg die Auslandspropaganda im Reichsmarineamt, wobei er seine „katholischen", nunmehr stark ausgeweiteten Verbindungen im Interesse der Mittelmächte zu mobilisieren suchte, ohne doch den Kriegseintritt Italiens verhindern zu können. Obgleich ursprünglich Annexionist, widerriet E. der A u f n a h m e des uneingeschränkten U-Boot-Kriegs und gelangte im Frühjahr 1917 zu der Einsicht, daß der Krieg nicht mehr gewonnen werden könne. Daher drängte er auf einen „Verständigungsfrieden". Die Friedensresolution des Reichstags vom 1 9 . 7 . 1 9 1 7 war wesentlich sein Werk. Sie begründete die parlamentarische Zusammenarbeit von Sozialdemokraten, Fortschrittspartei und Zentrum: den Ausgangspunkt der späteren Weimarer Koalition. Als Befürworter einer Parlamentarisierung des Reiches, vor allem aber wegen seiner Friedensinitiative wurde E. von der Rechten außerordentlich heftig angefeindet. Dennoch scheute er sich nicht, die Leitung der deutschen Waffenstillstandskommission zu übernehmen. 1919 drängte er mangels militärischer oder politischer Alternativen auf A n n a h m e des Versailler Vertrags. Durch die Ü b e r n a h m e des Finanzministeriums im Kabinett —»Bauer ( 2 1 . 6 . 1 9 1 9 ) bewies er erneut Mut zur Unpopularität. Die in nur acht Monaten durchgeführte große Finanzreform, seine bedeutendste Leistung, setzte die Finanzhoheit des Reiches gegenüber den Ländern durch, vereinheitlichte die Steuererhebung, erschloß neue Einnahmen durch stärkere Belastung der Vermögen. Auch wurden die Eisenbahnen in Reichsbesitz überführt. Durch die unablässige Kritik seiner politischen Gegner und einen von Karl —»Helfferich provozierten Verleumdungsprozeß am 1 2 . 3 . 1 9 2 0 zum Rücktritt gezwungen, wurde E. bei der Vorbereitung seines politischen C o m e b a c k von zwei F e m e m ö r d e r n im Schwarzwald erschossen. Mit ihm starb das meistgehaßte Opfer nationalistischer Mordhetze gegen vermeintliche „Novemberverbrecher" und „Volksverräter". Der deutsche Parlamentarismus verlor mit ihm einen ebenso befähigten wie umstrittenen Verfechter, die j u n g e Republik einen ihrer profiliertesten Repräsentanten. WERKE; Die Kolonialbilanz. Berlin 1906. - Die Rüstungsausgaben des Deutschen Reiches. Stuttgart 1914. - Der Verständigungsfriede. Stuttgart 1917. - Der Völkerbund. Berlin 1918. - Reden zur Neuordnung des deutschen Finanzwesens. Berlin 1919. - Erlebnisse im Weltkrieg. Stuttgart 1920. LITERATUR: Klaus Epstein: M. E. und das D i l e m m a der deutschen Demokratie. Berlin 1962. - Rudolf Morsey: Die deutsche Zentrumspartei 1917-1923. Düsseldorf 1966. - R u dolf Morsey: M. E. (1875-1921). In: Zeitgeschichte in Lebensbildern. Bd. 1. Mainz 1973, S. 103-112 und 302 f. Theodor Eschenburg: M. E. Der große Mann des Parlamen-

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tarismus und der Finanzreform. M ü n c h e n 1973. - Wilfried Loth: Katholiken im Kaiserreich. Düsseldorf 1984. - Christian Leitzbach: M. E. Ein kritischer Beobachter des Wilhelminischen Reiches 1895-1914. F r a n k f u r t / M a i n 1998. Wolfgang Michalka (Hrsg.): M . E.: „Reichsminister in Deutschlands schwerster Zeit". Potsdam 2002. - Rudolf Morsey: M. E. (1875-1921). In: Politische K ö p f e aus Südwestdeutschland. Stuttgart 2005, S. 84-93. Ulrich von Hehl E r z g r ä b e r , Willi, Anglist, * 3 1 . 5 . 1 9 2 6 Arheilgen (heute zu Darmstadt), f 9. 12.2001 Freiburg/Breisgau. E. nahm als Soldat am Zweiten Weltkrieg teil, wurde 1944 schwer verwundet und studierte nach seiner Genesung Anglistik (u.a. bei Else —» Schaubert), Germanistik, Romanistik und Philosophie an der Univ. F r a n k f u r t / M a i n . 1956 habilitierte er sich bei Helmut - > V i e b r o c k mit einer Arbeit über William Langlands Piers Plowman, war dann im Schuldienst tätig und nahm 1962 einen Ruf auf eine o. Professur an der Univ. Saarbrücken an. 1966 wechselte er an die Univ. F r a n k f u r t / M a i n , dann an die Univ. Freiburg/ Breisgau, w o er 1994 emeritiert wurde. E. war Vorsitzender des Deutschen Anglistenverbands, seit 1994 korrespondierendes Mitglied im Ausland der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und wurde für seine wissenschaftliche Arbeit u. a. mit einem Ehrendoktorat der University of Massachusetts ausgezeichnet. Sein Forschungsinteresse galt der mittelalterlichen englischen Literatur, dem modernen englischen R o m a n (vor allem den Werken von Virginia Woolf und James Joyce) sowie der Lyrik, hier insbesondere T. S. Eliot und W . B. Yeats. Zu seinen wichtigsten Veröffentlichungen zählen Utopie und Antiutopie in der englischen Literatur (1980) und James Joyce. Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Spiegel der experimentellen Erzählkunst (1998). c n Almanach Öst Akad, Jg. 152 E r z i n g e r , Lili, schweizer. Malerin, Zeichnerin, Graphikerin, * 9 . 5 . 1 9 0 8 Zürich, t 4. 10. 1964 Neuchâtel. Nach dem Besuch der Ecole des Beaux-Arts in La Chaux-deFonds studierte E. 1929-36 in Paris, u. a. an der A c a d é m i e de la Grande Chaumière bei Fernand Léger, an der Académie Colarossi und an der A c a d é m i e Ranson; daneben arbeitete sie bei André Lothe, Roger Bissière und Gino Severini. 1 9 3 6 / 3 7 unterrichtete E. am Maryville College in St. Louis (Missouri). 1937 ließ sie sich in Neuchâtel nieder. E. war mit Sophie —»Taeuber-Arp und Hans —»Arp befreundet und gehörte 1933-37 der „Gruppe 33" in Basel, 1937-54 der Gruppe „Allianz" in Zürich an. Sie schuf gegenständliche Darstellungen wie Porträts, Landschaften und Stilleben sowie abstrakte Arbeiten, die sie zwischen 1930-60 zur Hauptvertreterin der abstrakten Kunst in der Schweiz werden ließen. CD A K L E s a ù , Abraham, Physiker, * 7 . 6 . 1884 Tiegenhagen (Kr. Marienburg), t 1 2 . 5 . 1 9 5 5 Düsseldorf. E., Sohn eines Hofbesitzers und Standesamtsvorstehers, studierte 1902-06 Mathematik, Physik und Philosophie an der Univ. Berlin und der T H Danzig und wurde 1908 in Berlin promoviert (Widerstand und Selbstinduktion von Solenoiden für Wechselstrom). 1906-09 Assistent an der T H Danzig, seit 1910 an der Univ. H a l l e / S a a l e , trat E. 1912 in die Gesellschaft für drahtlose Télégraphié (Telefunken) ein, leitete seit 1913 den Bau einer Großfunkanlage in Kamina (Togo) und war 1914-17 in französischer Kriegsgefangenschaft, seit 1917 in der Schweiz interniert. Danach wieder f ü r Telefunken tätig, wurde E. 1925 a. o., 1927 o . P r o f . der Technischen Physik an der Univ. Jena, deren Rektor er 1932-35 und 1937-39 war. Er wurde 1933 Mitglied der N S D A P und gehörte 1933-39 dem Staatsrat an. 1939 als o. Prof. für Militärische Fernmeldetechnik und Ordinarius

Esch für Technische Physik und Hochfrequenztechnik an die T H Berlin-Charlottenburg berufen, wurde er 1941 Präsident der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt und war während des Zweiten Weltkriegs auch Bevollmächtigter für Hochfrequenzforschung. 1945 kam E. in amerikanische Gefangenschaft, wurde seit 1946 in den Niederlanden interniert und 1948 nach d e m Freispruch von der Anklage wirtschaftlicher Kriegsverbrechen entlassen. 1 9 4 8 / 4 9 Gastprofessor an der Technischen A k a d e m i e Bergisch Land, war er 1949-55 Honorarprofessor an der T H Aachen und übernahm 1953 die Leitung des Instituts für Hochfrequenztechnik der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt in M ü l h e i m / R u h r . E., einer der bedeutendsten Hochfrequenzphysiker seiner Zeit und seit 1938 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, trug mit zahlreichen Veröffentlichungen (u. a. Weltnachrichtenverkehr und Weltnachrichtenmonopole, 1932; Die Entwicklung der deutschen drahtlosen Nachrichtentechnik, 1934; Ortung mit elektrischen und Ultraschallwellen in Technik und Natur, 1953) zur Entwicklung der U K W - und Funkmeßtechnik bei. m NDB

Esch,

Albert, österr. Gartenarchitekt, * 2 . 4 . 1 8 8 3 Eisgrub (Mähren), t 2 9 . 9 . 1 9 5 4 Wien. Nach einer Gärtnerlehre besuchte der Sohn eines fürstlichliechtensteinischen Hofgartendirektors die Gartenbauschule in Eisengrub und war dann in englischen, deutschen und österr. Garten- und Obstbaubetrieben sowie in der belgischen Orchideengärtnerei Sander & Fils und im Botanischen Garten in Paris tätig. Während des Ersten Weltkriegs war er Referent für Gemüsebau im österr. Kriegsministerium. Seit 1919 arbeitete E. als selbständiger Gartengestalter in Wien, u. a. mit Josef —> Frank. Nach dem „Anschluß" Österreichs 1938 wurde E. Gartengestalter in der Landesplanungsstelle für Siedlungswesen des Reichsstatthalters und Gauleiters der N S D A P . 1945 zunächst Berater für Gartenfragen bei der US-amerikanischen Militärregierung in Österreich, war er 1946-54 Dozent an der höheren Gartenbauschule in Klosterneuburg und Prof. für Garten- und Grünflächengestaltung an der Hochschule für Bodenkultur in Wien. E., der zahlreiche Preise f ü r seine Gestaltungen erhielt, gilt als einer der bedeutendsten Gartenarchitekten der Ersten Republik. Von seinen rund 70 Anlagen sind allerdings nur 9 erhalten. E. war auch in Polen, Ungarn, Serbien und der Tschechoslowakei tätig.

cri AKL

Esch,

Arno, Amerikanist, * 1 5 . 1 0 . 1 9 1 1 Solingen, t 5 . 9 . 1995 Bonn. Der Sohn eines Fabrikanten studierte seit 1931 Neuere Sprachen und evang. Theologie in Bonn, London und Berlin. 1937 wurde er mit der Arbeit Giles Fletchers „Christs Vietarle and Triumph ". Eine Studie zum Epenstil des englischen Barock promoviert. 1941-44 nahm E. am Zweiten Weltkrieg teil und wurde 1946 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft entlassen. Seit 1947 lehrte er als Lektor Anglistik in Bonn, w o er sich 1951 habilitierte (Formprobleme der religiösen Epik des 17. Jahrhunderts). Seit 1954 war er o . P r o f . in Erlangen und 1958-79 in Bonn. 1967 wurde E. Mitglied der Rheinisch-Westfälischen A k a d e m i e der Wissenschaften. E. bearbeitete ein weites Themenfeld, das von Chaucer über die englischen „metaphysical poets" bis zum M o d e r n i s m u s reichte. Er veröffentlichte u . a . Englische religiöse Lyrik des 17. Jahrhunderts. Studien zu Donne, Herbert, Crashaw, Vaughan (1955), James Joyce und sein Ulysses (1970) und Zur Situtation der zeitgenössischen englischen Lyrik (1980). E s c h , Ernst, Verkehrswissenschaftler, * 2 0 . 1 2 . 1 8 8 1 Köln, t 2 9 . 1 0 . 1945 Fulda. Das Studium der Rechtswissenschaften in Freiburg, München und Bonn Schloß E. 1907 in Leipzig mit der Promotion

ab (Die Übertragung der Namensaktie). Nach Tätigkeiten als Rechtsanwalt beim Oberlandesgericht Köln, als Rechtsberater für Verbände des Verkehrswesens und als Abgeordneter im Reichswirtschaftsrat wurde er 1921 Gründungsdirektor des Instituts für Verkehrswissenschaft an der Univ. Köln. 1924-31 war er Leiter der Kölner Messe- und Ausstellungsgesellschaft, 1929 wurde er a . o . P r o f . an der dortigen Universität. E. war Mitherausgeber der „Zeitschrift für Verkehrswissenschaft" und veröffentlichte u . a . Die Binnenschiffahrt der Vereinigten Staaten von Amerika (1925). E s c h , Josef, Architekt, * 1784 Bonn, t 1.1. 1854 Brünn (Mähren). Nach dem Studium der Philosophie, Mathematik, Physik und Architektur an der Univ. Bonn setzte E. seine Architekturstudien in Bad Mergentheim und 1 8 0 3 / 0 4 in Regensburg fort, w o er nach Entwürfen des kurfürstlichen Landbaumeisters Emanuel Joseph von —» Herigoyen das Gesandtschaftsgebäude sowie das Gesellschafts- und Theaterhaus erbaute. 1806 arbeitete E. bei dem Hofarchitekten Karl von —> Moreau in Wien, der ihn mit der Einrichtung der kaiserlichen Gemächer beauftragte. 1807-09 stand E. im Dienst des Grafen Franz Xaver Dietrichstein und wurde 1811 Zeichner bei der Landbaudirektion in Prag, 1813 Landbau-Ingenieur in Klattau und später in Gitschin. 1825 kehrte er nach Prag zurück, wo er als Bauingenieur f ü r die Bezirke Kaurzim und Beraun und seit 1828 in der Landbaudirektion tätig war. 1835 wurde E. Baudirektor, 1836 Oberster Baudirektor in Brünn und 1850 Oberster Bauinspektor von Mähren. Charakteristisch für E.s vom französischen Klassizismus beeinflußtes Bauen sind Bäder mit überkuppelten Quelltempeln. CD A K L

Esch,

Ludwig, Jesuit, Theologe, * 1 . 4 . 1 8 8 3 Köln, t 8.4. 1956 St. Andrä (Kärnten). E. trat 1902 in die Gesellschaft Jesu ein und wurde 1914 zum Priester geweiht. Im Ersten Weltkrieg Divisionspfarrer, beendete er nach dem Krieg seine theologischen Studien und widmete sich der Arbeit mit der kath. akademischen Jugend. Als Mitbegründer, Generalsekretär und seit 1933 Bundesführer von „Neudeutschland" trug er wesentlich zur veränderten Einstellung des deutschen Katholizismus zur modernen gesellschaftlichen Entwicklung bei. Nach d e m Verbot der Organisation 1939 war E. im Untergrund tätig. Nach 1945 arbeitete er als Jugendseelsorger am Wiederaufbau des Bundes mit. Zu seinen Schriften zählen Maria und die Jugend (1924, Neudr. unter d e m Titel Maria im Leben der Jugend, 3 1944) und Jesus Christus - Lehrer und Meister (1956). Cd N D B

Esch,

Paul, Unternehmer, * 2 8 . 1 2 . 1866 Duisburg, t 1 1 . 1 1 . 1 9 4 9 Duisburg. E., Sohn von Gottfried E., der als Kupferschmied tätig war und 1857 die späteren Esch-Werke in Duisburg gründete, Schloß sein Studium als Diplomingenieur ab und leitete zusammen mit seinem Onkel Friedrich Stein die Eisengießerei und Maschinenfabrik Esch & Stein; mit der Ü b e r n a h m e aller Anteile wurde er 1909 alleinverantwortlicher Unternehmer. 1898-1906 entwickelte er mit d e m Kreiselbrecher eine neuartige Zerkleinerungsmaschine für Steine und Erze. Mit der Projektierung und d e m Bau von Zerkleinerungs- und Aufbereitungsanlagen im In- und Ausland sicherte E. seinem Werk auch in den Krisenzeiten der zwanziger Jahre seine Stellung auf d e m Weltmarkt. CD N D B E s c h , Peter, Gynäkologe, * 20. 12. 1874 Minkelfeld (Kr. Mayen), t 10.6. 1952 Münster. E. studierte in München, Berlin und Leipzig, w o er 1899 promoviert wurde (Über Dystrophia musculorum progressiva). Nach Tätigkeiten als Marinearzt und Leiter einer Kinderund Frauenabteilung am Krankenhaus von Tsingtau wurde er

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Eschay 1908 Assistenzarzt an der Universitäts-Frauenklinik in Marburg. Im selben Jahr habilitierte er sich in Greifswald für Geburtshilfe und Gynäkologie, 1912 folgte er einem Ruf als a. o. Prof. nach Marburg. 1923 wurde E. o. Prof. und Direktor der Universitäts-Frauenklinik in Münster. Neben Diagnostische und theapeutische Irrtümer und ihre Verhütung beim Neugeborenen (mit Wilhelm Zangemeister, 1922) veröffentlichte er im „Archiv für Gynäkologie" und im Handbuch der Gynäkologie zahlreiche Beiträge zur Serologie und Bakteriologie sowie zur Pathologie der Neugeborenen. Nach E. wurde ein Nährboden für Choleravibrionen benannt. E s c h a y , Jakob, auch Erschay, Erschey, Eschey, Öschay, Öscheich, Baumeister, t 1606 Augsburg. Der Vater von Veit - » E . war von ca. 1592 bis 1602 Stadtwerkmeister in Augsburg. 1578-82 errichtete er nach eigenen E n t w ü f e n den Neubau des Schlosses Kirchheim (Schwaben) f ü r Johannes —» Fugger, darunter den sog. „Zedernsaal" im Ostflügel des Schlosses. E.s bedeutendster Auftrag war der Neubau des Augsburger Zeughauses, für das er einen Bau in spätgotischer F o r m plante. 1602 trat er jedoch wegen technischer Probleme und aus Altersgründen zurück. E.s Nachfolger als Bauleiter und Stadtwerkmeister wurde Elias —> Holl.

cu

A KL

E s c h a y , Veit (Vitus), auch Ehescheuh, Eschai, Eschau, Esche, Escheitt, Eschey, Eschoi, Ögscheib, Oescheich, Öschey, Bildhauer, t vor 28. 11. 1603 München. Der Sohn Jakob —>E.s wurde erstmals 1574 in Augsburg erwähnt, als er eine Ausbildung bei Christoph Murrmann d . Ä . begann. 1585 reiste E. mit einem Empfehlungsschreiben von Johannes Fugger zu weiteren Studien nach Venedig, Bologna und Florenz, wurde nach der Rückkehr 1589 in München Meister und trat in den herzoglichen Dienst ein. 1593 wurde er zum fürstlichen Bildhauer des Salzburger Erzbischofs Wolf Dietrich von —»Raitenau berufen, wo er den Auftrag für eine Grabplatte für den Vater des Erzbischofs erhielt (Salzburg, Stiftskirche St. Peter). Später kehrte E. vermutlich nach München zurück. Sicher von E. stammt eine Ölberggruppe im Augsburger D o m aus farbig gefaßter Terrakotta von 1591. OD A KL E s c h e , Johann Georg, Fabrikant, * 3 . 5 . 1682 Köthensdorf (Sachsen), t 30. 1. 1752 Limbach (Sachsen). Als Strumpfstricker und zugleich Diener von Anton von Schönberg tätig, lernte E., Sohn eines Schwarzfärbers, auf einer Reise nach Dresden die Funktion und Bedienung eines französischen Strumpfwirkstuhles kennen. Mit Schönbergs Unterstützung baute er die Maschine nach und gründete um 1720 in Limbach die erste sächsische Seidenstrumpfmanufaktur. Durch die technischen Veränderungen an E.s Wirkstühlen waren die Strümpfe aus der Limbacher Produktion von besserer Qualität als die französischen und eröffneten neue und größere Absatzgebiete. 1764 liefen bereits 80 Strumpfwirkstühle in der Manufaktur. Nachdem, unter Beibehaltung des F i r m e n n a m e n s „Moritz Samuel E s c h e " (auch Esche-Werke genannt), der Firmensitz 1870 nach Chemnitz verlegt worden war, wuchs das Unternehmen im 19. Jh. zu einem Großbetrieb, der weltweit und fast konkurrenzlos Handelsbeziehungen aufbauen konnte. CD N D B E s c h e , Theodor, Fabrikant, * 1817 Limbach, t 1873 Leipzig. E., Nachfahre des Fabrikanten Johann Georg —>E. und Sohn des Inhabers eines Wirkereibetriebs, ü b e r n a h m zusammen mit seinem Bruder die Leitung des väterlichen Betriebs in Limbach. Dort war er der erste, der Rund- und Kraftstühle aus England und Frankreich importierte und nachbaute; neben dem Betrieb eines Vetters gehörte u . a . das von den Brüdern geführte Unternehmen zu den ersten

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Strumpffabriken in Limbach. E. übernahm bei den Weltausstellungen in London (1862) und Paris (1867) die A u f g a b e eines Preisrichters, 1869 stiftete er einen hohen Geldbetrag für die technische Ausbildung finanziell schwach gestellter Jugendlicher.

Eschelbach,

Hans, Schriftsteller, * 1 6 . 2 . 1 8 6 8 Bonn, t 14.3. 1948 Innsbruck. Der Sohn eiens Schreiners besuchte das Lehrerseminar in Brühl, hospitierte an der Univ. Bonn und war dann als Lehrer in Köln tätig. Später ließ er sich in Bonn als freier Schriftsteller und Vortragsmeister nieder. Studienreisen führten ihn durch ganz Europa und in den Vorderen Orient. Zu Beginn seiner literarischen Tätigkeit schrieb E. Gedichte, die große Verbreitung fanden und häufig vertont wurden. Die Themen seiner volkstümlichen Erzählwerke waren hauptsächlich das Schulleben, die Heimat und die biblische Geschichte. E. veröffentlichte u . a . die Novelle Die beiden Merks (1903) und den R o m a n Maria Rex (1911). m DLL, 20. Jh.

Eschelbacher,

Ernestine, geb. Benario, Sozialfürsorgerin, * 8 . 7 . 1858 W e r t h e i m / M a i n , t 5 . 7 . 1931 Berlin. Die Tochter eines K a u f m a n n s heiratete 1879 einen Rabbiner und war in Bruchsal seelsorgerisch in der Gemeinde ihres Mannes tätig. Seit 1900 in Berlin ansässig, gründete E. eine Frühehekasse, wurde Vorsitzende in den Frauenvereinen „Judas Töchter" und „Rachel" und arbeitete im Vorstand der Jüdischen G e m e i n d e mit. Nach d e m Tod ihres Mannes unternahm sie als Vorsitzende des Schwesternverbandes der Bnai-Brith-Loge zahlreiche Vortragsreisen im In- und Ausland und engagierte sich verstärkt in der Frauengruppe des Centraivereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens. 1917 wurde E. in den Vorstand des Jüdischen Frauenbundes gewählt. 1930 gegründete sie die Ernestine-EschelbacherStiftung zur Unterstützung jüdischer Mädchen und Frauen in der Berufsausbildung, die nach E.s Tod von ihrer Tochter Bertha Marcus weitergeführt wurde. t u Dick

Eschelbacher,

Max, Rabbiner, * 1 4 . 1 . 1 8 8 0 Bruchsal (Baden), f 2 0 . 4 . 1964 London. Der Sohn eines Rabbiners studierte in Berlin, legte das Rabbinerexamen ab und war 1906-11 Rabbiner in Bruchsal und Freiburg. Als Nachfolger von Leo —>Baeck wurde er 1913 Rabbiner der jüdischen Gemeinde in Düsseldorf. 1929 trat E. d e m Ausschuß zur Vergrößerung der . J e w i s h A g e n c y " und dem Rat des Preußischen Landesverbandes Jüdischer Gemeinden bei. Vor 1933 war er Sachverständiger in den Talmudprozessen gegen Julius —> Streicher in Nürnberg. Im N o v e m b e r 1938 wurde E. inhaftiert und anschließend nach Großbritannien ausgewiesen. Neben zahlreichen Beiträgen in jüdischen Zeitungen und Zeitschriften über Fragen des Rechts im Talmud und der jüdischen Tradition veröffentlichte er u . a . Willenserklärung in der Halacha (1925).

Eschenbach,

Christian Ehrenfried, Mediziner, * 2 1 . 8 . 1 7 1 2 Rostock, t 2 3 . 3 . 1 7 8 8 Rostock. Auf Wunsch seines Vaters erlernte E. während eines fünfjährigen Aufenthalts in Leipzig das Apothekergeschäft. Wieder in Rostock, studierte er dort Medizin (Promotion 1735, De scorbutico, maris balthici accolis non endemie), unternahm 1735 eine Reise nach St. Petersburg und praktizierte danach in verschiedenen Gegenden Deutschlands. 1740 besuchte E. die Niederlande und Paris, wo er sich unter Anleitung von Antoine Ferrein mit der Anatomie und Chirurgie beschäftigte. E. kehrte 1742 nach Rostock zurück und ließ sich als Arzt und Dozent nieder. 1756 wurde er Prof. der Mathematik, 1762 Prof. der Medizin. E. veröffentlichte u. a. Medicina legalis (1746, 2 1775), Anatomische Beschreibung des menschlichen Körpers (1750), Chirurgie (1754) und Grundlage zum Unterricht einer Hebamme (1765, 2 1767). Er war der Vater von Johann Christian —» E. e n ADB

Eschenburg Eschenbach,

Christian Gotthold, Chemiker, Mediziner, * 14.11. 1753 Leipzig, f 10.11. 1831 Leipzig. Im Jahr 1783 in Leipzig zum Dr. med. promoviert (De liquoribus salinis ojficinarum eorumque medicis virtutibus), wurde E. 1785 o.Prof. der Chemie und führte das erste Chemische Laboratorium der Univ. Leipzig, das in einer Gaststätte untergebracht war. Z u m Mitglied der Medizinischen Fakultät wurde E. 1797 ernannt. Er gründete eine Stiftung für Studierende der Medizin. E.s umfangreiche schriftstellerische Tätigkeit betraf zum größten Teil die Übersetzung ausländischer (vor allem englischer) Werke, u. a. Versuche und Beobachtungen Uber verschiedene Teile der Naturlehre (1780-87) von Joseph Priestley, Untersuchungen über das Blut (1789) von Giuseppe Pasta und AntoineFrançois de Fourcroy System der theoretischen und praktischen Chemie (1801).

Eschenbach,

Hieronymus (Christoph Wilhelm), Mathematiker, * 3 0 . 3 . 1764 Leipzig, f 7 . 3 . 1797 Madras. Von seinem zwölften Lebensjahr an besuchte E. die Landesschule in Meißen, bezog 1782 die Univ. Leipzig, um Mathematik und Physik zu studieren, und erwarb 1785 den Magistergrad (Epistola ad tratrem Christian Gotthold Eschenbach. Inest in locum Kaestnerianum de multipli angulorum tangentibus commentatio). 1789 wurde er Privatdozent und hielt seitdem Vorlesungen an derselben Universität. Als Ingenieurhauptmann trat E. 1791 in die Dienste der holländischen „Ostindischen C o m p a g n i e " und war zuerst in Batavia, später in Malakka tätig, bei dessen Eroberung durch die Engländer er in Gefangenschaft geriet. Er veröffentlichte u. a. Beschreibung und Gebrauch des Funkischen Erdkörpers (1789). Von E. stammt eine Reihe von Übersetzungen aus dem Holländischen, Französischen und Schwedischen ins Deutsche und Lateinische, die meisten aus dem Fachgebiet der Physik. In seiner Dissertatio de serierum reversione, formulis analytico-combinatoriis exhibita (1789) stellte er eine Formel zur Reihenumkehrung auf. CD A D B E s c h e n b a c h , Johann Christian, Jurist, * 26. 10.1746 Rostock, t 12.8. 1823 Rostock. E., Sohn von Christian Ehrenfried —>E., studierte 1763-67 an den Universitäten Rostock und Leipzig Jura und ließ sich 1768 als Advokat in seiner Vaterstadt nieder. Zugleich war er 1766-73 Mitarbeiter und zeitweise Herausgeber der „Erneuerten Berichte von gelehrten Sachen". 1778 wurde E. zum Dr. jur. promoviert (De restituitone in integrum, quae fit brevi manu) und im selben Jahr Prof. der Rechte an der Univ. Rostock. Seine Vorlesungen hatten hauptsächlich römisches Recht, Kriminalrecht sowie mecklenburgisches Staatsrecht und Lehnsrecht zum Inhalt. E. war sechsmal Rektor der Univ. Rostock und gab als solcher 1788-1805 die „Annalen der Rostock'schen A k a d e m i e " (13 Bde.) heraus. 1801 wurde er als Vertreter der Gewerke zum Anwalt der Rostocker Bürgerschaft gewählt. Seine schriftstellerische Tätigkeit beschränkte sich auf Abhandlungen über das Strafrecht und in späteren Jahren auf Gegenstände des mecklenburgischen Rechts. ED Mecklenburg, Bd 3

Eschenburg,

Bernhard Georg, Psychiater, * 19. 1. 1811 Lübeck, t 6 . 2 . 1886 Lübeck. Das Studium der Medizin in Heidelberg und Göttingen Schloß E. 1833 mit der Promotion ab (De partu facie praevia), trat nach weiteren Vorlesungsbesuchen in Berlin als Arzt für Chirurgie und Geburtshilfe 1835 in die ärztlichen Dienste Lübecks und leitete seit 1838 mehr als f ü n f z i g Jahre lang die Irrenanstalt. Mit seinen Berichten über die Anstalt (1844-58) lieferte er einen wertvollen Beitrag zur Geschichte der Irrenpflege in Deutschland und bereitete R e f o r m e n in

baulicher und behandlungstechnischer Hinsicht vor: „Eine Irrenanstalt ist aber ein Spiegel der Zeit." 1855 erschien Die Irren-Statistik des Lübeckischen Staates (1855). c n Deutsche Irr, Bd 1

Eschenburg,

Hermann, K a u f m a n n , * 9 . 4 . 1 8 7 2 Lübeck, t 13.1. 1954 Lübeck. E.s Vater war K a u f m a n n und zeitweilig regierender Bürgermeister (Präsident des Senats) in Lübeck. Nach der Lehrzeit in seiner Heimatstadt folgte ein mehrjähriger Auslandsaufenthalt in Belgien, England und Rußland; im Ersten Weltkrieg stand E., Bruder Karl - » E . s , als Hauptmann im Feld und trat anschließend als Teilhaber in die Firma Jost. Hinr. Havemann & Sohn, Holzgroßhandlung in Lübeck ein. E. gehörte zu den einflußreichsten Wirtschaftsführern der Region; er war Mitglied der Lübecker Bürgerschaft, der Handelskammer Lübeck, des Reichs- und Seewasserstraßenbeirats und des Landeseisenbahnrats Hamburg der Deutschen Reichsbahn sowie stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der C o m m e r z b a n k Lübeck und der Lübeck-Büchener Eisenbahn-Gesellschaft. Nach d e m Zweiten Weltkrieg wurde E. u . a . Präsident der Industrieund Handelskammer Lübeck, der Deutsch-Finnischen Vereinigung und Vorstandsmitglied des Deutschen Industrieund Handelstags.

Eschenburg,

Johann Joachim, Literaturhistoriker, Übersetzer, Schriftsteller, * 7 . 1 2 . 1743 Hamburg, t 2 9 . 2 . 1 8 2 0 Braunschweig. Der Sohn eines Leinenhändlers studierte 1764-67 in Leipzig und Göttingen Theologie, daneben insbesondere Philosophie, und war 1767-73 Hofmeister am Collegium Carolinum in Braunschweig. 1772 wurde er mit der Übersetzung von Horazens Epistel an die Pisonen und an den Augustus nach der englischen Ausgabe von Richard Hurd bekannt. Als a . o . P r o f . in Braunschweig (1773-77) hielt E. Vorlesungen über Theorie und Geschichte der Literatur sowie Logik. Er vervollständigte Christoph Martin —> Wielands Shakespeare-Übersetzung (13 Bde., 1775-82; 12 Bde., 2 1798-1806) und machte damit den Stand der englischen Shakespeare-Forschung in Deutschland ( U e b e r W. Shakespeare, 1787, Neuaufl. 1806) bekannt. Seit 1777 lehrte E. als o. Prof. Literatur und Philosophie. Aus der Lehre erwuchsen u. a. seine Werke Entwurf einer Theorie und Litteratur der schönen Wissenschaften (1783, 5 1836, Nachdr. 1986) und das vielfach übersetzte Handbuch der classischen Literatur und Alterthumskunde (1783, X 1837). 1777-81 gab er das „Brittische M u s e u m f ü r die Deutschen" heraus. Seit 1782 Bibliothekar des Carolinums, wurde E. 1786 zum Hofrat und 1817 zum Geheimen Justizrat ernannt. Er schrieb Gedichte, Epen und Dramen; er war Mitarbeiter an Matthias —> Claudius' „Wandsbecker Boten" und Friedrich —> Nicolais „Allgemeiner deutscher Bibliothek" und mit zahlreichen führenden Persönlichkeiten befreundet, u. a. mit —» Lessing, dessen literarischen Nachlaß er teilweise herausgab. 1788-95 veröffentlichte er eine achtbändige Beispielsammlung zur Theorie und Literatur der schönen Wissenschaften. DO I G L

Eschenburg,

Karl (Gustav), Landwirt, Politiker, * 2 8 . 1 . 1 8 7 7 Lübeck, t 1 3 . 1 2 . 1 9 4 3 Rostock. Der Bruder von Hermann —>E. absolvierte eine praktische Lehrzeit als Landwirt in Mecklenburg und Süddeutschland, besuchte die Landwirtschaftliche Hochschule in Halle und war vier Jahre als landwirtschaftlicher Beamter tätig. Er erwarb das Rittergut Geierwalde in Ostpreußen und übernahm 1920 das väterliche Gut Banzin. E. war Mitglied zahlreicher Wirtschafts- und Fachverbände. 1929 wurde er Ministerpräsident von Mecklenburg-Schwerin sowie Vorstand des Ministeriums für Landwirtschaft, D o m ä n e n und Forsten. •P

Reichshandbuch

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Eschenburg Eschenburg,

Theodor, Politikwissenschaftler, * 2 4 . 1 0 . 1904 Kiel, t 1 0 . 7 . 1999 T ü b i n g e n . Als Sohn eines Seeoffiziers in Kiel g e b o r e n , w u r d e E. v o m L ü b e c k e r H a u s seines G r o ß v a t e r s G e o r g E. g e p r ä g t , der einer dortigen Patrizierf a m i l i e a n g e h ö r t e , S e n a t o r der H a n s e s t a d t u n d in den v o r g e g e benen Abständen jahresweise ihr „Präsidierender B ü r g e r m e i ster" war. S e i n e beiden letzten G y m n a s i a l j a h r e v e r b r a c h t e E. in L ü b e c k . 1924 b e g a n n E. in Tübingen das Studium der Geschichte; n e b e n h e r w i d m e t e er sich v o r allem d e m Staatsrecht. E r w u r d e M i t g l i e d der B u r s c h e n s c h a f t „ G e r m a n i a " und betätigte sich in der studentischen Politik. N a c h vier S e m e s t e r n w e c h s e l t e er nach Berlin, w o s e i n e w i c h t i g s t e n L e h r e r d e r Historiker Fritz —> H ä r t u n g u n d der Staatsrechtslehrer Heinrich - » T r i e p e l w a r e n ; promoviert w u r d e er mit einer Arbeit ü b e r d i e „ B l o c k b i l d u n g " unter d e m R e i c h s k a n z l e r von - » B ü l o w , in d e r d i e N a t i o n a l liberalen unter E r n s t —» B a s s e r m a n n e i n e m a ß g e b l i c h e R o l l e spielten. D i e S u c h e n a c h Material b e g r ü n d e t e e i n e Verbind u n g zu A u ß e n m i n i s t e r G u s t a v —> S t r e s e m a n n , der d a s Vorw o r t zu der 1929 unter d e m Titel Das Kaiserreich am Scheidewege. Bassermann, Biilow und der Block als B u c h veröffentlichten Dissertation schrieb. E i n e p o l i t i s c h e L a u f b a h n z e i c h n e t e sich ab. Bei d e n R e i c h s t a g s w a h l e n a m 1 4 . 9 . 1930 k a n d i d i e r t e E. vergeblich f ü r d i e „Staatspartei", in der ein Z w e i g der D e u t s c h e n Volkspartei fortlebte. Beruflich w a r E. als w i s s e n s c h a f t l i c h e r Hilfsarbeiter b e i m Verein D e u t s c h e r M a s c h i n e n b a u a n s t a l t e n tätig. Dort e r g a b sich ein K o n t a k t zu A l e x a n d e r —>Rüstow, der n a c h 1945 bei der F u n d i e r u n g der „sozialen M a r k t w i r t s c h a f t " eine R o l l e spielen sollte. Als M i t g l i e d d e r G e s c h ä f t s f ü h r u n g von V e r b ä n d e n der D r u c k k n o p f - und R e i ß v e r s c h l u ß - I n d u s t r i e ü b e r d a u e r t e E. d i e J a h r e bis 1945. E r setzte sich von Berlin nach T ü b i n g e n ab, in d i e H e i m a t seiner Frau. D i e f r a n z ö s i s c h e B e s a t z u n g s m a c h t setzte ihn als S t a a t s k o m m i s s a r f ü r das F l ü c h t l i n g s w e s e n ein; w e g e n U n b o t m ä ß i g k e i t w u r d e er 1947 abgesetzt. D i e Staatsregier u n g des L a n d e s S ü d w ü r t t e m b e r g - H o h e n z o l l e r n unter C a r l o - » S c h m i d ( S P D ) berief ihn z u m Ministerialrat i m I n n e n m i n i s t e r i u m . M i t der A m t s b e z e i c h n u n g „ S t a a t s r a t " w u r d e er Minister-Stellvertreter. E. war m a ß g e b l i c h beteiligt an d e r Z u s a m m e n f a s s u n g der drei s ü d w e s t d e u t s c h e n Länder, w o f ü r d a s G r u n d g e s e t z im Art. 118 ein erleichtertes Verfahren vorg e s e h e n hatte, w a s auf einen Vorschlag E.s z u r ü c k g i n g ; er b e s c h r i e b die V o r g ä n g e u . a . in Verfassung und Verwaltungsauflau des Siidweststaates ( 1952). A u f A n r e g u n g C a r l o S c h m i d s n a h m E. 1947 mit einer Vorlesung ü b e r die W e i m a r e r R e p u b l i k d i e Lehrtätigkeit an der Univ. T ü b i n g e n auf, w u r d e 1949 z u m H o n o r a r p r o f e s s o r ernannt und 1952 als o . P r o f . f ü r W i s s e n s c h a f t l i c h e Politik ber u f e n , w a s er bis zu seiner E m e r i t i e r u n g 1973 blieb. E. w a r einer der ( W i e d e r - ) G r ü n d e r d e s F a c h s . Er betrieb es nicht im S i n n e einer indoktrinierenden „ R e e d u c a t i o n " und später nicht im S i n n einer W i s s e n s c h a f t von der u n d f ü r d i e Gesells c h a f t s v e r ä n d e r u n g . E.s M e t h o d e w a r d i e der ins G r u n d s ä t z liche f o r t g e f ü h r t e n praktischen A n s c h a u u n g , w o b e i ihm d i e Vielfalt seiner E r f a h r u n g e n (Politik, W i r t s c h a f t , V e r w a l t u n g ) von N u t z e n war. E r setzte sich e r f o l g r e i c h f ü r die E i n f ü h r u n g d e s F a c h s „ S t a a t s b ü r g e r k u n d e " an den G y m n a s i e n d e s L a n d e s ein und erreichte die E i n b e z i e h u n g d e r P o l i t i k w i s s e n schaft in d e n F ä c h e r k a n o n der S t a a t s p r ü f u n g f ü r d a s h ö h e r e Lehramt.

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Vor a l l e m in der W o c h e n z e i t u n g „ D i e Z e i t " n a h m E. seit 1957 aktuelle politische V o r g ä n g e z u m A n l a ß g r u n d s ä t z l i c h e r B e t r a c h t u n g e n , d i e i h m d e n R u f eines „ L e h r m e i s t e r s der P o l i t i k " eintrugen. E. v e r m i e d sorgfältig j e d e parteip o l i t i s c h e F e s t l e g u n g . In s e i n e m B u c h Staat und Gesellschaft in Deutschland ( 1 9 5 6 , d a n a c h weitere, u n v e r ä n d e r t e A u f l a g e n ) g a b er e i n e e i n g ä n g i g e B e s c h r e i b u n g der politischen O r d n u n g der B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d . In Einzelschriften b e f a ß t e er sich mit T h e m e n w i e d e r Herrschaft der Verbände? (1955, 2 1 9 8 3 ) , schrieb Über Autorität (1965, 2 1 9 7 0 ) , b e h a n d e l t e auf s a c h l i c h e Weise den Sold des Politikers (1959), r ü g t e d i e s a c h w i d r i g e Ämterpatronage (1961). Interessiert hat ihn d i e „ R o l l e der P e r s ö n l i c h k e i t " in der Ges c h i c h t e ( u . a . V i e r t e l j a h r e s h e f t e f ü r Z e i t g e s c h i c h t e 9, 1961, S. 1 ff; Matthias Erzberger, 1973). E r b e h a n d e l t e a u c h Die deutsche Frage (1960). E. w a r 1 9 5 5 - 7 6 bei z w e i m a l i g e r W i e d e r w a h l M i t g l i e d d e s S t a a t s g e r i c h t s h o f s f ü r das L a n d B a d e n - W ü r t t e m b e r g . E r w u r d e von f ü h r e n d e n Politikern als R a t g e b e r h e r a n g e z o g e n , w a r M i t g l i e d der v o m B u n d e s m i n i s t e r d e s Innern eingesetzten K o m m i s s i o n e n f ü r d a s Wahlrecht (Bericht 1955) und f ü r das R e c h t der politischen Parteien (Bericht 2 1 9 5 8 ) . Als Vors t a n d s m i t g l i e d d e s , J u g e n d s o z i a l w e r k s " hat er sich seit den f ü n f z i g e r J a h r e n der R e s o z i a l i s i e r u n g g e f ä h r d e t e r J u g e n d l i cher a n g e n o m m e n . E r w u r d e 1968 M i t g l i e d des O r d e n s P o u r le mérite, erhielt von der U n i v . A u g s b u r g 1985 den Grad eines D r . phil. h. c. und w u r d e 1986 mit d e m G r o ß k r e u z d e s Bundesverdienstkreuzes ausgezeichnet. WEITERE WERKE; D e r B e a m t e in Partei und P a r l a m e n t . F r a n k f u r t / M a i n 1952. - D i e Richtlinien der Politik i m V e r f a s s u n g s r e c h t und in der V e r f a s s u n g s w i r k l i c h k e i t . In: D i e ö f f e n t l i c h e Verwaltung 7 (1954) S. 193 ff. - Z u r politischen P r a x i s in der B u n d e s r e p u b l i k . 3 Bde., M ü n c h e n 1962-71 ( A u f s a t z s a m m l u n g ) . - D i e i m p r o v i s i e r t e D e m o k r a tie. M ü n c h e n 1963 ( A u f s a t z s a m m l u n g ) . - J a h r e der Besatzung 1 9 4 5 - 1 9 4 9 ( z u m Teil mit G e o r g B e n z ) . Stuttgart 1987 (= G e s c h i c h t e der B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d , B d . 1). A l s o hören Sie mal zu. G e s c h i c h t e und G e s c h i c h t e n 1904 bis 1933. Berlin 1995. - Letzten E n d e s m e i n e ich d o c h . Eri n n e r u n g e n 1 9 3 3 - 1 9 9 9 . Berlin 2 0 0 0 . LITERATUR: D e m o k r a t i s c h e s S y s t e m u n d politische Praxis in d e r B u n d e s r e p u b l i k . H r s g . v. G e r h a r d L e h m b r u c h . M ü n c h e n 1971. - P e r s o n e n und Institutionen in der E n t w i c k lung der B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d . S y m p o s i o n aus A n l a ß des 80. G e b u r t s t a g e s von T . E. H r s g . v. R u d o l f H r b e k . K e h l / S t r a ß b u r g 1985. - D e n Staat d e n k e n . T . E. z u m F ü n f u n d a c h zigsten. Hrsg. v. H e r m a n n R u d o l p h . Berlin 1989. - R i c h a r d von Weizsäcker: T i s c h r e d e aus A n l a ß d e s 85. G e b u r t s t a g e s 1989. In: Ders.: G e b u r t s t a g s f e i e r n . Zürich 1995. - G e r h a r d L e h m b r u c h : T . E. und d i e A n f ä n g e der w e s t d e u t s c h e n Polit i k w i s s e n s c h a f t . In: Politische Vierteljahresschrift 4 0 ( 1 9 9 9 ) , H e f t 4 ( N a c h r u f ) · - Friedrich Karl F r o m m e : T . E. In: Jahrbuch d e s ö f f e n t l i c h e n R e c h t s 5 4 ( 2 0 0 6 ) S. 167 ff. Friedrich

Karl

Fromme

E s c h e n b u r g , W i l h e l m A r n o l d , S t a a t s m a n n , * 1 5 . 9 . 1778 B r a u n s c h w e i g , t 1 1 . 8 . 1861 D e t m o l d . N a c h A b s c h l u ß des J u r a s t u d i u m s trat E. in d e n B r a u n s c h w e i ger Staatsdienst unter H e r z o g - > K a r l W i l h e l m F e r d i n a n d von B r a u n s c h w e i g ein, der ihn z u m S e k r e t ä r e r n a n n t e . In dieser E i g e n s c h a f t n a h m er als B e g l e i t e r d e s H e r z o g s 1806 a m F e l d z u g u n d an der S c h l a c h t bei A u e r s t e d t teil. I m napoleonischen K ö n i g r e i c h W e s t p h a l e n w u r d e E . G e n e r a l s e k r e t ä r der P r ä f e k t u r d e s O k e r d e p a r t e m e n t s . N a c h der B e f r e i u n g des L a n d e s B r a u n s c h w e i g w a r er als H o f r a t u n d G e h e i m e r Sekretär i m h e r z o g l i c h e n G e h e i m r a t s k o l l e g i u m tätig. U n t e r H e r z o g —> Karl II. w u r d e E. 1823 G e h e i m e r Justizrat und beratendes M i t g l i e d d e s h e r z o g l i c h e n S t a a t s m i n i s t e r i u m s . 1827 v o m F ü r s t e n von L i p p e - D e t m o l d z u m R e g i e r u n g s - und K a m -

Escher m e r d i r e k t o r nach D e t m o l d b e r u f e n , trat er später als Präsident der R e g i e r u n g und d e r K a m m e r an die S p i t z e d e r Regierung. DP A D B

Eschenfelder,

C h r i s t o p h , auch C i n i c a m p i u s , Jurist, H u m a n i s t , * u m 1475 G r o ß - G e r a u , t w a h r s c h e i n l i c h 1555 Boppard oder Limburg. E. war B ü r g e r zu L i m b u r g . 1500-03 wird er als päpstlicher u n d kaiserlicher N o t a r e r w ä h n t und ist seit 1504 in kurtrierischen Diensten bezeugt. 1505-45 w i r k t e er in B o p p a r d w e c h s e l w e i s e als Z o l l s c h r e i b e r , K ü c h e n s c h r e i b e r und A m t m a n n , bis 1555 als R e n t m e i s t e r . E r w a r ein A n h ä n g e r und F r e u n d des —> E r a s m u s von R o t t e r d a m , der ihm sein letztes D r u c k w e r k , d i e A u s l e g u n g d e s 14. P s a l m s , w i d m e t e . E s c h e n h a g e n , (Johann August Friedrich) Max, M e t e o r o l o g e , P h y s i k e r , * 2 2 . 1 0 . 1858 Eisleben, t 1 2 . 1 1 . 1901 P o t s d a m . E., S o h n eines Z i m m e r m e i s t e r s und Stadtrats, Schloß 1880 das S t u d i u m der P h y s i k und M a t h e m a t i k in H a l l e mit der P r o m o t i o n (Über das Niveau einer Flüssigkeit, in welche zwei vertikale Platten getaucht sind) ab, w a r k u r z e Zeit L e h rer in Eisleben und H a m b u r g und trat 1883 in die D e u t s c h e P o l a r k o m m i s s i o n ein, in d e r e n A u f t r a g er d i e in K u n g u a und S ü d g e o r g i e n g e w o n n e n e n e r d m a g n e t i s c h e n B e o b a c h t u n g e n bearbeitete. A n s c h l i e ß e n d b e r e c h n e t e E. als A s s i s t e n t am Marineobservatorium Wilhelmshaven die Elemente für 4 0 Stationen in N o r d d e u t s c h l a n d (gedruckt 1900) und w u r d e 1889 Vorsteher d e s n e u e r b a u t e n M a g n e t i s c h e n O b s e r v a t o r i u m s P o t s d a m , d e m er e i n e E i n r i c h t u n g v e r s c h a f f t e , die m u stergültig f ü r ä h n l i c h e O b e r s e r v a t o r i e n in aller Welt w u r d e . E. ist d i e K o n s t r u k t i o n d e s nach i h m b e n a n n t e n „ E s c h e n h a g e n s c h e n F e i n m a g n e t o m e t e r s " zu v e r d a n k e n . 1888 w u r d e E . in die D e u t s c h e A k a d e m i e der N a t u r f o r s c h e r L e o p o l d i n a a u f g e n o m m e n . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Absolute Bestimmungen der horizontalen Intensität des Erdmagnetismus zu Wilhelmshaven (1885), Einige Resultate der erdmagnetischen Stationen im Systeme der internationalen Polarforschung (1887) u n d Bestimmung der erdmagnetischen Elemente an 40 Stationen im nordwestlichen Deutschland (1890). OP L e b Mitteidt, B d 3

Eschenloer,

Peter, C h r o n i s t , * um 1420 N ü r n b e r g , t 1 2 . 5 . 1481 Breslau. N a c h seiner gelehrten E r z i e h u n g w i r k t e der aus einer K a u f m a n n s f a m i l i e s t a m m e n d e E. als M a g i s t e r u n d R e k t o r (seit 1453) an der S t a d t s c h u l e in Görlitz. 1455 als Stadtschreiber in Breslau eingesetzt, reiste er in d i e s e r E i g e n s c h a f t w i e d e r h o l t in politischer M i s s i o n nach W i e n , P r a g u n d B r ü n n . In der Zeit des K a m p f e s g e g e n G e o r g von P o d i e b r a d von B ö h m e n f ü h r t e er d i e u m f a n g r e i c h e d i p l o m a t i s c h e Korres p o n d e n z mit der Kurie. 1464 übersetzte E. im A u f t r a g d e s B r e s l a u e r R a t s De Bohemorum origine ac gestis historia d e s A e n e a s Silvius P i c c o l o m i n i (als Papst Pius II.) und 1466 d i e Historia Hierosolymitana des R o b e r t u s M o n a c h u s ins Deutsche. 1463 b e g a n n er mit der A b f a s s u n g d e r Historia Wratislaviensis [...], w e l c h e die G e s c h i c h t e d e r Stadt Breslau von 1438 bis 1460 r ü c k b l i c k e n d beschreibt und seit 1463 halb als T a g e b u c h und halb als D o k u m e n t e n s a m m l u n g f o r t g e f ü h r t w u r d e . 1472 fing E. mit der d e u t s c h e n B e a r b e i t u n g dieses W e r k e s an, w e l c h e s er bis 1479 f o r t g e f ü h r t hatte ( N e u a u s g . hrsg. von G u n h i l d R o t h , 2 0 0 3 ) . m VL E s c h e n m a y e r , A d o l p h Karl A u g u s t , P h i l o s o p h , M e d i z i n e r , * 4 . 7 . 1768 N e u e n b ü r g (Baden), t 1 7 . 1 1 . 1 8 5 2 Kirchheim/Teck. N a c h d e m M e d i z i n s t u d i u m in Stuttgart u n d T ü b i n g e n (nat u r p h i l o s o p h i s c h e P r o m o t i o n 1796, Principia quaedam disciplinae naturalis, imprimis chemiae ex metaphysica naturae substernenda) ließ sich E., S o h n eines O b e r a m t s p f l e g e r s , 1797 als praktischer A r z t in K i r c h h e i m nieder. 1800-11 w a r

er Oberarzt in S u l z und in dieser E i g e n s c h a f t Leibarzt der H e r z o g i n von W ü r t t e m b e r g . 1811 w u r d e E. als a. o . P r o f . der M e d i z i n u n d P h i l o s o p h i e n a c h T ü b i n g e n b e r u f e n , w o er 1 8 1 8 - 3 6 als O r d i n a r i u s wirkte. E. stand seit B e g i n n seines S t u d i u m s der —> S c h e l l i n g s c h e n N a t u r p h i l o s o p h i e nahe, distanzierte sich in s e i n e m G l a u b e n s v e r s t ä n d n i s aber von der s p e k u l a t i v e n I d e n t i t ä t s p h i l o s o p h i e (Logik gibt „ k e i n e n M a ß s t a b f ü r G o t t " ab). P h y s i s c h e K r a n k h e i t ist S t ö r u n g der o r g a n i s c h e n F u n k t i o n e n , d i e H e i l m e t h o d e sollte h o m ö o p a thisch sein; seelische K r a n k h e i t ist S t ö r u n g der geistigen V e r m ö g e n , d i e T h e r a p i e sollte p s y c h o s o m a t i s c h sein. M i t s e i n e m P s y c h o l o g i e k o n z e p t b e e i n f l u ß t e E. d i e w ü r t t e m b e r g i s c h e V e r f a s s u n g s r e f o r m . S e i n e P s y c h i a t r i e v o r l e s u n g e n trugen zur Institutionalisierung der U n i v e r s i t ä t s p s y c h i a t r i e bei. E. arbeitete ü b e r tierischen M a g n e t i s m u s und S o m n a m b u l i s m u s u n d g r ü n d e t e mit anderen d a s „ A r c h i v f ü r d e n thierischen M a g n e t i s m u s " ( 1 8 1 7 - 2 4 ) . 1852 e r s c h i e n e n seine Betrachtungen. über den physischen Weltbau, mit Beziehung auf die organischen, moralischen und unsichtbaren Ordnungen der Welt. WEITERE WERKE: S ä t z e aus der N a t u r m e t a p h y s i k . Erlangen 1797. - D i e P h i l o s o p h i e in i h r e m Ü b e r g a n g e zur Nichtp h i l o s o p h i e . E r l a n g e n 1803. - P s y c h o l o g i e . T ü b i n g e n 1817, 2 1 8 2 2 . - G r u n d r i ß der N a t u r p h i l o s o p h i e . T ü b i n g e n 1832. LITERATUR: Gabrielle Gsell: C . A . v . E . s t h e o r e t i s c h e A u f f a s s u n g von der P s y c h o p a t h o l o g i e . M e d . Diss. M ü n c h e n 1962. - Walter Wuttke: Materialien zu L e b e n und Werk Α . Κ. A . v. E.s. In: S u d h o f f s Archiv 5 6 ( 1 9 7 2 ) S. 2 5 5 - 2 9 6 . R a l p h M a r k s : D i f f e r e n z der K o n z e p t i o n einer d y n a m i s c h e n N a t u r p h i l o s o p h i e bei Schelling und E . Phil. Diss. M ü n c h e n 1984. - F a b r i c e M a l k a n i : C. A . v. E. ( 1 7 6 8 - 1 8 5 2 ) et le m a g n é t i s m e a n i m a l . Paris 1994. Dietrich von Engelhardt

Escher

v o m G l a s , ( J o h a n n Heinrich) A l f r e d , s c h w e i z e r . Politiker, B a n k i e r , * 2 0 . 2 . 1819 Z ü r i c h , t 6. 1 2 . 1 8 8 2 E n g e ( h e u t e zu Z ü r i c h ) . N a c h a b g e s c h l o s s e n e m S t u d i u m erhielt E „ dessen Vater H e i n r i c h E. als A g e n t der B a n k h ä u s e r B a r i n g ( L o n d o n ) und d e R o u g e m o n t (Paris) in den U S A ein V e r m ö g e n e r w o r ben hatte u n d sich nach seiner R ü c k k e h r botanischen und e n t o m o l o g i s c h e n Studien w i d m e t e , 1842 als erster Jurist in Z ü r i c h d e n Doktortitel. 1844-47 las er Z i v i l p r o z e ß r e c h t an der U n i v . Z ü r i c h und w u r d e d a n a c h Erster Staatsschreiber s o w i e Präsident des G r o ß e n R a t s in Z ü r i c h , 1 8 4 8 / 4 9 R e g i e r u n g s p r ä s i d e n t s o w i e M i t g l i e d d e s Nationalrats. 1849 a m tierte E. als B ü r g e r m e i s t e r von Zürich u n d w a r in den f o l g e n den Jahren S t a d t p r ä s i d e n t und u n a n g e f o c h t e n e r F ü h r e r d e s Z ü r c h e r W i r t s c h a f t s f r e i s i n n s . Z u seinen L e i s t u n g e n zählen die G r ü n d u n g des P o l y t e c h n i k u m s (heute Ε Τ Η ) und d i e F ö r d e r u n g des s c h w e i z e r . E i s e n b a h n b a u s . 1856 konstituierte sich d a s G r ü n d u n g s k o m i t e e der S c h w e i z e r i s c h e n Kreditanstalt, deren G e s c h ä f t e Ε. 1856-77 und 1880-82 als P r ä s i d e n t leitete. m HLS

Escher

v o m G l a s , A l f r e d (Martin), s c h w e i z e r . D i p l o m a t , * 2 3 . 3 . 1 9 0 6 Z ü r i c h , f 1 4 . 2 . 1 9 8 0 Z o l l i k o n (Kt. Zürich). E., dessen Vater Präsident d e s K a n t o n s g e r i c h t s war, studierte J u r a in Z ü r i c h , Kiel, Berlin u n d D e n H a a g und w u r d e 1929 in Zürich z u m Dr. j u r . p r o m o v i e r t . 1931 trat er in den d i p l o m a tischen D i e n s t ein. 1935 ging E. nach W a r s c h a u , d a n n nach Berlin, 1941 nach A n k a r a , im f o l g e n d e n J a h r als K o n s u l n a c h B a g d a d , 1944 n a c h A t h e n . N a c h d e m Z w e i t e n Weltkrieg war E. an der s c h w e i z e r . G e s a n d t s c h a f t in L o n d o n tätig u n d leitete 1 9 4 8 - 5 0 als K o m m i s s a r d e s I n t e r n a t i o n a len K o m i t e e s v o m R o t e n K r e u z d a s F l ü c h t l i n g s h i l f s w e r k in Palästina. 1 9 5 1 - 5 4 w a r E. G e s a n d t e r in Teheran, 1 9 5 4 / 5 5 M i t g l i e d der Ü b e r w a c h u n g s k o m m i s s i o n f ü r d e n Waffenstillstand in K o r e a , 1955-57 G e s a n d t e r , 1957-59 B o t s c h a f t e r in R o m , 1959-63 in B o n n , 1963-72 in Wien, 1 9 7 2 / 7 3 S o n d e r b e a u f t r a g t e r der U N O f ü r N a m i b i a . CD H L S

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Escher E s c h e r von der Linth, Arnold, schweizer. Geologe, * 8 . 6 . 1807 Zürich, t 1 2 . 7 . 1 8 7 2 Zürich. E., Sohn von Hans Conrad —>E., studierte 1825-29 Geologie in Genf und Berlin und unternahm eine Studienreise, die ihn nach Süditalien, auf die Liparischen Inseln, nach Algerien und in die Sahara führte. 1834 wurde er Privatdozent, 1856 o. Prof. für Geologie an der Univ. Zürich und bald auch am Eidgenössischen Polytechnikum. Zur selben Zeit fungierte er als Direktor der Mineralogisch-Geologischen S a m m l u n g in Zürich, an deren Ausbau er maßgeblich beteiligt war. E. erforschte zusammen mit Bernhard —> Studer als erster systematisch die Geologie der Schweizer Alpen und der angrenzenden Gebiete und erarbeitete eine geologische Spezialkarte des Säntisgebiets. Seine Forschungen umfaßten u . a . die stratigraphischen Verhältnisse in den Alpen, die Glazialgeologie und die Gletscherbewegungen der Eiszeit. Er veröffentlichte u . a . Erläuterung der Ansichten einiger Contact-Verhältnisse zwischen kr)>stallinischen Feldspathgesteinen und Kalk im Berner Oberland (mit Bernhard Studer, 1839), Geologische Beschreibung von Mittel-Biindten (mit Bernhard Studer, 1839), Ceologische Bemerkungen Uber das nördliche Vorarlberg und einige angrenzenden Gegenden (1853) und Die Wasserverhaltnisse der Stadt Zürich und ihrer Umgebung (1871). DD N D B E s c h e r vom Glas, Eugen, schweizer. Redakteur, Einsenbahndirektor, * 10.5. 1831 Riesbach (Zürich), t 2 5 . 5 . 1 9 0 0 Zürich. Der Sohn Heinrich E.s studierte seit 1848 Romanistik und Jura in Genf, Zürich, Heidelberg und Berlin. Nach Studienreisen nach Paris und London 1855 in Jena zum Dr. jur. promoviert (Beiträge zur Kenntniß der bürgerlichen Rechtspflege in Frankreich), wurde er Privatdozent an der Univ. Zürich, 1857 Stadtschreiber von Zürich und 1860 Bundesgerichtsschreiber. 1868 übernahm E. als Nachfolger von Peter Jakob —> Felber die Chefredaktion und Geschäftsleitung der „Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ), deren täglich zweimaliges Erscheinen er 1869 einführte. 1872 wechselte E. in das Verwaltungskomitee der N Z Z , dessen Präsident er 1873-77 war. 1872 trat er in die Direktion der Schweizerischen Nordostbahn ein (1889-94 Präsident). 1857-69 war W. Zürcher Großrat, 1863-69 Ständerat, 1 8 6 8 / 6 9 Verfassungsrat, 1869-76 Kantonsrat und 1 8 7 0 / 7 1 Nationalrat. 1866 wurde er Präsident des Politischen Gemeindevereins der Stadt Zürich. E.s Lebenslauf in ruhigen und bewegten Zeiten erschien postum 1907. CD H L S E s c h e r , Gertrud, schweizer. Graphikerin, Malerin, Zeichnerin, * 2 3 . 5 . 1 8 7 5 Zürich, f 1 8 . 3 . 1 9 5 6 Zürich. E. wurde an der Kunstgewerbeschule Zürich und an der Künstlerinnenschule München bei Friedrich —> Fehr, Christian Landenberger und Bernhard Buttersack ausgebildet. Als Radiererin war sie Schülerin von Hermann —>Gattiker in Rüschlikon. Seit 1900 beschickte E. hauptsächlich mit Landschaftsbildern (u. a. Aaretal, Einsamer See) schweizer, und internationale Ausstellungen. DP A K L E s c h e r , Hans (Konrad David), österr. Graphiker, Zeichner, Illustrator, Maler, * 1 6 . 2 . 1 9 1 8 Wien, t 23. 12. 1993 Wien. E. studierte 1937-39 Malerei an der A c a d é m i e des BeauxArts in Paris. 1939-40 war er in Frankreich, 1940-42 in Algerien interniert; 1943-46 diente er in der britischen Armee. 1946 nach Österreich zurückgekehrt, war er zunächst als Gerichtssaalzeichner tätig und schuf 1 9 4 9 / 5 0 die Serie Wachsfigurenkabinett in der Tradition des „Simplicissimus" und der Veristen. 1955-59 studierte E. Graphik an der Akademie der angewandten Künste in Wien bei Franz Herberth. 1955-65 gehörte er dem Neuen Hagenbund an, seit 1965 der Wiener Secession. E. schuf vor allem Aquarelle und

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Zeichnungen. Er griff in seinem Werk häufig die politischen und sozialen Probleme seiner Zeit auf, so in d e m Radierzyklus In der Stadt ( 1969-71 ). Erst in den sechziger Jahren wandte er sich der Ölmalerei zu und schuf v.a. Stilleben und Stadtlandschaften. E. gehörte mit Georg - > Eisler, Alfred Hrdlicka, Fritz Martinz und Rudolf Schönwald zu den wichtigsten Vertretern des Wiener kritischen Realismus. E. setzte seinem Leben selbst ein Ende. Cd A K L E s c h e r vom Glas, Hans Caspar, Bürgermeister von Zürich, * 15.2. 1678 Zürich, f 2 3 . 1 2 . 1762 Zürich. E., dessen Vater Ratsherr, dann Bürgermeister war, wurde 1701 Mitglied des Großen Rats von Zürich und 1707 der Aufsichtsbehörde über Kirche und Schule. 1712 setzte er eine Revision der Schulordnung in Gang. 1 7 1 2 / 1 3 wurde er vom Großen Rat zum Landvogt der Grafschaft Kiburg ernannt, die er bis 1724 verwaltete. Im selben Jahr wurde er Mitglied des Kleinen Rats und 1726 Statthalter in Zürich, 1740 Bürgermeister von Zürich. OD H L S E s c h e r vom Glas, Hans Caspar, schweizer. Fabrikant, Architekt, * 10.8. 1775 Zürich, t 2 9 . 8 . 1 8 5 9 Herrliberg/Zürichsee. E., Sohn eines Seidenfabrikanten und Ratsherrn in Zürich, erhielt zunächst eine kaufmännische Ausbildung in der väterlichen Seidenhandlung, seit 1793 in einem Seidengeschäft in Livorno und studierte 1794-97 Architektur in R o m . Nach seiner Rückkehr arbeitete er als Bauherr an der jüdischen Schule und Synagoge in Karlsruhe und erbaute das Casino, ein Spital und ein Postgebäude in Zürich. Mit Hilfe eines sächsischen Mechanikers begann er 1803, eine Chemnitzer Spinnmaschine nachzubauen. 1805 gründete E. eine Aktiengesellschaft mit acht Zürcher Unternehmern, u m Spinnmaschinen zu bauen. Es entstand die Baumwollspinnerei „Escher, Wyss und Co.". Seit 1810 baute er eine Maschinenfabrik auf, in der 1835 das erste Dampfschiff fertiggestellt wurde, und gründete Filialen bei Wien und in Ravensburg. Zu dem wachsenden Unternehmen gehörten bald 1200 Arbeiter, Werkswohnungen, Werkssparkasse, Suppenanstalt und eine Fabrikschule, die zu den ersten ihrer Art in der Schweiz zählte. Schon in den dreißiger Jahren des 19. Jh. gründete E. Kranken-, Invaliden-, Alters- und Unterstützungskassen. E., der zu den bedeutendsten Architekten des klassizistischen Stils in Zürich zählte, war der Vater von Mathilde - > E. m NDB E s c h e r vom Luchs, Hans Conrad von, schweizer. Staatsmann, * 8 . 1 0 . 1 7 4 3 Zürich, t 1 2 . 1 2 . 1 8 1 4 Zürich. E., Sohn eines Landvogts und Großrats, wurde 1774 Mitglied der Zürcher Großen Rats, 1778 Landvogt von Wädenswil und 1790 Obervogt von Küsnacht. 1798 war er Präsident der Stadt Zürich, 1799 Mitglied und Präsident der sog. schweizer. Interimsregierung. Seit 1804 Mitglied des kleinen Rats, war er 1807-13 erster Legationsrat der eidgenössischen Tagsatzungen in Zürich und ging im letzten Jahr als schweizer. Gesandter ins Hauptquartier der Alliierten nach F r a n k f u r t / M a i n und Freiburg. 1814 leitete E. in Zürich die Kommission, die den Entwurf der kantonalen Verfassung erarbeitete, und wurde im selben Jahr Bürgermeister und Präsident der Tagsatzung. CD H L S E s c h e r von der Linth, Hans Conrad, auch Johann K. E. v. d. L., schweizer. Politiker, Zeichner, Geologe, * 2 4 . 8 . 1 7 6 7 Zürich, t 9 . 3 . 1 8 2 3 Zürich. Nach seinen Studien in zahlreichen europäischen Ländern kehrte E., Sohn eines Textilfabrikanten, 1788 nach Zürich zurück. 1791 begann er mit seinen Wanderungen durch die Alpen und schrieb darüber Tagebücher. Zwei Jahre später gründete E. in Zürich das Politische Institut, hielt Vorlesungen über Politik und Staatswissenschaft und ging im selben Jahr als Militäroffizier an die Basler Grenze sowie 1796

Escher an die Schaffhauser Grenze, um die Neutralität seiner Heimat zu schützen. 1798 gründete er mit Paul - » U s t e r i die Zeitung „Der Schweizerische Republikaner" und wurde in den Helvetischen Großen Rat gewählt, dessen Präsident er seit 1799 war. 1800 wurde er Präsident des Gesetzgebenden Rats. 1802 kurzzeitig Kriegsminister, wurde er 1803 in den Zürcher Erziehungsrat berufen. 1806 zum Prof. ernannt, hielt er 1807 am Politischen Institut Vorlesungen über das Polizei- und Kameralwesen. 1808-22 machte sich E. um die Trockenlegung der S ü m p f e im Walensee und der Linth verdient, was ihm (1823) und seinen N a c h k o m m e n den Namenszusatz „von der Linth" eintrug. 1821 wurde E. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina aufgen o m m e n . Seine politische Karriere beendete er als Mitglied des Kleinen Rats und des Staatsrats von Zürich. Als Geologe machte sich E. vor allem durch seine Forschungen über Stratigraphie und Faltung der Alpen einen N a m e n . 1793 begann er mit jährlichen Gebirgswanderungen und zeichnete mehr als 900 Gebirgsansichten und Panoramen des gesamten Alpenraums. E. gilt als der Gründer der „Schweizerischen Panorama-Schule". Er war der Vater von Arnold —>E. und Onkel von Caspar —> E. DD H L S

Escher

vom Glas, Heinrich, schweizer. Staatsmann, Militär, * 6 . 5 . 1713 Zürich, t 4 . 9 . 1 7 7 7 Zürich. Nach dem Studium der Kriegswissenschaft wurde E., Sohn eines Fabrikanten, Rittmeister, 1746 Mitglied des Großen Rats in Zürich sowie Landvogt der Grafschaft Thurgau. Als Oberst schweizer. Regimenter stand er in den Niederlanden und in Frankreich und nahm am Siebenjährigen Krieg teil. 1760 verließ E. das Militär, kehrte nach Zürich zurück und wurde als Zunftmeister, im folgenden Jahr als Statthalter Mitglied der Regierung. 1766 nahm er als Repräsentant an den Verhandlungen über die Genfer Unruhen teil. 1 7 7 5 / 7 6 gehörte E. als erster Gesandter Zürichs zu den eidgenössischen Boten, die 1777 den fünfzigjährigen Bund der Schweiz mit Frankreich beschworen. Er war ein Onkel von Hans Conrad —> Escher von der Linth. CD H L S

Escher

vom Glas, Heinrich, schweizer. Jurist, * 2 3 . 4 . 1 7 8 9 Zürich, t 9 . 2 . 1870 Hottingen (heute zu Zürich). E., Sohn eines Seidenfabrikanten, wurde Kanzlist bei der Regierung von Zürich. U m seine Ausbildung zu vervollk o m m n e n , ging er zwei Jahre nach Paris, 1 8 1 0 / 1 1 zum Studium der Rechtswissenschaft nach Heidelberg. 1812 wurde er öffentlicher Ankläger im Zürcher Obergericht, 1819 Oberamtmann im Bezirk Grüningen und Zürcher Großrat. 1831 wählte ihn dieser zum Präsidenten des neuerrichteten kantonalen Kriminalgerichts. 1833-39 war E. Mitglied des Regierungsrats und seit 1840 Advokat. 1812-19 und 1831-33 lehrte er am Politischen Institut und war 1833-37 a. o. Prof. für verschiedene juristische Fächer an der Zürcher Hochschule. 1 8 3 2 / 3 3 und 1834-37 war E. Redakteur der „Neuen Zürcher Zeitung". Er veröffentlichte u. a. Kommentar zum zürcherischen Gesetz betreffend die Druckerpresse (1829), Handbuch der praktischen Politik (2 Bde., 1863 / 64) und Erinnerungen seit mehr als sechzig Jahren (2 Bde., 1 8 6 6 / 6 7 ) . E. war der Vater von Eugen —» E. DP H L S E s c h e r vom Glas, Hermann, schweizer. Bibliothekar, Historiker, * 27. 8 . 1 8 5 7 Reutte (Tirol), t 3 . 4 . 1938 Zürich. E., Sohn eines Fabrikbesitzers, studierte seit 1876 in Zürich und Straßburg, wurde 1882 zum Dr. phil. promoviert und begann 1881 seine bibliothekarische Laufbahn an der Stadtbibliothek Zürich. 1916-32 amtierte er als Direktor der Zentralbibliothek. 1906 war E. maßgeblich an der Gründung der Zentralstelle für soziale Literatur, dem heutigen Schweizerischen Sozialarchiv, beteiligt, überdies Präsident der Schweizerischen Volksbibliothek. Er veröffentlichte u. a. eine Geschichte der Stadtbibliothek Zürich (1922). CD H L S

E s c h e r , Josef, schweizer. Politiker, * 17.9. 1885 SimplonDorf (Kt. Wallis), t 9 . 1 2 . 1954 Bern. E „ Sohn eines Transporteurs und Landwirts, ließ sich nach d e m Studium der Rechtswissenschaften in Bern und Berlin als Anwalt und Notar in Brig nieder, wo er seit 1912 dem Stadtrat angehörte. 1917 wurde er in den Großen Rat des Kantons Wallis berufen, dessen Präsidentschaft er 1923 übernahm. 1920-28 war er Gemeindepräsident von Gils, 1925-31 Mitglied des Nationalrats. Als Staatsrat in die Walliser Regierung gewählt, hatte er 1 9 3 2 / 3 3 das Militär- und Erziehungsdepartement und 1933-36 das Finanzdeparlement unter sich. Seit 1936 gehörte er erneut dem Nationalrat an, dessen Präsident er 1948 wurde. Seit 1946 Präsident der Konservativen Volkspartei, wurde E. 1950 als erster Walliser in den eidgenössischen Bundesrat gewählt. Als Leiter des Post- und Eisenbahndepartements (1950-54) engagierte er sich für die finanzielle Sanierung der Verkehrsbetriebe und den umstrittenen Bau des Kraftwerks Rheinau. CD Schweiz Bundesräte E s c h e r , Karl, bis 1919 Karl Levy, Übersetzer, * 3 0 . 1 0 . 1885 Hannover, ΐ 24. 11. 1972 Berlin. E., Sohn eines jüdischen Kaufmanns, studierte Germanistik und Philosophie in Berlin, Göttingen und München, lebte 1909-12 in Italien, zeitweise bei der Familie Arnold —»Böcklins in der Nähe von Florenz, kehrte 1913 nach Berlin zurück und arbeitete seit 1914 als Theaterkritiker und Feuilletonredakteur für die „Berliner Morgenpost". Im ersten Weltkrieg kurzzeitig an der Ostfront, kehrte E. bereits im Herbst 1914 nach Berlin zurück und hielt sich längere Zeit in London und Paris auf. 1916 veröffentlichte er Die Halbstarken. Ein Skizzenbuch, 1918 den Erzählband Der Kuß des Cassata und andere Geschichten. 1933 als Redakteur der „Berliner Morgenpost" entlassen, wurde E. 1938 im Konzentrationslager Oranienburg interniert. Nach d e m Zweiten Weltkrieg wurde er 1946 Mitarbeiter des R I A S Berlin, f ü r den er die Literaturabteilung und das Hörspielprogramm mit aufbaute. 1953 lehnte er das ihm zugedachte Bundesverdienstkreuz ab. E.s Jugenderinnerungen Hinter dem Hoftheater gleich links um die Ecke erschienen 1950. CD Lex dt-jüd Autoren E s c h e r , Konrad, schweizer. Kunsthistoriker, * 2 1 . 1 0 . 1882 Zürich, t 1 8 . 9 . 1 9 4 4 Zürich. E., Sohn eines Bankiers, studierte in Zürich, Straßburg und Berlin Kunstgeschichte, wurde 1906 in Zürich promoviert und habilitierte sich 1909 in Bern; auf Studienreisen 1897-1908 beschäftigte er sich insbesondere mit der Barockund Miniaturmalerei. 1918 war er Privatdozent, bis 1928 Titularprofessor und 1928-44 a. o. Prof. an der Univ. Zürich. E. begründete das Archiv für schweizer. Kunstgeschichte, initiierte die „Schweizer Kunstdenkmäler" und beteiligte sich an der Errichtung des Schweizerischen Heimatschutzes. Neben der Mitarbeit am Schweizerischen Künstler-Lexikon und am Allgemeinen Lexikon der bildenden Künstler (ThiemeBecker) veröffentlichte er u . a . Barock und Klassizismus (1910) und Die Malerei der Renaissance in Mittel- und Unteritalien (1928). Als Autodidakt war E. als Architektur- und Landschaftszeichner tätig. CD HLS E s c h e r vom Glas, Martin, schweizer. Eisenbahnpionier, * 7 . 1 1 . 1 7 8 8 Zürich, t 2 8 . 9 . 1 8 7 0 Zürich. Von der liquidierten Basel-Zürcher-Eisenbahngesellschaft übernahm E., der zur Unterscheidung von seinem Vetter, einem Spinnereibesitzer („Spinn-Escher") allgemein „ D a m p f Escher" genannt wurde, 1842 die Vorstudien und Pläne für die Eisenbahnstrecke von Zürich nach Baden und erhielt 1845 von den Kantonsverwaltungen Zürich und Aargau die zum Bau nötige Konzession. 1846 gründete er die Schweize-

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Escher rische Nordbahngesellschaft, die 1847 den Betrieb aufnahm. E. wurde Präsident des Direktoriums und war nach der Fusion zur Schweizerischen Nordostbahn bis 1858 Präsident des Verwaltungsrats. c d HLS E s c h e r , Mathilde, schweizer. Philanthropin, * 2 6 . 8 . 1808, t 29.5.1875. Die Tochter des Gründers der Firma Escher, Wyss & Co., Hans Caspar —>E., widmete sich, beeinflußt von der englischen Quäkerin Elizabeth Fry, der christlichen Fürsorge für weibliche Häftlinge und Strafentlassene. 1864 gründete sie das St.-Anna-Stift für gebrechliche Kinder (später MathildeEscher-Stiftung) und finanzierte die von ihr geplante St.-Anna-Kapelle in Zürich. E s c h e r , Nanny von, schweizer. Schriftstellerin, * 4 . 5 . 1855 Zürich, t 2 2 . 7 . 1 9 3 2 Langnau am Albis. E. lebte nach dem Tod ihres Vaters, eines Offiziers, mit ihrer Mutter nahe Langnau und war schriftstellerisch tätig. Angeregt von Conrad Ferdinand —> Meyer und Gottfried -> Keller, erschien 1895 ein Band Gedichte·, Beiträge in der Tagespresse, in Neujahrsblättern und Zeitschriften sowie Lesungen und Vortragsreisen folgten. Mit dramatischen Werken (Die Escher auf Wülfingen, 1908), Erzählungen (Frau Margaretha, 1917) und kulturgeschichtlichen Essays (Aus Zürichs Vergangenheit und Gegenwart, 1928) wurde sie zur literarischen Chronistin des alten Zürich und seiner M e n schen. CD DLL, 20. Jh.

Escherich,

Georg, Forstmann, Politiker, * 4 . 1 . 1 8 7 0 Schwandorf (Oberpfalz), t 26. 8.1941 Isen bei Wasserburg/Inn. Der Sohn eines Fabrikbesitzers und Bruder von Karl —>E. studierte in Aschaffenburg, München und Tübingen Forstwissenschaft, wurde 1897 in Tübingen promoviert, unternahm 1907-09 zwei Abessinienreisen, wurde 1909 Forstrat und leitete 1 9 1 3 / 1 4 eine forstwissenschaftliche Expedition nach Kamerun. 1915 wurde er Leiter der Militärforstverwaltung in den Wäldern von Bielawicz und 1921 f ü r die Bayerische Staatsforstverwaltung in die Reichsforstwirtschaft delegiert. Nach der A u s r u f u n g der Münchner Räterepublik gründete er die bayerischen Einwohnerwehren zur A b w e h r derselben und wurde 1920 Leiter der „Organisation Escherich" („Orgesch"), die deutsche und österr. Selbstschutzorganisationen umfaßte und die B e k ä m p f u n g des Bolschewismus zum Ziel hatte. Während des Korfanty-Aufstandes in Oberschlesien eingesetzt, wurde diese 1921 trotz Unterstützung durch den bayerischen Ministerpräsidenten Gustav von —> Kahr auf Betreiben der Entente entwaffnet und aufgelöst. 1929-33 war E. Führer des bayerischen Heimatschutzes. Er veröffentlichte u . a . Im Lande des Negus (1912, 2 1921), Von Eisner bis Eglhofer (1922) und Der alte Forstmann (1935). m NDB

Escherich,

Gustav von, österr. Mathematiker, * 1.6. 1849 Mantua, f 28. 1. 1935 Wien. Der Offizierssohn studierte Mathematik und Physik an den Universitäten Wien und Graz, wurde promoviert und habilitierte sich 1874 (Die Geometrie auf den Flächen constanter negativer Krümmung). Seit 1876 a. o. Prof. an der Univ. Graz, folgte er 1879 einem Ruf an die Univ. Czernowitz und verfaßte eine Einleitung in die analytische Geometrie des Raumes (1881). 1882 kehrte E. als Ordinarius an die T H Graz zurück und lehrte 1884-1920 an der Univ. Wien, deren Rektor er 1 9 0 3 / 0 4 war. 1890 gründete er mit Emil - > W e y r die „Monatshefte für Mathematik und Physik". Mit seinen Arbeiten trug E. wesentlich zur Entwicklung der Variationsrechnung bei; neben der Ausdehnungslehre beschäftigte er sich mit Fragen der Infinitesimalrechnung und der Invariantentheorie. Hochschulpolitischen Einfluß nahm E. durch

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die Förderung der naturwissenschaftlichen Universitätsinstitute und sein Eintreten für eine Annäherung von Universitäten und Technischen Hochschulen. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Beiträge zur Bildung der symmetrischen Function der Wurzelsysteme und der Resultate simultaner Gleichungen (1876) und Über Systeme von Differentialgleichungen der I. Ordnung (1899). CD Almanach Öst Akad, Jg. 85

Escherich,

Karl (Leopold), Zoologe, Entomologe, Mediziner, * 18.9. 1871 Schwandorf (Oberpfalz), t 22. 11. 1951 Kreuth bei Tegernsee (Oberbayern). Der Bruder von Georg —> E. studierte Medizin in München und Würzburg, wo er 1894 zum Dr. med. promoviert wurde (Anatomische Studien über das männliche Genitalsystem der Coleopteren), und begann dann ein Studium der Zoologie, das er in Leipzig mit der Promotion zum Dr. phil. abschloß. 1897 habilitierte er sich in Karlsruhe (Zur Anatomie und Biologie von Paussus turicus Friv.) und ging 1901 nach Straßburg. Seit 1907 Prof. an der Tharandter Forstakademie, widmete er sich der Kerbtierkunde. 1913 wurde E. als Prof. an die T H Karlsruhe und im folgenden Jahr an die Univ. München berufen, als deren Rektor er 1 9 3 4 / 3 5 amtierte (Reden, Termitenwahn, 1934, und Biologisches Gleichgewicht, 1935). Er war Gründer und seit 1913 Vorsitzender der „Deutschen Gesellschaft f ü r angewandte Entomologie". 1914 rief er die „Zeitschrift für angewandte Entomologie" und 1925 den „Anzeiger für Schädlingskunde" ins Leben. E.s Reisen u . a . in die U S A , nach Südamerika, Indien und Kleinasien dienten der Insektenforschung. E. veröffentlichte u . a . Die Ameise. Schilderung ihrer Lebensweise (1906, 2 1917), Eine Ferienreise nach Erythrea. Skizzen eines Naturforschers (1908), Die angewandte Entomologie in den Vereinigten Staaten (1913, 2 1923) und Die Forstinsekten Mitteleuropas (4 Bde., 1913-41); seine Autobiographie Leben und Forschen. Kampf um eine Wissenschaft erschien 1944 ( 2 1949). Seit 1917 war E. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. t u NDB

Escherich,

Theodor, Pädiater, * 29. 11.1857 Ansbach, f 1.2. 1911 Wien. Nach d e m Medizinstudium in Straßburg, Kiel, Berlin, Würzburg und München wurde E., Sohn eines Kreismedizinalrats, 1881 promoviert (Die marantische Sinusthrombose bei Cholera infantum), arbeitete als Assistent in Würzburg und M ü n c h e n und habilitierte sich 1886. Seit 1894 o . P r o f . an der Univ. Graz, wurde er 1902 auf den Lehrstuhl für Kinderheilkunde an der Univ. Wien berufen und förderte den Bau einer modernen Kinderklinik. E. stellte bakterielle Untersuchungen über die Darmflora des Kleinkindes an (Die Darmbakterien des Säuglings und ihre Beziehungen zur Physiologie der Verdauung, 1886) und entdeckte das Bacterium coli c o m m u n e , das nach ihm benannt ist (Escherichia coli). Neben Arbeiten zur Diphtherie (u. a. Aetiologie und Pathogenese der epidemischen Diphtherie, 1894) veröffentlichte er auch Tetanie der Kinder (1909). E. war der Onkel von Georg und Karl - > E . OD N D B E s c h k e , Ernst Adolph, Schulmann, Schriftsteller, * 17.12. 1766 Meißen, t 17.7. 1811 Berlin. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften wurde E. zum Dr. jur. promoviert, 1798 Direktor des königlich preuß. Instituts für T a u b s t u m m e in Nieder-Schönhausen bei Berlin und später Oberschulrat in Berlin. E. veröffentlichte Gedichte, Schauspiele und Romane, war Herausgeber der Zeitschrift „Preußische Flora oder Taschenbüchelchen für Freunde und Freundinnen der Dichtkunst" (1791) und berichtete über seine beruflichen Erfahrungen in Kleine Beobachtungen über Taubstumme (1799). CD D L L

Eschstruth E s c h k e , (Wilhelm Benjamin) Hermann, Maler, * 6 . 5 . 1 8 2 3 Berlin, t 1 5 . 1 . 1 9 0 0 Berlin. E. war 1841-48 an der Berliner Kunstakademie Schüler von Wilhelm ^ Herbig und Wilhelm ^ K r a u s e ; 1 8 4 9 / 5 0 studierte er in Paris bei dem Marinemaler Eugène Lepoittevin. In der Normandie, der Bretagne und am Mittelmeer entstanden zahlreiche Landschafts- und Seestücke. 1855 gründete E. in Berlin ein Atelier, aus dem eine Reihe von bekannten Landschaftsspezialisten hervorging. E., der zur Gruppe der Reisemaler in der zweiten Hälfte des 19. Jh. gehörte und unter dem Einfluß seines Mitschülers Eduard —» Hildebrandt stand, suchte in Bildern wie Rettungsboot bei der Sandbank Vogelsang (1872) und Hafen von Livorno (1878) mit den Lichtphänomen des Meeres und des Mondes die romantischen und phantastischen Effekte seiner Naturauffassung zu unterstreichen. Er war der Vater von Richard —»E. •O AKL E s c h k e , Richard (Hermann), Maler, * 1 . 9 . 1 8 5 9 Berlin, t 1 . 3 . 1 9 4 4 Jüterbog. Neben dem Studium an der Berliner Kunstakademie 1 8 7 8 / 7 9 war E. bis 1881 Schüler seines Vaters Hermann —»E., besuchte 1 8 8 2 / 8 3 eine Landschaftsklasse an der Münchner Akademie und setzte seine Studien bei Friedrich —» Kallmorgen in Karlsruhe fort, wo er sich nach einem mehrjährigen Englandaufenthalt niederließ. In Auffassung und Technik anfänglich seinem Vater folgend, strebte E. schon während der Zeit in England in Bildern wie Ebbe auf der Insel Jersey (1883) nach stärkerer Einfachheit. Nach einem Aufenthalt an der Colarossi-Schule in Paris Schloß er sich der Freilichtmalerei an (Bauerngarten, 1901). Seit 1903 lassen sich in seinen Werken zahlreiche Motive aus dem Spreewald ( S p ä t e Heimfahrt, 1905) entdecken. m AKL

Eschmann,

Ernst, schweizer. Schriftsteller, * 25. 1. 1886 Richterswil (Kt. Zürich), t 2 9 . 9 . 1 9 5 3 Zürich. Der Sohn eines Landwirts und Nationalrats studierte in Berlin und Zürich Geschichte und Germanistik, wurde nach der Promotion 1915 Lehrer f ü r deutsche Sprache und Literatur an der Töchterschule Zürich und arbeitete daneben als Redakteur der „Silversterbüchlein". Sowohl als Lyriker wie als Erzähler und Dramatiker war E. einer der produktivsten Zürcher Dialektschriftsteller; seine Mundartstücke De Gizchrage (1919) und D' Revoluzzer (1922) gehörten lange zum Repertoire des Dorftheaters. Er schrieb ferner Jugendbücher mit erzieherischer Tendenz und R o m a n e (u. a. Volksfriihling, 1915). Seit 1936 leitete E. die Zürcher Sektion der „Guten Schriften". CD N D B

Eschmann,

Ernst Wilhelm, Pseud. Leopold Dingräve, Severus, Schriftsteller, * 16.8. 1904 Berlin, t 2 2 . 2 . 1987 München. E. studierte u. a. in Zürich und Königsberg Volkswirtschaft, Philosophie und Geschichte. 1928 in Heidelberg promoviert (Der faschistische Staat in italien, 1930), lehrte er seit 1936 Soziologie in Berlin. Anfang der dreißiger Jahre arbeitete er u.a. mit Hans —» Zehrer und Giselher —»Wirsing bei der rechtsorientierten Zeitschrift „Die Tat", die in den letzten Jahren der Weimarer Republik großen Einfluß auf die intellektuelle Jugend ausübte; 1933-37 war E. ihr Herausgeber. 1936 erschien sein Griechisches Tagebuch; die Erdachten Briefe (1938) wurden sein erfolgreichstes Buch. 1939-44 gab er die Monatsschrift „Das XX. Jahrhundert" heraus. Nach 1945 lebte E. als freier Schriftsteller in L o c a m o , war 1962-69 a. o . P r o f . der Philosophie an der Univ. Münster und hielt sich in den letzten Lebensjahren wechselweise im schweizer. Golino und in München auf. Er schrieb von Alfred —»Andersch gerühmte Gedichte (Tessiner Episteln,

1949), Dramen, Erzählungen, Essays und Aphorismen, die in Joachim - » G ü n t h e r s „Neuen deutschen H e f t e n " erschienen. DP Killy

Eschmann,

Johann Carl, schweizer. Komponist, Musikpädagoge, * 1 2 . 4 . 1 8 2 6 Winterthur, t 2 7 . 1 0 . 1 8 8 2 Zürich. Der Sohn eines Militärmusik-Kapellmeisters erhielt anfänglich Klavierunterricht bei Alexander Müller in Zürich und wurde 1845 am Leipziger Konservatorium Schüler von Felix —»Mendelssohn Bartholdy. Seit 1847 war er in Zürich, 1850-59 in Winterthur Lehrer f ü r Klavier, Harmonie und Komposition. Anschließend ging er nach Schaffhausen, wo er sich als Klavier- und Gesanglehrer betätigte und seit 1862 den Männerchor Schaffhausen leitete. 1866 ließ sich E. in Zürich nieder und wirkte dort bis zu seinem Tod als Klavierlehrer. Er komponierte zahlreiche Chor- und Klavierwerke und veröffentlichte 1879 einen Wegweiser durch die KlavierLiteratur ( 7 1910, hrsg. von Adolf Rufhardt). CD M G G

Eschscholtz,

Johann Friedrich von, auch Eschholtz, Zoologe, Mediziner, * 12. 11.1793 Dorpat, t 19.5. 1831 Dorpat. Nach der Promotion zum Dr. med. 1817 (De hydropum dijferentiis) ging E., Sohn eines Beamten, als Schiffsarzt und Naturforscher auf eine dreijährige Weltreise. Dabei erbrachte er gemeinsam mit anderen Forschern (u.a. Adelbert von —» Chamisso) den Nachweis über den Generationswechsel bei Tieren. Auf dieser Reise erhielt eine in der Beringstraße gelegene Bucht seinen Namen. 1819 wurde E. a . o . P r o f . der Medizin und Prosektor an der Univ. Dorpat. 1821 wurde E. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. Seit 1882 Direktor des Zoologischen Kabinetts, hielt er zoologische Vorlesungen, bis er sich 1823 erneut auf eine Welt- und Forschungsreise als Schiffsarzt begab. E. sammelte Tiere, darunter einige damals unbekannte Arten, die er nach seiner Rückkehr beschrieb. 1829 wurde er o. Prof. der Anatomie und gerichtlichen Medizin. E. veröffentlichte u . a . Ideen zur Aneinanderreihung der riickgrathigen Thiere. Auf vergleichende Anatomie gegründet (1819), Entomographien (1822, frz. 1822), System der Acalephen. Eine ausführliche Beschreibung aller medusenartigen Strahlthiere (1829) und Zoologischer Atlas (5 Hefte, 1829-33). Die Gattung Eschscholtzia der Mohngewächse ist nach E. benannt. CD N D B

Eschstruth,

Hans Adolf Friedrich von, Komponist, Musikschriftsteller, * 28. 1. 1756 Homburg v . d . H . , t 30.4. 1792 Kassel. E., Sohn eines Hauptmanns, studierte seit 1771 Rechtswissenschaften in Rinteln und Göttingen und nahm 1776 eine Anstellung als Assessor in der Marburger Regierung an. Er vervollkommnete seine musikalischen Kenntnisse, die er vor seinem Studium bei dem Organisten Johann Gottfried —> Vierling erworben hatte. Seit 1780 Justizrat, ging E. 1786 in gleicher Position nach Kassel und wurde 1788 Regierungsrat, 1791 Hofgerichtsrat. Er komponierte Lieder und veröffentlichte zahlreiche Beiträge in der „Musikalischen Realzeitung". E. schrieb 1789 eine Biographie Carl Philipp Emanuel - » B a c h s , die jedoch ungedruckt blieb und später verloren ging. CD M G G

Eschstruth,

Nataly (Auguste Karoline Amalia Hermine) von, verh. N. von Knobelsdorff-Brenkenhoff, Schriftstellerin, * 1 7 . 5 . 1 8 6 0 Hofgeismar, f 1 . 1 2 . 1 9 3 9 Schwerin. Die Tochter eines hessischen Husarenoffiziers veröffentlichte bereits mit zwölf Jahren Gedichte in Ernst —»Ecksteins „Deutscher Dichterhalle". Sie wurde in einem Mädchenpensionat in Neuchâtel erzogen und hatte erste Bühnenerfolge mit Schwänken wie Sie wird geküßt (1888). Nach der Heirat 1890 mit dem preuß. Offizier Franz von KnobeldsorffBrenkenhoff lebte E., durch den Beruf ihres Mannes bedingt,

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Eschwege in zahlreichen Garnisonsstädten, vorzugsweise in Berlin und Schwerin. Joseph Viktor von —> Scheffel und Georg Moritz -> Ebers regten sie zu historischen Dramen an; im Kreis um Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg-Schwerin hatte sie Kontakt zu vielen Künstlern, Gelehrten und Aristokraten. Ihre R o m a n e gewannen durch die meist humoristische Schilderung der Welt des Adels (Cänseliesel. Eine Hofgeschichte, 2 Bde., 1886; Hofluft, 2 Bde., 1889) eine breite Leserschicht. Zu E.s Unterhaltungsromanen zählen ferner Polnisch Blut (1887) und Der Majoratsherr (1898); 1902 verfaßte sie auf Wunsch Kaiser —»Wilhelms II. Die Bären von Hohen-Esp. E. schrieb auch Erzählungen und Dramen. CD Killy

Eschwege,

Helmut, Dokumentarist, Historiker, * 1 0 . 7 . 1 9 1 3 Hannover, t 19. 10. 1992 Dresden. E., dessen Vater Lehrer und Sekretär der jüdischen G e m e i n d e war, erhielt 1929-31 eine kaufmännische Ausbildung und trat der S P D bei. Seit 1934 in Dänemark, emigrierte er 1937 nach Palästina, wo er als Arbeiter und Betreiber einer deutschen Leihbibliothek tätig war. 1946 kehrte er nach Dresden zurück, betätigte sich als Kurier in Umsiedlungsfragen und erreichte die R ü c k f ü h r u n g umfangreicher Buchbestände aus ehemaligem deutsch-jüdischen Privatbesitz. Seit 1948 baute er als Mitarbeiter des SED-Landesverbandes ein historisches Archiv der Arbeiterbewegung auf, das er seit 1952 am M u seum für deutsche Geschichte in Berlin betreute. Seit 1953 wurde er als „Zionist" dreimal aus der S E D ausgeschlossen, bemühte sich jedoch stets um Wiederaufnahme. 1976 wurde er als Bibliothekar und Dokumentarist an der T U Dresden wegen „unerlaubtem Kopierens von Westliteratur" zum Pförtner degradiert, später jedoch wieder als D o k u m e n tarist beschäftigt. E., der nach der Wende zu den Begründern der S P D Dresden zählte, wurde 1990 von der P D S rehabilitiert. 1991 erschienen seine Memoiren Fremd unter meinesgleichen. Erinnerungen eines Dresdner Juden. CD D D R

Eschwege,

Wilhelm Ludwig von, Geologe, Geograph, * 15.11. 1777 Aue (heute zu Wanfried, bei Eschwege), t 1 . 2 . 1 8 5 5 Kassel. Der aus einer alten nordhessischen Adelsfamilie stammende E., Sohn eines Landrats, arbeitete 1801 als Bergassessor und wurde im folgenden Jahr Direktor einer Eisenhütte in Portugal. 1807 trat er als Hauptmann in die portugiesische Armee ein und ging 1810 im portugiesischen Auftrag nach Brasilien, wo er bis 1821 die geologische und bergmännische Erschließung des Bundesstaates Minas Gérais betrieb. E. ließ eine Eisenhütte errichten und schmolz bald darauf das erste brasilianische Eisen. 1812 wurde er Generaldirektor der gewerkschaftlichen Goldbergwerke. Bei seinen Reisen durch Brasilien zeichnete er die ersten farbigen geologischen Karten, wurde als Diamantenkenner bekannt und beriet fast alle deutschen Forscher, die Brasilien bereisten. Bis 1820 gründete E. weitere 28 kleinere Eisenhütten und kehrte 1821 nach Europa zurück. Seit 1823 in Portugal ansässig, wurde er 1824 zum Oberberghauptmann ernannt. Zwischen 1830 und 1834 lebte er in Hessen, um einen Goldwäschebetrieb aufzubauen. Nach dem Zusammenbruch dieser Unternehmung ging E. wieder nach Portugal und erbaute 1839-49 die Burg Pena. Seit 1850 lebte er wieder in Deutschland. E. veröffentlichte u. a. Geognostische Gemälde von Brasilien und wahrscheinliches Muttergestein der Diamanten (1822), Brasilien (2 Tie., 1830), Beiträge zur Gebirgskunde Brasiliens (1832), Pluto Brasiliensis. Eine Reihe von Abhandlungen über Brasiliens Gold-, Diamanten- und anderen mineralischen Reichthum, über die Geschichte seiner Entdeckung, über das Vorkommen seiner Lagerstätten, des Betriebs, der Ausbeute und die darauf bezügliche Gesetzgebung usw. (1833) und Portugal (1837). CD N D B

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Eschweiler,

Franz Gerhard, Botaniker, * 1 0 . 1 0 . 1 7 9 6 Köln, t 4 . 7 . 1 8 3 1 Regensburg. E. studierte in Bonn zunächst die Rechte, Schloß naturwissenschaftliche und mathematische Studien an und beendete 1824 das Medizinstudium in Landshut mit der Promotion ('Theses ex universa medicina et chirurgia). Als Mitarbeiter von Carl von —> Martius war er mit der Auswertung des in Brasilien gesammelten Materials, besonders der Kryptogamen, beschäftigt und stellte zugleich erste genaue Untersuchungen über die Sporen der M o o s e und Flechten an. 1827 hielt E. am Lyzeum in Regensburg Vorlesungen zur Naturgeschichte. Seit 1830 gab er die „Annalen fUr Gewächskunde" heraus, die er zwei Jahre zuvor als „Botanische Literaturblätter für reine und angewandte Botanik" mitbegründet hatte. E. veröffentlichte u. a. De fructificatione generis rhizomorphae (1822) und Systema lichenum (1824).

Eschweiler,

Karl, kath. Theologe, * 5 . 9 . 1 8 8 6 Euskirchen (Rheinland), t 3 0 . 9 . 1 9 3 6 Braunsberg (Ostpreußen). E. beendete sein Studium der kath. Theologie in München 1909 mit der Promotion (Die ästhetischen Elemente in der Religionsphilosophie des hl. Augustin). 1910 wurde er zum Priester geweiht. Seit 1922 lehrte er als Privatdozent, seit 1928 als a. o.Prof. in Bonn. 1928 wurde er o . P r o f . f ü r Systematische Theologie an der Philosophisch-Theologischen A k a d e m i e in Braunsberg. Seit 1933 Mitglied der N S D A P , wurde E. 1934 wegen seines Eintretens f ü r den Nationalsozialismus eine Zeitlang suspendiert und mußte seine Tätigkeit später aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. E.s gegen rationalistische Tendenzen in der Theologie gerichtetes Buch Die zwei Wege der neueren Theologie (1926) löste heftige Debatten aus. Zu seinen Veröffentlichungen zählen ferner Die Philosophie der spanischen Scholastik auf den deutschen Universitäten des 17. Jahrhunderts (1928) und Johann Adam Möhlers Kirchenbegriff (\930). CD B B K L E s d e r s , Stephan, österr. Unternehmer, * 6 . 7 . 1 8 5 2 H a r e n / Ems, t 15.9. 1920 Wien. E. schuf aus kleinen Anfängen eine Kleiderfabrik in Brüssel und errichtete mit seinem Bruder Filialen in Berlin, Paris, St. Petersburg und Rotterdam sowie ein Warenhaus in Wien, w o er schließlich seinen Wohnsitz nahm. Mit der erstmaligen Einführung von Prämienzahlungen für seine Angestellten übernahm er eine soziale Vorreiterrolle. E. ließ die Wallfahrtskirche Maria Schmerzen und eine Sonderschule für gehirngeschädigte Kinder errichten. E s d o r n , Ilse, Botanikerin, * 8. 1. 1897 Braunschweig, t 5 . 9 . 1 9 8 5 Braunschweig. E. studierte an den Universitäten Rostock und Leipzig, legte 1921 an der T H Braunschweig das pharmazeutische Staatsexamen ab und wurde 1924 in Kiel promoviert (Untersuchungen über Einwirkung von Röntgenstrahlen auf Pflanzen). 1931 habilitierte sie sich mit der Arbeit Untersuchungen über die Hartschaligkeit der gelben Lupine an der Univ. Hamburg, lehrte dort als Privatdozentin, seit 1941 als api. Prof. und war Abteilungsleiterin im Reichsinstitut für ausländische und koloniale Forst- und Holzwirtschaft in Reinbek. 1950 kehrte sie ans Hamburger Institut für Angewandte Botanik zurück. E. gehörte mehreren botanischen und pharmazeutischen Gesellschaften an. Ihr Arbeitsgebiet umfaßte die Phytopathologie, die pflanzliche R o h s t o f f k u n d e und die Keimungsphysiologie. 1941 gab E. die Monographien alter Heilpflanzen heraus; neben zahlreichen Aufsätzen veröffentlichte sie u. a. Biologische Grundlagen für die Prüfung von Beizmitteln zur Steinbrandbekämpfung (1923), Wildölpalme (1942), Pharmazeutisch bedeutsame Rauwolfia-Arten (1956) und Die Nutzpflanzen der Tropen und Subtropen der Weltwirtschaft (1961). CD B ö h m

Esmarch E s e l e r , Michael, Steinmetz, Bildhauer, * um 1 4 4 0 / 4 5 ( 7 ) , t nach 1496. E. w u r d e e r s t m a l s 1470 in den Protokollen d e s M a i n z e r D o m k a p i t e l s als S o h n von N i k o l a u s —» E. d. Ä. und als P o lier e r w ä h n t . 1474 zog er mit d e m Vater n a c h F r a n k f u r t , w o er v e r m u t l i c h an d e r A u s f ü h r u n g der B i l d w e r k e f ü r d i e W e i ß f r a u e n k i r c h e beteiligt war. 1477 w u r d e E. S t a d t w e r k meister von F r a n k f u r t , 1481 w e g e n eines u n b e k a n n t e n Verg e h e n s b e s t r a f t und a u s d e m A m t entlassen, d a s bis 1482 sein Vater ü b e r n a h m . 1483 g i n g E. nach Wetzlar, w o er bis e t w a 1490 als W e r k m e i s t e r tätig war. 1486 arbeitete er an d e r W a l l f a h r t s k i r c h e im Pfannstiel bei W e i l b u r g / L a h n . 1491 stellte ihn L a n d g r a f W i l h e l m III. von H e s s e n als W e r k m e i ster auf L e b e n s z e i t ein. Z u n ä c h s t am W o h n b a u der F e s t u n g R ü s s e l s h e i m tätig, arbeitete E. seit 1492 u . a . a m W i l h e l m s bau des M a r b u r g e r S c h l o s s e s . CD A K L E s e l e r , N i k o l a u s d. Ä., a u c h N i c l a u s Elser, S t e i n m e t z , W e r k m e i s t e r , * z w i s c h e n 1400 und 1410 A l z e y (?), t nach 2 4 . 3 . 1482 F r a n k f u r t / M a i n . E. w a r 1436 W e r k m e i s t e r im D i e n s t d e s K u r f ü r s t e n von M a i n z . 1 4 3 8 - 4 2 b a u t e er a m L a n g h a u s der M i c h a e l s k i r c h e in S c h w ä b i s c h Hall. 1442 ü b e r n a h m E. d e n B a u der St. G e o r g s k i r c h e in N ö r d l i n g e n u n d errichtete s o w o h l C h o r als auch L a n g h a u s o h n e Stützen bis z u m G e w ö l b e . 1459 v e r w e i g e r t e i h m der M e i s t e r d e s R e g e n s b u r g e r H ü t t e n t a g s d i e A n e r k e n n u n g , w o r a u f es 1461 zur V e r t r a g s k ü n d i g u n g k a m . Inzwischen hatte E. 1448 nach e i g e n e m Plan d e n Bau der Pfarrk i r c h e St. G e o r g in D i n k e l s b ü h l s o w i e die Errichtung des W e s t c h o r e s und der T ü r m e der Kirche St. J a k o b in R o t h e n b u r g / T a u b e r ü b e r n o m m e n . In d e n Jahren 1456 bis 1462 w a r E. bei m e h r e r e n B a u w e r k e n D e u t s c h l a n d s als B e r a t e r tätig, bis er 1463 als W e r k m e i s t e r a m D o m zu M a i n z arbeitete. E. w a r der Vater von M i c h a e l und N i k o l a u s —>E. d. J. cd

AKL

E s e l e r , N i k o l a u s d. J., auch N i c l a u s Elser, S t e i n m e t z , W e r k m e i s t e r , * u m 1 4 4 2 / 4 5 , t nach 1509. D e r S o h n von N i k o l a u s —» E. d. Ä . w a r seit 1448 a m B a u der P f a r r k i r c h e St. G e o r g in D i n k e l s b ü h l beteiligt. 1471 w u r d e er dort K i r c h e n m e i s t e r und ü b e r n a h m von s e i n e m Vater d i e B a u l e i t u n g der K i r c h e bis zur Vollendung 1499. D a n e b e n arbeitete er a m B a u des Stifts St. G u m b e r t u s in A n s b a c h mit. E. b e w a r b sich 1480 vergeblich als K i r c h e n m e i s t e r f ü r d i e St. G e o r g s k i r c h e in N ö r d l i n g e n und m u ß t e 1495, als er v o m N ö r d l i n g e r R a t d i e s e Stelle a n g e b o t e n b e k a m , w e g e n seiner Arbeit in D i n k e l s b ü h l a b l e h n e n . Er ü b e r n a h m j e d o c h die B e ratung der Stadt N ö r d l i n g e n bei d e m K i r c h e n b a u . 1480-91 w a r E. a u c h an der E r b a u u n g der St. J a k o b s k i r c h e in R o t h e n b u r g beteiligt. 1494 bis n a c h w e i s l i c h 1512 w a r er D o m b a u m e i s t e r in M a i n z und leitete seit 1501 den B a u d e s Rath a u s t u r m s in R o t h e n b u r g . DD A K L E s e l e r , Peter, S t e i n m e t z , W e r k m e i s t e r , * u m 1 3 8 0 ( 7 ) , t um b z w . n a c h 1446. D e r Vater von N i k o l a u s —» E. d. A . erhielt seine A u s b i l d u n g im U m k r e i s von —» M a d e r n Gertener. Er w a r v e r m u t l i c h M e i s t e r der M i c h a e l s k a p e l l e in Kiedrich und w u r d e w o h l 1483 M a i n z e r D o m w e r k m e i s t e r . I h m w e r d e n der 1437-46 e n t s t a n d e n e Ostlettner u n d die Pfeiler des östlichen T r i u m p h bogens zugeschrieben. cd AKL E s k a , Franz, B i l d h a u e r , K e r a m i k e r , * 1 8 . 6 . 1910 München, t 2 2 . 4 . 1 9 8 6 München. E., B r u d e r von J o h a n n e s —>E., b e s u c h t e 1924-28 die Fachs c h u l e f ü r K e r a m i k in L a n d s h u t , legte dort d i e M e i s t e r p r ü f u n g a b und arbeitete 1928-30 in verschiedenen Werkstätten. 1930-35 studierte er Bildhauerei an der A k a d e m i e f ü r a n g e w a n d t e K u n s t in M ü n c h e n . Seit 1935 betrieb er e i n e e i g e n e Werkstatt. 1945-49 w a r er Leiter d e r K o c h l e r K e r a m i k , seit 1950 Leiter der Studien Werkstatt f ü r K e r a m i k

an der K u n s t a k a d e m i e M ü n c h e n , 1965-66 L e h r b e a u f t r a g t e r an der H o c h s c h u l e f ü r K u n s t in K i n g s t o n ( J a m a i c a ) und 1973-79 H o n o r a r p r o f e s s o r f ü r K e r a m i k an der K u n s t a k a d e m i e in M ü n c h e n . E., der u. a. mit O l a f —> G u l b r a n s s o n , Josef - > O b e r b e r g e r und O t t o H ö h l t b e f r e u n d e t war, gehörte mit seinen z u m Teil skulpturalen G e f ä ß o b j e k t e n zu den w i c h t i g sten K e r a m i k e r n der N a c h k r i e g s z e i t in B a y e r n . • • AKL

Eska,

J o h a n n e s (Hans), B i l d h a u e r , K e r a m i k e r , * 1 9 . 6 . 1903 M ü n c h e n , t 24. 1 1 . 1 9 6 9 N e u ö t t i n g . D e r B r u d e r von F r a n z —> E. b e s u c h t e 1917-21 die F a c h s c h u l e f ü r K e r a m i k in L a n d s h u t , legte die M e i s t e r p r ü f u n g ab und w a r d a n n in v e r s c h i e d e n e n T ö p f e r e i e n und K e r a m i k f a b r i ken tätig. 1 9 2 9 / 3 0 studierte E. B i l d h a u e r e i an der A k a d e m i e f ü r A n g e w a n d t e K u n s t in M ü n c h e n , w a r 1 9 3 0 / 3 1 C h e m i k e r und Betriebsassistent in d e r G m u n d n e r K e r a m i k (Österreich) und setzte 1931-37 s e i n e Studien an der A k a d e m i e f ü r A n g e w a n d t e K u n s t in M ü n c h e n fort. Seit 1937 hatte E. e i n e e i g e n e K e r a m i k w e r k s t a t t , Atelier und L a b o r in M ü n c h e n . 1945 g r ü n d e t e er in M i t t e r g a r s / I n n e i n e z w e i t e Werkstatt. E., der als einer der b e d e u t e n d s t e n d e u t s c h e n G l a s u r c h e m i ker gilt, e n t w i c k e l t e u. a. d i e k u p f e r r o t e Glasur. CD A K L

Eskeles,

B e r n h a r d Frh. v o n , österr. B a n k i e r , * 1 2 . 2 . 1753 W i e n , t 7 . 8 . 1 8 3 9 Hietzing ( h e u t e zu W i e n ) . N a c h einer K a u f m a n n s l e h r e und e i n i g e n B e r u f s j a h r e n in ein e m H a n d e l s g e s c h ä f t in A m s t e r d a m k e h r t e E., S o h n e i n e s B a n k i e r s , H o f f a k t o r s u n d T i t u l a r - O b e r r a b b i n e r s , 1773 nach W i e n z u r ü c k . Er war M i t b e g r ü n d e r d e s B a n k h a u s e s E s k e les & A r n s t e i n . A u f g r u n d seiner E r f a h r u n g e n in finanziellen G e s c h ä f t e n w u r d e E. finanzpolitischer Berater f ü r Kaiser —> J o s e p h II. u n d Kaiser —> Franz I. F ü r letzteren reiste er mit w i c h t i g e n A u f t r ä g e n ins A u s l a n d und g e w ä h r t e d e m Staat 1805 s o w i e 1806 g r ö ß e r e Kredite. 1816 w a r E. einer der B e g r ü n d e r der O e s t e r r e i c h i s c h e n N a t i o n a l b a n k und w u r d e d e r e n Direktor, später V i z e g o u v e r n e u r . G r o ß e n A n teil hatte er auch an der G r ü n d u n g der W i e n e r Sparkasse, d e r ersten S p a r k a s s e in Österreich, und an der Ö r g a n i s a tion d e s e u r o p ä i s c h e n G e l d m a r k t e s . 1797 w u r d e er in den A d e l s s t a n d , 1811 in den Ritterstand und 1822 in den österr. Freiherrenstand e r h o b e n . cri Czeike

Esmarch,

E r w i n von, H y g i e n i k e r , * 1 2 . 3 . 1855 Kiel, t 4 . 2 . 1915 G ö t t i n g e n . D e r S o h n Friedrich von - > E . s studierte M e d i z i n an vers c h i e d e n e n U n i v e r s i t ä t e n und w u r d e 1881 in S t r a ß b u r g promoviert. 1882-84 w a r er A s s i s t e n t an der B e r l i n e r A u g e n k l i nik bei Karl E r n s t T h e o d o r —> S c h w e i g g e r , d a n n bei R o b e r t —> K o c h . 1890 habilitierte sich E. f ü r H y g i e n e in Berlin und g i n g im f o l g e n d e n J a h r als a. o. Prof. nach K ö n i g s b e r g . Dort w u r d e er sechs Jahre später o. Prof., 1897 in G ö t t i n g e n . S e i n e S p e z i a l g e b i e t e w a r e n die D e s i n f e k t i o n s l e h r e und d i e W o h n u n g s h y g i e n e . E. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Hygienisches Taschenbuch für Medizinalund Verwaltungsbeamte (1896, 41908). G e m e i n s a m m i t seinen S c h ü l e r n e n t w i c k e l t e er d i e M e t h o d e zur quantitativen B e s t i m m u n g des B a c t e r i u m coli i m Wasser, die unter d e m N a m e n „ G ö t t i n g e r V e r f a h r e n " b e k a n n t wurde.

Esmarch,

( J o h a n n e s ) Friedrich ( A u g u s t ) von, C h i r u r g , * 9 . 1 . 1823 T ö n n i n g ( S c h l e s w i g - H o l s t e i n ) , t 2.3.2. 1908 Kiel. E., S o h n eines P h y s i k e r s , studierte in G ö t t i n g e n und Kiel, w u r d e 1848 p r o m o v i e r t ( S y m b o l a e ad histologiam ranarum pathologicam) u n d habilitierte sich 1849 f ü r Chirurgie. Er w a r Assistent von L o u i s —»Stromeyer, dessen N a c h f o l g e als Direktor d e r C h i r u r g i s c h e n Klinik er 1854 antrat. 1857 w u r d e E . o. Prof. der C h i r u r g i e und A u g e n h e i l k u n d e . W ä h r e n d d e s Kriegs 1864 w a r er L e u t n a n t und Oberarzt. 1866 w u r d e i h m d i e Leitung s ä m t l i c h e r B e r l i n e r L a z a r e t t e übertragen. A m Krieg 1 8 7 0 / 7 1 n a h m er als Generalarzt der

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Esmarch Reserve teil. Die Erkenntnisse aus dieser Tätigkeit und aus der Teilnahme an den Feldzügen von 1848, 1864 und 1866 waren von Bedeutung sowohl f ü r die Unfall- und Kriegschirurgie wie für die Anleitung zur Ersten Hilfe und Einrichtung des deutschen Samariterwesens. 1873 entwickelte E. die M e thode der künstlichen Blutleere (Über künstliche Blutleere bei Operationen, 1873). 1877 erschien sein Handbuch der kriegschirurgischen Technik ( 5 1901). Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Beiträge zur praktischen Chirurgie (2 Hefte, 1859), Ueber den Kampf der Humanität gegen die Schrecken des Krieges (1869), Der erste Verband auf dem Schlachtfelde (1869) und Die erste Hülfe bei plötzlichen Unglücksfällen (1882, 2 4 1909). 1882 erfolgte die Wahl in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1887 wurde E. in den erblichen Adelsstand erhoben und erhielt 1897 den Titel Wirklicher Geheimer Rat mit dem Prädikat Exzellenz. Er war der Vater von Erwin von —>E. m S H B L , Bd 7

Esmarch,

Heinrich Karl, Jurist, Staatsmann, * 4 . 9 . 1792 Holtenau (Schleswig-Holstein), t 15.4. 1863 F r a n k f u r t / Oder. Nach d e m Studium der Rechtswissenschaften wurde E., Sohn eines Zollverwalters, 1813 in Kiel zum Senator gewählt. Er trat in den Staatsdienst ein und arbeitete einige Zeit in der schleswig-holsteinischen Kanzlei in Kopenhagen. E. wurde Bürgermeister und Hardesvogt in Sonderburg, 1830 Rat im schleswigschen Obergericht. Seine Darstellung des Strafverfahrens im Herzogtum Schleswig (1840) diente den Gerichten als Grundlage. Als Mitglied der schleswigschen Ständeversammlung trat er besonders für die Landesrechte ein, wurde nach seiner Wahl in das Frankfurter Parlament 1848 exiliert und vom preuß. König —» Friedrich Wilhelm IV. als Appellationsrat nach F r a n k f u r t / O d e r geholt. E. war der Vater von Karl - > E . m S H B L , Bd 7

Esmarch,

Karl (Bernhard Hieronymus), Pseud. Karl von Alsen, Jurist, * 3 . 1 2 . 1824 Sonderburg (Insel Alsen), t 22. 1. 1887 Prag. Der Sohn von Heinrich Karl —» E. studierte seit 1843 Rechtswissenschaften und wurde zum Dr. jur. promoviert. Er trat freiwillig in die schleswig-holsteinische A r m e e ein, nahm am Feldzug 1850 teil und schied danach aus der A r m e e aus. E. habilitierte sich 1852 in Göttingen und hielt Vorlesungen über römische Rechtsgeschichte. 1854 ging er an die Univ. Krakau und wurde im folgenden Jahr o. Prof. des römischen Rechts. Von 1857 bis zu seinem Tod lehrte E. in Prag. Er veröffentlichte u . a . Römische Rechtsgeschichte (1856) und Grundsätze des Pandektenrechtes (1860) sowie eigene Dichtung und Übersetzungen skandinavischer Literatur und Sagen. m SHBL, B d 7

Esmarch,

Nicolaus Ludwig, evang. Theologe, Dichter, * 1 . 4 . 1 6 5 4 Klixbüll, t 6 . 5 . 1 7 1 9 Herzhorn. Der Pastorensohn studierte 1673-78 in Kiel und Wittenberg Theologie und nahm 1679 eine Hauslehrerstelle in Kopenhagen an. Auf Empfehlung des Grafen Ulrik Fredrik Gyldenlove, der in Herzhorn bei Glückstadt Kirchenpatron war, wurde E. dort 1682 zum Pastor gewählt und blieb bis zu seinem Tod in diesem A m t . Er schrieb Gelegenheitsgedichte für Hochzeiten und Beerdigungen; in einem Doppelband veröffentlichte er 1707 geistliche (Sion) und weltliche Lyrik (Helicon). Von seinen angeblichen Dichtungen in niederdeutscher Sprache ist nichts überliefert. CD S H B L , Bd 7

Espagne,

Franz, Musikdirektor, Bibliothekar, * 2 1 . 4 . 1 8 2 8 Münster, t 2 4 . 5 . 1878 Berlin. E. studierte seit 1849 an der Univ. Münster; 1851-54 war er als Schüler Siegfried —»Dehns in Berlin, um notationskundliche Studien zu betreiben. Seit 1858 Musikdirektor in

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Bielefeld, wurde er wenige M o n a t e nach d e m Tod Dehns mit dem Abschluß des Musikkatalogs der Kgl. Bibliothek zu Berlin beauftragt. Als Assistent trat E. seine Stellung an und wurde bald zum Kustos ernannt. Gleichzeitig war er Regens chori an der St.-Hedwigs-Kathedrale. E. unternahm mehrere Reisen, u . a . nach Wien und R o m , vor allem um A n k ä u f e f ü r die Berliner Bibliothek zu tätigen. Zuletzt war er Leiter der Musikabteilung der Kgl. Bibliothek zu Berlin. E. arbeitete an den bei Breitkopf und Härtel erschienenen Gesamtausgaben —> Beethovens und Palestrinas mit und gab u. a. drei Symphonien von Carl Philipp Emanuel —> Bach heraus. CD M G G

Espenberger,

Johann N e p o m u k , kath. Theologe, Philosoph, * 1.2. 1876 Neustift bei Passau, t 14.8. 1954 Freising. Der Sohn eines Schreinermeisters studierte Theologie und Philosophie an der Univ. München und war nach der Priesterweihe 1899 zunächst Stadtpfarrkooperator in Vilshofen. 1901 wurde E. zum Dr. phil. (Die Philosophie des Petrus Lombardus und ihre Stellung im zwölften Jahrhundert) und 1905 zum Dr. theol. (Die Elemente der Erbsünde nach Augustin und der Frühscholastik) promoviert. 1904-14 war er Benefiziai an St. Peter, 1906 Universitätsprediger in München. Seit 1905 Privatdozent für Apologetik an der dortigen Univ., erhielt er 1912 einen Lehrauftrag für Propädeutik der Philosophie und wurde gleichzeitig a. o. Professor. Als Nachfolger Sebastian Hubers wurde E. 1914 a. o., 1923 o. Prof. der Philosophie am Lyzeum in Freising, dem er 1933 als Prorektor und 1934 als Rektor vorstand. Er veröffentlichte u. a. Grund und Gewißheit des übernatürlichen Glaubens in der Hochund Spätscholastik (1915).

Espenhahn,

Fritz, Musiker, * 24. 10. 1862 Berlin, t nach 1928. Seinen ersten Musikunterricht erhielt E. von seinem Vater, später bildete er sich bei den Cellisten M a n e c k e und Lübeck weiter und besuchte die Kgl. Hochschule für Musik in Berlin. 1885-87 konzertierte er mit dem Bilse-Orchester in vielen Städten Deutschlands und war danach Solo-Violoncellist an der Kgl. Oper in Berlin; 1905 ernannte ihn der Kaiser zum Kammervirtuosen. E. erwarb sich auch als Lehrer einen ausgezeichneten Ruf. E s p e r , Eugen Johann Christoph, Zoologe, * 2 . 6 . 1 7 4 2 Wunsiedel, t 2 7 . 7 . 1810 Erlangen. E., Sohn eines Pfarrers und Bruder von Johann Friedrich —>E., studierte seit 1760 in Erlangen Theologie und ging 1765 zur Unterstützung seines Vaters nach Kulmbach. 1770 kam er als Erzieher nach Cadolzburg bei Nürnberg und befaßte sich daneben eingehend mit Naturwissenschaften, vor allem mit der Zoologie. E. wurde 1781 promoviert (De varietatibus specierum in naturae productis) und habilitierte sich 1782 an der Philosophischen Fakultät in Erlangen. 1783 wurde er a. o., 1799 o.Prof. der Naturgeschichte an der Univ. Erlangen. 1789 erfolgte die A u f n a h m e in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. E. veröffentlichte u. a. Die Schmetterlinge in Abbildungen nach der Natur (1775-1805), Die Pflanzenthiere (1791), Lehrbuch der Mineralogie (1810) und Die ausländischen Schmetterlinge in Abbildungen nach der Natur ( 1830). 1805 wurde er Direktor des Naturalienkabinetts der Univ., die seine umfangreichen zoologischen Sammlungen angekauft hatte. OD N D B E s p e r , Johann Friedrich, Naturforscher, * 6 . 1 0 . 1732 Neudrossenfeld bei Kulmbach, f 1 8 . 7 . 1 7 8 1 Wunsiedel. Nach dem Studium der Theologie in Erlangen wurde E., Bruder von Eugen Johann Christoph —>E., Lehrer in Bayreuth und 1759 A d j u n k t seines Vaters in Frauenaurach. 1762 in Erlangen ehrenhalber zum Dr. phil. promoviert, wurde er Pfarrer in Uttenreuth bei Erlangen, 1779 Pfarrer und Super-

Essen intendent in Wunsiedel. E. war an naturwissenschaftlichen Fragen, insbesondere der Astronomie und Kräuterkunde interessiert. Der Besuch in der Gaillenreuther Höhle anläßlich einer Reise 1771 nach Streitberg und Müggendorf war der Anlaß für seine Ausführliche Nachricht von neu entdeckten Zoolithen unbekannter vierfiissiger Thiere, und denen sie enthaltenden, so wie verschiedenen anderen denkwürdigen Grüften der Obergebürgischen Lande des Marggrafthums Bayreuth (1774, frz. 1774). Durch diese Schrift wurde E. Wegbereiter einer wissenschaftlichen Höhlenbeschreibung und Begründer der fränkischen paläontologischen Höhlenforschung. CD N D B

Esperlin,

Joseph, auch Äsperle, Esperle, Esperling, Maler, * 1707 Ingoidingen, t 1775 (oder 1776?) vermutlich Beromünster oder Basel. Nach seiner Lehrzeit bei d e m Maler Johann Georg Wegscheider in Riedlingen und 1731 bei Francesco Trevisani in R o m arbeitete E. von 1740 an in Biberach, 1747-53 in S c h e e r / D o n a u und wahrscheinlich seit 1755 in Basel. E.s Werk gliedert sich in zwei Phasen. Während er sich 1740-53 fast ausschließlich der kirchlichen Malerei (Altarbilder, Fresken) im Raum Schwaben widmete, stand in der zweiten Hälfte seines Schaffens die Auftragsmalerei (Ölbilder, Fresken) antikisch-mythologischen Inhalts im Vordergrund. E. zählt zu den bedeutenden oberschwäbischen Rokokokirchenmalern seiner Zeit. Er malte u. a. die Kuppelfresken und zwei Altarbilder (1770, 1773) in der St. Ursenkathedrale in Solothurn. CD A K L E s p e r s t e d t , Johann Friedrich, Hoftheaterbeamter, * 1783 H a l l e / S a a l e , f 2 4 . 2 . 1861 Berlin. E., der 1799 bei dem kriegs- und steuerrätlichen Büro in Genthin angestellt war, fühlte sich durch seine Beteiligung an einer Liebhaberbühne zum Theater hingezogen. 1806 erhielt er vom damaligen Oberbürgermeister von Hannover, Christian Philipp Iffland, eine E m p f e h l u n g an dessen Bruder August Wilhelm —> Iffland, der ihn im Direktionsbüro des Berliner Nationaltheaters anstellte. 1810 wurde E. auch zweiter Souffleur. Als ihm 1813 die Teilnahme an den Freiheitskriegen wegen Unentbehrlichkeit nicht gestattet wurde und Iffland 1 8 1 3 / 1 4 verreiste, wurde er in das Theaterkomitee berufen. Nachdem er von Iffland dem König empfohlen worden war, übernahm E. Regie- und Repertoireverantwortung und trat nach Ifflands Tod d e m Komitee bei, das bis 1815 die Generaldirektion der kgl. Schauspiele weiterführte. E. wurde 1822 zum Hofrat ernannt. CD A D B E ß , Karl van, Benediktiner, Theologe, * 2 5 . 9 . 1 7 7 0 Warburg, t 2 1 . 1 0 . 1 8 2 4 Huysburg bei Halberstadt. E. wurde bei den Dominikanern in Warburg und seit 1788 in der Benediktinerabtei Huysburg ausgebildet, 1794 dort zum Priester geweiht, 1801 Prior und nach der Säkularisation 1804 Stadtpfarrer. Seit 1811 wirkte er zugleich als bischöflicher Kommissar für die kath. Kirchen um Magdeburg, Halberstadt und Helmstedt. E. wurde als Mitarbeiter an der Bibelübersetzung seines Vetters Leander van —>E. (1807) bekannt. Als während der französischen Herrschaft die Bindungen zu R o m gelockert waren, bemühte er sich verstärkt, die deutsche Sprache in Liturgie und Kirchengesang einzuführen; in die Auflage des Osnabrücker Gesangbuches 1813 nahm er eine Reihe von evang. Liedern auf. Nach dem Sturz Napoleons unterwarf er sich wieder d e m Papst. Die Ausfalle gegen die Protestanten in dem anläßlich des Reformationsjubiläums 1817 erschienenen Entwurf einer kurzen Geschichte der Religion vom Anfang der Welt bis auf unsere Zeit erregten Aufsehen und Kritik und gaben Anlaß zu mehreren Gegenschriften. CD Felder

E ß , Leander van, eigentl. Johann Heinrich E., Benediktiner, Theologe, * 1 5 . 2 . 1 7 7 2 Warburg, t 13.10. 1847 Affolterbach / Odenwald. E., Sohn eines K a u f m a n n s , wurde 1790 Novize in der Benediktinerabtei Marienmünster bei Paderborn, 1796 zum Priester geweiht und nach der Säkularisation des Klosters 1802 Pfarrer in Schwalenberg (Lippe). Seit 1812 a. o . P r o f . der Theologie in Marburg, wurde er 1818 promoviert, legte 1822 alle Ämter nieder und privatisierte u. a. in Darmstadt und Alzey. Seine vielfach ungenaue Bibelübersetzung, die er mit seinem Vetter Karl van —>E. 1807 aus d e m Grundtext des Neuen Testaments erarbeitet hatte, erfuhr durch die englische Bibelgesellschaft, deren Agent E. war, eine weite Verbreitung ( 2 9 1842). 1822-36 folgten Übersetzungen des Alten Testaments. 1840 besorgte E. zusammen mit Heinrich Joseph —> Wetzer eine Gesamtausgabe der Bibel in drei Teilen. CD Leb Kurhessen, Bd 2

Essberger,

John Theodor, Reeder, * 19.2. 1886 München, f 8 . 7 . 1959 Hamburg. Nach d e m Dienst in der kaiserlichen Marine (1906-22) betätigte sich E. in Hamburg in der Handelsschiffahrt. 1924 gründete er die Atlantik-Tank-Reederei G m b H , die 1936 in die Einzelfirma John T. Essberger umgewandelt wurde. 1933 wurde E. Vorsitzender des Präsidiums des Verbandes deutscher Reeder und 1935 Leiter der Reichsverkehrsgruppe Seeschiffahrt. Nachdem während des Zweiten Weltkriegs fast die gesamte Flotte verlorengegangen war, baute E. die Reederei wieder auf. Er war Mitglied des Verwaltungsrats des Verbandes deutscher Reeder und Mitbegründer der Internationalen Tankerpools, ferner Aufsichtsratsvorsitzender der Globus-Versicherungs A G in Hamburg sowie der Woermann-Linie A G , Hamburg. CD Munzinger

Esselborn,

Karl, Bibliothekar, * 1.2. 1879 Stuttgart, t 2 0 . 3 . 1 9 4 0 Darmstadt. E., Sohn eines Ingenieurs, studierte an den Universitäten Heidelberg und Gießen Philologie und Rechtswissenschaft und wurde 1902 in Gießen zum Dr. jur. promoviert (Die Ministerverantwortlichkeit im Großherzogtum Hessen). 1904 trat er in den Bibliotheksdienst ein und stieg 1935 zum Direktor der Hessischen Landesbibliothek auf. 1923 wurde E. in Gießen zum Dr. phil. promoviert (Der Deutschkatholizismus in Darmstadt). A u s seiner Beschäftigung mit der hessischen Geschichte und Kulturgeschichte gingen zahlreiche bibliographische und biographische Arbeiten hervor (u. a. Hessische Biographien, 3 Bde., 1918-34). CD DLL, 20. Jh.

Essen,

August Franz von, Diplomat, * 7. 10. 1724 G o m mern bei Magdeburg, t 21. 10. 1792 Warschau. E., Sohn eines kursächsischen Amtmanns, späteren Hofund Justizrats, wurde 1761 zum Legationsrat ernannt und war 1 7 6 1 / 6 2 als kursächsischer Resident in Danzig tätig. Seit 1763 Geschäftsträger, wurde er 1791 offizieller Gesandter des sächsischen Kurfürsten in Warschau. E. gilt als einer der besten Kenner der politischen Verhältnisse Polens in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Seine in 39 Bänden vorliegende Korrespondenz mit dem sächsischen Kabinett enthält ausführliche Darlegungen zur innen- und außenpolitischen Lage Polens. CD N D B

Essen,

Erika, Germanistin, * 2 4 . 4 . 1 9 1 4 L e m g o / L i p p e , t 2 3 . 5 . 1986 M a r b u r g / L a h n . E., Tochter eines Kaufmanns, studierte Germanistik, Evangelische Theologie, Romanische Philologie und Philosophie in Göttingen ( 1 9 3 3 / 3 4 ) , Heidelberg ( 1 9 3 4 / 3 5 ) , Tübingen ( 1 9 3 5 / 3 6 ) und seit 1936 in Marburg, wo sie 1937 promoviert wurde (Die Lyrik Konrads von Würzburg). 1 9 3 9 / 4 0 Lektorin im Cotta-Verlag in Stuttgart, war sie seit 1941 Lehrerin an Gymnasien in F r a n k f u r t / M a i n , Hanau und Marburg. Seit 1946 wirkte E. zudem am Studienseminar Marburg, 1961-78

161

Essenwein als Oberstudiendirektorin und Leiterin. 1975-84 hatte sie an der Univ. Marburg einen Lehrauftrag inne und wurde 1977 Honorarprofessorin. E. beschäftigte sich vor allem mit der Didaktik und M e t h o d e des Deutschunterrichts sowie mit Sprecherziehung und veröffentlichte u. a. Deutsche Sprechkunde und Sprecherziehung (mit Christian —> Winkler, 1954, 2 1969) und Methodik des Deutschunterrichts (1956, '"1980). 1970-77 war sie Mitherausgeberin der Zeitschrift „Wirkendes Wort". CD IGL

Essenwein,

August Ottmar Ritter von, Architekt, Kunsthistoriker, Museumsdirektor, * 2. 11. 1831 Karlsruhe, t 13.10. 1892 Nürnberg. Während des Studiums der Architektur in Berlin und am Polytechnikum in Karlsruhe befaßte sich E., Sohn eines früh verstorbenen Registrators, mit historischer Architektur und Kunst. 1857 wurde er Architekt für Hochbau im Dienst der österr. Staatsbahnen. 1865 übernahm er die Professur für Hochbau an der T H Graz. Als erster Direktor des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg (seit 1866) verlegte E. den vom Gründer Hans von —> A u f s e ß geplanten Schwerpunkt von der Quellensammlung auf die Sammlungen. Unter seiner Amtszeit wurde das auf das Kartäuserkloster beschränkte M u s e u m stark erweitert und die Zahl der Ausstellungsräume wesentlich erhöht. E. veröffentlichte u . a . Bilderatlas zur Kulturgeschichte des Mittelalters (1884) und Die Sicherstellung der Zukunft des Germanischen Museums (1884). m A KL E s s e r , Heinrich (Joseph), Dirigent, Komponist, * 15.7. 1818 Mannheim, t 3 . 6 . 1872 Salzburg. E. erhielt schon früh Klavier-, Violin- und Kompositionsunterricht und wurde 1834 Schüler Franz —»Lachners. 1836 ging er zum Jurastudium nach München, wo er 1837 als Komponist debütierte. 1 8 3 9 / 4 0 wurde er von Simon —» Sechter in Wien unterrichtet. 1841 übernahm er die Leitung der Mainzer Liedertafel und wurde dort 1845 zusätzlich Kapellmeister des Theaters. 1847-69 war E. Kapellmeister an der Wiener Hofoper, deren Direktion er übergangsweise 1860/61 innehatte. Seit 1867 gehörte er d e m musikalischen Beirat der Direktion —» Dingelstedt an und ließ sich 1869 wegen seines Gesundheitszustandes in den Ruhestand versetzen. 1859 stellte er die Verbindung zwischen Richard —> Wagner und dem Mainzer Verlagshaus Schott her. E. komponierte die Opern Thomas Riquiqui (1843) und Die zwei Prinzen (1845), Orchesterwerke, K a m m e r m u s i k , Chöre und Lieder. m MGG E s s e r , Hermann (Joseph Maria), Ingenieur, * 19.1. 1840 Köln, t 3 . 4 . 1898 Karlsruhe. E., Sohn eines Geheimen Justizrats, verbrachte nach d e m Maschinenbaustudium an den Polytechnika Hannover und Karlsruhe mehrere Jahre als Konstrukteur in Leeds und Manchester. Als Bezirksmaschineningenieur in Heidelberg und seit 1873 als Obermaschinenmeister der EisenbahnHauptwerkstätte Karlsruhe in den badischen Staatsdienst eingetreten, war er seit 1891 maschinentechnisches Kollegialmitglied der Eisenbahn-Generaldirektion. 1896 wurde er zum Baudirektor ernannt. Als Mitglied des Technischen Ausschusses des Vereins deutscher Eisenbahn-Verwaltungen hatte E. großen Anteil an den Vereinheitlichungsarbeiten, die es ermöglichten, einen durchgehenden Verkehr im ganzen europäischen regelspurigen Eisenbahnnetz zu schaffen. CD N D B E s s e r , H e r m a n n , Politiker, * 2 7 . 7 . 1 9 0 0 R ö h r m o o s bei Dachau, t 7 . 2 . 1981 Dietramszell. Nach der freiwilligen Teilnahme am Ersten Weltkrieg betätigte sich der Sohn eines Reichsbahndirektors als Journalist bei der „Allgäuer Volkswacht" in Kempten und trat im Oktober 1919 der Deutschen Arbeiterpartei bei. 1920 wurde

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er Schriftleiter des „Völkischen Beobachters", nahm 1923 am Hitler-Putsch teil und wurde wegen Landfriedensbruch zu drei Monaten Haft verurteilt. E. war bis 1926 Propagandaleiter der N S D A P . 1932 zog er in den bayerischen Landtag ein, wurde 1933 von Franz Xaver von - > E p p mit der „Bearbeitung sämtlicher Angelegenheiten der Presse und des R u n d f u n k s " in Bayern beauftragt und fungierte bis 1935 als Leiter der Pressestelle des Bayerischen Staatsministeriums sowie als Chef der Staatskanzlei. Im N o v e m b e r 1933 wurde E. Mitglied und Vizepräsident des Reichstags und war 1934 für kurze Zeit bayerischer Wirtschaftsminister. 1936 Präsident des Reichsfremdenverkehrsverbandes, seit 1939 Staatssekretär f ü r Fremdenverkehr im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, trat E. während des Zweiten Weltkriegs vollständig in den Hintergrund. Nach Kriegsende in Nürnberg interniert, wurde E. als unbedeutender Mitläufer eingestuft und nach zweijähriger Gefangenschaft freigelassen. 1949 wurde er von der deutschen Polizei erneut in G e w a h r s a m g e n o m m e n und 1950 als Hauptschuldiger zu fünf Jahren Arbeitslager verurteilt. CD Lilla, Statisten

Esser,

Kajetan, Franziskaner, Kirchenhistoriker, * 2 8 . 2 . 1 9 1 3 H a m m , t 10.7. 1978 Mönchengladbach. E. Schloß sich 1933 den Franziskanern an und lehrte nach seiner Promotion z u m Dr. phil. (Das Testament des heiligen Franziskus von Assisi) 1945-68 als Lektor in Mönchengladbach. 1968-78 war er Prof. in Grottaferrata und R o m . E. leitete die historische Kommission seines Ordens und gab ab 1976 die Opuscula des Franziskus heraus. CD LThK

Esser,

Karl Michael Ritter von, Musiker, Komponist, * 1737 Aachen oder Zweibrücken, ~f um 1795. E. war seit 1756 Sologeiger in der Hofkapelle von HessenKassel, ehe er seit 1760 auf Gastreisen durch Europa als Virtuose bekannt wurde. Nach Aufenthalten in R o m 1772, in Paris 1774 war er auch in London und Wien erfolgreich. Es folgten Auftritte in der Schweiz, den Niederlanden, Österreich und Spanien; 1780 traf er in München mit —> Mozart zusammen. 1791 zog sich E. aus dem Musikleben zurück. Von seinen Kompositionen sind vor allem die Symphonien stilistisch an der italienischen Sinfonia-Tradition und der M a n n h e i m e r Schule ausgerichtet. CD M G G

Esser,

Louis, Mechaniker, * 2 0 . 5 . 1772 W i s s e m b o u r g / Lauter (Elsaß), t 6 . 1 0 . 1 8 2 6 Aarau (Kt. Aargau). Als jüngstes von acht Kindern kam E. früh in die Lehre zu seinem älteren Bruder, der in Straßburg mechanische und physikalische Instrumente herstellte. Im militärpflichtigen Alter wurde er zur Artillerie eingezogen. 1801 rückte E. als Kompaniechef mit den Franzosen in die Schweiz ein und leitete die Reparatur eines großen Wagenparks in Aarau. Er lernte Rudolf Meyer kennen, der ihn dazu brachte, aus dem Militärdienst auszuscheiden und sich als Mechaniker in Aarau niederzulassen. E. gründete einen Betrieb zur Herstellung physikalischer und optischer Instrumente und machte sich in kurzer Zeit einen N a m e n als Fabrikant mathematischer Zeichnungsinstrumente. Er begründete damit den Aarauer Industriezweig Reißzeuge und Meßinstrumente, den sein Schwiegersohn F. H o m m e l und die beiden ehemaligen Lehrlinge Jacob Kern und F. Gysi weiterentwickelten. CD A D B

Esser,

Max, Bildhauer, * 1 6 . 5 . 1 8 8 5 Barth bei Rostock, t 2 3 . 1 2 . 1943 Berlin. Nach einer Bildhauerlehre 1900-03 studierte E. kurze Zeit an der Berliner Kunstakademie. Seit 1904 war er Schüler August —> Gauls, in dessen Werkstatt er bis 1915 arbeitete. 1918-20 in Berlin ansässig, war er bis 1926 an der Porzellanmanufaktur in Meißen tätig und kehrte anschließend nach Berlin zurück. Er schuf zahlreiche Bronze-Tierplastiken, darunter ein Perlhuhn und einen Pfaufasan. Eine Reihe von E.s

Essig Modellen wurde für die Ausführung in Böttgersteinzeug oder in Porzellan für die Meißener Porzellanmanufaktur entworfen. Von E. stammen auch ein Zierbrunnen im Garten der Brandenburgischen Feuersozietät in Berlin sowie ein Denkmal für die Großsiedlung Haselhorst bei Spandau. m AKL E s s e r , Otto, Unternehmer, * 1.6.1917 Düren, t 28.11.2004 Erlenbach/Odenwald. E. arbeitete zunächst im väterlichen Handelsunternehmen, trat 1942 in die Werksleitung der Enka Glanzstoff AG in Wuppertal ein und wechselte 1972 als persönlich haftender Gesellschafter zum Chemieunternehmen E. Merck in Darmstadt. 1965-78 war er Vizepräsident im Arbeitsring der Arbeitgeberverbände der Deutschen Chemischen Industrie. 1978 übernahm E. als Nachfolger Hanns-Martin —»Schleyers das Amt des Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, das er bis 1986 innehatte. Er gehörte dem Präsidium des Studienzentrums Werkersheim an. CD Munzinger E s s e r , Paul, Schauspieler, Theaterleiter, * 24.4. 1913 Kapellen, t 20.1.1988 Teneriffa. E. debütierte in Paderborn, stand in Weimar, Posen und Düsseldorf auf der Bühne und spielte 1951 bei der Wiedereröffnung des Berliner Schiller-Theaters den Teil. 1963 gründete er in Berlin das Hansa-Theater, dessen langjähriger Leiter er war. Im Film sah man E. in Wolfgang —» Staudtes Untertan und im Wirtshaus im Spessart; das Fernsehen machte ihn als „Tatort"-Kommissar Kasulke bekannt. Esser, Peter (Hans Heinrich), Botaniker, * 29.5. 1859 Düren, f 27.2.1945 Köln. E. studierte in Bonn Naturwissenschaften und Geographie, wurde 1887 zum Dr. phil. promoviert (Die Entstehung der Blüthen am alten Holze) und war seit 1888 als Generalsekretär und Leiter für die internationale Gartenbauausstellung in Köln tätig. Während der Zeit als Oberlehrer am Städtischen Gymnasium und Realgymnasium in Köln gründete er das Naturhistorische Museum der Stadt und 1893 den Botanischen Garten, dessen Direktor er seit 1895 war. 1912 entstand nach seinen Plänen der neue Botanische Garten in Köln-Riehl. 1903 wurde E. Dozent an der Handelshochschule, 1920 Honorarprofessor der Botanik an der Univ. Köln. Er veröffentlichte u. a. Bekämpfung parasitärer Pflanzenkrankheiten (1892), Chronik von Witterschlick (1903) und Die Giftpflanzen Deutschlands (1910). E s s e r , Robert Josef Karl Max Bernhard, Bankier, * 22.12. 1895 Köln, t 24.2.1969 Köln. Der einer alten Kölner Juristenfamilie entstammende E. studierte nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg fünf Semester Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten Köln und Bonn und ließ sich dann als selbständiger Bankier in Köln nieder. Gleichzeitig wurde er Mitinhaber des Bankhauses Ferd. Schroeder & Co. E. war Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer zu Köln, Vorstandsmitglied der Rheinisch-Westfälischen Börse in Düsseldorf, Geschäftsführer des Sauerstoffwerks Gewerkschaft Rose in Obersteeg sowie Aufsichtsratsmitglied der Colonia Kölnische Versicherungs AG, der Concordia Lebensversicherungs AG und der Walther & Cie. AG in Köln. E. gehörte dem Ausschuß des Arbeitgeberverbandes für Banken und Bankiers in Nordrhein-Westfalen e. V. an und fungierte als Handelsrichter in Köln. E s s e r , Thomas, Taufname: Hermann Josef, Dominikaner, Theologe, * 7.4.1850 Aachen, t 13.3. 1926 Rom. Nach dem Theologiestudium in Bonn, Würzburg und im Kölner Seminar war E., Sohn eines Farbmühlenfachmanns,

Kaplan in Euskirchen und wurde während des Kulturkampfes mehrmals zu Haftstrafen verurteilt und ausgewiesen. In Rom zum Dr. theol. promoviert, trat er 1878 in Graz in den Dominikanerorden ein. Zunächst lehrte E. im Orden, 1887-91 am Maynooth College in Irland und 1891-94 in Freiburg (Schweiz) Kirchenrecht. 1894 ging er an die St. Thomashochschule nach Rom und wurde Mitglied mehrerer Kongregationen sowie der Kommission zur Kodifikation des Kirchenrechts. E. war 1900-17 Sekretär der IndexKongregation und bearbeitete den Index librorum prohibitorum (1900, ft1917) neu. Nach Aufhebung der Indexkongregation 1917 durch Benedikt XV. wurde E. zum Titularbischof von Sinide ernannt. DD NDB E s s e r , Thomas, Politiker, * 15.5.1870 Schwerfen (Kr. Euskirchen), t 30. 11. 1948 Euskirchen. Der gelernte Buchdrucker wurde 1900 Leiter der Gewerbebank in Euskirchen, Vorsitzender des Rheinischen Handwerkerbundes und stellvertretender Vorsitzender des Rheinischen Genossenschaftsverbandes. Seit 1912 gehörte er zum Reichsvorstand der Zentrumspartei. 1919 war er Mitglied der Preußischen Landesversammlung, danach bis 1922 des Preußischen Landtags und 1921-33 des Reichstags, dessen Vizepräsident er 1926-33 war. Im Zusammenhang mit den Ereignissen des 20. Juli 1944 wurde er im Arbeitserziehungslager Köln-Messehalle interniert. Nach Kriegsende wurde E. mit dem Kölner Stadtrat Rings und dem ehemaligen Reichsjustizminister Joseph —> Frenken Vorsitzender des beratenden Ausschusses bei der britischen Militärregierung, 1946 Bürgermeister von Euskirchen. DD MdR E s s e r , Wilhelm, kath. Theologe, Philosoph, * 21.2.1798 Düren, t 6.10. 1854 Düren. E. studierte seit 1814 Theologie, Philosophie und Philologie in Köln und wechselte 1816 an die Univ. Münster, um sein Studium bei Georg —> Hermes fortzusetzen. Als Hermes einen Ruf an die neugegründete Univ. Bonn annahm, folgte ihm E., der 1821 zum Dr. phil. promoviert wurde (De prima et altera pars quae fertur Nubium Aristophanis editione ad Elvenichium dissertatio) und als Privatdozent tätig war. 1823 wurde E. a. o. Prof. der Philosophie an der als Rest der Univ. verbliebenen kath. Akademie in Münster, 1826 o. Prof. der Philosophie und Philologie. Er veröffentlichte u.a. ein System der Logik ( 1823, 2 1830). m ADB E s s e r , Wilhelm, Industrieller, * 16.5.1878 DuisburgHochfeld, t 25. 1. 1932 Duisburg. E., dessen Vater Hüttendirektor der Oberschlesischen Huttenbedarfs AG, Werk Zawadzki, war, arbeitete nach seinem Studium an der TH Berlin als Assistent auf mehreren Hüttenwerken tätig, bevor er 1907 die Leitung des Stahlwerks der Deutsch-Luxemburgischen Bergwerks- und Hütten AG in Differdingen übernahm. Seit 1910 technischer Leiter und Vorstandsmitglied der Rheinischen Stahlwerke in Duisburg-Meiderich, baute E. das Unternehmen zu einem der damals leistungsfähigsten Betriebe aus. Als wegen der Gründung der Vereinigten Stahlwerke 1926 die Phoenix AG und die Rheinischen Stahlwerke zur Hütte RuhrortMeiderich fusionierten, erhielt er die Leitung des Riesenunternehmens. E. war Mitglied des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Eisenforschung. CD NDB Essig, Hermann, Schriftsteller, * 28.8.1878 Truchtelfingen (heute zu Albstadt), t 21.6.1918 Berlin. Nach einem praktischen Lehrjahr in einer Heidenheimer Maschinenfabrik begann E., Sohn eines Pfarrers, an der TH Stuttgart Maschinenbau zu studieren. Von einer schweren Erkrankung (1902) genesen, schrieb er religiöse Gedichte und erste dramatische Szenen in Versen. 1904 arbeitete E. in Berlin als Ingenieur und war danach schriftstellerisch tätig.

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Essig 1905 heiratete er die Witwe Emil —»Rosenows. An Shakespeare und Hermann —» Sudermann orientiert, verfaßte er zahlreiche Stücke, u . a . das Historiendrama Napoleons Aufstieg (entstanden 1903-05, erschienen 1912), das Volksstück Die Gliickskuh (1910) und das Schauerdrama Ueberteufel (1912). Seine gegen Klerikalismus und Bigotterie gerichteten Stücke waren der Zensur anstößig und wurden nur selten aufgeführt. E., der zum „Sturm"-Kreis um Herwarth —»Waiden gehörte, erhielt 1913 und 1914 den Kleist-Preis. Die 1908 entstandene Erzählung Der Wetterfrosch erschien 1917, der R o m a n Taifun postum 1919. CD Killy

als dramaturgischer Berater der Royal Shakespeare Company tätig. Bekannt wurde E. vor allem durch seine frühe Beschäftigung mit d e m absurden Theater; seine Studie The Theater of the Absurd (1961 ; dt. Das Theater des Absurden, 1964) galt lange als internationales Standardwerk. Zu seinen Arbeiten gehören ferner An Anatomy of Drama (1976; dt. Was ist das Drama, 1978) und The age of Television (1976) sowie Arbeiten über —»Brecht, Samuel Beckett, Antonin Artaud und Harold Pinter ( u . a . Brecht. A Choice of Evils, 1959, 4 1984; dt. Brecht. Das Paradox des Politischen, 1962, 2 1972). CD Exiltheater

Essig,

Esslinger,

Olga, Pädagogin, Frauenpolitikerin, * 1 5 . 7 . 1 8 8 4 Gogolin (Kr. Kulm, Westpreußen), t 14. 12. 1965 Hamburg. E., Tochter eines Bauern, war seit 1908 Lehrerin an der staatlichen kaufmännischen Fortbildungsschule in Bromberg und Schloß das Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie der Pädagogik in Breslau und F r a n k f u r t / M a i n 1918 mit der Promotion ab. 1919 arbeitete sie in der Stadtverwaltung F r a n k f u r t / M a i n beim Aufbau des Berufsschulwesens mit und wurde 1920 Leiterin der Städtischen Frauenarbeitsschule in Mainz. Seit 1922 war sie im thüringischen Ministerium f ü r Volksbildung mit der Aufsicht über das Mädchenschulwesen betraut, trat 1924 als Direktorin der Allgemeinen Gewerbeschule in den hamburgischen Staatsdienst ein und wurde 1929 Oberschulrätin. 1933 entlassen, kehrte sie 1945 in den Schuldienst zurück und war 1 9 4 9 / 5 0 erneut Oberschulrätin. 1946 gehörte E., die seit 1918 Mitglied der S P D war, zu den Gründerinnen des Deutschen Frauenrings in Hamburg, dessen Vorsitzende sie 1946-48 und 1950-52 war. DD Pädagoginnen, Bd 2 E ß l a i r , Ferdinand (Johann Baptist), österr. Schauspieler, * 2 . 2 . 1772 Götschendorf (Schlesien) oder Esseg (Slawonien), t 10. 11.1840 Mühlau (heute zu Innsbruck). Der Sohn eines österr. Beamten stand 1795 in Innsbruck zum ersten Mal auf der Bühne, trat im Verlauf seiner Karriere in Passau, Prag, Augsburg, Nürnberg, Stuttgart und M a n n h e i m auf und war 1820-37 Mitglied des Ensembles des Münchner Hoftheaters, an dem er auch Regie führte. Zu seinen Rollen gehörten ältere Helden wie Wallenstein, Teil, König Lear, Macbeth und Nathan der Weise. CD N D B E ß l e r , Fritz, auch Fred Essler, Schauspieler, Regisseur, * 1 3 . 2 . 1 8 9 5 Wien, t 17. 1. 1973 Los Angeles. E. begann 1919 als Schauspieler am Stadttheater Kattowitz und hatte in den folgenden Jahren Engagements in Berlin und Hamburg. 1 9 2 5 / 2 6 war er als Schauspieler und Regisseur an den Vereinigten Theatern in Breslau tätig, dann bis 1928 an den Vereinigten Stadttheatern Duisburg-Bochum und danach bis 1937 in Zürich. Er inszenierte u . a . Stücke von August von —»Kotzebue und Arthur —» Schnitzler und trat vorwiegend in Komödien auf. 1937 kehrte er nach Osterreich zurück und emigrierte 1938 in die U S A , wo er an Ernst —»Lothars „The Austrian Theater" mitwirkte. Seit 1942 spielte er in Hollywood bei Kino- und Fernsehfilmen mit ( u . a . Up in Arms, 1944; G.I. Blues, 1960, mit Elvis Presley). CH Exiltheater E s s l i n , Martin (Julius), eigentl. Pereszlenyi, Redakteur, Theaterwissenschaftler, * 8 . 6 . 1 9 1 8 Budapest, t 2 4 . 2 . 2 0 0 2 London. Der Sohn eines Journalisten wuchs in Wien auf, studierte seit 1936 an der dortigen Univ. Anglistik und Philosophie und besuchte das Reinhardt-Seminar. 1938 nach Belgien, 1939 nach Großbritannien emigriert, wurde E. 1940 Mitarbeiter der B B C und war 1963-77 Leiter der Hörspielabteilung. Nach einer Gastprofessur 1969 an der Florida State University in Tallahassee lehrte er seit 1977 als Prof. für Theaterwissenschaft an der Stanford University; daneben war er

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Anna Barbara, schweizer. Zeichnerin, * 6 . 4 . 1 7 9 2 Glattfelden (Kt. Zürich), t 9 . 1 . 1 8 6 8 Basel. Die Schwester Johann Martin —» E.s kam nach d e m Tod der Mutter 1799 nach Zürich, erhielt dort ihre Ausbildung u . a . bei Matthias Pfenninger und wurde Zeichenlehrerin an der höheren Töchterschule „im N a p f ' . Zu ihren künstlerischen Arbeiten gehören vornehmlich Stickereien, Blumenarbeiten und Silhouettenschnitte. U m 1820 beteiligte sie sich an Zürcher Ausstellungen, nach ihrer Heirat 1822 mit dem Buchhändler F. G. Amberger lebte sie in Solingen. Verwitwet zog sie 1844 nach Basel, wo sie eine enge Freundschaft mit Charlotte Kestner, der Tochter von —»Goethes Lotte, verband. Ihr zweiter Sohn Gustav —»Amberger gehörte zu ihren Schülern. CD Schmidt-Liebich

Eßlinger,

Johann Georg, Buchhändler, getauft 7 . 4 . 1710 D a l l a u / N e c k a r , begraben 1 8 . 1 2 . 1 7 7 5 F r a n k f u r t / M a i n . E. heiratete 1742 in die Frankfurter Buchhandlung Knoch ein, übernahm die Firma 1745 als „Knoch Witwe & Eßlinger" und leitete sie seit 1764 unter seinem Namen allein. Sein Sohn Friedrich David führte das Unternehmen bis 1812 als „J. G. Eßlinger Erben"; die Mannheimer Filiale ging bereits 1765 auf den Schwiegersohn Christian Friedrich —»Schwan über. Wegen des Vertriebs angeblich obrigkeitswidriger und gotteslästerlicher Bücher war E. mehrfach von der kaiserlichen Zensur betroffen und mit Arrest bestraft. CD L G B

Esslinger,

Johann Martin, schweizer. Kupferstecher, * März 1793 Glattfelden (Kt. Zürich), t 9 . 2 . 1841 Zürich. Da seine Eltern früh starben, kam E. nach Zürich ins Waisenhaus, wo er von Georg Christoph Friedrich Oberkogler und Matthias —> Pfenninger Zeichen- und Malunterricht erhielt. 1806 stellte er in der Zürcher Lokalausstellung seine erste Federzeichnung aus. Seine Ausbildung zum Kupferstecher absolvierte er zunächst bei Johann Heinrich —» Lips in Zürich und 1 8 1 0 / 1 1 bei Friedrich Müller in Stuttgart. 1811-13 arbeitete E. in Paris, von 1813 an in Zürich. 1835 kopierte er ein preuß. Staatspapier, w o f ü r er zu drei Monaten Haft verurteilt wurde. E. veröffentlichte etwa 200 Blätter, meist mit historischen Darstellungen (u. a. Nikolaus von der Flühe als Friedensstifter zu Stans, 1841, nach L u d w i g —»Vogel). CD A KL E s t e r , Carl (Ludwig Johann) d \ Publizist, Politiker, Mediziner, * 4 . 1 1 . 1 8 1 3 Trier, f 18.6. 1859 ChâtelSt. Denis. Der Sohn eines K a u f m a n n s studierte seit 1831 Medizin in Bonn und Heidelberg; 1835 wurde er zum Dr. med. promoviert (De semiologia medullae spinalis). 1837 war er vorübergehend in der Irrenanstalt Siegburg und seit 1838 als Armenarzt in Köln tätig. 1842 wurde er Aktionär der „Rheinischen Zeitung" und Mitglied des Kölner „Montagskränzchens". 1844 war E. Mitbegründer eines Kölner Vereins zur Armenhilfe, seit 1845 Vorstandsmitglied und seit 1846 Sekretär des demokratisch gesinnten Kölner Gewerbevereins. Er verfaßte Beiträge und Leitartikel f ü r dessen „Gemeinnütziges Wochenblatt" und publizierte 1845 auch im sozialistisch orientierten „Allgemeinen Volksblatt" (Köln). 1846-48

Esterházy von Galántha war E. Stadtverordneter in Köln. 1848 in die Nationalversammlung gewählt, profilierte er sich in der Fraktion der republikanischen Linken besonders als Finanzpolitiker. 1848 beteiligte sich E. an der Gründung der „Neuen Rheinischen Zeitung" und war 1 8 4 8 / 4 9 Mitherausgeber der Zeitschrift „Demokratische Urwähler" (Halle), die jedoch bald verboten wurde. Seit 1849 gehörte E. der Zweiten Kammer in Mayen an. Nach deren Auflösung floh er nach Kaiserslautern und zuletzt in die Schweiz, wo er als Arzt in Châtel-St. Denis praktizierte. E. veröffentlichte u. a. Ein Wort über die öffentliche Irrenpflege (1842) und Der Kampf der Demokratie und des Absolutismus in der Preußischen constitutierenden Versammlung (1848). E s t e r , Karl (Maria) d \ Pseud. Heinz Frohgemut, Zeitungswissenschaftler,* 11.12.1881 Vallendar/Rhein, t 31.5. 1960 Aurach (Oberbayern). E., Sohn eines Kaufmanns und Großneffe von Carl —>d'E. studierte an den Universitäten Münster, Wien und München Sprachwissenschaft, Literaturgeschichte, Geschichte, Philosophie, Erdkunde, Staatswissenschaft und Zeitungswissenschaft. 1907 wurde er mit einer Studie über das westfälische Zeitungswesen zum Dr. phil. promoviert. 1908 trat er in den Schuldienst ein und wurde Studienrat in Dortmund-Hörde, später in Münster. E. habilitierte sich 1920 an der Univ. Münster als erster in Deutschland für Zeitungswissenschaft und übernahm dort mit Aloys —> Meister die Leitung des von ihnen gegründeten Instituts für Zeitungsforschung. Seit 1922 a. o. Prof., folgte er 1924 einem Ruf auf den ersten hauptamtlichen Lehrstuhl für Zeitungswissenschaft, der an der Univ. München eingerichtet wurde. Das von ihm gegründete Institut für Zeitungswissenschaft leitete er bis 1955. E. war Herausgeber der „Zeitungswissenschaft" (seit 1926 mit Walther —> Heide), der „Weltpresse" und der Sammlung „Zeitung und Leben" sowie Mitherausgeber des Handbuchs der Zeitungswissenschaft. Er veröffentlichte u. a. Die papierne Macht (1956) und Der Traum eines Lebens. Ein deutsches Institutfür internationale Presseforschung (1957). m

DLL, 20. Jh.

E s t e r b a u e r , Balthasar, Bildhauer, * um 1672 Mettenbach (?), t 1728 Würzburg (?). E. wurde als Sohn eines Schreinermeisters geboren. Es sind keine sicheren Fakten über seine Ausbildung bekannt. Seit 1 6 9 8 / 1 7 0 0 war er überwiegend in Würzburg tätig, wo er 1701 zum Dombildhauer ernannt wurde. E. verbanden wohl Freundschaften mit den ortsansässigen Balthasar —> Neumann, Johann und Christoph —> Dientzenhofer. Auch in seiner Arbeit kooperierte er eng mit anderen Würzburger Künstlern. E. hinterließ ein umfangreiches Werk, meist in Holz und Stein, von Skulpturen und kompletten Altarensembles in Anlehnung an den römischen Hochbarock. In Würzburg gestaltete E. u. a. den Hochaltar im D o m ( 1 7 0 0 / 0 1 ) und mehrere Altäre in der Universitätskirche (1700-03). Er arbeitete auch für Bronnbach, Heiligenkreuz und Randersacker. CD A K L

Esterer,

Rudolf, Architekt, * 2 3 . 1 1 . 1 8 7 9 Altötting (Oberbayern), t 1 1 . 1 1 . 1 9 6 5 F a r n a c h / C h i e m g a u . Der aus einer Fabrikantenfamilie stammende E. studierte an der T H München Architektur. In Würzburg 1907 als Regierungsarchitekt angestellt, überwachte er seit 1910 die öffentlichen Bauten in Bad Kissingen, wo er 1914 stellvertretender Leiter des Städtischen Baubüros wurde. 1918-34 bekleidete E. leitende Stellungen in der Bayerischen Verwaltung der Staatlichen Gärten, Schlösser und Seen, 1937-45 war er als Berater des bayerischen Finanzministeriums in Baufragen tätig, 1937-42 als Dozent an der T H München. Er führte zahlreiche Restaurierungsarbeiten durch, darunter die Burg in Nürnberg und das Schloß in Würzburg. Nach dem Zweiten Weltkrieg zum Präsidenten der Bayerischen Verwaltung

der Staatlichen Gärten, Schlösser und Seen ernannt, war E. entscheidend am Wiederaufbau der teilweise zerstörten historischen Bauwerke Bayerns (u. a. Münchner Residenz) beteiligt. 1957 wurde er mit der künstlerischen Leitung der Restaurierungsarbeiten am Kaiserdom zu Speyer beauftragt. OD A K L

Esterházy von Galántha,

Moritz Graf, österr. Staatsmann, Diplomat, * 23.8. 1807 Wien, t 8. 11. 1890 Pirna. Ε. v. G. war 1848-56 Gesandter Österreichs in Rom und maßgeblich am Zustandekommen des Konkordats von 1855 beteiligt. Als Führer der konservativ-katholischen Partei und Vertrauter Kaiser —> Franz Josephs gehörte er seit 1861 den Kabinetten —> Schmerling und —»Belcredi an. Durch sein Mitwirken am Sturz des Außenministers Johann Bernhard von —> Rechberg und Rothenlöwen 1864 verschärfte er unbeabsichtigt die Spannungen mit Preußen. e n ÖBL

Esterházy von Galántha,

Nikolaus, Palatin von Ungarn, * 8 . 4 . 1 5 8 3 Galánta, t 11.9. 1645 Großhöflein. Ε. v. G., Sohn eines Vizegespans des Komitats Preßburg, wurde 1614 als Abgeordneter zur Ständeversammlung nach Linz entsandt. Als seine Vermittlung zwischen Fürst Gabriel Bethlen von Iktár und Kaiser —> Ferdinand II. erfolglos blieb, stellte er sich auf die Seite des Kaisers, trat jedoch bei den Nikolsburger Friedensverhandlungen wieder vermittelnd auf. 1622-25 war er Kreis-Oberbefehlshaber der Bergstädte; während dieser Zeit kam es zu ständigen Kämpfen mit Bethlen und einfallenden türkischen Streifscharen. Seit 1625 Palatin Ungarns, geriet E. v. G. in Konflikt mit Primas Péter Pázmány. Sein Versuch, die ungarischen Stände gegen die Angriffe des Siebenbürger Fürsten Georg Rákóczi aufzubieten, war ebenso erfolglos wie der, den Kaiser f ü r seine Politik des Ausgleichs der konfessionellen Spannungen innerhalb Ungarns zu gewinnen. E. v. G. unterstützte die Gegenreformation. 1622 erhielt er u.a. die Herrschaften Forchtenstein und Eisenstadt. OD N D B

Esterházy von Galántha,

Nikolaus (I.) Joseph Fürst, österr. Heerführer, * 18. 12.1714 Wien, t 2 8 . 9 . 1 7 9 0 Wien. E. v. G., Sohn des Obergespans des Somogyer und Ödenburger Komitats, Joseph Anton E. v. G., und Enkel von Paul —>E. v. G., war 1744 Oberst und Regimentskommandant und kämpfte in Böhmen, Bayern sowie 1746 in den Niederlanden. Seit 1747 Generalfeldwachtmeister, zeichnete er sich während des Siebenjährigen Kriegs 1757 bei Kolin aus. 1764 wurde er Feldzeugmeister und 1770 Feldmarschall. Zwischen 1762 und 1787 war er zusätzlich Kapitän der ungarischen adligen Leibgarde. Den Sommersitz Schloß Eszterháza baute E. v. G. 1766-69 zu einem bedeutenden Zentrum für Kunst und Wissenschaft aus, das bald als „Versailles von Ungarn" bekannt wurde. Sein Bruder Paul Anton E. v. G. holte 1761 Joseph - » Haydn als Kapellmeister des fürstlichen Hausorchesters nach Eisenstadt, das dadurch Weltruhm erlangte. E. v. G. schuf mit dem Bau eines Theaters und großzügigen finanziellen Zuwendungen ideale Voraussetzungen f ü r das Werk des Komponisten. DP M G G

Esterházy von Galántha,

Nikolaus (II.) Fürst, österr. Heerführer, * 1 2 . 1 2 . 1 7 6 5 Wien, t 25. 11.1833 C o m o . Nach ausgedehnten Reisen war E. v. G., Sohn eines k . k . Feldmarschalleutnants und Enkel von Nikolaus (I.) Joseph —>E. v. G., 1797-1800 einer der ungarischen DistriktGenerale, welche die ungarischen Nationaltruppen führten. Als Napoleon 1809 plante, Ungarn vom Haus Habsburg zu trennen und E. v. G. zum König von Ungarn zu machen, lehnte dieser ab. 1814 war er in diplomatischer Mission in Rom und anschließend am Hof Murats. Im selben Jahr kaufte er das Kaunitzpalais in Eisenstadt, wo er seine Gemälde- und Kupferstichgalerie unterbrachte, die den

165

Esterházy von Galántha Kern der ungarischen Landespinakothek bildet. E. v. G. ging durch die Förderung Joseph —> Haydns und Johann Nepomuk —> H ü m m e l s in die Musikgeschichte ein. In seinem A u f trag komponierte L u d w i g van - » Beethoven 1807 die Messe in C-Dur (op. 86). m MGG

Esterházy von Galántha,

Paul Fürst, Palatin von Ungarn, österr. Heerführer, * 7 . 9 . 1635 Eisenstadt, t 2 6 . 3 . 1 7 1 3 Eisenstadt. E. v. G. studierte bei den Jesuiten in Graz und Tyrnau, unternahm anschließend Bildungsreisen durch Europa und wurde 1652 Oberhauptmann der ungarischen Nationalmiliz zu Papa. Er k ä m p f t e erfolgreich gegen die Türken und wurde 1663 Generalfeldmarschall. Seit 1681 Palatin von Ungarn, zeichnete sich E. v. G. 1683 vor Wien sowie 1686 bei der Rückeroberung von Ofen aus. 1687 erhob —» Leopold I. ihn in den Fürstenstand. Der Umbau der Eisenstädter Burg zu einem Barockpalais 1663-72 sowie die Gründung des „Esterházyschen Orchesters" geht auf E. v. G. zurück. Er veröffentlichte religiöse Schriften, u. a. Litaniae ad Beatam Mariam Virginem (1689). E. v. G. war der Großvater von Nikolaus (I.) Joseph - > E . v. G. m NDB

Estorff,

Eggert Ludwig von, Militär, * 1 . 1 1 . 1 8 3 1 Verden/Aller, t 10.2. 1903 Eldingen bei Celle. Nach der Ausbildung an der Ritterakademie in Lüneburg trat E. 1850 in den hannoverschen Militärdienst ein. Er besuchte 1857 die Militärakademie in Hannover und nahm 1 8 6 3 / 6 4 am Dänischen Krieg teil. 1866 k ä m p f t e E. bei Langensalza gegen die Preußen, trat 1867 in die preuß. A r m e e ein und nahm am Deutsch-Französischen Krieg 1 8 7 0 / 7 1 teil. 1886 wurde er Oberst und Regimentskommandeur. Nach seinem Abschied 1888 war er Redakteur des „Militär-Wochenblatts" in Berlin. CD Priesdorff, Bd 10

Estorff,

Emmerich Otto August von, Militär, * 2 8 . 1 0 . 1 7 2 2 Ebstorf bei Uelzen, f 1 9 . 1 0 . 1 7 9 6 Northeim bei Braunschweig. E. wurde 1741 kurfürstlich braunschweigisch-lüneburgischer Offizier. Während des Siebenjährigen Kriegs kam er in den Generalstab. Seit 1762 Generalquartiermeister, wurde er Chef eines Kavallerieregiments. In Northeim gründete er eine Lehranstalt für angehende Offiziere, an der seit 1778 —> Scharnhorst unterrichtete. 1777 wurde E. Generalleutnant, 1781 Generalinspekteur der hannoverschen Kavallerie.

m ADB

Esterházy von Galántha,

Paul Anton (III.) Fürst, österr. Diplomat, * 1 0 . 3 . 1 7 8 6 , t 2 1 . 5 . 1 8 6 6 Regensburg. Der Sohn von Nikolaus (II.) —>E. v. G. begann seine diplomatische Laufbahn 1806 in London; sie f ü h r t e ihn über Paris und Dresden 1815 (bis 1842) als Botschafter wieder nach London. 1848 als Außenminister im Kabinett Bathyány bemühte er sich, durch Verhandlungen zwischen Magyaren und Kroaten den Bürgerkrieg in Ungarn zu verhindern. A m 8 . 9 . 1 8 4 8 demissionierte er. m NDB

Esterle,

Max, österr. Maler, Graphiker, Zeichner, Kunstkritiker, * 1 6 . 1 0 . 1 8 7 0 Cortina d ' A m p e z z o , t 4. 1.1947 Bezau (Vorarlberg). Neben dem Jurastudium besuchte E. 1893-96 die Malschule von Heinrich Strehblow in Wien, 1897-1900 die Ecole des Beaux-Arts in Paris und 1900-04 die Kunstakademie in M ü n c h e n . 1904 ließ er sich in Innsbruck nieder und wurde Mitglied des Tiroler Künstlerbundes, 1906 dessen O b m a n n ; 1910-39 gehörte er der Wiener Secession an. Seit 1909 war E. als Karikaturist und Kunstkritiker für die Zeitschriften „Der F ö h n " und „Der Brenner" tätig. Er nahm am Ersten Weltkrieg teil und kehrte 1920 aus der Gefangenschaft zurück. Seit 1924 war E. Lektor für Zeichnen und Technologie der Malerei an der Univ. Innsbruck, seit 1933 Professor. 1938 wurde er Mitglied der N S D A P und leitete 1939-41 die K a m m e r der bildenden Künstler Tirols. 1942 ging er nach Vorarlberg. E. schuf Landschaften und Porträts, aber auch Exlibris und Plakate. Neben Alfons —» Walde gilt er als der bedeutendste Schneemaler, der Winterlandschaften nach impressionistischer und postimpressionistischer Manier malte. m A KL E s t o r , Johann Georg, Jurist, * 8 . 6 . 1699 Schweinsberg (Hessen), t 25. 10.1773 Marburg. E., Sohn eines Chirurgen und Barbiers, studierte nach einem sprachwissenschaftlichen Studium in Marburg und Gießen seit 1719 an den Universitäten Jena, Halle, Leipzig und Straßburg Jura. 1722-26 war er am Reichskammergericht Wetzlar tätig und kam 1726 als a. o. Prof. und Historiograph nach Gießen. 1727 zum Dr. jur. promoviert, wurde E. im selben Jahr o . P r o f . und ging 1735 als Prof. nach Jena, w o er Beisitzer des Hofgerichts der Juristenfakultät und sächsischer Hofrat wurde. 1742 folgte er einem Ruf nach Marburg, erhielt 1754 den Titel Geheimer Regierungsrat und wurde 1768 Kanzler der Universität. E. veröffentlichte zahlreiche Schriften zur deutschen Rechtsgeschichte, u. a. Origines iuris publici Hassiaci (2 Tie., 1738-40). CD A D B

166

E s w e i n , Carl (Franz Georg), Bankier, * 2 8 . 7 . 1844 Lauterecken (Pfalz), t n . e . Der Sohn eines kgl. bayerischen Gerichtsvollziehers wurde in der Bank Louis Dacque in N e u s t a d t / H a a r d t ausgebildet und stieg vom K o m m i s zum Buchhalter und schließlich zum Bürochef einer Weinhandlung und Champagnerfabrik auf. Er wurde Vorstandsmitglied der Volksbank Ludwigshafen und war hier seit 1870 Direktor, seit 1898 Generaldirektor des seit 1882 als Aktiengesellschaft operierenden und seit 1886 als Pfälzische Bank firmierenden Instituts. 1911 ging diese eine Interessengemeinschaft mit der Rheinischen Creditbank in M a n n h e i m ein, und E. wurde Mitglied des Aufsichtsrats der Rheinischen Creditbank (später stellvertretender Vorsitzender). Er war außerdem in zahlreichen Aufsichtsräten tätig, zeitweise (1906) hatte er die meisten Aufsichtsratsmandate in Deutschland inné. E. war Mitglied des Stadtrats von Ludwigshafen und gehörte 1898-1914 der Pfälzischen Handels- und G e w e r b e k a m m e r an.

Etbauer,

T h e o d o r Paul, Graphiker, Plakatgestalter, * 2 . 7 . 1892 Stuttgart, t 3 . 3 . 1975 Brugg-Rothentöbele/ Allgäu. Nach einem kurzen Aufenthalt 1910 in der Künstlerkolonie Dachau lebte E. seit 1919 in Hamburg und machte sich dort als Graphiker selbständig. Er betrieb 1920-25 eine Schule fUr Kunst- und Körperkultur, arbeitete zeitweise für die Reederei Hapag und entwarf u. a. Reiseplakate. E. war Mitglied im Werkbund, seit 1933 in Alfred —»Rosenbergs K a m p f b u n d für deutsche Kultur. 1936 wurde er Leiter der Meisterschule des Deutschen Handwerks in Wuppertal, 1943 Direktor der Meisterschule in Salzburg. Mitte der fünfziger Jahre kehrte er nach Hamburg zurUck, wo er 1960 kurzfristig ein Filmstudio eröffnete. Seit 1963 lebte E. in Bayern. CD A K L E t g e n s , Johann Georg, Maler, * 6 . 4 . 1691 Brünn, t 21. 1. (oder 3 1 . 7 . ) 1757 Brünn. Seine erste Ausbildung erhielt E. in seiner Heimatstadt, ging dann als Schüler von Carlo Maratta und Sebastiano Conca nach R o m und kehrte 1730 nach Brünn zurück. Er schuf Freskoarbeiten u. a. in der Piaristenkirche in Kremsier, in der Kirche des Zisterzienserklosters Welehrad und in der Stiftskirche in Raigern ( 1738 / 3 9 ) , die er statt nach dem alten Schema der Scheinarchitektur und Theaterkulissenmalerei in einem einheitlichen Raumillusionismus gestaltete. CD A K L

Ettenhueber Ethofer,

Rosa, Sängerin, * 2 4 . 2 . 1877 Wien, t 3 . 9 . 1 9 3 9 Weimar. Als Schülerin von Irene Schlemmer-Ambros besuchte E. das Wiener Konservatorium und begann ihre Bühnenkarriere 1898 als Altistin am Leipziger Stadttheater, dessen Ensemble sie bis 1900 angehörte. Es folgten Engagements am Hoftheater von Dessau 1900-02, bis 1913 am Hoftheater von Karlsruhe; im Anschluß daran stand E. bis 1922 am Deutschen Theater in Brünn auf der Bühne, dann ein Jahr lang am Stadttheater von Rostock. Sie trat häufig an den Hoftheatern Wiesbaden und M a n n h e i m auf, gastierte 1905 u . a . an der Wiener Volksoper, seit 1908 mehrmals an der Stuttgarter Hofoper und sang 1910 in Karlsruhe in der Uraufführung von Siegfried —» Wagners Banadietrich die Partie der Ute. E. war mit d e m Bariton Eduard Schüller verheiratet und lebte seit ihrem Abschied von der Bühne als Pädagogin in Nürnberg, später in Weimar. en MGG

Ethofer,

Theodor Josef, österr. Maler, Zeichner, * 2 9 . 1 2 . 1849 Wien, t 24. 8. 1915 Baden (Niederösterreich). E. studierte 1865-71 an der Kunstakademie in Wien, war 1873-87 Stipendiat in R o m und lebte nach einem Aufenthalt in London (1886) zunächst in Meran und München, seit 1898 in Salzburg. Reisen führten ihn u . a . nach Paris, Spanien, Korfu, Ägypten und Istanbul. E., der als Porträtist und Maler kleinformatiger Kostümszenen begann, malte seit seinem Aufenthalt in Italien unter dem Einfluß August von —» Pettenkofens zunehmend Freilichtbilder, darunter Gassenund Marktszenen aus Venedig, Siena und Neapel sowie in Südtirol und München auch bäuerliche Genreszenen. DP A K L E t i c h o , Bischof von Augsburg, f 2 4 . 6 . 9 8 8 Augsburg. Man hat verschiedentlich eine A b s t a m m u n g E.s aus weifischer Familie vermutet, die sich jedoch nicht sicher nachweisen läßt. Er war wohl zunächst Domkleriker in Hildesheim und gehörte der kgl. Kapelle an. 982 wurde er Bischof von Augsburg. Dies läßt sich durch eine Urkunde zur Übertragung von Südtiroler Gütern an den Bischof von Sähen belegen, während sonstige Hinweise auf E.s Amtszeit sehr spärlich sind.

Etienne,

Michael, österr. Journalist, Verleger, * 2 1 . 9 . 1 8 2 7 Wien, t 2 9 . 4 . 1 8 7 9 Wien. Der Sohn eines aus Frankreich eingewanderten Lehrers studierte in Wien. Er schrieb bereits früh politische Gedichte, kolportierte Flugblätter und wurde deshalb 1849 wegen Preßvergehens inhaftiert. 1850-55 lebte E. als Korrespondent der Wiener Zeitungen „Wanderer" und „ D o n a u " in Paris, wurde außenpolitischer Redakteur der „ D o n a u " und war seit 1863 in Wien Mitarbeiter der „Presse". Z u s a m m e n mit Max —> Friedländer und Adolf Werthner gründete E. im folgenden Jahr die „Neue Freie Presse" in Wien, die er bis zu seinem Tod leitete; in ihr publizierten u. a. Daniel —» Spitzer, Eduard —»Hanslick und Theodor —»Herzl. CD O B L

Etlinger,

Karl, auch Ettlinger, Schauspieler, Regisseur, * 10. 10. 1879 Wien, t 8 . 5 . 1946 Berlin. Nach seinem Bühnendebüt 1898 am Stadttheater Wesel wirkte E. seit 1899 am Stadttheater Lahr, w o er 1904 Direktor und Oberspielleiter wurde. 1908 wechselte er als Regisseur an das Residenz-Theater Frankfurt, dann nach Stuttgart und 1910 nach Wien, wo er an verschiedenen Bühnen als Schauspieler und Regisseur tätig war. Seit 1920 wirkte er in Berlin, u . a . 1921-24 am Staatstheater. Seit 1930 spielte er auch in Filmen mit, darunter in der Hollywood-Produktion Kismet (1930). 1938-45 erhielt er wegen seiner jüdischen Ehefrau kaum noch größere Engagements, blieb aber in Berlin und trat 1945 noch in der Dreigroschenoper und im Macbeth auf. CD Exiltheater

E t r i c h , Ignaz, genannt Igo E., österr. Flugzeugkonstrukteur, * 2 5 . 1 2 . 1879 Oberaltstadt bei Trautenau, t 4 . 2 . 1 9 6 7 Salzburg. Der aus dem Riesengebirge stammende Sohn eines Textilindustriellen war nach d e m Besuch der Handelshochschule und der T H Leipzig 1903-10 im väterlichen Unternehmen tätig, widmete sich jedoch daneben der Flugzeugkonstruktion und startete 1906 einen ersten Gleitapparat im Riesengebirge. Mit der finanziellen Unterstützung seines Vaters wandte sich E. ganz dieser Tätigkeit zu, lebte seit 1908 in Wien und konstruierte 1910 ein Motorflugzeug, die sogenannte „Etrich-Taube", mit der er seinen ersten Überlandflug durchführte und für die später von Ferdinand —» Porsche ein verbesserter Flugmotor entwickelt wurde. 1913 gründete E. die „Brandenburgischen Flugzeugwerke", aus denen gemeinsam mit d e m österr. Industriellen Camillo —»Castiglioni, der 1917 E.s Anteile übernahm, die „Hansaund Brandenburgischen Flugzeugwerke" entstanden. Nach 1919 leitete E. seine Textilfabriken in Oberaltstadt, entwickelte 1929 die „Sporttaube" und widmete sich dann der Konstruktion von Textilmaschinen. 1960 erschien Bekenntnis und geistiges Vermächtnis des Flugpioniers Dr. Ing. h. c. Igo Etrich. E t t , (Johann) Caspar, Komponist, Musiker, * 5 . 1 . 1788 E r e s i n g / A m m e r s e e , t 16.5. 1847 München. Der Sohn eines Schäfflers kam mit neun Jahren als Chorknabe in das Studienseminar der Benediktiner nach Andechs und fand nach grundlegender musikalischer Ausbildung A u f n a h m e in das Seminarium Gregorianum in München, wo er u . a . von Josef —»Schlett im Orgelspiel und von Joseph —»Grätz im Komponieren unterrichtet wurde; ferner widmete er sich dem Studium der alten Sprachen und der Literaturgeschichte. Anschließend bestritt E. seinen Lebensunterhalt durch Musikunterricht, wirkte von 1816 bis zu seinem Tod als Organist an St. Michael und erwarb sich große Verdienste um die Erneuerung der kath. Kirchenmusik mittels der Wiederbelebung der Vokalpolyphonie des 16. Jahrhunderts. Er komponierte Messen und Motetten sowie Musik für den griechisch-orthodoxen und den jüdischen Kultus. m MGG E t t e l , Konrad, österr. Schriftsteller, * 17. 1.1847 Neuhof bei Sternberg (Mähren), t 2 1 . 3 . 1924 Wien. E. studierte zunächst Theologie in Olmütz, 1 8 6 7 / 6 8 Philosophie an der Univ. Wien und trat im folgenden Jahr in den Dienst der Kaiser-Ferdinand-Nordbahn, wo er seit 1891 als Kontrolleur und später als Offizial tätig war. Daneben widmete er sich einer schriftstellerischen Tätigkeit und verfaßte neben einer Reihe von Lustspielen, darunter Der zerbrochene Amor (1891), mehrere Gedichtbände, u. a. Aus ewigen Quellen (1901).

Ettenburg,

Alexander, Pseud. für A. Eggers, genannt Einsiedler von Hiddensee, Schauspieler, Dramatiker, * 17.1. 1858 Gugelwitz (Schlesien), t 3 0 . 1 0 . 1919 Hiddensee. Der Sohn einer Oberamtmanns besuchte die Liegnitzer Ritterakademie, wandte sich dann der Schauspielerei zu, ließ sich aber infolge eines Nervenleidens in Altführ auf Rügen nieder und trat als Rezitator auf. E. unternahm Reisen nach Schweden, Finnland und Dänemark und lebte seit 1894 auf der Insel Hiddensee, wo er ein Naturtheater eröffnete. Neben seinem dramatischen Gedicht Wunna (1894) schrieb E. u. a. das Festspiel Wallenstein vor Stralsund (1902) und den Schwank Die Verlobungsinsel (1909). m D L L , 20. Jh.

Ettenhueber,

Matthias, auch Ettenhuber, Dichter, * 3 . 2 . 1 7 2 0 / 2 2 München, t 2 3 . 9 . 1782 München. Der aus bescheidenen Verhältnissen stammende E. besuchte eine Jesuitenschule und studierte wahrscheinlich Philosophie. Er schrieb zu offiziellen Anlässen Huldigungsverse und

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Ettenreich erhielt für seine Dichtungen von Kaiserin —> Maria Theresia eine Goldmedaille. Seit 1763 war er Hofpoet. 1759 gründete E. das „Münchnerische Wochenblatt", das er bis 1777 herausbrachte. 1778 wegen seiner kritischen Ode Das sich beschwerende Baiern verhaftet, lebte er nach seiner Entlassung verarmt bei den Barmherzigen Brüdern.

Ettenreich,

Joseph Christian von, österr. K a u f m a n n , * 2 5 . 8 . 1 8 0 0 Wien, t 4 . 2 . 1875 Wien. Der Sohn eines Gastwirts durchlief eine Metzgerlehre, eröffnete eine eigene Fleischerei in Wien, widmete sich später d e m Handel mit Hafer, wurde sehr wohlhabend und lebte seit 1845 als Privatier. 1853 konnte E. das von dem Schneidergesellen Janos Libenyi auf Kaiser Franz Joseph I. beabsichtigte Attentat vereiteln und wurde noch im selben Jahr in den erblichen Adelsstand erhoben. Später war er Direktor der Ersten Österreichischen Spar-Casse.

Etter,

Paul, schweizer. Alpinist, Photograph, Filmemacher, * 17.9. 1939 Walenstadt, t 10.2. 1985 Glaspass (Kt. Graubünden). Ursprünglich Bäcker, war E., Sohn eines Gemeindeamtmanns, seit 1961 hauptberuflich als Bergführer tätig und wurde als alpiner Photograph und Filmemacher bekannt. Er machte Erstbegehungen verschiedener Routen im Winter ( u . a . Matterhorn-Nordwand, 1962; FinsteraarhornNordostwand) und eröffnete zahlreiche neue Kletterrouten, vor allem in den Südwänden der Churfirsten und im Säntisgebiet. 1968 erschien sein Buch Gipfelwärts 1973). E. kam bei einem Lawinenunglück ums Leben. OD H L S E t t e r , Philipp, schweizer. Politiker, * 2 1 . 1 2 . 1 8 9 1 Menzingen (Kt. Zug), t 23. 12. 1977 Bern. Der Sohn eines Küfermeisters absolvierte 1911-17 in Zürich das Studium der Rechtswissenschaften und war dann als Rechtsanwalt und kantonaler Verhörrichter in Zug sowie als Chefredakteur der „Zuger Nachrichten" (1912-34) tätig. 1918 wurde er für die Konservative Volkspartei in den Zuger Kantonsrat gewählt. Seit 1922 Zuger Regierungsrat, übernahm er die Erziehungs- und Militärdirektion, präsidierte d e m Regierungsrat 1 9 2 7 / 2 8 als L a n d a m m a n n und gehörte seit 1930 dem Ständerat in Bern an. 1934 wurde E. in den Bundesrat gewählt, dessen Präsident er 1939, 1942, 1947 und 1953 war. Er übernahm das Departement des Innern und 1940 die Stellvertretung in der Leitung des politischen Departements. Mit seinem N a m e n sind der Ausbau des Sozialstaates, die Erhebung des Rätoromanischen zur vierten Landessprache (1937), die Entwicklung der sog. Geistigen Landesverteidigung und die Kulturstiftung „Pro Helvetia" verbunden. Während des Zweiten Weltkriegs vertrat E. eine anpassungsfreundliche Politik gegenüber Deutschland. Nach 1945 setzte er sich u. a. für den Ausbau der Ε Τ Η Zürich und die Intensivierung des Nationalstraßenbaus ein. • P Schweiz Bundesräte

Etterer,

Wolfgang, Sänger, * 17. 1.1909 München, t 2 8 . 5 . 1976 Graz. Seine Karriere als Sänger begann E. 1932 am Stadttheater von Heidelberg, stand 1934-37 am Karlsruher Stadttheater auf der Bühne und war seit 1937 am Stadttheater von Wiesbaden engagiert, w o er bis 1942 alle großen Baßpartien sang, darunter den Sarastro in der Zauberflöte, den Daland im Fliegenden Holländer und den Rocco im Fidelio. Seit 1941 am Stadttheater von Duisburg, war E. seit 1946 wieder in Wiesbaden zu hören und gehörte 1948-53 zum Ensemble des Landestheaters Saarbrücken, bevor er von 1953 bis zu seinem Abschied von der Bühne 1969 am Theater von Graz auftrat. E. gab zahlreiche Gastspiele an deutschsprachigen Opernhäusern und sang häufig auch Buffopartien, darunter den Falstaff in den Lustigen Weibern von Windsor. •Ρ

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Kutsch

Etterlin,

Petermann, schweizer. Chronist, * zwischen 1430 und 1440 Luzern, f 1509 Luzern. Der Sohn eines Luzerner Stadtschreibers, ursprünglich für den geistlichen Stand bestimmt, war 1468 Söldner im eidgenössischen Heer, 1474 Begleiter der Luzerner Boten nach Breisach. 1475 vorübergehend der Stadt verwiesen. Er nahm am Krieg gegen Burgund teil und wurde 1477 Kanzleischreiber, 1495 Gerichtsschreiber in Luzern. E. Schloß sich der französisch gesinnten Partei des Schultheißen L. Seilers an und verfaßte 1505-07 eine Kronika von der loblichen Eydtgnoschaft [...], die erste gedruckte Chronik der eidgenössischen Geschichte. CD N D B E t t i g h o f e r , Paul Coelestin, Pseud. Frank Lohr vom Wachendorf, Borgis Zwiebelfisch, Journalist, Schriftsteller, * 14.4. 1896 Colmar (Elsaß), t 15. 10.1975 Zülpich bei E u s k i r c h e n / E i f e l . E. nahm als Kriegsfreiwilliger am Ersten Weltkrieg teil, geriet 1918 in französische Gefangenschaft und lebte später als Journalist und freier Schriftsteller in Köln, Düsseldorf und Bonn. In den dreißiger Jahren verfaßte E. zahlreiche als Tatsachenberichte deklarierte Kriegsbücher, darunter Verdun. Das große Gericht (1936) mit antifranzösischen Tendenzen. Seine Reiseschilderungen und Sachbücher über Afrika (u. a. So sah ich Afrika, 1939) wie auch andere Veröffentlichungen jener Zeit enthalten antisemitische Wendungen und nationalsozialistische Bekenntnisse, vor allem sein 1942 veröffentlichter rassistischer R o m a n Erschossen in Nanzig. Das aufrechte Leben und heldenhafte Sterben eines deutschen Mannes. Im Zweiten Weltkrieg Hauptmann bei einer Kriegsberichterstatterkompanie in Finnland und Frankreich, wurde E. 1946 aus englischer Kriegsgefangenschaft entlassen. Seit 1949 arbeitete er bei der „Kölner R u n d s c h a u " und schrieb R o m a n e und populärwissenschaftliche Sachbücher. OD D L L , 20. Jh.

Ettinger,

Max, eigentl. Markus Wolf, Komponist, Dirigent, * 27. 12. 1874 Lemberg, t 19.7. 1951 Basel. E. entstammte einer ostjüdischen Rabbiner- und Gelehrtenfamilie, erhielt eine umfassende Bildung durch Hauslehrer und konnte sich infolge einer langen Krankheit erst seit 1899 in Berlin d e m Musikstudium zuwenden. Nach erstem Klavierund Harmonieunterricht bei Heinrich von —» Herzogenberg besuchte E. 1900-03 die A k a d e m i e der Tonkunst in München unter Ludwig —>ThuiIle und Joseph Gabriel —> Rheinberger und war 1 9 0 6 / 0 7 als Kapellmeister in Saarbrücken, 1910/11 in Lübeck tätig. Anschließend lebte E. als Komponist in München, 1920-29 in Leipzig, dann bis 1933 in Berlin und emigrierte in die Schweiz, wo er sich in Ascona niederließ. Neben zahlreichen kammermusikalischen Werken komponierte E. vor allem nach 1933 Stücke, deren T h e m e n der jüdischen Geschichte entnommen sind, darunter Das Lied von Moses ( 1 9 3 4 / 3 5 ) und das Oratorium Königin Esther ( 1 9 4 0 / 4 1 ) . Zu seinen Bühnenwerken gehören die Musikalische Tragödie Judith (nach Friedrich Hebbel, 1920) sowie die Opern Juana (nach Georg Kaiser, 1925), Clavigo (nach —> Goethe, 1926) und Frühlings Erwachen (nach Frank Wedekind, 1928). m MGG

Ettinger,

Wilhelm, Verleger, * 1736 Eisenach, t 1804 Gotha. E. war zunächst als Erster K o m m i s in der Gothaer Buchhandlung Johann Paul Mevius tätig, die von Johann Christian - » Dieterich geleitet wurde. 1775 kaufte E. die Buchhandlung, u. a. mit den Rechten am „Almanach de Gotha" sowie am „Gothaischen genealogischen Hofkalender". Daneben eröffnete er eine Niederlassung in Langensalza, erwarb 1785 die Webersche Buchhandlung in Erfurt und besaß auch eine Notendruckerei. E. gab die „Gothaische gelehrte Zeitung"

Ettlinger heraus und verlegte Werke August L u d w i g —» Schlözers sowie u. a. —> Goethes Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären (1790). DP L G B E t t i n g s h a u s e n , Andreas (Johannes Jakob) Frh. von, Physiker, Mathematiker, * 25. 11.1796 Heidelberg, 1 - 2 5 . 5 . 1 8 7 8 Wien. Seit 1809 in Wien lebend, widmete sich E., Sohn eines k . k . Generalmajors, neben dem Besuch der Bombardierschule, dem Studium der Philosophie und der Rechtswissenschaften. 1817 schied er aus d e m Militärdienst aus, wurde im selben Jahr A d j u n k t am Lehrstuhl f ü r Mathematik und Physik, 1819 Prof. der Physik am Lyzeum in Innsbruck und war 1821-35 Prof. der höheren Mathematik an der Univ. Wien. Anschließend Ubernahm er die ordentliche Professur für Physik, angewandte Mathematik und Mechanik, wurde 1837 zum Dr. phil. promoviert und wechselte 1848 als Leiter des Mathematikstudiums an die Ingenieur-Akademie. 1852 wurde er Prof. der höheren Ingenieurwissenschaften am Wiener Polytechnikum. Seit 1853 leitete E. das Physikalische Institut der Univ. Wien. Er veröffentlichte u. a. Die combinato rische Analysis (1826), Vorlesungen Uber die höhere Mathematik (2 Bde., 1827), Anfangsgründe der Physik (1844, 3 1853) und Die Principien der heutigen Physik (1857). 1847 war E., seit 1862 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, maßgeblich an der Gründung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften beteiligt, deren Generalsekretär er bis 1850 war. Er war der Vater von Constantin von —»E. CP N D B E t t i n g s h a u s e n , Constantin Frh. von, österr. Paläobotaniker, * 16.6. 1826 Wien, t 1.2. 1897 Graz. Der Sohn Andreas von —»E.s Schloß das Studium der Medizin in Wien 1848 mit der Promotion ab, wandte sich dann der Botanik zu und wurde Assistent bei Stephan —»Endlicher am Botanischen Institut der Univ. Wien. Als Kustosadjunkt der Geologischen Reichsanstalt bereiste E. die wichtigsten fossilen Fundstätten Österreichs, brachte von dort große S a m m lungen mit und erhielt 1854 die Professur für Physik, Zoologie und Mineralogie an der Medizinisch-Chirurgischen Josephsakademie. 1856 wurde E. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. 1871 folgte er einem Ruf als Ordinarius für Botanik und Paläophytologie nach Graz, begründete dort ein Paläobotanisches Institut und war 1881 Rektor der Universität. E. veröffentlichte u . a . Die Tertiaer-Floren der oesterreichischen Monarchie ( 1851 ), Die eocene Flora des Monte Promina (1855), Physiotypia plantarum Austriacarum (mit Alois Pokorny, 1855) und Beiträge zur Kenntnis der Flächen-Skelette der Farnkräuter (1864). E t t i , Karl, österr. Sänger, * 1 9 . 2 . 1 8 9 9 Wien, t 2 3 . 9 . 1956 Wien. E. war 1916-20 Mitglied der Wiener Peterlini-Sängerknaben und erhielt nach seiner Gesangsausbildung 1924 durch Richard —» Strauss ein Engagement an der Wiener Staatsoper, an der er zeitlebens wirkte. Er trat vor allem in ComprimarioPartien für Baß auf und sang bei den Salzburger Festspielen 1928-41 u . a . den Masetto im Don Giovanni. 1928 und 1936 gab E. zusammen mit dem Wiener Opernensemble Gastspiele an der Grand Opéra in Paris. Er war auch ein bekannter Konzertsänger auf dem Gebiet des Oratoriums und der geistlichen Musik. CD Kutsch E t t l i n g , Carl Jakob, Chemiker, Mineraloge, * 1 5 . 4 . 1 8 0 6 R ü s s e l s h e i m / M a i n , t 2 1 . 6 . 1856 Gießen. Der Sohn eines Gutsbesitzers studierte seit 1831 an der Univ. Gießen Pharmazie, wurde 1832 Assistent am Chemischen Laboratorium, 1834 promoviert und war seit 1835 Assistent bei Justus von —» Liebig. 1836 unternahm er eine Studienreise nach Paris, wurde im folgenden Jahr Lehrer der Chemie, Mineralogie und Botanik an der Realschule in Gießen und

habilitierte sich 1846 mit der Arbeit Ueber die Destillationsprodukte des salicyligsauren und benzoesauren Kupferoxyds an der dortigen Univ., an der er seit 1853 a. o. Prof. der Mineralogie war. E. veröffentlichte zahlreiche wissenschaftliche Abhandlungen in den „Annalen der C h e m i e und Pharmazie". CD Hess Bio, Bd 3 E t t l i n g e n , (Hans) Jakob von, auch Etlingen, Baumeister, t 1507 Ziegenhain (Hessen). Der vermutlich aus Württemberg stammende E. stand 1470-71 in landgräflich hessischen Diensten und war seit 1482 Baumeister auf Lebenszeit. Er beteiligte sich am Bau verschiedener Schlösser und Burgen, u. a. in Babenhausen und Friedberg und an der Stadtbefestigung in Volkmarsen. Charakteristisch für E.s Bauten war eine Loslösung vom mittelalterlichen Burgenbau hin zu einem funktionalen Bauwerk zwischen militärischem Festungsbau und fürstlichem Schloß. m A KL E t t l i n g e r , Jakob (Aaron), Rabbiner, * 17.3. 1798 Karlsruhe, t 7 . 1 2 . 1871 Altona (heute zu Hamburg). E., der seinen ersten Talmudunterricht bei seinem Vater erhielt, studierte an der Univ. WUrzburg und besuchte zugleich eine Talmudschule, bevor er 1826 Rabbiner in M a n n h e i m und Kreisrabbiner in Ladenburg und Ingolstadt wurde. Als Oberrabbiner in Altona (seit 1836) war er Vorsitzender des staatlich anerkannten jüdischen Gerichtshofs und veröffentlichte zahlreiche Schriften, u . a . Bikkure Jaakob. Halachische Abhandlungen zu den Vorschriften der Laubhütte und des Feststraußes ( 1836). 1845 gründete E. die Wochenschrift „Der treue Zionswächter" als Organ zur Wahrung der Interessen des gesetzestreuen Judentums. CD Wininger E t t l i n g e r , Josef (Moritz), Pseud. Engelbert Holm, Journalist, * 22. 10. 1869 Karlsruhe, t 2 . 2 . 1912 F r a n k f u r t / M a i n . Das in Karlsruhe und Berlin 1883 begonnene Musikstudium mußte E., Sohn eines Kaufmanns, 1888 wegen eines Gehörleidens aufgeben und studierte dann in Straßburg, Berlin und Heidelberg Germanistik und Geschichte. Nach der Promotion 1890 (Christian Hofman von Hofmanswaldau. Ein Beitrag zur Literaturgeschichte des siebzehnten Jahrhunderts) wurde er 1892 Feuilletonredakteur für Musik bei den „Berliner Neuesten Nachrichten" und 1895 Leiter des Berliner Büros des „Frankfurter General-Anzeigers". 1893-1912 Herausgeber des „Salon-Feuilletons", begründete er 1898 die Halbmonatsschrift „Das literarische E c h o " (bis 1911), 1909 die „Oktavkorrespondenz" und übernahm 1902 die Leitung des von Bruno —> Wille gegründeten Vereins N e u e Freie Volksbühne in Berlin. Er veröffentlichte eine Reihe von literarisch-historischen Arbeiten, darunter den Essay Theodor Fontane (1904), sowie Biographien und übersetzte u . a . Flauberts Madame Bovary. E. starb wenige M o nate nach seiner Bestellung zum Feuilleton-Redakteur der „Frankfurter Zeitung". CD Lex dt-jüd Autoren E t t l i n g e r , Karl (Emil), Pseud. Bim, Helios, Karlchen, Theophrastus (Kinkerlitz), Edgar Kolmar, von e m e aide Frankforder, Journalist, Schriftsteller, * 22. 1. 1882 Frankf u r t / M a i n , t 2 9 . 5 . 1 9 3 9 Berlin. Der Sohn eines K a u f m a n n s und Bruder M a x —>E.s war zunächst im Bankfach, dann in Leipzig als Bibliothekar und Buchhändler tätig, bevor er 1902 Mitarbeiter und später Redakteur der Wochenschrift , J u g e n d " wurde, in der er in zahlreichen Humoresken, Satiren, Parodien und Gedichten Zeitgeschehnisse kritisierte. Mit seinen Lustspielen und Novellen sowie der Spitzbubengeschichte Die verhexte Stadt (1922) wurde E. zu einem bekannten Humoristen seiner Zeit. Nach der M a c h t ü b e r n a h m e durch die Nationalsozialisten ohne Publikationsmöglichkeit, lebte er in Egern am Tegernsee und arbeitete in den Jüdischen Kulturbünden RheinMain und Bayern mit. CD Lex dt-jüd Autoren

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Ettlinger E t t l i n g e r , Leopold David, Kunsthistoriker, * 2 0 . 4 . 1913 Königsberg (Ostpreußen), f 4 . 7 . 1 9 8 9 Oakland (Kalifornien, USA). Der Sohn eines Universitätsbibliothekars studierte seit 1932 Archäologie, Philosophie und Kunstgeschichte in Halle und Marburg und wurde 1937 mit Gottfried Semper und die Antike. Beiträge zur Kunstanschauung des deutschen Klassizismus in Halle promoviert. 1938 emigrierte er nach Großbritannien, w o er zeitweise im Hause Fritz —>Saxls lebte, war 1941-48 in B i r m i n g h a m im Schuldienst tätig und wurde 1948 Assistent, 1956 Lecturer am Warburg Institute. 1959 übernahm er als Nachfolger von Ernst H. —> Gombrich die Durning Lawrence-Professur für Kunstgeschichte am University College London und lehrte 1970-80 an der University of California in Berkeley. Zu den bedeutendsten Veröffentlichungen aus seinem Forschungsschwerpunkt, der Kunst der Renaissance in Italien und Nordeuropa, zählen The art of the Renaissance in Northern Europe (1957), The Sistine Chapel before Michelangelo (1965), Botticelli (1977, mit Helen S. E.) und vor allem Antonio and Piero Pollaioulo. Complete edition with a critical catalogue (1978). • 3 Metzler Kunsthistoriker E t t l i n g e r , M a x (Emil), Psychologe, Pädagoge, * 3 1 . 1 . 1877 F r a n k f u r t / M a i n , t 12. 10. 1929 Ebenhausen bei M ü n c h e n . Das Studium der Philosophie absolvierte E., Bruder von Karl - » E., seit 1895 bei K u n o —> Fischer in Heidelberg, später in M ü n c h e n bei Theodor —> Lipps und Georg von —> Hertling. 1899 wurde er promoviert (Zur Grundlegung einer Aesthetik des Rhythmus) und war 1903-07 wissenschaftlicher Redakteur der Zeitschrift „Hochland". 1914 habilitierte sich E. mit der Arbeit Die Ästhetik Martin Deutingers in ihrem Werden, Wesen und Wirken für Philosophie an der Univ. München, folgte 1917 einem Ruf als o . P r o f . der Philosophie nach Münster und war dort Mitbegründer des Deutschen Instituts f ü r wissenschaftliche Pädagogik, 1921 dessen wissenschaftlicher Leiter. Er war Mitherausgeber der „Philosophischen Handbibliothek" (seit 1920) und der „Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Pädagogik" (seit 1926). E. veröffentlichte u . a . Leibniz als Geschichtsphilosoph (1921), Geschichte der Philosophie von der Romantik bis zur Gegenwart (1924) und Leitfaden der Tierpsychologie (1927). CD N D B E t t m a y e r v o n A d e l s b u r g , Karl, österr. Romanist, * 2 2 . 7 . 1 8 7 4 Jessenetz (Mähren), t 2 4 . 3 . 1 9 3 8 Wien. Der Sohn eines Offiziers wuchs in Trient auf und begann das Medizinstudium in Innsbruck. Er wandte sich jedoch 1894 d e m Studium der Romanischen Philologie zu, das er in Graz fortsetzte, und war nach der Promotion (1899, veröffentlicht 1902, Lombardisch-ladinisches aus Südtirol, Nachdr. 1995) an der Wiener Universitätsbibliothek tätig. 1903 habilitierte sich E. v. A. in Wien (Bergamaskische Alpenmundarten), folgte 1905 einem Ruf als Prof. nach Freiburg (Schweiz), wurde 1911 o . P r o f . in Innsbruck und lehrte seit 1915 in Wien. Er erforschte insbesondere die lombardischen und bündnerromanischen Mundarten und verfaßte u . a . e ine Analytische Syntax der französischen Sprache mit besonderer Berücksichtigung des Altfranzösischen (2 Bde., 1930-33), ein Werk, das auf den Erkenntnissen der Sprachpsychologie basiert. Seine sprachtheoretische Schrift Das Ganze der Sprache und. seine logische Begründung erschien 1938. CD Lex G r a m m E t t m ü l l e r , Christian Friedrich Benedikt, Mediziner, * 1 5 . 8 . 1 7 7 3 Gersdorf (Oberlausitz), t 12. 8 . 1 8 4 9 Delitzsch. Der Pfarrerssohn erlernte in Torgau die Wundarzneikunst, setzte seine Studien seit 1795 in Wittenberg fort und wurde dort im folgenden Jahr promoviert (De vi vitali et ner-

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vosa una et eadem). Seit 1801 war E. Amts-, Land- und Stadtphysikus in Jüterbog, w o er sich insbesondere der Augenheilkunde und der Blatternschutzimpfung widmete. 1814 ging er in gleicher Funktion nach Delitzsch, erhielt den Titel eines Medizinalrats und starb als emeritierter Kreisphysikus. E. veröffentlichte u . a . Medizinisch-chirurgische Abhandlung über die Krankheiten der Zähne und des Zahnfleisches (1798), Abhandlung über die Krankheiten der Augen (1799), Von den Mitteln, die Gesundheit der Augen zu erhalten (1800, 2 1802) und Von den Krankheiten des Ohres (1802). E t t m ü l l e r , (Ernst Moritz) Ludwig, Pseud. Frauenlob der Jüngere, Literarhistoriker, * 5. 10.1802 Gersdorf bei Löbau (Oberlausitz), t 1 4 . 4 . 1 8 7 7 Unterstraß bei Zürich. Der Pastorensohn studierte 1823-26 in Leipzig zunächst Medizin, wandte sich dann jedoch der deutschen Literatur und Geschichte zu. 1 8 2 7 / 2 8 zum Studium der Slawistik in Prag, ging er 1828 nach Jena, w o er 1831 mit der Arbeit De Nibelungorum fabula ex antiquae religionis decretis illustrando promoviert wurde und im selben Jahr die Venia legendi erhielt. 1831-33 war er Privatdozent für Mittelalterliche Literatur an der Univ. Jena. 1833-63 Prof. für Deutsch, seit 1844 auch f ü r Geschichte am G y m n a s i u m in Zürich, war zugleich als Dozent an der Univ. tätig und wurde dort 1856 zum a. o. Prof. f ü r Altgermanische Sprache und Literatur ernannt. E. edierte und übersetzte zahlreiche altnordische, altsächsische, mittelnieder- und mittelhochdeutsche Dichtungen (u. a. Beowulf 1840; Anglosaxonum poetae atque scriptores prosaici, 1850). 1870 g a b er den von ihm übersetzten und erläuterten Altnordischen Sagenschatz in 9 Büchern heraus. CD I G L E t t m ü l l e r , Michael, Chirurg, Botaniker, * 2 6 . 5 . 1644 Leipzig, t 9· 3· 1683 Leipzig. Nach dem Studium der Medizin in Leipzig und Wittenberg bereiste E. Italien, Frankreich, England und die Niederlande und wurde 1668 promoviert (De chirurgia infusiora). 1679 erfolgte die A u f n a h m e in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. 1676 habilitierte er sich an der Medizinischen Fakultät und wurde 1681 Prof. der Botanik, dann a. o. Prof. der Chirurgie und A n a t o m i e an der Univ. Leipzig. E. vertrat die Grundsätze der von François Sylvius de le B o ë begründeten Chemiatrie. Er war der Vater von Michael Ernst —>E. c d Ärzte 1 E t t m ü l l e r , Michael Ernst, Physiologe, Pathologe, * 2 6 . 8 . 1673 Leipzig, t 2 5 . 9 . 1732 Leipzig. E., Sohn von Michael - > E . , studierte in Leipzig Medizin und begab sich auf eine wissenschaftliche Reise durch Holland und England. 1697 in Leipzig promoviert (De Singultu), wurde er 1702 a . o . P r o f . der Medizin, 1706 der Anatomie und Chirurgie, 1719 o . P r o f . der Physiologie und 1724 der Pathologie an der Univ. Leipzig. 1702 wurde er zum Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. E.s Forschungsschwerpunkte waren die Verdauungs-, Hirn- und Fötalphysiologie. Daneben machte er sich durch die Herausgabe der gesammelten Werke seines Vaters (Opera omnia, 1688; unter dem Titel Opera omnia in compendium redacta, 2 1702; auch Opera medica theoretico-practica, 2 Bde., 1708; 5 Bde., 1734; Neuausg. 4 Bde., 1736) verdient. Zu seinen weiteren Veröffentlichungen zählen Disputatio medica corpus humanum sympatheticum sistens (1701), De ira (1705), De crisi & tumoribus criticis (1717), Diligentiam Hippocratis continuandam commendai (1720), Diagnosis pestis (1722), De mullere tumore abdominis laborante, quae post usum ireos nostratis tumbrios deiceit (1725), De vulnere ventriculi (1730) und De scabie (1731).

Etzen E t t n e r v o n E i t e r i t z , Johann Christoph, auch Etner, Etnerus, Pseud. Der Getreue Eckhart, Mediziner, * 1 6 . 3 . 1 6 5 4 Glogau (Schlesien), t 2 2 . 1 2 . 1724 Breslau. Ε. v. E. studierte seit 1670 in Leipzig und Königsberg, wurde zum Dr. phil., 1674 zum Dr. med. promoviert (De resonitu, vel contrafissura cranii) und war nach Reisen spätestens seit 1682 als Physikus in Gura bei Breslau tätig. Nach Aufenthalten in Thorn und Posen, w o er königlich polnischer Rat und Ober-Physikus war, lebte E. v. E. seit etwa 1689 in Breslau, rückte als Kaiserlicher Rat an die Spitze der schlesischen Ärzte und der Apotheker und wurde 1708 in den böhmischen Ritterstand erhoben. Er veröffentlichte u . a . Arzneimittelmonographien und eine Kompilation alchimistischer Texte. Als populär-medizinischer Schriftsteller zog er u . a . in Des Getreuen Eckharts Medicinischer Maul-Affe oder Der Entlarvte Marckt-Schreyer (1694, erweitert 1719) gegen Kurpfuscherei und Alchimie zu Felde. DP Killy E t z d o r f , Hasso von, Diplomat, * 2 . 3 . 1 9 0 0 Elbing, t 7 . 7 . 1 9 8 9 Eichtling bei Grafing (Oberbayern). Das Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Berlin, Göttingen und Halle Schloß der Sohn eines preuß. Wirklichen Geheimen Rats 1922 mit der Promotion ab, trat 1928 in den Auswärtigen Dienst ein und war zunächst Legationssekretär an der Botschaft in Tokio. 1934 wurde E. persönlicher Sekretär des Reichsaußenministers Konstantin von —> Neurath und ging 1937 an die Botschaft in R o m . 1919-33 war er Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei, seit 1933 der N S D A P und seit 1938 der SA. 1939 rief E. angesichts des geplanten Westfeldzugs in einer Denkschrift die Führung der Wehrmacht zum Sturz —» Hitlers auf. Seit demselben Jahr Vortragender Legationsrat im Auswärtigen Amt, war er 1944 für kurze Zeit Generalkonsul in Genua. 1945-47 interniert und 1947-49 im Büro für Friedensfragen in Stuttgart tätig, trat E. 1950 wieder in das Auswärtige A m t ein und wurde 1953 stellvertretender Leiter der Delegation der Bundesrepublik Deutschland beim Interims-Ausschuß für die Europäische Verteidigungsgemeinschaft in Paris. Seit 1955 stellvertretender Generalsekretär der Westeuropäischen Union, ging E. im folgenden Jahr als Botschafter nach Ottawa, wurde 1958 mit der Leitung der Westabteilung in der Bonner Zentrale betraut und war von 1961 bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand Botschafter in London. ••

Weiß

E t z e l , Carl von, Architekt, Ingenieur, * 6. 1. 1812 Heilbronn, t 2 . 5 . 1865 Kemmeibach (Gem. Neumarkt an der Ybbs). Nach d e m Abbruch des Theologiestudiums in Tübingen besuchte E., Sohn eines württembergischen Oberbaurats, die Stuttgarter Gewerbeschule und begann 1835 eine praktische Ausbildung in Paris als Zeichner und Architekt. Er war Schüler des Ingenieurs Benoît Pierre Emile Clapeyron und erwarb genaue Kenntnisse des Eisenbahnwesens. 1 8 3 6 / 3 7 unternahm E. eine Studienreise nach England, ging 1839 nach Wien, wo er im Auftrag des Staates u. a. verschiedene Hochbauten ausführte, trat 1843 in den württembergischen Staatsdienst ein und war bis 1852 maßgeblich am A u f b a u des Eisenbahnnetzes beteiligt. Anschließend übernahm er als Oberingenieur die Leitung der Bauten der schweizer. Centralbahngesellschaft in Basel, kam dann an die Franz-JosephOrientbahngesellschaft nach Wien, war seit deren Vereinigung mit der Südbahngesellschaft 1859 deren Baudirektor und widmete sich in seinen letzten Lebensjahren seinem größten Werk, dem Bau der Brennerbahn (1864-67), die erst nach seinem Tod fertiggestellt wurde. Z u s a m m e n mit Ludwig Klein gab er die erste deutschsprachige Eisenbahnzeitung heraus. c d NDB

E t z e l , Franz, Jurist, Politiker, * 12.8. 1902 W e s e l / N i e d e r rhein, t 9 . 5 . 1970 Wittlaer (heute zu DüsseldorODer Sohn eines Landwirts und Bauhandwerkers arbeitete zunächst als Bergmann in Sterkrade und studierte dann Rechtswissenschaften in Frankfurt, Münster und München. Nach dem zweiten Staatsexamen arbeitete er als Rechtsanwalt und seit 1939 Notar in Duisburg. 1930-33 war er Jugendführer im Landesverband Niederrhein der Deutschnationalen Volkspartei, nahm am Zweiten Weltkrieg teil und war danach wieder als Rechtsanwalt und Notar in Duisburg tätig. 1946-49 gehörte E. d e m geschäftsführenden Vorstand der C D U Nordrhein und dem Zonenausschuß der C D U in der Britischen Z o n e an; 1947-49 hatte er die Leitung des Wirtschaftspolitischen Ausschussses in der Britischen Z o n e inne. 1949-52 und 1957-65 war er Mitglied des Deutschen Bundestags, 1953-57 Vizepräsident der Montanunion und 1957-61 Bundesminister der Finanzen. 1969 wurde E. persönlich haftender Gesellschafter des Bankhauses Simon in Düsseldorf, später Mitglied des Aufsichtsrats. E. veröffentlichte u . a . Die Ziele der Steuerreform (1959) und Probleme der Finanzpolitik und des Kapitalmarktes (1964). CD K e m p f / M e r z E t z e l , Franz August, Geograph, Militär, * 19.7. 1784 Bremen, t 2 6 . 1 2 . 1850 Berlin. Der Sohn eines Tabakfabrikanten wechselte nach seiner Ausbildung zum Apotheker ins Berg- und Hüttenfach über, studierte bis 1803 in Berlin und setzte seine Studien in Paris bei d e m Chemiker Claude Louis Berthollet fort, wo er u. a. Alexander von - » Humboldt kennenlernte, den er 1805 nach Neapel begleitete. Nach seiner Promotion in Wittenberg war er in der kgl. Porzellanfabrik in Berlin tätig, betrieb 1808-10 eine eigene Apotheke und trat in das Heer ein. 1820 wurde er als Rittmeister in den Großen Generalstab versetzt und war zugleich Lehrer an der Kriegsschule. 1820-28 leitete E. die geodätischen Arbeiten bei der Landesvermessung, übernahm 1832 die Leitung der Geschäfte der optischen Télégraphié und wurde, als Telegraphendirektor und seit 1847 als Generalmajor, mit der Einrichtung der elektrischen Télégraphié betraut. CD Priesdorff, Bd 6 E t z e l , Hermann (Joseph Clemens), Jurist, Politiker, * 2 1 . 6 . 1882 Eisenfelden (Kr. Altötting), t 1 4 . 4 . 1 9 7 8 Bamberg. Das Studium der Philosophie, Rechts- und Staatswissenschaften, Privatwirtschaftslehre und Geographie absolvierte E. an der Univ. M ü n c h e n sowie an den Handelshochschulen in F r a n k f u r t / M a i n und München. 1914 zum Dr. jur. promoviert (Zur Lehre vom Mitbesitz), wurde er nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg Dozent an der Akademischen Abteilung der Handels- und Realschule in Calw. Seit 1919 war er zunächst stellvertretender Direktor, dann Direktor der H a n d w e r k s k a m m e r für München und Oberbayern; 1934 wurde er aus politischen Gründen zwangspensioniert. Seit 1946 war E. Landrat in Bamberg. Als Mitglied der Bayernpartei wurde er 1948 in die Landesleitung aufg e n o m m e n und 1949 zum stellvertretenden Landesvorsitzenden gewählt. 1949-53 gehörte E. dem Deutschen Bundestag an, zunächst für die Bayernpartei, seit 1951 f ü r die Föderalistische Union und seit 1952 als fraktionsloses Mitglied. E. veröffentlichte u. a. Die deutschfeindliche Politik des Preußentums und die Aufgabe der Gegenwart (1949) und Die geschichtliche Stunde Deutschlands (1955). CD M d B

Etzen, Hermann —> H e r m a n n Etzen

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Etzlaub E t z l a u b , Erhard, auch Etzlauher, Ezlaub, Kartograph, Mathematiker, Astronom, Arzt, * um 1455 Erfurt, t J a n u a r / F e b r u a r 1532 Nürnberg. E. studierte vermutlich seit 1468 an der Univ. Erfurt. Er besaß seit 1484 das Nürnberger Bürgerrecht, war dort Lehrer im Schreib- und Rechenamt und stellte Sonnenuhren und Kompasse her. Zu seinen Werken zählt eine für Rompilger angefertigte Karte des R o m w e g s (nach 1492 und vor 1501) als erste Straßenkarte seiner Zeit, auf der die Reiserouten durch Punkte markiert sind, von denen jeder eine deutsche Meile bedeutete. 1511 veröffentlichte E. eine kleine Weltkarte in Zylinder-Projektion. 1515 bezeichnet er sich als Astronom und Leibarzt der Hohen Schule in Erfurt. CD A KL E u b e l , Konrad, Minorit, Kirchenhistoriker, * 19. 1. 1842 Sinning bei N e u b u r g / D o n a u , t 5 . 2 . 1923 Würzburg. E., Sohn eines Gärtners, trat 1864 in den Minoritenorden in Würzburg ein, wurde 1868 zum Priester geweiht und war anschließend in verschiedenen Klöstern seelsorgerisch tätig. Seit 1882 widmete er sich historischen Forschungen, insbesondere der Lokalgeschichte. Als deutscher Pönitentiar an St. Peter in R o m (seit 1887) konnte er die dortigen Archivbestände nutzen. 1898 übernahm E. das A m t des Generaldefinitors des Franziskanerordens. Er veröffentlichte das wichtige Bischofsverzeichnis Hierarchia catholica meda aevi (2 Bde., 1898-1910). m NDB E u c h , Johannes (Theodor Joseph) von, kath. Bischof in Dänemark, * 21. 1. 1834 Meppen, t 17.3. 1922 Kopenhagen. Der Sohn eines Schnapsbrenners studierte kath. Theologie in Münster und Mainz. 1855-59 war er Hauslehrer beim Grafen Stolberg in Westheim. 1860 zum Priester geweiht, wurde er Vikar in Kopenhagen und 1864 Pfarrer in Fredericia. 1869 gründete E. die Missionen in Randers und Odense. 1883 wurde er Domkapitular in Osnabrück, 1884 Apostolischer Präfekt für Dänemark und 1892 Apostolischer Vikar für Dänemark und Island sowie Titularbischof von Anastasiopolis. E., der erste kath. Bischof in Dänemark nach der Reformation, ließ kath. Missionen, Schulen und Hospitäler errichten, bemühte sich, kath. Orden in das Land zu ziehen, und vervielfachte die Zahl der Katholiken und kath. Pfarreien in Dänemark. 1917 wurde er zum Päpstlichen Thronassistenten und 1924 zum K o m m a n d e u r des Danebrog-Ordens ernannt. Q3 N D B E u c k e n , Arnold (Thomas), Physikochemiker, * 3 . 7 . 1884 Jena, t 16.6. 1950 Seebruck (heute Seeon-Seebruck, Oberbayern). Der Sohn Rudolf —» E.s und Bruder Walter —> E.s studierte seit 1902 exakte Naturwissenschaften und Mathematik in Kiel und Jena, wurde 1907 in Berlin promoviert ( Ü b e r stationären Zustand zwischen polarisierten Wasserstoffelektroden). und habilitierte sich 1911. 1915 ging er als o.Prof. der physikalischen C h e m i e nach Breslau und folgte 1930 einem Ruf an die Univ. Göttingen, w o er bis an sein Lebensende wirkte. 1936 wurde E „ seit 1933 Mitglied der N S D A P , in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. Mit seinen seit 1909 durchgeführten Messungen zur Wärmekapazität von Festkörpern und Gasen bei tiefen Temperaturen lieferte er wichtige Erkenntnisse über die Gültigkeit des Nernstschen Wärmesatzes. E. untersuchte ferner die Wärmeleitfähigkeit in Gasen und Festkörpern, die Schwingungen der Moleküle sowie elektrochemische Probleme. Er veröffentlichte u. a. Energie- und Waermeinhalt (1929), Lehrbuch der chemischen Physik (= 3. Auflage des Grundrisses der physikalischen Chemie, 2 Bde., 1930, 3 1948) und Physikalisch-chemische Betrachtungen Uber die früheste Entwicklungsgeschichte der Erde (1944). E. starb durch Selbstmord. m NDB

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E u c k e n , Rudolf (Christoph), Philosoph, * 5. 1.1846 Aurich (Ostfriesland), t 1 5 . 9 . 1 9 2 6 Jena. Der Sohn eines Postmeisters studierte seit 1863 Philosophie und Klassische Philologie bei Rudolf Hermann —» Lotze und Gustav —>Teichmüller in Göttingen und Berlin, wurde 1866 mit einer Arbeit über Aristoteles promoviert und war seit 1867 Gymnasiallehrer in H u s u m , Berlin und F r a n k f u r t / Main. 1871 wurde er Ordinarius für Philosophie und Pädagogik in Basel und ging 1874 nach Jena, wo er bis zu seiner Emeritierung 1920 in hohem Ansehen wirkte. Für seine zahlreichen Schriften zur Philosophie der idealen Weltanschauung wurde E. 1908 mit d e m Nobelpreis f ü r Literatur ausgezeichnet. Er vertrat einen sozialethisch verstandenen, neufichteanischen „neuen Idealismus", den er „schöpferischen Aktivismus" nannte, und forderte ein auf substantielle Einheit ausgerichtetes, ethisch verwurzeltes Geistesleben, dessen absolute F o r m er im Göttlichen sah (vor allem in den Grundlinien einer neuen Lebensanschauung, 1907; 2. veränderte Aufl. 1913). Auf seine Anregung hin wurde 1918 die Luther-Gesellschaft gegründet, deren erster Präsident er war. Zu seinen Veröffentlichungen zählen u . a . Geschichte und Kritik der Grundbegriffe der Gegenwart ( 1878; ab 3. Aufl., 1904, unter d e m Titel Geistige Strömungen der Gegenwart, 6 1928), Geschichte der philosophischen Terminologie (1879, Nachdr. 1964), Die Einheit des Geisteslebens in Bewusstsein und That der Menschheit (1888, : I 9 2 5 ) , Die Lebensanschauungen der großen Denker. Eine Entwicklungsgeschichte des Lebensproblems der Menschheit von Plato bis zur Gegenwart (1890, 2 0 1950) und Mensch und Welt. Eine Philosophie des Lebens (1918). Seine Lebenserinnerungen erschienen 1921 ( 2 1922). E. war der Vater von Arnold und Walter E. t u Ostfriesland, Bd 1 E u c k e n , Walter (Kurt Heinrich), Nationalökonom, * 17.1. 1891 Jena, t 2 0 . 3 . 1 9 5 0 London. E., Sohn des Professors f ü r Philosophie und Nobelpreisträgers für Literatur (1908), Rudolf —»E., studierte Nationalökonomie, Geschichte und Rechtswissenschaft in Kiel, Jena und Bonn und wurde 1913 in Bonn promoviert. 1921 habilitierte er sich an der Univ. Berlin. Dort verblieb er als Privatdozent, bis er 1925 eine Professur für Nationalökonomie in Tübingen übernahm. 1927 folgte er einem Ruf auf den nationalökonomischen Lehrstuhl von Goetz —> Briefs in Freiburg, den er bis zu seinem Tod innehatte. Zur Zeit, da E. studierte, war an den deutschen Universitäten die jüngere historische Schule der Nationalökonomie etabliert. Insbesondere durch den Einfluß von Heinrich —»Dietzel gewann E. schon früh eine kritische Einstellung zur M e t h o d e dieser Schule, was sich vor allem in seinem Werk Kapitaltheoretische Untersuchungen (1934) zeigte. Dieser Schrift ist eine längere Einleitung vorangestellt, in der sich E. mit der Frage auseinandersetzt, was die nationalökonomische Theorie zu leisten vermag; sie ist als Vorarbeit zu seinem ersten, 1940 erschienenen Hauptwerk Die Grundlagen der Nationalökonomie zu verstehen. In ihm beschäftigt sich E. zunächst mit dem Spannungsverhältnis von Geschichte und Theorie und arbeitet die nach seiner Ansicht zentrale Frage heraus, wie die Lenkung des arbeitsteiligen Gesamtprozesses erfolgen kann: D a f ü r sei eine Wirtschaftsordnung unerläßlich, für die er seine Theorie der Ordnungsformen entfaltet. Die wirtschaftspolitischen Konsequenzen zieht E. in seinem zweiten, postum herausgegebenen Hauptwerk Grundsätze der Wirtschaftspolitik. Aufgrund

Eugen seiner Vorstellung von der Interdependenz der Wirtschaftsordnung mit allen anderen Lebensordnungen tritt er für eine „Verkehrswirtschaft" in der Form einer Wettbewerbsordnung ein und benennt sowohl die „konstituierenden Prinzipien" der Wirtschaftspolitik, durch deren Beachtung eine solche Wettbewerbsordnung etabliert werden kann, als auch die „regulierenden Prinzipien", die dann Bedeutung erlangen, wenn es darum geht, in einer bestehenden Wettbewerbsordnung Mängel zu beseitigen und Fehlentwicklungen zu verhindern. E. war neben Franz —»Böhm und Hans —> Großmann-Doerth der führende Kopf der sogenannten „Freiburger Schule" der Nationalökonomie. WEITERE WERKE: Das ordnungspolitische Problem. In: ORDO. Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft 1 (1948) S. 56-90. - Die Wettbewerbsordnung und ihre Verwirklichung. In: ORDO 2 (1949) S. 1-99. - Unser Zeitalter der Mißerfolge. Fünf Vorträge zur Wirtschaftspolitik. Tübingen 1951. LITERATUR: Terence Willmos Hutchison: W. E. and the German Social-Market Economy. In: Ders. (Hrsg.): The Politics and Philosophy of Economics. Marxians, Keynesians and Austrians. New York/London 1981, S. 155-175. - Heinz Georg Grossekettler: Der Beitrag der Freiburger Schule zur Theorie der Gestaltung von Wirtschaftssystemen. Münster 1987. - Helmut Gröner: Gerechtigkeitsvorstellungen bei W. E. und K. P. Hensel. In: Gernot Gutmann/Alfred Schüller (Hrsg.): Ethik und Ordnungsfragen der Wirtschaft. Baden-Baden 1989, S. 309-321. - Hans Günter Krüsselberg: Zur Interdependenz von Wirtschaftsordnung und Gesellschaftsordnung: E.s Plädoyer für ein umfassendes Denken in Ordnungen. In: ORDO 40 (1989) S. 223-243. Hans Otto Lenel: W. E. (1981-1950). In: Joachim Starbatty (Hrsg.): Klassiker des ökonomischen Denkens. Bd. 2. München 1989, S. 292-311. - Peter Oberender: Der Einfluß ordnungstheoretischer Prinzipien W. E.s auf die deutsche Wirtschaftspolitik nach dem Zweiten Weltkrieg: Eine ordnungspolitische Analyse. In: ORDO 40 (1989) S. 3 2 1 - 3 5 0 . Walter Eucken Institut Freiburg im Breisgau (Hrsg.): Ordnung in Freiheit. Symposium aus Anlaß des 100. Jahrestages des Geburtstages von W. E. am 17. Januar 1991. Tübingen 1992. - Lüder Gerken (Hrsg.): W. E. und sein Werk. Rückblick auf den Vordenker der sozialen Marktwirtschaft. Tübingen 2001. Gemot Gutmann E u c k e n - A d d e n h a u s e n , Georg (Udo Viktor) von, Diplomat, Politiker, * 29.7.1855 Aurich (Ostfriesland), t 1.5.1942 Aurich. E.-A., Sohn eines hannoverschen Rittmeisters, studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Marburg, München, Tübingen und Straßburg, wurde 1879 in Jena zum Dr. jur. promoviert und arbeitete dann in der Kommunalverwaltung. Seit 1881 Bürgermeister von Jena, wurde E.-A. 1885 Oberbürgermeister von Eisenach, 1893 zudem Bezirksdirektor und war 1894-1902 Abgeordneter und zeitweilig Vizepräsident des weimarischen Landtags. Seit 1902 Vortragender Rat im Reichsamt des Innern, wechselte er 1905 in den oldenburgischen Staatsdienst und wurde Gesandter in Preußen sowie ständiger Bundesratsbevollmächtigten in Berlin und mit der Vertretung für Anhalt, Lippe und Schaumburg-Lippe betraut. Nach zweijährigem Kriegsdienst nahm E.-A. 1916 sein Amt wieder auf. 1932 veröffentlichte er Politische Lebenswanderung mit Großherzog Friedrich August von Oldenburg. c d Oldenburg E u g e n , Erzherzog von Österreich, österr. Militär, * 21.5. 1863 Groß-Seelowitz (Mähren), t 30.12.1954 Meran. Der Sohn Erzherzog Karl Ferdinands und Enkel Erzherzog Karls trat 1877 als Leutnant in die Armee ein und

wurde Feldmarschall und Chef eines Hoch- und Deutschmeister Infanterieregiments in Wien. Seit 1908 Generalinspektor und Landesverteidigungskommandant in Tirol, schied er 1912 aus der Armee aus und widmete sich der Verwaltung des Deutschen Ritterordens, als dessen Hoch- und Deutschmeister er 1894-1923 amtierte. Während des Ersten Weltkriegs war E. Oberbefehlshaber der gegen Italien kämpfenden Truppen und wurde 1916 Feldmarschall. Nach dem Krieg lebte E. zunächst in Basel und kehrte 1934 nach Österreich zurück. DP NDB E u g e n , Prinz von Savoven, österr. Heerführer, Staatsmann, * 18. 10.1663 Paris, t 21.4. 1736 Wien. Auf väterlicher wie auf mütterlicher Seite entstammte E., das fünfte von sieben Kindern aus der Ehe zwischen dem aus Savoyen stammenden Grafen Eugen Moritz von Soissons und Olympia Mancini, dem westeuropäischen Hochadel. Zu seinen Vorfahren und Verwandten gehörte nicht nur Philipp II. von Spanien, sondern auch Kardinal Mazarin. Trotzdem verlief die Karriere des hochbegabten und ambitionierten jungen Adligen, der in Paris aufwuchs, alles andere als glatt. Im Alter von zehn Jahren verlor er seinen Vater. Seine Mutter widmete sich mehr dem Leben am Hofe Ludwigs XIV. als der Erziehung ihrer Kinder. Als sie sich in Skandale verwickelte, mußte sie 1680 aus Frankreich fliehen. E. plante wie sein Vater eine militärische Karriere. Ludwig XIV. wollte aus ihm freilich einen Geistlichen machen. Als sich E. trotzdem um Aufnahme in das französische Heer bemühte, wurde er vom König brüsk abgewiesen. Diese Demütigung hat E. nie vergessen. Enttäuscht und verbittert verließ er Frankreich, durchquerte das Reich und bot, wie schon vor ihm sein älterer Bruder Ludwig Julius, seine Dienste Kaiser —> Leopold I. an. Der Augenblick hätte nicht günstiger sein können. Zwar wurde E. nicht an die Spitze des Dragonerregiments seines Bruders gestellt, der kurz zuvor im Kampf gegen die Türken gefallen war. Er konnte sich aber dem Heer des Herzogs —»Karl von Lothringen anschließen, kurz bevor die Schlacht am Kahlenberg Wien von der türkischen Belagerung befreite. Mit dieser Erfahrung hatte das Leben des ehrgeizigen Prinzen seine Bestimmung gefunden. Auch von der Nachwelt sind die Verdienste E.s zuerst und vor allem mit dem erfolgreichen Kampf gegen die Türken in Verbindung gebracht worden, die seit dem frühen 16. Jh. immer wieder das Reich der Habsburger bedroht hatten, die sich nach den vernichtenden Niederlagen im späten 17. und im frühen 18. Jh., die ihnen von den von E. geführten Heeren zugefügt wurden, aber endgültig aus Mitteleuropa zurückziehen mußten. Die militärischen Erfolge E.s haben somit die Herrschaft der Habsburger im Südosten Europas bis hin zum Ersten Weltkrieg begründet. Seine steile militärische Karriere begann 1683, als er zum Obersten eines Dragonerregiments ernannt wurde. Schon nach wenigen Jahren, 1688, wurde er zum FeldmarschallLeutnant befördert und erhielt 1690 das Kommando über ein Korps. 1697 wurde ihm im Alter von 34 Jahren der Oberbefehl über die gesamten österr. Heere übertragen, die im Kampf gegen die Türken eingesetzt wurden. Kein anderer österr. Heerführer besaß nach Ansicht des Kaisers so viel Übersicht, so viel taktisches Geschick, so viel Entschlußkraft, so viel Courage wie er. Keine andere Entscheidung des Kaisers sollte sich binnen weniger Jahre so sehr als ein Glücksgriff erweisen. Bereits 1697 errangen die un-

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Eugen ter seinem Befehl stehenden Heere bei Zenta einen großen Sieg über ein zahlenmäßig überlegenes osmanisches Heer, in dessen Folge ganz Ungarn und auch Siebenbürgen erobert werden konnten. Im Frieden von Carlowitz 1699 sicherten sich die Habsburger die Herrschaft über diese Länder; Budapest wurde zur zweiten Hauptstadt der Habsburger, die bis 1918 die Stephanskrone trugen. Als das Osmanische Reich 1716 Venedig angriff und Wien sich entschloß, die Republik am Lido zu unterstützen, war es wiederum E., der die kaiserliche A r m e e mit der Eroberung von Belgrad zum Sieg führte. Im Frieden von Passarowitz 1718 konnte die österr. Herrschaft auf d e m Balkan u m den Norden von Serbien und das Banat erweitert wurden. E., der sich ganz in den Dienst der Habsburger gestellt hatte und dessen militärisches Genie bald in ganz Europa bekannt war, wurde von den Kaisern Leopold I., —»Joseph I. und —> Karl VI. auch bei militärischen Auseinandersetzungen im Westen und Süden eingesetzt. Mit d e m Sieg 1701 über eine spanische A r m e e in Norditalien legte er das Fundament für die Allianz zwischen Österreich, den Niederlanden und England im Spanischen Erbfolgekrieg. Drei Jahre später errang er bei Höchstädt einen wichtigen Sieg über Frankreich und das mit diesem verbündete Bayern. Nach weiteren Siegen in Oberitalien (1706), gemeinsam mit Marlborough 1708 und 1709 in den Niederlanden (Malplaquet) über die Franzosen war E. auch entscheidend an den Friedensverhandlungen beteiligt, die 1 7 1 3 / 1 4 zur Beendigung des Spanischen Erbfolgekriegs führten. Als Hofkriegsratspräsident (seit 1703) gehörte er zum innersten politischen Führungszirkel des Habsburgerreiches. Die Fortüne, die ihn so oft auszeichnete, besaß er als Staatsmann freilich nicht in gleicher Weise. Im komplizierten Spiel der Diplomatie des absolutistischen Zeitalters zeigte er nicht die gleiche Intuition, nicht das gleiche A u g e n m a ß wie bei militärischen Auseinandersetzungen. Z w a r beurteilte er die Machtverhältnisse in Europa klar und wußte auch die Chancen der Krone, der er diente, in der Regel richtig einzuschätzen. Den von ihm errungenen militärischen Siegen entsprechen jedenfalls keine politischen R e f o r m e n , durch die die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse in den habsburgischen Ländern auf Dauer verbessert und die neuerworbenen Territorien in den Staatsverband integriert worden wären. Erst Kaiserin —> Maria Theresia, die wenige Jahre nach d e m Tod E.s ihre Herrschaft antrat, setzte ein umfassendes innenpolitisches R e f o r m p r o g r a m m in Gang. Wenn E. als Politiker und Staatsmann nicht im gleichen M a ß e reüssierte wie als Heerführer und Militär, so mag das auch daran gelegen haben, daß sich zwischen ihm und Kaiser Karl VI. nach 1711 nicht das gleiche Vertrauensverhältnis entwickelte, wie es mit den Kaisern Leopold I. und Joseph I. bestanden hatte. Die politischen Verdienste E.s dürfen jedoch nicht gering eingeschätzt werden. Auf eine ideale Weise verstand er es, militärische Notwendigkeiten und politische Möglichkeiten miteinander abzustimmen. Als seine Kräfte in den zwanziger Jahren des 18.Jh. nachließen, hatte er erreicht, was 1683 niemand vorauszusehen gewagt hatte: Österreich war zur vierten europäischen Großmacht neben Frankreich, England und Rußland aufgestiegen. Auch im geistigen Leben seiner Zeit hat sich E. bleibende Verdienste erworben. Er verkehrte mit den geistigen Größen der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Mit Sachverstand sammelte er Werke der Kunst und Literatur. Mit dem von Fischer von Erlach und Lukas —» Hildebrandt in seinem Auftrag gestalteten Barockschloß Belvedere hinterließ er in Wien ein architektonisches Denkmal, das auch nach fast drei Jahrhunderten nichts von seinem Reiz verloren hat. Der von den Zeitgenossen zur Legende verklärte Besieger der Türken hat nie geheiratet. In religiösen Dingen war er tolerant und stand den Jansenisten näher als den Jesuiten. Seine Unbe-

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stechlichkeit und sein M u t fanden einen bleibenden Ausdruck in dem schon in seiner Zeit populären Ausdruck vom Prinzen E. als dem „edlen Ritter". In der neueren europäischen Geschichte gehört E. in die erste Reihe der großen Heerführer, vergleichbar —> Wallenstein, —> Friedrich dem Großen, der ihn verehrte, Napoleon, dem älteren —>Moltke. Er verstand es, militärische Situationen blitzschnell zu erfassen und Entscheidungen zu treffen. Weil er sich in den Schlachten unter seinen Soldaten aufhielt, wurde er oft verwundet. Nach großen Siegen verlor er nicht das Maß. Umsichtige Vorbereitung verband er mit dem Willen zum Sieg. Von manchen Zeitgenossen wurde er als Hasardeur kritisiert, weil er zu viele Soldaten opferte, um strategische Ziele zu erreichen; stets aber besaß er das uneingeschränkte Vertrauen seiner Soldaten. Militärische Schriften hat E. nicht hinterlassen; z u m Lehrmeister der Kriegskunst wurde er durch seine Taten. Obgleich ihm als Heerführer „historische G r ö ß e " eignete, ist er doch unverwechselbar eine Figur aus d e m Zeitalter des Absolutismus und des Barock, dessen Verdienste nach dem Zerfall des Habsburgerreiches als Teil einer fernen Vergangenheit anzusehen sind. LITERATUR: Max Braubach: Prinz E. v. S. Eine Biographie. 5 Bde., M ü n c h e n / W i e n 1963-65. - Max Braubach: Die Geheimdiplomatie des Prinzen E. v. S. K ö l n / O p l a d e n 1962. Johannes Kunisch (Hrsg.): Prinz E. v. S. und seine Zeit. Freiburg/Breisgau, Würzburg 1986. - Karl Gutkas (Hrsg.): Prinz E. und das barocke Österreich. Salzburg u . a . 1985. Silke

Lehmann

Eugen

Friedrich Karl Paul Ludwig, Herzog von Württemberg, Militär, * 8 . 1 . 1788 Oels (Schlesien), t 18.9. 1857 Carlsruhe (Schlesien). Der N e f f e der russischen Kaiserin —> Maria Feodorowna und des württembergischen Königs Friedrich I. kam 1801 nach St. Petersburg, trat in russische Dienste und nahm als Oberst am Kampf gegen Napoleon teil. Seit 1812 Divisio n s k o m m a n d e u r der Westarmee, wurde er nach d e m Sieg von Smolensk Generalleutnant und beteiligte sich an den Befreiungskriegen. E. kehrte als General der Infanterie nach St. Petersburg zurück und erhielt 1828 das K o m m a n d o über ein Armeekorps im Russisch-Türkischen Krieg. Nach seinem Abschied veröffentlichte er neben militärischen und historischen Schriften eigene Kompositionen. E u g l i n g , Max, österr. Hygieniker, * 1 . 1 . 1 8 8 0 Feldkirch (Vorarlberg), t 2 3 . 6 . 1950 Wien. Nach d e m Studium der Physik und C h e m i e in Innsbruck und Graz (1904 Dr. phil.) war E. bis 1907 Assistent am Physiologischen Institut in Innsbruck und wurde zum Dr. med. promoviert, bevor er im selben Jahr als Assistent in das Hygienische Institut der Wiener Univ. eintrat. Während des Ersten Weltkriegs bemühte sich E. um die B e k ä m p f u n g verschiedener Seuchen, insbesondere der Malaria in Rußland. 1920 habilitierte er sich in Wien f ü r Hygiene, wurde 1923 zum tit. a. o., 1928 a. o. Prof. ernannt und stand seit 1937 dem Hygiene-Institut der Univ. vor. 1941 wurde er Mitglied der N S D A P . E. entwickelte eine neue Methode zur Überprüfung der Filterwirkung des Bodens, die zur Untersuchung der Verunreinigung von Quellwässern diente, und veröffentlichte u . a . Malariabekämpfung (1921), Grundzüge der Hygiene für Mediziner, Pharmazeuten und Ärzte (1925, 2 1929) und Über die Biologie des Wiener Hochquellenwassers (1931). m Ärzte 2, 3 E u g s t e r , Jakob, schweizer. Mediziner, * 2 0 . 8 . 1891 Hundwil, t 17.2. 1974 Muri bei Bern. E., Sohn von Howard - > E.-Züst, studierte Medizin in Genf, Bern, Zürich, wurde 1920 promoviert (Zur Psychologie des Vertragsbruches), war seit 1922 Landarzt in Roggwil und habilitierte sich 1936 in Zürich mit der Arbeit Zur Erblichkeitsfrage der endemischen Struma. Genetische Untersuchungen

Eulenburg Uber die Ursachen des Kropfes (3 Tie., 1934-36). Seit 1937 Privatdozent für Geomedizin an der Univ. Zürich, wurde er 1950 zum Titularprofessor ernannt. E. arbeitete zunächst vor allem über die Vererbung und Prophylaxe des endemischen Kropfs, später zusammen mit Victor - » H e s s über die kosmische Strahlung und ihre biologische Wirkung. E. veröffentlichte u. a. Zur Untersuchungstechnik der biologischen Wirkung der kosmischen Strahlung (1951), Weltraumstrahlung. Der heutige Stand der biologischen Erforschung der kosmischen Strahlung in großen Höhen und Erdtiefen auf Grund neuester Untersuchungsmethoden (1955), Sterne strahlen dich an. Allgemeinverständliche Darstellung der Weltraum- oder Sternenstrahlung (1957) und Die Forschung nach außerirdischem Leben. Wissenschaftliche Grundlagen zu einer Kosmobiologie (1969). DD H L S E u g s t e r - Z ü s t , Howard, schweizer, reformierter Theologe, Politiker, * 14. 11. 1861 N e w York, f 18.4. 1932 Speicher (Kt. Appenzell Außerrhoden). In den U S A aufgewachsen, studierte E.-Z., Sohn eines Kaufmanns, Theologie in Bern, Basel, Neuenburg und Berlin und wurde 1887 ordiniert. 1887-1908 Pfarrer in Hundwil, setzte er sich für die appenzellischen Weber ein, wurde 1900 Kantonsrat und gründete den Appenzeller Weberverband, dem er seit 1908 als Präsident vorstand. E.-Z. leitete 1903-13 den Schweizer Textilarbeiterverband, wurde 1908 in den Nationalrat gewählt und war seit 1913 Mitglied des Regierungsrats. Er war einer der bedeutendsten schweizer. Vertreter des religiösen Sozialismus und ein Vorkämpfer der Gewerkschaftsbewegung. E.-Z. war der Vater von Jakob E. e n BBKL E u l e , Carl (Diedrich), Musikdirektor, Komponist, * 6 . 5 . 1 7 8 3 Hamburg, t 3 0 . 8 . 1 8 2 7 Hamburg. Der Sohn Gottfried —>E.s wandte sich früh musikalischen Studien zu, trat bereits mit sechzehn Jahren als Komponist hervor und wurde schließlich Musikdirektor des Hamburger Theaters, wo er bis zu seinem Tod wirkte. Neben Klavierund K a m m e r m u s i k schrieb E. eine Reihe von Operetten, darunter Die verliebten Werber ( 1797) und Der Unsichtbare. E u l e , Gottfried, Schauspieler, Sänger, * 1754 Dresden, t 2 6 . 6 . 1826 Eppendorf (heute zu Hamburg). E. begann seine Bühnenlaufbahn 1774, trat 1778 in kleineren Rollen am mecklenburg-strelitzschen Hoftheater auf und wurde im folgenden Jahr Mitglied der Kesseischen Gesellschaft, mit der er zunächst in Schleswig-Holstein, 1780 in Hannover, Hildesheim und Clausthal auftrat. 1781 erhielt er ein Engagement an Hamburger Theater, dem er, zuletzt als Mitdirektor, bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand 1812 angehörte. E., vor allem als Komiker erfolgreich, war der Vater von Carl —> E. E u l e n b e r g , Herbert, Pseud. Siebenkäs, Schriftsteller, * 25. 1.1876 M ü l h e i m (heute zu Köln), t 4 . 9 . 1 9 4 9 Kaiserswerth (heute zu Düsseldorf). Der Sohn eines rheinischen Maschinenindustriellen studierte Rechtswissenschaften in Berlin, München und Bonn, wurde in Leipzig zum Dr. jur. promoviert und war anschließend drei Jahre lang als Gerichtsreferendar in Köln und Opladen tätig, bevor er sich dem Theater zuwandte. Seit 1901 Dramaturg am Berliner Theater, war E. seit 1902 in gleicher Funktion bei Luise —» Dumont am Düsseldorfer Schauspielhaus tätig und arbeitete an der Theaterzeitschrift „ M a s k e n " mit. Als freier Schriftsteller verfaßte er etwa hundert, teils neuromantische Bühnenstücke, darunter das Märchenstück Ritter Blaubart (1906) und die Komödien Alles um Liebe (1910) und Alles um Geld (1911). Aus den „Morgenfeiern" des Düsseldorfer Schauspielhauses gingen die Schattenbilder. Eine Fibel für Kulturbedürftige in Deutschland (1910,

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1927), biographische ten, hervor. Seit 1933 und schrieb nach 1945 und „Die Weltbühne". Leben erschien 1948.

Skizzen bedeutender Persönlichkeiveröffentlichte E. unter P s e u d o n y m u . a . für die Zeitschriften „ A u f b a u " Seine Autobiographie So war mein CD Killy

E u l e n b e r g , Hermann, Gerichtsmediziner, * 2 0 . 7 . 1814 Mülheim (heute zu Köln), t 3. 10. 1902 Bonn. E. studierte in Bonn und Berlin Medizin, setzte sein Studium in Wien, London und Paris fort und wurde 1836 promoviert (Ueber Tela elastica). Er ließ sich als praktischer Arzt in Lennep nieder, ging 1848 als Kreisphysikus nach Bonn und war als Privatdozent für gerichtliche Medizin und Arzneimittellehre an der Univ. tätig. Seit 1850 Kreisphysikus und Medizinalrat am rheinischen Provinzial-Medizinal-Kollegium in Koblenz, wurde E. 1860 in Köln zum RegierungsMedizinalrat, 1870 zum Vortragenden Rat im Kultusministerium ernannt und wirkte dort bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand 1890. 1853 war er Mitbegründer des „Korrespondenzblattes für Psychiatrie und gerichtliche Psychologie", seit 1855 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. E. veröffentlichte u . a . Ueber die Wuthkrankheit beim Menschen (1863), Lehre von den schädlichen und giftigen Gasen ( 1865), Handbuch der Gewerbe-Hygiene auf experimenteller Grundlage (1876), Handbuch des öffentlichen Gesundheitswesens (1881) und Schulgesundheitslehre (mit Theodor Bach, 1889-91, 2 1896-99). CD Ärzte 1 E u l e n b r u c h , Maria, verh. Hasemeier-Eulenbruch, Bildhauerin, Keramikerin, Zeichnerin, * 2 1 . 3 . 1 8 9 9 Kelberg/ Eifel, t 7. 12. 1972 Raeren (Belgien). E. studierte 1917-24 an der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule in Köln und war 1924-27 Meisterschülerin von Dorkas Reinacher-Härlin. Seit 1927 leitete sie die Keramikklasse der Kunstgewerbeschule in Aachen. Bekannt wurde E. durch ihre Mutter Gottes (1927) in der Kapelle der Burg Rothenfels. 1934 ließ sie sich in Kontich bei Antwerpen, nach 1945 in Raeren (Belgien) nieder. E. zählt zu den herausragendsten Künstlerinnen der deutschen Plastik zwischen Spätexpressionismus und Neuer Sachlichkeit, die in ihren meist unglasierten Terrakotten auf die christliche Ikonographie zurückgreift. Zu ihren Arbeiten gehört die monumentale Kreuzigungsgruppe in der Esslinger Südkirche, t u AKL E u l e n b u r g , Albert, Psychiater, * 1 0 . 8 . 1 8 4 0 Berlin, t 3 . 7 . 1917 Berlin. Der Sohn Michael Moritz —>E.s und Bruder Ernst —>E.s absolvierte das Studium der Medizin in Berlin, Bonn und Zürich, wurde 1861 promoviert (De argumentis irritabilitatis muscularis recentioribus) und war Assistenzarzt am Universitätskrankenhaus Greifswald sowie an der Universitätspoliklinik seiner Heimatstadt. 1864 habilitierte sich E. mit der Arbeit Die Geschichte der Behandlung des Hüftwehes. E. nahm als Arzt an den Feldzügen von 1866 und 1 8 7 0 / 7 1 teil und war 1873-82 o . P r o f . der Pharmakologie in Greifswald. Er gab diese Professur auf, um sich in Berlin ganz der Herausgabe der Real-Encyklopädie der gesammten Heilkunde (15 Bde., 1880-83; 4., gänzlich umgearb. Aufl., 1907-10) widmen zu können. E. errichtete dort eine Poliklinik für Nervenkranke und lehrte als a. o. Prof. der Nervenheilkunde an der Universität. Er veröffentlichte u. a. Die hypodermatische Injection der Arzneimittel (1865, 3 1875), Lehrbuch der functionellen Nervenkrankheiten auf physioloigscher Basis (1871, 2 1878), Sexuale Neuropathie (1895) und Sadismus und Masochismus (1902). • • NDB E u l e n b u r g , August Ludwig Traugott Graf zu, Militär, * 2 2 . 1 0 . 1838 Königsberg, t 16.6. 1921 Berlin. Der Sohn von Botho Heinrich zu —¥ E. und Bruder von Botho Wend August zu —»E., trat in das preuß. Militär ein, wurde Offizier und begleitete seinen O h e i m Friedrich zu

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Eulenburg - » E . auf dessen Ostasien-Expedition zur A n k n ü p f u n g von Handelsverträgen mit Japan, China und Siam. In den Kriegen 1866 und 1870/71 war er persönlicher Adjutant des Kronprinzen Friedrich Wilhelm, 1868-83 dessen Kammerherr und Hofmarschall. Seit 1883 Oberzeremonienmeister, wurde E. 1890 Oberhofmarschall, wirkte 1907-13 als Hausminister und vertrat am Hof die konservativ-agrarischen Interessen. 1894 vermittelte E. die äußere Versöhnung zwischen Kaiser —» Wilhelm II. und - » B i s m a r c k . DD N D B E u l e n b u r g , Botho Heinrich Graf zu, Beamter, * 2 7 . 1 2 . 1 8 0 4 Königsberg, t 17.4. 1879 Berlin. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften (seit 1824) an der Univ. Königsberg war E. kurze Zeit an dem dortigen Kommerz- und Admiralitätskolleg tätig und widmete sich anschließend der Bewirtschaftung seines Gutes Wicken. 1835 wurde er zum Landrat des Kreises Friedland sowie zum Abgeordneten des ostpreußischen Provinziallandtags gewählt. 1843 zunächst Leiter der Abteilung des Innern bei der Regierung in Königsberg, war er 1 8 4 9 / 5 0 preuß. Kommissar bei der Schleswiger Regierung und 1850-74 Regierungspräsident in Marienwerder. 1874 erfolgte seine Ernennung zum Direktor der preuß. Staatsschuldenverwaltung in Berlin. 1849 gehörte E. der preuß. Ersten Kammer, 1855-58 dem Abgeordnetenhaus an und wurde 1866 Mitglied des Herrenhauses. Er war der Vater von August und Botho Wend August zu —» E. DP N D B E u l e n b u r g , Botho Wend August Graf zu, Staatsmann, * 31.7. 1831 Berlin, t 5. 11. 1912 Berlin. Der Bruder von August Ludwig Traugott zu —> E. trat nach dem juristischen Studium in Königsberg und Bonn in den preuß. Verwaltungsdienst ein, kam an das Innenministerium und wurde 1869 Regierungspräsident in Wiesbaden, 1872 Bezirkspräsident in Metz, im folgenden Jahr Oberpräsident von Hannover und 1878 als Nachfolger seines Onkels Friedrich zu —>E. preuß. Innenminister. E. hatte maßgeblichen Einfluß auf die Ausarbeitung des Sozialistengesetzes (1878) sowie auf die Weiterführung der Verwaltungsreform, geriet hierbei in Gegensatz zu —» Bismarck und mußte 1881 zurücktreten. Danach Oberpräsident von Hessen-Nassau, übernahm er 1892 als Nachfolger —»Caprivis das Amt des preuß. Ministerpräsidenten, im August desselben Jahres auch das des preuß. Innenministers und versuchte, die Unterdrückung der sozialdemokratischen Bewegung fortzuführen. Nach dem Scheitern der Umsturzvorlage wurde E. 1894 zusammen mit Caprivi entlassen. Seit 1899 war er Mitglied des Herrenhauses. CD N D B E u l e n b u r g , Ernst (Emil Alexander), Verleger, * 3 0 . 1 1 . 1 8 4 7 Berlin, f 1 1 . 9 . 1 9 2 6 Leipzig. Der Sohn Michael Moritz —>E.s und Bruder Albert —>E.s studierte am Konservatorium in Leipzig Klavier, Harmonielehre und Komposition. Er wandte sich dem Musikhandel zu, absolvierte eine Lehre bei der Firma Cranz in Hamburg, war bei verschiedenen Firmen in Nürnberg und Wien tätig, gründete 1874 einen eigenen Verlag in Leipzig und spezialisierte sich auf pädagogische und musikwissenschaftliche Literatur. Seit der Übernahme von Albert —» Paynes Kleiner Kammermusik-Partitur-Ausgabe 1892 und Ernest F. Donajowskis Orchester-Partitur-Ausgabe, aus denen die Sammlung E.s kleiner Partitur-Ausgaben entstand, verlegte E. vor allem Orchester-, Kammer- und Chormusik. CD M G G E u l e n b u r g , Franz, Nationalökonom, * 2 9 . 6 . 1 8 6 7 Berlin, t 28. 12.1943 Berlin. Der N e f f e Michael Moritz —>E.s studierte Nationalökonomie, Geschichte und Philosophie an der Berliner Univ., wurde 1892 bei Gustav —» Schmoller zum Dr. phil. promoviert (Über Innungen der Stadt Breslau vom 13. bis

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15. Jahrhundert), ging dann einer kaufmännischen Tätigkeit nach und war 1896-98 wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an den Statistischen Ämtern Berlin und Breslau. 1899 habilitierte er sich in Leipzig, lehrte zunächst als Privatdozent, seit 1905 als a. o . P r o f . und folgte 1917 einem Ruf als o . P r o f . an d i e T H Aachen. Seit 1919 in gleicher Funktion in Kiel tätig, war E. 1921-35 Prof. der Nationalökonomie an der Handelshochschule in Berlin, der er 1 9 2 9 / 3 0 als Rektor vorstand. Er veröffentlichte u. a. Die Frequenz der deutschen Universitäten von ihrer Gründung bis zur Gegenwart (1904, Nachdr. 1994), Der akademische Nachwuchs. Eine Untersuchung über die Lage und die Aufgaben der Extraordinarien und Privatdozenten (1908) und Außenhandel und Außenhandelspolitik (1929). E. starb 1943 in Gestapohaft. m

Hagemann

E u l e n b u r g , Friedrich (Albrecht) Graf zu, Diplomat, Politiker, * 2 9 . 6 . 1 8 1 5 Königsberg, t 2 . 4 . 1881 Berlin. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Königsberg und Berlin trat E., Sohn von Friedrich Leopold Graf zu E. auf Perkuiken, in den preuß. Verwaltungsdienst ein und wurde 1848 Referent im Finanzministerium, 1849 im Innenministerium. 1852 wechselte er in den diplomatischen Dienst über und war als Generalkonsul in Antwerpen und Warschau tätig. 1859-62 leitete E. die preuß. Ostasien-Expedition, bei der es ihm gelang, Handelsverträge mit Japan, China und Siam abzuschließen. Seit seiner Rückkehr Ende 1862 war er Innenminister unter —»Bismarck und bekämpfte im preuß. Verfassungskonflikt die liberale Opposition mit allen Mitteln. Bei seinen Verwaltungsreformen jedoch berücksichtigte E. die liberalen Forderungen, die die Selbstverwaltung stärkten. Nach der Ablehnung seiner R e f o r m der Städte- und Gemeindeordnung durch Bismarck trat E. 1878 zurück. CD Verwaltung E u l e n b u r g , Jonas Kasimir von, Militär, Diplomat, * 6 . 1 . 1614 Johannisburg, t 11.5. 1667 Schönberg (heute Szymbark). Der einer uradligen, ursprünglich obersächsischen Familie entstammende E. war brandenburgischer General und Diplomat. Er galt als einer der Hauptvertreter der, im Gegensatz zu den partikularistischen Interessen des altpreußischen Adels, für einen Gesamtstaat eintretenden hohenzollernschen Partei. E. knüpfte als erster preuß. Gesandter diplomatische Beziehungen zwischen Brandenburg und Rußland. CD Altpreuß Biogr, Bd 1 E u l e n b u r g , Michael Moritz, Orthopäde, * 15.7. 1811 Wriezen, t 7. 12.1887 Berlin. Der aus der Neumark stammende Sohn eines Kaufmanns Schloß das Studium der Medizin in Berlin 1832 mit der Promotion ab (De operationibus bacillo ligatorio perficiendis) und praktizierte als Arzt in seiner Heimatstadt, seit 1840 in Berlin. Bei einem Aufenthalt in Stockholm lernte er die schwedische Heilgymnastik kennen, gründete 1851 ein „Institut für Orthopädie" in Berlin und berichtete in seinen Mitteilungen aus dem Gebiete der schwedischen Heilgymnastik (1854) über eigene Behandlungsmethoden, die in erster Linie aus Gymnastik und Massage bestanden. 1869 wurde E. Geheimer Sanitätsrat. Er veröffentlichte u. a. Kurzgefasstes Handbuch der Akiurgie (1834), Die schwedische HeilGymnastik (1853) und Die seitlichen Rückgratsverkrümmungen (1876). E. war der Vater von Albert und Ernst —>E. m

NDB

E u l e n b u r g u n d H e r t e f e l d , Philipp (Friedrich Karl Alexander Botho) Fürst zu, Graf von Sandels, Diplomat, * 12.2. 1847 Königsberg, t 17.9. 1921 Liebenberg bei Templin. Der Sohn eines kgl. preuß. Kammerherrn und Offiziers und Vetter von Botho Wend August zu —»Eulenburg schlug 1866

Euler eine militärische Laufbahn ein, nahm jedoch bald seinen Abschied und wandte sich 1872 in Leipzig und Straßburg dem Studium der Rechtswissenschaften zu, das er 1875 in Gießen mit der Promotion zum Dr. jur. abschloß. 1877 trat E. u. H. in den diplomatischen Dienst ein, war 1881-88 preuß. Legationssekretär in München, seit 1890 Gesandter in Oldenburg, 1891 in Stuttgart, dann bis 1894 in München und wirkte anschließend bis 1902 als Botschafter in Wien. Infolge seiner engen Freundschaft mit Kaiser —> Wilhelm II., der ihn 1900 in den FUrstenstand erhob, hatte E. u. H. zeitweise bedeutenden politischen Einfluß, ohne jedoch Regierungsämter zu Ubernehmen; ihm kam die Rolle eines Vermittlers zwischen dem Auswärtigen A m t und d e m Monarchen zu. Nach seinem Ausscheiden aus dem diplomatischen Dienst 1903 wurde E. u. H. von Maximilian —» Harden in der politischen Wochenschrift „Die Z u k u n f t " der Homosexualität bezichtigt. Es kam schließlich in der sog. EulenburgAffäre zu einem Prozeß, der wegen E. u. H.s schlechten Gesundheitszustands abgebrochen wurde. E. u. H. zog sich auf sein Gut Liebenberg zurück und war bis zu seinem Tod Hauptmann des adligen Damenstifts Zehdenick. Neben Dramen, Novellen und Gedichten (Skaldengesänge, 1892) veröffentlichte er u. a. Eine Erinnerung an Graf Gobineau (1900); zahlreiche weitere Erinnerungsbücher wurden postum herausgegeben, darunter Aus 50 Jahren. Erinnerungen, Tagebücher und Briefe aus dem Nachlaß des Fürsten Philipp zu Eulenburg-Hertefeld (hrsg. von Johannes Haller, 1923, 2 1925) und Das Ende König Ludwigs II. und andere Erlebnisse (hrsg. von Augusta zu Eulenburg-Hertefeld, 1934). t n BHdAD E u l e n s p i e g e l , Till, * um 1300 Kneitlingen (Braunschweig) (?), t 1350 Mölln. Obgleich nicht nachweisbar, ist es möglich, daß E. aus Kneitlingen stammt, da dieser N a m e um die Mitte des Jahrhunderts als Familienname in Braunschweig bezeugt ist. Über seinen Tod gibt es mehrere voneinander unabhängige Nachrichten. E. wurde Held eines Volksbuches, das auf einer A n f a n g des 16. Jh., wahrscheinlich von Hermann —»Bote in niederdeutscher Sprache verfaßten Kompilation von Geschichten und älteren Schwänken basiert und durch die hochdeutsche Bearbeitung Ein kurzweilig lesen von Dyl Vlenspiegel ( 1 5 1 0 / 1 1 ) verbreitet wurde. In ihm tritt E. als Schelm auf, der den Widerspruch zwischen Schein und Sein aufdeckt. In der deutschen und europäischen Literatur gibt es zahlreiche Eulenspiegel-Dichtungen, darunter Gerhart —» Hauptmanns Epos Des großen Kampffliegers Till Eulenspiegel Abenteuer [...] (1928). CD N D B E u l e n s t e i n , Karl, auch Carl E., Maler, Graphiker, * 2 5 . 8 . 1 8 9 2 Memel, t 2 3 . 6 . 1981 Berlin. Nach einer Kaufmannslehre ohne Abschluß war E. 1914-18 Soldat und studierte anschließend bis 1923 an der Kunstakademie in Königsberg bei Richard —» Pfeiffer und Artur —» Degner. Seit 1926 war er als freischaffender Maler in Berlin tätig. 1951 wurde E. Mitglied im Ring bildender Künstler in Berlin. Sein nur in Bruchstücken erhaltenes Œ u v r e umfaßt Landschaften in Ostpreußen, Fischer- und Bauernszenen.

tn AKL

E u l e r , August (Heinrich), eigentl. A. Reith, Ingenieur, Flugpionier, * 2 0 . 1 1 . 1 8 6 8 Oelde, t 1 . 7 . 1 9 5 7 Feldberg/ Schwarzwald. Nach dem Studium an der T H Aachen war E., Sohn eines K a u f m a n n s , als Ingenieur und K a u f m a n n Auslandsreisender für Industriewerke, arbeitete als Automobilkonstrukteur in Dresden und wurde Direktor der „Peter's Union Pneumatic A G " in F r a n k f u r t / M a i n . Seit 1890 widmete er sich der Verbreitung des Fahrrads. Von 1900 an Automobilist, beteiligte sich E. an ersten Autorennen und wandte sich seit 1908

der Fliegerei zu. In der von ihm im selben Jahr gegründeten Flugzeugfabrik baute er die ersten deutschen Motorflugzeuge. E. erhielt 1910 den ersten deutschen Flugzeugführerschein, wurde als Fluglehrer bekannt und stellte im selben Jahr einen Dauerflugrekord von über drei Stunden auf. Nach d e m Ersten Weltkrieg leitete er bis 1920 das neugegründete Reichsluftamt, schuf die erste Luftverkehrsordnung und erwirkte die Zulassung der ersten Luftverkehrsunternehmen. 1939 veröffentlichte er seine Luftfahrt-Erinnerungen nach 30 Jahren. DP N D B E u l e r , August-Martin, Jurist, Politiker, * 9 . 5 . 1908 Kassel, f 4 . 2 . 1966 Brüssel. Der Sohn eines Lokomotivführers studierte in Marburg, Wien und Göttingen Rechts- und Staatswissenschaften, war 1936-39 Anwaltsassessor in Göttingen, Celle und Hersfeld und arbeitete seit 1939 bei der I . G . Farben und beim Generalbevollmächtigten Chemie, Carl —» Krauch, in Berlin. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg 1 9 4 4 / 4 5 war er Rechtsanwalt und Notar in F r a n k f u r t / M a i n und wirkte am A u f b a u der hessischen F D P mit, zu deren Vorsitzenden er 1946 gewählt wurde. 1946-56 gehörte er dem geschäftsführenden Bundesvorstand der Partei an. 1946/47, 1 9 5 0 / 5 1 und 1 9 5 4 / 5 5 war er Mitglied des Hessischen Landtags, 1947-49 des Wirtschaftsrats für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet. Seit 1949 Mitglied des Deutschen Bundestags, war E. zeitweise Fraktionsvorsitzender seiner Partei, aus der er 1956 austrat. Er gehörte zu den Gründern der „Freien Volkspartei", die schließlich mit der Deutschen Partei fusionierte, deren Landesleitung in Hessen er übernahm. Von 1958 bis zu seinem Lebensende war E. Generaldirektor der Euratom in Brüssel. CD M d B E u l e r , Carl (Philipp), Turnpädagoge, * 8 . 2 . 1 8 2 8 Kirchenbollenbach (Kr. B i r k e n f e l d / N a h e ) , t 15.9. 1901 Berlin. Der Sohn eines Superintendenten und Bruder Friedrich —>E.s setzte das 1848 in Bonn begonnene Studium der Philologie und Geschichte in Berlin fort, wo er sich verstärkt d e m Turnen zuwandte und 1 8 5 2 / 5 3 an einem Kurs der Berliner Zentralturnanstalt teilnahm. Nach der Promotion 1854 beschäftigte sich E. in Schulpforta mit der Neuorganisation des Turn- und Schwimmunterrichts. 1860 erhielt er eine Anstellung als Zivillehrer an der Berliner Zentralturnanstalt, wurde 1872 Prof., 1877 Unterrichtsdirigent an der daraus hervorgegangenen Turnlehrerbildungsanstalt und war 1892 seit Schulrat. E. veröffentlichte u . a . ein Enzyklopädisches Handbuch des gesamten Turnwesens (3 Bde., 1894-96). CD N D B E u l e r , Eduard, Maler, Lithograph, * 1 9 . 8 . 1 8 6 7 Düsseldorf, t 19.8. 1931 Oberdollendorf. E., Urenkel von Gottfried —> Schadow und Enkel von Eduard Julius Friedrich - > B e n d e m a n n , studierte 1888-93, zuletzt als Meisterschüler Eugen —> Dückers, an der Kunstakademie in Düsseldorf und setzte seine Ausbildung 1894-99 bei Gustav —> Schönleber an der A k a d e m i e in Karlsruhe fort. 1900-14 lebte er in Meran und kehrte dann nach Düsseldorf zurück. Zwischen 1901 und 1903 unternahm E. Studienreisen u . a . nach Worpswede, Altenbruch bei Cuxhaven und nach Riva am Gardasee. Er beschäftigte sich vor allem mit farbiger Originallithographie. Zu seinen Werken, für die er Motive aus Karlsruhe, Worpswede und Tirol verwendete, zählt eine großformatige Ansicht von Schloß Tirol. E. war Mitgründer des Künstlerbundes Karlsruhe und des Meraner Künstlerbundes. CD A K L E u l e r , (Carl) Friedrich, Ingenieur, * 20. 10. 1823 S u l z b a c h / S a a r , t 2 7 . 3 . 1 8 9 1 Kaiserslautern. Mit Hilfe eines Staatsstipendiums besuchte der Bruder Carl - > E . s seit 1845 das Berliner Gewerbeinstitut und arbeitete

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Euler seit 1851 im Freiherrlich Gienanthschen Hüttenwerk Hochstein in der Rheinpfalz, zuletzt als Hüttenmeister. 1854-62 hatte E. die Leitung des Gienanthschen Eisenwerks in Trippstadt inne, seit 1864 die der als Aktiengesellschaft neugegründeten Eisengießerei „Eisenwerk Kaiserslautern". 1868 führte er die Ofenfabrikation als besonderen Betriebszweig ein, der 1872 der Brückenbau und 1874 die Herstellung von Zentralheizungen folgten. Seit 1889 wurde diesem Unternehmen eine Majolika-Fabrik sowie später ein Emaillierwerk hinzugefügt. E. war Mitbegründer des akademischen Vereins „Hütte", der seit 1857 das gleichnamige Ingenieurtaschenbuch herausgab, und erster Vorsitzender des 1856 gegründeten „Vereins Deutscher Ingenieure". OD N D B

Euler,

Hermann, Zahnarzt, * 1 3 . 5 . 1 8 7 8 Karlsberg (Rheinpfalz), t 1 7 . 4 . 1 9 6 1 Köln. E. studierte an den Universitäten Erlangen, Heidelberg und Freiburg/Breisgau Medizin, wurde 1902 promoviert ( Ü b e r den Verlauf der Magenverdauung) und arbeitete 1902-04 als Assistenzarzt an der Mittelfränkischen Heil- und Pflegeanstalt in Erlangen. 1905-11 als Assistent am Zahnärztlichen Universitätsinstitut in Heidelberg tätig, habilitierte er sich 1907 für Zahnheilkunde ( P u l p e n t o d . Natürliche und synthetische Nebennierenpräparate) und folgte 1911 einem Ruf als a. o . P r o f . an die Univ. Erlangen, 1921 als o . P r o f . nach Göttingen. Seit 1924 lehrte E. als Direktor des Zahnärztlichen Instituts der Univ. Breslau. 1932 wurde E. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. 1937 trat er in die N S D A P ein. 1945 nach Leipzig geflohen, erhielt er 1947 einen Lehrauftrag an der Univ. Köln, wo er 1955 als o. Prof. emeritiert wurde. Er veröffentlichte u. a. Lehrbuch der Zahnheilkunde (1915), Pathohistologie der Zähne (mit Wilhelm Meyer, 1927), Die Anomalien, Fehlbildungen und Verstümmelungen der menschlichen Zähne (1939), Lebenserinnerungen eines Lehrers der Zahnheilkunde (1949) und Behandlung und Verhütung des Gebißverfalles (1950). m

Ärzte 2, 3

E u l e r , Jakob, Handwerker, Politiker, * 2 0 . 8 . 1842 Bensberg, t 2 6 . 4 . 1 9 1 7 Bergisch Gladbach. Erst zum Bergmann, 1858-61 zum Schreiner ausgebildet, betrieb E. 1869-71 ein Tischlergeschäft in Kalk bei Köln, seit 1871 in Bensberg. Er arbeitete unter Adolph —» Kolping im Katholischen Gesellenverein mit, war in den achtziger Jahren in der rheinischen H a n d w e r k s k a m m e r b e w e g u n g tätig und gab 1883-88 die Handwerkerzeitung „Die Innung" und später die „Rheinisch-Westfälische Handwerkerzeitung" heraus. 1890-1903 gehörte E. dem Gemeinderat von Bensberg an und war 1893-1912 f ü r die Zentrumspartei Mitglied des Reichstags. CD Haunfelder, Zentrumspartei

Euler,

Johann Albrecht, Mathematiker, Astronom, * 2 7 . 1 1 . 1 7 3 4 St. Petersburg, t 1 7 . 9 . 1 8 0 0 St. Petersburg. Der älteste Sohn Leonhard —>E.s lebte seit 1741 in Berlin und erhielt von seinem Vater Unterricht in Mathematik. Im Alter von zwanzig Jahren wurde er Mitglied der dortigen A k a d e m i e und zwei Jahre später Direktor der Berliner Sternwarte. 1766 kehrte E. als Prof. der Physik an die Akademie nach St. Petersburg zurück und wurde 1769 ihr ständiger Sekretär, 1776 Studiendirektor des Kadettenkorps. In seinen zahlreichen, vielfach ausgezeichneten Publikationen, zu denen u. a. Beantwortung einiger arithmetischen Fragen (1764), Versuch, die Figur der Erde durch Beobachtungen des Mondes zu bestimmen (1768) und Nachrichten einer besondern magnetischen Sonnenuhr (1768) gehörten, beschäftigte sich E. vor allem mit Mathematik, Kometentheorie, Elektrizitätslehre sowie mit Meteorologie. CD H LS

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Euler,

Leonhard, schweizer. Mathematiker, Physiker, Astronom, Philosoph, * 15.4. 1707 Basel, t 18.9. 1783 St. Petersburg. E. war das erste von vier Kindern des evang. reformierten Pfarrers von Riehen bei Basel Paulus E. und der Margaretha E., geb. Brucker. Von seinem Vater erhielt E. den ersten elementaren Schulunterricht, worauf er in das Basler Gymnasium (Lateinschule) geschickt wurde. Mit 13 Jahren bezog er die Basler Univ., wo er anfänglich Philosophie, orientalische Sprachen und Geschichte, bald jedoch bei Johann —»Bernoulli Mathematik studierte. Kurz nach seiner Promotion z u m Magister (1724) verfaßte E. seine ersten mathematischen Abhandlungen, die 1726 und 1727 in den Leipziger Acta eruditorum im Druck erschienen, und beteiligte sich mit seiner Schrift Meditationes super problemate nautico [...] (Über die günstigste Bemastung von Schiffen) am Preisausschreiben der Pariser Akademie (1727), die ihm einen geteilten zweiten Preis („Accessit") zuerkannte. Nach einer erfolglosen Bewerbung um die 1726 vakant gewordene Physikprofessur in Basel mit seiner „Habilitationsschrift" Dissertatio de sono (Über den Schall) folgte E. einem durch Daniel —» Bernoulli vermittelten Ruf an die 1725 von Peter dem Großen gegründete Akademie der Wissenschaften in Petersburg, w o er zunächst als Adjunkt, danach als Prof. der Physik und nach D. Bernoullis Rückkehr nach Basel (1733) als Prof. der Mathematik wirkte. Diese erste Petersburger Periode dauerte bis 1741. Nach d e m Tod der Zarin A n n a Iwanowna und in den nachfolgenden politischen Wirren und M a c h t k ä m p f e n in Rußland kam E. ein Ruf —> Friedrichs II. von Preußen sehr gelegen. Er zog 1741 nach Berlin, wo er als Direktor der Mathematischen Klasse der Preußischen A k a d e m i e bis 1766 wirkte. In dieser Berliner Periode erwies sich E. als aktiver Mittler zur Petersburger Akademie, mit der er ohne Unterbrechung - sogar während des Siebenjährigen Kriegs, in welchem Rußland gegenüber Preußen im Feindeslager stand - in engster Verbindung blieb. Das Unverständnis und grobe Fehlverhalten Friedrichs II. gegenüber E. bewogen diesen 1766 zur Annahme eines R u f s der Kaiserin —> Katharina II. zurück nach Petersburg. Obgleich er infolge einer mißlungenen Staroperation 1771 sein Augenlicht fast gänzlich verlor - des rechten Auges ging er 1738 durch einen Abszeß verlustig - steigerte E. seine wissenschaftliche Produktivität noch mehr: rund die Hälfte seines Gesamtwerks von etwa 85 Quartbänden entstand in der zweiten Petersburger Periode. E. unterhielt mit etwa 300 Gelehrten Europas rege wissenschaftliche Korrespondenz, war Mitglied aller bedeutenden Akademien seiner Zeit und erwarb an die zwanzig Akademiepreise, zwölf davon aus Paris. E.s Ehe mit Katharina Gsell (1707-1773), einer Tochter des aus St. Gallen stammenden Kunstmalers und ersten Direktors der Petersburger K u n s t k a m m e r Georg Gsell, entsprangen dreizehn Kinder, von denen acht früh verstarben und nur drei den Vater überlebten: Der Sohn Johann Albrecht —>E. (1734-1800) wurde als Prof. der Physik Akademiemitglied und Ständiger Sekretär der Petersburger Akademie, Karl (1740-1790) Arzt und Kollegienrat, Christoph (1743-1808) General der Artillerie und Direktor der Waffenfabrik Sisterbeck/Sestrorezk bei St. Petersburg. In der ersten Petersburger Periode verfaßte E. neben zahlreichen Abhandlungen seine zweibändige Medianica (1736), die erste eigentliche analytische Mechanik in der Geschichte der Wissenschaft auf der Grundlage der Gravitationstheorie

Euler Newtons und mit konsequenter Anwendung des Infinitesimalkalküls von Leibniz sowie der Methoden von Jakob und Johann Bernoulli. Auch entstammt E.s Sdentici navalis (2 Bde., 1749, Schiffswissenschaft) zur Hauptsache noch dieser Periode, wie auch die Konzeption der Methodus inveniendi lineas curvas (1744), der ersten Darstellung der Variationsrechnung als eines neuen Zweigs der Mathematik, der später von Lagrange wesentlich weiterentwickelt werden sollte. Das Tentamen novae theoriae musicae (1739), E.s weit ausgreifender Entwurf einer neuen Musiktheorie, die sich jedoch bei den praktizierenden Musikern und Komponisten nicht durchzusetzen vermochte, ist ebenfalls eine Frucht der ersten Petersburger Jahre. In der Berliner Periode entstand - neben Hunderten von Abhandlungen und einigen Büchern zur Algebra, Zahlentheorie, Astronomie, Mechanik, Hydrodynamik, Hydraulik (Wasserturbine), Musiktheorie wie auch zur theoretischen und praktischen Optik (Achromaten, Teleskope) - die monumentale, bis in unsere Zeit nachwirkende Lehrbuch-Trilogie, bestehend aus der Introducilo in analysin infinitorum (2 Bde., 1748, Einführung in die Analysis des Unendlichen), den Institutiones calculi differentialis (2 Bde., 1755, Differentialrechnung) und den Institutiones calculi integralis (4 Bde., 1768 ff., Integralrechnung), die zusammen eine bereits moderne Synopsis der höheren Mathematik darstellen. Drei weitere Bücher aus diesem Zeitabschnitt sind der Himmelsmechanik (1744), der Ballistik (1745) und der Mondtheorie (1753) gewidmet und je eines der Theorie optischer Systeme (1766), der Starrkörpermechanik (1765) und der Theologie (1747). Diese anonym in deutscher Sprache erschienene Schrift Rettung der göttlichen Offenbarung gegen die Einwürfe der Freygeister ist eine vor dem Hintergrund von E.s heftiger Aversion gegen die Monadenlehre —»Wölfischer Prägung zu sehende Apologie des Christentums gegen die Enzyklopädisten. Hier verteidigt E. hauptsächlich die Glaubwürdigkeit der Bibel durch einen Vergleich mit derjenigen der Wissenschaften. Das - ebenfalls in deutscher Sprache geschriebene - Buch Neue Grundsätze der Artillerie (1745) gehört zur Ballistik und entstand als Übersetzung einer englischen Schrift von Benjamin Robins, allerdings mit wesentlicher mathematischer Kommentierung, Erweiterung und Vertiefung: E. hat dieses Werk wohl Friedrich II., der damals soeben aus dem Zweiten Schlesischen Krieg nach Potsdam zurückgekehrt war, als Willkommensgruß wie auch als Nützlichkeitsnachweis für die Mathematik dargebracht. E.s in der zweiten Petersburger Periode erschienene Hauptwerke sind - neben der in deutscher Sprache verfaßten und mehrfach aufgelegten Vollständigen Anleitung zur Algebra (2 Bde., 1770) - die dreibändige Dioptrica (1769 ff.) als großangelegte Synopsis der gesamten Optik, eine „Zweite Schiffstheorie" (1773), die vor allem für die praktischen Schiffsingenieure bestimmt war, dann eine „Zweite Mondtheorie" (1772) und ferner die Lettres à une Princesse d'Allemagne (3 Bde., 1768-72, Philosophische Briefe), die damals verbreitetste und in alle Kultursprachen übersetzte Synopsis populärer naturwissenschaftlicher und philosophischer Bildung. E. wurde durch seine Bücher, die sich alle durch große Klarheit und möglichste Einfachheit auszeichnen und die ersten eigentlichen Lehrbücher im modernen Sinn darstellen, zum Lehrer Europas bis weit ins 19. Jahrhundert. Abgesehen von der durchgängigen Analytisierung (Mathematisierung) der Naturwissenschaften verdanken E. viele Zweige der Mathematik ihre Begründung und/oder Ausformung: Die Variationsrechnung, die Theorie der unendlichen Reihen, der gewöhnlichen und partiellen Differentialgleichungen sowie der mehrfachen Integrale, die Zahlentheorie (die sich vor E. lediglich auf die Behandlung einiger spezieller Probleme be-

schränkt hatte) und die kombinatorische Topologie. Sein gewaltiges Opus ist auch heute noch nicht vollständig im Druck zugänglich, und eine „definitive" Werkbiographie steht noch aus; eine solche wäre allerdings fast gleichbedeutend mit einer Universalgeschichte der mathematischen Wissenschaften des 18. Jahrhunderts. WEITERE WERKE: Leonhardi Euleri Opera omnia. Hrsg. von der Euler-Kommission der Schweizerischen Akademie der Naturwissenschaften. Leipzig/Berlin/Zürich/Basel 191 Iff. (seit 1982 Basel), in vier Serien: Series prima: Opera mathematica. 30 Bde. in 29 (alle erschienen). Series secunda: Opera mechanica et astronomica. 32 Bde. in 31 (alle erschienen außer Bd. 26 und 27). Series tertia: Opera physica, Miscellanea. 12 Bde. (alle erschienen). Series quarta A; Commercium epistolicum (Briefwechsel). 10 Bde., wovon erschienen: Bd. 1: Regestenband mit verschiedenen Verzeichnissen. Basel 1975. Bd. 2: E.s Briefwechsel mit Johann I und Nikiaus I Bernoulli. Basel 1998. Bd. 5: E.s Briefwechsel mit Clairaut, d'Alembert und Lagrange. Basel 1980. Bd. 6: E.s Briefwechsel mit Maupertuis und Friedrich II. Basel 1986. Series quarta Β: Manuscripta et Adversaria (wissenschaftliche Manuskripte, Notiz- und Tagebücher). Etwa 7 Bde. (noch nichts erschienen). Die Series I-III sind nahezu Ausgaben letzter Hand, die Series IV A und Β kritischhistorisch aus den Handschriften ediert. Hinweise auf weitere Briefausgaben aus früherer Zeit findet man in BV (s. u.) unter den Namen Eneström, Forbes, Fuss, Juschkewitsch, Smirnow. Der handschriftliche Nachlaß E.s liegt im Archiv der Akademie der Wissenschaften von Rußland in St. Petersburg. LITERATUR: Bibliographien: Gustaf Eneström: Verzeichnis der Schriften L. E.s. In: Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. Ergänzungsband 4. Leipzig 1910-13, S. 1-388 (bis heute noch immer verbindliche Standardbibliographie, enthält 866 Werktitel). - Johann Jakob Burckhardt: Euleriana. Verzeichnis des Schrifttums über L. E. In: L. E. 1707-1783. Beiträge zu Leben und Werk. Gedenkband des Kantons Basel-Stadt. Basel 1983, S. 511-552. (Dieser Band wird im folgenden abgekürzt zitiert mit EGB, das darin enthaltene Burckhardt-Verzeichnis mit BV). - Gesamtdarstellungen: Emil A. Fellmann: L. E. Ein Essay über Leben und Werk. In: EGB, S. 12-98; ferner im BV unter den Autorennamen Du Pasquier, Fellmann, Fuss, Juschkewitsch, Spiess, Truesdell. - Biographien: Emil A. Fellmann: L. E. Reinbek bei Hamburg 1995 (japan. Tokio 2002); ferner im BV unter den Autorennamen Du Pasquier, Fellmann, Fuss, Juschkewitsch, Spiess, Thiele. - Philosophie: Wolfgang Breidert: L. E. und die Philosophie. In: EGB, S. 447-457; ferner im BV unter den Autorennamen Elkana, Hoppe, Kotek, Loria, Speiser Α., Suchting. - Genealogien: Karl Euler: Das Geschlecht der Euler-Schölpi. Gießen 1955. - Gleb K. Michajlow u.a.: Die Nachkommen L. E.s in den ersten sechs Generationen. In: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde 94 (1994) S. 163-239. William Dunham: E. The master of us all. Washington, D. C. 1999. Emit A. Fellmann Euler, Ludwig Heinrich, Jurist, Historiker, * 23.4.1813 Frankfurt/Main, f 17.11. 1885 Frankfurt/Main. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. Heidelberg, das er 1834 in Gießen mit der Promotion zum Dr. jur. abschloß, war E., Sohn eines Prokuristen des Bankhauses Bethmann, seit 1835 als Rechtsanwalt und seit 1837 auch als Notar in seiner Heimatstadt tätig. Daneben widmete er sich wissenschaftlichen Arbeiten zur Geschichte Frankfurts und seiner Umgebung und stand jahrzehntelang dem von ihm mitbegründeten Frankfurter Verein für Geschichte

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Euler-Chelpin und Altertumskunde vor. E. veröffentlichte u. a. eine Rechtsgeschichte der Stadt Frankfurt am Main (1872) und gab die Ortliche Beschreibung von Frankfurt am Main (7 Bde., 1861-75) Johann Georg - > B a t t o n n s heraus. OD N D B E u l e r - C h e l p i n , Hans (Karl August Simon) von, Chemiker, * 1 5 . 2 . 1 8 7 3 Augsburg, t 7 . 1 1 . 1964 Stockholm. Der Sohn eines Generals begann als Schüler des Malers Franz von —» Lenbach ein Studium an der Münchner Kunstakademie, wandte sich dann jedoch der C h e m i e zu, deren Studium an den Universitäten Göttingen, Würzburg, Paris und Berlin er 1895 mit der Promotion abschloß (Ueber die Einwirkung von Molybdäntrioxyd und Paramolybdaten auf normale Vanadate und eine neue Bestimmungsmethode von Vanadinpentoxyd und Molybdäntrioxyd neben einander). Seit 1899 Dozent an der Univ. Stockholm, arbeitete E.-C. dort auch als Assistent von Svante Arrhenius und wurde 1906 Ordinarius für allgemeine und organische C h e m i e sowie Direktor des Allgemeinen Chemischen Labors. 1922 wurde E.-C. Mitglied und 1943 Ehrenmitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. 1929 übernahm er die Leitung des Stockholmer Biochemischen Instituts, entdeckte im selben Jahr die Identität des Pflanzenfarbstoffs Carotin mit dem Provitamin A und wurde zusammen mit Arthur Harden mit dem Nobelpreis für C h e m i e ausgezeichnet. Ferner untersuchte E.-C. die Struktur und Wirkungsweise von Enzymen, besonders der C o e n z y m e ; 1935 gelang ihm die Isolierung und Aufklärung der Struktur des C o e n z y m s Nicotinsäureamid-adenin-dinucleotid (NAD). Nach seiner Emeritierung 1941 widmete er sich vor allem der Krebsforschung. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Allgemeine Chemie der Enzyme (1910; 2 Bde., 3 1925; engl. 1912), Biokatalysatoren (1930) und Biochemie der Tumoren (1942; italien. 1945). DP Poggendorff 4-6 E u l e r t , Arthur, Architekt, Graphiker, Zeichner, Maler, * 7 . 4 . 1890 Rostock, t 3 . 3 . 1 9 4 6 Wismar. E. studierte 1908-13 Architektur an der T H Charlottenburg, in München und an der T H Hannover. 1 9 1 3 / 1 4 arbeitete er beim Hochbauamt in Bromberg. 1914 nahm E. am Ersten Weltkrieg teil, kehrte 1915 verwundet nach Bromberg zurück und lebte 1 9 1 6 / 1 7 in Bielefeld und Minden. Seit 1918 Regierungsbaumeister, war er 1919 beim Stadtbauamt in Rostock tätig. 1920 wurde er Stadtbaumeister bzw. Stadtbaurat in Wismar, wo er u . a . die Städtische Feuerwache (1924-28) errichtete. CD A K L E u l i n g , Karl (Johannes), Germanist, * 2 9 . 9 . 1863 Hildesheim, t 8 . 5 . 1 9 3 7 Wiesbaden. E., Sohn eines Aufsehers an der Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt zu Hildesheim, studierte seit 1881 in Göttingen Klassische und Deutsche Philologie und wurde 1886 mit der Arbeit Hundert noch ungedruckte Priameln des fünfzehnten Jahrhunderts promoviert. Er war an den G y m n a sien in Göttingen, Hildesheim, Lingen, Münster, Tilsit und 1901-14 in Königsberg tätig. E. arbeitete 1910-37 am Deutschen Wörterbuch mit, gab Band 14 der Deutschen Texte des Mittelalters heraus und besorgte die 4. Auflage (1935) des Deutschen Wörterbuchs von Hermann —»Paul. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Hildesheimer Land und Leute des sechzehnten Jahrhunderts in der Chronik des Dechanten Johan Oldecop ( 1892), Studien über Heinrich Kauf ringer (1900) und Das Priamel bis Hans Rosenplüt ( 1905). CD I G L E u n i c k e , Friedrich, auch F. Eunike, Sänger, Schauspieler, * 6 . 3 . 1764 Sachsenhausen bei Oranienburg, t 1 2 . 9 . 1 8 4 4 Berlin. Der Sohn eines Kantors sollte ursprünglich eine theologische Ausbildung erhalten, wandte sich jedoch 1785 dem Theater

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zu und debütierte 1786 in S c h w e d t / O d e r in Cora von Johann Gottlieb —> N a u m a n n . 1788 stand E. am M a n n h e i m e r Hoftheater auf der Bühne, wirkte seit 1789 als erster Tenor in F r a n k f u r t / M a i n und trat 1 7 9 2 / 9 3 am kurfürstlichen Hof in Bonn auf. Seit 1793 am Deutschen Theater in Amsterdam tätig, war E. als Tamino in der Zauberflöte erfolgreich und wurde 1796 Mitglied der Berliner Hofoper, der er bis zu seiner Pensionierung 1823 als erster Tenor angehörte. Zu seinen wichtigsten Partien gehörte u. a. der Belmonte in der Entführung aus dem Serail. E. war in erster Ehe mit der Schauspielerin Henriette Schüler verheiratet, die später unter d e m N a m e n Henriette —» Hendel-Schütz Karriere machte. Aus der Ehe (1905) mit Therese —>E. ging Johanna —>E. hervor. CD Kutsch E u n i c k e , Johanna, verh. Krüger, Sängerin, * 1800 Berlin, t 2 9 . 8 . 1 8 5 6 Berlin. Die Tochter Friedrich und Therese —»E.s erhielt ihre Gesangsausbildung bei ihrer Mutter und debütierte 1816 an der Berliner Hofoper, w o auch ihre Eltern engagiert waren. Zu ihrem Repertoire gehörten vor allem Partien der KoloraturSoubrette, darunter die Susanne in Die Hochzeit des Figaro sowie die Zerline im Don Giovanni. E. sang 1816 die Titelpartie der Oper Undine von E . T . A. —> H o f f m a n n am Kgl. Schauspielhaus Berlin und verkörperte 1821 das Ännchen in der Uraufführung des Freischütz. Nach ihrer Heirat mit dem preuß. Hofmaler Franz Krüger 1825 zog sie sich von der Bühne zurück. CD Kutsch E u n i c k e , Therese, geb. Schwachhofer, Sängerin, Schauspielerin, * 2 4 . 1 1 . 1 7 7 4 Mainz, t 1 6 . 3 . 1 8 4 9 Berlin. Die Tochter des Violinisten Ignaz Schwachhofer debütierte 1789 in Mainz. Ihre Gesangsausbildung erhielt sie durch ihren späteren Ehemann Friedrich —»E., mit dem sie 1793 am Deutschen Theater Amsterdam, später in Mainz und F r a n k f u r t / M a i n auftrat. Seit 1796 waren beide Ensemblemitglieder des Berliner Hoftheaters, wo E. zahlreiche Partien des Koloratur- und Soubrettenfachs sang, darunter 1806 die E m m a in Milton von —> Spontini, 1812 den Olivier in Jean de Paris von Boieldieu sowie die Fischersfrau in der Uraufführung der Undine 1819, in der ihre Tochter Johanna —>E. die Titelrolle übernahm. Bis zu ihrem Abschied von der B ü h n e 1830 hatte E. auch große Erfolge als Konzertund Oratoriensolistin; sie sang u . a . 1804 in Berlin das Sopransolo im Messias von —> Händel. CD Kutsch E u p h e m i a , Äbtissin von Altomünster, f um 1180 Altomünster. E. war die Tochter des Grafen Berthold II. von Andechs und Schwester der Mechthild von Dießen und der Agnes von Admont. Als Äbtissin des Klosters Altomünster widmete sie sich besonders der Erweiterung der Klostergüter. E. stand zeitweise im Ruf einer Heiligen. CD B B K L E u r i c h , Friedrich Emanuel, Buchhändler, Verleger, * 15.1. 1772 Stuttgart, t 10.6. 1851 Linz. E. studierte seit 1785 an der Hohen Karlsschule in Stuttgart und ging nach deren Auflösung 1794 als Buchbinder nach Wien, wo er im folgenden Jahr die Leitung der Buchhandlung Binz in Linz übernahm, die er später kaufte. Seit 1804 redigierte er das „Österreichische Volksblatt", publizierte 1805 und 1809 wiederholt Beiträge gegen Napoleon und wurde wie sein Freund Philipp —»Palm zum Tod verurteilt, konnte jedoch fliehen. 1816 errichtete E. eine eigene Druckerei in Linz, die seit 1819 die „Linzer Zeitung" druckte. 1837 gliederte er seinem Unternehmen eine Schriftgießerei an. CD Ö M L E u r i n g e r , Richard, Pseud. Florian A m m e r , Ricardo, Schriftsteller, * 4 . 4 . 1 8 9 1 Augsburg, t 2 9 . 8 . 1 9 5 3 Essen. E., Sohn eines Arztes, nahm am Ersten Weltkrieg teil, begann in München ein Studium der Musik, Kunstgeschichte

Evelt und Volkswirtschaft, das er aus finanziellen Gründen bald aufgab, und war in verschiedenen Berufen tätig, bevor er sich der Schriftstellerei zuwandte. 1920 debütierte er als Dramatiker mit Der neue Midas. Er Schloß sich d e m Nationalsozialismus an, gründete 1931 den rechtsgerichteten Nationalverband Deutscher Schriftsteller und wurde Mitarbeiter des „Völkischen Beobachters". E., seit 1933 Leiter der Stadtbücherei Essen, wurde 1935 zum Reichskultursenator innerhalb der Reichskulturkammer ernannt. Seit 1936 lebte er als freier Schriftsteller in Asenthal bei Bad Salzuflen. Seine zahlreichen Werke, u . a . der autobiographische R o m a n Fliegerschule 4. Buch der Mannschaft (1929), dienten der Glorifizierung des deutschen Nationalgedankens. Für sein in der Tradition des deutschen Mysterienspiels stehendes Hörspiel Deutsche Passion 1933 (1933), das als Vorläufer der nationalsozialistischen Thingspiel-Bewegung verstanden werden kann, erhielt E. den 1934 erstmals verliehenen Nationalen Buchpreis. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg bis 1948 interniert, veröffentlichte E. nach seiner Entlassung unter seinem P s e u d o n y m zumeist Werke mit religiöser Thematik (u. a. Die Verliebten. Nur eine Liebesgeschichte, 1951 ; Der kostbare Schrein. Mystische Weisheit in neuer Fassung. Ein Brevier, 1953). CO Westf Autoren, Bd 3 E u r i n g e r , Sebastian, kath. Exeget, Orientalist, Liturgiker, * 2 0 . 1 . 1 8 6 5 Augsburg, | 1 0 . 7 . 1 9 4 3 Dillingen. E. studierte u . a . in München, Oxford und Jerusalem, empfing 1887 die Priesterweihe und wurde 1890 promoviert (Der Masorahtext des Koheleth). Nach der Habilitation 1900 (Die Auffassung des Hohenliedes bei den Abessiniern) wurde er im selben Jahr a. o. und 1910 o.Prof. für Altes Testament in Dillingen, wo er bis 1924 lehrte. E. wurde zum Prälaten ernannt. Er beschäftigte sich besonders mit äthiopischen Eucharistiegebeten (Anaphoren) und dem Text des Hohenlieds. E. veröffentlichte Die Kunstform der althebräischen Poesie (1912), Die Chronologie der biblischen Urgeschichte (1913) und Der Streit um das Deuteronomium (1911). • • LThK E u s t e r m a n n , Georg, Unternehmer, * 2 3 . 1 . 1819, t 16.4. 1891. Nach d e m Examen als Maurermeister 1846 übernahm E. den väterlichen Baubetrieb in Wiedenbrück, den sein Vater bereits in zweiter Generation führte. E. baute die Firma zum führenden Bauunternehmen der Region auf und errichtete vor allem Privathäuser und Geschäftsgebäude, aber auch zahlreiche Kirchen. Zudem begann er, den Geschäftsbereich auf den Bau von Brücken auszudehnen, ein Gebiet, das fortan einen wichtigen Unternehmenssektor darstellte. 1890 übergab E. das Geschäft seinem Sohn Josef; zu diesem Zeitpunkt wurden 4 0 0 Arbeiter in der Firma beschäftigt. Josef E. konnte den Erfolg seines Vaters fortsetzen und den Betrieb erweitern. t u M ä n n e r Wirtschaft E u t i n g , Ernst, Musikwissenschaftler, * 7 . 2 . 1874 London, t 2 1 . 4 . 1924 Berlin. E. besuchte 1892-96 die Hochschule für Musik in Berlin, studierte Musikwissenschaft an der dortigen Univ. und wurde 1899 mit der Arbeit Zur Geschichte der Blasinstrumente im 16. und 77. Jahrhundert zum Dr. phil. promoviert. Im selben Jahr gründete er die „Deutsche Instrumentenbauzeitung", deren Redaktion er übernahm. 1 9 0 2 / 0 3 gab E. zusammen mit Albert —> Mayer-Reinach und Oskar —> Fleischer die Zeitschrift der Internationalen Musikgesellschaft heraus. E u t i n g , Julius, Orientalist, Bibliothekar, * 11.7. 1839 Stuttgart, t 2. 1. 1913 Straßburg. Als Stiftszögling studierte E. in Tübingen Theologie und orientalische Sprachen, wurde 1862 promoviert und setzte seine orientalischen Studien in Paris, London und Oxford fort. 1866 wurde er Stiftsbibliothekar und war dann bis 1871 Kustos an der Universitätsbibliothek Tübingen. Danach

Erster Bibliothekar an der Universitätsbibliothek Straßburg, wurde E. 1880 ordentlicher Honorarprofessor in der Philosophischen Fakultät und war 1900-09 Bibliotheksdirektor. Von seinen wissenschaftlichen Reisen in den Vorderen Orient dokumentierte E. die von 1 8 8 3 / 8 4 in seinem Tagebuch einer Reise in Innerarabien (2 Tie. 1896-1914) und gab zahlreiche Ausgaben semitischer Inschriften heraus. m Württ Nekrolog, Jg. 1913 E v a n s , Evan, Maschinenbauer, * 4 . 8 . 1765 Llangellidt (Caernarvonshire, Nordwales), t 9. 12.1844 G e y e r / E r z gebirge. Zunächst in Manchester ansässig, kam E. 1802 als Werkmeister einer Maschinenspinnerei nach Harthau bei C h e m nitz und widmete sich der Konstruktion von Maschinen, auf denen er das erste Mulegarn (weiches Baumwollgarn) Sachsens produzierte. Seit 1807 gründete er eine Reihe von Spinnmaschinenbauwerkstätten und Spinnereien im Erzgebirge und entwarf u. a. eine Spindelschleifmaschine, eine Maschine zur Herstellung der Riffelzylinder sowie eine Spulmaschine zum Abwickeln des Garns. DP N D B E v e l s , Friedrich Wilhelm, Pädagoge, Publizist, Schriftsteller, * 7 . 8 . 1 8 2 1 Münster, t 1.6. 1909 Aachen. Nach d e m Besuch des Lehrerseminars in Büren war E. zunächst Hilfslehrer in seiner Heimatstadt, 1858-60 Rektor in Buer, danach Lehrer in Hörde und übernahm 1861 das Rektorat in Z e l l / M o s e l . Seit 1867 Leiter einer Lehranstalt in W i s s e n / S i e g , übersiedelte er 1869 nach Bonn, wurde zum Dr. phil. promoviert und war Privatdozent und Prof. für Literatur, bevor er 1876 die Leitung zweier Zeitschriften in Eschweiler übernahm. 1878 ging E. nach Aachen, gründete im folgenden Jahr die „Volkszeitung", 1881 das „Zentralblatt der Innung" und war als freier Schriftsteller tätig. Er veröffentlichte u . a . Kurzer Leitfaden in den deutschen Sprachunterricht in Volksschulen (1846), Gedichte (Gedichte, 1847; Feierklänge. Zur Verherrlichung des Papst-Jubiläums seiner Heiligkeit Pius IX., 1871) und Europa und das Christentum. Ein Vermittlungsversuch zwischen den christlichen und antichristlichen Parteien in der neuesten Kulturperiode (1883). m

Westf Autoren, Bd 2

E v e l t , August (Alexander Oskar), Jurist, Politiker, * 2 1 . 1 . 1828 Dorsten an der Lippe, t 11. 12.1904 Hechingen (Hohenzollern). Der Sohn eines Kreisgerichtsdirektors studierte 1846-49 in Freiburg und Bonn Rechtswissenschaften, war seit 1861 als Staatsanwalt in Hechingen tätig und wurde dort 1869 Kreisgerichtsdirektor. Seit 1879 Landgerichtspräsident, erhielt er 1887 den Titel eines Geheimen Oberjustizrats und trat 1900 in den Ruhestand. 1867-70 und 1871-74 vertrat er die Hohenzollernschen Lande als Mitglied der Nationalliberalen Partei im Reichstag und 1867-73 und 1875-76 im preuß. Landtag. 1873 initiierte E. die Schaffung des K o m m u n a l landtags von Hohenzollern, dessen Vorsitz er 1874-99 führte. CD Haunfelder, Lib Abg E v e l t , Julius Hermann Franz, kath. Theologe, Kirchenhistoriker, * 2 5 . 7 . 1 8 2 3 Dorsten, t 1.4. 1879 Paderborn. Der Sohn eines Gerichtsdirektors studierte seit 1840 Theologie in Münster, Bonn und Freiburg, wo er 1847 zum Dr. theol. promoviert wurde (De vita, morte et resurrectione). Im selben Jahr zum Priester geweiht, wurde er Vikar in Dorsten und 1849 Kaplan und Religionslehrer in Duisburg. Seit 1851 lehrte er als Prof. für Kirchengeschichte und Patrologie, Theologische Enzyklopädie und Apologetik am Seminarium Theodorianum in Paderborn. 1868 übernahm er auch das A m t des Präfekten im Kolleg, das 1873 im Z u g e des Kulturkampfs geschlossen wurde. E., der sich daraufhin in ein Priesterseminar zurückzog, galt als Experte für die Kirchengeschichte Westfalens und Paderborns. Er schrieb

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Even u . a . Das Mönchtum in seiner inneren Entwicklung und seiner kirchlichen Wirksamkeit bis auf den hl. Benedikt von Nursia ( 1 8 6 3 ) , Die alte Schule von Paderborn (1865) und Die Weihbischöfe von Paderborn (1869). m BBKL E v e n , J o h a n n e s , R e d a k t e u r , Politiker, * 10. 12. 1903 Essen, t 2 4 . 1 1 . 1 9 6 4 Köln. Z u n ä c h s t B ä c k e r , bildete sich E. d u r c h Privatstudien und K u r s e der Christlichen G e w e r k s c h a f t u n d der kath. Arbeit e r b e w e g u n g weiter und w u r d e Leiter d e s Sekretariats der kath. A r b e i t e r b e w e g u n g in der D i ö z e s e M a i n z (bis 1933); zugleich w a r er M i t g l i e d des L a n d e s v o r s t a n d e s H e s s e n der Z e n t r u m s p a r t e i . 1939 seiner A m t e r e n t h o b e n , w u r d e er G e s c h ä f t s f ü h r e r der B ä c k e r e i - E i n k a u f s g e n o s s e n s c h a f t in B e r g h e i m . N a c h K r i e g s e n d e n a h m E. eine f ü h r e n d e Stelle in der kath. A r b e i t e r b e w e g u n g und in der R e d a k t i o n ihres O r g a n s „ K e t t e i e r - W a c h t " in K ö l n ein. 1946-50 g e h ö r t e er als C D U M i t g l i e d d e m n o r d r h e i n - w e s t f ä l i s c h e n L a n d t a g an und w u r d e 1949 in den D e u t s c h e n B u n d e s t a g g e w ä h l t . 1953 w u r d e er M i t g l i e d des Vorstandes der C D U / C S U - F r a k t i o n und M i t glied der B e r a t e n d e n V e r s a m m l u n g d e s E u r o p a r a t e s u n d der V e r s a m m l u n g der W e s t e u r o p ä i s c h e n U n i o n . Seit 1948 war E. V e r b a n d s s e k r e t ä r der K a t h o l i s c h e n A r b e i t e r b e w e g u n g Westd e u t s c h l a n d s , seit 1955 Präsident des H a u p t v o r s t a n d e s der „Christlichen G e w e r k s c h a f t s b e w e g u n g D e u t s c h l a n d s " in Essen und seit 1959 der K a t h o l i s c h e n A r b e i t e r b e w e g u n g in Deutschland. CD M d B E v e n i u s , S i g i s m u n d , eigentl. Eue, e v a n g . T h e o l o g e , P ä d a g o g e , * u m 1585 N a u e n bei P o t s d a m , b e g r a b e n 1 7 . 9 . 1 6 3 9 Weimar. D e r S o h n eines T u c h m a c h e r s studierte die Artes s o w i e T h e o logie in Wittenberg, w u r d e 1611 A d j u n k t der Artistischen F a k u l t ä t und ging 1613 als R e k t o r an d a s städtische G y m n a s i u m nach H a l l e / S a a l e . Seit 1622 w a r er in gleicher F u n k tion in M a g d e b u r g , 1631 als R e k t o r und Prof. der T h e o l o g i e in R e v a l , 1632 als R e k t o r in H a l b e r s t a d t und 1633 in R e g e n s b u r g tätig. 1634 f o l g t e er e i n e m R u f H e r z o g —» E m s t s d e s F r o m m e n als K i r c h e n - und Schulrat nach W e i m a r . Dort initiierte E. d a s W e i m a r i s c h e B i b e l w e r k u n d w a r an d e r Erarb e i t u n g der „ E r n e s t i n i s c h e n B i b e l " beteiligt. Er w a r B e r a t e r d e s H e r z o g s i m Bereich des S c h u l w e s e n s und d e s R e l i g i o n s unterrichts. E.s Ideen f a n d e n E i n g a n g in d i e G o t h a e r S c h u l r e f o r m 1642. Er v e r ö f f e n t l i c h t e p h i l o s o p h i s c h e , p ä d a g o g i s c h e und t h e o l o g i s c h e W e r k e s o w i e Streitschriften, d a r u n t e r d i e an W o l f g a n g —> R a t k e orientierte Christliche, Gottselige Bilder Schule [...] ( 1 6 3 6 , frz. 1666, italien. 1673). E. starb an der Pest. m Killy E v e r d i n g , A u g u s t , R e g i s s e u r , Intendant, * 31. 1 0 . 1 9 2 8 B o t t r o p , t 26. 1 . 1 9 9 9 M ü n c h e n . E . w u c h s in einer F a m i l i e auf, d i e von M u s i k u n d R e ligion erfüllt war. Sein Vater w a r Organist; bereits als K i n d b e k a m E. m u s i k a l i s c h e n U n terricht. N a c h k u r z e m Wehrdienst m a c h t e er sein A b i t u r und studierte in B o n n und München Philosophie, Theologie und T h e a t e r w i s s e n s c h a f t . 1953 w u r d e er an d e n M ü n c h ner K a m m e r s p i e l e n R e g i e a s s i stent und arbeitete vor a l l e m f ü r H a n s —» S c h w e i k a r t und Fritz - > Kortner. 1958 w u r d e er Oberspielleiter und 1963 Int e n d a n t der K a m m e r s p i e l e . Z u E.s I n s z e n i e r u n g e n g e h ö r e n z a h l r e i c h e Ur- und E r s t a u f f ü h r u n g e n ( S t ü c k e von Friedrich - » D ü r r e n m a t t , H e i n a r —» K i p p h a r d t , E d w a r d A l b e e und Rolf

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H o c h h u t h ) . A l s I n t e n d a n t schuf er ein b e d e u t e n d e s E n s e m ble. Seit 1965 w a n d t e sich E. a u c h d e r O p e r zu, d i e ein w e s e n t l i c h e s A r b e i t s f e l d f ü r ihn w u r d e . M i t seinen über 9 0 O p e r n i n s z e n i e r u n g e n i m In- und A u s l a n d w u r d e seine g r o ß e K o m p e t e n z und P h a n t a s i e in d i e s e m B e r e i c h deutlich ( U r a u f f ü h r u n g e n von O p e r n von Carl —> O r f f , Krzysztof P e n d e r e c k i , G i s e l h e r K l e b e und W i l f r i e d Hiller). 1973 w u r d e E . I n t e n d a n t d e r H a m b u r g i s c h e n Staatsoper, w o in der Z u s a m m e n a r b e i t mit J o h n N e u m e i e r ein n e u e s Ballett-Theater entstand. 1977 ü b e r n a h m er die Leitung d e r B a y e r i s c h e n S t a a t s o p e r in M ü n c h e n . Als G e n e r a l i n t e n d a n t der B a y e r i s c h e n Staatstheater ( 1 9 8 2 - 9 3 ) e n t w i c k e l t e er koo r d i n i e r e n d e K o n z e p t e f ü r die B a y e r i s c h e n T h e a t e r , betrieb die W i e d e r e r ö f f n u n g des P r i n z r e g e n t e n t h e a t e r s ( 1 9 8 8 / 1 9 9 6 ) und b e g r ü n d e t e 1993 d i e B a y e r i s c h e T h e a t e r a k a d e m i e , die seit 1999 seinen N a m e n trägt. E. w a r e i n e d e r h e r a u s r a g e n d e n Theatergestalten d e s 20. J a h r h u n d e r t s . A l s R e g i s s e u r keinen Stilen und M o d e n a n g e h ö r e n d , s u c h t e er als I n t e n d a n t stets den B r ü c k e n s c h l a g z w i s c h e n K u n s t und G e s e l l s c h a f t , f ü h r t e d e n D i a l o g m i t K ü n s t l e r n und P u b l i k u m und g a b in R e d e n und ü b e r die M e dien e n t s c h e i d e n d e S t i c h w o r t e . Als Präsident d e s D e u t s c h e n B ü h n e n v e r e i n s u n d in vielen E h r e n ä m t e r n v e r m o c h t e er die T h e a t e r p o l i t i k der K o m m u n e n und B u n d e s l ä n d e r , insbesond e r e nach der W i e d e r v e r e i n i g u n g , positiv zu beeinflussen. WERKE: M i r ist die E h r e w i d e r f a h r e n . M ü n c h e n 1985. W e n n f ü r R o m e o der letzte Vorhang fällt. M ü n c h e n 1993. Z u r S a c h e , w e n n ' s beliebt. M ü n c h e n 1998. - D e r M a n n der 1000 O p e r n . H a m b u r g 1998 (mit A l e x a n d e r Kluge). LITERATUR: D i e g a n z e Welt ist B ü h n e . H r s g . v. K l a u s Jürgen Seidel. M ü n c h e n 1988. - M a r i a n n e R e i ß i n g e r : A . E. D i e B i o g r a p h i e . M ü n c h e n 1999 ( m i t v o l l s t ä n d i g e m Verzeichnis der I n s z e n i e r u n g e n und F e r n s e h s e n d u n g e n ) . Klaus Schultz E v e r d i n g , Hans, B i l d h a u e r , * 17. 10. 1876 G e l s e n k i r c h e n , f 5. 12. 1914 R o m . E. b e g a n n sein S t u d i u m an der K u n s t a k a d e m i e in Kassel, das er als S c h ü l e r von Karl - » B e g a s d. J. in Berlin fortsetzte, und w u r d e auf der G r o ß e n Berliner K u n s t a u s s t e l l u n g f ü r sein Werk Achill mit der Leiche Hektors a u s g e z e i c h n e t . 1899 g i n g E. mit d e m g r o ß e n Staatspreis der B e r l i n e r A k a d e m i e n a c h R o m . Z u seinen W e r k e n zählt u. a. d a s D e n k m a l —> Philipps des G r o ß m ü t i g e n in Kassel (1899). CD A K L E v e r d i n g , H e r m a n n , Industrieller, * 2 5 . 9 . 1 8 7 5 G e l s e n kirchen, t n . e . D e r S o h n eines A r z t e s studierte an den U n i v e r s i t ä t e n M ü n c h e n und Berlin. 1900 w u r d e er B e r g r e f e r e n d a r , 1903 B e r g a s s e s s o r u n d Mitarbeiter der G e o l o g i s c h e n L a n d e s a n stalt Berlin. 1 9 0 5 / 0 6 u n t e r n a h m E. m e h r e r e Studienreisen d u r c h S ü d a m e r i k a , arbeitete 1907-12 als B e r g w e r k s inspektor des S t e i n k o h l e n b e r g w e r k s M a y b a c h i m Saarrevier und war a n s c h l i e ß e n d bis 1921 O b e r b e r g w e r k s d i r e k t o r und Vorstandsmitglied der H o h e n l o h e w e r k e A G in O b e r s c h l e sien. 1921-27 vertrat er d i e b e r g b a u l i c h e n Interessen der R ü t g e r s w e r k e A G in Berlin und w u r d e im f o l g e n d e n J a h r alleiniges Vorstandsmitglied der B a y e r i s c h e n B r a u n k o h l e n Industrie A G S c h w a n d o r f . E v e r h a r d , N i c o l a u s d. Ä., a u c h Everhardi, Everardi, Everaerts, g e n a n n t Frisius, A m s t e r o d a m u s , van A m s t e r d a m , Jurist, * 9 . 8 . (?) 1495 A m s t e r d a m , f 21. o d e r 2 4 . 7 . 1570 Ingolstadt. N a c h s e i n e m S t u d i u m in Italien f o l g t e E. e i n e m R u f an d i e U n i v . Ingolstadt, w o er 1529-35 und 1542-70 als Prof. d e s K i r c h e n r e c h t s lehrte und 1535 d a s A m t des R e k t o r s bekleidete. Z w i s c h e n z e i t l i c h w a r er als A s s e s s o r a m R e i c h s k a m mergericht in S p e y e r tätig. E. war der Vater d e s j ü n g e r e n Nicolaus - > E . cd LMU

Evers E v e r h a r d , Nicolaus d.J., auch Eberhard, Everardt, Everardi, Jurist, * 7 . 1 2 . 1537 wahrscheinlich Speyer, t 2 3 . 7 . 1 5 8 6 Ingolstadt. Der Sohn Nicolaus —>E.s d. Ä. studierte an den Universitäten Ingolstadt, Padua und Bologna Rechtswissenschaft, lehrte 1558-71 in Ingolstadt Institutionen und Pandekten und wurde 1562-64 durch seinen Bruder Kaspar E. vertreten. Nach dem Tod seines Vaters wurde E. dessen Nachfolger auf dem Lehrstuhl für Kirchenrecht (1571-82). 1574 erschien sein Werk Corpus institutionum Justitiani. OD L M U E v e r l i n g , Emil (August), Ingenieur, * 19.6. 1890 St. G o a r / R h e i n , t 7 . 8 . 1 9 7 3 Berlin. Das Studium der Mathematik und der Naturwissenschaften an den Universitäten Jena und Halle Schloß E. 1912 in Halle mit der Promotion (Geschwindigkeit von Elektronen, die durch weiche Röntgenstrahlen erzeugt werden) ab und habilitierte sich 1916 an der TH Berlin. Seit 1921 Abteilungsleiter der A E G Turbinenfabrik, wurde er 1923 an der T H Berlin zum a. o. Prof. der technischen Mechanik und Luftfahrt ernannt und war seit dem folgenden Jahr als Referent der Luftfahrtabteilung im Reichsverkehrsministerium tätig. 1936-46 lehrte E. als o . P r o f . der Strömungstechnik, Meßtechnik und Physiotechnik in Berlin. 1961 veröffentlichte E. Menschliches Verhalten - technisches Gestalten. C D Poggendorff 6 E v e r l i n g , Henry, Genossenschafter, Politiker, * 1 9 . 8 . 1 8 7 3 Braunschweig, t 1 6 . 5 . 1 9 6 0 Hamburg. E. durchlief 1887-91 eine Goldschmiedlehre, war dann bis 1900 in seinem Beruf tätig und Schloß sich der S P D an. 1900-08 war er Krankenkassenangestellter in Hamburg. 1899 gehörte er zu den Begründern der später größten Hamburger Verbrauchergenossenschaft „Produktion" und war zunächst deren Sekretär, 1913-21 deren Geschäftsführer. Er gründete u . a . eine Fleischeinfuhrgesellschaft zur billigen Versorgung der Bevölkerung, wurde 1921 Geschäftsführer der Großeinkaufsgesellschaft deutscher Konsumvereine und war 1919-21 Mitglied des Hamburger Landtags, 1919 Senator. Während der nationalsozialistischen Herrschaft in mehrfach verhaftet, war E. 1945-49 Vorstandsvorsitzender der Großeinkaufsgesellschaft deutscher Konsumvereine. Seit 1948 war er Mitglied des leitenden Ausschusses des Internationalen Genossenschaftsbundes. C D Schröder E v e r l i n g , Otto, evang. Theologe, Politiker, * 3 1 . 3 . 1864 Eschweiler bei Aachen, t 2 7 . 1 2 . 1 9 4 5 Berlin. Der Sohn eines K a u f m a n n s studierte Theologie und Philosophie an den Universitäten Jena, Berlin, Bonn und Straßburg, wurde 1888 in Jena zum Lizentiaten promoviert und war seit d e m folgenden Jahr als Pfarrer in St. Goar und Krefeld tätig. 1906-22 amtierte E. als Bundesdirektor und Vorsitzender des Evangelischen Bundes, wandte sich ganz der Sozialpolitik zu und gehörte 1907-12 sowie 1920-24 d e m Deutschen Reichstag an, zunächst als Mitglied der Nationalliberalen, dann der Deutschen Volkspartei. 1923 gründete er das „Schutzkartell deutscher Geistesarbeiter", d e m er als Präsident vorstand. Seit 1927 war E. Vorsitzender des Reichsausschusses der deutschen Mittelschicht. Er war Herausgeber der Zeitschrift „Volkskirche" und veröffentlichte u. a. Los von Rom?! (1899, 3 1900) und Von deutscher Geistesarbeit und deutscher Wirtschaft (1925). C P Haunfelder, Lib Abg E v e r s , Carl (Gottfried Friedrich), Musiker, Komponist, * 8 . 4 . 1 8 1 9 Hamburg, t 3 1 . 1 2 . 1875 Wien. E., Bruder von Kathinka —>E., gab mit zwölf Jahren sein erstes Konzert in Hamburg und unternahm 1834 eine Konzertreise durch Schleswig-Holstein, Dänemark und Schweden. Seit 1837 studierte er Komposition bei Ziegler in Hannover und bei Karl August —» Krebs in Hamburg. 1838 Schüler von Felix —» Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, setzte E.

seine Ausbildung 1839 in Paris fort, wo er Erfolge als Pianist und Komponist feierte. In den folgenden Jahren führten ihn Konzertreisen durch Deutschland, Rußland, Skandinavien, Großbritannien und Italien. 1841-53 wirkte E. in Wien, eröffnete 1858 in Graz eine Musikalienhandlung und kehrte 1 8 7 2 / 7 3 als Klavierlehrer nach Wien zurück. Er komponierte u . a . vier Klaviersonaten, zahlreiche Etüden, Salonstücke, Tänze und Lieder, darunter die Musik zu einigen Gedichten Nikolaus —>Lenaus. DD M G G E v e r s , Ernst (Eduard), evang. Theologe, Publizist, Schriftsteller, * 1 5 . 8 . 1 8 4 4 Kaköhl bei Plön, t 2 3 . 1 0 . 1 9 2 1 Malente (Schleswig-Holstein). Der Sohn eines Wagenbauers studierte 1865-69 Theologie an den Universitäten Kiel und Berlin. Er wurde Pastor in T e t e n b ü l l / N o r d s e e und war als Redakteur der „FamilienBibliothek" sowie des von ihm begründeten Blattes „Das Immergrün. Ein Unterhaltungsblatt zur Förderung christlichen deutschen Familienlebens" (1884 ff.) tätig. Als Inspektor der Stadtmission in Berlin (1888) leitete E. auch deren Buchhandlung, war Redakteur des „Sonntagsfreundes", der „Blätter aus der Stadtmission", des „Martha-Kalenders" und gab den Kalender „Der deutsche Volksbote" heraus. Seit seiner Versetzung in den Ruhestand 1904 widmete sich E. der Schriftstellerei und veröffentlichte zahlreiche Erbauungsschriften, vor allem Erzählungen, darunter Die Familie des Bürgermeisters (1905). C D Killy E v e r s , Ernst August, Pädagoge, * 3 0 . 4 . 1779 Isenhagen bei Celle, f 6. 1. 1823 Lüneburg. Nach d e m Studium der Klassischen Philologie in Halle als Schüler von Friedrich August —> Wolf wirkte E. am dortigen Pädagogium und ging 1804 als Organisator und Rektor der ersten schweizer. Kantonsschule nach Aarau, wo er bis 1817 tätig war. Später übernahm er die Stelle des Reorganisators und Inspektors der Lüneburger Ritterakademie. E. war mit Heinrich —> Zschokke verschwägert. C D Leb Aargau E v e r s , Franz, Schriftsteller, * 1 0 . 7 . 1 8 7 1 W i n s e n / L u h e , t 1 4 . 9 . 1 9 4 7 Niemberg bei H a l l e / S a a l e . E. durchlief in Goslar eine Buchhändlerlehre, war 1889-91 Mitherausgeber der „Litterarischen Blätter", 1890 Redakteur der „Augsburger Neusten Nachrichten" und 1892-94 der okkultistischen Monatsschrift „Sphinx". Er gründete den Verlag „Kreisende Ringe" in Leipzig und war seit 1894 als freiberuflicher Schriftsteller tätig, zunächst in Goslar, seit 1907 in Wilmersdorf, seit 1945 in Niemberg. E. veröffentlichte mystische Gedichte und Texte sowie Bibelnachdichtungen, u. a. Symphonie. Ein Gedichtbuch ( 1892), Fundamente (1892), Sprüche aus der Höhe (1893), Die Psalmen (1894), Der Halbgott (1900), Sterbende Helden (1900) und Nachtwandel der Liebe (1911). m DLL, 20. Jh. E v e r s , Hans Gerhard, Kunsthistoriker, * 19.3. 1900 Lübeck, t 8.4. 1993 Hofgeismar. E. studierte Literaturwissenschaften in Göttingen und wurde 1924 mit der Arbeit Winckelmann und Lessing promoviert. 1932 habilitierte er sich in München (Die Breitrichtung der Basilika), wurde 1933 Privatdozent, 1942 a . o . P r o f . und folgte 1950 einem Ruf auf den Lehrstuhl für Kunstgeschichte an der T H Darmstadt. Daneben engagierte er sich f ü r Ausstellungen und die „Darmstädter Gespräche". E. veröffentlichte u . a . Staat aus Stein. Denkmäler, Geschichte und Bedeutung der ägyptischen Plastik während des Mittleren Reiches (1929), Tod, Macht und Raum als Bereiche der Architektur (1939), Rubens und sein Werk. Neue Forschungen (1943), Vom Historismus zum Funktionalismus (1967) und Ludwig II. von Bayern. Theaterfürst, König, Bauherr ( 1986). CD Metzler Kunsthistoriker

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Evers E v e r s , Joachim Dieterich, Jurist, * 1 2 . 9 . 1 6 9 5 Wismar, t 2 5 . 8 . 1 7 4 1 Hamburg (?). Der Sohn eines K a u f m a n n s studierte an den Universitäten Tübingen, Leipzig und Halle Rechtswissenschaften, wurde 1720 promoviert und begab sich auf eine Studienreise durch Deutschland. Danach praktizierte E. als Jurist in Hamburg, unterrichtete j u n g e Adlige in der Rechtswissenschaft und wurde 1736 Prof. der Logik und Metaphysik am Hamburger G y m n a s i u m , an d e m er später Moral und Eloquenz lehrte.

Evers,

Kathinka, Sängerin, * 1 . 7 . 1 8 2 2 Hamburg, t 1 6 . 8 . 1 8 9 9 O g g e b b i o / L a g o Maggiore. E., Schwester des Komponisten Carl —»E., erhielt ihre Ausbildung zum Teil bei dem Komponisten Heinrich August —> Marschner in Leipzig und Hannover und debütierte 1838 am Opernhaus von Leipzig. 1839 sang sie als Koloratursopran am Hoftheater in Wiesbaden, 1840-43 an der Hofoper in Stuttgart und war als Gast an den Hofopern in Wien, München und Berlin zu hören. Nach Engagements an den Stadttheatern in Bremen ( 1 8 4 3 / 4 4 ) und Hamburg ( 1 8 4 4 / 4 5 ) , ging E. nach Italien und trat in Florenz, Neapel, R o m und 1 8 5 1 / 5 2 am Teatro Fenice in Venedig auf. Nach einem Gastspiel in Leipzig (1854) sang sie abermals in Italien. Ihre größten Erfolge feierte E. als Koloratursopran (u. a. als N o r m a in Bellinis gleichnamiger Oper, als Leonore in Fidelio, als Desdemona in Rossinis Othello als Marie in Albert —> Lortzings Zar und Zimmermann und als Donna A n n a in Don Giovanni). m Kutsch E v e r s , Otto Justus, Chirurg, * 2 8 . 8 . 1728 Iber (heute zu Einbeck), t 17. 1. 1800 Lüchow. E. absolvierte 1750-53 das Studium der Chirurgie in Berlin und wurde 1757 Hospitalchirurg, 1759 Regimentschirurg. Nach d e m E n d e des Siebenjährigen Kriegs unternahm er Studienreisen u. a. nach Paris und Rouen und praktizierte dann als Hof- und Regimentschirurg. E., der 1788 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufg e n o m m e n wurde, veröffentlichte eine Reihe von medizinischen Abhandlungen, u . a . Neue vollständige Bemerkungen und Erfahrungen zur Bereicherung der Wundarzneykunst und Arzneygelahrtheit (1787) und lieber den Infarctus (1794). E v e r s , Tönnies (Antonius) d.J., Kunsttischler, Bildschnitzer, * um 1550 Lübeck, f 1612 Lübeck. Der Sohn des ebenfalls in Lübeck wirkenden gleichnamigen Holzschnitzers wurde bis 1567 bei seinem Vater ausgebildet, arbeitete 1 5 7 6 / 7 7 in Konstanz und war seit 1580 Amtsmeister in seiner Heimatstadt. 1588-99 und 1601-03 amtierte er als Ältermann der Z u n f t und gehörte zu den bedeutendsten Lübecker Holzschnitzern der ausgehenden Renaissance. Von seinem Werk blieben erhalten u. a. der Sängerchor in der Aegidienkirche in Lübeck ( 1 5 8 6 / 8 7 ) und Reste der Ausstattung des Rathaussaales in Lübeck (1594-1611). DO A KL E v e r s b u s c h , Oskar, Ophthalmologe, * 2 6 . 5 . 1853 Haspe (Westfalen), t 6. 8. 1912 München. E. Schloß das Studium der Medizin an den Universitäten Bonn, Straßburg, Berlin und Tübingen 1877 mit der Promotion (Zur Therapie des Entropium) ab. 1878-86 war er unter August von —> Rothmund erster Assistent der Universitäts-Augenklinik in München, 1882-86 Dozent für Augenheilkunde an der Univ., daneben Lehrer der vergleichenden Augenheilkunde an der Tierärztlichen Hochschule und folgte 1886 einem Ruf als o. Prof. der Ophthalmologie nach Erlangen. 1900 kehrte E. als Nachfolger R o t h m u n d s nach M ü n c h e n zurück und beschäftigte sich insbesondere mit der vergleichenden Anatomie des Auges sowie mit der operativen Augenheilkunde. Er veröffentlichte Die Pflege des Auges in Haus und Familie (1893) und Die neue Univer-

184

sitäts-Heilanstalt für Augenkranke in Erlangen (1893). E. war Mitbegründer der „Zeitschrift für vergleichende Augenheilkunde".

Eversmann,

(August Friedrich) Alexander von, Bergmann, Industrieller, * 8 . 1 0 . 1 7 5 9 Brachwitz bei H a l l e / S a a l e , t 2 9 . 1 0 . 1 8 3 7 Berlin. Nach dem Studium der C h e m i e unter Martin Heinrich —»Klaproth und Franz —» Achard begleitete E., Sohn eines preuß. Kriegs- und Domänenrats und Oberamtmanns zu Giebichenstein, 1780 Friedrich Anton von —> Heynitz auf einer Reise nach Westfalen. Seit 1781 Bergkommissarius, besuchte er die Fabriken in der Mark und begab sich als Fabriken-Kommissarius 1783 auf eine Reise nach England und Schottland. Danach wurde E. Bergrat und 1791 Kriegs- und Steuerrat an der Kriegs- und D o m ä n e n k a m m e r in H a m m . Seit 1807 war er Inspecteur général des manufactures du Gran-Duché de Berg. 1809 von den Franzosen entlassen, wurde er 1810 russischer Oberbergmeister, baute seit 1812 im Auftrag des Zaren die kaiserliche Schwertfabrik in Slatoust auf, deren Direktor er wurde, und trat 1819 als russischer Oberbergdirektor in den Ruhestand. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Uebersicht der Eisen- und Stahl-Erzeugung auf Wasserwerken in den Ländern zwischen Lahn und Lippe (1804; Nachdr. 2 Tie., 1 9 8 2 / 9 3 ) und Hydrotechniko-graphische Darstellung des Rheins, seiner Ufer und seines Inundations-Gebiets, von Worringen abwärts bis zur Königl. Niederländischen Grenze (1836). 1966-68 erschien seine Lebensbeschreibung in zwei Bänden. m

Rhein-Westf Wirt, Bd 10

E v e r t h , Erich, Redakteur, Zeitungswissenschaftler, * 3 . 7 . 1878 Berlin, t 2 2 . 6 . 1934 Leipzig. E., Sohn eines Kaufmanns, studierte in Berlin Philosophie, Kunstgeschichte und Psychologie und wurde an der Univ. Leipzig promoviert ( D e r Bildrahmen als ästhetischer Ausdruck von Schutzfunktionen). Er arbeitete bei der „RheinischWestfälischen Zeitung" und vertrat dann die „Magdeburger Zeitung" in Berlin. Während des Ersten Weltkriegs war E. in der Presseverwaltung in Warschau und als Chefredakteur des „Leipziger Tageblatts" tätig. Später wurde er Chefredakteur der Telegraphen-Union, stellvertretender Chefredakteur des unpolitischen Teils der „Deutschen Allgemeinen Zeitung", Kulturpolitiker der „Vossischen Zeitung" und Korrespondent des „Berliner Tageblatts" in Wien. 1926 übernahm E. die neugeschaffene Professur für Zeitungskunde an der Univ. Leipzig (Antrittsvorlesung: Zeitungskunde und Universität) und leitete das Institut f ü r Zeitungskunde bis zu seiner Entlassung 1933. Er veröffentlichte u . a . die psychologisch-ästhetische Schrift Wilhelm Raabe (1913) und gab die Sammlung Das Wesen der Zeitung (1928) heraus. DD D L L , 20. Jh. E v e r t h , Franz, Schauspieler, Regisseur, * 2 2 . 5 . 1880 Berlin, t 19.6. 1965 Lenzkirch. E. stand seit 1900, dann wieder seit 1906 in Berlin auf der Bühne, hatte 1902 ein Engagement in Meiningen und spielte von 1908 an am Schauspielhaus Düsseldorf. 1912 trat er am Staatstheater Wiesbaden auf, seit 1919 am Deutschen Volkstheater in Wien, seit 1922 in Zürich und von 1926 an erneut in Düsseldorf. 1932 wurde E. Theaterdirektor in Köln, hatte 1933-45 die Generalintendanz am Hessischen Landestheater in Darmstadt inne und war anschließend Intendant der Städtischen Bühnen in Freiburg/Breisgau, 1945-50 am Stadttheater in Baden-Baden, 1953-55 in Mainz. E w a l d , (Christian Wilhelm) Carl von, Staatsmann, * 1 8 . 6 . 1 8 5 2 R e h b a c h / O d e n w a l d , f 2 . 9 . 1932 Darmstadt. Das Studium der Rechtswissenschaften absolvierte E., Sohn eines Ökonomierats und Domänenpächters, an den Univer-

Ewald sitäten Leipzig, Göttingen und Gießen, arbeitete anschließend als Amtsrichter und Staatsanwalt an verschiedenen hessischen Gerichten und war seit 1896 Reichsgerichtsrat. 1905 wurde er hessischer Justizminister, 1906 Staatsminister und führte in dieser Funktion die Wahlrechtsreform in Hessen ein. 1918 trat E. nach der Revolution von seinen Ämtern zurück. m NDB E w a l d , Carl, österr. Chirurg, * 7 . 6 . 1865 Münchengrätz (Böhmen), f 2 0 . 3 . 1 9 5 0 Wien. E. unternahm nach dem Medizinstudium in Wien, das er 1889 mit der Promotion abschloß, eine Studienreise an die Universitäten München, Würzburg, Heidelberg und Paris. Seit 1890 Operationszögling an der von Eduard —> Albert geleiteten I. Chirurgischen Universitätsklinik, arbeitete er 1893 kurze Zeit als Assistent am Pathologisch-Anatomischen Institut und war dann Assistent Alberts, bevor er sich 1897 für Chirurgie habilitierte. 1900 wurde E. Primararzt am St.-Rochus-Spital und leitete seit 1902 die Chirurgische Abteilung des neugegründeten Sophienspitals, dessen Leitung er 1904-34 innehatte. In seinen zahlreichen wissenschaftlichen Abhandlungen beschäftigte sich E. insbesondere mit der Chirurgie der Leber- und Gallenerkrankungen sowie der Halsorgane und mit der Unfallchirurgie. (Indikationen zu chirurgischen Einriffen, 2 Bde., 1905; Hilfsbuch zum Anlegen chirurgischer Krankengeschichten, 1909; Die Behandlung der Knochenbrüche, 1928). Seit 1936 in Innsbruck ansässig, wirkte er seit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs an der A m b u l a n z der I. Chirurgischen Universitätsklinik in Wien. m ÖBL E w a l d , Ernst (Deodat Paul Ferdinand), Maler, M u s e u m s direktor, * 17.3. 1836 Berlin, t 3 0 . 1 2 . 1904 Berlin. Der einer Bankiersfamilie entstammende E. studierte zunächst Naturwissenschaften, seit 1855 Malerei, erst bei Carl —>Steffeck in Berlin, dann 1856-63 in Paris. Er vervollk o m m n e t e seine Kenntnisse in Italien, w o er sich insbesondere mit den Wandmalereien der Renaissance beschäftigte. Nach Berlin zurückgekehrt, malte er einige Freskofolgen, darunter Szenen aus der Nibelungensage (Nationalgalerie). 1868 wurde E. Lehrer an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums, 1874 deren Direktor und schuf vor allem Kunstgewerbliches. Daneben war er künstlerischer Ratgeber des Kronprinzen, des späteren Kaisers —> Friedrich III., und erteilte Kaiser —> Wilhelm II. sowie dem Prinzen —> Heinrich von Preußen Zeichenunterricht. CD A K L E w a l d , Georg, Politiker, * 30. 10.1926 Buchholz (Kr. Stralsund), f 14.9. 1973 bei Gotha (Thüringen). Zunächst auf dem elterlichen Hof tätig, wandte sich E. nach dem Zweiten Weltkrieg der Politik zu und besuchte 1 9 5 3 / 5 4 die Parteihochschule der SED. 1955-60 war er Erster Sekretär der SED-Kreisleitung auf Rügen und führte dort als erster die Kollektivierung durch. E. wurde 1960 Erster Sekretär der SED-Bezirksleitung Neubrandenburg, 1963 Vorsitzender des Landwirtschaftsrats, später Minister für Land-, Forstund Nahrungsgüterwirtschaft sowie Mitglied des Präsidiums des Ministerrats der D D R . 1950-60 war er zeitweiliges Mitglied der Kreistage von Stralsund, Bad Doberan und Rügen, 1960-63 Abgeordneter des Bezirkstags von Neubrandenburg. 1963-73 gehörte er der Volkskammer an. E. starb an den Folgen eines Verkehrsunfalls. CD D D R E w a l d , Gottfried, Psychiater, Neurologe, * 1 5 . 7 . 1 8 8 8 Leipzig, t 17.7. 1963 Göttingen. Das Studium der Medizin an den Universitäten Erlangen und Heidelberg Schloß E. 1912 in Erlangen mit der Promotion ab (Über die Bedeutung der freien HCl für die Pepsinverdauung und über die psychische und chemische Beeinflussung der Magensekretion). Er war Assistent am Physiologi-

schen Institut in Heidelberg und in H a l l e / S a a l e , dann an der Rostocker Psychiatrischen Klinik, 1916-18 an der Psychiatrischen und Nervenklinik in Berlin, 1919 in Erlangen, wo er sich 1920 für Psychiatrie habilitierte (Die Abderhaldensche Reaktion mit besonderer Berücksichtigung ihrer Ergebnisse in der Psychiatrie). Seit 1922 Oberarzt, wurde E. 1923 zum a. o. Prof. ernannt. 1933 war er kommissarischer Direktor der Psychiatrischen und Nervenkliniken Greifswald, seit 1934 o . P r o f e s s o r . Im selben Jahr ging E. in gleicher Funktion nach Göttingen, w o er auch Direktor der Nervenklinik sowie der Landes-Heil- und Pflegeanstalt wurde. Er wandte sich gegen das Euthanasieprogramm und konnte einige seiner Patienten vor d e m Abtransport bewahren. E., der jedoch d e m Nationalsozialismus nicht grundsätzlich ablehnend gegenüberstand, war Berater der Psychiater der Wehrmacht und seit 1933 Mitglied der N S D A P . Er veröffentlichte u. a. Temperament und Charakter (1924), Biologische und reine Psychologie im Persönlichkeitsaußau (1932) und Lehrbuch der Neurologie (1944, 5 1964). CD Ärzte 2, 3 E w a l d , (Georg) Heinrich (August) von, evang. Theologe, Orientalist, Politiker, * 16. 11. 1803 Göttingen, f 4 . 5 . 1 8 7 5 Göttingen. Der Sohn eines Tuchmachers studierte seit 1820 Theologie, klassische Philologie und orientalische Sprachen in seiner Heimatstadt - vor allem bei Johann Gottfried —> Eichhorn - , wurde 1823 zum Dr. phil. promoviert (Die Komposition der Genesis kritisch untersucht) und war seit 1825 Repetent an der Theologischen Fakultät. 1827 wurde er a. o., 1831 o. Prof. an der Philosophischen Fakultät, 1835 Nominalprofessor der orientalischen Sprachen. Zu den Göttinger Sieben gehörend, wurde E. 1837 seines Amtes enthoben, folgte 1838 einem Ruf als o . P r o f . der Philosophie nach Tübingen, wo er seit 1841 an der Theologischen Fakultät wirkte. 1848 kehrte er nach Göttingen zurück und lehrte orientalische Sprachen und alttestamentliche Theologie. Wegen seiner Weigerung, den Eid auf den König von Preußen zu leisten, verlor er 1867 sein A m t zum zweiten Mal. E. war 1863 Mitbegründer des Deutschen Protestantenvereins und gehörte seit 1869 als Mitglied der Weifenpartei dem Deutschen Reichstag an. E. gilt als einer der bedeutendsten Orientalisten seiner Zeit und wurde mit seinen Arbeiten zur hebräischen Grammatik, darunter Kritische Grammatik der hebräischen Sprache (1827, ab der 5. Auflage unter d e m Titel Ausführliches Lehrbuch der hebräischen Sprache des Alten Bundes, " 1870), der eigentliche Begründer der semitischen Sprachwissenschaft. Er schrieb epochemachende Werke zur Exegese des Alten Testaments (u. a. Die poetischen Bücher des Alten Bundes, 4 Bde., 1835-39; 2. und 3. Auflage unter d e m Titel Die Dichter des Alten Bundes, 3 Bde. in 4 Teilen, 1 8 6 6 / 6 7 ; Die Propheten des Alten Bundes, 2 Bde., 1 8 4 0 / 4 1 , 3 B d e . , 2 1 8 6 7 / 6 8 ) . E. verfaßte die erste kritische Gesamtdarstellung der Geschichte des jüdischen Volkes (Geschichte des Volkes Israel bis Christus, 6 Bde., 1843-58; 7 Bde. und 2 Supplementbände, '1864-69). CD T R E E w a l d , Hermann Adolf, Pseud. A. O. Waldfeld, Jurist, Schriftsteller, * 2 4 . 1 . 1 8 2 4 Gotha, t 2 9 . 8 . 1895 Gotha. E. studierte in Bonn, Jena und Berlin Rechtswissenschaften, legte 1847 das juristische Staatsexamen ab und trat in den Staatsdienst des Herzogtums Gotha ein; er wurde Landrichter und erhielt den Titel Geheimer Justizrat. Seit seiner Pensionierung praktizierte E. als Rechtsanwalt und wandte sich verstärkt seinen schriftstellerischen Interessen zu. Neben Arbeiten in verschiedenen Zeitschriften, u. a. einer Abhandlung Ueber das Duell (1844) in den „Epigonen", veröffentlichte E. unter P s e u d o n y m eine Reihe von Novellen, darunter die S a m m l u n g Nach fünfzehn Jahren (2 Bde., 1867), sowie zwei Lustspiele.

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Ewald E w a l d , Johann von, Militär, * 3 0 . 3 . 1 7 4 4 Kassel, t 2 5 . 6 . 1 8 1 3 bei Kiel. Der Sohn eines Postbeamten trat 1760 in das hessische Militär ein, nahm am Siebenjährigen Krieg teil und wurde 1765 Gardeleutnant, 1774 Kapitän der Leibjäger. Seit 1776 war er mit einem hessischen Regiment in englischem Dienst in Nordamerika, kehrte 1784 zurück und wurde Kapitän im Dittfurthschen Infanterieregiment, wechselte 1788 in dänische Dienste und war seit 1795 Oberst des Schleswigschen Jägerkorps in Eckernförde, seit 1803 General. 1809-13 k ä m p f t e er als dänischer Generalleutnant und Regierender General in Holstein. E. verfaßte militärische Schriften, darunter eine Abhandlung über den kleinen Krieg (1785), in denen er die Erfahrungen des amerikanischen Kriegs verarbeitete. m S H B L , Bd 11 E w a l d , Johann Joachim, Jurist, Dichter, * 3 . 9 . 1 7 2 7 Spandau, t nach 1762. E., Sohn eines Handwerkers und späteren Wirts, studierte 1 7 4 8 / 4 9 Rechtswissenschaften an der Univ. Halle und war seit 1749 Hofmeister bei General Wolf Friedrich von Retzow, dessen Söhne er 1750 an die Univ. F r a n k f u r t / O d e r begleitete. 1752-57 war er Auditeur eines Potsdamer Regiments, 1 7 5 7 / 5 8 Hofmeister des Erbprinzen —»Ludwig von Hessen-Darmstadt, begab sich dann auf Reisen, u . a . nach Italien, und gilt seit 1762 als verschollen. Während seines Berliner Aufenthalts war E., befreundet mit Ewald Christian von —> Kleist, Friedrich —> Nicolai und Karl Wilhelm - > Ramler, als Gelegenheitsdichter tätig und schrieb zeitgemäße Lyrik in anakreontischem Stil, patriotisch-friderizianische Gedichte sowie E p i g r a m m e (Lieder und Sinngedichte, 1757). CD Killy E w a l d , Johann Ludwig, reformierter Theologe, Pädagoge, Schriftsteller, * 1 6 . 9 . 1 7 4 8 Dreieichenhain (IsenburgBirstein), t 19.3. 1822 Karlsruhe. Nach d e m Theologiestudium an den Universitäten Marburg und Göttingen war E., Sohn eines fürstlich Isenburgschen Amtskellers, 1768-70 Hauslehrer und Erzieher. 1773 wurde er Pfarrer in Offenbach, 1781 Hofprediger und Generalsuperintendent in Detmold und reformierte das dortige Bildungswesen. Seit 1796 zweiter Pfarrer an St. Stephani in Bremen, ging E. 1805 als Prof. der Moral- und Pastoraltheologie nach Heidelberg und wurde 1807 Ministerial- und Kirchenrat in Karlsruhe, wo er bis 1822 wirkte, bis 1821 als Mitglied der Generalsynode. Er gehörte dort zum Kreis um Johann Heinrich —» Jung-Stilling und förderte die Badische Union. Beeinflußt von Jakob - » Heß, Johann Caspar Lavater und Philipp Matthäus —» Hahn, war E. supranaturalistischer Biblizist. In seinen pädagogischen Schriften verband er die theologischen Positionen des Pietismus mit den Ideen Johann Heinrich Pestalozzis. 1783 erschien seine Schrift Die Erziehung des Menschengeschlechts nach der Bibel, 1792 Über Revolutionen, ihre Quellen und die Mittel 2 dagegen ( 1793) und 1808 das religiöse Drama Mehaia, die Jephtaidin. DP Westf Autoren, Bd 1 E w a l d , Julius, Geologe, Paläontologe, * 3. 12.1811 Berlin, t 1 1 . 1 2 . 1 8 9 1 Berlin. Das Studium der Naturwissenschaften begann E. an der Univ. B o n n , setzte es in Berlin fort, wurde dort 1837 mit der Arbeit De crystallis duorum axium opticorum promoviert und begab sich anschließend auf Studienreisen nach Frankreich, in die Schweiz, nach Italien und Spanien, wobei er sich insbesondere mit den Ablagerungen der Kreideformationen in Südfrankreich beschäftigte. Seit 1855 untersuchte er die Kreideablagerungen am nördlichen Rand des Harzes und stellte eine geologische Karte des Gebiets zwischen Magdeburg und d e m Harz her. Seit 1853 war E. Mitglied

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der Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften, seit 1860 der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er war der Onkel von Karl Anton und Richard —> E. E w a l d , Karl Anton (Emil), Internist, * 3 0 . 1 0 . 1845 Berlin, t 2 0 . 9 . 1915 Berlin. Der Sohn eines Historienmalers und Bruder Richard - > E.s studierte an den Universitäten Berlin, Heidelberg und Bonn Medizin, wurde 1870 in Berlin promoviert (Beiträge zur Histologie und Physiologie der Speicheldrüse des Hundes) und war anschließend Assistent bei Friedrich Theodor von —»Frerichs. 1874 habilitierte sich E. und leitete seit 1876 die Berliner Frauensiechenanstalt. Seit 1882 a. o. Prof., übernahm er 1888 die Innere Abteilung des Berliner AugustaHospitals, wo er, seit 1909 ordentlicher Honorarprofessor, bis an sein Lebensende wirkte. E. beschäftigte sich mit der Physiologie und Pathologie der Verdauungsorgane sowie mit der Diagnostik und Therapie ihrer Erkrankungen. Z u s a m m e n mit Ismar —> Boas führte er das „Boas-Ewaldsche Probefrühstück" zur M a g e n f u n k t i o n s p r ü f u n g ein. E. veröffentlichte u. a. Klinik der Verdauungskrankheiten (3 Bde., 1879-1902), Handbuch der allgemeinen und speciellen Arzneiverordnungslehre ("'1883, " 1 9 0 1 ) , Kunst alt zu werden (1905, 2 1906), Die Leberkrankheiten (1913) und Stoffwechsel und Diät von Gesunden und Kranken (1914). tao Ärzte 2 E w a l d , Manfred, Sportfunktionär, * 1 7 . 5 . 1 9 2 6 Podejuch (Pommern), t 2 1 . 1 0 . 2 0 0 2 Damsdorf. E., Sohn eines Schneiders, erhielt 1940-43 eine Ausbildung zum Verwaltungsangestellten, war während der nationalsozialistischen Herrschaft illegal politisch aktiv und geriet 1945 in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Danach wurde er Mitglied mehrerer Gremien von K P D , S E D und der Freien Deutschen Jugend. Er beteiligte sich 1948 als Sportfunktionär an der Gründung des Deutschen Sportausschusses und war bis 1952 dort Sekretär. 1952 wurde E. Staatssekretär und Vorsitzender des Staatlichen Komitees für Körperkultur und Sport. Er war seit 1957 Mitglied, 1960/61 Vizepräsident und 1961-88 Präsident des Deutschen Turn- und Sportbundes. 1963 wurde er Mitglied des Zentralkomitees der SED, gehörte 1963-90 der Volkskammer der D D R an und war 1973-90 als Nachfolger von Heinz —» Schöbel Präsident des Nationalen Olympischen Komitees der D D R . Bei den Olympischen Spielen 1964 stand E. als Leiter der gesamtdeutschen Mannschaft vor. Seine Erinnerungen erschienen unter d e m Titel Ich war der Sport. Wahrheiten und Legenden aus dem Wunderland der Sieger (1994). OD D D R E w a l d , Oskar, urspr. Friedländer, Philosoph, * 2 . 9 . 1881 Bur-St. Georgen (Slowakei), t 2 5 . 9 . 1940 Oxon bei Oxford (Großbritannien). Der Sohn des Religionshistorikers Moritz Friedländer begann zunächst ein rechtswissenschaftliches Studium an der Wiener Univ., wandte sich dann jedoch der Philosophie zu und wurde 1903 zum Dr. phil. promoviert. 1909 habilitierte sich E. f ü r theoretische Philosophie und lehrte bis 1928 als Privatdozent an der Univ. Wien. Seit 1926 unternahm er zahlreiche Vortragsreisen in die Schweiz, nach Deutschland und Schweden. 1938 von den Nationalsozialisten verhaftet, wurde er im Konzentrationslager Dachau interniert. 1939 nach einer Intervention des Physikers Alexander von —» Muralt freigelassen, kehrte E. nach Wien zurück und emigrierte über die Schweiz nach Großbritannien. Er veröffentlichte u. a. Nietzsches Lehre in ihren Grundbegriffen. Die ewige Wiederkunft des Gleichen und der Sinn des Obermenschen (1904), Richard Avenarius als Begründer des Empiriokritizismus. Eine erkenntniskritische Untersuchung über das Verhältnis von Wert und Wirklichkeit ( 1905), Kants

Ewer Methodologie in ihren Grundzügen. Eine tische Untersuchung (1906), Kants kritischer Grundlage von Erkenntnistheorie und Ethik Religion des Lebens (1925). CD Lex

erkenntnistheoreIdealismus als (1908) und Die dt-jüd Autoren

E w a l d , Otto, Sänger, * 1 8 . 3 . 1 8 4 2 Hannover, 1 1 7 . 3 . 1 9 0 6 Kassel. Der Sohn eines Instrumentenmachers besuchte Mal- und Zeichenkurse am Polytechnikum in Hannover sowie an der Kunstakademie in München, widmete sich dann jedoch einer Gesangsausbildung am Münchner Konservatorium. 1866 debütierte er als Monostatos in der Zauberflöte am Stadttheater von Würzburg, wo er zunächst als Tenor-Buffo und jugendlicher Gesangskomiker auftrat. Anschließend war E. am Stadttheater von Nürnberg sowie an den Opernhäusern von Breslau und Kassel tätig und gab 1871 ein Gastspiel als Dandolo in Zampa von Louis-Joseph-Ferdinand Hérold am Hoftheater von Kassel, wo er anschließend bis zu seiner Pensionierung 1901 engagiert war. Zu seinem Rollenrepertoire zählten vor allem die Partie des Basilio in Die Hochzeit des Figaro sowie die des Veit in Undine. E. trat ferner in einer Reihe von Gesangspossen Johann - » Nestroys auf und war seit 1883 auch als Opernregisseur tätig. DP Kutsch E w a l d , Paul (Hermann August), evang. Theologe, * 13. 1.1857 Leipzig, t 2 6 . 5 . 1 9 1 1 Erlangen. Das Studium der Theologie absolvierte E., Sohn eines Kaufmanns und Schuhfabrikanten, seit 1875 an den Universitäten Leipzig und Erlangen. 1881 w u r d e er in Leipzig zum Dr. phil. ( D e r Einfluß der stoisch-ciceronianischen Moral auf die Darstellung der Ethik bei Ambrosius), im folgenden Jahr auch zum Lizentiaten der Theologie promoviert und habilitierte sich 1883 für Dogmatik und neutestamentliche Exegese. Seit 1887 a. o . P r o f . , folgte E. 1890 einem Ruf als Ordinarius f ü r neutestamentliche Theologie nach Wien und ging 1895 als Prof. der Dogmatik und neutestamentlichen Exegese nach Erlangen, wo er 1909 den neutestamentlichen Lehrstuhl übernahm. Zu seinen Werken zählen u . a . zwei Bände über die Gefangenschaftsbriefe des Apostels Paulus sowie die Abhandlung Hauptprobleme der Evangelienfrage (1893). m NDB E w a l d , Peter Paul, Physiker, * 2 3 . 1 . 1888 Berlin, t 2 2 . 8 . 1985 Ithaca (New York, USA). E., Sohn eines Historikers, studierte Physik an den Universitäten Göttingen und München, wurde 1912 in München mit der Arbeit Dispersion und Doppelbrechnung von Elektronengittern (Kristallen) promoviert und lehrte dort als Privatdozent seit 1918 theoretische Physik (Habilitationsschrift: Zur Begründung der Kristalloptik). 1921 ging er als a. o. Prof. an die T H Stuttgart, wo er 1922-37 o . P r o f . , 1933 Rektor der Univ. war. 1937 emigrierte E. nach Großbritannien, lehrte bis 1949 zunächst an der Cambridge University, später als Prof. der Mathematik und Physik in Belfast und ging im selben Jahr in die U S A , wo er am Polytechnical Institute of Brooklyn in New York tätig war. Seine wissenschaftliche Arbeit konzentrierte sich auf das Gebiet der Kristalloptik, der Röntgenstrahlbeugung an Kristallen sowie der Röntgenstrukturanalyse. 1917 formulierte E. unabhängig von Charles Galton Darwin eine dynamische Theorie der Röntgenstrahlinterferenzen. Nach E. ist die Ewald-Konstruktion benannt. Er veröffentlichte u. a. Kristalle und Röntgenstrahlen ( 1923), Die Reflexion und Brechung des Lichts als Problem der Elektronentheorie (1925), Aufbau der festen Materie und seine Erforschung durch Röntgenstrahlen (1926) und Elektrostatische und optische Potentiale im Kristallraum und im Fourierraum (1938). Seit 1966 war E. Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. c d B H d E , Bd 2

E w a l d , Reinhold, Maler, Graphiker, Bildhauer, * 3 0 . 3 . 1 8 9 0 Hanau, t 30. 11. 1974 Hanau. Nach einer Lehre als Dekorationsmaler 1 9 0 5 / 0 6 studierte E. 1 9 0 6 / 0 7 an der Hanauer Zeichenakademie und 1907-11 an der Kunstgewerbeschule in Berlin. Seit 1919 Mitglied der Darmstädter Sezession, unterrichtete er 1921-33 und 1949-63 an der Hanauer Zeichenakademie. 1941-45 war er Gestalter an der Glashütte in Weißwasser (Oberlausitz) bei seinem ehemaligen Schüler Wilhelm —» Wagenfeld. Der Hauptteil seiner Arbeiten, die Einflüsse des Kubismus, Futurismus und der Neuen Sachlichkeit erkennen lassen, entstand 1923-29 und zeigt hauptsächlich sakrale Themen. • α A KL E w a l d , Richard (Ernst Julius), Physiologe, * 14.2. 1855 Berlin, t 2 2 . 7 . 1 9 2 1 Konstanz. Der Bruder Karl Anton —>E.s studierte Mathematik, Physik und Medizin an den Universitäten Heidelberg, Berlin, Leipzig und Straßburg. 1880 wurde er in Straßburg promoviert (Der normale Athmungsdruck und seine Curve), war dort anschließend Assistent des Physiologen Friedrich Leopold —> Goltz und habilitierte sich 1883 für Physiologie. Seit 1888 a . o . P r o f . , wurde E. 1900 Ordinarius für Physiologie in Straßburg. 1892 erfolgte die A u f n a h m e in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. Er befaßte sich in seinen wissenschaftlichen Arbeiten mit der Atmung, d e m Kreislauf und d e m Vestibularapparat des inneren Ohrs. Der von E. zuerst erkannte funktionelle Antagonismus zwischen der horizontalen und den beiden vertikalen Bogengangsampullen wird als „Ewaldsches Gesetz" bezeichnet. Er veröffentlichte u . a . Physiologische Untersuchungen über das Endorgan des Nervus octavus (1892), Eine neue Hörtheorie (1899), Schematische Darstellung der Lage der Bogengänge (1914) und Das Strassburger physiologische Praktikum (1914). t u NDB E w a l d , Schack H e r m a n n , eigentl. Jacques H. E., Schriftsteller, * 6 . 2 . 1 7 4 5 Gotha, t 5 . 5 . 1822 Gotha. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften 1764-69 an der Univ. Jena praktizierte E. bis 1772 als Amtsadvokat in seiner Heimatstadt und ging dann nach Göttingen, wo er Mitglied des Hainbundes wurde und sich der Schriftstellerei zuwandte. Neben seinen literarischen Werken, darunter an —»Klopstock orientierte Oden (1772) und das Schauspiel Heyrath aus Liebe (1781), veröffentlichte E. juristische und philosophische Abhandlungen (u. a. Kritik der Regierungsform des deutschen Reiches, 1798) und widmete sich vor allem kulturhistorischen und belletristischen Übersetzungen. 1784 wurde er Hofmarschallsekretär, 1812 Hofrat. E. war Gastgeber Christoph Martin Wielands bei dessen erster Verdammung durch den Göttinger Hainbund 1772. CD Killy E w a l d , Wilhelm Heinrich, Beamter, * 2 3 . 2 . 1 7 9 1 Gotha, t 4 . 1 2 . 1865. Das Studium der Rechtswissenschaften absolvierte E. an der Univ. Jena, trat 1811 in den gothaischen Staatsdienst ein, wurde 1831 Assessor im Hofmarschallamt und war seit 1833 als Kriegsrat zugleich Mitglied der Militärverwaltung. 1842 übernahm er die Leitung der wissenschaftlichen S a m m l u n gen sowie der Kunstsammlungen auf Schloß Friedrichstein in Gotha, für deren Verwaltung später eine eigene Behörde geschaffen wurde, deren Direktor E. 1850-61 war. E w e r , Leopold, Orthopäde, * 4 . 1 . 1 8 4 9 Anklam, t 16.12. 1909 Berlin. E. studierte 1868-73 Medizin an der Univ. Wien, war während des Deutsch-Französischen Kriegs als Chirurg in den Militärkrankenhäusern Berlin und Karlsruhe tätig und wurde 1872 in Berlin promoviert (Der Ileus paralyticus).

187

Ewerbeck Anschließend wandte er sich der Orthopädie und Heilgymnastik zu, eröffnete eine eigene Praxis in Berlin und veröffentlichte u. a. Die Leibesübungen und Wettspiele in Altgriechenland und Rom (1896), Der Bau des menschlichen Körpers. Ein Leitfaden für Masseure (1901), Gymnastik für Aerzte und Studierende (1901) und Indikation und Technik der Bauchmassage (1901). DP Arzte 2

Ewerbeck,

Christian Gottfried, Philosoph, Mathematiker, * 1 5 . 1 . 1 7 6 1 Könitz, t 28. 12. 1837 Elbing. E., Sohn eines Apothekers, studierte an der Univ. Halle vor allem Philologie, war Lehrer am kgl. Pädagogium in Glaucha bei Halle, wurde 1787 mit der Arbeit Super doctrinae de moribits historia, eius fontibus conscribendi ratione et utilitate zum Dr. phil. promoviert und lehrte dann am Pädagogium in Halle. 1787 vervollkommnete er seine mathematischen Kenntnisse in Berlin und war seit 1789 Prof. der Mathematik am Akademischen G y m n a s i u m in Danzig. Seit 1790 auch Prof. der Philosophie und Aufseher der Ratsbibliothek, übernahm er nach der Umgestaltung der Schule 1814 das Rektorat des Gymnasiums, legte dieses A m t jedoch 1817 freiwillig nieder und verbrachte nach Niederlegung des Bibliothekarsamtes 1822 seine letzten Lebensjahre als Privatgelehrter in Elbing. E. beschäftigte sich vor allem mit der Philosophie der englischen Aufklärung und übersetzte James Harris und A d a m Smith ins Deutsche. Zu seinen Publikationen gehörte De similitudine inter mathesin puram atque philosophiam logicam (1789). CD Altpreuß Biogr, Bd 1

Ewerbeck,

Hermann (August), Vorkämpfer der Arbeiterbewegung, * 12.11. 1816 Danzig, t 4. 11.1860 Paris. E., Sohn eines Gymnasiallehrers, studierte 1835-39 Medizin und wurde 1839 an der Univ. Berlin promoviert. 1841 in Paris in den Bund der Gerechten und dessen Zentralleitung aufg e n o m m e n , wurde er zu einem der bedeutendsten Agitatoren und Organisatoren des Bundes und reiste u . a . zu Wilhelm —> Weitling und Karl —»Schapper. Beeinflußt von Etienne Cabet, dessen Voyage en Icarie er 1837 übersetzte, M o s e s —» Hess, Karl —»Grün sowie von Karl —»Marx und Friedrich —> Engels, befürwortete er einen friedlichen K o m m u n i s m u s und versuchte, Weitling von seinen Putschplänen abzubringen. 1 8 4 5 / 4 6 war E. Mitherausgeber der „Blätter der Zuk u n f t " in Paris, 1 8 4 6 / 4 7 veröffentlichte er zeitkritische und utopisch-sozialistische Aufsätze und Gedichte u . a . in den „Rheinischen Jahrbüchern zur gesellschaftlichen R e f o r m " und in den „Pariser Hören". Seit 1846 war er Pariser Mitarbeiter des Kommunistischen Korrespondenz-Komitees, bis 1850 Mitglied des Bundes der Kommunisten und 1 8 4 8 / 4 9 Sekretär des Deutschen Vereins in Paris, für den er 1848 am zweiten demokratischen Kongreß in Berlin teilnahm. Nach 1850 war er als Schriftsteller, Sprachlehrer und Bibliothekar tätig. DD Demokr Wege

Ewers,

(Hartwig Peter) Friedrich, K a u f m a n n , Industrieller, * 2 1 . 9 . 1828 Lübeck, t 1 5 . 1 2 . 1 9 1 3 Lübeck. E. durchlief eine Kaufmannslehre in seiner Heimatstadt und fand anschließend eine Anstellung bei der F i r m a von Daniel Heinrich Carstens, Lübeck, die einen Eisenwarengroßhandel und seit 1845 die erste deutsche Fabrik für die Herstellung von Lebensmittelkonserven betrieb. 1854-79 leitete E. die Firma, 1881 gründete er zusammen mit d e m Ingenieur Jacob Miesner ein eigenes Unternehmen, das Maschinen aus Hartguß produzierte (u. a. für die Mühlen- und Ziegelindustrie) und d e m er bis 1903 vorstand. Nachdem er ein ausländisches Patent für den Verschluß von Blechdosen erworben hatte, richtete er 1883 eine Fabrik zur Herstellung von Konservendosen ein. Mit seinem Unternehmen, das zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts rund 600 Arbeiter beschäftigte und das neben Konservendosen u. a. auch die z u m Verschließen notwendigen Maschinen anbot, gab E.

188

den Anstoß für die Entstehung einer umfangreichen Fischkonservenindustrie in Lübeck und Umgebung. Nach Aufkauf der Fabrik durch die Aktiengesellschaft Cartonnagenindustrie Dresden 1897 trat er von der Geschäftsführung zurück und gründete 1903 zusammen mit seinem Sohn, (Eduard) Friedrich - > E . , ein Kalksandsteinwerk. 1888 regte E. die Gründung einer Baugenossenschaft an; 1 8 8 9 / 9 0 übernahm er den Vorsitz des Industrie-Vereins. Er war auch der Vater von Hans und Ludwig —»E. e n S H B L , Bd 11 E w e r s , (Eduard) Friedrich, Fabrikant, * 4. 12.1862 Lübeck, t 7 . 2 . 1936 Lübeck. Nach einer kaufmännischen Lehre in Hamburg war E., Sohn von (Hartwig Peter) Friedrich - ^ E . , Bruder von Ludwig —»E. und Halbbruder von Hans —»E., in Kolumbien und in London tätig. Wieder zurück in Deutschland trat er als Teilhaber in die Konservendosenfabrik seines Vaters ein und leitete die Geschäfte auch nach Ü b e r n a h m e durch die Aktiengesellschaft Cartonnagenindustrie Dresden bis 1901. Zusammen mit seinem Vater gründete E. 1903 eine Kalksandsteinfabrik in Lübeck-Siems, deren Geschäftsleitung er bis zu sein e m Tode übernahm. 1908 wurde der Betrieb um eine Schamottefabrik erweitert, die sich zum wichtigsten Bestandteil des Unternehmens entwickelte. Ein eigener Bahnanschluß und eigene Kaianlagen gewährleisteten den Export vor allem in die skandinavischen Länder. E. war 1899-1919 Mitglied des Lübecker Senats. 1900 gehörte er zu den Begründern der Lübecker Schwefelsäure- und Superphosphat-Fabrik des ersten Unternehmens der chemischen Großindustrie in Lübeck - und war an der Errichtung der Hochofenwerk Lübeck A. G. beteiligt. 1901-32 war E. Vorsitzender des Industrie-Vereins (seit 1932 Ehrenmitglied und Ehrenvorsitzender). m S H B L , Bd 11 E w e r s , (Johann Philipp) Gustav von, Historiker, Jurist, * 4 . 7 . 1 7 8 1 Amelunxen (heute zu Beverungen), t 8 . 1 1 . 1 8 3 0 Dorpat. Der Landswirtssohn studierte seit 1799 Theologie an der Univ. Göttingen, wandte sich dann den Staatswissenschaften zu und ging 1803 als Hauslehrer nach Livland. 1808 folgte E. einem Ruf als Prof. der Geographie, Statistik und Geschichte an die neugegründete Univ. Dorpat, w o er 1810-30 wirkte, seit 1826 als Prof. des Staats- und Völkerrechts, 1818 als Rektor. Er war Mitglied mehrerer gelehrter Gesellschaften und veröffentlichte zahlreiche staatswissenschaftliche, politische, historische und geographische Werke, darunter eine Geschichte der Russen. Versuch eines Handbuchs (1816). c d Leb Westfalen, Bd 11 E w e r s , Hanns Heinz, Schriftsteller, * 3. 11.1871 Düsseldorf, t 1 2 . 6 . 1 9 4 3 Berlin. Der Sohn von Heinrich —> E. studierte in Berlin, Bonn und Genf Jura, wurde 1894 in Bonn promoviert und war Referendar in Neuss, Düsseldorf und Saarbrücken. 1897 wegen eines Duells inhaftiert, gab E. nach der Entlassung seinen Beruf auf und war vor allem schriftstellerisch tätig, u. a. als Autor am Berliner Kabarett „Überbrettl". Seine ersten Bucherfolge (u.a. Fabelbuch, mit Theodor Etzel, 1901) ermöglichten ihm Reisen durch Europa, Asien und Amerika und lieferten den Hintergrund für einige seiner phantastischen R o m a n e und Erzählungen in der Tradition Edgar Allan Poes und E . T . A . —»Hoffmanns. Im Mittelpunkt seines Werks stehen jedoch psychopathologische Aspekte der Sexualität und Angriffe auf die Moralvorstellungen der wilhelminischen Gesellschaft, u . a . in seinem Erfolgsroman Alraune. Die Geschichte eines lebendigen Wesens (1911). Mit dem Drehbuch f ü r Der Student von Prag (1913) schuf E, einen der ersten deutschen Künstlerfilme. Während des Ersten Weltkriegs in den U S A interniert, kehrte er 1920 zurück und kam früh mit der N S D A P in Berührung, der er 1931 beitrat.

Exl 1932 schrieb er in —> Hitlers A u f t r a g das B u c h Horst Wessel. Ein deutsches Schicksal. E. w u r d e j e d o c h w e g e n seiner f r ü h e r e n W e r k e z u n e h m e n d kritisiert; bis 1940 w u r d e n fast alle s e i n e B ü c h e r verboten. DD H i l l e s h e i m E w e r s , H a n s , Jurist, Politiker, * 5 . 4 . 1887 L ü b e c k , t 29. 12. 1968 L ü b e c k . E., S o h n von ( H a r t w i g Peter) Friedrich —> E. u n d H a l b b r u d e r von ( E d u a r d ) Friedrich und L u d w i g —>E., studierte 1907-09 an d e n Universitäten M ü n c h e n , H e i d e l b e r g , Berlin und Kiel R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n , w u r d e 1913 A s s e s s o r und w a r nach der T e i l n a h m e a m Ersten Weltkrieg als R e c h t s a n w a l t u n d N o t a r in L ü b e c k tätig. Er w u r d e M i t g l i e d der D e u t s c h e n Volkspartei, w a r 1 9 2 1 - 2 6 F r a k t i o n s v o r s i t z e n d e r seiner Partei in der L ü b e c k e r B ü r g e r s c h a f t und g e h ö r t e bis 1933 d e m Senat an. A u f e i g e n e n W u n s c h entlassen, arbeitete er dan a c h wieder als Jurist. N a c h d e m Z w e i t e n Weltkrieg erneut M i t g l i e d der L ü b e c k e r B ü r g e r s c h a f t , trat E. 1947 in d i e D e u t s c h e Partei ein und hatte bis 1949 d e n L a n d e s v o r s i t z in S c h l e s w i g - H o l s t e i n inne. 1947-49 w a r er M i t g l i e d des S c h l e s w i g - h o l s t e i n i s c h e n L a n d t a g s , 1949-53 M i t g l i e d des D e u t s c h e n B u n d e s t a g s . G e g e n W i d e r s t a n d a u c h aus seiner Partei setzte sich E. f ü r e i n e A u s s ö h n u n g L ü b e c k s mit T h o m a s —»Mann ein. m S H B L , B d 11

Ewers, Hans-Jürgen, Wirtschaftswissenschaftler, * 1 9 . 5 . 1 9 4 2 Berlin, t 2 4 . 4 . 2 0 0 2 Berlin. E. studierte W i r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t e n in M ü n s t e r (Westfalen), w o er 1970 Uber Wettbewerbspolitische Ansätze in der deutschen Verkehrspolitik seit den Verkehrsänderungsgesetzen p r o m o v i e r t e und sich 1977 habilitierte. 1974 w a r er kurzzeitig D i r e k t o r d e s Instituts f ü r M a n a g e m e n t und Verwaltung a m W i s s e n s c h a f t s z e n t r u m Berlin, 1 9 8 0 - 9 0 Prof. f ü r Volksw i r t s c h a f t s l e h r e s o w i e O r d n u n g s - und Strukturpolitik an der T U Berlin. N a c h d e m er 1990-95 als o. P r o f . f ü r W i r t s c h a f t s politik u n d D i r e k t o r d e s Instituts f ü r V e r k e h r s w i s s e n s c h a f t w i e d e r an der U n i v . M ü n s t e r g e w i r k t hatte, k e h r t e E. 1995 als P r o f . f ü r Volkswirtschaftslehre, W i r t s c h a f t s - und I n f r a strukturpolitik an die T U Berlin zurück, deren Präsident er 1997-2002 war. D a n e b e n w a r er als G u t a c h t e r und B e r a ter f ü r I n d u s t r i e und Politik tätig und g e h ö r t e d e m W i s s e n s c h a f t l i c h e n Beirat b e i m B u n d e s v e r k e h r s m i n i s t e r s o w i e d e m B M W - I n s t i t u t f ü r M o b i l i t ä t s f o r s c h u n g an. E. b e s c h ä f t i g t e sich h a u p t s ä c h l i c h mit P o l i t i k f e l d e r n w i e Verkehr, U m w e l t , F o r s c h u n g und T e c h n o l o g i e . E r publizierte u.a. Ziele und Instrumente der Strukturpolitik im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung (1978), The Future of the Metropolis (1986), Gründe und Richtlinien für eine Deregulierungspolitik ( 1 9 8 9 ) u n d Privatisierung der Bundesautobahnen ( 1995).

Ewers,

( A u g u s t ) Heinrich, a u c h H e i n z E., M a l e r , * 2 0 . 1 1 . 1817 W i s m a r , t 1 3 . 3 . (lt. K i r c h e n b u c h 1 3 . 4 . ) 1885 D ü s s e l d o r f . N e b e n d e m S t u d i u m der B i l d h a u e r e i an der A k a d e m i e der K ü n s t e in Berlin (seit 18366) arbeitete E. als M ö b e l z e i c h ner und e n t w a r f S t o f f m u s t e r und Tapeten. 1861-85 g e h ö r t e er der K ü n s t l e r v e r e i n i g u n g „ M a l k a s t e n " an und w a r viele J a h r e als H o f m a l e r des G r o ß h e r z o g s —> Friedrich F r a n z II. von M e c k l e n b u r g - S c h w e r i n tätig. Zu seinen W e r k e n zählen G e n r e s t ü c k e d e s ländlichen H a u s - u n d F a m i l i e n a l l t a g s , Interieurs, Porträts u n d M a r i n e b i l d e r s o w i e historische B i l d n i s s e ( u . a . Christian II. Ludwig und Prinz Friedrich in der fürstlichen Gemäldegalerie Schwerin 1730, 1883). E. w a r der Vater von H a n n s H e i n z —>E. EU A K L E w e r s , L u d w i g , R e d a k t e u r , Schriftsteller, * 29. 10. 1870 L ü b e c k , t 24. 1. 1946 H a m b u r g . D e r S o h n von ( H a r t w i g Peter) Friedrich —>E., B r u d e r v o n ( E d u a r d ) Friedrich —»E. und H a l b b r u d e r von H a n s —»E. w u r d e z u n ä c h s t z u m B u c h h ä n d l e r ausgebildet, studierte seit

1892 G e s c h i c h t e , Literaturgeschichte und N a t i o n a l ö k o n o m i e in Berlin und w a n d t e sich 1895 d e m J o u r n a l i s m u s zu. 1896-1901 R e d a k t e u r bei der „ B o n n e r Z e i t u n g " , 1 9 0 1 / 0 2 bei der „ F r a n k f u r t e r O d e r z e i t u n g " , w e c h s e l t e er 1902 zu den „ L e i p z i g e r N e u e s t e n N a c h r i c h t e n " , 1903 zur „ K ö n i g s b e r g e r A l l g e m e i n e n Z e i t u n g " u n d w u r d e 1913 politischer R e d a k t e u r der „ H a m b u r g e r N a c h r i c h t e n " . D a n e b e n literarisch tätig, verö f f e n t l i c h t e er u . a . Geschichten aus der Krone. Rheinische Novellen (1913) u n d den L ü b e c k - R o m a n Großvaterstadt (2 Bde. 1926, N a c h d r . 1980). E. w a r ein J u g e n d f r e u n d von Heinrich —»Mann, mit d e m er bis 1913 in r e g e m B r i e f w e c h sel stand; 1980 e r s c h i e n e n M a n n s Briefe an Ludwig Ewers: ¡889-1913. CD S H B L , B d 11 E w e r t , A r t h u r , Politiker, * 1 3 . 1 1 . 1 8 9 0 H e i n r i c h s w a l d e (Ostpreußen), t 3 . 7 . 1 9 5 9 Eberswalde. E., S o h n eines B a u e r n , durchlief e i n e Sattlerlehre in Berlin u n d arbeitete bis 1914 in s e i n e m B e r u f . Seit 1908 M i t glied der S P D und d e s D e u t s c h e n Sattlerverbandes, w a n derte er i m M a i 1914 nach K a n a d a aus, Schloß sich d e r Sozialistischen Partei K a n a d a s an u n d g r ü n d e t e g e m e i n s a m mit seiner späteren Frau Elisabeth S a b o r o w s k i e i n e A r b e i t e r g r u p p e z u m K a m p f g e g e n d e n Ersten Weltkrieg. 1919 n a c h B e r l i n z u r ü c k g e k e h r t , Schloß er sich der K P D an, beteiligte sich 1920 an d e n K ä m p f e n zur N i e d e r s c h l a g u n g d e s K a p p - P u t s c h e s , w u r d e v e r h a f t e t und lebte n a c h seiner B e f r e i u n g 1921 in d e r Illegalität. 1 9 2 3 / 2 4 g e h ö r t e E. der Z e n trale, 1925-29 d e m Z e n t r a l k o m i t e e der K P D an. 1928-30 vertrat er s e i n e Partei im R e i c h s t a g , 1 9 2 8 - 3 5 w a r er M i t g l i e d d e s E x e k u t i v k o m i t e e s d e r K o m m u n i s t i s c h e n Internationale. 1931 nach Brasilien entsandt, u n t e r s t ü t z e E. seit 1934 als Organisationssekretär des Zentralkomitees die Kommunistische Partei Brasiliens. 1935 z u s a m m e n m i t seiner Frau verhaftet, w u r d e er 1937 zu 13 J a h r e n H a f t verurteilt und erst 1945 entlassen. 1947 k e h r t e E. n a c h D e u t s c h l a n d zurück und ließ sich z u n ä c h s t in Berlin, 1950 in E b e r s w a l d e nieder. CD A r b e i t e r b e w e g u n g E w i c h , J o h a n n v o n , M e d i z i n e r , * 1525 Kleve, t 7 . 2 . 1 5 8 8 Bremen. A u s adliger F a m i l i e s t a m m e n d , erhielt E . seine s c h u l i s c h e A u s b i l d u n g in D e v e n t e r . Er studierte a m w i s s e n s c h a f t l i c h e n C o l l e g i u m in K ö l n P h i l o s o p h i e und R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n und w u r d e w a h r s c h e i n l i c h B a c c a l a u r e u s b e i d e r R e c h t e und Magister der Philosophie. Nach Reisen durch Deutschland und F r a n k r e i c h ging er z u m S t u d i u m der M e d i z i n n a c h Venedig u n d Pavia, w u r d e 1559 in P a d u a p r o m o v i e r t und ließ sich d a n n als A r z t in B r e m e n nieder, w o er seit 1562 Stadtp h y s i k u s war. A u s A n l a ß der P e s t e p i d e m i e v e r ö f f e n t l i c h t e er De officio fidelis et prudentis magistratus tempore pestilentiae rempublicam a contagio praeservandi liberandique libri duo (1582). Seit 1582 hielt E. ö f f e n t l i c h e L e h r v o r t r ä g e und erhielt bei der G r ü n d u n g d e s G y m n a s i u m illustre in B r e m e n 1584 d i e P r o f e s s u r f ü r M e d i z i n . E x e l e r , A d o l f , kath. T h e o l o g e , * 1 5 . 2 . 1926 E s c h e n d o r f (Kr. Steinfurt), t 2 6 . 7 . 1 9 8 3 B o z e n . E . w a r Prof. und D i r e k t o r d e s S e m i n a r s f ü r P a s t o r a l t h e o logie und R e l i g i o n s p ä d a g o g i k an der U n i v . M ü n s t e r . 1975 berief ihn P a p s t Paul V I . als einziges d e u t s c h e s M i t g l i e d in d e n n e u g e g r ü n d e t e n Internationalen K a t e c h e t i s c h e n Rat. E. v e r ö f f e n t l i c h t e d a s vielbeachtete B u c h Muß die Kirche die Jugend vertieren? (1981). E x l , F e r d i n a n d , österr. S c h a u s p i e l e r , T h e a t e r d i r e k t o r , * 2 7 . 8 . 1875 I n n s b r u c k , t 28. 10. 1942 I n n s b r u c k . D e r S o h n eines P o s t m e i s t e r s übte z u n ä c h s t d e n Beruf eines B u c h b i n d e r s aus, w i d m e t e sich f r ü h d e m Laienspiel a m P r a d l e r B a u e r n t h e a t e r und g r ü n d e t e 1902 in Wilten mit der „Ersten Tiroler B a u e r n s p i e l e r - G e s e l l s c h a f t " e i n e e i g e n e B ü h n e , d e r e n M i t s p i e l e r vor a l l e m aus d e m I n n s b r u c k e r

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Exl Männergesangverein stammten. Mit ihrer B e m ü h u n g u m Authentizität in Mundart, Kostüm und Ausstattung sowie mit einem festen Ensemble feierte die Exl-Biihne auf zahlreichen Gastspielreisen durch die deutschsprachigen europäischen Länder große Erfolge und führte vor allem Volksstücke zeitgenössischer Autoren (u. a. Ludwig —> Anzengruber, Karl - » Schönherr, Franz —» Kranewitter) auf. 1915-20 hatte E. zugleich die Leitung des Innsbrucker Stadttheaters sowie 1919-22 die der von ihm gegründeten Innsbrucker Kammerspiele inne. Anschließend widmete er sich wieder ganz seiner eigenen Truppe, war um 1930 Direktor und künstlerischer Leiter am Wiener Raimundtheater und übergab 1941 die Führung der Exl-Bühne an seine Tochter Ilse —»E. m ÖBL E x l , Ilse, österr. Schauspielerin, Theaterdirektorin, * 1907 Innsbruck, t 8 . 7 . 1956 Innsbruck. Die Tochter Ferdinand —»E.s stand mit dreizehn Jahren auf der B ü h n e ihres Vaters. In Volksstücken wie Der G'wissenswurm von Ludwig - » A n z e n g r u b e r , in Veronika, die Magd sowie in John —> Knittels Via mala feierte E. ihre größten Erfolge und übernahm auch einige Rollen in Spielfilmen. Seit 1941 mit der Leitung der Exl-Bühne betraut, begab sie sich mit dieser auf Gastspielreisen. E. machte Hörspielaufführungen und führte Regie bei d e m Zyklus Das Volksstück von Anzengruber bis Billinger am Wiener Akademie-Theater. E x n e r , Adolf, österr. Jurist, * 5 . 2 . 1 8 4 1 Prag, t 10.9. 1894 Kufstein (Tirol). Der älteste Sohn des Philosophen Franz —>E. studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Wien, Berlin und Heidelberg, wurde 1863 zum Dr. jur. promoviert und habilitierte sich 1866 in Wien als Schüler Joseph - » Lingers. 1868 wurde E. o. Prof. für römisches Recht an der Univ. Zürich und übernahm 1872 die Nachfolge Rudolf von —>Iherings an der Univ. Wien, deren Rektor er 1 8 9 1 / 9 2 war. Er gehörte seit 1892 d e m Herrenhaus an, war 1894 Mitglied des Reichsgerichts und unterrichtete den Kronzprinzen —» Rudolf. E. veröffentlichte u . a . Das österreichische Hypotheken recht (2 Bde., 1876-81). CO N Ö B , Bd 7

Exner,

Christian Friedrich, Architekt, * 1 3 . 5 . 1 7 1 8 Lampertswalde bei Oschatz, t 1 . 9 . 1 7 9 8 Dresden. Das Studium der Architektur, der Hilfswissenschaften und der Mathematik absolvierte E., Sohn eines Bediensteten, u. a. als Schüler von Johann Christian —»Knöffel und Zacharias —> Longuelune in Dresden. Er arbeitete an Bauten auf Schloß Zabelitz mit, wurde 1774 als Kondukteur beim Oberbauamt angestellt und war seit 1752 Landbaumeister in Dresden. Seit 1766 Oberlandbaumeister, reorganisierte und leitete er das staatliche Bauwesen Sachsens, auf dessen Stilrichtung er mit seinem von seinen Lehrern übernommenen, an Frankreich orientierten Barock-Klassizismus lange maßgeblichen Einfluß hatte. Zu seinen Bauten zählen u. a. das Josephinenstift mit Kapelle (1760-65), eine Reihe von Bürgerhäusern sowie die Umbauten an der Moritzburger Schloßkapelle und am Pillnitzer Schloß. DD A KL E x n e r , Emilie, Pseud. Felicie Ewart, geb. Winiwarter, österr. Schriftstellerin, * 7 . 3 . 1850 Wien, t 7 . 4 . 1909 Lovrana. E. entstammte einer angesehenen Juristenfamilie und erhielt eine umfassende Ausbildung, die sie mit d e m Lehrerinnenexamen abschloß. Seit 1874 mit Sigmund von —>ExnerEwarten verheiratet, wandte sie sich im Alter von f ü n f u n d vierzig Jahren einer schriftstellerischen Tätigkeit zu und verfaßte eine Reihe von Werken zu Frauen- und Erziehungsfragen, u . a . Die Emanzipation in der Ehe (1895). E. setzte sich intensiv für das weibliche Fortbildungswesen ein und

190

war 1901-06 Präsidentin des Wiener Frauenerwerbsverbandes. Sie war die Mutter von Felix —> Exner-Ewarten. DO Schmidt-Liebich E x n e r , Erwin (Hermann Kurt), österr. Maler, Graphiker, Zeichner, * 1 2 . 3 . 1 9 1 5 Wien, t 5 . 4 . 1 9 9 5 Wagrain (Salzburg). Der Sohn des Malers Karl E. studierte an der Kunstakademie in Wien und besuchte 1935 die Meisterklassen von Herbert —»Boeckl und Karl —> Fahringer. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg ließ er sich als Maler in Wagrain nieder und beteiligte sich u. a. am Aufbau des Heimatmuseums und der Gedenkstätte für den Dichter Karl Heinrich —»Waggerl. 1984 wurde E. zum Prof. ernannt. Schwerpunkt seines Schaffens bildeten Aquarelle, die Reiseeindrücke festhielten. Daneben entstanden rund 300 Fassadendekorationen in Kratz-, Sgraffito- oder Freskotechnik. CD A K L

Exner,

Franz (Seraphin), österr. Philosoph, Pädagoge, * 2 8 . 2 . 1802 Wien, t 2 1 . 6 . 1853 Padua. Der Sohn eines preußisch-schlesischen Zollinspektors studierte 1821-25 Rechtswissenschaften an den Universitäten Wien und Pavia, danach Philosophie und wurde 1827 zum Dr. phil. promoviert. Im selben Jahr ging er an die Univ. Wien, lehrte seit 1828 auch Erziehungskunde und war 1831-48 o. Prof. der Philosophie an der Univ. Prag, 1845-47 zugleich Mitarbeiter an der R e f o r m der Gymnasien und philosophischen Studien der Univ. Wien. Seit 1848 Ministerialrat im Unterrichtsministerium, erarbeitete E. zusammen mit H e r m a n n —» Bonitz - im Sinne der —» Herbartschen Pädagogik - den Entwurf der Organisation der Gymnasien und Realschulen in Österreich (1848) als Basis der Neuorganisation der Universitäten, die von Minister Leo von —> Thun und Hohenstein 1849-51 durchgeführt wurde. E. veröffentlichte u . a . Uber Nominalismus und Realismus (1842), Die Psychologie der Hegeischen Schule (1842) und Uber Leibnitzens Universal-Wissenschafi (1843). Er war der Vater von Adolf, Karl und Franz —»E. sowie von Sigmund —»ExnerEwarten. m NDB

Exner,

Franz (Seraphin), österr. Physiker, * 2 4 . 3 . 1849 Wien, t 15.11. 1926 Wien. Der Sohn des Philosophen Franz —>E. absolvierte das Studium der Mathematik und Physik an den Universitäten Wien und Zürich, wurde 1871 in Wien promoviert und war anschließend zwei Jahre lang als Assistent August Kundts in Würzburg und Straßburg tätig, bevor er sich 1874 an der Univ. Wien für Physik habilitierte. Nach einer Reihe von Studienreisen wurde E. 1879 a. o., 1891 o . P r o f . der Physik in Wien und leitete bis 1920 das Zweite Physikalische Institut der Universität. 1881 wurde E. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . Er war der Begründer der modernen experimentellen und theoretischen Erforschung der Luftelektrizität und befaßte sich später insbesondere mit der Spektralanalyse, der Kolorimetrie und der Farbenlehre sowie mit der Elektrochemie. E. veröffentlichte u.a. Untersuchungen über die Härte an Krystallflächen (1873), Vorlesungen Uber Electricität (1888), Die Spektren der Elemente (mit Eduard —»Haschek, 3 Bde., 1 9 1 1 / 1 2 ) und Vorlesungen über die physikalischen Grundlagen der Naturwissenschaften (1919, 2 1922). m NDB E x n e r , Franz, Jurist, * 9 . 8 . 1881 Wien, t 1. 10. 1947 München. Der Sohn Adolf —>E.s studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Wien und Heidelberg, wurde 1905 in Wien zum Dr. jur. promoviert und habilitierte sich 1910 für Straf-, Staats- und Völkerrecht. 1912 übernahm er eine a. o. Professur in Czernowitz und ging 1916 als o . P r o f . nach Prag, anschließend nach Tübingen, 1921 nach Leipzig, 1933 nach

Exter München. E. war Herausgeber der „Kriminalistischen Abhandlungen" (47 Hefte, 1926-41) und veröffentlichte u . a . Kriminalbiologie in ihren Grundzügen (1939; ' 1 9 4 9 , unter d e m Titel Kriminologie). Er war der Verteidiger von Alfred —>Jodl bei den Nürnberger Prozessen. CD N D B E x n e r , Hilde von, österr. Bildhauerin, Graphikerin, * 10. 1 . 1 8 8 0 Wien, t 2 3 . 4 . 1922 Wien. Nach dem Studium 1901-05 an der Kunstgewerbeschule in Wien bei Alfred - ^ R o l l e r und Koloman —> Moser hielt sich E. 1906 in R o m auf und ging 1910 zum Studium bei Aristide Maillol nach Paris. E. gehörte zur Wiener Avantgarde u m Egon —> Schiele und nahm 1909 an der Ausstellung der Neukunstgruppe im Kunstsalon Pisko teil. Sie war Mitglied des Österreichischen Werkbundes, der Vereinigung bildender Künstlerinnen und seit 1919 der Freien Vereinigung. E. gestaltete Figuren, mythologische Gestalten, Büsten und Tiere in Stein, Holz, Bronze und Terrakotta. Charakteristisch für ihre Arbeiten sind eine strenge Stilisierung mit Anklängen an Franz —> Metzner, Ernst —» Barlach und Wilhelm —> Lehmbruck. DD A K L E x n e r , Karl (Franz Joseph), österr. Physiker, * 2 6 . 3 . 1 8 4 2 Prag, t 11. 12.1914 Wien. Der Sohn des Philosophen Franz —>E. studierte Mathematik und Physik an der Univ. Wien und wurde 1870 in Freiburg/Breisgau zum Dr. phil. promoviert. 1871-78 war er als Gymnasiallehrer in Troppau, 1878-94 in Wien tätig und habilitierte sich 1892 an der Univ. Wien für theoretische Physik. Von 1894 bis zu seiner Emeritierung 1907 lehrte E. als o. Prof. der mathematischen Physik an der Univ. Innsbruck. Er spezialisierte sich auf die Probleme der Optik, beschäftigte sich insbesondere mit der Szintillation und veröffentlichte u. a. Uber das Krümmungswachsthum eines schiefen Schnittes einer Fläche (1871), Interferenzen diffusen Lichtes ( 1874), Vorlesungen über die Wellentheorie des Lichtes (1881) und Über die polarisierende Wirkung der Lichtbeugung (1890, 1892). E x n e r , Robert (Emil Julius), Fabrikant, Werbefachmann, * 1 0 . 3 . 1 8 6 8 Kratzau, t 19.8. 1945 Berlin. Der Sohn eines Textilfabrikanten absolvierte zunächst eine kaufmännische Ausbildung, beschäftigte sich bald eingehend mit Reklame sowie mit kaufmännischer Vertriebsorganisation und gründete die erste deutsche Werbe-Fachzeitschrift „Die R e k l a m e " (1891-99), die er selbst leitete. E. wurde damit der erste berufsmäßig wirkende Sachverständige für Reklame in Deutschland und war in dieser Funktion auch als erster gerichtlicher Sachverständiger 1896-1901 am Landgericht und Kammergericht Berlin tätig. Er übernahm die Werbung für die Berliner Likörfabrik Carl M a m p e , deren Teilhaber er 1898 und Alleininhaber 1900 wurde. Nach der U m w a n d l u n g der Firma in eine Aktiengesellschaft 1922 war E. deren Generaldirektor und erwarb im selben Jahr die älteste deutsche Weinbrennerei H. Teichelmann und Schwinge. DO N D B E x n e r , Wilhelm (Johann Franz), österr. Technologe, * 9 . 4 . 1 8 4 0 Gänserndorf (Niederösterreich), t 2 5 . 5 . 1 9 3 1 Wien. E., Sohn eines Stationsvorstands, studierte am Polytechnischen Institut in Wien und war seit 1862 als Mittelschullehrer in Elbogen (Böhmen) und Krems / D o n a u tätig, bevor er 1868 zum Prof. des forstlichen Ingenieurwesens an der Forstakademie Mariabrunn ernannt wurde. 1875 gliederte er diese in die Wiener Hochschule f ü r Bodenkultur ein, hatte bis zu seiner Emeritierung 1900 als o . P r o f . den Lehrstuhl für allgemeine mechanische Technologie sowie für forstliches Bau- und Maschineningenieurwesen inne und amtierte 1879-1904 als Direktor des von ihm ins Leben gerufenen

Technologischen Gewerbemuseums. 1882-97 war E. liberaler Reichsratsabgeordneter, 1905-18 Mitglied des Herrenhauses und wurde 1908 Präsident des Gewerbeförderungsamtes, 1909 auch des Technischen Versuchsamtes. Während seiner Amtszeit entstand eine Reihe von Lehr- und Versuchsanstalten. Ferner hatte E. maßgeblichen Einfluß auf das österr. Patentgesetz. Er veröffentlichte u . a . Werkzeuge und Maschinen zur Holzbearbeitung (3 Bde., 1878-83). m NDB

Exner-Ewarten,

Felix Maria von, österr. Meteorologe, Physiker, * 2 3 . 8 . 1 8 7 6 Wien, t 7 . 2 . 1930 Wien. Der Sohn von Emilie —> Exner und Sigmund von —>E.-E. studierte Mathematik, Physik und C h e m i e an den Universitäten Wien, Berlin und Göttingen, wurde 1900 in Wien promoviert, war anschließend Assistent an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Wien und habilitierte sich 1904 f ü r Meteorologie an der Univ. Wien. 1904 wurde E. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. 1910 folgte er einem Ruf als Prof. der kosmischen Physik an die Univ. Innsbruck und wurde 1917 o . P r o f . der Physik der Erde und Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Wien. E.-E. begründete die dynamische Meteorologie, verfaßte 1917 deren erstes Lehrbuch (Dynamische Meteorologie, 2 1925) und führte als einer der ersten die Korrelationsrechnung zur statistischen Behandlung meteorologischer Probleme ein. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Meteorologische Optik (1910), LIber ein Bewegungsprinzip in der Natur (1923) und Gravitationswellen in der Atmosphäre (1929). DP N D B

Exner-Ewarten,

Sigmund von, österr. Physiologe, Mediziner, * 5 . 4 . 1846 Wien, t 5 . 2 . 1 9 2 6 Wien. Der Sohn des Philosophen Franz —>Exners studierte seit 1865 Medizin an den Universitäten Wien und Heidelberg, wandte sich als Schüler von Ernst Wilhelm von - ^ B r ü c k e und Hermann —»Helmholtz der Physiologie zu und wurde 1870 promoviert. Im folgenden Jahr habilitierte sich E.-E. in Wien und wurde 1874 zum a . o . P r o f . ernannt. 1891-1917 lehrte er als o. Prof. der Physiologie und Nachfolger Brückes in Wien. E.-E. arbeitete vor allem über Sinnes- und Nervenphysiologie. Er regte die Konstruktion von Apparaten und Unterrichtsmodellen an, darunter das Bogengangmodell, das Otolithenmodell sowie das Laryngometer. E.-E. initiierte die Gründung eines Phonogrammarchivs und erbaute einen Apparat zur A u f n a h m e von Sprache und Musik. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Leitfaden bei der mikroskopischen Untersuchung thierischer Gewebe ( 1 8 7 3 , 2 1 8 7 8 ) , Untersuchungen über eine Lokalisation der Funktionen in der Großhirnrinde des Menschen (1881), Über die menschliche Stimme (1890), Die Physiologie der facettirten Augen von Krebsen und Insecten (1891), Entwurf zu einer physiologischen Erklärung der psychischen Erscheinungen (1894) und Über das Schweben der Raubvögel (1906). E.-E. war mit Emilie —>Exner verheiratet, Felix —>E.-E. deren Sohn. m NDB

Exter,

August, Architekt, * 18.5. 1858 Dürkheim, t 7 . 1 2 . 1 9 3 3 Obermenzing (heute zu München). E. studierte 1876-80 Architektur an der T H M ü n c h e n u . a . bei Gottfried von —>Neureuther und Friedrich von Thiersch. Anschließend war er zunächst am Landbauamt Aschaffenburg tätig. 1887 ließ er sich als freier Architekt in München nieder. Überregional bekannt wurde E. durch die Pasinger Villenkolonien, eine Siedlung mit Gartenstadt-Charakter (1892-1924) und freistehenden Einfamilienhäusern, die sich durch eine Vielfalt in F o r m und Konstruktion sowie eine Rezeption historischer Typen und Stile auszeichnen. CD A K L

191

Exter Exter, Friedrich (Christian), Philologe, Verleger, * 4.1. 1746 Drusweiler bei Bergzabern, t 25. 10.1817 Mannheim. E., Sohn eines Numismatikers und Schulmanns, wurde 1768 Präzeptor in Meisenheim, 1770 Gymnasiallehrer in Zweibrücken und gründete 1777/78 zusammen mit seinen Kollegen Georg Christian —>Crollius und Johann Valentin —> Embser den Gelehrtenverein „Societas Bipontina", der antike Klassiker herausgab. E. übernahm die Leitung des Unternehmens, besaß seit 1780 eine eigene Offizin, quittierte 1781 den Schuldienst und widmete sich fortan ganz philologischen Studien und Editionen. Er edierte u.a. 1780-87 eine dreizehnbändige Cicero-Ausgabe, ferner zusammen mit Embser eine elfbändige Platon-Ausgabe (1781-87). Nach der Ausplünderung der Druckerei durch die Franzosen 1794 ging E. 1798 nach Straßburg, seit 1811 lebte er in Mannheim. m

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Exter, Friedrich von, österr. Holzschneider, Zeichner, Maler, * 6.3.1820 Theresienfeld (Niederösterreich), t 27.6.1860 Wien. E. besuchte seit 1835 die Holzschneideschule von Blasius -> Höfel in Wiener Neustadt, ging 1838 nach Wien und belegte an der Kunstakademie einen Zeichenkurs bei Leopold —» Kupelwieser. 1839 zog er nach München und bildete sich bei Kaspar —> Braun in der Holzschneidekunst weiter. 1846 kehrte E. nach Wien zurück und wurde Leiter der Xylographischen Abteilung der k. k. Hof- und Staatsdruckerei, wo er ein neues Farbdruckverfahren entwickelte. Neben Holzschnitten und Umdrucken von der Kupferplatte auf Stein schuf er Landschaftszeichnungen und Landschaftsbilder, meist in Aquarell. CP AKL Exter, Johann von, luth. Theologe, t 8.2.1599 Detmold. E. war Sohn eines luth. Pastors und stammte aus einer lippischen Bastardlinie des Grafenhauses. Er war 1555-60 Schüler —> Melanchthons in Wittenberg, wo er den Magistergrad erwarb, und wurde 1560 in Detmold ordiniert. Anschließend war er dort Pfarrer der luth. Gemeinde. 1566 wurde E. Superintendent der Grafschaft Lippe. Daneben unterrichtete er bis 1567 den jungen Grafen -> Simon IV. Auf E. geht die luth. Kirchenordnung für die Grafschaften Lippe, Spiegelberg und Pyrmont von 1571 zurück. CD BBKL Exter, Julius (Leopold Bernhard), Maler, Bildhauer, * 20.9.1863 Ludwigshafen, f 19.10.1939 Feldwies/ Chiemsee. E. studierte 1881-91 an der Münchner Kunstakademie u.a. als Schüler Alexander von —> Wagners und arbeitete anschließend in München und am Chiemsee. Zunächst entstand eine Reihe von Bildern im impressionistischen Stil, darunter Kinderspielplatz (1890), denen von Fritz von —>Uhde und Arnold —»Böcklin und anderen beeinflußte Werke mit religiösen Motiven folgten, u. a. 1896 eine Kreuzigung. Daneben malte E. realistische Bilder wie Bauernszenen, Landschaften und Porträts. Er war auch als Plastiker tätig. 1902 wurde E. zum Ehrenmitglied der Münchner Akademie und 1903 zum Prof. ernannt. DP AKL Ey, Johanna, geb. Stocken, Kunsthändlerin, * 4.3.1864 Wickrath (heute zu Mönchengladbach), t 27.8. 1947 Düsseldorf. Die Tochter eines Webers lebte bis zur Trennung von ihrem Mann in kleinbürgerlichen Verhältnissen. Sie kam mit der Kunst in Berührung, als sie in der Nähe der Düsseldorfer Kunstakademie ein Café eröffnete, das insbesondere von jungen Künstlern besucht wurde. E. nahm häufig Bilder in Zahlung, woraus sich ein Kunsthandel entwickelte. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden ihre Geschäftsräume zum Künstlertreffpunkt; Maler wie Gert —» Wollheim, Karl Schleswig und Jankel Adler gehörten zu ihrem engsten

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Kreis. 1933 wurde die Galerie geschlossen. E., die während des Zweiten Weltkriegs in Norddeutschland lebte, kehrte 1946 nach Düsseldorf zurück. CP NDB Ey, Louise, Schriftstellerin, * 18.2.1854 Gut Eylungen, t n.e. Nach dem Besuch der Höheren Töchterschule in Clausthal studierte E. Musik an der Akademie der Neuen Tonkunst in Berlin, besuchte anschließend das Lehrerinnenseminar in Lübeck und setzte ihre Ausbildung an der Academia das bellas Artes in Oporto (Portugal) fort, wo sie sich mit historischem Zeichnen und Skulpturen beschäftigte. Später wirkte E. als Lehrerin und Erzieherin am Lehrerinnenseminar Prinzeß-Wilhelm-Stift in Karlsruhe, danach ging sie als Lehrerin nach Frankreich und Portugal, wo sie sich einem intensivem Studium der Sprache und Literatur widmete und während ihres fünfzehnjährigen Aufenthalts mit Schriftstellern und Künstlern verkehrte. E. war Mitarbeiterin deutscher und portugiesischer Zeitschriften, war als Übersetzerin sowie als Herausgeberin von Wörterbüchern tätig und verfaßte u.a. Folkloristisches aus Portugal und Spanien sowie den Einakter Nachtmahl der Kardinäle (1903). Eyb, Albrecht von -» Albrecht von Eyb Eyb, Gabriel von, Bischof von Eichstätt, * 29.9. 1455 Arberg bei Feuchtwangen, t 1.12. 1535 Eichstätt. E., Sohn von Ludwig von —»E., studierte an den Universitäten Erfurt, Ingolstadt und Pavia, kehrte nach der Promotion 1485 nach Deutschland zurück, wurde Domkustos in Bamberg und war 1487-97 ansbachischer Rat. Seit 1497 Bischof von Eichstätt, galt er als einer der gebildetsten Bischöfe seiner Zeit und verkehrte u. a. mit Bernhard —> Adelmann von Adelmannsfelden, Kilian —> Leib von Rebdorf und Georg Truchseß von Wetzhausen. 1518 regte er die Obelisci des Johannes —> Eck zu —» Luthers Thesen an, veröffentlichte als erster deutscher Bischof die Bulle Exsurge Domine, verlor infolge der Reformation die Ansbacher und Nürnberger Gebiete und war 1535 am Abschluß des „Donauwörther Bundes" beteiligt. E. sicherte die Unabhängigkeit des Hochstifts gegenüber Bayern, indem er erfolgreich die Einsetzung eines wittelsbachischen Prinzen als Koadjutor verhinderte. Seine sparsame Verwaltung ermöglichte ihm eine reiche Bautätigkeit und die Vergabe von Aufträgen u. a. an Hans Peuerlin, Hans —> Holbein d.Ä., Lucas —>Cranach und Loy —» Herings. DP Gatz 2 Eyb, Ludwig von, Geschichtsschreiber, Staatsmann, * 20.2.1417 Schloß Sommersdorf bei Ansbach, t 29.1.1502, begraben in Heilsbronn. Der ältere Bruder von Albrecht von —»E. trat früh in den Dienst der hohenzollernschen Burggrafen von Nürnberg und Markgrafen von Brandenburg. Im Laufe seines Lebens diente er drei Fürstengenerationen. Seit 1440 zählte E. zu den Ratgebern des Kurfürsten —»Friedrich I. von Brandenburg und war dann vertrauter Rat des Kurfürsten —> Albrecht Achilles, dessen Politik er unterstützte. E. war 1449/50 Feldhauptmann im Krieg mit Nürnberg und vielfach als Gesandter in diplomatischen Missionen unterwegs. Er verfaßte die „kurbrandenburgische Hofordnung" (1470), wurde Erbkämmerer des Burggraftums Nürnberg (1482), war auch für Albrechts Söhne —> Friedrich und Sigmund tätig und amtierte 1490 als Landrichter des kaiserlichen Nürnberger Landgerichts. Seine Denkwürdigkeiten brandenburgischer (hohenzollerischer) Fürsten (hrsg. von Konstantin von - » Höfler, 1849, Neudr. 1984 und 2002) sind eine wichtige Quelle der fränkischen Landesgeschichte. E. war der Vater von Gabriel von —» E. DP NDB

Eyck E y b e , Carl (Karl) Gottfried, Maler, Lithograph, * 17.12. 1813 Hamburg, t 1 7 . 2 . 1 8 9 3 Blankenese (heute zu Hamburg). Nach einer kaufmännischen Lehre und erstem Unterricht in Hamburg bei Friedrich Carl - > G r ö g e r und Heinrich Jakob —»Aldenrath studierte E. 1839-47 an der Kunstakademie Düsseldorf bei Carl Ferdinand —>Sohn und Wilhelm von —> Schadow. 1847 kehrte er nach Hamburg zurück, arbeitete als Porträtmaler und unternahm Studienreisen durch Deutschland, in die Niederlande, nach Oberitalien und Ungarn. E. schuf vor allem Porträts des hanseatischen Bürgertums in biedermeierlicher Tradition sowie biblische Historien, Genrebilder und allegorische Kinderdarstellungen. • P A KL E y b e l , Adolf, Maler, Lithograph, * 2 4 . 2 . 1 8 0 8 Berlin, t 12.10. 1882 Berlin. E. studierte seit 1820 an der Berliner Kunstakademie, seit 1830 als Schüler Carl Wilhelm —> Kolbes und arbeitete 1834-39 bei Delaroche in Paris. Bekannt wurde er durch seine Genredarstellung Die Winzerin (1838); 1846 schuf er das große, dramatische Historienbild Der Große Kurfürst in der Schlacht bei Fehrbellin. Aus den vierziger Jahren stammt ferner das Fresko in der Altarnische der Kirche Sacrow bei Potsdam. Seit 1849 lehrte E. an der Berliner Kunstakademie und wurde 1850 zum Prof., 1854 zum Senator ernannt. DP A K L E y b e l , Joseph Valentin, Pseud. Reiner Meisel, österr. Publizist, Beamter, * 3 . 3 . 1741 Wien, t 3 0 . 6 . 1 8 0 5 Linz. Für den geistlichen Stand bestimmt, absolvierte E., Sohn eines Kaufmanns, die Jesuitenschule in Wien, entschied sich dann jedoch für eine Beamtenlaufbahn und war seit 1765 als Regierungsadjunkt in Graz tätig. Später studierte er Kirchenrecht in Wien, lehrte dieses Fach seit 1773 als a. o . P r o f . , seit 1777 als Nachfolger seines Lehrers Paul Joseph von —> Riegger an der Wiener Universität. E. war ein Anhänger des Josephinismus, dessen kirchenrechtliche Grundsätze er in seiner Introducilo in jus ecclesiasticum catholicorum (4 Bde., 1777-79) vertrat. 1779 verlor E. deswegen seinen Lehrstuhl und siedelte als Landrat nach Linz über. Wegen seiner polemischen Schriften gegen die kirchliche Lehre (Was ist der Papst?, 1782, anonym) zeitweilig exkommuniziert, ging er 1787 als Gubernialrat nach Innsbruck. 1797 kehrte E. nach Linz zurück, w o er Schriften zur Volksaufklärung herausgab. DD N D B

fangreiche Korrespondenz führte und der ihr u. a. sein Manuskript der Wahlverwandtschaften zur Begutachtung schickte. Sie trug wesentlich zum Goethe-Kult der Wiener Salons bei. E.s eigener literarischer Nachlaß, der vor allem Charakterschilderungen von Personen der Gesellschaft umfaßte, ist verlorengegangen. DP Dick E y b l , Franz, auch Eibel, Eibl, österr. Maler, Lithograph, * 1 . 4 . 1 8 0 6 Gumpendorf (heute zu Wien), t 2 9 . 4 . 1 8 8 0 Wien. Der Sohn eines Tischlergesellen wurde 1816 in die „Erzverschneidungsschule" der Wiener Kunstakademie aufgenommen. Im folgenden Jahr wandte sich E. als Schüler Josef —»Mössmers der Landschaftsmalerei, später bis 1 8 2 8 / 2 9 bei Peter —» Krafft der Historienmalerei zu. 1825 erhielt er den Gundel-, 1828 den Lampi-Preis und wurde 1861 Mitglied des Künstlerhauses. 1853-80 Kustos an der Belvederegalerie, wurde er 1867 Lehrer an der kaiserlichen Restaurieranstalt. E. gehörte zu den Repräsentanten der Genre-, Landschaftsund Historienmalerei des Wiener Biedermeier; mit Vorliebe malte er bäuerliche Szenen, u. a. das Aquarell Schmiede zu Gösau (1835). Später entwickelte er sich als Bildnislithograph zu einem bedeutenden Porträtisten, u . a . von Kaiser - » F r a n z Joseph ( 1 8 5 1 / 5 2 ) und Julie ^ R e t t i c h (1852). E. schuf auch zahlreiche Miniaturen. DP N D B E y b l e r , Joseph (Leopold) Edler von, österr. Kapellmeister, Komponist, * 8 . 2 . 1765 Schwechat (Niederösterreich), t 2 4 . 7 . 1 8 4 6 Wien. Zunächst von seinem Vater, einem Schullehrer und Chordirektor, unterrichtet, besuchte E. mit Unterstützung des Hofbeamten Josef Seltzer das Knabenseminar an St. Stephan, wo er 1776-79 Kompositionsschüler Johann Georg —»Albrechtsbergers war. 1782 studierte er zeitweise an der Univ. Wien. E. war mit —>Haydn und —»Mozart befreundet. 1792 wurde E. Chorregent an der Karmeliterkirche, 1794 Regens chori und Direktor der Kapelle im Schottenkloster und war daneben seit 1801 Musiklehrer am Hof. Seit 1804 Vizekapellmeister der Hofkapelle, wurde er 1824 als Nachfolger —> Salieris zum ersten Hofkapellmeister ernannt (bis 1833). E. komponierte neben K a m m e r m u s i k vor allem Kirchenmusik, u . a . das Oratorium Die vier letzten Dinge (1810). DP M G G

E y b e n , Hulderich von, auch Ulrich, Eiben, Eybenius, Jurist, * 2 0 . 1 1 . 1 6 2 9 Norden (Ostfriesland), t 2 5 . 7 . 1699 Wetzlar. E., Sohn eines Rats und Oberamtmanns, studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Rinteln, Marburg und Gießen. 1655 wurde er zum Dr. jur. promoviert und Prof. der Rechte. 1669 folgte E. als herzoglich braunschweiglüneburgischer Rat einem Ruf als Prof. der Rechte nach Helmstedt und wirkte von 1678 bis zu seinem Lebensende als Reichskammergerichtsassessor und Beisitzer des Niedersächsischen Kreises in Speyer, seit 1694 in Wetzlar. Er wurde 1680 unter Erneuerung seines Adels zum kaiserlichen Rat ernannt und 1688 in die Reichsritterschaft a u f g e n o m men. DP Ostfriesland, Bd 2

E y c k , Erich, Historiker, Jurist, Politiker, * 7. 12.1878 Berlin, t 2 3 . 6 . 1964 London. Das Studium der Rechts- und Staatswissenschaften sowie der Geschichte absolvierte der d e m liberalen jüdischen Bürgertum entstammende E., Sohn eines Getreidehändlers, an den Universitäten Berlin und F r e i b u r g / B r e i s g a u . Nach der Promotion 1904 war er Referendar im Staatsdienst, seit 1906 Gerichtsassessor am Berliner Landgericht und praktizierte bis 1937 als Rechtsanwalt und Notar. Daneben war E. 1915-33 publizistisch tätig, gab zeitweise die juristische Beilage der „Vossischen Zeitung" unter d e m Titel „Recht und L e b e n " heraus und gehörte zu den Mitarbeitern des „Berliner Tageblatts". 1937 emigrierte er über Italien nach London. Als liberaler Historiker veröffentlichte E. neben Biographien, darunter Bismarck. Leben und Werk (3 Bde., 1941-44), eine Geschichte der Weimarer Republik (2 Bde., 1954-56). DP D e m o k r Wege

E y b e n b e r g , Marianne, eigentl. Caroline Esperance Marie A n n a E., geb. Meyer, Schriftstellerin, * 1770 Berlin, t 1812 Wien. Die aus reichem Berliner Kaufmannshaus stammende getaufte Jüdin, Schwester von Sophie von —»Grotthuß, lebte seit 1797 in morganatischer Ehe mit dem Fürsten Heinrich XIV. Reuß verheiratet, erhielt nach dessen Tod 1799 den N a m e n E. und ging nach Wien. 1795 hatte sie in Karlsbad die Bekanntschaft —» Goethes gemacht, mit dem sie eine um-

E y c k , Georg van, Unternehmer, Politiker, * 3 . 9 . 1869 Emmerich, t 1 3 . 2 . 1 9 5 1 Öflingen (heute zu Wehr, Kr. Waldshut). E. trat nach Verlassen des G y m n a s i u m s in das elterliche Porzellan- und Töpferwarengeschäft in Emmerich ein, wo er Mitte der neunziger Jahre die damals neu auf den Markt gebrachten Weck-Einmachgläser ins Sortiment nahm. Nachdem er diese Ware mit großem Erfolg verkaufte, beauftragte ihn der Lizenzinhaber Johann —»Weck mit der Or-

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Eyck ganisation des landesweiten Absatzes. 1900 gründete Weck mit E. in Öflingen die Firma Johann Weck & Co., die E. nach d e m baldigen Ausscheiden Wecks allein aufbaute. E. erweiterte das Sortiment von Einmachgläsern, deren Rohstoff bald aus eigenen Glashütten kam, um Einkochapparate, T h e r m o m e t e r und Hilfsgeräte, die er einheitlich unter dem N a m e n „ W E C K " , einer der ersten Marken Deutschlands, führte. Nach d e m Verlust durch Enteignung der in Ostdeutschland gelegenen Glashütten wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in Bonn-Duisdorf ein neues Glaswerk errichtet, das sich bis heute in Familienbesitz befindet und neben Weck-Einmachgläsern auch Getränkeflaschen und Glasbaustoffe herstellt. E. wurde 1914 als Abgeordneter der Zentrumspartei in den Reichstag gewählt; nach d e m Ersten Weltkrieg gehörte er dem badischen Staatsrat an. m

Bad Bio N.F., Bd 4

E y c k , Peter van, eigentl. Götz von Eick, Schauspieler, * 1 6 . 7 . 1 9 1 3 Steinwehr (Kr. Greifenhagen), t 1 5 . 7 . 1 9 6 9 Männedorf (Kt. Zürich). Der aus P o m m e r n stammende Sohn eines Landwirts begann zunächst ein Musikstudium, verließ jedoch Deutschland 1931. Nach zahlreichen Reisen machte er 1942 in N e w York die Bekanntschaft des amerikanischen Filmproduzenten Johnston, der ihm eine Rolle in einem seiner Filme anbot. Bis 1943 spielte E. in einer Reihe von Filmen in Hollywood, wurde, inzwischen amerikanischer Staatsbürger, zur A r m e e einberufen und kam 1945 als Nachrichten- und Kontrolloffizier nach Berlin, w o er bis 1948 stationiert war und die amerikanische Filmabteilung in Westberlin leitete. Wenig später hatte er als Darsteller vor allem undurchsichtiger Charaktere seinen internationalen Durchbruch und drehte insbesondere in den U S A , Frankreich, Italien und Deutschland (u. a. Lohn der Angst, 1953). CD Cinegraph E y e , (Johann Ludolf) August von, Dichter, Philosoph, Kunsthistoriker, * 2 4 . 5 . 1825 Fürstenau bei Osnabrück, t 10.1. 1896 Nordhausen. Der einem alten niedersächsischen Adelsgeschlecht entstamm e n d e Sohn eines Notars und Stadtsekretärs, studierte seit 1845 zunächst Rechtswissenschaften, dann Philologie, Philosophie, Geschichte und Archäologie an den Universitäten Göttingen und Berlin. Er wurde 1848 zum Dr. phil. promoviert (Classisches Alterthum und Christliche Zeit) und war zunächst Hofmeister, 1853-73 Vorstand der Kunst- und Altertumssammlungen des Germanischen M u s e u m s in Nürnberg. Nach einer Reise nach Brasilien 1 8 7 4 / 7 5 erhielt E. 1876 eine Anstellung als Kustos und Bibliothekar am Kunstgewerbemuseum und an der Kunstschule in Dresden, die er jedoch 1881 aufgab, u m erneut nach Brasilien zu reisen. 1889 ließ er sich in Nordhausen nieder. E. veröffentlichte u . a . Die Botschaft der Vernunft (1858, anonym), Leben und Werk Albrecht Diirer's (1858, 2 1869), Wesen und Werth des Daseins. Untersuchungen zur Feststellung eines Gesammtbewußtseins der Menschheit (1870, 2 1886) und Atlas der Culturgeschichte (1858). Er war auch als Dramatiker tätig ( u . a . Torquato Tasso, 1849). DP D S L E y e r , Hermann, Mikrobiologe, * 2 9 . 6 . 1 9 0 6 Mannheim, t 2 8 . 2 . 1997 München. E. wurde nach d e m Studium der Naturwissenschaften und Medizin 1929 zum Dr. phil. nat., 1932 in Heidelberg mit der Arbeit Beiträge zur Chemie des Insulins zum Dr. med. promoviert; 1936 habilitierte er sich (Eine Medizinische Topographie eines ausgewählten Landbezirks im Bereich der oberpfälzischen Grenzmark). 1943 wurde er api. Prof., 1946 Prof. und Direktor des Instituts für Hygiene in Bonn und 1957 Vorsteher des Max-von-Pettenkofer-Instituts für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie in M ü n c h e n . Seit 1957 war er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. E.s Forschungen galten Fragen der

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Arbeitshygiene, Bakteriologie, Parasitologic, Virologie, Immunologie und Serologie. Neben zahlreichen Aufsätzen und Beiträgen zu Lehr- und Handbuchbüchern veröffentlichte er u. a. Gesundheitspflege und Bevölkerungspolitik in der Bayerischen Ostmark (1937) und 100 Jahre Lehrstuhl für Hygiene (1965). E y e r m a n n , Erich, Jurist, * 1 . 7 . 1 9 0 6 Nürnberg, t 2 5 . 1 1 . 1 9 9 8 München. E. studierte Rechtswissenschaften in München und an der Sorbonne in Paris, 1 9 2 7 / 2 8 auch Volkswirtschaft und wurde 1932 in Erlangen zum Dr. jur. promoviert (Bayerisches Budgetrecht, 1933). Seit 1933 Staatsanwalt in Bayreuth, seit 1934 Amtsgerichtsrat in Coburg, wurde er 1934 wegen seiner jüdischen Herkunft entlassen und war seit 1936 bei einer Nähmaschinenfabrik in Bielefeld tätig. Seit 1945 Rechtsanwalt in Bielefeld, trat E. 1948 in das bayerische Staatsministerium f ü r Wirtschaft ein und gehörte seit 1951 d e m Bayerischen Verwaltungsgerichtshof an, dessen Präsident er 1968-74 war. E. veröffentlichte u . a . Verwaltungsgerichtsgesetz (1950, mit Ludwig —»Fröhler, "1986), Handwerksordnung (1953 mit L. Fröhler), Verwaltungsgerichtsordnung (1960 mit L. Fröhler, ' 1 9 8 8 ) und Gewerbeordnung ( 2 5 1992). CD Juristen E y k e n , Heinrich Robert van, Komponist, Lehrer, * 19.7. 1861 Elberfeld (heute zu Wuppertal), t 2 8 . 8 . 1 9 0 8 Berlin. Der einer holländischen Organistenfamilie entstammende E. absolvierte zunächst ein Kompositionsstudium am Leipziger Konservatorium und Schloß seine Ausbildung 1 8 8 6 / 8 7 als Schüler Heinrich von —> Herzogenbergs an der Meisterschule für Musik in Berlin ab. Zunächst Privatlehrer, unterrichtete er seit 1902 Theorie und Komposition an der Akdemischen Hochschule für Musik, wo er bis 1907 wirkte. Neben seiner Lehrtätigkeit trat E. als Komponist insbesondere von volkstümlichen, epischen und dramatischen Liedern hervor (u. a. Judiths Siegesgesang, Ikarus und Stille Tröstung) und widmete sich der vielbeachteten Neugestaltung von Rochus von —> Liliencrons Chorordnung (4 Bde. mit 324 Chorsätzen, 1902-06). CD N D B E y l e r t , Rulemann (Friedrich), evang. Theologe, Bischof, * 3 . 4 . 1770 H a m m , t 3 . 2 . 1852 Potsdam. E., Sohn eines Gymnasialprofessors und reformierten Pfarrers, absolvierte bis 1792 das Studium der Theologie und Philosophie an der Univ. Halle, wurde zum Dr. theol. und zum Dr. phil. promoviert und war seit 1792 Prediger und Nachfolger seines Vaters in seiner Heimatstadt. 1806 erhielt E. auf Empfehlung des Reichsfreiherrn vom und zum —> Stein eine Anstellung als Hof- und Garnisonsprediger in Potsdam. 1818 wurde E. ehrenhalber zum Bischof ernannt und war zugleich Mitglied des preuß. Staatsrats sowie des Ministeriums der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten. Als kirchenpolitischer Berater stand er —» Friedrich Wilhelm III. u. a. im Agendenstreit und in der Unionsfrage zur Seite. E. veröffentlichte Betrachtungen über die lehrreichen und trostvollen Wahrheiten des Christenthums bei der letzten Trennung von den Unsrigen (1803, 5 1848) und Charakterzilge und historische Fragmente aus dem Leben des Königs von Preußen Friedrich Wilhelm III. (3 Bde., 1811-16, "1844). DD Leb Westfalen, Bd 16 E y m a n n , Conrad Erich, Bankier, * 7 . 1 1 . 1 8 8 3 Gläserdorf (Liegnitz), t n . e . Der Sohn eines Güteradministrators war zunächst Buchhalter und Journalist; 1 9 0 7 / 0 8 lebte er in der Schweiz, dann bis 1910 in Amerika, anschließend in Kanada. E. war als Lehrling und Beamter in amerikanischen und kanadischen Bankgeschäften tätig, hörte daneben Vorlesungen u. a. an der Columbia University (New York), arbeitete in der

Eysen genossenschaftlichen Farmerorganisation Westkanadas und gründete 1913 den Deutsch-Kanadischen Verband. 1914-20 gab er eine genossenschaftliche deutsche Zeitschrift in Regina (Saskatchewan) heraus und kehrte 1921 nach Deutschland zurück. E. war 1923-28 Direktor der Bank für Landwirtschaft und G e w e r b e in V i l s h o f e n / D o n a u , 1 9 2 8 / 2 9 der Gewerbebank in Finsterbergen (Thüringen). E y m e r , Heinrich, Gynäkologe, * 1 1 . 6 . 1 8 8 3 F r a n k f u r t / Main, t 16.5. 1965 München. Das Studium der Medizin absolvierte E. an den Universitäten Marburg, Heidelberg und München. 1909 in Heidelberg promoviert (Beitrag zur Lehre von den Lymphangioendotheliomen des Eierstocks), war er seit 1909 Assistent an der Heidelberger Universitäts-Frauenklinik unter Carl Menge, habilitierte sich 1917 für Geburtshilfe und Gynäkologie (Experimentelles zur Bleifilterstrahlung) und wurde 1919 Oberarzt. Seit 1921 a. o . P r o f . in Heidelberg, folgte er 1924 einem Ruf als o. Prof. an die Universitäts-Frauenklinik nach Innsbruck und wurde 1930 Direktor der Universitäts-Frauenklinik in Heidelberg, 1934 in München. E. war Mitglied der N S D A P (seit 1933) und des K a m p f b u n d s f ü r deutsche Kultur. In seiner Klinik wurden mehr als tausend Frauen zwangssterilisiert. Er veröffentlichte u. a. Die Röntgenstrahlen in Gynäkologie und Geburtshilfe (1913) und Strahlenbehandlung der Tuberkulose der weiblichen Genitalorgane (1929). 1945-49 suspendiert, kehrte E. in sein A m t zurück und wurde 1954 emeritiert. DD Ärzte 2, 3

Eynatten,

Maria Carola Freiin von, auch M. C. von Eynatten-Dirking, Schriftstellerin, * 31. 12. 1857 Wien, t 3 . 1 2 . 1 9 1 7 Heidelberg. E., die ihre Jugend in Verona und Wien verbrachte, erhielt ihre Ausbildung durch Privatlehrer und lebte später in Freib u r g / B r e i s g a u und Heidelberg. Sie gab gesammelte Sagen ( u . a . Harzsagen, 1889) heraus und veröffentlichte neben Erzählungen (Aennili, 1897) und Romanen (Geknechteter Wille, 1925) haus wirtschaftliche Schriften. E y n e r n , Ernst von, K a u f m a n n , Politiker, * 2 . 4 . 1838 Barmen (heute zu Wuppertal), t 2. 11.1906 Barmen. Nach einer Kaufmannslehre in Barmen und einem Volontariat in Le Havre trat der Sohn des K a u f m a n n s Friedrich von —> Ε. 1865 als Teilhaber in dessen Indigo-Großhandlung ein und machte sich 1888 mit einer Indigo-Handelsfirma selbständig, die er bis 1897 betrieb. E. gehörte u.a. den Aufsichtsräten der Hibernia und der Farbenwerke Bayer an. 1875 in den Stadtrat gewählt, vertrat er B a r m e n 1879 im Rheinischen Provinziallandtag. 1876 trat E. in die Nationalliberale Partei ein und war von 1879 bis zu seinem Tod Mitglied des preuß. Abgeorndetenhauses; er war ein entschiedener Gegner der linksliberalen Fortschrittspartei und der Sozialdemokraten. m NDB E y n e r n , (Johann) Friedrich von, K a u f m a n n , * 8. 8 . 1 8 0 5 Barmen (heute zu Wuppertal), t 1 . 8 . 1 8 8 2 Rolandseck. Der einer Kaufmannsfamilie entstammende E. machte eine kaufmännische Lehre in Gent und trat 1824 in das väterliche Geschäft ein. Nach Reisen nach Holland, Frankreich und England wurde er Teilhaber der väterlichen IndigoGroßhandlung, die er nach dem Tod seines Vaters zusammen mit einem Vetter leitete. 1861 rief E. eine eigene Indigo-Großhandlung ins Leben und betrieb diese zusammen mit seinen Söhnen. Er gehörte zu den Begründern des Barmer „Konstitutionellen Vereins für Rheinland und Westfalen". 1849-52, 1855-60 sowie 1866-73 war E. Abgeordneter der preuß. Zweiten K a m m e r und wurde als Mitglied der gemäßigten liberalen Fraktionen 1868 Vorsitzender der alt-liberalen Restfraktion. 1865-68 amtierte er als Präsident des B a r m e r Handelsgerichts. E. war der Vater von Ernst von - » E. DP N D B

E y r i c h , Johann Leonhard, evang. Theologe, Bienenzüchter, * 4. 12.1731 Gollachostheim (Kr. Uffenheim), t 1.9. 1784 Ezelheim (Kr. Scheinfeld). E., Sohn eines Lehrers, studierte 1751-54 Theologie an der Univ. Halle und wurde Vikar, 1757 Pfarrer in Ezelheim. Daneben widmete er sich der Bienenzucht, führte die MagazinB i e n e n w o h n u n g in Süddeutschland ein, die den Übergang zum modernen Bienenkasten mit beweglichem Wabenrahmen bildete, und gründete 1767 die „Fränkisch-physicalischöconomische Bienengesellschaft", die er als Sekretär leitete und deren Zeitschrift er 1770-74 herausgab. E. veröffentlichte zahlreiche Arbeiten zur Bienenzucht, u . a . Vernunftund eifahrungsmäßiger Entwurf der vollkommensten Bienenpflege für alle Landesgegenden (1768, 4 1774) und Beitrag und Unterricht zur Verbesserung der KlotzbeutenBienenzucht (1774). m NDB E y r i n g , Jeremias Nikolaus, Schulmann, Bibliothekar, * 2 5 . 6 . 1 7 3 9 Eyrichshof bei Bamberg, t 2 7 . 4 . 1 8 0 3 Göttingen (?). E. studierte seit 1759 an der Univ. Göttingen und wurde 1762 Subrektor des städtischen Gymnasiums, 1765 Rektor der Stadtschule. Als a . o . P r o f . der Philosophie erhielt er das Direktorat des G y m n a s i u m s . 1780 wurde er ö. o. Prof. und war 1785-89 erster Kustos der Universitätsbibliothek. E. veröffentlichte pädagogische, historische und philologische Schriften, u . a . De cultus populorum tribus generibus (1767). m ADB

Eyschen,

Georg von, kath. Theologe, * 19.2. 1592 Arlon, t 19.2. 1664 Köln. Nach d e m Theologiestudium in Löwen, Trier und Köln wurde E. Pfarrer und Kanonikus, 1636 Domherr in Köln und fungierte darüber hinaus als Rat des Herzogs Franz von Lothringen, Fürstbischof von Verdun. Als Gegner Richelieus war E. darum bemüht, dem Deutschen Reich Verdun als Lehen zu erhalten. Er wurde von Kaiser —»Ferdinand III. geadelt und erhielt vom Kurfürsten von M a i n z eine Stiftspräbende sowie das Kanonikat in Seligenstadt. QP A D B E y s e l , Johann Philipp, Mediziner, * 7 . 9 . 1651 Erfurt, t 3 0 . 6 . 1717 Erfurt. E. war nach d e m Medizinstudium zunächt Stadtarzt in Bochum in Westfalen und anschließend Prof. der Medizin und Botanik an der Univ. Erfurt. 1715 wurde er zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. Zu seinen zahlreichen Schriften gehören Aegrum affectu maniaco laborantem sistens (1695), De sterilitate mulierum (1697), Das Zungen-Zipperlein (1701), De melancholia hypochondriaca (1715), De principio motus et sensiis in corpore animali (1715), Dissertatio inauguralis medica, de furore uterino, oder Tobsucht der Weiber (1715) und De vari olis oder Kinderblattern (1717). E y s e l l , Adolf, Hals-Nasen-Ohren-Arzt, Entomologe, * 17.2. 1846 Waldau bei Kassel, t 3 1 . 7 . 1934 Kassel. E. studierte Medizin an den Universitäten Marburg, Würzburg und Halle, wurde nach seiner Teilnahme als Feldunterarzt am Deutsch-Französischen Krieg 1872 in Halle promoviert ( Ü b e r tödliche Ohrkrankheiten) und verbrachte dort bis 1875 seine Assistenzzeit. Seit 1876 praktizierte er als HalsNasen-Ohrenarzt in Kassel. E. wurde wissenschaftlich vor allem durch seine entomologischen Abhandlungen bekannt, u. a. Die Krankheitserreger und Krankheitsüberträger unter den Arthropoden (1905). DO Olpp E y s e n , Louis, Maler, * 23. 11. 1843 Manchester, t 2 1 . 7 . 1899 München. Der Sohn eines K a u f m a n n s besuchte die Städelsche Kunstanstalt in F r a n k f u r t / M a i n , w o die Familie seit 1850 lebte, und erhielt zugleich Malunterricht bei Friedrich Karl

195

Eysenck —» H a u s m a n n . S p ä t e r ein S c h ü l e r d e s X y l o g r a p h e n A l e x a n der Stix, m a c h t e sich E. mit den L a n d s c h a f t s m a l e r n d e s K r o n b e r g e r Kreises vertraut, hielt sich 1865-69 häufig in Berlin und M ü n c h e n auf, w o er sich d e m L e i b i - K r e i s anschloß, und setzte s e i n e A u s b i l d u n g seit E n d e 1869 in Paris fort. N a c h A u s b r u c h des D e u t s c h - F r a n z ö s i s c h e n K r i e g s k e h r t e er nach F r a n k f u r t z u r ü c k , v e r k e h r t e aber h ä u f i g in M ü n c h e n , w o er a u c h H a n s —»Thoma k e n n e n l e r n t e , d e s s e n B i l d e r n er die A n r e g u n g e n f ü r s e i n e i m i m p r e s s i o n i s t i s c h e n Stil g e h a l t e n e n W e r k e verdankte. Seit 1873 lebte E. in K r o n b e r g / T a u n u s und übersiedelte 1 8 7 8 / 7 9 n a c h O b e r m a i s bei M e r a n . Z u seinen b e k a n n t e s t e n Werken zählen d i e B i l d e r Wiesengrund ( 1877) und Taunuslandschaft. DD A K L

Eysenck,

H a n s Jürgen, P s y c h o l o g e , * 4 . 3 . 1916 Berlin, t 4 . 9 . 1997 L o n d o n . D e r aus einer S c h a u s p i e l e r f a m i l i e s t a m m e n d e E. e m i g r i e r t e 1934 n a c h F r a n k r e i c h und studierte G e s c h i c h t e und Literatur an der U n i v . D i j o n . I m selben J a h r g i n g er n a c h G r o ß b r i t a n n i e n und studierte e n g l i s c h e G e s c h i c h t e und Literatur a m University C o l l e g e of Exeter, d a n n an der University of L o n d o n . D a s S t u d i u m der P s y c h o l o g i e Schloß er 1940 mit d e r P r o m o t i o n z u m Ph. D . mit einer Arbeit aus d e m Bereich der P e r s ö n l i c h k e i t s p s y c h o l o g i e ab. W ä h r e n d d e s Z w e i t e n Weltkriegs z u n ä c h s t in der britischen Z i v i l v e r t e i d i g u n g eingesetzt, arbeitete er 1942-45 als P s y c h o l o g e in e i n e m L o n d o n e r Hospital. 1945 w u r d e er S e n i o r R e s e a r c h P s y c h o l o g i s t am L o n d o n e r M a u d s l e y Hospital, 1948 D o z e n t f ü r P s y c h o l o g i e an der University of L o n d o n . D e m Institut f ü r P s y c h i a t r i e a m M a u d s l e y Hospital gliederte er e i n e p s y c h o l o g i s c h e A b t e i l u n g an. 1955-84 w a r E. o . P r o f . der P s y c h o l o g i e an der U n i v e r s i t y of L o n d o n , die ihm 1964 d e n G r a d eines D o c t o r of S c i e n c e verlieh. Er war m a ß g e b l i c h an d e r E n t w i c k l u n g d e r m o d e r n e n P e r s ö n l i c h k e i t s f o r s c h u n g und Verhaltenstherapie beteiligt und schrieb u. a. The scientific study of personality (1952), Uses and abuses of psychology (1953; dt. Wege und Abwege der Psychologie, 1956), Know your own I. Q. ( 1 9 6 2 ; dt. Intelligenztest, 1972), Experiments in behavior therapy ( 1 9 6 4 ) , Psychology is about people ( 1 9 7 2 ; dt. Die Experimentiergesellschaft, 1973), Inequality of man ( 1 9 7 3 , mit G. Wilson; dt. Die Ungleichheit der Menschen, 1975), Know your own personality (1975; dt. Teste dich selbst, 1976) und Decline and fall of the Freudian empire (1985; dt. Sigmund Freud. Niedergang und Ende der Psychoanalyse, 1985). 1990 (Überarb. 1997) erschien seine A u t o b i o g r a p h i e Rebel with a Cause. CD B H d E , B d 2 E y s e r b e c k , J o h a n n A u g u s t , Gärtner, * 4. 10. 1762 Vogelheerd (später L u i s i u m , A n h a l t ) , t 27. 1 2 . 1 8 0 1 C h a r l o t t e n b u r g (heute zu Berlin). D e r S o h n von J o h a n n Friedrich —» E. durchlief 1777-80 e i n e G ä r t n e r l e h r e in O r a n i e n b a u m , w a r a n s c h l i e ß e n d G e s e l l e bei J o h a n n G o t t f r i e d H ü b l e r im G r o ß e n G a r t e n in Dresd e n und w u r d e 1786 von K ö n i g —» Friedrich W i l h e l m II. nach P o t s d a m b e r u f e n . E . veränderte die G a r t e n a n l a g e n von S c h l o ß S a n s s o u c i , plante nach d e m Vorbild W ö r l i t z d i e A n lage des N e u e n G a r t e n s a m Heiligen S e e r u n d u m d a s 1787-90 e r b a u t e M a r m o r p a l a i s u n d leitete d i e gärtnerische U m g e s t a l t u n g der P f a u e n i n s e l . 1788-1801 w a r E. als H o f und L u s t g ä r t n e r in S c h l o ß C h a r l o t t e n b u r g tätig, dessen reg e l m ä ß i g e G a r t e n a n l a g e n er erweiterte und a b s c h n i t t s w e i s e landschaftlich umstrukturierte. CD A K L

Eyserbeck,

J o h a n n Friedrich, Gärtner, * 2 . 1 0 . 1734 K l i e k e n bei D e s s a u , t 2 4 . 2 . 1818 Wörlitz. D e r einer G ä r t n e r f a m i l i e e n t s t a m m e n d e E. bildete sich 1747-50 in Z e r b s t im väterlichen B e r u f a u s und b e g a b sich auf W a n d e r s c h a f t durch D e u t s c h l a n d , H o l l a n d ( 1 7 5 3 - 5 9 ) und

196

E n g l a n d ( 1 7 5 9 - 6 1 ) . Von H e r z o g —»Leopold III. Friedrich F r a n z von A n h a l t f ü r die P a r k a n l a g e „Auf d e m V o g e l h e r d " bei D e s s a u angestellt, e n t w a r f E. P l ä n e zur A n l a g e d e s W ö r l i t z e r Parks 1786, dessen erste A r b e i t e n er leitete. Er w a r der Vater von J o h a n n A u g u s t - » E. DD N D B E y s l e r , E d m u n d , eigentl. E. Eisler, österr. K o m p o n i s t , * 1 2 . 3 . 1874 Wien, t 4. 10. 1949 Wien. D e r S o h n eines aus M ä h r e n s t a m m e n d e n K a u f m a n n s absolvierte d a s M u s i k s t u d i u m als S c h ü l e r von A n t o n —» D o o r , R o b e r t —» F u c h s und J o h a n n N e p o m u k —» F u c h s a m W i e n e r K o n s e r v a t o r i u m . A n s c h l i e ß e n d als Klavierlehrer und Kapellmeister tätig, begleitete er an den musikalisch-literarischen A b e n d e n im S a l o n B e r t h a von - ^ S u t t n e r s h ä u f i g a m Klavier u n d hatte mit der O p e r e t t e Bruder Straubinger, die 1903 i m T h e a t e r an d e r W i e n u r a u f g e f ü h r t w u r d e , seinen ersten E r f o l g als K o m p o n i s t . In den f o l g e n d e n Jahren schuf E. e t w a 6 0 im traditionellen W i e n e r Stil g e h a l t e n e O p e r e t t e n ( u . a . Die goldene Meisterin, 1927; Wiener Musik, 1947). Er k o m p o n i e r t e auch e i n e R e i h e von W i e n e r l i e d e r n . N a c h der M a c h t ü b e r n a h m e d u r c h d i e Nationalsozialisten d u r f t e n E.s W e r k e nicht m e h r a u f g e f ü h r t w e r d e n . cd MGG

Eysoldt,

G e r t r u d , S c h a u s p i e l e r i n , * 30. 11. 1870 P i r n a (Sachsen), t 6. 1. 1955 O h l s t a d t bei M u r n a u . D i e T o c h t e r eines A n w a l t s und N o t a r s v e r b r a c h t e ihre Jug e n d in der S c h w e i z und b e g a n n nach einer S c h a u s p i e l a u s b i l d u n g bei Heinrich —» Richter 1889 ihre B ü h n e n k a r r i e r e a m M ü n c h n e r H o f t h e a t e r . Seit 1890 spielte sie in M e i n i n gen, R i g a und Stuttgart. 1899 k a m E. n a c h Berlin und w u r d e zunächst a m Schiller-Theater, 1900 a m L e s s i n g - T h e a t e r und 1902 v o n M a x —»Reinhardt an das „ K l e i n e T h e a t e r U n t e r den L i n d e n " engagiert, w o sie im Sommernachtstraum zu sehen war. 1903 trat sie a u c h a m „ N e u e n T h e a t e r " auf und w u r d e 1905 M i t g l i e d des „ D e u t s c h e n T h e a t e r s " , d e m sie bis z u m E n d e ihrer B ü h n e n k a r r i e r e a n g e h ö r t e . 1 9 2 0 / 2 1 war E. auch als R e g i s s e u r i n und Intendantin a m B e r l i n e r „Kleinen S c h a u s p i e l h a u s " tätig. N e b e n der d e u t s c h e n E r s t a u f f ü h r u n g von G o r k i j s Nachtasyl 1903 brillierte E. u . a . in O s c a r Wildes Salome und in F r a n k —»Wedekinds Lulu. t u NDB E y ß , J o h a n n M a t t h i a s von, kath. T h e o l o g e , * 2 3 . 7 . 1 6 6 9 V a l l e n d a r / R h e i n , t 2 5 . 1 1 . 1 7 2 9 Trier. D e r einer alten kurtrierischen B e a m t e n f a m i l i e e n t s t a m m e n d e E., S o h n eines B ü r g e r m e i s t e r s und S c h u l t h e i ß e n , studierte seit 1687 an den U n i v e r s i t ä t e n K ö l n und L ö w e n , w u r d e w a h r s c h e i n l i c h z u m Dr. j u r . can. p r o m o v i e r t und b e g a b sich d a n n auf Studienreisen durch E u r o p a . 1703 in Trier z u m Priester g e w e i h t , w a r er e i n i g e J a h r e als kurfürstlic h e r A r c h i v a r und R e g i s t r a t o r tätig, b e v o r er Geistlicher R a t und G e h e i m s e k r e t ä r des E r z b i s c h o f s J o h a n n H u g o von —»Orsbeck w u r d e . Seit 1711 W e i h b i s c h o f in Trier und Titularbischof von R o s m e n , w a r E. seit 1717 E x t r a k a n o n i k e r an St. S i m e o n in Trier, 1727 a m Stift P f a l z e l bei Trier. E r gilt als V o r k ä m p f e r g e g e n den J a n s e n i s m u s und k o n n t e d e n K a r d i n a l - E r z b i s c h o f von Paris, L o u i s - A n t o i n e d e Noailles, dazu bringen, die g e g e n die J a n s e n i s t e n gerichtete B u l l e „ U n i g e n i t u s " (1713) a n z u n e h m e n u n d zu v e r ö f f e n t l i c h e n . tu

Gatz 3

E y s s e n , J ü r g e n , B i b l i o t h e k a r , * 2 1 . 4 . 1 9 2 2 Berlin, t 3 1 . 1 . 1 9 8 8 Hannover. E. w a r B i b l i o t h e k a r und D o z e n t an der S ü d d e u t s c h e n Bib l i o t h e k s s c h u l e in Stuttgart, arbeitete 1955-57 als B i b l i o theksrat in Essen und w u r d e a n s c h l i e ß e n d Direktor in G e l s e n k i r c h e n ; z u m A u f b a u des D e u t s c h e n Kulturinstituts in S t o c k h o l m w u r d e er z w i s c h e n z e i t l i c h freigestellt. A l s leit e n d e r B i b l i o t h e k s d i r e k t o r der S t ä d t i s c h e n B ü c h e r e i e n H a n n o v e r ( 1 9 6 3 - 8 0 ) g a b E. d e m Ö f f e n t l i c h e n B ü c h e r e i w e s e n auf d e m W e g zur I n f o r m a t i o n s v e r m i t t l u n g w i c h t i g e I m p u l s e .

Ezzo Auf internationaler Ebene setzte er sich als Präsident der International Association of Metropolitan Libraries (Intamel) nachhaltig für die Entwicklung großstädtischer Bibliothekssysteme ein. E. baute eine der bedeutendsten Privatbibliotheken zur Buchkunst und Bibliophilie auf, die heute geschlossen in der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel untergebracht ist. Er veröffentlichte u . a . Buchkunst in Deutschland. Vom Jugendstil zum Malerbuch (1980). CD L G B E y s s e n h a r d t , Franz Rudolph, Bibliothekar, Schulmann, * 6 . 3 . 1 8 3 8 Berlin, t 30. 11.1901 Hamburg. Der Sohn eines Verlagsbuchhändlers studierte 1857-61 Klassische Philologie an der Univ. Berlin und unterrichtete zunächst am Joachimsthalschen G y m n a s i u m , 1863-76 am Friedrichs-Werderschen G y m n a s i u m . Seit 1875 führte E. den Titel eines Professors, folgte im folgenden Jahr einem Ruf an das Johanneum nach Hamburg und war 1882-1901 Direktor der dortigen Stadtbibliothek. m LGB

Eytelwein,

Johann (Albert), Architekt, Ingenieur, * 31. 12. 1764 F r a n k f u r t / M a i n , t 1 8 . 8 . 1 8 4 9 Berlin. E., Sohn eines Handelsmanns, begann zunächst eine militärische Laufbahn, wurde 1779-86 in Berlin ausgebildet, widmete sich zugleich autodidaktisch d e m Studium der Architektur und legte 1786 die P r ü f u n g als Feldmesser und 1790 als Architekt ab. Er quittierte seinen Dienst, erhielt 1790 die Stelle eines Deichinspektors in Küstrin und wurde 1794 Geheimer Oberbaurat im Oberbaudepartement in Berlin. E. war maßgeblich an der Gründung der Berliner Bauakademie 1799 beteiligt, deren Direktor er 1824-30 war, und hielt später Vorlesungen an der Berliner Universität. 1809-30 war er Direktor der preuß. Oberbaudeputation, 1810-15 Prof. an der Universität. Seit 1816 Oberlandesbaudirektor, leitete er u. a. die Regulierung der Oder, der Warthe und der Weichsel, war an verschiedenen Hafenbauten, u. a. von Memel und S w i n e m ü n d e beteiligt, und trat 1830 in den Ruhestand. 1803 wurde er Mitglied der Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften. E. veröffentlichte zahlreiche Handbücher über Mechanik, Wasserbau und angewandte Mathematik, u. a. Praktische Anweisung zur Wasserbaukunst (mit David —»Gilly, 4 Hefte, 1802-09, 2 1809-30) und Handbuch der Statik fester Körper (3 Bde., 1808, 2 1832). CD Leb Berlin 6

Eyth,

Eduard, evang. Theologe, Dichter, Übersetzer, * 2 . 7 . 1 8 0 9 Heilbronn, f 2 8 . 4 . 1884 Neu-Ulm. Der Sohn eines Gymnasialprofessors besuchte 1823-27 das theologisch-philologische Seminar in Maulbronn, studierte 1827-31 zunächst Theologie, dann Klassische Philologie in Tübingen, wurde zum Dr. phil. promoviert und war vorübergehend als Pfarrvikar in Heilbronn tätig. Nach einer Bildungsreise durch Norddeutschland und die Schweiz wurde E. 1835 Oberpräzeptor an der Lateinschule in K i r c h h e i m / Teck, 1841 Prof. für Geschichte und Griechisch am evang. Seminar in Schöntal/Jagst, 1865 dessen Leiter und war 1868-77 Direktor des Seminars Blaubeuren. Er beschäftigte sich insbesondere mit der Edition griechischer Klassiker, darunter Sophokles' Oedipus auf Kolonos ( 1 8 5 6 , 2 1 8 7 5 ) und veröffentlichte u. a. Die Sage vom Odysseus nach Homer, in Reimen bearbeitet (3 Bdchn., 1834/35), Harfenklänge aus dem alten Bunde (1838), Gedichte (1843, 3. Ausg. unter dem Titel Bilder in Rahmen, 1856), Die uralte Gegenwart oder Homers ¡lias im Versmaß der Urschrift nach neuen Grundsätzen der Prosodie (Teil 1, 1851, mehr nicht erschienen) und Ueberblick der Weltgeschichte vom christlichen Standpunkte (1853, 2 1872). E. war der Vater von Max von - > E . CD D S L

Eyth,

(Eduard Friedrich) Max(imilian) von, Techniker, Schriftsteller, * 6 . 5 . 1 8 3 6 K i r c h h e i m / T e c k , t 2 5 . 8 . 1 9 0 6 Ulm. Der Sohn von Eduard —»E. bereiste nach d e m Maschinenbaustudium ( 1852-56) am Polytechnikum in Stuttgart Frank-

reich, Belgien und das Ruhrgebiet, ehe er 1861 eine Anstellung als Maschineningenieur in der Dampfpflugfabrik John Fowlers in Leeds fand. Eine erste Auslandsreise für das Unternehmen führte ihn für drei Jahre auf die Ländereien des ägyptischen Prinzen Halim Pascha. In der Folgezeit machte er auf Reisen durch alle Kontinente den mit eigenen Patenten verbesserten D a m p f p f l u g in der Landwirtschaft populär. E. kehrte 1882 als reicher Mann nach Deutschland zurück und war 1885 maßgeblich an der Gründung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft beteiligt, die sich nach dem Vorbild der englischen Agricultural Society die Förderung der deutschen Landwirtschaft in freier Selbstverantwortung zur A u f g a b e machte. Bis 1896 geschäftsführender Direktor der Organisation, zog er sich, im selben Jahr nobilitert, als preuß. Geheimer Hofrat nach Ulm zurück. E.s während der Reisen verfaßte Tagebuch-Briefe, vom Vater f ü r den Druck bearbeitet (Wanderbuch eines Ingenieurs, 6 Bde., 1871-84), bildeten die Grundlage seiner Autobiographie Im Strom unserer Zeit. Aus Briefen eines Ingenieurs (3 Bde., 1904/05, Neudr. 1985). Mit den Erzählungen Hinter Pflug und Schraubstock. Skizzen aus dem Taschenbuch eines Ingenieurs (2 Bde., 1899, 17 1906) und dem autobiographischen R o m a n Der Kampf um die Cheopspyramide. Eine Geschichte und Geschichten aus dem Leben eines Ingenieurs (2 Bde., 1902, 2 1906) gelang ihm eine auch kritische dichterische Verarbeitung der Technik. 1906 veröffentlichte E. Der Schneider von Ulm. Geschichte eines zweihundert Jahre zu früh Geborenen (2 Bde.). Seine Gesammelten Schriften (6 Bde.) erschienen 1909/10, seine Tagebucher 1882-1896 (hrsg. von Rudolf Lais) 1975. CD Leb Schwaben, Bd 3 E z d o r f , (Johann) Christian (Michael), Maler, * 2 8 . 2 . 1 8 0 1 Pößneck (Sachsen), t 18.12. 1851 München. E. besuchte die M ü n c h n e r Kunstakademie und begab sich zu intensiven Naturstudien wiederholt ins Hochgebirge. Seit 1821 unternahm er Reisen nach Norwegen, an das Nordkap, nach Schweden, Island (1827), Großbritannien (1835) und wiederum Norwegen (1849) und verwendete zahlreiche Motive von dort für seine Ölbilder. Zu seinen Werken zählen Wasserfall mit Eisenhammer in Schweden, Felsenufer der Insel Mageröe in Norwegen ( 1836) sowie Norwegische Landschaft (1843). CD A K L

Ezzo,

Pfalzgraf in Lothringen, * um 955, t 20. / 2 1 . 5 . 1 0 3 4 Saalfeld (Thüringen). Der Sohn des Pfalzgrafen in Lothringen, Hermann „pusillus" verbrachte seine Jugend teilweise bei seinem Verwandten Ulrich in Augsburg, heiratete die Schwester —> Ottos III. und wurde Ziel der Angriffe König —> Heinrichs II. E. Schloß sich den mit diesem verfeindeten Luxemburgern an, nahm 1011 an dem Überfall von O d e r n h e i m teil, söhnte sich jedoch mit dem König aus und erhielt beim Friedensschluß 1012 die Reichslehen Kaiserswerth, Duisburg und Saalfeld als freies Eigen. Nach einer R o m f a h r t gründete er 1024 zusammen mit seiner Gemahlin Mathilde die Benediktinerabtei Brauweiler bei Köln und nahm 1033 am Feldzug —> Konrads II. gegen Odo von Blois-Champagne teil. CD L e x M A

Ezzo

von Bamberg, Dichter, f nach 1064. Der Bamberger Chorherr schrieb um 1060 im Auftrag des Bischofs —> Gunther, im Z u s a m m e n h a n g mit der Einführung einer strengen Klosterregel für die Domgeistlichen um 1060 oder mit der Einweihung von St. Gangolf 1063, den nach ihm Ezzolied benannten, in zwei Fassungen erhaltenen, ältesten frühmittelhochdeutschen Hymnus, der die Heilsgeschichte darstellt. Die u m 1 1 3 0 / 4 0 verfaßte Vita Altmanni erwähnt die Cantilena de miraculis Christi eines E.; es läßt sich vermuten, der Heilsgesang sei auf der von Bischof Gunther angeführten Pilgerfahrt nach Jerusalem 1 0 6 4 / 6 5 gesungen worden. CD Killy

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F F a b a r i u s , (Ernst) Albert, Pädagoge, * 15.9.1859 Saarlouis, t 28.10. 1927 Witzenhausen/Werra. F. studierte Theologie, Geschichte sowie Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten Bonn, Berlin, Tübingen und Halle. Im Kreis des von ihm mitbegründeten Bonner und Tübinger Vereins Deutscher Studenten lernte er Karl —> Peters kennen, machte sich kolonialistisches Gedankengut zu eigen und befaßte sich seit 1884 bevorzugt mit der Ausbildung künftiger Kolonialisten, Siedler und Farmer. Seit 1886 Militärpfarrer an verschiedenen Orten, war F. Geschäftsführer des Rheinischen Verbandes des Evang. AfrikaVereins und Schriftführer der Kolonialgesellschaft in Koblenz. 1898/99 gründete er die Deutsche Kolonialschule in Witzenhausen (seit 1918 Hochschule für In- und Auslandssiedlung). Als Direktor und Kurator dieser Schule, an der neben Natur- und Wirtschaftswissenschaften auch Geisteswissenschaften gelehrt wurden, veröffentlichte er u. a. Neue Wege der deutschen Kolonialpädagogik nach dem Kriege (1916). Da Leb Kurhessen, Bd 3 F a b a r i u s , Johann David, Jurist, * 29.9.1658 Schraplau (Grafschaft Mansfeld), t 15.7. 1743. F. studierte Rechtswissenschaften an der Univ. Halle und war als Erzieher tätig. Nach der Promotion zum Dr. jur. 1730 in Greifswald wurde er kgl. Tribunalprokurator, erster Sekretär, Justitiar und Archivar des Grafen Malte von Putbus in der Grafschaft Rügen. 1736 zog er sich als Privatgelehrter nach Bergen auf Rügen zurück und wurde im selben Jahr Mitglied der Greifswalder Gesellschaft für pommersche Geschichte; 1741 erfolgte seine Wahl zum Bürgermeister von Bergen. F. schrieb u. a. eine Genealogia diplomatica dynastarum in Putbus (1734). Einer seiner Nachkommen war Albert - > F . m ADB F a b e r , Ägidius, evang. Theologe, * um 1490 Kremnitz (Ungarn), f kurz vor dem 6.4. 1558 Boizenburg (Mecklenburg). F. studierte in Buda, bevor er vor der Invasion der Türken floh und über Augsburg nach Wittenberg kam, wo er 1530 als Magister in der Matrikel der Univ. erscheint. Durch eine Empfehlung Luthers wurde er im folgenden Jahr Prediger in Schwerin; als Hofprediger Herzog -»Heinrichs V. (seit 1534) visitierte er 1535 das Land. 1538 dispensiert, kam F. 1540 an den Liegnitzer Hof Herzog —> Friedrichs II. 1543 wurde er Pfarrer in Dessau, 1548/49 an der Marienkirche in Liegnitz, zuletzt 1553 in Boizenburg. F. trat mit unbeugsamer Strenge für eine vom Aberglauben gereinigte Kirche ein und veröffentlichte zwei jeweils von Luther eingeleitete Schriften, darunter Von dem falschen blut und Abgott jm Thum zu Schwerin (1533). OP NDB F a b e r , Anton, Beamter, * 5.11.1561 Laubach, t 20.2.1635 Rudolstadt. F. begleitete als Lehrer und Erzieher einen jungen Grafen nach Straßburg, Lausanne und Genf, später in gleicher Funktion Karl Günther von Schwarzburg an die Univ. Jena. Er wurde Hofrat in schwarzburgischen Diensten und stieg schließlich zum Kanzler auf. F. stiftete in Rudolstadt ein Legat für Kirchen- und Schuldiener, das bis ins 19. Jh. bestand. Er schrieb De religione regenda in república (1625).

F a b e r , Basilius, Pädagoge, * um 1520 Sorau, t um 1575 Erfurt. F. studierte seit 1538 bei Philipp -» Melanchthon an der Univ. Wittenberg, wirkte später als Lehrer und Rektor in Nordhausen, Tennstedt, Magdeburg und seit 1560 in Quedlinburg. Als Gegner des „Corpus doctrinae Philippicum" entlassen, war er 1571-75 Rektor des Ratsgymnasiums in Erfurt, wo er den Geschichtsunterricht einführte. F. übersetzte —> Luthers lateinischen Genesis-Kommentar ins Deutsche, war Mitarbeiter der Magdeburger Centurien und verfaßte weitverbreitete und mehrmals wiederaufgelegte Schulschriften, darunter den Thesaurus eruditionis scholasticae (1571). DD RE F a b e r , Benedikt, Komponist, Dirigent, * um 1580(7) Hildburghausen, begraben 28.4. 1634 Coburg. F., Sohn eines Schneiders, war während seiner Ausbildung in Augsburg Mitschüler Melchior -^Francks und kam 1601, etwa zur Zeit, als dieser seine Stelle als Coburger Hofkapellmeister antrat, als Musikus der Hofkapelle nach Coburg. Er widmete seinem Freund und Kollegen 1607 eine achtstimmige Komposition zur Hochzeit, dieser wiederum nahm in den Jahren 1608 bis 1614 mehrfach F.s Kompositionen in seine eigenen Werksammlungen auf. Neben meist achtstimmigen Gelegenheitskompositionen schuf er Motetten (Sacrae cantiones, 1604, 2 1610) und Weihnachtslieder sowie ein vermutlich verlorengegangenes Werk Triumphus musicalis in victoriam resurrectionis Christi (1611), eine der wenigen Vertonungen der Auferstehungsgeschichte im 17. Jahrhundert. CD MGG F a b e r , Conrad, genannt Conrad von Creuznach, Faber von Creuznach, Maler, Graphiker, * um 1500(?) Kreuznach (?), t zwischen 10.9.1552 und 15.5. 1553 Frankfurt/ Main. Der zunächst in Mainz tätige F. wird 1526 als Geselle des Malers Hans Fyol in Frankfurt/Main erwähnt; er arbeitete seit dieser Zeit in Frankfurt und wurde 1547 städtischer Eisenwiegler. Historisch nur als Zeichner des von Hans Grav aus Amsterdam in Holz geschnittenen Frankfurter Belagerungsplans von 1552 bekannt, gilt seit dem 20. Jh. seine Identität mit dem Bildnismaler CVC (auch CFvC) als gesichert. F., der neben niederländischen Impulsen Anregungen von Hans —> Holbein d.J. und Lucas —»Cranach d. Ä. aufnahm, porträtierte Frankfurter Adlige und Ratsherren, jeweils mit einem Landschaftsausschnitt im Hintergrund (sog. Holzhausen-Bildnisse); beim Porträts von Hans von Schönitz ist die Stadt Passau zu sehen (1533). CD AKL F a b e r , Eberhard, Fabrikant, * 6.12.1822 Stein bei Nürnberg, t 2.3. 1879 Port Richmond (New York, USA). F., Bruder von Lothar und Johann —> F., war nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Heidelberg 1849-61 Generalvertreter der Firma seines Bruders Lothar in den USA. Daneben betrieb er Kommissionshandel mit deutschen und englischen Schreibwaren, erwarb Zedernwälder in Florida und baute Sägemühlen für den Holzexport nach Europa. Seine 1861 in New York gegründete Bleistiftfabrik fiel 1872 einem Brand zum Opfer. Im selben Jahr errichtete F. eine Bleistiftfabrik in Brooklyn und eine Radiergummifabrik in Newark.

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Faber Faber,

Ernst, evang. Theologe, Missionar, Sinologe, Botaniker, * 2 5 . 4 . 1 8 3 9 Coburg, t 2 6 . 9 . 1 8 9 9 Tsingtau (China). Wie sein Vater von Beruf Blechschmied, trat F. 1858 in das Seminar der Rheinischen Missionsgesellschaft in Barmen ein und studierte 1863 bei Johann Tobias —»Beck an der Univ. Tübingen. 1864 nach China entsandt, ließ er sich zunächst in der Nähe der Bocca Tigris nieder und missionierte in der Volkssprache. Seit 1876 war er aus Gesundheitsgründen überwiegend schriftstellerisch tätig; er veröffentlichte kurze Traktate u. a. zur alten chinesischen Philosophie und Staatslehre sowie 1877 einen weitverbreiteten, an chinesischen Werten und Begriffen orientierten Kommentar des Markusevangeliums. F. eignete sich umfassende Kenntnisse der chinesischen Literatur und Kultur an und versuchte vor allem, die gebildeten Schichten Chinas für das Christentum zu gewinnen. Nach einer vehementen Personaldiskussion mit der heimischen Missionsgesellschaft trat er gemeinsam mit drei weiteren Missionaren 1881 aus und lebte als Schriftsteller in Kanton und Hongkong; seit 1885 wurde er vom Allgemeinen evangelisch-protestantischen Missonsverein unterstützt. F. gründete 1890 die deutsch-evangelische Gemeinde in Shanghai und 1898 die Missionsstation in Tsingtau. Er schrieb auf Deutsch, Englisch und Chinesisch, u . a . Die Grundgedanken des alten chinesischen Sozialismus oder die Lehre des Philosophischen Micius, zum ersten Male vollständig aus den Quellen dargelegt (1877), Introduction to the sciences of Chinese religions (1879), The famous women of China (1890) und China in historischer Beleuchtung ( 1895). Als Botaniker entdeckte F. 120 neue Pflanzenarten, von denen zwanzig nach ihm benannt sind. m

NDB

F a b e r , Erwin, Schauspieler, Regisseur, * 2 1 . 7 . 1891 Innsbruck, t 4 . 5 . 1989 München. F. wurde 1916 von Otto —» Falckenberg an die Münchner Kammerspiele engagiert, wechselte 1921 an das Staatstheater in München, ging 1924 nach Berlin, wo er u . a . am Staatstheater tätig war, und wurde 1934 Mitglied des Ensembles des Düsseldorfer Schauspielhauses. 1945 Regisseur bei den ersten Salzburger Festspielen nach d e m Zweiten Weltkrieg, war er dort Leiter des Schauspiels und kehrte 1952 an die M ü n c h n e r Kammerspiele zurück. Seit 1953 gehörte er wieder d e m Bayerischen Staatsschauspiel an. Zunächst vor allem in Helden- und Liebhaberrollen (u. a. Hamlet, Peer Gynt) erfolgreich, wurde er später auch in zahlreichen Altersrollen gefeiert. Seit 1922 mit Bertolt —»Brecht befreundet, war F. an mehreren Uraufführungen von dessen Stücken beteiligt (u. a. Trommeln in der Nacht, 1922; Leben Eduards II. von England, 1924). F a b e r , Georg, Mathematiker, * 5 . 4 . 1877 Kaiserslautern, t 7 . 3 . 1966 München. Nach Abschluß seiner Studien an den Universitäten M ü n c h e n und Göttingen (1896-1901) war F. zunächst Assistent an der T H M ü n c h e n und 1902-05 Gymnasiallehrer. 1905 habilitierte er sich mit der Arbeit Über die zusammengehörigen Konvergenzradien von Potenzreihen mehrerer Veränderlicher an der T H Karlsruhe, folgte 1909 einer Ber u f u n g als a. o. Prof. der Mathematik an die Univ. Tübingen und wurde 1910 Ordinarius in Stuttgart, 1912 in Königsberg und 1913 in Straßburg; 1916-46 lehrte er an der T H M ü n c h e n . F. befaßte sich u. a. mit der Funktionentheorie veröffentlichte Die Nichtfortsetzbarkeit gewisser Potenzreihen (1905), Algebraische Analysis (1920), Einführung in die Theorie der analytischen Funktionen einer komplexen Veränderlichen (1921) und gab die funktionstheoretischen Vorlesungen Heinrich Friedrich —> Burkhardts neu heraus. CD Poggendorff 5-6

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F a b e r , Gregor, Musiktheoretiker, Mediziner, * um 1525 Lützen (Kr. Merseburg), t nach 1554. F. erscheint 1545 erstmals in der Matrikel der Univ. Leipzig, wurde 1546 Baccalaureus, 1547 Magister und wechselte 1549 an die Univ. Tübingen. Hier war er o . P r o f . der M u sik und wurde 1554 zum Dr. med. promoviert. Über seine Lehrtätigkeit während des Medizinstudiums in Tübingen gibt nur seine musiktheoretische Abhandlung Musices practicae erotematum libri II (1553) Aufschluß. CD M G G F a b e r , Gustav, Schriftsteller, * 15.8. 1912 Badenweiler (Baden), t 5 . 4 . 1993 Badenweiler. Der Sohn eines Oberforstrats studierte in Heidelberg, Berlin und München und wurde zum Dr. phil. promoviert (Carl Bleibtreu als Literaturkritiker, 1936). Danach als Journalist tätig, war er 1938-43 Korrespondent in Säo Paulo. 1947-49 lebte er in Freiburg /Breisgau und Sasbachwalden (Baden), später in Gießen und Karlsruhe. 1953 erhielt er den Karlsruher Kulturpreis. F. veröffentlichte u . a . Erzählungen {Im Arbeitsdienst, 1940; Der Malerkönig, 1948) und Dramen, vor allem aber Sachbücher, Erlebnis- und Reiseberichte, u. a. Schippe, Hacke, Hoi! Erlebnisse, Gestalten, Bilder aus dem freiwilligen Arbeitsdienst (1934), Deutsches Blut in fremder Erde. Lebensbilder großer Deutscher auf 5 Erdteilen (1939), Saudade. Brasilianische Schlenderjahre (1954), Komm zurück, weißer Bruder. Leben und Fahrten des Amazonasforschers Koch-Grünberg ( 1962), Brasilien, Weltmacht von morgen (1970, 4 1981) und Das erste Reich der Deutschen: Geschichte der Merowinger und Karolinger (1980 und 1988). DP DLL, 20. Jh.

Faber,

Heinrich, auch Henricus F., Heinrich Lychtenfels, Musiktheoretiker, Lehrer, * kurz vor 1500 Lichtenfels, f 2 6 . 2 . 1 5 5 2 Oelsnitz (Vogtland). F. war wohl 1515-24 Altist in der Hofkantorei König Christians II. von Dänemark, seit 1538 Lehrer an der D o m schule in Naumburg und geriet dort als Lutheraner in Konflikt mit dem kath. Domkapitel. 1542 ließ er sich an der Univ. Wittenberg immatrikulieren, erwarb 1545 den Magistergrad, brach 1547 endgültig mit d e m Naumburger Bischof und ging gemeinsam mit Nikolaus -> Medier 1547 nach Braunschweig, w o er 1548 Rektor des Martineums wurde. F. lebte 1 5 4 9 / 5 0 als Rektor der Stadtschule zu St. Wenzel wieder in Naumburg, hielt 1551 an der Univ. Wittenberg Vorlesungen über Musik und war zuletzt Rektor in Oelsnitz. Er schrieb Lehrbücher, darunter ein Compendiolum musicae (1548), das bis ins späte 17. Jh. das meistbenutzte Elementarmusiklehrbuch in Deutschland war. Cd M G G

Faber,

H e r m a n n , evang. Theologe, * 1 4 . 2 . 1 8 8 8 Stuttgart, t 1 4 . 4 . 1 9 7 9 Tübingen. F. studierte Theologie und Philosophie an den Universitäten Tübingen und Berlin, wurde 1914 Repetent am Stift in Tübingen und habilitierte sich 1921 an der dortigen Universität. Seit dem folgenden Jahr Privatdozent an der Univ. Marburg, wurde er dort 1923 a . o . P r o f . der Systematischen Theologie und folgte noch im selben Jahr einem Ruf als o. Prof. der Praktischen Theologie und der Ethik an die Univ. Tübingen. 1946 übernahm er die Leitung des Evangelischen Hilfswerks und 1947 zusätzlich die der Inneren Mission in Süd-Württemberg. F., der 1956 emeritiert wurde, war Mitherausgeber der 2. Auflage von Religion in Geschichte und Gegenwarf, er schrieb u. a. Religiöser Glaube und politische Parteibildung (1931). m RGG F a b e r , Jakob, auch Fabricius, Mediziner, * 2 8 . 8 . 1576 Rostock, t 14.8. 1652 Kopenhagen. Seit 1595 Student der Medizin in Rostock und Leipzig, lebte F. später bei Tycho Brahe in Uranienborg auf der Insel Hven, bereiste Holland und England, wurde 1602 an der Univ. Jena zum Doktor promoviert und ließ sich in seiner Geburtsstadt

Faber als praktischer Arzt nieder. 1607 ernannte ihn die mecklenburgische Herzoginwitwe zu ihrem Leibarzt. 1612 übernahm er die Stelle Wilhelm Laurembergs als Prof. der Medizin und höheren Mathematik. F. folgte 1637 der Berufung zum obersten kgl. Leibmedikus nach Kopenhagen und behielt daneben seine Rostocker Professur bei. Er schrieb u. a. lnstitutio medici practicam aggredientis (1639). F a b e r , Johann, Drucker, * (Nieder- oder Ober-)Embt bei Jülich, t 1542 Freiburg/Breisgau. Seit 1526 Bürger der Stadt Basel, wurde F. im selben Jahr als Meister Hans von Gülch zu Safran zünftig, betrieb hier während dreier Jahre eine Druckerei und brachte u . a . Werke von Johannes —>Bugenhagen und Henricus —» Glareanus heraus. Nach der Einführung der Reformation in Basel 1529 siedelte er mit zahlreichen anderen Humanisten nach Frei b ü r g / B r e i s g a u über, ließ sich dort gemeinsam mit —> Erasmus von Rotterdam, Glareanus und L u d w i g —>Bär ins Zunftregister eintragen und druckte in der Folgezeit fast 80 Werke, darunter 15 Schriften des Erasmus. CD N D B F a b e r , Johann, Fabrikant, * 14.6. 1819 Stein bei Nürnberg, t 1 5 . 1 . 1 9 0 1 Stein bei Nürnberg. Der Bruder von Lothar und Eberhard —>F. hielt sich nach der Lehrzeit mehrere Jahre im Ausland auf und war im Hotelgewerbe in Prag tätig, als ihn sein Bruder 1840 in die elterliche Bleistiftfabrik berief. Seit 1847 Teilhaber des Unternehmens und Leiter der Manufaktur, schied er 1878 aus d e m Familienbetrieb aus, gründete 1880 die eigene Bleistiftfabrik „Johann Faber" in Nürnberg und eröffnete im folgenden Jahr eigene Häuser in Paris und London, später auch eine Agentur in N e w York. Über eigene Handlungsreisende belieferte er den Markt aller Kontinente. 1895 ging das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft Uber. F. war der Vater von Karl Johann —>F. c d Leb Franken, Bd 1 F a b e r , Johann Ernst, Orientalist, * Februar 1745 Simmershausen bei Hildburghausen, t 15.3. 1774 Jena. F. studierte seit 1765 an der Univ. Göttingen vor allem orientalische Sprachen, wurde im Jahr seiner Promotion 1768 Mitglied des Theologischen Repetentenkollegiums und habilitierte sich im folgenden Jahr. 1770 als o . P r o f . der Philosophie und der orientalischen Sprachen an die Univ. Kiel berufen, ging er zwei Jahre später in gleicher Funktion an die Univ. Jena. Zu seinen Hauptwerken zählt eine Arabische Grammatik (1773).

Faber, Johann Heinrich, Jurist, Schriftsteller, Übersetzer, Journalist, * 1742 Straßburg, t 1791 Mainz. F. Schloß sein Jurastudium in Straßburg 1736 mit der Promotion ab. Er wurde kurmainzischer Hofgerichtsrat und Prof. für Jura und die schönen Wissenschaften an der Univ. Mainz inne. Seine Vorlesungen erschienen 1767 unter d e m Titel Anfangsgründe der schönen Wissenschaften. Wenig später siedelte F. als Sekretär eines kaiserlichen Gesandten nach F r a n k f u r t / M a i n Uber, w o er eine reiche schriftstellerische Tätigkeit entfaltete. Er Ubersetzte und bearbeitete zahlreiche französische Schauspiele, verfaßte Dramen, R o m a n e und Gedichte und redigierte mehrere Zeitungen und Zeitschriften, darunter Der Illuminât (12 Hefte, 1788). Bekannt wurde er durch die Topographische, politische und historische Beschreibung der Reichs-, Wahl und Handelsstadt Frankfurt am Mayn (2 Bde., 1788/89). CD Killy F a b e r , Johann Ludwig, Dichter, Dramatiker, * 1635 Nürnberg, t 2 6 . 1 1 . 1 6 7 8 Oettingen. F., Sohn eines Pfarrers, studierte an den Universitäten Altdorf, Tübingen und Heidelberg. 1657 wurde er Konrektor und 1664 Rektor am Fürstlichen G y m n a s i u m in Oettingen. Seit 1664 war er als Ferrando I. Mitglied des Pegnesischen

Hirten- und Blumenordens. 1666 kam F. als Rektor nach Hersbruck, wurde 1669 von Sigmund von —> Birken zum Dichter gekrönt und im folgenden Jahr als Lehrer an das Egidien-Gymnasium in Nürnberg berufen. Neben Hirtenliedern und pastoralen Hochzeitsgedichten, die er unter seinem Schäfernamen veröffentlichte, übersetzte er Werke Jakob —» Baldes; er schrieb Kirchenlieder und geistliche Singspiele (u. a. Herodes der Kindermörder, in einem Singspiel vorgestellt, 1675). CD Killy

Faber,

Johannes (Augustanus), Dominikaner, Theologe, * um 1470 Augsburg, t 1530 Salzburg (?). Nach dem Studium der Theologie in Italien (Promotion zum Dr. theol. in Padua) wurde F. Mitglied der Theologischen Fakultät der Univ. Freiburg/Breisgau. Seit 1507 Prior des Dominikanerklosters in Augsburg, ließ er 1512-15 die neue Klosterkirche erbauen. 1511-24 war er zugleich Generalvikar der oberdeutschen Kongegation der DominikanerKonventualen. 1515 disputierte F. öffentlich über Prädestination, Ablaß, Wucher und andere theologische Fragen an der Univ. Bologna und wurde kurz nach seiner Rückkehr zum kaiserlichen Rat ernannt. F. wandte sich zeitweise den Humanisten zu, war mit —» Erasmus von Rotterdam befreundet und nahm in einer anonymen Schrift - » Luther in Schutz (Judicium in causa Lutheri, 1521). Auf d e m Wormser Reichstag erregte er als Prediger Aufsehen. Seither distanzierte er sich von den Humanisten und der Reformation und verließ Augsburg 1524 zunächst vorübergehend, nach der Ausweisung im folgenden Jahr endgültig, t u Leb Bayer Schwaben, Bd 5 F a b e r , Karl-Georg, Historiker, * 2 1 . 7 . 1925 K i r n / N a h e , t 14.9. 1982 Münster. Das Studium der Geschichte in M a i n z Schloß F. 1952 mit der Promotion ab und wurde wissenschaftlicher Referent an der Bundesanstalt für Landeskunde in Remagen. 1965 habilitierte er sich, ging 1967 als o . P r o f . nach Saarbrücken und folgte 1976 einem Ruf als o . P r o f . für Neuere und Neueste Geschichte an die Univ. Münster. F. veröffentlichte u. a. Die nationalpolitische Publizistik Deutschlands von 1866 bis 1871 (2 Bde., 1963), Theorie der Geschichtswissenschaft (1971) und den Handbuchbeitrag Restauration und Revolution (1979). CD Historikerlex F a b e r , Karl Wilhelm, Schriftsteller, * 3 0 . 9 . 1842 Kaiserslautern, t 1 0 . 8 . 1 9 0 3 Mülhausen (Elsaß). Der Sohn eines Schuldirektors war nach d e m Studium der Theologie und Geschichte in Heidelberg und Tübingen als Lehrer tätig, zunächst in Landau, 1865-72 in Annweiler, zuletzt als Direktor der Gewerbeschule in Mülhausen. Neben historischen Erzählungen wurde die Beschäftigung mit den Oberelsässischen Weinen in Liedern und Schwänken (1897) - 1901 folgten Elsässer Weinlieder - zu seinem literarischen Steckenpferd. F. war der Vater von Kurt —>F. F a b e r , (Carl Conrad) Kurt, Publizist, * 6. 12.1880 Mülhausen (Elsaß), t 1929 (am 2 8 . 2 . tot aufgefunden) bei Hay River am Großen Sklavensee (Kanada). Der Sohn von Karl Wilhelm - » F . verließ 1904 das Elternhaus und begab sich auf Abenteuerreisen, von denen er 1911 wieder zurückkehrte. Wegen des Verlusts eines Auges wurde er vom Militärdienst freigestellt. Er fand eine Anstellung in einem Leipziger Verlagshaus, studierte in Tübingen, wurde zum Dr. jur. promoviert und war seit 1925 Korrespondent des „Berliner Lokal-Anzeigers". F. bereiste verschiedene Erdteile, geriet in Windhuk als nationalsozialistischer Agitator in britische Gefangenschaft und hielt sich zuletzt in den Wäldern Kanadas auf, wo ihn Indianer tot auffanden. Er veröffentlichte u. a. Unter Eskimos und Walfischfängern (1916, 2 3 1934) und Mit dem Rucksack nach Indien (1927, 9 1944). CD DLL, 20. Jh.

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Faber Faber,

Lothar Frh. von, Fabrikant, * 1 2 . 6 . 1 8 1 7 Stein bei Nürnberg, f 2 6 . 7 . 1 8 9 6 Stein bei Nürnberg. Der Bruder der Fabrikanten Johann und Eberhard —>F. kehrte nach dem Tod des Vaters Georg Leonhard F. 1839 von seinem die kaufmännische Ausbildung abschließenden Auslandsaufenthalt zurück und übernahm die Leitung der väterlichen Bleistiftfabrik. Als K a u f m a n n und Techniker gleichermaßen engagiert, führte er den Markenbleistift ein, indem er den Firmennamen „A. W. Faber" (nach dem Großvater Anton Wilhelm) auf seine Produkte drucken ließ, und produzierte Bleistifte in neuartigen Längen, Stärken und Minenhärten. F. stattete das mit 20 Arbeitskräften übernommene Werk mit Dampfmaschinen aus und beschäftigte bald 500 Arbeiter, gründete 1849 eine eigene Niederlassung in N e w York und verarbeitete seit dem E n d e der fünfziger Jahre Graphit aus der N ä h e von Irkutsk, dessen Erschließung er nach der Entdeckung 1856 finanzierte. Die Gründung des Zweigwerks zur Herstellung von Schiefertafeln, Griffeln und Zeichenbedarfsartikeln im oberfränkischen Geroldsgrün 1861 förderte die Entwicklung der Region entscheidend. F. galt als sozial und kulturell engagierter Unternehmer und war u . a . Ehrenvorsitzender des auf seine Initiative hin entstandenen G e w e r b e m u s e u m s in Nürnberg. Er wurde 1863 geadelt und 1881 in den Freiherrenstand erhoben. c n Imhoff

Faber,

Matthias, Jesuit, Theologe, * 2 4 . 2 . 1586 Altomünster (Oberbayern), t 2 6 . 4 . 1653 Tyrnau. F. wurde nach Abschluß seiner Studien in Dillingen, Ingolstadt und am Collegium G e r m a n i c u m in R o m (1607-11) Pfarrer im niederbayerischen Pitzling, 1619 in Wemding und 1629 in Neumarkt (Oberpfalz) sowie Visitator des Eichstätter Teils der Oberpfalz. 1633 floh er vor den Schweden nach Ingolstadt, lehnte aber ein Angebot als Universitätslehrer ab und kehrte nach Neumarkt zurück. F. trat 1637 in Wien in die Gesellschaft Jesu ein und lebte später in Tyrnau. Er befaßte sich überwiegend mit Homiletik und veröffentlichte u . a . ein Concionum opus tripartitimi (3 Bde., 1631-34), das bis ins 19. Jh. Neuauflagen erfuhr. CD W e t z e r / W e l t e

Faber,

Nicolaus, auch Nickel Schmidt, Drucker, Buchhändler, * u m 1490 Weißenfels, t 1554 Leipzig. F., seit 1510 als Leipziger Bürger nachgewiesen, studierte seit 1523 in Wittenberg und unterhielt später eine Buchhandlung und Druckerei in Leipzig. Bedeutsam ist F. durch den einzigen Notendruck aus seiner Produktion, Melodiae Prudentianae et in Virgilium magna ex parte nuper natae (1533), einer S a m m l u n g von Hymnen. Diese beruhen auf Vorlagen des Prudentius, dessen Texte F. im separaten Liber kathemerinon (1533) druckte. Beide Bücher verweisen auf Verbindungen F.s zu den damals in Leipzig lehrenden Humanisten Caspar —»Borner und Lucas Hordisch, dem auch mehrere der Kompositionen in Melodiae [...] zugeschrieben werden. m MGG F a b e r , Petrus, eigentl. Pierre Favre, Lefèvre, Jesuit, * 13.4. 1506 Villaret (Savoyen), f 1.8. 1546 R o m . F., Sohn eines Bauern, studierte in Paris Theologie, wo er sich mit Franz Xavier dem zunächst kleinen Kreis um Ignatius von Loyola anschloß. Seit 1530 Magister artium und 1534 zum Priester geweiht, gehörte er 1534 zu den Begründern des Jesuitenordens. 1536 in Venedig, 1537 bei Papst Paul III. in Rom, hielt er theologische Vorlesungen und begleitete Ignatius 1539 nach Parma und Piacenza, w o sie als Prediger- und Exerzitienmeister wirkten. 1540 ging F. mit d e m spanischen Diplomaten Ortiz nach Deutschland, nahm als ein Vertreter der Gegenreformation an den Religionsgesprächen in Worms (1541) und Regensburg (1542) teil und reiste weiter nach Speyer und M a i n z (1542), wo Petrus - » C a n i s i u s bei ihm die Exerzitien absolvierte (1543). 1544

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gründete F. in Köln die erste deutsche Niederlassung des Jesuitenordens. Auf Wunsch Herzog —> Wilhelms IV. war er 1542-45 zusammen mit Claudius —>Jaius auch in Bayern tätig. F. starb auf einer Reise nach Spanien. c d RGG

Faber,

Robert (Friedrich Gustav), Verleger, * 12.4. 1869 Magdeburg, t 18.10. 1924 Magdeburg. F. studierte seit 1889 an den Universitäten Freiburg, Bonn und Köln und trat nach der Promotion zum Dr. jur. 1893 an der Univ. Leipzig in das Familienunternehmen, einen seit mehr als hundert Jahren bestehenden Verlag, ein. 1902 mit der Leitung der 1626 gegründeten „Magdeburgischen Zeitung" betraut, übernahm er nach d e m Tod seines Vaters 1908 die Leitung des gesamten, Verlag und Buchdruckerei umfassenden Unternehmens. Er veröffentlichte zunehmend eigene Artikel in der Zeitung. 1912-21 war er Vorsitzender des von seinem Vater mitbegründeten Vereins Deutscher ZeitungsVerleger und geriet als sozial und liberal Gesinnter während des Ersten Weltkriegs in deutlichen Gegensatz zur offiziellen Pressepolitik. F. widmete sich in seinen letzten Lebensjahren der Schaffung der „Reichsarbeitsgemeinschaft der deutschen Presse", die als Interessenverband der Journalisten und Verleger 1926 ins Leben gerufen wurde; er war Mitbegründer der als Nationalspende f ü r die Mission in den deutschen Kolonien 1913 geschaffenen, späteren Deutschen Evang. Missionshilfe. Der von F. angeregte Nachrichten- und Pressedienst über auswärtige Angelegenheiten wurde mit der Gründung der Deutschen Presse-Agentur 1949 verwirklicht. C D

MBL

F a b e r , Wenzel, Astrologe, Mediziner, * um 1 4 5 5 / 6 0 Budweis, t 1520 Budweis. Seit 1475 an der Univ. Leipzig immatrikuliert, wurde F. dort 1479 Magister artium, 1488 Baccalaureus und 1497 Doktor der Medizin. 1 4 8 8 / 8 9 war er Rektor der Univ. Leipzig, 1489 Dekan der Medizinischen Fakultät. 1499 erscheint er als Arzt in Brüx. 1505 wurde er Stadtpfarrer in Budweis. F. gab 1482-98 fast jährlich ein deutschsprachiges Prognostikon, 1489-1501 regelmäßig deutsche Almanache als KalenderEinblattdrucke heraus, in denen er neben Mondtafeln praktische Alltagsratschläge veröffentlichte. Als Astrologe genoß er während seiner Leipziger Zeit nahezu eine Monopolstellung. Aus einem 1488 öffentlich ausgetragenen Streit mit seinem Konkurrenten Paul Eck ging er als Sieger hervor. F. edierte und kommentierte Werke des Johannes von Sacrobosco, darunter Opus sphaericum Joannis de Sacrobusto (1500). CP V L

Faber de Bouma, Gellius, auch Jelle Smit, reformierter Theologe, * u m 1490 Leeuwarden (Holland), t 2 . 6 . 1564 Emden. Der Sohn eines K a u f m a n n s lebte zunächst als kath. Priester in Jelsum, ging dann aber zur Reformation über. Er flüchtete nach Ostfriesland, wurde 1536 reformierter Pastor in Norden und 1537 in Emden. Daneben betätigte sich F. publizistisch; 1552 veröffentlichte er ein Pamphlet gegen die Täufer und 1554 den sog. E m d e r Katechismus, sein wichtigstes Werk. C D NDB Faber-Castell,

Roland von, Unternehmer, * 2 1 . 4 . 1905 Schloß Schwarzenbruck, t 2 . 2 . 1978 Stein bei Nürnberg. F.-C. studierte Land- und Forstwissenschaften in München, Gießen und Hohenheim und übernahm 1928 das Unternehmen seines Vaters Alexander von F.-C., die Firma A. W. Faber-Castell. 1932 veranlaßte er die Wiedervereinigung der Firmen A. W . Faber-Castell und Johann Faber, gründete 1929-33 ausländische Tochtergesellschaften (u.a. in Rumänien, Schweden und Brasilien) und setzte den Ausbau seines Unternehmens 1935 mit dem Erwerb der Füllhalterfabrik „ O s m i a " in Heidelberg fort. F.-C. war Vorsitzender

Fabian des Verbandes der Deutschen Bleistiftindustrie und der Albrecht-Diirer-Gesellschaft. Er gehörte den Aufsichtsräten der Nürnberger Lebensversicherung und der Vereinsbank Nürnberg sowie dem Verwaltungsrat der Landesgewerbeanstalt an.

Faber du Faur, Adolf (Friedrich) von, Hütteningenieur, * 2 7 . 3 . 1 8 2 6 Wasseralfingen (Württemberg), t 1 8 . 8 . 1 9 1 8 Newark (New Jersey, USA). Der Sohn von Wilhelm —>F. du F. studierte seit 1846 an der Bergakademie Freiberg und wanderte 1850 in die U S A aus. Während des Sezessionskriegs Kapitän in einem Ingenieurkorps, ließ er sich später als Hütteningenieur in Newark (New Jersey) nieder. F. du F. erfand einen Kippofen zur Aufarbeitung des Reichschaums der Bleientsilberung, der nach ihm benannt wurde, zunächst von der Newarker Firma „Baibach Smelting & Refining C o . " verwendet wurde und schließlich internationale Verbreitung fand. Seine letzten Lebensjahre widmete F. du F. metallurgischen Forschungen in einem gemeinsam mit Franz Fohr unterhaltenen Büro in N e w York. CD N D B

Faber du Faur,

Christian Wilhelm (Philipp Friedrich), Militär, Maler, * 18. 8. 1780 Stuttgart, t 6 . 2 . 1 8 5 7 Stuttgart. F. nahm als Artillerieoffizier am Rußlandfeldzug Napoleons teil, hielt seine Eindrücke in einem Skizzenbuch fest und arbeitete sie nach der Rückkehr nach Stuttgart zu Aquarellen aus. 1816 war er Gesandter Württembergs am Bundestag in F r a n k f u r t / M a i n . 1831-43 veröffentlichte er 100 Bilder aus meinem Portefeuille im Laufe des Feldzuges 1812 in Rußland an Ort und Stelle gezeichnet, die von Eberhard —»Emminger lithographiert wurden. Seine Darstellungen sind aufgrund der genauen Detailbeobachtung eine wertvolle historische Quelle. DO Frankf Biogr

Faber du Faur,

Curt von, Bibliothekar, Germanist, * 5 . 7 . 1 8 9 0 Stuttgart, t 1 0 . 1 . 1 9 6 6 N e w Haven (Connecticut, USA). Der Sohn eines Generals trat 1909 in den militärischen Dienst, nahm am Ersten Weltkrieg teil und wurde 1920 entlassen. Er studierte kurzzeitig 1914 und wieder seit 1919 Kunstgeschichte in München und Gießen, w o er 1921 promoviert wurde ( D e r Hausbuchmeister). 1923 begründete er mit Georg Karl das Kunst- und Literatur-Antiquariat Karl & Faber in München, lebte seit 1931 in Florenz und emigrierte 1939 in die USA. Seit 1940 an der Harvard University in Cambridge (Massachusetts) tätig, wechselte F. du F. nach d e m Erwerb seiner umfangreichen S a m m l u n g von Büchern des 17. Jh. 1944 durch die Yale University nach N e w Haven (Connecticut), wurde 1950 Fellow des dortigen Davenport College und war 1951-59 Research Professor of G e r m a n Literature and Bibliography an der Yale University sowie Curator an der Yale University Library. 1945 nahm er die US-amerikanische Staatsbürgerschaft an. F. du F., der u . a . mit Richard —> Alewyn, Hermann —> Broch, Kurt —» Wolff und Karl —»Wolfskehl befreundet war, veröffentlichte German Baroque Literature. A catalog of the collection in the Yale University Library (2 Bde., 1958-69). CD I G L

Faber du Faur,

(Adolph Eduard) Otto von, Maler, * 3 . 6 . 1 8 2 8 Ludwigsburg, t 10. 8.1901 München. F. du F., Sohn eines Generals, der auch als Maler tätig war, und N e f f e von Wilhelm - > F . du F., wurde der Familientradition folgend Offizier und bildete sich daneben zum Maler aus. 1851 studierte er in München bei Alexander von —»Kotzebue, 1852 sowie 1857-60 in Paris; 1867 nahm er seinen Abschied von der A r m e e , um sich ganz der Malerei zu widmen. 1869-74 studierte ern an der A k a d e m i e der Bildenden Künste in München bei Karl Theodor von —»Piloty. Während des Deutsch-Französischen Kriegs 1 8 7 0 / 7 1 als

Kriegsmaler tätig, schuf er in den folgenden Jahren m o n u mentale Schlachtengemälde ( u . a . Angriff der württembergischen Jäger bei Champigny, 1876); später wandte er sich kleineren Formaten zu. Seit einer Marokkoreise 1883 entstanden neben Schlachtenbildern Arbeiten mit arabischen und phantastischen Motiven sowie kleine Kopien nach Rubens, Delacroix oder Velazquez. DP A K L

Faber du Faur,

(Achilles Christian) Wilhelm (Friedrich) von, Hütteningenieur, * 2. 12. 1786 Stuttgart, t 2 2 . 3 . 1855 Stuttgart. Der Sohn aus württembergischer Offiziersfamilie studierte Naturwissenschaften bei Carl Friedrich —» Kielmeyer in Tübingen, später Berg- und Hüttenwesen bei Abraham Gottlob —> Werner an der Bergakademie Freiberg und kam 1810 als Hüttenschreiber nach Königsbronn. Seit dem folgenden Jahr Hüttenverwalter in Wasseralfingen, baute er die seit 1802 vom württembergischen Staat betriebene kleine Hütte aus und vergrößerte die Fördermenge sowie die Zahl der Beschäftigten bis zu seinem Weggang 1843 um ein Vielfaches. F. du F. entwickelte einen Apparat zur kohlesparenden Winderhitzung, konnte erstmals 1837 die bislang ungenützten Gichtgase des Hochofens nützen und wurde mit seinem Verfahren zum Erfinder des Gasgenerators. Darüber hinaus förderte er die Kunstgießerei in Wasseralfingen und holte u . a . den Bildhauer Konrad —» Weitbrecht zur Modellierung von Gußvorlagen in das Werk. F. du F. war seit 1843 an der Stuttgarter Bergbehörde tätig. Er war der Vater von Adolf und der Onkel von Otto von —> F. du F. CD N D B F a b i a n , Julius (Georg Siegfried), Industrieller, * 2 2 . 1 0 . 1880 Duisburg, t 5. 1. 1966. F. studierte nach einer praktischen Ausbildung Maschinenbau an der T H Darmstadt, war als Diplom-Ingenieur (seit 1904) bis 1908 in Düsseldorf und Frankfurt / M a i n in der Privatwirtschaft tätig und übernahm 1909 die Geschäftsführung der Apparate-Vertriebs-Gesellschaft bzw. Allgemeinen Vergasungs-GmbH in Berlin. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde er Bezirksverordnetenvorsteher in BerlinWilmersdorf und war 1920-33 Mitglied des Stadtverordnetenvorstandes von Groß-Berlin sowie des Preußischen Staatsrats. F. war 1927-48 Generaldirektor der Rütgerswerke A G , die Brennstoffe verwertete und weiterverarbeitete, 1948-64 deren Aufsichtsratsvorsitzender. F a b i a n , Karl Leopold, Bergmann, * 12. 11. 1782 Schöneb e c k / E l b e , t 14.3. 1855 S c h ö n e b e c k / E l b e . F., Sohn eines Regimentsquartiermeisters, war unter französischer Herrschaft seit 1809 „Sousingénieur des mines" und wurde bei der Weserdivision in Rodenburg verwendet. 1812 als „Vérificateur ambulant" der Elbdivision nach R o t h e n b u r g / S a a l e , d e m Sitz eines Oberbergamtes, versetzt, war er unter preuß. Herrschaft seit 1815 Direktor des Salzamtes seiner Heimatstadt Schönebeck. 1851 wurde er zum Geheimen Bergrat ernannt. F. war der Erfinder des nach ihm benannten und später weitverbreiteten Freifallstücks zur Tieftohrung. CD M B L F a b i a n , Max, Maler, Graphiker, * 3. 3 . 1 8 7 3 Berlin, t 2 6 . 3 . 1926 Berlin. F. studierte nach einer abgebrochenen Kaufmannslehre 1891-1900 an der Berliner Kunstakademie und war 1900-05 Meisterschüler bei Arthur —> Kampf. Seit 1898 beschickte er u. a. die Großen Kunstausstellungen in Berlin, München, Dresden und Düsseldorf. Seit 1903 leitete F. in Berlin eine eigene Malschule. 1914 als freiwilliger Kriegsmaler in Polen und Rußland, seit 1915 in Frankreich, dokumentierte er seine Erlebnisse vor allem in Zeichnungen (Judenviertel, Lodz, 1915). 1919-22 war er Lehrer an der Zeichen- und Malschule

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Fabian des Vereins Berliner Künstlerinnen. F. schuf Porträts, Genrebilder und dekorative Graphik (Buchschmuck, Plakate). Häufig stellte er das proletarische und kleinbürgerliche Berliner Milieu dar (u.a. Feierabend an der Spree). CD Vollmer F a b i a n , Walter (Max), Pseud. Kurt Sachs, Melchior Britschgi, T h e o Prax, Politiker, Publizist, * 2 4 . 8 . 1 9 0 2 Berlin, t 15.2. 1992 Köln. F., Sohn eines Fabrikanten und Innenarchitekten, war bereits als Schüler in der Friedensbewegung aktiv und schrieb Beiträge u. a. für den „Vorwärts" und die „Welt am Sonntag"; 1922 organisierte er eine Solidaritätsaktion zugunsten des inhaftierten Ernst —» Toller. Während seiner philosophischen, historischen und ökonomischen Studien an den Universitäten Berlin, Leipzig, Freiburg und Gießen (Promotion 1924) brachte er u . a . den Sammelband Die Friedensbewegung. Ein Handbuch der Weltfriedensströmungen der Gegenwart (1922, mit Kurt Lenz) heraus, trat 1924 in die S P D ein und war 1925-28 politischer Redakteur der „Chemnitzer Volksstimme". Anschließend freier Journalist und Publizist, wurde er nach seiner öffentlichen Kritik an der Entscheidung der SPD-Regierung Hermann —> Müller für den Bau des Panzerkreuzers A (1928) mit Redeverbot belegt und 1931 aus der S P D ausgeschlossen. F. war Mitbegründer (1931) sowie Vorstandsmitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP), deren Reichsleitung er seit 1933 angehörte. 1 9 3 2 / 3 3 redigierte er mit August Enderle die „Sozialistische ArbeiterZeitung" und übernahm nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten die Leitung der illegalen Parteiarbeit. 1935 floh er in die Tschechoslowakei, später über Nordafrika und Frankreich in die Schweiz, war dort als Übersetzer tätig und führte seine politische Publizistik unter Pseudo n y m fort. 1937-39 leitete F. die Emigrantengruppe Neuer Weg und gab deren gleichnamige Zeitschrift heraus. Seit 1945 führte ihn seine umfangreiche Vortragstätigkeit vor allem in die Westzonen und nach West-Berlin. F. kehrte 1957 nach Deutschland zurück, wurde Chefredakteur der „Gewerkschaftlichen Monatshefte" (bis 1970), begründete 1958 die Deutsche Journalisten-Union, führte bis 1963 ihren Vorsitz und vertrat sie seit 1960 im Deutschen Presserat. 1960 übernahm er einen Lehrauftrag (1966 Honorarprofessor) für Didaktik der Erwachsenenbildung in F r a n k f u r t / M a i n und war 1967-71 Vorsitzender der Humanistischen Union. Als Repräsentant der intellektuellen Linken trug F. wiederholt politische Konflikte mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund aus. 1969 wurde er mit dem Adolf-Grimme-Preis, 1971 mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille der Liga für Menschenrechte Berlin ausgezeichnet. CD Lex dt-jüd Autoren F a b i a n i , Max, auch Massimiliano F., österr. Architekt, * 2 9 . 4 . 1 8 6 5 Kobdil (Küstenland), t 12. 8 . 1 9 6 2 Gorizia (Italien). Nach Abschluß seiner Studien an der T H Wien 1883-87 (Dipl.-Ing. 1888) war F. 1890-92 Assistent am Polytechnikum in Graz, kam anschließend ins Baudepartement des Wiener Innenministeriums und unternahm 1892-94 mit ein e m „Ghega-Stipendium" eine Studienreise durch Europa und Kleinasien. In R o m lernte er Joseph —> Olbrich kennen, der ihn an Otto - ^ W a g n e r vermittelte, in dessen Atelier F. 1894-98 u. a. an den Bauten der Wiener Stadtbahn und der Planung f ü r den Karlsplatz beteiligt war. 1896-98 Assistent seines Lehrers Karl —> König an der T H Wien, war er dort 1898-1910 a. o. Prof. der Kunstgeschichte, 1910-17 der Innenarchitektur und Ornamentalkomposition. 1902 wurde er mit einer städtebaulichen Dissertation zum Dr. techn. promoviert. 1904-07 Präsident des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins, war F. 1905-14 Berater des Thronfolgers - » Franz Ferdinand, leitete 1917-22 das Wiederaufbauamt Görz, gehörte 1927-31 d e m Nationaldirektorium der italie-

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nischen Architektenkammer an und war 1935-45 Bügermeister in Kobdil. Als eines seiner Hauptwerke gilt der Bau der Urania ( 1 9 0 9 / 1 0 ) im ersten Wiener Bezirk. CD A K L F a b i n i , Ludwig, österr. Militär, * 2 6 . 8 . 1 8 3 0 Waldhütten (Valchid, Siebenbürgen), t 9 . 9 . 1 9 0 6 Igls (heute zu Innsbruck). F. trat 1848 in das sächsische Jägerbataillon ein und nahm an den Feldzügen 1859 und 1866 teil. Seit 1877 Oberstleutnant, wurde er mit den Vorarbeiten zur Okkupation Bosniens durch österreichisch-ungarische Truppen betraut und war seit 1891 Feldmarschalleutnant und Divisionskommandant in Lemberg. 1897 kam er als Kommandierender General nach Kaschau und wurde Geheimer Rat und Feldzeugmeister. 1899-1904 war er Kommandierender General in Prag; eine Berufung ins Kriegsministerium lehnte er ab. CD Biogr Jahrb, Bd 11 F a b r i , Albrecht, Pseud. Karl Albrecht, Albertin Charlus, Otto Rodenkirchen, Journalist, Schriftsteller, * 2 0 . 2 . 1911 Köln, t 11.2. 1998 Köln. Nach einem abgebrochenen Studium der Germanistik, Philosophie und Musikwissenschaft in Köln wurde F. u m 1930 Mitglied der „Rheinischen G r u p p e " um Peter —> Gath. In den dreißiger Jahren zeitweise als freier Mitarbeiter verschiedener Zeitschriften (u. a. „Hochland") und des R u n d f u n k s tätig, hielt F. nach dem Zweiten Weltkrieg 1947-57 Lehrvorträge an der Deutschen Buchhändlerschule in Köln und veranstaltete an der Hochschule f ü r Gestaltung in Ulm eine Schreibschule als praktische Ergänzung zu M a x —»Benses informationstheoretischer Klasse. Danach war er Verlagslektor beim Düsseldorfer Rauch Verlag, später beim Limes Verlag. Gelegentlich arbeitete F. mit befreundeten bildenden Künstlern zusammen (u.a. mit M a x —>Ernst). Zusammen mit Hann —> Trier gestaltete er den Band Sprach- & Pinselspiele (1995). Sein Werk umfaßt hauptsächlich Essays (Der schmutzige Daumen, 1948; Der rote Faden, 1958; Variationen, 1959) und Aphorismen (Aphorismen, Aperçus, Mini-Prosa und Anderes, 1988) als pointierte Reflexionen über eine kompromißlos verfochtene f o r m a l e A u t o n o m i e des Kunstwerks. F. übersetzte literarische Werke aus d e m Englischen und Französischen. 1996 erschienen seine Divertimenti. Ausgewählte Texte aus fünf Jahrzehnten (hrsg. von Paul Good). CD K L G F a b r i , Dionysius, Jurist, 16. Jh. F. war zur Zeit Wolter von - » Plettenbergs Syndikus des Deutschen Ordens in Livland und reiste 1504 mit dem K o m tur Rupert von Fellin nach Jerusalem. Der Nachwelt wurde er vor allem als Autor zweier juristischer Werke, darunter De gemenen Stichtischen Rechte, ym Sticht van Ryga, geheten dat Ridderrecht (1537) bekannt. CD A D B F a b r i , Ernst Wilhelm, Philologe, * 6. 1. 1796 Erlangen, t 1 9 . 1 1 . 1 8 4 5 Nürnberg. Der Sohn Johann Ernst —> F.s studierte seit 1811 an der Univ. Erlangen Bergwissenschaften, später Philologie und wurde 1816 Lehrer an der Schule in Ansbach. 1821 kam er an das Nürnberger G y m n a s i u m und übernahm 1843 das Rektorat. F. veröffentlichte Schulausgaben römischer Schriftsteller, u . a . des Sallust (2 Bde., 1831). Einer seiner Neffen war Friedrich —>F. CD A D B F a b r i , Felix, auch Faber, Felix von Ulm, eigentl. F. Schmid, Dominikaner, Theologe, Schriftsteller, * um 1 4 3 8 / 3 9 Zürich, t 1502 Ulm. Der aus einer vornehmen Zürcher Familie s t a m m e n d e F. trat 1452 in den Basler Predigerkonvent ein und absolvierte das Noviziat sowie die theologischen Studien gemeinsam mit Jakob —» Sprenger in Basel und Pforzheim. Seit 1 4 7 7 / 7 8 war er Lesemeister und Generalprediger im Dominikanerkloster

Fabrice Ulm, in d e m er bis zu seinem Tod lebte. F. unternahm zahlreiche Reisen, u . a . nach Colmar, Aachen, Konstanz, Nürnberg, Venedig, R o m und Palästina. Vor allem die beiden Pilgerfahrten (1480 und 1 4 8 3 / 8 4 ) ins Heilige Land, auf den Sinai, nach Kairo und nach Alexandria fanden literarischen Niederschlag in Reisebeschreibungen, so in seinem Hauptwerk, dem lateinischen Evagatorium, das seit 1484 zeitgleich mit einer deutschen Kurzfassung des Werks entstand (Die Pilgerfahrt des Bruders F. F. ins Heilige Land Anno ¡483, 1556, Nachdr. 1964). F. gab 1482 erstmals die Schriften —»Heinrich Seuses im Druck heraus. In seiner Descriptio Theutoniae, Sueviae et civitatis Ulmensis (zwei Fassungen von 1 4 8 8 / 8 9 und 1493-97) k o m m t seine proösterreichische Haltung zum Ausdruck. CD V L F a b r i , Friedrich (Gotthardt Karl Ernst), evang. Theologe, * 12.6. 1824 Schweinfurt, t 18.7. 1891 Würzburg. F., Enkel Johann Ernst —»F.s, Sohn eines Dekans und Kirchenrats und Neffe Ernst Wilhelm - » F.s, wurde nach d e m Studium in Erlangen und Berlin (1841-45) Vikar und Religionslehrer in Würzburg (1848) und 1851 Pfarrer in Bonnland bei WUrzburg. 1857-84 war er Inspektor der Rheinischen Missionsgesellschaft in Barmen, deren Einheit er in einer Zeit der konfessionellen Konflikte wiederherstellte. F. verpflichtete die Missionsgesellschaft zur Respektierung der verschiedenen evang. Konfessionen, stimmte die Ausbildung in B a r m e n auf diejenige in der Schweiz ab, eröffnete eine Vorschule, durch die das Studium auf sechs Jahre ausgedehnt wurde, und führte den altphilologischen Unterricht ein. Er engagierte sich f ü r eine nationale Kolonialpolitik ( B e d a r f Deutschland der Kolonien?, 1879) und trat im Kulturkampf für eine staatsfreie Kirche ein (u. a. Kirchenpolitische Fragen der Gegenwart, 1867; Staat und Kirche, 1872). 1884 ließ sich F. in Godesberg nieder und wurde 1889 Honorarprofessor an der Theologischen Fakultät in Bonn. OD Frank Leb, Bd 6 F a b r i , Johann, auch Faber, eigentl. Heigerlein, kath. Theologe, Bischof von Wien, Humanist, * 1478 Leutkirch/ Allgäu, t 2 1 . 8 . 1541 Wien. Nach Abschluß der 1505 begonnenen juristischen und theologischen Studien an den Universitäten Tübingen und Freiburg wurde F., Sohn eines Schmieds, 1513 Offizial in Basel, im folgenden Jahr Pfarrer in Leutkirch, 1516 in Lindau. In seinem Bestreben, kirchliche Mißstände zu beseitigen, zunächst an —> Zwingiis Seite, wandte er sich als Generalvikar in Konstanz (1517-22) und päpstlicher Protonotar gegen die Lehre der Reformation. Er wurde Rat Erzherzog —»Ferdinands und 1528 Koadjutor des Bistums Wiener Neustadt. F. nahm an den Religionsgesprächen in Zürich (1523) und Baden (1526) sowie an den Reichstagen von Speyer (1529) und Augsburg (1530; dort einer der Mitverfasser der Confutatio) teil. 1530 wurde er Bischof von Wien und Domdechant in Breslau, 1538 zusätzlich Administrator des Bistums Wiener Neustadt, 1539 D o m p r o p s t in Basel. Bis etwa 1526 um einen Ausgleich zwischen den Konfessionen bemüht, bekämpfte er später vehement jegliche Abspaltung von der Alten Kirche und ließ Ketzer u . a . Balthasar —»Hubmaier - hinrichten, setzte sich aber, auch bei der Kurie, f ü r R e f o r m e n ein und sorgte in seinem Einflußbereich durch Gründung eines Knabenseminars und des „Collegium trilingue" für humanistische Erziehung. F. verfaßte humanistische (u.a. Declamationes, 1528ff.) und kontroverstheologische Schriften. CD T R E F a b r i , Johann Ernst, Geograph, * 15.7. 1755 Oels (Schlesien), t 3 0 . 5 . 1825 Erlangen. F. studierte seit 1776 an der Univ. Halle Theologie, wandte sich jedoch bald der Geographie zu und las 1781-86 als Privatdozent neuere und alte Geographie sowie Philologie. 1786 wurde er Prof. der Geographie und Statistik an

der Univ. Jena, ging 1794 als Redakteur der „Realzeitung" nach Erlangen, hielt an der dortigen Univ. Vorlesungen und wurde schließlich Ordinarius. Erst 1815 verfügte König —»Maximilian I. Joseph von Bayern erstmalig eine Besoldung des bis dahin unbezahlten Hochschullehrers. F. veröffentlichte zahlreiche geographische Nachschlagewerke, Magazine und Lehrbücher, darunter Elementargeographie (4 Bde., 1780-90, 3 1794-1803), Sammlung von Stadt-, Landund Reisebeschreibungen (1783), Handbuch der neuesten Geographie (2 Bde., 1 7 8 4 / 8 5 , 10 1819), Geographie für alle Stände (5 Bde., 1786-1808), Kurzer Abriß der Geographie (1806) und Encyclopädie der historischen Hauptwissenschaften und deren Hilfs-Doctrinen (1808). Er war der Vater von Ernst Wilhelm - » F. CD A D B F a b r i , Johannes, Dominikaner, Theologe, * 1504 Heilbronn, t 2 7 . 2 . 1558 Augsburg. F. trat 1520 in W i m p f e n in den Dominikanerorden ein, war 1534 für kurze Zeit Prediger in Augsburg und setzte danach seine Studien in Köln fort. Nach W i m p f e n zurückgekehrt, bemühte er sich, die von Erhard —» Schnepf eingeführte Reformation zurückzuschlagen, mußte deshalb die Stadt verlassen und lebte 1539-45 in Colmar. 1545-47 Prior in Schlettstadt, wurde er 1547 Domprediger in Augsburg, wo er in der weitgehend evangelisch gewordenen Stadt heftige Konfrontationen auslöste. 1552 wurde er an der Univ. Ingolstadt zum Dr. theol. promoviert. Zu seinen Werken zählt ein Katechismus (1551). CD LThK F a b r i d e W e r d e a , Johannes, auch Faber de Werdea, eigentl. J. Obermay(e)r, Universitätslehrer, Schriftsteller, * 1 4 4 0 / 5 0 Donauwörth, t 1 9 . 5 . 1 5 0 5 Leipzig. Seit 1470 Student an der Artistenfakultät in Leipzig, wurde F. de W. zum Dr. jur. promoviert. Als Sekretär der Univ. 1480-99 zeigte er sich als deren umsichtiger Verwalter, hielt die Urkunden und Akten der Univ. handschriftlich fest und dokumentierte die Statuten des Kollegs sowie der bayerischen Nation (Placita nationis Bavaricae, 1498). F. d e W . wird noch der mittelalterlichen Scholastik zugerechnet. Er veröffentlichte Werke Uber lateinische Sprache und Literatur, Philosophie, Moral, Recht und Theologie. Als sein Hauptwerk gelten die Proverbia metrica et vulgariter rytmisata (um 1493). CD V L F a b r i c e , (Georg Friedrich) Alfred Graf von, Militär, Staatsmann, * 2 3 . 5 . 1818 Quesnoy sur Deule (Departement Nord), t 2 5 . 3 . 1891 Dresden. F., Sohn eines sächsischen Generalleutnants und Oberstallmeisters, schlug die militärische Laufbahn ein, nahm 1849 am Feldzug gegen Dänemark teil und wurde 1850 zum Generalstab kommandiert. 1 8 6 3 / 6 4 in Holstein eingesetzt, wurde er 1865 Chef des Generalstabs und nahm 1866 am Feldzug in B ö h m e n teil. F. wurde noch im selben Jahr sächsischer Kriegsminister, Schloß die Militärkonvention mit Preußen ab und reformierte die sächsische A r m e e nach preuß. Muster. Nach Beginn des Deutsch-Französischen Kriegs 1870 blieb er zunächst in Dresden, wurde im Dezember Generalgouverneur des Departements Seine et Oise sowie der besetzten nördlichen französischen Provinzen, kehrte Mitte 1871 ins sächsische Kriegsministerium zurück und wurde 1872 General der Kavallerie. Seit 1883 leitete er zusätzlich zum Kriegsministerium das Ministerium des Äußeren. CD Leb Sachsen, Bd 2 F a b r i c e , Andreas Heinrich von, österr. Schriftsteller, * 2 1 . 1 . 1765 Wien, t 12.8. 1848 Wien. F., ein N a c h k o m m e Weipart Ludwig von —>F.s und Sohn eines Agenten am Wiener Reichshof, war bis 1806 selbst

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Fabrice Hofagent in Wien und wurde später Legationsrat in Altenburg und Baden. Er veröffentlichte neben Gedichten und Liedern eine Selbst-Biographie (2 Tie., 1 8 3 3 / 3 4 ) sowie einen Nachtrag zur Selbst-Biographie (1835). CD Wurzbach F a b r i c e , Friedrich Ernst von, Diplomat, * 5. / 1 5 . 6 . 1683 Celle, t 2 . 2 . 1750 Lüneburg. Der Sohn von Weipart L u d w i g und Bruder von Johann Ludwig von —>F. studierte nach Abschluß der Ritterakademie Lüneburg 1703 an der Univ. Kiel, wurde 1704 Kammerj u n k e r am holsteinischen Hof und kehrte nach einer Kavalierstour durch Italien 1706 nach Deutschland zurück. In diplomatischer Mission zu König Karl XII. von Schweden nach Altranstädt entsandt, lebte er vier Jahre in dessen Gefolge. Seit 1714 wieder in Deutschland, wurde F. von Georg —» Goertz von Schlitz als Verbindungsmann Schwedens in London eingesetzt und war dort nach d e m Tod Karls XII. und der Hinrichtung Goertz' Kammerherr König - » G e o r g s I. Seit 1729 widmete er sich als Privatmann in Deutschland der Niederschrift seiner Memoiren. F. wurde als Hauptgewährsmann Voltaires für dessen Histoire de Charles XII. (2 Bde., 1731) von Bedeutung. DP N D B F a b r i c e , Johann L u d w i g von, Diplomat, Staatsmann, * 1 7 . 6 . 1 6 7 6 Regensburg, t 3 . 5 . 1 7 3 3 Ratzeburg. Der Sohn von Weipart Ludwig und Bruder von Friedrich Ernst —»F. studierte seit 1696 an der Univ. Gießen, wurde 1703 Kriegsrat Herzog Georg Wilhelms und war als Legationsrat (seit 1706) in verschiedenen diplomatischen Missionen tätig. 1712-15 verhandelte er mit der dänischen Krone und d e m russischen Zaren über den von Hannover beabsichtigten Erwerb der Herzogtümer Bremen und Verden, nahm 1714 mit Philipp A d a m von Eitz am Braunschweiger Kongreß teil und wurde 1722 erster Direktor der kaiserlichen Exekutionskasse. Entgegen seinen Erwartungen wurde er nicht Minister, nach Regierungsantritt König —»Georgs II. jedoch Landdrost und Direktor der Regierung des Herzogtums Lauenburg in Ratzeburg. Ca N D B F a b r i c e , Weipart Ludwig von, Staatsmann, Jurist, * 15.9. 1640 Darmstadt, t 29. 10. 1724 Celle. Nach Abschluß rechtswissenschaftlicher Studien an der Univ. Gießen 1656-66 wurde F. Lizentiat der Rechte in Wien sowie Agent am Reichshofrat. 1667 übernahm er für Herzog —> Georg Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg erstmals eine diplomatische Mission am kaiserlichen Hof, folgte 1668 einer Berufung nach Celle und wurde dort 1669 Hofrat und Advokat. Auf dem Regensburger Reichstag 1672-77 vertrat er neben Celle auch Braunschweig-Wolfenbüttel und zeitweise Baden-Durlach. 1684 erfolgte seine Ernennung zum Minister und Vizekanzler. Nach Georg Wilhelms Tod 1705 trat F. in die Dienste des Kurfürsten —> Georg Ludwig von Hannover, übernahm neben seinem Sitz im Geheimen Rat in Hannover die Direktion der Justizkanzlei in Celle und baute in kurfürstlichem Auftrag ein Oberappellationsgericht auf, dessen erster Präsident er 1708 wurde. Er war der Vater von Friedrich Ernst und Johann L u d w i g von —>F. t u NDB F a b r i c i u s , Andreas, kath. Theologe, * Lüttich (?), t 1581 Altötting. F., Sohn eines Goldschmieds, war Prof. der Philosophie an der Univ. Löwen und lebte später als Geschäftsträger Herzog —> Albrechts V. von Bayern und des Kardinals Otto - » T r u c h s e ß von Waldburg in R o m . In seinen letzten Lebensjahren war er geistlicher Rat Albrechts und Erzieher des Prinzen —> Ernst von Bayern, des späteren Erzbischofs von Köln. F. veröffentlichte polemische Schriften gegen die Reformation sowie das Drama Samson, das von Orlando di - » L a s s o vertont und 1568 anläßlich der Hochzeit Herzog

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- ^ W i l h e l m s V. von Bayern mit —»Renata von Lothringen aufgeführt wurde. F. starb als Propst des Kollegiatstifts von Altötting. CD A D B F a b r i c i u s , Andreas, eigentl. Goldschmidt, evang. Theologe, Dichter, * 1528 Chemnitz, t 26. 10. 1577 Eisleben. F., Sohn eines Goldschmieds, studierte wie sein älterer Bruder Georg —>F. nach d e m Besuch der Meißener Fürstenschule an der Univ. Wittenberg und erwarb 1554 den Magistergrad. Anschließend Rektor in Nordhausen, wurde er 1560 Diakon an der dortigen Nikolaikirche. Nach Auseinandersetzungen mit Kollegen wechselte er 1569 als Pfarrer nach Eisleben. F. schrieb neulateinische Dichtungen sowie theologische Lehr- und Erbauungsliteratur (u.a. Der heylige, klug und gelehrte Teufel, 1567). CD Killy F a b r i c i u s , A n n a Cäcilie, geb. Ambrosius, Schriftstellerin, * 1771, t 3 . 3 . 1 8 2 0 . F., Tochter eines Flensburger Kaufmanns, stand seit den sechziger Jahren in brieflichem Kontakt mit —»Klopstock, heiratete 1771 Johann Christian —»F. und lebte seit 1808 als Witwe in Kiel. Sie veröffentlichte Übersetzungen aus d e m Französischen und schrieb ein Trauerspiel Heinrich der Vielgeliebte oder die Würde der Protestanten (1802). 1767-70 führte sie einen Briefwechsel mit —»Klopstock. In ihrem Testamtent bedachte F. die Universitätsbibliothek Kiel mit einem jährlichen, bis 1868 bestehenden Legat. DD S H B L , Bd 2 F a b r i c i u s , August Heinrich, Schauspieler, Regisseur, * 1764 Berlin, f 4. 1.1821 Magdeburg. Der aus ärmlichen Verhältnissen s t a m m e n d e F. war nach seinem Debüt 1779 bei verschiedenen Schauspielgesellschaften engagiert, spielte u . a . 1792-95 bei der berühmten Tilly sehen Truppe und wurde anschließend Mitglied des Magdeburger Theaters. 1804 übernahm er erstmals auch Regieaufgaben, wurde 1805 Mitdirektor des Magdeburger Nationaltheaters und leitete bis 1810 u . a . Gastspiele in Braunschweig. Als Schauspieler und Sänger im Fach des komischen Alten und in Baßpartien verwendet, beendete F. aus Sorge um die Existenz des Nationaltheaters sein Leben mit Selbstmord während einer Vorstellung hinter der Bühne. CD M B L F a b r i c i u s , David, Astronom, evang. Pfarrer, * 9 . 3 . 1564 Esens (Ostfriesland), t 7 . 5 . 1617 Osteel bei Aurich. F., Sohn eines Schmieds, studierte Astronomie und Mathematik bei Heinrich Lampadius an der Lateinschule in Braunschweig und war seit 1583 an der Univ. Helmstedt immatrikuliert. 1584 wurde er Prediger in Resterhafe und 1603 Pfarrer in Osteel. Unterstützt von seinem Landesherrn —> Hnno III. führte er mit zum Teil selbstgefertigten Quadranten und Sextanten astronomische und meteorologische Beobachtungen und Berechnungen durch. 1596 entdeckte er den Lichtwechsel eines Sterns dritter Größe im Sternbild Cetus, den Johannes —> Kepler „Mira Ceti" nannte und der als Prototyp der späteren Mira-Sterne gilt. F. korrespondierte mit zahlreichen Gelehrten, darunter 1601-09 mit Kepler, der ihm nach Tycho Brahes Tod 1601 den ersten Rang unter den beobachtenden Astronomen zuwies. Er schuf die erste Karte Ostfrieslands (1589). F. veröffentlichte astrologische und meteorologische Prognostika sowie astronomische Beobachtungen, darunter den Kurtzen und Gründlichen Bericht von Erscheinung und Bedeutung deß großen newen Wunder Sterns [...] (1605). Der Vater von Johannes —>F. wurde von einem Osteeler Gemeindemitglied, dem er öffentlich einen Diebstahl vorgeworfen hatte, ermordet. CD Ostfriesland, Bd 2 F a b r i c i u s , Ernst, Historiker, Archäologe, * 9 . 7 . 1857 Darmstadt, t 2 2 . 3 . 1942 Freiburg/Breisgau. F., Sohn eines Generaldirektors der Zölle und indirekten Steuern im Reichsland Elsaß-Lothringen, Schloß seine Stu-

Fabricius dien 1881 mit der Promotion an der Univ. Straßburg ab, bereiste anschließend als Stipendiat des Deutschen Archäologischen Instituts die Mittelmeerländer und wurde Assistent Alexander Con/.cs am Berliner Antikenmuseum. 1886 habilitierte er sich an der Univ. Berlin, folgte 1888 der Berufung auf den neugegründeten Lehrstuhl für Alte Geschichte an der Univ. Freiburg/Breisgau und wurde dort 1894 Ordinarius. Seit 1897 Dirigent des Geschäftsführenden Ausschusses der Reichs-Limes-Kommission, publizierte er 1898 Berichte über eigene Grabungen und wurde 1899 Mitherausgeber (seit 1902 Herausgeber) des Quellenwerks Der Obergermanisch-rcietische Limes des Römerreichs sowie Ausschußvorsitzender. F., dessen Großvater Christian Wilhelm F. als Limesforscher und Ausgräber des Kohortenkastells Arnsberg hervorgetreten war, wies bei seinen Ausgrabungen erstmals Spuren antiker Holzbauten nach. Er veröffentlichte u. a. Die Besitznahme Badens durch die Römer (1903). m NDB F a b r i c i u s , Eugen, Architekt, * 29. 10.1871 Ballersbach bei Wiesbaden, f 1 8 . 2 . 1 9 6 0 Bad Godesberg (heute zu Bonn). Nach dem Studium an den Technischen Hochschulen Darmstadt, Stuttgart und Berlin war F. seit 1901 Regierungsbaumeister in der staatlichen und kommunalen Bauverwaltung, ehe er sich 1903 als Architekt in Köln niederließ. Als früherer Mitarbeiter Otto - » R i e t h s am Berliner „Palais Staudt" bekannt, erhielt er bald seinen ersten größeren Auftrag f ü r das „Haus Hagen", das Stadtpalais des Kölner Bankiers (1909). Neben seiner Arbeit an Bauten u . a . im Rheinland, in Berlin und München war er seit 1906 f ü r den Bund Deutscher Architekten (BDA) tätig und gründete den Landesbezirk Rheinland sowie die Ortsgruppe Köln. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er Ehrenvorsitzender des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen des B D A . F. veröffentlichte 1948 einen Architektenspiegel. DD A K L F a b r i c i u s , (Karl) Ferdinand, Jurist, * 16.9. 1798 Stralsund, t 8.4. 1842 Breslau. Der Bruder von Karl Gustav —> F. studierte seit 1818 an den Universitäten Jena, Berlin und Göttingen. 1822 ließ er sich als Rechtsanwalt und Altermann literatus des Gewandhauses in seiner Geburtsstadt nieder. 1832 von der Univ. Göttingen zum Dr. jur. promoviert, blieb er zunächst in seiner Stralsunder Stellung und folgte 1839 einer Berufung als Prof. an die Juristische Fakultät der Univ. Breslau. F. verfaßte neben juristischen Abhandlungen (u.a. Der Stadt Stralsund Verfassung und Verwaltung, 1831) musikwissenschaftliche und belletristische Schriften. m ADB F a b r i c i u s , Georg, eigentl. Goldschmidt, Dichter, Pädagoge, * 2 3 . 4 . 1516 Chemnitz, t 15.7. 1571 Meißen. Der Sohn eines Goldschmieds und Bruder von Andreas —» F. ging 1534 zu Johann —»Rivius nach Annaberg, studierte 1535 bei Caspar —> Borner an der Univ. Leipzig und war dessen Gehilfe an der Thomasschule. 1536 Student in Wittenberg, war er 1536-38 Lehrer in Chemnitz und 1 5 3 8 / 3 9 in Freiberg. 1539-43 bereiste er Italien und studierte in Bologna sowie an den Bibliotheken in Florenz und R o m . 1544 reiste er nach Straßburg, wo er in Kontakt zu Johann —» Sturm trat, und übernahm 1546 das Rektorat der Fürsten- und Landschule in Meißen, das er bis an sein Lebensende innehatte. Er wurde 1570 von Kaiser —»Maximilian II. zum Dichter gekrönt. F. versuchte, die altchristliche Poesie wiederzubeleben, gab Werke von Vergil und Horaz heraus, veröffentlichte eigene Gedichte (u. a. Poematum sacrorum libri XV, 1567), verfaßte Reisebeschreibungen (Itine rum liber unus, 1547), betätigte sich wenig erfolgreich als kurfürstlicher Historiograph und war an der Ausarbeitung der Grundlagen

zur sächsischen Schulordnung von 1580 beteiligt, was sich vor allem in den 25 Büchern der Poemata Sacra (1567) niederschlug. CD Killy F a b r i c i u s , Georg Andreas, Polyhistor, * 2 8 . 5 . 1 5 8 9 Herzberg, t 3 0 . 5 . 1645 Göttingen. F. studierte in Jena und Wittenberg Jura, legte das Magisterexamen ab und wurde 1609 Rektor in Oldenburg. Seit 1626 war er Rektor am G y m n a s i u m von Mühlhausen und lebte seit 1633 in Göttingen. Er veröffentlichte Werke zur Geschichte, Theologie, Physik und Astronomie. A m bekanntesten ist der Thesaurus philosophicus sive Tabulae totius philosophiae systema (1624), in dem in Tabellenform die Fächer Grammatik, Rhetorik, Poetik, Mathematik und Philosophie abgehandelt werden. CD Killy F a b r i c i u s , Hans (Eugen Stephan), Jurist, Politiker, * 6 . 4 . 1891 Berlin, t 2 8 . 4 . 1945 Berlin. Nach einem Jurastudium an den Universitäten Freiburg/ Breisgau und Berlin, anschließender Promotion in Greifswald und dem Kriegsdienst (1915-18) wurde F. 1921 juristischer Referent und später Regierungsrat beim Landesfinanzamt Brandenburg in Berlin und bei der Reichszollverwaltung. Seit 1929 Mitglied der N S D A P , seit 1930 Geschäftsführer der NSDAP-Reichstagsfraktion, wurde F. vorübergehend aus d e m Staatsdienst entlassen. 1933 wurde er Pressereferent im Reichsministerium des Inneren, 1934 Ministerialrat und 1939 Ministerialdirigent. F., Reichsamtsleiter der N S D A P und als Gauamtsleiter auch f ü r die Beamten in Berlin und Brandenburg zuständig, wurde 1944 Senatspräsidenten beim Reichsverwaltungsgericht. Er kam während der K ä m p f e um Berlin ums Leben. CD Lilla, Statisten F a b r i c i u s , Jacob, eigentl. Schmidt, evang. Theologe, * 1 9 . 7 . 1 5 9 3 Köslin (Pommern), t 1 1 . 8 . 1 6 5 4 Stettin. Seit 1620 Hofprediger des pommerschen Herzogs —>Bogislaw XIV., wurde F., Sohn eines Schuhmachers, 1626 an der Univ. Greifswald zum Dr. theol. promoviert und vom Herzog 1631, dem Wunsch des schwedischen Königs entsprechend, vom Hofpredigeramt dispensiert und Gustav Adolf als Feldprediger und Beichtvater beigegeben. Nach dessen Tod 1632 kehrte er an den herzoglichen Hof in Stettin zurück und wurde 1634 Generalsuperintendent für Hinterpommern. 1642 wurde er zugleich Pastor an St. Marien in Stettin und erhielt die erste theologische Professur am G y m n a s i u m der Stadt. O b das Lied Verzage nicht du Häuflein klein von ihm stammt, ist nicht ganz geklärt. CD N D B F a b r i c i u s , Jan Bogumil, auch Johann Gottlieb Fabrizius, evang. Theologe, Übersetzer, * 1 2 . 2 . 1 6 8 1 (oder 1679) Schwerin/Warthe, t 30. 12. 1741 Cottbus. F., Sohn eines Mühlenbesitzers, studierte Theologie in Gießen und H a l l e / S a a l e und war gleichzeitig als Lehrer an den Bildungseinrichtungen der Franckeschen Stiftung tätig. 1701 wurde er Pfarrer in Kahren (heute zu Cottbus), 1708 Oberpfarrer in Peitz und 1726 Superintendent in Cottbus sowie Inspektor der Kirchen und Schulen des Kreises Cottbus. 1706 gründete er die erste Druckerei des Kreises Cottbus, in der er im selben Jahr Luthers Kleinen Katechismus und 1709 eine revidierte Fassung des Neuen Testaments in Niedersorbisch herausbrachte. Damit wurde F. zum Begründer der heutigen niedersorbischen Schriftsprache. Weitere Verdienste erwarb er sich um die Organisation des Schulwesens in den einsprachig-niedersorbischen Dörfern um Cottbus. 1855 erschien aus F.' nachgelassenen Manuskripten die Schriftmäßige und gründliche Anleitung zum wahren Christentum in die wendische Sprache Ubersetzt. CD B B L

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Fabricius F a b r i c i u s Montanus, Johann, schweizer, evang. Theologe, * Herbst 1527 Bergheim (Oberelsaß), t 5 . 9 . 1 5 6 6 Chur. F., Sohn eines Metzgers, der später als Spitalsmeister tätig war, wurde unter der Aufsicht seines Onkels Leo —>Jud in Zürich, Basel und Straßburg ausgebildet und studierte 1543-45 an der Univ. Marburg u. a. bei Andreas —»Hyperius. Durch seinen Freund und Lehrer Petrus —» Lotichius Secundus neben der Dichtung auch zur Naturbetrachtung angeregt, baute er diese Neigung später unter Konrad Gesner weiter aus und sammelte tur ihn bei Bergwanderungen Pflanzen. F. kehrte nach Zürich zurück, trat in den Kirchen- und Schuldienst ein und erhielt das Bürgerrecht. 1557 übernahm er vermittelt durch Heinrich —> Bullinger - die Predigerstelle an der reformierten Gemeinde St. Marien, der Hauptkirche Churs, deren Bestand er in den folgenden Jahren gegen die Bestrebungen der Gegenreformation sicherte. F. veröffentlichte Gedichte sowie autobiographische und theologische Schriften, darunter De Providentia divina liber (1563). Er starb an der Pest. e n NDB

Fabricius, Johann, evang. Theologe, * 11.2. 1644 Altdorf, t 29. 1.1729 Helmstedt. F., dessen Vater Theologieprofessor in Altdorf, später Pastor an St. Marien in Nürnberg war, studierte Theologie an den Universitäten Helmstedt (1663-65) und Altdorf, bereiste Deutschland, die Niederlande, Ungarn, Italien und Frankreich, war kurzzeitig Prediger in Venedig und wurde 1677 Prof. der Theologie in Altdorf. 1690 an der Univ. Jena zum Dr. theol. promoviert, folgte er 1697 einem Ruf der Univ. Helmstedt, wo er in Verbindung zu —» Molanus und -> Leibniz trat. F. wurde 1701 Nachfolger von Friedrich Ulrich - » C a l i x t als Abt in Königslutter und 1703 Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften. Auf Wunsch Herzog - » Anton Ulrichs von Braunschweig-Wolfenbüttel erarbeitete er 1706 ein Gutachten zur Konversion der Prinzessin Elisabeth Christine von Wolfenbüttel, der Braut des späteren Kaisers -> Karl VI. Mit seiner Erklärung, die Konfessionen seien in ihren Fundamenten eins, und dem Ubertritt zum Katholizismus sei nichts entgegenzuhalten, brachte er die öffentliche Meinung im Protestantismus gegen sich auf und mußte 1709 zurücktreten. Neben seinem Hauptwerk, der Konfessionsgeschichte Consideratio variarum controversiarum [...]( 1704), veröffentlichte er u. a. Fabriciorum centuria [...]. • • Killy

Fabricius, Johann Albert, Polyhistor, * 11.11.1668 Leipzig, t 3 0 . 4 . 1 7 3 6 Hamburg. Der Sohn von Werner —>F. studierte seit 1686 Theologie, Philologie und Medizin an der Univ. Leipzig (Magister artium 1688). 1694 wurde er Famulus und Bibliothekar Johann Friedrich —»Mayers, des Hauptpastors an der Hamburger Kirche St. Jacobi und Professors in Kiel. 1699 an der Univ. Kiel zum Dr. theol. promoviert, wurde er Prof. der Moral und Eloquenz am Akademischen Gymnasium in Hamburg. 1708-11 übernahm F. zusätzlich das Rektorat der Hamburger Lateinschule Johanneum. Zu seiner Zeit ein international anerkannter Gelehrter, veranstaltete er vierzig Jahre lang wöchentliche Gelehrtenzirkel in Hamburg, die pädagogische, literarische und patriotische (u.a. „Der Patriot", 1724-26) Ziele verfolgten und denen namhafte Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft angehörten. F., Haupt der norddeutschen Frühaufklärung, publizierte u.a. Übersetzungen physikotheologischer Schriften und befaßte sich in seinen Arbeiten mit Wissenschaftsgeschichte, Philologie (Bibliotheca Craeca, 14 Bde., 1705-07), Theologie und Philosophie. CD Killy

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Fabricius, Johann Andreas, Lehrer, * 18.6.1696 Dodendorf bei Magdeburg, t 2 8 . 2 . 1 7 6 9 Nordhausen. F. studierte Theologie an den Universitäten Helmstedt und Leipzig, wurde 1734 Adjunkt der Philosophischen Fakultät der Univ. Jena und kam 1740 als Rektor der Katharinenschule nach Braunschweig. Seit 1745 lehrte er daneben als Prof. am Collegium Carolinum Philosophie und wurde, nachdem er seine Kollegen öffentlich kritisiert hatte, von Herzog —>Karl I. von Braunschweig entlassen. Anschließend an die Univ. Jena zurückgekehrt, wurde er 1753 Rektor des Gymnasiums in Nordhausen. F. war als Ferrando III. Mitglied des Pegnesischen Blumenordens. Er veröffentlichte u. a. einen Allgemeinen Abriß einer Historie der Gelehrsamkeit (3 Bde., 1752-59). m ADB

Fabricius, Johann Christian, Zoologe, Wirtschaftswissenschaftler, * 7. 1. 1745 Tondern (Schleswig), t 3 . 3 . 1 8 0 8 Kiel. Der Sohn eines in Kopenhagen praktizierenden Arztes studierte 1762-64 in Uppsala und wählte - beeindruckt von Carl von Linné - die Insektenforschung zu seinem Arbeitsschwerpunkt. Danach studierte er Ökonomie an der Univ. Leipzig, bereiste Holland, England, Frankreich, Italien und die Schweiz und kehrte 1770 nach Kopenhagen zurück, wo er an der Univ. zum a. o. Prof. ernannt wurde. Seit 1771 mit Anna Cäcilie —> F. verheiratet, folgte er 1775 einer Berufung als o. Prof. der Ökonomie sowie der Natur- und Kameralwissenschaften an die Univ. Kiel. F., der in seinen Forschungen philosophischen Prinzipien folgte (dargelegt in Philosophia entomoligica, 1788) und als einer der bedeutendsten entomologischen Systematiker seiner Zeit erstmals die Insekten nach bestimmten Merkmalen (vor allem Mundteile) ordnete, war seit 1794 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Neben zahlreichen entomologischsystematischen Studien (u.a. Systema entomologiae, 1775; Systema Eleutheratorum, 2 Bde., 1801; Systema antiliatorum, 1805; Systema Glossatorum, 1807) veröffentlichte er Anfangs-Gründe der öconomischen Wissenschaften (1773, 2 1783), Reise nach Norwegen (1779), Cultur der Gewächse zum Gebrauch des Landmannes (1784) und Über Academien insonderheit in Dänemark (1796). CD NDB

Fabricius, Johann Georg, Mediziner, * 2 3 . 9 . 1 5 9 3 Nürnberg, t 18.11.1668. Seit seinem neunten Lebensjahr lahm, studierte F. an den Universitäten Altdorf, Wittenberg und Jena und wurde 1619 Mitglied der Philsophischen Fakultät der Univ. Jena. 1620 in Basel zum Dr. med. promoviert (De phrenitide), wurde er nach seiner Rückkehr nach Bayern von Kaiser —> Leopold I. zum Pfalzgrafen ernannt. ED Ärzte 1

Fabricius, Johann Jacob, auch Justus Kläger vom Creuzberg in Curland, evang. Theologe, * 1618 oder 1620 Lennep, t 4 . 3 . 1673 Amsterdam. F., Sohn eines Geistlichen, studierte seit 1637 Mathematik, das Hebräische und Theologie an der Univ. Rostock und lehrte nach der Promotion zum Magister Mathematik und orientalische Sprachen; zu seinen Schülern zählte Heinrich —> Müller. Seit 1644 Prediger in Schwelm, geriet er mehrmals in Verdacht, einer Irrlehre anzuhängen, mußte Schwelm 1653 verlassen und übernahm im folgenden Jahr die Pfarrei Zwolle. 1660/61 folgte F. einer Berufung in das Herzogtum Sulzbach, um in einem Kreis ausgesuchter Hebraisten an einer Neuübersetzung des hebräischen Psalters zu arbeiten. Seine geistliche Autobiographie Abermahlige Bezeugung und Bestätigung der göttlichen Warheit (1669) wurde mittelbar noch von Gotthilf Heinrich von —> Schubert rezipiert. c n Killy

Fabricius F a b r i c i u s , Johann Ludwig, evang. Theologe, * 2 9 . 7 . 1632 Schaffhausen, t 1 . 2 . 1 6 9 6 F r a n k f u r t / M a i n . F. studierte in Köln und in den Niederlanden die Artes, k a m als Begleiter eines j u n g e n Adligen nach Paris und folgte einer B e r u f u n g nach Heidelberg. 1657 wurde er dort a. o. Prof. der Philosophie und Lehrer am Sapienz-Collegium. Von Kurfürst —> Karl Ludwig von der Pfalz mit der Erziehung seines unehelichen Sohns, eines Barons von Rothschild, betraut, bereiste er mit diesem Frankreich, England und die Niederlande und kehrte nach seiner Promotion zum Dr. theol. als o . P r o f . der systematischen Theologie 1660 nach Heidelberg zurück. F. war erstmals 1664 Rektor, übernahm diplomatische Missionen ( u . a . 1666 in die Schweiz) und floh 1672 vor den Franzosen aus der Stadt. Nach d e m Tod des Kurfürsten 1680 konnte er seine einflußreiche Stellung nicht halten und zog sich nach Frankfurt zurück. F. schrieb u . a . De ludis scenicis dialexis casuística (1699). C D

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F a b r i c i u s , Johann Philipp, evang. Missionar, * 2 2 . 1 . 1 7 1 1 Kleeberg/Wetterau, t 23. 1.1791 Madras (Indien). F., Sohn eines hessischen A m t m a n n s , studierte seit 1728 Rechtswissenschaft an der Univ. Gießen, hörte daneben auch Theologie und war nach d e m Studienabschluß Hauslehrer in der Familie seines Bruders. 1736 ging er nach Halle, d e m damaligen Zentrum der luth. Missionsbewegung, lehrte an der Lateinschule des dortigen Waisenhauses und vollendete seine theologischen Studien. 1739 wurde er ordiniert, erhielt von der dänischen Mission ein Gehalt zugeteilt und schiffte sich nach Indien ein. F. landete 1740 in Gudalur im heutigen Tamil Nadu, reiste weiter nach Tranquebar, erlernte Portugiesisch und Tamil. 1742 nach Madras versetzt, baute er die dortige Mission wieder auf und hielt sie u . a . während der französischen Besatzung aufrecht. F. übersetzte die gesamte Bibel sowie katechetische und homiletische Werke in Tamil und gab u.a. eine malabarische Grammatik (1778) und ein tamil-englisches Wörterbuch (1779-86) heraus. CD A D B F a b r i c i u s , Johannes, Astronom, * 8. 1.1587 Resterhafe (Ostfriesland), t 1615 Marienhafe bei Norden. Der Sohn von David —»F. k a m 1605 zum Medizinstudium nach Wittenberg, gab sein Studienziel jedoch bald auf, u m sich der Astronomie zu widmen. 1610 entdeckte er bei Beobachtungen der Sonne durch eines der zu seiner Zeit neuartigen Fernrohre erstmals die Sonnenflecken und verwendete gemeinsam mit d e m Vater die Projektionsmethode zur Beobachtung der Sonne. Seine 1611 erschienene Schrift De maculis in sole observatis, et apparente earum cum sole conversione narratio widmete er seinem Gönner Graf —> Enno III. von Ostfriesland. Der Bericht über seine Entdeckung der Sonnenflecken kam ähnlichen Schriften Galileis und Christoph —> Scheiners zuvor; die Priorität der Publikation wurde u. a. von Johannes —> Kepler bezeugt. CD Ostfriesland, Bd 2 F a b r i c i u s , Karl Gustav, Historiker, Jurist, * 1.8. 1788 Stralsund, t 10. 1.1864. Der Bruder von Ferdinand —> F. studierte seit 1806 Rechtswissenschaft an den Universitäten Helmstedt, Göttingen und Greifswald und war 1809-20 Rechtsanwalt in Stralsund. Seit 1820 Mitglied des Rats und Direktor des Stadtgerichts, wurde er 1842 Bürgermeister der Stadt; daneben war er Landtagsabgeordneter bei den rügisch-pommerschen Ständen und Mitglied des Herrenhauses. F. galt zu seiner Zeit als einer der besten Kenner der Regionalgeschichte Rügens und Stralsunds; er veröffentlichte mehrere Quellensammlungen und historische Studien, darunter Urkunden zur Geschichte des Fürstenthums Rügen unter den eingeborenen Fürsten, mit erläuternden Abhandlungen (4 Bde., 1841-69). C D

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F a b r i c i u s , Otto von, österr. Journalist, Schriftsteller, * 8 . 5 . 1857 Preßburg, t 2 . 1 2 . 1912 Preßburg. F. versuchte sich zunächst als Lustspielautor am Theater, bevor er zum Journalismus wechselte. 1895 wurde er Redakteur des „Westungarischen Grenzboten", 1899 Redakteur und 1902 Chefredakteur des „Preßburger Tagblatts". Neben Lustspielen (u.a. Fräulein Doktor, 1883) schrieb F. satirische Novellen und Skizzen sowie R o m a n e (u. a. Abwärts, 1883; Das Modell, 1885). CD Ö B L F a b r i c i u s , Petrus, eigentl. Schmidt, evang. Theologe, Musiker, * 1587 Tondern, t 9 . 8 . 1650 Warnitz (Nordschleswig). F., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1603 an der Univ. Rostock zunächst Mathematik, später Theologie und scheint dort mit Joachim —» Burmeister in Verbindung gestanden zu haben, der in seine Musica poetica (1606) ein Lobgedicht von ihm aufnahm. 1608 zum Magister promoviert, wurde er 1610 Adjunkt, 1613 Pastor in Bülderup und 1617 in Warnitz, wo er neben dem Pfarramt astronomische Studien trieb. Das gemeinsam mit Peter —> Lauremberg, de facto jedoch fast ausschließlich von F. 1605-08 aufgezeichnete und bearbeitete Lieder- und Lautenbuch (Manuskript in der Kgl. Bibliothek Kopenhagen) enthält neben Studenten-, Kirchenund Volksliedern Tänze, Gedichte und Rätselsprüche. CD M G G F a b r i c i u s , Philipp Konrad, Mediziner, Botaniker, * 2. 10. 1714 Butzbach, t 19.7. 1774 Helmstedt. F. studierte Medizin an den Universitäten Gießen (Promotion 1738, Diss, sistens aegrum epilepsia saltatoria laborantem) und Straßburg, ließ sich in Butzbach als Arzt nieder, verlegte seine Praxis später nach Gießen und erhielt dort auch die Erlaubnis zu lehren. Als A d j u n k t seines Vaters, des Butzbacher Gerichtsarzts, kehrte er in seine Geburtsstadt zurück, trat 1747 dessen Nachfolge an und folgte 1748 einer Beruf u n g als Prof. der Anatomie, Physiologie und Pharmazie an die Univ. Helmstedt, an der er bis an sein Lebensende lehrte. 1750 wurde er zum Hofrat ernannt und 1751 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . F. befaßte sich mit Anatomie und forensischer Medizin sowie mit Zoologie und Botantik. Er veröffentlichte u. a. Idea anatomicae practicae exhibens modum cadavera humana rite secando (1741, dt. 1776), Commentatio historico-physicomedica de animalibus quadrupedibus, avibus, amphibiis, piscibus et insectis Wetteraviae indigents (1749), Singularia quaedam in tribus cadaveribus infantilibus nuper adnotata (1749) und Sammlung einiger medicinischer Responsorum und Sectionsberichte (2 Tie., 1754-60). CD A D B F a b r i c i u s , Theodor, evang. Theologe, * 2 . 2 . 1501 Anholt bei Bocholt (Westfalen), t 1 5 . 9 . 1 5 7 0 Zerbst. F., Sohn eines Arbeiters, erlernte zunächst das Schuhmacherhandwerk. Nach einer Krankheit studierte er in Köln und 1522-27 an der Univ. Wittenberg, predigte nach seiner Rückkehr nach Köln evangelisch und bemühte sich vergeblich u m die Entlassung Adolf —»Ciarenbachs und Peter —»Fliestedens aus der Haft. Daraufhin vorübergehend selbst inhaftiert, gelang ihm 1529 die Befreiung von Johann —> Klopriß sowie anschließend die Flucht in den Schutz des Landgrafen —> Philipp von Hessen. F. wurde 1531 Diakon in Kassel, später Pfarrer in A l l e n d o r f / W e r r a , jedoch nach einer Predigt gegen die Doppelehe Philipps 1540 des Amts enthoben und inhaftiert. Nach der Entlassung 1543 ging er nach Wittenberg und wurde auf - > Luthers E m p f e h l u n g Pfarrer und Superintendent in Zerbst. U m 1551 bemühte sich F. auf einer Reise nach Wittenberg und Marburg vergeblich um einen Ausgleich zwischen Matthias —»Flacius und Philipp —»Melanchthon. F. veröffentlichte u.a. Institutiones grammaticae in linguam sanctam (1528). CD N D B

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Fabricius F a b r i c i u s , Ulrich, eigentl. Windemacher, Jurist, * 1489 Koblenz, t 2 2 . 7 . 1 5 2 6 Genua. F. studierte seit 1506 an der Univ. Erfurt und gehörte dort d e m Kreis u m Ulrich von —> Hutten an, dem er vermutlich aus Köln gefolgt war. Er setzte seine humanistischen und rechtswissenschaftlichen Studien an französischen und italienischen Universitäten fort und trat nach der Promotion zum Dr. jur. in die Dienste des Erzbischofs von Trier, Richard —» Greiffenclau zu Vollrath. F. trieb in dessen Auftrag Studien in den Archiven des Erzstifts, wurde zu diplomatischen Missionen u . a . in Italien und Frankreich, zuletzt in kaiserlichem Auftrag in Spanien verwendet und erreichte als Mitglied des Geheimen Rats eine einflußreiche Stellung. Ein reger Briefwechsel verband ihn mit deutschen, italienischen und französischen Gelehrten. Aus seinem Nachlaß gab Justinus Gobier u. a. Processus iudiciarius (o. J.) heraus. m

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F a b r i c i u s , Vicentinus, eigentl. Schmid, Dichter, * 8 . 9 . 1612 Hamburg, | 1 1 . 4 . 1 6 6 7 Warschau. F. studierte Jura in Leiden, gewann bald den Ruf eines hervorragenden Dichters und wurde als Hauslehrer auf d e m Gut N o o r d w i j k angestellt, w o er die Amores Nordwicenses verfaßte (1633). 1636-39 unternahm er Studienreisen nach Belgien, England, Frankreich und Italien. 1640 erwarb er den Titel eines Licentiatus juris, wurde Sekretär des Diplomaten Claude M ê m e d'Avaux und ging 1644 auf dessen E m p f e h l u n g als Syndicus nach Danzig, wo er 1666 das Bürgermeisteramt erlangte. Neben Gedichten verfaßte F. Reden und korrespondierte mit bedeutenden Humanisten seiner Zeit; er war mit dem Dichter Zacharias —»Lund befreundet. F.s Werke wurden 1685 unter d e m Titel Opera omnia veröffentlicht. OD Killy F a b r i c i u s , Werner, Musiker, Komponist, * 10.4. 1633 Itzehoe, f 9 . 1 . 1 6 7 9 Leipzig. F., Sohn eines Organisten, wuchs in Flensburg auf, erhielt eine musikalische Ausbildung bei T h o m a s —» Seile an der Hamburger Kantorei und war Orgelschüler Heinrich —> Scheidemanns. Später studierte er an der Univ. Leipzig Philosophie, Rechtswissenschaft und Mathematik und übte seit Erwerb der Dignitas notariatus neben seinen musikalischen Ämtern eine öffentliche Advokatur aus. F. wurde 1656 Organist und Musikdirektor an der Leipziger Universitätskirche St. Pauli und war seit 1658 daneben Organist an der Nicolai-Kirche. Er war u. a. mit Ernst Christoph —»Homburg und Heinrich —»Schütz befreundet. F. komponierte vor allem Vokalmusik (Geistliche Arien, Dialoge und Concerten [...], 1662) und veröffentlichte u . a . Unterricht, wie man ein neu Orgelwerk [...] examiniren und [...] probiren soll [...] (1756). Er war der Vater von Johann Albert - » F . m MGG

Fabricius Hildanus, Guilhelmus -» Fabry, Wilhelm F a b r i t i u s , Albinus, auch Fabricius, Komponist, 2. Hälfte 16. Jh. Görlitz, t 19. 12.1635 B r u c k / M u r ( ? ) . F. lebte zunächst in Dänemark und ging dann in die Steiermark, wo er Verwaltungssekretär im Benediktinerkloster St. Lambrecht wurde. Er führte in dessen Auftrag ab 1597 zwei Eisenhämmer im Aflenztal und wurde um 1610 K o m missar für die Gegenreformation in Bruck und Mürztal. F. war hier mit Vermittlung in konfessionellen Disputen befaßt. Daneben komponierte er sakrale Werke, überwiegend Motetten mit italien. Einflüssen. 1595 erschienen seine Cantiones Sacrae. OD M G G F a b r i t z , Gustav, österr. Ingenieur, * 19.7. 1895 Wien, t 17.7. 1953 M ü n c h e n . Nach Abschluß des Maschinenbaustudiums und der Promotion an der T H Wien ging F., Sohn eines Finanzoberamtsverwalters, als Ingenieur für Wasserturbinen- und

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-reglerkonstruktion in die Industrie. Er baute große Wasserkraft- und Pumpspeicherwerke aus, richtete u. a. eine 68 000-PS-Turbine in Rodund ein und festigte seinen internationalen Ruf mit zahlreichen Publikationen, darunter Die Regler der Kraftmaschinen unter besonderer Berücksichtigung der Wasserturbinenregelung (1940). F. folgte 1942 einer Berufung als Ordinarius an die Univ. Prag und wurde 1948 o . P r o f . für Wasserkraftmaschinen sowie Direktor des Hydraulischen Instituts an der T H M ü n c h e n . OD N D B F a b r o n i u s , Hermann, auch Faber, Fabricius, Pseud. Erasmus Sabinus Hofnerus, M o s e m a n n , Harminius de Mosa, evang. Theologe, Dichter, * 2 1 . 7 . 1570 Gemünden (Oberhessen), t 2 4 . 4 . 1 6 3 4 Rotenburg. F. studierte 1589-94 Rechtswissenschaften in Marburg und Graz, betrieb daneben humanistische Studien und wurde 1594 in Graz zum Poeten gekrönt. Anschließend wandte er sich der Theologie zu, studierte an den Universitäten Wittenberg und Marburg und wurde 1598 Konrektor am Kasseler Pädagogium. 1601 erhielt er die Pfarrei Lichtenau, 1605 die Neustädter Gemeinde in Kassel, begleitete 1613 Landgraf —»Moritz während dessen Reise nach Berlin als Hofprediger und wurde 1623 Superintendent in Rotenburg. F. veröffentlichte zahlreiche theologische und historische Schriften - darunter Geographia histórica oder Neue summarische Welt-Historie [...] (1612) - und hinterließ im Manuskript Gedichte, Dramen und Erzählungen. OD Strieder F a b r y , Ernst, Sänger, * 17.2. 1909 Verviers (Belgien), t 2 4 . 5 . 1 9 8 2 Zürich. F., Sohn eines Sängerehepaares, studierte Jura an der Univ. Zürich und wurde 1935 zum Dr. jur. promoviert. Nach Gesangsunterricht in Berlin sang er 1 9 3 6 / 3 7 am Stadttheater in Pforzheim, 1 9 3 7 / 3 8 am Landestheater in Gera, 1 9 3 8 / 3 9 am Stadttheater in Erfurt und 1940-43 am Stadttheater in Duisburg. 1943-49 war er ständiger Gast am Zürcher Opernhaus; Gastspiele führten ihn u . a . nach München, Stuttgart, Hannover, Braunschweig, Kassel, Berlin und Wien. Zu F.s umfangreichem Repertoire gehörten Florestan im Fidelio, Don Carlos in Verdis gleichnamiger Oper, M a x im Freischütz und Sobenin in der schweizer. Erstaufführung von Michail I. Glinkas Oper Ein Leben für den Zaren (Zürich 1945/46). F. war auch als Oratorien- und Konzertsänger tätig und gründete 1946 in Zürich den Pelikan-Musikverlag, dem später eine Plattenfirma angeschlossen war. OD Kutsch F a b r y , Joseph, eigentl. J. Epstein, Pseud. Peter Fabricius, Schriftsteller, * 6. 11. 1909 Wien, t 7 . 5 . 1 9 9 9 El Cerrito (Kalifornien, USA). F. stammte aus einem jüdischen Elternhaus; der Vater war Leiter der städtischen Lagerhäuser in Wien. Ein Studium der Rechtswissenschaften beendete F. 1933 mit der Promotion. Zwischen 1931 und 1938 schrieb er zusammen mit M a x Knight unter dem Pseudonym Peter Fabricius (abgeleitet von d e m niederländischen Maler Barent Fabritius) an die 200, meist humorvolle Kurzgeschichten, Liebes- und Abenteuergeschichten, die nicht allein in Osterreich, sondern auch in Deutschland und der Schweiz veröffentlicht und zum Teil in 14 Sprachen übersetzt wurden (u. a. Der schwarze Teufel, 1942; Der Komet, 1942; Siebzehn Kamele, 1949; Wer zuletzt lacht..., 1 9 5 2 ; . . . lacht am besten, 1957; A Peter Fabricius Reader, 1994). Gemeinsam mit Ernst Friese verfaßte er die Vorlage für die erfolgreiche Komödie Lisa, benimm' dich, 1947). Nach dem „Anschluß" Österreichs an das Deutsche Reich 1938 emigrierte F. zunächst nach Belgien. Uber England, w o er begann, seine Erfahrungen im Internierungslager autobiographisch zu verarbeiten (The Next-to-Final Solution, 1993), gelangte F. 1940 in die U S A und lebte in Boston, N e w York und San Francisco. Zusammen mit Knight, der ebenfalls in die U S A emigriert war, gründete er die Agentur „Pacific Features" und veröffentlichte Berichte über die

Fäh amerikanische Westküste. 1948 ließ sich F. in Berkeley (Kalifornien) nieder und arbeitete die nächsten 25 Jahre bei der Zeitschrift „California Agriculture" der Universität, zuletzt als Associate Editor. 1963 lernte F. Viktor —»Frankl kennen, den Begründer der Logotherapie, und fand dessen Theorien durch seinen eigenen Lebenslauf bestätigt. 1968 schrieb er ein erstes Buch zu diesem Thema, The Pursuit of Meaning, dem weitere Veröffentlichungen (u.a. Guideposts to Meaning, 1988) und die Herausgabe der Zeitschrift „Uniquest. The Search for M e a n i n g " folgten. Mit d e m Viktor Frankl Institute of Logotherapy in Berkeley gründete F. 1978 eine eigene Einrichtung für Logotherapie in den USA, die die Herausgabe seiner Zeitschrift, jetzt mit d e m Titel „International Forum für Logotherapy", übernahm und alle zwei Jahre internationale Kongresse unterstützt. Zu F.s autobiographischen Schriften zählen One and One Make Three. The Story of a Friendship (1988, zusammen mit Max Knight), Swing Shift. Building the Liberty Ships (1982), Making Sense. The Meaning of Life (2000). F. war erster Präsident des Viktor Frankl Institute of Logotherapy in Berkeley. t n Spalek 3,2 F a b r y , Wilhelm, auch Fabri, latinisiert: Guilhelmus Fabricius Hildanus, Wundarzt, Schriftsteller, * 2 5 . 6 . 1 5 6 0 Hilden bei Düsseldorf, t 15.2. 1634 Bern. F., dessen Vater Gerichtsschreiber war, erlernte den Beruf eines Wundarztes in Neuss und Genf sowie bei Cosmas Slotanus in Düsseldorf und praktizierte als Chirurg in der Westschweiz und im Rheinland. 1602-10 lebte er als Wundarzt in Payerne und setzte daneben seine Konsultationsreisen ins ober- und niederrheinische Gebiet sowie ins Elsaß fort. 1611-15 war er in Lausanne tätig, seit 1615 als dritter Stadtarzt und Bürger in Bern. F. war seit 1587 mit Maria Colinetia verheiratet, die neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit eine berühmte H e b a m m e war und die gemeinsam mit ihrem Mann praktizierte. Er folgte in der Anatomie den neuen Lehren des Andreas Vesalius, war in physiologischer Hinsicht jedoch überkommenen D o g m e n verhaftet. Als fruchtbarer medizinischer Schriftsteller besaß er über seinen Tod hinaus großen Einfluß und gilt als „Vater der deutschen Chirurgie". Sein Hauptwerk sind Sammlungen von Krankengeschichten: Observationum et curationum chirurgicarum centuriae (6 Bde., 1606-46, dt. 1780-83); Beachtung fand auch die Schrift Anatomiae praestantia et utilitatis ( 1624). n a Killy F a c i u s , Angelica (Bellonata), Bildhauerin, * 13.10. 1806 Weimar, f 17.4. 1887 Weimar. Die Tochter von Friedrich Wilhelm —»F. erhielt ihre erste Ausbildung durch ihren Vater und durch —» Goethe, kam mit dessen E m p f e h l u n g als Schülerin 1827 zu Christian —»Rauch nach Berlin und beteiligte sich 1830 und 1832 an den dortigen Akademie-Ausstellungen. In Berlin erhielt sie auch Unterricht bei den Medaillenkünstlern Daniel Friedrich —» Loos und Friedrich Anton —» König. Goethe verfügte über seinen Tod hinaus die Fortführung ihres Ausbildungsstipendiums. Nach ihrer Rückkehr nach Weimar 1834 schuf sie neben zahlreichen Medaillen Kameen und Büsten Weimarer Persönlichkeiten plastische Arbeiten für die „Dichterzimmer" im Weimarer Schloß und verkleinerte Modelle nach Arbeiten ihres Lehrers Rauch. CD A K L F a c i u s , Friedrich Wilhelm, Bildhauer, * 3. 12. 1764 Greiz (Vogtland), t 4 . 5 . 1843 Weimar. Der aus einer K a u f m a n n s f a m i l i e stammende F. erlernte seit seinem 18. Lebensjahr in Dresden die Stahlgravur, kehrte in seinen Heimatort zurück und lebte seit 1788 in Weimar, wo neben Stahlgravuren Wachsmedaillons entstanden. F. trat in Verbindung mit —>Herder, —»Wieland und —»Goethe und eignete sich auf Goethes Veranlassung hin neun Monate

als Schüler Gottfried Benjamin Teitelbachs in Dresden den Steinschnitt an. Seit 1829 war er Hofmedailleur, seit 1840 Prof. in Weimar. Er schuf u. a. das in Stahl gravierte Große Staatssiegel Sachsen-Weimars (1840). F. war der Vater von Angelica-»F. CD A K L

Fadinger,

Stephan, österr. Bauernführer, f 5 . 7 . 1626 Eferding (Oberösterreich). F., Besitzer eines überschuldeten Hofs in St. Agatha bei Aschach in Oberösterreich, wurde in dem durch das sogenannte Frankenburger Würfelspiel ( 1 5 . 5 . 1625) ausgelösten Aufstand Führer zunächst der Bauern im Hausruckviertel, später Oberhauptmann aller Aufständischen in den oberösterreichischen Bauernkriegen. Mit d e m Ziel, die bayerische Besatzungsmacht zu vertreiben und die Rekatholisierung zu verhindern, wurden unter seiner Führung Wels, Kremsmünster, Steyr, Vöcklabruck und Gmunden von den Bauern erobert. Bei Peuerbach schlug er den bayerischen Statthalter A d a m von —» Herberstorff. Als er an einer bei der Belagerung von Linz erhaltenen Verletzung starb, wurde sein Schwager Christoph Zeller zum A n f ü h r e r gewählt, der Aufstand jedoch E n d e des Jahres niedergeschlagen. m

NDB

F a d r u s , Viktor, österr. Pädagoge, * 2 0 . 7 . 1884 Wien, t 2 3 . 6 . 1968 Villach (Kärnten). Nach Abschluß des Lehrerseminars 1903 war F. bis 1909 am Wiener Taubstummeninstitut, bis 1912 an verschiedenen staatlichen Lehrerbildungsanstalten tätig. Seit 1918 im Unterrichtsministerium, war er 1919-32 Leiter der Schulreformabteilung. Er gilt neben Otto —»Glöckel als führender österr. Pädagoge der sozialdemokratischen Schulreform; 1922-34 war er Direktor des von ihm errichteten „Pädagogischen Instituts", Mitherausgeber u. a. der Zeitschrift „Schulreform", der Bücherreihe „Lehrerbücherei" und der „Wiener Arbeiten zur pädagogischen Psychologie". Seit 1933 aus politischen Gründen weitgehend seiner Kompetenzen beraubt, lebte er nach der Entlassung in den vorzeitigen Ruhestand 1934 zurückgezogen. Nach 1945 war F. als Sektionschef entscheidend am Wiederaufbau des österr. Schulwesens beteiligt. Er veröffentlichte u . a . Die österreichischen Bundeserziehungsanstalten (1924) und Beiträge zur Neugestaltung des Bildungswesen (1956). CD Czeike F ä h , Adolf, schweizer, kath. Theologe, Bibliothekar, Kunsthistoriker, * 2 9 . 3 . 1858 Ragaz (Kt. St. Gallen), t 10.12. 1932 St. Gallen. F. studierte Theologie und Kunstgeschichte in St. Gallen, Freiburg (Schweiz), München, Würzburg und Eichstätt und wurde nach der Priesterweihe 1882 Kaplan in Waldkirch. 1884 zum Dr. phil. promoviert, war er seit 1885 Pfarrer in Speicher, seit 1892 Stiftsbibliothekar in St. Gallen und seit 1922 päpstlicher Hausprälat. Er betätigte sich sozialkaritativ, gründete zwei Lehrlingsheime in St. Gallen und war 1903-10 Diözesanpräses der Jünglingskongregation. F. lehrte Kunstgeschichte an der Handelshochschule St. Gallen, redigierte das Vereinsorgan der Jünglingskongregation „ Z u k u n f t " und war Mitarbeiter schweizer, und ausländischer Periodika, darunter der Münchener „Zeitschrift für Christliche Kunst"; 1911 gründete er das Textilien- und Spitzenmuseum des Kollegiums St. Anton in Appenzell. Neben Arbeiten zum Bestand der St. Galler Stiftsbibliothek verfaßte er Studien zur Kunstgeschichte (vor allem Textilkunst) und Biographien; 1887-97 erschien ein Grundriß der Geschichte der Bildenden Künste. CD HLS F ä h , Jakob, Jesuit, Theologe, Missionar, * 17.6. 1842 A m d e n (Kt. St. Gallen), f 15.7. 1902 Rio Grande do Sul (Brasilien). F. trat 1859 in Münster (Westfalen) in die Gesellschaft Jesu ein und wurde nach Abschluß der Ordensstudien in Maria

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Fährmann Laach Lehrer am Jesuitenkolleg Stella Matutina in Feldkirch. Während des Deutsch-Französischen Kriegs 1 8 7 0 / 7 1 Krankenpfleger, studierte er danach Theologie in Ditton Hall und Portico. 1877 wurde er Prof., im folgenden Jahr Ordenspräfekt. F. war 1882-85 Rektor der Stella Matutina, 1885-89 Herausgeber der „Stimmen aus Maria-Laach" und lebte anschließend in Berlin. 1891 ging er als Regens des Priesterseminars von Porto Alegre nach Brasilien, w o er seit 1900 Superior der deutschen Jesuitenmission am Rio Grande do Sul war. F. schrieb biographische Skizzen, darunter Georg Arbogast Freiherr von und zu Frankenstein (1886). m

Biogr Jahrb, Bd 7

1923-25 Chefredakteur der „Augsburger Postzeitung". Seit 1925 Chefredakteur der „Freiburger Tagespost", wurde er 1936 abgesetzt und war danach als Korrespondent u . a . für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" und die „Kölnische Zeitung" tätig. 1944 wurde er im Z u s a m m e n h a n g mit der Verschwörung des 20. Juli inhaftiert. 1945-61 war F. Chefredakteur des „Freiburger Katholischen Kirchenblatts". 1949 gründete er die Wochenzeitschrift „Der christliche Sonntag" (seit 1967 „Christ in der Gegenwart"), die er 1949-74 als Chefredakteur und danach als Herausgeber prägte. Er veröffentlichte Heilige sind anders (1958) und das mehrbändige Brevier zum inneren Leben (1955-67). CD

Fährmann,

(Ernst) Hans, Musiker, Komponist, Musikpädagoge, * 17.12. 1860 Beicha bei Lommatzsch, t 2 8 . 6 . 1940 Dresden. F. war nach dem Besuch des Lehrerseminars DresdenFriedrichstadt (1874-80) kurze Zeit in seinem Beruf tätig, wandte sich 1882 der Musik zu und studierte bei Hermann —> Scholtz, Carl August Fischer und Jean Louis —> Nicodé. 1889 unternahm er als Orgelvirtuose eine Tournee durch die Schweiz, wurde 1890 Kantor und Organist an der Dresdner Johanneskirche und war seit 1892 daneben Dozent für virtuoses Orgelspiel am Dresdner Konservatorium. F. wurde 1913 Kgl. Musikdirektor, 1917 Prof., gab 1926 seine Kantoren- und Organistenstelle auf und widmete sich der Lehre. 1932 übernahm er zusätzlich die Leitung des Instituts für Kirchenmusik am Konservatorium. F. komponierte Orgel-, Klavier- und Chorwerke sowie Lieder und Kammermusik, u . a . 14 Orgelsonaten, die eine gewisse Verwandtschaft zu den Werken M a x —»Regers aufweisen. CD

MGG

Fähse,

Gottfried, Klassischer Philologe, Pädagoge, * 2 4 . 8 . 1764 Schlesen bei Wittenberg, t 2 9 . 5 . 1 8 3 1 Jüterbog. Nach Abschluß seiner philologischen, historischen und theologischen Studien an der Univ. Wittenberg (seit 1782) wurde F. Hauslehrer in Ungarn und erhielt 1792 die Rektorenstelle im oberungarischen Göllnitz. 1795 nach Deutschland zurückgekehrt, wurde er im folgenden Jahr an der Univ. Leipzig Magister und hielt bis 1798 Vorlesungen über Philosophie und Pädagogik. Danach Lehrer am kgl. Pädagogium in Halle, wurde er 1801 Konrektor, 1806 Rektor des Lyzeums in Annaberg und war 1809-30 Rektor des Franziszeums in Zerbst. F. veröffentlichte u. a. Übersetzungen aus den alten Sprachen sowie einen Grundriß der technischpraktischen Erziehung (1797). CD A D B F ä r b e r , Eduard, später Farber, Chemiker, * 17.4. 1892 Brody (Galizien), t 1 5 . 7 . 1 9 6 9 Washington. F. war nach d e m Studium an der Univ. Leipzig (Promotion 1916, Polymere des Indens und einiger Derivate des 3-Ketopentadiens) am Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für experimentelle Therapie tätig. Aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrt, befaßte er sich in wissenschaftlichen und technischen Arbeiten mit der Holzverzuckerung. 1920 wurde er Chemiker bei der Th. Goldschmidt A. G. in M a n n h e i m Rheinau, später Mitarbeiter der International Sugar and Alcohol C o m p a n y und 1928 Leiter des wissenschaftlichen Labors der Holzhydrolyse- und Deutschen B e r g i n - A . G . in Heidelberg. F. war Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften. Er schrieb u. a. Die geschichtliche Entwicklung der Chemie (1921). t u Poggendorff 6 F ä r b e r , Karl, kath. Publizist, * 18.4. 1888 Röhlingen (Ellwangen), t 5 . 4 . 1979 Freiburg/Breisgau. Der Sohn eines Schreiners studierte kath. Theologie, Philosophie und Kunstgeschichte in Tübingen (1907-11), Rottenburg ( 1 9 1 1 / 1 2 ) und München (1912-14). Nach der Teiln a h m e am Ersten Weltkrieg war er 1919-22 Redakteur und

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Bad Bio N.F., Bd 3

Faerber,

Meir Marceil, Pseud. Meir Reuben, A. Rondan, Irvi Herzl, Jakob Hajevaschalmi, Journalist, Übersetzer, * 2 9 . 4 . 1908 Mährisch-Ostrau, t 19.8. 1993 Tel Aviv. F., Sohn eines Rabbiners, lebte nach d e m Studium an der Handelsakademie Brünn in Reichenberg (Böhmen), emigrierte 1934 nach Palästina und ließ sich in Tel Aviv nieder, w o er als Journalist tätig war. 1935 gründete er mit dem „Orient-Express" die erste deutschsprachige Zeitung des Orients, die aber bereits nach zwei Monaten aufgrund eines Boykottbeschlusses des Hebräischen Journalistenverbandes eingestellt wurde. 1939-41 war F. Ehrensekretär des Merkaz Olim sowie Mitglied der Hagana. 1956 gründete er die Gesellschaft Israel-Österreich, deren Vorsitz er übernahm, 1975 war er Mitgründer und Vorsitzender des Verbandes Deutschsprachiger Schriftsteller in Israel und wurde Schriftleiter der Monatsschrift „Die Stimme". Daneben schrieb F. für verschiedene Zeitschriften, darunter „Haboker", „Der Weg" (Berlin) und die Wiener Monatsschrift „Die Gemeinde", und veröffentlichte Erzählungen, Dramen, Gedichte und R o m a n e (u.a. Auf der Flucht erschossen. Drama, 1933; Der wandernde Bote. Erzählungen, 1981; Drei mal drei Glieder einer Kette. Roman, 1985). CD Lex dt-jüd Autoren F ä r b e r , Otto, Pseud. R(obert) Ferling, Schriftsteller, Journalist, Verleger, * 2 2 . 2 . 1892 Urach (Württemberg), t 15.3. 1993 Telfs-Bairbach (Tirol). Nach Studien in Stuttgart, Tübingen, Freiburg und München und der Promotion zum Dr. phil. kehrte F., Sohn eines evang. Pfarrers, als Schwerverwundeter aus d e m Ersten Weltkrieg zurück und war zunächst im Parteibüro der Bayerischen Volkspartei und der Badenia-Verlags A G in Karlsruhe tätig. Seit 1924 Chefredakteur der Zentrums-Pressekorrespondenz und Redakteur beim „Badischen Beobachter", emigrierte er 1934 nach Osterreich und arbeitete bis 1937 beim „Tiroler Anzeiger". Nach dem „Anschluß" wurde er verhaftet und im Konzentrationslager Dachau interniert. Als Buchhalter und Wehrmachtsdolmetscher überlebte er den Zweiten Weltkrieg, nahm bei der „Schwäbischen Landeszeitung" in Augsburg seine journalistische Arbeit wieder auf und war 1946-65 Herausgeber der „Stuttgarter Nachrichten". CD

DLL, 20. Jh.

F a e s c h , Johann Rudolph, auch Fäsch, schweizer. Architekt, Kunsthistoriker, * 6 . 4 . 1 6 8 0 Basel, t 1 . 1 1 . 1 7 4 9 Dresden. F., ein N a c h k o m m e von R u m a n —>F. und Sohn eines Professors der Rechte, war vermutlich Offizier der kaiserlichen A r m e e , bevor er 1712 als Architekt in kursächsische Dienste trat; 1713 wurde er Ingenieur-Kapitän, 1742 Oberst. Er nahm am Polnischen Erbfolgekrieg sowie an beiden Schlesischen Kriegen teil und kommandierte 1 7 4 8 / 4 9 die Feldbrigade des Ingenieurkorps. F.s Kenntnisse in der Baukunst werden auch auf seine Bekanntschaft mit d e m Nürnberger Baumeister Gottlieb —» Trost zurückgeführt; er übte großen Einfluß vor allem auf die Ausbildung der Militär-Architekten aus, vermittelte in seinen architekturtheoretischen Schriften (u.a. Versuch seiner architektonischen Werke, 1722-29)

Faeßler Werte und Elemente wie „Commoditaet, Symmetrie und Bestaendigkeit" sowie die Bedeutung qualitätvollen Baumaterials und solider Fundamente und Mauern. Seit 1723 Mitglied der Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften, wirkte und publizierte er auch als Sachverständiger für Ingenieurund Seewesen, Artillerie, Geometrie, Arithmetik, Mechanik, Bergwerks-, Maß-, Gewichts- und Münzwesen. Zu den Bauten F.s zählt die Hauptwache mit Garnisonskirche auf d e m Dresdner Neumarkt (1715, 1766 nach Brand abgetragen). DP A K L

Helvetischen Gesellschaft, deren Mitglied er war, und übernahm 1764 die Pfarrei Uetikon. Als Anhänger der politischstatistischen M e t h o d e des Anton Friedrich —»Büsching erarbeitete er seit 1763 sein Hauptwerk, die Staats- und Erdbeschreibung der Eidgenossenschaft (4 Bde., 1765-68). Seine Tätigkeit am Nachlaß Aegidius - » T s c h u d i s zur Fortsetzung von dessen Schweizerchronik brach er vorzeitig ab. 1776 übernahm der Vater Johann Kaspar —> F.s die Pfarrei Flaach. DP N D B

Fäsi, F a e s c h , R u m a n , auch Remigius, R o m e y , Fäsch, Väsch, schweizer. Baumeister, * Basel (?), t 1 5 3 3 / 3 4 Thann (Elsaß). F. übernahm nach d e m Tod seines Vaters 1476 dessen Steinmetzwerkstatt in Basel und erbaute dort u. a. das Zunfthaus „ Z u m Schlüssel" in der Freien Straße (1586-88) sowie den C h o r der Kartause in Kleinbasel. 1486 wurde er Mitglied des Baugerichts, 1487 städtischer Werkmeister, 1491 Zunftmeister und Ratsmitglied. Kurz darauf folgte er der B e r u f u n g zum Werkmeister am Münster St. Theobald in Thann (Elsaß), vollendete das Gewölbe des nördlichen Seitenschiffs (1492) und errichtete Strebewerk und G e w ö l b e des Mittelschiffs (1495), Westgiebel (1496-98), Hauptturm (1506-16), Sakristei (1520) und Treppentürmchen des südlichen Seitenschiffs (1521). 1495 zum Kirchenwerkmeister auf Lebenszeit ernannt, war F. 1496 als Berater am zweiten Münsterturm in Basel tätig, 1503-09 (bis zur Ü b e r n a h m e der Stelle durch seinen Sohn) Werkmeister und erarbeitete 1506 eine Expertise für das Münster in Bern. en AKL

Faesebeck,

(Georg Matthias) Ferdinand, Mediziner, * 4 . 3 . 1 8 0 9 Ober-Sickte bei Braunschweig, t 8 . 1 . 1900 Braunschweig. Vom Vater, einem Landchirurgen, auf den Beruf vorbereitet, besuchte F. 1827-34 das Anatomisch-Chirurgische Kollegium in Braunschweig, wurde 1836 Vizeprosektor an der d e m Kollegium angeschlossenen Anatomie und war bald ein anerkannter Spezialist auf dem Gebiet der Anatomie der Nerven (Die Nerven des menschlichen Kopfes, 1840) und der Herstellung von Nervenpräparaten. 1845-53 leitete er eine von ihm begründete orthopädische Turnanstalt für Mädchen, wurde 1857 Prosektor sowie Dozent der Anatomie und war nach der Schließung des Anatomisch-Chirurgischen Kollegiums 1869 bis 1881 Gerichts- und Gefängnisarzt in Braunschweig. 1880 wurde er zum Hofchirurgen ernannt. F. veröffentlichte u. a. Die Methode der Bettgymnastik in Verbindung mit Massage (1887, 3 1890). CD A D B

Fäsi,

Johann Kaspar, schweizer. Geograph, Historiker, * 3 1 . 1 2 . 1769 Zürich, t 12.7. 1849 Zürich. Der Sohn Johann Konrad —>F.s wurde 1791 Prof. der Geographie und Geschichte an der Zürcher Kunstschule, 1793 Sekretär am Kantonsgericht, war 1803-49 Oberschreiber am Zürcher Obergericht und gab geographisch-statistische Handbücher heraus. Nachdem Hans Heinrich —> Flissli das Erscheinen seines „Neuen Schweizerischen M u s e u m s " 1796 eingestellt hatte, setzte F. das Projekt unter d e m Titel Bibliothek der Schweizerischen Staatskunde, Erdbeschreibung, Kunst und Littérature Bde., 1 7 9 6 / 9 7 ) fort. 1816-31 gehörte er d e m Großen Rat an. c u HLS

Fäsi, Johann Konrad, schweizer. Geograph, * 2 6 . 4 . 1 7 2 7 Zürich, t 6 . 3 . 1 7 9 0 Flaach (Kt. Zürich). Nach d e m Theologiestudium in Basel war F., Sohn eines Buchbinders, seit 1751 Hauslehrer beim Obervogt in Pfyn, betrieb daneben archivalische Studien, die in eine unveröffentlicht gebliebene Geschichte und Erbeschreibung der Landgrafschaft Thurgau eingingen, und kehrte 1758 nach Zürich zurück. Er hielt historische Vorlesungen in der

Johann Ulrich, schweizer. Klassischer Philologe, Schulmann, * 2 4 . 1 2 . 1796 Josephsberg (Galizien), t 8 . 5 . 1865 Zürich. F., Sohn eines Predigers, studierte Theologie in Zürich sowie 1821-23 Philologie in Leipzig und Berlin. 1823 kam er als Prof. des Hebräischen an das G y m n a s i u m in Zürich; 1830 übernahm er zusätzlich die Professur der klassischen Sprachen, wenig später auch das Rektorat der Schule. F. gab die Ilias des H o m e r und die Variae electiones des Marc Antoine de Muret (1828) heraus. m HLS F a e s i , Robert, schweizer. Schriftsteller, Germanist, * 10.4. 1883 Zürich, t 1 8 . 9 . 1 9 7 2 Zollikon bei Zürich. Der aus einem Zürcher Patriziergeschlecht s t a m m e n d e F., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1901 Jura an der Univ. Lausanne, seit 1902 Germanistik in Zürich und Berlin und wurde 1906 bei Adolf —»Frey promoviert (Abraham Emanuel Fröhlich, 1907). Er unternahm Bildungsreisen durch Europa, habilitierte sich 1912 an der Univ. Zürich für Neuere deutsche und schweizerische Literaturgeschichte (Paul Ernst und die neuklassischen Bestrebungen im Drama, 1913) und wurde 1922 a. o., 1943 o. Professor. In seinen wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigte sich F. mit der konservativ orientierten jüngeren Literatur sowie den schweizer. Zeitgenossen, insbesondere mit Carl —> Spitteier, und veröffentlichte u . a . Rainer Maria Rilke (1919, 2 1922), Gestalten und Wandlungen schweizerischer Dichtung (1922) und Thomas Mann. Ein Meister der Erzählkunst (1955). Daneben schuf er ein alle Gattungen umfassendes belletristisches Werk; er schrieb u . a . die Erzählungen Zürcher Idylle (1908, 8 1963), eine Romantrilogie über die Geschichte Zürichs (Die Stadt der Väter, 1941 ; Die Stadt der Freiheit, 1944; Die Stadt des Friedens, 1952) und das Libretto für Willy —»Burkhards Oper Die Schwarze Spinne (1949). 1962 erschienen sein Briefwechsel mit T h o m a s —»Mann, 1963 seine Erinnerungen Erlebnisse - Ergebnisse. CD IGL

Faeßler,

Alfred, Physiker, * 25. 11.1904 Hechingen (Hohenzollern), t 2 2 . 4 . 1 9 8 7 München. F., Sohn eines Kaufmanns, studierte Physik, Chemie, Mathematik und Mineralogie an den Universitäten Tübingen und Freiburg/Breisgau. Nach d e m Examen bekleidete er eine Hilfsassistentenstelle am Physikalisch-chemischen Institut der Univ. Freiburg, wurde 1929 mit der Dissertation Quantitative Röntgenspektroskopische Analyse mit Sekundärstrahlen promoviert und war 1931-33 als Rockefellerstipendiat am California Institute of Technology in Pasadena (Kalifornien, U S A ) tätig. Wieder zurück in Freiburg, nahm F. eine Assistentenstelle am Institut für Physikalische C h e m i e an, die er bis 1938 innehatte, und wechselte anschließend als Assistent an das Institut für Experimentelle Physik der Univ. Halle. Nach seiner Habilitation mit der Arbeit Untersuchungen zum Problem des metamikten Zustandes (1939) lehrte er seit 1940 als Dozent an der Univ. Halle. Bereits 1933 in die S A eingetreten und seit 1937 Mitglied der N S D A P , arbeitete er seit Beginn der vierziger Jahre für das Heereswaffenamt und spätestens seit 1942 für das Reichsamt f ü r Wirtschaftsausbau. Mit dem „Abderhaldentransport" deportiert, wurde F. in Abwesenheit von der Univ.

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Fäustle Halle entlassen, 1946 in Hessen entnazifiziert und 1948 von der Univ. Freiburg zum a. o . P r o f . ernannt. 1956 übernahm er eine ordentliche Professur für Experimentalphysik an der Univ. München.

Fäustle,

Johann N e p o m u k von, Jurist, Politiker, * 2 8 . 1 2 . 1 8 2 8 Augsburg, t 1 7 . 4 . 1 8 8 7 München. F., Sohn eines Lehrers und Mesners, wurde nach der Ausbildung Richter in Augsburg und Donauwörth, 1862 Stadtrichter in München. Seit 1865 im bayerischen Justizministerium tätig, wurde er Oberappellationsgerichtsrat und war 1871-87 bayerischer Justizminister, seit 1872 Bundesratsbevollmächtigter, 1875-81 auch Abgeordneter der Zweiten K a m m e r des Landtags. Er nahm Einfluß auf die ReichsProzeßgesetzgebung nach 1870, führte nach 1879 die Umstellung der bayerischen Justizverwaltung auf die Reichsjustizgesetze durch und sicherte den Bestand des bayerischen Obersten Gerichtshofs. Politisch der bayerischen Fortschrittspartei nahestehend, bemühte er sich im Kulturkampf u m ein wirksames Zurückdrängen des kirchlichen Einflusses in Politik und Öffentlichkeit, vermied jedoch eine scharfe Auseinandersetzung mit der Kirche. CD N D B F a g i u s , Paul, eigentl. Buch(e)lin, Büch(e)lin, Büchlein, evang. Theologe, Hebraist, * 1504 Rheinzabern (Pfalz), t 13. 11.1549 Cambridge (Großbritannien). F., Sohn eines Lehrers und Ratsschreibers, wurde 1515 in Heidelberg immatrikuliert und nahm 1518 an der Disputation —»Luthers in Heidelberg teil. 1522 Hebräisch-Schüler Wolfgang —>Capitos in Straßburg, wurde er 1527 Lehrer an der Lateinschule in I s n y / A l l g ä u , kehrte 1535 zum Theologiestudium nach Straßburg zurück und war 1537-43 Prediger in Isny. F. setzte hier seine Hebräischstudien bei Elias —» Levita fort und richtete mit Hilfe eines Ratsherrn eine hebräische Druckerei ein, die seine und Levitas Schriften druckte ( u . a . Tischbi, 1541; Hebräische Grammatik. 1542). Nach Johannes - > Z w i c k s Tod 1 5 4 3 / 4 4 Pfarrer in Konstanz, folgte er 1544 der Berufung zum Nachfolger Capitos als Prediger und Prof. des Alten Testaments in Straßburg. 1546 bediente sich Kurfürst —> Friedrich II. seiner als Berater bei der Universitätsreform in Heidelberg. Als entschiedener Gegner des Augsburger Interims wurde er 1548 gemeinsam mit Martin - » B u c e r beurlaubt und ging als Prof. der hebräischen Philologie und der alttestamentlichen Exegese nach Cambridge. Er veröffentlichte u. a. Sententiae vere elegantes piae (1541) und Precationes hebraicae (1542). DD N D B

Fahlberg,

Constantin, Chemiker, * 2 2 . 1 2 . 1850 Tambow (Rußland), t 15.8. 1910 N a s s a u / L a h n . F. erhielt seine erste wissenschaftliche Ausbildung an der Polytechnischen Schule in Moskau und war nach d e m Chemiestudium in Wiesbaden und Leipzig (Promotion 1873, Ober Oxyessigsäure) in O k e r / H a r z , N e w York, London und Guyana in der Industrie tätig, habilitierte sich 1878 an der Johns Hopkins University in Baltimore und führte im folgenden Jahr im Auftrag von Ira Remsen eine Untersuchung durch, bei der er die Süße des Saccharins entdeckte. Er erkannte die wirtschaftliche Bedeutung seines Fundes und ließ sich 1885 das Herstellungsverfahren patentieren. 1886 gründete er mit seinem Onkel Adolf List in Salbke-Westerhüsen/Elbe bei Magdeburg die Saccharinfabrik „Fahlberg, List & Co.", die 1902 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde (Saccharin-Fabrik AG). Seit 1892 lebte F. in Nassau. m Poggendorff 4

Fahne,

Anton, Historiker, * 2 8 . 2 . 1 8 0 5 Münster, t 12. 1. 1883 Fahnenburg bei Düsseldorf. F. studierte u . a . bei Georg —» Hermes und Barthold Georg Niebuhr an der Univ. Bonn sowie bei Friedrich Carl von —»Savigny, Carl Ernst —»Jarcke und Eduard - ^ G a n s an der Univ. Berlin; 1829. Im Anschluß an Reisen nach Frankreich

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und in die Schweiz war er Referendar in Ehrenbreitstein, kam 1834 nach Düsseldorf und wurde 1836 Friedensrichter in Jülich, 1838 in Bensberg. 1842 zog sich F. zurück und widmete sich genealogisch-historischen Forschungen (u. a. Denkmale und Ahnentafeln in Rheinland und Westphalen, 6 Bde., 1879-83). DO A D B

Fahnenberg,

Karl Heinrich Frh. von, Beamter, * 16.5. 1779 Freiburg/Breisgau, t 16.3. 1840 Baden. F. trat nach d e m Studium in Würzburg, Erlangen und Göttingen in österr. Dienste und wurde, nachdem der Breisgau zu Baden g e k o m m e n war, Regierungsrat in Freiburg, 1810 Ministerialrat im Karlsruher Innenministerium, 1819 Oberpostdirektor. 1823 übernahm er provisorisch, 1826 endgültig die Leitung der Schuldentilgungskasse. F. machte sich u m die R e f o r m des badischen Postwesens verdient und begründete die Eilzustellung in Deutschland. Er war Herausgeber ökonomischer Periodika, übersetzte und kommentierte JeanBaptiste Says Katechismus der Nationalwirthschaft (1816) und schrieb u . a . über Heilquellen der Region ( R i p p o l d s a u und dessen Heilquellen, 1836). DD Bad Bio, Bd 1 F a h n e r , Johann Christoph, Gerichtsmediziner, * 8. 11. 1758 Buttstädt bei Jena, f 7 . 1 . 1802 Ilfeld. F. studierte an der Univ. Jena zunächst Theologie, später Medizin und ließ sich nach der Promotion 1780 (De caussis et signis malignitatis) als Stadtarzt in Buttstädt nieder. 1785 wechselte er nach Nordheim und später nach Ilefeld, wo er schließlich als Opfer eines Überfalls eines gewaltsamen Todes starb. F. befaßte sich überwiegend mit forensischer Medizin (u. a. Vollständiges System der gerichtlichen Arzneikunde, 3 Bde., 1795-1800; Beiträge zur praktischen und gerichtlichen Arzneikunde, 1799). DP A D B F a h r , Johann Georg, Ingenieur, Fabrikant, * 2 6 . 4 . 1836 Gottmadingen (Kr. Konstanz), t 2 3 . 3 . 1916 Gottmadingen. Der Sohn eines Landwirts und Wagners war nach der Mechanikerlehre bei namhaften Maschinenbaufirmen, darunter Rauschenbach in Schaffhausen, tätig und gründete nach seiner Rückkehr in die Heimat 1870 ein eigenes Unternehmen. F. stellte zunächst Futterschneidmaschinen her, die dank verbesserter Konstruktion bald guten Absatz in Deutschland und Österreich fanden, nahm später Handdreschmaschinen, Stangengöpel, Weinpressen, Obstmühlen, Rübenschneider und Schrotmühlen in seine Produktion auf und gliederte d e m Unternehmen schließlich eine Metallgießerei sowie eine Dampfmaschinenanlage an. Seit d e m Ende der achtziger Jahre vertrieb er aus den U S A importierte „Erntemaschinen" wie Gras- und Getreidemäher, Rechen und Heuwender und stellte solche Maschinen seil 1895 im eigenen Werk her. F. trug mit seiner großen Produktpalette und der weiten Verbreitung seiner Geräte zur fortschreitenden Mechanisierung der deutschen Landwirtschaft bei. DP N D B

Fahr,

(Karl) Theodor, Pathologe, * 3 . 1 0 . 1 8 7 7 Pirmasens, t 2 9 . 1 0 . 1945 Hamburg. F., Sohn eines Lederfabrikanten, studierte an den Universitäten Gießen (Promotion 1903, Ueber totale Nekrose beider Nieren nach Thrombose der Nierennerven), München, Berlin und Kiel, war Assistent von Theodor —» Deneke und Morris S i m m o n d s in Hamburg und wurde 1906 Prosektor des Hafenkrankenhauses. 1909 kam er als Leiter des Pathologischen Instituts an das Krankenhaus in M a n n h e i m , kehrte in gleicher Eigenschaft am Barnbecker Krankenhaus 1913 nach Hamburg zurück und wurde dort 1919 a. o., 1924 o. Prof. der allgemeinen Pathologie sowie der pathologischen Anatomie. F. befaßte sich bevorzugt mit Nierenkrankheiten; er veröffentlichte u . a . Arbeiten zur Brightschen Krankheit (mit Franz —»Volhard, 1914) und Methoden der experimentellen Morphologie (1921). Als unbelasteter Prof. 1945 zur

Fahrenkamp Wiederaufnahme des Lehrbetriebs an der Univ. Hamburg herangezogen, nahm sich F. in einer depressiven Krise das Leben. CD N D B

Fahrbach,

Joseph, österr. Musiker, Journalist, * 2 5 . 8 . 1 8 0 4 Wien, t 6 . 6 . 1 8 8 3 Wien. F., Bruder von Philipp - » F . , verbrachte mehrere Jahre als Kapellmeister beim Militär in Italien und schrieb während dieser Zeit für die „Gazzetta musicale di Milano". Nach 1848 war er Sekretär in der Kabinettskanzlei der Erzherzogin Sophie, gleichzeitig Flötist in der Hofkapelle. Nach 1874 arbeitete F. als Redakteur für die „Deutsche Musikzeitung". Daneben verfaßte er Lehrbücher für Blasinstrumente und komponierte Fantasien auf der Grundlage zeitgenössischer Opernmelodien (u. a. aus Aida), Walzer und Lieder. OD M G G

Fahrbach,

Philipp, österr. Musiker, Kapellmeister, K o m ponist, * 25. 10.1815 Wien, t 3 1 . 3 . 1 8 8 5 Wien. F., Bruder von Joseph - » F . , lernte früh Geige, Czakan und Flageolett, komponierte bereits als Neunjähriger für eine Wirtshauskapelle und war 1825-34 Flötist in der Kapelle von Johann —> Strauß Vater. 1828 sicherte sich der Verleger Tobias —» Haslinger f ü r zwölf Jahre die Rechte an Kompositionen. 1835 gründete F. eine eigene Kapelle, die u . a . im Wiener Volksgarten erfolgreich musizierte. 1841-46 und 1856-65 war er Kapellmeister beim Wiener Hausregiment der Hoch- und Deutschmeister. Nach 1846 gründete F. erneut eine Kapelle und übernahm 1850 in der Nachfolge von Strauß Vater die Leitung der Tanzmusiken bei den Hofund Kammerbällen. 1856 fiel er aufgrund einer unstandesgemäßen Heirat in Ungnade und wurde entlassen. 1856-65 war F. bei einem Infanterie-Regiment tätig, leitete danach eine Zivilkapelle, gründete 1870 eine Veteranenkapelle und vertrat zuweilen Eduard —> Strauß bei Konzertverpflichtungen in Warschau. Seit 1843 war er ständiger Mitarbeiter der „Wiener Allgemeinen Musikzeitung" und der „Theaterzeitung". F. komponierte Opern ( D e r Liebe Opfer, 1844; Das Schwert des Königs, 1845), Operetten, Singspiele, Kirchenmusik (u. a. neun Messen), Walzer, Potpourris, Märsche und rund 400 Tänze. CD M G G

Fahrenbrach,

Heinrich, Gewerkschafter, Politiker, * 2 . 7 . 1878 Ronsdorf (heute zu Wuppertal), f 28. 1.1950 Neuss. Bis 1907 wie sein Vater als Bandwirker tätig, leitete F. später den rheinischen Bezirk des Zentralverbandes christlicher Textilarbeiter. Mit der Ü b e r n a h m e des Vorsitzes 1919 gehörte er d e m Vorstand des Gesamtverbandes der christlichen Gewerkschaften sowie des christlich-nationalen Deutschen Gewerkschaftsbundes an. 1922 wurde er Vorsitzer des Internationalen Bundes christlicher Textilarbeiterverbände. Seit 1922 war F. Mitglied des Vorläufigen Reichswirtschaftsrats, seit 1928 Zentrumsabgeordneter im Reichstag. Gemeinsam mit Heinrich —»Imbusch bemühte er sich um die Wahrung des Charakters der Gewerkschaft als wirtschaftlicher Interessenvertretung. In Abkehr von der Politik A d a m - » Stegerwaids trat er vergeblich für eine Zusammenarbeit mit den sozialistischen Gewerkschaften, in der Politik für eine Koalition mit den Parteien links des Zentrums ein. 1933 seiner Ämter enthoben, lebte F. zurückgezogen in Neuss und wurde seit 1936 mehrmals verhaftet. CD N D B F a h r e n h e i d , Fritz von, Kunstsammler, * 3 1 . 1 0 . 1 8 1 5 Angerapp, t 8 . 6 . 1888 Beynuhnen (Ostpreußen). F. besuchte in Königsberg das Friedrichskolleg und studierte 1836 an der Univ. bei Karl Lehr. In romantischer Begeisterung für die Antike bereiste er 1 8 4 1 / 4 2 die klassischen Stätten Italiens, Griechenlands und Kleinasiens; nach d e m Tod seines Vaters erbte er beträchtliches Vermögen. F. ließ Schloß Beynuhnen 1850 und 1862-64 in klassizistischem

Stil ausbauen (1945 zerstört) und legte dort die umfangreichste ostpreußische Kunstsammlung seiner Zeit an, die zwar überwiegend aus Kopien und Abgüssen bestand, jedoch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Über eine Stiftung bestimmte er das Gut Beynuhnen zur Unterhaltung der Sammlung. F. schrieb u. a. Reise durch Griechenland, KleinAsien, die troische Ebene, Constantinopel, Rom und Sicilien (1875). CD N D B

Fahrenheit,

Daniel Gabriel, Instrumentenbauer, Physiker, * 2 4 . 5 . 1 6 8 6 Danzig, t 1 6 . 9 . 1 7 3 6 Den Haag. F., Sohn eines K a u f m a n n s , durchlief 1702-06 eine kaufmännische Lehre in Amsterdam und stellte daneben verschiedene physikalische Untersuchungen an. 1707-17 bereiste er Nord- und Ostdeutschland sowie Skandinavien, trat 1708 in Kopenhagen mit Ole Römer, 1714 in Halle mit Christian —> Wolff in Verbindung und korrespondierte 1 7 1 5 / 1 6 mit Gottfried Wilhelm —>Leibniz u . a . über ein Spiegelteleskop. 1717 ließ er sich als Instrumentenbauer in Amsterdam nieder und war bald ein international anerkannter Feinmechaniker. Er baute Thermometer, Barometer und Aräometer und hielt seit 1718 über mindestens zwölf Jahre hinweg Vorträge zur experimentellen Physik, vor allem zur Mechanik und Optik. Seit 1724 war er Mitglied der Royal Society in London, in deren „Philosophical Transactions" er fünf Abhandlungen u. a. über Thermometrie publizierte. F. benutzte zunächst Weingeist, später Quecksilber fur seine T h e r m o meter und produzierte damit die ersten exakten Instrumente ihrer Art. Später stellte er unabhängig von früheren Beobachtungen anderer Forscher die Unterkühlung des Wassers und den Einfluß des Luftdrucks auf die Siedetemperatur des Wassers fest. Seine Thermometerskala, bei der der Gefrierpunkt des Wassers bei 32°F, der Siedepunkt bei 212°F liegt, wird bis heute im angelsächsischen Raum verwendet. •P

NDB

F a h r e n h o r s t , Walther, Industrieller, * 12. 1. 1871 Magdeburg, t 8 . 4 . 1 9 3 8 Berlin. Nach der Promotion zum Dr. jur. trat F. 1897 in die landwirtschaftliche Verwaltung in Höxter ein, kam später nach Dortmund und wurde 1904 ins preuß. Ministerium f ü r Landwirtschaft berufen und zum Regierungsrat ernannt. Seit 1905 Vorstandsmitglied der Phoenix-Aktiengesellschaft in Ruhrort, kam er nach der Fusion mit d e m Hörder Verein 1907 nach H ö r d e und wurde 1922 Generaldirektor der Phoenix-AG. mit Sitz in Düsseldorf. Bei der Gründung der Vereinigte Stahlwerke A G wurde er Stellvertreter des A u f sichtsratsvorsitzenden; ferner nahm er Funktionen in zahlreichen Aufsichtsräten führender Gesellschaften der deutschen Eisen- und Stahlindustrie wahr. CD Nekrologe Industrie

Fahrenkamp,

Emil (Gustav), Architekt, * 8. 11. 1885 Aachen, t 2 4 . 5 . 1 9 6 6 Breitscheid (heute zu Ratingen). Nach Abschluß seiner Studien an der T H Aachen sowie Ausbildung und Tätigkeit im Büro des Aachener Architekten Carl Sieben wurde F., Sohn eines Zigarrenfabrikanten, 1909 Assistent von Wilhelm Heinrich —» Kreis an der Kunstgewerbeschule Düsseldorf, an der er bis zu seiner Beruf u n g als Prof. an die Kunstakademie Düsseldorf 1920 lehrte. Seit 1924 leitete er die Bremer Holzkunstwerkstatt Johannes Andresen; 1939-45 war er Direktor der Kunstakademie in Düsseldorf. 1 9 3 8 / 3 9 Gaureferent für Städtebauwesen in Düsseldorf, bearbeitete er etliche Aufträge für hochrangige nationalsozialistische Machthaber. 1940 wurde er mit der Planung der Filmstadt Babelsberg bei Potsdam beauftragt. Nachdem die Aliierten die Rückkehr F.s in die Lehrtätigkeit 1945 ablehnten, zog er sich als Privatarchitekt zurück; 1948 wurde er von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen rehabilitiert. Ausgehend vom Neoklassizismus, schuf er Bauten mit klar gegliederten Fassaden, darunter das zu den ersten Stahlskelettbauten in Deutschland zählende Shell-Haus

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Fahrenkrog in Berlin (1928-31). 1929 gewann F. mit Heinrich de Fries den ersten Preis zur Erweiterung des Reichstags; seit 1937 plante er Bauten f ü r Firmenzentralen ( 1938 August-ThyssenHütte, Duisburg). e n AKL

Fahrenkrog,

Ludwig (Carl Wilhelm), Maler, Zeichner, Schriftsteller, * 2 0 . 1 0 . 1 8 6 7 Rendsburg (Holstein), t 2 7 . 1 0 . 1952 B i b e r a c h / R i ß . Nach der Ausbildung zum Dekorationsmaler war F. in Hamburg als Werkführer tätig und studierte seit 1887 bei Woldemar —>Friedrich, Hugo —>Vogel und Anton von - » W e r n e r an der Kunstakademie Berlin. 1894 unternahm er eine Studienreise nach Italien und erhielt nach seiner Rückkehr einen Auftrag zu Wandmalereien auf Schloß Stretensee bei Anklam. 1898 wurde er Lehrer, 1913 Prof. für figürliches Zeichnen und Malen an der Kunstgewerbeschule B a r m e n . F. bevorzugte religiöse T h e m e n (u.a. Jesus, predigend, 1901). Er widmete sich religionsphilosophischen Fragen und war führendes Mitglied der Nordischen (später Germanischen) Glaubensgemeinschaft. Mit der Schrift Cermanentempel rief er 1907 zu einer eigenen Religionsgemeinschaft auf und war, zusammen mit Ernst Wachler, einer der wichtigsten Schöpfer von Bildwelten des Neuheidentums. In Leipzig gab er in seinem Verlag die Zeitschriften „Der Weihwart" und „Die N o m e n " heraus. 1933 wurde er Mitglied des Führerrates der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Glaubensbewegung; seine Aktivitäten wurden nach der M a c h t ü b e r n a h m e durch die Nationalsozialisten eingeschränkt, dann verboten. F. veröffentlichte 1906 eine Geschichte meines Glaubens; daneben entstanden Lyrik und Dramen. CD A K L

Fahringer,

Josef, österr. Entomologe, * 21. 12.1876 Baden (Niederösterreich), f 1 8 . 1 2 . 1 9 5 0 Wien. F., Sohn eines Steuerbeamten, studierte an der Univ. Wien Naturwissenschaften (Promotion 1904) und unternahm gemeinsam mit seinem Bruder Karl —»F. mehrere Auslandsreisen. Nach d e m Studienabschluß war er Mittelschullehrer in Wien, Brüx und Brünn, seit 1928 Direktor einer Mittelschule in Wien und wurde 1936 als Hofrat pensioniert. F. gilt als der beste Braconiden-Kenner (Brackwespen) seiner Zeit und lieferte mit Opuscula braconologica (4 Tie., 1925-37) ein Standardwerk zu ihrer Bestimmung. Daneben veröffentlichte er Studien zur angewandten Entomologie und zur Systematik anderer parasitischer Hymenopteren. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Eine wissenschaftliche Studienreise nach der europäischen Türkei und nach Kleinasien (1913), Braconidae Kirby (1930) und Beiträge zur Kenntnis der Braconidenfauna Chinas (1938). m

NDB

Fahringer,

Karl, österr. Maler, * 25. 12. 1874 Wiener Neustadt (Niederösterreich), f 4 . 2 . 1 9 5 2 Wien. Der Bruder Josef - > F . s studierte 1892-98 bei Siegmund —»L'Allemand und August - » E i s e n m e n g e r an der Kunstakademie Wien, 1897-1901 an der Kunstakademie München, beschickte 1903-05 als Mitglied des Hagenbundes dessen Ausstellungen und war seit 1907 Mitglied des Künstlerhauses Wien. F. bereiste - zum Teil gemeinsam mit seinem Bruder - den Balkan, Italien, Frankreich, Ägypten und Indonesien, war 1914-18 Kriegsmaler und wurde 1929 Prof. an der Wiener Kunstakademie. 1939 übernahm er die Leitung der Klasse für Tier- und Landschaftsmalerei. Im Zweiten Weltkrieg wurde er als Kriegsmaler in Frankreich und Griechenland eingesetzt, 1945 aus allen Ämtern entlassen. Neben Porträts, Landschafts- und Historiengemälden schuf er vor allem exotische Tierbilder (u. a. Tiger und Schlange, 1908). DO A K L

Fahrländer,

Karl Emanuel, schweizer. Jurist, Politiker, * 2 . 7 . 1 8 0 3 Aarau, f 2 3 . 8 . 1857 Aarau. Der Sohn Sebastian —>F.s studierte in Basel, w o er zeitweilig an der „Basler Zeitung" Andreas —»Heuslers mitar-

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beitete, in Freiburg/Breisgau und Heidelberg, wurde zum Dr. jur. promoviert und eröffnete 1828 eine Anwaltspraxis in Aarau. 1841 wurde er Mitglied des Großen Rats im Kanton Aargau und gehörte 1852-54 d e m Nationalrat an. F. spielte im Kampf um die Klosteraufhebung und den Sonderbund eine gewichtige Rolle. Er war der Vater von Karl Franz Sebastian —» F. CD Biogr Lex Aargau F a h r l ä n d e r , Karl Franz Sebastian, schweizer. Jurist, Politiker, * 2 9 . 2 . 1 8 3 6 Aarau, t 2 3 . 4 . 1 9 0 7 Aarau. Der Sohn Karl Emanuel —>F.s studierte in Zürich, Berlin und Heidelberg (Dr. jur.) und wurde 1860 Advokat in Aarau, 1872 Staatsanwalt. 1873 zog er in den Nationalrat ein, amtierte 1884 als Vizepräsident des Verfassungsrats von Aargau und leitete seit 1885 in der Kantonsregierung die Departements Erziehung, Justiz und Inneres. Der liberale Politiker war einer der Führer der Altkatholiken in der Schweiz. • 3 Biogr Lex Aargau F a h r l ä n d e r , Sebastian, schweizer. Politiker, * 17.1. 1768 E t t e n h e i m / B r e i s g a u t 19.2. 1841 Aarau. Ursprünglich Doktor der Medizin und Stadtphysikus in Waldshut, übernahm F. 1802 in Bern die Verwaltung des Fricktals in der Absicht, daraus einen selbständigen Kanton unter französischem Protektorat zu bilden. Er löste die österr. Behörden auf und ließ durch einen Landtag eine Kantonsverfassung proklamieren. Nach d e m Sturz als Regierungsstatthalter und Präsident der Verwaltungskammer wurde F. inhaftiert; eine neuerliche M a c h t ü b e r n a h m e mit Hilfe der Franzosen war von kurzer Dauer. F. wurde ausgewiesen und spielte noch einmal im Großen Rat eine Rolle. Er war der Vater von Karl Emanuel —> F. Cd Biogr Lex Aargau

Fahrmann,

Andreas Joseph, kath. Theologe, Weihbischof von Würzburg, * 8 . 1 1 . 1742 Zell bei Würzburg, t 6 . 2 . 1802 Würzburg. F., Sohn eines Winzers, studierte 1759-65 an der Univ. und am Klerikerseminar Würzburg und empfing 1765 die Priesterweihe. Seit 1767 Lizenziat, wurde er 1773 zum Dr. theol. promoviert. 1766-70 war er Hofmeister bei einem Geheimrat, seit 1771 „Oeconomus und Hofmeister der adeligen Jug e n d " am fürstbischöflichen Seminar und 1773-79 Prof. für Moraltheologie in Würzburg. 1779 wurde er Prediger und Chorherr, 1786 Kustos am Stift Haug, 1780 Geheimer Rat und 1786 Regens des Klerikalseminars. Gegen die Thesen von Carl Friedrich - > B a h r d t bezog F. 1788 in einem Gutachten Stellung (Theologisches Gutachten Uber die Bahrdtsche Übersetzung des Neuen Testaments). 1789 wurde er zum Weihbischof der Diözese WUrzburg, 1790 zum Titularbischof von Almira ernannt und war Direktor der geistlichen Regierung. DP Gatz 3

Fahrner,

Ignaz, kath. Theologe, * 2 7 . 8 . 1865 Richtolsheim (Elsaß), t 5 . 1 0 . 1 9 4 1 Rappoltsweiler. F. studierte 1887-92 am Straßburger Priesterseminar Philosophie und Theologie, wurde Kaplan im oberelsässischen Markirch und kam 1897 als Vikar an das Straßburger Münster. 1900-02 studierte er Theologie und kanonisches Recht an der Univ. München, lehrte nach der Promotion Moraltheologie am Priesterseminar in Straßburg und wurde 1903 a. o . P r o f . des kanonischen Rechts an der dort neuerrichteten Katholisch-theologischen Fakultät. Seit 1905 Ordinarius der Moraltheologie, wurde er 1911 Generalvikar des Bistums Straßburg. F. war Herausgeber des „Straßburger Diözesanblatts"; er schrieb u . a . Eigentumsund Nutznießerrecht am Münster zu Straßburg unter besonderer Berücksichtigung der astronomischen Uhr (1911). • D Gatz 4

Faistenberger Fahrner,

Rudolf, Germanist, * 30. 12.1903 Arnau (Böhmen), f 2 9 . 2 . 1 9 8 8 Landeck (Tirol). F., dessen Vater Ingenieur und Gutsbesitzer war, studierte seit 1921 Deutsche Philologie, Philosophie und Archäologie in Heidelberg (u. a. bei Friedrich —» Gundolf) und Marburg, wurde 1925 in Marburg promoviert (Hölderlins Begegnung mit Goethe und Schiller, Nachdr. 1968), habilitierte sich 1928 mit Wortsinn und Wortschöpfung bei Meister Eckhart (1929, Nachdr. 1968) für Deutsche Philologie und war dann als Privatdozent in Marburg tätig. 1934 wurde er als Nachfolger von Richard —» Alewyn planmäßiger a. o. Prof. an der Univ. Heidelberg. Seit 1933 Mitglied der SA, wurde F., der u . a . mit Alexander, Berthold und Claus —»Schenk von Stauffenberg befreundet war, im Jahr seines Austritts aus der S A 1935 beurlaubt und 1936 auf eigenen Wunsch aus d e m Staatsdienst entlassen. 1939-44 war er o. Prof. für Deutsche Sprache und Literatur an der Univ. Athen. Seit 1945 lebte F. als Privatgelehrter in Überlingen, wurde 1950 als Ordinarius für Deutsche Sprache und Literatur an die Univ. nach Ankara berufen und war 1958-70 o . P r o f . für Literaturwissenschaft an der T H Karlsruhe. F. beschäftigte sich vor allem mit - » Goethe und der Deutschen Klassik, romantischer Literatur und Hugo von —» Hofmannsthal. Zu seinen Veröffentlichungen gehören neben Gedichten und Übersetzungen aus dem Alt- und Neugriechischen u. a. Die religiöse Bewegung in der deutschen Romantik (1934), Gneisenau (1942, 2 1942) und West- Östliches Rittertum. Das ritterliche Menschenbild in der Dichtung des europäischen Mittelalters und der islamischen Welt (1994 hrsg. von Stefano Bianca). 1985 erschien das autobiographische Buch Mein Leben mit Offa', F.s Erinnerungen 1903-1945 wurden 1998 von Stefano Bianca aus dem Nachlaß herausgegeben. CD I G L

Fahrngruber,

Johannes, österr. kath. Theologe, Historiker, * 2 7 . 1 1 . 1 8 4 5 Weißenbach (Niederösterreich), t 1 3 . 8 . 1 9 0 1 Südtirol. F. trat 1867 in das Alumnat in St. Pölten ein und wurde 1871 zum Priester geweiht. Seit 1875 Rektor am Pilgerhaus in Jerusalem, kehrte er 1880 nach Osterreich zurück und wurde 1883 als bischöflicher Sekretär und Zeremoniär nach St. Pölten berufen. 1885 erhielt er die Professur für neutestamentliche Exegese an der bischöflichen Diözesanlehranstalt, las seit 1887 auch über sakrale Kunst und wurde 1889 zum bischöflichen Konsistorialrat, 1900 zum päpstlichen Geheimkämmerer ernannt. Er befaßte sich mit der Geschichte St. Pöltens, gab u. a. 1885 die erste Geschichte der Stadt (Aus St. Pölten) heraus und regte die Gründung des 1888 eröffneten Diözesanmuseums an. CD O B L

wie des Vereins für klassische Kirchenmusik (bis 1891) und dirigierte seit 1848 den Stuttgarter Liederkranz. F. wurde 1849 an der Univ. Tübingen mit der Arbeit Beiträge zur Geschichte der Klaviersonate promoviert und 1856 zum Prof. ernannt. In den folgenden Jahren leitete er die meisten württembergischen Sängerfeste, 1865 das erste Sängerfest des 1862 gegründeten Deutschen Sängerbundes. Auf seine Anregung hin erfolgte 1857 die Gründung des Stuttgarter Konservatoriums, dessen Direktor er 1859 wurde. Er unternahm bis 1870 zahlreiche Konzertreisen als Organist, komponierte überwiegend Chorwerke und schrieb musikhistorische und -pädagogische Werke, darunter Elementar- und Chorgesangschule für höhere Lehranstalten (2 Bde., 1880-82). m

MGG

Faist,

Anton, österr. Komponist, Lehrer, * 2 6 . 1 . 1 8 6 4 Riegersburg (Steiermark), t 12.8. 1933 Hall (Tirol). Der Sohn einer Bauernfamilie studierte an der Univ. Graz Philosophie und Theologie, später Musik. 1889 wurde er Chorregent und Gesangslehrer am Grazer Fürstbischöflichen G y m n a s i u m , an dem er seit 1898 Gymnasialprofessor für Mathematik und Gesang war. 1901 wurde er zum Dr. phil. promoviert. Seit 1905 war er Diözesanvorsitzender, seit 1926 Vizepräsident des Allgemeinen Deutschen Cäcilien-Vereins. F. komponierte Messen, Marienlieder, Motetten und schrieb u. a. Versuche über Tonverschmelzung. CO O M L

Faistauer,

Anton, österr. Maler, * 14.2. 1887 St. Martin bei Lofer (Salzburg), t 13.2. 1930 Wien. F., Sohn eines Gastwirts und Bauern, war 1906-09 Schüler Christian - » Griepenkerls an der Wiener Akademie der Künste und gehörte 1909 gemeinsam mit Egon —»Schiele, Franz —»Wiegele und Albert Paris von —»Gütersloh der „Neukunstgruppe" an. 1917 gestaltete er in Stockholm eine Kunstausstellung und war 1 9 1 7 / 1 8 im Kriegspressequartier tätig. F. kehrte 1920 nach Salzburg zurück, gründete gemeinsam mit Felix Albrecht —» Harta und Vonwiller die Künstlergruppe „Der Wassermann" und malte 1921-32 u . a . die Fresken der Pfarrkirche Morzg bei Salzburg sowie Wandbilder in St. Peter (1926) und im Foyer des Festspielhauses (1939-56 abgenommen) in Salzburg. Nach der Auflösung der Gruppe „Wassermann" siedelte er nach Wien über und wurde 1926 zum Prof. ernannt. Sein Werk umfaßt Stilleben, Blumenstücke, Figürliches, Porträts (u.a. das H u g o von —»Hofmannsthals, 1928) und Landschaften. 1923 erschien seine Schrift Neue Malerei in Osterreich. Betrachtungen eines Malers. CD A K L

Faistenberger, Faißt,

Clara Mathilde, Komponistin, Schriftstellerin, * 2 2 . 6 . 1872 Karlsruhe, t 2 2 . 1 1 . 1948 Karlsruhe. F. besuchte das Karlsruher Konservatorium und studierte seit 1894 an der Musikhochschule Berlin u. a. bei Max - » B r u c h und Robert —» Kahn. Anschließend unternahm sie als Pianistin eine Konzertreise mit eigenen und fremden Kompositionen durch Deutschland und die Schweiz. F. komponierte über 100 Lieder, Chorlieder, Balladen und Motetten sowie Sonaten für Geige und Klavier. Sie schrieb Essays und Studien über Literatur und Kunst ( u . a . Hörst du den Ton?, 1924). tap Reichshandbuch

Faißt,

Immanuel (Gottlob Friedrich), Musiker, Dirigent, Komponist, * 13. 10.1823 Eßlingen, t 5 . 6 . 1 8 9 4 Stuttgart. F. wurde zunächst, d e m Wunsch des Vaters folgend, Theologe und studierte seit 1844 in Berlin Musik. Er war Schüler von Felix —> Mendelssohn Bartholdy, Karl August —» Haupt und Siegfried —»Dehn, ließ sich 1846 als Klavierlehrer in Stuttgart nieder, übernahm die Leitung einer Orgelschule so-

Andreas, Bildhauer, getauft 2 9 . 1 1 . 1 6 4 6 Kitzbühel, begraben 9. 12.1735 M ü n c h e n . F. wurde von seinem Vater Benedikt —» F. in Kitzbühel ausgebildet und ging 1665 auf die Wanderschaft nach Deutschland und vermutlich auch Italien. 1668 ist er als Mitarbeiter Balthasar - » A b l e i t n e r s in München nachweisbar. 1679 heiratete er Maria Elisabeth, die Tochter des Bildhauers Matthias Schütz, und übernahm dessen Werkstatt in München; er wurde dort Meister und Bürger. F. kam als hofbefreiter Bildhauer bald zu Ansehen und Wohlstand, war seit 1688 kurkölnischer Bildhauer und bis 1686 und seit 1714 Führer der M ü n c h n e r Bildhauer. Als Vertreter einer eher klassizistischen Strömung des Barock schuf er bis 1703 Holzschnitzereien für die Theatinerkirche (u. a. sämtliche Arbeiten der Kanzel, 1685-88) und das Kloster der Theatiner. 1709 / 1 0 entstanden die Statuen und das Verkündigungsrelief der Münchner Bürgersaalkirche sowie die Alabasterfigur einer Immaculata in der Pfarrkirche Roding (1709). Zu seinen Schülern und Gesellen zählte u. a. Egid Quirin —> Asam. CD A K L

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Faistenberger Faistenberger,

Anton (Wilhelm), österr. Maler, getauft 8. 11.1663 Salzburg, ΐ 2 0 . 9 . 1 7 0 8 Wien. F., Sohn des Malers Wilhelm F. und N e f f e Benedikt - > F . s , erhielt seine erste Ausbildung vermutlich in Salzburg und Passau, scheint Johann Gottlieb Glaubers Schüler gewesen zu sein und unternahm eventuell eine Studienreise nach R o m ; eine Bekanntschaft mit Salvatore Rosa ist widerlegt. Seit 1706 in Prag, schuf er fünf Sopraporten für Schloß Kolodej und reiste im selben Jahr nach Dresden und Leipzig. Nach seiner Rückkehr nach Österreich ließ er sich in Wien nieder und war f ü r den dortigen Adel und den österreichischen Kaiserhof tätig (Landschaftsbilder im Sterbezimmer Kaiser —» Joseph I. in der Hofburg). Seine Landschaftsgemälde ließ er von anderen Künstlern mit Staffage ausstatten. F. war der Lehrer seines Bruders Joseph —» F. • D A KL

Faistenberger,

Benedikt, österr. Bildhauer, * um 1621 Kitzbühel (Tirol), t 5 . 9 . 1693 Kitzbühel. Nach einer Lehre in Rosenheim war F., Sohn des Malers Andreas F. d . Ä . , vermutlich zeitlebens in und um Kitzbühel tätig, führte Aufträge zum Teil mit seinem jüngeren Bruder Wilhelm, d e m Vater Anton und Joseph F.s, aus und unterrichtete selbst seinen Sohn Andreas —>F„ in dessen Arbeiten der Einfluß des Vaters zu erkennen ist. 1671-89 gehörte er d e m Äußeren Rat in Kitzbühel an. In Tirol schuf er u. a. den Hochaltar der Pfarrkirche Kitzbühel (1661-63), im Bundesland Salzburg befinden sich Werke aus seiner Hand u . a . in der Pfarrkirche in Dienten am Hochkönig und in St. Georgen im Pinzgau. CD A K L

Faistenberger,

(Franz) Joseph, österr. Maler, * 6 . 4 . 1 6 7 5 Salzburg, t 3 0 . 8 . 1724 Salzburg. Bei seinem Bruder Anton - > F . erlernte F. die Malerei. Seine Landschaften in der Art des Salvatore Rosa ließ er staffieren. 1712-14 entstanden zahlreiche Bilder für das Stift St. Florian (Oberösterreich), später schuf er Auftragsarbeiten für die kaiserliche Familie, die Fürsten von Liechtenstein und das Stift Melk. CD A K L

Faistenberger,

Simon Benedikt, österr. Maler, getauft 2 7 . 1 0 . 1 6 9 5 Kitzbühel (Tirol), t 2 2 . 4 . 1759 Kitzbühel. F. lernte vermutlich zunächst bei seinem Vater Ignaz, dem Sohn Benedikt - ^ F . s , die Malerei und mußte sich seit seinem 14. Lebensjahr seinen Lebensunterhalt selbst verdienen. Später war er Schüler Johann Anton —>Gumpps in München und stand unter d e m künstlerischen Einfluß Cosmas Damian —>Asams. 1712 erwähnt ihn das Rechnungsbuch der Kitzbühler Kirche erstmals als Maler. Unterbrochen durch verschiedene Reisen, lebte F. seit 1727 in seiner Geburtsstadt, wurde 1733 Bürger, später Mitglied des Äußeren und Inneren Rats und Kirchenpropst der Katharinenkirche. 1752-57 war er Bürgeramtsverwalter. Er malte Porträts (u.a. Selbstbildnis, 1730), Altar- und Heiligenbilder sowie Decken- und Wandmalereien. F.s spätere Werke zeigen Einflüsse Johann Michael —»Rottmayrs und R u b e n s ' ; insgesamt blieb er dem Hochbarock verhaftet, dessen Abschluß er in der Malerei Tirols markiert. CD A K L F a j a n s , Kasimir, Physiker, Chemiker, * 2 7 . 5 . 1887 Warschau, t 19.5. 1975 Ann Arbor (Michigan, USA). F. studierte 1904-09 an den Universitäten Leipzig und Heidelberg (Promotion 1910, Über die stereochemische Spezifität der Katalysatoren), 1910 bei Richard —> Willstätter an der Ε Τ Η Zürich und 1911 an der Univ. Manchester. 1911 wurde er Assistent, 1913 Privatdozent an der T H Karlsruhe, folgte 1917 einem Ruf als a. o . P r o f . an die Univ. München und wurde dort 1925 o.Prof., 1930 Direktor des Instituts für Physikalische Chemie. F. war 1924-39 Mitherausgeber der „Zeitschrift f ü r Kristallographie" und 1 9 3 2 / 3 3

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der „Zeitschrift für Elektrochemie". 1935 wegen seines jüdischen Bekenntnisses aller Positionen enthoben, emigrierte er im folgenden Jahr über Großbritannien in die U S A und war dort 1936-57 Prof. am Institut f ü r Physikalische Chemie der University of Michigan in A n n Arbor. F. gehört zu den Entdeckern des Elements 91 (Brevium) und errechnete u. a. die radioaktiven Verschiebungsgesetze. Er verfaßte u. a. Über die Endprodukte radioaktiver Zerfallsreihen (1914), Radioaktivität und die neueste Entwicklung der Lehre von den chemischen Elementen (1921), Physikalisch-chemisches Praktikum (1935) und Quanticule theory of chemical binding ( I 9 6 0 ) . F. war Mitherausgeber des Handbuchs der Experimentalphysik (1932). CD B H d E , Bd 2

Fajkmajer,

Karl, österr. Historiker, * 1 2 . 8 . 1 8 8 4 Wien, t 1 6 . 5 . 1 9 1 6 Monfalcone. Bereits während des Studiums an der Univ. Wien (Promotion 1907) war F. Mitglied des Instituts f ü r Österr. Geschichtsforschung, trat 1907 in den Dienst des Archivs der Stadt Wien. Er war Gründer und Präsident der Christlich-deutschen Jungmannschaft in Wien und Niederösterreich und gehörte zu den Organisatoren der österr. Christlichsozialen Partei. Neben historischen Einzelstudien schrieb er für die Geschichte der Stadt Wien u . a . den Beitrag über Handel, Verkehr und Münzwesen (Bd. 4, 1911). F. fiel im Ersten Weltkrieg. DP Ö B L F a k t o r , Emil, Pseud. Jussuff, -or, Α. Κ., -r., E. F., Schriftsteller, Journalist, Theaterkritiker, * 3 1 . 8 . 1 8 7 6 Prag, t vermutlich 10.4. 1942 Ghetto Lodz. F., Sohn eines Milchhändlers, studierte seit 1896 an der Univ. Prag (Dr. jur. 1904) und betätigte sich daneben schriftstellerisch. Seit 1898 Redakteur und Kulturkritiker beim „Montagsblatt aus B ö h m e n " , seit 1899 bei der Zeitschrift „Bohemia", ließ er sich nach d e m Studienabschluß in Berlin nieder und arbeitete seit 1908 für die Berliner Zeitung „Der Tag". 1912 wurde er Feuilletonchef und Theaterkritiker, 1917 Chefredakteur des „Berliner Börsen-Couriers". Neben seinen journalistischen Beiträgen veröffentlichte er Gedichte und Bühnenstücke (u. a. Jahresringe. Neue Verse, 1908; Die Temperierten, 1 9 1 4 ) . F . f l o h 1933 mit seiner Familie in die Tschechoslowakei, wo er als Journalist und Kritiker u. a. für das „Prager Tagblatt" und den „Prager Mittag" tätig war. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen verweigerten ihm die U S A trotz eines Affidavits die Einreise; er wurde 1941 in das jüdische Ghetto in Lodz deportiert. • P Lex dt-jüd Autoren F a k t o r , Franz Josef, Chemiker, * 2 7 . 3 . 1 8 6 1 Rfcany (Böhmen), t 23. 10. 1911 Budweis. F. studierte 1879-82 und 1 8 8 8 / 8 9 am Technikum und an der Univ. Prag (Dr. techn. 1902). 1885 ging er als Chemiker ins westfälische Schalke, wurde 1887 Assistent am Prager Technikum und war seit 1890 daneben an der StaatsOberrealschule in Prag-Karolinental tätig. Von 1891 an Prof. an der Oberrealschule in Prossnitz (Mähren), kehrte er 1899 als Prof. an der Oberrealschule in der Altstadt nach Prag zurück. Er schrieb chemische und historische Abhandlungen, darunter eine Geschichte der Chemie und der chemischen Industrie in Mähren ( 1896). CD Poggendorff 4

Falb,

Rudolf, österr. Astronom, Meteorologe, * 1 3 . 4 . 1 8 3 8 Obdach (Steiermark), t 2 9 . 9 . 1 9 0 3 Schöneberg (heute zu Berlin). Nach Abschluß des Theologiestudiums in Graz als Priester und Lehrer ( u . a . Peter - > R o s e g g e r s ) an der Grazer Handelsschule tätig, war F. 1866-69 Hauslehrer. Anschließend studierte er Mathematik und Astronomie an der Univ. Prag, seit 1872 Geologie am Wiener Polytechnikum; im selben Jahr trat er aus der kath. Kirche aus. 1877-80 stellte er in

Falck Südamerika (vor allem Chile und Peru) Studien zum Vulkanismus an und ließ sich nach seiner Rückkehr in Wien nieder. Er war bis 1876 Herausgeber, 1877-82 Mitherausgeber der 1868 von ihm begründeten Zeitschrift „Sirius" und gab 1894 eine Zeitschrift der Geheimwissenschaft und der Deutkunst, „Teut", heraus. Die seinerzeit vielbeachteten Theorien über die Entstehung der Erdbeben und den Einfluß des Mondes auf die Witterung (u.a. Theorie der Erdbeben, 1870) blieben ebenso wie seine Sprachforschungen (u.a. Die Andessprachen [...], 1888) für die Wissenschaft bedeutungslos. F.s Verdienst liegt in einer Popularisierung von Astronomie und Meteorologie. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Gedanken und Studien über den Vulcanismus (1875), Von den Umwälzungen im Weltall (1881), Das Wetter und der Mond (1887) und Kritische Tage, Sintfluth und Eiszeit (1895). m ÖBL

Falck, Georg, Komponist, Musiktheoretiker, Kantor, Musiker, * um 1630 Rothenburg/Tauber (?), t 11.4.1698 Rothenburg/Tauber. F. wurde an der Lateinschule in Rothenburg und bei Georg Friedrich Widmann (Orgel) musikalisch ausgebildet. 1652 wurde er Stellvertreter seines Lehrers als Organist an der Jakobuskirche, 1655 - nachdem die Stelle vorübergehend durch Christoph Faber besetzt war - dessen Nachfolger. Zudem war er als Kantor an der Kirche und der Lateinschule verantwortlich für die Schul- und Kirchenmusik der Stadt. F. veröffentlichte Unterricht für die in der Singekunst anfahenden Schüler (1658), Fugae musicales (1671) und Idea boni cantoris (1688). 1672 schrieb er den vierstimmigen Kantional Seelen-Cymbeln, von der sein Sohn Johann Bernhard F. 1701 eine erweiterte Neuauflage veröffentlichte.

Falbe, Gotthilf Samuel, Lehrer, * 11.4. 1768 Woldenberg (Neumark), t 23.6.1849 Stargard. F. studierte seit 1790 Theologie und Philologie an der Univ. Halle, wurde 1793 Prof., 1798 Rektor am Collegium Groeningianum und war seit 1809 Regierungsschulrat in Stargard. Daneben seit 1793 Subrektor, seit 1806 Rektor der Ratsschule in Stargard, vereinigte er beide Schulen 1812 und blieb bis 1843 Leiter des neuen Gymnasiums. F. übersetzte griechische und lateinische Dichter (u. a. Homer und Horaz) und veröffentlichte zahlreiche Schulprogramme, CD ADB

Falck, Jeremias, auch Falckius, Falk, Pseud. Polonus, Gedanensis, Sueviae Calligraphus, Kupferstecher, * um 1610 Danzig (?), t 1664 (?) Hamburg oder 1677 (?) Danzig. Für F.s vermutete Lehrzeit bei dem Holländer Willem Hondius in Danzig gibt es keinen Nachweis. 1639 kam F. nach Paris und war dort bei Cornells Blomaert und Abraham Bosse tätig. Er schuf Porträts der französischen Königsfamilie. Seit 1646 lebte er wieder in Danzig, wo er zahlreiche Stiche als Buchillustrationen herstellte. Von 1649 an Hofkupferstecher der Königin Christine in Stockholm, schuf er überwiegend Porträts des schwedischen Hofadels sowie polnischer Adliger. 1656 kam er über Kopenhagen nach Amsterdam, wo eine Anzahl von Kupferstichen nach Gemälden der Sammlung de Rheynst entstanden. Seit 1658 in Hamburg ansässig, arbeitete er vor allem an kunsthandwerklichen Stichen sowie an Illustrationen (u. a. elf Blätter zu Übungen christlicher Tugenden [...] des P. Alphonsi Roderici, 1666).

Falck, (Ferdinand) August, Mediziner, Pharmakologe, * 28.5.1848 Marburg, t 31.7.1926 Kiel. Der Sohn Carl Philipp —> F.s studierte an den Universitäten Marburg und Berlin, wurde nach der Promotion 1872 (Toxikologische Studien über Hydrocotarnin) Assistent am Pharmakologischen Institut in Marburg und habilitierte sich dort 1874 für Physiologie und Pharmakologie. Anschließend an den Physiologischen Instituten in Leipzig und Kiel tätig, wurde er 1878 a. o. Prof. der Pharmakologie und Direktor des Pharmakologischen Instituts an der Univ. Kiel. F. befaßte sich überwiegend mit toxikologischen Studien und mit Drogenkunde. Er veröffentlichte u.a. eine Übersicht der speziellen Drogenkunde (1877, 2 1883), ein Lehrbuch der praktischen Toxikologie (1880) und Die Arzneibücher (1920). Postum erschien Die offizineilen Drogen und ihre Ersatzstoffe (fertiggestellt und hrsg. von Max Baur, 1928). CD Reber Falck, Carl Philipp, Mediziner, Pharmakologe, * 1.3. 1816 Marburg/Lahn, t 30.6. 1880 Marburg/Lahn. F., Sohn eines Gürtlermeisters und Ratsdieners, wurde nach dem Studium der Medizin 1843 an der Univ. Marburg promoviert (De thyreophymate endemico per Nassoviam atque Hassiam electoralem), habilitierte sich dort 1845 für Arzneimittellehre und wurde 1856 a. o., 1863 o.Professor. Daneben praktizierte er als Arzt und befaßte sich in umfangreichen Studienreihen mit der geographischen Pathologie, zunächst mit regionalen Kropferscheinungen, später mit vergleichend-anatomischen Untersuchungen an Tieren und Menschen. F. setzte 1867 die Gründung eines nach dem Vorbild Rudolf —> Buchheims in Dorpat gestalteten Pharmakologischen Instituts an der Univ. Marburg durch und gründete 1875 gemeinsam mit seinem Sohn August - » F . die Zeitschrift „Beiträge zur Physiologie, Hygiene, Pharmakologie und Toxikologie". Er veröffentlichte u. a. Handbuch der gesammten Arzneimittellehre mit Einschluss der Toxikologie (4 Hefte, 1848-50), Handbuch der diätetischen Heilmittellehre (1. Teil, 1850), Compendiöses Wörterbuch der speciellen Arznei-Verordnungslehre (1864), Uebersicht der Normalgaben der Arzneimittel (1875) und Das Fleisch. Gemeinverständliches Handbuch der wissenschaftlichen und practischen Fleischkunde (1880). CD Leb Kurhessen, Bd 3

DP MGG

CD AKL

Falck, Niels Nikolaus, Jurist, Staatsmann, * 25.11. 1784 Emmerlev bei Tondern (Schleswig), t 11.5.1850 Kiel. F. studierte an der Univ. Kiel Philosophie, später Rechtswissenschaft und wurde 1809 Beamter der SchleswigHolsteinischen Kanzlei in Kopenhagen, 1814 Prof. der Rechte an der Univ. Kiel; 1821-34 war er Herausgeber des „Staatsbürgerlichen Magazins" (das bis 1845 als „Archiv" fortgesetzt wurde). F. wurde 1835 Mitglied der SchleswigHolsteinischen Ständeversammlung, 1838 deren Präsident und war 1848 Mitglied der Konstituierenden Versammlung. Gemeinsam mit Friedrich -^Dahlmann und anderen gründete er die „Kieler Blätter", in denen er als konservativer, später entschieden antidemokratischer Politiker für die Rechte der deutschen Herzogtümer gegenüber der dänischen Regierung eintrat. F. veröffentlichte u. a. ein Handbuch des Schleswig-Holsteinischen Rechts (5 Bde., 1825-48). CD ADB

Falck, Peter, schweizer. Diplomat, Militär, * um 1468, t 6.10.1519 auf Rhodos. Der Sohn eines Kaufmanns aus Freiburg im Üechtland studierte Rechtswissenschaft in Colmar und wurde 1492 Notar, 1494 Mitglied des Rats der Sechzig. 1499 beteiligte er sich als Fähnrich am Schwabenkrieg und erstürmte im Italienkrieg als Hauptmann der Freiburger Truppen 1512 Pavia. F. war Freiburger Gesandter in Mailand, Venedig, Rom sowie beim französischen König und war als Freund Kardinal Schiners auch bei eidgenössischen Angelegenheiten tätig. 1512 erwirkte er vom Papst die Erlaubnis zur Errichtung des Kollegiatstifts St. Nikolaus in Freiburg, unternahm 1515/16 eine erste Pilgerreise nach Palästina und starb auf der Rückreise von seiner zweiten Reise an der Pest. Seine im 20. Jh. aufgefundene Privatbibliothek belegt F.s humanistische Bildung und seine Aufgeschlossenheit gegenüber der italienischen Renaissance. CD HLS

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Falck F a l c k , Richard, Mykologe, * 7 . 5 . 1873 Landeck (Westpreußen), t 1. 1.1955 Atlanta (Georgia, USA). Der Sohn eines Färbereibesitzers durchlief eine Apothekerlehre, studierte an den Universitäten Marburg, Berlin und Königsberg und wurde 1902 in Breslau mit der Arbeit Die Ciiltur der Oidien und ihre Rückführung in die höhere Fruchtform bei den Basidiomyceten promoviert. 1901-06 war er Assistent am Pflanzenphysiologischen Institut der Univ. Göttingen, 1905-10 Direktor des Mykologischen Labors an der Univ. Breslau. Seit 1911 Prof. der technischen Mykologie an der Forstakademie in Hannoversch Münden, wurde er 1933 wegen seines jüdischen Glaubens entlassen und emigrierte nach Palästina. 1936 kam er als Berater am Institut der Polnischen Forstverwaltung nach Warschau, floh vor d e m deutschen Einmarsch in die Sowjetunion und richtete dort 1940-45 am neuen Botanischen Garten der Akademie der Wissenschaften in Moskau eine Abteilung für mykologisch-technische Forschung ein. F. wandte sich nach Kriegsende zunächst nach Palästina und war 1946-50 am Technikon in Haifa tätig, emigrierte jedoch 1950 in die U S A und ließ sich in Atlanta nieder. Gemeinsam mit seiner 1944 verstorbenen Frau Olga war er Spezialist für Physiologie und Ökologie der Pilze und befaßte sich mit Holzschutz (u.a. Hausschwammforschungen, Heft 1-12, 1907-37). Mit seiner Entdeckung der h e m m e n d e n Wirkung eines Pilzes auf einen anderen gilt er als Pionier der Antibiotika-Forschung. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Mykologische Untersuchungen und Berichte (1913), Grundlinien eines orbisvitalen Systems der Fadenpilze (1948) und Die Bedeutung der Fadenpilze als Symbionten der Pflanzen für die Waldkultur (1954). m Altpreuß Biogr, Bd 4 F a l c k e , Ernst Friedrich Hector, Beamter, * 1751 D a r m stadt, t 2 7 . 2 . 1 8 0 9 Hannover. Der Sohn Johann Philipp Konrad —>F.s wurde 1773 Auditor bei der Justizkanzlei in Hannover und wurde 1776 Rat im Landeskonsistorium sowie 1784 Bürgermeister der Altstadt Hannover. Er gehörte j e n e m Kreis in Wetzlar an, den —> Goethe in Dichtung und Wahrheit beschreibt. F. veröffentlichte außer amtlichen Schriften das Trauerspiel Braitwell (1769). 1787 wurde er zum Dr. jur. promoviert, 1806 z u m Geheimen Justizrat ernannt. F. war der Vater von Georg Friedrich von —> F. CD D L L F a l c k e , Georg Friedrich Frh. von, Staatsmann, * 7 . 8 . 1783 Hannover, f 2 0 . 9 . 1 8 5 0 Hannover. Der Sohn Ernst Friedrich Hector —>F.s trat nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Göttingen in den hannoverschen Justizdienst ein; als Hof- und Kanzleirat wurde er wiederholt zu diplomatischen Missionen verwendet. 1821 Oberappellationsrat in Celle, 1825 Kanzleidirektor in Stade, wurde er 1828 Geheimer Kabinettsrat und Vortragender Rat im Ministerium des Äußeren in Hannover. 1830-33 war er entscheidend an der Ausarbeitung der neuen Verfassung beteiligt; für seine Verdienste um das Zustandekommen der Reformgesetze wurde er 1832 in den Freiherrenstand erhoben. F. verteidigte nach d e m Verfassungsbruch von 1837 zunächst die Rechlsgültigkeit der Verfassung, war später jedoch der wirksamste Verfechter der M a ß n a h m e n König —» Ernst Augusts sowie einflußreicher Mitarbeiter des Kabinettsministers Georg von —»Scheie zu Schelenburg und nach dessen Tod neben d e m König die f ü h r e n d e politische Kraft im Land; die Märzrevolution von 1848 setzte seinem Wirken ein Ende. m

NDB

F a l c k e , Johann Friedrich, Historiker, * 2 8 . 1 . 1699 Höxter, t 6 . 4 . 1756 Evesen bei Hildesheim. F. wurde nach d e m Theologiestudium an der Univ. Jena Hauslehrer, später Pfarrer in Evesen bei Hildesheim. Bekannt wurde er mit seinen historischen Arbeiten zur Geschichte der Reichsabtei Corvey, vor allem mit einer

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kommentierten Ausgabe des Codex Traditionum (1752), anläßlich dessen Edition er ein Chronicon Corbejense veröffentlichte, das im 19. Jh. als Fälschung erkannt wurde. DP A D B F a l c k e , Johann Philipp Konrad, Jurist, * 1724 Elze, f 2 6 . 5 . 1 8 0 5 Hannover. F. war seit seiner Jugend in Wetzlar mit Johann Stephan —> Pütter befreundet. Nach einigen Jahren im hessendarmstädtischen Justizdienst wurde er 1753 Hof- und Justizrat in Celle, 1763 in Hannover und war als Rechtskonsulent der Landesregierung mit Prozessen über Gerechtsame des Fürsten befaßt. F. vertrat 1767-76 Hannover bei der Kammergerichtsvisitation in Wetzlar und lebte seit 1787 als Justizkanzleidirektor wieder in Hannover. Der Vater Ernst Friedrich Hector —»F.s veröffentlichte zu Fragen des Reichsprozesses und der Reichsverfassung. a a ADB F a l c k e n b e r g , (Otto Richard) Hans, Mathematiker, * 3 1 . 8 . 1885 Jena, t 2 . 2 . 1946 Gießen. Der Sohn des Philosophen Richard —>F. studierte seit 1903 an den Universitäten Erlangen, München und Greifswald und wurde 1911 mit der Dissertation Verzweigungen von Lösungen nichtlinearer Differentialgleichungen promoviert. 1914 habilitierte er sich mit der Arbeit Zur Theorie der Kreisbogenpolygone an der T H Braunschweig, 1918 an der Univ. Königsberg. 1922 folgte er der Berufung zum a. o. Prof. der Mathematik an die Univ. Gießen, an der er 1931 Ordinarius wurde und bis an sein Lebensende lehrte. F. veröffentlichte u . a . Elementare Reihenlehre (1926), Aufgabensammlung zur Reihenlehre (1931) und Komplexe Reihen (1931). m Poggendorff 5-7a F a l c k e n b e r g , Otto (Carl Hermann), Regisseur, * 5. 10. 1873 Koblenz, t 25. 12. 1947 Starnberg. F. sollte die väterliche Hofmusikalienhandlung übernehmen, entschloß sich aber für den Schriftstellerberuf und ging 1896 nach München, wo er als Dichter, Regisseur und Darsteller beim „AkademischDramatischen Verein" mitwirkte. Bis 1903 beteiligte er sich auch an Münchens erstem Kabarett, den „Elf Scharfrichtern", die er 1901 mitbegründete. Als Schriftsteller hatte er mit d e m Deutschen Weihnachtsspiel (Uraufführung 1906, im Rathaus zu München) und seiner Komödie über den Wunderheiler und Scharlatan Doktor Eisenbart (Uraufführung 1908, Hof- und Nationaltheater M a n n h e i m ) zwei große Erfolge. F.s eigene Inszenierung des Deutschen Weihnachtsspiels im Dezember 1914 markierte den Beginn seiner Karriere als Regisseur der M ü n c h n e r Kammerspiele, deren künstlerische Leitung er von 1917 bis 1944 innehatte. Mit der deutschen Erstaufführung von Strindbergs Gespenstersonate (1915) gelang F. der überregionale Durchbruch. Seine D o m ä n e ist bis in die späten zwanziger Jahre hinein m o d e r n e und unbekannte Dramatik, neben Strindbergs Werken etwa die Uraufführungen von Georg —> Kaisers Von morgens bis mitternachts (1917) und —> Brechts Trommeln in der Nacht (1922). Dabei widmete er sich auch ausländischen Autoren, darunter Hamsun, Claudel und Rolland. Bereits sein zweiter großer Regieerfolg mit Shakespeares K o m ö d i e Wie es euch gefällt (1917) zeigte F.s Interesse auch an klassischen Werken. Zu seinen großen Erfolgen zählten u. a. —> Schillers Verschwörung des Fiesco zu Genua (1921), Shakespeares Troilus und Cressida (1925) und —» Büchners Dantons 7orf (1928), denen er später

Falk Z w e i t i n s z e n i e r u n g e n f o l g e n ließ. A l s R e g i s s e u r n a n n t e m a n ihn d e n „ M a g i e r " , der in seinen I n s z e n i e r u n g e n d e n Einbruch des Surrealen in die Welt des R e a l e n zu zeigen w u ß t e . D i e B i l d e n d e K u n s t w a r i h m von w i c h t i g e r inspirativer B e d e u t u n g : „ W i e C é z a n n e seine Ä p f e l g e m a l t hat, so w o l l t e ich m e i n e S t ü c k e spielen: als m a g i s c h e s Bild d e r realen H a n d l u n g . " D a F. stets „ v o m Z e n t r u m der D i c h t u n g " ( H a n s —» S c h w e i k a r t ) k a m , deren tiefste S e e l e er auf d e m W e g e s u g g e s t i v e n E i n f ü h l e n s zu erspüren und mit den M i t t e l n der D a r s t e l l u n g sieht- und f ü h l b a r zu m a c h e n suchte, g i n g er als „ R e g i e p o e t " in d i e T h e a t e r g e s c h i c h t e ein. O b g l e i c h F. verhinderte, d a ß d i e K a m m e r s p i e l e w ä h r e n d der Zeit d e s N a t i o n a l s o z i a l i s m u s z u m Parteitheater v e r k a m e n , m u ß t e er sich n a c h d e m Krieg e i n e m „ E n t n a z i f i z i e r u n g s v e r f a h r e n " unterziehen. Trotz seiner v o l l s t ä n d i g e n Rehabilitierung im M a i 1947 v e r w e i g e r t e n i h m die a m e r i k a n i s c h e n B e s a t z u n g s b e h ö r d e n die R ü c k k e h r in die K a m m e r s p i e l e . D a s B u c h Über die Kunst des Schauspielers (1948) von H a n s G e b h a r t enthält F.s E r k e n n t n i s s e ü b e r e i n e s y s t e m a t i s c h e S c h a u s p i e l e r a u s b i l d u n g . In s e i n e m darin befindlichen Entwurf einer Akademie für Theaterkunst f ü h r t F., der zu den bed e u t e n d s t e n R e g i s s e u r e n d e r ersten H ä l f t e d e s 20. Jh. g e h ö r t e und als E n t d e c k e r und F ö r d e r e r vieler s c h a u s p i e l e r i s c h e r Talente, d a r u n t e r K ä t h e —>Gold, Elisabeth —> F l i c k e n s c h i l d u n d Horst C a s p a r gilt, seine I d e e von einer staatlichen A u s b i l d u n g s s t ä t t e f ü r B ü h n e n b e r u f e aus, w i e sie erst 1993 in der G r ü n d u n g der „ B a y e r i s c h e n T h e a t e r a k a d e m i e A u g u s t Everd i n g " realisiert w u r d e . LITERATUR: W o l f g a n g Petzet: O . F. M e i n L e b e n - M e i n T h e a t e r . M ü n c h e n 1944. - Ders.: T H E A T E R . D i e M ü n c h n e r K a m m e r s p i e l e . 1911-1972. M ü n c h e n 1973. - Birgit Pargner: O . F. - R e g i e p o e t der M ü n c h n e r K a m m e r s p i e l e . Berlin 2 0 0 5 . Birgit Pargner F a l c k e n b e r g , (Friedrich O t t o ) R i c h a r d , P h i l o s o p h , * 2 3 . 1 2 . 1851 M a g d e b u r g , t 2 8 . 9 . 1 9 2 0 Jena. A u f g e w a c h s e n in D e s s a u , studierte F., S o h n eines Z u c k e r f a b r i k a n t e n , P h i l o s o p h i e an den Universitäten J e n a , L e i p z i g , Halle, E r l a n g e n und G ö t t i n g e n , w u r d e in J e n a 1877 prom o v i e r t (Uber den intelligiblen Charakter. Zur Kritik der Kantischen Freiheitslehre) und habilitierte sich dort 1880 (Aufgabe und Wesen der Erkenntnis bei Nicolaus von Kues). Seit 1887 a. o. Prof. in Jena, w a r er 1 8 8 9 - 1 9 2 0 o . P r o f . der P h i l o s o p h i e an der U n i v . E r l a n g e n . F. lehrte h a u p t s ä c h lich G e s c h i c h t e d e r P h i l o s o p h i e und vertrat selbst einen an —»Fichte, —»Lotze und —»Eucken a n g e l e h n t e n kritische m p i r i s c h e n I d e a l i s m u s . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Geschichte der neueren Philosophie von Nikolaus von Kues bis zur Ge9 genwart ( 1 8 8 6 ; 1 9 2 7 , verbessert und ergänzt von E r n s t von - > A s t e r ) und Hermann Lotze ( B d . 1, 1901). F. g a b d i e „Zeitschrift f ü r P h i l o s o p h i e und p h i l o s o p h i s c h e K r i t i k " (seit 1885 mit A u g u s t K r o h n , seit 1889 allein) und „ F r o m m a n n ' s Klassiker der P h i l o s o p h i e " (seit 1896) heraus. E r w a r d e r Vater von H a n s - > F. CO N D B F a l c k e n h a g e n , Adam, auch Falkenhagen, Musiker, K o m p o n i s t , * 2 6 . 4 . 1 6 9 7 G r o ß d a l z i g bei Leipzig, t 6 . 1 0 . 1 7 5 4 Bayreuth. F., S o h n eines S c h u l m e i s t e r s , erhielt ersten m u s i k a l i s c h e m U n t e r r i c h t bei s e i n e m O n k e l , d e m P a s t o r J o h a n n G o t t l o b E r l m a n n , in K n a u t h e i m und bei J o h a n n J a c o b Graf in M e r seburg. 1720-25 stand er als L a u t e n l e h r e r u n d K a m m e r m u s i k e r in W e i ß e n f e l s i s c h e n D i e n s t e n . R e i s e n f ü h r t e n ihn n a c h G e r a und D r e s d e n , w o er v o r ü b e r g e h e n d von Silvius L e o p o l d —>Weiß unterrichtet w u r d e . N a c h A u f e n t h a l t e n in E i s e n a c h und J e n a stand er 1729-32 in D i e n s t e n des Herz o g s E r n s t A u g u s t I. von S a c h s e n - W e i m a r - E i s e n a c h und k a m 1734 an d e n H o f des M a r k g r a f e n —> G e o r g Friedrich Karl von B r a n d e n b u r g - K u l m b a c h n a c h B a y r e u t h ; n o c h im letzten erhaltenen D r u c k von 1758 b e z e i c h n e t e er sich als

K a m m e r s e k r e t ä r des B a y r e u t h e r H o f s . F. galt als bedeutend e r Lautenspieler; er k o m p o n i e r t e u. a. e i n e Sonata di liuto solo (1740). DP M G G F a l c o , eigentl. J o h a n n Holzel, österr. M u s i k e r , * 1 9 . 2 . 1957 W i e n , t 6 . 2 . 1998 P u e r t o Plata ( D o m i n i k a nische Republik). F.s Vater arbeitete als W e r k m e i s t e r in einer M a s c h i n e n f a b r i k , seine M u t t e r w a r G e s c h ä f t s f ü h r e r i n einer W ä s c h e r e i f i l i a l e und ü b e r n a h m später ein kleines L e b e n s m i t t e l g e s c h ä f t in W i e n . F. verließ im Alter von 16 Jahren die Schule, w a r v o r ü b e r g e h e n d im A r c h i v der P e n s i o n s v e r s i c h e r u n g s a n s t a l t f ü r A n g e s t e l l t e tätig, b e s u c h t e drei S e m e s t e r lang das JazzK o n s e r v a t o r i u m in W i e n u n d g i n g 1977 nach Berlin, u m A n s c h l u ß an d i e d o r t i g e N e w - W a v e - S z e n e zu finden. Seit 1979 w i e d e r in W i e n , w u r d e er B a s s i s t bei d e n T h e a t e r R o c k - G r u p p e n „Hallucination C o m p a n y " und „ D r a h d i w a berl", d a n n bei der G r u p p e „ S p i n n i n g W h e e l " . D e r internationale D u r c h b r u c h als S o l o k ü n s t l e r g e l a n g F. 1982 mit der S i n g l e Der Kommissar. Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. die A l b e n Junge Römer (1982), Falco 3 (1985) und Emotional (1986) s o w i e die a u ß e r o r d e n t l i c h e r f o l g r e i c h e S i n g l e Rock me Amadeus (1985). 1986 erhielt F. als e r f o l g r e i c h s t e r d e u t s c h s p r a c h i g e r P o p s ä n g e r d e s J a h r e s d e n „ G o l d e n e n B a m b i " . Nach a b n e h m e n d e m E r f o l g in den späten achtziger J a h r e n zog sich F. 1996 in d i e D o m i n i k a n i s c h e R e p u b l i k zurück, w o er 1998 bei e i n e m Verkehrsunfall u m s L e b e n k a m . CO Ö M L F a l g e r , (Johann) A n t o n , österr. M a l e r , G r a p h i k e r , * 9 . 7 . 1791 E l b i g e n a l p (Tirol), t 15. 1 2 . 1 8 7 6 E l b i g e n a l p . F. w a r Lehrling d e s M a l e r s Karl Selb in S t o c k a c h , studierte 1 8 0 8 / 0 9 an der K u n s t a k a d e m i e M ü n c h e n u n d w u r d e nach seiner T e i l n a h m e an den B e f r e i u n g s k r i e g e n G r a v e u r b e i m Steuerkataster in M ü n c h e n . D u r c h s e i n e F r e u n d s c h a f t mit A l o y s —»Senefelder lernte er d i e L i t h o g r a p h i e k e n n e n , erzielte E r f o l g e als L i t h o g r a p h und erhielt B e r u f u n g e n in m e h rere d e u t s c h e Städte. F. ließ sich 1819 in W e i m a r nieder, d r u c k t e zahlreiche L a n d k a r t e n u n d B u c h i l l u s t r a t i o n e n u n d f ü h r t e u . a . —>Goethe in d i e l i t h o g r a p h i s c h e K u n s t ein. Seit 1821 wieder in M ü n c h e n , kehrte F. 1831 nach E l b i g e n a l p zurück, erteilte Z e i c h e n u n t e r r i c h t und b e f a ß t e sich mit Tiroler G e s c h i c h t e , N a t u r g e s c h i c h t e und V o l k s k u n d e . Er publizierte u. a. Abbildung der vornehmsten Gebäude altdeutscher Bauart (1845). m A KL F a l k , (Paul L u d w i g ) A d a l b e r t von, Politiker, Jurist, * 1 0 . 8 . 1827 M e t s c h k a u (Kr. Striegau, Schlesien), t 7 . 7 . 1900 H a m m (Westfalen). F., S o h n eines Pfarrers, trat nach A b s c h l u ß d e s J u r a s t u d i u m s an der U n i v . B r e s l a u ( 1 8 4 3 - 4 7 ) in d e n preuß. Staatsdienst ein und w a r seit 1861 S t a a t s a n w a l t b e i m Berliner K a m m e r gericht s o w i e M i t a r b e i t e r d e s J u s t i z m i n i s t e r i u m s , seit 1862 A p p e l l a t i o n s g e r i c h t s r a t in G l o g a u . 1871 w u r d e er G e h e i m e r Justizrat und Vortragender R a t im J u s t i z m i n i s t e r i u m s o w i e B e v o l l m ä c h t i g t e r b e i m B u n d e s r a t und w i r k t e an d e n g r o ß e n g e s e t z g e b e r i s c h e n A r b e i t e n der R e i c h s g r ü n d u n g s z e i t mit. Von 1872 an p r e u ß . K u l t u s m i n i s t e r , war er der eigentliche S c h ö p f e r der K u l t u r k a m p f g e s e t z g e b u n g , d i e er staatsrechtlich, nicht parteipolitisch verstand. F. setzte die staatliche S c h u l a u f s i c h t und d i e Z i v i l e h e durch, verbesserte d i e B e s o l d u n g der L e h r e r u n d b e m ü h t e sich b e s o n d e r s u m d i e Volksschulen. N a c h s e i n e m Rücktritt 1879 behielt er sein R e i c h s t a g s m a n d a t (seit 1873) u n d w u r d e M i t g l i e d des preuß. A b g e o r d n e t e n h a u s e s . Seit 1882 w a r er P r ä s i d e n t d e s Oberlandesgerichts H a m m . S e i n e Reden aus den Jahren 1872-79 (3 Tie.) erschienen 1880. cri T R E F a l k , B e r n h a r d , Politiker, Jurist, * 2 6 . 3 . 1867 B e r g h e i m / E r f t , t 23. 12. 1944 Brüssel. N a c h A b s c h l u ß r e c h t s w i s s e n s c h a f t l i c h e r S t u d i e n an d e n Universitäten B o n n u n d M ü n c h e n ließ sich F. 1893 als R e c h t s -

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Falk anwalt in Elberfeld nieder; seit 1898 führte er seine Kanzlei als Justizrat in Köln. Er war Mitbegründer des Vereins der nationalliberalen Jugend und Mitglied im Zentralvorstand der Nationalliberalen Partei. 1908-30 Mitglied, seit 1915 Fraktionsvorsitzender in der Stadtverordnetenversammlung, Schloß er sich 1918 der Deutschen Demokratischen Partei an, deren Vorstandsmitglied er seit 1919 war. F. gehörte 1 9 1 9 / 2 0 der Nationalversammlung, 1924-32 d e m preuß. Landtag und dem Rheinischen Provinziallandtag an. Nach der M a c h t ü b e r n a h m e durch die Nationalsozialisten erhielt er zunächst eine A u s n a h m e g e n e h m i g u n g für seine Rechtsanwaltspraxis, wurde 1938 mit Berufsverbot belegt und mußte 1939 nach Brüssel emigrieren; die Weiterreise in die Schweiz 1940 wurde von der deutschen Besatzungsmacht unterbunden. • • B H d E , Bd 1 F a l k , Franz, kath. Theologe, Historiker, * 12. 1.1840 Mainz, t 2 2 . 9 . 1 9 0 9 Klein-Winternheim bei Mainz. F., Sohn eines Metzgermeisters, studierte Theologie an den Universitäten Mainz und Löwen, wurde 1862 zum Priester geweiht, war in Lorsch, Mainz und Worms tätig und kam 1874 als Pfarrer nach M o m b a c h , 1887 nach KleinWinternheim. 1897 wurde er Diözesanarchivar und Prof., 1908 zum päpstlichen Hausprälaten ernannt. Er verfaßte zahlreiche katechetische Schriften ( u . a . Himmelsbrot, 1875, 12 1900); seine wissenschaftliche Bedeutung beruht jedoch auf seinen Forschungen zur Mainzer und mittelrheinischen Kirchengeschichte. Neben Monographien veröffentlichte F. eine S a m m l u n g seiner Aufsätze (Falkiana, 1902). m

NDB

F a l k , Friedrich (August), Gerichtsmediziner, Medizinhistoriker, * 8 . 7 . 1 8 4 0 Berlin, t 17.10. 1893 Berlin. Nach Abschluß des Studiums an den Universitäten Berlin, Leipzig und Würzburg (Promotion 1861, Symbolae ad externam iodi applicationem) ließ sich F. als Arzt in Berlin nieder und habilitierte sich 1869 für Gerichtsmedizin und Geschichte der Medizin. 1876 wurde er Physikus des Kreises Teltow, 1886 a. o.Prof. in Berlin. F. veröffentlichte historische Studien (u. a. Galens Lehre vom gesunden und kranken Nevenssysteme, 1871; Die pathologische Anatomie und Physiologie des Morgagni [ 1682-1771 ], 1887) sowie Arbeiten aus d e m Gebiet der forensischen Medizin, darunter zu unnatürlichen Todesursachen wie Strangulation und Ertrinken. •P

ADB

F a l k , Gunter, österr. Schriftsteller, Soziologe, * 2 6 . 1 0 . 1942 Graz, t 2 5 . 1 2 . 1983 Graz. F. studierte Soziologie, Philosophie, Zoologie und Mathematik, wurde 1967 promoviert, war Assistent am Institut f ü r Soziologie der Univ. Wien, seit 1969 in Graz und habilitierte sich 1980. Er war einer der führenden K ö p f e des Grazer Forums Stadtpark. In den sechziger Jahren prägte F. die „Grazer Gruppe", der es darum ging, philosophische Lehrinhalte und ästhetische Theorien in literarischtheatralische Aktionen umzusetzen. So karikierte er zusammen mit Wolfgang —» Bauer in einem Happening mit d e m pseudo-philosophischen Manifest Happy Art and Attitude auch die eigene Arbeit. Ausgehend von sprachkritischen Ansätzen schrieb er Montage-Texte ( D e r Pfau ist ein stolzes Tier, 1965) sowie Dialektgedichte und verfaßte zusammen mit H. C. —> Artmann Anekdoten. In Die Wülfel in manchen Sätzen begann er 1977 mit einer Reihe von „Franz"Geschichten, in denen er an sich selbst beobachtete Empfindungen wie Schmerz, Unruhe und organische Abläufe schilderte. In seinem letzten Werk Die dunkle Seite des Würfels (1983) stieß F. mit dem japanischen Haiku in neue lyrische Sprachbereiche vor. CD Killy

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F a l k , Johann III, Publizist, Politiker, * 1 3 . 9 . 1 8 2 5 Mainz, t 4 . 1 . 1 9 0 5 Mainz. Wie sein Vater erlernte F. nach der Realschule das Metzgerhandwerk, begab sich 1845 auf Wanderschaft, die ihn bis nach Neapel führte, und gehörte 1847 zu den Gründern des Piusvereins. Bei den ersten Katholikenversammlungen im Mainz trat er 1848 als Organisator und Redner auf. Als Verleger des 1863 von ihm gegründeten „Mainzer Journals" erwarb er sich Verdienste u m die Entwicklung der kath. Presse. 1875-84 war F. Mitglied des Hessischen Landtags und des Mainzer Stadtrats. F a l k , Johannes (Daniel), Pseud. Johannes von der Ostsee, Philanthrop, Schriftsteller, * 2 6 . 1 0 . 1768 Danzig, t 1 4 . 2 . 1 8 2 6 Weimar. F., ein Nachfahre des Jeremias —»Falck und Sohn eines Perückenmachers, erlernte den väterlichen Beruf eines Perückenmachers, studierte jedoch seit 1791 mit einem Stipendium des Danziger Rats in Halle Theologie, später Philologie. 1797 ließ er sich in Weimar nieder, stand in Verbindung mit - » Goethe, - > Herder und Wieland und veröffentlichte u. a. das Taschenbuch für Freunde des Scherzes und der Satire (7 Bde., 1797-1803). 1813 gründete er „Die Gesellschaft der Freunde in der N o t " und finanzierte mit Spendengeldern Saatgut sowie Schul- und Lehrgeld für mittellose Menschen. 1823-25 errichtete er mit 2 0 0 Kindern das Waisenhaus „Lutherhof 1 . F. gilt als ein Vorläufer der Inneren Mission. Der Nachwelt wurde er als Dichter des weitverbreiteten Weihnachtslieds O du fröhliche bekannt. Sein Geheimes Tagebuch oder mein Leben vor Gott (2 Bde.) erschien 1898-1900. m Killy F a l k , Johannes N e p o m u k (Maria), Politiker, Jurist, * 2 5 . 3 . 1 8 8 2 Mainz, t 14. 1. 1964 F r a n k f u r t / M a i n . F. studierte 1900-03 Rechtswissenschaften an den Universitäten Straßburg, Freiburg/Breisgau und Gießen, wurde 1907 Gerichts- und Magistratsassistent und war bis 1919 Syndikus des Magistrats von F r a n k f u r t / M a i n . Nach dem Ersten Weltkrieg als Zweiter Bürgermeister der Stadt Bochum mit Finanz-, Schul- und Personalwesen befaßt, wurde er 1922 zum Oberbürgermeister von Bonn gewählt. Während der französischen Besatzung 1 9 2 3 / 2 4 inhaftiert, kehrte F. 1924 in sein A m t zurück (bis 1931). Er veröffentlichte u . a . Analogie im Recht (1906). F a l k , Joseph, auch Falck, Jesuit, Mathematiker, * 2 . 5 . 1680 Freiburg (Schweiz), t 1 9 . 4 . 1 7 3 7 M ü n c h e n . F. studierte in Freiburg (Schweiz), Lyon, Paris und R o m , w o er 1702 in den Jesuitenorden eintrat. 1707-13 war er Prof. fUr Mathematik und Philosophie in Freiburg/Breisgau, seit 1714 Prof. für Mathematik in Ingolstadt. Zu seinen Veröffentlichungen zählen physikalische Arbeiten (u.a. Tractatus de liquidorum gravitate et aequilibrio, 1713) und eine Berechnung des Osterfestes (Christianum pascha, 1740). m

LMU

F a l k , Kurt, österr. Verleger, * 23. 11. 1933 Wien, t 1 3 . 1 1 . 2 0 0 5 Wien. F., Sohn eines Bauarbeiters, war seit 1952 als Kundenbuchhalter, später als Leiter des Finanzwesens bei d e m Waschmittelkonzern Henkel tätig. Über den späteren ÖGB-Präsidenten und Innenministers Franz Olah lernte er Hans Dichand kennen, mit dem er 1959 die „Kronen Zeitung" in Wien gründete, die sich unter Dichand als redaktionellem und F. als kaufmännischem Leiter zu einer der auflagenstärksten österr. Tageszeitungen entwickelte. Nach internen Auseinandersetzungen schied F. 1974 als Geschäftsführer aus dem Unternehmen aus und trennte sich nach dem Verkauf seiner Anteile 1987 ganz von Dichand. 1985 gründete er die Wochenzeitung „Die ganze Woche", 1992 folgte mit „Täglich Alles" erneut eine Tageszeitung, die ähnlich wie

Falke die „Kronen-Zeitung" eine große Auflagenhöhe erreichte, jedoch 2000 von F. eingestellt wurde. F. zog sich 2001 offiziell aus dem Zeitungsgeschäft zurück und übergab „Die ganze Woche" an seine Söhne Samuel und Noah F. • • Munzinger Falk, Norbert, urspr. Isidor Judenbluh, Pseud. Fred Orbing, Journalist, Schriftsteller, * 5. 11. 1872 MährischWeißkirchen, t 16.9. 1932 Berlin. F. besuchte die Glasmalereischule Krasna, wurde Mitarbeiter u. a. der Zeitschrift „Die Gesellschaft" und kam 1895 als Redakteur des „Kleinen Journals" nach Berlin. Seit 1900 Feuilletonredakteur und Theaterkritiker der „Berliner Morgenpost" und der „Berliner Illustrierten Zeitung", wurde er vor allem als Herausgeber von Sammelbänden humoristischer Literatur (u.a. Meisterbuch des Humors, 1908) bekannt. F. schrieb u . a . den von Ernst —»Lubitsch verfilmten Roman Anna Boleyn (1921). C D DLL, 20. Jh.

Falk,

Peter Alois, schweizer. Katholikenführer, * 18.7. 1767 St. Peterzell (Kt. St. Gallen), t 11.8. 1851 St. Fiden (heute zu St. Gallen). Nach juristischem Studium 1786-89 in Würzburg und Mainz zunächst in Diensten des Fürstabtes von St. Gallen, wurde F., Sohn eines Amtmanns, 1798 Mitglied des Helvetischen Senats und 1800 Unterstatthalter in Luzern. Nach der Absetzung durch die Föderalisten (1792) wirkte er als Appellationsrichter und Ratsschreiber des Kleinen Senats von St. Gallen, 1808-51 als Regierungsrat. F. gehörte zu den Wortführern der Katholiken, die 1814 beim Wiener Kongreß die Wiederherstellung des Stiftes St. Gallen betrieben; seine Schrift Das Stift St. Gallen im neuerstandenen Kanton St. Gallen erschien anonym. 1817 beantragte F. die Errichtung eines Bistums St. Gallen. Als beide Ziele verfehlt wurden, suchte er 1831 durch einen Gesetzentwurf die Rechte des Staates in kirchlichen Dingen einzugrenzen. Auch dieser Versuch blieb 1835 in einer Volksabstimmung ohne Mehrheit. Daraufhin gründete F. die Konservative Partei im Kanton St. Gallen. DD HLS

Falk,

Ria, geb. Baran, Sportlerin, * 2 9 . 1 1 . 1 9 2 2 Dortmund, t 12. 11. 1986 Dortmund. Gemeinsam mit ihrem Partner Paul Falk errang Baran erstmals 1936 den Meistertitel der Juniorenklasse im RollschuhPaarlauf, im folgenden Jahr in der Deutschen Jugendmeisterschaft im Eiskunst-Paarlaufen. Sie Schloß die Handelsschule ab, kam gegen Ende des Zweiten Weltkriegs als Sekretärin nach Berlin und lebte nach Kriegsende zunächst in Dortmund, später in Düsseldorf. 1948 kehrte das Paar in den Spitzensport zurück, war 1948-52 Deutscher Meister im Eiskunst- und im Rollschuh-Paarlauf, ferner 1950/51 Europa- und Weltmeister in beiden Disziplinen. 1952 folgten erneut Europa- und Weltmeistertitel sowie die Goldmedaille bei den Olympischen Winterspielen in Oslo. F. trug seit der Heirat 1951 den Namen ihres langjährigen Partners. Beide nahmen 1952 als Berufssportler ein Engagement der amerikanischen Revue „Holiday on Ice" an und traten im Film Cinerama-Holiday auf. C D Munzinger

Falk-Auerbach,

Nanette, Musikerin, * 1835 Hamburg, t Mai 1928 Danzig. F.-A. war seit ihrer Jugend mit Johannes —> Brahms befreundet und wurde musikalisch von der Sängerin Jenny Lind gefördert, die ihre Ausbildung durch Robert —»Schumann in Düsseldorf anregte. Dort unterrichtete F.-A. zeitweise die Kinder Schumanns, kam in engeren Kontakt u. a. mit Felix —> Mendelssohn Bartholdy und unternahm - zum Teil als Begleiterin Linds - zahlreiche Konzertreisen. Sie verkehrte in Paris mit Rossini und Richard —»Wagner, war später mehrere Jahre am Peabody-Institut in Baltimore tätig, zog schließlich nach Danzig und war dort Mittelpunkt eines musikalischen Kreises. C D Wininger

Falke,

Bruno, Industrieller, * 1843 Carthause bei Crimmitschau, t 15.4. 1907 Singapur. Nach Lehre und Arbeit in Chemnitzer Strumpfwarenfabriken gründete F. 1868 ein eigenes Strumpfwarengeschäft, das er seit 1880 zur Handschuhfabrik mit eigener Färberei (seit 1882) ausbaute. Nach fünfundzwanzigjähriger Geschäftstätigkeit zog er sich 1893 von der Firma zurück. In seinem Testament ließ er der Stadt Chemnitz mehr als eine Million Mark u. a. f ü r sozialen Wohnungsbau und das St. Georgenhospital zukommen.

Falke,

Friedrich, Landwirt, * 7 . 7 . 1 8 7 1 Schwarzholz (Altmark), t 10.3. 1948 Arendsee (Altmark). F., Sohn eines Gutsbesitzers, studierte in Halle, wurde anschließend Assistent Julius —»Kuhns, habilitierte sich mit einer Arbeit über die Milchsekretion der Kühe und war seit 1901 a. o., seit 1920 o. Prof. der Landwirtschaft an der Univ. Leipzig und Leiter des Instituts f ü r Betriebslehre. Er gestaltete das Landwirtschaftliche Institut an der Univ., das landwirtschaftliche Schulwesen und die Wirtschaftsberatung um und gründete eine höhere Lehr- und Versuchsanstalt f ü r Gartenbau in Pillnitz. F. war führend in der alten Deutschen Landwirtschaftlichen Gesellschaft tätig und wurde 1918 Ministerialrat in der sächsischen Landesregierung. Seit 1933 baute er - einer Berufung der türkischen Regierung folgend in Ankara eine Hochschule für Land- und Forstwirtschaft sowie Veterinärwesen auf. F. veröffentlichte u.a. Die Dauerweiden (1907, 3 1920). DP N D B

Falke,

Gustav, Schriftsteller, * 11. 1.1853 Lübeck, t 8.2. 1916 Hamburg. F., Sohn eines Kaufmanns, N e f f e von Johann und Jakob von —>F. und Vetter von Otto von - » F . , kam 1868 zu einem Hamburger Buchhändler in die Lehre, ging anschließend über Essen nach Stuttgart und lebte 1870-78 in Hildburghausen. Zurück in Hamburg, studierte er Musik bei Emil —> Krause, wurde Klavierlehrer und erregte mit seinen Gedichten die Aufmerksamkeit Detlev von —> Liliencrons, der ihn förderte und unterstützte. F. schrieb zunächst Lyrik (.Mynheer der Tod, 1891), später wenig erfolgreich naturalistische Romane und schließlich naturnahe Novellen und Jugendbücher. 1903 zeichnete ihn die Stadt Hamburg durch die Zuweisung eines festen Jahresgehalts aus, so daß er seine Erwerbstätigkeit als Klavierlehrer aufgeben und sich ganz dem dichterischen Schaffen widmen konnte. Zu seinem Spätwerk zählen der autobiographische Lübeck-Roman Die Stadt mit den goldenen Türmen (1912) und eine Sammlung nationalistischer Kriegslieder Vaterland, heilig Land (1915). C D Killy F a l k e , Jakob von, Kunsthistoriker, * 2 1 . 6 . 1825 Ratzeburg, t 8 . 6 . 1 8 9 7 Lovrana (Italien). Der Bruder Johann —» F.s wurde nach dem Studium der Klassischen Philologie an den Universitäten Erlangen und Göttingen 1855 Konservator am Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg und kam 1858 als Bibliothekar und Galeriedirektor der Fürstlich-Liechtensteinschen Sammlungen nach Wien. Seit 1864 Erster Kustos am Österreichischen Museum f ü r Kunst und Industrie, wurde er 1871 Regierungsrat, 1873 nobilitiert, 1885 Hofrat und im selben Jahr Direktor des Museums. F. machte sich um die Popularisierung des Kunstgewerbes verdient und bemühte sich um theoretische Grundlagen der Formgebung. Er bearbeitete erstmals die Porzellansammlung des Museums und schrieb u . a . eine Geschichte des modernen Geschmacks (1866). Das von ihm verfaßte Buch Die Kunst im Haus (1871) war der erste deutschsprachige Einrichtungsratgeber. F. war der Vater von Otto von —>F. CD Metzler Kunsthistoriker

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Falke F a l k e , Johann(es) (Friedrich Gottlieb), Historiker, * 1 0 . 4 . 1 8 2 3 Ratzeburg, t 1 . 3 . 1 8 7 6 Dresden. F. begann ein Theologiestudium an der Univ. Erlangen, wandte sich aber bald der Geschichtswissenschaft zu. Als Hofmeister in der Familie des Botanikers Carl von —> Marti us in M ü n c h e n kam er 1855 mit seinem Bruder Jakob —>F. an das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg und gab dort seit 1856 gemeinsam mit Johannes Müller die „Zeitschrift für deutsche Culturgeschichte" heraus. Seine 1860 erschienene Geschichte des deutschen Handels trug ihm 1862 die Berufung an das Hauptstaatsarchiv Dresden ein. F. veröffentlichte eine Reihe von historischen Monographien und von kleineren Studien vor allem aus d e m Bereich der Nationalökonomie. e n ADB F a l k e , Konrad, eigentl. Karl Frey, schweizer. Schriftsteller, * 19.3. 1880 Aarau, t 2 8 . 4 . 1 9 4 2 Eustis (Florida, USA). F., Sohn eines Juristen und Bankdirektors, studierte an den Universitäten Neuenburg, Heidelberg und Zürich (Dr. phil. 1903) und lehrte danach Literaturgeschichte an der Univ. Zürich. 1910-17 Herausgeber von „Raschers Jahrbüchern" (4 Bde.), lebte er seit 1912 als freier Schriftsteller und Gelehrter in Zürich und Italien. I m m e r wieder griff er mutig und unorthodox in die politische und kulturelle Diskussion ein. Während des Ersten Weltkriegs wandte er sich gegen den deutschen Imperialismus, seit 1933 trat er gegen den Faschismus auf; gemeinsam mit T h o m a s —> Mann gründete er die Exilzeitschrift „Mass und Wert" (1937-40). F. verstand sich selbst überwiegend als Dramatiker und gab 1930-33 auf eigene Kosten seine Dramatischen Werke (5 Bde.) heraus. Als bedeutender wird heute seine Prosa, darunter der utopisch-historische R o m a n Der Kinderkreuzzug (2 Bde., 1924), eingeschätzt. CD Killy F a l k e , Otto von, Kunsthistoriker, Museumsdirektor, * 2 9 . 4 . 1 8 6 2 Wien, t 15.8. 1942 Schwäbisch Hall. Der Sohn Jakob von - > F . s studierte 1881-85 Geschichte, Kunstgeschichte und Archäologie an der Univ. Wien, reiste anschließend mit einem Stipendium nach R o m und trat 1886 in den Dienst des Berliner Kunstgewerbemuseums. Nach der Promotion 1887 unternahm er neben seiner Berliner Tätigkeit zahlreiche Studienreisen durch Europa, wurde 1895 Direktor des Kunstgewerbemuseums Köln und kehrte 1908 in gleicher Position an das Berliner Kunstgewerbemuseum zurück. Seit 1920 Nachfolger Wilhelm von —> Bodes als Generaldirektor der Berliner Museen, war er auch nach seiner Pensionierung 1927 wissenschaftlich tätig. F. begründete 1928 die Zeitschrift „Pantheon", deren Herausgeber und Hauptmitarbeiter er war. Er veröffentlichte zahlreiche Studien und Sammlungskataloge z u m Kunstgewerbe, u. a. zu Seidenweberei, Goldschmiedekunst, Bronzeguß, Keramik und Möbel. OD N D B F a l k e i s e n , Theodor, auch Falckeisen, schweizer. Kupferstecher, Kunsthändler, Waisenpfleger, * 1768 Basel, t 1814 Basel. F. erlernte den Kupferstich bei Johann Rudolf Holzhalb in Zürich und in der Werkstatt Christian von —»Mechels in Basel. 1788 ging er nach Paris, wo er Karl Gottlieb —> Guttenbergs Mitarbeiter wurde, und war anschließend kurzzeitig in London tätig. In seine Heimatstadt zurückgekehrt, wurde er zunächst Kunsthändler, später Waisenpfleger. Seine Kupferstiche, darunter Das Alpdrücken nach Johann Heinrich —»Füssli, gelten als rein handwerkliche Arbeiten. • α A KL F a l k e n b e r g , Albert (Karl Theodor), Beamter, Politiker, * 3 . 5 . 1871 Hannover, t 7 . 8 . 1945 Berlin. Bis 1908 im Postdienst, wurde F., Sohn eines Kaufmanns, 1908 Schriftleiter der „Deutschen Postzeitung", 1910 Chef-

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redakteur der Berliner Tageszeitung „Deutsche Nachrichten" und war im Ersten Weltkrieg Sekretär der Obermarineintendantur. Er wurde 1918 Pressechef des Deutschen Beamtenbundes, war 1919-21 Geheimer Regierungsrat und Vortragender Rat im Innenministerium und übernahm 1922 den Vorsitz des Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes. Er gehörte - zeitweilig in führender Position - der Deutschen Friedensgesellschaft und der Liga für Menschenrechte an, war 1928-30 Reichstagsabgeordneter (SPD). Seine Studie Die deutsche Beamtenbewegung nach der Revolution ( 1920) wurde von den Nationalsozialisten indiziert. CP Schröder F a l k e n b e r g , Dietrich von, Diplomat, Militär, * E n d e 1580 Herstelle/Weser (Westfalen), t 2 0 . 5 . 1 6 3 1 Magdeburg. F., Sohn des Drosten zu Blankenau, Christoph von F., stand als Rat in Diensten des Landgrafen —» Moritz von Hessen, von dem er 1615 nach Schweden entsandt wurde. Er wurde enger Mitarbeiter Gustav Adolfs, 1626 dessen Hofmarschall und bewährte sich als schwedischer Diplomat und Offizier im Krieg gegen Polen sowie in den Niederlanden. Im Dreißigjährigen Krieg zur Verteidigung Magdeburgs entsandt, bereitete er die Stadt durch Erweiterung der Befestigungsanlagen auf die Belagerung vor. Er fiel bei der Erstürmung durch die kaiserlichen Truppen unter Gottfried Heinrich zu —» Pappenheim. Zuvor veranlaßte er vermutlich die Verbrennung der Stadt, so daß —»Tilly die für ihn wertlos gewordene Stadt kampflos räumte. taa N D B

Falkenberg, Johannes

Johannes Falkenberg

F a l k e n b e r g , Wilhelm, Psychiater, * 17.12. 1865 Stralsund, t 1945 Berlin. F. studierte seit 1885 Medizin in Marburg, Leipzig und München und wurde 1890 mit der Dissertation Ueber die angebliche Bedeutung intravaskulärer Gerinnungen als Todesursache bei Vergiftungen durch Anilin, chlorsaure Salze und Sublimat promoviert. Er war als Assistent am Physiologischen Institut und seit 1892 an den Städtischen Irrenanstalten Berlins tätig, seit 1903 als Oberarzt an der Städtischen Irrenanstalt Herzberge. 1914 wurde F., der sich besonders für die soziale Fürsorge psychiatrischer Patienten einsetzte, zum Sanitätsrat und 1914 zum Direktor der neuen Städtischen Irrenanstalt Buch II in Berlin ernannt, die nach Beginn des Ersten Weltkrieges als Lazarett diente. Seit 1919 war F. Direktor der Anstalt Herzberge. Er veröffentlichte u . a . Die Pflege Geisteskranker. Anleitung zum Krankendienst für Pfleger und Pflegerinnen (1897, 3 1922) und Hysterie und Epilepsie (1904). F a l k e n b u r g e r , Frédéric (Fritz), Mediziner, Anthropologe, * 27. 8 . 1 8 9 0 Berlin, t 11.5. 1965 Mainz. F. studierte Medizin und Naturwissenschaften an der Univ. Straßburg, wurde in beiden Fächern 1916 promoviert (Diagraphische Untersuchungen an normalen und deformierten Rassenschädeln), nahm am Ersten Weltkrieg als Arzt teil und führte bis 1929 eine Praxis in Berlin. 1929-33 Mediziner beim Buchdruckerverband, 1930-32 bei der Ortskrankenkasse, folgte er nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten seiner bereits 1932 nach Frankreich emigrierten Familie. 1 9 3 6 / 3 7 vorübergehend in Moskau tätig, kam er 1937 an das Pariser Centre National de la Recherche Scientifique ( C . N . R . S . ) , wurde im folgenden Jahr von der Univ. Paris promoviert (Recherches anthropologiques sur la déformation artificielle du crane) und blieb bis 1959 im Mitarbeiterstab des C. N. R. S.; während dieser Jahre entstand eine Reihe von anthropologischen Arbeiten vor allem zur Schädelkunde. Nach Kriegsende Chef du Service de la Santé du Haut-Commissariat Français en Allmagne, wurde F. 1946 a. o., 1951 o. Prof. der Anthropologie und Direktor

Falkenhayn des Instituts für menschliche Stammesgeschichte und Biotypologie an der Univ. Mainz. Er schrieb u . a . Die Abstammung des Menschen und die Menschenrassen (1954). DD B H d E , Bd 2 F a l k e n f e l d , Hellmuth, Philosoph, Schriftsteller, * 2 1 . 3 . 1 8 9 3 F ü r s t e n w a l d e / S p r e e , t N o v e m b e r 1954 N e w York. Der Sohn eines Rechtsanwalts studierte Rechtswissenschaften und Philosophie an den Universitäten Freiburg/Breisgau, Berlin und München, nahm trotz seiner pazifistischen Einstellung freiwillig am Ersten Weltkrieg teil und wurde 1918 in Berlin zum Dr. phil. promoviert (Das Verhältnis von Zeit und Realität bei Kant und bei Bergson). Anschließend arbeitete er als Dozent für Philosophie an der Berliner Volkshochschule und war daneben ständiger Mitarbeiter der „Vossischen Zeitung", der „Frankfurter Zeitung", der „Weltbühne" und des „Tagebuchs". Nach seiner Emigration in die U S A (1938) lebte F. in New York und war während des Zweiten Weltkriegs und danach als Krankenpfleger im M o u n t Sinai-Hospital tätig. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Wort und Seele. Eine Untersuchung Uber die Gesetze der Dichtung (1913), Die Musik der Schlachten. Aufsätze zur Philosophie des Krieges (1916), Vom Sinn der Schauspielkunst. Eine Untersuchung an der Kunst Max Pallenbergs (1918) und Einführung in die Philosophie (1926). • D Lex dt-jüd Autoren F a l k e n h a g e n , Hans, Physiker, * 1 3 . 5 . 1 8 9 5 Wernigerode, t 2 6 . 6 . 1 9 7 1 Rostock. F. studierte seit 1913 Naturwissenschaften an den Universitäten Heidelberg, München und Göttingen und wurde 1921 mit der Arbeit Kohäsion und Zustandsgieichung bei Dipolgasen promoviert. Seit 1922 an der Univ. Köln tätig, habilitierte er sich 1924, wurde 1930 a. o . P r o f . und 1936 Direktor des Instituts für Theoretische Physik. 1945 zog er nach Dresden und wurde 1949 zum o. Prof. und Direktor des Instituts für Theoretische Physik der Univ. Rostock berufen. F., seit 1962 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, beschäftigte sich vor allem mit der Struktur der Flüssigkeiten und der Theorie elektrolytischer Forschungen sowie mit der Geschichte der Physik. Er veröffentlichte u. a. Elektrolyte (1932, 2 1953) und Die Naturwissenschaft in Lebensbildern (1949). DD D D R F a l k e n h a u s e n , Alexander von, Militär, * 29. 10. 1878 Blumenthal (Kr. Neiße), t 3 1 . 7 . 1 9 6 6 Nassau. F. trat 1897 in die preuß. A r m e e ein und nahm als Leutnant an der Niederschlagung des Boxeraufstandes in China teil. Er absolvierte die Kriegsakademie, studierte an der Univ. Berlin orientalische Sprachen, kam 1908 zum Großen Generalstab und wurde 1912 Militârattaché in Tokio. Im Ersten Weltkrieg Armeechef und deutscher Militärbevollmächtigter in der Türkei, blieb er bis 1930 - seit 1927 als K o m m a n d e u r der Infanterieschule Dresden - Mitglied der Reichswehr. F. trat d e m „Stahlhelm" und der Deutschnationalen Volkspartei bei, wurde Abgeordneter des sächsischen Landtags und ging E n d e 1933 als Chef der deutschen Militärmission nach China. 1939 in den aktiven Dienst zurückberufen, war er als General der Infanterie 1940-44 Chef der Militärverwaltung in Belgien und Nordfrankreich. Im Verdacht, mit Widerstandskreisen zu kooperieren, seines K o m m a n d o s enthoben, war er nach dem 2 0 . 7 . 1944 im Konzentrationslager Dachau interniert. 1 9 5 0 / 5 1 von einem Militärgericht in Lüttich wegen der Erschießung von 240 Geiseln und der Deportation von 25 0 0 0 belgischen Juden zu zwölf Jahren Zwangsarbeit verurteilt, wurde er nach drei Wochen unter Berücksichtigung seines korrekten und für einzelne lebensrettenden Verhaltens in Belgien begnadigt und aus der H a f t entlassen. e n Wistrich

F a l k e n h a u s e n , Alexander von, Ingenieur, Rennfahrer, * 2 2 . 5 . 1 9 0 7 München, t Mai 1989 München. F. studierte Maschinenbau an der T U München (u. a. bei Willy —> Messerschmitt) und beschäftigte sich daneben mit Motorrad-Eigenbauten, die er seit 1926 bei Rennen einsetzte. Seit 1934 bei der B M W A G tätig, leitete er 1940-43 die Motorrad-Versuchsabteilung und war 1943-45 Chef der B M W - M o t o r e n e n t w i c k l u n g . 1946 gründete F. ein Ingenieurbüro und konstruierte die A F M Formel 2-Rennwagen, mit denen er 1948 Deutscher Meister wurde. Seit 1954 war er Leiter der BMW-Rennabteilung, 1957-75 wieder Chef der Motorenentwicklung. F a l k e n h a u s e n , Friedrich (K. C. A.) Frh. von, Beamter, * 2 1 . 8 . 1869 Potsdam, t 3 0 . 3 . 1946 Potsdam. Der Sohn des Generals Ludwig von —»F. schlug nach dem juristischen Studium die Verwaltungslaufbahn ein. Seit 1896 Regierungsassessor am Landratsamt Lübben, übernahm er drei Jahre später die Leitung des Kreises und wechselte 1905 als Geheimer Regierungsrat an das preuß. Landwirtschaftsministerium. Hier machte er, in der Gunst —> Wilhelms II. stehend, schnell Karriere. Seit A n f a n g 1914 Potsdamer Regierungspräsident, wurde er im folgenden Jahr als Unterstaatssekretär in das Ministerium zurückberufen. Im November 1917 wurde F. zum Verwaltungschef im Gebiet des Oberbefehlshabers Ost, später zum Zivilkommissar für Kurland und Litauen und zum Reichskommissar f ü r die Ostseegebiete und Litauen ernannt. Z u n e h m e n d e Differenzen mit den Militärs Uber die Nationalitätenpolitik und die Ausplünderung der Länder veranlaßten ihn im Juli 1918 zum Rücktritt. In späteren Jahren trat F. vor allem durch die Übersetzung von Dantes Göttlicher Komödie (1937) und Arbeiten über den Dichter {Dante, postum 1951 ) hervor. m Degener, "1909 F a l k e n h a u s e n , Gotthard Frh. von, Bankier, * 2 0 . 1 . 1 8 9 9 Steinkirchen (Kr. Lübben), t 1. 11.1983 Essen. Der gebürtige Ostpreuße kam 1935 als Filialdirektor der Deutschen Bank nach Essen, wo er 1938 das Bankhaus Burkhardt als Teilhaber übernahm. In den sechziger Jahren leitete er den Bundesverband des Deutschen Bankgewerbes, gehörte zum Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und war Ehrenpräsident der Deutsch-französischen Industrie- und Handelskammer. 1948-68 gehörte er als CDU-Mitglied d e m Rat der Stadt Essen an. F a l k e n h a u s e n , Ludwig (Alexander Friedrich August Philipp) Frh. von, Militär, * 1 3 . 9 . 1 8 4 4 Guben, t 4 . 5 . 1936 Görlitz. F., Sohn eines preuß. Generalleutnants, trat 1862 in die preuß. A r m e e ein und nahm an den Kriegen 1866 und 1 8 7 0 / 7 1 teil. 1899-1902 war er Kommandierender General des XIII. Armeekorps. Als General der Infanterie zur Disposition gestellt, widmete er sich der Militärschriftstellerei (u.a. Ausbildung zum Kriege, 2 Bde., 1902-04). Im Ersten Weltkrieg wurde F. reaktiviert und Befehlshaber eines Ersatzkorps in Lothringen. Nach der Marneschlacht zum Generaloberst befördert - übernahm er die Verteidigung des Gebiets zwischen Metz und den Vogesen, kam 1916 als Oberbefehlshaber der Küstenverteidigung nach Hamburg und wurde 1917 zum Generalgouverneur von Belgien ernannt. F. war der Vater von Friedrich von —> F. CD N D B F a l k e n h a y n , Arthur (Sebastian Georg Anton) von, Staatsbeamter, * 7 . 1 2 . 1857 Burg Belchau (Kr. Graudenz), t 10.9. 1929 Berlin. Der Sohn eines Rittergutsbesitzers und Bruder von Eugen und Erich von —»F. studierte seit 1876 die Rechte in Berlin, Leipzig und Greifswald (an beiden Orten Burschenschaft

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Falkenhayn G e r m a n i a ) und trat d a n n in d e n Justizdienst ein. 1883 w e c h selte er in d i e V e r w a l t u n g s l a u f b a h n . 1887 w u r d e er L a n d rat in Z a b r z e (später H i n d e n b u r g , O b e r s c h l e s i e n ) , 1891 in T a r n o w i t z . D e n streng k o n s e r v a t i v e n , aber fleißigen B e a m ten berief I n n e n m i n i s t e r E b e r h a r d —> R e c k e von der H o r s t 1898 in das Berliner I n n e n m i n i s t e r i u m . Hier w a r F. f ü r d i e K o m m u n a l a u f s i c h t zuständig. D e m Versuch T h e o b a l d von - > B e t h m a n n H o l l w e g s 1910, d a s D r e i k l a s s e n w a h l r e c h t zu r e f o r m i e r e n , stand er a b l e h n e n d g e g e n ü b e r . 1 9 0 8 / 0 9 unterwies er K r o n p r i n z W i l h e l m im Verwaltungsrecht. Seinen B r u d e r beriet er 1914-16 politisch und trat 1915 f ü r einen d e u t s c h d o m i n i e r t e n m i t t e l e u r o p ä i s c h e n S t a a t e n b u n d ein. A l s Ministerialrat i m I n n e n m i n i s t e r i u m bis 1924 tätig, war F. n e b e n a m t l i c h ab 1912 K u r a t o r i u m s v o r s i t z e n d e r der preuß. R e n t e n v e r s i c h e r u n g s a n s t a l t . DO A l t p r e u ß B i o g r , B d 5 F a l k e n h a y n , Erich ( G e o r g A n t o n Sebastian) von, M i litär, * 1 1 . 9 . 1 8 6 1 B u r g B e l c h a u (Kr. T h o r n ) , t 8 . 4 . 1 9 2 2 S c h l o ß L i n d s t e d t bei P o t s d a m . D e r B r u d e r E u g e n und A r t h u r von —»F.s trat 1880 in d i e preuß. A r m e e ein, b e s u c h t e d i e K r i e g s a k a d e m i e , erhielt e i n e t o p o g r a p h i s c h e A u s b i l d u n g und w u r d e 1893 z u m G r o ß e n G e n e r a l s t a b versetzt. 1896 b e g a b er sich in c h i n e s i s c h e D i e n ste, lehrte an der K r i e g s s c h u l e H a n k o w u n d trat n a c h der Errichtung des F l o t t e n s t ü t z p u n k t s K i a u t s c h o u in d e n D i e n s t d e s d e u t s c h e n G o u v e r n e m e n t s . Seit 1899 w i e d e r M i t g l i e d der preuß. A r m e e , e r f a ß t e er d a s P a c h t g e b i e t kartographisch und w u r d e im G e n e r a l s t a b der O s t a s i a t i s c h e n B r i g a d e s o w i e in der vorläufigen R e g i e r u n g in Tientsin eingesetzt. F. g e h ö r t e in den f o l g e n d e n J a h r e n ü b e r w i e g e n d d e m G e n e r a l s t a b an, w u r d e 1913 preuß. K r i e g s m i n i s t e r und 1914 C h e f d e s G e n e ralstabs. I n f o l g e des Kriegs Verlaufs 1914 z u n e h m e n d kritisiert, g a b er 1915 das K r i e g s m i n i s t e r i u m ab u n d w u r d e 1916 auch als C h e f d e s G e n e r a l s t a b s a b b e r u f e n . Er ü b e r n a h m d e n O b e r b e f e h l über d i e 9. A r m e e g e g e n R u m ä n i e n , 1917 ü b e r d i e H e e r e s g r u p p e F im N a h e n O s t e n , w u r d e 1918 e r n e u t abb e r u f e n und w a r bis K r i e g s e n d e als C h e f der 10. A r m e e in W e i ß r u ß l a n d ü b e r w i e g e n d mit V e r w a l t u n g s a u f g a b e n befaßt. 1919 n a h m er seinen A b s c h i e d und w i d m e t e sich d e r N i e d e r schrift seiner E r i n n e r u n g e n (u. a. Die Oberste Heeresleitung 1914-16 in ihren wichtigsten Entschließungen, 1920). m

F a l k e n h e i m , H u g o , Pädiater, * 4 . 9 . 1 8 5 6 P r e u ß i s c h E y l a u , t 2 2 . 9 . 1945 R o c h e s t e r ( N e w York, U S A ) . N a c h d e m S t u d i u m an d e n Universitäten K ö n i g s b e r g und S t r a ß b u r g ( P r o m o t i o n 1881, Zur Lehre von der Nervennaht und der prima intentio nervorum) war F., S o h n eines Arztes und Sanitätsrats, 1 8 8 1 / 8 2 A s s i s t e n t an der Poliklinik, 1882-86 an der M e d i z i n i s c h e n Klinik in K ö n i g s b e r g und habilitierte sich 1885 an d e r dortigen U n i v . f ü r K i n d e r h e i l k u n d e . Seit 1896 a. o. Prof., war er 1921-24 o . P r o f . der Pädiatrie s o w i e bis 1926 D i r e k t o r der K ö n i g s b e r g e r U n i v e r sitäts-Kinderklinik und bis zu seiner E n t l a s s u n g 1933 w e g e n j ü d i s c h e r R e l i g i o n s z u g e h ö r i g k e i t Interner O b e r a r z t der Kind e r a b t e i l u n g d e s S t . - E l i s a b e t h - K r a n k e n h a u s e s . F. w a r stellvertretender Vorstandsvorsitzender der J ü d i s c h e n G e m e i n d e K ö n i g s b e r g . 1941 e m i g r i e r t e er ü b e r S p a n i e n u n d K u b a in die U S A . DD Ä r z t e 2, 3 F a l k e n h o r s t , N i k o l a u s von, bis 1911: J a s t r z e m b s k i , Militär, * 1 7 . 1 . 1885 Breslau, t 1 8 . 6 . 1 9 6 8 H o l z m i n d e n . F., S o h n eines Offiziers, b e s u c h t e d i e Kadettenanstalten in Wahlstatt und B e r l i n - L i c h t e r f e l d e und n a h m a m Ersten Weltkrieg teil, zuletzt als Erster G e n e r a l s t a b s o f f i z i e r der O s t s e e division in F i n n l a n d . 1919-23 w u r d e er i m B a t a i l l o n s s t a b in Liegnitz, 1923-27 im T r u p p e n a m t b e i m R e i c h s w e h r m i n i sterium v e r w e n d e t und w a r 1928-30 B a t a i l l o n s k o m m a n d e u r in K ö n i g s b e r g , 1930-32 S t a b s o f f i z i e r in D r e s d e n , 1933-35 Militârattaché in Prag, 1936-39 B a t a i l l o n s k o m m a n d e u r in Köslin. F. w a r m a ß g e b l i c h an der d e u t s c h e n L a n d u n g in D ä n e m a r k und N o r w e g e n beteiligt u n d w u r d e als G e n e raloberst 1940 W e h r m a c h t s b e f e h l s h a b e r in N o r w e g e n , bis er 1944 nach D i f f e r e n z e n mit d e m R e i c h s k o m m i s s a r Josef —»Terboven a b g e l ö s t w u r d e . 1946 w e g e n der E r s c h i e ß u n g von A n g e h ö r i g e n eines britischen K o m m a n d o t r u p p s z u m Tod verurteilt, w u r d e d a s Urteil später in e i n e H a f t s t r a f e u m g e w a n d e l t und F. 1953 aus g e s u n d h e i t l i c h e n G r ü n d e n entlassen. CD W e i ß

NDB

F a l k e n h a y n , E u g e n von, Militär, * 4 . 9 . 1 8 5 3 B u r g B e l c h a u (Kr. T h o r n ) , t 3. I. 1934 Berlin-Lichterfelde. D e r B r u d e r Erich und A r t h u r von —»F.s trat 1870 in d i e p r e u ß . A r m e e ein, k a m 1883 z u m G r o ß e n G e n e r a l s t a b und w u r d e - seit 1885 H a u p t m a n n - 1887 Militärattache an der D e u t s c h e n B o t s c h a f t in Paris. 1889 w u r d e er M i l i t ä r g o u v e r n e u r des K r o n p r i n z e n und seines B r u d e r s , 1894 e r n e u t M i t glied d e s G r o ß e n G e n e r a l s t a b s . A l s General der Kavallerie ( 1 9 1 0 ) zur D i s p o s i t i o n gestellt, w u r d e F. im Ersten Weltkrieg als F ü h r e r des 22. R e s e r v e k o r p s reaktiviert. Er w a r z e i t w e i s e O b e r h o f m e i s t e r der Kaiserin —> A u g u s t e Viktoria. OD M u n z i n g e r F a l k e n h a y n , Julius Graf von, österr. Politiker, * 2 0 . 2 . 1 8 2 9 Wien, f 12. 1. 1899 Wien. F., S o h n eines k. k. G e n e r a l s der Kavallerie, quittierte 1857 den D i e n s t als aktiver Offizier, betrieb z u n ä c h s t bei Ischl e i n e P a p i e r f a b r i k , ließ sich später in L i n z n i e d e r und w u r d e 1867 L a n d t a g s a b g e o r d n e t e r , 1871 L a n d e s h a u p t m a n n von O b e r ö s t e r r e i c h . Seit 1879 als M i t g l i e d d e s k o n s e r v a tiven Flügel d e s Kabinetts —»Taaffe österr. A c k e r b a u m i nister, behielt er sein Ressort i m K a b i n e t t —>WindischG r a e t z (bis 1895). O b g l e i c h selbst der k o n s e r v a t i v - f ö d e r a listischen Partei n a h e s t e h e n d , unterhielt er e n g e V e r b i n d u n g e n zu den R e f o r m e r n der Christlich-sozialen Partei u m Karl

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von —» Vogelsang, mit deren s t ä n d i s c h e n I d e e n er s y m p a t h i sierte. F. w u r d e 1895 M i t g l i e d des österr. A b g e o r d n e t e n h a u ses; sein A n t r a g auf e i n e straffere G e s c h ä f t s o r d n u n g g i n g als „Lex F a l k e n h a y n " in d i e A n n a l e n ein. Er v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Materielle Studien über das österreichische Budget (1876). CD N D B

F a l k e n s t e i n , A d a m , Orientalist, * 1 7 . 9 . 1906 P l a n e g g bei M ü n c h e n , t 1 5 . 1 0 . 1 9 6 6 Heidelberg. Der S o h n eines K ü f e r s studierte 1925-29 an den Universitäten M ü n c h e n und L e i p z i g Orientalistik, n a h m nach der P r o m o t i o n seit 1930 an d e r G r a b u n g s e x p e d i t i o n i m irakischen U r u k teil, habilitierte sich 1933 f ü r Orientalistik an der U n i v . M ü n c h e n ( A r c h a i s c h e Texte aus Uruk) und hielt dort v o r a l l e m Vorlesungen ü b e r K e i l s c h r i f t f o r s c h u n g . 1937 w u r d e er D o z e n t an der U n i v . Berlin, 1939 M i t g l i e d d e r N S D A P , 1940 a . o . P r o f . der A s s y r i o l o g i e und Arabistik an der U n i v . G ö t t i n g e n . Seit 1942 i m A u s w ä r t i g e n D i e n s t in der T ü r k e i tätig, w a r er 1 9 4 4 / 4 5 in türkischer I n t e r n i e r u n g . 1946 nach G ö t t i n g e n z u r ü c k g e k e h r t , f o l g t e er 1949 e i n e m R u f als O r d i n a r i u s an d i e U n i v . Heidelberg. N e b e n der A r c h ä o l o g i e des Irak, v o r allem den bis 1961 f o r t g e f ü h r t e n A u s g r a b u n g e n in U r u k , b e f a ß t e er sich m i t d e m S u m e r i s c h e n . F. v e r ö f f e n t lichte u . a . Topographie des Uruk (1941), Grammatik der Sprache des Gudeas von Lagas (2 B d e . , 1 9 4 9 / 5 0 ) , Die neusumerischen Gerichtsurkunden (3 B d e . , 1 9 5 6 / 5 7 ) und Das Sumerische (1959). F a l k e n s t e i n , J o h a n n Heinrich von, a u c h F a l c k e n s t e i n , Historiker, * 6. 1 0 . 1 6 8 2 , t 3 . 2 . 1760 S c h w a b a c h . F., d e s s e n Vater als H a u p t m a n n in d ä n i s c h e n D i e n s t e n stand, w u r d e 1714 D i r e k t o r d e r e r n e u e r t e n R i t t e r a k a d e m i e in Erlangen, k o n v e r t i e r t e z u m K a t h o l i z i s m u s und w u r d e 1718

Fallada Wirklicher Hofrat und K a m m e r j u n k e r des Eichstätter Fürstbischofs Johann Anton —> Knebel von Katzenellenbogen. 1730 trat er als Hofrat in die Dienste des Markgrafen —> Karl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach. F. veröffentlichte historiographische Schriften über Thüringen und Erfurt, Brandenburg, Nürnberg und Bayern, darunter Antiquitates Nordgavienses (3 Tie., 1733). Seinen Studien wurde bereits im 18. Jh. die wissenschaftliche und historische Korrektheit abgesprochen. t u ADB F a l k e n s t e i n , K u n o Frh. von, Militär, * 1 2 . 1 2 . 1 8 4 0 Eßlingen, t 6 . 5 . 1899 Straßburg. Seit 1859 Offizier, erregte F. Aufmerksamkeit, als er mit 27 Jahren Hauptmann im Generalstab wurde. 1 8 7 0 / 7 1 im Hauptquartier der württembergischen Felddivision, war er seit 1878 in Preußen und Württemberg tätig und kehrte aus seiner Stellung als Divisionskommandeur in Stettin nach Württemberg als General adjutant des Königs zurück. 1896 wurde er Kommandierender General des XV. Armeekorps in Straßburg. CD A D B F a l k e n s t e i n , (Johann) Paul Frh. von, Staatsmann, * 15.6. 1801 Pegau, t 14.1. 1882 Dresden. Nach rechtswissenschaftlichen Studien an der Univ. Leipzig trat F., Sohn eines sächsischen Majors, in den sächsischen Staatsdienst ein. Als Kreisdirektor in Leipzig (seit 1835) erreichte er u. a. die Verstaatlichung der Eisenbahnen. Seit 1844 sächsischer Innenminister, trat er im M ä r z 1848, reaktionärer Haltung beschuldigt, zurück. 1850 wurde er Präsident des Landeskonsistoriums. 1853-71 war F. sächsischer Kultusminister und 1866-71 sächsischer Ministerpräsident. Er förderte die Univ. Leipzig und ihre wissenschaftlichen Institute, reorganisierte die Lehrerbildung und wirkte bei der Verstaatlichung der Gymnasien mit. CD N D B F a l k m a n n , Christian Friedrich, Pseud. Eusebius Wahrlieb, Lehrer, Schriftsteller, * 2 . 7 . 1 7 8 2 Schötmar (heute zu Bad Salzuflen), t 1 4 . 2 . 1 8 4 4 . Nach dem Theologiestudium an der Univ. Göttingen 1799-1803 wurde F., Sohn eines Amtmanns, Erzieher der beiden Prinzen von Lippe. Seit 1813 war er Prorektor, seit 1834 Rektor des Detmolder G y m n a s i u m s . F. stand mit zahlreichen gelehrten Zeitgenossen in Verbindung, regte seine Schüler - darunter Ferdinand —> Freiligrath und Christian Dietrich - > G r a b b e - zur Beschäftigung mit den Werken —> Schillers und Shakespeares an und schrieb selbst neben sprachdidaktischen Werken (Praktische Rhetorik oder Vollständiges Lehrbuch der deutschen Redekunst, 2 Bde., 1835-39) u . a . Poetische Versuche (1816). CD Westf Autoren, Bd 1 F a l k s o n , Ferdinand, Mediziner, Politiker, Schriftsteller, * 2 0 . 4 . 1 8 2 0 Königsberg, f 3 1 . 8 . 1900 Königsberg. F. studierte 1838-42 Medizin an den Universitäten Königsberg und Berlin (Promotion 1842, Observara quaedam circa cordis valvularum vitia organica) und praktizierte danach als Arzt in seiner Heimatstadt. Nachdem sämtliche preuß. Instanzen die Heirat eines Juden mit einer Christin verboten hatten, ließ sich F. in England trauen. Die Ehe wurde in Ostpreußen zunächst für nichtig erklärt, schließlich jedoch anerkannt. F. veröffentlichte u. a. Emanzipation der Juden und der Denkenden (1845), Gemischte Ehen zwischen Juden und Christen (1845), Giordano Bruno (1846) und Die liberale Bewegung in Königsberg (1840-1848) (1888). Als Königsberger Kommunalpolitiker gehörte er d e m Liberalismus, später der Secession an und war seit 1861 Stadtverordneter, 1861-67 Vorsitzender des Handwerkervereins. Daneben literarisch tätig, schrieb er u . a . Zwei Schweizerfahrten (1883) und Spätsommerliche Reisebilder und Erzählungen (1890). CD Lex dt-jüd Autoren

F a l l , Leo(pold), österr. Komponist, Musiker, * 2 . 2 . 1873 Olmütz, t 16.9. 1925 Wien. Der Sohn eines Militärkapellmeisters und Bruder Richard —>F.s kam nach dem Besuch des Wiener Konservatoriums, an d e m er u. a. Musiktheorie bei Robert und Johann Nepomuk —» Fuchs studierte, 1895 als zweiter Operettenkapellmeister nach Hamburg, anschließend als Sologeiger ans Berliner Metropoltheater. Als seine ersten Opern erfolglos blieben, vollzog sich mit seiner Tätigkeit als Hauskomponist des Berliner Kabaretts „Böse B u b e n " im Berliner Künstlerhaus der Übergang zur Operette. F. widmete sich seit 1906 ausschließlich der Komposition, schaffte 1 9 0 7 / 0 8 mit drei Operetten (Der fidele Bauer, 1907; Die Dollarprinzessin, 1907; Die geschiedene Frau, 1908) den Durchbruch und wurde schließlich mit späteren Werken wie Die Rose von Stambul (1916) und Madame Pompadur (1922) weltweit bekannt. F., dessen Werke von den Nationalsozialisten verboten wurden, zählt neben Franz —> Lehár und Oscar —> Straus zu den bedeutendsten Komponisten der sog. Silbernen Operettenära. DO M G G F a l l , Richard, österr. Kapellmeister, Komponist, * 3 . 4 . 1882 Gewitsch (Mähren), t A n f a n g 1945 Auschwitz. F., Bruder Leo —»F.s, war 1 9 0 8 / 0 9 Kapellmeister in Berlin, 1909 / 1 0 am Johann-Strauß-Theater in Wien und wurde 1916 Erster Kapellmeister am dortigen Apollotheater. Er schrieb zahlreiche Operetten (u. a. Der Wiener Fratz, 1912; Der Weltenbummler, 1915; Die Glocken von Paris, 1927) und Schlager (u. a. Was machst du mit dem Knie, lieber Hans, Wo sind deine Haare, August). Nach dem „Anschluß" Österreichs 1938 emigrierte er über Frankreich nach Hollywood, wo er als Filmkomponist arbeitete. 1943 kehrte er nach Frankreich zurück und wurde E n d e November desselben Jahres von Nizza nach Auschwitz deportiert. Od M G G F a l l a d a , Hans, eigentl. Rudolf Ditzen, Schriftsteller, * 2 1 . 7 . 1893 Greifswald, t 5 . 2 . 1 9 4 7 Berlin. F., Sohn eines Reichsgerichtsrats, besuchte mehrere G y m nasien ohne Abschluß, durchlief seit 1913 eine Ausbildung in der Landwirtschaft und war in verschiedenen landwirtschaftlichen Berufen tätig. Als Alkohol- und Morphiumsüchtiger 1917 und 1919 auf Entzug, wurde er immer wieder rückfällig; Betrugsdelikte brachten ihn 1923 für mehrere Monate, 1926 für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis. Nach seiner Entlassung Gelegenheitsarbeiter, wurde er Lokalreporter in Neumünster und heiratete 1929 die als „ L ä m m c h e n " in seine R o m a n e eingegangene Anna Margarethe Issel. Nach erfolglosen expressionistischen Romanen A n f a n g der zwanziger Jahre wandte er sich sozialkritischen Themen zu und erzielte 1931 seinen ersten großen Erfolg (Bauern, Bonzen und Bomben). Im folgenden Jahr erschien Kleiner Mann, was nun?, ein R o m a n , der binnen kurzer Zeit 35 Auflagen und 20 Auslandsausgaben erfuhr. Vom Ertrag seines Welterfolgs erwarb er ein Landgut in Carwitz bei Feldberg (Mecklenburg), das er bis 1944 bewirtschaftete. N a c h d e m die ersten in der Zeit des Nationalsozialismus erschienenen R o m a n e von der politischen Kritik ablehnend bewertet worden waren und F. 1933 vorübergehend inhaftiert worden war, schrieb er in den folgenden Jahren überwiegend unkritische Unterhaltungsromane (u. a. Der ungeliebte Mann, 1940) und machte teilweise Zugeständnisse an das Propagandaministerium, das etwa im Fall des 1938 erschienenen R o m a n s Der eiserne Gustav erhebliche Änderungen forderte. Nach der Scheidung von seiner Frau 1944 und einem Zwangsaufenthalt in der Landesanstalt Strelitz wegen Mordversuchs an ihr verheiratete er sich 1945 mit der ebenfalls drogenabhängigen Ursula Losch. Nach Kriegsende kurzzeitig Bürgermeister von Feldberg, siedelte er nach Berlin über. Unterstützt von Johannes R. —» Becher, wurde er freier Mitarbeiter der Ostber-

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Fallati liner „Täglichen Rundschau", mußte jedoch schließlich in die Nervenklinik der Berliner Charité eingeliefert werden. Der in seinem Todesjahr erschienene R o m a n Jeder stirbt für sich allein, in dem F. erstmals starke, kämpferische Arbeiter darstellt, markierte eine Anpassung des Autors an politische Gegebenheiten. A u s dem Nachlaß wurde u . a . der in Geheimschrift verfaßte, autobiographisch gestimmte R o m a n Der Trinker (1950) veröffentlicht. CD Killy F a l l a t i , Johannes (Baptist), Staatswissenschaftler, Politiker, * 15.3. 1809 Hamburg, t 5 . 1 0 . 1855 Den Haag. F., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1828 Rechtswissenschaften, Sprachen und Literatur an den Universitäten Tübingen und Heidelberg. 1835 an der Univ. Tübingen zum Dr. jur. utr. promoviert, habilitierte er sich dort 1837 und wurde 1838 a. o., 1842 o . P r o f . der Statistik und der politischen Geschichte und 1850 auch Oberbibliothekar. Politisch gemäßigt-liberal, wurde er 1848 Abgeordneter in der Frankfurter Nationalversammlung, Mitglied des Volkswirtschaftlichen Ausschusses und Unterstaatssekretär im Reichshandelsministerium. F. unterstützte den kleindeutschen Gedanken; er war mit der Einrichtung eines Reichskonsulatswesen und einer statistischen Zentralbehörde sowie der Regelung des Flußschiffahrtswesens befaßt. Er veröffentlichte u . a . Über die sogenannte materielle Tendenz der Gegenwart (1842) und eine Einleitung in die Wissenschaft der Statistik (1843). F. starb während einer Reise an der Cholera. m M a r c o n / Strecker F a l l e n t e r , Franz, auch Fallender, Falleter, schweizer. Maler, * um 1550 Luzern, t 1612 Luzern. Der seit 1570 dokumentierte F. durchlief eine Lehre als Glasmaler in Aarau und Freiburg/Breisgau und ist seit 1575 als Mitglied der Lukas-Bruderschaft in Luzern nachweisbar, w o er 1598 das Bürgerrecht erwarb. Er arbeitete mit Gesellen, bildete Schüler aus und erhielt zahlreiche Aufträge. Als eines seiner bedeutendsten Werke gilt der Glasgemäldezyklus im Kreuzgang des Zisterzienserinnenklosters Rathausen bei Luzern, der 1591-1611 entstand und von dessen 67 Scheiben mindestens 33 aus F.s Hand sind. Er arbeitete häufig nach Rissen anderer Künstler (u.a. Daniel —>Lindtmayer, Christoph —> Murer). F. gilt mit seinen technisch und farblich auf höchstem Niveau stehenden Arbeiten als spätester Glasmaler der schweizer. Kabinettscheibenkunst. CD A K L F a l l e r , Adolf, Anatom, Medizinhistoriker, * 14.3. 1913 Basel, t 16.8. 1989 Freiburg/Breisgau. F., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1933 Philosophie und Biologie an der Univ. Löwen, seit 1934 Medizin in Freiburg/Breisgau, Basel, Berlin und München, wurde 1941 in Basel promoviert (Histochemische Untersuchungen über das Vorkommen von Ascorbinsäure im Hoden und Nebenhoden von Ratten verschiedener Lebensalter), war als Assistent tätig und habilitierte sich 1944 für Anatomie, Histologie und Embryologie (Die fibrillären Strukturen des menschlichen Epikards und ihre Bedeutung für die Verformung des Herzens). 1946 wurde er a . o . P r o f . , 1949 o . P r o f . und Direktor des Anatomischen Instituts der Univ. F r e i b u r g / B r e i s gau. Sein Lehrbuch Der Körper des Menschen (1966) erschien 2004 in 14. Auflage und wurde in viele Sprachen übersetzt. Zu seinen weiteren Werken gehören Die Entwicklung der makroskopisch-anatomischen Präpierkunst von Galen bis zur Neuzeit (1948), Gesundes Geschlechtsleben (mit Franz-Xaver Hornstein, 1949, unter dem Titel Du und ich. Ein Handbuch über Liebe, Geschlecht und Eheleben, 4 1963, span. 1951, holländ. 1957, frz. 1961, italien. 1964, engl. 1964), Der hippokratische Eid, ein Programm für den modernen Arzt (1962), Ausbildung und Aufgabe des Arztes in katholischer Sicht (1965), Wörterbuch der anatomischen Fachbegriffe ( 2 l i 1972, unter d e m Titel Die Fachwörter der

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Anatomie, Histologie und Embryologie. Ableitung und Aussprache, 2 9 1978, begr. von Hermann —»Triepel 1906 unter dem Titel Die anatomischen Namen, ihre Ableitung und ihre Aussprache), Nicolaus Stenonis, Anatom, Geologe und Bischof. Das Abenteuer eines reich bewegten Lebens (1978, mit M a x Bierbaum unter d e m Titel Niels Stensen - Anatom, Geologe und Bischof, 2 1979, 3 1989), Anatomie in Stichworten. Ein Arbeitsbuch für Medizinstudenten und praktische Arzte (1980) und Wertschätzung von Stensens „Discours sur Γ anatomie du cerveau" im Verlaufe von drei Jahrhunderten (1981). F a l l e r , Franz Josef, Industrieller, * 1 8 . 2 . 1 8 2 0 L e n z k i r c h / Schwarzwald, t 2 1 . 5 . 1887 Titisee/Schwarzwald. Als Zwanzigähriger trat F. in die väterliche Handelsgesellschaft und die Strohhutfabrik ein und vergrößerte als Handlungsreisender vor allem in Österreich und Nordamerika den Kundenkreis beider Unternehmen. Er setzte sich erstmals f ü r einen Z u s a m m e n s c h l u ß kleiner industrieller Betriebe im Schwarzwald zu einer Produktionsgenossenschaft ein. 1851 gründete er mit mehreren Teilhabern die „Aktiengesellschaft f ü r Uhrenfabrikation Lenzkirch", eine der ersten Uhrenfabriken des badischen Schwarzwalds, die „Lenzkircher" genannte Wand- und Standuhren produzierte. F.s Bedeutung liegt in der U m w a n d l u n g des ländlichen Lenzkirch mit Handwerkern und Heimarbeitern zu einem industriell entwickelten Wirtschaftsraum. Als Mitglied der badischen Ersten und Zweiten K a m m e r sowie als Reichstagsabgeordneter (1883-87) erwirkte er die verkehrstechnische Erschließung Lenzkirchs. t u NDB F a l l e r , Franz Joseph, Industrieller, * 3 1 . 3 . 1 7 9 7 T o d t n a u / Schwarzwald, t 15.3. 1874 Todtnau. Der Sohn eines Gastwirts gründete 1827 in seiner Heimatstadt eine Zunderfabrik, begann wenig später mit der Bürstenfabrikation und betrieb seit 1847 eine Schleifmühle. Seit 1852 produzierte er in der nach seinem Sohn benannten „Firma Joseph Eduard Faller" Bürsten, Besen und Pinsel in großem U m f a n g . Mit der Mechanisierung der Fabrikation in diesem ältesten Industrieunternehmen seiner Art im Schwarzwald trug F. zur Sicherung der Existenz der Bevölkerung in einem industriell benachteiligten Gebiet bei. DP N D B F a l l m e r a y e r , Jakob Philipp, Historiker, * 10. 12.1790 Pairdorf bei Brixen, t 2 6 . 4 . 1 8 6 1 München. F., Sohn eines Kleinbauern und Tagelöhners, studierte an den Universitäten Landshut und Salzburg u . a . semitische Sprachen, trat 1813 in das bayerische Heer ein, nahm als Offizier an den Befreiungskriegen teil und Schloß seine Studien 1815-17 in Lindau ab. Seit 1818 Lehrer am Augsburger G y m n a s i u m , wechselte er 1821 nach Landshut, wo er seit 1826 Prof. der Universalhistorie und der Philologie war. 1827 mit der preisgekrönten Schrift Geschichte des Kaisertums von Trapezunt als Byzantinist bekannt geworden, bereiste er 1831-34 den Vorderen Orient und wurde nach der Rückkehr wegen seiner politisch liberalen Gesinnung in den Ruhestand versetzt. 1840-42 und 1 8 4 7 / 4 8 unternahm er zwei weitere Orientreisen (Fragmente aus dem Orient, 2 Bde., 1845, Neuausg. 1963). F. war Mitglied der Frankfurter Paulskirche und des Stuttgarter Rumpfparlaments; wegen des politischen Mandats verlor er 1849 die ihm 1848 zuerkannte M ü n c h n e r Geschichtsprofessur. Er publizierte zu politischen Tagesereignissen des Nahen Ostens, Griechenlands und Rußlands vor allem in der Augsburger „Allgemeinen Zeitung" und trat für eine Stärkung des türkischen Staats und Volks gegen den zaristischen Imperialismus ein. Aufsehen erregte seine als graeko-slawische Frage diskutierte T h e s e von der Ausrottung der Griechen und der Neubesiedelung Griechenlands durch die Slawen. c n Killy

Faltz F a l l o n , Ludwig August Frh. von, österr. Kartograph, Militär, * 2 7 . 1 1 . 1776 N a m u r (Österr. Niederlande, heute Belgien), t 4 . 9 . 1 8 2 8 Wien. Der aus flämischem Adel stammende F., Sohn eines Referendars bei den österreichisch-niederländischen Ständen, trat 1796 in das österr. Ingenieurkorps ein. 1809 im Hauptquartier Erzherzog —> Karls, 1813-15 im Hauptquartier Fürst Schwarzenbergs mit fortifikatorischen Arbeiten befaßt, wurde er 1816 Direktor der astronomischtrigonometrischen Landesvermessung und 1825 Chef der Militär-Triangulierungskommission. Unter seiner Leitung wurde die militärische Vermessung großer Teile Österreichs durchgeführt und 1817 die Triangulierung für die Grundsteuerkatasterkarten begonnen. Er gab die neun lithographischen Blätter Das Österreichische Kaisertum mit beträchtlichen Theilen der angrenzenden Staaten (1822) heraus. DP N D B

Sohn Joseph Mitinhaber der Firma (Falter & Sohn); 1827 erfolgte der Verkauf des Verlags an Sebastian Pacher. cd MGG

F a l l o u , Friedrich Albert, Pseud. Friedrich Balduin, Geologe, * 11. 11. 1794 Zörbig bei Dressau, t 6 . 9 . 1 8 7 7 Dietenhain bei Waldheim (Sachsen). Nach d e m Studium der Rechtswissenschaft an der Univ. Leipzig seit 1813 wurde F., Sohn eines Justizamtmanns, 1817 Akzessist beim A m t Rochlitz. 1818-24 war er Rechtsanwalt in Colditz, 1825-33 Stadtschreiber in Waldheim und danach wieder Advokat. Seit 1856 widmete er sich in der Diedenmühle bei Waldheim geologischen Studien. F. veröffentlichte zunächst unter P s e u d o n y m e n historischtopographische Beschreibungen Mitteldeutschlands, befaßte sich später mit d e m sächsischen Granulit-Gebirge, seit 1840 überwiegend mit den Bodenarten in Sachsen und Mitteldeutschland. Durch sein Werk Die Anfangsgründe der Bodenkunde ( 1857, 2 1885) wurde er zum Mitbegründer der wissenschaftlichen Bodenkunde. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Das Zschopauthal in Bezug auf Natur und Kunst, Gegenwart und Vorzeit (1829), Die Ackererden des Königreichs Sachsen, geognostisch untersucht und classificirt (1853, 2 1855) und Pedologie oder allgemeine und besondere Bodenkunde (1862). DO N D B

CD Ö M L

F a l t a , Wilhelm, österr. Mediziner, * 6 . 5 . 1875 Karlsbad, t 1 5 . 7 . 1 9 5 0 Obermarkersdorf (Niederösterreich). F., Sohn eines Goldschmieds, Schloß sein Studium an den Universitäten Prag und Straßburg 1900 mit der Promotion ab und wurde Assistent von Karl H u g o —» Huppert in Prag, 1901-06 von Wilhelm - » H i s in Basel. 1904 habilitierte er sich dort für Innere Medizin, wurde Assistent Carl von —»Noordens (1906) und dessen Nachfolgers Karl Friedrich - > W e n c k e b a c h (1914) in Wien. Seit 1919 a . o . P r o f . , las er über Stoffwechsel- und Ernährungskrankheiten und war daneben 1919-44 Primararzt im Kaiserin-Elisabeth-Spital, nach der Bombardierung im Krankenhaus „Am S t e i n h o f ' in Wien. F. befaßte sich überwiegend mit Stoffwechselkrankheiten, vor allem mit dem Diabetes mellitus. Er veröffentlichte u. a. Die Erkrankungen der Blutdrüsen ( 1913, 2 1928), Kostformen bei Diabetes mellitus nach Wilhelm Falta (1928, 3 1935) und Die Zuckerkrankheit (1936, 4 1953). CD Czeike F a l t e r , Makarius, Verleger, * 2. 1. 1762 Taiskirchen (bayer. Innviertel, heute Oberösterreich), t 2 4 . 9 . 1 8 4 3 München. Der aus einer Lehrer- und Organistenfamilie stammende F. war seit 1786 als Klavierlehrer in München tätig. 1788 erhielt er die Genehmigung f ü r einen Musikalienhandel und eröffnete 1796 seinen M ü n c h n e r Musikverlag. Im selben Jahr kam es zur Zusammenarbeit mit Aloys - > S e n e f e l d e r und Franz Gleißner, deren Resultat die ersten Notenlithographien überhaupt war. Enge Handelsbeziehungen bestanden vor allem mit Gombart in Augsburg, Hoffmeister & Kühnel in Leipzig und Schott in Mainz. 1813 wurde F.s

F a l t i s , Evelyn, österr. Musikerin, Komponistin, * 2 0 . 2 . 1 8 8 7 Trautenau (Böhmen), t 3 . 5 . 1 9 3 7 Wien. F., Tochter eines Großindustriellen, studierte bei Robert —> Fuchs, Eusebius —»Mandyczewski, Richard —>Heuberger und H u g o Reinhold an der Musikakademie in Wien sowie bei Felix —»Draeseke und Eduard —>Reuß Konservatorium in Dresden. Zunächst in Darmstadt und Nürnberg tätig, kam sie 1924 an die Städtische Oper Berlin, wurde Solorepetitorin u . a . bei den Bayreuther Festspielen und war damit die erste Frau in dieser Position. F. komponierte Chorwerke, Lieder mit Klavier, Instrumentalmusik (u.a. Fantastische Sinfonie op 2a; Hamlet, Sinfonische Dichtung op. 2b), Kammermusik sowie Solowerke für Klavier und Orgel, darunter Fantasie und Doppelfuge (mit dem Dies irae) op. 12.

F a l t i s , Franz, österr. Chemiker, * 2 2 . 6 . 1 8 8 5 Frankenmarkt (Oberösterreich), t 1 9 . 2 . 1 9 6 3 Wien. F. studierte C h e m i e an der Univ. Wien (Promotion 1907), wurde Assistent am Ersten Chemischen Universitäts-Laboratorium und habilitierte sich 1919 an der Univ. Wien f ü r organische und anorganische Chemie. 1919 folgte er einer B e r u f u n g als a. o. Prof. der C h e m i e an die Univ. Graz, kehrte 1923 nach Wien zurück und übernahm als Extraordinarius die Leitung des neugegründeten Instituts f ü r Pharmazeutische Chemie. 1941-54 war er Ordinarius in Wien und seit 1945 Mitglied der Wiener A k a d e m i e der Wissenschaften. F. erforschte überwiegend Alkaloide und natürliche Farbstoffe; er begründete u . a . die phylogenetische Betrachtungsweise in der Alkaloidchemie. c d Almanach Öst Akad, Jg. 113 F a l t i s , Johann, österr. Industrieller, * 4 . 6 . 1 7 9 6 Wolsdorf bei Königinhof (Böhmen), t 18.2. 1876 Trautenau (Böhmen). Der Sohn eines Leinenwebers, der es zum erfolgreichen K a u f m a n n gebracht hatte, erwarb im väterlichen Geschäft die Mittel zur Errichtung einer eigenen Leinenmanufaktur und Baumwollweberei in Trautenau (1823). 1832 übernahm er die Direktion der gräflich Harrachschen Leinenmanufaktur in Starkenbach, Janowitz und von deren Warenniederlagen. 1835 errichtete er im niederösterreichischen Pottendorf, 1836 in Jungbuch bei Trautenau mechanische Flachsspinnereien. Werke in Trautenau und Hainitz bei Bautzen folgten 1854 und 1864, später ebensolche im schlesischen Liebau. F. gilt als der Begründer der Flachsgarnspinnerei im Riesengebirge und in ganz Österreich. Er beschäftigte 3200 Arbeiter und Arbeiterinnen; zu seiner Zeit beherrschte er den europäischen Markt. CD N D B F a l t z , Raimund, Medailleur, * 4 . 7 . 1 6 5 8 Stockholm, t 2 1 . 5 . 1 7 0 3 Berlin. F., Sohn eines aus Augsburg stammenden Goldschmieds und schwedischen Hofjuweliers, bildete sich seit 1674 in Schweden zum Goldschmied und Wachsbossierer aus, bereiste seit 1680 Deutschland und erlernte in Augsburg die Stahlgravur. 1683 kam er nach Paris, wo er Schüler der Medaillenkunst bei François Chéron gewesen sein soll und Stempelschneider für die Histoire métallique Ludwigs XIV. war. Nach der Rückkehr nach Schweden 1686 wurde er Medailleur der M ü n z e in Stettin. Seit 1690 war F. Medailleur des Kurfürsten —»Friedrich III. von Brandenburg in Berlin. Er schuf Porträts von Privatpersonen und Personen des öffentlichen Lebens zum Teil mit realistischen (Neubau der Berliner Schleuse, 1694) oder allegorischen Rückenbildern ( W a n d e r n d e r Herkules, 1690). c d A KL

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Falz Falz,

Ernst, Industrieller, * 22. 8 . 1 8 7 0 Idar-Oberstein, t 3 . 1 . 1950 Idar-Oberstein. Der Sohn eines Edelsteinindustriellen und -kaufmanns ging im Auftrag des Lederfabrikanten Carl Simon 1892 nach Indien, lebte mehrere Jahre in Madras, reiste nach Ägypten und suchte in Australien nach den in M o d e g e k o m m e n e n Opalen. Nach seiner Rückkehr trat er 1897 in das väterliche Unternehmen Falz & Hahn ein, industrialisierte den Betrieb und stellte ihn auf den Import von Rohsteinen und weltweiten Handel um. F. veröffentlichte u . a . Von Menschen und edlen Steinen (1937, 3., erw. Aufl. 1990). m NDB F a n c k , Arnold, Regisseur, * 6 . 3 . 1 8 8 9 Frankenthal (Pfalz), t 2 8 . 9 . 1974 Freiburg/Breisgau. F. Schloß 1915 seine naturwissenschaftlichen, vor allem geologischen Studien mit der Promotion an der Univ. Zürich ab, betrieb daneben alpinen Sport und ließ sich zum Photographien ausbilden. Nach dem Ersten Weltkrieg trat er erstmals in der deutschen Filmgeschichte mit Naturfilmen aus der Bergwelt an die Öffentlichkeit. Für seinen ersten Skifilm Das Wunder des Schneeschuhs (1920-22) schrieb er das Textbuch selbst und veröffentlichte es 1925 als Skilehrbuch. F. bildete Kameraleute zu Skifahrern aus und setzte professionelle Skifahrer und Bergsteiger (darunter Luis —»Trenker) als Schauspieler ein. Seine Darstellungstechnik wie seine Vorstellung einer mystischen Natur nahm u . a . seine Schülerin Leni —> Riefenstahl in ihren Filmen auf. In den dreißiger Jahren drehte F. in Grönland, Japan und Südamerika; danach wandte er sich auch d e m Genre des Spielfilms zu. 1973 erschien seine Autobiographie Er führte Regie mit Gletschern, Stürmen und Lawinen. DO B L W

Fankhauser,

Alfred, schweizer. Schriftsteller, Publizist, Maler, * 4. 11. 1890 Herolfingen bei Gysenstein (Kt. Bern), t 2 2 . 2 . 1 9 7 3 Köniz (Kt. Bern). Zunächst Primarlehrer, studierte F., Sohn eines Lohnkäsers, später Geschichte und Psychologie (Promotion 1920) und war von 1920 bis an sein Lebensende Theaterrezensent und Kolumnist der sozialdemokratischen „Berner Tagwacht". In den zwanziger Jahren veröffentlichte er eine Reihe von Romanen, darunter Die Brüder der Flamme (1925, veränderte Neuausg. 1983). In den dreißiger Jahre befaßte er sich hauptsächlich mit Astrologie, galt auf diesem Gebiet bald als Kapazität (u. a. Das wahre Gesicht der Astrologie, 1932, 4., veränderte Aufl. 1980), wandte sich um 1940 wieder der erzählenden Prosa zu und schrieb in erklärter Gegnerschaft zum Nationalsozialismus und dessen Blut-und-BodenLiteratur unchauvinistische, utopistisch-sozialistische Heimatliteratur (u.a. Von Frühling zu Frühling, 1944). F. fand zuletzt kaum noch Verleger und Leser. 1953 gab er resigniert das Schreiben zugunsten der Malerei auf; er hinterließ über 2 0 0 Natur- und Landschaftsgemälde. CD Killy

Fanselau,

Gerhard Rudolf, Geomagnetiker, * 3 0 . 4 . 1 9 0 4 Leipzig, t 2 8 . 4 . 1 9 8 2 Potsdam. F., Sohn eines Postbeamten, studierte seit 1922 Physik an der Univ. Berlin, wurde 1927 promoviert (Einige Beiträge zur Theorie der Strömungslehre und deren Anwendung in der Radiometertheorie) und war anschließend als wissenschaftlicher Angestellter am Preußischen Meteorologischen Institut und am Magnetischen Observatorium in PotsdamSeddin beschäftigt. 1933 wurde F. Leiter des Observatoriums für Erdmagnetismus in Niemegk und habilitierte sich 1935 an der Univ. Berlin. 1950 zum Prof. an der HumboldtUniv. Berlin ernannt, leitete er das Geophysikalische Institut und wurde 1954 o. Prof. für allgemeine Geophysik an der Univ. Leipzig. F. war maßgeblich an der Entdeckung der Induktionsanomalien im Erdkörper und an der magnetischen Landesvermessung der D D R beteiligt und entwickelte die „Fanselau-Spule" und die magnetische Feldwaage. F. war

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Mitglied mehrerer in- und ausländischer wissenschaftlicher Gesellschaften, seit 1964 der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. Er verfaßte ca. 2 0 0 wissenschaftliche Publikationen und war Mitherausgeber von „Gerlands Beträgen zur Geophysik". Cd D D R F a n t i , Gaetano, auch Ercole Antonio Gaetano, Giovanni Gaetano, Maler, * 1687 oder 1688 Bologna, t 2 7 . 9 . 1759 oder 1760 Wien. F. erhielt vermutlich durch Vermittlung seines seit 1709 in österr. Diensten stehenden Schwiegervaters und Lehrers Marcantonio Chiarini 1715 eine B e r u f u n g Prinz —» Eugens nach Wien; nach neueren Angaben kam er vielleicht erst 1718 in die Stadt. In Österreich führte er als Architekturmaler die U m r a h m u n g vieler Barockfresken aus und arbeitete mit Chiarini 1716 am Unteren Belvedere und im selben Jahr mit Johann Michael —»Rottmayr im Stift Melk. 1721 ist er am Oberen Belvedere in Wien, 1722 im Schloß Mirabell in Salzburg nachgewiesen. Die Arbeitsgemeinschaft mit Rottmayr bestand u . a . bei den Fresken in der Wiener Karlskirche und der Stiftskirche Klosterneuburg (1725-30), gemeinsam mit Paul —>Troger war er 1 7 3 1 / 3 2 und 1 7 4 4 / 4 5 in Kloster Melk tätig. m AKL

Farau,

Alfred, bis um 1940 Fred Hernfeld, Psychiater, Schriftsteller, * 10. 12.1904 Wien, f 14. 11. 1972 N e w York. Als Student der Literaturwissenschaft, Philosophie und Pädagogik war F., Sohn eines städtischen Oberlehrers und Fürsorgerats der Stadt Wien, seit 1925 einer der frühesten Schüler und Mitarbeiter Alfred —> Adlers. In den dreißiger Jahren lehrte er an der Wiener Volkshochschule und am Schubert-Konservatorium, praktizierte zeitweise als Psychotherapeut und war Herausgeber verschiedener Zeitschriften (u.a. „Die Heilkunde"). 1930 gründete er eine Organisation von Künstlern und Schriftstellern („Junge Kunst"), der er bis 1938 vorstand. F. wurde 1938 ins Konzentrationslager Dachau verschleppt, floh nach seiner Freilassung 1939 über Italien in die U S A , brachte sich mit Gelegenheitsarbeiten durch und war als Dozent tätig. 1943 nahm er seine Arbeit als Therapeut wieder auf und erhielt 1949 eine Stellung am Alfred Adler Consulting Center New York, 1950 am Alfred Adler Institute of Individual Psychology. F. gehörte zu den Mitbegründern der American Society of Adlerian Psychology und war führendes Mitglied des „Österreichischen F o r u m s " im Alfred-Adler-Institut in N e w York. 1963 lehrte er an der Univ. Agra (Indien). Er veröffentlichte u. a. Der Einfluß der österreichischen Tiefenpsychologie auf die amerikanische Psychologie der Gegenwart (1952); er schrieb Hörspiele, Kinderbücher und Gedichte, darunter Wo ist die Jugend, die ich rufe? (1946). CD Lex dt-jüd Autoren

Farbstein,

David, schweizer. Jurist, Politiker, * 12.8. 1868 Warschau, t 1 8 . 4 . 1 9 5 3 Zürich. F. studierte seit 1892 Rechtswissenschaften an den Universitäten Berlin, Bern und Zürich (Promotion 1896), ließ sich nach d e m Erwerb der schweizer. Staatsbürgerschaft 1897 als Rechtsanwalt in Zürich nieder und wurde Mitglied der Sozialdemokratischen Partei. Als enger Mitarbeiter Theodor —>Herzls war er an der Organisation des Ersten zionistischen Weltkongresses 1897 beteiligt. 1902 wurde er Zürcher Kantonsrat, 1904 Gemeinderat und war 1922-38 Nationalrat. F. trat für die nach 1905 vor Pogromen in die Schweiz geflüchteten Juden Osteuropas und für ihre Integration in schweizer, jüdische Organisationen wie des B ' n a i B'rith ein. Nach der Gründung des Staates Israel 1948 propagierte er die Einführung demokratischer Institutionen nach schweizer. Vorbild (u. a. Referendum und Initiative). F. veröffentlichte u. a. Der Zionismus und die Judenfrage (1898). DD H L S

Farkas Fardely,

William, Ingenieur, * 1 6 . 2 . 1 8 1 0 Ripon (Grafschaft York), t 2 6 . 6 . 1 8 6 9 Mannheim. Der Sohn eines aus England stammenden Sprachlehrers lebte seit 1820 in Mannheim. 1840-42 studierte er in London den Einsatz der Telegraphen von C o o k e und Wheatstone im Eisenbahndienst. Nach seiner Rückkehr entwickelte er einen Zeigertelegraphen, der 1844 bei der Taunusbahn, 1 8 4 6 / 4 7 bei der Sächsisch-Schlesischen und der SächsischBayerischen Eisenbahn zum Einsatz kam. Er führte auf d e m Kontinent die Erdung des Stroms ein und leitete den Bau der Telegraphenleitung von Neunkirchen nach Ludwigshafen 1851. F. gilt als einer der Wegbereiter der elektrischen Télégraphié; er war u. a. an der Entwicklung der Relaisübertragung beteiligt. Er veröffentlichte u. a. Der electrische Telegraph (1844) und Der Zeigertelegraph für den Eisenbahndienst (1856). CD N D B F a r e n s b a c h , Jürgen, auch Georg F., Söldnerführer, * 1552 Estland, t 1 5 . 5 . 1 6 0 2 bei Fellin. Aus rheinischer Familie stammend, stand F. seit seiner Jugend in französischem und östenr. Kriegsdienst, war 1572 auf russischer Seite an der Schlacht gegen die Tataren an der Oka beteiligt, trat in dänische Dienste und wurde nach Danzig entsandt. 1577 übernahm er den Oberbefehl über die Danziger Söldner und verteidigte die Festung Weichselmünde. Später dänischer Statthalter in Ösel und Söldnerführer Stephan Bathorys im Krieg gegen Rußland, erhielt er von diesem die Woiwodschaft Wenden und die livländische Burg Karkus. F. führte im Polnisch-Schwedischen Erbfolgekrieg die polnische Expedition nach Schweden und leitete später die Verteidigung Rigas. Der Vater Wolmar —>F.s starb beim Sturm auf Fellin. OD Altpreuß Biogr, Bd 1

Farensbach,

Wolmar, auch Woldemar F., Söldnerführer, * 9 . 2 . 1 5 8 6 Schloß Neuenburg (Kurland), t 11.5. 1633 Regensburg. Der Sohn Jürgen —>F.s war vierzehnjährig bereits Kapitän in Warschau und k ä m p f t e gemeinsam mit d e m Vater gegen Schweden. 1608 wurde er K o m m a n d a n t von Riga, 1611 Mitglied der Schlichtungskommission zwischen Herzog Wilhelm von Kurland und den Noldes sowie Gouverneur von Livland. Seit 1615 führte er Verhandlungen mit Schweden u m die von ihm geplante Staatsgründung, stand seit 1616 als Gubernator des abgesetzten kurländischen Herzogs in dessen Diensten und begab sich abwechselnd in polnische und schwedische Abhängigkeit. 1617 aus Kurland verdrängt, versuchte er, sich zum Herrn über Riga zu machen, lebte als Söldnerführer und Abenteurer in Livland und Polen und geriet 1620 an der Moldau in türkische Gefangenschaft. Nach der Entlassung 1623 abwechselnd in den Diensten Siebenbürgens, Venedigs, Frankreichs, des Kaisers und Schwedens, wurde er wegen Verrats inhaftiert, zum Tod verurteilt und schließlich enthauptet. CD N D B F a r i n a , Carlo, auch Farino, Farini, Musiker, Komponist, * um 1600 Mantua, t um 1640 Italien (?). F. war einer der ersten italienischen Geiger, die in Deutschland tätig waren; 1625-29 ist er als Konzertmeister von Heinrich —> Schütz, durch dessen Vermittlung er nach Sachsen kam, in Dresden nachweisbar. 1627 hielt er sich in Torgau auf, wo seine Torgauer Gagliarde, die er zur Vermählung der sächsischen Prinzessin Sophie Eleonore komponierte, aufgeführt wurde. F. war in Sachsen als Virtuose, Lehrer und Komponist gleichermaßen geschätzt; seine Lebensspur findet sich erst 1637 wieder als Violinist der Danziger Ratsmusik. Seine virtuosen, traditionellen wie modischen Tanzsätze wirkten auf verschiedene nord- und mitteldeutsche K o m p o nisten, darunter Johann Jakob —> Walther und Johann Paul Westhoff. DP M G G

F a r i n a , Johann Anton, Fabrikant, * 1718, t 2 1 . 4 . 1 7 8 7 . F., ein N e f f e Johann Maria —» F.s, heiratete eine Nichte von Johann Paul —> Feminis, der als der Begründer des Eau de Cologne gilt, und konnte 1768 in Köln u . a . mit d e m Erbe seines Onkels ein Haus erwerben. Er nannte es „Zur Stadt Mailand", handelte mit Feinkost, Pretiosen und Bijouteriewaren; zunächst als Nebenerwerb, später als Hauptgeschäftszweig, stellte er Kölnisch Wasser her. Wie sein Onkel und dessen Nachfolger gab auch er an, in der Nachfolge Feminis zu produzieren. F. warb erstmals mit Zeitungsinseraten und verhalf damit d e m Produkt Kölnisch Wasser zu weiterer Verbreitung. c d NDB F a r i n a , Johann Maria, Fabrikant, * 1685 Santa Maria Maggiore bei Mailand, t 1766. F. wanderte mit seinen drei Brüdern A n f a n g des 18. Jh. von Norditalien nach Köln aus, w o bereits ein Verwandter, Johann Paul —> Feminis, Geschäftsmann war. 1709 erscheint F. erstmals als selbständiger K a u f m a n n , handelte mindestens seit 1714 mit einer wohlriechenden, aus pflanzlichen Stoffen gewonnenen Essenz, die er Aqua Mirabilis, später Eau Mirable und schließlich eau de Cologne nannte. Zeitgleich stellten auch Feminis sowie sein nach Dusseldorf gezogener Bruder, der Vater Johann Anton —>F.s, ein ähnliches Produkt her, dessen Rezept nach der Familiensage von einem orientalischen Mönch stammte. F., der unverheiratet blieb, setzte zwei seiner Neffen als Erben ein. CD N D B F a r i n a , Johann Maria, Fabrikant, * 2 2 . 8 . 1 8 0 9 Köln, t 11.10. 1880 Köln. F., Urenkel eines der vier aus Norditalien eingewanderten Brüder F., wurde von der Familie nach einer kaufmännischen Ausbildung auf Reisen geschickt und lebte längere Zeit in England. 1841 übernahm er die Geschäftsführung der Kölnisch Wasser produzierenden Firma „Johann Maria Farina gegenüber dem Jülichplatz" und entwickelte aus dem sieben Angestellte beschäftigenden Produktionsbetrieb ein industrielles Unternehmen. Das Produkt wurde nun nicht mehr vorwiegend direkt an die Verbraucher, sondern über Händler und Vertreter verkauft. Während sich 1820 f ü n f zig registrierte Nachahmer des Namens Farina für ihre d e m Kölnisch Wasser ähnlichen Essenzen bedienten, gelang es F., die sogenannten „Pseudo-Farinas" großenteils vom Markt zu drängen. Er erhielt mehrere Hoflieferantentitel und Auszeichnungen. c d NDB F a r k a s , Julius (Gyula) von, österr. Finno-Ugrist, * 2 7 . 9 . 1894 Eisenstadt, t 1 2 . 7 . 1 9 5 8 Göttingen. F. begann 1912 an der Univ. Budapest das Studium der Deutschen, Ungarischen und Romanischen Philologie, das er nach Kriegsdienst und -gefangenschaft 1919 mit der Promotion beendete. Seit 1921 Lektor für Ungarisch an der Univ. Berlin, seit 1925 an der Univ. Budapest, kehrte er 1928 als a. o . P r o f . der ungarischen Sprache und Literatur nach Berlin zurück, wo er Direktor des Ungarischen Instituts der Univ. und Kurator des Collegium Hungaricum wurde. Seit 1932 Ordinarius, ging er 1947 an die Univ. Göttingen, an der er 1953 o . P r o f . der Finnisch-ugrischen Philologie wurde. Unter anderem durch die Neubearbeitung und Herausgabe ungarischer Handschriften (Der Münchner Kodex. Ein ungarisches Sprachdenkmal aus dem Jahre 1466, postum 1958) machte sich F. um die finnisch-ugrische Sprachwissenschaft verdient. Er veröffentlichte u. a. Geschichte der ungarischen Literatur (1933), Die ungarische Kultur (1938) und Samuel Gyarmathi und die finnisch-ugrische Sprachvergleichung (1948). Seit 1956 gehörte F. der Finnischen A k a d e m i e der Wissenschaften, seit 1957 der Göttinger Akademie der Wissenschaften an. c d Jb AWG Übergangsband 1944-60

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Farkas F a r k a s , Karl, urkundlich Carl F., österr. Schauspieler, Kabarettist, Regisseur, Theaterdirektor, Schriftsteller, * 2 8 . 1 0 . 1893 Wien, | 1 6 . 5 . 1 9 7 1 Wien. F., Sohn eines Schuhfabrikanten, studierte nach einer kaufmännischen Ausbildung Schauspiel in Wien und war in Olmütz, Mährisch-Ostrau und Linz engagiert. Seit 1920 wieder in Wien, war er zunächst Schauspieler und Regisseur an der „Neuen B ü h n e " und wurde später von Egon Dorn an das 1912 gegründete Kabarett „Simpl" geholt, an dem er erst als Schnelldichter, dann als Stückeschreiber und Darsteller tätig war. Bekannt wurde er vor allem mit einer Doppelconterence mit Fritz —» Grünbaum. F. war seit 1927 künstlerischer Leiter des Kabaretts, 1924-31 zusammen mit Grünbaum Direktor des Wiener Stadttheaters, gab Gastspiele an verschiedenen Wiener Theatern und schrieb erfolgreiche Revuen, Operetten und Drehbücher. 1938 emigriert, lebte er in Prag, Paris und seit 1941 in den U S A , kehrte 1946 nach Wien zurück und war für mehrere Rundfunk-, später auch Fernsehsender tätig. 1950 reorganisierte F. den „Simpl" neu und feierte Triumphe als Kabarettist, Autor und Regisseur. Neben zahlreichen Schlagertexten ( u . a . Wenn die Elisabeth...) und Libretti für mehr als 30 Revuen und Operetten (vertont u. a. von Ralph —»Benatzky und Robert —> Katscher) schrieb er Prosa und Gedichte, u . a . Zurück ins Morgen (1944). 1965 erhielt F. den Professorentitel. c a Exiltheater F a r n e r , Konrad, schweizer. Kunsthistoriker, Philosoph, * 1 1 . 7 . 1 9 0 3 Luzern, t 1 0 . 4 . 1 9 7 4 Thalwil (Kt. Zürich). F., Sohn eines Geometers, studierte 1922-24 Kunstgeschichte und Geschichte an mehreren deutschen Universitäten. 1924-36 war er u . a . als Antiquar und Mitarbeiter an Museen in Florenz, Leipzig, Basel und Luzern tätig, studierte Politologie, Geschichte, Literatur, Philosophie und Theologie an der Univ. Basel und war nach der Promotion (mit einer Arbeit über —>Zwingli) 1941 Verlagslektor, Herausgeber und freier Schriftsteller. F., der schon 1923 in die Kommunistische Partei eingetreten war, befaßte sich mit der Ästhetik des Marxismus, galt als führender kommunistischer Kunstexperte und bemühte sich u m einen Dialog zwischen Christen und Marxisten (Fragen und Frager. Christ und Marxist heute, 1958). Während der Zeit des Kalten Kriegs Ziel öffentlicher Aggressionen, trat er nach d e m Einmarsch sowjetischer Truppen in die Tschechoslowakei aus der Kommunistischen Partei aus. 1972 erteilte ihm die Univ. Zürich einen Lehrauftrag. In seinen kunsthistorischen Studien befaßte sich F. u. a. mit Goya, John —» Heartfield und Hans Erni (1943). Zu seinen Veröffentlichungen zählen Hans Emi, ein Maler unserer Zeit (1945), Christentum und Eigentum bis Thomas von Aquin (1947) und Der Aufstand der Abstrakt-Konkreten. Zur Kunstgeschichte der spätbürgerlichen Zeit (1960). CD Killy F a r n e r , Oskar, schweizer, reformierter Theologe, * 2 2 . 9 . 1886 Oberstammheim (Kt. Zürich), t 1 6 . 7 . 1 9 5 8 Zürich. Nach d e m Theologiestudium in Basel, Marburg, Berlin und Zürich wurde F. 1908 als Nachfolger seines Vaters zum Pfarrer in S t a m m h e i m gewählt. 1931 übernahm er die Pfarrei in Zollikon, 1937-50 die des Großmünsters in Zürich. Von 1947 bis 1950 war er Präsident des Zürcher Kirchenrats. Schon früh begann er, sich mit Person und Werk Ulrich —> Zwingiis wissenschaftlich zu beschäftigen, und wurde im Lauf seines Lebens zu einem der führenden Zwingli-Forscher seiner Generation. Seit 1920 wirkte er maßgeblich an der kritischen Zwingli-Ausgabe mit. F. war mehrfacher Ehrendoktor und seit 1939 Titularprofessor der Kirchengeschichte an der Univ. Zürich. Sein Hauptwerk ist die vierbändige Biographie Huldrych Zwingli (seit 1943), deren letzter Band postum 1960 erschienen ist. CD H L S

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F a r n y , Oskar, Landwirt, Verbandsfunktionär, Politiker, * 9 . 4 . 1891 Dürren (Kr. Ravensburg), t 1 9 . 6 . 1 9 8 3 Argenbühl (Kr. Ravensburg). F., Sohn eines Gutsbesitzers, studierte 1911-13 in Tübingen Rechtswissenschaft und übernahm nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg die Verwaltung des elterlichen Guts mit Brauerei in Dürren. 1919-33 Mitglied der Zentrumspartei, gehörte er 1920/21 dem württembergischen Landtag, 1930-33 der Zentrumsfraktion des Reichstags an. 1933 wechselte F. als Hospitant zur NSDAP-Fraktion, legte am 2 6 . 6 . 1 9 3 3 sein Mandat nieder und wurde im selben Jahr von der N S D A P erneut zum Hospitanten ernannt. Seine Mitgliedschaft im Reichstag 1933-45 stellte er selbst als „Zwangseinweisung" dar. 1933-45 war er Leiter der Fachgruppe Milchindustrie und Reichsfachschaftsleiter der Schmelzkäseherstellung im Reichsnährstand und gehörte bis 1937 d e m Verwaltungsrat der Deutschen Milchwirtschaft an. 1939 als M a j o r reaktiviert, wurde er 1942 Oberstleutnant. 1941-45 war er Stabschef beim K o m m a n d e u r für Kriegsgefangenenwesen in Stuttgart. Seit 1945 Vizepräsident des Zentralernährungsausschusses der Französischen Besatzungszone, wurde F. 1946 als „entlastet" eingestuft und gehörte seit 1949 Vorständen und Aufsichtsräten zahlreicher berufsständischer Vereinigungen, Banken und Firmen an. 1949 wurde er Präsident des Milchwirtschaftlichen Vereins Württemberg, 1954 Präsident des Verbandes der deutschen Milchwirtschaft. 1952 erfolgte die A u f n a h m e in die C D U und die Wahl in die Verfassunggebende Nationalversammlung von Baden-Württemberg. 1953 wurde F. für die C D U Mitglied des Bundestags, gab sein Mandat wenige Tage später zurück und war 1953-60 württembergischer Minister für Bundesangelegenheiten. 1954-69 amtierte er als Präsident des Württembergischen Landesverbandes landwirtschaftlicher Genossenschaften - Raiffeisen e. V. und war Mitglied des Präsidiums, später Präsident des Deutschen Raiffeisen-Verbandes. t u MdB F a r s k y , Franz (Frantisek), Chemiker, * 1 6 . 2 . 1 8 4 6 Ruppersdorf, t 23. 1.1927 Prag. F. studierte an der T H Prag, wurde 1870 Assistent am tschechischen Polytechnikum in Prag und kam 1872 als Chemielehrer an die Oberrealschule in Rakonitz. 1873 wurde er als Prof. der Chemie, Agrikulturchemie und Technologie an die Höhere Landwirtschaftliche Lehranstalt in Tábor berufen, w o er 1875 Vorstand der Versuchsstation und 1876-1909 Direktor der Landwirtschaftlichen Akademie war. F. wurde 1896 korrespondierendes Mitglied der Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften. Er publizierte in tschechischer und deutscher Sprache, u . a . Resultate zweijähriger Vegetations-Versuche in künstlichen Nährstoff-Lösungen und im natürlichen Boden, durchgeführt im Vegetationshause der höheren landwirtschaftlichen Lehranstalt in Tabor (1879), Die ersten Stände zweier Runkelrüben-Fliegen (1879) und Die gegenwärtigen Milchcentrifugen (1887). CD Poggendorff 3-4 F a r w i c k , Wilhelm, Kommunalbeamter, * 2 4 . 4 . 1863 Lüdinghausen (Westfalen), t 27. 10.1942 Aachen. Der Sohn eines Gutsbesitzers studierte seit 1882 in Berlin, München und Bonn (dort kath. Studentenverbindung A r m i nia) Jura. Als Gerichtsassessor wechselte er 1892 in den Kommunaldienst. 1894 wurde er Bürgermeister von Steele/ Ruhr, 1898 Zweiter Bürgermeister von Münster, 1906 Zweiter Bürgermeister von Köln. Seit 1909 war er im Vorstand des dortigen S c h a a f h a u s e n ' s e h e n Bankvereins tätig, ehe er Anhänger der Zentrumspartei - 1916 zum Oberbürgermeister von Aachen gewählt wurde, ein A m t das er bis 1928 innehatte. F. gehörte als Vertreter Aachens 1 9 1 7 / 1 8 dem Preußischen Herrenhaus, 1 9 1 9 / 2 0 der Weimarer National-

Faßbender Versammlung und 1928-32 d e m Preußischen Landtag an. 1924 war er Vorsitzender des Deutschen Katholikentags in Hannover. DP R o m e y k

Farwick,

Wilhelm Anton, Schriftsteller, * 8 . 8 . 1780 Ennigerloh (Westfalen), t 19.4. 1855 Lippborg. F. war zeitweise Lehrer in Herzfeld und kam später als Hauslehrer einer adligen Familie nach Huxdinck bei Beckum. Er veröffentlichte neben einem Nützlichen Hülfsbüchlein, um der schädlichen Vergessenheit der Regeln des Lesens, Schönund Rechtschreibens, der Verfertigung schriftlicher Aufsätze, wie auch des Rechnens vorzubeugen (2 Tie., 1808-23, 6 1827) mehrere moralisierend-belehrende Erzählungen für Kinder und Jugendliche, u . a . Die Zerstörung Jerusalems durch Titus. Für die fähigere Jugend zur Belehrung und Bildung (1840). DD Westf Autoren, Bd 1 F a s c h , Carl (Friedrich Christian), Kapellmeister, Musiker, Komponist, * 1 8 . 1 1 . 1 7 3 6 Zerbst, t 3 . 8 . 1 8 0 0 Berlin. Der Sohn von Johann Friedrich —»F. erhielt seine Ausbildung durch den Vater, war seit 1750 Schüler von Johann Wilhelm —» Hertel in Strelitz und wurde 1756 von König —> Friedrich II. neben Carl Philipp Emanuel —»Bach als zweiter Hofcembalist nach Potsdam berufen. Als 1758 Berlin durch russische Truppen bedroht wurde, floh F. mit C. P. E. Bach nach Zerbst. Nach d e m Tod Johann Friedrich - > Agrícolas leitete er 1774-76 die kgl. preuß. Oper. F.s Bedeutung liegt in der Gründung der Berliner Singakademie 1791, mit der er d e m bürgerlichen Chorgesang einen starken A u f s c h w u n g gab. F. verbrannte die meisten seiner Kompositionen vor seinem Tod und stand nur zu wenigen Werken wie der Messe für vier vierstimmige Chöre (1783-88). Mit der Singakademie, die nach seinem Tod von seinem Schüler Carl Friedrich —» Zelter geleitet wurde, gilt er als Wegbereiter der Bach-Renaissance nach 1800. t u MGG F a s c h , Johann Friedrich, Kapellmeister, Komponist, * 1 5 . 4 . 1 6 8 8 Buttelstedt bei Weimar, t 5 . 1 2 . 1 7 5 8 Zerbst. F., Sohn eines Gymnasialrektors, war Kapellknabe in der Weißenfelser Hofkapelle, kam 1701 als einer der ersten Schüler Johann —> Kuhnaus in das Alumnat der Leipziger Thomasschule und studierte seit 1708 an der dortigen Universität Theologie und Rechtswissenschaft; gemeinsam mit dem von ihm begründeten Collegium musicum wurde er Weihnachten 1710 mit der Kirchenmusik in der Universitätskirche betraut. 1711 schrieb er im Auftrag Moritz Wilhelms von Sachsen-Zeitz die (verschollene) Oper Clomire, reiste 1 7 1 2 / 1 3 nach Darmstadt, u m sich bei Christoph —> Graupner in Komposition unterrichten zu lassen, und wurde nach seiner Rückkehr 1715 Sekretär und Kammerschreiber in Gera. F. war 1719-21 Organist und Stadtschreiber in Greiz, trat 1721 in den Dienst des Grafen Wenzel Morzin in Lukaveö in B ö h m e n und wurde 1722 H o f k a pellmeister in Zerbst, wo sich während seiner Amtszeit ein reges musikalisches Leben entfaltete. Der Vater von Carl —> F. komponierte Kirchenmusik, Konzerte, Ouvertüren und Symphonien, darunter mehrere, z u m Teil doppelte Kantatenjahrgänge. CP M G G

wurde nach Greifswald strafversetzt, weil er gegen die Dominanz der S E D protestiert hatte. 1954 wurde er Prof. an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Univ. Berlin und sorgte bis zu seiner Emeritierung 1964 als Dekan für die Erhaltung eines theologischen Pluralismus. Er publizierte u . a . Sokrates und Christus (1959) und Das Evangelium nach Johannes (1978). m DDR

Faselius,

Johann Friedrich, Gerichtsmediziner, * 2 4 . 6 . 1721 Berka (Thüringen), t 16.2. 1767 Jena. F. Schloß das Studium an der Univ. Jena 1751 mit der Promotion ab (De sanguinis in venam portarum ingesti vera natura) und wurde dort 1758 a. o., 1761 o.Professor. Er beschäftigte sich überwiegend mit Gerichtsmedizin, verfaßte akademische Gelegenheitsschriften und gab einschlägige Arbeiten anderer Wissenschaftler neu heraus. F. verfaßte u. a. das forensische C o m p e n d i u m Elementa medicinae forensis accomodata (postum 1761) und Gerichtliche Arzeneygelahrtheit (postum 1768, 2 1770). m ADB

Faßbaender,

Peter, Dirigent, Komponist, * 2 8 . 1 . 1869 Aachen, t 2 7 . 2 . 1920 Zürich. F. war Schüler des Kölner Konservatoriums und dirigierte seit 1890 den Sängerverein „Harmonie" und einen Instrumentalmusikverein in Saarbrücken. 1895 wurde er Städtischer Musikdirektor sowie Leiter der Symphoniekonzerte und der Musikschule in Luzern, erhielt dort 1906 das Bürgerrecht und wechselte 1911 als Dirigent des Männerchors „ H a r m o n i e " nach Zürich. F. komponierte Opern, Messen, Symphonien, K a m m e r m u s i k und Chorsätze, darunter Der Freiheit Erwachen, für Männerchor und Orchester. CP Refardt

Fassbender,

Heinrich (Konrad Friedrich), Physiker, * 2 3 . 6 . 1884 F r a n k f u r t / M a i n , t 14.1. 1970 Erlangen. F. studierte an der T H Darmstadt und an den Universitäten Berlin und Marburg, wurde 1907 mit der Arbeit Einfluß der stillen Entladung auf explosive Gasgemische promoviert, habilitierte sich 1914 in Berlin und folgte 1922 einer B e r u f u n g der argentinischen Univ. La Plata als o . P r o f . und Direktor der Abteilung f ü r Elektrotechnik und Maschinenbau. 1926 kehrte er als Leiter der Abteilung Funkwesen an der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt nach Berlin zurück (bis 1935). 1931 wurde er a . o . , 1935 o . P r o f . und Vorstand des Instituts für Elektrische Schwingungslehre und Hochfrequenztechnik an der T H Berlin. 1937 übernahm er zusätzlich die Leitung des Heinrich-Hertz-Instituts f ü r Schwingungsforschung in Berlin und wurde 1941 Direktor des Vierjahresplan-Instituts f ü r Schwingungsforschung, 1943 Mitglied des Wissenschaftlichen Führungsstabs der Kriegsmarine. Nach 1945 behielt er nur noch sein Lehramt und wurde 1949 emeritiert. F. legte 1 9 1 8 / 1 9 gemeinsam mit Erich Habann neue Forschungsergebnisse zur Trägerstromtechnik vor. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Die technischen Grundlagen der Elektromedizin (1916), Hochfrequenztechnik in der Luftfahrt (1932) und Einführung in die Meßtechnik der Kernstrahlung und die Anwendung der Radioisotope (1958). Er gab mehrere Periodika heraus, u . a . „Physik in Technik und Gegenwart" (1937-47).

Fascher,

Erich, evang. Theologe, * 1 4 . 1 2 . 1 8 9 7 Göttingen, t 2 3 . 7 . 1 9 7 8 Potsdam. Nach d e m Studium der Theologie, der Promotion 1924 und der Habilitation an der Univ. Göttingen war F. Privatdozent in Marburg und folgte 1930 einem Rud als Prof. für Neues Testament an die Univ. Jena. 1937 wurde er nach Halle versetzt, weil er —»Rosenbergs Mythus des 20. Jahrhunderts kritisiert hatte. 1945 gehörte F. zu den Gründern der C D U in Halle, war Fraktionsvorsitzender im Landtag und 1946 zunächst stellvertretender, seit 1948 erster Vorsitzender des CDU-Landesverbandes Sachsen-Anhalt und Mitglied im CDU-Hauptvorstand. 1950 verlor er alle Parteiämter und

tu

Poggendorff 5 - 6

Faßbender,

Joseph, Maler, Graphiker, * 1 4 . 4 . 1 9 0 3 Köln, t 5. 1. 1974 Köln. F. durchlief eine Bäckerlehre, erhielt an der Abendschule eine Kunstausbildung und studierte 1926-28 bei Richard —»Seewald an den Kölner Werkschulen. Seit 1928 mit eigenem Atelier in Köln, widmete er sich vor allem werbegraphischen Arbeiten. 1936 wurden einige seiner Werke beschlagnahmt. 1941-44 als Kartograph dienstverpflichtet, eröffnete F. 1946 ein Atelier in Bornheim bei Bonn; 1948 wurde er Mitglied der Rheinischen Sezession in Düsseldorf. 1 9 5 4 / 5 5

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Faßbender war er Gastdozent für Malerei an der Hamburger Hochschule der Bildenden Künste und leitete seit 1955 die Graphische Abteilung der Werkkunstschule Krefeld sowie 1958-68 die Mal- und Zeichenklasse an der Kunstakademie Düsseldorf. F. schuf überwiegend abstrakte Malerei, daneben Graphik, kunstgewerbliche Entwürfe (z.B. für Gobelins) und Wandbilder, u.a. für die Beethovenhalle in Köln (1956). tri A KL F a ß b e n d e r , Martin, Genossenschaftler, Politiker, * 24.3.1856 Steinenbrück (heute zu Overath), t 29.12. 1943 Angenrod (heute zu Alsfeld). Nach dem 1876 begonnenen Studium an der Univ. Bonn (Staatswissenschaft und Philosophie) und an der Landwirtschaftlichen Akademie Poppelsdorf, das er mit der Promotion in Leipzig abschloß, wurde F. 1883 Generalsekretär des Westfälischen Bauernvereins und war führend im Landwirtschaftlichen Genossenschaftswesen tätig. Seit 1899 Dozent an der Akademie in Poppelsdorf, wurde er 1906 Prof. für Genossenschaftswesen, Handelskunde, Bank- und Börsenwesen und Wohlfahrtspflege an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin. F. gehörte 1907-18 dem Reichstag sowie 1903-18 dem preuß. Abgordnetenhaus an und war 1918-27 als Zentrumsabgeordneter Mitglied des preuß. Landtags. Er veröffentlichte u.a. Ernährungskunst als Lebenskunst im Sinne von Ethik und Hygiene (1927). DP Haunfelder, Zentrumspartei F a ß b e n d e r , Zdenka, Sängerin, * 12. 12.1879 Tetschen, t 14.3.1954 München. Ausgebildet von Marie —» Loewe-Destinn in Prag, debütierte F. als Sopranistin 1899 am Karlsruher Hoftheater, errang hier bald Erfolge vor allem als Interpretin hochdramatischer Partien und lernte Felix - » Motti kennen, dessen Lebensgefährtin sie wurde. 1905 folgte sie ihm an die Münchner Hofoper (seit 1918 Bayerische Staatsoper), deren Mitglied sie bis zu ihrem Rückzug von der Bühne 1931 blieb. F. sang zahlreiche -» Wagner-Partien sowie u. a. die Marschallin im Rosenkavalier und die Leonore im Fidelio. Richard —» Strauss wählte sie für die Titelrolle seiner Münchner £7f/.fra-Aufführung 1906. Erfolgreiche Gastspiele führten sie u.a. nach London (1910 und 1913). CD Kutsch F a s s b i n d , Franz, Pseud. Thomas Martin, schweizer. Schriftsteller, * 7.3.1919 Unteriberg (Kt. Schwyz), t 3.7.2003 Adliswil (Kt. Zürich). Der Sohn eines Journalisten besuchte Schulen in Einsiedeln und Feldkirch, wo er das Jesuitenkolleg vorzeitig verließ, um am Konservatorium in Zürich zu studieren. Seit 1937 publizierte F. Lyrik, Prosa und Hörspiele für Radio Beromünster; bekannt wurde er auch durch seinen Roman Zeitloses Leben (1941). Seit 1942 arbeitete F. als Radiokritiker für die „Neue Zürcher Zeitung" und spezialisierte sich auf die Vermittlung wissenschaftlicher und kulturhistorischer Zusammenhänge, Konzert und Medienkritik. F. erhielt u.a. 1943 den Zürcher Radiopreis, 1949 den Conrad-Ferdinand-MeyerPreis der Stadt Zürich, 1959 den Filmpreis der Stadt Zürich und 1981 den Innerschweizer Literaturpreis. F.s Texte wurden von Peter Wild in einer Werkausgabe in zwölf Bänden (1988-97) herausgegeben. m KLG F a s s b i n d , Joseph Thomas, schweizer, kath. Theologe, Historiker, * 17.5.1755 Schwyz, t 29.1.1824 Schwyz. Seit 1803 Pfarrer in seinem Heimatort, wurde F., Sohn eines fürstäbtischen Einsiedler Kanzlers, 1811 päpstlicher Protonotar und 1812 Kämmerer des Vierwaldstätterkapitels. Neben einer ungedruckt gebliebenen Religionsgeschichte des Kantons Schwyz schrieb er eine postum von Josef Kaspar Rigert herausgegebene Geschichte des Cantons Schwyz (5 Bde., 1832-38). DP H LS

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F a s s b i n d e r , Franz, Pseud. Franz J. Falckenberg, Germanist, Schriftsteller, * 10.6. 1886 Trier, t 29.5.1960 Bonn. Der Sohn eines Volkschullehrers und Bruder Klara —>F.s studierte Germanistik, Klassische Philologie und Sprachen in Freiburg/Breisgau, Clermont-Ferrand und Paris (Promotion 1918), wurde 1913 Lehrer in Essen, 1925 in CastropRauxel und war daneben als Wissenschaftler, Kritiker, Übersetzer und freier Schriftsteller tätig. Seit 1933 zwangsweise in den Ruhestand versetzt, habilitierte er sich 1945 an der Univ. Heidelberg und wurde 1946 Prof. der Germanistik an der Univ. Mainz. F. gab Lyrik-Anthologien, Lesebücher und Literaturgeschichten für den Schulunterricht heraus (Schicksal und Anteil. Deutsche Balladen, 1953), veröffentlichte Übersetzungen aus sechs Sprachen (Europäische Weihnachtslieder, 1957) und schrieb u.a. Die Welt des Mittelalters (1927). CD DLL F a ß b i n d e r , Klara (Marie), Pädagogin, Politikerin, * 15.2.1890 Trier, t 3.6.1974 Berkum bei Bonn. Die Schwester Franz F.s studierte Deutsche und Romanische Philologie, Geschichte und Philosophie an den Universitäten München und Bonn (Promotion) und war danach im Schuldienst tätig. Seit 1921 war sie Landesgeschäftsführerin des Bühnenvolksbundes Saar, Pfalz und Mosel; sie war Gründungsmitglied der „Weltbewegung der Mütter", engagierte sich in der internationalen Frauenarbeit und publizierte Werke zur Frauenfrage (Frauenleben durch die Jahrhunderte, 2 Bde., 1928-30) und zur deutsch-französischen Verständigung. Nach ihrer Entlassung durch die Nationalsozialisten 1935 war sie freie Schriftstellerin, seit 1940 Lehrerin an einer Privatschule. F. folgte 1945 der Berufung als Prof. an die Pädagogische Akademie Bonn. Wie Gustav —» Heinemann und andere trat sie gegen die deutsche Wiederbewaffnung ein und gehörte 1952 zu den Begründern der Gesamtdeutschen Volkspartei. 1953 unter der (haltlosen) Anklage der Spionage für die Sowjetunion suspendiert, trat sie 1955 in den Ruhestand und widmete sich der Friedensund Frauenbewegung in West- und Ostdeutschland. Sie war führendes Mitglied zahlreicher kath. Verbände sowie der „Deutschen Friedensunion". F. übersetzte Werke Paul Claudels; 1961 veröffentlichte sie ihre Autobiographie Begegnungen und Entscheidungen. 1X1 DLL, 20. Jh. F a s s b i n d e r , Rainer Werner, Schriftsteller, Regisseur, Schauspieler, * 31.5.1945 Bad Wörishofen, t 10.6. 1982 München. Der Sohn eines Arztes und einer Übersetzerin verließ noch vor dem Abitur die höhere Schule, um Schauspielunterricht zu nehmen. 1965 begann er seine Karriere am „Action-Theater" in München, wo er 1968 zu den Gründungsmitgliedern des „antitheater" gehörte. An diesen Off-Bühnen war F. erst als Darsteller, dann als Regisseur und Autor tätig. 1969 realisierte er, nach zwei vorausgegangenen Kurzfilmen, seinen ersten Spielfilm Liebe ist kälter als der Tod. Innerhalb weniger, überaus produktiver Jahre - allein zwischen 1969 und 1971 schrieb und inszenierte F. elf programmfüllende Filme - wurde er einer der wichtigsten Repräsentanten des „Neuen deutschen Kinos". Neben seiner umfangreichen Filmarbeit inszenierte er an zahlreichen deutschen Theatern (so in München, Bremen, Berlin, Bochum, Hamburg), schrieb Stücke, Hörspiele und Essays und trat als Darsteller auf. 1974/75 war er Leiter des „Theaters am Turm" in Frankfurt. Das umstrittene Stück Der

Fassmann Müll, die Stadt und der Tod, das von e i n e m j ü d i s c h e n I m m o b i l i e n s p e k u l a n t e n handelt und als A n g r i f f auf Ignatz —> B u b i s g e s e h e n w u r d e , w u r d e 1975 nicht a u f g e f ü h r t ; d i e g e p l a n t e N e u i n s z e n i e r u n g löste 1985 ö f f e n t l i c h e P r o t e s t e aus. 1971 zählte F. zu d e n G r ü n d u n g s m i t g l i e d e r n des „ F i l m v e r lags der A u t o r e n " . Er w u r d e m e h r f a c h mit e i n e m „ B u n d e s filmpreis" a u s g e z e i c h n e t und g e w a n n 1982 bei den Berliner F i l m f e s t s p i e l e n m i t Die Sehnsucht der Veronika Voss den „ G o l d e n e n B ä r e n " . S e i n e F i l m o g r a p h i e enthält insges a m t 4 4 Titel, d a r u n t e r Kino- u n d F e r n s e h f i l m e , Serien, e i n e T V - S h o w und einen D o k u m e n t a r f i l m - dies in einer S c h a f f e n s z e i t von n u r 13 J a h r e n .

2 0 0 1 . - B e r n h a r d C h a p p a z e a u : T r a n s g r e s s i o n und T r a u m a bei P e d r o A l m o d o v a r und R. W . F. T ü b i n g e n 2 0 0 5 . Hans Günther Pflaum

F.s g r o ß e s , f a s t obsessiv v e r f o l g t e s T h e m a w a r d i e B u n d e s r e publik D e u t s c h l a n d , d o c h sein Werk konzentriert sich nicht auf historische Daten oder p r o m i n e n t e P e r s o n e n , s o n d e r n auf d i e G e s c h i c h t e d e s privaten L e b e n s und der p e r s ö n l i c h e n G l u c k s v o r s t e l l u n g e n . Z e i g t e sein D e b ü t f i l m noch o f f e n e A n s p i e l u n g e n auf die „ S c h w a r z e S e r i e " des a m e r i k a n i s c h e n G a n g s t e r f i l m s und v e r w a n d t e er dort H o l l y w o o d - T o p o i zur S c h i l d e r u n g eines kolonisierten d e u t s c h e n B e w u ß t s e i n s , so v e r f o l g t e s e i n e z w e i t e K i n o a r b e i t bereits eine f ü r sein späteres Werk t y p i s c h e M i s c h u n g aus Stilisierung u n d Realism u s : Katzeimacher (1969) erzählt von der P a s s i o n eines g r i e c h i s c h e n Gastarbeiters in der m o n o t o n e n Tristesse einer M ü n c h n e r Vorstadt. Hier klingt a u c h ein L e i t m o t i v F.s an: d i e Käuflichkeit von G e f ü h l e n in einer G e s e l l s c h a f t , d i e den Wert e i n e s M e n s c h e n nach seiner Verwertbarkeit taxiert. Gleichzeitig wird F.s Sensibilität f ü r A u ß e n s e i t e r j e d w e d e r Art sichtbar, ein M o t i v , d a s ihn in F i l m e n w i e Händler der vier Jahreszeiten (1971) oder Angst essen Seele auf ( 1973) bis hin zu seiner D ö b l i n - V e r f i l m u n g Berlin Alexanderplatz ( 1 9 8 0 ) i m m e r wieder b e s c h ä f t i g t e . In diesen A r b e i t e n klingt a u c h F.s Affinität z u m M e l o d r a m an. D i e sinnliche Qualität von F.s I n s z e n i e r u n g e n resultiert vor a l l e m a u s seiner Fähigkeit, e i n e k o m p l e x e und w i d e r s p r ü c h liche Realität erzählerisch zu konkretisieren. Sein e r f o l g reichstes Werk, Die Ehe der Maria Braun (1978), e n t w i r f t e i n e C h r o n i k d e r Ä r a —> A d e n a u e r aus einer k o n s e q u e n t privaten Perspektive. I m m e r w i e d e r geht es u m d e n nach F. zu h o h e n m e n s c h l i c h e n Preis, der f ü r d i e w i r t s c h a f t l i c h e Prosperität zu zahlen ist. S o k o m m t F. bei der B e u r t e i l u n g deutscher G e s c h i c h t e zu k o n t r o v e r s e n E r g e b n i s s e n . W a r die Titelfigur von Maria Braun e i n e Heldin des W i e d e r a u f b a u s , so erzählt Lola ( 1981 ) von der A m o r a l der n e u e n W o h l s t a n d s gesellschaft, w ä h r e n d Die Sehnsucht der Veronika Voss sich auf d i e allererste N a c h k r i e g s z e i t und ihre Vorgeschichte konzentriert. N e b e n d i e s e r „ B R D - T r i l o g i e " zählen einige sehr p e r s ö n l i c h e L o w - B u d g e t - P r o d u k t i o n e n zu F.s wichtigsten A r b e i t e n : In einem Jahr mit 13 Monden ( 1 9 7 8 ) , die Leid e n s g e s c h i c h t e eines T r a n s s e x u e l l e n , u n d die T e r r o r i s m u s Parabel Die dritte Generation (1978/79). LITERATUR: Peter W . J a n s e n / W o l f r a m S c h ü t t e (Hrsg.): R. W . F. M ü n c h e n 1 9 7 4 , 5 1 9 8 5 . Als T a s c h e n b u c h F r a n k f u r t / M a i n 1992. - H a n s G ü n t h e r P f l a u m : R . W . F.: D a s b i ß c h e n Realität, das ich brauche. M ü n c h e n 1976. - W o l f g a n g L i m mer: R. W . F., F i l m e m a c h e r . R e i n b e k 1981. - B e r n d E c k hardt: R. W . F. M ü n c h e n 1982. - K u r t R a a b / K a r s t e n Peters; D i e S e h n s u c h t des R. W . F. M ü n c h e n 1982. - G e r h a r d Z w e r e n z ; D e r l a n g s a m e Tod des R. W . F. M ü n c h e n 1982. H e i n e r Lichtenstein: D i e F a s s b i n d e r - K o n t r o v e r s e oder D a s E n d e der Schonzeit. F r a n k f u r t / M a i n 1986. - H e i n z L u d w i g A r n o l d (Hrsg.): R . W . F. M ü n c h e n 1989 (Text + Kritik, Nr. 103). - Peter Berling: D i e 13 J a h r e des R. W . F. S e i n e F i l m e , seine F r e u n d e , seine F e i n d e . B e r g i s c h G l a d b a c h 1992. - H e r b e r t Spaich; R. W . F. L e b e n und Werk. W e i n h e i m 1992. - Christian B r a a d T h o m s e n : R . W . F. L e b e n und Werk eines m a ß l o s e n G e n i e s . H a m b u r g 1993. - Juliane L o r e n z (Hrsg.): D a s g a n z n o r m a l e C h a o s . G e s p r ä c h e ü b e r R. W . F. Berlin 1995. T h o m a s Elsaesser: R. W . F. Berlin

Fassl,

Fasser,

R o s a , österr. Schauspielerin, * 10.6. 1867 W i e n , t 1 6 . 3 . 1 9 4 2 Wien. N a c h der A u s b i l d u n g bei Josef —> A l t m a n n w a r F. a m D e u t schen T h e a t e r in Berlin, später in Breslau, Gera, L e i p z i g und M a g d e b u r g engagiert. 1892 g i n g sie nach Prag, 1899 an d a s K a i s e r - J u b i l ä u m s - S t a d t t h e a t e r in Wien. Z u l e t z t w a r sie a m R a i m u n d t h e a t e r und a m D e u t s c h e n Volkstheater in Wien engagiert. CX3 Ö B L A l o y s (Ferdinand), Ingenieur, * 1 9 . 7 . 1 8 6 5 K o m o tau ( B ö h m e n ) , t 1 6 . 2 . 1 9 4 0 B o n n - B e u e l . N a c h seiner A u s b i l d u n g arbeitete F. seit 1888 i m neug e g r ü n d e t e n M a n n e s m a n n r ö h r e n - W e r k im b ö h m i s c h e n K o m o t a u , d a n a c h in R e m s c h e i d und e r l e r n t e d i e W a l z w e r k s technik. Vor d e r J a h r h u n d e r t w e n d e w e c h s e l t e er zu T h y s s e n und lebte später als Z i v i l i n g e n i e u r in Wesel. A u f F. geht d i e K o n s t r u k t i o n eines kontinuierlich a r b e i t e n d e n R ö h r e n w a l z w e r k e s zur M a s s e n h e r s t e l l u n g kleiner n a h t l o s e r R o h r e z u r ü c k ( s o g e n a n n t e „ F a s s l - S t r a ß e " , 1900). F a s s l e r , W o l f g a n g , österr. S ä n g e r , * 9 . 3 . 1944 Wien, t 2 4 . 6 . 1997 bei G e r n s h e i m . F., S o h n eines R e g i s s e u r und einer Sopranistin, studierte z u n ä c h s t K l a v i e r und K o n t r a b a s s an der W i e n e r M u s i k h o c h schule, w e c h s e l t e d a n n z u m G e s a n g , in d e m er a n f a n g s als B a r i t o n , später als T e n o r ausgebildet w u r d e . Seit 1973 s a n g er a m L a n d e s t h e a t e r S a a r b r ü c k e n , seit 1975 a m L a n d e s t h e a ter S a l z b u r g und seit 1977 a m O p e r n h a u s in W u p p e r t a l . Es f o l g t e n ein E n g a g e m e n t a m Stadttheater B r e m e n und Gastspiele, u. a. an den S t a a t s o p e r n in Stuttgart und H a m b u r g und a m Z ü r c h e r O p e r n h a u s (dort M i t g l i e d seit 1985). E r f o l g e feierte F. vor allem als Interpret von —> W a g n e r - P a r t i e n . G a s t spiele f ü h r t e n ihn u. a. nach Italien, L o n d o n und Seattle. F. starb bei e i n e m A u t o u n f a l l . c n Kutsch F a ß m a n n , A u g u s t e von, Sängerin, * 1808 S c h l o ß K o p s burg bei M ü n c h e n , t 2 2 . 5 . 1872 K o l b e r g ( P o m m e r n ) . F. w u r d e als Sängerin bei K i r c h e n k o n z e r t e n von K ö n i g i n —> K a r o l i n e von B a y e r n entdeckt, d i e f ü r die A u s b i l d u n g ihrer S o p r a n s t i m m e sorgte. 1834 debütierte F. als Sopranistin in der Partie der L a d y M a c b e t h in H i p p o l y t e —>Chélards Macbeth a m A u g s b u r g e r Stadttheater, erhielt 1 8 3 5 / 3 6 ein E n g a g e m e n t an der M ü n c h n e r H o f o p e r und gastierte ans c h l i e ß e n d an der Berliner H o f o p e r , deren M i t g l i e d u n d gefeierter Star sie 1837-48 war. G a s t s p i e l e f ü h r t e n sie u. a. nach Wien, D r e s d e n , W e i m a r u n d L e i p z i g . F. w u r d e v o r allem f ü r ihre - > G l u c k - I n t e r p r e t a t i o n b e k a n n t (u. a. d i e Titelpartie der A r m i d a ) und w a r a u c h als K o n z e r t s ä n g e r i n erfolgreich. m Kutsch F a s s m a n n , D a v i d , a u c h P i t h a n d e r von der Quelle, Schriftsteller, * 2 0 . 9 . 1683 O b e r w i e s e n t h a l / E r z g e b i r g e , t 1 4 . 6 . 1744 L i c h t e n s t a d t ( B ö h m e n ) . F., S o h n e i n e s H a n d e l s m a n n s , studierte 1703 kurzzeitig an der U n i v . A l t d o r f , w a r bis 1709 an m e h r e r e n G e s a n d t s c h a f ten u n d K a n z l e i e n in R e g e n s b u r g u n d N ü r n b e r g als S e kretär tätig u n d geriet 1711 als Q u a r t i e r m e i s t e r im H e e r —»Friedrich A u g u s t s I. in G e f a n g e n s c h a f t . N a c h seiner F l u c h t bereiste er als H o f m e i s t e r eines e n g l i s c h e n A d l i g e n H o l l a n d , E n g l a n d , Irland, F r a n k r e i c h und Italien und ließ sich 1717 als freier Publizist in L e i p z i g nieder. W e g e n S c h w i e r i g k e i t e n mit der s ä c h s i s c h e n Z e n s u r b e h ö r d e g i n g er 1725 an d e n H o f —»Friedrich W i l h e l m s I. nach Berlin, w u r d e 1726 Z e i t u n g s r e f e r e n t , schlug j e d o c h 1731 d a s A n g e b o t , als N a c h f o l g e r J a c o b Paul von —>Gundlings Präsident der Kgl. Societät der W i s s e n s c h a f t e n zu w e r d e n , aus und k e h r t e nach L e i p z i g z u r ü c k . F. etablierte sich als E r f o l g s a u t o r mit d e n

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Fastenrath häufig plagiierten Gesprächen in dem Reiche derer Todten [...], 1718-39), in d e n e n er v e r s t o r b e n e P e r s ö n l i c h k e i t e n ü b e r historische, p h i l o s o p h i s c h e und politische E r e i g n i s s e p l a u d e r n ließ. E r e n t z o g sich d e r (sächsischen) Z e n s u r , ind e m er nach Berlin g i n g . CD Killy

Fastenrath,

J o h a n n e s (Karl F e r d i n a n d ) , Schriftsteller, * 3 . 5 . 1839 R e m s c h e i d , t 1 6 . 3 . 1908 Köln. N a c h A b s c h l u ß seiner r e c h t s w i s s e n s c h a f t l i c h e n S t u d i e n an d e n Universitäten H e i d e l b e r g , M ü n c h e n und Paris ( P r o m o tion 1860) k a m F., S o h n eines G r o ß k a u f m a n n s , ans L a n d gericht K ö l n , g a b die j u r i s t i s c h e L a u f b a h n j e d o c h bald auf, u m sich seinen s c h ö n g e i s t i g e n N e i g u n g e n zu w i d m e n . Sein an d e r Univ. B o n n b e g o n n e n e s S t u d i u m d e s S p a n i s c h e n setzte er a u t o d i d a k t i s c h fort, hielt sich m e h r m a l s längere Zeit in S p a n i e n auf u n d m a c h t e die w e c h s e l s e i t i g e Vermittlung s p a n i s c h e n und d e u t s c h e n K u l t u r g u t s zu seiner L e b e n s a u f g a b e . Er v e r ö f f e n t l i c h t e Ü b e r s e t z u n g e n und N a c h d i c h t u n g e n ; sein H a u p t w e r k , auf S p a n i s c h v e r f a ß t e B i o g r a p h i e n b e r ü h m t e r D e u t s c h e r , La Walhalla y las Glorias de Alemania (7 Bde.) erschien 1874-81. D a n e b e n schrieb der u. a. m i t A u g u s t Heinrich H o f f m a n n von Fallersleben b e f r e u n d e t e F. G e d i c h t e und b e g r ü n d e t e 1899 die „ K ö l n e r B l u m e n s p i e l e " , D i c h t e r w e t t k ä m p f e n a c h T o u l o u s e r (Jeux floraux) und B a r c e l o n e s e r (Jochs Florais) Vorbild. cu NDB

Fastlinger,

M a x , Historiker, * 2 5 . 9 . 1 8 6 6 M ü n c h e n , t 2 9 . 4 . 1918 M ü n c h e n . F. studierte T h e o l o g i e in Freising und M ü n c h e n , w a r n a c h der P r i e s t e r w e i h e 1891 K o a d j u t o r u n d Kaplan in verschied e n e n G e m e i n d e n , erhielt 1893 ein B e n e f i z i a t an St. Peter in M ü n c h e n und w u r d e 1913 K a n o n i k u s des H o f - und Kollegiatstifts St. C a j e t a n . D a n e b e n w a r er seit 1899 B i b l i o t h e k a r a m E r z b i s c h ö f l i c h e n Ordinariat und M i t a r b e i t e r an d e n „ M o n u m e n t a G e r m a n i a e " , f ü r d i e er d i e N e k r o l o g e der D i ö z e s e P a s s a u edierte. F. v e r ö f f e n t l i c h t e zahlreiche S t u d i e n zur Vorund F r ü h g e s c h i c h t e B a y e r n s , u . a . Die wirtschaftliche Bedeutung der bayerischen Klöster in der Zeit der Agilolfinger (1902). m K o s c h : Kath

Fatty George -> Pressler,

Franz Georg

Faucher,

Julius (Karl), a u c h Jules C h a r l e s F., Publizist, Politiker, * 1 3 . 6 . 1 8 2 0 Berlin, f 1 2 . 6 . 1 8 7 8 R o m . D e r aus einer h u g e n o t t i s c h e n F a m i l i e s t a m m e n d e F., S o h n eines H u t m a c h e r s , studierte P h i l o s o p h i e an der U n i v . B e r lin, war 1846 M i t b e g r ü n d e r d e s ersten d e u t s c h e n „Freihand e l s v e r e i n s " , 1850 M i t b e g r ü n d e r der „ A b e n d p o s t " u n d ging 1856 als R e d a k t e u r des „ M o r n i n g S t a r " n a c h L o n d o n . Dan e b e n w a r er Sekretär R i c h a r d C o b d e n s , w u r d e nach seiner R ü c k k e h r 1861 auf E m p f e h l u n g von H e r m a n n - » S c h u l z e D e l i t z s c h in das p r e u ß . A b g e o r d n e t e n h a u s g e w ä h l t und war 1863 M i t b e g r ü n d e r , d a n a c h M i t a r b e i t e r der „Vierteljahress c h r i f t f ü r V o l k s w i r t s c h a f t und K u l t u r g e s c h i c h t e " . F. trat z e i t w e i s e als B e g l e i t e r T h e o d o r —> F o n t a n e s auf. Er schrieb u . a . Ein Winter in Italien, Griechenland und Konstantinopel (2 Bde., 1876). DD N D B

Faulhaber,

C h r i s t o p h Erhard, e v a n g . T h e o l o g e , N a t u r f o r scher, * 1 0 . 8 . 1708 U l m , t 1 6 . 7 . 1 7 8 1 U l m . F. w a r nach d e m S t u d i u m der T h e o l o g i e und M a t h e m a t i k in J e n a und Wittenberg seit 1737 P r o f . f ü r M a t h e m a t i k a m G y m n a s i u m in U l m . 1739 w u r d e er P f a r r e r in J u n g i n g e n bei U l m , 1743 D i a k o n an der U l m e r Dreifaltigkeitskirche, 1747 P r e d i g e r a m dortigen M ü n s t e r , 1763 P r o f . der T h e o l o g i e und S c h o l a r c h u n d 1768 S e n i o r Ministerii und E h e r i c h t e r in U l m . Z u seinen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n g e h ö r e n d i e Dissertation e n De duabus selectioribus ex optica controversiis (1735), De motus perpetuitate in machinis impossibili (1751) und Doctrinam de effectu lentium simplicium tarn extra oculum quam in oculo ope algebrae expeditorum redditam.

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Faulhaber,

Elias M a t t h ä u s , e v a n g . T h e o l o g e , M a t h e matiker, * 2 . 9 . 1 7 4 2 U l m , t 2 8 . 5 . 1794 U l m . F., ein N a c h k o m m e J o h a n n e s —>F.s u n d S o h n eines M ü n s t e r p r e d i g e r s und P r o f e s s o r s der T h e o l o g i e , w u r d e nach d e m S t u d i u m 1767 Prof. der M a t h e m a t i k a m G y m n a s i u m seiner H e i m a t s t a d t und k a m 1769 als P f a r r e r nach J u n g i n gen. 1773 w u r d e er D i a k o n an der U l m e r Dreifaltigkeitskirche, 1776 P r e d i g e r a m dortigen M ü n s t e r und 1779 Prof. der T h e o l o g i e , S c h o l a r c h und Eherichter. F. w u r d e als Freigeist verdächtigt. Er b e f a ß t e sich auch mit M a t h e m a t i k und P h y sik und schrieb u . a . De oppositis mathematicorum quantis (1768).

Faulhaber,

Johannes, Beiname: Deutscher Archimedes, Mathematiker, Festungsbaumeister, Meistersinger, * 5 . 5 . 1580 U l m , t 1635 U l m . W i e sein Vater von Beruf Weber, n a h m F. Unterricht bei d e m R e c h e n m e i s t e r D a v i d Sälzlin und bei d e m E i c h m e i s t e r J o h a n n e s Kraft. Z w a n z i g j ä h r i g w u r d e er „ d e u t s c h e r S c h u l meister", kurz darauf R e c h e n m e i s t e r , Eich- und F e l d m e s ser im D i e n s t der Stadt U l m . A u s der U l m e r R e c h e n s c h u l e e n t w i c k e l t e er e i n e h ö h e r e Lehranstalt, in d e r n e b e n M a t h e m a t i k auch Artilleriewesen und G e o d ä s i e gelehrt w u r den. Er bildete sich autodidaktisch weiter, f ü h r t e Descartes, der sich 1620 in U l m aufhielt, in d i e M a t h e m a t i k ein u n d war 1627 Assistent J o h a n n e s —» Keplers bei der B e s t i m m u n g des U l m e r M a ß e s und G e w i c h t s . F. verbesserte zahlreiche I n s t r u m e n t e und M e ß g e r ä t e . Als F e s t u n g s b a u m e i s t e r und Spezialist im G e s c h ü t z w e s e n w a r er u . a . in Basel (1622) und F r a n k f u r t / M a i n ( 1 6 3 0 ) s o w i e in D o n a u w ö r t h f ü r G u stav A d o l f von S c h w e d e n tätig. Seit 1604 g e h ö r t e er der U l m e r M e i s t e r s i n g g e s e l l s c h a f t an, die er ü b e r viele J a h r e f ü h r t e . S e i n e ü b e r 5 0 S c h r i f t e n (u. a. Arithmetischer Wegweiser, 1614; Newe arithmethische Proportiones, 1618; Weitere Continuation deß privilegirten mathematischen Kunstspiegels, 1626) v e r f a ß t e er ü b e r w i e g e n d in d e u t s c h e r Sprache, lernte erst spät d a s Lateinische, Italienische u n d Französische. F e r n e r dichtete er und k o m p o n i e r t e . T r o t z seiner bed e u t e n d e n L e i s t u n g e n w a r er w e g e n seiner „ n i e d e r e n " H e r k u n f t s o w i e w e g e n seines H a n g s zur A s t r o l o g i e und A l c h e m i e nicht a l l g e m e i n anerkannt. c o NDB

Faulhaber,

M i c h a e l von, kath. T h e o l o g e , E r z b i s c h o f von M ü n c h e n und Freising, Kardinal, * 5. 3. 1869 H e i d e n f e l d ( U n t e r f r a n k e n ) , t 1 2 . 6 . 1952 M ü n c h e n . D e r S o h n eines B ä c k e r s w a r n a c h der P r i e s t e r w e i h e 1892 v o r ü b e r g e h e n d als S e e l s o r g e r tätig, studierte a n s c h l i e ß e n d in R o m und w u r d e K a p l a n und Vizerektor der A n i m a . 1899 habilitierte er sich in W ü r z b u r g , u n t e r n a h m Studienreisen nach F r a n k r e i c h , G r o ß b r i t a n n i e n u n d S p a n i e n und w u r d e 1903 o . P r o f . der alttestamentlichen E x e g e s e an der U n i v . Straßburg. Seit 1911 B i s c h o f von S p e y e r , w u r d e F. 1913 in d e n bayerischen P e r s o n e n a d e l e r h o b e n , 1917 z u m Erzbischof der D i ö z e s e M ü n c h e n - F r e i s i n g und 1921 z u m Kardinal e r n a n n t . Von B e d e u t u n g w a r e n seine T ä t i g k e i t als F e l d p r o p s t i m Ersten Weltkrieg mit z u m Teil umstrittenen K r i e g s p r e d i g t e n . 1923 u n t e r n a h m er e i n e C a r i t a s - R e i s e in die U S A , u m S p e n d e n zur A b w e n d u n g einer H u n g e r s not in D e u t s c h l a n d zu s a m m e l n . Er b e f a ß t e sich als Wiss e n s c h a f t l e r mit der K a t e n e n - P r o b l e m a t i k in d e n W e r k e n der K i r c h e n v ä t e r und mit biblischer Poesie, als P r a k t i k e r mit der E i n r i c h t u n g zahlreicher neuer B i l d u n g s s t ä t t e n und -Veranstaltungen, d a r u n t e r d e m K n a b e n s e m i n a r in T r a u n stein, d e m S p ä t b e r u f e n e n s e m i n a r in Fürstenried s o w i e katec h e t i s c h e n und h o m i l e t i s c h e n F o r t b i l d u n g s k u r s e n . Als überzeugter M o n a r c h i s t lehnte er d i e R e p u b l i k e n t s c h i e d e n ab, w a n d t e sich g e g e n e i n e T r e n n u n g von Kirche und Staat, w a r a m bis h e u t e gültigen K o n k o r d a t z w i s c h e n d e r K i r c h e und d e m b a y e r i s c h e n Staat 1924 e n t s c h e i d e n d beteiligt und f ö r d e r t e d i e K o n f e s s i o n s s c h u l e n . Sein Verhältnis z u m N a t i o -

Faust nalsozialismus war zunächst bestimmt von der Bereitschaft zur Unterordnung unter die Staatsmacht sowie dem Versuch, kath. Interessen bestmöglich zu wahren. Er vertraute längere Zeit auf das Reichskonkordat von 1933, wandte sich jedoch schon früh gegen den Antisemitismus und Chauvinismus der Nationalsozialisten (Judentum, Christentum, Germanentum. Adventspredigten, 1934) und war Mitverfasser der päpstlichen Enzyklika Mit brennender Sorge (1937). F. begrüßte Hitlers Außenpolitik 1938 und wandte sich erst 1942 auch gegen den Staatsterror, die nationalsozialistische Strafrechtspraxis und die Verletzung der Menschenrechte. Der Versuch des Widerstandskreises um Carl Friedrich —> Goerdeler, ihn zur Mitarbeit zu bewegen, scheiterte. Im Nachkriegsdeutschland trat F. gegen die amerikanischen Entnazifizierungsmaßnahmen und die Schulpolitik der Besatzungsmächte auf. Besonders der Seelsorge zugewandt, ließ er über 100 Kirchen neu errichten und förderte Orden und Laienvereine. CD Gatz 5 F a u l m a n n , (Johann Christoph) Karl, Stenograph, * 24.6.1835 Halle, t 28.6. 1894 Wien. Von Beruf Schriftsetzer, arbeitete F. 1854 in München, seit 1855 in Wien, wo er an der Herstellung stenographischer Typen nach dem -> Gabelsberger-System beteiligt war. Seit 1868 Mitglied der staatlichen Prüfungskommission für das Lehramt der Gabelsberger-Stenographie, wurde er 1874 Universitätslektor und arbeitete ein eigenes, Phonographie genanntes Kurzschriftsystem aus, dessen Auslautvokalisation in die deutsche Einheitskurzschrift eingingen. F. veröffentlichte u.a. eine Illustrierte Geschichte der Schrift (1880). CD LGB Fausel, Heinrich, evang. Theologe, * 15. 11.1900 Reutlingen, f 5.2. 1967 Tübingen. Nach kurzer Kriegsteilnahme und dem Studium der Theologie in Tübingen und Marburg war F. 1927-46 Stadtpfarrer in Heimsheim und seither bis 1963 Ephorus des Evangelischen Seminars in Maulbronn. Während des „Dritten Reiches" gehörte er zu den profiliertesten Vertretern der Bekennenden Kirche in Württemberg. F. gehörte zur Jungreformatorischen Bewegung und war Leitungsmitglied der KirchlichTheologischen Sozietät. 1957 erhielt er einen Lehrauftrag für württembergische Kirchengeschichte an der Univ. Tübingen. 1963 wurde er Honorarprofessor in Tübingen. F. veröffentlichte u. a. D. Martin Luther. Der Reformator im Kampf um Evangelium und Kirche. Sein Werden und Wirken im Spiegel eigener Zeugnisse ( 2 1955) und Luther heute (1957). DP BBKL F a u s e r , Arthur, Maler, Zeichner, Graphiker, Schriftsteller, Dramaturg, * 26.5. 1911 Kollnau bei Freiburg/Breisgau, t 15.6. 1990 Frankfurt/Main. Nach einer Banklehre 1927-29 in Reutlingen war F. in gebrauchsgraphischen Ateliers tätig. 1930 hatte er in Locarno sein literarisches Debüt mit der Komödie Die Socken des Herrn Mussolini, wurde aus politischen Gründen des Landes verwiesen und kehrte nach Reutlingen zurück. 1934 wegen politischer Betätigung erneut aus der Schweiz ausgewiesen, wurde er 1935/36 in Reutlingen zum Xylographen ausgebildet, gründete dann den Verlag Marienkirche Reutlingen und führte zusammen mit HAP —> Grieshaber gebrauchsgraphische Beratungen durch. 1937 arbeitete F. als Büroangestellter in Berlin und gehörte zu den Begründern des Kabaretts „Zur Dachluke". Seit 1939 in Frankfurt/Main ansässig, war er 1946 vorübergehend als Dramaturg an der Rhein-Mainischen Landesbühne tätig und arbeitete bis 1952 als Hörspielautor. 1953 war F. Mitbegründer der Frankfurter Sezession. 1961 unterrichtete er an der Kunstakademie in Stuttgart. In seinem Frühwerk schuf F. überwiegend von Cézanne beeinflußte Landschaften und Stilleben. Nach dem Zweiten Weltkrieg knüpfte er in seinen Gemälden und Farb-

lithographien vor allem an Picasso und den Kubismus an und schuf in den sechziger Jahren großformatige expressive Figuren-Kompositionen. Zu seinen Werken gehört die Radierfolge Aus Ghetto und KZ (1947). DD A KL F a u s e r , Jörg (Christian), Schriftsteller, * 16.7.1944 Bad Schwalbach/Taunus, t 17.7. 1987 bei MünchenHohenbrunn. Nach einem abgebrochenen Studium der Ethnologie und Anglistik an der Univ. Frankfurt/Main lebte F., Sohn von Arthur -»F., u.a. in Istanbul, Berlin und Frankfurt und war seit 1974 als freier Schriftsteller und Redakteur überwiegend in München tätig. Von amerikanischen Autoren wie William Burroughs und Charles Bukowski beeinflußt, porträtierte er in lakonischen, oft jargonhaften Gedichten (u. a. Die Harry Gelb Story, 1973, erw. Ausg. 2001 ; Trotzki, Goethe und das Glück, 1979) und Erzählungen (Requiem für einen Goldfisch, 1979; Mann und Maus, 1982) zumeist männliche Außenseiter mit sozialen, oft auch Drogenproblemen. Bekannt wurde F., der auch Reportagen und Essays für Zeitschriften wie „TransAtlantik", „lui" und „tip" schrieb (gesammelt u. a. in Der Strand der Städte, 1985) und mehrere Untergrundzeitungen und Literaturzeitschriften herausgab, vor allem durch Kriminalromane (u.a. Der Schneemann, 1981; Rohstoff, 1984), die sich durch detailgenaue Milieuschilderungen auszeichnen. F. wurde nach der Feier seines 43. Geburtstags überfahren. o p KLG Faust, August, Philosoph, * 24.7.1895 Wilhelmshaven, t 7.5. 1945 Breslau. F. wurde 1924 in Heidelberg aufgrund der Dissertation Descartes und Augustin zur Unterscheidung von theoretischer und religiöser Gewißheit zum Dr. phil. promoviert, habilitierte sich 1927 in Tübingen und war dann Privatdozent und Assistent am Philosophischen Seminar bei Heinrich —»Rickert in Heidelberg. 1933 wurde er dort zum nichtbeamteten a. o. Prof. der Philosophie und Pädagogik, 1935 in gleicher Funktion in Tübingen ernannt und war seit 1937 o. Prof. in Breslau. Seit der Gründung des NS-Dozentenbundes 1934 Mitglied der Reichsdozentenführung, trat F. 1937 der NSDAP bei. Seine philosophischen Hauptinteressen lagen in der Transzendentalphilosophie —> Kants und —»Fichtes, der Philosophiegeschichte und der politischen Pädagogik. F. veröffentlichte u.a. Heinrich Rickert und seine Stellung innerhalb der deutschen Philosophie der Gegenwart (1927), Der Möglichkeitsgedanke. Systemgeschichtliche Untersuchungen (2 Bde., 1931/32) und Johann Gottlieb Fichte (1938) und veranstaltete eine —> Böhme-Ausgabe. Während des Zweiten Weltkriegs maßgeblich am „Kriegseinsatz der Philosophen" beteiligt, verfaßte er eine Philosophie des Krieges (1942). 1945 beging F. nach der Besetzung Breslaus durch die sowjetische Armee Selbstmord. Faust, Bernhard Christoph, Mediziner, * 23.5. 1755 Rotenburg/Fulda, t 25.1.1842 Bückeburg. F., Sohn eines Amtsarztes, studierte in Kassel, Göttingen und Rinteln, praktizierte nach der Promotion 1777 (Descriptio anatomica duorum vitulorum bicipitum et coniecturae de causis monstrorum) zunächst in seiner Geburtsstadt, seit 1785 in Altmorschen und ließ sich 1787 als Landphysikus in Vacha nieder. Im folgenden Jahr als Leibarzt und Hofrat der Fürstin —»Juliane von Schaumburg-Lippe nach Bückeburg berufen, wirkte er dort bis an sein Lebensende vor allem für die hygienische und diätetische Erziehung der Bevölkerung. So trat er mündlich und schriftlich (er benutzte auch den Plakatanschlag als Medium) u.a. für die Isolierung Pockenkranker und die Blatterninokulation ein, propagierte nach der Erfindung der Pockenschutzimpfung durch Edward Jenner diese neue Methode und veranstaltete für geimpfte Kinder

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Faust das nach einer Gebäcksorte benannte „Krengelfest". In seinem Gesundheits-Katechismus zum Gebrauche in den Schulen und beim häuslichen Unterricht (1794, " 1 8 3 0 ) , der in mehrere Sprachen übersetzt wurde, vermittelte er das Wissen der Zeit zu Kleidung, Körperpflege, Ernährung und Lebensgestaltung. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Gedanken liber Hebammen und Hebammenanstalten auf dem Lande (1784), Wie der Geschlechtstrieb der Menschen in Ordnung zu bringen und wie die Menschen besser und glücklicher zu machen (1791) und Noth- und Hülfs-Tafel zur Verhütung der Rindviehpest oder Viehseuche (1797).

Wilhelm Voertel und war um 1835 an der Kgl. PorzellanManufaktur in Nymphenburg, seit 1844 in der Kgl. Glasmalereianstalt von M a x Emanuel —»Ainmiller tätig. 1851-73 dort erster Techniker, übernahm er nach dem Tod Ainmillers 1870 die Direktion, 1873 den ganzen Betrieb und zog nach Wolfratshausen um. F. schuf neben den Arbeiten der Glasmalereianstalt in Schmelzmalerei (u.a. Erstes Konzil zu Jerusalem für den Kölner D o m , 1877-79) Landschafts- und Architekturgemälde sowie kunstgewerbliche Entwürfe. CP A K L

CO Leb Kurhessen, Bd 5

F a u t h , Gertrud, Pädagogin, Publizistin, * 15.2. 1886 Höxter, t 6 . 6 . 1932 Berlin. F. studierte an den Universitäten Straßburg und München und war nach der Promotion 1914 als Oberlehrerin, Literatur- und Kunstkritikerin in Berlin tätig. Sie gab moderne Lyrik (Neue deutsche Lyrik, 1925) und kulturgeschichtliche Monographien über asiatische Länder (Vorderasien, 1931) zu Lehrzwecken heraus, dichtete u . a . Agamemnon des Aischylos nach und schrieb den R o m a n Die Leute vom Hadborn (1922). CP D L L

Faust,

Johannes, auch Doktor Faust, Sabellicus, Georg Faust, Mediziner, Theologe, Astrologe, * um 1480 Knittlingen bei Maulbronn, t 1 5 4 0 / 4 1 S t a u f e n / B r e i s g a u . F. ist das historische Vorbild f ü r die Faust-Sage und -Dichtung. Als außereheliches Kind eines Großbauern und seiner M a g d trug er den T a u f n a m e n des Vaters und den Familiennamen der Mutter, besuchte vermutlich die höhere Schule in Knittlingen, erlebte abenteuerliche Wanderjahre als fahrender Scholar und wandte sich der Hochschullaufbahn zu. Nachweislich hielt er sich an den Universitäten Heidelberg, Erfurt und Wittenberg, möglicherweise auch in Krakau und Leipzig auf. Er erwarb medizinische und theologische akademische Grade, lehrte u . a . in Erfurt und zog als wandernder Arzt, Wahrsager, Astrologe und Magier umher. F. hatte zunächst viel Zulauf, wurde aber von gelehrten Humanisten Uberwiegend abgelehnt (—»Luther bezichtigte ihn der Teufelsbündelei); in Adelskreisen war er - vor allem wegen seiner astrologisch-hellseherischen Fähigkeiten geschätzt. So sagte er u . a . 1534 die Befreiung der Stadt Münster durch Bischof Franz von —> Waldeck und 1536 den Ausgang des Kriegs zwischen Kaiser —> Karl V. und König Franz I. voraus. F.s Schriften sind nur noch in wenigen Fragmenten ( M a g i a naturalis et innaturalis, 1612) überliefert; seinen Nachlaß übernahm der geheimwissenschaftlich interessierte Anton Graf von Staufen. cri N D B

Faust,

Philipp, Schriftsteller, * 1.8. 1898 Niederolm bei Mainz, t 2 8 . 2 . 1 9 5 9 Wuppertal. Von Beruf Maurer, trat F. seit den dreißiger Jahren überwiegend mit Kurzgeschichten und Erzählungen, die er in Zeitschriften veröffentlichte, an die Öffentlichkeit und hielt später Lesungen im R u n d f u n k und an Volkshochschulen. Vom nationalsozialistischen Staat wurde er als Autor apolitischer, leichtverständlicher Prosa aus d e m Arbeiterbereich (u.a. sein erster erfolgreicher R o m a n Die Maurer, 1938) im Zweiten Weltkrieg zur Wehrmachtsbetreuung eingesetzt. F. kehrte nach Kriegsende in seinen Beruf zurück, wurde arbeitsunfähig und verbrachte seinen Lebensabend mit literarischen Arbeiten. CD Wuppertal Bio, Bd 4

Faustmann,

Martin, Forstwirt, * 19.2. 1822 Gießen, t 1 . 2 . 1 8 7 6 Babenhausen bei Darmstadt. F. studierte seit 1841 Forstwissenschaft an der Univ. Gießen. Seit 1846 war er Redaktionsmitglied der „Allgemeinen Forst- und Jagdzeitung". 1857 übernahm F. die Oberförsterei Dudenhofen, die er bis an sein Lebensende betreute. Er wurde vor allem durch seine Arbeiten auf den Gebieten der Waldwertberechnung und der Forsttaxation bekannt. Mit der Publikation zweier Formeln zur Berechnung des Bodenerwartungswerts und des Bestandskostenwerts (1848) war F. an der Entstehung der sogenannten Reinertragstheorie im Forstwesen beteiligt. Er konstruierte ein „Spiegelhypsometer" genanntes Höhenmeßgerät. CD A D B F a u s t n e r , Leonhard, Maler, * 16.2. 1815 München, t 1.4. 1884 München. Der Sohn des kgl. Sattlermeisters studierte an der Münchner Kunstakademie, arbeitete u . a . bei d e m Glasmaler Friedrich

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Fauth,

(Johann) Philipp (Heinrich), Astronom, * 1 9 . 3 . 1 8 6 7 Bad Dürkheim, t 4. 1.1941 Grünwald bei München. Von Beruf Volksschullehrer, errichtete F. als Schulverweser in Kaiserslautern 1889 eine Sternwarte, die er an seinen weiteren Lebensorten (seit 1895 Landstuhl, seit 1930 Grünwald) jeweils wiederaufbaute. Als Astronom von den Wissenschaftlern Hermann Josef Klein und Wilhelm Förster betreut und beraten, betätigte er sich als Beobachter und widmete sich vor allem dem Erdmond. 1932 wurde ein M o n d krater nach F. benannt. 1937 erhielt er den Titel Professor. F. gab Hanns - > H ö r b i g e r s Glacial-Kosmogonie (1913) heraus und verfaßte u . a . Was wir vom Monde wissen (1906), Mondesschicksal. Wie er ward und untergeht (1925), Unser Mond [...] mit einer Mondkarte 1: 4 Millionen (1936) und Der Mond und Hörbigers Welteislehre (1938). m NDB

Favrat Jaquier de Bernay, François André de, Militär, * 4 . 9 . 1730 Savoyen, f 5 . 9 . 1804 Glatz. F. J. de B. stand in den Kriegsdiensten Frankreichs, Spaniens, Österreichs und Preußens, bot 1758 —> Friedrich II. von Preußen seinen Dienst an und wurde 1759 preuß. K o m panieführer, 1763 Major. 1769 nahm er seinen Abschied, blieb während einer anschließenden Orientreise in schriftlicher Verbindung mit d e m preuß. König, trat nach seiner Rückkehr wieder in dessen Dienste und wurde 1786 Generalmajor. Er nahm 1794 am Feldzug gegen Polen teil und wurde Gouverneur von Glatz, 1801 General der Infanterie. F. J. de. B. veröffentlichte Beiträge zur Geschichte der polnischen Feldzüge 1794-96 (1799). CP A D B F a y , (Mathias) Joseph, bis 1838 Fey, auch Josef, Jupp, Maler, * 1 0 . 8 . 1 8 1 3 Köln, t 2 7 . 7 . 1875 Düsseldorf. F. studierte 1833-41 an der Kunstakademie Düsseldorf; 1 8 4 1 / 4 2 war er in der Meister-Klasse von Wilhelm —> Schadow. Zu den Jugendwerken gehören vor allem Historienbilder in Öl, u. a. Simson und Delila ( 1839). 1840 erhielt er den Auftrag zu einem Fresko im Sitzungssaal des Elberfelder Rathauses, das er 1845 fertigstellte, und reiste anschließend nach Paris, um bei Paul Delaroche zu studieren. Nach seiner Rückkehr wandte er sich überwiegend italienischen Motiven zu (Italiener am Brunnen, 1851) und nahm am kulturellen Leben Düsseldorfs regen Anteil. So spielte er in —> I m m e r m a n n s Laien-Bühne und war Mitbegründer und Vorstandsmitglied des Künstlervereins „Malkasten". Als Hauptwerk F.s gilt das durch Unachtsamkeit in der Pflege inzwischen zerstörte Fresko in Elberfeld, dessen Kartons jedoch erhalten geblieben sind. CP A K L

Fechner F e c h e n b a c h , (Friedrich) Carl ( K o n s t a n t i n ) Frh. von, a u c h F . - L a u d e n b a c h , P s e u d . F ü r c h t e g o t t Peinlich, Politiker, * 7 . 1 1 . 1 8 3 6 A s c h a f f e n b u r g , t 1 4 . 3 . 1 9 0 7 WUrzburg. F. w a r zunächst a k t i v e r b a y e r i s c h e r Offizier, w i d m e t e sich d a n n d e m von s e i n e m Vater, e i n e m Juristen, ererbten L a n d gut L a u d e n b a c h bei A s c h a f f e n b u r g und w a r seit 1860 als W i r t s c h a f t s - und Sozialpolitiker tätig. Erst nationalliberal, Schloß er sich 1878 den D e u t s c h k o n s e r v a t i v e n an, g r ü n d e t e aber schon zwei Jahre später e i n e „ s o z i a l - c o n s e r v a t i v e Vere i n i g u n g " , die sich auf D a u e r nicht etablieren konnte. Seit 1885 M i t g l i e d d e s Z e n t r u m s , g e h ö r t e er mit seinen sozialpolitischen Vorstellungen zu d e n e n t s c h i e d e n s t e n G e g n e r n —»Bismarcks, b l i e b aber ein E i n z e l g ä n g e r . F. v e r ö f f e n t l i c h te zahlreiche politische D e n k s c h r i f t e n , u . a . Die Ursachen der Entstehung und Weiterentwicklung der Socialdemokratie ( 1880, a n o n y m ) und Die Wahrheit über Bismarck ( 1892). F ü r d i e historische F o r s c h u n g w i c h t i g ist s e i n e Presseausschnitts a m m l u n g d e r J a h r e 1876 bis 1895 s o w i e sein A r c h i v zur P a r t e i e n g e s c h i c h t e in L a u d e n b a c h . CD N D B F e c h e n b a c h , Felix, P s e u d . R u d o l f F r a n k e , N a z i JUsken, Schriftsteller, Politiker, Journalist, * 28. 1. 1894 B a d M e r g e n t h e i m ( W ü r t t e m b e r g ) , t 7 . 8 . 1933 i m K l e i n e n b e r g e r Wald nahe S c h e r f e l d e bei W a r b u r g (Westfalen). D e r B ä c k e r s s o h n durchlief seit 1907 e i n e S c h u h v e r k ä u f e r lehre in W ü r z b u r g , arbeitete seit 1810 als H a n d l u n g s g e h i l f e und g i n g 1912 nach M ü n c h e n , w o er n e b e n seiner Tätigkeit in e i n e m S c h u h g e s c h ä f t F u n k t i o n ä r der A r b e i t e r b e w e g u n g war. Seit 1911 M i t g l i e d der S P D , war er als M i t a r b e i ter i m Arbeitersekretariat vor allem f ü r A n g e s t e l l t e n f r a g e n zuständig. 1915 s c h w e r v e r w u n d e t , n a h m F. s e i n e Arbeit in d e r J u g e n d s e k t i o n d e r S P D w i e d e r auf, bildete sich an der U n i v . M ü n c h e n weiter und w a r 1 9 1 8 / 1 9 S e k r e t ä r des M i n i s t e r p r ä s i d e n t e n Kurt - > Eisner. W ä h r e n d der R e v o l u tion w a r er M i t g l i e d d e s Arbeiter- und S o l d a t e n r a t s und des p r o v i s o r i s c h e n Nationalrats in B a y e r n . N a c h der S p a l t u n g d e r S P D trat er in d i e U S P D ein und g r ü n d e t e 1920 ein P r e s s e b ü r o . W e g e n V e r ö f f e n t l i c h u n g von D o k u m e n t e n im Z u s a m m e n h a n g mit der D i s k u s s i o n u m d i e K r i e g s s c h u l d f r a g e w u r d e er 1922 in e i n e m H o c h v e r r a t s p r o z e ß zu elf J a h ren Z u c h t h a u s verurteilt, nach m a s s i v e n Protesten in g a n z D e u t s c h l a n d j e d o c h 1924 f r e i g e l a s s e n , d a s Urteil a b e r erst 1926 a u f g e h o b e n . Seit 1929 w a r er in D e t m o l d f ü r die S P D Z e i t u n g „Volksblatt" tätig. F. schrieb über seine G e f ä n g n i s zeit Im Haus der Freudlosen ( 1 9 2 5 , N a c h d r . 1993). N a c h der nationalsozialistischen M a c h t ü b e r n a h m e sofort in „ S c h u t z h a f t " g e n o m m e n , w u r d e er w ä h r e n d der Ü b e r f ü h r u n g in das Konzentrationslager Dachau erschossen. Postum erschienen s e i n e B r i e f e aus der „ S c h u t z h a f t " mit e i n e m Vorwort von H e i n r i c h —» M a n n unter d e m Titel Mein Herz schlägt weiter ( 1 9 3 6 , N a c h d r . 1987) s o w i e der R o m a n Der Puppenspieler ( 1 9 3 7 , N e u a u s g . 1988). m Westf A u t o r e n , B d 3

Fechenbach,

G e o r g Karl (Ignaz J o h a n n N e p o m u k ) v o n , F ü r s t b i s c h o f von W ü r z b u r g , * 2 0 . 2 . 1 7 4 9 M a i n z , t 9 . 4 . 1 8 0 8 Bamberg. F., Vetter von G e o r g A d a m —>F. zu L a u d e n b a c h , w a r d e r S o h n des C h r i s t o p h H a r t m a n n von F., k u r m a i n z i s c h e n K a m m e r h e r r n , R e g i e r u n g s r a t s und O b e r a m t m a n n s zu M i l tenberg u n d S t e i n h e i m , u n d der S o p h i e L e o p o l d i n e von B u s e c k , S c h w e s t e r d e s C h r i s t o p h F r a n z von B u s e c k , des letzten F ü r s t b i s c h o f s von B a m b e r g . E r studierte R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n und T h e o l o g i e und w u r d e 1768 z u m Dr. j u r . utr., 1769 in R o m z u m Dr. theol. p r o m o v i e r t . Seit 1758 D o mizellar in W ü r z b u r g , seit 1761 a u c h in M a i n z , w u r d e er 1763 D o m h e r r , 1777 D o m k a p i t u l a r und 1779 D o m d e c h a n t in Trier, 1780 D o m k a p i t u l a r in M a i n z , 1785 K a n o n i k u s in K o m b u r g , 1787 R e k t o r der W ü r z b u r g e r U n i v . und Leiter d e r w ü r z b u r g i s c h e n S c h u l k o m m i s s i o n . M i t kaiserlicher U n terstützung w u r d e F. 1795 z u m letzten F ü r s t b i s c h o f von

W ü r z b u r g g e w ä h l t . In den politischen und militärischen A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n der Zeit m u ß t e er 1796 und 1800 aus s e i n e m B i s t u m fliehen. Er d a n k t e n o c h vor d e m R e i c h s d e p u t a t i o n s h a u p t s c h l u ß 1802 ab, überließ W ü r z b u r g g e g e n finanzielle E n t s c h ä d i g u n g d e m K ö n i g r e i c h B a y e r n und zog sich erst nach W e r n e c k , später n a c h V e i t s h ö c h h e i m zurück. m

Gatz 4

Fechenbach zu Laudenbach,

Georg A d a m Reichsf r e i h e r r von, kath. T h e o l o g e , * 15. 1 2 . 1 7 0 7 L a u d e n b a c h , t 1 8 . 7 . 1772 M a i n z . U r s p r ü n g l i c h W ü r z b u r g e r Offizier, b e g a n n F. zu L. 1734 e i n e klerikale L a u f b a h n m i t d e m E m p f a n g der T o n s u r . 1738 w u r d e er D o m i z e l l a r , im f o l g e n d e n Jahr D o m k a p i t u l a r in M a i n z . 1740 Schloß er d a s T h e o l o g i e s t u d i u m in M a i n z ab. 1743 z u m Stiftsherrn von M a r i a g r e d e n in M a i n z e r n a n n t , w a r er dort seit 1744 Kapitular. 1743 w u r d e er D o m h e r r , 1755 D o m k a p i t u l a r in W ü r z b u r g . 1758 verzichtete er zug u n s t e n seines j u g e n d l i c h e n Vetters G e o r g Karl von —»F. auf die P f r ü n d e , w u r d e 1760 a b e r m a l s W ü r z b u r g e r D o m h e r r und verzichtete 1761 erneut. F. w a r K a n o n i k e r a m M a i n z e r Stift St. Peter und k u r m a i n z i s c h e r G e h e i m e r Rat. A l s G e n e ralvikar d e s E r z b i s c h o f s J o h a n n Friedrich Karl von —> O s t e i n verteidigte er g e g e n die a u f g e k l ä r t e n S c h u l r e f o r m e r dessen R e c h t auf die E r n e n n u n g der Lehrer. Seit 1763 w a r F. D o m d e k a n in M a i n z . CP G a t z 3

Fechenbach zu Laudenbach,

J o h a n n Philipp (Karl A n t o n ) R e i c h s f r e i h e r r v o n , kath. T h e o l o g e , * 5 . 6 . 1708 W ü r z b u r g , t 26. 12. 1779 R e g e n s b u r g . M i t zwölf Jahren D o m i z e l l a r des W ü r z b u r g e r D o m k a p i t e l s , w u r d e F. zu L. 1731 z u m Priester g e w e i h t . 1740 w u r d e er D o m k a p i t u l a r in W ü r z b u r g und K a p i t u l a r des Ritterstifts W i m p f e n , im f o l g e n d e n J a h r Konsistorialpräsident und zweiter P r ä s i d e n t des f ü r s t b i s c h ö f l i c h e n H o f r a t s , d e m die L e i t u n g der zentralen V e r w a l t u n g s a u f g a b e n unterstand. 1746 w u r d e F. zu L. P r o p s t des Kollegiatstifts L a n d s h u t , 1748 Cellarius und K u s t o s in W ü r z b u r g . Seit 1751 w a r er w ü r z b u r g i scher G e s a n d t e r auf d e m R e g e n s b u r g e r R e i c h s t a g , auf d e m er später u . a . auch Salzburg, B a m b e r g und F u l d a vertrat. 1766 w u r d e F. zu L. S t i f t s p r o p s t von Altötting, im f o l g e n d e n J a h r Titularbischof von Tenera. CP G a t z 3 F e c h e r , Friedrich, s c h w e i z e r . M e d a i l l e u r , S t e m p e l s c h n e i der, * 1 7 . 5 . 1 5 8 4 S t r a ß b u r g , t u m 1660 Straßburg. F., S o h n eines M a i n z e r K a u f m a n n s , e r w a r b 1579 d a s B ü r g e r recht von S t r a ß b u r g und w u r d e 1612 v e r m u t l i c h in d i e G o l d s c h m i e d e z u n f t zur Stelzen in S t r a ß b u r g a u f g e n o m m e n . Ein i g e seiner M e d a i l l e n der J a h r e 1628 bis 1630, so d i e m i t Stadtansicht oder mit A n s p i e l u n g e n auf d i e dortigen Relig i o n s u n r u h e n , weisen ihn als B ü r g e r der Stadt aus. Spätestens seit 1638 schnitt F. seine S t e m p e l in Basel. E r p r ä g t e S c h u l p f e n n i g e , „ G l u c k h e n n e n t a l e r " u n d M o r a l p f e n n i g e sow i e M e d a i l l e n von u n t e r s c h i e d l i c h e r Qualität, d a r u n t e r e i n e sitzende Venus mit A m o r und e i n e Medaille auf den Westfälischen Frieden (1648). Z u l e t z t ist F. in B a s e l mit einer M e daille zu den B a u e r n k r i e g e n im J a h r 1653 n a c h w e i s b a r . D a n a c h w i e d e r in S t r a ß b u r g , stach er 1659 die letzte b e k a n n t e Arbeit, ein Porträt d e s G o l d s c h m i e d s Jacob Sandrart. m

A KL

Fechner,

E b e r h a r d , R e g i s s e u r , Schauspieler, * 2 1 . 1 0 . 1926 Liegnitz, t 7 . 8 . 1 9 9 2 H a m b u r g . F. b e g a n n 1943 e i n e k a u f m ä n n i s c h e L e h r e bei der U f a H a n d e l s g e s e l l s c h a f t und b e s u c h t e n a c h seiner R ü c k k e h r aus der K r i e g s g e f a n g e n s c h a f t 1946-48 die S c h a u s p i e l s c h u l e d e s D e u t s c h e n T h e a t e r s Berlin. 1947 d e b ü t i e r t e er an den K a m m e r s p i e l e n des D e u t s c h e n T h e a t e r s u n d w a r in d e n f o l g e n d e n J a h r e n an T h e a t e r n in B r e m e n , W e s t - B e r l i n , H a m b u r g und H a n n o v e r engagiert. A l s R e g i s s e u r erstmals 1 9 6 0 / 6 1 a m S c h l o ß t h e a t e r in C e l l e tätig, w a r F. a n s c h l i e ß e n d bis

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Fechner 1963 Regieassistent Giorgio Strehlers in Mailand. Nach dem Rückzug vom Theater 1969 widmete er sich als Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor ausschließlich Film und Fernsehen. Besonders im Genre des essayistischen Dokumentarfilms entwickelte er einen eigenen Stil, so in Nachrede auf Klara Heydebreck (1969) und Der Prozeß (1984). F. verfilmte auch Literatur (u.a. Tadelloser und Wolff., 1974) und war Regisseur des Spielfilms Winterspelt (1977). 1984 wurde er stellvertretender Direktor der Abteilung Film- und Medienkunst der Akademie der Künste in Westberlin. t u Munzinger F e c h n e r , Erich, Jurist, Soziologe, * 23. 12.1903 Aachen, t 10.2. 1991 Tübingen. F. studierte 1923-28 und 1934-41 in Köln und Bonn Philosophie, Soziologie, Germanistik, Anglistik, Wirtschaftswissenschaften und Jura. Seit 1927 Dr. phil. (Der Begriff des kapitalistischen Geistes bei Werner Sombart und Max Weber. Ein Vergleich und ein Ausgleich), wurde er 1928 Diplomvolkswirt und 1937 zum Dr. jur. promoviert. 1928-34 war er Syndikus verschiedener Wirtschaftsverbände. Seit 1941 Dozent an der Univ. Bonn, wurde er 1942 a. o.Prof. für Rechtsphilosophie, Rechtssoziologie, Handels-, Wirtschaftsund Arbeitsrecht an der Univ. Tübingen, 1944 o.Professor. Bis 1968 war F. Direktor des Instituts für Arbeits- und Sozialrecht, das er 1957 gegründet hatte. Er veröffentlichte u.a. Die soziologische Grenze der Grundrechte (1954) und Rechtsphilosophie. Soziologie und Metaphysik des Rechts (1956, 2 1962). F. war Mitherausgeber der Zeitschrift „Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie". CD Munzinger F e c h n e r , Gustav Theodor, Physiker, Psychophysiker, Philosoph, * 19.4. 1801 Großsärchen (Niederlausitz, heute Zarki Wielkie, Polen), t 18.11. 1887 Leipzig. Aus einer Pastorenfamilie stammend, studierte F. in Leipzig Medizin. Die Lektüre einer Schrift von Lorenz —> Oken brachte ihn zeitweise unter den Einfluß von —> Schei lings Naturphilosophie. Seine Übersetzungen naturwissenschaftlicher Werke aus dem Französischen und der Umgang mit dem Physiologen Ernst Heinrich —> Weber führten ihn zur Physik, der er sich nunmehr widmete. 1834 wurde er o. Prof. der Physik an der Univ. Leipzig, an der er bis zu seinem Tod blieb. Neben Werken zur Elektrizitätslehre und subjektiven Lichterscheinungen schrieb F. unter dem Namen Dr. Mises auch Satiren und Gedichte. 1839 geriet er in eine depressive Psychose und mußte bis 1843 seine akademische Tätigkeit aufgeben. Obgleich er den Titel eines Physikprofessors beibehielt, nahm er seine Stelle nicht mehr in Anspruch, sondern hielt als ein bezahlter Außenseiter der Univ. Vorlesungen über verschiedene Grenzgebiete, darunter Naturphilosophie, Psychophysik, Ästhetik, Ethik und das LeibSeele-Problem. In seinen philosophischen Ansichten wurde F. vor allem von seinem Freund, dem Philosophen Christian Hermann —> Weiße, beeinflußt. 1860 erschienen seine zweibändigen Elemente der Psychophysik, die ihn berühmt machten und die Experimentalpsychologie begründeten. F., seit 1859 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, definierte die Psychophysik als „exacte Lehre von den functionellen oder Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Körper und Seele, allgemeiner zwischen körperlicher und geistiger, physischer und psychischer, Welt". Durch Rückgriff auf Experimente von Ernst Heinrich Weber entdeckte er das Weber-

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Fechnersche Gesetz, nach dem die Empfindung proportional dem Logarithmus des Reizes ist (E = logR). F.s genuin statistische Methoden der psychophysischen Messung gehören bis heute zur Ausbildung jedes Psychologen. Mit der Psychophysik vertrat F. auch einen psychophysischen Parallelismus, der Leib und Seele als unterschiedliche Erscheinungsweisen ein und desselben Gegenstandes faßt und so eine monistische, nichtreduktive Alternative zum Cartesischen Substanzdualismus darstellt. Nach dieser Doppelaspekt-Theorie sind die prinzipiell allen zugänglichen Erscheinungsweisen physisch, die sich selbst erscheinenden psychisch. F. versucht hier, die naturphilosophische Lösung des Leib-Seele-Problems naturwissenschaftlich annehmbar zu machen. In der Weiterführung psychophysischer Ansätze begründete F. eine experimentelle Ästhetik. In der postum 1897 erschienenen Kollektivmasslehre entwarf er eine mathematische Theorie der Statistik, aus der Richard von —¥ Mises seine Häufigkeitstheorie der Wahrscheinlichkeit entwickelte. Seine Leib-Seele-Philosophie erweiterte F. zu einer panpsychistischen Naturphilosophie. 1873 erschien das Buch Einige Ideen zur Schöpfungs- und Entwicklungsgeschichte der Organismen, in dem eine Theorie der Selbstorganisation entworfen wird. Seine Philosophie faßte F. in Die Tagesansicht gegenüber der Nachtansicht (1879) zusammen. WEITERE WERKE: Das Büchlein vom Leben nach dem Tode. Dresden 1836, 3 1887. - Zend-Avesta oder über die Dinge des Himmels und des Jenseits. Leipzig 1851. Nachdr. Eschborn 1992. - Ueber die physikalische und philosophische Atomenlehre. Leipzig 1855, 2 1864. Nachdr. Wien 1995. - Ueber die Seelenfrage. Ein Gang durch die sichtbare Welt, um die unsichtbare zu finden. Leipzig 1861. Nachdr. der 3. Aufl. 1928, Eschborn 1994. - Dr. Mises: Kleine Schriften. Leipzig 1875. - Vorschule der Aesthetik. 2 Tie., Leipzig 1876. In Sachen der Psychophysik. Leipzig 1877. - Revision der Hauptpuncte der Psychophysik. Leipzig 1882. - Verschiedene Werke sind als Microfiche erschienen: München 1990, Nachdr. Eschborn 1992 ff. LITERATUR: Johannes Emil Kuntze: G. T. F. (Dr. Mises). Ein deutsches Gelehrtenleben. Leipzig 1892. - Horst Gundlach: Entstehung und Gegenstand der Psychophysik. Berlin/Heidelberg/New York 1993. - Michael Heidelberger: Die innere Seite der Natur. G. T. F.s wissenschaftlich-philosophische Weltauffassung. Frankfurt/Main 1993. Engl.: Nature from within. G. T. F.'s psychophyisacl worldview. Pittsburgh 2003. - Petra Lennig: Von der Metaphysik zur Psychophysik. G. T. F. (1801-1887). Frankfurt/Main u.a. 1994. - Irene Altmann: Bibliographie G. T. F. Leipzig 1995. - Ulla Fix u. a. (Hrsg.): F. und die Folgen außerhalb der Naturwissenschaften. Tübingen 2003. Michael Heidelberger F e c h n e r , Hanns, Maler, Schriftsteller, * 7.6. 1860 Berlin, t 30.11. 1931 Mittel-Schreiberhau/Riesengebirge. Den ersten Unterricht in Porträtmalerei erhielt F. von seinem Vater, bevor er 1877-83 in Berlin (u.a. bei Paul —> Meyerheim) und danach in München an der Akademie (bei Franz von —>Defregger) studierte. 1886 nach Berlin zurückgekehrt, wurde er 1892 zum Prof. und Konservator des Herzoglich Anhaltinischen Kupferstichkabinetts ernannt. F. schuf Porträts des Kaisers, zahlreicher Fürsten sowie von Theodor —> Fontane, Rudolf —»Virchow, Wilhelm —»Raabe und Gerhart —> Hauptmann und entwarf Plakate, Exlibris und Illustrationen. 1914 zog er sich erblindet nach Schreiberhau (Schlesien) zurück und schrieb Kinder- und Jugendliteratur, Humoristisches und Autobiographisches wie Neue Spreehannsgeschichten (1926) und Menschen, die ich malte (1927). m A KL

Feckert Fechner,

Herbert, Politiker, * 2 7 . 8 . 1913 Berlin, t 2 8 . 1 2 . 1998 Berlin. F., Sohn eines Tischlers, arbeitete als Möbelpolierer und Telegraphenbauarbeiter, nahm am Zweiten Weltkrieg teil und trat 1 9 4 5 / 4 6 der S P D / S E D und dem Freien Deutschen Gewerkschaftsbund bei. Zunächst Mitglied der SED-Kreisleitung, wurde er 1950-74 Mitglied der SEDBezirksleitung Berlin und Stadtrat für Volksbildung bzw. Gesundheits- und Sozialwesen. 1953-61 war F. stellvertretender Oberbürgermeister, 1967-74 als Nachfolger von Friedrich —»Ebert Oberbürgermeister von Berlin. Von 1967-90 gehörte er der Volkskammer an. Cd D D R

Fechner,

Karl H„ Schriftsteller, Publizist, * 1 2 . 5 . 1 8 5 9 Posen, t n . e . Der Kaufmannssohn arbeitete nach dem Militärdienst im Reichstagsbüro und bei der brandenburgischen Provinzialverwaltung. Kleinen Schriften zu den Militärpensionsgesetzen folgten Handreichungen für B e a m t e ( u . a . Handbuch zur Vorbereitung für die Prüfungen, 1897; Lexikalisches Taschenbuch für Beamte, 1898). Seit 1898 erschien das Lexikalische Taschenbuch auf dem Gebiete der Gesetzgebung [...] in zahlreichen Auflagen sowie Fechner's Gesetzgebungsbibliothek (15 Bde. und Ergänzungsbände). cd

Reichshandbuch

Fechner,

Max, Politiker, * 2 7 . 7 . 1892 Rixdorf (heute zu Berlin), t 1 3 . 9 . 1 9 7 3 Berlin. F., Sohn eines Maurers, durchlief eine Werkzeugmacherlehre, besuchte daneben die Arbeiterbildungsschule, war Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend, trat 1910 in die S P D ein, gehörte 1917-22 der U S P D an und war danach als sozialdemokratischer Kommunalpolitiker und Abgeordneter im preuß. Landtag tätig; 1 9 3 3 / 3 4 war er im Konzentrationslager Mauthausen, 1944 im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert. Nach Kriegsende beteiligte er sich am Neuaufbau der SPD, trat für die Fusion mit der K P D ein und wurde 1946 als Gründungsmitglied stellvertretender Vorsitzender der SED. Nach der Gründung der D D R gehörte F. seit 1949 d e m Kabinett —> Grotewohl als Justizminister an und war für die Neuordnung der Justiz, insbesondere für die Gesinnungsprüfung des Richterstandes und die Einsetzung zahlreicher „Volksrichter" verantwortlich. Während der Unruhen 1953 sprach er sich f ü r das Arbeiterstreikrecht aus, wurde festgenommen und drei Jahre lang in Haft gehalten. 1956 entlassen, wurde er zwei Jahre später mit der Wiedera u f n a h m e in die Partei rehabilitiert. CD D D R

Fecht,

Hermann, Politiker, * 2 0 . 5 . 1 8 8 0 Bretten, t 4 . 2 . 1 9 5 2 Baden-Baden. F. studierte in Heidelberg, Berlin und Straßburg Rechtswissenschaften, wurde 1902 promoviert, trat in den badischen Staatsdienst ein und amtierte später als Ministerialdirektor. 1918 wurde er stellvertretender badischer Bundesratsbevollmächtigter, 1919 Reichsratsbevollmächtigter und 1931 Leiter der Vertretung Badens beim Reich. Nach der nationalsozialistischen M a c h t ü b e r n a h m e verweigerte er den Eintritt in die N S D A P und wurde in den einstweiligen Ruhestand versetzt, fand aber seit 1939 wieder Beschäftigung im badischen Finanz- und Wirtschaftsministerium. Nach Kriegsende trat er in die C D U ein und beteiligte sich als Mitglied der Kreisversammlung von Baden-Baden, der badischen Landesversammlung, des badischen Landtags sowie des Parlamentarischen Rats am Aufbau demokratischer Institutionen. 1948-51 war F. badischer Justizminister. CD Munzinger

Fecht,

Johannes, luth. Theologe, * 25. 12. 1636 Sulzburg/ Breisgau, t 5. 5. 1716 Rostock. F., dessen Vater Superintendent der Markgrafschaft Hochberg war, studierte 1655-61 in Straßburg vor allem bei Jo-

hann Conrad —> Dannhauer Theologie, daneben Philologie, Philosophie, semitische Sprachen und Geschichte. Danach vervollkommnete er seine Kenntnisse an mehreren deutschen Universitäten, u . a . in Heidelberg, Gießen und Wittenberg. Seit 1669 war er Hofprediger und Prof. der Theologie in Durlach, seit 1688 auch Superintendent der Markgrafschaft Baden-Durlach. 1690 wurde F. auf Empfehlung Philipp Jakob —»Speners Prof. der Theologie und Superintendent in Rostock. Als Vermittler in theologischen Streitfragen, Förderer des Schulwesens, der Bibelverbreitung und der Eigenständigkeit kirchlicher Institutionen machte er sich um die mecklenburgische Kirche verdient. Seine praktische Tätigkeit gründete auf lutherisch-orthodoxen Überzeugungen, die sich etwa in der Schrift Der theologischen Fakultät zu Rostock Beantwortung der Frage: Ob die Pietisterey eine Fabel sey (1715) vor allem gegen die schwärmerischen Varianten des Pietismus richteten. c d NDB

Fechter,

Daniel Albrecht, schweizer. Pädagoge, Historiker, * 8.5. 1805 Basel, t 1.4. 1876 Basel. F., Sohn eines Schuhmachers, studierte zunächst Theologie, später Klassische Philologie in seiner Heimatstadt und unterrichtete dort seit 1824 erst am G y m n a s i u m , seit 1842 auch am Pädagogium Griechisch und Latein. Z u m Dr. phil. promoviert, wurde er 1857 Konrektor. Von Bedeutung sind seine Forschungen zur Geschichte der Stadt Basel. 1856 erschien eine Topographie Basels mit Berücksichtigung der Cultur- und Sittengeschichte. F. gab die Autobiographien von T h o m a s und Felix Platter heraus und edierte die S a m m l u n g der eidgenössischen Abschiede 1618-48 und 1712-77. m HLS

Fechter,

Paul (Otto Heinrich), Pseud. Paul Monty, Journalist, Literaturwissenschaftler, Kritiker, Schriftsteller, * 14.9. 1880 Elbing (Westpreußen), t 9. 1. 1958 Berlin. F., Sohn eines Zimmermeisters und Bauunternehmers, studierte zunächst Architektur an den Technischen Hochschulen in Dresden und Charlottenburg, später an der Univ. Berlin Mathematik, Physik und Philosophie und wurde 1905 in Erlangen mit der Arbeit Die Grundlagen der Realdialektik. Ein Beitrag zur Kenntnis der Bahnsen'sehen Willensmetaphysik (1906) promoviert. Seit 1905 Volontär, dann Feuilletonredakteur bei den „Dresdner Neuesten Nachrichten", wechselte er 1911 zur „Vossischen Zeitung" nach Berlin und ging nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1918 zur „Deutschen Allgemeinen Zeitung". Er war auch f ü r das „Berliner Tageblatt", die „Deutsche R u n d s c h a u " und für die „Neue Linie" tätig. 1933-40 war er mit Fritz —> Klein Herausgeber der „Deutschen Zukunft", 1954-56 mit Joachim —»Günther der „Neuen Deutschen H e f t e " und schrieb 1946-58 als Journalist auch für „Die Zeit" und „Die Welt". F. wirkte als Theaterkritiker, Essayist, Erzähler (u.a. Die Kletterstange, 1925; Die Rückkehr zur Natur, 1929), Dramatiker und Literaturwissenschaftler. Der Expressionismus (1914) war eine der ersten Untersuchungen dieser Literaturepoche. Während der Zeit des Nationalsozialismus gehörte er der Berliner „Mittwochsgesellschaft" an. Literaturgeschichtliche Abhandlungen F.s wie Dichtung der Deutschen lassen eine an völkischer Gesinnung orientierte Literaturbewertung erkennen. Nach 1945 veröffentlichte F. u. a. Menschen und Zeiten. Begegnungen aus S Jahrzehnten (1949), Zwischen Haff und Weichsel. Jahre der Jugend (1950), Geschichte der deutschen Literatur (2 Bde., 1952) und Das europäische Drama. Geist und Kultur im Spiegel des Dramas (3 Bde., 1956-58). c d I G L

Feckert,

Gustav Heinrich Gottlob, Maler, Lithograph, * 3 . 3 . 1820 Cottbus, t 5. 10. 1899 Berlin. Seine erste Ausbildung in der Lithographie erhielt F. von Albert Rémy, seit 1840 studierte er an der Berliner Kunstakademie. Er verschaffte sich schnell einen Ruf als bedeu-

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Feckes tender Reproduktionslithograph zahlreicher Genrebilder und Porträts, doch verdrängten die Erfolge der Photographie F.s Werk bald. 1869 in die Berliner A k a d e m i e a u f g e n o m m e n , wurde ihm 1894 der Professorentitel verliehen, CD A K L F e c k e s , Carl, kath. Theologe, * 3 0 . 7 . 1 8 8 4 Krefeld, t 8 . 3 . 1958 Königswinter. F. empfing 1918 in Köln die Priesterweihe. Er wurde in R o m zum Dr. phil. und 1923 in Freiburg zum Dr. theol. (Die nominalistische Rechtfertigungslehre nach Gabriel Biel) promoviert. 1924-29 lehrte er als Dozent, danach als Prof. an der Albertus-Magnus-Akademie in Köln. F. gehörte 1951 zu den Gründern der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Mariologie. Er war Mitherausgeber der Werke des —> Albertus Magnus und seit 1953 der Neuedition von Scheebens Christologie. F. gehörte der Marianischen A k a d e m i e an. m

LThK

Feckler,

Joseph Paris, Komponist, * 19.3. 1666 L a u f e n / Salzach, t 4 . 1 0 . 1735 Mainz. F., der Sohn eines Choralisten, wurde wohl im Stift Laufen musikalisch ausgebildet und war seit 1679 Kapellknabe am Salzburger Dom. Er studierte Theologie, wurde 1690 z u m Priester geweiht und hielt sich bis 1707 zu musikalischen Studien in Italien auf. Danach war er Hofkaplan und Kabinetts-Musikdirektor bei Kurfürst —» Johann Wilhelm von der Pfalz in Düsseldorf. Zwischen 1710 und 1718 unternahm F. mehrere Reisen, u m Geld für den Bau von St. Clemens in Hannover zu sammeln. 1721 ging er als Hofkapellmeister nach Trier, 1728 nach Mainz, wo er auch Kanonikus am Heiligkreuz-Stift wurde. F. komponierte u. a. die venezianische Einflüsse aufweisende Kantate Applauso poetico al giorno de! nome et alle glorie della Sac. Maestà di Gioseppe Gran Re di Romani (1702). πα MGG F e d d e , Friedrich, Botaniker, * 3 0 . 6 . 1873 Breslau, t 14.3. 1942 Berlin-Dahlem. F., Sohn eines Gymnasialprofessors, studierte seit 1892 in Breslau Botanik, Zoologie, Chemie, Mineralogie, Physik und Geographie und wurde 1896 mit der Arbeit Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Solanaceae promoviert. Nach kurzer Zeit als Kursusassessor des Botanischen Gartens in Breslau unterrichtete er als Hilfslehrer in Tarnowitz und Berlin, seit 1902 als Oberlehrer und seit 1912 als Prof. am Charlottenburger M o m m s e n - G y m n a s i u m . Er unternahm Studienreisen durch die Mittelmeerländer, Südrußland und Finnland. Mit zahlreichen Beiträgen für den „Botanischen Jahresbericht", dessen Schriftleitung er 1903 übernahm, d e m „Repertorium specierum novarum regni vegetabilis" (1905), d e m „Repertorium Europaeum et Mediterraneum" ( 1913) sowie weiteren Veröffentlichungen zu Benennungs- und Einordnungsfragen erwarb sich F. große Verdienste u m die botanische Systematik. Sein spezielles Forschungsinteresse galt der Familie der Mohngewächse. F. war Herausgeber der Beiträge zur Systematik und Pflanzengeographie (19 Bde., 1924-42). c d NDB

Feddersen,

Berend Wilhelm, Physiker, * 2 6 . 3 . 1832 Schleswig, t 1.7. 1918 Leipzig. F., Sohn eines Obergerichtssekretärs und Landgerichtsnotars, studierte seit 1852 C h e m i e und Physik in Göttingen, Berlin und Kiel, wo er 1857 mit der Dissertation Beiträge zur Kenntnis des elektrischen Funkens promoviert wurde. 1858 ging er nach Leipzig und setzte dort seine elektromagnetischen Forschungen fort. Sein experimenteller Nachweis elektrischer Schwingungen und deren Beeinflußbarkeit unter bestimmten Bedingungen war grundlegend für die Entwicklung elektrischer Nachrichtenübermittlung (Entladung der Leidener Flasche, 1908; Zur Entdeckung der elektrischen Wellen, 1909). Er unterstützte die Fortführung von Poggendorjfs biographisch-literarischem Handwörterbuch,

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dessen dritten Band er 1898 gemeinsam mit Arthur Joachim von —> Oettingen herausgab. F. war Mitglied der Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften. CD S H B L , Bd 3 F e d d e r s e n , Hans Peter, Maler, * 2 9 . 5 . 1848 Wester Schnatebüll (heute zu Stedesand, Kr. Nordfriesland), t 1 3 . 1 2 . 1 9 4 1 Kleiseerkoog (heute zu Galmsbüll, Kr. Nordfriesland). F., Sohn eines Landwirts, studierte 1866-71, zuletzt bei Oswald —> Achenbach, an der A k a d e m i e in Düsseldorf, 1871-77 an der Kunstschule in Weimar bei Theodor —> Hagen und unternahm Studienreisen nach Südrußland und Italien. Nach einem Aufenthalt in Kreuznach lebte er seit 1880 wieder in Düsseldorf und zog sich 1885 auf seinen Marschhof Kleiseerkoog bei Niebüll zurück. In der Frühzeit von der romantischen Landschaftsmalerei Achenbachs beeinflußt, zeigen seine Porträts, Landschaften und Interieurs später vermehrt naturalistische Stilelemente, aus denen sich F.s eigenständiger Impressionismus entwickelte. Die Motive stammen hauptsächlich aus seiner nordfriesischen Heimat. F. wurde 1910 zum Prof. ernannt und 1926 in die Akademie der Künste in Berlin a u f g e n o m m e n , CD S H B L , Bd 1

Feddersen,

Helga, Schauspielerin, Schriftstellerin, * 1 4 . 3 . 1 9 3 0 Hamburg, t 2 4 . 1 1 . 1 9 9 0 Hamburg. F., Tochter eines Schiffsausrüsters, besuchte 1948-1950 die Schauspielschule in Hamburg, wo sie 1949 im „Theater im Z i m m e r " ihr Debüt in Strindbergs Ostern gab. In den folgenden Jahren war F. an den Hamburger Kammerspielen und am Musiktheater in Gelsenkirchen engagiert (bis 1955). 1957 begann F. als Souffleuse und Regieassistentin beim Norddeutschen R u n d f u n k und übernahm bald verschiedene Film-, Funk- und Fernsehrollen, bis sie 1966 wieder ein festes Engagement am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg erhielt. G r o ß e Erfolge hatte F. mit Fernsehserien und Plattenaufnahmen. 1983 gründete sie mit ihrem Lebensgefährten Reinhard („Olli") Maier das „Theater am Holstenwall" (bis 1989). F. schrieb eine Reihe von Drehbüchern für das Fernsehen (u. a. Vier Stunden von Elbe 1, 1968; Geschichten aus der Heimat, 1985). CD Hamburg Biogr, Bd 2 F e d d e r s e n , Jakob Friedrich, auch Fedderson, evang. Theologe, Schriftsteller, * 3 1 . 7 . 1736 Schleswig, t 3 1 . 1 2 . 1788 Altona (heute zu Hamburg). F. brach eine Kaufmannslehre ab, studierte 1755-58 in Jena Theologie und unterrichtete zwei Jahre als Hauslehrer in seiner Vaterstadt. 1760 wurde er Kabinettsprediger des Herzogs von Holstein-Augustenburg, 1765 Prediger in Ballenstedt, Bernburg, Harzgerode sowie am Hof der Fürstin von Anhalt-Bernburg, 1769 an der Magdeburger Johanniskirche, 1777 an der Domkirche in Braunschweig. Seit 1788 als Propst und Konsistorialrat für die Kirchen und Schulen in Altona verantwortlich, unterrichtete er daneben Religion am dortigen Christianeum und betreute die evang. Pfarrgemeinde. F. schrieb zahlreiche Traktate, Lieder und Erbauungsschriften ( u . a . Die Gemüthsruhe auf dem Sterbebette, als das würdigste Lob, welches dem aufgelösten Christen in die Gruft nachschallet [...] 1757), religiöse Kinderliteratur sowie Trauerspiele und die Abhandlung Beredsamkeit und Dichtkunst sind die vertrautesten Freundinnen der Gottesgelahrtheit [...] (1758). CD D L L

Feddersen,

Jens, Journalist, Redakteur, * 3 0 . 1 . 1 9 2 8 Coburg, t 2 8 . 5 . 1 9 9 6 Velbert. F., Sohn eines Journalisten, durchlief 1 9 4 6 / 4 7 ein Volontariat bei der „Neuen Zeit". 1 9 4 8 / 4 9 arbeitete er als Journalist für „Der A b e n d " und seit 1949 für „Der Tag". Seit 1952 beteiligte er sich am A u f b a u des Berliner Fernsehens. 1954 wurde F. Ressortleiter für Politik bei der „Neuen Ruhr-Zeitung", deren Chefredakteur er 1961-93 war. Zuletzt war er Lehrbeauftragter an der Freien Univ. Berlin und an

Feder der Univ. Düsseldorf. F. engagierte sich in den Kuratorien des Theodor Wolff-Preises, der Leisler-Kiep-Stiftung und der Atlantik-Brücke. Er veröffentlichte u. a. Reise zu guten Freunden (1964).

Feddersen,

Johann Daniel, Liederdichter, Buchbinder, * 3 . 1 1 . 1836 Deezbüll (Schleswig-Holstein), f 9 . 3 . 1902 Elmshorn. Während seiner Buchbinderlehre in H u s u m wurde F. durch die Evangelische Gnadenordnung (1751) des David —> Hollaz zu den baptistischen Glaubensgrundsätzen bekehrt. Er betrieb autodidaktisch intensive Bibelstudien und gründete nach seiner Übersiedlung nach Elmshorn 1866 eine baptistische Gemeinde, deren Ältester er bis 1889 war. Seine Zionslieder von 1864 enthalten einige zu seiner Zeit populäre Kirchenlieder. t n BBKL

Feddersen,

Peter, schweizer. Redakteur, * 18.1. 1812 Altona (heute zu Hamburg), t 5 . 7 . 1874 Basel. Der Sohn eines K a u f m a n n s studierte seit 1830 Rechtswissenschaften in Kiel und Heidelberg, beteiligte sich 1833 am Aufstand republikanischer Bürger und Studenten in Frankf u r t / M a i n und flüchtete in der Folge nach England und Frankreich. 1837 ging er in die Schweiz und war publizistisch für die „Berner Zeitung" tätig. 1848 von der konservativen Regierung aus Bern ausgewiesen, wurde F. Redakteur des „Tagblatts der Stadt Basel" und des daraus entstandenen „Schweizerischen Volksfreunds aus Basel". 1858-72 war er Großrat in Basel. F. veröffentlichte eine Geschichte der Schweizerischen Regeneration (1867) und übersetzte Werke von T h o m a s Carlyle. CD H L S

von Poitiers (3 Bde., 1910ff.) und ein mehrfach aufgelegtes Lehrbuch zur geschichtlichen Methode (1919). CD LThK

Feder,

Ernst, Pseud. Ernesto Α., Spectator, Jurist, Journalist, Schriftsteller, * 1 8 . 3 . 1 8 8 1 Berlin, t 2 9 . 3 . 1 9 6 4 Berlin. Der Fabrikantensohn studierte Rechts- und Wirtschaftswissenschaften sowie Geschichte in Berlin, Paris und München, wurde 1903 in Berlin promoviert (Verantwortlichkeit für fremdes Verschulden nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche) und ließ sich 1907 als Rechtsanwalt und Notar in Berlin nieder. Neben Beiträgen für juristische Fachzeitschriften schrieb er politische Artikel u. a. für „Das freie Wort" und Theodor —»Barths „Nation". A m Ersten Weltkrieg nahm F. als Kriegsgerichtsrat teil. 1918 gründete er mit anderen die Deutsche Demokratische Partei und trat im folgenden Jahr als Ressortleiter Innenpolitik in die Redaktion des „Berliner Tageblatts" ein. Seit 1931 als freier Publizist tätig, emigrierte er 1933 über die Schweiz nach Frankreich, 1941 weiter nach Brasilien. Seit 1957 lebte er wieder in Deutschland. Als liberaler Publizist und Essayist gehörte F. zu den entschiedenen Verfechtern der Weimarer Demokratie, die er durch aktive Tagespolitik, aber auch als Juge permanent au Tribunal d ' H o n n e u r International des Journalistes in Den Haag, als Mitglied des Republikanischen Richterbundes und als Präsident der Reichsarbeitsgemeinschaft der deutschen Presse zu stärken suchte. Er veröffentlichte u . a . Monographien über H u g o —»Preuß und Paul —»Nathan sowie Theodor Barth und der demokratische Gedanke (1919). Seine nachgelassenen Tagebücher aus den Jahren 1926 bis 1932 erschienen 1971 unter d e m Titel Heute sprach ich mit [...] ( 1971, hrsg. von Cécile Lowenthal-Hensel und Arnold Paucker). CD Killy

F e d e l e r , Carl Justus Härmen, Maler, Kupferstecher, Lithograph, * 2 5 . 1 . 1 7 9 9 Bremen, t 23. 1.1858 Bremen. Zunächst Gehilfe eines Stubenmalers in Hamburg, bildete sich F. autodidaktisch weiter und malte Porträts und Landschaften. 1831 kehrte er in seine Geburtsstadt zurück und war als Zeichenlehrer, Maler und Graphiker, vor allem aber als Marinemaler in Bremerhaven tätig. F. gehörte zu den wichtigsten Schiffsporträtisten des Wesergebiets. DD A K L

Fedeli,

Ruggiero, auch Rudcher, Rüdiger Fidel, Kapellmeister, * um 1655 Venedig, f Ende Januar 1722 Kassel. F. begann 1674 seine Musikertätigkeit als Bassist an der von seinem Vater geleiteten Kapelle an S. Marco. Nachdem er 1675 vorübergehend in bergamesischen Diensten gestanden war, wurde er aufgrund unerlaubten Verlassens der Stadt endgültig seiner venezianischen Tätigkeit entbunden. In Bayreuth verpflichtet, wurde er 1681 wegen Ungehorsams gegenüber d e m Grafen erneut entlassen, ein Schicksal, das ihm 1688 auch in Dresden widerfuhr. 1691 war F. am Berliner Hof angestellt, 1695 in Hannover und erhielt 1701 seine Lebensstellung als Kapellmeister in Kassel. Es lassen sich auch Aufenthalte F.s in Braunschweig (1703) und Wolfenbüttel (1704) nachweisen. Er schrieb Kantaten und Opern (Almira, 1702) sowie die Trauermusik z u m Begräbnis der 1705 verstorbenen Königin —> Sophie Charlotte von Preußen. m MGG

Feder,

Alfred, Jesuit, Theologe, * 1 2 . 8 . 1 8 7 2 Eupen, t 5 . 7 . 1 9 2 7 Valkenburg (Niederlande). Der Patristiker lehrte seit 1911 als Prof. f ü r Dogmengeschichte und geschichtliche Methodenlehre am Sitz der niederländischen Jesuitenprovinz in Valkenburg-Houthem. Er übersetzte Schriften des Ordensgründers Ignatius von Loyola ins Deutsche und veröffentlichte u . a . Studien zu Hilarius

F e d e r , Gottfried, Politiker, Wirtschaftstheoretiker, * 2 7 . 1 . 1 8 8 3 Würzburg, t 2 4 . 9 . 1941 Murnau (Oberbayern). F., Sohn eines Regierungsdirektors, Schloß das Studium an den Technischen Hochschulen München, Charlottenburg und Zürich 1905 als Bauingenieur ab und arbeitete als Konstrukteur bei einer Eisenbetonfirma, seit 1908 als Teilhaber und Direktor der Münchner Niederlassung der Hochund Tiefbau-Firma Ackermann & Co. 1 9 1 8 / 1 9 Mitglied der Thüle-Gesellschaft und des Germanenordens, wurde er 1919 Mitglied des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes und der Deutschen Arbeiter-Partei. Seit 1917 befaßte sich F. autodidaktisch mit volkswirtschaftlichen Studien und veröffentlichte 1919 Das Manifest zur Brechung der Zinsknechtschaft des Geldes. 1 9 1 9 / 2 0 war er Mitarbeiter des „Münchner Beobachters" (seit 1920 „Völkischer Beobachter") und gründete einen „ K a m p f b u n d " , der 1920 in der N S D A P aufging. F. gehörte zu den Verfassern des Parteiprog r a m m s der N S D A P , nahm 1923 am Hitler-Putsch teil und wurde 1924 als Wirtschaftsexperte und Mitglied der Reichsleitung der Partei Mitglied des Reichstags (bis 1936). F. formulierte die antikapitalistische Programmatik der nationalsozialistischen Bewegung. Seit 1927 gab er die Schriftenreihe „Nationalsozialistische Bibliothek" heraus, wurde 1928 Inhaber des Fränkischen Volksverlags Nürnberg und war 1928-33 Herausgeber der Zeitschrift „Die F l a m m e " (Bamberg) und 1930-33 der Zeitung „Der Streiter" (Forchheim). Seit 1931 Vorsitzender des Wirtschaftsrats der N S D A P , seit 1933 Staatssekretär im Wirtschaftsministerium und 1934 Reichskommissar für das Siedlungswesen, m u ß t e er im selben Jahr seine Ämter aufgeben. Er hielt als Honorarprofessor, seit 1936 als a. o. Prof. an der T H Charlottenburg Vorlesungen über Städtebau und Siedlungswesen und übernahm im selben Jahr einen Lehrstuhl an der T H Braunschweig. CD Lilla, Statisten

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Feder F e d e r , Heinrich von, Politiker, * 20. 1. 1822 Wertheim (Baden), t 19.3. 1887 Wertheim. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft trat F. in den badischen Staatsdienst ein; 1848 wurde er Advokat am Bruchsaler Hofgericht. 1849 beteiligte er sich an der Badischen Revolution, wurde nach dem Einmarsch der Preußen kurzzeitig inhaftiert und ließ sich danach als Rechtsanwalt in Offenburg nieder. 1863 wurde er in den badischen Landtag gewählt, gehörte zuerst der Fraktion der Fortschrittspartei an, arbeitete dann, großdeutsch gesinnt, mit der kath. Fraktion zusammen und Schloß sich 1869 der Demokratischen Partei an, die u.a. für das direkte Wahlrecht eintrat. Er veröffentlichte u.a. Über den Hochverrat (1850) und Geschichte der Stadt Mannheim (2 Bde., 1871-77). F e d e r , Johann Georg Heinrich, Philosoph, Bibliothekar, * 15.5. 1740 Schornweisach bei Neustadt/Aisch, t 22.5. 1821 Hannover. F., Sohn eines Pfarrers und Schüler des Wolffianers Simon Gabriel —»Suckow, war nach dem Studium der Philosophie, Theologie und Pädagogik in Erlangen (1757-60) Hauslehrer in Polsingen. 1765 aufgrund der Arbeit Homo natura non ferens, in der er sich mit dem Pessimismus Rousseaus auseinandersetzte, promoviert, wurde er im selben Jahr Prof. der Metaphysik und der orientalischen Sprachen, später der Logik, Metaphysik und praktischen Philosophie am Casimirianum in Coburg. 1767 erhielt F. einen Ruf nach Göttingen und wurde 1782 zum Hofrat ernannt. Er war wie Christoph —» Meiners, mit dem er die „Philosophische Bibliothek" (1788-91) herausgab, ein Gegner —» Kants. Die Kontroverse zwischen beiden erreichte ihren Höhepunkt, nachdem F. in seiner Eigenschaft als Redakteur der „Göttinger Gelehrten Anzeigen" eine Rezension der Kritik der reinen Vernunft durch Christian —»Garve entstellend umänderte. 1797 verließ F. Göttingen und ging nach Hannover, wo er Direktor der Pagenschule der Stadt, Georgianum genannt, und 1802 auch Leiter der kgl. Bibliothek wurde. 1806 zum Direktor der Hofschule und Ritter des Guelfenordens ernannt, wurde er 1819 Geheimer Justizrat. F. schrieb einige erfolgreiche Lehrbücher, u. a. Grundriß der Philosophischen Wissenschaften nebst der nötigen Geschichte (1767, 2 1769), Logik und Metaphysik (1769, 8 1794 unter dem Titel Grundsätze der Logik und Metaphysik; lat. Ausg. 1777, 4 1797) und Lehrbuch der praktischen Philosophie (1770, erschien ab der 5. Auflage unter dem Titel Grundlehren zur Kenntniß des menschlichen Willens und der natürlichen Gesetze des Rechtsverhaltens, 1783, 3 1789). In seinem Hauptwerk Untersuchungen Uber den menschlichen Willen (4 Tie., 1779-93) legte er eine erste psychologische Typenlehre dar. F.s Autobiographie wurde 1825 von Karl August Ludwig Feder unter dem Titel J. G. H. Feder's Leben, Natur und Grundsätze. Zur Belehrung und Ermunterung seiner lieben Nachkommen, auch Anderer die Nutzbares daraus aufzunehmen geneigt sind (Nachdr. 1970) herausgegeben. F. war der Vater von Karl August Ludwig —> F. DP Killy F e d e r , Johann Michael, kath. Theologe, Bibliothekar, Orientalist, * 25.5.1753 Oellingen (Unterfranken), t 6.7.1824 Würzburg. F., Vetter von Johann Georg Heinrich —»F., studierte in Würzburg Theologie, erwarb 1777 den Grad eines Lizentiaten, wurde im selben Jahr zum Priester geweiht, war seelsorgerisch tätig und erhielt 1785 eine außerordentliche Professur für orientalische Sprachen. 1786 zum Dr. theol. promoviert, leitete er seit 1791 die Universitätsbibliothek, war seit 1795 o.Prof. der Moraltheologie und Patristik, übte das Amt eines Zensurrats aus und wurde 1798 Geistlicher Rat. Nach der Reorganisation der Univ. 1803/04 durch die nunmehr kurfürstlich bayerische Regierung verlor F. die Professur, blieb aber bis zu seiner Pensionierung 1811 Ober-

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bibliothekar. Neben Fachveröffentlichungen gab er als der Aufklärung und dem Rationalismus verpflichteter Theologe die „Würzburger Gelehrten Anzeigen", das „Magazin zur Beförderung des Schulwesens im katholischen Deutschland" (3 Bde., 1791-97) sowie das „Praktisch-theologische Magazin für katholische Geistliche" (3 Bde., 1798-1800) heraus. m LThK F e d e r , Karl August Ludwig, Pädagoge, Bibliothekar, * 1790 Göttingen, t 9. 1. 1856 Darmstadt. Der Sohn Johann Georg Heinrich —>F.s wurde nach dem Studium 1818 zum Dr. phil. promoviert und war seit 1819 Privatdozent in Heidelberg. Kurz darauf übernahm er, mit dem Titel eines Professors und Hofrats, erst in Lausanne, dann in Darmstadt die Erziehung des späteren Großherzogs —> Ludwig III. von Hessen und dessen jüngeren Bruders Karl. Anschließend wurde er Direktor der Darmstädter Hofbibliothek. F. schrieb die Lebensgeschichte seines Vaters J. G. H. Feder's Leben, Natur und Grundsätze (1825). •a

ADB

Federer, Georg, Jurist, Diplomat, * 8.9. 1905 Stuttgart, t 24.6. 1984 Stuttgart. Nach einer Banklehre in Stuttgart (1923/24) studierte F., Sohn eines Bankiers, 1924-28 Jura in Freiburg/Breisgau, München, Genf und Berlin und wurde nach Privatstudien 1932 mit einer völkerrechtlichen Arbeit promoviert. Seit 1931 im württembergischen Justizdienst, trat er 1935 in den diplomatischen Dienst ein. Nach Tätigkeiten in Riga, Bern und London wurde er, seit 1941 Mitglied der NSDAP, 1943 Gesandtschaftsrat. 1945-50 vertrat F. das Hilfswerk der Evangelischen Kirche Deutschlands im Ausland und war an der Gründung der Zeitschrift „Christ und Welt" beteiligt, die er 1951/52 mitherausgab. 1952 kehrte er in den Auswärtigen Dienst zurück, war 1953-56 Botschaftsrat in Washington und bis 1958 Vortragender Legationsrat Erster Klasse in der Bonner Zentrale. Anschließend leitete er das Generalkonsulat in New York und wurde 1964 Botschafter in Kairo, 1965 Botschafter in Brüssel; 1968-70 stand er der Personal- und Verwaltungsabteilung des Auswärtigen Amtes vor. OD BHdAD Federer, Heinrich, schweizer, kath. Theologe, Schriftsteller, * 6.10. 1866 Brienz (Kt. Bern), t 29.4. 1928 Zürich. F., dessen Vater als Zeichenlehrer an den Schnitzlerschulen in Brienz und Sachsein, dann als Volksschullehrer tätig war, studierte in Eichstätt, Luzern und Freiburg (Schweiz) Theologie, wurde 1893 in St. Gallen zum Priester geweiht und übernahm die Kaplanstelle in Jonschwil (Kt. St. Gallen), die er 1899 aus Krankheitsgründen aufgeben mußte. Er wurde Redakteur und bald führender Leitartikler der „Zürcher Nachrichten". 1902 unter der Anklage sexuellen Mißbrauchs Minderjähriger verhaftet, wurde er später jedoch aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Trotzdem verlor er seine Stelle und mußte einige Jahre als freier Gelegenheitsjournalist arbeiten, bis er 1911 die Lachweiler Geschichten und den Roman Berge und Menschen veröffentlichte. F. thematisierte in Novellen, erzählerischen Skizzen und Romanen seine eigene Lebensgeschichte, Reiseerlebnisse in Italien sowie die Welt der schweizer. Bergbauern (u. a. Das Mätteliseppi, 1916; Papst und Kaiser im Dorf, 1924). m Killy Federer, Julius, Jurist, * 6.5.1911 Konstanz, t 20.1.1984 Karlsruhe. Der Sohn des Landgerichtsdirektors von Konstanz studierte in München, Freiburg und Heidelberg Rechts- und Staatswissenschaften. Seit 1932 im Vorbereitungsdienst in Baden, wurde er 1936 Gerichtsassessor. Wegen Ablehnung des nationalsozialistischen Regimes schied er 1938 aus dem Staatsdienst aus und trat in die Vermögensverwaltung der

Federn Erzdiösese Freiburg ein, deren Finanzrat er 1939 wurde. Nach Wehrdienst und Kriegsgefangenschaft nahm F. 1945 seine frühere Tätigkeit wieder auf und wurde 1947 promoviert. In der Folge wirkte er als Landgerichtsrat in Freiburg und wurde 1948 Mitglied des Badischen Staatsgerichtshofs, 1949 Oberlandesgerichtsrat, 1950 Richter beim Rastatter Obergericht. 1951-67 gehörte er d e m Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe an. CD Munzinger

Federhofer,

Karl, österr. Techniker, * 5 . 7 . 1 8 8 5 Knittelfeld (Steiermark), t 6 . 1 1 . 1 9 6 0 Graz. F. studierte 1903-08 an der T H Graz, trat als Referent für Brückenbau in den steiermärkischen Staatsdienst, wurde 1909 promoviert und habilitierte sich 1913 für Baumechanik an der Montanistischen Hochschule Leoben. 1920 folgte er einem Ruf als o . P r o f . an die T H Brünn und war seit 1923 o. Prof. der allgemeinen und technischen Mechanik in Graz. 1934 wurde er für Österreich Mitglied der Internationalen Kommission für angewandte Mechanik. Seit 1939 Mitglied der Wiener A k a d e m i e der Wissenschaften, gehörte er seit 1946 dem Herausgeberkomitee des „Österreichischen Ingenieur-Archivs" an. F. befaßte sich insbesondere mit der Kinematik, Kinostatik und Dynamik des Bogenträgers und Kreisringes. F e d e r i , Johann, Staatsmann, * 1550 Stephans- oder Maria-Posching (Niederbayern), f 2 0 . 7 . 1626 Pfreimd (Oberpfalz). F. studierte in Ingolstadt, w o er 1582 zum Dr. jur. utr. promoviert wurde. Bereits 1570 Erzieher des Landgrafen Georg Ludwig von - » L e u c h t e n b e r g , wurde er 1582 leuchtenbergischer Rat, 1584 Kanzler und Lehnspropst, 1593 in den Adelsstand erhoben, 1605 Präsident und Geheimrat. Seine Absetzung 1620 durch Landgraf Wilhelm wurde zwei Jahre später von Herzog —» Maximilian von Bayern rückgängig gemacht. F. beteiligte sich an der D u r c h f ü h r u n g der Gegenreformation. Während Landgraf Georg Ludwig als Reichshofratspräsident in Prag residierte, führte F. die politischen Geschäfte im Lande.

Federle,

Egidius, auch Aegidius, schweizer. Maler, * 10.10. 1810 Stühlingen, t 2 1 . 3 . 1876 Freiburg/Breisgau. F., Sohn eines Büchsenmachers, lernte an der BleulerMalschule in Feuerthalen, ging dann nach Schaffhausen und arbeitete für den Bleuler-Kunstverlag auf Schloß Laufen, der 1835 einen Vedutenzyklus mit Originalzeichnugen F.s herausbrachte. Er trat besonders auf d e m Gebiet der Landschaftsmalerei hervor und veröffentlichte gemeinsam mit Louis Bleuler ein großes Rheinwerk. F., der seit 1850 in Konstanz lebte, verbrachte seine letzten Lebensjahre als Zeichenlehrer in Freiburg/Breisgau. CD A K L

Federmann,

Daniel, Übersetzer, * M e m m i n g e n ,

t vor 1600(7). Der Vetter Nikolaus —» F.s war Geheimschreiber des Reichsvizekanzlers Georg Sigismund —»Seid. Er übersetzte und kommentierte die Trionfi Francesco Petrarcas und übersetzte zwei Werke von Ludovico Guicciardini, die Höre di recreatione und die Descrittione di tutti i Paesi Bassi. CD Killy

Federmann,

Nikolaus, Handelsbeauftragter, * um 1505 Ulm, t 22. oder 2 3 . 2 . 1 5 4 2 Spanien (Valladolid ?). Nachdem das Handelshaus der Welser Privilegien zur Kolonisation Venezuelas erhalten hatte, begleitete F., Vetter Daniel - » F . s , 1530 spanische Siedler und deutsche Bergleute sowie Georg —»Ehinger nach Coro, d e m Sitz der Welserschen Niederlassung und wurde vom dortigen Statthalter Ambrosius —»Dalfinger zum Stellvertreter ernannt. 1531 / 3 2 unternahm er eine eigenmächtige Expedition nach Süden

und fand den wichtigen Zugang zum Stromgebiet des Orinoko. Nach Augsburg zurückgekehrt, rechtfertigte er die Aktion vor den Welsern eindrucksvoll und wurde 1 5 3 4 / 3 5 als Generalkapitän erneut entsandt. F. erkundete die Halbinsel Guajira, gründete dort die heutige Küstenstadt Riohacha und entdeckte während einer erneuten Expedition die Hochebene des heutigen Bogotá, für die er 1539 vor d e m Indienrat in Spanien seine Ansprüche auf die Statthalterschaft nicht geltend machen konnte. In einem Vergleich mit den Welsern verlor er sein Vermögen. F.s Rechtfertigungsbericht zur ersten Expedition Indianische Historia [...] (hrsg. von F.s Schwager Hans Kiffhaber, Neuausg. 1965) wurde 1557 gedruckt, aber erst im 19. Jh. als wertvolle Quelle wiederentdeckt. Cd Henze

Federmann,

Reinhard, Pseud. Fedor (mit Milo Dor), Randolph Mills, Alexander Dormann, österr. Schriftsteller, * 12.2. 1923 Wien, t 29. 1. 1976 Wien. F., dessen Vater, ein Jurist, nach dem „Anschluß" Österreichs Selbstmord beging, Schloß sein Jurastudium nicht ab. Nach d e m Zweiten Weltkrieg begann seine schriftstellerische Tätigkeit. Zunächst Redakteur bei Burda in Offenburg, arbeitete er später als freier Schriftsteller und Übersetzer in M ü n c h e n . Z u s a m m e n mit Milo Dor schrieb er R o m a n e (u. a. Othello von Salerno, 1956), Kurzgeschichten und Hörspiele. Nach Wien zurückgekehrt, gab F. die Literatur- und Kulturzeitschrift „Die Pestsäule" heraus und war Generalsekretär des österr. PEN-Zentrums. Als zeitkritischer Erzähler veröffentlichte er Herr Felix Austria und seine Wohltäter (1970). Sein R o m a n Das Himmelreich der Lügner (1959) hat die blutigen Februarereignisse 1934 zum T h e m a . CD Killy F e d e r n , Etta, eigentl. Marietta F., verh. Kirms(s)e und Kohlhaas, Pseud. Esperanza, Publizistin, * 2 8 . 4 . 1883 Wien, t 9 . 5 . 1 9 5 1 Paris. Die Tochter Josef —»F.s und Schwester von Karl, Walther und Paul —» F. studierte seit 1903 in Wien und Berlin Literaturgeschichte, Germanistik und Griechisch, brach das Studium jedoch ab, um sich der Schriftstellerei zu widmen. Sie arbeitete als Übersetzerin, gab Privatunterricht und veröffentlichte Biographien über Dante, Johann Wolfgang von —»Goethe und Christiane - » G o e t h e , geb. Vulpius. F. übersetzte Werke von Andersen, Jacobsen, Bang, Shakespeare und die Gedichte Anakreons. Ihre Monographie Walter Rathenau, sein Leben und Wirken erschien 1927. F., die wegen Morddrohungen und massiven Angriffen der rechten Presse Deutschland verließ, lebte seit 1932 in Spanien, seit 1938 in Frankreich. In Spanien engagierte sie sich für die M u j e r e s Libres, die Frauenorganisation der anarchosyndikalistischen Confederación Nacional del Trabajo, in Frankreich Schloß sie sich der Resistance an. Nach Kriegsende lebte F. in Paris von Handeleseanalysen und Übersetzungen. CD Lex dt-jüd Autoren F e d e r n , Josef (Salomon), österr. Mediziner, * 2 0 . 1 1 . 1831 Prag, t 9. 11.1920 Wien. F., Sohn eines Arztes, arbeitete schon während seiner Studienzeit an der Univ. Wien im Labor des Physiologen Ernst Wilhelm von —»Brücke mit. Nach der Promotion 1859 ließ er sich als praktischer Arzt in Wien nieder und betreute viele hochgestellte Persönlichkeiten, u . a . seinen Lehrer Carl von - » R o k i t a n s k y . Daneben besuchte F. sein Leben lang Vorlesungen und klinische Demonstrationen der führenden Mediziner seiner Zeit, wie Salomon —»Stricker, Hermann —»Nothnagel, Ernst —»Ludwig, Friedrich —» Kraus, E d m u n d von —» Neusser und Eugen von —» Bamberger. F. verhalf der Blutdruckmessung zum Durchbruch und war einer der ersten Mediziner, die diese B e f u n d e in das Krankheitsbild miteinbezogen. Er veröffentlichte u. a. Blutdruck und Darmatonie (1894). F. war der Vater von Karl, Walther, Paul und Etta - » F . CD N D B

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Federn F e d e r n , Karl, Jurist, Schriftsteller, Übersetzer, * 2 . 2 . 1868 Wien, f 2 2 . 3 . 1943 Edgware (heute zu London). Der Sohn von Josef —>F. und Bruder von Walther, Paul und Etta —> F. studierte 1885-90 in Wien Rechtswissenschaft und wurde 1891 promoviert. Nach drei Jahren als Rechtsanwalt lebte er, nachdem 1891 sein Erstling Die Hochzeit zu Barcelona erschienen war, als freier Schriftsteller. 1908 siedelte er nach Berlin über, lebte zeitweilig in Italien und Großbritannien, war 1915-18 für die „Vossische Zeitung" Sonderkorrespondent in Lugano und 1 9 1 9 / 2 0 für das deutsche Außenministerium tätig. 1933 emigrierte F. nach Kopenhagen, später nach London. Er hinterließ ein umfangreiches Werk als Essayist, Publizist, Herausgeber, Historiograph, Biograph und Übersetzer von Ralph Waldo Emerson, Edward C. Carpenter, Walt Whitman, Benedetto Croce, James Fenimore Cooper und Stendhal. Zu seinen erzählerischen Arbeiten zählen die neoklassizistischen Hundert Novellen (2 Bde., 1 9 1 2 / 1 3 ) und der Antikriegsroman Hauptmann Latour. Nach den Aufzeichnungen eines Offiziers (1929). m NDB

Immunität und Jurisdiktion und wehrte die Einführung eines neuen Katechismus sowie die Sonderbesteuerung des Klerus ab. F. galt als Förderer der Herz-Jesu-Verehrung, gründete 1757 an der Domkirche in Chur eine Johannes-NepomukBruderschaft und gab 1762 einen Katechismus in deutscher und lateinischer Sprache heraus. CD Gatz 3

F e d e r n , Paul, Psychoanalytiker, Mediziner, * 13. 10. 1871 Wien, t 4 . 5 . 1950 N e w York. Der Bruder von Karl, Walther und Etta - » F . folgte seinem Vater Josef —> F. als Mediziner, wurde 1895 in Wien promoviert, arbeitete bis 1902 am dortigen Allgemeinen Krankenhaus, ließ sich dann als Internist nieder und Schloß sich 1903 d e m Kreis um Sigmund —> Freud an, dessen treuester Schüler er in der Verfechtung der Psychoanalyse als ärztlichem Heilverfahren wurde. Von 1908 bis zu seiner Emigration 1938 war er Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung, seit 1926 Mitherausgeber der „Internationalen Zeitschrift für Psychoanalyse", seit 1931 auch der „Zeitschrift für Psychoanalytische Pädagogik". F. nahm als Arzt am Ersten Weltkrieg teil, trat 1918 der S P O bei, für die er zeitweilig im Wiener Stadtrat saß, wurde Mitglied des Vereins sozialistischer Ärzte und emigrierte nach d e m „Anschluß" Österreichs 1938 in die USA. Nach einer Analytikerausbildung bei der N e w York Psychoanalytic Society arbeitete er seit 1946 als Lehranalytiker in N e w York. Er veröffentlichte u. a. Zur Psychologie der Revolution. Die vaterlose Gesellschaft (1919) und Ego Psychology and the Psychoses (postum 1952, hrsg. von Edoardo Weiss, dt. 1956). F. beging Selbstmord. t n Lex dt-jüd Autoren

F e d i e r , Franz, schweizer. Maler, Graphiker, Zeichner, * 1 7 . 2 . 1 9 2 2 Erstfeld (Kt. Uri), t 14. / 1 5 . 5 . 2 0 0 5 Bern. Der Sohn eines Weinhändlers durchlief 1938-41 eine Lehre als Flachmaler in Brugg, wurde 1941 / 4 2 an der Kunstgewerbeschule Luzern von Max von —»Moos ausgebildet und war 1 9 4 3 / 4 4 Privatschüler von Heinrich —»Danioth in Flüelen, dessen Wandmalereien und Theaterdekorationen er mitgestaltete. 1945 arbeitete F. als Graphiker und Zeichner in einem Berner Reklameatelier, 1947-49 studierte er in Paris sowie bei M a x von - » M ü h l e n e n in Bern Malerei. 1952 ließ er sich als freier Künstler in Bern nieder, unternahm ausgedehnte Studienreisen nach Holland, Italien, Spanien, Portugal und Algerien und war 1953 in Paris u . a . bei Stanley William Hayter tätig. Nach figurativen Anfängen (u. a. Flüelen, 1944) entwickelte F. seit 1950 einen Stil, der sich durch Geometrisierung der F o r m e n und Betonung der Materialität von Farbe und Leinwand auszeichnet. Seit Mitte der sechziger Jahre entstanden Serien von schmalen, hochformatigen Gemälden, Collagen und Bildapparaturen (Farbkristalle, 1973; Spektren, 1 9 7 3 / 7 4 ) sowie aus übereinander montierten Leinwänden und Holzplatten kreierte Scheiben-, Kreis- und Drehbilder (Ovaldrehbild, 1965). F., der 1956-63 abwechselnd in Bern und Paris lebte, gilt als einer der wichtigsten Vertreter abstrakter Malerei in der Schweiz. 1966-87 leitete er die Malklasse an der Schule für Gestaltung in Basel, 1987-92 war er Präsident der Eidgenössischen Kunstkommission. e n AKL

F e d e r n , Walther, Schriftsteller, * 6 . 8 . 1869 Wien, t 1.2. 1949 N e w York. Von Beruf Bankangestellter, veröffentlichte F., Bruder von Ettar, Karl und Paul —»F., Aufsätze über volkswirtschaftliche Themen und schrieb als freier Mitarbeiter für die „Frankfurter Zeitung" und eine Wiener Wochenzeitung, die spätere Tageszeitung „Die Zeit". 1908 gründete er die Zeitschrift „Der österreichische Volkswirt", deren Herausgeber er bis 1934 war. F. galt als einer der besten Kenner des österr. Wirtschafts- und Bankwesens. Er vertrat einen ökonomischen Liberalismus, war aber auch sozialen Ideen aufgeschlossen. Nach dem „Anschluß" Österreichs emigrierte er nach Schweden, später in die U S A . DP Czeike F e d e r s p i e l , Johann Anton Frh. von, Fürstbischof von Chur, * 2 3 . 1 0 . 1708 Schloß Fürstenburg (Tirol), t 2 7 . 2 . 1 7 7 7 Chur. F., N e f f e Ulrich von —>F.s, studierte seit 1724 in Innsbruck, seit 1726 in Dillingen, 1727-31 am Collegium Germanicum in R o m und empfing 1731 die Priesterweihe. Seit 1724 Domizellar, wurde er 1739 Domkantor und 1743 D o m d e k a n in Chur. 1755 wurde F. z u m Bischof gewählt und 1757 mit den Regalien versehen. Er verbesserte die Beziehungen des Bistums zur Stadt Chur, verteidigte die bischöfliche

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F e d e r s p i e l , Ulrich Frh. von, Fürstbischof von Chur, * 7 . 5 . 1 6 5 7 D o m a t / E m s (Graubünden), t 1 1 . 1 0 . 1 7 2 8 Chur. F., Sohn eines Amtmanns, studierte in Dillingen Theologie und wurde 1682 zum Priester geweiht, 1684 Domherr in Chur und bischöflicher Kanzler. Seine Wahl zum Nachfolger seines Onkels Bischof Ulrich de —>Mont 1682 wurde aufgrund kirchen- und staatspolitischer Auseinandersetzungen vom Heiligen Stuhl zunächst kassiert, jedoch 1692 von Innozenz XII. bestätigt. 1695 erhielt F. von Kaiser —> Leopold I. die Regalien. Wie seine Vorgänger versuchte F. die Politik des Anschlusses an Österreich durch Verkäufe und Zusammenschlüsse fortzuführen und war in die konfessionellen Spannungen in Graubünden verwickelt. CD Gatz 3

Feer,

(Walter) Emil, schweizer. Pädiater, * 5 . 3 . 1 8 6 4 Aarau, t 2 1 . 1 0 . 1 9 5 5 Zürich. F., Sohn eines Fabrikanten und N e f f e von Carl —> FeerHerzog, studierte Medizin in München, Heidelberg, Wien und Basel, wo er 1889 promoviert wurde (Ueber angeborene spastische Gliedstarre) und sich nach zweijähriger Assistenz am Kinderspital als Pädiater niederließ. 1895 habilitierte er sich für Kinderheilkunde. 1907 wurde er a. o.Prof. und Direktor der Universitäts-Kinderklinik in Heidelberg, 1911 o . P r o f . der Pädiatrie und Direktor der Kinderklinik in Zürich. Nach der Emeritierung 1929 war er als Honorarprofessor tätig; 1933 wurde er Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. F. widmete sich besonders d e m klinischen Unterricht und der Diagnostik durch praktische Beobachtung. Er veröffentlichte ein Lehrbuch der Kinderheilkunde (1911, l s 1955), Diagnostik der Kinderkrankheiten ( 1921, 6 1951 ) und Wasseranwendungen beim gesunden und kranken Kinde (1938). Sein N a m e bleibt mit d e m von ihm umfassend dargestellten Krankheitsbild der „Feerschen Neurose" verbunden. c n NDB

Fehlig Feer,

Jakob Emanuel, schweizer, reformierter Theologe, Politiker, Schulmann, * 2 8 . 2 . 1 7 5 4 Brugg, t 2 3 . 6 . 1833 Aarau. Der Sohn eines Knopfmachers studierte seit 1768 Theologie in Bern und wurde 1773 promoviert sowie 1777 zum Verbi Divini Minister ordiniert. Anschließend als Hofmeister Berner Patrizier auf Studienreisen durch Deutschland, nahm er 1780 die Pfarrstelle in Nidau an und wurde 1785 Stadtpfarrer von Brugg. Als entschiedener Verfechter eines vergrößerten und vereinten Kantons Aargau wurde er 1798 zum Regierungsstatthalter, Polizei- und Kriegskommissär ernannt, 1801 jedoch durch den Staatsstreich der Berner Aristokratie entmachtet. Nach der endgültigen Fixierung des neuen Kantons Aargau widmete er sich dem Schulwesen u . a . als Mitglied des kantonalen Schulrats, Präsident und Vizepräsident der Kantonsschuldirektion sowie als Rektor und Prof. für Geschichte, Geographie, Latein, Französisch und Italienisch an der Aargauischen Kantonsschule. 1815-31 war er Mitglied des Großen Rats des Kantons, 1826-31 des aargauischen Appellationsgerichts. c n Leb Aargau

Feer,

Johannes, auch Fehr, schweizer. Ingenieur, Astronom, Kartograph, * 3 . 1 . 1 7 6 3 Rheineck (Kt. St. Gallen), t 1 4 . 9 . 1 8 2 5 Zürich. F., Sohn eines Pfarrers, arbeitete in Zürich, hielt naturwissenschaftliche Vorträge für die Naturforschende Gesellschaft und half mit seinen astronomischen Beobachtungen wie der der Sonnenfinsternisse von 1787 bis 1820 das dortige Observatorium wiederzubeleben. Bis 1805 Bauingenieur in Meiningen (Thüringen), war er anschließend in Zürich als Ingenieur und Schanzenherr tätig. F. wirkte an der Linthkorrektion und an Triangulierungen mit, um ein genaues trigonometrisches Vermessungsnetz zu schaffen. Seine Karte des Rheintals von 1796 war wegweisend f ü r die schweizer. Kartographie. e n HLS

Feer,

Ludwig, schweizer. Theologe, Chronist, * um 1460 Luzern, f 6. 9. 1503 Luzern. Der Sprößling eines Luzerner Patrizier- und Schultheißengeschlechts wird 1462 als Inhaber einer Anwartschaft auf eine Chorherrenstelle in Beromünster erwähnt. Nach der Resignation derselben trat er angeblich in die Klosterschule St. Gallen ein. 1480-83 hatte F. nominell eine Stelle als Pfarrer in Ettiswil, während er sich zum Studium an der Univ. Paris aufhielt. Seit 1485 in Luzern ansässig, übernahm er verschiedene Amtsstellen in Gericht und Verwaltung und wurde 1491 in den Großen Rat a u f g e n o m m e n . Aus seiner Zeil als Stadtschreiber (1493-1503) ist das Manuskript einer Chronik der Stadt Luzern erhalten, das die Jahre 1462 und 1490-99 umfaßt (Etiliche chronickwilrdige sachen durch Ludwig Feeren der zytt stattschrybern zu Lucern beschriben anno 1499). m VL F e e r - H e r z o g , Carl, Politiker, * 2 3 . 1 0 . 1 8 2 0 Rixheim (Elsaß), t 13. 1. 1880 Aarau. Der Enkel Jakob Emanuel —>Feers übernahm mit 21 Jahren die Seidenbandfabrik seines Vaters. Seit 1852 Mitglied des aargauischen Großen Rats, förderte er 1854 die Gründung der Kantonalbank und setzte sich f ü r die Gründung der Schweizerischen Zentralbahn ein. 1857 wurde F.-H. Nationalrat und engagierte sich als Mitglied der Staatsrechnungskommission in Währungsfragen und als Unterhändler des Bundesrats u. a. für die Handelsverträge mit Frankreich 1864, Italien und Osterreich 1868 sowie dem Norddeutschen Bund und Spanien 1869. Seit 1871 trat er in der Auseinandersetzung um Bahntrassen vehement für den Bau des Gotthard-Tunnels ein. c n Leb Aargau

F e e s t , Felix, österr. Forstwirt, Beamter, * 2 7 . 1 . 1893 Schatzlar, t n . e . F. studierte an der Hochschule für Bodenkultur in Wien und wurde nach praktischen Studien im In- und Ausland 1922 Sektionsleiter der Land- und Forstwirtschaftsgesellschaft, 1928 Präsidialdirektor der Osterreichischen Land- und Forstwirtschaftsgesellschaft sowie Geschäftsführer des Hauptverbandes der Wald- und Grundbesitzerverbände in Österreich. Seit 1933 Mitglied des Österreichischen Holzwirtschaftsrates und Vizepräsident des C o m i t é international du Bois, wurde er 1935 Wirtschaftsberater im Bundeskanzleramt, 1937 Bundeskommissär für die Preisüberwachung in der Bundesregierung. Nach dem „Anschluß" Österreichs aller Ämter enthoben, arbeitete er bis 1945 in der Privatwirtschaft. Nach Kriegsende hatte F. als Vorstand der Österreichischen Holzwirtschaftsstelle und Abteilungsleiter im zuständigen Fachministerium, seit 1949 als Geschäftsführer des Bundesholzwirtschaftsrats Anteil am Wiederaufbau der österr. Forstwirtschaft.

Fegelein,

Hermann, SS-Gruppenführer, * 30. 10. 1906 Ansbach, t 2 8 . 4 . 1 9 4 5 Berlin. Nach abgebrochenem Studium diente F., Sohn eines Offiziers, als Freiwilliger beim Reiterregiment Ansbach und war Offiziersanwärter bei der bayerischen Landespolizei. 1932 trat er in die N S D A P , im folgenden Jahr in die SS ein und wurde Leiter der Hauptreitschule München der Reiter-SS. Im Krieg war F. in Weißrußland an Vergeltungsaktionen gegen jüdische Zivilisten beteiligt. Nach seiner Verwundung 1943 wurde er Verbindungsoffizier —> Himmlers im Führerhauptquartier und SS-Gruppenführer. Kurz vor Kriegsende wurde F., der mit der Schwester von Eva —> Braun verheiratet war, wegen eigenmächtigen Verlassens des Führerbunkers auf Befehl —> Hitlers erschossen. CD Smelser

Fehdmer,

Helene, verh. Kayssler, Schauspielerin, * 16.1. 1872 Königsberg, t 12.8. 1939 Grainau (Bayern). Die Tochter eines Malers debütierte nach d e m Schauspielunterricht in Köln 1891 am Kurtheater Wildbad und spielte 1892 erste Rollen am Berliner Lessing-Theater. 1898-1900 am Wiener Theater in der Josefstadt engagiert, hatte sie in literarischen Matineen ihre ersten größeren Erfolge. Seit 1901 spielte sie neben Gastspielen im In- und Ausland in Berlin an allen großen Häusern, seit 1931 am Staatstheater Berlin. Ihre Zeitgenossen schätzten u. a. ihre Gestaltung der L j u b o w Andrejewna in Tschechows Kirschgarten und der Frau John in Gerhart —> Hauptmanns Tragikomödie Die Ratten. m

Altpreuß Biogr, Bd 3

F e h e n b e r g e r , Lorenz, Sänger, * 2 4 . 8 . 1912 Oberweidach (Oberbayern), t 2 9 . 7 . 1984 München. Der aus einer Bauernfamilie stammende Stiftschoralist der Altöttinger Basilika studierte bei Elisabeth und Otto —> Wolf in M ü n c h e n , debütierte 1939 am Stadttheater in Graz und war 1941-45 an der Staatsoper Dresden engagiert. Seit 1946 sang er als lyrischer Tenor an der Bayerischen Staatsoper M ü n c h e n und gab zahlreiche Gastspiele an den großen Bühnen Europas und Südamerikas. Bei den Festspielen von M ü n c h e n und Salzburg, wo er 1949 in der Uraufführung von Carl —»Orffs Oper Antigonae den Haemon gesungen hatte, wirkte er alljährlich mit. A u c h als Konzert- und Oratoriensänger hatte F. große Erfolge; 1949-64 sang er bei den Salzburger Festspielen regelmäßig große Solopartien in Konzertveranstaltungen. t u Kutsch F e h l i g , Ursula, Modeschöpferin, * 12.8. 1928 Wien, t 15.9. 1982 Berlin. Nach d e m Studium in Wien und Leipzig übernahm F. an der Ingenieurschule f ü r Bekleidungstechnik in Ost-Berlin eine

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Fehling Lehrtätigkeit. Seit 1961 war sie Leiterin des Fachgebiets M o d e der Kunsthochschule B e r l i n / D D R . In dieser Funktion übte sie maßgeblichen Einfluß auf die Modegestaltung in der D D R aus. F e h l i n g , Emil Ferdinand, Politiker, * 3 . 8 . 1847 Lübeck, t 3 . 8 . 1927 Lübeck. Der Sohn eines K a u f m a n n s und Enkel des Chemikers Hermann Christian von —»F. studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg, Leipzig und Göttingen und ließ sich als Notar und Rechtsanwalt in seiner Heimatstadt nieder. 1879 wurde er in den Vorstand der Hanseatischen Anwaltskammer gewählt. Als Abgeordneter zur Lübecker Bürgerschaft war er von 1885 bis zu seinem Eintritt in den Senat 1896 deren Vorsitzender. F. war erst Justiz-, dann Finanzsenator der Hansestadt, seit 1905 stellvertretender Bevollmächtigter beim Bundesrat und 1917-20 Regierender Bürgermeister und Senatspräsident. Im Bundesrat bemühte er sich um ein koordiniertes Auftreten der Hansestädte in reichs- und wirtschaftspolitischen Fragen. Als Bürgermeister gelang es ihm, Lübeck als einzigen Bundesstaat ohne revolutionären U m sturz in die Weimarer Demokratie zu führen. Die lübische Landesverfassung von 1920 war im wesentlichen von ihm bestimmt. F. veröffentlichte u . a . Lübeckische Ratslinie von den Anfängen der Stadt bis auf die Gegenwart ( 1925). Seine Autobiographie erschien unter d e m Titel Aus meinem Leben. Erinnerungen und Aktenstucke (1929). F. war der Vater von Jürgen - > F . CD S H B L , Bd 6 F e h l i n g , Heinrich Christoph, Maler, * 2 3 . 4 . ( ? ) 1654 Sangerhausen (Thüringen), t 1725 Dresden. F., Sohn eines Tuchmachers, war Schüler seiner Vettern Johann Andreas und Samuel —»Bottschildt. Letzterem folgte er 1672 nach Venedig und R o m , bevor er sich vermutlich als dessen Gehilfe 1677 in Dresden niederließ. 1692 wurde er dort Hofmaler, 1697 Lehrer an der neuen Zeichenschule und nach Bottschildts Tod —> Friedrich Augusts I. 1706 zu dessen Nachfolger als Oberhofmaler, „SchildereyInspektor" und Meister der 1705 zur Malerakademie erhobenen Zeichenschule ernannt. F. schuf vor allem mythologische Freskomalereien und Tafelgemälde in der Art eines spätbarocken Eklektizismus, aber auch Porträts ( J o h a n n Georg IV. von Sachsen und Friedrich III. von Brandenburg). Die meisten seiner Fresken wurden später durch Feuer oder Krieg zerstört; auch von seinen Tafelgemälden sind nur wenige erhalten. F. gilt als der bedeutendste Dresdner Maler am Beginn des 18. Jahrhunderts. CD A K L F e h l i n g , Hermann, Architekt, * 1 0 . 9 . 1 9 0 9 Hyères (Frankreich), f 11. 1.1996 Berlin. Nach einer Z i m m e r m a n n s l e h r e studierte F. Architektur an der Baugewerkschule Hamburg und wurde Mitarbeiter von Erich Mendelsohn und Hans —> Scharoun, 1931 -37 von Werner Issel in Berlin. Seit 1945 lebte er als freier Architekt in Berlin. F. arbeitete von 1953 an mit Daniel Gogol zus a m m e n ; sie bauten u. a. den Berlin-Pavillon am S-Bahnhof Tiergarten in Berlin sowie das Max-Planck-Institut für Astrophysik (1975-80) und das Hauptquartier des European Southern Observatory in Garching bei München (1976-80). In Bauten wie der Mensa der Freien Univ. Berlin, den Kirchen in Berlin-Kreuzberg und d e m Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin trieb F. die Entwicklung eines organischen Funktionalismus und die Evolution geometrischer Formen konsequent voran. 1961 wurde er Mitglied der Akademie der Künste Berlin, 1966 Honorarprofessor an der T U Berlin, 1971 Direktor der Abteilung Baukunst der A k a d e m i e der Künste. CD A K L

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F e h l i n g , Hermann Christian von, Chemiker, * 9 . 6 . 1811 Lübeck, t 1.7. 1885 Stuttgart. Der Kaufmannssohn führte erst Apotheken in Lübeck und Bremen, bevor er sich 1835 zum Studium der C h e m i e in Heidelberg entschloß. Dort 1837 promoviert, ging er zu Justus von —> Liebig, der ihn 1839 als Lehrer an die Gewerbeschule nach Stuttgart empfahl, w o F. nach deren U m w a n d l u n g zum Polytechnikum als Prof. 44 Jahre lang C h e m i e und Technologie lehrte. Er erforschte u. a. die chemische Z u s a m m e n setzung von Nahrungsmitteln und Mineralwässern sowie die Synthesen von Aldehyden und Abkömmlingen der Benzoeund der Bernsteinsäure. F., auf den die Bezeichnung „Nitrii" zurückgeht, entdeckte die nach ihm beannte Fehlingsche Lösung (ein Gemisch aus Kupfervitriol, weinsaurem Salz und Natronlauge), die zur Traubenzuckerbestimmung dient. Er verfaßte mehrere Lehr- und Handbücher. F., der 1854 mit einem persönlichen Adelstitel geehrt wurde, war der Vater von Hermann Johannes Carl —> F. • P S H B L , Bd 6 F e h l i n g , Hermann Johannes Carl, Gynäkologe, * 1 4 . 7 . 1 8 4 7 Stuttgart, t 2. 11.1925 Baden-Baden. Der Sohn des Chemikers Hermann Christian von —>F. studierte in Tübingen, Wien, London, Edinburgh und Leipzig Medizin und wurde dort 1872 promoviert (Pelvis obtecta in Folge von arthrokakischer Lumbosacralkyphose). Zunächst Assistent an der Frauenklinik, habilitierte er sich 1876 und wurde 1877 Direktor der Landes-HebammenAnstalt in Stuttgart, 1887 Ordinarius für Gynäkologie und Geburtshilfe in Basel (Rektoratsrede 1891: Die Bestimmung der Frau), 1894 in Halle, 1901 in Straßburg. 1884 wurde F. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Als die Stadt nach d e m Ersten Weltkrieg an Frankreich fiel und F. sein Lehramt verlor, zog er sich nach Baden-Baden zurück. F., einer der führenden Geburtshelfer und Gynäkologen seiner Zeit, verfaßte u. a. Lehrbuch der Geburtshilfe für Hebammen (1883, 4 1907), Das Dasein vor der Geburt (1887), Die Physiologie und Pathologie des Wochenbetts (1890, 2 1897), Lehrbuch der Frauenkrankheiten (1893, 3 1906), Wundinfektion und Wundbehandlung im Wandel der Zeiten (1908) und Entwicklung der Geburtshilfe und Gynäkologie im ¡9. Jahrhundert (1925). CD N D B F e h l i n g , Jürgen, Regisseur, * 1 . 3 . 1 8 8 5 Lübeck, t 14.6. 1968 Hamburg. Der Sohn Emil Ferdinand —>F.s und Enkel des Dichters Emanuel —»Geibel brach das Studium der Theologie ab, wandte sich seit 1903 der Rechtswissenschaft in Berlin zu und nahm nach d e m Referendarexamen bei Paul Wegener und Friedrich —> Kayßler Schauspielunterricht. Nach einem ersten Engagement am Neuen Schauspielhaus in Berlin (1910) spielte er am Märkischen Wandertheater und in Wien, bevor er 1918 an die Volksbühne in Berlin zurückkehrte, w o er sich bald als Regisseur durchsetzte. 1922-44 inszenierte er an den Preußischen Staatstheatern, insbesondere am Schauspielhaus am Gendarmenmarkt, vor allem Heinrich —» Kleist, Ernst —>Barlach und die Uraufführung von Else —>LaskerSchülers Die Wupper (1927); daneben erarbeitete er 1927-31 an der Kroll-Oper mit Otto —» Klemperer Aufführungen von —»Wagner-Opern. 1 9 4 9 / 5 0 arbeitete er in München, 1951 in Zürich, 1952 in Berlin (Schiller- und Schloßpark-Theater). F., der mit seinen experimentellen Inszenierungen mehrfach Aufsehen und Theaterskandale hervorrief (u.a. 1936 mit Shakespeares Richard HI. und 1951 mit - > T i e c k s König Blaubart), schrieb Die Magie des Theaters (1965). • D S H B L , Bd 6 F e h l m a n n , Heinrich, schweizer. Versicherungsunternehmer, * 1 5 . 4 . 1 8 8 0 Aarau, t 2 1 . 8 . 1952 Winterthur. F. studierte seit 1900 Rechtswissenschaften in Heidelberg, München und Bern, wo er 1903 promoviert wurde. Ein Jahr

Fehr später trat er als Direktionssekretär in die Schweizerische Unfallversicherungs-Gesellschaft Winterthur ein, wurde Direktor, 1921 Generaldirektor, baute seit 1923 die Schwestergesellschaft „Winterthur L e b e n " auf und hatte seit 1944 als Vizepräsident beider Gesellschaften Anteil am Aufstieg der Winterthur zum weltweit agierenden Versicherungskonzern. Daneben war er 1943-50 als Verbandspräsident der konzessionierten schweizer. Versicherungsgesellschaften, Verwaltungsratsmitglied mehrerer Finanz- und Assekuranzunternehmen und Mitglied des Handelsgerichts im Kanton Zürich tätig. t u Biogr Lex Aargau

Fehr,

Anton, Politiker, Agrarwissenschaftler, * 2 4 . 1 2 . 1 8 8 1 L i n d e n b e r g / A l l g ä u , t 2 . 4 . 1954 Lindenberg. F., Sohn eines Hutfabrikanten und Bürgermeisters, studierte Landwirtschaft in Weihenstephan und München und war nach einer Tätigkeit als Assistent am Milchwirtschaftlichen Institut in Weihenstephan und einer Tätigkeit als Wanderlehrer des Milch wirtschaftlichen Vereins im Allgäu 1909-17 Kreismolkereiinspektor bei der Regierung von Oberbayern und 1916-22 Leiter der Bayerischen Landesfettstelle in M ü n c h e n . 1917 kehrte er als o . P r o f . und Leiter des Milchwirtschaftlichen Instituts nach Weihenstephan zurück. 1920 für den Bayerischen Bauernbund in den Reichstag gewählt, wurde er 1921 Präsident des Milchwirtschaftslandesverbandes Bayern und 1922 für kurze Zeit Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft; 1924-30 war er bayerischer Landwirtschaftsminister. 1933 trat F. in die N S D A P ein und war bis N o v e m b e r des Jahres Hospitant der Reichstagsfraktion der Partei. 1935 wurde F. in einer Pressekampagne der Bestechung als Reichminister angeklagt und als Prof. entlassen; 1936 zog er sich aus seinen öffentlichen Ämtern zurück. 1944 wurde er im Z u s a m m e n h a n g mit d e m Attentat vom 20. Juli inhaftiert und in das Konzentrationslager Ravensbrück verbracht. Nach Kriegsende war F. als Verbandsfunktionär und Beauftragter des Bayerischen Staatsministeriums für Land- und Forstwirtschaft am Wiederaufbau der bayerischen Milchwirtschaft beteiligt und wurde erneut Leiter der Versuchs- und Forschungsanstalt Weihenstephan. F. veröffentlichte u. a. Die Milch und die Ernährung im Kriege (1915), Ziele und Wege der landwirtschaftlichen Subventionspolitik (1930) und Zeitgemäße Fragen aus der Milchwirtschaft (1932). DD Lilla, Statisten

d e m Studium an der Kunstakademie in M ü n c h e n (seit 1877) und Studienreisen durch die Niederlande, Belgien, Dänemark und Frankreich arbeitete er 1 8 8 1 / 8 2 als Porträtmaler in Kiel und Flensburg. 1883 ließ er sich in Berlin nieder. 1885-92 unterrichtete er an der Zeichenschule des Vereins der Künstlerinnen und gründete dann die private „Akademische Schule für bildende Kunst", die bis 1908 bestand. F. war Mitbegründer des Berliner und des Deutschen Kunstvereins. Nach 1908 war F. zunächst in Blumenthal (Unterweser), danach in Neu-Rönnebeck (heute Bremen) tätig und reiste nach dem Ersten Weltkrieg nach Dänemark. A n f a n g s fast ausschließlich Porträtmaler (Der Mathematiker Prof. Karl Weierstrass, 1895; Kaiser Wilhelm IL, 1898), schuf er später auch Figurenszenen (Orgelchor, 1905), Plastiken und Radierungen. m S H B L , Bd 8

Fehr,

Friedrich, Maler, Graphiker, * 2 4 . 5 . 1862 Werneck (Unterfranken), t 2 6 . 9 . 1927 Polling bei Weilheim (Bayern). F. studierte 1878-84 an der Kunstakademie in München und lebte danach vier Jahre als Stipendiat in R o m und Florenz. 1890 gründete er mit L u d w i g —> Schmid-Reutte eine private Malschule, unterrichtete daneben an der Schule des Künstlerinnenvereins in München und ging 1899 als Prof. der Malklasse an die A k a d e m i e der bildenden Künste in Karlsruhe. 1904-19 leitete er zusätzlich die Klasse für figürliche Malerei an der Karlsruher Malerinnenschule. F., Mitglied der M ü n c h n e r Sezession, malte Porträts, Landschaften, Interieurs und Genrebilder, teilweise in impressionistischer Technik. e n AKL

Fehr,

Götz, Schriftsteller, Beamter, * 8. 11. 1918 Budweis (Böhmen), t 9 . 3 . 1982 Bonn. F. studierte in Prag Kunstgeschichte und ging nach dem Zweiten Weltkrieg nach Bonn, wo er das Generalsekretariat des Deutschen Roten Kreuzes aufbauen half. Anschließend war er bis 1979 Direktor von Inter Nationes, einer Institution, die im Auftrag der Bundesregierung deutsche Kultur ins Ausland vermittelt. In den letzten Jahren war er Präsident der Stiftung Ostdeutscher Kulturrat. F. veröffentlichte u. a. Prag, Kunst und Kultur der Stadt an der Moldau ( 1967, 2 1986) und einen Fernkurs in Böhmisch (1977).

Fehr, Fehr,

Bernhard, schweizer. Anglist, * 1 8 . 2 . 1 8 7 6 Basel, t 3 0 . 5 . 1 9 3 8 Zürich. Der Kaufmannssohn studierte Anglistik in Genf und Basel, w o er 1899 promoviert wurde, war 1 8 9 6 / 9 7 und 1899-1904 Lehrer an englischen Schulen, 1 9 0 4 / 0 5 Dozent an der Handelsakademie St. Gallen und habilitierte sich 1909 mit der Arbeit Die Sprache des Handels in Altengland in Zürich für Englische Philologie. 1915 wurde er o . P r o f . f ü r Englische Philologie an der T H Dresden, 1918 in Straßburg und lehrte 1919-22 wieder an der Handelshochschule St. Gallen. Seit 1922 war F. o . P r o f . für Englische Philologie an der Univ. Zürich. Zu seinem Forschungsschwerpunkt, der englischen Literatur des 19. und frühen 20. Jh., veröffentlichte er u . a . Studien zu Oscar Wildes Gedichten (1918), Englische Prosa von Ì880 bis zur Gegenwart ( 1927), Die englische Literatur der Gegenwart und die Kulturprobleme unserer Zeit (1930) und den Beitrag Die englische Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts (in: Handbuch der Literaturwissenschaft, 1923-25). 1944 erschienen von F. ausgewählte Aufsätze unter d e m Titel Von Englands geistigen Beständen (hrsg. von Friedrich - > B r i e ) . CD Anglistenlex

Fehr,

Conrad (Heinrich Frantz), Maler, Graphiker, Bildhauer, * 19.11. 1854 Toftlund (Dänemark), t 2 2 . 6 . 1 9 3 3 Berlin. Der Sohn eines Landwirts durchlief seit 1870 eine Brauerlehre und war ein Jahr als Brauer in Dortmund tätig. Nach

Hans, schweizer. Jurist, Rechtshistoriker, * 9 . 9 . 1874 St. Gallen, t 2 1 . 1 1 . 1961 Muri bei Bern. F., Sohn eines Mediziners, studierte 1894-99 Rechtswissenschaft in Würzburg, Bonn, Berlin und Bern, wo er 1899 promoviert wurde. Bis 1901 Attaché der schweizer. Gesandtschaft in Paris, habilitierte er sich 1904 in Leipzig, wurde 1906 a . o . , 1907 o . P r o f . in Jena, 1912 in Halle, 1917 in Heidelberg und lehrte 1924-44 in Bern. F. veröffentlichte u . a . eine Deutsche Rechtsgeschichte (1921, 5 1952) sowie Arbeiten zum Verhältnis von Kunst und Recht (Das Recht im Bilde, 1923; Das Recht in der Dichtung, 1931; Die Dichtung im Recht, 1936). F. war Mitherausgeber der „Zeitschrift f ü r das gesamte Handelsrecht" und des „Archivs für Rechtsund Wirtschaftsphilosophie". CD HLS

Fehr,

Johann Michael, Arzt, Naturforscher, * 9 . 5 . 1 6 1 0 K i t z i n g e n / M a i n , f 15.11. 1688 Schweinfurt. Der Sohn eines Hospitalmeisters studierte in Leipzig, Wittenberg, Jena und Altdorf. Nach einer Tätigkeit als Hofmeister 1636-38 erhielt er in Dresden und Berlin eine medizinisch-praktische Ausbildung und wurde in Padua promoviert. Seit 1642 ließ er sich in Schweinfurt nieder und beteiligte sich 1652 an der Gründung der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina durch Johann Lorenz —> Bausch, dessen Nachfolge als Akademiepräsident und Stadtphysikus er 1666 antrat. Unter seiner Leitung wurde die A k a d e m i e vom Kaiser 1672 als Kaiserlich Leopoldinische A k a d e m i e der Naturforscher („Leopoldina") bestätigt.

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Fehr Im selben Jahr wurde F., der mehrmals das A m t des Bürgermeisters bekleidete, Reichsvogt von Schweinfurt und 1686 kaiserlicher Leibarzt. Er veröffentlichte u . a . Anchora sacra vel scorzonera (1666), Hiera picra, vel de absinthio analecta ( 1668), Epistolae mutuae Argonautae ad Nestorem, et Nestoris ad Argonautam, de thesauro experientiae medicae, cujus accedit specimen de abortu (mit Georg Hieronymus Welsch, 1677). m NDB

Fehr,

Karl, schweizer. Germanist, * 8 . 8 . 1 9 1 0 Berg a m Irchel (Kt. Zürich), t 3 . 7 . 1994 Zürich. F., Sohn eines Landwirts, studierte 1930-35 Klassische Philologie und Germanistik an der Univ. Zürich und der Sorbonne in Paris, wurde 1936 promoviert (Die Mythen bei Pindar) und war dann als Hauslehrer bei der Familie Ludwig - » Binswangers in Kreuzlingen, 1937-75 als Gymnasiallehrer tätig. 1954-63 war er Rektor der Thurgauischen Kantonsschule in Frauenfeld. 1950 habilitiert, lehrte er 1959-84 als Titularprofessor für Literatur der deutschen Schweiz an der Univ. Zürich und 1963-79 als Lehrbeauftragter f ü r Deutsche Sprache und Literatur am Seminar für Real- und Oberschullehrer des Kantons Zürich. In seiner wissenschaftlichen Arbeit beschäftigte sich F. vor allem mit Jeremias —»Gotthelf, Gottfried —> Keller, Conrad Ferdinand —> Meyer und Josef Vital —> Kopp. Er veröffentlichte u. a. Der Realismus in der schweizerischen Literatur. Stilkritische Untersuchungen zum schweizerischen Schrifttum des 19. Jahrhunderts (1965), Josef Vital Kopp. Ein Dichter- und Priesterleben im Bannkreis moderner Welt- und Cottesschau (1968), Conrad Ferdinand Meyer (1971) und Jeremias Gotthelf. Poet und Prophet Erzähler und. Erzieher. Zu Sprache, dichterischer Kunst und Gehalt seiner Schriften (1986) sowie die Reiseberichte Abseits in griechischen Meeren (1985). CD IGL

Fehr,

Max, Musikwissenschaftler, * 17.6. 1887 Bülach (Kt. Zürich), t 2 7 . 4 . 1963 Winterthur. F. studierte seit 1906 in R o m , Paris und Zürich Romanistik und Musikgeschichte. 1912 wurde er mit der Arbeit Apostolo Zeno (1668-1750) und seine Reform des Operntextes promoviert. Als Gymnasiallehrer unterrichtete er Italienisch und Französisch erst in Zürich, später bis zu seiner Pensionierung 1952 in Winterthur. Seit 1917 war er Bibliothekar, seit 1923 Präsident der Allgemeinen Musikgesellschaft Zürich sowie Redakteur ihrer Neujahrsblätter und 1919-32 Präsident der Neuen Schweizerischen Musikgesellschaft. F. veröffentlichte neben Konzertkritiken und Artikeln z u m zeitgenössischen Musikleben zahlreiche Beiträge zur schweizer. Musikgeschichte, u . a . Ein Jahr Musik im alten Zürich (1768) (1916) und Richard Wagners Schweizer Zeit (2 Bde., 1934-53). Er setzte sich besonders für Richard —»Wagner ein. CD MGG

Fehr-Flach,

Franz, Industrieller, * 2 5 . 2 . 1840 M ü l h e i m / Rhein, t 1929 Wiesbaden. Der Sohn eines Seiden- und Samtfabrikanten übernahm 1877 von seinem Schwiegervater eine Stanniol- und Stempelfabrik in Wiesbaden. 1884-97 war er Stadtverordneter, 1897-1920 Präsident der Industrie- und Handelskammer Wiesbaden. Der Kommerzienrat setzte sich für die Förderung des Eisenbahnverkehrs ein und war an der Gründung des Mittelrheinischen Fabrikantenvereins sowie der Deutschen Gesellschaft für Kaufmannserholungsheime beteiligt, der er seit 1917 als Präsident vorstand. F e h r e , Christian, Architekt, * 1660 Dresden, | 12.5. 1720 Dresden. F., Sohn des Baumeisters Christian F. d . Ä . und N e f f e Johann —>F.s, führte als Festungsmaurermeister seit 1689 Arbeiten an der Dresdner Stadtmauer aus. 1690 erhielt er das Bürgerrecht in Altendresden (später Dresdner Neustadt). Seine Wohnhausbauten in Dresden zeichnen sich durch ruhigen Barockstil mit frühklassizistischen Einflüssen aus. Es wird ihm auch der Neubau der Kirche Königstein (Sachsen) gemeinsam mit George Dünnebier zugesprochen. CD

A KL

F e h r e , Johann, auch Fehr, Hans, Architekt, * 2 1 . 3 . 1 6 4 5 , t 1 4 . 4 . 1 7 1 5 Dresden. F., Sohn eines Kramers aus Oschatz, erwarb 1677 als Maurergeselle das Bürgerrecht von Altendresden, wurde spätestens 1682 Meister, 1689 Ratsmaurermeister. Nach dem Stadtbrand von 1685 beteiligte er sich maßgeblich am Neuaufbau von Altendresden. Er wirkte u . a . an der A u s f ü h r u n g der Altendresdner Dreikönigskirche (1732 zerstört), des Gewandhauses, der Fleisch- und Brotbänke sowie des Bartholomäusspitals mit. Als selbständiger Architekt errichtete er Wohnhäuser (zerstört); ihre holländisch beeinflußte Architektur läßt sich nur aus wenigen zeichnerischen Unterlagen rekonstruieren. F. war der Vater von Johann Gottfried - > F . m AKL F e h r e , Johann Gottfried, Architekt, * 2 2 . 3 . 1685 Dresden, t 3 1 . 1 0 . 1753 Dresden. Der Sohn von Johann —>F. folgte seinem Vater 1716 als Ratsmaurermeister und wird später als Innungsältester genannt. Dem bedeutendsten Vertreter der Baumeister-Familie oblag zusammen mit George - » Bähr das gesamte k o m m u nale Bauwesen in Dresden. Er führte den Bau der Kirche in Forchheim/Erzgebirge, der Dreikönigskirche in DresdenNeustadt und der Dresdner Frauenkirche aus. Für den von ihm geleiteten Bau des Rathauses am Altmarkt wurde er auch bei der Planung zugezogen. F. wirkte zudem am Entwurf des Neustädter Rathauses und des Erweiterungsbaus der Elbbrücke mit. Er schuf zahlreiche Dresdner Bürgerhausbauten. CD A K L

Fehr,

Oskar, Ophthalmologe, * 9 . 1 0 . 1871 Braunschweig, t 1.8. 1959 London. Der Kaufmannssohn studierte Medizin in Kiel, Berlin und Heidelberg, wo er 1897 promoviert wurde (Ein Angiom der Conjunctiva bulbi), assistierte in Braunschweig und spzialisierte sich in Berlin als Ophthalmologe. Er wurde dort 1906 Leiter der Augenabteilung des Rudolf-VirchowKrankenhauses und 1919 zum Professor ernannt. 1934 wegen seiner jüdischen A b s t a m m u n g aus seiner Position entlassen, emigrierte er 1939 nach Großbritannien, erhielt dort 1943 seine Approbation und arbeitete bis 1950 als Kliniker. Daneben führte er bis 1954 eine Privatpraxis. F. erforschte u. a. Augentumore, familiäre Hornhautdegenerationen, Glaskörper- und Netzhautblutungen. Er beschrieb als erster die Schwimmbad-Conjunktivitis als Folge mangelnder Hygiene und fand eine besondere Methode der operativen Behandlung der Netzhautablösung. Seit 1943 war er Mitglied der Royal Society of Medicine, CD B H d E , Bd 2

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Fehrenbach,

Gustav, Gewerkschafter, * 17.2. 1925 Lörrach, f 6 . 5 . 2 0 0 1 Kronberg/Taunus. F. erhielt 1939 eine Ausbildung bei der Post, war 1942-45 Soldat und kehrte nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft in den Postdienst zurück. Er trat der Deutschen Postgewerkschaft bei und übernahm den Vorsitz des Bezirkspersonalrates einer bayerischen Oberpostdirektion. Als stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Postgewerkschaft ging F. 1965 nach F r a n k f u r t / M a i n . Er war seit 1969 Personalvertreter im Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost und 1982-90 stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Sein gleichzeitiges Engagement in der C D U , der er seit 1966 angehörte, führte immer wieder zu Spannungen mit Arbeitnehmern bzw. mit der Partei. 1982-90 war er Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft christlich-demokratischer D G B - G e w e r k s c h a f t e r und seit 1985 Mitglied des geschäftsführenden Bundesvorstands

Fehrle der Sozialausschüsse der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft. 1982-88 hatte F. den Vorsitz des Aufsichtsrates der gewerkschaftseigenen Volksfürsorge inne. CD Munzinger F e h r e n b a c h , Konstantin, Politiker, * 11. 1. 1852 Wellendingen (heute zu B o n n d o r f / S c h w a r z w a l d ) , t 2 6 . 3 . 1 9 2 6 Freiburg/Breisgau. Der Lehrerssohn studierte seit 1871 in Freiburg/Breisgau Theologie, 1875-78 Rechtswissenschaften und ließ sich dort 1882 als Rechtsanwalt nieder. Seit 1882 Stadtverordneter und 1895-20 Stadtrat, war er 1885-87 Zentrumsabgeordneter des Badischen Landtags. Seit 1901 erneut Landtagsmitglied, wurde er 1903 in den Reichstag gewählt, führte 1917 den Vorsitz im Hauptausschuß und war 1918 Präsident des Reichstags, 1 9 1 9 / 2 0 der Nationalversammlung. Im Juni 1920 übernahm er als Reichskanzler die Führung einer bürgerlichen Minderheitsregierung, die A n f a n g Mai 1921 an der Reparationsfrage scheiterte. 1923-26 war F. Fraktionsvorsitzender des Zentrums. F. vertrat innerhalb seiner Partei die politische Zusammenarbeit mit der SPD. CD Bad Bio N.F., Bd 3 F e h r e n b e r g , Hans von, Maler, * 2 . 1 1 . 1868 Kassel, t 27. 10. 1902 bei Bremen. Der Sohn eines Mühlenbesitzers studierte an der Kasseler A k a d e m i e der bildenden Künste als Schüler von Georg —>Koch, Emil N e u m a n n und Louis —»Kolitz. Seit 1889 in München ansässig, arbeitete er während der S o m m e r m o n a t e in den hessischen Dörfern Willingshausen, Schwalmgrunde und Gottsbüren. Seine dort und im bayerischen Weßling, Alling und Fürstenfeld entstandenen landschaftlichen Stimmungsbilder wurden im Glaspalast, in der M ü n c h n e r Sezession und im Kasseler Kunsthaus ausgestellt. CD A K L F e h r e r , Ernst, österr. Erfinder, Unternehmer, * 2 4 . 3 . 1 9 1 9 Linz, t 1. 1 2 . 2 0 0 0 Linz. Der Sohn eines Spinnereibesitzers nahm am Zweiten Weltkrieg teil und studierte Mathematik und Physik in Graz, w o er promoviert wurde. Anschließend in der Spinnerei des Vaters tätig, konzentrierte sich F. auf die technische Weiterentwicklung von Textilmaschinen. 1953 gründete er die Textilmaschinenfabrik der Dr. Ernst Fehrer A G in Leonding (Oberösterreich) zur Produktion von Hochleistungsnadelfilzmaschinen, Vliesmaschinen, Wirrvlieskarden und D R E F Friktionsspinnmaschinen. 1965 begründete F. mit d e m M o dell N L 6 eine neue Generation von Textilmaschinen und stellte 1991 die erste Textilmaschine mit 3000 Stichen pro Minute vor. Er hielt mehr als 1200 Patente.

Fehringer,

Eduard, kath. Theologe, * 2 . 9 . 1 8 7 3 Nußloch bei Heidelberg, t 7 . 2 . 1 9 3 4 Freiburg/Breisgau. F. wurde 1899 in St. P e t e r / S c h w a r z w a l d zum Priester geweiht, war bis 1903 an mehreren Orten als Vikar tätig und betreute bis 1907 die Pfarrgemeinden Pfaffenwei 1er, Stahringen, Honstetten und Weier. Er war Spiritual in Gengenbach, Direktor in Weiterdingen und Kaplaneiverweser auf dem Lindenberg. 1917-29 hatte er Pfarrstellen in Gurtweil, H e m m e n h o f e n und Ebersweier inne. F. verfaßte Traktate, Gebetbücher und religiöse Schriften, die zum Teil zahlreiche Auflagen erlebten (u. a. Leben und Beten des braven Schülers, 1925).

Fehringer,

Franz, Sänger, * 7 . 9 . 1 9 1 0 Nußloch bei Heidelberg, t 15.5. 1988 Nußloch. F. ließ seine S t i m m e in Karlsruhe ausbilden, wo er 1934 als Konzertsänger debütierte. 1935 folgte sein Bühnendebüt am Staatstheater Karlsruhe. Hier blieb er bis 1938, wirkte gleichzeitig am Wiesbadener Staatstheater und war 1938-44 am Nationaltheater M a n n h e i m engagiert, an d e m er bis 1948

regelmäßig Gastspiele gab. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde F. als Rundfunksänger bei den Sendern Köln, Frankf u r t / M a i n und Hamburg und zahlreichen ausländischen Radiostationen bekannt. Ferner als Konzert- und Liederinterpret tätig, war er seit 1960 Gesangslehrer an der Musikhochschule Mainz, später an der Musikhochschule M a n n h e i m Heidelberg. Als Tenor brillierte F. sowohl in Operetten- als auch in Opernrollen. CD Kutsch

Fehringer-Wittun,

Auguste, geb. Wittun, Sängerin, Schauspielerin, * 8 . 2 . 1822 Berlin, t 1 5 . 9 . 1 8 7 7 Weimar. F.-W. trat bereits vierzehnjährig bei Konzerten auf, erhielt dann auf Veranlassung des Berliner Hofoperndirektors Gaspare —» Spontini eine Gesangsausbildung und debütierte 1839 an der Berliner Hofoper. Anschließend trat sie am Stadttheater von Stettin auf, war 1841-48 eines der führenden Ensemblemitglieder des Hamburger Opernhauses und hatte hier große Erfolge als Donna A n n a und als Donna Elvira im Don Giovanni, als Rachel in La Juive und als Lucrezia Borgia in der gleichnamigen Oper. 1848-51 war F.-W. am Deutschen Landestheater in Prag engagiert, sang 1851-53 und 1854-56 am Hoftheater in Weimar und wirkte dann als Sängerin und Schauspielerin in Königsberg. 1859-60 war F.-W. als Schauspielerin am Hoftheater von Kassel, 1 8 6 0 / 6 1 erneut am Hoftheater von Weimar verpflichtet und gab dann ihre Karriere auf. Eine ihrer erfolgreichsten Partien war die Königin der Erdgeister in Heinrich August —» Marschners Hans Heiling. F.-W. war in zweiter Ehe mit Karl —> Knopp verheiratet. CD Kutsch F e h r l e , Eugen Joseph, Klassischer Philologe, Volkskundler, * 7. 8. 1880 Stetten bei Engen (Baden), t 8 . 5 . 1 9 5 7 Heidelberg. F., Sohn eines Lehrers, studierte seit 1900 Klassische Philologie, Religionswissenschaft und Germanistik in Heidelberg, wurde 1907 promoviert (Die kultische Keuschheit im Altertum) und unterrichtete 1908 als Gymnasiallehrer, seit 1909 als Lektor für alte Sprachen an der Universität. 1913 für Klassische Philologie habilitiert, wurde er nach der Teiln a h m e am Ersten Weltkrieg 1919 a. o . P r o f . der Klassischen Philologie und Volkskunde in Heidelberg und 1934 o. Professor. Seit 1931 war er Mitglied der N S D A P . 1945 entlassen, war er bis 1948 interniert. F. gab die „Oberdeutsche Zeitschrift f ü r Volkskunde" und die Schriftenreihe „Bausteine zur Volkskunde und Religionswissenschaft" heraus und war seit 1926 Mitherausgeber von „Volk und Rasse". Neben Schulbüchern und pädagogischen Schriften veröffentlichte er zahlreiche volkskundliche Beiträge wie Deutsche Feste und Volksbräuche (1916), in denen er häufig „fremdvölkische Überdeckungen" der „germanischen Volksseele" behandelte, Deutsche Hochzeitsbräuche (1937) und Feste und Volksbräuche im Jahreslauf europäischer Völker (1955). CD Bad Bio N.F., Bd 1 F e h r l e , Jakob Wilhelm, Bildhauer, Maler, Zeichner, * 2 7 . 1 1 . 1884 Schwäbisch Gmünd, t 4 . 2 . 1974 Schwäbisch G m ü n d . F., Sohn eines Gärtnermeisters, erlernte 1899-1903 den Beruf eines Ziseleurs und studierte seit 1903 an den Kunstakademien in Berlin und München. 1 9 0 9 / 1 0 lebte er in R o m , 1910-14 in Paris, wo er sich f ü r die Bildhauerei entschied. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg ließ er sich als freischaffender Bildhauer in Schwäbisch G m ü n d nieder, wo er 1928 zum Prof. ernannt wurde. Seine Werke wurden während des nationalsozialistischen Regimes vielfach aus den Museen entfernt. F. arbeitete mit Bronze, Eisen, Alabaster und Stein. Er schuf weibliche Akte, Porträts (Karl Stirner, 1928; Theodor Heuss, 1963), Reliefs, Brunnen und Denkmäler. CD A K L

251

Fehrmann Fehrmann, Jacob, Maler, Kupferstecher, getauft 27. 1 . 1 7 6 0 Bremen, t 2 7 . 8 . 1 8 3 7 Bremen. Der Sohn eines Drechslermeisters studierte 1779-85 in Kopenhagen, Kassel, Göttingen und Düsseldorf Malerei und ließ sich vermutlich 1788 in Bremen nieder, wo er seit 1794 im Adreßbuch als Zeichenmeister, Miniaturmaler sowie Geschichts- und Porträtmaler geführt wurde. F. schuf Handzeichnungen, Radierungen, Kupferstiche und Aquarellporträts Bremer Persönlichkeiten. CD A K L Fehrmann,

Paul (Gustav Emil), Musikdirektor, * 12.10. 1859 Dresden, t 2 7 . 6 . 1938 St. Gallen. F. studierte am Konservatorium Dresden, wurde 1878 Korrepetitor und Kapellmeister in Görlitz, ging 1883 als Kapellmeister des Stadttheaters nach St. Gallen und arbeitete 1885-1931 als Organist, Chorleiter und Gesanglehrer. 1899 wurde er eingebürgert. F. war Mitbegründer und musikalischer Bearbeiter des Schweizerischen Kirchengesangbuches. Er komponierte eine große Zahl von kirchlichen und weltlichen Liedern und Chören. m Refardt F e h r s , Johann Hinrich, Schriftsteller, * 10.4. 1838 Mühlenbarbek bei Kellinghusen (Holstein), t 17.8. 1916 Itzehoe. Der Sohn eines Tagelöhners wurde in Altona und am Lehrerseminar Eckernförde zum Volksschullehrer ausgebildet, unterrichtete 1862-65 in Reinfeld und Itzehoe und hatte dann bis 1903 die Leitung einer von seiner Frau gegründeten privaten Mädchenschule inne. 1872 debütierte F. mit d e m erzählenden Gedicht Krieg und Hütte in hochdeutscher Sprache, 1877 erschien die niederdeutsche Novelle Liittj Hinnerk. Sein Hauptwerk Maren, en Dörp-Roman ut de Tid von 1848-1851 erschien 1907. c n Killy

Fehse,

Willi Richard, Schriftsteller, * 1 6 . 5 . 1 9 0 6 Kassieck (Altmark), t 2 . 3 . 1977 Göttingen. Der Bauernsohn debütierte während seiner Ausbildung zum Lehrer an der Präparandenanstalt Genthin mit dem Gedichtband Frührot (1925), ging ein Jahr später nach Berlin, hörte dort Philosophie bei Eduard Spranger und Max —» Dessoir und schrieb Beiträge für Literaturzeitschriften. 1927 gab er mit Klaus —> Mann die Anthologie jüngster Lyrik (u. a. mit den ersten Gedichten Günter —»Eichs) heraus. Später widmete er sich d e m Hörpiel und veröffentlichte erste Prosaarbeiten wie den Novellenband Flucht vordem Alter (1932). Als Lehrer unterrichtete er bis 1945 in Magdeburg, Wernigerode und Thale, übernahm 1947 das Rektorat einer Schule in Göttingen und entfaltete eine rege literarische Tätigkeit. F. schrieb Gedichte, Novellen, R o m a n e , Essays, Hörspiele, Jugendbücher und Theaterkritiken. Seine humoristische Anekdotensammlung Der blühende Lorbeer erschien 1953, der Essayband Liebeserklärung an Europa 1969.

dominierte eine t i e f e m p f u n d e n e Religiosität mit barocken Anklängen seinen Stil. 1992 verließ F. die Anglikanische Kirche, der er 1965 beigetreten war, und kehrte zum Judentum zurück. DP B H d E , Bd 2

Feichter,

Michael, kath. Theologe, * 2 7 . 8 . 1 7 6 6 Mühlen bei Taufers/Pustertal, f 8 . 1 . 1832 Innsbruck. F. studierte in Brixen, empfing 1790 die Priesterweihe und wurde Prof. des Bibelstudiums und der orientalischen Sprachen am Priesterseminar in Brixen, dessen Subregens er später war. Mit A u f h e b u n g der Theologischen Lehranstalt durch die bayerische Regierung 1807 mußte er seine Lehrtätigkeit unterbrechen, konnte jedoch 1823 wieder an das Priesterseminar zurückkehren und wurde 1827 dessen Regens. F. veröffentlichte u. a. eine Historia evangelica ex verbis sanctissimis evangelistarum concinnata et in ordinem redacta (1802). OD Ö B L F e i c h t m a y e r , Rudolf, österr. Sänger, * 2 8 . 2 . 1902 Steyr (Oberösterreich), t 2 1 . 2 . 1 9 7 2 Detmold. F. studierte an der Hochschule für Bodenkultur in Wien, daneben nahm er das Gesangsstudium auf, das er an der Wiener Musikakademie bei T h e o Lierhammer abschloß. 1933 debütierte F. (Baß) an der Düsseldorfer Oper, w o er bis 1937 blieb. Anschließend am Stadttheater Duisburg engagiert, ging er 1939 an die Volksoper Wien. Nach dem Zweiten Weltkrieg sang F. am Landestheater Salzburg, 1 9 4 9 / 5 0 an der Oper in Graz und 1951-57 am Landestheater Detmold, wo er auch als Regisseur tätig war, bis er sich 1958 von der Bühne zurückzog. Er gastierte u. a. am Teatro Liceo Barcelona und seit 1934 mehrmals an der Wiener Staatsoper. Zu F.s erfolgreichsten Partien zählte der Sarastro in der Zauberflöte, der Pogner in den Meistersingern und der Osmin in der Entführung aus dem Serail. CD Kutsch

Feichtmayr ->auch Feuchtmayer

S H B L , Bd 3

F e i c h t m a y r , Caspar, auch Feichtmair, Fiechtner, Veichtmayr, Baumeister, Stukkateur, getauft 2 6 . 5 . 1639 Forst bei Wessobrunn, t 1704 Weilheim (Oberbayern). F., Sohn eines Landwirts, ging vermutlich bei dem Münchner Baumeister Konstantin —> Pader in die Lehre und arbeitete als Geselle am Neubau des Augustiner-Chorherrenstifts in Bernried am Starnberger See mit. Seit den siebziger Jahren betrieb er von Bernried aus eine Baufirma und erfüllte zahlreiche Aufträge im bayerischen Oberland und im Allgäu. Seit 1677 im Besitz des Bürgerrechts von Weilheim, nahm er dort 1695 seinen Wohnsitz; 1696 wurde er zum Zunftvorstand ernannt. Zu seinen bedeutendsten Arbeiten zählen das Kloster in Klosterlechfeld (1667), das er zwei Jahrzehnte später weiter ausbaute, und der Klosterbau in Benediktbeuern, der zum Teil auf f r e m d e Vorgaben zurückgeht. m AKL

Hans (Nathan), Maler, * 1 5 . 8 . 1 8 9 8 F r a n k f u r t / Main, t 18.7. 1998 London. F. studierte Medizin in F r a n k f u r t / M a i n und München, besuchte die Vereinigten Stechschulen f ü r freie und angewandte Kunst in Berlin und bildete sich in Paris, Florenz und R o m weiter aus. Nach 1925 ließ er sich als Maler in seiner Heimatstadt nieder. Seine expressionistisch beeinflußten Bilder, für die er 1930 den Staatspreis der Berliner A k a d e m i e erhalten hatte, wurden zu Beginn des nationalsozialistischen Regimes aus den Museen entfernt und teilweise zerstört. F., jüdischer Herkunft, erhielt Berufsverbot und emigrierte 1933 nach Großbritannien, wo er zunächst Buchumschläge und Buchillustrationen entwarf. Nach 1938 schuf er Wandmalereien, vor allem im sakralen Bereich, und wurde einer der bedeutendsten Kirchenmaler Großbritanniens. Wegen eines Augenleidens wandte er sich in den siebziger Jahren auch der Plastik zu. Nach der A b w e n d u n g vom Expressionismus

F e i c h t m a y r , Franz Xaver d . Ä . , auch Feichtmei(e)r, Feichtmey(e)r, Feuchtmay(e)r, Stukkateur, * 1 0 . 1 2 . 1 7 0 5 ( 1 1 . 8 . 1698 ?) Haid (heute zu Wessobrunn, Oberbayern), t vor 2 1 . 8 . 1763 Augsburg. F., Sohn eines Gipsers, war seit Anfang der zwanziger Jahre in Augsburg, wo er sich ausbilden ließ und eine Gips- und Farbwarenhandlung besaß. 1727-64 wird er als Hausbesitzer genannt. Neben seinem Bruder Johann Michael (II.) - » F . , mit dem er in einer führenden Werkstattgemeinschaft zusammen mit Johann Georg - > Ü b l h ö r arbeitete, gilt F. als der bedeutendste Stukkator seiner Zeit und Region. A n f a n g s noch im Bandlwerk, zuletzt im Stil des hohen Rokoko, führte F. Stuckarbeiten in Kirchen in Schwaben, Oberbayern, Tirol sowie Mittel- und Mainfranken aus, u . a . in D i e ß e n / A m m e r see ( 1 7 3 8 / 3 9 ) und R o t t / I n n (1759-63). Vereinzelt schuf er auch Altäre und Kanzeln in Stuckmarmor. F. war der Vater von Franz Xaver —» F. d. J. e n NDB

m

Feibusch,

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Feifalik Feichtmayr, Franz Xaver d.J., auch Feichtmei(e)r, Feichtmey(e)r, Feuchtmay(e)r, Stukkateur, * 17.10.1735 Augsburg, t 6.1.1803 München. Der Sohn Franz Xaver —»F.s d.Ä., seit 1752 am kurbayerischen Hof in München tätig, wurde von Johann Baptist —> Zimmermann ausgebildet. Nach dessen Tod 1758 erhielt er höfische Aufträge, folgte ihm aber nicht im Amt als Hofstukkateur. 1774 wurde er „Grottenmeister". Anfangs dem Münchner Rokoko zugewandt, arbeitete F. seit 1770 vermehrt mit frühklassizistischen Elementen. Gemeinsam mit Roman Anton - ^ B o o s und Christian —>Wink gründete er 1766 eine private Zeichenschule, aus der 1770 die erste öffentliche Kunstschule Münchens hervorging. Seit 1772 übernahm F. Restaurationsarbeiten an älteren Stuckierungen. Seit 1797 versuchte er sich als „Spezerei- und Ellenwarenkramer". DP AKL Feichtmayr, Johann Michael (II.), auch Feuchtmayer, Stukkateur, Bildhauer, Ornamentstecher, getauft 5.8.1709 oder 25.9. 1710 Haid (heute zu Wessobrunn, Oberbayern), t 4.6.1772 Augsburg. F. war 1722-25 Lehrknabe bei dem Maurer Johann Paulus und leistete Zuarbeit für seine Brüder Antoni und Franz Xaver - » F . d. Ä. bei der Stuckierung der ehemaligen Augsburger Dominikanerkirche. 1736-38 war er als Stuckmarmorist in der Kirche Maria Himmelfahrt in Dießen/Ammersee. Seine eigentliche Ausbildung sowie den Weg zu eigenständiger künstlerischer Entwicklung fand er vermutlich in Oberschwaben und Österreich. F. gilt als einer der bedeutendsten Stukkatoren und Altarbauer des süddeutschen Rokoko, der bei seinen umfangreichen Aufträgen zahlreiche Mitarbeiter beschäftigte. Er schuf Stuckdekorationen in den ehemaligen Abteikirchen Amorbach (1744-47), Zwiefalten (1747-58) und Ottobeuren (um 1760 ff.) sowie in der Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen (1764 ff., zusammen mit seinem Bruder Franz Xaver —> F. d. Ä. und Johann Georg - » Üblhör). Einen Höhepunkt seines Schaffens bildete die Ausstuckierung der St. Annakirche in Haigerloch (1753-55). Die Dekoration im Treppenhaus, in der Kirche und in den Festräumen von Schloß Bruchsal entstand 1751-56 (im Zweiten Weltkrieg zerstört; rekonstruiert). m AKL

und schrieb satirische und vaterländische Dramen (u.a. Die Mordnacht zu Luzern, 1864). m DSL Feiereis, Hubert, Internist, Psychosomatiker, * 16. 1. 1925 Glogau, t 4.6.1998 Aigues-Mortes (Frankreich). Das in Breslau begonnene Medizinstudium Schloß F., Sohn eines Verwaltungsbeamten, 1951 in Erlangen mit der Dissertation Gleichzeitige abundante innere Blutung aus beiden Ovarien bei Corpus luteum persistens. Ein Fall intraperitonealer Corpus luteum-Blutungen ab, habilitierte sich 1967 mit der Studie Klinik und Therapie der Colitis ulcerosa (im Druck erschienen 1970) und wurde 1971 an der damaligen Medizinischen Akademie (heute Universität) von Lübeck zum Prof. und Leiter der Psychosomatischen Abteilung im Zentrum für Innere Medizin ernannt. In der ärztlichen Praxis und wissenschaftlichen Forschung widmete sich F. den biologischen wie psychischen Voraussetzungen chronisch entzündlicher Darmerkrankungen und einer entsprechenden internistisch-psychosomatischen Behandlung. Ein weiterer Schwerpunkt seines therapeutisch-theoretischen Engagements galt den Eßstörungen. Stets legte F., einer der führenden Psychosomatiker Deutschlands, großes Gewicht auf ethische Fragen der Medizin, auf die Arzt-PatientenBeziehung, auf die Kommunikation mit dem Patienten sowie auf einen „verbalen und averbalen Umgang mit dem Kranken, der nicht trennt, sondern verbindet". Seit 1960 war er Schriftleiter der Zeitschriften „internistische praxis" und „tägliche praxis". Zu seinen Veröffentlichungen zählen Beurteilung und Behandlung vegetativer Störungen in der Praxis (1953, 2 1958) und Basiswissen Psychotherapie (mit Hans-Joachim Thilo, 1980). F. gab Diagnostik und Therapie der Magersucht und Bulimie (1989, 2 1998) und Erweiterte Schulmedizin. Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (mit Reinhard Salier, 1995) heraus.

Feid, Joseph (Michael), österr. Maler, * 21.2.1806 Wien, t 8.4.1870 Weidling bei Wien. F., Sohn des Schuldieners der Wiener Akademie der Bildenden Künste, studierte dort zunächst Architektur und wandte sich später der Landschaftsmalerer zu. Seine Motive entnahm er vorwiegend dem Prater, der näheren Wiener Umgegend und der österr. Alpenlandschaft. Die Bilder zeichnen sich durch sorgfältige Detailarbeit aus, fast immer wird Tieroder Figurenstaffage zur Belebung eingesetzt. Seit 1828 stellte F., einer der Hauptvertreter des Wiener Biedermeiers, regelmäßig auf der akademischen Kunstausstellung, seit 1850 im Neuen Österreichischen Kunstverein aus. CD AKL

Feiersinger, Sebastian, Sänger, * 5.5. 1913 Kirchbichl (Tirol), t 2.9.1984 Nürnberg. F. erhielt seine Gesangsausbildung an der Wiener Musikakademie u. a. bei Hans —» Duhan und Josef von —» Manowarda. Ersten Engagements in Heilbronn (1939/40) und Gablonz (1940/41) folgte eine Anstellung am Stadttheater in Saarbrücken (1941-43). Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg war er zunächst am Landestheater in Salzburg tätig. Nach Stationen in Innsbruck (1947-49), Saarbrücken (1949-51), Wiesbaden (1951-53) und Graz (1953/54) sang F. 1954-75 am Opernhaus in Nürnberg. Daneben trat er u. a. am Münchner Gärtnerplatztheater (1972-76), an der Oper in San Francisco (1958/59, dort auch in der amerikanischen Erstaufführung von Richard —»Strauss' Frau ohne Schatten), an der Metropolitan Opera New York (1958/59) und bei den Bayreuther Festspielen (1968/69) auf. Einen Schwerpunkt seines Bühnenschaffens bildeten die tragenden —> Wagner-Partien, vor allem Tristan, Siegfried, Tannhäuser und Parsifal. CD Kutsch

Feierabend, (Maurus Karl) August, Pseud. Anastasius Freimund, schweizer. Mediziner, * 15. 8.1812 Stans (Kt. Unterwaiden), f 24.7.1887 Luzern. F., Sohn eines Arztes, studierte 1834-37 in München, Würzburg und Zürich Medizin und ließ sich 1837 als praktischer Arzt in Hochdorf bei Luzern nieder. Nach der Beteiligung am Luzerner Aufstand 1844 floh er nach Wil und praktizierte seit 1847 in Kappel/Toggenburg. Dort gründete er 1851 das „Toggenburger Wochenblatt", eine radikale freisinnige Zeitschrift (seit 1864 „Toggenburger Nachrichten"), und redigierte 1854-65 den „Eidgenössischen National-Kalender". Seit 1859 war F. wieder in Luzern als praktischer Arzt tätig. Er veröffentlichte medizinische Schriften (Die Homöopathie und ihre Stellung zur Neuzeit, 1864; Die klimatischen Kurorte der Schweiz, 1865; Der Alpenstich in der Schweiz, 1866)

Feifalik, Julius, österr. Bibliothekar, Historiker, Volkskundler, * 15.2. 1833 Znaim (Mähren), t 30.6. 1862 Wien (?). Der Sohn eines Magistratsbeamten und späteren Abgeordneten des mährischen Landtags studierte seit 1850 Rechtswissenschaften, Geschichte und Philologie in Olmütz und Wien, war 1854/55 Amanuensis an der k.k. Universitätsbibliothek in Wien und setzte 1855-57 als Stipendiat sein Studium an der Univ. Berlin fort. Seit 1857 Mitarbeiter mehrerer Zeitungen, wurde er 1861 Hilfsarbeiter an der k.k. Hofbibliothek in Wien. F. beschäftigte sich vor allem mit der deutschen und tschechischen Literatur des Mittelalters und erkannte als einer der ersten die Königinhofer Handschrift als Fälschung (Über die Königinhoferhandschrift, 1860); die meisten sei-

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Feifei ner Arbeiten erschienen in den von ihm herausgegebenen Reihen „Studien zur Geschichte der altböhmischen Literatur" (7 Bde., 1859-61) und „Untersuchungen über altböhmische Vers- und Reimkunst" (2 Bde., 1859-62). Cd IGL Feifei, Eugen, Ingenieur, * 30.5. 1880 Ludwigsburg, t 28.3.1965 Wien. F. studierte an der TH Stuttgart Maschinenbau (Spezialgebiet Wassermaschinenbau) und wurde 1915 promoviert (Über die veränderliche, nicht stationäre Strömung in offenen Gerinnen). Anschließend arbeitete er als Konstrukteur in Chemnitz und Berlin, wo er die Versuchsanstalt der TH leitete. Nach dem Ersten Weltkrieg in Braunschweig tätig, übernahm er 1920 den Turbinenbau bei den bayerischen Wasserkraftwerken und erhielt 1921 den Lehrstuhl für Wasserkraftmaschinen an der TH Wien (seit 1928 o.Professor). 1951 wurde er wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. DP Czeike Feig, Johannes (Fürchtegott Joseph), Jurist, Politiker, * 14.2.1873 Berlin, t 31. 1.1936 Berlin. F., Sohn eines Arztes, Schloß das Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Berlin, Heidelberg und München 1896 mit der Promotion ab. Er wurde Mitarbeiter des Kaiserlichen Statistischen Amtes und des Reichsmarineamtes, bevor er 1901 die Leitung des städtischen Statistischen Amtes in Düsseldorf übernahm. 1907 kehrte er als Regierungsrat ins Kaiserliche Statistische Amt zurück, ging 1917 ins Reichswirtschaftsamt und wurde im folgenden Jahr Vortragender Referent. Seit 1920 Ministerialrat im Reichsarbeitsministerium, das er 1924-28 beim Internationalen Arbeitsamt in Genf vertrat, wurde er, seit 1928 Ministerialdirigent, mit Beginn des nationalsozialistischen Regimes wegen seiner jüdischen Vorfahren suspendiert. F., Mitglied des Vereins für Socialpolitik, hatte Anteil an der praktischen Umsetzung der u.a. von Hugo —» Sinzheimer entwickelten Vorstellungen vom kollektiven Arbeitsrecht in der Weimarer Republik. Er veröffentlichte u.a. Betriebsrätegesetz, Betriebsbilanz- und Aufsichtsratsgesetz (1920) und gab mit Friedrich —» Sitzler Das neue Arbeitsrecht in erläuterten Einzelausgaben (12 Bde., 1921-31) heraus. m NDB Feige, Charlotte, geb. Koppe, Schauspielerin, * 3. 12. 1788 Berlin, f 6.12.1858 Kassel. F. erhielt ihr erstes Engagement bei der Doebbelinschen Theatergesellschaft in Berlin, wo sie Karl —> F. kennenlernte, dem sie, seit 1807 mit ihm verheiratet, erst nach Wiesbaden und später nach Kassel folgte. Im Lauf ihrer Karriere spielte sie so gut wie alle klassischen Frauenrollen Friedrich ->Schillers, Heinrich von —»Kleists und William Shakespeares. OP ADB F e i g e von Lichtenau, Johann, hessischer Kanzler, * 1482 Hessisch Lichtenau, t 20.3.1543 Kassel. F. war 1499 Kanzleischreiber des Fürstabts von Fulda. Aus dem Jahr 1501 ist seine Immatrikulation in Erfurt überliefert. Später erscheint er als Kleriker der Mainzer Diözese, als Hofgerichtsschreiber und 1504 als Kanzleischreiber des Landgrafen Wilhelm des Mittleren. Nach dessen Tod war F. Sekretär des Bischofs von Würzburg, Lorenz von —» Bibra, kehrte jedoch 1514 als Kanzler unter der Regentschaft der Witwe des Landgrafen für deren unmündigen Sohn Philipp zurück. Dieses Amt behielt er bis kurz vor seinem Tod. Es gelang ihm, den hessischen Territorialstaat nach den Regentschaftswirren zu festigen und zu einem der führenden protestantischen Fürstentümer zu machen. F. initiierte die Gründung der Univ. Marburg 1527 und war deren erster Kanzler. DP NDB

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Feige, Johann Christian, Bildhauer, Bildschnitzer, * 4.2.1689 Zeitz, t 11.2.1751 Dresden. F., Sohn eines Wagners, erscheint erstmals 1718 als Meister in Dresden bei der Ausführung von Bildhauerarbeiten für den Zwinger. Seit 1734 mit eigener Werkstatt, schuf er neben zahlreichen Grabmalen Altäre in Schneeberg, Lommatzsch und Görlitz sowie Kanzel und Taufstein in Radeberg. F. arbeitete in Holz, Sandstein und Stuck. Viele seiner Werke entstanden nach Entwürfen von George —» Bähr, zum Beispiel die gesamte plastische Dekoration der Dresdner Frauenkirche, deren Altar den Höhepunkt der Entwicklung des Hochbarock in Sachsen darstellt. OP AKL Feige, Karl, Schauspieler, Regisseur, * 3.10.1780 Neubrandenburg, t 12.5. 1862 Kassel. F. debütierte 1799 bei der Doebbelinschen Theatergesellschaft, spielte in den folgenden Jahren vor allem komische Rollen, führte 1810-14 Regie in Wiesbaden und wechselte nach Auflösung des dortigen Theaters nach Kassel, wo er 1821 Generaldirektor des Theaters wurde. F. war mit der Schauspielerin Charlotte —>F. verheiratet. 1849 wurde er als Hofrat pensioniert. CD ADB F e i g e n w i n t e r , Ernst, schweizer. Politiker, * 16.3.1853 Reinach bei Basel, t 15.9.1919 Bern. F., Sohn eines Landwirts und Friedensrichters, studierte seit 1874 Rechtswissenschaften in München, Straßburg, Berlin und Basel, wo er sich nach der Promotion 1879 als Rechtsanwalt niederließ. Als Mitbegründer und Chefredakteur des „Basler Volksblatts" war er einer der Wortführer der Basler Katholiken. F. setzte sich besonders für die Konfessionsschulen ein und engagierte sich mit der Begründung des Schweizer Arbeiterbundes und des Verbandes katholischer Männer- und Arbeitervereine 1887 in sozialen Fragen. 1893-1902 und 1905-1908 Mitglied des Großen Rats in Basel, gründete er 1900 die internationale Vereinigung für gesetzlichen Arbeiterschutz und 1905 die kath. Volkspartei Basel, für die er 1917 in den Nationalrat gewählt wurde. An der eidgenössischen Haftpflicht-, Arbeitsschutz- und Gewinnbeteiligungsgesetzgebung der Zeit war er beteiligt. F. veröffentlichte u. a. Der Kampf um den gerechten Lohn und die Gewinnbeteiligung der Arbeiter (1917) und Klassenkampf und Klassenversöhnung (1919). Er war Mitherausgeber der „Monatsschrift für christliche Sozialreform". CD NDB Feigerle, Ignaz, kath. Theologe, Bischof von St. Pölten, * 7.4.1795 Biskupstwo bei Olmütz, t 27.9. 1863 Ochsenburg (Niederösterreich). Der Sohn eines Zeugmachers studierte in Olmütz und Wien Theologie, empfing 1818 die Priesterweihe und wirkte als Seelsorger in Mähren und Wien. 1823 wurde er Prof. der Pastoraltheologie am Olmützer Lyzeum und 1828 erster Rektor der dortigen neugegründeten Universität. 1830 an die Wiener Univ. berufen, war er daneben Hofkaplan, Hof- und Burgpfarrer, Spiritual am Bildungsinstitut für Weltpriester Augustineum sowie Beichtvater des Kaisers. Seit 1847 hatte er das Rektorat der Univ. inne. 1851 wurde F. Bischof von St. Pölten. Er veröffentlichte mehrere Predigtsammlungen und eine Biographie über Thomas von Aquin. CD Gatz 4 Feigl, Friedrich, auch Bedrich F., Fred F., Maler, Graphiker, * 6.3.1884 Prag, t 27.12. 1965 London. F. besuchte 1904/05 die Kunstakademie Prag und wurde wegen „kunstrevolutionärer" Aktivität entlassen. Er brach mit dem Naturalismus und unternahm 1905-07 Studienreisen nach Amsterdam, Paris, Dubrovnik, Neapel und Florenz. 1907/08 war er Gründungsmitglied der Expressionistengruppe Osma in Prag und kam dort in Kontakt mit Max —» Brod, Franz —» Werfel und Egon Erwin —» Kisch. Nach ersten Ausstellungserfolgen in Prag lebte er seit 1910

Feil hauptsächlich in Berlin, wo er durch seine 1921 veröffentlichte Lithographienfolge über das Prager Ghetto bekannt wurde. 1929 war er einer der Hauptinitiatoren der Prager Sezession; 1932 kehrte er nach Prag zurück. 1938 verhaftet und in ein westfälisches Konzentrationslager verbracht, konnte er jedoch im folgenden Jahr nach Großbritannien emigrieren. F. malte das einzige Porträt Franz —» Kafkas (1909), seines Mitschülers am Altstädter G y m n a s i u m . DP B H d E , Bd 2 F e i g l , Friedrich, auch Fritz F., österr. Chemiker, * 15.5. 1891 Wien, t 21. 1.1971 Rio de Janeiro. F. Schloß das Studium der Biologie und C h e m i e an der T H Wien 1914 als Diplomingenieur ab, wurde 1920 mit der Arbeit Uber die Verwendung von Tüpfelreaktionen in der qualitativen Analyse promoviert und habilitierte sich 1926. Seit 1936 a. o. Prof. der analytischen und anorganischen Chemie an der Univ. Wien, emigrierte er nach dem „Anschluß" Österreichs nach Gent und wurde nach dem Einmarsch deutscher Truppen 1940 verhaftet. Ihm gelang die Flucht über Vichy nach Rio de Janeiro, wo er seit 1941 als Abteilungsleiter im Landwirtschaftsministerium, seit 1953 auch als Prof. der C h e m i e arbeitete. F. gilt als einer der Pioniere der chemischen Mikroanalyse. Er erforschte Selektionsmethoden und die Stoffbestimmung in der organischen C h e m i e und befaßte sich mit der Auswertung brasilianischer Bodenschätze. F. veröffentlichte u. a. Qualitative Analyse mit Hilfe der Tüpfelreaktionen (1931, 4 1960, auch engl., frz., russ.), Mikrochemisches Praktikum (1931) und Chemistry of specific, selective and sensitive reactions (1949). CD B H d E , Bd 2 F e i g l , Georg, Mathematiker, * 13. 10.1890 Hamburg, t 2 5 . 4 . 1 9 4 5 Wechselburg (Sachsen). Nach dem Studium der Mathematik und Physik wurde F., Sohn eines Importkaufmanns, 1918 in Jena promoviert, ging im selben Jahr als Assistent an das Mathematische Seminar der Univ. Berlin und habilitierte sich 1927 für Mathematik. 1928 von der Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften als Schriftleiter des „Jahrbuchs über die Fortschritte der Mathematik" berufen, wurde er 1933 a. o . P r o f . und folgte 1935 einem Ruf als Ordinarius an die Univ. Breslau, wo er bis kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs lehrte. F. galt als hervorragender Lehrer sowie Förderer des strukturellen Denkens in der Mathematik. Aus seinem Nachlaß veröffentlichte Hans Rohrbach 1953 Vorlesungen zur Einführung in die höhere Mathematik. F. war der Schwiegersohn des Politikers Paul —» Fleischer. CD N D B F e i g l , Hans, Pseud. N e o Apostata, österr. Schriftsteller, Journalist, * 7 . 6 . 1 8 6 9 Urfahr (Oberösterreich), t 3 . 9 . 1937 Wien. Der Sohn eines Fabrikanten studierte in Prag und Wien Philosophie. Zunächst als konservativ-sozialer politischer Publizist für die Zeitschrift „Politische Fragmente" tätig, war er 1899-1933 politischer Redakteur der „Oesterreichischen Volks-Zeitung". 1912 zum Präsidenten der Wiener Bibliophilengesellschaft gewählt, begründete er 1913 den „Deutschen Bibliophilen-Kalender", der 1917 unter dem Titel „Jahrbuch deutscher Bibliophilen" fortgesetzt wurde. 1928 wurde F. der Professorentitel verliehen. Er gab u . a . Werke von —»Lassalle, —»Knigge, Chesterton, Jakob Philipp —» Fallmerayer und —> Jung-Stilling heraus. CD Lex dt-jüd Autoren F e i g l , Herbert, Philosoph, * 14. 12.1902 Reichenberg (Böhmen), t 1 . 6 . 1 9 8 8 Minneapolis (USA). F., seit 1918 tschechoslowakischer Staatsbürger, nahm 1921 das Studium der Mathematik, Physik und Philosophie in München auf und studierte seit 1922 bei Moritz —»Schlick, Hans —»Hahn, Hans —»Thirring und Karl —»Bühler in Wien. Seit 1924 war er Mitinitiator des Wiener Kreises. 1927 mit

der Dissertation Zufall und Gesetz. Versuch einer naturerkenntnistheoretischen Klärung des Wahrscheinlichkeitsund Induktionsproblems promoviert, lehrte er bis 1930 an Wiener Volkshochschulen und emigrierte nach einer Rockefeller Resaerch Fellowship an der Harvard University 1931 in die U S A . 1931-37 war F. Lecturer and Assistant Professor, 1938-40 Associate Professor an der University of Iowa. 1937 nahm er die US-Staatsbürgerschaft an. Seit 1940 war F. Prof. der Philosophie an der University of Minnesota, w o er 1953 das f ü r die analytische Philosophie einflußreiche Minnesota Center for the Philosophy of Science gründete. Er war Präsident der American Philosophical Association und Vizepräsident der American Association for the Advancement of Science. F., der zu den Protagonisten des Logischen Empirismus in Amerika gehörte, beschäftigte sich vor allem mit dem Problem des empirischen Z u s a m m e n h a n g s von psychischen Innenerlebnissen und physischem Außenverhalten. Neben der Analyse des Leib-Seele-Problems befaßte er sich mit der in den fünfziger Jahren von Rudolf —»Carnap und Carl Gustav - » H e m p e l formulierten Zweistufenkonzeption der Wissenschaftssprache, die er auf psychologische Theorien anwandte. Er schrieb u. a. Theorie und Erfahrung in der Physik (1929) und The „Mental" and the „Physical" (in: H. F . / M i c h a e l S c r i v e n / G r o v e r Maxwell [Hrsg.], Concepts, theories, and the mind-body-problem, 1958, S. 370-497; Neudr. als The „Mental" and the „Physical". The essay and a postsript, 1967). Er war Herausgeber von Readings in Philosophical Analysis (1949, mit Wilfried Sellare) und Readings in the Philosophy of Science ( 1953, mit May Bredbeck). CP Enz Phil Wiss F e i k , Eberhard, Schauspieler, * 23. 11. 1943 Chemnitz, t 18.10. 1994 O b e r r i e d / S c h w a r z w a l d . Der Sohn eines Bergarbeiters wandte sich nach anfänglichem Studium der Germanistik und Anglistik in Köln der Schauspielerei zu; er besuchte die Schauspiel- und Musikhochschule und studierte Theaterwissenschaft. Die ersten Engagements hatte F. am Staatstheater Stuttgart und in Frankf u r t / M a i n ; 1973-79 trat er an der Berliner Schaubühne unter Peter Stein auf. Später war er auch als Theaterregisseur tätig. F. war als Kommissar neben Götz George in der ARD-Krimiserie „Tatort" zu sehen, für die er selbst einige Drehbücher schrieb. Er spielte Rollen in verschiedenen Fernsehfilmen und -serien (u.a. Peter Eschbachs Herz, 1991 ; Ein Mann am Zug, 1993 f.) und zeigte seine Vielseitigkeit auch durch Hörspiele und eigene TV-Inszenierungen. •3

Munzinger

F e i k s , E m m a (Leopoldine Franziska), geb. Waldhäusel, Pseud. E m m y Feiks-Waldhäusl, österr. Schriftstellerin, * 10.11. 1899 Pottenbrunn (Niederösterreich), t 4 . 5 . 1 9 7 5 Klosterneuburg (Niederösterreich). F. Schloß das Studium der Philologie an der Univ. Wien 1923 mit der Promotion ab, trat im selben Jahr in den höheren Schuldienst ein und unterrichtete, zuletzt als Oberstudienrätin und Professorin, am Mädchen-Realgymnasium Wien. Nach ihrem Erstling, d e m R o m a n Siegmund und Margaret (1938, 4 1950), veröffentlichte sie Erzählungen und Jugendbücher wie Leben am Strom (1949) und Das Pestbüblein (1958). F. erhielt 1953 den Enrica-HandelMazzetti-Preis des österr. Unterrichtsministeriums und 1958 den Jugendbuchpreis der Stadt Wien. CD DLL, 20. Jh. F e i l , Joseph, österr. Historiker, * 2 0 . 6 . 1811 Wien, t 2 9 . 1 0 . 1862 Wien. Der Sohn eines Metallwarenfabrikanten studierte Rechtsund Staatswissenschaften in Wien, trat 1834 in den österr. Staatsdienst ein und wurde 1850 P r ü f u n g s k o m m i s s ä r für allgemeine und österr. Geschichte im Ministerium für Kultus

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Feilchenfeld und Unterricht, 1854 Ministerialsekretär. Während der Revolution 1848 lehnte er seine Wahl zum Reichstagsdeputierten ab. 1854 gründete F. den Wiener Altertumsverein. 1858 wurde er ordentliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. F. befaßte sich mit regionalhistorischen, landeskundlichen und archäologischen Forschungen. m Czeike Feilchenfeld, Walter, Buch- und Kunsthändler, * 21.1.1894 Berlin, t 9. 12.1953 Zürich. Der Sohn eines Sanitätsrats studierte in Freiburg/Breisgau, Heidelberg und Berlin. 1919 promoviert, wurde er im selben Jahr Mitarbeiter des Paul Cassirer Verlags, 1922 Vorstandsmitglied der Paul Cassirer Verlags-AG, 1924 Teilhaber der Paul Cassirer Kunsthandlung, deren Geschäfte er nach dem Tod Paul —>Cassirers 1926 zusammen mit Grete Ring weiterführte. 1933 emigrierte F. in die Niederlande und ließ sich 1948 als Kunsthändler in Zürich nieder. Er gab u. a. Max Jacob —» Friedländers Die altniederländische Malerei ( 14 Bde., 1924-37) heraus. F. war stellvertretender Vorsitzender des Verbandes des Deutschen Kunst- und Antiquitätenhandels. OD BHdE, Bd 1 Feilchenfeld, Werner, Wirtschaftsfachmann, Unternehmer, * 29.4.1895 Berlin, t 15.5.1985 Hollywood. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg studierte F. in Würzburg Rechts- und Staatswissenschaften und wurde 1920 promoviert (Zur Reform des bayerischen Judenedikts). Als wissenschaftlicher Assistent, später Syndikus der Industrieund Handelskammer Berlin verfaßte er Wochen- und Jahresberichte über die deutsche Wirtschaft. 1934 emigrierte F. nach Palästina, wo er seit 1935 als Berater, Generaldirektor und Geschäftsführer von Bau- und Handelsfirmen tätig war. Seit 1945 knüpfte er als Leiter und Gründer von Exporthandelsorganisationen im Ausland Kontakte für die palästinensische Wirtschaft. 1951 siedelte F. in die USA über und machte sich dort als Wirtschaftsberater selbständig. m

BHdE, Bd 1

Feiler, Arthur, Wirtschaftswissenschaftler, Journalist, * 16.9.1879 Breslau, t 11.7. 1942 New York. F., Bruder von Erich —»F., studierte Wirtschaftswissenschaften in Frankfurt/Main und Heidelberg, wurde dort 1923 bei Emil —> Lederer promoviert (Die deutschen Finanzen vom Kriegsausbruch bis zum Londoner Diktat), habilitierte sich 1928, lehrte seit 1932 als a. o.Prof. in Frankfurt/Main und wechselte im selben Jahr als o. Prof. an die Handelshochschule Königsberg. Daneben war er 1903-13 Redaktionsmitglied der „Frankfurter Zeitung" und wurde nach dem Ersten Weltkrieg Regierungsberater, 1920 Mitglied im Vorläufigen Reichswirtschaftsrat, 1921 Mitglied der Sozialisierungskommission, 1923 Beisitzer am Kartellgericht. 1933 emigrierte F. in die USA und wurde im selben Jahr Gründungsmitglied der University of Exile, der späteren New School for Social Research in New York, wo er bis zu seinem Tod als Professor of Economics lehrte. Seine wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigten sich mit dem internationalen Kapital verkehr, der Welthandelspolitik nach dem ersten Weltkrieg und den ökonomischen Problemen Rußlands. F. veröffentlichte u.a. Vor der Übergangswirtschaft (1918) und Das Experiment des Bolschewismus (1930). CD Hagemann Feiler, Erich, Zahnmediziner, * 21.4. 1882 Breslau, t März 1940. Der Bruder Arthur —>F.s erhielt 1903 in Breslau seine zahnärztliche Approbation, wurde 1905 in Heidelberg promoviert (Ueber die bei Erkrankungen der Zähne auftretenden Reflexzonen der Gesichts- und Kopfhaut) und assistierte dort, in Hamburg, Köln und Breslau, wo er sich 1912 für Zahnheilkunde habilitierte. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg wurde er 1917 a.o.Prof. in Frankfurt/Main. 1934

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zwangsweise in den Ruhestand versetzt, emigrierte er nach Großbritannien, wo er in London als Zahnarzt praktizierte. F. beschäftigte sich mit konservierender Zahnheilkunde, der Physiologie der Zähne und Parodontose. Er veröffentlichte u. a. Die sogenannte circuläre Caries. Ein Beitrag zur Pathogenese der Zahncaries (1913), einen Leitfaden des Phantomkurses der konservierenden Zahnheilkunde (1919) und einen Leitfaden zur Wurzelbehandlung (1921). 1916 erschien sein Bericht Zahnarzt im Felde. CD Ärzte 2, 3 Feiler, Hertha, Schauspielerin, * 3.8. 1916 Wien, t 2.11.1970 München. F. besuchte in Wien die Schauspielschule, debütierte 1936 an der Wiener Scala, erhielt bald erste Filmrollen, siedelte 1938 nach Berlin über und spielte in zahlreichen Lustspielen und Komödien der nationalsozialistischen Filmindustrie. Ihre erfolgreiche Karriere als Komödiantin der leisen Töne konnte sie nach 1945 auf Theater-Gastspielreisen und im bundesrepublikanischen Film der fünfziger und sechziger Jahre bruchlos fortsetzen. Mit ihrem Ehemann Heinz Rühmann (seit 1939) spielte F. in zahlreichen Filmen, u.a. Lauter Lügen (1939) und Charleys Tante (1956). m Exiltheater Feiler, Joseph Johann Nepomuk Bartholomäus, Mediziner, * 18.8. 1771 Passau, t 21.3.1822 Landshut. F., Sohn eines Leibdieners in höfischen Diensten, studierte in Altdorf Medizin und übernahm dort eine Dozentenstelle. Nach Aufhebung der Univ. ging er als Prof. für Geburtshilfe und Pathologie und als Direktor der Entbindungsanstalt nach Landshut; er wurde zum kgl. bayerischen Hofrat ernannt. F. übersetzte Georg Friedrich —» Hildebrandts Grundriss der allgemeinen Krankheitslehre aus dem Lateinischen ins Deutsche (1796) und gab u.a. einen Aufruf an die sämmtlichen Regierungen, Polizeibehörden und Aerzte Teutschlands in Hinsicht auf die gelbe Pest zu treffenden Vorkehrungen (1805) sowie eine Kurz gefasste Belehrung für Bruchkranke über den richtigen Gebrauch der Bruchbänder (1808) heraus. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Pädiatrik oder Anleitung [...] Kinderkrankheiten (1814), Ueber angeborene menschliche Missbildungen im Allgemeinen und Hermaphroditen insbesondere (1820) und Handbuch der Diätetik (1820). m LMU Feilitzsch, Maximilian (Alexander) Graf von, Politiker, * 12.8.1834 Trogen bei Hof, t 19.6.1913 München. F., Sohn eines Gutsherrn, studierte 1852-56 Rechtswissenschaften in München und trat in den bayerischen Staatsdienst ein. Seit 1865 im Innenministerium tätig, wurde er 1866 Regierungsrat und arbeitete kurzzeitig im Kabinettsekretariat - » Ludwigs II. Seit 1873 leitete er die Polizeidirektion München, von 1877 an als Polizeipräsident. F. wurde 1880 Regierungspräsident von Oberbayern, 1881 Staatsrat und Staatsminister des Innern (bis 1907). Er reorganisierte Gesetzgebung und Verwaltung des bayerischen Staates; zu seiner Zeit erfolgte (1906) die Einführung des direkten Wahlrechts. 1904 wurde F. der Titel eines bayerischen Grafen verliehen. CD NDB Feilmoser, Andreas Benedikt, Benediktiner, Theologe, * 8.4. 1777 Hopfgarten/Brixental (Tirol), f 20.7. 1831 Tübingen. F. studierte in Innsbruck Philosophie, trat 1796 in das Benediktinerstift Fiecht bei Schwaz (Tirol) ein und studierte in St. Georgen bei Villingen Theologie. Seit 1800 Lehrer für Exegese des Alten und Neuen Testaments in Fiecht, wurde er im folgenden Jahr zum Priester geweiht und zum Novizenmeister ernannt. Nach 1803 aufklärerischer Gesinnung beschuldigt, verlor er 1806 sein Lehramt und wurde als Hilfspriester nach Achenthai versetzt, aber noch im selben Jahr unter der nunmehr bayerischen Herrschaft als Prof. der

Feind orientalischen Sprachen und der Einleitung in das Alte Testament, später auch der neutestamentlichen Exegese an die Univ. Innsbruck berufen. 1808 wurde er zum Dr. theol. promoviert, 1811 zum königlich bayerischen Rat ernannt. 1820-31 war er Prof. der Exegese des Neuen Testaments an der Univ. Tübingen. F.s der Aufklärung verpflichtetes Hauptwerk ist eine Einleitung in die Bücher des Neuen Bundes für die öffentlichen Vorlesungen (1810). CD LThK F e i l n e r , Johann Simon, auch Feylner, Hans Simon, Maler, Modelleur, * 2 0 . 2 . 1726 Weiden (Oberpfalz), t 1 6 . 3 . 1 7 9 8 Frankenthal (Pfalz). Nach einer Maurerlehre bei seinem Vater erwarb sich F. Kenntnisse in Stukkatur und Keramik, die er zum ersten Mal als Mitarbeiter bei der Ausgestaltung des Speisesaals der Residenz des Fürsten Wilhelm Heinrich von NassauSaarbrücken um 1747 bis 1749 anwenden konnte. Im Anschluß daran ermöglichte ihm der Fürst ein Ausbildungsjahr, vermutlich als Porzellanmaler, in Paris. Nach 1750 arbeitete F. als Blumenmaler in der kurmainzischen Porzellanmanufaktur Hoechst und 1753-68 als Modellmeister in Fürstenberg. 1770 als Inspektor der Porzellanmanufaktur in Frankenthal eingestellt, übernahm er 1775 die Leitung dieser bedeutendsten deutschen Porzellanfabrik des 18. Jh. mit d e m Titel eines Hofkammerrats. F. wird die Verbesserung der Porzellanmasse sowie die Erfindung neuer Farbglasuren und die eines neuartigen Golddekors zugeschrieben. DP A K L F e i l n e r , Tobias Christoph, Töpfer, Ofenfabrikant, * 1 9 . 5 . 1 7 7 3 Weiden (Oberpfalz), t 7 . 4 . 1839 Berlin. Der Sohn eines Hafnermeisters und N e f f e Johann Simon —>F.s erlernte das Töpferhandwerk, trat 1793 als Geselle in die Höhlersche Werkstatt in Berlin ein, stieg dort bald zum technischen Leiter auf und übernahm sie nach dem Tod des Besitzers 1812. Seine 1804 erfundene und vom preuß. Staat für zehn Jahre privilegierte Unterglasurmalerei auf gebranntem Ton, die sog. enkaustische Malerei, verschaffte ihm wirtschaftlichen Erfolg. Seine farbigen Tonplastiken fanden weite Verbreitung. Vor allem den architektonischen Plänen Karl Friedrich —> Schinkels, mit d e m er den sog. Berliner Ofen entwickelte, war F.s kunsthandwerkliche Zuarbeit an ornamentalem Schmuck, Reliefs und Skulpturen kongenial. m

AKL

F e i n , Eduard, Jurist, * 2 2 . 9 . ( 1 2 . ? ) 1813 Braunschweig, t 2 8 . 1 0 . 1858 Eisleben. F., Sohn eines Hofbeamten und Bürgermeisters von Helmstedt und Bruder Georg —>F.s, studierte seit 1831 in Heidelberg Rechtswissenschaften, wurde 1833 promoviert und praktizierte bis 1838 als Rechtsanwalt in Braunschweig. Er nahm seine Studien in Heidelberg und Berlin wieder auf, habilitierte sich 1843, wurde 1844 o.Prof. des römischen Rechts in Zürich und ging 1845 nach Jena, 1852 als Prof. der Pandekten nach Tübingen. F. veröffentlichte u. a. Das Recht der Collation (1842), Beiträge zu der Lehre von der Novation und Delegation (1850) und Das Recht der Codicille (3 Tie., 1851-53). m ADB F e i n , (Wilhelm) Emil, Techniker, Industrieller, * 1 6 . 1 . 1 8 4 2 Ludwigsburg, t 6 . 1 0 . 1 8 9 8 Stuttgart. Der Sohn eines Gymnasialprofessors erhielt neben Privatunterricht bei seinem Vater eine Ausbildung in Feinmechanik in Stuttgart, Karlsruhe, Göttingen, Berlin und London. 1867 machte er sich in Karlsruhe selbständig. 1870 nach Stuttgart übergesiedelt, erschloß F. der Elektromechanik und der Technik der Nachrichtenübermittlung zahlreiche neue Anwendungsfelder. 1875 baute er den ersten elektrischen Feuermelder, richtete 1884 in Barcelona die erste Telefonzentrale ein und erfand 1885 das erste tragbare Feldtelefon. 1892 konstruierte er einen elektrischen Einzelantrieb für Werkzeug- und Textilmaschinen und entwickelte 1895

die erste elektrische Handbohrmaschine. F. beschrieb seine Erfindungen in Elektrische Apparate, Maschinen und Einrichtungen (1888). CD N D B F e i n , Georg, Politiker, * 8 . 6 . 1803 Helmstedt, t 2 6 . 1 . 1 8 6 9 Diessenhofen (Kt. Thurgau). Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Göttingen, Heidelberg und Berlin war F., Bruder von Eduard —»F., Redakteur der „Deutschen Tribüne" in München. 1832 wurde er wegen freisinniger Publizistik aus Bayern ausgewiesen und emigrierte nach Paris, 1834 nach Zürich. Er redigierte die „Neue Zürcher Zeitung" und engagierte sich f ü r die Gründung deutscher Arbeitervereine in der Schweiz. 1841 wurde er wegen revolutionärer Aktivitäten verhaftet, nach Sardinien ausgewiesen, von den Österreichern erneut gefang e n g e n o m m e n und zwangsweise nach Amerika eingeschifft. Im Revolutionsjahr 1848 kehrte F. nach Deutschland zurück, spielte aber in der demokratischen B e w e g u n g der Zeit keine entscheidende Rolle mehr. 1852 gründete er in der Schweiz eine Fortbildungsschule. e n HLS F e i n , Johann, eigentl. Isidor F., österr. Laryngologe, * 2 8 . 4 . 1 8 6 4 Wien, t 2 6 . 4 . 1923 Wien. F., Sohn eines Produktenhändlers, studierte in Wien Medizin, wurde 1889 promoviert und assistierte am Allgemeinen Krankenhaus bei Leopold —» Schrötter von Kristelli sowie an der Wiener Allgemeinen Poliklinik bei Ottokar von —> Chiari. Als Spezialist für Hals-Nasen-undOhrenkrankheiten gründete F. 1900 die entsprechende Fachabteilung im Wiedner Krankenhaus in Wien. 1904 habilitiert, wurde er 1914 a . o . P r o f . der Laryngologie und Rhinologie an der Univ. Wien. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg als Generalstabsarzt und Sanitätschef von Montenegro nahm er seine akademische und klinische Tätigkeit an alter Wirkungsstätte wieder auf. F. konstruierte spezielle Operationsinstrumente; er veröffentlichte u . a . Das angeborene Kehlkopfdiaphragma (1904) und die mehrfach übersetzten Rhinolaryngologischen Winke für praktische Ärzte (1910). In Der lymphatische Rachenkomplex und seine akute Entzündung (1920) stellte er gegen die gängige Lehrmeinung die These von den Tonsillen als infektabwehrenden Organen auf und riet von voreiligen Mandeloperationen ab. Π3 N D B F e i n , Maria, verh. Becker, Schauspielerin, * 7 . 4 . 1894 Wien, t 15.9. 1965 Zürich. Nach d e m Studium an der A k a d e m i e f ü r Musik und darstellende Kunst in Wien (1909-11) trat F. in M a n n h e i m , Düsseldorf und Dresden auf, bis sie M a x —> Reinhardt als Charakterdarstellerin für sein Ensemble engagierte. Als das Ensemble 1933 aufgelöst wurde, gab sie noch verschiedene Gastspiele und kehrte 1936 nach Wien zurück. Seit d e m „Anschluß" Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland 1938 spielte sie u . a . in den Niederlanden und in Frankreich, bevor sie sich 1942 endgültig in Zürich niederließ. F. führte Regie und gründete ein eigenes TourneetheaterEnsemble. Sie übersetzte und dramatisierte Stücke wie Jean Cocteaus Ödipus, der 1950 in Luzern uraufgeführt wurde. Im Alter arbeitete F. vornehmlich für den Hörfunk. CD Exiltheater F e i n d , Barthold, Pseud. Wahrmund, Aristobulos Entropius, Jurist, Dichter, Librettist, Ästhetiker, * 23. 11. 1678 Hamburg, t 15.10. 1721 Hamburg. F., der seinen Vater, einen Lehrers, mit zwölf Jahren verlor, studierte in Wittenberg und Halle Rechtswissenschaft und wurde wahrscheinlich 1703 zum Lizentiaten der Rechte promoviert. Nach einer längeren Italienreise lebte er seit 1705 wieder in Hamburg. U m seine polemischen Werke wie das Lustspiel Das verwirrte Haus Jakob (1704) oder die nach Jeremias de Decker frei übertragene Satire Lob

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Feindt der Geld-Sucht (1702) entstand eine scharfe Auseinandersetzung, die schließlich zur öffentlichen Verbrennung der Werke F.s und 1707 zu seiner Verweisung aus der Stadt führte. 1708 zurückgekehrt, wurde er 1709 rehabilitiert und widmete sich in den folgenden Jahren wieder d e m Anwaltsberuf. 1717 wurde F. in Schleswig wegen proschwedischer Aktivitäten im Nordischen Krieg von den Dänen verhaftet. Spätestens 1719 hielt er sich erneut in Hamburg auf. Neben Satiren, Polemiken und Gedichten schrieb F. zahlreiche Libretti für die Hamburger Barockoper sowie richtungweisende musiktheoretische Aufsätze, u. a. über die Gleichwertigkeit von Musik und Text. cd MGG F e i n d t , Jürgen, Tänzer, Choreograph, Schauspieler, * 14. 1.1935 Halberstadt, t 9 . 9 . 1978 Schopfheim (Kr. Lörrach). F., der seit 1950 Tanzunterricht nahm, begann seine Karriere als Statist im Geiselgasteig sowie mit kleineren Rollen an der M ü n c h n e r Oper und am Deutschen Theater. Seit 1952 nahm er Unterricht beim Ballettmeister der Münchner Oper, Victor Gsovsky. 1954 wurde F. am Staatstheater Dresden, 1956 als Solotänzer an der Komischen Oper Berlin (Ost) engagiert. Er gehörte dem „Berliner Ballett" Tatjana —»Gsovskys an, mit d e m er zahlreiche Europa- und Uberseetourneen unternahm. In N e w York bildete sich F. in Jazz-Tanz fort, war 1961-65 Erster Solotänzer an der Deutschen Oper Berlin und wurde in den folgenden Jahren zunehmend als Choreograph f ü r das Fernsehen tätig, besonders für Shows und Revuen. F., der auch als Schauspieler auftrat, kam bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. c d Munzinger F e i n e , Gerhart, Diplomat, Jurist, * 17.6. 1894 Göttingen, t 9 . 4 . 1 9 5 9 Kopenhagen. Der Sohn von Paul - » F . und Bruder von Hans Erich Alfred - > F . studierte 1914 und 1 9 1 9 / 2 0 in Göttingen und H a l l e / S a a l e Jura und trat nach der Promotion (Die völkerrechtliche Stellung der Staatsschiffe, 1921) 1923 in den Auswärtigen Dienst ein. In den folgenden Jahren war er in London, Den Haag (seit 1933), Belgrad (1938-43) und Budapest ( 1 9 4 4 / 4 5 ) tätig, wurde Privatsekretär Gustav —> Stresemanns und nahm als Delegationssekretär an internationalen Konferenzen teil. 1 9 4 5 / 4 6 interniert, arbeitete F. seit 1947 im Bremer Justizdienst, wurde 1950 Präsident der Landesjustizverwaltung. Seit 1953 vertrat er als Ständiger Delegierter die Bundesrepublik Deutschland in den meisten internationalen Organisationen in Genf. 1956 leitete F. die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland beim Europarat in Straßburg und ging 1958 als Botschafter nach Kopenhagen. DP B H d A D F e i n e , Hans Erich Alfred, Jurist, * 2 1 . 3 . 1890 Göttingen, t 6 . 3 . 1965 Tübingen. Der Bruder Gerhart —»F.s studierte in Breslau, Freiburg/ Breisgau, Berlin und H a l l e / S a a l e Rechtswissenschaft und wurde 1913 promoviert. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg wurde er 1918 Assistent am Kirchenrechtlichen Institut der Univ. Berlin unter Ulrich Stutz. 1920 in Breslau habilitiert, nahm er 1922 einen Ruf als Ordinarius f ü r deutsche Rechtsgeschichte, bürgerliches Recht, Handelsund Kirchenrecht nach Rostock an. Seit 1931 lehrte er mit einer Unterbrechung 1945-55 - Rechtsgeschichte und Kirchenrecht in Tübingen. F. veröffentlichte u . a . Die Besetzung der Reichsbistümer vom Westphälischen Frieden bis zur Säkularisation J648-1803 (1921) und Das Werden des deutschen Staates seit dem Ausgang des Heiligen Römischen Reiches 1800-1933 (1936). Seine Kirchliche Rechtsgeschichte (Bd. 1 : Die katholische Kirche, 1950, 5 1972) fand als Lehrbuch weite Verbreitung. c d Almanach Öst Akad, Jg. 115

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F e i n e , Paul, evang. Theologe, * 9 . 9 . 1 8 5 9 Golmsdorf bei Jena, ! 3 1 . 8 . 1 9 3 3 Halle/Saale. Nach d e m Studium der Klassischen Philologie in Jena und Berlin (Dr. phil. 1883, De Aristarcho Pindari interprete) unterrichtete F., Sohn eines Schulrektors, als Gymnasiallehrer in Jena, war Erzieher in N e u w i e d / R h e i n und ging 1889 als Lehrer nach Göttingen. Er widmete sich theologischphilologischen Forschungen, wurde Lizentiat der Theologie und habilitierte sich 1893 (Der Jakobusbrief nach Lehranschauungen und Entstehungsverhältnissen). Im folgenden Jahr als o . P r o f . nach Wien berufen, lehrte er seit 1907 in Breslau und von 1910 bis zu seiner Emeritierung 1927 in H a l l e / S a a l e . F.s wissenschaftliche Lebensarbeit galt d e m Neuen Testament. Gegen die historisch-kritischen und religionsgeschichtlichen Tendenzen seiner Zeit bekräftigte er in seinem Hauptwerk Theologie des Neuen Testaments (1912, 1 4 1965) den Offenbarungscharakter der Evangelien und urchristlichen Zeugnisse. Seine langjährige Beschäftigung mit dem Apostel Paulus führte 1927 zur Veröffentlichung Der Apostel Paulus. Das Ringen um sein geschichtliches Verständnis. F. war der Vater von Hans Erich Alfred und Gerhart - » F . m NDB F e i n e r , Johannes, schweizer, kath. Theologe, * 7 . 6 . 1909 Zürich, t 30. 11.1985 Zürich. Nach dem Studium der Philosophie und Theologie an der Gregoriana in R o m war F., Sohn eines Schuhmachers, zwei Jahre als Mittelschullehrer, 1938-65 als Prof. der Dogmatik und Fundamentaltheologie am Priesterseminar St. Luzi in Chur tätig. Gleichzeitig leitete er theologische Kurse für kath. Laien, nahm als Konsultor des römischen Sekretariats für die Einheit der Christen am Zweiten Vatikanischen Konzil teil und wirkte an der Konzeption des Sammelwerks Fragen der Theologie heute (1957) mit. F. beschäftigte sich mit Problemen der Ökumene, der Religionsfreiheit und der nichtchristlichen Religionen, war an der Herausgabe mehrerer religionswissenschaftlicher Werke beteiligt und stand 1966-71 der Paulus-Akademie in Zürich vor. In seinen letzten Lebensjahren widmete er sich verstärkt der Ausbildung von Katecheten und Laien. CD H L S F e i n h a l s , Friedrich (Fritz) Joseph, Sänger, * 14. 12. 1869 Köln, t 3 0 . 8 . 1940 München. F., Sohn eines Zigarren- und Tabakgroßhändlers, studierte erst Ingenieurwissenschaften am Polytechnikum Charlottenburg, später Gesang in Mailand bei Alberto Giovannini und in Padua bei Antonio Selva. Nach seinem Debüt 1895 am Stadttheater Essen nahm er 1897 ein Engagement am Stadttheater Mainz an und wurde 1898 Ensemblemitglied der M ü n c h n e r Hofoper, der er bis 1927 angehörte. F. gab Gastspiele in ganz Europa und Nordamerika. 1 9 0 8 / 0 9 gastierte er an der Metropolitan Opera in N e w York. 1917 sang er an der M ü n c h n e r Hofoper in der Uraufführung von Hans —»Pfitzners Palestrina. F., zu dessen Glanzrollen Baritonpartien in Opern —» Wagners, Verdis und —» Mozarts zählten, wirkte nach 1927 als Gesangspädagoge in München. cd MGG F e i n i n g e r , Laurentius (Karl Johann), auch Laurence, Lorenzo F., Musikwissenschaftler, * 5 . 4 . 1909 Berlin, t 7 . 1 . 1 9 7 6 C a m p o di Trens (Vipiteno). Nach erstem Musikunterricht bei Hans Brönner und Willi —>Apel in Weimar und kurzem musikwissenschaftlichen Studium in Berlin studierte F. seit 1932 bei Heinrich - » Besseler an der Univ. Heidelberg, w o er 1935 mit der Arbeit Die Frühgeschichte des Kanons bis Josquin des Prez promoviert wurde. 1937 ging er nach Italien, Schloß 1 9 4 5 / 4 6 seine theologischen Studien ab und empfing 1947 die Priesterweihe. 1946-49 war er Mitarbeiter der Biblioteca Apostolica Vaticana und des Pontificio Instituto di Musica Sacra

Feist in R o m . 1949 ging er nach Trient, w o er 1958 den Knabenund Männerchor „Coro di Concilio" gründete. Die von F. zusammen mit Carlo Respighi 1947 in R o m gegründete Societas Sanctae Caeciliae (seit 1958 in Trient) widmete sich vor allem der Erhaltung und Veröffentlichung alter Kirchenmusik. tXJ M G O

Feininger,

Lyonel (Charles Adrian), Maler, Graphiker, * 1 7 . 7 . 1 8 7 1 N e w York, t 13. 1. 1956 N e w York. Seit 1880 bei seinem Vater als Violinist ausgebildet, studierte F. 1887-93 in Hamburg, Berlin, Lüttich und Paris Malerei. Anschließend war er als Karikaturist und Illustrator in Berlin für den „Ulk" und die „Fliegenden Blätter" tätig. 1906 zog F. nach Paris, arbeitete f ü r „Le T é m o i n " und die „Chicago Sunday Tribune" und wandte sich schließlich ganz der Malerei zu. Die Bilder seiner frühen kubistischen Periode zeigen groteske Figuren in einem klaren architektonischen Bildaufbau. Sie wurden zuerst in Herwarth - » Waldens Galerie in Berlin gezeigt, wo 1917 auch die erste Einzelaustellung mit Werken F.s stattfand. Seit 1908 lebte F. mit kurzen Unterbrechungen wieder in Berlin und engagierte sich dort 1919 als Mitglied der „Novembergruppe" und des „Arbeitsrats für Kunst". 1918-20 entstanden fast alle seiner Holzschnitte. 1919 wurde er Lehrer am Bauhaus in Weimar, seit 1926 in Dessau; bereits 1921 hatte er auch seine kompositorische Tätigkeit (12 Fugen) wieder a u f g e n o m m e n . Seine Sommerferien verbrachte F. seit 1924 in Deep (Pommern); im selben Jahr gründete er mit Wassily —> Kandinsky, Paul —> Klee und Alexej von —>Jawlensky die Ausstellungsgemeinschaft „Die Blaue Vier". 1929-31 stellte die Stadt H a l l e / S a a l e F. ein Atelier zur Verfügung, das er jährlich für mehrere M o nate nutzte. Sein Schaffen löste sich zunehmend aus der Formstrenge und gewann an Transparenz, Leichtigkeit und Musikalität. Seine Bilder wurden auf internationalen Ausstellungen in den USA, Norwegen und Italien gezeigt, die Nationalgalerie in Berlin widmete ihm 1931 die erste „Retrospektive". Nach der M a c h t ü b e r n a h m e durch die Nationalsozialisten und der Schließung des Bauhauses arbeitete F. zurückgezogen in Berlin und Deep. 1936 nahm er eine Einladung in die U S A an, kehrte aber im folgenden Jahr nach Deutschland zurück, u m nach der Entfernung seiner Werke aus den deutschen Museen und ihrer Vorführung in der Ausstellung „Entartete Kunst" (u.a. Scheunenstraße, 1914; Marienkirche mit dem Pfeil, Halle, 1930) 1937 endgültig in die U S A zu emigrieren. Hier schuf F. ein reifes Alterswerk, dessen Bilder sich durch bis zur Andeutung zurückgenommene Linien, Formen, Farben und Gestalten auszeichnen. m AKL

Feinler,

Gottfried, evang. Theologe, Lyriker, * 5. 12.1650 Gleina bei Naumburg, t 5 . 6 . 1721 W i e h e / U n s t r u t . Der Sohn des luth. Pastors und Erbauungsschriftstellers Johann F. entdeckte früh seine Neigung zur Dichtkunst. Seit 1669 studierte er in Leipzig, von 1672 an in Jena Theologie, wurde 1676 Diakon in Wiehe sowie Pastor in Garnbach und wirkte dort bis zu seinem Tod. Seine erste Veröffentlichung Poetisches Lust-Gärtgin (1677) ist eine S a m m l u n g von Gedichten barocker Autoren. F. behandelte meist allgemeine religiöse Themen, u. a. in Wohlgeplagter und unverzagter Tobias (1702) und Poetische Betrachtung der IV. letzten Dinge (1692). Er forderte, wie die Mitglieder der Fruchtbringenden Gesellschaft, die Ubersetzung literarischer Werke in die Muttersprache. CD Killy

Feise,

(Heinrich Conrad) Theodor, Unternehmer, * 19.2. 1871 Hannover, t 1 0 . 4 . 1 9 4 6 Sehnde bei Hannover. Nach einer kaufmännischen Lehre in einer Lederwarenfabrik arbeitete F., Sohn eines Seifenhändlers, als Angestellter in verschiedenen Bergwerksunternehmen, zuletzt als Proku-

rist, und wurde 1908 Direktor der Kaliwerke Friedrichshall A G . 1921 übernahm er die Generaldirektion des Unternehmens, das er mit der Rhenania-Kunheim Verein Chemischer Fabriken A G zur Kali-Chemie A G fusionierte, deren Generaldirektor er von 1928 an war. Durch die Angliederung weiterer Betriebe der anorganisch-chemischen Großindustrie enstand aus der Kali-Chemie AG unter seiner Leitung ein international konkurrenzfähiger Großkonzern. Als Wehrwirtschaftsführer engagierte sich F. f ü r die Interessen des nationalsozialistischen Regimes; 1945 legte er seine Amter nieder. n a NDB

Feisenberger,

Albert (Salomon), Jurist, * 1 1 . 5 . 1 8 7 3 F r a n k f u r t / M a i n , t 2 0 . 7 . 1935. Der Sohn eines jüdischen G r o ß k a u f m a n n s studierte Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft in Genf, München, Straßburg und Marburg. 1894 trat er in den hessischen Justizdienst ein, wechselte 1903 zur Staatsanwaltschaft in Bochum, hielt sich später in Magdeburg auf und wurde 1914 Oberlandesgerichtsrat in Celle, 1921 Reichsanwalt in Leipzig, wo er bereits während des Ersten Weltkriegs als Hilfsarbeiter tätig gewesen war. Als Ehrenvorsitzender des Deutschen Kinderschutzverbandes widmete er den juristischen Aspekten der Jugendfürsorge zahlreiche Arbeiten, wie etwa Über die Zukunft der Jugendfürsoge (1919). F. veröffentlichte u . a . Handkommentare zur Strafprozeßordnung (1926) und war Herausgeber der „Höchstrichterlichen Rechtsprechung auf dem Gebiete des Strafrechts" und der „Juristischen Rundschau". CD Reichshandbuch

Feist,

Franz, Chemiker, * 2 4 . 6 . 1864 F r a n k f u r t / M a i n , t 3 1 . 1 0 . 1 9 4 1 Bonn. Das Studium der C h e m i e in Berlin und Straßburg schloß F. 1886 mit der Promotion ab ( U e b e r Lactonsüuren aus Valeraldehyd und Brenzweinsäure). Nach d e m Militärdienst assistierte er 1887-89 in Londoner Laboratorien, besuchte seit 1889 das Eidgenössische Polytechnikum in ZUrich und habilitierte sich dort 1890 mit der Arbeit Über Deydracetsäure. 1894-98 lehrte F. als Privatdozent an der Univ. Zürich, 1896-1900 an der kantonalen Tierarzneischule. 1901 wechselte er als Titularprofessor an die Univ. Kiel, erhielt 1902 einen Lehrauftrag für chemische Technologie und wurde 1913 Abteilungsvorstand sowie a. o . P r o f . , 1921 o . P r o f e s s o r . Über sein Spezialgebiet, die organische Chemie, veröffentlichte F. zahlreiche Abhandlungen in Fachzeitschriften. Er war seit 1906 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte, der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft und des Vereins Deutscher Chemiker. F e i s t , Hans, seit 1908 Feist-Wollheim, Pseud. Hans Fredrick, Mediziner, Übersetzer, * 2 0 . 4 . 1887 Berlin, t 3 0 . 9 . 1952 Berlin. F., dessen Vater Besitzer einer Sektkellerei war, studierte Medizin an den Universitäten Berlin, München, Freiburg/ Breisgau und Heidelberg, wurde 1913 zum Dr. med. promoviert (Über aufsteigende sekundäre Degeneration der Hinter- und Seitenstränge im Anschluß an den Fall von Querschnittserkrankung des Cervicalmarks) und war anschließend als Neurologe und Psychiater in Berlin tätig. Daneben übersetzte er englische, französische und italienische Literatur sowie philosophische Arbeiten und schrieb für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften, darunter „Die Premiere", „Europäische R e v u e " und „Die N e u e Rundschau". Seit 1934 in München ansässig, emigrierte F. 1939 in die Schweiz und lebte als Schriftsteller und Übersetzer in Genf und Zürich. Er gab Benedetto Croces Gesammelte philosophische Schriften (7 Bde., 1927-30) sowie Luigi Pirandellos

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Feist Romane. Deutsche Gesamtausgabe (3 Bde., 1928) heraus und veröffentlichte u . a . Sprechen und Sprachpflege (1938). 1945 nach Berlin zurückgekehrt, kam F. in Kontakt mit Thomas —»Mann, dessen Novelle Lotte in Weimar er für die B ü h n e adaptierte (Goethe und Lotte, 1950). CD Lex dt-jüd Autoren F e i s t , (Eduard Richard) Karl, Pharmazeut, * 9 . 5 . 1 8 7 6 N o r d h a u s e n / H a r z , t 2 0 . 2 . 1952 Göttingen. Der Kaufmannssohn und ausgebildete Apotheker studierte seit 1897 in Marburg Pharmazie und Chemie, insbesondere Lebensmittelchemie, wurde 1901 mit der Dissertation Über Condensationsprodukte des u-Picolins mit Aldehyden promoviert, arbeitete als Marineapotheker und kehrte schließlich mit der Habilitation 1907 (Beiträge zur Kenntnis der Alkaloide und Bitterstoffe der Columbowurzel) in Breslau zur universitären Forschung zurück. Seit 1909 in Gießen, wurde er dort 1913 nebenamtlicher a. o.Prof., nahm 1914-18 als Marineapotheker am Ersten Weltkrieg teil und lehrte seit 1919 als o . P r o f . an der Univ. Göttingen. Das von ihm dort gegründete Chemisch-Pharmazeutische Institut leitete er bis zur A u f h e b u n g 1938; 1941 wurde er emeritiert. F. leistete Grundlagenforschung vor allem auf dem Gebiet der Alkaloidchemie und der Arzneimittelsynthese. Er veröffentlichte u . a . Grundbegriffe und wichtigste Reaktionen der Maßanalyse (1911). m NDB F e i s t , (Samuel) Si(e)gmund, Philologe, * 12.6. 1865 Mainz, t 2 3 . 3 . 1 9 4 3 Kopenhagen. Der Sohn eines Weinhändlers studierte Vergleichende Sprachwissenschaft, Germanistik und Neuere Sprachen in Straßburg, wurde 1888 mit der Arbeit Grundriß der gotischen Etymologie promoviert, war 1888-98 Lehrer an der Großherzoglich Hessischen Realschule in B i n g e n / R h e i n , dann an der von ihm 1898 gegründeten Real- und Handelsschule in Mainz und 1906-35 Direktor des Reichenheimschen Waisenhauses der Jüdischen G e m e i n d e Berlin. 1939 emigrierte er nach Dänemark. Als Sprachforscher, Anthropologe und Herausgeber (1906-08) und Mitherausgeber (1908-28) der „Jahresberichte für germanische Philologie" beschäftigte sich F. vor allem mit d e m indogermanischen Sprachraum und der gotischen Sprache. Er veröffentlichte u. a. Die deutsche Sprache. Kurzer Abriß der Geschichte unserer Muttersprache von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart (1906, 2 1933), ein Etymologisches Wörterbuch der gotischen Sprache mit Einschluß des Krim-Gotischen und sonstiger gotischer Sprachreste (1909, '1939, Nachdr. 1961), Indogermanen und Germanen. Ein Beitrag zur europäischen Urgeschichtsforschung (1914, 3 1924) und Stammeskunde der Juden. Die jüdischen Stämme der Erde in alter und neuer Zeit (1925). • • Lex dt-jüd Autoren

F e i s t e l - R o h m e d e r , Bettina (Maria Hannchen), Kunstschriftstellerin, Malerin, * 2 4 . 8 . 1873 Heidenheim (Bayern), f 3 . 2 . 1953 Karlsruhe. Nach einer Ausbildung zur Lehrerin studierte F.-R. u. a. bei L u d w i g —> Dill in Dachau und an der Kunstgewerbeschule Stuttgart u. a. bei Bernhard —»Pankok Malerei und Zeichnen und eröffnete 1903 nach d e m Vorbild der Dachauer Schule eine Mal- und Zeichenschule für j u n g e Frauen in Heidelberg, die sie bis 1908 leitete. Daneben schrieb sie als Kunstberichterstatterin für die „Heidelberger Zeitung" und das „Heidelberger Tagblatt" und studierte bis 1907 Kunstgeschichte u . a . bei Henry —»Thode. F.-R. war 1906 Mitgründerin des Vereins der Heidelberger bildenden Künstler und 1909 der M a n n h e i m e r Werkstätte für Kunst und Handwerk. Aus gesundheitlichen Gründen seit 1909 in der Schweiz ansässig, kehrte F.-R. 1915 nach Deutschland zurück und lebte bis 1933 in Dresden. 1920 war sie Mitgründerin der Deutschen Kunstgesellschaft, die später d e m K a m p f b u n d für deutsche Kultur beitrat, übernahm 1927 die Schriftleitung des Nachrichtendienstes „Deutsche Kunstkorrespondenz" (seit 1932 „Deutscher Kunstbericht") und des Periodikums „Deutsche Bildkunst" (seit 1934 „Das Bild"). Als eine der führenden Kunstpropagandisten des Nationalsozialismus schrieb F.-R., seit 1929 Mitglied der N S D A P , insgesamt 135 Einzelbeiträge für „Das Bild", die sich ohne A u s n a h m e gegen das „Artfremde" und den „Kunstbolschewismus" richteten. Nach dem Zweiten Weltkrieg war sie Vorstandsmitglied der Gemeinschaft Deutscher Künstler. m AKL

Feistmantel,

Franz, Schauspieler, * 2 1 . 8 . 1 7 8 6 Innsbruck, t 2 6 . ( 2 7 . 7 ) 1 0 . 1857 Prag. Der Sohn eines Schauspielers spielte schon als Kind am Theater seiner Heimatstadt, wurde mit dreizehn Jahren Souffleur und trat seit 1802 in kleineren Sing- und Sprechrollen auf. Er gastierte in Villach, Klagenfurt, Brünn, Wien und Olmütz, bis er seit 1817 fest in Prag engagiert war. Großen Erfolg hatte F. vor allem in den zeitgenössischen Possen. Er war Vater von Karl —» F.

Feistmantel,

Karl, Geologe, * 1 4 . 2 . 1 8 1 9 Prag, t 2 9 . 9 . 1885 Smichow bei Prag. Der Sohn des Schauspielers Franz —»F. studierte am Prager Polytechnikum und trat 1838 in den Dienst der Eisenhütte der Fürsten Fürstenberg, für die er bis zu seiner Pensionierung 1868 als Hüttenverwalter u . a . in Pürglitz, Rostok und Bias tätig war. Daneben widmete er sich in zahlreichen Abhandlungen der Mineralogie Böhmens, vor allem den Karbon- und Silur-Ablagerungen Mittelböhmens. F. war korrespondierendes Mitglied der Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaft, der Geologischen Reichsanstalt Wien sowie seit seiner Pensionierung der Kommission für die naturwissenschaftliche Landesdurchforschung B ö h m e n s . Er war der Vater von Ottokar - > F . DP Ö B L

Feistel,

Berthold, Drucker, Verleger, * 1 3 . 5 . 1 8 3 4 Neumarkt (Schlesien), f 2 1 . 2 . 1892 Oderberg (Mark). Der Sohn eines Drechslermeisters durchlief eine Lehre als Schriftsetzer, spielte seit 1862 eine führende Rolle in der Berliner Buchdruckerbewegung und war 1 8 6 6 / 6 7 der erste Vorsitzende des Deutschen Buchdruckerverbandes. Seit 1865 korrespondierte F. mit Karl —> Marx. 1867 f ü r die ersten Wahlen zum Norddeutschen Reichstag in Berlin aufgestellt, legte er im selben Jahr nach internen Auseinandersetzungen alle Amter nieder, machte sich in A n g e r m ü n d e als Buchdrucker selbständig und gab mit der „Uckermärkischen Zeitung" seit 1867 die erste politisch ambitionierte Zeitung in der Uckermark heraus. A u f g r u n d des fehlenden lokalen Rückhalts ging F. 1876 nach Oderberg, w o er die 1874 gegründete „Oderberger Zeitung" weiterführte. QU B B L

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F e i s t m a n t e l , Ottokar, Geologe, Paläontologe, * 2 1 . 1 1 . 1 8 4 8 Althütten (Böhmen), t 1 0 . 2 . 1 8 9 1 Prag. F. studierte in Prag, wurde 1873 zum Dr. med. promoviert und ging noch im selben Jahr als Assistent nach Berlin. 1875 wandte er sich jedoch, den Interessen seines Vaters Karl —> F. folgend, der Geologie zu und arbeitete für die „Geological Survey of India" in Kalkutta, bis er 1883 nach Prag zurückkehrte und dort einen Lehrauftrag für Mineralogie und Geologie an der T H annahm. F. verfaßte Arbeiten zur Geologie und Paläontologie von Indien, Südafrika, Australien und Böhmen, darunter Studien im Gebiet der Kohlengebirge von Böhmen (1874), Die Versteinerungen der böhmischen Ablagerungen mit theilweiser Ergänzung der mangelhaften Formen aus dem Niederschlesischen Becken (1874), Über das Verhältniss gewisser fossilen Floren und Landfaunen unter-

Feiwel einander und zu den gleichzeitigen Meeresfaunen in Indien, Afrika und Australien (1877) und Paläozoische und mesozoische Flora des östlichen Australien (1877-79). e n ÖBL F e i s t m a n t e l , Rudolf Ritter von, österr. Forstwirt, * 2 2 . 7 . 1 8 0 5 Ottakring (heute zu Wien), t 7 . 2 . 1871 Wien. Nach dem Studium an der Univ. Wien und 1825-27 an der Forstakademie Mariabrunn arbeitete F., dessen Vater Franz Advokat war und die Landwirtschaftsgesellschaft in Wien gründete, als Direktionspraktikant beim Niederösterreichischen Waldamt und kam 1829 als Forstübergeher zum Wiener Waldamt, wo er 1834 Forstamtsingenieur wurde. 1838-47 lehrte er an der Berg- und Forstakademie im böhmischen Schemnitz. Seit 1848 organisierte F. als forsttechnischer Referent und Sektionsrat im Ministerium f ü r Landeskultur die Reform des österr. Forstwesens. 1851-69 leitete er als Ministerialrat die österr. Staatsforstverwaltung. F. veröffentlichte u.a. System der Forstwissenschaft (4 Bde., 1835-37), Die Forstwissenschaft nach ihrem ganzen Umfange und mit besonderer Rücksicht auf die österreichischen Staaten (4 Bde., 1835/36), Allgemeine Waldbestandstafeln ( 1854), Die politische Ökonomie mit Rücksicht auf das forstliche Bedürfnis (1856) und Feistmantels allgemeine Waldbestandestafeln (1876). Er initiierte das österr. Forstgesetz von 1852 und war Mitbegründer des österr. Reichsforstvereins. DO N D B

Feit,

Wilhelm (Friedrich August), Chemiker, * 2 4 . 1 . 1 8 6 7 Lippstadt, f 19.6. 1956 Bad Nauheim. F., Sohn eines Stellmachermeisters, studierte 1885-87 Hüttenkunde und Chemie an der T H Charlottenburg und wurde 1888 mit einer Arbeit Über das Thallium promoviert. Seit 1887 arbeitete er als Chemiker für die Kaliwerke Aschersleben in Sachsen-Anhalt. 1894 wurde F. Fabrikdirektor in Langelsheim, später des Kaliwerks Gewerkschaft Hercynia in Vienenburg. 1908 übernahm er als Generaldirektor die Leitung der Vereinigten Chemischen Fabriken in Leopoldshall. F. war als Mitbegründer der Kaliforschungsanstalt, als Aufsichtsrat des Deutschen Kalisyndikats und als Beisitzer der Kaliprüfungsstelle führend a m Aufbau der deutschen Kaliindustrie beteiligt. Neben seinen unternehmerischen und verbandspolitischen Aufgaben widmete er sich der Forschung, vor allem dem Gebiet der Seltenen Erden und deren Atomgewichtsbestimmung. F. veröffentlichte u . a . Ober die Darstellung des Chlorkaliums aus Hartsalz (1909). Seit 1928 als Privatgelehrter in Berlin tätig, kehrte er 1943 an das wissenschaftliche Labor des Kaliwerks nach Aschersleben zurück. CD N D B F e i t e n , Josef, Schriftsteller, Lehrer, * 14.12. 1888 Hetzerath bei Trier, t 11.5. 1957 Trier. Der Lehrerssohn studierte in München, Lyon, Straßburg und Bonn, wo er 1926 promoviert wurde. Nach dem Krieg unterrichtete er als Studienrat in Bernkastel und seit 1922 in Essen. 1943 kehrte er nach Trier zurück und wurde 1945 Oberregierungs- und Schulrat. Sein lyrisches, erzählerisches, dramatisches und publizistisches Werk ist von kath. Christlichkeit und der volkstümlichen Verbundenheit mit der Moselgegend bestimmt (u. a. Die Moselsage. Ein Roman um das Leben und das Volk, 1927; Der Tag unseres Volkstums oder Politik aus dem ganzen Menschen, 1930). CP DLL, 20. Jh.

Feitenhansl,

Karl, Mediziner, * 3 0 . 7 . 1 8 9 1 Roßhaupt, t 15.3.1951 Zbeschau (Bez. Brünn). F. studierte seit 1910 Medizin in Prag, wurde nach dem Kriegsdienst 1919 promoviert und war danach als Sekundararzt in Teplitz-Schönau tätig. Seit 1920 war er Mitglied der Deutschen Nationalsozialistischen Arbeiterpartei, gründete in Rumburg 1931 den Nationalsozialistischen Deutschen

Ärzte-Bund im Sudetenland und war Mitglied der von Konrad —»Henlein gegründeten Sudetendeutschen Heimatfront und ihrer Nachfolgeorganisation, der Sudetendeutschen Partei, für die er als Leiter des Amtes für Volksgesundheit fungierte. Nach dem deutschen Einmarsch in die Tschechoslowakei war F. maßgebend an der Gleichschaltung aller ärztlichen Organisationen beteiligt, wurde im November 1938 Gauärzteführer und Gauamtsleiter des Amtes f ü r Volksgesundheit der N S D A P im Sudetenland und Leiter des Gesundheitswesens beim Reichsstatthalter für den Sudetengau. 1939 trat er der SS bei. Als Gaugesundheitsführer war er seit 1943 zugleich zuständig für das Amt für Rassenpolitik des Gaus Sudetenland innerhalb der N S D A P . Nach 1945 wurde er vom tschechischen Volksgerichtshof zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und verstarb in der Haft. m Lilla, Statisten

Feitknecht,

Walter, schweizer. Chemiker, * 1 4 . 1 2 . 1 8 9 9 Bern, t 3.5. 1975 Bern. F. studierte seit 1918 Chemie in Bern, wurde 1922 mit der Arbeit Ueber das Verhalten von Kalziumoxyd zu Wasser promoviert und arbeitete danach als Assistent am Chemischen Institut der Univ. Bern. 1930 habilitiert, erhielt er 1932 einen Lehrauftrag für analytische Chemie und wurde 1936 a. o . P r o f . für analytische und angewandte physikalische Chemie. Seit 1945 war er o.Prof. und Direktor des Instituts für anorganische, angewandte und physikalische Chemie der Univ. Bern, später deren Rektor. F. gilt als Mitbegründer der schweizer. Festkörperchemie; er erforschte insbesondere die Struktur und Reaktivität von festen Stoffen, vor allem von Hydroxiden, Hydroxidsalzen und feindispersen Stoffen. Er veröffentlichte u. a. Über topochemische Umsetzungen fester Stoffe in Flüssigkeiten (1930), Grundriß der allgemeinen und physikalischen Chemie (1949), Forschung und Lehre in der Chemie (1963) und Löslichkeitskonstanten von Metalloxiden, -hydoxiden und -hydroxidsalzen in wässerigen Lösungen (1963).

Feitier,

Siegmund, österr. Chemiker, * 2 8 . 7 . 1859 Kaplitz (Kaplice, Böhmen), t 1 2 . 4 . 1 9 2 0 Wien. F. studierte seit 1879 in Wien, Tübingen und Heidelberg, wurde 1889 mit der Arbeit Ueber die Molekularvolumina einiger Substitutionsprodukte aromatischer Kohlenwasserstoffe promoviert, ging 1890 als Assistent an die T H Brünn und habilitierte sich dort 1894. 1895-98 unterrichtete er an der dortigen Handelsschule, bevor er einen Ruf als a . o . P r o f . an die Exportakademie des österr. Handelsmuseums, der späteren Hochschule für Welthandel, in Wien annahm; seit 1901 lehrte er dort als o. Prof. der Warenkunde. Er begründete die Warensammlung der Exportakademie. F. veröffentlichte u. a. einen Leichtfaßlichen Leitfaden der technologischen landwirtschaftlichen Gewerbe (Zucker, Bier, Spiritus etc.) (1894), Die Stärke und die Stärke industrie (1912) und Das Zelluloid und seine Ersatzstoffe (1912). c n Ö B L F e i w e l , Berthold, Pseud. Told, Redakteur, Schriftsteller, Politiker, * 11.9. 1875 Pohrlitz (Mähren), t 29. 12.1937 Jerusalem. F., Sohn eines Getreidehändlers, Schloß sich während des Studiums der Rechtswissenschaft und Nationalökonomie (1893-97) der zionistischen Bewegung an, war einer der Gründer der „Jüdischen Volksstimme", nahm 1897 am ersten Zionistischen Weltkongreß in Basel teil und veröffentlichte im selben Jahr die Schrift Modernes Judenthum. Von Theodor —>Herzl 1901 in die Redaktion des zionistischen Zentralorgans „Die Welt" in Wien berufen, gründete er 1902 mit Martin —> Buber und anderen den Jüdischen Verlag in Berlin, den er später mit der „Welt" nach Köln überführte, wo er auch die Zeitschrift „Jung-Israel" herausgab. Seit 1929 Mitglied der zionistischen Exekutive in London, bereitete

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Felber er von 1933 an in Palästina den Aufbau eines israelischen Staates vor. F. war Herausgeber des Jüdischen Almanachs ( 1 9 0 2 / 0 3 ) und der Gedichtsammlung Junge Harfen (1903). DD Lex dt-jiid Autoren F e l b e r , Hans, auch Felwer, Velber, Werkmeister, Stückgießer, * Nördlingen (?), t vor 3 . 6 . 1439 Nördlingen (?). F., Sohn eines Badestubenbesitzers, ist als Steuerzahler in Nördlingen belegt. Beruflich faßbar ist er erstmals in Ulm, wo er 1423 als städtischer Werk- und Büchsenmeister, 1424 als Kanonen- und Büchsengießer und 1436 als Stückgießer arbeitete. M e h r m a l s war er auch in Nürnberg tätig und half u . a . beim Bau von Kriegsgeräten (1425). Während der Hussitenkriege bat Nürnberg 1427, 1428 und 1430 erneut um die Unterstützung F.s, der als Mitglied eines Ulmer Truppenkontingents 1427 an der Belagerung der böhmischen Stadt Mies teilnahm. In Nördlingen wurden ihm und d e m Ulmer „Kirchenmeister" Hans Kun 1 4 2 5 / 2 6 die Bauleitung des Kürschnerhauses übertragen, das zu den ältesten Messeund Kaufhäusern Deutschlands zählte. 1427 entwarfen sie die St. Georgskirche, F. übernahm die Bauleitung (vermutlich bis 1439); in seiner Abwesenheit wurde er seit 1429 von Conrad —> Heinzelmann vertreten. Von Kaiser —> Sigismund wurde F. 1429 als Büchsenmeister und Kriegstechniker nach Preßburg berufen. 1433 errichtete er in Augsburg einen Wasserturm und eine neue Wasserleitung; 1 4 3 3 / 3 4 stand er in Diensten des Grafen Johann von Öttingen. • • AKL F e l b e r , Peter Jakob, schweizer. Redakteur, Mediziner, * 2 3 . 2 . 1805 Solothurn, f 20. 12. 1872 Zürich. Der Sohn eines Schneiders war während seiner Gymnasialzeit Mitbegründer der Sektion Solothurn des freidenkerischen Zofingervereins. Nach dem Studium der Medizin in Göttingen, Dresden und Würzburg arbeitete er 1827-32 als Feldchirurg im Dienst Neapels, unternahm eine Studienreise nach Algerien und ließ sich dann als Arzt in Schönenwerd nieder. Er schrieb Beiträge für —»Cottas „Morgenblatt", später für die „Schweizerblätter" und das „Solothurner Blatt". 1833 ging F. nach Solothurn und übernahm 1835 die Leitung des „Solothurner Blatts", das er überregional als liberales Organ etablieren konnte. Seit 1837 war er Solothurner Großrat, 1841-48 Regierungsrat für Erziehung und Sanitätswesen. 1839-43 und 1845-47 gab er den „DisteliKalender" heraus. 1849 wechselte F. als Chefredakteur der „Neuen Zürcher Zeitung" nach Zürich; nach deren U m wandlung in eine Aktiengesellschaft wurde F. durch Eugen - » Escher abgelöst. CD H L S F e l b i g e r , Johann Ignaz von, Augustiner-Chorherr, Pädagoge, * 6. 1. 1724 Glogau (Schlesien), t 17.5. 1788 Preßburg. Der Sohn eines kaiserlichen Postmeisters Schloß das Studium der Theologie 1744 in Breslau ab, unterrichtete zwei Jahre als Hauslehrer und trat dann in das AugustinerChorherrenstift Sagan ein, dessen Erzpriester und Abt er seit 1758 war. Nach 1760 widmete er sich der R e f o r m des kath. Schulwesens. Nach d e m Vorbild des evangelischpietistischen Schulsystems Julius —> Heckers führte F. 1765 ein von —> Friedrich d e m Großen gebilligtes Generallandschulregiment für die römisch-katholischen Schulen des Herzogtums Schlesien und der Grafschaft Glatz ein. Durch einheitliche Lehrpläne, Lehrsysteme und die Lehrerausbildung am neuerrichteten Lehrerseminar Breslau wurde gleichzeitig die Eingliederung jener Landesteile in den preuß. Staat gefördert. 1773 wurde F. von -> Maria Theresia nach Wien berufen, um das österr. Schulwesen zu reformieren, und führte im folgenden Jahr die allgemeine Schulpflicht ein (Allgemeiner Schulplan für die deutschen Schulen in den k. u. k. Erblanden, 1774; Methodenbuch [...], 1774; Die wahre Sagansche Lehrart [...], 1774). 1776 trat er als Abt zurück

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und wurde österr. Untertan. Seit 1777 richtete er die Normalschule in St. A n n a bei Wien als Musterschule ein, wurde 1778 Generaldirektor des Schulwesens in den k. k. Staaten und widmete sich nach 1782 von Preßburg aus d e m ungarischen Schulwesen. F. gilt als Bahnbrecher aufklärerischer Volkserziehungsbestrebungen im 18. Jahrhundert. Neben pädagogischen behandelte er in seinen Arbeiten naturwissenschaftliche, insbesondere meteorologische Themen und veröffentlichte u. a. Versuch, die Höhe des Riesengebirges zu bestimmen (1769), Von Erkenntniß und Anwendung der verschiedenen Erdarten zur Verbesserung des Ackerbaues (1770), Die Kunst Thürme oder andere Gebäude vor den schädlichen Wirkungen des Blitzes durch Ableitungen zu bewahren, Anleitung Schulgebäude auf dem Lande wohl abzutheilen, wohlfeil, dauerhaft und feuersicher aufzuführen ( 1783) und Wie weit gewähren wohl Cewitterableiter Sicherheit für umstehende Gebäude? (1786). Cd N D B F e l b i n g e r , Franz Ritter von, österr. Industrieller, Maler, * 8 . 7 . 1844 Hainburg (Niederösterreich), t 15.7. 1906 Trebitsch (Mähren). F. studierte Maschinenbau am Polytechnikum in Wien, hielt sich längere Zeit in den U S A auf und kehrte 1872 nach Europa zurück. 1873 konstruierte er die Drahtseilbahn auf d e m Leopoldsberg, 1 8 7 4 / 7 5 die Rohrpost in Wien sowie ähnliche Anlagen in München und Hamburg. 1875 entwarf er den Plan für eine pneumatische Leichenbeförderung zum Wiener Zentralfriedhof. Später wandte sich F. der Malerei zu und studierte in München und Brünn. Er schuf vorwiegend Historiengemälde, Porträts und und naturalistische Alltagsszenen (Krautmarkt in Brünn, 1897), die sich der Pleinairmalerei näherten. t u AKL F e l c h n e r , Kuno, Schriftsteller, * 29. 12.1902 Szameitkehmen (Kr. Tilsit), f 5. 1.1984 Berlin. Der Sohn eines Försters studierte zunächst in Königsberg Rechtswissenschaft und Theologie, seit 1925 in Berlin Germanistik und begann während der Arbeit an seiner Dissertation über Hermann —»Sudermann eine schriftstellerische Tätigkeit. 1934 mit dem R o m a n Der Hof in Masuren (Neuaufl. 1976) bekannt geworden, lebte er als freier Schriftsteller, Lektor und Referent f ü r Deutsches Schrifttum im Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda in Berlin, w o er nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und der Entlassung aus sowjetischer Gefangenschaft eine Buchhandlung und Leihbücherei gründete. F. veröffentlichte Lyrik (u.a. Der Begleiter, 1944) und Erzählungen. CD Altpreuß Biogr, Bd 4 F e l d , Friedrich, eigentl. F. Rosenfeld, Schriftsteller, * 5. 12.1902 Wien, t 27. 12. 1987 Bexhill (Großbritannien). F. studierte seit 1921 englische und deutsche Literatur sowie Kunstgeschichte an der Univ. Wien und arbeitete seit 1923 als Theater-, Konzert- und Filmkritiker bei der Wiener „Arbeiter-Zeitung", aber auch f ü r die Zeitungen, „Der Sozialdemokrat" und „Der K a m p f ; daneben übersetzte er aus d e m Tschechischen und verfaßte politische Sprechchöre {Kerker, 1925; Die Stunde der Verbrüderung, 1928). 1930 erschien sein R o m a n Die goldene Galeere. Ein Roman aus der Filmindustrie, der in mehrere Sprachen übersetzt wurde. 1934 als Nachfolger David Josef —> Bachs Leiter des Feuilletons der „Arbeiter-Zeitung", emigrierte er im selben Jahr nach Prag, arbeitete dort u . a . als Dramaturg für die amerikanische Filmfirma Paramount und als Kinderbuchautor und floh 1939 weiter nach London. 1940 kurzzeitig auf der Isle of Man interniert, war F. zunächst in einer Metallfabrik, später beim Abhördienst der B B C tätig. 1946-62 arbeitete er als Ubersetzer für die Presseagentur Reuters, daneben bis 1956 als Theaterkritiker für die „Arbeiter-Zeitung". Seit

Felder 1962 lebte er als freier Schriftsteller in Sussex. F. verfaßte Romane, Theaterstücke, Hörspiele sowie Kinder- und Jugendbücher, darunter Ein Land, so klein wie ein Beistrich (1952) und Der ungeduldige Ibrahim (1962). CD Lex österr Exillit Feld, Leo, eigentl. Hirschfeld, Schriftsteller, * 14.2. 1869 Augsburg, t 4.9. 1924 Florenz. F. wuchs in Wien auf, wo er studierte und 1892 zum Dr. phil. promoviert wurde. Schon während der Studienzeit schrieb er Feuilletons für Wiener Zeitschriften und wurde u. a. von Hermann —>Bahr, Richard —>Beer-Hofmann und Arthur —> Schnitzler gefördert. Für seine erste dramatische Arbeit erhielt er den Bauernfeld-Preis. Nach einem Aufenthalt in Berlin, wo er mit Ernst von —»Wolzogen das „Überbrettl" gründete, lebte F. als Dramaturg und Regisseur in Braunschweig. Neben der Herausgabe der gesammelten Reden und Aufsätze von Eugen —» Fuchs und der Biographie Charlotte Wolter. Ein Erinnerungsbuch (1897) schrieb F. zahlreiche Schauspiele und Komödien, darunter Fräulein Lehrerin (1905), Der große Name (1909) und das an vielen Bühnen aufgeführte Zeitbild Freier Dienst (1916) gemeinsam mit seinem Bruder Viktor —>Léon. Er war mit Olga - » Wohlbrück verheiratet. m DLL, 20. Jh. Feld, Walther, Chemiker, Industrieller, * 4.11.1862 Neuwied/Rhein, t 15.3. 1914 Linz/Rhein. F., Sohn eines Arztes, studierte in Augsburg, Leipzig, München und Berlin Chemie. 1890 gründete er in Hönningen eine chemische Fabrik zur Erzeugung von Bariumkarbonat auf der Grundlage der heimischen Rohstoffe Kohlensäure und Schwerspat. 1896 legte F. die Leitung seiner Fabrik nieder, um sich insbesondere dem Problem der Reinigung von Gasen zu widmen. Er konstruierte Apparate, mit denen die Aufarbeitung von Kohlengasen in einem organischen Prozeß gelang, so daß an dessen Ende nicht nur das gereinigte Produkt, sondern auch Nebenprodukte wie das Düngemittel Ammonsulfat standen. Kurz vor Inbetriebnahme der ersten großen Anlage zur Aufbereitung von Teerbestandteilen aus Kohlengasen starb F. Cd Rhein-Westf Wirt, Bd 1 F e l d b a u e r , Max, eigentl. Maximilian F., Maler, * 14.2. 1869 Neumarkt (Oberpfalz), t 20. 11. 1948 Münchshofen. F. studierte in München an der Kunstgewerbeschule und an der Kunstakademie. Er war eines der führenden Mitglieder der Münchner Künstlervereinigung „Scholle" und arbeitete 1896-1915 als Illustrator der Zeitschrift ,Jugend". Seit 1901 Lehrer bei der Künstlerinnen-Vereinigung München, betrieb er seit 1911 eine private Malschule in Dachau und begründete mit Albert Weißengerber die Neue Sezession München. Seit 1916 war er Lehrer an der Kunstgewerbeschule, seit 1918 Prof. an der Kunstakademie in Dresden, wo er 1927 zum Rektor, 1928 zum Präses bestimmt wurde. Als Porträt- und Genremaler, Lithograph und Plakatkünstler entnahm er seine Motive vor allem dem bayerischen Volksund Soldatenleben. Populär waren besonders seine Pferdeporträts und derben weiblichen Akte. Nach 1933 erhielt F. teilweise Ausstellungsverbot. DD AKL Feldegg, Ferdinand Ritter von, eigentl. Ferdinand Fellner Ritter von Feldegg, Architekt, Schriftsteller, * 10.3. 1855 Piacenza (Italien), t 8. 12. 1936 Wien. Der Sohn eines k . u . k . Feldmarschalleutnants studierte 1873-79 an der TH Prag und 1880-83 an der Akademie der Künste in Wien u. a. als Schüler von Theophil —> Hansen Architektur und hörte daneben Philosophie. Er assistierte Hansen beim Bau des Reichsratsgebäudes und lehrte 1884-1925 (seit 1895 als Prof.) Baukunde in Wien. F. baute den Jägerhof in Wien sowie die Grabkapelle Schmeykal in Leipa (Böhmen) und schuf zahlreiche kunstgewerbliche Entwürfe.

1895-1908 redigierte er die Zeitschrift „Architekt" und war seit 1910 Chefredakteur der „Wiener Bauindustrie-Zeitung". Seit 1880 veröffentlichte er philosophische und ästhetische Schriften über Kosmologie, Welt- und Naturordnung sowie Beiträge zur Philosophie des Gefühls [...] (1900). Nach der Jahrhundertwende schrieb er Stücke, Satiren und Novellen, darunter das Drama Der neue Faust (1903) und Sperma. Eine okkult-erotische Novelle (1915). Bekannt wurde seine Monographie über Friedrich Ohmann's Entwürfe und ausgeführte Bauten (1906). CD AKL F e l d e n , Emil (Jakob), evang. Theologe, * 7.5. 1874 Montigny bei Metz, f 4. 12.1959 Bremen. F., Sohn eines Küfers und Gendarmen, studierte 1893-97 in Straßburg Theologie, Philosophie und Nationalökonomie. Seit 1900 betreute er die elsässische Pfarrgemeinde Dehlingen. 1904 übernahm er die Schriftleitung des „Elsässer Tageblatts" in Colmar und ging 1907 nach kurzzeitigem Predigeramt in Mainz als Pfarrer an St. Martini nach Bremen. Er gehörte für die SPD 1921/22 der Bremer Bürgerschaft und 1923/24 dem Reichstag an. 1933 mußte F. sein Pfarramt aufgeben, hielt sich in der Folgezeit auf der ständigen Flucht vor der Gestapo im Elsaß und in Lothringen auf und kehrte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nach Bremen zurück. Als Theologe ein Vetreter des „Bremer Radikalismus" (Kirchlicher Liberalismus und Radikalismus, 1907), trat F. auch als Schriftsteller hervor und veröffentlichte u. a. Novellen und Romane, Jugendliteratur, Biographien, Volksstücke, darunter Alles oder Nichts! Kanzelreden über H. Ibsens Schauspiele (1911) und Menschen von Morgen. Ein Roman aus zukünftigen Tagen (1918). F. war seit der Studienzeit mit Albert —» Schweitzer befreundet. m Brem Bio 2 F e l d e r , Cajetan Frh. von, österr. Politiker, Entomologe, * 19.9. 1814 Wien, t 30. 11. 1894 Weidling (Niederösterreich). F., Sohn eines Protokollisten der niederösterreichischen Landrechte, studierte 1834-38 in Wien Rechtswissenschaften; 1841 promoviert, assistierte er seit 1843 an der Diplomatenschule Theresianum und wurde 1845 als Gerichtsdolmetscher vereidigt. 1848 Hof- und Gerichtsadvokat, war er 1848-50 Mitglied des Wiener Gemeinderats; 1861 wurde er für die liberale „Mittelpartei" wiedergewählt und übernahm das Amt des Vizebürgermeisters und 1868 das des Bürgermeisters von Wien (Aus den Memoiren eines Wiener Bürgermeisters, 1925). F., der seit 1861 dem Niederösterreichischen Landtag angehörte, war 1880-84 Landmarschall für Niederösterreich. Er reorganisierte Verwaltung und Finanzwesen, modernisierte die Wasserwirtschaft der Stadt und erreichte repräsentative Baumaßnahmen. Wissenschaftliches Ansehen erwarb sich F. als Entomologe und Besitzer einer bedeutenden Schmetterlings- und Käfersammlung. Seit 1860 war F., der als Ehrenmitglied in verschiedene entomologische Gesellschaften aufgenommen wurde, Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Ein neues Lepidopteron aus der Familie der Nymphaliden und seine Stellung im natürlichen Systeme, begründet aus der Synopse der übrigen Gattungen (1861) und Lepidoptera (1864). m NDB F e l d e r , Franz Karl, kath. Theologe, * 6. 10.1766 Meersburg/Bodensee, f 1.6.1818 Waltershofen. Nach dem Studium der Theologie in Dillingen empfing F. 1789 die Priesterweihe. 1790 wurde er Kooperator in Meersburg, 1791 Repetent am Priesterseminar und übernahm 1794 die Pfarrei Waltershofen, die er, unterbrochen von einer einjährigen Tätigkeit als bischöflicher Kommissar in Meersburg, bis zu seinem Tod betreute. F. redigierte drei pastoraltheologische Zeitschriften, darunter die von ihm

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Felder gegründete „Literaturzeitung für katholische Religionslehrer", und gab den ersten Band des Gelehrten-Lexikons der katholischen Geistlichkeit Deutschlands und der Schweiz (1817) heraus. c a LThK F e l d e r , Franz Michael, österr. Schriftsteller, * 1 3 . 5 . 1 8 3 9 Schoppernau (Vorarlberg), t 2 6 . 4 . 1 8 6 9 Schoppernau. Als freisinniger Kleinbauer eignete sich F., Sohn eines Bauern, autodidaktisch eine gründliche Bildung an. Im Alter von 24 Jahren debütierte er mit der durch Berthold —» Auerbachs Dorfgeschichten angeregten Erzählung Niintmamiillers und das Schwarzokaspale ( 1 8 6 3 , 4 1 9 5 2 ) . Mit sozialpolitischem R e f o r m e i f e r gründete er Wirtschaftsvereine, 1866 die regional erfolgreiche radikaldemokratische Voralbergische Partei der Gleichberechtigung, die bis 1868 bestand, und engagierte sich in der Lokalpolitik seiner Heimat. Seine bildungs- und sozialpolitischen Bestrebungen verarbeitete er in seinem gesellschaftskritischen Hauptwerk Gespräche des Lehrers Magerhuber (1866). F. war auch Mitarbeiter des Grimmschen Wörterbuchs. Seine Autobiographie Aus meinem Leben erschien postum 1904 (Neuausg. 1985). m

Killy

F e l d e r , Hans d. Ä., auch Fälder, Velder, Baumeister, Steinmetz, * O e n i n g e n bei Nördlingen, t um 1504(7). F. stammte aus d e m Nördlinger Ries, arbeitete 1466-72 als Werkmeister in Luzern, wo er 1469 den T u r m der Peterskapelle renovierte, und hatte 1473 Anteil am Bau der Kirche von St. Wolfgang bei C h a m . Etwa um diese Zeit war er vermutlich auch in Zürich tätig, da ihm dort 1475 das Bürgerrecht unentgeltlich verliehen wurde. Neben anderen Sakralbauten errichtete er 1479-87 die Zürcher Wasserkirche und 1478-94 die Kirche St. Oswald in Zug. Die letzte urkundliche Erwähnung F.s datiert aus dem Jahr 1489, als er von der Z u n f t der Zimmerleute in den Hörnernen Rat der Stadt gewählt und wenig später seiner Stelle als Werkmeister entsetzt wurde. F., der als einer der bedeutendsten spätgotischen Baumeister der Schweiz gilt, war der Vater von Hans —»F. d . J . m A KL F e l d e r , Hans d. J„ auch Fälder, Valider, Vellder, Valider, Architekt, Steinmetz, * vor 1497, I nach 1521. Der Sohn Hans —»F.s d . Ä . ist seit 1497 in Zürich nachweisbar, wo er 1505 als ,.Zwölfer zur Zimmerleuten" in den Zürcher Regimentsbüchern geführt wird. 1506 in Freiburg (Schweiz) zum Stadtwerksmeister ernannt, arbeitete er in den folgenden Jahren auch in der U m g e b u n g Freiburgs. 1519 verlieh ihm die Stadt das Bürgerrecht. Mit d e m Jahr 1521 und seinem Rücktritt als Werkmeister enden die Aufzeichnungen über ihn. 1506 leitete F. den Neubau des Rathauses und schuf 1513-16 die Kanzel der Stiftskirche St. Nicolas, f ü r die er 1519 den Neubau des Chores projektierte. Die solide Statik seiner spätgotischen Bauten verweist auf F.s großes architektonisches Können. DD N D B F e l d e r , Hilarin, Kapuziner, Theologe, * 2 0 . 7 . 1 8 6 7 Flühli (Kt. Luzern), t 27. 11.1951 Freiburg (Schweiz). F. trat 1886 in den Kapuzinerorden ein, studierte Theologie in Freiburg (Schweiz) und lehrte dort später als Prof. der Theologie. Daneben führte er Visitationen von Klöstern, Seminarien und Ritterorden durch. Als Apologet, Dogmatiker und Kirchenhistoriker schuf F. ein umfangreiches Werk. Die Geschichte der wissenschaftlichen Studien im Franziskanerorden bis um die Mitte des ¡3. Jahrhunderts (1904) und Die Ideale des heiligen Franziskus von Assisi (1923) wurden in mehrere Sprachen übersetzt. DP LThK F e l d e r , Josef, Journalist, Politiker, * 2 4 . 8 . 1 9 0 0 A u g s burg, t 28. 10.2000 München. F., Sohn einer Damenschneiderin und eines Kaufmanns, wurde 1913-17 im Verlag des „Mindelheimer Anzeigen-

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blatts" zum Buchdrucker und Setzer ausgebildet. 1917 trat er d e m Verband der deutschen Buchdrucker bei, war 1918 beim „Badener Tagblatt" in Baden-Baden, danach beim Kunstund Buchverlag Kastner & Callwey in M ü n c h e n tätig und arbeitete seit 1919 bei den „Mindelheimer Neuesten Nachrichten". 1921-24 war F., der 1919 in Mindelheim eine Ortsgruppe der U S P D gegründet hatte und nach deren Eingliederung in die Kommunistische Internationale 1920 zu den Mehrheitssozialisten gewechselt war, Buchhalter im Textilgeschäft seines Vaters und Korrespondent der sozialdemokratischen „Schwäbischen Volkszeitung". 1924 ging er nach Augsburg und trat in die Redaktion der „Schwäbischen Volkszeitung" ein; im selben Jahr wurde er Mitglied des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold. 1929 in den Stadtrat von Augsburg gewählt, wurde er 1933 Vorsitzender der S P D Augsburg. Seit 1932 gehörte F. f ü r die S P D dem Deutschen Reichstag an, in d e m er sich u. a. mit dem befreundeten Kurt —»Schumacher für ein entschiedeneres Vorgehen gegen die Nationalsozialisten einsetzte und gegen das Ermächtigungsgesetz stimmte. 1933 emigrierte er nach Österreich, 1934 nach Prag und kehrte im selben Jahr nach Deutschland zurück. Im N o v e m b e r verhaftet und bis Januar 1936 im Konzentrationslager Dachau interniert, wurde er auf Betreiben Willy —»Bogners entlassen und arbeitete als Buchhalter bis zum E n d e des Zweiten Weltkrieges in dessen Textil- und Sportartikelfirma, deren Treuhänder er 1 9 4 5 / 4 6 war. 1946 wurde F. Lizenzträger des „Südost-Kurier" in Bad Reichenhall und war bis 1954 Herausgeber, 1955-57 Chefredakteur des „Vorwärts". 1960-68 war F. Mitglied des Bezirksvorstandes Franken und des Landesausschusses der S P D Bayern, seit 1985 Ehrenvorsitzender der S P D in Bayern. 1957-69 gehörte er dem Deutschen Bundestag an. F. veröffentlichte u. a. Warum ich Nein sagte. Erinnerungen an ein langes Leben für die Politik (2000). t u MdB F e l d e r , Katharina (Maria), Bildhauerin, * 1 5 . 1 . 1 8 1 6 Ellenbogen bei Bezau (Vorarlberg), t 13.2. 1848 Berlin. F., die sich schon während der Schulzeit autodidaktisch als Bildschnitzerin übte, wurde von der Hofmalerin Maria —»Ellenrieder entdeckt und u . a . von Josef —>Schlotthauer gefördert. Seit 1839 studierte sie an der M ü n c h n e r Kunstakademie bei Peter —»Cornelius, arbeitete im Atelier von L u d w i g von - » Schwanthaler und schuf mehrere Plastiken für das Konstanzer Münster (Sandsteingruppe Glaube, Liebe, Hoffnung) und die Kirche in Rorschach. Später ging sie nach Berlin und war dort mit Karl Friedrich —> Schinkel und Christian Daniel —»Rauch befreundet. In ihrem Berliner Atelier entstanden religiöse Plastiken wie etwa eine Reiterstatue des hl. Georg und eine kniende Maria vor d e m Christuskind. m A KL

Felderer,

Anton, Ordensname Hieronymus, Benediktiner, Lehrer, * 13.4. 1840 St. M a r t i n / G s i e s (Pustertal), t 20.1.1917 Samen. F. trat 1861 in den Benediktinerorden ein und wurde 1864 zum Priester geweiht. Er unterrichtete an der Philosophischen Hausschule in Gries Mathematik, seit 1868 am humanistischen G y m n a s i u m und Lyzeum in S a m e n Mathematik und Physik. Dort übernahm er auch das A m t des Verwalters der meteorologischen Station. F. veröffentlichte Die Elektrizität in der Atmosphäre ( 1888) sowie ein Lehrbuch der Arithmetik für Mittelschulen, das bis in die fünfziger Jahre des 20. Jh. zahlreiche Auflagen erlebte. CD Ö B L

Felderhoff,

Reinhold (Carl Thusmann), auch Feibert Confeld von F., Bildhauer, * 25. 1. 1865 Elbing (Westpreußen), t 18. 12.1919 Berlin. F. studierte 1881-85 an der Berliner Kunstakademie, war 1885 Meisterschüler bei Reinhold —»Begas, ging im selben Jahr als Stipendiat für ein Jahr nach R o m und lebte danach

Feldmann in Berlin, wo er seit 1913 Mitglied der A k a d e m i e der Künste war. Von 1884 an wurden seine Plastiken regelmäßig ausgestellt. F., seit 1917 Prof., schuf neben Porträtbüsten Statuen wie die von Wilhelm Conrad —» Röntgen an der Potsdamer Brücke in Berlin und Brunnen (Stettin, Posen). Zu seinen Hauptwerken zählen die neubarocke Statue Eitelkeit (1895) im Reichstagsgebäude, die Figur Apostel Markus an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und die Bronzeplastik Diana {1910). m AKL F e l d e s , Roderich, Schriftsteller, * 2 1 . 1 2 . 1946 Offdilln (Hessen), t 1 2 . 5 . 1 9 9 6 Eiershausen bei Wetzlar. Der Förstersohn studierte 1968-73 in Gießen und F r a n k f u r t / Main Germanistik, Philosophie und Volkskunde und wurde 1974 promoviert. F. veröffentlichte Gedichte (haubergsnelken, 1967), Erzählungen (Die Reise an den Rand des Willens, 1979; Isolierglas. Erzählungen vom Wohnen und Leben, 1985), Essays und Hörspiele, wurde aber vor allem durch anti-idyllische R o m a n e ( u . a . Lilar, 1980; Das Verschwinden der Harmonie, 1981) bekannt, in denen er in traditionellrealistischer Erzählweise die Auflösung ländlicher und regionaler Strukturen schildert. OD K L G F e l d h a u s , Franz Maria, Pseud. Franz Marius, Historiker, * 2 6 . 4 . 1 8 7 4 N e u ß / R h e i n , f 2 2 . 5 . 1 9 5 7 Wilhelmshaven. Nach dem Studium an den Technischen Hochschulen Zürich und Darmstadt ging F., Sohn eines Apothekers, als Elektroingenieur in die Industrie und wandte sich seit 1899, unterstützt von Max von —> Eyth, autodidaktischen Studien zur Geschichte der Technik zu. Seit 1900 freier Schriftsteller, gründete er bei Berlin das Privatinstitut „Quellenforschungen zur Geschichte der Technik und der Naturwissenschaften". Er veröffentlichte über 2500 Mitteilungen und Fachbeiträge zur Technikgeschichte, zahlreiche Monographien, Sammelwerke und Lexika, darunter das Feldhaus-Lexikon der historischen Technik (4 Bde., 1914 ff.) und Die Technik in der Weltgeschichte (3 Bde., 1953 ff.). Zwei Jahre nach dem Erscheinen von Männer deutscher Tat (1934) wurde F. aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen und erhielt Redeund Schreibverbot. CD N D B F e l d h ü t t e r , Ferdinand, Maler, * 7 . 4 . 1842 München, t 8.12.1898 München. F. kam aus bescheidenen Verhältnissen, lernte Dekorationsmalerei, war zunächst als Volkssänger und Dichter tätig und bildete sich aus eigenen Kräften zum Landschaftsmaler aus. Sein künstlerisches Vorbild war der Münchner Landschaftsmaler Julius —» Lange. F.s Beliebtheit als humorvoller Gesellschafter in künstlerischen Kreisen entsprach die lokale Popularität seiner idyllischen, spätromantischen Gebirgslandschaften, deren Motive vor allem aus Altbayern, Tirol, Oberitalien und der Schweiz stammen. DD A K L F e l d h u s , Johann Alerich, Landwirt, Politiker, * 17. 1. 1850 Specken /Zwischenahnerfeld, f 2 6 . 3 . 1 9 3 1 Bad Zwischenahn. F., Sohn eines Landwirts, erlernte des väterlichen Beruf, war als Transportunternehmer und Fischer tätig, betrieb mehrere Jahre ein Dampfschiff und wurde 1883 Gemeindevorsteher von Bad Zwischenahn. 1893 rief er dort die erste Landwirtschaftliche Winterschule des Oldenburger Landes ins Leben, war an der Gründung einer Spar- und Darlehenskasse beteiligt und setzte sich für die Modernisierung der Landwirtschaft ein. 1890-99 und 1902-19 war F. nationalliberaler Abgeordneter des Landtags. Seit 1900 gehörte er dem Vorstand der Oldenburgischen Landwirtschaftskammer an, deren Präsident er 1918-29 war. 1918 wurde F. zum Geheimen Ökonomierat ernannt. CD Oldenburg

F e l d i g l , Ferdinand, Lehrer, Schriftsteller, Komponist, * 5 . 4 . 1861 L a n d s b e r g / L e c h , t 9 . 4 . 1 9 2 8 Fürstenfeldbruck. Der Sohn eines Stadtschreibers besuchte das Lehrerseminar in Freising und unterrichtete in den bayerischen Orten Feldkirchen, Raischach, Jochenau und Oberammergau, wo er seit 1900 musikalischer Leiter der Passionsfestspiele war. F. komponierte und schrieb u. a. Texte zu Bilderbüchern, Volksstücke, R o m a n e sowie zahlreiche Beiträge zur Geschichte der Oberammergauer Passionsfestspiele, darunter Denkmäler der Oberammergauer Passionsliteratur [...] (1922). m DLL, 20. Jh. F e l d k i r c h e r , Josef, Schriftsteller, * 3 . 3 . 1 8 1 2 Andelsbuch (Vorarlberg), t 2 . 9 . 1 8 5 1 Bamberg. Der Sohn eines Uhrmachers und Feldmessers studierte 1834-40 in Tübingen Theologie, wurde 1841 zum Priester geweiht und war bis zu seinem frühen Tod in der Seelsorge der Erzdiözese Mainz tätig. F. veröffentlichte Gedichte (1838) und eine historische Novelle in den „Blättern der Vergangenheit und Gegenwart" von 1850. Postum wurde er durch seine Mundartgedichte in Vorarlberger Dialekt bekannt, die er über Jahre als Briefe in die Heimat gesandt hatte; sie wurden 1877 von Hermann Sander gesammelt und als Gedichte in der Mundart von Andelsbuch herausgegeben. CD Ö B L F e l d m a n n , Else, österr. Schriftstellerin, * 2 5 . 2 . 1 8 8 4 Wien, t 1942 Konzentrationslager Sobibór. Aus armen Verhältnissen stammend, verdiente F. als Fabrikarbeiterin ihren Lebensunterhalt, ehe sie als Journalistin tätig wurde. Sie schrieb Reportagen über die Elendsviertel Wiens und das jüdische Arbeitermilieu. 1921 erschien ihr erstes Buch, Löwenzahn. Eine Kindheit. 1922 gründete F. mit Otto —> Neurath und Alfred —> Adler die internationale pazifistische Vereinigung „Clarté". Die Sozialdemokratin veröffentlichte in verschiedenen österr. Zeitungen, u. a. in der „Arbeiter-Zeitung", in der 1927 ihr Fortsetzungsroman Das Lied vom Leben und 1933 Martha und Anton erschienen. F. war Mitglied der „Vereinigung sozialistischer Schriftsteller". A m 14.6. 1942 wurde sie in das Konzentrationslager Sobibór deportiert. CD Lex österr Exillit F e l d m a n n , Erich Emil, Pädagoge, * 17.5. 1893 Elberfeld (heute zu Wuppertal), t 1 9 . 9 . 1 9 7 8 Bonn. F. studierte in Bonn und Köln Philosophie, wurde 1919 promoviert und war seit 1922 Dozent am Institut f ü r wissenschaftliche Pädagogik in Münster (Westfalen). 1925 übernahm er die Leitung des Pädagogischen Instituts M a i n z der T H Darmstadt und lehrte seit 1929 daneben als Privatdozent Philosophie und Pädagogik in Bonn. 1933 in M a i n z entlassen, nahm er für zwei Jahre einen Lehrauftrag an der kath. Theologisch-Philosophischen Akademie im ostpreußischen Braunsberg an und erhielt 1940 eine außerplanmäßige Professur in Bonn. F. veröffentlichte u. a. Pestalozzis Lebensanschauung ( 1927) und Der preußische Neuhumanismus. Studien zur Geschichte der Erziehung und Erziehungswissenschaft im 19. Jahrhundert (Bd. 1, 1930). Er war Mitglied des Vorstands der Deutschen Gesellschaft f ü r Fi Im Wirtschaft. F e l d m a n n , (Johann) Franz (Xaver), kath. Theologe, * 17.5. 1866 Hüsten (Westfalen), t 9 . 2 . 1944 Bonn. Der Sohn eines Schneidermeisters studierte in Bonn, Paderborn und Würzburg Theologie, wurde 1891 zum Priester geweiht und widmete sich seelsorgerischen Aufgaben. 1893 ging er zum Studium der Orientalischen Philologie nach Berlin und wurde 1896 in Freiburg promoviert. Anschließend war er Repetent am Priesterseminar und Dozent f ü r semitische Sprachen an der A k a d e m i e zu Paderborn, seit 1901 Prof. der Apologetik und Orientalischen Philologie. 1903 als a. o. Prof. der alttestamentlichen Theologie und Exegese

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Feldmann nach Bonn berufen, lehrte er dort, später als Ordinarius, bis zu seiner Emeritierung 1934. Sein Forschungsinteresse galt vor allem dem Weisheitsbuch (Textkritische Materialien zum Buche der Weisheit, 1902) und dem Propheten Jesaja (Die Weissagungen über den Gottesknecht im Buche Isaias, 1909, '1913). F. war Mitherausgeber des Kommentarwerks Bonner Altes Testament (1923 ff.). 1928 wurde er zum Päpstlichen Hausprälaten ernannt. cd NDB

Feldmann,

Fritz, Musikwissenschaftler, * 1 8 . 1 0 . 1 9 0 5 Gottesberg (Schlesien), t 2 5 . 9 . 1 9 8 4 Hamburg. Seit 1924 studierte F. in Breslau Musikwissenschaft (bei M a x —» Schneider und Arnold - » S c h m i t z ) , Geschichte, Erdkunde und Philosophie. 1931 wurde er mit der Dissertation Der Codex Mf. 2016 des musischen Instituts bei der Universität Breslau promoviert, die sich mit von ihm aufgefundenen mehrstimmigen Musikhandschriften aus der Zeit um 1500 befaßt. 1928 beendete er seine Ausbildung für das Lehramt Musik, 1934 auch f ü r die Fächer Geschichte und Erdkunde. 1932 begann er seine Lehrtätigkeit an der Kirchenmusikschule in Breslau, wurde Assistent am Musikwissenschaftlichen Institut der Univ. Breslau unter A. Schmitz und habilitierte sich 1937 mit der Arbeit Musik und Musikpflege im mittelalterlichen Schlesien. 1939-41 war F. stellvertretender Direktor des Musikwissenschaftlichen Instituts und des Hochschulinstituts für Kirchen- und Schulmusik der Univ. Breslau. 1948 trat er in den Hamburger Schuldienst ein, habilitierte sich an der dortigen Univ., wurde 1952 zum api. Prof. ernannt und übernahm im selben Jahr den Lehrstuhl f ü r Musikgeschichte und Musikwissenschaft an der Musikhochschule in Hamburg, an der er seit 1954 als planmäßiger Prof. lehrte. Seit 1965 gab F. die Zeitschrift „Musik des Ostens" heraus. 1966 wurde er Nachfolger von Walter - » W i o r a als Direktor des Herder-Instituts für M u sikgeschichte, das er von Kiel nach Hamburg verlegte. F. beschäftigte sich vor allem mit der Musik Schlesiens und Ostdeutschlands. m MGG

Feldmann, Joseph, kath. Theologe, * 2 3 . 2 . 1878 Olpe (Nordrhein-Westfalen), t 2 9 . 7 . 1927 Paderborn. F. studierte in Paderborn, R o m und Berlin, wurde in R o m 1902 zum Dr. phil., 1906 zum Dr. theol., 1911 in Breslau nochmals zum Dr. theol. promoviert und war danach erst als Repetent am Paderborner Konvikt, dann als Pfarrvikar Groningen (Prov. Sachsen) und schließlich als Religionslehrer im westfälischen Hörde tätig. Seit 1914 lehrte er Philosophie und enzyklopädische Theologie an der Philosophisch-Theologischen A k a d e m i e Paderborn, an der er 1917 o. Prof. der Philosophie wurde. Er war Mitherausgeber der Zeitschrift „Theologie und G l a u b e " sowie von Ferdinand Schöninghs S a m m l u n g philosophischer Lesestoffe. F. schrieb u . a . Die moderne Religionspsychologie (1921), Thomas von Aquin und die Philosophie der Gegenwart (1924) und Okkulte Philosophie (1927). m Leb Westfalen, Bd 2 Feldmann,

Leopold, Journalist, Schriftsteller, Dramaturg, * 2 5 . 5 . 1 8 0 2 München, t 2 6 . 3 . 1882 Wien. F. schrieb 1817 sein erstes Schauspiel Der falsche Eid. Er brach erst eine Schuhmacher-, dann eine Sattlerlehre ab und arbeitete nach einer kaufmännischen Ausbildung in Pappenheim seit 1820 in einer Münchner Bijouteriehandlung. Hier begann er, für verschiedene Zeitungen Humoresken sowie satirische Genrebilder zu schreiben, und war schließlich mit wachsendem Erfolg als freier Schriftsteller tätig. 1835-40 bereiste er Griechenland. Seit 1848 Mitglied des Prüfungskomitees des M ü n c h n e r Hoftheaters, ging F. 1850 als Dramaturg des Nationaltheaters nach Wien. Neben satirischen Gedichten (Höllen-Lieder, 1835) schrieb er zahlreiche Lustspiele, die er als Deutsche Original-Lustspiele (6 Bde., 1845-52; N e u e Folge, 2 Bde., 1855-57) veröffentlichte. c n Lex dt-jüd Autoren

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Feldmann,

Louis, auch Feltmann, Maler, * 1 2 . 6 . 1 8 5 6 Itzehoe, t 2 8 . 3 . 1 9 3 8 Dusseldorf. F. studierte seit 1877 an der Kunstakademie in Düsseldorf und war dort seit 1880 Schüler Eduard von - » G e b h a r d t s . Nach Studienreisen durch die Niederlande, Belgien, Großbritannien und Italien ließ er sich in Düsseldorf nieder und widmete sich der religiösen Historienmalerei. Seit 1889 gehörte er der Künstlervereinigung „Malkasten" an. In naturalistischer Technik übertrug er biblische Motive, aber auch Stoffe aus der kath. Heiligengeschichte ins Deutschland der frühen Neuzeit. F. schuf im nordrheinwestfälischen R a u m u. a. Altarbilder, Wand- und Ölgemälde sowie die Kreuzwegbilder in der Dortmunder Propsteikirche, den Kreuzwegzyklus in der St. Heribertkirche in KölnDeutz und die Kreuzwegstationen der St. Rochus-Kirche in Düsseldorf (1901-06). Auf der Berliner Akademieausstellung 1889, den Berliner Großen Kunstausstellungen 1893-98 und der Sonderausstellung f ü r christliche Kunst 1907 war er mit Hauptwerken vertreten. CO A K L

Feldmann,

Markus, schweizer. Journalist, Politiker, * 2 1 . 5 . 1 8 9 7 Thun, t 3. 11.1958 Bern. F., Sohn eines Offiziers und Gymnasiallehrers, studierte in Bern Rechtswissenschaften und wurde 1924 zum Dr. jur. promoviert. Seit 1922 war er Sekretär der Bauern-, Gewerbeund Bürgerpartei in Bern, kam im selben Jahr in die Redaktion ihres Organs „Neue Berner Zeitung", wurde 1928 Chefredakteur und trat 1933-45 vehement für Pressefreiheit und gegen Anpassungsbestrebungen an das nationalsozialistische Deutschland ein. 1933-35 war er Präsident des Vereins der Schweizer Presse, 1935-45 und 1947-51 als Vertreter der Schweizer Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei Mitglied des Nationalrats. Seit 1945 nahm F. als Regierungsrat verschiedene Funktionen im Kanton Bern wahr, u. a. als Erziehungsdirektor 1947, ehe er 1951 zum Bundesrat gewählt und 1952 mit dem Polizei- und Justizressort betraut wurde. 1956 amtierte er als Bundesratspräsident. F. erarbeitete u. a. die erste Vorlage zum Frauenstimmrecht, ein neues Straßenverkehrsgesetz, einen Zivilschutzartikel und bemühte sich u m eine Neuordnung des Flüchtlingswesens. Sein Tagebuch 1923-1958 erschien 2 0 0 1 / 0 2 (6 Bde., bearb. von Peter Moser). DO Schweiz Bundesräte

Feldmann,

Wilhelm, Maler, Radierer, * 1. 12.1859 Lüneburg, t 10. 10.1932 Lübeck. F. studierte an den Kunstakademien in München, Karlsruhe und Berlin sowie 1887-89 im Meisteratelier von Eugen —»Bracht Malerei. Als Landschaftsmaler verwendete er Sujets aus der U m g e b u n g Berlins und der Mark Brandenburg sowie der Lüneburger Heide. 1905 richtete F. sich in Mölln ein Atelier ein und ließ sich 1913 in Lübeck nieder. Neben Erntebildern aus Mecklenburg und Lübecker Hafenszenen entstanden u. a. Radierungen und Lithographien. Q3 A K L

Feldmayr,

Johann Georg, Komponist, Musiker, * um 1575 Geisenfeid bei Ingolstadt, t 18.3. 1635 Berchtesgaden. F. wurde möglicherweise um 1585 als Kantoreiknabe in der M ü n c h n e r Hofkapelle ausgebildet. A b 1593 war er Tenorist an der gräflichen Kapelle in Hechingen, außerdem Organist im Kloster Nonnberg (Salzburg). 1597 fand er eine Anstellung als Organist in der Fürstpropstei Berchtesgaden. Von F.s Kompositionen sind nur wenige Werke überliefert. Neben Messen scheint er vor allem Motetten mit Generalbaßbegleitung komponiert zu haben. • • MGG

Feldscher,

Peter Anton, Politiker, Diplomat, * 1.3. 1889 Masein (Kt. Graubünden), f 2 . 5 . 1979 Masein. Nach d e m Studium der Rechtswissenschaften in Zürich, Leipzig und Bern promoviert, trat F.,Sohn eines Buchhalters, 1917 in den diplomatischen Dienst ein. Seit 1922 arbeitete er

Felix im Rechtsbüro der Abteilung für Auswärtiges, dessen Leiter er 1930 wurde. 1938-42 war er Chef der Sektion f ü r Politische Angelegenheiten, wurde 1942 bevollmächtigter Minister und übernahm die Leitung des A m t e s für F r e m d e Interessen an der schweizer. Gesandtschaft in Berlin. 1946 wurde F. schweizer. Gesandter in Wien. DP HLS F e l d t k e l l e r , Richard, Physiker, * 2 6 . 1 . 1901 M e r s e b u r g / Saale, t 5 . 1 2 . 1 9 8 1 Stuttgart. F. studierte 1919-24 Physik in Greifswald und Halle, wo er 1924 mit der Dissertation Die Störstrome bei quantitativen Messungen mit dem Hochfrequenzverstärker promoviert wurde. Er arbeitete im Zentrallaboratorium von Siemens in Berlin, bis er 1936 als o . P r o f . f ü r Elektrische Nachrichtentechnik an die T H Stuttgart berufen wurde. F. forschte auf dem Gebiet der elektrischen Hochfrequenz- und Nachrichtentechnik, des Ferromagnetismus und der Psychoakustik. Er veröffentlichte u . a . Einführung in die Vierpoltheorie der elektrischen Nachrichtentechnik (1937, 6 1953), Einfuhrung in die Theorie der Rundfunk-Siebschaltungen (1945), Einführung in die Nachrichtentechnik (1950), Einführung in die Theorie der Hochfrequenz-Bandfilter (1953) und Das Ohr als Nachrichtenempfänger (mit Eberhard Zwicker, 1956, 2 1967; russ. 1965, 2 1971; engl. 1999). F e l f e , Werner, Politiker, * 4 . 1 . 1 9 2 8 Großröhrsdorf (Sachsen), t 7 . 9 . 1988 Berlin. F., Sohn eines Arbeiters, durchlief eine kaufmännische Lehre, trat 1945 der K P D bei und war als Lokalpolitiker tätig, bis er 1954 als Zweiter Sekretär des Zentralrats der Freien Deutschen Jugend nach Berlin ging. 1954-58 und 1971-88 war F. Abgeordneter der Volkskammer, 1954-58 Vorsitzender des Jugendausschusses, 1963-68 Mitglied des Zentralkomitees (ZK) der SED. 1965 Schloß er ein Studium an der T U Dresden als Diplomingenieur ab und wurde Sekretär für Agitprop im Z K der SED. Danach Bezirksleiter in Halle, war er 1976-88 Mitglied des Politbüros der SED, übernahm 1981 das Ressort Landwirtschaft im ZKSekretariat und wurde im selben Jahr Mitglied des Staatsrats der D D R . Seit 1987 war F. Präsident der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften der D D R . CD D D R F e l g e l - F a r n h o l z , Anton von, österr. Archivar, * 2 0 . 7 . 1845 Wien, t 2 2 . 5 . 1930 Wien. Nach d e m Studium der Rechtswissenschaften trat F.-F. 1865 in den Dienst des k . u . k . Haus-, Hof- und Staatsarchivs. 1883 wurde er Archivar, 1897 Vizedirektor, 1905 nobilitiert und in den Ruhestand versetzt. Er unterrichtete die Erzherzöge -> Ferdinand Karl und Ludwig Viktor. F.-F. schrieb u. a. die Topographie von Niederösterreich. Er war Präsident des Vereins für Landeskunde von Niederösterreich und Mitbegründer des Niederösterreichischen Landesmuseums. CD Ö B L F e l g e n h a u e r , Paul, luth. Theologe, * 16. 11.1593 Puschwitz (Kr. Saaz, B ö h m e n ) , t nach 1677 Bremen (?). F., Sohn eines Pfarrers, studierte in Wittenberg Theologie, w o er an der Schloßkirche Diakonus wurde. Er kehrte jedoch bald nach B ö h m e n zurück und veröffentlichte 1619 die eschatologische Untergangsprophetie Rechte Chronologia. Im Zug der Gegenreformation nach 1620 aus B ö h m e n vertrieben, hielt er sich in den Niederlanden auf und brachte mehrere chiliastische und mystische Schriften heraus, deren pantheistische Tendenzen Mittelpunkt theologischer Polemiken wurden und ihm zugleich eine wachsende Anhängerschaft verschafften. 1638-54 lebte F. als Heiler in Bederkesa bei Bremen. Wegen angeblicher Gemeindegründung und Sakramentsspendung ausgewiesen, kehrte er vermutlich nach Holland zurück, wurde 1657 in Sulingen verhaftet und wahrscheinlich 1659 nach Hamburg entlassen. 1677 hielt er sich in Bremen auf. F., der nicht als Sektenstifter oder

Visionär aufgetreten ist, wandte sich vor allem gegen kirchliche Lehren und veröffentlichte u . a . Harmony des Glaubens [...] (1654) und Confessio oder Glaubens-Bekenntniß in drey Puncten (1658). CD N D B F e l g e n t r e f f , Paul, Maler, * 3. 8. 1854 Potsdam, t 9 . 1 1 . 1 9 3 3 München. F. erlernte seit 1872 in Leipzig die Lithographie, studierte 1876-79 an der Kunstakademie und unterrichtete anschließend dort Lithographie sowie Freihandzeichnen an der städtischen Gewerbeschule. Seit 1878 Mitglied der Malerkolonie Kleinsassen bei Fulda, der auch Arnold —»Böcklin angehörte, siedelte er 1884 nach München über, war Schüler von Otto —>Seitz und Franz von —»Defregger und machte sich in den folgenden Jahrzehnten einen Namen als gründerzeitlicher Genre- und Landschaftsmaler. Einige seiner altbayerischen Berglandschaften und Bauernstuben fanden durch Holzschnitt und Photographie Verbreitung. CD A K L F e l i x Hemmerli, auch Hemmerlin, Hämerli, Hemerli, latinisiert Malleolus, Theologe, Frühhumanist, * um 1 1 . 9 . 1 3 8 8 oder 1389 Zürich, t 1 4 5 8 / 5 9 wahrscheinlich Luzern. F. stammte aus einer reichen Zürcher Bürgerfamilie, studierte in Erfurt und Bologna kanonisches Recht und wurde 1424 zum Dr. jur. can. promoviert. Seine Promotionsurkunde ist das älteste erhaltene Bologneser Diplom. In Zürich besaß F. seit 1412 eine Chorherrenpfründe. 1421-52 Stiftspropst an St. Ursus in Solothurn, w u r d e er 1428 Kantor in Zürich, 1429 Kanonikus in Zofingen. F. nahm an den Konzilen von Konstanz und Basel teil und bemühte sich um innerkirchliche R e f o r m e n . In satirisch scharfen und leidenschaftlich kämpferischen Schriften wandte er sich u. a. gegen Mißstände in der Kirche, die Sittenlosigkeit des Klerus und die Bettelmönche. Als er 1439 eine Anklageschrift gegen das Stift Zürich veröffentlichte, wurde ein Mordanschlag auf ihn verübt. Feinde machte er sich auch dadurch, daß er die Herrschaft Österreichs und des Adels in Zürich unterstützte. Nachdem seine Heimatstadt 1450 wieder zu den Eidgenossen übergetreten war, wurde F. 1454 verhaftet und in Gewahrsam des Bischofs von Konstanz gebracht. Er wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, die er im Franziskanerkloster Luzern verbrachte. Der konservative R e f o r m e r hat fast vierzig Schriften veröffentlicht; als sein Hauptwerk gilt der Liber de nobilitate (gedruckt 1490), eine Streitschrift zur Verherrlichung des Adels. CD VL F e l i x , Eugen, österr. Maler, * 2 7 . 4 . 1 8 3 5 Wien, t 2 1 . 8 . 1906 Wien. F. studierte an der Wiener A k a d e m i e der bildenden Künste als Schüler von Ferdinand Georg —> Waldmüller, in Paris bei Léo Cogniet und ließ sich nach Studienreisen durch Europa 1868 als Bibliothekar des Künstlerhauses in Wien nieder, dessen Vorstand er 1 8 7 5 / 7 6 und 1886-90 war. Zunächst erfolgreicher Tier- und Genremaler, schuf er später weibliche Akte (Bacchantinnen) und beschäftigte sich in den achtziger Jahren mit Bildnismalerei (Fürst Schwarzenberg). CD

AKL

F e l i x , Johannes Paul, Geologe, Paläontologe, * 6 . 9 . 1 8 5 9 Leipzig, t 2 5 . 1 . 1 9 4 1 Leipzig. Der Kaufmannssohn und Vetter von Walther —»F. studierte seit 1878 in Erlangen und Leipzig Geologie, wurde 1882 mit der Arbeit Studien über fossile Hölzer promoviert und habilitierte sich 1884 in Leipzig. 1 8 8 7 / 8 8 unternahm er eine Forschungsreise nach M e x i k o (Beiträge zur Geologie und Palaeontologie der Republik Mexico, 3 Tie., 1890-99, mit Hans Lenk). 1891-1933 lehrte F. als a . o . P r o f . und stand 1914-41 d e m Paläontologischen M u s e u m in Leipzig vor. Internationalen Ruf erwarb sich F., seit 1888 Mitglied der

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Felix Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina, durch seine Forschungen über fossile Hölzer und Korallen, territoriale Diluvialpaläontologie und Prähistorik. F. veröffentlichte u. a. Das Mammuth von Borna (1912) über das unter seiner Leitung geborgene, präparierte und aufgestellte M a m m u t skelett. Zu seinen Publikationen zählen ferner Die Holzopale Ungarns in palaeophytologischer Hinsicht (1884), Untersuchungen über den inneren Bau westfälischer CarbonPflanzen (1886), Geologische Reiseskizzen aus Nordamerika (1895) und Leitfossilien aus dem Pflanzen- und Tierreich in systematischer Anordnung (1906, 2 1924). CD Poggendorff 3-7a F e l i x , Kurt Arthur Alfred Oskar, Physiologe, * 3 . 6 . 1 8 8 8 Würzburg, t 2 . 8 . 1960 F r a n k f u r t / M a i n . Der Sohn von Walther —> F. und Bruder von Willi —> F. studierte 1907-12 in Freiburg, Zürich, Würzburg und München Medizin, wurde 1914 promoviert (Ein Beitrag zur Synthese der Harnsäure im Organismus der Hühner) und habilitierte sich 1921 für Physiologie und physiologische C h e m i e in Heidelberg, w o er bereits seit 1913, unterbrochen durch die Teilnahme am Ersten Weltkrieg, Assistent am Physiologischen Institut der Univ. war. 1925 als Leiter des Labors der II. Medizinischen Klinik und a. o. Prof. nach M ü n c h e n berufen, ging er 1935 als Ordinarius und Direktor des Instituts für vegetative Physiologie an die Univ. F r a n k f u r t / M a i n . 1939 wurde F. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . Er veröffentlichte wissenschaftliche Arbeiten u . a . über C h e m i e und Physiologie des Eiweißes sowie den Stoffwechsel der Aminosäuren, darunter Physiologische Chemie (1951). F e l i x , Walther, Anatom, * 28. 12. 1860 Leipzig, t 1 7 . 3 . 1 9 3 0 Zürich. F. studierte Medizin in Würzburg, wurde 1889 promoviert (Über Wachsthum der quergestreiften Muskulatur nach Beobachtungen am Menschen) und ging im selben Jahr als Assistent und Prosektor der Anatomie an die Univ. Zürich. 1891 habilitierte er sich dort für Anatomie (Die erste Anlage des Exeretionssystems des Hühnchens), wurde 1896 a. o. Prof. und lehrte seit 1919 als Ordinarius. F. publizierte in verschiedenen Handbüchern u. a. über die Entwicklung des Harnapparates der Wirbeltiere ( 1904), die Anatomie des Brustkorbes, der Lungen und des Brustfells ( 1920) und die Anatomie der Atmungsorgane (1925). Er war der Vater von Kurt Arthur Alfred Oskar und Willi - > F . DD Ärzte 2 F e l i x , Willi, Chirurg, * 1 0 . 2 . 1 8 9 2 Zürich, t 2 . 8 . 1 9 6 2 Berlin. Der Sohn von Walther —> F. assistierte seit 1917 an der Chirurgischen Klinik der Univ. M ü n c h e n (Promotion 1919, Beitrag zur Fleckfieberbekämpfung), habilitierte sich dort 1925 und wurde 1929 a. o . P r o f . in Berlin. Seit 1946 o . P r o f . der Chirurgie und Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik in Greifswald, lehrte er seit 1950 als o . P r o f . an der Humboldt-Universität Berlin. F. war Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Wissenschaften zu Berlin und seit 1946 Herausgeber des „Zentralblatts für Chirurgie". Er veröffentlichte in Zeitschriften und Sammelwerken, u. a. Chirurgie des Herzens, seines Beutels und der großen Brustgefäße in der Brusthöhle (1930, mit Ferdinand —> Sauerbruch) und Die Operationen an den männlichen Geschlechtsorganen (1933). F e l i x m ü l l e r , Conrad (Felix), Maler, Graphiker, * 2 1 . 5 . 1 8 9 7 Dresden, t 2 4 . 3 . 1977 Berlin. F., Sohn eines Schmiedes, studierte zunächst am Konservatorium, dann an der Dresdner Kunstakademie u. a. bei Carl —>Bantzer, ließ sich in Klotzsche bei Dresden nieder und unternahm in den dreißiger Jahren Studienreisen durch Deutschland und Europa. Er arbeitete für die expressionistischen Zeitschriften „Der S t u r m " und „Die Aktion",

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gehörte zu den Mitbegründern der Dresdner Neuen Sezession, Gruppe 1919, und malte sozialkritisch engagiert Bilder wie Stadtmensch, Das tägliche Brot und Spielende Kinder, ferner Porträts von Carl —> Sternheim, M a x —> Liebermann und Pamela —> Wedekind. Daneben entwarf er Bühnenbilder und veröffentlichte Holzschnitte, darunter Malerleben. Ein Bilderbuch für Erwachsene (1927). Bis 1924 Mitglied der K P D , war F. nach 1933 Diffamierungen durch die Nationalsozialisten ausgesetzt; über 150 seiner Werke wurden aus dem öffentlichen Besitz entfernt. Nachdem ihm der Verein Berliner Künstler 1937 den Preis f ü r Malerei zuerkannt hatte, wurde F. nach einer Hetzkampagne aus d e m Verein ausgeschlossen. 1934-44 lebte er in Berlin und in der Mark Brandenburg, danach in Tautenhain bei Leipzig. Nach Kriegsdienst 1 9 4 4 / 4 5 lehrte er 1949-62 Zeichnen an der Pädagogischen Fakultät der Univ. Halle. Zunächst Vertreter der sog. Zweiten Generation des Expressionismus, wandte sich F. später eher impressionistischen und realistischen Bildwelten zu (Klarinettenpause, 1936). CP A K L F e l k e , (Erdmann Leopold Stephanus) Emanuel, evang. Theologe, Naturheilkundiger, * 17.2. 1856 Kläden bei Stendal, t 1 6 . 8 . 1 9 2 6 S o b e r n h e i m / N a h e . Der Lehrerssohn kam bereits im Elternhaus mit Homöopathie und Naturheilkunde in Berührung. Während des Theologiestudiums in Berlin bildete er sich auf diesem Gebiet autodidaktisch weiter. Als Hilfspfarrer und Pfarrer in Münster, Cronenberg bei B a r m e n und Repelen bei Krefeld hatte er erste Behandlungserfolge und gab schließlich 1912 sein Pfarramt auf. 1915 gründete F. in Sobernheim den ersten Jungborn, in dem Patienten mit Licht, Luft, Sonne, Wasser, Lehm, Massage und Gymnastik behandelt wurden, das heute noch das Zentrum der Felke-Therapie darstellt und zum Vorbild weiterer Anstalten in Deutschland diente. Seine diagnostischen und therapeutischen B e m ü h u n gen verschafften ihm national und international wachsende Anerkennung. F. wandte neben Kneipp-Methoden Rohkost, Luftbehandlung, Gymnastik, Nährsalzlösungen, Lichtbäder, R u m p f b ä d e r , Reibesitzbäder, Massage, Magnetismus, Hypnose sowie biochemische und homöopathische M e d i k a m e n t e an. Der vorwiegenden Verordnung von Lehmpackungen und -umschlagen verdankte er den Beinamen „Lehmpastor". Seine Verfahren stützte er auf eine von der Schulmedizin heftig kritisierte Augendiagnostik. F. veröffentlichte u. a. Die Augendiagnose (1907) und Die Tuberkulose und ihre Heilungen). CD N D B F e l l , Georg, Jesuit, Theologe, Schriftsteller, * 2 1 . 1 2 . 1 8 5 9 Dintesheim bei Bingen, f 2 6 . 4 . 1 9 2 4 Sitten (Kt. Wallis). F. trat 1879 in die Gesellschaft Jesu ein und studierte am Seminar in Dieburg, später in Speyer und Mainz. 1900 wurde er von Kardinal Ferrari als Dombeichtvater f ü r fremdsprachige Ausländer nach Mailand berufen, w o er kirchliche Standesvereine f ü r deutsche Katholiken und ein Zentralhaus der deutschen Seelsorge gründete. 1915 nach Deutschland zurückgekehrt, arbeitete er als Militärseelsorger, danach als Spiritual am Klerikalseminar Regensburg und ging 1920 als Prof. ans Priesterseminar Sitten. F. verfaßte u. a. pädagogische Schriften und Traktate sowie Mailand in seinen Kunstschätzen und Heiligtümern (1913). DD Koch: Jesuiten F e l l , Johanna, Pseud. Johanna Zaeske-Fell, Schriftstellerin, * 31. 1.1894 Barth (Mecklenburg-Vorpommern), t 5 . 8 . 1969 Aachen. Nach d e m Studium an der Berliner Kunstschule und in Potsd a m unterrichtete F. Zeichnen und Turnen an Schulen in Greifswald und Barth. 1930-33 studierte sie in Aachen Literatur. F. schrieb Gedichte (Die Baumfrau, 1925), später Erzählungen und Jugendliteratur (Agnes Seebode, die Hexe mit dem Katzenkopf, 1953) sowie das Stück Mitternachtssonne (1954). m DLL

Feller F e l l , Winand, kath. Theologe, * 1 3 . 1 2 . 1 8 3 7 Aachen, t 5 . 7 . 1 9 0 8 Münster. F. studierte 1857-60 in Münster und B o n n Theologie und orientalische Sprachen, wurde 1861 in Köln zum Priester geweiht und wirkte als Kaplan an der dortigen Pfarrkirche St. Ursula. 1869 setzte er das Studium der Orientalistik in Berlin und Leipzig fort und Schloß es 1871 mit der Promotion (Cánones apostolorum Aethiopice) ab. Seit 1873 unterrichtete F. am Kölner Marcellen-Gymnasium, bis er 1886 als Ordinarius für alttestamentliche Exegese nach Münster berufen wurde. F.s Forschungsinteresse galt vor allem der Geschichte und Philologie des Orients. Er veröffentlichte Erläuterungen zu einem Koran-Kommentar (Indices ad Beidhawii commentarium in Coranum, 1878) sowie ein Lehrbuch der allgemeinen Einleitung in das Alte Testament (1906). DD Biogr Jahrb, Bd 13 F e l l e n b e r g , E d m u n d von, schweizer. Geologe, * 9 . 3 . 1 8 3 8 Bern, t 1 0 . 5 . 1 9 0 2 Bern. Nach d e m Studium der Geologie in Bern ließ sich F., Sohn von Ludwig Rudolf von - » F . , im sächsischen Freiberg z u m Bergbauingenieur ausbilden und kehrte 1864 als Konservator der Geologischen, Mineralogischen und Paläontologischen S a m m l u n g der Stadtbibliothek nach Bern zurück. 1867 übernahm er das Ehrenamt des Konservators der Archäologischen und Ethnographischen S a m m l u n g des Antiquariums der Stadt Bern und richtete später die S a m m lung des dortigen Naturhistorischen und Historischen M u seums ein. 1866-93 arbeitete er am Geologischen Atlas der Schweiz mit. F. beteiligte sich an mehreren Ausgrabungen, erarbeitete zahlreiche geologische Expertisen und veröffentlichte u . a . Das Hochgebirge von Grindelwald (1865), Die westlichen Berner Kalkalpen und der westliche Theil des Finsteraarhorn-Centralmassivs (1882), Kritisches Verzeichnis der Gesammtliteratur über die Berner Alpen (1886) und Geologische Beschreibung des westlichen Teils des Arenamassives (1893). 1863 war er Gründungsmitglied des Schweizer Alpen-Clubs. F. gehörte 1874-77 d e m Großen Rat von Bern an. 1925 erschien Der Ruf der Berge. Die Erschließung der Berner Hochalpen (gesammelt und mit Lebensbild versehen von Ernst Jenny). CD H L S F e l l e n b e r g , Karl Gustav Rudolf von, Gynäkologe, * 3 0 . 7 . 1874 Hannover, t 1 2 . 4 . 1 9 6 2 Bern. F. studierte in Zürich und Bern Medizin, wurde 1900 promoviert (Zehn Falle von Tubentuberkulose) und assistierte 1899-1904 am Pathologischen Institut der Universität. Später wandte er sich der Geburtshilfe zu, habiltierte sich 1913 für Gynäkologie und eröffnete eine Praxis in Bern. Als K o m munalpolitiker und Verbandsfunktionär war er u. a. Präsident des Stadtrats von Bern, Präsident der von ihm gegründeten schweizer. Astronomischen Gesellschaft sowie der Deutschschweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Präsident der Naturforschenden Gesellschaft Bern. Er veröffentlichte gynäkologische Fachbeiträge, redigierte 27 Jahre lang die „Schweizer H e b a m m e " und verfaßte einige Biographien berühmter Schweizer. F e l l e n b e r g , L u d w i g Rudolf von, schweizer. Chemiker, * 1 7 . 3 . 1 8 0 9 Bern, t 13.2. 1878 Cannes. F., Sohn eines Appellationsrichters und Mitglieds des Kleinen Rats von Bern, verbrachte seine Schulzeit in den pädagogischen Bildungsstätten seines Verwandten Philipp Emanuel von - » F . Von der Familie zur Leitung der elterlichen Papierfabrik bestimmt, studierte er 1829-35 Technologie und C h e m i e in Genf, Lausanne und Paris. Nach Bern zurückgekehrt, widmete er sich jedoch der Geologie und Archäologie. 1841 wurde er in Gießen promoviert (Analyse des Eisenperidots) und 1842 zum Prof. der C h e m i e und Mineralogie nach Lausanne berufen. A u f g r u n d politischreligiöser Streitigkeiten verlor er 1846 sein Lehramt und

zog sich in sein Privatlaboratorium nach Bern zurück. Dort analysierte er Mineralien sowie Mineralwässer und erforschte metallurgische Verbindungen. Seine systematischvergleichenden Analysen antiker Bronzen, Gläser und Halbedelsteine gab der Archäologie und Geschichtswissenschaft zum ersten Mal Mittel zur Bestimmung von Produktionsorten und Handelswegen an die Hand (Analysen von antiken Bronzen, 1857 und 1860-66; Analysen gefärbter römischer Gläser, 1893). F. war der Vater von E d m u n d —» F. • P Bern Bio, Bd 2 F e l l e n b e r g , Philipp Emanuel von, schweizer. Agronom, Sozialpädagoge, * 1 5 . 6 . 1 7 7 1 Bern, t 2 1 . 1 1 . 1 8 4 4 Bern. F. stammte aus einem der Aufklärung aufgeschlossenen Berner Patriziergeschlecht; sein Vater war Prof. der Rechte und Mitglied des Großen Rats. Nach einer Erziehung durch Hauslehrer studierte er seit 1789 in Tübingen Rechtswissenschaften, Politik und Philosophie. Auf Reisen durch Deutschland und die Schweiz sowie nach Paris beschäftigte er sich mit den politischen und sozialen Verhältnissen der Zeit. 1799 begründete er in H o f w y l pädagogische Musteranstalten. Nach ständischem Prinzip richtete er eine Landwirtschaftsschule, Industrieschule, Realschule, Kleinkinderund Haushaltungsschule sowie eine Lehrerbildungsstätte ein. Er gab die Zeitschriften „Landwirtschaftliche Blätter von H o f w y l " und „Pädagogische Blätter von H o f w y l " heraus. Seine von —»Pestalozzi, —»Kant und —»Fichte beeinflußte Bildungsidee sah in der umfassenden Erziehung die Basis für eine Erneuerung der Menschheit in Koexistenz der Stände und moralisch-religiöser Vollkommenheit. F.s Erziehungsanstalten zerfielen zwar bald nach seinem Tod, beeinflußten jedoch die Gründung zahlreicher Bildungsinstitutionen in Europa und Übersee; durch —»Goethe (Wilhelm Meisters Wanderjahre) und Jeremias —»Gotthelf fand er Eingang in die Literatur. CD HLS F e l l e n b e r g , T h e o d o r von, schweizer. Chemiker, * 3 0 . 6 . 1 8 8 1 Bern, f 1 2 . 4 . 1 9 6 2 Bern. Der Enkel Ludwig Rudolf von —» F.s und N e f f e E d m u n d von —»F.s studierte 1900-04 C h e m i e an der Ε Τ Η Zürich, in Berlin und Genf, wo er 1905 mit der Arbeit Application de la réaction de Grignard à quelques cétones promoviert wurde. 1906-08 arbeitete er als Assistent beim bernischen Kantonschemiker und in Industriebetrieben in Pagny-sur-Moselle und Aarau, bevor er 1909 Chemiker beim Eidgenössischen Gesundheitsamt in Bern wurde. F. gehörte d e m Zunftrat in Schmieden an und war seit 1927 Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. Neben der Monographie Das Vorkommen, der Kreislauf und der Stoffwechsel des Jodes (1926) veröffentlichte er über 160 Artikel über Lebensmittelchemie und das Jodproblem in Fachzeitschriften. t u Poggendorff 6 F e l l e n s t e i n , Niclaus, auch Fellensteyn, Maurer, Baumeister, * nach 1350 Koblenz (?), t um 1427. Erste Erwähnung findet F. 1392 als Bürger Danzigs. 1400 erwarb er das Marienburger Bürgerrecht und trat als erster fest besoldeter Baumeister in die Dienste des Deutschen Ordens. F. führte Bauwerke, wobei vor allem seine Gewölbebauten hervorzuheben sind, aus und trug für die Bauüberwachung und - a b n a h m e auswärtiger Bauten Verantwortung. 1406-18 war er u. a. in Königsberg, Ragnit, Tilsit und Stuhm tätig. Für 1418 ist die Bauleitung an der Marienburg selbst nachgewiesen. Nach 1420 sind in den Urkunden keine weiteren Arbeiten F.s verzeichnet. Œ3 N D B F e l l e r , Elisabeth, schweizer. Unternehmerin, * 3 . 4 . 1910 Horgen (Kt. Zürich), t 12. 1.1973 Horgen. F. studierte in Zürich und an der Londoner School of Economics Geographie. Nach d e m Tod des Vaters 1931 brach sie

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Feller ihr Studium ab und übernahm die Leitung der elterlichen Elektrohandelsfirma. Bekannt wurde F. durch ihr Engagement für die Gleichberechtigung der Frauen im Berufsleben. Sie war Mitbegründerin und Präsidentin des Schweizerischen Verbandes der Berufs- und Geschäftsfrauen, Präsidentin der International Federation of Business and Professional Women sowie Mitglied der einschlägigen U N O - und UNESCO-Kommissionen. CD H LS F e l l e r , Frank, schweizer. Maler, Illustrator, * 2 8 . 1 0 . 1 8 4 8 Bümpliz, t 6 . 3 . 1 9 0 8 London. Der Sohn eines Landvermessers brach eine Handelslehre ab und begann eine künstlerische Ausbildung bei einem Verwandten, dem Emailmaler Albert Feller, in Genf. 1868 studierte er an der Münchner Kunstakademie, ging als Photographieretuscheur nach Paris und ließ sich 1870 in London nieder. Dort spezialisierte er sich als Schüler von German Athenaeum auf Federzeichnungen und erwarb sich einen guten Ruf als Buchillustrator und Mitarbeiter englischer Illustrierter. Daneben malte F. in Aquarell und Öl, vor allem Kriegsszenen aus dem südafrikanischen Burenkrieg und den Indianerkriegen in den US A wie An Outpost ( 1883) und Faithful to the Last (1895). m A KL F e l l e r , Franz, österr. Orgelbauer, * 2 9 . 4 . 1787 Königswald bei Tetschen (Böhmen), t 1 . 7 . 1 8 4 3 Königswald. Der aus einer Schulmeisterfamilie stammende F. eignete sich seine musikalischen und orgelbaulichen Kenntnisse während einer Schneiderlehre autodidaktisch an und erweiterte sie während seiner Militärzeit in Innerösterreich und Oberitalien. 1817 gründete er eine eigene Orgelbauwerkstatt und betrieb daneben bis 1829 eine Schneiderei. Auch seine drei Söhne erlernten das Orgelbauerhandwerk und waren in der expandierenden Werkstatt tätig. Unter F. entstanden rund 35 Orgelneubauten im nordwestböhmischen Raum und in Sachsen. OD M G G F e l l e r , Joachim, Pseud, Colander, Franciscus Dermasius, Polyhistor, Lyriker, * 30. 11.1628 Zwickau, ΐ 15.4. 1691 Leipzig. Das poetische Talent F.s, des Sohns eines Tuchmachers, wurde früh entdeckt. Er studierte seit 1649 Theologie und Philosophie in Leipzig, wo er 1660 den Magistergrad erwarb und zum Poeta laureatus gekrönt wurde. Seit 1667 Collega tertius an der dortigen Nikolaischule, wurde er 1671 zum Lizentiaten der Theologie promoviert und war 1674 Dekan der Philosophischen Fakultät, später mehrmals Rektor der Universität. 1676 wurde er Prof. f ü r Poesie und ü b e r n a h m die Leitung der Universitätsbibliothek. Mit anderen gründete F. die „Acta eruditorum". Er veröffentlichte Abhandlungen zu verschiedenen T h e m e n und Gedichtbände wie Der andächtige Student [...] (1682). Das Gebetbuch Drey Fächer [...] Leit-Stern der Reisenden [...] (3 Tie., 1688) belegt F.s Hinwendung zum Pietismus, dessen N a m e auf ihn zurückgeht. Sein Werk Cygnorum Cantus (1660) enthält eine historische Darstellung des Begriffs Schwanengesang. F. veröffentlichte dreißig geistliche Liedtexte in deutscher Sprache, die bekannten Choralmelodien unterlegt sind. Er starb an den Folgen eines nächtlichen Sturzes aus dem Fenster. CD Killy F e l l e r , Kurt, Bergwerksdirektor, * 2 9 . 3 . 1882 Kaltenbach bei Ründeroth (Nordrhein-Westfalen), t 1 4 . 4 . 1 9 5 0 Bottrop. F. studierte 1902-05 Bergbauwissenschaften an der Univ. Bonn sowie an der Univ. und der Bergakademie in Berlin. Seit 1910 Bergassessor, wurde er Betriebsleiter und stellvertretender Vorstand des Bayerischen Bergamtes in Peißenberg und Mittelbexbach. 1912 wechselte er als Betriebsdirektor bei der Arenbergschen A G f ü r die Gewerkschaften Victor und Ickern nach Rauxel, wurde 1921 in den Vorstand des

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Unternehmens berufen und ging 1925 als stellvertretendes Vorstandsmitglied zur Rheinischen Stahlwerke A G nach Essen. CP Nekrologe Industrie F e l l e r , Richard, schweizer. Historiker, * 8. 12. 1877 Wattenwil bei Bern, t 2 0 . 9 . 1 9 5 8 Bern. F., Sohn eines Lehrers, studierte in Bern Geschichte und Literaturgeschichte (Promotion 1903). Seit 1907 Gymnasiallehrer, habilitierte er sich 1910 und war 1921-48 Ordinarius für schweizer. Geschichte an der Univ. Bern, 1 9 3 7 / 3 8 deren Rektor. In seinem konservativen Welt- und Geschichtsbild u. a. von G o n z a g u e de Reynolds und Ernst —> Jünger beeinflußt, verteidigte F. in Geschichtschreibung der Schweiz (1962) und Geschichte Berns (1946-60) das Ancien régime gegen die liberale Historiographie des 19. Jahrhunderts. CD H L S F e i l e r e r , Karl Gustav, Musikwissenschaftler, * 7 . 7 . 1 9 0 2 Freising, t 7 . 1 . 1984 München. Nach d e m Besuch der Regensburger Kirchenmusikschule studierte F. Komposition bei Heinrich Kaspar —> Schmid und Joseph —>Haas sowie Musikwissenschaft in München und Berlin und wurde 1926 mit der Dissertation Beiträge zur Musikgeschichte Freisings [...] promoviert. 1927 habilitierte er sich an der Univ. Münster und wurde 1929 Direktor des dortigen Musikwissenschaftlichen Seminars. 1932 ging er als a. o. Prof. an die Univ. Freiburg (Schweiz), wurde 1934 o . P r o f . und Direktor des Musikwissenschaftlichen Seminars sowie der Gregorianischen Akademie und wechselte 1939 als o . P r o f . und Institutsdirektor nach Köln. Dort lehrte er bis zu seiner Emeritierung 1970 vor allem Geschichte der Kirchenmusik und Gregorianik. Neben Monographien etwa über Palestrina (1930, 2., völlig umgearb. Aufl. 1960), Puccini (1937) und Grieg (1942) veröffentlichte F. u . a . Geschichte der katholischen Kirchenmusik (1938), Einführung in die Musikwissenschaft (1942, 2 1953), Soziologie der Kirchenmusik ( 1963) und Klang und Struktur in der abendländischen Musik (1967). Er gab eine Geschichte der katholischen Kirchenmusik (2 Bde., 1972-76), das „Kirchenmusikalische Jahrbuch", die „Kölner Beiträge zur Musikforschung", die Zeitschrift „Das M u s i k w e r k " und das biographische Sammelwerk Rheinische Musiker (9 Folgen, 1972-81) heraus.

t u MGG F e i l e r e r , M a x i m i l i a n Karl Maria), österr. Architekt, * 15.10. 1889 Linz, t 2 7 . 3 . 1 9 5 7 Wien. F. studierte 1907-13 Architektur an der T H Wien und 1910/11 an der Wiener A k a d e m i e der Bildenden Künste, nahm am Ersten Weltkrieg teil und arbeitete seit 1919 im Architekturbüro Josef H o f f m a n n s . 1927 wurde er Assistent, 1932 a . o . P r o f . an der A k a d e m i e der bildenden Künste und übernahm 1934 die Fachklasse Architektur sowie das Direktorat der Wiener Kunstgewerbeschule. Nach dem „Anschluß" Österreichs außer Dienst gestellt, war er 1945-55 Präsident der A k a d e m i e für angewandte Kunst, 1945-51 der Zentral-Vereinigung der Architekten Österreichs. F. baute und projektierte zahlreiche Wohnanlagen und öffentliche Gebäude in und u m Wien, die sich durch bewußte Einfachheit und Klarheit auszeichneten. CO A K L F e l l g i e b e l , Fritz Erich, Militär, * 4. 10. 1886 Pöpelwitz (Schlesien), t 4 . 9 . 1944 Berlin. F. trat 1905 in die A r m e e ein, kam nach d e m Ersten Weltkrieg als Generalstabsoffizier nach Berlin und wurde 1938 Chef des Heeresnachrichtenwesens im O b e r k o m m a n d o der Wehrmacht. Schon vor d e m Zweiten Weltkrieg —> Hitler gegenüber kritisch eingestellt, fand F. durch L u d w i g —> Beck und Franz —> Halder Kontakt zu militärischen Widerstandskreisen. Er beteiligte sich an den Vorbereitungen zum Attentat am 2 0 . 7 . 1944 und sperrte f ü r einige Zeit die Nachrich-

Fellmann tenverbindungen des Hauptquartiers Hitlers. Noch am selben Tag verhaftet, wurde F. vom Volksgerichtshof zum Tod verurteilt ( 1 0 . 8 . 1944) und hingerichtet. CD Weiß F e l l i n g e r , Imogen, Musikwissenschaftlerin, * 9 . 9 . 1928 München, t 29. 11.2001 Perchting bei Starnberg. F. studierte an den Universitäten M ü n c h e n und Tübingen Musikwissenschaft (bei Rudolf von —» Ficker und Walter —»Gerstenberg), Anglistik und Romanistik, wurde 1956 mit der Arbeit Studien zur Dynamik in Brahms' Musik promoviert und war 1957-62 Wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Répertoire international des sources musicales. 1963-70 leitete sie die Forschungsstelle „Musikbibliographie des 19. Jahrhunderts" am Musikwissenschaftlichen Institut der Univ. Köln und 1970-93 das „Musikarchiv des 19. Jahrhunderts" am Staatlichen Institut für Musikforschung in Berlin, an d e m sie zudem stellvertretende Leiterin der Abteilung Musikgeschichte und Musiktheorie war. 1979 übernahm sie den Vorsitz der Arbeitsgruppe für Musikzeitschriften der Internationalen Vereinigung der Musikbibliotheken, Musikarchive und Musikdokumentationszentren (IVMB), gehörte seit 1983 als Gründungsmitglied dem Trägerverein der Brahms-Gesamtausgabe an, wurde 1991 Mitglied des Kuratoriums der Österreichischen Brahmsgesellschaft und war seit 1992 IVMB-Repräsentantin des Répertoire international d e la presse musicale. F. arbeitete vor allem auf d e m Gebiet der Musik und der Musikgeschichte des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Ihr besonderes Interesse galt dem Werk von Johannes —> Brahms. F. veröffentlichte ein Verzeichnis der Musikzeitschriften des 19. Jahrhunderts (1968) und Periodica musicatici (1789-1830) (1986). m MGG F e l l i n g e r , Johann (Nepomuk) Georg, Pseud. Gustav, österr. Militär, Schriftsteller, * 3. 1. 1781 Peggau (Steiermark), t 27. 11. 1816 Adelsberg (Krain). Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Graz arbeitete F., Sohn eines Gutsherrn, als Privaterzieher in Reifenstein. 1808 in die steiermärkische Landwehr eingetreten, wurde er schwer verwundet g e f a n g e n g e n o m m e n . Seit 1814 arbeitete er als Konskriptionsrevisor in Judenburg und Adelsberg. Seine Gedichte und Freiheitslieder erschienen in Almanachen und Zeitschriften. Nach F.s Tod wurden sie als Poetische Schriften (2 Bde., 1819-21) herausgegeben. DD N D B F e l l i n g e r , Karl, österr. Internist, * 19.6. 1904 Linz, t 8 . 1 1 . 2 0 0 0 Wien. F., Sohn eines Schlossers und Drehers, studierte Medizin in Wien und wurde 1929 promoviert. 1937 habilitierte er sich mit einer Arbeit über die H o r m o n f o r s c h u n g für Innere Medizin und wurde Vorstand der Internen und Stoffwechselabteilung im Krankenhaus Lainz in Wien. 1938 verlor F. aus politischen Gründen seine Lehrbefugnis. 1945 wurde er a. o . P r o f . , Vorstand der Medizinischen Poliklinik in Wien sowie provisorischer Leiter der medizinischen Universitätsklinik in Graz, 1946 o . P r o f . der Inneren Medizin und Vorstand der II. Medizinischen Universitätsklinik in Wien, deren Modernisierung ihm innerhalb kurzer Zeit gelang (u. a. mit der Einrichtung eines Dialysezentrums und einer Computerstation). 1 9 6 4 / 6 5 war er Rektor der Universität (Inaugurationsrede: Uber die Entwicklung der medizinischen Fakultät in der Zeit der Neugestaltung der wissenschaftlichen Medizin). F. gehörte dem Landessanitätsrat für Wien und d e m Obersten Sanitätsrat an, dessen Präsident er 1960 wurde. Er war Vizepräsident der Wiener A k a d e m i e f ü r ärztliche Fortbildung und Vorstandsmitglied der österreichischen Gesellschaft für Volksgesundheit. 1966 wurde er Vorsitzender der Gesellschaft für Nuklearmedizin und der Wiener Gesellschaft für innere Medizin. F. veröffentlichte u. a. ein Lehrbuch der endokrinologischen Krankheiten (mit Nikolaus von Jagic, 1937) und Die Fettleibigkeit (1939). Er war Her-

ausgeber der „Wiener Zeitschrift für Innere Medizin" (seit 1929) und eines Lehrbuchs der inneren Medizin (2 Bde., 1951-54). Seine Autobiographie erschien unter dem Titel Arzt zwischen den Zeiten (1984). Eine große Öffentlichkeit erreichte F. mit seiner populärwissenschaftlichen Fernsehreihe „Der gläserne Mensch". m Almanach Öst Akad, Jg. 151 F e l l i n g e r , Richard (Albert), Unternehmer, * 1 1 . 3 . 1 8 4 8 Elberfeld (heute zu Wuppertal), t 13. 10. 1903 Wien. Der Sohn eines Chemiefabrikanten studierte in Tübingen Naturwissenschaften und wurde promoviert. Als die nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1 8 7 0 / 7 1 ü b e r n o m m e n e väterliche Fabrik 1877 ihren Betrieb einstellte, w u r d e F. Mitarbeiter im Privatlabor von Werner von Siemens in Berlin. 1881 übertrug ihm Siemens die Leitung der Geschäftsstelle von Siemens & Halske in Wien. F. machte aus der Filiale ein elektrotechnisches Industrieunternehmen mit 3000 Arbeitern und Angestellten, dessen Geschäftstätigkeit, vor allem im Eisenbahn- und Signalbau, Österreich-Ungarn, den Balkan, das Osmanische Reich und Ägypten umfaßte. Als Schwiegersohn von Reinhold —> Köstlin und Josephine —> Lang kam F. mit künstlerischen Kreisen in Berührung. Er war mit Clara —> Schumann bekannt und mit Johannes —> Brahms, dessen Nachlaß er später verwaltete, befreundet. CD N D B F e l l i s c h , Alfred, Politiker, Bibliothekar, Journalist, * 1.6. 1884 Fraustadt (Posen), t 4 . 3 . 1 9 7 3 Radebeul. F., Sohn eines Arbeiters, wurde Handschuhmacher und arbeitete zunächst in Haynau, seit 1903 in Zeitz, Arnstadt und Liegnitz, seit 1905 in Ilmenau und wieder in Arnstadt. 1902 trat er in die S P D und die Gewerkschaft ein. Nach d e m Wehrdienst 1906-08 arbeitete F. in Johanngeorgenstadt, besuchte 1 9 1 2 / 1 3 die SPD-Parteischule in Berlin und war 1913-21 Korrespondent und leitender Redakteur der C h e m nitzer „Volksstimme". 1918 wurde er Ernährungskommissar für Chemnitz und war anschließend bis 1926 Mitglied des Sächsischen Landtags. 1921 wurde F. sächsischer Wirtschaftsminister und war 1 9 2 3 / 2 4 sächsischer Ministerpräsident. 1924-32 war F. Amtshauptmann von Großenhain und seit 1933 Angestellter eines Kaffeehandels. 1945 zunächst leitender Redakteur der „Schwarzenberger Zeitung", war F. von Juni bis Oktober 1945 Regierungsrat von Stollberg und 1 9 4 5 / 4 6 Landrat in Annaberg. 1946 wurde er zum Staatssekretär und Ministerialdirektor im sächsischen Wirtschaftsministerium berufen und war 1 9 4 8 / 4 9 wieder Wirtschaftsminister. 1949-52 leitete er die Sächsische Landesbibliothek und war 1954-62 Vorsitzender des Kreiskulturbundes und Mitglied des Kreistags Dresden-Land, 1961-63 Stadtverordneter in Radebeul. CD Schröder F e l l m a n n , Aloys, Maler, * 1 1 . 1 . 1 8 5 5 Oberkirch (Kt. Luzern), t 9 . 3 . 1 8 9 2 Düsseldorf. Nach einer Lehrzeit im Atelier des Malers Karl Georg —» Kaiser und an der städtischen Zeichenschule Luzern besuchte F., Sohn eines Landwirts und Großrats, die dortige Kunstgewerbeschule und studierte 1875-84 an der Kunstakademie in Düsseldorf. Seit 1887 betrieb er in Düsseldorf ein eigenes Atelier und gehörte seit 1888 d e m Künstlerverein Malkasten an. Mit d e m von der Kunsthalle Karlsruhe angekauften Bild Die letzte Ehre; Begräbnisfeier im Kanton Luzern begründete er 1883 seinen Ruf als Genremaler. Als sein Hauptwerk gilt Das Gelübde eines Benediktinermönchs ( 1888). Ferner schuf er Studien, Zeichnungen und Radierungen. F.s Bilder zeichnen sich u . a . durch auffallende Härte des Kolorits aus. CD A K L F e l l m a n n , Hans-Georg, Journalist, Schriftsteller, * 9 . 5 . 1891 Aachen, t n . e . 1914 z u m Studium der Volkswirtschaft, Philosophie und Kunstgeschichte in Würzburg, besuchte F. gleichzeitig das

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Fellmann dortige Konservatorium. Er nahm am Ersten Weltkrieg teil und studierte 1918-21 an der Univ. Münster. Schon in Würzburg als Feuilletonleiter der „Neuen Würzburger Zeitung" journalistisch tätig, übernahm er in Münster das Feuilleton des „Westfälischen Merkurs". Nach der Promotion zum Dr. phil. war F. 1922 Chefredakteur der „Trierer Zeitung", bevor er im selben Jahr Redakteur der „Essener Volkszeitung" wurde. Seit 1927 arbeitete er als freier Journalist und Korrespondent. F. war Musik- und Theaterkritiker, Herausgeber u . a . von Gedichtbänden, Almanachen, des „Essener Theaterjahrbuchs" und der „Theaterblätter der Städtischen Bühnen Essen". F e l l m a n n , Mia, Pseud. Friedrich Maria Fellmann, Schriftstellerin, * 2 8 . 4 . 1 8 9 6 Berlin, t n . e . Nach der Mittelschule bildete sich F. in Privatstudien weiter und interessierte sich bald vor allem für übersinnliche P h ä n o m e n e und Psychologie. Sie debütierte 1919 mit d e m Erzählband Wellen, die in's Dunkel gleiten und veröffentlichte in den folgenden Jahrzehnten Gedichte, Romane, Novellen, Dramen, Essays und Drehbücher für Stummfilme, später auch f ü r Tonfilme. m D L L , 20. Jh. F e l l m e t h , H e r m a n n , Unternehmer, * 12.6. 1880 E t t l e n s c h i e ß / N e c k a r , t 1 6 . 1 2 . 1 9 4 8 Stuttgart. Nach einer kaufmännischen Lehre arbeitete F. in Deutschland, Österreich und Frankreich, bevor er 1906 für die Robert Bosch A G die kaufmännische Leitung der französischen Tochterfirma übernahm. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs entzog er sich rechtzeitig der Internierung, leitete einige Zeit die Genfer Filiale und wurde Verkaufsleiter der Unternehmenszentrale in Stuttgart. 1917 erhielt er Prokura und wurde 1921 stellvertretendes, 1923 ordentliches Vorstandsmitglied. Bis 1945 war er für die Verkaufsleitung, insbesondere für das Auslandsgeschäft, verantwortlich. Nach d e m E n d e des Zweiten Weltkriegs von den Alliierten als „belastet" eingestuft, mußte er aus seiner Stellung ausscheiden. Erst zwei Jahre später konnte er sich rehabilitieren. F. wurde von Robert —»Bosch zu einem seiner Testamentsvollstrecker bestimmt. F e l l n e r , Ferdinand (August Michael), Zeichner, Maler, * 12.5. 1799 F r a n k f u r t / M a i n , t 14.9. 1859 Stuttgart. F. studierte auf Wunsch des Vaters 1817-24 in Heidelberg und Göttingen Rechtswissenschaften und wurde 1825 in F r a n k f u r t / M a i n als Rechtsanwalt zugelassen. Im selben Jahr ging er, autodidaktisch zum Maler ausgebildet, nach M ü n c h e n , wo er sich zunächst d e m Kreis um Peter von —»Cornelius anschloß. 1831 ließ sich F. als Maler und Illustrator in Stuttgart nieder. F. schuf Ölgemälde, Zeichnungen und Kostümstudien und illustrierte u. a. Werke der schwäbischen Romantik (—» Mörike, —> Uhland), das Nibelungenlied, Cervantes' Don Quijote und —»Goethes Faust. CD A K L F e l l n e r , Ferdinand d. J., österr. Architekt, * 1 9 . 4 . 1 8 4 7 Wien, t 2 2 . 3 . 1916 Wien. F. brach das Studium der Architektur an der T H Wien 1866 ab, um im Atelier seines Vaters Ferdinand F. d. Ä. mitzuarbeiten. F.s erste selbständige Arbeit war 1870 die Errichtung des Interimstheaters in Brünn. Er führte einige von seinem Vater in die Wege geleitete Bauten, darunter das Wiener Stadttheater, zu Ende, bevor er sich 1873 mit Hermann —» Helmer zu einer Architektengemeinschaft zusammenschloß, die in ganz Europa Uber 60 Theaterbauten projektierte und errichtete, darunter das Schauspielhaus Hamburg (1900) sowie Bühnen in Budapest, Prag, Graz, Zürich, Augsburg und Odessa. Daneben baute F. Schlösser und Stadthäuser in barockem und in klassizistischem Stil (Palais Sturany, Wien) sowie das Kaiserbad in Karlsbad. cd

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F e l l n e r , Karl Constanz Victor, Politiker, * 2 4 . 7 . 1807 F r a n k f u r t / M a i n , t 2 4 . 7 . 1866 F r a n k f u r t / M a i n . Nach einer kaufmännischen Lehre trat F. in die Firma seines Onkels ein, die er nach dessen Tod als Teilhaber und Geschäftsführer weiterführte. Als er 1854 in den bisher von großdeutschen Kräften beherrschten Senat gewählt wurde, trat er von seiner Geschäftstätigkeit zurück. F. engagierte sich vor allem in der Finanzverwaltung sowie bei den Zollvereinsverhandlungen und setzte sich f ü r die Bürgerrechte der Juden, die A u f h e b u n g des Zunftzwangs und die Einführung der Freizügigkeit ein. Zwischen 1857 und 1866 hatte er mehrmals das A m t des Bürgermeisters inne. Nach der Besetzung der freien Stadt im Preußisch-Österreichischen Krieg 1866 wurde F. von Preußen zum Regierungsbevollmächtigten ernannt und mußte der Bürgerschaft die Kontributionszahlung von 25 Millionen Gulden vermitteln, worauf er sich das Leben nahm. m ADB F e l l n e r , Otfried O., österr. Gynäkologe, Geburtshelfer, * 2 0 . 9 . 1873 Wien, t 7. 8. 1942 Wien. F. spezialisierte sich nach dem Medizinstudium und der Promotion in Wien (1897) auf Geburtshilfe und Gynäkologie und praktizierte dann als Frauenarzt in Wien. Daneben betrieb er medizinische Studien, insbesondere zur sterilisierenden Wirkung weiblicher H o r m o n e . F., dessen Forschungen seinerzeit wenig Beachtung fanden, gilt heute als ein Wegbereiter der Reproduktionsendokrinologie. Er gab Therapie der Wiener Spezialärzte (1908, 3 1930) heraus. Nach dem „Anschluß" Österreichs 1938 durfte F. wegen seiner judischen Herkunft seinen Beruf nicht mehr ausüben, c d Arzte 2, 3 F e l l n e r , Thomas, österr. Archivar, * 17.4. 1852 Schwanenstadt (Oberösterreich), t 2 2 . 4 . 1904 Wien. Nach d e m Studium der Klassischen Philologie in Wien, Berlin und Bonn 1877 promoviert, unterrichtete F. als Mittelschullehrer und trat 1879 als Archivar in den österr. Staatsdienst ein. 1883 wurde er Direktor des Archivs des Innenministeriums. Daneben betreute er einige Jahre die Bibliothek des Unterrichtsministeriums. Seit der Habilitation 1880 lehrte er alte Geschichte an der Univ. Wien. F. veröffentlichte u. a. Zur Geschichte der attischen Finanzverwaltung im 5. und 4. Jahrhundert (1879) und Die österreichische Zentralverwaltung. Aktenstücke 1683-1749 (postum 1907). CD Biogr Jahrb, Bd 9 F e l l ö c k e r , Siegmund, Benediktiner, Theologe, Naturwissenschaftler, * 1 9 . 2 . 1 8 1 6 N e u h o f e n / K r e m s (Oberösterreich), t 5 . 9 . 1887 Kremsmünster (Oberösterreich). F. hielt sich 1834 zum Studium der Philosophie und der Rechtswissenschaften in Wien auf, trat 1835 in das Benediktinerstift Kremsmünster ein und studierte Theologie, Mathematik und Naturwissenschaften in Linz. Nach der Priesterweihe 1840 war er in Kremsmünster A d j u n k t an der Sternwarte und Katechet an der Normalschule, bis er 1853 Prof. der Mathematik, Mineralogie und Physik am Stiftsgymnasium wurde. 1870-76 war er Pfarrer in Weißkirchen, danach Prior, Stiftsrentmeister und Schulrat in Kremsmünster. F. veröffentlichte astrologische, mathematische und mineralogische Werke, darunter ein mehrmals aufgelegtes Lehrbuch der Mineralogie (1853, 3 1864), sowie katechetische Schriften, Lokalhistorisches und Folkloristisches. F e l m a y e r , Rudolf, österr. Schriftsteller, * 24. 12.1897 Wien, t 27. 1 . 1 9 7 0 Wien. Der Sohn eines Gewerbetreibenden arbeitete nach d e m Besuch der Wiener Handelsakademie u. a. als Bankbeamter, bis er im Zweiten Weltkrieg der L u f t w a f f e in Aspern als Schreiber zugeteilt wurde. 1945 kehrte er nach Wien zurück und hatte Anteil an der Neuorganisation der literarischen Abteilung des Österreichischen R u n d f u n k s . Gleichzeitig war F. Lyrikreferent im Studio Wien, Leiter des Literaturreferats

Felsenreich im Amt für Kultur und Volksbildung der Stadt Wien sowie Bibliothekar und Lektor der Wiener Städtischen Büchereien. Als Mentor und Herausgeber junger Autoren gab er der österr. Literatur der Nachkriegszeit mit der Lyrikanthologie Tür an Tür (3 Folgen, 1950-55) und der Reihe Neue Dichtung aus Österreich wesentliche Impulse. F. veröffentlichte selbst Gedichtbände wie Die stillen Götter (1936) und Der Wiener und sein Tod. Poesien in der Umgangssprache (1968). Gedichte aus dem Nachlaß erschienen 1970 unter dem Titel Landschaft des Alters (hrsg. von E. Felmayer). CD Killy F e l m e r , Martin, Historiker, * 30. 11. 1720 Hermannstadt, t 28.3. 1767 Hermannstadt. F., Sohn eines Bäckers und Zunftmeisters, studierte 1740-43 in Halle Theologie, daneben Mathematik, Physik, Rechtswissenschaften und Geschichte. Seit 1744 unterrichtete er als Lehrer, später als Rektor am Hermannstädter Gymnasium. Die von ihm eingeführten Lehrpläne und Unterrichtsmethoden wurden bis in die Mitte des 19. Jh. angewandt. Seit 1750 auch Prediger, wurde er 1763 Pfarrer in Heitau, 1766 Stadtpfarrer von Hermannstadt. Daneben befaßte sich F. mit der siebenbürgischen Geschichte und Volkskunde. F.s Geschichte Siebenbürgens Primae lineae M. Principatus Transylvaniae Historiam [...] erschien 1780, eine Werkauswahl unter dem Titel Schriften gab Adolf Armbruster 1874 heraus. m NDB Feiner, Ignaz Andreas Anton, auch Ignaz Anton Adam F., kath. Theologe, Schriftsteller, * 17.8. 1754 Freiburg/ Breisgau, t 5.4. 1825 Merzhausen bei Freiburg/Breisgau. F. trat 1770 in die Gesellschaft Jesu ein, wurde nach der Aufhebung des Ordens 1776 zum Priester geweiht, 1777 Prof. der Rhetorik am akademischen Gymnasium in Freiburg/Breisgau, 1812 dessen Präfekt und war 1814-25 Pfarrer in Merzhausen. F. übersetzte u.a. den römischen Katechismus, die Gregorianischen Pastoralvorschriften sowie Cicerón's vermischte Briefe (8 Bde., 1782). Er veröffentlichte zahlreiche Gelegenheitsgedichte im anakreontischen Stil, darunter Gedichte von Ignaz Feiner, Professor (1796). Als polemischer Gegner der Französischen Revolution verfaßte F. die Kampfschrift Beherzigungen für Deutsche. Gewidmet seinen Mitbürgern in Deutschland, von einem Deutschen (1793). DD Killy Fels, Edwin, Geograph, * 11.11. 1888 Korfu, t 19.5. 1983 München. F., Sohn eines Großkaufmanns, studierte in München Geographie, wurde 1913 promoviert (Der Plansee. Eine geographische Seenstudie) und lehrte seit 1923 als Privatdozent (Habilitationsschrift: Die Küsten von Korfu. Ein Beitrag zur Landschaftskunde der Insel), seit 1927 als a. o. Professor. 1938-45 und 1948-57 war er in Berlin o.Prof. der Wirtschaftsgeographie, seit 1949 auch Honorarprofessor an der TU Berlin und Lehrbeauftragter der Deutschen Hochschule für Politik. Er war Ehrenmitglied der Geographischen Gesellschaften in Greifswald, München, Rom und Belgrad. F. veröffentlichte u. a. Vom Athos zum Ida. Griechische Hochgebirgsbilder in Schilderungen deutscher Reisender ( 1930), Das Weltmeer in seiner wirtschafts- und verkehrsgeographischen Bedeutung (1932), Landgewinnung in Griechenland (1944), Die Umgestaltung der Erde durch den Menschen (1962) und Der wirtschaftende Mensch als Gestalter der Erde (1967). Fels, Erich, Gynäkologe, * 19.5. 1897 Würzburg, t 21.1.1981 Buenos Aires. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg studierte F. Medizin in Würzburg, wurde 1921 promoviert (Ueber Peniskarzi-

nome) und assistierte in Hamburg und Würzburg, zuletzt an der Universitäts-Frauenklinik. 1925 habilitierte er sich (Experimentelle Studien an Parabiose-Tieren über Physiologie und Biologie der Sexualhormone) und ging als Privatdozent und Chefassistent der Gynäkologie nach Breslau. Seit 1933 wegen seiner jüdischen Herkunft Repressionen ausgesetzt, emigrierte F. 1934 nach Argentinien und wurde Leiter der neugegründeten Abteilung für Biopathologie und experimentelle Chirurgie an der Frauenklinik in Buenos Aires. In der Nachkriegszeit arbeitete er für verschiedene internationale Organisationen und war Gastdozent an mehreren Universitäten der Bundesrepublik Deutschland. 1978 wurde er zum Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe ernannt. F. erforschte die Sexualhormone und die Pathologie der Gebärmutter. Er war u. a. Mitverfasser der Studie Das Hormon des Corpus luteum (Biologie, Chemie und Klinik) (1937). Zusammen mit Karl Heinrich —> Slotta und Heinrich Ruschig gelang F. die Isolierung des Progesterons. DP BHdE, Bd 2 F e l s b u r g , Albrecht Steiner von, österr. Maler, Architekt, * 25.2.1838 Wien, t 31. 10.1905 Innsbruck. F. studierte Malerei in Stuttgart und München, u. a. bei Josef —» Schlotthauer und Johann von —»Schraudolph, verbrachte einige Zeit im Benediktinerstift St. Bonifaz und bereiste Italien, wo sich seine Hinwendung zu den Nazarenern vollzog. 1866 ließ er sich in Innsbruck nieder und war vor allem als Altarbildmaler und Freskenrestaurator tätig. Er leitete die architektonischen Arbeiten bei der Restauration des Doms in Brixen sowie der Andreas-Pfarrkirche in Innsbruck. Ferner entwarf er die historischen Glasfenster Marienszenen für die Pfarrkirche Bozen (zerstört) und schuf die Dekorationen der Pfarrkirche in Proveis am Nonsberg (1873-88) und der Herz-Jesu-Kirche des Vinzentinums in Brixen, die zu seinen Hautpwerken zählen. OD A KL F e l s e n e c k , Marie von, eigentl. Marie Luise Mancke, auch William Forster, Marie Weißenburg, Schriftstellerin, * 29.11. 1847 Leipzig, t 29.8. 1926 Berlin. F. lebte bei ihrem Vater, einem Oberstabsarzt, in Leipzig, später in Dresden. Sie veröffentlichte kulturhistorische Aufsätze und Erzählungen, Märchenbearbeitungen sowie volkstümlich abgefaßte Biographien. Ihre über 50 Mädchenromane erschienen seit 1893 in rascher Folge. Mit klischeehaften Handlungsschemata und stereotypen Figuren vermittelt F. die Werte der bürgerlichen Frauenrolle des 19. Jh., propagiert dabei aber auch das Recht der Frauen auf Bildung und freie Berufswahl. Sie war Vorstandsmitglied im Deutschen Schriftstellerinnen-Bund und im Verein zur Reform der Jugendliteratur. F. verfaßte Fortsetzungen zu Emmy von -> Rhodens Trotzkopf etwa Trotzkopfs Erlebnisse im Weltkriege (1916), eine Verherrlichung des Kriegs, und Trotzkopf heiratet (1919). CD Killy Felsenreich, Anton, österr. Gynäkologe, * 25.5.1848 Wien, t 3.2.1926 Wien. Nach der Promotion 1873 an der Univ. Wien praktizierte F. bis 1877 an der Niederösterreichischen Landesfindelanstalt und im St.-Anna-Kinderspital. Bis 1881 war er Assistent unter Gustav von —> Braun an der Klinik für Hebammen im Allgemeinen Krankenhaus und die folgenden zwei Jahre unter Carl Rudolf Braun von Fernwald an der I. Universitäts-Frauenklinik. F. habilitierte sich 1883, wurde 1898 a. o.Prof. und lehrte bis 1907 an der Univ. Wien. Er machte sich besonders um die Entwicklung gynäkologischer Operationen verdient. F. veröffentlichte u. a. Die Behandlung der Placentarperiode (in: Wiener Klinik. Vorträge aus der gesamten praktischen Heilkunde 12, 1886, Heft 1). • α Czeike

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Felsenstein F e l s e n s t e i n , Walter (Theodor), Regisseur, Intendant, * 3 0 . 5 . 1 9 0 1 Wien, t 8 . 1 0 . 1975 Berlin. Nach einem Studium an der T H Graz nahm F. Schauspielunterricht in Wien und begann seine Theaterlaufbahn in Lübeck, M a n n h e i m und Beuthen, wo er zum ersten Mal Regie führte. Seit 1927 war er Oberspielleiter an Opern- und Schauspielbühnen in Basel, Freiburg/Breisgau, Köln, Frankf u r t / M a i n und Zürich. 1940 wurde er Schauspielregisseur am Schillertheater in Berlin, 1945 Spielleiter am HebbelTheater, 1947 Intendant der im Ostteil der Stadt gegründeten Komischen Oper. F. widmete sich der Entwicklung eines realistischen Musiktheaters, griff auf die ursprüngliche Partitur zurück und ließ Libretti neu übersetzen. Er inszenierte u . a . Die Hochzeit des Figaro (1950 und 1975), Othello (1959), Ritter Blaubart (1963), Carmen (1972). Zu seinen Veröffentlichungen zählt Musiktheater (1961, mit Siegfried —> Melchinger). Postum erschien 1986 eine S a m m l u n g seiner Briefe, Reden, Aufzeichnungen und Interviews unter d e m Titel Theater muß immer etwas Totales sein (hrsg. von Ilse Kobán). CD M G G F e l s e r , Frieda, Sängerin, * 3 . 3 . 1 8 7 2 München, t 16.2. 1941 Köln. Nach d e m Studium am Münchner Konservatorium debütierte die Sopranistin 1890 am Salzburger Stadttheater, ging im folgenden Jahr an das Stadttheater Würzburg und trat 1892-95 am Carl-Schultze-Theater in Hamburg als Operettensängerin auf. Nach Engagements am Stadttheater Reichenberg (Böhmen) und am Opernhaus in Düsseldorf sang F. seit 1898 an der Oper in Köln, w o sie u. a. als Carmen und als Nedda im Bajazzo Erfolge feierte. 1906 ging sie für zwei Jahre an die Hofoper in Wien und kehrte danach an die Kölner Oper zurück. In ihren letzten Lebensjahren war F. als Gesangslehrerin tätig. e n Kutsch F e i s i n g , (Johann) Conrad (Friedrich), Kupferstecher, * 1.3. 1766 Gießen, t 3. 12.1819 Darmstadt. Der Sohn eines Messerschmiedes ging bei einem Uhrmacher in die Lehre, bildete sich nach anfänglichem Unterricht autodidaktisch zum Kupferstecher aus und wurde 1796 vom Landgrafen von Darmstadt zum Hofkupferstecher ernannt. 1797 gründete F. die später von seinen Söhnen Johann Heinrich und Jacob —> F. weitergeführte Kupferdruckerei. Neben Bildnissen in Punktiertechnik und Illustrationen für Taschenbücher stach er vorbildhafte Topographien, u. a. die Karte der Gegend zwischen Main, Neckar und Rhein (1804) und den Plan der Stadt und Festung Mainz (1816).

OP A KL F e i s i n g , (Georg) Jacob, Kupferstecher, * 2 2 . 7 . 1 8 0 2 Darmstadt, t 9 . 6 . 1883 Darmstadt. Der Sohn Conrad —>F.s erhielt seine erste Ausbildung beim Vater in Darmstadt und ging 1822, unterstützt durch Großherzog —> L u d w i g I., nach Italien. F. arbeitete in Mailand, Florenz, R o m und Neapel, wurde 1828 Mitglied und Preisträger der Mailänder Akademie, lehrte 1831 als Akademieprofessor in Florenz und kehrte 1832 nach Darmstadt zurück. Seit 1833 Hofkupferstecher, war er von 1854 an Prof. an der Darmstädter Akademie. 1843 gründete er den Rheinischen Kunstverein, 1861 die Darmstädter Kunstgenossenschaft. F. gilt als einer der bedeutendsten Reproduktionskupferstecher seiner Zeit. Zu seinen Hauptwerken zählt eine Mater Dolorosa (1826) nach Leonardo da Vinci und eine Thronende Madonna (1830) nach Andrea del Sarto. m

AKL

F e i s i n g , Johann Heinrich, Kupferstecher, Drucker, * 18.9. 1800 Darmstadt, t 2 9 . 3 . 1 8 7 5 Darmstadt. F. übernahm nach d e m Tod seines Vaters Conrad —»F. zunächst dessen Arbeiten und ging dann zur weiteren Ausbildung nach Paris und Chardon. Wieder in Darmstadt, führte er

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mit einer verfeinerten F o r m der galvanoplastischen Drucktechnik die von seinem Vater gegründete Kupferdruckerei zu internationaler Bedeutung. Zwischen 1835 und 1848 werden in seiner Werkstatt Stiche nach - » Dürer, Raffael und Correggio sowie die berühmte Platte Madonna des Bürgermeisters Meyer nach —> Holbein d. J., gestochen von Moritz —> Steinla gedruckt. In seiner Heimatstadt erwarb sich F. durch zahlreiche soziale und kulturelle Aktivitäten großes Ansehen. Er förderte insbesondere das Turnen, war mit Friedrich Ludwig —»Jahn befreundet und entwarf das graphische Zeichen des Turnbundes mit dem vierfachen F für „frisch, f r o m m , fröhlich, frei". ED A K L F e l s k o , Johann Daniel, auch Felskau, Architekt, * 3 0 . 1 0 . 1813 Riga, t 7 . 1 0 . 1 9 0 2 Riga. F., Sohn eines Maurers, erlernte das Maurerhandwerk und Technisches Zeichnen und bildete sich in Königsberg, Warschau, Kopenhagen und Posen weiter. 1835-40 studierte er an der Kopenhagener Kunstakademie das Baufach und wurde 1843 A d j u n k t des Maureramtes, 1844 Stadtbaumeister und Stadtarchitekt von Riga. Später gewährte ihm der Rat der Stadt ein Stipendium zur Weiterbildung an der Kunstakademie in St. Petersburg, die ihm 1851 für den Entwurf eines Wohnhauses den Grad eines „freien Künstlers" verlieh. F. projektierte Kirchen im neugotischen Stil und arbeitete an der Rekonstruktion mittelalterlicher Baudenkmäler (Dom in Riga, 1862-65). Er plante und erbaute bis zum E n d e seiner Amtszeit 1879 auch dreißig offizielle Bauten. 1856 konzipierte er mit Otto Dietze den Abriß der Rigaer Stadtbefestigung und die Rekonstruktion des Zentrums, das Gesicht der Stadt im 19. Jh. damit maßgeblich bestimmend. e n AKL F e i t e n , Johann Theodor, Unternehmer, * 5 . 6 . 1 7 4 7 Köln, t 6 . 1 2 . 1827 Köln. F., Sohn eines Seilermeisters, wurde vermutlich zum Seiler ausgebildet und übernahm 1781 die Seilerei seines Schwiegervaters Johann Fischer. Nach der französischen Besetzung Kölns 1794 und den damit verbundenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten (u. a. Beschlagnahmung von Waren und Rohstoffen) begann er, auch Rohmaterial für Seilerwaren zu liefern und Fertigprodukte zu vertreiben, und erlangte eine dominierende Stellung in der Kölner Seilerschaft. F.s Unternehmen, das Anfang der zwanziger Jahre etwa 30 Arbeiter beschäftigte und von seinem Schwiegersohn Franz Carl —»Guilleaume weitergeführt wurde, markiert in der Einführung des Verlagssystems den Übergang von zunftgebundenen Handwerk zu einer vorindustriellen Produktionsform. DP Rhein Westf Wirt, Bd 13 F e i t e n , Joseph, kath. Theologe, * 9 . 2 . 1 8 5 1 Düren, t 1 1 . 1 2 . 1 9 2 9 Bonn. F. studierte Theologie in Bonn, Münster, Löwen und Würzburg, w o er 1876 promoviert wurde. 1877-86 war er Dozent am St. Cuthbert's College im englischen Ushaw-Durham. Danach Kaplan in Süchteln, wurde er 1888 a. o. Prof. und 1902 o . P r o f . der neutestamentlichen Exegese in Bonn. F. war apostolischer Protonotar und Vorsitzender des Borromäus-Vereins. Er befaßte sich vor allem mit der Apostelgeschichte und veröffentlichte u. a. Neutestamentliche Zeitgeschichte oder Judentum und Heidentum zur Zeit Christi 3 und der Apostel (2 Bde., 1910, 1925). CD B B K L F e i t e n , Wolfgang, Zeichner, Illustrator, * 5 . 8 . 1914 G r i m m a (Sachsen), t 13. 11. 1963 München. Nach dem Studium 1 9 3 4 / 3 5 an der Kunstgewerbeschule Zwickau und 1936-39 an der Staatlichen A k a d e m i e für Kunstgewerbe in Dresden lebte F. als Illustrator und Buchgraphiker in M ü n c h e n . Er arbeitete für Reclam, Rütten & Loening, später auch für Schaffstein, Herder, Bertelsmann,

Fendrich Bärenreiter und Heimeran. Im Stil Wilhelm —> Büschs illustrierte F. vor allem Kinder- und Jugendbücher ( u . a . —> Grimms Der gestiefelte Kater, Collodis Geschichte vom hölzernen Bengele) und schrieb selbst humorvolle Bildergeschichten wie Der Postsparuhu (1954) und Stachelblüten (1955). Seine 20 Bde. umfassenden gezeichneten Tagebücher (Suddelbiicher) blieben unveröffentlicht. OD A K L F e l t m a n n , Gerhard, Jurist, * 1637 Kleve, t 1696 Bremen. F. studierte nach 1653 Rechtswissenschaften in Duisburg, Leiden und Orleans, wo er promoviert wurde. 1660 begleitete er einen holländischen Gesandten nach Frankreich und wurde 1661 a. o . P r o f . in Duisburg. Seit 1667 lehrte er im niederländischen Groningen und wurde nach 1678 Beisitzer des Hofgerichts in Aurich. Der dänische König ernannte ihn zum Staatsrat. Eine S a m m l u n g juristischer Schriften F.s erschien gemeinsam mit denen seines Bruders postum unter d e m Titel Duorum fratrum Gerhardi et Theodori Feltmann Opera iuridica (7 Bde., 1764-69). DP A DB F e i t s c h e r , Anton, Schauspieler, * 1 5 . 2 . 1 8 2 5 Riga, t 13.7. 1885 Graubünden. Der Sohn eines Konditormeisters, trat als Heldendarsteller 1844 in Berlin auf, 1 8 4 5 / 4 6 in Altona, 1 8 4 7 / 4 8 in Hamburg, 1 8 4 8 / 4 9 in Bremen, 1849-52 in Weimar, 1852-56 am Hoftheater in Braunschweig und 1859-70 am Hoftheater in Schwerin. Er gastierte in ganz Deutschland, den Niederlanden, am Burgtheater in Wien und seit 1874 in St. Petersburg. Danach Direktor in Freiburg/Breisgau, war F. 1 8 8 3 / 8 4 am Deutschen Landestheater in Prag tätig. Die letzten Lebensjahre verbrachte er in der Schweiz. Zu seinen Hauptrollen zählten u. a. Clavigo, Othello und Marc Anton. F. war Mitarbeiter verschiedener Theaterzeitschriften. CD H L S F e l t z , Kurt, Schlagertextdichter, Schallplattenproduzent, * 14.4. 1910 Krefeld, t 3 . 8 . 1982 Mallorca. F. und Ralph Maria —> Siegel schrieben bereits zu G y m nasialzeiten gemeinsam ein Libretto zu der Jazz-Operette Der Mann im Frack, die erfolgreich aufgeführt wurde. Während des Philologiestudiums in Köln arbeitete F. beim R u n d f u n k , wechselte zum Werbefunk und begann 1934, Schlagertexte zu dichten. Neben 1500 Liedertexten schrieb er mehrere Operettenlibretti (u. a. Die Perle von Tokay) und Drehbücher zu Musikfilmen (u. a. Und die Musik spielt dazu). Nach d e m Zweiten Weltkrieg wirkte F. bei Unterhaltungssendungen des M ü n c h n e r R u n d f u n k s mit, bis er 1948 musikalischer Leiter der Abteilung „Musikalische Unterhaltung" beim Kölner R u n d f u n k wurde, Musiksendungen wie Der blaue Montag ins Leben rief und 80 Operetteninszenierungen leitete. 1950 gründete er eine eigene Musikproduktion und Schloß später als Produzent einen Exklusivvertrag mit der „Deutschen G r a m m o p h o n " ab. CD Munzinger F e m i n i s , Johann Paul, eigentl. Giovanni Paolo F., Fabrikant, * nach 1660 Crana (Gem. Santa Maria Maggiore bei Mailand), t 28. 11.1736 Köln. Mit der großen Zahl italienischer Einwanderer Ende des 17. Jh. kam auch F. nach Deutschland und erwarb 1685 in Mainz das Bürgerrecht. 1695 wurde er in Köln „zur Gaffel qualifiziert" und damit für geschäftsfähig erklärt. Er vertrieb ein „aqua mirabilis" genanntes Allheilmittel, dessen Rezeptur in hochprozentigem Alkohol gelöster Öle der Zitrusgruppe er vermutlich aus seiner Heimat mitgebracht hatte. Das einfache Herstellungsverfahren und die wohltuende Wirkung des Wunderwassers verhalfen ihm bald zu großem Wohlstand. Angeblich gab er die Rezeptur vor seinem Tod an Johann Anton und Johann Maria - » F a r i n a wei-

ter. Im 19. und 20. Jh. wurden um die Urheberschaft F.' an d e m als Eau de Cologne inzwischen weltbekannten Mittel zahlreiche Wettbewerbsprozesse geführt. c d NDB F e n d , Fritz, Konstrukteur, * 1920 Rosenheim, t 6 . 1 0 . 2 0 0 0 Regensburg. Während des Zweiten Weltkriegs beim Flugzeughersteller Messerschmitt an der Entwicklung der ersten Düsenjäger beteiligt, übernahm F. nach 1945 den Lebensmittel laden seiner Eltern in Rosenheim und begann nebenbei mit der Konstruktion von Kleinfahrzeugen, zunächst f ü r Kriegsinvalide mit einem Handhebelmechanismus. Nach einem pedalgetriebenen Dreiradfahrzeug, d e m ersten sog. „Flitzer", konstruierte er 1948 das erste motorisierte Kleinfahrzeug. In Zusammenarbeit mit Messerschmitt entstand in der Folge der dreirädrige Kabinenroller, der 1953 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Nachdem das zunächst große Interesse an d e m Fahrzeug stagnierte, erwarb F. das Herstellungswerk, das Wilhelm - » Messerschmitt an den bayerischen Staat verkauft hatte, und gründete die Fahrzeug- und Maschinenbau G m b H Regensburg (FMR), die bis 1964 Dreiradfahrzeuge herstellte. Noch E n d e der neunziger Jahre war F. entwicklerisch tätig; sein Fend 2000, ein moderner Zweisitzer mit extrem sparsamen Verbrauch ( 2 1 / 1 0 0 km) kam jedoch nie in die Produktion. F e n d e r l i n , Lukas, Jurist, * 1 8 . 1 1 . 1 7 3 3 ( 1 7 3 2 ? ) Breslau, t 2 0 . 6 . 1791 Grüssau bei Landeshut (Schlesien). F. studierte in Leipzig und Halle Rechtswissenschaften, trat als Justizsekretär in Schlesien in den preuß. Justizdienst ein und wurde 1766 Oberamtsanwalt sowie Hof- und Kriminalrat in Breslau. Später übernahm er das A m t des Stiftskanzlers der Zisterzienserabtei Grüssau bei Landeshut (Schlesien) und leitete auch deren Gericht. F. trug zur Gestaltung des preuß. Allgemeinen Landrechts bei (u. a. Gedanken über die Verabfassung eines allgemeinen Gesetzbuches [...], 4 Stücke, 1770-73; Versuch eines Auszuges der Römischen Gesetze in einer freyen Uebersetzung zum Behuf der Abfassung eines Volks-Codex, 7 Tie., 1783-87; Freymüthige Gedanken über den Entwurf eines allgemeinen Gesetz-Buchs für die Preußischen Staaten, ungedruckt). CD A D B F e n d i , Peter, österr. Maler, Lithograph, * 4 . 9 . 1 7 9 6 Wien, t 2 8 . 8 . 1842 Wien. F., Sohn eines Lehrers, studierte 1810-13 an der „k. k. Zeichnungsakademie St. A n n a " in Wien. Von dem Arzt und Kunstsammler Joseph Barth und d e m Präsidenten der A k a d e m i e Graf Anton —> Lamberg-Sprinzenstein als Kopist entdeckt und gefördert, wurde er 1818 Zeichner und Kupferstecher des Hof- und Münzkabinetts. Neben den über 2 0 0 0 Kopien, die dort entstanden, schuf er später Sitten- und Genrebilder, Porträts und Landschaften. Mit Werken wie Das Milchmädchen (1830) und Pfändung (1839) zählte er zu den beliebtesten Künstlern des österr. Biedermeier. Von der Hocharistokratie wurde er als Kinderporträtist geschätzt. Er schuf auch Illustrationen, so zu Joseph Hormayrs Wien, seine Geschicke und Denkwürdigkeiten (1823-25). Seit 1836 war F. Mitglied der Wiener A k a d e m i e der bildenden Künste. CD A K L F e n d r i c h , Anton, Pseud. Jodokus Spiegelhalter, Schriftsteller, * 8 . 4 . 1 8 6 8 Offenburg (Baden), t 6. 1.1949 Freiburg/Breisgau. Der Sohn eines Eisenbahnbeamten brach das Studium der Volkswirtschaft in Zürich ab und wurde, seit 1887 Mitlied der SPD, 1890 Redakteur der Frankfurter „Volksstimme". Danach in Braunschweig, Paris, Offenburg und Karlsruhe als Korrespondent und Redakteur tätig, wurde er 1899 in die zweite K a m m e r des badischen Landtags gewählt. 1909 löste sich F. von der Partei und lebte 1910-14 in Pasing bei

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Fendt München, danach in Freiburg/Breisgau als freier Schriftsteller. Neben Romanen und Erzählungen schrieb er hauptsächlich Sachbücher über Sport und Wandern sowie Berichte aus dem Weltkrieg. Seine Autobiographie erschien postum 1953 unter dem Titel Hundert Jahre Tränen 1848-1948. ED Schröder F e n d t , Adam, Sänger, * 6.9. 1915 Walldorf bei GroßGerau, t 15.3.1960 Frankfurt/Main. Der Tenor studierte 1937-40 an der Frankfurter Musikhochschule bei Rolf Ligniez und sang 1940/41 am Stadttheater Kaiserslautern, danach am Nationaltheater Mannheim. 1943-49 feierte F. vor allem als Interpret italienischer Partien große Erfolge an der Oper Frankfurt, sang anschließend an den Opernhäusern von Düsseldorf und Wuppertal und war kurze Zeit an der Staatsoper von Hamburg engagiert. Seit 1946 bestand ein Gastspielvertrag mit der Bayerischen Staatsoper München und der Stuttgarter Staatsoper. F. brillierte u.a. als Parsifal und als Florestan (Fidelio); er war auch als Konzert- und Liedersänger erfolgreich. • P Kutsch F e n d t , Franz, Politiker, * 24.10.1892 München, t 1. I. 1982 München. Als Volks- und Berufsschullehrer tätig und in der beruflichen Jungarbeiterbildung engagiert, studierte F. Staatswissenschaften und wurde zum Dr. oec. pubi, promoviert (Der ungelernte Industriearbeiter. Eine sozialökonomische Studie unter besonderer Berücksichtigung der gegenwärtigen deutschen Verhältnisse). Vor 1933 war er Mitglied der SPD und des Reichsbanners. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde F. Regierungsdirektor und Leiter des oberbayerischen Schulwesens, das er wiederaufbaute und neu organisierte. Er war Mitglied mehrerer wirtschaftspolitischer Ausschüsse, u.a. des Wirtschafts- und Finanzausschusses der Gewerkschaften. Ende 1945 wurde F. im Kabinett —»Hoegner Minister für Unterricht und Kultus. Er lehrte an der Hochschule für politische Wissenschaften in München, deren Rektor er seit 1950 war. CD Munzinger F e n d t , Leonhard, kath., später evang. Theologe, * 2.6. 1881 Baiershofen (Bayern), t 9. 1. 1957 Augsburg. Der aus bäuerlichen Verhältnissen stammende F. studierte seit 1901 in München Theologie, empfing 1905 die Priesterweihe und war danach bis 1911 Kaplan in Krumbach. 1910 in Straßburg promoviert (Die Theologie des Nestorius), wurde er 1911 Subregens des Priesterseminars in Dillingen und war 1915-17 a. o.Prof. der Dogmatik. 1918 trat er zum evang. Glauben über, erhielt eine Pfarrstelle in Gommern bei Magdeburg und betreute 1925-31 Pfarrgemeinden in Magdeburg und Berlin, wo er ein angesehener Prediger wurde. Seit 1931 lehrte er als Privatdozent an der Univ. Berlin Praktische Theologie, 1934-45 als Ordinarius. Nach einer Tätigkeit als Lehrstuhlvertreter an der Univ. Erlangen wurde er 1949 theologischer Lehrer in der Missionsschule in Bad Liebenzell. F. veröffentlichte u.a. Gnostische Mysterien. Ein Beitrag zur Geschichte des christlichen Gottesdienstes (1922, Nachdr. 1980), Der lutherische Gottesdienst im 16. Jahrhundert (1923), Erfüllung. Büchlein vom hochgemuten Luthertum (1923, 2 1930), Grundriß der praktischen Theologie für Studenten und Kandidaten (3 Bde., 1938/39, 2 1949,) und Homiletik (1949, 2 1970, bearb. von Bernhard Klaus). m TRE F e n e b e r g , Johann Michael (Nathaniel), auch Föneberg, Veneberg, kath. Theologe, * 9.2. 1751 Marktoberdorf/ Allgäu, t 12.10. 1812 Vöhringen bei Ulm. Der Sohn eines Gastwirts und Vetter von Martin —>Boos trat 1769 in Landsberg/Lech in die Gemeinschaft Jesu ein,

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Schloß seine Studien nach der Aufhebung des Ordens in Ingolstadt und Regensburg ab, wurde 1775 zum Priester geweiht und war als Gymnasialprofessor in Regensburg tätig. Seit 1778 Benefiziai in seiner Heimat, unterhielt er bis 1785 ein Knabenpensionat für Bauernsöhne. Zwischenzeitlich als Prof. der Rhetorik und Poesie an das Gymnasium in Dillingen berufen, wurde er 1793 Pfarrer in Seeg bei Füssen, 1805 in Vöhringen. Seit den Landsberger Studientagen mit dem Theologen Johann Michael —> Sailer befreundet, gehörte F. zu den führenden Theologen der Allgäuer Erweckungsbewegung. Er schrieb geistliche Gedichte und Lieder (Sammlung erbaulicher Lieder [...], 1807) sowie religiöse Erzählungen (Blumen und Dörnen-Stücke [...], o.J.). CD NDB Fenichel, Otto, Psychoanalytiker, * 2. 12.1897 Wien, t 22. 1.1946 Los Angeles (USA). F., Sohn eines Hof- und Gerichtsadvokaten, engagierte sich früh in der Wiener Jugendbewegung, studierte seit 1915 Medizin, Soziologie und Philosophie in Wien, hörte dort u.a. Sigmund Freud und wurde 1921 zum Dr. med. promoviert. Seine psychiatrische und neurologische Praxisausbildung setzte er in Jahr später am Berliner Psychoanalytischen Institut fort, gehörte seit 1924 zum festen Mitarbeiterstab der dortigen Poliklinik und wurde 1925 Lehranalytiker sowie Mitglied im Ausbildungsausschuß. Seit 1930 Mitglied der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft, arbeitete er in Wilhelm —» Reichs Sozialistischer Gesellschaft für Sexualberatung und Sexualforschung mit und führte gemeinsam mit diesem den linken Flügel innerhalb der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung an. 1931 wurde F., der sich um eine Synthese von Marxismus zu Psychoanalyse bemühte, auf Weisung Freuds aus der Redaktion der „Internationalen Zeitschrift für Psychoanalyse" ausgeschlossen. 1933 emigrierte er zunächst nach Norwegen, nach der Trennung von Reich 1935 nach Prag, wo er im Auftrag der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung die Leitung der dortigen Psychoanalytischen Arbeitsgemeinschaft übernahm. 1938 emigrierte F. über Frankreich in die USA, wo er als Laienanalytiker Kurse und Lehranalysen am Southern California Psychoanalytic Institute in Los Angeles durchführte. Durch seinen Schülerkreis, die „Fenichel-Boys", übte F. einen großen Einfluß auf die US-amerikanische Psychoanalyse aus. 1945 trat er eine Assistenzarztstelle am Cedars and Lebanon Hospital in Los Angeles an. Seit 1934 versandte er an eine kleine Gruppe exilierter Kollegen regelmäßig Rundbriefe, die seit 1998 in gedruckter Form vorliegen (19 Rundbriefe [1934-1945], 2 Bde.). Sein 1945 erstmals veröffentlichtes Hauptwerk The Psychoanalytic Theory of Neurosis (dt. Psychoanalytische Neurosenlehre, 3 Bde., 1974-77) festigte F.s Ruf als Enzyklopädist der Psychoanalyse. CD Lex dt-jüd Autoren F e n k o h l , Gustav (Adalbert), Maler, * 1.3. 1872 Barschken (Kr. Memel), t 15.3.1950 Berlin. Der Lehrerssohn bildete sich seit 1895 an der Berliner Akademie der Bildenden Künste, u. a. bei Max —> Uth und Lovis —> Corinth, als Maler aus. Seine durch feine Farbkomposition ausgezeichneten Bilder zeigen vor allem Landschaftsund Seemotive (u. a. Heide mit Schafherde, Kurenkähne im Haff). F. war seit 1919 Vorsitzender der Berliner Ortsvereinigung der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft, Beisitzer der Prüfungsstelle für Schund- und Schmutzschriften sowie Gutachter der Bildstelle des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht. DP AKL F e n n e k e r , Josef, Maler, Graphiker, Bühnenbildner, * 6.12.1895 Bocholt, t 9. 1. 1956 Frankfurt/Main. F., Sohn eines Kaufmanns, studierte 1918-21 in Münster, Düsseldorf und München sowie als Meisterschüler von Emil

Fenten —»Orlik in Berlin. Er zeichnete für den „Simplicissimus", das „Berliner Tageblatt" sowie führende Modeblätter und wirkte an der Ausstattung von Filmen und Revuen mit. 1932-54 entwarf er Bühnenbilder und Ausstattungen für die großen Berliner Bühnen und das Duisburger Opernhaus. Ferner erhielt er A u f t r ä g e in Wien, Stockholm und Mailand. Von 1954 bis zu seinem Tod arbeitete er f ü r die Städtischen Bühnen F r a n k f u r t / M a i n . F. entwarf und zeichnete graphisch richtungweisende, am französischen Impressionismus orientierte Film- und Bühnenplakate; er malte Porträts sowie Landschaften in Aquarell und Öl. m AKL F e n n e l , Adolf, Industrieller, * 7 . 3 . 1 8 6 0 Kassel, t 1 . 3 . 1 9 5 3 Kassel. Nach d e m Besuch der höheren Gewerbeschule in Kassel wurde F. seit 1877 in der Firma seines Vaters zum Mechaniker ausgebildet. Nach dem Tod des Vaters 1891 übernahm er zusammen mit seinem Bruder das Unternehmen und führte es vor allem als Konstrukteur von Vermessungsinstrumenten in den folgenden Jahrzehnten mit zwölf z u m Teil normsetzenden Patenten zu Weltgeltung. Während das Wagner-Fennel-Tachymeter zur Messung von Horizontalentfernungen und Höhenunterschieden (1882) noch mittels mechanischer Reduktion funktionierte, basierte die Fortentwicklung auf der Ergebnisermittlung durch ein Diagramm, dessen Kurven nach 1898 von allen Herstellern von Diagrammtachymetern ü b e r n o m m e n wurden. Für die verbesserte Genauigkeit bei Kreisablesungen entwickelte F. u. a. ein Schätzmikroskop (1902), ein Nonienmikroskop (1912) und ein Planglasmikroskop (1930). c d NDB F e n n e l , Friedrich, Maler, Lithograph, * 1 2 . 8 . 1 8 7 2 Wehlheiden (heute zu Kassel), t 15.2. 1926 Kassel. F. erlernte den Beruf des Glasmalers, studierte 1888-96 an der Kunstakademie Kassel und unternahm Studienreisen nach Italien und Paris. Dort wandte er sich der PleinairMalerei zu. Im Ersten Weltkrieg als Kriegsmaler der „Leipziger Illustrierten Zeitung" an der französischen Front, hielt er sich nach 1918 wiederholt in der Künstlerkolonie Willingshausen auf, wo er zum Kreis um Karl —»Bantzer gehörte. Als Maler und Steinzeichner schuf er Landschaften, Porträts und Akte, die u . a . in Berlin, Kassel, Düsseldorf, Hannover und München in Gemeinschaftsausstellungen gezeigt wurden. F. bevorzugte die hessische Landschaft. Seit 1908 gab er zahlreiche Mappen mit Steinzeichnungen heraus, darunter Ansichten von Cassel (1907 und 1909) und Marburg (1907). m

AKL

F e n n e r , Christian, Politikwissenschaftler, * 1 6 . 8 . 1 9 4 2 Berlin, t 2 . 1 . 2 0 0 6 Berlin. F. studierte 1965-69 Rechts- und Politikwissenschaft, Publizistik und Soziologie in Berlin, war 1970-76 wissenschaftlicher Assistent an der Freien Univ. Berlin und wurde 1974 mit der Arbeit Demokratischer Sozialismus und Sozialdemokratie. Realität und Rhetorik der Sozialismusdiskussion in Deutschland (veröffentlicht 1977) promoviert. Nach der Habilitation 1985 führten ihn Gastprofessuren nach Marburg, Osnabrück, Duisburg, H a l l e / S a a l e und zurück nach Berlin, bevor er 1992 einem Ruf als o . P r o f . an die Univ. Leipzig folgte und die Leitung des Instituts f ü r Politikwissenschaft übernahm. F. beschäftigte sich vor allem mit d e m politischen System der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere mit dem Parteien- und Verbändesystem. Über seine Arbeiten zur Sozialdemokratie kam er zur politischen Kulturforschung und zum Vergleich der Wohlfahrtsstaaten (u. a. Parteiensystem und politische Kultur. Schweden in vergleichender Perspektive, 1998; Bedroht der Kapitalismus die Demokratie?, 2005).

F e n n e r , Käthe, Sängerin, * 1 1 . 8 . 1 8 8 4 Braunschweig, t 1 5 . 1 0 . 1 9 4 4 Braunschweig. Nach ihrer Ausbildung zur Mezzosopranistin in Dresden war F. von 1912 bis an ihr Lebensende Mitglied des Hoftheaters, des späteren Landestheaters in Braunschweig. Zu ihrem Repertoire zählten u. a. die Suzuki in Madame Butterfly, die Magdalene in den Meistersingern und die Hexe in Hansel und Gretel. F., die zahlreiche Gastspiele gab und auch im Konzertsaal auftrat, kam bei einem Bombenangriff ums Leben. t u Kutsch F e n n e r , Paul Emmerich, Geodät, * 8.7. 1852 Homburg v . d . H . , t 23. 11. 1909 Darmstadt. F. studierte 1869-73 Ingenieurwissenschaft an der T H Karlsruhe, arbeitete am Bau der Bergisch-Märkischen sowie der Mosel-Bahn mit und ging 1880 als Assistent an das Geodätische Institut der T H Aachen. Dort habilitierte er sich 1887 für Geodäsie, wurde 1889 Dozent f ü r Markscheidekunde, 1891 Titularprofessor und lehrte seit 1898 als o . P r o f . der Geodäsie an der T H Darmstadt. F. war Mitglied der K o m mission für internationale Erdmessung. Er veröffentlichte zahlreiche Beiträge zur Theorie und Praxis geodätischer Messungen. CD Biogr Jahrb, Bd 14

Fenner-Behmer,

Hermann, Maler, * 8 . 6 . 1 8 6 6 Berlin, t 3 . 2 . 1913 Berlin. F.-B. besuchte die Berliner Kunstakademie, unternahm Studienreisen durch Italien, Belgien und die Niederlande und hielt sich längere Zeit in Paris bei Gustave Clarence Rodolphe Boulanger auf. Nach Berlin zurückgekehrt, malte er Porträts (Junger Geiger), Genrebilder (Besuchsstunde) und Landschaftsstudien, die u. a. in München und Paris ausgestellt wurden. Später schuf er Interieurs mit weiblichen Akten nach Art der zeitgenössischen französischen Modemalerei. Auch die Motive seiner Landschaften stammen zum Teil aus Frankreich, wo er jedes Jahr für mehrere M o n a t e arbeitete. Viele der Werke F.-B.s wurden durch Heliogravüren bekannt. DP A K L

Fenner von Fenneberg,

Daniel Ferdinand, österr. Militär, * 31. 10. 1818 Bruneck, t 1 5 . 2 . 1 8 6 3 Bregenz. Der Sohn des Feldmarschalleutnants Franz Philipp —> F. v. F. war 1837-43 österr. Offizier, wurde Journalist und veröffentlichte 1847 die kritische Schrift Österreich und seine Armee. Im Revolutionsjahr 1848 beteiligte er sich führend an den Aufständen in Wien und in der Pfalz. Nach deren Scheitern floh F. v. F. in die Schweiz, 1851 in die U S A . In N e w York gründete er die deutschsprachige Zeitschrift „Atlantis", eröffnete eine Rechtsanwaltskanzlei und wurde 1858 Direktor der staatlichen New Yorker Eisenbahnen. 1859 kehrte er nach Österreich zurück. F. v. F. veröffentlichte u. a. den Lyrikband Galgenlieder ( 1848), Die Geschichte der Wiener Oktobertage (1849) und Die Geschichte der rhein-pfälzischen Revolution und des badischen Aufstandes (1850).

Fenner von Fenneberg,

Franz Philipp (Maria) Frh., österr. Militär, * 17.7. 1759 Unterfennberg (Tirol), t 1 9 . 1 0 . 1 8 2 4 Jaroslau (Galizien). F. v. F. trat mit achtzehn Jahren in die österr. A r m e e ein, nahm 1 7 8 8 / 8 9 am Türkenkrieg sowie an den Koalitionskriegen teil, wurde Generalmajor und nahm seit 1809 inoffiziell am Tiroler Freiheitskampf teil. 1813 zum Feldmarschalleutnant befördert, kommandierte er seit 1820 in Mähren und Galizien. Er war der Vater von Daniel Ferdinand —> F. v. F. CO Lanner F e n t e n , Wilhelm, Sänger, * 2 9 . 3 . 1872 Köln, t zwischen 1951 und 1954. F., Sohn eines Eisenbahnangestellten, begann zunächst eine Ausbildung in der Gartenbauschule in Köln, nahm dann jedoch Gesangsunterricht bei B e n n o —» Stolzenberg am Kölner

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Fentsch Konservatorium und trat als Konzertsänger und an der Neuen Deutschen Oper in Berlin auf. 1893-97 sang er am Opernhaus in Düsseldorf und war nach einem Engagement am Hoftheater Weimar (1897-98) Ensemblemitglied des H o f und Nationaltheaters M a n n h e i m (1899-1931). Dort wirkte er an der deutschen Erstaufführung von Janáceks Oper Aus einem Totenhaus (1930) und der Uraufführung von Bernhard —>Sekles' Oper Sharazade (1917) mit. Erfolge feierte er als —> Wagner-Interpret; er war mehrfach bei den Bayreuther Festspielen zu erleben und gastierte u . a . an den Hofopern in München und Berlin, an den Hoftheatern in Karlsruhe, Wiesbaden und Stuttgart sowie am Opernhaus in F r a n k f u r t / Main. F. trat auch als Konzert- und Oratoriensänger auf und wirkte seit 1933 als Gesangspädagoge an der Mannheimer Musikhochschule. m Kutsch

Fentsch,

Eduard, Pseud. Frater Hilarius, Jurist, Schriftsteller, * 1814 München, t 12.2. 1877 Augsburg. F. studierte in Augsburg Rechtswissenschaften und ließ sich dort nach der Promotion als Anwalt nieder. Zwei Jahre vor seinem Tod wurde er Regierungsdirektor der Finanzkammer Augsburg. Er war Schriftleiter des Taschenbuchs für deutsche Frauen, „Cornelia", und schrieb für die M ü n c h ner „Fliegenden Blätter", die Zeitschrift „Bavaria", die „Hauschronik" und die Beilage „Der Sammler". F. gehörte zu den Gründern des Bayerischen und des Deutschen Sängerbundes. Er veröffentlichte u. a. die mehrmals aufgelegten Mai-Predigten von Frater Hilarius (1853) und den Roman Non possumus (3 Bde., 1877). DP D L L

Fenz,

Egon, österr. Internist, * 19.6. 1907 Scheibbs (Niederösterreich), f 4 . 5 . 1972 Wien. Der N a c h k o m m e des Publizisten und Politikers Friedrich —»Gentz studierte 1925-31 in Wien Philosophie und Medizin. 1938 wurde er Primararzt für Innere Medizin am dortigen Kaufmännischen Spital. Seit 1940 Chefarzt im Lainzer Versorgungshaus, habilitierte sich F. 1943 für Innere Medizin und begründete als Chefarzt der 4. Medizinischen Abteilung des Lainzer Krankenhauses die Rheuma-Abteilung. Sein Forschungsinteresse galt vor allem der Rheumatologie (Behandlung rheumatologischer Erkrankungen durch Anästhesie, 1955; Das Gleitsystem des Bewegungsapparates [Schleimbeutel, Sehnenscheiden] und seine Erkrankungen, 1963). Daneben veröffentlichte F. Lyrik ( D e r Herr Lipaneder und andere Gedichte, 1932) sowie sprachphilosophische und psychologische Essays. 1968 erschien sein autobiographischer R o m a n Die Uhr am Schottentor. m Czeike

Fenzl,

Eduard, österr. Botaniker, * 1 5 . 2 . 1 8 0 8 K r u m n u ß b a u m (Niederösterreich), f 2 9 . 9 . 1879 Wien. Nach d e m Studium an der Univ. Wien und der Promotion zum Dr. med. 1833 assistierte F. bei Joseph von —»Jacquin und trat 1836 als Kustosadjunkt in die Botanische Abteilung des Hofnaturalienkabinetts ein, dessen S a m m l u n g er gemeinsam mit Stephan —¥ Endlicher neu ordnete. 1840 wurde er Kustos und Leiter des Botanischen Hofkabinetts und übernahm 1849 die Professur für Botanik an der Univ. Wien sowie die Direktion des Botanischen Gartens. Er veröffentlichte zahlreiche Aufsätze über Typologie und Deskription von Pflanzengruppen. F. war Präsident und Gründungsmitglied der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft, der Gartenbaugesellschaft und des Österreichischen Alpen-Vereins; er gehörte mehreren wissenschaftlichen Gesellschaften und Akademien an, seit 1842 der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. • • ÖBL

Fera,

Charlotte, geb. Helmke, Politikerin, * 24. 10. 1905 Bremen, t 1 0 . 5 . 1 9 9 8 Hamburg. F. ging 1949 gemeinsam mit ihrer Familie von Bremen nach Hamburg, trat 1951 in die C D U ein und wurde 1957 zur Vorsitzenden des Frauenarbeitskreises ihrer Partei und

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im selben Jahr in die Hamburger Bürgerschaft gewählt, der sie bis 1993 angehörte. 1959 gründete sie den Hamburger Landesverband der Vereinigung der Frauen in der C D U und gehörte später d e m Bundesvorstand der C D U Frauenvereinigung an. 1967-73 war F. Präsidentin der Europäischen Frauenunion und wurde 1978 Vizepräsidentin der Frauensektion der Europäischen Volkspartei und der Union Christlich-Demokratischer Frauen Europas. Sie engagierte sich vor allem in der Frauenpolitik und für die Belange älterer Menschen. F e r a n d , Ernest T(homas), Musikwissenschaftler, Musikpädagoge, * 5 . 3 . 1 8 8 7 Budapest, f 2 9 . 5 . 1 9 7 2 Basel. F. studierte 1904-08 an d e r T H Budapest und 1907-11 K o m position an der ungarischen Hochschule f ü r Musik. 1912-19 unterrichtete er am Konservatorium seiner Heimatstadt, studierte 1 9 1 3 / 1 4 bei Emile Jaques-Dalcroze in DrsedenHellerau und erwarb die Lehrberechtigung für dessen Methode der rhythmischen Erziehung. 1920-38 war er Direktor der Dalcroze-Schule in Dresden-Hellerau, seit 1925 in Laxenburg bei Wien. 1933 nahm F. an der Univ. Wien das Studium der Musikwissenschaft und Psychologie auf, das er 1937 mit einer Dissertation über Die Improvisationspraxis in der Musik abschloß. Nach d e m „Anschluß" Österreichs emigrierte F. in die U S A und wurde 1938 Associate Professor of Music an der N e w School for Social Research in N e w York. Er war Musikkritiker mehrerer ungarischer und deutscher Tageszeitungen sowie Mitarbeiter musikwissenschaftlicher Zeitschriften. CP M G G F e r b e r , Carl Wilhelm, Beamter, * 5 . 1 0 . 1766 vermutlich Zwickau, t 18.5. 1838. F., Sohn eines Zwickauer Bürgermeisters, besuchte 1780 die Fürstenschule zu G r i m m a und studierte seit 1785 die Rechte in Leipzig und Wittenberg. 1790 wurde er Richter in Zwickau, 1800 Bürgermeister der Stadt. 1808 war er Deputierter der Städte des erzgebirgischen Kreises. 1810 wurde F. zum Hofrat ernannt. Er war an mehreren erfolgreichen Geschäften beteiligt, u . a . an der Errichtung einer chemischen Fabrik in Zwickau. 1813-15 war F. Gouvernementsrat und Zentralsteuerkommissar des preußisch-russischen Gouvernments in Sachsen. 1815 wurde er zum Wirklichen Geheimen Obersteuerrat im preuß. Finanzministerium und 1816 zum stellvertretenden Finanzminister ernannt. Im selben Jahr trat F. als kgl. Kommissar in das Direktorium der HauptBank Berlin ein. 1817 wurde er in den Staatsrat aufgenommen. 1819-2.3 war er als Oberfinanzrat im Ministerium für Handel und G e w e r b e tätig. F. verfaßte mehrere Abhandlungen zur Gewerbepolitik. F e r b e r , Christian, eigentl. Georg (Heinrich Balthasar) Seidel, weitere Pseud.: Simon Glas, Lisette Mullère, Schriftsteller, * 31. 10.1919 Eberswalde (Brandenburg), t 2 6 . 2 . 1 9 9 2 Midhurst (Großbritannien). Nach d e m Studium in M ü n c h e n und der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg war der Sohn von Heinrich Wolfgang Seidel 1947-50 Verlagslektor und 1954-92 Redakteur der Zeitung „Die Welt". F., Mitglied der Gruppe 47, veröffentlichte Satiren (Bonner Patiencen, 1963; Die Moritat vom Eigenheim, 1967), R o m a n e (Das Netz, 1951; Die schwachen Punkte, 1953), Hörspiele (u. a. Gäste aus Deutschland, 1964) und Sachbücher ( u . a . Die Seidels, 1979). Unter d e m Titel Aus den schwarzen Wachstuchheften (1984) gab er die Tagebücher seiner Mutter Ina —> Seidel heraus. Ca Killy F e r b e r , Eberhard, Bürgermeister von Danzig, * 1463 Danzig, t 5 . 3 . 1529 Dirschau (Tczew, Polen). Der Sohn des Danziger Bürgermeisters Johann F. und Bruder von Mauritius —»F. erhielt seit 1481 als Page am Hof des Herzogs —» M a g n u s von Mecklenburg eine ritterlich-höfische Erziehung, k ä m p f t e 1486 f ü r die Hanse in Flandern und

Ferber k e h r t e 1488 nach D a n z i g zurück. D o r t w u r d e er 1494 M i t glied d e s S c h ö f f e n k o l l e g i u m s . Seit 1504 p o l n i s c h e r Ritter, seit 1506 Ratsherr von D a n z i g , vertrat F. die Stadt in diplom a t i s c h e n M i s s i o n e n und w u r d e 1510 z u m B ü r g e r m e i s t e r g e w ä h l t . Von B e d e u t u n g f ü r d i e Stadt w a r seine G e s a n d t s c h a f t s r e i s e 1515 n a c h K r a k a u und z u m Fürstentag nach P r e ß b u r g , w o K ö n i g S i g i s m u n d von P o l e n die ü b e r d i e Stadt v e r h ä n g t e R e i c h s a c h t a u f h o b und ihr Dirschau zu L e h e n g a b . N a c h innenpolitischen Streitigkeiten und kriegerischen A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n mit d e m D e u t s c h e n O r d e n und D ä n e m a r k e r z w a n g e i n e H a n d w e r k e r r e v o l t e 1522 F.s R ü c k t r i t t u n d Verb a n n u n g . Von K ö n i g S i g i s m u n d 1526 w i e d e r e i n g e s e t z t , legte F. sein A m t n i e d e r u n d zog sich n a c h D i r s c h a u zurück. E r w a r der Vater von K o n s t a n t i n —» F. CD N D B F e r b e r , Ernst, Militär, * 2 7 . 9 . 1914 W i e s b a d e n , t 3 1 . 1 2 . 1998 M ü n c h e n . F., S o h n eines Offiziers, trat 1933 als O f f i z i e r s b e w e r b e r n o c h in die R e i c h s w e h r ein, w a r 1939 K o m p a n i e c h e f , n a h m i m Z w e i t e n Weltkrieg a m Polen-, a m F r a n k r e i c h - und a m R u ß l a n d f e l d z u g teil und g e h ö r t e seit 1943 z u m G e n e r a l s t a b d e s Heeres. Seit 1951 w a r er in der Dienststelle „ B l a n k " d e r B u n d e s r e g i e r u n g tätig. Vor a l l e m in d e r P e r s o n a l p l a n u n g hatte er m a ß g e b l i c h e n Anteil a m A u f b a u d e r B u n d e s w e h r . 1971 w u r d e F. Inspekteur des H e e r e s und w a r 1973-75 N a t o Befehlshaber Zentraleuropa. t u Munzinger F e r b e r , Erwin, Chemiker, * 2 6 . 2 . 1 8 8 5 München, t 7.8.1976 München. F., S o h n eines O b e r p o s t d i r e k t o r s , studierte C h e m i e an der T H M ü n c h e n und w u r d e 1922 m i t d e r Dissertation Abkömmlinge des 2-Amino-Phenanthrenchinons z u m Dr.-Ing. prom o v i e r t . 1929 habilitierte er sich dort mit d e r Arbeit Über die Existenz des Dihydround Oktohydro-p-indols, wurde 1934 a. o . P r o f . der c h e m i s c h e n T e c h n o l o g i e und ging 1935 als o . P r o f . und D i r e k t o r des Instituts f ü r c h e m i s c h e Techn o l o g i e n a c h B r e s l a u . 1935-37 hatte er den stellvertretenden Vorsitz der Staatlichen M a t e r i a l - P r ü f u n g s - A n s t a l t inne u n d leitete 1936-45 das Kokerei- und G a s l a b o r . F. v e r ö f f e n t l i c h t e in F a c h z e i t s c h r i f t e n zahlreiche Artikel, u . a . ü b e r F a r b s t o f f c h e m i e , S y n t h e t i k f a s e r n und B e n z i n s y n t h e s e n . • D Heiber, U n i v F e r b e r , Heinrich, Politiker, * 25. 1. 1813 G i e ß e n , t 2 0 . 1 . 1 8 8 2 Gießen. W ä h r e n d seines S t u d i u m s in G i e ß e n w a r F. als B u r s c h e n s c h a f t e r aktiv, w u r d e 1833 als politisch verdächtig verhaftet und flüchtete 1835 n a c h Straßburg. In M ü l h a u s e n w a r er als K a u f m a n n tätig, bis er 1842 n a c h G i e ß e n z u r ü c k k e h r t e . Von 1848 an lokalpolitisch aktiv, w u r d e F. 1850 z u m B ü r g e r m e i ster der Stadt g e w ä h l t , allerdings von d e r R e g i e r u n g nicht anerkannt. Seit 1866 an der S p i t z e der städtischen Verwaltung, trat er 1869 in den h e s s i s c h e n Staatsdienst ein. F. galt als A n h ä n g e r des preuß. K u r s e s . F e r b e r , J o h a n n J a k o b , M i n e r a l o g e , * 9 . 9 . 1 7 4 3 Karlsk r o n a ( S c h w e d e n ) , t 1 2 . 4 . 1790 B e r n . F. studierte im s c h w e d i s c h e n U p p s a l a erst M e d i z i n , w a n d t e sich d a n n j e d o c h der M i n e r a l o g i e zu und betrieb auch m a t h e m a t i s c h e und a s t r o n o m i s c h e S t u d i e n . Er spezialisierte sich auf d i e m i n e r a l o g i s c h e Struktur von B e r g b a u g e b i e t e n und hielt sich zu F e l d f o r s c h u n g e n in S c h w e d e n , H o l l a n d , Italien, E n g l a n d , F r a n k r e i c h und D e u t s c h l a n d auf ( B r i e f e aus Wälschland, 1773). 1774 w u r d e F. Prof. der P h y s i k a m a k a d e m i s c h e n G y m n a s i u m M i t a u , 1781 Prof. d e r M i n e r a l o g i e in St. Petersburg. 1786 trat er als O b e r b e r g r a t in p r e u ß . Dienste. F. war M i t g l i e d der P r e u ß i s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n und der D e u t s c h e n A k a d e m i e d e r N a t u r f o r s c h e r L e o p o l d i n a (seit 1781). Er v e r ö f f e n t l i c h te u . a . Beiträge zur Mineralgeschichte von Böhmen (1774), Physikalisch-metallurgische Abhandlungen über die Gebirge

und Bergwerke in Ungarn ( 1 7 8 0 ) und Nachricht von dem Anquicken der gold- und silberhaltigen Erze, Kupfersteine und Speisen (1787). DP A D B F e r b e r , Konstantin, B ü r g e r m e i s t e r von D a n z i g , * 9 . 6 . 1520 D a n z i g , t 1 5 . 2 . 1 5 8 8 D a n z i g . D e r S o h n E b e r h a r d —» F.s trat in j u n g e n J a h r e n z u m L u t h e r t u m Uber. 1548 w u r d e er S c h ö f f e , 1549 R a t s h e r r u n d 1555 B ü r g e r m e i s t e r der Stadt. U n t e r seiner F ü h r u n g e n t z o g sich d i e Stadt d e m p o l n i s c h e n E i n i g u n g s p r o z e ß , in dessen Verlauf W e s t p r e u ß e n an P o l e n fiel, und erhielt Privilegien s o w i e die U n a b h ä n g i g k e i t . W ä h r e n d F.s R e g i e r u n g s z e i t w u r d e d i e R e f o r m a t i o n in D a n z i g e i n g e f ü h r t . • • NDB F e r b e r , M a u r i t i u s , B i s c h o f von E r m l a n d , * 1471 D a n z i g , t 1.7. 1537 Heilsberg ( O s t p r e u ß e n ) . D e r j ü n g e r e B r u d e r E b e r h a r d —>F.s g i n g 1499 nach R o m , u m d i e Heirat mit einer reichen K a u f m a n n s t o c h t e r g e g e n d e n Willen ihrer F a m i l i e d u r c h z u s e t z e n . D i e E h e k a m nicht zustande, F. blieb in R o m u n d trat in die D i e n s t e eines Kardinals. Er e r w a r b zahlreiche P f r ü n d e n ( D o m h e r r e n s t e l l e n in F r a u e n b u r g , L ü b e c k , Trier, D o r p a t u n d Reval s o w i e P f a r reien in D a n z i g und M ü h l b a n z bei Dirschau). N a c h d e m J u r a s t u d i u m in R o m und d e r P r o m o t i o n 1515 in Siena k e h r t e er n a c h P r e u ß e n z u r ü c k , w u r d e K u s t o s d e s D o m k a p i t e l s in F r a u e n b u r g u n d 1523 B i s c h o f von E r m l a n d O b g l e i c h F. d i e N o t w e n d i g k e i t kirchlicher R e f o r m e n zugab, setzte er der R e f o r m a t i o n e n e r g i s c h e n W i d e r s t a n d e n t g e g e n und verhinderte im K r a k a u e r Frieden von 1525 die A u f h e b u n g seines B i s t u m s , d e s s e n W i e d e r a u f b a u nach d e m Reiterkrieg er d u r c h s p a r s a m e und s o r g f ä l t i g e V e r w a l t u n g förderte. CD G a t z 2 F e r b e r , N i k o l a u s , auch H e r b o r n , S t a g e f y r , F r a n z i s k a n e r , T h e o l o g e , * u m 1483 H e r b o r n , t 1 5 . 4 . 1535 T o u l o u s e . F. trat in d e n F r a n z i s k a n e r o r d e n ein und studierte seit 1512 T h e o l o g i e in Köln. U m 1520 w u r d e er G u a r d i a n in M a r burg und widersetzte sich dort der R e f o r m a t i o n d u r c h den L a n d g r a f e n —> P h i l i p p von H e s s e n und d e s s e n R e f o r m a t o r , seinen O r d e n s b r u d e r F r a n z —> L a m b e r t von A v i g n o n . N a c h intensiven A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n auf der H o m b e r g e r S y n o d e 1526 und der V e r ö f f e n t l i c h u n g s c h a r f e r Streitschriften 1527 aus der L a n d g r a f s c h a f t a u s g e w i e s e n , w u r d e F. G u a r d i a n in B r ü h l und D o m p r e d i g e r in K ö l n . Seit 1529 Provinzial der K ö l n e r O r d e n s p r o v i n z , w u r d e er 1532 G e n e r a l k o m m i s s a r und 1533 G e n e r a l v i k a r d e r u l t r a m o n t a n e n O r d e n s p r o v i n z e n . F. v e r f a ß t e e t w a 2 5 S c h r i f t e n , d i e h e u t e teilweise verschollen sind. Sein H a u p t w e r k ist d i e a p o l o g e t i s c h e S c h r i f t Locorum communium adversus huius temporis haereses enchiridion (1529). e n Killy F e r b e r , R u d o l f , F a b r i k a n t , I n g e n i e u r , * 2 6 . 3 . 1884 Sulzb a c h / M u r r , t 24. 1. 1957 Z ü r i c h . N a c h einer M e c h a n i k e r l e h r e u n d d e m B e s u c h der Ingenieurs c h u l e in Stuttgart Schloß F. sein S t u d i u m in L ö w e n und B r ü s s e l als D i p l o m i n g e n i e u r ab. Er arbeitete in K o n s t r u k t i o n s b ü r o s in Paris und B r ü s s e l . 1911-20 betrieb er z u s a m m e n mit E m i l J u n k e r in Brüssel die F a b r i k a t i o n von K o l b e n und K o l b e n r i n g e n . 1922 ließ F. z u s a m m e n mit J u n k e r d a s U n t e r n e h m e n in Z ü r i c h Wiederaufleben und m a c h t e es zur f ü h r e n d e n Z u l i e f e r f i r m a der s c h w e i z e r . A u t o m o b i l i n d u s t r i e . taa B i o g r Verstorb S c h w e i z , B d 5 F e r b e r , W o l f g a n g d . Ä . , Pritschmeister, * 9 . 5 . 1 5 8 6 Zwickau, begraben 2 . 3 . 1 6 5 7 Zwickau. D e r S o h n d e s T u c h m a c h e r s und F ä r b e r s G e o r g F. erlernte d a s H a n d w e r k seines Vaters und w a r später n e b e n b e r u f lich S t e u e r e i n n e h m e r . E r g e h ö r t e zu d e n P r i t s c h m e i s t e r n , d i e i m 16. Jh. bei Festen und Feiern als G e l e g e n h e i t s - und Stegreifdichter, m a n c h m a l a u c h als F e s t o r d n e r a u f t r a t e n . F.

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Ferchl agierte auch am Dresdner Hof als „Churfürstlicher Sächsischer Pritschmeister". Er schrieb wahrscheinlich mehr als siebzig Dichtungen, darunter über Gelegenheitsdichtung hinausgehende Lyrik (Friihlingsherrligkeit [...], 1628-30; Verzwicktes Zwickau, 4 Bde., 1633-50) sowie von der Kirche angegriffene geistliche Schriften (Christlich und einfältige Gedanken von dem Leiden und Sterben unseres Herrn Jesu Christi, 1640). c d Killy Ferchl, Franz Maria, Lehrer, Schriftsteller, * um 1792 München, f 16.9.1862 München. Der Sohn eines Hoforganisten unterrichtete nach seinem Studium als Sprach- und Musiklehrer. Später begleitete er Aloys —»Senefelder nach Paris und unternahm in dessen Auftrag Reisen nach Wien, Ungarn und Italien. F. veröffentlichte Folkloristisches und Sachbücher, u. a. eine Übersicht der einzig bestehenden Incunabeln-Sammlung der Lithographie und der übrigen Senefelderschen Erfindungen (1856) und eine Geschichte der Errichtung der ersten lithographischen Kunstanstalt in München (1862). CD Kosch: Kath Ferchl, Friedrich Gottfried Michael, Pharmazeut, * 7.7.1892 Neubeuern/Inn, t 19.2.1953 Mittenwald (Oberbayern). F., außerehelicher Sohn der Frau eines Zollbeamten und Rittmeisters, studierte 1918-20 Pharmazie in München, verwaltete 1920-24 die Apotheke in Murnau und war dann Pächter, seit 1939 Besitzer der Mittenwalder Apotheke. In Innsbruck 1931 promoviert, erhielt er dort 1938 einen Lehrauftrag für Geschichte der Pharmazie. Am Zweiten Weltkrieg nahm er als Oberstabsapotheker teil. F. verfaßte zahlreiche historische und kunstgeschichtliche Arbeiten über Apotheken (u. a. Illustration zur Geschichte der Pharmazie in allen ihren Teilen, o. J.). Er war Mitbegründer des Deutschen Apotheken-Museums in München sowie der Internationalen Gesellschaft für die Geschichte der Pharmazie in Innsbruck. 1949/50 saß F. der Bayerischen Landesapothekenkammer vor. 1938 erschien von F. Das Chemisch-Pharmazeutische Bio- und Bibliographikon (Nachdr. 1971). ED NDB F e r d i n a n d I., Römischer König und Kaiser, König von Böhmen und Ungarn, * 10.3.1503 Alcalá de Henares (Kastilien), t 25.7.1564 Wien, begraben im Veitsdom in Prag. Zweitgeborener Sohn Herzog —> Philipps des Schönen von Burgund und Johannas der Wahnsinnigen von Kastilien, wuchs F., von seinen Eltern getrennt, bei seinen Großeltern mütterlicherseits, den Katholischen Königen, auf. Vor allem Ferdinand V. von Aragón, auf den sein Vorname zurückgeht, sah in ihm den Nachfolger in den spanischen Königreichen. Das führte zu Auseinandersetzungen mit seinem älteren Bruder, dem späteren Kaiser ->Karl V., als dieser 1516, nach dem Tod Ferdinands V., das spanische Erbe antrat: F. wurde gezwungen, sich in die Obhut seiner Tante Margarete, der Tochter Kaiser —> Maximilians I., in Mecheln (Niederlande) zu begeben. Nach dem Tod Maximilians I. trat F. 1521 die Herrschaft in den österr. Ländern an. Die folgenden Jahre standen im Zeichen der Niederschlagung einer ständischen Fronde (Wiener Neustädter Gerichtsurteil 1522) und der Bekämpfung der Reformation. Mit Mandaten und Prozessen ging F. gegen Luthertum und Täufertum (gegen letzteres mit unerbittlicher Konsequenz) vor. Durch Visitationen versuchte er seit 1524 in gemeinsamer Aktion mit Bayern, Salzburg und Passau

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vergeblich, den Verfall des kirchlichen Systems zu verhindern. Erst mit der Berufung der Jesuiten (1551) legte er die Grundlage für eine erfolgreiche kath. Erneuerung. Die Erwerbung der Königreiche Böhmen und Ungarn (1526/27) hatte einerseits positive Rückwirkungen auf die Reorganisation der Regierung und Verwaltung der österr. Erbländer (Geheimer Rat, Hofrat, Hofkammer); andererseits stand F. vor politischen Aufgaben neuer Art. In Böhmen begegneten ihm machtbewußte und zur Fronde neigende Stände. In Ungarn schlug der Versuch fehl, die dauerhafte Festsetzung der Osmanen (1541) zu verhindern. Lediglich deren Abwehr vor Wien (1529, 1532) gelang. In seiner gesamten Politik war F. von Karl V. abhängig. Das galt in besonderer Weise für die Reichspolitik, in der F. seinen Bruder als Statthalter (1521-30) vertrat; aber auch nach seiner Wahl zum Römischen König war er nicht frei in seinen politischen Entscheidungen. Trotzdem wurde er gerade für die Reichspolitik Karls, vor allem während dessen Abwesenheit sowie auf den Reichstagen, immer unentbehrlicher. So rettete F. seinen Bruder 1552 vor der politischen Katastrophe und trug während des Augsburger Reichstags (1555), als sein Bruder schon resignierte und kurz darauf abdankte, zur dauerhaften Befriedung des Reiches entscheidend bei. Seine Religionspolitik als Kaiser (1555/58-64) stand gegenüber den Protestanten im Zeichen des Entgegenkommens, ganz im Gegensatz zur dogmatischen Abgrenzung der päpstlichen Konzilspolitik, die sich schließlich 1563 (Abschluß des Tridentinums) durchsetzen sollte. LITERATUR: Franz Bernhard von Bucholtz: Geschichte der Regierung F. des Ersten. 9 Bde., Wien 1831-38. Neudr. Graz 1971, mit einer Einleitung von Berthold Sutter. - Alfred Kohler: Antihabsburgische Politik in der Epoche Karls V. Die reichsständische Opposition gegen die Wahl F.s I. zum römischen König und gegen die Anerkennung seines Königtums (1524-1534). Göttingen 1982. - Winfried Eberhard: Monarchie und Widerstand. Zur ständischen Oppositionsbildung im Herrschaftssystem F.s I. in Böhmen. München 1985. - Paula Sutter Fichtner: F. I. Wider Türkennot und Glaubensspaltung. Graz 1986. - Günther R. Burkert: Landesfürst und Stände. Karl V., F. I. und die österreichischen Erbländer im Ringen um Gesamtstaat und Landesinteressen. Graz 1987. - Bernhard Sicken; F. I. (1556-1564). In: Die Kaiser der Neuzeit, 1519-1918. Heiliges Römisches Reich, Österreich, Deutschland. Hrsg. v. Anton Schindling/Walter Ziegler. München 1990, S. 55-77. - Gerhard Rill: Fürst und Hof in Osterreich von den habsburgischen Teilungsverträgen bis zur Schlacht von Mohács (1521/22 bis 1526). Wien/ Köln/Weimar 1993. - Alfred Kohler: F. I. 1503-1564. Fürst, König und Kaiser. München 2003. Alfred Kohler F e r d i n a n d II., Römischer König und Kaiser, * 9.7. 1578 Graz, t 15.2.1637 Wien. F. war Sohn des Erzherzogs -» Karl von Innerösterreich und Enkel des 1564 verstorbenen Kaisers —> Ferdinand I., seine Mutter -> Maria Tochter des Herzogs —>Albrecht V. von Bayern. Seiner ersten Ehe mit Maria Anna, der Tochter Herzog -» Wilhelms V. von Bayern, entstammten sieben Kinder, darunter sein Nachfolger, Kaiser —> Ferdinand III. In zweiter Ehe war er mit Eleonore, der Tochter des Herzogs Vinzenz I. Gonzaga von Mantua, verheiratet. Als F. im Sommer 1619 zum Kaiser gewählt wurde, besaß er bereits den Ruf eines entschiedenen Verfechters der kath. Sache. In Ingolstadt war er von Jesuiten erzogen worden und hatte als Zwanzigjähriger demonstrativ eine Wallfahrt

Ferdinand nach R o m unternommen und in Innerösterreich 1 5 9 8 / 1 6 0 0 die Rekatholisierung forciert. Als Kaiser hatte er sich einer dreifachen Herausforderung zu stellen: Zunächst und vor allem galt es, die aufständischen böhmischen Stände, die sich von den Habsburgern losgesagt und den Kurfürsten —» Friedrich V. von der Pfalz zu ihrem neuen König gewählt hatten, zu besiegen und im Königreich B ö h m e n die Autorität des Hauses Habsburg wiederherzustellen. Damit verbunden war für F. die Aufgabe, in allen habsburgischen Erblanden, insbesondere aber in Böhmen, die protestantische B e w e g u n g einzudämmen, wenn möglich, auszuschalten und die Macht der kath. Kirche wieder aufzurichten. Schließlich hoffte F., er könne auch im Reich die Macht des Kaisers gegenüber den Reichsständen wesentlich stärken. Als F. starb, hatte er auf diesen drei Gebieten unterschiedliche Erfolge erzielt. Die böhmischen Stände hatte er unterworfen. B ö h m e n war weitgehend rekatholisiert und wurde von ihm absolutistisch regiert. Ebenso hatte die Gegenreformation in den Erblanden und in Ungarn wesentliche Fortschritte gemacht. F.s Kampf gegen die Reichsstände hatte dagegen zu einem zwiespältigen Ergebnis geführt. Auf der einen Seite hatte er mit Hilfe der von Bayern geführten kath. Liga und durch die Feldzüge seiner Generäle - » Tilly und —» Wallenstein den Protestantismus im Reich nachhaltig schwächen können. Auf der anderen Seite jedoch hatten zuerst die Dänen, dann die Schweden, schließlich auch die Franzosen die protestantischen Reichsstände unterstützt und damit deren Position im Reich stabilisiert. Insbesondere in den Jahren zwischen 1629, als F. auf der Höhe der militärischen Erfolge seiner Heere das Restitutionsedikt erließ, und 1635, als er nach schweren militärischen Rückschlägen dem Prager Frieden zustimmen und auf alle Pläne, seine Macht als Kaiser im Reich ausdehnen zu können, verzichten mußte, hatte er seine weitgesteckten politischen Ziele aufgeben müssen. Den Konflikt mit Wallenstein konnte er zwar zu seinen Gunsten entscheiden; die Art und Weise, wie er Wallenstein ausschaltete, schwächte jedoch seine Position zusätzlich.

wissenschaften förderte F. die Musik und komponierte als Dilettant auch selbst. Er war der Vater —» Ferdinands IV. und Kaiser —»Leopolds I. CD N D B F e r d i n a n d I V . , Römischer König, * 8 . 9 . 1 6 3 3 Wien, t 9 . 7 . 1654 Wien. Noch zu Lebzeiten seines Vaters, des Kaisers —»Ferdinand III., wurde F. als ältester Sohn zu dessen Nachfolger gewählt. Seit 1646 König von B ö h m e n , wurde er 1647 König von Ungarn und 1653 römischer König. Im folgenden Jahr starb F. an den Blattern. Seine Nachfolge trat 1657 F.s Bruder —» Leopold I. an. F e r d i n a n d , Herzog von Anhalt-Köthen, * 25.6.1769 Pleß (Schlesien), t 2 3 . 8 . 1830 Kothen. F. trat 1786 in die preuß. A r m e e ein und k ä m p f t e gegen das revolutionäre Frankreich und Napoleon. Er wurde Generalmajor und Generalgouverneur von Schlesien. Während der Befreiungskriege befehligte er 1813 den schlesischen Landsturm. 1818 wurde er zum Landrat von Pleß gewählt. Als im selben Jahr Herzog Ludwig von Anhalt-Köthen starb, trat F. dessen Nachfolge an. Unter seiner Regierung weigerte sich der deutsche Kleinstaat, d e m preuß. Zollsystem beizutreten. Z u s a m m e n mit seiner Frau konvertierte F. 1825 zum Katholizismus. e n ADB

In seiner Politik in den habsburgischen Ländern und im Reich wurde F. von Jesuiten als Beichtvätern und von hohen kath. Adligen unterstützt. Insofern ist es nicht einfach, seinen Anteil an der österr. Politik in den turbulenten Jahren zwischen 1619 und 1637 zu bestimmen. Das Bekenntnis zum Katholizismus wie zu einer absolutistischen Regierungsweise entsprangen jedoch seiner eigensten Überzeugung. LITERATUR: Robert Bireley: Religion and Politics in the A g e of the Counterreformation. E m p e r o r F. II., William Lamormaini, S.J., and the Formation of Imperial Policy. Chapel Hill (North Carolina) 1981. - Johann Franzi: F. II. Kaiser im Zwiespalt der Zeit. G r a z / W i e n / K ö l n 2 1989. - Hans Sturmberger: Kaiser F. II. und das Problem des Absolutismus. In: Ders.: Land ob der Enns und Österreich. Aufsätze und Vorträge. Linz 1979, S. 154-187. Silke Lehmann

F e r d i n a n d M a r i a , Kurfürst von Bayern, * 3 1 . 1 0 . 1 6 3 6 München, t 2 8 . 5 . 1679 Schleißheim bei München. F. M., Sohn des Kurfürsten —»Maximilian I., übernahm, mündig geworden, 1654 die Regierung Bayerns von seiner Mutter Maria Anna, der Tochter —> Kaiser Ferdinands II. In den 25 Jahren seiner Herrschaft erfuhr das vom Dreißigjährigen Krieg stark betroffene Land einen wirtschaftlichen und kulturellen Wiederaufstieg. F. M. berief Johann Joachim —» Becher nach M ü n c h e n , förderte den Bauernstand, sicherte den Besitz des Adels, reformierte Behörden und das Heer und milderte das Staatskirchentum. Mit der 1670 erlassenen Gemeindeordnung, der Einschränkung landständischer Rechte sowie der Hinwendung zur merkantilistischen Wirtschaftspolitik legte F. M. die Grundlagen absolutistischer Herrschaft im Kurfürstentum. Außenpolitisch unterstützte er zunächst Osterreich gegen den antihabsburgischen Rheinbund, trat aber 1667 dem Kölner Mediationskonvent deutscher Fürsten bei und Schloß sich auf den Rat Kaspar von —»Schmids 1670 mit Frankreich zusammen. F. M . hielt an einem neutralen Kurs fest und verzichtete 1657 auf die Kaiserkrone. Unter seiner Regentschaft wurde München zu einem kulturellen Zentrum nach italienischem Vorbild ausgebaut. Die Schlösser Nymphenburg und Lustheim sowie die Theatinerkirche, die anläßlich der Geburt des Thronfolgers —» Maximilian II. Emanuel erbaut wurde, gehen auf F. M.s Initiative zurück. Zweiter überlebender Sohn F. M.s aus der Ehe mit Adelheid von Savoyen war Kurfürst und Erzbischof —»Joseph Clemens von Köln. c d NDB

F e r d i n a n d III., Römischer König und Kaiser, * 13.7. 1608 Graz, t 2 . 4 . 1 6 5 7 Wien. Der Sohn —»Ferdinands II. wurde 1625 ungarischer, 1627 böhmischer, 1636 römischer König, im folgenden Jahr Kaiser. Unter seinem Oberbefehl gelang die Rückeroberung von Regensburg und der Sieg bei Nördlingen 1635 über die Schweden. Seine B e m ü h u n g e n , die Stellung des Kaisers im Reich zu stärken, mußten nach dreizehn weiteren Kriegsjahren und dem Westfälischen Frieden von 1648 als gescheitert gelten. F. konnte die politische Zersplitterung des Reiches und Gebietsabtretungen an Frankreich und Schweden nicht verhindern. In den österr. Stammlanden reformierte er die Staatsverwaltung und sicherte die Gegenreformation. Neben der Beschäftigung mit Philosophie, Mathematik und Natur-

Bevern, Pseud. Settala M a n f r e d u s , Mirabilis, Der Wunderliche, * 2 2 . 5 . 1 6 3 6 Braunschweig, t 2 3 . 4 . 1 6 8 7 Bevern. Z u s a m m e n mit seinem Bruder —»Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel wurde F. Α., Sohn von Herzog August d. J., von Sigmund von —»Birken erzogen. Er unternahm Studienreisen durch Europa und trat 1667 der Londoner Royal Society, 1673 der Fruchtbringenden Gesellschaft bei. Als jüngster Sohn des Herzogs von der Regierungsnachfolge ausgeschlossen, lebte er, vom politischen Geschehen zurückgezogen, auf seinem Apanagenbesitz Bevern. F. A. leitete dort eine Druckerei, erwarb eine bedeutende Bibliothek zeitgenössischer Literatur und betrieb u . a . humanisti-

Ferdinand Albrecht I., Herzog von Braunschweig-

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Ferdinand sehe Studien. Neben erbaulichen Schriften veröffentlichte er die Autobiographie Wunderliche Begebnüsse [...] (1678, Neudr. 1988). F. A. war der Vater von -»Ferdinand Albrecht II. en Killy Ferdinand Albrecht II., Herzog von BraunschweigBevern, Militär, * 19.5. 1680, t 13.9.1735 Salzdahlum. Der Sohn Herzog —»Ferdinand Albrechts I. von Braunschweig-Bevern trat 1704 als Generaladjutant in die kaiserliche Armee ein, wurde 1711 Feldmarschalleutnant und kämpfte unter Prinz —»Eugen gegen die Türken. Seit 1717 Generalfeldzeugmeister und Gouverneur von Komorn, wurde er 1733 Reichsgeneralfeldmarschall und übernahm 1735 die Regierung des Herzogtums von seinem kinderlosen Schwiegervater. F. A. war der Vater des preuß. Heerführers —»Ferdinand von Braunschweig-Lüneburg und Begründer des regierenden Hauses Braunschweig. DO Rößler/Franz Ferdinand, Herzog von Braunschweig-Lüneburg, Militär, * 12. 1.1721 Wolfenbüttel, t 3.7.1792 Braunschweig. F., Sohn -»Ferdinand Albrechts II. von BraunschweigBevern und Schwager —» Friedrich II., trat 1740 in die preuß. Armee ein und machte den Ersten und Zweiten Schlesischen sowie den Siebenjährigen Krieg mit. 1756 übernahm er als Generalfeldmarschall die Verteidigung Norddeutschlands gegen die Franzosen. Durch Siege bei Krefeld, Minden und Vellinghausen sowie die Eroberung Hessens konnte er Norddeutschland halten und damit die militärische Situation Preußens stabilisieren. 1763-66 war F. Gouverneur von Magdeburg. Nach einem Zerwürfnis mit Friedrich zog er sich ins Privatleben zurück. • • NDB Ferdinand, Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha, König der Bulgaren, * 26.2.1861 Wien, t 14.8.1948 Coburg. Der Sohn des k. u. k. Generalmajors August von SachsenCoburg und Gotha und Enkel des österr. Kavalleriegenerals -»Ferdinand von Sachsen-Coburg-Saalfeld trat 1881 in die österreichisch-ungarische Armee ein. Gegen den Willen der europäischen Großmächte und des Coburger Stammhauses nahm er 1887 die Wahl des bulgarischen Parlaments zum Herrscher der Bulgaren an. Unter seinem Regiment wurden Schulwesen, Verwaltung, Verkehr, Armee und die Hauptstadt Sofia modernisiert. Mit der Ausrufung zum König der Bulgaren 1908 beendete er den Einfluß der Türkei auf den bis dahin autonomen Landesteil Ostrumelien. In den beiden Balkankriegen 1912/13 konnte Bulgarien zunächst expandieren, mußte jedoch im Frieden von Bukarest 1913 Gebiete an die Nachbarländer abtreten. Im Ersten Weltkrieg trat das Land an die Seite der Mittelmächte. Nach der Niederlage dankte F. zugunsten des Kronprinzen Boris ab, zog sich nach Coburg zurück und befaßte sich mit zoologischen und botanischen Studien. DP NDB Ferdinand, Herzog von Bayern, Kurfürst und Erzbischof von Köln, * 7. 10.1577 München, t 13.9. 1650 Arnsberg. Für den geistlichen Stand bestimmt und von Jesuiten erzogen, erhielt der Sohn Herzog —»Wilhelms V. von Bayern Dompfründen in Mainz, Trier, Salzburg, Würzburg, Passau, Straßburg und Köln. Nach dem Studium in Ingolstadt weilte er 1592/93 in Rom bei Papst Clemens VIII., der ihm mehrere Abteien überließ und ihn 1595 zum Koadjutor in Köln, 1601 in Lüttich, 1611 in Hildesheim und Münster ernannte. Nach dem Tod seines Oheims —»Ernst wurde F. 1612 Erzbischof von Köln; seit 1618 war er auch Bischof von Paderborn. Er trieb die Gegenreformation in seinen Ländern durch Visitationen, Synoden, Unterstützung der Seelsorgeorden und Gründung eines Kirchenrats zur Durchführung des Tridentinums voran. Die schweren Hexenverfolgungen während seiner Zeit wurden von ihm gefördert. Mit der Annahme seines Neffen —»Maximilian Heinrich als Koadjutor in Köln 1642, Hildesheim 1643 und Lüttich 1649 war der

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Bestand einer zweiten Herrschaftslinie des Hauses Wittelsbach im Nordwesten des Reiches (1583-1761) gesichert. 03 Gatz 3 Ferdinand Kettler, Herzog von Kurland und Semgallen, * 1.11.1655, t 4.5.1737 Danzig. F., Sohn Herzog —»Jakobs von Kurland, nahm seit 1675 als Oberst in kurbrandenburgischen Diensten am Feldzug gegen die Schweden teil, kämpfte 1686 als Generalleutnant und Befehlshaber eines Infanterieregiments gegen die Türken und trat 1691 in kursächsische Dienste. Nach dem Tod seines Bruders —»Friedrich Kasimir übernahm F. 1698 die kurländische Herrschaft, verließ aber schon zwei Jahre später das Land. 1701 schied er aus dem sächsischen Dienst aus und versuchte vergeblich, von Danzig aus Herrschaftsansprüche auf das Deutschordensland durchzusetzen. Mit F. erlosch die Herrschaftslinie der Kettler. ED NDB Ferdinand II., Erzherzog von Österreich, Landesfürst von Tirol, * 14.6.1529 Linz/Donau, t 24.1.1595 Innsbruck. Der Sohn —»Ferdinands I. und Bruder —»Maximilians II. war 1547-66 Statthalter in Böhmen und sorgte nach der Niederschlagung des Utraquisten-Aufstandes für Milderung und Ausgleich. 1567 übernahm er die Regierung in Tirol und Niederösterreich, reorganisierte das Behördenwesen und die Landesordnung, geriet aber mehrmals mit verschiedenen Landesteilen wegen hoher Steuer- und Geldforderungen in Konflikt, mit denen er aufwendige Hofhaltung sowie den Bau zahlreicher Kapellen, Kirchen und Klöster finanzierte. F. sammelte Gobelins und Kriegsgerät, förderte Wissenschaften und Künste und schrieb ein Drama Speculum vitae humanae (1584, Neuausgabe 1889). In erster Ehe war er mit Philippine —» Welser verheiratet. DP NDB Ferdinand Karl Josef, Erzherzog von Österreich-Eile,, * 25.4. 1781 Mailand, t 5.11. 1850 Ebenzweier bei Gmunden (Oberösterreich). Der Enkel Maria Theresias trat 1799 in die österr. Armee ein. 1805 erhielt er das Oberkommando in Deutschland, siegte später in Mähren gegen die Bayern und stellte 1808/09 in Böhmen, Mähren und Schlesien die Landwehr auf. 1809 kämpfte er als Armeeführer bei Warschau und Thorn. Nach 1815 führte er den Oberbefehl in Ungarn und übernahm 1832-46 die Statthalterschaft in Galizien, 1834-41 die Verwaltung Siebenbürgens. DD ÖBL Ferdinand I., Kaiser von Österreich, * 19.4. 1793 Wien, t 29.6. 1875 Prag. Nachdem F. 1830 zum König von Ungarn gekrönt worden war, folgte er 1835 seinem Vater —»Franz I. auf dem österr. Kaiserthron und empfing 1838 auch die Krone der Lombardei. Wegen verschiedener Leiden mußte er die Regierungsgeschäfte weitgehend einer „Staatskonferenz", bestehend aus seinem Bruder —»Franz Karl, dem Staatskanzler —» Metternich und dem Minister Franz Anton —» KolowratLiebsteinsky, Uberlassen. Während der Revolution von 1848 unfähig zu eigenständigen Entscheidungen, floh F. nach Innsbruck und dankte noch im selben Jahr zugunsten seines Neffen —» Franz Joseph ab. ED NDB Ferdinand II., Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha, König von Portugal, * 29. 10. 1816 Wien, t 15. 12. 1885 Lissabon. Der Sohn des Herzogs -»Ferdinand von Sachsen-CoburgSaalfeld heiratete 1836 die Königin von Portugal, Maria II. da Gloria, und wurde Generalfeldmarschall der portugiesischen Armee, mußte jedoch auf Drängen der liberalen Partei diese Position noch im selben Jahr wieder aufgeben. Nach der Geburt des Thronfolgers wurde er 1837 zum König ernannt. Während des Bürgerkriegs 1846/47 übernahm F. den

Ferenz militärischen O b e r b e f e h l . N a c h d e m T o d seiner Frau f ü h r t e er 1853-55 d i e R e g e n t s c h a f t f ü r den u n m ü n d i g e n K r o n p r i n zen D o m P e d r o . 1862 lehnte er d i e a n g e b o t e n e griechische, 1869 d i e s p a n i s c h e K ö n i g s k r o n e ab. 1869 heiratete er d i e S ä n g e r i n Elise Hensler. CD N D B F e r d i n a n d A u g u s t , P r i n z von Preußen, * 2 3 . 5 . 1 7 3 0 Berlin, t 2 . 5 . 1813 Berlin. D e r j ü n g s t e S o h n K ö n i g —> Friedrich W i l h e l m s I. u n d B r u d e r K ö n i g —» Friedrichs II. w u r d e z u m Militärdienst b e s t i m m t und als Z e h n j ä h r i g e r C h e f eines I n f a n t e r i e r e g i m e n t s . Wegen seiner schlechten G e s u n d h e i t k o n n t e er lediglich in den ersten drei J a h r e n a m S i e b e n j ä h r i g e n Krieg t e i l n e h m e n . E r b r a c h t e es bis z u m G e n e r a l . DO A D B F e r d i n a n d , P r i n z von H o h e n z o l l e r n - S i g m a r i n g e n , K ö n i g von Rumänien, * 24. 8 . 1 8 6 5 S i g m a r i n g e n , t 2 0 . 7 . 1927 Bukarest. D e r S o h n Fürst —> L e o p o l d s I. von H o h e n z o l l e r n - S i g m a r i n gen und Enkel K ö n i g —> F e r d i n a n d s II. von Portugal studierte R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n , G e s c h i c h t e und Volkswirtschaft in T ü b i n g e n u n d L e i p z i g . 1889 siedelte er als designierter T h r o n f o l g e r seines O n k e l s —>Karl von H o h e n z o l l e r n S i g m a r i n g e n n a c h B u k a r e s t über und bestieg a m 11. 1 0 . 1 9 1 4 den T h r o n . D e n Kriegseintritt R u m ä n i e n s auf Seiten der E n tente 1916 k o n n t e er nicht v e r h i n d e r n . N a c h d e m Z u s a m m e n b r u c h der M i t t e l m ä c h t e 1919 erhielt R u m ä n i e n im Fried e n s v e r t r a g von T r i a n o n u . a . S i e b e n b ü r g e n , B u k o w i n a u n d B a n a t von U n g a r n , w o r a u f sich F. 1922 in K a r l s b u r g ( A l b a Iulia) z u m K ö n i g von G r o ß r u m ä n i e n krönen ließ. OD N D B F e r d i n a n d , P r i n z von Sachsen-Coburg-Saalfeld, * 2 8 . 3 . 1 7 8 5 Wien, t 2 7 . 8 . 1 8 5 1 Wien. F., S o h n von H e r z o g —> Franz trat in den österr. M i l i t ä r d i e n s t ein und k ä m p f t e als General der Kavallerie und I n h a b e r eines R e g i m e n t s u . a . bei R e g e n s b u r g , A s p e r n u n d W a g r a m g e g e n N a p o l e o n . N a c h der N i e d e r l a g e Österreichs 1809 m u ß t e F. den D i e n s t quittieren, k e h r t e j e d o c h als T e i l n e h m e r an den B e f r e i u n g s k r i e g e n 1 8 1 2 / 1 3 zurück. E r w a r der Vater von K ö n i g —> F e r d i n a n d s II. von P o r t u g a l . DP A D B

Ferdinand August Friedrich, Herzog von Württemberg, * 2 2 . 1 0 . 1763 T r e p t o w / R e g a , t 1 0 . 1 . 1834 B i e b r i c h ( h e u t e zu W i e s b a d e n ) . F. A. F. trat im Alter von achtzehn J a h r e n als O b e r s t l e u t nant in die kaiserliche A r m e e ein und w u r d e nach der Teiln a h m e a m T ü r k e n k r i e g 1788 z u m G e n e r a l m a j o r b e f ö r d e r t . Er k ä m p f t e in M ä h r e n und in den N i e d e r l a n d e n , 1796 a m N i e d e r r h e i n . 1796-1806 w a r er K o m m a n d i e r e n d e r General in Inner- u n d Oberösterreich, 1 7 9 8 / 9 9 und 1805 - inzwischen F e l d m a r s c h a l l - M i l i t ä r b e v o l l m ä c h t i g t e r in St. Petersburg, 1810-20 S t a d t k o m m a n d a n t von Wien, 1829-34 G o u v e r n e u r der B u n d e s f e s t u n g M a i n z . c d Rößler/Franz

Ferdinand Wilhelm, Herzog von WürttembergNeuenstadt, Militär, * 1 2 . 9 . 1659 N e u e n s t a d t / L i n d e , t 7 . 6 . 1 7 0 1 Sluis (Niederlande). Als einer d e r b e d e u t e n d s t e n Militärs seiner Zeit k ä m p f t e F. W . , S o h n H e r z o g —» Friedrichs von W ü r t t e m b e r g , auf fast allen e u r o p ä i s c h e n K r i e g s s c h a u p l ä t z e n . Er w a r als Freiwilliger bei der E r o b e r u n g von Trier 1675, k ä m p f t e 1677 in d ä n i s c h e n D i e n s t e n g e g e n S c h w e d e n , 1683-87 g e g e n d i e T ü r k e n in U n g a r n . A l s B e f e h l s h a b e r eines d ä n i s c h e n Hilfsk o r p s n a h m er 1 6 9 0 / 9 1 an der E r o b e r u n g Irlands d u r c h Wilh e l m von O r a n i e n teil. B i s 1697 b e f e h l i g t e F. W . T r u p p e n k o n t i n g e n t e in F l a n d e r n g e g e n F r a n k r e i c h und ü b e r n a h m d i e L e i t u n g einer s ä c h s i s c h - p o l n i s c h e n A r m e e g e g e n d i e T ü r k e n , u m 1700 w i e d e r in d ä n i s c h e D i e n s t e zu treten. F. W . organisierte d i e d ä n i s c h e W e h r v e r f a s s u n g . E r starb als G o u v e r n e u r von H o l l ä n d i s c h - F l a n d e r n . CD N D B

F e r d i n a n d I I I . , E r z h e r z o g von Österreich, G r o ß h e r z o g von T o s k a n a , K u r f ü r s t von Salzburg, G r o ß h e r z o g von Wiirzburg, * 6 . 5 . 1 7 6 9 F l o r e n z , t 1 2 . 6 . 1824 F l o r e n z . F. f o l g t e s e i n e m Vater —> L e o p o l d II. 1792 als H e r r s c h e r des G r o ß h e r z o g t u m s T o s k a n a , einer S e k u n d o g e n i t u r des H a u ses Österreich. A l s er das L a n d 1799 verlassen m u ß t e , e n t s c h ä d i g t e ihn N a p o l e o n 1803 mit d e m n e u g e b i l d e t e n Kurstaat Salzburg, d e n er 1805 g e g e n das von B a y e r n a b g e trennte G r o ß h e r z o g t u m W ü r z b u r g tauschen m u ß t e . F. Schloß sich 1806 d e m R h e i n b u n d an u n d unterstützte N a p o l e o n s Politik; erst im O k t o b e r 1813 trat er d e r A l l i a n z g e g e n N a p o l e o n bei. Z w a r verlor F. d u r c h den bayerisch-österreichischen Staatsvertrag von 1814 W ü r z b u r g , erhielt aber als E n t s c h ä d i g u n g d a s restituierte G r o ß h e r z o g t u m T o s k a n a zurück. m NDB F e r e n c y , J o s é , eigentl. Joszef F r i e d e m a n n , S ä n g e r , * 2 . 2 . 1852 U n g v á r bei T o k a j ( U n g a r n ) , t 2 7 . 7 . 1 9 0 8 B u e n o s Aires. N a c h e i n e m G e s a n g s u n t e r r i c h t in M a i l a n d und Wien debütierte F. 1874 als M a x i m Freischütz am Weimarer H o f t h e a t e r . In d e n f o l g e n d e n J a h r e n war er in W ü r z b u r g , Graz, Berlin, W i e n und H a m b u r g engagiert und gastierte 1887 in St. P e t e r s b u r g , 1889 in den U S A . 1889 w u r d e er D i r e k t o r des C a r l - S c h u l t z e - T h e a t e r s in H a m b u r g und leitete später das Stadttheater K a r l s b a d , seit 1900 d a s Berliner Z e n traltheater. F. starb w ä h r e n d einer S ü d a m e r i k a - T o u r n e e eines von i h m z u s a m m e n g e s t e l l t e n O p e r e t t e n e n s e m b l e s . cd

Kutsch

F e r e n c z i , S á n d o r , urspr. A l e x a n d e r Fränkel, P s y c h o analytiker, M e d i z i n e r , * 7 . 7 . 1 8 7 3 M i s k o l c z ( U n g a r n ) , t 2 2 . 5 . 1933 B u d a p e s t . D e r S o h n eines B u c h h ä n d l e r s und Verlegers studierte 1890-95 in W i e n M e d i z i n und kehrte nach d e r P r o m o t i o n 1896 als Assistenzarzt nach U n g a r n zurück, w o er 1904 Leiter der N e u r o l o g i s c h e n A m b u l a n z der B u d a p e s t e r A l l g e m e i nen K r a n k e n k a s s e und 1905 n e u r o l o g i s c h e r S a c h v e r s t ä n d i ger a m B u d a p e s t e r G e r i c h t w u r d e . N a c h der B e g e g n u n g mit S i g m u n d —> F r e u d Schloß er sich 1908 d e r p s y c h o a n a l y t i schen B e w e g u n g an. Als e n g e r Mitarbeiter F r e u d s w a r er 1910 M i t b e g r ü n d e r der Internationalen P s y c h o a n a l y t i s c h e n Vereinigung, der er 1918 als P r ä s i d e n t vorstand. F. g r ü n d e t e 1913 d i e U n g a r i s c h e P s y c h o a n a l y t i s c h e Vereinigung u n d leitete sie bis zu s e i n e m Tod. 1919 erhielt er in B u d a p e s t d i e international erste P r o f e s s u r f ü r P s y c h o a n a l y s e . Von g r u n d l e g e n d e r B e d e u t u n g ist F.s theoretischer Beitrag zur O b j e k t b e z i e h u n g s t h e o r i e und der R e g r e s s i o n s p r o b l e m a t i k . S e i n e S c h r i f t e n e r s c h i e n e n g e s a m m e l t als Bausteine zur Psychoanalyse (4 Bde., 1927-38, 3 1 9 8 4 ) und Schriften zur Psychoanalyse (2 B d e . , 1970-72, N a c h d r . 2004). CD L e x d t - j ü d A u t o r e n F e r e n z , Willy, S ä n g e r , * 2 2 . 1 0 . 1 9 2 3 Wien, t 1 0 . 7 . 1 9 9 8 Zürich. F. erhielt e i n e G e s a n g s a u s b i l d u n g in W i e n und M a i l a n d , hatte erste E n g a g e m e n t s in Liegnitz u n d N ü r n b e r g , w a r 1946-48 M i t g l i e d der S t a a t s o p e r W i e n und g e h ö r t e 1948-61 d e m E n s e m b l e des O p e r n h a u s e s Zürich an. Seit 1954 unterrichtete er a u ß e r d e m an d e r M u s i k h o c h s c h u l e u n d a m K o n s e r v a t o r i u m in Zürich. 1964-68 w a r F. an der Stuttgarter S t a a t s o p e r zu hören und trat u. a. bei der U r a u f f ü h r u n g von Carl —»Orffs Prometheus ( 1 9 6 8 ) auf. G l e i c h z e i t i g ü b e r n a h m er G a s t a u f t r i t t e u. a. in G e n u a , L i s s a b o n , an der B a y e r i s c h e n Staatsoper, a m T h e a t e r an d e r W i e n ( M i t w i r k u n g 1966 bei der U r a u f f ü h r u n g von Josef M a t t h i a s —> H a u e r s O p e r Die schwarze Spinne) u n d an d e r O p e r in A n t w e r p e n , an der 1965-68 Oberspielleiter war. Seit 1968 w a r F. Prof. a m C o l l e g e C o n s e r v a t o r y of M u s i c der U n i v e r s i t y of C i n c i n -

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Ferid nati, seit 1969 europäischer Direktor der Corbett Foundation in Zürich. Seit 1972 wirkte er als Musiktherapeut an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich sowie als Gesangspädagoge. e n Kutsch F e r i d , Murad, Jurist, * 1 1 . 4 . 1 9 0 8 Saloniki, t 1 1 . 1 0 . 1 9 9 8 München. Der Sohn eines Majors in der türkischen A r m e e und einer deutschen Mutter wuchs in München auf, studierte dort Rechtswissenschaften, wurde 1932 promoviert und war danach bei der Münchner Staatsanwaltschaft tätig. 1949 habilitierte er sich, wurde 1953 a. o.Prof. und war 1956-74 o. Prof. und Direktor des Instituts für Rechtsvergleichung an der Univ. München. F. war seit 1978 korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und seit 1991 ausländisches Mitglied der Accademia dei Lincei in Rom. Er veröffentlichte u.a. Der Neubärger im internationalen Privatrecht (1949), Internationales Erbrecht ( 1955 ff., mit Karl Firsching), Das Französische Zivilrecht (2 Bde., 1971, 2 1986 in 4 Bänden) und Internationales Privatrecht (1975, M 987). Seit der 4. Auflage (1966) gab er Alexander Bergmanns Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht heraus. DP Juristen F e r i , Gustav, Politiker, * 2 3 . 1 2 . 1890 Groß-Ottersleben bei Magdeburg, t 2 5 . 4 . 1 9 7 0 Bremen. Der Sohn eines Landarbeiters erlernte das Tischlerhandwerk und war seit 1905 in der Arbeitersportbewegung tätig. Seit 1919 Bezirksparteisekretär der SPD, seit 1922 Bezirkssekretär von Sachsen-Anhalt, wurde er nach vorübergehender Mitgliedschaft im Preußischen Landtag ( 1 9 2 4 / 2 5 ) 1925 in den Reichstag gewählt, dem er bis 1933 angehörte. 1 9 2 2 / 2 3 baute er in Magdeburg die „Republikanische Notwehr" auf und gehörte später mit Karl Höltermann zu den Führern des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold". Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung emigrierte F., der gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt hatte, ins Saarland und nach Belgien. Von Brüssel aus organisierte er als Grenzsekretär der Sozialdemokraten im Exil (Sopade) Widerstand und konspirativen Kontakt in die Heimat. 1940 floh er vor der Gestapo Uber Frankreich, Spanien und Portugal in die USA. 1958 kehrte F. nach Deutschland zurück. CD M B L F e r l e m a n n , Erwin, Gewerkschafter, * 1 6 . 3 . 1 9 3 0 Wuppertal, t 2 4 . 9 . 2 0 0 0 Waiblingen. F., Sohn eines Werkzeugmachers und engagierten Sozialdemokraten, durchlief eine Lehre als Exportkaufmann, erhielt 1950 eine zweite Ausbildung zum Klischeeätzer/Chemigraphen und wurde in dieser Zeit Mitglied der IG Druck. Es folgten eine Reihe von beruflichen Stationen, bis er nach der Veröffentlichung seines richtungweisenden Buches Druckindustrie und Elektronik (1969) die Stelle eines Abteilungsleiters beim Hauptvorstand der IG Druck und Papier in Stuttgart übernahm. 1976 wurde F. Mitglied des Vorstandes und Stellvertreter des Vorsitzenden der IG Druck; 1983 übernahm er den Vorsitz und wurde 1986 wiedergewählt. An dem Zusammenschluß von IG Druck und Papier und der Gewerkschaft Kunst zur IG Medien beteiligt, war F. 1989-92 deren erster Vorsitzender. Zu seinen Publikationen zählen auch Konzentration in Presse und Verlagswesen (1970) und Internationale Medienkonzentration (1973). F e r n a u , Albert, österr. Chemiker, * 1 . 1 0 . 1 8 6 9 Lima (Peru), t 3 0 . 8 . 1 9 3 4 Wien. F.s Eltern siedelten 1872 nach Wien über, wo er Chemie und Pharmazie studierte. Nach der Promotion 1893 widmete er sich vor allem der radiologischen Forschung. Seit 1912 arbeitete F. als Physiker in der Radiumstation des Wiener Allgemeinen Krankenhauses, habilitierte sich 1923 für medizinische Radiumkunde, war seit 1920 als pharmazeutischchemischer Beamter im Allgemeinen Krankenhaus tätig und

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leitete zuletzt das Zentrallaboratorim der Apotheken der Wiener Fondskrankenhäuser. 1932 wurde er tit. a. o. Prof. der Univ. Wien. Zu seinen Publikationen gehörten Praktische Pharmazie (1910) und Einführung in die Physik und Chemie des Radium und Mesothor für Mediziner (1919, 2 1926). m Ärzte 2, 3 F e r n a u , Friedrich Wilhelm, Journalist, Schriftsteller, * 2 2 . 4 . 1 9 1 3 Görlitz, t 2 0 . 7 . 1 9 8 0 Bremen. F., der im Selbststudium die arabische Sprache erlernte, wurde nach dem Studium der Staatswissenschaften an den Universitäten München, Leipzig und Berlin sowie der nahöstlichen Sprachen am Orientalischen Seminar Berlin 1937 zum Dr. rer. pol. promoviert. Er leitete in den folgenden vier Jahren das Nahost-Referat der Volkswirtschaftlichen Abteilung der IG-Farben Berlin. Daneben schrieb er Beiträge f ü r den „Deutschen Volkswirt" und die „Frankfurter Zeitung". Seit 1942 war F. im Büro des deutschen MilitärAttaches am Generalkonsulat in Istanbul tätig. 1946 wurde er Redakteur der „Wirtschafts-Zeitung" (später „Deutschen Zeitung"), in deren Auftrag er seit 1949 regelmäßig in den Nahen Osten und die Mittelmeerländer reiste. 1978 trat F., der seit 1954 die meiste Zeit in Zürich lebte, in den Ruhestand. 1959-77 war er Vorstandsmitglied des Nah- und Mittelostvereins in Hamburg. F. veröffentlichte u. a. Flackernder Halbmond (1953) und Patriarchen am Goldenen Horn (1967). F e r n a u , Joachim, Pseud. John Forster, Schriftsteller, * 1 1 . 9 . 1 9 0 9 Bromberg (Westpreußen), t 24. 11. 1988 München. Nach Universitätsstudien in Berlin arbeitete F. als Journalist für den Ullstein-Verlag, wurde bei Kriegsbeginn 1939 Soldat und wechselte später zur Waffen-SS. Als Kriegsberichterstatter beschwor er noch 1944 in Durchhalteartikeln den Glauben an eine Wunderwaffe —»Hitlers. Nach dem Krieg arbeitete F. als Schriftleiter der „Stuttgarter Illustrierten" in Stuttgart, bis er sich 1952 als freier Schriftsteller, Publizist und Maler in München niederließ. Großen Erfolg erzielte er mit umstrittenen Darstellungen historischer Themen, u. a. Rosen für Apoll. Die Geschichte der Griechen (1961) und Cäsar läßt grüßen. Die Geschichte der Römer (1971). 1952 erschien Deutschland, Deutschland über alles ... von Arminius bis Adenauer (1952). Über sich selbst schrieb F. die fiktiven Gespräche Guten Abend, Herr Fernau (1984). DO Killy F e r n a u , Rudolf, eigentl. Andreas R. Neuberger, Schauspieler, * 7. 1. 1901 München, t 4. 11.1985 München. Der Sohn eines Landwirts debütierte als Charakterdarsteller 1927 an den Städtischen Bühnen Hannover, hatte 1929-44 ein Engagement am Staatstheater Stuttgart und spielte auch in Hamburg, Berlin und Düsseldorf. Nach 1945 trat er in Bremen, Tübingen, Stuttgart und München auf. Zu seinen Hauptrollen zählten die großen Shakespeare-Figuren. Einem Massenpublikum wurde F. in den dreißiger und vierziger Jahren als Bösewicht in Filmen wie Dr. Crippen an Bord (1942) bekannt. Unter dem Titel Als Lied begann's erschienen 1972 seine Memoiren. CP Munzinger F e r n b a c h , Franz Xaver, Maler, * 1 4 . 1 0 . 1 7 9 3 Waldkirch/ Breisgau, f 2 7 . 2 . 1851 München. F. bemalte zuerst Zifferblätter für Schwarzwälder Uhren, bildete sich seit 1816 an der Münchner Kunstakademie aus und spezialisierte sich auf neue Techniken des Farbauftrags. Später studierte er, von adligen Gönnern gefördert, in Landshut und Wien Mineralogie, Physik und Chemie, professionalisierte seine Technik der „neuen Enkaustik" und erweiterte sie auf zahlreiche Materialien. Das Imprägnieren der Farben auf Stein mittels Wachs und Feuer nach antikem Vorbild gelang jedoch nur in geschlossenen Räumen befriedigend.

Ferrara Einige Säle der M ü n c h n e r Residenz wurden auf diese Weise bemalt. F. schrieb u . a . Über Kenntnis und Behandlung der Öl-Farben (1834) und Die enkaustische Malerei (1845). OD A K L

Fernbach,

Henry, Architekt, * 1828 Löwenberg (Schlesien) (Breslau?), t 1 2 . 1 1 . 1 8 8 3 New York. F. studierte Architektur an der Bauakademie Berlin, wanderte 1855 in die U S A aus und ließ sich in N e w York nieder. Dort projektierte und baute er zahlreiche öffentliche Monumentalbauten wie etwa die Germania Sparbank, das Gebäude der „New Yorker Staatszeitung" und das hebräische Waisenhaus. Die unter seiner Leitung errichtete E m a n u El-Synagoge (1866-68, nicht erhalten) war als einer der repräsentativsten und reichsten zeitgenössischen Tempelbauten architektonisches Vorbild f ü r viele amerikanische Synagogen. OD A K L

Fernberger von Aur,

Johann, österr. Militär, * 1511 A u e r / E t s c h , t 1584 Wien. Der Sohn eines Landsknechts k ä m p f t e als Söldner der kaiserlichen A r m e e in Italien gegen Franz I. von Frankreich, in Ungarn gegen die Türken und später wieder in Italien. Inzwischen Truppenführer, wurde er auf dem Regensburger Reichstag 1545 von Kaiser —>Karl V. f ü r seine militärischen Leistungen in den Adelsstand erhoben. 1556 verteidigte F. v. A. den Vatikan gegen spanische Truppen und leitete 1566 in Kroatien die Verteidigung der Reichsgrenzen gegen die Türken. Von den Ständen der Steiermark, Kärntens und der Krain wurde er daraufhin zum Landesverteidiger gewählt. Kaiser —> Rudolf II. ernannte ihn 1582 zum Stadtobersten von Wien. CD A D B

Fernkorn,

Anton (Dominik) Ritter von, Bildhauer, * 17.3. 1813 Erfurt, t 16. 11. 1878 Wien. Nach einer Handwerks- und Gürtlerlehre studierte F., Sohn eines Spitaldirektors, seit 1835 in München an der Akademie der bildenden Künste bei Ludwig von —> Schwanthaler und arbeitete in der Erzgießerei bei Johann Baptist —» Stiglmaier. 1840 wechselte er nach Wien, arbeitete erst für die Ateliers anderer Bildhauer, erhielt aber bald eigene A u f t r ä g e und schuf in den fünfziger und sechziger Jahren im Auftrag des Hofs und prominenter Persönlichkeiten zahlreiche M o numentalplastiken. F. war Leiter der neugegründeten staatlichen Erzgießerei (bis 1866). 1860 wurde er in den Ritterstand erhoben. Neben Denkmälern auf dem Wiener Heldenplatz (Prinz Eugen, 1860-65) schuf F. u . a . Brunnen, Porträtbüsten und Grabmonumente. Die Verankerung des Erzherzog CaW-Denkmals (1853, 1860 enthüllt) nur auf den Hinterfüßen des Pferdes stellt F.s berühmteste technische Leistung dar. m AKL F e r n o w , Bernhard Eduard, Forstwirt, * 7. 1. 1851 Hohensalza (Prov. Posen), ! 6 . 2 . 1 9 2 3 Toronto (Kanada). F., Sohn eines preuß. Verwaltungsbeamten, studierte seit 1869 in Hannoversch M ü n d e n Forstwissenschaft, nahm am Deutsch-Französischen Krieg 1 8 7 0 / 7 1 teil und arbeitete nach d e m Studium der Rechtswissenschaft in Königsberg als Forstreferendar in Schlesien, Brandenburg und Ostpreußen. 1876 besuchte er die Jahrhundertausstellung in Philadelphia, blieb in den U S A und war in verschiedenen Berufen tätig, darunter als Holzkohleproduzent für die Montanindustrie, bis er 1883 Geschäftsführer des American Forestry Congress wurde. 1886-98 leitete F. die Forstabteilung im Landwirtschaftsministerium der U S A und richtete als erster Prof. der Forstwirtschaft an der Cornell University of Ithaca das N e w York State College of Forestry ein, das 1903 geschlossen wurde. 1908 wurde er Prof. für Waldbau an der Univ. Toronto. F., der als Begründer der Forstwissenschaft in Nordamerika gilt, veröffentlichte u. a. A breif history of fore-

stry in Europe, the United States and other countries (1907, 3 1913) und gab 1902-16 das „Forestry Quarterly" heraus. m NDB F e r n o w , Carl Ludwig, Kunsttheoretiker, Bibliothekar, * 1 9 . 1 1 . 1 7 6 3 Blumenhagen bei Pasewalk, t 4 . 1 2 . 1808 Weimar. Der Sohn eines Knechts studierte nach einer Apothekerlehre und, angeregt durch die Bekanntschaft mit A s m u s Jakob - > Carstens seit 1786 in Lübeck, Versuchen in der Porträtmalerei 1791-93 bei Karl Leonhard —> Reinhold in Jena Philosophie. Seit 1794 in R o m ansässig, erhielt er auf Vermittlung —> Goethes 1803 eine außerordentliche Professur für Ästhetik in Jena und wurde 1804 Bibliothekar am Weimarer Hof. Während seines Aufenthalts in Italien entwickelte F. eine klassizistische Kunsttheorie, die mangels einer systematischen Darstellung aus den Römischen Studien (3 Tie., 1806-08) erschlossen werden muß. Über Johann Joachim —> Winckelmanns Phänomenologie hinausgehend, stellte er mit - > K a n t und —»Schiller Ideal und Kunstschönheit gegen Einzelerscheinung und Naturschönheit. F. veröffentlichte neben Künstlerbiographien eine Italienische Sprachlehre für Deutsche (2 Tie., 1804, 3 1829). n a Metzler Kunsthistoriker

Feronce von Rotenkreutz,

Jean Baptiste, Staatsmann, * 2 8 . 1 0 . 1 7 2 3 Leipzig, t 19.7. 1799 Braunschweig. F. v. R. studierte in Jena, Halle und Göttingen. Nach Studienreisen durch Frankreich und die Niederlande wurde er Legationssekretär beim russischen Botschafter am kursächsischen Hof und wechselte 1748 in braunschweigische Dienste. Seit 1761 Geheimer Legationsrat, wurde F. v. R. in den Reichsadelsstand erhoben und übernahm 1773 als Geheimrat das Finanzministerium des stark verschuldeten Herzogtums. Durch eine strikte Sparpolitik und geschickte Finanztransaktionen gelang es ihm, das Land zu sanieren. 1776 verkaufte er braunschweigische Untertanen als Söldner an England, 1788 an die niederländischen Generalstaaten. m

ADB

Ferra-Mikura,

Vera, eigentl. Gertrud Vera Mikura, geb. Ferra, österr. Schriftstellerin, * 14.2. 1923 Wien, t 9 . 3 . 1997 Wien. F.-M. war als Stenotypistin, Redaktionssekretärin und Verlagslektorin tätig, besuchte daneben Abendkurse an der Handelsakademie in Wien, und arbeitete anschließend als freie Schriftstellerin und Journalistin. Sie veröffentlichte Erzählungen (u. a. Literarische Luftnummer, 1970), Gedichte (Melodie am Morgen, 1946; Zeit ist mit Uhren nicht meßbar, 1962) und vor allem Kinderbücher, die in oft skurrilen Handlungen Reales und Phantastisches verbinden ( u . a . Bürgermeister Petersil, 1952; Der alte und der junge und der kleine Stanislaus, 1962; Die Mäuse der drei Stanislause, 1965, 4 1982; Pusselkram wird Millionär, 1990). m

DLL, 20. Jh.

Ferrand,

Eduard, eigentl. Eduard Schulz, Pseud. Tybald, Schriftsteller, * 13. (23.) 1.1813 Landsberg/Warthe, t 23. 10. 1842 Berlin. Nach d e m frühen Tod seines Vaters zog F. mit der Mutter 1825 nach Berlin, w o er seit 1831 in den Zeitschriften „Der Freimütige" und „Figaro" Gedichte veröffentlichte. Mit anderen gründete er später den Verein der jüngeren Berliner Dichter. F. veröffentlichte u . a . Gedichte (1834), Nachklänge an Bertha (1834) sowie Erlebnisse des Herzens. Liebesnovelletten (1839). m ADB

Ferrara,

Gabriele von, eigentl. Camillo von F., Barmherziger Bruder, Chirurg, * um 1543 Mailand, t 15. 1. 1627 Wien. F. erlernte die chirurgischen Verfahren sowie die Destillationskunst und praktizierte in Mailand, wo er 1591 in den

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Ferrarius Orden der Barmherzigen Brüder eintrat. 1598-1605 lebte er in Rom, zuletzt als Prior des dortigen Klosters. 1605 wurde F. Generalvikar seines Ordens für Deutschland. Als einer der besten Ärzte seiner Zeit gewann er Zugang zum Hof Kaiser -> Ferdinands II., war 1620 Feldchirurg der kaiserlichen Truppen und behandelte u . a . 1624 Papst Urban VIII. F. gründete im Deutschen Reich, in Polen und Italien 22 Ordensspitäler. Er veröffentlichte u . a . Nova selva di cirurgia (1596, 7 1696) und Sylva chirurgiae (1625). m NDB

Ferrarius,

Johannes, Beiname Montanus, eigentl. Johann Eisermann, Jurist, * u m 1485 Amöneburg bei Marburg, t 2 5 . 6 . 1558 Marburg. F. studierte in Wittenberg Theologie und Medizin, wurde 1514 zum Doctor ingenuarum artium promoviert und hielt seit 1518 Vorlesungen über Aristoteles, Cicero, Quintilian und Plinius. 1 5 2 1 / 2 2 Rektor der Univ., verließ er wegen des 1521 ausgebrochenen reformatorischen Streits Wittenberg und kehrte nach Marburg zurück. Seit 1523 gehörte F. dem Rat der Stadt an, war von 1527 an Prof. und wurde 1533 zum Dr. jur. promoviert. Seit 1536 amtierte er als Vizekanzler, später als Rektor der Universität. F. veröffentlichte juristische und kirchenrechtliche Abhandlungen, eine Lebensgeschichte der heiligen —»Elisabeth, einen panegyrischen Fürstenspiegel sowie zahlreiche Gelegenheitsgedichte. DD Killy F e r r o , Pascal Joseph Ritter von, Mediziner, * 5 . 6 . 1753 Bonn, t 2 1 . 8 . 1 8 0 9 Wien. Nach einer zunftmäßigen Wundarztausbildung 1767-70 in Bonn war F., Sohn eines kurkölnischen Offiziers und Quartiermeisters, Feldscher eines pfälzischen Kavallerieregiments, studierte seit 1775 Medizin in Heidelberg, Straßburg und Wien und wurde 1777 promoviert (Positiones medicae circa haemoptysen et phtisin). 1785 trat er als Sanitätsmagister von Wien in den Verwaltungsdienst ein, wurde 1793 als Regierungsrat Sanitätsreferent von Niederösterreich und baute das zu seiner Zeit modernste Medizinalwesen des Reiches auf. Unter seiner Regie wurde die Ablösung des ständischen durch ein staatliches Physikatswesen vorangetrieben, ein Rettungsdienst eingerichtet, das Bestattungswesen geordnet sowie ein Impfreglement und die K u h p o c k e n i m p f u n g eingeführt. Seine vielfältige Tätigkeit belegt die Sammlung aller Sanitätsverordnungen in dem Erzherzogthum unter der Enns (2 Bde., 1798-1807). Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Vom Gebrauche des kalten Bades (1790), Über die Wirkungen der Lebensluft (1793) und Versuche mit neuen Arzeneymitteln (1793). F. war seit 1789 Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. 1804 wurde er geadelt. OD N D B F e r s e n f e l d t , Hermann Peter, Architekt, * 9. 1. 1786 Hamburg, t 2 6 . 9 . 1853 Hamburg. Der Sohn eines Hamburger Ratszimmermeisters studierte in Karlsruhe Architektur und kehrte nach Studienreisen durch Dänemark, Italien, Frankreich, England und Deutschland 1818 in seine Heimatstadt zurück. 1 8 2 6 / 2 7 erbaute er dort den T u r m der St.-Jacobi-Kirche. Nach dem großen Brand 1842 wurde er mit Alexis de —» Chateauneuf mit der Wiedererrichtung der St.-Petri-Kirche und der St.-GertrudenKapelle sowie mit der Errichtung einer Reihe von Wohnbauten beauftragt. F. gründete eine Bauschule zur Ausbildung j u n g e r Architekten und beriet die Stadtregierung in bautechnischen Fragen. C33 A K L

Ferstel,

(Johann) Heinrich Frh. von, österr. Architekt, * 7 . 7 . 1828 Wien, | 14.7. 1883 Wien. F., Sohn eines Bankbeamten, durchlief eine Maurerlehre, studierte in Wien am Polytechnikum und an der Akademie der bildenden Künste Architektur und war nach einer

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Studienreise durch Deutschland 1851 im Atelier seines Onkels Friedrich —> Stäche tätig. 1853-55 führte er als erste selbständige Arbeit das Schloß Türmitz bei Teplitz aus. Sein Hauptwerk ist die Vötivkirche in Wien (1856-79) im Stil der französischen Gotik. F. hatte wesentlichen Anteil am Ausbau der Wiener Ringstraße. Als Hauptwerk des Wiener Romantischen Historismus gilt der Neubau der Nationalbank (1856-60). Im Stil der Neurenaissance errichtete er u . a . das Österreichische M u s e u m für Kunst und Industrie (1868-71) sowie die Universität (1871-84). F. gehörte der Wiener Baukommission an und war Kurator des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie sowie Mitglied und akademischer Rat der Wiener A k a d e m i e der bildenden Künste. Seit 1866 lehrte er als o. Prof. für Hochbau am Polytechnikum, dessen Rektor er 1 8 8 0 / 8 1 war. 1869 wurde F. in den erblichen Ritterstand erhoben; 1871 erhielt er den Titel eines Oberbaurats. Er war der Vater von M a x von —> F.

m

AKL

Ferstel,

Max(imilian) Frh. von, österr. Architekt, * 8 . 5 . 1 8 5 9 Wien, t 2 8 . 3 . 1936 Wien. Der Sohn Heinrich von F.s studierte 1878-83 an den Technischen Hochschulen Wien und Berlin Architektur, durchlief daneben eine Maurerlehre, übernahm 1883 das Atelier seines Vaters, den er am Hochaltar der Schottenkirche und am Ausbau der Univ. Wien unterstützte, und erhielt 1892 an der T H Wien einen Lehrauftrag für mittelalterliche Baukunst. 1901 wurde er a . o . P r o f . , 1907 o.Prof. und war 1 9 2 1 / 2 2 Rektor der Hochschule. F., der zur sog. dritten Generation der Ringstraßenarchitekten zählte, baute Kirchen, Kapellen, Rathäuser, Villen und Wirtschaftsgebäude in Wien und verschiedenen Orten Österreich-Ungarns. 1921 wurde er zum Hofrat, 1923 zum Ehrenmitglied der Wiener A k a d e m i e der bildenden Künste ernannt. CD A K L F e r t i g , Ignaz, Lithograph, * 1809 bei Aschaffenburg, t 1858 München. F., Sohn eines Müllers, ergriff zunächst den Beruf seines Vaters. Seine künstlerische Ausbildung erhielt er in der Zeichenschule Aschaffenburg (1829), später an einer lithographischen Anstalt in Hanau und seit 1832 am Lithographischen Institut von Gottlieb —» B o d m e r in München. Gleichzeitig besuchte er die A k a d e m i e der Künste. F. schuf zahlreiche Kreidelithographien mit Bildnissen berühmter Zeitgenossen ( u . a . König - » M a x i m i l i a n II., König —»Ludwig I., Prinz —»Luitpold und seine Frau und Leo von - > K l e n z e ) . F.s Arbeiten umfaßten außerdem lithographische Reproduktionen von Meisterwerken in der Alten Pinakothek sowie Porträts in Zeichnung und Aquarell.

Ferus,

Johannes, eigentl. Wild, Franziskaner, Theologe, * 2 4 . 6 . 1495 Burgau bei Günzburg, t 8 . 9 . 1554 Mainz. F. studierte wahrscheinlich in Heidelberg und trat um 1515 in ein Kloster der Franziskaner-Observanz ein. 1523-28 war er Lektor im Tübinger Konvent, danach in Mainz. Hier wirkte er seit 1539 als Domprediger und war zuletzt auch Guardian. F. entfaltete eine ausgedehnte und erfolgreiche publizistische Tätigkeit, die überwiegend Predigten und Bibelkommentare betraf; allein die 1 5 5 2 / 5 3 erschienene Evangelienpostille Postill über die Evangelien ... enthielt j e zehn Predigten zu j e d e m Sonntagsevangelium. Insgesamt auf die Verteidigung der kath. Kirche gegen die Protestanten ausgerichtet, äußerte er sich doch auch reformatorisch und kirchenkritisch und geriet dadurch ins Blickfeld der Inqusition, die seit 1554 in Spanien einzelne und unter Papst Sixtus V. (1585-90) sämtliche Schriften F.' auf den Index setzte (bis 1900). CD N D B

Feßler Fesca, Alexander (Ernst), Komponist, Musiker, * 22.5. 1820 Karlsruhe, t 2 2 . 2 . 1 8 4 9 Braunschweig. Der Sohn von Friedrich Ernst —> F. wurde von seinem Vater ausgebildet, gab bereits als Jugendlicher Klavierkonzerte und wurde mit 14 Jahren Student an der Kgl. Akademie der Künste in Berlin. Seit 1838 lebte F. wieder in Karlsruhe und unternahm Konzertreisen als Pianist; 1841 wurde er in Donaueschingen Kammervirtuose von Karl Egon von —>Fürstenberg. F. komponierte u.a. die Opern Mariette (1838), Die Franzosen in Spanien (1841) und Der Troubadour (1847). Mit seinen Klavierliedern war F. in zahlreichen zeitgenössischen Sammlungen vertreten. CD M G G F e s c a , Friedrich Ernst, Komponist, Musiker, * 1 5 . 2 . 1 7 8 9 Magdeburg, t 24.5. 1826 Karlsruhe. F., Sohn eines Magistratsobersekretärs und einer Sängerin, erlernte bei seinem Vater das Violinspiel, trat bereits im Alter von elf Jahren in Konzerten auf und wurde 1805 Mitglied des Leipziger Gewandhausorchesters. Im folgenden Jahr ging er als Kammermusiker nach Oldenburg, 1808 als Sologeiger nach Kassel, wo er der Hofkapelle König —»Jérômes angehörte, und 1814 nach Karlsruhe, wo er seit 1815 auch als Konzertmeister tätig war. F., der seit 1804 mit Louis —>Spohr befreundet war, komponierte vor allem Kammermusik, aber auch Opern, Symphonien, Ouvertüren, Psalmenvertonungen und Lieder. Er war der Vater von Alexander -> F. OD M G G F e s c a , Max, Chemiker, * 31.3. 1846 Soldin, t 31. 10. 1917 Wiesbaden. F., Sohn eines Postdirektors, studierte seit 1868 Landwirtschaft und Naturwissenschaften an der Univ. Halle, seit 1872 in Göttingen, wo er 1873 bei Philipp -> Zöller mit einer Dissertation über die stoffliche Zusammensetzung der Tabakblätter promoviert wurde (Agruculturchemische Untersuchungen). Nach Assistentenzeit am landwirtschaftlichen physiologischen Laboratorium der Univ. Halle wirkte er seit 1874 erneut in Göttingen und habilitierte sich im folgenden Jahr für Landwirtschaftslehre mit einer Arbeit über Diluvialablagerungen. 1875 führte ihn eine Studienreise nach England (Landwirthschaftliche Studien in England und Schottland, 1876). 1882 ging F. als wissenschaftlicher Leiter der Agronomischen Abteilung der Geologischen Reichsanstalt nach Tokio und lehrte als Dozent an der Landwirtschaftlichen Akademie in Komabe. In den folgenden Jahren führte er in weiten Teilen Japans agronomisch-pedologische Untersuchungen durch, deren Ergebnisse in eine Reihe von Bodenkarten Eingang fanden. 1896 wirkte er erneut als Dozent in Göttingen, seit 1897 an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin. Seit 1901 Prof. für tropische und heimische Landwirtschaft an der Deutschen Kolonialschule in Witzenhausen, lehrte F. 1910-14 am Kolonialinstitut in Hamburg. Als sein Hauptwerk gilt Der Pflanzenbau in den Tropen und Subtropen (3 Bde., 1904-11). F e s e l , Johann Christoph, Maler, Kunstschriftsteller, * 14.7. 1737 Ochsenfurt bei Würzburg, t 25. 10.1805 Würzburg. Der Sohn eines Chirurgen konnte sein Maltalent aufgrund der Förderung durch den Fürstbischof von Würzburg zunächst an der bischöflichen Residenz, später in Wien und Rom ausbilden, wo er Schüler von Anton Raphael —> Mengs war. Von einem Aufenthalt in Griechenland, wo er für einen englischen Lord Antikes zeichnete, kehrte er 1768 zurück und wurde Kabinettsmaler und Inspektor der Malereien. Seit 1803 war F. pfalzbayerischer Galerie-Inspektor. Er malte Altar- und Historienbilder sowie Porträts, schuf Entwürfe für plastische Werke, schmückte das Grottenhaus Belvedere im Schloßgarten zu Veitshöchheim aus und dekorierte 1773 das Theater im Nordoval der Würzburger Residenz. In sei-

nen Werken ist der Einfluß —> Tiepolos spürbar. F. schrieb Maler-Theorie oder kurzer Leitfaden zur historischen Malerei für Anfänger (1792). Er war der Vater von Caspar Carl - > F . DD A KL

Feselein, Melchior, auch Feselen, Feselin, Maler, * zwischen 1490 und 1495 vermutlich Nördlingen, t 10.4. 1538 Ingolstadt. F. lernte wahrscheinlich bei Hans —» Schäufelein in Nördlingen und ließ sich nach der Wanderschaft als selbständiger Meister in Ingolstadt nieder, wo er in den Rechnungsbüchern der Liebfrauenkirche seit 1521 als Stadtmaler genannt wird. Von Albrecht - » Altdorfer beeinflußt, war er als Kirchen- und Historienmaler in Ingolstadt und für die Höfe in München und Neuburg/Donau tätig. F. malte u.a. Anbetung der Hl. Drei Könige (1522), Belagerung Roms durch Porsenna (1529) und Belagerung Alesias durch Julius Cäsar (1533). m AKL F e s e n m a y e r , Hans (Johannes) Christoph, auch Fesenmaier, Fesenmair, Fesenmayr, Vesenmair, Veslmair, Goldschmied, * 1587 Neresheim, t 25.4. 1664 Augsburg. F. ist seit 1609 in Augsburg nachweisbar, wo er 1618 den Meistertitel erwarb. 1624 wurde er Vorgeher der Goldschmiede und 1629 Geschaumeister. 1638-59 war er Mitglied des Kleinen Rats und zeitweilig Bürgermeister der Reichsstadt. F. zählte zu den bedeutendsten kirchlichen Goldschmieden Augsburgs in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Zu seinen Auftraggebern gehörten neben dem Domkapitel und der Stadt Augsburg u. a. der Kaiser, die erzherzogliche Hofkammer in Innsbruck, die Erzherzogin Clara Isabella und der Kurfürst von Köln. CD A K L

Fesl, Michael Joseph, kath. Theologe, Philosoph, * 29.9. 1788 Prag, t 1864 Wien. F. studierte Theologie und wurde 1811 zum Priester geweiht. Seit 1816 war er Vizerektor und Prof. der Kirchengeschichte und des Kirchenrechts am Priesterseminar in Leitmeritz (Böhmen). Wegen des von ihm gegründeten und nach den Grundsätzen Bernard —> Bolzanos geführten „Christenbundes" wurde er 1820 des Amtes enthoben. F. wurde 1820-24 im Wiener Servitenkloster, danach bis 1832 in Graz in Haft gehalten. In anonymen Rezensionen und Artikeln setzte er sich für Bolzano ein und gab dessen Hauptwerke heraus. F. veröffentlichte u.a. Nachrichten und Betrachtungen über die ungarische Nationalsynode ¡822 (1824) und Religionsbekenntnisse zweier vernünftiger Freunde (1835). • 3 LThK F e ß l e r , Eduard, Sänger, * 5 . 1 0 . 1 8 4 1 Neuburg /Donau, t 2 1 . 1 1 . 1 9 0 1 Berlin. Anfänglich studierte F. Klassische Philologie in München, besuchte gleichzeitig das dortige Konservatorium und nahm Gesangsunterricht. 1862 debütierte der Bariton am Hoftheater in Coburg, wo er bis zur Auflösung des Opernensembles 1881 blieb. 1881-83 hatte F. ein Engagement an der Frankfurter Oper inne, 1883-89 am Hoftheater Darmstadt und 1891-94 am Stadttheater Zürich. F. gastierte an zahlreichen Opernbühnen in Deutschland, Belgien und der Schweiz. Besonders als —> Wagner-Interpret gefeiert, war F. auch als Don Giovanni und als Figaro zu sehen. Nach dem Rückzug von der Bühne eröffnete er in Berlin eine Gesangschule. CD Kutsch F e ß l e r , Ignaz Aurelius, kath., später evang. Theologe, Orientalist, Schriftsteller, * 18.5. 1756 Zurndorf/Leitha, t 15.12. 1839 St. Petersburg. F., dessen Vater Soldat, dann Wirt war und zuletzt in bischöflichen Diensten in Raab stand, trat 1773 in den Kapuzinerorden ein und wurde 1779 zum Priester geweiht. Eine

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Feßler öffentliche Anzeige heimlich betriebener Klostergefängnisse brachte ihn in Konflikt mit seinem Orden. Er studierte in Wien Theologie, wurde 1783 promoviert und ging 1784 als Prof. der Orientalistik nach Lemberg. 1787 aus dem Kapuzinerorden entlassen, arbeitete er 1788-96 als Bibliothekar im schlesischen Carolath. 1791 zum evang. Glauben übergetreten, wurde F. 1798 preuß. Staatsbeamter in Berlin, w o er als Erzähler, Publizist und Reformer der preuß. Freimaurerei tätig war. —>Jean Paul, —> Fichte, - > Schelling und die Brüder —> Schlegel zählten zu seinen Bekannten. 1809 ging F. als Prof. der Orientalistik nach St. Petersburg, wurde 1819 Bischof der deutschen Gemeinde in Rußland und war zuletzt Superintendent in St. Petersburg. Er schrieb zahlreiche historische R o m a n e (u. a. Marc-Aurel, 4 Bde., 1790-92). Seine Autobiographie erschien 1824 unter dem Titel Dr. Fessiers Rückblicke auf seine siebzigjährige Pilgerschaft (21851). CD Killy F e ß l e r , Johann, württembergischer Kanzler, * 1501 Tübingen, t 2 1 . 3 . 1572 Stuttgart. F. erwarb 1517 die Magisterwürde der Univ. Tübingen und wurde 1523 an der Univ. Heidelberg zum Doktor beider Rechte promoviert. Im folgenden Jahr ging er nach Stuttgart, wo er als Ratsadvokat in den Dienst der Regierung trat. Seit 1536 war er als Rat direkt Herzog —> Ulrich unterstellt, der ihn nach vorübergehendem Zerwürfnis 1543 zu seinem Kanzler ernannte. In dieser Stellung wurde F. zu einem der zentralen Entscheidungsträger der wirtembergischen Politik, die von den Konflikten im Z u g e der Reformation geprägt war. 1546 bereiste F. die Städte des Schmalkaldischen Bündnisses, um die Kriegskosten aufzubringen; nach der Niederlage entwarf und vollzog er bei Kaiser —» Karl V. die Unterwerfung Wirtembergs. 1550 setzte sich F. beim Kaiser für eine milde Behandlung Magdeburgs ein, das sich dem kaiserlichen Interim widersetzte. Besser als die spannungsreiche Zusammenarbeit mit Herzog Ulrich gestaltete sich seit 1550 für F. der Dienst für dessen Sohn -> Christoph. Seit etwa 1560 zog sich F. aus der vordersten Reihe der politischen Auseinandersetzungen zurück. Seine Niederschrift Wahrhaftige Beschreibung, wie das Land Wirtemberg zu einem Herzogtum seye erhöht wurde 1617 in Friedrich —> Hortleders Werk Von den Ursachen des teutschen Krieges abgedruckt.

er 1864 Bischof von St. Pölten. F. war Generalsekretär des Vatikanischen Konzils 1 8 6 9 / 7 0 und Unterhändler bei den Konkordatsverhandlungen Österreich-Ungarns mit R o m . Er veröffentlichte u. a. das Handbuch Institutiones patrologiae (2 Bde., 1 8 5 0 / 5 1 ) sowie Studien über das österreichische Konkordat ( 1856), Die Revision des Konkordates ( 1861 ) und Die wahre und die falsche Unfehlbarkeit. Zur Abwehr gegen Herrn v. Schulte ( 1 3 1 8 7 1 ) . CD Gatz 4 F e ß l e r , Julius, Chirurg, * 4 . 5 . 1 8 6 2 Brückenau (Unterfranken), t 9 . 1 1 . 1937 M ü n c h e n (?). F. studierte in München Medizin und wurde 1885 promoviert (Ein Beitrag zur Behandlung der Knochenbrüche und Gelenkerkrankungen durch ziehende Verbände). Nach der Assistenzzeit praktizierte er als Reichsbahnfacharzt und habilitierte sich 1894 für Chirurgie (Festigkeit der menschlichen Gelenke mit bes. Berücks. des Bandapparates). 1908 wurde er a. o.Prof. und nahm seit 1920 eine Honorarprofessur an der T H , seit 1933 auch an der Univ. München wahr. F. befaßte sich besonders mit Kriegsmedizin. Er veröffentlichte u . a . Erster Unterricht in der Krankenpflege (1903), Nothilfe bei Verletzungen (1904), Die Chirurgie unserer Zeit (1912), Taschenbuch der Krankenpflege (1914) und Allgemeine Chirurgie in Frage und Antwort (1924). CD Ärzte 2, 3

Feßmaier, Johann Georg von, auch Feßmayr, Feßmaier, Jurist, Beamter, Historiker, * 12. 1. 1775 Staufersbuch bei Berching (Oberpfalz), t 2 7 . 3 . 1 8 2 8 M ü n c h e n . F., Sohn eines Landwirts, studierte Geschichte und Staatswissenschaften in Ingolstadt, wurde 1799 promoviert und im selben Jahr zum a. o. Prof. der deutschen Reichsgeschichte, des bayerischen Staatsrechts und der europäischen Staatenkunde berufen. 1804 trat F. als Wirklicher Landesdirektionsrat in den Verwaltungsdienst ein und wurde Kreisrat, Oberfinanzrat, später Ministerialrat im Finanzministerium. Er beschäftigte sich vor allem mit der Gerichtsbarkeit, dem Privilegienwesen und den Munizipalverfassungen. Zu F.s Hauptwerken zählen ein Versuch einer pragmatischen Staatsgeschichte der Oberpfalz (2 Bde., 1799-1803) und ein Grundriß des baierischen Staatsrechts (1801). CD L M U Fest,

F e ß l e r , Johann (Baptist), österr. Bildhauer, * 29. 8 . 1 8 0 3 Bregenz, f 14.3. 1875 Wien. Der Sohn eines Drechslermeisters erlernte das Schnitzhandwerk, kam 1822 nach Wien und besuchte bis 1825 die Graveurschule, bis 1831 die A k a d e m i e der bildenden Künste. Er schuf zahlreiche Kleinplastiken und Porträtbüsten, u. a. für den Ruhmeshügel in Wetzdorf (102 Büsten) und den M o zarthof (Porträts von Wolfgang A m a d e u s —> Mozart, Joseph - > H a y d n , Ludwig van —»Beethoven und anderen). Beim Bau der Wiener Votivkirche wurde F. 1856-73 mit den figuralen Bildhauerarbeiten beauftragt; er führte insgesamt über 350 Modelle von Wasserspeiern, Engeln, Menschenköpfen und Tiergestalten aus. CD A K L F e ß l e r , Josef, österr. kath. Theologe, Bischof von St. Pölten, * 2 . 1 2 . 1813 Lochau bei Bregenz, t 2 5 . 4 . 1872 St. Pölten. F. studierte in Salzburg, Innsbruck und Brixen, wurde dort 1837 zum Priester geweiht und 1838 Supplent für Kirchengeschichte und Kirchenrecht am Theologischen Seminar. Nach der Promotion in Wien lehrte er seit 1842 in Brixen als Prof. und war von 1852 an Prof. der Kirchengeschichte, seit 1856 auch des Kirchenrechts an der Univ. Wien. Seit 1862 Weihbischof und Generalvikar von Vorarlberg, wurde

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Winfried, Jurist, Beamter, * 2 6 . 7 . 1928 Berlin, t 14.12. 1994 Berlin. F. studierte in Freiburg/Breisgau Rechtswissenschaften, arbeitete 1958-67 als R u n d f u n k a u t o r und übernahm 1959 eine Verwaltungstätigkeit in Berlin. Nach dem Mauerbau 1961 trat das CDU-Mitglied in das Presse- und Informationsamt ein. Über die Parteigrenzen hinaus diente er von Ernst —» Reuter über Willy —> Brandt bis Walter M o m p e r allen Regierenden Bürgermeistern in verschiedenen Stellen. 1 9 7 4 / 7 5 amtierte er als Bezirksvorsteher von Zehlendorf. 1975-81 war F. Direktor des Abgeordnetenhauses, anschließend bis 1984 Senatsdirektor für Kulturelle Angelegenheiten, dann bis 1989 Senatsprecher sowie Leiter des Presseund Informationsamtes.

Festenberg-Pakisch,

Gustav von, Pseud. Gustav von Festenberg, österr. Politiker, Schriftsteller, * 1 3 . 3 . 1 8 9 2 Wiener Neustadt (Niederösterreich), ! 3 . 8 . 1 9 6 8 Wien. Der aus schlesischem Adel stammende F.-P. studierte in Wien Rechtswissenschaften und trat 1916 bei der oberösterreichischen Landesregierung in den Staatsdienst ein. 1934-39 war er im österr. Bundeskanzleramt und im Unterrichtsministerium tätig, danach Oberregierungsrat im Regierungspräsidium Oberbayern in M ü n c h e n . Seit 1941 im Ruhestand, war F.-P. als Schriftsteller tätig. Er schrieb Lyrik,

Fetzer Essays, Novellen sowie Romane, darunter Dosi (1931) und Der Zauberer (1947). Daneben übersetzte er u . a . Verlaine, Iwanow und Sainte-Beuve. DP DLL, 20. Jh. F e s t e r , (Georg) Gustav Anselm, Chemiker, * 1 2 . 3 . 1 8 8 6 F r a n k f u r t / M a i n , t 1935. Der Sohn eines Juristen studierte seit 1905 C h e m i e in Leeds und München, w o er 1910 mit der Arbeit Über Derivate des 1-2-3-Triazols und des Diazomethans promoviert wurde. Er ging als Assistent nach Straßburg, arbeitete in der Industrie, nahm 1913 eine Assistentenstelle in Breslau an und wurde 1915 o. Prof. an der Univ. Istanbul. Nach Deutschland zurückgekehrt, lehrte F. seit 1919 in F r a n k f u r t / M a i n als Privatdozent, erhielt 1921 eine außerordentliche Professur und war 1919-22 als Referent im Reichswirtschaftsministerium tätig. Seit 1922 Mitglied im Sachverständigenausschuß des Reichskohlenrats, folgte er 1924 einem Ruf als o . P r o f . an die Univ. Santa Fé in Argentinien. F. veröffentlichte u . a . Die chemische Technologie des Vanadins (1914), Die Entwicklung der chemischen Technik bis zu den Anfängen der G ros s industrie (1923) und Die Hydrometallurgie des Urans (1956). F e s t e r , Richard, Historiker, * 2 0 . 9 . 1 8 6 0 F r a n k f u r t / M a i n , t 5 . 1 . 1 9 4 5 Garmisch-Partenkirchen. Der Halbbruder Gustav Anselm —>F.s studierte 1881-86 in München, Berlin und Straßburg Geschichte und Germanische Philologie. 1886 in Straßburg mit der Arbeit Die armirten Stände und die Reichskriegsverfassung (Ì681-Ì697) promoviert, war er 1887-92 am Generallandesarchiv in Karlsruhe tätig. 1893 in M ü n c h e n habilitiert, lehrte er dort seit 1896 als a . o . P r o f . und wechselte 1899 als Ordinarius für mittlere und neuere Geschichte nach Erlangen. Nach kurzer Tätigkeit in Kiel übernahm er 1908 den Lehrstuhl seines Faches in H a l l e / S a a l e (bis 1926). F. veröffentlichte neben zahlreichen Werken zur neuen deutschen Geschichte geschichtsphilosophische Schriften. 1940 erschien Das Judentum als „Ferment der nationalen Dekomposition".

Festetics de Tolna,

Joseph Frh., österr. Militär, * 1694 Paltavár (Eisenburger Komitat), t 4 . 3 . 1 7 5 7 . F. de T. kämpfte 1 7 1 6 / 1 7 unter Prinz —>Eugen gegen die Türken, gehörte 1734 der Rheinarmee an und wurde 1737 Oberst eines Husarenregiments im Krieg gegen die Türken. Z u m Generalmajor befördert, nahm er in B ö h m e n am Österreichischen Erbfolgekrieg teil und wurde Feldmarschalleutnant, 1755 General der Kavallerie. DP A D B F e s t l , Adolf, österr. Musiker, * 31. 10. 1826 Untermoldau bei Schlägl, t 9 . 3 . 1 9 0 2 Urfahr (Oberösterreich). Als Sängerknabe im Stift Wilhering und in Linz musikalisch ausgebildet, leitetete F. zunächst die Chormusik an der Linzer Minoritenkirche und wirkte 1847-61 als Oberlehrer und Stiftsorganist in Wilhering. Danach unterrichtete er bis zu seiner Pensionierung in Oberneukirchen. F. komponierte Kirchenmusik, Zither- und Orgelstücke. CD Krackowizer

Fetscherin,

Bernhard Rudolf, schweizer. Lehrer, Politiker, * 2. 1. 1796 Bern, f 6 . 2 . 1855 Bern. Der Sohn eines Handwerkers studierte Theologie in Bern, Tübingen und Göttingen. 1823-33 leitete er das Berner städtische Waisenhaus und wurde 1833 Mitglied des Großen Rats. Als Regierungsrat betrieb er die R e f o r m des kantonalen Schul- und Kirchenwesens. Als er mit d e m Umsturz 1846 sein A m t verlor, widmete er sich gemeinnützigen Organisationen und lokalhistorischen Studien. F. war Mitglied und Präsident der Helvetischen Gesellschaft, Mitbegründer der Allgemeinen Geschichtsforschenden Gesellschaft der Schweiz sowie Präsident des Historischen Vereins des Kantons Bern. Er war der Vater von Rudolf Friedrich —»F. CD Bern Bio, Bd 3

F e t s c h e r i n , Rudolf Friedrich, schweizer. Psychiater, * 2 7 . 6 . 1 8 2 9 Bern, t 17. 10. 1892 Bern. Der Sohn Bernhard Rudolf —>F.s studierte in Bern, Prag, Paris und Wien Medizin, wurde mit einer Dissertation über die Anatomie des Hirngewebes promoviert und praktizierte in Corban und Neuveville. Während seiner Tätigkeit an der Irrenanstalt Waldau nahe Bern (1859-75) war er Zunftpräsident sowie Mitglied des Stadtrats und der Gewerbeschulkommission. 1875 wurde er als Direktor an die Psychiatrische Anstalt St. Urban im Kanton Luzern berufen, in den letzten zwei Jahren seines Lebens leitete er die Privatanstalt „La Métairie" in Nyon am Genfer See. 1879 erschien sein Bericht Les asiles d'aliénés en Suisse. OP Bern Bio, Bd 4 F e t t e , Christian, Schriftsetzer, Gewerkschafter, * 1.2. 1895 Bremen, t 26. 10.1972 Much-Bennrath (Rhein-Sieg-Kreis). Z u m Schriftsetzer ausgebildet, trat F., Sohn eines S c h u h m a chers, 1913 dem Verband der Deutschen Buchdrucker bei und war seit 1920 dessen Funktionär. Seit 1934 wieder als Schriftsetzer tätig, war er 1946-48 Vorsitzender des Industrieverbandes Druck und Graphik in Nordrhein-Westfalen und wurde 1948 erster Vorsitzender der IG Druck und Papier. 1 9 5 1 / 5 2 war er als Nachfolger Hans —>Böcklers Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes. F. veröffentlichte u. a. Zehn Jahre Industriegewerkschaft Druck und Papier (1959). CD D e m o k r Wege

Fettmilch,

Vinzenz, Lebkuchenbäcker, * zwischen 1565 und 1570 Büdesheim (Hessen), t 2 8 . 2 . 1 6 1 6 F r a n k f u r t / Main. Nach einigen Jahren als Soldat kam F. als Schreiber nach F r a n k f u r t / M a i n und erhielt 1593 das Bürgerrecht. 1595 trat er als Lebküchler in die Z u n f t der Fettkrämer ein. Als es 1612 zur Erhebung der Bürgerschaft gegen die Herrschaft des patrizischen Rats kam, stand F. an der Spitze der Bewegung, die das Stadtregiment absetzte und neue Bürgerbeauftragte wählte. F. gehörte nicht zum neuen Rat, blieb jedoch Haupt der Bewegung, deren Radikalisierung er nicht verhindern konnte. Nach den antijüdischen Pogromen 1614 verfiel er der Reichsacht, wurde noch im selben Jahr verhaftet und zwei Jahre später hingerichtet. CD N D B

Fettweis,

Ewald, Mathematiker, * 2 3 . 7 . 1 8 8 1 Eupen (heute Belgien), t 2 4 . 7 . 1 9 6 3 Aachen. F., Vetter von Rudolf —>F„ studierte in Bonn Mathematik (Promotion 1927, Das Rechnen der Naturvölker) und unterrichtete, zuletzt als stellvertretender Direktor in Düsseldorf. Daneben seit 1926 Dozent an der Pädagogischen A k a d e m i e in Bonn, lehrte er seit 1945 an der Pädagogischen A k a d e m i e in Aachen. F. veröffentlichte u . a . Wie man einstens rechnete (1923), Methodik für den Rechenunterricht (1929, 2 1949) und Arithmetik, Rasse und Kultur (1935).

Fettweis,

Rudolf, Ingenieur, Wirtschaftsführer, * 2 1 . 3 . 1882 Eupen (heute Belgien), t 9. 8. 1956 Karlsruhe. Der Vetter von Ewald - » F . studierte an den Technischen Hochschulen Darmstadt und Hannover, arbeitete bei der A E G und bei Siemens-Schuckert und trat 1913 in die Oberdirektion des Wasser- und Straßenbaues in Karlsuhe ein. Nach der Privatisierung der landeseigenen Stromversorgung wurde er in den Vorstand des nunmehr als B a d e n w e r k - A G firmierenden Monopolisten berufen, später war er dessen Vorsitzender. 1926 ernannte ihn das Badische Finanzministerium zum Oberbaurat. Während des Zweiten Weltkriegs war F. als Wehrwirtschaftsführer tätig. F e t z e r , Johann Jakob, auch Fezer, Jurist, * 2 3 . 8 . 1760 Reutlingen, t 2 0 . 2 . 1844 Reutlingen. F. studierte in Tübingen Rechtswissenschaften und ließ sich als Advokat in Reutlingen nieder. Als es wegen seiner Kan-

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Fetzer didatur um die zweite Syndikatsstelle zu einem Streit mit d e m städtischen Magistrat kam, ging er für einige Jahre nach Wien, um dort vor d e m Reichshofrat sein Anliegen zu vertreten. 1788 zurückgekehrt, wurde er neun Jahre später zum zweiten Reutlinger Bürgermeister gewählt. F. nahm sowohl zu regionalen als auch zu überregionalen Auseinandersetzungen literarisch Stellung (u.a. Hirtenbrief des Erzbischofs von Gnesen, 1838). CD Killy F e t z e r , Karl August (Friedrich), Pseud. Berthold Staufer, Giovanni Frusta, Politiker, Schriftsteller, * 5. 8 . 1 8 0 9 Stuttgart, t 14.9. 1885 Stuttgart. F., Sohn eines Rechtsanwalts, studierte 1828-31 Rechtswissenschaft an den Universitäten Tübingen und Heidelberg, war seit 1832 Referendar im württembergischen Justizministerium, am Gerichtshof in Esslingen sowie den Oberamtsgerichten in Brackenheim und Schöndorf und ließ sich 1835 in seiner Heimatstadt als Rechtsanwalt nieder. 1845-76 war er Mitglied des württembergischen Landtages, 1848/49 der Frankfurter Nationalversammlung. Er gehörte dem Staatsgerichtshof in Stuttgart an und zählte zu den Begründern des Deutschen Nationalvereins. Neben seiner juristischen und politischen Tätigkeit trat F. auch als Verfasser politischer und belletristischer Schriften in Erscheinung. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Der Flagellantismus und die Jesuitenbeichte ( 1834), Über die Stellung und Aufgabe der National-Demokratie in Württemberg (1868) und Melusine (1882). m Raberg F e u c h t , Jakob, kath. Theologe, * 1540 Pfullendorf bei Überlingen, t 2 6 . 4 . 1580 Bamberg. Nach der Priesterweihe 1563 und einem kurzen Studienaufenthalt in Ingolstadt übernahm F. die Pfarrei Altdorf in der Diözese Eichstätt. 1567 setzte er sein Studium in Ingolstadt fort und war daneben Kooperator, seit 1570 Pfarrer der Kirche zu Unserer Lieben Frau. F. erwarb den Grad eines Magister artium, wurde Lizentiat der Theologie und war 1571 Rektor der Universität. Ein Jahr später wurde er Weihbischof von Bamberg. Der spätere kaiserliche Rat und Kanoniker an St. Stephan in Bamberg trat als Prediger und Verfasser von Kontroversschriften und Postillen vehement für Anliegen der Gegenreformation ein. CD L M U

Feuchtersieben,

Ernst (Maria Johann Karl) von, österr. Schriftsteller, Psychiater, * 2 9 . 4 . 1806 Wien, t 3 . 9 . 1849 Wien. Der Sohn eines österr. Offiziers und Hofrats studierte seit 1825 an der Univ. Wien Medizin, wurde 1834 zum Dr. med. promoviert (Lineamenta isagoges in doctrinam de indicationibus) und eröffnete später eine Privatpraxis in der Wiener Vorstadt. Er verkehrte in den intellektuellen Zirkeln der Stadt und pflegte u. a. U m g a n g mit - » Grillparzer, —> Schubert, —» Stifter und —> Hebbel. F. veröffentlichte Gedichte (1836) sowie zahlreiche literarische, ästhetische und kritische Aufsätze für Journale und Almanache. 1838 erschien seine weitbeachtete Schrift Zur Diätetik der Seele ( 5 0 1907). Seit 1840 Sekretär der „Wiener Gesellschaft der Ärzte", wurde er 1844 Prof. der Psychiatrie an der Univ. Wien. Seine Vorlesungen über medizinische Psychologie brachte er 1845 unter d e m Titel Lehrbuch der ärztlichen Seelenkunde heraus, ein Grundwerk der Medizinischen Psychologie und Psychiatrie, das mehrfach in andere Sprachen übersetzt wurde. Als Dekan der Medizinischen Fakultät und später als Vizerektor der medizinisch-chirurgischen Studien reorganisierte F. die akademische Medizinerausbildung. Während der Revolutionszeit 1848 nahm er ein Amt als Unterstaatssekretär im Ministerium des öffentlichen Unterrichts an, legte es jedoch nach den blutigen Oktober-Unruhen nieder. Seine Rückkehr an die Univ. wurde hintertrieben. CD Killy

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Feuchtmayer —> auch Faichtmayr F e u c h t m a y e r , Johann Michael (I.), auch Faichtmayr Maler, Kupferstecher, getauft 1 7 . 4 . 1 6 6 6 Wessobrunn, t 15.10. 1713 Konstanz. F., Sohn des Wessobrunner Klosterschreibers Michael F. und Stiefsohn des Bildhauers Johann Pöllandt, schuf u . a . Altarblätter für die Pfarrkirchen in Bauen (1706) und Denkingen sowie Gemälde für das ehemalige Benediktinerpriorat in H o f e n / F r i e d r i c h s h a f e n (1701-07) und die MariaVictoria-Kapelle in Salem-Stephansfeld (1712). Er arbeitete mit seinem Bruder Franz Josef am Chorgestühl der Klosterund Wallfahrtskirche in Einsiedeln (1687) und im Benediktinerstift Seitenstetten. Im Augustiner-Chorherrenstift St. Florian malte er die Deckenfresken im Soldatenzimmer und im Blauen Salon (1707). m AKL F e u c h t m a y e r , Joseph (Anton), auch Faichtmayr, Feuchtmayer, Bildhauer, Stukkateur, getauft 3 . 6 . 1 6 9 6 Linz, f 2 . 1 . 1770 M i m m e n h a u s e n (heute zu Salem). F., Sohn eines Bildhauers und Stukkateurs und N e f f e von Johann Michael (I.) —»F., wuchs in S c h o n g a u / L e c h und M i m m e n h a u s e n bei Überlingen auf, erhielt seine Ausbildung in der väterlichen Werkstatt und ist 1 7 1 4 / 1 5 mit Arbeiten an Altären in der ehemaligen Zisterzienserabtei Salem, seit 1715 als Bildhauergeselle in Augsburg nachgewiesen. Nach dem Tod seines Vaters 1718 übernahm er dessen Werkstatt und schuf im selben Jahr seine ersten bekannten Schnitzarbeiten für das Chorgestühl der Abteikirche Weingarten. 1720 ließ er sich in Salem, 1733 in Freiburg im Uechtland nieder. Weitere bedeutende Aufträge als Holzschnitzer, Steinbildhauer, Stukkator und Altarbauer führte er für das N e u e Schloß in Meersburg, die Stiftskirche in St. Gallen und die Abtei Salem, die zu seinen wichtigsten Auftraggebern gehörte, aus. F.s plastisches Werk stieß wegen seiner ausgeprägten Charakterphysiognomien, die teilweise als Karikaturen e m p f u n d e n wurden, schon bei Zeitgenossen auf Ablehnung. m AKL

Feuchtwang,

David, Rabbiner, Orientalist, * 2 7 . 1 1 . 1864 Nikolsburg (Mikulov), t 5 . 7 . 1936 Wien. Der aus einer jüdischen Gelehrtenfamilie s t a m m e n d e F. studierte in Wien Orientalistik und Philosophie, in Berlin Assyriologie sowie das Arabische und absolvierte dort das Rabbinerseminar; 1888 wurde er mit der Arbeit Nachum im Lichte der Assyrologie zum Dr. phil. promoviert. Seit 1892 Rabbiner in seiner Heimatstadt, war er 1902-33 Prediger, Inspektor des Religionsunterrichts an Wiener Mittelschulen und stellvertretender Oberrabbiner, seit 1933 Oberrabbiner von Wien. F. gab die Zeitschrift „Freie Jüdische Lehrerstimmen" heraus, war Mitarbeiter der „Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des J u d e n t u m s " sowie der „Monumenta Judaica". Er veröffentlichte u . a . Kanzelreden / - / / / (3 Bde., 1900-05) und Assyriologische Studien ( 1 8 9 7 / 9 8 ) . CD Ö B L

Feuchtwanger,

Angelo, Bankier, * 9. 8 . 1 8 5 4 München, t 2 4 . 4 . 1939 Tel Aviv. Der Bankierssohn besuchte 1868-70 die Münchner Städtische Handelsschule und wurde seit 1870 im väterlichen Geschäft zum B a n k k a u f m a n n ausgebildet. Nach zwei Jahren bei der Effekten- und Wechselbank in Frankfurt kehrte er als Teilhaber des Bankhauses J. L. Feuchtwanger nach München zurück, erhielt später Prokura und Ubernahm das Kreditinstitut nach dem Tod des Vaters als Seniorchef. Seit 1933 als Jude von den Nationalsozialisten verfolgt, emigrierte er 1936 nach Palästina. F. war Ehrenmitglied des Kaufmännischen Vereins M ü n c h e n . CD B H d E , Bd 1

Feudel Feuchtwanger,

L i o n ( J a c o b A r j e ) , Schriftsteller, T h e a t e r kritiker, * 7 . 7 . 1 8 8 4 M ü n c h e n , t 21. 1 2 . 1 9 5 8 L o s A n g e l e s . N a c h d e m A b i t u r verließ F. s e i n e g r o ß b ü r g e r l i c h e , orthod o x - j ü d i s c h e F a m i l i e und studierte in M ü n c h e n G e r m a n i stik, P h i l o s o p h i e und A n t h r o p o l o g i e ( P r o m o t i o n 1907). E r arbeitete als Theaterkritiker, Schriftsteller (u. a. Die Kriegsgefangenen, zensiert, 1919) u n d D r a m a t u r g . Zu s e i n e m TeamgehörtenBertolt Brecht und Marieluise Fleißer. 1925 z o g F. nach Berlin. Sein R o m a n Jud Süß ( 1 9 2 5 ) w u r d e ein W e l t e r f o l g und f ü h r t e F. z u m T y p u s des „historischen R o m a n s " : e i n e detailechte, nachrealistische P r o s a mit der Tendenz, aus historischen P r o z e s s e n überzeitliche E r k e n n t n i s s e abzuleiten. G e s c h i c h t e e r f ü l l e sich i m H ö h e r s c h r e i t e n zur H u m a n i t ä t . R o b e r t —>Musil warf F. „Weltflachheit" vor. D e r zeitkritische R o m a n Erfolg. Drei Jahre Geschichte einer Provinz ( 1 9 3 0 ) schildert die A n f a n g e der H i t l e r - B e w e g u n g in B a y e r n . 1933 e m i g r i e r t e F., dessen B ü c h e r in D e u t s c h l a n d verbrannt w u r d e n , nach S a n a r y - s u r - M e r , 1941 nach L o s A n geles. F. Schloß sich d e n G e g n e r n d e s N a t i o n a l s o z i a l i s m u s an, v e r f a ß t e d i e r e g i m e k r i t i s c h e n R o m a n e Der falsche Nero (1936) u n d Die Briider Lautensack (1944) und b e k a n n t e sich z u m S o w j e t k o m m u n i s m u s , w o f ü r er in den Staaten O s t e u r o pas h o h e A u s z e i c h n u n g e n e m p f i n g . F.s S t o f f e sind o f t der j ü d i s c h e n G e s c h i c h t e e n t n o m m e n und kreisen um d i e E r f a h r u n g einer „ j ü d i s c h e n E x i s t e n z in n i c h t j ü d i s c h e r W e l t " ( s o g . , J o s e p h u s - T r i l o g i e " : Der jüdische Krieg, 1932, Die Söhne, 1935, Der Tag wird kommen, 1945; Spanische Ballade, 1955; Die Jüdin von Toledo, 1957). In der sog. „Wartesaal-Trilogie" ( E r f o l g , Die Geschwister Oppermann, Exil, 1930-40) u n d in Goya oder der arge Weg der Erkenntnis ( 1 9 5 1 ) wird die e t h i s c h e Verpflichtung u n d der politische H a n d l u n g s b e d a r f des K ü n s t l e r s als S e h e r historischer Wahrheit beschrieben. WERKE: G e s a m m e l t e Werke. B d e . 1-6, 8-9, 11, 17-18. A m s t e r d a m 1935-48. - G e s a m m e l t e W e r k e in E i n z e l a u s g . 14 B d e . , B e r l i n / W e i m a r 1955 ff. - G e s a m m e l t e W e r k e in E i n z e l b ä n d e n . 16 B d e . , Berlin 1991-95. - G e s a m m e l t e W e r k e in E i n z e l a u s g a b e n . 2 B d e . , Berlin 1984. - B r i e f wechsel 1933-1958. H r s g . v. A r n o l d Z w e i g . 2 B d e . , B e r lin 1984. - B r i e f w e c h s e l m i t F r e u n d e n . Hrsg. v. H a r o l d von H o f e . 2 B d e . , Berlin 1991. - Verfilmungen: G o y a oder D e r arge W e g der E r k e n n t n i s , D D R 1971. - J e w Suess, auch: P o w e r , E n g l a n d 1934; Jud S ü ß , D e u t s c h l a n d 1940. - S e m y a O p p e n h e i m , R u ß l a n d 1939; Exil, B R D 1981; F a m i l i e O p p e n h e i m , B R D 1983. LITERATUR: F r a n k Dietschreit: L . F. Stuttgart 1988 (Literatur). - Karl K r ö h n k e : L. F. Stuttgart 1991. - W i l h e l m von S t e r n b u r g : L. F. Berlin 1999. - J o h n M . S p a l e k / S a n d r a H. H a w r y l c h a k : L. F. A b i b l i o g r a p h i c h a n d b o o k . 4 B d e . , M ü n c h e n 1998-2004. - F. M e m o r i a l Library, L o s A n g e l e s (Online-Publikation). Marianne Sammer

Feuchtwanger,

L u d w i g , Jurist, Volkswirt, Verleger, * 28. 11. 1885 M ü n c h e n , t 1 4 . 7 . 1947 W i n c h e s t e r (Großbritannien). D e r B r u d e r von L i o n u n d M a r t i n M o s c h e —>F. studierte seit 1904 in M ü n c h e n u n d Berlin R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n , G e s c h i c h t e , S e m i t i s c h e P h i l o l o g i e und N a t i o n a l ö k o n o m i e . N a c h der P r o m o t i o n ( 1 9 0 8 ) u n d d e m R e f e r e n d a r i a t erhielt er 1913 seine Z u l a s s u n g als R e c h t s a n w a l t a m Obersten L a n d g e r i c h t in M ü n c h e n . A u s d e m Militärdienst aus gesundheitlichen G r ü n d e n entlassen, ü b e r n a h m F. 1915 die

g e s c h ä f t s f ü h r e n d e Direktion d e s Verlags D u n c k e r & H u m blot in M ü n c h e n und L e i p z i g . Seit 1930 leitete er zud e m d i e B i b l i o t h e k der Israelitischen K u l t u s g e m e i n d e u n d g a b u . a . die „ B a y e r i s c h e Israelitische G e m e i n d e - Z e i t u n g " heraus. 1933 m u ß t e F. d i e Verlagsleitung a b g e b e n und w u r d e 1935 aus der R e i c h s s c h r i f t t u m s k a m m e r a u s g e s c h l o s sen. 1936-39 w a r er Direktor d e s J ü d i s c h e n L e h r h a u s e s sow i e M i t a r b e i t e r der Mittelstelle f ü r J ü d i s c h e E r w a c h s e n e n b i l d u n g der R e i c h s v e r t r e t u n g der d e u t s c h e n J u d e n . 1938 zeitweilig im K o n z e n t r a t i o n s l a g e r D a c h a u , e m i g r i e r t e er 1939 nach G r o ß b r i t a n n i e n und w u r d e 1940 auf d e r Isle of M a n interniert. 1941-45 arbeitete F. als B u c h h a l t e r und D o l m e t scher f ü r d i e U S - L u f t w a f f e . Er v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Der Eintritt Bayerns in das Reichsarmenrecht ( 1 9 1 3 ) und Kapitalflucht (mit T h e o d o r Erlanger, 1920). S e i n e Gesammelten Aufsätze zur jüdischen Geschichte e r s c h i e n e n 2 0 0 3 . DD L e x d t - j ü d A u t o r e n

Feuchtwanger,

M a r t i n M o s c h e , Verleger, Journalist, Schriftsteller, * 18. 1 2 . 1 8 8 6 M ü n c h e n , t 9 . 1 1 . 1 9 5 2 Tel A v i v . D e r B r u d e r von L i o n und L u d w i g —> F. studierte in M ü n c h e n und Berlin G e r m a n i s t i k , P h i l o l o g i e und S t a a t s w i s s e n s c h a f ten. 1910 g r ü n d e t e er den O l y m p i a - V e r l a g . In der Weim a r e r R e p u b l i k g a b er e r f o l g r e i c h m e h r e r e K o r r e s p o n d e n zen f ü r T a g e s z e i t u n g e n heraus, d a r u n t e r d i e F e u i l l e t o n k o r r e s p o n d e n z „ U n t e r m Strich", die „ M a r t i n - F e u c h t w a n g e r Korrespondenz", die „Frauenkorrespondenz Feuchtwanger" und „ D a s R e i c h d e r M o d e " . D a n e b e n war er zeitweilig C h e f r e d a k t e u r der „ S a a l e - Z e i t u n g " in H a l l e / S a a l e . 1906 erschienen d i e Tagebuchblätter eines jungen Juden. 1933 e m i g r i e r t e er in d i e T s c h e c h o s l o w a k e i , 1939 nach Palästina, w o er seit 1941 den O l y m p i a - V e r l a g neu a u f b a u t e . F. v e r ö f f e n t l i c h t e 1952 d e n R o m a n Ebenbilder Gottes und g a b i m selben J a h r The Feuchtwanger Family heraus. S e i n e E r i n n e r u n g e n erschienen 1989 unter d e m Titel Zukunft ist ein blindes Spiel. CD L e x d t - j ü d A u t o r e n

Feuchtwanger,

Sigbert ( A h a r o n M e i r ) , Jurist, Staatsw i s s e n s c h a f t l e r , * 2A2. 1886 M ü n c h e n , t 5 . 4 . 1 9 5 6 H a i f a . D e r C o u s i n L i o n , L u d w i g u n d M a r t i n —»F.s e n t s t a m m t e einer b a y e r i s c h - j ü d i s c h e n B a n k i e r s f a m i l i e . Er studierte R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n an d e n Universitäten M ü n c h e n und Berlin und w u r d e 1909 an der S t a a t s w i s s e n s c h a f t l i c h e n F a kultät in M ü n c h e n p r o m o v i e r t (Staatliche Submissionspolitik in Bayern). Seit 1914 lebte er als R e c h t s a n w a l t und Vorstandsmitglied der A n w a l t s k a m m e r in M ü n c h e n . 1927 w a r er M i t a r b e i t e r d e s von G e o r g Yosef —»Herlitz und B r u n o —> K i r s c h n e r h e r a u s g e g e b e n e n Jüdischen Lexikons. 1933 ü b e r n a h m er d e n stellvertretenden Vorsitz der Israelitischen K u l t u s g e m e i n d e M ü n c h e n , den er bis zu seiner E m i gration 1936 innehatte. In Palästina w u r d e F. S y n d i k u s d e r I. L. F e u c h t w a n g e r B a n k Ltd. Tel Aviv. In seinen publizistischen A r b e i t e n (u. a. Die Judenfrage als wissenschaftliches und politisches Problem, 1916) b e f a ß t e er sich vor allem mit F r a g e n der j ü d i s c h e n Identität u n d d e s j ü d i s c h - c h r i s t l i c h e n Zusammenlebens. CD L e x d t - j ü d A u t o r e n F e u d e l , Elfriede, geb. T h u r a u , P ä d a g o g i n , * 30. 10. 1881 Stargard, t 3 0 . 3 . 1966 F r e i b u r g / B r e i s g a u . N a c h d e m U m z u g der F a m i l i e 1889 n a c h Berlin n a h m T h u r a u a m S o p h i e n s t ä d t e r K o n s e r v a t o r i u m Klavierunterricht und w u r d e a m Kgl. L e h r e r i n n e n s e m i n a r a u s g e b i l d e t . Sie w a r drei J a h r e lang als H a u s l e h r e r i n in E n g l a n d tätig, d a n a c h Volksschullehrerin in B e r l i n - S c h ö n e b e r g , setzte ihre m u s i k a lische A u s b i l d u n g a m M u s i k w i s s e n s c h a f t l i c h e n S e m i n a r der U n i v . fort, e r w a r b in Hellerau bei D r e s d e n das g r o ß e Dip l o m f ü r R h y t h m i k und legte 1916 an der A k a d e m i e BerlinC h a r l o t t e n b u r g das E x a m e n f ü r S c h u l m u s i k ab. F. heiratete d e n M a l e r A l f r e d F e u d e l . Seit 1929 leitete sie d i e A u s b i l dungsseminare fur Rhythmik am Konservatorium Dortmund,

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Feuer 1935-43 an der Folkwangschule Essen, hatte 1943-45 eine Professur an der Musikhochschule Leipzig inne und war danach am Auf- und Ausbau des Rhythmikseminars an der Musikhochschule Stuttgart beteiligt. Von 1949 an lebte sie als freie Schriftstellerin in Freiburg/Breisgau und unternahm Vortragsreisen. F. gehörte seit 1953 d e m Deutschen Musikrat an. Sie veröffentlichte u . a . Dynamische Pädagogik (1963). m MGG

Feuer,

Nathaniel, Ophthalmologe, * 2 4 . 8 . 1844 Szobotiszt (Ungarn), t 25. 11. 1902 Budapest. F. studierte in Wien Medizin, spezialisierte sich auf Augenheilkunde und wurde 1872 promoviert. Er assistierte an der Augenklinik in Klausenburg, habilitierte sich dort 1874 f ü r Ophthalmologie und kehrte 1875 als Dozent nach Wien zurück. 1878 in den Militärdienst eingetreten, b e k ä m p f t e er seit 1882 als Regimentsarzt, später als Landessanitätsinspektor die ungarische Trachomepidemie. Er blieb in Budapest ansässig, habilitierte sich 1890 erneut für Augenheilkunde, leitete seit 1893 die Trachom-Abteilung des St. Stefanspitals und wurde 1896 a. o. Professor. F. veröffentlichte den Trachom-Wegweiser Trachomaútmutató (1890) und Die Verbreitung des Trachoms in Ungarn (1897). DP Ärzte 2

Feuerbach,

Anselm, Maler, Zeichner, * 12.9. 1829 Speyer, t 4. I. 1880 Venedig. Der Sproß einer bekannten bayerischen Gelehrtenfamilie der Vater Joseph Anselm - » F . war Prof. der Philologie und Archäologie in Freiburg/Breisgau, der Onkel, Ludwig - » F . , ein bekannter Philosoph - wurde früh durch eine gediegene klassisch-humanistische Erziehung bestimmt. 1845 begann er ein Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie und ging 1848 nach München, wo er nach wenig befriedigenden Studien an der Akademie und im Atelier von Carl —»Rahl vor allem Rubens kopierte. Auch das Studienjahr 1 8 5 0 / 5 1 an der Antwerpener Akademie blieb folgenlos. Erst drei längere Studienaufenthalte in Paris zwischen 1851 und 1854 legten besonders durch das Lehrerbeispiel T h o m a s Couture das künstlerische Fundament einer klassizistischen, anfangs noch dekorativen Formsprache, wie schon das Gemälde Hafis vor der Schenke von 1852 (Kunsthalle M a n n h e i m ) belegt. Seit Mai 1854 in Karlsruhe ansässig, erhielt er von seinem Gönner, d e m Prinzregenten —» Friedrich von Baden, den Auftrag zu acht Supraporten im Residenzschloß und danach 1855 ein Stipendium für den lang ersehnten Italienaufenthalt mit der Auflage, in Venedig Tizian und andere Große der Renaissance zu kopieren. Gekränkt durch die kühle A u f n a h m e eines Bildgeschenks (Die Poesie, 1856, Kunsthalle Karlsruhe) durch den Prinzregenten, ging F. im Mai 1856 über Florenz nach R o m . Hier gewann er angesichts der Antikendenkmäler und der Werke Raffaels und Michelangelos rasch seinen neuklassizistischen, plastisch-linear klaren Monumentalstil als Ausdruck seines Traums von einem höheren, idealen menschlichen Sein. Der im ersten großen Historienbild Dante mit den edlen Frauen von Ravenna (1859, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe) noch nachklingende venezianische Kolorismus wandelte sich dabei zu kühlen, grauen, zunehmend monochromen Farben. Für seine großen tragischen Frauengestalten wie Iphigenie, Lukrezia Borgia, Medea, Eurydike u. a. saßen ihm seit 1860 die Römerin N a n n a Risi (später bis 1865 seine häufig porträtierte Geliebte) und seit 1866 Lucia Brunacci Modell. Häufig in Geldnot, lehnte er dennoch Berufungen an die Akademien nach Weimar (1860)

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und Karlsruhe (1870) ab, zumal ihn der badische Prinzregent weiter mit gelegentlichen Ankäufen und zwischen 1862 und 1866 Adolf Friedrich Graf von —> Schack mit zahlreichen Bildaufträgen unterstützten. Sein wohl bedeutendstes Gemälde, Das Gastmahl des Plato (1869, Replik von 1879 in der Nationalgalerie Berlin), kam erst 1890 in die Kunsthalle Karlsruhe. 1873 folgte F., der Italien nur in den S o m m e r m o n a t e n zu Reisen in die Heimat (besonders zur ihm nahestehenden Stiefmutter Henriette Heydenreich [ - » Feuerbach]) verlassen hatte, einem Ruf an die Akademie Wien als Lehrer für Historienmalerei. Hier malte er an die Decke des Empfangssaales den Sturz der Titanen (1875-79). A n f a n g s verehrt, dann zunehmend angefeindet, reichte er jedoch schon 1876 nach Lungenentzündung und heftiger Nervenerschütterung seinen Abschied ein und ging nach längerer Rekonvaleszenz (in der er seine Lebenserinnerungen niederschrieb) f ü r die drei letzten Lebensjahre nach Venedig. Unterbrochen nur von einem Romaufenthalt 1877, entstanden dort noch zahlreiche A u f tragswerke, besonders Porträts, darunter 1878 sein Selbstbildnis und das von Henriette Feuerbach (Kurpfälzisches M u s e u m , Heidelberg). Die von einem Freundeskreis betriebene Berufung als Nachfolger Karl von —»Pilotys an die Münchner Akademie machte sein früher Tod gegenstandslos. F., neben d e m befreundeten Arnold —»Böcklin sowie Hans von —» Marees und Adolf von —» Hildebrand ein Repräsentant der neuidealistischen Deutsch-Römer, war mit seiner zwischen romantischer Sehnsucht und klassischer Größe schwankenden Kunst zum Scheitern verurteilt. Er hat jedoch neben lebensvollen Porträts und malerisch freien, kleinen Figurenbildern viele unmittelbar e m p f u n d e n e Zeichnungen, darunter Landschaften aus der römischen Zeit, hinterlassen. Werke von ihm befinden sich vor allem in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, der Schackgalerie, Neuen Pinakothek und Städtischen Galerie in München und der Nationalgalerie Berlin. WEITERE WERKE: A. F. Ein Vermächtnis. Hrsg. v. Henriette Feuerbach. Wien 1885. - A. F.s Vermächtnis: die originalen Aufzeichnungen. Hrsg. v. David Kupper. Berlin 1912. A. F.s Briefe an seine Mutter. Hrsg. v. Guido Joseph K e r n / Hermann Uhde-Bernays. 2 Bde., Berlin 1911. LITERATUR: Julius Allgeyer: A. F. 2 Bde., Berlin/Stuttgart 1904. - Hermann Uhde-Bernays: A. F. Katalog sämtlicher Gemälde. München 1929. - Leopold Zahn: Im Schatten Apolls. A. F. und das 19. Jahrhundert. Berlin 1940. - Emil Waldmann: A. F. Berlin 1942. - Ulrich Christoffel: A. F. München 1944. - Jan L a u t s / W e r n e r Z i m m e r m a n n : A. F. Karlsruhe 1961. - Herbert Thiele: A. F. Seine Familie und ihre Zeit. Speyer 1975. - Horst Vey: A. F. M ü n c h e n / B e r l i n 1976. - Jürgen Ecker: A. F. Leben und Werk. Kritischer Katalog der Gemälde. München 1991. - Daniel Kupper: A. F. Hamburg 1993. - Edeltraut Fröhlich: A. F. Kinderdarstellungen. F r a n k f u r t / M a i n 1995. - Wolfgang Leitmeyer: A. F. Ostfildern-Ruit 2002. Gunter Meißner

Feuerbach,

Henriette, geb. Heydenreich, Schriftstellerin, * 13.8. 1812 Ermetzhofen bei U f f e n h e i m (Mittelfranken), t 5 . 8 . 1892 Ansbach. F. verkehrte im Haus des Juristen Paul Johann Anselm von —>F. und heiratete 1833 dessen verwitweten Sohn Joseph Anselm - » F . Nach d e m Tod ihres Mannes ging sie 1852 mit ihrer Tochter nach Heidelberg, 1876 nach Nürnberg und 1880 nach Ansbach. Sie hatte U m g a n g mit Josef Victor —> Widmann und Carl —> Spitteier und stand im Briefwechsel mit E m m a und Georg —>Herwegh. Neben eigenen schriftstellerischen Arbeiten wie Uz und Cronegk. Zwei fränkische Dichter aus dem vorigen Jahrhundert (1866) und Gedanken Uber die Liebenswürdigkeit der Frauen ¡...] (1839) erwarb sie sich Verdienste als Betreuerin und Verwalterin des Werks

Feuerbach sowie des Nachlasses ihres Stiefsohnes Anselm —»F., dessen fürsorgliche Vertraute sie war (Anselm Feuerbach. Ein Vermächtnis, 1882).

Feuerbach,

Johann Peter von, Staatsmann, * 1.8.1761 Wetzlar, t 18. 1. 1825 Stuttgart. Der aus einfachen Verhältnissen stammende F. besuchte die Rechtsschule in Wetzlar und war seit 1780 als Privatlehrer tätig. Nach dem Studium in Göttingen 1782-85 arbeitete er am Reichskammergericht in Wetzlar. 1789 wurde er Konsulent der schwäbischen Ritterschaft in Esslingen, trat 1806 in königlich württembergische Dienste und war seit 1815 im Departement der Auswärtigen Angelegenheiten tätig. 1823 setzte er sich für das Zustandekommen einer kirchlichen Union ein. F e u e r b a c h , Joseph Anselm von, Philologe, Archäologe, * 9 . 9 . 1 7 9 8 Jena, t 7 . 9 . 1 8 5 1 Freiburg/Breisgau. Der Sohn Paul Johann Anselm von —>F.s studierte 1817-22 in Erlangen und Heidelberg Philologie und Archäologie, war dann als Gymnasiallehrer in Speyer tätig und wurde 1826 als Prof. der Philologie und Altertumskunde nach Freiburg/Breisgau berufen. F. veröffentlichte u . a . Der vaticanische Apollo. Eine Reihe archäologisch-ästhetischer Betrachtungen (1833, 2 1855). F., Vater des Malers Anselm - » F . , war mit Henriette —> F. verheiratet, die die Nachgelassenen Schriften (4 Bde., 1853) ihres Mannes herausgab. m ADB

Feuerbach, Karl Wilhelm, Mathematiker, * 3 0 . 5 . 1 8 0 0 Jena, t 12.3. 1834 Erlangen. Der Sohn Paul Johann Anselm von —>F.s studierte seit 1817 in Erlangen erst Rechtswissenschaften und wechselte später zur Mathematik. Mit seinem Bruder Joseph Anselm von —»F. gründete er die Erlanger Burschenschaft. F. Schloß das Mathematikstudium in Freiburg/Breisgau ab und war seit 1823 Prof. der Mathematik am Gymnasium Fridericianum in Erlangen. Wegen revolutionärer Aktivitäten wurde er 1824 verhaftet und in München festgesetzt. Nach der Haftentlassung 1825 unterrichtete er in Hof und vorübergehend in Erlangen. F. veröffentlichte u. a. Eigenschaften einiger merkwürdiger Punkte des geradlinigen Dreiecks ( 1822) sowie einen Grundriß zu analytischen Untersuchungen der dreieckigen Pyramide (1827). CD D S B F e u e r b a c h , Ludwig (Andreas), Philosoph, * 2 8 . 7 . 1 8 0 4 Landshut, t 13.9. 1872 Rechenberg bei Nürnberg. Der Sohn des bayerischen Rechtsgelehrten Paul Johann Anselm —>F. studierte Philosophie und Theologie in Erlangen, in Heidelberg bei d e m spekulativen Theologen Karl —»Daub und in Berlin bei —> Hegel. Er wurde in Erlangen mit einer Dissertation De infinítate, imitate, atque communitate rationis (1828) promoviert und habilitierte sich im selben Jahr mit einer überarbeiteten Fassung dieser Schrift, die einen rationalistischmystischen Entwurf einer universalen Vernunftphilosophie versucht, in Erlangen für das Fach Philosophie. Von 1829 bis 1837 hielt er Vorlesungen zur Logik und Metaphysik sowie zur Geschichte der Philosophie. Einige Studien gab er selbst heraus, so die Geschichte der neueren Philosophie von Bacon bis Spinoza (1833), Darstellung, Entwicklung und Kritik der Leibnizschen Philosophie (1838), Pierre Bayle (1838) und Zur Kritik der hegelschen Philosophie (1839). Die Vorlesungsmanuskripte wurden von Erich Thies herausgegeben

(1974, 1975). Die Philosophiegeschichtsschreibung akzentuiert identitätsphilosophische und lebensweltliche Aspekte der behandelten Autoren. Im Jahr 1830 erschien anonym die vielbeachtete kritische Schrift Gedanken über Tod und Unsterblichkeit, die F. der Möglichkeit beraubte, j e in Bayern zum beamteten Prof. ernannt zu werden. In dieser den Geist einer säkularen Mystik atmenden und in flammendem Stil geschriebenen Schrift bestreitet F. die individuelle Auferstehung und bezeichnet den christlichen Jenseitsglauben als Hindernis, die Unendlichkeit des Lebens und der Sinnlichkeit im Augenblick zu erfahren. Ohne Aussicht auf eine feste Anstellung in Erlangen und des Unterrichtens müde, zog er nach seiner Verheiratung mit Berta Low 1837 nach Schloß Bruckberg bei Ansbach, wo seine literarisch produktivste Zeit begann. 1841 erschien Das Wesen des Christentums, 1843 die Reformschrift Grundsätze der Philosophie der Zukunft. Es sind im wesentlichen diese beiden Publikationen, die F.s Einfluß auf seine Zeitgenossen und in der europäischen Ideengeschichte bis heute bestimmen. Im Wesen des Christentums leitet er den Glauben an Gott und das Jenseits aus einer krankhaften Projektion des Menschen ab und verlangt, die Inhalte des Christentums in ihrer nicht-verkehrten F o r m im Diesseits zu verwirklichen. Nicht mehr nur negativ gegen das Christentum, sondern gegen Spekulation und Metaphysik insgesamt und positiv eine neue Philosophie des Ich-und-Du fordernd sind die als Aufruf geschriebenen Grundsätze der Philosophie der Zukunft, denen sich die Thesen zur Reformation der Philosophie von 1842 (aus dem Nachlaß) an die Seite stellen: Die Grundsätze legen in der Kritik der bisherigen Philosophie, vor allem seines Lehrers Hegel, die Forderung nach einer neuen Philosophie aus: „Die wahre Dialektik ist nicht der Monolog des einsamen Denkers mit sich selbst, sie ist ein Dialog zwischen Ich und D u " (Paragraph 62 der Grundsätze). „Wir waren momentan alle Feuerbachianer", schrieb Friedrich —> Engels im Rückblick 1888. Auf die Entwicklung eines anthropologischen Humanismus beim jungen —> Marx wirkten vor allem die Grundsätze, auf Gottfried —> Keller die lebensweltliche Destruktion von Jenseitsglaube und christlicher Dogmatik. F. wurde zu einem der bekanntesten kritischen Intellektuellen seiner Zeit und hatte wesentlichen Anteil an der Entwicklung eines nicht mehr christlich bestimmten gebildeten Bürgertums in Deutschland. Er entzog sich jedoch den Einladungen von Arnold —> Ruge und Marx zu einer politischen Kritik der Gegenwartszustände, für die ihm die Zeit nicht reif schien. Im Jahr 1848 hielt er auf Einladung von Heidelberger Studenten öffentlich die Vorlesungen über das Wesen der Religion, in denen das Religionsverhalten auf Furcht und Angst vor der unbekannten Natur zurückgeführt wird. Sich vom politischen Aktionismus des Jahres 1848 distanzierend, sah er seine Aufgabe in der langfristig angelegten theoretischen Aufklärung, die dann erst ihrerseits durch eine breitere Basis von politischer Brisanz wird. Nach dem durch den Konkurs seines Schwagers Low, des Besitzers der Bruckberger Prozellanmanufaktur, notwendig gewordenen Umzug lebte F. von 1860 bis zu seinem Tod auf dem Rechenberg bei Nürnberg, wo er seine letzten Jahre in großer Armut verbrachte. Von 1852 bis 1857 schrieb er an der umfangreichen Theogonie aus den Quellen des klassischen, hebräischen und christlichen Altertums (1857), die er als sein Hauptwerk ansah und in der er versuchte, mit immer neuen Zitaten die These zu belegen, daß Gott und die Hoffnung auf das Jenseits Schöpfungen des Menschen seien. WEITERE WERKE: Sämtliche Werke. 10 Bde., Leipzig 1846-66. - Sämtliche Werke. Hrsg. v. Wilhelm Bolin/Friedrich Jodl. Stuttgart 1903-11. Neuauflage Stuttgart 1959-64 mit 3 Ergänzungsbänden hrsg. v. Hans-Martin Sass. - Werke

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Feuerbach in 6 B ä n d e n . H r s g . v. Erich T h i e s . F r a n k f u r t 1975 ff. Von d e r historisch-kritischen A u s g a b e , L u d w i g F e u e r b a c h : G e s a m m e l t e Werke. Hrsg. v. W e r n e r S c h u f f e n h a u e r . B e r lin, sind seit 1969 d i e B d e . 1-12 s o w i e 17 u n d 19 erschienen, e b e n f a l l s in e l e k t r o n i s c h e r F o r m auf D i s k e t t e oder C D R O M , hrsg. v. M . N e u m a n n und S. T . Stoler, G e o r g e t o w n University W a s h i n g t o n D C : C e n t e r f o r Text a n d T e c h n o l o g y . LITERATUR: S i m o n R a w i d o w i t z : L. F. Berlin 1931. R e p r i n t 1964. - H a n s - M a r t i n Sass: L. F. R e i n b e k bei H a m b u r g 1972, 4 1 9 9 4 . - Erich Thies (Hrsg.): L. F. W e g e der F o r s c h u n g . D a r m s t a d t 1978. - M a x W . W a r t o f s k y : L . F. C a m b r i d g e 1977. - F r a n c e s c o T o m a s o n i : L. F. und d i e n i c h t m e n s c h l i c h e N a t u r . Stuttgart 1990. - H a n s J. B r a u n / H a n s - M a r t i n S a s s / W e r n e r S c h u f f e n h a u e r / F r a n c e s c o T o m a s o n i (Hrsg.): L. F. u n d die P h i l o s o p h i e der Z u k u n f t . Berlin 1990. - H a n s J. B r a u n (Hrsg.): Solidarität oder E g o i s m u s . S t u d i e n zu einer E t h i k bei und n a c h F. Berlin 1994. Hans-Martin Sass

Feuerbach,

Paul J o h a n n A n s e l m Ritter v o n , Jurist, * 1 4 . 1 1 . 1775 H a i n i c h e n bei Jena, t 2 9 . 5 . 1 8 3 3 F r a n k f u r t / Main. F., einer der streitbarsten Juristen u n d b e d e u t e n d s t e n Strafrechtler des 19. Jh., w u c h s als S p r o ß einer alten J u r i s t e n f a m i l i e in F r a n k f u r t / M a i n auf. 1792 flüchtete er vor d e m Vater zu V e r w a n d t e n n a c h Jena, w o er alsbald d a s P h i l o s o p h i e s t u d i u m (vor a l l e m bei Karl L e o n h a r d —> R e i n h o l d ) a u f n a h m und 1795 mit d e r P r o m o t i o n beendete. A u s finanzieller N o t , verstärkt d u r c h d i e S c h w a n g e r s c h a f t seiner späteren E h e f r a u W i l h e l m i n e Tröster, T o c h t e r eines u n e h e l i c h e n S o h n e s d e s H e r z o g s E r n s t A u g u s t von S a c h s e n W e i m a r , b e g a n n F. 1796 mit d e m J u r a s t u d i u m ( b e s o n d e r s bei H u f e l a n d und —> S c h n a u b e r t ) . 1799 w u r d e er z u m Dr. j u r . p r o m o v i e r t (De causis mitigarteli ex capite impeditele libertat is). 1801 erschien F.s später von Carl J o s e p h A n t o n —» Mitterm a i e r f o r t g e f ü h r t e s , ü b e r J a h r z e h n t e k o n k u r r e n z l o s e s Lehrbuch des gemeinen in Deutschland gültigen peinlichen Rechts, in d e m e r s t m a l s d i e F o r m u l i e r u n g „nulla p o e n a , n u l l u m c r i m e n sine lege" v e r w e n d e t w u r d e . 1802 f o l g t e er A n t o n Friedrich Justus —»Thibaut auf dessen Kieler Lehrstuhl. Als R e a k t i o n auf seine Critik des Kleinschrodischen Entwurfs zu einem peinlichen Gesetzbuche für die ChurPfalz-Bayrischen Staaten w u r d e er 1803 als einer d e r ersten P r o t e s t a n t e n an d i e U n i v . L a n d s h u t b e r u f e n . S e i n e d o r t i g e Tätigkeit litt j e d o c h bald unter der F e i n d s c h a f t mit s e i n e m F a k u l t ä t s k o l l e g e n —> G ö n n e r , d i e ihren H ö h e p u n k t 1805 in einer g e g e n s e i t i g e n B e s c h i m p f u n g anläßlich d e r P r o m o t i o n eines G ö n n e r - S c h ü l e r s f a n d . G e r a d e d r e i ß i g j ä h r i g , zog sich F. d a r a u f h i n f ü r i m m e r aus der L e h r e zurück, u m sich als b a y e r i s c h e r J u s t i z m i n i s t e r i a l b e a m t e r g a n z der von i h m s c h o n 1804 b e g o n n e n e n G e s e t z g e b u n g s a r b e i t zu w i d m e n . 1806 gelang e s F., d i e A u f h e b u n g der F o l t e r in B a y e r n d u r c h z u s e t zen. 1813 trat das m a ß g e b l i c h auf seine E n t w ü r f e z u r ü c k g e h e n d e b a y e r i s c h e S t r a f g e s e t z b u c h in K r a f t , das mit seiner auf G e n e r a l p r ä v e n t i o n a b z i e l e n d e n S t r a f t h e o r i e v o m psyc h o l o g i s c h e n Z w a n g , seiner begrifflich scharfen F i x i e r u n g der S t r a f t a t b e s t ä n d e s o w i e d e m Wegfall von reinen Sittlichkeitsdelikten, qualifizierten T o d e s s t r a f e n und v e r s t ü m m e l n d e n Strafen l a n g e Zeit f ü r die d e u t s c h e S t r a f r e c h t s g e s e t z g e b u n g vorbildlich blieb. Zeitgleich w u r d e F. der persönlic h e A d e l verliehen. V e r s c h i e d e n e f r a n k r e i c h k r i t i s c h e Schriften ( u . a . Über die Unterdrückung und Wiederbefreiung Europens, Die Weltherrschaft oder das Grab der Menschheit) z o g e n F. 1 8 1 3 / 1 4

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den U n w i l l e n des M i n i s t e r i u m s —»Montgelas zu, w e s h a l b er 1814 als 2. P r ä s i d e n t an das A p p e l l a t i o n s g e r i c h t B a m b e r g a b g e s c h o b e n w u r d e . N a c h K o m p e t e n z k o n f l i k t e n mit d e s sen 1. Präsidenten f a n d er 1816 als P r ä s i d e n t des A p p e l lationsgerichts A n s b a c h einen a n g e m e s s e n e r e n W i r k u n g s kreis. A u c h als R i c h t e r behielt F. seine vielfältige w i s s e n s c h a f t l i c h e Tätigkeit bei: S e i n e 1810 b e g o n n e n e - nie vollend e t e - W e l t g e s c h i c h t e der G e s e t z g e b u n g f ö r d e r t e d a s Entstehen r e c h t s v e r g l e i c h e n d e r F o r s c h u n g in D e u t s c h l a n d , d i e Aktenmäßige Darstellung merkwürdiger Verbrechen (1828/29) m a c h t e ihn zu e i n e m der M i t b e g r ü n d e r der K r i m i n a l p s y c h o l o g i e . B l e i b e n d e B e d e u t u n g erlangte F. d u r c h sein E i n treten f ü r e i n e rechtsstaatlich-liberale S t r a f j u s t i z ; insbesond e r e f o r d e r t e er die E i n f ü h r u n g einer S t a a t s a n w a l t s c h a f t sow i e Ö f f e n t l i c h k e i t u n d M ü n d l i c h k e i t der R e c h t s p r e c h u n g . Z w i e s p ä l t i g w a r h i n g e g e n s e i n e E i n s t e l l u n g zu den Ges c h w o r e n e n g e r i c h t e n , d i e er in e i n e m g u t e n R e g i m e f ü r entbehrlich, in e i n e m schlechten f ü r e i n e Farce, j e d e n f a l l s a b e r mit e i n e m absolutistischen S t a a t s w e s e n f ü r u n v e r e i n b a r hielt. Von der in seiner letzten größeren V e r ö f f e n t l i c h u n g , Kaspar Hauser, Beispiel eines Verbrechens am Seelenleben des Menschen (1832), vertretenen T h e o r i e , dieser sei S o h n und T h r o n e r b e d e s b a d i s c h e n G r o ß h e r z o g s —»Karl, distanzierte er sich alsbald selbst. Privat hatte F. n e b e n gesundheitlic h e n auch E h e p r o b l e m e , die seit 1813 zu seiner B e z i e h u n g zu N a n n e t t e B r u n n e r f ü h r t e n , zeitweise unter T r e n n u n g von seiner Frau. A n l ä ß l i c h eines B e s u c h s in F r a n k f u r t / M a i n erlag F. 1833 s e i n e m dritten S c h l a g a n f a l l . D i e B e g a b u n g , aber a u c h der s c h w i e r i g e C h a r a k t e r F.s lebten in seinen zehn K i n d e r n fort; v o r a l l e m d e r A r c h ä o l o g e A n s e l m —>F„ der M a t h e m a t i k e r Karl —>F. und der Philos o p h L u d w i g —>F. k n ü p f t e n an d i e Genialität des Vaters an. WEITERE WERKE: A n t i - H o b b e s oder ü b e r d i e G r e n z e n der höchsten G e w a l t und das Z w a n g s r e c h t der B ü r g e r g e g e n den O b e r h e r r n . E r f u r t 1798. - Ü b e r die S t r a f e als S i c h e r u n g s m i t tel vor k ü n f t i g e n B e l e i d i g u n g e n d e s Verbrechers. C h e m n i t z 1800. - Ü b e r P h i l o s o p h i e und E m p i r i e in ihrem Verhältnis zur positiven R e c h t s w i s s e n s c h a f t . L a n d s h u t 1804. - T h e m i s o d e r B e i t r ä g e zur G e s e t z g e b u n g . L a n d s h u t 1812. - B e t r a c h t u n g e n ü b e r d a s G e s c h w o r e n e n - G e r i c h t . L a n d s h u t 1813. B e t r a c h t u n g e n ü b e r die Ö f f e n t l i c h k e i t und M ü n d l i c h k e i t der G e r e c h t i g k e i t s p f l e g e . G i e ß e n 1821. - E n t w u r f zu e i n e m S t r a f g e s e t z b u c h f ü r das K ö n i g r e i c h B a y e r n a u s d e m Jahre 1824. Ediert von G . S c h u b e r t . Berlin 1978. - Ü b e r d i e Ger i c h t s v e r f a s s u n g und das gerichtliche Verfahren Frankreichs. G i e ß e n 1825. R e p r i n t A a l e n 1969. - K l e i n e S c h r i f t e n verm i s c h t e n Inhalts. N ü r n b e r g 1833. LITERATUR: E b e r h a r d Kipper: J. P. A . F. Sein L e b e n als D e n k e r , G e s e t z g e b e r u n d Richter. K ö l n / M ü n c h e n u . a . 2 1 9 8 9 . - B i b l i o g r a p h i e der W e r k e von und ü b e r F e u e r b a c h im A n h a n g zu: Naturrecht und positives Recht. A u s g e w ä h l t e T e x t e von P. J. A . F. Hrsg. v. G e r h a r d H a n e y . Freiburg u. a. 1993, S. 371 ff. - G e r d K l e i n h e y e r / J a n S c h r ö d e r : D e u t s c h e und E u r o p ä i s c h e Juristen aus n e u n J a h r h u n d e r t e n . Heidelberg "1996, S. 126 ff. - Rolf G r ö s c h n e r : D i e B e d e u t u n g P. J. A . F.s ( 1 7 7 5 - 1 8 3 3 ) f ü r d i e G e g e n w a r t . W i e s b a d e n 2 0 0 3 . Ina

Ebert

F e u e r b a c h e r , Matern, Bauernführer, * 1484/85, t vor 1567. F. lebte als w o h l h a b e n d e r und a n g e s e h e n e r B ü r g e r in G r o ß b o t t w a r . W i e s c h o n w ä h r e n d des A u f s t a n d e s 1514 stand er zu B e g i n n d e s B a u e r n k r i e g s 1525 auf der Seite der O b rigkeit, ließ sich a b e r v e r m u t l i c h auf D r ä n g e n des A d e l s von den B o t t w a r e r B a u e r n a m 17. April z u m H a u p t m a n n wählen. A m 25. April zog er in Stuttgart ein. Er versuchte, ein geordnetes R e g i m e n t zu f ü h r e n u n d einen A u s g l e i c h mit Adel und Klerus zu erreichen. W e g e n seiner g e m ä ß i g t e n H a l t u n g w u r d e er v o r der S c h l a c h t von B ö b l i n g e n von den A u f s t ä n d i schen als H a u p t m a n n abgesetzt. F. floh in die S c h w e i z ,

Feuerstein wurde im Januar 1527 im schweizer. Rottweil verhaftet, vom kaiserlichen Hofgericht jedoch freigesprochen und versuchte, die Rückgabe seines Besitzes zu erreichen. Zuletzt wird F. 1539 als Küchenmeister des Markgrafen —> Ernst von Baden erwähnt. CD N D B

Feuerborn, Justus, auch Feurborn, luth. Theologe, * 13. 11. 1587 Herford, t 6 . 2 . 1656 Gießen. Der Sohn eines Amtmanns der Stifter Herford und Gerresheim studierte in Gießen Theologie (1614 Magister), wurde 1616 promoviert und war seit 1617 a. o.Prof., Prediger und Ephorus der Stipendiaten. Seit 1618 o.Prof., erhielt er 1627 an der 1624 nach Marburg verlegten Fakultät das Amt des ersten Theologen. In dieser Funktion wurde er auch erster Rektor nach der Restitution der Gießener Univ. 1650. 1628 wirkte er bei der Generalvisitation —»Georgs II. mit. 1650 wurde F. Superintendent der Marburger Amter. Im Streit mit den Tübinger Theologen über die Christologie vertrat er die Gießener dogmatische Schule, deren Vorstellung vom Gottmenschen Christus sich in der Orthodoxie der Zeit weitgehend durchsetzte. F.s Opera theologica [...] (3 Tie.) erschienen 1671. F. war mit einer Tochter Balthasar I. —»Mentzers verheiratet; Peter - » H a b e r k o r n war sein Schwiegersohn. CD NDB

Feuerhahn, Hermann, Bildhauer, * 20.5. 1873 Hildesheim, t 1941 (nach 1955?) Berlin. F. wurde 1890-94 an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums in Berlin zum Bildhauer ausgebildet und studierte danach an der Kunstgewerbeschule in Hannover sowie bei Christian —» Behrens in Breslau. Nach Studienreisen durch Frankreich, Italien und Amerika ließ er sich 1905 in Berlin nieder. F. betätigte sich vor allem auf dem Gebiet der dekorativen Plastik. Er schuf Figuren und Arabesken u.a. für die Staatsbibliothek Berlin, das Gebäude der Deutschen Bank, das Rheingoldhaus und das Deutsche Opernhaus. Zu seinen Hauptwerken zählen die Tauzieher-Figur auf der Berliner Doverbrücke (1910) und die Entwürfe des Schmucks für das Stadttheater Freiburg/Breisgau (1906-10). DD A K L

Feuerlein, Jakob Wilhelm, evang. Theologe, * 2 4 . 3 . 1 6 8 9 Nürnberg, t 10.3. 1766 Göttingen. Der Sohn Johann Konrad —»F.s studierte in Altdorf und Jena Theologie und kehrte 1713 als Inspektor der Alumnen nach Altdorf zurück, wo er 1715 Prof. der Logik und Metaphysik und 1723 Rektor der Univ. wurde. 1730 erhielt er einen Lehrstuhl für orientalische Sprachen und eine theologische Professur. Ein Jahr nach seinem zweiten Rektorat 1736 wurde er Professor primarius der Theologie an der neuen Univ. Göttingen. F. veröffentlichte neben Reden philosophische, theologische und kirchengeschichtliche Schriften in lateinischer Sprache. 1752 erschien seine Bibliotheca symbolica evangelica Lutherana. CD DLL

Feuerlein, Johann Konrad, evang. Theologe, * 5. 1.1656 Eschenau, f 3 . 3 . 1718 Nördlingen. Der Sohn eines evang. Theologen und Bibliothekars studierte 1674-78 in Altdorf Theologie, erwarb den Magistergrad und setzte seine Studien bis 1680 in Jena fort. Nach Studienreisen durch Deutschland, England und Holland wurde er 1683 Diakonus, später Prediger an verschiedenen Kirchen, Antistes und 1697 Inspektor des Gymnasiums in Nürnberg. Seit 1709 war er Pastor, Superintendent, Konsistorialassessor sowie Inspektor der deutschen und lateinischen Schulen in Nördlingen. F. übersetzte aus dem Englischen und verfaßte zahlreiche theologische Schriften und Erbauungsbücher, darunter Fastenpredigten (4 Tie., 1686-90). Postum erschien ein Lebenslauf [...] von ihm selbst aufgesetzt (1718). F. war der Vater von Jakob Wilhelm - » F . CD DLL

Feuerlein, Johann Peter, Maler, getauft 12. 10.1668 Boxberg, t 28.9. 1728 Ansbach. F. ging bei dem Würzburger Maler Oswald —»Onghers in die Lehre und war 1684/85 am Ansbacher Hof tätig. Die Wanderschaft führte ihn nach Venedig, Rom und Neapel. In Italien arbeitete er als Porträtmaler, machte erste Erfahrungen mit der Historienmalerei und lernte die aus Frankreich stammende Mode der „Prunk-Porträts" kennen. 1694 porträtierte F. in Wien Kaiser —»Joseph I. und dessen Schwester (Bilder heute verschollen) und wirkte nach kurzem Aufenthalt in Ansbach in den Fürstentümern Sachsen-Hildburghausen und Sachsen-Meiningen. 1704 bezeichnete er sich als „Hochfürstlich-Sächsischen Hofmaler". Seit 1715/16 Hofmaler in Ansbach, war er dort zur gleichen Zeit wie Johann Christian —» Sperling tätig. In Ansbach schuf F. Porträts der Fürstenfamilie, beteiligte sich aber auch an der Ausgestaltung der Ansbacher Residenz (u. a. mit Allegorien und Historienmalereien).

Feuermann, Emanuel, Musiker, * 22. 11. 1902 Kolomea (Galizien), f 25.5. 1942 New York. F. erhielt Unterricht als Violoncellist durch seinen Vater, später bei Anton Walter, und debütierte im Alter von elf Jahren als Solist mit dem Wiener Symphonieorchester unter Felix —» Weingartner. Nach dem Studium 1917-19 bei Julius —> Klengel in Leipzig unterrichtete er am Kölner Musikkonservatorium und spielte als Solocellist des GürzenichOrchesters sowie als Mitglied des Bram Eldering Quartetts. 1923 ging F. nach Wien, 1929 als Prof. für Cello an die Staatliche Hochschule für Musik nach Berlin. Er gab zahlreiche Konzerte mit führenden europäischen Orchestern und Kammermusikensembles. 1933 entlassen, emigrierte F. in die USA, kehrte jedoch mehrmals für Gastspielreisen durch Frankreich, die Schweiz und Großbritannien nach Europa zurück. 1941 wurde er Prof. am Curtis Institute in Philadelphia. F., der neben Pablo Casals maßgeblich dazu beitrug, daß sich das Cello als Soloinstrument durchsetzte, besaß das letzte erhaltene Cello von Stradivari. CD M G G

Feuerring, Josef, Pseud. Josef Freiherr von RingZborów, Pädagoge, Schriftsteller, * 6. 1. 1872 Zborów (Galizien), t n. e. Der Kaufmannssohn studierte in Berlin und Bern, ließ sich 1892 als Schriftsteller in Berlin nieder und unterrichtete seit 1898 als Lehrer. 1906 ging er als Redakteur des „Israelitischen Familienblatts" nach Hamburg, kehrte jedoch im selben Jahr nach Berlin zurück und setzte dort seine Lehrtätigkeit fort. Als Publizist, Prosa- und Sachbuchautor veröffentlichte F. u.a. Der Antisemitenapostel [...] (1892), Enthüllungen zum Sternberg-Prozeß ( 1893) und den Roman Gräfin Strachwitz (2 Bde., 1909).

Feuerstein, Franz (Wilhelm), Redakteur, Verleger, Politiker, * 15.10. 1866 Stuttgart, t 31.5. 1939 Stuttgart. F., Sohn eines kgl. Oberkutschers, durchlief eine Lehre als Buchdrucker und Schriftsetzer, Schloß sich 1893 der SPD, 1895 der Gewerkschaft an und war seit 1902 Redakteur der sozialdemokratischen „Schwäbischen Tagwacht". 1885 wurde er Mitglied des Verbandes deutscher Buchdrucker, 1893 der SPD. 1906-20 und 1928-33 war F. Mitglied des Württembergischen Landtags, 1912-18 und 1920-24 des Deutschen Reichstags. 1904 gründete er das „Württembergische Genossenschaftsblatt", 1907 die Produktivgenossenschaft „Vereinsdruckerei Heilbronn" zur Herausgabe der sozialdemokratischen Tageszeitung „Neckar-Echo", deren Aufsichtsrat er angehörte. Später gehörte F. dem Generalrat des Zentralverbandes Deutscher Konsumvereine an und war zuletzt Mitglied des Württembergischen Landtags sowie stellvertretendes Mitglied des Württembergischen Staatsgerichtshofs. CD Raberg

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Feuerstein F e u e r s t e i n , Martin Ritter von, Maler, * 6. 1.1856 Barr (Elsaß), t 13.2. 1931 M ü n c h e n . Als Sohn des Altarbauers Johann Martin F. erlernte F. die Bildhauerei und studierte 1875-79 an der Münchner Kunstakademie bei Ludwig —>Löfftz, Alexander —>Strähuber und Wilhelm von -> Diez Malerei. 1879-82 lebte er in Paris, kehrte nach einer Studienreise durch Italien 1883 nach M ü n c h e n zurück und widmete sich der religiösen Historienmalerei. Seit 1898 lehrte F. als Prof. für religiöse Malerei an der Kunstakademie. Seine Wandgemälde, Fresken und Altarbilder schmücken u . a . das Münster und die Kapelle Notre D a m e in Straßburg, die Pfarrkirche St. A n n a in M ü n c h e n (Bilder aus dem Leben des hl. Antonius) sowie die deutsche Nationalkapelle der St.-Antonius-Basilika in Padua. DP A K L F e u g e , Elisabeth, Sängerin, * 15.8. 1902 Dessau, t 4 . 7 . 1942 München. Die Tochter des Tenors Oskar —> F. und der Koloratursopranistin Emilie Feuge-Gleiss wurde von ihrer Mutter im Gesang unterrichtet. 1921 debütierte die Sopranistin in Dessau und wurde 1923 Mitglied der M ü n c h n e r Staatsoper. F. gab Gastspiele an den Staatsopern Dresden, Stuttgart und Wien, unternahm 1932 eine Tournee nach Amsterdam und Den Haag und sang 1934 bei den Salzburger Festspielen. Besonders erfolgreich war F. als Interpretin von Richard —> Wagner und Richard Strauss. Sie wirkte an der Münchner Hofoper als Hilfsspielleiterin. F. beging Selbstmord. m Kutsch F e u g e , Oskar, Sänger, * 3 . 7 . 1861 Reudnitz (heute zu Leipzig), t 5. 11. 1913 Dessau. Nach seiner Ausbildung zum Tenor debütierte F. 1887 am Stadttheater von Mainz. Ein Jahr später ging er ans Hoftheater von Dessau und blieb dort bis zu seinem Tod. Er vertrat das zunächst lyrische Fach und übernahm später Helden- und Charakterrollen, wie den Lohengrin und den David in den Meistersingern. F. gab zahlreiche Gastspiele und hatte auch als Konzertsänger Erfolg. Aus der E h e mit der Koloratursopranistin Emilie Feuge-Gleiss ging eine Tochter, Elisabeth - » F . , hervor. t u Kutsch F e u l g e n , Robert (Joachim Wilhelm), Chemiker, Physiologe, * 2 . 9 . 1 8 8 4 Werden (heute zu Essen), t 24. 10. 1955 Gießen. Der Sohn eines Tuchfabrikanten studierte Medizin in Freib u r g / B r e i s g a u und Kiel, assistierte dort am Städtischen Krankenhaus und wurde 1912 promoviert (Zur Kenntnis des Purinstoffwechsels bei der chronischen Gicht). Im selben Jahr ging er als Assistent an das Physiologische Institut der Univ. Berlin, wo er sich der physiologischen C h e m i e zuwandte. Seit 1919 lehrte F. als Privatdozent in Gießen und wurde 1923 a. o.Prof., 1927 o . P r o f . der physiologischen Chemie. Bei seinen Forschungen über die Nukleinsäuren entwickelte er mit der Nuklealreaktion und der Piasmalreaktion ein Verfahren zum Nachweis der Desoxyribonukleinsäure als Zellbestandteil sowohl tierischen als auch pflanzlichen Gewebes sowie einer neuen Klasse von Zellbausteinen, den Acetallipoiden. 1938 wurde F., seit 1937 Mitglied der N S D A P , in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Er veröffentlichte u. a. Chemie und Physiologie der Nukleinsäuren (1923) und Von der Nuclealfärbung zum Plasmalogen (1939). CD N D B F e u l i n g , Daniel, Benediktiner, Theologe, * 2 5 . 8 . 1882 Lobenfeld (Baden), t 1 7 . 1 1 . 1 9 4 7 Tuttlingen (BadenWürttemberg). Nach d e m Eintritt in das Benediktinerstift St. Peter in Salzburg studierte F. 1903-05 Philosophie in Maria Laach und setzte seine Studien nach der Priesterweihe 1908 in R o m und B i r m i n g h a m fort. 1919-22 Lektor der Theologie in Beu-

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ren, hielt er sich 1 9 2 3 / 2 4 zum Studium der Philosophie in München auf, habilitierte sich im folgenden Jahr in Salzburg und wurde 1929 a . o . P r o f . , 1933 o . P r o f . der Fundamentaltheologie und Philosophie. F. schrieb u. a. Glaubensgewißheit und Glaubenszweifel (1920), Das Wesen des Katholizismus ( 1920) sowie Einführung in die Liturgie der Karwoche (\92\). m BBKL F e u l n e r , Adolf, Kunsthistoriker, * 2 3 . 8 . 1884 Schwabhausen bei Dachau, t 2 1 . 8 . 1 9 4 5 Wiesentheid (Unterfranken). Der Sohn eines Volksschullehrers studierte 1904-08 an der Univ. M ü n c h e n Kunstgeschichte und Kunstwissenschaft und w u r d e 1910 promoviert. Seit 1909 arbeitete er als Assistent am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. 1919 wurde er Konservator, 1923 Hauptkonservator am Residenzmuseum in München. 1930 übernahm F. die Leitung des Kunstgewerbemuseums sowie des Historischen M u s e u m s in F r a n k f u r t / M a i n und wurde 1937 Generaldirektor der Kunstgewerblichen S a m m l u n g e n Kölns. Seit 1940 lehrte er Kunstgeschichte an der dortigen Universität. F. veröffentlichte vor allem Schriften über das bayerische Rokoko, ferner Der junge Goethe und die Frankfurter Kunst (1932). CD DLL, 20. Jh. F e u r i c h , (Gustav) Julius, Klavierbauer, * 1 9 . 3 . 1 8 2 1 Leipzig, t 1 6 . 7 . 1 9 0 0 Leipzig. Der Sohn eines Werkmeisters erhielt eine Ausbildung zum Tischler und arbeitete zunächst als Klavierbauer bei einem Onkel in Kassel. Nach der Wanderschaft 1843-48 machte er sich in Leipzig selbständig. Neben kontinuierlich verbesserten Klavieren stellte er seit 1877 zunehmend Flügel her. Zuletzt war er Hoflieferant und Kommerzienrat. Das Unternehmen wurde von F.s N a c h k o m m e n bis in die Gegenwart fortgeführt. m MGG F e u r i c h , Walter, evang. Theologe, * 4 . 1 0 . 1922 Dresden, t 4 . 2 . 1981 Dresden. F. studierte 1940-44 in Leipzig Theologie und Philosophie. 1945 war er Pfarrvikar, 1946-71 Pfarrer in Dresden. 1947-51 als Pressebeauftragter des Landeskirchenamts tätig, hatte er 1961-81 den Vorsitz der Kirchlichen Bruderschaft Sachsens inne, arbeitete seit 1961 in der Christlichen Friedenskonferenz und d e m Friedensrat der D D R mit und stand 1964 einem Ausschuß zur Koordinierung kirchlicher Gruppierungen in der D D R vor. F. war 1965 Mitherausgeber und 1967 nebenamtlicher Redakteur der Zeitschrift „Glaube und Gewissen", 1973 Mitherausgeber der Monatsschrift „Standpunkt". Zuletzt wirkte er als Altersvikar im Kirchenkreis Dresden. m

BBKL

F e u r s t e i n , Heinrich (Karl Josef), kath. Theologe, * 11.4. 1877 Freiburg /Breisgau, t 2. 8. 1942 Konzentrationslager Dachau. F., Sohn eines Gürtlers und Goldschmieds, studierte 1895-98 in Freiburg/Breisgau Theologie und war nach der Priesterweihe 1899 in T i e n g e n / H o c h r h e i n und Karlsruhe als Vikar tätig. Unter dem Einfluß der päpstlichen Sozialenzyklika Rerum novarum studierte er 1901-04 Volkswirtschaft in Freib u r g / B r e i s g a u und Berlin. Nach der Promotion mit einer Arbeit über Lohn und Haushalt der Uhrenfabrikarbeiter des badischen Schwarzwaldes (1905) wurde er 1904 Pfarrverweser in Achern, 1906 in Donaueschingen und dort 1908 Pfarrer. F., der nebenamtlich die fürstenbergische Gemäldegalerie leitete, wurde ein Fachmann f ü r die regionale Kirchenund Kunstgeschichte (u. a. Matthias Grünewald, 1930). Nach 1933 predigte er wiederholt gegen den Terror des nationalsozialistischen Regimes. 1942 wurde F. verhaftet und erst nach Konstanz, dann in das Konzentrationslager Dachau verbracht, wo er nach wenigen Wochen starb. m

Bad Bio N.F., Bd 1

Fey Feury, Otto (Kajetan) Frh. von, Landwirt, Bankier,

Feustking, Friedrich Christian, luth. Theologe, Schrift-

Politiker, * 2 7 . 1 2 . 1 9 0 6 München, t 27.3. 1998 Steinhöring (Oherbayern). F., Sohn eines Hauptmanns im Bayerischen InfanterieLeibregiment, arbeitete als Volontär in einer Eisengroßhandlung in Frankfurt/Main, bei der Bayerischen Vereinsbank in München, war 1930 bei der London and Eastern Tradebank und 1931 beim Völkerbund in Genf tätig. Gleichzeitig studierte er 1926-31 Volkswirtschaft und Rechtswissenschaften in Frankfurt/Main und München. 1931-35 war er Angestellter der Auslandsabteilung der Bayerischen Vereinsbank und bewirtschaftete seit 1933 einen Gutshof bei Steinhöring. 1946 trat F. in die CSU ein, wurde 1949 stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Bauernverbandes in Oberbayern und Mitglied des Landesausschusses der CSU und gehörte seit 1950 dem Bayerischen Landtag an. 1955-77 war F. Präsident des Bayerischen Bauernverbandes, wurde 1959 einer der Präsidenten und 1969 Erster Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes. 1957 in den Deutschen Bundestag gewählt, legte er sein Mandat zwei Monate später nieder, als gegen ihn staatsanwaltliche Ermittlungen in einer Kreditaffäre aufgenommen wurden. F. gehörte den Aufsichtsräten verschiedener Banken und Industrieunternehmen an und war seit 1966 Mitglied des Außenhandelsbeirats beim Bundesminister für Wirtschaft. Er veröffentlichte u. a. Zur Lage der Landwirtschaft ( 1962). CD M d B

steller, * 1678 Stellau bei Itzehoe, t 3 . 2 . 1739 Tolk (Schleswig). F., Sohn eines Pfarrers und Bruder von Johann Heinrich —»F., studierte in Wittenberg Theologie und ließ sich 1702 als Privatlehrer und Dramatiker in Hamburg nieder. Später wurde er Pfarrer in Tolk. F. veröffentlichte Gedichte, einen Geschichtskalender vom Leben Philippi Melanchthonis (1698) und zahlreiche Opernlibretti, darunter die von Georg Friedrich —»Handel vertonte Oper Nero (1705).

F e u ß n e r , Karl, Techniker, * 17.10.1855 Rinteln/Weser, t 24.10. 1915 Berlin. Der Sohn eines Gymnasialoberlehrers und Bruder Wilhelm —» F.s studierte in Marburg und wurde mit einer Dissertation über eine Neue Methode der Berechnungsexponentenbestimmung mittels Totalreflexion 1882 promoviert. 1882-88 war er in Hanau, Karlsruhe, Köln, Zürich und Wien als Lehrer für Elektrotechnik tätig. Kurz nach der Gründung übernahm er die Leitung der Elektrischen Abteilung der PhysikalischTechnischen Reichsanstalt in Berlin-Charlottenburg. F. gelangen zahlreiche Verbesserungen auf dem Gebiet der elektrischen Meßtechnik, u.a. entwickelte er den PoggendorfKompensator zu einem Präzisionsmeßgerät für Spannungsmessungen von bis dahin nicht erzielter Genauigkeit. Daneben schuf er neue Widerstandslegierungen und befaßte sich mit der Ausgestaltung der elektrischen Prüfungsämter. m

NDB

F e u ß n e r , Wilhelm, Physiker, * 25.2. 1843 Hanau, t 5 . 9 . 1 9 2 8 Marburg. Der Bruder Karl —>F.s studierte in Marburg, wurde 1867 mit der Arbeit Messung der Wärme durch die Veränderung des elektrischen Widerstandes mit dem Temperatur promoviert und habilitierte sich 1871 für Mathematik und Physik. Seit 1880 a. o.Prof. der Physik, wurde er 1904 zum o. Prof. berufen. F. beschäftigte sich u. a. mit der Interferenz und Beugung des Lichts sowie mit Wärmemessungen mittels Veränderung elektrischer Leitfähigkeit. Seit 1888 war er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. DP Poggendorff 6 F e u s t e l , Friedrich von, Bankier, Politiker, * 2 1 . 1 . 1 8 2 4 Egern/Tegernsee, t 12.10. 1891 Bayreuth. Der Lehrling und spätere Kommis der Bayreuther Baumwollspinnerei und -weberei erhielt 1847 die Konzession für Wechselgeschäfte sowie eine Versicherungs- und Auswanderungsagentur. Seit 1848 gehörte er Bayreuther Gemeindegremien an und war 1863-69 Mitglied der Abgeordnetenkammer, 1868-71 Abgeordneter des Zollparlaments, 1877-91 des Reichstags. F. hatte 1869 Anteil an der Gründung der Bayerischen Vereinsbank und war bis 1877 deren Verwaltungsratsmitglied. Er förderte Richard —» Wagner und die Bayreuther Festspiele. 1889 wurde er nobilitiert. ED Haunfelder, Lib Abg

Feustking, Johann Heinrich, luth. Theologe, * 7 . 3 . 1672 Stellau bei Itzehoe, t 2 3 . 3 . 1 7 1 3 Gotha. Der Bruder Friedrich Christian —>F.s studierte in Rostock und Wittenberg Theologie und wurde 1698 promoviert. Seit 1697 Superintendent in Jessen, wirkte er später in Remberg und kam 1706 als Hofprediger und Kirchenrat nach Zerbst. 1709 als Prof. der Theologie nach Wittenberg berufen, amtierte er seit 1712 als Oberkonsistorialrat in Gotha. Als orthodoxer Lutheraner veröffentlichte er u . a . zahlreiche polemische Schriften gegen Schwärmer und Pietisten wie Gynaeceum haeretico fanaticum oder Historie und Beschreibung der falschen Prophetinnen, Quäkerinnen, Schwärmerinnen und andern sectirischen und begeisterten WeibesPersonen [...] (1704) und Bericht von den neuen Propheten. Darinnen der Ursprung und irrige Lehren der Himmlischen Propheten [...] und anderer Schwärmer gründlich erzehlet [...] wird (1721). Im Jahr 1707 publizierte er eine wichtige Ausgabe der Lieder Paul —» Gerhardts. CD ADB F e y , Emil, österr. Politiker, Militär, * 23.3. 1886 Wien, t 16.3. 1938 Wien. F., Sohn eines kaiserlichen Rats, trat 1904 in die österr. Armee ein, wurde 1908 Berufsoffizier und nahm als Bataillonsund Regimentskommandant am Ersten Weltkrieg teil. Nach Kriegsende kurz in der Privatwirtschaft tätig, wurde er 1921 Funktionär des österr. Offiziersverbandes und war führend am Aufbau der paramilitärischen Wiener Heimwehr beteiligt, die er 1930 politisch an die Christsoziale Partei anschloß. 1932 wurde er Staatssekretär für das Sicherheitswesen in der Regierung —» Dollfuß, schied kurz vor dem Putsch nationalsozialistischer Gruppierungen aus der Regierung aus und übernahm auch unter Kanzler —> Schuschnigg bis 1935 in mehreren Kabinetten verschiedene Aufgaben. 1935 als Bundesminister für Inneres entlassen, verlor er 1936 mit seinem Ausschluß aus der Heimwehrbewegung seinen politischem Einfluß und wurde zum Präsidenten der DonauDampfschiffahrtsgesellschaft ernannt. t u NDB F e y , Klara, auch Clara F., Ordensstifterin, * 11.4.1815 Aachen, t 8 . 5 . 1 8 9 4 Simpelveld (Niederlande). Als Schülerin der Aachener Töchterschule wurde die Fabrikantentochter von ihrer Lehrerin Luise —» Hensel religiös und sozial angeregt. Nach der Schulzeit erst karitativ tätig, gründete sie 1837 mit einigen Helferinnen eine Armenschule für verwahrloste Mädchen, der sie sich seit 1844 ausschließlich widmete. 1848 rief F. zur Erziehung und religiösen Unterweisung armer, verlassener Mädchen die Kongregation der Schwestern vom armen Kinde Jesu ins Leben, deren Generaloberin sie zeitlebens blieb. Die deutschen Niederlassungen und mit ihnen das Mutterhaus in Aachen wurden während des Kulturkampfes aufgelöst. F. siedelte 1878 in das niederländische Simpelveld über. 1916 wurde der bischöfliche und 1958 der Apostolische Seligsprechungsprozeß eröffnet. Postum erschienen religiöse und pädagogische Schriften, u. a. Die Übung der Mutter Klara Fey (1913, 15 1951) und Betrachtungen (3 Bde., 1927). m Schein

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Fey F e y , Nikolaus, Schriftsteller, * 2 . 3 . 1881 Wiesentheid (Unterfranken), t 1 9 . 7 . 1 9 5 6 Gerolzhofen. A u s einer Handwerkerfamilie stammend, durchlief F. eine Schreinerlehre. Später studierte er Geschichte und Literatur in Würzburg und Berlin. Schon vor d e m Ersten Weltkrieg hatte er begonnen, in Lyrik, Prosa und Schauspielen die Natur sowie bäuerlich-handwerkliche Lebensverhältnisse seiner fränkischen Heimat in zivilisationskritischer Absicht der Realität der modernen Industriegesellschaft gegenüberzustellen. F. schrieb u. a. den R o m a n Der kleine Heiland (1912) sowie das historische Schauspiel Florian Geyer (1925). Während der Zeit des nationalsozialistischen Regimes war er Gauschrifttumsbeauftragter der N S D A P für den Gau Mainfranken. DP Killy

Feyerabend,

Ernst, Beamter, Techniker, * 2 0 . 1 0 . 1 8 6 7 Marienwerder (Westpreußen), t 19. 10.1943 Würzburg. Der Sohn eines Festungsbaumeisters studierte in M ü n c h e n an der T H Elektrotechnik und an der Univ. Staatswissenschaften. 1887 trat er in den höheren Postdienst ein, war 1894 beim Reichspostamt Berlin tätig und wurde 1920 Ministerialdirektor des Fernsprech- und Telegraphenwesens im Reichspostministerium. 1926-33 war er als Staatssekretär f ü r das Fernmeldewesen zuständig. F. hatte am A u f - und Ausbau des deutschen Fernsprechnetzes im Rahmen der staatlichen Postorganisation entscheidenden Anteil. Das von ihm 1929 mitherausgegebene Handwörterbuch des elektrischen Fernmeldewesens galt jahrzehntelang international als grundlegend. CD Altpreuß Biogr, Bd 4

Feyerabend,

Franz, schweizer. Maler, Radierer, getauft 1 1 . 4 . 1 7 5 6 Basel, t 2 3 . 3 . 1 8 0 0 Basel. F. stammte aus einer Basler Malerfamilie und erlernte Dekorationsmalerei und Bildhauerei. Spätestens seit 1783 in Colmar ansässig, wo er in der Manufaktur für Druckstoffe der Gebrüder Haussmann arbeitete, kehrte er nach 1789 nach Basel zurück. Er malte, in N a c h a h m u n g niederländischer und Frankfurter Maler, kleine Genrebilder in Öl, Deck- und Wasserfarben. Bekannt wurde er vor allem mit seinen politischen Karikaturen auf die Basler Landvögte (u.a. Karikaturen auf Daniel Schorndorf). Daneben führte F. Landschaftsaquarelle und Radierungen aus, darunter 2 6 Bilder mit U n i f o r m e n eidgenössischer Grenztruppen. CD A K L

Feyerabend,

Johann, Drucker, Verleger, * 2 . 7 . 1 5 5 0 Schwäbisch Hall, t 1599. F. ließ sich 1573 in F r a n k f u r t / M a i n nieder, baute mit Melchior Schwarzenberg eine Geschäftsverbindung auf und kaufte 1574 einen Teil des Verlagsprogramms seines Vetters Sigmund —>F. Die teilweise sehr bekannten Titel, darunter eine Ausgabe der Werke Boccaccios in deutscher Sprache, zeitgenössische Teufelsliteratur und Chroniken, verkauften sie jedoch ein Jahr später an Nikolaus - > Bassée weiter. Seit 1576 Bürger der Stadt, führte F. in den folgenden Jahren vor allem Druckaufträge für seinen Vetter, später auch für dessen Erben, aus. Er starb auf einer Reise nach Prag. m LGB

Feyerabend,

Maurus, Benediktiner, Theologe, * 7. 10. 1754 Schwabmünchen, f 8 . 3 . 1818 Ottobeuren bei Memmingen. F. trat 1771 in das Benediktinerkloster Ottobeuren ein und wurde 1778 zum Priester geweiht. Seit 1802 Prior, war er nach der A u f h e b u n g des Klosters Superior der dort verbliebenen Klosterbrüder. F. verfaßte lokalhistorische und theologische Schriften. Er veröffentlichte die Jahrbücher des Reichsstifts Ottobeuren (4 Bde., 1784) und gab die von ihm übersetzten Briefe Papst Gregors I. und Sämtliche echte Werke (4 Bde., 1818-20) des Cyprian von Karthago heraus. CD Kosch: Kath

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F e y e r a b e n d , Paul (Karl), Wissenschaftstheoretiker, * 13.1. 1924 Wien, t 1 1 . 2 . 1 9 9 4 Genf. Als Offizier am Ende des Zweiten Weltkriegs schwer verwundet, studierte F., Sohn eines Beamten und einer Näherin, zunächst Gesang und Theatergeschichte in Weimar, seit 1947 Geschichte, Astronomie, Mathematik und Physik an der Univ. Wien und wurde 1951 mit der Arbeit Zur Theorie der Basissätze promoviert. In Wien gehörte er d e m Diskussionskreis um Victor —> Kraft an. 1952 studierte er bei Karl —> Popper, den er 1948 in Alpach (Tirol) kennengelernt hatte, in London, kehrte 1953 nach Wien zurück und übersetzte 1954 Poppers Open society and its enemies ins Deutsche. Seit 1955 an der Univ. Bristol tätig, ging er 1958 als Gastprofessor an die University of California in Berkeley, w o er 1959 Full Professor wurde. 1979-90 war er gleichzeitig auch Prof. für Philosophie der Wissenschaft an der Ε Τ Η Zürich. F. beschäftigte sich vor allem mit Fragen der Wissenschafts- und Erkenntnistheorie sowie mit den soziokulturellen Auswirkungen von Wissenschaft. Sich vom kritischen Rationalismus Poppers distanzierend, entwickelte er eine „anarchistische Erkenntnistheorie" (u. a. Against method. Outline of an anarchistic theory of knowledge, 1970, erw. Fassung 1975, ' 1 9 9 3 ; dt. Neufassung unter d e m Titel Wider den Methodenzwang. Skizze einer anarchistischen Erkenntnistheorie, 1976, rev. und erw. Fassung 1983, erneut 1986, '2004), die alle rationalen Methodologien als bindende Regelsysteme ablehnt und Spontaneität als Voraussetzung für wissenschaftlichen Fortschritt ansieht („anything goes"). Als Pendant zur dadaistischen Wissenschaftspluralität entwarf F. in Science in a free society (1978, dt. Erkenntnis für freie Menschen, 1979, veränderte Ausg. 1980 5 1995) das Konzept einer freien Gesellschaft des demokratischen Relativismus. In Wissenschaft und Kunst (1984, ύ 2003) übertrug er die Kunsttheorie Alois —>Riegls, der von gleichberechtigten Stilformen spricht, auf die Wissenschaften. Zu seinen Veröffentlichungen zählen ferner Knowledge without foundations (1962), Realism, rationalism, and scientific method (1981), Problems of empiricism (1981), Farewell to reason (1987, dt. Irrwege der Vernunft, 1989) und Three dialogues of knowledge (1991, dt. [gekürzt] Über Erkenntnis. Zwei Dialoge, 1992). F. starb wenige Wochen nach Abschluß seiner Autobiographie Killing time (1994, dt. Zeitverschwendung, 1995). Postum erschienen auch Briefe an einen Freund (hrsg. von Hans Peter Duerr, 1995), der Briefwechsel mit Hans Albert (hrsg. von Wilhelm Baum, 1997), Ambiguità e armonia (1996, dt. Widerstreit und Harmonie. Trentiner Vorlesungen, 1998) und Conquest of abundance. A tale of abstraction versus the richness of being (hrsg. von Bert Terpstra, 1999, dt. Die Vernichtung der Vielfalt. Ein Bericht, 2005). CD Enz Phil Wiss

Feyerabend,

Sigmund, auch Feierabend, Sigismund, Formschneider, Verleger, * 1528 Heidelberg, f 2 2 . 4 . 1 5 9 0 Frankfurt/Main. F., Sohn eines Malers und Formschneiders, erlernte in der väterlichen Werkstatt und später in Augsburg Formschneiderei, arbeitete einige Jahre in Italien, kehrte für kurze Zeit nach Augsburg zurück und ließ sich schließlich in F r a n k f u r t / Main nieder, wo er 1560 das Bürgerrecht erhielt. Im selben Jahr begann er gemeinsam mit den Druckern David Zöpfel und Johann Rasch seine verlegerische Tätigkeit mit der Herausgabe der Werke Vergils in deutscher Sprache; 1560 folgte eine Bilderbibel, 1561 eine Lutherbibel. 1563 verband sich F. mit d e m Drucker Georg R a b und den Erben des Weigand —» Han zu einer „Cumpanei", die bis etwa 1570 über 60 größere illustrierte Werke herausbrachte. 1574 verkaufte er einen Teil des Verlagsgeschäftes an seinen Vetter Johann —»F. und an Melchior Schwarzenberg. Eine finanzielle Krise in den achtziger Jahren führte zum Niedergang des Unter-

Fichard nehmens, das nach F.s Tod von den Erben nicht mehr lange gehalten werden konnte. DP A K L F e y r t e r , Friedrich, Pathologe, * 2 . 6 . 1 8 9 5 Wien, t 2 . 1 2 . 1 9 7 3 Bad Fischau-Brunn (Niederösterreich). F. studierte Medizin in Wien (Abschluß 1921) und lehrte nach der Habilitation (Carcinoid und Carcinom, 1934) als Prof. in Danzig, Graz und Göttingen. Er erkannte und beschrieb erstmals die Bedeutung der endokrinen Hellen Zellen im Darm und das sich aus ihnen entwickelnde Karzinom. F. gilt als Begründer der gastroenterologischen Endokrinologie. Er veröffentlichte u. a. Über die Pathologie der vegetativen nervösen Peripherie und ihrer ganglionären Regulationsstätten (1951), Uber die peripheren endokrinen (parakrinen) Drüsen des Menschen (1953), Zur Histologie und Biologie der epithelialen Geschwülste des menschlichen Enddarmes (1953) und Ein adrenolipoides Syndrom (1973). F e z e r , Karl, evang. Theologe, * 18.4. 1891 Geislingen, t 1 3 . 1 . 1 9 6 0 Stuttgart. F., Sohn eines Metzgers und Gastwirts, besuchte 1905-09 die Theologischen Seminare in Maulbronn und Blaubeuren und studierte 1909-13 Theologie in Tübingen. Seit 1914 war er Vikar in Echterdingen, 1919-26 Pfarrer in Stuttgart und Tübingen. 1924 in Tübingen zum Dr. theol. promoviert, habilitierte er sich dort 1926; 1926 wurde er beamteter a. o. Prof., 1930 persönlicher Ordinarius für Praktische Theologie. 1930-56 war er Ephorus des Evangelischen Stifts. 1933 wurde F. Mitglied der N S D A P . Von Mai bis N o v e m b e r 1933 war er auch Mitglied der Deutschen Christen und zeitweise Berater des Reichsbischofs L u d w i g —> Müller sowie kommissarischer Reichsführer der Deutschen Christlichen Studentenvereinigung. 1933-35 hatte er das A m t des Rektors der Univ. Tübingen inne. 1945 von der französischen Besatzungsmacht vorübergehend inhaftiert und entlassen, wurde F. 1950 im Entnazifizierungsverfahren als „Entlasteter" eingestuft. 1959 erfolgte seine Emeritierung. Er veröffentlichte u . a . Das Wort Gottes und die Predigt (1925) und Der Herr und seine Gemeinde (1927). DP Grüttner F i a l a , Friedrich (Xaver Odo), kath. Theologe, Bischof von Basel, * 2 1 . 7 . 1 8 1 7 Nidau (Kt. Bern), t 2 4 . 5 . 1888 Solothurn. Der Sohn eines Apothekers studierte in Solothurn, Freiburg/ Breisgau und Tübingen Theologie. Nach der Priesterweihe 1841 war er Sekundarlehrer in Laufen, 1844-57 Pfarrer in Herbetswil und im Anschluß daran bis 1871 Direktor des Lehrerseminars in Solothurn. 1861-85 lehrte er als Prof. der Kirchengeschichte und des Kirchenrechts an der Solothurner Theologischen Lehranstalt und war 1871-85 Dompropst, 1873-85 Generalvikar f ü r den Kanton Solothurn, 1885-87 Bischof von Basel. F. veröffentlichte u . a . Geschichtliches Uber die Schule von Solothurn (5 Bde., 1875-81). m Gatz 4 F i a l a , Hans, österr. Jurist, * 2 6 . 1 2 . 1875 Weinern (Niederösterreich), t 19. 10. 1928 Wien. F. wurde nach d e m Studium an der Univ. Wien 1910 Richter, war während des Ersten Weltkriegs am Bezirksgericht Josefstadt tätig und amtierte seit 1921 als Oberlandesgerichtsrat. Mit seinem Eintreten für eine intensive Zusammenarbeit von Gericht und Fürsorge bei jugendlichen Straftätern wurde er zum R e f o r m e r des österr. Jugendgerichtswesens. Als Mitbegründer des Wiener Jugendgerichts war er dort seit 1923 erster Gerichtsvorsteher. Das österr. Jugendgerichtsgesetz von 1928 trägt weitgehend seine Handschrift. F i a l a , Joseph, Komponist, Musiker, * 2 . 3 . 1748 Lobkowitz (Böhmen), t 3 1 . 7 . 1816 Donaueschingen. Der Sohn eines Lehrers wurde zum Oboisten ausgebildet, spielte zunächst als Leibeigener in der Kapelle der Gräfin

Netolitzky von Netolitz in Prag und galt bald als erster Oboist. Wegen schlechter Behandlung floh er 1770 nach Regensburg, kehrte für kurze Zeit zurück, trat 1774 als Oboist in das Orchester des Fürsten Kraft Ernst zu - » O e t t i n g e n Wallerstein ein und komponierte Konzerte für sein Instrument. 1777 wechselte F. zum Münchner Hoforchester, übersiedelte 1778 nach Salzburg, wirkte 1779-85 in erster Linie als Gambist und Violoncellist in der erzbischöflichen Kapelle und verkehrte häufig im Hause Mozart. Nach einem Aufenthalt in Wien trat er in die Dienste des russischen Fürsten Orlow de Tchesmensky, für den er eine Kapelle einrichtete. Auf seiner Rückreise 1791 konzertierte F. u . a . in Prag, Breslau und Berlin. 1792 wurde er Kammervirtuose am fürstlich Fürstenbergischen Hof in Donaueschingen. In seinem vielseitigen kompositorischen Schaffen ist der Einfluß —>Mozarts unverkennbar, vor allem in der Kammermusik. DP M G G F i b y , Heinrich, österr. Dirigent, Komponist, * 1 5 . 5 . 1 8 3 4 Wien, t 2 3 . 1 0 . 1917 Znaim. Im Anschluß an seine Ausbildung am Wiener Konservatorium war F. 1853-57 Dirigent und Soloviolinist am Theater in Laibach und zugleich als Lehrer an der Philharmonie tätig. Z u m Städtischen Musikdirektor in Z n a i m ernannt, organisierte er die Städtische Musikschule, deren Leitung er bis 1902 innehatte, und gründete 1861 den Musikverein, 1884 den Deutschen Sängergauverband im südlichen Mähren. F. komponierte zahlreiche Chorwerke, Lieder, Orchesterstücke sowie K a m m e r m u s i k . F i c h a r d , Johann, Jurist, * 2 3 . 6 . 1 5 1 2 F r a n k f u r t / M a i n , t 7 . 6 . 1581 F r a n k f u r t / M a i n . Der Sohn eines Gerichtsschreibers studierte seit 1528 Rechtswissenschaften an den Universitäten Heidelberg, Freib u r g / B r e i s g a u und Basel, wurde 1531 promoviert und war seit 1532 Advokat, seit 1533 Prokurator am Reichskammergericht in Speyer. Noch im selben Jahr ging er als Syndikus nach F r a n k f u r t / M a i n . 1536 begab er sich auf eine Italienreise, während der er in der Kanzlei des kaiserlichen Feldlagers tätig war und bis 1537 seine Studien in Padua fortsetzte. Von 1538 bis zu seinem Tod wirkte F. wieder als Syndikus in Frankfurt, fand durch die Heirat 1539 Aufn a h m e in den Patrizierstand und war städtischer Gesandter auf den Reichstagen zu Speyer und Augsburg. 1541 wurde er in den Adelsstand erhoben und erhielt die Hofpfalzgrafenwürde. F. veröffentlichte die erste deutsche juristische Literaturgeschichte (Jurisconsultorum vitae [...], 1539, '1565), die Solmser Gerichts- und Landordnung (1571) und die Frankfurter „Stadtreformation", ein Zivilgesetzbuch von 1578, übersetzte Werke von Galen und Chrysostomos und hinterließ eine Autobiographie. Er war der Vater von Raymund Pius - » F . DP Kleinheyer F i c h a r d , Johann Carl von, genannt Baur von Eyßeneck, Historiker, Genealoge, * 1 6 . 4 . 1 7 7 3 F r a n k f u r t / M a i n , t 16.10. 1829 F r a n k f u r t / M a i n . F., Sohn eines Schöffen, studierte seit 1791 Rechtswissenschaften in Jena und wurde 1797 Ratsmitglied in seiner Heimatstadt. 1798 zum Schöffen gewählt, legte er kurz darauf seine Amter nieder und widmete sich der Geschichte Frankfurts. 1811-15 gab er das „Frankfurter Archiv für ältere deutsche Literatur und Geschichte" (3 Bde.) heraus, 1828 die „Zeitschrift für deutsche Geschichte und Rechts-Altertümer Wetteravia". F.s Werk umfaßt Forschungen aus den Bereichen Rechts-, Lokal-, Familien- und Kulturgeschichte, von denen nur wenige zu seinen Lebzeiten veröffentlicht wurden. m NDB

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Fichard F i c h a r d , R a y m u n d Pius, Jurist, * 7 . 5 . 1 5 4 0 F r a n k f u r t / Main, t 2 4 . 1 1 . 1584 F r a n k f u r t / M a i n . Der Sohn Johann —>F.s studierte 1554-56 Humaniora in Basel, wurde von seinem Vater in den Rechtswissenschaften unterrichtet und setzte sein Studium 1557-59 in Tübingen fort. Er unternahm eine Studienreise nach Frankreich, 1562 nach Padua und wurde im folgenden Jahr in Ferrara promoviert. Nach der Rückkehr in seine Heimatstadt als Advokat tätig, wurde F. 1570 Syndikus der Stadt Frankfurt und vertrat diese als Mitarbeiter seines Vaters wiederholt auf Kreisund Städtetagen. F. setzte die von seinem Vater begonnene S a m m l u n g Opiniones communes fort. F i c h t e , Hubert (Johannes), Schriftsteller, * 3 1 . 3 . 1 9 3 5 Perleberg, t 8 . 3 . 1986 Hamburg. F., Sohn des (ihm unbekannten) jüdischen K a u f m a n n s Reinhard Oberschützky, der seit seiner Emigration nach Schweden (1935) als verschollen galt (gest. 1962), wuchs bei seiner Mutter, einer Stenotypistin, späteren Darstellerin und Souffleuse an den Theatern in Hamburg und am Harburger Stadttheater, und seinen Großeltern in Hamburg auf. 1941 kam er nach Steingriff (Oberbayern) und 1 9 4 2 / 4 3 in das kath. Waisenhaus in Schrobenhausen (Oberbayern). Seit 1946 war er Kinderdarsteller an Hamburger Theatern sowie beim Film und wurde 1951 bei Helmuth —>Gmelin zum Schauspieler ausgebildet. 1949 lernte er Hans Henny —>Jahnn kennen. 1952-54 in Frankreich ansässig, durchlief F. 1955-57 eine Landwirtschaftslehre in Holstein. 1958 leitete er die landwirtschaftliche Abteilung in einem Heim für schwererziehbare Kinder in Schweden, wo er auch erste schriftstellerische Versuche im dramatischen Fach unternahm. Anschließend Schäfer in der Provence, lebte F. seit 1962 als freier Schriftsteller, Journalist und Kunstkritiker in Hamburg. Er debütierte mit den Erzählungen Der Aufbruch nach Turku (1963) und erzielte mit dem R o m a n Die Palette (1968) seinen literarischen Durchbruch. F. unternahm Studienreisen durch Europa, war im Literarischen Colloquium in Berlin tätig, erhielt 1967 ein Stipendium zum Aufenthalt in der Villa M a s s i m o in R o m und wurde 1965 für den R o m a n Das Waisenhaus mit dem Hermann-Hesse-Preis ausgezeichnet. 1971-84 hielt er sich wiederholt zu anthropologischen Studien in Brasilien, Haiti und Trinidad auf; seit 1976 reiste er verstärkt nach Afrika. F. hatte zahlreiche Lehraufträge über afroamerikanische Kultur und poetische Anthropologie an in- und ausländischen Universitäten. Er veröffentlichte neben seinen literarischen Werken, die vorrangig Außenseiter der Gesellschaft schildern, u. a. zusammen mit der Photographin Leonore Mau Text- und Bildbände über afroamerikanische Religionen ( X a n g o , 1976; Petersilie, 1980; Lazarus und die Waschmaschine. Kleine Einführung in die afroamerikanische Kultur, 1985). Sein R o m a n Detlevs Imitationen, ,Grünspan' (1971) wurde von der Kritik abgelehnt. Im Zentrum seines Werks steht der letzte zu F.s Lebzeiten veröffentlichte R o m a n Versuch über die Pubertät ( 1974). Seit diesem Jahr arbeitete F. an dem R o m a n z y k l u s Die Geschichte der Empfindlichkeit (1987 ff.), in d e m er auch Erfahrungen mit der eigenen Homosexualität thematisierte. Von den geplanten 19 Bänden lagen nach d e m Tod F.s zwölf in Manuskriptform vor, u . a . Hotel Gami (1987), Der Platz der Gehenkten (1989) und Explosion (1993). CD K L G F i c h t e , Immanuel Hermann, Philosoph, * 1 8 . 7 . 1 7 9 6 Jena, t 8 . 8 . 1879 Stuttgart. Der Sohn Johann Gottlieb —»F.s studierte in Berlin seit 1812 Philologie, Philosophie und Theologie, wurde 1818 aufgrund der Arbeit De philosophiae novae Platonicae origine zum Dr. phil. promoviert und habilitierte sich 1819 in der Philosophischen Fakultät. Seit 1822 als Gymnasiallehrer in Saarbrücken tätig, ging er 1826 in gleicher Funktion nach Düsseldorf, folgte 1836 einem Ruf auf den Lehrstuhl

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für Philosophie nach Bonn und war im folgenden Jahr einer der Begründer der „Zeitschrift für Philosophie und speculative Theologie", die er seit 1847 mit Hermann —>Ulrici unter d e m N a m e n „Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik" herausgab. Seit 1842 lehrte er als Ordinarius in Tübingen, w o er u . a . mit Ludwig —»Uhland, Justinus —>Kerner und Gustav —»Schwab verkehrte. 1847 berief F. eine allgemeine Deutsche Philosophenversammlung nach Gotha ein. Nach seiner Emeritierung 1863 lebte er als Privatgelehrter und Schriftsteller in Stuttgart. F. gehörte zu den wichtigsten Repräsentanten des spekulativen Theismus. Er entwarf ein System der Ethik (3 Bde., 1850-53, Nachdr. 1969) als Lehre vom Wesen des menschlichen Willens, deren höchste Erkenntnisstufe die Gottesliebe ist. Zu seinen Hauptwerken zählen Grundzüge zum Systeme der Philosophie (Bd. 1: Das Erkennen als Selbsterkennen, 1833; Bd. 2: Die Ontologie, 1836; Bd. 3: Die spekulative Theologie oder allgemeine Religionslehre, 1846; Nachdr. 1969), Beiträge zur Charakteristik der neueren Philosophie ( 1829, 2 1841, Nachdr. 1968, 1983), Anthropologie. Die Lehre von der menschlichen Seele (1856, 3 1876) und Psychologie. Die Lehre von dem bewußten Geiste des Menschen oder Entwicklungsgeschichte des Bewußtseins, begründet auf Anthropologie und innerer Erfahrung (2 Bde., 1864-73, Nachdr. 1970). 1 8 3 4 / 3 5 gab F. den Nachlaß (3 Bde.), 1 8 4 5 / 4 6 Sämmtliche Werke seines Vaters in 8 Bänden heraus. m

E n z Phil Wiss

F i c h t e , Johann Gottlieb, Philosoph, * 1 9 . 5 . 1 7 6 2 R a m m e n a u (Oberlausitz), t 2 9 . 1 . 1814 Berlin. F.s außergewöhnliche intellektuelle Kraft ist zweimal entdeckt worden, und das hat seinen Lebensweg bestimmt. Aus einer Bandmacherfamilie stammend, verließ das älteste Kind einer großen Geschwisterschar das dörfliche Milieu mit acht Jahren, als nach einer glückhaften Begegnung ein adliger Förderer den Knaben in seine Obhut nahm. F. erhielt eine gelehrte Erziehung im Pfarrhaus von Niederau, auf der Lateinschule in Meißen und 1774-80 auf der Fürstenschule in Pforta bei Naumburg. F.s Studium der Theologie und Jurisprudenz in Jena, Wittenberg und Leipzig führte zu keinem erfolgreichen Abschluß. Nach Abbruch des Studiums etwa 1784 war er für ein Jahrzehnt Hauslehrer in Leipzig, Zürich, Warschau und nahe Danzig. Die Begegnung mit Immanuel —>Kant brachte die zweite Wende in F.s Lebenslauf. Die Lektüre der kritischen Schriften Kants 1790 wirkte wie ein Bekehrungserlebnis und ließ F. von einer deterministischen zu einer freiheitlichen Grundüberzeugung übergehen. Er wurde ein begeisterter Verfechter der Transzendentalphilosophie und kritischen Freiheitslehre. Bei einem Besuch 1791 in Königsberg legte er seine Schrift Versuch einer Critik aller Offenbarung Kant zur Begutachtung vor. Kant gab eine Druckempfehlung an seinen Verleger. Und so wurde F. zum zweitenmal entdeckt, diesmal vom literarischen Publikum. Als das Buch nämlich zur Ostermesse 1792 teilweise anonym erschien, wurde zunächst Kant, dessen religionsphilosophische Schrift erwartet wurde, als Autor vermutet. Indem Kant diese Vermutung in einer öffentlichen Erklärung korrigierte, wurde F. schlagartig berühmt. Die Ereignisse im revolutionären Frankreich führten F. zu einer Konkretisierung der Kantischen Freiheitslehre. Seine politischen Uberzeugungen legte er anonym in den beiden Flugschriften Zuriickforderung der Denkfreiheit von den

Fichte Fürsten Europas, die sie bisher unterdrückten (1793) und Beitrag zur Berichtigung der Urtheile des Publikums über die französische Revolution (1793) nieder. F. heiratete in Zürich am 22. 10.1793 Marie Johanne Rahn (1755-1819), mit der er Ende 1792 von Danzig aus die Verlobung erneuert hatte. D e m Ehepaar Fichte wurde 1796 ein Sohn geboren, der spätere Philosoph Immanuel Hartmann (Hermann) - > F . (1796-1879). Im Frühjahr 1794 wurde F. Nachfolger des Kantianers Karl Leonhard —> Reinhold in der Philosophieprofessur an der Univ. Jena. Das folgende Jahrfünft bis zum Frühjahr 1799 stand im Zeichen beispiellosen universitären Lehrerfolgs und größter literarischer Produktivität, aber auch kämpferischer Auseinandersetzungen. Er hatte nämlich im Herbst 1793 in einem Evidenzerlebnis den Grundgedanken der „Wissenschaftslehre" gefaßt, durch die alle Wissenschaft aus einem Grundpunkt erhellt, die Philosophie in den Rang einer evidenten Wissenschaft erhoben und damit das Anliegen Kants durch Behebung seiner Aporien realisiert werden sollte. Das Nachlaßstück Eigne Meditationen Uber ElementarPhilosophie dokumentiert F.s B e m ü h e n um die Formulierung seiner neuen Einsicht. Sein Programm ( Ü b e r den Begriff der Wissenschaftslehre, 1794) arbeitete F. in seiner Jenaer Professur systematisch aus. Die wirkmächtige erste Darstellung Grundlage der gesammten Wissenschaftslehre ( 1 7 9 4 / 9 5 ) , die er 1795 durch die Schrift Grundriß des Eigenthümlichen der Wissenschaftslehre in Rücksicht auf das theoretische Vermögen ergänzte und die wegen der Zentralstellung der produktiven IchEvidenz heftige Diskussionen auslöste, machte ihn zum Wortführer der von Kant inaugurierten kritischen Philosophie in Deutschland. Bei seiner ersten Vorlesungsreihe über ein allgemeinwissenschaftliches T h e m a (Einige Vorlesungen über die Bestimmung des Gelehrten, 1794) konnte kein Hörsaal die Studentenscharen fassen. Die Univ. Jena wuchs sprunghaft an. —> Hölderlin, Hardenberg (—> Novalis), die Brüder —> Schlegel, —> Schelling kamen nach Jena. Entsprechend seiner systematischen Grundkonzeption zog F. die Grundgedanken der Wissenschaftslehre in die Rechtslehre (Grundlage des Naturrechts, 1796) und in die Ethik (Das System der Sittenlehre, 1798) aus, wobei er die Prinzipien der wechselseitigen personalen Anerkennung und der moralischen Selbstgesetzgebung ins Zentrum stellte. Als Mitherausgeber der Zeitschrift „Philosophisches Journal einer Gesellschaft Teutscher Gelehrten" veröffentlichte F. 1798 den Aufsatz Ueber den Grund unseres Glaubens an eine göttliche Weltregierung zur korrigierenden Begleitung des Aufsatzes Entwickelung des Begriffs der Religion von Friedrich Karl —» Forberg. Dieses Zeitschriftenheft wurde im N o v e m b e r 1798 von der kursächsischen Regierung wegen Atheismus mit einem Konfiskationsedikt belegt. Gegen diesen Angriff auf seine philosophische und rechtliche Position ging F. seinerseits offensiv vor. Mit seiner Flugschrift Appellation an das Publikum, für deren weite Verbreitung er sorgte und der er andere Verteidigungsschriften folgen ließ, trug F. mit Jahresbeginn 1799 den Streit um den Atheismusvorwurf in die literarische Öffentlichkeit, die mit großer Heftigkeit diesen Fall behandelte. Er bestritt mit seinem aus dem Prinzip des reinen Moralismus entwickelten Gottesbegriff die traditionellen Prädikate der Persönlichkeit und Substantialität Gottes und lehrte eine akosmistische Wirklichkeitssicht statt der Schöpfungskosmologie. Kant, —»Jacobi und Reinhold gingen auf Distanz. Die ministeriellen Untersuchungen des Weimarer Hofs führten Ende März 1799 zur Entlassung F.s aus seiner Jenaer Professur. Der Atheismusstreit markiert in F.s beruflichem und philosophischem Werdegang einen Einschnitt. Beruflich mußte er sich eine neue Wirkungsstätte suchen; er fand diese durch Vermittlung Friedrich Schlegels in Berlin, wo er seit S o m -

mer 1799 als Privatgelehrter lebte. Philosophisch verstärkte der Atheismusstreit F.s B e m ü h u n g e n um eine vertiefte Ausarbeitung und evidente Darstellung der Wissenschaftslehre. F. setzte in Berlin zunächst seine vielfältige Publikationstätigkeit fort. Er äußerte sich populär zu anthropologischen Grundfragen (Die Bestimmung des Menschen, 1800), lieferte einen rechtsphilosophisch-politischen Entwurf (Der geschloßne Handelsstaat, 1800), warb kämpferisch für seine philosophische Grundposition (Sonnenklarer Bericht an das größere Publikum Uber das eigentliche Wesen der neuesten Philosophie, 1801) und zog erfolgreich gegen das höchst einflußreiche Schulhaupt der Berliner Aufklärung zu Felde (Friedrich Nicolai's Leben und sonderbare Meinungen, 1801). Im Z u g e seines bereits in Jahresfrist gescheiterten starken Engagements für eine R e f o r m des Berliner Freimaurertums ( 1 7 9 9 / 1 8 0 0 ) hielt F. einige Sonntagsvorlesungen, die in nicht authentischer Gestalt in Philosophie der Maurerei. Briefe an Konstant (in: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts, Bd. 1-2, 1 8 0 2 / 0 3 ) dokumentiert sind. Die internen Auseinandersetzungen mit den Frühromantikern u m eine Zeitschriftengründung ( 1 8 0 0 / 0 1 ) und der Bruch mit Schelling ( 1 8 0 1 / 0 2 ) beeinträchtigten F.s Beziehung zur literarischen Öffentlichkeit nachhaltig. Die A n f a n g 1801 angekündigte neue Darstellung der Wissenschaftslehre unterblieb. Das höchst anspruchsvolle Ergebnis seiner jahrelangen B e m ü h u n g e n um die Wissenschaftslehre, die er 1804 in ihren Prinzipien für vollendet ansah, trug F. nur mündlich vor. Dadurch blieb F.s Entwicklung nach Art und Grund weithin der Öffentlichkeit verborgen. Zahlreiche Vorlesungen über die Wissenschaftslehre und andere philosophische Disziplinen (Rechtslehre, Sittenlehre, Gotteslehre, nicht aber Naturlehre) wurden und werden der wissenschaftlichen Öffentlichkeit erst aus d e m Nachlaß bekannt. F.s Privatgelehrtendasein endete mit d e m Sommersemester 1805, als er Prof. der Philosophie an der damals preuß. Univ. Erlangen wurde, seinen Berliner Wirkungskreis aber beibehielt. Er veröffentlichte 1806 drei populäre Vorlesungsreihen (Ueber das Wesen des Gelehrten, Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters und Die Anweisung zum seeligen Leben). Nach der militärischen Niederlage Preußens gegen Frankreich floh F. 1806 mit der Regierung nach Königsberg. Professur und Zensorenamt übte er dort 1807 nur kurz aus und kehrte über Kopenhagen nach Berlin zurück. Er beteiligte sich nachdrücklich an den preuß. R e f o r m b e m ü h u n g e n . Große Wirkung hatte er als Freiheitsrufer mit seinen Reden an die deutsche Nation (1808), in denen er eine Erneuerung des politisch-gesellschaftlichen Lebens im Sinne nationaler Freiheit propagierte. F. wurde 1808 Mitglied der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften. An der 1810 neu gegründeten Berliner Univ., auf deren Organisation er durch eine Denkschrift Einfluß zu nehmen versucht hatte, erhielt F. die Professur für Philosophie, f ü r die er literarisch eine wissenschaftliche Standortbestimmung vornahm (Die Wissenschaftslehre in ihrem allgemeinen Umrisse, 1810). Zunächst Dekan der Philosophischen Fakultät, wurde er 1811 erster gewählter Rektor der Berliner Univ., legte aber 1812 dieses A m t vorzeitig nieder, weil er für seine Disziplinarmaßnahmen gegen studentische Händel keine Mehrheit fand (Gegnerschaft —> Schleiermachers). Der Beginn des Befreiungskriegs gegen Napoleon führte im M ä r z 1813 zum Abbruch der Vorlesungstätigkeit, die F. aber im Herbst 1813 mit neuem Elan und neuen Impulsen wieder aufnahm. Die politischen Ereignisse gaben Anregungen zu neuen geschichtsphilosophischen und religionsphilosophischen Überlegungen. F. starb im Januar 1814 an einem Nervenfieber. F. hat keine Schule gebildet. Gleichwohl hat er eine breite und intensive Wirkung entfaltet. Seine Schriften sind in viele

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Fichtel K u l t u r s p r a c h e n übersetzt. Freiheit und R e f l e x i v i t ä t als K o n s t i t u t i o n s m e r k m a l e von Ichheit hat er mit beispielloser Energ i e thematisiert. E r gilt mit seiner T r a n s z e n d e n t a l p h i l o s o p h i e als ein zentraler R e p r ä s e n t a n t des D e u t s c h e n I d e a l i s m u s . Sein p h i l o s o p h i s c h e s Werk ist F r a g m e n t . D i e v o l l s t ä n d i g e E r s c h l i e ß u n g des N a c h l a s s e s wird w o h l g e r a d e diesen C h a rakter heller ins Licht stellen. D i e 1987 g e g r ü n d e t e Internationale J o h a n n - G o t t l i e b - F i c h t e - G e s e l l s c h a f t w i d m e t sich (in e n g e r K o o p e r a t i o n mit der j a p a n i s c h e n F i c h t e - G e s e l l s c h a f t ) der w i s s e n s c h a f t l i c h e n Interpretation seiner P h i l o s o p h i e . WEITERE WERKE: N a c h g e l a s s e n e Werke. Hrsg. v. I m m a nuel H e r m a n n Fichte. 3 Bde., B o n n 1 8 3 4 / 3 5 . F o t o m e c h a n i s c h e r N a c h d r . Berlin 1971. - S ä m m t l i c h e Werke. Hrsg. v. I m m a n u e l H e r m a n n Fichte. 8 B d e . , Berlin 1 8 4 5 / 4 6 . F o t o m e c h a n i s c h e r N a c h d r . Berlin 1971. - G e s a m t a u s g a b e der B a y e r i s c h e n A k a d e m i e d e r W i s s e n s c h a f t e n . H r s g . v. R e i n hard L a u t h / H a n s J a c o b t / H a n s G l i w i t z k y / E r i c h F u c h s . B i s her 32 B d e . in 4 R e i h e n . Stuttgart-Bad C a n n s t a t t 1962 ff. LITERATUR: H a n s M i c h a e l B a u m g a r t n e r / W i l h e l m G ( u s t a v ) J a c o b s : J. G . F . - B i b l i o g r a p h i e . Stuttgart-Bad C a n n s t a t t 1968. - S a b i n e D o y é : J. G . F . - B i b l i o g r a p h i e ( 1968-1992 / 93). F i c h t e - S t u d i e n - S u p p l e m e n t a 3. A m s t e r d a m / A t l a n t a 1993. J. F. F i c h t e i m G e s p r ä c h . Berichte der Z e i t g e n o s s e n . Hrsg. v. Erich F u c h s . 6 B d e . , Stuttgart-Bad C a n n s t a t t 1978-92. Dieter H e n r i c h : F.s u r s p r ü n g l i c h e Einsicht. F r a n k f u r t / M a i n 1967. - W o l f g a n g J a n k e : F. Sein und R e f l e x i o n . Berlin 1970. - P e t e r B a u m a n n s : J. G . F. K r i t i s c h e G e s a m t d a r s t e l lung seiner P h i l o s o p h i e . F r e i b u r g / B r e i s g a u 1990. - F i c h t e S t u d i e n . B e i t r ä g e zur G e s c h i c h t e und S y s t e m a t i k d e r T r a n s z e n d e n t a l p h i l o s o p h i e . B i s h e r 2 5 Bde., A m s t e r d a m 1990 ff. F i c h t e - S t u d i e n S u p p l e m e n t a . B i s h e r 16 B d e . , A m s t e r d a m 1993 ff. Günter Meckenstock F i c h t e l , J o h a n n E h r e n r e i c h von, österr. Jurist, M i n e r a l o g e , * 2 9 . 9 . 1 7 3 2 P r e ß b u r g , f 4 . 2 . 1795 W i e n . N a c h d e m S t u d i u m der R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n w a r F., S o h n eines k. k. H a u p t m a n n s , seit 1759 als A k t u a r i m W i r t s c h a f t s d i r e k t o r i u m der S ä c h s i s c h e n N a t i o n a b w e c h s e l n d in W i e n und H e r m a n n s t a d t tätig. 1778 w u r d e er T h e s a u r i a t s r a t in H e r m a n n s t a d t , 1787 s i e b e n b ü r g i s c h e r G u b e r n i a l r a t . N e b e n der Verwaltungstätigkeit b e s c h ä f t i g t e sich F. m i t auf zahlreic h e n R e i s e n g e s a m m e l t e n m i n e r a l o g i s c h e n Materialien und legte die erste g r o ß e M i n e r a l i e n - und F o s s i l i e n s a m m l u n g in S i e b e n b ü r g e n an; ü b e r sie v e r f a ß t e er zahlreiche Tabellen und B e s c h r e i b u n g e n (u. a. Beitrag zur Mineralgeschichte von Siebenbürgen, 2 Bde., 1780). Z u seinen Veröffentlichung e n g e h ö r e n f e r n e r Nachricht von den Versteinerungen des Großfürstenthums Siebenburgen (1780), Mineralogische Bemerkungen von den Karpathen (2 Bde., 1 7 9 1 - 9 4 , 2 1 8 1 6 ) , Die Mineralogen gegen das Ende des achtzehnten Jahrhunderts (1792, N a c h d r . 1993) und Mineralogische Aufsätze (1794). OD N D B F i c h t e l , Karl, Industrieller, * 5 . 7 . 1863 S c h w e i n f u r t , t 8 . 9 . 1911 S c h w e i n f u r t . Z u m K a u f m a n n ausgebildet, w a r F. zehn Jahre in verschied e n e n H a n d e l s s t ä d t e n der Welt tätig, b e s u c h t e auf einer fast e i n j ä h r i g e n Weltreise die Weltausstellung in C h i c a g o und w u r d e 1894 Stellvertreter des K o m m i s s a r s der ungaris c h e n A b t e i l u n g auf der Weltausstellung in A n t w e r p e n . D o r t m a c h t e er d i e B e k a n n t s c h a f t d e s K u g e l l a g e r p i o n i e r s Wilh e l m —>Höpflinger und d i e von E r n s t —> S a c h s , d e r 1895 sein T e i l h a b e r d e r „ S c h w e i n f u r t e r P r ä c i s i o n s - K u g e l l a g e r W e r k e Fichtel & S a c h s " wurde. F. b a u t e d i e Vertriebsstrukturen des U n t e r n e h m e n s auf, w ä h r e n d S a c h s als T e c h n i k e r und E r f i n d e r f u n g i e r t e . 1909 w u r d e F. K o m m e r z i e n r a t . F i c h t e n a u , Heinrich, österr. Historiker, * 10. 12. 1912 L i n z (Oberösterreich), f 1 5 . 6 . 2 0 0 0 W i e n . F., S o h n e i n e s F i n a n z b e a m t e n , studierte seit 1931 G e s c h i c h t e an d e r U n i v . W i e n , w u r d e 1936 mit der Arbeit Der Kampf

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der Dauphins um die Landeshoheit bis zum Anfall der Dauphine an Frankreich p r o m o v i e r t und habilitierte sich 1939 in W i e n mit der S t u d i e Neue Wege der paläographischen Forschung f ü r M i t t l e r e G e s c h i c h t e und H i s t o r i s c h e H i l f s w i s s e n s c h a f t e n . Seit 1940 lehrte F. an der U n i v . Wien, zunächst als A s s i s t e n t und Privatdozent, seit 1950 als a. o. und seit 1962 als o . P r o f . f ü r G e s c h i c h t e d e s Mittelalters und Historische H i l f s w i s s e n s c h a f t e n . Gleichzeitig w a r er Vorstand d e s Instituts f ü r O s t e r r e i c h i s c h e G e s c h i c h t s f o r s c h u n g . Er v e r ö f f e n t lichte u. a. Das karolingische Imperium. Soziale und geistige Problematik eines Großreiches (1949), Beiträge zur Mediävistik (3 B d e . , 1975-86) und Lebensordnungen des 10. Jahrhunderts. Studien über Denkart und Existenz im einstigen Karolingerreich (1984). • • Historikerlex F i c h t e r , (Carl) Friedrich ( R u d o l f ) , s c h w e i z e r . C h e m i k e r , * 6 . 7 . 1869 Basel, t 6 . 6 . 1952 Basel. D e r S o h n eines F a b r i k a n t e n b e s u c h t e als S t u d e n t der C h e m i e d i e Universitäten Basel und S t r a ß b u r g , w u r d e 1894 mit der Arbeit Ueber Propyl-Itaconsäure, -Citraconsäure und -Mesaconsäure p r o m o v i e r t und k e h r t e als A s s i s t e n t von Jules —>Piccard in seine H e i m a t s t a d t zurück. Seit 1897 habilitiert, w u r d e F. 1903 a . o . , 1911 o . P r o f . der a n o r g a n i s c h e n C h e m i e an der U n i v . Basel, 1932 d e r e n R e k t o r . 1918-47 war er R e d a k t i o n s l e i t e r der Z e i t s c h r i f t „ A c t a H e l v e t i c a C h i m i c a " . F. f ü h r t e z u m ersten M a l die R e i n d a r s t e l l u n g des B e r y l l i u m s d u r c h . Später w a n d t e er sich den e l e k t r o c h e m i schen R e a k t i o n e n o r g a n i s c h e r u n d a n o r g a n i s c h e r S t o f f e zu. N e b e n s e i n e m G r u n d l a g e n w e r k Organische Elektrochemie (1942) v e r ö f f e n t l i c h t e F. u . a . Anleitung zum Studium der chemischen Reaktionen und der qualitativen Analyse (1922) und Das Verhältnis der anorganischen zur organischen Chemie (1933). QP N D B F i c h t l , J o s e p h , a u c h Fichte, F ü c h t l , Vichtl, B i l d h a u e r , * Adelshausen, t 18.5.1732 München. F. erhielt s e i n e A u s b i l d u n g in K r e m s (Niederösterreich) und ging a n s c h l i e ß e n d nach M ü n c h e n . Vermutlich w a r er zunächst G e s e l l e bei A n d r e a s F a s s b i n d e r , erhielt 1714 d a s Meisterrecht, heiratete d i e W i t w e F a s s b i n d e r s und ü b e r n a h m dessen Werkstatt und M e i s t e r g e r e c h t i g k e i t . 1718-25 w a r F. a u c h Z u n f t f ü h r e r . W e r k e von i h m haben sich allein in der M ü n c h n e r D r e i f a l t i g k e i t s k i r c h e erhalten, in der er z u s a m m e n mit A n d r e a s —» F a i s t e n b e r g e r und F r a n z —»Ableithner arbeitete: F. stellte d i e K a r y a t i d e n e n g e l i m A l t a r a u s z u g und die beiden s c h w e b e n d e n E n g e l in den I n t e r k o l u m n i e n her; ihm w e r d e n auch A r b e i t e n a m Hauptaltar z u g e s c h r i e b e n . F ü r die von A d a m H ä m m e r l in K u p f e r a u s g e f ü h r t e S t a t u e d e s Hl. M i c h a e l an d e r F a s s a d e lieferte F. den E n t w u r f . m

AKL

F i c h t m ü l l e r , H e d w i g , Sängerin, * 1.10. 1894 Wittingen ( B ö h m e n ) , t 3. 12. 1975 G a r m i s c h - P a r t e n k i r c h e n . D i e Altistin erhielt ihre A u s b i l d u n g an der W i e n e r A k a d e m i e der T o n k u n s t . 1917 w u r d e sie an die M ü n c h n e r H o f o p e r (später Staatsoper) engagiert. F. w a r b e k a n n t f ü r ihre T o n f ü l l e , d i e B e w e g l i c h k e i t ihrer S t i m m e s o w i e ihre darstellerischen F ä h i g k e i t e n . H e r a u s r a g e n d e L e i s t u n g e n vollbrachte sie als Ulrica in Verdis Maskenball und als M a r cellina in - > M o z a r t s Hochzeit des Figaro. 1946-52 w a r F. Leiterin d e s B e t r i e b s b ü r o s und A b e n d s p i e l l e i t e r i n an d e r B a y e r i s c h e n Staatsoper. Als P r o f e s s o r i n unterrichtete sie an der M ü n c h n e r M u s i k h o c h s c h u l e . CD K u t s c h F i c h t n e r , J o h a n n , österr. Fabrikant, Erfinder, * 1799 P r o ß n i t z ( M ä h r e n ) , f 2. 10. 1878 A t z g e r s d o r f bei W i e n . N a c h d e m B e s u c h d e s W i e n e r P o l y t e c h n i k u m s e r w a r b F. im B e r e i c h d e r M a s c h i n e n - u n d Textiltechnik zahlreiche Patente, u . a . f ü r einen Destillierapparat, f ü r D a m p f m a s c h i n e n v e r b e s s e r u n g e n , T e x t i l b e d r u c k u n g und landwirtschaftlic h e G e r ä t e ( S t e r n s ä p f l u g , S t e u e r j ä t p f l u g ) . 1825 w u r d e er Di-

Fick rektor der Schwarzbergschen Gußwerke im steiermärkischen St. Stefan und übernahm 1830 die Druckwarenfabrik seines Schwiegervaters mit rund 100 Arbeitern. 1852 begründete F. die erste Knochenmehlfabrik Österreichs. Er war Mitglied im Niederösterreichischen Gewerbeverein. Fichtner, Johann Georg, Jurist, * 20. 12.1673 Altdorf, t 10.11. 1729 Altdorf. F. studierte Philosophie in Altdorf, seit 1698 in Straßburg und begab sich anschließend auf Studienreisen nach Frankreich, Holland und England. 1700 kehrte er nach Altdorf zurück, wurde 1702 zum Dr. jur. promoviert und erhielt 1704 eine außerordentliche, 1709 eine ordentliche Professur der Rechte. 1717 wurde F. nürnbergischer Konsulent. Er veröffentlichte u. a. Parvi fures suspenduntur, magni dimittuntur (1726). Fichtner, Johannes, evang. Theologe, * 14.7. 1902 Reichenbach (Oberlausitz), t 1.7. 1962 Speyer. Das Studium der Theologie an den Universitäten Breslau und Tübingen Schloß F. 1929 in Breslau als Lizentiat ab. Seit 1930 Privatdozent, lehrte er 1939-49 als a. o.Prof. an der Univ. Greifswald, wo er auch als Studenten- und stellvertretender Standortpfarrer tätig war. 1949 wurde F. Prof. des Alten Testaments an der Kirchlichen Hochschule Bethel und war 1954 zugleich Dozent an der Pädagogischen Akademie Bielefeld. Er veröffentlichte u.a. Die etymologische Ätiologie in der Namengebung der geschichtlichen Bücher des ΛΓ(1956). Fichtner, Karl, Schauspieler, * 7.6.1805 Coburg, t 19.8.1873 Gastein (Salzburg). Der Sohn eines Schauspielerehepaars stand bereits fünfjährig auf der Bühne; 1820 trat er der Köhlerschen Gesellschaft in Baden bei. 1823 wurde F. als Liebhaber an das Theater an der Wien engagiert und debütierte im folgenden Jahr unter Joseph —» Schrey vogel im Herbsttag von August Wilhelm —» Iffland am Wiener Burgtheater, dem er bis zu seinem Bühnenabschied 1865 angehörte; seit 1841 war er auch als Regisseur tätig. Zunächst jugendlicher Liebhaber und Charakterschauspieler (u.a. als Ferdinand in Kabale und Liebe und als Prinz in Emilia Gaietti), entwickelte sich F. zu einem Salonhelden, der vor allem in den Gesellschaftsstücken Eduard von —> Bauernfelds große Erfolge feierte und wiederholt im Rahmen von Gastspielreisen in Berlin auftrat. c d NDB Ficinus, Heinrich David August, Mediziner, Naturforscher, Apotheker, * 18.9. 1782 Dresden, f 16.2.1857 Dresden. Im Alter von dreizehn Jahren begann F. eine Ausbildung in der väterlichen Mohren-Apotheke in Dresden und war anschließend als Gehilfe in Kamenz, Prag und Breslau tätig. Seit 1803 studierte er Medizin am Berliner Collegium Medico-Chirurgicum, seit 1805 in Wittenberg, wo er im folgenden Jahr zum Dr. med. promoviert wurde (De hydrope), nachdem er bereits 1804 in Dresden die Apothekerprüfung abgelegt hatte. F. praktizierte als Arzt in Dresden und wurde dort 1814 Prof. der Physik und Chemie an der neugegründeten Medizinisch-Chirurgischen Akademie; seit 1817 war er zugleich Prof. der Naturkunde, Arzneimittellehre sowie der allgemeinen und speziellen Therapie an der Tierarzneischule. 1828-33 lehrte er Chemie, Technologie und Physik an der Technischen Bildungsanstalt und betrieb nach dem Tod seines Vaters seit 1822 die Mohren-Apotheke. Zu seinen Publikationen zählen u. a. Die Schwefelquellen bei Schmeckwitz zwischen Camenz und Bautzen in der Oberlausitz, benannt Marienborn (mit Johann Gottfried Bönisch, 1813, 2 1819), Chemie, allgemein faßlich dargestellt (4 Bde., 1829/30), Physik, allgemein faßlich dargestellt (2 Bde., 1828), Botanisches Taschenbuch oder Flora der Gegend um Dresden

(2 Tie., 1807/08, 3 1838), Anfangsgründe der Naturlehre, mit besonderer Hinsicht auf Medicin (2 Bde., 1815), Die Hämospasie (1848) und Allgemeine Naturkunde, zunächst für Thierärzte und Landwirthe (1839, 2 1850). 1818 wurde F. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. DP NDB F i c k , Adolf, Physiologe, * 3.9. 1829 Kassel, t 21.8. 1901 Blankenberghe (Westflandern). Der Sohn eines kurhessischen Oberbaurats studierte Mathematik in Marburg, wechselte zur Medizin mit dem Schwerpunkt Physiologie über und wurde 1851 promoviert (Tractatur de errore optico quodam asymetria bulbi oculi effecto). 1852 übersiedelte er nach Zürich, wo er sich ganz der auf Mathematik und Physik basierenden Richtung der Physiologie zuwandte, und wurde dort 1862 Ordinarius für Physiologie, 1868 in Würzburg. 1855 stellte F. das nach ihm benannte Diffusionsgesetz auf und erbrachte gegen Justus von - » Liebig den Nachweis, daß nicht das Eiweiß, sondern die Kohlehydrate die Energiequelle der Muskelarbeit bilden. Ferner beschäftigte er sich mit Untersuchungen im Bereich der Muskelphysiologie und legte 1872 die als „Ficksches Prinzip" bezeichnete erste exakte Methode der Bestimmung des Minuten-Volumens aus der arteriovenösen Sauerstoffdifferenz fest. F. war an philosophischen Fragen der Naturwissenschaften interessiert, veröffentlichte populäre Vorträge unter dem Titel Die Naturkräfte in ihrer Wechselbeziehung ( 1869); sein Compendium der Physiologie des Menschen von 1860 erschien 1891 in 4. Auflage. F. war der Vater von Friedrich Georg Heinrich und Rudolf Armin —» F. c d Leb Franken, Bd 1 Fick, Adolf (Gaston Eugen), Ophthalmologe, * 22.2.1852 Marburg, f 11.2. 1937 Herrsching/Ammersee. F., Sohn von Ludwig —»F., studierte Medizin in Würzburg, Zürich, Marburg und Freiburg und wurde nach der Promotion Assistent am Physiologischen Institut in Würzburg, später an der Anatomie in Breslau, wo er auch als Volontärassistent an den Augenkliniken unter Richard —» Förster und Hermann —> Cohn arbeitete. 1879-86 war er praktischer Arzt und Augenarzt in Richmond (Kapland). Nach dem Staatsexamen in Zürich 1887 habilitierte sich F. dort für Augenheilkunde (Über Microorganismen im Conjunctivalsack), gründete neben seiner Praxis zusammen mit einem Kollegen eine Privatklinik und kehrte nach Kriegsausbruch 1914 nach Deutschland zurück, wo er sich als Freiwilliger meldete. Er erhielt den Professorentitel und war Chef eines Feldlazaretts an den Kriegsschauplätzen in Frankreich, Rußland und in der Türkei. F. veröffentlichte u. a. ein Lehrbuch der Augenheilkunde (einschl. der Lehre vom Augenspiegel) (1894). Er war der Vater von Roderich - > F . CD NDB F i c k , (Friedrich Conrad) August, Indogermanist, * 5.5. 1833 Petershagen bei Minden, t 24.3. 1916 Hildesheim. F., Sohn eines Landesökonomiekommissars, studierte Klassische Philologie, Vergleichende Sprachwissenschaft und orientalische Sprachen an der Univ. Göttingen, wo er 1858 Gymnasiallehrer, 1876 a.o.Prof. an der Univ. wurde. Von 1888 bis zu seiner Emeritierung 1891 war er o.Prof. an der Univ. Breslau. Ergebnis seiner etymologischen Forschungen auf dem Gebiet der Indogermanistik ist u.a. ein Wörterbuch der indogermanischen Grundsprache (1868, 2 1870 unter dem Titel Vergleichendes Wörterbuch der indogermanischen Sprachen), das erste dieser Art. F. befaßte sich mit der Bildung der Orts- und Personennamen bei den indogermanischen Völkern (Die griechischen Personennamen nach ihrer Bildung erklärt, 1874, 2 1894; mit Friedrich -»Bechtel; Vorgriechische Ortsnamen als Quelle für die Vorgeschichte Griechenlands verwertet, 1905). c d NDB

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Fick Fick, Friedrich Georg Heinrich, Industrieller, * 9.7.1863 Zürich, t 8.3.1955 Würzburg. Der Sohn des Physiologen Adolf —>F. studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Würzburg und Zürich, wurde 1884 in Zürich zum Dr. jur. promoviert (Der juristische Charakter des Lebensversicherungsvertrages) und ging im folgenden Jahr als Kaufmann nach London, 1890-97 nach Sydney und Melbourne. Wieder in Deutschland, wurde er Vorstand (1897) der neugegründeten Rheinischen SchuckertGesellschaft in Mannheim, übersiedelte 1904 als Geschäftsführer einer Schnellpressenfabrik nach Würzburg und war später Vizepräsident des Verwaltungsrats der österr. Tochtergesellschaft in Mödling. F., der zahlreichen Wirtschaftsverbänden angehörte, war 1920-24 für die Deutsche Demokratische Partei Mitglied des Reichstags. Fick, H(e)inrich Claus von, Beamter, getauft 3.11.1678 Hamburg, t 28.6.1750 Schloß Oberpahlen (Livland). Zu Beginn des Nordischen Kriegs trat F. in die Dienste Schwedens, wurde Regimentsquartiermeister, später Geheimsekretär des Herzogs Christian August von HolsteinGottorp und war 1711-14 Bürgermeister von Eckernförde. Von Peter dem Großen, in dessen Diensten er seit 1715 stand, wurde F. zum Studium der Staatseinrichtungen, des Wirtschaftslebens sowie der Kommunalverwaltung nach Schweden geschickt. Er versuchte, holländische und norddeutsche Fachleute zum Eintritt in den russischen Dienst anzuwerben, erhielt 1720 vom Zaren fast das ganze Kirchspiel Oberpahlen, wurde 1726 zum Vizepräsidenten im Kommerzkollegium und Staatsrat gewählt und initiierte zahlreiche Neuerungen im russischen Staatswesen. 1731 fiel er in Ungnade, wurde nach Sibirien verbannt, 1741 begnadigt und kehrte 1743 auf die ihm von der Kaiserin Elisabeth restituierten Güter zurück. c d SHBL, Bd 6 Fick, Johann Jacob, Mediziner, * 28.11.1662 Jena, t 23.6.1730 Jena. Nach dem Medizinstudium in seiner Heimatstadt wurde F. 1689 promoviert (De morbis mammarum), 1715 a. o.Prof. der Botanik, Chirurgie und Anatomie. 1721-26 lehrte er als Ordinarius für theoretische Medizin an der Univ. Jena. F. war Leibarzt des Herzogs von Weimar und verfaßte zahlreiche Abhandlungen über physiologische sowie klinische Fragen, darunter Tractatus de calce viva in quo eius subiectum principia proprietates ususque mechanici chirurgici [...] explicantur (1727). F i c k , (Franz) Ludwig, Anatom, * 18.5.1813 Erlangen, t 31.12. 1858 Marburg. F. studierte Medizin an den Universitäten Marburg und Göttingen (Promotion 1836, Historia commemorabilis delegations arteriae iliacae internae ob immensum femoris tumorem institutae). Seit 1837 Privatdozent, wurde er 1839 a.o.Prof. der pathologischen Anatomie; seit 1843 war er o.Prof. und Direktor des Anatomischen Instituts. F. veröffentlichte u. a. einen Abriss der pathologischen Anatomie (1839) und Physiologische Anatomie des Menschen (1842-45). Er war der Vater des Ophthalmologen Adolf - » F. Fick, Richard (Friedrich), Bibliothekar, Indologe, * 7.2. 1867 Schwartau bei Lübeck, t 18.12. 1944 Göttingen. F., Sohn eines Kaufmanns, studierte Germanistik, Anglistik, Philosophie und Indische Philologie an der Univ. Kiel, trat 1886 in den Bibliotheksdienst ein und war nach seiner Promotion 1888 bis 1897 an der dortigen Universitätsbibliothek tätig. An der Kgl. Bibliothek in Berlin übernahm er 1904 die Leitung des preuß. Gesamtkatalogs, im folgenden Jahr die des Auskunftsbüros der Deutschen Bibliotheken. 1916 wurde er Abteilungsdirektor, 1921-32 Direktor der Universitätsbibliothek in Göttingen, 1923 auch Honorarprofessor.

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Neben Arbeiten zum Bibliothekswesen veröffentlichte F. Die sociale Gliederung im nordöstlichen Indien zu Buddhas Zeiten [...] (1897). CD NDB Fick, Roderich, Architekt, Konstrukteur, * 16. 11.1886 Würzburg, t 13.7.1955 München. Der Sohn des Augenarztes Adolf - > F . studierte Architektur, Astronomie, Physik und Vermessungstechnik an der TH Dresden sowie an den Universitäten Zürich und München, beendete die Ausbildung ohne Diplom und nahm 1912 /13 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der schweizer. Grönlandexpedition teil. 1914 trat er in den Reichsdienst ein und wurde Abteilungsleiter für Hoch- und Tiefbau in Kamerun. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg und der Internierung in Spanisch-Mundi und Pamplona errichtete F. 1920 ein eigenes Architekturbüro mit Boots- und Segelflugwerft in Herrsching am Ammersee. 1927-29 war er Assistent für Freihandzeichnen an der TH München. 1936 wurde er dort als Nachfolger des von den Nationalsozialisten entlassenen Robert —»Vorhoelzer o.Prof. für Baukunst und Entwerfen. Mit dem Haus der Deutschen Ärzte in München (1935) erregte F. die Aufmerksamkeit —> Hitlers und erhielt daraufhin bedeutende Bauaufträge auf dem Obersalzberg (u.a. Gutshof, SS-Kaserne, Kehlsteinhaus, Theaterhalle). 1937 trat er der NSDAP bei. 1939-45 war er Reichsbaurat in Linz. Nach Auseinandersetzungen mit Martin —» Bormann zusammen mit Hermann —» Giesler 1945 suspendiert, wurde F. 1946 als Minderbelasteter, 1948 als Mitläufer und Nutznießer des NSRegimes eingestuft. 1950 wurde er Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Zu seinen Bauten zählen die Siedlung Friedenheim in München (1929), das Ernst-SachsBad in Schweinfurt (19.31-3.3) sowie die Isarbrücke in Bad Tölz (1933). Während seiner Internierung in Nordspanien baute F. ein Kraftwerk (1919) und rekonstruierte ein Jesuitenkloster bei Pamplona. Von F. stammt der Plan für den Wiederaufbau des Augsburger Rathauses (1947/48) und des Münchner Palais Arco-Zinneberg (1950). CD AKL Fick, Rudolf Armin, Anatom, * 24.2. 1866 Zürich, t 23.5. 1939 Berlin. Der Sohn des Physiologen Adolf —» F. und Bruder von Friedrich Georg Heinrich —» F. studierte Medizin an den Universitäten Würzburg, Marburg, Zürich und Erlangen, wurde 1888 in Würzburg zum Dr. med. promoviert (Ein neues Ophthalmotonometer) und war 1889-92 als Assistent und Prosektor der Anatomie tätig. 1892 habilitierte er sich (Über die Arbeitsleistung der auf die Fussgelenke wirkenden Muskeln), ging im folgenden Jahr als a.o.Prof. der Anatomie nach Leipzig, wurde 1905 Ordinarius und Direktor des Anatomischen Instituts der Deutschen Univ. Prag und folgte 1909 einem Ruf nach Innsbruck, wo er 1914 /15 Rektor war. 1915 wurde F. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Von 1917 bis zu seiner Emeritierung 1934 lehrte er an der Univ. Berlin. Sein Forschungsinteresse galt vor allem der Muskel- und Gelenkmechanik (u.a. Handbuch der Gelenk-Muskelmechanik, 1904) sowie der Genetik. CD NDB Ficker, Adolf, österr. Statistiker, * 14.6.1816 Olmütz, t 12.3. 1880 Wien. F. studierte an der Univ. Wien, wurde 1835 zum Dr. phil., 1842 zum Dr. jur. promoviert und lehrte in Laibach, Olmütz und Czernowitz. Als Direktor der administrativen Statistik trat er in das österr. Handelsministerium ein, dessen Leitung er 1864 übernahm. 1870 wechselte er als Ministerialrat in das Ministerium für Kultus und Unterricht; als Referent für Gymnasien und Realschulen sowie Mitarbeiter an der Volksschulordnung erwarb er sich Verdienste um das Schulwesen. 1873 wurde F. Sektionschef und Präsident der Statistischen

Ficker Zentralkommission. Er war wirkliches Mitglied der Österreichischen A k a d e m i e der Wissenschaften. • P Almanach Öst Akad, Jg. 30 F i c k e r , Gerhard, evang. Theologe, * 3 . 2 . 1 8 6 5 Thonberg (heute zu Leipzig), t 1 1 . 4 . 1 9 3 4 Kiel. Nach d e m Besuch der Fürstenschule in G r i m m a studierte der Sohn eines Pastors und Bruder von Johannes und Martin —>F. Theologie an der Univ. Leipzig. 1 8 8 9 / 9 0 war er Stipendiat des Deutschen Archäologischen Instituts, 1892 Hilfsgeistlicher und Pfarrer in S o h l a n d / S p r e e und habilitierte sich im folgenden Jahr an der Univ. Halle für Kirchengeschichte. Nach einer Studienreise durch Italien, Afrika, Frankreich und Spanien wurde F. 1903 a. o. Prof. der Theologie in Halle, 1906 o . P r o f . an der Univ. Kiel. Er verfaßte u. a. Das ausgehende Mittelalter und sein Verhältnis zur Reformation (1903) und bearbeitete zusammen mit Heinrich —> Hermelink in dem Tübinger Handbuch der Kirchengeschichte den Band Das Mittelalter ( 2 1929). F i c k e r , Heinrich von, Physiker, Meteorologe, * 2 2 . 1 1 . 1881 München, t 2 9 . 4 . 1957 Wien. Der Sohn des Historikers Julius von —>F. und Bruder von L u d w i g und Rudolf von —>F. studierte seit 1901 Naturwissenschaften in Innsbruck und Wien, wandte sich der Meteorologie zu und wurde 1906 in Innsbruck promoviert. Er war als Assistent an der Zentralstelle für Meteorologie in Wien tätig, habilitierte sich 1909 in Innsbruck und wurde 1911 a. o. Prof. der Physik der Erde an der Univ. Graz, wo er nach seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg und der Rückkehr aus russischer Gefangenschaft seit 1919 als o . P r o f . lehrte. 1923-34 leitete F. als o . P r o f . der Meteorologie an der Univ. Berlin das Preußische Meteorologische Institut und war 1937-53 o. Prof. der Physik der Erde an der Univ. Wien sowie Direktor der dortigen Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik. F. erkannte als erster die Bedeutung von Diskontinuitäten (sog. Fronten) für das Wettergeschehen und entdeckte, daß Wettervorgänge zum größten Teil in der oberen Troposphäre und der Stratosphäre gesteuert werden (Wetter und Wetterentwicklung, 1932, 2 1952; Föhn und 2 Föhnwirkungen, 1 9 4 3 , 1 9 4 8 ) . Seit 1925 war F., der auch in verschiedene andere Akademien a u f g e n o m m e n wurde, Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. m NDB F i c k e r , Johannes (Paul), evang. Theologe, Archäologe, * 12.11. 1861 Leipzig, t 19.6. 1944 H a l l e / S a a l e . Der Bruder von Gerhard und Martin —> F. studierte seit 1880 Theologie und Kunstgeschichte in Leipzig, wurde 1884 Mitglied des Predigerkollegiums, 1886 zum Dr. phil. promoviert und reiste bis 1889 als Stipendiat des Deutschen Archäologischen Instituts in R o m durch Italien, Spanien und Nordafrika. 1890 habilitierte er sich in Halle und wurde 1892 a. o., 1900 o . P r o f . der Kirchengeschichte an der Univ. Straßburg, 1912 deren Rektor. 1919 ging er als persönlicher Ordinarius und Geheimer Konsistorialrat nach Halle und hatte 1923-29 den kirchengeschichtlichen Lehrstuhl inne. F., der sich um die Herausgabe von Quellen zur Reformationsgeschichte bemühte, wurde berühmt als Entdecker und Editor der frühen Vorlesungen —> Luthers über den Römer- und den Hebräerbrief. Er verfaßte zahlreiche reformations- und kunstgeschichtliche Werke, darunter Handschriftenproben des sechzehnten Jahrhunderts nach Straßburger Originalen (2 Bde., 1902-05), Älteste Bildnisse Luthers (1920) und Die Augsburger Konfession in ihrer ersten Gestalt (1930). •D

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F i c k e r , (Johann Kaspar) Julius von, Historiker, Rechtshistoriker, * 3 0 . 4 . 1826 Paderborn, t 1 0 . 7 . 1 9 0 2 Innsbruck. Das Studium der Rechts- und Geschichtswissenschaften an den Universitäten Bonn, Münster und Berlin Schloß F., Sohn

eines Arztes, 1850 in Bonn mit der Promotion zum Dr. phil. ab. 1851 dort habilitiert, wurde er 1852 Prof. der allgemeinen Geschichte in Innsbruck, wo er nach der Promotion zum Dr. jur. 1861 seit 1863 deutsche Reichs- und Rechtsgeschichte an der Juristischen Fakultät lehrte. F., der sich mit mittelalterlicher Verfassungsgeschichte und Urkundenlehre beschäftigte, gehörte u . a . mit seinen Beiträgen zur Urkundenlehre (2 Bde., 1877/78, Neudr. 1966) zu den Begründern der historischen Urkundenkritik. In der Auseinandersetzung mit Heinrich von —>Sybel über die Beurteilung der Kaiserzeit verteidigte er von katholisch-großdeutschem Standpunkt aus die Kaiserpolitik des Mittelalters (u. a. Deutsches Königthum und Kaiserthum, 1862). Zu seinen Veröffentlichungen zählt ferner Vom Reichsfürstenstande (2 Bde. in 4 Teilen, 1861-1923, Teil 4 hrsg. von Paul Puntschart; Neudr. in 4 Bänden, 1984). 1981 erschienen von F. Ausgewählte Abhandlungen zur Geschichte und Rechtsgeschichte des Mittelalters in drei Bänden (hrsg. von Carlrichard Brühl). Er war der Vater von Ludwig, Heinrich und Rudolf von —>F. • P Westf Autoren, Bd 2 F i c k e r , Ludwig von, Pseud. Fortunat, Lorenz Luguber, Michael Laurin, Verleger, Schriftsteller, * 1 3 . 4 . 1 8 8 0 München, t 2 0 . 3 . 1 9 6 7 Innsbruck. Der Sohn von Julius von —>F. und Bruder von Heinrich und Rudolf von —»F. war seit 1896 Student der Rechtswissenschaften, später der Kunstgeschichte und Germanistik an der Univ. Innsbruck. Nach ersten literarischen Versuchen (Inbrunst des Sturms. Ein Reigen Verse, 1904) und einem längeren Italienaufenthalt lebte er seit 1909 als freier Schriftsteller in Innsbruck. Zunächst an der Gründung der Literaturzeitschrift „Der F ö h n " beteiligt, gab F. 1910 die anfangs halbmonatlich erscheinende Zeitschrift „Der Brenner" heraus, die ein Forum für Autoren wie Georg - > T r a k l , Rainer Maria —> Rilke, Else —> Lasker-Schüler, Hermann —> Broch und Karl —> Kraus wurde. Eine großzügige Spende Ludwig —> Wittgensteins ermöglichte F.s Mäzenatentum, d e m Trakl und Rilke die Existenzgrundlage verdankten. 1919 gründete F. einen Verlag; er publizierte sprachphilosophische und theologische Essays sowie Lyrik. 1934 mußte F. das Erscheinen seiner Zeitschrift einstellen, die 1946-54 erneut erschien. 1959 erhielt er den Österreichischen Staatspreis. CD Killy F i c k e r , (Philipp) Martin, Hygieniker, Bakteriologe, * 17.11. 1868 S o h l a n d / S p r e e , t 22. 11.1950 Säo Paulo. F. besuchte die Fürstenschule von Grimma, studierte Medizin an der Univ. Leipzig, wurde 1893 promoviert ( Ü b e r Wachstumsgeschwindigkeit des Bacterium coli commune auf Platten), war als praktischer Arzt in seinem Heimatort tätig und wandte sich als Assistent am Hygienischen Institut der Univ. Breslau der Bakteriologie zu. 1896-1901 war F. in gleicher Funktion in Leipzig tätig und habilitierte sich 1898 (Uber Lebensdauer und Absterben von pathogenen Keimen). 1901 wurde er Kustos am Hygiene-Museum in Berlin, 1902 Abteilungsvorstand, 1903 Titularprofessor, 1908 a . o . P r o f . an der Universität. 1913-15 leitete F. das Bakteriologische Institut in Säo Paulo und wurde 1917 Abteilungsleiter am Kaiser-Wilhelm-Institut f ü r experimentelle Therapie in Berlin. 1923 ging er erneut nach Säo Paulo, wo er sich ein eigenes bakteriologisches Laboratorium einrichtete und seit 1926 die Forschungsstelle für Mikrobiologie der Kaiser-WilhelmGesellschaft leitete. m NDB F i c k e r , Rudolf von, Musikwissenschaftler, * 11.6. 1886 München, f 2. 8. 1954 Igls bei Innsbruck. Der Bruder von Ludwig und Heinrich von —>F. erhielt bereits während seiner Schulzeit eine musikalische Ausbildung in Innsbruck, studierte 1905-12 Komposition bei L u d w i g —>Thuille und Walter —> Courvoisier in München, später Musikwissenschaften bei Guido Adler in Wien, und

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Ficker wurde dort 1913 mit der Arbeit Die Chromatik im italienischen Madrigal des 16. Jahrhunderts zum Dr. phil. promoviert. Nach seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg habilitierte er sich 1920 an der Univ. Wien und baute in der Folge ein musikwissenschaftliches Seminar an der Univ. Innsbruck auf, das er seit 1923 als a. o . P r o f . leitete. 1927 folgte F. einem Ruf an die Univ. Wien und war Mitleiter des Musikwissenschaftlichen Seminars sowie in den folgenden Jahren für die Aufführungen „Musik der Gotik" in der Wiener Burgkapelle verantwortlich. 1927-31 gehörte er d e m Direktorium der Internationalen Gesellschaft für Musikwissenschaft an. 1931 ging F. als o.Prof. und Seminarvorstand an die Univ. München. Zu seinen Abhandlungen, die sich vorwiegend mit dem Mittelalter beschäftigen, zählt u. a. Die Musik des Mittelalters und ihre Beziehungen zum Geistesleben (1925). DP M G G F i c k e r , Wilhelm Anton, Chirurg, Kurarzt, * 28. 10. 1768 Paderborn, t 8 . 3 . 1 8 2 4 . Das Studium der Medizin begann F. 1788 in Osnabrück, setzte es an den Universitäten Münster, Göttingen und Erfurt fort und wurde 1792 zum Dr. med. promoviert (De tracheotomia et laryngotomia). Anschließend als österr. und preuß. Feldarzt tätig, ließ er sich 1794 als Oberlandwundarzt in seiner Heimatstadt nieder, erhielt 1796 den Titel eines Professors der Chirurgie, wurde Hebammenlehrer und gründete im folgenden Jahr ein kleines Hospital. Seit 1803 fürstlich lippischer Hofrat, wirkte F. von 1809 an zugleich als Brunnenarzt in Driburg und war 1815-30 Leibarzt in Detmold sowie Regierungs- und Medizinalrat in Minden. 1796 veröffentlichte er eine Abhandlung über den Unterricht für die Hebammen des Hochstiftes Paderborn und Beiträge zur Arzneiwissenschaft (1796). cri Westf Autoren, Bd 1 F i c k e r t , Auguste, österr. Sozialreformerin, Frauenrechtlerin, * 2 5 . 5 . 1 8 5 5 Wien, t 9 . 6 . 1 9 1 0 Wien. Die aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammende F. war von Beruf Volksschullehrerin, kam früh mit sozialdemokratischen Kreisen in Kontakt, rief 1889 die steuerzahlenden Frauen Niederösterreichs, B ö h m e n s und der Steiermark auf, gegen den Entzug des Landtags- und Gemeindewahlrechts zu protestieren, und trat für ein allgemeines Frauenstimmrecht ein. 1893 gründete sie den „Allgemeinen österreichischen Frauenverein", dessen Präsidentin sie wurde, errichtete 1895 die erste Rechtsschutzstelle für unbemittelte Frauen in Österreich, setzte sich 1899 für die Organisation der Frauen im Staatsdienst ein und rief zusammen mit Rosa —> Mayreder und Marie —> Lang die demokratisch-fortschrittliche Monatsschrift „Dokumente der Frauen" ins Leben, die bis 1902 bestand. 1893-98 arbeitete sie als Redakteurin für „Das Recht der Frau". F. k ä m p f t e für die Bildung weiblicher Berufsvertretungen sowie die Zulassung der Frauen zum Hochschulstudium und widmete sich der Einrichtung des Heimhofs, eines Hauses f ü r berufstätige Frauen auf genossenschaftlicher Basis. m NDB F i c k l e r , Erich, Bergmann, * 3. 12.1874 Clausthal, t 3 1 . 5 . 1 9 3 5 Bad Nauheim. Der Sohn eines Bergwerksdirektors arbeitete zunächst als Bergbaubeflissener und Schloß das Studium in Freiburg/ Breisgau und Berlin 1899 mit d e m Bergreferendarexamen ab. Er war Bergassessor in Halle, 1903-05 Lehrer an der Bergschule in B o c h u m und trat anschließend in den Dienst der Harpener Bergbau A G in Dortmund ein. Seit 1907 leitete F. als Werksdirektor die Zechen Gneisenau und Scharnhorst, wurde 1914 Vorstandsmitglied und baute als Vorstandsvorsitzender und Generaldirektor (seit 1924) einen der größten deutschen Bergbaukonzerne technisch und betriebswirtschaftlich neu auf. Er setzte sich, seit 1927 als A u f sichtsratsvorsitzender des Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikats, für ein langfristiges Syndikat ein. DP N D B

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F i c k l e r , Johann Baptist, auch Fikler, Jurist, * 2 4 . 5 . 1 5 3 3 Backnang (Württemberg), t 1610 M ü n c h e n . Der Sohn eines Tuchhändlers und Ratsherrn studierte 1551-55 Rechtswissenschaften an der Univ. Ingolstadt und wurde dort Famulus des italienischen Kanonisten Francesco —»Zoanetti, 1555 Privatsekretär des Basler D o m p r o p stes Ambrosius von —> Gumppenberg. Seit 1559 in Salzburger Diensten stehend, nahm F. 1562-64 am Konzil von Trient teil, w o er seine Acta Concilii Tridentini verfaßte. 1565 wurde er in Bologna zum Dr. jur. utr. promoviert. F. war auch Salzburger Reichstagsgesandter, wechselte 1588 in bayerische Dienste über und unterrichtete den späteren Herzog —> Maximilian I. von Bayern in Geschichte und Jurisprudenz. 1591 zum Hofrat ernannt, widmete sich F. seit 1599 der herzoglichen M ü n z s a m m l u n g sowie der Kunstkammer. Er wurde 1 6 0 6 / 0 7 in den Geistlichen Rat berufen und bekleidete die W ü r d e eines kaiserlichen Hofpfalzgrafen. F. verfaßte zahlreiche juristische und theologische Traktate. DD N D B F i c k l e r , Joseph, Politiker, Publizist, * 6 . 2 . 1 8 0 8 Konstanz, t 2 1 . 1 1 . 1 8 6 5 Konstanz. Ursprünglich K a u f m a n n , gründete F. 1830 ein Wochenblatt für die liberale Opposition in Baden. Seit 1836 redigierte er die „Seeblätter", ein bald einflußreiches Organ der Demokraten. 1848 wurde F. einer der Wortführer der revolutionären Bewegung, 1849 in die provisorische badische Revolutionsregierung gewählt. Nach einer Festungshaft in Hohenasperg gegen Kaution freigelassen, flüchtete er über die Schweiz und England nach Nordamerika und spielte in den Auseinandersetzungen über die Sklaverei eine wichtige Rolle. Nach der Niederlage der Konföderierten kehrte F. nach Konstanz zurück. F i c k l e r , Karl Alois, Pädagoge, Historiker, * 8 . 5 . 1809 Konstanz, t 18.12. 1871 Mannheim. Der einer Tiroler Familie entstammende F. absolvierte das Studium der Theologie und Philologie in Freiburg/Breisgau, trat in den höheren Schuldienst ein und unterrichtete seit 1830 am Pädagogium in Ettlingen. 1832 wurde er Gymnasialprofessor, 1838 Direktor in Donaueschingen und kam 1851 an das Mannheimer G y m n a s i u m . Neben zahlreichen Schulprogrammen veröffentlichte F. eine Reihe von historischen Abhandlungen, darunter Quellen und Forschungen zur Geschichte Schwabens und der Ostschweiz ( 1859). F i c q u e l m o n t , Karl L u d w i g Graf von, österr. Militär, Staatsmann, * 2 3 . 3 . 1777 Dieuze bei Nancy, t 7 . 4 . 1857 Venedig. Der einem lothringischen Adelsgeschlecht entstammende F., Sohn eines herzoglich lothringischen Majors, erhielt seine Erziehung an einer französischen Offiziersschule, emigrierte 1792 und trat im folgenden Jahr in die österr. A r m e e ein. 1805 wurde er M a j o r und Flügeladjutant des Kaisers —> Franz. Bis 1815 nahm F. an Feldzügen in Deutschland, Polen, Spanien, Italien und Frankreich teil und war - inzwischen Generalmajor - 1815-20 österr. Gesandter in Schweden, anschließend in Florenz. Seit 1821 Botschafter in Neapel, seit 1829 in St. Petersburg, wurde er 1839 zur Vertretung —> Metternichs nach Wien zurückberufen. Im folgenden Jahr wurde F. Staats- und Konferenzminister sowie Chef der Kriegssektion im Außenministerium, 1848 Präsident des Hofkriegsrats und nach dem Ausbruch der Revolution in Wien als Nachfolger Metternichs Außenminister. Vom 4 . 4 . bis 4 . 5 . 1848 war er provisorischer Ministerpräsident. Danach widmete sich F. literarischen Arbeiten und veröffentlichte u . a . Aufklärung über die Zeit vom 20.3.-4.5.1848 (1850), Die religiöse Seite der orientalischen Frage (1854) und Zum künftigen Frieden (1856). DD N D B

Fieber F i d e l i s von Sigmaringen, eigentl. Markus Roy, Kapuziner, * 1578 Sigmaringen, t 2 4 . 4 . 1 6 2 2 Seewies (Kt. Graubünden). Der Sohn eines Schultheißen studierte seit 1598 Philosophie und Rechtswissenschaften an der Univ. Freiburg/Breisgau und erwarb 1603 den Grad eines Magister artium. Als Hofmeister begleitete er 1604-11 j u n g e Adlige auf Studienreisen nach Frankreich, Spanien und Italien. 1611 zum Dr. jur. utr. promoviert, wurde er Gerichtsrat bei der vorderösterreichischen Regierung in Ensisheim. Noch im selben Jahr begann F. das Studium der Theologie, empfing die Priesterweihe und trat in den Kapuzinerorden ein. Er war 1617 Prediger in Altdorf, 1 6 1 8 / 1 9 in Rheinfelden, anschließend in Freiburg (Schweiz) und Feldkirch. Seit E n d e 1621, nach dem Einfall der Österreicher, leitete F. die zur Rekatholisierung des reformierten Prättigau gegründete Mission. Bei einer Predigt in der Kirche in Seewies wurde er von reformierten Bauern erschlagen, wodurch einerseits ein allgemeiner Aufstand des Prättigaus gegen die habsburgische Besatzung ausgelöst, andererseits der Märtyrerkult des F. begründet wurde. 1746 erfolgte F.' Heiligsprechung. CD R G G F i d e s s e r , Hans, Sänger, * 12.3. 1899 Wien, t 2 2 . 1 . 1982 Berlin. Ursprünglich Bankangestellter, begann F. seine musikalische Karriere als Bariton am Stadttheater Plauen. Während seiner Tätigkeit am Nationaltheater M a n n h e i m (1924-26) wurde seine hohe Stimmlage entdeckt. Vom Wiener Gesangslehrer Lauritz Hofer zum Tenor umgeschult, gab F. 1926 in dieser Tonlage sein Debüt am Stadttheater Elberfeld als Radames in Verdis Aida. 1927-39 Ensemblemitglied der Berliner KrollOper, sang er häufig auch an der Staatsoper Unter den Linden und am Deutschen Opernhaus. F. gastierte bei den Salzburger Festspielen und in zahlreichen europäischen Opernmetropolen. Sein Repertoire reichte von —> Mozart bis zu den Partien des Lohengrin und Florestan. 1932 war F. in der Titelrolle in Hoffmanns Erzählungen unter Leo —» Blechs musikalischer Leitung in Max —» Reinhardts Inszenierung am Berliner Großen Schauspielhaus zu sehen. Tonfilm und Operette halfen d e m politisch unliebsam gewordenen Sänger, den Krieg zu überdauern. Nach 1945 trat er überwiegend in Konzerten, bis E n d e der fünfziger Jahre gelegentlich auch in Operetten auf. Nach dem E n d e seiner Bühnenlaufbahn war F. als Musiklehrer tätig. CD Kutsch F i d i c i n , (Johann Carl) Ernst, Heimatforscher, Archivar, * 2 7 . 4 . 1802 Potsdam, t 19.12. 1883 Berlin. F., Sohn eines Unteroffiziers, arbeitete zunächst als Eleve am Potsdamer Stadtgericht, kam 1828 als Aktuar an das Kammergericht nach Berlin und war seit d e m folgenden Jahr für die Registratur bei der Stadtverordnetenversammlung zuständig. 1836 fand er das als verschollen gegoltene Berliner Stadtbuch von 1397 in Bremen. 1837-42 veröffentlichte F. Historisch-diplomatische Beiträge zur Geschichte der Stadt Berlin (5 Bde.). 1846 wurde er mit der Einrichtung des städtischen Archivs betraut, 1848 zum ersten hauptamtlichen Archivar der Stadt berufen und 1878 zum Ehrenpräsident des Vereins für die Geschichte Berlins ernannt. 1880 stellte er das von Ferdinand Voigt begonnene Urkundenbuch zur Berlinischen Chronik fertig. Hl BBL F i d l e r , Karl, österr. Beamter, * 1818 Urfahr (Oberösterreich), t 2 0 . 1 2 . 1887 Wien. F. war 1845 Verwaltungsbeamter in Galizien und wurde 1849 von Franz Seraph Graf von —»Stadion in das Innenministerium berufen. Seit 1860 Sektionsrat im Polizeiministerium, wurde F. 1863 oberster Chef der Presseleitung und ging zwei Jahre später als Hofrat an die Statthalterei nach Triest, die er 1 8 7 0 / 7 1 leitete. Anschließend widmete

er sich im Unterrichtsministerium der Reorganisation der Mittel- und Hochschulen und errichtete 1885 die Allgemeinen Handwerkerschulen. F i d u s , eigentl. H u g o (Reinhold Karl Johann) Höppener, Maler, Zeichner, Illustrator, * 8 . 1 0 . 1868 Lübeck, t 2 3 . 2 . 1948 Schönblick (heute zu Woltersdorf, Kr. Fürstenwalde). Der Sohn eines Konditors wandte sich nach dem Besuch der Lübecker Gewerbeschule einer künstlerischen Laufbahn zu und besuchte seit 1887 die Vorschule der Kunstakademie in München, wurde aber bald Schüler Karl Wilhelm —» Diefenbachs, bei dem er die Silhouettenkunst erlernte und an dessen Schattenfriesen er mitarbeitete. Nach Reisen durch Norwegen, die Schweiz, Istrien und Italien ließ sich F. 1892 in Berlin nieder und war Mitbegründer einer theosophischen Gesellschaft sowie der Monatsschrift „Sphinx", deren zeichnerische Gestaltung er übernahm. Für seine Idee einer „Tempelkunst", die lebensreformerische Ansätze ästhetisch überwölben sollte, schuf er bauliche Entwürfe (Tempel der Erde, 1895-1901). Seit 1896 Mitarbeiter des „Simplicissimus", des „Pan" und der „Jugend", schuf er Illustrationen und Buchschmuck f ü r verschiedene Verlage. Seine reich ornamentierten Rahmenzeichnungen sind dem Jugendstil verpflichtet. Zu seinen bekanntesten Werken zählt das Lichtgebet, ein Schlüsselbild der Lebensreformbewegung; ferner schuf er nordische Küstenlandschaften und Kriegsbilder. Nach seinem U m z u g in das Fidushaus in Woltersdorf 1909 wandte er sich verstärkt der theosophischen Lebensauffassung Rudolf —> Steiners zu. Als eine der Leitfiguren lebensreformerischer Ideen war er sowohl für proletarische wie deutschnationale Gruppierungen ein Vorbild. Obgleich Mitglied zahlreicher völkischer Gruppen und seit 1932 der N S D A P , wurde F. 1937 als „entarteter" Künstler diffamiert. Nach Kriegsende trat er der freireligiösen G e m e i n d e Berlin bei. DO A K L F i e b a c h , Otto, Musikdirektor, * 9 . 2 . 1851 Ohlau (Schlesien), t 10.9. 1937 Königsberg. Der Sohn eines Militärmusikers war zunächst als Lehrer in Bunzlau tätig und erhielt später eine musikalische Ausbildung an der A k a d e m i e für Tonkunst in Berlin sowie am akademischen Institut für Kirchenmusik. Anschließend war er Musiklehrer an der Präparandenanstalt in Stargard und übersiedelte 1886 nach Königsberg, wo er das Ostpreußische Konservatorium gründete, als Organist an der Altroßgärter Kirche sowie als akademischer Musikdirektor wirkte und 1912 mit der Bildung eines städtischen Orchesters betraut wurde. F. war als Musikkritiker tätig. Neben Kirchenmusik komponierte er zahlreiche Opern, darunter Prinz Dominik und Loreley, die 1885 und 1886 in Danzig aufgeführt wurden. m MGG F i e b e r , Franz Xaver, Entomologe, * 1.3. 1807 Prag, t 2 2 . 2 . 1 8 7 2 Chrudim (Böhmen). F., Sohn eines Wirts, studierte 1824-28 am Polytechnischen Institut und an der Univ. Prag, wo er sich mit Ökonomie, Verwaltungswissenschaft, neuen Sprachen, insbesondere jedoch mit Zoologie und Botanik beschäftigte. 1832 wurde er Beamter am Appellationsgericht in Prag, später Kanzleidirektor am Kreisgericht in Chrudim. Daneben illustrierte F. floristische Werke (u. a. von Kaspar Graf von —> Sternberg) und widmete sich seit 1832 zunehmend der Entomologie. Seit 1847 war F. Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. 1848 wurde er von der Philosophischen Fakultät Jena in absentia promoviert. F. veröffentlichte 1860 seine weitbeachtete Monographie über Die europäischen Hemiptera. Zu seinen Arbeiten gehören ferner Symbolische Pflanzen, Blumen und Früchte (5 Bde., Prag 1826-30), Die Potamogeta Böhmens (1838) und Entomologische Monographien (1843). CD N D B

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Fieber F i e b e r , Friedrich, österr. Mediziner, * 1835 Prag, t 18.12. 1882 Wien. F. Schloß das Studium in Wien und Prag 1859 mit der Promotion zum Dr. med. ab. Im Bestreben, auf der von Johann von - » O p p o l z e r vertretenen therapeutischen Linie neue Behandlungsmethoden zu entwickeln, wurde er einer der Pioniere der Elektrotherapie. 1867 richtete er am Allgemeinen Krankenhaus Wien eine eigene Abteilung für Elektrotherapie und Inhalationen ein. 1869 habilitierte sich F. an der Univ. Wien für Nervenkrankheiten und Elektrotherapie. Zur Behandlung chronischer Atemwegserkrankungen entwickelte er einen Inhalationsapparat zur Applikation medikamentöser Flüssigkeiten in Staubform. F. war Mitglied der Wiener Gesellschaft der Ärzte und der kaiserlich-russischen Gesellschaft der Ärzte in St. Petersburg. Er veröffentlichte u. a. Die Apparate zur Einathmung flüssiger Medikamente und ihre Anwendung beiKrankheiten des Kehlkopfes, der Luftröhre und der Lunge (1865), Die Inhalation medicamentöser Flüssigkeiten und ihre Verwerthung bei Krankheiten der Athmungsorgane ( 1865) und Kompendium der Elektrotherapie (1869). CD Czeike F i e b e r , Karl, österr. Chirurg, * 1 0 . 5 . 1 8 3 7 Prag, t 2 9 . 7 . 1 9 0 8 Wien. Nach Studien in Prag und Wien wurde F. 1861 zum Dr. med. promoviert und bildete sich unter Franz —» Schuh und Leopold von —»Dittel weiter. 1872 habilitierte er sich an der Univ. Wien für Chirurgie. Im Bemühen um die praktische Ausbildung der Studierenden hielt er vierwöchentliche Kurse Über Massage und ihre Anwendung in der Therapie, insbesondere bei chirurgischen Krankheiten. F. veröffentlichte u . a . Chirurgische Studien und Erfahrungen mit Zugrundelegung der im italienischen Feldzuge des Jahres 1866 gemachten Beobachtungen (1875). F i e b i g , Kurt, Musiker, Kantor, Komponist, * 2 8 . 2 . 1908 Berlin, t 12.10. 1988 Hamburg. F., Sohn eines Militärmusikers, war unter der Leitung von H u g o —> Rüdel Chorknabe im Berliner D o m c h o r . Er studierte Orgel bei Arnold Dreyer, dessen Assistent er wurde, bei Karol —»Rathaus Harmonielehre und Kontrapunkt und an der Berliner Hochschule Komposition bei Franz —» Schreker. 1926-36 war F. Organist und Kantor in Berlin, bis 1938 Dozent an der Kirchenmusikschule Aschersleben und Domorganist in Quedlinburg und seit 1939 Direktor der Kirchenmusikschule in Halle, w o er Tonsatz, Chorleitung und Orgel unterrichtete. Seit 1951 lebte er als Organist, Kantor und Komponist in Hamburg und war 1960-80 Prof. für Tonsatz an der dortigen Musikhochschule. F.s kompositorischer Schwerpunkt lag auf der protestantischen Kirchenmusik. Neben Vokalmusik schrieb er u. a. die Musik z u m Lutherfilm Der gehorsame Rebell (1952), Orgelmusik, Orchesterwerke und K a m m e r m u s i k für verschiedene Instrumente. m MGG F i e b i g , Paul (Wilhelm Julius), luth. Theologe, Talmudist, * 3 . 2 . 1876 H a l l e / S a a l e , t H . H . 1949 K a l b e / M i l d e (Altmark). Im Anschluß an das Studium der Theologie in Berlin und Halle bei Martin - » K a h l e r und Emil - » K a u t z s c h wurde F., dessen Vater Prokurist, dann gerichtlicher Bücherrevisor war, 1902 stellvertretender Direktor am Institutum Judaicum Delitzschianum in Leipzig, wo er mit Israel Issar Kahan zusammenarbeitete. 1903 übersiedelte F. als Studieninspektor an das Predigerseminar nach Wittenberg, wurde im folgenden Jahr Oberlehrer am G y m n a s i u m Ernestinum in Gotha und wirkte seit 1919 als Pfarrer an der Petrikirche in Leipzig. 1924 habilitierte er sich für Neues Testament; 1930 wurde er a. o., 1939 api. Prof. in Leipzig. Er bemühte sich insbesondere um das Verständnis der historischen Überlieferungen von Jesus, wobei er die in der Literaturwissenschaft

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entwickelte vergleichende Methode auf die Texte des Neuen Testaments, des Talmuds sowie des Midrasch anwendete. F. veröffentlichte u. a. Die Umwelt des Neuen Testaments (1926), Rabbinische Formgeschichte und Geschichtlichkeit Jesu (1931) und Neues Testament und Nationalsozialismus (1935). DP N D B F i e b i g e r , Josef, österr. Mediziner, Veterinärmediziner, * 2 . 2 . 1870 Odrau (Österr.-Schlesien), t 9 . 4 . 1 9 5 6 Wien. F., Sohn eines Volksschuldirektors, studierte seit 1888 an der Medizinischen Fakultät in Wien, war Demonstrator der Anatomie und wurde 1894 zum Dr. univ. med. promoviert. Anschließend drei Jahre als Assistent tätig, studierte er an der Tierärztlichen Hochschule in Wien, war nach der Promotion zum Dr. med. vet. 1900 gleichzeitig an verschiedenen Instituten der Hochschule tätig und habilitierte sich 1903 für Biologie und Pathologie der Fische. Als a. o. Prof. lehrte F. seit 1906 allgemeine Zoologie und Parasitenkunde. 1914 wurde er Privatdozent f ü r Parasitologie an der Medizinischen Fakultät der Wiener Univ. sowie wirklicher a. o. Prof. der Biologie und Pathologie der Fische an der Tierärztlichen Hochschule; 1920 übernahm er den Lehrstuhl f ü r Histologie und Embryologie. F. veröffentlichte u. a. Die tierischen Parasiten der Haus- und Nutztiere, sowie des Menschen ( 1 9 2 3 , 4 1 9 4 7 ) und Histologie und vergleichende mikroskopische Anatomie der Haustiere (mit Alfred Trautmann, 1941-49). DP N D B F i e b r i c h , Franz Paul, österr. Komponist, * 9 . 5 . 1879 Wien, t 2 4 . 2 . 1935 Wien. Seit 1909 Bundesbahnbeamter, komponierte F., der auch Chormeister war, fast 800 Lieder (Dort, wo die Geigen singen, Das Weanalied), ferner Märsche, Walzer und Chöre. Er gab dem Wienerlied im den ersten Jahren des 20. Jh. vorbildhaft seine spezifische Richtung. DP Ö M L F i e c h t e r , Arnold, schweizer. Maler, * 18.7. 1879 Bockten (Kt. Baselland), t 5 . 4 . 1 9 4 3 Basel. Nach einer mehrjährigen Tätigkeit im Malergewerbe erhielt F. seinen ersten künstlerischen Unterricht an der Basler Gewerbeschule, war in den Wintermonaten 1906-11 Schüler Moritz Heymanns und Hermann —»Gröbers in München, arbeitete seit 1911 wieder in Basel und begab sich 1 9 1 3 / 1 4 zu Studienaufenthalten nach Paris, Südfrankreich und Italien. 1915 wurde er Prof. f ü r Malerei an der Gewerbeschule Basel. Unter dem Einfluß u. a. von Cézanne, Gauguin und Blanchet entwickelte sich F. zu einem Landschaftsmaler, der neben Ölbildern vor allem Aquarelle schuf. Zu seinen Werken zählen Morgen an der Birs (1913) und Elsässer Bauern II (1940-42). Auf der Basis von —»Goethes Farbkreis entwickelte F. eine eigene Farbtheorie. DP A K L F i e c h t e r , Ernst Robert, schweizer. Architekt, Bauhistoriker, * 2 8 . 1 0 . 1875 Basel, t 1 9 . 4 . 1 9 4 8 St. Gallen. F., Sohn eines Arztes, studierte nach einer Lehre als Maurer und Z i m m e r m a n n u . a . bei August und Friedrich von —»Thiersch sowie Adolf —»Furtwängler an der T H München, an der er 1899-1904 als Assistent tätig war. Nach einer Studienreise nach Ägypten 1 9 0 0 / 0 1 hielt er sich in den folgenden Jahren wiederholt in Griechenland auf. 1904 wurde er mit der Arbeit Der Tempel der Aphaia auf Agina promoviert. Neben seiner Tätigkeit als Architekt war F. 1906-11 als Privatdozent in München tätig, folgte 1911 ein e m Ruf als o. Prof. der Baugeschichte an die T H Stuttgart ( 1 9 1 9 / 2 0 Rektor), war 1918-35 im württembergischen Landesamt f ü r Denkmalpflege tätig und wirkte seit 1937 als Dozent an der Ε Τ Η Zürich. Seit demselben Jahr Priester der von Friedrich —» Rittelmeyer geprägten anthroposophischen Christengemeinschaft Zürich, arbeitete er 1945-48 an Evangelienübersetzungen. Uber sein Spezialgebiet, das antike Theater, veröffentlichte er eine Reihe von Schriften,

Fiedler u. a. Die baugeschichtliche Entwicklung des antiken Theaters ( 1 9 1 4 ) und Das Dionysos-Theater in Athen (1950). DD A K L F i e c h t n e r , H e l m u t Albert, österr. Journalist, M u s i k schriftsteller, * 1 8 . 9 . 1911 Sarata ( R u m ä n i e n ) , t 2 7 . 6 . 1 9 8 4 Wien. F. studierte in T ü b i n g e n , Berlin, N a n c y und W i e n D e u t sche und R o m a n i s c h e P h i l o l o g i e s o w i e M u s i k w i s s e n s c h a f t , w u r d e z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t und lehrte 1936-44 als k ö n i g l i c h r u m ä n i s c h e r P r o f . in R u m ä n i e n . 1945-49 w a r er in W i e n als w i s s e n s c h a f t l i c h e r A u s b i l d u n g s l e i t e r an den Städtischen B ü c h e r e i e n tätig, seit 1948 als K u l t u r r e d a k t e u r und M u s i k k r i t i k e r der „ F u r c h e " , deren K u l t u r r e d a k t i o n er von 1976 an leitete. F. v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Gustav Mahler ( 1948) u n d Hugo von Hofmannsthal ( 1 9 4 9 , 2., veränderte A u f l . 1963). m A l m a n a c h Öst A k a d , Jg. 113 F i e d e r l i n g , Otto, Architekt, * 3 0 . 1 1 . 1 8 9 1 B i e b r i c h ( h e u t e zu W i e s b a d e n ) , t 21. 1. 1972 Salisbury ( M a r y l a n d , USA). F. Schloß das A r c h i t e k t u r s t u d i u m 1920 als Dipl.-Ing. an der T H K a r l s r u h e ab, w a r dort bis 1926 A s s i s t e n t M a x —»Läugers f ü r I n n e n - und G a r t e n a r c h i t e k t u r und wirkte zugleich in dessen Atelier. Seit 1924 R e g i e r u n g s b a u m e i s t e r , w a r F. 1926-28 an den S t a d t b a u ä m t e r n A a c h e n und H a r b u r g W i l h e l m s b u r g tätig, k e h r t e 1929 als Prof. d e r I n n e n a r c h i tektur an d i e B a d i s c h e L a n d e s k u n s t s c h u l e nach K a r l s r u h e z u r ü c k ( 1 9 2 9 P r o m o t i o n , Dimensionierung der architektonischen Glieder) u n d übersiedelte 1930 als o. Prof. f ü r E n t w e r fen u n d R a u m k u n s t an die T H H a n n o v e r , w o er d i e St. Clem e n s k i r c h e e r b a u t e und a m W i e d e r a u f b a u der Stadt nach 1945 m a ß g e b l i c h beteiligt war. CD A K L F i e d l e r , A l f r e d , M e d i z i n e r , * 5 . 8 . 1835 M o r i t z b u r g , t 3 . 6 . 1921 D r e s d e n . F. w u r d e n a c h d e m S t u d i u m an der U n i v . L e i p z i g (Prom o t i o n 1859) A s s i s t e n z a r z t in R o s t o c k , 1860 a m D r e s d n e r S t a d t k r a n k e n h a u s , w o er 1861-69 als P r o s e k t o r , 1869-1902 als O b e r a r z t der Inneren M e d i z i n i s c h e n A b t e i l u n g wirkte. 1867 w u r d e F. in d i e D e u t s c h e A k a d e m i e der N a t u r f o r s c h e r L e o p o l d i n a g e w ä h l t . Seit 1871 Leibarzt K ö n i g —> J o h a n n s von S a c h s e n , stand er n a c h dessen Tod in den Diensten der K ö n i g e —> Albert, —» G e o r g und —» Friedrich A u g u s t III. F. w a r M i t b e g r ü n d e r der Heilanstalt f ü r L u n g e n k r a n k e in Albertsberg und K a r o l a g r ü n bei A u e r b a c h s o w i e der Heil- u n d P f l e g e a n s t a l t f ü r E p i l e p t i k e r in K l e i n - W a c h a u bei R a d e b e r g . F i e d l e r , Arnold (André Leonhard), Maler, * 1 . 3 . 1 9 0 0 H a m b u r g , t 6 . 3 . 1985 H a m b u r g . Z u n ä c h s t auf W u n s c h des Vaters als K a u f m a n n ausgebildet, b e s u c h t e F. 1916-23 d i e K u n s t s c h u l e L e r c h e n f e l d / H a m burg und 1925-28 d i e S c h u l e f ü r m o d e r n e M a l e r e i von H a n s —» H o f m a n n in M ü n c h e n . Dort w i r k t e er bis 1930 auch als L e h r e r und unterhielt e n g e K o n t a k t e zu O s k a r M a r i a —» Graf und J o a c h i m —» R i n g e l n a t z . 1930 w u r d e er als j ü n g s t e s M i t glied in die H a m b u r g i s c h e S e z e s s i o n a u f g e n o m m e n . Seither b e s c h ä f t i g t e er sich als M a l e r mit S t a d t s z e n e n , d e m H a f e n , St. Pauli und d e m N a c h t l e b e n von H a m b u r g . 1938 emigrierte F. nach Paris, als seine M a l e r e i w ä h r e n d des N a t i o n a l s o z i a l i s m u s u n e r w ü n s c h t war. 1 9 3 9 / 4 0 w a r er in v e r s c h i e d e n e n f r a n z ö s i s c h e n L a g e r n interniert und arbeitete d a n a c h im S o n d e r b a u s t a b der L u f t w a f f e . N a c h a m e r i k a n i scher K r i e g s g e f a n g e n s c h a f t w i e d e r in seiner H e i m a t s t a d t , w a r er 1947-51 Lehrer und Leiter der „ B a u k r e i s " - S c h u l e u n d unterhielt 1959-69 ein Atelier in Paris. F. schuf zeitweise Bühnenbilder und Wandmalereien für Schulen und B e h ö r d e n . A n f ä n g l i c h d e m S u r r e a l i s m u s und d e m poetischen R e a l i s m u s verpflichtet, e n t w i c k e l t e er e i n e z u n e h m e n d abstraktere Malerei, u . a . in G e m ä l d e n w i e Fallen und Steigen, Blaue Zeichen s o w i e Komplementär. DD A K L

F i e d l e r , B e r n h a r d (H.), M a l e r , * 2 3 . 1 1 . 1816 Berlin, t 2 8 . 3 . 1 9 0 4 Triest. F. w a r S c h ü l e r d e r Berliner K u n s t a k a d e m i e . W ä h r e n d einer S t u d i e n r e i s e n a c h Venedig u n d Triest 1843 entstanden n e b e n Vedutenbildern f ü r den österr. Staat A q u a r e l l e . 1847 m a l t e er im A u f t r a g —»Friedrich W i l h e l m s I V . f r i a u l i s c h e Schlösser. In Triest erhielt F. zahlreiche A u f t r ä g e von M i t g l i e d e r n des österr. K a i s e r h a u s e s . N a c h e i n e m A u f e n t h a l t in K o n s t a n t i n o p e l 1853 reiste er, v o m preuß. K ö n i g b e a u f tragt, n a c h Syrien, Palästina u n d Ä g y p t e n , w o h i n er 1855 e r n e u t k a m ; bei dieser R e i s e b e s u c h t e er auch G r i e c h e n l a n d und Italien. Seit e t w a 1860 lebte F. in Triest und u n t e r n a h m weitere Orientreisen. E r zählte z u m Kreis der R e i s e m a l e r u m 1850, d i e sich an Karl Friedrich —> S c h i n k e l s r o m a n t i s c h e n T h e a t e r d e k o r a t i o n e n orientierten. F. schuf u . a . Sonnentempel von Baalbek ( 1872) und Jerusalem, vom Olberg gesehen (1879). OD A K L F i e d l e r , Carl A u g u s t , M e d i z i n e r , E n t o m o l o g e , * 3 1 . 8 . 1864 D o r u m (Kr. W e s e r m ü n d e ) , t 8 . 8 . 1955 Suhl. F., der S o h n eines B u c h h ä n d l e r s , studierte in E r l a n g e n B i o logie, d a n n M e d i z i n in L e i p z i g u n d E r l a n g e n , w o er 1891 mit d e r Arbeit Über einige Wirkungen des Salicylmethylund Salicylaethylanilids, sowie des Salicylphenetidids prom o v i e r t w u r d e . Seit 1894 in einer e i g e n e n P r a x i s tätig, w a r er 1896 M i t b e g r ü n d e r d e s „Ärztlichen Vereins S u h l " ; 1906 Schloß er e i n e S p e z i a l i s i e r u n g z u m A u g e n a r z t in G ö t t i n g e n ab. 1915 w u r d e i h m der Titel Sanitätsrat verliehen. F., der auch als Schul-, A r m e n - und F ü r s o r g e a r z t i m G e s u n d h e i t s amt arbeitete, b e s c h ä f t i g t e sich mit e n t o m o l o g i s c h e n S t u dien, legte e i n e u m f a n g r e i c h e K ä f e r - und S c h m e t t e r l i n g s s a m m l u n g an und w a r als K ä f e r d o k t o r von S u h l b e k a n n t . 1954 w u r d e er von der U n i v . J e n a mit d e m Titel Prof e s s o r a u s g e z e i c h n e t . F. arbeitete v o r allem auf d e n Gebieten des P o l y m o r p h i s m u s der P a p i l i o n i d e n ( S c h w a l b e n s c h w ä n z e ) , ü b e r d a s M i m i k r y v e r h a l t e n und d i e G e s c h l e c h t s u n t e r s c h i e d e der S c h m e t t e r l i n g e und über d i e T a x o n o m i e der s ü d a m e r i k a n i s c h e n C r y p t o r h y n c h i d e n (Verborgenenrüßler). S e i n e S a m m l u n g e n v e r m a c h t e er d e n Universitäten Erlang e n und Jena. F. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Die Rüßlergattung Coelosternus Schönh. (Col. Cure. Cryptorhynchini) (1935) und Monograph of the South American weevils of the genus Conotrachelus (1940), f ü r den Index Literaturae Entomologicae von Walther —»Horn und S i g m u n d S c h e n k l i n g (4 Bde., 1 9 2 8 / 2 9 ) erarbeitete er ein S a c h v e r z e i c h n i s . F i e d l e r , (Adolph) Conrad, Kunsttheoretiker, * 2 3 . 9 . 1 8 4 1 O e d e r a n ( S a c h s e n ) , t 3 . 6 . 1895 M ü n c h e n . D e r S o h n e i n e s Fabrik- und Rittergutsbesitzers studierte n a c h d e m B e s u c h der F ü r s t e n s c h u l e in M e i ß e n ( 1 8 5 6 - 6 1 ) R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n an den Universitäten L a u s a n n e , Heidelberg, Berlin und L e i p z i g . E r u n t e r n a h m zahlreiche Bild u n g s r e i s e n d u r c h E u r o p a , d e n Vorderen Orient und Ä g y p ten. N a c h der P r o m o t i o n z u m Dr. j u r . 1865 war er k u r z e Zeit in der j u r i s t i s c h e n Praxis tätig. F. g a b seinen Beruf auf, u m sich der b i l d e n d e n K u n s t , P h i l o s o p h i e und Literatur zu w i d m e n . E r war u . a . b e f r e u n d e t mit H a n s von —>Marées (den er förderte), A d o l f von - » H i l d e b r a n d , A r n o l d —»Böcklin, H a n s —> T h o m a , R i c h a r d —> Wagner, Heinrich —» W ö l f f lin u n d G o t t f r i e d —»Semper. F. stand d e m K a n t i a n i s m u s n a h e und vertrat einen ästhetischen I d e a l i s m u s . D i e von i h m e n t w i c k e l t e Kunsttheorie, d i e d e n a u t o n o m e n C h a r a k ter d e s K u n s t w e r k s betont, w a r f ü r d i e o b j e k t i v e K u n s t b e trachtung d e s a u s g e h e n d e n 19. Jh. g r u n d l e g e n d . F. v e r ö f f e n t lichte u. a. Über die Beurteilung von Werken der bildenden Kunst ( 1 8 7 6 , 2 1 9 2 6 , 3 1 9 6 0 ) , Über Kunstinteressen und deren Förderung (1879), Über modernen Naturalismus und künstlerische Wahrheit ( 1 8 8 1 ) und Der Ursprung der künstlerischen Tätigkeit (1887). c d Metzler Kunsthistoriker

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Fiedler F i e d l e r , Eberhard, Jurist, Kirchenpolitiker, * 19. 1.1898 Köstritz, t 2 9 . 5 . 1947 Ronneburg. F. arbeitete nach d e m Jurastudium als Rechtsanwalt am Reichsgericht Leipzig. Er trat 1933 der Jungreformatorischen B e w e g u n g bei und war seit 1934 zusammen mit Wilhelm —>Flor der wichtigste Rechtsberater der Bekennenden Kirche, nahm an den Bekenntnissynoden teil und wurde Mitglied des Reichsbruderrats, Mitglied der vorläufigen Kirchenleitung und Leiter der Kirchenkanzlei. Die juristische Konzeption und Ausgestaltung der Bekennenden Kirche geht maßgeblich auf ihn zurück. 1936 legte er aus Gesundheitsgründen seine Amter nieder. 1945 wurde er Oberlandesgerichtsrat in Gera. F. veröffentlichte Kirche und Staat (1935). m RGG F i e d l e r , Erich, Schauspieler, * 15.3. 1901 Berlin, t 19.5. 1981 Berlin. Nach der Ausbildung an der Max-Reinhardt-Schule in Berlin spielte F. an den dortigen Reinhardt-Bühnen, u. a. als M o ritz Stiefel in Frank —» Wedekinds Frühlings erwachen sowie als Edgar im König Lear. Er erhielt Engagements an Provinzbühnen und kehrte 1932 in seine Heimatstadt zurück, um dort an verschiedenen Theatern als Charakterdarsteller, Komiker, singender Bonvivant und Conférencier aufzutreten. Später war F. vorwiegend als Filmschauspieler tätig; er arbeitete auch an zahlreichen Synchron- und Hörspielproduktionen mit. DP Exiltheater F i e d l e r , Franz, Photograph, * 1 7 . 3 . 1 8 8 5 Proßnitz (Mähren), t 5 . 2 . 1 9 5 6 Dresden. Der Sohn des Photographen Franz F. wurde seit 1901 bei einem Verwandten in Pilsen zum Photographen ausgebildet und war dann als Assistent u . a . bei Rudolf —»Dührkoop in Berlin (1905) und bei Hugo - ^ E r f u r t h in Dresden (1908-11) tätig. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg als Kriegsphotograph machte er sich 1919 in Dresden selbständig und photographierte neben Porträts auch für Zeitschriften und Werbung. 1937 wandte sich F. der Farbphotographie zu. 1947 begründete er mit Pan Walther in Dresden ein Atelier und eine Photoschule. F., ein Pionier der photographischen Reisereportage, veröffentlichte u . a . Dresden in Bildern (1930), Elementare Bildkomposition (1933, 2 I 9 3 7 ) und Porträt Photographie ( 1934). CD A KL F i e d l e r , Fritz, Ingenieur, * 9. 1. 1899 Potsdam, t 8 . 7 . 1972 Schliersee. F. studierte an der T H Charlottenburg, wurde 1923 Leiter des Konstruktionsbüros der Stoewer-Werke in Stettin und später Chefkonstrukteur von Horch in Zwickau. Seit 1932 Chefkonstrukteur von B M W in Eisenach, 1940-45 Leiter der BMW-Fahrzeugkonstruktion in München und Eisenach und gehörte 1941-45 d e m Vorstand der B M W A G an. Danach in Großbritannien, seit 1949 als Leitender Konstrukteur bei Opel tätig, kehrte er 1951 zu B M W zurück, war 1951-56 wieder Vorstandsmitglied und seit 1959 Entwicklungsleiter. F i e d l e r , Johann Kuno, Pseud. Friedrich Kuhn, Franziskus Kilian, evang. Theologe, * 3 . 2 . 1 8 9 5 Schwiebus (Brandenburg), t 1 3 . 8 . 1 9 7 3 Tessin. Zunächst Buchhändler in Leipzig, studierte F. dort 1913-16 Theologie, nahm am Ersten Weltkrieg teil, wurde 1916 zum Dr. phil. promoviert und war 1917-21 Pfarrer in Planitz, bevor er wegen seiner anonym veröffentlichten polemischen Schrift Luthertum oder Christentum (1920) sein A m t verlor. 1921-25 war er Volksschullehrer in Planitz, 1925-32 Studienrat in N e u s t a d t / O r l a und Altenburg und wurde nach der M a c h t ü b e r n a h m e der Nationalsozialisten entlassen. Unter Pseudonym schrieb F. für die „Sonntagszeitung". 1936 wurde er von der Gestapo verhaftet, konnte jedoch in die Schweiz fliehen, wo er bis 1955 als Pastor in St. Antonien

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(Kt. Graubünden) wirkte. F. veröffentlichte eine Reihe von philosophisch-theologischen Werken, u . a . Glaube, Gnade und Erlösung nach Jesus dem Synoptiker (1939). Er stand im Briefwechsel mit T h o m a s —>Mann. F i e d l e r , Josef von, österr. Archivar, * 1 7 . 3 . 1 8 1 9 Wittingau (Böhmen), f 3 0 . 6 . 1 9 0 8 Baden (Niederösterreich). Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. Wien war F. bis 1844 als Rechtsanwalt tätig und wurde danach in das Haus-, Hof- und Staatsarchiv a u f g e n o m m e n , wo er insbesondere die Archivbestände der osteuropäischen Sprachgruppe bearbeitete. 1880-88 war er Vizedirektor, seit 1884 Hofrat. F. veröffentlichte u . a . Die Relationen der Botschafter Venedigs über Deutschland und Osterreich im 17. Jahrhundert (2 Bde., 1866/67). • 3 Almanach Öst Akad, Jg. 59 F i e d l e r , Karl Alfred, schweizer. Zoologe, * 2 7 . 1 2 . 1863 Zürich, t 5 . 4 . 1894 Zürich (?). Der Sohn Wilhelm —>F.s studierte seit 1882 Zoologie an der Polytechnischen Schule seiner Heimatstadt, setzte seine Ausbildung an den Universitäten Leipzig und Berlin fort und wurde 1888 in Zürich mit der Arbeit Über die Ei- und Spermabildung bei spongilia fluviatilis promoviert. Noch im selben Jahr habilitierte sich F. an der Univ. Zürich (Heterotrema sarasinorum), war als erster Assistent am dortigen Zoologisch-Anatomischen Institut tätig und unternahm zwei Studienreisen nach Neapel und Rovigno, deren Ergebnisse er in seinen Entwicklungsmechanischen Untersuchungen an Echinodermeneiern (1891) darlegte. F i e d l e r , Karl Gustav, Montanist, Mineraloge, * 2 6 . 8 . 1 7 9 1 Bautzen (Oberlausitz), t 21. 11. 1853 Dresden. Nach dem Studium in Leipzig und Göttingen (Promotion 1817, Über die Blitzröhren und ihre Entstehung) bildete sich F. in Freiberg im Montanfach aus. Reisen durch Europa mit dem Auftrag, geologische Lagerstätten montanistisch zu begutachten, führten ihn 1822-26 in die Schweiz, nach Ungarn, Siebenbürgen und die Walachei, 1826-29 durch Schweden, Norwegen, England und Schottland, 1829-33 nach Sibirien bis zum Baikalsee, 1834-37 nach Griechenland und 1842-53 nach Italien, Spanien und Deutschland. Seine Reiseberichte beziehen sich neben naturhistorischen Bemerkungen vor allem auf Gewinnung und Verwertung nutzbarer Mineralstoffe. F., der zum königlich sächsischen Berg-Kommissar ernannt wurde, veröffentlichte u . a . Reise durch alle Theile des Königreiches Griechenland in Auftrag der Königl. Griechischen Regierung in den Jahren 1834 bis 1837 (2 Bde., 1 8 4 0 / 4 1 , darin Übersicht der Gewächse des Königr. Griechenland) und Die beste Ausrüstung für Freiwillige zu Fuß (1848). F i e d l e r , Marianne, verh. Müller, Malerin, Lithographin, * 2 3 . 4 . 1864 Dresden, t 14.2. 1904 Mainberg bei Schonungen (Unterfranken). F. war 1888-91 Schülerin Ludwig —»Hetterichs an der Frauenmalschule in M ü n c h e n und setzte ihre Studien bis 1892 in Italien, insbesondere in Florenz, teilweise mit Käthe —»Kollwitz und Otto —» Greiner fort. Nach Dresden zurückgekehrt, trat sie in den folgenden Jahren vor allem mit Landschaftsaquarellen hervor ( M o t i v aus Fiesole, 1892) und wandte sich seit 1894 hauptsächlich der Lithographie zu. F., Mitglied der Dresdner Sezession, gilt neben Georg Lührig als Begründerin einer neuen Epoche der Künstlerlithographie in Deutschland, wobei sie den Steindruck f ü r Bildnisse und Landschaften verwendete (u. a. Der lächelnde Knabe vor dem Kirschbaum, 1894). F. war seit 1900 mit d e m Theologen Johannes —» Müller verheiratet. e n AKL

Fierz F i e d l e r , (August) Max, Dirigent, Komponist, * 3 1 . 1 2 . 1859 Zittau, t 1.12. 1939 Stockholm. Der Sohn eines Musiklehrers erhielt seine erste Ausbildung bei seinem Vater und besuchte seit 1877 das Leipziger Konservatorium. Er gab seine Absicht, Konzertpianist zu werden, auf und wechselte 1882 als Lehrer an das Hamburger Konservatorium, d e m er seit 1903 als Direktor vorstand. Seit 1904 auch Dirigent der Philharmonischen Konzerte, leitete F. 1908-12 das Boston Symphony Orchestra, dirigierte 1912-16 in Berlin und war 1916-34 Städtischer Musikdirektor in Essen. Danach in Stockholm und Berlin ansässig, war er als Gastdirigent in zahlreichen europäischen Städten tätig. F. wurde vor allem als —> Brahms-Interpret geschätzt. Zu seinen Kompositionen zählen u . a . ein Streichquartett, eine S y m p h o n i e und eine Lustspielouvertüre. t u MGG F i e d l e r , (Otto) Wilhelm, Mathematiker, * 3 . 4 . 1 8 3 2 Chemnitz, t 19. 11. 1912 Zürich. Der aus ärmlichen Verhältnissen stammende F., Sohn eines Schuhmachermeisters, studierte seit 1846 als Stipendiat an der höheren Gewerbeschule in Chemnitz und seit 1849 als Externer an der Bergakademie Freiberg. 1852 wurde er Lehrer f ü r Mathematik und Mechanik an der dortigen neugegründeten Werkmeisterschule. Mit ihr übersiedelte er im folgenden Jahr an die Gewerbeschule in Chemnitz, lehrte dort seit 1857 Mathematik und darstellende Geometrie, bildete sich autodidaktisch in zahlreichen Fächern, vor allem in Sprachen, weiter und wurde 1858 mit der Arbeit Die Zentralprojektion als geometrische Wissenschaft in Leipzig promoviert. 1864 wurde er Ordinarius für darstellende Geometrie an der T H Prag, 1867 Prof. der darstellenden Geometrie und Geometrie der Lage am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich, wo er bis 1907 lehrte. Seit 1889 war F. Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. Er machte die Methoden der projektiven Geometrie für sein Fach zugänglich und begründete damit die moderne darstellende Geometrie. F. widmete sich der deutschen Bearbeitung der Werke des englischen Theologen und Mathematikers George Salmon (Analytische Geometrie der Kegelschnitte, frei nach George Salmon, 1860, 7 1907) und verfaßte zahlreiche eigene Schriften, darunter Die darstellende Geometrie in organischer Verbindung mit der Geometrie der Lage (1871, 3 1883-88 in 3 Bänden) und Cyklographie oder Construktion der Aufgaben über Kreise und Kugeln und elementare Geometrie der Kreis- und Kugelsysteme ( 1882). Er war der Vater von Karl Alfred - > F . DP N D B

F i e h l e r , Karl, Politiker, * 31. 8. 1895 Braunschweig, t 8.12.1969 Dießen/Ammersee. Der Sohn eines Predigers absolvierte eine k a u f m ä n n i s c h e Lehre und war bis zu seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1915 als Handlungsgehilfe in Schleswig-Holstein tätig. Seit 1919 arbeitete F. im Verwaltungsdienst der Stadt München, Schloß sich der Thüle-Gesellschaft und 1923 der N S D A P an und wurde wegen seiner Teilnahme am Hitlerputsch zu 15 Monaten Festungshaft verurteilt. 1924-33 ehrenamtlicher Stadtrat in München, war er 1925-29 Vorsitzender der NSDAP-Stadtratsfraktion, 1926-30 Ortsgruppenleiter in München-Schwabing und seit 1927 Mitglied der Obersten Reichsleitung der N S D A P . 1930-32 war er mit Rudolf —>Buttmann Leiter der Kommunalpolitischen Abteilung der Reichsleitung der N S D A P . 1933 wurde er Erster Bürgermeister der „Hauptstadt der B e w e g u n g " und Mitglied des Reichstags, dem er bis 1945 angehörte. Seit 1933 Mitglied der SS, war F. auch Leiter des Hauptamtes für K o m m u n a l p o litik der N S D A P und Vorsitzender des Deutschen Gemeindetags 1933-45. 1945 von den Alliierten verhaftet, erfolgte 1949 seine Verurteilung zu zwei Jahren Arbeitslager und

12 Jahren Berufsverbot. Kurz nach der Urteilsverkündung wurde F. dennoch entlassen und war später als Geschäftsführer eines Bauunternehmens tätig. c n Verwaltung F i e l h a u e r , Helmut Paul, österr. Volkskundler, * 8 . 1 0 . 1 9 3 7 Wien, t 5 . 2 . 1 9 8 7 Wien. Das Studium der Germanistik, Anglistik, Volkskunde und Kunstgeschichte Schloß F. 1962 mit der Promotion ab. 1961-63 arbeitete er im R a h m e n der A k a d e m i e der Wissenschaften am Österreichischen Volkskundeatlas mit. 1974 habilitierte sich F. f ü r europäische Volkskunde, wurde 1977 a. o . P r o f . und 1980 Institutsvorstand. F. arbeitete über Brauchtum, Glaube und Erzählung, Volksmedizin, Landbevölkerung und volkskundliche Museologie. F i e l i t z , Alexander von, Komponist, Dirigent, Musikpädagoge, * 28. 12.1860 Leipzig, t 2 9 . 7 . 1930 Bad Salzungen. F., der polnisch-russischer A b s t a m m u n g war, studierte Klavier, Komposition und Dirigieren als Schüler Julius —> Schulhoffs, E d m u n d —> Kretschmers und Karl —>Bancks. Seit 1885 Theaterkapellmeister in Zürich, 1886 in Lübeck und 1888 in Leipzig, übersiedelte F. nach Italien, wo er seit 1889 als freischaffender Komponist in R o m und auf Capri lebte. Seit 1901 unterrichtete er am Sternschen Konservatorium in Berlin und dirigierte 1 9 0 3 / 0 4 am Theater des Westens. 1905 ging F. als Lehrer an das ZiegfeldKonservatorium nach Chicago, leitete dort seit 1906 das Symphonieorchester und kehrte 1908 an das Sternsche Konservatorium zurück, dessen Leitung er 1915 übernahm. •D MGG F i e r l i n g e r , Julius (Thomas) Frh. von, österr. Jurist, * 3 1 . 3 . 1829 Krems, f 29. 11.1884 Wien. F. studierte an der Univ. Wien Rechtswissenschaften, wurde 1852 zum Dr. jur. promoviert und habilitierte sich im selben Jahr für österr. Zivilrecht. 1866 wurde er Ministerialsekretär im Finanzministerium, 1872 Sektionschef für indirekte Steuern, 1873 Chef der finanziellen Kontrollkommission der Weltausstellung. Als Senatspräsident des Verwaltungsgerichtshofs (seit 1876) führte er wichtige R e f o r m e n auf dem Gebiet der indirekten Steuern durch. CD N D B F i e r z , Hans Eduard, schweizer. Chemiker, * 5. 1. 1882 Riesbach (heute zu Zürich), t 2 5 . 8 . 1953 Zürich. F., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1900 an der Ε Τ Η Zürich sowie den Universitäten London und M ü n c h e n Chemie und wurde 1905 an der Univ. Zürich mit der Arbeit Zur Kenntnis der isomeren Campherylharnstojfe und Uber alphaCamphylharnstoff promoviert. Seit 1909 war er als Chemiker in Basel tätig, wo er sich der wissenschaftlichen Forschung und d e m industriellen Betrieb auf dem Gebiet der Farbenchemie zuwandte. 1917-52 lehrte F. als o. Prof. der organischtechnischen C h e m i e an der Ε Τ Η Zürich. 1934-36 war er Präsident der Naturforschenden Gesellschaft Zürich. Er veröffentlichte u. a. Grundlegende Operationen der Farbenchemie (1919, "1952, in verschiedene Sprachen übersetzt), Künstliche organische Farbstoffe (1926), Die Kunstseide (1930) und Abriss der chemischen Technologie der Textilfasern (1948). m NDB F i e r z , (Johann) Heinrich, schweizer. K a u f m a n n , * 12.9. 1813 Feldmeilen (Kt. Zürich), t 11.6. 1877 Fluntern (heute zu Zürich). Der Sohn eines Landwirts und Bezirksrichters absolvierte eine kaufmännische Ausbildung in einer Baumwollfabrik in Richterswil und richtete 1842 zusammen mit einem Freund ein Seiden- und Baumwolltücher-Exportgeschäft in Horgen ein, das er 1850 nach Fluntern bei Zürich verlegte, wo es zunehmend expandierte. F. spezialisierte sich auf den I m p o r t / E x p o r t von roher Baumwolle, Baumwollgarnen so-

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Fierz wie Baumwolltüchern. Er gehörte zu den Begründern der Kaufmännischen Gesellschaft Zürich. F. saß als Anhänger der Freisinnigen Partei 1858-68 im Zürcher Kantonsrat, 1855-74 im schweizer. Nationalrat. m NDB F i e r z , Henry, schweizer. Konstrukteur, * 11.11. 1897 Herrliberg (Kt. Zürich) t 3 1 . 8 . 1972 Buochs (Kt. Nidwalden) F., Sohn eines Gemeindepräsidenten, Schloß 1920 das Ingenieurstudium am Technikum Winterthur ab und arbeitete bis 1925 als Flugzeugkonstrukteur bei Curtiss, Douglas and Packard in den U S A . Anschließend trat er als C h e f k o n strukteur in die Flugzeugfabrik A. C o m t e in Oberrieden (Kt. Zürich) ein. Unter seiner Leitung entstanden das Jagdflugzeug AC-1, das Transport- und Militärflugzeug A C - 3 sowie die ersten Sport- und Reiseflugzeuge der Reihen A C - 4 bis AC-12. Nach dem Konkurs des Unternehmens war F. 1934-39 technischer Betriebsleiter der Swissair, seit 1941 Chefkonstrukteur bei den Pilatusflugzeugwerken, wo das Modell PC-6 Porter seine bekannteste Entwicklung wurde. m H LS F i e r z , Maria, schweizer. Frauenrechtlerin, * 2 7 . 3 . 1 8 7 8 Richterswil (Kt. Zürich), | 1 3 . 9 . 1 9 5 6 Oberrieden (Kt. Zürich). Nach dem Studium am W o m e n ' s University Settlement in London arbeitete F., Tochter eines Bankiers, seit 1903 in der Hilfskolonne des gemeinnützigen Frauenvereins Zürich und organisierte 1908 Einführungskurse bei Fürsorgerinnen. 1916 rief sie die Zürcher Frauenzentrale ins Leben, der sie bis 1944 vorstand. 1921 gründete F. die Soziale Frauenschule Zürich und gehörte seit 1928 der Kommission für Armenpflege der Stadt Zürich an. 1921 wurde unter ihrer Leitung der kantonale Frauentag geschaffen. DD H L S F i e s e l , Eva, geb. Lehmann, Etruskologin, * 23. 12.1891 Rostock, t 2 7 . 5 . 1 9 3 7 N e w York. Die Tochter eines Juristen wurde 1920 in Rostock mit einer Arbeit über Das grammatische Geschlecht im Etruskischen promoviert und wirkte 1931-33 als Privatdozentin an der Univ. M ü n c h e n . 1934 emigrierte sie in die USA, war 1934-36 an der Yale University tätig und entdeckte kurz vor ihrem Tod, daß das bisher als t gelesene Schriftzeichen χ als Sibilant s verstanden werden muß. F. veröffentlichte u. a. Die Sprachphilosophie der deutschen Romantik (1927) und Etruskisch (1931). m NDB F i e s e i e r , Gerhard, Kunstflieger, Konstrukteur, Unternehmer, * 15.4. 1896 Glesch (heute zu Bergheim), t 1 . 9 . 1 9 8 7 Kassel. Der Sohn eines Buchdruckereibesitzers arbeitete zunächst im väterlichen Betrieb und nahm als Jagdflieger am Ersten Weltkrieg teil, bevor er eine eigene Druckerei in Eschweiler bei Aachen führte. Seit 1926 wandte er sich erneut der Fliegerei zu, wurde ein erfolgreicher Kunstflieger, arbeitete als Werkflieger bei den Flugzeugwerken in Kassel, die er schließlich übernahm, und gründete 1930 die spätere Fieseler-Flugzeugbau G m b H . F. entwickelte 1937 den Fieseler „Storch" als erstes Kurzstart- und Langsamflugzeug, das im Zweiten Weltkrieg als Kurierflugzeug Verwendung fand. 1942 wurde in seinen Werken die als „V 1" bekannt gewordene F l u g b o m b e entwickelt. F., der sich 1957 aus d e m Geschäftsleben zurückzog, veröffentlichte 1979 seine Erinnerungen Meine Bahn am Himmel. CD Munzinger F i e s e r , Emil, Jurist, Politiker, * 8 . 4 . 1855 Sinsheim, t 28. 1. 1904 Freiburg/Breisgau. F. studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Heidelberg und Freiburg, trat anschließend in den Staatsdienst ein und war seit 1864 als Amtsrichter in Konstanz tätig. 1867 wurde er Staatsanwalt in Villingen, 1870 in Konstanz und

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übersiedelte 1879 nach Karlsruhe, wo er zunächst Landgerichtsrat, seit 1882 erster Staatsanwalt war und 1890 Landgerichtsdirektor wurde. Von 1898 bis zu seinem Tod amtierte F. als Landgerichtspräsident in Freiburg/Breisgau. Seit 1895 war er Führer der Nationalliberalen Partei in Baden sowie Mitglied des Deutschen Reichstags und der badischen Zweiten Kammer. m Bad Bio, Bd 6 F i e s i n g e r , Franz Gabriel, auch Fießinger, Kupferstecher, * 7 . 2 . 1752 Offenburg, t 2 . 2 . 1 8 0 7 London. Seit 1766 studierte F. in Heidelberg, seit 1768 in Straßburg; die Vermutung, er sei zunächst Jesuit gewesen, läßt sich nicht beweisen. Seit 1773 wandte er sich der Kupferstechkunst zu, die er in München und Wien erlernte und ausübte. Seit 1773 Mitglied der Wiener Kunstakademie, absolvierte er eine Ausbildung bei dem Maler Franz Josef Stöber. Er hielt sich 1782 in München, danach vermutlich auch in der Schweiz auf. F. schuf f ü n f z e h n Stiche in Strichmanier sowie Radierungen, befand sich seit 1789 in Paris und wurde dort mit seinen Porträts von Mitgliedern des Nationalkonvents bekannt. In London, wo er sich 1792-97 aufhielt, entstand 1793 u . a . das Bild von Mirabeau, das als sein Meisterwerk gilt. 1798-1802 arbeitete F. erneut in Paris und verbrachte seine letzten Lebensjahre in London. m AKL F i e t z , Gerhard, Maler, Graphiker, * 2 5 . 7 . 1910 Breslau, t 4 . 3 . 1 9 9 7 Göddingen bei B l e c k e d e / E l b e . F. studierte 1 9 3 1 / 3 2 an der Kunstakademie in Breslau bei Alexander —>Kanoldt und Oskar —> Schlemmer, 1 9 3 2 / 3 3 in Düsseldorf bei Heinrich —» Nauen und 1937-39 in Berlin. 1939 ging er nach Schlederloh bei Wolfratshausen (Bayern), nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg (1941-43) 1950 nach Stuttgart, 1951 nach Buch bei Illertissen, 1979 nach Göddingen. Bis 1946 einer naturnahen Richtung verhaftet, gehörte F. seit 1947 zu den Wegbereitern der deutschen Nachkriegsabstraktion und war Gründungsmitglied der M ü n c h n e r Künstlergruppe „ZEN 49". 1957-90 war er Prof. an der Hochschule der Künste in Berlin und nahm Gastdozenturen in Hamburg wahr. 1950 wurde F. mit dem Darmstädter Ströher-Preis für gegenstandslose Malerei geehrt. D3 A K L F i e t z , Hermann, schweizer. Architekt, Architektur- und Kunsthistoriker, * 4. 12. 1898 Zürich, t 1 9 . 3 . 1 9 7 7 Zollikon (Kt. Zürich). Wie sein Vater ergriff F. den Beruf des Architekten, Schloß das Studium an der Ε Τ Η Zürich bei Karl —> Moser und Gustav —>Gull 1921 mit dem Diplom ab und war in einem Architekturbüro tätig, bevor er sich 1924 selbständig machte. 1932-38 leitete er den Technischen Arbeitsdienst Zürich. F. wandte sich insbesondere dem Bau von Privathäusern sowie kirchlichen und Schulbauten zu, wurde 1932 promoviert (Der Bau der Klosterkirche Rheinau) und errichtete später vorwiegend Krankenhäuser, u . a . 1957-66 das Kantonsspital Freiburg. CD A K L F i g d o r , Albert, österr. Bankier, Kunstsammler, * 1 6 . 5 . 1 8 4 3 Baden (Niederösterreich), t 2 2 . 2 . 1927 Wien. Der einer ursprünglich in Ungarn ansässigen Bankiersfamilie entstammende F. erbte nach d e m Tod seines Vaters ein großes Vermögen, das er vorwiegend in die A n s c h a f f u n g von Kunstgegenständen investierte. Er war jedoch auch einer der Finanziers der St. Gotthardbahn. F. galt bald als der größte Privatsammler Europas. Unterstützt von dem Kunsthistoriker Alois —> Riegl, sammelte er neben Malerei, Plastik und Kleinkunst künstlerisch gestaltete Gebrauchsgegenstände sowie D o k u m e n t e und Schmuck. Er besaß eine der größten Judaica-Sammlungen Europas. Nach F.s Tod wurden seine Sammlungen 1930 in Berlin und Wien versteigert. m NDB

Fikentscher F i g d o r , Karl, Pseud. Alex Siegert, Percy Trunx, r. o., Journalist, Schriftsteller, * 3 1 . 8 . 1 8 8 1 Wien, t 2 1 . 6 . 1 9 5 7 Zürich. F. war außenpolitischer Mitarbeiter der „Vossischen Zeitung" und des „Berliner Tageblatts", 1909 gab er mit dem später verfilmten R o m a n Schiffe und Menschen (Neuausg. 1929) sein schriftstellerisches Debüt. 1919 erschien sein Erfolgsroman Die Herrin der Welt (Neuausg. 1930), gefolgt von einer Reihe von Novellen und Romanen sowie Filmdrehbüchern. 1935 emigrierte F. in die Schweiz. 1947 erschien Erlebtes Asien. Abenteuer und Erkenntnisse zwischen Urwald und Meer. CD DLL, 20. Jh. F i g e l , Albert, Maler, * 1 5 . 6 . 1 8 8 9 München, t 29. 12. 1954 Burghausen (Oberbayern). 1905-13 in der Hofglasmalerei Zettler in München tätig, besuchte F. anschließend die Münchner Kunstakademie und wandte sich der kirchlichen Glasmalerei zu. Zu seinen Werken zählen u . a . der Hochaltar im Schwesternheim zur Hl. Familie in München sowie das Altarbild der Pfarrkirche in Wörishofen und das der Hl.-Kreuz-Kirche in MünchenGiesing. CD A K L F i g g e n , Werner, Politiker, * 9. 11.1921 Neheim-Hüsten, t 12.4.1991 Hamm. F., Sohn eines Schlossers, absolvierte eine Ausbildung zum Dreher, nahm am Zweiten Weltkrieg teil und arbeitete 1945-47 als Verzinker. 1946 Schloß er sich der S P D an, wurde Sekretär der Sozialistischen Jugend Deutschlands Die Falken und 1950 Geschäftsführer der Warsteiner S P D im Unterbezirk H a m m . 1948-50 war er Mitglied des Kreistages Arnsberg, 1952-69 Ratsmitglied der Stadt H a m m sowie Fraktionsvorsitzender der SPD. 1956-64 Oberbürgermeister von H a m m , wurde F. 1961 Mitglied des Deutschen Bundestags und war 1965-74 Vorsitzender des SPD-Bezirks Westliches Westfalen, 1965-73 stellvertretender, 1973-77 Landesvorsitzender der S P D Nordrhein-Westfalen. 1966-75 war er Arbeits- und Sozialminister in Nordrhein-Westfalen. 1970-80 gehörte F. d e m nordrhein-westfälischen Landtag an und übernahm 1979 erneut das A m t des Oberbürgermeisters in H a m m . Er veröffentlichte u. a. Jugendschutz und die Verantwortung der Gesellschaft (1970) und Freie Wohlfahrtspflege in unserer Zeit (1973). CD M d B F i g i , Leopold, österr. Politiker, * 2 . 1 0 . 1 9 0 2 Rust (heute zu Michelhausen, Niederösterreich), t 9 . 5 . 1965 Wien. Der Bauernsohn Schloß das Studium an der Hochschule für Bodenkultur in Wien als Diplomingenieur ab. Er war Mitglied der Christlichsozialen Partei, seit 1927 Beamter, 1934-38 Direktor des Niederösterreichischen Bauernbundes; seit 1934 gehörte er d e m Bundeswirtschaftsrat an. Als Gegner des „Anschlusses" Österreichs 1938-42 und 1 9 4 4 / 4 5 in verschiedenen Konzentrationslagern inhaftiert, Schloß sich F. 1943 einer Untergrundgruppe an. 1945 wurde er Vizekanzler in der Regierung —> Renner sowie Landeshauptmann von Niederösterreich. Seit 1945 auch Mitglied des Nationalrats, beteiligte sich F. an der Gründung der Österreichischen Volkspartei und war 1945-52 ihr Bundesobmann. Als Bundeskanzler (1945-53) und als Außenminister (1953-59) trug er zur Bewahrung der staatlichen Einheit Österreichs bei und hatte wesentlichen Anteil am Abschluß des Österreichischen Staatsvertrags 1955, den er unterzeichnete und seinem Land damit die Unabhängigkeit sicherte. 1959-62 war er Präsident des Nationalrats, 1962-65 erneut Landeshauptmann von Niederösterreich. CD Munzinger F i g n e r , Leopold, Zauberkünstler, * 8. 12. 1854 Mühlhausen (Böhmen), f 10.5. 1932 München. F. absolvierte in Prag eine kaufmännische Lehre und erlernte daneben die Zauberkunst bei einem Prager Zauberkünstler. Er wurde dessen Assistent und trat mit ihm in zahlreichen

europäischen Ländern auf. Später ließ sich F. als K a u f m a n n in Berlin nieder, zog sich fünfzigjährig aus seinem Geschäft zurück und übersiedelte schließlich nach München, wo er mit Kartenexperimenten große Erfolge erzielte. F. veröffentlichte u . a . Höhere Kartenkunst (1927). F i g u l u s , Benedictus, Schriftsteller, * 2 9 . 1 2 . 1567 Uttenhofen (Franken), t nach 1617. F. brach sein Studium ab und wirkte als lutherischer Prediger in Lipprichhausen, wurde aber im Z u g e der Gegenreform in Franken vertrieben. Er führte ein unstetes Wanderleben und hing einer alchemoreligiösen R e f o r m b e w e g u n g an, die mit Hilfe der Alchemie das Wesen Gottes und der Natur zu erkennen suchte und nach einer radikalen Kirchenreform strebte. F. war u. a. mit A d a m —» Haslmayr befreundet, trat mit Lobgedichten auf —> Luther und den Paracelsusanhänger Georg A m w a l d hervor und gab Werke von —»Paracelsus, von Bartholomäus —»Carrichter und andere alchemistische Werke heraus, die bis ins 18. Jh. nachgedruckt wurden. CD Killy F i g u l u s , Wolfgang, eigentl. Töpfer, Komponist, Kantor, Musiktheoretiker, * um 1525 N a u m b u r g / S a a l e , t September (?) 1589 Meißen. F. war seit 1 5 4 5 / 4 6 Kantor in Lübben und wurde 1547 an der Univ. F r a n k f u r t / O d e r , 1 5 4 7 / 4 8 an der Univ. Leipzig immatrikuliert, w o er eine musikalische und humanistische Ausbildung erhielt. 1549-51 wirkte er als Thomaskantor in Leipzig, unterrichtete daneben Musik an der dortigen Univ. und folgte anschließend einem Ruf als Kantor und Quartus an die Fürstenschule St. A f r a in Meißen (bis 1588). F. komponierte zahlreiche Messen, Motetten, Hymnen und Lieder. Er veröffentlichte eine Reihe von Lehrschriften, darunter Elementa musicae (1550). CD M G G F i k e n t s c h e r , (Georg) Friedrich (Christian), Chemiker, Fabrikant, * 15. 11.1799 Marktredwitz (Oberfranken), t 9 . 8 . 1 8 6 4 Zwickau (Sachsen). Der Sohn Wolfgang Caspar - > F . s erhielt eine Ausbildung durch seinen Vater in dessen chemischer Fabrik und ging zur Vervollkommnung seiner Kenntnisse 1817 an das Lehrinstitut seines späteren Schwiegervaters Johann Bartholomäus —> Trommsdorff nach Erfurt. Studienreisen führten ihn nach Frankreich und England. Er übernahm die Leitung einer Glashütte bei Marktredwitz, deren Mitbesitzer sein Vater war, und führte als erster Natriumsulfat anstelle von Soda bei der Glasfabrikation ein. Für —> Goethe, den er 1822 in Marktredwitz persönlich kennenlernte, stellte er entoptische Spezialgläser für Versuche im Rahmen der Farbenlehre her. Nach dem Tod des Vaters leitete F. seit 1837 zusammen mit seinem Bruder die chemische Fabrik. 1845 gründete er in Zwickau eine eigene Glashütte mit chemischer Abteilung, die hauptsächlich säurefestes Steinzeug herstellte, und schied 1848 aus der Marktredwitzer Firma aus. DP N D B F i k e n t s c h e r , Jenny, geb. Nottebohm, Malerin, Zeichnerin, Lithographin, * 1.6. 1869 Kattowitz (Oberschlesien), t 2 6 . 4 . 1959 Gernsbach. F., Tochter eines Regierungsbaumeisters, und Stiefschwester von Gustav —>Kampmann, studierte 1 8 8 8 / 8 9 an der Karlsruher Malerinnenschule, erhielt privat ihre weitere künstlerische Ausbildung und zog 1889 ins Schloß Augustenburg in Grötzingen bei Karlsruhe. Seit 1891 mit Otto —»F. verheiratet, Schloß sie sich mit ihm der Grötzinger Malerkolonie an. Sie widmete sich insbesondere der Lithographie von Tischkarten, Blumen und Landschaften sowie der Malerei in Öl und Aquarell, deren starke farbige Kontraste charakteristisch f ü r ihren Stil sind. 1899 und 1901 war F. auf der Dresdner Kunstausstellung vertreten, 1900 stellte sie im M ü n c h n e r Glaspalast aus. 1899 war F. Mitglied des sezessionistischen Karlsruher Künstlerbundes. CD Bad Bio N.F., Bd 3

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Fikentscher Fikentscher, Ludwig, Numismatiker, * 12.4. 1826 Bayreuth, t 24. 12.1894 Augsburg. Neben seinem Beruf als Tierarzt sammelte F., Enkel von Wolfgang Caspar —»F., burggräflich-nürnbergische und brandenburg-fränkische Münzen und Medaillen. Aus seiner reichhaltigen Sammlung schöpfte er das Material für zahlreiche Aufsätze und monographische Darstellungen wie Die ältesten Münzen der Landgrafen von Leuchtenberg und der Grafen von Württemberg (1890). F.s Sammlung wurde in das kaiserliche Münzkabinett in Berlin eingegliedert. Fikentscher, Otto, Maler, Radierer, Lithograph, Bildhauer, * 6.7.1862 Zwickau, t 26.2. 1945 Baden-Baden. F., Sohn eines Fabrikanten, studierte 1879/80 Plastik, besuchte die Kunstgewerbeschule Dresden (1880-82), die Münchner Kunstakademie (1883-88) und die Kunstschule in Karlsruhe (1889-1901). Studienreisen führten ihn nach Ungarn, Siebenbürgen und Amerika. Seit 1891 mit Jenny —>F. verheiratet, war er mit ihr in Grötzingen bei Karlsruhe tätig, beschäftigte sich vor allem mit Darstellungen aus der Tierwelt, häufig in landschaftlicher Umgebung, die er in Öl und Aquarell, hauptsächlich aber als Lithographie oder Radierung ausgestaltete. Zu seinen Werken zählen Herbstabend, Mondnacht und Am Lehnitz-See. F. beschickte wiederholt große deutsche Kunstausstellungen; er gehörte zu den Gründungsmitgliedern des Karlsruher Künstlerbundes. OD A KL Fikentscher, Richard, Gynäkologe, * 2.4. 1903 Augsburg, t 16.6. 1993 München. F., Sohn eines praktischen Arztes, studierte in München und Kiel Medizin, wurde 1928 promoviert (Multiple Infarktbildung der Nieren bei Endarteriitis luetica obliterans), war seit 1929 Assistent am Pathologischen Institut der Univ. München, begann 1931 seine gynäkologische Ausbildung an der Frauenklinik der Univ. Halle und habilitierte sich 1935 mit Untersuchungen Uber den Porphyrinstoffwechsel in der Schwangerschaft. Seit 1938 Oberarzt an der II. Frauenklinik der Univ. München, wurde er 1950 deren Direktor, außerdem Direktor der Gynäkologischen Abteilung und Klinik im Krankenhaus links der Isar und a. o. Prof. und erhielt 1959 den Titel eines persönlichen Ordinarius. F. beschäftigte sich mit Fertilität und Sterilität, sah eine sinnvolle Behandlung der kinderlosen Ehe nur in der ärztlichen Behandlung der Frau und des Mannes zusammen und wies auf psychische Hemm- und Störfaktoren bei ungewollter Kinderlosigkeit hin. Mit seinem Schüler Kurt Semm entwickelte er Instrumente und Apparate zur besseren Diagnostik und Behandlung von Tubenerkrankungen. F. veröffentlichte u. a. Beiträge zur Fertilität und Sterilität ( 1959) und Notfallsituationen in Gynäkologie und Geburtshilfe (1972). Fikentscher, Wolfgang Caspar, Chemiker, Fabrikant, * 3.5. 1770 Marktredwitz (Oberfranken), f 7.3. 1837 Marktredwitz. Zunächst durchlief der Sohn eines Bäckermeisters eine Apothekerlehre in Nürnberg, wurde 1788 Gehilfe und begann mit der Herstellung von Chemikalien. 1804 baute er sein Laboratorium zu einer der ersten chemischen Fabriken in Deutschland aus. F. war Mitbegründer einer Glashütte, errichtete 1825-36 Bleikammern zur Herstellung von Schwefelsäure und erhielt 1825 die Regierungsgenehmigung zum Bezug von billigem Kochsalz, wodurch die Herstellung von Glaubersalz und Chlorkalk rentabler wurde. Die Produkte seiner Firma konnte F., der seit 1809 Bürgermeister seiner Heimatstadt und seit 1828 bayerischer Landtagsabgeordneter war, bis nach Rußland und in die Türkei exportieren. Er war der Vater von Friedrich —» F. DP NDB

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Filchner, Wilhelm, Forschungsreisender, Geodät, * 13.9.1877 München, t 7.5.1957 Zürich. Nach dem frühen Tod seines Vaters, eines Lazarettverwaltungsinspektors, verkehrte F. häufig bei seinem Onkel, dem Verleger Thomas -> Knorr, schlug die Offizierslaufbahn ein und machte 1900 einen Ritt über den Pamir mit. Er studierte Vermessungskunde und Geographie in München und erhielt eine praktische Ausbildung u.a. am MeteorologischMagnetischen Observatorium und am Astrophysikalischen Institut in Potsdam sowie am Erdmagnetischen Observatorium in Berlin. 1903-05 war F. Leiter der deutschen ChinaTibet-Expedition und begab sich 1910 auf eine Vorexpedition nach Spitzbergen, 1911/12 auf eine Südpolarexpedition, auf der F. das „Prinz-Luitpold-Land" und die „FilchnerBarriere" entdeckte. Später erneut in Tibet und China sowie in Nepal, wurde er nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs in Indien interniert. 1949 nach Europa zurückgekehrt, ließ er sich in Zürich nieder. 1938 wurde F. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Seine Forschungsergebnisse dokumentierte er u. a. in u.a. ein Ritt über dem Pamir (1903), China und Tibet (1933), Bismillah (1938), in der Fieberhölle Nepals (1951) und Route-mapping and position locating in unexplored regions (1957). 1950 erschienen seine Erinnerungen unter dem Titel Ein Forscherleben ( 2 1956). m NDB Filehne, Wilhelm, Pharmakologe, Mediziner, * 12.2.1844 Posen, f 29.4.1927 Bensheim/Bergstraße. F. studierte an den Universitäten Berlin und Heidelberg Medizin, wurde 1866 in Berlin promoviert {De capitis vulneribus gladio illatis) und war seit 1868 Assistent bei Rudolf —»Virchow, nach seiner Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg bei Ludwig —»Traube. 1874 übersiedelte F. nach Erlangen, habilitierte sich 1876 (Über das CheyneStokes'sche Atmungsphänomen), wurde a. o. Prof. und folgte 1886 einem Ruf als o. Prof. der Arzneimittellehre nach Breslau. Er beschäftigte sich insbesondere mit der pharmakologischen Prüfung synthetischer Fiebermittel, führte u. a. Antipyrin und Pyramidon ein und drängte damit Chinin weitgehend zurück. CD Ärzte Schlesien Filek, Egid Edler von Wittinghausen, auch E. Witting, österr. Schriftsteller, * 18.1.1874 Wien, t 20.4.1949 Wien. Das Studium der Philosophie, Germanistik, Geschichte und Geographie Schloß F., Sohn eines Juristen und Französischlehrers, 1896 mit der Promotion zum Dr. phil. ab und war seit 1898 Lehrer in Iglau, seit 1900 in Brünn, 1904-22 in Wien. Er unternahm später zahlreiche Reisen, u. a. nach Italien und Jugoslawien. 1898-1908 leitete F. die Jugendzeitschrift „Gaudeamus", war schriftstellerisch tätig und gab mit der autobiographischen Novellensammlung Mein Frühling (1900) sein literarisches Debüt. 1918 erschien F.s erfolgreichster Roman Wachtmeister Pummer. Nach dem Ersten Weltkrieg folgten eine Reihe von auf historischen Stoffen basierenden Erzählungen sowie zahlreiche Heimat- und Wanderbücher. c n Killy Filke, Max, Komponist, Dirigent, * 5.10. 1855 Steubendorf (Kr. Leobschütz), t 8.10. 1911 Breslau. Der aus Oberschlesien stammende, früh verwaiste Sohn eines Lehrers kam im Alter von neun Jahren an das Knabenkonvikt nach Breslau, erhielt eine musikalische Ausbildung als Breslauer Domchorsänger bei Moritz —> Brosig und besuchte seit 1877 die Kirchenmusikschule in Regensburg. 1878/79 Kantor in Duderstadt, vervollkommnete er seine Kenntnisse am Leipziger Konservatorium als Schüler Karl —»Piuttis. 1881 wurde F. Chordirigent in Straubing, 1890 Dirigent des Sängerkreises in Köln, 1891 Domkapellmeister in Breslau. Dort unterrichtete er zugleich als Gesangslehrer

Filtz am Priesterseminar, seit 1893 am Kgl. Akademischen Institut für Kirchenmusik und wurde 1899 Kgl. Musikdirektor. F. komponierte zahlreiche kirchenmusikalische Werke, darunter eine Reihe von Messen mit Orchester. CD N D B F i l k u k a , Anton, österr. Maler, * 3 0 . 4 . 1 8 8 8 Wien, t 4 . 2 . 1 9 5 7 Wien. Nach dem Besuch der A k a d e m i e der bildenden Künste in Wien (u. a. als Schüler Christian —» Griepenkerls) sowie der Meisterschule Kasimir Pochwalskis wirkte F. hauptsächlich als Landschafts-, Porträt- und Genremaler. Studien bei Siegmund —»L'Allemand und Heinrich von —»Angeli sind ungeklärt. Während des Ersten Weltkriegs war F. als Kriegsmaler tätig. Die österreichische Landschaft malte er meist in Licht- und Wetterstimmungen. Zu seinen Werken zählen u. a. Die Menschen und Himmel und Erde. F. schuf daneben zahlreiche Porträts, u. a. Doppelportrait der Eltern des Künstlers und die Porträts von A l m a - » Mahler-Werfel (1935) und Grace Kelly (1955). m A KL F i l i j u n g , Katharina, Dominikanerin, * 1 3 . 4 . 1 8 4 8 Büdingen, t 4 . 8 . 1915 Büdingen. Aus ärmlichen Verhältnissen stammend, gehörte F. früh d e m weltlichen III. Orden des hl. Dominikus an. Nach der Heilung von einer schweren Krankheit im Alter von 25 Jahren erlebte sie Ekstasen und empfing Visionen. 1882 und 1887 wurde sie vom Hl. Offizium in R o m geprüft. 1884 gründete F. in Büdingen ein Waisenhaus. Sie war Verfolgungen ausgesetzt und wurde ins Gefängnis sowie in Irrenhäuser verbracht. Später setzte sich der Statthalter Fürst Hohenlohe für F. ein. Eine gerichtliche und ärztliche Untersuchung kam zu d e m Ergebnis, daß ihre Zustände nicht auf Täuschung beruhten. CD N D B F i l l u n g e r , August, österr. Bergmann, * 7 . 8 . 1 8 5 6 Ternitz (Niederösterreich), t 27. 1. 1917 Mährisch-Ostrau. Nach dem Studium der Geologie an der Univ. Wien war F., Sohn eines Eisenbahnbauers, Betriebsbeamter bei den Steinkohlengruben der Kaiser-Ferdinand-Nordbahn in MährischOstrau, später Leiter des Betriebsschachtes der Steinkohlengewerkschaft in Orlau. 1895 wurde er Bergdirektor, 1898 Einzelbevollmächtigter und Zentraldirektor der Witkowitzer Gruben in Mährisch-Ostrau. Seit 1901 war er Bergrat, seit 1912 Oberbergrat. Durch F.s Wirken wurde die Einführung und Ausbildung des maschinellen Betriebs nicht nur für den österr., sondern auch für den deutschen und englischen Bergbau wegweisend. Er veröffentlichte u. a. Die Witkowitzer Steinkohlengruben in Dombrau ( 1899) und Das Relief des Steinkohlengebirges von Mährisch-Ostrau (1903). OD N D B F i l l u n g e r , Marie, österr. Sängerin, * 27. 1. 1850 Wien, t 23. 12. 1930 Interlaken. F. studierte 1869-73 bei Mathilde - » Marchesi am Wiener Konservatorium, dann bis 1879 an der Berliner Musikhochschule und schließlich bei Clara —»Schumann in Frankf u r t / M a i n . Bereits während ihrer Ausbildungszeit trat sie als Solistin in Oratorien und geistlichen Musikwerken auf, hatte bei Auftritten in Norddeutschland, Holland und der Schweiz große Erfolge und sang 1889 bei einem Konzert mit —»Schubert-Liedern erstmals in London. Zu ihren größten Partien gehörte die Konzertarie A perfido von —»Beethoven, Schuberts Die Allmacht sowie das Sopransolo in Beethovens 9. Symphonie. 1891 war F. mit Sir Charles und Lady Hallé (—»Neruda) auf einer Australien-Tournee, 1895 begleitete sie diese nach Südafrika. 1904-12 unterrichtete F. am Royal College of Music in Manchester und lebte seit 1919 in der Schweiz. CD Kutsch

F i l l u n g e r , Paul, österr. Ingenieur, * 2 5 . 6 . 1 8 8 3 Wien, t 7 . 3 . 1937 Wien. Nach dem Studium an der TH Wien und der Promotion zum Dr. techn. Ing. trat F. in den Dienst der StaatsEisenbahngesellschaft. Seit 1910 unterrichtete er am Technologischen G e w e r b e m u s e u m , wurde 1913 zum Prof. ernannt und übernahm 1918 die Leitung der dortigen Versuchsanstalt für Bau- und Maschinenmaterial. 1923 wurde er Prof. der Elastizitäts- und Festigkeitslehre an der T H Wien, wo er ferner dem Lehrstuhl für technische Mechanik vorstand. Zu seinen Veröffentlichungen gehörten Die Berechnung genieteter Vollwandträger (1918) und Erdbaumechanik (1936). F i l t s c h , Carl, auch Karóly F., Musiker, Komponist, * 2 8 . 5 . 1830 Mühlbach (Siebenbürgen), t 1 1 . 5 . 1 8 4 5 Venedig. F. erhielt als Dreijähriger Klavierunterricht von seinem Vater und kam 1837 zur weiteren Ausbildung nach Wien, wo er bei Hof eingeführt wurde; er war Musizier- und Spielgefährte des späteren Kaisers —»Franz Joseph. Als Pianist debütierte F., der den Ruf eines Wunderkindes hatte, 1841 im Wiener Musikvereinssaal und unternahm anschließend eine erfolgreiche Konzertreise u. a. nach Budapest und Hermannstadt. E n d e desselben Jahres begab er sich nach Paris, wurde Schüler Chopins, konzertierte 1843 zum ersten Mal im Saal des Konservatoriums und trat mehrmals am englischen Hof auf. Nach einigen Konzerten in Deutschland kehrte F. 1844 nach Wien zurück und starb im folgenden Jahr in Venedig an Tuberkulose. Bei seinen Konzerten spielte F. auch eigene Kompositionen, die 1843 in London veröffentlicht wurden. CD M G G F i l t s c h , Eugen, evang. Theologe, Literaturwissenschaftler, * 2 5 . 4 . 1 8 5 6 Hermannstadt, t 1919. F. studierte seit 1874 Theologie, Germanistik, Philosophie und Pädagogik an der Univ. Leipzig, wurde promoviert und kehrte 1878 nach Siebenbürgen zurück. Er wirkte als Lehrer in Reußmarkt, seit 1882 in seiner Heimatstadt, w o er zudem als Prediger tätig war. 1892 wurde F. evang. Pfarrer in Bukarest. Er verfaßte eine Reihe von literaturwissenschaftlichen Schriften, u . a . Goethes religiöse Entwicklung (1894) und eine Geschichte des deutschen Theaters in Siebenbürgen. F i l t s c h , Johann, evang. Theologe, * 16.12. 1753 Hermannstadt, t 13. 10.1836 Hermannstadt. F. studierte an den Universitäten Erlangen und Göttingen, unterrichtete seit 1781 als Gymnasialprofessor in Hermannstadt und wurde dort 1784 Prediger. Seit 1791 Pfarrer in Heitau, von 1797 an in Urwegen, war er 1805-35 Stadtpfarrer in seiner Heimatstadt, 1809-17 Dechant des dortigen Kapitels. F. war Initiator und Mitarbeiter der Kritischen Sammlungen zur Geschichte der Deutschen in Siebenbürgen (1795-97) August Ludwig von —» Schlözers und hatte Anteil an der Errichtung des Bruckenthal-Museums in Hermannstadt 1817. 1790-1801 war er Herausgeber des „Siebenbürgischen Quartalsheftes", 1805-24 der „Provinzblätter". CD Ö B L F i l t z , (Johann) Anton, auch Fils, Filz, Fieltz, Komponist, getauft 2 2 . 9 . 1 7 3 3 Eichstätt, begraben 1 4 . 3 . 1 7 6 0 Mannheim. Auf F.' böhmische Herkunft deuten die beiden unter seinem N a m e n in der Strahower Stiftsbibliothek aufbewahrten Messen sowie die in seinen Kompositionen nachweisbaren stilistischen Eigenheiten der böhmischen Musik hin. Seit 1754 gehörte er als Violoncellist zur Mannheimer H o f kapelle. F. war Schüler von Johann —»Stamitz. Er komponierte über vierzig Symphonien sowie Flöten- und Violoncellokonzerte, Triosonaten, Klaviertrios, Violin- und Violoncellosonaten sowie Kirchenmusik im Stil der Mannheimer Schule. CD M G G

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Filzer F i l z e r , Johannes, österr. kath. Theologe, * 1 . 1 . 1 8 7 4 Kitzbühel, t 13.7.1962 Salzburg. F. studierte an der Univ. Salzburg, empfing 1896 die Priesterweihe und war seit 1898 Hofkaplan des Erzbischofs in Salzburg. 1908 zum Dr. theol. promoviert, lehrte er 1912-24 als Prof. der Theologie an der Univ. und wurde anschließend Domkapitular und Dompfarrer, 1927 Weihbischof von Salzburg. F. war als Redakteur der „Katholischen Kirchenzeitung" tätig. m Gatz 5 F i m m e n , Ihno Hayen, Beamter, * 2 0 . 2 . 1 8 0 8 Carolinensiel, t 8.6. 1897 Elsfleth. Der Kaufmannssohn trat 1825 in preuß. Dienste ein und absolvierte 1829 die Prüfung als Feldmesser. Bis 1835 in den westlichen Provinzen tätig, wurde F. anschließend in Oldenburg mit der Leitung von Landesvermessung beauftragt und bearbeitete eine „Geognostische Karte" mit zusammenfassender Darstellung der bodenkundlichen Verhältnisse des Landes. 1866 wurde er Vorstand der Abteilung für Landesökonomieangelegenheiten beim Kataster- und Vermessungsamt. 1846 führte F. Voruntersuchungen für den HunteEms-Kanal durch, dessen Bau er 1855-72 leitete. m Oldenburg F i n a u e r , Peter Paul, Publizist, Herausgeber, * 29.6. 1733 München, | 2 2 . 1 1 . 1 7 8 8 München. F. Schloß sein Studium in München und Ingolstadt als Lizentiat der Rechte ab und widmete sich danach literarischen und historischen Studien. Er trat auch als Numismatiker und Verfasser von Unterhaltungsliteratur hervor. Bedeutender war seine Tätigkeit als Herausgeber des Münchner „Intelligenzblatts". F., der zum Kreis um den kurfürstlichen Hofbibliothekar Andreas Felix von —»Oefele gehörte, war kurfürstlich-geistlicher Ratssekretär und seit 1769 Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Weil er von ihm verfaßte, wissenschaftlich minderwertige Arbeiten mit dem Etikett der Akademie anpries, wurde er 1777 aus dieser ausgeschlossen. F i n c k , Adele von, Malerin, * 6.2. 1879 Buenos Aires, t 22. 11. 1943 Berlin. F. studierte u. a. bei Franz von -> Lenbach in München, bei Jan Frans Portaeis in Brüssel sowie bei Gustave Courtois in Paris und wandte sich insbesondere der Genre- und Landschaftsmalerei zu. 1903 sowie 1907-13 war sie mit Genrebildern auf der Großen Berliner Kunstausstellung vertreten. Später erschienen größere Kollektionen, darunter eine Reihe von Frauenakten, u.a. 1909 im Münchner Kunstsalon Zimmermann. Zu ihren bekanntesten Werken zählen Der grüne Hut (1909) sowie Unschuld und Lebewelt (1910). F. kam bei einem Bombenangriff auf Berlin ums Leben. CD AKL F i n c k , Albert, Politiker, * 15.3.1895 Herxheim bei Landau/Pfalz, f 3. 8. 1956 Bad Wörishofen. F. studierte in München Philosophie, Geschichte, Pädagogik und Rechtswissenschaft und wurde 1920 zum Dr. phil. promoviert (Natürliche Begründung des Rechts bei Thomas von Aquin, Gabriel Vasquez und Franz Suarez). 1921 war er Parteisekretär des Zentrums im Bezirk Niederrhein. 1922 gründete er mit seinem Bruder Johannes F. die „Neue Pfälzische Landeszeitung", deren Chefredakteuer er 1924-33 war. Längere Zeit in Haft, arbeitete er seit 1936 als Versicherungsagent, seit 1942 als Aushilfslehrer. 1946 wurde er Studienrat in Neustadt/Weinstraße. 1945 war F. Gründungsmitglied der CDU Pfalz, gehörte dem Parlamentarischen Rat an und war 1951-56 Mitglied des Landtags und Kultusminister von Rheinland-Pfalz.

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F i n c k , August von, Bankier, * 1 8 . 7 . 1 8 9 8 Kochel (Oberbayern), t 2 2 . 4 . 1 9 8 0 Möschenfeld (heute zu Grasbrunn, Kr. München). Der Sohn Wilhelm von —>F.s absolvierte eine banktechnische Ausbildung und wurde nach dem Tod des Vaters 1924 zusammen mit seinen beiden Schwestern Teilhaber des väterlichen Bankhauses Merck, Finck & Co. in München. Er wurde Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglied zahlreicher Unternehmen. F. gehörte zu den Begründern des Luftfahrtunternehmens Süddeutsche Aero Lloyd AG und war an den Bremer Vereinigten Werkstätten für Kunst und Handwerk sowie an der Würzburger Sektkellerei J. Oppmann beteiligt. 1933 trat er der N S D A P bei, wurde Mitglied des Generalrats der Wirtschaft und übernahm die jüdischen Bankhäuser J. Dreyfus in Berlin und S. M. von Rothschild in Wien. Nach Kriegsende war F. bis Oktober 1945 interniert, verlor zeitweise seine Vorstands- und Aufsichtsratsämter, wurde jedoch 1951 wieder stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Münchner Rückversicherung. Er gründete u. a. 1965 die Deutsche Spar- und Kreditbank in München, über die er sich später an weiteren Banken beteiligte. Neben beträchtlichem Grundbesitz nannte F. eines der größten Geldvermögen der Bundesrepublik Deutschland sein eigen. CD Munzinger F i n c k , Franz (Nikolaus), Sprachwissenschaftler, * 26.2. 1867 Krefeld, t 4 . 5 . 1910 Berlin. Zunächst im Militärdienst, studierte F., Sohn eines Fabrikbesitzers, seit 1886 Rechts-, dann Sprachwissenschaften an den Universitäten München, Paris und Marburg, wurde 1895 zum Dr. phil. promoviert und verbrachte einen einjährigen Studienaufenthalt in Irland. 1896 habilitierte er sich in Marburg für vergleichende (indogermanische) Sprachwissenschaft, 1897 in Berlin für allgemeine Sprachwissenschaft und wurde dort 1903 Titularprofessor, 1909 a. o. Professor. Er unternahm mehrere Studienreisen, so 1900-02 nach Kaukasien, auf denen er in umfänglicher Feldforschung die Grundlagen für seine despriptiven Grammatiken erarbeitete (u. a. die araner mundart. ein beitrag zur erforschung des westiranischen, 2 Bde., 1902; Lehrbuch der neuostarmenischen Literatursprache, 1903). F. war ein bedeutender Armenologe und suchte die Sprache im Sinne Wilhelm von —> Humboldts als Ausdruck eines Weltbilds zu verstehen. Zu seinen Werken zählen ferner Der deutsche Sprachbau als Ausdruck deutscher Weltanschauung (1899) und die Abhandlung über Die Haupttypen des Sprachbaus (1910). • • Lex Gramm F i n c k , Heinrich, Komponist, * 1444 (1445?) Bamberg, t 9 . 6 . 1 5 2 7 Wien. F. lebte 1460-70 wahrscheinlich am polnischen Hof in Warschau und Krakau, war Mitglied der Krakauer Hofkapelle, wurde 1482 an der Univ. Leipzig immatrikuliert und war danach wieder am polnischen Hof tätig. 1510 erhielt er eine Anstellung als Kapellmeister der herzoglichen Kapelle in Stuttgart und war nach deren Auflösung 1514 kurze Zeit Komponist der Hofkapelle —> Maximilians I., seit 1519 des Salzburger Domkapitels. A m Aufbau einer Kantorei im Wiener Schottenkloster beteiligt, wird F. 1527 in den Kapellakten als Kapellmeister der Hofkapelle —> Ferdinands I. genannt. Von seinen Kompositionen sind u.a. vier Messen, ein Magnifikat, ein Introitus, Hymnen und deutsche Lieder erhalten. CD M G G F i n c k , Hermann, Musiktheoretiker, Komponist, Musiker, * 2 1 . 3 . 1 5 2 7 Pirna, t 2 8 . 1 2 . 1 5 5 8 Wittenberg. Der Großneffe Heinrich —> F.s war Musiker am Hof König —> Ferdinands I. von Ungarn und Böhmen. 1545 wurde er in Wittenberg immatrikuliert, wo er seit 1554 Vorlesungen über Musik hielt. 1556 erschien dort sein musikwissenschaftliches Hauptwerk Practica musica [.../, das u. a. die Instrumental-

Finck von Finckenstein und Gesangspraxis seiner Zeit behandelt. 1557 erhielt F. das Organistenamt am sächsischen Hof, das er bis zu seinem Tod ausübte. Sein musikalisches Schaffen besteht vorwiegend aus Gelegenheitskompositionen. CD M G G F i n c k , Hermine, Sängerin, * 1 . 1 . 1 8 7 2 Baden-Baden, t 3 1 . 1 0 . 1932 Berlin. Ihre Gesangsausbildung erhielt F. am Hochschen Konservatorium in F r a n k f u r t / M a i n sowie als Schülerin von Gustav Borchers und Auguste —> Götze in Leipzig. 1892 debütierte sie am Hoftheater von Weimar in der Partie der C a r m e n . Im folgenden Jahr sang sie dort die Rolle der Hexe in der von Richard —> Strauss dirigierten Uraufführung der Märchenoper Hansel und Cretel von Engelbert —> Humperdinck. Seit 1895 mit dem Komponisten und Dirigenten Eugen —> d ' A l b e r t verheiratet, unterbrach F. ihre Bühnenkarriere und begab sich als Interpretin der Lieder ihres Mannes vorwiegend auf Konzerttourneen, u . a . nach London (1898) und nach Toronto (1905). Seit ihrer Scheidung 1911 lebte sie in Berlin, war 1 9 1 1 / 1 2 an der dortigen Hofoper engagiert und sang bei den Bayreuther Festspielen 1912 die Gerhilde in der Walküre. Später war F. als Konzertsängerin und Pädagogin in Berlin tätig. Zu ihren bevorzugten Sopranpartien gehörten die D o n n a A n n a im Don Giovanni sowie die Leonore im Fidelio. CD Kutsch F i n c k , Johannes, auch Vinck, Mediziner, * um 1440 Sulzf e l d / M a i n , t kurz nach 1505 Landshut(?). F. studierte 1461-64 Medizin in Wien, 1467-71 in Padua, w o er zum Lizentiaten der Medizin promoviert wurde. Nach seiner Rückkehr praktizierte er einige Jahre als Arzt in Würzburg und ging 1476 erneut nach Italien, um den medizinischen Doktortitel zu erwerben. Zunächst Assistent des päpstlichen Leibarztes in R o m , war er dort bald selbständig tätig. Nach seiner Promotion wirkte F. 1479-81 in Nürnberg, war Stadtarzt von Amberg und folgte 1485 einem Ruf nach Eichstätt, wo er bischöflicher Leibarzt war. 1499 wurde er Leibarzt —> Georgs des Reichen von Bayern-Landshut. F. starb vermutlich kurz nach der großen Pestepidemie von 1505. Neben einer Reihe von kleineren Schriften, darunter einem Abriß seiner Lebensgeschichte für seine Kinder, gilt F.s Pestschrift Decern quaestiones de peste (nach 1475) als seine bedeutendste Arbeit. CD V L F i n c k , T h o m a s , Mediziner, Mathematiker, * 6 . 1 . 1 5 6 1 Flensburg, f 2 4 . 4 . 1656 Kopenhagen. Im Alter von sechzehn Jahren begann F. das Studium der Medizin und der Naturwissenschaften an der Univ. Straßburg, blieb dort fünf Jahre und setzte seine medizinischen Studien u . a . in Padua, Pisa und Florenz fort (Promotion 1587, Endoxa paradoxa). 1587 wurde er Leibarzt Herzog Philipps von Schleswig-Holstein, 1591 Prof. der Mathematik in Kopenhagen und übernahm dort 1602 die Professur der Eloquenz, im folgenden Jahr die der Medizin, die er über f ü n f z i g Jahre innehatte. 1583 erschien seine Geometria rotundi. CD D S B F i n c k , Werner, eigentl. Walter Richard F., Schauspieler, Kabarettist, * 2 . 5 . 1902 Görlitz, f 3 1 . 7 . 1 9 7 8 M ü n c h e n . Nach dem Besuch der Kunstgewerbeakademie in Dresden und einer Tätigkeit als Werbeunternehmer und Zeitungsvolontär war F., Sohn eines Apothekers, reisender Vortragskünstler und Mitglied verschiedener Theatergruppen. 1925-28 stand er auf den Bühnen der Landestheater in Bunzlau und Darmstadt. F. gründete zusammen mit Hans —>Deppe das Kabarett „Die K a t a k o m b e " in Berlin, das er 1929-35 leitete. Nach der Schließung des Kabaretts durch die Nationalsozialisten und einer mehrwöchigen Internierung F.s im Konzentrationslager Esterwegen erhielt er ein einjähriges Auftrittsverbot. Seit 1936 schrieb er Glossen für das „Berliner Tageblatt", trat seit 1937 im „Kabarett

der K o m i k e r " auf, das 1939 ebenfalls geschlossen wurde, und entging einer erneuten Haft nur durch seine Meldung als Kriegsfreiwilliger. 1947 übernahm er die Leitung des Kabaretts „Nebelhorn" in Zürich, gründete im folgenden Jahr „Die Mausefalle" in Stuttgart und gab dort eine satirische Wochenschrift heraus. 1951 übersiedelte F. nach Hamburg, rief eine neue „Mausefalle" ins Leben und arbeitete beim Nordwestdeutschen R u n d f u n k mit. Seit 1954 wirkte er in München, u . a . bei der Münchner „Lachund Schießgesellschaft". F. spielte in zahlreichen Kinound Fernsehfilmen mit. 1972 erschien seine Autobiographie Alter Narr, was nun? CD Exiltheater F i n c k , Wilhelm (Peter) von, Bankier, * 6 . 2 . 1 8 4 8 Vilbel, t 8.4. 1924 München. Der Sohn eines K a u f m a n n s durchlief eine Banklehre in F r a n k f u r t / M a i n , war seit 1870 als Prokurist einer Darmstädter B a n k tätig und wurde im folgenden Jahr Teilhaber eines neugegründeten Bankhauses, dessen N a m e nach dem Eintritt seines Bruders 1879 Merck, Finck & Co. lautete; nach der Lösung der Kommanditbeziehungen 1897 waren F. und sein Bruder Alleininhaber. F. war 1880 Mitbegründer und Aufsichtsratsvorsitzender der Münchner RückVersicherungsgesellschaft, 1890 der AllianzVersicherungsgesellschaft. Er förderte den Eisenbahn- und den Wasserkraftwerkbau. F. beteiligte sich an der M ü n c h ner Trambahngesellschaft und an verschiedenen Brauereien. 1905 wurde er Reichsrat. F.s Geschäfte wurden später von seinem Sohn August von —>F. fortgeführt. • • NDB F i n c k v o n F i n c k e n s t e i n , Albrecht Konrad Graf, Militär, * 3 0 . 1 0 . 1660 Saberau bei Soldau, t 16.12. 1735 Berlin. Der Sohn eines K a m m e r j u n k e r s nahm im Heer Wilhelms III. von Oranien am Feldzug von 1 6 7 6 / 7 7 teil, geriet in Gefangenschaft, aus der er sich nur durch den Eintritt in die französische A r m e e befreien konnte, und war an den Kämpfen in Spanien beteiligt. Nach dem Ausbruch des Pfälzer Kriegs quittierte F. v. F. den französischen Dienst, wurde 1689 brandenburgischer M a j o r und machte u. a. die Schlacht bei Höchstädt mit. Seit 1704 Oberhofmeister des Kronprinzen —> Friedrich Wilhelm, wurde er bald dessen Vertrauter sowie militärischer Begleiter im Spanischen Erbfolgekrieg. Seit 1718 Erzieher des Kronprinzen —> Friedrich, versuchte F. v. F. im Konflikt zwischen König und Kronprinz zu vermitteln. 1716-20 errichtete er ein Barockschloß auf d e m Gut Habersdorf, d e m der König den Namen Finckenstein gab. F. v. F. war der Vater von Friedrich L u d w i g und Karl Wilhelm —»F. v. F. CD N D B F i n c k v o n F i n c k e n s t e i n , (Friedrich Ludwig) Carl Reichsgraf, Regierungspräsident, * 18.2. 1745 Stockholm, t 1 8 . 4 . 1 8 1 8 Alt Madlitz. Der Sohn von Karl Wilhelm —>F. v. F. schlug nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Halle auf E m p f e h lung König —»Friedrichs II. die juristische Laufbahn ein, wurde 1767 Referendar, 1770 Rat, 1771 Geheimer Justizrat am Kammergericht in Berlin, 1775 Vizepräsident der Pommerischen Regierung in Stettin und 1777 Präsident der Neumärkischen Regierung in Küstrin. Wegen des Müller-Arnold-Prozesses 1779 seines A m t e s enthoben, zog sich F. v . F . auf das väterliche Gut Madlitz zurück, das sich in den folgenden Jahren ebenso wie das 1807 erworbenen Gut Ziebingen in der Neumark zu einem Mittelpunkt des geistig-künstlerischen Lebens auf d e m Land entwickelte. F. v. F. widmete sich in dieser Zeit verstärkt seinen literarisch-wissenschaftlichen Neigungen und übersetzte u . a . antike Hirtendichtungen, darunter als sein Hauptwerk Arethusa oder die bukolischen Dichter des Alterthums (2 Tie., 1789-1810). Nach seiner Rehabilitierung durch König —» Friedrich Wilhelm II. wurde er 1792 Leiter des

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Finck von Finckenstein ständischen Komitees für die Erarbeitung eines allgemeinen Gesetzbuches. Gemeinsam mit Ludwig von der —»Marwitz setzte sich F. v. F., dessen Staatsauffassung sich am Ständestaat des 17. Jh. orientierte, in der Reformzeit vehement für den Erhalt der sozialen und wirtschaftlichen Vorrechte des Adels ein; beide wurden 1810 wegen ihres Protestes gegen das Finanzedikt Karl August —> Hardenbergs verhaftet und in der Zitadelle Spandau interniert. CD B B L F i n c k v o n F i n c k e n s t e i n , Friedrich L u d w i g Graf, Militär, * 6 . 5 . 1709 Berlin, t 1 6 . 3 . 1 7 8 5 Finckenstein. Der Sohn von Albrecht Konrad - » F. v. F. und Bruder von Karl Wilhelm —»F. v. F. studierte an der Univ. Frankf u r t / O d e r , schlug 1726 die militärische Laufbahn ein und nahm 1735 als Schwadronchef am Polnischen Erbfolgekrieg, 1743 als Oberstleutnant am Zweiten Schlesischen Krieg teil. Seit 1754 Generalmajor und Chef eines Dragonerregiments, machte F. v . F . den Siebenjährigen Krieg mit. Seit 1760 Generalleutnant, geriet er bei Torgau in Gefangenschaft. Seine Teilnahme am Bayerischen Erbfolgekrieg mußte er aus gesundheitlichen Gründen abbrechen. F i n c k v o n F i n c k e n s t e i n , Karl Wilhelm Graf, Staatsmann, Diplomat, * 11.2. 1714 Berlin, t 3. I. 1800 Berlin. Der Bruder von Friedrich Ludwig —> F. v. F. wurde gemeinsam mit dem Kronprinzen -> Friedrich erzogen, studierte in Genf und wurde 1735 von König —»Friedrich Wilhelm I. zum Legationsrat und Gesandten in Stockholm ernannt. Von Friedrich II. wurde F. v. F. mit zahlreichen diplomatischen Sondermissionen betraut, war 1740-42 preuß. Gesandter in Kopenhagen, anschließend in London und 1744-47 erneut in Stockholm, wo er einen preußisch-schwedischen Defensivvertrag vermitteln konnte. Noch im selben Jahr übertrug ihm der König mit d e m Titel eines Staatsministers die Gesandtschaft in Rußland. Zwei Jahre später wurde F. v. F. Kabinettsminister in Berlin und gehörte zu den engsten Vertrauten Friedrichs II., der ihn 1757 in einer Geheiminstruktion mit der Regierungsführung im Falle seines Todes oder seiner G e f a n g e n n a h m e betraute. F. v. F. war entscheidend an den politischen Aktionen während des Siebenjährigen Kriegs sowie an der Errichtung des Fürstenbundes von 1785 beteiligt und blieb bis 1799 im Amt. Er war der Vater von Carl -> F. v. F. OD N D B F i n c k v o n F i n c k e n s t e i n , Konrad Graf, Politiker, * 2 2 . 9 . 1860 Schönberg, t 4 . 1 0 . 1916 Schönberg. F . v . F . studierte 1880-83 an den Universitäten Bonn und Berlin Rechtswissenschaften und wurde 1891 Regierungsassessor. 1 8 9 4 / 9 5 war er Landrat in Könitz, 1897-1900 im Herzogtum Lauenburg, übernahm 1900 das väterliche Familienfidei-Kommiß Schönberg und wurde 1901 erbliches Mitglied des Herrenhauses, 1906-12 Mitglied des Reichstags, seit 1908 Vorsitzender des westpreußischen Provinzialausschusses. CD Altpreuß Biogr, Bd 1 F i n c k e l t h a u s , Gottfried, auch Finkelthaus, Pseud. Gregor Federfechter von Lützen, Dichter, Übersetzer, * 2 3 . 2 . 1 6 1 4 Leipzig, t 4 . 8 . 1648 Bautzen. Der Sohn eines Juristen und Leipziger Bürgermeisters Schloß das Studium der Rechtswissenschaften in seiner Heimatstadt 1633 als Magister ab. Wie Paul —»Fleming verließ er nach der Besatzung durch die Kaiserlichen Leipzig und traf ihn 1639 in Hamburg wieder. F. bereiste Holland und Brasilien, kehrte 1641 nach Leipzig zurück und übernahm 1647 das A m t des Kammerprokurators der Oberlausitz. Bereits als Student veröffentlichte er unter Pseudonym zum Teil scherzhafte Gelegenheitsgedichte, denen u. a. 1635 die Prosaekloge Floridans Lob- und Liebesgedichte und 1645 die Lustigen Lieder folgten. CD N D B

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F i n c k e n , Carl Clemens August, Verleger, * 3. 11.1876 Aachen, t 2 5 . 6 . 1 9 3 6 . Der Sohn eines Fabrikanten besuchte in Aachen die Maschinenbauschule, studierte an der dortigen T H und war seit 1899 als Konstrukteur für Walzwerksbau in Duisburg tätig. Seit 1905 selbständiger Zivilingenieur, vertrat er erste Werkzeugmaschinenfabriken; 1920 wurde er Generalbevollmächtigter der Erben der Firma Carl Lange Verlag, als deren alleiniger geschäftsführender Gesellschafter er seit 1925 fungierte. Nach d e m Tod Carl Langes wurde der Verlag, in dem der „Duisburger General-Anzeiger", der „Hamborner General-Anzeiger" sowie der „Oberhausener GeneralAnzeiger" erschienen, in eine o f f e n e Handelsgesellschaft umgewandelt, deren Gesellschafter die Erben Carl Lange und F. waren. F i n c k e n s t e i n , Ottfried (Otto) Graf, Schriftsteller, * 1 8 . 4 . 1 9 0 1 Schönberg (Kr. Rosenberg, Westpreußen), t 2 3 . 1 1 . 1987 Cantley (Kanada). Aus preuß. Uradel stammend, nahm F., Sohn eines Landrats, seit 1917 als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil, studierte Volkswirtschaft und wurde 1922 in Jena zum Dr. rer. pol. promoviert. Anschließend war er vorwiegend in Berlin sowie in der Schweiz, den Niederlanden und den U S A im Bankgeschäft tätig. Seit 1932 lebte F. als freier Schriftsteller auf einem Fischereigehöft in Buchfelde (Westpreußen), machte als Offizier den Zweiten Weltkrieg mit, wurde aus seiner Heimat vertrieben und lebte später in Geschendorf (Holstein). 1950-54 leitete F. den Landeskulturverband Schleswig-Holstein, arbeitete danach als Journalist in Bonn und Valparaiso und wurde später Prof. f ü r Deutsch an der Ottawa-University in Kanada. Sein Werk umfaßt zahlreiche im ost- und westpreußischen Guts- und Dorfmilieu spielende Erzählungen, Novellen und Romane, u . a . Der Kranichschrei (1937) und Die Mutter (1938). • P Altpreuß Biogr, Bd 4 F i n c k e n s t e i n , Raphael, Mediziner, Medizinhistoriker, * 1 0 . 1 1 . 1 8 2 8 Breslau, t 3 1 . 7 . 1874 Breslau. F. studierte seit 1846 an der Univ. Breslau Medizin, wurde 1850 mit der Arbeit De hydroceles spontanea sanatione promoviert, ließ sich als praktischer Arzt nieder und habilitierte sich 1858 für Geschichte und Geographie der Medizin und Epidemiologie (De furoribus epidemicis). Zu seinen Publikationen gehören Die Volkskrankheiten nebst einer Anleitung, wie man sich bei ihnen zu verhalten hat (1857), Dichter und Aerzte (1864, Neudr. 1972) und Zur Geschichte der Syphilis (1870). Sein patriotischer Einakter Bei Saarbrücken (1870) wurde an vielen deutschen Bühnen gespielt. CD Ärzte Schlesien F i n c k h , Alexander Christian von, Staatsmann, * 1 4 . 3 . 1 8 0 6 Dorum, t 2 8 . 9 . 1888 Oldenburg. Der Sohn von Christian Daniel von —> F. und Bruder von Johann Daniel von —> F. studierte 1823-27 Rechtswissenschaften an den Universitäten Göttingen und Heidelberg, trat in den oldenburgischen Staatsdienst ein. Seit 1831 Sekretär bei der Regierung des Fürstentums Lübeck in Eutin, übersiedelte F. 1836 als Assessor zur Regierung nach Birkenfeld (1814-1937 oldenburgisch) und wurde 1841 zum Hofrat ernannt. Nach d e m Ausbruch der Revolution übernahm er im März 1848 die provisorische Leitung der Regierung, erhielt diese 1853 definitiv als Regierungsdirektor und war 1866-81 Regierungspräsident. CD Oldenburg F i n c k h , Christian Daniel von, Jurist, * 9 . 9 . 1765 Zeven, t 1 0 . 4 . 1 8 1 3 Bremen. Nach d e m rechtswissenschaftlichen Studium seit 1783 in Göttingen und Rostock wurde F., Sohn eines Pfarrers, Advokat, dann Stadtsyndikus in Stade und 1799 Obervogt

Findeisen des Landes Wursten. Seit 1808 in oldenburgischen Diensten, wirkte er als Landvogt in Ovelgönne, wurde nach der französischen Besatzung des Herzogtums seines A m t e s enthoben und war als Instruktionsrichter am Tribunal in Oldenburg tätig. 1813 beteiligte sich F. an der Bildung einer Administrativ-Kommission, die versuchte, die herrschenden Unruhen beizulegen, wurde nach der Rückkehr der französischen Behörden jedoch verhaftet und vor ein Kriegsgericht gestellt. Z u m Tod verurteilt, wurde er wenig später erschossen. 1814 wurde F. von Herzog —> Peter Friedrich Ludwig rehabilitiert. Er war der Vater von Alexander Christian und Johann Daniel von - > F . CO Oldenburg F i n c k h , Eugen (Alexander Gustav Fritz Carl Emil) von, Politiker, * 2 7 . 3 . 1 8 6 0 Varel, t 13.7. 1930 St. Blasien. Der Sohn Johann Daniel von —>F.s studierte 1877-81 an den Universitäten Göttingen, Straßburg und Berlin Rechtswissenschaften und trat 1885 in den oldenburgischen Staatsdienst ein. 1890 wurde er Amtsrichter in Brake und ging 1898 als Landgerichtsrat nach Oldenburg, wo er seit 1900 Vortragender Rat im Staatsministerium war. Seit 1910 Geheimer Oberregierungsrat, wurde F. 1923 vom Landtag zum Ministerpräsidenten der ersten Beamtenregierung des Freistaats gewählt und blieb trotz zahlreicher Koalitionswechsel bis 1930 im Amt. Er widersetzte sich erfolgreich den seit 1927 einsetzenden Versuchen einer Reichsreform und Neugliederung der Länder, durch die Oldenburg seine Selbständigkeit verloren hätte. DD Oldenburg F i n c k h , Georg Philipp, auch Finkh, Kartograph, * um 1608, t 1 5 . 1 . 1 6 7 9 , bestattet in Freising (Oberbayern). Als Lizentiat beider Rechte war F. Beamter des Freisinger Bischofs, wirkte als Rat und Hofratssekretär sowie als Pfleger auf der Ottenburg und sammelte jahrelang Unterlagen, u m die —> Apianischen Bayerischen Landtafeln durch seine 1663 abgeschlossene Tabula chorographica Bavariae zu erneuern. Über Apian hinausgehend, brachte er zahlreiche Namen von Waldgebieten und Bergen. F. revidierte seine Tabula 1671 nochmals, die nach ihrer Veröffentlichung durch seinen gleichnamigen Sohn 1684 das für ein Jahrhundert maßgebliche Kartenwerk Bayerns war. CO N D B F i n c k h , Johann Daniel von, Jurist, Politiker, * 2 6 . 8 . 1807 Dorum, t 1.7. 1867 Badenweiler. Nach dem frühen Tod seiner Eltern - F.s Vater Christian Daniel von —>F. wurde 1813 erschossen - studierte F., Bruder von Alexander Christian von —>F„ mit Unterstützung durch Herzog —> Peter in Oldenburg 1826-29 Rechtswissenschaften an den Universitäten Göttingen und Heidelberg, war Advokat in Ovelgönne und wurde 1831 Landgerichtssekretär in Oldenburg, 1847 Hilfsrichter am Oberappellationsgericht, 1853 Oberappellationsgerichtsrat. Seit 1858 war er Direktor des neugeschaffenen Obergerichts in Varel, 1 8 6 5 / 6 6 des Obergerichts in Oldenburg. Er engagierte sich früh für die nationale und liberale B e w e g u n g und war 1849-52 sowie 1 8 5 6 / 5 7 Mitglied des Landtags, 1857 dessen Präsident. F. war der Vater von Eugen von —» F. F i n c k h , Karl (Friedrich), K a u f m a n n , * 2 0 . 2 . 1806 Reutlingen, f 2 5 . 6 . 1869 Reutlingen. Aus alter Rats- und K a u f m a n n s f a m i l i e stammend, wandte sich F. einer kaufmännischen Tätigkeit zu, war mehrere Jahre in London tätig sowie auf Geschäftsreisen in ganz Europa und eröffnete 1837 in seiner Heimatstadt ein Farbwarenhandelsgeschäft, dessen Alleininhaber er 1847 wurde. Er rief 1840 den Gewerbeverein in Reutlingen ins Leben und war 1848 an der Errichtung der württembergischen Zentralstelle f ü r G e w e r b e und Handel beteiligt. Seit ihrer Instituierung 1855 Vorstand der Reutlinger Handelskammer, gehörte F. im selben Jahr zu den Begründern der dortigen Webschule. DP N D B

F i n c k h , Karl, Physikochemiker, Unternehmer, * 3 . 6 . 1878 München, f 1 9 . 2 . 1 9 4 1 Berlin-Lichterfelde. Der Enkel des K a u f m a n n s Karl —>F. und Sohn eines Lokomotivkonstrukteurs und Vorstandsmitglieds der Lokomotivfabrik Krauß & Co. A G studierte C h e m i e an den Universitäten Freiburg und München unter Adolf von - > Baeyer und Wilhelm Conrad —> Röntgen, wurde 1903 mit der Arbeit Ober das Murexid und einige ihm nahestehende Harnsäurederivate promoviert und setzte seine Ausbildung in physikalischer Chemie in Göttingen fort, bevor er seit 1906 bei der Deutschen Gasglühlicht-Gesellschaft in Berlin arbeitete. Als Physikochemiker und Ingenieur tätig, gehörte er zu den Begründern der deutschen Glühlampenindustrie, wurde nach d e m Zusammenschluß der einzelnen Glühlampenwerke zur Osram-Gesellschaft 1919 deren Vorstandsmitglied und übernahm 1924 die Oberleitung sämtlicher Betriebe. Es entstanden neue Forschungsabteilungen, in denen man sich mit der Verbesserung des elektrischen Lichts und der Erhöhung der Glühlampen-Leuchtfähigkeit befaßte. CD N D B F i n c k h , Ludwig, Mediziner, Schriftsteller, * 2 1 . 3 . 1876 Reutlingen, t 8 . 3 . 1 9 6 4 G a i e n h o f e n / B o d e n s e e . Der Sohn eines Apothekers studierte zunächst in Tübingen, München und Leipzig Jura, später in Freiburg/Breisgau und Berlin Medizin, wurde 1904 zum Dr. med. promoviert (Über die Palliativ-Operation, besonders die Trepanation bei Stauungspapille) und war Assistenzarzt in Melsungen bei Kassel und in Aachen. 1905 ließ sich F. als praktischer Arzt mit seinem Studienfreund Hermann Hesse in Gaienhofen nieder und war daneben schriftstellerisch tätig. Ersten Lyriksammlungen (F raue du, du Süße, 1900), in denen F. in seine Naturverbundenheit zeigte, folgten 1906 die Erzählungen Der Rosendoktor und 1911 Die Reise nach Tripstrill, die F.s Hinwendung zur Heimatliteratur markieren. Nach d e m Ersten Weltkrieg verfaßte F. mehrere Beiträge zur Ahnenund Sippenforschung ( z . B . Ahnenbüchlein, 1921), die von den Nationalsozialisten mit Z u s t i m m u n g a u f g e n o m m e n wurden. Im R o m a n Die Jakobsleiter ( 1920; 1943 unter dem Titel Die Wolkenreiter wieder aufgelegt) ist F.s antisemitische Gesinnung erkennbar. 1936 erhielt F., seit 1933 Mitglied der N S D A P , den Schwäbischen Dichterpreis. Nach 1945 wandte er sich wieder der verklärenden Heimatliteratur zu, konnte aber trotz der erfolgreichen Gründung des Ludwig-FinckhFreundeskreises 1955 keine überregionale Bedeutung mehr erlangen. c n Sarkowicz

F i n d e i s , Robert, österr. Ingenieur, * 12.8. 1877 Wien, t 16.9. 1949 Innsbruck. F. studierte Bauingenieurwesen an der T H Wien, wandte sich insbesondere der Bahntechnik zu und war als Bahningenieur beim Bahnbetriebsamt in Schärding tätig. 1901-09 am Bau der Tauernbahn beteiligt, wurde er anschließend Bahnhaltungskontrolleur der Stadtbahndirektion Innsbruck. 1920 folgte F. einem Ruf als o . P r o f für Eisenbahnbau an die T H Wien, war 1 9 3 3 / 3 4 Rektor und schuf bis zu seiner Emeritierung 1948 wissenschaftliche Grundlagen für den Bau von Seilschwebebahnen. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Rechnerische Grundlagen des Baues von Drahtseilbahnen (1923) und Absteckungstafeln für Eisenbahnund Straßenbau (1946). F i n d e i s e n , Julius, Schauspieler, Schriftsteller, * 3 . 6 . 1809 Leipzig, f 1 3 . 3 . 1 8 7 9 Wien. F. debütierte in seiner Heimatstadt, hatte später verschiedene Engagements in Halle, Magdeburg, Bamberg, Meiningen sowie am Königstädtischen Theater in Berlin und kam 1842 nach Wien, wo er bis 1879 am Carl-Theater und am Theater an der Wien, später am Ringtheater wirkte. Daneben schrieb

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Findeisen er zahlreiche vielgespielte Volksstücke und Lustspiele, darunter Eine Landpartie (1857) sowie Wie man's treibt, so geht's (1857), bei d e m zum ersten Mal der Zwischenvorhang verwendet wurde. c n Czeike F i n d e i s e n , Kurt Arnold, Pseud. Wendelin Dudelsack, Schriftsteller, * 1 5 . 1 0 . 1 8 8 3 Zwickau, t 18.11. 1963 Dresden. Der Sohn eines Bergbeamten war nach dem Besuch des Lehrerseminars in Jena Volksschullehrer in Plauen und Dresden, bevor er 1925 die Leitung der Schulfunkabteilung des Mitteldeutschen R u n d f u n k s übernahm. 1934 von den Nationalsozialisten entlassen, lebte F. als freier Schriftsteller in Dresden und schrieb neben Lyrik volkstümliche R o m a n e und Erzählungen sowie historisch-biographische Werke über Musiker und Dichter (u. a. —> Kleist, —> Schubert, —> Brahms). Zu seinen Werken zählen der R o m a n Der Sohn der Wälder (1922) sowie die Moritaten und Bänkellieder in Wendelin Dudelsack. Bittersüße Verse (1943). 1929 wurde F. mit dem Lessingpreis des Sächsischen Staates, 1956 mit d e m Literaturpreis der Stadt Dresden ausgezeichnet. CD Killy F i n d e i s e n , Otto, Dirigent, Komponist, * 23. 12. 1862 Brünn, f 2 3 . 1 . 1947 Leipzig. F. erhielt seine musikalische Ausbildung am Wiener Konservatorium, w o er insbesondere durch Anton —> Bruckner gefördert wurde. 1882 begann er seine Laufbahn als Kapellmeister in verschiedenen böhmischen Orten und wirkte schließlich am Wiener Carl-Theater, am Wilhelm-Theater in Magdeburg, am Regensburger Stadttheater, am KarlSchultze-Theater in Hamburg und am Breslauer Stadttheater. F. unternahm Gastspielreisen durch Nordamerika und Rußland. Seit 1902 war er Kapellmeister am Leipziger Stadttheater. Von seinen zahlreichen Operetten hatte vor allem das 1890 uraufgeführte Werk Der alte Dessauer Erfolg. F i n d e i s e n , (Theodor Robert) Walter, Meteorologe, * 2 3 . 7 . 1 9 0 9 Hamburg, t 9 . 5 . (?) 1945 Prag. F., Sohn eines Postinspektors, studierte an den Universitäten Karlsruhe und Hamburg Meteorologie, wurde 1931 mit der Arbeit Messungen der Grösse und Anzahl der Nebeltrofen zum Studium der Koagulation inhomogenen Nebels promoviert und leitete seit 1933 die Wetterflugstelle München. Er habilitierte sich 1936 (Neue Wege der meteorologischen Feuchtigkeitsmessung) und beschäftigte sich zunächst in Friedrichshafen, seit 1940 als Leiter der Wolkenforschungsstelle Prag des Reichsamtes für Wetterdienst mit der Erforschung der Wolken- und Niederschlagsbildung. Seine Untersuchungen und wissenschaftlichen Arbeiten zu diesem T h e m a wurden richtungweisend und erschlossen zuerst die vor allem in Großbritannien und den U S A angewandte Mikrophysik der Wolken (Neue Wege der meteorologischen Feuchtigkeitsmessung, 1937; Orientierende Untersuchungen über die Größe der beim Wolkenflug am Flugzeug auftretenden Potentialunterschiede und PotentialgefäUe, 1944). m

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F i n d e l , (Gottfried Josef) Gabriel, Schriftsteller, * 2 1 . 1 0 . 1828 Kupferberg (Oberfranken), t 2 3 . 1 1 . 1905 Leipzig. Der Sohn eines Maurers studierte in München, war Anhänger der Revolution von 1848 und wurde 1849 wegen seiner Reden und in der Zeitschrift „Gradaus" veröffentlichter Artikel verhaftet, jedoch nach zehnmonatiger Untersuchungshaft amnestiert. Er brach das Studium ab, wurde Buchhändler und freier Schriftsteller, trat aus der kath. Kirche aus und wurde 1856 in Bayreuth in den Freimaurerbund a u f g e n o m m e n . F. hielt sich in Leipzig, Hof und zahlreichen anderen Städten auf, vertrat innerhalb des Freimaurerbundes die Richtung der humanitären Loge und gab 1858-92

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die Zeitschrift „Die Bauhütte" heraus. 1861 war er an der Gründung des „Vereins deutscher Freimaurer" beteiligt und wurde 1876 Ehrengroßmeister der L o g e „Prince Hall". F. schrieb u . a . eine vielfach aufgelegte und übersetzte Geschichte der Freimaurerei (1861 / 62), ferner Geist und Form der Freimaurerei (1874, "1912) und Die Grundsätze der Freimaurerei im Völkerleben (1881, 4 1909). DD N D B F i n d e n e g g , Ingo, österr. Limnologe, * 2 9 . 1 . 1896 Villach (Kärnten), f 18.2. 1974 Klagenfurt. Nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft 1923 legte F. das Lehramtsexamen f ü r die Fächer Naturgeschichte, Mathematik und Physik ab und war 1924-57 Mittelschullehrer in Klagenfurt. 1927 wurde er mit einer zoologischen Arbeit über Turbellarien an der Univ. Graz promoviert. Seit 1929 galt sein Interesse verstärkt limnologischen Studien. 1951 wurde er Vizepräsident der Internationalen Vereinigung für Limnologie und Korrespondent der Zentralanstalt für Meteorologie. 1955 habilitierte er sich an der Univ. Graz und erhielt dort eine Honorarprofessur für Zoologie mit Schwerpunkt Limnologie. 1957-67 leitete F. die Biologische Station in Lunz. Verdienste erwarb er sich durch die Erforschung des Stoffhaushalts der Alpenseen und des Studiums der Planktonalgen. CD Almanach Öst Akad, Jg. 124 F i n d e r , Georg, Hals-Nasen-Ohren-Arzt, * 2 4 . 9 . 1867 Berlin, f 2. 10. 1931 Berlin. F. studierte an der Univ. Berlin Medizin, wurde 1892 promoviert (Psychosen bei Diabetes mellitus) und erhielt eine laryngologische Ausbildung an der Universitätsklinik für Hals- und Nasenkrankheiten bei Bernhard —»Fränkel. 1894-1912 war er dort als Assistent tätig, später als Oberarzt, wirkte zeitweise als Leibarzt König Eduards VII. von England und war Redakteur sowie Mitherausgeber verschiedener Fachzeitschriften. F. veröffentlichte u. a. Ödem und akute submuköse Entzündungen im Rachen- und Kehlkopf (1928). F i n d o r f f , (Johann) Dietrich, auch Findorf, Maler, Radierer, * 2 3 . 3 . 1 7 2 2 Lauenburg, t 3 . 5 . 1772 Ludwigslust. Der Sohn eines Tischlers erlernte das Handwerk seines Vaters, arbeitete als Geselle beim Schweriner Hoftischler und widmete sich daneben der Malerei. Herzog —»Christian Ludwig II. von Mecklenburg-Schwerin ließ ihn vom Bildhauer Naunheim und 1742 vom H o f m a l e r Johann Wilhelm Lehmann unterrichten. Nach einem Studienaufenthalt in Dresden kehrte F. als Kammerdiener nach Schwerin zurück, wo er zahlreiche Gemälde der Galerie kopierte. Er schuf u . a . ein Selbstporträt, Genrebilder (Im Kuhstall, 1762), religiöse Darstellungen, Werke mit Tier- und Landschaftsmotiven und die Radierung Alster von der Bastion St. Vincentius (1765). CO A K L F i n d o r f f , Jürgen Christian, Feldmesser, * 2 2 . 2 . 1 7 2 0 L a u e n b u r g / E l b e , t 3 1 . 7 . 1 7 9 2 Mehedorf bei Bremervörde. Nach d e m Tod seines Vaters übernahm F. dessen Tischlerwerkstätte und wurde später beim Schleusenbau Mitarbeiter des hannoverschen Oberlandbaumeisters, der ihn zum Feldmesser und Baumeister ausbilden ließ. F., dem 1752 die Vermessungsarbeiten des Teufelsmoors übertragen worden waren, wurde 1771 Kgl. M o o r k o m m i s s a r f ü r das gesamte Gebiet, aus dem er großenteils neues Kulturland machte. m S H B L , Bd 3 F i n g e r , Alfred, österr. Musiker, Musikpädagoge, * 2 5 . 2 . 1 8 5 5 Wien, t 9 . 4 . 1936 Wien. F. erlernte 1878-83 als Schüler Jakob —> Donts in Wien das Violinspiel, studierte 1 8 8 3 / 8 4 an der Hochschule für Musik in Berlin und war 1885-95 Mitglied des Winkler-Quartetts in seiner Heimatstadt. Seit 1925 wirkte er dort als Violinpädagoge, seit 1926 mit d e m Titel eines Professors, und

Fink führte als Vorstandsmitglied des Neuen Tonkünstlervereins Max —> Reger in Wien ein. Seit 1893 war F. mit der Geigerin Ella Balletti verheiratet. DP ÖML Finger, August (Anton Franz), Jurist, * 2.4. 1858 Lemberg (Galizien), t 2.9.1935 Halle/Saale. Der einer böhmisch-mährischen Gelehrtenfamilie entstammende Sohn eines Mediziners und Bruder Ernst —>F.s studierte 1876-80 Rechtswissenschaften an den Universitäten Prag, Wien und Leipzig, wurde mit der Arbeit Zur Begründung des Strafrechts vom deterministischen Standpunkte promoviert, war im österr. Gerichts- und Verwaltungsdienst tätig und habilitierte sich 1890 in Prag (Das österreichische Strafrecht). Er befaßte sich vor allem mit dem Strafrecht und der Rechtsphilosophie. Seit 1891 a. o.Prof. an der Deutschen Univ. in Prag, wurde F. 1894 o. Prof. des Strafrechts, lehrte seit 1900 an der Univ. Wurzburg und hatte von 1902 bis zu seiner Emeritierung 1926 den Lehrstuhl für Straf-, Völker- und Staatsrecht in Halle inne. Seit 1904 war er Mitherausgeber des „Gerichtssaals", des führenden Publikationsorgans der klassischen Schule. F. verfaßte u. a. Lehrbücher über das österr. und deutsche Strafrecht, die 1891, 1894/95 und 1904 erschienen. DP NDB Finger, Ern(e)st, Dermatologe, * 8.7.1856 Prag, t 17.4.1939 Wien. Der Bruder August —>F.s Schloß das Studium der Medizin an der Univ. Wien 1878 mit der Promotion zum Dr. med. univ. ab und war bis 1884 als Assistenzarzt am Prager und am Wiener Allgemeinen Krankenhaus tätig, bevor er sich 1889 in Wien für Dermatologie habilitierte. Seit 1894 tit. a.o.Prof., von 1901 an a.o.Prof., war F. 1904-27 o.Prof. an der Univ. Wien und Vorstand der II. Universitätsklinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten, 1906-19 Präsident der Wiener Ärztekammer, 1925-31 Präsident des Obersten Sanitätsrats. Seit 1903 war er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. F. veröffentlichte u.a. Die Syphilis und die venerischen Krankheiten. Ein kurzgefasstes Lehrbuch zum Gebrauche für Studirende und praktische Arzte (1886, 5 1901 ), Lehrbuch der Haut- und Geschlechtskrankheiten. Für Studierende und praktische Arzte (1908), Die Diagnose der erworbenen Syphilis, 1928). CD NDB F i n g e r , Gottfried, Musiker, Komponist, * um 1660 Olmütz, 31.8. 1730 begraben in Mannheim. Der aus einer Musikerfamilie stammende F. wirkte um 1682 in München, lebte seit 1687 in England, wo er 1688 Musiker in der Hofkapelle König Jakobs II. war. Er komponierte Musikeinlagen für Masken- und Singspiele sowie Opern (The Rival Queens, mit Daniel Purcell, 1701; The Judgment of Paris, 1701) und veröffentlichte Kammermusikwerke im Druck. 1702 stand F. im Dienst der preuß. Königin —> Sophie Charlotte, war dann Kammermusiker in Breslau und schrieb mehrere deutsche Opern. 1707 stand er in Innsbruck im Dienst des kaiserlichen Statthalters in Tirol, des Herzogs —»Karl Philipp, und wurde 1708 Konzertmeister. 1717 folgte F. dem Herzog, der die Regierung der kurpfälzischen Erblande antrat, als Hofkammerrat in die Residenzen Neuburg, Heidelberg und Ende 1720 nach Mannheim. CD MGG Finger, Josef, österr. Mathematiker, Physiker, * 1.1.1841 Pilsen, t 6.5.1925 St. Georgen (Oberösterreich). Der Sohn eines Bäckermeisters studierte 1859-62 Mathematik und Physik an der Univ. Prag, war bis 1863 als Hauslehrer tätig und unterrichtete 1865-76 als Gymnasiallehrer in Elbogen, Laibach und Wien. 1875 promoviert, habilitierte er sich im folgenden Jahr für analytische Mechanik an der Wiener Univ. und wurde 1878 a. o. Prof. der reinen Mechanik und der graphischen Statistik an der TH Wien, 1884 o.Prof., 1891 Rektor. 1888 erfolgte die Wahl in die

Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. F., der 1898-1906 Mitglied des Österreichischen Patentamtes war, erfand das Kommunikationspendel. Er veröffentlichte u.a. Elemente der reinen Mechanik (1884-86, 2 1901). Fingerle, Anton, Pädagoge, * 5. 1.1912 München, t 12.11. 1976 München. F. studierte in München Germanistik und Klassische Philologie, wurde Gymnasiallehrer in Augsburg und München und 1944 mit einer Arbeit über die Typik der homerischen Reden promoviert. 1945-76 hatte er das Amt des Münchner Stadtschulrats inne und sorgte für den Wiederaufbau des Schulund Sportwesens nach dem Zweiten Weltkrieg. 1968 wurde er Honorarprofessor für Klassische Philologie und Didaktik der alten Sprachen an der Univ. München. Fingerlos, Matthäus, österr. kath. Theologe, * 6.9.1748 Fiatschach (Salzburg), t 11. 12. 1817 Salzburg. Nach dem Philosophiestudium in Salzburg trat F., Sohn eines Landwirts, 1772 in die Dienste des Salzburger Erzbischofs Hieronymus von —> Colloredo-Waldsee und war seit 1781 Regens des erzbischöflichen Priesterseminars. 1801 wurde er Stadtpfarrer in der Enklave Mühldorf, 1803 bayerischer Untertan, 1804 Regens des Georgianums in Landshut, wo er seit 1806 Prof. der Pastoraltheologie war. Als Anhänger der Aufklärung geriet F. in Konflikt mit der aufkommenden „Landshuter Romantik" um Johann Michael —» Sailer. m LMU Fink, Agnes, Schauspielerin, * 14. 12.1919 Frankfurt/ Main, t 28. 10.1994 München. F. begann 1938 ein Studium am Hochschen Konservatorium in Frankfurt, das sie jedoch wegen mangelnder Begabung abbrechen mußte, wurde 1939 Mitglied des Leipziger Theaterensembles und debütierte in —>Lessings Miß Sara Sampson. 1944 wechselte sie an das Bayerische Staatsschauspiel, verkörperte u.a. die Desdemona und Maria Stuart und übersiedelte 1945 nach ihrer Hochzeit mit Bernhard —> Wicki in die Schweiz, wo sie am Zürcher Schauspielhaus engagiert und als Charakterdarstellerin entdeckt wurde. 1949 kehrte F. an das Staatsschauspiel nach München zurück, gastierte häufig an den dortigen Kammerspielen sowie am Württembergischen Staatstheater Stuttgart, löste 1956 ihr festes Engagement und trat als freischaffende Schauspielerin an allen großen deutschen Bühnen auf, wobei sie ihre größten Erfolge als Heroine feierte. Seit 1956 übernahm sie auch Filmrollen, wurde im folgenden Jahr mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet und spielte u.a. 1971 in der JosephRoth-Verfilmung Das falsche Gewicht sowie 1986 in dem eigens für sie von Leo Lehmann geschriebenen Stück Das Leben hört auf das Leben beginnt. CD Munzinger Fink, August, Maler, * 30.4.1846 München, t 25.6.1916 München. F. kam als Dreizehnjähriger nach Amerika und ging bis 1866 einer kaufmännischen Tätigkeit nach. Wieder in Europa, erhielt er als Schüler Adolf Stademanns, Eduard —> Schleichs d. Ä. und Joseph —> Wengleins eine künstlerische Ausbildung und lebte seit 1878 als selbständiger Maler in München, wo er 1889 zum Prof. ernannt wurde. Mit seinen dem Biedermeier verpflichteten Landschaftsbildern, auf denen häufig Jagdszenen dargestellt sind, darunter Wintermorgen im Gebirge bei Lenggries (1886), war F. seit 1874 auf Ausstellungen in München, Nürnberg und Berlin vertreten. CD AKL Fink, Carl (Ludwig), Maschinenbauer, * 24.2.1821 Potsdam, t 15.2. 1888 Berlin. Nach dem frühen Tod der Eltern durchlief F. eine Lehre in einer Maschinenwerkstatt in Potsdam, besuchte die dortige Gewerbeschule und studierte am Berliner Gewerbeinstitut.

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Fink Anschließend als Zivilingenieur tätig, wurde er 1852 als Ingenieur in den Lehrerstab am Gewerbeinstitut a u f g e n o m m e n und erhielt eine Professur für mechanische Technologie und Maschinenkunde. 1880 übernahm F. die Leitung der Maschinenbauabteilung der inzwischen zur T H umgewandelten Anstalt. Daneben beschäftigte er sich mit d e m Entwurf zahlreicher Maschinen- und Fabrikanlagen. Sein besonderes Interesse galt dem Strömungsmaschinenbau; er erfand drehbare Leitschaufeln für die Regelung der Überdruckturbinen. DD

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F i n k , Carl (Emil Adam), Redakteur, * 2 9 . 3 . 1861 Lübeck, t n. e. F. studierte an den Universitäten Leipzig und Berlin Rechtsund Staatswissenschaften. Nach längeren Aufenthalten in M e x i k o und Mittelamerika arbeitete er seit 1888 als Journalist in den USA. Anschließend mehrere Jahre in Deutschland tätig, leitete F. 1898-1917 den „Ostasiatischen L l o y d " in Shanghai, der sich zu einer der angesehensten deutschen Auslandszeitschriften entwickelte. In China gründete er deutsche, englische und chinesische Zeitschriften, gab während des Ersten Weltkriegs in Shanghai die „Deutsche Zeitung für China" heraus und übernahm nach seiner Rückkehr nach Deutschland die Leitung der Redaktion der durch die Funkstation von Nauen in englischer Sprache in die ganze Welt verbreiteten politischen und wirtschaftlichen deutschen Nachrichten. Seit 1926 leitete F. die „Auslandswarte", die Zeitschrift des Bundes der Auslandsdeutschen, und wurde 1930 Chefredakteur der Arbeitsgemeinschaft der Zeitschriften deutscher Seevereine („Die See", „Übersee", „Deutschland zur See"). F i n k , Christian, Musiker, Musikdirektor, * 9 . 8 . 1831 Dettingen bei Heidenheim, t 5 . 9 . 1911 Esslingen. Seinen ersten Musikunterricht erhielt F. bei seinem Vater, besuchte das Seminar in Stuttgart und war als Musikgehilfe am Kgl. Schullehrerseminar in Esslingen tätig, bevor er seit 1853 das Leipziger Konservatorium besuchte. Er war Schüler des Dresdner Hoforganisten, wirkte 1855-60 als Organist der Riedeischen Konzerte und wurde Hauptmusiklehrer am Kgl. Schullehrerseminar sowie Musikdirektor und Organist an der Hauptkirche in Esslingen. Seit 1862 kgl. Prof., konzertierte F. häufig als Orgelvirtuose. Er komponierte zahlreiche Werke f ü r Orgel und Klavier sowie Sonaten und kirchliche Gesangswerke. F i n k , Conrad, auch Finck, Konrad, Baumeister, getauft 9 . 5 . 1707 Riefensberg bei Bregenz (Vorarlberg), t 5 . 1 . 1785 Bamberg. F. erlernte in Saarbrucken oder im Elsaß vermutlich das Maurer- und Steinhauerhandwerk und arbeitete als Geselle unter Balthasar —»Neumann in Würzburg und beim Schloßbau in Werneck. Seit 1735 Mitglied der Bamberger Maurerzunft, war er 1 7 4 2 / 4 3 Geselle bei Justus Heinrich Dientzenhofer und wurde 1761 von Fürstbischof A d a m Friedrich von —» Seinsheim zum Meister ernannt. Wegen Bauarbeiten in Schloß Seehof bei Bamberg ließ sich F. in Memmelsdorf nieder. Ihm wird die Kanzlei auf d e m Michaelsberg zugeschrieben, wo er vermutlich für Abt Brockard auch die Terrassenanlagen mit Gartenhäusern ausführte. Mit Johann Michael —> Fischer (1727-88) war er 1772 am Bau des neuen Universitätsgebäudes in Bamberg beteiligt. Er war der Vater von Johann Lorenz —> F. CD A K L F i n k , Eugen, Philosoph, * 11. 12.1905 Konstanz, t 2 5 . 7 . 1975 Freiburg/Breisgau. F., Sohn eines Militärbeamten und Bruder von Karl August - » F . , studierte seit 1925 Philosophie, Germanistik, Geschichte und Volkswirtschaft an den Universitäten Münster, Berlin und Freiburg/Breisgau. 1930 mit Beiträgen zu einer

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phänomenologischen Analyse der psychischen Phänomene, die unter den vieldeutigen Titeln „Sich denken, als ob", „Sich etwas bloß vorstellen", „Phantasieren" befaßt werden bei E d m u n d —> Husserl promoviert, war er bis zu dessen Tod 1938 dessen wissenschaftlicher Mitarbeiter. 1933 verlor F. sein Stipendium wegen der Zusammenarbeit mit einem Juden. 1939 emigrierte er nach Belgien, w o er zu den Begründern des Husserl-Archivs an der Univ. Löwen gehörte. 1940 wurde er interniert, später in ein französisches Lager verbracht, von den deutschen Truppen befreit und nach seiner Rückkehr nach Deutschland zur Wehrmacht eingezogen. 1946 habilitierte sich F. an der Univ. Freiburg, war zunächst Dozent und wurde 1948 Ordinarius f ü r Philosophie und Erziehungswissenschaften. 1 9 4 9 / 5 0 errichtete er das Husserl-Archiv in Freiburg, dem er bis 1970 vorstand. Von 1954 bis zu seiner Emeritierung 1971 leitete er das Studium Generale an der Univ. Freiburg. F. veröffentlichte u. a. Sein, Wahrheit, Welt. Vor-Fragen zum Problem des Phänomen-Begriffs (1958) und Nietzsches Philosophie (1960, 6 1992). Auch unter dem Einfluß Martin —» Heideggers stehend, verfaßte er ontologische und phänomenologische Untersuchungen zu Spiel, Tod, Erziehung, Gewalt usw. vor d e m Hintergrund der abendländischen Philosophie (u.a. Metaphysik der Erziehung im Weltverständnis von Plato und Aristoteles, 1 9 7 0 , 2 1 9 9 6 ; Traktat Uber die Gewalt des Menschen, 1974). Eine Gesamtausgabe der Werke F.s (geplant 20 Bde., hrsg. von Cathrin Nielsen und Hans Rainer Sepp) erscheint seit 2005. m Bad Bio N.F., Bd 1 F i n k , (Christian) Gottfried Wilhelm, luth. Theologe, Komponist, Musikschriftsteller, Herausgeber, * 8 . 3 . 1783 Sulza (Thüringen), t 2 7 . 8 . 1 8 4 6 Leipzig. Der Pfarrerssohn studierte seit 1804 Theologie, Geschichte, Literatur und Musik an der Univ. Leipzig, war 1810-16 Hilfsprediger und wirkte seit 1814 in einer von ihm gegründeten Erziehungsanstalt in Leipzig, die er bis 1827 leitete. Seit 1808 gehörte F. zu den Mitarbeitern der „Allgemeinen musikalischen Zeitschrift", deren Redaktion er 1827-41 übernahm, und hielt 1838-43 Vorlesungen an der Philosophischen Fakultät der Univ. Leipzig, die ihn 1842 zum Musikdirektor ernannte. Neben seinen zahlreichen didaktischen, methodischen und musikhistorischen Schriften (u. a. Wesen und Geschichte der Oper. Ein Handbuch für alle Freunde der Tonkunst, 1838, Nachdr. 1982; System der musikalischen Harmonielehre, 1842; Musikalische Kompositionslehre, 1847) arbeitete er an verschiedenen Enzyklopädien mit und wurde als Herausgeber des Musikalischen Hausschatzes der Deutschen ( 1 8 4 4 / 4 5 , 12 1904) einem breiten Publikum bekannt. CD M G G F i n k , Gustav, Jurist, Politiker, * 3 . 4 . 1854 Hannover, t 1 5 . 9 . 1 9 3 3 Hannover. F. studierte an den Universitäten Würzburg und Göttingen Rechts- und Staats Wissenschaften. 1890-1922 wirkte er als Senator und Stadtsyndikus in Hannover, anschließend bis 1926 als Bürgermeister der Stadt. F. war Vorsitzender am Gewerbegericht, 1907-17 Mitglied des Zentralvorstandes der Nationalliberalen. F i n k , Hermann, Chemiker, * 3 . 2 . 1 9 0 1 Augsburg, t 1 2 . 7 . 1 9 6 2 Köln. F. Schloß das Studium der Physiologie, C h e m i e und Biochemie an der T H München 1925 mit der Promotion ab (Über Koproporphyrinsynthese durch Hefe und ihre Beeinflussung), arbeitete bis 1927 als Stipendiat der RockefellerStiftung bei Hans von —> Euler in Stockholm und habilitierte sich 1929 mit der Arbeit Über die Koproporphyrie der Hefe an der T H München. Er wurde Privatdozent und Abteilungsleiter an der Wissenschaftlichen Station für Brauerei in München, 1934 o . P r o f . an der Landwirtschaftlichen

Fink Fakultät der Univ. Berlin, w o er gleichzeitig wissenschaftlicher Leiter der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei war. Seit 1937 stand er d e m Institut für Gärungsgewerbe und Stärkefabrikation als wissenschaftlicher Direktor vor. 1948 übernahm F. den neugegründeten ordentlichen Lehrstuhl für Gärungswissenschaft und E n z y m c h e m i e an der Univ. Köln und wurde Direktor des gleichnamigen, von ihm neugeschaffenen Instituts. Er veröffentlichte u . a . Über Trockenhefe (1952), Beiträge zur biologischen Eiweißsynthese von höheren und niederen Pilzen und zur alimentären Lebernekrose der Ratte (mit Karl-Wilhelm Hoppenhaus, 1959) und Versuche zur gleichzeitigen Gewinnung von Hefeeiweiß und Antibiotika (1962). F i n k , Humbert, österr. Schriftsteller, Journalist, * 1 3 . 8 . 1 9 3 3 Salerno (Italien), t 1 6 . 5 . 1 9 9 2 Klagenfurt. Der Sohn eines Industriellen veröffentlichte zunächst Gedichte (Verse aus Aquafredda, 1953) und R o m a n e (Die engen Mauern, 1958; Die Absage, 1960), später vor allem Reisebeschreibungen (Zornige Träume. Report Uber Mittelmeerländer, 1974; Anatolische Elegien. Vom Bosporus bis Antiochia, 1977; Land der Deutschen. Reportagen aus einem sonderbaren Land, 1981) und Biographien (u. a. Martin Luther, 1982; Machiavelli, 1988; Franz Crillparzer, 1990). Daneben u. a. für den O R F tätig, war er 1 9 5 7 / 5 8 Mitherausgeber der „Österreichischen Blätter", seit 1959 der „Hefte für Literatur und Kritik" sowie der „Klagenfurter Texte". B. war auch maßgeblich an der S c h a f f u n g des Ingeborg-BachmannWettbewerbs beteiligt. CD DLL, 20. Jh. F i n k , Jodok, österr. Politiker, * 1 9 . 2 . 1 8 5 3 Andelsbuch (Vorarlberg), t 1.7. 1929 Andelsbuch. F., Sohn eines Bauern, war Bürgermeister seines Heimatortes, wurde 1890 Landtagsabgeordneter, 1897 als Unabhängiger in das Abgeordnetenhaus des Reichstags gewählt und Schloß sich der Christlichsozialen Partei an. Er hatte Anteil an den Wahlrechtsreformen in den Gemeinden sowie 1907 an der Einführung des Allgemeinen Wahlrechts in Österreich. Nach dem Ersten Weltkrieg war F. 1918 einer der drei Präsidenten der Konstituierenden Nationalversammlung; bis 1929 gehörte er dem Nationalrat an, wo er seit 1922 Obmann des Christlichsozialen Klubs war. 1 9 1 9 / 2 0 amtierte er als Vizekanzler in der Koalitionsregierung —> Renner. CD N D B F i n k , Johann, auch Finck, Fincke, Maler, * 2 0 . 4 . 1 6 2 8 Freiberg (Sachsen) oder Graslitz (Böhmen), t 10. 12. 1675 Dresden. F. erhielt seine künstlerische Ausbildung wahrscheinlich in einer Werkstatt seiner Heimat, wurde um 1648 Meister in Freiberg und begab sich vermutlich anschließend nach Italien, wo er sich vor allem in Neapel aufgehalten haben könnte. Seit 1658 hatte er seinen Wohnsitz in Dresden, stand dort zunächst in den Diensten des kursächsischen Oberhofmarschalls, des Freiherrn von Rechenberg, und wurde im folgenden Jahr kurfürstlicher Hofmaler, 1663 Contrafacturund Oberhofmaler. Später übernahm er die Aufsicht über das kurfürstliche Lusthaus auf dem Ritterberg. Neben zahlreichen biblischen Historienbildern (Die Vertreibung aus dem Paradies, 1663; Die Flucht nach Ägypten, 1667) und Porträts schuf F. 1668 als sein Hauptwerk das die Himmelfahrt Christi darstellende Deckenbild der Schloßkapelle in Moritzburg, das als erster Versuch gilt, die illusionistische Malerei des italienischen Hochbarock in Sachsen einzuführen. CD A K L F i n k , Johann Lorenz, auch Finck, Architekt, getauft 5. 12. 1745 Memmelsdorf bei Bamberg, t 1 9 . 5 . 1 8 1 7 Bamberg. Der Sohn Conrad —»F.s erlernte bei seinem Vater dessen Beruf und erhielt seit 1764 eine weitere Ausbildung durch

den Hofbaumeister Johann Michael —> Fischer in Würzburg. Nach Studienreisen, die ihn u. a. nach Frankfurt, Straßburg, Metz und Paris führten, wurde er 1769 vom Fürstbischof A d a m Friedrich von —> Seinsheim zum Hofwerkmeister in Bamberg ernannt. F. hatte bis 1806 die Oberleitung über die fürstbischöflichen Bauten inne und errichtete 1769 als seinen ersten Bau die Pfarrkirche in Etzelskirchen. Als Hofarchitekt Franz L u d w i g von - > E r t h a l s baute F. 1782-89 mit d e m Allgemeinen Krankenhaus in Bamberg den ersten Krankenhausbau in Deutschland, 1789 den Bibliothekssaal im ehemaligen Jesuitenkollegium sowie u . a . 1792 das neue Konventsund Ökonomiegebäude der ostfränkischen Abtei Langheim. Er ließ in seine spätbarocken Bauten frühklassizistische Elemente einfließen. CD A K L F i n k , Josef Alois, österr. Mechaniker, * 1796 Andelsbuch-Hub (Vorarlberg), t 3 1 . 1 0 . 1 8 4 5 AndelsbuchHub. Ursprünglich Buchbinder, wurde F. zu einem landesweit geschätzten Mechaniker, der ein Tellurium anfertigte, dessen auf genauen mathematischen und astronomischen Grundsätzen beruhender Mechanismus alle Mondphasen sowie Sonnen- und Mondfinsternisse für Jahrhunderte darstellte. Seit 1839 wirkte er in der Technischen Abteilung des M u s e u m s Ferdinandeum in Innsbruck. F i n k , Julius (Thomas), österr. Geologe, Geograph, * 18.4. 1918 Wien, t 2 . 4 . 1981 Wien. F. studierte in Wien zunächst Geographie, später Geologie und wurde 1944 mit der Dissertation Morphologische und lithogenetische Untersuchungen im Raum von Maria-Zell zum Dr. rer. nat. promoviert. 1950 habilitierte er sich an der Hochschule für Bodenkultur mit der Arbeit Die fossilen Böden des niederösterreichischen Lößes und ihre Bedeutung für die Paläoklimatologie und Quartärstratigraphie, übernahm 1956 als a. o . P r o f . den neugeschaffenen Lehrstuhl für Geologie und wurde 1969 o.Professor. Die Errichtung der Bundesanstalt für Bodenkartierung und Bodenwirtschaft ist im wesentlichen auf seine Initiative zurückzuführen. 1972 wurde F. O b m a n n der Kommission f ü r Quartärforschung. Seit 1974 war er wirkliches Mitglied der Österreichischen A k a d e m i e der Wissenschaften. F. veröffentlichte u. a. Die Siidostabdachung der Alpen (1961). CD Almanach Öst Akad, Jg. 131 F i n k , Karl August, kath. Theologe, Kirchenhistoriker, * 10.5. 1904 Konstanz, f 4 . 4 . 1983 Rottenmünster bei Rottweil. F., Sohn eines Militärbeamten und Bruder von Eugen —»F., studierte 1923-27 in Freiburg und Münster kath. Theologie, empfing 1928 die Priesterweihe und wurde 1929 in Freiburg zum Dr. theol. promoviert (Die Stellung des Konstanzer Bistums zum päpstlichen Stuhl im Zeitalter des avignonesischen Exils). 1930 ging er als Stipendiat an das Deutsche Historische Institut in Rom. F. arbeitete am Repertorium Germanicum mit, wo er die Bände zum Pontifikat Martins V. herausgab (erschienen 1943, 1957, 1958), und habilitierte sich 1935 in Freiburg (Martin V. und Aragon). 1937 wurde er a. o. Prof. für Kirchengeschichte in Braunsberg, 1940 Vertretungsprofessor und 1945 o . P r o f . in Tübingen. F., der sich vor allem mit der Kirchengeschichte des 14. und 15. Jh. beschäftigte, war seit 1941 Mitherausgeber der „Theologischen Quartalschrift" und seit 1950 der „Zeitschrift für Kirchengeschichte". CD Bad Bio N.F., Bd 2 F i n k , M a x (Hermann Julius), Ingenieur, * 1 5 . 9 . 1 8 9 9 Straßburg, t 2 . 2 . 1985 Aachen. F. absolvierte das Ingenieurstudium an der Univ. Straßburg und an den Technischen Hochschulen Stuttgart und

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Fink M ü n c h e n , erhielt 1924 das Diplom und wurde 1929 in Berlin promoviert (Neue Ergebnisse auf dem Gebiet der Verschleißforschung). 1927-29 war er am Materialprüfungsamt der Reichsbahndirektion München tätig, wirkte 1929-33 als Oberassistent an der T H Aachen, habilitierte sich 1932 und widmete sich seit 1934 dem A u f b a u und der Leitung des Instituts für Schweißtechnik. Seit 1935 leitete F. das Versuchsfeld für Maschinenelemente an der T H Berlin, seit 1937 als a. o. Professor. 1937 folgte er einem Ruf als Prof. an die Tung Chi Univ. Woosung bei Shanghai. 1939 arbeitete er bei den Reichsbahnversuchsämtern in Berlin. 1940 übernahm F. die Leitung der Forschungsabteilung der dortigen Wissenschaftlichen Forschungsgesellschaft, wurde 1944 Prof. an der T U Istanbul und lehrte seit 1948 als o . P r o f . über Schienenfahrzeuge, Hebe- und Förderanlagen an der T H Aachen. Er veröffentlichte u. a. Ein Beitrag zur Klärung der Abnutzung bei rollender Reibung mit Schlupf an Elektrolytkupfer (1962) und Die Erscheinung der Reiboxydation an ionitrierten Stahlobe/flächen (1965). F i n k , Pius, österr. Ingenieur, * 5 . 3 . 1 8 3 2 Sulzberg (Vorarlberg), t 15.9. 1874 Gleichenberg (Steiermark). Der Sohn eines Nagelschmiedemeisters besuchte das Polytechnische Institut in Wien, war dort nach einjähriger Tätigkeit in der Siglschen Lokomotivfabrik seit 1855 als Assistent tätig und trat 1859 in den Dienst der StaatseisenbahnGesellschaft ein. Hier wurde nach seinem Entwurf die Gebirgslokomotive „Steyerdorf" erbaut, die auf den Weltausstellungen in London (1862) und Paris (1867) ausgezeichnet wurde. Daneben beschäftigte sich F. mit Schiffsmaschinenumsteuerungen mit nur einem Exenter sowie mit d e m Brückenbau, der Lokomotivleistung und d e m Betrieb von Gebirgsbahnen. CD N D B F i n k , (Theophil) Waldemar, auch Waldo F., schweizer. Maler, * 9 . 5 . 1883 oder 1893 Bern, t 2 0 . 5 . 1 9 4 8 Bern. F. erhielt seine Ausbildung zum Dekorationsmaler bei seinem Vater, war in verschiedenen Orten der Schweiz tätig und übersiedelte schließlich nach München, w o er an der Kunstschule Weinhold-Schildknecht in Figuren- und Landschaftsmalerei unterrichtet wurde. In seine Heimat zurückgekehrt, lebte er 1909-22 in Adelboden, wo er sich vorwiegend der Darstellung des Hochgebirges widmete (Abendstimmung bei Zinal, 1922; Tagesanbruch bei Schwendi, 1925). Zuletzt war F. in Bern ansässig. DD A K L F i n k , Wilhelm, Taufname: Rupert, Benediktiner, Theologe, Historiker, Philologe, * 9 . 5 . 1889 Rottenburg/ Laaber, t 13.2. 1965 Metten. Nach der Priesterweihe studierte F. 1913-17 Philosophie, Theologie und Klassische Philologie an den Universitäten Innsbruck, Würzburg und München. Er unterrichtete bis 1953 als Gymnasiallehrer in Metten, w o er seit 1922 Archivar und 1927-57 Bibliothekar war. F. betätigte sich als Sekretär und Dekan der Historischen Sektion der Bayerischen Benediktiner-Akademie (1931-53) und wurde 1946 Heimatpfleger des Landkreises Deggendorf. Seine mehr als 200 Titel umfassende Werkliste verzeichnet vorwiegend Schriften über das Kloster Metten und die Kulturgeschichte des Bayerischen Waldes, darunter Entwicklungsgeschichte der Benediktinerabtei Metten (3 Bde., 1926-30). F i n k e , E d m u n d , Pseud. William B. Navis, österr. Schriftsteller, * 2 3 . 7 . 1888 Wien, t 1 1 . 3 . 1 9 6 8 Wien. Der einer altösterreichischen Offiziersfamilie entstammende F. schlug zunächst die militärische Laufbahn ein, besuchte die Theresianische Militärakademie, nahm am Ersten Weltkrieg teil und wurde 1918 Major. Er betrieb kriegsgeschichtliche Studien am Wiener Kriegsarchiv und war 1920-22 im

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Zivilstaatsdienst, 1923-25 Beamter bei einem Industrieunternehmen. Seit 1926 lebte F. als Lyriker, Essayist, vor allem als Verfasser zahlreicher Kriminalromane, darunter Der Mörder verliert den Robber (1934), in Wien. Er gab die „Zeitschrift für Kunst, Kultur, Schrifttum und Geisteswissenschaft" heraus und war Schriftleiter des Wiener Dichterkreises „Der Augarten". 1950 erschien F.s Biographie über Joseph -> Weinheber. OD D L L , 20. Jh. F i n k e , Fidelio F(riedrich), Komponist, * 2 2 . 1 0 . 1 8 9 1 Josefsthal bei Gablonz, f 12.6. 1968 Dresden. F., Sohn eines Volksschullehrers, begann 1908 das K o m p o sitionsstudium am Prager Konservatorium, das er 1911 in der Meisterklasse Vftëzslav Nováks beendete; seit 1915 unterrichtete er dort Theorie und Klavier. Nach der Gründung der Deutschen A k a d e m i e für Musik 1920 übernahm F. die Kompositionsschule und, zum Prof. ernannt, 1927 die Leitung der Meisterklasse für Komposition sowie noch im selben Jahr die Leitung der Deutschen A k a d e m i e für Musik (seit 1940 Deutsche Hochschule f ü r Musik und darstellende Kunst). 1945-50 war er Rektor der A k a d e m i e f ü r Musik und Theater in Dresden, 1951-58 Prof. für Tonsatz an der Hochschule für Musik in Leipzig. In seinen mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten Kompositionen, darunter Klavier-, Orgel- und K a m m e r m u s i k , Orchesterwerken, der Oper Die Jakobsfahrt (1936) sowie der Orchestersuite Freiheit und Frieden, verband F. böhmisches Musikantentum mit polyphonen Techniken. e n MGG F i n k e , (Johannes) Heinrich, Historiker, * 13.6. 1855 Krechting bei Borken (Westfalen), f 19. 1 2 . 1 9 3 8 Freiburg/ Breisgau. Neben seinen Tätigkeiten als Hauslehrer, Journalist, Redakteur und Reichstagsstenograph studierte der Sohn eines Kleinbauern in Tübingen und Göttingen Geschichte. 1879 in Tübingen promoviert, arbeitete er im Staatsarchiv in Schleswig. 1886 gab er das Westfälische Urkundenbuch heraus, habilitierte sich 1887 in Münster, wurde 1891 a . o . P r o f . , 1897 o . P r o f . der Geschichte in Münster und lehrte 1899-1928 in Freiburg/Breisgau. F.s Werk umfaßt T h e m e n der Urkundenlehre, Landesgeschichte, Politik der Bismarckzeit sowie der politischen, kirchlichen und kulturellen Entwicklung des Spätmittelalters, das er mit Hilfe neuer Quellen vor allem aus spanischen Archiven erschloß (Acta Aragonensia, 3 Bde., 1903-33). Seit 1924 Präsident der GörresGesellschaft, gründete F. deren Historisches Institut in Madrid. Zu seinen Veröffentlichten zählen Aus den Tagen Bonifaz ' VIII. (1902), Die Frau im Mittelalter (1916) und Universität und Stadt Freiburg in ihren wechselseitigen Beziehungen (1920) sowie eine Biographie seines Schwiegervaters, des Malers und Akademiedirektors Karl —> Müller (Karl Müller, sein Leben und künstlerisches Schaffen, 1896). DD Bad Bio N.F., Bd 2 F i n k e , Leonhard Ludwig, Mediziner, * 2 4 . 1 0 . 1747 Westerkappeln, t 17. 1.1837 Lingen. F. studierte seit 1769 an der Univ. Halle Medizin, wurde 1772 promoviert (De salubritate febrium in morbis chronicis) und ließ sich im selben Jahr als praktischer Arzt in Lengerich nieder, bevor er 1774 seine Ausbildung in Geburtshilfe in Kassel fortsetzte. Seit 1776 Landphysikus und Hebammenlehrer in Tecklenburg, wurde er 1780 o. Prof. und war seit 1802 in gleicher Funktion in Lingen tätig, 1808-13 als Kreisarzt. 1820 wurde F. zum Medizinalrat ernannt, war später Vorsteher der kgl. Bibliothek und wurde durch seinen Versuch einer allgemeinen medizinisch-praktischen Geographie, worin der historische Theil der einheimischen Völker- und Staaten-Arzneikunde vorgetragen wird (3 Bde., 1792-95) als einer der ersten wissenschaftlichen Bearbeiter

Finsch der medizinischen Geographie bekannt. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner De morbis biliosis anomalis ( 1780) und Abhandlung von Gallenkrankheiten (1787).

Lehrbuch der Säuglingskrankheiten (3 Tie., 1905-12, 4 1938) und Hautkrankheiten und Syphilis im Säuglings- und Kindesalter (1922). m NDB

F i n k e l n b u r g , Karl Maria, Mediziner, Psychiater, * 1 6 . 6 . 1 8 3 2 Marialinden (heute zu Oberath), t 11.5. 1896 Godesberg (heute zu Bonn). F. studierte in Bonn, Würzburg und Berlin Medizin und war nach der Promotion 1853 (De encephalomalacia ex arteriarum obstructione orta) an der Univ. Bonn zunächst als Assistent, seit 1863 als Dozent und seit 1872 als a. o. Prof. tätig. Seit 1876 Mitglied des kaiserlichen Gesundheitsamtes in Berlin, bearbeitete er 1879 den Gesetzentwurf über den Nahrungsmittelverkehr und gründete 1882 mit Eduard —>Lent das „Centralblatt für allgemeine Gesundheitspflege". 1880 kehrte er als Prof. an die Univ. B o n n zurück. In seinen Forschungen griff F., seit 1888 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, neben psychiatrischen T h e m e n auch ländervergleichende und historische Fragen auf. Er veröffentlichte u. a. Ueber Willensstörungen ohne Intelligenzstörung (1862), Ueber den Einfluss des Nachahmungstriebes auf die Entstehung des Irreseins (1863), Erfahrungen über Kaltbadekuren bei Seelengestörten ( 1864), Die öffentliche Gesundheitspflege Englands (1874), Ueber den hygienischen Gegensatz von Stadt und Land (1882), Uber die Errichtung von Volkssanatorien für Lungenschwindsüchtige (1890) und Geschichtliche Entwicklung und Organisation der öffentlichen Gesundheitspflege in den Kulturstaaten (1893).

F i n k e n s t e i n , Jettka, eigentl. Jettchen Karfunkelstein, Sängerin, * 2 2 . 3 . 1 8 6 5 Seni (Rußland), t n . e . Ihren ersten Gesangsunterricht erhielt F. von ihrem Vater, der als Kantor an der Posener Synagoge wirkte. Sie setzte ihre Ausbildung an der Berliner Hochschule für Musik bei A n n a —> Schultzen von Asten sowie später als Schülerin von Pauline Viardot-Garcfa in Paris fort. 1881 debütierte F. am Hoftheater in Darmstadt, wurde Ensemblemitglied und zur großherzoglich Hessischen Kammersängerin ernannt. Mit den Alt-Partien u. a. der Nancy in —> Flotows Martha, der Frau Reich in den Lustigen Weibern von Windsor sowie als Amneris in Aida hatte F. große Erfolge. Seit 1890 trat sie nur mehr gastierend auf. Auf zahlreichen Gastspiel- und Konzertreisen widmete sich F. vor allem dem Konzert- und Oratoriengesang, u. a. in London. Seit 1910 lebte sie zusammen mit ihrem Mann, dem Dirigenten B e n n o Pulvermacher, als Pädagogin in Breslau. CEJ Kutsch

F i n k e l n b u r g , (Karl Ernst) Wolfgang, Physiker, * 5 . 6 . 1905 Bonn, f 7. 11. 1967 Erlangen. Der Sohn eines Mediziners studierte seit 1924 an den Universitäten Tübingen und Bonn, wurde 1928 mit der Arbeit Über das Molekülspektrum des Wasserstoffs mit Wellenlängenmessungen von 3667 Linien zwischen λ 4861 (Hß) und 3314 A.-E. promoviert und war seit 1929 als Assistent in Bonn und Berlin tätig. 1931 wirkte er als Assistent am Institut für theoretische Physik, seit d e m folgenden Jahr als Privatdozent für Physik (Habilitationsschrift: Über das Emmissionsspektrum von komprimiertem Wasserstoff sowie einiger Druckerscheinungen in Metalldampfzentren) an der T H Karlsruhe, später am Technologischen Institut in Pasadena (Kalifornien) und wurde 1938 nichtbeamteter a. o . P r o f . an der T H Darmstadt. Seit 1942 war F. beamteter a. o. Prof. und Direktor des Physikalischen Insituts der Univ. Straßburg. Er beschäftigte sich in seinen wissenschaftlichen Forschungen insbesondere mit Atom- und Molekülphysik. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Physik und Technik des Hochstromkohlebogens (1944), Einführung in die Atomphysik (1948) und Der Physiker (1967). F i n k e l s t e i n , Heinrich, Pädiater, * 3 1 . 7 . 1865 Leipzig, t 7 . 1 . 1 9 4 2 Santiago de Chile. F. Schloß das Geologiestudium 1888 in Leipzig mit der Promotion ab ( D e r Laubenstein bei Hohen-Aschau) und wandte sich der Medizin zu. 1897 in Leipzig zum Dr. med. promoviert, war er 1894-1900 Assistent Otto —»Heubners an der Kinderklinik der Charité in Berlin, wo F., seit 1899 für Pädiatrie habilitiert, 1901 die Stelle eines Oberarztes am Kinderasyl und Städtischen Waisenhaus antrat. Seit 1906 Titularprofessor, wurde er 1908 a. o. Prof. an der Berliner Univ. und übernahm 1918 die Direktion des Kaiser-und-KaiserinFriedrich-Kinderkrankenhauses, das er bis zum Entzug seiner Lehrerlaubnis 1935 leitete. 1939 emigrierte F. nach Chile und wirkte dort bis zu seinem Tod als Konsiliarius. Er beschäftigte sich vor allem mit den Problemen der Säuglingspflege und der Ernährung. F. führte die Eiweißmilch in die Pädiatrie ein. Zu seinen Veröffentlichungen gehören

F i n k e n z e l l e r , Heli, eigentl. Helene F., Schauspielerin, * 17.11. 1914 München, t 14. 1.1991 München. F. wurde seit 1933 an der Schauspielschule Otto —>Falckenbergs an den M ü n c h n e r Kammerspielen ausgebildet, u . a . von Therese - > G i e h s e . 1934 erhielt F. ihr erstes B ü h nenengagement an den M ü n c h n e r Kammerspielen; seit 1935 spielte sie u . a . an den Berliner Staatlichen Schauspielbühnen, an der dortigen „Tribüne" und an der „ K o m ö d i e " (1951 / 52) sowie erneut an den Münchner Kammerspielen (1957), am Berliner Renaissance-Theater (1969) und am Theater des Westens. Durch ihre 1935 begonnene Filmtätigkeit wurde F. auch einem breiten Publikum bekannt und feierte mit Filmen wie Der Ehestreik (1935), Der Mustergatte ( 1937) und Kohlhiesels Töchter ( 1943) ihre größten Erfolge. In den sechziger Jahren wandte sie sich vorwiegend d e m Fernsehen zu und wirkte in einer Reihe von Serien mit. F. war in erster Ehe mit dem Schauspieler Will D o h m verheiratet. F i n k l e r , Dittmar, Hygieniker, * 2 5 . 7 . 1852 Wiesbaden, t 1 3 . 2 . 1 9 1 2 Bonn. F. studierte an der Univ. Bonn Medizin, wurde 1875 promoviert (Ueber den Einfluß der Strömungsgeschwindigkeit des Blutes auf die thierische Verbrennung), habilitierte sich 1877 für Physiologie und Innere Medizin und wurde 1881 a. o. Prof. der klinischen Propädeutik. 1888 übernahm er die Leitung der Poliklinik und war 1886-1906 dirigierender Arzt der Inneren Abteilung des Friedrich-Wilhelm-Stiftes. 1890 wurde F. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. 1893 vertrat er als Generalkommissar die deutschen Universitäten auf der Weltausstellung in Chicago. Nach B o n n zurückgekehrt, übernahm er das Lehrfach f ü r Hygiene, für das er ein eigenes Institut geschaffen hatte, und wurde 1895 o.Professor. F. entdeckte einen Kommabazillus in Fällen von Cholera nostras, die sogenannten FinklerPrior-Vibrionen. Er veröffentlichte u. a. Die acuten Lungenentzündungen als Infectionskrankheiten (1891), Infectionen der Lunge durch Streptococcen und Influenzabcwillen (1895) und Das Eiweiss in Hygiene und Wirthschaft der Ernährung (mit Hans Lichtenfeit, 1902). F i n s c h , Otto (Friedrich Hermann), Forschungsreisender, Zoologe, Ethnograph, * 8 . 8 . 1839 Warmbrunn (Schlesien), t 3 1 . 1 . 1917 Braunschweig. Ursprünglich zum K a u f m a n n bestimmt, widmete sich F., Sohn eines Glasmalers, Glasschleifers und Leiters einer Zeichenschule, autodidaktisch den Naturwissenschaften und unternahm 1 8 5 8 / 5 9 eine Reise in den Balkan, auf der er sich

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Finselberger vor allem mit der bulgarischen Vogelwelt beschäftigte. Anschließend zeitweise als Hauslehrer tätig, wurde er 1861 Assistent am Niederländischen Reichsmuseum für Naturgeschichte in Leiden, 1864 auf Vermittlung von Gustav —> Hartlaub Konservator bei den naturgeschichtlichen und ethnographischen Sammlungen der Museumsgesellschaft in Bremen und amtierte dort 1876 als erster Direktor der inzwischen in den Besitz des Bremer Staates übergegangenen Sammlungen. Seit 1867 war F. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1872 bereiste er Nordamerika, 1873 Lappland, 1876 zusammen mit Alfred —» Brehm Westsibirien. Zwei Forschungsfahrten in die Südsee (1879-82 und 1 8 8 4 / 8 5 ) führten zur Gründung der deutschen Kolonie Kaiser-Wilhelms-Land. 1885 gründete er Finschhafen, das bis 1918 Sitz der dortigen deutschen Verwaltung war. 1897 wurde F. Abteilungsvorsteher am Leidener Reichsmuseum, 1904 am Städtischen M u s e u m in Braunschweig. Er erhielt 1868 in Bonn die Ehrenpromotion und 1910 den Professorentitel. F. veröffentlichte u . a . Neu-Guinea und seine Bewohner ( 1865), Die Papageien (mit G. Hartlaub, 2 Bde., 1 8 6 7 / 6 8 ) , Die Vögel Ostafrikas (1870), Anthropologische Ergebnisse einer Reise in der Südsee und dem malayischen Archipel in den Jahren 1879-1882 (1884), Ethnologische Erfahrungen und Belegstücke aus der Sttdsee (3 Abt., 1888-93) und Systematische Ubersicht der Ergebnisse seiner Reisen und schriftstellerischen Tätigkeit (1859-Ì899) (1899). DP Henze

Finselberger,

Erni, Sozialarbeiterin, Politikerin, * 1 1 . 9 . 1 9 0 2 Hildesheim, t 2 4 . 5 . 1 9 9 3 Hannover. Nach dem Besuch der Handelslehranstalt in ihrer Heimatstadt war F. zunächst in der Betriebs- und Verwaltungspraxis, seit 1926 sozialpolitisch und arbeitsrechtlich u. a. in Leipzig, Berlin und Dresden tätig. Daneben widmete sie sich sozialrechtlichen Studien. 1940-45 leitete F. berufsfördernde M a ß n a h m e n f ü r Frauen und hatte einen Lehrauftrag für Arbeitsrecht in Westpreußen inne. Seit 1949 lebte sie in Niedersachsen und wurde 1950 Mitglied des Landesvorstandes des Bundes der Heimatvertriebenen und Entrechteten, im folgenden Jahr Mitglied des Landtags von Niedersachsen sowie 1952 stellvertretende Bundesvorsitzende des Gesamtdeutschen Blocks. 1953-57 war F. Mitglied des Deutschen Bundestags. 1961 wurde sie stellvertretende Frauenreferentin der Gesamtdeutschen Partei. Ca M d B

Finsler,

(Diethelm) Georg, schweizer, reformierter Theologe, * 2 4 . 1 2 . 1819 Zürich, t 1 . 4 . 1 8 9 9 Zürich. F., Sohn eines Pfarrers und Dekans, studierte an der Univ. Zürich Theologie, wurde 1842 in Bonn ordiniert, 1844 Vikar in Zürich, 1849 Pfarrer in Berg am Irchel, 1867 in Wipkingen, 1871 am Großmünster in Zürich. Seit 1856 war er Kirchenrat, seit 1868 Mitglied des Verfassungsrats, 1873-96 des Kantonsrats und übte insbesondere als Antistes der Zürcher Kirche 1866-95 großen politischen und kirchlichen Einfluß aus. F. setzte sich f ü r eine o f f e n e Landeskirche sowie für ein neues, auf presbyterial-synodaler und demokratischer Grundlage basierendes Kirchengesetz ein. Er war an der Einrichtung der Evangelischen Kirchenkonferenz der Schweiz beteiligt. Seit 1860 gehörte er zu den Herausgebern des „Kirchenblatts für die reformierte Schweiz". ED N D B

Finsler,

Georg, schweizer, reformierter Theologe, * 1860 Zürich, t 18. 11.1920 Basel. F. war als Pfarrer in Hombrechtikon (Kt. Zürich) tätig, bevor er eine Stelle als Religionslehrer am Basler G y m n a s i u m annahm. Er wurde als —»Zwingli-Forscher und Mitherausgeber der kritischen Zwingli-Ausgabe bekannt. Zu F.s Werken zählt u . a . eine Zwingli-Bibliographie. Verzeichnis der gedruckten Schriften von und über Ulrich Zwingli (1897).

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Finsler,

Hans, Photograph, * 7. 12.1891 Heilbronn, t 3 . 4 . 1 9 7 2 Zürich. Der Sohn eines K a u f m a n n s und Bruder Paul —> F.s studierte 1911-14 an den Technischen Hochschulen Stuttgart und München Architektur, anschließend bis 1918 u. a. als Schüler von Heinrich —>Wölfflin Kunstgeschichte. 1922-32 war er Bibliothekar und Lehrbeauftragter an der Handwerker- und Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein in Halle. F. widmete sich der Sachphotographie, leitete eine Klasse für Objektphotographie und arbeitete u. a. für die Vereinigten Werkstätten in Düsseldorf und München. 1932 wurde er nach Zürich berufen und baute dort eine Fachklasse f ü r Photographie auf, die er bis 1958 leitete. 1947-55 war F. Vorsitzender des Schweizerischen Werkbundes. Er gehörte zu den bedeutendsten Industrie- und Architekturphotographen der Neuen Sachlichkeit; seine Forschungen führten zu einer Neuorientierung der Sachphotographie in der Schweiz. 1971 erschienen F.s autobiographische Überlegungen Mein Weg zur Photographie. DP A K L

Finsler,

Hans Conrad, schweizer. Staatsmann, Militär, * 1 8 . 8 . 1 7 6 5 Zürich, t 21. 12.1839 Bern. Der Sohn eines K a u f m a n n s schlug die militärische Laufbahn ein und war seit 1795 Generaladjutant der Artillerie. 1798 wurde er helvetischer Finanzminister, jedoch im folgenden Jahr gestürzt. Nach d e m Staatsstreich A n f a n g 1800 in den Vollziehungsausschuß gewählt, übernahm F. das Kriegswesen, leitete den Staatsstreich vom 7. August und gehörte bis 1801 d e m gesetzgebenden Rat an. 1802 unterstützte er den Aufstand gegen die Helvetik, wurde Mitglied der zürcherischen Verfassungskommission sowie der provisorischen Regierung und war seit 1803 Mitglied des Kleinen Rats. Seit 1804 Oberstquartiermeister, wurde F. später Oberkommandant und Generalquartiermeister. Er leitete 1810 die von ihm angeregte Landvermessung. 1829 wurde er wegen des Bankrotts seines Bankhauses aus seinen Ämtern entlassen und ein Jahr aus Zürich verbannt. DP H L S

Finsler,

Paul, Mathematiker, * 1 . 4 . 1 8 9 4 Heilbronn, t 2 9 . 4 . 1970 Zürich. Der Bruder Hans —»F.s studierte an der T H Stuttgart und an der Univ. Göttingen, wurde 1919 promoviert ( Ü b e r Kurven und Flächen in allgemeinen Räumen, Nachdr. 1951) und habilitierte sich 1922 in Köln, w o er als Privatdozent tätig war. 1927 wurde a. o. Prof. der angewandten Mathematik an der Univ. Zürich und war 1944-59 o . P r o f . der Mathematik. F. war ein Vertreter des Piatonismus in der Mathematik. Nach der Verallgemeinerung der klassischen Differentialgeometrie in seiner Dissertation beschäftigte er sich mit der Entwicklung einer erweiterten von Kurven und Flächen in n-dimensionalen R ä u m e n , die seit 1934 nach ihm benannt sind. F.s totalendliche Mengen führten zu einer Generalisierung der natürlichen Zahlen, für die der Fundamentalsatz über die eindeutige Primfaktorzerlegung gültig bleibt. Er veröffentlichte u . a . Formale Beweise und die Entscheidbarkeit (1926), Über die Grundlegung der Mengenlehre (1926) und Die Unendlichkeit der Zahlenreihe (1954). DP H L S

Finsterer,

Hans, österr. Chirurg, * 2 4 . 6 . 1 8 7 7 Weng bei Altheim (Oberösterreich), t 4 . 1 1 . 1 9 5 5 Wien. Der aus ärmlichen Verhältnissen stammende F., Sohn eines Bauern, Schloß das Studium der Medizin an der Univ. Wien 1902 mit der Promotion ab. Er setzte seine Ausbildung 1900-09 an den Kliniken in Graz und Innsbruck, seit 1910 an der Wiener II. Chirurgischen Klinik fort, habilitierte sich 1913 und nahm am Ersten Weltkrieg als Stabsarzt teil. Seit 1920 a . o . P r o f . , war F. 1 9 2 2 / 2 3 Vorstand der Chirurgischen Abteilung des Spitals der Barmherzigen Brüder sowie bis 1935 des Kaiser-Franz-Josef-Ambulatoriums. 1935-51 hatte er die Leitung der I. Chirurgischen Abteilung im Wiener Allgemeinen Krankenhaus inne, seit 1948 als o.Professor. F.,

Fintelmann der neben dem Ausbau der Lokalanästhesie den Fortschritt in der Magen-Darm-Chirurgie beförderte, veröffentlichte u.a. Die Methoden der Lokalanästhesie in der Bauchchirurgie und ihre Erfolge (1923) und Die Chirurgie des Dickdarms (1952). DP NDB Finsterlin, Hermann, Pseud. Prometh, Schriftsteller, Maler, Architekt, * 18.8. 1887 München, t 16.9. 1973 Stuttgart. F. erhielt 1905-08 privaten Kunstunterricht in München, veröffentlichte seit 1907 erste Gedichte und studierte 1914/15 ohne Abschluß Chemie, Physik, Medizin und Indologie. Seit 1917 entstanden erste Architektur-Entwürfe, 1919 stellte F. utopische „Traumhäuser" bei einer Ausstellung des Arbeitsrates für Kunst in Berlin und Weimar aus und war 1922 Gründungsmitglied des Berchtesgadener Künstlerbundes. Daneben schuf er großformatige Wandbilder, Porträts, Bühnenbilder und Spielzeug. Mit expressiven und biomorphen Formen experimentierend, entstanden „illusionistische Flächenbilder" mit einem ganzheitlichen Anspruch. Kurz vor der Schließung 1932 erhielt er einen Lehrauftrag am Bauhaus Dessau. 1920-22 und wieder seit 1963 Mitglied der „Gläsernen Kette", schuf F. phantastische plastische Architekturen, die sich von der Vorstellung des Hauses als orthogonalem Baukörper loslösten und die nach 1945 vor allem Architekten wie Jörn Utzon (Opernhaus Sydney) beeinflußten. 1964 erschien F.s Gedichtsammlung Lieder des Pan. m AKL F i n s t e r w a l d e r , Richard, Topograph, Kartograph, * 7.3. 1899 München, t 28.10. 1963 München. Nach dem 1922 abgeschlossenen Ingenieurstudium in München war F., Sohn Sebastian —>F.s und Bruder Ulrich —>F.s, bis 1929 als Volontärassistent am Mathematischen Institut der TH München tätig und wurde 1923 in Karlsruhe zum Dr.-Ing. promoviert (Die Gnomonische Reziprokalprojektion und ihre praktische Anwendung bei der Vermessung des Loferer Steinberges). 1928 war er als Geodät und Topograph stellvertretender Leiter der von der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft durchgeführten Alai-Pamir-Expedition. 1930 wurde F. Privatdozent für Geodäsie an der TH München (Grenzen und Möglichkeiten der terrestrischen Photogrammetrie), im selben Jahr an der TH Hannover, nahm 1934 an der deutschen HimalajaExpedition teil und wurde 1940 a. o.Prof. des Vermessungswesens und der Photogrammetrie. Seit 1942 o. Prof. des Vermessungswesens und Direktor des Geodätischen Instituts der TH Hannover, war er seit 1948 o.Prof. der Photogrammetrie, Topographie und Allgemeinen Kartographie an der TH München, wo er das gleichnamige Institut leitete. F. veröffentlichte u.a. Photogrammetrie (1939), Vermessungswesen und Kartographie in Afrika (mit Ernst Hueber, 1943) und Zur Bestimmung der Schneegrenze und ihrer Hebung seit 1920 (1953). F i n s t e r w a l d e r , Sebastian, Mathematiker, * 4. 10.1862 Rosenheim, f 4. 12. 1951 München. Der Sohn eines Bäckermeisters studierte Mathematik und Physik an der TH München und in Tübingen, wo er 1886 mit der Arbeit Uber Brennflächen und die räumliche Verteilung der Helligkeit bei Reflexion eines Lichtbündels an einer spiegelnden Fläche promoviert wurde, und wandte sich insbesondere der anschaulichen Geometrie und angewandten Mathematik zu. 1888 an der TH München habilitiert, übernahm er 1891 als Nachfolger seines Lehrers Aurel Edmund —» Voss den Lehrstuhl für analytische Geometrie, Differential- und Integralrechnung in München sowie 1911 das Ordinariat für darstellende Geometrie. Seit 1906 gehörte F. der Bayerischen Kommission für Internationale Erdmessung an, war mit seinen Arbeiten an der Entwicklung der Photogrammetrie, der Höheren Geodäsie sowie der Gletscherforschung

beteiligt und erkannte als einer der ersten die Bedeutung des Luftbildes für die Kartographie. Er veröffentlichte u. a. Die von optischen Systemen größerer Öffnung und größeren Gesichtsfeldes erzeugten Bilder (1892), Finsterwaldersche Feldermethode (1915) und Regelmäßige Anordnungen gleicher sich berührender Kreise in der Ebene, auf der Kugel und auf der Pseudosphäre (1936). F. war der Vater von Ulrich und Richard —>F. CD NDB F i n s t e r w a l d e r , Ulrich, Bauingenieur, Unternehmer, * 25.12. 1897 München, t 5.12.1988 München. F., Sohn Sebastian —>F.s und Bruder Richard —>F.s, studierte nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft seit 1920 an der TH München Bauingenieurwesen, trat nach dem Diplomexamen 1923 in die Bauunternehmung Dyckerhoff & Widmann ein und war zunächst bei der Errichtung des Planetariums für die Fa. Carl Zeiss in Jena im Schalenbau tätig. 1925 kam er in die Zentraldirektion nach Biebrich und wurde 1930 an der TH München zum Dr.-Ing. promoviert. Seit 1933 Chef des Konstruktionsbüros der Hauptverwaltung, wurde er 1941 Mitglied der technischen Geschäfts lei tu ng, 1949 persönlich haftender Gesellschafter und Mitglied der Geschäftsleitung. 1973 schied er aus dem Vorstand des Unternehmens aus. F. beschäftigte sich hauptsächlich mit dem Schalenbau, der Entwicklung des Spannbetons und von Verfahren für Brückenbau, Behälterbauten und Hochbauten aus Spannbeton. Er entwickelte die Dywidag-Schalenbauweise und den freien Vorbau weitgespannter Massivbrücken. Zu seinen Veröffentlichungen gehört Die querversteiften zylindrischen Schalengewölbe (1933). F. wurde u.a. durch die Ehrendoktorwürde der Univ. Darmstadt (1950) und der TH München (1968) geehrt. F i n t e l m a n n , Gustav, Gärtner, * 22.6.1846 Pfaueninsel bei Potsdam, t 7.9. 1918 Potsdam. Nach der Gärtnerausbildung in der Baumschule von Lauche und in den Anlagen von Charlottenhof ging F., Sohn von Gustav Adolph —»F., auf Wanderschaft, die ihn nach Gent, durch Deutschland und nach England führte. Auf einer späteren botanischen, obstbaulichen und gartenkünstlerischen Studienreise kam er u. a. nach Holland, Frankreich und Wien. 1874 wurde er kgl. Hofgärtner im neuen Garten in Potsdam und übersiedelte 1884 als Hofgärtner an den Georgsgarten nach Hannover. Seit 1891 Garteninspektor von Wilhelmshöhe bei Kassel, wurde F. 1898 Hofgartendirektor in Potsdam und leitete die Gärtnerlehranstalt in PotsdamWildpark. m NDB F i n t e l m a n n , Gustav Adolph, Gärtner, Publizist, * 30.6. 1803 Berlin, f 1.3. 1871 Potsdam. F., Sohn eines Kaufmanns und Neffe des Hofgärtners der Pfaueninsel, Ferdinand F., durchlief 1825-29 eine Ausbildung zum Gärtner auf der Pfaueninsel bei Potsdam, studierte anschließend an der Univ. Berlin und hielt sich 1825-29 in Österreich, Holland, Frankreich, Großbritannien und Irland auf. 1832 wurde er Hofgärtner in Paretz, wechselte im folgenden Jahr in gleicher Funktion an die Melonerie in Sanssouci und war 1834-69 Hofgärtner und Kastellan auf der Pfaueninsel. 1844-48 war er Generalsekretär des Vereins zur Beförderung des Gartenbaus in den Königlich Preußischen Staaten, 1848-52 dessen zweiter stellvertretender Vorsitzender und 1858/59 Herausgeber sowie Redakteur der „Wochenschrift für Gärtnerei und Pflanzenkunde". Neben zahlreichen Zeitschriftenbeiträgen veröffentlichte er u. a. Wegweiser auf der Pfaueninsel (1837, Nachdr. 1986) und Uber Nutzbaumpflanzungen (1856). F. war der Vater von Gustav - > F . m BBL

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Fiori F i o r i , E r n e s t o de, B i l d h a u e r , M a l e r , * 1 3 . 1 2 . 1 8 8 4 R o m , t 2 4 . 4 . 1 9 4 5 Sao Paulo. D e r S o h n eines Italieners und einer D e u t s c h - Ö s t e r r e i c h e r i n studierte 1 9 0 3 / 0 4 Malerei an d e r M ü n c h n e r K u n s t a k a d e m i e u n d setzte seine A u s b i l d u n g nach seiner R ü c k k e h r n a c h R o m als S c h ü l e r O t t o —» G r e i n e r s fort. A l s M a l e r unter d e m E i n f l u ß F e r d i n a n d —»Hodlers, arbeitete F. 1 9 0 9 / 1 0 in L o n d o n , seit 1910 in M ü n c h e n u n d übersiedelte 1911 n a c h Paris, u m sich auf die B i l d h a u e r e i zu k o n z e n t r i e r e n . 1 9 1 4 - 1 6 lebte er in Berlin, w a r 1 9 1 6 / 1 7 Soldat, übersiedelte 1917 n a c h Z ü r i c h , k e h r t e 1920 nach D e u t s c h l a n d z u r ü c k und hielt sich a b w e c h s e l n d in Berlin und H e r r s c h i n g / A m m e r s e e auf. E r schuf d i e B r o n z e Mann/Der Soldat (1918), f e r n e r zahlreiche P o r t r ä t b ü s t e n b e k a n n t e r P e r s ö n l i c h k e i t e n , u. a. von Elisabeth - > B e r g n e r (1923), M a r l e n e —> Dietrich und d i e S t a t u e M a x —» S c h m e l i n g s . 1936 e m i g r i e r t e F. ü b e r L o n d o n n a c h Brasilien, w o er sich d a s L e b e n n a h m . Cd A K L F i o r i l l o , Federigo, K o m p o n i s t , M u s i k e r , * 1 . 6 . 1 7 5 5 B r a u n s c h w e i g , t n a c h 1823 L o n d o n (?). A n g e b l i c h z u n ä c h s t M a n d o l i n i s t , g a b F., S o h n von I g n a z i o - > F . und B r u d e r von J o h a n n D o m i n i c u s —>F., 1777 Violink o n z e r t e in St. P e t e r s b u r g u n d 1 7 8 0 / 8 1 K o n z e r t e in P o l e n . Er w u r d e a n s c h l i e ß e n d M u s i k d i r e k t o r a m D e u t s c h e n T h e a t e r in Riga, g i n g u m 1785 als f r e i e r K o m p o n i s t nach Paris u n d lebte seit e t w a 1790 in L o n d o n , w o er im S a l o m o n - Q u a r t e t t und seit 1793 auch als Solist auftrat. F. k o m p o n i e r t e f ü r d e n p o p u l ä r e n G e s c h m a c k seiner Zeit, d a r u n t e r k o n z e r t a n t e S y m p h o n i e n , K a m m e r m u s i k und E t ü d e n . DP M G G F i o r i l l o , I g n a z i o , K o m p o n i s t , * 1 1 . 5 . 1715 N e a p e l , t Juni 1787 Fritzlar ( H e s s e n ) . F. erhielt seine m u s i k a l i s c h e A u s b i l d u n g an e i n e m der vier K o n s e r v a t o r i e n in N e a p e l , v e r m u t l i c h bei F r a n c e s c o D u rante und L e o n a r d o L e o . 1733 w u r d e in Trient seine erste O p e r a u f g e f ü h r t ; bis 1745 f o l g t e n sieben weitere A u f f ü h r u n g e n in M a i l a n d , Venedig u n d P a d u a . 1 7 4 7 / 4 8 reiste er mit der Ballett- und P a n t o m i m e n - K i n d e r t r u p p e von F i l i p p o Nicolini u . a . nach Prag, L e i p z i g , H a m b u r g , D r e s d e n und B r a u n s c h w e i g . Bei H e r z o g —>Karl I. von B r a u n s c h w e i g W o l f e n b ü t t e l f ü h r t e sie F.s I n t e r m e z z o Li Birbi auf, im H o f t h e a t e r seine Olimpiade u n d Astiage rè de' Medici. Von 1750 ( 1 7 5 1 ? ) bis 1761 war F. H o f k a p e l l m e i s t e r in B r a u n s c h w e i g , 1762-79 b e i m L a n d g r a f e n —»Friedrich II. von H e s s e n - K a s s e l , z u s t ä n d i g vor a l l e m f ü r d i e H o f o p e r und d i e k a t h o l i s c h e K i r c h e n m u s i k . F. verhalf der K a s s e l e r O p e r zur g r ö ß t e n E n t f a l t u n g im 18. J a h r h u n d e r t . Er w a r der Vater von J o h a n n D o m i n i c u s und F e d e r i g o —>F. CD M G G F i o r i l l o , J o h a n n D o m i n i c u s , Maler, Kunsthistoriker, * 1 3 . 1 0 . 1748 H a m b u r g , t 1 0 . 9 . 1821 G ö t t i n g e n . D e r S o h n von I g n a z o —» F. und B r u d e r von F e d e r i g o - > F . bes u c h t e seit 1759 d i e FriedrichsA k a d e m i e zu B a y r e u t h und erhielt e i n e künstlerische A u s b i l d u n g . D r e i z e h n j ä h r i g g i n g er 1761 n a c h R o m u n d trat in d i e Werkstätten P o m p e o G i r o l a m o Batonis und Giuseppe Bottanis ein, e h e er an die B o l o g n e ser A k a d e m i e wechselte. 1769 k e h r t e er n a c h B r a u n s c h w e i g zurück, erhielt e i n e A n s t e l l u n g als H i s t o r i e n m a l e r a m dortigen H o f und heiratete S o p h i e P i e p e n b r i n g k . Ein Lotteriebetrug zog e i n e H a f t s t r a f e und die A u s w e i s u n g nach sich, so d a ß sich F. 1781 in G ö t t i n g e n niederließ, w o er sich an der G e o r g i a A u g u s t a f ü r M a t h e m a t i k i m m a t r i k u l i e r t e . Von d e m A l t e r t u m s k u n d l e r und Bibliotheksleiter Christian G o t t l o b —» H e y n e protegiert, stieg F. 1784 z u m A u f s e h e r d e s

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K u p f e r s t i c h k a b i n e t t s d e r Universität s o w i e z u m Leiter der K u n s t s a m m l u n g auf und g a b k ü n s t l e r i s c h e und kunsthistoris c h e K u r s e an der P h i l o s o p h i s c h e n Fakultät. 1799 w u r d e der bis dahin in unsteten sozialen Verhältnissen l e b e n d e F. z u m a. o., 1814 z u m o. P r o f e s s o r e r n a n n t . Es handelt sich u m die f r ü h e s t e B e r u f u n g eines K u n s t h i s t o r i k e r s an e i n e d e u t s c h e Universität, als es das Fach als solches noch nicht gab. Parallel zu seiner von m ä ß i g e r B e g a b u n g z e u g e n d e n K u n s t , u. a. Vorlagen f ü r die Druckillustrationen der H e y n e s c h e n Vergilausgabe ( 1 7 9 7 - 8 9 ) , b e g a n n F. e i n e rege P u b l i k a tion k u n s t h i s t o r i s c h e r S c h r i f t e n . N a c h A r b e i t e n ü b e r Salvator R o s a (1785) u n d d i e G r o t e s k e (1791) edierte er 1 7 9 8 - 1 8 0 8 sein H a u p t w e r k , e i n e Geschichte der zeichnenden Künste, bei der es sich s t r e n g g e n o m m e n u m eine eur o p ä i s c h e M a l e r e i g e s c h i c h t e (Italien, F r a n k r e i c h , S p a n i e n , G r o ß b r i t a n n i e n ) handelt. A u f sie f o l g t e 1 8 1 5 - 2 0 d i e Geschichte der zeichnenden Künste in Deutschland und den vereinigten Niederlanden in 4 B ä n d e n . Orientiert a m italienischen M o d e l l der „Storia d e l l ' A r t e " ( A n t o n i o M a r i a Zanetti, L u i g i Lanzi), trug i h m d i e historisierende und entästhetis i e r e n d e M e t h o d e viel Kritik ein. D a s K u n s t w e r k als historische Q u e l l e u n d w e n i g e r als E r b a u u n g s o r t a u f z u f a s s e n , b e d e u t e t e e i n e n B r u c h mit —> W i n c k e l m a n n und half, n e u e E p o c h e n - b e s o n d e r s das d e u t s c h e Mittelalter und d i e italienische R e n a i s s a n c e - zu e n t d e c k e n . Hierin lag der g r ö ß t e E i n f l u ß F.s auf seine . r o m a n t i s c h e n S c h ü l e r ' Carl Friedrich von —> R u m o h r , L u d w i g —> T i e c k und W i l h e l m Heinrich —» W a c k e n r o d e r . D e r r o m a n t i s c h e n B e w e g u n g in D e u t s c h land stand F. j e d o c h kritisch g e g e n ü b e r . A l s B e g r ü n d e r einer an d i e H i s t o r i o g r a p h i e a n g e l e h n t e n K u n s t g e s c h i c h t e mit ein e m erstaunlich breiten Œ u v r e ( K l e i n e Schriften artistischen Inhalts, 1803) w u r d e sein k u n s t h i s t o r i s c h e Werk lange Zeit gering geschätzt und erst j ü n g s t w i e d e r e n t d e c k t . WERKE: S ä m t l i c h e S c h r i f t e n . F o t o m e c h a n i s c h e r N a c h d r u c k der A u s g a b e n G ö t t i n g e n und H a n n o v e r 1798-1820. H r s g . v. A c h i m Höller. 16 B d e . , H i l d e s h e i m 1997-2002. LITERATUR: W i l h e l m W a e t z o l d : D e u t s c h e K u n s t h i s t o r i k e r . B d . 1. L e i p z i g 1921, S. 2 8 7 - 2 9 2 . - Heinrich Dilly: K u n s t g e schichte als Institution. F r a n k f u r t / M a i n 1979, S. 174-83. A n t j e M i d d e l d o r f Kosegarten (Hrsg.): J. D. F. G ö t t i n g e n 1997. Stefan Schweizer

F i o r i n o , J e r e m i a s D a v i d A l e x a n d e r , seit 1831 Friedrich A l e x a n d e r F., Maler, * 3 . 5 . 1 7 9 7 Kassel, t 2 2 . 6 . 1847 Dresden. D e r S o h n e i n e s K a u f m a n n s ließ sich z u m P o r z e l l a n m a l e r a u s b i l d e n , studierte M a l e r e i an der K u n s t a k a d e m i e in Kassel und setzte seine A u s b i l d u n g mit der U n t e r s t ü t z u n g d e s K u r f ü r s t e n —> W i l h e l m II. seit 1818 in D r e s d e n fort. Hier lebte F., a b g e s e h e n von einigen R e i s e n , bis zu s e i n e m T o d als Porträtminiaturist, zu d e s s e n W e r k e n ein M e i ß n e r S e r v i c e mit den B i l d n i s s e n der s ä c h s i s c h e n K ö n i g s f a m i l i e zählt. D i e meisten seiner Porträts sind auf E l f e n b e i n g e m a l t . U m 1830 k o n v e r t i e r t e F. v e r m u t l i c h z u m christlichen G l a u b e n , da er sich seit 1831 Friedrich A l e x a n d e r nannte. m AKL F i r b a s , Franz, B o t a n i k e r , * 4 . 6 . 1902 Prag, t 1 9 . 2 . 1 9 6 4 Göttingen. D e r S o h n eines B a n k a n g e s t e l l t e n studierte B o t a n i k an der D e u t s c h e n U n i v . P r a g und w u r d e 1924 p r o m o v i e r t . Seit 1928 an der U n i v . F r a n k f u r t / M a i n tätig, habilitierte er sich 1931 mit einer S c h r i f t ü b e r d e n W a s s e r h a u s h a l t d e r H o c h m o o r pflanzen, b e v o r er 1933 A s s i s t e n t a m B o t a n i s c h e n Institut der U n i v . G ö t t i n g e n w u r d e . Seit 1937 api. Prof., f o l g t e er 1939 e i n e m R u f als O r d i n a r i u s an die U n i v . H o h e n h e i m und w e c h s e l t e in gleicher F u n k t i o n 1941 an d i e U n i v . Straßburg. 1946 k e h r t e er an d i e U n i v . G ö t t i n g e n zurück, an der er d a s S y s t e m a t i s c h - G e o b o t a n i s c h e Institut a u f b a u t e und bis zu sei-

Firle nem Tod leitete. F. beschäftigte sich vorrangig mit der Vegetationsgeschichte, der Pollenanalyse und der Pflanzenökologie. Er veröffentlichte u. a. Stildien liber den Standortscharakter auf Sandstein und Basalt. Ansiedlung und Lebensverhältnisse der Gefäßpflanzen in der Felsflur des Rollbergs in Nordböhmen (1924), Untersuchungen über den Wasserhaushalt der Hochmoorpflanzen ( 1931 ), Spermatophyta, Samenpflanzen (in: Lehrbuch der Botanik für Hochschulen, 20 1939- 2 8 1962), Spät- und nacheiszeitliche Waldgeschichte Mitteleuropas (2 Bde., 1949-52) und Systematische und genetische Pflanzengeographie (1955). F., Mitherausgeber der Zeitschrift „Flora", gehörte der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina (seit 1952) und der Göttinger Akad e m i e der Wissenschaften an. a n Jb AWG 1964 F i r c k s , Karl Ferdinand Frh. von, Jurist, Dichter, * 2 5 . 7 . 1 8 2 8 Rittergut Klein-Droguen (Kurland), t 2 0 . 2 . oder 4 . 3 . 1 8 7 1 Niegranden (Kurland). Aufgewachsen auf d e m an der litauischen Grenze liegenden Gut Niegranden, studierte F. seit 1846 an den Universitäten Göttingen, Berlin und M ü n c h e n Rechtswissenschaften und kehrte 1849 in seine Heimat zurück. Nach drei Jahren als Friedensrichter am Kreisgericht in Grobin zog er sich in sein Elternhaus zurück und war literarisch tätig. Hier entstanden Eine Bildhauerwerkstatt in Florenz und Masaniello, die unter d e m Titel Zwei Dramen 1857 erschienen. Nach d e m Ausbruch des Krimkriegs trat F. in ein Ulanenregiment ein, wurde bei einem Sturz vom Pferd verletzt und nahm nach eineinhalb Jahren seinen Abschied von Militär. Zurückgekehrt, bewirtschaftete er das elterliche Gut, floh 1863 wegen der polnischen Revolution auf das Gut seines Vaters nach Kurland und widmete sich erneut der Schriftstellerei. 1864 erschien der erste Band seiner Gedichte. F. war der Vater von Wilhelm v o n F . CD A D B F i r c k s , Wilhelm Baron von, Bergfachmann, Politiker, * 1 4 . 8 . 1 8 7 0 Rettingen (Gouv. Kowno), t 10. 12. 1933 Riga. Das Studium an der T H Dresden und der Bergakademie in Freiberg Schloß F., Sohn von Karl Ferdinand von —»F., 1897 als Diplom-Bergingenieur ab, nachdem er 1896 als Mineraloge an der Irangi-Expedition nach Deutsch-Ostafrika teilg e n o m m e n hatte. 1898 wurde er Grubendirektor in Serbien, 1901 in Spanien, 1903 im Ural. Nach d e m Ausbruch der Russischen Revolution 1917 erwarb er das Gut Warwen in Kurland und wurde 1919 Präses des Deutsch-baltischen Nationalausschusses. Er war Präsident des Kurländischen Gemeinnützigen Verbandes, seit 1920 deutscher Abgeordneter zunächst in der lettländischen Konstituante, später bis kurz vor seinem Tod im Parlament stellvertretender, zuletzt Führer der deutschen Fraktion. F. bemühte sich, die deutschen Balten für die Mitarbeit am lettländischen Staat zu gewinnen. 1934 erschienen seine Erinnerungen unter d e m Titel Meine Reisedecke (hrsg. und mit einem Nachruf versehen von Kurt Stavenhagen, 1934). n a NDB F i r l , (Samuel Karl) Wilhelm, Politiker, * 2 6 . 1 . 1 8 9 4 Dresden, t 1 6 . 8 . 1 9 3 7 Berlin. Der Sohn eines Schneiders, machte 1908-11 eine Ausbildung als Schreiber, besuchte anschließend das Seminar der evangelisch-lutherischen Landesmission in Leipzig und arbeitete 1915-21, mit Unterbrechung durch den Militärdienst, als Büroangestellter in Chemnitz. 1917 wurde er Mitglied der SPD, 1919 der K P D , für die er als Hilfssekretär, später Sekretär in der Bezirksleitung Erzgebirge-Vogtland tätig war. 1923 war er kurzzeitig Redakteur beim kommunistischen Bezirksorgan „Der K ä m p f e r " und wurde Mitarbeiter des

Zentralkomitees der K P D , für das er zuletzt den „ K o m m u n i stischen Pressedienst" redaktionell betreute. 1928 wechselte er in die Redaktion der „Roten Fahne" und war gleichzeitig f ü r das Stettiner Bezirksorgan „Volkswacht" verantwortlich. 1930 zu 15 Monaten Festungshaft verurteilt, kehrte F. nach seiner Entlassung in die Redaktion der „Roten Fahne" zurück und wurde 1932 Mitarbeiter des vom Zentralkomitee herausgegebenen „Informationsdienstes", den er bis 1934 weiterführte. 1 9 3 4 / 3 5 organisierte F. die illegale Parteiarbeit in SUddeutschland, danach in Berlin. 1936 wurde er verhaftet, 1937 zum Tod verurteilt und hingerichtet. CD Arbeiterbewegung F i r l e , Otto August Max, Architekt, Graphiker, * 1 4 . 1 0 . 1 8 8 9 Bonn, t 4 . 7 . 1966 Düsseldorf. F. studierte Architektur an der T H M ü n c h e n sowie an der Univ. Breslau, nahm am Ersten Weltkrieg teil und war anschließend als künstlerischer Beirat der Deutschen Luftreederei (später Lufthansa) tätig, f ü r die er 1920 den Fliegenden Kranich entwarf. Aufgrund seiner Ehe mit einer Jüdin erhielt F. 1936 Berufsverbot, 1938 beschränkte Arbeitserlaubnis durch die Reichskulturkammer. Er arbeitete als freischaffender Architekt in Berlin, wurde 1946 a. o . P r o f . an der T U Charlottenburg und leitete später eigene Ateliers in Düsseldorf, Berlin und München. Zu seinen Bauten zählen der U m b a u eines Mietshauses am Kurfürstendamm zur sog. Grünfeld-Ecke (1927), das Europa-Hochhaus in Berlin ( 1 9 2 9 / 3 0 ) und die Hauptverwaltung der Rhein-RuhrBank in Düsseldorf (1952). F., der zahlreiche Industrie- und Geschäftsbauten sowie Wohnhäuser errichtete, entwarf auch Innenausstattung und schuf Gebrauchsgraphiken, u . a . das Signet der Deutschen Reichsbahn ( 1 9 2 1 / 2 2 ) . DP A KL F i r l e , Rudolph, Kapitän, Reeder, * 1 4 . 1 2 . 1 8 8 1 Bonn, t n.e. F. trat 1900 in die Kaiserliche Marine ein, nahm 1921 als Korvettenkapitän seinen Abschied und Schloß das Studium der Staats- und Volkswirtschaft an der Univ. Berlin im selben Jahr mit der Promotion zum Dr. rer. pol. ab. Er war bei den Niederlassungen des Röchling-Konzerns in Mannheim, Ludwigshafen, München und Duisburg tätig. Als Vorstandsmitglied der Reederei Röchling, Menzell & Co. in Hamburg (seit 1921) hatte er die Leitung des Ausbaus der Reederei nach Portugal, Spanien, bis in die Levante und an das Schwarze Meer inne. F. wurde 1928 Direktor der Bremer Niederlassung, 1933 Vorstandsvorsitzender des Norddeutschen Lloyd in Bremen. Er war Aufsichtsratsmitglied zahlreicher Wirtschaftsunternehmen auf d e m Reisesektor. F i r l e , Walter, Maler, * 2 2 . 8 . 1 8 5 9 Breslau, t 20. 11. 1929 München. Der Sohn eines K a u f m a n n s arbeitete im väterlichen Geschäft, bevor er 1879 das Studium an der M ü n c h n e r Kunstakademie begann, w o er Schüler von Alois —»Gabi, L u d w i g von —> L ö f f t z und Gabriel von —> Hackl war. F. mußte 1882 das Studium abbrechen, um mit eigenen Arbeiten seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Auf einer ersten Italienreise entstanden zahlreiche Landschaften sowie realistische Strand- und Straßenbilder. Nach einer für seine künstlerische Entwicklung ausschlaggebenden Reise zum Studium altniederländischer Meister nach Holland schuf F. in München sein erstes großes Bild Morgenandacht in einem holländischen Waisenhaus, d e m wenig später das Gemälde Sonntagsschule folgte. Zu seinen Werken zählen ferner religiöse Darstellungen, zahlreiche Porträts adliger Zeitgenossen sowie Illustrationen in Periodika („Der Jugendgarten"). 1890 wurde F. z u m kgl. Prof. ernannt. CD A K L

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Firmenich-Richartz F i r m e n i c h - R i c h a r t z , Johann Matthias, Philologe, Schriftsteller, * 5 . 7 . 1 8 0 8 Köln, t 10.5. 1889 Potsdam. Der einem Altkölner Patriziergeschlecht entstammende F. studierte an den Universitäten B o n n und München. Nach Studienreisen durch Frankreich, Italien und Österreich widmete er sich der Sammlung von Sagen und Dichtungen verschiedener deutscher Mundarten. Seit 1839 in Berlin als Privatgelehrter tätig, wurde F. 1860 zum Prof. ernannt und beerbte im folgenden Jahr seinen Onkel, den Erbauer des Kölner M u s e u m s , Johann Heinrich —>Richartz, dessen Namen er seinem eigenen hinzufügte. Neben Theaterstücken in deutscher, englischer und neugriechischer Sprache schrieb F. zahlreiche Gedichte und Karnevalslieder in kölnischer Mundart. Seine dreibändige S a m m l u n g Germaniens Völkerstimmen erschien 1843-66. F i r m i a n , Franz Lactanz Graf von, österr. Kunstsammler, Maler, * 28. 1. 1712 Trient, t 7 . 3 . 1786 Nogaredo. F. war seit 1745 Obersthofmeister in Salzburg, wo er auch als Musikinspektor wirkte, und erhielt nach dem Tod seines Onkels Leopold Anton von —>F. 1744 die Hofmark Schloß Leopoldskron in Salzburg. Dort errichtete F., der sich um die Förderung der Kunst und der Wissenschaften bemühte, ein Museum, das eine S a m m l u n g zahlreicher Gemälde, Kupferstiche, Zeichnungen und Schnitzwerke enthielt. Er selbst schuf eine Reihe von Radierungen und Zeichnungen, die zum Teil von Franz Schauer in Kupfer gestochen wurden. F. war der Vater von Leopold Maximilian von —> F. t n AKL F i r m i a n , Karl Gotthard Graf und Herr zu, österr. Staatsmann, * 5 . 8 . 1 7 1 8 Deutschmetz (heute Mezzocorona), t 2 0 . 7 . 1782 Mailand. Der Sohn eines kaiserlichen Wirklichen Rats, N e f f e von Leopold Anton von —>F. und Bruder von Leopold Ernst und Virgilius Augustin Maria von - » F . studierte in Innsbruck, Salzburg und Leiden und wurde 1746 Reichshofrat. Seit 1743 österr. Botschafter in Neapel, wurde er 1756 Vizegouverneur von Mailand und bevollmächtigter Minister für die Lombardei, 1759 Wirklicher Geheimer Rat, 1763 Ritter des Goldenen Vlieses. Als Diplomat und Verwaltungsbeamter war F. an zahlreichen R e f o r m e n im Wirtschafts- und Justizwesen sowie der Behörden beteiligt; er regelte u . a . 1763 die Graubündner Grenzfrage. F., der mit —> Winckelmann und Angelica - » K a u f f m a n n befreundet war, gilt als bedeutender Mäzen; er erhob u . a . 1773 die Scuola Palatina zur Akademie, eröffnete die Accademia di Belle Arti sowie die erste große öffentliche Bibliothek Mailands und besaß selbst eine rund 4 0 0 0 0 Bände umfassende Bibliothek. 0 3 NDB F i r m i a n , Leopold Anton (Eleutherius) Graf von, Bischof von Lavant, Seckau und Laibach, Erzbischof von Salzburg, * 2 7 . 5 . 1 6 7 9 München, t 2 2 . 1 0 . 1744 Salzburg. Der aus Tiroler Adel stammende Sohn eines kaiserlichen Gesandten am bayerischen Hof kam als Edelknabe nach Salzburg und wurde 1694 Domizellar. Er studierte in Innsbruck und Salzburg sowie am Kollegium St. Apollinaris in R o m . 1707 empfing F. die Priesterweihe, war seit 1713 D o m dekan in Salzburg und wurde 1718 Bischof von Lavant, 1724 von Seckau, 1727 von Laibach. Noch im selben Jahr z u m Erzbischof von Salzburg postuliert, setzte er sich mit Hilfe der Jesuiten besonders für die Gründung von Missionsund Seelsorgestationen zur Wahrung des kath. Glaubens ein. 1731 erließ er ein Emigrationsedikt, das die Vertreibung von etwa 27 0 0 0 Protestanten aus dem Salzburgischen nach Süddeutschland, Ostpreußen, Holland und Nordamerika zur Folge hatte - ein Vorgang, der weites Aufsehen erregte. 1736 errichtete F. Schloß Leopoldskron als Fideikommißbesitz seiner Familie, den nach seinem Tod sein Bruder Franz Lactanz von —»F. erhielt. CD Gatz 3

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F i r m i a n , Leopold Ernst Graf von, Bischof von Seckau, Fürstbischof von Passau, Kardinal, * 2 2 . 9 . 1 7 0 8 Trient, t 1 3 . 3 . 1 7 8 3 Passau. Der Sohn eines kaiserlichen Kämmerers, Bruder von Virgilius Augustin Maria von —»F. und Karl Gotthard —»F. und N e f f e von Leopold Anton von —>F. studierte 1724-26 Philosophie in Graz, anschließend bis 1729 Theologie am Collegium G e r m a n i c u m in R o m und Schloß das kirchenrechtliche Studium in Salzburg ab. Seit 1723 Domizellar in Trient und Passau, seit 1728 auch in Salzburg, wurde F. im folgenden Jahr zum Priester geweiht. Seit 1730 war er Konsistorialpräsident in Salzburg und Dompropst in Trient. Als Bischof von Seckau (seit 1739) widmete sich F. vor allem der R e f o r m seines Bistums und übernahm 1748 das Amt des Administrators von Trient. 1763 wurde er von —> Maria Theresia zum Nachfolger seines Vetters Joseph Maria von —»Thun und Hohenstein f ü r das Bistum Passau postuliert, wirkte dort bis 1783 als Bischof und wurde 1772 in das Kardinalskollegium berufen. F. förderte die wissenschaftliche Ausbildung des Klerus sowie die Volksmission und begründete die fürstbischöfliche Akademie. CD Gatz 3 F i r m i a n , Leopold Maximilian Graf von, Erzbischof von Wien, * 11. 10. 1766 Trient, t 2 9 . 1 1 . 1831 Wien. Der Sohn von Franz Lactanz von —>F. wurde 1783 Kanoniker von Passau und Salzburg, 1792 zum Priester geweiht und amtierte 1797-1800 als Weihbischof von Passau. Anschließend war er Bischof von Lavant und 1818-22 Apostolischer Administrator von Salzburg. 1822 wurde F. Fürsterzbischof von Wien. 1829 rief er die Leopoldinerstiftung zum Zweck der materiellen Hilfeleistung f ü r die kath. Kirche Nordamerikas sowie zur Unterstützung des dortigen Deutschtums ins Leben. CD Gatz 4 F i r m i a n , Virgilius Augustin Maria Graf von, Fürstbischof von Lavant, * 16.2. 1714 Trient, t 4 . 8 . 1788 Passau. Der Bruder von Leopold Ernst von —>F. und Karl Gotthard - » F . wurde 1728 Domizellar in Salzburg, im folgenden Jahr in Passau. Er studierte in Innsbruck, Salzburg und R o m Theologie und wurde 1729 zum Priester geweiht. Anschließend Propst von Maria Schnee in Salzburg und Hofpräsident, wurde F. 1744 von seinem Onkel Leopold Anton von —>F. zum Fürstbischof von Lavant konfirmiert und zum salzburgischen Geheimrat ernannt und war gleichzeitig Salzburger Generalvikar für Ober- und Unterkärnten. Wegen schwerwiegender wirtschaftlicher Probleme in seinem Bistum resignierte er 1753 und wurde in Salzburg zum Dompropst postuliert. 1755 erhob ihn der Kaiser zum Reichsfürsten. CD Gatz 3 F i r n b e r g , Hertha, österr. Politikerin, * 1 8 . 9 . 1 9 0 9 Wien, f 1 4 . 2 . 1 9 9 4 Wien. Die Arzttochter studierte zunächst Rechtswissenschaften an der Univ. Wien, wechselte zum Studium der Wirtschaftsund Sozialgeschichte, das sie in Freiburg/Breisgau fortsetzte, und wurde 1936 in Wien zum Dr. phil. promoviert (Lohnarbeiter und freie Lohnarbeit im Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit. Ein Beitrag zur Geschichte der agrarischen Lohnarbeit in Deutschland, Neuausg. 1978). Zunächst publizistisch und im Verlagswesen tätig, arbeitete F. nach d e m E n d e des Zweiten Weltkriegs bei der Stadt Wien und wirkte bis 1969 als Leiterin der Abteilung f ü r Statistik der Niederösterreichischen Arbeiterkammer. Seit 1928 in der SPÖ, gehörte F. 1959-63 dem Bundesrat, seit 1963 dem Nationalrat an und stand 1966-81 dem Bundesfrauenkomitee der S P Ö vor. 1966-83 war sie stellvertretende Vorsitzende der SPÖ, 1970-83 Ministerin für Wissenschaft und Forschung. F. veröffentlichte u . a . Berufslaußahn und Be-

Fisch rufsschicksale niederösterreichischer Arbeiter (1954), Die Frau in Österreich (1967), Demographische Forschung in Österreich (1974) und Studieren in Österreich (1981). CD Munzinger Firner, Walter, urspr. W. Feinsinger, Pseud. Leonhard Weg(e)ner, Hugo Heinz Körner, österr. Regisseur, Schriftsteller, Übersetzer, * 5.3.1905 Wien, t 22.4.2002 Wien. F. erhielt seine Ausbildung an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien (u. a. bei Alfred - » Neugebauer), war als Regisseur und Schauspieler tätig (u. a. in Königsberg, Bonn, Hamburg und am Staatstheater Berlin) und gründete 1933 die Österreichische Volksbühne in Wien, die er bis 1938 leitete. Im selben Jahr emigrierte F. in die USA, wo er als Regisseur tätig war. 1946 nach Wien zurückgekehrt, erhielt er Engagements als Theater- und Filmregisseur in Österreich, den Niederlanden, Deutschland, Finnland und der Schweiz. 1950-75 hatte er einen Lehrauftrag für Bühnenregie an der Akademie der Bildenden Künste in Wien inne. Ebenfalls seit 1950 gehörte ihm die „Athene Edition", eine Verlagsgesellschaft für Theaterstücke und Bücher mit Sitz in Wien, Zürich und New York. F. war Autor zahlreicher Bühnenwerke (u.a. Die Thompson Brothers, 1936; Das Kuckucksei, 1942; Heiraten - ein Vergnügen, 1953, alle zusammen mit seiner Frau Irma F.) und übersetzte englische und amerikanische Werke ins Deutsche. c d Exiltheater Firsching, Karl, Jurist, * 17. 1. 1915 Speyer, t 19.3. 1989 Pentling (Oberpfalz). F. studierte 1934-37 Rechtswissenschaften in München, war seit 1941 Gerichtsassessor, seit 1944 Amtsgerichtsrat und wurde 1946 mit der Arbeit Symbol und Symbolik in den deutschen Weistiimern promoviert. Nach einem Forschungsaufenthalt in den USA 1956 war er Leiter des Referats für Ausländernachlässe in München. 1963 habilitierte er sich an der dortigen Univ. (Die Bedeutung der Qualifikation und der Angleichung, der Anpassung und der Umdeutung bei der Behandlung deutsch-amerikanischer Erbfälle), wurde Oberlandesgerichtsrat und 1966 an die Univ. Regensburg berufen. 1970-80 war F. auch Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht. 1953 publizierte er im Rahmen des Handbuchs der amtsgerichtlichen Praxis die Bände 5 (Vormundschafts5 recht,, ab 2. Aufl. unter dem Titel Familienrecht, 1992) und 6 (Nachlaßrecht, 7 1994 mit Hans L. Graf, 8 2000 von Hans L. Graf vollständig überarbeitet). Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Internationales Erbrecht (1955, mit Murad —»Ferid; 4 1977 zusätzlich mit Peter Lichtenberger), Einführung in das internationale Privatrecht (1974, 5 1997, mit Bernd von Hoffmann) und Kommentierungen im von Julius von —> Staudinger begründeten Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch. CD Juristen Fisch, Hans Ulrich, Maler, * 22.9. 1583 Aarau, t 10. 11. 1647 Aarau. Neben einer künstlerischen Tätigkeit übte F. eine Reihe von städtischen Amtern aus und wurde 1623 zum Großrat, 1624 zum Großweibel gewählt. 1634 übernahm er das Amt eines Eherichters, 1644 das eines Stadtschreibers. Er zeichnete zahlreiche Entwürfe für Glasgemälde, schuf Wappenscheiben, insbesondere Berner Standesscheiben, stellte einige Wappenbücher zusammen und führte u.a. 1608 in Aarau die Bemalung des Kaufhauses und des Turms daneben aus. In der Mitte des 17. Jh. gehörte er zu den meistbeschäftigten Glasmalern seiner Gegend (u. a. Kloster Wettingen, Kirchen in Gontenschwil und Rupperswil). c d AKL

Fisch, Johann Georg, schweizer, reformierter Theologe, Politiker, * 9. 11.1758 Aarau, t 18.3.1799 Aarau. F., Sohn eines Rotgerbers und Stadtrats, wurde nach dem Studium der Theologie in Bern 1785 ordiniert, war danach Hauslehrer in Montpellier und seit 1791 Lateinlehrer am Politischen Institut in Bern und wurde 1794 zweiter Pfarrer in Aarau. 1798 Wortführer der Helvetischen Revolution im Aargau, trat von seinem Pfarramt zurück und beteiligte sich u. a. als Sekretär des helvetischen Großen Rats an der Errichtung der helvetischen Republik. F. veröffentlichte u. a. Briefe über die südlichen Provinzen von Frankreich (2 Bde., 1790) und eine Denkschrift über die letzten Begebenheiten (1798). Er beging Selbsmord. CD HLS Fisch, Karl, schweizer. Militär, * 19.7.1850 Aarau, t 25.12.1930 Muri bei Bern. Nach dem Studium der Alten Sprachen seit 1869 in Zürich, Göttingen, Berlin, Bern und München war F. 1874/75 als Lehrer in Frauenfeld, 1876-91 in Aarau tätig. Seit 1885 Major im schweizer. Generalstab, wurde er 1892 Instruktionsoffizier, 1901 im Rang eines Obersten Stabsoffizier des Eidgenössischen Militärdepartments und 1907 Sektionschef. Seit 1896 gehörte er der Redaktion der „Schweizerischen Monatsschrift für Offiziere aller Waffen" an und leitete 1914-16 das Pressebüro im Armeestab. F. veröffentlichte u.a. Das schweizerische Kriegswesen bis zum Untergang der alten Eidgenossenschaft (1893) und Erziehung zur Wehrpflicht (1913). c d HLS Fisch, Rudolf (Samuel), schweizer. Mediziner, * 19.11. 1856 Aarau, t 2.12. 1946 Wädenswil (Kt. Zürich). Von Beruf Sattler und Tapezierer, trat F. in das Basler Missionshaus ein und begann nach einer fünfjährigen Ausbildung 1880 das Studium der Medizin an der Univ. Basel, das er 1884 mit der Promotion abschloß (Die lineare Cauterisation). Im folgenden Jahr ging er als Missionsarzt an die Goldküste, kehrte wegen schwerer Erkrankungen wiederholt nach Europa zurück und war schließlich 1911-31 Prediger in Horgen am Zürcher See. 1890 erschien seine Abhandlung Tropenkrankheiten. Anleitung zu ihrer Verhütung und Behandlung. c d Olpp Fisch, Walter, Politiker, * 16.2.1910 Heidelberg, t 21.12.1966 Frankfurt/Main. F., Sohn eines Kaufmanns, arbeitete vorübergehend als Posthilfsarbeiter in Berlin, studierte seit 1927 Betriebswirtschaft in Frankfurt/Main und wurde im selben Jahr Mitglied der Roten Hilfe Deutschlands. 1928 war er als Bergarbeiter im Ruhrgebiet tätig, wurde Funktionär des Kommunistischen Jugendverbandes Deutschlands und trat 1930 in die KPD ein. 1933 verhaftet und des Hochverrats angeklagt, emigrierte F. nach seinem Freispruch in die Schweiz und war dort bis 1935 in der Emigrationsleitung der KPD für die Anleitung der Roten Hilfe in Süddeutschland verantwortlich. 1935 wurde er nach Prag berufen, war Mitglied des Zentralsekretariats der Roten Hilfe Deutschlands und beteiligte sich an der Gründung der antifaschistischen Union für Recht und Freiheit. 1939 an der mährisch-slowakischen Grenze erneut verhaftet, ging F. nach seiner Freilassung zurück in die Schweiz und war 1941-45 wegen seiner Tätigkeit als KPDFunktionär in verschiedenen Lagern interniert. 1945 kehrte er nach Frankfurt/Main zurück, beteiligte sich am Neuaufbau der hessischen KPD, deren Landesvorsitzender er bis 1948 war. 1946 gehörte er der Verfassunggebenden Landesversammlung, 1946-49 dem Hessischen Landtag, 1947-49 dem Parlamentarischen Rat des Länderrates der Amerikanischen Zone und 1949-53 dem Bundestag an. 1948-50 war F. stellvertretender Vorsitzender der Kommunistischen Partei der Westzonen, seit 1949 auch Mitherausgeber der „Kommunalpolitischen Blätter". Nach dem Verbot der KPD 1958

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Fischart verhaftet und zu drei Jahren Haft verurteilt, war F. nach seiner vorzeitigen Entlassung 1959 als kaufmännischer Angestellter und freier Journalist tätig. Er veröffentlichte u.a. Schützt die Abgeordneten des Volkes! (1952). CD MdB Fischart, Johann, genannt Mentzer, auch: Joannes Piscator, Pseud. Winhold Wüstblut vom Nebelschiff, Huldrich Elloposcleros, Huldrich Wisart, Jesuwalt Pickhart, Ulrich Mansehr von Treübach, Artwisus von Fischmentzweiler, J. Noha Trauschiff, Publizist, Amtmann, * um 1547 Straßburg, t 1590 Forbach (Lorraine/Frankreich). Der Sohn eines vermögenden Straßburger Gewürzhändlers (Hans Fischer) erhielt seine Ausbildung wohl zunächst am heimatlichen Gymnasium; er besuchte seit ca. 1561 / 62 (nach dem Tod des Vaters und der Wiederverheiratung der Mutter) die Lateinschule in Worms und wurde von deren Rektor, dem Dichter Caspar -» Scheidt (Verfasser der deutschen Übertragung des Grobianus), unterrichtet, dem er in seinen frühen Werken verpflichtet ist. Im Oktober 1564 wurde F. an der Univ. zu Tübingen immatrikuliert, wo er sich noch im Juli 1566 aufhielt. 1567 kaufte er in Paris zu Studienzwecken juristische Fachliteratur (als Studienort kommt Paris in Betracht, aber auch Siena) und wurde nach Unterbrechung (1570 bis zum Frühsommer 1574) seiner Studien im August 1574 in Basel zum Doktor der Rechte promoviert. 1580 war er Praktikant am Reichskammergericht in Speyer. Erst 1583 erhielt er eine seinen Studien entsprechende Stellung als Amtmann in Forbach, die er bis zu seinem Tod innehatte. Im selben Jahr vermählte er sich mit Anna Elisabeth, der Tochter des elsässischen Chronisten Bernhard Herzog. Eine schaffensintensive Periode als Publizist und Buchautor der siebziger Jahre verbrachte F. in Straßburg, als Hausautor (und wohl auch Korrektor) des Verlegers Bernhard -»Jobin, der 1567 F.s Schwester Anna geheiratet hatte. Die meisten seiner Werke sind im Verlag des Schwagers erschienen, viele von ihnen illustriert mit den Holzschnitten des eng mit Jobin zusammenwirkenden Künstlers Tobias -»Stimmer. F. entwickelte eine publizistische Betriebsamkeit, die ihresgleichen in der Literaturlandschaft des ausgehenden 16. Jh. sucht. In engem Konakt zu seinen Lesern und ohne Scheu vor kontroverser Polemik übersetzte, kommentierte und verfaßte der gläubige Lutheraner konfessionsund staatspolitische Schriften, verwies gegnerische Anschauungen mit subtiler Satire oder kräftiger (und verletzender) Polemik in die Schranken. Seine eigenständigen Bücher, Flugschriften und Einblattdrucke, seine Übersetzungen und Beiträge in den Werken anderer Autoren belaufen sich auf annähernd 80 Texte. Die Palette seines Schaffens reicht von Beiträgen zu Fachwissenschaften über belehrende und wissensvermittelnde Literatur, Erbauliches und KontroversSchrifttum bis hin zu einem an Sprach- und Wissensspielen reichen Sortiment von Unterhaltungsschrifttum. Als Strafrechtler wies er sich aus mit der Übersetzung von Jean Bodins De Daemonomania Magorum (1581), einem Handbuch der Hexenverfolgung, mit genauer Anleitung für Richter und Amtleute, wie Hexen und Zauberer „vermög der Recht erkant/eingetrieben . . . peinlich ersucht und gestrafft sollen werden". Mit seinem ersten Werk, dem anonym erschienenen NachtRab (1570), ergriff F. Partei im Straßburger Bischofsstreit; es folgten mehrere Polemiken ähnlichen Kalibers, wie der Baifüsser Secten- und Kuttenstreit (1570/71), das Buch

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von Dominici und Francisci Leben (1570), die Wunderlichst unerhörtest Legend (1580), in denen der Protestant die Ursprünge der kath. Orden der Dominikaner, Franziskaner und Jesuiten wirkungsvoll demontierte. Bereits der Eulenspiegel reimenweis (1572) zeigt F.s Talent als Interpret: Er bedurfte zu seiner Entfaltung eines vorgefundenen Kristallisationskerns, einer Fabel, die er wiedererzählen, ausgestalten und mit gelehrten Anspielungen zur Freude seiner gebildeten Leser spicken konnte. Diese „Mentzerkletten" (seine Exkurse und Zutaten) finden sich auch in der Übersetzung von Philipp van Marnix' Bienenkorb, F.s wohl wirksamster Publikation überhaupt: die Kampfschrift gegen die dogmatischen Grundsätze der kath. Kirche wurde im ersten Jahrzehnt nach der Erstpublikation (1579) fünfmal nachgedruckt und erzielte noch bis 1620 mehrere Auflagen. Eine konsequent satirische oder ironische Erzählerhaltung ist F. bei religiöser Thematik nicht geglückt; dies gelingt ihm nur bei unverfänglichen Themen in seinen ironischen Enkomien, dem Flöhhatz (1577) und dem Podagrammisch Trostbüchlein (1577). Der erste, gereimte Text schildert den Krieg der Flöhe mit den Weibern aus der Sicht der vermenschlichten Tiere im Ton der Ps.-Homerischen Batrachomyomachia, das Trostbüchlein knüpft im Ton an das Lob der Torheit des —»Erasmus an. Äußerst gelungene Parodien stellen die beiden Fassungen der Scherzpraktik Aller Praktik Großmutter (1572 und 1574) und der Catalogus Catalogorum (1590) dar, der erste fiktive Bücherkatalog der deutschen Literatur. Er ist nicht die Ausgeburt eines überhitzten Kopfes, sondern ein in seinen kleinsten Einheiten genau geplantes Spiel für die gewitzte Phantasie des Lesers. F.s aufwendigstes Projekt war die Geschichtklitterung (zuerst 1575 unter dem Titel Affenteuerliche und Ungeheuerliche Geschichtschrift), die mit Exkursen durchsetzte, zugleich sehr getreue Übersetzung des ersten Buches der Pentalogie des François Rabelais, seines Gargantua. Erzählhaltung und -perspektive wechseln hier ständig, die sichere Ordnung der Welt scheint sich in ein verwirrendes Muster aufgelöst zu haben. Der groteske Roman mit seinem riesenhaftem Personal - eingekleidet in das Gerüst eines historischen Romans aus einer fingierten Vorzeit (deren zeitliche Vorgaben des öfteren ironisch gebrochen werden) bezieht seinen Witz aus dem äußersten Kontrast zwischen Gelehrt-Esoterischem und Körperlich-Grobianischem. Die Geschichtklitterung ist aber auch wissensbestätigende, anspruchsvolle Unterhaltung, ein geistreiches Spiel mit dem erfahrbaren (und überschreitbaren) Horizont des lateinsprachig gebildeten städtischen Lesers. WERKE: Werke. Eine Auswahl. Hrsg. v. Adolf Hauffen. 3 Bde., Stuttgart 1893-95. - Geschichtklitterung. Hrsg. v. Hildegard Schnabel. Halle 1969. - Sämtliche Werke. Bd. 1 ff. Bern (ab Bd. 2: Stuttgart-Bad Cannstatt) 1993 ff. Catalogus Catalogorum perpetuo durabilis. Hrsg. v. Michael Schilling. Tübingen 1993. LITERATUR: Wilhelm Kühlmann; J. F. In: Deutsche Dichter der Frühen Neuzeit. Berlin 1993, S. 589-612. - Ulrich Seelbach: Ludus lectoris. Studien zum idealen Leser J. F.s. Heidelberg 2000. - Christian Hoffmann: Die Promotionsthesen J. F.s. In: Daphnis 19 (1990) S. 635-652. Ulrich Seelbach F i s c h b a c h , Carl (Eberhard) von, Forstwirt, * 15.3. 1821 Hohenheim bei Stuttgart, t 23. 11. 1901 Sigmaringen. Der Sohn eines württembergischen Hofgärtners besuchte 1838-41 die Lehranstalt für Land- und Forstwirtschaft in Hohenheim, absolvierte ein einjähriges Praktikum in Rottweil und studierte zwei Semester in Tübingen. Er arbeitete im Staatsforstdienst bei der Forsteinrichtung, später beim Forstamt Crailsheim. Seit 1850 Stadtförster in Stuttgart, übernahm F. 1853 das Kgl. Revier Wildbad und war

Fischböck seit 1861 Forstmeister in Rottweil. 1866 wurde er Oberforstrat und Mitglied der H o f k a m m e r im fürstlich hohenzollerschen Dienst. 1879 erhielt F. die Ehrendoktorwürde der Univ. Tübingen. Er verfaßte ein Lehrbuch der Forstwissenschaft (1856, 4 1886). DD N D B

Bayerischen Bauernverband. 1947 trat er der von ihm mitgegründeten Bayernpartei bei und wurde deren Vorstandsmitglied, 1952 erster Vorsitzender. 1950-53 war F. Vizepräsident des Bayerischen Landtags, 1957-60 Fraktionsvorsitzender seiner Partei. DD Munzinger

Fischbach,

Fischbeck,

Catharina, auch Katharina F., geb. Severin, Malerin, Zeichnerin, * 2 7 . 9 . 1804 Eschweiler, t 1872 Kalkum (heute zu Düsseldorf). Die Tochter eines Kattundruckers studierte 1821-23 an der Kunstakademie Düsseldorf u. a. bei Heinrich Christoph —> Kolbe, eröffnete 1824 zusammen mit d e m Vater eine Buchbinderei und lebte nach der Heirat bis 1839 in Aachen, bis 1843 in Beaumarais bei Saarlouis und bis 1870 in Bensberg. F., die u . a . Andreas —»Achenbach Zeichenunterricht erteilte, schuf vor allem biblische Historien, darunter Altarbilder für Beaumarais, Bensberg (St. Nikolaus), Binsfeld, Düren (Marienkirche) und St. Gallen, sowie Ölbildnisse von Persönlichkeiten aus ihrem U m f e l d sowie mythologische Szenen und literarisch inspirierte Landschaften. DD A K L F i s c h b a c h , Friedrich, Maler, Kunsthistoriker, * 10.2. 1839 Aachen, t 12.9. 1908 Wiesbaden. Nach d e m Besuch der Musterzeichnerschule 1858-62 in Berlin ging F., Sohn der Malerin Catharina —> F., nach Wien, wo er 1865 eine Werkstätte für Tapeten- und Teppichentwürfe gründete und vor allem als Musterzeichner für österr. M u seen und Fabriken tätig war. 1867 wurde er als Berichterstatter zur Weltausstellung nach Paris entsandt, folgte 1870 einem Ruf als Ornamentik-Lehrer an die kgl. A k a d e m i e nach Hanau und war 1883-88 Direktor der Kunstgewerbeschule St. Gallen. Seine letzten Lebensjahre verbrachte F. in Wiesbaden. Neben kunsthistorischen Schriften (u.a. Geschichte der Gewerbe in allen Epochen und bei allen Völkern, 1881; Die Geschichte der Textilkunst, 1883) schrieb er eine Reihe von literarischen Werken, darunter eine Märchenoper Die Rolandsknappen (1897). CO A K L

Fischbach,

Johann (Franz), österr. Maler, * 5 . 4 . 1 7 9 7 Schloß Grafenegg bei Krems (Niederösterreich), t 19.6.1871 München. F., Sohn eines westfälischen Kammerhusars und späteren Haushofmeisters im Dienst des kunstsinnigen Grafen August Breuner, studierte seit 1812 an der Wiener A k a d e m i e der bildenden Künste und war 1816 Hauslehrer, bis 1820 Lehrer an der Erziehungsanstalt Schloß Plankenberg des Grafen M o ritz Fries. 1821 wurde er für seine Ideale Landschaft mit dem großen Preis ausgezeichnet und unternahm 1825 eine Studienreise durch Deutschland und die Schweiz. Bis 1836 als Supplent an der Wiener Kunstakademie tätig, arbeitete er seit 1837 in R o m und übersiedelte 1840 nach Salzburg, w o er sich vor allem der Landschafts- und Genremalerei zuwandte. Hier entstanden 1852 die Malerischen Ansichten von Salzburg und Oberösterreich (40 Blatt in Stahlstich). Mit der Entdeckung der heimischen Gebirge, vor allem des Salzkammerguts, als Sujet gehörte F. zu den hervorragenden Vertretern des österr. Biedermeier. Seit 1860 lebte er in München. DD A K L F i s c h b a c h e r , Jakob, Politiker, * 2 6 . 5 . 1886 Wasserburg/ Inn, t 16.2. 1972 Rosenheim. Der Bauernsohn studierte seit 1906 an den Universitäten München und Erlangen Rechts- und Staatswissenschaften, Geschichte und Philosophie, wurde 1913 zum Dr. phil. promoviert und war 1913-43 im Oberbayerischen Christlichen Bauernverein tätig, seit 1921 dessen Direktor. Nach der Auflösung des Vereins durch die Nationalsozialisten arbeitete F. bis 1944 bei der Schweizer Lebensversicherungsund Rentenanstalt, wurde auf Herrenchiemsee notdienstverpflichtet und war 1945-48 Direktor für Oberbayern beim

Kurt Hellmuth, Chemiker, * 15. 8 . 1 8 9 8 Oldenburg, t 31. 1.1980 Heidelberg. F. Schloß das Studium der C h e m i e an der Univ. Göttingen 1922 mit der Promotion ab (Ueber den spezifischen Widerstand, dessen Temperatur-Koeffizienten und die Thermokraefte ternaerer Mischkristalle) und war seit 1925 als Privatdozent an der Univ. Tübingen tätig, seit 1930 als a. o . P r o f . der Chemie. 1935 wurde er o . P r o f . und Direktor des Instituts für Physikalische C h e m i e sowie des Instituts für Rohstoff und Warenkunde an der Univ. Heidelberg, 1945 Betriebschemiker in Mannheim, 1950 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Deutschen Gesellschaft für Chemische Apparaturen e . V . in F r a n k f u r t / M a i n , 1952 Lehrbeauftragter an der Univ. Heidelberg und der T H Darmstadt. F. veröffentlichte u. a. Die industrielle Chemie in ihrer Bedeutung und Erinnerungen an ihren Aufbau (1943) und Abwasser, Abfall, Abgas (1964).

Fischbeck,

Ludwig, Maler, Kunsthändler, * 2 0 . 9 . 1866 Oldenburg, t 2 4 . 1 1 . 1 9 5 4 Hohenböken bei Ganderkesee. Der Sohn eines K a u f m a n n s absolvierte eine Lehre bei seinem Onkel, d e m Theatermaler Wilhelm M o h r m a n n , und setzte seine Ausbildung seit 1890 als Schüler Joseph —> Wengleins an der A k a d e m i e der bildenden Künste in M ü n c h e n fort. Im Anschluß daran bildete er sich dort zum Vergolder aus, um nach der Rückkehr in seine Heimatstadt 1893 das ihm von seinem Vater gekaufte Vergoldergeschäft zu übernehmen. Er machte sich in seinem Beruf sowie als Kunsthändler bald einen Namen. F. war auch als Kunstberater des herzoglichen Hauses sowie als Restaurator und Maler tätig. Er konzentrierte sich auf nordwestdeutsche Heideund Moorlandschaften sowie auf die ostfriesischen Inseln. Seit dem Verkauf seines Geschäftes 1919 lebte er in Hohenböken. DD Oldenburg

Fischbeck,

Otto, Politiker, * 2 8 . 8 . 1 8 6 5 Güntershagen (Kr. Dramburg), t 2 3 . 5 . 1939 Berlin. F., Sohn eines Landwirts, studierte 1885-89 Staats- und Kameralwissenschaften an den Universitäten Berlin und Greifswald. 1890-95 war er Syndikus der Bielefelder Handelskammer, anschließend bei der PapierverarbeitungsGenossenschaft in Berlin. 1893-95 fungierte F. als Stadtverordneter von Bielefeld. 1900 wurde er Stadtrat in Berlin, 1918 Verbandsdirektor des Kommunalverbandes GroßBerlin. 1895-1903 und 1907-18 war F. f ü r die Fortschrittliche Volkspartei Mitglied des Reichstags und 1904-13 des Preuß. Landtags. Als Mitbegründer der Deutschen Demokratischen Partei gehörte er der Verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung, 1921-24 erneut dem Preuß. Landtag und 1924-30 d e m Reichstag an. 1918-21 war F., einer der einflußreichsten linksliberalen Politiker seiner Zeit, preuß. Handelsminister. Nach 1933 leitete er eine Ziegelei im Kreis Teltow. CD N D B

Fischböck,

Hans, Wirtschaftsfachmann, Politiker, * 2 4 . 1 . 1895 Geras (Niederösterreich), t 3 . 7 . 1967 Florida (Argentinien). F. trat nach dem Kriegsdienst und dem Studium der Rechtswissenschaft, das er 1919 in Wien mit der Promotion beendete, in die österr. Verkehrsbank ein. In verschiedenen Stellungen im österr. Bankwesen tätig, war er seit 1936 leitender Direktor der Osterreichischen Versicherungs-AG und wurde A n f a n g 1938 als Österreichischer Staatsrat mit der Pflege der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich und d e m Deutschen Reich betraut. Nach dem Rücktritt von Kurt

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Fischel von —> Schuschnigg als österr. Bundeskanzler wurde F. im März 1938 in der Regierung —> Seyß-Inquart zunächst Minister für Handel und Verkehr, seit Mai Minister für Wirtschaft und Arbeit und Minister der Finanzen. F., der auch Ratsherr der Stadt Wien und Präsident der Industrie- und Handelskammer war, trat 1940 in die N S D A P und SS ein und wurde Mitglied im Freundeskreis Reichsführer SS. Seit 1942 war er Reichskommissar für die Preisbildung und Staatssekretär beim Beauftragten für den Vierjahresplan. Nach 1945 entzog er sich einem Strafverfahren wegen Hochverrats am Landgericht Wien durch Flucht nach Argentinien.

F i s c h e l , M a x von, Militär, * 3 1 . 3 . 1850 Koblenz, t 1 1 . 5 . 1 9 2 9 Kiel. F. trat 1867 als Kadett in die kgl. preuß. Marine ein, nahm seit 1868 an einer dreijährigen Ostasienreise, später an einer zweijährigen Reise u m die Welt teil. 1879-84 tat er Dienst auf Schiffen, die der Entwicklung der Torpedowaffen dienten. 1904 wurde F. Chef des zweiten Geschwaders. Er war Vorstand der militärischen Abteilung im Reichsmarineamt, später Direktor des Allgemeinen Marinedepartements und stellvertretender Bevollmächtigter zum Bundesrat, 1909-11 Chef des Admiralstabs der Marine. CP DBJ, Bd 11

CD Lilla, Statisten F i s c h e l , Alfred von, Jurist, Politiker, Schriftsteller, * 30. 11. 1853 Jungbunzlau (Böhmen), t 2 6 . 8 . 1926 Schützendorf. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. Wien ließ sich F., Sohn eines Industriellen, 1877 in Brünn nieder, w o er seit 1883 als Rechtsanwalt tätig war. 1906 wurde er Mitglied des Mährischen Landtags und Präsident der Mährischen Museumsgesellschaft. F., der sich auf kulturpolitischem Gebiet für die Erhaltung des Deutschtums einsetzte, verfaßte eine Reihe von rechtshistorischen und politischen Schriften, u . a . Der Panslawismus bis zum Weltkrieg (1919). CD Lex dt-jüd Autoren F i s c h e l , Alfred, österr. Embryologe, * 2 6 . 9 . 1868 Tschimelitz (Böhmen), t 12.1. 1938 Wien. Das Studium der Medizin an der Deutschen Univ. in Prag Schloß F. 1894 mit der Promotion ab, arbeitete 1893-1910 als Assistent am dortigen Anatomischen Institut, habilitierte sich 1898 für A n a t o m i e und Embryologie und wurde 1903 a. o. Professor. Seit 1910 hatte er die Leitung der neugegründeten Abteilung für experimentelle Morphologie an der Deutschen Univ. in Prag inne, wurde 1916 Vorstand des Embryologischen Instituts an der Univ. Wien, w o er 1921-35 als Ordinarius wirkte, und war durch seine Forschungen auf der Basis der Methodik der experimentellen Morphologie richtungweisend für die moderne Embryologie. F. erforschte die Entwicklungsmechanik der Organe und Organsysteme sowie deren morphologische und funktionelle Z u s a m m e n h ä n g e . Er veröffentlichte u. a. Ueber die Regeneration der Linse ( 1900), Die Bedeutung der entwicklungsmechanischen Forschung für die Embryologie und Pathologie des Menschen (1912) und Grundriss der Entwicklung des Menschen (1931, 2 1937). 1907 wurde F. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . OD N D B F i s c h e l , Luise (Lilli), Kunsthistorikerin, Museumsdirektorin, * 14.1. 1891 Bruchsal, t 2 8 . 1 2 . 1 9 7 8 Karlsruhe. F., Tochter eines Fabrikanten, studierte seit 1909 zunächst Kunst in Karlsruhe, danach Kunstgeschichte und Archäologie an den Universitäten F r a n k f u r t / M a i n und Freiburg/ Breisgau und wurde 1919 zum Dr. phil. promoviert. Danach als Kunsthändlerin tätig, erhielt sie 1925 eine Anstellung an der Staatlichen Kunsthalle in Karlsruhe und wurde 1927 deren kommissarische Direktorin. Als Verfechterin moderner Kunst und wegen ihrer jüdischen Herkunft wurde F. 1933 entlassen; sie emigrierte im selben Jahr nach Frankreich und arbeitete als Kunsthändlerin in Paris, kehrte jedoch 1939 nach Deutschland zurück. Seit 1940 Kunsthändlerin in M ü n c h e n , wirkte sie 1952-56 als leitende Kuratorin und Direktorin der Kupferstichsammlung an der Staatlichen Kunsthalle in Karlsruhe. F., die sich vor allem mit der Graphik des 15. und 16. Jh. sowie der oberrheinischen Kunst im Spätmittelalter beschäftigte, veröffentlichte u . a . Nicolaus Gerhaert und die Bildhauer der deutschen Spätgotik ( 1944), Die Karlsruher Passion und ihre Meister (1952) und Bilderfolgen im frühen Buchdruck. Studien zur Inkunabel-Illustration in Ulm und Straßburg (1963). c n Wendland

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F i s c h e l , Oskar, Kunsthistoriker, * 10.7. 1870 Danzig, t 2 7 . 6 . 1 9 3 9 London. F. studierte Kunst- und Theaterwissenschaften an den Universitäten Königsberg und Straßburg, wurde 1896 bei Georg —»Dehio zum Dr. phil. promoviert (Raphaels Zeichnungen. Versuch einer kritischen Sichtung der bisher veröffentlichten Blätter, im Druck 1898) und war danach im Kupferstichkabinett des Kölner Wallraf-Richartz-Museums, in der Bibliothek des Kunstgewerbemuseums und in der Lipperheideschen Kostümbibliothek bei den Staatlichen Museen Berlin tätig. 1914 habilitierte er sich mit Die bildende Kunst und die Bühne an der Univ. Berlin für Kunstgeschichte, wurde dort Privatdozent, 1923 a. o . P r o f . und lehrte bis zu seiner Entlassung 1933 auch an der Staatlichen Kunstschule. F., der zu seiner Zeit als bester Kenner Raffaels galt, veröffentlichte neben zahlreichen Aufsätzen zu dessen Werk 1913-41 Raphaels Zeichnungen (8 Tie.). Zu seinen weiteren Publikationen zählen die Monographie Tizian (1904) und Die Zeichnungen der Umbrer (1917) sowie theaterwissenschaftliche Schriften ( u . a . Das moderne Bühnenbild, 1923). F., zeitweise auch Mitherausgeber des Theaterjahrbuchs „Thespis", starb kurz nach der Emigration nach Großbritannien. DP Altpreuß Biogr, Bd 4 F i s c h e l , Werner, Psychologe, * 2 1 . 1 0 . 1900 Saarburg, t 8.12. 1977 Leipzig. Der aus einer Juristenfamilie stammende F. studierte in Würzburg, Königsberg und München Naturwissenschaften, wurde 1926 mit der Arbeit Haben Vögel ein Zahlengedächtnis? promoviert und arbeitete anschließend als Assistent am Zoologischen Institut der Univ. Halle/Saale. 1930-34 war er Assistent am Physiologischen Institut der Univ. Groningen, bis 1941 Mitarbeiter an der Forschungsstelle f ü r Tierpsychologie in Münster (Westfalen), w o er sich 1938 mit der Schrift Psyche und Leistung der Tiere habilitierte. 1941 wurde er Dozent für Tierpsychologie an der Univ. Leipzig, 1947 wechselte er an die Univ. Bamberg und 1950 an die Univ. München, wo er drei Jahre später zum außerplanmäßigen Prof. ernannt wurde. 1954 folgte F. einem Ruf als o.Prof. an die Univ. Leipzig, wo er 1956 die Leitung des Instituts für Psychologie übernahm. Sein Hauptanliegen war die Etablierung einer allgemeinen vergleichenden Psychologie von Mensch und Tier. Zu diesem Themenkreis veröffentlichte er u . a . Leben und Erlebnis bei Tieren und Menschen (1949, 2 1967). m Psychologie, Bd 1 F i s c h e n i c h , Bartholomäus Ludwig, Jurist, * 2 . 8 . 1 7 6 8 Bonn, t 4 . 6 . 1831 Berlin. F. studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Bonn und Jena, w o er —»Schiller kennenlernte. 1792 wurde er in seiner Heimatstadt Prof. des Staats- und Naturrechts und hatte das A m t eines Generalprokurators-Substituten inne. Seit 1811 Präsident des Aachener Bezirksgerichts, wurde F. 1816 Mitglied der Immediat-Justizkommission f ü r die Rheinprovinz in Köln und ging 1819 als Geheimer Oberjustizrat nach Berlin.

Fischer Fischer,

Adolf, schweizer. Jurist, Staatsmann, Militar, * 17.7. 1807 Reinach (Kt. Aargau), | 7 . 4 . 1 8 9 3 Aarau. Nach d e m Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. Heidelberg trat F. 1828 in die väterliche B a u m w o l l f i r m a in Reinach ein und wurde 1833 Mitglied des Großen Rats von Aargau, dem er 1842-46 präsidierte. Er nahm am Sonderbundskrieg teil und war während des Neuenburger Handels Chef der Artillerie. 1850-53 leitete F. die Verhandlungen des Verfassungsrats und schied 1887 aus der Regierung aus. OD HLS F i s c h e r , Adolf, Musiker, Komponist, * 2 3 . 6 . 1 8 2 7 UckermUnde, f 7. 12.1893 Breslau. Seine musikalische Ausbildung begann F. 1844 als Chorist am Kgl. Opernhaus in Berlin, wurde im folgenden Jahr Schüler des Kgl. Instituts für Kirchenmusik und wirkte daneben seit 1847 als Organist an der Dreifaltigkeitskirche, seit 1848 an der Johanniskirche in Berlin. 1851 wurde er Kantor und Organist am Friedrichs-Waisenhaus und übersiedelte 1853 als Organist der beiden Hauptkirchen nach F r a n k f u r t / Oder, wo er zugleich als Dirigent der Singakademie tätig war. Seit 1864 Kgl. Musikdirektor, wurde F. 1870 Oberorganist an St. Elisabeth in Breslau, gründete dort 1880 das Schlesische Konservatorium und war seit 1891 kgl. preuß. Professor. Er schrieb Vokal- und Orchesterwerke.

Fischer,

Adolf, österr. Maler, Illustrator, * 1 8 . 5 . 1 8 5 6 Linz, t 2 3 . 2 . 1908 Linz. F., Sohn eines Xylographen und Graveurs, studierte seit 1874 an der T H Wien und erhielt seine künstlerische Ausbildung zum Landschaftsmaler in Linz und München. Seit 1879 war er als Illustrator für humoristische Zeitschriften tätig. 1884-87 unterrichtete er an der Bürgerschule sowie am G y m n a s i u m in Gmunden, w o er 1888 eine Zeichen- und Malschule errichtete, deren Leitung er Ubernahm. Mit seinen zahlreichen Landschaften aus Oberösterreich und Italien in Aquarell war F. auf vielen Ausstellungen vertreten. Er illustrierte die Geschichte der Stadt Gmunden von Ferdinand Krakowizer (3 Bde., 1898-1900) und verlegte Skizzenbücher, u. a. Motive aus Gmunden. F. war der Vater von Adolf Johannes - > F . • • AKL

Fischer,

Adolf Johannes, österr. Maler, Schriftsteller, * 7 . 7 . 1885 G m u n d e n (Oberösterreich), t 22. 11. 1936 Gmunden. Der Sohn des Malers Adolf —>F. erhielt seine künstlerische Ausbildung zunächst bei seinem Vater; danach war er Schüler der Kunstgewerbeschule des Österreichischen M u seums, der Wiener A k a d e m i e der bildenden Künste und der Univ. Wien, an der er Kunstgeschichte und Philosophie studierte. Vorwiegend als Porträtist und Landschaftsmaler tätig, schuf er u . a . das Porträt des Fürsten —» SchönburgHartenstein (1908) und das Aquarell Straßenschönheit. Seit 1909 unterrichtete F. als Prof. am G y m n a s i u m seiner Heimatstadt und war dort Leiter einer Malschule. Zuletzt lebte er als Prof. und akademischer Maler in Salzburg. Auch schriftstellerisch tätig, veröffentlichte F. neben Lyrik und Dramen u. a. den Zukunftsroman Zwei Männer spielen um die Welt (1932). DP A K L

Fischer,

(Gustav) Adolph, Forschungsreisender, * 3 . 3 . 1 8 4 8 B a r m e n (heute zu Wuppertal), t 11.11. 1886 Berlin. Der Sohn eines K a u f m a n n s und Bankiers beendete das Medizinstudium 1872 mit der Promotion und übersiedelte nach Berlin, um sich dort auf Ostafrikareisen vorzubereiten. 1876 Schloß er sich den Brüdern Gustav und Clemens —» Denhardt an, begab sich zu ersten Erkundungen nach M o m b a s a und nahm an der Expedition 1878 teil, die jedoch aus finanziellen Gründen bald abgebrochen werden mußte. F. praktizierte einige Jahre in Sansibar und begann 1882, mit Unterstützung

der Geographischen Gesellschaft in Hamburg, eine Expedition am Kilimandscharo entlang in die Massaisteppe, die er zwar nicht zu Ende führen konnte, von der er jedoch die ersten zuverlässigen Nachrichten über dieses Volk mit nach Deutschland brachte. 1885 ging er erneut nach Ostafrika, u m nach d e m vermißten Forscher William —> Junker zu suchen, wurde 1885 am Weitermarsch durch Uganda gehindert und kehrte an die Küste zurück. F. veröffentlichte u . a . Mehr Licht im dunklen Weltteil. Betrachtungen über die Kolonisation des tropischen Afrika unter besonderer Berücksichtigung des Sansibar-Gebiets (1885) und Die Kartographischen Ergebnisse der Massai-Expedition des deutschen Antisklaverei-Comités (mit Oscar Baumann u.a., 1894). c n Henze

Fischer,

Albert, österr. Pädagoge, * 5. 11.1830 Triesch (Mähren), t 11. 12. 1913 Wien. F. war Lehrer, ehe er 1863 die Leitung der Israelitischen Kinderbewahrungsanstalt in Wien übernahm. 1868 begründete er in Österreich einen Bildungskurs f ü r Kindergärtnerinnen nach Fröbelschen Grundsätzen. F. wurde Direktor der privaten Bildungsanstalt f ü r Kindergärtnerinnen in Wien und rief 1879 den „Verein für Kindergärten in Österreich", 1882 als dessen Organ die „Zeitschrift f ü r das Kindergartenwesen" ins Leben, deren Leitung er bis 1886 innehatte. Er veröffentlichte u . a . Der Kindergarten (1873, 7 1912). F. war der Vater von Isidor —» F. e n NDB

Fischer,

Albert Friedrich Wilhelm, evang. Theologe, Hymnologe, * 1 8 . 4 . 1 8 2 9 Ziesar, t 2 7 . 4 . 1896 Lemsdorf bei Großottersleben. Nach dem Studium der Theologie in Halle 1849-52 war F., Sohn eines Pfarrers, zunächst als Lehrer tätig, wurde 1859 ordiniert und war seitdem Pfarrer in Quedlinburg, seit 1861 in Althaldensleben und seit 1867 Oberpfarrer und Superintendent in Ziesar. 1877 ging er als Oberpfarrer nach Großottersleben. 1 8 7 8 / 7 9 erschien sein Kirchenliederlexikon (2 Bde.). F. begründete 1883 die „Blätter für Hymnologie". Sein Werk Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts konnte F. nicht mehr abschließen; es wurde nach seinem Tod von Wilhelm Tümpel fortgeführt (5 Bde., 1902-11, Bd. 6: Register, 1915). m MBL

Fischer,

Alexander, Schriftsteller, Übersetzer, * 12.8. 1812 St. Petersburg, t 3 1 . 3 . 1843 Freiberg (Sachsen). Der Sohn eines Apothekers widmete sich nach d e m Studium der Philosophie und Philologie an den Universitäten Berlin und Leipzig (1833-41) der Schriftstellerei. 1837 begründete er die „Jahrbücher für Drama, Dramaturgie und Theater" (2 Bde.) und war vorwiegend als Übersetzer, u. a. von Dramen Shakespeares, tätig. 1841 übersiedelte F. nach Freiberg, wo sein Trauerspiel Nausikaa entstand. 1843 setzte er seinem Leben selbst ein Ende.

Fischer,

Alexander, Historiker, * 24. 1. 1933 T h u m / E r z gebirge, t 2 4 . 6 . 1995 Friedrichsdorf bei F r a n k f u r t / M a i n . F. siedelte 1955 aus der D D R in die Bundesrepublik Deutschland über, studierte in Tübingen Geschichte, Philosophie und Germanistik und wurde 1964 promoviert (Russische Sozialdemokratie und bewaffneter Aufstand im Jahre 1905). 1972 habilitierte er sich mit einer Darstellung der Sowjetischen Deutschlandpolitik 1941 bis 1945, wurde Prof. der osteuropäischen Zeitgeschichte in F r a n k f u r t / M a i n und folgte 1985 einem Ruf auf den Lehrstuhl f ü r osteuropäische Geschichte an der Univ. Bonn. Nach 1989 galt sein besonderes Engagement dem Wiederaufbau der Geschichtswissenschaft in den neuen Bundesländern; er war Gründungsrektor des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung in Dresden.

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Alfons, Mediziner, Sozialhygieniker, Medizinhistoriker, * 12.12. 1873 Posen, t 18.5. 1936 Karlsruhe. Der Sohn eines Sägewerksbesitzers war nach d e m medizinischen Studium an den Universitäten Heidelberg, M ü n c h e n und Berlin (Promotion 1897, Zur Prognose der Pyaemie) Assistent am Robert-Koch-Institut in Berlin, am Hygienischen Institut und am Städtischen Krankenhaus in Danzig, an der Medizinischen Poliklinik in Heidelberg sowie am Senckenberg-Institut in F r a n k f u r t / M a i n . Seit 1902 praktizierte er als Arzt in Karlsruhe, beschäftigte sich mit theoretischen und organisatorischen Problemen der Sozialhygiene, gründete 1906 die Badische Gesellschaft für soziale Hygiene, war bis zu ihrer Auflösung 1933 ihr Vorstand und gab deren „Sozialhygienische Mitteilungen" heraus. 1909 war F. an der Errichtung des Badischen Landesausschusses für Hygienische Volksbelehrung sowie der ersten deutschen Mutterschaftsversicherung in Karlsruhe beteiligt. F., der 1933 von den Nationalsozialisten aus seinen Amtern entlassen wurde, veröffentlichte u. a. Gesundheitspolitik und Gesundheitsgesetzgebung (1914), Grundriss der sozialen Hygiene (1925) und Geschichte des deutschen Gesundheitswesens (1933). m NDB

Fischer,

(Georg) Alfred, genannt Fischer-Essen, Architekt, * 2 9 . 8 . 1881 Stuttgart, t 10.4. 1950 M u r n a u (Oberbayern). F., Sohn eines Dekorationsmalers, studierte 1900-04 an der T H Stuttgart unter Theodor Fischer sowie an der dortigen A k a d e m i e der bildenden Künste. 1904-06 arbeitete er im Atelier von Ludwig —»Hoffmann in Berlin und seit 1906 im Atelier Paul —> Schultze-Naumburgs in Saaleck. 1908 z u m Regierungsbaumeister ernannt, ging F. 1909 als Lehrer an die Kunstgewerbeschule nach Düsseldorf und übernahm 1911 die Direktion der Kunstgewerbeschule (seit 1933 Folkwangschule) in Essen, an der er seit 1921 als Prof. lehrte. 1915-22 war er Mitbegründer und Vorsitzender der Gesellschaft zur Förderung der Deutschen Kunst des 20. Jahrhunderts, 1919 Mitglied des Arbeitsrats für Kunst. Als Architekt wurde er durch den Wettbewerb f ü r das BismarckNationaldenkmal auf der Elisenhöhe bei Bingen bekannt, bei d e m er 1910 mit dem zweiten Preis ausgezeichnet wurde. F. wandte sich vor allem den Industriebauten und dem Kleinwohnungswesen zu. Er errichtete u. a. Bauten für die Zechen Königsborn Unna und Viktor Rauxel, zwei P u m p w e r k e in H a m b o r n sowie das Bürohaus mit Hotel und Konzertsaal Hans-Sachs-Haus in Gelsenkirchen, ein Prototyp des Neuen Bauens, ferner für das Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk die Vorgebirgszentrale in Knapsack bei Köln (1912) sowie für die Zeche Sachsen bei H a m m die Betriebsgebäude und die Wohnkolonie. Nach einer Diffamierungskampagne durch nationalsozialistische Kreise wurde er 1933 zunächst beurlaubt, 1934 zwangsweise pensioniert. Seit 1935 lebte F. in Murnau. CO A K L

Fischer,

Alois, österr. Jurist, Beamter, Politiker, * 2 8 . 1 . 1 7 9 6 Landeck (Tirol), t 8 . 1 1 . 1 8 8 3 Innsbruck. F. studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Wien und Innsbruck, wurde 1824 in Padua zum Dr. jur. promoviert und ließ sich als Advokat an der k. k. Obersten Justizstelle in Salzburg nieder. 1848 trat er als Salzburger Abgeordneter und Ministerialrat des Innern in Wien für die politische Selbständigkeit des Landes ein und wurde H o f k o m m i s sar in Tirol. Nach kurzer Tätigkeit auf d e m Reichstag von Kremsier wurde F. 1849 Statthalter bürgerlicher Herkunft von Oberösterreich, 1851 Sektionschef im Ministerium des Innern, 1853 Direktor der Wechselseitigen Versicherungsgesellschaft. Seit 1861 war er Landtagsabgeordneter von Tirol, zudem Reichstagsabgeordneter und beteiligte sich 1866 an der Tiroler Landesverteidigung. 1860 veröffentlichte F. seine Erinnnerungen Aus meinem Amtsleben.

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Aloys, Pädagoge, * 10.4. 1880 Furth im Wald, t 23.11.1937 München. F., Sohn eines Gartenarbeiters, studierte 1899-1902 Klassische Philologie in München. Nach dem Lehrerexamen 1903 setzte er das Studium dort und in Leipzig fort. 1 9 0 3 / 0 4 war er Hauslehrer in der Familie des Bildhauers Adolf von —> Hildebrand. Als Schüler T h e o d o r —> Lipps 1904 promoviert (Ueber symbolische Relationen, 1905), habilitierte er sich 1907 für Philosophie (Zur Bestimmung des ästhetischen Gegenstandes). 1908-20 war er Erzieher der königlichen Erbprinzen Luitpold und Albrecht von Bayern, gründete 1910 das Pädagogisch-Psychologische Institut des Münchner Lehrervereins, wurde 1915 zum a. o . P r o f . ernannt und hatte 1 9 1 9 / 2 0 zusätzlich einen Lehrauftrag an der Handelshochschule Nürnberg. Seit 1920 war F. o . P r o f . der Pädagogik und Vorstand des Pädagogischen Seminars an der Univ. München, seit 1929 auch Vorstand des Psychologischen Instituts. 1937 wurde er nach dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums in den Ruhestand versetzt. Beeinflußt von Alexander —> Pfänder, versuchte F., die phänomenologische Methode für die Pädagogik nutzbar zu machen, und entwarf mit seiner Deskriptiven Pädagogik (1914) ein Programm zur nichtnormativen Betrachtung aller Formen von Pädagogik. Zu seinen Veröffentlichungen gehört ferner eine Pädagogische Soziologie (1933). c n NDB

Fischer,

Amandus, Geodät, * 10. 12.1836 Deutsch-Leippe bei Grottkau (Schlesien), t 17.5. 1894 Berlin. F., Sohn eines Lehrers, wurde nach d e m Studium und der Promotion in Breslau 1866 (De cometa tertio anni i860) 1867 Hilfsarbeiter im Zentralbüro der Mitteleuropäischen Gradmessung in Potsdam, das 1879 mit dem neugegründeten Preußischen Geodätischen Institut verbunden wurde. Hier wirkte er zunächst als Assistent Carl —» Bremikers, als dessen Nachfolger er 1877 Abteilungschef wurde. Unter seiner Leitung wurden die großen rheinischen Dreiecksmessungen abgeschlossen, die als bedeutender Bestandteil der europäischen Gradmessung das norddeutsche Dreiecksnetz mit d e m der Schweiz und Italiens verbinden sollten. A u s den folgenden Untersuchungen über Netzausgleichung und den anschließenden über die Lateralrefraktion leitete F. eine Gesetzmäßigkeit der Seitenrefraktion ab. Er veröffentlichte u. a. Der Einfluß der Lateralrefraktion auf das Messen von Horizontalwinkeln (1882) und Das Berliner Basisnetz (1891). CP N D B

Fischer,

Andreas, Architekt, * 1754 Waldsassen (Oberpfalz), t 2. 10. 1819 Wien. F. erbaute 1781-83 die von Kardinal —»Migazzi gestiftete Atzgersdorfer Kirche und wurde 1786 Prof. der praktischen Baukunst an der A k a d e m i e der Künste in Wien, obwohl er keine Akademieausbildung hatte. Seit 1797 war er Oberarchitekt bei der Niederösterreichischen Oberbaudirektion. Zu seinen Werken gehören Entwürfe f ü r die Innenausstattung des Polytechnikums sowie zahlreiche sakrale und profane B a u w e r k e in Niederösterreich, u. a. Schloß und Pfarrkirche in Groß-Enzersdorf. CEJ A K L

Fischer,

Anton (Friedrich), Kapellmeister, Komponist, getauft 13. 1.1778 Ried bei Augsburg, t 1.12. 1808 Wien. F., Sohn eines Schulmeisters, erhielt seine Ausbildung als Sängerknabe in Augsburg bei seinem Bruder Matthäus —> F. 1795 verließ er Augsburg und ging nach Wien, wo er zunächst am Theater in der Josefstadt, seit 1800 unter Emanuel —> Schikaneder am Theater an der Wien als Kapellmeister und Hauskomponist tätig war. Zu seinen Kompositionen, die u. a. von Carl Maria von —> Weber geschätzt wurden, zählen vor allem Opern, eine Kinderoper und -operette sowie Messen, Kantaten, Klavierstücke und Lieder. m MGG

Fischer Fischer,

Antonius, eigentl. Anton Hubert F., Erzbischof von Köln, Kardinal, * 3 0 . 5 . 1840 Jülich, t 3 0 . 7 . 1912 Bad Neuenahr. Nach dem Theologie- und Philosophiestudium an den Universitäten Bonn und Münster wurde F., Sohn eines Hauptlehrers, 1863 in Köln zum Priester geweiht, wirkte seit d e m folgenden Jahr als Religionslehrer am Essener G y m n a s i u m und wurde 1888 Domkapitular beim Kölner Metropolitankapitel. Seit 1889 Titularbischof von Juliopolis und Weihbischof von Köln, wurde F. 1902 Erzbischof, 1903 Kardinal. Er bemühte sich um die Förderung des kath. Vereinslebens sowie u m konfessionellen Frieden und trat im Gewerkschaftsstreit für die christlichen Gewerkschaften ein. DO Gatz 4 F i s c h e r , (Ferdinand) August, Bildhauer, * 1 7 . 2 . 1 8 0 5 Berlin, t 2 . 4 . 1 8 6 6 Berlin. Nach einer Ausbildung zum Goldschmied begab sich F., Sohn eines Goldpolierers, auf Wanderschaft durch Deutschland und studierte die Bildhauerei an der A k a d e m i e der bildenen Künste in Berlin, wo er u. a. von Johann Gottfried —»Schadow und Christian Daniel —» Rauch unterrichtet wurde. Seit Mitte der vierziger Jahre als Lehrer an der Akademie tätig, wandte er sich neben Großplastiken kleinen Flachreliefs sowie dem Modellieren kleiner Schaumünzen zu. Zu seinen hoch geschätzten Werken zählen u. a. ein Rundbildnis König Friedrich Wilhelm III. von Preußen (1830), die Amazonensäule (1837) und eine Römische Wasserträgerin (1839). Sein Hauptwerk, vier Kriegergruppen ( B r a u n s c h w e i g , England, Hannover, Preußen) für den Belle-Alliance-Platz in Berlin (seit 1842), konnte er nicht vollenden. e n AKL

Fischer,

Balthasar, kath. Theologe, Liturgiewissenschaftler, * 3 . 9 . 1912 Bitburg, t 2 7 . 6 . 2 0 0 1 Trier. Der Sohn eines Lehrers trat 1931 in das Priesterseminar in Trier ein und ging zum Studium nach Innsbruck, wo er 1936 zum Priester geweiht und 1937 zum Dr. theol. promoviert wurde (Der Niedere Klerus bei Gregor dem Großen. Ein Beitrag zur Geschichte der Ordines Minores). Nach zweijähriger Tätigkeit als Kaplan in Neunkirchen und einem Studium an der Benediktinerakademie in Maria Laach wurde er 1940 Rektor in Nonnenwerth, 1942 Kaplan in Remagen und 1944 Hausgeistlicher auf einem Gut bei Zemmer. Seit 1945 Dozent in Trier, habilitierte sich F. 1946 in Bonn ( D a s Psalmenverständnis der Alten Kirche bis Orígenes). 1947-80 war er Prof. f ü r Liturgiewissenschaft in Trier, zwischenzeitlich 1957-71 Gastprofessor in Brüssel und 1985 an der University of Notre D a m e (Indiana, USA). Seit 1947 Mitherausgeber der „Trierer Theologischen Zeitschrift", war er 1953-69 Schriftleiter des „Liturgischen Jahrbuchs", 1964-68 Relator des Rats für die A u s f ü h r u n g der Liturgiekonstitution und 1967 Mitbegründer der Societas Liturgica, der er 1975-77 als Präsident vorstand. 1975 wurde F. Konsultor der Kongregation f ü r die Sakramente und Gottesdienste; 1976-99 war er 2. Vorsitzender des Deutschen Liturgischen Instituts. Das Zweite Vatikanum begleitete er als Liturgieexperte und Peritus des Trierer Bischofs Matthias —> Wehr. F. veröffentlichte u . a . Was nicht im Katechismus stand. Fünfzig Christenlehren über die Liturgie der Kirche (1952) und arbeitete an liturgischen Richtlinien zur Kindstaufe mit (Ordo baptismi parvulorum, 1969; Feier der Kindertaufe, 1971). 1966 wurde er z u m Päpstlicher Hausprälaten ernannt. CD B B K L

Fischer, Fischer,

August (Ludwig Gottlieb), Pater Augustin, kath. Theologe, Diplomat, * 2 2 . 6 . 1825 Ludwigsburg, t 18. 12. 1887 San C o s m e (Mexiko). Der Sohn eines Metzgermeisters brach eine handwerkliche Lehre ab und wanderte 1840 nach Nordamerika aus, wo er als Metzgerbursche, Goldgräber und schließlich als Notariatsgehilfe tätig war. Zunächst Protestant, wurde er von Jesuitenmissionaren zum Übertritt zur kath. Kirche angeregt und später zum Geistlichen ausgebildet. Er ging nach Mexiko, war kurze Zeit als Pfarrer in Parras tätig und wurde Sekretär des Bischofs von Durango, jedoch wegen seines Lebenswandels bald entlassen. Seit 1864 stand F. in den Diensten Kaiser —> Maximilians, der ihn im folgenden Jahr zu Konkordatsverhandlungen nach R o m schickte. 1866 nach Mexiko zurückgekehrt und vom Kaiser zum Kabinettssekretär und Beichtvater ernannt, bewog F. Maximilian, im Land zu bleiben, und versuchte, ihm die Stadt und Regierung zu erhalten. 1867 von Aufständischen g e f a n g e n g e n o m m e n , zum Tod verurteilt, dann jedoch des Landes verwiesen, lebte F. seit 1868 in Stuttgart, Tübingen, Ulm und Paris. 1878 ging er wieder nach M e x i k o und war zuletzt Pfarrer von San C o s m e . CD N D B

Beat, schweizer. Diplomat, * 2 2 . 7 . 1 9 0 1 Bern, t 2 2 . 8 . 1984 Bern. Nach Studien in Bern, Freiburg, München und Paris trat F. in die Dienste des Eidgenössischen Politischen Departements. 1947-53 wirkte er als Gesandter in Kairo, 1953-59 in Lissabon, 1959-63 als Botschafter in Wien, 1963-66 in London. F. war Präsident der Helvetischen Assoziation des Souveränen Malteser-Ritterordens (1968-79), des internationalen Komitees des Malteserordens f ü r Leprakrankenhilfe (1969-79) und der Delegation des Ordens an der diplomatischen Konferenz für internationales humanitäres Recht in Genf (1974-77).

Fischer,

Bernhard, Rabbiner, Schriftsteller, * 1 2 . 1 . 1 8 2 1 Budikau (Böhmen), t 17.6. 1906 Leipzig. F. besuchte zunächst das Piaristenkolleg in Prag und war anschließend Privatlehrer und 1857-62 Rabbiner in verschiedenen böhmischen Gemeinden. Seit 1863 in Leipzig ansässig, war er schriftstellerisch tätig und gab die hebräische illustrierte Monatsschrift „Bikoreth ha-itim" heraus. Seine zahlreichen Schriften beschäftigen sich vorwiegend mit religiösen Themen, u. a. Bibel und Talmud in ihrer Bedeutung für Philosophie und Kultur (1881).

Fischer, Fischer,

August (Wilhelm Hermann Gustav), Orientalist, * 1 4 . 2 . 1 8 6 5 H a l l e / S a a l e , t 1 4 . 2 . 1 9 4 9 Leipzig. F., Sohn eines Z i m m e r m a n n s , studierte 1883-89 Theologie und Orientalische Philologie an den Universitäten Halle, Berlin und Marburg, wurde 1889 in seiner Heimatstadt promoviert und habilitierte sich im folgenden Jahr für Orientalische Philologie. Seit 1896 unterrichtete F. Arabisch am Seminar für Orientalische Sprachen in Berlin und war 1900-30 o. Prof. der Orientalischen Philologie in Leipzig. F., der wiederholt Studienreisen nach Marokko, in die Türkei sowie nach Tunesien und Algerien unternahm, gab u . a . die Zeitschrift „Islamica" heraus. Zu seinen Hauptwerken zählen Marokkanische Sprichwörter (1898).

Betty, österr. Sängerin, * 12. 10.1887 Wien, t 1 2 . 1 . 1 9 6 9 Wien. Zunächst Liedersängerin, wurde F. 1910 an das Wiener Ronacher Theater engagiert, wo sie in Hoheit tanzt Walzer ihren ersten großen Erfolg als Operettensängerin feierte. 1914 wurde sie an das Theater an der Wien verpflichtet, wo sie mit Künstlern wie Louise —>Kartousch und Hubert —> Marischka auftrat und neben zahlreichen Partien aus dem Bereich der klassischen Wiener Operette den Höhepunkt ihrer Karriere, u . a . bei den Premieren von Leo —>Falls Die Rose von Stambul (1916) und der Gräfin Mariza von E m m e rich —» Kaiman, erreichte. 1933 emigrierte F. nach L u x e m burg, kehrte 1947 nach Wien zurück und wirkte nach der Beendigung ihrer Bühnenlaufbahn als Professorin am Wiener Konservatorium. c n Kutsch

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Fischer Fischer,

( H e r m a n n ) B r u n o , B i l d h a u e r , * 3 0 . 4 . 1860 D r e s d e n , f 2 4 . 3 . 1932 D r e s d e n . F., S o h n eines M a l e r s , b e g a n n seine künstlerische A u s b i l d u n g an der K u n s t g e w e r b e s c h u l e D r e s d e n , setzte sie in C o burg, 1 8 8 0 / 8 1 in Stuttgart bei A d o l f von D o n n d o r f und seit 1881 an der K u n s t a k a d e m i e D r e s d e n als M e i s t e r s c h ü l e r von J o h a n n e s —> Schilling fort. D o r t schuf er zunächst e i n i g e Statuetten s o w i e historische K o m p o s i t i o n e n . 1889 erhielt er f ü r sein G i p s m o d e l l Adam und Eva d a s a k a d e m i s c h e R e i s e s t i p e n d i u m f ü r zwei Jahre, d a s er 1894 antrat; er hielt sich v o r w i e g e n d in F l o r e n z und R o m auf. Als Vertreter des N a t u r a l i s m u s errichtete er 1893 den Saxoniabrunnen auf d e m C h e m n i t z e r R o ß m a r k t , 1896 den Gerechtigkeitsbrunnen in Dresden, w o er seit seiner R ü c k k e h r aus Italien lebte. 1913 w u r d e F. der Professorentitel verliehen. m AKL

Fischer,

Carl, Schriftsteller, * 6 . 6 . 1841 G r ü n b e r g (Schlesien), t 2 2 . 3 . 1906 Halle. F. durchlief eine B ä c k e r l e h r e bei s e i n e m Vater u n d ging n a c h der G e s e l l e n p r ü f u n g 1859 auf W a n d e r s c h a f t . 1863-66 war er als u n g e l e r n t e r Erdarbeiter b e i m E i s e n b a h n b a u tätig, w u r d e später m e h r m a l s w e g e n Bettelei inhaftiert und arbeitete seit 1869 als S t e i n f o r m e r in e i n e m S t a h l w e r k . 1899 k a m er als H a l b i n v a l i d e bei seiner S c h w e s t e r unter u n d schrieb seine L e b e n s e r i n n e r u n g e n ( D e n k w ü r d i g k e i t e n und Erinnerungen eines Arbeiters, 1903), ein b e d e u t e n d e s Z e u g n i s des entsteh e n d e n d e u t s c h e n Proletariats. DP Killy

Fischer,

Carl, Verleger, I n s t r u m e n t e n b a u e r , * 7 . 1 2 . 1849 Buttstädt, t 1 4 . 2 . 1923 N e w York. F. studierte in G o t h a G e i g e und W a l d h o r n und w a r z u n ä c h s t G e s c h ä f t s p a r t n e r seines B r u d e r s , e i n e s I n s t r u m e n t e n b a u e r s in B r e m e n . D a n e b e n studierte F. seit 1864 in M a r k n e u k i r c h e n I n s t r u m e n t e n b a u . 1872 w a n d e r t e er in d i e U S A a u s und g r ü n d e t e e i n e M u s i k a l i e n h a n d l u n g in N e w York. F. beg a n n bald auch mit der Vervielfältigung von N o t e n d r u c k e n und e n t w i c k e l t e sein G e s c h ä f t zu e i n e m M u s i k v e r l a g . 1923 w u r d e das U n t e r n e h m e n in e i n e A k t i e n g e s e l l s c h a f t u m g e wandelt u n d von F.s S o h n Walter f o r t g e f ü h r t . CD M G G

Fischer,

Carl (Ernst), K ü n s t l e r n a m e : C e f i s c h e r , Cefi, Z e i c h n e r , Illustrator, * 7 . 3 . 1900 F r a n k f u r t / M a i n , t 2 9 . 4 . 1974 F r a n k f u r t / M a i n . F. b e g a n n 1914 e i n e L e h r e in e i n e m k u n s t g e w e r b l i c h e n A t e lier, b e s u c h t e n a c h d e m Ersten Weltkrieg die K u n s t g e w e r b e s c h u l e in F r a n k f u r t / M a i n u n d w a r d a n n als Illustrator, G e b r a u c h s g r a p h i k e r und P o r z e l l a n m a l e r tätig, u. a. f ü r d i e „Fliegenden B l ä t t e r " und d i e „ L u s t i g e n Blätter". 1937 w u r d e er der R e d a k t e u r und P r e s s e z e i c h n e r der „ F r a n k f u r t e r Illustrierten". Bei e i n e m B o m b e n a n g r i f f im J a n u a r 1945 verlor F. b e i d e A r m e , ü b t e d a r a u f h i n das Z e i c h n e n mit d e m M u n d und arbeitete seit 1948 w i e d e r als Z e i c h n e r f ü r die „ F r a n k f u r ter Illustrierte" arbeiten, f ü r d i e er 1952 d i e C o m i c f i g u r d e s Katers O s k a r e r f a n d ( u . a . Oskar der Familienvater, 1954, N e u a u s g . 1995; Frech wie Oskar, 1956). F. schuf das B i l d e r buch Ping und die Schatzinsel ( 1 9 5 0 , 3 1 9 7 9 ) und illustrierte u . a . Till Eulenspiegel und Gullivers Reisen. CO A K L

Fischer,

Carl Friedrich A u g u s t , F a b r i k a n t , * 7. 8 . 1 7 7 8 B a u t z e n , t 10. 8 . 1 8 4 2 B a u t z e n . D e r S o h n eines P a p i e r m ü h l e n b e s i t z e r s ergriff den B e r u f seines Vaters und spezialisierte sich auf F e i n p a p i e r e , d i e u m 1800 u . a . n a c h A n t w e r p e n , L o n d o n , N e w York u n d in d e n Orient geliefert w u r d e n . In s e i n e m B e t r i e b f ü h r t e F. S o d a , Ä t z k a l k und C h l o r b l e i c h e als c h e m i s c h e N e u e r u n g e n ein, war f ü h r e n d b e i m Ü b e r g a n g v o m H a n d s c h ö p f - z u m M a -

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s c h i n e n b e t r i e b u n d stellte 1835 im W e r k B a u t z e n die z w e i t e s ä c h s i s c h e P a p i e r m a s c h i n e auf. F. g r ü n d e t e d a s Werk D o b e r schau, n a h m später in seinen Z w e i g w e r k e n weitere Papierm a s c h i n e n in B e t r i e b und b e s a ß 1824 mit der B a u t z e n e r P a p i e r m ü h l e das g r ö ß t e s ä c h s i s c h e Werk seiner Zeit. CP

NDB

Fischer,

Caroline Auguste, Pseud. Auguste, Caroline A u g u s t e , Schriftstellerin, * 9 . 8 . 1764 B r a u n s c h w e i g , t 1834 F r a n k f u r t / M a i n . F., T o c h t e r eines K a m m e r m u s i k e r s , lebte n a c h zwei gescheiterten E h e n von ihrer schriftstellerischen T ä t i g k e i t . Sie f ü h r t e in H e i d e l b e r g ein E r z i e h u n g s i n s t i t u t und betrieb 1822 in W ü r z b u r g e i n e L e i h b i b l i o t h e k . B e k a n n t w u r d e sie m i t d e m R o m a n Gustav's Verirrungen (1801). In d e n Werken Die Honigmonathe (2 B ä n d e , 1802 und 1804) und Über die Weiber (1813) w a n d t e sie sich g e g e n ein passives R o l l e n b i l d der Frau. DP B r i n k e r - G a b l e r 2

Fischer,

Christian, österr. Publizist, Politiker, * 1 . 7 . 1 8 7 9 L i n z , t 1 6 . 7 . 1 9 3 4 Graz. Von B e r u f S c h l o s s e r , Schloß sich F. der kath. A r b e i t e r b e w e g u n g an und ü b e r n a h m n a c h einer A u s b i l d u n g d u r c h den Volksverein f ü r d a s kath. D e u t s c h l a n d die R e d a k t i o n des „ G r a z e r Volksblatts" in L e o b e n . Er g r ü n d e t e das kath. Arbeitersekretariat als Zentralstelle f ü r d i e A r b e i t e r b e w e g u n g der S t e i e r m a r k s o w i e d a s W o c h e n b l a t t „ D e r A r b e i ter". S p ä t e r w u r d e er C h e f r e d a k t e u r des „ G r a z e r Volksblatts". Seit 1919 als christlichsozialer A b g e o r d n e t e r M i t glied der K o n s t i t u i e r e n d e n N a t i o n a l v e r s a m m l u n g , w a r F. 1920-30 M i t g l i e d d e s Nationalrats, 1923-33 d e s B u n d e s r a t s .

Fischer,

C h r i s t i a n A u g u s t , P s e u d . u. a. Felix v. F r ö h l i c h s h e i m , C . Althing, Schriftsteller, * 2 9 . 8 . 1 7 7 1 Leipzig, t 14.4.1829 Mainz. F. studierte 1788-92 J u r a in Leipzig, bereiste bis 1794 d i e S c h w e i z , Italien u n d F r a n k r e i c h u n d w u r d e H o f m e i s t e r in S p a n i e n , H o l l a n d und R u ß l a n d , e h e er 1799 nach D e u t s c h land z u r ü c k k e h r t e . Er lebte als Privatgelehrter in D r e s d e n , w u r d e 1803 in J e n a z u m M a g i s t e r p r o m o v i e r t u n d w a r seit 1804 Prof. der Kultur- und Literaturgeschichte in W ü r z burg. Zu seinen zahlreichen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n g e h ö r e n Voltaires politische Ideen ( 1793) und Biographien unglücklicher Könige (1800), R e i s e b e s c h r e i b u n g e n w i e die Reise von Amsterdam über Madrid nach Cadiz und Genua (1799) und g a l a n t e Erotische Schriften (1807). F.s Politische Fabeln (1796) sind geistreiche A l l e g o r e s e n der Tagespolitik; i m bekanntesten dieser P r o s a t e x t e {Der Löwe und die Mücke) beg e g n e t der L ö w e als Potentat der a n t i f r a n z ö s i s c h e n Koalition, d i e M ü c k e als S a n s c u l o t t e . Sein Katzensprung von Frankfurt am Main nach München ( 1821 ) brachte i h m drei Jahre F e s t u n g s h a f t w e g e n B e l e i d i g u n g ein, die er 1824 in Hyazinthen in meinem Kerker gezogen literarisch verarbeitete. CP Killy

Fischer,

Christian Gabriel, e v a n g . T h e o l o g e , P h y s i k e r , P h i l o s o p h , * 8 . 1 0 . 1 6 8 6 K ö n i g s b e r g , t 1 5 . 1 2 . 1751 Königsberg. F., S o h n eines K a u f m a n n s , studierte seit 1703 T h e o l o g i e und orientalische S p r a c h e n in K ö n i g s b e r g , w u r d e 1710 in J e n a M a g i s t e r der P h i l o s o p h i e und b e e n d e t e seine S t u d i e n in R o s t o c k (Ad verba Ezechielis VIII, 17). Seit 1711 hielt er in K ö n i g s b e r g Vorlesungen ü b e r T h e o l o g i e , p h i l o l o g i s c h e und p h i l o s o p h i s c h e T h e m e n s o w i e ü b e r N a t u r w i s s e n s c h a f ten und w u r d e 1715 z u m a. o . P r o f . der P h y s i k e r n a n n t . F. war ein A n h ä n g e r Christian —> W o l f f s , d e s s e n S c h r i f t e n er verteidigte (Quaestio philosophica an spiritus sint in loco?, 1723). D e s w e g e n m i t d e m a u f k o m m e n d e n P i e t i s m u s in K o n -

Fischer flikt geraten, wurde er 1725 aus Königsberg und dem Land ausgewiesen. F. hielt einige Zeit Vorlesungen in Danzig und unternahm Reisen nach Italien, Frankreich und England. 1736 kehrte er nach Königsberg zurück und lebte seitdem zurückgezogen. F. veröffentlichte u. a. Ausfuhrliche Historie des Unterirdischen Preussens, oder Recension der Preussischen Erden, Säfften, Steinen, Metallen und Antiquitäten. Erste Grundlegung zu einer ausführlichen Historie des unterirdischen Preussens (1714), Mutmaßung von dem aufgehenden Monde (1717), Demonstratio solida de obligatione hominis ad religionem et naturalem et revelatam ( 1736) und Vernünftige Gedanken von der Natur, was sie sei (1743). m

Altpreuß Biogr, Bd 1

Fischer,

Christoph, auch Vischer, evang. Theologe, Kirchenlieddichter, * 20. 1.1518 St. Joachimsthal (Böhmen), t 16. 10. 1597 Celle. F. begann 1537 ein Theologiestudium in Wittenberg, wo er 1540 den Baccalaureus und 1543 den Magistergrad erwarb. —» Luther und —» Melanchthon empfahlen ihn nach seiner Ordination 1544 f ü r eine Stelle als Propst und Prediger an der Liebfrauenkirche in Jüterbog. 1552 ging F., wiederum mit Melanchthons Unterstützung, als Superintendent und Pfarrer an das Stift in Schmalkalden. Später war er Superintendent in Meiningen und Hauptpastor an der Martinikirche in Halberstadt, ehe er 1583 Hofprediger und Generalsuperintendent in Celle wurde. F. stand den „Gnesiolutheranern" nahe und war Verfasser erbaulicher und exegetischer Schriften. Von ihm stammt das Kirchenlied Wir danken dir, Herr Jesu Christ, daß du für uns gestorben bist, CD R G G

Fischer, Cyrill, eigentl. Johann F., österr. Franziskaner, Theologe, Publizist, * 1 2 . 7 . 1 8 9 2 Schwarzenberg (Oberösterreich), t 11.5. 1945 St. Barbara (Kalifornien, USA). F. trat 1910 in das Franziskanerkloster in Pupping bei Eferding ein, wurde 1918 zum Priester geweiht und war 1920-23 Aushilfspater in Enns-St. Valentin. Er studierte an der Univ. Innsbruck Soziologie und übersiedelte 1924 nach Wien, wo er in der kath. Schul- und Erziehungsorganisation tätig war. Seit 1934 arbeitete F. an Dietrich von —»Hildebrands „Christlichem Ständestaat" mit. Als Gegner der Nationalsozialisten emigrierte er nach Ungarn, später über Italien, die Schweiz und Frankreich in die U S A , w o er den N a m e n Frank Shields annahm. Er verkehrte dort mit legitimistischen und konservativ-bürgerlichen Emigrantengruppen. F. veröffentlichte u . a . Die Hakenkreuzler (1932). t u ÖBL Fischer,

(Ludwig) Eduard, schweizer. Botaniker, * 1 6 . 6 . 1 8 6 1 Bern, t 18. 11.1939 Bern. F. Schloß das Studium an den Universitäten Bern und Straßburg 1883 mit der Promotion ab (Beitrag zur Kenntniß der Gattung Graphiola), setzte seine Ausbildung 1 8 8 4 / 8 5 in Berlin fort und habilitierte sich 1885 in Bern für Botanik. Seit 1883 a. o.Prof., übernahm er 1897 als o . P r o f . die Nachfolge seines Vaters Ludwig —> Fischer an der Univ. Bern sowie die Direktion des dortigen Botanischen Gartens; 1933 wurde er emeritiert. Er verfaßte mehr als 300 Publikationen über die Systematik und Morphologie der Rostpilze. F., der als Begründer der schweizer, systematischen Mykologie in der Phytopathologie gilt, veröffentlichte 1929 zusammen mit seinem Schüler Ernst —» G ä u m a n n eine Biologie der pflanzenbewohnenden parasitischen Pilze. Zu seinen Publikationen gehören ferner Versuch einer systematischen Übersicht Uber die bisher bekannten Phalloideen (1886), Flora Helvetica. 1530-1900 (1901) und Flora von Bern (1924). Zwölf Pilzarten wurden nach F. benannt. 1917-22 war er Zentralpräsident der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft. DP N D B

Fischer,

Eduard, österr. Militär, * 1 8 . 1 . 1 8 6 2 Karapcziu (Bukowina), t 2 1 . 6 . 1935 Wien. Der Sohn eines Gutspächters begann seine militärische Laufbahn in Czernowitz, wechselte 1890 zur Gendarmerie und wurde Generalmajor und Landesgendarmeriekommandant. 1914 organisierte F. den Volkskrieg in der B u k o w i n a gegen die russischen Truppen, war 1918 Gendarmeriekommandant für Galizien und die Bukowina und machte sich um die Lebensmittelversorgung Wiens verdient. Nach d e m E n d e des Ersten Weltkriegs wurde er von der rumänischen Regierung bis 1920 in Jassy interniert. Seine letzten Lebensjahre verbrachte F. in Wien.

Fischer,

Edwin, schweizer. Musiker, Dirigent, Musikpädagoge, * 6. 10. 1886 Basel, t 24. 1. 1960 Zürich. Der einer deutsch-böhmischen Musiker- und Instrumentenbauerfamilie entstammende F. besuchte 1896-1904 das Basler Konservatorium als Schüler Hans —> Hubers und studierte anschließend bei Martin - > Krause am Sternschen Konservatorium in Berlin, w o er 1905-14 als Klavierpädagoge tätig war. 1914 übernahm er die Leitung der Sommerkurse am Musikinstitut f ü r Ausländer in Potsdam, wandte sich 1916 einer solistischen Laufbahn zu und erlangte als Interpret von Werken —>Bachs, - ^ M o z a r t s , —>Beethovens und —» B r a h m s ' Weltruhm. 1926 wurde F. Leiter des Lübecker Musikvereins, 1928 musikalischer Leiter des M ü n c h n e r Bachvereins und gründete 1932 ein eigenes Kammerorchester in Berlin. 1931-36 übernahm er die Klavierklasse von Artur —> Schnabel an der Berliner Musikhochschule. 1942 kehrte er in die Schweiz zurück. Seit d e m E n d e des Zweiten Weltkriegs war F. Direktor des Luzerner Konservatoriums und leitete bis 1958 eine Meisterklasse für Klavier. Z u s a m men mit Georg —» Kulenkampff (seit 1948 mit Wolfgang —» Schneiderhan) und Enrico Mainardi bildete F. ein Klaviertrio. Er veröffentlichte u. a. Musikalische Betrachtungen (1949). m MGG

Fischer,

Emanuel (Friedrich), schweizer. Staatsmann, * 1 9 . 9 . 1 7 8 6 Bern, t 13. 1 . 1 8 7 0 Bern. Aus einem Berner Patriziergeschlecht stammend, trat F. nach Studien in Bern und Genf in den Kanzleidienst ein. Während der napoleonischen Kriege übernahm er Gesandtschaftsaufträge im In- und Ausland. 1810-18 Mitglied des Berner Amtsgerichts, wurde F. 1816 Mitglied des Großen Rats und war 1819-23 Regierungsstatthalter in Bern. 1821 in den Geheimen, 1824 in den Kleinen Rat gewählt, war er seit 1827 Schultheiß, seit 1830 L a n d a m m a n n der Schweiz. 1839 wurde F. als Präsident der sogenannten Siebenerkommission verhaftet und zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt (1840-42). Nach dem Sturz der Regierung 1850 gehörte er 1850-54 erneut d e m Großen Rat an. 1868 erschienen seine Memoiren Rückblicke eines alten Berners. m Bern Bio, Bd 4

Fischer,

Emil (Friedrich August), Sänger, * 1 3 . 6 . 1 8 3 8 Braunschweig, t 11. 8. 1914 Hamburg. Der Sohn des Sängerehepaares Friedrich —>F. und Caroline Fischer-Achten erhielt seine Ausbildung im Elternhaus und debütierte 1857 am Landestheater Graz als Seneschall in Jean de Paris von Boieldieu. Nach Auftritten in Preßburg, Stettin und Braunschweig war der Baßbariton 1863-70 Sänger und Operndirektor in Danzig, anschließend an der Deutschen Oper in Rotterdam tätig, ehe er 1880 einem Ruf an die Hofoper Dresden folgte. 1885 nahm er ein Engagement an der N e w Yorker Metropolitan Opera an. In den U S A wirkte er an zahlreichen Ur- und Erstaufführungen mit, so 1886 als Hans Sachs. 1891 ließ sich F. in New York als Gesangslehrer nieder, beteiligte sich jedoch noch einige Jahre bei Gastspieltourneen der Damrosch Opera Company. c n Kutsch

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Fischer Fischer, Emil (Hermann), Chemiker, * 9.10.1852 Euskirchen (Rheinland), t 15.7.1919 Berlin. F., Sohn eines erfolgreichen Kaufmanns, studierte an den Universitäten Bonn und Straßburg Chemie und wurde 1874 promoviert. Zu seinen akademischen Lehrern gehörten u. a. die Chemiker August —>Kekulé (von Stradonitz) und Adolf von Baeyer. Seit 1874 war F. Assistent bei Baeyer in Straßburg und von 1875 an in München. Das in Straßburg entdeckte Phenylhydrazin, ein Reagenz zur Isolierung und Identifizierung von Zuckern aus sirupösen Gemischen, begründete F.s Erfolgskarriere. Nach seiner Habilitation wurde er 1878 a. o. Prof. und Abteilungsvorstand der Analytischen Abteilung des Chemischen Instituts der Univ. München. Es folgten die Ordinariate für Chemie in Erlangen (1882-85), Würzburg (1885-92) und Berlin (1892-1919). Im Jahr 1883 gelang F., ausgehend vom Phenylhydrazon der Brenztraubensäure, die Synthese von Indolderivaten (als F.sche Indolsynthese in jedem Lehrbuch der organischen Chemie genannt). 1884 begann er seine grundlegenden Arbeiten zur Chemie der Kohlenhydrate, die zusammen mit seinen Untersuchungen über die Purinkörper 1902 mit dem Nobelpreis geehrt worden sind. Nachdem F. die Chemie der Kohlenhydrate zum Erfolg geführt hatte, widmete er sich seit 1899 der Chemie der Aminosäuren, Polypeptide und Proteine. Er entwickelte auch auf diesem Gebiet grundlegende Synthesen und leistete fundamentale Beiträge zur Strukturaufklärung zahlreicher Vertreter dieser Verbindungen. 1907 brachte er die damals sensationelle Synthese eines Octadecapeptides zustande, bestehend aus fünfzehn Glycinund drei Leucinbausteinen. Seit 1908 befaßte sich F. mit der Untersuchung einer weiteren Gruppe von Naturstoffen, den „Esteranhydriden" der Phenolcarbonsäuren, die er (gemeinsam mit Karl —» Freudenberg) als Depside bezeichnete. Bis 1913 gelang F. und seinen Mitarbeitern die Isolierung bzw. Synthese von mehr als dreißig derartiger Verbindungen, die als Gerbstoffe auch von praktischem Interesse sind. Mittels einer speziell entwickelten Synthesemethode (unter Verwendung von Tetraacetylbromglucose) stellte er die Nucleoside zahlreicher Purinbasen dar. Mit seinen vielfältigen Arbeiten hat er die Chemie der genannten Gruppen der Naturstoffe entwickelt und damit sowohl für die organische Chemie als auch für die in ihrer Frühentwicklung befindliche Biochemie wesentliche Gebiete aufgebaut. Während der Zeit des Ersten Weltkriegs war F. in zahlreichen Kommissionen zur Beschaffung und Ersatzbeschaffung von Nahrungs- und Futtermitteln tätig. Nach dem Ende des Kriegs beteiligte er sich engagiert an der Neuorganisation des wissenschaftlichen Lebens. Besonders in seiner Berliner Zeit nahm er neben seiner Universitätstätigkeit umfangreiche wissenschaftsorganisatorische Aufgaben wahr, so in der Preußischen Akademie der Wissenschaften (deren Mitglied F. seit 1892 war), als Vorsitzender oder stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Chemischen Gesellschaft, bei der Gründung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und in deren Leitungsgremien. F. war der Vater von Hermann —» F. W E R K E : F. (und nach dessen Tod Max Bergmann) hat seine Zeitschriftenpublikationen thematisch geordnet als gesammelte Werke herausgegeben: Untersuchungen über Aminosäuren, Polypeptide und Proteine I (1899-1906). Berlin 1906. - II (1907-1919). Hrsg. v. Max Bergmann. Berlin 1923. - Untersuchungen über Kohlenhydrate und Fermente I (1884-1908). Berlin 1909. - II (1908-1919). Hrsg. v. Max Bergmann. Berlin 1922. - Untersuchungen in der Purin-

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gruppe (1882-1906). Berlin 1907. - Untersuchungen über Depside und Gerbstoffe (1908-1919). Berlin 1919. - Aus meinem Leben. Hrsg. v. Max Bergmann. Berlin 1922. Untersuchungen aus verschiedenen Gebieten. Vorträge und Arbeiten allgemeinen Inhalts. Hrsg. v. Max Bergmann. Berlin 1924. - Untersuchungen über Triphenylmethanfarbstoffe, Hydrazine und Indole. Hrsg. v. Max Bergmann. Berlin 1924. L I T E R A T U R : Kurt Hoesch: E. F. Sein Leben und sein Werk. In: Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 54 (1921), Sonderheft. - Karl Freudenberg: F., E. In: NDB, Bd. 5, 1961, S. 181-182. - Horst Remane: E. F. In: Biographien hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner. Bd. 74, Leipzig 1984. - Frieder W. Lichtenthaler: Hundert Jahre Schlüssel-Schloß-Prinzip: Was führte E. F. zu dieser Analogie? In: Angewandte Chemie 106 (1994) S. 2456-2467. Horst Remane Fischer, Emil, Ophthalmologe, Volkskundler, * 16.3. 1855 Kronstadt, t 7.12. 1921 Bukarest. F. studierte an den Universitäten Heidelberg, Wien und Graz Medizin, wurde 1880 promoviert und arbeitete an den Augenkliniken in Wien und Graz. 1882 setzte er seine Ausbildung in Paris fort, ließ sich im folgenden Jahr in Bukarest nieder und leitete 1887-96 das Stirbey-Spital in Buftea. Daneben widmete er sich völkerkundlichen Studien und gehörte 1904 zu den Mitbegründern des Deutschen Volksbildungsvereins in Bukarest. F. veröffentlichte Die Herkunft der Rumänen (1904). Fischer, Engelbert, Augustiner-Chorherr, Theologe, Schriftsteller, * 7.3.1833 Neukirchen (Oberösterreich), t 12.7. 1889 Stoitzendorf (Niederösterreich). F. trat 1854 in das Augustiner-Chorherrenstift Klosterneuburg ein, wurde 1858 zum Priester geweiht und war seit 1871 Pfarrer in Neustift am Walde, später in Stoitzendorf, seit 1887 Landdechant von Sitzendorf. 1881-86 gab er die Zeitschrift „Für Aug und Herz" heraus. Als Jugend- und Volksschriftsteller veröffentlichte er u.a. das populärwissenschaftliche Werk Die Großmacht der Jugend- und Volksliteratur ( 1877-86) sowie die siebzehnbändige Sammlung Sonntags daheim (1880 ff.). OD ÖBL Fischer, Engelbert Lorenz, kath. Theologe, * 12. 10.1845 Aschaffenburg, f 17. 1. 1923 Würzburg. Nach dem Studium an der Univ. Würzburg, das er 1875 mit der Promotion zum Dr. phil. abschloß (Über das Gesetz der Entwicklung auf psychisch-ethischem Gebiete. Auf naturwissenschaftlicher Grundlage mit Rücksicht auf Ch. Darwin, Herbert Spencer und Th. Buckle), war F. als Stadtkaplan und Subregens im Seminar, später als Pfarrer in Oberdürrbach tätig. 1893 wurde er Stadtpfarrer und Päpstlicher Hausprälat in Würzburg. Unter dem Einfluß von —> Leibniz stehend, verfaßte er zahlreiche theologische und philosophische Arbeiten im Sinne der Neuscholastik. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Heidentum und Offenbarung (1878), Die Grundfragen der Erkenntnistheorie. Kritik der bisherigen erkenntnistheoretischen Standpunkte und Grundlegung des kritischen Realismus (1887), Die modernen Ersatzversuche für das aufgegebene Christentum. Ein Beitrag zur Religionsphilosophie und Apologetik (1903), Erinnerungen und Grundsätze aus meinem Leben (1904) und Überphilosophie. Ein Versuch, die bisherigen Hauptgegensätze der Philosophie in einer höheren Einheit zu vermitteln (1907). Fischer, Erich, Kunsthistoriker, Musikwissenschaftler, * 8.4. 1887 Kreuzlingen (Kt. Thurgau), t 22. 1.1977 Wahlwies. Das Studium der Musikwissenschaft an der Univ. Berlin Schloß F. 1910 mit der Promotion zum Dr. phil. ab (Beiträge zur Erforschung der chinesischen Musik nach phonographischen Aufnahmen). 1907-10 war er Assistent

Fischer am Phonogramm-Archiv des Psychologischen Instituts und bereiste anschließend bis 1914 im Auftrag der Kommission zur Herausgabe der Denkmäler der Tonkunst Süddeutschland. Die Winter 1911-13 verbrachte er als Solorepetitor am Hoftheater in Hannover, wo 1913 seine romantische Spieloper Das heilige Käppiein uraufgeführt wurde. Seit 1914 widmete sich F., der in München und später wieder am Bodensee lebte, der Wiederbelebung alter volkstümlicher Melodien. Er schuf einfache Singspiele, die mehrere M u s i k n u m mern bekannter Komponisten in einen neuen Text einpassen. m

DLL, 20. Jh.

Fischer,

Ernst (Sigismund), Mathematiker, * 12.7. 1875 Wien, t 14. 11. 1954 Köln. Der Sohn des Musikpädagogen und Komponisten Jakob —>F. studierte seit 1894 Mathematik an den Universitäten Wien und Berlin, wurde 1899 in seiner Heimatstadt promoviert und setzte seine Studien in Zürich und Göttingen fort. Seit 1902 Assistent an der Deutschen T H in Brünn, wurde F. 1904 Privatdozent, 1910 a. o . P r o f . und wirkte, 1915-18 unterbrochen durch die Teilnahme am Ersten Weltkrieg, 1911-20 als o . P r o f . der Mathematik an der Univ. Erlangen. 1920 übersiedelte er nach Köln, lehrte bis zu seiner Emeritierung 1938 an der dortigen Univ. und führte 1907 den Begriff der „Konvergenz im Mittel" einer Funktionsfolge ein. In seinen wissenschaftlichen Untersuchungen beschäftigte sich F. u. a. mit den Fourierschen Reihen, d e m Hadamardschen und d e m Sylvesterschen Determinantensatz, aus denen er neue Erkenntnisse ableitete. t u NDB

Fischer,

Ernst, Physiologe, * 2 7 . 9 . 1 8 9 6 Breslau, t 7 . 2 . 1 9 8 1 Richmond (Virginia, USA). F. studierte an den Universitäten F r a n k f u r t / M a i n und Göttingen Medizin, wurde 1924 in Frankfurt promoviert (Die elektrischen Erscheinungen des quergestreiften Muskels während der Einwirkung von contracturerzeugenden Substanzen), war an der Göttinger Medizinischen Universitätsklinik tätig und trat 1924 in das Institut für animalische Physiologie der Univ. F r a n k f u r t / M a i n ein, wo er sich nach Studienaufenthalten in London und Neapel 1928 f ü r Physiologie habilitierte. 1 9 2 9 / 3 0 war er an der Univ. Rochester (USA) tätig. 1934 emigrierte F. über Großbritannien in die U S A , wirkte 1935-66 als Physiologe an der Virginia C o m monwealth University und lehrte anschließend bis 1971 an der Union University in Schenectady (New York). Er veröffentlichte u. a. ein Lehrbuch der Physiologie für Studierende der Zahnheilkunde (mit Emil Lehnartz, 1934). cri Ärzte 2, 3

Fischer,

Ernst, Pseud. Peter Wieden, Pierre Vidal, Der Miesmacher, österr. Journalist, Politiker, Schriftsteller, * 3 . 7 . 1899 Komotau (Böhmen), t 3 1 . 7 . 1972 Deutschfeistritz (Steiermark). Der Sohn eines k. u. k. Offiziers wurde 1918 zum Soldatenrat gewählt. Das Studium der Philosophie in Graz 1919 brach F. nach kurzer Zeit aus ökonomischen Gründen ab. 1920 trat er in die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs ein. 1920-27 war F. Redakteur der Zeitung „Arbeiterwille" in Graz, 1927-34 der „Arbeiter-Zeitung" in Wien, w o er bald zu einem Idol der sogenannten Linksopposition und der sozialistischen Jugend wurde. Er machte die Bekanntschaft von Stefan - > Z w e i g und Ernst ->Toller, mit deren Unterstützung 1923 sein Drama Attilas Schwert in Wien aufgeführt wurde. 1934 Schloß sich F. der K P Ö an, emigrierte noch im selben Jahr nach Prag, floh 1938 mit seiner damaligen Frau Ruth von —> Mayenburg nach Moskau und arbeitete zeitweise im Volkskommissariat des Auswärtigen der U d S S R . 1938-43 war er Schriftleiter des deutschsprachigen theoretischen Komintern-Organs „Die Kommunistische Internationale" und seit 1941 Kommentator der deutschsprachigen Sendungen von Radio Moskau. 1945 kehrte F.

nach Wien zurück. Von April bis Dezember 1945 gehörte er als Staatssekretär für Volksaufklärung, Unterricht, Erziehung und Kulturangelegenheiten der Provisorischen Staatsregierung —> Renner und 1945-59 d e m Nationalrat an. 1945-47 war er Mitherausgeber und Chefredakteur der Tageszeitung „Neues Österreich". Mit Bruno —»Frei und Viktor —»Matejka gab F., der bis 1961 Mitglied des Politbüros der K P Ö war, die Zeitschrift „Österreichisches Tagebuch" heraus, deren Chefredaktion er 1957-60 innehatte. 1969 wurde er wegen seines Protestes gegen die Besetzung der Tschechoslowakei durch Truppen der Warschauer-Pakt-Staaten aus der K P Ö ausgeschlosssen. F. schrieb expressionistische Dramen und Lyrik, Kritiken und Essays. Zu seinen zahlreichen Veröffentlichungen gehören u. a. Freiheit und Diktatur ( 1934), Von der Notwendigkeit der Kunst ( 1959), Erinnerungen und Reflexionen (1969) und Das Ende einer Illusion. Erinnerungen 1945-1955 (1973) F. übersetzte Werke von Baudelaire und Verlaine. c n Killy

Fischer,

Ernst, Komponist, * 1 0 . 4 . 1 9 0 0 Magdeburg, t 10.7. 1975 Locarno. F. studierte 1916-26 Komposition und Klavier in Frankf u r t / M a i n und Berlin, wo er seit 1926 als Kinoorganist und Komponist f ü r Filmmusik tätig war. 1946-50 wirkte er als freier Mitarbeiter des Nordwestdeutschen R u n d f u n k s in Köln. Seine Werke, u . a . Suiten, Ouvertüren und Chöre, gehörten zu den damals meistgespielten der deutschen Unterhaltungsmusik. Besonders bekannt waren die Suite Südlich der Alpen (1936) und der Walzer Patisserien (1959).

Fischer,

Ernst Gottfried, Mathematiker, Physiker, * 17.7. 1754 Hoheneiche bei Saalfeld, t 21. I. 1831 Berlin. Der Pfarrerssohn und Bruder von Gottlob Nathanael —»F. studierte 1773-76 Theologie und mathematische Wissenschaften an der Univ. Halle und war 1782-1829 vorwiegend als Mathematiker und Physiker am G y m n a s i u m zum Grauen Kloster in Berlin tätig. Seit 1810 a . o . P r o f . der Physik an der neugegründeten Univ. Berlin, lehrte er dort bis 1830 insbesondere Experimentalphysik und war daneben Privatlehrer der Brüder —»Humboldt sowie des preuß. Kronprinzen —»Friedrich Wilhelm (1810-16). F., der sich für die Ausweitung des naturwissenschaftlichen Unterrichts einsetzte, verfaßte zahlreiche mathematische und physikalische Lehrbücher (Lehrbuch der mechanischen Naturlehre, 1805, 4 1837-40; Kepler und die unsichtbare Welt, 1819, Neudr. 1882 und 1886). Seit 1803 war er Mitglied der Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften und seit 1819 der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. F. war der Vater von Gottfried Emil - » F . CD N D B

Fischer,

Eugen, Chemiker, Fabrikant, * 1 3 . 7 . 1 8 5 4 Wiblingen (heute zu Ulm), t 2 . 8 . 1917. F., der als Direktor der Anilinfabrik Kalle & Co. in Biebrich/ Rhein wesentlichen Anteil an deren Entwicklung hatte, erwarb sich Verdienste insbesondere als Erfinder von Produktionsverfahren, die sich auf die Herstellung von künstlichem Indigoblau aus Baumwollfasern bezogen. Seinen Erfolgen als Erfinder verdankte er es, daß er Senator der KaiserWilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften wurde. F. verunglückte in den Alpen.

Fischer,

Eugen, Anthropologe, Mediziner, * 5 . 6 . 1874 Karlsruhe, t 9 . 7 . 1 9 6 7 Freiburg/Breisgau. Der Sohn eines K a u f m a n n s studierte Medizin, Volkskunde, Ur- und Frühgeschichte sowie Naturwissenschaften an den Universitäten Freiburg/Breisgau, München und Berlin. 1898 wurde er in Freiburg zum Dr. med. promoviert (Beiträge zur Anatomie der weiblichen Urogenitalorgane des Orang-Utan) und habilitierte sich 1900 f ü r Anatomie und Anthropologie (Das Primordialcranium von Talpa europaea). 1908 reiste F. im Auftrag der Freiburger Univ. als Rassenforscher nach

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Fischer Südwestafrika, wandte hier erstmals die —» Mendelschen Vererbungsregeln auf menschliche Rassenmerkmale an und wurde 1912 a. o.Prof. an der Univ. Würzburg, 1914 in Freiburg, wo er seit 1918 als o . P r o f . der Anatomie wirkte. F. war 1919-26 Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei und seit 1940 der N S D A P . 1921 veröffentlichte F. mit Erwin —»Baur und Fritz —»Lenz Menschliche Erblichkeitslehre und Rassenhygiene und übernahm 1927 den Lehrstuhl für Anthropologie an der Univ. Berlin. Z u s a m m e n mit Hermann —» M u c k e r m a n n gründete F. im selben Jahr das Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik. 1933-35 hatte er das A m t des Rektors der Univ. Berlin inne. Seit seiner Emeritierung 1942 lebte er wieder in Freiburg. F. publizierte auch im „Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie", d e m Zentralorgan der Deutschen Gesellschaft für Rassenhygiene. 1933 wurde er in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgen o m m e n . 1940 erschien von ihm Die menschlichen Rassen als Gruppen mit gleichen Gen-Sätzen. CD Arzte 2, 3

Fischer,

Eugen, auch Fischer-Baling, Historiker, Bibliothekar, * 9 . 5 . 1 8 8 1 Balingen, t 18. 1. 1964 Berlin. Nach dem Studium an den Universitäten Tübingen und Berlin habilitierte sich F. 1910 in Berlin für Geschichte und war bis 1913 Privatdozent f ü r Kirchengeschichte. Später Generalsekretär und Geschäftsführer des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses des Reichstags zur Kriegsschuldfrage, war er Mitherausgeber von dessen vielbändigem Werk, das 1919-28 erschien. 1928 wurde F. Direktor der Reichstagsbibliothek und übernahm 1945 die Leitung der Berliner Dokumenten-Zentrale der jüngsten deutschen Geschichte. 1946-48 war er Prof. der Geschichte und Politik an der Bergakademie in Freiberg (Sachsen), seit 1949 Dozent, seit 1951 Abteilungsleiter an der Hochschule für Politik in Berlin, von 1953 an o . P r o f . an der dortigen Freien Universität. F. veröffentlichte u . a . Kriegsschuldfrage und Außenpolitik (1923). F i s c h e r , Eugen Kurt, Publizist, * 6 . 1 . 1 8 9 2 Stuttgart, t 15. 11. 1964 Stuttgart. Nach dem Studium der Germanistik und Theaterwissenschaft, das er 1915 mit der Promotion zum Dr. phil. an der Univ. Tübingen abschloß (Zur Stoff- und Formengeschichte des neueren Volkslieds), war F. dort als Assistent tätig und zählte zu den Redakteuren des Schwäbischen Wörterbuchs. 1919-29 Feuilletonchef beim „Kunstwart" in Dresden, bei der „Chemnitzer Allgemeinen Zeitung" und bei der „Königsberger Hartungschen Zeitung", war er seit 1929 u . a . beim Mitteldeutschen R u n d f u n k in Leipzig und Dresden, bei der Reichsrundfunkgesellschaft Berlin (seit 1932), beim Westdeutschen R u n d f u n k in Köln, beim Reichssender Saarbrücken (seit 1941) und 1951-57 beim Hessischen R u n d f u n k tätig. Er hatte die Geschäftsführung der Historischen Kommission des Deutschen R u n d f u n k s inne und nahm Lehraufträge am Landeskonservatorium Leipzig, an der Staatlichen Musikhochschule und der Hochschule für Politik Berlin, der A k a d e m i e der Arbeit in F r a n k f u r t / M a i n und an der Univ. Münster wahr. F. veröffentlichte u. a. Dramaturgie des Rundfunks (1942), Der Rundfunk. Wesen und Wirkung (1949) und Das Hörspiel (1965). CD Killy

Fischer,

(Heinrich August Wilhelm) Ferdinand, Chemiker, * 13.5. 1842 R ö d e r m ü h l e (Kr. O s t e r o d e / H a r z ) , t 2 8 . 6 . 1 9 1 6 Homburg v . d . H . Der Sohn eines Mühlenbesitzers und Bruder des Technologen Hermann - » F . studierte seit 1866 an den Universitäten Göttingen, Berlin und Jena C h e m i e und Physik, wurde 1869 promoviert und wirkte seit 1867 als Assistent am Institut für Physiologische C h e m i e der Univ. Göttingen. 1871-79 unterrichtete er an der Realschule in Hannover und war 1877-80

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Privatdozent für Städtereinigung an der dortigen Polytechnischen Schule. Seit 1880 gab F. den „Jahresbericht über die Leistungen der chemischen Technologie und technischen C h e m i e " und später weitere chemische Zeitschriften heraus. 1894 wurde er Dozent für chemische Technologie an der Univ. Göttingen und war 1898-1912 a. o. Professor. 1886 begründete er die „Gesellschaft f ü r angewandte Chemie", aus der 1896 der „Verein deutscher C h e m i k e r " hervorging. F. veröffentlichte u. a. einen Leitfaden der Chemie und Mineralogie (1873, 4 1901 ), ein Lehrbuch der chemischen Technologie (1903) und Chemisch-technologisches Rechnen (1918). CD N D B

Fischer,

Franz, Musiker, Dirigent, * 2 9 . 7 . 1 8 4 9 München, t 8 . 6 . 1918 München. F. studierte an der Kgl. A k a d e m i e der Tonkunst in München, wurde von Hippolit Müller zum Cellovirtuosen ausgebildet und war seit 1870 Solocellist am Pester Nationaltheater. Anschließend ging er nach München zurück und nach Bayreuth, wo er die Bekanntschaft Richard —> Wagners machte und 1876 eine Anstellung als Chordirigent erhielt. Seit 1877 war er Hofkapellmeister in Mannheim, 1879-1912 in München, wo er gleichzeitig als Leiter der Akademiekonzerte wirkte. F., der seine größten Erfolge als Dirigent der Wagnerschen Werke hatte, dirigierte u . a . 1899 bei den Bayreuther Festspielen den Parsifal.

Fischer,

Franz (Josef Emil), Chemiker, * 19.3. 1877 Freiburg/Breisgau, f 1.12. 1947 München. Der Sohn eines K a u f m a n n s studierte Elektrotechnik und Elektrochemie an den Universitäten München, Freiburg/ Breisgau und Gießen, wo er 1899 mit der Dissertation Zur Elektrolyse der Schwefelsäure mit Bleianoden. Die Bildung von Bleidisulfat und Doppelsalzen sowie deren Herstellung auf rein chemischem Weg promoviert wurde und sich vor allem in physikalischer C h e m i e und Elektrochemie fortbildete. Nach Studienaufenthalten in Paris und bei Emil —»Fischer in Berlin war F. Assistent in Freiburg, habilitierte sich 1904 mit der Arbeit Beiträge zur Kenntnis des anodischen Verhaltens von Kupfer und Aluminium am dortigen PhysikalischChemischen Institut, ging im folgenden Jahr erneut an das Chemische Institut nach Berlin und wurde 1908 Vorsteher der Anorganischen Abteilung. 1911 erhielt er eine ordentliche Professur für Elektrochemie an der T H Berlin und hatte 1914-43 die Leitung des neugegründeten Kaiser-WilhelmInstituts für Kohlenforschung in M ü l h e i m / R u h r . F. war führend an der Entwicklung der Fischer-Tropsch-Synthese (1926) und der Paraffinsynthese (1936) beteiligt. 1932 wurde F. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Praktikum der Elektrochemie (1912), Die Umwandlung der Kohle in Ole (1924) und Anorganische und allgemeine Chemie in Frage und Antwort (1933). F. gab Gesammelte Abhandlungen zur Kenntnis der Kohle (Bd. 1-12, 1917-37; Bd. 13, hrsg. von Herbert Koch, 1957, enthält F.s Autobiographie: Leben und Forschung) heraus. CD N D B

Fischer,

Franz, Pseud. Frank F., österr. Beamter, Schriftsteller, * 17. 10.1912 Klosterneuburg (Niederösterreich), t 3 0 . 9 . 1983 Wien. Der Bruder O(tto) W(ilhelm) —»F.s studierte Rechtswissenschaften an der Univ. Wien, wurde 1935 zum Dr. jur. promoviert und war bis zu seiner Teilnahme am Zweiten Weltkrieg 1940 als Angestellter einer Versicherungsgesellschaft tätig. 1946 wurde er Pressereferent im Bundesministerium für soziale Verwaltung; 1966-68 war F. Pressechef des Bundespräsidenten, anschließend bis 1972 Leiter der Kulturabteilung des Bundespressedienstes, 1972-77 dessen Sektionschef. F. schrieb Erzählungen, Essays, den R o m a n Das Mädchen Italia (1948) sowie eine Reihe von Drehbüchern f ü r D o k u m e n tarfilme und Fernsehsendungen.

Fischer F i s c h e r , Franz, Philosoph, Pädagoge, * 20.5. 1929 Neunkirchen (Niederösterreich), t 4. 11.1970 Norderstedt bei Hamburg. Der in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene F. studierte zunächst Landwirtschaft, seit 1950 Philosophie in Wien und war Schüler Erich —»Heintels. Seit 1954 am Erziehungswissenschaftlichen Institut in Bonn tätig, war er bis 1962 Assistent Josef —> Derbolavs. Unter dem Einfluß von Friedrich Heinrich —»Jacobi und —» Hegel stehend, entwickelte F. in seiner Dissertation Systematische Untersuchung zum Affinitätsproblem (1956) eine erkenntnistheoretische Philosophie des „Sinnes von Sinn". Seine Philosophie war außerdem durch die dialektische Theologie Karl —»Barths und durch Rudolf —> Bultmann beeinflußt. F. vertrat eine sinntheoretische, proflexive Philosophie. Er veröffentlichte u. a. Aporie des Selbst (1960). Vereinsamt und depressiv, nahm sich F. das Leben. F i s c h e r , Franz Gottwalt, Chemiker, * 15.2. 1902 Florenz, t 9 . 1 0 . 1 9 6 0 Würzburg. F. studierte Naturwissenschaften in Freiburg/Breisgau und wurde 1924 bei Heinrich - » Wieland mit der Dissertation Über die Einwirkung von Jod auf die Silbersalze organischer Säuren promoviert. Seit 1924 Wielands Privatassistent in München, habilitierte er sich 1929 mit einer Arbeit Über Konstitution und Synthese des Phytols. 1930 wurde er Prof. für organische Chemie in Freiburg/Breisgau, 1937 Vorstand des Laboratoriums und 1938 Ordinarius an der Univ. Würzburg. F. beschäftigte sich mit Fragen im Grenzbereich von organischer Chemie und Biochemie. F i s c h e r , Friedrich, österr. Sänger, * 6 . 6 . 1 8 0 5 Preßburg, t 10.4. 1871 Graz. Der Sohn eines Forstbeamten erhielt eine Gesangsausbildung und debütierte an der Wiener Hofoper. Seine Heirat mit der Sopranistin Caroline —> Fischer-Achten kam nur gegen den Widerstand ihrer kath. Familie zustande, die Liebesgeschichte erregte großes Aufsehen und bot sogar Stoff f ü r eine Novelle. Das Sängerpaar wirkte 1831-36 in Frankfurt/ Main, 1836-53 am Hoftheater von Braunschweig. F. galt als hervorragender Sänger des seriösen Baß-Fachs. Höhepunkte waren seine auch schauspielerisch geschätzten Partien des Sarastro in der Zauberflöte und des Rocco im Fidelio. F. war der Vater von Emil —> F. t u Kutsch F i s c h e r , Friedrich Frh. von, österr. Militär, Historiker, * 1 7 . 6 . 1 8 2 6 Semlin (Zemun), t 19.4. 1907 Wien. Der Sohn eines Offiziers besuchte bis 1845 die Theresianische Militärakademie in Wien und nahm an den Feldzügen 1848 und 1849 nach Italien unter - » Radetzky teil. Seit 1850 gehörte F. dem Generalstab an, wurde 1857 dem Kriegsgeschichtlichen Büro zugeteilt und wurde 1866 Oberst. Er stand dem Büro für Kriegsgeschichte vor, das unter seiner Leitung u. a. das fünfbändige Werk Österreichische Kämpfe im Jahr 1866 veröffentlichte. 1874 wurde er Kommandant der Kriegsschule, 1878 Feldmarschalleutnant und 1881 in den Freiherrnstand erhoben. F i s c h e r , Friedrich, Fabrikant, * 19.3. 1849 Schweinfurt, t 2 . 1 0 . 1899 Schweinfurt. Der Sohn eines Mechanikers absolvierte nach dem Besuch der Gewerbeschule eine Lehre als Schlosser und Dreher in einem Schweinfurter Eisenwerk und war einige Zeit in auswärtigen Werkstätten tätig. Auf dem väterlichen Anwesen errichtete er ein Maschinenreparaturgeschäft sowie einen Handel mit Nähmaschinen und betrieb eine mechanische Werkstätte, in der er selbst Fahrräder herstellte. Seit 1883 fanden erste Versuche zur serienweisen Produktion von Kugellagern statt. 1889 expandierte die Firma und entwickelte sich schließlich zu einem Großbetrieb, der 1897 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. c d NDB

F i s c h e r , Friedrich (Wilhelm Heinrich), Architekt, * 2 7 . 3 . 1 8 7 9 Elbing (Ostpreußen), t 1 9 . 6 . 1 9 4 4 Hannover. F., Sohn eines Oberingenieurs, wurde zunächst zum Tischler ausgebildet, Schloß dann das Studium an den Technischen Hochschulen München, Karlsruhe und Berlin 1905 als Diplomingenieur ab und schlug die Baubeamtenlaufbahn ein. 1910 promoviert (Der Danziger Kirchenbau des 15. und 16. Jahrhunderts), wurde er im selben Jahr Regierungsbauführer und Privatdozent f ü r Baukunst an der T H Danzig und war seit 1911 als selbständiger Architekt tätig. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg wurde er 1918 Stadtbauinspektor in Danzig und im folgenden Jahr an der dortigen T H zum a. o. Honorarprofessor ernannt. Seit 1921 Oberbaurat, Konservator der Kunstdenkmäler und Konsistorialkirchenbaumeister in Danzig, widmete sich F. besonders der Pflege des Altstadtbildes und übersiedelte 1925 als o. Prof. f ü r Baukunst und Entwerfen an die T H Hannover, wo er 1929 zugleich als Konsistorialbaumeister der Landeskirche wirkte. 1 9 4 3 / 4 4 lehrte er zudem an der Nordischen Kunsthochschule in Bremen. Zu seinen vorwiegend sakralen Bauten und Erneuerungen von Kirchenbauten zählt die kath. Kirche in Brösen. Als Ergebnis seiner Studien zum norddeutschen Backsteinbau erschien 1944 Norddeutscher Ziegelbau. CP Altpreuß Biogr, Bd 3 F i s c h e r , Friedrich Christoph Jonathan, Jurist, Kulturhistoriker, * 12.2. 1750 Stuttgart, f 30.9. 1797 Halle. Der Sohn eines württembergischen Hofkammerrats absolvierte 1764-68 eine praktische Verwaltungsausbildung und studierte Kameralwissenschaften an der Univ. Tübingen, wechselte dann aber zum Studium der Rechtswissenschaften über. 1775 ging er nach Wien, wo er seit 1776 als Sekretär der badischen Gesandtschaft tätig war, wurde in den Streit um die bayerische Erbfolge verwickelt und mußte Wien 1778 deswegen verlassen. Seit 1779 war F. herzoglich zweibrückischer Legationssekretär in München. Im selben Jahr folgte er einem Ruf als o . P r o f . des Staats- und Lehnrechts an die Univ. Halle, wo er sein restliches Leben verbrachte und mit kulturhistorischen Werken hervortrat. F. veröffentlichte u. a. eine populäre Geschichte Friedrichs des Zweiten, Königs von Preussen (2 Tie., 1787) sowie die vielfach aufgelegte Studie Probenächte der teutschen Bauernmädchen (1780). CD Killy F i s c h e r , Fritz, schweizer. Physiker, * 9 . 2 . 1 8 9 8 Signau (Kt. Bern), f 28. 12. 1947 Zürich. Das Studium des Elektroingenieurfaches Schloß F., Sohn eines Kaufmanns, 1925 mit der Promotion zum Dr. sc. techn. an der Ε Τ Η Zürich ab (Theoretische Studien über hochohmige Widerstände zu Messzwecken in der HochspannungsWechselstromtechnik), arbeitete bei den Telefonwerken Albisrieden in Zürich und ging 1926 in das Zentrallaboratorium der Siemens & Halske AG nach Berlin, dessen Leitung er seit 1928 angehörte. Dort wurde F. im selben Jahr Handelsbevollmächtigter, 1930 Prokurist. Er war u . a . an den Entwicklungen für das ferngelenkte Zielschiff „Zähringen" beteiligt und leitete die Einrichtung der Tonfilm-Studioanlagen der Ufa in Babelsberg sowie die Zusammenstellung der Ausrüstungen f ü r Tonfilmtheater. 1933 folgte F. dem Ruf auf den Lehrstuhl für technische Physik an der Ε Τ Η Zürich, gründete 1936 die Gesellschaft zur Förderung der Forschung und stand seit 1938 dem neuen Institut f ü r industrielle Forschung vor. 1943 erfand F. das Eidophor-Verfahren zur Großprojektion von Fernsehbildern. Er veröffentlichte u. a. Tonfilm. Aufnahme und Wiedergabe nach dem Klangfilmverfahren (1931). m NDB F i s c h e r , Fritz, Historiker, evang. Theologe, * 5 . 3 . 1908 Ludwigsstadt (Oberfranken), t 1.12. 1999 Hamburg. F., Sohn eines Eisenbahnoberinspektors, studierte evang. Theologie, Philosophie, Geschichte und Pädagogik in Erlan-

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Fischer gen und Berlin. 1934 erwarb er den Grad eines Lic. theol. (Ludwig Nicolovius und die Schul- und Kirchenreform in Preußen), wandte sich dann der Geschichte zum und wurde 1938 zum Dr. phil. (Moritz August von Bethmann-Hollweg und der Protestantismus. Religion, Rechts- und Staatsgedanke, 2 1965) promoviert. 1935 wurde F. von der Univ. Berlin aufgrund seiner preisgekrönten theologischen Dissertation zum Privatdozenten ernannt. 1939 erfolgte die Umhabilitation in die Philosophische Fakultät. F., „zeitweilig ein überzeugter Nationalsozialist", war Stipendiat des Reichsinstituts für Geschichte des Neuen Deutschlands. Nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft nahm er 1947 seine bereits 1942 bewilligte Stelle als a. o . P r o f . an der Univ. Hamburg an, wo er von 1948 bis zu seiner Emeritierung 1973 als o.Prof. lehrte. Mit seinem Buch Griff nach der Weltmacht. Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschland 1914-1918 (1961, "1970), in d e m er unter A u f n a h m e älterer Forschungen die Position bezog, daß die Verantwortung f ü r den Ersten Weltkrieg in erster Linie in der deutschen Politik seit 1871 zu suchen war, löste F. eine internationale Kontroverse aus. Er analysierte die deutsche Kriegszielpolitik im Ersten Weltkrieg und zeigte vielfältige Kontinuitäten zu den Plänen des Zweiten Weltkriegs auf. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Krieg der Illusionen. Die deutsche Politik von 1911 bis 1914 (1969, 2 1971) und Hitler war kein Betriebsunfall (1992). CD Historikerlex F i s c h e r , Fritz, Zeichner, Illustrator, * 17.3. 1911 Unterwiesenthal/Erzgebirge, t 17.11. 1968 M ü n c h e n . F. studierte an der Kunstgewerbeschule Dresden und der Kunstakademie in Leipzig, w o er sich vorwiegend zum Zeichner und Illustrator ausbildete. Zunächst Pressezeichner für die „Neue Leipziger Zeitung", entstanden seit 1935 Illustrationen für verschiedene Verlage (u. a. Insel Verlag, Reclam, List, Brockhaus und Knaur). Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg lebte F. seit 1950 in Weidach bei Blaubeuren und übersiedelte 1960 nach München, w o er vorwiegend f ü r die Verlage Herder, Bertelsmann, Erich H o f m a n n (Heidenheim) und Maxililian Dietrich ( M e m m i n gen) arbeitete. Seine Federzeichnungen schmücken mehr als 120 Bücher, u . a . Werke von Christian —>Morgenstern, E . T . A. —> H o f f m a n n , Balzac und Hans Christian Andersen. F. schuf daneben vom literarischen Aphorismus inspirierte skurrile Text-Zeichnungs-Komplexe, die er teilweise als Blockbücher binden ließ. CD A K L F i s c h e r , Georg, österr. Architekt, * 15. 12. 1768 Wien, t 9. 10.1828 Prag. Der Sohn des Malers Vinzenz —> F. studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien und arbeitete seit 1785 als Zeichner bei der k. k. General-Hofbaudirektion, bevor er 1788 als erster Rechnungsoffizier im Baufach nach Innsbruck übersiedelte. 1792 folgte er einem Ruf an die k. k. Hofbaubuchhaltung nach Wien, erhielt 1796 eine Anstellung als dirigierender Rechnungsoffizier beim Baudepartement in Prag und war seit 1806 Prof. der Baukunst am Polytechnischen Institut in Prag, wo er 1813 Baudirektor im Zivilfach wurde. F. baute u. a. die Fassade des Hauptzollamtes in Prag (1812). m AKL F i s c h e r , Georg d. Ä, schweizer. Unternehmer, * 15.12. 1834 Hainfeld (Niederösterreich), t 2 . 8 . 1887 Schaffhausen. Nach Studien am Polytechnischen Institut in Wien übernahm F. 1856 die Stahlgießerei seines Großvaters Johann Conrad —> F. in Schaffhausen. 1860 begann er mit der gewerbsmäßigen Produktion von Weichguß, erstmals in Europa gelang ihm der Guß von Röhrenverbindungsstücken; 1877 stellte er in Tiegelöfen Stahlguß her. Bis 1887 steigerte F. die Zahl der Beschäftigten von fünf auf rund 2 0 0 Perso-

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nen. Soziale Aufgeschlossenheit in seinem Betrieb und kulturelles Engagement kennzeichneten ihn als fortschrittliche Unternehmerpersönlichkeit. Er war Vater von Georg —> F. d. J. CD Schweizer Pioniere, Bd 74

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Georg, Chirurg, Musikschriftsteller, * 6 . 2 . 1 8 3 6 Hannover, t 2 . 4 . 1 9 2 1 Hannover. F. studierte 1855-59 an der Univ Göttingen Medizin (Promotion 1859, Beiträge zur Frage über die Entstehung des Zuckers im thierischen Organismus), war zwei Jahre lang Assistent an der dortigen Chirurgischen Klinik und ließ sich nach einer Studienreise 1862 als Arzt in Hannover nieder. F. übernahm u. a. den chirurgischen Bereich der neugegründeten „Hannoverschen Zeitschrift f ü r praktische Heilkunde", machte 1870 als Freiwilliger den Deutsch-Französischen Krieg mit und leitete seit 1880 als Oberarzt die Chirurgische Abteilung des Stadtkrankenhauses Hannover. Neben medizinischen Fachschriften veröffentlichte F. eine Reihe von Beiträgen über Musikgeschichte (u. a. Opern und Konzerte im Hoftheater zu Hannover bis 1866, 1899, 2 1903). Seine Erinnerungen erschienen 1921 unter d e m Titel Aus meinem Leben. CD Leb Nieders, Bd 1

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Georg d. J., schweizer. Metallurg, Unternehmer, * 1 2 . 9 . 1 8 6 4 Schaffhausen, t 1 9 . 1 . 1 9 2 5 Schaffhausen. Seit 1883 z u m Studium an der Univ. Genf, studierte F. nach einer praktischen Ausbildung in einem Unternehmen in Wasseralfingen Ingenieurwesen am Kgl. Sächsischen Polytechnikum in Dresden. Nach d e m Tod seines Vaters Georg —> F. d. Ä. brach er das Studium ab und übernahm die von seinem Urgroßvater Johann Conrad —» F. gegründeten Gußstahlfabrik. 1895 eröffnete F. eine Filiale in Fittingen und führte 1890 für den Stahlformguß das SiemensMartin-, 1899 das Bessemer-Verfahren ein. 1896 wandelte er das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft um, in der er selbst 50 Prozent des Aktienkapitels behielt. Nach finanziellen Verlusten wurde F. 1902 nicht wieder in den Verwaltungsrat der Gesellschaft gewählt. 1906 erwarb F. eine Lizenz des Hérault-Verfahrens f ü r die Elektrostahlherstellung, gründete eine metallurgische Versuchsanstalt und 1909 ein Elektrostahlwerk in Schaffhausen, das er 1916 ebenfalls in eine Aktiengesellschaft umwandelte. Nach deren Aufkauf zog sich F. aus der Industrie zurück. Er war der Vater des Mediziners Hans —> F. CD Schweizer Pioniere, Bd 74

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Gottfried Emil, Pädagoge, * 2 8 . 1 1 . 1 7 9 1 Berlin, f 1 4 . 2 . 1 8 4 1 Berlin. Der Sohn von Ernst Gottfried —>F. besuchte das Berliner G y m n a s i u m zum Grauen Kloster und wurde 1810-13 von Carl Friedrich —»Zelter musikalisch ausgebildet. Anschließend unterrichtete er als Lehrer für Mathematik, Physik und Gesang, zunächst Mitglieder der Königsfamilie, 1817-25 an der kgl. Kriegsschule und dann am G y m n a s i u m zum Grauen Kloster. F.s musikpädagogische Schrift Ueber Gesang und Gesang-Unterricht (1831) offenbart eine antiromantische Grundhaltung F.s, der sich stattdessen auf Palestrina und Bach berief. Er komponierte Lieder und Gesänge. CD M G G

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Gottlob Nathanael, Pädagoge, Schriftsteller, * 1 2 . 1 . 1 7 4 8 Graba bei Saalfeld, f 2 0 . 3 . 1 8 0 0 Halberstadt. F., Sohn eines Pfarrers und einer Pfarrerstochter und Bruder von Ernst Gottfried —>F., erhielt seinen ersten Unterricht durch seinen Vater. Nach dessen Versetzung (1758) besuchte F. die Saalfelder Stadtschule. 1763 wurde er nach d e m Tod des Vaters in das Hallische Waisenhaus aufgenommen. F. studierte nach 1766 an der Univ. Halle Theologie, vor allem aber Philologie, Geschichte und Naturwissenschaften, da er nicht Pfarrer, sondern Lehrer werden wollte. F., der schon als Student unterrichtet hatte, wurde 1769 Lehrer am Pädagogium der Franckeschen Stiftungen. Durch

Fischer die Bekanntschaft mit Johann Wilhelm Ludwig —> Gleim 1775 an das Halberstädter Martinum berufen, wurde er 1783 zum Rektor der dortigen Domschule ernannt. Berufungen an die Universitäten Halle und Breslau lehnte er ab. Der engagierte Pädagoge setzte sich zugleich für die Verbreitung der Aufklärung ein. F. war neben Gleim der engagierteste Förderer des Halberstädter literarischen Lebens. Als Initiator und Leiter der „Halberstädter literarischen Gesellschaft" redigierte er nicht nur zwischen 1785 und 1800 deren Zeitschrift, „Die Halberstädter gemeinnützigen Blätter", sondern war auch deren eifrigster Autor. Sein aufklärerisches Engagement spiegelte sich auch in weiteren Zeitschriften, die er mitherausgab („Fliegende Blätter für Freunde der Toleranz", „Aufklärung und Menschenveredelung", 1 7 8 3 / 8 4 ; „Beiträge zur Verbesserung des öffentlichen Gottesdienstes der Christen", 1785-88; „Berlinisches Journal für Aufklärung", 1788-90; „Deutsche Monatsschrift", 1790-94). Wie viele Aufklärer im Umfeld Gleims war auch F. ein großer Verehrer —»Friedrichs II. Wenige Tage nach seiner Ernennung zum preuß. Konsistorialrat ( 1 1 . 3 . 1 8 0 0 ) starb F. am 2 0 . 3 . 1 8 0 0 . WEITERE WERKE: Olavides und Rochow. Halberstadt 1779. - Parodien auf die Xenien. Halberstadt 1797. G. N. F.s auserlesene Gedichte. Hrsg. v. Christian Friedrich Bernhard Augustin. Halberstadt 1805. LITERATUR; Anneliese Schmitt: Die „Halberstädtischen gemeinnützigen Blätter zum Besten der A r m e n " (1785-1810). Inhalte und Probleme einer Zeitschrift der Popularaufklärung in der Periode des Übergangs v o m Feudalismus zum Kapitalismus. In: Rudolf Weinhold (Hrsg.): Volksleben zwischen Z u n f t und Fabrik. Berlin 1982, S. 369-422. Hans Erich Bödeker

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Grete, eigentl. Margarethe F., Pseud. Joseph Amiel, Margaret Fisher, Emanuel Johann(es) Engel, Schriftstellerin, Übersetzerin, * 6 . 2 . 1893 Prag, t 2 8 . 3 . 1977 London. Nach privatem Musikunterricht studierte F., Tochter eines Fabrikanten, 1911-14 Musik und Literaturwissenschaften in Prag, verließ die Univ. ohne Abschluß und ging 1917 nach Berlin. Hier arbeitete sie bis 1922 als Lektorin bei Paul —»Cassirer, dann in der Redaktion des Propyläen-Verlags und war als Musikreferentin für verschiedene Tageszeitungen (u. a. „Berliner Börsen-Courier", „Berliner Zeitung am Mittag") tätig. 1933 emigrierte F. über Palästina und Paris nach London (1934), wo sie fortan als freie Schriftstellerin und Übersetzerin lebte. 1943 gründete sie mit Hans —»Rehfisch, Karl —»Wolff und anderen die Kulturvereinigung „Club 1943". Nach 1945 arbeitete sich auch als Musikund Literaturkritikerin für deutsche R u n d f u n k - und Fernsehanstalten, darüber hinaus engagierte sie sich als Heilpädagogin für geistig und körperlich behinderte Kinder. F. veröffentlichte Gedichte und Erzählungen, 1966 erschienen ihre Memoiren Dienstboten, Brecht und andere Zeitgenossen in Prag, Berlin, London. m Lex dt-jüd Autoren

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Guido, schweizer. Maler, * 3. 11.1901 Aarau, t 1 4 . 3 . 1 9 7 2 Aarau. F., Sohn eines Goldschmieds, studierte in Paris, M ü n c h e n und an der Kunstgewerbeschule Basel, kehrte 1929 in seine Heimatstadt zurück und war als freischaffender Künstler tätig. Er schuf vorwiegend Porträts, Stilleben und Landschaften (u.a. Sommer-Landschaft mit Maler). 1941-70 war F. Konservator der Aargauischen Kunstsammlung, errichtete ein Kunstmuseum in Aargau, das er seit 1959 leitete, und wurde als Kunstsachverständiger bekannt. DP A K L

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Gustav (Paul Danckert), Verleger, * 2 3 . 1 2 . 1 8 4 5 Altona (heute zu Hamburg), t 2 2 . 7 . 1910 Jena. Der Kaufmannssohn F. wurde in Jena zum Buchhändler ausgebildet und erwarb zusammen mit Johann Heinrich Wichern 1871 die Buchhandlung W. M a u k e Söhne in Hamburg. 1878 trennte sich F. von seinem Geschäftspartner und kaufte den Verlag Hermann Dufft in Jena, der sich unter dem N a m e n Gustav Fischer Verlag zu einem der führenden wissenschaftlichen Verlage auf d e m Gebiet der Sozialund Wirtschaftswissenschaften, der Medizin, der Naturwissenschaften, der Rechtswissenschaften und der Geschichte entwickelte. F. war 1886 an der Gründung des Deutschen Verlegervereins beteiligt. CP N D B

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(Carl) Gustav, Fabrikant, * 2 8 . 4 . 1 8 5 0 Rudolstadt, t n . e . Der aus Thüringen stammende Kaufmannssohn absolvierte zunächst eine kaufmännische Lehre und wurde 1868 Kontorist, später Direktor der Holter Eisenhütte und Maschinenfabrik bei Schloß Holte in Westfalen. Daneben widmete er sich einer praktischen und, autodidaktisch, einer theoretischen Ausbildung im Maschinenbau. A n f a n g der achtziger Jahre erfand F. die erste deutsche Letternsetz- und Ablegemaschine. Er gründete eine Maschinenfabrik für Buchdruckund Papierverarbeitungsmaschinen, die er weltweit absetzen konnte. F. führte die Monoline Zeilengieß-Maschine in Deutschland ein, für deren Fabrikation er 1895 eine Firma in Berlin errichtete. Er gehörte d e m Vorstand des Verbandes der Papierverarbeitungs-Maschinenfabriken an.

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Gustav, Maschinenbauer, * 28. 10.1870 Berlin, t 2 4 . 8 . 1963 Berlin. Nach dem Maschinenbaustudium in Berlin mit abschließender Promotion (1902, Die sociale Bedeutung der Maschinen in der Landwirtschaft) folgte F. 1903 einem Ruf auf den neu eingerichteten Lehrstuhl für Landmaschinenkunde an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin. 1932 aus gesundheitlichen Gründen entlassen, wirkte er 1945-47 dort am Wiederaufbau des Landmaschineninstituts mit. F. leistete einen wichtigen Beitrag bei der Entwicklung der Landmaschinenkunde zur Landmaschinenwissenschaft. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Landmaschinenkunde. Lehr- und Hilfsbuch für Studierende und Landwirte ( 1 9 2 8 , 2 1 9 5 1 ) und Geschichte der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (mit Johannes —»Hansen, 1936). DD B ö h m

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Guido, Wirtschaftswissenschaftler, * 8 . 6 . 1899 München, t 13. 10.1983 M ü n c h e n . Das Studium an der Handelshochschule in M ü n c h e n Schloß F. 1921 mit dem kaufmännischen Diplom ab, wurde im folgenden Jahr in F r a n k f u r t / M a i n promoviert und war seit 1923 Dozent an der Handelshochschule Mannheim, bevor er sich 1927 an der Staatswissenschaftlichen Fakultät der Univ. München habilitierte. Seit 1934 a. o . P r o f . der Wirtschaftswissenschaft in München, wurde er 1944 wegen seiner politischen Gesinnung entlassen und war seit 1946 a . o . P r o f . sowie Leiter des von ihm gegründeten Instituts f ü r Betriebswirtschaft und Sozialpraxis in München. F. gab seit 1949 die Zeitschrift „Mensch und Arbeit" heraus.

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Gustav Adolf, Verleger, * 2 2 . 8 . 1878 Heilbronn, t 2 2 . 3 . 1 9 4 6 Jena. 1901 durch seinen Onkel, den Verleger Gustav —»F., adoptiert, erhielt F. eine Ausbildung zum Buchhändler (Haller & Schmidt, Berlin; Masson, Paris; Stechert & Hafner, New York). Er studierte in Jena, Halle und M ü n c h e n Nationalökonomie und wurde mit einer Arbeit über Die Organisation des deutschen Buchhandels promoviert. F. trat 1905 in den Verlag seines Onkels ein, wurde 1909 Teilhaber und nach dem Tod Gustav F.s 1910 Alleininhaber. Im Börsenverein der Deutschen Buchhändler war er ehrenamtlich u . a . im Rechtsausschuß und im Ehrenausschuß tätig, e n L G B

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Fischer F i s c h e r , Hannes, Schauspieler, Regisseur, Intendant, * 23.12. 1925 Berlin, t 23.1.1989 Dresden. F. erhielt 1947-49 seine Ausbildung an der Schauspielschule des Deutschen Theaters Berlin. 1950-53 zunächst Schauspieler, dann auch Oberspielleiter am Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin, wirkte er 1953-62 am Staatstheater in Dresden, zuletzt als Schauspieldirektor und war 1962-72 in Berlin an der Volksbühne und am Deutschen Theater tätig. 1972-89 war er Direktor des Dresdner Staatsschauspiels, wo er 1975 die Komödie Die Lachtaube von Helmut —> Baierl urauffiihrte. Als Schauspieler trat F. vor allem in Stücken von Bertolt —» Brecht, aber auch als de Sade in Marat/Sade von Peter —> Weiss hervor. F i s c h e r , Hans, Bibliothekar, * 19.1. 1849 Bamberg, t 15.1.1941 Bamberg. Sein Studium der Klassischen Philologie und Archäologie an der Universität München beendete F. 1882 mit dem Staatsexamen und war anschließend als Gymnasiallehrer in seiner Heimatstadt und München tätig. 1885 erhielt F. die Stelle eines wissenschaftlichen Sekretärs an der Königlichen Bibliothek Bamberg, war in dieser Funktion vorwiegend mit der Bearbeitung des mittelalterlichen Handschriftenbestandes beschäftigt und übernahm 1899 die Leitung dieser Bibliothek, wo er bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand wirkte. Seine Neubearbeitung des lateinischen Handschriftenkatalogs erschien 1928 und 1936 in zwei Bänden. F i s c h e r , Hans, Chemiker, * 27.7.1881 Höchst (heute zu Frankfurt/Main), t 31.3. 1945 München. Über den Vater Eugen —»F., Leiter der Farbenabteilung von Kalle & Co., kam Hans F. früh mit der Farbenchemie in Verbindung. Er studierte Chemie und Medizin in Marburg (bei Theodor —»Zincke, dort Promotion in Chemie 1904), in Lausanne und in München (dort Promotion in Medizin 1908) und wandte sich früh seinem Hauptarbeitsgebiet, der Chemie der heterocyclischen Pyrrole, zu. 1912 habilitierte er sich mit einer Arbeit über den Gallenfarbstoff Bilirubin. Nach kurzen Tätigkeiten als Assistent bei Emil —» Fischer in Berlin (Arbeiten über Peptide und Zucker) wurde er Prof. für medizinische Chemie in Innsbruck (1916) und Wien (1918); 1921 ging er als Ordinarius für organische Chemie an die TH München, wo er seine Forschung mit einem großen Mitarbeiterstab fortsetzen konnte. Seit 1919 Mitglied, wurde F. 1943 Ehrenmitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. F. erkannte, daß der Gallenfarbstoff Bilirubin mit seinen vier Pyrrolringen ein Abbauprodukt des Hämins ist, und stützte darauf seine weiteren Forschungen. 1926 gelang ihm die Erstsynthese des Porphins, eines sechzehngliedrigen Ringsystems, und verschiedener Porphyrine. 1929 folgte die Totalsynthese der Farbstoffkomponente des Hämoglobins, des Hämins (Chlorid des Hämatins). Für diese Leistungen erhielt er im Jahr 1930 den Nobelpreis für Chemie. Da Chlorophyll, das Richard —» Willstätter 1910 aus grünen Pflanzen isoliert hatte, sich als Mischung zweier dem Hämin ähnlichen Magnesiumkomplexe (Chlorophyll a und b) herausstellte, wandte sich F. nun der Strukturaufklärung dieses Farbstoffs zu, die ihm 1939 gelang. 1944 führte er eine vollständige Synthese des Bilirubins durch, das vier Pyrrolkerne in linearer Anordnung enthält. Unterdessen arbeitete F. weiter an der Lösung der komplizierten Probleme des

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Chlorophylls. Nach erfolgreicher Teilsynthese stand die Gesamtsynthese des Moleküls bevor, als F.s Münchner Institut 1944 bei einem Bombenangriff zerstört wurde. Aufgrund der Vorarbeiten und Methoden von F. gelang seinen Schülern Alfred Treibs und Martin Strell sowie unabhängig davon Robert Burns Woodward die Totalsynthese des Chlorophylls, allerdings erst 1960. Die Zerstörung seines Instituts, die ihm die Möglichkeit zu weiterer Forschung nahm, erschütterte F. so sehr, daß er sich das Leben nahm. WERKE: Die Chemie des Pyrrols. 3 Bde., Leipzig 1934-40 (mit Hans Orth). LITERATUR: Ralph Oesper: H. F. In: Eduard Fischer (Hrsg.): Great Chemists. New York 1961. Hier S. 1527-1533. - Alfred Treibs: H. F., 1881-1945. In: Chemie in unserer Zeit 1 (1967) S. 58-61. - Ders.: Das Leben und Wirken von H. F. München 1971. Hans-Werner Schiitt Fischer, Hans, schweizer. Mediziner, Pharmakologe, * 15.12. 1892 Schaffhausen, t 21.5.1976 Zollikon bei Zürich. Nach Tätigkeiten am Gerichtlich-Medizinischen Institut der Univ. Zürich (1919-25, Dissertation: Die Anwendung der Spektroskopie in der gerichtlichen Medizin als FeststellungsMethodik, speziell zum toxikologischen Nachweis von Alkaloiden) habilitierte sich F., Sohn des Metallurgen und Unternehmers Georg F. d. J., 1928 für Pharmakologie (Der Einfluß der Temperatur auf die Hindlings- und Wirkungsgeschwindigkeit von Digitalisstojfen) und übernahm 1935 den Lehrstuhl von Max —»Cloetta. F. hatte bereits Anfang der zwanziger Jahre die Ultraviolett-Absorptionsspektrographie in die Toxikologie, 1933 in die Pharmakologie eingeführt und förderte die pharmakologische Analyse wenig bekannter Drogen wie Mandragora und Withania. Die Hauptaufgabe seiner Forschung sah F. im Ausbau der Zellpharmakologie; hierzu verfaßte er Arbeiten über Chinin und Emetin. Seine medizinhistorischen Beiträge galten dem 17. Jh. (Arzt und Humanismus, 1962) und Gelehrten wie Georg —»Agricola, Johann Jakob -> Wepfer, Konrad —> Gesner und Johann Jakob —> Scheuchzer. Fischer, Hans (Erich), genannt Fis, schweizer. Graphiker, Maler, Bühnenbildner, * 6. 1.1909 Bern, f 19.4.1958 Interlaken. Der Sohn eines Schulrektors erhielt seine Ausbildung 1927/28 an der École des Beaux-Arts et Art Industriel in Genf, 1928-30 an der Kunstgewerbeschule in Zürich, wo er in seiner künstlerischen Entwicklung entscheidend von seinem Lehrer Otto —> Meyer-Amden beeinflußt wurde. 1931/32 als Zeichner in einem Reklameatelier in Paris tätig, besuchte er Kurse an der Académie F. Léger und wirkte 1932-36 als Graphiker u.a. für Trickfilme und Schaufensterdekorationen in Bern; 1933-36 war er Mitarbeiter der Zeitschrift „Der Nebelspalter". 1937 übersiedelte F. nach Zürich, besuchte 1939 mehrfach Paul —»Klee, entwarf u.a. 1941 die Bühnenbilder für das Cabaret Cornichon und schuf als Gebrauchsgraphiker Plakate, Briefmarken und Naturstudien. Besonders bekannt wurde F. als Buchillustrator (u.a. Die Bremer Stadtmusikanten, 1944) und Autor von Kinderbilderbüchern, zum Teil mit eigenen Texten (u. a. Der Geburtstag, 1947; Pitschi, 1948). m AKL Fischer, Hans Eric, schweizer. Maler, * 28.4.1907 Dottikon (Kt. Aargau), t 6. 10. 1982 Dottikon (Kt. Aargau). F., der auf Wunsch des Vaters zunächst eine kaufmännische Lehre durchlief, studierte 1925-29 an der Kunstgewerbeschule Basel, kurze Zeit an der Kunstschule Johannes —»Ittens sowie an den Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst in Berlin. 1934 kehrte er nach Dottikon zurück und unternahm in der Folgezeit Reisen nach Italien, Frankreich, Deutschland, Jugoslawien und Griechen-

Fischer land. Seine Malerei, die in der Tradition eines Hans von —> Marées stand, beschäftigte sich vornehmlich mit d e m Figurenbild und d e m Porträt. Später fand F. in Harlekinfiguren und im Stil der kykladischen Idole seine persönliche Ausdrucksform. Von seinen Arbeiten am Bau befinden sich Mosaike und Sgraffiti an öffentlichen Gebäuden im Kanton Aargau. m AKL

Fischer,

Hans-Joachim, Kosmosforscher, * 4. 10. 1930 N a u m b u r g / S a a l e , t 8. 1. 1991 Berlin. Nach einem Studium der Physik an der Univ. Halle arbeitete F. in der Industrie, dann am Heinrich-Hertz-Institut der Deutschen A k a d e m i e der Wissenschaften zu Berlin, wurde 1971 mit einer Arbeit Uber Satelliteninstrumentierung promoviert und war 1973-81 Direktor des Zentralinstituts für Elektronik der Akademie. In dieser Position leitete er die Arbeit von DDR-Wissenschaftlern für das R a u m f a h r t p r o g r a m m des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe. 1977 zum Prof. ernannt, war er 1979-84 Präsident der Gesellschaft für Weltraumforschung und Raumfahrt der D D R und arbeitete seit 1981 am Zentrum für wissenschaftlichen Gerätebau der Akademie der Wissenschaften. CD D D R

Fischer,

Heinrich, Buchhändler, Verleger, Politiker, * 29. 1.1812 Wiesbaden, t 2 0 . 6 . 1883 Wiesbaden. Der Sohn des Skribenten und Hospitalverwalters Christian Wilhelm F. betrieb eine Buch- und Landkartenhandlung in Wiesbaden und war Mitherausgeber der „Freien Zeitung". 1839 gründete er einen belletristischen Lesezirkel, 1847 gemeinsam mit L. Friedrich ein „Lesekabinet f ü r Zeitungen von allgemeinem Interesse". 1849-68 wirkte F., Mitglied der Demokratischen Partei, als Bürgermeister von Wiesbaden. Das A m t war ihm aufgrund der ersten durch die Wiesbadener Bürgerschaft vorgenommenen Wahl zugefallen.

Fischer,

(Leopold) Heinrich, Mineraloge, Zoologe, * 19. 12. 1817 Freiburg/Breisgau, t 2 . 2 . 1886 Freiburg/ Breisgau. Nach dem Studium in Freiburg/Breisgau und Wien 1843 promoviert (Dissertatici inauguralis zoologica sistens enumerationem Coleopterorum circa Friburgum Brisgoviae indigenarum annexis locis natalibus), ließ sich F., Sohn eines Kreisdirektorialkanzlisten, als praktischer Arzt in seiner Heimatstadt nieder, w o er sich naturwissenschaftlichen Studien widmete und sich 1846 mit der Arbeit Über die Käferschuppen f ü r Zoologie und Mineralogie habilitierte. 1854 wurde er a. o. Prof. der Mineralogie und Geognosie, 1859 o. Prof. und war seit 1855 Direktor der Mineralogisch-Geognostischen Sammlung, die er zu einem Institut f ü r experimentelle Untersuchungen ausbaute. Bei seinen Forschungen wandte F. als einer der ersten Mineralogen die Mikroskopie an. Er veröffentlichte u. a. Clavis der Silicate. Dichotomische Tabellen zum Bestimmen aller kieselsauren Verbindungen im Mineralreiche, etc. (1864), Chronologischer Überblick über die allmälige Einführung der Mikroskopie indas Studium der Mineralogie, Petrographie und Paläontologie (1868), Kritische mikroskopisch-mineralogische Studien (1869) und Nephrit und Jadeit nach ihren mineralogischen Eigenschaften [...] ( 1 8 7 5 , 2 1 8 8 0 ) . Seit 1882 war er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. CD N D B

Fischer,

Heinrich, schweizer. Maler, Photograph, * 2 0 . 4 . 1820 Nänikon, t 26. 10. 1886 Zürich. Wahrscheinlich zunächst als Kolorist in Zürich tätig, übersiedelte F. 1840 zu seiner künstlerischen Ausbildung nach München, lernte dort Gottfried —> Keller kennen und wandte sich vorwiegend der Bildnis- und Landschaftsmalerei zu. 1848 zog er nach Bern, wo er sich der Photographie widmete und lithographisch reproduzierte Ansichten der Stadt schuf. Seit 1867 lebte F. in Luzern, seit 1874 abwechselnd

in Vevey, Montreux und Nizza, seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Zürich. c n AKL

Fischer,

Heinrich (Ernst Benno), Geograph, * 4 . 1 2 . 1861 U e c k e r m ü n d e (Vorpommern), f 10.4. 1924 Berlin. F., Sohn eines praktischen Arztes, studierte Naturwissenschaften an den Universitäten Tübingen, Berlin und Greifswald, war seit 1888 im Berliner Schuldienst tätig und wurde 1909 Direktor eines Lyzeums. 1896 trat er als Schulgeograph hervor, war seit 1912 Mitglied des Zentralausschusses des Deutschen Geographentags und gab seit 1908 Kurse f ü r Seminarlehrer. F. war 1906-21 Mitherausgeber einer mehrbändigen Erdkunde für höhere Schulen (mit Michael —> Geistbeck), 1902-24 des „Geographischen Anzeigers". m NDB

Fischer,

Heinrich, Politiker, * 8 . 7 . 1 8 9 5 Hanau, f 9 . 8 . 1 9 7 3 Hanau. Von Beruf Werkzeugschlosser, wurde F. 1910 Mitglied der Freien Gewerkschaft sowie der S P D und war seit 1924 als Gewerkschafts- bzw. Bezirkssekretär in Hanau, Gießen und Merseburg tätig. 1933 verlor er seine Ämter, übte seit 1936 wieder seinen Beruf aus und verbüßte seit 1942, wegen Hochverrats angeklagt, eine Haftstrafe, aus der er 1945 befreit wurde. Seit E n d e 1945 war F. Leiter des Hanauer Arbeitsamtes sowie Vorstand der Stadtverordneten und gehörte d e m hessischen Landtag an. 1949 wurde er Landschlichter im Arbeitsministerium, im folgenden Jahr Minister für Arbeit, Landwirtschaft und Wirtschaft, später für Arbeit, Wirtschaft und Verkehr (bis 1955). F. veröffentlichte Das hessische Dorfgemeinschaftshaus (1945).

Fischer,

Heinrich, auch H. C. Fisher, Schriftsteller, Regisseur, * 2 2 . 8 . 1 8 9 6 Karlsbad (Böhmen), t 16.3. 1974 München. Seit 1915 veröffentlichte F., Sohn eines Kaufmanns, Beiträge im „Prager Tageblatt" und studierte 1915-19 Rechtswissenschaften an den Universitäten Wien und Prag. 1920-23 Mitarbeiter der Berliner „Weltbühne", war er anschließend bis 1925 Produzent von Berthold —»Viertels Theaterensemble „Die T r u p p e " in Berlin, 1 9 2 5 / 2 6 Lektor des Drei-Masken-Verlags. 1926 wurde er Dramaturg an den M ü n c h n e r Kammerspielen, 1928 am Theater am Schiffbauerdamm in Berlin, 1931 Chefdramaturg an den Kammerspielen in München. 1933 ging er nach Prag, war Gastregisseur am dortigen Deutschen Theater, arbeitete f ü r die „Neue Weltbühne" und war Leiter der Prager Deutschen Sendung. 1939 nach Großbritannien emigriert, ließ sich F. in London nieder, wo er Kabarettproduktionen leitete und seit 1941 als Autor und Regisseur für die B B C tätig war. Seit 1952 wieder in Deutschland, lebte er seit 1956 als Chefdramaturg des Bayerischen R u n d f u n k s und Fernsehens in München. F. veröffentlichte u.a. Die Vergessenen. 100 deutsche Gedichte des 17. und 18. Jahrhunderts (1926) und Ungeschminkt. Ein Vortrag über Theater (1932). OD Lex dt-jüd Autoren

Fischer,

Heinrich Ludwig, evang. Theologe, Schriftsteller, * 4 . 8 . 1 7 6 2 Kothen, t 19.1. 1831 Breinum bei Hildesheim. F. studierte Theologie an der Univ. Halle, war als Lehrer am Waisenhaus tätig und wurde Ausbilder von Landschullehrern am Seminar in Kothen. Seit 1790 war er zweiter Inspektor des Landschullehrerseminars in Hannover, danach hatte er verschiedene Pfarrstellen inne. F. gründete 1781 das „gemeinnützige anhaltinische Wochenblatt" und veröffentlichte Das Buch vom Aberglauben (1793), mit d e m er sich als Volksaufklärer betätigte. Auch in weiteren Schriften bekämpfte er den Volksaberglauben durch die Verbreitung von naturwissenschaftlichen Kenntnissen. Deshalb wurde er 1797 als Ehrenmitglied in die Physikalisch-ökonomische Gesellschaft in der Oberlausitz a u f g e n o m m e n . CD Killy

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Fischer F i s c h e r , Heinz, Physiker, * 8 . 9 . 1905 Mannheim, t 8 . 2 . 1994 Darmstadt. F., Sohn eines Apothekers, studierte 1925-31 Elektrotechnik in Karlsruhe, war dort 1932-36 Assistent am Institut für Theoretische Physik und wurde 1935 promoviert ( D e r anomale Kathodenfall in der Hohlkathode und ähnlichen Kathoden). Seit 1936 Assistent am Physikalischen Institut der T H Darmstadt, habilitierte er sich 1938 und erhielt 1939 eine Dozentur für Physik in Darmstadt. 1939-41 war er Berater des V2-Projekts in Peenemünde, 1941-45 Leiter des optischen Forschungslabors beim O b e r k o m m a n d o der Marine und 1945-62 Senior Scientist am Forschungszentrum der US Air Force in Belmont (Massachusetts, USA). 1962-64 wirkte F. als Honorarprofessor an der Northeastern University in Boston und zugleich seit 1962 als a. o. Prof. für angewandte Physik an der T U Darmstadt, w o er 1964 zum persönlichen Ordinarius ernannt wurde. 1966-75 hatte er eine o. Professur an der T H Darmstadt inne. n a Grüttner F i s c h e r , Heinz Leo, Schauspieler, * 1 9 . 1 1 . 1 9 0 2 Wien, t 4 . 1 1 . 1 9 7 7 München. F. wurde 1921 an das Wiener Akademietheater engagiert, war danach u . a . 1 9 2 7 / 2 8 an den dortigen Kammerspielen, 1928-31 am Albert-Theater in Dresden sowie in Berlin und Leipzig tätig. 1 9 3 6 / 3 7 wieder in Wien, ging er später nach Brünn, wurde Spielleiter am Vereinigten Deutschen Theater und war Mitgründer einer demokratischen Schauspielergruppe. 1941 verhaftet und in verschiedenen Konzentrationslagern inhaftiert, war er seit 1946 Mitglied des Ensembles des Münchner Residenztheaters und hatte vor allem mit —>Brechts Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui Erfolg. Bekannt wurde F., der auch Film- und Fernsehrollen übernahm, vor allem als erster Fernsehdarsteller des braven Soldaten Schweyk (1957). CD Exiltheater F i s c h e r , Hellmuth, Elektrochemiker, * 2 4 . 8 . 1 9 0 2 Berlin, t 2 . 2 . 1976 Karlsruhe. F. Schloß sein Chemiestudium 1926 in Berlin mit der Promotion z u m Dr. phil. ab, habilitierte sich 1938 an der T H Berlin und war anschließend langjähriger Mitarbeiter bei der Siemens & Halske A G in Berlin und Karlsruhe. 1948 wurde er Dozent an der T U Berlin, 1950 Honorarprofessor f ü r Elektrochemie an der T H Karlsruhe. 1954 erhielt er das neueingerichtete Extraordinariat für Elektrochemie am Institut für Physikalische C h e m i e und Elektrochemie der T H Karlsruhe, das 1964 in ein Ordinariat umgewandelt wurde. F. beschäftigte sich vor allem mit anodischen Schutzschichten auf Leichtmetallen, Inhibitoren, Elektrodenprozessen an Eisenmetallen und mit der Elektrokristallisation. Weite Verbreitung fand sein 1954 erschienenes Werk Elektrolytische Abscheidung und Elektrokristallisation von Metallen. F i s c h e r , Helmut, Schauspieler, * 15. 11. 1926 München, t 14.6. 1997 R i e d e r i n g / C h i e m s e e . Der Sohn eines K a u f m a n n s nahm während des Zweiten Weltkriegs Schauspielunterricht bei Otto —> Falckenberg und erhielt danach Engagements in Würzburg (1954-56), Ulm, am Bayerischen Staatsschauspiel und an der Kleinen Komödie in M ü n c h e n (1964) sowie an den dortigen Kammerspielen (1964-70). Seit 1960 arbeitete er beim Fernsehen und wurde mit Rollen in der Reihe „Tatort" (1971-82) und vor allem als „Monaco Franze" in der gleichnamigen Serie (1983) bekannt. Er wirkte auch in „Unsere schönsten Jahre" (1983) und „Die Hausmeisterin" (seit 1992) mit. F. schrieb viele Jahre Theater- und Filmkritiken für die M ü n c h ner „Abendzeitung". 1990 erhielt er den Adolf-GrimmePreis. c n Munzinger

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F i s c h e r , (Friedrich Wilhelm) H e r m a n n , Technologe, * 2 . 5 . 1 8 4 0 R ö d e r m ü h l e (Kr. Osterode), t 1 1 . 2 . 1 9 1 5 Hannover. Der Bruder Ferdinand —>F.s studierte 1856-60 Maschinenbau an der Polytechnischen Schule in Hannover, war als Maschineningenieur in Chemnitz, Bautzen, Bremen und M a l m ö tätig und ließ sich 1867 als Zivilingenieur in Hannover nieder. 1876 folgte F. einem Ruf auf den Lehrstuhl der mechanischen Technologie an die T H Hannover, wo er auch Vorlesungen Uber Heizung, Lüftung und Beleuchtung geschlossener R ä u m e hielt sowie über die Einrichtung von Werkstätten und Fabrikanlagen lehrte. Von 1886 bis zu seiner Emeritierung 1910 beschäftigte sich F. insbesondere mit dem Werkzeugmaschinenbau (Die Werkzeugmaschinen, 2 Bde., 1 9 0 0 / 0 1 , 2 1 9 0 5 ) und bearbeitete das Handbuch der mechanischen Technologie von Karl —» Karmarsch neu f 1888-1904). DD N D B F i s c h e r , Hermann von, Germanist, * 12.10. 1851 Stuttgart, t 30. 10. 1920 Tübingen. Der Sohn des Pädagogen Johann Georg —>F. studierte seit 1869 am Evangelisch-Theologischen Seminar und der Univ. Tübingen, wo er 1873 mit Die Forschungen über das Nibelungenlied seit Karl Lachmann (1874) promoviert wurde, sowie 1 8 7 4 / 7 5 an der Univ. Leipzig. Nach einer kurzen Tätigkeit als Gymnasiallehrer in Heilbronn wurde F. 1875 Bibliothekar an der Stuttgarter Kgl. Öffentlichen Bibliothek, wo er sich vor allem mit württembergischer Geschichte und Literaturgeschichte beschäftigte (Beiträge zur Litteraturgeschichte Schwabens, 2 Bde., 1891-99, Nachdr. 1982). 1888 erhielt F. einen Ruf als o . P r o f . der G e r m a nischen Philologie an die Univ. Tübingen, deren Rektor er 1901 wurde, und machte sich als Leiter des Stuttgarter Literarischen Vereins um die Herausgabe älterer deutscher Dichtungen verdient. Er veröffentlichte eine Geographie der Schwäbischen Mundart (1895), Grundzüge der deutschen Altertumskunde (1908, 3 1931 hrsg. von Eugen Fehrle) und das von Adelbert —> Keller begonnene Schwäbische Wörterbuch (7 Bde., 1904-36, mit Hermann Taigel, ab Bd. 6,1 fortgeführt von Wilhelm Pfleiderer; Neudr. 1970), das als erstes Mundartwörterbuch das alphabetische Anordnungsprinzip durchführte. F. war der Vater des Pathologen Walter -h>F. e n IGL F i s c h e r , Hermann, kath. Missionar, Publizist, * 13.9. 1867 Bedingrade bei Essen-Frintrop, t 10. 10.1945 Haan bei Düsseldorf. F., Sohn eines Arbeiters, trat 1886 in die Missionsgesellschaft des Göttlichen Wortes (SVD) in Steyl (Niederlande) ein, studierte später Philosophie und Theologie in Mödling bei Wien und wurde 1897 zum Priester geweiht. 1 8 9 8 / 9 9 setzte er seine Ausbildung in Mathematik und Naturwissenschaften an der Univ. Berlin fort und unterrichtete als Gymnasiallehrer an verschiedenen Studienanstalten seines Ordens. 1910-22 und 1934-41 war F. Schriftleiter der illustrierten kath. Monatsschrift „Stadt Gottes", gab 1929-41 das „Katholische J a h r b u c h " heraus und veröffentlichte eine Reihe von Biographien sowie aszetische und pädagogische Werke. 1920-32 gehörte er dem Generalrat der Gesellschaft des Göttlichen Wortes an und lebte seit 1929 in R o m . m NDB F i s c h e r , Hermann, Jurist, Unternehmer, Politiker, * 2 2 . 1 1 . 1873 Magdeburg, t 24. 8 . 1 9 4 0 Berlin. Das Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Bonn und Straßburg Schloß F. mit der Promotion zum Dr. jur. ab und ließ sich 1900 als Rechtsanwalt beim Oberlandesgericht Köln nieder, w o er gleichzeitig bis 1912 als Dozent für bürgerliches und Handelsrecht an der Handelshochschule sowie als Justitiar tätig war. Er wurde später Vor-

Fischer standsmitglied des A. Schaaffhausenschen Bankvereins, siedelte 1913 nach Berlin über, wurde 1914 Geschäftsinhaber der Diskontogesellschaft und schied 1919 aus der Direktion beider Banken aus. Danach Aufsichtsrats- bzw. Vorstandsmitglied großer deutscher Industrieunternehmen und deren Rechtsberater, fungierte F. zudem bis 1933 als Präsident des Hansabundes. 1902 gründete er den Jungliberalen Reichsverband, d e m er zehn Jahre lang vorstand. Nach d e m Ersten Weltkrieg Schloß er sich der Deustchen Demokratischen Partei an und war 1920-32 Mitglied des Reichstags. F i s c h e r , Hermann (Otto Laurenz), Biochemiker, * 16.12. 1888 Würzburg, t 9 . 3 . 1 9 6 0 Berkeley (Kalifornien, USA). F., Sohn des Chemieprofessors Emil - » F . , begann sein Chemiestudium 1907 in Cambridge, das er nach d e m Militärdienst in Berlin und später in Jena unter L u d w i g —»Knorr fortsetzte. Nach der Promotion 1912 in Jena (Zur Kenntnis des Acetylacetons) ging er nach Berlin an das Labor seines Vaters. Im Ersten Weltkrieg, in d e m seine beiden Brüder beim Dienst als Militärärzte fielen, ging F. an die Front nach Frankreich. Nach d e m Ende des Kriegs wurde er Assistenzprofessor am Chemischen Institut in Berlin, w o er vor allem mit Gerda Dangschat und Erich Baer mehr als 27 Jahre zusammenarbeitete. Mit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft emigrierte F. aus politischen Gründen in die Schweiz und nahm 1932 einen Ruf an die Univ. Basel an. 1937 ging er auf Einladung von Sir Frederick Banting, der mit Charles Best das Insulin entdeckt hatte, an das Banting Institute der Univ. Toronto. 1948 wurde F. Mitglied des neuen Department of Biochemistry der University of California, der er 1952 die Bibliothek seines Vaters übergab; 1953 wurde er Chairman des Departments. Nach seiner Emeritierung setzte F. seine Forschungen über die synthetische und strukturelle C h e m i e asymmetrischer Glyceride, Inositole und Kohlehydrate am Biochemistry and Virus Laboratory in Zusammenarbeit mit Hans Helmut Baer vom Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung in Heidelberg fort. F., der seine Ergebnisse in zahlreichen Aufsätzen veröffentlichte, wurde in verschiedene wissenschaftliche Gesellschaften a u f g e n o m m e n , erhielt 1949 den Sugar Research Award der Amerikanischen Chemical Society und die Baeyer-Gedächtnis-Goldmedaille der deutschen Chemischen Gesellschaft. CD D S B F i s c h e r , Hermann Eberhard, Militärchirurg, * 14. 10.1830 Ziesar, t 1.2. 1919 Berlin. F. studierte an der Univ. Berlin Medizin und wurde nach der Promotion 1855 Assistent an der Charité, 1864 dirigierender Arzt der Äußeren Station, im folgenden Jahr Mitglied der ärztlichen Prüfungskommission. Er schlug die militärärztliche Laufbahn ein, wurde 1866 Oberstabsarzt im Alexanderregiment, nahm an verschiedenen Feldzügen teil und war seit 1868 o. Prof. der Chirurgie und Direktor der Chirurgischen Klinik in Breslau, wo er 1873 Mitglied des Medizinalkollegiums wurde. Seit 1885 Geheimer Medizinalrat, wirkte F. bis 1890 in Breslau und kehrte dann nach Berlin zurück. Er veröffentlichte u. a. Lehrbuch der allgemeinen Kriegs-Chirurgie (1868, unter dem Titel Handbuch der Kriegschirurgie, 2 Bde., 2 1882), Kriegschirurgische Erfahrungen (1872), Leitfaden der kriegschirurgischen Operationen (1901, 2 1905), Die erste Hilfe in einer zukünftigen Schlacht (1906) und Kriegschirurgische Rück- und Ausblicke vom asiatischen Kriegsschauplatz (1909). 1890 wurde F. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. c a Ärzte Schlesien F i s c h e r , (Ernst) Hugo, Philosoph, * 17. 10. 1897 Halle/ Saale, t 11.5. 1975 Ohlstadt (Oberbayern). F. studierte Philosophie, Geschichte und Sanskrit in Leipzig, wurde 1921 promoviert (Das Prinzip der Gegensätzlichkeit

bei Jacob Böhme) und habilitierte sich dort 1926 mit der Arbeit Hegels Methode in ihrer ideengeschichtlichen Notwendigkeit. Er gehörte d e m „nationalrevolutionären" Zirkel u m Ernst —> Jünger an. Seit 1937 a. o . P r o f . , ließ sich F. 1938 beurlauben, ging nach Norwegen und wurde Direktor der Forschungsabteilung des Institutt for Samfunnsforsking og Arbeidslaere in Oslo. 1939-55 betrieb er theaterwissenschaftliche Forschungen im Dartington Arts Department in Devon (England) und war 1940-50 in Cambridge tätig. Seit 1949 Gastprofessor in Benares (Indien), wurde er 1957 zum a. o. Prof. an der Univ. München ernannt, kehrte jedoch erst 1959 nach Deutschland zurück. Auf der Basis einer Analyse vergangener und gegenwärtiger Kultur befaßte sich F. mit der zivilisatorischen Entwicklung der Menschheit. Er veröffentlichte u. a. Erlebnis und Metaphysik. Zur Psychologie des metaphysischen Schaffens (1928), Nietzsche Apostata oder Die Philosophie des Ärgernisses (1931), Karl Marx. Sein Verhältnis zu Wirtschaft und Staat (1932) und Theorie der Kultur. Das Kulturelle Kraftfeld (1965).

Fischer,

Isidor, österr. Gynäkologe, Medizinhistoriker, * 2 0 . 9 . 1 8 6 8 Wien, t 13. 1.1943 Bristol (Großbritannien). Der Sohn des Pädagogen Albert —»F. studierte 1886-91 an der Univ. seiner Heimatstadt, wurde 1892 zum Dr. med. promoviert, arbeitete als Sekundararzt am Allgemeinen Krankenhaus sowie an der Klinik unter Rudolf —»Chrobak und spezialisierte sich auf Frauenheilkunde. F. übernahm die Leitung des Frauenkrankeninstitutes der „Charité" in Wien, die er 25 Jahre innehatte, und habilitierte sich 1914 an der Univ. Wien mit der Monographie Geschichte der Geburtshilfe in Wien. F. war Autor zahlreicher medizinhistorischer Werke, u . a . Geschichte der Geburtshilfe in Wien (1909), Eigennamen in der Krankheitsterminologie (1931), Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre (2 Bde., 1 9 3 2 / 3 3 ; Neudr. 1962; Nachträge und Ergänzungen, bearb. und hrsg. von Peter Voswinckel, Bd. 1, 2002). 1938 emigrierte F. nach Großbritannien, wo er in ärmlichen Verhältnissen starb. CD Ärzte 2, 3

Fischer,

Jakob, österr. Musikpädagoge, Komponist, * 2 0 . 8 . 1849 Pohrlitz (Mähren), t 13.4. 1933 Wien. F. ging 1864 zum Studium der Musik nach Wien, wo er von Karl Georg Peter —» Grädener und Joseph —» Hellmesberger d. Ä. in Komposition, von Jakob —» Dont in Geige unterrichtet wurde. Als Nachfolger Grädeners war er 1883-90 Theorielehrer und Chorleiter an den Horakschen Klavierschulen in Wien, wechselte 1900 an das dortige Konservatorium und war 1908-30 an der neugegründeten Akademie für Musik tätig. F. komponierte Lieder, Chorlieder und Klaviersonaten. 1926 gab er eine Interpunktionsausgabe klassischer Meisterwerke, mit Erläuterungen heraus. CD O M L

Fischer,

Johann, evang. Theologe, * 13. 12.1636 Lübeck, t 1 7 . 5 . 1 7 0 5 Magdeburg. Der Sohn eines Tuchhändlers wurde nach dem Studium an den Universitäten Rostock, Helmstedt, Altdorf und Leiden Pfarrer in Hamburg, 1667 Superintendent in Sulzbach (Oberpfalz). 1673 folgte er einem Ruf Karls XI. von Schweden nach Riga, w o er sich, seit 1678 als Generalsuperintendent von Livland, um die R e f o r m der luth. Landeskirche verdient machte. Dazu zählten die Ubersetzung der Bibel und geistlicher Schriften ins Lettische und Estnische sowie der Aufbau des bäuerlichen Volksschulwesens. 1677 gab der mit Philipp Jakob —»Spener befreundete F. die erste pietistische Lutherbibel und 1678 die erste illustrierte A u s g a b e von Johann —>Arndts Wahrem Christentum heraus. 1690 wurde F. bei der Wiedereröffnung der Univ. Dorpat Prokanzler, konnte seine Stellung jedoch als Gegner der zentralistischen Tendenzen des schwedischen Absolutismus in den

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Fischer baltischen Provinzen nicht halten, kehrte 1699 nach Deutschland zurück und wirkte in Hamburg und Halle, seit 1700 als Generalsuperintendent und Konsistorialrat in Magdeburg. DP SHBL, Bd 11

Fischer,

Johann, Komponist, Musiker, * 2 5 . 9 . 1 6 4 6 Augsburg, t um 1716 Schwedt. Der Sohn eines Spielmanns war bis 1661 Kantoreiknabe in seiner Heimatstadt, wurde 1665 vom Stuttgarter Hofkapellmeister Samuel —» Capricornus unterrichtet und ging anschließend nach Paris, wo er fünf Jahre als Notist bei Jean-Baptiste Lully arbeitete. Seit 1673 als Mitglied der Hofkapelle erneut in Stuttgart, wurde F. im folgenden Jahr Hochzeitsmusikant in Augsburg, 1677 Musiker an der Barfüßerkirche und war etwa 1683 bis 1686 Violinist in der Ansbacher Hofkapelle. Später hielt sich F. als Violinist und freischaffender Komponist u.a. in Mitau, Riga, Warschau, Schwerin, Kopenhagen und Stockholm auf und folgte schließlich einem Ruf als Hofkapellmeister nach Schwedt. Er schuf vor allem Orchestersuiten. F. führte die Komposition französischer Ouvertüren in Deutschland ein. •a

MGG

Fischer,

Johann, kath. Theologe, * 2 6 . 6 . 1 8 8 1 Lechbruck bei Füssen, t 2 . 3 . 1 9 5 6 L i n d a u / B o d e n s e e . F. studierte Philosophie und Theologie in Dillingen, war nach der Priesterweihe (1905) seelsorgerisch tätig und widmete sich dann alttestamentlichen sowie orientalischen Studien an den Universitäten München und Berlin. Seit 1920 Privatdozent und Universitätsprediger in München, wurde er 1925 a. o.Prof. der alttestamentlichen Exegese an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Bamberg, 1934 o. Prof. an der Katholischen Akademie in Braunsberg (Ostpreußen) und lehrte von 1943-48 an der Univ. Würzburg. F. veröffentlichte zahlreiche theologische Schriften, darunter einen Jesaja-Kommentar (Das Buch Isaías, 2 Bde., 1937-39).

Fischer,

Johann Caspar Ferdinand, Komponist, Kapellmeister, Musik- und Gesangslehrer, * 6 . 9 . 1 6 5 6 Schönfeld bei Karlsbad, t 2 7 . 8 . 1 7 4 6 Rastatt. Seit 1 6 9 0 / 9 5 als besoldeter Hofbeamter und Hofkapellmeister in den Diensten der Markgrafen von Baden, wirkte der aus einer Handwerkerfamilie stammende F. zunächst in Schlackenwerth (bei Karlsbad in Böhmen), später in der neuen Residenz in Rastatt. Er leitete wahrscheinlich bis zu seinem Tod die Hofkapelle und war einer der berühmtesten Klaviervirtuosen seiner Zeit. F., neben —> Froberger der bedeutendste Klavierkomponist vor —»Bach, verband die heimische Suitentradition mit französischen und italienischen Einflüssen. Mit seiner Ariadne musica (1702) hatte er Einfluß auf Bachs Wohltemperiertes Klavier. F.s umfangreiches Klavierwerk erschien in vier Drucken (1696-1738); seine Opern und vokalen Kirchenkompositionen sind nicht erhalten. tu M G G

Fischer,

Johann Christian, Musiker, Komponist, * wahrscheinlich 1733 Freiburg/Breisgau, f 2 9 . 4 . 1 8 0 0 London. F. wird erstmals 1757 als Solooboist in einem Konzert in Warschau genannt und war etwa 1760-64 als Oboist an der kurfürstlichen Kapelle in Dresden tätig. Im folgenden Jahr unternahm er Reisen durch Deutschland, Italien, Frankreich und die Niederlande, trat um 1767 in den Dienst —»Friedrichs des Großen und konzertierte seit 1768 in England. F. ließ sich schließlich in London nieder, gehörte neben Johann Christian —»Bach und Carl Friedrich —»Abel, mit denen er die „Hanover Square Concerts" veranstaltete, dem Kammerorchester der Königin an und wurde 1780 zum Kammermusiker ernannt. 1786-87 lebte F. wieder auf dem Kontinent und kehrte 1790 nach London zurück, wo er während eines Konzerts an einem Schlaganfall starb. Er komponierte vorwiegend Oboen- und Flötenwerke. CD M G G

Fischer, Fischer,

Johann Andreas, Mediziner, * 2 8 . 1 1 . 1 6 6 7 Erfurt, t 13.2. 1729 Erfurt. F. studierte zunächst drei Jahre lang Rechtswissenschaften, seit 1687 Medizin an den Universitäten Erfurt und Leipzig, wo er 1691 promoviert wurde (Anatomiam metallorum subterraneam). Danach Landphysikus in Eisenach, folgte er 1695 einem Ruf als Prof. der Medizin nach Erfurt, war seit 1715 Assessor der Fakultät, seit 1719 Senior und wurde zum kurmainzischen Rat und Leibmedikus ernannt. Seit 1717 hatte F. den Lehrstuhl der Pathologie und praktischen Medizin inne. Er verfaßte u . a . Consilia medica (1704) und betreute zahlreiche Dissertationen.

Fischer,

Johann Bernhard von, Mediziner, * 2 8 . 7 . 1 6 8 5 Lübeck, t 8.7. 1772 Hinterbergen bei Riga. F., N e f f e des evang. Theologen Johann —»F., studierte seit 1704 an den Universitäten Halle, Jena, Amsterdam und Leiden Medizin. 1708-10 auf Studienreisen durch England, Frankreich und die Niederlande, wurde er 1709 promoviert {De mania) und war seit 1710 Arzt in Riga, seit 1733 zweiter Stadtphysikus. Im folgenden Jahr berief ihn die Zarin Anna Iwanowna als Leibarzt und Direktor des russischen Medizinalwesens nach St. Petersburg, wo er sich um die Verbesserung der medizinischen Einrichtungen verdient machte. Seit 1736 war F. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1742 zog er sich aus seinen Ämtern zurück, lebte auf seinem Gut Hinterbergen bei Riga und verfaßte neben medizinischen Arbeiten (De senio ejusque gradibus et morbis necnon de ejusdem acquisitionetractatus, 1754; De febre miliari, purpura alba dicta [...] tractatus, 1767) literarische Werke (u.a. Hirtenlieder und Gedichte, 1753).

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Johann Conrad, schweizer. Metallurg, Unternehmer, * 14.9. 1773 Schaffhausen, t 2 6 . 1 2 . 1854 Schaffhausen. Nach dem Besuch der Lateinschule wurde F. bei seinem Vater zum Kupferschmied ausgebildet, besuchte nebenher Abendkurse des Collegium humanitatis und begab sich 1792-95 als Kupferschmiedgeselle auf Wanderschaft durch Deutschland, Dänemark, Schweden und England. 1797 übernahm er den väterlichen Betrieb, erweiterte ihn 1802 um eine Glockengießerei und begann 1806 als erster auf dem europäischen Festland mit der Herstellung von Tiegelgußstahl. In den zwanziger Jahren gelang F. der homogene Schmelzfluß nickellegierter Gußstähle, 1828 brachte er den Temperguß zustande, erwarb noch im selben Jahr das österr. Privileg auf die Herstellung von Temperguß und gründete mehrere Gußstahlhütten in Niederösterreich. Seit 1845 erzeugte er Gießstücke aus Meteorstahl. Seit 1797 Mitglied des Kleinen Rats, wurde F. 1828 in das kantonale Parlament gewählt, vertrat 1831 Schaffhausen an der eidgenössischen Tagsatzung und amtierte 1831-34 als Stadtpräsident von Schaffhausen. 1800-54 war er kantonaler Bergwerksadministrator. DP HLS

Fischer,

Johann Georg, Baumeister, * 2 1 . 1 . 1673 Marktoberdorf/Allgäu, t 26.4. 1747 Füssen/Allgäu. Nach einer Maurerlehre arbeitete der einer Bäckerfamilie entstammende F. unter der Leitung seines Onkels Johann Jakob —»Herkomer seit 1701 am Bau des Klosters und der Kirche St. Mang in Füssen sowie 1717-24, inzwischen selbständiger Meister und seit 1718 leitender Baumeister, am Bau der Kirche St. Jakob in Innsbruck. Zu den bedeutendsten Werken F.s, der als Hauptmeister der frühen Allgäuer Rokokoarchitektur gilt, gehören ferner die Pfarrkirchen Bern-

Fischer beuren (1722/23), St. Martin in Marktoberdorf (1723-33) und Bertoldshofen (1727-33). Für den Profanbau erhielt er nur kleinere Aufträge, u. a. den Umbau des Fugger-Schlosses Wellenburg (1734). DD AKL

Fischer, Johann Georg, Pädagoge, Dichter, * 25. 10.1816 Groß-Süßen bei Geislingen, t 4 . 5 . 1897 Stuttgart. Der Sohn eines Zimmermanns arbeitete nach dem Lehrerexamen in Esslingen als Schulgehilfe und besuchte 1841-42 das Reallehrerseminar in Tübingen. Seit 1845 wirkte er an der Elementarschule in Stuttgart, die er 1858-66 leitete, wurde 1847 zum Dr. phil. promoviert und unterrichtete seit 1859 an der Kaufmännischen Fortbildungsschule, 1862-85 als Professor. Neben dem Lehrberuf war F. literarisch tätig, veröffentlichte vor allem Lyrik (u. a. Gedichte, 1854), später auch Bühnenwerke. Er pflegte mit vielen Dichtern seiner Zeit, u . a . mit Wilhelm - > R a a b e , freundschaftlichen Umgang. F. war der Vater des Germanisten Hermann F. CD NDB

Fischer, Johann Heinrich, Geburtshelfer, * 11.7.1759 Coburg, t 2 . 3 . 1814 München. Das Studium der Medizin an den Universitäten Würzburg, Erlangen und Göttingen Schloß F. 1781 mit der Promotion ab (De cerebri eiusque membranarum inflammatione et supppuratione occulta), setzte seine Ausbildung in Kassel fort und begab sich auf Studienreisen nach Holland, Frankreich und England. 1782 wurde er a. o. Prof. in Göttingen, 1785 o. Prof. der Geburtshilfe und Leiter der dortigen Hebammenschule. Seit 1792 Leibarzt der Fürstin von Nassau-Weilburg, wurde F. 1795 zum Geheimen Rat ernannnt. 1803 übersiedelte er als kurfürstlich bayerischer Leibarzt und Geburtshelfer nach München. F. veröffentlichte einer Reihe medizinischer Arbeiten, u. a. De crusta lactea adultorum (1785) und De morbis cutaneis (1785). Fischer, Johann Karl, Mathematiker, Physiker, * 5 . 1 2 . 1 7 6 0 Allstedt, t 2 2 . 5 . 1 8 3 3 Greifswald. F., Sohn eines Bürgermeisters, studierte an der Univ. Jena Rechtswissenschaften, wandte sich jedoch bald der Mathematik und den Naturwissenschaften zu und wurde 1788 mit der Arbeit De natura, constitutione et usu logarithmorum promoviert. Seit 1792 a. o. Prof. in Jena, ging er 1807 als Prof. der Mathematik und Physik an das Archigymnasium nach Dortmund und wurde 1819 Prof. der Mathematik und Astronomie in Greifswald. Neben mathematischen und physikalischen Lehrbüchern veröffentlichte F. u.a. eine Geschichte der Naturlehre (1798), ein Physikalisches Wörterbuch oder Erklärungen der vornehmsten zur Physik gehörigen Begriffe oder Kunstwörter (7 Bde., 1798-1805, 3 Ergänzungsbände, 1823-27), eine Geschichte der Physik seit Wiederherstellung der Künste und Wissenschaften (8 Bde., 1801-08), die zum ersten Mal eine systematisch angeordnete Geschichte dieses Faches aufzeigt, Erste Gründe der reinen Mathematik; oder die Arithmetik, Geometrie und Trigonometrie (1809) und Neue Ansichten über die Grundprincipien der Differenzialrechnung (1831). m

NDB

Fischer, Johann Karl Christian, Schauspieler, Theaterdichter, * 13.10.1752 Leipzig, t 30.9. 1807 Güstrow. F. studierte in Leipzig Philosophie und Schloß sich dann verschiedenen norddeutschen Theatergesellschaften als Schauspieler und Theaterdichter an. Etwa seit 1790 war er Theaterdirektor in Schwerin, seit 1800 Organist in Güstrow. Er verfaßte Schauspiele (u. a. Ideale menschlicher Güte, 1781), einen Briefroman Briefe an seine Lieben (2 Bde., 1776) und Sagensammlungen, darunter Mecklenburgische Sagen der Vorzeit (1795). DP Killy

Fischer, Johann Karl Christian, Pseud. Gustav Fredau, Schriftsteller, * 1765 Oels (Schlesien), | 8 . 1 0 . 1 8 1 6 Meidling (heute zu Wien). Über F.s. Leben ist wenig bekannt. Höchstwahrscheinlich war er 1789-97 Konrektor in Hirschberg (Schlesien); später wurde er Hofrat in Berlin. Er war mit Clemens —> Brentano, August Wilhelm —» Schlegel und Jacob —> Grimm befreundet und publizierte selbst Erzählungen und Romane, darunter Kleine Scenen (1793) und Die Pfleglinge der Heiligen Katharina von Siena (1794). Auf Anregung Brentanos gründete er die Zeitschrift „Friedensblätter" (1814/15). m Killy

Fischer, Johann Karl Gottlob, Medailleur, * 14.7. 1802 Berlin, t 26.3. 1865 Berlin. F., Sohn eines Goldpolierers aus ärmlichen Verhältnissen, war ursprünglich zum Goldarbeiter bestimmt, erlernte dann jedoch den Beruf des Graveurs und besuchte daneben die Sonntagsschule der Akademie. 1823-25 arbeitete er in der Loosschen Medaillenanstalt, wechselte bald in die Fabrik des Hotjuweliers Wagner und folgte schließlich einem Ruf an das Gewerbeinstitut, wo er vorwiegend Kopien antiker Statuen schuf. 1829 schnitt F. seinen ersten Medaillenstempel; er führte seine Werke zumeist in Edelstein und Elfenbein aus. Seit 1838 war er Lehrer für Metallgravur und Steinschnitt, seit 1855 Prof. an der Berliner Akademie der bildenden Künste. F. schuf Bronze-Medaillons (Goethe, 1827; Hegel, 1831), fürstliche Hochzeitsmedaillen und akademische Medaillons (u.a. Berliner Universität, 1860). m

AKL

Fischer, Johann Martin, Bildhauer, * 2. 11. 1740 Bebele bei Hopfen/Allgäu, t 27.4. 1820 Wien. F., Sohn eines Bauern, erlernte die Bildhauerkunst zunächst bei einem Dorfbildhauer und ging 1760 als Schüler Anton Tabotas nach Wien. Seit 1762 arbeitete er im Atelier Jakob Christoph —> Schletterers, war 1766/67 Gehilfe Franz Xaver —» Messerschmidts und trat 1771 in die KupferstecherAkademie ein. Seit 1785 Mitglied der Akademie der bildenden Künste in Wien, übernahm er im folgenden Jahr die dortige Professur für Anatomie sowie die stellvertretende Professur für Bildhauerei. 1815 wurde F. Rat und Direktor der Allgemeinen Rat- und Bildhauerschule. Im Stil des Klassizismus, verbunden mit der Dekorativität des Spätbarock, schuf er zahlreiche Brunnenfiguren, Statuen, Marmorbüsten und Grabmäler. Die vier Evangelistenfiguren auf dem Hochaltar der Michaeierkirche in Wien (1781), der Brunnen der Hygieia in Wien (1787) und der Mosesbrunnen (1798) zählen zu seinen Werken. OP AKL

Fischer, Johann Michael, Architekt, getauft 18.2.1692 Burglengenfeld (Oberpfalz), t 6 . 5 . 1 7 6 6 München. Bei seinem Vater, einem Stadtmaurermeister und Ratsherrn, zum Maurer ausgebildet, begab sich F. um 1715 auf Wanderschaft über Böhmen nach Brünn und arbeitete seit 1718/19 als Polier beim Münchner Stadtmaurermeister Johann —>Mayr. 1723 erhielt F. das bürgerliche Meisterrecht, war als Hofbaumeister mehrerer wittelsbachischer Fürsten hauptsächlich in Altbayern und Schwaben tätig und entwickelte sich zu einem Meister der bayerischen Sakralbaukunst des Spätbarock. Zu seinen Bauten zählen u. a. die Klosterkirche St. Anna im Lehel in München (1727-29), die ehemalige Benediktinerabteikirche in Rott/Inn (1759-63) sowie die von ihm vollendete Augustiner-Chorherren-Stiftskirche in D i e ß e n / A m m e r s e e (1732-39) und die ehemalige Benediktinerabtei in Ottobeuren (1748-55). CD AKL

Fischer, Johann Michael, Baumeister, * 17.5. 1720 Trappstadt bei Königshofen, f 10. 11.1788 Würzburg. F. war seit 1741 Mitarbeiter seines Lehrers Balthasar —» Neumanns beim Würzburger Residenzbau, bevor er die Laufbahn eines Ingenieuroffiziers einschlug und später

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Fischer Oberstleutnant wurde. 1746-51 war er als Bauleiter und Zeichner unter Johann Christoph David von Leger beim Stuttgarter Residenzbau, seit 1757 auch im Hochstift B a m berg tätig und wirkte seit 1760 als Hof- und Dombaumeister in Würzburg. F. schuf vorwiegend einschiffige Landkirchen im Stil Neumanns, u . a . die Ostfassade der St. Jakobskirche in Bamberg (1771), und errichtete Profanbauten wie den ehemaligen Husaren- und Gardistenbau in Würzburg (1775). Er stand an der Wende des mainfränkischen R o k o k o zum Frühklassizismus. CD A K L

Fischer,

Johann N e p o m u k (Georg Michael), Jesuit, Naturforscher, Astronom, * 5 . 3 . 1 7 4 9 Miesbach, f 2 1 . 2 . 1805 Würzburg. F., Sohn eines kurfürstlichen Vogteirichters, Bräuverwalters und Bürgermeisters, trat 1766 in die Gesellschaft Jesu ein. Er wirkte zeitweise als Regens im Kolleg zu N e u b u r g / D o n a u . 1779 gewann er die Preisfrage der Göttinger Sozietät Uber die Lichtbeugung. 1779-81 war F. a. o. Prof. für Mathematik und Astronomie an der Univ. Ingolstadt, 1781-86 Astronom an der Sternwarte in M a n n h e i m , 1786-99 Mitarbeiter Wilhelm —> Herschels an der Sternwarte in Greenwich. 1803 wurde er Prof. für Mathematik an der Univ. Würzburg. F. veröffentlichte u. a. De theoria et praxi astronomiae (1772). m

LMU

Fischer,

Johann N e p o m u k , Ophthalmologe, * 2 9 . 5 . 1 7 7 7 Rumburg (Böhmen), t 1 7 . 1 0 . 1 8 4 7 Prag. F. studierte Medizin an der Univ. Wien, ließ sich 1807 als Augenarzt in Prag nieder und operierte seit 1808 am dortigen Blindeninstitut. 1814 wurde er erster Leiter der in Prag neuerrichteten Augenheilanstalt und erhielt 1830 den Lehrstuhl f ü r Ophthalmologie an der Prager Universität. F. gilt als Begründer der modernen Augenheilkunde in B ö h m e n . Er veröffentlichte u . a . Klinischer Unterricht in der Augenheilkunde (1832) und Lehrbuch der gesamten Entzündungen und organischen Krankheiten des menschlichen Auges, seiner Schutz- und Hilfsorgane (1846).

Fischer,

Johannes, österr. Maler, * 2 1 . 9 . 1888 Feldsberg (Niederösterreich), f 13.12. 1955 Wien. F. studierte ohne Anschluß an der Univ. Wien Naturwissenschaften und Philosophie, bevor er die private Malschule von David —>Kohn und Anton - > H l á v a c e k besuchte und Studienreisen unternahm. Er zählte mit Porträts, Landschaften und Genreszenen zu den österr. Expressionisten um Egon —»Schiele, d e m er freundschaftlich verbunden war. 1925 wurde F. Mitglied des Hagenbundes und gehörte 1937-39 der Secession, seit 1939 dem Künstlerhaus an. Die Nationalsozialisten brandmarkten seine Werke 1938 in der Ausstellung „Entartete Kunst"; bis 1945 stand F. unter Malverbot. m

Josef Anton, Maler, * 2 8 . 2 . 1814 O b e r s t d o r f / Allgäu, t 2 0 . 3 . 1859 M ü n c h e n . F. erhielt seine Ausbildung seit 1830 als Schüler von Josef —» Schlotthauer und Heinrich Maria von Hess an der

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Fischer,

Joseph, österr. Kupferstecher, Maler, * 3 0 . 1 . 1769 Wien, t 5 . 9 . 1822 Wien. Der Sohn eines Zeltschneidermeisters studierte seit 1783 an der A k a d e m i e der bildenden Künste in Wien, schuf seit 1786 zahlreiche Stiche, Radierungen und Aquatintablätter und wurde 1793 zum k. k. Kammerkupferstecher ernannt. Seit 1797 Freiwilliger in der Wiener Kavallerie, wurde er Offizier und unternahm nach d e m Frieden von C a m p o Formio 1797 Reisen nach Ungarn, Galizien und in die Schweiz, auf denen zahlreiche Veduten entstanden. 1802 übersiedelte F. nach Paris und arbeitete an Kupferstichillustrationen zu Diderots Racine-Ausgabe (1801-05) sowie am Tafel werk Musée Français (1803-09). 1803 trat er in die Dienste des Fürsten Nikolaus II. —>Esterházy, mit d e m er nach London reiste, wo acht bedeutende Lithographien entstanden. 1804 vom Fürsten zum Inspektor seiner Bilder- und Kupferstichsammlung ernannt, übersiedelte F. mit ihr zunächst nach Eisenstadt, 1814 nach Wien. Dort wurde er 1815 Mitglied der Kunstakademie und a. o., 1821 o . P r o f . der Landschaftszeichnung und Radierung. c u AKL

Fischer,

Joseph, Sänger, Komponist, * 1780 Wien, t 9 . 1 0 . 1862 Mannheim. Der Sohn des Bassisten Ludwig —>F. erhielt eine Gesangsausbildung zum Baß-Bariton bei seinem Vater. 1801 debütierte er als erster Baß in M a n n h e i m , war 1804-06 am Württemberger Hoftheater engagiert, wo er auch als Regisseur wirkte, und unternahm eine Gastspielreise durch Frankreich sowie nach Stuttgart, Berlin und M ü n c h e n . 1810-18 stand er auf der Bühne der Berliner Hofoper und verbrachte sein weiteres Leben zum größten Teil in Italien, zuletzt als Impresario einer O p e r n b ü h n e in Palermo. Große Erfolge erzielte F. in den Partien des Osmin in der Entführung aus dem Serail, als Don Giovanni sowie als Figaro in der Hochzeit des Figaro. Als Komponist schrieb er vorwiegend Lieder und Kanzonen. • • Kutsch

AKL

F i s c h e r , Josef, Industrieller, * 11.7. 1912 Oberhausen, t 2 7 . 1 1 . 1978 Essen. Nach d e m Studium der Volkswirtschaft lebte F. von 1940 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs u. a. als Prokurist bei einem Stahl- und Maschinenbaukonzern in Wien und war nach der Rückkehr nach Deutschland auf Wunsch der Alliierten in der Deutschen Kohlen-Bergbau-Leitung tätig. Später wechselte er zur Altessener Bergwerks-AG, gehörte seit 1957 d e m Vorstand der Harpener Bergbau A G an und wirkte dort acht Jahre lang bis zu seinem Übertritt zu Hoesch in Dortmund, wo er die Leitung des Finanzbereiches übernahm. Seit 1973 Vorstandsvorsitzender der Hoesch Werke A G , trat F. 1976 in den Ruhestand, hatte aber weiterhin Aufsichtsratsmandate in einer Reihe von Wirtschaftsunternehmen inne.

Fischer,

A k a d e m i e der bildenden Künste in M ü n c h e n und nahm 1 8 3 2 / 3 3 an einer Studienreise nach Italien teil, w o er sich vorwiegend mit dem Stil der Nazarener beschäftigte. Nach München zurückgekehrt, schuf er eine Reihe von religiösen Gemälden, hielt sich 1 8 4 3 / 4 4 in R o m auf und malte im Auftrag der Fürstin Naryschkin eine Himmelfahrt Mariae in Öl. Ferner entstanden, unterbrochen von wiederholten krankheitsbedingten Schaffenspausen, u. a. eine große Grablegung Christi (1849) sowie Farbenkartons zu den Fensterbildern der Mariahilfkirche in der M ü n c h n e r Au und zu drei der fünf von König - » Ludwig I. gestifteten Kirchenfenster im Kölner Dom (ausgeführt von M a x Emanuel Ainmiller). m AKL

Fischer,

Joseph, Jesuit, Geographie- und Kartographiehistoriker, * 1 9 . 3 . 1 8 5 8 Quadrath bei Köln, t 26. 10.1944 Schloß Wolfegg (Württemberg). Der Sohn eines Dekorationsmalers studierte 1878-81 an den Universitäten Münster, M ü n c h e n und Innsbruck Philosophie und Theologie, trat 1881 in Exaten (Niederlande) in die Gesellschaft Jesu ein und begab sich zu weiteren Studien nach Ditton Hall (Großbritannien). Nach der Priesterweihe 1891 war er bis 1934 Lehrer für Geschichte und Geographie am G y m n a s i u m Stella Matutina in Feldkirch. Seit 1894 beschäftigte sich F. in seinen wissenschaftlichen Forschungen intensiv mit Ptolemäus und veröffentlichte die Ergebnisse seiner kartographischen Studienreisen nach Italien, Frankreich und England ( 1 9 0 3 / 0 4 und 1 9 0 9 / 1 0 ) in seinem Werk Claudii Ptolemaei geographiae codex Urbinas Graecus 82 (4 Bde., 1932). Zu seinen Publikationen gehören ferner Die Entdeckungen der Normannen in Amerika (1902) und Die älteste Karte mit dem Namen Amerika [...] (1903). DP Almanach Öst Akad, Jg. 83

Fischer Fischer,

(Heinrich) Karl (Joseph) von, auch Carl F., Architekt, * 1 9 . 9 . 1 7 8 2 Mannheim, t 1 2 . 2 . 1 8 2 0 M ü n c h e n . F., dessen Vater Kanzler des Fürsten von Bretzenheim war, studierte seit 1796 bei dem kurfürstlichen Hofarchitekten Maximilian von —> Verschaffelt in München, folgte ihm 1799 nach Wien und setzte seine Ausbildung bis 1806 an der dortigen A k a d e m i e der bildenden Künste fort. Seit 1803 leitete er den Bau des Prinz-Karl-Palais in M ü n c h e n . Seit 1806 auf einer von seinem Protektor Maximilian Joseph von —>Montgelas ermöglichten Studienreise nach Frankreich und Italien, wurde er 1808 Prof. an der A k a d e m i e der bildenden Künste in München sowie kgl. Baurat und Mitglied der Baukommission. Z u s a m m e n mit Friedrich L u d w i g von Sckell entwarf F. einen Generalplan zur Stadterweiterung Münchens und begann mit umfangreichen Bautätigkeiten. Die Anlage der Maxvorstadt mit der Briennerstraße als Hauptachse sowie zwölf Adelspalais zählen zu F.s Werk, dessen berühmtester Bau das 1812-18 entstandene Münchner Nationaltheater ist. Insbesondere gegen den zur gleichen Zeit in M ü n c h e n tätigen Leo von —»Klenze konnte sich F. nicht durchsetzen. m AKL

Fischer,

(Hermann) Karl, Hydrologe, * 1 1 . 3 . 1 8 6 8 Berlin, t 2 . 5 . 1 9 4 3 Berlin. Der Sohn eines Webermeisters studierte 1888-92 in Berlin, war bis 1896 Assistent am Preußischen Meteorologischen Institut, wurde 1897 mit der Arbeit Ueber die hydroaromatische Natur des Isophorons promoviert und wirkte als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Büro des Königlich Preußischen (Hoch-)Wasserausschusses. Seit 1902 war er an der Königlich Preußischen Landesanstalt f ü r Gewässerkunde als ständiger wissenschaftlicher Mitarbeiter im Ministerium der öffentlichen Arbeiten tätig. 1898, 1904 und 1907 entstanden seine Abhandlungen über die Hochwasser der Oder. Später beschäftigte sich F. vorwiegend mit Fragen des Wasserhaushalts der Flußgebiete sowie der Gebietsverdunstung. Er veröffentlichte u. a. Das Sommerhochwasser von Juli bis August 1897 im Oderstromgebiet (1898) und Ziele und Wege der Untersuchungen Uber den Wasserhaushalt der Flußgebiete (1936). 1940 wurde F. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . m NDB

Fischer,

Karl (Tobias), Physiker, * 1 8 . 1 . 1 8 7 1 Nürnberg, t 3 1 . 1 2 . 1953 München. Der Sohn eines Maschinenfabrikanten studierte 1889-93 Mathematik und Physik an der Univ. und T H München, wurde 1897 mit der Arbeit Die geringste Dicke von Flüssigkeitshüutchen promoviert und habilitierte sich im folgenden Jahr mit der Abhandlung Ein neues Barometer an der T H München. 1903-52 a. o.Prof., widmete er sich insbesondere der Förderung des mathematischnaturwissenschaftlichen Unterrichts und nahm Einfluß auf die Ausbildung der Physiklehrer. In seinen experimentellen Arbeiten beschäftigte sich F. u . a . mit Molekularphysik, der Wärmetheorie sowie magnetischen Messungen. 1923-36 und erneut nach dem Zweiten Weltkrieg war F. Leiter des Bayerischen Landesamtes für M a ß und Gewicht. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Neuere Versuche zur Mechanik der festen und flüssigen Körper (1902) und Der naturwissenschaftliche Unterricht, insbesondere in Physik und Chemie bei uns und im Auslande (1905). t u NDB

Fischer,

Karl, Schriftsteller, * 3 1 . 3 . 1 8 8 1 Berlin, t 1 3 . 6 . 1 9 4 1 Berlin. F., Sohn eines Geometers, gründete 1901 den „Wandervogel, Ausschuß für Schülerfahrten", der sich innerhalb weniger Jahre zu einer Schülerbewegung entwickelte, in der zunehmend weltanschauliche Probleme diskutiert wurden. 1904 legte F. die Führung nieder und gründete im selben Jahr

den „Altwandervogel", aus dem er 1906 austrat. Das Studium der Rechtswissenschaften brach F. ebenso wie 1902 das der Sinologie ab, ging als Freiwilliger zum Seebataillon nach Tsingtau und war anschließend bei der deutschsprachigen Monatsschrift „Ostasiatischer L l o y d " in Shanghai tätig. 1914 geriet er in japanische Kriegsgefangenschaft. Seit 1920 wieder in Deuschland, lebte er als freier Schriftsteller in Berlin. CD N D B

Fischer,

Karl Heinrich, Bergmann, * 1.6. 1857 Colditz (Sachsen), t 14. 1.1939 Freiberg (Sachsen). V., dessen Vater Apotheker in Colditz, dann Hofapothekers in Dresden war, Schloß 1887 das Studium an der Bergakademie in Freiberg als Bauingenieur und Markscheider ab, erhielt eine praktische Ausbildung und war bei den staatlichen Erzbergwerken in Freiberg tätig, seit 1892 als deren Oberdirektor. Seit 1906 Geheimer Bergrat, wurde er 1908 Vortragender Rat im sächsischen Finanzministerium, 1921 Geheimer Rat und Dirigent der II. Abteilung des Finanzministeriums mit d e m Titel eines Oberberghauptmanns. 1924 trat F. in den Ruhestand, wirkte jedoch noch bis 1930 als Staatlicher Kommissar f ü r die Sächsischen Blaufarbenwerke sowie als Aufsichtsratsmitglied der von ihm gegründeten Aktiengesellschaft Sächsische Werke und der Gewerkschaft „Gottes Segen". m NDB

Fischer,

Karl Philipp, Philosoph, * 5. 3 . 1 8 0 7 Herrenberg (Württemberg), t 2 5 . 2 . 1 8 8 5 Winnenthal (Württemberg). Zunächst Apothekerlehrling, studierte F., Sohn eines Amtssubstituten, 1825-31 Theologie und Philosophie an den Universitäten Tübingen und München. Seit 1834 Privatdozent in Tübingen (Habilitationsschrift: Die Freiheit des menschlichen Willens im Fortschritte ihrer Momente), wurde er gefördert von Ferdinand Christian —» Baur - 1837 a. o. Prof. der praktischen Philosophie und lehrte 1841-77 als o . P r o f . an der Univ. Erlangen Logik, Metaphysik und Religionsphilosophie. Seit 1879 lebte er nervenkrank in der Anstalt Winnenthal. Ausgehend von der Philosophie - » Hegels, bildete F. unter dem Einflüssen von —> Schelling und —> Baader seine theologisch motivierte Religionsphilosophie weiter und entwickelte sich zu einem spekulativen Theisten. Er veröffentlichte u. a. Die Idee der Gottheit. Ein Versuch, den Theismus spekulativ zu begründen und zu entwickeln (1839) und Grundzüge des Systems der Philosophie oder Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften (4 Bde., 1848-54). DD R G G

Fischer,

Kilian, auch Vischer, Piscator, Buchdrucker, * 15. Jh. Der aus Ingelfingen stammende F. erhielt wahrscheinlich in Basel eine Ausbildung zum Drucker, übersiedelte nach Freib u r g / B r e i s g a u und gründete dort 1 4 9 1 / 9 2 die erste Druckerei. Der einzige hier entstandene voll firmierte Druck war die Ausgabe der Sententiarum libri IV des Petrus Lombardus mit einem Kommentar des Bonaventura, der wohl kurz nach d e m 2 . 5 . 1 4 9 3 vollendet wurde. Spätestens 1495 verließ F. Freiburg und ließ sich in Offenburg nieder, wo er Robert Caracciolus' Quadragesimale de peccatis druckte. 1497-99 war F. in Basel tätig, erwarb das Bürgerrecht und wurde wegen Schulden 1511 gerichtlich belangt, c u L G B

Fischer,

(Ernst) Kuno (Berthold), Pseud. Frank, Philosoph, * 2 3 . 7 . 1824 Sandewalde (Kr. Guhrau, Schlesien), t 5 . 7 . 1 9 0 7 Heidelberg. Der Sohn eines Pastors und Superintendenten studierte seit 1844 Philologie in Leipzig, wechselte im folgenden Jahr an die Univ. Halle, wo er sich als Schüler Johann Eduard —> Erdmanns vorwiegend mit Philosophie beschäftigte, und wurde 1847 promoviert (De Platonico Parmenide, 1849). Anschließend als Hauslehrer in Pforzheim tätig, habilitierte sich F. 1850 in Heidelberg und veröffentlichte 1852 den

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Fischer ersten Band seiner wegweisenden Geschichte der neuern Philosophie (4 Bd., 1852-60; Neue Gesamtausgabe, 8 Bde., 1882-95; Jubiläumsausgabe 10 Bde., 1897-1904; Nachdr. 10 Bde., 1973), in der er die historische Entwicklung der Philosophie als einen Prozeß fortschreitender Selbsterkenntnis sah. 1852 erschien außerdem sein Buch Logik und Metaphysik oder Wissenschaftslehre (2. Aufl. unter dem Titel System der Logik und Metaphysik oder Wissenschaftslehre, 1865, '1909; Neuausg. 1998, hrsg. und eingeleitet von Hans-Georg - » Gadamer). 1853 geriet F. in den Verdacht theologischpolitischer Radikalität, weshalb ihm die Lehrerlaubnis entzogen wurde. 1855 habilitierte er sich in Berlin, ging 1856 als o.Prof. nach Jena und kehrte 1872 nach Heidelberg zurück, wo er 1904 emeritiert wurde. Seine 1860 erschienene Arbeit über —>Kant (Kant's Leben und die Grundlagen seiner Lehre, 2 1906) zählt zu den Grundlagen des Neukantianismus. Mit Publikationen u.a. über —>Goethe, —>Schiller, —> Lessing und Shakespeare machte sich F. auch als Literarhistoriker einen Namen. CD Enz Phil Wiss F i s c h e r , Kurt, Politiker, * 1.7. 1900 Halle, t 20.7. 1950 Bad Colberg. F., Sohn eines Schneiders und einer Fabrikarbeiterin, Schloß sich 1917 dem Spartakusbund an, wurde 1919 Mitglied der KPD, beteiligte sich an den bewaffneten Kämpfen in Mitteldeutschland, konnte dann seine Ausbildung am Lehrerseminar in Merseburg nicht fortsetzen und ging 1921 nach Rußland, wo er an deutschsprachigen Schulen unterrichtete. Seit 1923 wieder in Deutschland, wandte er sich journalistischer Tätigkeit zu und war Redakteur des „Ruhr-Echos" in Essen, später als Mitarbeiter im Zentralpressedienst der Kommunistischen Partei in Berlin tätig. 1924 ging F. in die UdSSR, wurde Mitglied der KPdSU, studierte 1928-32 an der Militärakademie in Moskau und arbeitete 1932-39 als Agent des sowjetischen Nachrichtendienstes GRU. 1942/43 war er Dozent an der Univ. Kasan. Im Mai 1945 kehrte er nach Deutschland zurück, amtierte bis Juli als Dresdner Oberbürgermeister, anschließend bis 1948 als Vizepräsident der Landesverwaltung Sachsen; seit 1946 war er Landtagsabgeordneter und stellvertretender Ministerpräsident sowie Innenminister der sächsischen Regierung. 1948 wurde F. Präsident der Zentralverwaltung für Inneres (seit 1949 Verwaltung der deutschen Volkspolizei). DD DDR F i s c h e r , Laurenz (Martin) Hannibal (Christian), Politiker, * 7 . 4 . 1784 Hildburghausen (Thüringen), f 8. 11. 1867 Rödelheim bei Frankfurt/Main. Der Sohn eines Amtmanns und Hofadvokaten studierte 1802-04 Rechtswissenschaften an der Univ. Göttingen und ließ sich als Rechtsanwalt in Hildburghausen nieder. 1825 trat er in den leiningenschen, 1830 in den oldenburgischen Staatsdienst ein und wirkte bis 1848 als Regierungspräsident in Birkenfeld/Nahe. 1852/53 übernahm F. das Amt des Bundeskommissars für die Auflösung der 1848 geschaffenen deutschen Flotte. Als Kabinettsminister im Fürstentum Lippe (1853-55) führte er die Verfassung von 1836 wieder ein und setzte u.a. die Gleichberechtigung der Konfessionen durch. Von Fürst Leopold III. von Lippe-Detmold aus nichtigem Anlaß entlassen, führte F. ein ruheloses Wanderleben und starb völlig verarmt. Er veröffentlichte eine Reihe von politischen Schriften, in denen er sich polemisch gegen liberale Ideen wandte, u.a. Des deutschen Volkes Not und Klage (1845), Der teutsche Adel in der Vorzeit, Gegenwart und Zukunft [...] (2 Bde., 1852) und Politisches Martyrthum, eine Criminalgeschichte mit Actenstücken (1855). F. war der Vater des Juristen und Politikers Wilhelm —»F. CD Oldenburg

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F i s c h e r , Lothar, Bildhauer, * 8.11. 1933 Germersheim, t 15.6.2004 Baierbrunn bei München. Der Sohn eines Bildhauers und einer Malerin studierte 1952-58 an der Akademie der Bildenden Künste in München, gründete 1958 mit den Malern Heimrad —»Prem, Helmut Sturm und Hans-Peter —> Zimmer die Künstlergruppe „Spur" und gehörte 1965/66 der Gruppe „Geflecht" an. 1960 erhielt F. ein Romstipendium der Arnold'schen Stiftung, 1961 ein Stipendium der Villa Massimo in Rom. 1963-94 war er Mitglied des Deutschen Künstlerbundes; 1975-97 lehrte er als Prof. an der Hochschule der Künste in Berlin. F. zählt zu den bedeutendsten figurativen deutschen Bildhauern des 20. Jahrhunderts. Seine Arbeiten, vor allem in Bronze- und Eisenguß, aber auch in Gips und Styropor, zeigen die abstrahierte menschliche Figur sowie Reiter und Pferde in einer unverwechselbaren Formensprache. F. wurde 1991 Mitglied der Bayerischen Akademie der schönen Künste. Er veröffentlichte u.a. Zur Kunst aus bildnerischer Sicht (2001). 2004 eröffnete die Stadt Neumarkt in der Oberpfalz das Museum Lothar Fischer, in dem ein großer Teil seiner Werke und seines Nachlasses ausgestellt ist. m A KL F i s c h e r , (Johann Ignaz Karl) Ludwig (Franz Josef), Sänger, * 18.8. 1745 Mainz, t 10.7. 1825 Berlin. F., Sohn eines Mehlhändlers, studierte Theologie und Rechtswissenschaften, war seit 1761 als Sänger am Mainzer Hof tätig und Schloß seine Gesangsausbildung als Schüler des Tenors Anton —> Raaff in Mannheim ab. Wahrscheinlich 1772 debütierte er am dortigen Hoftheater in der Oper La Fiera di Venezia von —> Salieri, unterrichtete 1775 am Seminario musico und wechselte vom Buffo- ins Baßfach. 1778 ging F. mit dem Mannheimer Hof nach München, erhielt 1780 ein Engagement am Wiener Hoftheater, Schloß Freundschaft mit —»Mozart und sang die Partie des Osmin in der Uraufführung der Entführung aus dem Serail, die Mozart im Hinblick auf ihn komponiert hatte. Nach seiner Entlassung in Wien trat F. 1783 in Paris auf, anschließend auf den größten Bühnen Italiens und kehrte 1785 nach Deutschland zurück, wo er sich zunächst am Hof des Fürsten T h u m und Taxis in Regensburg niederließ. 1789 folgte F. einem Ruf an die Kgl. Oper Berlin und war dort bis zu seinem Bühnenabschied 1815 zu hören. Er war der Vater von Joseph —>F. en

MGG

F i s c h e r , (Emanuel Friedrich) Ludwig, schweizer. Apotheker, Botaniker, * 31. 1.1828 Bern, t 21.5. 1907 Bern. Der Sohn eines Postdirektors durchlief 1846-48 eine Apothekerlehre in Besigheim, arbeitete bis 1849 als Gehilfe in einer Apotheke in Bern und Schloß das Studium der Pharmazie in Genf und Bern 1851 mit dem Staatsexamen ab. Anschließend wandte sich F. der Botanik zu, studierte in Jena, Berlin und Zürich und wurde 1852 mit der Arbeit Beiträge zur Kenntnis des Nostochaceen und Versuch einer natürlichen Eintheilung derselben promoviert. Seit 1853 Privatdozent an der Univ. Bern, wurde er 1860 zum a. o. Prof. und Direktor des neuen Botanischen Gartens in Bern, 1863 zum o. Prof. für Botanik ernannt. Nach seiner Emeritierung 1897 wirkte er bis zu seinem Tod als Honorarprofessor an der Univ. Bern. F. beschäftigte sich vor allem mit der Pflanzenkunde Berns und des Berner Oberlandes und insbesondere den Kryptogamen und Phanerogamen (u. a. Verzeichniss der Phanerogamen und Gefässkryptogamen des Berner Oberlandes und der Umgebung von Thun, 1862). Sein Bestimmungsbuch Taschenbuch der Flora von Bern ( 1855) erschien bis 1944 unter dem Titel Flora von Bern in insgesamt zehn Auflagen. F. war Ehrenmitglied der Naturforschenden Gesellschaften

Fischer Fischer,

Ludwig Hans, österr. Maler, Archäologe, Ethnologe, * 2 . 3 . 1 8 4 8 Salzburg, t 2 4 . 4 . 1 9 1 5 Wien. Nach d e m Studium an der A k a d e m i e der bildenden Künste in Wien (u. a. bei Eduard —» Peithner von Lichtenfels) lebte F. 1875-77 in R o m , seit 1879 in Wien und unternahm Studienreisen bis nach Nordafrika und Ostasien. 1885 gehörte er zu den Gründern des Aquarellistenklubs. F. schuf Lithographien, Wandbilder (acht orientalische Motive für die Hochparterre-Säle des Naturhistorischen M u s e u m s Wien), Entwürfe für Prägungen der Numismatischen Gesellschaft, beschäftigte sich mit Ethnologie und Urgeschichte und war als Reiseschriftsteller tätig. Er veröffentlichte u . a . Die Technik der Aquarell-Malerei (1888) und Die Technik der Ölmalerei (1898). m A KL

Fischer,

Manfred, Manager, * 19.7. 1933 Finnentrop, t 1 3 . 4 . 2 0 0 2 München. F. studierte seit 1954 an der Univ. Köln Betriebswirtschaftslehre, legte 1959 die Diplomprüfung ab und wurde 1965 an der Univ. Münster mit der Arbeit Absatzplanung im Verlagsbuchhandel promoviert. Seine berufliche Laufbahn begann er 1958 bei Bertelsmann in Gütersloh, wurde 1961 mit der Leitung der Steuerabteilung beauftragt und war seit 1971 Vorstandsmitglied des in eine Aktiengesellschaft umgewandelten Unternehmens, verantwortlich f ü r die Hauptverwaltung sowie die Bereiche Film, Fernsehen und Musik. Nachd e m Bertelsmann mehrheitlichen Anteil an der Hamburger Gruner + Jahr A G erworben hatte, wurde F. 1974 Vorsitzender von deren Vorstand, weitete das Betätigungsfeld auf den spanischen, französischen und amerikanischen Markt aus und ließ die Firma Gruner Druck in Itzehoe umfassend modernisieren. G e m e i n s a m mit Henri —»Nannen gründete er 1979 die Gruner + Jahr-Journalistenschule. Seit 1977 erneut Mitglied des Vorstandes der Bertelsmann A G , wurde F. 1981 in der Nachfolge von Gerd Schulte-Hillen Vorstandsvorsitzender. Nach Differenzen mit Reinhard M o h n schied er 1983 aus dem Unternehmen aus, übernahm 1984 den Vorstandsvorsitz der Dornier G m b H , Friedrichshafen, den er im folgenden Jahr wieder abgab und beteiligte sich 1987 an den Filmproduktionsfirmen Alcor Film G m b H und E C M G m b H . CD Munzinger

Fischer,

Marie Louise, Pseud. Katja Holm, Marie Louise Kernmayr, Kirsten Lindstroem, Dr. Christoph Vollmer, Schriftstellerin, * 2 8 . 1 0 . 1922 Düsseldorf, t 2 . 4 . 2 0 0 5 Prien/Chiemsee. F., Tochter eines Kaufmanns, studierte seit 1941 Germanistik, Theaterwissenschaften und Kunstgeschichte in Köln, arbeitete zwischenzeitlich als Dramaturgin am Deutschen Theater in Saarbrücken und setzte ihr Studium in München und Prag fort. 1946 kehrte sie nach Düsseldorf zurück und betätigte sich als Schriftstellerin. Nach Kurzgeschichten erschien 1951 mit Zerfetzte Segel ihr erster R o m a n , dem mehr als 85 Unterhaltungs- und Kriminalromane folgten. F. verfaßte außerdem Jugend- und Sachbücher sowie den historischen R o m a n Das Dragonerhaus (1977). Sie war seit 1956 mit dem Schriftsteller Gustav Johann —> Kernmayr verheiratet. m DLL, 20. Jh.

Fischer,

Marthe Renate (Auguste), Schriftstellerin, * 1 7 . 8 . 1 8 5 1 Zielenzig (Mark Brandenburg), t 1 7 . 6 . 1 9 2 5 Rudolstadt (Thüringen). Die aus der Mark Brandenburg stammende Tochter eines Gutsbesitzers übersiedelte A n f a n g der achtziger Jahre nach F r a n k f u r t / O d e r und wandte sich einer schriftstellerischen Tätigkeit zu. In ihren zahlreichen Romanen und Erzählungen, darunter Das Patenkind (1907) und Die aus dem Drachenhaus (1910), schildert sie vorwiegend das thüringische

Volksleben. F. war später in Berlin-Schöneberg ansässig, übersiedelte 1898 nach Seehausen (Sachsen), später nach Saalfeld, F r a n k f u r t / O d e r und Rudolstadt. m D L L , 20. Jh.

Fischer,

Martin, Diplomat, * 1 3 . 4 . 1 8 8 2 Gernrode (Anhalt), t 2 3 . 1 . 1 9 6 1 Hamburg. Der Pastorensohn studierte 1901-04 in Lausanne, Berlin und Halle Jura, Englisch, Französisch und Chinesisch und wurde 1905 Referendar im anhaltinischen Justizdienst. 1907 trat er in den diplomatischen Dienst ein und war bis 1909 an der Botschaft in Peking, dann bis 1917 bei verschiedenen Konsulaten in China tätig. Seit 1918 kommissarischer Leiter des Konsulats in Bergen (Norwegen), arbeitete er 1920-25 am Generalkonsulat in Kristiania (heute Oslo) und war 1926 Konsul in Mukden. 1926 kehrte er als Gesandtschaftsrat nach Peking zurück, wurde 1931 Botschaftsrat, trat 1935 in die N S D A P ein und übernahm 1937 die kommissarische Leitung des Generalkonsulats Shanghai. Seit 1939 war F. Generalkonsul in Shanghai, 1 9 4 1 / 4 2 auch Gesandter in Nanking. 1944 in den Ruhestand versetzt, kehrte F. 1947 nach Deutschland zurück und war 1953-57 wieder im Auswärtigen Dienst tätig. Seit 1957 widmete er sich Aufbau und Leitung des Instituts für Asienkunde in Hamburg. 1968 erschien Szetschuan. Diplomatie und Reisen in China während der letzten drei Jahre der Kaiserzeit. Aus den Papieren des Gesandten Martin Fischer. Mit einem Anhang: 40 Jahre deutsche China-Politik (bearb. von Sigrid Fischer und Hartmut Zelinsky). m BHdAD

Fischer,

Martin, evang. Theologe, * 9 . 8 . 1 9 1 1 Magdeburg, t 3 . 3 . 1 9 8 2 Berlin. F. studierte in Greifswald, Berlin und Halle. Nach dem theologischen Staatsexamen 1934 war er illegal Vikar, dann Pastor der Bekennenden Kirche. 1935 wurde er Reisesekretär der Deutschen Christlichen Studentenvereinigung, 1936 Leiter des Theologiestudentenamtes der Bekennenden Kirche. F. gehörte zu den Begründern der Kirchlichen Hochschule in Berlin, an der er seit dem Herbst 1945 Dozent f ü r praktische Theologie und 1950-70 o . P r o f . war. 1970-75 Präsident der Kirchenkanzlei der Evangelischen Kirche der Union, gehörte er 1967-79 der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche Berlin (West) an. F. war 1960-70 Herausgeber und Schriftleiter der „Göttinger Predigtmeditationen", bis 1982 Mitherausgeber von „Pastoraltheologie. Wissenschaft und Praxis" und seit 1968 im Herausgeberkreis der „Evangelischen K o m mentare". m RGG

Fischer,

M a x (Gustav Theodor Alexander), evang. Theologe, * 29. 10. 1847 Großläswitz bei Liegnitz (Schlesien), t 1 7 . 1 2 . 1 9 1 5 Berlin. F., Sohn eines Lehrers, wirkte nach der theologischen Ausbildung als Pfarrer in verschiedenen schlesischen Gemeinden, 1893-1913 an St. Markus in Berlin. Er war Mitherausgeber der „Protestantischen Kirchenzeitung" und der Verhandlungen des fünften Weltkongresses für freies Christentum und religiösen Fortschritt (1910). Von —> Schleiermacher beeinflußt, über den er eine Biographie veröffentlichte, vertrat F. eine idealistische Theologie, die ihn zum kirchlichen Liberalismus führte. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Die Wahrhaftigkeit in der Kirche (1900) und Die Religion und das Leben (1908). m NDB

Fischer,

M a x (Wilhelm Conrad), Industrieller, * 9 . 9 . 1857 Coburg, t 19.7. 1930 Jena. F., Sohn eines coburgischen Rentamtskommissars, durchlief eine Lehre in einer mechanischen Weberei. 1877 arbeitete er als Buchhalter und Korrespondent in der nordböhmischen Stadt Haida. Nach Aufenthalten in Basel, Newcastle

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Fischer on Tyne, L o n d o n und Paris war er seit 1888 als f r a n z ö s i scher K o r r e s p o n d e n t der H ö c h s t e r F a r b w e r k e tätig. Seit 1890 k a u f m ä n n i s c h e r D i s p o n e n t bei Carl —» Zeiss in Jena, w u r d e F. 1892 P r o k u r i s t und f o l g t e 1895 d e m R u f E r n s t Abbes in d i e G e s c h ä f t s l e i t u n g der F i r m a . Seit 1907 war F. B e v o l l m ä c h t i g t e r der C a r l - Z e i s s - S t i f t u n g und hatte bis 1926 d i e k a u f m ä n n i s c h e O r g a n i s a t i o n d e s U n t e r n e h m e n s inne. OD N D B

Fischer,

M a x , A g r a r w i s s e n s c h a f t l e r , * 1 4 . 3 . 1858 S c h m a n n e w i t z bei D a h l e n , t 1 2 . 9 . 1 9 1 3 BerlinLichterfelde. 1876-88 als L a n d w i r t tätig, studierte F. a n s c h l i e ß e n d A g r a r w i s s e n s c h a f t an der U n i v . H a l l e u n d w a r 1890-93 A s s i stent a m L a n d w i r t s c h a f t l i c h - P h y s i o l o g i s c h e n L a b o r a t o r i u m d e s dortigen L a n d w i r t s c h a f t l i c h e n Instituts. N a c h d e r erf o l g t e n P r o m o t i o n z u m Dr. phil. 1892 (Die wirtschaftlich werthvollen Bestandteile insbesondere die stickstoffhaltigen Verbindungen im Roggenkorn unter dem Einfluß der Düngungsweise, der Jahreswitterung und des Saatgutes) war er 1893-96 erster B e a m t e r f ü r Tierzucht an der L a n d w i r t s c h a f t s k a m m e r in Halle und habilitierte sich 1895. 1896 w u r d e er a. o . P r o f . an der U n i v . Leipzig, 1901 a. o . P r o f . f ü r L a n d w i r t s c h a f t an d e r U n i v . Halle. D a n e b e n war F. als C h e f r e d a k t e u r der „Illustrierten l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n Zeit u n g " tätig.

Fischer,

M a x , Psychiater, * 2 5 . 6 . 1862 P f o r z h e i m , t 8 . 7 . 1940 Berlin. F., S o h n eines Bezirksarztes, studierte in H e i d e l b e r g und M ü n c h e n M e d i z i n , w a r n a c h der Dissertation 1889 in M ü n c h e n ( Z u r Kenntnis der Hämophilie) als A s s i s t e n z a r z t a m Städtischen K r a n k e n h a u s in K a r l s u h e , seit 1889 in der A n s t a l t Illenau, seit 1894 in der Heil- u n d Pflegenastalt E m m e n d i n g e n und seit 1898 w i e d e r in Illenau tätig, w o er 1900 Anstaltsarzt und 1902 O b e r a r z t w u r d e . 1904 w u r d e er z u m D i r e k t o r der n e u e r ö f f n e t e n Anstalt W i e s l o c h bei Heidelberg, 1905 z u m M e d i z i n a l r a t u n d 1917 z u m G e h e i m e n M e d i zinalrat ernannt. Seit 1927 arbeitete F. a m K a i s e r - W i l h e l m Instiut f ü r A n t h r o p o l o g i e in B e r l i n - D a h l e m . 1934 w u r d e er z u m beratenden P s y c h i a t e r der R e i c h s f a c h g e m e i n s c h a f t zur B e k ä m p f u n g des A l k o h o l i s m u s g e w ä h l t . F. b e s c h ä f t i g t e sich mit F r a g e n der E r b b i o l o g i e , E u g e n i k , A l k o h o l i s m u s , Soz i a l h y g i e n e und I r r e n f ü r s o r g e und v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Wirtschaftliche Zeitfragen aus dem Gebiete der Irrenfürsorge (1901), Der Schutz der Geisteskranken in Person und Eigentum (1902), Laienwelt und Geisteskranke (1903), Denkschrift Uber den Stand der Irrenfürsorge in Baden (1909), Der Alkoholmißbrauch (1929) und Die Vererbung der Geisteskrankheiten ( 1 9 3 1 , a u c h 1933). F i s c h e r , M a x (David), Journalist, Publizist, * 1 1 . 5 . 1893 B r e s l a u , t 2 1 . 5 . 1954 N e w York. F., S o h n eines K a u f m a n n s , Schloß d a s S t u d i u m der Philosophie, Volkswirtschaft, G e s c h i c h t e , P h i l o l o g i e und V ö l k e r k u n d e an den Universitäten Berlin, H e i d e l b e r g und M ü n c h e n 1917 in H e i d e l b e r g mit der P r o m o t i o n z u m Dr. phil. a b (Heinrich von Treitschkes Anschauungen über Wesen und Gegenstand der Geschichte), war nach a u s g e d e h n t e n R e i s e n als J o u r n a l i s t in d e n N i e d e r l a n d e n u n d M ü n c h e n tätig, w o bei er u. a. f ü r d i e Z e i t s c h r i f t „ H o c h l a n d " schrieb. Seit 1925 A u s l a n d s k o r r e s p o n d e n t und H e r a u s g e b e r der Berliner „ D e u t schen A l l g e m e i n e n Z e i t u n g " , erhielt er 1933 S c h r e i b v e r b o t u n d e m i g r i e r t e 1937 in d i e U S A , w o er bis 1953 als Leitartikler der „ N e w Yorker S t a a t s z e i t u n g " und des „ H e r o l d " arbeitete. D a n e b e n w a r er seit 1948 D o z e n t f ü r G e s c h i c h t e und v e r g l e i c h e n d e L i t e r a t u r w i s s e n s c h a f t an d e r N e w S c h o o l f o r Social R e s e a r c h in N e w York. F. w a r k o r r e s p o n d i e r e n d e s M i t g l i e d der D e u t s c h e n A k a d e m i e f ü r S p r a c h e und Literatur D a r m s t a d t und v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Das Weltbild Dantes (1921). CD L e x dt-jüd A u t o r e n

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Fischer,

M a x Heinrich, Physiologe, * 2 5 . 5 . 1 8 9 2 G a b l o n z , f 2 8 . 1 1 . 1971 S c h w a r z a c h im P o n g a u (Salzburg). Das M e d i z i n s t u d i u m an der P r a g e r D e u t s c h e n U n i v . s c h l o ß F. 1918 mit der P r o m o t i o n z u m Dr. m e d . ab, w a r bis 1928 als A s s i s t e n t a m dortigen P h y s i o l o g i s c h e n Institut tätig und habilitierte sich 1923 f ü r dieses F a c h . 1928 w u r d e er a. o. Prof. und Vorstand der L e h r k a n z e l f ü r P h y s i o l o g i e und A n a t o m i e an der L a n d w i r t s c h a f t l i c h e n A b t e i l u n g der D e u t s c h e n T H in P r a g , 1930 A b t e i l u n g s v o r s t a n d f ü r P h y s i o l o g i e a m KaiserW i l h e l m - I n s t i t u t f ü r H i r n f o r s c h u n g in Berlin, w o er bis zu seiner E n t l a s s u n g 1936 wirkte. Seit 1933 w a r er M i t g l i e d der S A ; sein A n t r a g auf M i t g l i e d s c h a f t in der N S D A P w u r d e 1934 o f f e n b a r abgelehnt. N a c h 1936 praktizierte F. als A r z t in Berlin und w u r d e 1948 a . o . , 1949 o . P r o f . an der Freien U n i v . Berlin. Sein w i s s e n s c h a f t l i c h e s H a u p t i n t e r e s s e galt der P h y s i o l o g i e der N e r v e n und S i n n e s o r g a n e . F. v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Kalziumstoffwechselstörungen bei Menschen und Tieren (1959) und Immunologische und allergische Fragen bei der Brucellose und Tuberkulose (1961). CD Arzte 2, 3

Fischer,

M i c h a e l G o t t h a r d , Dirigent, K o m p o n i s t , M u s i k e r , * 3 . 6 . 1773 A l a c h bei E r f u r t , t 12. 1. 1829 E r f u r t . F. s a n g bereits als E l t j ä h r i g e r i m E r f u r t e r K u r r e n d e c h o r , besuchte das dortige L e h r e r s e m i n a r u n d w u r d e von J o h a n n Christian —»Kittel unterrichtet. A n s c h l i e ß e n d ü b t e F. ein i g e J a h r e das L e h r a m t in J e n a aus, k e h r t e als O r g a n i s t an der B a r f ü ß e r k i r c h e und Dirigent d e r E r f u r t e r W i n t e r k o n z e r t e zurück und w u r d e 1809 O r g a n i s t der P r e d i g e r k i r c h e . 1816 ü b e r n a h m F. d i e Stelle e i n e s O r g e l p ä d a g o g e n a m E r f u r ter L e h r e r s e m i n a r . E r k o m p o n i e r t e zahlreiche O r g e l w e r k e , Streichquartette, K l a v i e r k o n z e r t e und e i n e S y m p h o n i e . CD M G G

Fischer,

Nikolaus Wolfgang, Mediziner, Chemiker, * 1 5 . 1 . 1782 G r o ß - M e s e r i t z ( M ä h r e n ) , t 1 9 . 8 . 1850 Breslau. F. studierte an den U n i v e r s i t ä t e n Prag, B r e s l a u und Berlin, w u r d e 1806 in Breslau p r o m o v i e r t und praktizierte dort seit 1807 als Arzt. Seit 1808 hielt er d a n e b e n c h e m i s c h e Vorl e s u n g e n , habilitierte sich 1812 in Breslau f ü r C h e m i e (De modis arsenici detegendi) und w u r d e dort im selben J a h r a. o., 1814 o . P r o f e s s o r . F. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Über die chemische Reagentien (1816), Versuche zur Berichtigung und Erweiterung der Chemie (1816) und Chemische Untersuchung der Heilquellen zu Salzbrunn in Schlesien angestellt in den Jahren I8I4 und 1815 (1821). CD Ä r z t e Schlesien

Fischer,

O s k a r , Psychiater, * 1 2 . 4 . 1876 S c h l a n ( B ö h m e n ) , t 2 . 3 . 1942 K o n z e n t r a t i o n s l a g e r T h e r e s i e n s t a d t . F. s c h l o ß d a s M e d i z i n s t u d i u m in P r a g mit der P r o m o tion a b und w a r seit 1902 Assistent an der PsychiatrischN e u r o l o g i s c h e n Klinik der D e u t s c h e n U n i v . in Prag. 1906 habilitierte er sich f ü r Psychiatrie und N e u r o l o g i e , w u r d e 1917 z u m a. o. P r o f . e r n a n n t und war d a n e b e n seit e t w a 1920 a m S a n a t o r i u m f ü r N e r v e n k r a n k e mit g e s c h l o s s s e n e r Abteilung f ü r G e i s t e s k r a n k e i m S c h l o ß W e l e s l a w i n bei P r a g tätig. F. b e s c h r i e b A n f a n g des 19. Jh. e t w a gleichzeitg m i t A l o i s —> A l z h e i m e r d i e n a c h d i e s e m b e n a n n t e D e m e n z e r k r a n k u n g (Die presbyophrene Demenz, deren anatomische Grundlage und klinische Abrengung, 1910) und v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Experimente mit Raphael Schermann. Ein Beitrag zu den Problemen der Graphologie, Telepathie und des Hellsehens (1924).

Fischer,

Otto, B e a m t e r , * 2 1 . 1 . 1 8 4 6 L a u s i c k , t 2 1 . 3 . 1 9 1 5 Berlin. Seit 1897 w a r F. M i n i s t e r i a l d i r e k t o r im sächsischen M i n i s t e r i u m d e s I n n e r n u n d trat als stellvertretender B e v o l l m ä c h tigter S a c h s e n s z u m B u n d e s r a t ( 1 9 0 3 - 0 9 ) i m R e i c h s t a g als G e g e n s p i e l e r d e r S o z i a l d e m o k r a t e n auf. Seit 1880 leitete er

Fischer die von ihm gegründete „Zeitschrift für Praxis und Gesetzgebung der Verwaltung, zunächst für das Königreich Sachsen". F. veröffentlichte Das Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Deutschen Reichs und des Königreichs Sachsen (1880, " 1 9 0 7 ) . F i s c h e r , Otto, Chemiker, * 28. 11. 1852 Euskirchen, t 4 . 4 . 1932 Erlangen. Der Sohn eines K a u f m a n n s und Fabrikanten studierte an den Universitäten Berlin, Bonn, Straßburg und M ü n c h e n Chemie, wurde 1874 in Straßburg mit der Arbeit Ueber Verbindungen von Chloral und Aldehyd mit Toluol unter Austritt von Wasser promoviert und habilitierte sich 1878 in München, w o er bis 1884 als Assistent und Privatdozent tätig war. 1885 wurde F. o.Prof. der C h e m i e und Leiter des Chemischen Laboratoriums der Univ. Erlangen, wo er bis zu seiner Emeritierung 1925 lehrte. Seit 1885 war er korrespondierendes Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften in München. In seinen zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigte sich F. vorwiegend mit Teerfarbstoffen und Alkaloiden. DP Poggendorff 4 F i s c h e r , Otto, Jurist, * 3 0 . 3 . 1 8 5 3 Lüdenscheid (Westfalen), t L 12.1929 Breslau. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Bonn, Heidelberg und Marburg war F., Sohn eines Rechtsanwalts und Notars, im preuß. Justizdienst tätig, u . a . als Amtsrichter in Greifswald und als Hilfsrichter am Stettiner Oberlandesgericht. 1881 habilitierte er sich in Greifswald für Zivilprozeßrecht und preuß. Zivilrecht, wurde dort 1883 a . o . , 1884 o . P r o f . und folgte 1890 einem Ruf an die Univ. Breslau, wo er 1909 als Rektor amtierte. 1895-1918 war er akademischer Rat am Oberlandesgericht Breslau und häufig als Gutachter tätig. F. veröffentlichte u. a. ein Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßund Konkursrechts (1918). Er war der Vater des Bankiers Otto - > F . CP N D B F i s c h e r , Otto, Physiker, Physiologe, * 2 6 . 4 . 1 8 6 1 Altenburg, t 2. 12. 1916 Leipzig. Der Sohn eines Hofmundbäckers studierte Mathematik und Physik an den Universitäten Jena, München und Leipzig, wurde 1885 promoviert ( K o n f o r m e Abbildung sphärischer Dreiecke auf einander mittelst algebraischer Funktionen) und arbeitete im folgenden Jahr als Assistent an der Anatomie in Leipzig. Seit 1887 als Mathematik- und Physiklehrer an der dortigen Handelslehranstalt tätig, wechselte F. 1895 an das Leipziger Petri-Realgymnasium, wo er, zuletzt als Rektor, bis an sein Lebensende wirkte. Neben seiner schulischen Tätigkeit widmete sich F. medizinischbiologischen Forschungen, habilitierte sich 1893 für physiologische Physik (Die Arbeit der Muskeln und die lebendige Kraft des menschlichen Körpers) und wurde 1896 a. o. Prof. an der Leipziger Medizinischen Fakultät. 1907 wurde F. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . Zu seinen Veröffentlichungen gehören Der Gang des Menschen (mit Otto Fischer, 6 Tie., 1895-1903), Beiträge zur Muskelstatik (1897), Uber die Bewegungsgleichungen räumlicher Gelenksysteme (1905), Theoretische Grundlagen für eine Mechanik der lebenden Körper (1906) und Medizinische Physik (1913). CP N D B F i s c h e r , Otto, Maler, * 2 . 7 . 1 8 7 0 Leipzig, t 2 3 . 3 . 1 9 4 7 Dresden. F. erhielt seine Ausbildung seit 1896 als Schüler Erwin —»Oehmes, Friedrich —>Prellers d . J . und Hermann —»Prelis an der Kunstakademie in Dresden, wo er zudem bei Kon-

rad Starke die Technik der Radierung erlernte. 1 8 9 2 / 9 3 unternahm er Studienreisen nach Holland und arbeitete später häufig auf Rügen und Bornholm, in Disentís sowie im Riesengebirge, wohin er 1911 übersiedelte. Mit seiner 1896 entstandenen Alten Stadt trat das neuere deutsche künstlerische Plakat in Erscheinung. F. widmete sich danach der Öl-, Aquarell- und Pastellmalerei, schuf monumentale Gemälde, so drei Wandbilder und ein Deckenbild im Hauptsaal des Kaiserpalastes in Dresden, trat als Graphiker hervor und legte um die Jahrhundertwende zahlreiche E n t w ü r f e für Möbel, Schmuck und Kleidung vor. 1900 entstand das berühmte Fenster Viñeta. 1913 nach Dresden zurückgekehrt, erhielt F. 1914 den Professorentitel. DD A KL F i s c h e r , Otto, Pseud. Otto Berti, Publizist, Schriftsteller, * 3 . 1 0 . 1 8 7 2 Bärn (Mähren), t 8 . 2 . 1 9 1 5 Berlin. Der Kaufmannssohn war 1 9 0 7 / 0 8 Redakteur bei —> Kürschners „Jahrbuch" und „Bücherschatz" sowie Mitarbeiter der „National-Zeitung" in Berlin, g a b die Buchreihe „Deutsche Dramen der Gegenwart" heraus und übernahm 1909 die Leitung der Dramatischen Abteilung des Theaterverlags „Bureau Fischer" in Friedenau bei Berlin, der seinem Bruder Karl gehörte. 1914 wurde F. Inhaber des Verlags. Er schrieb zahlreiche Bühnenwerke, u. a. mit Norbert —>Falk das Lustspiel Teremtette (1900). m Lex dt-jüd Autoren F i s c h e r , Otto (Christian), Bankier, * 16. 1.1882 Greifswald, t 1953. Der Sohn des Juristen Otto —>F. studierte seit 1900 Rechtsund Staatswissenschaften an den Universitäten Lausanne, München und Breslau; 1904 wurde er zum Dr. jur., 1908 zum Dr. phil. promoviert. Nach d e m Assessorenexamen in Berlin (1909) war F. bei der Breslauer Disconto-Bank tätig und wechselte 1914 zur Darmstädter Bank nach Berlin, wo er 1923 ordentliches Vorstandsmitglied der C o m m e r z - und Privat-Bank A G , Hamburg-Berlin wurde. Seit 1925 ordentliches Vorstandsmitglied der Reichs-Kredit-Gesellschaft AG in Berlin, war F. während der Zeit des Nationalsozialismus Leiter der Reichsgruppe Banken der Gesamtorganisation der gewerblichen Wirtschaft und Inhaber des Bankhauses Otto Christian Fischer in Berlin. F i s c h e r , Otto, Kunsthistoriker, * 2 2 . 5 . 1886 Reutlingen, t 8.4. 1948 Ascona (Kt. Tessin). Mütterlicherseits schweizer. A b s t a m m u n g , studierte F. an den Universitäten Tübingen, M ü n c h e n , Wien und Berlin Kunstgeschichte und wurde 1907 bei Heinrich —»Wölfflin mit der Arbeit Die altdeutsche Malerei in Salzburg zum Dr. phil. promoviert. Nach Studienreisen durch Frankreich und Italien ( 1 9 0 8 / 0 9 ) als Privatgelehrter in München tätig, habilitierte er sich 1912 in Göttingen für Kunstgeschichte, war dort bis 1915 Privatdozent f ü r Kunstgeschichte und widmete sich nach d e m Ersten Weltkrieg wissenschaftlichen Forschungen in München. 1921 übernahm F. die Direktion des M u s e u m s f ü r bildende Künste in Stuttgart, reiste 1 9 2 5 / 2 6 nach Japan, China und Java und folgte 1928 einem Ruf als a . o . P r o f . der Kunstgeschichte nach Basel, wo er auch als Konservator der öffentlichen Kunstsammlungen tätig war. In seinen zahlreichen kunsthistorischen Werken befaßte sich F. vornehmlich mit ostasiatischer Kunst. 1928 erschien seine Abhandlung Die Kunst Indiens, Chinas und Japans. m DLL, 20. Jh. F i s c h e r , Otto, schweizer. Politiker, * 2 . 4 . 1 9 1 5 Wald (Kt. Zürich), t 22. 10.1993 Bern. F., Sohn eines Textilfabrikanten, Schloß das Studium der Volkswirtschaft mit der Promotion in Genf ab und war nach einer Tätigkeit bei der eidgenössischen Preiskontrolle 1948-80 zunächst Sekretär, später Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes, 1979 wurde er in die Schweizerische G e w e r b e k a m m e r gewählt. 1967-83 war F. als Freisin-

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Fischer niger Mitglied des Nationalrats. Danach k ä m p f t e er kompromißlos gegen einen Beitritt der Schweiz zu den Vereinten Nationen, der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Gemeinschaft. Bis kurz vor seinem Tod war er Geschäftsführer und Vizepräsident der von ihm mitinitiierten „Aktion für eine unabhängige und neutrale S c h w e i z " (AUNS). DP H LS

Fischer,

O(tto) W(ilhelm), österr. Schauspieler, * 1.4. 1915 Klosterneuburg (Niederösterreich), ! 1 . 2 . 2 0 0 4 L u g a n o (Tessin). F., Sohn eines Hofrats der niederösterreichischen Landesregierung, nahm nach dem Abbruch eines Studiums der Germanistik, Anglistik, griechischen Philologie und Kunstgeschichte in Wien Schauspielunterricht am Max-ReinhardtSeminar und erhielt 1936 sein erstes Engagement am Theater in der Josefstadt, w o er als Fritz in Arthur —» Schnitzlers Liebelei debütierte. Weitere Bühnenstationen waren 1938-44 die M ü n c h n e r Kammerspiele und das Deutsche Volkstheater Wien sowie 1946-52 das Wiener Burgtheater; 1967 trat F. auch bei den Salzburger Festspielen auf. Im Film erstmals 1936 in einer kleinen Rolle in Willi —»Forsts Burgtheater, danach neben Hans —> Moser u. a. in Anton, der letzte (1939) zu sehen, feierte er in Erzherzog Johanns große Liebe (1950) und mit Liselotte Pulver in Heidelberger Romanze (1951) erste Erfolge. In der Folge wurde er einer der bekanntesten Filmschauspieler in der Bundesrepublik; F. und Maria —> Schell galten als das Traumpaar des deutschen Nachkriegsfilms ( u . a . Solange du da bist, 1955). Zu seinen bekanntesten Filmen zählen Ludwig II. (1954, mit Ruth Leuwerik), Hanussen (1955), bei d e m F. auch Regie führte, Peter Voss, der Millionendieb (1958), Helden (1958) und Axel Munthe, der Arzt von San Michèle (1962). 1970 zog er sich vom Filmgeschäft zurück, ließ sich in Vernate (Tessin) nieder und war schriftstellerisch tätig. F. veröffentlichte u. a. ... was mich ankommt, als Gesicht, Traum und Empfindung ( 1977), Auferstehung in Hollywood ( 1985), Engelsknabe war ich keiner. Erinnerung an eine Jugend (1986) und Meine Geheimnisse. Erinnerungen und Gedanken (2000). F i s c h e r , Paul David, Postbeamter, Bankier, * 2 . 6 . 1836 Berlin, t 13.3. 1920 Berlin. F., Sohn eines Postbürobeamten, studierte in Berlin und Bonn Jura. Als Gerichtsassessor trat er 1867 in das Generalpostamt des Norddeutschen Bundes ein und wurde in den folgenden Jahrzehnten Mitarbeiter und Vertrauter von Heinrich von —» Stephan. Dieser machte ihn 1880 zum Direktor, 1895 zum Unterstaatssekretär im Reichspostamt. Als Stephan 1897 starb, verweigerte Wilhelm II. die von Kanzler Chlodwig Fürst zu —> Hohenlohe-Schillingsfürst erbetene Ernennung des jüdischen F. zum Staatssekretär, worauf F. den Postdienst verließ. Adolph von —» Hansemann berief F. in den Aufsichtsrat seiner Disconto-Gesellschaft, d e m er 1902-20 vorstand. F. publizierte Arbeiten zur Post- und Telegraphengesetzgebung, verfaßte Italien und die Italiener (1901) und schrieb Erinnerungen (1916). DD Schmidt

Fischer,

Paul T h o m a s Engelbrecht Ivo, Wirtschaftsfachmann, * 2 7 . 1 . 1888 Oskau, t n. e. F. studierte Rechts-, Staatswissenschaften und Philosophie an den Universitäten Jena und Berlin, wurde in Jena zum Dr. phil. promoviert und absolvierte eine Banklehre in Berlin. 1909-11 leitete er Bankfilialen in Hamburg und Südafrika, 1911-14 die väterliche Fabrik. 1916-21 war F. als Referent im Großherzoglich Weimarer Ministerium, später in gleicher Funktion bzw. als Regierungsrat im Thüringischen Wirtschaftsministerium tätig, 1922 wurde er Geschäftsführer und Syndikus des Verbandes Deutscher Fabriken für Gebrauchs-, Zier- und Kunstporzellan in Weimar.

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Fischer,

Philipp, Chirurg, * 1.5. 1744 Hörgertshausen bei Moosburg (Bayern), f 2 . 8 . 1 8 0 0 Ingolstadt. F., Sohn eines Landwirts, studierte Philosophie in Salzburg, Arzneikunde in Ingolstadt und setzte seine medizinische Ausbildung, insbesondere in der Chirurgie, in Straßburg, Paris, London sowie als Mitglied der Medical Society in Edinburgh fort. Nach seiner Promotion in Ingolstadt (An deligatio funiculi umbilicalis in neonatis absolute necessaria sit?) wurde er 1777 Leibarzt des Kurfürsten —» Maximilian III. Joseph in München, Medizinalrat und im folgenden Jahr Mitglied der neuerrichteten A k a d e m i e der Wissenschaften. 1782 folgte er einem Ruf als Prof. an die Univ. Ingolstadt, an der er seit 1789 als Prof. der Chirurgie lehrte. F. veröffentlichte u. a. Von dem Geiste der Beobachtung in natürlichen Dingen (1782) sowie Von der Gebrechlichkeit des menschlichen Verstandes (1790). m LMU

Fischer, (Johann) Philipp, Eisenhüttenmann, * 7 . 5 . 1846 Trier, t 19.2. 1927 Duisburg-Ruhrort. Der Sohn eines Metzgers war nach dem Studium an der Gewerbeakademie und der Bergakademie in Berlin bei den Dillinger Hüttenwerken sowie einem Walzwerk in W e h b a c h / Sieg tätig. 1892 trat er als Assistent in das Puddel- und Walzwerk der Hütte Phönix in Ruhrort ein, w o erste Versuche zum Walzen von Rillenschienen durchgeführt wurden. 1880-1917 war F. Walzwerkchef, seit 1909 als Baurat, seit 1917 als Geheimer Baurat. DD N D B Fischer,

Reinhard Ferdinand Heinrich, Baumeister, getauft 1 8 . 6 . 1 7 4 6 Stuttgart, t 2 5 . 6 . 1813 Stuttgart. Nach d e m Besuch des G y m n a s i u m illustre in Stutgart durchlief F., Sohn eines württembergischen Hofkammerrats, j e eine zweijährige Lehre bei dem Bildhauer Wilhelm —¥ Beyer und beim württembergischen Hofmaler Nicolas —»Guibal. Seine Ausbildung als Baumeister erhielt er beim württembergischen Oberbaudirektor Philippe de la Guêpière, der ihn schon vor 1767 zum Bau der Residenz heranzog. Seit etwa 1770 Kabinetts-Dessinateur, wurde F. 1773 Hofarchitekt, 1775 Prof. der Zivilbaukunst, später Dekan der Freien Künste an der Hohen Karlsschule in Stuttgart, wo er seit 1771 unterrichtete. 1794 wurde er Obrist, 1797 von Herzog —> Friedrich Eugen zum Oberbaurat ernannt und trat 1802 in den Ruhestand. F. vollendete nach 1767 das Lustschloß Solitude, widmete sich nach 1779 dem Innenausbau des Stuttgarter Neuen Schlosses sowie zahlreichen Wohnbauten und erbaute 1782-96 das Schloß Hohenheim, zu dem er auch einen englischen Landschaftsgarten anlegte. m AKL

Fischer,

Res, eigentl. Maria Theresia F., Sängerin, * 8.11. 1896 Berlin, t 4 . 1 0 . 1 9 7 4 Ruit bei Esslingen. Ursprünglich Kunstgewerblerin, studierte F. an den Konservatorien in Prag, Stuttgart und Berlin, wo Lilli —» Lehmann zu ihren Lehrerinnen gehörte. Nach ihrem Debüt 1927 in Basel blieb sie dort bis 1935, wechselte an die Frankfurter Oper und war seit 1941 Mitglied der Stuttgarter Staatsoper. Ihre internationale Karriere begann nach dem Zweiten Weltkrieg mit Gastspielen an der Mailänder Scala, der Covent Garden Opera in London und besonders am Teatro Colón in Buenos Aires. 1949 sang F. in der Uraufführung von Carl —>Orffs Antigonae bei den Salzburger Festspielen die Hauptrolle, 1959-61 wurde die Altistin bei den Bayreuther Festspielen als Mary im Fliegenden Holländer gefeiert. CD M G G

Fischer,

Rudolf, Chemiker, * 27. 1. 1881 Berlin, t 2 1 . 3 . 1 9 5 7 Berlin. F., Sohn eines Gymnasiallehrers, studierte an den Universitäten Berlin und Straßburg Chemie, wurde 1903 in Berlin mit der Arbeit Zur Kenntnis des Morphins. Einwirkung von Kaliumsulfhydrat und Natriumsulfäthylat auf Chloro- und Bromocodid promoviert und fand 1906 eine Anstellung bei

Fischer d e r N e u e n P h o t o g r a p h i s c h e n G e s e l l s c h a f t in Berlin-Steglitz. N a c h d e r T e i l n a h m e a m Ersten Weltkrieg w e c h s e l t e er zur F i r m a S c h e r i n g . 1927 g r ü n d e t e er seine e i g e n e F i r m a Techn o p h o t , in der P h o t o p a p i e r e s o w i e D o k u m e n t e n - und Registrierpapiere hergestellt w u r d e n . F., der sich vor allem auf d e m G e b i e t der F a r b p h o t o g r a p h i e verdient m a c h t e , m e l d e t e 1 9 1 2 / 1 3 P a t e n t e an, d i e auf d e m G e d a n k e n basierten, d i e d e n drei G r u n d f a r b e n e n t s p r e c h e n d e n F a r b b i l d e r auf drei sel e k t i v e m p f i n d l i c h e H a l o g e n s i l b e r s c h i c h t e n zu verteilen und d i e s e mit d a z w i s c h e n g e l e g t e n Filter- und T r e n n u n g s s c h i c h ten ü b e r e i n a n d e r a u f z u t r a g e n . D a m i t schuf F. d i e G r u n d l a g e n f ü r die sich später d u r c h s e t z e n d e n F a r b v e r f a h r e n . m

NDB

F i s c h e r , R u t h , g e b . E l f r i e d e Eisler, g e s c h . Friedländer, gesch. G o l k e . gesch. P l e u c h o t , Politikerin, Publizistin, * 11. 12. 1895 Leipzig, t 1 3 . 3 . 1961 Paris. D i e T o c h t e r des P h i l o s o p h e n R u d o l f —» Eislers und S c h w e ster d e s K o m p o n i s t e n H a n n s —»Eisler und d e s Politikers Gerhart —» Eisler studierte seit 1914 in W i e n , später an d e r Berliner U n i v . P h i l o s o p h i e , N a t i o n a l ö k o n o m i e und P o litik, w a r als S o z i a l d e m o k r a t i n w ä h r e n d des Ersten Weltkriegs v o r n e h m l i c h politisch tätig und g e h ö r t e 1918 zu den B e g r ü n d e r n d e r K P Ó in W i e n . 1919 übersiedelte sie n a c h Berlin, Schloß sich der K P D an, zu deren ultralinkem Flügel sie zählte, u n d w u r d e 1921 Vorsitzende der Berliner Parteiorganisation. 1924-26 g e h ö r t e F., d i e 1924 d i e P a r t e i f ü h r u n g ü b e r n a h m , d e m P r ä s i d i u m der K o m i n t e r n an; 1924-28 w a r sie R e i c h s t a g s a b g e o r d n e t e u n d betrieb z u s a m m e n mit A r k a dij M a s l o w e i n e radikale Politik der „ B o l s c h e w i s i e r u n g d e r Partei". N a c h parteiinternen A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n verlor F. 1925 z u n ä c h s t d i e P a r t e i f ü h r u n g und w u r d e 1926 aus der K P D a u s g e s c h l o s s e n . Sie beteiligte sich an der O r g a n i s a t i o n d e s L e n i n b u n d e s , d i e jedoch w e g e n der L i n k s o r i e n t i e r u n g d e r Partei scheiterte. F. zog sich von einer aktiven politischen T ä t i g k e i t z u r ü c k und arbeitete nach d e m E r l ö s c h e n ihres R e i c h s t a g s m a n d a t s seit 1928 als S o z i a l f ü r s o r g e r i n in Berlin. 1933 e m i g r i e r t e sie g e m e i n s a m mit M a s l o w n a c h Paris, 1 9 4 0 / 4 1 ü b e r S ü d f r a n k r e i c h , Spanien, Portugal u n d K u b a in d i e U S A . Sie g a b 1944 d i e N e w Yorker M o n a t s schrift „ T h e N e t w o r k " heraus, arbeitete seit 1945 w i s s e n s c h a f t l i c h u n d publizistisch f ü r die H a r v a r d University und lebte seit 1955 als Publizistin u n d Mitarbeiterin d e s C e n t r e d e R e c h e r c h e s H i s t o r i q u e s in Paris. F. war 1948-60 Mitarbeiterin der von E u g e n —»Kogon g e g r ü n d e t e n „ F r a n k f u r t e r H e f t e " und v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Stalin and German Communism ( 1 9 4 8 , dt. 1950) und Die Umformung der Sowjetgesellschaft (\95%). m Lex dt-jüd A u t o r e n

F i s c h e r , S a m u e l , Verleger, * 24. 12. 1859 L i p t ó Szent Miklós (Ungarn; heute Liptóvsky Mikulas, Slowakei), t 1 5 . 1 0 . 1934 Berlin. A u s einer kleinbürgerlichen d e u t s c h - j ü d i s c h e n F a m i l i e stamm e n d , k a m F. 1874 n a c h Wien u n d e r l e r n t e hier d e n B u c h handel. E n d e 1880 ging er als Buchhandelsgehilfe nach Berlin und w u r d e 1883 Teilhaber i m Verlag H u g o Steinitz & C o . A m 1 . 9 . 1 8 8 6 g r ü n d e t e er d e n „S. Fischer Verlag". S c h o n seit 1887 verlegte F. b e d e u t e n d e A u t o r e n d e s N a t u r a l i s m u s (Ibsen, Tolstoj, D o s t o j e w s k i , Zola). 1889 g e h ö r t e er zu den G r ü n d u n g s m i t g l i e d e r n d e s Vereins „Freie B ü h n e " und w u r d e d e r e n S c h a t z m e i s t e r . D i e W o c h e n s c h r i f t (seit 1892 m o n a t lich) „Freie B ü h n e f ü r m o d e r n e s L e b e n " (seit 1904 „ D i e N e u e R u n d s c h a u " ) w u r d e z u m Verlagsorgan. Viele ihrer A u toren g e w a n n F. f ü r seinen Verlag. 1890 w u r d e G e r h a r t

—» H a u p t m a n n A u t o r d e s Verlags und blieb es bis an sein Lebensende. F., d e n m a n später d e n „ C o t t a des N a t u r a l i s m u s " g e n a n n t hat, legte sich nicht auf e i n e literarische S t r ö m u n g fest, s o n d e r n f o l g t e j e w e i l s d e m W a n d e l des z e i t g e n ö s s i s c h e n L e b e n s g e f ü h l s , den er f r ü h e r als a n d e r e Verleger w a h r n a h m . F ü r d i e A u s s t a t t u n g seiner B ü c h e r zog er j u n g e K ü n s t l e r h e r a n und g i n g in seinen V e r t r i e b s m e t h o d e n schon f r ü h n e u e Wege. D i e A b w e n d u n g v o m N a t u r a l i s m u s wird deutlich durch die G e w i n n u n g von A u t o r e n w i e Herm a n n —»Bahr, A r t h u r —» Schnitzler, T h o m a s —»Mann, Jak o b —» W a s s e r m a n n , Ellen Key, H u g o von —» H o f m a n n s t h a l , O t t o —»Flake. Sein H a u s in der E r d e n e r Straße, BerlinG r u n e w a l d , g e f ü h r t von seiner Frau H e d w i g , geb. L a n d s h o f f ( 1 8 7 1 - 1 9 5 2 ) , w u r d e zu e i n e m Z e n t r u m d e s literarischen Lebens in Berlin. Von A n b e g i n n w a r F. bestrebt, von seinen A u t o r e n nicht n u r E i n z e l a u s g a b e n zu v e r ö f f e n t l i c h e n , s o n d e r n f ü r ihr Werk i n s g e s a m t zu optieren und in g e w i s s e n A b s t ä n d e n a u c h G e s a m t a u s g a b e n zu verlegen. 1908 b e g a n n „Fischers B i b l i o thek z e i t g e n ö s s i s c h e r R o m a n e " zu e r s c h e i n e n , von der bis 1919 9 6 B ä n d e vorlagen. Z u r A u s w e r t u n g der T h e a t e r r e c h t e seiner A u t o r e n hatte F. s c h o n 1903 e i n e n v e r l a g s e i g e n e n Buhnenvertrieb gegründet. Seit d e m Ersten Weltkrieg w a n d t e sich F. a u c h aktuellen P r o b l e m e n zu ( z . B . Walther —»Rathenau). D i e s e T e n d e n z verstärkte sich in d e n z w a n z i g e r Jahren, und F. b e z o g nun a u c h W i r t s c h a f t s f r a g e n in d a s P r o g r a m m ein. B ü c h e r a u s l ä n d i s c h e r Politiker w i e L e o Trotzki, L l o y d G e o r g e und Franklin D e l a n o R o o s e v e l t m a c h t e er d e m d e u t s c h e n Publikum zugänglich. D e r Verlag w u r d e 1922 in e i n e A k t i e n g e s e l l s c h a f t u m g e w a n delt. A u f M o r i t z - » H e i m a n n als L e k t o r f o l g t e 1925 O s k a r ^ L o e r k e . 1926 heiratete G o t t f r i e d - » B e r m a n n ( 1897-1995) F.s T o c h t e r Brigitte ( 1 9 0 5 - 1 9 9 1 ) und trat in den Verlag ein, dessen L e i t u n g er 1932 ü b e r n a h m (Gerhart, der einzige S o h n F.s, w a r 1913 g e s t o r b e n ) . N u n g e w a n n der Verlag a u c h wieder j ü n g e r e d e u t s c h e A u t o r e n w i e M a n f r e d —»Hausmann, J o a c h i m —»Maass, E r i k a und Klaus —»Mann, K l a u s —» M e h n e r t , R e n é —» S c h i c k e l e . Als a u s l ä n d i s c h e A u toren k a m e n hinzu J o h n D o s Passos, Jean G i o n o , E u g e n e O ' N e i l l , Virginia Woolf und andere. D a s Werk J o s e p h C o n rads w u r d e in 2 0 B ä n d e n von 1926 bis 1939 verlegt. A m 1 8 . 1 0 . 1 9 3 4 w u r d e F. auf d e m j ü d i s c h e n F r i e d h o f in B e r l i n - W e i ß e n s e e beigesetzt. Er hatte d i e s e i n e m Verlag droh e n d e n G e f a h r e n k a u m m e h r w a h r g e n o m m e n . Sein S c h w i e g e r s o h n , nun B e r m a n n Fischer, und seine T o c h t e r Brigitte g r ü n d e t e n 1936 m i t den in D e u t s c h l a n d nun v e r b o t e n e n B ü c h e r n d e n „ B e r m a n n - F i s c h e r Verlag, W i e n " , w ä h r e n d der in Berlin v e r b l i e b e n e Verlag unter der L e i t u n g von Peter —» S u h r k a m p z u n ä c h s t n o c h als „S. Fischer Verlag K G " firmieren k o n n t e . LITERATUR: A l m a n a c h . D a s 48. Jahr. S. F i s c h e r z u m G e d ä c h t n i s . Berlin 1934. - H a n s - G e e r t F a l c k e n b e r g (Hrsg.): In m e m o r i a m S. F i s c h e r . F r a n k f u r t / M a i n 1960. - P e t e r d e M e n d e l s s o h n : S. F i s c h e r und sein Verlag. F r a n k f u r t / M a i n 1970. - Friedrich P f ä f f l i n / I n g r i d K u ß m a u l (Hrsg.): S. Fischer, Verlag. Von d e r G r ü n d u n g bis zur R ü c k k e h r a u s d e m Exil ( A u s s t e l l u n g s k a t a l o g ) . M a r b a c h / N e c k a r 1985. K n u t B e c k (Hrsg.): 100 J a h r e S. Fischer Verlag. 1886-1986. E i n e B i b l i o g r a p h i e . F r a n k f u r t / M a i n 1986. - S a m u e l Fis c h e r / H e d w i g Fischer: B r i e f w e c h s e l mit A u t o r e n . F r a n k f u r t / M a i n 1989. Heinz Sarkowski

Fischer,

T h e o b a l d , G e o g r a p h , * 3 1 . 1 . 1 8 4 6 Kirchsteitz bei Zeitz, t 1 7 . 9 . 1910 M a r b u r g / L a h n . F., S o h n eines Gutsbesitzers, studierte seit 1864 G e s c h i c h t e und P h i l o l o g i e an den Universitäten H e i d e l b e r g , Halle und B o n n , w u r d e 1868 mit d e r A r b e i t Quales se praebuerint principes stirpis Wettinicae Rudolfo et Adolfo regibus z u m

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Fischer Dr. phil. promoviert und widmete sich auf Reisen durch die Mittelmeerländer naturwissenschaftlich-geographischen Studien. Nach autodidaktischer Beschäftigung mit der Geographie habilitierte er sich 1876 in B o n n für dieses Fach und wurde 1879 o . P r o f . der Geographie in Kiel, 1883 in Marburg. F. zählt zu den Begründern der modernen Geographie in Deutschland; er beschäftigte sich insbesondere mit geographischer Länderkunde und erkannte als erster das Mittelmeergebiet als große geographische Einheit. Er war lange Zeit als Forscher und Ersterschließer in Marokko tätig. F. veröffentlichte u. a. Beiträge zur physischen Geographie der Mittelmeerländer, besonders Siciliens (1877), Studien über das Klima der Mittelmeerländer (1879), Norwegen. Ein geographisches Charakterbild (1884), Länderkunde der südeuropäischen Halbinseln (1893), Wissenschaftliche Ergebnisse einer Reise im Atlas-Vorlande von Marokko (1899) und Mittelmeerbilder (2 Bde., 1906-08). m NDB

Fischer,

Theodor, Architekt, * 2 8 . 5 . 1 8 6 2 Schweinfurt, t 2 5 . 1 2 . 1938 München. F., Sohn eines Indigogroßhändlers, studierte 1880-86 als Schüler Friedrich —»Thierschs Architektur an der T H M ü n c h e n , arbeitete im Reichstags-Baubüro bei Paul —> Wal lot und war seit 1889 als freischaffender Architekt in Dresden tätig. Er schuf zusammen mit Fritz Reuter Entwürfe f ü r das Porta-Westfalica-Denkmal und das Viktoriahaus in Dresden, die 1890 mit ersten Preisen ausgezeichnet wurden. 1893 ging F. als Mitarbeiter Gabriel —»Seidls nach M ü n c h e n , wo er im folgenden Jahr in das Hochbauamt berufen und zum Vorstand des neugeschaffenen Stadterweiterungsamtes ernannt wurde. In dieser Funktion entwickelte F. die Verkehrs- und Bebauungspläne der neu zu erschließenden Wachstumsgebiete Münchens und erbaute u. a. die Prinzregenten-, Max-Joseph- und Wittelsbacherbrücke sowie die Erlöserkirche und die Elisabethschule. 1893 entwickelte er einen bis 1979 gültigen Generalbebauungsplan Münchens. 1901 wurde F. Honorarprofessor an der T H M ü n c h e n , folgte im selben Jahr einem Ruf als o. Prof. der B a u k u n d e an die T H Stuttgart und errichtete dort die Kunsthalle sowie die Univ. in Jena. 1908-18 war er o . P r o f . für Baukunst und Städtebau an der T H München, Mitbegründer des Deutschen Werkbundes (1907 Vorsitzender) und schuf mit der Siedlung Alte Haide im Münchner Norden eine erste Wohnungsanlage im Zeilenbau. Nach 1933 erhielt F., u. a. wegens seines Eintretens für den Erhalt des Bauhauses, keine A u f t r ä g e mehr. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Stadterweiterungsfragen (1903), Gegenwartsfragen künstlerischer Kultur (1931, 2 1947) und Goethes Verhältnis zur Baukunst (1932, 2 1948). CD A K L

Fischer,

Viktor, Physiker, Chemiker, Ingenieur, * 1 3 . 5 . 1 8 7 5 Wien, t 17.9. 1943 Berlin. Das Studium an der T H Wien Schloß F., Sohn eines Handelsagenten, 1898 ab und wurde 1901 Lehrer an der Bergwerkschule Stuttgart, 1906 Konstrukteur an den Technischen Hochschulen Darmstadt und Wien. Nach der Promotion zum Dr.-Ing. in Wien 1912 war er 1913-32 als Ingenieur in mehreren Maschinenfabriken tätig und war bis 1944 Mitarbeiter der Gesellschaft für Lindes Eismaschinen A G bei München. In seinen theoretischen Arbeiten setzte sich F. vor allem mit der T h e r m o d y n a m i k von Gemischen auseinander; er erforschte u . a . das Gleichgewicht siedender SauerstoffStickstoff-Gemische. Zu seinen Publikationen gehörte Eine Darstellung des Nernst'sehen Wärmetheorems (1923). CD N D B

Fischer,

(Joseph) Vinzenz, Maler, Architekt, * 2. (5.?) 4 . 1 7 2 9 Schmidham (Niederbayern), t 2 6 . 1 0 . 1810 Wien. F. durchlief eine Lehre in Passau und studierte seit 1749 an der Wiener Akademie, seit 1753 in Italien. 1760 wurde er

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Mitglied, 1764 Prof. an der Wiener Architekturschule und war seit 1780 Rat der Akademie. F. war als Freskant und Architekturmaler tätig, schuf aber auch Ölbilder. Zu seinen Arbeiten, die den Wandel vom österr. Spätbarock zum Klassizismus markieren, zählen der Entwurf zum Hochaltar der Augustinerkirche in Salzburg (1758-60), das Deckenbild im Dianentempel in Laxenburg (Jagd der Diana, 1763) und das Deckenbild im Chiemseerhof in Salzburg. F. war der Vater des Architekten Georg —»F. CD A K L

Fischer,

Vinzenz, schweizer. Jurist, Politiker, * 3 0 . 9 . 1 8 1 6 Luzern, f 8 . 1 . 1896 Luzern. F., Sohn eines Malers und Bezirksrichters, studierte Rechtswissschaft in Tübingen und Heidelberg und wurde 1843 Oberschreiber im Departement des Innern im Kanton Luzern. Seit 1845 Mitglied des Großen Rats, führte er 1 8 4 6 / 4 7 die Gesandtschaft des Sonderbundes zu König Louis Philippe nach Paris sowie zu Erzherzog Rainer und wurde Statthalter in Mailand. Nachdem er 1848 in den Hochverratsprozeß um die Anführer des Sonderbundes verwickelt war, wurde er Anwalt in Luzern, später Präsident des Obergerichts. 1858-69 war F. Nationalrat, bis 1893 Regierungsrat in Luzern, 1879-89 Ständerat. DP H L S

Fischer,

Walther, Pathologe, * 2 7 . 1 2 . 1 8 8 2 Stuttgart, t 2 7 . 7 . 1 9 6 9 Göttingen. F., Sohn des Germanisten Hermann von —»F., studierte an den Universitäten Tübingen, Leipzig und Kiel Medizin, wurde 1907 in Tübingen zum Dr. med. promoviert ( U e b e r grossknotige tumorähnliche Tuberkulose der Leber, wahrscheinlich kombiniert mit Syphilis) und war Assistent an den Pathologischen Instituten in Königsberg, Tübingen, Freib u r g / B r e i s g a u und Göttingen, wo er sich 1911 f ü r Pathologie habilitierte. Seit 1913 Dozent für Pathologie an der Deutschen Medizinschule in Shanghai, wurde er 1919 ausgewiesen. F. erhielt im selben Jahr einen Lehrauftrag für Tropenkrankheiten an der Univ. Göttingen, lehrte 1921 in Bonn und wurde 1922 o. Prof. der pathologischen Anatomie und Direktor des Pathologischen Instituts der Univ. Rostock, deren Rektor er 1 9 2 6 / 2 7 war. Seit 1947 wirkte er an der Univ. Jena. 1952 wurde F. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Er veröffentlichte u . a . Die Krebsforschung in den letzten 100 Jahren (1947) und Fünfzig Jahre Pathologie in Deutschland (mit Georg B. Gruber, 1949). CD Ärzte 2, 3

Fischer, (Gustav) Walther, Jurist, Politiker, * 27. 10.1883 Tientsin (China), f 2 2 . 3 . 1954 Hamburg. Der Kaufmannssohn Schloß das Studium der Rechtswissenschaften in Freiburg/Breisgau und Berlin mit der Promotion zum Dr. jur. ab. Er wurde Rechtsanwalt in Hamburg und machte sich auf d e m Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes einen Namen. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg erhielt F. einen Lehrauftrag an der Univ. Hamburg, wo er 1929 zum api. Prof. des bürgerlichen Rechts, des Zivilprozeß-, Konkurs-, Urheber- und Erfinderrechts ernannt wurde. Seit 1945 widmete sich F. der Organisation der deutschen Rechtsanwälte, wurde Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer und war an der Gründung der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht beteiligt. 1953 wurde er Richter beim Hamburgischen Verfassungsgericht und war als Vizepräsident der ersten Hamburger Bürgerschaft nach d e m Krieg sowie als CDU-Fraktionsvorsitzender 1946-49 auch politisch tätig. CD N D B Fischer,

(Rudolf Erich) Walther, Energiewirtschaftler, * 2 . 5 . 1889 Königsberg, t 18. 10. 1952 Ebenhausen (Oberbayern). Nach d e m Maschinenbaustudium 1907-12 an der T H Danzig war F., Sohn eines Danziger Fabrikdirektors, bis 1919 als Betriebsingenieur des Heizkraftwerkes der Hochschule

Fischer-Dieskau tätig. Während des Ersten Weltkriegs hielt er dort Vorlesungen in verschiedenen technischen Fächern, wurde 1919 mit Untersuchungen an einer Ammoniak-Kältemaschine promoviert und übernahm 1920 die Stelle des stellvertretenden Leiters der Wärmeabteilung der Gutehoffnungshütte in Oberhausen. Seit 1922 a. o . P r o f . an der T H Danzig, wurde F. 1933 o . P r o f . der technischen Brauereibetriebsleitung und Vorstand des Instituts für Energiewirtschaft der Brauerei der T H München in Weihenstephan (Freising). Sein Lehrgebiet umfaßte die Energiewirtschaft der Brauerei mit Kesselanlagen, Kraftanlagen und insbesondere der Kältetechnik. F. widmete sich auch der Planung und Projektierung von Brauereien und Mälzereien. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Grundlagen einer Baukunde für Brauer ( 1946), Kesselanlagen und Kraftmaschinen des Brauers (1947) und Energiewirtschaft der Brauerei (1950). OP Altpreuß Biogr, Bd 4

Fischer,

(Laurenz) Wilhelm, Jurist, Politiker, * 20. 10. 1810 Hildburghausen, t 19.7. 1866 F r a n k f u r t / Main. Der Sohn von Laurenz Hannibal —>F. studierte 1829-32 Rechtswissenschaften an den Universitäten Heidelberg, Jena und Göttingen. Er war als Rechtsanwalt bei den Amtsgerichten Birkenfeld, Oberstein und Nohfelden tätig. F. setzte sich seit 1844 für die R e f o r m des deutschen Rechtssystems ein und wurde nach d e m Ausbruch der Revolution 1848 vom Großherzog in Oldenburg in die Verfassungskommission berufen, die den Entwurf für ein Staatsgrundgesetz ausarbeitete. Er entwickelte sich zu einem Liberalen demokratischer Prägung, war im Herbst 1848 an der Diskussion um die künftige Stellung des Fürstentums beteiligt, trat für den Anschluß an Preußen ein und leitete das sogenannte Ellenburger Vorparlament. Nach dem Scheitern dieses Vorhabens und der sich seit 1850 in Oldenburg vollziehenden konservativen Wendung übersiedelte F. nach Frankfurt und arbeitete als Journalist und Redakteur großdeutsch orientierter Zeitungen. F. veröffentlichte u. a. Für nationale Rechtsreform (3 Tie., 1846), Deutsche Ansprachen (1847) und Rheinpreußen oder Rheinoldenburg. Ein Wort an meine Mitbürger (1848). DD Oldenburg

Fischer,

Wilhelm (Johannes), auch Wilhelm Fischer in Graz, österr. Schriftsteller, Bibliothekar, * 1 8 . 4 . 1 8 4 6 Csakathurn auf der Murinsel (Kroatien), f 3 0 . 5 . 1 9 3 2 Graz. Der Sohn eines K a u f m a n n s studierte seit 1865 Rechtswissenschaften an der Univ. Graz, später Medizin, Geschichte und Klassische Philologie. Nach der Promotion zum Dr. phil. 1870 war er Beamter der Steiermärkischen Landesbibliothek, 1901-19 deren Direktor. F., der für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften (u.a. „Westermanns illustrierte deutsche Monatshefte") schrieb, wurde eine zentrale Figur des Grazer literarischen Lebens und war O b m a n n des Steirischen Schriftstellerbundes. Sein Erstlingswerk, die Novelle Eine Sommernachtstragödie, erschien 1872, mit den Grazer Novellen (1898, 4 1911) gelang ihm der literarische Durchbruch. Der Entwicklungsroman Die Freude am Licht (1902, 24 1925) begründete seinen R u h m als Grazer Stadtpoet. m Lex dt-jüd Autoren

Fischer,

Wilhelm (Robert), österr. Musikwissenschaftler, * 19.4. 1886 Wien, t 2 6 . 2 . 1 9 6 2 Innsbruck. F. studierte Geographie, Geschichte und Musikwissenschaft an der Univ. Wien, wurde gleichzeitig von Hermann —>Grädener in Komposition unterrichtet und 1912 mit der Arbeit Matthias Georg Monn (1717-1750) als Instrumentalkomponist zum Dr. phil. promoviert. Bis 1928 am M u sikhistorischen Institut der Univ. Wien tätig, habilitierte er sich dort 1915 mit einer Studie Zur Entwicklungsgeschichte

des Wiener klassischen Stils und wurde 1923 a. o. Professor. 1928 ging F. als a . o . P r o f . der Musikwissenschaft an die Univ. Innsbruck, wurde nach d e m „Anschluß" Österreichs 1938 entlassen und kehrte nach Wien zurück, wo er bis zum E n d e des Zweiten Weltkriegs u . a . als Metallschleifer in einer Fabrik arbeitete. 1945 übernahm er die Direktion der Musiklehranstalten in Wien und folgte 1948 einem Ruf als a . o . P r o f . nach Innsbruck, wo er 1951-61 als o . P r o f . lehrte. 1951 wurde er Präsident des Zentralinstituts für Mozartforschung am Mozarteum in Salzburg. F. verfaßte zahlreiche musikwissenschaftliche Publikationen. CD M G G

Fischer-Achten,

Caroline, österr. Sängerin, * 29. 1.1806 Wien, t 13.9. 1896 Friedensheim bei Graz. Die Tochter eines österr. Hauptmanns wurde von Aloysia Lange-Weber, der Schwägerin —»Mozarts, zur Sängerin ausgebildet. Ihre Laufbahn war mit der ihres Mannes Friedrich —> Fischer verbunden, den sie gegen den Willen ihrer Familie geheiratet hatte. G e m e i n s a m feierten sie am Opernhaus in F r a n k f u r t / M a i n und später am Hoftheater in Braunschweig Erfolge. Die zeitgenössische Kritik bezeichnete die Sopranistin nach ihren Interpretationen der Pamina in der Zauberflöte und der Zerline im Don Giovanni als die größte lebende Mozart-Sängerin. F.-A. war die Mutter von Emil —»Fischer. CD Kutsch

Fischer-Colbrie,

Arthur, österr. Lyriker, * 2 5 . 7 . 1 8 9 5 Linz, t 3 0 . 1 2 . 1 9 6 8 Linz. F.-C. studierte an den Universitäten München, Wien und Innsbruck Germanistik, 1 9 2 0 / 2 1 am Salzburger Mozarteum Musik und arbeitete 1921-26 als Bankbeamter. 1926-30 war er als freier Schriftsteller tätig und veröffentlichte literarische Essays u. a. in den „Münchner Neuesten Nachrichten", in der „Neuen Zürcher Zeitung" sowie in österr. Zeitungen und Zeitschriften. 1930 wurde er Beamter der Oberösterreichischen Landesregierung (Rechnungswesen). 1933-38 war F.-C. Werbeleiter der Vaterländischen Front. 1942 wurde er Reichsbeamter in der Schul- und Kulturabteilung der nationalsozialistischen Landesregierung (Oberdonau). Nebenher publizierte er zahlreiche Artikel u . a . in den „Innviertler Nachrichten" (1933-39) und der „Tagespost" (1942) sowie Prosa und Lyrik in den Jahrbüchern „Stillere H e i m a t " (1941-44). 1938 erhielt er den Lyrikerpreis der „ D a m e " (Berlin). 1945 wurde F.-C. als Landesbeamter d e m oberösterreichischen Landesmuseum in Linz zugeteilt; 1947-60 war er am Institut für Landeskunde tätig. Für sein literarisches Werk nach 1945, das vorwiegend liedhafte Naturgedichte, Erzählungen, Dramen und kritische Essays umfaßt, darunter Orgel der Seele (1953) und Gleichenberger Elegien (1961, 2 1966), wurde F.-C. mehrmals ausgezeichnet. 1961 erhielt er den Theodor-Körner-Preis und den Adalbert-Stifter-Preis. Seit 1945 war F.-C. ständig freier Mitarbeiter am „Linzer Volksblatt". CD Hausjell F i s c h e r - D i e s k a u , Klaus, Komponist, Chorleiter, * 2. 1. 1921 Berlin, t 19. 12. 1994 Berlin. F.-D. studierte in Berlin Dirigieren und Kirchenmusik. In den fünfziger Jahren war er Aufnahmeleiter bei der Deutschen G r a m m o p h o n . Der Schüler H u g o —>Distlers setzte 1953 seinem Lehrer mit der Gründung des „Hugo-DistlerC h o r e s " ein Denkmal; er leitete den C h o r bis 1989 mit großem Erfolg und machte ihn mit zeitgenössischer M u sik, auch aus eigener Feder, und mit Werken von Heinrich —» Schütz weithin bekannt. 1963-85 war F.-D. Kantor an der Dreifaltigkeitskirche in Berlin-Lankwitz. Er erhielt den Titel Kirchenmusikdirektor. Sein kompositorisches Schaffen umfaßt Kantaten, Volksstücke, Symphonien, Solokonzerte und K a m m e r m u s i k . F.-D. gehörte zu den Begründern der Europäischen Föderation Junger Chöre.

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Fischer-Dückelmann Fischer-Diickelmann, Anna, geb. Dückelmann, G y n ä k o l o g i n , * 5 . 7 . 1856 W a d o w i c e (Galizien), t 5. 1 1 . 1 9 1 7 M o n t e Verità bei A s c o n a . D a s S t u d i u m der M e d i z i n , das sie 1890 b e g o n n e n hatte, Schloß F.-D. 1896 an der U n i v . Z ü r i c h m i t der P r o m o t i o n a b (Die vom April 1888 bis Januar 1895 in der Zürcher Frauenklinik beobachteten Fälle von Puerperalfieber) u n d ließ sich als F r a u e n ä r z t i n in D r e s d e n nieder. B e k a n n t w u r d e sie d u r c h ihre weitverbreiteten p o p u l ä r - m e d i z i n i s c h e n S c h r i f t e n der N a t u r h e i l k u n d e und L e b e n s r e f o r m , zu d e n e n n e b e n der P u b l i k a t i o n Das Geschlechtsleben des Weibes (1900, " 1 9 1 9 ) d a s 1901 v e r ö f f e n t l i c h t e Werk Die Frau als Hausärztin zählt, d e s s e n M i l l i o n e n - J u b i l ä u m s a u s g a b e 1917 erschien und bis in d i e G e g e n w a r t in N e u a u s g a b e n g e d r u c k t w u r d e . D a s B e s t e der U n i v e r s i t ä t s m e d i z i n und N a t u r h e i l k u n d e sollte nach F.-D. in „einer n e u e n H e i l k u n d e der Z u k u n f t " vereinigt w e r d e n .

Fischer von Erlach, Johann Bernhard, österr. Architekt, * u m 2 0 . 7 . 1656 Graz, t 5 . 4 . 1723 Wien. S e i n e künstlerische und h a n d w e r k l i c h e G r u n d a u s b i l d u n g erhielt F. v. E. von s e i n e m Vater, d e m B i l d h a u e r J o h a n n B a p tist F. v. E. 1670 o d e r 1674 reiste er nach R o m , w o er in d i e Werkstatt d e s p ä p s t l i c h e n H o f m a l e r s P h i l i p p S c h o r eintrat. Dieser ermöglichte die - für die künstlerische Entwicklung F. v. E.s e n t s c h e i d e n d e - B e g e g n u n g mit B e r n i n i . F. v. E. kehrte 1 6 8 6 / 8 7 in seine H e i m a t z u r ü c k , z u m a l d a s d u r c h d i e T ü r k e n b e l a g e r u n g teilweise zerstörte Wien B a u t ä t i g k e i ten f ü r einen a u f s t r e b e n d e n Architekten in A u s s i c h t zu stellen schien. S e i n e n ersten A u f t r a g erhielt er allerdings in G r a z mit der S a n i e r u n g und A u s s t a t t u n g des H a b s b u r g e r M a u s o l e u m s . D e r von Fürst H a n s A d a m - » L i e c h t e n s t e i n 1687 in A u f t r a g g e g e b e n e Bau eines G a r t e n b e l v e d e r e s vor W i e n k a m nicht z u s t a n d e , d e n n o c h sorgte F. v. E.s E n t w u r f f ü r A u f s e hen und b e g i n n e n d e W e r t s c h ä t z u n g . Sein erstes architektonis c h e s M e i s t e r w e r k schuf er mit d e m s o g e n a n n t e n A h n e n s a a l ( 1688) auf S c h l o ß Frain ( S ü d b ö h m e n ) . F. v. E.s B e m ü h e n , sich d e m kaiserlichen H o f zu präsentieren, g e l a n g mit s e i n e m b a h n b r e c h e n d e n ersten E n t w u r f ( w a h r s c h e i n l i c h 1688 vorgelegt) f ü r das kaiserliche J a g d und L u s t s c h l o ß in S c h ö n b r u n n , e i n e den politischen H o h e i t s a n s p r u c h d e s K a i s e r t u m s in einer g i g a n t i s c h e n G e s a m t anlage symbolisch zum Ausdruck bringende, durchkomponierte A r c h i t e k t u r v i s i o n , die als künstlerische und politis c h e Ü b e r b i e t u n g von Versailles II (Beteiligung von G o t t fried W i l h e l m —»Leibniz an der E r a r b e i t u n g des ikonologischen Programms) verstanden werden m u ß (Begründung d e s s o g e n a n n t e n Kaiserstils). 1689 e r f o l g t e die E r n e n n u n g z u m „ K ö n i g l i c h e n H o f i n g e n i e u r " . Inspirierend auf das eig e n e k ü n s t l e r i s c h e Vokabular w i r k t e d i e A u s e i n a n d e r s e t z u n g mit der f r a n z ö s i s c h e n Vorklassik ( R e i s e nach P r a g 1691). D i e Sakralarchitektur als n e u e s B e t ä t i g u n g s f e l d e r s c h l o ß sich F. v. E. in Salzburg mit d e m B a u der Dreifaltigkeitskirc h e ( 1 6 9 4 - 1 7 0 2 ) , der K o l l e g i e n k i r c h e ( 1 6 9 4 - 1 7 0 7 ) und der e h e m a l i g e n U r s u l i n e n k i r c h e ( 1 6 9 9 - 1 7 0 5 ) , in einer Zeit zun e h m e n d e r K o n k u r r e n z durch J o h a n n L u c a s —» H i l d e b r a n d t . Z w i s c h e n 1691 u n d 1701 w i d m e t e sich F. v. E . d e m E n t wurf einer R e i h e v o n L u s t s c h l ö s s e r n , d i e s e i n e i n n o v a tive A r c h i t e k t u r s p r a c h e d e m o n s t r i e r e n ; a u ß e r d e m fallen in d i e s e Zeit F. v. E.s S t a d t p a l a i s p r o j e k t e (der Stadtpalast d e s H o f k a n z l e r s Graf —> S t r a t t m a n n , 1692, der W i n t e r p a last des P r i n z e n —> E u g e n , 1 6 9 5 / 9 7 , d e r Palast d e s G r a f e n B a t t h y á n y , 1699). 1696 w u r d e F. v. E. in d e n A d e l s s t a n d e r h o b e n . D i e vere b b e n d e A u f t r a g s l a g e v e r a n l a ß t e ihn, b e i m preuß. K ö n i g in Berlin (1704) vorstellig zu w e r d e n , j e d o c h o h n e E r f o l g . In dieses J a h r fallen d i e ersten S k i z z e n zur Historischen Architektur (ediert 1721), der „ersten m o n u m e n t a l e n B i l d e r K u n s t g e s c h i c h t e aller Z e i t e n " ( S e d l m a y r ) . D i e S o u v e r ä n i t ä t im U m g a n g mit allen künstlerischen Mitteln, die g e l u n g e n e

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i k o n o l o g i s c h e D u r c h g e s t a l t u n g eines architektonischen Gebildes stellte F. v. E . m i t seinen beiden letzten W e r k e n in W i e n , der K a r l s k i r c h e ( B a u b e g i n n 1716) und der H o f b i b l i o thek ( B a u b e g i n n 1723, b e i d e von s e i n e m S o h n J o s e p h E m a nuel - » F . v. E. mit D e t a i l ä n d e r u n g e n vollendet), n o c h einmal glanzvoll unter B e w e i s . WEITERE WERKE: T r i u m p h b o g e n der f r e m d e n N i e d e r l e ger, W i e n (1690). - S c h l o ß K l e ß h e i m , Salzburg ( B a u b e g i n n 1700). - B ö h m i s c h e H o f k a n z l e i , W i e n ( 1 7 0 8 - 1 4 ) . - Palast des Fürsten T r a u t s o n , W i e n ( B a u b e g i n n 1710). LITERATUR: D a g o b e r t F r e y : J. B . F. v. E. Wien 1923. - H a n s S e d l m a y r : J. B. F. v. E. In: E p o c h e n u n d Werke. G e s a m m e l t e S c h r i f t e n zur K u n s t g e s c h i c h t e . Bd. 2. Wien 1960. Ders.: J. B. F. v. E. W i e n 1976. - G ü n t e r B r u c h e r : B a r o c k a r c h i t e k t u r in Österreich. K ö l n 1983. - A n d r e a s Kreul: D e r B a r o c k b a u m e i s t e r F. v. E. B i b l i o g r a p h i e zu L e b e n und Werk. W i e s b a d e n 1988. - H e l l m u t L o r e n z : J. B. F. v. E. Zürich u . a . 1992. - Friedrich P o l l e r o ß (Hrsg.): F. v. E. und d i e W i e n e r B a r o c k t r a d i t i o n . W i e n u. a. 1995. - P e t e r P r a n g e : E n t w u r f und Z e i c h n u n g e n des J. B. F. v. E. Salzburg 2 0 0 4 . A n d r e a s Kreul: J. B . F. v. E. R e g i e der R e a l t i o n e n . S a l z b u r g 2006. Andreas Hochholzer

Fischer von Erlach, Joseph Emanuel Frh., österr. Architekt, g e t a u f t 1 3 . 9 . 1693 W i e n , t 2 9 . 6 . 1742 Wien. D e r S o h n des A r c h i t e k t e n J o h a n n B e r n h a r d —»F. v. E. erhielt s e i n e künstlerische A u s b i l d u n g bei s e i n e m Vater, arbeitete seit 1710 als dessen G e h i l f e und v e r v o l l k o m m n e t e s e i n e K e n n t n i s s e in Italien (1714), F r a n k r e i c h (1717-19), v e r m u t lich a u c h in H o l l a n d und zuletzt in E n g l a n d . D o r t e r l e r n t e er den f r ü h e n D a m p f m a s c h i n e n b a u , b a u t e 1721 f ü r den hessischen L a n d g r a f e n d i e erste D a m p f m a s c h i n e auf d e m Kontinent, stellte mit D a m p f b e t r i e b e n e P u m p w e r k e in Kassel u n d W i e n auf und w a r a u c h als I n g e n i e u r im B e r g b a u tätig. Seit 1722 w i e d e r in seiner H e i m a t s t a d t , v o l l e n d e t e F. v. E. n a c h d e m Tod seines Vaters 1723, mit einigen V e r ä n d e r u n g e n , die Karlskirche, e r b a u t e d i e H o f b i b l i o t h e k s o w i e d i e H o f s t a l l u n gen und setzte den U m b a u des Palais S c h w a r z e n b e r g fort. Seit 1722 H o f a r c h i t e k t , erhielt er 1724 d a s väterliche A m t des kaiserlichen O b e r b a u i n s p e k t o r s und w u r d e 1729 z u m H o f k a m m e r r a t e r n a n n t . Sein b e k a n n t e s t e s Werk, d i e W i n terreitschule, entstand 1729-32. Seit 1730 ü b t e F. E i n f l u ß auf d e n Stiftsbau in K l o s t e r n e u b u r g aus, 1736-38 schuf er den B u r g h o f f l ü g e l d e r R e i c h s k a n z l e i . Er f ü h r t e d e n sich d e m f r a n z ö s i s c h e n K l a s s i z i s m u s n ä h e r n d e n Spätstil seines Vaters fort. m AKL F i s c h e r - H i n n e n , J a k o b , schweizer. T e c h n i k e r , * 7 . 4 . 1 8 6 9 Zürich, t 1 3 . 1 . 1 9 2 2 Oerlikon. D e r S o h n e i n e s Juristen w a n d t e sich der E l e k t r o t e c h n i k zu und a b s o l v i e r t e e i n e p r a k t i s c h e L e h r e in Z ü r i c h u n d Bellinzona, b e v o r er d a s S t u d i u m a m T e c h n i k u m W i n t e r t h u r beg a n n . 1889 trat er als K o n s t r u k t e u r in d i e elektrotechnische A b t e i l u n g der M a s c h i n e n f a b r i k O e r l i k o n ein, f ü h r t e d i e K o m p e n s a t i o n s w i c k l u n g s o w i e d i e H i l f s p o l e in die eur o p ä i s c h e elektrische I n d u s t r i e ein, war m e h r m a l s im A u s land tätig u n d w u r d e C h e f k o n s t r u k t e u r . 1 8 9 4 - 9 9 w a r F.-H. als t e c h n i s c h e r Leiter einer M a s c h i n e n f a b r i k bei P a r i s tätig, arbeitete 1900-02 in P r a g und w u r d e C h e f i n g e n i e u r s o w i e Fabrikleiter der Elektriziäts A G in W i e n . Seit 1905 erneut bei der M a s c h i n e n f a b r i k O e r l i k o n angestellt, w u r d e er 1914 Vorstand d e s E l e k t r o t e c h n i s c h e n Instituts der Erz i e h u n g s d i r e k t i o n des K a n t o n s Zürich. F.-H. v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Die Wirkungsweise, Berechung und Konstruktion elektrischer Gleichstrommaschinen ( s 1904).

Fischer-Karwin,

Heinz, österr. Journalist, * 2 3 . 4 . 1 9 1 5 Linz, t 27. 10. 1987 W i e n . D e r O f f i z i e r s s o h n w a n d t e sich d e m S c h a u s p i e l b e r u f zu und erhielt E n g a g e m e n t s in T r o p p a u u n d B o c h u m . 1942 rückte

Fischer von Waldheim er zur Wehrmacht ein. Nach Kriegsende wurde er Reporter beim deutschen Dienst der B B C , später bei Radiodiffusion française in Paris. 1955 kehrte F.-K. nach Österreich zurück und wurde vor allem mit seinen Berichten über den Osterreichischen Staatsvertrag zum Starreporter des Österreichischen R u n d f u n k s . Zu seinen eigenen Sendereihen gehörten Bitte legen Sie ab, Wir blenden auf und Aus Burg und Oper. Für das Fernsehen gestaltete F.-K. zahlreiche Städte- und Landschaftsporträts.

Fischer von Röslerstamm, Franz (Josef), österr. Ingenieur, * 5 . 5 . 1819 Nixdorf (Böhmen), t 13. 12.1907 Brunn am Gebirge (Niederösterreich). Der Sohn eines Stahlwarenfabrikanten studierte in Dresden, Freiberg und Wien Feinmechanik und Optik, wechselte 1841 zum praktischen Maschinenbau und war drei Jahre lang bei der Wien-Gloggnitzer und der Lombardisch-Venetianischen Eisenbahn tätig. 1844 trat F. v. R. in den Dienst der Generaldirektionen der österr. Staatsbahnen und arbeitete, seit 1848 Oberingenieur, bei der Südbahngesellschaft, später bei der Kaiserin-Elisabeth-Bahn, nach deren Verstaatlichung er 1891 aus dem Staatseisenbahndienst ausschied. Er war an den Vorbereitungen und Fahrten des Semmering-Wettbewerbs sowie am Entwurf der Engerth-Lokomotive beteiligt. Zu seinen Erfindungen zählen die durchgehende Zugvorrichtung (1847), die Kupplungsspindel mit gegenläufigem G e w i n d e (1843), der Hilfsbläser und die Spurkranzschmierung (1873). OD N D B

Fischer-Schwarzböck,

Beatrix, eigentl. Macher, Sängerin, * 6 . 2 . 1 8 0 6 Temesvar, t 16.9. 1885 BadenBaden. F.-S. erhielt ihre Bühnenausbildung durch den Regisseur Ludwig Schwarzböck, mit d e m ihre Mutter in zweiter Ehe verheiratet war. A m Theater an der Wien trat sie 1823 in —> Kleists Käthchen von Heilbronn auf; als sie im folgenden Jahr für eine erkrankte Sängerin einsprang, wurde ihre S t i m m e entdeckt. 1825 debütierte die Sopranistin als E m m e line in Joseph —>Weigls Oper Die Schweizerfamilie. Nach ausgedehnten Tourneen lebte sie 1829-31 in Paris, w o sie die Leonore im Fidelio als erste Sängerin in deutscher Sprache interpretierte. Anschließend erhielt F.-S. ein Engagement am Hoftheater in Karlsruhe, wo sie 1854 als Gräfin in Die Hochzeit des Figaro ihren Abschied von der Bühne nahm. • D Kutsch

Fischer-Trachau, Otto, Maler, Zeichner, * 1 5 . 8 . 1 8 7 8 Trachau bei Dresden, t 13.7. 1958 Hamburg. F.-T. durchlief eine Malerlehre, war vier Jahre lang als Gehilfe tätig und erhielt eine künstlerische Ausbildung an der Kunstgewerbeschule sowie an der A k a d e m i e der bildenden Künste in Dresden. 1907 übersiedelte er nach Hamburg, wo er als freier Künstler vorwiegend in Staatsbauten tätig war und u . a . die Wandgemälde der Friedhofskapelle auf dem Hamburger Hauptfriedhof sowie in der Stadthalle (Tanz und Liebe) schuf. Im Ersten Weltkrieg als Kriegsberichterstatter tätig, gehörte er 1919-23 der Hamburger Sezession an. 1926 folgte er einem Ruf an die Kunstgewerbeschule nach Leipzig und übernahm im folgenden Jahr eine Professur an der Wiesbadener Kunstgewerbeschule. Seit 1933 war er wieder als freier Künstler in Hamburg tätig und unterrichtete 1949-51 am Institut für Lehrerfortbildung. F.-T., zunächst d e m Expressionismus verpflichtet, entwarf später auch Möbel und Wohneinrichtungen im Stil der Neuen Sachlichkeit. 1938 entstand, trotz seiner anfänglichen Ablehnung der nationalsozialistischen Herrschaft, ein Wandgemälde für eine Kraftdurch-Freude Leistungsschau in Hamburg. DP A K L

Fischer-Treuenfeld,

Richard von, Ingenieur, * 7 . 2 . 1 8 3 5 Thorn, t 2 9 . 1 2 . 1907 Dresden. Der einer preuß. Offiziers- und Beamtenfamilie entstamm e n d e F.-T. studierte bis 1859 am Berliner Polytechnikum. Seit 1860 bei Siemens & Halske in Berlin tätig, ging er 1861 als Regierungsingenieur nach Haiti, wurde 1863 Telegraphendirektor in Paraguay, nach dem Krieg 1870 als Leiter der argentinischen Staatstelegraphie nach Buenos Aires berufen und war 1872-96 Oberingenieur bei Siemens Brothers in London. 1899 wurde er Konsul, 1900 Generalkonsul von Paraguay für das Königreich Sachsen. F.-T. führte das elektrische und optische Meldewesen für den Bewegungskrieg ein; 1899 errichtete er Telegraphenbataillone in den deutschen Armeen. Er veröffentlichte u . a . Feuer-Telegraphen (1877) und Kriegs-Telegraphie (1879). Mit seinem publizistischen Eintreten für Paraguay (u. a. Paraguay in Wort und Bild, 1903, 2 1906) machte F.-T. das Land in Deutschland zum zeitweilig bekanntesten Staat Südamerikas. CD Altpreuß Biogr, Bd 4

Fischer von Waldheim,

Alexander, Botaniker, Mediziner, * 7 . 5 . 1803 Mainz, t 2 5 . 7 . 1884 Stepankowo bei Moskau. Der Sohn von Gotthelf - » F . v. W. und Patensohn Alexander von —> Humboldts wuchs in Moskau auf, widmete sich bereits als Vierzehnjähriger botanischen, später medizinischen Studien an der dortigen Univ., erhielt für die Abhandlung De interna plantarum fabrica 1820 eine Auszeichnung und wurde 1825 zum Dr. med. promoviert (Tractatus anatomico-physiologicus de auditu hominis). Seit 1826 Adjunkt-Professor der Botanik und Pharmakologie an der Moskauer Medizinisch-Chirurgischen Akademie, lehrte er 1830-65 als o. Prof. der Botanik an der dortigen Universität. F. v. W . war Direktor des Botanischen Gartens, 1825-35 Sekretär der Société Impériale des Naturalistes de Moscou, nach d e m Tod seines Vaters 1853 deren Präsident; 1865 wurde er Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. • • NDB

Fischer von Waldheim,

(Johann) Gotthelf, Naturforscher, Bibliothekar, * 13. 10. 1771 Waldheim (Sachsen), t 1 8 . 1 0 . 1 8 5 3 Moskau. F. v. W . studierte seit 1792 Medizin an der Univ. Leipzig und wurde 1 7 9 7 / 9 8 zum Dr. med. (De respiratione animalium) und zum Dr. phil. promoviert. Während seiner Studienzeit übersetzte er ein Jugendwerk Alexander von —> Humboldts, mit dem ihn freundschaftliche Beziehungen verbanden, ins Deutsche, begleitete später die Brüder Humboldt nach Wien und Paris, wo er bei Georges Cuvier vergleichende Anatomie studierte, und veröffentlichte eine Reihe von naturwissenschaftlichen Werken. 1798 wurde F. v. W Prof. der Naturgeschichte an der Univ. Mainz, nach deren A u f h e b u n g durch Napoleon 1799 hatte er die gleiche Professur und zudem die Stelle eines Bibliothekars an der neuerrichteten Mainzer Zentralschule inne. Seit 1804 war er Prof. der Naturgeschichte und Direktor des Naturhistorischen M u s e u m s in Moskau. 1805 gründete F. v. W . die Société Impériale des Naturalistes de Moscou, der er bis an sein Lebensende vorstand. 1815 wurde F. v. W., der Mitglied in über 90 Akademien und Gelehrten Gesellschaften war, in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n ; in Rußland wurde er mit der Verleihung des St. Annen-Ordens 1. Klasse geehrt. In seinen wissenschaftlichen Arbeiten, als deren Hauptwerk die f ü n f b ä n d i g e Entomographia imperii Rossici (1820-51) gilt, beschäftigte sich F. v. W. insbesondere mit Zoologie und Paläontologie. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Über die verschiedene Form des Intermaxillarknochens in verschiedenen Thieren (1800), Vörie-

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Fischer-Wasels sungen über vergleichende Anatomie (2 Bde., 1801 /02) und Beschreibung eines Huhnes mit menschenähnlichem Profile (1815). Er war der Vater von Alexander - » F . v. W. OD NDB Fischer-Wasels, Bernhard, Anatom, * 25.1.1877 Atsch bei Stolberg, t 23. 12. 1941 Frankfurt/Main. Der Sohn eines Glashüttendirektors studierte an den Universitäten Straßburg, München und Berlin Medizin, setzte seine pathologische Ausbildung in Bonn fort und wurde 1900 promoviert. 1903 habilitierte er sich für pathologische Anatomie, wurde 1908 Prof. und Prosektor am Augusta-Hospital in Köln und ging im selben Jahr als Direktor des Senckenbergischen Pathologischen Instituts nach Frankfurt/Main. 1914 wurde F.-W. o.Prof. der pathologischen Anatomie und allgemeinen Pathologie an der Univ. Frankfurt, 1930/31 deren Rektor. Er war Herausgeber der „Frankfurter Zeitschrift für Pathologie" und veröffentlichte u. a. Allgemeine Geschwulstlehre (1927), Vererbung und Krebsforschung (1931) und Wege zur Verhütung der Entstehung und Ausbreitung der Krebskrankheit (1934). m NDB F i s c h e r k o e s e n , Hans, Filmproduzent, * 18.5.1896 Bad Kösen, t 25.4. 1973 Bonn-Bad-Godesberg. F., Sohn eines Zementkaufmanns, schuf 1919 den ersten deutschen Zeichentrickfilm Das Loch im Westen, dem 1921 sein erster Werbefilm folgte. F. eröffnete ein eigenes Werbefilm-Studio, drehte während des Zweiten Weltkriegs Lehrfilme für die Wehrmacht und war nach Kriegsende zweieinhalb Jahre in der Sowjetischen Besatzungszone inhaftiert. Seit 1948 produzierte F. in Bad Neuenahr wieder gezeichnete Werbefilme, erbaute dann das Fischerkoesen Filmstudio in Mehlem/Rhein und stellte bis zu seinem Tod mehr als tausend Trickfilme her. In den sechziger Jahren drehte er vorwiegend Werbefilme für die amerikanischen Fernsehsender, später arbeitete er hauptsächlich für das Werbeprogramm des deutschen Fernsehens. F i s c h h o f , Adolf, österr. Politiker, Mediziner, Schriftsteller, * 8. 12. 1816 Altofen (heute zu Budapest), t 23.3. 1893 Emmersdorf (Klagenfurt). F. studierte seit 1836 Medizin an der Univ. Wien, wurde 1845 promoviert und arbeitete von 1848 an als Sekundärarzt im Allgmeinen Krankenhaus. Seit 1844 war er daneben Mitarbeiter der Zeitungen „Humorist", „Neue Freie Presse" und „Wiener Allgemeine Zeitung". Politisch trat er während der Märzrevolution 1848 hervor, als er Preß-, Lehrund Lernfreiheit, Geschworenengerichte sowie die nationale Verständigung der österr. Völker aufgrund freier Vereinbarungen forderte. F. wurde Mitglied der akademischen Legion und Kommandant des Medizinerkorps, Präsident des Sicherheitsausschusses und leitete von September bis Dezember 1848 das Sanitätsreferat des Ministeriums des Innern. F. gehörte im Kremsierer Reichstag dem Verfassungsausschuß an und entwickelte sich zu einem der führenden Repräsentanten des Liberalismus in Österreich. Nach der Aufhebung des Reichstags kam er in Untersuchungshaft, wurde 1849 freigesprochen, aber erst 1867 amnestiert und wieder mit vollen Bürgerrechten ausgestattet. Später wandte sich F. verstärkt publizistischen Tätigkeiten zu und befaßte sich mit Fragen der Nationalitätenpolitik (u.a. Österreich und die Bürgschaften seines Bestandes, 1869, 2 1870; Der Österreichische Sprachenzwist, 1888). CD Lex dt-jüd Autoren F i s c h h o f , Joseph, österr. Komponist, Musiker, Musikpädagoge, * 4.4. 1804 Butschowitz (Mähren), t 28.6. 1857 Wien. F., Sohn eines Polizeibeamten, der auch als Schriftsteller tätig war, erhielt neben dem Medizinstudium in Wien

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Klavier- und Kompositionsunterricht als Schüler von Anton —> Halm und Ignaz von —> Seyfried; nach dem Tod seines Vaters 1827 wandte er sich ganz der Musik zu. 1833 wurde er Prof. am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde, wo er bis 1856 als Klavierpädagoge wirkte. F. gilt als Meister der klassischen Wiener Klavierschule und als einer der bedeutendsten Pianisten seiner Zeit; er trat besonders als Interpret —>Bachs, —»Beethovens, —>Mendelssohn Bartholdys und Chopins hervor. Seine umfangreiche Musikbibliothek mit Manuskripten und Autographen (heute im Besitz der Staatsbibliothek Berlin) ist vor allem für die Bachund Beethovenforschung von Bedeutung. F. komponierte zahlreiche Lieder und veröffentlichte u. a. Versuch einer Geschichte des Ciavierbaues (1853, Nachdr. 1998). Er war ein Vetter von Adolf F. m MGG F i s c h h o f , Robert, österr. Musiker, Komponist, * 31.10. 1856 Wien, t 2.4. 1918 Wien. Seine musikalische Ausbildung erhielt F. am Wiener Konservatorium u. a. als Schüler Anton —» Bruckners, von Franz Liszt wurde er im Klavierspiel unterrichtet. Seit frühester Jugend konzertierte er an den Höfen Preußens, Österreichs, Dänemarks und Schwedens; von 1884 bis zu seinem Tod war er Prof. der Ausbildungsklasse am Konservatorium in Wien. Zu seinen Kompositionen zählen Kammermusikwerke, Violinsonaten, Klavierkonzerte und die 1906 in Graz uraufgeführte Oper Der Bergkönig. Fischinger, Oskar, Regisseur, Maler, * 22.6. 1900 Gelnhausen, f 31.1.1967 Los Angeles-Hollywood. Zunächst zum Orgelbauer, dann bis 1922 in Franfurt/Main zum Maschinenbautechniker ausgebildet, wandte sich F. unter dem Einfluß von Walter —>Ruttmann dem Film zu und war 1925/26 Mitarbeiter von Alexander —>László bei der Entwicklung von dessen Farblichtmusik. Danach als Trickfilmspezialist für die UFA in Berlin tätig, gestaltete F. u.a. die Trickaufnahmen für Fritz —> Langs Frau im Mond ( 1929) und beschäftigete sich daneben mit Ton-, Färb- und Filmexperimenten. Mit seinen Filmstudien (1921-32) und den Kompositionen in Blau (1933), in denen die Bewegung von teils schwarzweißen, teils farbigen Formen zu Musik Choreographien ist, gilt er als früher Vertreter des abstrakten Films. 1936 emigriert F. in die USA, wo er in Hollywood u. a. für Metro-Goldwyn-Mayer (An optical poem, 1938; An American march, 1939) und Disney (Fantasia, 1940) sowie als Werbefilmer arbeitete. Nach 1947 widmete er sich überwiegend der abstrakten Malerei. Fischi, Hans, österr. Pädagoge, * 16.7. 1884 Wien, t 4.7. 1965 Wien. F. studierte seit 1902 Klassische Philologie in Wien und wurde 1906 zum Dr. phil. promoviert (DE nuntiis tragicis). 1908-19 unterrichtete er dort an einem Gymnasium Deutsch und alte Sprachen; in der Schulreformabteilung des Unterrichtsamtes wurde er einer der engsten Mitarbeiter Otto —»Glöckels. Als Sozialdemokrat 1934 zwangspensioniert, emigrierte er 1941 in die USA. 1946 kehrte F. nach Wien zurück und war bis zu seiner Pensionierung 1949 Amtsleiter im Wiener Stadtschulrat. F. veröffentlichte u. a. das umfangreiche Quellenwerk Schulreform, Demokratie und Österreich 1918-50 (1950). m BHdE, Bd 1 Fischi, Johann, österr. kath. Theologe, Philosoph, * 7.3. 1900 Tobay (Ungarn, heute Tobaj, Burgenland), t 24.12. 1996 Graz. F., Sohn eines Kleinbauern, studierte Theologie an der Univ. Graz, empfing 1922 die Priesterweihe und wurde 1925 zum Dr. theol. promoviert. 1924-27 hielt er sich zum Studium der Philosophie an der Gregoriana in Rom auf, wo er 1926 zum Dr. phil. promoviert wurde. 1932 habilitierte er sich

Fistulator an der Univ. Graz mit der Arbeit Unsere Gedächtnisbilder. Untersuchung über die Grundlegung des menschlichen Gedächtnisses für Christliche Philosophie und Apologetik, wurde 1935 a. o. Prof. und lehrte nach der Zwangspensionierung 1940 an der Philosophisch-Theologischen Lehranstalt der Diözese Graz-Seckau. 1945 reaktiviert, war er bis 1970 o. Prof. in Graz; 1 9 4 8 / 4 9 und 1 9 5 8 / 5 9 hatte er das A m t des Rektors der Univ. inne. F. beschäftigte sich mit der Geschichte der Philosophie und der christlichen Weltanschauung. Zu seinen Veröffentlichungen zählen u. a. Die Formen unseres Denkens (1946, 2. Aufl. unter dem Titel Logik. Ein Lehrbuch, 1953) und Christliche Weltanschauung und die Probleme der Zeit (1946, 2 1948). Sein Hauptwerk ist eine f ü n f b ä n d i g e Geschichte der Philosophie (1947-54), die auch zusammengefaßt in einem Band erschienen ist (Geschichte der Philosophie. Von den Griechen bis zur Gegenwart, 1964, 5 1980). F i s c h i , Ludwig, österr. Schriftsteller, * 2 . 9 . 1854 Prag, t 8 . 7 . 1 9 1 8 Wien. F. lebte zeitweise als Dramaturg am Friedrich-Wilhlemstädtischen Theater in Berlin und war später schriftstellerisch tätig. Er übersetzte zahlreiche französische Theaterstücke ins Deutsche und schrieb Schwanke ( u . a . Einberufung), Lustspiele, Opernlibretti sowie R o m a n e (Die goldene Schere, 1901). F i s c h i , Rudolf, Pädiater, * 12. 1. 1862 Hohenmauth (Böhmen), f 1 8 . 2 . 1 9 4 2 Prag. Das Medizinstudium Schloß F. an der Deutschen Univ. in Prag 1895 mit der Promotion ab und war Assistent in Leipzig, an der Prager Findelanstalt sowie an der Münchner Kinderklinik. 1892 habilitierte er sich für Kinderheilkunde in Prag und übernahm die Leitung der Kinderabteilung an der Universitätspoliklinik, deren Vorstand er 1918 wurde. Seit 1904 Titularprofessor, wurde F. 1914 a. o . P r o f . und war 1922-32 o.Professor. Er verfaßte u. a. Therapie der Kinderkrankheiten (1909), Krankheiten der Haut des späteren Kindesalters (1922) und Tuberkulose, Syphilis (1922). m

Ärzte 2, 3

Fischler,

Franz Josef (Bendedikt), Mediziner, Pharmazeut, * 1 5 . 3 . 1 8 7 6 Wiesloch (Baden), t 2 6 . 6 . 1957 München. Der aus Baden stammende Arztsohn studierte 1895-1900 Medizin an den Universitäten Heidelberg, F r e i b u r g / B r e i s gau, Leipzig und Berlin, wurde 1902 in Heidelberg promoviert ( Ü b e r den Fettgehalt in Niereninfarcten) und war 1901-03 als Assistent in Heidelberg und Straßburg tätig. 1903-14 wirkte er am Chemischen Untersuchungslaboratorium der Medizinischen Klinik in Heidelberg, habilitierte sich dort 1906 (Das Urobilin und seine klinische Bedeutung) und wurde 1912 a. o. Professor. Während des Ersten Weltkriegs leitender Arzt eines Lazarettzugs, übersiedelte F. 1917 als Vorstand der Abteilung für Krankenversorgung an das Städtische Lebensmittelamt nach München und trat 1921 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in das Pharmazeutische Institut der Univ. ein und wirkte auch an der angeschlossenen Deutschen Forschungsanstalt f ü r Lebensmittelchemie. Er veröffentlichte u. a. Physiologie und Pathologie der Leber (1916, 2 1925) und Anleitung zur Harnuntersuchung (1943, 4 1960). OD Ärzte 2, 3

Fischli, Hans, schweizer. Architekt, Maler, * 9 . 1 0 . 1 9 0 9 Zürich, t 1 . 4 . 1 9 8 9 Bern. F., Sohn eines Geometers, durchlief 1925-28 eine Bauzeichnerlehre in Oerlikon und setzte seine Ausbildung zum Architekten 1 9 2 8 / 2 9 u . a . als Schüler Paul —>Klees und Wassily —» Kandinskys am Bauhaus in Dessau fort, w o er sich der gegenstandslosen Malerei zuwandte. 1930 nach Zürich zurückgekehrt, eröffnete er dort 1933 ein eigenes Architekturbüro

und errichtete zwischen 1936 und 1947 verschiedene Ausstellungsbauten, u. a. als Mitarbeiter des Chefarchitekten der Schweizerischen Landesausstellung 1939, für die Wanderausstellung der Schweizerischen Zentrale für Handelsförderung 1940 sowie für die Zürcher kantonale Gewerbe- und Landwirtschaftsausstellung 1 9 4 6 / 4 7 . 1933-36 war er Mitglied der Künstlergruppe Abstraction-Création, der auch Hans - > A r p angehörte. F. erbaute u . a . die Arbeitersiedlung G wad in Wädenswil (1944), das Kinderparadies Nestlé bei Zürich und das Kinderdorf Pestalozzi bei Trogen (1943-54). 1954-61 war er Direktor der Kunstgewerbeschule Zürich. F. war auch als Maler und Bildhauer (Eineck, 1961; Zweieck, 1963) tätig. 1978 erschien seine Autobiographie Rapport bebildert. m AKL

Fisse,

Hermann Heinrich, Landwirt, * 1.3. 1830 Ueffeln, t 14.5. 1899. F. besuchte 1850-52 das Lehrerseminar in Osnabrück, studierte 1870-73 in Osnabrück, wurde zum Dr. phil. promoviert und war 1874-84 Sekretär des Landwirtschaftlichen Hauptvereins in Osnabrück, seit 1894 dessen Vizepräsident. 1885-99 bewirtschaftete er den Erbkotten Niewedde, der ihm seit seiner Heirat 1880 gehörte. F. war Mitglied der Christlich-Konservativen Partei in Wittlage. Er veröffentlichte zahlreiche landwirtschaftliche Schriften. F i s s e n e w e r t , Wilhelm, Unternehmer, * 2. 12.1882 Gütersloh, t 16.9. 1954 Bielefeld. F. ging 1896 bei einem Schlossermeister in Gütersloh in die Lehre, sammelte praktische Erfahrungen bei Firmen des Hebezeug- und Aufzugbaues und wurde Betriebsleiter in einer Stahlgelenkkettenfabrik. 1912 gründete er mit seinem Bruder in Gütersloh die Firma Fissenewert & Cie., Maschinenfabrik und Kettenwerk, die er seit 1920 allein führte. Im Lauf der Zeit wurde das Werk u . a . u m ein Konstruktionsbüro, eine Versuchsanstalt und Materialprüfungsanlagen erweitert; die stetig wachsende Produktion umfaßte Ketten für alle Industriezweige im In- und Ausland. F. wirkte entscheidend mit bei der Einführung der N o r m u n g in der deutschen Kettenindustrie und war seit 1948 Vorsitzender der Fachabteilung Stahlgelenkketten im Wirtschaftsverband Eisen-, Blech- und Metallwarenindustrie. • D M ä n n e r Wirtschaft F i s s e r , Hendrik (Okko Martin), Unternehmer, * 19.2. 1887 Emden, t 1956 Oldenburg. Nach einer kaufmännischen Lehre in Düsseldorf setzte F. seine Ausbildung in Schweden und Großbritannien fort. 1916 wurde er Teilhaber der Firma Fisser & von Doornum, Kohlengroßhandel, Kohlenimport und Reederei. F. war Teilhaber und Gesellschafter anderer Emdener Wirtschaftsunternehmen, 1917-19 Referent beim Reichskohlenkommissar in Berlin und wirkte als stellvertretender Vorsitzender des Siebener-Ausschusses des Rheinischen BraunkohlenSyndikats in Köln. Blasius, Bildhauer, Stukkateur, t E n d e Juni 1622 München. Nach einer Ausbildung zum Schreiner arbeitete F. 1587-1622 für den M ü n c h n e r Hof unter —> Maximilian I. und stellte die M a r m o r - und Stuckarbeiten für die Residenz und die Michaelskirche her. Z u m Teil griff er dabei auf Entwürfe von Friedrich —»Sustris zurück. F. gilt als Entdecker der Scagliola-Technik; er stattete u. a. die G e h e i m e Hof-Kapelle von Herzog —> Wilhelm V. in dieser Technik aus (1750 abgebrannt). In seinen letzten Lebensjahren arbeite F. mit seinen Söhnen Wilhelm und Paul zusammen. Die meisten seiner Ausstattungen in der Münchner Residenz wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört. CD A K L

Fistulator,

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Fitger Fitger,

Arthur (Heinrich Wilhelm), Maler, Schriftsteller, * 4 . 1 0 . 1 8 4 0 Delmenhorst, t 2 8 . 6 . 1 9 0 9 Horn bei Bremen. Der Sohn eines Postmeisters und Hoteliers und Bruder von Emil Augustus —»F. studierte 1858-61 an der A k a d e m i e der bildenden Künste in München, u . a . bei Moritz von —»Schwind, und setzte seine Ausbildung in Antwerpen, 1863-65 als Stipendiat in R o m und in Wien fort. Seit 1866 in Berlin ansässig, war er zeitweise Mitarbeiter Otto —> Knilles. Von 1869 an lebte F. in Bremen, wo er sich zu einem Meister dekorativer Figurenmalerei entwickelte und den dortigen Ratskeller, die Börse, die Säle des Künstlervereins sowie das Treppenhaus der Kunsthalle, die Rathaussäle, Hotels und zahlreiche Bürgerhäuser in Hamburg künstlerisch ausgestaltete. Auch literarisch tätig, schrieb F. neben epischen und lyrischen Gedichten eine Reihe von Dramen, u . a . das Trauerspiel Die Hexe (1876; f> 1895). t u Oldenburg

Fitger,

Emil(ius) Augustus, Journalist, * 15.12. 1848 Delmenhorst, t 9 . 4 . 1 9 1 7 Bremen. Der Bruder von Arthur —> F. war nach d e m Besuch der Rektorschule in Delmenhorst und der Handelsschule in Bremen dort bis 1878 als K a u f m a n n tätig und wurde anschließend Mitarbeiter der „Weserzeitung", deren Chefredakteur er von 1886 bis zu seinem Tod war. Als Mitglied der Freisinnigen Vereinigung gehörte er seit 1879 der Bremer Bürgerschaft an. F. beschäftigte sich mit Handelspolitik und Seeschiffahrt und veröffentlichte u . a . Die wirtschaftliche und technische Entwicklung der Seeschiffahrt von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis auf die Gegenwart (1902) und Unsere zukünftige Handelspolitik namentlich mit Österreich-Ungarn (1916). CD Leb Nieders, Bd 6 F i t t e r e r , Joseph, Jesuit, Theologe, * 18. 11.1695 Laufen bei Salzburg, t 13.7. 1780 N e u b u r g / D o n a u . F. trat 1712 in die Gesellschaft Jesu ein. Seit 1734 war er Prof. für Metaphysik an der Univ. Ingolstadt, 1738-41 an der Univ. Freiburg/Breisgau. 1742 kehrte er als Prof. f ü r Moraltheologie an die Univ. Ingolstadt zurück. Weitere Orte seines Wirkens waren Innsbruck und N e u b u r g / D o n a u . F. veröffentlichte u . a . Gespräch von den vornehmsten Religionsstreitigkeiten (1742) und Gründliche Vertheidigung der christlichen Lehre (1763). OD L M U

Fittig,

(Wilhelm) Rudolph, Chemiker, * 6. 12.1835 Hamburg, t 1 9 . 1 1 . 1 9 1 0 Straßburg. F., Sohn eines Lehrers und Buchhalters, betrieb zunächst allgemein naturwissenschaftliche Studien, widmete sich seit 1857 in Göttingen der C h e m i e und wurde im folgenden Jahr promoviert (Über das Aceton). Nach der Habilitation 1860 wirkte er als Privatdozent in Göttingen, wurde 1866 a. o. Prof. und übernahm die Leitung des Chemischen Praktikums in Göttingen. 1870 folgte F. einem Ruf als o . P r o f . der C h e m i e an die Univ. Tübingen und ging 1876 nach Straßburg, wo unter seiner Führung ein neues Chemisches Institut errichtet und er 1845 zum Rektor gewählt wurde (Ziele und Erfolge der wissenschaftlichen chemischen Forschung). Er beschäftigte sich vor allem mit organischer C h e m i e und schuf mit der Fittigschen Synthese, der Reaktion zwischen Halogenderivaten des Benzols und den Halogenverbindungen aliphatischer Kohlenwasserstoffe, neue Grundlagen für die Dastellung von Benzolhomologen. 1869 enteckte F. das Phenanthren, später die Lactone, Dilactone und Lactonsäuren. Er veröffentlichte u . a . Das Wesen und die Ziele der chemischen Forschung und des chemischen Studiums (1870) und Grundriss der unorganischen Chemie (1872). m NDB F i t t i n g , Hans, Mathematiker, * 13. 11. 1906 MönchenGladbach, t 15.6. 1938 Königsberg. Der Sohn eines Mathematikers und Enkel Hermann —»F.s studierte seit 1925 Mathematik, Physik und Philosophie an

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den Universitäten Tübingen und Göttingen (Promotion 1932, Die Theorie der Automorphismenringe Abelscher Gruppen und ihr Analogon bei nichtkommutativen Gruppen). Als Stipendiat der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft war er 1932-34 an den Universitäten Göttingen und Leipzig tätig, habilitierte sich 1936 in Königsberg und war seit 1937 Dozent. F. befaßte sich u . a . mit der Einordung der Strukturtheorie der hyperkomplexen Systeme in eine allgemeine Theorie der verallgemeinerten Abelschen Gruppen und veröffentlichte seine Ergebnisse in verschiedenen Zeitschriften der Mathematik. m NDB F i t t i n g , (Heinrich) Hermann, Jurist, * 2 7 . 8 . 1831 Mauchenheim, t 3 . 1 2 . 1918 H a l l e / S a a l e . F., Sohn eines Gutsbesitzers, studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Würzburg, Heidelberg und Erlangen, wurde 1852 zum Dr. jur. promoviert (Über den Begriff von Haupt- und Gegenbeweis und verwandte Fragen) und habilitierte sich 1856 in Heidelberg (Über den Begriff der Rückziehung). Seit 1857 a . o . P r o f . in Basel, wurde er im folgenden Jahr o . P r o f . des römischen Rechts und übersiedelte 1862 an die Univ. Halle, w o er bis zu seiner Emeritierung 1902 römisches Recht, später vorwiegend Zivilprozeßund Konkursrecht lehrte. 1878 erschien sein weitverbreitetes Lehrbuch Der Reichs-Civilproceß ( l 3 1908). F. befaßte sich auch mit der Entwicklung der Rechtswissenschaft in Italien und Frankreich im Frühmittelalter. Er war der Vater von Johannes - » F. CP N D B F i t t i n g , Johannes, auch Hans F., Botaniker, * 2 3 . 4 . 1 8 7 7 Halle/Saale, t 6 . 7 . 1 9 7 0 Köln. Das Studium an den Universitäten H a l l e / S a a l e und Straßburg Schloß der Sohn Hermann —>F.s 1900 mit der Promotion ab (Bau und Entwicklungsgeschichte der Makrosporen von Isoetes und Selaginella und ihre Bedeutung für die Kenntniss des Wachsthums pflanzlicher Zellmembranen), war als Assistent an der Univ. Leipzig tätig und habilitierte sich 1903 in Tübingen mit der Arbeit Untersuchungen über den Haptotropismus der Ranken für Botanik. Nach der Rückkehr von einer Tropenreise wurde er a. o. Prof. an der Univ. Straßburg, lehrte 1910 in Halle und übersiedelte im folgenden Jahr als Direktor des Botanischen Staatsinstituts und Prof. am Kolonialinstitut nach Hamburg. 1912-46 war er o . P r o f . an der Univ. Bonn. 1914 wurde er in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. F., der 1908 das erste Pflanzenhormon entdeckte, veröffentlichte eine Reihe von pflanzenphysiologischen Arbeiten, vor allem über Reizbewegungen und pflanzliche Wirkstoffe, u. a. Aufgaben und Ziele einer vergleichenden Physiologie auf geographischer Grundlage (1922) und Die ökologische Morphologie der Pflanzen im Lichte neuerer physiologischer und planzengeographischer Forschungen (1926). 1936 erschien sein Lehrbuch der Botanik für Hochschulen.

Fittko,

Lisa, geb. Elisabeth Ekstein, Schriftstellerin, * 2 3 . 8 . 1 9 0 9 Ungvár (Ungarn), t 1 2 . 3 . 2 0 0 5 Chicago. F., deren Vater 1916-20 die pazifistische Zeitschrift „Die Waage" herausgab, wuchs in Wien und seit 1922 in Berlin auf, war u. a. im Sozialistischen Schülerbund politisch aktiv und emigrierte 1933 über Prag und die Niederlande 1938 nach Frankreich. 1939 kurzzeitig interniert, lebten F. und ihr M a n n Hans F. in Marseille und Banyuls-sur-mer nahe den Pyrenäen und der spanisch-französischen Grenze und unterstützten Flüchtlinge auf d e m Weg nach Spanien, darunter Walter - > B e n j a m i n . Jene Zeit beschrieb F. in ihrem 1985 veröffentlichten, mehrfach aufgelegten Buch Mein Weg über die Pyrenäen. Erinnerungen 1940/41 (Nachdr. 2004). 1941 floh sie nach Kuba und ging 1948 in die U S A , w o sie in Chicago als Fremdsprachenkorrespondentin, Sekretärin und Stenographin arbeitete und sich in der Friedensbewegung enga-

Flach gierte. 1992 erschien Solidarität unerwünscht. Meine Flucht durch Europa. Erinnerungen 1933-40 (Nachdr. 1994). CP Spalek 3,2 F i t z , Hans, Schriftsteller, Schauspieler, * 21. 12.1891 N e u s t a d t / O r l a , t 1 7 . 1 0 . 1 9 7 2 Krailling. Der Sohn eines Ingenieurs studierte Architektur an der T H München, widmete sich daneben der Schauspielerei und gründete während seiner französischen Kriegsgefangenschaft 1914-18 ein Gefangenentheater auf der Ile d ' O l é r o n . Er debütierte an der Pfälzischen Landesbühne in Kaiserslautern, später folgten Engangements an den Münchner Kammerspielen und am dortigen Volkstheater. Daneben gab F. seit 1923 häufig Vortragsabende in ganz Deutschland und spielte in Filmen mit. Er verfaßte zahlreiche Theaterstücke ( u . a . Josef Filser, 1934 an den Münchner Kammerspielen uraufgeführt), Hörspiele und Filmdrehbücher. F i t z i n g e r , Leopold Joseph, österr. Zoologe, * 13.4. 1802 Wien, t 2 2 . 9 . 1884 Wien. Nach dem Abbruch des Medizinstudiums an der Univ. Wien begann F. 1816 eine Lehre in der Hofapotheke, wechselte 1817 ins Hofnaturalienkabinett und wurde 1821 Beamter bei den Niederösterreichischen Landständen, 1844 Kustosadjunkt am Hofnaturalienkabinett. Seit 1856 war F. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1862 übernahm er die Leitung eines privaten Zoologischen Gartens in München, 1863-66 des neuerrichteten Pester Zoos. F. war ein Fisch- und Reptilienkenner und erwarb sich Verdienste um die naturhistorischen Sammlungen. Neben zahlreichen zoologischen Abhandlungen ( u . a . Über die Racen des zahmen oder Hausschweines, 1858; Die Raçen des zahmen Hundes, 1867) veröffentlichte er eine Wissenschaftlich-populäre Naturgeschichte der Säugetiere in ihren sämtlichen Hauptformen (6 Bde., 1855-63). OP Wurzbach F i t z n e r , Rudolf, österr. Musiker, * 4 . 5 . 1868 Ernstbrunn (Niederösterreich), t 2 . 2 . 1934 Maxglan (heute zu Salzburg). Seine Ausbildung zum Violinvirtuosen erhielt F. u . a . als Schüler Anton —»Bruckners am Wiener Konservatorium und gründete 1894 zusammen mit M a x Weißgärber, Jaroslav Czerny und Anton Walter das Fitzner-Quartett, in dem er 1921-27 mit Heß, Gräser und Hugo Kreisler spielte. Mit dem Quartett unternahm F., 1911 vom bulgarischen König zum Kammervirtuosen ernannt, zahlreiche Konzertreisen, u. a. nach Rußland, Griechenland, Konstantinopel und Ägypten. DP Ö M L F i t z n e r , Wilhelm, Fabrikant, * 8 . 2 . 1 8 3 3 Gleiwitz, t 3 . 1 . 1 9 0 5 Laurahütte (Oberschlesien). Der Sohn eines Schmiedemeisters arbeitete zunächst drei Jahre als Praktikant bei Borsig in Berlin sowie bei R u f f e r in Breslau und erweiterte 1869 die von seinem Vater 1855 auf dem Gelände der Laurahütte errichtete Kesselschmiede, der er ein Bleischweißwerk angliederte. Damit wurde sein Betrieb zur in Deutschland führenden Firma auf dem Gebiet der Kesselfabrikation und Schweißerei. 1875 begann F. in großem U m f a n g mit der Herstellung von Gefäßen und Rohren u . a . f ü r Dampfheizungen und Gasleitungen; 1892 führte er die hydraulische Nieterei in Oberschlesien ein. 1881 gründete er eine zweite Kesselfabrik in Sosnowitz und errichtete 1898 eine Wassergasschweißerei, die als eine der ersten dieser Art galt. CD N D B F i t z n e r , Wilhelm, Politiker, Reichsbahndirektor, * 2 0 . 7 . 1 8 9 1 Berlin, t 16. 1. 1950. F. studierte Nationalökonomie an der Univ. Berlin und arbeitete nach dem Militärdienst und der Promotion 1 9 2 1 / 2 2 als Pressereferent des Reichswirtschaftsrates. 1922-26 war

er SPD-Stadtrat in Landsberg/Warthe, 1926-28 Landrat in Eisleben und 1929 Regierungspräsident in Gumbinnen, seit 1930 in F r a n k f u r t / O d e r . Aus politischen Gründen entlassen, arbeitete F. als Rechts- und Steuerberater in Berlin und war Aufsichtsratsmitglied verschiedener privater Eisenbahngesellschaften. 1935 wurde er verhaftet, war einige M o nate im Konzentrationslager und widmete sich anschließend schriftstellerischen Arbeiten (u. a. Nikodemus, ein Leben um Jesus von Nazareth, 1947). 1945 wurde F. zum Chefpräsidenten der Deutschen Zentralverwaltung des Verkehrs und für kurze Zeit auch zum Generaldirektor der Reichsbahn ernannt. 1948 von seinen Amtern entbunden, ging er in den Westen. m DDR F i x l m i l l n e r , Placidus, eigentl. Joseph, Benediktiner, Astronom, * 2 8 . 5 . 1 7 2 1 Achleithen bei Kremsmünster (Oberösterreich), t 2 7 . 8 . 1791 Kremsmünster (Oberösterreich). F., Sohn eines Pflegers und späteren Hofschreibers im Stift Kremsmünster, Schloß das Studium in Salzburg mit der Promotion zum Dr. phil. ab, trat 1737 in das Benediktinerstift Kremsmünster ein und wurde nach weiteren theologischen Studien in Salzburg zum Dr. theol. promoviert. Seit 1745 war er Priester und Prof. an der Ritterakademie seines Klosters und 1748 Dekan der dortigen höheren Schulen, 1756 Regens der Adeligen Akademie. F. widmete sich seit 1761 astronomischen Studien und wurde im folgenden Jahr Astronom an der Stiftssternwarte, die bald als eine der am besten ausgestatteten ihrer Zeit galt. Er bestimmte u . a . die genaue geographische Lage von Kremsmünster und Linz sowie die Positionen einzelner Fixsterne und berechnete nach einer von ihm entwickelten Methode die Sonnenparallaxe. •P

NDB

F l a c c u s , Adalbert, Industrieller, * 2 4 . 1 2 . 1 8 8 0 Sulzbach/ Saar, t 2 1 . 8 . 1955 Düsseldorf. F. absolvierte ein Ingenieurstudium und war in der rheinischwestfälischen Eisen- und Stahlindustrie tätig. Nachdem er stellvertretender Vorstand der Phönix A G für Bergbau- und Hüttenbetrieb geworden war, trat er bei der Gründung der Vereinigten Stahlwerke A G Düsseldorf in deren Vorstand ein. Er leitete Betriebe der Bereiche Kohlen- und Erzbergbau, Kokereien, Eisen- und Stahlwerke, Walzwerke und Kalksteingruben. F. war Vorstandsmitglied des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute und der Nordwestlichen Gruppe des Vereins Deutscher Eisen- und Stahlindustrieller. ED Leb Industrie 2 F l a c h , Jakob, schweizer. Schriftsteller, Maler, Puppenspieler, * 2 6 . 3 . 1894 Winterthur, t 3 0 . 9 . 1982 Arcegno (Kt. Tessin). Nach einem abgebrochenen Botanikstudium und einer Ausbildung zum Lehrer bereiste F., Sohn eines Buchdruckers und Politikers, den europäischen Kontinent; seine Beobachtungen und Erlebnisse hielt er in Erzählungen und Skizzen fest, die er in schweizer. Zeitungen veröffentlichte und später in Büchern wie Minestra. Dank für Rebhuhn, Schwein und Spargel (1937, 5 1952) herausbrachte. In Künstlergemeinschaften wie der des M o n t e Verità beteiligte sich F. an der Suche nach experimentellen und individuellen Lebensformen; zu seinem Freundeskreis gehörten u . a . Hermann —» Hesse und Jakob —> Bührer. Mit den Malern Fritz —> Pauli, Ignaz —> Epper, und Werner Jakob Müller gründete F. 1937 in Arcegno, wo ihm eine alte M ü h l e als Behausung und Atelier diente, das „Marionettentheater Arconeser Künstler". Neben Puppenspielen verfaßte er R o m a n e (Brautfahrt ohne Ende, 1959), Erzählungen und Sachbücher (Das schwarze Afrika für Anfänger, 1965). CD Killy

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Flach F l a c h , J o h a n n e s , K l a s s i s c h e r P h i l o l o g e , Journalist, Schriftsteller, * 1 . 3 . 1 8 4 5 Pillau, f 1 6 . 9 . 1 8 9 5 H a m b u r g . F., S o h n eines G a r n i s o n s a u d i t e u r s , Schloß das S t u d i u m an der U n i v . K ö n i g s b e r g 1864 mit der P r o m o t i o n ab, habilitierte sich nach einer Tätigkeit als G y m n a s i a l l e h r e r in Elb i n g 1874 in T ü b i n g e n und w u r d e 1877 a. o. P r o f e s s o r . 1885 v e r ö f f e n t l i c h t e er die Streitschrift Die akademische Karriere der Gegenwart ( 2 1888), in der er u . a . s e i n e a k a d e m i s c h e Z u r ü c k s e t z u n g kritisierte, n a h m nach der ö f f e n t l i c h e n Disk u s s i o n seinen A b s c h i e d u n d ließ sich als J o u r n a l i s t und f r e i e r Schriftsteller in H a m b u r g nieder. Er w a r u. a. f ü r d e n „ H a m b u r g e r G e n e r a l a n z e i g e r " tätig, b e s c h ä f t i g t e sich in sein e n p h i l o l o g i s c h e n A r b e i t e n vor a l l e m mit H e s i o d und d e n g r i e c h i s c h e n L e x i k o g r a p h e n und v e r ö f f e n t l i c h t e e i n e G e s c h i c h t e d e r griechischen Lyrik (2 B d e . , 1 8 8 3 / 8 4 ) s o w i e weitere Schriften zur U n t e r r i c h t s r e f o r m , in d e n e n er d e n dam a l i g e n Universitätsbetrieb kritisierte. D a n e b e n schrieb F. meist unter P s e u d o n y m v e r ö f f e n t l i c h t e E r z ä h l u n g e n u n d N o vellen. m Altpreuß Biogr, Bd 1 F l a c h , K a r l - H e r m a n n , Politiker, * 17. 1 0 . 1 9 2 9 K ö n i g s b e r g (Preußen), t 2 5 . 8 . 1 9 7 3 F r a n k f u r t / M a i n . F., S o h n eines P r o k u r i s t e n , w u r d e 1 9 4 4 / 4 5 b e i m Volkss t u r m eingesetzt und floh nach M e c k l e n b u r g . In der S o w j e tischen B e s a t z u n g s z o n e trat er in d i e L i b e r a l d e m o k r a t i s c h e Partei D e u t s c h l a n d s ein u n d arbeitete drei J a h r e lang als Volontär und R e d a k t e u r bei der von der L D P h e r a u s g e g e b e n e n „ N o r d d e u t s c h e n Z e i t u n g " in S c h w e r i n . 1949 aus der D D R g e f l o h e n , ging er z u m S t u d i u m d e r Politischen Wiss e n s c h a f t e n nach Berlin (West) und Schloß sich der F D P an. Seit 1953 R e d a k t e u r von E u r o p r e s s , e i n e m P r e s s e d i e n s t f ü r e u r o p ä i s c h e Politik und W i r t s c h a f t in F r a n k f u r t / M a i n , w u r d e er w e n i g später R e d a k t e u r des D i e n s t e s „ W i r t s c h a f t s u n d S o z i a l p o l i t i k " in B o n n . 1956 trat er als stellvertretender Leiter der P r e s s e a b t e i l u n g in d i e B u n d e s g e s c h ä f t s s t e l l e der F D P ein, w u r d e R e d a k t e u r der „Freien D e m o k r a t i s c h e n K o r r e s p o n d e n z " und 1957 Leiter der politischen A b t e i l u n g . 1959-62 w a r F. B u n d e s g e s c h ä f t s f ü h r e r der F D P . N a c h der B e e n d i g u n g seiner politischen Tätigkeit in B o n n w u r d e er 1962 Leiter des R e s s o r t s Innenpolitik, 1964 stellvertretender C h e f r e d a k t e u r der „ F r a n k f u r t e r R u n d s c h a u " und b e s t i m m t e als solcher die Publizistik der B u n d e s r e p u b l i k mit. 1964 w u r d e ihm der T h e o d o r - W o l f f - P r e i s und 1969 d e r D e u t s c h e J o u r n a l i s t e n p r e i s der IG D r u c k und P a p i e r verliehen. Politisch w a r F. ein Verfechter eines sozialliberalen R e g i e r u n g s b ü n d n i s s e s . 1971 w u r d e er G e n e r a l s e k r e t ä r der F D P , 1972 M i t g l i e d d e s D e u t s c h e n B u n d e s t a g s . F., dessen N a m e e n g mit den F r e i b u r g e r T h e s e n der F D P v e r b u n d e n ist, veröffentlichte u . a . Erhards schwerer Weg (1963, 2 1 9 6 4 ) , Macht und Elend der Presse ( 1967), Unter uns Pharisäern ( 1968) und Noch eine Chance für die Liberalen ( 1 9 7 1 , 61976). m

MdB

F l a c h , M a r t i n d. Ä., Drucker, * K ü t t o l s h e i m bei S t r a ß b u r g , t 2 6 . 1 0 . 1500 Straßburg. F. heiratete 1472 e i n e S t r a ß b u r g e r B ü r g e r s t o c h t e r und erw a r b im selben J a h r d a s B ü r g e r r e c h t dieser Stadt. N a c h d e m er sich z u n ä c h s t der G o l d s c h m i e d e z u n f t a n g e s c h l o s s e n hatte, e r ö f f n e t e er 1487 in S t r a ß b u r g e i n e e i g e n e D r u c k e r e i . A u s d i e s e m J a h r s t a m m e n F.s e r s t e D r u c k e , v e r s c h i e d e n e Predigten d e s Petrus P a l u d a n u s . E i n i g e v o r 1487 e n t s t a n d e n e W e r k e , die irrtümlich i h m z u g e s c h r i e b e n w u r d e n , s t a m m e n v o m g l e i c h n a m i g e n B a s l e r F r ü h d r u c k e r M a r t i n —» Flach. F.s W e r k u m f a ß t rund 7 0 D r u c k e , v o r n e h m l i c h t h e o l o g i s c h e n Inhalts, d a r u n t e r S c h r i f t e n von —»Albertus M a g n u s , A u g u stinus, B o n a v e n t u r a und T h o m a s von A q u i n , s o w i e zahlreic h e z e i t g e n ö s s i s c h e Predigten und A b h a n d l u n g e n . Als einer der ersten stattete F. seine D r u c k e mit H o l z s c h n i t t e n aus. m

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LGB

F l a c h , M a r t i n , D r u c k e r , * u m 1 4 4 0 / 4 5 Basel, t u m 1510. F. betätigte sich spätestens seit 1472 in Basel als B u c h d r u c k e r . 1475 erschien sein erster volldatierter D r u c k , d a s Speculum vitae humanae d e s R o d e r i c u s Z a m o r e n s i s . Im selben J a h r e r w a r b F. ein H a u s in B a s e l . A l s M i t g l i e d d e s städtischen R a t s g e h ö r t e er seit 1483 v e r s c h i e d e n e n R a t s a u s s c h ü s s e n an. S p ä t e r geriet F. z u n e h m e n d in finanzielle S c h w i e r i g k e i t e n ; schließlich w u r d e die Z w a n g s v e r s t e i g e r u n g g e g e n ihn beantragt. D a n a c h betätigte er sich als B u c h h ä n d ler und Verleger, vor a l l e m f ü r J o h a n n —> G r ü n i n g e r aus Straßburg. F. d r u c k t e t h e o l o g i s c h e , kanonistische, p h i l o s o p h i s c h e , klassische, h u m a n i s t i s c h e und m e d i z i n i s c h e Werke, d a r u n t e r einige d e u t s c h e S c h r i f t e n . m NDB F l a c h s b a r t , O t t o (Heinrich Georg), P h y s i k e r , * 2 6 . 2 . 1 8 9 8 P a d e r b o r n , t 2 4 . 9 . 1957 H a n n o v e r . F. studierte in H a n n o v e r und G ö t t i n g e n M a t h e m a t i k , P h y s i k und P h i l o s o p h i e und w u r d e 1928 mit der A r b e i t Geschichte der Goslarer Wasserwirtschaft promoviert. Zunächst im S t a a t s b a u d i e n s t tätig, w u r d e er 1927 Abteilungsleiter a m Kaiser-Wilhelm-Institut f ü r S t r ö m u n g s f o r s c h u n g in Göttingen, 1932 Prof. d e r M e c h a n i k an der T H H a n n o v e r . 1937 aus politischen G r ü n d e n entlassen, leitete er a n s c h l i e ß e n d d i e F o r s c h u n g s a b t e i l u n g der G u t e h o f f n u n g s h ü t t e in Oberh a u s e n . N a c h K r i e g s e n d e kehrte er an d i e T H H a n n o v e r zurück, d e r e n R e k t o r er 1 9 4 7 - 5 0 war. F.s w i s s e n s c h a f t l i c h e s Werk u m f a ß t zahlreiche B u c h - u n d Z e i t s c h r i f t e n b e i t r ä g e ü b e r S t r ö m u n g s m e c h a n i k , e x p e r i m e n t e l l e Statik, S c h w i n g u n g s t e c h n i k und W a s s e r w i r t s c h a f t , d a r u n t e r Luftschrauben (1930), Modellversuche Uber die Belastung von Gitterfachwerken durch Windkräfte (2 Tie., 1 9 3 4 / 3 5 ) und Technik und abendländische Kultur {1948). D a n e b e n schrieb er a u c h Kompositionen.

F l a c i u s , M a t t h i a s , g e n a n n t Illyricus, eigentl. V l a c i c h , a u c h VlaCic, F r a n c o w i t z , F r a n k o v i c , P s e u d . P u b l i u s A e q u i l l o s , C a r o l u s A z a r i a s , T h e o d o r H e n e t u s , Christian L a n t e r w a r , luth. T h e o l o g e , Historiker, * 3 . 3 . 1 5 2 0 L a b i n (Istrien; italienisch: A l b o n a ) , t 1 1 . 3 . 1 5 7 5 F r a n k f u r t / M a i n . A u s a r m e n Verhältnissen s t a m m e n d , w u r d e F. in Venedig von d e m H u m a n i s t e n J o h a n n e s B a p t i s t a E g n a t i u s ausgebildet. S e i n e A b s i c h t , M ö n c h zu w e r d e n , g a b er auf und g i n g zu t h e o l o g i s c h e n S t u d i e n n a c h A u g s b u r g , B a s e l , T ü b i n g e n und Wittenberg. Dort Schloß er sich der R e f o r m a t i o n an u n d w u r d e von —> L u t h e r g e f ö r d e r t . 1544 erhielt er e i n e P r o f e s sur f ü r h e b r ä i s c h e S p r a c h e , die er j e d o c h 1548 aus Protest g e g e n d a s A u g s b u r g e r Interim a u f g a b . In den f o l g e n d e n J a h ren hielt er sich in M a g d e b u r g auf, von w o aus er mit leid e n s c h a f t l i c h e n K a m p f s c h r i f t e n g e g e n alle interimistischen T e n d e n z e n agitierte ( A d i a p h o r i s t i s c h e r Streit). 1557 w u r d e F. als Prof. des N e u e n T e s t a m e n t s an d i e U n i v . J e n a b e r u f e n , mußte diese j e d o c h 1561 im Verlauf d e s Synergistenstreits wieder verlassen. M e h r f a c h a u s g e w i e s e n , erhielt er zuletzt in F r a n k f u r t / M a i n A s y l . A l s k o m p r o m i ß l o s e r Verfechter eines o r t h o d o x e n L u t h e r t u m s ( „ G n e s i o l u t h e r a n e r " ) lehnte F. j e d e F o r t e n t w i c k l u n g der L e h r e nach d e m Tod des R e f o r m a t o r s a b und b e k ä m p f t e die V e r m i t t l u n g s t h e o l o g i e P h i l i p p —>Mel a n c h t h o n s . F . ' u m f a n g r e i c h e s Werk umfaßt n e b e n einer Vielzahl von K a m p f - u n d Streitschriften h i s t o r i o g r a p h i s c h e W e r k e , mit d e n e n er z u m B e g r ü n d e r der k o n f e s s i o n e l l e n Ges c h i c h t s s c h r e i b u n g des L u t h e r t u m s w u r d e . S e i n e u m f a s s e n d a n g e l e g t e und materialreiche, n a c h „ C e n t u r i e n " ( J a h r h u n d e r ten) eingeteilte K i r c h e n g e s c h i c h t e (Ecclesiastica Historia, B d . 1-3, M a g d e b u r g 1559; Bd. 4 - 1 3 , Basel 1560-74) w a r das Werk einer g a n z e n G r u p p e von M i t a r b e i t e r n ( M a g d e burger Centurien). M i t d e r Clavis Scripturae Sacrae (1567) schuf er d i e G r u n d l a g e n einer biblischen H e r m e n e u t i k . •P

TRE

Flake Fiad,

Friedrich, Jurist, * 3 . 7 . 1 8 6 9 A d e l s h e i m (Baden), t 5.12.1947. E i n e r e h e m a l s k u r p f ä l z i s c h e n , später b a d i s c h e n B e a m t e n f a m i l i e e n t s t a m m e n d , studierte F. an d e n U n i v e r s i t ä t e n Heidelberg, Berlin und L e i p z i g R e c h t s w i s s e n s c h a f t . E r trat in den Justizdienst ein und w u r d e 1910 Hilfsrichter, 1914 R e i c h s g e richtsrat, 1927 S e n a t s p r ä s i d e n t b e i m R e i c h s g e r i c h t Leipzig. F. w a r M i t a r b e i t e r a m Planckschen Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, an e i n e m H a n d w ö r t e r b u c h der R e c h t s w i s s e n s c h a f t und M i t h e r a u s g e b e r zweier j u r i s t i s c h e r F a c h zeitschriften. D a n e b e n v e r f a ß t e er r e c h t s w i s s e n s c h a f t l i c h e A u f s ä t z e , u . a . ü b e r das E r b s c h a f t s r e c h t u n d U n g a r n s Privatgesetzbuch. F i a d , G e o r g , M a l e r , * 10.3. 1853 Heidelberg, t 2 . 6 . 1913 Dachau. G e g e n den Willen seines Vaters, eines R e c h t s a n w a l t s , b e s u c h t e F. 1868-73 d i e K u n s t a k a d e m i e in D ü s s e l d o r f und w u r d e Schüler von O s w a l d —» A c h e n b a c h und E u g e n —»Dücker. 1875-77 g e h ö r t e er d e m D ü s s e l d o r f e r Verein „ M a l k a s t e n " an. 1877 verlegte er seinen W o h n s i t z n a c h M ü n c h e n , 1898 nach D a c h a u , w o er sich der K ü n s t l e r k o lonie a n s c h l o ß . F. w a r M i t g l i e d d e r M ü n c h n e r S e z e s s i o n und des D e u t s c h e n K ü n s t l e r b u n d e s . D i e M o t i v e seiner meist g r o ß f o r m a t i g e n L a n d s c h a f t s b i l d e r s t a m m t e n fast a u s s c h l i e ß lich aus der G e g e n d u m D a c h a u u n d S c h l e i ß h e i m . 1891 u n d 1898 stellte F., einer der b e d e u t e n d s t e n Vertreter der D a c h auer Schule, auf d e r Internationalen E x p o s i t i o n in Berlin aus. In den J a h r e n 1899 bis 1909 w a r er m e h r m a l s m i t seinen Werken auf der G r o ß e n K u n s t a u s s t e l l u n g in D r e s d e n u n d im M ü n c h n e r G l a s p a l a s t vertreten. Sein 1898 g e s c h a f f e n e s Bild Frühlingsmorgen befindet sich i m Besitz der N e u e n P i n a k o thek in M ü n c h e n . m AKL

Fiad,

J o h a n n Daniel, A r c h i v a r , M a l e r , N a t u r f o r s c h e r , * 1 2 . 6 . 1 7 1 8 H e i d e l b e r g , t O k t o b e r 1779 Heidelberg. F. w a r Rat und A r c h i v a r der K i r c h e n a d m i n i s t r a t i o n in H e i d e l b e r g und v e r f a ß t e historische B e i t r ä g e zur G e s c h i c h t e des H e i d e l b e r g e r S c h l o s s e s . D a n e b e n b e s c h ä f t i g t e er sich mit p h y s i k a l i s c h e n und naturhistorischen F o r s c h u n g e n und verö f f e n t l i c h t e u. a. Von der verschiedenen Fruchtbarkeit der Pfalz am Rhein und deren Ursachen (1765), Natürliche Geschichte des Kirchenwurms und der daraus entstehenden Mücke ( 1 7 7 1 ) und Erörterung der Frage: Verwandelt sich der gemeine Horn-, Feuer- oder Flintenstein in Kreide oder diese in jenen? (1776). Von F. s t a m m e n einige Z e i c h n u n g e n mit L a n d s c h a f t s - u n d A r c h i t e k t u r m o t i v e n . CD A K L

Fiad,

J o h a n n M a r t i n , e v a n g . M i s s i o n a r , * 17. 1. 1831 U n d i n g e n ( W ü r t t e m b e r g ) , t 1 . 4 . 1 9 1 5 K o r n t a l bei Stuttgart. U r s p r ü n g l i c h Sattler, w u r d e F. 1850 in d i e A u s b i l d u n g s s t ä t t e d e r P i l g e r m i s s i o n auf St. C h r i s c h o n a bei Basel a u f g e n o m m e n . Seit 1855 in Ä t h i o p i e n m i s s i o n a r i s c h tätig, g r ü n d e t e er e i n e M i s s i o n unter den F a l a s c h a s . 1863 w u r d e F. z u s a m m e n mit seinen M i t a r b e i t e r n verhaftet und vier J a h r e in G e f a n g e n s c h a f t gehalten. W i e d e r in seiner H e i m a t , leitete er ü b e r 4 0 J a h r e lang d i e von E i n g e b o r e n e n f o r t g e f ü h r t e M i s sion. F.s E r f a h r u n g e n sind in seinen Berichten f e s t g e h a l t e n . 1880-85 übersetzte er d i e Bibel in d i e a m h a r i s c h e Sprache. F.s S o h n Friedrich n a h m 1922 d i e M i s s i o n s a r b e i t seines Vaters in Ä t h i o p i e n wieder auf. m

W ü r t t N e k r o l o g , Jg. 1915

F l a d e , E r n s t (Christian Fürchtegott), M u s i k p ä d a g o g e , K o m p o n i s t , * 1 3 . 5 . 1884 B e r n s t a d t (Sachsen), t 2 6 . 5 . 1 9 5 7 Plauen. F. b e s u c h t e 1907-09 das K o n s e r v a t o r i u m der M u s i k in Leipzig u n d studierte Orgel, Klavier, T h e o r i e , K o m p o s i t i o n und Partiturspiel u. a. bei M a x —» R e g e r . 1910-45 w a r er z u n ä c h s t

als M u s i k l e h r e r , später als M u s i k s t u d i e n r a t an der deutschen O b e r s c h u l e in P l a u e n tätig. F. s c h r i e b W e r k e f ü r C h o r und Orchester, K l a v i e r s t ü c k e s o w i e K a m m e r m u s i k . D a n e ben v e r f a ß t e er zahlreiche W e r k e ü b e r die G e s c h i c h t e der M u s i k , i n s b e s o n d e r e ü b e r d i e G e s c h i c h t e der Orgel und d e s O r g e l b a u s (u. a. Gottfried Silbermann, der Orgelbauer, 1926).

Fladung,

J o h a n n e s , Politiker, * 1 2 . 2 . 1 8 9 8 F r a n k f u r t / Main, t Π . 9 . 1 9 8 2 . F.s Vater, ein S t e i n b i l d h a u e r , w a r T e i l n e h m e r des letzten F r i e d e n s k o n g r e s s e s d e r e u r o p ä i s c h e n Sozialisten 1912 in B a sel. D i e Ideale des E l t e r n h a u s e s , R e d e n und Schriften von Karl —> L i e b k n e c h t und d i e E r l e b n i s s e im Weltkrieg ließen ihn z u m e n t s c h i e d e n e n Antimilitaristen u n d K o m m u n i s t e n w e r d e n . N e u n J a h r e lang trat er als K P D - A b g e o r d n e t e r im P r e u ß . L a n d t a g g e g e n d i e A u f r ü s t u n g der R e i c h s w e h r ein. B e f r e u n d e t mit E r n s t —»Thälmann, E r n s t —»Rowohlt, A l bert —> S c h w e i t z e r und K l a r a - M a r i e —> F a ß b i n d e r , w u r d e F. zu e i n e m der f ü h r e n d e n Kulturpolitiker der d e u t s c h e n Arbeit e r b e w e g u n g . 1933 verhaftet, w u r d e er zwei J a h r e i m K o n zentrationslager O r a n i e n b u r g inhaftiert. 1938 e m i g r i e r t e er ü b e r d i e S c h w e i z nach E n g l a n d . 1946 z u r ü c k g e k e h r t , w u r d e er 1951 S e k r e t ä r des „ D e m o k r a t i s c h e n K u l t u r b u n d e s " , der 1957 als v e r f a s s u n g s f e i n d l i c h e O r g a n i s a t i o n verboten w u r d e . F.s Versuch, d e n B u n d f o r t z u f ü h r e n , f ü h r t e zu einer A n k l a g e w e g e n „ S t a a t s g e f ä h r d u n g " . D e r P r o z e ß , g e g e n den u. a. B e r trand Russell protestierte, w u r d e 1964 w e g e n V e r h a n d l u n g s u n f ä h i g k e i t ausgesetzt. F.s L e b e n s e r i n n e r u n g e n erschienen p o s t u m 1986 unter d e m Titel Erfahrungen. Vom Kaiserreich zur Bundesrepublik. CD Dt K o m m u n i s t e n F l a i s c h l e n , C ä s a r (Otto H u g o ) , P s e u d . C ä s a r Stuart, C. F. Stuart, Schriftsteller, * 1 2 . 5 . 1864 Stuttgart, t 16. 1 0 . 1 9 2 0 Gundelsheim/Neckar. D e r S o h n eines M a j o r s w u c h s in E l l w a n g e n auf und d u r c h lief seit 1883 e i n e B u c h h a n d e l s l e h r e in Berlin u n d Brüssel. 1886-89 studierte er in Berlin, H e i d e l b e r g und L e i p z i g Phil o s o p h i e und Philologie. 1889 w u r d e er mit einer Arbeit ü b e r d e n D r a m a t i k e r O t t o Heinrich von —> G e m m i n g e n prom o v i e r t . Seit 1891 in Berlin ansässig, trat F. 1895 in d i e R e d a k t i o n d e r K u n s t z e i t s c h r i f t „ P a n " ein und leitete sie bis zu ihrer A u f l ö s u n g 1900. Als Erzähler, D r a m a t i k e r u n d Lyriker w a r er a n f a n g s v o m N a t u r a l i s m u s beeinflußt (u. a. Toni Stürmer, 1893). Später w a n d t e sich F. d e m I m p r e s s i o n i s m u s zu. S e i n e G e d i c h t e in P r o s a Von Alltag und Sonne ( 1898) und seine G e d i c h t s a m m l u n g e n in s c h w ä b i s c h e r M u n d a r t f a n d e n bei e i n e m breiten L e s e p u b l i k u m A n k l a n g . Stark a u t o b i o g r a p h i s c h e Z ü g e trägt F.s 1905 v e r ö f f e n t l i c h t e r R o m a n Jost Seyfried. Ein Roman in Brief- und Tagebuchblättern. Aus dem Leben eines Jeden (2 Bde.; 122. Tsd., 1927). CD Killy F l a k e , Otto, P s e u d . L e o F. Kotta, W e r r e n w a g , Karel M a n ders, Schriftsteller, * 2 9 . 1 0 . 1 8 8 0 M e t z , t 10. 1 1 . 1 9 6 3 Baden-Baden. N a c h d e m S t u d i u m d e r G e r m a n i s t i k , P h i l o s o p h i e und K u n s t g e s c h i c h t e in S t r a ß b u r g Schloß sich F., S o h n eines Justizb e a m t e n , d e m Kreis j u n g e r elsässischer A u t o r e n u m R e n é —> S c h i c k e l e und E r n s t —> Stadler an. M i t ihnen g a b er 1902 d i e e u r o p ä i s c h orientierte Z e i t s c h r i f t „ D e r S t ü r m e r " (seit 1903 „ D e r M e r k e r " ) heraus. Z u n ä c h s t H a u s l e h r e r in St. Petersburg, ging F. 1907 als Feuilletonchef z u m „ L e i p z i g e r Tageblatt". Seit 1909 lebte er als f r e i e r Schriftsteller an w e c h s e l n d e n Orten. I m Ersten Weltkrieg w a r F. in der Ziv i l v e r w a l t u n g B e l g i e n s in B r ü s s e l tätig. N a c h K r i e g s e n d e lebte er z u n ä c h s t in Z ü r i c h , w o er vor a l l e m historische R o m a n e und fiktionalisierte B i o g r a p h i e n v e r f a ß t e . R e i s e n f ü h r t e n ihn d u r c h g a n z E u r o p a . 1927 w u r d e er aus politischen G r ü n d e n a u s Italien a u s g e w i e s e n und lebte seit 1928 in

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Flakowski B a d e n - B a d e n . A u s s e i n e m u m f a n g r e i c h e n Werk ragen insbes o n d e r e die E r z i e h u n g s - und B i l d u n g s r o m a n e heraus. Viele seiner W e r k e spielen im d e u t s c h - f r a n z ö s i s c h e n G r e n z g e b i e t und thematisieren die d e u t s c h - f r a n z ö s i s c h e n B e z i e h u n g e n . F. vertrat einen a u f g e k l ä r t e n e u r o p ä i s c h e n U n i v e r s a l i s m u s , der v o m Willen zur V e r m i t t l u n g z w i s c h e n den Kulturen bes t i m m t war. Z u seinen Werken zählen der 1922 e r s c h i e n e n e f ü n f t e i l i g e R o m a n Rutand u n d der B i l d u n g s r o m a n Fortunat (2 B d e . , 1946, N e u a u s g . 1981), der das g e s a m t e 19. Jh. u m s p a n n t . F. schrieb f e r n e r zahlreiche historische W e r k e , D r a m e n , M ä r c h e n , E s s a y s , R e i s e s k i z z e n und p h i l o s o p h i s c h e A b h a n d l u n g e n ( S t e r n e n n ä c h t e am Bosporus, 1936). Er übersetzte S t e n d h a l und B a l z a c in d i e d e u t s c h e S p r a c h e und verfaßte A r b e i t e n ü b e r d i e f r a n z ö s i s c h e Literatur. 1973-76 erschienen F.s Werke (hrsg. von Rolf H o c h h u t h und Peter Härtling) in f ü n f B ä n d e n . CD Killy F l a k o w s k i , Walther, B a n k i e r , U n t e r n e h m e r , * 3. 10. 1877 Orteisburg ( O s t p r e u ß e n ) , | n . e . F. studierte R e c h t s - und S t a a t s w i s s e n s c h a f t in K ö n i g s b e r g u n d Berlin u n d w a r in beiden Städten a u c h i m B a n k f a c h tätig; in K ö n i g s b e r g w a r er stellvertretendes Vorstandsmitglied der O s t b a n k . 1919 w u r d e er G e s c h ä f t s i n h a b e r des H a l leschen B a n k v e r e i n s von K u l i s c h , K a e m p f & Co. F. war M i t glied der Industrie- und H a n d e l s k a m m e r H a l l e / S a a l e und saß im A u f s i c h t s r a t von U n t e r n e h m e n aus der M o n t a n - , Metall- und Nahrungsmittelbranche. F l a m m , Albert, Maler, * 9 . 4 . 1823 K ö l n , t 2 8 . 3 . 1906 Düsseldorf. F. studierte an d e r D ü s s e l d o r f e r A k a d e m i e A r c h i t e k t u r u n d w e c h s e l t e n a c h e i n e m S t u d i e n a u f e n t h a l t in B e l g i e n 1 8 4 0 / 4 1 zur M a l e r e i . Er w a r d e r älteste S c h ü l e r A n d r e a s —» A c h e n b a c h s , stärker w u r d e er j e d o c h von dessen B r u d e r O s w a l d —» A c h e n b a c h beeinflußt. Z w e i längere R e i s e n f ü h r ten F. 1850 und 1853 erstmals nach Italien, d a s er fortan fast alljährlich besuchte. 1848 g e h ö r t e er zu den G r ü n d u n g s m i t g l i e d e r n d e s Vereins M a l k a s t e n ; 1 8 7 1 / 7 2 vertrat er O s w a l d A c h e n b a c h an der K u n s t a k a d e m i e D ü s s e l d o r f . Italienische L a n d s c h a f t e n , vor a l l e m aus der U m g e b u n g von R o m und Neapel, waren b e v o r z u g t e M o t i v e seiner G e m ä l d e , d i e von d e u t s c h e n Italien-Touristen als R e i s e e r i n n e r u n g e n geschätzt w u r d e n . E i n e s seiner H a u p t w e r k e ist d i e Hochzeitsgesellschaft am Strand. F . s italienische A r b e i t e n waren auf den A k a d e m i e - A u s s t e l l u n g e n in Berlin u n d den zahlreichen A u s stellungen des K u n s t v e r e i n s vertreten. F. m a l t e auch L a n d s c h a f t s b i l d e r mit d e u t s c h e n M o t i v e n . E r w a r d e r Vater von Oswald - » F . DP A K L F l a m m , L u d w i g , österr. P h y s i k e r , * 29. I. 1885 Wien, t 4. 1 2 . 1 9 6 4 W i e n . F. studierte an der U n i v . W i e n M a t h e m a t i k und P h y s i k u n d w u r d e 1909 p r o m o v i e r t . N a c h einer B e s c h ä f t i g u n g a m österr. G r a d m e s s u n g s b ü r o w u r d e er 1910 A s s i s t e n t a m P h y s i k a l i schen L a b o r d e r T H seiner H e i m a t s t a d t . F. habilitierte sich 1916 und w u r d e 1919 a. o . P r o f . , 1922 o . P r o f . der theoretischen P h y s i k ; bis 1956 w a r er Vorstand der II. P h y s i k a lischen L e h r k a n z e l , 1 9 5 0 / 5 1 R e k t o r der T U Wien. 1928 w u r d e F. k o r r e s p o n d i e r e n d e s , 1940 wirkliches M i t g l i e d der Österreichischen A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n . Er veröff e n t l i c h t e zahlreiche w i s s e n s c h a f t l i c h e A r b e i t e n , insbesond e r e auf d e m G e b i e t der p h y s i k a l i s c h e n Feldtheorie, d a r u n ter Der Mechanismus elektromagnetischer Wellen (1945). F. war verheiratet mit E l s a B o l t z m a n n , der T o c h t e r d e s Physikers L u d w i g - » B o l t z m a n n . OD A l m a n a c h O s t A k a d , Jg. 115 F l a m m , O s w a l d , T e c h n i k e r , * 3 0 . 7 . 1861 D ü s s e l d o r f , t 1 2 . 6 . 1935 Berlin. D e r S o h n A l b e r t —»F.s Schloß d a s S t u d i u m des S c h i f f - und S c h i f f s m a s c h i n e n b a u s an der T H Berlin 1888 mit d e m Di-

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p l o m f ü r b e i d e F a c h r i c h t u n g e n ab. D a n a c h auf verschied e n e n W e r f t e n als I n g e n i e u r tätig, w u r d e er 1892 D o z e n t , 1894 a. o. Prof., 1897 o. Prof. f ü r T h e o r i e und E n t w e r f e n von S c h i f f e n an der T H Berlin. 1903 erhielt er den Titel eines G e h e i m e n R e g i e r u n g s r a t s . F. e r w a r b sich durch seine wiss e n s c h a f t l i c h e n A r b e i t e n auf d e m G e b i e t des S c h i f f b a u s internationalen R u f . Er b e s c h ä f t i g t e sich vor allem mit der Verb e s s e r u n g d e r S c h r a u b e n p r o p e l l e r , der Stabilität der S c h i f f e und der E n t w i c k l u n g d e r U - B o o t e . W ä h r e n d d e s Ersten Weltkriegs w a r er der f ü h r e n d e d e u t s c h e U - B o o t - K o n s t r u k t e u r . F. g a b d i e Z e i t s c h r i f t „ S c h i f f b a u , S c h i f f a h r t und H a f e n b a u " h e r a u s und b e g r ü n d e t e d i e S c h i f f b a u t e c h n i s c h e G e s e l l s c h a f t s o w i e d e n Flottenverein mit. DD N D B F l a n s s , A d a m C h r i s t o p h v o n , Militär, * 4 . 7 . 1 6 6 4 Wittbrietzen (Kr. Z a u c h - B e l z i g ) , f 1 0 . 7 . 1748 K ö n i g s b e r g . F., S o h n eines k u r b r a n d e n b u r g i s c h e n Kapitäns, trat u m 1680 in d i e b r a n d e n b u r g i s c h e A r m e e ein u n d w u r d e 1702 Kapitän, 1718 O b e r s t , 1739 G e n e r a l l e u t n a n t . N a c h d e m Tod des G e n e r a l f e l d m a r s c h a l l s E r h a r d Ernst von R o e d e r übertrug ihm K ö n i g —»Friedrich W i l h e l m I. 1743 das K o m m a n d o ü b e r alle in P r e u ß e n s t e h e n d e n T r u p p e n und G a r n i s o n e n . F. n a h m an m e h r e r e n F e l d z ü g e n teil und erhielt d e n S c h w a r z e n A d l e r o r d e n . Er g e h ö r t e z u m e n g s t e n F r e u n d e s k r e i s K ö n i g —»Friedrich W i l h e l m s I. In seinen letzten L e b e n s j a h r e n w a r F., von —»Friedrich II. z u m G e n e r a l f e l d m a r s c h a l l e r h o b e n , G o u v e r n e u r von M e m e l . CO A l t p r e u ß Biogr, B d 1 F l a s c h , Adam, Archäologe, * 2 1 . 2 . 1 8 4 4 Helmstadt (Unterfranken), t 1 1 . 1 . 1 9 0 2 Erlangen. A u s bäuerlichen Verhältnissen s t a m m e n d , studierte F. in W ü r z b u r g P h i l o l o g i e und G e s c h i c h t e . Sein h a u p t s ä c h l i c h e s Interesse galt j e d o c h bald der A r c h ä o l o g i e , der er sich unter d e m E i n f l u ß von L u d w i g —» Urlichs in W ü r z b u r g und H e i n rich von —> B r u n n s in M ü n c h e n z u w a n d t e . N a c h der P r o m o tion in M ü n c h e n 1869 f ü h r t e ihn ein dreijähriger Studiena u f e n t h a l t nach Italien, i n s b e s o n d e r e nach R o m . N a c h seiner R ü c k k e h r 1873 als G y m n a s i a l l e h r e r in W ü r z b u r g tätig, habilitierte sich F. mit einer Arbeit ü b e r d i e V a s e n p o l y c h r o m i e . Bereits 1879 von der U n i v . W ü r z b u r g f ü r e i n e P r o f e s s u r vorg e s c h l a g e n , w u r d e er 1882 a. o . P r o f . an d e r U n i v . E r l a n g e n , 1889 o . P r o f e s s o r . F., d e r seit 1891 der B a y e r i s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n als k o r r e s p o n d i e r e n d e s M i t g l i e d a n g e h ö r t e , g a b d i e Griechische Kunstgeschichte B r u n n s heraus. Er selbst v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Die sogenannte Spinnerin. Erzbild in der Münchner Glyptothek (1901). m

B u r s i a n , Jg. 2 6

F l a s c h e , H a n s , R o m a n i s t , * 25. 1 1 . 1 9 1 1 D ü s s e l d o r f , f 1 7 . 9 . 1994 B o n n . F. w u r d e 1935 in B o n n mit der Arbeit Die begriffliche Entwicklung des Wortes „ratio" und seiner Ableitungen im Französischen bis 1500 p r o m o v i e r t . Seit 1950 P r i v a t d o z e n t in E r l a n g e n , w u r d e er 1953 b e a m t e t e r a. o. Prof. in M a r b u r g , 1961 o . P r o f . und w a r 1962 G r ü n d u n g s d i r e k t o r des Forschungsinstituts d e r G ö r r e s - G e s e l l s c h a f t in L i s s a b o n . 1963 f o l g t e er e i n e m R u f auf d e n L e h r s t u h l f ü r r o m a n i s c h e Sprachen und Literaturen n a c h H a m b u r g , 1974 ü b e r n a h m er e i n e G a s t p r o f e s s u r in A n n A r b o r . F. war C o m e n d a d o r d e la O r d e n de Isabel la Católica, M i e m b r o C o r r e s p o n d i e n t e de la Real A c a d e m i a E s p a ñ o l a und M e m b e r of t h e H i s p a n i c Society of A m e r i c a . S e i n e d r e i b ä n d i g e Geschichte der spanischen Literatur erschien 1977-89. DP H a b e r m a n n 2 F l a s c h e n t r ä g e r , Bonifaz, Mediziner, Biochemiker, * 9 . 6 . 1894 M ü n c h e n , t 9 . 7 . 1957 A l e x a n d r i a ( Ä g y p t e n ) . F. studierte in M ü n c h e n und L e i p z i g M e d i z i n u n d C h e mie; 1921 w u r d e er in C h e m i e ( Ü b e r Chollepidonsäure, ein neues Abbauprodukt der Desoxycholsäure), ein J a h r später in M e d i z i n p r o m o v i e r t (Beitrag zur Resorptionsfrage hochmolekularer Alkohole). 1921-31 arbeitete er als A s s i s t e n t a m

Fiatscher Physiologisch-Chemischen Institut der Univ. Leipzig, w o er sich 1926 habilitierte (Beiträge zur Kenntnis des Fettstoffwechsels). 1931 wurde er a. o . P r o f . , folgte jedoch im selben Jahr einem Ruf auf den Lehrstuhl f ü r Physiologische C h e m i e an der Univ. Zürich. Seit 1939 Mitglied der Landesgruppe Schweiz der N S D A P , wurde F. 1945 suspendiert und des Landes verwiesen. 1946 ging er nach Ägypten, wo er bis zu seinem Tod lehrte, zunächst als Prof. der organischen Chemie, seit 1949 als Ordinarius für Biologische C h e m i e an der Univ. Alexandria. Neben seiner Lehrtätigkeit arbeitete er als Arzt am Massarita-Hospital. F. erwarb sich insbesondere auf den Gebieten Biochemie, physiologische Chemie und organische Mikrochemie wissenschaftliche Anerkennung. Er beschäftigte sich u. a. mit Fragen der Ernährung, des Fettstoffwechsels und der organischen Mikroanalyse. Unter Mitwirkung von Emil —> Lehnartz gab er Physiologische Chemie. Ein Lehr- und Handbuch für Ärzte, Biologen und Chemiker ( 1951-59) heraus. m Arzte 2, 3 F l a s d i e c k , Hermann, Anglist, * 6 . 5 . 1 9 0 0 Elberfeld (heute zu Wuppertal), f 20. 1.1962 Heidelberg. Nach d e m Studium an den Universitäten Bonn, Münster und Göttingen, wo er 1923 promoviert wurde, habilitierte sich F. 1923 an der Univ. Jena für Anglistik (John Brown [1715-1766] und seine Dissertation on Poetry and Music, 1924). 1925 wurde er a. o., im folgenden Jahr o . P r o f e s s o r . Er war an den Universitäten Köln und Leipzig tätig, w o er 1944-46 eine Lehrstuhlvertretung innehatte, ging 1946 erneut nach Jena und lehrte 1947-62 an der Univ. Heidelberg. F. erforschte hauptsächlich die mittelenglische Sprache und Literatur sowie die Entwicklung der neuenglischen Schriftsprache. Er gab die Zeitschrift „Anglia" und die Reihe Forschungen zur englischen Philologie (1930-47) sowie Mittelenglische Originalurkunden (1926) heraus. CD Anglistenlex F l a s k ä m p e r , Paul Johannes, Statistiker, * 3 0 . 6 . 1886 Leipzig, t 13. 11.1979 Steinfurt-Borghorst (Westfalen). F. studierte Naturwissenschaften und Philosophie in Berlin und München. Nach der Promotion 1910 (Untersuchungen über die Abhängigkeit der Gefäß- und Sklerenchymbildung von äußeren Faktoren) lebte er als Privatgelehrter und Schriftsteller in München, wandte sich dann den empirischen Sozial Wissenschaften zu. 1922-24 war F. am Statistischen Landesamt in Hamburg tätig und habilitierte sich an der Univ. F r a n k f u r t / M a i n 1927 mit der Arbeit Theorie der Indexzahlen für Statistik. 1941 wurde F. o. Prof. der Statistik, insbesondere der Theorie der Statistik; seit 1934 leitete er das Statistische A m t der Stadt Frankfurt. F. beschäftigte sich vorwiegend mit der Theorie der Statistik und mit Problemen der Bevölkerungsstatistik. In einigen Veröffentlichungen äußerte er sich zu hochschuldidaktischen Fragen. Sein Hauptwerk ist das Lehrbuch Grundriß der Statistik I: Allgemeine Statistik (1944). F l a s k a m p , Christoph, Schriftsteller, Literaturwissenschaftler, * 2 . 5 . 1880 Warendorf (Westfalen), t 5. 10. 1950 München. Nach d e m Studium der Philologie, Geschichte, deutschen Literatur, Kunst und Philosophie in Münster ließ sich F. 1907 als freier Schriftsteller und Journalist in München nieder. In seinen Anfängen stand er unter d e m Einfluß der zeitgenössischen impressionistischen Lyrik. Später bemühte er sich um eine kath. Wertung der Romantik und wandte sich zunehmend antiliberalen Positionen zu. F. schrieb Erzählungen und Gedichte; er gab die Halbmonatsschrift „Das XX. Jahrhundert" sowie literaturhistorische Essays und Anthologien (Seele, die du unergründlich, 1910) heraus. c d Westf Autoren, Bd 3

F l a s k a m p , Wilhelm, Gynäkologe, * 1 9 . 6 . 1 8 9 1 Ruhrort (heute zu Duisburg), t 1 3 . 1 0 . 1 9 7 9 Oberhausen. F. studierte an den Universitäten Freiburg/Breisgau, Bonn, Berlin und Straßburg Medizin und wurde 1920 promoviert. Danach war er als Assistenzarzt an verschiedenen Kliniken tätig und wurde u. a. in Chirurgie, Röntgenologie, Gynäkologie und Geburtshilfe ausgebildet. F. habilitierte sich 1928 an der Univ. Erlangen (Über Röntgenschäden und Schäden durch radioaktive Substanzen, 1930) und wurde 1934 als a . o . P r o f . an die Medizinische Akademie Düsseldorf berufen. Er war Chefarzt der Frauenklinik des Evangelischen Krankenhauses Oberhausen. F.s wissenschaftliches Werk umfaßt Studien über Strahlenwirkungen und Röntgenschäden sowie Arbeiten auf den Gebieten Tumorforschung, Eheberatung, Gynäkologie und Geburtshilfe, darunter Die Krebskrankheit (1963). F l a t a u , Joseph Jacob, Landwirt, * 1 5 . 1 0 . 1 8 1 2 , t 2 8 . 2 . 1887 Berlin. Seine kaufmännische Ausbildung vervollkommnete F. durch volkswirtschaftliche Studien und Reisen in das Ausland. In Belgien lernte er den Hopfenanbau kennen und führte diese Nutzpflanze 1838 in Preußen ein. Der Hopfenanbau erlangte große wirtschaftliche Bedeutung für Preußen und trug mit zum Wohlstand des Landes bei. F. selbst erwarb sich durch seine landwirtschaftlich-kommerzielle Tätigkeit ein beträchtliches Vermögen. Darüber hinaus beschäftigte er sich auch wissenschaftlich mit der Hopfenkultur (Über Hopfenbau, 1861, 2 1872). Für seine Verdienste wurden F. mehr als 40 Auszeichnungen verliehen, unter anderem die goldene Medaille der Nationalakademie für Ackerbau in Paris. Die Versammlung deutscher Land- und Forstwirte in Königsberg ernannte F. 1862 zu ihrem Präsidenten. F l a t a u , Theodor (Simon), Hals-Nasen-Ohren-Arzt, Musikpädagoge, * 4 . 6 . 1 8 6 0 Lyck (Ostpreußen), t 29. 10. 1937 Berlin. F., Sohn eines Fabrikanten, studierte in Heidelberg und Berlin Medizin. Nach seiner Promotion 1882 (Ueber die Behandlung des Kropfes) bildete er sich in Oto-, Rhino- und Laryngologie weiter und ließ sich 1885 als Facharzt nieder. 1894 gab F. seine Praxis auf, studierte bis 1897 an der Univ. Berlin Musik und wurde Lehrer für Stimmphysiologie an der Berliner Hochschule für Musik. Seit 1905 leitete er die Abteilung für Stimm- und Sprechstörungen an der I. Hals-Nasen-Ohren-Klinik unter Adolf —»Passow und das Ambulatorium für Ohrenkranke an der Charité unter Karl Otto von —» Eicken. 1912 erhielt er den Titel eines a. o. Professors. Nach der Zusammenlegung der beiden Berliner Hals-Nasen-Ohren-Kliniken 1926 leitete F. mit Hermann —>Gutzmann das Ambulatorium f ü r Sprach- und Stimmstörungen an der Charité. F. verfaßte zahlreiche Abhandlungen zu Nasen-, Rachen- und Kehlkopfkrankheiten. Seine Arbeiten über Funktionsstörungen der S t i m m e trugen entscheidend zur erfolgreichen Behandlung von E r m ü d u n g s erscheinungen und Stimmschwäche bzw. -versagen bei Sängern und Rednern bei. F. veröffentlichte u. a. Die Bauchrednerkunst (mit Hermann —>Gutzmann d. Ä, 1894) und Die funktionelle Stimmschwäche (Phonastenie) der Sänger, Sprecher und Kommandorufer (1906); bis 1930 war er Mitherausgeber der Zeitschrift „Die Stimme". CD N D B F i a t s c h e r , Hermann, österr. Forstwirtschaftler, * 18.8. 1890 Krems (Niederösterreich), t 8 . 1 1 . 1 9 6 8 . Nach dem Studium und der Promotion (1917) an der Hochschule f ü r Bodenkultur in Wien war F. in der Niederösterreichischen Forstverwaltung tätig und habilitierte sich 19.31 für Holzhandel und Holzindustrie. 1935 wurde er a . o . P r o f . an der Hochschule f ü r Bodenkultur, 1945 o . P r o f . für Technologie des Holzes, Holzhandel und Holzindustrie,

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Flatt forstliche Arbeitslehre und Forstverwaltungslehre, 1948-50 war er Rektor der Hochschule (Die Forstwirtschaft der Erde, Rektoratsrede, 1949). 1948-51 nahm er die Funktion des Vizepräsidenten der Österreichischen Gesellschaft für Holzforschung wahr. F. veröffentlichte u.a. ein Handbuch der kaufmännischen Holzverwertung, des Holzhandels und Sägebetriebes (mit Leopold Hufnagl, 2 Bde., 1929) und ein Handbuch des Sägebetriebes. Anlage, Einrichtung und Betriebstechnik der Sägeindustrie (1929).

Max —> Reinhardt in die Lehre und wirkte anschließend als Regisseur und Theaterdirektor in Prag und Breslau. Danach widmete sich F. seiner Lebensaufgabe, der Übersetzung der Werke William Shakespeares. 1938 mußte er vor den Nationalsozialisten fliehen und lebte in Großbritannien, Australien und den USA; die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er seit 1952 in Wien. F. war selbst als Schriftsteller tätig; neben Gedichten (Weg und Heimkehr, 1937) schrieb er einige Dramen. CD Lex dt-jüd Autoren

F l a t t , Johann Friedrich, evang. Theologe, * 2 0 . 2 . 1 7 5 9 Tübingen, t 24. 11. 1821 Tübingen. F., Sohn eines Theologen, studierte in Tübingen Philosophie, Theologie und Mathematik, unternahm 1784/85 eine Bildungsreise nach Göttingen und kehrte 1785 als a. o.Prof. der Philosophie nach Tübingen zurück, wo er 1792 a. o., 1798 o.Prof. der Theologie wurde. F. gehörte zusammen mit seinem Bruder Karl Christian —» F. und Friedrich Gottlieb —» Süskind zur sogenannten „Älteren Tübinger Schule" um Gottlob Christian —>Storr und vertrat einen biblisch begründeten rationalen Supranaturalismus. F. beschäftigte sich vor allem mit der Philosophie Immanuel - » Kants, über den er als erster in Tübingen Vorlesungen hielt, sowie mit Ethik und biblischer Exegese. F. veröffentlichte u. a. Briefe über den moralischen Erkenntnisgrund der Religion überhaupt und besonders in Beziehung auf die Kantische Philosophie (1789) und Observationes quaedam ad comparandam Kantianam disciplinant cum Christiana doctrina pertinentes (1792). 1796 begründete er das „Magazin für christliche Dogmatik und Moral", das er bis 1802 herausgab.

F l a t t i c h , Johann Friedrich, evang. Theologe, Pädagoge, * 3. 10.1713 Beihingen (heute zu Freiberg am Neckar), f 1.6. 1797 Münchingen (Württemberg). Der Sohn eines württembergischen Amtmanns besuchte die Klosterschule in Denkendorf, an der Johann Albrecht —> Bengel großen Einfluß auf ihn ausübte. Nach theologischen Studien in Tübingen wurde F. 1735 Magister und hatte von 1738 an verschiedene württembergische Pfarrstellen inne, zuletzt 1760-97 in Münchingen bei Leonberg. F., der den Philanthropisten nahestand, erlangte vor allem durch sein pädagogisches Wirken Bedeutung. An seinen späteren Wirkungsstätten nahm er im Lauf der Jahrzehnte rund 300 schwererziehbare Kinder und Jugendliche bei sich auf und ließ ihnen eine humanistisch fundierte Bildung angedeihen. F.s Regeln der Lebensklugkeit im Volkston (1825) fanden weite Verbreitung. CP Päd Lex

t u NDB F l a t t , (Friedrich) Karl Christian (von), evang. Theologe, * 18.8.1772 Stuttgart, t 20.11. 1843 Stuttgart. Der Bruder Johann Friedrich —>F.s studierte Philosophie und Theologie in Tübingen und Göttingen. 1804 wurde er a. o. Prof. der Dogmatik an der Univ. Tübingen und trat im folgenden Jahr als o. Prof. die Nachfolge von Friedrich Gottlieb —> Süskind an. In seinen Philosophisch-exegetischen Untersuchungen über die Lehre von der Versöhnung des Menschen mit Gott (2 Bde., 1797/98) setzte sich F. mit der Kantschen Philosophie auseinander und versuchte, die neutestamentliche und die kantische Versöhnungslehre miteinander in Einklang zu bringen. Als theologisch-konservativer Anhänger der supranaturalistischen Theologie der „Älteren Tübinger Schule" Gottlob Christian —>Storrs bekämpfte F. die Philosophie Georg Friedrich Wilhelm —» Hegels und die Theologie Ferdinand Christian —»Baurs. F. war seit 1828 Generalsuperintendent in Ulm. DO NDB F l a t t , Robert, schweizer. Chemiker, * 1 . 7 . 1 8 9 7 Basel, t 24. 11. 1963 Basel. F. Schloß das Studium an der Ε Τ Η Zürich mit dem Diplom in Chemie ab. Als Assistent von William Dupré —> Treadwell beschäftigte er sich mit physikalisch-chemischen Methoden in der analytischen Chemie. 1923 wurde er mit der Arbeit Studie über Hydration und Löslichkeit promoviert, 1925 zum Prof. an der Ecole Supérieure de Chimie in Mülhausen ernannt. Später war er an den Universitäten Basel, Bern und Lausanne tätig, wo er 1944 auf den Lehrstuhl für anorganische und analytische Chemie berufen wurde. F. forschte und publizierte hauptsächlich auf den Gebieten der allgemeinen, anorganischen und analytischen Chemie. Er verfaßte ein Lehrbuch über analytische Chemie (Précis d'analyse qualitative, 1949, 2 1959). m Biogr Verstarb Schweiz, Bd 6 F l a t t e r , Richard, österr. Schriftsteller, Übersetzer, * 14.4. 1891 Wien, f 5. 11. 1960 Wien. Nach dem Jurastudium und der Promotion zum Dr. jur. war F., Sohn eines Branntweinhändlers, einige Jahre als Rechtsanwalt tätig, ehe er sich dem Theater zuwandte. Er ging bei

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F l a t t i c h , Wilhelm Ritter von, Architekt, * 2. 10.1826 Stuttgart, t 2 4 . 2 . 1 9 0 0 Wien. Nach dem Studium am Stuttgarter Polytechnikum arbeitete F. bei Eisenbahnbauten in Württemberg, Frankreich und der Schweiz mit. 1855 trat er als Ingenieur in den Dienst der österr. Südlichen Staatsbahn ein und nach deren Verkauf in den Dienst der Südbahngesellschaft. 1858 wurde er Vorstand des Hochbaubüros einer der größten Bahnlinien Europas. 1871 ernannte ihn die Südbahngesellschaft zum Direktor für Hochbau und nach seinem Äusscheiden 1880 zum gesellschaftlichen Architekten. F. wurde 1874 Mitglied des Wiener Künstlerhauses und 1878 in den Ritterstand erhoben. Er war ein international angesehener Fachmann für Hochbauten im Eisenbahnbereich und wurde bei zahlreichen Hochbauprojekten konsultiert. Er leitete die Umbauten der Bahnhöfe Wien (Südbahnhof, 1868-74), Graz, Kufstein und Triest (1875-83), für die serbische Staatsbahn entwarf er Stationsgebäude. Ferner beschäftigte sich F. mit dem Bau von Arbeiterwohnungen und errichtete Anlagen in der Steiermark und Meidling bei Wien. Er veröffentlichte u.a. Der Eisenbahnhochbau in seiner Durchführung auf den Linien der k. k. priv. Siidbahn-Gesellschaft (5 Bde., 1873-77). m

AKL

F l a t z , (Johann) Gebhard, österr. Maler, * 11.6. 1800 Wolfurt (Vorarlberg), f 19.5. 1881 Bregenz. F. durchlief eine Faßmalerlehre, erhielt seine künstlerische Ausbildung zunächst an der Wiener Akademie der bildenden Künste, später in München. 1827 ging er nach Bregenz, zwei Jahre später nach Innsbruck. F.' künstlerisches Schaffen wurde entscheidend durch zwei Aufenthalte in Rom 1833-38 und 1840-48 bestimmt, wo er sich unter dem Einfluß von Johann Friedrich —> Overbeck der religiösen Historienmalerei verschrieb. F. erwarb sich in R o m bedeutendes Ansehen in Künstler- und Kirchenkreisen und erhielt 1870 auf der Ausstellung für kirchliche Kunst einen Preis. Nach der Besetzung Roms kehrte er 1871 in seine Vorarlberger Heimat zurück. Seine Werke finden sich in zahlreichen Kirchen und Kapellen in Vorarlberg und Tirol. t n AKL F l a y d e r , Friedrich Hermann, auch Flayderus, Dichter, Humanist, * 10.10. 1596 Tübingen, t 6 . 4 . 1640 Tübingen. F., Sohn eines luth. Universitätsangehörigen, studierte in seiner Heimatstadt und erwarb im Alter von 18 Jahren den Ma-

Flechtheim gistergrad. 1620-28 wirkte er am Collegium Illustre, der Tübinger Adelsakademie. Zugleich war er an der Univ. Tübingen als a. o. Prof., seit 1636 als o. Prof. tätig und las an der Philosophischen Fakultät Uber antike Autoren und Rhetorik; 1638 war er Dekan seiner Fakultät. Von 1626 bis zu seinem Tod stand er der Universitätsbibliothek vor. F. zählt zus a m m e n mit Heinrich —> Bebel und Nicodemus —>Frischlin zu den „Tübinger Dichterhumanisten". Bereits während seiner Lehrtätigkeit an der Tübinger Adelsakademie widmete er sich der Dichtung. Sein Werk umfaßt lateinische Dramen und E p i g r a m m e sowie Schulreden (u. a. De arte volandi, 1627). 1626 wurde F. mit d e m Dichterlorbeer ausgezeichnet. c d NDB F l e c h s i g , (Wilhelm) Eduard, Kunsthistoriker, * 9 . 4 . 1864 Zwickau, t 1.12. 1944 Achim (Kr. Wolfenbüttel). F., Sohn eines Baumeisters und Vetter von Paul Emil —>F., studierte in Leipzig, Heidelberg und Straßburg Kunstgeschichte und wurde 1892 an der Univ. Leipzig promoviert, 1904 Dozent an der Leipziger Kunstakademie. 1895 trat er in den Dienst des Herzoglichen M u s e u m s in Braunschweig. 1901 wurde er zum Museumsinspektor, 1911 zum Prof. ernannt und 1924 mit der Leitung dieses M u s e u m s betraut. F.s Forschungsinteresse galt der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen sächsischen Bildhauerei und Malerei sowie den deutschen Malern des 15. und 16. Jahrhunderts. DP N D B F l e c h s i g , Paul Emil, Psychiater, * 2 9 . 6 . 1847 Zwickau, t 2 2 . 7 . 1 9 2 9 Leipzig. F., Sohn eines Protodiakonus, studierte Medizin an der Univ. Leipzig, wo er 1870 promoviert wurde (Bemerkungen über Meningitis luetica). Seit dem folgenden Jahr Assistent am Pathologischen Institut und an der Medizinischen Poliklinik, begann er mit dem Studium des menschlichen Gehirns. 1875 habilitierte sich F. als Schüler Carl —»Ludwigs für Physiologie (Die Leitungsbahnen im Gehirn und Rückenmark des Menschen). Seit 1877 a. o. Prof., übernahm er nach einer vierjährigen Studienreise durch psychiatrische Kliniken und Anstalten in Deutschland, Belgien, Frankreich, der Schweiz und Österreich den Lehrstuhl für Psychiatrie und leitete gleichzeitig die Psychiatrische Klinik der Univ. Leipzig. 1882 erfolgte die Berufung auf die ordentliche Professur (Antrittsrede Die körperlichen Grundlagen der Geistesstörungen). F. erwarb sich durch seine Forschungen über das Gehirn und das Rückenmark internationalen Ruf. Mit großer Ausdauer verfolgte er das Ziel, einen Plan des Hirns und eine Hirnkarte über die myelogenetische Gliederung der Großhirnrinde zu entwerfen. In seiner Rektoratsrede von 1894 Gehirn und Seele (1896) führt F. das Bewußtsein auf biophysische Vorgänge zurück. 1926 wurde F. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Zu seinen Patienten gehörte auch Daniel Paul Schreber, der in seinen Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken (1903) ebenfalls von F. berichtet ( „ . . . daß ich ungefähr um diesselbe Zeit die Seele und zwar wahrscheinlich die ganze Seele des Professor Flechsig vorübergehend im Leibe gehabt habe"). 1920 erschien von ihm Anatomie des menschlichen Gehirns und Rückenmarks auf myelogenetischer Grundlage, 1927 Meine myelogenetische Hirnlehre. m NDB F l e c h t h e i m , Alfred, Kunsthändler, Verleger, * 1.4. 1878 Münster (Westfalen), t 9 . 3 . 1937 London. Nach einer kaufmännischen Lehre war F. im Getreidehandel tätig und wurde Teilhaber der Getreidefirma seines Vaters. 1908 begann er mit der S a m m l u n g zeitgenössischer Kunstwerke und organisierte in den folgenden Jahren Ausstellungen von modernen deutschen und französischen Malern in Köln und Düsseldorf. 1913 gründete F. eine Galerie in Düsseldorf, später Niederlassungen in Köln und Berlin.

1927 siedelte er nach Berlin über. Die Galerie Flechtheim entwickelte sich dort mit ihrer S a m m l u n g zeitgenössischer, insbesondere französischer Maler und exotischer Skulpturen zu einer der bedeutendsten Kunsthandlungen in Deutschland. F. war Gründer und Mitherausgeber der Zeitschrift „Der Querschnitt". 1933 emigrierte er über Paris nach London, wo er die erste Ausstellung der Werke Paul —> Klees veranstaltete. m LGB F l e c h t h e i m , Julius, Jurist, * 1 8 . 5 . 1 8 7 6 Münster, t 3 0 . 1 1 . 1940 Zürich. F. studierte an mehreren Universitäten Rechtswissenschaften und wurde 1897 in Erlangen promoviert. 1901 wurde er Rechtsanwalt am Oberlandesgerieht Köln, wo er gleichzeitig als Dozent an der Handelshochschule tätig war. 1915 wurde F. Vorstandsmitglied der Vereinigten Köln-Rottweiler Pulverfabriken in Berlin, nach deren Fusion mit der I. G. Farben A G war er Rechtsberater des Unternehmens. F., der als Honorarprofessor an der Univ. Berlin lehrte, verfaßte ein Standardwerk über das deutsche Kartellrecht sowie zahlreiche Aufsätze über das Handels-, Kartell- und Steuerrecht. Er war Mitherausgeber juristischer K o m m e n t a r e und S a m m l u n gen. F. gehörte den Aufsichtsräten mehrerer Unternehmen an (u. a. A E G Berlin; Rheinische Stahlwerke Köln-Deutz) und war Vorstandsmitglied des Reichsverbandes der Deutschen Industrie sowie des Deutschen Industrie- und Handelstags. 1933 emigrierte er nach Zürich und war dort als selbständiger Anwalt tätig. F l e c h t h e i m , Ossip K(urt), Pseud. Joseph Florin, Politikwissenschaftler, * 5 . 3 . 1 9 0 9 Nikolajew bei Odessa, t 4 . 3 . 1998 Berlin. F., Sohn eines Buchhändlers, studierte 1927-31 Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten F r e i b u r g / B r e i s gau, Paris, Heidelberg, Berlin und Köln, w o er 1934 zum Dr. jur. promoviert wurde, und war als Referendar in Düsseldorf tätig. 1927-32 gehörte er der K P D an. 1933 aus politischen und „rassischen" Gründen entlassen, 1935 verhaftet, emigrierte er in diesem Jahr zunächst nach Belgien, dann in die Schweiz. Er studierte bis 1939 in Genf und ging dann in die U S A , wurde Assistent am Institute of Social Research der Columbia University, war 1940-43 am Institute of Political Science der Graduate School an der University of Atlanta (Georgia) tätig, 1943-46 als Assistant Professor am Bates College in Lewiston (Maine) und lehrte 1947-51 am Colby College in Waterville (Maine), seit 1949 als Associate Professor of political science. 1 9 4 6 / 4 7 war er Abteilungsleiter im „Amt des Hauptanklägers für Kriegsverbrecher in Nürnberg und Berlin". 1947 wurde er in Heidelberg zum Dr. phil. promoviert. Seit 1952 Dozent an der Deutschen Hochschule f ü r Politik in Berlin (West), habilitierte er sich dort 1957, wurde 1959 a. o. Prof. und 1961 o. Prof. für die Wissenschaft von der Politik an der Freien Univ. Berlin. Seit 1952 Mitglied der SPD, gehörte er seit 1961 dem „Sozialistischen B u n d " an. F.s Kandidatur für Die Grünen zur Wahl ins Berliner Abgeordnetenhaus 1980 blieb erfolglos. Prägend für sein politisches Denken und für sein Werk wurde die Beschäftigung mit Rosa —> Luxemburg, deren politische Schriften er 1966 in drei Bänden herausgab. Forschungsschwerpunkte F.s waren der K o m m u n i s m u s , der Bolschewismus, die Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien sowie die Futurologie. Er veröffentlichte u. a. Die Kommunistische Partei Deutschlands in der Weimarer Republik (1948 u.ö.), Politik als Wissenschaft (1953), Von Hegel zu Kelsen. Rechtstheoretische Aufsätze (1963), Weltkommunismus 2 im Wandel (1965, 1977), Bolschewismus 1917-1967. Von der Weltrevolution zum Sowjetimperium ( 1967), Futurologie. Der Kampf um die Zukunfi (1970), Zeitgeschichte und Zukunftspolitik (1974), Von Marx bis Kolakowski. Sozialismus oder Untergang in der Barbarei? (1978), Der Marsch der

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Fleck DKP durch die Institutionen (1980, mit W. Rudzio u. a.) und Ist die Zukunft noch zu retten? (1987, überarbeitete und erw. Neuausg. 1995) F. gab Fundamentals of political science ( 1952, 2 1971 ; dt. erw. unter dem Titel Grundlegung der Politikwissenschaft, 1958) und Dokumente zur parteipolitischen Entwicklung in Deutschland seit 1945 (9 Bde., 1962-71) sowie Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland (1973) heraus. CD Lex dt-jiid Autoren F l e c k , Eduard, Beamter, Militär, * 5 . 9 . 1 8 0 4 Pforten (Niederlausitz), t 8 . 4 . 1 8 7 9 Berlin. Der Sohn eines kgl. polnischen Hofrats und reichsgräflich briihlschen Amtsrats studierte Rechtswissenschaften in Tübingen, H a l l e / S a a l e und Berlin, trat 1826 in den Justizdienst ein und ging 1829 als Garnisonauditeur nach M a g deburg. 1835 als Auditeur nach Berlin versetzt und in das General-Auditoriat berufen, war F. seit 1842 im Kriegsministerium tätig. 1849 wurde er in das Reichsministerium des Krieges, der Justiz und der Marine nach F r a n k f u r t / M a i n berufen; 1850 vertrat er Preußen im Erfurter Unionsparlament. 1857-79 war F. im Rang eines Generalleutnants GeneralAuditeur der preuß. A r m e e und seit 1876 zugleich der Kaiserlichen Marine. 1 8 5 3 / 5 4 war er Mitglied der preuß. Ersten Kammer, wurde 1854 in den Staatsrat berufen und gehörte 1854-57 und 1858 d e m preuß. Abgeordnetenhaus an. Seit 1872 war er Mitglied des Preußischen Herrenhauses. F. verfaßte mehrere militärstrafrechtliche Abhandlungen und K o m m e n t a r e (u. a. Die Verordnungen über die Ehrengerichte im Preußischen Heere und über die Bestrafung der Offiziere wegen Zweikampfs, 1865) und war Präsident des Obersten Militär-Gerichts-Hofs. c n Unionsparl F l e c k , (Johann Friedrich) Ferdinand, Schauspieler, * 10. 1. 1757 Breslau, t 2 0 . 1 2 . 1801 Berlin. Der Sohn eines Magistratsbeamten studierte in Halle Rechtswissenschaft, führte dieses Studium jedoch nicht zu Ende, sondern wandte sich dem Schauspiel zu. 1777 gab er mit der Bondinischen Gesellschaft in Leipzig sein Debüt. 1779 ging er nach Hamburg, 1783 nach Berlin, w o er 1786 Mitglied des Nationaltheaters wurde; von 1790 an war er dort auch als Regisseur tätig. F. begann seine schauspielerische Karriere mit Liebhaber- und Komikerrollen, wechselte aber bald in das Helden- und Charakterfach. Bei der Berliner Erstaufführung von —»Schillers Drama Wallenstein feierte er in der Titelrolle einen triumphalen Erfolg. Andere Hauptrollen waren u . a . Götz von Berlichingen, Karl Moor, Lear und Shylock. m NDB F l e c k , Florian Hans, Nationalökonom, Medienwissenschaftler, * 2 1 . 2 . 1924 Stuttgart, t 4. 10.1990 Freiburg (Schweiz). F. war seit 1963 Prof. für theoretische Nationalökonomie und Wirtschaftsmathematik an der Univ. Freiburg (Schweiz) und gehörte 1966 zu den Mitbegründern des dortigen Instituts für Journalistik und Kommunikationswissenschaft, das er als erster Direktor bis 1981 leitete. Seine zahlreichen Veröffentlichungen befassen sich insbesondere mit Fragen der Medienpolitik und -Ökonomie. F l e c k , Fritz, Komponist, Musikkritiker, * 24. 10. 1880 Schwetz (Westpreußen), t 3 1 . 5 . 1 9 3 3 Köln. F. studierte Musik u.a. bei A r n o —>Kleffei, Paul —>Geisler, Hans —»Pfitzner und Charles-Marie Widor. 1910 wurde er Musikkritiker der „Kölnischen Zeitung", 1926 der „Rheinischen Zeitung". F. komponierte vorwiegend Lieder und kammermusikalische Werke sowie musikalische Schauspiele wie etwa die Märchenoper Die Prinzessin auf der Erbse (1918). c n Feilerer, 7. Folge

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F l e c k , Fritz, Politiker, * 19. 11. 1890 Calw, t 9 . 1 0 . 1 9 6 6 Tuttlingen (Baden-Württemberg). F. erlernte das Schlosserhandwerk, trat in die S P D ein und hatte bis 1933 eine Reihe von Positionen in Partei und Gewerkschaft inne. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten sechs M o n a t e inhaftiert, war er in den folgenden Jahren als Provisionsreisender tätig. Seit 1947 gehörte er als SPD-Abgeordneter d e m Landtag von Baden-Württemberg an. 1947-49 war er Bundesvorstand, 1949-55 Bezirksleiter der Gewerkschaften in Süd-Württemberg und Hohenzollern. F l e c k , Johann Christoph, Mediziner, * 2 7 . 4 . 1 7 8 1 Erfurt, t 1 4 . 7 . 1 8 4 9 Rudolstadt. F. studierte seit 1801 in Erfurt und seit 1803 in Jena Medizin, wurde 1807 in Erfurt zum Dr. phil. promoviert und war seit 1810 Pagenhofmeister am fürstlich schwarzenburgischen Hof in Rudolstadt. Nach der Promotion 1812 in Jena zum Dr. med. war er als Arzt in Rudolstadt tätig. 1831 wurde er zum Bataillonsarzt des schwarzburg-rudolstädtischen Militärs, 1848 zum fürstlichen Hofrat und Leibarzt ernannt. F., der viele medizinische Werke aus dem Französischen ins Deutsche übersetzte, veröffentlichte an eigenen Schriften u. a. Die Verirrungen des Geschlechtstriebes (1830, 2 1841), Spiegel für Aerzte, oder Licht und Schattenseiten des ärztlichen Berufes (1831), Kurzgefasstes pathologischtherapeutisches Taschenbuch für angehende praktische Aerzte (2 Tie., 1833), Der Croup und die ihm ähnlichen Krankheitsformen ( 1838), Des weiblichen Geschlechtslebens Anfang und Ende oder Das Leben der Jungfrau, Gattin, Mutter und Matrone ( 1842) und Ueber Schlaf und Traum und die Schlaflosigkeit, mit ihren Ursachen, Folgen und Heilmitteln (1844). F l e c k , Konrad, Dichter, 1. Hälfte 13. Jh. Über den Verfasser höfischer R o m a n e existieren keine urkundlichen Zeugnisse; sein N a m e ist durch —»Rudolf von E m s bezeugt. A u f g r u n d seiner alemannischen Sprachformen vermutet man, daß F. im oberrheinischen Gebiet lebte. F.s Erstlings- und Hauptwerk ist der Minneroman Flore und Blanscheflur, das auf der französischen Vorlage eines orientalischen Stoffes basiert. In rund 8000 Versen behandelte F. das im Mittelalter verbreitete T h e m a der Kinderminne zwischen d e m heidnischen Königssohn Flore und der christlichen Sklaventochter Blanscheflur. Dabei legte F. wenig Gewicht auf die äußere Handlung; im Vordergrund stehen vielmehr die Reflexion des Minnephänomens, Dialog und Detailreichtum. m Killy F l e c k e i s e n , (Karl Friedrich Wilhelm) Alfred, Klassischer Philologe, * 2 0 . 9 . 1 8 2 0 Wolfenbüttel, t 7. 8 . 1 8 9 9 Dresden. F., Sohn eines Justizamtmanns, studierte Klassische Philologie an der Univ. Göttingen, wo er Vorlesungen F. W. Schneidewinds und Ernst von Leutschs hörte. F. war im Schuldienst tätig, zuletzt am Vitzthumschen G y m n a s i u m in Dresden, dessen Konrektor er 1861-89 war. Er gab textkritische Ausgaben der Werke von Plautus und Terenz heraus. Von 1855 bis kurz vor seinem Tod leitete er die philologische Abteilung der „Jahrbücher für Philosophie und Pädagogik", die unter d e m N a m e n „Fleckeisens Jahrbücher" bekanntgeworden sind. CD N D B F l e c k e l e s , Eleasar (Elieser) ben David, Rabbiner, Schriftsteller, * 26. 8 . 1 7 5 4 Prag, t 2 7 . 4 . 1826 Prag. F. stammte aus einer angesehenen Gelehrtenfamilie und besuchte die Talmudschulen von Meir Fischeis und Ezechiel —»Landau. 1779 wurde er als Rabbiner in die mährischen Gemeinden Kojetein und Tobitschau berufen. Drei Jahre später kehrte F. nach Prag zurück und wurde zum Rabbinatsassessor, später zum Rabbiner in dem von Joachim von Popper und Israel Frankel gestifteten Bet ha-Midrasch gewählt. Ferner leitete er in Prag eine Talmudschule. F. war

Fleckhaus eine über Prag hinaus anerkannte Autorität in Fragen der jüdischen Religion. Er verfaßte zahlreiche Werke, hauptsächlich talmudische Novellen und Responsen. Seine Predigten erschienen als vierbändiges Werk unter d e m Titel Olat Chodesch (1785-1800). c d Wininger F l e c k e n b ü h l , (Johann) Philipp Franz von, genannt Bürgel, Jurist, Staatsmann, * 2 6 . 4 . 1731 Wetzlar, t 1 2 . 6 . 1 7 9 6 Kassel. Nach dem Jurastudium in Marburg und Göttingen am Reichskammergericht tätig, wurde F., Sohn eines Reichskammergerichtsassessors, 1765 braunschweig-lüneburgischer Reichskammergerichtsassessor, 1780 Staatsminister der Grafschaft Hessen-Kassel und gleichzeitig Präsident des Oberappellationsgerichts und Kurator der Universitäten Marburg und Gießen. Seit 1782 war er Präsident der Kriegsund Domänenkammer. Er vertrat eine reichstreue, österreichfreundliche Politik und wandte sich gegen ein enges Zusammengehen mit Preußen. In den Napoleonischen Kriegen versuchte F., die kleineren Reichsstände unter der Führung Hessen-Kassels zusammenzufassen, was zur Gründung des Wilhelmsbader FUrstenbundes im Herbst 1794 führte. DP N D B F l e c k e n s t e i n , Albrecht, Pharmakologe, Physiologe, * 3 . 5 . 1917 Aschaffenburg, t 4 . 4 . 1992 Freiburg/Breisgau. F. studierte Medizin, wurde 1942 an der Univ. Würzburg promoviert (Die Lebenslage der Diabetiker im Krieg), habilitierte sich 1947 an der Univ. Heidelberg (Die periphere Schmerzauslösung und Schmerzausschaltung. Eine pharmakologische Analyse der Kausalmechanismen), wurde dort 1953 api. Prof. der Pharmakologie und folgte 1956 einem Ruf als o . P r o f . der Physiologie nach Freiburg/Breisgau. Er beschäftigte sich mit d e m Energiestoffwechsel erregbarer Zellen und G e w e b e (Herz- und Skelettmuskulatur, glatte Muskelzellen) und entdeckte die Calciumantagonisten. F. veröffentlichte u . a . Der Kalium-Natrium-Austausch als Energieprinzip in Muskel und Nerv (1955). Seit 1986 war er korrespondierendes Mitglied der Heidelberger A k a d e m i e der Wissenschaften. F l e c k e n s t e i n , Heinz, kath. Theologe, * 2 1 . 3 . 1907 Oeventrop, t 8 . 2 . 1995 Würzburg. F. studierte kath. Theologie, empfing 1933 die Priesterweihe und wurde 1934 promoviert (Die theologische Lehre von der materiellen Welt beim heiligen Albert dem Großen). Nach der Habilitation 1938 (Persönlichkeit und Organminderwertigkeiten. Ein Beitrag zur moral- und pastoral-theologischen Erkenntnis) lehrte er als Dozent für Moraltheologie und Homiletik in Würzburg. Während des Zweiten Weltkriegs war F. Pfarrer in Veitshöchheim. 1945 wurde er a . o . P r o f . für Moraltheologie in Regensburg, wo er 1946-52 auch Hochschulrektor war. 1953-72 wirkte er als Prof. für Moraltheologie und Homiletik in Würzburg; 1 9 5 6 / 5 7 und 1 9 6 7 / 6 8 war er Rektor der Universität. 1953-62 gab er die Zeitschrift „Seele" mit heraus. F. profilierte sich als Vertreter der Pastoralmedizin und arbeitete mehrfach an den Richtlinien der Deutschen Bischofskonferenz mit, u. a. zur Sexualpädagogik und zur Laienarbeit. Zu seinen Publikationen zählen Gedanken und Anregungen zur geschlechtlichen Erziehung (1949), Aufgaben und Möglichkeiten einer sogenannten Pastoralmedizin (1957) und Grundprobleme des Menschseins (1970). m

LThK

F l e c k e n s t e i n , Josef, Historiker, * 1 8 . 2 . 1 9 1 9 Kämmeritz,

t 4.11.2004 Göttingen. F. studierte seit 1940 u . a . bei Gerd —>Teilenbach Geschichte, Philosophie, Germanistik, Kunstgeschichte und Lateinische Philologie an den Universitäten Leipzig, Mainz, Freiburg/Breisgau und Halle. Nach Kriegsdienst und Gefangenschaft 1952 mit der Arbeit Die Bildungsreform Karls

des Großen in Freiburg/Breisgau zum Dr. phil. promoviert, habilitierte er sich dort 1958 mit der Studie Die Hofkapelle der deutschen Könige. Seit 1962 o. Prof. an der Univ. Frankf u r t / M a i n , folgte er 1965 einem Ruf auf den Lehrstuhl f ü r Mittlere und Neuere Geschichte an die Univ. Freiburg und war 1971-87 als Nachfolger Hermann —»Heimpels Direktor der Mittelalterabteilung am Max-Planck-Institut f ü r Geschichte in Göttingen. F.s Hauptinteresse galt Fragen der Verfassungs-, Sozial- und Geistesgeschichte des Mittelalters. Er veröffentlichte u. a. Grundlagen und Beginn der deutschen Geschichte (1974) und Vom Rittertum im Mittelalter. Perspektiven und Probleme (1997) und gab Herrschaft und Stand. Untersuchungen zur Sozialgeschichte im 13. Jahrhundert (1977) und Das ritterliche Turnier im Mittelalter (1985) heraus. F. war Mitglied der Akademie der Wissenschaften Göttingen (seit 1973) und der British Academy (seit 1991). F l e c k h , Johann Anton, österr. Jurist, Politiker, Dialektforscher, * 16.5. 1822 Grubberg bei Riegersburg (Steiermark), t 2 6 . 2 . 1 8 7 6 Kirchbach (Steiermark). Der Bauernsohn studierte in Graz Jura und wurde 1847 z u m Dr. jur. promoviert. 1848 Schloß er sich der studentischen Freiheitsbewegung an und nahm für die Univ. Graz bei der Versammlung der deutschen Studenten in Jena teil. Den Staatsrechtler —» Schreiner vertretend, übernahm er 1848 die Vorlesungen in politischer Wissenschaft an der Univ., wurde jedoch im folgenden Jahr aus politischen Gründen aus dem Staatsdienst entlassen. F. ließ sich 1862 in Graz als Anwalt nieder. 1860-76 Abgeordneter im Steirischen Landtag, war er hauptsächlich mit dem Reichsvolksschulgesetz beschäftigt. F. begründete die steirischen Landesbürgerschulen und förderte die Technische Hochschule. 1875 übernahm er das Notariat in Kirchbach. Neben seiner beruflichen und politischen Tätigkeit widmete sich F. der Dialekt- und Folkloreforschung (Idiotikon von Oststeiermark und Riegersburg, 1846). OD N D B F l e c k h a u s , Willy, eigentl. Wilhelm August F., Graphiker, Buchgestalter, * 2 1 . 1 2 . 1925 Velbert, t 12.9. 1983 Castelfranco di Sopra (Toskana). F. war seit 1941 erst Volontär, dann Redakteur des „Fährm a n n s " im Christophorus-Verlag in Freiburg. 1943 zum Arbeitsdienst einberufen und seit 1944 als Soldat in Italien, war er nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft 1 9 4 6 / 4 7 Assistent im Kunstverein Niederberg. 1950 wurde er Redakteur der Jugendzeitschrift „ A u f w ä r t s " im gewerkschaftlichen Bund-Verlag in Köln. 1953 übernahm er deren gestalterische Leitung und wandelte sie zu einem Jugendmagazin um. 1959 wechselte F. zur „Welt der Arbeit". Im selben Jahr gründete er mit Adolf Theobald und Stephan Wolf die an amerikanischen Magazinen orientierte Zeitschrift „twen". F. war Art Director, zeitweise auch Chefredakteur des Magazins. Die Branche folgte dem neuen Stil der photographischen und typographischen Darbietung zunächst nur zögernd. Als Designer des Suhrkamp- und Insel-Verlags schuf F. das lange gültige Erscheinungsbild aller Buchserien und entwickelte dabei unter Verzicht auf bildnerische Blickfänge und vertrauend auf die Kraft der typographischen Ordnung einen strengen buchgraphischen Stil. 1963 entwarf er die „edition s u h r k a m p " mit ihren spektralfarbenen Einbänden. Seit den sechziger Jahren war F. als Gestalter für Firmen wie IIford, Mercedes-Benz oder Vorwerk und für Zeitschriften wie „Zeit-magazin", „Merian" oder „ M o d e und Wohnen" tätig. Für den Westdeutschen R u n d f u n k entwarf er u. a. das neue Sendezeichen. 1972-74 war er Präsident des 1964 gegründeten Art Directors Club Deutschland. Seit 1972 gestaltete F., der 1971 unter d e m Vorwurf des „ästhetisierenden Graphismus" als „twen"-Art Director gekündigt worden war, u. a. die offiziellen Bücher zu den Olympischen Spielen in München. 1974 als Prof. für Visuelle Kommunikation an

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Flegel die Gesamthochschule Essen berufen, wechselte er 1980 als o. Prof. für Graphic Design an die Bergische Universität Gesamthochschule Wuppertal. Unter dem Namen disegno arbeitete er für das italienische Verlagshaus Boringhieri und den Piper Verlag. 1980 mit dem Layout des Magazins der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" beauftragt, war er fortan dessen Art Director. 1983 gestaltete F. die „Weiße Reihe" des Suhrkamp-Verlags. CD A K L F l e g e l , Eduard (Robert), Afrikaforscher, * 1. 10. 1852 Wilna (heute Vilnius, Litauen), t 11.9. 1886 Brass (Nigeria). F. kam als K a u f m a n n nach Afrika, g a b seinen Beruf jedoch bald auf und widmete sich der Erforschung des Kontinents. 1878 befuhr er auf einem englischen Missionsdampfer den Fluß Benue und erarbeitete eine verbesserte R o u tenkarte über den befahrenen Streckenabschnitt. 1879 bestieg er den großen Kamerunberg. Er unternahm, unterstützt von der Afrikanischen Gesellschaft, mehrere Forschungsreisen durch das Gebiet des heutigen Nigeria und Kamerun. Auf einer dieser Reisen entdeckte er die Quellen des Benue. Als Kamerun 1884 zu deutschem Schutzgebiet erklärt wurde, unterstützte F. die deutsche Kolonialpolitik aktiv bei ihrem Versuch, große Teile des Landes unter deutsche Herrschaft zu bringen. F. erkrankte während einer dreijährigen Großexpedition schwer und starb infolge Überanstrengung. DD N D B F l e g e l , Georg, Maler, * 1566 Olmütz (Mähren), begraben 2 3 . 3 . 1638 F r a n k f u r t / M a i n . F., Sohn eines Schuhmachers, verließ vermutlich wegen der Gegenreformation seine Heimat und begab sich nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Wien und Linz nach F r a n k f u r t / Main, wo er 1597 das Bürgerrecht erhielt. Als Mitarbeiter des flämischen Landschaftsmalers Lucas van Valckenborch fügte er Früchte und Blumen in dessen Gemälde ein. Nach dessen Tod 1597 begann F., eigenständige Fruchtund Blumenstilleben zu malen. Er war damit der erste deutsche Maler, der das Stilleben als eigene Gattung pflegte. F.s Gemälde, meist Mahlzeiten-, Nacht- und Blumenstücke, zeigen in der Regel wenige, naturgetreu gemalte Gegenstände in geschlossener Komposition. Er schuf auch einige Porträts und ein mit Miniaturmalerei geschmücktes Gebetbuch für —»Maximilian I. von Bayern. CD A K L F l e g l e r , Eugen, Techniker, * 2 3 . 6 . 1897 Bensheim (Hessen), f 2 9 . 1 2 . 1 9 8 1 Aachen. F. studierte in Darmstadt Elektrotechnik und wurde 1928 an der T H Aachen promoviert (Die Wirkungsweise von Überspannungs-Schutzvorrichtungen). Nach der Habilitation (Spule und Wanderwelle, 1931 ) ging er als Assistent und Privatdozent an die T H München, w o er 1936 a. o. Prof. wurde. Noch im selben Jahr trat er eine zweijährige Tätigkeit an der Tung-Chi-Universität in Shanghai an. Seit 1937 o . P r o f . im Reichsdienst, wirkte F. während des Zweiten Weltkriegs an der Deutschen T H in Prag. Nach kurzer Tätigkeit an der Staatlichen Ingenieurschule in Esslingen wurde F. 1948 als o . P r o f . der allgemeinen und theoretischen Elektrotechnik und Direktor des Rogowski-Instituts für Elektrotechnik erneut an die T H Aachen berufen, deren Rektor er 1954-56 war. F.s Hauptarbeitsgebiete waren die Hochspannungstechnik, Entladungstechnik und die Werkstoffe der Elektrotechnik. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Grundgebiete der Elektrotechnik (1948) und Einführung in die Hochspannungstechnik (1964). F l e i n e r , Albert, schweizer. Journalist, * 10.8. 1859 Aarau, t 1 7 . 6 . 1 9 0 2 R o m . F. studierte an den Universitäten Zürich, Leipzig und Berlin Jura; daneben beschäftigte er sich mit Literatur- und Kunstgeschichte sowie mit d e m Theater und der Musik. 1884 trat

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er in Zürich in die Redaktion der „Neuen Zürcher Zeitung" ein, wo er zunächst für den Handelsteil, später für den politischen Teil verantwortlich war. Zuletzt arbeitete er vornehmlich als Theater- und Kunstkritiker sowie als Reporter. Bekannt wurde F. vor allem durch einige größere Reportagen, zum Beispiel über das Versinken eines Teils der Stadt Zug im See im Jahr 1887. Als Theater- und Kunstkritiker setzte er sich f ü r j u n g e Künstler ein und war wesentlich an der Schaffung einer ständigen Ausstellung im Künstlerhaus mitbeteiligt. Zu seinem Freundes- und Bekanntenkreis zählten u. a. Arnold —> Böcklin, Gottfried —> Keller und Adolf Frey. F l e i n e r , Fritz, eigentl. Friedrich F., schweizer. Jurist, Staatswissenschaftler, * 2 4 . 1 . 1 8 6 7 Aarau, f 2 6 . 1 0 . 1937 Ascona (Kt. Tessin). F., Sohn eines Zementfabrikanten, studierte in Zürich, Leipzig, Berlin und Paris Jura und wurde 1890 in Zürich promoviert (Die rechtliche Stellung der katholischen Kirche zur obligatorischen Civilehe des Kantons Aargau). 1892 habilitierte er sich für Kirchenrecht an der Univ. Zürich, wurde dort 1895 a . o . P r o f . , 1897 o . P r o f . in Basel, 1906 in Tübingen, 1908 in Heidelberg und lehrte 1915-36 erneut an der Univ. Zürich, deren Rektor er 1932-34 war. F.s Interesse galt zunächst dem Kirchenrecht, später wandte er sich d e m Staats- und Verwaltungsrecht zu (Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 1911; Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 1923). Als Verfechter der Idee des Rechtsstaates setzte sich F. für die Einführung der Verwaltungsund Verfassungsgerichtsbarkeit ein. CD Marcon/Strecker F l e i n e r , Hans, schweizer. Schriftsteller, Industrieller, * 1.2. 1864 Aarau, t 1 8 . 3 . 1 9 2 2 Orselina (Kt. Tessin). Der Urenkel Heinrich —»Zschokkes übernahm nach dem Besuch des G y m n a s i u m s seiner Heimatstadt die Leitung der väterlichen Zementfabrik. Neben seiner unternehmerischen Tätigkeit, die er bis zur A u f g a b e des Betriebs 1903 ausübte, betätigte sich F. als Journalist und Schriftsteller. Er schrieb eine Reihe von Bühnenwerken, die zu seinen Lebzeiten häufig gespielt wurden. Seinen größten Erfolg errang er mit d e m Dialekt-Einakter Am Wahltag (1900). U m seine dramatischen Fähigkeiten zu vervollkommnen, unternahm F. mehrere Reisen durch Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Belgien und Skandinavien und nahm regen Anteil a m Theaterleben. CD Biogr Lex Aargau F l e i s c h , Alfred, schweizer. Physiologe, * 2 9 . 9 . 1892 Dietikon (Kt. Zürich), t 1 9 . 5 . 1 9 7 3 M a m m e r n (Kt. Thurgau). F., Sohn eines Brauereibesitzers, studierte in Zürich Medizin, war nach der Promotion 1918 am Zürcher Physiologischen Institut (Experimentelle Untersuchungen über die Kohlensäurewirkung auf die Blutgefäße), an der Medizinischen Klinik in Lausanne sowie am Biochemical Department in Cambridge tätig und habilitierte sich 1921 für Physiologie (Die Wasserstoffionenkonzentration als peripheres regulatorisches Agens der Blutversorgung). Zunächst Titularprofessor in Zürich, folgte er 1926 einem Ruf als o. Prof. nach Dorpat und lehrte 1932-36 als o . P r o f . in Lausanne. Schwerpunkte der medizinischen Forschungen F.s waren der Blutkreislauf, die Atmung, die Sinnesorgane und die Oxydation. Er entwickelte eine Serie von Instrumenten zur Erforschung der A t m u n g und des Stoffwechsels, u. a. den Pneumotachographen, ein Gerät zur Messung der Atemluftgeschwindigkeit. Während des Zweiten Weltkriegs Präsident der Eidgenössischen Kommission für Kriegsernährung, war F. für die Ernährung der schweizer. Bevölkerung unter ernährungsphysiologischen Gesichtspunkten verantwortlich. 1938 wurde F. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . Zu seinen Veröffentlichun-

Fleischer gen gehören Ernährungsprobleme in Mangelzeiten (1947) und Neue Methoden zum Studium des Gasaustausches und der Lungenfunktion (1956). DP Ärzte 2, 3

komponierte Bühnenwerke (u. a. die Operette Das Orackel), Bühnenmusiken, Lieder und Klavierwerke, die sich im Stil an Carl Philipp Emanuel Bach orientierten. CD M G G

Fleisch,

Fleischer,

Paul Alwin Gottlieb, auch P. A. Gottfried F., evang. Theologe, * 1 1 . 2 . 1 8 7 8 Hamburg, t 11.3. 1962 Loccum (Niedersachsen). Nach dem Besuch das Johanneums in Hamburg studierte F. in Greifswald, Erlangen und Göttingen Theologie. Nach dem Besuch des Predigerseminars in Loccum wurde er 1904 dort Pastor und bekleidete anschließend mehrere Kirchenämter, u . a . das eines Konventual-Studiendirektors im Kloster Loccum. Seit 1922 Mitglied der Verfassunggebenden Kirchenversammlung, wurde F. 1924 Oberlandeskirchenrat im Landeskirchenamt Hannover. 1933 als dessen Geistlicher Vizepräsident zwangsweise in den Ruhestand versetzt, wurde er 1937 aufgrund eines Urteils des Oberlandesgerichts Celle wieder eingesetzt. 1936-47 war er stellvertretender Vorsitzender des Rats der Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands. F. veröffentlichte u . a . Die moderne Gemeinschaftsbewegung in Deutschland (1903; 3. Aufl. in 3 Bänden 1912-57).

Fleischer,

Anton, östenr. Chemiker, * 1 9 . 7 . 1 8 4 5 Kecskemét (Ungarn), f 2 7 . 1 1 . 1 8 7 7 Klausenburg (heute Cluj, Rumänien). Nach der Ausbildung zum Pharmazeuten studierte F. in Wien und Budapest Pharmazie. Er übernahm für kurze Zeit die Leitung einer Apotheke, wurde 1868 an der Univ. Budapest promoviert und arbeitete dort anschließend als Assistent unter Karl von Than, später unter August —» Kekulé in Bonn. 1872 wurde er zum o. Prof. der C h e m i e an die neuerrichtete Univ. Klausenburg berufen. F., der auf d e m Gebiet der organischen C h e m i e forschte, entdeckte die Dithiocyanate. CD Poggendorff 3-4

Fleischer,

(Georg) Friedrich, Buchhändler, Verleger, * 6 . 4 . 1 7 9 4 Leipzig, t 2 2 . 9 . 1863 Leipzig. Der N e f f e von Wilhelm —>F. übernahm 1819 die von seinem Vater 1788 in Leipzig gegründete Sortimentsbuchhandlung. Er verlegte Titelkupfer zu den Werken —>Goethes, —»Schillers und —>Wielands nach Zeichnungen von Johann Heinrich —> Ramberg, Moritz Retzsch und —> Schnorr von Carolsfeld. Durch den Ausbau seines Geschäfts zu einer der wichtigsten Kommissionsbuchhandlungen in Leipzig und durch seine Tätigkeit für die entstehenden buchhändlerischen Organisationen wurde F. zu einer der bedeutendsten Persönlichkeiten des deutschen Buchhandels des 19. Jahrhunderts. 1833 begründete er den Verein der Buchhändler in Leipzig mit, dessen Vorsitzender er bis zu seinem Tod war. F. wirkte 1834 an der Gründung des „Börsenblatts für den deutschen Buchhandel" mit und war als Vorsitzender des Verwaltungsausschusses an der Errichtung der ersten Buchhändlerbörse 1836 beteiligt. 1842 schuf er die Bestellanstalt zur Beschleunigung des Verkehrs zwischen den Leipziger Kommissionsbuchhändlern, 1853 rief er die erste Buchhändlerlehranstalt in Leipzig ins Leben. CD N D B

Fleischer,

Friedrich Gottlob, Komponist, * 14.1. 1722 Kothen, t 4 . 4 . 1 8 0 6 Braunschweig. Wahrscheinlich erhielt F. seine musikalische Ausbildung in Leipzig, eventuell bei Johann Friedrich —> Doles. 1746 oder 1747 kam er nach Braunschweig, wo er als herzoglicher H o f m u s i k e r und Organist an St. Martin und St. Aegidien angestellt wurde. Er war Musiklehrer der Herzogin —>Anna Amalia von Sachsen-Weimar und gehörte dem Kreis um Gotthold Ephraim —» Lessing an. F. erlangte weit über den Braunschweiger R a u m hinaus einen Ruf als hervorragender Klavierspieler, der gelegentlich auch als Dirigent größerer Orchester- und Choraufführungen in Erscheinung trat. Er

Hans (Herbert Emil Oskar Franz), Komponist, * 1 0 . 1 1 . 1 8 9 6 Wiesbaden, t 2 0 . 2 . 1 9 8 1 Bayreuth. Der Sohn eines Justizrats und Opernsängers studierte nach d e m Ersten Weltkrieg Komposition bei Carl Knittel in Bayreuth. 1921-41 lebte er als Komponist in Wiesbaden, war drei Jahre stellvertretender Direktor der Landesmusikschule Luxemburg und war 1944-49 wieder in Wiesbaden ansässig, danach in Bayreuth. F. komponierte zahlreiche Symphonien, Festmusiken, Klavierkonzerte, K a m m e r m u s i k - und Orgelwerke sowie eine große Zahl von Liedern und Chorstücken.

Fleischer,

Heinrich Leberecht, Orientalist, * 2 1 . 2 . 1 8 0 1 Bad S c h a n d a u / E l b e , t 10.2. 1888 Leipzig. Der Sohn eines Hauptsteuerkontrolleurs wurde nach dem Studium der Theologie, der Klassischen Philologie und der orientalischen Sprachen in Leipzig 1824 promoviert. Anschließend studierte er mehrere Jahre in Paris als Schüler des Silvestre de Sacy das Arabische, Persische und Türkische. 1828 kehrte F. nach Deutschland zurück und war in Leipzig und Dresden als Lehrer und Wissenschaftler tätig. 1835 wurde er als o. Prof. der orientalischen Sprachen an die Univ. Leipzig berufen. Zunächst der Theologischen Fakultät zugehörig, wurde sein Lehrstuhl 1840 in die Philosophische Fakultät umgesetzt. F. gilt als der Begründer der Arabistik in Deutschland. Sein wissenschaftliches Schaffen zeichnet sich durch eine streng rationale Textinterpretation aus. Er gab Beidhawii Commentarius in Coranum (2 Bde., 1846-48) heraus; 1885-88 erschienen seine Kleineren Schriften in drei Bänden. F. war Mitbegründer der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft und Träger des Ordens Pour le mérite. • • Leb Sachsen, Bd 1

Fleischer,

Johann Michael, Pseud. Selimenes, Schriftsteller, * 5 . 2 . 1 7 1 1 Zschopau, f 9 . 3 . 1 7 7 3 Renthendorf (Thüringen). F. studierte in Halle und Leipzig und erwarb in Wittenberg den Titel eines Magisters der Philosophie. 1741-73 war er Pastor in Renthendorf und betätigte sich als Schriftsteller. N u r zwei Werke lassen sich ihm mit Sicherheit zuweisen, darunter die theoretische Abhandlung Der Zustand der Seelen nach dem Tode (1772). Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist F. jedoch auch der Verfasser der unter dem P s e u d o n y m Selimenes erschienenen Werke. Dazu gehören mehrere Robinsongeschichten (u.a. Der Isländische Robinson, 1755), ein galant-frivoler R o m a n Der verliebte Journaliste (1729) und Trinksprüche (Moralische und scherzhafte Gesundheiten, 1731). CD Killy

Fleischer,

Max, österr. Architekt, * 2 9 . 3 . 1 8 4 1 Proßnitz (Mähren), f 18. 12.1905 Wien. F. studierte an der T H , seit 1863 an der Akademie der bildenden Künste in Wien. 1872-87 war er im Architektenbüro des Friedrich von —> Schmidt beschäftigt und dort vornehmlich für den Bau den neuen Wiener Rathauses zuständig. Seit 1887 selbständig, machte er sich vor allem durch den Bau von Synagogen, u . a . in Wien, Budweis, Pilgram und Lundenburg, einen Namen. Er verwendete gotische Stilelemente, u m die Integration des unter d e m wachsenden Antisemitismus leidenden Judentums in die bürgerliche Kulturgesellschaft der Donaumonarchie zu dokumentieren. 1880 wurde er Vorstandsmitglied der jüdischen Kultusgemeinde in Wien. F. schuf zahlreiche Grabdenkmäler auf dem Wiener Zentralfriedhof ( u . a . f ü r Salomon —>Sulzer und Adolf —>Fischhof), entwarf die Pläne f ü r den Umbau des Schlosses Tobitschau in Mähren und trat auch mit späthistorischen Wiener Wohnbauten hervor. CD A K L

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Fleischer F l e i s c h e r , Max, auch Fleischer-Wiemans, Maler, Botaniker, * 4 . 7 . 1 8 6 1 Piasniki bei Lipine (Oberschlesien), t 3 . 4 . 1930 M e n t o n - G a r a v a n / R i v i e r a . Nach Kunststudien seit 1879 in Breslau, Berlin und M ü n c h e n , u. a. bei Ludwig von —» Löfftz, ging F., Sohn eines Rendanten, 1887 nach Paris an die Académie Julian, später in die Bretagne. 1889-91 lebte er in der Schweiz, anschließend in Italien. 1898 unternahm er eine Reise nach Java, wo er im Auftrag der holländischen Regierung Bilder für die Pariser Weltausstellung anfertigte. 1903 ließ sich F. in Berlin nieder, 1908-13 lebte er erneut auf Java. Weitere Reisen führten ihn nach Makedonien und auf die Kanarischen Inseln. F. malte zunächst impressionistische Figurenszenen im Freien, entwickelte sich jedoch später zum gemäßigten Expressionisten. Z u s a m m e n mit seiner ersten Frau f ü h r t e er die javanische Kunst des Batiks in Deutschland ein. Neben seinem künstlerischen Schaffen widmete sich F. botanischen Studien. Er veröffentlichte u . a . Die Musei der Flora von Buitenzorg (4 Bde., 1900-22), Seltene sowie einige neue indische Archipelmoose nebst Clymperopsis gen. nov. (1913) und Laubmoose (1914). CD A K L F l e i s c h e r , Max, Journalist, * 2 3 . 9 . 1877 Köln, f n . e . Nach d e m Studium der Technik arbeitete F. mehrere Jahre als Ingenieur in einer Augsburger Maschinenfabrik und studierte anschließend in Frankfurt Nationalökonomie mit den Schwerpunkten Sozialpolitik und Soziologie. 1906-11 gab er als Generalsekretär der Nationalliberalen Partei in Frankfurt die politische Zeitschrift „Die Mainbrücke" heraus, wechselte 1911 zur „Kölnischen Zeitung" und leitete deren Frankfurter Redaktionsbüro. 1912 unternahm er mehrere Reisen, u . a . nach Ägypten, Skandinavien, in den Balkan sowie nach West- und Mitteleuropa. 1916 gründete F. das Depeschenbüro Europapreß; ferner arbeitete er als Geschäftsführer der Telegraphen C o m p a g n i e G m b H Wien. 1914-24 war er Stadtverordneter in Frankfurt und stellvertretender Vorsitzender der Liberalen Fraktion. F l e i s c h e r , Max, österr. Schriftsteller, Jurist, Bankier, * 31. 1.1880 Komotau (Böhmen), | nach 1941. Der Bruder Viktor —» F.s studierte in Prag Jura und arbeitete nach der Promotion zum Dr. jur. als Bankleiter in Wien. Daneben war er als Lyriker tätig ( T r a u m und Schöpfung, 1900). 1927 erschienen Nachdichtungen chinesischer Lyrik unter d e m Titel Der Porzellanpavillon. Er verfaßte auch finanzwissenschaftliche Werke. Nach d e m „Anschluß" Österreichs an das Deutsche Reich wurde F. ein Opfer nationalsozialistischer Judenverfolgung; er k a m in einem Konzentrationslager um. c d Lex österr Exillit F l e i s c h e r , (Hermann A.) Moritz, Agrarwissenschaftler, * 2. 1. 1843 Kleve, f 2 0 . 5 . 1927 Berlin. Kurzzeitig als Bergmann tätig, studierte F., Sohn eines Gymnasialprofessors, in Berlin und Greifswald Naturwissenschaften, insbesondere C h e m i e (Promotion 1867, Über das Tollallylsulfür (Thionessal) und Tolallylsulfid). 1868-71 arbeitete er auf den Landwirtschaftlichen Versuchsstationen in Möckern bei Leipzig und in Hohenheim, 1872-75 in Weende-Göttingen. 1875 übernahm er die Leitung der Landwirtschaftlichen Versuchsstation Bonn und organisierte 1877 die preuß. staatliche Moor-Versuchsstation in Bremen. 1891 folgte er einem Ruf als o . P r o f . an die Landwirtschaftliche Hochschule in Berlin, deren Rektor er 1 8 9 7 / 9 8 war. 1898 wurde er Vortragender Rat im Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten in Berlin, in d e m er bis 1910 tätig war. 1880-91 war F. Redakteur von Richard —»Biedermanns „Central-Blatt f ü r Agrikulturchemie und rationellen Landwirtschaftsbetrieb". Er veröffentlichte u. a. Die Anlage und Bewirtschaftung von Moorwiesen und

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Moorweiden (1912, 3., neubarb. Aufl. 1921) und Die Bodenkunde auf chemisch-physikalischer Grundlage (5., neubearb. Aufl. 1922). " cd NDB F l e i s c h e r , Oskar, Philologe, Musikwissenschaftler, * 2 . 1 1 . 1856 Zörbig (Kr. Bitterfeld), t 8 . 2 . 1 9 3 3 Berlin. F., Sohn eines Rentiers und Ö k o n o m e n , studierte in Halle u. a. alte und neue Sprachen, Literaturgeschichte und Philosophie. 1882 wurde er mit der Arbeit Das Accentuationssystem Notkers in seinem Boethius promoviert und ging anschließend bis 1886 zum Studium der Musikwissenschaft bei Philipp —» Spitta nach Berlin. 1888 übernahm er die Leitung der Kgl. S a m m l u n g alter Musikinstrumente in Berlin, die er zu einer bedeutenden S a m m l u n g ausbaute. 1892 f ü r M u sikwissenschaft habilitiert, wurde er 1895 a . o . P r o f . an der Univ. Berlin (bis 1925). F.s Hauptinteresse galt der Neumenforschung (Neumenstudien. Abhandlung über mittelalterliche Gesang-Tonschriften, 3 Bde., 1895-1904). 1899 gründete er die Internationale Musikgesellschaft, deren Zeitschrift und S a m m e l b ä n d e er bis 1904 redigierte. Zu F.s Schülern zählt der Mozartforscher Hermann Abert. c d MGG F l e i s c h e r , Paul, Politiker, * 6. 1. 1874 Leipzig, t 2 0 . 1 . 1 9 6 0 Freiburg/Breisgau. Der Sohn eines Schlossers besuchte 1887-93 das Lehrerseminar in Dresden und trat 1893 in den sächsischen Schuldienst ein. 1898-1901 studierte er an der Univ. Leipzig Philosophie, Nationalökonomie, Naturwissenschaften und Pädagogik (Promotion zum Dr. phil., Pantheistische Unterströmungen in Kants Philosophie, 1902). 1901-19 war er Verbandssekretär der Katholischen Arbeitervereine in Berlin, deren Zeitschrift „Arbeiterpräses" er seit 1905 redigierte. 1907-12 gehörte F. d e m Reichstag an, nach dem Ersten Weltkrieg der Verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung und 1920-24 als Zentrumspolitiker erneut dem Reichstag. 1921-24 leitete F. den Untersuchungsausschuß über Verletzungen des Völkerrechts im Weltkrieg, 1924-29 war er Redakteur, 1929-31 Chefredakteur der Zeitschrift „Arbeit und Eigentum". In einer Reihe von Schriften (u. a. Die Teilnahme der Frau an öffentlichen Angelegenheiten, 1911 ; Freiwirtschaft, Staats-Sozialismus, organische Wirtschaftsordnung, 1917) und Artikeln beschäftigte sich F. mit sozialpolitischen Themen, insbesondere mit der Arbeiterfrage. Außerdem verfaßte F. Dramen und das Textbuch zu Felix Nowowiejskis Oratorium Die Auffindung des heiligen Kreuzes. Er war der Schwiegersohn des Mathematikers Georg —> Feigl. c d Altpreuß Biogr, Bd 4 F l e i s c h e r , Richard, Verleger, * 7 . 5 . 1 8 4 9 Breslau, f 7 . 6 . 1937 Wiesbaden. Durch ein großes Vermögen finanziell unabhängig, lebte F., Sohn eines Chemikers, als Privatmann und gründete 1877 die Halbmonats-, später Monatsschrift „Deutsche Revue", die zunächst in Berlin, später in Breslau, zuletzt in Stuttgart erschien. Diese an der „Deutschen R u n d s c h a u " orientierte Zeitschrift verfolgte eine liberale, von politischen Parteien unabhängige Zielsetzung. Durch die Mitarbeit renommierter Persönlichkeiten aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens (u.a. Gustav —> Frey tag, Franz von —>Lenbach) und durch die Darstellung zeitgeschichtlich relevanter Sachverhalte hatte die „Deutsche R e v u e " beträchtlichen Einfluß auf das deutsche Geistesleben des 19. Jahrhunderts. F.s besonderes Interesse galt der deutsch-englischen Zusammenarbeit auf kulturellem und politischem Gebiet. Im Dezember 1922 mußte die „Deutsche R e v u e " eingestellt werden, da F. sein Vermögen in der Inflation verloren hatte. CD N D B F l e i s c h e r , Rudolf Amadeus, Industrieller, * 6. 11. 1895 Breitingen bei Leipzig, t n . e . Nach der Rückkehr aus russischer Gefangenschaft 1917 absolvierte F. eine Banklehre und studierte gleichzeitig an der

Fleischhacker Univ. Leipzig, wo er zum Dr. jur. promoviert wurde. Anschließend an mehreren Orten in Deutschland, Österreich und den U S A im Bank- und Börsenwesen sowie als Journalist tätig, war er seit 1925 bei General Motors in N e w York tätig, seit 1927 in Berlin. 1929 wechselte F. zur A d a m Opel A G , leitete 1932-38 als Mitglied des Vorstands das Finanzressort und gehörte 1939-46 dem Direktorium der Flugzeugwerke Henschel & Sohn G m b H in Kassel an. 1949 wurde er in den Aufsichtsrat der Chemischen Werke Albert, Wiesbaden-Biebrich, delegiert, deren Vorstandsvorsitzender er 1951 wurde. F. verfaßte Werke über historische, genealogische und geographische Themen. F l e i s c h e r , Tobias, Bibliothekar, Übersetzer, * 1630 Elbing, t E n d e November 1690 Kopenhagen. Der Sohn eines Weißgerbers studierte in Helmstedt und Heidelberg Jura und Mathematik. Seit 1656 in schwedischen Diensten, war er nach einer Reise in die Niederlande von 1661 an Sekretär des Grafen —» Anton in Oldenburg. 1671 wurde F. Bibliothekar der von Herzog - » J o h a n n Friedrich von Braunschweig-Liineburg in Hannover gegründeten Bibliothek. Fünf Jahre später trat er als Bergrat in dänische Dienste. 1689 wurde er auf eigenen Antrag entlassen und lebte fortan als Privatmann in Kopenhagen. F. verfaßte eine Reihe von Gelegenheitsgedichten auf Persönlichkeiten der damaligen Zeit. Er übersetzte Dramen Pierre Corneilles, die dadurch d e m deutschen Lesepublikum zugänglich gemacht wurden. m Altpreuß Biogr, Bd 1 F l e i s c h e r , Viktor, Verleger, Schriftsteller, * 12.9. 1882 Komotau (Böhmen), t 1951 London. Der Bruder des Schriftstellers und Bankiers M a x —>F. studierte an den Universitäten Leipzig, München und Wien Philosophie und Kunstgeschichte. 1905 promoviert, arbeitete er als Archivar des Fürsten von Liechtenstein in Wien und ging 1916 nach Berlin, w o er an verschiedenen Zeitungen mitarbeitete. 1920 gründete er in F r a n k f u r t / M a i n die Frankfurter Verlags-Anstalt, kehrte nach dem Z u s a m m e n s c h l u ß mit dem Julius Bard Verlag als freier Schriftsteller nach Berlin zurück und emigrierte 1938 nach London. F. verfaßte zahlreiche Novellen, R o m a n e und Dramen, die meist im bäuerlichen oder kleinstädtischen Milieu spielen (u. a. Das Steinmetzendorf. Eine Erzählung aus dem Erzgebirge, 1906). Er gab u. a. ausgewählte Erzählungen - ^ J e a n Pauls, —> Winckelmanns Geschichte der Kunst des Altertums und Tierfabeln des klassischen Altertums heraus. DP Lex dt-jüd Autoren F l e i s c h e r , (Johann Daniel) Wilhelm, Buchhändler, Verleger, * 17.8. 1767 F r a n k f u r t / M a i n , t 1 . 6 . 1 8 2 0 Paris. F. ging bei seinem Vater, einem Buchhändler und Verleger, in die Lehre und eröffnete 1791 in F r a n k f u r t / M a i n ein Sortiment. Er förderte die Bildung eines buchhändlerischen Berufsideals im Geist der Aufklärung. Das 1795 in Angriff g e n o m m e n e Projekt, sein Sortiment mit einem öffentlichen Leseinstitut zu verbinden, in d e m die gesamte deutsche und die wichtigsten Werke der ausländischen Literatur bereitgehalten werden sollten, scheiterte bald. Nach d e m Bankrott ging er 1796 nach Paris und wurde mit seinem „Annuaire de la librairie" einer der Wegbereiter der französischen buchhändlerischen Bibliographie. F. veröffentlichte u. a. Die Wichtigkeit des Buchhandels (1791, Faks.-Ausg. 1953). CD N D B F l e i s c h e r - E d e l , Katharina Wilhelmine, Sängerin, * 2 7 . 9 . 1 8 7 3 M ü l h e i m / R u h r , t 18.7. 1928 Dresden. F.-E. studierte an den Konservatorien Köln und Dresden Gesang, u . a . bei August - > I f f e r t . 1893 gab sie anläßlich eines Konzerts der Dresdner Liedertafel ihr Debüt und hatte im folgenden Jahr ihren ersten Bühnenauftritt an der Dresdner Hofoper als Brautjungfer im Freischütz. Nach dreijährigem

Engagement in Dresden holte sie Bernhard —> Pollini 1897 an das Hamburger Opernhaus, wo F.-E. mehr als 20 Jahre als Sopranistin wirkte. Sie feierte ihre größten Erfolge als —» Wagner-Darstellerin. Mehrfach trat sie bei den Bayreuther Festspielen auf, u . a . als Elisabeth im Tannhäuser, als Gutrune in der Götterdämmerung (beide 1904), als Brangäne in Tristan und Isolde (1906) und als Elsa im Lohengrin (1908). F.-E. gastierte 1901 an der Wiener Hofoper; weitere Gastspiele führten sie an die Hofopern von Berlin und Dresden sowie an die Covent Garden Opera in London. 1 9 0 6 / 0 7 war sie Mitglied der Metropolitan Opera in N e w York. Nach ihrem Abschied von der B ü h n e lebte sie als Gesangslehrerin in Dresden. m NDB F l e i s c h e r - E n g e l , Editha, auch Edith F., Edytha F., geb. Fleischer, Sängerin, Gesangspädagogin, * 5 . 4 . 1895 Falkenstein (Oberpfalz), t n. e. F.-E. erhielt ihre Gesangsausbildung bei Lilli —» Lehmann in Berlin und debütierte 1918 am dortigen Deutschen Opernhaus. Sie feierte vor allem als Sopran in Opern von —»Mozart große Erfolge, zum Beispiel als Konstanze in der Entführung aus dem Serail sowie 1922 bei den Salzburger Festspielen als Susanna in Die Hochzeit des Figaro und als Zerlina im Don Giovanni. Nach einer zweijährigen Tournee durch Nordamerika blieb sie dort und kam nach einem kurzen Engagement bei der William Wade Hinshaw C o m p a n y 1926 an die Metropolitan Opera in N e w York, wo sie zahlreiche Koloraturrollen sang, u . a . in den Erstaufführungen und Premieren von Opern Rimskij-Korsakows, Rossinis und Puccinis. Darüber hinaus war F.-E. als Konzertsopranistin in Nordamerika, Deutschland und Dänemark zu hören. 1936-49 war sie am Teatro Colón in Buenos Aires engagiert und leitete dort auch eine Meisterklasse für Gesang an der staatlichen Opernschule. Seit 1949 lebte F.-E. als Gesangpädagogin in Wien. 1952 leitete sie Gesangkurse an der S o m m e r a k a d e m i e im Salzburger Mozarteum. F.-E. war mit d e m Pianisten und Kapellmeister Erich —> Engel verheiratet. m

Kutsch

F l e i s c h h a c k , Curt, Buchhändler, Bibliothekar, * 7. 12. 1892 Leipzig, t 6 . 1 0 . 1972 Leipzig. Nach einer Buchhändlerlehre in Leipzig arbeitete F. bis 1915 in Wiesbaden und Leipzig als Buchhändler. Er trat 1915 in die Deutsche Bücherei ein, nahm am Ersten Weltkrieg teil und legte 1921 das Bibliothekarsexamen ab. Seit 1951 Direktor der Bibliographischen Abteilung, war er 1955-61 Hauptdirektor der Deutschen Bücherei und wurde 1961 zum Prof. ernannt. F. veröffentlichte u. a. Buchhändlerische Katalogtechnik (1929), Einführung in die buchhändlerische Bibliographie (1944, ab 4 1961: Bibliographisches Grundwissen) und Grundriß der Bibliographie (1957). CH Habermann 2 F l e i s c h h a c k e r , Eugen, österr. Jurist, Verbandsfunktionär, Politiker, * 12. 10.1899 Wien, f 3 1 . 3 . 1 9 5 3 Wien. F. studierte an der Univ. Wien Rechtswissenschaften und wurde 1924 zum Dr. jur. promoviert. 1925 wurde er Rechtskonsulent des Gewerbebundes, 1933 dessen Direktor, 1936 Direktor der Landesgruppe Niederösterreich des Österreichischen Gewerbebundes. F. war Leitender Sekretär des Landesgewerbeverbandes für Niederösterreich und als Rechtsanwalt tätig. Nach dem Zweiten Weltkrieg wirkte er als O b m a n n der Landesgruppe Wien des Österreichischen Wirtschaftsbundes und als Vorsitzender der Bundeskonferenz der K a m m e r der freien B e r u f e Österreichs. F. gehörte als Ö V P Mitglied 1945-53 d e m Bundesrat an und war 1 9 4 5 / 4 6 Bundesminister für Handel und Wiederaufbau.

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Fleischhacker F l e i s c h h a c k e r , L e o p o l d , B i l d h a u e r , * 1 3 . 5 . 1 8 8 2 Felsberg (Hessen), t 1 1 . 9 . 1 9 4 6 U c c i e (Belgien). N a c h d e m B e s u c h der D ü s s e l d o r f e r K u n s t g e w e r b e s c h u l e w a r F. zwei J a h r e an der Berliner A k a d e m i e S c h ü l e r von E r n s t - > Herter und P e t e r - > B r e u e r . 1905 erhielt er den R o m - P r e i s der M i c h a e l - B e e r - S t i f t u n g . B i s 1931 g e h ö r t e er d e m D ü s s e l d o r f e r Verein M a l k a s t e n an. Als J u d e erhielt er 1933 B e r u f s verbot; 1938 zerstörten d i e Nationalsozialisten sein Atelier. F. e m i g r i e r t e 1940 n a c h B e l g i e n und tauchte in U c c i e unter. Er schuf h a u p t s ä c h l i c h Porträts in B r o n z e und Gips s o w i e M o n u m e n t a l - und D e n k m a l p l a s t i k e n . Von i h m s t a m m e n ein i g e E h r e n d e n k m ä l e r u. a. in D ü s s e l d o r f und D u i s b u r g sow i e d i e Reliefs f ü r den j ü d i s c h e n P a v i l l o n der D ü s s e l d o r f e r H y g i e n e - A u s s t e l l u n g 1926. DP A K L F l e i s c h h a u e r , Karl von, S t a a t s m a n n , * 1 5 . 9 . 1852 Stuttgart, t 1 7 . 7 . 1 9 2 1 Stuttgart. F. studierte in T ü b i n g e n , L e i p z i g und H e i d e l b e r g Jura. N a c h einer kurzen Tätigkeit im Justizdienst w e c h s e l t e er in d i e innere Verwaltung. 1 8 8 2 - 1 9 0 0 w a r F. Ministerialassessor, Vortragender Rat und Ministerialdirektor im w ü r t t e m b e r g i schen I n n e n m i n i s t e r i u m ; 1900 w u r d e er Staatsrat und M i t glied d e s G e h e i m e n R a t s . A l s M i n i s t e r f ü r K i r c h e n - und S c h u l a n g e l e g e n h e i t e n (seit 1906) r e f o r m i e r t e er d a s Volkss c h u l w e s e n und w a r f ü r d i e U m g e s t a l t u n g der S c h u l a u f s i c h t verantwortlich. Seit 1912 M i n i s t e r d e s I n n e r n , leitete F. in d e n K r i e g s j a h r e n die i n n e r e Verwaltung u n d organisierte u. a. d i e E i n r i c h t u n g von B e i h i l f e n f ü r K r i e g e r f a m i l i e n u n d Invaliden s o w i e d i e Versorgung der B e v ö l k e r u n g mit N a h r u n g s mitteln. 1918 hatte er e r n e u t d a s A m t d e s w ü r t t e m b e r g i s c h e n Kultusministersinne. CD W ü r t t N e k r o l o g , Jg. 1921 F l e i s c h l v o n M a r x o w , E r n s t , österr. P h y s i o l o g e , * 5 . 8 . 1846 W i e n , t 22. 10. 1891 W i e n . D e r S o h n von Ida —>F. v. M . und eines B a n k i e r s und B ö r s e n r a t s studierte M a t h e m a t i k , P h y s i k und C h e m i e , e h e er sich der M e d i z i n z u w a n d t e . 1870 w u r d e er an der U n i v . W i e n p r o m o v i e r t , 1873 e r f o l g t e d i e Habilitation und 1880 d i e E r n e n n u n g z u m a. o. Prof. der P h y s i o l o g i e . 1887 w u r d e er k o r r e s p o n d i e r e n d e s M i t g l i e d der Ö s t e r r e i c h i s c h e n A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n . F. v. M . infizierte sich w ä h r e n d seiner A s s i s t e n t e n z e i t m i t L e i c h e n g i f t und litt in d e r F o l g e an c h r o n i s c h w i e d e r k e h r e n d e n N e r v e n s c h m e r z e n . E r k o n struierte v e r s c h i e d e n e p h y s i o l o g i s c h e I n s t r u m e n t e , u. a. d e n K a p i l l a r - E l e k t r o m o t o r und d a s H ä m o m e t e r , einen A p p a r a t z u m Z ä h l e n der roten B l u t k ö r p e r c h e n . In seinen F o r s c h u n g e n b e s c h ä f t i g t e sich F. v. M . mit F r a g e n der N e r v e n u n d M u s k e l p h y s i o l o g i e , der p h y s i o l o g i s c h e n O p t i k s o w i e mit rein p h y s i k a l i s c h - o p t i s c h e n P r o b l e m e n . E r v e r ö f f e n t l i c h te u. a. Die Bedeutung des Herzschlages für die Athmung (1887). DP N D B

Fleischl von M a r x o w , Ida, Kunstmäzenin, * 5.9.1824 München, | 5 . 6 . 1 8 9 9 Wien. F. v. M . s t a m m t e aus einer a n g e s e h e n e n , von P r a g nach München ausgewanderten jüdischen Familie. Durch die Heirat mit e i n e m G r o ß k a u f m a n n k a m sie n a c h W i e n , w o sie e n g e n K o n t a k t m i t Schriftstellern, W i s s e n s c h a f t l e r n und S c h a u s p i e l e r n pflegte. Z u ihrem e n g s t e n F r e u n d e s k r e i s zählten M a r i e von —> E b n e r - E s c h e n b a c h , Julie —> Rettich, A u g u ste von —»Littrow, I d u n a —» L a u b e und Betty —> Paoli, deren Letzte Gedichte sie m i t h e r a u s g a b . F. v. M . unterstützte notleidende K ü n s t l e r u n d Gelehrte. Sie b e s c h ä f t i g t e sich mit der indischen S p r a c h e und Literatur s o w i e mit p h i l o s o p h i s c h e n F r a g e n . F. v. M . w a r d i e M u t t e r von E r n s t —»F. v. M . F l e i s c h m a n n , Adolf Richard, Maler, Graphiker, * 1 8 . 3 . 1892 E s s l i n g e n / N e c k a r , f 28. 1 . 1 9 6 8 Stuttgart. F. studierte 1908-21 mit U n t e r b r e c h u n g d u r c h d i e T e i l n a h m e a m Ersten Weltkrieg in Stuttgart und M ü n c h e n bei A d o l f

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—>Holzel und Karl —»Caspar Malerei. Z u n ä c h s t in der Werb e b r a n c h e tätig, beteiligte er sich 1922 u n d 1928 an der A u s s t e l l u n g der N e u e n Sezession in M ü n c h e n . 1924-33 unt e r n a h m er m e h r e r e R e i s e n und hielt sich a b w e c h s e l n d in Berlin, H a m b u r g , P a r i s und A s c o n a (Kt. Tessin) auf. 1933 e m i g r i e r t e er nach S p a n i e n , später nach Italien, 1938 n a c h Paris, lebte 1940-45 im U n t e r g r u n d und beteiligte sich aktiv a m W i d e r s t a n d g e g e n die d e u t s c h e B e s a t z u n g s m a c h t . 1946 Schloß er sich der K ü n s t l e r g r u p p e Réalités N o u v e l l e s an u n d b e s c h i c k t e e i n i g e G r u p p e n a u s s t e l l u n g e n . 1948 f a n d in der G a l e r i e C r e u z e in Paris d i e erste S o n d e r a u s s t e l l u n g seiner W e r k e statt. 1952 ü b e r s i e d e l t e F. nach N e w York u n d w u r d e M i t g l i e d der A m e r i c a n Abstract Artists. M i t t e der s e c h z i g e r Jahre k e h r t e er nach D e u t s c h l a n d z u r ü c k . F. gilt als einer der b e d e u t e n d s t e n Vorläufer der O p - A r t ; seine B i l d e r enthalten k o n s t r u k t i v i s t i s c h e E l e m e n t e . Typisch f ü r s e i n e M a l e r e i sind g e o m e t r i s c h e F o r m e n , d i e in vertikale und h o r i z o n t a l e K o m p l e x e gegliedert sind. t u AKL F l e i s c h m a n n , Albert, Z o o l o g e , * 2 8 . 6 . 1 8 6 2 N ü r n b e r g , t 19.11.1942 Erlangen. F., S o h n eines Kunstanstaltsbesitzers und Vetter von Wilh e l m —»F., studierte seit 1880 an m e h r e r e n Universitäten N a t u r w i s s e n s c h a f t e n , i n s b e s o n d e r e Z o o l o g i e und vergleic h e n d e A n a t o m i e , u n d w u r d e 1885 in E r l a n g e n mit der Dissertation Die Bewegung des Fußes der Lamellibranchiaten p r o m o v i e r t . Er arbeitete als A s s i s t e n t a m E r l a n g e r Z o o l o g i s c h e n Institut und habilitierte sich 1887 mit der Arbeit Mittelblatt und Amnion der Katze. 1896 w u r d e F. a. o. Prof., 1898 o . P r o f . der Z o o l o g i e an der U n i v . E r l a n g e n , w o er bis zu seiner Versetzung in den R u h e s t a n d 1933 lehrte. Er b e s c h ä f t i g t e sich mit e m b r y o l o g i s c h e n U n t e r s u c h u n g e n und versuchte, u. a. d i e M o r p h o g e n e s e der K o p f r e g i o n und vers c h i e d e n e r Körperteile der Wirbeltiere d u r c h vergleichendanatomische, histologische und entwicklungsgeschichtliche Studien zu rekonstruieren. F. lehnte d e n D a r w i n i s m u s und d i e A b s t a m m u n g s l e h r e ab, d i e er f ü r u n v e r e i n b a r mit den e x a k t e n N a t u r w i s s e n s c h a f t e n hielt (Die Descendenztheorie, 1901). A u f sein B e t r e i b e n w u r d e 1907 in E r l a n g e n d i e staatliche B i e n e n z u c h t a n s t a l t g e g r ü n d e t . Z u seinen Veröffentlichungen g e h ö r e n f e r n e r Embryologische Untersuchungen (3 Tie., 1889-93), Die Darwinsche Theorie (1903), Der Entwicklungsgedanke in der gegenwärtigen Natur- und Geisteswissenschaft ( 1 9 2 2 ) und Einführung in die Tierkunde (1928). F. w a r d e r Vater von R u d o l f —» F. EP NDB F l e i s c h m a n n , (Johann) A n d r e a s , K u p f e r - , Stahl- und M e z z o t i n t o s t e c h e r , * 5. 1 1 . 1 8 1 1 N ü r n b e r g , t 7 . 6 . 1878 München. F., S o h n d e s G r a p h i k e r s Friedrich - > F . , b e s u c h t e d i e K u n s t schule in N ü r n b e r g u n d w a r S c h ü l e r von J o h a n n P h i l i p p —>Walther. 1 8 5 2 / 5 3 ging er nach M ü n c h e n und arbeitete f ü r F e r d i n a n d —> Piloty d . J . u n d Josef L ö h l e in der P i n a kothek, w o er S t i c h e n a c h B i l d e r n von C o r r e g g i o und Tintoretto anfertigte. F ü r das A l b u m und die S c h ö n h e i t s g a l e r i e K ö n i g —» L u d w i g s I. schuf er ebenfalls S t i c h e nach f r e m d e n Vorlagen. DP A K L F l e i s c h m a n n , B e n n o , österr. K u n s t h i s t o r i k e r , Schriftsteller, * 2 5 . 5 . 1 9 0 6 Wien, t 30. 1 1 . 1 9 4 8 W i e n . F. studierte an d e r U n i v . W i e n K u n s t g e s c h i c h t e , A r c h ä o l o g i e und historische H i l f s w i s s e n s c h a f t e n u n d w u r d e 1930 z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t . Er arbeitete als Volontär in der B i b l i o thek d e s Osterreichischen M u s e u m s f ü r K u n s t und Industrie. 1932-38 K u s t o s an der Albertina, w u r d e er 1938 entlassen und m u ß t e e m i g r i e r e n . N a c h seiner R ü c k k e h r 1945 trat er wieder in den Dienst der A l b e r t i n a . D a n e b e n w a r F. als T h e a t e r h i s t o r i k e r und Schriftsteller tätig. 1946 g r ü n d e t e er d i e T h e a t e r z e i t s c h r i f t „ K o m ö d i e " und war ihr C h e f r e d a k teur. F. v e r ö f f e n t l i c h t e W e r k e über D a u m i e r , G o y a und M a x —»Reinhardt und schrieb rund 2 5 D r a m e n .

Fleischmann F l e i s c h m a n n , Carl, M a l e r , * 11. 1 2 . 1 8 5 3 F l o ß (Oberpfalz), t 1 7 . 1 . 1935 N ü r n b e r g . F. studierte 1869-73 u . a . bei A u g u s t von —»Kreling, Friedrich —» W a n d e r e r und Karl —»Raupp an d e r K u n s t g e w e r b e s c h u l e in N ü r n b e r g , an der er seit 1873 als L e h r e r tätig war; 1920 w u r d e er Prof. f ü r figürliches Z e i c h n e n . F. m a l t e v o r allem L a n d s c h a f t e n ( M ö g e l d o r f mit dem Moritzberg, 1884) u n d Portraits (Johannes Scharrer, 1885). S e i n e W e r k e w u r d e n 1891 in N ü r n b e r g ( D a m e n b i l d n i s s e ) , 1897 auf der I n d u s t r i e - A u s s t e l l u n g in L e i p z i g ( L e s e n d e r Mönch) und i m M ü n c h n e r Glaspalast (Stilleben) ausgestellt. DP A K L F l e i s c h m a n n , Carlo, schweizer. Unternehmer, * 2 8 . 4 . 1 8 9 2 Z ü r i c h , t 2 4 . 8 . 1965. F. trat 1911 in d i e väterliche G e t r e i d e i m p o r t f i r m a ein. W ä h r e n d d e s Ersten Weltkriegs studierte er Jura an d e n Universitäten Z ü r i c h , G e n f und L e i p z i g und w u r d e mit einer Arbeit ü b e r Ausländische Konsulate in der Schweiz p r o m o v i e r t . 1924 w u r d e er in den Vorstand der G e t r e i d e b ö r s e g e w ä h l t und amtierte 1930-57 als d e r e n Präsident. 1932-59 war er als G r ü n d u n g s - und Vorstandsmitglied f ü r d i e Vereinigung S c h w e i z e r i s c h e r G e t r e i d e - G r o ß i m p o r t e u r e tätig. F. g e h ö r t e d e m Verwaltungsrat m e h r e r e r s c h w e i z e r . Versicherungs- und B a n k u n t e r n e h m e n an. In der N a c h f o l g e seines Vaters n a h m er als G e n e r a l k o n s u l d i e d i p l o m a t i s c h e Vertretung R u m ä niens in der S c h w e i z w a h r .

Fleischmann,

( J o s e p h ) Friedrich ( A n t o n ) , K o m p o n i s t , * 19.7. 1766 M a r k t h e i d e n f e l d / M a i n ( U n t e r f r a n k e n ) , t 3 0 . 1 1 . 1798 M e i n i n g e n . F., S o h n eines S c h u l m e i s t e r s und A m a t e u r k o m p o n i s t e n , erhielt nach f r ü h e m Klavierunterricht seine weitere m u s i k a l i sche A u s b i l d u n g 1773-76 in d e n K l ö s t e r n T r i e f e n s t e i n u n d N e u s t a d t / M a i n . 1776-82 b e s u c h t e er d a s G y m n a s i u m in M a n n h e i m , b e g a n n d a n n das S t u d i u m an der U n i v . W ü r z burg, w o er 1783 d i e p h i l o s o p h i s c h e D o k t o r w ü r d e e r w a r b , und studierte a n s c h l i e ß e n d R e c h t s w i s s e n s c h a f t e n . 1 7 8 6 / 8 7 w a r er Privatsekretär und H o f m e i s t e r bei d e m T h u m - u n d T a x i s c h e n R e g i e r u n g s p r ä s i d e n t e n von Weiden, seit 1789 Kabinettssekretär bei H e r z o g G e o r g I. von S a c h s e n - M e i n i n g e n . Seit 1794 ließ F. s e i n e K o m p o s i t i o n e n bei J o h a n n —> A n d r é in O f f e n b a c h verlegen, zu d e m er f r e u n d s c h a f t l i c h e K o n takte unterhielt. E r k o m p o n i e r t e Lieder, S i n g s p i e l e ( u . a . Die Geisterinsel, 1 7 9 5 / 9 6 ) , O r c h e s t e r w e r k e , d a r u n t e r d i e beiden 1800 und 1807 edierten S i n f o n i e n op. 5 und op. 6, s o w i e Kammermusik. m MGG

Fleischmann,

G o t t f r i e d , A n a t o m , * 2 3 . 2 . 1777 E r l a n g e n , t 2 2 . 8 . 1 8 5 0 Erlangen. F. Schloß d a s S t u d i u m der M e d i z i n in Erlangen 1800 mit d e r Dissertation Historia pestis bovillae (dt. Geschichte der Rindviehpest, 1801) a b und ließ sich als Arzt nieder. 1804 w u r d e er Vizeprosektor, d a n n P r o s e k t o r in der A n a t m o m i e in Erlangen. N a c h der Habilitation 1810 (De vitiis congenitis circa thoracem et abdomen) w u r d e F. Privatdozent, 1818 a. o., und 1824 o . P r o f . und erhielt den L e h r s t u h l f ü r A n a t o m i e . Seit 1820 war F. M i t g l i e d der D e u t s c h e n A k a d e m i e der N a t u r f o r s c h e r L e o p o l d i n a . E r v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Anleitung zur forensischen und polizeilichen Untersuchung der Menschenund Thierleichname (1811), Anweisung zur Zergliederung der Muskeln des Menschenkörpers (1811), Leichenöffnungen (1815) und Geschichtlicher Uberblick der Königl. anatomischen Anstalt zu Erlangen, von Errichtung der Universität bis auf gegenwärtige, 11. Febr. 1830 ( 1830). F l e i s c h m a n n , J o h a n n M i c h a e l , S c h r i f t g i e ß e r , * 1701 W ö h r d (heute zu N ü r n b e r g ) , t 1 7 . 5 . 1 7 6 8 A m s t e r d a m . D e r v e r m u t l i c h a u s einer N ü r n b e r g e r K ü n s t l e r f a m i l i e s t a m m e n d e F. ging 1723-27 bei C. H a r t w i g in N ü r n b e r g als S c h r i f t g i e ß e r in die Lehre. N a c h e i n e m k u r z e n A u f e n t h a l t in F r a n k f u r t / M a i n k a m er 1728 in d i e N i e d e r l a n d e , w o er sich z u n ä c h s t in D e n H a a g , 1732 in A m s t e r d a m niederließ. Seit d e m s e l b e n J a h r schnitt er T y p e n f ü r d i e S c h r i f t g i e ß e r e i der A m s t e r d a m e r B u c h h ä n d l e r f a m i l i e Wetstein und betrieb d a n e b e n z e i t w e i s e e i n e e i g e n e F i r m a . Seit 1743 arbeitete er f ü r d i e Druckerei des J o h a n n e s E n s c h e d é in H a a r l e m , mit d e m ihn ein f r e u n d s c h a f t l i c h e s Verhältnis v e r b a n d . F. schuf s o w o h l A n t i q u a t y p e n als a u c h g o t i s c h e Lettern; er entwarf d i e „ E n s c h e d é - S c h r i f t " , d i e d i e T y p e n e n t w i c k l u n g in E n g l a n d u n d H o l l a n d stark b e e i n f l u ß t e ( D T L F l e i s c h m a n n ) . S e i n e S c h r i f t t y p e n erschienen in d e m Werk Épreuve de caractères qui se fondent dans la nouvelle fonderie de lettres de J. Enschedé, à Haarlem (1768). DD A K L F l e i s c h m a n n , Karl, österr. G y n ä k o l o g e , * 3 0 . 3 . 1859 B u k o w a ( B ö h m e n ) , t n. e. F. studierte an d e r P r a g e r D e u t s c h e n U n i v . M e d i z i n und w u r d e 1882 p r o m o v i e r t . Er w a r vier Jahre A s s i s t e n t A u g u s t —> B r e i s k y s an der P r a g e r U n i v e r s i t ä t s - F r a u e n k l i n i k und ließ sich 1887 als F a c h a r z t f ü r G e b u r t s h i l f e und G y n ä k o l o g i e in W i e n nieder. 1902 k a m er als Primararzt an d i e G y n ä k o l o g i s c h e A b t e i l u n g d e s W i e n e r R o t h s c h i l d - S p i t a l s , das er 1910-24 leitete. F., der als J u d e 1938 n a c h L o n d o n e m i grierte, v e r ö f f e n t l i c h t e zahlreiche A u f s ä t z e auf d e m Gebiet der G y n ä k o l o g i e und G e b u r t s h i l f e .

Fleischmann, Leo, österr. Zahnmediziner, * 2.3. 1871 F l e i s c h m a n n , Friedrich, G r a p h i k e r , M a l e r , * 2 3 . 3 . 1791 Nürnberg, t 9 . 1 1 . 1 8 3 4 München. F. b e s u c h t e d i e P r e i ß l e r s c h e Z e i c h e n s c h u l e in N ü r n b e r g u n d erhielt Unterricht bei A m b r o s i u s —»Gabler. E i n e n S c h w e r p u n k t seiner A r b e i t e n bildete d i e D a r s t e l l u n g von zeitgeschichtlichen Ereignissen und Persönlichkeiten. H a u p t a u f t r a g g e b e r w a r d i e C a m p e ' s c h e K u n s t h a n d l u n g in N ü r n b e r g , f ü r die er a n f a n g s L i t h o g r a p h i e n , später vor a l l e m R a d i e r u n g e n und, als erster K ü n s t l e r in N ü r n b e r g in g r ö ß e r e m U m f a n g , Stahlstiche anfertigte. A n r e g u n g hierzu erhielt er durch e n g l i s c h e Vorbilder, d i e er 1814 bei einer R e i s e zus a m m e n mit Friedrich —» C a m p e an den R h e i n , n a c h H o l l a n d und E n g l a n d k e n n e n l e r n t e . Z u F.s g r a p h i s c h e m Werk, das in seiner G e s a m t h e i t e t w a 2 0 0 0 Blätter u m f a ß t , g e h ö r e n f e r n e r Vignetten, A l m a n a c h b i l d e r , Buchillustrationen u n d R e p r o d u k t i o n e n nach älteren und z e i t g e n ö s s i s c h e n K ü n s t l e r n . F. m a l t e auch in Öl, Aquarell und Pastell und stellte M i n i a t u r bilder, Glas- u n d T r a n s p a r e n t g e m ä l d e her. 1831 verlegte er seinen W o h n s i t z nach M ü n c h e n . E r war der Vater von A n dreas —»F. DP A K L

M ä h r i s c h - A u s s e e (heute Ú s o v ) , t 1 - 3 . 1 . 1 9 3 2 W i e n . F. studierte in P r a g und W i e n M e d i z i n . N a c h der P r o m o tion 1894 arbeitete er drei J a h r e in e i n e m B r ü n n e r K r a n k e n haus, b e g a n n a n s c h l i e ß e n d e i n e F a c h a r z t a u s b i l d u n g a m W i e ner Z a h n ä r z t l i c h e n Universitätsinstitut bei Julius —»Scheff von H o h e n t r a u n und e r ö f f n e t e in W i e n e i n e Praxis. 1908 habilitierte er sich an der U n i v . W i e n f ü r Z a h n h e i l k u n d e und w u r d e 1915 a . o . P r o f e s s o r . F. e r f o r s c h t e u . a . d e n histologischen A u f b a u des Z a h n b e i n s , die P a t h o g e n e s e d e r Z a h n karies und d i e A l v e o l a r p y o r r h ö e ; rachitische Z ä h n e f ü h r t e er auf S t o f f w e c h s e l e r k r a n k u n g e n zurück.

Fleischmann,

( M i c h a e l ) M a x , Jurist, * 5 . 1 0 . 1872 B r e s l a u , t 1 4 . 1 . 1 9 4 3 Berlin. F., S o h n eines K a u f m a n n s , studierte 1891-94 in Breslau R e c h t s - und S t a a t s w i s s e n s c h a f t e n s o w i e G e s c h i c h t e . N a c h d e r P r o m o t i o n 1896 trat er in d e n Justizdienst in H a l l e ein und habilitierte sich 1902 an der dortigen Universität. 1910 erhielt F. einen L e h r a u f t r a g f ü r Kolonialrecht, den ersten an einer preuß. Univ., und w u r d e 1911 a. o . P r o f . des Staats- und V ö l k e r r e c h t s an d e r U n i v . K ö n i g s b e r g , 1919 o . P r o f e s s o r .

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Fleischmann 1921 folgte er einem Ruf an die Univ. Halle, gründete das Institut für Zeitungswesen und war 1 9 2 5 / 2 6 Rektor der Universität. F.s besonderes Interesse galt dem Staats-, Kolonialund Völkerrecht (Völkerrechtsquellen, 1905; Deutsches Verfassungserbgut von Reich zu Reich, 1928). Er vertrat Preußen und Deutschland mehrmals in nationalen und internationalen Rechtsstreitigkeiten, u . a . 1 9 1 9 / 2 0 bei den Vermögensauseinandersetzungen zwischen Preußen und Hohenzollern sowie 1930 bei der Haager Konferenz für die Kodifikation des Völkerrechts. 1935 wurde F. die Lehrbefugnis entzogen und zwangsweise in den Ruhestand versetzt. DO N D B F l e i s c h m a n n , M a x (Julius Leo), Kommunalbeamter, * 16.1. 1877 Spaniershammer (Kr. Schleiz), t 12.5. 1935 Greifswald. Der Sohn eines R e u ß ' s e h e n Guts- und Mühlenbesitzers studierte seit 1899 in Freiburg (Burschenschaft Teutonia), Berlin und Jena Rechts- und Volkswirtschaft. Nach dem Assessorexamen 1906 war er Hilfsrichter, seit 1908 Ratsassessor in Gera. 1912 wurde er in Greifswald zum 2. Bürgermeister, 1917 zum 1. Bürgermeister gewählt. Der den Nationalliberalen, nach 1918 der Deutschen Volkspartei nahestehende F. förderte insbesondere die Univ. Greifswald, die ihn dafür zum Ehrensenator ernannte. F l e i s c h m a n n , Max, Pseud. Dr. Karl Thomas, Jurist, Verleger, * 13.6. 1884 München, t 4 . 4 . 1960 Salzburg. F. studierte in München und Berlin, wurde 1906 in Erlangen zum Dr. phil., 1908 zum Dr. jur. promoviert und trat 1910 in den Dienst eines Handelsunternehmens. F. entfaltete eine rege schriftstellerische Tätigkeit insbesondere auf sozial- und wirtschaftspolitischem Gebiet. 1908 verfaßte er eine Petition an den Reichstag zur Verbesserung der Unehelichenfürsorge. 1910 begründete er durch eine Schrift das Luftversicherungsrecht. F. war Mitarbeiter zahlreicher Fachzeitschriften, Chefredakteur und Verleger der „Zeitschau" sowie Herausgeber der „Artemis"-Hefte. Er arbeitete als Kunstreferent f ü r die Deutsche Telegraphen-Information, deren Leitung er 1925 übernahm. 0 3 Reichshandbuch F l e i s c h m a n n , Paul, Gewerkschafter, Politiker, * 2 3 . 9 . 1889 Freiberg, t 7 . 6 . 1965. F. absolvierte eine handwerkliche Lehre und besuchte die Humboldt-Akademie sowie die Wirtschaftshochschule in Berlin. Seit 1907 Sozialdemokrat, wurde er 1921 Angestellter des Deutschen Gewerkschaftsbundes, 1925 Stadtverordneter von N o w a w e s und 1928 Direktor des dortigen Arbeitsamtes. 1933 war er vorübergehend in „Schutzhaft". Nach Kriegsende wurde F. leitender Magistrats-Direktor in Berlin, 1949 Stadtrat, 1951 Senator für Arbeit und 1953 Präsident des Landesarbeitsamtes. F l e i s c h m a n n , Rudolf, Physiker, * 1.5. 1903 Erlangen, t 3 . 2 . 2 0 0 2 Erlangen. Der Sohn des Zoologen Albert —»F. studierte 1922-27 an der Univ. Erlangen Mathematik und Physik und wurde 1929 bei Bernhard —» Gudden mit einer Arbeit aus d e m Bereich der Festkörperphysik (Photoeffekt in Halbleitern) promoviert. Als Assistent bei Robert —» Pohl in Göttingen setzte er seine optischen Untersuchungen fester Körper fort und wechselte 1932 zu Walter —»Bothe an das Physikalisch-Radiologische Institut der Univ. Heidelberg. 1941 folgte F. einen Ruf als a. o. Professor an die Reichsuniv. Straßburg, wo er einen Teilchenbeschleuniger einrichtete und zu Isotopen forschte. F. gehörte dem deutschen Uranverein an, wurde von der amerikanischen Alsos-Mission interniert und in die U S A gebracht. Nach seiner Rückkehr nahm er 1947 einen Ruf an die Univ. Hamburg an (Lehrstuhl f ü r Experimentalphysik) und arbeitete 1953-69 an der Univ. Erlangen, die er zu einem Zentrum kernphysikalischer Forschung machte. Er veröffentlichte u. a. das Lehrbuch Einführung in die Physik (1973,

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1980). F. war einer der Pioniere der deutschen Kernphysik und Mitunterzeichner des „Göttinger M a n i f e s t s " gegen atomare B e w a f f n u n g der Bundesrepublik. DP Jb B A W 2 0 0 2

F l e i s c h m a n n , Trude (Gertrude), Photographin, * 2 2 . 1 2 . 1 8 9 5 Wien, t 21. I. 1990 Brewster (New York, USA). Die Tochter eines K a u f m a n n s besuchte nach einem abgebrochenen Studium der Kunstgeschichte in Paris 1916-19 die Lehr- und Versuchsanstalt für Photographie in Wien und eröffnete 1920 ein eigenes Photostudio. F., die seit 1919 Mitglied der Photographischen Gesellschaft in Wien war, spezialisierte sich auf Porträts von Künstlern, Schriftstellern und Intellektuellen, darunter M a x —»Reinhardt, Oskar —»Kokoschka, Wilhelm —»Furtwängler und Stefan —»Zweig. Beeinflußt von Grete —» Wiesenthals „Wiener Tanzform", schuf F. außerdem Theater- und Tanzphotographien. 1938 über Paris und London nach N e w York emigriert, eröffnete F. 1940 ein Photoatelier für Mode- und Porträtaufnahmen und wandte sich Photographien N e w Yorker Wolkenkratzer und Straßenschluchten aus ungewöhnlichen Perspektiven zu. 1969 ließ sie sich in der Schweiz nieder. Cd A K L F l e i s c h m a n n , (Gustav Friedrich) Wilhelm, Agrarwissenschaftler, * 3 1 . 1 2 . 1 8 3 7 Erlangen, t 1 3 . 1 . 1 9 2 0 Göttingen. Nach dem Studium der Mathematik und Physik in Würzburg, Erlangen und München und der Promotion 1861 an der Univ. Tübingen arbeitete F., Sohn eines Medizinalrats und Vetter von Albert —» F., zwei Jahre in München im Labor Justus von —» Liebigs, der sein Interesse f ü r die Landwirtschaft und A g r o c h e m i e weckte. 1864-76 lehrte er an verschiedenen Gewerbeschulen in Bayern, widmete sich milchwissenschaftlichen Forschungen und wurde 1876 Leiter des ersten deutschen Milchwirtschaftlichen Instituts in Raden (Mecklenburg). Seit 1886 o . P r o f . der Landwirtschaft an der Univ. Königsberg, gründete er ein Laboratorium für C h e m i e und Bakteriologie der Milch. 1896 wurde er zum Ordinarius an die Univ. Göttingen berufen. F., der als Begründer der Milchwissenschaft gilt, leistete Beiträge zur Erforschung der Zusammensetzung der Milch sowie der Vorgänge, die sich bei ihrer Verwertung und Bearbeitung abspielen. Von ihm stammt die Formel zur Berechnung der Trockenmasse der Milch aus ihrem spezifischen Gewicht und dem Fettgehalt. Neben seinem Hauptwerk, einem Lehrbuch der Milchwirtschaft (1893, 7 1932), das in mehrere Sprachen übersetzt wurde, veröffentlichte F. u . a . Die specifische Wärme der Milch und über die Volumenveränderung, welche die Milch beim Abkühlen bis auf 0 Grad erleidet (1874), Das Molkereiwesen ( 1875) und Altgermanische und altrömische Agrarverhältnisse in Beziehungen und Gegensätzen (1906). CD B ö h m F l e i ß e r , Marieluise, verh. Marie-Luise Haindl, Schriftstellerin, * 2 3 . 1 1 . 1 9 0 1 Ingolstadt, t 1 . 2 . 1 9 7 4 Ingolstadt. Die Tochter eines Geschmeidemachers und Eisenwarenhändlers studierte in München Germanistik und Theaterwissenschaft. Sie lernte über Lion —»Feuchtwanger Bertolt —»Brecht kennen, von d e m sie wesentlich beeinflußt und gefördert wurde; 1926 folgte sie ihm nach Berlin. Im selben Jahr wurde ihr erstes Schauspiel Fegefeuer in Ingolstadt aufgeführt. Die Uraufführung ihres zweiten Stücks Pioniere in Ingolstadt (1928) endete mit einem von Brecht provozierten Theaterskandal. In den folgenden Jahren entstand eine Reihe von Erzähldichtungen, u. a. F.s einziger R o m a n Mehlreisende Frieda Geier ( 1931 ). 1932 kehrte F. nach Ingolstadt zurück. Ihre Bücher wurden nach der nationalsozialistischen Machtergreifung verbrannt, F. selbst erhielt 1935 Publikationsverbot. Im selben Jahr heiratete sie ihren Jugendfreund Josef Haindl und arbeitete in der Folgezeit als Verkäuferin.

Fleming Während des Zweiten Weltkriegs mußte sie Zwangsarbeit in einer Munitionsfabrik leisten. Nach Kriegsende wurden F. mehrere Preise verliehen, u.a. 1953 der Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Ihre eigentliche Wiederentdeckung begann Ende der sechziger Jahre im Zuge der Renaissance des kritischen Volkstheaters. In ihren Werken setzte sich F., ausgehend von eigenen Erfahrungen, mit der Enge und Intoleranz kleinbürgerlich-provinziellen Lebens, mit dem Verhältnis von Mann und Frau in einer patriarchalischen Gesellschaft sowie mit der Tabuisierung von Erotik und Sexualität im kath. bestimmten Milieu auseinander. F., die ihre Darstellungsweise selbst als kritischen Realismus bezeichnete, bediente sich einer sparsamen, von der bayerischen Diktion beeinflußten Sprache. Für Rainer Werner —» Fassbinder, Franz Xaver Kroetz und Martin —» Sperr war F. mit ihren Dramen Vorbild. Der 1995 erschienene Erzählungsband Die List (hrsg. von Bernhard Echte) enhtält Arbeiten F.s aus den Jahren 1925-27, die großteils in Zeitungen erschienen, aber nicht in die Gesammelten Werke (4 Bde., 1972-89) aufgenommen worden waren. DD KLG Fleißner, Hans, österr. Chemiker, * 28. 8.1881 Zwodau bei Falkenau/Eger (Böhmen), t 15.6.1929 Karlsbad. Nach dem Studium an der Deutschen TH in Prag war F. Assistent an der Bergakademie Pribram. 1917 habilitierte er sich mit einer Arbeit über Eisenhochofenschlacken, richtete die bergtechnische Versuchsanstalt in Brüx ein und leitete sie einige Zeit. 1920 wurde F. a. o. Prof. der angewandten und der analytischen Chemie (besonders Gasanalyse) an der Montanistischen Hochschule Leoben, 1922 o.Prof. der physikalischen Chemie und chemischen Technologie. In zahlreichen Arbeiten untersuchte F. die Grubengase und ihr Explosionsverhalten. Er erfand eine tönende Grubenlampe zur Anzeige von schlagenden Wettern und zusammen mit Anton ->Apold ein neues Verfahren zur Röstung von Spateisenstein. Volkswirtschaftlich bedeutsam für das steinkohlenarme Österreich war das von F. entwickelte Kohlentrocknungsverfahren, durch das die steirische Braunkohle zu einem für die Stahlerzeugung geeigneten Heizstoff veredelt wurde. DO NDB Fleitmann, (Franz Friedrich) Theodor, Industrieller, Chemiker, * 20.6.1828 Schwerte/Ruhr, t 25. 10.1904 Iserlohn. F., Sohn eines Kaufmanns, studierte an der Univ. Gießen unter Justus von Liebig Chemie und wurde 1849 promoviert (Ueber die verschiedenen Modifikationen der Metaphospliorsäure). Nach einer kurzen Tätigkeit als Assistent Liebigs trat er 1851 als Betriebsleiter in eine Iserlohner Nickelfabrik ein, übernahm sie 1861 und baute 1869 in Schwerte ein neues Nickelwerk. F.s Firma entwickelte sich zu einem der bedeutendsten Unternehmen der Leichtmetallindustrie in Deutschland, das er 1902 mit drei schlesischen Nickelwerken zur Vereinigten Deutschen Nickelwerke AG vereinigte. F. gilt als der Begründer der deutschen Nickelindustrie. Er entwickelte ein Verfahren zur Erzeugung reinsten Rohnickels. Es gelang ihm, Nickel zu dünnem Blech zu walzen, zu feinem Draht zu ziehen und ihn mit Stahl zu verschmelzen. Durch diese Neuerungen schuf F. die Voraussetzung für eine vielseitigere Verwendung dieses Metalls, zum Beispiel zur Herstellung von Geschoßmänteln, Münzen, Koch- und Tafelgeschirr sowie von Laborgeräten. m Rhein-Westf Wirt, Bd 8 Fiemes, Christian, Schriftsteller, * 10.2.1847 Volksen (Kr. Springe/Deister), t 25.4.1926 Hameln/Weser. F., Sohn eines Leinewebers und Küsters, durchlief eine Buchbinderlehre und arbeitete bis 1908 in Hannover bei zwei Buchbindereien. Erst spät schriftstellerisch tätig, schrieb er Erzählungen und Gedichte in plattdeutscher Mundart. Seine

lyrischen Werke, vor allem Natur-, Liebes- und Kindergedichte, lehnen sich zum Teil an Fritz —>Reuter an. F.' Erzählungen (u.a. Hans Pick un sin Heimatdorf, 1917), tragen häufig autobiographische Züge und spielen im dörflichen Milieu Kahlenbergs. Sein Plattdeutsch gibt die kahlenbergische Mundart wieder, ist allerdings im Stil der hochdeutschen Schriftsprache stark angenähert. F.' Bedeutung liegt hauptsächlich in der Bewahrung des Sprachgutes Kahlenbergs, um das er sich auch als Sammler verdient gemacht hat. • • Leb Nieders, Bd 1 Fleming, Paul, Dichter, * 5.10. 1609 Hartenstein/Erzgebirge, t 2.4. 1640 Hamburg. Aus einem protestantischenPfarrhaus stammend, besuchte F. die Lateinschule in Mittweida und seit 1622 die Thomasschule in Leipzig, wo der für die Entwicklung des Gesellschaftslieds und als Kirchenmusiker bedeutsame Thomaskantor Johann Hermann —> Schein sein Lehrer war. 1628 begann F. an der Leipziger Univ. ein Medizinstudium; seit 1630 erschienen Gelegenheitsdichtungen in lateinischer und deutscher Sprache auf Anlässe, die das Universitätsleben und die Bekanntschaft mit Bürgerfamilien boten. Im Verfassen von Oden - liedhaften Gedichten - sah der Poet das Spezifische seiner Begabung; daneben schrieb er Sonette, Epigramme und umfangreichere Alexandrinergedichte. Für ihn waren die Reformbestrebungen Martin —> Opitz' maßgebend. Früh machte er sich das Arsenal petrarkistischer Liebesdichtung zu eigen (Rubella seit Suaviorum liber, 1631). Unter dem Einfluß des Volks- und Gesellschaftslieds entstanden heiter-gelöste Liebes- und Freundschaftsgedichte, in denen die Treuethematik eine bemerkenswerte Rolle spielte. Zunehmend setzte sich F. mit den Greueln des Dreißigjährigen Kriegs auseinander (Promus miscellaneorum epigrammatum et odarum, 1631). In der Neu-Jahrs-Ode 1633 verbanden sich Bilanz des Schreckens, Mahnung und tiefe Friedenssehnsucht. Im Sommer 1633 entschied sich F. auf Anraten seines Lehrers Adam —»Olearius, an einer holsteinischen Gesandtschaftsreise zur Erkundung des Landwegs durch Rußland nach Persien teilzunehmen. Während der langwierigen und gefahrvollen Expedition entstand in sechs Jahren eine poetische „Reisechronik", in der sich Heimatliebe und Weltoffenheit verbanden und ein für die deutsche Literatur weitgehend neuer Themenbereich - Lebensweise und Kultur der Völker des Ostens, ihre Städte, Flüsse, Berge, Landschaften - erschlossen wurde. Die Eindrücke der Reise waren Anlaß für Reflexionen über Krieg und Frieden (In gross Neugart der Reussen), das Verhältnis zu Gott (Nach des vj. Psalmens Weise) und die Möglichkeiten der Menschen, ihr Schicksal zu meistern (Laß dich nur nichts nicht tauren), wobei christliches und stoizistisches Gedankengut eine oft eigenwillige Synthese eingingen (An Sich). 1635 lernte er in Reval (heute Tallinn) die drei Töchter der Kaufmannsfamilie Niehusen kennen. In seinen Gedichten an Elsabe Niehusen (Ein getreues Hertze wissen) betonte er den Wert der Treue für menschliche Selbstbehauptung. In den letzten Monaten der Reise entstanden umfangreiche Alexandrinergedichte, in denen er eine Bilanz des Unternehmens - Vorstufe einer nicht mehr zustande gekommenen Reisebeschreibung - und des eigenen dichterischen Wirkens - Dichtung als Quintessenz seines Wesens - zog. Nach Reval zurückgekehrt, verlobte sich F. im Juli 1636 mit Anna Niehusen, der jüngeren Schwester Elsabes. Anschließend reiste er nach Leiden, wo er im Januar 1640 mit

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Flemmer einer Dissertation De lue venerea promoviert wurde. Auf der Rückreise erkrankte er schwer und starb in Hamburg, wo er in der Katharinenkirche beigesetzt wurde. In seinem letzten Sonett, drei Tage vor dem Tod entstanden, verwies er selbstbewußt auf seinen Beitrag zur Herausbildung einer deutschsprachigen Kunstpoesie. F.s Dichtungen sind niemals ganz in Vergessenheit geraten; seit den begeisterten Reaktionen romantischer Poeten (August Wilhelm und Friedrich -» Schlegel, Wilhelm —» Müller, Gustav —> Schwab) haben sein Leben und sein Werk ein anhaltendes Interesse gefunden. W E I T E R E W E R K E : Lateinische Gedichte. Hrsg. v. Johann Martin Lappenberg. Stuttgart 1863. Nachdr. Amsterdam 1969. - Deutsche Gedichte. Hrsg. v. Johann Martin Lappenberg. 2 Bde., Stuttgart 1865. Nachdr. Darmstadt 1965. Deutsche Gedichte (Auswahl). Hrsg. v. Volker Meid. Stuttgart 1986. L I T E R A T U R : Hans Pyritz: P. F.s Liebeslyrik. Zur Geschichte des Petrarkismus. Leipzig 1932. Göttingen 2 1963. - Liselotte Beck-Supersaxo: Die Sonette P. F.s. Chronologie und Entwicklung. Diss. Zürich 1956. - Eva Dürrenfeld: P. F. und Johann Christian Günther. Motive, Themen, Formen. Diss. Tübingen 1 9 6 4 - Dietmar Schubert: „Man wird mich nennen hören . . . " Zum poetischen Vermächtnis P. F.s. In: Weimarer Beiträge 30 (1984). - P. F. Werk und Wirkung. (Beiträge des Hartensteiner Kolloquiums 1984.) Forschungsinformation. Zwickau 1986. - Klaus Garber: P. F. in Riga. Die wiederentdeckten Gedichte aus der Sammlung Gadebusch. In: Da eine Nation die ander verstehen möge. Festschrift Marian Szyrocki. Amsterdam 1988. - Heinz Entner: P. F. Ein deutscher Dichter im Dreißigjährigen Krieg. Leipzig 1989. - Marian Sperberg-McQueen: The German Poetry of P. F. Studies in Genre and History. Chapel Hill/London 1990. - Maria Cäcilie Pohl: P. F. Ich-Darstellung, Übersetzungen, Reisegedichte. Münster/Hamburg 1993. - Detlef Haberland: P. F. - Reise, Rhetorik und poetische ratio. In; Sandra Kersten/Manfred Frank Schenke (Hrsg.): Spiegelungen. Entwürfe zu Identität und Alterität. Festschrift für Elke Mehnert. Berlin 2005, S. 413-431. - Dietmar Schubert: „Zeuch in die Mitternacht/in das entlegne Land" Rußlandbilder in den Gedichten P. F.s und in der Reisebeschreibung des Adam Olearius. In: Ebd., S. 433-452. Dietmar Schubert F l e m m e r , Christian, Schriftsteller, Übersetzer, * um 1640 Kassel, f nicht vor 1697. F. studierte in Helmstedt und wurde Sekretär des Herzogs —> Anton Ulrich von Braunschweig-Lüneburg. Dessen Stiefmutter —> Sophie Elisabeth von Braunschweig widmete er die Gedichtsammlung Rosen (1667). Später folgten die Bände Teutsche geistlich Elegien ( 1679) und Ternsche geistliche Lieder und Gesänge (1680). F. verfaßte außerdem Gelegenheitsgedichte und kleine Schauspiele für den Wolfenbüttler Hof und übersetzte Werke des englischen Erbauungsschriftstellers Joseph Hall. 1681 wurde F. als Fidemor Liebstöckel in den Pegnesischen Blumenorden aufgenommen. CD Killy F l e m m i n g , Adolf, Bankier, * 2.9. 1852 Hamburg, t 6.4. 1939 Magdeburg. F. ging nach dem Besuch der Schule in Hamburg nach England und Südamerika. Wieder in Deutschland, war er 1886-1928 Mitinhaber des F. A. Neubauer, Bank- und Zuckergeschäfts in Magdeburg. 1928 gründete er in Magdeburg das Bankhaus Flemming & Co., das er als persönlich haftender Gesellschafter leitete. F. war Kommanditist der Magdeburger Niederlassung der Dresdner Bank und Mitglied des Bezirksausschusses Magdeburg der Reichsbank. Er gehörte den Aufsichtsräten mehrerer Unternehmen des Bank- und Versicherungsgewerbes an. F. war Mitglied der

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Industrie- und Handelskammer Magdeburg sowie stellvertretendes Mitglied des Börsenausschusses beim Reichswirtschaftsministerium in Berlin. e n MBL F l e m m i n g , Carl, Verleger, * 10.11.1806 Gröbers bei Leipzig, t 1.11.1878 Glogau (Schlesien). F., der nach seiner Leipziger Buchhändlerlehre in Glogau, Torgau und München als Buchhändler tätig war, übernahm 1833 die 1790 gegründete Neue Güntersche Buchhandlung, Druckerei und Verlag in Glogau. Zunächst gestaltete er den hier erscheinenden „Niederschlesischen Anzeiger" in seiner äußeren Form attraktiver und ließ ihn seit 1868 täglich erscheinen, nachdem er zuvor zwei-, dann dreimal wöchentlich verbreitet worden war. Bedeutsam wurde für den Verlag der Druck von Karten und Atlanten. 1839 wurde der erste Volksschulatlas veröffentlicht, der weite Verbreitung fand. Zahlreiche sonstige Atlanten folgten, darunter der geschichtliche Schulatlas von Rhode und der Atlas für höhere Schulen von Richter. 1843 erschien der von K. Sohr bearbeitete Handatlas der neueren Erdbeschreibung, seit der von Heinrich —> Berghaus verbesserten 5. Auflage als „Sohr-Berghaus". Das daneben bedeutendste Kartenwerk des Verlags Flemming war die 200000teilige topographische Spezialkarte von Deutschland, die auf Veranlassung —> Friedrich Wilhelms III. erarbeitet worden war. 1875 ging der Kartenverlag F.s durch Kauf in den Besitz des Großen Generalstabs über. Seit 1854 erschienen bei Flemming auch Jugendzeitschriften. Zu den größeren Unternehmungen des Verlags zählen das vierbändige Werk Die Hohenzollern und das Reich von Fedor Koppen und Silesia oder Schlesien in historischer, romantischer und malerischer Beziehung (Bd. 1: 1841 ; 3 Bde., 1885-89). Seit den sechziger Jahren des 19. Jh. erschienen bei Flemming Sonderkarten zu den jeweiligen Kriegsschauplätzen. e n Leb Schlesien, Bd 1 F l e m m i n g , Carl Friedrich, Psychiater, * 27. 12.1799 Jüterbog (Brandenburg), f 27. 1. 1880 Wiesbaden. Der Sohn eines Arztes und Apothekers erlernte im elterlichen Hause das Apothekerhandwerk und studierte Medizin in Berlin, wo er 1821 promoviert wurde (De noctis circa morbus efficacia). Nach einjähriger Tätigkeit als Assistenzarzt an der Irrenheilanstalt auf dem Sonnenstein bei Pirna ging er 1825 als Irrenarzt nach Schwerin und wurde 1830 leitender Arzt der neueröffneten Anstalt in Sachsenberg (Die Irrenanstalt Sachsenberg bei Schwerin, 1833, 2 1851 ). Seit 1831 Obermedizinalrat, seit 1846 Geheimer Medizinalrat, trat er 1854 in den Ruhestand. F. gilt als Wegbereiter der Psychiatrie als exakter Forschungsdisziplin auf naturwissenschaftlich-medizinischer Grundlage unter gleichzeitiger Beachtung sozialer Aspekte. Überzeugt, daß Geisteskrankheiten auf organische Störungen zurückzuführen sind, verfolgte er konsequent somatische Therapiemethoden (Pathologie und Therapie der Psychosen, 1859). Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Beiträge zur Philosophie der Seele ( 1830) und Ueber Geistesstörungen und Geisteskranke (1872). F. gab eine Reihe von psychiatrischen und gerichtspsychologischen Fachzeitschriften heraus und war Mitbegründer sowie langjähriger Präsident des Vereins deutscher Irrenärzte. Der Irrengesetzgebung und der Gerichtsmedizin verlieh er als Sachverständiger wesentliche Impulse. F. war der Vater von Walther —»F. CD Deutsche Irr, Bd 1 F l e m m i n g , Ernst, Bergmann, Beamter, * 26.8. 1870 Köln, t 26. 1. 1955 Recklinghausen. F. arbeitete ein Jahr im Bergbau, studierte in Jena, Heidelberg und Berlin, trat 1895 in den Dienst der staatlichen Montanverwaltung ein und wurde 1899 Bergassessor. Nach Studienreisen war er zwei Jahre lang im Bergpolizeidienst in Dortmund tätig, ehe er 1902 Berginspektor des Steinkohlenbergwerks Camphausen im Saargebiet wurde.

Flemming Seit 1906 gehörte er der Bergwerksdirektion Saarbrücken an und war Vorstandsmitglied der dortigen KnappschaftsBerufsgenossenschaft. 1915 wurde er Vortragender Rat im preuß. Ministerium für Handel und Gewerbe in Berlin, 1921 Geheimer Oberbergrat, 1928 Ministerialdirektor und Oberberghauptmann. F. war Aufsichtsratsvorsitzender zweier Bergwerksgesellschaften und saß im Aufsichtsrat weiterer Unternehmen des Bergbaus. DP Leb Industrie 2 F l e m m i n g , (Carl) Georg Friedrich Graf von, Staatsmann, * 17. 11. 1705 Iven (Vorpommern), t 19.8. 1767 Dresden. Aus einem alten hinterpommerischen Adelsgeschlecht stammend, trat F. früh in sächsische Hof- und Kriegsdienste. Mit der Ernennung zum Gesandten in Turin 1740 begann seine diplomatische Laufbahn, die ihn u. a. nach London (1742-51), Hannover, Den Haag und Wien (1752-63) führte, wo er während des Siebenjährigen Kriegs die Interessen seines Landes vertrat und in freundschaftlichen Beziehungen zur kaiserlichen Familie und zum österr. Staatskanzler Wenzel Anton Fürst von —»Kaunitz stand. Nach dem Tod Augusts III. (-»Friedrich August II.) und dem Rücktritt Heinrich von —»Brühls 1763 berief Kurfürst —»Friedrich Christian F. zum Kabinettsminister des Auswärtigen und für Militärangelegenheiten. In dieser Funktion pflegte er weiterhin die guten Beziehungen zum Wiener Hof, bemühte sich jedoch vergeblich um die Wiederherstellung der Personalunion Sachsen-Polen. c d NDB F l e m m i n g , Hanns Theodor, Kunstkritiker, * 15.12.1915 Hamburg, t 5. 8.2005 Reinbek bei Hamburg. F., Sohn eines Konsuls und Sammlers moderner Kunst, kehrte nach dem Zweiten Weltkrieg aus britischer Gefangenschaft zurück und begann 1945 eine Tätigkeit als Kunstpublizist. Er schrieb zahlreiche Kunstkritiken u. a. für „Die Welt", „Die Neue Zeitung", den „Tagesspiegel", die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" und insbesondere die Zeitschrift „Das Kunstwerk". Bereits 1947 besuchte er Max —»Beckmann in Amsterdam. Er interpretierte Arbeiten von Künstlern wie Bernard —»Schultze, Paul Wunderlich und Horst —»Janssen, widmete sich aber auch Chagall, Matisse und Dali. 1951 wurde F. der erste Sekretär der deutschen Sektion des Internationalen Kunstkritikerverbandes. Nach Abschluß seines Kunstgeschichtsstudiums an der Freien Univ. Berlin 1954 (Die stilistische Entwicklung der Malerei bei Dante Gabriel Rossetti) wurde F. 1959 Dozent, später Prof. für Kunstgeschichte am Fachbereich Gestaltung der Fachhochschule Hamburg (bis 1981). Zu seinen Publikationen zählen Monographien über Ewald —»Mataré (1955), Moore (1956), Bernhard ^ Heiliger (1962) und Gustav —»Seitz (1963) sowie die Schriften Figur und Raum in der Plastik (1964) und Gedanken zum Beurteilen von Kunstwerken (1966), in denen F. eine Strukturanalyse des bildnerischen Gestaltens entwickelte. F l e m m i n g , Heinrich Heino Graf von, Militär, * 8.5.1632 Markenthin (Pommern), | 28.2.1706 Buckow (Märkische Schweiz). F. trat nach Lehrjahren in Frankreich und Holland 1657 in brandenburgische Dienste, begab sich 1658 ins kaiserliche Lager und kehrte zwei Jahre später nach Brandenburg zurück. 1662 in den Johanniterorden aufgenommen, wurde er 1671 zum Oberst befördert und errichtete 1672 ein eigenes Regiment für das nach Polen gehende Hilfskorps. 1676 übernahm er die Komturei Schivelbein und trat als Generalmajor in braunschweigische, 1680 in kursächsische Dienste ein. Nach seiner Teilnahme am Entsatz von Wien 1683 wurde F. 1688 zum kursächsischen Generalfeldmarschall ernannt und trat 1690 als Wirklicher Geheimer Staats- und Kriegsrat erneut in brandenburgische Dienste. 1691 war er Gouverneur

von Berlin, seit 1695 Statthalter des Fürstentums Hinterpommern und des Fürstentums Cammin. 1700 wurde F. in den Reichsgrafenstand erhoben. n a Priesdorff, Bd 1 F l e m m i n g , Jakob Heinrich Graf von, Staatsmann, Militär, * 3.3.1667 Hoff (Kr. Greifenberg, Pommern), t 30.4. 1728 Wien. Nach Studien in Frankfurt/Oder, Utrecht und Leiden trat F., Sohn eines brandenburgischen Geheimen Rats und Hofgerichtspräsidenten in Stargard, in das Heer Wilhelms III. von Oranien ein und zog mit ihm nach England. Dort studierte er an der Univ. Oxford und übernahm anschließend mehrere militärische Kommandos. 1694 trat F. als Oberst in den Dienst Kurfürst —» Friedrich Augusts I. von Sachsen. Obgleich Ausländer, stieg er rasch in höchste zivile und militärische Positionen auf. In langen Verhandlungen setzte F. 1696/97 gegen den Widerstand der profranzösischen Partei im polnischen Adel die Wahl Friedrich Augusts zum König von Polen durch. 1707 wurde F. Gouverneur von Dresden, 1710 Präsident des kursächsischen Geheimen Kriegsratskollegiums. Seit 1712 Generalfeldmarschall und dirigierender Kabinettsminister, vereinigte er den Oberbefehl über das sächsische Heer mit der Leitung der Regierung in SachsenPolen. F. spielte eine zentrale Rolle bei der Durchsetzung absolutistischer Regierungsformen in Sachsen-Polen. CD Leb Sachsen, Bd 1 F l e m m i n g , Johannes, Bibliothekar, Orientalist, * 12.1. 1859 Kölleda, t 4 . 9 . 1 9 1 4 Berlin. F. studierte an den Universitäten Leipzig, Berlin und Göttingen Theologie und Orientalische Philologie. Nach der Promotion 1883 an der Universitätsbibliothek Göttingen tätig, wechselte er 1891 an die Universitätsbibliothek Bonn und wurde 1902 zum Oberbibliothekar ernannt. 1906 trat F. in den Dienst der Kgl. Bibliothek Berlin und wurde 1908 Oberbibliothekar mit dem Titel Direktor, 1912 Leiter der Handschriftenabteilung. Er war ein profunder Kenner des Äthiopischen und Syrischen. F. edierte und übersetzte eine Reihe von äthiopischen und syrischen Texten, u.a. das Buch Henoch (deutsche Übersetzung 1901, äthiopischer Text 1902). 1905 begleitete er eine deutsche Gesandtschaft nach Abessinien und erwarb auf dieser Reise 80 äthiopische Handschriften für die Kgl. Bibliothek Berlin. m LGB F l e m m i n g , Walther, Anatom, Zellforscher, * 21.4. 1843 Sachsenberg bei Schwerin, t 4.8.1905 Kiel. Als fünftes Kind (und einziger Sohn) des Psychiaters Carl Friedrich —» F. und seiner Frau Auguste Winther wuchs F. in der Umgebung der „Landesirrenanstalt Sachsenberg" auf, deren großzügige Gebäude und Anlagen damals als vorbildlich galten. Nach dem Abitur in Schwerin studierte F. Medizin in Göttingen, Tübingen, Rostock und Berlin. 1868 wurde er mit der Arbeit Der Ciliarmuskel der Haussäugetiere in Rostock promoviert. Sein Betreuer war der Prosektor am Anatomischen Institut, Franz Eilhard —»Schulze, der seinerseits ein Schüler von Max —» Schultze, einem der Begründer der modernen Zellenlehre, war. Neben kurzzeitiger klinischer Tätigkeit unter dem Internisten Benjamin Theodor -»Thierfelder wandte sich F. ganz histologischen und zoologischen Studien zu und habilitierte sich 1871 in Rostock mit der Schrift Bindesubstanzen und Gefäßwandungen bei Mollusken. Nach Forschungsaufenthalten in Würzburg und Amsterdam folgte er dem Rostocker Anatomen Wilhelm —» Henke nach Prag, wo er 1873

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Flemming zum a. o. Prof. für Histologie und Entwicklungsgeschichte ernannt wurde. 1876 erreichte ihn ein Ruf als Nachfolger von Karl Wilhelm —> Kupffer in Kiel, w o er bis zu seiner krankheitsbedingten Entpflichtung 1902 den Anatomischen Lehrstuhl vertrat und sein Hauptwerk über die Zellteilung schuf. 1879 wurde F. Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. D i e letzten Lebensjahre des auch in menschlicher Hinsicht von seinen Schülern und Mitarbeitern hochgeschätzten F. waren überschattet von einem Nervenleiden, das ihn zu größter ZurUckgezogenheit zwang. F. war unverheiratet und lebte in Kiel in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Schwester Clara F. Mit der Erstbeschreibung des Mitosevorgangs und dessen wichtigster Phase, der Längsteilung der Chromosomen, legte F. den Grundstock für das moderne Verständnis der Kernund Zellteilung. Unter geschickter Ausnutzung neuester mikroskopischer Techniken wie der der Immersionen, der apochromatischen Objektive und des Abbeschen Beleuchtungsapparates gelang es ihm, bis dahin unbekannte Strukturen im Protoplasma sichtbar zu machen. 1879 führte er die B e zeichnung „Chromatin" für die färbbare Substanz im Ruhekern ein und beschrieb erstmals die vor Beginn der Zellteilung entstehenden charakteristischen „Schleifen" - die Wilhelm —>Waldeyer später Chromosomen nannte - und deren Längsteilung und Umbildung zu neuen Zellkernen. In sinnreicher Kombination von Beobachtungen an lebenden Zellen mit Befunden am fixierten Material führte er eine funktionelle D e n k w e i s e in die Histologie ein und konnte so wesentliche Gemeinsamkeiten im Pflanzen- und Tierreich formulieren. Sein wichtigstes Werk Zellsubstanz, Kern und Zellteilung ( 1 8 8 2 ) fand rasch die Anerkennung der internationalen Fachwelt und führte zahlreiche Gäste, Schüler und Studenten aus d e m In- und Ausland in die damals kleinste deutsche Universität, deren Studentenzahl sich bis 1900 verfünffachen sollte. F. wurde von den kgl. Akademien fast sämtlicher europäischer Staaten zum Ehrenmitglied ernannt. Ohne Zweifel trug er wesentlich zu der Weltgeltung bei, die die deutsche Anatomie und Histologie im ausgehenden 19. Jh. genoß. Von bleibendem Wert sind auch F.s Beiträge zur Färbe- und Konservierungstechnik in der Histologie und Cytologie. Die „Flemmingsche Lösung" (= Gemisch aus Chromosmiumessigsäure) wird bis heute zur Konservierung von Chromosomen verwandt.

die deutsche Bühne, Nachdr. 1982); 1 9 1 2 / 1 3 hielt er sich zu Studien in Großbritannien auf. Seit 1914 als Lehrer am Schiller-Lyzeum in Berlin tätig, habilitierte er sich 1919 an der Univ. Rostock (Geschichte des Jesuitentheaters in den Landen deutscher Zunge, Drucklegung 1923), w o er 1924 a. o.Prof. für Deutsche Sprache und Literatur s o w i e Theaterwissenschaft wurde. 1927-29 lehrte er an der Univ. Amsterdam, kehrte dann an die Univ. Rostock zurück und wurde 1934 o.Prof. für Neuhochdeutsche Philologie und Theaterwissenschaft; 1943 ging er als Vertretung für Clemens —>Lugowski an die Univ. Kiel. Seit 1933 förderndes Mitglied der S S , seit 1937 der N S D A P , wurde F. 1945 entlassen. 1 9 4 6 - 5 6 hatte er an der Univ. Mainz den Lehrstuhl für Deutsche Philologie und Theaterwissenschaft inne. F., dessen Forschungsschwerpunkte die Theatergeschichte, die Zeit des Barock s o w i e Literatur- und Gattungstheorie waren, veröffentlichte u. a. Epik und Dramatik. Versuch einer Wesensdeutung (1925, Neuausgabe 1955), Deutsche Kultur im Zeitalter des Barock (1937, 2 1 9 6 0 ) und Andreas Gryphius (1965). 1930-33 gab er das sechsbändige Werk Barockdrama heraus. DP IGL

Flender,

(Alfred) Friedrich, Fabrikant, * 5 . 3 . 1876 Düsseldorf, t 2 7 . 8 . 1939 Düsseldorf. F., der aus einer alteingesessenen Kaufmannsfamilie stammte, trat nach einer kaufmännischen und technischen Ausbildung nicht in das väterliche Brückenbauunternehmen ein, sondern begab sich auf eine längere Studienreise nach England und Amerika. 1899 gründete er in Düsseldorf auf der Grundlage amerikanischer Patente den ersten europäischen Betrieb zur Herstellung von Holzriemenscheiben für Transmissionsanlagen. F. baute ein System von Verkaufsniederlassungen auf und belieferte neben dem heimischen Markt auch andere europäische Länder. Vor und während des Ersten Weltkriegs erweiterte er durch die Übernahme mehrerer Firmen die Kapazitäten und die Produktpalette seiner Firma. Nach 1918 entwickelte F. in der neugeschaffenen technischen Abteilung eine Reihe von Neuerungen auf dem Gebiet der Transmissionsanlagen, u. a. die elastische Eupexkupplung und den Blauri-Trieb. • • NDB

Flersheim,

Voswinckel

Philipp von, Bischof von Speyer, * um 1481, t 14.8. 1552 Zabern (Elsaß). F., Sohn eines kurpfälzischen Amtmanns, wurde schon früh für den geistlichen Stand bestimmt und mit zahlreichen Pfründen bedacht. Seit 1503 war er Domherr in Worms und Speyer. Nach Studien in Heidelberg, Paris und L ö w e n wurde er 1507 Lizentiat, 1517 Doktor beider Rechte. F. trat vor allem durch seine politische Tätigkeit hervor. Kaiser —> Maximilian schätzte seinen Rat. Nach seiner erst im dritten Anlauf erfolgreichen Wahl zum Bischof von Speyer 1529 sah sich F. mit zahlreichen Problemen konfrontiert. Die Schuldenlast des Bistums vermochte er durch Sparpolitik zu senken; bei der Disziplinierung des Klerus und der Eindämmung der Reformation hatte er dagegen nur geringen Erfolg. Er war Berater Kaiser —» Karls V. und König —> Ferdinands I. und nahm an den Religionsgesprächen in Hagenau, Worms (1540) und Regensburg ( 1 5 4 1 ) teil. 1552 floh F. vor dem Einfall des brandenburgischen Markgrafen - » Albrecht Alcibiades 1552 ins Elsaß. CD Gatz 2

(Karl) Willi (Max), auch W. (Carl M . ) F., Germanist, Theaterwissenschaftler, * 22. 1 . 1 8 8 8 Berlin, t 17. 12. 1980 Budenheim bei Mainz. F., Sohn eines Fabrikanten, studierte seit 1906 in Berlin, Freiburg/Breisgau und Marburg Germanistik, Anglistik, Philosophie und Kunstgeschichte und wurde 1914 bei Ernst —» Elster zum Dr. phil. promoviert ( A n d r e a s Gryphius und

F l e s c h , Carl, Musiker, Musikpädagoge, * 9 . 1 0 . 1 8 7 3 Wieselburg (heute zu Mosonmagyaróvár, Ungarn), t 15. 11. 1944 Luzern. F., Sohn eines k. u. k. Stabsarztes, erlernte bereits mit fünf Jahren das Violinspiel und wurde später am Wiener s o w i e am Pariser Konservatorium ausgebildet. 1895 gab er in Wien sein Debüt als Sologeiger. 1897-1902 war F. Prof. am Kon-

WEITERE WERKE: Beobachtungen über die Beschaffenheit des Zellkerns. In: Archiv für mikroskopische Anatomie 13 ( 1 8 7 7 ) S. 6 9 3 - 7 1 7 . - Beiträge zur Kenntnis der Zelle und ihrer Lebenserscheinungen. 3 Teile. In: Ebd. 16 (1879) S. 3 0 2 - 4 3 6 , 18 (1880) S. 151-259, 2 0 (1881) S. 1-86; englische Übersetzung von Teil 2 in: Journal of Cell B i o l o g y 25 ( 1 9 6 5 ) S. 3-69. LITERATUR: Ferdinand von Spee: W . F. In: Anatomischer Anzeiger 28 (1906) S. 4 1 - 5 9 . - Georg Uschmann: F., W. In: N D B , Bd. 5, 1961, S. 2 4 1 - 2 4 2 . - Gudrun Peters: W. F. Sein Leben und sein Werk (= Kieler Beiträge zur Geschichte der Medizin und Pharmazie, Heft 6). Med. Diss. Kiel 1967 Robert Olby: F., W. In: D S B , Bd. 5, 1972, S. 34-36. - Brigitte Lohff: F., W. In: Ärztelexikon. Hrsg. v. Wolfgang U. Eckart/Christoph Gradmann. München 1995, S. 136-137. Peter

Flemming,

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Flesch-Brunningen servatorium in Bukarest und erster Geiger des Streichquartetts der Königin von Rumänien, —> C a r m e n Sylva. Danach wirkte er in Amsterdam, Berlin, Baden-Baden und Philadelphia als Solist, K a m m e r m u s i k e r und Lehrer. 1908 ging er nach Berlin, w o er zusammen mit Artur —» Schnabel und H u g o - > Becker das Schnabel-Trio gründete. Nachdem er 1 9 2 1 / 2 2 Meisterkurse an der Berliner Musikhochschule gehalten hatte, übernahm er dort 1928 eine Professur. 1933 trat F. als Solist unter Wilhelm —> Furtwängler z u m letzten Mal in Deutschland auf. Er emigrierte zunächst nach London, 1939 in die Niederlande, während des Zweiten Weltkriegs über Ungarn in die Schweiz. 1 9 4 3 / 4 4 gab er Meisterkurse am neugegründeten Konservatorium in Luzern. F. schrieb u . a . Die Kunst des Violinspiels (2 Bde., 1923-28) und gab Meisterwerke der Violinliteratur heraus. 1960 erschienen postum seine Erinnerungen eines Geigers. DP M G G F l e s c h , Ella, Sängerin, * 16.6. 1900 Budapest, t 6 . 6 . 1957 New York. Die Nichte von Carl —>F. studierte in Budapest und Wien Gesang und debütierte 1922 an der Wiener Staatsoper in der Rolle der Aida. Nach dreijährigem Engagement in Wien sang sie 1925-34 an der Bayerischen Staatsoper in München u. a. die Tosca, die Salome, die Venus in Richard —» Wagners Tannhäuser und den Octavian in Richard - » S t r a u s s ' Rosenkavalier. Neben ihren Opernrollen war sie als Kammersängerin zu hören. 1934 mußte F. als Jüdin Deutschland verlassen, trat 1934-36 am Deutschen Theater in Prag auf und war 1936-38 erneut an der Wiener Staatsoper engagiert. 1938 emigrierte sie in die U S A , wo sie 1943-47 an der Metropolitan Opera und der N e w York City Opera wirkte. Seit 1948 war F. als Gesangslehrerin tätig. CD Kutsch F l e s c h , Hans, Intendant, * 18. 12.1896 F r a n k f u r t / M a i n , verschollen M ä r z 1945. F. Schloß das Medizinstudium 1924 mit der Promotion ab und wurde künstlerischer Leiter beim neugegründeten Frankfurter R u n d f u n k , 1929 Intendant der Berliner Funkstunde. 1932 entlassen und 1933 im nationalsozialistischen Rundfunkprozeß angeklagt, lebte er nach der Freilassung 1935 in bescheidenen Verhältnissen und wurde 1942 als Arzt dienstverpflichtet. 1945 ist er an der Ostfront verschollen. F. verfaßte 1924 den „Versuch einer Senderspielgroteske" Zauberei auf dem Sender, der als erstes Hörspiel des deutschen R u n d f u n k s gilt. OD Killy F l e s c h , Jacob Wilhelm, Jurist, * 2 7 . 7 . 1885 F r a n k f u r t / Main, t 5 . 1 . 1972 F r a n k f u r t / M a i n . F. war der Sohn eines Rechtsanwalts und Sozialpolitikers und Bruder von M a x —> Flesch-Thebesius. Das Studium der Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft in Heidelberg, Berlin und Marburg Schloß er 1908 mit der Promotion in Leipzig ab. 1911 ließ er sich als Rechtsanwalt in Leipzig nieder und war seit 1924 Notar. Von 1925 bis zu dessen Auflösung war er Vorsitzender des Frankfurter Anwaltvereins. Als „Halbj u d e " verlor er 1933 seine Konzession, konnte aber mit Hilfe seiner Kollegen weiterarbeiten. Nach Kriegsende gründete er den Verein Rechtsanwaltskammer neu; aus diesem gingen der Frankfurter Anwaltsverein und die Frankfurter Rechtsanwaltskammer hervor, deren Präsident F. bis 1966 war. Gleichzeitig war er Vorstandsmitglied der Bundesrechtsanwaltskammer und Mitglied des kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgerichts. CD Frankf Biogr F l e s c h , Karl, Sozialpolitiker, * 6 . 7 . 1 8 5 3 F r a n k f u r t / M a i n , t 15.8. 1915 F r a n k f u r t / M a i n . Der Sohn eines jüdischen Kinderarztes wurde nach dem Jurastudium in Heidelberg und Berlin zum Dr. jur. promo-

viert. Als Rechtsanwalt seit 1880 verteidigte er nach d e m Sozialistengesetz angeklagte Arbeiter, ehe er 1884 Stadtrat in Frankfurt wurde. Er wirkte dort in der Armenpflege, dem Gesundheitswesen, der Volksbildung, dem Kleinwohnungsbau und vor allem d e m Gewerbegericht. Im Arbeitsrecht propagierte F. früh tarifvertragliche Regelungen und Arbertervertretungen in Großbetrieben. Im Sinne des sozialpolitisch engagierten Liberalismus wollte er durch wohlfahrtsstaatliche Politik die sozial gespaltene wilhelminische Industriegesellschaft integrieren. Für die (Süd-)Deutsche Volkspartei gehörte er 1908-15 dem Preußischen Abgeordnetenhaus an. CD Frankf Biogr F l e s c h , Maria Rosa, Taufname: Margarete, Stifterin der Franzikanerinnen von Waldbreitbach, * 2 4 . 2 . 1 8 2 6 Schönstatt bei Vallendar/Rhein, t 2 5 . 3 . 1 9 0 6 Waldbreitbach bei Neuwied. Seit ihrem sechsten Lebensjahr Halbwaise, war F., Tochter eines Müllermeisters, früh in der Haus- und Landwirtschaft sowie in der Krankenpflege tätig. 1850 zog sie mit ihrer jüngeren, kranken Schwester nach Waldbreitbach und erteilte neben ihrer bisherigen Arbeit Handarbeitsunterricht in den Schulen der Umgebung. 1863 gründete sie in der Kreuzkapelle bei Waldbreitbach die Genossenschaft der Franziskanerinnen der allerseligsten Jungfrau Maria von den Engeln, die vorwiegend im Erziehungs- und Unterrichtswesen und der Alten- und Krankenpflege karitativ wirkte. 1863-78 war F. Generaloberin der Genossenschaft, der sie eine Regel und eigene Konstitutionen gab, die 1869 bischöflich und nach F.s Tod 1929 päpstlich bestätigt wurden. 1957 erfolgte in Trier die Eröffnung des Seligsprechungsprozesses. CD N D B F l e s c h - B r u n n i n g e n , Hans, eigentl. Johannes Evangelista Flesch Edler von Brunningen, Pseud. Johannes von Brüning, Vincenz (Vincent) Brun, österr. Schriftsteller, * 5 . 2 . 1895 Brünn (Mähren), t 1.8. 1981 Bad Ischl (Oberösterreich). F.-B., Sohn einer wohlhabenden Familie, wuchs in Abbazia und Wien auf, wurde nach dem Jurastudium und der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1919 an der Univ. Wien promoviert und war als Bankangestellter, später als Rechtsanwaltsanwärter tätig. Seit 1914 veröffentlichte er Prosatexte und Gedichte, u . a . in Franz —»Pfemferts Zeitschrift „Die Aktion". Seit 1928 in Berlin ansässig, emigrierte er 1934 über die Niederlande nach Großbritannien, wo er nach Gelegenheitsarbeiten journalistisch tätig war. Während des Zweiten Weltkriegs kam er zur deutschsprachigen Sektion der B B C , f ü r die er bis 1958 als Sprecher, Übersetzer und Redakteur arbeitete. Daneben schrieb er Filmdrehbücher sowie Artikel f ü r verschiedene Zeitungen und Exilzeitschriften, u. a. für „London Mercury" und „Life and Letters Today". 1938-42 war F.-B. Vorsitzender des Freien Deutschen Kulturbundes, 1953-58 der deustchen Sektion des PEN-Clubs in London. Nach Österreich zurückgekehrt, lebte er seit 1963 ständig in Wien. F.-B. wandte sich nach expressionistischen Anfängen (Das zerstörte Idyll, 1917; Bürger Narr, 1920) historischen Stoffen zu (Die Herzogin von Ragusa, 1935). Die Exiljahre verarbeitete er im R o m a n Perlen und schwarze Tränen (1948), seine Erinnerungen erschienen 1988 postum als Die verführte Zeit. F.-B. war seit 1971 mit der Schriftstellerin Hilde —»Spiel verheiratet, die er in der Emigration kennengelernt hatte. CD Killy

F l e s c h - B r u n n i n g e n , L u m a von, verh. von Csuzy, Malerin, * 3 1 . 3 . 1856 Brünn, f 1934 München. F.-B. studierte Malerei, zunächst als Schülerin von Alois —> Schönn in Wien, seit 1887 in München bei Karl Frithjof Smith und Franz - » S i m m . Sie schuf u. a. Porträts, Genrebil-

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Flesch-Thebesius der (Obdachlos) und sakrale Kunstwerke. Ihre Gemälde wurden auf zahlreichen Ausstellungen präsentiert. Das Gemälde Malender Mönch wurde von Kaiser —> Franz Joseph I. von Osterreich erworben. Eines ihrer Hauptwerke, Die Hexensalbung, war 1902 im Münchner Glaspalast und in der Galerie des mährischen Kunstvereins in Brünn ausgestellt. t u A KL F l e s c h - T h e b e s i u s , Max, Chirurg, Politiker, * 9 . 7 . 1 8 8 9 Frankfurt/Main, t 6 . 4 . 1983 Kronberg/Taunus. F.-T., Bruder von Jacob Wilhelm —> Flesch, studierte in Heidelberg, Berlin, Jena, Freiburg und München Medizin, wurde 1913 in Heidelberg promoviert und war bis 1914 Assistenzarzt an der Chirurgischen Universitätsklinik in Frankfurt/ Main. Seit seiner Heirat mit Amalie Thebesius 1916 nannte er sich F.-T. Im Ersten Weltkrieg leistete er Kriegsdienst und ließ sich 1923 als Facharzt für Chirurgie in Frankfurt nieder. Seit 1928 Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Privatkrankenhauses Sachsenhausen, wurde er 1933 wegen seiner jüdischen Mutter entlassen, konnte aber noch in seiner Privatpraxis tätig sein. 1945-58 war er Direktor der Chirurgischen Klinik des Städtischen Krankenhauses in Höchst und hatte zusätzlich seit 1949 eine api. Professur an der Univ. Frankfurt. Für die CDU gehörte er 1946-64 dem Stadtrat an. F.-T. gründete 1950 die Robert-Schumann-Gesellschaft und stand ihr mehrere Jahre vor. m Frankf Biogr F l e t t n e r , Anton, Ingenieur, * 1 . 1 1 . 1 8 8 5 Eddersheim (heute zu Hattersheim/Main), t 29. 12.1961 New York. Der Sohn eines Schiffers ging mit 17 Jahren zur See, entschloß sich aber nach kurzer Zeit, Lehrer zu werden. Nach der Ausbildung am Lehrerseminar in Fulda war er als Mathematiklehrer in Frankfurt/Main tätig. Bereits während seiner Ausbildung entwickelte F. eine drahtlose Fernschaltung zur Fernsteuerung u.a. von Tornados und Schiffen; 1915 erfand er die Fernsteuerung von Kampfwagen, die jedoch keine militärische Verwendung fand. Nach Kriegsende widmete sich F. der technischen Forschung und Entwicklung. Er konstruierte ein neues Flugzeugruder mit Hilfssteuerfläche und den nach ihm benannten Rotor, der vor allem im Schiffbau Anwendung fand. 1922 wurde F. Leiter des Instituut voor Aero- en Hydro-Dynamik in Amsterdam, das sich u.a. mit der Entwicklung von Hubschraubern befaßte, die zum Teil von der Deutschen Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg eingesetzt wurden. 1947 emigrierte er in die USA und entwickelte im Auftrag des Pentagon einen Großhubschrauber für Truppentransporte. F. schrieb Mein Weg zum Rotor (1926). tap Munzinger F l e x , Walter, Schriftsteller, * 6 . 7 . 1887 Eisenach, t 15.10. 1917 Peudehof (Insel Ösel). F., Sohn eines Gymnasialprofessors, der auch als patriotischer Dichter hervortrat, studierte in Straßburg und Erlangen Germanistik und Geschichte. Nach der Promotion 1910 mit einer Arbeit über die deutschen Demetrius-Dramen war er als Hauslehrer u. a. bei der Familie Bismarck tätig. 1914 zog er als Freiwilliger in den Krieg, in dem er fiel. F. verfaßte Erzählungen, Gedichte und Dramen mit historischen Sujets, die von einem schwärmerischen, idealistischen Nationalismus mit zum Teil chauvinistischen Zügen bestimmt waren. Typische Motive F.' waren starke Führerpersönlichkeiten, jugendlicher Kampfgeist und die Ideologie der Gemeinschaft. Seine autobiographische Kriegserzählung Der Wanderer zwischen beiden Welten (1916) hatte großen Einfluß auf die Jugendbewegung nach dem Ersten Weltkrieg. Die Nationalsozialisten vereinnahmten F.' Werk für ihre jugendpolitischen Ziele. CD Killy

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F l i c k , Friedrich, Unternehmer, * 1 0 . 7 . 1 8 8 3 ErnsdorfKreuztal (Siegerland), t 20.7. 1972 Konstanz. Der Sohn eines Landwirts und Grubenholzhändlers besuchte die Realschule und absolvierte eine kaufmännische Lehre bei der Bremer Hütte in Weidenau. Nach einem Jahr Militärdienst in Kassel studierte F. an der Handelshochschule in Köln und legte 1906 die Prüfung als Diplomkaufmann ab. 1907 kehrte er als Prokurist zur Bremer Hütte zurück. 1913 wurde F. in den Vorstand der westfälischen Eisengesellschaft berufen. Zwei Jahre später wechselte er in den Vorstand der Charlottenhütte in Niederschelden (Kr. Siegen), die er durch ein von ihm selbst entwickeltes Verhüttungsverfahren in eine Goldgrube verwandelte. Mit seinen weitgespannten Plänen, der siegerländischen Eisenindustrie eine eigene Ruhrkohlebasis zu verschaffen, und seinem Expansionsdrang unter den alteingesessenen Eisenindustriellen bald als Außenseiter angesehen, wurde F. Aktionär der Charlottenhütte, übernahm 1917 die Stelle des Generaldirektors und begann, sein Unternehmen im Bereich Stahl und Kohle kontinuierlich auszubauen. In den Folgejahren sicherte sich F. die Mehrheitsbeteiligung an zahlreichen Eisenhütten in Deutschland, insbesondere in Oberschlesien. Bei der Schuldentilgung seiner Kreditfinanzierungen kam ihm die Inflation der zwanziger Jahre zugute. Außerdem verstand es F., durch Verschachtelung seiner Unternehmensbereiche finanzielle Vorteile zu erzielen und wachsenden unternehmerischen Einfluß auszuüben. So gelang es ihm durch Aktientausch, die Majorität in der Rhein-Elbe-Union zu erwerben, die 1926 in den Vereinigten Stahlwerken AG (VSt) aufging. Insbesondere aber über die führende Beteiligung an der Gelsenkirchener Bergwerks AG erreichte F. seit 1930 maßgeblichen Einfluß auf die VSt. Ein Jahr zuvor hatte er seine Unternehmen in der Mitteldeutschen Stahlwerke AG zusammengefaßt, deren Hauptaktionär und Aufsichtsrats-Vorsitzender F. wurde, und gleichzeitig die Mehrheitsanteile an der süddeutschen Maxhütte erworben, die ihm wiederum die Kontrolle über die Harpener Bergbau AG einbrachten. F.s Expansions- und Beteiligungsstrategie drohte jedoch in der Weltwirtschaftskrise in den Bankrott zu führen. Seine Unternehmensgruppe war hoch verschuldet. Als die Banken F.s Ersuchen um Stundung der Schulden ablehnten, suchte er bei der Reichsregierung Hilfe. Mit dem Gerücht einer drohenden Übernahme durch französische Unternehmen erreichte F., daß die Regierung —> Brüning im Mai 1932 in einer spektakulären Aktion fUr 100 Mio. RM, mehr als das Dreifache des offiziellen Börsenwertes, die Aktien der Gelsenkirchener Bergwerks AG übernahm (sogenannte Gelsenberg-Affaire) und damit auch die Aktienmehrheit der VSt besaß. Bei der „Reprivatisierung" der VSt wenige Jahre später, im Jahr 1936, konnte F. erneut von staatlichen „Entschädigungen" profitieren. Bis Ende der zwanziger Jahre war F. politisch der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) zuzurechnen. Seit Anfang der dreißiger Jahre schwenkte er zur N S D A P um, die er in der Folgezeit finanziell beträchtlich unterstützte. F.s gute Kontakte zur Führung der Nationalsozialisten halfen ihm in den dreißiger und vierziger Jahren, seinen Stahlkonzern zum Imperium auszubauen. So erfolgreich er die Inflationswelle der frühen zwanziger Jahre genutzt hatte, so nun die „Arisierungs"-Konjunktur der späten dreißiger Jahre. Während des Zweiten Weltkriegs verschaffte sich F. Besitz und Kontrolle über nahezu alle Montanwerke in den besetz-

Fliedner ten L ä n d e r n E u r o p a s . Seiner 1937 g e g r ü n d e t e n D ü s s e l d o r f e r H o l d i n g g e s e l l s c h a f t Friedrich Flick K G verleibte er dabei vor a l l e m m i t t e l d e u t s c h e u n d t s c h e c h i s c h e B r a u n k o h l e u n t e r n e h m e n ein. M i t t e N o v e m b e r 1946 w u r d e F. verhaftet u n d im R a h m e n der N ü r n b e r g e r I n d u s t r i e l l e n - P r o z e s s e ( „ F l i c k - P r o z e ß " ) a m 2 2 . 1 2 . 1 9 4 7 u . a . w e g e n der A u s b e u t u n g von K Z - und Z w a n g s a r b e i t e r n zu sieben Jahren G e f ä n g n i s verurteilt, j e d o c h im A u g u s t 1950 vorzeitig aus d e r H a f t entlassen. 7 5 P r o z e n t seines Besitzes hatte F. d u r c h D e m o n t a g e und E n t e i g n u n g e n in M i t t e l d e u t s c h l a n d verloren, sein restliches V e r m ö g e n w a r t r e u h ä n d e r i s c h verwaltet w o r d e n . Im R a h m e n der alliierten E n t f l e c h t u n g s b e s t i m m u n g e n w u r d e F. 1952 die A u f l a g e g e m a c h t , sich e n t w e d e r von seinen K o h l e i n t e r e s s e n o d e r d e m e i s e n s c h a f f e n d e n B e r e i c h zu trennen. Er e n t s c h i e d sich f ü r den Verkauf d e s K o h l e b e r e i c h s , vor allem seiner M e h r h e i t s b e t e i l i g u n g an der H a r p e n e r B e r g b a u A G , f ü r den er i n s g e s a m t 2 5 0 M i o . D M erhielt. M i t d i e s e m G e l d b a u t e er in den f ü n f z i g e r und s e c h z i g e r Jahren einen n e u e n K o n z e r n auf, der sich i m w e s e n t l i c h e n auf d i e v e r a r b e i t e n d e n Z u k u n f t s b r a n c h e n A u t o m o b i l - und C h e m i e i n d u s t r i e s o w i e die R ü s t u n g s b r a n c h e ( B u d e r u s , K r a u s s - M a f f e i ) stützte. M i t einer e b e n s o gezielten A k q u i s i t i o n s - und B e t e i l i g u n g s s t r a t e g i e w i e vor d e m Krieg löste F. d i e ersten Ü b e r n a h m e k ä m p f e an der n o c h k a u m e n t w i c k e l t e n d e u t s c h e n N a c h k r i e g s b ö r s e aus. B i s 1955 hatte er sich in K o n k u r r e n z mit d e m G r o ß a k t i o n ä r Deutsche Bank eine fünfundzwanzigprozentige Beteiligung an der D a i m l e r B e n z A G v e r s c h a f f t und E n d e der f ü n f z i ger Jahre e i n e letztlich allerdings w e n i g e r f o l g r e i c h e F u s i o n mit der A u t o - U n i o n z u s t a n d e g e b r a c h t . Rechtzeitig k o n n t e F. aber 1964 die A u t o - U n i o n - A n t e i l e an V W v e r k a u f e n . Industriegeschichte schrieb a u c h F.s Ü b e r n a h m e des F e l d m ü h l e / N o b e l - K o n z e r n s M i t t e d e r f ü n f z i g e r J a h r e - e i n e Transaktion, d i e er d u r c h U m s c h i c h t u n g e n der Kapitalstrukturen praktisch g a n z aus S t e u e r e r s p a r n i s s e n finanzierte. B i s in seine letzten L e b e n s j a h r e b e s t i m m t e F. als p e r s ö n l i c h h a f t e n d e r und g e s c h ä f t s f ü h r e n d e r G e s e l l s c h a f t e r der Friedrich Flick K G D ü s s e l d o r f d i e K o n z e r n p o l i t i k mit. F. starb im A l t e r von 89 J a h r e n und hinterließ das d a m a l s g r ö ß t e deutsche I n d u s t r i e i m p e r i u m mit rund 3 3 0 U n t e r n e h m e n , 3 0 0 0 0 0 A r b e i t n e h m e r n und e t w a 18 M r d . D M U m s a t z , d a s er w i e schon vor 1945 als F a m i l i e n u n t e r n e h m e n organisierte und d a m i t v o r g e s e l l s c h a f t l i c h e r K o n t r o l l e und j e g l i c h e m Einfluß der G r o ß b a n k e n a b z u s c h i r m e n v e r s t a n d e n hatte. F. w a r mit Marie, g e b . S c h u ß , verheiratet. Sein dritter S o h n R u d o l f fiel im Z w e i t e n Weltkrieg. D i e b e i d e n a n d e r e n S ö h n e F.s, O t t o E r n s t und Friedrich Karl, w a r e n in den U n t e r n e h m e n leitend tätig. A l s F. A n f a n g der s e c h z i g e r J a h r e seinen j ü n g s t e n S o h n Friedrich Karl z u m N a c h f o l g e r b e s t i m m t e , f ü h r t e O t t o Ernst zwei P r o z e s s e g e g e n d e n Vater, d i e er b e i d e verlor. 1966 schied er n a c h einer A b f i n d u n g aus d e m K o n z e r n aus. A u c h nach s e i n e m Tod sorgte F. d u r c h sein Tes t a m e n t f ü r A u f s e h e n , d a er seinen beiden E n k e l n beträchtlichen g e s c h ä f t s p o l i t i s c h e n E i n f l u ß e i n r ä u m t e u n d d i e R ü c k kehr seines einstigen Vertrauten E b e r h a r d von B r a u c h i t s c h b e s t i m m t e , der w e g e n D i f f e r e n z e n mit S o h n Friedrich Karl a u s g e s c h i e d e n war. LITERATUR: Kurt Pritzkoleit: B o s s e , B a n k e n , B ö r s e n . W i e n / M ü n c h e n 1954. - G ü n t e r O g g e r : F. F. d e r G r o ß e . H a m b u r g 1971. - H e n r y A. T u r n e r : D e u t s c h e G r o ß i n d u s t r i e und d e r A u f s t i e g Hitlers. Berlin 1986. - G e r h a r d M o l l i n : M o n t a n k o n z e r n e und „Drittes R e i c h " . G ö t t i n g e n 1988. - S u s a n n e J u n g : D i e R e c h t s p r o b l e m e der N ü r n b e r g e r P r o z e s s e , dargestellt a m Verfahren g e g e n F. F. T ü b i n g e n 1992. - A l f r e d R e c k e n d r e e s : D a s „ S t a h l t r u s t " - P r o j e k t . D i e G r ü n d u n g der Vereinigte S t a h l w e r k e A . G . und ihre U n t e r n e h m e n s e n t w i c k lung 1 9 2 6 - 1 9 3 3 / 3 4 . M ü n c h e n 2 0 0 0 . Paul Erker

F l i c k e n s c h i i d t , Elisabeth, S c h a u s p i e l e r i n , * 1 6 . 3 . 1 9 0 5 Hamburg, f 2 6 . 1 0 . 1 9 7 7 Stade. F. n a h m in H a m b u r g S c h a u s p i e l u n t e r r i c h t u n d debütierte als B ä u e r i n A r m g a r d in —»Schillers Wilhelm Teil. 1933 holte sie O t t o —> F a l c k e n b e r g an d i e M ü n c h n e r K a m m e r s p i e l e . Weitere E n g a g e m e n t s f ü h r t e n sie 1936 an d a s D e u t s c h e T h e a t e r Berlin u n d 1941 zu G u s t a f —» G r ü n d g e n s an das B e r l i n e r Staatstheater. N a c h d e m Z w e i t e n Weltkrieg spielte F. k u r z e Zeit w i e d e r in M ü n c h e n , e h e sie seit 1947 in D ü s s e l d o r f , seit 1955 a m D e u t s c h e n S c h a u s p i e l h a u s in H a m b u r g M i t g l i e d d e s E n s e m b l e s von G r ü n d g e n s war. Nach dessen T o d trat sie auf zahlreichen T o u r n e e n und Gastspielen auf, ging j e d o c h kein festes E n g a g e m e n t m e h r ein. F.s R e p e r t o i r e u m f a ß t e b e d e u t e n d e C h a r a k t e r r o l l e n , u . a . Frau M a r t h e (Faust), d i e K ö n i g i n im Hamlet, M a t h i l d e von Z a h r n d t ( D i e Physiker). Seit 1935 wirkte sie in zahlreichen F i l m e n mit ( u . a . Der zerbrochene Krug, 1937; Rembrandt, 1942; Faust, 1960). F. schrieb n e b e n ihren E r i n n e r u n g e n Kind mit roten Haaren ( 1 9 7 2 ) u . a . einen R o m a n (Pflaumen am Hut, 1974). 1965 w u r d e F. von der n o r d r h e i n - w e s t f ä l i s c h e n L a n d e s r e g i e r u n g d e r Professorentitel verliehen. c d Munzinger F l i e d n e r , C o n r a d , P h y s i k e r , M a t h e m a t i k e r , * 6. 11. 1809 B r u c h k ö b e l bei H a n a u , t 1 4 . 5 . 1885 H a n a u . F. trat in d e n k u r h e s s i s c h e n Militärdienst ein, quittierte ihn n a c h sieben Jahren u n d studierte in M a r b u r g M a t h e m a t i k und P h y s i k . N a c h einer d r e i j ä h r i g e n T ä t i g k e i t als G e o m e t e r bei der k u r h e s s i s c h e n S t a a t s v e r w a l t u n g w u r d e er 1838 L e h rer f ü r M a t h e m a t i k und P h y s i k an der R e a l s c h u l e M a r b u r g . 1841 an der U n i v . M a r b u r g mit der Arbeit De péndulo, inprimis de péndulo centrifugo p r o m o v i e r t , k a m F. 1842 an d i e R e a l s c h u l e nach H a n a u und w u r d e 1856 o r d e n t l i c h e r L e h r e r a m dortigen G y m n a s i u m . Er g a b m a t h e m a t i s c h e u n d p h y s i k a l i s c h e L e h r w e r k e heraus (u. a. Lehrbuch der Physik, 1876) und schrieb zahlreiche w i s s e n s c h a f t l i c h e A b h a n d l u n g e n . 1877 w u r d e i h m der Professorentitel verliehen. CD Siebert F l i e d n e r , Friederike, g e b . M ü n s t e r , Erzieherin, * 2 5 . 1 . 1800 B r a u n f e l s , t 2 2 . 4 . 1 8 4 2 K a i s e r s w e r t h ( h e u t e zu D ü s s e l d o r f ) . D i e Tochter eines Lehrers und späteren G u t s v e r w a l t e r s arbeitete seit 1826 als Erzieherin im K i n d e r w e r k Düsseltal. 1828 heiratete sie T h e o d o r —>F. und unterstützte ihn in den f o l g e n d e n J a h r e n bei der S e e l s o r g e unter H ä f t l i n g e n u n d d e r Integration entlassener weiblicher S t r a f g e f a n g e n e r , bei d e r G r ü n d u n g von L e h r e r i n n e n s e m i n a r e n und bei der D i a k o n i s s e n a u s b i l d u n g in K a i s e r s w e r t h . 1837 w u r d e sie Vorsteherin d e r D i a k o n i s s e n a n s t a l t ihres M a n n e s . F. starb an den F o l g e n einer zu f r ü h e n E n t b i n d u n g . cd TRE F l i e d n e r , Fritz, e v a n g . T h e o l o g e , * 1 0 . 6 . 1 8 4 5 Kaiserswerth (heute zu D ü s s e l d o r f ) , t 2 5 . 4 . 1901 M a d r i d . D e r S o h n von T h e o d o r —» F. studierte in H a l l e u n d T ü b i n g e n T h e o l o g i e , u . a . bei A u g u s t —»Tholuck und J o h a n n T o b i a s —>Beck. A m P r e u ß i s c h - Ö s t e r r e i c h i s c h e n Krieg 1866 n a h m er als F e l d d i a k o n teil. O s t e r n 1869 reiste er nach S p a n i e n und f a n d K o n t a k t mit R u e t und C a r r a s c o , den F ü h r e r n der e v a n g . B e w e g u n g des L a n d e s . I m f o l g e n d e n J a h r g i n g F. i m A u f t r a g d e s Berliner E v a n g e l i s a t i o n s k o m i t e e s f ü r S p a n i e n n a c h M a d r i d , u m die s p a n i s c h e e v a n g . B e w e g u n g u n d Kirc h e n b i l d u n g zu unterstützen. Er rief in Kastilien, A n d a l u s i e n und A s t u r i e n zahlreiche e v a n g . G e m e i n d e n ins L e b e n und Schloß sie 1899 zur Iglesia E v a n g é l i c a E s p a ñ o l a z u s a m m e n . E r g r ü n d e t e zahlreiche e v a n g . S c h u l e n , drei W a i s e n h ä u s e r und ein K r a n k e n h a u s . D u r c h d i e E i n r i c h t u n g von B u c h h a n d l u n g e n in M a d r i d und B a r c e l o n a s o w i e von i h m geschrieb e n e S c h u l b ü c h e r f ü r Volksschulen trug F. wesentlich zur Verbreitung e v a n g . S c h r i f t t u m s in S p a n i e n bei. F.s a u t o b i o g r a p h i s c h e s Werk Aus meinem Leben. Erinnerungen und Erfahrungen (2 Bde.) erschien 1 9 0 1 / 0 2 . CD N D B

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Fliedner F l i e d n e r , (Georg H e i n r i c h ) T h e o d o r , e v a n g . T h e o l o g e , * 2 1 . 1 . 1 8 0 0 Eppstein/Taunus, t 4 . 1 0 . 1 8 6 4 Kaiserswerth ( h e u t e zu D ü s s e l d o r f ) . F., S o h n eines Pfarrers, studierte in G i e ß e n und G ö t t i n g e n T h e o l o g i e und b e s u c h t e a n s c h l i e ß e n d d a s T h e o l o g i s c h e Sem i n a r H e r b o r n . N a c h z w e i j ä h r i g e r T ä t i g k e i t als H a u s l e h r e r war er 1822-49 P f a r r e r in K a i s e r s w e r t h . A u f Kollektenreisen nach H o l l a n d und E n g l a n d lernte er bei d e n M e n n o n i t e n d a s A m t d e r D i a k o n i s s e k e n n e n . A n g e r e g t d u r c h das W i r k e n Elizabeth Frys in E n g l a n d , ü b e r n a h m er im Z u s a m m e n h a n g mit der G r ü n d u n g der R h e i n i s c h - w e s t f ä l i s c h e n G e f ä n g n i s g e s e l l s c h a f t 1826 die V e r a n t w o r t u n g f ü r S t r a f g e f a n g e n e und -entlassene. G e m e i n s a m mit seiner Frau Friederike —>F., m i t der er seit 1828 verheiratet war, b e g a n n F. 1833 in Kaiserswerth mit der S e e l s o r g e in G e f ä n g n i s s e n . 1835 richtete er e i n e K l e i n k i n d e r s c h u l e in D ü s s e l d o r f ein, 1836 e i n e z w e i t e in K a i s e r s w e r t h , an d i e später e i n e S c h u l e f ü r Kleinkinderlehrerinnen a n g e s c h l o s s e n w u r d e . F.s 1836 z u s a m m e n mit e i n e m K r a n k e n h a u s g e g r ü n d e t e s D i a k o n i s s e n m u t t e r h a u s w u r d e Vorbild f ü r weitere ä h n l i c h e A u s b i l d u n g s - , W o h n und W i r k u n g s s t ä t t e n von D i a k o n i s s e n in D e u t s c h l a n d und im A u s l a n d . 1844 g r ü n d e t e er d i e P a s t o r a l g e h i l f e n a n s t a l t D u i s b u r g , aus der später d i e D i a k o n e n a n s t a l t in S e l b e c k ( M ü l h e i m / R u h r ) h e r v o r g i n g . 1849 brachte F. D i a k o n i s s e n in die U S A u n d g r ü n d e t e das M u t t e r h a u s in Pittsburgh. Er g e h ö r t neben J o h a n n H i n r i c h —> W i c h e r n zu den b e d e u t e n d sten A n r e g e r n der D i a k o n i e , i n s b e s o n d e r e d e s w e i b l i c h e n D i a k o n a t s . F. w a r d e r Vater von Fritz —> F. DP T R E F l i e g e l , (Walter) G o t t h a r d ( W a l d e m a r ) , G e o l o g e , * 2 8 . 1 2 . 1873 N i e d e r - D a m m e r (Kr. S t e i n a u / O d e r ) , t 2 2 . 6 . 1 9 4 7 K l e i n - M a c h n o w bei Berlin. F., S o h n eines Rittergutsbesitzers, Schloß d a s S t u d i u m der G e o l o g i e an der U n i v . Breslau 1898 mit der P r o m o t i o n a b (Die Verbreitung des marinen Oberkarbon in Süd- und Ostasien) und trat 1902 in den D i e n s t der Preuß. G e o logischen L a n d e s a n s t a l t in Berlin. 1911 w u r d e er z u m Bezirks-, 1920 z u m L a n d e s g e o l o g e n u n d 1923 z u m Abteil u n g s d i r e k t o r e r n a n n t . Seit 1919 hatte er e i n e n e b e n a m t liche a u ß e r o r d e n t l i c h e P r o f e s s u r an der L a n d w i r t s c h a f t l i c h e n H o c h s c h u l e Berlin inne. S e i n e g e o l o g i s c h e E r f o r s c h u n g der niederrheinischen T i e f e b e n e f ü h r t e zu n e u e n E r k e n n t n i s sen ü b e r die F o r m a t i o n e n der dortigen B r a u n k o h l e n v o r k o m m e n . F. setzte die A n w e n d u n g w i s s e n s c h a f t l i c h e r M e t h o d e n bei der P l a n u n g und R e a l i s i e r u n g der praktischen Arbeit der L a n d e s a n s t a l t d u r c h . Zu seinen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n g e h ö r e n Uber obercarbonische Faunen aus Ost- und Sudasien (1901), Die miocäne Braunkohlenformation am Niederrhein ( 1 9 1 0 ) und Die Geologie des Nordabfalles der Eifel und des niederrheinischen Tieflandes (1910). CD N D B F l i e g n e r , Albert Friedrich, s c h w e i z e r . Ingenieur, * 1 5 . 9 . 1 8 4 2 Warschau, t 2 1 . 4 . 1 9 2 8 Lugano. F., S o h n eines K a u f m a n n s , w u c h s in H i r s c h b e r g (Schlesien) auf, w o er e i n e S c h l o ß e r l e h r e durchlief, studierte 1862-67 an der Ε Τ Η Z ü r i c h M a s c h i n e n b a u , w a r n a c h der P r o m o tion Assistent und habilitierte sich f ü r d e s k r i p t i v e G e o m e trie und t e c h n i s c h e M e c h a n i k . 1872-1912 w a r er Prof. der theoretischen M a s c h i n e n l e h r e . F. v e r f a ß t e e i n e S t u d i e zur U m s t e u e r u n g von L o k o m o t i v e n ( 1 8 8 1 , 2 1 9 0 0 ) und zahlreic h e A u f s ä t z e i n s b e s o n d e r e zur T h e r m o d y n a m i k s o w i e z u m Bergbahn- und Eisenbahnwesen. CD H L S F l i e r l , J o h a n n , e v a n g . M i s s i o n a r , * 1 6 . 4 . 1858 B u c h h o f (Oberpfalz), t 3 0 . 9 . 1 9 4 7 Neuendettelsau (Mittelfranken). F., S o h n eines Gütlers, k a m 1886 als erster e v a n g . M i s s i o nar nach P a p u a - N e u g u i n e a , d a s d a m a l i g e K a i s e r - W i l h e l m s L a n d , und g r ü n d e t e d i e N e u e n d e t t e l s a u e r M i s s i o n , d e r er bis zu s e i n e m 72. L e b e n s j a h r vorstand. A u s g e h e n d von der

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M i s s i o n s s t a t i o n S i m b a n g , e n t w i c k e l t e sich unter F.s L e i t u n g ein w e i t v e r z w e i g t e s N e t z von 18 H a u p t s t a t i o n e n und einer Vielzahl von S c h u l - und A u ß e n p o s t e n . 2 5 0 0 0 P a p u a s schlossen sich d a m a l s d e m C h r i s t e n t u m an; weitere 1 0 0 0 0 0 standen u n t e r d e m E i n f l u ß der N e u e n d e t t e l s a u e r M i s s i o n , die d i e K e i m z e l l e der nach F.s Tod g e g r ü n d e t e n P a p u a n i s c h e n Kirc h e bildete. Er v e r f a ß t e zahlreiche M i s s i o n s s c h r i f t e n , einige in englischer S p r a c h e . 1936 erschien sein a u t o b i o g r a p h i s c h e s Werk Als erster Missionar in Neuguinea. c d NDB F l i e ß , W i l h e l m , M e d i z i n e r , B i o l o g e , * 2 4 . 1 0 . 1858 A r n s w a l d e (Bez. F r a n k f u r t / O d e r ) , t 1 3 . 1 0 . 1928 Berlin. F. s t a m m t e aus einer alten s p a n i s c h - j ü d i s c h e n F a m i l i e , d i e im 18. Jh. ü b e r H o l l a n d nach P r e u ß e n e i n g e w a n d e r t war. E r studierte an der U n i v . Berlin M e d i z i n ( P r o m o t i o n 1883, Das Piperidin als anaestheticum und die Beziehung desselben zu seinem Homologan Coniin) und bildete sich bei H u g o —> K r o n e c k e r z u m P h y s i o l o g e n aus. S p ä t e r ließ er sich als praktischer A r z t in Berlin nieder und u n t e r n a h m Studienreisen nach Paris, L o n d o n und W i e n . F. w u r d e v o r a l l e m d u r c h seine F o r s c h u n g e n ü b e r d e n Z u s a m m e n h a n g z w i s c h e n N a s e und weiblichen G e s c h l e c h t s o r g a n e n (sein Vater war an einer N a s e n e i t e r u n g g e s t o r b e n ) und d u r c h s e i n e P e r i o d e n l e h r e bekannt. Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Über den ursächlichen Zusammenhang von Nase und Geschlechtsorgan. Zugleich ein Beitrag zur Nervenphysiologie ( 1 9 0 2 , 2 1910), Vom Leben und vom Tod. Biologische Vorträge ( 1 9 0 4 , 5 1 9 2 4 ) , Der Ablauf des Lebens. Grundlegung zur exakten Biologie ( 1906) und Zur Periodenlehre. Gesammelte Aufsätze (1925). Von F. w u r d e S i g m u n d - » F r e u d im K o n z e p t der P s y c h o a n a l y s e a n g e r e g t (Bisexualität, L a t e n z etc.); ihr B r i e f w e c h s e l ( A u s den Anfängen der Psychoanalyse. Briefe. 1887-1902, 1962) ist ein zentrales D o k u m e n t der S e l b s t a n a l y s e F r e u d s . CD W i n i n g e r F l i e ß e r , J o s e p h u s C a l a s a n c t i u s , österr. kath. T h e o l o g e , B i s c h o f von Linz, * 2 8 . 7 . 1 8 9 6 Perg (Oberösterreich), t 1 2 . 6 . 1 9 6 0 Linz. F. studierte T h e o l o g i e und w u r d e 1919 in L i n z z u m Priester g e w e i h t . Z u n ä c h s t K o o p e r a t o r , w i r k t e er 1925-28 als Kaplan d e r D e u t s c h e n N a t i o n a l k i r c h e S a n t a M a r i a d e l l ' A n i m a in R o m . Gleichzeitig studierte er an der P ä p s t l i c h e n H o c h s c h u l e A p o l l i n a r e k a n o n i s c h e s R e c h t und w u r d e 1928 promoviert. N a c h seiner R ü c k k e h r n a c h Österreich w a r er S e e l s o r g e r u n d R e l i g i o n s l e h r e r in Linz, e h e er 1932 als Prof. f ü r k a n o n i s c h e s R e c h t u n d f ü r K u n s t g e s c h i c h t e an d i e P h i l o s o p h i s c h - T h e o l o g i s c h e D i ö z e s a n l e h r a n s t a l t in L i n z b e r u f e n w u r d e . Seit 1933 w a r er a u ß e r d e m in der Verwalt u n g des B i s c h ö f l i c h e n Ordinariats, u. a. als S e k r e t ä r d e s Bis c h o f s und Richter des kirchlichen Gerichts, tätig. 1937 z u m B i s c h ö f l i c h e n Geistlichen R a t e r n a n n t , w u r d e F. 1941 z u m W e i h b i s c h o f von L i n z g e w ä h l t , 1946 e r f o l g t e d i e E r n e n n u n g z u m regierenden D i ö z e s a n b i s c h o f . F. v e r ö f f e n t l i c h t e zahlreic h e Studien und A u f s ä t z e , i n s b e s o n d e r e zur G e s c h i c h t e der sakralen K u n s t O b e r ö s t e r r e i c h s . CD G a t z 4 F l i e s t e d e n , Peter, * nach 1500 Fliesteden bei K ö l n , t 2 8 . 9 . 1 5 2 9 M e i aten bei Köln. F. studierte in K ö l n und Schloß sich der luth. L e h r e an. A l s er i m D e z e m b e r 1527 i m K ö l n e r D o m d e m o n s t r a t i v den G o t t e s dienst störte, i n d e m er w ä h r e n d der Elevation der H o s t i e d a s H a u p t b e d e c k t e und a u s s p u c k t e , w u r d e er w e g e n B l a s p h e m i e verhaftet und vor d e m Inquisitionsgericht als Ketzer angeklagt. N a c h scharfen A n g r i f f e n auf d i e kath. L e h r e und seiner trotz Folter s t a n d h a f t e n W e i g e r u n g zu w i d e r r u f e n w a r er m e h r e r e M o n a t e g e m e i n s a m mit A d o l f —> C i a r e n b a c h inhaftiert, w u r d e z u m Tod verurteilt und mit ihm vor d e n Toren K ö l n s verbrannt. cd NDB

Flitner F l i g e l y , August von, österr. Militär, Kartograph, * 2 6 . 9 . 1 8 1 0 Janow (Galizien), t 1 2 . 4 . 1 8 7 9 Wien. F., Sohn eines k . k . Obersten, besuchte die Theresianische Militärakademie in Wien und war 1836-52 im Generalquartiermeisterstab tätig. Bis 1872 stand er an der Spitze des Militärgeographischen Instituts in Wien. F. gilt als Begründer der Gradvermessungslehre und führte moderne kartographische Techniken ein. Unter seiner Regie wurden zahlreiche Speziai- und Generalkarten angefertigt sowie die dritte Land e s a u f n a h m e Österreich-Ungarns begonnen. Nach F. sind das Kap Fligely auf Franz-Joseph-Land und der FligelyFjord auf Grönland benannt. DP N D B F l i n d t , Paul d.J., auch Flind, Flint, Flinten, Flynten, Vlindt, Paulus, Silberarbeiter, Kupferstecher, getauft 6. 10.1567 Nürnberg, t nach 1631. F., Sohn eines Silberarbeiters, lernte bei seinem Vater und hielt sich in den neunziger Jahren des 16. Jh. längere Zeit in Wien auf, den größten Teil seines Lebens verbrachte er in Nürnberg, w o er 1601 Meister wurde und eine Kupferstecher- und Goldschmiedewerkstatt betrieb. Offensichtlich von Wenzel —>Jamnitzer beeinflußt, entwarf, zeichnete und stach er Ornamente für Pokale, Becher, Kannen und andere Geräte des privaten Gebrauchs. Zumeist bediente sich F. der Technik des Punzenstichs. Durch seine Stichfolgen, die als Entwürfe für Goldschmiedearbeiten dienten, trug er zur Verbreitung des manieristischen Ornamentstils seiner Zeit bei. m A KL F l i n k e r , Robert, Schriftsteller, * 16.7. 1906 Wiznitz (Bukowina), t 15.7. 1945 Bukarest. F. studierte Medizin in Wien, u.a. bei Julius Ritter von —»Wagner von Jauregg. Er arbeitete seit 1930 als Nervenarzt in Deutschland, seit 1932 in Czernowitz, 1936-40 in der Schweiz und seit 1944 in Bukarest. Er veröffentlichte zahlreiche medizinische Abhandlungen, darunter die Studie Jakob Haringer. Eine psychopathologische Untersuchung über Lyrik (1938). In seinem Nachlaß fanden sich eine autobiographische Chronik der Jahre 1940-44, Gedichte, Erzählungen und zwei Romane, die zum Teil postum veröffentlicht wurden ( F e g e f e u e r , 1968; Der Sturz, 1970). F. setzte seinem Leben selbst ein Ende. DD Killy F l i n s c h , Alexander Ferdinand, Unternehmer, * 10.5. 1872 Leipzig, t 5 . 8 . 1 9 4 3 . F. durchlief eine Lehre in der von seinem Großvater Ferdinand Traugott —>F. gegründeten Papiergroßhandlung und war danach in Niederlassungen des Familienunternehmens in Berlin und Nordamerika tätig. Nach seiner Rückkehr 1899 wurde er Mitinhaber der Firma, f ü r die er später in der Zweigstelle Buenos Aires arbeitete. F. war u . a . Präsident des Vereins Berliner Kaufleute und des Reichsverbandes Deutscher Papiergroßhändler sowie Mitglied der Industrieund Handelskammer Berlin. Im Ersten Weltkrieg saß er der Reichskommission zur Sicherstellung des Papierbedarfs vor. CD Reichshandbuch F l i n s c h , Ferdinand Traugott, Unternehmer, * 19.8. 1792 Blankenberg/Saale, t 11. 11.1849 Leipzig. Aus einer alten Papiermacherfamilie stammend, gründete F. nach einer kaufmännischen Ausbildung in Leipzig eine Papierhandlung. Auf Reisen nach Frankreich und England machte er sich mit der maschinellen Papierherstellung vertraut und stellte als einer der ersten sächsischen Papierhersteller 1834 eine Papiermaschine in Penig auf. Mit Hilfe dieser technischen Neuerung konnte F. den expandierenden deutschen Verlagsbuchhandel mit großen Mengen an in Größe, F o r m und Stoff standardisiertem und in der Qualität einheitlichem Papier versorgen und seinen Betrieb zu einem modernen Großunternehmen mit mehreren Filialen ausbauen. Durch ständige Verbesserung der Papierqualität

erwarb sich F. weltweiten Ruf. Er gehörte d e m Vorstand der Kramerinnung an und gründete die erste Leipziger Arbeitsnachweisungsanstalt. CP N D B F l i n t , Otto, Boxsportler, * 1 . 3 . 1 8 9 3 Hamburg, 1 - 2 1 . 8 . 1 9 6 4 Berlin. F. war einer der ersten Berufsboxer Deutschlands. 1911 wurde er in „geschlossener Gesellschaft" - öffentliche K ä m p f e waren damals verboten - durch einen K.o.-Sieg über Paul M o n d erster deutscher Meister im Mittelgewicht; 1913 gab er den Titel kampflos zurück. Mit einem Sieg über W . Metz wurde F. 1919 deutscher Meister im Schwergewicht; im folgenden Jahr verlor er den Titel an Hans Breitensträter. F l i n z e r , Fedor Alexis, Pseud. Alexis Zerflin, Maler, Zeichner, * 4 . 4 . 1 8 3 2 Reichenbach (Vogtland), t 14.6. 1911 Leipzig. F. besuchte seit 1849 die Dresdner Kunstakademie und bildete sich danach im Meisteratelier von Julius —> Schnorr von Carolsfeld für Märchen- und Sagendarstellungen aus. 1859 wurde er als Zeichenlehrer nach Chemnitz, 1873 als städtischer Zeicheninspektor nach Leipzig berufen, w o er die Organisation und Supervision des Zeichenunterrichts an sämtlichen Schulen wahrnahm; gleichzeitig gab er Unterricht am Leipziger Gymnasium. 1895 wurde ihm der Titel eines Prof. verliehen. Mit seinem Lehrbuch des Zeichenunterrichts an deutschen Schulen ( 1876/M 903) begründete F. die wissenschaftliche Methode des Zeichenunterrichts. Als Künstler war er mit Illustrationen zu rund 100 Fabel-, Tier- und Kinderbüchern erfolgreich. F. arbeitete auch f ü r Publikumszeitschriften wie „Die Gartenlaube", „Reclams Universum" und „Daheim". Auf d e m Gebiet der Genremalerei wurde er als Spezialist für Tier- und vor allem Katzendarstellungen bekannt („Sächsischer Katzen-Raffael"). CD A K L F l i r , Alois (Cäsar Kasimir), Pseud. Kasimir Angedairer, österr. kath. Theologe, Schriftsteller, * 7. 10.1805 Angedair (heute zu Landeck, Tirol), t 7 . 3 . 1859 R o m . F., Sohn eines Müllers und Krämers, entschloß sich 1829 sich z u m Priesterberuf und wurde nach d e m Studium der Theologie in Wien und am Priesterseminar Brixen 1833 zum Priester geweiht. 1835 erhielt er eine Professur f ü r Klassische Philologie an der Univ. Innsbruck. 1848 vertrat er das Oberinntal in der Frankfurter Nationalversammlung und k ä m p f t e erfolgreich für den weiteren Verbleib Südtirols im Deutschen Bund. Kurze Zeit am Unterrichtsministerium in Wien tätig, wurde F. 1853 als Prediger, später als Rektor an der deutschen Nationalkirche S. Maria d e l l ' A n i m a in R o m eingesetzt, die er zu einem Studienkonvikt für Priester aus allen deutschsprachigen Diözesen reorganisierte. Seit 1858 war er päpstlicher Hausprälat und Auditor der Sacra Rota Romana. F. verfaßte einige historische Dramen und Erzählungen. Große Popularität erlangten seine Bilder aus den Kriegszeiten Tirols (1846), in denen er anhand von Augenzeugenberichten die Ereignisse des Tiroler Freiheitskampfes von 1809 schildert. CD Killy F l i t n e r , Johann, auch Flittner, Flidner, Johannes, Prediger, Kantor, Dichter, Komponist, * 1. 11. 1618 Suhl, t 7 . 1 . 1678 Stralsund. F., Sohn eines wohlhabenden K a u f m a n n s und Besitzers eines Eisenbergwerks, war 1633-37 Schüler des Schleusinger G y m n a s i u m s und schrieb sich 1637 f ü r das Studium der Theologie in Wittenberg ein, das er seit 1640 in Jena, Leipzig und Rostock fortsetzte. Zu seinen Lehrern gehörten Johannes —»Quistorp d. Ä. und wahrscheinlich auch Joachim —> Lütkemann. 1644 trat F. die Kantorenstelle in G r i m m e n (Vorpommern) an und übernahm 1646 das A m t des Diakons. 1659 floh er mit seiner Familie vor dem brandenburgischen Heer nach Stralsund, wo er das 1661 in Greifswald

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Flitner e r s c h i e n e n e L i e d e r b u c h Himmlisches Lust-Gärtlein verfaßte. 1660 k e h r t e F. nach G r i m m e n zurück. N a c h A u s b r u c h eines zweiten S c h w e d i s c h - B r a n d e n b u r g i s c h e n Kriegs floh er n a c h Stralsund, w o er O p f e r der w e i ß e n R u h r wurde, en MGG F l i t n e r , W i l h e l m (August), P ä d a g o g e , * 2 0 . 8 . 1 8 8 9 B e r k a (Thüringen), f 2 1 . 1 . 1 9 9 0 Tübingen. D e r einer H a n d w e r k e r f a m i l i e e n t s t a m m e n d e F. studierte an d e n U n i v e r s i t ä t e n M ü n c h e n , J e n a und Berlin P h i l o s o p h i e , G e r m a n i s t i k , Anglistik u n d P ä d a g o g i k und w u r d e 1912 in J e n a p r o m o v i e r t . N a c h d e m Krieg unterrichtete er e i n i g e J a h r e an G y m n a s i e n und beteiligte sich a m A u f b a u und der L e i t u n g der V o l k s h o c h s c h u l e Jena. 1923 habilitierte sich F. dort u n d w u r d e 1926 a. o . P r o f . der P h i l o s o p h i e u n d P ä d a g o g i k an der U n i v . Kiel. A l s o . P r o f . der P ä d a g o g i k an der U n i v . H a m b u r g (seit 1929) leitete er d a s S e m i nar f ü r E r z i e h u n g s w i s s e n s c h a f t und das P ä d a g o g i s c h e Institut f ü r d i e A u s b i l d u n g d e r Volksschullehrer. Er leistete einen w e s e n t l i c h e n Beitrag zur E n t w i c k l u n g der P ä d a g o g i k zu einer e i g e n s t ä n d i g e n h e r m e n e u t i s c h - p r a g m a t i s c h e n Geis t e s w i s s e n s c h a f t . Als A n h ä n g e r einer praxisorientierten R e f o r m p ä d a g o g i k b e s c h ä f t i g t e er sich m i t aktuellen F r a g e n der E r w a c h s e n e n b i l d u n g , der L e h r e r b i l d u n g , der Schulref o r m und d e s H o c h s c h u l w e s e n s . Z u seinen H a u p t w e r k e n z ä h l e n Allgemeine Pädagogik ( 1 9 5 0 ) und Die Geschichte der abendländischen Lebensformen (1967). DO H a m b u r g Biogr, B d 2 F l i t z , H e d i , g e b . M ü l l e r , Politikerin, * 2 2 . 2 . 1900 B a d E m s , t 19. 10. 1994 W i l h e l m s h a v e n . F. studierte 1919-24 n e u e r e S p r a c h e n in M a r b u r g , Köln, Freiburg und M ü n c h e n , w u r d e 1924 in M a r b u r g z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t und w a r 1926-33 und w i e d e r seit 1946 e h r e n a m t l i c h in der überparteilichen staatsbürgerlichen F r a u enarbeit tätig. 1952-56 w a r sie f ü r N i e d e r s a c h s e n L a n d e s v o r sitzende d e s D e u t s c h e n F r a u e n r i n g s , seit 1958 stellvertret e n d e B u n d e s v o r s i t z e n d e , 1958-73 Vizepräsidentin der Internationalen F r a u e n - A l l i a n z und d a n a c h deren E h r e n p r ä s i dentin. F. trat 1954 in die F D P ein und w u r d e stellvertret e n d e Vorsitzende des L a n d e s v e r b a n d e s N i e d e r s a c h s e n , 1980 d e s s e n E h r e n m i t g l i e d und 1983 E h r e n m i t g l i e d der N o r d w e s t d e u t s c h e n U n i v e r s i t ä t s g e s e l l s c h a f t W i l h e l m s h a v e n . Seit 1956 g e h ö r t e sie d e m Rat d e r Stadt W i l h e l m s h a v e n an. 1961-65 war F. A b g e o r d n e t e d e s D e u t s c h e n B u n d e s t a g s sow i e M i t g l i e d der B e r a t e n d e n V e r s a m m l u n g d e s E u r o p a r a t s und d e r V e r s a m m l u n g der W e s t e u r o p ä i s c h e n U n i o n . CD M d B F l o d e r e r , W i l h e l m , österr. Kapellmeister, K o m p o n i s t , * 1 0 . 5 . 1843 B r ü n n , t 6 . 4 . 1 9 1 7 M a r i e n b a d ( B ö h m e n ) . F. studierte bei S i m o n —>Sechter in W i e n H a r m o n i e l e h r e und K o n t r a p u n k t und w a r seit 1868 T h e a t e r k a p e l l m e i s t e r . Z u e r s t a m D e u t s c h e n T h e a t e r in B u k a r e s t engagiert, w a r er später in T e m e s v a r , L a i b a c h , L i n z , B r ü n n und an der K o m i s c h e n O p e r in W i e n tätig. N a c h d e m B r a n d d e s W i e n e r R i n g t h e a t e r s 1877 w e c h s e l t e er an das L a n d s c h a f t l i c h e T h e a ter in Linz. F. k o m p o n i e r t e O p e r n ( u . a . Fernando, 1887), M ä n n e r c h ö r e , L i e d e r und K l a v i e r s t ü c k e . M i t der A u f f ü h r u n g der W e r k e A n t o n —> B r u c k n e r s w u r d e er zu dessen V o r k ä m p fer. tu ÖML F l o e c k , O s w a l d , österr. G e r m a n i s t , * 1 2 . 7 . 1 8 7 4 H a r d bei B r e g e n z (Vorarlberg), t 1943 T e p l i t z - S c h ö n a u (TepliceSanov). F., S o h n eines Arztes, studierte seit 1894 T h e o l o g i e in Salzburg, w u r d e 1897 z u m Priester g e w e i h t u n d w a r d a n a c h seelsorgerisch tätig. 1901 w a n d t e er sich in Wien und Berlin d e m S t u d i u m der G e r m a n i s t i k u n d Klassischen P h i l o l o g i e zu ( P r o m o t i o n 1905 in W i e n ) und w u r d e 1904 G y m n a s i a l p r o f e s s o r in L i n z , später in Bielitz (Bielsko) und Prag. Seit 1926 war F. H o n o r a r d o z e n t f ü r d e u t s c h e Literatur an der T H Prag.

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E r v e r f a ß t e e i n i g e literaturhistorische W e r k e , v o r a l l e m ü b e r d i e R o m a n t i k , die Literatur seiner Zeit und die G e s c h i c h t e des R o m a n s , d a r u n t e r Der Scinger auf der Festenburg (Ottokar Kernstock). Sein Leben und sein Werk (1915, 2 1 9 2 3 unter d e m Titel Ottokar Kernstock), Skizzen und Studienköpfe. Beiträge zur Geschichte des deutschen Romans seit Goethe (1918) u n d Heinrich Federer. Leben und Werk (1938). Er g a b u . a . d i e B r i e f e und T a g e b ü c h e r d e s Dichters Z a c h a r i a s —> W e r n e r heraus. DD I G L F l ö g e l , Karl Friedrich, Literaturhistoriker, * 13. 12. 1729 J a u e r (Schlesien), t 7 . 3 . 1788 Liegnitz. F., S o h n eines Lehrers, b e s u c h t e zunächst d a s G y m n a s i u m in Jauer, d a n n (1748) das G y m n a s i u m St. M a r i a M a g d a l e n a in Breslau. Seit 1752 studierte er T h e o l o g i e in H a l l e bei S i e g m u n d J a k o b —» B a u m g a r t e n , bei C h r i s t i a n —> Wolff P h i l o s o p h i e und bei G e o r g Friedrich Meier Philosophie und Ä s t h e t i k . D a m a l s w a r er a u c h M i t g l i e d der von J o h a n n G o t t lieb —»Schummel u n d G o t t l o b S a m u e l Nicolai g e g r ü n d e t e n studentischen „ G e s e l l s c h a f t der F r e u n d e der s c h ö n e n Wiss e n s c h a f t e n " . 1754 k e h r t e er als c a n d . theol. nach J a u e r zurück. N a c h längerer Zeit als H a u s l e h r e r in Schlesien w u r d e er 1761 L e h r e r a m G y m n a s i u m M a g d a l e n a n u m in B r e s l a u und bereits ein J a h r später Prorektor. 1773 w u r d e er z u m R e k t o r d e s G y m n a s i u m s in Jauer e r n a n n t , 1774 z u m Prof. der P h i l o s o p h i e an der R i t t e r a k a d e m i e in Liegnitz b e r u f e n . F. w u r d e b e k a n n t durch die erste d e u t s c h e G e s a m t d a r s t e l l u n g einer Geschichte der komischen Literatur (4 Bde., 1784-87). A l s F o r t s e t z u n g seiner A r b e i t e n erschien n a c h s e i n e m Tod 1788 e i n e Geschichte des Groteskkomischen. Ein Beitrag zur Geschichte der Menschheit, eine Geschichte der Hofnarren (1789) und schließlich e i n e Geschichte des Burlesken (1794). S e i n e S t u d i e n waren partiell Voraussetzung f ü r die d e u t s c h e h u m a n i s t i s c h e Literatur u m 1800. S e i n e n Fragestellungen und seinen A n s ä t z e n n a c h m u ß er zu d e n a u f k l ä r e rischen K u l t u r h i s t o r i k e r n gezählt w e r d e n . Z u g l e i c h w a r er durch seine f r ü h e Geschichte des menschlichen Verstandes (1765, 2 1 7 7 3 , 3 1 7 7 6 ) einer der profiliertesten Vertreter einer aufklärerischen empirischen Anthropologie. WEITERE WERKE: E i n l e i t u n g in d i e E r f i n d u n g s k u n s t . B r e s lau / L e i p z i g 1760. - Versuch ü b e r d e n G e s c h m a c k von A l e x a n d e r Gerard, nebst zwei A b h a n d l u n g e n ü b e r d i e s e M a t e r i e von H e r r n von Voltaire und H e r r n von A l e m b e r t , aus d e m E n g l i s c h e n übersetzt. B r e s l a u 1766. LITERATUR: G . G l e i ß b e r g K. F. F. In: S c h l e s i s c h e L e b e n s bilder. Bd. 3. B r e s l a u 1928, S. 185-190. Hans Erich

Bödeker

F l ö r c h i n g e r , Martin, Schauspieler, * 9 . 1 0 . 1 9 0 9 Geisenh a u s e n , t 2 7 . 1 0 . 2 0 0 4 Vilsbiburg. D e r S o h n der S c h a u s p i e l e r E r n s t F. u n d A n n a P a i n t n e r studierte 1929-31 an der S c h a u s p i e l s c h u l e in L e i p z i g und erhielt a n s c h l i e ß e n d E n g a g e m e n t s a m dortigen A l t e n T h e a ter s o w i e in Stettin, G e r a , F r a n k f u r t / M a i n , D o r t m u n d und K ö n i g s b e r g . N a c h Kriegseinsatz und G e f a n g e n s c h a f t spielte er 1948-53 a m L e i p z i g e r S c h a u s p i e l h a u s , 1953-56 a m D e u t schen T h e a t e r in Berlin (Ost) und 1956-75 a m Berliner E n s e m b l e . F. v e r k ö r p e r t e zahlreiche C h a r a k t e r r o l l e n , u. a. den H a m l e t und d e n P h i l i p p i m Don Carlos, v o r allem a b e r in m e h r als 5 0 0 A u f f ü h r u n g e n d i e Titelrolle in Schweyk im Zweiten Weltkrieg. M e h r f a c h f ü h r t e er a u c h R e g i e und unterrichtete s o w o h l an der T h e a t e r h o c h s c h u l e L e i p z i g als a u c h an der Staatlichen S c h a u s p i e l s c h u l e Berlin. Seit A n f a n g der f ü n z i g e r J a h r e w i r k t e er in zahlreichen F i l m p r o d u k t i o nen mit, d a r u n t e r König Drosselbart (1965), Käuzchenkuhle (1969) und Der Leutnant vom Schwanenkietz (1974). F. verließ d i e D D R 1975 u n d war d a n a c h bis 1999 an den M ü n c h ner K a m m e r s p i e l e n engagiert.

Flohn Flörcken,

Heinrich (Heinz) (Anton Adolf), Chirurg, * 1 4 . 6 . 1 8 8 1 Paderborn, t 9 . 2 . 1958 Königstein/Taunus. F. studierte an den Universitäten München, Kiel und Würzburg Medizin. Nach der Promotion 1905 in Würzburg (Untersuchungen Uber die Lebensfähigkeit von Epidermiszellen) einige Jahre Assistent bei M a x Westenhöffer in Berlin und bei Eugen —> Enderlen in Wurzburg, bildete er sich in Pathologie und Chirurgie fort. Seit 1911 war F. als leitender Arzt am Landeshospital Paderborn tätig und wurde 1920 Chefarzt an der Chirurgischen Klinik des St.-Marien-Krankenhauses in F r a n k f u r t / M a i n . 1925 habilitierte sich F. an der Univ. Frankfurt und wurde 1931 a. o.Prof., 1940 api. Prof. der Chirurgie. F. veröffentlichte Das heilende Skalpell (1947) und mehr als 175 Aufsätze in medizinischen Fachzeitschriften.

Floericke,

Curt (Ehrenreich), auch Kurt E. F., Pseud. Ahasver, Ernst Hüller, Konrad Ribbeck, Ornithologe, * 2 3 . 3 . 1 8 6 9 Zeitz, t 29. 10. 1934 Stuttgart. F., der bereits in seiner Gymnasialzeit einen ornithologischen Verein gründete, studierte in Breslau und Marburg Naturwissenschaften, insbesondere Zoologie. Nach der Promotion 1892 ( Versuch einer Avifauna von Preussisch-Schlesien) war er Assistent am Zoologischen Institut der Univ. Marburg. Im folgenden Jahr gab er diese Stelle auf und unternahm acht Jahre lang Forschungsreisen u. a. nach Südosteuropa, Südamerika und in den Nahen Osten. 1902-07 wertete F., in Wien lebend, die auf den Reisen gewonnenen Erfahrungen aus. 1907 übersiedelte er nach Stuttgart und arbeitete für mehrere naturwissenschaftliche Zeitschriften. 1926 gründete er auf der Halbinsel Mettnau am Bodensee die Süddeutsche Vogelwarte, die erste deutsche Vogelberingungsstation, und leitete diese Einrichtung bis zu seinem Tod. F. rief die Naturschutzbewegung in Deutschland ins Leben und regte die Gründung von Naturschutzparks an. Er veröffentlichte u. a. Naturgeschichtliche Plaudereien (1925), Das Vogelbuch von Vogelsberg, Wetterau und Rhön (1925) und Der deutsche Wald und seine Vögel (1935). m DLL

Floerke,

Hanns, Kunsthistoriker, Schriftsteller, * 2 5 . 3 . 1875 Weimar, t 1944. F. studierte Jura, Nationalökonomie, Kunstwissenschaft, Germanistik und Philosophie an den Universitäten Rostock, M ü n c h e n und Basel. 1901 wurde er in Basel zum Dr. phil. promoviert (Der niederländische Kunsthandel im XVII. und XVIII. Jahrhundert) und ging 1903 nach München, w o er bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs als Privatgelehrter lebte. Seit 1907 stand er als literarischer Berater in Kontakt mit d e m Georg Müller Verlag. 1919 trat F. als Redakteur und Lektor in den Verlag Albert L a n g e n / G e o r g Müller ein und war nach 1933 Verlagsdirektor und Vorstandsmitglied. F. verfaßte einige kunst- und literaturwissenschaftliche Werke, u. a. über die Kunst der Renaissance. Er war Übersetzer und Herausgeber zahlreicher Werke insbesondere der französischen und italienischen Literatur. CD D L L

Floerke,

Heinrich Gustav, Botaniker, * 24. 12. 1764 Alt-Kalen (Mecklenburg), t 6. 11.1835 Rostock. Der Sohn eines Pfarrers war nach dem Studium der Theologie und einer Tätigkeit als Hauslehrer drei Jahre lang Pfarrer in Mecklenburg. 1797 gab er sein A m t auf und kam über das Studium der Medizin zur Botanik. Sechzehn Jahre lang arbeitete F. an der Fortsetzung der Ökonomischtechnologischen Encyklopädie von Johann Georg —> Krünitz. Daneben war er Bibliothekar der Gesellschaft der Naturforschenden Freunde in Berlin und gab verschiedene kurzlebige Zeitschriften heraus. 1816 wurde F. in der Nachfolge von Ludolf Christian —»Treviranus Prof. der Naturgeschichte an der Univ. Rostock. 1820 erfolgte die A u f n a h m e in die

Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. F.s Forschungsinteresse galt der systematischen Botanik, vor allem den Flechten, aber auch der Zoologie (Das Pferd und die Pferdezucht, 1808). Zahlreiche Flechtenarten wurden nach ihm benannt. CD N D B

Flösset,

Auguste, Schauspielerin, * 17.10. 1859 Bunzlau, t 3 . 5 . 1926. Die Tochter eines Baumeisters ergriff den Schauspielberuf und k a m nach mehreren Engagements an kleineren Bühnen 1877 an das Residenztheater in Dresden. Im folgenden Jahr wechselte sie an das Berliner, 1879 an das Hamburger Stadttheater, wurde am Theater an der Wien verpflichtet und spielte 1882-96 am Leipziger Stadttheater. Nach 1896 ging F. keine festen Engagements mehr ein und trat nur noch auf Gastspielreisen auf. Ihr Repertoire umfaßte vor allem naive Rollen. F l ö t e r , Hubertus (Hubs), Photograph, * 1910 Köln, t 1974 München. F. besuchte 1 9 2 7 / 2 8 die Gewerbeschule Köln und studierte 1929-31 an der Bayerischen Staatslehranstalt für Lichtbildwesen in München. 1932-34 war er in der Photowerkstätte Hugo Schmölz in Köln und 1935-38 im Atelier Binder in Berlin tätig, das er 1938 übernahm. F., seit 1933 Mitglied der N S D A P , arbeitete vor allem für Zeitschriften wie „Die Neue Linie", „Die M o d e " und „Hella". 1 9 4 0 / 4 1 war er Leiter der Bildstelle der Ufa in Berlin, 1941-45 Photograph in einer Propagandakompanie. Nach 1945 entstanden u . a . Bildzyklen über Stuttgart, Köln und München. Seit 1950 widmete sich F. erneut der Mode, war für die Zeitschriften „Film und Frau" und „Constanze" tätig und entwickelte sich zu einem führenden Photographen der Bundesrepublik Deutschland. m A KL

Flötner,

Peter, auch Flattner, Fledner, Flätner, Flettner, Flödner, Flottner, Zeichner, Kunsthandwerker, * um 1 4 8 5 / 9 0 , t 23. 10.1546 Nürnberg. F. lebte wahrscheinlich um 1512-18 in Augsburg. Der starke Einfluß der italienischen Renaissance auf sein Werk läßt vermuten, daß er sich längere Zeit in Italien aufgehalten hatte. 1522 wurde er Bürger von Nürnberg, wo er als Ornamentzeichner, Kleinbildner, Kunsttischler und Holzschneider sowie als Baumeister tätig war. F., der zu Lebzeiten offensichtlich wenig Erfolg hatte und häufig in finanziellen Schwierigkeiten steckte, gilt heute als einer der Exponenten der Nürnberger Kunst in der Generation nach Albrecht —> Dürer und den Brüdern —>Beham. A u s seinem überaus vielseitigen Werk (60-70 signierte, 300-350 sicher zugeschriebene Werke) ragen vor allem die Modelle für Plaketten, die als Vorlagen f ü r Keramiken und Metallarbeiten dienten, sowie seine dekorativen Entwürfe im Holzschnitt hervor. F. verwandte häufig antike und religiöse Motive, aber auch Themen aus der deutschen Geschichte (Plakettenserie Die zwölf ältesten deutschen Könige). OD A K L F l o h n , Hermann, Meteorologe, * 19.2. 1912 F r a n k f u r t / Main, t 2 3 . 6 . 1 9 9 7 Bonn. F., Sohn eines Stadtamtmanns, studierte an den Universitäten F r a n k f u r t / M a i n und Innsbruck Geographie, Meteorologie und Geologie, wurde 1935 in Frankfurt mit der Dissertation Beiträge zur Problematik der Talmäander promoviert und habilitierte sich 1943 an der Univ. Würzburg mit der Arbeit Witterung und Klima in Deutschland. Entwurf zu einer allgemeinen Klimatologie Mitteleuropas. 1935-45 war er beim Reichswetterdienst, seit 1946 beim Deutschen Wetterdienst in der U S - Z o n e tätig. 1953-61 war er api. Prof. an der Univ. Würzburg, 1952-61 Leiter der Forschungsabteilung des Deutschen Wetterdienstes und 1961-77 o.Prof. an der Univ. Bonn. F. erforschte die Zirkulation der Atmosphäre,

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Flohr besonders der tropischen Breiten und arbeitete auf dem Gebiet der Paläoklimatologie. Er veröffentlichte u. a. Witterung und Klima in Mitteleuropa (1954), Vom Regenmacher zum Wettersatelliten ( 1968), Possible climatic consequences of a manmade global warming (1980), Probleme der Klimaänderiingen in Vergangenheit und Zukunft (1985), Treibhauseffekt der Atmosphäre. Neue Fakten und Perspektiven ( 1990) und Meteorologie im Übergang (1992). Seit 1961 war F. Mitglied der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften, seit 1966 der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina und seit 1977 der Rheinisch-Westfälischen A k a d e m i e der Wissenschaften.

Flohr,

(Wilhelm Hermann) Carl, Fabrikant, * 2 2 . 2 . 1 8 5 0 Harsum bei Hildesheim, t 3 0 . 3 . 1927 Babelsberg (heute zu Potsdam). F., Sohn eines Tischlermeisters, studierte 1873-76 Maschinenbau an der Gewerbeakademie Berlin und trat in den Dienst der Eisenbahndirektion Berlin, wo die Planung sowie der Bau von Brücken und Bahnhofsgebäuden zu seinen Aufgaben gehörten. Nach kurzer Tätigkeit als Abnehmerund Prüfingenieur übernahm er eine kleine Maschinenfabrik in Berlin, die sich mit Mühlenbau beschäftigte. Durch die Herstellung von Lasten- und Personenaufzügen, den Zukauf einer Maschinenfabrik in Berlin 1888 und den Neubau einer Montagehalle zur Herstellung von Kränen und Eisenkonstruktionen in Wittenau 1910 baute F. sein Unternehmen zu einem modernen Großbetrieb aus. Er verfaßte Abhandlungen über Sicherheit und Unfallschutz beim Bau und Betrieb von AufzUgen, deren Ergebnisse in die polizeilichen Sicherheitsvorschriften ü b e r n o m m e n wurden. t u NDB F l o h r , Justus, Ingenieur, * 4 . 6 . 1855 Hamburg, t 13.6. 1933 Bad Pyrmont. Nach einer Ausbildung zum Maschinenbauer trat F., Sohn eines Maschinenfabrikanten, 1878 in die Stettiner VulcanWerft ein; 1898 wurde er leitender Maschinenbaudirektor, 1909 Vorsitzender des Direktoriums. Unter seiner Leitung wurden um die Jahrhundertwende die Kolbenmaschinen von Schnelldampfern sowie Maschinen und Turbinen für Linien-, Handels- und Kriegsschiffe entwickelt. Der Dampfer „Kaiser Wilhelm der Große" errang mit einer unter F.s Regie entwickelten Kolbenmaschine das Blaue Band des Atlantiks. DD N D B

Flor,

Christian, Komponist, Musiker, * 1626 Neukirchen bei Oldenburg (Holstein), t 2 8 . 9 . 1 6 9 7 Neukirchen bei Eutin. F., Sohn eines Pastors, erhielt seine erste Anstellung 1652 als Organist an der St. Marienkirche in Rendsburg. Spätestens 1654 wurde er Organist an der St. Lambertikirche in Lüneburg, die Uber eine der bedeutendsten Orgeln der damaligen Zeit verfügte. Seit 1676 übernahm er auch die Organistenstelle an der städtischen Hauptkirche St. Johannis, an der er bereits seit 1668 als Substitut des Organisten Franciscus Schaumkell tätig gewesen war. Als Orgelsachverständiger reiste F. u. a. nach Dannenberg, Stade und Hamburg zur A b n a h m e der Schnitger-Orgeln der St. Nicolaikirche (1687) und der St. Jacobikirche (1693). Für Johann —> Rist vertonte er 1660-62 die beiden Teile der Liedersammlung Neues musikalisches Seelenparadis. Zu F.s Kompositionen zählen ferner Vokalwerke ( u . a . Hochzeitlicher Freudensegen, 1656), Passionsmusik, Orgel- und Cembalowerke. m

S H B L , Bd 7

F l o r , Ferdinand, auch Flohr, Maler, * 22. 1. 1793 Hamburg, t 5 . 4 . 1881 R o m . Der aus wohlhabender Familie stammende F. erhielt früh Zeichen- und Gesangsunterricht, wurde vom Vater zum Juristen bestimmt, erhielt nach dessen Tod eine künstlerische Ausbildung bei Johann Heinrich Wilhelm —» Tischbein in

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Eutin, danach in Dresden und M ü n c h e n . 1819 wanderte er nach Italien und lebte 1820-30 in R o m . Nach mehreren Reisen, die ihn u. a. nach Florenz, England und Paris führten, kehrte er 1834 nach R o m zurück und nahm dort, unterbrochen durch einen Aufenthalt in Deutschland 1844-53, seinen ständigen Wohnsitz. F. malte überwiegend Porträts (u. a. der Königinnen von England und Neapel) und Genrestücke, aber auch religiöse Motive und Reproduktionen italienischer Meisterwerke. Er pflegte engen Kontakt mit d e m Deutschen Künstler-Verein in R o m und wurde 1875 zu dessen Ehrenmitglied ernannt. Bekannt wurde F. vor allem als Organisator des gesellschaftlichen Lebens der deutsch-römischen Künstlerschaft (Soireen, tableaux vivants, Karnevalsgesellschaften). CD A KL

Flor,

(Karl) Wilhelm, Pseud. M. Richter, Jurist, Kirchenpolitiker, * 2 3 . 5 . 1882 Oldenburg, t 26. 11. 1938 Leipzig. F., Sohn eines Juristen und Ministerialbeamten, studierte in München, Leipzig und Berlin Jura, war Amts- und Landesrichter in Oldenburg und kam 1931 an das Reichsgericht in Leipzig, w o er 1933 zum Reichsgerichtsrat ernannt wurde. Im Nebenamt war er 1925-33 im evangelisch-lutherischen Oberkirchenrat in Oldenburg tätig. Nach 1933 leistete F. in den Auseinandersetzungen zwischen den „Deutschen Christen" um Reichsbischof Ludwig —> Müller und den gegen ihn opponierenden evang. Bekenntnisgemeinschaften und Landeskirchen den letzteren engagierten juristischen Beistand. 1934 wurde er in die erste Vorläufige Kirehenleitung berufen. Gegen die Gleichschaltungspolitik der nationalsozialistischen Regierung gerichtet, vertrat er den Standpunkt des sogenannten „Bekenntnisrechts", wonach „die Kirche unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechts in Sachen ihrer Lehre und Ordnung selber zu urteilen und zu entscheiden berufen sei". Mit zahlreichen Rechtsgutachten und Artikeln unterstützte er die Bekennende Kirche, in der er selbst leitende Funktionen übernahm, seit 1937 die des Präsidenten der sächsischen Bekenntnissynode. F. veröffentlichte u. a. Kirche und Recht (1934) und Um unsere Kirche (1937, unter Pseudonym). DP Leb Nieders, Bd 6

Florath,

Albert, Schauspieler, Regisseur, * 7. 12. 1888 Bielefeld, t 11.3. 1957 Gaildorf (Württemberg). F. begann 1908 seine schauspielerische Karriere, die ihn kurze Zeit später ins Ensemble der M ü n c h n e r Kammerspiele führte. 1922-45 war er am Staatstheater in Berlin engagiert, wo er u . a . unter M a x —» Reinhardt und Jürgen —»Fehling arbeitete. Nach Kriegsende spielte F. bis 1949 am Neuen Theater in Stuttgart, 1951-53 an der K o m ö d i e in Berlin. Daneben gab er zahlreiche Gastspiele, u . a . an der Jungen B ü h n e in Hamburg. F. spielte ernste und komische Partien. Als seine Glanzrolle gilt die Gestaltung des Geizigen in der gleichnamigen K o m ö d i e von Molière. F. wirkte in mehr als 200 Filmen mit (u.a. Der Biberpelz, 1937; Das Haus in Montevideo, 1951; Wenn der weiße Flieder wieder blüht, 1953). CD Munzinger F l o r e n c o u r t , Franz Chassot von, Journalist, * 4 . 7 . 1 8 0 3 Braunschweig, t 9. / 1 0 . 9 . 1886 Paderborn. F. studierte in Marburg Jura und Staatswissenschaft, engagierte sich in der Burschenschaftsbewegung und wurde 1834 im R a h m e n der sogenannten Demagogenverfolgung in Kiel inhaftiert. 1838 kam er durch die Vermittlung des liberalrevolutionären Dozenten Ludolf —> Wienbarg in die Redaktion der „Literarischen und kritischen Blätter der Börsenhalle" und war für verschiedene Zeitungen journalistisch tätig. In den revolutionären Vorgängen der Jahre 1 8 4 8 / 4 9 ergriff F., der mit Karl —»Marx verschwägert war, für die extreme Rechte Partei. 1851 trat er zum Katholizismus über und setzte sich u. a. in Wien und Köln publizistisch für die kath. B e w e g u n g ein, bekämpfte jedoch zusammen mit den

Floß Altkatholiken das Vatikanum. Seit 1858 lebte er als Beamter in Paderborn. F. veröffentlichte u . a . Zur preußischen Verfassungsfrage ( 1847) und Meine Bekehrung zur christlichen Lehre und christlichen Kirche (1852). CH A D B F l o r e n t i n i , Theodosius, Taufname: Anton Crispin, schweizer. Kapuziner, Theologe, Sozialreformer, * 2 3 . 5 . 1 8 0 8 Münster (Kt. Graubünden), t 15.2. 1865 Heiden (Kt. Appenzell). F., Sohn eines Bergbauern, trat 1825 in den Kapuzinerorden ein, absolvierte sein philosophisch-theologisches Studium, empfing 1830 die Priesterweihe und wurde 1831 Novizenmeister in Solothurn. 1832-38 war er Novizenmeister und Lektor f ü r Philosophie und Theologie, 1838-41 Guardian in Baden, w o er das Programm einer Frauenkongregation f ü r Schule und Caritas entwickelte. Bei der Aargauer Volkserhebung 1841 wurde er als „Aufwiegler" verurteilt, konnte aber fliehen. 1845-58 war F. Hofpfarrer in Chur, 1857-60 Definitor der Schweizerischen Kapuzinerprovinz in Chur; 1860 wurde er Generalvikar des Churer Bischofs, seines Vetters Nikolaus Franz F. F. setzte sich für eine Verbesserung der Schulbildung und der Lebensverhältnisse der armen Bevölkerung ein. 1844 und 1856 gründete er zwei Schwesternkongregationen in Menzingen und Ingenbohl. Er rief Industriebetriebe unter klösterlicher Leitung ins Leben, u . a . eine Baumwollfabrik in B ö h m e n und eine Papierfabrik im Kanton St. Gallen, die jedoch finanziell scheiterten. F. war auch als Erbauungsschriftsteller tätig ( u . a . Leben der Heiligen Gottes, 4 Bde., 1861-64, 3 1888). m Gatz 4 F l o r e n z von Wevelinghoven, Bischof von Münster und Utrecht, auch Florentinus, Floris, t 4 . 4 . 1393 Schloß Hardenberg bei Utrecht. F. kam j u n g in das Kölner Domkapitel und war seit 1356 dessen Subdekan, seit 1360 päpstlicher Nuntius und Kollektor für die Diözese Köln. 1364 wurde er Bischof von Münster, 1379 Bischof von Utrecht. In beiden Diözesen gelang es F., an den Adel verlorene bischöfliche Herrschaftsrechte zurückzugewinnen, zu einem Ausgleich mit den Ständen zu k o m m e n und den Landfrieden wiederherzustellen. Unter seinem Utrechter Episkopat entstand die von d e m Prediger Gert Groote angeregte Vereinigung der Brüder vom Gemeinsamen Leben. Auf F.' Anregung verfaßten —»Johannes von Hildesheim die Legende der Heiligen Drei Könige und ein unbekannter Autor die älteste erhaltene Chronik der Bischöfe von Münster. CD Gatz 1 F l o r e n z , Karl Adolf, Japanologe, * 10. 1. 1865 Erfurt, t 1.4. 1939 Hamburg. F., Sohn eines Lehrers und Domorganisten, studierte an der Univ. Leipzig Germanistik, vergleichende Sprachwissenschaft und orientalische Sprachen. Nach der Promotion wandte er sich der Japanologie zu. 1888 reiste F. nach Japan und wurde im folgenden Jahr Lektor für deutsche Sprache und Literatur, 1891 o . P r o f . der Deutschen Philologie und später auch f ü r Vergleichende Sprachwissenschaft an der Univ. Tokio. 1914 folgte er einem Ruf als o . P r o f . der Japanologie an das Kolonial-Institut in Hamburg, das später in die Univ. integriert wurde. F. gilt als der eigentliche Begründer der Japanologie in Deutschland. Er verfaßte eine Geschichte der japanischen Literatur (1906, 2 1909, Nachdr. 1969). 1899 verlieh die Univ. Tokio F. als erstem Ausländer ihre höchste Ehrung, den Bungaku-hakushi. CD N D B F l o r i a n , Friedrich Karl (Fritz), Gauleiter, * 4 . 2 . 1 8 9 4 Essen, t 24. 10.1975 Mettmann. F., Sohn eines Oberbahnmeisters, wurde 1912 preuß. Grubenbeamter. 1914 Kriegsfreiwilliger, war er nach der Rückkehr aus britischer Kriegsgefangenschaft 1920-29 wieder als Grubenbeamter tätig. 1920 trat er in den Deutschvölkischen

Schutz- und Trutzbund ein, war 1923 Mitgründer des Westfalentreubundes und wurde 1925 Mitglied der N S D A P und der SA. 1930-45 war er Gauleiter des Gaues Düsseldorf und Mitglied des Reichstags. 1933 wurde er preuß. Staatsrat. 1936 in die Reichsleitung der N S D A P berufen, wurde er 1942 Reichsverteidigungskommissar für den Gau Düsseldorf. 1945 in amerikanische Gefangenschaft geraten, wurde er 1949 zu sechseinhalb Jahren Haft und Geldstrafe verurteilt, jedoch bereits 1951 entlassen. t u Lilla, Statisten F l o r i n , Franz Philipp, auch Florinus, evang. Theologe, Schriftsteller, * 1649 Schwelm (Westfalen), t 3 0 . 1 0 . 1699 Edelsfeld bei Sulzbach (Oberpfalz). Der Sohn eines Rektors und späteren Pfarrers studierte 1670 an der Univ. Altdorf, war 1671-74 Vikar in Eismannsberg und wurde dann Rektor und herzoglicher Bibliothekar in Sulzbach. Seit 1679 wirkte F. als Pfarrer in Rosenberg, seit 1681 in Edelsfeld und Kürmreuth. Daneben kompilierte er das 1702 unter dem N a m e n Florinus erschienene, u . a . von Johann Christoph Donauer mitverfaßte, neunbändige Werk Oeconomicus prudens. Das Lehrbuch über Landwirtschaft und Haushaltsführung, Ackerbau und Viehzucht, Bauwesen und Baumaterialien sowie Tieranatomie und Tiermedizin, das sich auch gegen ländlichen Aberglauben wandte, markiert den Übergang zur Literatur der Aufklärung und gilt als Höhepunkt der deutschen Hausväterliteratur. CD N D B F l o r i n , Wilhelm, Politiker, * 16.3. 1894 Köln, t 5 . 7 . 1944 Moskau. Der aus einer kath. Arbeiterfamilie stammende F. durchlief eine Nieterlehre. Anfangs der sozialdemokratischen Arbeiterjugend angehörend, Schloß er sich 1917 der U S P D an, trat 1920 in die K P D ein, wurde 1923 hauptamtlicher Funktionär der Partei und gehörte 1924-33 dem Reichstag an. An der Organisation des Ruhrstreiks war F. maßgeblich beteiligt. Als Mitglied des Zentralkomitees (seit 1925) und des Politbüros (seit 1929) war F. ein Vertrauter Ernst —»Thälmanns. 1933 emigrierte er in die Niederlande und wirkte später mit Wilhelm —> Pieck und Franz —> Dahlem am A u f b a u der KPD-Auslandsleitung in Paris mit. Seit 1935 lebte F. in Moskau und nahm zahlreiche Ämter in der Auslandsorganisation der K P D sowie in der Komintern wahr. Er unterstützte die Wendung der Komintern zur Volksfrontstrategie und unterzeichnete den Volksfrontaufruf von 1936. Während des Zweiten Weltkriegs gehörte F. zu den Begründern des Nationalkomitees Freies Deutschland. CD B H d E , Bd 1 F l o r s c h ü t z , Eucharius, Komponist, Musiker, Musikpädagoge, * getauft 5 . 5 . 1756 Oberlauter bei Coburg, t 2 0 . 3 . 1831 Rostock. F., Sohn eines Schneiders, erhielt zunächst Unterricht bei Georg —> Immler, Schullehrer in Oberlauter, und beim Coburger Kantor Paul Immler, dann beim Nikolai-Organisten Johann Christoph Escherich in Stralsund und wurde 1791 als Organist an St. Jakobi in Rostock angestellt. 1807 wechselte er zu St. Marien. In Rostock veranstaltete und leitete F. öffentliche Konzerte, gab Musikunterricht und war als Kommissionär für Breitkopf & Härtel und das Bureau d e musique in Leipzig tätig. Er komponierte Vokal- und Instrumentalmusik. Zahlreiche in Briefen und anderen Quellen erwähnte Werke gelten als verloren, darunter das 1790 aufgeführte Singspiel Der Richter und die Gärtnerin. Den bei weitem größten Teil des erhaltenen Schaffens F.' macht seine Klaviermusik aus, die stilistisch von —»Mozart ausgeht. CD M G G F l o ß , (Joseph) Heinrich, kath. Theologe, * 2 9 . 7 . 1819 Wormersdorf bei Rheinbach, t 4 . 5 . 1881 Bonn. Der aus einer bäuerlichen Familie s t a m m e n d e F. studierte an der Univ. Bonn und wurde 1841 zum Dr. phil. promoviert. 1842 zum Priester geweiht, kam er als Kaplan zu Anton

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Flossmann Joseph —»Binterim nach Bilk bei Düsseldorf, der sein Interesse für Kirchengeschichte weckte. 1846 wurde F. Repetent am Theologischen Konvikt in Bonn und erwarb im selben Jahr den theologischen Doktortitel. 1847 habilitierte er sich an der Univ. Bonn und wurde dort 1854 a. o. Prof. der Kirchengeschichte und des Neuen Testaments, 1858 o. Prof. der Moraltheologie. In den sechziger Jahren war F. Vorkämpfer der Gleichberechtigung der Katholiken an den preuß. Universitäten. Nach dem Ersten Vatikanischen Konzil 1 8 6 9 / 7 0 hielt er sich als einziger Ordinarius der Theologischen Fakultät von der Altkatholischen Kirche fern und bewahrte die Fakultät dadurch vor der drohenden Schließung, daß er zusammen mit zwei a. o. Professoren die gesamte Lehre Ubernahm. m NDB F l o s s m a n n , Ferdinanda, österr. Politikerin, * 1 2 . 3 . 1 8 8 8 Wien, t 13.7. 1964 Linz. Nach dem Besuch der Handelsschule trat F. als Bibliothekarin in den österr. Staatsdienst ein. 1918 wurde sie Mitglied der S P Ö . 1925-31 gehörte sie d e m Oberösterreichischen Landtag und 193034 dem Nationalrat an. Nach d e m „Anschluß" Österreichs an das Deutsche Reich wurde sie wegen ihrer Betätigung f ü r die illegale B e w e g u n g der Revolutionären Sozialisten mehrfach inhaftiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg leitete F. das Parteisekretariat der niederösterreichischen S P Ö und war 1945-59 erneut Mitglied des Nationalrats. Als erste Frau in der Geschichte des österr. Parlaments nahm sie die Position des O b m a n n s des Finanzund Budgetausschusses wahr. 1946 wurde F. zur zweiten Vorsitzenden des Zentralkomitees der österr. Sozialistinnen gewählt. F l o s s m a n n , Josef, Bildhauer, * 19.3. 1862 München, t 20. 10. 1914 München. F. besuchte 1881-84 die Kunstgewerbeschule, 1884-89 die A k a d e m i e der bildenden Künste in München; zu seinen Lehrern zählten Anton —»Hess und Sirius —> Eberle. Er schuf zunächst hauptsächlich Frauen- und Mädchenstatuen bzw. -büsten, die zum Teil auf Vorbilder aus der Gotik und der Renaissance zurückgriffen. Später wandte sich F. vornehmlich der dekorativen Bauplastik zu und arbeitete u. a. mit den Architekten Theodor —»Fischer, Richard —» Riemerschmid und G e r m a n —> Bestelmeyer zusammen. Zu seinem Werk zählen u . a . die Giebelfiguren für das M ü n c h n e r Nationalmuseum, Skulpturen an einigen Münchner Schulen, Gartenund Brunnenfiguren sowie das Relief an Bestelmeyers Fassade der Univ. M ü n c h e n . CD A K L F l o t o w , Albrecht von, Astronom, * 25. 11. 1873 Görlitz, t 4 . 3 . 1 9 2 7 Potsdam. F. studierte 1895-1901 in Dresden, Berlin und Leipzig. Nach der Promotion 1902 (Definitive Bahnbestimmung des Kometen 1863 I) wurde er Assistent, 1905 wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an der Universitäts-Sternwarte. 1906 wechselte er an das Geodätische Institut in Potsdam und wurde Observator, 1922 Abteilungsvorsteher. F. verfaßte eine Einleitung in die Astronomie (1911) sowie eine Reihe von Abhandlungen und Beiträgen in Fachzeitschriften, u. a. über die Bestimm u n g der Umlaufbahn von Kometen und der B e w e g u n g e n der Sonne. CD Poggendorff 5-6 F l o t o w , (Adolph Ferdinand) Friedrich von, Komponist, * 2 7 . 4 . 1 8 1 2 Teutendorf bei Rostock, t 2 4 . 1 . 1 8 8 3 D a r m stadt. F., Sohn eines Rittmeisters a. D. und Gutsbesitzers, erhielt bereits in der Kindheit Unterricht im Klavierspiel und in Harmonielehre. Obgleich sein Vater für ihn die Diplomatenlaufbahn vorgesehen hatte, ging er 1828 nach Paris und studierte bei Anton —»Reicha Komposition, bei Johann Peter - » P i x i s Klavier. Er lernte —»Meyerbeer, Charles Gounod, Gioacchino Rossini und Jacques —» Offenbach kennen, durch

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deren Opernaufführungen er nachhaltig beeinflußt wurde. Nach frühen musikdramatischen Versuchen erzielte F. seinen ersten namhaften Erfolg mit der Oper Le naufrage de la Méduse, die 1839 in Paris aufgeführt wurde. Im deutschsprachigen R a u m gelang ihm der Durchbruch mit den Opern Alessandro Stradella (Uraufführung 1844 in Hamburg) und Martha oder Der Markt zu Richmond, deren Uraufführung 1847 am Kärtnertortheater in Wien ein triumphaler Erfolg wurde. 1848 kehrte F. nach Deutschland zurück, war 1855-62 Intendant des mecklenburgischen Hoftheaters in Schwerin und widmete sich in der Folge zunächst in Wien, später in Darmstadt dem musikalischen Schaffen. Er komponierte eine Reihe von Opern, Ballette, symphonische und kammermusikalische Werke sowie Gesangsstücke. Von der französischen Opéra comique inspiriert, zeichnen sich F.s Opern durch schlichte, eingängige Melodien und graziöse, tanzähnliche R h y t h m e n aus. • • MGG F l o t t m a n n , (Otto) Heinrich, Industrieller, * 24. 12. 1875 Bochum, t 2 8 . 2 . 1944 Erlangen. F., Sohn eines Ingenieurs, studierte nach einer praktischen Ausbildung in der Metallindustrie und bei der Eisenbahn an den Technischen Hochschulen Stuttgart und Berlin M a schinenbau. Als sein Vater starb, brach er das Studium ab und übernahm die väterliche Maschinenfabrik in B o c h u m . Nachdem diese 1902 durch einen Brand zerstört worden war, errichtete F. in Herne ein neues Werk. F.s Spezialgebiet war die Neu- und Weiterentwicklung von Druckluftmaschinen und B o h r h ä m m e r n sowie von Verfahren zur elektrischen Stahlhärtung. Er erfand den nach ihm benannten Bohrhammer mit Kugelsteuerung, der eine U m w ä l z u n g der Bohrtechnik bewirkte und insbesondere im Berg-, Tunnel- und Straßenbau verwendet wurde. c d NDB F l o t t w e l l , Eduard Heinrich von, Politiker, * 2 3 . 7 . 1786 Insterburg, f 2 5 . 5 . 1865 Berlin. F., Sohn eines Kriminaldirektors und Justizkommissars, studierte seit 1802 in Königsberg Jura, hörte aber auch bei —»Kant und Christian Jakob —> Kraus. Er wurde 1825 nach zwanzigjähriger Tätigkeit im preuß. Justizdienst Regierungspräsident in Marienwerder und bewährte sich als Organisator des von einer Hungersnot (1827) und einer Überschwemmungskatastrophe (1829) heimgesuchten Regierungsbezirks. Nach dem Ausbruch der polnischen Revolution wurde er 1830 Oberpräsident der Provinz Posen. Durch den Aufbau einer Kreisbürokratie, eine antikatholische Schul- und Kulturpolitik und den Versuch, deutsche Bauern in Posen anzusiedeln, wollte er die Provinz in den preuß. Staat integrieren. Seit 1841 Oberpräsident in Sachsen, wurde er 1844 preuß. Finanzminister, 1846 Oberpräsident von Westfalen, 1848 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung und 1849 Mitglied der preuß. Ersten Kammer. 1850 übernahm er das Oberpräsidium der Provinz Brandenburg, das er, unterbrochen durch seine Tätigkeit als Innenminister 1858, bis zum Eintritt in den Ruhestand innehatte. CP Verwaltung F l i i c k , Johann Peter, schweizer. Maler, * 2 9 . 6 . 1 9 0 2 Schwanden bei Brienz (Kt. Bern), t 2 . 2 . 1954 Brienz. Der einer Holzschnitzer-Familie entstammende F. besuchte 1918-22 das Lehrerseminar in Bern und studierte 1922-24 Malerei an der Kunstakademie in München, 1924-29 an der A c a d é m i e André Lhote in Paris, wo er Schüler von Charles Despiau war. 1932 ließ er sich in Schwanden nieder, w o er später Gemeindepräsident wurde. Er betätigte sich vorwiegend als expressiv-realistischer Porträt- und Landschaftsmaler und in der figürlichen Malerei. Neben seinem wichtigsten Werk, d e m Zyklus Moderne Passion (1933-39), schuf er u. a. Wandmalereien, zum Beispiel elf Fresken im Musiksaal des Seminars Muristalden in Bern. c n AKL

Flügel F l i i c k í g e r , Friedrich August, schweizer. Pharmazeut, * 1 5 . 5 . 1 8 2 8 Langenthal (Kt. Bern), t 1 1 . 1 2 . 1 8 9 4 Bern. Der Kaufmannssohn durchlief 1847-49 eine Apothekerlehre, studierte in Genf und Heidelberg Chemie, Botanik und Pharmazie und wurde 1852 in Heidelberg promoviert (Über die Fluorsalze des Antimons). Im folgenden Jahr ließ er sich in Bern als Apotheker und Drogengrossist nieder. 1860 wurde F. zum „Bernischen Staatsapotheker" gewählt. 1861 für Pharmakognosie habilitiert, war er seit 1870 a. o. Prof. der Pharmazie und Pharmakognosie an der Univ. Bern, von 1873 an o. Prof. an der Univ. Straßburg. F. gilt als Begründer der pharmazeutischen Biologie als eigenständiger Wissenschaftsdisziplin. Er veröffentlichte ein Lehrbuch der Pharmacognosie des Pflanzenreiches (1867), arbeitete an den Erstausgaben der schweizer, und deutschen Pharmakopoen mit und gab zahlreiche wissenschaftliche Abhandlungen heraus, u. a. über ätherische Öle, Harze und Balsame sowie über Alkaloide. F. beschäftigte sich auch mit pharmaziegeschichtlichen Fragen (Documente zur Geschichte der Pharmazie, 1876). m Bern Bio, Bd 4

Schweiz. Natur und Wirtschaft (1911), Die Schweiz aus der Vogelschau (1926) und In der ostafrikanischen Wildnis am Rukwasee (1935). CD N D B

F l i i c k i g e r , Gottlieb, schweizer. Veterinärmediziner, * 1 3 . 6 . 1 8 9 2 Auswil (Kt. Bern), t 23.9. 1987 Bern. Nach dem Studium der Tiermedizin, der Promotion 1920 an der Univ. Bern (Zur Lehre der Prostatitis beim Hund) und einer mehrjährigen praktischen Tätigkeit als Tierarzt trat F., Sohn eines Landwirts, 1921 in den Dienst des Eidgenössischen Veterinäramtes in Bern. 1927 zum Vizepräsidenten ernannt, stand er dem Amt 1932-57 als Direktor vor. 1 9 3 2 / 3 3 habilitierte sich F. an der Univ. Bern für Seuchenlehre und Tierseuchenpolizei und wurde 1935 a. o.Prof. an der Veterinärmedizinischen Fakultät. Sein Interesse galt vor allem der Seuchenforschung und -bekämpfung, Bakteriologie, Fleischkunde, Serologie und Veterinärpolizei. Insbesondere in der Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche, der Brucellose und der Rindertuberkulose wurden unter F. am Eidgenössischen Veterinäramt Erfolge erzielt. 1939-49 war er Präsident des Internationalen Tierseuchenamtes in Paris. Für mehrere Auflagen der Eidgenössischen Tierseuchengesetzgebung zeichnete er verantwortlich. CD HLS

F l ü g e l , Ewald, Anglist, * 4 . 8 . 1 8 6 3 Leipzig, t 1 4 . 1 1 . 1 9 1 4 Palo Alto (Kalifornien, USA). Der Sohn des Anglisten und Lexikographen Karl Felix Alfred F. studierte seit 1881 Germanistik und Anglistik in Leipzig und Freiburg/Breisgau, wurde 1885 in Leipzig mit der Arbeit Carlyles religiöse und sittliche Entwicklung und Weltanschauung (1887) promoviert und habilitierte sich dort 1888 (Sir Philip Sidney's „Astrophel und Stella" und „Defence of Poetry"). Danach Privatdozent, Mitarbeiter bei der vierten Auflage des von seinem Großvater Johann Gottfried —> F. begonnenen Complete Dictionary of the English and German [...] Languages (3 Bde., 1891) und 1889-92 Mitherausgeber der Zeitschrift „Anglia", folgte F. 1892 einem Ruf als Full Professor an die neugegründete Stanford Leland Jr. University in Palo Alto (Kalifornien), deren Institut f ü r Anglistik er mitaufbaute. Zwei geplante Werke, eine Chaucer-Konkordanz und ein Chaucer-Wörterbuch, konnte er nicht abschließen. CD Anglistenlex

F l i i c k i g e r , Hermann, schweizer. Diplomat, Jurist, * 3 0 . 4 . 1 8 8 5 Bargen (Kt. Bern), t 3. 1. 1960 Biel. F., Sohn eines Lehrers und Bruder von Otto —»F., studierte an der Univ. Bern Jura und ließ sich 1911 in Biel als Notar nieder. Vor dem Zweiten Weltkrieg gehörte er dem Bieler Stadtrat und dem Großen Rat des Kantons Bern an. Seit 1939 Kommandeur einer schweizer. Grenzbrigade, später zweier Divisionen, wurde er 1945 Präsident der schweizer. Militärkommission zur Repatriierung in der Schweiz internierter russischer Soldaten und war 1946-48 erster Gesandter der Schweiz in der Sowjetunion. Anschließend war er Verwaltungsratspräsident großer Industrieunternehmen in der Schweiz. CD HLS F l i i c k i g e r , Otto, schweizer. Geograph, * 19.1.1881 Bargen (Kt. Bern), t 25. 1. 1942 Zürich. F., Bruder von Hermann —>F., besuchte das Lehrerseminar in Hofwil, studierte an der Univ. Bern und wurde 1905 mit der Arbeit Die obere Grenze der menschlichen Siedelungen in der Schweiz abgeleitet auf Grund der Verbreitung der Alphütten promoviert. Seit 1907 als Geographielehrer an der Töchterschule in Zürich tätig, habilitierte er sich 1917 an der Univ. Zürich (Morphologische Untersuchungen am Napf). 1925 wurde er dort a. o. Prof., 1940 o. Prof. der Geographie. F. beschäftigte sich mit anthropogeographischen Fragen, u. a. mit der Bedeutung des menschlichen Wirkens für die Entwicklung der Kulturlandschaft, sowie mit morphologischen und landeskundlichen Problemen. Er veröffentlichte u. a. Die

F l ü g e l , Ernst (Paul), Komponist, Dirigent, * 21.8. 1844 Halle/Saale, t 20. 10.1912 Breslau. Der Sohn Gustav —>F.s erhielt eine musikalische Ausbildung von seinem Vater und besuchte das Institut für Kirchenmusik sowie die Musikhochschule in Berlin. Nach Studien bei Hans von - ^ B ü l o w , Flodoard —» Geyer und Friedrich —> Kiel lebte er als Musiklehrer in Treptow und Greifswald. 1867 wurde er Organist und Gesanglehrer am Gymnasium in Prenzlau, 1879 Kantor an der Bernhardinkirche in Breslau. Dort gründete F. den nach ihm benannten gemischten Chor, den er 22 Jahre lang leitete. 1888 wurde er Kgl. Musikdirektor, 1901 zum Prof. ernannt. Seit 1880 war er erster Musikreferent der „Schlesischen Zeitung". F. gab rund 60 Werke heraus, insbesondere A-capella-Chöre für kirchliche Zwecke, aber auch Lieder, Klavierstücke, Orgel- und Kammermusikwerke.

F l ü g e l , Fritz (Eugen), Psychiater, Neurologe, * 2 0 . 3 . 1 8 9 7 Dresden, t 2 3 . 4 . 1 9 7 1 Erlangen. F. studierte an mehreren Universitäten Medizin, legte 1923 an der Univ. München das Staatsexamen ab und wurde 1924 promoviert (Das Bild der Melancholie bei intellektuell minderwertigen Frauen). Danach arbeitete er als Volontärassistent in München und Paris, seit 1 9 2 7 / 2 8 als Assistent, später als Oberarzt an der Psychiatrischen und Nervenklinik in Leipzig. 1932 habilitierte sich F. für Psychiatrie und Neurologie. 1938 wurde er a . o . P r o f . an der Univ. Leipzig, im folgenden Jahr o. Prof. der Psychiatrie und Neurologie an der Univ. Halle/Saale. 1951 folgte er einem Ruf an die Univ. Erlangen, an der er bis zu seiner Emeritierung tätig war. F. verfaßte zahlreiche klinische Arbeiten auf dem Gebiet der Psychiatrie und Neurologie. Besondere Verdienste erwarb er sich durch die Entwicklung einer modernen Pharmakotherapie zur Behandlung psychischer Erkrankungen. 1952 wurde F. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. F l ü g e l , Gustav, Musikpädagoge, Komponist, * 2 . 7 . 1 8 1 2 Nienburg/Saale, t 1 5 . 8 . 1 9 0 0 Stettin. F. war nach einer musikalischen Ausbildung bei Friedrich —»Schneider (1827-29) Musiklehrer in verschiedenen Städten. 1850 wurde er als Seminarmusiklehrer nach Neuwied berufen, wo er 1856 zum Kgl. Musikdirektor ernannt wurde. 1859 trat er eine Stelle als Kantor und Organist an der Schloßkirche in Stettin an. F. komponierte zahlreiche Werke für Orgel, von denen vor allem sein Präludienbuch, (1873)

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Flügel eine Sammlung von 112 Choralvorspielen, hervorzuheben ist. Er gab Klavierwerke, Lieder mit Klavierbegleitung sowie kirchliche und weltliche Chorlieder heraus. F. war der Vater von Ernst —» F. Flügel, Gustav, Ingenieur, * 4.9.1885 Heinersreuth (Oberfranken), t 3.8. 1967 Hannover. Nach dem Studium des Maschinenbaus an der TH München (bis 1909) arbeitete F., Sohn eines Landwirts, als Konstruktionsingenieur für Schiffsturbinen in der Vulcanwerft in Stettin. Er war zwei Jahre Assistent an der TH Danzig und trat 1912 in den Dienst der AEG-Turbinenfabrik in Berlin, bei der er bis 1924 als Konstruktions- und Berechnungsingenieur, später als Abteilungsleiter und Oberingenieur für Turbomaschinen tätig war. 1914 an der TH Danzig promoviert, wurde F. dort 1924 o. Prof. für Dampfturbinen, Strömungsphysik und Propeller. Nach dem Zweiten Weltkrieg vertrat er bis zu seiner Pensionierung 1955 den Lehrstuhl für Strömungsmaschinen an der TH Hannover und leitete deren Kraft- und Heizwerk. F. veröffentlichte zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten auf den Gebieten der Strömungslehre, des Strömungsmaschinenbaus und der Wärmetheorie, darunter Die Düsencharakteristik (1919). Er arbeitete an einigen Lehr- und Handbüchern des Maschinenbaus mit. • • Altpreuß Biogr, Bd 4 Flügel, Gustav Leberecht, Orientalist, * 18.2.1802 Bautzen, t 5.7. 1870 Dresden. F., Sohn eines Schneiders, studierte 1821-24 in Leipzig Theologie und Orientalistik und hielt sich 1829/30 zu Studien des Arabischen, Persischen und Türkischen in Paris auf. 1832-50 war er Prof. an der Fürstenschule in Meißen. F. machte sich vor allem durch die Herausgabe wichtiger arabischer Texte verdient. Er besorgte eine Koranausgabe (Corani textus Arabicus, 1834, 3 1857), die ein Jahrhundert lang für die europäische Forschung maßgebend war, und edierte u. a. das siebenbändige bibliographische Lexikon des Hadschi Chalfa (1853-58). DP NDB Flügel, Heinz, Publizist, Schriftsteller, * 16.3.1907 Säo Paulo, t 5.5. 1993 Tutzing. Der Sohn eines Diplomaten wurde in Brasilien geboren und verbrachte seine Kindheit in Helsinki. Nach dem Philosophiestudium in Berlin arbeitete er als Lektor bei der „Rabenpresse", bei der „Deutschen Rundschau" und an der Deutschen Akademie in Gent. 1930 veröffentlichte er seinen ersten Gedichtband Mythen und Mysterien. Nach dem Zweiten Weltkrieg redigierte er zunächst die kath. Zeitschrift „Hochland", 1951-60 war er Herausgeber der evang. Zeitschrift „Eckart". Seit 1950 war F. Mitarbeiter der Evangelischen Akademie Tutzing, an der er die Theatertagungen leitete. Er schrieb Gedichte, Novellen (Verzauberte Welt, 1936), Dramen (u.a. Schalom, 1952), Essays und Hörspiele. 1987 erschien seine Autobiographie Zwischen den Linien. Flügel, Johann Gottfried, Lexikograph, * 22.11. 1788 Barby, t 24.6. 1855 Leipzig. Nach dem Besuch des Pädagogiums in Barby durchlief F. eine kaufmännische Lehre und arbeitete dann als Kaufmann in verschiedenen deutschen Städten. 1810 ging er in die USA, wurde 1819 US-amerikanischer Staatsbürger, kehrte im selben Jahr nach Deutschland zurück und ließ sich als Kaumfmann in Leipzig nieder. 1824-39 war er als Lektor für Englisch an der Univ. Leipzig, als Dolmetscher am Stadtgericht und als Korrektor für die englischsprachigen Ausgaben des Tauchnitz-Verlags tätig und wurde 1830 an der Univ. Leipzig zum Dr. phil. promoviert. Seit 1837 Vizekonsul, seit 1839 Konsul der USA in Leipzig, wurde er 1853 Konsul für das Königreich Sachsen. F. veröffentlichte u. a. Literarische Sympathien oder industrielle Buchmacherei. Ein Beitrag zur Geschichte der neueren englischen Lexikographie

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(1843) und Rathschläge und Regeln für Auswanderer aus allen Classen und jedem Stande nach Nordamerika (1849) sowie Hand- und Wörterbücher zur englischen Sprache; sein Complete Dictionary of the English and German [...] Languages (2 Bde., 1830-38) wurde von seinem Sohn Karl Felix Alfred F. und seinem Enkel Ewald —>F. fortgesetzt. m MBL Flügel, Otto, evang. Theologe, Philosoph, * 16.6. 1842 Lützen bei Leipzig, t 9.7.1914 Dölau bei Halle/Saale. Während des Studiums der Theologie, der Philosophie und der Naturwissenschaften an der Univ. Halle stieß F., Sohn eines Lehrers und Bürgermeisters, auf die Philosophie und Psychologie Johann Friedrich Herbarts, die starken Einfluß auf ihn ausübte. Er arbeitete als Gymnasiallehrer, wurde 1869 Diakon in Laucha/Unstrut und war 1871-1908 Landpfarrer in der Nähe von Halle. Danach lebte F. als philosophischer Schriftsteller in Dölau. Er bekämpfte die atheistischen, materialistischen und monistischen Strömungen seiner Zeit. Seit 1872 war F. zusammen mit seinem Schwiegervater Friedrich Heinrich Theodor Allihn Herausgeber der „Zeitschrift für exakte Philosophie", die 1894 in „Zeitschrift für Philosophie und Pädagogik" umbenannt wurde. Er veröffentlichte u. a. Der Materialismus vom Standpunkte der atomistisch-mechanischen Naturforschung beleuchtet (1865), Die Probleme der Philosophie und ihre Lösungen (1876, 4 1906), Das Seelenleben der Tiere (1882, 3 1897), Das Ich und die sittlichen Ideen im Leben der Völker (1885, 5 1912), Die Sittenlehre Jesu (1887, 4 1897), Abriß der Logik und die Lehre von den Trugschlüssen (1894, 5 1914), Herbarts Lehren und Leben (1907, 2 1912) und Monismus und Theologie ( 1908, 4 1914). m NDB Flügge, Carl (Georg Friedrich Wilhelm), Hygieniker, * 9.12. 1847 Hannover, t 12.10. 1923 Berlin. Nach dem Studium der Medizin in Göttingen und der Teilnahme am Krieg von 1870/71 arbeitete F., Sohn eines Arztes, selbst als praktischer Arzt, wurde 1874 Assistent bei Franz —> Hoffmann in Leipzig und habilitierte sich 1878 in Berlin für Hygiene. 1881 ging er nach Göttingen und leitete seit 1883 als a. o. Prof. das erste selbständige Institut für Hygiene in Preußen. Seit 1885 o.Prof., folgte F. 1887 einem Ruf an die Univ. Breslau und trat 1909 in Berlin die Nachfolge Max —>Rubners an. F., der vor allem auf den Gebieten der Epidemiologie, Hygiene und Prophylaxe arbeitete, untersuchte u.a. die Verbreitungsweise epidemischer Seuchen sowie den Zusammenhang zwischen dem Luft- und Raumklima und der Entstehung von Krankheiten. Von grundlegender Bedeutung waren seine Forschungen über die Verbreitungsweise der Tuberkulose durch Tröpfcheninfektion und das von ihm entwickelte Verfahren der Raumdesinfektion mit Formaldehyd. F. veröffentlichte u. a. ein Lehrbuch der hygienischen Untersuchungsmethoden (1881), Die Mikroorganismen ( 1886, 3 1896), einen Grundriss der Hygiene (1889, "1940) und Großstadtwohnung und Kleinhaussiedlung (1916). Mit Robert -»Koch begründete er 1885 die „Zeitschrift für Hygiene". CD Ärzte Schlesien Flügge, Siegfried, Physiker, * 16.3.1912 Dresden, t 15.12. 1997 Hinterzarten. F. studierte an der TH Dresden und an der Univ. Göttingen, wurde 1933 promoviert (Der Einfluß der Neutronen auf den inneren Aufbau der Sterne) und habilitierte sich 1938 mit der Arbeit Wirkungsquerschnitte bei Reaktionen zwischen sehr leichten Atomkernen an der Univ. Frankfurt/ Main. 1940 wurde er Privatdozent an der Univ. Berlin, 1944 a.o.Prof. in Königsberg, 1945 Universitätsdozent in Göttingen, 1947 o.Prof. in Marburg und lehrte 1961-77 in Freiburg/Breisgau. F. beschäftigte sich mit Quantentheorie und theoretischer Kernphysik, u.a. mit der Streuung von Teilchen an Atomkernen und der Mesontheorie der Kernkräfte.

Flume Er veröffentlichte u. a. Experimentelle Grundlagen der Wellenmechanik (1936, mit Adolf Krebs), Kernphysikalische Tabellen (1942, mit Joseph —>Mattauch), Rechenmethoden der Quantentheorie (1947, mit Hans Marschall, 5 1993), Theoretische Optik (1948, 2 1949), Lehrbuch der theoretischen Physik (4 Bde., 1961-67), Practical quantum mechanics (2 Bde., 1971), Wege und Ziele der Physik (1974), Mathematische Methoden der Physik (2 Bde., 1 9 7 9 / 8 0 ) und Rechenmethoden der Elektrodynamik (1986). F. war Herausgeber des Handbuchs der Physik (1955 ff.). Seit 1969 gehörte er der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina an.

Fliigge-Lotz,

Irmgard, geb. Lötz, Ingenieurin, * 16.7. 1903 Hameln, t 2 2 . 5 . 1 9 7 4 Stanford (USA). F.-L., Tochter eines Journalisten, studierte an der T H Hannover Ingenieurwesen und Angewandte Mathematik und wurde 1929 mit der Arbeit Die Erwärmung des Stempels beim Stauchvorgang promoviert. Zunächst Lehrassistentin für Praktische Mathematik und Beschreibende Geometrie, wurde sie im Forschungsinstitut der Aerodynamischen Versuchsanstalt in Göttingen Leiterin einer Forschergruppe der theoretischen Aerodynamik und entwickelte eine noch heute gültige Methode für die Berechnung der Auftriebsverteilung („Lotz-Methode"). Seit 1939 arbeitete sie auf d e m Gebiet automatischer Kontrollsysteme an der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt in Berlin, seit 1944 in Saulgau. Seit 1946 Leiterin einer Forschergruppe am Nationalen Büro für Luftfahrt-Forschung in Paris, folgte sie ihrem Mann 1948 an die Stanford University in Kalifornien, an der sie zunächst als Lehrbeauftragte, seit 1960 als erste Professorin für Ingenieurwissenschaften tätig war. Sie beschäftigte sich vor allem mit der theoretischen und technologischen B e g r ü n d u n g der automatischen Regelungstechnik und der Grenzschichtproblematik der Strömungsdynamik unter Verwendung numerischer Methoden. F.-L. veröffentlichte u. a. Korrektur des Abwindes eines Flügels im Freistrahl von elliptischem Querschnitt (1935), Mathematical improvement of method for computing poisson integrals involved in determination of velocity distribution on airfoils (1951), Discontinuous automatic control (1953, auch 1968) und Minimum fuel attitude control of a nonlinear satellite system with bounded control by a method based on linear programming (mit Gary D. Wolske, 1969).

Flüggen,

Josef, Maler, Regisseur, * 3 . 4 . 1842 München, t 3 . 1 1 . 1 9 0 6 Bergen bei Traunstein. F., Sohn eines Malers, besuchte bereits als Dreizehnjähriger die M ü n c h n e r Kunstakademie und war anschließend Schüler Karl von —> Pilotys. Studienreisen nach Paris, London, Brüssel und Antwerpen rundeten seine künstlerische Ausbildung ab. F. malte zuerst historische Bilder mit Motiven der deutschen und bayerischen Geschichte, Genrebilder sowie Landschaften. Später spezialisierte er sich auf die Darstellung von Opernszenen, insbesondere aus Opern von Richard Wagner. 1883 wurde F. Direktor des Kostümwesens an der Kgl. H o f b ü h n e in München. Er leitete die Separatvorstellungen für König —»Ludwig II., die französischen Prunkstücke des Barock und Rokoko sowie einen großen Teil der Werke Wagners. Nach seiner Pensionierung 1903 begann F. mit der Darstellung der Geschichte des Kostüms aller Zeiten und Völker, die jedoch unvollendet blieb. t n AKL

Flügler,

Adolf, Wirtschaftsfunktionär, * 8 . 7 . 1 8 8 4 Bietingen (heute zu Konstanz), f 9. 1.1960. F. studierte in Heidelberg und Berlin Nationalökonomie, Finanzwissenschaft und Handelsrecht und wurde 1907 promoviert. Er trat 1908 in die badische Finanzverwaltung ein, leitete nach dem E n d e des Ersten Weltkriegs den Verband der deutschen Zigarettenindustrie, seit 1922 auch

die Außenhandelsstelle der Zigarettenindustrie und die Zigaretten-Tabak-Einkaufsgesellschaft. 1929 wurde F. polnischer Konsul in Dresden. Daneben war er als wirtschaftspolitischer Schriftsteller und als Vorsitzender der Zentrumspartei in Sachsen tätig. CD Reichshandbuch

Flühmann,

Elisabeth, schweizer. Lehrerin, * 3. 1.1851 Saxeten bei Interlaken, t 13.3. 1929 Aarau. Die Tochter eines Bergbauern erwarb sich weitgehend durch Selbststudium das Lehrerinnenpatent und führte in Wengen vier Jahre lang eine Oberschule. Nach weiteren Studien in Zürich, Bern und Neuchâtel arbeitete sie als Lehrerin in einem Lehrerinnenseminar in Seres (Mazedonien). Zurückgekehrt, trat sie eine Stelle in einer Ausbildungsstätte für Lehrerinnen in Aarau an. F. setzte sich für die Förderung der Frauenbildung ein; auf ihre Initiative wurde in Aarau der Verein für Frauenbildung und Frauenfragen gegründet, aus d e m die Aargauische Frauenzentrale hervorging. CD Biogr Lex Aargau

Flürscheim,

Michael, Fabrikant, Sozialreformer, * 2 7 . 1 . 1844 F r a n k f u r t / M a i n , t 2 4 . 4 . 1912 Berlin. F., Sohn eines Kaufmanns, entstammte einer Bankiersfamilie und verbrachte einen Teil seiner Jugend in Amerika. 1872 nach Deutschland zurückgekehrt, erwarb er 1873 die Eisenwerke in Gaggenau und leitete sie bis 1888. Danach als Schriftsteller tätig, beschäftigte sich F. vor allem mit Fragen der B o d e n r e f o r m ( u . a . Auf friedlichem Wege, 1884). Er verfocht eine Verstaatlichung des Bodens und gründete zur Verbreitung seiner Ideen die Zeitschriften „Deutsch-Land" und „Freiland" sowie den Deutschen Bund für Bodenbesitzref o r m . 1902 beteiligte er sich an einem Vorhaben, in M e x i k o eine Bodenreformerkolonie ins Leben zu rufen, das jedoch bald scheiterte. Ebensowenig Erfolg war seinen Versuchen der Gründung einer Währungsbank und einer Wohnungsref o r m beschieden. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Rent, interest, and wages, or, the real bearings of the land question (1891, 3 1895), The real history of money island (1896) und Not aus Überfluß (1911). CD N D B

Flugi von Aspermont,

Conradin, auch Conradin Flugi d ' A s p e r m o n t , schweizer. K a u f m a n n , Schriftsteller, * 2 2 . 9 . 1787 St. Moritz, f 17.5. 1874 Chur. F., Sohn eines A m m a n n s von St. Moritz und Abgeordneten zum Bundestag, war nach Studien in Ftan und Chur als Kaufmann in Lindau, Genua, Pisa und Livorno tätig; später war er kurze Zeit Finanzminister am Hof des Königs Joachim Murat in Neapel. Nach dem Sturz Napoleons 1815 kehrte er in die Schweiz zurück und wurde 1820 z u m Großrat ernannt. Durch seinen Einsatz für die Neufassung und Pflege der Heilquellen sowie durch die Anlage von Bädern hatte F. Anteil an der Entwicklung von St. Moritz zu einem renommierten Bade- und Kurort (Einst und Jetzt. Ein Beitrag zur Geschichte der Heilquellen von St. Moritz, 1868). F. war auch als Dichter tätig; er gilt als Begründer der modernen ladinischen Poesie (Rimas, 1894). CD N D B

Fiume,

(Karl Wilhelm) Rudolf, K a u f m a n n , * 2 1 . 3 . 1861 Lünen (Westfalen), t 1. 12.1919 Berlin. Nach einer Uhrmacherlehre war F., Sohn eines Färbers, als Angestellter und Reisender im Uhrenersatzteilgroßhandel tätig. 1887 machte er sich selbständig und gründete ein Großhandelsunternehmen für Uhrenersatzteile und Uhrmacherwerkzeuge. Innerhalb weniger Jahrzehnte entwickelte sich F.s Firma zu einem national und international bedeutenden Unternehmen. Maßgeblichen Anteil hieran hatte das von F. entwickelte System der Katalogisierung und Lagerhaltung von Einzelteilen des Uhrmacherbedarfs, CD N D B

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Flurheym F l u r h e y m , Christophorus, kath. Theologe, 16. Jh. Der aus K i t z i n g e n / M a i n stammende F. studierte seit 1515 an der Univ. Leipzig und Schloß die Ausbildung 1518 als Baccalaureus ab. Anschließend übernahm er das Rektorat der Lateinschule in Jena und ging 1522 als „lateinischer Schulmeister" nach Kitzingen. 1526 wurde er in Leipzig Magister, erhielt 1527 in Merseburg die Priesterweihe und lebte dann vermutlich einige Jahre in Leipzig. 1 5 2 8 / 2 9 verantwortete er die Übersetzung und Herausgabe eines Missale im Auftrag des Grafen Ernst II. von Mansfeld-Heldrungen (Nachdrucke 1563 und 1571). Dieses Werk, das als ältestes vollständiges deutsches Meßbuch gilt, geht auf die Übersetzung des Neuen Testaments durch Hieronymus —> Emser und das Plenarium von A d a m —» Petri zurück. F l u r l , Matthias Bartholomäus Ritter von, Geologe, * 5 . 2 . 1756 Straubing, t 2 7 . 7 . 1 8 2 3 Kissingen (heute Bad Kissingen). F., Sohn eines Kunstwebers, k a m 1777 mit seinem Lehrer Joseph Melchior - » Danzer nach München und wurde nach d e m Studium 1780 Prof. der Physik und Naturgeschichte an der Marianischen Landesakademie zu M ü n c h e n . Auf einer geologischen Erkundungsreise während der Ferien entdeckte er 1784 ein Porzellanerdlager bei Mitterteich; 1787 wurde er Bergrat, 1788 Kommissär der Porzellanmanufaktur N y m phenburg. Nach weiteren Studien in Geologie und Mineralogie u. a. bei Abraham Gottlob —> Werner in Freiberg übernahm F. 1796 die Professur für Naturgeschichte und Chemie an der Akademie der Wissenschaften in München. Seit 1799 war er Direktor der Deputation des Salinen-, Berg- und M ü n z w e s e n s in Bayern, später Vorstand der neugegründeten General-Bergwerks-, Salinen- und Münzadministration. Unter seiner Regie wurde u . a . die Soleleitung von Berchtesgaden nach Bad Reichenhall gebaut. F.s Hauptwerk Beschreibung der Gebirge von Bayern und der Oberen Pfalz (1792, Nachdr. 1972) war die erste eingehende geologischmineralogische Beschreibung Bayerns. CD N D B F l u r y , Ferdinand, Pharmakologe, Toxikologe, * 2 1 . 5 . 1 8 7 7 Würzburg, t 6 . 4 . 1947 Würzburg. Der Sohn eines Eisenbahn-Oberinspektors studierte Pharmazie, C h e m i e und Naturwissenschaften in Erlangen (Promotion 1902, Beiträge zur Kenntnis des Tellurs). Nach der Approbation als Apotheker und der P r ü f u n g als Nahrungsmittelchemiker studierte er 1905-10 als Stabsapotheker Medizin in Würzburg und wurde 1910 zum Dr. med. promoviert (Beiträge zur Pharmakologie der Steppenraute [Peganum H armala]). 1912 habilitierte er sich für Pharmakologie und Toxikologie (Zur Chemie und Toxikologie der Ascariden) und wurde 1915 a. o . P r o f . , im folgenden Jahr Abteilungsleiter am Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische C h e m i e und Elektrochemie. 1920 erhielt F. einen Ruf als o.Prof. der Pharmakologie an die Univ. Würzburg. 1932 wurde F. Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina, 1937 der N S D A P . Er erforschte hauptsächlich tierische Gifte sowie, unter den Eindrücken des Ersten Weltkriegs giftige Gase, D ä m p f e , Nebel, Rauchund Staubarten. Seine Hauptwerke Schädliche Gase (1931, mit Franz Zernik) und Toxikologie und Hygiene der technischen Lösungsmittel ( 1938, mit Karl Bernhard —> Lehmann) zählten jahrzehntelang zu den internationalen Standardwerken. m NDB F l u r y , Peter, Lexikograph, * 8 . 6 . 1938 Fideris (Kt. Graubünden), t 5 . 1 . 2 0 0 1 M ü n c h e n . F., Sohn eines Pfarrers, studierte Klassische Philologie an der Univ. Zürich und wurde 1965 mit der Dissertation Liebe und Liebessprache bei Menander, Plautus und Terenz zum Dr. phil. promoviert. Nach einer Tätigkeit (1966-69) als Stipendiat am „Thesaurus Linguae Latinae" in München war

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er als Lehrer an der Evangelischen Mittelschule in Schiers tätig. 1974 wurde F. Generalredaktor des „Thesaurus Linguae Latinae". DD H L S F l u r y , Philipp, schweizer. Forstwirt, * 2 4 . 1 2 . 1861 Balsthal (Kt. Solothurn), t 2 7 . 7 . 1941 Kilchberg bei Zürich. Nach dem Studium der Forstwissenschaft an der Ε Τ Η Zürich war F. Lehrer in Murten, dann A d j u n k t im Stiftswald der Staatsforstverwaltung Zürich und trat 1888 in die Centralanstalt für das forstliche Versuchswesen ein. Er veröffentlichte zahlreiche Abhandlungen zur Forsteinrichtung und Ertragskunde und befaßte sich u.a. mit Fragen des A u f b a u s und Zuwachses gemischter und ungleichaltriger Waldbestände. F. entwickelte ein Klassifikationsschema für die Internationale Bibliographie für Forstwirtschaft, die 1925 erschien und in mehrere Sprachen übersetzt wurde. CD N D B F l u r y , Richard, schweizer. Dirigent, Komponist, * 2 6 . 3 . 1896 Biberist (Kt. Solothurn), t 2 3 . 1 2 . 1 9 6 7 Solothurn. F., Sohn eines Uhrmachers, studierte Philosophie, Kunstgeschichte und Musikwissenschaft in Basel, Bern und Genf und absolvierte daneben eine praktische Musikausbildung, zunächst an schweizer. Konservatorien, dann in Wien bei Ernst —> Kurth, Hans Huber, Fritz Hirt, Joseph —» Lauber und Joseph - » M a r x . 1919 wurde er Dirigent des Orchesters der Stadt Solothurn, d e m er bis 1949 vorstand. 1923-26 leitete er das Akademische Orchester Zürich und den gemischten Chor „Harmonie" in Bern. Seit 1930 wirkte F. als Musiklehrer an der Kantonsschule in Solothurn und am kantonalen Lehrerseminar. F. schuf ein umfangreiches kompositorisches Werk, das Opern, Messen, symphonische Werke, Violinsonaten und K a m m e r m u s i k s t ü c k e umfaßt. Von Johannes —»Brahms, Anton —»Bruckner und Richard —» Strauss beeinflußt, bekannte er sich zur Romantik. m

MGG

F l u s s e r , David (Gustav), Religionshistoriker, * 1 7 . 9 . 1 9 1 7 Wien, t 1 7 . 9 . 2 0 0 0 Jerusalem. F. begann 1936 in Prag ein Studium der Klassischen Philologie, das er 1939 abbrechen mußte, und emigrierte nach Palästina. Nach d e m Zweiten Weltkrieg kehrte F. 1947 nach Prag zurück, wo er als Dozent für Hebräisch an der Univ. lehrte. 1950-55 studierte er Klassische Philologie und Geschichte in Jerusalem und wurde mit einer Arbeit zur hebräischen Übersetzung des Alexanderromans promoviert. 1956 wurde er Lektor, 1962 Associate Professor und 1970 Prof. für Geschichte des zweiten Tempels und des frühen Christentums in Jerusalem. Gastprofessuren hatte F. u . a . in Harvard, Berlin, Paris, Amsterdam und Wien inne. Seit 1974 war er Mitherausgeber der Compendia Rerum Judaicarum ad Novum Testamentum. Seine Biographie Jesus in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten (1968) erlebte zahlreiche Neuauflagen. Außerdem veröffentlichte er Judaism and the Origins of Christianity (1988). CD LThK F o c h l e r - H a u k e , Gustav, Geograph, * 4 . 8 . 1 9 0 6 Katharein (Österr.-Schlesien), t 2 0 . 1 . 1996 München. Nach der Ausbildung zum Buchhändler arbeitete F.-H. zunächst in Bad Ischl und München in seinem Beruf, studierte dann seit 1932 in München Geographie, Geologie, Meteorologie und Völkerkunde bei Erich von —»Drygalski, Karl —»Haushofer und Fritz —» Machatschek und wurde 1934 mit der Arbeit Die Natur des Sikiang Stromgebiets promoviert. Nach der Habilitation 1937 (Deutscher Volksboden und deutsches Volkstum in der Tschechoslowakei) wurde er 1938 Universitätsdozent und 1944 api. Prof. für Geographie und Geopolitik in M ü n c h e n . 1936-41 war er Wissenschaftlicher Direktor der Deutschen Akademie. Im Zweiten Weltkrieg schwer verwundet, hatte er 1948-54 eine Professur in Tucuman (Argentinien) inne und lehrte 1954-73 erneut in

Focke München. F.-H. unternahm zahlreiche Forschungs- und Studienreisen nach Süd- und Ostasien, Nord- und Südamerika, in Europa sowie in die Sowjetunion. Zu seinen wissenschaftlichen Schwerpunkten zählten die Dynamische Länderkunde sowie die Verkehrs-, Wirtschafts- und Politische Geographie. Er veröffentlichte u . a . Der Ferne Osten (1936, 3 1942), Die Mandschurei (1941), Manual Geográfica de Asia (3 Bde., 1951) und Das politische Erdbild der Gegenwart (2 Bde., 1968, 2 1970). Seit 1957 war F.-H. für die Herausgabe des Großen IRO-Weltwirtschaftsatlasses und seit 1959 für den Fischer Weltalmanach verantwortlich.

Fock,

Gorch, eigentl. Johann (Hans) Kinau; Pseud. Jakob Holst, Giorgio Focco, Schriftsteller, * 2 2 . 8 . 1 8 8 0 Finkenwerder (heute zu Hamburg), t 3 1 . 5 . 1916 in der Seeschlacht vor d e m Skagerrak. F., Sohn eines Seefischers und Bruder von Rudolf —> Kinau, machte eine Kaufmannslehre in Geestemünde, arbeitete als Schreiber und Kontorist in Bremen und H a l l e / S a a l e , wechselte 1904 als Buchhalter nach Hamburg und nahm im selben Jahr eine Stelle auf der Hamburg-Amerika-Linie an. 1914 veröffentlichte er den Einakter Cili Cohrs. 1915 zur Infanterie eingezogen, wurde er auf eigenen Wunsch zur Marine versetzt und ging in der Schlacht am Skagerrak mit dem Kreuzer „Wiesbaden" unter. F. verfaßte zahlreiche plattdeutsche Kurzgeschichten und Gedichte. Sein bekanntestes Werk ist der 1913 erschienene R o m a n Seefahrt ist not!, in d e m er in heroisierender Weise die Hochseefischer seiner Heimatinsel Finkenwerder darstellte. F.s Sämtliche Werke (hrsg. von Jakob Kinau) erschienen 1937 in fünf Bänden. m Killy

Fock,

(Karl Heinrich) Gustav, Verleger, * 3. 12. 1854 Kolberg, t 4 . 2 . 1910 Leipzig. Nach buchhändlerischer und antiquarischer Ausbildung, zuletzt als Geschäftsführer bei Alfred Lorentz in Leipzig, gründete F. 1879 in Leipzig eine Buchhandlung, die sich auf Schul- und Hochschulschriften spezialisierte. 1884 richtete er die „Zentralstelle für Dissertationen und P r o g r a m m e " ein. Der außerordentlich große Bestand an Kleinschriften, u m die Jahrhundertwende etwa 1,5 Millionen Titel, wurde seit 1885 in Lagerkatalogen, speziell für die Bereiche Naturwissenschaften, Medizin, Geographie, Philosophie, Theologie, Sprachwissenschaften und Geschichte systematisiert und preiswert angeboten. 1889 initiierte F. den „Bibliographischen Monatsbericht", eine Z u s a m m e n f a s s u n g neuer Dissertationen und Programme. 1898 übergab er sein Geschäft seinem Nachfolger Leo - ^ J o l o w i c z , der das wissenschaftliche Antiquariat zu Weltgeltung brachte. e n LGB

Fock,

Otto (Friedrich Heinrich), evang. Theologe, Politiker, * 2 9 . 4 . 1 8 1 9 Schwarbe (Rügen), t 24. 10. 1872 Stralsund. Der Sohn eines Gutspächters studierte seit 1837 Theologie in Bonn und Berlin, wo ihm wegen seiner liberalen Haltung die Promotion verweigert wurde. 1843 wurde er in Greifswald zum Lic. theol. promoviert; die Habilitation wurde ihm jedoch verweigert. An der Univ. Kiel konnte er sich schließlich 1843 habilitieren und bis 1848 als Privatdozent hauptsächlich Dogmengeschichte und neuere Theologie vortragen. Mit seinen Vorlesungen verband F. eine rege schriftstellerische Tätigkeit für Zeitschriften, Monatsblätter und Jahrbücher. 1847 erschien seine Schrift Der Socianismus nach seiner Stellung in der Gesamtentwicklung des christlichen Geistes (Neudr. 1970). Die Erhebung Schleswig-Holsteins beendete 1848 F.s akademische Laufbahn; er wurde leitender Redakteur der „Norddeutschen Freien Presse", 1850 Abgeordneter in der Schleswig-Holsteinischen Landesversammlung. Er veröffentlichte u. a. Riigensch-pommersche Geschichten aus

sieben Jahrhunderten (6 Bde, 1861-72, Nachdr. 1 9 9 2 / 9 3 ) und Schleswig-Holsteinische Erinnerungen (1863). m S H B L , Bd 3 F o c k e , August, Nervenarzt, Psychiater, * 5 . 9 . 1 8 2 0 Stettin, t 27. 12.1904 Koblenz. F. studierte Medizin in Bonn und Berlin, wurde 1842 mit der Arbeit De argenti nitirici usu interno promoviert, begab sich zur weiteren Ausbildung an die Universitätskliniken in Prag und Wien und war seit 1843 als Assistent an der Irrenanstalt Siegburg tätig. F. besuchte auf einer einjährigen Reise Irrenanstalten in Deutschland, England und Frankreich und ließ sich nach mehrjährigen Kuraufenthalten auf Grund eines Turnunfalls 1852 in Koblenz als Arzt nieder. 1866 übernahm er in Vertretung die Leitung der Anstalt in Andernach, begründete mit weiteren Ärzten 1867 den Psychiatrischen Verein der Rheinprovinz und war seit 1875 als leitender Psychiater f ü r die stationäre A u f n a h m e psychisch Kranker verantwortlich. Neben der psychiatrischen Betreuung, zu der auch Heilgymnastik gehörte, verfaßte F. psychiatrische Gutachten und veröffentlichte Zeitschriftsaufsätze und die M o nographie Deutsches Irrenwesen und Unwesen. Ein Briefwechsel für viele Adressen. /. Die Unheilbaren und die Verstoßenen (1870).

Focke,

Gustav Woldemar, Mediziner, Naturforscher, * 2 4 . 1 . 1810 Bremen, t 1 . 6 . 1 8 7 7 Bremen. F., Onkel Johann —>F.s, studierte seit 1830 in Heidelberg Medizin und Naturwissenschaften, wurde 1833 zum Dr. med. promoviert (De respiratione vegetabilium) und hielt sich zu weiteren botanischen, zoologischen und mikroskopischen Studien in Wien, Berlin und H a l l e / S a a l e auf. 1836 ließ er sich als Arzt in Bremen nieder, betrieb mikroskopische und astronomische Studien, war zweiter Vorsitzender der Tagung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte 1844 in Bremen, begründete eine naturwissenschaftliche Lesegesellschaft und wurde 1863 Mitglied des Bremer Gesundheitsrats, im folgenden Jahr des „Naturwissenschaftlichen Vereins". Seit 1860 war F. Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. F. beschrieb als erster die Heliozoen; er veröffentlichte u. a. Physiologische Studien (2 Bde., 1847-54). OD Brem Bio 1 F o c k e , Henrich, Industrieller, Konstrukteur, * 8. 10. 1890 Bremen, t 2 5 . 2 . 1 9 7 9 Bremen. Der Sohn Johann —> F.s beschäftigte sich seit 1908 mit d e m Flugzeugbau, studierte 1911-14 Maschinenbau an der T H Hannover, nahm am Ersten Weltkrieg teil und wurde 1920 Ingenieur der Francke-Werke in Bremen. Z u s a m m e n mit Georg Wulf gründete er 1924 die Focke-Wulf-Flugzeugbau A G in Bremen, in der Schul-, Sport- und Verkehrsflugzeuge, nach der Enteignung durch die Nationalsozialisten auch Jagdflugzeuge und B o m b e r gebaut wurden. F. spezialisierte sich auf den Hubschrauberbau, entwickelte den ersten verwendungsfähigen Hubschrauber (Fw 61, Erstflug 1936) und nach der Gründung der „Focke, Achgelis & C o . " 1937 u . a . den Großhubschrauber Fa 223 (Erstflug 1939). Nach d e m Zweiten Weltkrieg arbeitete er in Paris, London, den Niederlanden sowie in Brasilien und war 1954-56 Prof. an der T H Stuttgart. F. veröffentlichte u. a. Neue Wege der Flugtechnik (1938) und Mein Lebensweg (1977). Er schuf seit 1908 insgesamt 47 Flugzeug- und Hubschrauberkonstruktionen. F. war Fellow des N e w Yorker Institute of Aeronautical Science und ordentliches Mitglied der A k a d e m i e für Luftfahrtforschung. CD Munzinger F o c k e , Johann, Jurist, * 8 . 6 . 1848 Bremen, t 10. 12. 1922 Bremen. Der Sohn eines Richters und Bruder Wilhelm Olbers —»F.s wurde nach dem Jurastudium an den Universitäten Heidelberg, Jena und Göttingen 1873 promoviert.

401

Focke Er trat in den öffentlichen Dienst in Bremen ein und wurde 1875 Regierungssekretär, 1878 Senatssekretär. Unterstützt von Wilhelm von —> Bippen, gründete er 1892 die „Kommission zur Erhaltung von kunst- und kulturgeschichtlichen Denkmälern im bremischen Staat" und eröffnete 1900 im ehemaligen Katharinenkloster das „Historische M u s e u m " , das zu F.s siebzigstem Geburtstag den N a m e n „Focke-Museum für bremische Altertümer" erhielt und nach dem Ersten Weltkrieg mit d e m Gewerb e m u s e u m zusammengelegt wurde. F. war der Vater von Henrich —>F. CD Leb Nieders, Bd 3 F o c k e , Rudolf, Bibliothekar, * 5 . 4 . 1 8 5 2 Itzehoe, t 2 7 . 1 . 1918 Posen. Der Sohn eines Theologen und Privatlehrers studierte Medizin, Klassische Philologie und Philosophie an der Univ. Königsberg, wurde 1879 promoviert, war 1881 -86 Volontär und Assistent an der Universitätsbibliothek Berlin und wurde zweiter Kustos an der Landesbibliothek Wiesbaden. Er kam 1894 an die Bibliothek in Göttingen, 1901 nach Greifswald und wurde 1902 von Friedrich —> Althoff zum Direktor der neugegründeten Kaiser-Wilhelm-Bibliothek in Posen bestellt. F. erarbeitete Sach- und Nominalkataloge nach d e m Vorbild der Universitätsbibliotheken. Nach dem Muster der amerikanischen Public Libraries sollte die Bibliothek durch die angeschlossenen Provinzial-Wanderbibliotheken und die Zentralstelle für Volksunterhaltung der allgemeinen Volksbildung dienen. F. lehrte nebenamtlich als Prof. der Philosophie. Er publizierte u. a. Das staatlich organisierte Volksbibliothekswesen und die Zentralstelle für Volksunterhaltung in der Provinz Posen (1911). DD L G B F o c k e , Wilhelm Olbers, Botaniker, Mediziner, * 5 . 4 . 1 8 3 4 Bremen, t 2 9 . 9 . 1 9 2 2 Bremen. F., Bruder von Johann - » F . , wurde nach d e m Medizinstudium in Bonn, Würzburg und Göttingen 1857 promoviert (Über die Luftwurzeln der Gewächse) und war 1858-1904 in Bremen als Arzt tätig. Er war seit 1855 Mitherausgeber der „Flora Bremensis" sowie Mitbegründer des Bremer Naturwissenschaftlichen Vereins (1868) und des Botanischen Gartens (1904). Zu F.s Freundeskreis zählten Ernst —»Haeckel und Harald Krabbe. Seine botanischen Studien im Bereich der Pflanzenökologie sowie der Pflanzensystematik und -geographie trugen zur Erschließung der nordwestdeutschen Flora bei. Bemerkenswert sind seine Studien über Brombeeren, verwandte Rosengewächse sowie deren Hybriden. F. veröffentlichte u . a . Die Pflanzenmischlinge (1881), ein Werk, das zur Wiederentdeckung Gregor —» Mendels um die Jahrhundertwende beitrug. Zu seinen Publikationen gehören ferner Synopsis ritborum Germaniae (1877), Species ruborum (3 Bde., 1910-14) und Zur Kenntnis der nordeuropäischen Arten von Cochlearia (1916). CD N D B F o c k h y , Daniel, Bürgermeister von Wien, * 8 . 3 . 1 6 2 6 Wien, t 2 3 . 3 . 1695 Wien. Ursprünglich K a u f m a n n , erwarb F. 1661 das Bürgerrecht und trat 1663 in den Dienst der Stadt Wien ein. 1674 wurde er Mitglied des Inneren Rats, während der Pestepidemie von 1679 kontrollierte er die Lazarette, während der Türkenbelagerung 1683 war er Oberstleutnant der Bürgerwehr. Von der kommissarischen Leitung des Bürgermeisteramtes zog sich F. 1686 in den Inneren Rat zurück. Z u m Kaiserlichen Rat ernannt, war er 1688-91 Bürgermeister der Stadt. Während seiner Amtszeit wurde die Beleuchtung der Straßen und Plätze eingeführt sowie eine neue Feuerordnung erlassen. m

Czeike

F ö c h e r , Matthias, Gewerkschafter, * 7. 11.1886 Köln, t 9. 11.1967 Farchant (Oberbayern). F. absolvierte eine Schlosserlehre, besuchte die Maschinenbauschule in Köln, trat 1907 dem Christlichen Me-

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tallarbeiterverband ( C M V ) bei und war an der Gründung des Elberfelder Eisenbahnerverbandes beteiligt. 1905-33 war er Mitglied der Zentrumspartei. F. wurde Geschäftsführer des C M V u. a. in Gevelsberg, H a m m und Neuwied, führte seit 1920 das sozialpolitische Dezernat der C M V Hauptverwaltung und hatte die Schriftleitung des Verbandsorgans „Der deutsche Metallarbeiter" inne. Seit 1920 für die CMV-Jugendarbeit verantwortlich, war er Herausgeber der Jugendschrift „Der H a m m e r " und wurde 1933 nach der Auflösung der Gewerkschaften entlassen. Nach d e m Zweiten Weltkrieg hatte F. Anteil am Aufbau der Gewerkschaft und der C D U (seit 1945 Mitglied). Seit 1947 war er stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in der britischen Zone, seit 1949 des bundesweiten DGB. m Munzinger F o d e r i , Oskar, österr. Chirurg, * 2 3 . 6 . 1865 Wien, t 3 1 . 3 . 1932 Wien. F. studierte an der Univ. Wien Medizin, wurde 1893 promoviert, arbeitete unter T h e o d o r —> Billroth an der II. Chirurgischen Universitätsklinik und war 1894-1902 Assistent Carl —> Gussenbauers. Er habilitierte sich 1902 und erhielt 1909 den Titel a. o. Professor. F. arbeitete seit 1903 als Primararzt und Direktor des St.-Rochus-Spitals, erhielt im folgenden Jahr die Leitung der II. Chirurgischen Abteilung des Krankenhauses Rudolfstiftung und war 1913-23 in gleicher Funktion im Allgemeinen Krankenhaus tätig. Er veröffentlichte auf dem Gebiet der experimentellen und praktischen Chirurgie, u . a . Subcutane Bauchverletzungen (1910). •3

Czeike

F o d e r i , Viktor, österr. Gynäkologe, * 5 . 8 . 1 8 9 4 Wien, t 2 9 . 3 . 1943 Wien. Nach der Promotion an der Univ. Wien 1921 arbeitete F. unter Heinrich —> Albrecht und Rudolf —> Maresch am dortigen Pathologisch-Anatomischen Institut. 1921-23 erhielt er an der II. Chirurgischen Universiätsklinik unter Julius von - » H o c h e n e g g eine chirurgische, seit 1925 an der II. Universitäts-Frauenklinik eine gynäkologische Fachausbildung. 1938 habilitierte sich F. für Gynäkologie und Geburtshilfe. Später ließ er sich als Frauenarzt in Wien nieder und war zuletzt Chefarzt der Geburtshilflich-Gynäkologischen Anstalt.

Födermayr,

Florian, österr. Politiker, * 18.4. 1877 Kronstorf (Oberösterreich), t 7 . 3 . 1 9 6 0 Linz. Der aus einer Bauernfamilie s t a m m e n d e F. besuchte die Ackerbauschule (1891-93) und baute seinen Besitz zu einem Musterlandwirtschaftsbetrieb aus. Im Ersten Weltkrieg war er Kommissär der Kriegsgetreideverkehrsanstalt sowie Mitglied der Preisprüfungskommission. F. gehörte 1919-34 dem Nationalrat an, war zur gleichen Zeit Funktionär zahlreicher landwirtschaftlicher Gremien, 1 9 2 9 / 3 0 Land- und Forstwirtschaftsminister und setzte sich für die agrarischen Genossenschaften ein. 1934-38 war er Mitglied des Staatsrats und des Bundestags. t u Biogr Lex Oberöst

Föhl,

Carl (Eduard Heinrich), eigentl. Karl F., Nationalökonom, * 2 . 8 . 1901 Krefeld, f 19.2. 1973 Koblenz. F., Sohn eines Kaufmanns, war nach dem Abschluß seines Studiums mit dem Diplomexamen als Ingenieur tätig, wurde 1930 an der T H Berlin zum Dr.-Ing. promoviert (Über die Ladung von Ruthsspeichern) und Schloß 1937 das Studium an der dortigen Wirtschaftshochschule ebenfalls mit der Promotion ab (Geldschöpfung und Wirtschaftskreislauf', 1 9 3 7 , 2 1 9 5 5 ) . Neben seiner Tätigkeit für verschiedene Firmen war er 1954-63 Honorarprofessor in Tübingen; 1963-69 wirkte er als o . P r o f . in Berlin. In den Unternehmen, die er leitete, führte er Prämiensysteme, Ertragsbeteiligung der Arbeiter und Sozialleistungen ein. F. arbeitete vor allem auf den Gebieten der Konjunktur- und Verteilungspolitik, beschäftigte sich auch mit den Wirkungen der

Föppl Staatstätigkeit. Er veröffentlichte u. a. Konjunkturpolitik auf dem schmalen Grat der Vollbeschäftigung (1958) und Kreislaufanalytische Untersuchung der Vermögensbildung in der Bundesrepublik Deutschland und der Beeinflußbarkeit ihrer Verteilung (1964). CD Marcon/Strecker

Föhr,

Ernst Gottlieb, kath. Theologe, Politiker, * 1 5 . 4 . 1 8 9 2 Sigmaringen, f 19. 1.1976 Freiburg/Breisgau. F. studierte 1910-13 Theologie an der Univ. Freiburg, 1 9 1 3 / 1 4 Philosophie an der Gregoriana in R o m und wurde 1915 zum Priester geweiht. Nach dem Ersten Weltkrieg studierte er Nationalökonomie an der Univ. Freiburg, wurde 1920 promoviert (Die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Waldarbeiter im badischen Schwarzwald unter besonderer Berücksichtigung der durch Krieg und Revolution gewordenen Verhältnisse) und war 1920-33 Diözesanpräses des kath. Volksvereins. 1928 wurde er Mitglied des Badischen Landtags, 1928 des Deutschen Reichstags, 1931 Vorsitzender der badischen Zentrumspartei und der Landtagsfraktion. 1933 zog sich F. aus d e m politischen Leben zurück und war zunächst Pfarrer in Sölden, seit 1939 in Offenburg, seit 1943 in Freiburg. Nach d e m Zweiten Weltkrieg war er in der Katholischen B e w e g u n g Badens tätig, wurde 1958 Generalvikar der Erzdiözese Freiburg und bemühte sich u m Strukturveränderungen in der kirchlichen Verwaltung. F. veröffentlichte u. a. eine Geschichte des Badischen Konkordats (1958). DP Gatz 5

Fölckersam,

Melchior von, Politiker, * 1 5 . 1 . 1 6 0 1 Kaikuhnen (Kurland), t 2 7 . 9 . 1665. Nach dem Studium an den Universitäten Königsberg, Rostock und Leiden wurde der einem aus Ostfalen kommenden, seit dem 14. Jh. in Kurland und Livland ansässigen Adelsgeschlecht entstammende F. 1622 Hofmeister des Sohns des Fürsten von Ostfriesland, 1624 Hofrat in Emden, im folgenden Jahr Hofmeister des Herzogs von Holstein und 1628 mecklenburgischer Hofmarschall. 1630 wurde er persönlicher Rat des Erbprinzen und späteren Herzogs —> Jakob Kettler und Verwalter von dessen Gütern in Kurland. F. war seit 1638 Oberhauptmann von Goldingen, seit 1650 Kanzler des Herzogtums Kurland, leitete den Lübecker Kongreß 1651-53 und nahm am Friedenskongreß von Oliva 1660 teil. CD N D B

Fölkersahm,

(Wilhelm) Hamilcar von, Rittergutsbesitzer, Bankier, Politiker, * 6 . 1 . 1811 Mitau, t 19.4. 1856 Riga. Der Sohn des livländischen Zivilgouverneurs Georg von F. studierte an der Univ. Berlin. Er wurde Haupt einer R e f o r m partei in der Ritterschaft des livländischen Landtags, die sich z u m Ziel setzte, die 1819 begründete Freiheit der estnischen und lettischen Bauern durch den Wechsel von der Arbeitspacht (Fron) zur Geldpacht bzw. Rentenpacht zu erhalten. 1842 setzte F. die grundsätzliche Anerkennung des Rechts der Bauern auf Grundbesitz durch, übernahm, 1847 ins livländische Landratskollegium gewählt, als Landmarschall (1848-51) die Leitung der Ritterschaft und initiierte die reformerische „Agrar- und Bauernverordnung". F. schuf Richtlinien zum Schutz des Rechts der deutschen Lutherischen Landeskirche und des Volksunterrichts und war seit 1851 Präsident der von ihm ins Leben gerufenen Rentenbank. CD N D B F ö l z e r , Heinrich, Unternehmer, * 1782 Siegen (Westfalen), t 2 4 . 1 1 . 1861 Siegen. Der z u m Schlosser ausgebildete F. gründete in Siegen (Westfalen) einen Schlossereibetrieb, in d e m er zunächst Bedarfsartikel wie Tür-, Fenster- und Möbelbeschläge sowie Schlösser herstellte, die er selbst vertrieb. Seit den fünfziger Jahren erhielt sein Betrieb größere Aufträge, zu denen u. a. die Produktion von Dampfkesseln gehörte, die über den

Siegerländer R a u m hinaus Absatz fanden. Begünstigt durch die Erschließung des Siegerlandes durch die Eisenbahn, entwickelte sich der einstige Handwerksbetrieb zu einem Industrieunternehmen. Die Vergrößerung der Produktionsanlagen, welche die Erweiterung des Herstellungsprogramms erforderlich machte, die Ü b e r n a h m e der Firma Will & Hundt und die Gründung eines Zweigwerks in Lothringen führten dazu, daß die bisher als offene Handelsgesellschaft geführte Firma, die nach F.s Tod von seinen Söhnen weitergeführt wurde, in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Sie firmierte seit ihrer Gründung 1899 als Siegen-Lothringer Werke A.-G., vorm. Heinrich Flözer Söhne. F ö p p e l , Heinrich Anton, Sänger, * 1798 Rosenberg (Fürstentum Löwenstein-Wertheim), t Mai 1866 Kassel. F. erhielt seine Gesangsausbildung in Rastatt und Wertheim, trat 1819 erstmals als Sänger in -^>Haydns Schöpfung auf und gab sein Bühnendebüt 1820 am Mannheimer Hoftheater. 1821 wechselte er nach Freiburg/Breisgau, 1825 kam er auf Betreiben Louis —> Spohrs und des Intendanten Karl —» Feige an das Hoftheater nach Kassel und gab u . a . die Titelfigur in der Uraufführung von Spohrs Oper Der Berggeist. D e m Kassler Theater blieb F. bis zu seiner Pensionierung 1859 verbunden und trat hier in zahlreichen tragenden Baß- und Baritonrollen auf. Neben Gastspielen u. a. an den Hoftheatern von Berlin, Hannover, M a n n h e i m und Karlsruhe machte er sich auch als Konzertsänger einen N a m e n . Nach seinem Rücktritt von der Bühne unterrichte er als Gesangspädagoge. CD Kutsch

Föppl,

August (Otto), Physiker, * 2 5 . 1 . 1 8 5 4 GroßUmstadt (Hessen), t 12. 8 . 1 9 2 4 A m m e r l a n d / S t a r n b e r g e r See. F., Sohn eines Arztes, begann 1869 ein Bauingenieurstudium in Darmstadt, lernte bei Christian Otto —> Mohr in Stuttgart technische Mechanik und Schloß das Studium 1874 in Karlsruhe ab. 1887-92 war er Lehrer an der Leipziger Gewerbeschule und wurde 1888 mit den Studien Theorie des Fachwerks (1880) und Theorie der Gewölbe (1881) promoviert. Seit 1892 a. o. Prof. der landwirtschaftlichen Maschinenlehre und Kulturtechnik an der Univ. Leipzig, wurde er 1894 o.Prof. der technischen Mechanik und Vorstand des Mechanisch-Technischen Labors an der TH München, wo er bis zu seiner Emeritierung 1922 blieb. F. nahm Einfluß auf die Entwicklung der technischen Mechanik durch die Einführung der Maxwellschen Theorie. Er veröffentlichte u . a . Vorlesungen über technische Mechanik (6 Bde., 1897-1900, 1 5 1951), Die Mechanik im 19. Jahrhundert (1902), Einführung in die Maxwellsche Theorie der Elektrizität (1904), und Festigkeitslehre (1927). 1925 erschienen seine Lebenserinnerungen. F. war der Vater von Otto und Ludwig - > F . CD N D B

Föppl,

Ludwig, Physiker, * 2 7 . 2 . 1887 Leipzig, t 13.5. 1976 München. Der Sohn August —> F.s studierte an der T H München und an der Univ. Göttingen Mathematik sowie technische Mechanik. 1912 wurde er mit der Dissertation Stabile Anordnungen von Elektronen im Atom promoviert, habilitierte sich 1914 mit der Arbeit Rotierendes Ei auf horizontaler Unterlage und lehrte als Privatdozent für angewandte Mathematik an der Univ. Würzburg. 1920 folgte er einem Ruf als o. Prof. der technischen Mechanik an die T H Dresden, übernahm 1922 den Lehrstuhl seines Vaters an der T H München und wurde Vorstand des Medizinisch-Technischen Labors. F. veröffentlichte u. a. Wirbelbewegung hinter einem Kreiszylinder (1913), Drang und Zwang. Eine höhere Festigkeitslehrefür Ingenieure (2 Bde., 1924, mit August F.; M941-44,

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Föppl Bd. 3 1947), Mechanik (1929), Die technische Hochschule in ihrer Wandlung (1948), Praktische Spannungsoptik ( 1950) und Elementare Mechanik vom höheren Standpunkt (1959). e n Poggendorff 5-6

Föppl,

Otto, Physiker, * 6 . 4 . 1 8 8 5 Leipzig, t 1 9 . 3 . 1 9 6 3 Ilten. Der Sohn August —> F.s studierte an der T H München, absolvierte Berufspraktika bei Maffei in München sowie bei M A N in Augsburg, wurde 1908 an der T H Aachen mit der Arbeit Windkräfte an ebenen und gewölbten Platten promoviert und war seit 1909 Assistent Ludwig —»Prandtls an der Aerodynamischen Versuchsanstalt Göttingen. 1911 wurde er Versuchsingenieur in Aachen, 1913 Patentingenieur bei M A N , später Betriebsdirigent in Wilhelmshaven und war 1920-51 a. o. Prof. der Festigkeitslehre und Schwingungstechnik an der T H Braunschweig. F. veröffentlichte u. a. Schnellaufende Dieselmaschinen ( 1920), Grundzüge der Festigkeitslehre (1923), Grundzüge der technischen Schwingungslehre ( 1931 ) und Eine neue Elastizitätstheorie, die sich auf die natürlichen Elastizitätskonstanten E° und G stützt. Biegeschwingungen an umlaufenden Rotoren (1950). P P Poggendorff 6 F ö r g , Anton, Mediziner, * 2 5 . 3 . 1809 Söflingen, t 2 6 . 1 2 . 1859 Oberaudorf. F. studierte seit 1827 Medizin an der Univ. München, wurde 1832 promoviert {De cerebri structura) und arbeitete vorübergehend als praktischer Arzt in Hilpoltstein (Mittelfranken). Auf Anregung von Johann Joseph Ignaz —» Döllinger wandte er sich 1835 anatomischen und physiologischen Forschungen zu und begab sich zum weiteren Studium nach Paris, w o er über Gehirn und Rückenmark arbeitete. 1844 zum a. o. Prof. und Prosektor am M ü n c h n e r Anatomischen Institut ernannt, erhielt F. 1848 dort ein Ordinariat, das er bis zu Emeritierung 1854 innehatte. Er veröffentlichte u. a. Grundlinien zu einer morphologischen Betrachtung des Gehirns (1839), Das Rückenmark des Menschen mit den Ursprüngen seiner Nerven (1839) und Beiträge zur Kentniss vom inneren Bau des menschlichen Gehirns (1844). F ö r n e r , Christian, Orgelbauer, * 1609 oder 1610 Löbejün bei K ö n n e r n / S a a l e oder Wettin, t um 1678 vermutlich Halberstadt. F., Sohn eines Z i m m e r m a n n s , der auch Bügermeister in Wettin war, ging bei seinem Schwager Johann Wilhelm Stegmann, der Orgelbauer und Bürgermeister in Wettin war, in die Lehre. Bekannt wurde er durch den Bau der Orgel im Dom von Halle (1667), wo Georg Friedrich - » Händel 1 7 0 2 / 0 3 Organist war. 1673-75 entstanden die Orgeln in St. Ulrich in Halle (in F.s Auftrag von L u d w i g Compenius ausgeführt), 1673 in Weißenfels, Augustusburg (Schloßkirche) sowie in Fischbeck/Weser. F., der vermutlich Kontakt zu Otto von —»Guericke hatte, erfand eine „Windwaage", die den Winddruck der Orgel mit Hilfe einer Wassersäule mißt. Der nach England ausgewanderte Orgelbauer Bernhard Schmidt („Father Smith") war wahrscheinlich sein Schüler. DP M G G F ö r n e r , Friedrich, auch Forner, kath. Theologe, Weihbischof von Bamberg, * 1568 Weismain (Kr. Lichtenfels), t 5 . 1 2 . 1630 Bamberg. F. studierte seit 1588 Theologie an der Univ. Würzburg, wurde 1593 in Bamberg z u m Diakon geweiht und hielt sich 1593-98 am Collegium G e r m a n i c u m in R o m auf, wo er seit 1594 Prediger der Schweizergarde war und 1596 zum Priester geweiht und promoviert wurde. Nach B a m berg zurückgekehrt, wurde er von Fürstbischof Neidhart von —»Thüngen zunächst zum Kanoniker von St. Stephan, 1603 vom Domkapitel zum Domprediger ernannt. F. war um die Ausbreitung, Erhaltung sowie Vertiefung des Katholizismus

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in der Bamberger Diözese bemüht, vor allem nach d e m Tod des Fürstbischofs Johann Philipp von —» Gebsattel und der Absetzung des Weihbischofs Johann Schöner (1610). Während der Amtszeit des Fürstbischofs Johann Gottfried von —» Aschhausen (1609-22) wurde er 1610 Generalvikar, 1612 Weihbischof. Mit seinen gegen Wunder- und Hexenglauben gerichteten Panoplia armaturae Dei adversus omnem superstitionum [...] (1625) war er ein geistiger Urheber der Bamberger Hexenprozesse. CD Frank Leb, Bd 1 F o r s t , Walter, Historiker, Journalist, * 20. 12.1920 Düsseldorf, t 10.10. 1993 Köln. F. wurde 1961 erster Leiter der neugegründeten Landesredaktion des H ö r f u n k s des Westdeutschen R u n d f u n k s . Als Kenner der nordrhein-westfälischen Landesgeschichte beeinflußte er publizistisch das Z u s a m m e n w a c h s e n des Landes und erwarb sich u . a . als Herausgeber der Zeitschrift „Geschichte im Westen" sowie als Gründer des „Brauweiler Kreises f ü r Landes- und Zeitgeschichte" Verdienste, für die ihm 1982 der Professorentitel verliehen wurde. F. veröffentlichte u . a . eine Geschichte Nordrhein-Westfalens (2 Bde., 1970). m Leb Rhein, Bd 7

Foerste,

William, Germanist, * 3. 12. 1911 N e w York, t 2 7 . 9 . 1967 Münster (Westfalen). F., Sohn eines Kaufmanns, wuchs in Moisburg bei Buxtehude auf, studierte seit 1932 in Marburg und Hamburg Deutsche, Englische und Niederländische Philologie, u . a . bei Conrad —»Borchling und Agathe —> Lasch, und wurde 1937 mit der Arbeit Der Einfluß des Niederländischen auf den Wortschatz der jüngeren niederdeutschen Mundarten Ostfrieslands (1938, Nachdr. 1975) promoviert. Seit 1933 war er Mitglied der SA und seit 1937 der N S D A P . 1940 wurde F. a. o. Prof. f ü r Niederdeutsche Philologie an der Univ. Münster, habilitierte sich 1943 und war dort 1944-51 planmäßiger a. o . P r o f . für Niederdeutsche Philologie und Volkskunde mit besonderer Berücksichtigung des Niederländischen. 1950 Lektor für Deutsche Sprache an die Univ. Lund (Schweden), kehrte er 1951 als planmäßiger o. Prof. nach Münster zurück und war dort 1961-67 o. Prof. der Deutschen Philologie. F. gründete den Niederdeutschen Wortatlas (1950 ff.), das Westfälische Wörterbuch (hrsg. mit Dietrich H o f m a n n , 1969) und das „Westfälische Flurnamenarchiv". Er veröffentlichte u . a . Über plattdeutsche Sprache und Dichtung (1949), Untersuchungen zur westfälischen Sprache des 9. Jahrhunderts ( 1950) und Einheit und Vielfalt der niederdeutschen Mundarten (1960). CD I G L

Forstel,

Gertrude, Sängerin, * 2 1 . 1 2 . 1 8 8 0 Leipzig, t 7 . 6 . 1950 Bad Godesberg (heute zu Bonn). F., deren Vater d e m Leipziger Gewandhaus-Orchester angehörte, erhielt am Leipziger Konservatorium eine Pianistenausbildung und hatte 1897 ihr erstes Konzert. Angelo - » N e u m a n n entdeckte sie für den Gesang und finanzierte ihr Studium bei Selma —> Nicklass-Kempner in Berlin. Nach Abschluß ihrer Ausbildung bei Aglaja —»Orgéni in Dresden gab sie ihr Gesangsdebüt 1900 am Deutschen Theater Prag. In Prag wirkte F. mit an den Uraufführungen zweier Opern von Eugen —»d'Albert, Tiefland (1903) und Flauto solo (1905). 1906 wechselte sie an die Wiener Hofoper, hatte neben der Tätigkeit dort Gastauftritte an mehreren deutschen Bühnen und sang 1904-12 auch bei den Bayreuther Festspielen. Seit 1912 war F. außerdem regelmäßig als Konzertsängerin zu erleben und feierte vor allem als —»Mozart-, —»Bruckner- und —» Mahler-Interpretin Erfolge; bereits 1910 übernahm sie in der Uraufführung von Mahlers 8. Sinfonie in M ü n c h e n eine Solistenrolle. Nach ihrem Rückzug von der B ü h n e 1931 unterrichtete sie Gesang an der Kölner Musikhochschule. c d Kutsch

Förster F ö r s t e m a n n , Ernst (Wilhelm), Sprachwissenschaftler, Bibliothekar, * 1 8 . 9 . 1 8 2 2 Danzig, t 4. 11.1906 Charlottenburg (heute zu Berlin). Der Sohn Wilhelm August —»F.s war nach d e m Studium der Vergleichenden Sprachwissenschaften seit 1840 in Halle und Berlin (u.a. bei Karl —>Lachmann und Franz —>Bopp) und der Promotion (De comparativis et superlativis linguae Graecae et Latinae, 1844) Hauslehrer ( 1844-48), dann Hilfslehrer am Städtischen G y m n a s i u m in Danzig und ging 1851 als Oberlehrer am Lyzeum und Gräflich Stolbergischer Bibliothekar nach Wernigerode. 1865-87 an der Kgl. Öffentlichen Bibliothek in Dresden tätig, schuf er u. a. die Neugruppierung der Bibliothek in 300 Abteilungen sowie einen Standortkatalog. Seit 1887 versah er verschiedene Bibliothekarstellen im Dienst des sächsischen Königshauses und ließ sich 1900 in Berlin nieder. F., der 1862 zum Prof. ernannt wurde, begründete die systematische deutsche Ortsnam e n k u n d e (Die deutschen Ortsnamen, 1863, Nachdr. 1998) und veröffentlichte u. a. Altdeutsches Namenbuch (2 Bde., 1856-59; Bd. 1 2 1859, Nachdr. 1966; Bd. 2 3 1 9 l 3 - 1 6 in 2 Bden. bearb. und hrsg. von Hermann Jellinghaus, Nachdr. 1967) und Geschichte des deutschen Sprachstammes (2 Bde., 1 8 7 4 / 7 5 , Nachdr. 1966), ferner 1880 die erste FaksimileAusgabe der Dresdner Maya-Handschrift ( 2 1892) und später verschiedene Erläuterungen und K o m m e n t a r e dazu.

der Geometrie (1827, Nachdr. 1981), Beiträge zu einer einfachen elementaren Behandlung der Lehre von den Kegelabschnitten nach geometrischer Methode (1833) und Über die Auflösung quadratischer, cubischer und biquadratischer Gleichungen, besonders mittelst geometrischer Functionen ( 1836). Er war der Vater von Ernst —> F. m Altpreuß Biogr, Bd 1

Förster,

Alban, Dirigent, Komponist, * 23. 10.1849 Reichenbach (Vogtland), t 18.1. 1916 Neustrelitz. F. erhielt während seiner Schulzeit Unterricht in Violine, Musiktheorie und Komposition, besuchte 1866-69 das Dresdner Konservatorium und war als Konzertmeister in Karlsbad sowie Stettin tätig. 1871-81 erster Violinist der Hofkapelle Neustrelitz, wechselte er 1881 als Lehrer für Chorgesang und Harmonielehre an das Dresdner Konservatorium und war seit 1882 Hofkapellmeister in Neustrelitz. 1903 wurde F. zum Prof. ernannt. Er komponierte Klavierund Violinstücke, eine Symphonie in C-Dur, Lieder sowie mehrere Opern, darunter Die Mädchen von Schiida (1887) und Lorie (1890).

Förster,

Ernst Günther, Archivar, Historiker, * 13.4. 1788 Nordhausen, t 11.6. 1859 Nordhausen. Nach historischen und theologischen Studien (1808-11) an der Univ. Göttingen war F., Bruder Wilhelm August —» F.s, Lehrer am G y m n a s i u m seiner Heimatstadt (bis 1853) und wurde zum Konrektor ernannt. Seinen wissenschaftlich Ruf begründete er mit den Christlichen Geißlergesellschaften sowie mit zahlreichen historische Arbeiten über Nordhausen, u. a. Uber die Bildung der Familiennamen in Nordhausen im 13. und 14. Jahrhundert (1851). m ADB

Anton, Komponist, Musiker, Musikpädagoge, * 2 0 . 1 2 . 1 8 3 7 Wosenitz (Böhmen), t 17.4. 1926 Rudolfswert (Slowenien). F. wurde zunächst von seinem Vater, einem Oberlehrer und Leiter eines Kirchenchores, musikalisch unterrichtet. Nach dem Abitur trat er in das Zisterzienserkloster in Hohenfurth ein, verließ es jedoch nach elf Monaten, u m in Prag Jura zu studieren. Später wurde er Organist in Zengg (Kroatien), ließ sich 1867 in Laibach nieder und blieb dort vierzig Jahre lang Domkapellmeister sowie Musiklehrer im Priesterhaus und an den Gymnasien. F. gründete eine Orgelschule, komponierte Messen, veröffentlichte musikalische Lehrbücher und gab slowenische Volkslieder heraus. 1872 entstand die Oper Gorenjski slavcek (Die Nachtigall von Oberkrain). Er war der Vater von Antonin —»F. Q3 M G G

Förstemann,

Förster,

m

IGL

Förstemann,

Joseph, Bibliothekar, * 1 2 . 2 . 1 8 4 1 Halle, t 19. 12. 1900. Der Sohn Karl Eduard —>F.s war nach d e m Studium der Klassischen Philologie Hauslehrer, 1 8 6 2 / 6 3 Hilfsarbeiter der Universitätsbibliothek in Halle und wurde 1866 Bibliothekar der Universiätsbibliothek in Leipzig, 1881 zweiter Oberbibliothekar. Er gab den dritten Band des Urkundenbuches der Stadt Leipzig heraus.

Förstemann,

Karl Eduard, evang. Theologe, Bibliothekar, * 1 2 . 8 . 1 8 0 3 Nordhausen, t 23. 1. 1847. F., Veter von Ernst —» F., studierte an der Univ. Halle Theologie, wurde 1824 Amanuensis an der Universitätsbibliothek Halle und war nach d e m Studium als Hauslehrer, 1828-30 als Gehilfe an der Kgl. Bibliothek in Berlin tätig. Er 1832 in Halle promoviert und im selben Jahr Sekretär an der Universitätsbibliothek sowie des Thüringisch-Sächsischen Vereins. Seit 1835 Kustos der von Ponickauschen Sammlung, erhielt F. 1844 den Titel Bibliothekar und wurde später z u m Prof. ernannt. Er veröffentlichte u. a. ein Neues Urkundenbuch zur Geschichte der evangelischen Kirchenreformation (1842). F. war der Vater von Joseph —> F. CP A D B F ö r s t e m a n n , Wilhelm August, Mathematiker, * 2 9 . 1 0 . 1791 Nordhausen, t 2 8 . 6 . 1 8 3 6 Danzig. Der Sohn eines Ratsherrn und Bruder Ernst Günther - > F.s studierte seit 1812 an der Univ. Göttingen Mathematik, war seit 1815 an einer privaten Erziehungsanstalt tätig und wurde 1817 Mathematiklehrer am Danziger Gymnasium. 1832-36 war er Direktor der Danziger Naturforschenden Gesellschaft. F., der durch seine Arithmetik- und Algebralehrbücher bekannt wurde, veröffentlichte u . a . Über den Gegensatz positiver und negativer Grössen (1817, Nachdr. 1981), Lehrbuch

Antonin, Musiker, * 2 5 . 5 . 1 8 6 7 Zengg (Kroatien), t 9. 1.1925 Triest. F. erhielt von seinem Vater Anton —>F. ersten Musikunterricht, besuchte das Leipziger Konservatorium und war zweimal Stipendiat des Weimarer Lisztfonds. Seit 1898 leitete er eine Klavierausbildungsklasse am Sternschen Konservatorium in Berlin, seit 1904 am Klindworth-ScharwenkaKonservatorium und lebte 1908-13 als Lehrer am Th.-Ziegfelds-Konservatorium in Chicago. Dû M G G

Förster,

Arnold, Entomologe, * 2 0 . 1 . 1810 Aachen, t 13.8. 1884 Aachen. F., Sohn eines Ackermannes, studierte 1832-36 Medizin und Naturwissenschaften an der Univ. Bonn, beeinflußt von dem Zoologen Georg August —» Goldfuß, bei d e m er als Erzieher und Assistent tätig war. Seit 1836 Lehrer, von 1850 an Oberlehrer an der Aachener Realschule, wurde er 1853 Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina und erhielt 1855 den Professorentitel. F. betrieb Forschungen im Bereich der Botanik und Entomologie. Er beschrieb die Familien der Gall- und Schlupfwespen sowie deren Verwandtschaftskreis (Chalcididen, Proctotrupiden, Braconiden), u. a. in Hymenopterologische Studien (2 Bde., 1850-56). m

NDB

Förster,

August, Pathologe, Anatom, * 8 . 7 . 1 8 2 2 Weimar, t 15.3. 1865 Würzburg. Nach d e m Medizinstudium an den Universitäten Jena und Halle wurde F. 1845 promoviert (De embryone ovi humani secundo graviditatis mense per abortum ex utero extrusi), war seit 1849 Privatdozent in Jena, von 1852 an a. o.Prof. der pathologischen Anatomie an der Univ. Göttingen und wechselte 1858 als o . P r o f . nach Würzburg. Er beschäftigte

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Förster sich mit spezieller pathologischer Histologie und pathologischer Entwicklungsgeschichte der Menschen. F. veröffentlichte u. a. ein Handbuch der pathologischen Anatomie ( 1850, 2 1862-65) und Die Missbildungen des Menschen (1861). CD Ärzte 1 F ö r s t e r , (Johann) August, Theaterdirektor, Schauspieler, * 3.6. 1828 Lauchstädt bei Merseburg, t 22. 12. 1889 auf dem Semmering. F., Sohn eines sächsischen und preuß. Genieoffiziers und Vetter des Schriftstellers Bernhard —»F., studierte an den Universitäten Halle und Jena, wurde 1851 zum Dr. phil. promoviert und debütierte im selben Jahr als Schauspieler bei der Bredowschen Gesellschaft in Naumburg. Bevor er 1850 an das Wiener Burgtheater verpflichtet wurde, spielte er in Posen, Bromberg, Stettin, Danzig und Breslau. Am Burgtheater war F. bis 1875 als Schauspieler, seit 1870 auch als Regisseur tätig und lehrte 1871 -75 als Prof. am Konservatorium. 1875-82 hatte er die Leitung des Leipziger Stadttheaters inne, wechselte 1883 als Mitbegründer und Leiter an das Deutsche Theater Berlin und kehrte 1888 als Direktor an das Wiener Burgtheater zurück. Zu F.s Hauptrollen zählte der Musikus Miller in Emilia Galotti. Er übersetzte Gesellschaftsstücke aus dem Französischen, bearbeitete ältere Stücke und schrieb u . a . Der Einfluß der Lessingschen Dramaturgie auf die Einführung Shakespeares in Deutschland ( 1 8 5 1 ) . F. war mit Florentine - > F . verheiratet. CD N D B F ö r s t e r , (Friedrich) August, Klavierbauer, * 30.7. 1829 Oberseifersdorf (Zittau), t 18.2. 1897 Löbau. Der Sohn eines Handwebers wurde in Herrnhut zum Tischler ausgebildet und betätigte sich auch als Geigen- und Gitarrenbauer. Nach einer Lehre bei Klavierbauern in Löbau und Zittau wurde F. 1854 Geselle und begab sich auf Wanderschaft nach Dresden, Leipzig, Göttingen und Hamburg. 1859 machte er sich als Klavierbauer selbständig. Er konnte seine Firma in den folgenden Jahren beständig vergrößern und baute seit 1863 auch Flügel. F. war der Vater von Cäsar -»F. m MGG F ö r s t e r , Bernhard, Schriftsteller, Kolonialist, * 31.3. 1843 Delitzsch, t 3.6. 1889 San Bernardino (Paraguay). Seit 1880 betätigte sich F. in führender Position in der antisemitischen Bewegung in Berlin, gründete 1881 mit Max —> Liebermann von Sonnenberg den Deutschen Volksverein und verfaßte mit Liebermann die „Antisemitenpetition" an den Reichstag. 1886 wanderte er mit seiner Frau Elisabeth ( - » Förster-Nietzsche) nach Paraguay aus und gründete die Kolonie „Nueva Germania". F. veröffentlichte Deutsche Colonien in dem oberen La-Plata-Gebiet mit besonderer Berücksichtigung von Paraguay ( 2 1886). CD Nietzsche F ö r s t e r , Berthold Paul, Maler, Schriftsteller, * 2. 11.1851 Westerau (Holstein), t 1 1 . 9 . 1 9 2 5 Weimar. Ursprünglich Kaufmann, studierte F. 1875-84 an den Kunstakademien München und Weimar (als Schüler Theodor —»Hagens), ging 1884 nach Dresden und unternahm Studienreisen durch Rußland, Deutschland und die Schweiz. 1896-1915 war er Prof. und Sekretär an der Großherzoglichen Kunstschule in Weimar, 1896-1900 Direktor der von ihm mitbegründeten Renten- und Pensionsanstalt f ü r deutsche bildende Künstler. Zu F.s Bildern zählt Im Park zu Weimar. Er schrieb Gedichte und Novellen (u. a. Wer sich frei von Sünde fühlt, 1896). CD A K L F ö r s t e r , (Franz) Cäsar, Fabrikant, * 1.2. \ 864 Löbau (Sachsen), t 20.2. 1915 Löbau. Neunzehnjährig trat F. in die von seinem Vater August —> F. 1859 gegründete Pianofabrik in Löbau ein, war seit 1894 selbständiger Mitarbeiter und wurde nach dem Tod seines

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Vaters ( 1897) Firmenbesitzer und -leiter. Er beschäftigte sich insbesondere mit der technischen Vervollkommnung der Instrumente, baute seit 1907 „Kleinklaviere", besaß ein Patent auf elektrische Innenbeleuchtung der Klaviere und verbesserte den von seinem Vater erfundenen „durchgehenden Panzerrahmen" durch die Agraffenkonstruktion. F. eröffnete eine weitere Fabrik sowie Verkaufsfilialen und vertrieb neben Klavieren auch Harmonien. Nach seinem frühen Tod wurde die Firma von seiner Witwe und den beiden Söhnen weitergeführt. Das Unternehmen war vor allem bekannt durch den Bau von Sonderkonstruktionen (Vierteltonflügel, Superkonzertflügel, Elektrochord). CD N D B F ö r s t e r , (Johann) Christoph (Friedrich), Komponist, * 3 0 . 1 1 . 1693 Bibra, t 6.12. 1745 Rudolstadt. F., Sohn eines Ratskämmerers, wurde in seiner Heimatstadt von dem Organisten Johann Philipp Pitzler unterrichtet und war Schüler Johann David —> Heinichens und Georg Friedrich Kauffmanns. 1717 erhielt er eine Anstellung als Kammermusiker, später als Konzertmeister in der Merseburger Hofkapelle. 1723 nahm er an der Königskrönung in Prag teil und hatte dort Kontakt zu Johann Joseph - > Fux und Antonio Caldara. Seit 1745 Vizekapellmeister in Rudolstadt, hatte er diese Position vermutlich bis zu seinem Tod inne. F. wurde von seinen Zeitgenossen als Kantatenmeister geschätzt, die spätere Forschung hob ihn als Wegbereiter eines zur klassischen Symphonie hinführenden Instrumentalstils hervor. Er komponierte Orchestersuiten, Symphonien, Kirchenkantaten und Violinsonaten. CD M G G F ö r s t e r , Emanuel Aloys, eigentl. Emanuel Joseph Anton Ignaz F., Komponist, Musikpädagoge, * 2 6 . 1 . 1748 Niedersteine bei Glatz (Schlesien), f 12.11. 1823 Wien. F. arbeitete um 1764 bei seinem Vater, einem Verwalter in der Wirtschaftskanzlei des Grafen Vetter von der Lilien, und war 1766-68 als Oboist im Fouquéschen Infanterieregiment tätig. Er nahm Klavier- und Kompositionsunterricht bei Franz Pausewang in Mittelwalde (Schlesien), hielt sich vermutlich seit 1775 in Prag auf und ließ sich 1779 in Wien nieder, wo er als freischaffender Künstler und Lehrer bis zu seinem Tod blieb. F. wurde von den Werken —> Mozarts, —» Bachs sowie Clementis beeinflußt und wirkte selbst nachweislich als Komponist von Streichquartetten auf —»Beethoven. Er komponierte bereits vor 1764 und hatte um 1780 u. a. über hundert Divertimenti, Sonaten und Konzerte für Klavier, zehn Sonaten, einige Konzerte für Violine, sechzehn Streichquartette, fünf Oboenkonzerte sowie mehrere Orgelstücke geschrieben. F. unterrichtete u.a. Andrej Kirillowitsch Rasumowskij, Georg —> Hellmesberger und Joseph —»Mayseder. CD M G G F ö r s t e r , Emil von, österr. Architekt, * 18. 10.1838 Wien, t 14.2. 1909 Wien. Der Sohn Ludwig - > F . s studierte an der Berliner Bauakademie und unternahm Studienreisen nach Italien ( 1 8 5 7 / 5 8 , 1862-64). Er brachte die florentinische Renaissance in zahlreichen Wiener Bauten seit 1866 zur Geltung und war einer der vielseitigsten Architekten des Wiener Späthistorismus; u. a. errichtete er Häusergruppen am Graben, am Franzensring und mehrere Banken in Wien sowie Hotels in Bozen, Bukarest und Meran. F.s bekanntester Bau war das Ringtheater in Wien ( 1 8 7 2 / 7 3 ) , das 1881 abbrannte. 1895 trat er in den Staatsdienst ein, führte Umbauten u. a. in der Wiener Hofburg durch und gestaltete 1 8 9 5 / 9 6 die Repräsentationsräume der Böhmischen Hofkanzlei neu. Seit 1895 Vorstand des Departements f ü r Hochbau im Innenministerium, entwarf F. zahlreiche Gerichts- und Verwaltungsgebäude u. a. in Brünn, Wien, Laibach, Prag und Triest. CD A K L

Foerster F ö r s t e r , Erich, evang. Theologe, * 4. 11.1865 Greifswald, t 12.10. 1945 F r a n k f u r t / M a i n . Nach d e m Besuch der Fürstenschule in Schulpforta und d e m Theologie- und Geschichtsstudium an den Universitäten Marburg und Berlin wurde der Sohn von Franz —»F. 1893 Pfarrer in Hirschberg (Schlesien), 1895 in der deutsch-reformierten Gemeinde in F r a n k f u r t / M a i n . Er habilitierte sich 1907 an der Univ. Frankfurt für Kirchengeschichte und war 1915-34 ordentlicher Honorarprofessor. F., Schüler Adolf von —»Harnacks, war Mitarbeiter an Martin —> Rades „Christlicher Welt", trat als Historiker durch das Werk Die Entstehung der Preußischen Landeskirche unter der Regierung König Friedrich Wilhelm III. (2 Bde., 1905-07) hervor und nahm 1915-25 als Konsistorialrat an der Leitung des Frankfurter Kirchenwesens teil. In zahlreichen Veröffentlichungen untersuchte er, ein Anhänger von Rudolph —» Sohm, das Verhältnis von Kirche und Staat (u. a. Rudolph Sohms Kritik des Kirchenrechts, 1942). Nach 1933 Schloß sich F. der „Bekennenden Kirche" an. Seine Lebenserinnerungen erschienen 1996. CD N D B F ö r s t e r , Ernst, auch Ernst Joachim F., Maler, Kunsthistoriker, Publizist, * 8 . 4 . 1800 Münchengosserstädt/ Saale, t 2 9 . 4 . 1 8 8 5 M ü n c h e n . F., Sohn eines Pfarrers und Bruder von Friedrich - » F . , studierte seit 1818 an der Univ. Jena, 1819-22 an der Univ. Berlin Theologie und Philosophie, bereiste Süddeutschland und machte 1820 in München die Bekanntschaft von Peter - » Cornelius. Auf dessen Rat hin wandte er sich der Malerei zu, trat 1821 in das Atelier von Wilhelm - » S c h a d o w ein, ließ sich 1825 nach Reisen (Frankreich, Belgien, Weimar) in München nieder und beteiligte sich als Historien- und Allegorienmaler an einem Illustrationsprojekt für das Nürnberger Dürerfest (1828) sowie an mehreren Großaufträgen, u. a. der Freskenmalerei in der M ü n c h n e r Residenz 1833. Seit 1826 war F. auch publizistisch tätig und gab 1842-49 das Schornsche Kunstblatt mit heraus; neben Künstlerbiographien und Reiseführern verfaßte er u. a. eine Geschichte der deutschen Kunst (5 Bde., 1851-60) und eine Geschichte der italienischen Kunst (5 Bde., 1869-78). Er publiziert den schriftlichen Nachlaß von Peter —»Cornelius und setzte die Übersetzung der Viten Vasaris ins Deutsche fort (Bd. 3-6, 1843-49). Nach d e m Tod Ludwig —» Schorns 1842 übernahm er zusammen mit Franz —»Kugler die Redaktion des „Kunstblatts". Seit 1826 mit der ältesten Tochter Jean —» Pauls verheiratet, machte sich F. um die Herausgabe der Schriften und des Nachlasses seines Schwiegervaters verdient. CD Metzler Kunsthistoriker F ö r s t e r , Florentine, geb. Jarklowska, Schauspielerin, * 1 4 . 9 . 1 8 2 6 Rosenberg (Schlesien), t 2 0 . 1 . 1 9 0 5 Wien. F. wurde mit fünf Jahren 1831 an die Bredowsche Schauspielgesellschaft verkauft, deren Mitglied sie in den folgenden Jahren war, ohne jedoch eine spezielle Schul- bzw. Sprechausbildung zu erhalten. Sechzehnjährig heiratete sie einen Schauspielerkollegen, der 1845 starb, sechs Jahre danach in zweiter Ehe August —»F., den sie dem Theater zuführte, indem sie mit ihm Stücke einstudierte und ihm Sprechunterricht erteilte. Nach der Heirat zog sich F. von der B ü h n e zurück und stand ihrem Mann in Theaterangelegenheiten beratend zur Seite. CD Biogr Jahrb, Bd 11 F ö r s t e r , Franz, Jurist, Politiker, * 7 . 7 . 1819 Breslau, t 8 . 8 . 1 8 7 8 Berlin. F. studierte in Breslau und Berlin Rechtswissenschaften, wurde 1843 promoviert und war seit 1848 Privatdozent in Breslau. Im selben Jahr trat er als Liberaler dem Konstitutionellen Zentralverein bei. Nach richterlicher Tätigkeit wurde er 1868 Vortragender Rat im preuß. Justizministerium und

arbeitete seit 1874 im Kultusministerium. F. war im Kulturkampf Redakteur der Maigesetze, wirkte an der Kirchengesetzgebung mit und hatte Anteil an der Falkschen Unterrichtsreform. Er veröffentlichte zahlreiche Abhandlungen, u. a. Theorie und Praxis des heutigen gemeinen preußischen Rechts auf der Grundlage des gemeinen deutschen Rechts (4 Bde., 1864-73). F. war der Vater von Erich - » F. CD A D B F ö r s t e r , Friedrich (Christoph), Pseud. Friedrich von der alten Burg, Historiker, Schriftsteller, * 2 4 . 9 . 1791 Münchengosserstädt (Sachsen), t 8. 11. 1868 Berlin. Der Bruder von Ernst —»F. studierte 1809-11 an der Univ. Jena Theologie, wurde Hauslehrer in Dresden und trat 1813 in das Lützowsche Freikorps ein. Er wurde Offizier und Lehrer der Kriegsgeschichte an der Berliner Ingenieur- und Artillerieschule. Wegen eines gegen die Reaktion gerichteten Artikels verlor er 1818 seine Stellung und war 1821-29 als freier Schriftsteller tätig. Durch die Fürsprache —»Hegels wurde F. 1829 rehabilitiert und als preuß. Hofrat zum Kustos der Kgl. Kunstkammer, später zum Leiter des Ethnographischen M u s e u m s bestellt. Einer erneuten kgl. Maßregelung F.s folgte die Versetzung an eine öffentliche Bibliothek. Er verfaßte patriotische Schriften sowie historische und kunsthistorische Werke (u.a. Gustav Adolph, 1832). CD Killy F ö r s t e r , Friedrich, Erfinder, Physiker, Unternehmer, * 13.2. 1908 Hundisburg (Kr. Neuhaidensleben), t 2 9 . 3 . 1999 Reutlingen. F., Sohn eines Pfarrers, studierte seit 1928 in Göttingen u. a. bei James —> Franck und Max —» Born, wurde 1932 mit einer Arbeit über die Dielektrizitätskonstante und die Schallgeschwindigkeit von Alkohol-Wasser-Gemischen promoviert und wirkte nach einer Tätigkeit als Assistent am Institut für chemische und technische Physik der Univ. Göttingen 1935-45 am Kaiser-Wilhelm-Institut f ü r Metallforschung in Stuttgart. 1948 begründete er in Eningen ein Unternehmen zur Entwicklung und Produktion von Werkstoffprüfgeräten, das er später nach Reutlingen verlegte und um Tochterbetriebe u . a . in Brasilien, Frankreich und den U S A erweiterte. F. gilt als Begründer der zerstörungsfreien Materialprüfung mittels magnetischer und magnetinduktiver Verfahren. Er hielt mehr als 180 Patente und veröffentlichte u. a. Die Grenzen des Nachweises von kleinen und kleinsten Fehlern in und unter der Werkstojfobetfläche mit elektromagnetischen und Magnetischen Verfahren (1976). CD M B L F o e r s t e r , Friedrich Wilhelm, Philosoph, Pädagoge, Journalist, * 2 . 6 . 1869 Berlin, t 9. 1. 1966 Kilchberg bei Zürich. Der Sohn Wilhelm —»F.s und Bruder Karl —»F.s Schloß das Studium der Philosophie an den Universitäten Freiburg/ Breisgau und Berlin 1893 mit der Promotion ab {Der Entwicklungsgang der Kantischen Ethik bis zur Kritik der reinen Vernunft). 1895 wurde er als Redakteur der von seinem Vater gegründeten Zeitschrift „Ethische Kultur" wegen Majestätsbeleidigung verurteilt. Nach der Habilitation für Ethik und Pädagogik 1898 (Willensfreiheit und sittliche Verantwortlichkeit. Eine sozialpsychologische Untersuchung) war F. seit 1901 Privatdozent in Zürich, ging 1912 als Prof. nach Wien und lehrte 1914-20 in München Ethik und Sozial Wissenschaften. Während des Ersten Weltkriegs wandte er sich gegen die Kriegspolitik Deutschlands, dem er die Schuld am Krieg vorwarf, und mußte seine Lehrtätigkeit aufgeben. F. emigrierte nach Aufenthalten in der Schweiz (1922-26), in Paris (1926-36) und in den französischen Alpen (1936-40) 1940 in die USA. 1963 kehrte er in die Schweiz zurück. F. setzte sich als überzeugter Pazifist und politischer Ethiker vor allem für eine Charakter-, Sexual- und politische Erziehung ein. Er veröffentlichte u. a. Christentum und Klassen-

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Foerster kämpf (1905), Schule und Charakter. Beiträge zur Pädagogik des Gehorsams und zur Reform der Schuldisziplin (1907, 15 1953), Sexualethik und Sexualpädagogik (1907, (, 1952), Angewandte politische Ethik (2 Bde., 1922-24) und Politische Erziehung (1959, 2 1964). CD Saupe

Foerster,

Fritz, auch Friedrich F., Chemiker, * 2 2 . 2 . 1 8 6 6 Grünberg (Schlesien), f 14.9. 1931 Dresden. Der Sohn eines Fabrikbesitzers, der seit 1891 als Schriftsteller in Berlin lebte, und Bruder Max —>F.s wurde nach d e m Chemiestudium an der Univ. Berlin 1888 mit der Arbeit Beitrag zur Kenntnis der Tautomerie der Thioharnstoffe promoviert, war wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt (bei Franz Mylius) und führte u. a. grundlegende Arbeiten über die chemische Angreifbarkeit des Glases durch. 1894 habilitiert, wechselte er im folgenden Jahr an die T H Dresden und wurde 1898 a. o. Prof., 1900 o. Prof. der physikalischen Chemie und Elektrochemie. F., seit 1912 Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften und seit 1921 der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, veröffentlichte u. a. Die elektronische Praxis (3 Bde., 1 9 0 0 / 0 1 ) , Handbuch der Angewandten Physikalischen Chemie (1905) und Beiträge zur Kenntnis des elektrochemischen Verhaltens des Eisens (1909); international wurde er durch sein zweibändiges Werk Elektrochemie wässeriger Lösungen (1905, 4 1923) bekannt. DD N D B

Förster,

Gustav, Geodät, * 5 . 3 . 1 8 7 3 Michelsdorf (Schlesien), t 5 . 2 . 1 9 3 2 Potsdam. F. war Schreibgehilfe im Katasteramt Schweidnitz, arbeitete als Vermessungstechniker und bildete sich in Geodäsie, Mathematik, Physik sowie C h e m i e fort. 1901 erhielt er eine Anstellung als Rechner beim Geodätischen Institut Potsdam, holte das Abitur nach und wurde nach einem Studium an der Univ. Berlin 1911 promoviert (Beitrag zur Theorie der Seitenrefraktion). Seit 1906 wissenschaftlicher Hilfsarbeiter, wurde F. 1911 Observator, 1924 Abteilungsvorsteher am Geodätischen Institut Potsdam und erhielt 1918 den Professorentitel. Er beschäftigte sich mit der Seitenfraktion, der Ausgleichsrechnung sowie mit der Bestimmung von Teilkreisfehlern. 1927 erschien von ihm Geodäsie, 1929 Systematische Fehler in geodätischen Netzen (mit Gustav Schütz). CD N D B

Förster,

Heinrich, Fürstbischof von Breslau, * 2 4 . 1 1 . 1799 Glogau, t 2 0 . 1 0 . 1881 Schloß Johannesberg (Österr. Schlesien). F. studierte 1821-24 in Breslau, erhielt im folgenden Jahr die Priesterweihe und war zunächst als Kaplan in Liegnitz, 1828-37 als Pfarrer in Landeshut und seit 1837 als D o m prediger und Domherr von Breslau tätig. In seinen Predigten bezog er Stellung zu religiösen und politischen Themen, u . a . zum Deutschkatholizismus Johannes —>Ronges sowie zur Revolution 1848. F. wurde 1848 in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt und nahm im Auftrag seines Vorgängers Melchior von —> Diepenbrock an der Würzburger Bischofskonferenz (1848) teil. 1853 zum Bischof geweiht, führte F. die Erneuerung der Breslauer Diözese durch Hirtenbriefe, Klerusversammlungen sowie Kirchenbauten fort. Während des Kulturkampfes 1875 vom staatlichen Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten abgesetzt, leitete er die Diözese von dem in Österreich gelegenen Schloß Johannesberg aus. F. veröffentlichte u. a. Der Ruf der Kirche in der Gegenwart. Zeitpredigten auf die Sonntage des Kirchenjahres (2 Bde., 1848, 7 1915). CD Gatz 4 F o e r s t e r , Heinz von, Mathematiker, * 13. 11.1911 Wien, t 2. 10.2002 Pescadero (Kalifornien, USA). F. studierte Physik in Wien, w o er in verschiedenen Forschungslaboratorien tätig war. 1949 ging er in die U S A

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und gründete das Biologische Computer-Laboratorium an der University of Illinois. Er arbeitete an kybernetischen Maschinen und beschäftigte sich mit deren A n w e n d u n g auf verschiedensten Gebieten. Neben Ross Ashby und H u m berto Maturana entwickelte F. die aus d e m Konstruktivismus entstandene Theorie der sich selbst organisierenden Systeme bzw. des Radikalen Konstruktivismus. Er veröffentlichte u. a. Analysis and synthesis of cognitive processes and systems (1969), KybemEthik (1993), Wissen und Gewissen. Versuch einer Brücke ( 1 9 9 3 , 5 2 0 0 0 ) , Cybernetics of cybernetics. The control of control and the communication of communication (1995) und Wie wir uns erfinden. Eine Autobiographie des radikalen Konstruktivismus (mit Ernst von Glasersfeld, 1999).

Förster,

Johann Georg, Orgelbauer, * 23. 10.1818 Lieh (Hessen), t 28. 12. 1902 Lieh. F. erhielt in Romrod eine Ausbildung zum Orgelbauer und war dann für Orgelbauer in Mainz, Gießen und Leusel tätig. 1842 machte er sich in Lieh selbständig. F. baute u . a . Orgeln in Gettenau (1844), Steinbach (1848) und Bettenhausen (1854). Charakteristisch f ü r seine Orgeln war u.a. die Benutzung von Kegelladen. F.s N a c h k o m m e n waren ebenfalls als Instrumentenbauer tätig. Cd M G G

Förster,

Karl (August), Dichter, * 4 . 4 . 1784 N a u m b u r g / Saale, t 1 8 . 1 2 . 1 8 4 1 Dresden. Der Sohn eines evang. Theologen studierte 1800-05 an der Univ. Leipzig Theologie, Geschichte, Philosophie sowie Philologie, war bis 1805 Erzieher und trat im folgenden Jahr in das Dresdner Kadettenkorps ein. 1807 wurde er Prof. der deutschen Sprache, Literatur und Moral, machte die Bekanntschaft vieler Schriftsteller (u.a. L u d w i g —>Tieck) und hatte den Ruf eines profunden Kenners der älteren italienischen Literatur. F. übersetzte zahlreiche Werke aus dem Italienischen (u. a. Dante und Petrarca) und schrieb romantische Lyrik sowie literaturhistorische Abhandlungen, darunter einen Abriß der allgemeinen Litteraturgeschichte (4 Bde., 1828-30). CD Killy

Foerster,

Karl, auch Förster, Gärtner, Schriftsteller, * 9 . 3 . 1874 Berlin, t 27. 11. 1970 Potsdam. F., Sohn Wilhelm —>F.s und Bruder Friedrich Wilhelm —>F.s, durchlief 1889-91 eine Gärtnerlehre in der Schloßgärtnerei Schwerin und der Kgl. Gärtnerlehranstalt Wildpark bei Potsdam, arbeitete als Gärtnergehilfe bei verschiedenen Gärtnereien und gründete 1903 eine Staudengärtnerei in Berlin-Westend. 1911 verlegte er die Gärtnerei nach Bornim bei Potsdam, entwickelte daraus einen Großbetrieb für Gartenpflanzenneuheiten und konzentrierte sich auf die Züchtung winterharter Blütenstauden. 1928 gründete er die Arbeitsgemeinschaft Gartengestaltung in B o r n i m . F. schrieb etwa dreißig Gartenbücher, u. a. Der Steingarten der sieben Jahreszeiten (1936, 7 1981). 1950 wurde er mit der Ehrendoktorwürde der Humboldt-Universität zu Berlin, 1964 mit d e m Professorentitel ausgezeichnet und 1967 in die Akademie der Künste Berlin (West) a u f g e n o m m e n . CD B B L

Förster,

Karl Richard, Genealoge, * 10. 11.1873 Dresden, t 2 3 . 7 . 1 9 3 1 Würzburg. F. schloß das Jurastudium an den Universitäten Freiburg, München und Leipzig mit der Promotion ab und wurde 1906 Landrichter, 1912 Landgerichtsrat. 1912-18 war er Stadtrat in Zwickau, seit 1925 Landgerichtsdirektor in Chemnitz und Dresden. F. erwarb sich besondere Verdienste auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Genealogie und leitete das 1921 von ihm gegründete Archiv „Ahnenlistenaustausch". Dieses bildet die Grundlage f ü r die genealogische Forschung in den ersten Jahrzehnten des 20. Jh. im deutschsprachigen R a u m . CD N D B

Förster F ö r s t e r , Kaspar d.J., auch Forster, Foerster, Komponist, Sänger, * 2 8 . 2 . 1 6 1 6 Danzig, t 2 . 2 . 1 6 7 3 Oliva bei Danzig. F., Sohn eines Kantors, erhielt vermutlich von seinem Vater ersten Musikunterricht, wurde früh als Gesangsvirtuose an den polnischen Königshof berufen und setzte sein Studium bei d e m Warschauer Hofkapellmeister Marco Scacchi, einem Verwandten seiner Familie, fort. 1633 ging er nach Italien, war 1638 wieder in Danzig, erhielt vom Rat seiner Vaterstadt ein Geldgeschenk und wechselte daraufhin nach Warschau, w o er als Baritonist und Chordirigent tätig war. 1652 wurde F. von König —» Friedrich III. zur Reorganisation der Hofkapelle nach Kopenhagen berufen. F. verpflichtete insbesondere französische Violinisten und verhalf der H o f k a pelle 1652-55 sowie 1661-68 zu großem Ansehen. 1655-57 war er als Kapellmeister in Danzig und 1 6 6 0 / 6 1 in R o m tätig. F. war häufig Gast am Hamburger Collegium musicum bei Matthias —»Weckmann und Christoph - ^ B e r n h a r d . Er schrieb sechs Triosonaten sowie Kirchenmusik (u. a. Kantaten). F.s Hauptverdienst ist die Verbindung des norddeutschen Oratoriums mit italienischen Stilmitteln. DP M G G F o e r s t e r , Lothar, Jurist, Beamter, * 2 1 . 8 . 1861 Kontopp (Kr. Grünberg, Schlesien), t 5 . 7 . 1 9 3 9 Zoppot. Seit 1882 Gerichtsreferendar, wechselte F. 1891 in den Verwaltungsdienst und kam als Assessor zur Regierung, später zum Oberpräsidium in Danzig. Seit 1896 im preuß. Finanzministerium tätig, wurde er 1898 zum Vortragenden Rat ernannt und stieg im folgenden Jahrzehnt zum Ministerialdirektor (1909) auf. 1910 kehrte er als Regierungspräsident nach Danzig zurück. Im Dezember 1919 wurde F. zum Reichs- und Staatskommissar für die A u s f ü h r u n g des Friedensvertrages berufen und gehörte in dieser Funktion auch der alliierten Grenzkommission an. Nach der Bildung der Freien Stadt Danzig zum deutschen Generalkonsul ernannt, trat F. wegen Spannungen mit den Berliner Behörden auf der einen und zermürbender Kontakte mit den polnischen Regierungsstellen sowie den Alliierten auf der anderen Seite im Frühjahr 1923 zurück. CD Altpreuß Biogr, Bd 3 F ö r s t e r , (Christian Friedrich) Ludwig von, Architekt, * 8 . 1 0 . 1 7 9 7 Bayreuth, t 16.6. 1863 Gleichenberg (Steiermark). F., Sohn eines Forstdirektors, studierte in München und Wien. 1818-20 Mitarbeiter im Atelier Peter —» Nobiles, war er seit 1820 als Korrektor an der Wiener Akademie tätig und leitete seit 1828 eine lithographische Anstalt, in der u. a. Die Sammlung von Handzeichnungen alter Meister aus der Albertina entstand. F. führte die Zinkograpie in Wien ein. Er beschäftigte sich auch mit d e m Eisenhüttenwesen, gründete 1832 eine Zinkgießerei und errichtete in Böhmen ein Zinkbergwerk. 1836 gründete F. die „Allgemeine Bauzeitung" und trat mit Plänen für die städtebauliche Erweiterung Wiens an die Öffentlichkeit. Seit 1839 war er als selbständiger Architekt tätig, lehrte als Prof. 1842-45 an der A k a d e m i e der bildenden Künste und beschäftigte in seinem Büro Theophil —»Hansen. 1858 wurde F.s Stadterweiterungsentwurf für Wien prämiiert. Zu seinen Bauten zählen u. a. das Todescopalais, die Museen gegenüber der Burg, Kirchen, Brücken und die Rossauer Kaserne. 1861-63 Gemeinderat, wurde F. 1863 geadelt. Er war der Vater von Emil —» F. DD A K L F o e r s t e r , Max, Ingenieur, * 9 . 6 . 1867 Grünberg (Schlesien), t 12.6. 1930 Dresden. Der Bruder Fritz —»F.s studierte bis 1890 Bauingenieurwissenschaften an der T H Berlin. Seit 1894 Regierungsbaumeister in der Preußischen Wasserbauverwaltung Kassel und Münster, wechselte er 1896 als Assistent von Georg Christoph —»Mehrtens an die T H Dresden. 1898 wurde er a. o . P r o f . , 1900 o . P r o f . und lehrte vor allem Eisenhochbau, Massivbau, B a u s t o f f k u n d e sowie Festigkeitslehre. F.

gewann insbesondere durch sein theoretisches und praktisches Befürworten des Eisenbetonbaus Bedeutung; 1901 hielt er erstmals an einer deutschen Hochschule darüber eine Vorlesung. Er war Schinkelpreisträger und Mitglied des Berliner Patentamtes. 1899-1902 erschien das Lehrbuch Die Eisenkonstruktionen der Ingenieur-Hochbauten ( , 1924). 1911 begründete F. das Taschenbuch für Bauingenieure ( 5 1928). Zu seinen weiteren Werken zählen Grundzüge des Eisenbetonbaues (1919, •'1926) und Reptitorium für den Hochbau (3 Bde., 1 9 1 9 / 2 0 , 2 1929). m NDB F ö r s t e r , M a x (Theodor Wilhelm), Anglist, Keltologe, * 8.3. 1869 Danzig, t 1 0 . 1 1 . 1 9 5 4 Wasserburg/Inn. F., Sohn eines preuß. Generalarztes, studierte an den Universitäten Münster, Bonn und Berlin Philologie und Anglistik. 1892 in Berlin promoviert, war er seit 1894 Lektor in Bonn, w o er sich 1896 habilitierte. F. wurde 1898 a. o. Prof. der Englischen Philologie an der Univ. Würzburg, war 1902-09 o . P r o f . und lehrte 1 9 0 9 / 1 0 in Halle, 1910-25 in Leipzig, 1925-34 in München. 1934-36 hatte er eine Gastprofessur an der Yale-University inne und war 1945-49 erneut an der Münchner Univ. tätig. F. leistete international anerkannte Forschungarbeit auf den Gebieten der altenglischen Sprache sowie der keltischen und der altgermanischen Volkskunde. Er erschloß u. a. altenglische Texte sowie Handschriften (u.a. Beowulf-Materialien, 1900, 5 1928) und unternahm Wortstudien zur Erklärung des keltischen Einflusses auf die englische Sprache. Sein Hauptwerk ist Der Flußname Themse und seine Sippe. Studien zur Anglisierung keltischer Eigennamen und zur Lautchronologie des Altbritischen (1941). Seit 1919 gab er die „Beiträge zur englischen Philologie" heraus. c d Altpreuß Biogr, Bd 4 F o e r s t e r , Otfried, Neurochirurg, * 9. 11. 1873 Breslau, t 15.6. 1941 Breslau. Der Sohn des Klassischen Philologen Richard —»F. und Bruder Wolfgang —»F.s wurde nach d e m Studium an den Universitäten Freiburg, Kiel und Breslau 1897 promoviert (Quantitative Untersuchungen ueber die agglutinirende und baktericide Wirkung des Blutserums von Typhus-Kranken und -Reconvalescenten), ging an die Salpétrière nach Paris und ließ sich 1899 in Breslau nieder. Er arbeitete an der Psychiatrischen Klinik unter Carl —»Wernicke, habilitierte sich 1903 (Die Mitbewegungen bei Gesunden, Nerven- und Geisteskranken) und verlagerte seinen Arbeitsschwerpunkt zunehmend auf die Pathophysiologie des Nervensystems. F. wurde 1909 a. o. Prof. und war 1921-38 o. Prof. der Neurologie. Er führte 1911 die Gehirnpunktion ein, erlernte während des Ersten Weltkriegs autodidaktisch die Technik der Gehirnchirurgie, befaßte sich mit der Erforschung und Behandlung spastischer Lähmungen (Foerstersche Operation) und versuchte, eine Lokalisationstheorie des Nervensystems zu erarbeiten. 1922-24 wurde F. zur Behandlung Lenins hinzugezogen. 1932 wählte ihn die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina zum Mitglied. F. veröffentlichte u. a. Die Physiologie und Pathologie der Coordination (1902), Kriegsschädigungen der peripheren Nerven (1921), Die Leitungsbahnen des Schmerzgefühls und die chirurgische Behandlung der Schmerzzustände (1927) und Der Schmerz und seine operative Bekämpfung (1935); 1935-37 gab er mit Oswald —»Bumke das Handbuch der Neurologie (17 Bde.) heraus. co N D B F ö r s t e r , (Carl Friedrich) Richard, Ophthalmologe, * 15.11. 1825 Polnisch Lissa, t 7 . 7 . 1902 Breslau. Der Sohn eines Apothekers und späteren Rittergutsbesitzers wurde 1845 in Breslau für Medizin immatrikuliert und studierte nach d e m Physikum in Berlin und Heidelberg, u . a . bei Rudolf —»Virchow, Johannes —»Müller und Ludwig —» Traube. Nach der Promotion 1849 {De pustula maligna) und einer Studienreise (Paris, Wien, Prag) ließ er sich

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Foerster in Breslau nieder, wurde am Allerheiligenhospital zunächst Sekundär-, 1855 Primärarzt und arbeitete sich autodidaktisch in die Augenheilkunde ein. 1857 habilitierte sich F. f ü r Ophthalmologie (Über Hemeralopie und die Anwendung eines Photometers im Gebiete der Ophthalmologie), wurde 1863 a. o. Prof. an der Univ. Breslau, 1873 o. Prof. und vertrat 1894-96 die Univ. im preuß. Herrenhaus. Eine von ihm 1857 gegründete Augenklinik wurde 1869 der Universitätsklinik angeschlossen. F. erfand das Perimeter (1867) und das Photometer (1871) und warnte bereits vor 1872 vor der Verbreitung der Cholera durch verseuchtes Trinkwasser. CD N D B

Foerster,

Richard, Klassischer Philologe, * 2 . 3 . 1 8 4 3 Görlitz, t 7 . 8 . 1 9 2 2 Breslau. F. studierte an den Universitäten Jena und Breslau inbesondere Klassische Philologie und wurde nach der Promotion 1866 Lehrer am Breslauer Gymnasium. Er habilitierte sich 1868 und war als Stipendiat des Archäologischen Instituts in Italien und Griechenland tätig. 1873 wurde F. a. o . P r o f . in Breslau, 1875 o.Prof. in Rostock und unternahm 1880 eine Studienreise nach Spanien, Frankreich und England. Seit 1881 in Kiel, wechselte er 1890 als o. Prof. der Archäologie, Philologie und Eloquenz an die Univ. Breslau. F. war Vorsitzender der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur. Er veröffentlichte u. a. Lukian in der Renaissance (1907). F. war der Vater von Otfried und Wolfgang —»F. tu

Bursian, Jg. 4 3

Förster,

Richard, Bergwerksdirektor, * 25. 10.1869 Chemnitz, t 8 . 8 . 1940 Baden-Baden. Nach dem Abschluß des Studiums an der Bergakademie in Freiberg (Sachsen) als Diplom-Bergingenieur übernahm F., Sohn eines Geheimen Bergrats, 1896 die Leitung eines mexikanischen Silberbergwerks und wurde im folgenden Jahr bei der Firma Krupp in Essen Berginspektor auf den Kohlenzechen. 1900-14 war er für Krupp als Direktor der Erzbergwerke an der Lahn und in Lothringen tätig, 1915 wechselte er nach Essen, wurde ordentliches Mitglied des Direktoriums und hatte die Gesamtleitung der firmeneigenen Kohlen- und Erzgruben inne. Nach dem Ersten Weltkrieg war F. insbesondere f ü r die Erhaltung und Verbreiterung der Rohstoffbasen zuständig. Er gehörte seit 1925 d e m Aufsichtsrat der Firma an und war Mitglied in den Grubenvorständen verschiedener Gewerkschaften. CD N D B

Foerster,

Richard, Militär, * 3 1 . 3 . 1879 Stralsund, t 9 . 4 . 1952 Berlin. F. wurde aktiver Seeoffizier und nahm als Artillerieoffizier am Ersten Weltkrieg teil. Bis 1921 im Reichsmarineamt tätig, war F. 1923-25 Stabschef beim Chef der Marineleitung und umsegelte 1926-28 als K o m m a n d a n t des Kreuzers „ E m d e n " die Welt. 1928 wurde er Inspekteur des MarineBildungswesens, 1930 Befehlshaber der Linienschiffe, 1932 Vizeadmiral, Kommandierender Admiral der Nordseestation und war 1933-36 Flottenchef. Nach seinem Abschied wurde F. 1937 Präsident der Deutsch-Japanischen Gesellschaft.

Förster,

Sofie, Sängerin, * 1831 Berlin, f 2 7 . 2 . 1 8 9 9 Wien. F. wurde zunächst von Gustav Wilhelm —>Teschner in Gesang unterrichtet, trat 1854 in Leipzig erstmals als Konzertsängerin auf und unternahm Tourneen durch Deutschland und Holland. 1861 debütierte sie am Stadttheater Erfurt, war 1 8 6 4 / 6 5 an der M ü n c h n e r Hofoper, 1 8 6 5 / 6 6 am Deutschen Opernhaus Rotterdam engagiert und wechselte 1867 nach Zürich, im folgenden Jahr an das Stadttheater Stettin. Nach dem Rückzug von der B ü h n e 1869 arbeitete F. als Gesangspädagogin und hatte Schülerinnen aus aller Welt. Sie galt als große Interpretin der italienischen Belcanto-Partien, u . a . der N o r m a und der Pamina. Cd Kutsch

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Förster,

Uwe, Germanist, * 2 9 . 9 . 1 9 3 5 Dresden, t 1 9 . 8 . 2 0 0 2 Wiesbaden. F. Schloß das Studium der Germanistik, Philosophie und Theologie an der Freien Univ. Berlin 1965 mit der Promotion bei Helmut de —>Boor ab ( D e r Verfallsprozeß der althochdeutschen Verbalendungen. Dargestellt an den Bibelglossaren der Familie M., 1966). Seit 1967 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gesellschaft für deutsche Sprache, leitete er 1968-2000 deren Sprachberatungsdienst und war als einer der bedeutendsten Sprachpfleger seiner Zeit u . a . Gutachter im Frankfurter Auschwitz-Prozeß, Mitarbeiter bei der Einheitsübersetzung des Neuen Testaments und 1987-93 Sprachberater für die Nachrichtensendung „heute". Daneben hatte er einen Lehrauftrag für Altgermanistik an der T U Darmstadt inne. F. veröffentlichte u. a. Sprachpflege auf wissenschaftlicher Grundlage. Beiträge aus drei Jahrzehnten (2000).

Foerster,

Wendelin, Romanist, * 10.2. 1844 Wildschütz bei Trautenau, t 18.5. 1915 Bonn. F., Sohn eines Gutsverwalters, absolvierte am bischöflichen Alumnat das Quadriennium theologicum, studierte dann an der Univ. Wien Klassische Philologie und legte 1868 die Lehramtsprüfung ab. Zunächst als Lehrer in Brünn und Wien tätig, wurde er 1872 promoviert, unternahm eine einjährige Studienreise durch Frankreich und habilitierte sich in Wien 1874 f ü r Romanische Philologie. Im selben Jahr folgte er einem Ruf als a. o. Prof. an die Univ. Prag, 1876 als o . P r o f . an die Univ. Bonn als Nachfolger von Friedrich Christian —>Diez. F. beschäftigte sich vor allem mit französischer Literatur und initiierte die Altfranzösische Bibliothek (45 Bde., 1879 ff.) sowie die Romanische Bibliothek (21 Bde., 1889 ff.). Er gab die Werke des Chrétien von Troyes (1884-99) und zusammen mit Eduard —»Koschwitz ein Altfranzösisches Übungsbuch (1884, 1921 ) heraus. CD N D B

Förster,

Wilhelm (Julius), Astronom, * 16.12. 1832 Grünberg (Schlesien), t 18.1. 1921 Bornim bei Potsdam. F., Sohn eines Fabrikbesitzers, studierte seit 1850 an der Univ. B o n n Astronomie (1854 Dr. rer. nat., De Altitudine poli Bonnensi) und war 1854-63 Assistent, 1865-1903 Direktor der Berliner Sternwarte. 1874 wurde er o . P r o f . an der dortigen Univ., 1891 deren Rektor. F. erforschte Planetoiden, Kometen und Sternbedeckungen, entdeckte 1860 Erato und erwarb sich durch wissenschaftsorganisatorische Tätigkeiten besondere Verdienste. Er hatte Anteil an der Einführung des metrischen Systems, wurde 1868 Direktor der Normaleichungskommission, war Vorsitzender der Internationalen M a ß - und Gewichtskommission, förderte das europäische Gradnetz und gehörte zu den Mitinitiatoren des Astrophysikalischen Observatoriums Potsdam, der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt sowie der Gesellschaft „Urania". F. gab 1867-81 das „Berliner astronomische Jahrbuch" heraus, war Mitbegründer der Astronomischen Gesellschaft sowie von deren Vierteljahresschrift und rief 1892 die „Gesellschaft für ethische Kultur" ins Leben. Er veröffentlichte u . a . Über Zeitmaaße und ihre Verwaltung durch die Astronomie (1866), Sammlung populärer astronomischer Mittheilungen (1876-96), Johannes Kepler (1872) und Die Freude an der Astronomie (1920). 1911 erschienen seine Lebenserinnerungen und Lebenshoffnungen. Er war der Vater des Philosophen Friedrich Wilhelm und des Gärtners Karl —> F. sowie der Onkel von Fritz und Max —> F. m Leb Schlesien 1, Bd 3

Foerster,

Wolfgang, Militärhistoriker, * 4 . 8 . 1 8 7 5 Breslau, t 14. 10.1963 Icking (Kr. Wolfratshausen). Der Sohn des Klassischen Philologen Richard —» F. und Bruder Otfried - > F . s wurde 1894 Fahnenjunker, besuchte die

Fötterle K r i e g s a k a d e m i e , w a r 1906-09 im G r o ß e n G e n e r a l s t a b tätig und k a m 1909 an d i e K r i e g s g e s c h i c h t l i c h e A b t e i l u n g . 1920 n a h m er als O b e r s t l e u t n a n t seinen A b s c h i e d und w u r d e im selben J a h r O b e r a r c h i v r a t d e s R e i c h s a r c h i v s , 1931 D i r e k tor der dortigen H i s t o r i s c h e n A b t e i l u n g , 1937 P r ä s i d e n t der K r i e g s g e s c h i c h t l i c h e n F o r s c h u n g s a n s t a l t d e s Heeres. Cd

Munzinger

Förster-Nietzsche, Elisabeth, geb. Nietzsche, * 1 0 . 7 . 1 8 4 6 R ö c k e n bei L ü t z e n , t 8 . 1 1 . 1 9 3 5 W e i m a r . D i e P f a r r e r s t o c h t e r u n d S c h w e s t e r Friedrich —> N i e t z s c h e s heiratete 1885 B e r n h a r d —> F ö r s t e r u n d lebte mit ihm in Paraguay, w o sie die K o l o n i e „ N u e v a - G e r m a n i a " g r ü n d e t e n . N a c h s e i n e m Tod 1889 kehrte sie nach D e u t s c h l a n d z u r ü c k , u m ihren i n z w i s c h e n erkrankten B r u d e r zu betreuen. 1897, n a c h d e m Tod der Mutter, ließ sich F . - N . in W e i m a r nieder, w o sie d a s von ihr 1894 g e g r ü n d e t e N i e t z s c h e - A r c h i v leitete, d e n p h i l o s o p h i s c h e n N a c h l a ß ihres B r u d e r s v e r w a l t e t e s o w i e dessen W e r k e und B r i e f e h e r a u s g a b . Bereits zu ihren L e b z e i t e n w u r d e d i e K o r r e k t h e i t ihrer H e r a u s g e b e r t ä t i g k e i t a n g e z w e i f e l t und d i e B e a r b e i t u n g d e r n a c h g e l a s s e n e n Schriften ( u . a . Der Wille zur Macht, 1901, 2 1 9 0 6 ) kritisiert - ein Urteil, das sich seither bestätigt und verfestigt hat. m

Nietzsche

Förster-Streffleur,

R u d o l f , österr. B e a m t e r , * 2 7 . 9 . 1 8 6 4 Wien, t 9 . 1 . 1 9 4 6 G r a z . N a c h d e m J u r a s t u d i u m an der W i e n e r U n i v . trat F.-S. 1886 in d e n D i e n s t der k. k. niederösterreichischen Statthalterei ein und w e c h s e l t e 1889 in d a s M i n i s t e r i u m f ü r K u l t u s u n d Unterricht. 1919 w u r d e er S e k t i o n s c h e f , leitete das R e f e rat f ü r K u n s t a n g e l e g e n h e i t e n und m a c h t e sich i n s b e s o n d e r e u m d i e legislatorischen s o w i e organisatorischen G r u n d l a g e n der D e n k m a l p f l e g e verdient. F.-S. f ü h r t e d i e Ü b e r n a h m e der H o f s a m m l u n g e n in d i e staatliche V e r w a l t u n g durch. •3

ÖBL

Försterling,

Paul (Albert), Politiker, * 1 . 6 . 1 8 9 1 Berlin, t 23.2.1949 Moskau. F., S o h n eines Brauereiarbeiters, durchlief e i n e Elektrikerlehre u n d Schloß sich 1919 der K P D an. Seit 1921 w a r er P a r t e i f u n k t i o n ä r und lebte seit 1924 ständig in M o s k a u . 1929-32 studierte er dort E l e k t r o t e c h n i k und w a r anschließ e n d als I n g e n i e u r und als L e h r e r an der H o c h s c h u l e f ü r E l e k t r o t e c h n i k M o s k a u tätig. 1937-39 n a h m er a m spanischen B ü r g e r k r i e g teil und arbeitete nach seiner R ü c k k e h r n a c h M o s k a u in der K a d e r a b t e i l u n g des A u s l a n d s b ü r o s der K P D . A u s A n g s t vor d e m N K D W soll er zahlreiche deuts c h e K o m m u n i s t e n als A b w e i c h l e r d e n u n z i e r t h a b e n . 1946 n a h m er als Gastdelegierter a m G r ü n d u n g s p a r t e i t a g der S E D in Berlin teil. A u f g r u n d einer H e r z k r a n k h e i t bat er u m Vers e t z u n g nach D e u t s c h l a n d , erlebte sie aber nicht m e h r . CD Dt K o m m u n i s t e n

Foertsch,

Friedrich Albert, Militär, * 1 9 . 5 . 1900 D r a h n o w (Kr. D e u t s c h K r o n e , W e s t p r e u ß e n ) , t 1 4 . 1 2 . 1976 Goslar. F., S o h n eines e h e m a l i g e n M a j o r s der bayerischen L a n d w e h r u n d Mitarbeiters der p r e u ß . A n s i e d l u n g s k o m m i s s i o n f ü r P o sen, trat a c h t z e h n j ä h r i g in die A r m e e ein, w u r d e 1922 Leutnant, später A d j u t a n t , b e z o g 1932 d i e K r i e g s a k a d e m i e und w a r a n s c h l i e ß e n d i m G e n e r a l s t a b w i e in T r u p p e n k o m m a n d o s tätig. Z u B e g i n n d e s Z w e i t e n Weltkriegs 2. G e n e r a l s t a b s o f fizier d e s III. A r m e e k o m m a n d o s in Berlin, w u r d e F. 1. G e neralstabsoffizier einer D i v i s i o n , 1943 G e n e r a l s t a b s c h e f der 18. A r m e e und w a r als G e n e r a l m a j o r G e n e r a l s t a b s c h e f der H e e r e s g r u p p e K u r l a n d . N a c h seiner H e i m k e h r aus s o w j e t i scher G e f a n g e n s c h a f t (1955) trat er in d i e B u n d e s w e h r ein u n d war, i n z w i s c h e n G e n e r a l l e u t n a n t , als Stellvertretender

C h e f des Stabs f ü r P l a n u n g und G r u n d s a t z f r a g e n im N A T O H a u p t q u a r t i e r tätig. A l s V i e r - S t e r n e - G e n e r a l w a r er 1 9 6 1 - 6 4 G e n e r a l i n s p e k t e u r der B u n d e s w e h r . CP A l t p r e u ß Biogr, B d 4

Förtsch,

Paul J a k o b , luth. T h e o l o g e , * 1 7 . 1 1 . 1 7 2 2 G r o ß e n h a i n (Sachsen), + 30. 1 1 . 1 8 0 1 H a r b u r g (heute zu Hamburg). F. studierte seit 1742 in Leipzig, erlangte 1747 den M a g i stergrad und w a r seit 1748 Katechet an St. Peter. 1751 w u r d e er erster U n i v e r s i t ä t s p r e d i g e r in G ö t t i n g e n , 1758 p r o m o v i e r t , 1761 o . P r o f e s s o r . Seit 1764 S u p e r i n t e n d e n t und P a s t o r an St. J o h a n n i s , w a r er von 1766 an G e n e r a l s u p e r i n t e n d e n t von G ö t t i n g e n , 1773-1801 von H a r b u r g . F. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . Nachricht von einem zu Christo bekehrten jüdischen Schulmeister (1771). OD A D B

Förtsch,

( J o h a n n ) Philipp, K o m p o n i s t , M e d i z i n e r , * 1 4 . 5 . 1652 W e r t h e i m / M a i n , f 1 4 . 1 2 . 1732 Eutin. F., S o h n eines G e r b e r m e i s t e r s u n d R a t s h e r r n , studierte 1 6 7 1 - 7 4 in J e n a und E r f u r t P h i l o s o p h i e , J u r a und M e d i z i n , und eventuell bei J o h a n n P h i l i p p —» Krieger K o m p o s i t i o n . Nach Reisen durch Holland, Frankreich und Deutschland ließ er sich 1678 in H a m b u r g als Tenorist der R a t s k a p e l l e sow i e S ä n g e r an der O p e r nieder, f ü r d i e er zahlreiche Libretti schrieb und übersetzte. Seit 1680 w a r er f o r m e l l H o f k a p e l l meister H e r z o g Christian A l b r e c h t s von S c h w e d e n , w u r d e 1681 an der U n i v . Kiel z u m D r . m e d . p r o m o v i e r t (De petechias]ι u n d praktizierte n e b e n seiner m u s i k a l i s c h e n T ä t i g k e i t als A r z t in H u s u m , S c h l e s w i g u n d H a m b u r g . Seit 1689 H o l steinischer H o f a r z t in S c h l e s w i g , w u r d e F. 1694 Leibarzt s o w i e H o f r a t des B i s c h o f s —> A u g u s t Friedrich von L ü b e c k und betätigte sich seit 1695 ausschließlich als A r z t u n d Politiker. Er g e h ö r t e zu d e n f r ü h e n d e u t s c h e n B a r o c k o p e r n k o m p o n i s t e n und schrieb 1684-90 f ü r die H a m b u r g e r O p e r zwölf O p e r n , die alle verschollen sind, f e r n e r Kantaten und Motetten. m MGG

Förtsch,

W o l f g a n g , K o m p o n i s t , M u s i k e r , * um 1675, begraben 4 . 3 . 1 7 4 3 Nürnberg. F. w a r spätestens seit 1697 O r g a n i s t in C o b u r g u n d versah dieses A m t seit 1700 a m M u s i k c h o r der F r a u e n k i r c h e in N ü r n b e r g , 1702-04 auch an der dortigen A u g u s t i n e r k i r c h e . N a c h d e m Tod d e s Organisten J o h a n n —» L ö h n e r w u r d e er in d e s s e n N a c h f o l g e 1705 O r g a n i s t an St. L o r e n z in N ü r n b e r g . Wahrscheinlich w a r F. in seinen O r g e l k o m p o s i t i o n e n von italienischer M u s i k beeinflußt. CD M G G

Foest-Monshoff,

R u d o l f , österr. Industrieller, E i s e n b a h n direktor, * 2 1 . 2 . 1867 Wien, t 2 4 . 8 . 1 9 3 6 W i e n . F . - M . b e s u c h t e die B e r g a k a d e m i e in L e o b e n und w a r als H ü t t e n i n g e n i e u r in b ö h m i s c h e n M o n t a n u n t e r n e h m u n g e n sow i e in steirischen F i n a n z - und Industriebetrieben tätig. Er war steiermärkischer Landtagsabgeordneter, wurde zum B ü r g e r m e i s t e r von J u d e n b u r g g e w ä h l t u n d e r l a n g t e B e k a n n t heit durch d i e g u t e L e b e n s m i t t e l v e r s o r g u n g der S t e i e r m a r k w ä h r e n d d e s Ersten Weltkriegs. 1918 mit der L e i t u n g der steirischen A n s t a l t f ü r E i n k a u f und V o l k s w i r t s c h a f t betraut, ü b e r n a h m er 1923 d i e zentrale M a t e r i a l b e s c h a f f u n g der Österreichischen B u n d e s b a h n e n und f ü h r t e dort U m s t r u k t u rierungen im B e s c h a f f u n g s w e s e n ein. Z u n ä c h s t finanzieller Direktor, w a r er seit 1928 G e n e r a l d i r e k t o r der Österreichischen B u n d e s b a h n e n . CD Ö B L

Fötterle,

Franz, österr. G e o l o g e , * 2 . 2 . 1823 M r a m o t i t z ( M ä h r e n ) , f 5 . 9 . 1876 Wien. N a c h A b s c h l u ß b e r g a k a d e m i s c h e r S t u d i e n w a r F. B e r g w e r k s p r a k t i k a n t in G m u n d e n und k a m 1849 als Assistent an d i e n e u g e g r ü n d e t e G e o l o g i s c h e Reichsanstalt. 1856 w u r d e er Bergrat, 1867 erster C h e f g e o l o g e , 1873 Vizedirektor. F. f ü h r t e zahlreiche g e o l o g i s c h e U n t e r s u c h u n g e n i m In- und

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Föttinger Ausland durch, erarbeitete Gutachten über Berg- und Hüttenwerke und war an der Kartierung von Österreich und Ungarn beteiligt. Er gehörte zu den Begründern der Wiener Geographischen Gesellschaft und veröffentlichte u . a . Die geologische Übersichtskarte des mittleren Theiles von Süd-Amerika (1854), eine Ceologische Übersicht der Bergbaue der österreichischen Monarchie (1855), einen Ceologischen Atlas des Osterreichischen Kaiserstaats (1860) und eine Geologische Karte der Markgrafschaft Mähren und des Herzogthumes Schlesien ( 1866). m ADB

Föttinger,

Hermann, Ingenieur, * 9 . 2 . 1877 Nürnberg, t 2 8 . 4 . 1 9 4 5 Berlin. Nach d e m Elektrotechnikstudium bis 1899 an der T H M ü n c h e n wurde F., Sohn eines Hoteliers, Maschinenbauingenieur in der Stettiner Vulcan-Werft und übernahm 1903 die Leitung der Konstruktionsabteilung. Er wurde 1904 mit der Arbeit Effektive Maschinenleistung und effektives Drehmoment und deren experimentelle Bestimmung promoviert, folgte 1909 einem Ruf als o . P r o f . an die T H Danzig und wechselte 1922 als o . P r o f . der technischen Strömungslehre und des Schiffsturbinenbaus an die T H Berlin. F. erfand den Torsionsindikator zur Leistungsmessung von Schiffsmaschinen, forschte auf d e m Gebiet der Hydrodynamik und entwickelte den Föttinger-Wandler, ein hydraulisches Getriebe. CD Altpreuß Biogr, Bd 4

Fogel,

Johannes, auch Foghel, Voghel, Buchbinder, 15. Jh. Der aus F r a n k f u r t / M a i n stammende F. wurde 1455 an der Univ. Erfurt immatrikuliert und war bis ca. 1 4 6 1 / 6 2 als Buchbinder tätig. Er versah seine Buchdeckel mit einer Reihe spätgotischer Einzelstempel, u . a . dem Lautenspielerstempel, d e m Knotenstempel, einer stilisierten Rose, einem Affen und seinem eigenen Namenstempel. Aus F.s Werkstatt stammt der Einband der im Eton College aufbewahrten zweiundvierzigzeiligen Gutenbergbibel. Er hatte entscheidenden Einfluß auf die Erfurter Buchbinder des ausgehenden 15. Jh., u . a . auf Paulus Lehener, Ulrich —»Frenckel und Nicolaus von Havelberg. CD N D B F o g l á r , Adolf, Pseud. Robert Schild, österr. Dichter, * 7 . 3 . 1 8 2 2 Wien, t 2 7 . 7 . 1900 Iglau (Mähren). Der Bruder Ludwig —> F.s trat nach Abschluß des Jurastudiums in Wien in den Justizdienst ein, wechselte 1848 in den Militärdienst und wurde 1854 als Oberleutnant entlassen. Er war zunächst im Justizdienst in Trentschin (Ungarn) tätig, wurde 1860 Landgerichtsrat in Korneuburg, 1873 in Steyr und lebte seit 1887 als pensionierter Oberlandesgerichtsrat in Iglau. F. veröffentlichte Novellen und Erzählungen. Sein bekanntestes Werk ist, auf einer dreißigjährigen Bekanntschaft mit Franz —> Grillparzer basierend, Grillparzers Ansichten Uber Litteratur, Bühne und Leben. Aus Unterredungen (\S72). CD A D B F o g l á r , Ludwig, Pseud. Leberecht Flott, österr. Schriftsteller, * 24. 12.1819 Wien, t 1 5 . 8 . 1 8 8 9 K a m m e r / A t t e r see (Oberösterreich). F., Bruder Adolf —>F.s, studierte an der Univ. Wien Philosophie, Sprachen und Musik. Von 1842 bis zu seinem Tod Beamter bei der Donau-Dampfschiffahrtsgesellschaft, unternahm er Reisen nach Kleinasien sowie durch Europa und schrieb darüber in Tageszeitungen. F. lebte 1845-50 in Pest, dann in Wien. Er übersetzte aus d e m Englischen und d e m Französischen. Von Joseph von —> Eichendorff, Anastasius —»Grün und Nikolaus —»Lenau beeinflußt, schrieb er zahlreiche Gedichte ( u . a . Ausgewählte Gedichte, 1889). •P

Fohmann,

ÖBL

Vinzenz, Anatom, * 5 . 4 . 1794 Asamstadt (Baden), t 2 5 . 9 . 1 8 3 7 Lüttich. F. studierte in Heidelberg Medizin und beschäftigte sich unter Anleitung Friedrich - > T i e d e m a n n s vor allem mit Physio-

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logie und Anatomie. Er wurde Prosektor am Anatomischen Institut und folgte 1827 einem Ruf als Prof. der Anatomie nach Lüttich, wo er bis zu seinem Tod lehrte. F. forschte und publizierte hauptsächlich auf dem Gebiet des Lymphgefäßsystems (Anatomische Untersuchungen über die Verbindung der Saugadern mit den Venen, 1821; Mémoire sur les vaisseaux lymphatiques de la peau, 1833). CD A D B

Fohr,

Carl Philipp, Maler, * 26. 11.1795 Heidelberg, t 2 9 . 6 . 1 8 1 8 Rom. F. war der Sohn eines Sprachlehreres und ehemaligen Gardisten des französischen Königs und Bruder Daniel —>F.s. Er erhielt seinen ersten Unterricht im Zeichnen und Aquarellieren bei Friedrich —> Rottmann in Heidelberg. 1810 fiel dem Landschaftsmaler Georg Wilhelm —> Issel seine große Begabung auf, er brachte ihn zur weiteren Ausbildung nach Darmstadt. Durch Issels Vermittlung erhielt F. kleine Aufträge für das Darmstädter M u s e u m sowie das „Rheinische Taschenbuch", in d e m 1813-16 seine u . a . von —> Haldenwang gestochenen Zeichnungen erschienen. Durch die Freundschaft mit d e m Erzieher des Prinzen Johann Philipp —> Dieffenbach lernte F. die Großherzogin Wilhelmine von Hessen, Schwester des Großherzogs von Baden, kennen, die ihm ein Stipendium gewährte. 1815 ging er zum Studium an die M ü n c h n e r Akademie der bildenden Künste, ließ sich von Ludwig Sigismund —>Ruhl die Grundlagen der Ölmalerei erklären und unternahm eine Reise über Salzburg, Tirol und Verona nach Venedig. 1816 kehrte F. nach Heidelberg zurück, hörte Vorlesungen bei —>Wilken und malte vor allem romantische Landschaften. 1816-18 hielt er sich in R o m auf, ließ sich in der Werkstatt Joseph Anton —> Kochs in der Komposition italienischer Landschaftsmalerei unterrichten und Schloß sich den Nazarenern an. 1818 wurde er vom Kronprinzen —> L u d w i g von Bayern auf dessen Romreise ausgezeichnet und geriet dann wegen längerer Krankheit vorübergehend in finanzielle Schwierigkeiten. F. ertrank bei einem Wettschwimmen im Tiber. Er gilt neben Ernst —» Fries und Carl —» Rottmann als bedeutendster Maler der Heidelberger Romantik. F. schuf vor allem Zeichnungen (u. a. die umfangreiche Serie von 54 Bildnisstudien von deutschen Künstlern in Rom und Landschaftsaquarelle (u. a. das Hauptwerk Landschaft bei Rocca Canterano im Sabinergebirge). t u AKL

Fohr,

Daniel, Maler, * 1 3 . 5 . 1 8 0 1 Heidelberg, f 2 5 . 6 . 1862 Baden-Baden. F. wandte sich nach kurzzeitigem Theologiestudium, beeinflußt durch seinen Bruder Carl Philipp —»F., der Malerei zu und spezialisierte sich nach einer Reise durch die Schweiz auf die Landschaftsmalerei. Er bildete sich in diesem Bereich autodidaktisch fort, hatte Kontakt zu Friedrich —> Rottmann und George Augustus Wallis und übersiedelte 1829 nach München, w o ihn Christian Morgenstern und Carl —> Rottmann beeinflußten. In den vierziger Jahren wurde er zum Großherzoglichen H o f m a l e r in Baden-Baden ernannt. F. stellte vor allem Landschaften aus Bayern und Baden dar (u. a. Abend am Chiemsee, Die Kampenwand bei Prien). CD A K L F o h r e r , Georg, evang. Theologe, * 6 . 9 . 1 9 1 5 Krefeld, t 4. 12.2002 Jerusalem. F. studierte 1934-38 Theologie und Vergleichende Religionswissenschaft in Marburg und Bonn. 1939 zum Dr. phil. ( D e r heilige Weg. Eine religionswissenschaftliche Untersuchung) und 1944 zum Dr. theol. (Die symbolischen Handlungen der alttestamentlichen Propheten) promoviert, habilitierte er sich 1949, war an der Univ. Marburg als Dozent tätig und wurde 1954 zum api. Prof. ernannt. Seit 1954 lehrte er an der Univ.

Folliot de Crenneville Wien und folgte 1962 einem Ruf auf den Lehrstuhl für Altes Testament an der Univ. Erlangen, den er bis zu seiner Emeritierung 1979 innehatte. Im selben Jahr konvertierte F. zum Judentum. Er veröffentlichte u . a . Glaube und Welt im Alten Testament. Das Alte Testament und Gegenwartsfragen (1948), Einleitung in das Alte Testament (1965) und Geschichte der israelitischen Religion (1969). Er war Herausgeber bzw. Mitherausgeber der „Zürcher Bibelkommentare", der Theologischen Realenzyklopädie und der „Zeitschrift für alttestamentliche Wissenschaft". F o l c h a r t , auch Folchard, Folchardus, Benediktiner, Kalligraph, Miniaturist, 9. Jh. F., Benediktinermönch in St. Gallen, wird 855-898 urkundlich erwähnt und hinterließ den Folchart-Psalter, eines der schönsten Bücher der karolingischen Renaissance. Die 358 Seiten umfassende Handschrift entstand in den Jahren zwischen der Kanonisation —»Otmars (864) und der Abtswahl —» Hartmuts (872). Der Folchart-Psalter ist neben dem anonymen Psalterium aureum das Hauptwerk des St. Gallener Skriptoriums und wurde wegen des prachtvollen Stils der Verzierung, insbesondere der 150 Initialen, berühmt. Die Ornamentik F.s besitzt die Merkmale der St. Gallener und der Reichenauer Schule. DP A K L F o l i e n , August (Adolf Ludwig), eigentl. August Follenius, Pseud. Dietlieb Winnheim, Heimlob Horsa, ein Verschollener, Reimar der Alte, Germanist, Schriftsteller, * 21. 1.1794 Gießen, t 26. 12. 1855 Bern. Der Sohn eines Hofgerichtsadvokaten, späteren Landrichters und Bruder von Karl - » F . und Paul —»Follenius studierte an der Univ. Gießen Philosophie und Theologie, nahm im hessischen Korps als freiwilliger Jäger 1814 am Feldzug gegen Frankreich teil und hielt sich danach zum Jurastudium in Heidelberg auf. 1817 übernahm er die Redaktion der Elberfelder „Allgemeinen Zeitung", wurde wegen burschenschaftlicher Umtriebe 1819-21 in der Berliner Stadtvogtei inhaftiert und emigrierte 1821 in die Schweiz. 1822-27 lehrte F. als Prof. der deutschen Sprache und Literatur an der Kantonsschule Aarau, ging nach Zürich und war 1832-36 Mitglied des Großen Rats. Sein Haus wurde Mittelpunkt eines literarisch-politischen Kreises deutscher Emigranten; F. war Mentor und M ä z e n Gottfried —»Kellers und Georg —»Herweghs. Er gab Freye Stimmen frischer Jugend (1819) und die Anthologie Bildersaal deutscher Dichtung (2 Bde., 1 8 2 8 / 2 9 ) heraus. F. selbst schrieb romantische Balladen und Romanzen. • • Biogr Lex Aargau F o l i e n , Karl (Theodor Christian), eigentl. K. Follenius, auch Charles F., Germanist, Politiker, * 4 . 9 . 1 7 9 6 R o m r o d bei Gießen, t 1 3 . 1 . 1 8 4 0 Long Island Sound (New York, USA). Der Bruder von August - » F . und Paul —»Follenius war 1813 Teilnehmer am Feldzug gegen Frankreich, studierte Rechtswissenschaft und Theologie an der Univ. Gießen Jura und wurde 1818 promoviert. Er war Anhänger der Turnbewegung, gründete mit seinem Bruder August die „Teutsche Lesegesellschaft" in Gießen und sah als A n f ü h r e r der „Gießener Schwarzen", deren Kern die Gruppe der „Unbedingten" bildete (Mitglied u. a. Karl Ludwig —» Sand), in der Französischen Revolution ein Vorbild für eine deutsche revolutionäre Bewegung. F. entwarf den „Ehrenspiegel" der „Christlich-Teutschen Burschenschaft" und erarbeitete mit seinem Bruder August das politische Programm für eine deutsche Republik (Grundzüge für eine künftige Reichsverfassung, 1818). 1818 wurde er Privatdozent in Gießen, später in Jena. Sein 1818 erschienenes Flugblatt Großes Lied war

eine der bedeutendsten Schriften des revolutionären Republikanertums der damaligen Zeit. F. floh 1819 im Z u s a m menhang mit dem Attentat auf —» Kotzebue nach Frankreich, 1820 in die Schweiz, lehrte 1821-24 Rechtswissenschaft an der Univ. Basel und emigrierte dann in die USA. Seit 1830 US-amerikanischer Staatsbürger, lehrte er zunächst deutsche Sprache und Literatur an der Harvard University und wurde zum Begründer des wissenschaftlichen Germanistikstudiums in Amerika. Nach dem Verlust der Professur wegen seines Eintretens für die A b s c h a f f u n g der Sklaverei 1835 war er als unitarischer Prediger tätig. F. kam bei einer Dampferexplosion ums Leben. 1 8 4 1 / 4 2 erschienen The Works of Charles Folien with a Memoir of his Life (5 Bde., hrsg. von Eliza Lee Cabot-Follen). m IGL F o l l e n i u s , Emanuel Friedrich Wilhelm Ernst, Schriftsteller, * 1773 Ballenstedt, t 5 . 8 . 1809 Insterburg (Ostpreußen). F. war Kanzleigehilfe der Fürstlich Bernburgischen Kanzlei zu Ballenstedt, dann Referendar beim Landes-JustizKollegium in Magdeburg und später Hofgerichtsrat in Insterburg. Bekannt wurde er durch den Trivialroman Friedrich von Schiller's Geisterseher. Aus den Memoiren des Grafen von O. Zweiter und Dritter Theil (1797), der nur lose an Personen und Handlungsorte des Vorbilds anknüpft, aber in Stil und Inhalt eher an der englischen „gothic novel" orientiert ist. Ein weiterer R o m a n F.s setzt dieses Werk fort. tu

Killy

F o l l e n i u s , Paul, Jurist, Politiker, * 5 . 5 . 1799 Gießen, t 3. 10. 1844 bei St. Louis. Im Gegensatz zu seinen Brüdern August und Karl —» Folien behielt F. die ererbte latinisierte N a m e n s f o r m bei. Bereits als Gymnasiast beteiligte er sich freiwillig an den Feldzügen von 1 8 1 4 / 1 5 , nach der Schlacht bei Bar-sur-Aube wurde er mit d e m Maria-Theresien-Orden ausgezeichnet. Während des Studiums in Gießen war F. Mitglied der radikalen Burschenschaft, seit 1823 wirkte er dort als Hofgerichtsrat. 1833 verbreitete er in mehreren Auflagen die Flugschrift Aufforderung betreff einer Auswanderung im Großen aus Deutschland in die nordamerikanischen Freistaaten. U m sein Ziel, die Gründung eines rein deutschen, an die Union angeschlossenen Idealstaates in Amerika zu erreichen, stellte er sich 1834 an die Spitze einer Auswanderergesellschaft, die jedoch zusammenbrach. F. blieb in den U S A und ließ sich in Dutzow bei St. Louis als Farmer nieder. m

Hess Bio, Bd 3

F o l l e n w e i d e r , (Johann) Rudolf, auch F.-Birmann, schweizer. Zeichner, Kupferstecher, * 2 9 . 1 2 . 1774 Basel, t 3. 11. 1847 Basel. F. durchlief auf Wunsch der Eltern eine vierjährige kaufmännische Lehre in einem Basler Handelshaus und studierte vermutlich in Basel und Paris Malerei, w o er Peter —»Birmann kennenlernte. U m 1798 in Heidelberg und M a n n h e i m ansässig, wurde er spätestens 1810 Mitarbeiter des befreundeten Marquard —» Wocher in Basel und 1813 Mitglied der Basler Künstlergesellschaft. 1819-22 war er f ü r den Herder-Verlag und als Zeichenlehrer an der Freiburger Kunstgewerblichen Schule tätig. 1823 kehrte F. nach Basel zurück. Er erarbeitete Unterricht oder Anfangsgründe zum Landschaftszeichnen, nach der Natur entworfen (6 Hefte) und zeichnete, radierte und kolorierte schweizer, und deutsche Landschaften. Zu seinen Hauptwerken zählen Ansichten des Berner Oberlandes. CD A K L F o l l i o t d e C r e n n e v i l l e , Ludwig Karl Graf, Militär, * 1765 Metz, f 2 1 . 6 . 1840. F. de C. trat nach d e m Besuch der kgl. Militärschulen 1780 als Eleve in die französische Kriegsmarine ein, war 1792 im Marinekorps der französischen Emigranten und trat im

413

Folliot de Crenneville-Poutet folgenden Jahr in den österr. Dienst ein. Er wurde M a j o r und Flügeladjutant des Herzogs —»Ferdinand von Württemberg. Seit 1801 Generaladjutant des Erzherzogs —»Karl, war F. de C. Chef des Marinedepartements, 1806-09 in Fiume und B ö h m e n tätig, wurde 1813 Feldmarschalleutnant und nahm u. a. an den Schlachten bei Leipzig und Hochheim teil. Seit 1823 wieder aktiv, wurde er 1831 General der Kavallerie. Er war der Vater von Franz —» Folliot de CrennevillePoutet. m ADB

Folliot de Crenneville-Poutet,

Franz (Maria Johann) Graf, österr. Militär, * 2 2 . 3 . 1815 Ödenburg (heute Sopron, Ungarn), t 2 2 . 6 . 1 8 8 8 G m u n d e n (Oberösterreich). Der Sohn von Ludwig Karl - » Folliot d e Crenneville trat in den Militärdienst ein, wurde 1839 Hauptmann, im folgenden Jahr Dienstkämmerer Kaiser —»Ferdinands I. und war 1848 dessen Flügeladjutant. 1855 war er Militärbevollmächtigter bei Napoleon III. 1859 übernahm er die Leitung des Präsidialbüros des A r m e e o b e r k o m m a n d o s . Bis 1867 war F. de C.-P. Erster Generaladjutant Kaiser —» Franz Josephs I., 1867-84 dessen Oberstkämmerer und machte sich um die kaiserlichen Sammlungen verdient. F. de C.-P. wurde 1867 Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies. e n NDB

F o l m a r von Triefenstein, Augustinerchorherr, t 13.4.1181. F. erhielt u m 1146 von Bischof —» Eberhard II. von Bamberg die Priesterweihe und wurde um 1147 Propst des AugustinerChorherrenstiftes Triefenstein bei Würzburg. Er begann 1 1 6 2 / 6 3 einen grundsätzlichen Streit über das Abendmahl und die Christologie mit den Brüdern - » Gerhoh und - » A r n o von Reichersberg, indem er lehrte, Christus sei, da sein Leib seit der Himmelfahrt im Himmel sei, nicht „corporaliter" im Sakrament. In seiner Schrift De carne et anima verbi Dei ( 1 1 6 2 / 6 3 ) kritisierte er auch die christologischen Anschauungen Gerhohs. 1164 mußte F. vor dem Bischof von Bamberg seine Abendmahlslehre widerrufen, blieb jedoch bei seiner adoptianischen Christologie. CD N D B

bilden, wechselte 1827 zu d e m Baurat Johann Claudius von Lassaulx und wurde dann bei —»Scholl in M a i n z in Bildhauerei sowie Steinmetzarbeiten unterrichtet. Er beteiligte sich am Ausbau des Schlosses Rheineck (Koblenz), besuchte seit 1830 die M ü n c h n e r A k a d e m i e der bildenden Künste und trat 1832 in das Atelier Ludwig von —» Schwanthalers ein. F. schuf zwölf überlebensgroße Figuren für den Thronsaal der M ü n c h n e r Residenz und übernahm 1837 den Ausbau des Schlosses Egg. Er hielt sich vorübergehend in Regensburg auf, unterrichtete dort an der Gewerbeschule und wurde 1852 Lehrer f ü r Ornamentzeichnen an der Polytechnischen Schule in München. F. baute und restaurierte Kirchen sowie Schlösser für den bayerischen Adel. 1852-54 restaurierte er in München das Residenztheater, 1863 ff. die Frauenkirche, für die er zahlreiche Statuen sowie Ausstattungsgegenstände herstellte. F. entwarf auch kunsthandwerkliche Arbeiten.

en

AKL

F o l t z , Philipp von, Maler, * 11.5. 1805 Bingen, t 5 . 8 . 1 8 7 7 München. Der Bruder von Ludwig —»F. wurde zunächst von seinem Vater, einem Miniaturmaler, unterrichtet, seit 1825 von Peter von —» Cornelius an der Münchner A k a d e m i e der bildenden Künste. Er beteiligte sich an der A u s m a l u n g der Glyptothekfresken und erhielt Aufträge für die Ausschmückung der Neubauten König —»Ludwigs I., der Hofgartenarkaden sowie der Säle der M ü n c h n e r Residenz. 1835-38 verbrachte F. in R o m und war Mitglied der „Ponte-Molle"Gesellschaft. Wieder in München, wurde er 1851 Prof. der Malklasse der Münchner Akademie. Zu seinen Schülern zählten u . a . Hanno - » R h o m b e r g , Wilhelm - » H a u s c h i l d und Eduard —»Schwoiser. Seit 1852 fertigte F. unter Leo von - » K l e n z e Historienmalereien für das Maximilianeum in München an (u. a. Die Demütigung Kaiser Friedrich Barbarossas vor Heinrich dem Löwen). 1865-75 war er Direktor der Alten Pinakothek (Ritterkreuz 1869) und veranlaßte eine Neuhängung der Gemälde. In seinen Historien- und Genrebildern wird der Übergang von den Romantikern zu den Realisten deutlich. t u AKL

Folnesics,

Josef, österr. Kunsthistoriker, * 3. 1. 1850 Wien, t 3 0 . 8 . 1914 Reichenhall. F. studierte an der Philosophischen Fakultät der Wiener Univ. und wurde Gymnasiallehrer. 1880 kam er an das Österreichische M u s e u m für Kunst und Industrie und wurde 1885 Kustos, 1909 Erster Vizedirektor. F. machte sich um die keramischen Sammlungen des M u s e u m s verdient und war Mitbegründer des Österreichischen Werkbundes. m

ÖBL

Foltanek,

Karl, österr. Pädiater, * 2 3 . 1 2 . 1 8 5 6 Hof am Brühl (Niederösterreich), t 8. 11. 1942 Wien. F. wurde 1882 an der Univ. Wien zum Dr. med. promoviert, durchlief eine Ausbildung an der Universitätsklinik und am St.-Anna-Kinderspital und habilitierte sich 1892. Einen zunächst angenommenen Ruf als a. o. Prof. an die neugegründete Universitäts-Kinderklinik Innsbruck lehnte er wegen unzureichender klinischer und wissenschaftlicher Voraussetzungen ab und setzte seine Vorlesungen in Wien fort. Seit 1901 als Nachfolger Hermann —» Widerhofers provisorischer Direktor des St.-Anna-Kinderspitals, wirkte er 1902-28 als Primararzt der Internen Kinderabteilung am Wilhelminenspital. F. war Mitglied der Gesellschaft der Ärzte und der Gesellschaft für Kinderheilkunde. • • Czeike

Foltz,

Ludwig, Baumeister, Bildhauer, * 2 4 . 3 . 1 8 0 9 Bingen, t 10. 11. 1867 München. Der Bruder von Philipp —»F. ließ sich seit 1825 in der Bauhütte des Münsterbaumeisters Arnold in Straßburg aus-

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Folz,

Hans, auch Hanns, Hannß, Folcz, Follcz, Foltz, Voltz, Volz, Meistersinger, Dichter, Wundarzt, * zwischen 1435 und 1440 Worms, t Januar 1513 Nürnberg. F. erlernte in Worms das Barbierhandwerk, ließ sich nach Wanderjahren als Geselle in Nürnberg nieder, arbeitete als Barbier und erwarb 1459 das Bürgerrecht. 1498 wird er als „geschworener Meister" der Wundarzneikunst bezeichnet. 1509 bezog er auf d e m Heilsbronner Hof, einem Klosterhof der Zisterzienser, seinen Alterssitz. F. war literarisch gebildet, beherrschte die lateinische Sprache und hatte Kenntnisse im Bereich der akademischen Medizin. Seine literarische Tätigkeit setzte vermutlich in den siebziger Jahren ein und hatte in den achtziger Jahren ihren Höhepunkt. Fast alle seine Werke, mit A u s n a h m e der handgeschriebenen Meisterlieder, erschienen in seiner eigenen Druckerwerkstatt. F. schrieb zahlreiche Mären, u . a . Von einem Wirtsknecht und der Hausmeit, fast 100 Meisterlieder überwiegend religiösen Inhalts, mehrere Fastnachtspiele (u. a. Von König Salomon und Markolf), Reimpaarsprüche (u.a. Adam und Eva), eine Almanach-Parodie und einen medizinischen Traktat. F. gilt als einer der vielseitigsten und produktivsten Handwerkerdichter des 15. Jahrhunderts. CD M G G F o n c k , (Johann Christian) Leopold (Karl), Jesuit, Theologe, * 14. 1. 1865 Wissen bei Weeze/Niederrhein, f 19.10. 1930 Wien. Der Sohn eines Rentmeisters studierte 1883-90 Philosophie und Theologie am G e r m a n i c u m in R o m , wurde 1889 zum

Fontane Priester geweiht und war 1890-92 als Spiritual und Seelsorger in Telgte (Westfalen) tätig. Er trat 1892 in die Gesellschaft Jesu ein und betrieb in den folgenden Jahren in England sowie an den Universitäten München und Berlin biblische und orientalische Studien. 1901-07 war er Prof. der neutestamentlichen Exegese in Innsbruck, lehrte seit 1908 an der Gregoriana in Rom, leitete das 1909 von ihm gegründete päpstliche Bibelinstitut und wurde von Papst Pius X. zum Konsultor der päpstlichen Bibelkommission ernannt. 1911-13 verbrachte F., mit dem Aufbau einer Dépendance des Bibelinstituts beschäftigt, in Palästina und war während des Ersten Weltkriegs in der Schweiz. 1919-29 Prof. der Exegese und Geschichte des Neuen Testaments am Bibelinstitut, kam er 1929 als Akademikerseelsorger nach Prag und im folgenden Jahr als Seelsorger nach Wien. F. war einer der Repräsentanten der konservativen kath. Bibelwissenschaft und hinterließ ein umfangreiches Schrifttum. Er veröffentlichte u. a. Die Parabeln des Herrn im Evangelium (1902, "1927) und Moderne Bibelfragen (1917). CD NDB

Fonk, Wilhelm, Wirtschaftsführer, * 25. 1.1896 Barmen (heute zu Wuppertal), t 1 3 . 3 . 1 9 7 4 Erlangen. F. nahm am Ersten Weltkrieg teil, wurde 1915 Leutnant der Reserve und studierte Volkswirtschaft und Jura an den Universitäten Bonn, Münster und Köln. 1920 promoviert, wurde er im selben Jahr Assistent, 1922 Syndikus, 1932 geschäftsführendes Vorstandsmitglied bei Wirtschafts- und wirtschaftspolitischen Verbänden. F. war 1932/33 Mitglied des Reichstags, wurde 1934 Mitglied des Vorstands der Merkur AG, 1938 dessen Vorsitzender und gehörte dem Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe im Landesverband des bayerischen Einzelhandels an. Er veröffentlichte u.a. Die deutschen Interessenvertretungen von Industrie und Handel (1920). Od MdR F o n t a n a , Benedikt, Bündner Hauptmann, t 22.5. 1499 Münstertal. F. entstammte einer angesehenen Graubündner Familie, die im Spätmittelalter zu bischöflichen Ministerialen aufstieg. Er war einer der Hauptleute des Gotteshausbundes im Schwabenkrieg 1499. In den zeitgenössischen Quellen fand er erst seit der zweiten Hälfte des 16. Jh. Beachtung. Im 19. Jh. galt F. neben Wilhelm Teil und —> Winkelried als Nationalheld der Bündner. Ein heftiger Gelehrtenstreit um den Wahrheitsgehalt des Fontana-Mythos ließ seinen Ruhm in der zweiten Jahrhunderthälfte verblassen. F o n t a n a , Oskar Maurus, österr. Journalist, Schriftsteller, * 13.4.1889 Wien, f 4 . 5 . 1 9 6 9 Wien. F. wuchs auf dem Weingut seines Vaters in Knin (Dalmatien) auf, studierte an der Univ. Wien Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft, nahm als österr. Offizier am Ersten Weltkrieg teil und arbeitete seit 1909 als freier Schriftsteller und Theaterrezensent. Er war für zahlreiche, u. a. expressionistische Zeitschriften tätig, schrieb Essays sowie Lyrik und wandte sich gegen die impressionistische Theaterkritik. 1 9 1 7 / 1 8 gab F. zusammen mit Alfons Wallis „Das Flugblatt" heraus, wurde 1945 Kulturredakteur des „Neuen Österreich" und war 1945-49 Chefredakteur von Wiener Tageszeitungen. Er arbeitete als Universitätslektor in Wien, leitete die „Österreichische Buchgemeinschaft" und war 1959-64 Präsident des österr. PEN-Clubs. F. wurde mit der Anthologie Die Aussaat. Prosa und Verse einer neuen Jugend (1916) Wegbereiter des österr. Expressionismus. Er veröffentlichte u.a. den Roman Die Erweckung (1919). DP Killy

F o n t a n e , Theodor, eigentl. Henri Théodore F., Schriftsteller, Journalist, Kritiker, * 30. 12.1819 Neuruppin, t 20.9. 1898 Berlin. F.s Eltern waren Nachkommen von Hugenotten, die 1685 Frankreich verlassen und in Berlin Zuflucht gefunden hatten. Sein Vater war Apotheker, der sich 1819 in Neuruppin niedergelassen hatte. Hier und in Swinemünde, wohin die Familie 1827 übersiedelte, verlebte F. die Kindheit, die er in seinem autobiographischen Alterswerk Meine Kinderjahre (1894) schildert. 1832 besuchte er das Gymnasium in Neuruppin und 1833-36 die Klödensche Gewerbeschule in Berlin. Obgleich sein Interesse der Literatur und der Geschichte galt, absolvierte er 1836-40 in Berlin eine Apothekerlehre und arbeitete bis zu seinem Staatsexamen (1847) als Apothekengehilfe in Burg bei Magdeburg, Leipzig, Dresden, Letschin (Oderbruch) und, nach einjährigem Militärdienst (1844/45), wieder in Berlin. Nachdem er im Krankenhaus „Bethanien" Diakonissinnen in Pharmazie unterrichtet hatte, gab er den ungeliebten Beruf auf und versuchte 1849 als freier Schriftsteller zu leben, was aber mißlang. 1850 erhielt er eine journalistische Anstellung bei der preuß. Regierung und heiratete Emilie Rouanet-Kummer, die ihm zwischen 1851 und 1864 vier Kinder gebar. 1852 und 1855-59 lebte er als preuß. PresseBeauftragter in England und trat nach seiner Rückkehr 1860 in die Redaktion der konservativen „Neuen Preußischen Zeitung", der sogenannten „Kreuz-Zeitung", ein. 1864, 1866 und 1870/71 bereiste er als Berichterstatter die Schauplätze der preuß. Kriege und schrieb anschließend umfangreiche Bücher darüber. 1870 begann er bei der „Vossischen Zeitung" seine Tätigkeit als Theaterkritiker, in der er durch fundierte Urteile, die er plaudernd vortragen konnte, und durch sein Eintreten für Ibsen und Gerhart —> Hauptmann großen Einfluß ausübte. Die Sekretärsstelle bei der Akademie der Künste, die er 1876 antrat, kündigte er schon nach wenigen Wochen und begann danach in schneller Folge seine Romane zu schreiben. Als fast Achtzigjähriger starb er an einem Schlaganfall. Geehrt worden ist der alte F. zwar schon zu seinen Lebzeiten, aber seine überragende Bedeutung für die deutsche Literatur wurde erst nach seinem Tod erkannt. Seitdem ist seine Nachwirkung ständig gewachsen und hat in der zweiten Hälfte des 20. Jh. zu reger Forschungs- und Editionstätigkeit geführt. Die Frühphase seines literarischen Schaffens (etwa 1840-55) war in Vers und Prosa vielfältig, aber teilweise epigonal. Aus ihr blieben als originale Schöpfungen vor allem die Balladen lebendig, deren Stoffe F. der preuß., der englischschottischen und später auch der nordischen Geschichte entnahm. Da einige von ihnen, wie Der alte Zieten (1847), Der alte Dessauer (1847) und Archibald Douglas (1854), bald Eingang in die Schullesebücher fanden und F. auch im Alter noch Balladen verfaßte (Gorm Grymme, 1864; Die Brück' am Tay, 1880; John Maynard, 1886; Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, 1889), gründete sich sein Ruhm lange auf diese und überschattete andere Teile seines Werks. In der Frühphase gilt das besonders für seinen Beitrag zur Vormärz-Lyrik und für seine Aufsätze von 1848/49, in denen sich seine Revolutionsbegeisterung zeigt. Diese hat er später zwar nicht geleugnet, aber in seinem autobiographischen Werk Von Zwanzig bis Dreißig (1898), um den abrupten Übergang zum Konservatismus zu kaschieren, ironisiert und bagatellisiert. In konservativem Sinn beeinflußte ihn die literarische Vereinigung „Tunnel über der Spree",

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Fontanus der er seit 1844 angehörte. Ihre Mitglieder, zu denen bedeutende Autoren wie —»Geibel, —» Storm und —> Hey se nur kurzzeitig gehörten, waren vor allem Beamte und Offiziere, die F. Einblicke in die Gesellschaft Berlins ermöglichten, was später seinen Romanen zugute kam. 1848 war F. als Wahlmann für die Demokraten aufgetreten, 1862 kandidierte er ebenso erfolglos für die Konservativen. Sein politisches Denken hatte sich also radikal gewandelt; was aber konstant blieb bis ins hohe Alter, als er die Entwicklung PreußenDeutschlands immer kritischer beurteilte, war sein Interesse am preuß. Stoff. Die mittlere Schaffensperiode (1855-76) war vor allem den Wanderungen durch die Mark Brandenburg (5 Bde., 1862-89) gewidmet, doch kamen als umfangreiche Nebenarbeiten Reisebücher über England und Frankreich (Ein Sommer in London, 1854; Jenseits des Tweed, I860; Aus England, 1860; Kriegsgefangen, 1871; Aus den Tagen der Okkupation, 2 Bde., 1871) und detaillierte Beschreibungen der Kriege (Der Schleswig-Holsteinsche Krieg im Jahre 1864, 1866; Der deutsche Krieg von 1866, 2 Bde., 1870/71; Der Krieg gegen Frankreich 1870-71, 2 Bde., 1873-76) hinzu. Die Wanderungen, die auch in der Spätphase noch entstanden, können zwar auch als Vorstufe der Romane betrachtet werden, haben aber sowohl als Informationsquelle über Land, Leute und Geschichte Brandenburgs als auch teilweise als Meisterleistungen des Reisefeuilletons ihren Wert in sich selbst. In seiner Spätphase wurde F. immer kritischer und demokratischer. Stärker als seine Romane und die bekenntnishaften Altersgedichte zeigen das seine Briefe, besonders die an Georg Friedländer (hrsg. von Kurt Schreinert, 1954; erweiterte Ausgabe von Walter Hettche, 1994), in denen mit vielen Erscheinungen der wilhelminischen Zeit abgerechnet wird. Durch ihren Anekdotenreichtum, ihren Humor und ihre plaudernden Abschweifungen werden die Briefe zu literarischen Kostbarkeiten, die gleichberechtigt neben den anderen Werken stehen. Die Briefform hat F. auch oft an entscheidenden Stellen seiner 14 Romane und Novellen verwendet, auch schon in Vor dem Sturm (1878), einem breit angelegten historischen Gemälde aus der Zeit kurz vor den Befreiungskriegen 1813. Dieses Anfangswerk eines fast Sechzigjährigen kann zwar die Verwandtschaft mit den Wanderungen nicht verleugnen, zeigt aber auch schon F.s Kunst der Menschengestaltung und seine Stilsicherheit, besonders im Dialog. Knapper, kühner und auch kritisch direkter wird preuß. Geschichte in der Novelle Schach von Wuthenow (1883) dargestellt. Die Geschichte einer Verführung, einer befohlenen Heirat und eines darauf folgenden Selbstmords, vorwiegend in geistreichen Gesprächen erzählt und beurteilt, enthüllt die Hohlheit des für den preuß. Offizier zentralen Begriffs der Ehre und läßt am Schluß doch auch andere, auf individuelle Tragödie zielende Bedeutungen zu. Nicht die großen Begebenheiten, die Katastrophen und Leidenschaften, reizten F. zur Gestaltung, sondern deren Voraussetzungen und Folgen, das Davor und Danach. Das ist auch so in seinen Gegenwartsromanen, in denen die Menschen am Ordnungsgefüge der Gesellschaft leiden und zerbrechen. Die Frage nach der Berechtigung der Konventionen bleibt dabei in der Schwebe, und nur die menschlichen Tragödien, die sie erzeugen, klagen sie an. In L'Adultera (1882), seinem ersten Berliner Gesellschaftsroman, in dem der Ehebruch einer Frau im Mittelpunkt steht, findet F. einen idyllischen Schluß, in Cécile dagegen schickt er die Titelgestalt, deren frühe Verfehlung für die Gesellschaft nie verjährt, in den Tod. In Irrungen, Wirrungen (1888), der traurigen Liebesgeschichte, die keine tragische wird, weil die Beteiligten sich in die Verhältnisse fügen, gestaltet F., wie auch in Stine (1890) und Mathilde Möhring (aus dem Nachlaß, 1908), eine Frau aus den unteren Schichten, die sich als charakterstärker als die Männer

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aus höheren Ständen erweist. Nach dem ironisch-kritischen Roman aus der Welt der Neureichen, Frau Jenny Treibel (1893), gelingt F. die anrührendste Gestalt seiner Ehe- und Gesellschaftsromane in E f f i Briest ( 1896). Die junge Adlige, die an den viel älteren Baron von Instetten verheiratet wird, begeht, fast gegen ihren Willen, einen Ehebruch, von dem ihr Mann erst Jahre später erfährt. Er tötet den Liebhaber im Duell und verstößt Effi, womit er den adligen Konventionen folgt, aber Effi und sich unglücklich macht. Schuldig gesprochen werden hier nicht Personen, sondern das überpersonale Gesetz, das Menschenopfer verlangt. E f f i Briest war der einzige Roman F.s, der zu seinen Lebzeiten wirklich Erfolg hatte; sein letzter Roman Der Stechlin (in Buchform erst 1899 erschienen) wurde anfangs nicht sehr geschätzt. Heute zählt man ihn zu seinen besten Romanen. Er ist handlungsarm, besteht fast nur aus Gesprächen, spielt auf engem Raum innerhalb eines halben Jahres und bezieht doch viel Welt und Geschichte mit ein. Das preuß. Thema wird hier wieder aufgegriffen, aber ins Allgemeine gewendet: in die Problematik der alten und neuen Zeit. Scheinbar beiläufig kreisen alle Gespräche um diese Frage, und vielen Dingen wird ein Symbolwert gegeben, der auf Veränderung verweist. Der Stechlinsee, an dem der alte Herr von Stechlin lebt, plaudert und stirbt, steht der Sage nach unterirdisch mit aller Welt in Verbindung und zeigt deren Umbrüche an. Von ihnen wird auch dieser stille Winkel der Mark Brandenburg nicht verschont, und der Gutsherr, der auch die Gabe der Selbstironie besitzt, toleriert sie, weil er vom Gesetz des Werdens und Vergehens weiß. Der Stechlin ist ein Buch des heiter-wehmütigen Abschieds und nebenbei auch ein Porträt des Autors selbst. WEITERE WERKE; Männer und Helden. 8 Preußenlieder. Berlin 1850. - Gedichte. Berlin 1851. - Grete Minde. Berlin 1880. - Ellernklipp. Berlin 1881. - Graf Petöfy. Dresden 1884. - Christian Friedrich Scherenberg und das literarische Berlin von 1840-1860. Berlin 1885. - Unterm Birnbaum. Berlin 1885. - Quitt. Berlin 1891.-Unwiederbringlich. Berlin 1892. - Von, vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Berlin 1894. - Die Poggenpuhls. Berlin 1896. - Sämtliche Werke. Hrsg. v. Kurt Schreinert/Edgar Gross. 24 Bde. in 3 Abteilungen, München 1959-75 (= Nymphenburger Ausgabe). - Werke, Schriften, Briefe. Hrsg. v. Walter Keitel/Helmuth Nürnberger. 20 Bde. in 4 Abteilungen, München 1962-94 (= Hanser-Ausgabe). - Große Brandenburger Ausgabe. Hrsg. v. Gotthard Erler. Bisher 12 Bde., Berlin 1994 ff. LITERATUR: Hermann Fricke: T. F. Chronik seines Lebens. Berlin 1960. - F.-Blätter. Hrsg. v. T.-F.-Archiv Potsdam. Potsdam 1965 ff. - Joachim Schobeß: Literatur von und über F. Potsdam 1965. - Helmuth Nürnberger: Der frühe F. Hamburg 1967. - Hans-Heinrich Reuter: T. F. 2 Bde., Berlin 1968. - Hugo Aust: T. F. Verklärung. Bonn 1974. Walter Müller-Seidel: T. F. Soziale Romankunst in Deutschland. Stuttgart 1975. - Hans Scholz: T. F. München 1978. Hugo Aust (Hrsg.): F. aus heutiger Sicht. München 1980. Charlotte Jolles/Walter Müller-Seidel: Die Briefe F.s. Verzeichnis und Register. München 1988. - Charlotte Jolies: T. F. 4. erw. Aufl. Stuttgart 1993. - Roland Berbig: T. F. im literarischen Leben. Zeitungen, Zeitschriften, Verlage und Vereine. Berlin 2000. - Christian Grawe/Helmuth Nürnberger (Hrsg.): F.-Handbuch. Stuttgart 2000. Günter de Bruyn F o n t a n u s , Johann, reformierter Theologe, * 1545 Zoller (Jülich), t 1615. F. studierte Theologie an der Univ. Heidelberg, wurde Prediger in Nienhausen/Pfalz und erhielt 1567 eine theologische Professur in Heidelberg. 1577 wurde er Hofprediger des Pfalzgrafen —» Johann Casimir, nahm im folgenden Jahr eine Predigerstelle in Arnheim an und wirkte im Sinne der

Forbes-Mosse Reformation in den Niederlanden. F. war Gegner des A r m i nianismus, verteidigte auf der Synode von Kleve (1610) den Heidelberger Katechismus und beteiligte sich an der Planung einer neuen Bibelübersetzung. 1612 versuchte er, die Einberufung einer nationalen Synode bei den Nationalstaaten zu erreichen, und war 1615 Leiter der contra-remonstrantischen Zusammenkunft. CD A D B

Fontayne,

Josef Ludwig Matthäus de la, österr. Militär, * 1730 Schloß Harnoncourt (Prov. Luxemburg), t 3 0 . 7 . 1816 Schloß Harnoncourt. F. stieg im österr. Militärdienst bis zum General der Kavallerie auf. Er hatte die Ämter des Statthalters von Galizien sowie des Unterbefehlshabers der Stadt Wien inne und nahm an den Feldzügen gegen die französische Republik und Napoleon I. teil. c n ADB

Fontenay,

John, Schiffsmakler, * u m 1 7 6 9 / 7 0 Philadelphia, t 7 . 3 . 1835 Hamburg. F., der vermutlich in Boston aufwuchs, wanderte u m die Jahrhundertwende in Hamburg ein, erhielt dort 1801 das Bürgerrecht und wurde zum Schiffsmakler gewählt. Während der Elbblockade 1803-05 arbeitete er erfolgreich mit T h o m a s Goulton Hesleden, d e m Schiffsmakler des „English Court", zusammen, u m die Versorgung der Stadt zu sichern. Als Hamburg durch die Kontinentalsperre einen wirtschaftlichen Niedergang erlitt, ging F. mit seiner Familie nach London, dann nach Frankreich und kehrte 1814 nach Hamburg zurück, wo er wieder erfolgreich mit Hesleden zusammenarbeitete. Er erwarb nach und nach ein großes Gelände in Hamburg, auf d e m er Wohn- und Geschäftshäuser errichten ließ. CD Hamburg

Foramitti,

Hans, österr. Konservator, Denkmalpfleger, * 2 0 . 3 . 1 9 2 3 Wien, t 6 . 6 . 1 9 8 2 Wien. F. studierte Architektur an der T H Wien und an der Univ. Paris; in Frankreich wandte er sich der praktischen Denkmalpflege zu. Zurück in Wien, trat er 1955 in die Bundesgebäudeverwaltung ein, arbeitete 1957-61 an der Bibliothek der T H Wien und wurde zum Dr. techn. promoviert. 1961 nahm er eine Tätigkeit im Bundesdenkmalamt auf, wo er eine eigene Abteilung leitete. Daneben hielt er Lehrveranstaltungen im In- und Ausland ab, u. a. seit 1980 an der Akademie der bildenden Künste in Wien. F.s N a m e ist weltweit mit der Architekturphotogrammetrie, einem Verfahren zur Dokumentation und Inventarisierung von Kunstdenkmälern, verknüpft. Er entwickelte ein System der Notintervention in Katastrophenfällen und begründete das Photogrammetrische Denkmälerarchiv.

Forbach,

Moje, eigentl. Amalie Staubwasser, Sängerin, Schauspielerin, * 2 4 . 9 . 1 8 9 8 Schloß Raichertshausen bei München, + 21. 12.1993 München. F., Tochter der Schauspielerin Marianne Staubwasser und Enkelin der Sängerin Jenny —>Mejo, erhielt ihre Gesangsausbildung in München und gab ihr Bühnendebüt 1920 am Landestheater von Gotha. 1921 wechselte sie an das Stadttheater Augsburg, 1924 an die Stuttgarter Staatsoper. Anschließend holte sie Otto —»Klemperer an die Berliner Kroll-Oper, w o sie in mehreren zeitgenössischen Werken zu hören war (u. a. in Ernst —> Kreneks Diktator, in Arnold —» Schönbergs Erwartung und in Darius Milhauds Der arme Matrose). Daneben gastierte sie u. a. an den Staatsopern von Hamburg, Dresden, München und Wien und den Theatern in Nürnberg und Augsburg. F. sang bevorzugt dramatische Partien, darunter die Venus im Tannenhäuser, die Leonore im Fidelio und die Brünnhilde im Ring-Zyklus. Nach einer Stimmkrise Mitte der dreißiger Jahre wandte sich F. d e m Schauspiel zu, trat in Hamburg-Altona, Berlin und Düssel-

dorf sowie 1965-75 an den M ü n c h n e r Kammerspielen und nahezu über zwei Jahrzehnte in Essen auf. Sie übernahm zudem Rollen in R u n d f u n k und Fernsehen und unterrichtete seit 1965 an der Falckenberg-Schule in München. CO Kutsch

Forberg,

Friedrich Karl, Philosoph, Bibliothekar, * 3 0 . 8 . 1770 Meuselwitz bei Altenburg, t 1.1. 1848 Hildburghausen. F. war aufgrund der Arbeit De aesthetica transcendentali seit 1792 Privatdozent an der Philosophischen Fakultät in Jena, wurde im folgenden Jahr dort A d j u n k t und war seit 1797 Konrektor, später Rektor in Saalfeld/Saale. Seit 1802 im gelehrten Hof- und Staatsdienst, wurde er zunächst Archivrat, 1806 Geheimer Kanzleirat in Coburg, 1807 Aufseher der herzoglichen Hofbibliothek. F., Schüler Johann Gottlieb —>Fichtes, veröffentlichte 1798 in dessen „Philosophischem Journal" den Aufsatz Entwickelung des Begriffs Religion, der den Beginn des zur Entlassung Fichtes führenden Atheismusstreites markierte. 1799 verteidigte sich F. mit der Schrift Apologie eines angeblichen Atheismus. DP Enz Phil Wiss

Forberg,

Kurt, Bankier, * 4 . 1 1 . 1900 Düsseldorf, t 14.1. 1979 Zürich. F. stammte aus einer alten Düsseldorfer Kupferstecherfamilie und wollte ursprünglich Musiker werden, entschied sich jedoch nach dem Tod seines Vaters 1918, eine Lehre in der Rheinisch-Westfälischen Disconto-Gesellschaft (später in der Dresdner Bank aufgegangen) zu machen. Er wechselte 1921 zum Düsseldorfer Bankhaus Engels, spezialisierte sich auf den Bereich Wertpapierbörse und wurde nach der Fusion des Bankhauses mit der Trinkaus-Bank (1929) 1935 Mitinhaber, 1953 Senior-Chef. Nach d e m Zweiten Weltkrieg reformierte F. zusammen mit d e m Bankier Peter —> Brunswig das Bankengeschäft und baute später Effektenund Rentengeschäfte, vor allem mit d e m Ausland, auf. Er war Mitbegründer des Wertpapierbereinigungsgesetzes sowie des Arbeitskreises zur Förderung der Aktie und führte in dieser Funktion wichtige Börsenreformen durch ( 1 9 5 3 / 5 4 , 1963/64). 1948-66 hatte F. das Präsidium der RheinischWestfälischen Börse inne, zog sich 1965 aus d e m aktiven Bankgeschäft zurück und wurde 1968 Vorsitzender der „Börsenreform-Kommission". Er war Aufsichtsratsmitglied zahlreicher Unternehmen.

Forberger,

Georg, Pseud. Sader, Villanus, Acronius, Herausgeber, Übersetzer, * um 1543 Mittweida (Sachsen), t nach 1604. Nach d e m Studium in Wittenberg, das F. 1566 mit dem Magister Artium abschloß, hielt er sich als Schriftsteller in Basel, Leipzig und wieder Basel auf. Er arbeitete für den Basler Verleger Peter Perna und fertigte im Auftrag des Kurfürsten - > August von Sachsen Übersetzungen an. Vor allem übersetzte er Geschichtswerke, u . a . von Francesco Guicciardini, und veröffentlichte Schriften des —> Paracelsus (De natura rerum, 1570), zum Teil in Übersetzung aus dem Lateinischen. Er setzte sich für die Verwendung der deutschen Sprache in der Wissenschaft ein. CD Killy

Forbes-Mosse,

Irene (Anna Maria Magdalena Gisela Gabriele), Pseud. Gräfin Flemming, Schriftstellerin, * 5 . 8 . 1864 Baden-Baden, t 26. 12. 1946 V i l l e n e u v e / G e n fer See. F.-M., Enkelin A c h i m und Bettine von —> Arnims sowie Schwester Elisabeth von —> Heykings, besuchte kurze Zeit eine öffentliche Schule und bereiste zusammen mit ihrem Vater, einem preuß. Gesandten in Baden, 1880 Italien. 1884 heiratete sie in erster Ehe ihren Vetter Roderich Graf von Oriola (Scheidung 1895), lebte mit ihrem zweiten Ehemann, d e m englischen Obristen John F.-M. (seit 1896), in der Nähe

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Forcart-Weiss von Florenz und unternahm nach dessen Tod 1904 zahlreiche Reisen. Bis 1913 hielt sie sich meist in Deutschland auf und leistete während des Ersten Weltkriegs soziale Hilfsdienste. F.-M. übersetzte aus d e m Englischen, Französischen und Dänischen; sie schrieb neuromantische Lyrik, Erzählungen und Romane, u . a . Kathinka Plüsch (1930). OD Killy

Forcart-Weiss, Johann Rudolf, schweizer. Fabrikant, Bankier, * 2 5 . 1 2 . 1 7 4 9 Basel, t 17. 8. 1834 Basel. F.-W., Sohn eines Großrats und Stadtschreibers, absolvierte 1765-68 eine Kaufmannslehre in Lyon und blieb bis 1772 in Frankreich. 1773 trat er in Basel in die Seidenbandfabrik seines Schwiegervaters ein. 1792 übernahm er die Firma, in der seit 1800 auch seine drei Söhne tätig waren. Die Absatzgebiete der Seidenbänder reichten bis nach Rußland, Indien und beide Amerika. Daneben betrieb die Firma umfangreiche Spekulations- und Kreditgeschäfte. F.-W. zählte zu den bedeutendsten Figuren des aufgeklärten Basler Unternehmertums an der Wende des 18. zum 19. Jahrhundert. Er gehörte zu den Begründern der Helvetischen Gesellschaft (1773) und der Gesellschaft zur Beförderung für das Gute und Gemeinnützige (1777). 1800-11 war F.-W. Mitglied des Basler Handelskomitees, 1816-24 des Großen Rats. m HLS Förch,

Carl (Friedrich Otto Hugo), Physiker, Techniker, * 1 2 . 1 2 . 1 8 7 0 Bechtheim bei Worms, t 15.4. 1955 Koblenz-Lützel. F., Sohn eines Oberlandesgerichtsrats, studierte in Gießen und Straßburg (1890-94) Physik, Mathematik und Chemie (Promotion 1895, Experimentaluntersuchungen über Wärmeausdehnung wässeriger Lösungen), war zwei Jahre Assistent Eduard Kettelers in Münster und wechselte 1898 an das Physikalische Institut Karl —> Scherings nach Darmstadt, wo er sich 1899 mit der Arbeit Über die Oberflächenspannung wässeriger Lösungen habilitierte. 1906 ging er nach Berlin an das Kaiserliche Patentamt und wurde 1931 Direktor des Reichspatentamtes. F. beschäftigte sich zunächst insbesondere mit wissenschaftlichen Meeresuntersuchungen; im Patentamt war er für „Kinotechnik" zuständig. Er gehörte zu den Begründern der „Deutschen Kinotechnischen Gesellschaft" (1920) und der „Prüf- und Versuchsanstalt für Kinotechnik" (1921) und war erster Honorarprofessor für Kinotechnik. F. veröffentlichte u. a. Kaysers Physik des Meeres (1911), Der Kinematograph und das sich bewegende Bild (1913), Das Leuchtgas, seine Herstellung und Verwendung (1914) und Photographische Optik (1925). m NDB F o r c h h a m m e r , Johann Georg, Geologe, * 2 6 . 7 . 1 7 9 4 H u s u m , t 14. 12. 1865 Kopenhagen. Nach einer Apothekerlehre studierte F., Sohn eines Schulrektors und Lehrerseminardirektors und Bruder von Peter Wilhelm —>F., 1815-18 C h e m i e und Pharmazie an der Univ. Kiel, danach in Kopenhagen, wo er 1820 promoviert wurde (De mangano). Zunächst an der Erforschung von Lagerstätten auf B o r n h o l m beteiligt, war er seit 1821 Dozent an der Univ. Kopenhagen und wurde 1831 a. o., 1835 o. Prof. der Mineralogie. Seit 1829 lehrte er als Prof. der C h e m i e und Mineralogie auch an der Polytechnischen Lehranstalt, deren Rektor er war, und seit 1835 C h e m i e und Physik an der Seeakademie. 1860 wurde er in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . F. beschäftigte sich vor allem mit der Geologie Skandinaviens und Schleswig-Holsteins. Er gilt als einer der Wegbereiter der wissenschaftlichen Geologie in Dänemark. F. hatte Anteil an der Einführung der Gasbeleuchtung in Kopenhagen. 1834 entdeckte er das Metall Oerstedin. F. veröffentlichte u . a . Krystallographie (1833) und Danmarks geognostiske forhold (1835). DP S H B L , Bd 3

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F o r c h h a m m e r , Peter Wilhelm, Philologe, * 23. 10. 1801 Husum, t 8 . 1 . 1 8 9 4 Kiel. F. wurde 1821 an der Univ. Kiel immatrikuliert, studierte ein Semester (1824) in Leipzig, hielt sich anschließend bei seinem Bruder Johann Georg —>F. an der Univ. Kopenhagen auf und machte die Bekanntschaft des späteren Königs —> Christian VIII. Nach Kiel zurückgekehrt, wurde er 1828 zum Dr. phil. promoviert, habilitierte sich im folgenden Jahr und lehrte seit 1836 als a. o. Prof., seit 1843 als o. Prof. der klassischen Altertumswissenschaft an der Univ. Kiel. 1830-34 und 1838-40 unternahm F. Reisen zu den Stätten des klassischen Altertums. Er arbeitete auf den Gebieten der Mythologie, Archäologie und Kunstgeschichte. F. veröffentlichte u. a. Hellenika. Griechenland im Neuen das Alte (1837). 1867-70 war er Mitglied des preuß. Landtags, 1871-74 des Reichstags und seit 1877 im Herrenhaus Repräsentant der Univ. Kiel. m S H B L , Bd 3 F o r c h h a m m e r , Theophil (Traugott), Musiker, K o m p o nist, * 2 9 . 7 . 1847 Schiers (Kt. Graubünden), t 1 . 8 . 1 9 2 3 Magdeburg. Seit 1866 Schüler des Stuttgarter Konservatoriums, wurde F., Sohn eines Pfarrers und Hymnologen, insbesondere von Immanuel —> Faißt im Orgelspiel und in Komposition unterrichtet. 1867 erhielt er eine Organistenstelle in Thalwil bei Zürich. Er war seit 1869 Organist und Schulgesanglehrer in Ölten und ging 1871 als Marienorganist nach Wismar (Bekanntschaft mit —» Liszt), 1878 als Dirigent, Kirchen- und Schulmusiker nach Quedlinburg. Von 1886 an als Nachfolger August Gottfried —> Ritters Domorganist in Magdeburg, wurde F. 1888 zum Musikdirektor und 1905 zum Prof. ernannt. Als Komponist in der Tradition —> Bachs stehend, schrieb er rund 1800 zum Teil gedruckte Choralvorspiele sowie das Oratorium Königin Luise. F. gab einen Führer durch die Orgelliteratur (mit Bernhard —>Kothe, 1890) heraus, der mehrfach aufgelegt wurde. cd MGG F o r c h h e i m e r , Karl, Nationalökonom, * 2 9 . 7 . 1880 Prag, t 18.6. 1959 Wien. F. studierte Rechtswissenschaften in Prag, wurde 1903 promoviert und trat in den Staatsdienst ein. 1913 wurde er Finanzprokuratursadjunkt bei der Statistischen Zentralkommission in Wien und war seit 1917 Ministerial-Vizesekretär im Innenministerium. E n d e desselben Jahres wechselte er in das neu eingerichtete Ministerium für soziale Fürsorge und leitete seit 1924 die Abteilung für legislative und finanzielle Angelegenheiten der Arbeitslosenversicherung und der Sozialversicherung. Seit 1936 lehrte er zudem an der Univ. Wien. Nach seiner Pensionierung 1938 emigrierte er 1939 nach England, wurde Research Assistant in Oxford und hielt wirtschaftswissenschaftliche Vorlesungen. 1949 nach Wien zurückgekehrt, führte er seit 1950 den Amtstitel eines Sektionschefs. F., ein Anhänger des Keynesianismus, beschäftigte sich mit Preistheorie, Wirtschaftsstatistik, MakroÖkonomik und Sozialpolitik und war an der Einführung der Sozialgesetzgebung beteiligt. Er veröffentlichte u . a . Keynes' neue Wirtschaftslehre (1952). DP Hagemann F o r c h h e i m e r , Philipp, österr. Hydrauliker, Ingenieur, * 7 . 8 . 1852 Wien, t 2 . 1 0 . 1933 Wien. F., Sohn eines Fabrikanten und Numismatikers und Vetter des Chemikers Otto von —»Fürth, Schloß die Studien an der T H Zürich 1873 mit d e m Ingenieurdiplom ab, wurde in Tübingen promoviert und beschäftigte sich zunächst mit Fragen des Eisenbahnbaus und der Wasserversorgung, danach bei großen Bauunternehmungen mit Problemen der Hydraulik. 1880 wurde er Privatdozent für wissenschaftliche Hydraulik an der T H Aachen, 1891 Prof. für Wasserbau und Brückenbau an der kaiserlich-ottomanischen Ingenieurhochschule in Istanbul, die er 1914 reorganisierte. Seit 1892 lehrte

Forest er in Aachen, später an der Τ Η Graz. F. war Mitglied der Österreichischen A k a d e m i e der Wissenschaften. Er machte sich als Pionier auf dem Gebiet des Tiefbaus und der praktischen Hydraulik einen Namen. Als sein Hauptwerk gilt ein Lehr- und Handbuch der Hydraulik (5 Bde., 1914-16). m Almanach Öst Akad, Jg. 84 F o r c k , Gottfried, Bischof der evang. Kirche in BerlinBrandenburg, * 6. 10. 1923 Ilmenau (Thüringen), t 2 4 . 1 2 . 1996 Rheinsberg. F., Sohn eines Superintendenten, besuchte nach der Rückkehr aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft 1947-49 die Theologische Schule in Bethel, studierte 1949-51 evang. Theologie an den Universitäten Basel, Berlin und Heidelberg und wurde 1956 mit der Arbeit Die Königsherrschaft Jesu Christi bei Luther promoviert. 1952-54 war er Assistent an der Kirchlichen Hochschule in Berlin, 1954-59 Studentenpfarrer an der Ostberliner Humboldt-Universität, 1959-63 Pfarrer in Lautawerk bei Senftenberg und 1963-72 Leiter des Predigerseminars in B r a n d e n b u r g / H a v e l . 1972-81 wirkte er als Generalsuperintendent im Kirchensprengel Cottbus. 1975-88 war er Gesellschafter der Evang. Verlagsanstalt und zeitweise Autor der Zeitschrift „Die Zeichen der Zeit". 1981-91 Bischof von Berlin-Brandenburg und seit 1984 Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche der Union, gehörte F. 1989 beim Ende der D D R zu den wichtigsten Akteuren auf Seiten der evang. Kirche. DP B B L F o r c k e n b e c k , Max(imilian) (Franz August) von, Politiker, * 23. 10. 1821 Münster, t 2 6 . 5 . 1892 Berlin. F., Sohn eines Appellationsgerichtsrats und Vetter Oskar von —»F.s, wuchs nach der Strafversetzung seines liberal gesinnten Vaters nach Breslau seit 1833 in Schlesien auf, studierte 1838-42 an den Universitäten Gießen und Berlin Rechtswissenschaft, wurde 1847 Gerichtsassessor in Glogau und leitete 1848 als Vizepräsident die konstitutionellen Vereine Schlesiens. 1849 war er zunächst in Mohrungen, 1859-72 in Elbing als Anwalt tätig. Seit 1858 gehörte er d e m preuß. Abgeordnetenhaus an und war Mitbegründer der oppositionellen Fortschrittspartei (1861) unter Rudolf von —>Virchow sowie der Nationalliberalen Partei ( 1866). 1866-73 Präsident des preuß. Abgeordnetenhauses, war er 1867-92 Mitglied des Reichstags, 1874-79 dessen Präsident. Als Gegner der Bismarckschen Schutzzollpolitik legte er das Präsidium nieder und gründete 1881 mit den nationalliberalen Sezessionisten (u. a. Eduard —> Lasker und Ludwig —> Bamberger) die Liberale Vereinigung, aus der sich 1884 die Deutsch-Freisinnige Partei konstituierte. 1873 wurde F. Oberbürgermeister von Breslau, 1878 Oberbürgermeister von Berlin, w o er u. a. den Ausbau der Kanalisation und des Straßennetzes sowie die Entwicklung des Schulwesens vorantrieb. tu

Forckenbeck,

Haunfelder, Lib Abg

Oskar von, Privatgelehrter, * 2 8 . 9 . 1 8 2 2 Minden (Westfalen), t 2 9 . 7 . 1898 Wassenberg bei Aachen. F., Sohn eines Beamten und Diplomaten, studierte 1842-45 in Heidelberg, Göttingen und Berlin Staats- und Rechtswissenschaften. Z u s a m m e n mit Jacob - » G r i m m unternahm er Reisen nach Skandinavien und wurde, da er wegen des fehlenden Assessorenexamens die höhere Beamtenlaufbahn nicht einschlagen konnte, 1852 A m t m a n n in Rheine. Seit 1862 bewirtschaftete er das Familiengut Wassenberg, war als Privatgelehrter tätig, bereiste mit A u s n a h m e von Australien die ganze Welt und legte eine bedeutende Zeitungssammlung an. F. gründete 1885 in Aachen das Zeitungsmuseum, gab seit 1889 zusammen mit M a x Schlesinger die Fachzeitschrift „Das Z e i t u n g s m u s e u m " heraus und initiierte 1890 die Eröffnung des ersten öffentlichen Zeitungslesesaals in Aachen. Er war der Cousin von M a x von —» F. DP N D B

F o r e l , Auguste (Henri), schweizer. Psychiater, Entomologe, * 1.9. 1848 La Gracieuse (heute zu Morges, Kt. Waadt), t 2 7 . 7 . 1 9 3 1 Yvorne (Kt. Waadt). Der Sohn eines Gutsbesitzers studierte 1866-71 Medizin in Zürich und Wien, u . a . als Schüler Theodor —»Meynerts, wurde 1872 in Zürich promoviert (Beiträge zur Kenntnis des Thalamus opticus und der ihn umgebenden Gebilde bei den Säugethieren) und war die folgenden sechs Jahre Assistent Bernhard von —> Guddens an der Psychiatrischen Universitätsklinik M ü n c h e n . Er habilitierte sich 1877 mit einer hirnanatomischen Arbeit, übernahm 1879 die Leitung der Psychiatrischen Klinik „Burghölzli" und erhielt gleichzeitig eine Professur f ü r Psychiatrie an der Univ. Zürich. F. beschäftigte sich mit dem Alkoholismusproblem (u. a. Die Errichtung von Trinkerasylen, 1892), wurde später einer der bedeutendsten Vertreter der internationalen Abstinenzbewegung, hielt erstmals Vorlesungen über den therapeutischen Einsatz der Hypnose {Der Hypnotismus, 1889, 12 1923), vertrat eine monistische Weltanschauung, setzte sich f ü r Sexualreformen und die Gleichstellung der Frau ein und machte sich um die gerichtliche Psychiatrie verdient. Er veröffentlichte u. a. Die Trinksitten, ihre hygienische und soziale Bedeutung ( 1 8 9 2 , 2 1 9 0 9 ) , Gehirn und Seele (1894, 13 1922), Die sexuelle Frage (1905, l 7 1942), Sexuelle Ehtik (1906), Gesammelte hirnanatomische Abhandlungen (1907) und Das Sinnesleben der Insekten (1910). 1919 gab er mit Andreas —>Latzko und anderen die Schrift Der einzige Weg zum Rechtsfrieden heraus. F. war auch als Insektenforscher bekannt; sein entomologisches Hauptwerk ist Die soziale Welt der Ameisen (5 Bde., 1923). 1935 erschien seine Autobiographie Rückblick auf mein Leben. CD Killy

Forer,

Lorenz, Pseud. T h o m a s Vitus, Jesuit, Theologe, * 2 0 . 8 . 1580 Luzern, t 7. 1.1659 Regensburg. Der Sohn eines Apothekers trat zwanzigjährig in die Gesellschaft Jesu ein und war Schüler Jakob —» Gretsers, Paul —»Laymanns sowie A d a m —» Tanners. 1615-19 lehrte er Philosophie in Ingolstadt, danach Moraltheologie und Kontroverstheologie in Dillingen. Er war zeitweise Kanzler der Univ. Dillingen, Rektor in Luzern sowie mehrere Jahre Beichtvater und Berater des Augsburger Fürstbischofs Heinrich von —»Knöringen, d e m er 1632-34 auf der Flucht vor den Schweden nach Tirol folgte. F. verfaßte zahlreiche wortgewaltige polemische Schriften. CD L M U F o r e s t , Jean Kurt, eigentl. Kurt Jean Forst, Komponist, * 2 . 4 . 1909 Darmstadt, t 3 . 3 . 1975 Berlin. F., Sohn eines Tapezierers, besuchte 1916-25 das Spangenburgsche Konservatorium in Wiesbaden, war 1925 Kapellmeister in Wiesbaden und arbeitete die folgenden vier Jahre als Konzert- und Filmkapellmeister in Berlin. 1930-33 war er Erster Solobratscher des Frankfurter R u n d f u n k s i n fonieorchesters, 1934-36 im Philharmonischen Staatsorchester Hamburg. 1932 trat F. der K P D bei. 1937 nach Paris emigriert, wurde er 1938 nach Deutschland ausgewiesen. Er war Kapellmeister am Stadttheater Neisse, 1939 am Stadttheater Braunschweig und nahm 1940-42 kleinere Engagements wahr. 1942-45 gehörte F. einer Arbeitskompanie der Wehrmacht an, lief 1945 zur Roten A r m e e über und befand sich 1945-48 in sowjetischer Kriegsgefangenschaft. Nach der R ü c k k e h r nach Deutschland arbeitete er 1948-51 als Referent f ü r aktuelle Chormusik beim Berliner R u n d f u n k , wurde 1952 Chefkapellmeister beim Fernsehzentrum und war seit 1954 freischaffend tätig. 1951 wurde F. Gründungsmitglied des Verbandes Deutscher Komponisten und Musikwissenschaftler und hatte 1967-71 dort den Vorsitz des Bezirksverbandes Berlin inne. 1969-71 war er Leiter des Kammerensembles „Musica Nova". F. komponierte

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Forest Vokalmusik (250 Lieder), Orchesterwerke, Film- und Fernsehmusik, Ballette und Opern, darunter Die Odyssee der Kiu (1969). F. wurde 1970 in die Deutsche Akademie der Künste aufgenommen. CD N G r o v e D

Forest, Karl

Obertimpfler, Karl

Forkardt,

(Hermann) Paul (Max), Industrieller, * 1 7 . 3 . 1 8 8 6 Eisenach, t 2 8 . 8 . 1 9 3 5 Karlsbad. F., dessen Vater Fabrikdirektor im D e m m e r w e r k in Eisenach war, durchlief eine Schlosserlehre, besuchte die Höhere Maschinenbauschule Dortmund, arbeitete zunächst in Schwermaschinenbauunternehmen und war während des Ersten Weltkriegs verantwortlicher Leiter einer Munitionswerkstatt. 1919 wurde er Technischer Direktor zweier Werkzeugmaschinenfabriken und 1921 Teilhabereines Vertriebsunternehmens für in- und ausländische Maschinen. F. beschäftigte sich insbesondere mit dem Spannen der Werkstücke in genügend anliegende Futter („Kettenkeilkonstruktion"). Er gründete 1923 die Paul Forkardt A G in Düsseldorf und leistete in seiner Firma Entwicklungsarbeit auf dem Gebiet der kraftbetätigten Spannung. Er war im Verein Deutscher Ingenieure tätig. CD N D B

Forke,

(Ernst Conrad) Alfred, Sinologe, * 12. 1. 1867 Schöningen bei Braunschweig, t 9 . 7 . 1944 Hamburg. Der Sohn eines Kaufmanns und Mühlenbesitzers studierte Rechtswissenschaft an den Universitäten Genf und Berlin, wurde 1890 in Rostock zum Dr. jur. promoviert und ging im selben Jahr nach d e m Studium der chinesischen Sprache als Dolmetscher im Gesandtschafts- und Konsulatsdienst nach China. 1903 folgte er einem Ruf als Prof. der Sinologie an das Berliner Institut für Orientalische Sprachen, war 1910-14 Berater der chinesischen Gesandtschaft, 1914-18 Prof. an der University of California in Berkeley und hatte 1923-35 als Nachfolger Otto —» Frankes den Hamburger Lehrstuhl für Sprache und Kultur Chinas inne. F. beschäftigte sich vor allem mit der chinesischen Philosophie, übersetzte Lyrik, Dramatik sowie philosophische Werke aus d e m Chinesischen und veröffentlichte u. a. Die Gedankenwelt des chinesischen Kulturkreises (1927) und Geschichte der chinesischen Philosophie (3 Bde., 1927-38). CD N D B F o r k e l , Johann Nikolaus, Musikwissenschaftler, * 2 2 . 2 . 1 7 4 9 Meeder bei Coburg, t 2 0 . 3 . 1 8 1 8 Göttingen. Der Sohn eines Schuhmachers erhielt ersten Musikunterricht bei dem Kantor von Meeder; 1766 wurde er Schüler des Lüneburger Johanneums sowie Chorknabe und im folgenden Jahr in Schwerin Präfekt am Domchor. Mit Unterstützung des Herzogs —> Friedrich Franz I. studierte F. seit 1769 Jura an der Univ. Göttingen, übernahm 1770 die Stelle des Universitätsorganisten und hielt 1772 erstmals privat eine Vorlesung über Melodie- und Harmonielehre. Er war rund zehn Jahre als Student immatrikulkiert, verdiente seinen Lebensunterhalt durch Privatstunden und hatte 1779-1815 das A m t des Universitäts-Musikdirektors inne. F., der als Begründer der modernen Musikwissenschaft gilt, verfaßte u . a . e int Allgemeine Geschichte der Musik (2 Bde., 1788-1801, unvollendet) sowie die erste musikwissenschaftliche Bibliographie (Allgemeine Litteratur der Musik [...], 1792). Durch seine Biographie über Johann Sebastian —>Bach ( 1 8 0 2 , 2 1 8 5 5 ) erreichte er dessen Wiederentdeckung im 19. Jahrhunderts. OO M G G

Formeiiis,

Wilhelm(us), auch Formel, Guilelmus, Komponist, Musiker, * u m 1541, t 4. 1. 1582 W i e n ( ? ) . F. ist seit 1554 als Organist in der Hofkapelle des späteren Kaisers —» Maximilian II. nachgewiesen, dessen Tochter A n n a er im Orgelspiel unterrichtete. F. blieb auch unter —» Rudolf II. im A m t . Von F.s Werk als Komponist sind mehrere Motetten überliefert, die sich durch homorhythmische Deklamation auszeichnen. CD M G G

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F o r m e s , Karl Johann, Sänger, * 7. 8 . 1 8 1 5 M ü l h e i m (seit 1914 zu Köln), t 1 5 . 1 2 . 1 8 8 9 San Francisco. F., Sohn eines Küsters und Organisten an einer Kölner Kirche und Bruder von Theodor —»F., debütierte nach seiner Ausbildung durch Ferdinand —> Gumbert 1842 als Sarastro in Köln. Er hatte Engagements in M a n n h e i m und an der Wiener Oper (1845-48), mußte jedoch wegen der Teilnahme an der Revolution aus Österreich fliehen. 1 8 4 8 / 4 9 gastierte er in Amsterdam, 1851 und 1854 in London, 1852 in Spanien und Italien, 1853-61 in verschiedenen deutschen Städten, 1864-66 und 1870-73 in den U S A . F. wurde von Komponisten wie Friedrich von - » Flotow und Otto —> Nicolai anerkannt. Seit 1878 unterrichtete er als Gesanglehrer in San Francisco. F. verfaßte Aus meinem Kunst- und Bühnenleben (1888). CD Kutsch F o r m e s , Theodor, Sänger, * 2 4 . 6 . 1 8 2 6 M ü l h e i m / R u h r , t 15.10. 1874 Endenich (heute zu Bonn). Der Bruder von Karl Johann —>F. wurde in Budapest bei Louis Alexander Balthasar —> Schindelmeißer und in Wien bei Hipfl und Giovanni Basadonna ausgebildet, debütierte 1846 in Budapest, war 1 8 4 6 / 4 7 am Stadttheater O l m ü t z und sang 1 8 4 7 / 4 8 an der Wiener Hofoper. Nach Engagements in Mannheim (1848-50), an der Berliner Hofoper (1851-64) und in Nürnberg (1865) unternahm er 1866 eine Amerikareise und trat 1 8 6 7 / 6 8 in Wien auf. Es folgten die Stationen Kassel ( 1 8 6 8 / 6 9 ) und Elberfeld ( 1 8 6 9 / 7 0 ) , bevor F.' Geisteskrankheit 1872 auf der Bühne der Berliner Hofoper (seit 1870) offen zutage trat und er in eine psychiatrische Anstalt gebracht wurde. CD Kutsch F o r m e y , Johann Heinrich Samuel, reformierter Theologe, Philosoph, Schriftsteller, * 3 1 . 5 . 1 7 1 1 Berlin, t 8 . 3 . 1 7 9 7 Berlin. Nach theologischen und philosophischen Studien wurde F., der aus einer hugenottischen Familie in Berlin stammte, reformierter Prediger in Brandenburg, wechselte 1737 als Lehrer an das Französische G y m n a s i u m in Berlin und wurde 1739 Philosophielehrer. Bei der Reorganisation der Berliner A k a d e m i e als Historiograph herangezogen, wurde er dort 1748 Sekretär, übernahm 1778 noch das Sekretariatsamt bei der Prinzessin Henriette Marie und war seit 1788 Direktor der Philosophischen Klasse der Akademie. Er hatte den Titel eines preuß. Geheimen Rats. F. war ein A n h ä n g e r der Philosophie von —» Leibniz und —» Wolff, neigte sich aber auch zum englischen Empirismus. Er repräsentierte die eklektische Richtung der Berliner Akademie. F. veröffentlichte u. a. La belle Wolfienne (6 Bde., 1741-53), Choix des mémoires et abrégé de l'histoire de l'Académie de Berlin (4 Bde., 1761), Anti-Emile (1763, dt. 1763) und Emile chrétien (4 Bde., 1764). CD A D B F o r m e y , Johann Ludwig, Mediziner, * 7 . 2 . 1766 Berlin, t 2 3 . 6 . 1 8 2 3 Berlin. F., Sohn von Johann Heinrich Samuel —»F., Schloß das Medizinstudium an den Universitäten Halle und Göttingen 1788 mit der Promotion (Circa systematis absorbentis pathologiam) ab und vervollkommnete seine Kenntnisse in Straßburg, Paris und Wien. 1794 nahm er als Feldarzt am Feldzug nach Polen teil. 1796 wurde F. Leibarzt des preuß. Königs —»Friedrich Wilhelm II., 1798 Prof. am Collegium Medico-Chirurgicum in Berlin, 1809 Prof. an der neugegründeten Medizinisch-Chirurgischen Akademie. Seit 1817 war er Vortragender Rat in der Medizinal-Abteilung des Innenministeriums. F., der unter ständigen Magenschmerzen zu leiden („scripsi in doloribus") und selbst die Sektion seines Körpers nach dem Tod angeordnet hatte („Ich bedaure nur, daß ich nicht selbst dabei seyn kann"), veröffentlichte u. a. Versuch einer medicinischen Topographie von Berlin (1796), Über den gegenwärtigen Zustand der Medi-

Forsmann ein in Hinsicht auf die Bildung künftiger Ärzte (1809), Über den Kröpf ( 1820) und Versuch einer Würdigung des Pulses (1823). CD A D B

Formica,

Matthäus, österr. Drucker, * 2 1 . 9 . 1 5 9 1 , t November 1639. Die von seiner Mutter 1615 geerbte Druckerei in der Wiener Rosenburche verlegte F. 1624 an den Kölner Hof. Seit 1621 gab er die wöchentlich erscheinende „Ordinari-Zeitung" heraus, 1622 kamen ebenfalls im Wochenrhythmus die „Ordentlichen Postzeitungen" hinzu. Aus F.s Betrieb sind insgesamt 99 Drucke bekannt. Seine Witwe führte den Betrieb mit ihrem zweiten Ehemann Stanislaus Matthäus Cosmerovius weiter.

Formstecher,

Salomon, jüdischer Theologe, Philosoph, * 2 6 . ( 2 7 . 7 ) 7 . 1 8 0 8 O f f e n b a c h / M a i n , t 2 4 . 4 . 1 8 8 9 Offenbach/Main. F. studierte seit 1828 Philosophie, evang. Theologie und Philologie in Gießen, hörte auch naturwissenschaftliche Vorlesungen und wurde 1831 zum Dr. phil. promoviert. Seit 1832 war er Prediger und Religionslehrer, seit 1842 großherzoglicher Rabbiner in Offenbach. F. beteiligte sich führend an der jüdischen R e f o r m b e w e g u n g , trat u . a . für eine radikale R e f o r m des jüdischen Religionsgesetzes ein und nahm an den Rabbinerversammlungen in Braunschweig, F r a n k f u r t / M a i n und Breslau (1844-46) teil. Er war Mitherausgeber der Familienzeitschrift „Freitagabend" und der „Israelitischen Wochenschrift". Sein religionsphilosophisches Hauptwerk Religion des Geistes. Eine wissenschaftliche Darstellung des Judenthums nach seinem Charakter, Entwicklungsgange und Berufe in der Menschheit, das in selbständiger Auseinandersetzung mit d e m Frühwerk —>Schellings entstand, erschien 1841. • P Lex dt-jüd Autoren F o r r e r , Emil Orgetorix, Altorientalist, * 19.2. 1894 Straßburg, t 1 0 . 1 . 1 9 8 6 San Salvador. F. wurde 1917 in Berlin mit einer Arbeit über die Provinzeinteilung des assyrischen Reiches promoviert und war seit 1925 Privatdozent in Berlin. 1929-32 wirkte er als Associated Prof. in Chicago. Neben Studien zum HieroglyphenLuwischen legte er richtungweisende Arbeiten zu den in den Keilschrifttexten von Hattusa belegten kleinasiatischen Sprachen vor. Im M u s e u m von Heraklion beschäftigte er sich mit den Kretischen Tafeln. Nach einer Gastprofessur 1 9 3 3 / 3 4 an der Johns Hopkins University (Baltimore) hielt sich F. bis 1945 wahrscheinlich in Berlin auf, ehe er 1945 einen Lehrauftrag an der Univ. Zürich übernahm. Seit 1947 lebte er in Mittelamerika, wurde Prof. der alten Geschichte an der Univ. San Salvador und leitete Ausgrabungen im honduranischen Comayagua. F o r r e r , Joachim, schweizer. Militär, * 2 2 . 9 . 1 7 8 2 Neu St. Johann, t 11.9. 1833 St. Gallen. F. stand seit 1808 in napoleonischen Diensten, befand sich bis 1811 in Spanien und nahm 1812 am Rußlandfeldzug teil. 1819 wurde er Militärinspekteur im Kanton St. Gallen, leitete im folgenden Jahr das Übungslager von Boudry und führte 1831 Bundestruppen aus den Kantonen Bern, Freiburg und Waadt zur Niederschlagung des Republikaneraufstandes Alphonse Bourquins im Kanton Neuenburg. F o r r e r , Ludwig, eigentl. Furrer, schweizer. Politiker, * 9 . 2 . 1 8 4 5 Islikon (Kt. Thurgau), t 2 8 . 9 . 1921 Bern. Der Sohn eines Mechanikers studierte an der Univ. Zürich Rechtswissenschaft, war 1870-73 Staatsanwalt des Kantons Zürich und leitete 1873-1900 ein Anwaltsbüro in Winterthur. Als Mitglied der Demokratischen Partei (seit 1867) wurde er 1868 1. Sekretär des Verfassungsrats und war 1870-1900 Mitglied des Kantonsrats (viermal Präsident), 1875-1900

Mitglied des Nationalrats (1893 Präsident), wo er mit Ausn a h m e der Jahre 1878-81 den Wahlkreis Winterthur vertrat. 1902 wurde er in den Bundesrat gewählt, stand mehreren Departements vor und war 1906 sowie 1912 Bundespräsident. Od HLS F o r r e r , Ludwig, schweizer. Bibliothekar, Orientalist, * 1 5 . 1 2 . 1 8 9 7 Winterthur, f 2 2 . 1 . 1 9 9 5 Winterthur. F. nahm 1916 an der Univ. Zürich das Studium der Geschichte und der orientalischen Sprachen auf, wurde 1923 promoviert (Die Osmanische Chronik des Rüstern Pascha) und trat als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter in die Zentralbibliothek Zürich ein. Er war Verwalter der Handschriften und übernahm 1936 zusätzlich die Aufgaben eines Vorstehers des Benutzungsdienstes. 1949 wurde er als Nachfolger Felix Heinrich —> Burckhardts zum Direktor gewählt. F. habilitierte sich 1932 an der Univ. Zürich (Sudarabien nach alHamdanis Beschreibung der arabischen Halbinsel), wurde 1944 Titularprofessor und lehrte Sprachen und Geschichte des islamischen Orients. 1954 legte er den Forschungsbericht Der Vordere Orient in islamischer Zeit vor; unter seinen schweizergeschichtlichen Publikationen ist die Edition der Waldmannschen Spruchbriefe (1927) zu nennen.

Forsbeck,

Leo, Industrieller, * 2 5 . 9 . 1 8 7 6 Rendsburg, t n. e. Nach aktivem Militärdienst 1896-1908 absolvierte F. eine kaufmännisch-technische Ausbildung, arbeitete ein Jahr lang als kaufmännischer Beamter und trat 1910 der Motorluftschiff-Studiengesellschaft bei. Er war selbständiger Luftschiff-Führer, seit 1912 Geschäftsführer der EssenGelsenkirchener Flugplatz-Gesellschaft und erlernte die Führung von Zeppelin-Luftschiffen. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg wurde F. Prokurist der Vereinigten Flanschenfabriken und Stanzwerke, 1922 der A . G . H u g o Stinnes f ü r Seeschiffahrt und Überseehandel, 1924 Geschäftsführer der Öl- und Betriebsstoff-Tankstellengesellschaft. Nach der Auflösung des Stinnes-Konzerns wechselte er zum Rundf u n k und wurde Direktor des Westdeutschen R u n d f u n k s .

Forschbach,

E d m u n d , Beamter, * 1 1 . 1 2 . 1 9 0 3 Dortmund, t 2 3 . 3 . 1 9 8 8 Köln. F. studierte 1923-27 Jura an den Universitäten Freiburg/ Breisgau, Berlin und Münster, war führend in der völkischen Hochschulbewegung tätig und ließ sich 1932 als Rechtsanwalt in Dortmund nieder. Er war Mitglied der DeutschNationalen Volkspartei und gehörte 1933 d e m Preußischen Landtag an. Als Verbandsführer des „Cartellverbandes der katholischen deutschen Studentenverbindungen" bemühte er sich nach der Machtergreifung der N S D A P vergeblich um dessen Selbständigkeit. F. war 1 9 3 3 / 3 4 Mitglied des Reichstags, führte nach vorübergehendem Auslandsaufenthalt 1935 seine Kanzlei fort und war während des Zweiten Weltkriegs als Richter in Breslau tätig. 1946 trat er in die Kölner Stadtverwaltung ein, wechselte 1951 in das Bundesministerium des Inneren, wurde 1954 stellvertretender Bundespressesprecher und 1955 Bundespressechef. Nach politischen Auseinandersetzungen kehrte F. 1956 in das Innenministerium zurück und leitete seit 1961 als Ministerialdirektor die Abteilung Lebensmittelwesen und Veterinärmedizin im Bundesgesundheitsministerium. DD Lilla, Statisten

Forsmann,

Abel Margaretha Sophia, geb. Meyer, Elfenbeinschnitzerin, * 1753 Rendsburg, t 2 8 . 2 . 1 8 3 6 Hamburg. Die Ehefrau des Kupferstechers Gustav F. (seit 1793) war zusammen mit ihrem Onkel, d e m Medailleur Simon Peter Meyer, tätig und schuf nach dessen Tod noch einmal das Planetarium, an welchem sie zuvor mitgearbeitet hatte. Sie fertigte Elfenbeinschnitzereien an, u . a . Mikroskope, Elektrisiermaschinen, Becher, naturalistische Blumensträuße und Reliefbildnisse. CD Schmidt-Liebich

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Forßmann Forßmann,

Werner (Theodor Otto), Chirurg, Urologe, * 2 9 . 8 . 1 9 0 4 Berlin, t 1 . 6 . 1 9 7 9 S c h o p f h e i m / S c h w a r z wald. F. Schloß 1928 das Medizinstudium in Berlin mit d e m Staatsexamen ab (Promotion 1929, lieber die Wirkung der Leberfütterung auf das rote Blutbild und den Cholesterinspiegel im Serum des gesunden Menschen), wurde Assistenzarzt am Auguste-Viktoria-Krankenhaus Eberswalde und führte 1929 im Selbstversuch erstmals die Herzkatheterisierung zur Diagnostik von Herzerkrankungen durch. F. wechselte 1929 an die Berliner Charité und war dort unter Ferdinand —> Sauerbruch tätig, der ihm die Habilitation verweigerte. Er kehrte an die Klinik Eberswalde zurück und erarbeitete die Grundlagen der modernen Gefäßdarstellung. Erst 1939 wurden seine Untersuchungsmethoden von zwei amerikanischen Wissenschaftlern aufgegriffen und zu einem wichtigen diagnostischen Verfahren der klinischen Praxis weiterentwickelt. F. war seit 1931 u . a . an der Berliner Charité, am Städtischen Krankenhaus Mainz, an der Chirurgischen Klinik Dresden (1935-38) und an der 3. Chirurgischen Universitätsklinik des Berliner Robert-Koch-Krankenhauses tätig. Als Sanitätsoffizier nahm er am Zweiten Weltkrieg teil, arbeitete dann in der Urologischen Praxis seiner Frau und war 1958-70 Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Evangelischen Krankenhauses in Düsseldorf. F. erhielt 1956 zusammen mit André Frédéric Cournand und Dickinson Woodruff Richards den Nobelpreis für Medizin. Er war Honorarprofessor an der Univ. Mainz (1956) und der Medizinischen A k a d e m i e Düsseldorf (1964). F. veröffentlichte u . a . Vorstoß ins Herz (1972). m Munzinger

—> Reinhardt am Deutschen Theater Berlin. Seit 1933 war er auch als Regisseur und Produzent, insbesondere von Musikund Operettenfilmen, tätig. Sein persönlichster Film war Bei Ami (1939). F.s N a m e ist untrennbar mit dem Erfolg des Wiener Films in der Zeit zwischen den Weltkriegen verbunden. 1950 führte er Regie bei d e m Film Die Sünderin. t u Czeike

Forst,

Forstenhausen,

Grete, österr. Sängerin, * 16.8. 1878 Wien, t 1942 (?) Minsk. In Wien von Hermine Granichstätten unterrichtet, trat F. 1898 erstmals bei einem Schülerkonzert öffentlich auf. 1900 gab sie am Opernhaus in Köln ihr Bühnendebüt als Lucia di L a m m e r m o o r . 1902 wurde sie an die Wiener Hofoper berufen, wo sie ihre größten Erfolge feierte, so 1907 in der Titelpartie der Puccini-Erstaufführung Madame Butterfly. Daneben wirkte die Sopranistin als Konzertsängerin und trat auf Tourneen und den Niederrheinischen Musikfesten in Erscheinung. Später war sie in Wien als Gesanglehrerin tätig. F. wurde 1942 mit einem Transport jüdischer Einwohner von Wien nach Minsk deportiert und ist dort u m g e k o m m e n . • • Kutsch F o r s t , Johann, Mechaniker, Fabrikant, * 1 9 . 3 . 1 8 1 4 Kölbingen (Westerwald), t 14.2. 1879 Johannisberg (Rheingau). Nach einer Schlosserlehre in Westerburg/Westerwald und Wanderjahren war F. in einer Wiener Maschinenfabrik tätig. Z u s a m m e n mit Johann —» Klein, d e m er in Wien begegnet war, gründete er 1846 in Johannisberg, dem Geburtsort Kleins, einen Fabrikationsbetrieb zur Herstellung von Buchdruckschnellpressen. Bis 1871 im Besitz von F. und Klein, wurde er durch F.s Schwiegersohn Joseph Krayer zur Maschinenfabrik Johannisberg in Geisenheim ausgebaut. F o r s t , Willi, eigentl. Wilhelm Froß, österr. Regisseur, Schauspieler, * 7 . 4 . 1903 Wien, t 1 1 . 8 . 1 9 8 0 Wien. Der Sohn eines Porzellanmalers debütierte sechzehnjährig o h n e j e d e Theaterausbildung an einer B ü h n e in Teschen, hatte mehrere Engagements in der Provinz und ging 1925 an das Berliner Metropol-Theater, im folgenden Jahr an das Wiener Carl-Theater. Er reüssierte als Revue-Star in Berlin und war seit 1922 auch in zahlreichen Stummfilmrollen, u . a . als jugendlicher Bonvivant, zu sehen. F. hatte 1927 Erfolg mit dem Film Die drei Niemandskinder, feierte seinen eigentlichen Durchbruch mit d e m Tonfilm (u.a. Zwei Herzen im Dreivierteltakt, 1930) und spielte 1928-31 unter M a x

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F o r s t d e B a t t a g l i a , Otto, Pseud. Jean Lamy, Cyril Mer, Roger de Craon-Paussy, Thadeusz Poray-Kobielsku, Cyril Bolbirev, österr. Schriftsteller, Historiker, Genealoge, * 2 1 . 9 . 1889 Wien, t 3 . 5 . 1965 Wien. F. de B. stammte aus einer ehemals begüterten polnischen Familie, studierte in Wien und Bonn die Rechte (Dr. jur.), anschließend Geschichte (Dr. phil. 1915) und arbeitete, nach der Habilitation an der Univ. Wien (1917), vorwiegend als freier Schriftsteller und Publizist. Bei Aufenthalten in der Schweiz, in Frankreich und Belgien lernte er führende europäische Politiker kennen, 1937-45 stand er zeitweilig im diplomatischen Dienst der polnischen Regierung bzw. Exilregierung, 1940-49 als Kulturattache bei der polnischen Gesandtschaft in Bern. 1948 übernahm er eine Professur in Wien, seit 1950 lehrte er am Europa-Kolleg in Brüssel. F. de B.s wissenschaftliche Veröffentlichungen befassen sich mit der polnischen Geschichte und der deutschen Literaturgeschichte (Deutsche Prosa seit dem Weltkriege, 1933). Mit den Überblickswerken Genealogie (1913) und Wissenschaftliche Genealogie (1948) wurde er zum Mitbegründer der modernen wissenschaftlichen Genealogie. CD Lex dt-jüd Autoren Otto von, auch Fürstenhäuser, Forstenheuser, Staatsmann, f 1632. Der Sohn des fürstbischöflichen augsburgischen Rats und Kanzlers Christoph F. wird erstmals als bayerischer Delegierter 1582 erwähnt. Seit 1593 Hofrat, trat er wiederholt auf Reichs- und Kreistagen auf und vertrat Bayern sowie die kath. Kirche in diplomatischen Angelegenheiten. Im Auftrag Herzog —»Maximilians nahm er an den Donauwörther Religionsverhandlungen (1607) teil und führte am kaiserlichen Hof in Prag die Gespräche, die die U m w a n d l u n g der geächteten Reichsstadt zur bayerischen Landstadt zum Ziel hatten. F. war Pfleger von Waldegg und wurde von Kaiser —> Matthias zum kaiserlichen Pfalzgrafen ernannt.

Forster,

Albert, Politiker, * 2 6 . 7 . 1 9 0 2 Fürth (Bayern), t 2 8 . 2 . 1 9 5 4 Warschau. Nach einer kaufmännischen Ausbildung als Bankbeamter in Fürth tätig, trat F., Sohn eines Gefängnisoberverwalters, 1923 in die N S D A P ein, wurde 1924 wegen seiner politischen Betätigung entlassen und war danach Zeitschriftenwerber für Julius —> Streichers Wochenblatt „Der Stürmer". 1926 trat er der SS bei und war seit 1928 bei der Zahlstelle des Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verbandes (DHV) in Nürnberg tätig. 1930-45 gehörte F. d e m Reichstag an. 1930 wurde er Gauleiter von Danzig und 1933 preuß. Staatsrat. F. war Gründer und Herausgeber des „Danziger Beobachters" (später „Der Vorposten", seit 1933 „Der Danziger Vorposten"); 1932 wurde er aufgrund eines Artikels im „Vorposten" vom D H V entlassen. F. übernahm die Verwaltung des Freistaats Danzig, von dessen Senat er 1939 zum Staatsoberhaupt ernannt wurde; am 1 . 9 . 1 9 3 9 erließ er ein Gesetz über die Wiedereingliederung Danzigs in das Deutsche Reich. Seit 1939 war er Reichsstatthalter von DanzigWestpreußen. 1 9 4 4 / 4 5 Führer des Deutschen Volkssturms in Danzig-Westpreußen, flüchtete er 1945 nach Grömitz (Lübecker Bucht). In Hamburg 1945 verhaftet, wurde er 1946 an Polen ausgeliefert und 1948 von einem Danziger Gericht wegen an der polnischen Zivilbevölkerung begangenen Verbrechen zum Tod verurteilt, CD Lilla, Statisten

Forster Forster,

Balduin, Rechtsmediziner, * 2 0 . 2 . 1920 Berlin, t 28. 12. 1999 Bad Krozingen. F., Sohn von E d m u n d —»F., studierte in Graz und Göttingen Medizin, wurde 1952 promoviert (Die Beeinflussung des Blutalkoholabbaues durch Fructose [Leavoral] im Experiment und deren praktisch-forensische Bedeutung), war 1952-62 als Assistent am Institut für gerichtliche Medizin in Göttingen tätig, habilitierte sich 1962 mit einer Arbeit Uber totenstarre Skelett- und Herzmuskel (The contractile deformation of skeltal muscle in rigor mortis) und folgte 1970 einem Ruf als Prof. f ü r Rechtsmedizin an die Univ. Freiburg/Breisgau. F. arbeitete vor allem über Blutalkohol und Schuldfähigkeit sowie Todeszeitbestimmung. Er veröffentlichte u. a. Blutalkohol und Straftat (mit Hans Joachim, 1975), Rechtsmedizin (mit Dirk Ropohl, 1979, 5 1989), Medizinische Kriminalistik am Tatort (1983), Praxis der Rechtsmedizin für Mediziner und Juristen (1986) und Alkohol und Schuldfähigkeit (mit Hans Joachim, 1997).

Forster,

Cornelia, schweizer. Malerin, Bildhauerin, * 5 . 1 . 1906 Zollikon, t 10. 10. 1990 Sala Capriasca (Kt. Tessin). F., Tochter eines Maschinen- und Dynamithändlers, erhielt ihre Ausbildung 1923-26 an der Kunstgewerbeschule Zürich, an der Schule A n d r é Lhote und an der Académie de la Grande Chaumière in Paris. In Neapel und Paris vervollk o m m n e t e sie ihre Kenntnisse der klassischen Antike, der ägyptischen und prähistorischen Kunst. Seit 1931 hielt sie sich im Tessin auf; 1 9 3 5 / 3 6 besuchte sie die Deutsche A k a d e m i e in R o m . F. beschäftigte sich zunächst mit Malerei und Zeichnung, später mit Skulptur (Forelbrunnen in Zürich) und Keramik, ehe sie sich auf textile Arbeiten wie Gobelins, Bildteppiche (Cor mundi, Segelschiff) und Stoffdruck verlegte. Daneben illustrierte sie Bücher und entwarf Bühnenbilder und Kostüme für Zürcher Theater. Schon in den dreißiger Jahren spiegelte sich in ihrem Werk die Entwicklung vom Surrealismus zur Abstraktion wider. ixi A K L

Forster,

E d m u n d , Neurologe, Psychiater, * 3 . 9 . 1 8 7 8 München, t 11.9. 1933 Greifswald. F. studierte in München und Straßburg Medizin und wurde 1901 mit der Dissertation Versuche über das Verhalten des Muskels, wenn Muskel und Nerv zugleich elektrisch durchströmt werden promoviert. Zunächst arbeitete er als Assistent am Pathologisch-Anatomischen Institut in Genf, seit 1904 an der Psychiatrischen und Nervenklinik in Halle und seit 1905 in der Nervenklinik der Charité in Berlin. 1909 habilitierte er sich mit der Arbeit Die klinische Stellung der Angstpsychose und wurde Oberarzt der Nervenklinik der Charité. 1910 folgte er einem Ruf an die Univ. Genf und wurde 1913 zum a. o . P r o f . in Berlin ernannt. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg kehrte er an die Nervenklinik der Berliner Charité zurück und wurde 1925 als o . P r o f . und Direktor der Nervenklinik an die Univ. Greifswald berufen. F. diagnostizierte 1918 bei Adolf —»Hitler, der mit einer Senfgasvergiftung der Augen in das Militärlazarett in Pasewalk eingeliefert worden war, eine Psychopathie mit hysterischen Symptomen, heilte ihn von der hysterischen Blindheit durch eine Hypnosetherapie und warnte vor ihm als nicht geeignet für leitende Positionen. Von der Gestapo unter Druck gesetzt, nahm sich F. das Leben. F. veröffentlichte viele Artikel in Zeitschriften. Er war der Vater von Balduin —»F.

Forster,

Ellen, österr. Sängerin, * 1 1 . 1 0 . 1 8 6 6 Wien, t 1 6 . 7 . 1 9 2 1 Baden (Niederösterreich). Die Sopranistin erhielt ihre Gesangsausbildung bei Marie Louise —> Dustmann-Meyer, debütierte in Danzig und wurde 1887 an die Wiener Hofoper verpflichtet, wo sie bis 1906 als —»Mozart- und —» Wagner-Interpretin gerühmt wurde, aber

auch im Konzertsaal besonders mit H u g o —»Wolf-Liedern große Erfolge feierte. 1897 erhielt sie den Titel Kammersängerin. CD Ö M L

Forster,

Ernst, schweizer. Chirurg, * 6 . 6 . 1887 Solothurn, t 1 3 . 1 0 . 1 9 5 9 Solothurn. F. studierte an den Universitäten Kiel und Zürich Medizin (Promotion 1916, Über den kriminellen Abort), wurde Assistenzarzt am Kantonsspital Aarau, arbeitete als niedergelassener Arzt in Oberentfelden und war dann bis 1922 chirurgischer Oberarzt am Kantonsspital Aarau. 1922-32 hatte er eine Privatpraxis in Solothurn, wurde Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Solothurner Bürgerspitals und übte diese Tätigkeit bis 1954 aus. Seit 1932 der „Verbindung Schweizer Ärzte" angehörend, wurde F. 1944 deren Schriftführer, 1947 Vizepräsident, 1950 Präsident. Seit 1950 war er auch Präsident des Schweizerischen Ärtzesyndikats. F. gehörte d e m Verwaltungsrat der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt an und war seit 1952 Mitglied der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften. Er veröffentlichte zahlreiche wissenschaftliche Abhandlungen. CD Biogr Verstorb Schweiz, Bd 5

Forster,

Fortunatus Joseph Michael Anton, Zoologe, * 2 1 . 1 . 1 7 7 6 Laaber bei Hemau, t 1 6 . 2 . 1 8 6 7 Regensburg. F. wurde nach dem Jurastudium Patrimonialrichter in Ett e n h a u s e n bei Regensburg, 1828 Mitglied und Bibliothekar der Botanischen Gesellschaft Regensburg sowie Konservator im Naturwissenschaftlichen Verein der Stadt. Sein wissenschaftliches Interesse galt besonders den Konchylien; seine Theorie über den Aufbau der Schalen wurde allgemein akzeptiert. In den „Nova Acta" der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina erschienen 1842 seine Ideen Uber die Gebilde der Clausilien.

Forster,

Friedrich, auch Forster-Burggraf, eigentl. Waldfried Burggraf, Schriftsteller, Regisseur, * 11.8. 1895 B r e m e n , t 1 . 3 . 1 9 5 8 Bremen. Der Sohn des evang. Theologen Julius —»Burggraf debütierte siebzehnjährig am Meininger Schauspielhaus und setzte nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg seine Schauspieltätigkeit am Würzburger Stadttheater fort. 1917 schrieb er sein erstes Antikriegsstück (Mammon). 1933-38 war er Direktor des Bayerischen Staatsschauspiels und Intendant der Bayerischen Landesbühne in München. Danach als freier Schriftsteller tätig, schrieb er Dramen, Lustspiele und Märchennachdichtungen nach berühmten Vorlagen (u. a. von Goldoni und Voltaire). Bis Kriegsende war er als Drehbuchautor bei den Filmgesellschaften Ufa, Terra und Bavaria (Hotel Sacher) tätig. Bekannt wurde F. durch die mit d e m Preis des Wiener Volkstheaters ausgezeichnete Schülertragödie Der Graue (1931) sowie durch das Drama Robinson soll nicht sterben (1932, als Erzählung 1954). CD Killy

Forster,

Frobenius, Taufname: Johann Michael, Benediktiner, Fürstabt von St. E m m e r a m , * 30. 8. 1709 K ö n i g s f e l d / Ilm, t 11. 10. 1791 Regensburg. Nach Studien in Ingolstadt und Freising trat F., Sohn eines Gast- und Landwirts, 1727 in das Benediktinerstift St. E m meram in Regensburg ein und wurde 1733 zum Priester geweiht. Er lehrte dort sowie an der Univ. Salzburg zwischen 1735 und 1750 Philosophie und wurde 1750 Prior und Bibliothekar (bis 1760). Seit 1762 war er Fürstabt von St. E m m e r a m , das unter seiner Führung neben Salzburg und St. Blasien zu einem der bedeutendsten benediktinischen Geisteszentren im deutschsprachigen R a u m des 18. Jh. wurde. F. gehörte 1752 zu den Begründern der „Societas Litteraria Germano-Benedictina" und wurde 1759 Mitglied der

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Forster Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften. Er veröffentlichte u. a. eine Meditatici phiiosophica de mundo mechanico et optimo secundum systema Leibnitio Wolfftanum (1747) und edierte die Werke - » A l k u i n s (4 Bde., 1777). m NDB

Forster,

Georg, auch Georgius Tinctoris, Komponist, Arzt, * 1514 A m b e r g (Oberpfalz), t 12. 11. 1568 Nürnberg. Der Sohn eines Schwarzfärbers kam mit elf Jahren als Sängerknabe an die Heidelberger Kantorei des Kurfürsten —»Ludwig V., hatte Unterricht in Komposition bei Lorenz —»Lemlin und wurde 1528, nachdem er bereits vor seiner Immatrikulation ( S o m m e r 1528) alte Sprachen studiert hatte, zum Baccalaureus artium promoviert. Zu seinen Kommilitonen und Freunden zählten Caspar —» Othmayr, Jobst vom - » B r a n d t sowie Stephan Zyrler. Seit 1531 studierte er in Ingolstadt Medizin, 1534 in Wittenberg (u.a. bei —»Melanchthon) und wurde in —»Luthers Tischgemeinschaft aufgen o m m e n , der ihn zur Vertonung von Bibelstellen anregte. F. war nach seiner Approbation als kurpfälzischer Hofleibarzt tätig, wurde 1544 zum Dr. med. promoviert und ließ sich nach zweijähriger Tätigkeit in Amberg 1547 als Leibarzt in Nürnberg nieder. Er gab die Liedersammlung Frische Ternsche Liedlein (5 Bde., 1539-65) heraus, die u . a . weltliche, vier- und f ü n f s t i m m i g e Liedsätze von ihm selbst und fast f ü n f z i g zeitgenössischen Komponisten enthält (Neuausg. hrsg. von M . Elisabeth Marriage, 1903; hrsg. von Kurt Gudewill, 5 Bde., 1942-97). DP M G G

Forster,

(Johann) Georg (Adam), Schriftsteller, Naturund Völkerkundler, * 2 7 . 1 1 . 1754 Nassenhuben bei Danzig, t 1 0 . 1 . 1 7 9 4 Paris. Seine umfassende realienkundliche und sprachliche Bildung verdankte F. ausschließlich seinem Vater Reinhold —»F. und den großen Forschungsexpeditionen, die er mit ihm unternahm. Bereits als Zehnjähriger bereiste er die Wolga-Kolonien ( 1 7 6 5 / 6 6 ) , ging in St. Petersburg kurzzeitig in die Schule und siedelte mit seinem Vater nach England über (1766-78). F. eignete sich als Ubersetzer, Biologe und Völkerkundler j e n e Kenntnisse an, die er brauchte, u m mit seinem Vater an der zweiten Weltreise James Cooks (1772-75) teilnehmen zu können. Wissenschaftliches Ergebnis dieser Reise ist die Erkenntnis, daß es keinen Südkontinent (terra australis) gibt. F. veröffentlichte unter Verwertung des wissenschaftlichen Tagebuchs seines Vaters das epochemachende Werk A voyage round the world (1778, dt. 1778-80). Als Anhänger B u f f o n s und Kritiker Rousseaus deutete F. die Erdoberfläche als Ort koexistierender Stufen der Menschheitsentwicklung. Er entwickelte die Methode der „teilnehmenden Beobachtung": Empfindungen und Erfahrungskorrekturen des Autors werden im Text protokolliert. Von 1779 bis 1784 war er Prof. der Naturkunde in Kassel, von 1784 bis 1787 in Wilna und seit 1788 Bibliothekar in Mainz. 1780 wurde F. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . 1787 zerschlug sich das Angebot der russischen Regierung, eine Weltreise zu leiten. 1790 reiste F. mit Alexander von —»Humboldt durch die Niederlande, England und Frankreich. In seinen Ansichten vom Niederrhein (3 Bde., 1791-94) kritisierte er mit der Beschreibung der westeuropäischen republikanischen Zivilisation den deutschen Feudalismus und Absolutismus. Die alternierende Kompositionsform der Ansichten revolutionierte die Gattung der Reisebeschreibung. Mit der Einnahme von Mainz durch französische Revolutionstruppen ( 2 1 . 1 0 . 1 7 9 2 )

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wurde F. zum aktiven Revolutionär, agitierte die Mainzer Handwerker und Bauern und wurde zum Deputierten des „Deutschen Nationalkonvents", in dessen Auftrag er nach Paris ging, um den Anschluß der linksrheinischen Gebiete an Frankreich zu erwirken. F. beschrieb in seinen Parisischen Umrissen die Revolution als eine gewaltsame, vom Volk ausgehende „Naturgeschichte". Das Werk F.s erschien „versteckt" in Übersetzungen, K o m mentierungen, Einleitungen, Rezensionen sowie in der von ihm bevorzugten F o r m des Essays (u.a. Ein Blick in das Ganze der Natur, Über Leckereyetv, Cook, der Entdecker, Die Kunst und das Zeitalter, Uber lokale und allgemeine Bildung; Uber die Beziehung der Staatskunst auf das Glück der Menschheit). Er wurde zum „gesellschaftlichen Schriftsteller" Deutschlands (Friedrich Schlegel). Die Verbindung von Natur- und Menschheitsgeschichte, die Analyse der bildenden Künste, die Diskussion ästhetischer Fragen sowie seine ethnologische Anthropologie- und Kulturkonzeption sind in Deutschland beispiellos. F. kombinierte eine hypothesengeleitete mit einer wahrnehmungsästhetischen Schreibart, er praktizierte einen konstruktiven Empirismus mit reflektierter Standortwahl, durch den er den „ D o g m a t i s m u s " und „Systemgeist" des älteren Rationalismus kritisierte. WEITERE WERKE: G.F.S Werke. Sämtliche Schriften, Tagebücher, Briefe. (= Akademie-Ausgabe). 18 Bde., Berlin 1958 ff. LITERATUR: G. F. in interdisziplinärer Perspektive. Hrsg. v. Claus-Volker Klenke. Berlin 1994. - Weltbürger - Europäer - Deutscher - Franke. G. F. zum 200. Todestag. Ausstellungskatalog. M a i n z 1994. - Klaus Harpprecht: G. F. oder die Liebe zur Welt. Reinbek 1995. - Ulrich Enzensberger: G. F. Ein Leben in Scherben. F r a n k f u r t / M a i n 1996. Astrid Schwarz: G. F. (1754-1794). Zur Dialektik von Naturwissenschaft, Anthropologie, Philosophie und Politik in der deutschen Spätaufklärung. Kontinuität und Radikalisierung seiner Weltanschauung vor dem Hintergrund einer ganzheitlichen Werkinterpretation. Aachen / M a i n z 1998. Wahrnehmung, Konstruktion, Text. Bilder des Wirklichen im Werk G. F.s. Hrsg. v. Jörn Garber. Tübingen 2000. Ulrich Kronauer: Gegenwelten der Aufklärung. Heidelberg 2003. - Ludwig Uhlig: G. F. Lebensabenteuer eines gelehrten Weltbürgers. Göttingen 2004. Jörn Garber

Forster,

Helene von, geb. Schmidmer, Philanthropin, Politikerin, * 27. 8 . 1 8 5 9 Nürnberg, t 1 6 . 1 1 . 1 9 2 3 Nürnberg. In einem Mädchenpensionat in Lausanne erzogen, heiratete F. den Augenarzt Sigmund von —»F. 1893 war sie Mitinitiatorin der ersten Nürnberger Frauentagung sowie Mitbegründerin und Erste Vorsitzende des Vereins „Frauenwohl", der Frauen in Abendkursen eine gründliche Ausbildung in Hauswirtschaft sowie Englisch- und Französischunterricht vermittelte. 1894 wurde F. Vorstandsmitglied des „Bundes deutscher Frauenvereine", später Zweite Vorsitzende sowohl des „Allgemeinen Deutschen Frauenvereins" als auch des „Bundes Deutscher Frauenvereine". Während des Ersten Weltkriegs leitete sie das Vereinslazarett des Roten Kreuzes und rief 1916 die Frauenbildungsinstitution „Schulen des Vereins Frauen wohl" ins Leben. 1918 trat F. für die Einführung des Frauenstimmrechts ein, 1919 wurde sie Stadträtin der Demokratischen Partei in Nürnberg. Sie verfaßte u . a . Die Frau, die Gehilfin des Mannes (1893). CP Leb Franken, Bd 3

Forster,

Johann, auch Förster, Forsthemius, Vorster, Vorstehmius, luth. Theologe, * 1 0 . 7 . 1 4 9 6 Augsburg, t 9 . 1 2 . 1556 Wittenberg. F. studierte seit 1515 an der Univ. Ingolstadt, erwarb 1520 den Magistergrad und lernte als Schüler Johannes - » R e u c h l i n s Hebräisch. 1521 ging er nach Leipzig, wurde

Forster Schüler des Gräzisten Petrus —> Mosellanus und war auf dessen Empfehlung hin seit 1522 in Zwickau als Hebräischlehrer tätig. Seit 1530 studierte F. in Wittenberg als Schüler —» Luthers, half bei dessen Bibelübersetzung mit und war seit 1535 in Augsburg als Prediger tätig. 1539 wurde er als Prof. des Hebräischen nach Tübingen berufen, jedoch wegen seines streitbaren Luthertums bald wieder entlassen. 1542 wurde er Verwalter der Propstei von St. Lorenz in Nürnberg und wirkte als Reformator in Regensburg. 1543-46 führte er in der Grafschaft Henneberg-Schleusingen die Reformation ein. 1548 wurde F. Superintendent im Hochstift Merseburg und 1549 Prof. für Hebräisch und Schloßprediger in Wittenberg. 1557 erschien postum in Basel sein berühmtes Lebenswerk, ein groß angelegtes hebräisch-lateinisches Lexikon, das Dictionarium Hebraicum novum ( 2 1564). CD N D B F o r s t e r , Joseph, österr. Komponist, * 20. 1.1838 Trofaiach (Steiermark), f 2 3 . 3 . 1 9 1 7 Wien. Nach erstem Musikunterricht bei seinem Vater, einem Lehrer, wurde F. Altist im Stift A d m o n t und erhielt Unterricht vom Organisten Franz Traunbauer. Er studierte fünf Jahre lang Naturwissenschaften am Joanneum in Graz, ging 1865 als freischaffender Komponist nach Wien und war zugleich als Techniker wie auch als Musiker tätig. Er komponierte eine Symphonie, Ballette und mehrere Opern, u. a. Die Rose von Pontevedra (1893), die von Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg als die beste einaktige deutsche Oper ausgezeichnet wurde. en MGG F o r s t e r , Joseph, Mediziner, Hygieniker, * 6 . 4 . 1 8 4 4 N o n n e n h o r n / B o d e n s e e , t 12. 10. 1910 Straßburg. F. studierte in München und Leipzig, wurde 1868 promoviert und war Assistent Karl von ->Voits am Physiologischen Institut München. 1874 habilitierte er sich, folgte 1877 einem Ruf als Prof. der Physiologie an die Zentral-Tierarzneischule in München und wurde im folgenden Jahr Prof. sowie Direktor des Hygienischen Instituts in Amsterdam. 1896 wechselte F. als Prof. und Direktor an das Hygienisch-Bakteriologische Institut Straßburg, wo er 1903 Rektor wurde. Er beschäftigte sich insbesondere mit Ernährungsphysiologie, Nahrungsund Wohnungshygiene. F. war Mitherausgeber des Archivs für Hygiene (1883-1910). F. wurde 1883 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1901 erschien seine Rede Warum und was essen wir? Rück- und Ausblicke der Ernährungsfrage. F o r s t e r , Karl, Musiker, * 1. 8 . 1 9 0 4 Großklenau bei Tirschenreuth (Oberpfalz), t 1 3 . 8 . 1 9 6 3 Tirschenreuth. Der aus einem alten Bauerngeschlecht stammende F. studierte 1923-28 an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Regensburg, 1929-31 kath. Kirchenmusik an der Akademie der Tonkunst in München und belegte gleichzeitig das Fach Musikwissenschaft an der Universität; zu seinen Lehrern dort gehörte Gustav Friedrich —> Schmidt. 1933 mit der Dissertation Uber das Leben und die kirchenmusikalischen Werke des Giuseppe Antonio Bernabei 1649-1732, Vice- bzw. Hofkapellmeister in München promoviert, unterrichtete F. vorübergehend an der Kirchenmusikschule Regensburg. 1934 wurde er Domkapellmeister an der St. Hedwigskathedrale in Berlin. Unter seiner Leitung entwickelte sich der Chor zu einem der führenden Chöre Deutschlands und genoß internationales Ansehen. 1952 wurde F. Honorarprofessor für Musikwissenschaft an der TU Berlin, 1954 Musikdirektor an der dortigen Freien Universität. Er komponierte Messen und Motetten. 1950 wurde F. zum Monsignore, 1961 zum Päpstlichen Hausprälaten ernannt.

F o r s t e r , Karl, kath. Theologe, * 2 7 . 1 . 1 9 2 8 Amberg, t 2 3 . 1 1 . 1981 Augsburg. Das Studium der Philosophie und Theologie Schloß F. 1952 mit der Promotion zum Dr. theol. ab und war nach der Priesterweihe 1953 in der Seelsorge, 1955-57 am GrabmannInstitut zur Erforschung der Mittelalterlichen Theologie und Philosophie in München tätig. Als Gründungsdirektor der Katholischen Akademie in Bayern machte er diese Institution zu einer der führenden in der Bundesrepublik Deutschland. 1966 wurde F. Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz und übernahm 1971 an der Univ. Augsburg einen Lehrstuhl für Pastoraltheologie. Er veröffentlichte zahlreiche Beiträge zu sozialwissenschaftlichen und kirchenpolitischen Fragen. m Gatz 5 F o r s t e r , Konrad, auch Vorster, Dominikaner, Buchbinder, * um 1400 Ansbach, t 1461 Nürnberg. F. war Priestermönch im Nürnberger Dominikanerkloster und wurde als einer der frühesten deutschen Buchbinder des 15. Jh. namentlich bekannt. Zusammen mit seinen Ordensbrüdern, u . a . Johann Eysteter und Johann Wirsing, stellte er Einbände fur die Bibliothek seines Klosters, für Laien wie auch für andere Klöster her. Die Einbände wurden mit dem Namen des Buchbinders sowie denen seiner Gehilfen versehen und datiert. 86 der 1433-61 derart signierten Bände blieben erhalten und ermöglichen Aufschlüsse über Technik und Einbandschmuck einer mittelalterlichen Buchbinderwerkstatt. Das durch F. gewählte Verfahren der Stempelprägung spielt eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung der Erfindung des Buchdrucks durch —»Gutenberg. DD A KL F o r s t e r , (Johann) Reinhold, Naturforscher, * 2 2 . 1 0 . 1 7 2 9 Dirschau/Weichsel, t 9 . 1 2 . 1 7 9 8 Halle/Saale. F. war der Sohn eines ursprünglich aus Schottland stammenden Bürgermeisters. Nach dem Besuch des Joachimsthalschen Gymnasiums studierte er an der Univ. Halle Theologie und wurde 1751 Kandidat, 1753 Pfarrer in Nassenhuben bei Danzig. Beruflich und finanziell unzufrieden, nahm er 1765 einen einjährigen Urlaub und bereiste mit seinem Sohn Georg —>F. Rußland, um im Auftrag der russischen Regierung das Kolonialwesen in S a r a t o w / W o l g a zu untersuchen. F. ging nach Beendigung seiner Forschungsarbeit 1766 nach England, war u . a . als Lehrer, Übersetzer und Schriftsteller tätig und lebte seit 1770 in London. 1772-75 nahm er zusammen mit seinem Sohn Georg an der zweiten Cookschen Weltumsegelung teil, überwarf sich wegen der Auswertung der Reise mit der britischen Admiralität (die Niederschrift und Herausgabe des Berichtes übernahm sein Sohn) und folgte 1780 einem Ruf als Prof. der Naturgeschichte und Mineralogie nach Halle. F. wirkte insbesondere auf den Gebieten der Länder- und Völkerkunde sowie der wissenschaftlichen Reisebeschreibung und war Mitglied mehrerer Gesellschaften. F. veröffentlichte u. a. die Flora Americae septentrionalis (1771), Observations made during a voyage round the world [...] (1778, Nachdr. 1996; dt. von Georg F., 2 Bde., 1778; 3 Bde., 1779-84), Geschichte der Entdeckungen und Schiffahrten im Norden (1784) und Echiridion historiae naturali (1788); 1790-1800 gab er das „Magazin von merkwürdigen neuen Reisebeschreibungen" heraus. 1982 erschien The Resolution Journal of Johann Reinhold Forster, 1772-1775 (hrsg. von Michael E. Hoare, 4 Bde.). m Henze F o r s t e r , Rudolf, österr. Schauspieler, * 3 0 . 1 0 . 1 8 8 4 Gröbming (Steiermark), t 2 6 . 1 0 . 1 9 6 8 Bad Aussee (Steiermark). Zunächst auf böhmischen Wanderbühnen auftretend, absolvierte F. eine Ausbildung am Wiener Konservatorium und hatte Engagements am Theater in der Josefstadt sowie

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Forster an kleinen Wiener Bühnen. 1914 wurde er von Berthold - > Viertel an die Wiener Volksbühne geholt und spielte 1920-32 in Berlin am Staatstheater, an den Max-Reinhardtund den Barnowsky-Bühnen, u . a . in —>Sternheims Oscar Wilde. Er zeichnete sich als Strindberg-Darsteller aus. F. wirkte seit 1920 auch in zahlreichen Filmen mit, u . a . als Mackie Messer in Georg Wilhelm - » P a b s t s Verfilmung der Dreigroschenoper (1931). 1937-40 verbrachte er in Hollywood und am Broadway. Nach d e m Zweiten Weltkrieg fand F. Anerkennung an europäischen Bühnen sowie durch zahlreiche Filmrollen (u. a. Der Mann, der zweimal leben wollte, 1950). Seine Lebenserinnerungen Das Spiel, mein Leben erschienen 1967. CH Exiltheater

Forster,

Sigmund von, Ophthalmologe, * 13.8.1851 Nürnberg, t 17. 11.1939 Nürnberg. Nach d e m Studium der Augenheilkunde an der Univ. Erlangen (Promotion 1875, Ueber congenitale Hypoplasie des Uterus) wurde F. Assistenzarzt in Würzburg, ließ sich 1881 als Augenarzt in Nürnberg nieder und sorgte für die Schaff u n g einer Blindenfürsorge. Er gründete die Gesellschaft für öffentliche Lesehallen, die sich später mit dem Volksbildungsverein Zusammenschloß, gehörte 1882 zu den Mitbegründern der Sektion für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte der Naturhistorischen Gesellschaft und wirkte beim Zustandekommen des späteren Landesamtes für Denkmalpflege sowie des Verbandes Bayerischer Geschichts- und Urgeschichtsvereine mit, als dessen Vorsitzender er bis 1930 fungierte. F. war mit Helene von —> F. verheiratet.

Forster,

Valentin Wilhelm, Jurist, * 1574 Marburg, t 2 9 . 1 0 . 1 6 2 0 Wittenberg. F. wird 1589 als Schüler des Marburger Pädagogiums erwähnt und nannte sich 1594 „Legum studiosus Marburgensis". In den folgenden Jahren war er als Privatdozent in Wittenberg und Helmstedt tätig, leitete nach dem Vorbild von Hieronymus —> Treutier von Kraschwitz Disputationen, wurde 1608 A d j u n k t der Juristischen Fakultät in Wittenberg und arbeitete als Advokat. Seit 1609 lehrte er als Prof., war 1615 Rektor der Univ. und wirkte daneben als Beisitzer des Hofgerichts sowie des Schöppenstuhls. F. stand den französischen Juristen, vor allem H u g o —> Donellus, nahe. Er veröffentlichte u . a . Justinianeae Tractationes ad lnstitutiones juris {1604). t u ADB

Forster,

Z d e n k o Frh. von, österr. Jurist, Beamter, * 6 . 6 . 1 8 6 0 Prag, t 15.1. 1922 Wien. F. Schloß das Studium mit der Promotion zum Dr. jur. ab und trat 1881 in den Postdienst, 1886 in das Eisenbahnministerium ein, das er 1908-11 leitete. Er war 1911-17 Eisenbahnminister und veranlaßte zahlreiche Verbesserungen, u. a. die Einführung des durchgehenden Güterverkehrs. F.s Pläne einer weitreichenden Verwaltungsreform wurden durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs verhindert. DP Ö B L

Forsthoff,

Ernst, Jurist, * 13.9. 1902 Duisburg, t 13.8. 1974 Heidelberg. Der Pfarrerssohn wurde nach d e m Jurastudium (1921-24) an den Universitäten Freiburg, Marburg und Bonn bei Carl —»Schmitt zum Dr. jur. promoviert und habilitierte sich für öffentliches Recht und Verfassungsgeschichte an der Univ. Freiburg. 1933 als o. Prof. nach F r a n k f u r t / M a i n berufen, erhielt F. 1935 einen Lehrstuhl in Hamburg. 1936 wechselte er als Prof. nach Königsberg, ging 1941 als Ordinarius für öffentliches Recht nach Wien und war 1943-46 an der Heidelberger Univ. tätig. 1949-67 hatte F. in Heidelberg einen Lehrstuhl fUr Öffentliches Recht, Verfassungsgeschichte und Kirchenrecht inne. 1960-63 war er als Präsident des Obersten Verfassungsgerichts der Republik Zypern tätig. F. veröffentlichte u . a . Der totale Staat (1933,

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3

1934), in d e m er der „Führergewalt" eine verfassungsrechtliche unbeschränkte Position einräumte, Die Verwaltung als Leistungsträger (1938, 2 1950) und Lehrbuch des Verwaltungsrechts (1950, "'1973). In dem 1971 erschienenen Buch Der Staat der Industriegesellschaft stellte er den technischen Fortschritt als zunehmend problematisch für die einzelstaatliche Organisation dar. DP Bad Bio N.F., Bd 1

Forstmann,

Richard, Bergassessor, * 17.2. 1877 Porthof (Kr. Posen), t 16. 10.1951 Essen. Nach seinen Studien in Freiburg/Breisgau, Berlin und Heidelberg wurde F. 1902 Bergreferendar, 1906 Bergassessor. 1 9 0 6 / 0 7 war er bei den Deutschen Kaliwerken in Nordhausen tätig, trat 1907 dem Essener Bergbau-Verein bei und wurde Mitglied der Geschäftsführung. Seit 1910 leitete er die Hauptstelle für Grubenrettungswesen und die Bergschädenabteilung. F. veröffentlichte zahlreiche Aufsätze über Grubensicherheit, Grubenrettungswesen und Grubenunfälle in der Zeitschrift „ G l ü c k a u f . CD Nekrologe Industrie F o r s t m o s e r , Alois, österr. Maler, Illustrator, * 10.5. 1866 Uttendorf (Oberösterreich), t 3 . 1 1 . 1 9 0 5 Uttendorf. Der Sohn eines Tagelöhners besuchte die Fachgewerbeschule f ü r Bildhauerei in Salzburg und die Münchner Akademie der bildenden Künste, w o er Schüler Franz von - > Defreggers war. Er arbeitete als Illustrator für das Linzer M u s e u m Francisco-Carolinum, 1 8 9 2 / 9 3 für die Zeitschrift „Fliegende Blätter" und seit 1893 f ü r das Sammelwerk Aus da Hoamat. F. malte Landschaftsbilder in Aquarell und Öl, schuf Zeichnungen mit volkstümlichen Motiven der M ü n c h ner und der ländlichen Umwelt sowie wenige Wochen vor seinem Tod ein Selbstporträt. DD A K L

Forstner,

August, österr. Politiker, * 2 9 . 7 . 1876 Wien, t 14.2. 1941 Wolfpassing (Niederösterreich). Der Sohn eines Fiakereigentümers gründete 1898 den „Verein der Kutscher und Hilfsarbeiter", wenig später das Kutscherfachblatt „Die Peitsch" (später „Das Zeitrad"). 1904 wurde er O b m a n n des „Verbandes der Handels-, Transportund Verkehrsarbeiter". 1907-18 war er Reichstagsabgeordneter, 1919-34 Mitglied des Nationalrats, 1 9 1 8 / 1 9 Mitglied des Landtags von Niederösterreich. 1918-23 gehörte F. d e m Wiener Gemeinderat an. Er erwarb sich große Verdienste um die Entwicklung der Kranken- und Unfallversicherung. CD Ö B L

Forstner,

Carl August, österr. kath. Theologe, Schriftsteller, * 2 5 . 3 . 1 8 4 3 Wien, t 2 4 . 8 . 1915 Wien. F. trat in die Gesellschaft Jesu ein, verließ sie jedoch wieder, wurde 1868 zum Priester geweiht und Schloß sich der von Johannes —» R o n g e initiierten kirchlichen R e f o r m b e w e gung, d e m sogenannten „Deutschkatholizismus", an. Er war kurzzeitig als Seelsorger tätig, widmete sich dann der literarischen Arbeit und lebte seit 1879 in Wien. F. redigierte seit 1871 die kirchenpolitische Zeitschrift „Der Morgenstern" und verfaßte neben kirchengeschichtlichen Schriften belletristische Werke, u . a . Im Glänze des Abendgoldes (1905).

Forstner,

Christof von, Kanzler, * 7 . 1 0 . 1598 Schloß Birkenstein (Oberösterreich), t 29. 12.1667 Mömpelgard. Nach seinen Universitätsstudien in Tübingen und Wien und mehrjährigen Bildungsreisen wurde F. 1625 in Padua in den St.-Marcus-Orden aufgenommen. Nach seiner Rückkehr führte er im Auftrag des Grafen Kraft von Hohenlohe Gesandtschaftsaufträge in Wien und Regensburg aus, 1631 wurde er zum Mömpelgardischen Vizekanzler ernannt. 1634-67 hatte F. das A m t des Kanzlers inne, war als Gesandter des württembergischen Herzogs u . a . bei den westfälischen Friedensverhandlungen tätig und erhielt für seine Verdienste das Lehen Dambenoy bei Mömpelgard. F. veröffentlichte u . a . Epistola sive Judicium de moderno imperii statu. CD A D B

Fortner Forstner,

Friedrich (Wilhelm Johann Carl) Frh. von, Beamter, * 2 8 . 3 . 1 8 2 2 Köln, t 9 . 3 . 1 8 6 9 Koblenz. Der einem alten oberösterreichischen Adelsgeschlecht ents t a m m e n d e F. erhielt im Januar 1855 die preuß. Genehmigung zur Führung des Freiherrntitels. Er studierte u. a. 1 8 4 1 / 4 2 Rechts- und Staatswissenschaften in Bonn, begann 1844 seine berufliche Laufbahn als Auskultator am Kammergericht zu Berlin und wurde 1846 Gerichtsreferendar, 1849 Gerichtsassessor. Im folgenden Jahr trat F. in den Verwaltungsdienst über, wechselte an die Regierung zu Koblenz und wurde zum kommissarischen Landrat des Kreises Wittlich bestellt. Aufgrund eines gegen ihn schwebenden Gerichtsverfahrens wegen einer Schlägerei mit einem Untergebenen dauerte dieses Kommissorium mehr als drei Jahre. Nach Fürsprache des Oberpräsidenten Hans H u g o von —» Kleist-Retzow, folgte 1853 die definitive Bestallung als Landrat. Nach zwei Jahren wechselte F. auf eigenen Wunsch als Regierungsassessor nach Koblenz, wo er 1860 zum Regierungsrat ernannt wurde. DP R o m e y k

Forstner,

Leopold, österr. Bildhauer, Maler, Kunstgewerbler, * 2 . 1 1 . 1 8 7 8 Leonfelden (Oberösterreich), t 5 . 1 1 . 1 9 3 6 Stockerau (Niederösterreich). F. besuchte die Linzer Staatshandwerksschule sowie die Tiroler Glasmalerei- und Mosaikanstalt in Innsbruck und studierte 1899-1902 an der Wiener Kunstgewerbeschule (u.a. bei Karl —> Karger und Koloman —> Moser), 1 9 0 2 / 0 3 an der Münchner Akademie bei L u d w i g —> Herterich. Zunächst als Graphiker f ü r den Wiener Verlag und die Zeitschriften „Ver s a c r u m " und „Die Fläche" tätig, unternahm er Studienreisen durch Deutschland, Holland und Belgien; in Italien studierte er insbesondere die Mosaik- und Glasmalerei. 1906 gründete F. die Wiener Mosaikwerkstätte, aus der 1920 die Werkstätte zur Erzeugung und Verarbeitung von Edelglas in Stockerau (später Österr. Edelglaswerke A G ) hervorging. Seit 1930 unterrichtete er am B u n d e s g y m n a s i u m in Hollabrunn. F. war ein bedeutender Mosaik- und Glaskünstler des Jugendstils. Er arbeitete mit Architekten und Künstlern wie Otto —> Wagner, Josef —> H o f f m a n n und Gustav —> Klimt zusammen und entwickelte neue Kombinationen von Glas und Keramik. Zu seinen Werken zählen u . a . das Hochaltarmosaik Die Verheißung des Himmels und Glasfenster (1906-12) in der Wiener Kirche A m Steinhof. CD A K L

Forthmann,

Wilhelm, Industrieller, * 2 0 . 8 . 1870 O e r m ten (Kr. Geldern), t 9. I I . 1934. F. erhielt 1890-93 eine kaufmännische Ausbildung, bereiste 1894-1900 f ü r die Rendsburger A G der Hollerschen Carlshütte Europa und war 1901-03 als Direktor der Vereinigten Flanschenfabriken und Stanzwerke A G tätig. 1904-06 leitete er die Berliner Thomasphosphatfabriken und wurde im folgenden Jahr Direktor, später Generaldirektor des Kalisyndikats (bis 1924). F. war Aufsichtsratsmitglied zahlreicher Gesellschaften, Mitglied des Reichseisenbahnrats und gehörte bis 1930 d e m Reichswirtschaftsrat an. CP Reichshandbuch F o r t i , Anton (Franz), österr. Sänger, * 8.6. 1790 Wien, t 1 6 . 7 . 1 8 5 9 Wien. F. war zunächst Orchestermitglied des Theaters an der Wien, versuchte sich dann als Bariton und wurde von d e m Fürsten Esterházy als Kammersänger nach Eisenstadt geholt. 1811-13 sang er am Theater an der Wien, 1813-33 an der Wiener Hofoper, mit Unterbrechung durch Engagements 1 8 2 8 / 2 9 am Königstädter Theater Berlin sowie in Hamburg und F r a n k f u r t / M a i n . Nach einem Lotteriegewinn trat er nur noch gelegentlich auf, zuletzt 1841. Zu F.s Hauptrollen zählten der Titelheld in —> Mozarts Don Giovanni und der Graf im Figaro. Er war mit Henriette —» F. verheiratet. CD Kutsch

Forti,

Helena, Sängerin, * 2 5 . 4 . 1 8 8 4 Berlin, t 1 1 . 5 . 1 9 4 2 Wien. F. trat bereits als Kind am Dresdner Residenztheater auf, wurde Schauspielerin und nahm dann das Gesangsstudium auf. Sie hatte in Dresden Karl —> Scheidemantel und in Berlin Theodor Emmerich zum Lehrer. 1906 debütierte sie am Hoftheater Dessau als Valentine in —»Meyerbeers Les Huguenots. Neben Engagements in Brunn, Prag und Dresden gastierte sie im In- und Ausland. 1914 feierte man die Sopranistin bei den Bayreuther Festspielen als Sieglinde in der Walküre, 1916 sang sie in der Uraufführung von Eugen - > d ' A l b e r t s Die toten Augen. Seit 1917 war F. mit Walter B r u n o —»Iltz verheiratet. CD Kutsch

Forti,

Henriette, geb. Theimer, österr. Sängerin, * 1786 Wien, t 11.7. 1818 Wien. Bereits im Kindesalter spielte F. Theater, später war sie am Theater an der Wien und der Wiener Hofoper verpflichtet. Sie sang dort vor allem Partien aus d e m Soubrettenfach sowie Travestierollen. Der j u n g e Franz —»Grillparzer hörte sie 1812 als Cherubino in Die Hochzeit des Figaro, verliebte sich unerklärt in sie und verewigte sie in dem Gedicht Cherubin. Die Sopranistin erreichte den Höhepunkt ihrer Karriere als Zerlina im Don Giovanni. Ihr M a n n Anton —>F. sang in derselben Oper die Titelrolle. CD Kutsch

Fortlage,

(Arnold Rudolf) Karl, Philosoph, Musikforscher, * 12.6. 1806 Osnabrück, f- 8. 11. 1881 Jena. F., dessen Vater Rektor eines G y m n a s i u m s war, studierte seit 1825 in Göttingen, Berlin und München Theologie, Philosophie und Philologie, wurde 1829 promoviert ( Ü b e r die Denkweise der ältesten Philosophen) und lehrte nach der Habilitation 1829-42 in Heidelberg, die folgenden vier Jahre in Berlin Philosophie, Literaturgeschichte und Psychologie. 1846 wurde er in Jena a. o. Prof., 1860 Honorarprofessor und folgte 1873 K u n o —»Fischer auf d e m Lehrstuhl für Philosophie. F. beschäftigte sich auch mit musikwissenschaftlichen Fragen, vor allem mit der antiken griechischen M u sik. Auf Anregung des Philologen August —>Böckh entstand das 1847 veröffentlichte Werk Das musikalische System der Griechen, in dem ihm die Transkription der altgriechischen Notenschrift abschließend gelang. F., der im philosophischen Denken von —» Hegel und —> Fichte verankert war, verfaßte u. a. eine Genetische Geschichte der Philosophie seit Kant (1852). In Die Lücken des Hegeischen Systems der Philosophie. Nebst Andeutung der Mittel, wodurch eine Ausfüllung derselben möglich ist (1832) forderte er die Rückkehr zu —» Kant. Zu seinen Schriften gehören außerdem System der Psychologie als empirischer Wissenschaft aus der Beobachtung des innern Sinnes (2 Bde., 1855) und Beiträge zur Psychologie als Wissenschaft aus Speculation und. Erfahrung (1875). DP M G G

Fortner,

Andreas, auch Ondrej Josef, Bildhauer, Kunstgewerbler, * 1 6 . 6 . 1 8 0 9 Prag, f 14.3. 1862 M ü n c h e n . Der Sohn eines Silberarbeiters wurde im Handwerk seines Vaters unterrichtet, ließ sich an der Prager Schule unter Franz Tkadlik als Zeichner ausbilden und wechselte 1834 oder 1840 zum Malstudium nach M ü n c h e n . F. schuf zunächst Lithographien und Historiengemälde (Taufe des Herzogs Borivo], 1840). Berühmt wurde er durch einen für den Kronprinzen —>Maximilian von Bayern in Silber angefertigten Tafelaufsatz (1842-45). Später schuf er vor allem Metallarbeiten und Schmuckgegenstände, u. a. einen Ehrensäbel für Prinz —> Karl. Zu seinen Verdiensten gehört die Neubelebung des Münchner Kunstgewerbes. 1861 wurde F. Ehrenmitglied des Künstlerhauses Wien. CD A K L

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Fortner Fortner, Georg, Maler, * 20. 10. 1814 München, t 27.7. 1879 München. Der Sohn eines Eisenhändlers studierte an der Münchner Akademie bei Heinrich Maria von —»Hess und zeichnete unter dessen Leitung zahlreiche Kartons für die von Max Emanuel —»Ainmiller angefertigten Glasfenstergemälde in Köln, Regensburg, Glasgow, Dublin und Oxford. Er machte sich einen Namen als Historienmaler. Eines der frühen Ölgemälde ist Hagen und die Meermaid. F. malte Fresken für das Münchner Nationalmuseum und zeichnete zusammen mit Michael Heil und Andreas —»Müller 72 Blätter Christkatholische Bilder. Zu seinen Hauptwerken zählen die Vierzehn Kreitzwegstationen ( 1846 ff.) in den Gartenanlagen der Münchner Ludwigskirche. DP AKL Fortner, Wolfgang, Komponist, * 12.10. 1907 Leipzig, t 5.9. 1987 Heidelberg. Die musikalische Moderne des 20. Jh. einerseits unddieprotestantisch-kirchenmusikalische Tradition andererseits wurden in all ihren Gegensätzen zum bestimmenden kulturgeschichtlichen Hintergrund des in Leipzig aufgewachsenen und ausgebildeten F. In den Studienjahren 1927-30 belegte F., der eigentlich eine Ausbildung zum Musiklehrer erhielt, auch Kurse in Komposition bei Hermann —»Grabner und Orgel bei Karl —»Straube sowie in Musikwissenschaft und Philosophie. In seinem Frühwerk der späten zwanziger sowie der dreißiger und vierziger Jahre verband F. auf eigentümliche Weise seine kirchenmusikalisch-religiöse Ausrichtung mit modernistisch-neusachlichen und klassizistischen Tendenzen jener Jahre, die durch Komponisten wie Ernst —»Krenek, Kurt —»Weill und Paul —»Hindemith bestimmt waren: lineare Kontrapunktik im Tonsatz, Transparenz im Klang sowie Verständlichkeit und Präzision im Ausdruck. 1929 komponierte F. sein Fragment Mariae im Auftrag des Rundfunks, der es im selben Jahr ausstrahlte und die für den jungen Komponisten typische Integration geistlicher Sujets und kirchenmusikalischer Elemente in die musikalische Sprache der Neuen Sachlichkeit erstmalig einer breiten Öffentlichkeit darbot. F. war seit 1931 Dozent für Komposition und Musiktheorie in Heidelberg. Während die meisten der nur wenig älteren Komponisten, die F. vorbildhaft beeinflußt hatten, gezwungen waren, vor dem nationalsozialistischen Terror ins Exil zu fliehen, gelang F. eine Fortführung der modernen neusachlichen und klassizistischen Musik in Deutschland über das Jahr 1933 hinaus. In den dreißiger und vierziger Jahren schrieb er Kammermusik, darunter drei Streichquartette (1931, 1935 und 1949), Orchestermusik und geistliche Vokalmusik. 1935 rief er das Heidelberger Kammerorchester ins Leben und leitete es in den kommenden Jahren; auch gelangen ihm verstreute Aufführungen einzelner eigener Werke, ohne daß ihm jedoch Anerkennung durch das nationalsozialistische Regime oder eine wichtige Rolle im Kulturleben des faschistischen Deutschland zuteil geworden wären. Allerdings ist diese Phase in F.s Leben nur ansatzweise erforscht, und eine endgültige Bewertung seines Schaffens dieser Zeit kann heute noch nicht getroffen werden. Zum einschneidenden Datum für die stilistische und biographische Entwicklung F.s sowie für seine Position im deutschen Musikleben, seine Wirkung und die Bewertung seines Schaffens wurde das Ende des Zweiten Weltkriegs. F. stand

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im Mittelpunkt der 1946 gegründeten Internationalen Ferienkurse für Neue Musik und war als Komponist und Kompositionslehrer (u. a. von Hans Werner Henze) eine der Integrationsfiguren Neuer Musik in der Bundesrepublik Deutschland. Er selbst bezeichnete für diese Phase die Entdeckung der Zwölftonmusik als entscheidendes Ereignis. Die Sinfonie 1947 integriert zum erstenmal zwölftönige Elemente; in den folgenden Jahren fand F. zu einem eigenen Umgang mit der —» Schönbergschen Methode, indem er die Zwölftonreihe in kleinere Tongruppen aufteilte. So wurde ihm eine „musikalische Prosa" zu eigen, die in dem Moment zum entscheidenden Stilkriterium wurde, als F. als Bühnenkomponist hervortrat und mit Werken wie Bluthochzeit und In seinem Garten liebt Don Perlimplin Beiisa ( 1956 bzw. 1961 / 63, beide nach Federico García Lorca) entscheidende Fortschritte in Richtung der Gattung Literaturoper leistete. F. lehrte 1954-57 Komposition in Detmold, 1957-73 in Freiburg, erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, darunter die Ehrendoktorwürde der Universitäten Freiburg und Heidelberg. Während F.s letzte Schaffensperiode bei der Beurteilung seines Œuvres stets im Vordergrund gestanden hat, steht die Beurteilung und wissenschaftliche Erforschung des ganzen F., also auch die Wiederentdeckung der Werke seiner neoklassischen Phase, noch immer aus. WEITERE WERKE; Toccata und Fuge für Orgel (1930). Marianische Antiphone (1930). - Capriccio und Finale für Orgel (1939). - The Creation (nach James Weldon Johnson, 1954). - Elisabeth Tudor (Oper nach Mattias Braun, 1968-71). - That Time (Oper nach Samuel Beckett, 1977). LITERATUR: W. F. Eine Monographie. Werkanalysen, Aufsätze, Reden, offene Briefe 1950-1959. (= Kontrapunkte Bd. 4). Hrsg. v. Heinrich Lindlar. Rodenkirchen/Rhein 1960. - Hermann Danuser: Die Musik des 20. Jahrhunderts. (= Neues Handbuch der Musikwissenschaft, Bd. 7). Laaber 1984. - Brigitta Weber: W. F. und seine Opernkompositionen Mainz 1995. Nils Grosch F o r t n e r - H a l b a e r t h , Bella, Sängerin, * 11.2.1885 Bosnien, f 28. 1.1959 Berlin. F.-H. stammte aus einer österr. Offiziersfamilie und wurde am Wiener Konservatorium zur Sängerin ausgebildet. Nach ihrem Debüt 1906 am Stadttheater in Troppau sang sie am Landestheater in Linz und am Stadttheater in Reichenberg (Böhmen). Seit 1910 war sie Mitglied der Oper in Frankfurt/ Main, sang hier u. a. tragende Partien in den Opern von Richard —»Strauss und wirkte 1913 an der Uraufführung von Franz —»Schrekers Oper Das Spielwerk und die Prinzessin mit. 1920 wechselte F.-H. an das Opernhaus in Breslau, 1922 an das Deutsche Opernhaus in Berlin; 1927-35 wirkte sie am Stadttheater in Duisburg. Neben Gastauftritten, u.a. an der Berliner Staatsoper und der Münchner Hofoper, war sie im Ausland zu hören, 1912 in Amsterdam, 1927 in Madrid und 1930 an der Covent Garden Opera in London. In den fünfziger Jahren übernahm F.-H. noch gelegentlich Rollen an der Komischen Oper in Berlin, später arbeitete sie als Gesangspädagogin. Zu ihren erfolgreichsten Rollen gehörten die Brünnhilde im Ring-Zyklus, die Isolde im Tristan, die Leonore im Fidelio und die Donna Anna im Don Giovanni. • P Kutsch F o r w e r k , Ludwig, kath. Theologe, Bischof von Prag, * 29.8.1816 Dresden, t 8.1.1875. F. studierte seit 1831 in Prag, wurde 1839 zum Priester geweiht und war als Seelsorger in Dresden und Hubertusberg tätig. 1845 wurde er in Dresden Hofprediger-Supplent und war als geistlicher Erzieher der Kinder des Prinzen —»Johann tätig. 1854 wurde F. apostolischer Vikar Sachsens sowie Domdechant von Bautzen und wurde im selben Jahr zum Bischof von Prag geweiht. Er nahm am Vatikanischen Kon-

Fournell zìi 1870 teil und stimmte gegen das D o g m a der päpstlichen Unfehlbarkeit, beugte sich jedoch später d e m Beschluß des Konzils. DD Gatz 4 F o s s a , Johannes de, auch Jean d e Fosses. Johannes a Fossa, Kapellmeister, t um Pfingsten 1603 München. Der wahrscheinlich aus einer niederländischen Musikerfamilie stammende F. wurde von Johannes Castileti ausgebildet. Möglicherweise war er um 1557 Tenorist in der flämischen Kapelle von Herzog Emanuel von Savoyen. Belegt ist seine Tätigkeit als Vizekapellmeister am bayerischen Hof seit 1569, w o er hauptsächlich für die Chorknaben zuständig war. Nach dem Tod Orlando di —> Lassos 1594 wurde F. dessen Nachfolger als Kapellmeister; 1597 wurde er zum Oberkapellmeister ernannt. Aus gesundheitlichen Gründen trat er 1602 von seinem A m t zurück. F. komponierte Messen, Motetten, Litaneien und Magnificats. • • MGG F o s s e l , Viktor, österr. Mediziner, Medizinhistoriker, * 13. 1.1846 Ried im Innkreis (Oberösterreich), t 18.8. 1913 M ü n c h e n . F. Schloß das Medizinstudium an der Univ. Graz 1870 mit der Promotion ab, arbeitete nach mehrjähriger Krankenhausausbildung als Bezirksarzt in Liezen und war später in der Landessanitätsdirektion Steiermark in Graz tätig. 1892 wurde er Direktor des Grazer Allgemeinen Krankenhauses, 1898 a. o.Prof. der Geschichte der Medizin an der Univ. Graz. F. veröffentlichte u. a. Volksmedizin und medizinischer Aberglaube in der Steiermark (1886), Erinnerungen aus meinem Leben (1906) und Geschichte der medizinischen Fakultät in Graz: von 1863 bis 1913 (1913). m ÖBL

Foullon von Norbeek,

Heinrich Frh., österr. Geologe, * 1 2 . 7 . 1 8 5 0 Gaaden bei Mödling (Niederösterreich), t 1 0 . 8 . 1 8 9 6 Guadalcanar. F. v. N. studierte an den Bergakademien Schemnitz und Pribram und trat nach kurzzeitiger Tätigkeit bei einer Eisenhütte als Verwaltungsadjunkt bei einem Silberbergbau in Schemnitz ein. 1878 wurde er Volontär, 1881 Assistent und 1885 A d j u n k t im Chemischen Labor der Geologischen Reichsanstalt in Wien. Seit 1892 als Montansekretär im Dienst der Landesregierung Bosnien-Herzegowinas stehend, unternahm F. v. N. geologische Studienreisen (1885) in die Türkei, nach Griechenland und Kleinasien, 1893 nach Australien und Neuseeland. Auf Reisen in den Ural (1889), nach Nordamerika (1890) sowie 1891 nach B ö h m e n , Schlesien und Serbien studierte er das Nickelvorkommen. F. v. N. wurde auf d e m Weg nach Australien auf der Insel Guadalcanar ermordet. Er verfaßte mehrere Aufsätze über Meteoriten, künstliche Kristalle, Petrographie und Erzlagerstätten. m ÖBL F o u q u é , Caroline (Friedricke Philippine) Freifrau de la Motte, geb. von Briest, verwitwete von R o c h o w , Pseud. Serena, Schriftstellerin, * 7. 10.1774 (?) Gut Nennhausen bei Rathenow, f 2 1 . 7 . 1831 Gut Nennhausen. Die einzige Tochter eines märkischen Gutsbesitzers wurde auf dem elterlichen Gut erzogen und früh mit literarischen, religiösen und philosophischen Themen bekannt. Sie heiratete in erster Ehe Friedrich von R o c h o w und nach ihrer Scheidung (1799) in zweiter Ehe 1803 den geschiedenen Baron Friedrich de la Motte —»F. F. bekam durch ihren M a n n entscheidende Anregungen zu ihrer eigenen literarischen Tätigkeit. Sie pflegte Kontakte zu bedeutenden Mitgliedern des literarischen wie auch öffentlichen Lebens, darunter August Wilhelm —> Schlegel, Rahel —»Varnhagen von Ense, E . T . A. —» H o f f m a n n und Joseph von —> Eichendorff. F. schrieb R o m a n e (Resignation, 1829, Nachdr. 2004), das autobiographische Werk Die Frau des Falkensteins (2 Bde., 1810), Erzählungen und Essays. DP Killy

F o u q u é , Friedrich (Heinrich Karl) Baron de la Motte, Pseud. 1803-08 Pellegrin, später in Einzelfällen Altfrank und M D S S , Schriftsteller, * 12.2. 1777 B r a n d e n b u r g / Havel, f 2 3 . 1 . 1 8 4 3 Berlin. F., Enkel von Heinrich August Baron de la Motte —»F. und Sohn eines Gutsbesitzers, entstammte einer hugenottischen Emigrantenfamilie, trat als Kornett 1794 bei den Kürassieren ein und nahm als preuß. Leutnant am rheinpfälzischen S o m merfeldzug teil. In erster Ehe mit der Tochter seines K o m mandanten, Marianne von Schubaert, verheiratet (Scheidung 1802), nahm er 1802 Abschied von seinem Regiment, heiratete 1803 Caroline de la Motte - > F . und lebte mit ihr auf deren Gut Nennhausen bei Rathenow, das zu einem literarischen Zentrum in Deutschland wurde. Nach ihrem Tod 1831 heiratete er 1833 erneut, lebte 1833-41 in Halle und dann wieder in Berlin. F. war Herausgeber, teilweise zusammen mit seiner zweiten Frau, von Zeitschriften und Almanachen, u . a . „Die Jahreszeiten" (1811-14). Er schrieb eine Fülle von Romanen und Erzählungen. In vielen Werken behandelte er die Ideale der mittelalterlichen Ritterherrlichkeit und des germanischen Heldentums. Aus der ersten Publikation, der dramatischen Szene Der gehörnte Siegfried (1803) ging die Romantrilogie Der Held des Nordens (1808-10, Sigurd der Schlangentödter, Sigurds Rache, Aslauga) hervor. F.s größter Erfolg war die Romantrilogie Der Zauberring (3 Bde., 1813); die märchenhaft-phantastische Novelle Undine (1811) wurde von E . T . A. —»Hoffmann vertont (1816 veröffentlicht). Seine Lebensgeschichte. Aufgezeichnet durch ihn selbst erschien 1840. F. wurde als Literat in seiner Eigenständigkeit wiederentdeckt von A r n o —> Schmidt, der auch eine Biographie des Dichters verfaßte. CD Killy F o u q u é , Heinrich August Baron de la Motte, Militär, * 4 . 4 . 1698 Den Haag, f 3 . 3 . 1774 Brandenburg. Der aus einer 1684 emigrierten Hugenottenfamilie stamm e n d e F. wurde mit acht Jahren Page bei —> Leopold I. von Anhalt-Dessau und machte 1715 die Eroberung Stralsunds mit. 1738 trat er als M a j o r aus dem preuß. in den dänischen Dienst Uber, wurde 1740 von König —> Friedrich II. zurückgerufen und nahm als Oberst eines Regiments am Ersten und Zweiten Schlesischen Krieg teil. Während des Siebenjährigen Kriegs 1760 geriet er, inzwischen General, in österr. Gefangenschaft, aus der er 1763 entlassen wurde. F. lebte anschließend als Dompropst in Brandenburg. Seine Mémoires [...] erschienen postum 1788.

Fouquet,

Honoré Frédéric, Maschinenbauer, Fabrikant, * 9 . 4 . 1802 Poinville (Dep. Eure-et-Loire), t 2 9 . 5 . 1 8 8 8 Rottenburg / Neckar. F., Sohn eines Advokaten und Gutsbesitzers, durchlief eine Lehre bei Pariser Uhrmachern, die zugleich Künstler, Mathematiker und Feinmechaniker waren, hatte mehrere Jahre eine eigene Werkstatt für Uhren- und Instrumentenbau und ließ sich später in Troyes nieder. 1834 gründete er zusammen mit einem Partner die Firma „Motte & Fouquet", erhielt 1845 das französische Patent auf ein besonders gestaltetes Maschenrad, genannt die „Kleine Mailleuse", und verlegte den Firmensitz nach d e m Zusammenschluß mit einem Textilindustriellen nach Stuttgart. F. nahm später seinen Schwiegersohn Karl Frauz als Teilhaber und kaufmännischen Leiter in die nun „Fouquet & Frauz" bezeichnete Firma auf. Mit F.s Erfindung der „Großen Mailleuse" 1856 wurde das Unternehmen zur ältesten deutschen Rundwirkmaschinenfabrik. OP N D B

Fournell,

Ewald, Unternehmer, Politiker, * 4 . 5 . 1 9 0 6 Rheydt (heute zu Mönchengladbach), t 3 1 . 1 0 . 1 9 8 2 Wesel. Z u m Textilkaufmann ausgebildet, trat F. 1934 als Geschäftsführer in das Textilunternehmen Möllenhoff in Wesel ein, dessen Mitinhaber er 1939 wurde. Nach d e m Tod Wilhelm

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Fournier Möllenhoffs war F. seit 1949 alleiniger Inhaber der Firma. Er spezialisierte das Unternehmen auf Damen- und Herrenbekleidung und eröffnete mehrere Filialen am Niederrhein. Als Bürgermeister von Wesel (1948-52) war F. eine der treibenden Kräfte beim Wiederaufbau der Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg. A m Tag seines 125jährigen Bestehens 1981 zählte das Stammhaus der Firma Möllenhoff in Wesel 80 Mitarbeiter und 1700 Quadratmeter Verkaufsfläche. Später ging das Geschäft an die Firma Lantermann über. CD Niederrhein Unternehmer

Fournier,

August, österr. Historiker, * 1 9 . 6 . 1 8 5 0 Wien, t 1 8 . 5 . 1 9 2 0 Wien. Der aus einer französischen Emigrantenfamilie stammende F. studierte 1871-73 an der Wiener Univ. mittelalterliche und neuere Geschichte. 1874 wurde er Offizial, 1888 Leiter des Archivs des Innenministeriums und war seit 1875 Privatdozent, von 1880 an a. o. Prof. an der Univ. Wien, seit 1883 o. Prof. der allgemeinen und österr. Geschichte an der Deutschen Univ. in Prag. Seit 1891 Mitglied des österr. Reichsrats, seit 1892 des böhmischen Landtags, kehrte er 1900 nach Wien zurück, wurde Prof. der Geschichte an der T H und lehrte 1903-20 an der Univ. Wien. F. verfaßte u . a . Napoleon I. (3 Bde., 1886-89). CP DBJ, Überleitungsband 2 F o y , Willy, Ethnologe, * 2 7 . 1 1 . 1873 Leipzig, t 1.3. 1929 Köln. F. wurde nach der Promotion zum Dr. phil. 1895 Assessor am kgl. Ethnographischen M u s e u m in Dresden und wurde 1901 Direktor am neugegründeten RautenstrauchJoest-Museum in Köln. Er veröffentlichte u. a. Die Königliche Gewalt nach den altindischen Rechtsbüchern, den Dharmasutren und älteren Dharmasastren (1895).

Fraas,

Carl (Nikolaus), Landwirt, Naturwissenschaftler, * 6 . 9 . 1810 Rattelsdorf bei Bamberg, t 10. 11. 1875 München. F., dessen Vater Aktuar in Rattelsdorf, später Rentamtmann in Banz war, studierte zunächst Philosophie und Botanik in Bamberg, später Medizin an der Univ. M ü n c h e n (Promotion 1834, De smilaceis brasiliensibus) und war Assistent von Carl von —»Martius und Joseph Gerhard —>Zuccarini, die ihn stark beeinflußten. Seit 1835 Erzieher in der Familie des Hofmarschalls am Hof König —> Ottos von Griechenland in Athen, wurde er später Direktor der Kgl. Gärten sowie Prof. der Botanik an der neuerrichteten Univ. Athen und schrieb 1837 das erste neugriechische Lehrbuch der Botanik. F. kehrte 1842 als Lehrer an landwirtschaftlichen Schulen nach Bayern zurück, wurde 1847 a. o., 1851 o.Prof. der Landwirtschaft an der Univ. M ü n c h e n und war 1851-67 Direktor der Zentraltierarzneischule in München, an der er die Fischzucht einführte (Die künstliche Fischerzeugung [...], 1854). Vorübergehend arbeitete er als Generalsekretär der landwirtschaftlichen Verbände Bayerns. F. förderte die Seidenraupenzucht, begründete den wissenschaftlichen Brauunterricht und befaßte sich mit Wissenschaftsgeschichte (u. a. Geschichte der Landbau- und Forstwissenschaft, 1865, Nachdr. 1965). Seine Ansichten zur Bodenfruchtbarkeit und Düngung wurden von Justus von —> Liebig kritisiert, seine Theorie des Fruchtbarkeitskreises jedoch später bestätigt. F. war der Erfinder des Lysimeters. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Klima und Pflanzenwelt in der Zeit (1847), Landwirthschaftslehre (1858) und Die Schule des Landbaues (1861). t u Böhm

und wurde 1891 Assistent, 1894 Nachfolger seines Vaters als Konservator des Stuttgarter Naturalienkabinetts (Führer durchdaskgl. Naturalienkabinett zu Stuttgart, 1903, 4 1919). Seit 1898 war F. Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. Als Geologe veröffentlichte F. u . a . eine Karte des Wendelsteingebirges, einen geognostischen Atlas von Württemberg und Studien zur historischen Geologie, als Paläontologe vor allem Schriften über Wirbeltiere und fossile Reptilien in Württemberg. Er engagierte sich u. a. im „Verein für vaterländische Naturkunde in Württemberg" und wurde durch seinen Fossilienführer Der Petrefaktensammler (1910) bekannt. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Die Labyrinthodonten der Schwäbischen Trias ( 1889), Geologie ( 1903) und Die Entwicklung der Erde und ihrer Bewohner (1910). CD N D B

Fraas,

Oscar (Friedrich) von, evang. Theologe, Geologe, * 1 7 . 1 . 1 8 2 1 Lorch (Baden-Württemberg), f 2 2 . 1 1 . 1 8 9 7 Stuttgart. Mit dem Pfarramtsexamen Schloß F. 1847 das Studium der Theologie ab. Da er gleichzeitig Paläontologie und Geologie studiert hatte, erhielt er die staatliche Unterstützung für eine Studienreise nach Südengland und Nordfrankreich. Die Erkenntnisse daraus veröffentliche F. 1850 im „Neuen Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie" und wurde ein Jahr später mit dieser Arbeit in Würzburg promoviert. Seit 1850 war F. Pfarrer in Laufen und unterstützte seine Gemeinde durch das Sammeln von Heilpflanzen und Fossilien. Vier Jahre danach wurde er an das Naturalienkabinett nach Stuttgart berufen und beschäftigte sich mit der paläontologischen Sammlung. F. wirkte bei der geognostischen Karte Württembergs mit und veröffentlichte mehrere Schriften zur Speläologie und zur Prähistorie. 1856 wurde er zum Prof. ernannt und 1894 mit d e m persönlichen Adel geehrt. F. war der Vater von Eberhard - > F . , mit dem er 1886 Aus dem Süden, Reisebriefe aus Südfrankreich und Spanien veröffentlichte. 1873 wurde F. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. Zu seinen Publikationen gehören ferner Vor der Sündflut. Eine Geschichte der Urwelt (1866), Die alten Höhlenbewohner (1872) und Die Höhlen und die Ureinwohner Europas (1876). CD N D B

Frähn,

Christian (Martin Joachim), Orientalist, * 4 . 6 . 1782 Rostock (Mecklenburg-Vorpommern), f 2 8 . 8 . 1 8 5 1 St. Petersburg. F., Sohn eines Schneidermeisters, studierte seit 1802 Theologie und orientalische Sprachen in Rostock, Göttingen und Tübingen und war seit 1804 als Latein- und Hauslehrer in der Schweiz tätig. Er habilitierte sich 1806 in Rostock und wurde im folgenden Jahr an die Univ. Kasan berufen, wo er den Lehrstuhl für orientalische Sprachen erhielt. 1815 wurde F. ordentliches Mitglied f ü r das Fach der orientalischen Altertümer an der St. Petersburger A k a d e m i e der Wissenschaften und ordnete dort die zahlreichen orientalischen Münzen. Die von F. entwickelte systematische Klassifikation für muslimische Münzen erlangte große Bedeutung für die Numismatik. 1818 übernahm er als Direktor die Leitung des Asiatischen M u s e u m s in St. Petersburg. Bis zu seinem Tod erforschte er die russische Geschichte auf der Grundlage alter arabischer Quellen. Sein Hauptwerk ist die Recensio nummorum muhamedanorum academiae imperialis scientiarum Petropolitanae (1826). CD N D B

Fraenckel, Fraas,

Eberhard, Geologe, Paläontologe, * 2 6 . 6 . 1862 Stuttgart, t 6 . 3 . 1915 Stuttgart. Der Sohn von Oscar —»F. studierte an den Universitäten Leipzig und M ü n c h e n (Promotion 1886, Die Asterien des Weissen Jura von Schwaben und Franken), habilitierte sich 1889 an der Univ. München für Geologie und Paläontologie

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Jonas, K a u f m a n n , * 19.11. 1773 Breslau, t 2 7 . 1 1 . 1 8 4 6 Breslau. Der aus einer Rabbinerfamilie stammende F. übernahm mit seinem älteren Bruder David die Leitung des von seinem Breslauer Großvater aufgebauten, einflußreichen Handelshauses Edel Fraenckel & Söhne. 1841 wurde er zum Kgl. Kommerzienrat ernannt. Gemeinsam mit seinem Bruder, der

Frankel wie er unverheiratet blieb, beschloß F. frühzeitig, große Teile ihres Vermögens der Wohlfahrtspflege zuzuführen. Die ersten Zuwendungen gingen ausschließlich an jüdische Institutionen, beginnend mit einer Stiftung für das Fraenckelsche Hospital 1841. 1880, nach dem Tod Davids, erweiterte F. seine Stiftungen um ein Waisenhaus, ein Zufluchtshaus für unverschuldet verarmte jüdische Familien, eine Darlehenskasse und eine Bibliothek. Durch seine letztwillige Stiftung wurde ein Rabbiner-Seminar in Breslau gegründet, das Jüdisch- Theologische Seminar als Kernstück der Fraenckelschen Stiftung. CD Leb Schlesien 1, Bd 3 Fraenger, Wilhelm, Kunsthistoriker, Volkskundler, * 5.6. 1890 Erlangen, t 19.2.1964 Potsdam. Nach dem Studium der Kunst-, Literatur-, Kulturgeschichte und Volkskunde an der Univ. Heidelberg war F., Sohn eines Juristen, 1915-19 Assistent am dortigen Kunsthistorischen Institut und wurde 1917 mit der Arbeit Die Bildanalysen des Roland Fréart de Chambray promoviert. Seit 1927 war er Direktor der Stadt- und Hochschulbibliothek in Mannheim. 1933 aus politischen Gründen entlassen, war er 1938-43 künstlerischer Beirat am Schillertheater Berlin. Nach Kriegsende wurde er Bürgermeister von Päwesin im Westhavelland und war 1946/47 Stadtrat sowie Leiter des Amtes für Volksbildung Brandenburg. F. war seit 1947 künstlerischer Beirat am Berliner Renaissance-Theater, wurde dort 1952 ständiger Mitarbeiter sowie stellvertretender Direktor des Instituts für deutsche Volkskunde an der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Berlin, 1955 folgte seine Ernennung zum Professor. Er war Begründer und Herausgeber des „Jahrbuchs für historische Volkskunde" (1925-37) sowie des „Deutschen Jahrbuchs für Volkskunde" (1955 ff.) und gab seit 1955 die Zeitschrift „Demos" heraus. F. verfaßte kunsthistorische Studien (Hieronymus Bosch. Das Tausendjährige Reich, 1947, Neuaufl. 1975) und volkskundliche Arbeiten (Deutscher Humor aus fünf Jahrhunderten, 2 Bde., 1925). Seit 1961 war er ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Berlin. DP Metzler Kunsthistoriker Fraenkel, Adolf, auch Abraham Halevy F., Mathematiker, * 17.2. 1891 München, t 15. 10. 1965 Jerusalem. F. studierte an den Universitäten München, Marburg, Berlin und Breslau, wurde 1915 in Marburg mit der Dissertation Ober die Teiler der Null und die Zerlegung von Ringen promoviert, habilitierte sich dort 1916 mit der Arbeit Über gewisse Teilbereiche und Erweiterungen von Ringen und war dort seit 1922 a. o. Professor. 1928 wurde er Prof. und Direktor des Mathematischen Instituts an der Univ. Kiel. Er war Anhänger der zionistischen Bewegung, lehrte bereits 1929 als Gastprofessor an der Hebrew University of Jerusalem, wanderte 1933 nach Israel aus und war bis 1959 Prof. an der Univ. Jerusalem, 1938-40 deren Rektor. F. veröffentlichte u. a. Aufsätze und Reden. Ein Spiegelbild deutschjüdischer Geschichte aus dem Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts (1930), Mengenlehre und Logik (1959). Essays on the foundations of mathematics (1961) und Extension of the number-concept (York 1964). Seine Autobiographie Lebenskreise erschien 1967. CD Enz Phil Wiss Fraenkel, Albert, Internist, * 10.3. 1848 Frankfurt/Oder, t 6.7. 1916 Berlin. Nach dem Medizinstudium 1870 in Berlin promoviert (Ein Fall von Addison'scher Krankheit), war F. Assistent seines Onkels Ludwig —»Traube sowie von Adolf —»Kußmaul und Ernst von -> Leyden. Er habilitierte sich 1877 an der Univ. Berlin für Innere Medizin und war dort als Dozent tätig. 1884 wurde F. a. o.Prof., 1888 Direktor der Inneren Abteilung am Urban-Krankenhaus in Berlin, wo er zunächst auf dem Gebiet der experimentellen Pathologie forschte und sich später intensiv den Herz- und Lungenkrankheiten widmete

(u. a. Über die pneumonische Form der akuten Lungentuberkulose, 1893). Seit 1891 war F. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Der von ihm entdeckte Erreger der Lungenentzündung wurde später als „Fraenkelscher Bazillus" benannt. F. veröffentlichte u.a. Ueber die Wirkungen der verdünnten Luft auf den Organismus (mit August Julius Geppert, 1886). Er war der Vater von Ernst Eduard Samuel F. CD NDB Fraenkel, Albert, Mediziner, * 3.6. 1864 Mußbach/Pfalz, t 22.12. 1938 Heidelberg. F., Sohn eines Weinhändlers, studierte in München, Würzburg und Straßburg (Promotion 1889, Über einen Fall von Oberschenkelsarcom). Eine Lungentuberkulose konnte durch Kuraufenthalte in Meran und an der Riviera sowie bewußte Lebensführung bewältigt werden. Nach Fortbildungen und ärztlicher Tätigkeit in München, Zürich und Berlin (bei Georg —> Cornet, selbst lungenleidend, Tuberkuloseforscher und Mitarbeiter von Robert ->Koch) ließ sich F. als Landarzt in Badenweiler nieder, richtete zwei Sanatorien ein und betrieb in Heidelberg pharmakologische Forschungen, die in der Entwicklung der intravenösen Strophantintherapie von Herzpatienten (1906) gipfelten. 1914 wurde F. der Professorentitel verliehen, 1928 erfolgte die Ernennung zum Honorarprofessor der Heidelberger Universität. Das Tuberkulosekrankenhaus in Rohrbach/Heidelberg und der Speyererhof gehen wesentlich auf die Initiative und das organisatorisch-ärztliche Engagement von F. zurück. 1933 wurde er aus dieser Leitung und der Universitätsposition entlassen. Hermann —> Hesse hat in der Erzählung Haus zum Frieden (1925) F. und seine Tätigkeit gewürdigt („Unser Professor sucht und sieht und behandelt nicht Krankheiten, sondern Menschen"). Karl —»Jaspers sah den Kern der Persönlichkeit von F., der auch sein Arzt war, in einer „verschwendenden Güte" und „ursprünglichen Kraft des Herzens" (Brief an F., 1.6.1934). 1933 gab F. die Vortragssammlung Der Weg zur rationellen Therapie heraus, im selben Jahr erschien die Monographie Strophantintherapie. WEITERE WERKE: Ueber die pneumonische Form der acuten Lungentuberculose. Berlin 1893. - Spezielle Pathologie und Therapie der Lungenkrankheiten. Berlin 1904. LITERATUR: Georg Weiß (Hrsg.): A. F. Arzt und Forscher. Mannheim 1963. - Peter Drings u. a. (Hrsg.): A. F. Ein Arztleben in Licht und Schatten. Landsberg/Lech 2004. Dietrich von Engelhardt Fraenkel, Alexander (Wilhelm), österr. Chirurg, * 29.10.1857 Jassy (Rumänien), f 16. 1. 1941 Hinterbrühl (Niederösterreich). F., Sohn eines Arztes, war nach dem Studium in Wien (Promotion 1880) Demonstrator am Lehrstuhl für pathologische Anatomie, 1881-84 Operateur unter Theodor —»Billroth und 1884-90 Regiments- und Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Garnisonsspitals Nr. 2 in Wien. 1890 habilitierte er sich für Chirurgie an der Univ. Wien, war 1891 -93 Assistent am Rudolfinerhaus, anschließend bis 1904 Primarchirurg am Karolinen-Kinderspital und daneben 1895-1929 Vorstand der Chirurgischen Abteilung der Wiener Allgemeinen Poliklinik. F. wurde 1902 a. ο., 1917 o. Prof. und war Chefredakteur der „Wiener klinischen Wochenschrift". Er nahm als Sanitätsoffizier am Bulgarisch-Serbischen Krieg, am Balkankrieg und am Ersten Weltkrieg teil. F. veröffentlichte neben zahlreichen kriegschirurgischen Studien u.a. Einige Betrachtungen Uber den ärztlichen Beruf ( 1907) und Das Wirkungsgebiet der Chirurgie (1914). CD Ärzte 2, 3 Frankel, Bärmann Samuel Elie Isachar, jüdischer Theologe, Schriftsteller, * Mitte 17. Jh. Wien, f 30.9. 1708 Fürth. Als die Juden aus Wien vertrieben wurden, kam F. 1671 nach Fürth, wo er in das Vorstandskollegium der jüdischen

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Frankel Gemeinde berufen wurde. Seit 1686 Rabbinatsassessor in Fürth, war er seit 1693 Oberrabbiner von Schnaittach und des Fürstentums Ansbach. F. stiftete eine Klaussynagoge in Fürth und errichtete später ein größeres Lehrhaus. Sein Werk Mateh Jisachar (1792) enthält eine Reihe von talmudischen Novellen und Draschoth. DP Wininger F r a n k e l , Bernhard, Hals-Nasen-Ohren-Arzt, * 17.11. 1836 Elberfeld (heute zu Wuppertal), t 11.11. 1911 Berlin. F. ließ sich nach seiner Promotion 1859 mit der Arbeit Nonnulla de perityphlitide cum viso reperto in Berlin als praktischer Arzt nieder. 1872 habilitierte er sich an der Medizinischen Fakultät der Univ. Berlin und wurde dirigierender Arzt im Augusta-Hospital. Sein Forschungsgebiet war die Rhino-Laryngologie. F. wurde 1887 a. o . P r o f . und Direktor der neugegründeten Universitäts-Poliklinik, 1893 übernahm er die Leitung der Klinik für Hals- und Nasenkrankheiten an der Berliner Charité und war seit 1897 Honorarprofessor. F. gehörte zu den Begründern des Deutschen Ärzte-Vereinsverbandes. Er veröffentlichte u . a . Der Kehlkopfkrebs, seine Diagnose und Behandlung (1889) und Der Stand der Tuberkulose-Bekämpfung in Deutschland. Denkschrift, dem Internationalen Tuberkulose-Kongress in Paris 1905 vorgelegt (1905). F. gab Gefrierdurchschnitte zur Anatomie der Nasenhöhle (2 Bde., 1 8 9 0 / 9 1 ) und die „Zeitschrift f ü r Tuberkulose und Heilstättenwesen" heraus. OD Biogr Jahrb, Bd 16 F r a n k e l , David (ben Naftali Hirsch), jüdischer Theologe, * 1707 Berlin, t 4 . 4 . 1 7 6 2 Berlin. F. war Juwelenhändler in Berlin und Hamburg. U m 1737 als Landesrabbiner nach Dessau gerufen, beschäftigte er sich mit d e m palästinensischen Talmud, schrieb Gedichte und veröffentlichte 1743 den ersten Teil seines Kommentars zum Talmud Korban ha-edah. Im selben Jahr wurde er zum Oberlandesrabbiner in Berlin ernannt und bekleidete dieses A m t bis zu seinem Tod. Zu seinen Schülern zählte Moses —> Mendelssohn, der ihm von Dessau nach Berlin folgte und seine Predigt anläßlich der Siege Preußens im Siebenjährigen Krieg ins Deutsche übersetzte. c d ADB F r a e n k e l , Eduard (David Mortier), Klassischer Philologe, * 17.3. 1888 Berlin, | 5 . 2 . 1 9 7 0 Oxford. F., Sohn eines Weinhändlers, studierte an den Universitäten Berlin, R o m und Göttingen (Promotion 1912, De media et nova comoedia quaestiones selectae), war 1913-15 Mitarbeiter am Thesaurus Linguae Latinae in München, habilitierte sich 1917 an der Univ. Berlin für Klassische Philologie und wurde dort 1920 a. o. Professor. 1923 folgte er einer Beruf u n g als Ordinarius an die Univ. Kiel und wechselte 1928 nach Göttingen, 1931 nach Freiburg/Breisgau. 1933 entlassen, emigrierte er 1934 nach Großbritannien, kam zunächst nach Cambridge und war 1935-53 Prof. für Lateinische Sprache und Literatur am Corpus Christi College der Oxford University. F., der Mitglied einer Reihe von Akademien und seit 1925 Mitherausgeber der Zeitschrift „ G n o m o n " war, veröffentlichte u . a . Iktus und Akzent im lateinischen Sprechvers (1928) und Kleine Beiträge zur klassischen Philologie (1964). F. setzte seinem Leben selbst ein Ende. c d Lex dt-jüd Autoren F r a n k e l , Elkan, H o f j u d e , * um 1655 Wien, t 1720 Wülzburg bei Weißenburg. Der Sohn eines Rabbiners übersiedelte 1670 mit seinem Vater nach Fürth und stand 1677 unter d e m Schutz der D o m propstei in Bamberg. 1686 wird er erstmals in den Fürther Judentabellen genannt, w o er für die Ansbachischen gegen die Interessen der Bamberger Dompropstei Partei nahm. 1703 trat er als H o f j u d e und Günstling in die Dienste des Markgrafen Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach

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und wurde 1710 Obervorsteher der Fürther und Ansbachischen Judengemeinde. Nach einem rechtswidrigen Prozeß wurde er 1712 zur öffentlichen Prügelstrafe und zu ewigem Kerker auf der Wülzburg verurteilt. F r a e n k e l , Ernst, Gynäkologe, * 5 . 5 . 1 8 4 4 Breslau, t 1 9 . 3 . 1 9 2 1 Breslau. Nach der medizinischen Ausbildung in Berlin und Wien wurde F. 1866 in Breslau promoviert {De carcinomate oesophagi). Anschließend war er als Assistent Otto —> Spiegelbergs an der Universitäts-Frauenklinik tätig und habilitierte sich 1873 für Gynäkologie {Über Placentarsyphilis). F. ließ sich als praktischer Arzt f ü r Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Breslau nieder und lehrte als Privatdozent. 1893 wurde er zum Prof. ernannt. F. veröffentlichte u . a . Tagesfragen der operativen Gynäkologie (1896), Die Appendicitis in ihren Beziehungen zur Geburtshilfe und Gynäkologie {1898) und Hygiene des Weibes ( 2 1912). c n Ärzte Schlesien F r a e n k e l , Ernst, Historiker, * 5 . 4 . 1 8 9 1 Breslau, t 18.8. 1971 F r a n k f u r t / M a i n . Nach Abschluß des Studiums der Geschichte, Philosophie und Germanistik an den Universitäten Heidelberg, Freiburg/ Breisgau und Breslau (Promotion 1923) zunächst Kaufmann im väterlichen Geschäft in Breslau, war F. 1929-31 Abgeordneter der Deutschen Staatspartei im Schlesischen Landtag, 1 9 3 2 / 3 3 Syndikus beim Centrai-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, 1933-35 beim Reichsbund jüdischer Frontsoldaten. Zeitweise verhaftet, wurde er schließlich Mitarbeiter der „Gesellschaft für die Wissenschaft des Judentums" in Berlin. 1939 emigrierte F. nach Großbritannien, war zunächst Fabrikarbeiter, später Lehrer an Privatschulen und Mitglied des Freien Deutschen Kulturbunds, zwischenzeitlich auch interniert. Er kehrte 1947 als Prof. am Pädagogischen Institut J u g e n h e i m / B e r g s t r a ß e nach Deutschland zurück, lehrte daneben an der Univ. F r a n k f u r t / Main zunächst Anglo-amerikanische Geschichte und wurde 1951 a . o . , o . P r o f . f ü r Wirtschafts- und Sozialgeschichte. F. gab u . a . Judentum - Schicksal, Wesen und Gegenwart (2 Bde., 1965) heraus. c n B H d E , Bd 2 F r a e n k e l , Ernst, Pseud. Fritz Dreher, Frank III, M. Gerber, Conrad Jürges, E. Kleinfrank, Politikwissenschaftler, * 2 6 . 1 2 . 1 8 9 8 Köln, t 2 8 . 3 . 1 9 7 5 Berlin. F., Sohn eines Kaufmanns, studierte 1918-21 Rechts- und Geschichtswissenschaften an den Universitäten F r a n k f u r t / Main und Heidelberg, arbeitete nach der Promotion z u m Dr. j u r (1923) und d e m Assessorexamen seit 1925 als Dozent an der Wirtschaftsschule des Deutschen MetallarbeiterVerbandes und an der Akademie der Arbeit und war seit 1927 Rechtsanwalt in Berlin, gleichzeitig Rechtsberater des Parteivorstandes der SPD, der er seit 1921 angehörte. In verfassungstheoretischen Arbeiten um 1930 schlug er die Einführung eines konstruktiven Mißtrauensvotums vor. Als Weltkriegsteilnehmer konnte er auch nach der nationalsozialistischen M a c h t ü b e r n a h m e eingeschränkt praktizieren und politisch oder rassisch Verfolgte vor d e m Kammergericht verteidigen. 1938 emigrierte F. in die U S A , nahm ein zweites Studium der Rechte an der University of Chicago auf, wurde 1943 Mitarbeiter des Institute of World Affairs und war 1946-51 als militärischer und juristischer Berater der amerikanischen Militärregierung in Südkorea tätig. Bei Beginn des Korea-Kriegs kehrte er in die U S A zurück, folgte 1951 einer Einladung Otto —>Suhrs nach Berlin, leitete dort zunächst eine Abteilung der Deutschen Hochschule für Politik und war 1953-67 o . P r o f . der Politologie an der Freien Univ. Berlin. F. begründete 1964 das Berliner John-F.-KennedyInstitut f ü r amerikanische Studien. Er veröffentlichte u. a. Der Staatsnotstand (1965) und Reformismus und Pluralismus (1973). c n Demokr Wege

Frankel F r a e n k e l , Ernst Eduard Samuel, Sprachwissenschaftler, * 16.10. 1881 Berlin, t 2 . 1 0 . 1 9 5 7 Hamburg. Der Sohn Albert —»F.s studierte an den Universitäten in Bonn, Leipzig und Berlin und wurde 1905 promoviert. 1909 habilitierte er sich in Kiel und wurde 1916 a. o . P r o f . , 1920 o. Professor. 1936 wegen seiner jüdischen Herkunft emeritiert, erhielt F. nach 1945 eine Lehrstuhlvertretung an der Univ. Hamburg. Er beschäftigte sich mit griechischer Geschichte, den kretischen Dialekten und der litauischen Sprache. F. war Ehrenmitglied der wissenschaftlichen Gesellschaft Athen und korrespondierendes Mitglied der Philologischen Gesellschaft Riga. Er veröffentlichte u. a. Baltoslavica (1921). c a Wininger F r a e n k e l , Eugen, Pathologe, Bakteriologe, * 2 8 . 9 . 1 8 5 3 Neustadt (Oberschlesien), t 19. 12.1925 Hamburg. Nach d e m Studium der Medizin (Promotion 1874 in Breslau, Zur Pathologie des Hals-Sympathicus) und der Tätigkeit als Assistenzarzt an der Hamburger Augenklinik des St.-GeorgKrankenhauses wurde F., Sohn eines Arztes, 1877 Prosektor des dortigen Pathologischen Instituts. 1879-1924 hatte er die Leitung des Pathologisch-Anatomischen Instituts und der Bakteriologischen Abteilung im Eppendorfer Krankenhaus inne. 1909 verlieh ihm der Hamburger Senat den Titel Professor. 1919 wurde er zum ersten Ordinarius für Pathologie an der neugegründeten Univ. Hamburg berufen. Seine Forschungen umfaßten die spezielle und allgemeine Pathologie, Infektionskrankheiten und Bakteriologie. F. entdeckte den Erreger der Gasphlegmone (Fraenkel-Bazillus) und erkannte rasch die Hamburger Choleraepidemie 1892. Er veröffentlichte u . a . Die ätiologische Bedeutung des Typhusbazillus (1886), Über Gasphlegmonen (1893), Mikrophotographischer Atlas zum Studium der pathologischen Mykologie des Menschen (1901), Die Rachitis im Röntgenbild (1910) und Die kongenitale Knochensyphilis im Röntgenbilde (1911). DP Ärzte Schlesien F r a n k e l , Ferdinand, Schriftsteller, * 16. 11. 1815 München, t 1 5 . 5 . 1 8 9 8 M ü n c h e n . F. erlernte das Handwerk der Buchbinderei, wandte sich jedoch d e m Theater zu. Er schrieb mehrere Volksschauspiele; seine Vorbilder waren Ferdinand —»Raimund und Johann —» Nestroy. F. wurde Mitarbeiter verschiedener Tageszeitungen, begründete u . a . die illustrierte Zeitschrift „Stadtfraubase" (1862 ff., später „Hofbräuzeitung") und betrieb eine eigene Buchdruckerei. Er schrieb zahlreiche Possen und Gelegenheitsdichtungen. Neben Volksschauspielen (1852) veröffentlichte F. u . a . Dramatische Feldblumen (1856). m

Kosch: Kath

F r ä n k e l , Hans-Joachim, evang. Theologe, Bischof der Evangelischen Kirche der schlesischen Oberlausitz, * 3 1 . 8 . 1 9 0 9 Liegnitz, t 21. 12. 1996 Marburg. F. studierte 1928-32 in Breslau und Tübingen Theologie und war Vikar in verschiedenen Gemeinden der Bekennenden Kirche. 1936 ordiniert, leistete er Pfarrdienst in den Gemeinden Pirschen, Kaltwasser, Seidenberg (Kirchenprovinz Schlesien) und war nach dem Wehrdienst (1940-43) bis 1945 Pfarrer in Breslau. 1945 wurde er Mitglied der neuen bekenntnisgebundenen Kirchenleitung in Breslau, betreute 1 9 4 6 / 4 7 die schlesischen Pfarrer in der Britischen Besatzungszone und war 1947-49 Kirchenrat im Konsistorium Görlitz. 1952 wurde F. zum Oberkonsistorialrat ernannt; 1964-79 war er Bischof. m DDR F r a e n k e l , Heinrich, Pseud. Assiac, Caissa, Cinna, Leo Pardel, Journalist, Schriftsteller, Übersetzer, * 2 8 . 9 . 1 8 9 7 Lissa (Posen), f 2 7 . 5 . 1 9 8 6 London. F. studierte seit 1919 in Berlin, Frankfurt und Würzburg Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft, widmete sich als Fachjournalist dem Filmgeschäft und bereiste Mitte der

zwanziger Jahre als Werbeleiter großer Hollywood-Firmen Europa und die U S A . Bevor er 1932 nach Berlin zurückkehrte, arbeitete er in Großbritannien und Hollywood als freier Schriftsteller und Drehbuchautor; unter P s e u d o n y m veröffentlichte er Kriminalromane. 1933 emigrierte F. und lebte abwechselnd in Paris, London und Spanien; er war 1943 Mitbegründer der „Freien Deutschen Bewegung", die er bald wieder verließ. Seine Entscheidung, 1950 die britische Staatsbürgerschaft anzunehmen, begründete er 1959 in seiner Autobiographie Farewell to Germany (dt. Lebewohl, Deutschland, 1960). Z u s a m m e n mit dem Direktor der Britischen Filmakademie, Roger Manvell, legte er nach umfangreichen Quellenstudien die ersten Biographien über - » G o e b b e l s (1960), - » G o r i n g (1962) und - ^ H i m m l e r (1965) in englischer Sprache vor. 1 9 5 6 / 5 7 erschien sein zweibändiges Werk Unsterblicher Film. ED Lex dt-jüd Autoren F r ä n k e l , Hermann, auch Frankel, Klassischer Philologe, * 7 . 5 . 1888 Berlin, t 8 . 4 . 1977 Santa Cruz (Kalifornien, USA). F., Sohn eines Klassischen Philologen, studierte Klassische Philologie, Germanistik und Sanskrit an den Universitäten Berlin, Bonn und Göttingen und wurde 1915 zum Dr. phil. promoviert (De Simia Rhodio). 1920-25 Privatdozent, seit 1925 a. o . P r o f . an der Univ. Göttingen, emigrierte der jüdische Gelehrte 1935 in die U S A und war 1937-53 Prof. der Klassischen Philologie an der Stanford University in Palo Alto (Kalifonien). F. beschäftigte sich vor allem mit frühgriechischer Literatur und Philosophie (Dichtung und Philosophie des frühen Griechentums, 1951, 4 1993; Wege und Formen des frühgriechischen Denkens. Literarische und philosophiegeschichtliche Studien, 1955, 3 1968, hrsg. von Franz Tietze), veröffentlichte aber u . a . auch Ovid, a poet between two worlds (1945, 2 1956; dt. Ovid, ein Dichter zwischen zwei Welten, 1951, 2 1970) und Grammatik und Sprachwirklichkeit (\915). 1961 gab er die Argonautica des Apollonius Rhodios heraus (Nachdr. 1986). Seit 1956 war F. korrespondierendes Mitglied der A k a d e m i e der Wissenschaften in Göttingen. F r ä n k e l , Jonas, schweizer. Germanist, * 12.8. 1879 Krakau, t 4 . 6 . 1965 Riedegg bei Thun (Kt. Bern). F., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1898 an den Universitäten Wien und Bern Kunstgeschichte, Literaturgeschichte und Philosophie, wurde 1902 in Bern zum Dr. phil. promoviert (Zacharias Werners Weihe der Kraft. Eine Studie zur Technik des Dramas, 1904) und war 1 9 0 3 / 0 4 für die „Neue Zürcher Zeitung" tätig, 1905-13 Mitarbeiter der „Jahresberichte für neuer deutsche Literaturgeschichte". 1909 habilitierte er sich an der Univ. Bern (Beiträge zu einer Kritik und Textgeschichte der Briefe Goethe 's an Charlotte v. Stein), an der er als Privatdozent und 1921-49 als a . o . P r o f . der Literaturgeschichte lehrte. 1919 erhielt er das Berner Bürgerrecht. F. veröffentlichte Arbeiten zur Goethezeit, zu Heinrich —»Heine, Gottfried - » K e l l e r und über Carl - » S p i t t e i e r . Er war Herausgeber der kritischen A u s g a b e der Werke Gottfried Kellers (22 Bde., 1926-49, seit 1942 von Carl Helbling besorgt). Zu F.s Hauptwerken zählen Spitteier (1945) und Dichtung und Wissenschaft (1954). F. starb auf einer Reise nach Thun. DP I G L F r ä n k e l , Jury, Unternehmer, * 1899 St. Petersburg, t 8.2. 1971 auf einer Reise von Paris nach Murrhardt (Württemberg). Nach einer Ausbildung in der Rauchwarenhandlung Robert Meyer & Co. auf dem Leipziger Brühl trat F. 1921 in den Stockholmer Pelzhandel des Vaters ein; 1927 kehrte er als Vertreter der H u d s o n ' s Bay C o m p a n y nach Leipzig zurück. 1930 übernahm er die Leipziger Repräsentation des Pusnoj Syndikat (seit 1934 Sojuspushnina), der Vereinigung der

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Frankel russischen Rauchwarenexporteure, und war somit f ü r die Brühler nach der Handelsvertretung der U d S S R der wichtigste Ansprechpartner f ü r den russischen Markt. Zwei Jahre später verließ er Leipzig und ging nach Stockholm; nach dem Einbruch des schwedischen Rauchwarenhandels seit Beginn des Zweiten Weltkriegs verdiente F. sein Brot als Übersetzer und Theaterregisseur (unter dem Pseudonym Jura Tamkin). Nach dem Krieg initiierte F. die Gründung der Swedish Fur Fashion Group, verlegte seinen Wohnsitz dann nach Paris und führte in der Folge ein unstetes Reiseleben: Er hielt Vorträge auf fast allen Kontinenten, warb um Nachwuchs für die Rauchwarenbranche und setzte sich allgemein politisch für „Einigkeit und Brüderlichkeit aller Länder der Welt in einer Gedankengemeinschaft" ein. Sein eigentliches Lebenswerk ist das Handbuch Die Tiere im Pelzhandel - als Nachschlagewerk für den alltäglichen Gebrauch konzipiert machte es F. in der Welt des Rauchwarenhandels weithin bekannt und ist noch heute ein Standardwerk der Branche (inzwischen unter dem Titel Jury Fränkels RauchwarenHandbuch, '"1990). Seine Erinnerungen hielt F. 1971 im Buch Einbahnstraße fest. F r a n k e l , Karl, auch Fränken, Hygieniker, * 2 . 5 . 1861 Charlottenburg (heute zu Berlin), t 29. 12. 1915 Hamburg. Nach d e m Medizinstudium an mehreren deutschen Universitäten wurde F. 1884 in Leipzig zum Dr. med. promoviert und 1885 Assistent Robert - » K o c h s am neugegründeten Hygieneinstitut der Univ. Berlin. Sein Grundriß der Bakterienkunde (1887) faßte zum ersten Mal die von Koch angegebenen Methoden und erreichten Ergebnisse zusammen. F. habilitierte sich 1888 in Berlin für Hygiene und ging 1890 als a. o. Prof. und Direktor an das Hygieneinstitut nach Königsberg. Seit 1891 o . P r o f . in Marburg, lehrte er 1895-1915 in Halle. 1909 wurde F. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. F. arbeitete über Bakterien, Mikroorganismen und allgemeine Hygiene. Zu seinen Veröffentlichungen gehört auch ein Mikrophotographischer Atlas der Bakterienkunde (mit Richard Pfeiffer, 1889-92, 2 1893-95). CD DBJ, Bd 1 F r a n k e l , Levi Saul, auch Schaulsohn F., jüdischer Theologe, * 1761 F r a n k f u r t / M a i n (?), f 2 9 . / 3 0 . 11. 1815 Frankfurt/Main. F. war Rabbiner in Dubjenka (Polen), bevor er 1800 Adj u n k t des Breslauer Bet Din sowie Oberlandesrabbiner von Schlesien mit A u s n a h m e von Breslau wurde. Beeinflußt von den Aufklärungsideen der Französischen Revolution, nahm er 1807 in Paris an der Tagung des Synhedrions teil. Vorher prophezeite er seinen Glaubensbrüdern in einem offenen Brief den Z u s a m m e n s c h l u ß des jüdischen und christlichen Glaubens. 1809 legte F. sein A m t als Oberlandesrabbiner ab und trat zum kath. Glauben über. Nach einem Wanderleben wurde er gegen E n d e seines Lebens im jüdischen Krankenhaus in F r a n k f u r t / M a i n a u f g e n o m m e n , wo er zum jüdischen Glauben zurückkehrte. F. gab 1806 Or Enajim des Salomo ben Abraham Peniel heraus. F r a n k e l , Liepmann, auch Fraenckel, Lippman, Maler, * 2 6 . 8 . 1 7 7 2 Parchim (Mecklenburg), t 2 6 . 3 . 1 8 5 7 Kopenhagen. Zunächst als Maler in Lübeck ausgebildet, ging F. 1792 nach Kopenhagen an die dänische Kunstakademie, wo er von dem Miniaturisten Frederik Christian Camradt unterrichtet wurde. 1802-05 und 1812 arbeitete er in Schweden als Porträtist in Pastell- und Miniaturmalerei. 1819 zum königlich dänischen Hofminiaturmaler ernannt, verlor F. beim folgenden Staatsbankrott sein Vermögen. 1826 gründete er eine Tapetenfabrik, die er bis 1847 leitete und die anschließend von seinen Söhnen weitergeführt wurde. CD A K L

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F r a n k e l , Ludwig, Baineologe, * 2 3 . 5 . 1 8 0 6 Berlin, t 6 . 7 . 1 8 7 2 Berlin. F. studierte Medizin in Berlin und wurde 1830 zum Dr. med. promoviert (De aquae frigidae usu externo in morbis internis). Er praktizierte in Berlin und übersetzte medizinische Werke aus d e m Französischen und Englischen. Zunehmend wandte er sich der Wasserheilkunde zu, dem schon seine Dissertation gegolten hatte. 1840 folgte er einem Ruf des Fürsten von Reuß als Direktor an die Wasserheilanstalt Ebersdorf bei Hamburg. Zur W a h r n e h m u n g des Kurverfahrens der hydrotherapeutischen Praxis ging F. 1840 nach Magdeburg und wurde 1844 dirigierender Arzt der Heilanstalt der Wasserfreunde zu Berlin. 1 8 5 6 / 5 7 gab er das „Journal für naturgemäße Gesundheitspflege mit besonderer Beziehung zur Wasserheilkunde" heraus. Er veröffentlichte u. a. Praktische Heilmittellehre für die Krankheiten des kindlichen Alters (1837), Handbuch für die Erkenntnis und Heilung der Kinderkrankheiten (1838), Das Wesen und die Heilung der Hypochondrie (1840) und Compendium der Physiologie des Menschen (1844). CD Ärzte 1 F r a n k e l , Ludwig, Literaturhistoriker, * 2 4 . 1 . 1 8 6 8 Leipzig, t 1925 Ludwigshafen. Nach historischen, germanistischen und anglistischen Studien an den Universitäten Berlin und Leipzig (Promotion 1889, Untersuchungen zur Stoff- und Quellenkunde von Shakespeares „Romeo and Juliet") wurde F. Mitarbeiter der Redaktion des Brockhaus Konversationslexikons, kam 1892 als Sekretär an das Germanische Nationalmuseum nach Nürnberg und war 1893-95 Dozent an der T H Stuttgart. Seit 1897 Realschullehrer in München, wechselte er 1922 als Oberrealschul-Professor nach Ludwigshafen. Er gab literatur- und kulturwissenschaftliche Schriften heraus, darunter das preisgekrönte Jugendwerk Rom, die ewige Stadt der Weltgeschichte und die Germanen (1886). CD D L L F r a n k e l , Ludwig, Gynäkologe, * 2 3 . 4 . 1870 Leobschütz (Schlesien), f 1 0 . 7 . 1 9 5 1 Bad Ischl (Oberöstenreich). Nach d e m Medizinstudium an mehreren deutschen Universitäten wurde F. 1892 in Berlin promoviert ( Ü b e r die Behandlung der Ankylosen des Ellenbogengelenks) und erhielt eine weitere Ausbildung auf den Gebieten der Pathologie und der Gynäkologie. 1905 habilitierte er sich für Geburtshilfe und Gynäkologie an der Univ. Breslau (Vergleichende histologische Untersuchungen über das Vorkommen drüsiger Formationen im interstitiellen Eierstockgewebe), wo er 1909 api., 1921 a . o . P r o f . , 1922 o . P r o f . wurde. Im Ersten Weltkrieg war F. zunächst Stabsarzt, dann Bataillonsarzt bei der Infanterie und schließlich Chefarzt eines Heimatlazaretts. 1936 wegen seiner jüdischen Herkunft entlassen, emigrierte er zunächst nach Brasilien, ging 1937 an das Endokrinologisch-Gynäkologische Institut nach Montevideo und war als Berater des uruguayischen Gesundheitsministeriums tätig. F. veröffentlichte u. a. Die Empfängnisverhütung (1932). c n Ärzte 2, 3 F r a n k e l , Samuel, Unternehmer, * 1801, t 1881. F. zog 1827 aus der alten Judengemeinde Zülz bei Neisse (Oberschlesien) ins benachbarte Neustadt und eröffnete dort ein Schnittwarengeschäft, das er bald zu einem Verlag für die Hausweber der U m g e g e n d ausbaute. Wenige Jahre später kaufte er zwei Handwebstühle, und zehn Jahre danach verarbeitete er bereits 2 0 0 Schock leinene und monatlich 6 8 0 P f u n d baumwollene Garne. 1913 war die Firma S. Frankel, Leinen- und Damastweberei, mit Uber 1400 mechanischen und 4 0 0 Handwebstühlen und mit 4 0 0 0 Arbeitern eine der bedeutendsten Firmen der deutschen Leinenindustrie. Neben F. und seinen vier Söhnen war vor allem sein Schwiegersohn Josef —»Pinkus leitend am A u f b a u der Firma beteiligt.

Fraenkel-Claus F r ä n k e l , Seckel Isaak, Schriftsteller, * 14. 1.1765 Parchim (Mecklenburg), t 4 . 6 . 1 8 3 5 Hamburg. F. war kurze Zeit Lehrer in mehreren Hamburgischen Geschäftshäusern und etablierte sich später selbst als Kaufmann in Hamburg, wo er in der jüdischen G e m e i n d e eine Reihe von Ehrenämtern bekleidete. Er beherrschte zahlreiche Sprachen, die er sich autodidaktisch angeeignet hatte. 1814 veröffentlichte F. ein Gedicht, das die Situation Hamburgs während der französischen Besatzung und die Befreiung beschreibt. Z u s a m m e n mit Meir Bresselau redigierte er 1819, nachdem er zum Vorsitzenden des Hamburger Tempelvereins gewählt worden war, das hebräisch-deutsche Gebetbuch der Gemeinde. Gegen Anfeindungen veröffentlichte er noch im selben Jahr die Schutzschrift des zu Hamburg erschienenen Israelitischen Gebetbuches für die Mitglieder des neuen Tempelvereins nebst einer Beleuchtung des Rabbinismus. F r ä n k e l , Siegmund, Semitist, * 7 . 4 . 1 8 5 5 F r a n k f u r t / Oder, t 11.6. 1909 Breslau. Nach d e m Studium der Semitischen Philologie 1873-77 an den Universitäten Breslau, Leipzig, Berlin und Straßburg wurde F., Sohn eines Rabbiners, der 1886 stellvertretender Landesrabbiner von Schlesien wurde, 1877 zum Dr. phil. promoviert. 1880 habilitierte er sich in Breslau, wurde dort 1886 a. o. Prof. und war 1893-1910 o . P r o f . der Semitischen Philologie. 1886 gab F. sein Hauptwerk Die aramäischen Fremdwörter im Arabischen heraus. Es war der erste Versuch, auf der Basis von literarischen Quellen ohne Berücksichtigung der Keilschriftforschung und südsemitischen Altertumskunde eine Übersicht zu schaffen, die die Kultureinflüsse der aramäischen Vermittlung auf das Arabertum der vor- und frühislamischen Zeit aufzeigt. OD Lex dt-jüd Autoren F r a e n k e l , Siegmund, K a u f m a n n , Politiker, * 19. 12. 1860 München, t 3 0 . 9 . 1 9 2 5 M ü n c h e n . F. trat als Lehrling in die Metallfirma seines Onkels, später in die väterliche Wollgroßhandlung in München ein. 1900 wurde er Mitglied der Handels- und G e w e r b e k a m m e r von Oberbayern, 1909 deren Vizepräsident. Im Reichseisenbahnrat betreute er das Ressort Verkehrs- und Steuerfragen. Als Vorsitzender des Münchner orthodoxen Synagogenvereins „Ohel J a k o b " setzte F. 1907 die Gleichberechtigung innerhalb der G e s a m t g e m e i n d e durch. Mit der Jüdischen Volkspartei, deren Vorsitzender er seit 1921 war, wirkte er an der Gründung des bayerischen Gemeindeverbandes mit. F r ä n k e l , Sigmund, österr. Chemiker, Mediziner, * 2 2 . 5 . 1868 Krakau, t 7 . 6 . 1939 Genf. F. studierte u . a . bei Ernst —»Ludwig an der Univ. Wien sowie an den Universitäten Prag und Freiburg/Breisgau (Dr. med. 1892, Ueber die Glykogenbestimmung), habilitierte sich 1896 in Wien für medizinische C h e m i e und wurde 1911 a. o., 1916 o. Professor. Seit 1904 leitete er das Laboratorium der Ludwig-Spiegler-Stiftung. F. befaßte sich vor allem mit Arzneimittelforschung und -synthese. Er veröffentlichte u . a . Die Arzneimittelsynthese auf Grundlage der Beziehungen zwischen chemischem Aufbau und Wirkung ( 1901, 6 1927), Descriptive Biochemie (1907) und Praktikum der medizinischen Chemie (1918). DP Arzte 2, 3 F r a e n k e l , Walter, Maler, * 12.3. 1879 Breslau, t 1940 in Frankreich verschollen. Zunächst Schüler Adolf —»Kaufmanns an dessen Wiener Malschule, studierte F. 1 8 9 9 / 1 9 0 0 bei Gabriel -> Hackl an der Kunstakademie München, 1901 bei Heinrich —>Knirr. F. stellte erstmals 1902 im Hagenbund, danach in der Wiener Sezession und der Kunstgemeinschaft aus. Er unternahm

Studienreisen u. a. nach R o m , Paris, afrika. F. malte impressionistische nisse ( u . a . Condottiere, 1902). Seit —> Fraenkel-Hahn verheiratet, mit emigrierte.

Griechenland und NordLandschaften und Bild1903 war er mit Louise der er 1939 nach Paris OD A K L

F r ä n k e l , Walter, Physiker, Chemiker, * 21. 12. 1879 Hirschberg (Schlesien), f 14.7. 1945 N e w York. F. studierte 1900-03 in Leipzig und 1903-06 in Heidelberg, wo er 1906 mit der Arbeit Zur chemischen Kinetik des Diazoessigesters zum Dr. phil. nat. promoviert wurde. Er war als Assistent in Heidelberg, Göttingen und Zürich tätig. 1913 ging F. als Assistent an das Physikalisch-Chemische Institut der Univ. Frankfurt, w o er 1919 zum a . o . P r o f . der Metallkunde berufen wurde. Er veröffentlichte u. a. Die Verfestigung der Metalle durch mechanische Beanspruchung (1920), Leitfaden der Metallurgie (1922) und Kinetische Messung einer Umwandlungsreaktion in festen Metallen (mit Ernst Wachsmuth, 1929). DP Poggendorff 6 F r ä n k e l , Wilhelm, Ingenieur, * 1. 1. 1841 Odessa, t 13.4. 1895 Dresden. Nach Abschluß seiner Studien am Dresdner Polytechnikum wurde F. 1866 Ingenieur der kgl. sächsischen Staatsbahn, habilitierte sich 1868 an der nunmehrigen T H Dresden und wurde im folgenden Jahr a.o., später o . P r o f . der Ingenieurwissenschaften. Er war Baurat, schließlich Geheimer Oberbaurat. F., der sich vor allem mit Statik und Brückenbau befaßte, schrieb u . a . Bewegliche Brücken (1882). 1891 wurde F. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. CD A D B F r a e n k e l , Wilhelm, auch Fraenkl, Architekt, * 1 . 4 . 1 8 4 4 Oberglogau (Schlesien), t 5 . 3 . 1916 Wien. F. war Schüler der kgl. Bauschule in Breslau, setzte seine Ausbildung bei Eduard Tietz in Berlin und bei Carl Tietz in Wien fort, unternahm Studienreisen durch Deutschland, Frankreich und Italien und war seit den siebziger Jahren als Stadtbaumeister und Architekt in Wien tätig. Stilistisch zunächst an der Neorenaissance, später am Neobarock orientiert, errichtete er u . a . das Hotel Austria (1872), das heutige Hotel Plaza, und das Hotel Sacher (1874-76). DD A K L F r ä n k e l , Wolfgang Bernhard, Mediziner, * 1 1 . 1 1 . 1 7 9 5 Bonn, t 5 . 3 . 1851 Elberfeld (heute zu Wuppertal). Als Leutnant bei der Mittelrhein-Armee machte F. 1812-15 die Feldzüge gegen Napoleon mit. 1818 nach Bonn zurückgekehrt, studierte er Medizin und wurde 1824 mit der Dissertation De laqueis arteriarum deligationi inservientibus prope ad nodum revinctum resecandis zum Dr. med. promoviert. F. ließ sich in Elberfeld als praktischer Arzt nieder. 1840 trat er vom jüdischen Glauben zum Christentum über. Neben seinen medizinischen Schriften wie Die Flechten und ihre Behandlung (1830, 2 1840) veröffentlichte F. u . a . Das Bekenntnis des Proselyten. Das Unglück der Juden und ihre Emanzipation in Deutschland (1841) und Die Unmöglichkeit der Emancipation der Juden in einem christlichen Staat (1841). DP Wininger F r a e n k e l - C l a u s , Mathilde, österr. Sängerin, * 3 . 8 . 1 8 6 8 Wien, t nach 1941. F.-C. studierte bei Johannes - > R e s s und August - > S t o l l am Wiener Konservatorium, debütierte 1891 als Sopranistin in der Partie der Elisabeth (Tannhäuser) am Hoftheater Mannheim und wurde anschließend an das Hamburger Opernhaus engagiert. 1895-99 war sie Mitglied des Deutschen Theaters in Prag, gastierte 1 8 9 9 / 1 9 0 0 an der M ü n c h n e r und der Wiener Hofoper u. a. als Isolde in Richard —> Wagners Tristan und Isolde, gehörte 1900-03 wieder d e m Ensemble des

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Fraenkel-Hahn Deutschen Theaters in Prag an und hatte danach Engagements in Hamburg, Karlsruhe und Bremen. Seit 1910 gab sie am Neuen Musikinstitut in Wien Gesangsunterricht. 0 0 Kutsch F r a e n k e l - H a h n , Louise, österr. Malerin, * 12.7. oder 1 2 . 8 . 1 8 7 8 Wien, t 1939 Paris. Ihre künstlerische Ausbildung erhielt F.-H. zunächst an der Wiener Kunstgewerbeschule, wo sie drei Jahre Schülerin Karl —» Kargers war. 1 9 0 0 / 0 1 verbrachte sie zwei Wintersemester bei Heinrich —» Knirr in München. Später unternahm sie mehrere Studienreisen, die sie nach Griechenland, Italien und 1907 nach Paris führten. Dort wurde sie vom französischen Impressionismus beeinflußt, was sich deutlich in ihrer Temperatechnik widerspiegelt. F.-H. war Vorstandsmitglied der Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs in Wien und stellte auch im Hagenbund sowie in der Sezession aus. Sie heiratete den Maler Walter —» Fraenkel, mit d e m sie 1939 nach Paris emigrierte. Unter ihren zahlreichen Genrebildern, Porträts, Landschaften und Blumenstücken ist eines der bedeutendsten das Kind mit Kaninchen (1913). CD A KL F r ä n k l i , Hans, schweizer. Staatsmann, * um 1410 Bern, t 1478 Bern. F. erlernte wie der Vater das Kürschnerhandwerk und verbrachte mehrere Jahre auf Wanderschaft in SUddeutschland und B ö h m e n . 1444 zurückgekehrt, wurde er Mitglied des Großen Rats der Stadt Bern, 1446 des Kleinen Rats. 1459 zum Seckelmeister gewählt, gelang es ihm, die aufgrund langer Kriege aufgehäuften Schulden der Stadt zum größten Teil zurückzuzahlen. F. war häufig Tagsatzungsgesandter, beim „Twingherrenstreit" 1470 trat er als Wortführer der Berner Adelspartei hervor. CD Bern Bio, Bd 1 F r ä n t z e l , Oskar (Maximilian Victor), Mediziner, * 4 . 3 . 1 8 3 8 Meseritz, t 1 9 . 9 . 1 8 9 4 Berlin. Nach der militärärztlichen Ausbildung am Berliner FriedrichWilhelm-Institut studierte F. bei Ludwig —»Traube an der Univ. Berlin, war nach der Promotion 1860 (De scleroticochorioideitide posteriore) als Militärarzt tätig und ließ sich 1865 als Stabsarzt und praktischer Arzt in Berlin nieder. 1865-73 leitender Arzt der Inneren Station des KaiserinAugusta-Hospitals, habilitierte er sich 1870 an der Univ. Berlin und wurde 1875 a. o . P r o f . der physikalischen Untersuchungsmethoden und der Laryngoskopie. F. gilt als der Entdecker der die Ganglien umgebenden Endothelien. Er veröffentlichte u. a. Vorlesungen über die Krankheiten des Herzens (3 Bde., 1889-92), Systematische Anwendung des Koch'sehen Specificums gegen Tuberculose bei inneren Krankheiten (1890) und Die idiopathischen Herzvergrösserungen (1892). m ADB F r a n z i , Ferdinand (Ignaz Joseph), Musiker, Dirigent, Komponist, getauft 2 4 . 5 . 1 7 7 0 Schwetzingen, t 19. 11. 1833 Mannheim. Von seinem Vater Ignaz —»F. zum Violinisten ausgebildet, wurde F. 1782 Mitglied der M a n n h e i m e r Kapelle und unternahm seit 1785 eine Studien- und Konzertreise. Er studierte in Straßburg bei Franz Xaver —»Richter und Ignaz —»Pleyel, später in Bologna und wurde 1792 Konzertmeister am Nationaltheater Frankfurt. Seit 1799 unternahm er ausgedehnte Konzertreisen durch England und Rußland. Seit 1806 war er Nachfolger Christian —> Cannabichs als Dirigent der Instrumentalmusik und der Opern in M ü n c h e n . F. leitete dort die bürgerliche Musikgesellschaft „Museum", absolvierte weiterhin Auslandstourneen und schied, seit 1825 Kapellmeister, 1826 aus der bayerischen Hofkapelle aus. Er komponierte u. a. Violinkonzerte, die Oper Carlo Floras ( 1810) und das Singspiel Der Fqßbinder (1824). DD M G G

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F r a n z i , Friedrich Josef, österr. Tänzer, * 13.7. 1863 Wien, t 2 4 . 2 . 1 9 3 8 Wien. Nach der Ausbildung an der Ballettschule der Wiener Hofoper wurde F. 1903 Solotänzer und Mimiker, gleichzeitig Lehrer an der privaten Tanzschule von Josef —» Haßreiter und Instruktor an der k. u. k. Artillerie-Kadettenschule. Als Tanzlehrer der aristokratischen Jugend erfreute er sich ebenso wie als Organisator zahlreicher Ballveranstaltungen großer Beliebtheit. F. war Präsident des Österreichischen Tanzlehrerverbandes. F r ä n z l , Ignaz (Franz Joseph), Komponist, Musiker, getauft 3 . 6 . 1736 Mannheim, t 3 . 9 . 1811 Mannheim. F. trat mit elf Jahren in die M a n n h e i m e r Hofkapelle ein, der auch sein Vater als Trompeter und Bratschist angehörte, war 1756 neben Christian - » C a n n a b i c h und Karl Joseph —»Toeschi Primgeiger und wurde 1774 Konzertmeister. Nach der Übersiedlung des Orchesters nach M ü n c h e n blieb er in M a n n h e i m und wurde Musikdirektor des neugegründeten Nationaltheaters. Mit seinem Sohn Ferdinand —»F. unternahm er ausdehnte Konzertreisen. Als Geigenvirtuose von Zeitgenossen wie —» Mozart und Carl —» Ditters von Dittersdorf geschätzt, komponierte F. Symphonien, Violinkonzerte und K a m m e r m u s i k . CD M G G F r ä n z l , Wilhelm (Willy), österr. Tänzer, * 5 . 6 . 1898 Wien, t 2 4 . 6 . 1982 Wien. Seit 1904 Schüler von Carl —»Raimund, Josef Zulka, Josef —»Haßreiter und Cäcilie —»Cerri-Bukovics, debütierte F. 1905 an der Wiener Hofoper und wurde 1915 Mitglied des Corps de Ballet, 1921 Solotänzer. 1935-62 war er Ballettmeister der Staatsoper in Wien, wurde 1952 zum Prof. ernannt, schuf zahlreiche Choreographien von Opern- und Balletteinlagen und arrangierte Bälle, darunter bis 1981 die E r ö f f n u n g des Wiener Opernballs. F. war Inhaber des von den Eltern übernommenen Tanzinstituts und bildete u . a . Julia —»Drapai und Susanne Kirnbauer aus. t u ÖML F r ä ß l e , (Martin) Joseph, Herz-Jesu-Priester, Missionar, * 2 6 . 1 . 1 8 7 8 Freiburg/Breisgau, t 1 3 . 1 . 1 9 2 9 Freiburg/ Breisgau. F., Sohn eines Rebmanns, trat 1900 in die Gesellschaft der Herz-Jesu-Priester ein und studierte in Luxemburg, R o m und Löwen. Nach der Priesterweihe ging er 1905 als Missionar in den damaligen Belgischen Kongo. Schwer erkrankt, kehrte F. 1920 nach Deutschland zurück und war als Missionsprediger und Schriftsteller tätig. Er forderte u. a. in seinem Werk Negerpsyche im Urwald am Lohali. Beobachtungen und Erfahrungen (1926) Rücksichtnahme auf Sitten und Bräuche der Eingeborenen. CD N D B F r a h m , Andrea, Lyrikerin, * 1.5. 1884 Altona (heute zu Hamburg), t 13.8. 1977 Itzehoe (Kr. Steinburg). F. war seit 1907 Lehrerin in Altona-Bahrenfeld, studierte später Germanistik und Geschichte an der Univ. Hamburg (Promotion 1922) und wurde 1915 Oberlehrerin. Seit 1915 erschienen mehrere Bände mit ihren Gedichten, zuletzt Zum Abschied (1970). CD D L L F r a h m , H e r m a n n , Ingenieur, * 8. 12. 1867 Büdelsdorf bei Rendsburg, t 2 8 . 1 2 . 1939 Remscheid. Der Sohn eines Zimmer- und Schiffbaumeisters studierte nach einer dreijährigen Lehrzeit bei Blohm & Voss in Hamburg 1887-90 Maschinenbau und Schiffbau in Hannover. Nach kurzer Zeit bei B l o h m & Voss ging er als Ingenieur und Konstrukteur zu Haniel & Lueg nach Düsseldorf. 1898 kehrte er als Leiter des Wissenschaftlichen Versuchswesens zu B l o h m & Voss zurück und wurde wegen aufsehenerregender Untersuchungen und Erfindungen (u. a. Vibrationstachometer) 1904 zum technischen Direktor. F. trug bis zu seinem Ausscheiden aus d e m Unternehmen 1936 die Verant-

Francesconi wortung für den Bau der zahlreichen Handels- und Kriegsschiffe. Er erfand die Schlingertanks zur D ä m p f u n g der Schiffsrollbewegungen sowie den optischen Torsionsindikator zur Messung von Drehmomenten und Drehschwingungen. F. veröffentlichte u. a. Neue Untersuchungen Uber die dynamischen Vorgänge in den Wellenteitungen von Schiffsmaschinen (1902). CD S H B L , Bd 3

Frahm,

(Heinrich Friedrich) Ludwig, Schriftsteller, * 2 5 . 7 . 1 8 5 6 T i m m e r h o r n / S t o r m a r n , t 1 . 6 . 1 9 3 6 Poppenbüttel. F., Sohn eines Landwirts, besuchte 1876-79 das Lehrerseminar in Otersen und unterrichtete an verschiedenen Grundschulen in Holstein, seit 1890 in Poppenbüttel bei Hamburg. Er sammelte Sagengut, Erzählungen und Gedichte seiner Heimat und verfaßte selbst Humoresken und Gedichte. Daneben führte er archäologische Ausgrabungen durch und legte seine Ergebnisse in wissenschaftlichen Abhandlungen vor. Er veröffentlichte u . a . Klaus Störtebeker in Sang und Sage (1885), Nordeutsche Sagen von Schleswig-Holstein bis zum Harz (1890), Leewerdod, als Slav! Plattdütsche Kriegsgedichte (1914), Minschen bi Hamborg rüm (1919) und Kumm rin - kiek rut (1929). OD Killy F r a h n e , Heinrich Hans, Industrieller, * 5. 8 . 1 8 7 7 Landeshut (Schlesien), f n. e. F. studierte C h e m i e und Physik an den Universitäten Bonn, Berlin und Genf, ferner an der Handelsakademie Leipzig und den Webschulen Sorau und Erfurt. Er erwarb sich praktische Kenntnisse in mehreren Spinnereien und Webereien im Ausland. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg war er stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der A G . für Leinengarn-Spinnerei und Bleicherei vormals Renner & Comp., Röhrsdorf bei Friedeberg (Schlesien). Er gehörte dem Aufsichtsrat des Gerling-Konzerns an und war erster Vorsitzender der Landeshuter Garn- und Flachsbörse, Mitglied der Industrie- und Handelskammer Schweidnitz, Vorsitzender des Verbandes Deutscher Leinen-Spinnwebereien e . V . und Vorstandsmitglied des Bundes Schlesischer Industrieller e. V. CO Reichshandbuch F r a h n e , Karl Heinrich, Diplomat, * 3 0 . 7 . 1903 Charlottenburg (heute zu Berlin), t 19. 11.1959 Litzelstetten/ Bodensee. F., Sohn eines Arztes, Schloß das Jurastudium seit 1924 mit der Promotion (1929) ab, war dann als Referent bei der Hamburg-Amerika-Linie und 1931-37 als wissenschaftlicher Assistent am Institut f ü r Auswärtige Politik in Hamburg tätig. Seit 1937 wissenschaftlicher Referent am Deutschen Institut für Außenpolitische Forschung in Berlin, war er 1939-44 als Legationssekretär und Kulturattaché Bearbeiter von Sonderaufgaben am Generalkonsulat Budapest. Seit 1945 als freier Schriftsteller tätig, veröffentlichte F. u . a . Von Chaucer bis Shaw. Eine Einführung in die Literatur Englands (1948), Von Franklin bis Hemingway. Eine Einführung in die Literatur Nordamerikas (1949) und Mit und ohne Dame des Hauses (1953) und kehrte 1950 als angestellter Mitarbeiter der Dienststelle für Auswärtige Angelegenheiten des Bundeskanzleramtes in den Auswärtigen Dienst zurück. 1955-58 war er Konsul in Palermo. CD B H d A D F r a n c e , Joseph de, österr. Numismatiker, * 1691 Besançon, f 2 5 . 2 . 1761 Wien. F. eröffnete in Wien ein Wechselgeschäft und war als Diplomat des polnisch-sächsischen Herrscherhauses in Wien tätig. Seit 1732 österr. Hofagent, wurde er 1734 Vize-, 1736 Wirklicher Hof-, Schatz- und Kammerzahlmeister der verwitweten Kaiserin Wilhelmina Amalia. Nach deren Tod 1742 mit der Verwaltung des Nachlasses betraut, übertrug ihm

Kaiserin - » Maria Theresia 1750 als H o f k a m m e r r a t die Position des Generaldirektors sämtlicher Schatzkammern und Galerien. F. legte eine bedeutende S a m m l u n g von über 6000 Münzen, G e m m e n , Kameen und Kleinplastiken an (Joseph Hilarius von —»Eckhel: Musei Franciani descriptio, 2 Bde., 1781). c o ADB F r a n c e , Rudolf (Raoul) Heinrich, eigentl. Franzé, österr. Biologe, * 2 0 . 5 . 1 8 7 4 Wien, f 3. 10.1943 Budapest. In Budapest mehrsprachig aufgewachsen, besuchte F., Sohn eines Vizebuchhalters der österr.-ungarischen Bank, dort die Handelsakademie, wurde in die Ungarische Naturwissenschaftliche Gesellschaft eingeführt und kam nach kurzem Medizinstudium als Schüler des Protozoenforschers Géza Entz an das Ungarische Nationalmuseum. Später Assistent Julius (Gyula) Kleins, arbeitete er unter Verzicht auf eine Promotion 1896 mit Ferdinand Julius —»Cohn in Breslau und war Mitarbeiter und Illustrator naturwissenschaftlicher Publikationen. F. wurde 1898 stellvertretender Leiter der Pflanzenschutzstation in Ungarisch Altenburg, kam 1901 nach Braunschweig und wurde in München u. a. Mitbegründer der Deutschen Mikrologischen Gesellschaft, deren Biologisches Institut er bis 1919 leitete. Er hielt Kurse ab und publizierte naturphilosophische Schriften (u.a. Bios. Die Gesetze der Welt, 2 Bde., 1921, 2 1923, Neudr. 1944). F. erkannte die Bedeutung der Bodenorganismen f ü r die Bodenfruchtbarkeit. Seine Autobiographie Der Weg zu mir erschien 1927. F. war mit Annie —» Francé-Harrar verheiratet. CD N D B

Francé-Harrar,

Annie, österr. Biologin, Schriftstellerin, * 2. 12. 1886 München, f 2 3 . 1 . 1 9 7 1 Hallein (Salzburg). Neben ihren medizinischen und biologischen Studien an der Univ. M ü n c h e n befaßte sich F.-H. mit Kultur- und Literaturgeschichte, wurde 1916 Mitarbeiterin ihres späteren Ehemannes Rudolf Heinrich —» Francé und unternahm mit ihm zahlreiche Forschungsreisen durch alle Kontinente. Nach d e m Tod ihres Mannes setzte sie die gemeinsame wissenschaftliche Arbeit fort, profilierte sich vor allem mit bodenbiologischen Studien und lebte 1952-61 als bodenbiologische Beraterin in Mexiko. F.-H. verfaßte populäre naturwissenschaftliche und kulturhistorische Schriften (u. a. Die letzte Chance für eine Zukunft ohne Not, 1950; Wandlungen des Lebens. Vom Werden, Sein und Vergehen alles Lebendigen. Eine biologische Betrachtung, 1950; Humus. Bodenleben und Fruchtbarkeit, 1957). Ferner schrieb sie Lyrik, Romane (Die Feuerseelen, 1921), Reisebeschreibungen (Ceylon, 1930) und Erinnerungen So war's um 1900 (1962). CD Munzinger F r a n c e s c o n i , Hermenegild Ritter von, österr. Ingenieur, * 1 9 . 1 0 . 1 7 9 5 Cordignano (Prov. Treviso), t 8 . 6 . 1862 Sacile (Prov. Udine). Zunächst Offizier, trat F. 1822 in den Dienst der Baudirektion der Stadt Venedig. Sein Aufgabengebiet umfaßte die umfangreichen Straßenbauten in Venetien und Tirol. 1829 zum Hofbaurat ernannt, beschäftigte er sich mit der Flußregulierung der Donau in Wien, Bratislava und Budapest. 1836 wurde F. mit dem Bau der Kaiser-FerdinandsNordbahn betraut. Er befaßte sich mit d e m Bau eines Straßenbahnnetzes und erarbeitete den Organisationsentwurf f ü r die 1842 errichtete Generaldirektion der österr. Staatsbahnen. F. wurde in den Vorstand der österr. Staatsbahnen berufen, deren Oberleitung er später übernahm. 1848-62 war er General-Inspektor der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn. F. veröffentlichte u . a . Auszüge aus den Beilagen einer Denkschrift über eine in den Jahren ¡837 und 1838 in Deutschland, Frankreich [...] unternommene wissenschaftliche Reise (1840). CD Ö B L

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Franchetti-Walzel F r a n c h e t t i - W a l z e l , Fortunata, geb. Franchetti, österr. Sängerin, * 1 2 . 5 . 1 8 0 1 Wien, t 7 . 4 . 1876 Wien. F.-W. debütierte durch Vermittlung Johanna —>Franul von Weißenthurns 1822 in Prag in der Partie der Gräfin in Die Hochzeit des Figaro, erhielt mit Unterstützung des Intendanten am dortigen Deutschen Theater, Franz von Holbein, sowie der Primadonna Henriette —> Sontag ihre weitere Ausbildung und wurde bald als Mezzosopranistin bzw. Sopranistin berühmt. 1825 kam sie an das Wiener Theater am Kärntnertor, 1826 an das Stadttheater Magdeburg, trat 1827-30 und 1836-42 am Leipziger Opernhaus auf und sang 1832-34 am Hoftheater Braunschweig. F.-W. folgte 1842 einer Beruf u n g an die russische Oper in Kiew, scheint aber bald darauf Abschied von der B ü h n e g e n o m m e n zu haben. OD Kutsch F r a n c h y , Franz Karl, österr. Schriftsteller, * 2 1 . 9 . 1896 Bistritz (Siebenbürgen), t 2 0 . 2 . 1 9 7 2 Wien. F. studierte Germanistik in Klausenburg und Debreczin, nahm am Ersten Weltkrieg teil und kam später nach Österreich. Er war 1922-28 Mittelschullehrer, 1 9 2 9 / 3 0 Journalist, ließ sich anschließend als freischaffender Schriftsteller in Wien nieder und schrieb zunächst Dramen ( u . a . Vroni Mareiter, 1938). In seinem R o m a n Die Brandgasse (1964) stellt er das Schicksal einer jüdischen Familie dar. m

Myß

F r a n c i l l o - K a u f m a n n , Hedwig, verh. de Sanza Gunnaraez, österr. Sängerin, * 3 0 . 9 . 1878 Wien, t 2 6 . 4 . 1948 Rio de Janeiro. Nach einer Ausbildung bei Franzi Müller und Emilie Dorr in Wien, Aglaja —»Orgéni in Dresden und Rosario in Mailand debütierte F.-K. 1898 am Stadttheater Stettin als Sopranistin und war 1899-1903 am Wiesbadener Hoftheater, 1 9 0 2 / 0 3 an der Münchner, 1903-05 an der Berliner Hofoper engagiert. 1905-07 sang sie an der Komischen Oper Berlin, kehrte an die dortige Hofoper zurück und ging 1908 an die H o f oper Wien. 1912-17 Mitglied des Ensembles der Hamburger Oper, unternahm sie danach weltweite Tourneen und wurde durch Beherrschung höchster Sopranpartien bekannt. F.-K. ließ sich 1927 als Gesanglehrerin in Berlin, später in Wien nieder und wanderte nach dem Zweiten Weltkrieg nach Brasilien aus. OD Kutsch F r a n c i s , Emerich K., Soziologe, * 2 7 . 6 . 1906 Gablonz, t 1 4 . 1 . 1 9 9 4 München. F. studierte 1 9 2 4 / 2 5 an der Univ. Innsbruck Rechtswissenschaft, 1926-30 an der Univ. Prag Soziologie, Philosophie und Pädagogik und wurde 1930 promoviert; 1930-32 folgten soziologische und historische Studien in Münster. 1933 emigrierte er nach Kanada. Seit 1947 in den U S A , wurde er im selben Jahr Assistant professor, 1950 Associated professor und 1954 Prof. der Soziologie an der University of Notre D a m e (Indiana, USA). 1958-74 war F. o. Prof. an der Univ. München, wo er das Soziologische Institut begründete, seit 1967 auch Honorarprofessor an der Univ. Innsbruck. Zu seinen Arbeitsgebieten zählte die Minderheiten- und Nationalismusforschung sowie die Religions-, Agrar- und theoretische Soziologie. F. veröffentlichte u.a. Wissenschaftliche Grundlagen soziologischen Denkens (1957) und Ethos und Demos (1965). F r a n c i s c i , Erasmus, eigentl. E. von Finx, Pseud. Christian Minsicht, Theophil Anti-Scepticus, Gottlieb Unverrucht, Theophilus Urbinus, Gottlieb Warmund u. a., Polyhistor, * 19.11. 1627 Lübeck, t 2 0 . 1 2 . 1694 Nürnberg. Der früh verwaiste Sohn des Juristen Franciscus von Finx studierte an verschiedenen deutschen Universitäten Rechtswissenschaft und besuchte als Hofmeister der Familie von Wallenrodt Hochschulen in Italien, Frankreich und den Niederlanden. Seit 1657 Korrektor im Endterschen Verlagshaus in Nürnberg, vermittelte er daneben literarische

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Kontakte. F. befaßte sich mit Naturwissenschaft, Völkerkunde, Geographie, Historiographie und Zeitgeschichte und schrieb Gebrauchs-, Erbauungs- sowie Unterhaltungsliteratur. Er war einer der ersten hauptberuflichen Schriftsteller in Deutschland und einer der meistgelesenen Autoren seiner Zeit. Z u m Teil mit Hilfe seiner Frau und seines Sekretärs verarbeitete er Vorlagen oft mehrmals und paßte seine Tätigkeit rasch neuen Erfordernissen und Gegebenheiten an. F. wies u . a . mit periodischen Werken sowie der Bearbeitung exotischer und märchenhafter Themen auf die Literatur des 18. Jh. voraus. Zu seinen meistrezipierten Werken gehörten die biographische Kompilation Der Hohe Traur-Saal/oder Steigen und Fallen großer Herren (3 Bde., 1665-72) und die an Georg Philipp - > Harsdörffer orientierte S a m m l u n g von Gesprächsspielen Lustige Schau-Bühne (3 Bde., 1663-73). DO S H B L , Bd 7 F r a n c i s c u s Salesius a Matre Dolorosa, eigentl. (Franciscus) Eustachius Foderi, Karmeliter, * 1 3 . 9 . 1 7 3 2 (?) München, t 2 5 . 6 . 1787 Berg Karmel. F., Sohn eines Jägers und späteren Wirts, trat 1753 in M ü n c h e n den unbeschuhten Karmelitern bei, erhielt seine theologische Ausbildung in München und wurde an das Missionshaus des Ordens nach R o m entsandt. Für die Mission im indischen Malabar bestimmt, erwarb er sich bald außerordentliche Sprachkenntnisse des Malabarischen und wurde zum ständigen Visitator in Malabar ernannt. 1774 von Papst Clemens XIV. zum Apostolischen Vikar von Malabar eingesetzt, mußte er bald darauf aufgrund von Konflikten in der Mission und wegen ungeschickten Taktierens beim Bemühen um die Einigung der kath. und der jakobitischen Thomaschristen abdanken. F. lebte in Bombay, später in Bagdad, zuletzt auf dem Berg Karmel. Er schrieb u. a. ein Vocabularium missionarium (1785), das auszugsweise 1829 im Druck erschien. OD LThK F r a n c k , Adolf Theodor, Maler, * 11.7. 1841 Billwärder bei Hamburg, t 2 6 . 6 . 1929 Hamburg. F. erhielt seinen ersten Malunterricht im Atelier Gensler in Hamburg und studierte 1861-63 Malerei an der A k a d e m i e in München. Ende 1863 führten ihn seine Studien nach Florenz, wo er Bilder alter Meister kopierte und die Aktschule der Akademie besuchte. 1865 ging F. nach R o m , kehrte im folgenden Jahr nach München zurück und lebte 1868-70 in Hamburg, dann bis 1881 in München. Von dort führten ihn Reisen nach Tirol, wo er sich dem Studium des Tiroler Volkslebens widmete. Nach einem einjährigen Aufenthalt in Dresden ließ sich F. 1882 in Hamburg nieder. Er schuf Genregemälde (u. a. Bergpredigt in Tirol, Kampf mit den Wilderern), die durch Holzschnitte in Zeitschriften wie „Die Gartenlaube" populär wurden. OD A K L F r a n c k , Albert (Heinrich Rudolf), Landwirt, * 12.9. 1863 Massenbach bei Brackenheim, t 17.7. 1922 Gut Strassenheim bei Mannheim. Im väterlichen Betrieb erwarb sich F. erste landwirtschaftliche Kenntnisse. 1881 erhielt er seine erste Stellung in einem landwirtschaftlichen Großbetrieb bei der Badischen Gesellschaft f ü r Zuckerfabrikation. 1887 übernahm er die Leitung des großen Staatsbetriebs Gut Rheinschanzinsel, 1890 die des Gutes Kirschgartshausen. Seit 1899 leitete F. alle, insgesamt etwa 3000 ha großen Güter der Badischen Gesellschaft für Zuckerfabrikation Waghäusel. 1912 zum Vorstandsmitglied dieser Gesellschaft berufen, gründete F. während des Ersten Weltkriegs in Ungarn die Ungarisch-Deutsche Landwirtschafts-AG, die rund 3 0 0 0 0 ha Pachtfläche bewirtschaftete. Ohne akademisches Studium war er einer der Wegbereiter einer intensiveren und rationelleren Landbewirtschaftung in Deutschland. OD N D B

Franck F r a n c k , Caspar, auch Franckh, Frankus, kath. Theologe, * 2 . 1 1 . 1 5 4 3 Ortrand bei Meißen, t 1 2 . 3 . 1 5 8 4 Ingolstadt. F., dessen Vater als Schullehrer in Meißen, seit 1546 als Prediger in Joachimsthal tätig war, studierte seit 1561 an der Univ. Wittenberg, erwarb 1564 an der Artistenfakultät den Magistergrad und war seit 1565 Prediger im oberbayerischen Haag. Unter dem Einfluß Martin —» Eisengreins trat er 1568 zum Katholizismus über, ließ sich z u m Priester weihen und predigte in Haag und Kraiburg, bis er 1572 als Pfarrer von St. Moritz nach Ingolstadt berufen wurde. Auf einer Reise nach Rom in Siena zum Dr. theol. promoviert, wurde er 1578 Prof. der Exegese an der Univ. Ingolstadt. F. war mit d e m polnischen Kardinal Stanislaus Hosius befreundet. Er schrieb u. a. Von dem ordentlichen Beruff der Priester und Prediger (1571). DD L M U F r a n c k , David, Historiker, * 13.4. 1682 L y c h e n / U c k e r mark, t 2 1 . 7 . 1 7 5 6 Sternberg. F., Sohn eines Oberpfarrers, studierte 1702-05 Theologie an der Univ. Rostock, war zunächst Hauslehrer in P o m m e r n und Holstein und wurde 1713 Rektor, 1717 Prediger, 1727 Präpositus im mecklenburgischen Sternberg. Bis zu seinem Tod gab er 15 Bände seines Lebenswerkes Altes und Neues Mecklenburg (insgesamt 19 Bde., 1753-58) heraus. In seinem 1721 erschienenen Gründlichen und Ausführlichen Bericht von den Durch die Juden zu Sterneberg Anno 1492 zerstochenen und Dahero Blutrünstigen Hostien [...] setzte sich F. quellenkritisch mit den Berichten zur sog. Hostienschändung in Sternberg 1492 auseinander. Ed Mecklenburg, Bd 3 F r a n c k , Eduard, Musiker, Dirigent, Komponist, * 5 . 1 0 . 1 8 1 7 Breslau, t 1.12. 1893 Berlin. F., Sohn eines Bankiers, war 1834-38 Privatschüler Felix —> Mendelssohn Bartholdys in Düsseldorf und Leipzig. William Sterndale Bennett und Robert —> Schumann zählten zu seinen Freunden. 1846 ließ er sich als Klaviervirtuose und -lehrer in Berlin nieder. 1851-58 lehrte er am Konservatorium in Köln Klavier und Theorie und war Chordirigent sowie Pianist der Gürzenich-Konzerte. F. wurde dort 1856 M u sikdirektor, 1859 Leiter der Schweizer Musikschule in Bern und wechselte 1867 als erster Klavierlehrer an das Berliner Sternsche Konservatorium. 1875 zum Prof. ernannt, lehrte er 1878-92 an Emil —»Breslaurs Konservatorium. F. komponierte Orchesterwerke ( u . a . fünf Symphonien, 1846-83), Bühnenmusiken, Vokal- und K a m m e r m u s i k . Zu seinem umfangreichen Klavierwerk gehören zahlreiche Sonaten sowie das Clara —> Schumann zugeeignete Klavierkonzert Nr. I. F. war der Vater von Richard —> F. DP M G G F r a n c k , Fabian, auch Frank, Frangk, Orthograph, Grammatiker, * um 1489 Aslau bei Bunzlau, t nach 1538 F r a n k f u r t / O d e r (?). Nach d e m Erwerb des Magistergrades an der Univ. Frankf u r t / O d e r unterrichtete F. den Sohn des brandenburgischen Kurfürsten. 1535 wurde er von Kurfürst —> Joachim II. Hektar von Brandenburg und Markgraf —» Johann von Küstrin zur Einrichtung einer deutschen Schule nach F r a n k f u r t / O d e r berufen. F. gilt mit seiner seit 1531 mehrfach nachgedruckten Orthographia deutsch als erster deutscher Orthograph. Er forderte eine der griechischen bzw. der lateinischen Grammatik ebenbürtige vollständige deutsche Grammatik und lehnte - ausgehend von der im Entstehen begriffenen hochdeutschen Schriftsprache - eine schriftliche Fixierung der deutschen Dialekte ab. CD N D B F r a n c k , Franz Friedrich, auch Franckh, Maler, * 1627 Augsburg, t 1687 Augsburg. Der Sohn Hans Ulrich —»F.s wurde zunächst von seinem Vater ausgebildet; er setzte seine Studien in Italien fort und

konvertierte nach seiner Rückkehr vermutlich zum Protestantismus. Er schuf religiöse Gemälde, darunter Ankunft Jakobs bei Joseph in Egypten f ü r die St.-Anna-Kirche in Regensburg, Stilleben (Musikstilleben, 1663) und zahlreiche Porträts (Kaiserlicher Rat Octavian Langenmantel). m A KL F r a n c k , Hans, schweizer. Maler, Zeichner, * u m 1485 Bubenberg (Montbovon, Gruyère), t vor 1.4. 1522 Basel. Von den Zeitgenossen durch den Zusatz „der Maler" von Künstlern gleichen N a m e n s unterschieden, erwarb F. 1505 das Basler Bürgerrecht und erhielt 1515 städtische Aufträge, u. a. zur Bemalung des Tors der inneren Befestigungsmauer und zu Wandmalereien im Rathaus. Seit 1519 schuf e r B u c h illustrationen und Buchschmuck für Basler Drucker und Verleger, u. a. für —> Petris Folioausgabe von —> Luthers Altem Testament von 1 5 2 2 / 2 3 . m A KL F r a n c k , Hans, Schriftsteller, * 3 0 . 7 . 1879 Wittenburg (Mecklenburg), t 1 1 - 4 . 1 9 6 4 Frankenhorst bei Wickendorf (Mecklenburg). Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen, war F., Sohn eines Dachdeckermeisters, 1901-11 Volksschullehrer in Hamburg und veröffentlichte danach Dramen und Romane. 1914 wurde er von Luise —> Dumont als Leiter der neugegründeten Hochschule f ü r Bühnenkunst, Dramaturg des Schauspielhauses und Herausgeber der Zeitschrift „Die M a s k e n " nach Düsseldorf berufen und lebte seit 1921 als freischaffender Schriftsteller auf dem Landgut Frankenhorst. F. behandelt in seinen insgesamt über hundert, oft mehrmals aufgelegten Werken T h e m e n wie Heimat, Freundschaft, Liebe, Volk und Religion ( u . a . Das Pentagramm der Liebe, 1919). Politisch schwenkte er von konservativen Anschauungen schon früh zum Nationalsozialismus (Das Dritte Reich. Ein nationalsozialistisches Glaubensbekenntnis, 1922), wurde jedoch von den Machthabern nicht exponiert. Nach 1945 enthielt sich F. politischer Aussagen in seinen Arbeiten und konnte ohne Schwierigkeiten weiter in Ost und West publizieren. Seine Autobiographie Ein Dichterleben in Iii Anekdoten erschien 1961. • • Killy F r a n c k , Hans-Heinrich, Chemiker, * 22. 11.1888 Würzburg, t 21. 12. 1961 Berlin. Der Sohn Philipp —»F.s studierte an der T H Charlottenburg und an der Univ. Berlin (Promotion 1912, Ueber das o-Chrysylendiamin und einige andere Derivate des Chrysens), wurde nach einigen Jahren als Assistent 1919 Chefchemiker bei der Sunlicht A G in M a n n h e i m und habilitierte sich im selben Jahr mit der Arbeit Die Verwertung von synthetischen Fettsäureestern als Kunstspeisefette in wirtschaftlicher, physiologischer und technischer Beziehung an der T H Karlsruhe. Seit 1920 Vorstand des Zentrallabors der Bayerischen Stickstoffwerke A G in Berlin, wurde er 1921 Privatdozent, 1927 a. o.Prof. an der T H Charlottenburg. F., seit 1917 Mitglied der SPD, wurde 1937 das Lehramt entzogen; 1939 folgte seine Entlassung. Er leitete 1940-45 das Glasforschungsinstitut der Deutschen Tafelglas A G , war 1945-48 Ordinarius an der TH Charlottenburg und zugleich Leiter der Stickstoffwerke Piesteritz, wurde u . a . wegen seiner S E D Mitgliedschaft erneut aus politischen Gründen entlassen und übernahm den Lehrstuhl und das Institut für Silikatforschung an der Humboldt-Universität in Berlin. F. war Mitbegründer und seit 1949 Präsident der K a m m e r der Technik. Er veröffentlichte u . a . Der Kalkstickstoff in Wissenschaft, Technik und Wirtschaft (1931), Dünnglas und Dünnstglas, zwei neue Formungsarten des Glases (1958) sowie Arbeiten über chemische Technologie, Silikatchemie und chemischen Apparatebau in einschlägigen Periodika. DD D D R

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Franck Franck, Hans Ulrich, auch Frank, Franckh, Maler, Radierer, * um 1590/95 Kaufbeuren, t 1675 Augsburg. Nach der Ausbildung beim Vater, einem Maler und Stadtbaumeister in Kaufbeuren, war F. dort auch als Organist tätig und ließ sich spätestens 1637 in Augsburg nieder, wo er im folgenden Jahr das Bürgerrecht erwarb. Er betätigte sich als Kirchen- und Genremaler und schuf zahlreiche Porträts und Schlachtengemälde. 1643-56 entstand eine Folge von 25 Radierungen mit genrehaften Darstellungen von den Schrecken des Dreißigjährigen Krieges, die zum bekanntesten Werk F.s wurde. Er war der Vater von Franz Friedrich —> F. t u AKL Franck, Heinz-Gerhard, Chemiker, Industrieller, * 3.1.1923 Gera, t 15.10.1995 Bad Soden. Das Chemiestudium Schloß F. 1948 in Gießen mit der Promotion (Zur Kenntnis der Kiesel-Säure und ihrer Ester) ab und trat in die Gesellschaft für Teerverwertung in Duisburg ein. Nach der Verschmelzung des Unternehmens mit den Riitgerswerken wurde er Mitglied des Vorstandes. Während seiner Zeit als Vorstandsvorsitzender (1972-89) diversifizierte er den Chemiekonzern regional und fachlich und arrondierte ihn mit Auslandsbeteilungen. F. war Honorarprofessor an der TH Darmstadt, nannte 81 Patente sein eigen und veröffentlichte u. a. Steinkohlenteer. Chemie, Technologie und Verarbeitung (1968), Kohleveredlung. Chemie und Technologie (1979), Die Kohlechemie und ihre Bedeutung (1985) und Industrielle Aromatenchemie (1987). Er war Vorsitzender der Dechema, Vizepräsident des Verbandes der chemischen Industrie und Mitglied der Internationalen Teerkommission in Paris. Franck, Hermann, Schriftsteller, Musikkritiker, Ästhetiker, * 14.4.1802 Breslau, t 3. 11.1855 Brighton (Großbritannien). Der Bruder von Eduard —>F. studierte Naturwissenschaften und Philosophie in Breslau, Göttingen und Berlin, u.a. bei Henrik —» Steffens und —» Hegel. Als Freund Felix -» Mendelssohn Bartholdys schrieb er 1826/27 für die „Berliner Allgemeine musikalische Zeitung" von Adolph Bernhard —»Marx, die für die Rezeption und Fortentwicklung der Hegeischen Musikästhetik eine wichtige Rolle spielte. Später machte er sich im Kreis der sog. Junghegelianer als Kunst- und Literaturkritiker, als verantwortlicher Redakteur der Brockhausschen „Leipziger Allgemeinen Zeitung" sowie als politischer Kommentator der Ereignisse um 1848 einen Namen und gewann Einfluß auf Richard -»Wagner. Seit 1846 gehörte F. in Berlin zu den engsten Vertrauten Karl August —>Varnhagen von Enses. 1847-55 schrieb er für seinen Sohn Hugo das Tagebuch für Hugo, einen pädagogischen Basistext, der zu den bedeutendsten Kindheitsbüchern gehört („ Wenn Du dies liest... ". Tagebuch für Hugo, hrsg. von Andreas Feuchte, 1997). Die aufsehenerregenden Umstände, unter denen F. zusammen mit seinem Sohn in England zu Tode kam, blieben ungeklärt. DP MGG Franck, James, Physiker, * 26.8. 1882 Hamburg, t 21.5.1964 Göttingen. F. entstammte einer großbürgerlichen jüdischen Familie, die seit 200 Jahren in Hamburg ansässig war. Er studierte Physik in Heidelberg und Berlin, wo er 1906 bei Emil —> Warburg mit einer Dissertation Über die Beweglichkeit der Ladungsträger der Spitzenentladung promoviert wurde. Anschließend war er Assistent von Warburgs Nachfolger Heinrich —> Rubens und habilitierte sich 1911. Im selben Jahr begannen seine gemeinsam mit Gustav Hertz durch-

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geführten Forschungen auf dem Gebiet der Gasentladungsphysik, bei denen die beiden Physiker u. a. zeigen konnten, daß Quecksilberdampf-Atome beim Zusammenstoß mit Elektronen nur dann Energie aufnehmen, wenn die Elektronen mindestens eine Energie von 4,9 Elektronenvolt besitzen („Franck-Hertz-Versuch", 1913). Für diesen experimentellen Nachweis der von der Quantentheorie postulierten Existenz diskreter Anregungszustände in der Atomhülle erhielten F. und Hertz 1925 den Nobelpreis. Im Ersten Weltkrieg wurde F. bei der kämpfenden Truppe im Gaskrieg eingesetzt. 1917 kehrte er schwerkrank nach Berlin zurück und wurde an kriegswichtigen Forschungen am Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie beteiligt. Nach dem Krieg wurde er dort Leiter der PhysikAbteilung. 1920 erfolgte die Berufung auf eine ordentliche Professur für Experimentalphysik in Göttingen, das bald als „Mekka der Atomphysik" gelten sollte. In enger Zusammenarbeit mit seinem Freund und Kollegen Max —> Born, der in Göttingen das Institut für Theoretische Physik leitete, widmete sich F. vor allem der Untersuchung von Molekülen; dabei fand er ein Prinzip zur Bestimmung der Intensitäten von Spektrallinien in einem Molekülspektrum, das später von Edward Uhler Condon quantenmechanisch begründet wurde („Franck-Condon-Prinzip", 1926). Als Kriegsteilnehmer war F. trotz seiner jüdischen Abstammung von dem von den Nationalsozialisten erlassenen „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" selbst nicht betroffen. Dennoch wandte er sich 1933 öffentlich gegen die Entlassung zahlreicher jüdischer Kollegen und trat unter Protest von seinem Amt zurück. Erst als sich herausstellte, daß dieser Schritt die erhoffte Signalwirkung verfehlte und die Entlassungsmaßnahmen fortgesetzt wurden, entschloß sich F. schweren Herzens zur Emigration. Baltimore (1933/34), Kopenhagen (1934/35), wieder Baltimore (1935-38) und schließlich Chicago waren die nächsten Stationen seines Lebens. An der Univ. Chicago leitete er als Prof. der physikalischen Chemie ein Labor zur Erforschung der Photosynthèse; für die hier entstandenen Arbeiten wurde er 1955 von der American Academy of Arts and Sciences mit der RumfordMedaille ausgezeichnet. Während des Zweiten Weltkriegs war er am amerikanischen Atomprojekt beteiligt. Im Juni 1945 versuchte er vergeblich, mit einer an die amerikanische Regierung gerichteten Denkschrift („Franck-Report") den Einsatz von Atomwaffen zu verhindern. Nach dem Krieg wurden F. in Deutschland zahlreiche Ehrungen zuteil. 1951 erhielt er die Max-Planck-Medaille der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, 1953 wurde er zusammen mit Max Born Ehrenbürger von Göttingen, 1958 erfolgte die Aufnahme als Ehrenmitglied in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. F. war in zweiter Ehe mit seiner ehemaligen Assistentin Hertha —> Sponer verheiratet, die ebenfalls in die USA emigriert und Professorin an der Duke University in Durham (North Carolina) geworden war. WEITERE WERKE: Anregung von Quantensprüngen durch Stöße. Berlin 1926 (mit Pascual Jordan). LITERATUR: Max Born/Wilhelm H. Westphal: J. F. In: Physikalische Blätter 20 (1964) S. 324-334. - Heinrich Gerhard Kuhn: J. F. 1882-1964. In: Biographical Memoirs of Fellows of the Royal Society 11 (1965) S. 53-74. - Jost Lemmerich: Der Luxus des Gewissens. Max Born, J. F. Physiker in ihrer Zeit. Wiesbaden 1982. - Norbert Kamp: J. F. und Max Born in Göttingen. Göttingen 1983. - Heinz Maier-Leibnitz: J. F. In: Der Exodus aus Nazideutschland und die Folgen. Hrsg. v. Marianne Hassler und Armin Hermann. Tübingen 1997, S. 59-70. Andreas Kleinert

Franck F r a n c k , Johann, auch Franckh, Johannes, Kupferstecher, Radierer, t nach 1690. Der Sohn eines Wachtmeisters war hauptsächlich in Augsburg und Nürnberg tätig. In Augsburg erhielt er das Bürgerrecht. F. schuf in erster Linie Kupferstiche für Bücher, darunter einen Aufriß der Fassade des Ulmer Münsters und Porträtstiche für die Ternsche Academie des Joachim von - » Sandrart. OD A K L F r a n c k , Johann, auch Frank, Francke, Jurist, Liederdichter, * 1.6. 1618 Guben, t 18.6. 1677 Guben. Vom Jurastudium in Königsberg (seit 1638) kehrte F., Sohn eines Ratsherrn, 1640 ohne Abschluß nach Guben zurück. Er wurde 1645 Anwalt, 1648 Ratsherr, 1661 Bürgermeister seiner Heimatstadt, 1670 Landesältester der Niederlausitz. F. schrieb weltliche Poesie sowie geistliche Lieder (Hundertteilige Vaterunserharfe, 1646), die u . a . von Johann —»Crüger vertont und sogleich hochgeschätzt wurden. Seit seiner Studienzeit war er mit Simon - » D a c h , wahrscheinlich auch mit Paul —> Gerhardt befreundet. 1 6 7 2 / 7 4 erschien die S a m m l u n g Teutsche Gedichte (Teil 1: Geistliches Sion, Teil 2: Irdisches Helicon). Von F.s Liedern, die in zahlreiche Sprachen übertragen wurden, gehören einige (u. a. Jesu meine Freude und Schmücke dich, o liebe Seele) zum Kernbestand der evang. Kirchenmusik. DP M G G F r a n c k , Johann, auch Johann Fran(c)k, Germanist, Volkskundler, * 2 7 . 4 . 1854 Bendorf bei Koblenz, t 23. 1. 1914 Bonn. Der Kaufmannssohn studierte Geschichte, Germanistik und Romanistik in München (1872-74) und Straßburg (1874-76), Schloß nach der Promotion 1876 bei Wilhelm —> Scherer niederländische Studien an der Univ. Leiden an und habilitierte sich 1879 an der Univ. Bonn. Anschließend als Privatdozent tätig, wurde F. dort 1886 a. o. Prof. für Niederdeutsche und Niederländische Sprache und Literatur, 1912 o. Prof. für Niederdeutsche und Niederländische Philologie. 1904 begründete er das Rheinische Wörterbuch (1928-71 in 9 Bänden hrsg. von Josef —»Müller, Heinrich Dittmaier, Rudolf Schützeichel und Matthias —»Zender). Neben Editionen mittelalterlicher niederdeutscher und niederländischer Literatur veröffentlichte F. u. a. Mittelniederländische Grammatik mit Lesestucken und Glossar (1883, 2 1910, Nachdr. 1971), Etymologisch woordenboek der Nederlandsche taal (1892, 2 1912, Nachdr. 1976) und Altfränkische Grammatik. Laut- und Flexionslehre (1909, 2 1971 hrsg. von Rudolf Schützeichel). CD I G L F r a n c k , Johann Wolfgang, Komponist, getauft 17.6. 1644 Unterschwaningen bei Dinkelsbühl, t zwischen 1696 und 1719. In Ansbach aufgewachsen und ausgebildet, war F., Sohn eines Vogts und Kastners, 1 6 6 5 / 6 6 H o f m u s i k u s , Informator und A d j u n k t an der Kammerregistratur am Markgrafenhof. Zwischen 1668 und 1672 bereiste er Italien und wurde 1673 Hofkapellmeister und Operndirektor in Ansbach. Er hatte großen Einfluß auf das Musikleben am Hof, mußte jedoch nach einem aus Eifersucht verübten Mord 1679 das Land verlassen und wandte sich nach Hamburg, w o bis 1686 siebzehn seiner Opern im Opernhaus am Gänsemarkt herausgebracht wurden. Seit 1682 als Nachfolger Nicolaus A d a m —»Strungks Leiter der Hamburger D o m m u s i k , komponierte er zunehmend kirchenmusikalische Werke, darunter Geistliche Lieder. F. verließ 1687 Frau und Kinder und gab 1690-96 zusammen mit Robert King in der Londoner Covent Garden Opera Konzerte. F. komponierte Kantaten, Liedern, vor allem aber Opern, in denen er durch die Einbeziehung venezianischer Stilmittel den Formenreichtum der frühdeutschen Oper wesentlich erweiterte. Seine Oper Die drey Töchter des Cecrops (1679) gilt als die früheste vollständig erhaltene deutschsprachige Oper. CD M G G

F r a n c k , (Johann) Ludwig, Veterinärmediziner, * 7 . 3 . 1834 M o g g e r bei Mupperg (Thüringen), t 4 . 4 . 1 8 8 4 München. F., Sohn eines Ökonomieverwalters, studierte 1851 -54 an der Tierarzneischule in M ü n c h e n und war als Landgerichtstierarzt, später als Militärveterinär tätig. 1864 wurde er Prof. an der Münchner Tierarzneischule, wo er Vorlesungen über Anatomie, Physiologie, Geburtshilfe, Tierzucht, Rezeptierkunde, Seuchenlehre und Diätetik hielt. An der Landwirtschaftlichen Fakultät der T H M ü n c h e n lehrte er seit 1872 zusätzlich u. a. Hygiene, Seuchenlehre und Hufbeschlag. F. wurde 1877 Direktor der Tierarzneischule. Seine zahlreichen Arbeiten veröffentlichte er u . a . in der „Wochenschrift für Thierheilkunde" und in der von ihm zusammen mit Otto von - ^ B o l l i n g e r 1874 begründeten „Deutschen Zeitschrift für Thiermedicin". Bahnbrechend wirkte F. auf seinem Spezialgebiet der Geburtshilfe ( H a n d b u c h der thierärztlichen Geburtshilfe, 1876, 5 1914). 1883 erschien seine Kleine vergleichende Anatomie der Hausthiere. CD N D B F r a n c k , Melchior, Kapellmeister, Komponist, * u m 1579 Zittau, t 1.6. 1639 Coburg. In Augsburg Kompositionsschüler Hans Leo —» Häßlers, kam F., Sohn eines Malers, vermutlich 1601 mit ihm nach Nürnberg, wurde 1602 Schuldiener bei St. Egidien und war seit 1603, vielleicht auch schon seit 1602, SächsischCoburgischer Kapellmeister in Coburg. Als ungewöhnlich produktiver Komponist schuf er neben weltlichen Liedern und Instrumentalwerken ein umfangreiches kirchenmusikalisches Werk, darunter Geistliche Gesänge und Melodeyen (1608) und Gemmulae Evangeliorum Musicae (1623). Auf ihn gehen mehrere verbreitete Choralmelodien zurück, u . a . zu Jerusalem, du hochgebaute Stadt. CD M G G F r a n c k , Michael, Liederdichter, Komponist, * 1 6 . 3 . 1 6 0 9 Schleusingen (Thüringen), begraben 2 7 . 7 . 1 6 6 7 Coburg. Der Bruder Peter und Sebastian —»F.s wurde zum Handwerker bestimmt, verarmte als Bäckermeister in Schleusingen und wanderte 1640 nach Coburg aus, wo er sich neben der handwerklichen Erwerbstätigkeit als Autodidakt wissenschaftlichen Studien, der Dichtung und der Komposition widmete. Seit 1644 war er Lehrer an der Coburger Stadtschule. F. wurde 1659 zum Dichter gekrönt und später von Johann —»Rist als „Staurophilos" in den Elbschwanorden a u f g e n o m m e n . Er verfaßte ausschließlich geistliche Lyrik und veröffentlichte u. a. das autobiographische Angaben enthaltende Werk Das alte sichere und in Sünden schlaffende Teutschland (1651). Zu seinen geistlichen Liedern zählt das noch in heutigen Gesangbüchern enthaltene Ach wie flüchtig, ach wie nichtig, zu d e m Johann Sebastian —» Bach eine Kantate schrieb. CD M G G F r a n c k , Michael Erich, Pseud. Melisso, Schriftsteller, * Oktober 1691 Schalkau (Kr. Sonneberg), t 15.6. 1721 Ahorn bei Coburg. F., Sohn eines Pfarrers, studierte seit 1713 in Jena und Altdorf Jura, wurde 1716 promoviert und erhielt 1717 eine Stelle als Amtsadvokat in Oldisleben/Unstrut. Während des Studiums schrieb er fünf Romane, u. a. Die rachgierige Fleurie (1715) und Die in dem Grabe erlangte Vermählung der beeden Verliebten Rapymo und Sithbe (1717). Alle Werke gehören zur Gattung des „galanten Romans". Der Stoff wird auf eine Liebesgeschichte reduziert und in lose miteinander verbundenen Bildern in einer Mischung von h o h e m und niederem Stil erzählt; die Handlung stellt die egoistische, gesellschaftliche Konventionen sprengende Seite der Liebe dar. CD Killy

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Franck F r a n c k , Moritz Ritter von, österr. Staatsmann, * 2 6 . 9 . 1 8 1 4 Wien, t 7 . 9 . 1 8 9 5 Graz. Nach d e m Studium in Wien trat F. 1830 in die österr. A r m e e ein, übernahm später die Verwaltung seines steirischen Guts Frankenegg und wurde 1841 Landstand sowie Direktor der Sparkasse in Graz. 1846 als Stellvertreter Erzherzog —» Johanns zum Frankfurter Parlament entsandt, war er 1861-64 der erste freigewählte Bürgermeister von Graz, als der er 1867 für drei Jahre wiedergewählt wurde. Unter F.s Verwaltung wurde u . a . das BUrgerspital erweitert und der Stadtpark angelegt. DD A D B F r a n c k , Paulus, auch Franckh, Schreib- und Rechenmeister, * Gefrees (Oberfranken), 16./17. Jh. F.s Verleger benennt die Nürnberger Schreib- und Rechenmeister A d a m Strobel und Augustin Wildsau als dessen Lehrer. Angeblich mußte F. 1595 wegen eines Totschlags M e m m i n g e n verlassen und nach Nürnberg zurückkehren. Allerdings nannte er sich selbst noch 1601 „Burger M o dist und Rechenmeister von M e m m i n g e n " auf d e m Titelblatt seiner Schatzkammer Allerhand Versalien Lateinisch und Teutsch [...]. Dieses Werk besteht überwiegend aus in Holz geschnittenen deutschen Initialen mit Frakturcharakter linearer gegenstandsloser Natur. Diese spezifisch deutsche Kunst erlebte um 1600 rege Anteilnahme, denn schon wenige M o n a t e nach Herausgabe von F.s Buch erschienen zwei Veröffentlichungen anderer Autoren zu demselben T h e m a . Mehrere kaiserliche Erlässe, u. a. der zum Salzmonopol vom 1 6 . 7 . 1 6 3 2 , verwendeten F.s Initialen. Die Initialsammlung F.s wurde 1655 und später in zwei undatierten Auflagen nochmals gedruckt. ED N D B F r a n c k , Peter, Liederdichter, Komponist, * 2 7 . 9 . 1616 Schleusingen (Thüringen), t 2 2 . 7 . 1 6 7 5 Gleußen bei Lichtenfels (Bayern). Der Bruder Michael und Sebastian —» F.s studierte seit 1636 an den Universitäten Jena und Altdorf. Seit 1643 H o f m e i ster in Ahorn bei Coburg, war er von 1645 an Geistlicher in Thüngen, Roßfeld, Rodach, Gleußen und Herreth. F. dichtete und komponierte Kirchenlieder, darunter Auf, Zion, auf, Tochter, säume nicht. Ferner veröffentlichte er u. a. Epigrammata sacra (1644). m BBKL F r a n c k , (Johann Heinrich) Philipp, Maler, * 9 . 4 . 1 8 6 0 F r a n k f u r t / M a i n , t 13.3. 1944 Berlin-Wannsee. F., Sohn eines K a u f m a n n s , studierte seit 1877 bei Heinrich - » Hasselhorst und Eduard von —»Steinle am Städelschen Institut in F r a n k f u r t / M a i n , 1879-81 bei Anton —»Bürger in Kronberg/Taunus, später bei Eduard von —»Gebhardt und Eugen —»Dücker an der Kunstakademie Düsseldorf. Über Potsdam und Würzburg kam er 1891 nach Halle und lehrte seit 1892 an der Kunstschule Berlin; 1898 wurde er zum Prof., 1915 zum Direktor der Kunstschule ernannt. F. war Mitglied des Senats der Berliner A k a d e m i e der Künste und 1898 Mitbegründer der Berliner Secession. 1933 legte er seine Ämter nieder. F. war mit M a x —» Liebermann befreundet und gehörte zum Kreis um Lovis —»Corinth. Er malte impressionistische Landschaften mit Staffage (u. a. Feldarbeit, 1903) und Bildnisse (u. a. Dame im Sessel, 1930). Als Pädagoge reformierte er den Zeichenunterricht in Preußen. F. veröffentlichte neben Lebenserinnerungen (Vom Taunus zum Wannsee, 1920) die Autobiographie Ein Leben für die Kunst (1944). Er war der Vater von Hans-Heinrich —»F.

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AKL

F r a n c k , Richard, auch Franck-Bernoulli, Komponist, Dirigent, * 3. 1. 1858 Köln, t 22. 1. 1938 Heidelberg. Der Sohn Eduard —»F.s studierte bei seinem Vater am Sternschen Konservatorium in Berlin, seit 1878 bei Carl —» Reinecke, Salomon —»Jadassohn, Bernhard Friedrich - » R i c h t e r und Wilhelm - » R u s t in Leipzig. 1880-83 sowie

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1887-1900 lebte er in Basel als Komponist, Pianist, Dirigent und Lehrer am dortigen Konservatorium, folgte anschließend einer B e r u f u n g nach Kassel, w o er 1903 kgl. Musikdirektor wurde, und war später Dozent am Heidelberger Konservatorium. F. komponierte u. a. die Ouvertüre Wellen des Meeres und der Liebe (op. 21) und schrieb Musikalische und unmusikalische Erinnerungen (1928). CD M G G F r a n c k , Salomo, auch Franc, Francke, Franke, Pseud. Cleander, Lieder- und Kantatendichter, * 6 . 3 . 1 6 5 9 Weimar, f 11. (?) 6 . 1 7 2 5 Weimar. F., Sohn eines weimarischen Gerichts- und Kammersekretärs, der auch als Musiker tätig war, studierte Rechtswissenschaft und vermutlich Theologie an der Univ. Jena, wurde 1689 Regierungs- und Konsistorialsekretär in Arnstadt, 1697 Regierungs- und Konsistorialsekretär in Jena und kehrte 1702 als Oberkonsistorialsekretär nach Weimar zurück, w o er zugleich die herzogliche Bibliothek und das Münzkabinett verwaltete. F. war als „Der Treumeinende" Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft und dichtete als Hofpoet zahlreiche geistliche Lieder. U . a . veröffentlichte er 1715 drei Jahrgänge Kantaten, von denen einige von Johann Sebastian —»Bach und Georg Philipp —»Telemann vertont wurden. CD M G G F r a n c k , Sebastian, Theologe, Schriftsteller, Drucker, * um 1500 Donauwörth, t 1542 oder 1543 Basel. Aus einer Weberfamilie stammend, studierte F. in Ingolstadt (seit 1515) und am Ordensstudium der Dominikaner in Heidelberg (seit 1518), geriet unter den Einfluß der luth. Reformation und war zunächst in der U m g e b u n g Augsburgs, dann Nürnbergs in geistlichen Ämtern tätig. Wohl durch seine Heirat (1527) mit Ottilie Behaim, der Schwester der „gottlosen Maler", k a m er in Kontakt mit täuferischen und spiritualistischen Kreisen, gab sein geistliches A m t auf und lebte von seiner schriftstellerischen Tätigkeit, zuerst in Nürnberg (1528), dann in Straßburg (1531). Dort geriet er nach Publikation seiner Geschichtbibel (1531) wegen seiner radikalen Kritik an Kaiser und Adel in Konflikt mit der Obrigkeit, wurde eingekerkert, dann ausgewiesen. N a c h d e m er sich in Eßlingen mit Seifensieden durchgebracht hatte, zog er 1534 nach Ulm, w o er als Buchdrucker wirkte. Als Dissident war er weiter den Angriffen der Straßburger und Wittenberger Reformatoren ausgesetzt, die im Ulmer Münsterpfarrer Martin —»Frecht einen einflußreichen Helfer fanden. F. mußte schließlich 1539 nach Basel fliehen. Dort kam er als Drucker zu Wohlstand, starb jedoch schon bald an der Pest. F. war stark vom H u m a n i s m u s bestimmt (Kronbüchlein, 1534, mit Übersetzungen aus —»Erasmus von Rotterdam und —»Agrippa von Nettesheim). Theologisch knüpfte er an den frühen —»Luther an. Von Luthers Reformation sind die frühen Schriften beeinflußt, doch entwickelte sich F. bald, u . a . von Hans —»Denck beeinflußt, zu einem ihrer schärfsten Kritiker im Namen einer Geisttheologie, die d e m Sola-scriptura-Prinzip das lebendige Wort entgegensetzte. F. lehnte ein evang. Lehramt ebenso ab wie Tendenzen zur Kirchenbildung. Er wollte für eine unsichtbare G e m e i n d e weit verstreuter Gläubiger schreiben, die das Wirken des Geistes in ihrem Innern spüren und sich dadurch über Grenzen von R a u m und Zeit verständigen. F. wollte nicht lehren, sondern „Zeuge" des lebendigen Gottesworts sein, in dessen Zeugnis sich andere wiedererkennen können, so wie er sich im Zeugnis anderer wiedererkannte. Mit seinem Verständnis vom Glauben als reiner Innerlichkeit und seiner Ablehnung menschlichen Wissens als eitle A n m a ß u n g (Kronbüchlein) stellte sich F. in die Tradition der Mystik (—»Johannes Tauler, lateinische Paraphrase der Theologia deutsch). Adäquate F o r m des Sprechens ist ihm das Paradox, dessen Unauflösbarkeit eine B e w e g u n g auslösen soll, die das

Franck von Franckenau Ich „in d e n Geist treibt" ( P a r a d o x a , 1534). D i e s e B e w e g u n g kann d u r c h K o n f r o n t a t i o n e i n a n d e r w i d e r s p r e c h e n d e r Z i t a t e oder P a r a p h r a s e n von Bibelstellen oder f r e m d e r A u toren a u s g e l ö s t w e r d e n (Guiditi Arch, 1538; Verbiltschiert Buch, 1539), ein Verfahren, d a s F. auch in seinen übrigen, stets seiner t h e o l o g i s c h e n A b s i c h t d i e n e n d e n Schriften, d e n historischen (Geschichtbibel, 1531, 1534; Weltbuch, 1534; Germaniae Chronicon, 1538) w i e den politischen (Kriegbüchlein des frides, 1539), a n w a n d t e . D i e A b l e h n u n g d o g m a t i s c h e r Verfestigung schließt d i e F o r d e r u n g religiöser Toleranz, selbst g e g e n ü b e r H e i d e n und M u s l i m e n , ein (Brief an J o h a n n e s —> C a m p a n u s , 1531). Trotz radikaler Kritik kirchlicher und staatlicher Institutionen („Vorrede v o m Adler", Geschichtbibel, 1531; 1534 a b g e m i l d e r t ) blieb F. in D i s t a n z zu r e v o l u t i o n ä r e n B e w e g u n g e n w i e B a u e r n krieg und T ä u f e r t u m . In seinen Spruchwörtern (1541) suchte er, in der N a c h f o l g e d e s E r a s m u s , eine u r s p r ü n g l i c h e , nicht durch d e n toten B u c h s t a b e n der G e l e h r s a m k e i t pervertierte, auf den Geist G o t t e s z u r ü c k g e h e n d e Weisheit der V ö l k e r zu s a m m e l n . F. vermittelte gelehrtes W i s s e n in die Volkssprache. A l s Schriftsteller ist er n a h e z u nur in f r e m d e n Texten präsent, in deren Z u s a m m e n s t e l l u n g , Ü b e r s e t z u n g e n , P a r a p h r a s e n , a u c h kurzen k o m m e n t i e r e n d e n Z u s ä t z e n . L ä n g e r e W i r k u n g hatten seine h i s t o r i s c h - g e o g r a p h i s c h e n K o m p i l a t i o nen, in den N i e d e r l a n d e n a u c h sein kirchenkritischer Spiritualismus. WERKE: S ä m t l i c h e Werke. Hrsg. v. Peter M . K n a u e r . B e r n u . a . 1 9 9 2 f f . (ersch. T e x t b ä n d e 1, 4 und 11). - S ä m t l i c h e Werke. Kritische A u s g a b e mit K o m m e n t a r . Hrsg. v. H a n s G e r t R o l o f f . Stuttgart 2 0 0 5 ff. (ersch. K o m m e n t a r B d . 1). LITERATUR: K l a u s K a c z e r o w s k i : S. F. B i b l i o g r a p h i e . W i e s b a d e n 1976. - V D 16, F 2 0 6 4 - 2 1 7 5 . - A l f r e d Hegler: Geist und S c h r i f t bei S. F. Freiburg 1892. - Ders.: B e i t r ä g e zur G e s c h i c h t e d e r M y s t i k in der R e f o r m a t i o n s z e i t . B e r lin 1906. - E b e r h a r d Teufel: L a n d r ä u m i g . N e u s t a d t / A i s c h 1954. - H o r s t Weigelt: S. F. und d i e lutherische R e f o r m a tion. G ü t e r s l o h 1972. - S i e g f r i e d Wollgast: D e r d e u t s c h e P a n t h e i s m u s i m 16. J a h r h u n d e r t . Berlin 1972. - C h r i s t o p h D e j u n g : W a h r h e i t und Häresie. Zürich 1979. - W i l h e l m K ü h l m a n n : S t a a t s g e f ä h r d e n d e A l l e g o r e s e . In: Literaturwiss e n s c h a f t l i c h e s J a h r b u c h N . F . 2 4 (1983) S. 5 1 - 7 6 . - A n d r é S é g u e n n y : S. F. In: T R E , B d . 11, 1983, S. 3 0 7 - 3 1 2 . - J a n D i r k Müller: B u c h s t a b e , Geist, S u b j e k t . In: M o d e r n L a n g u a g e N o t e s 106 (1991) S. 6 4 8 - 6 7 4 . - P e t e r Klaus K n a u e r : D e r B u c h s t a b e lebt. Schreibstrategien bei S. F. B e r n u . a . 1993. - J a n - D i r k M ü l l e r (Hrsg.): S. F. ( 1 4 9 9 - 1 5 4 2 ) . Wolfenbüttel 1993 (Lit.). - B r u n o Q u a s t : S. F.s „ K r i e g s b ü c h l i n d e s F r i d e s " . S t u d i e n z u m r a d i k a l r e f o r m a t o r i s c h e n Spiritua l i s m u s . T ü b i n g e n u . a . 1993. - Patrick H a y d e n - R o y : T h e inner a n d t h e o u t e r world. A b i o g r a p h y of S. F. N e w York 1994. - S i e g f r i e d Wollgast: Z u S. F.s p h i l o s o p h i s c h e n A u f f a s s u n g e n . In: D a p h n i s 2 5 (1996) S. 2 2 1 - 3 0 5 . - P e t e r G . B i e t e n h o l z : H o w S. F. taught E r a s m u s to speak with his radical voice. In: B i b l i o t h è q u e d ' H u m a n i s m e et R e n a i s s a n c e 6 2 ( 2 0 0 0 ) S. 2 3 3 - 2 4 8 . - R a l p h H a f n e r : K o m p o s i t i o n s p r i n zip u n d literarischer S i n n g e h a l t von S. F.s F l o r i l e g i u m „ D i e guldin A r c h " (1538). In: E u p h o r i o n 97 ( 2 0 0 3 ) S. 3 4 9 - 3 7 8 . Jan-Dirk

Müller

F r a n c k , Sebastian, L i e d e r d i c h t e r , K o m p o n i s t , * 16. 1 . 1 6 0 6 S c h l e u s i n g e n ( T h ü r i n g e n ) , t 12.4. 1668 Schweinfurt. D e r B r u d e r M i c h a e l und Peter —> F.s studierte an den U n i versitäten Jena, S t r a ß b u r g und L e i p z i g , w u r d e 1627 H a u s lehrer in Breslau, 1630 M a g i s t e r an der P h i l o s o p h i s c h e n Fakultät der U n i v . J e n a und k a m als K o r r e k t o r einer Druckerei n a c h F r a n k f u r t / M a i n . Später in m e h r e r e n L e h r ä m t e r n tätig, w a r er seit 1633 protestantischer P f a r r e r in v e r s c h i e d e n e n Orten, ließ sich 1653 bei S c h w e i n f u r t nieder und w u r d e

1660 D i a k o n . F. trat als Dichter von K i r c h e n l i e d e r n und Erb a u u n g s l i t e r a t u r ( u . a . Neueröffnetes Beicht-, Bet-, Büß- und Tränenkämmerlein, 5 Tie., 1648-59) s o w i e als K o m p o n i s t geistlicher u n d w e l t l i c h e r M u s i k hervor. c d DLL F r a n c k , ( M i c h a e l ) S i e g m u n d , auch F r a n c k , Sigism u n d , P o r z e l l a n - und G l a s m a l e r , * 1 . 6 . 1 7 7 0 N ü r n b e r g , t 1 6 . 1 . 1847 M ü n c h e n . In seiner G e b u r t s s t a d t S c h ü l e r Trosts, g r ü n d e t e F., S o h n eines M e h l h ä n d l e r s , dort 1795 e i n e P o r z e l l a n m a n u f a k t u r , in d e r ihm nach m e h r j ä h r i g e n Versuchen die W i e d e r e n t d e c k u n g von T e c h n i k e n d e r G l a s m a l e r e i g e l a n g . B i s 1807 entstand e n e t w a 150 W a p p e n s c h e i b e n . 1814-18 war er G l a s m a ler u n d R e s t a u r a t o r d e s F ü r s t e n L u d w i g von —»OettingenWallerstein, k a m a n s c h l i e ß e n d an d i e Kgl. P o r z e l l a n m a n u f a k t u r nach M ü n c h e n und b e s c h ä f t i g t e sich seit 1824 mit d e m S t u d i u m und der H e r s t e l l u n g von G l a s s c h e i b e n in Ü b e r f a n g - T e c h n i k . Seit 1827 D i r e k t o r d e s Kgl. Instituts f ü r G l a s m a l e r e i , schuf er u . a . in K o n k u r r e n z mit J o h a n n von —» S c h r a u d o l p h G l a s s c h e i b e n f ü r den R e g e n s b u r g e r D o m . F. w a r d e r Vater von Julius —> F. c d AKL F r a n c k , Walter, S c h a u s p i e l e r , * 1 6 . 4 . 1 8 9 6 H ü t t e n steinach ( h e u t e zu S o n n e b e r g ) , t 10. 8 . 1 9 6 1 Berlin. N a c h k u r z e m P h i l o s o p h i e s t u d i u m in M ü n c h e n bildete sich F. dort 1914-16 bei Albert —> S t e i n r ü c k z u m S c h a u s p i e l e r aus und spielte a n s c h l i e ß e n d a m H o f t h e a t e r M ü n c h e n , a m I n t i m e n T h e a t e r N ü r n b e r g , a m N e u e n T h e a t e r in F r a n k f u r t / M a i n s o w i e 1919-21 a m L o b e - T h e a t e r B r e s l a u . Hier f ü h r t e er e r s t m a l s a u c h R e g i e , w u r d e von A g n e s —» S t r a u b entdeckt und an L e o p o l d —> J c s s n c r e m p f o h l e n , der ihn 1923 nach Berlin engagierte. F. g e h ö r t e mit k u r z e r U n t e r b r e c h u n g d e m P r e u ß i s c h e n Staatstheater an, spielte 1945-48 a m H e b b e l theater s o w i e 1 9 5 1 / 5 2 bei den R u h r f e s t s p i e l e n und k a m als M i t g l i e d d e s Schillertheaters 1952 nach Berlin z u r ü c k ; eine seiner letzten Rollen w a r der K a p i t ä n in S t r i n d b e r g s Totentanz. In e t w a 4 0 F i l m r o l l e n stellte er m e i s t negativ g e z e i c h nete F i g u r e n dar, u. a. in Der Bagnosträfling (1949). cd

Munzinger

Franck von Franckenau, Georg (I), Mediziner, * 3 . 5 . 1644 N a u m b u r g ( S a c h s e n - A n h a l t ) , t 14.6. 1704 Kopenhagen. N a c h d e m S t u d i u m der P h i l o s o p h i e ging F. v. F. nach J e n a und f a n d dort g r o ß e A n e r k e n n u n g w e g e n seiner D i c h t u n g e n in d e u t s c h e r , lateinischer, griechischer und h e b r ä i s c h e r Sprache. E r studierte M e d i z i n , w u r d e z u m L e h r e r in A n a t o m i e , C h e m i e und B o t a n i k e r n a n n t und 1666 in S t r a ß b u r g p r o m o viert. 1671 g i n g F. v. F. als Prof. nach Heidelberg, w u r d e darauf L e i b a r z t d e s dortigen K u r f ü r s t e n , folgte 1688 e i n e m R u f an die U n i v . Wittenberg und trat bald als Leibarzt in d i e D i e n s t e des K ö n i g s von D ä n e m a r k . In d i e s e r Stellung w u r d e er f ü r seine Verdienste v o m K a i s e r geadelt. 1672 erf o l g t e d i e Wahl in d i e D e u t s c h e A k a d e m i e der N a t u r f o r s c h e r L e o p o l d i n a . F. v. F. v e r ö f f e n t l i c h t e u . a . De studiorum noxa dissertatio (1695) und Satyrae medicae (1722). E r w a r der Vater von G e o r g (II) —»F. v. F.

Franck von Franckenau, Georg (II), Mediziner, * 2 8 . 8 . 1669 S t r a ß b u r g , t 13.5. 1732 K o p e n h a g e n . D e r S o h n von G e o r g (I) —»F. v. F. studierte seit 1685 in H e i d e l b e r g M e d i z i n . R e i s e n f ü h r t e n ihn n a c h H o l l a n d und E n g l a n d , w o er sich e i n i g e J a h r e aufhielt. 1689 g i n g F. v. F. als Leibarzt an den Hof des K u r f ü r s t e n von S a c h s e n , w u r d e 1692 in J e n a z u m Lizentiaten der M e d i z i n p r o m o v i e r t (De epulide et parulide cum annexa dentium et gingivarum) und g i n g als a. o. Prof. an d i e U n i v . Wittenberg. Seit 1692 w a r F. v. F. M i t g l i e d der D e u t s c h e n A k a d e m i e der N a t u r f o r scher L e o p o l d i n a . 1693 v o m K a i s e r geadelt, reiste er 1695 g e m e i n s a m mit s e i n e m Vater n a c h K o p e n h a g e n an d e n H o f

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Franck von Franckenstein des Königs von Dänemark. Seit 1701 designierter Professor phil. et med. an der Univ. Kopenhagen, wurde F. v. F. 1708. o.Professor. Er veröffentlichte u.a. Catalogas variorum tractatum, programmatum ac disputationum sub ejus praesidio habitarían, quae omnia olim in lucem prodierunt publicam (1692) und Philiatris salutem plurimam dictit eosdemque ad lectiones publicas (1693). EP Arzte 1 Franck von Franckenstein, Valentin, Schriftsteller, Beamter, * 20. 10. 1643 Hermannstadt, t 27.9.1697 Hermannstadt. F. v. F., Sohn eines Königsrichters und Schriftstellers, studierte an der Univ. Altdorf, erlangte 1666 den Magistergrad und wurde nach seiner Rückkehr 1681 Provinzialnotär. 1686 zum Königsrichter und Nationsgrafen gewählt, vollzog er den Anschluß Siebenbürgens an das Habsburgerreich. F. v. F. förderte Kunst und Kultur. Er schrieb u. a. Hecatombe sententiarum Ovidianarum Germanice imitatarum (1679), ein Werk, in dem er die im Titel erwähnten OvidZitate ins Hochdeutsche bzw. Ungarische, Rumänische oder Siebenbürgisch-Sächsische übertrug. Für das Rumänische gehört F. v. F.s Schrift zu den frühesten Drucken profaner Literatur. e n NDB Franck-Witt, Käthe, geb. Witt, Schauspielerin, * Januar 1872 Berlin, t 23.7. 1916 Dresden. Die Tochter des Schauspielerehepaars Julius und Fanny Witt debütierte 1890 in Düsseldorf, kam im folgenden Jahr an das Stadttheater Leipzig und wechselte 1900 an das ThaliaTheater nach Hamburg, 1902 an das Berliner Lessingtheater. Sie fand vor allem als Salondame Anerkennung, u.a. in der Titelrolle in Ernst von —> Wildenbruchs Schauspiel Die Haubenlerche. CD Kosch: Theater Francke

Meister F r a n c k e

Francke, Alexander (Theodor), schweizer. Verleger deutscher Herkunft, * 19.3. 1853 Glückstadt (SchleswigHolstein), t 1. 11.1925 Bern. Der Bruder Kuno —>F.s wurde 1868 Buchhändler in Kiel, später in Köln und ließ sich 1874 in Bern nieder, wo er in die Verlagsbuchhandlung Karl Schmids eintrat, 1878 dessen Tochter heiratete und 1885 Teilhaber des Unternehmens wurde. Seit 1892 Berner Bürger, übernahm er 1902 die alleinige Leitung des nunmehr nach ihm benannten Verlags und gab vorwiegend Schul- und Jugendbücher sowie bernische Belletristik heraus. F. war langjähriges Vorstandsmitglied des Schweizer Buchhändlervereins, 1901-05 zweiter Schriftführer im Börsenverein der Deutschen Buchhändler und vertrat 1913-19 die Schweiz im Verwaltungsrat der Deutschen Bücherei. Er selbst schrieb Reiseerinnerungen, darunter Ferientage in Adelboden ( 1892). CD HLS Francke, Arthur, Unternehmer, * 24.7.1867 Berlin, t 6.5. 1941 Berlin. F. absolvierte eine Banklehre und trat 1888 in die väterliche Firma ein, deren Leitung er nach dem Tod des Vaters 1895 gemeinsam mit seinem Bruder übernahm. Das Unternehmen wurde bald eines der bedeutendsten seiner Art. F. vereinigte in ihm mehrere Niederlassungen im Ausland, ein Nutzholzgeschäft mit eigenem Sägewerk, einen Speichereibetrieb, ein Furnier- und Sägewerk sowie weitere Einzelbetriebe. 1914-19 war er unbesoldeter Stadtrat in Berlin. F. hatte den Vorsitz des Vereins Ostdeutscher Holzhändler und Sägewerke inne und war stellvertretender Vorsitzender des Fachausschusses bei der Industrie- und Handelskammer zu Berlin, ferner Aufsichtsratsmitglied der Commerz- und Privatbank AG, der Deutschen Holzwirtschaftsbank AG, der J. C. Pfaff AG und Beisitzer beim Kartellgericht. CD Reichshandbuch

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Francke, August Hermann, evang. Theologe, * 12. oder 22.3. 1663 Lübeck, t 8.6.1727 Halle/Saale. Als Sohn des Juristen Johannes F. ( 1625-1670) und der Bürgermeisterstochter Anna F., geb. Gloxin, (1635-1709) geboren und früh zum Theologiestudium bestimmt, erlebte F. im Elternhaus eine religiöse Atmosphäre, die durch die „pietistische" Frömmigkeit im Sinne der Vier Bücher vom Wahren Christentum Johann —»Arndts ebenso bestimmt war wie vom Geist der im deutschen Luthertum damals weitverbreiteten, auf Heiligung des Lebens und Bewährung des Glaubens drängenden englischen Erbauungsliteratur. Seit 1666 lebte die Familie in Gotha, wohin der Vater als Hof- und Justizrat berufen worden war. Damit wuchs F. im Umfeld der Bestrebungen zur Kirchen- und Schulreform auf, die Herzog —» Ernst („der Fromme") von Sachsen-Gotha in seinem Territorium betrieb. F. begann sein Studium im benachbarten Erfurt. Sein Onkel Anton Heinrich Gloxin verschaffte ihm 1679 das reich dotierte Schabbelsche Familienstipendium, dessen Inhaber für die Übernahme universitärer und kirchenleitender Ämter qualifiziert werden sollten. F. ging nach Kiel, wo Christian —»Kortholt, ein vertrauter Briefpartner Philipp Jakob -»Speners, sein bevorzugter Lehrer war. Zugleich befaßte er sich mit der Polyhistorie, wie sie in Kiel von Daniel —> Morhof vertreten wurde. Nach einem kurzen Aufenthalt in Hamburg, wo er bei dem als Hebraisten bekannten Pfarrer Esdras —»Edzard die hebräische Sprache studierte (1682), und einer längeren Zwangspause im heimatlichen Gotha (1682-84) konnte F. 1684 seine Studien in Leipzig fortsetzen, wo er im Haus des Professors Adam —> Rechenberg, eines Schwiegersohns Speners, wohnte. 1685 erwarb er den Magistergrad mit einer Dissertation zur hebräischen Grammatik. F. wurde Mitbegründer des „Collegium Philobiblicum" (Juli 1686), einer philologisch-exegetischen Arbeitsgemeinschaft junger Magister, die sich dem gründlichen Studium biblischer Texte in den Ursprachen Hebräisch und Griechisch widmeten und damit gegenüber dem eher dogmatisch-kontroverstheologisch orientierten Studiengang die Wendung zu einer biblischen Theologie begannen. In diesem Collegium begegnete F. erstmals Spener (April 1687), der von nun an sein väterlicher Freund und Gönner wurde. Unter dem Einfluß Speners öffnete sich das Collegium einer stärker erbaulichen Interpretation der Bibeltexte. Im Herbst 1687 reiste F. nach Lüneburg, wo er bei dem Superintendenten Caspar Hermann —> Sandhagen exegetische Studien treiben sollte. Dort erfuhr er die entscheidende Wende seines Lebens. Bei der Vorbereitung einer Gastpredigt geriet F. in eine Glaubenskrise, die ihn am Sinn seines bisherigen Studiums zweifeln ließ und an den Rand des Atheismus führte. Die plötzliche Befreiung aus diesen Zweifeln und die Gewinnung fester Glaubensgewißheit wertete F. als unmittelbares Eingreifen Gottes. Die Folgen dieses „Bekehrungserlebnisses" beschränkten sich nicht auf die Sphäre der Innerlichkeit religiösen Lebens, sondern führten F. zur Abkehr vom Ideal barocker Gelehrsamkeit und setzten jene ungeheure Energie sozialer und pädagogischer Leistungen frei, die ihn zu einem der bedeutendsten Reformer des beginnenden 18. Jh. werden ließ. Nach einem Aufenthalt in Hamburg (1688), wo er im Umkreis des pietistischen Pfarrers Johannes —»Winckler Erfahrungen mit der Katechisation von Kleinkindern sammelte, kehrte F. Anfang 1689 nach Leipzig zurück. Seine Vorlesungen über biblische Bücher, zunehmend erbaulich aus-

Francke gerichtet, zogen Hörer Uber den Kreis der Studenten hinaus an. In der Stadt bildeten sich pietistische Konventikel. Darüber entstanden Streitigkeiten mit der orthodoxen Theologenschaft, die „Leipziger pietistischen Unruhen", in denen sich der Aufklärer Christian —>Thomasius als juristischer Berater F.s auf die Seite der Pietisten stellte. Die Unruhen endeten mit d e m Verbot der Konventikel und mit Ausweisungen aus der Stadt. F., der sich zu dieser Zeit schon nicht mehr in Leipzig aufhielt, trat 1690 eine Predigerstelle an der Augustinerkirche in Erfurt an, wo sein Studienfreund Joachim Justus —» Breithaupt inzwischen als Senior der Lutherischen Geistlichkeit amtierte. Beide gerieten durch ihre A m t s f ü h r u n g in Streitigkeiten, die in Erfurt seit längerer Zeit um die Frage pietistischer R e f o r m e n des Gemeindelebens schwelten, und wurden von der orthodoxen Pfarrerschaft erbittert bekämpft. Im September 1691 wurde F. aus d e m Dienst entlassen und aus Erfurt ausgewiesen. In dieser Situation erwirkte Spener, seit 1691 Propst und Konsistorialrat in Berlin, für F. ebenso wie für Breithaupt Berufungen an die gerade entstehende Friedrichs-Universität zu Halle. F. wurde zum Pfarrer an der verwahrlosten St.-Georgen-Gemeinde in der Halleschen Vorstadt Glaucha und zugleich zum Prof. für die griechische und die orientalische Sprache an der Univ. ernannt. A m 7 . 1 . 1 6 9 2 traf er in Halle ein. Zwei Jahre später, am 4 . 6 . 1694, heiratete er A n n a Magdalena von Wurm (1670-1734). Auch in Halle erhob sich zunächst heftiger Widerstand gegen die pietistischen Theologen. Die lutherisch-orthodoxe Stadtgeistlichkeit Halles stand in heftiger Opposition zur auf Ausgleich zwischen Calvinisten und Lutheranern gerichteten brandenburgischen Kirchenpolitik. Als Gegner der Universitätsgründung, die sie als Instrument dieser Politik interpretierte, entfachte die Pfarrerschaft eine heftige Polemik gegen die neuberufenen Professoren, wobei ihr die pietistischen Streitigkeiten in Leipzig und Erfurt sowie eine anfängliche Sympathie F.s für enthusiastische Formen des Pietismus die Argumente lieferten. F. konnte jedoch seine Position durch die Unterstützung des brandenburgisch-preußischen Herrscherhauses behaupten. Seinerseits die orthodoxe Pfarrerschaft Halles heftig angreifend, setzte sich F. in zwei Untersuchungsverfahren (1692 und 1 6 9 9 / 1 7 0 0 ) durch. Seine Berufung in die Hallesche St.-Ulrichs-Gemeinde 1715 dokumentierte den Sieg. Als Universitätslehrer zunächst Angehöriger der Philosophischen Fakultät, wurde F. 1698 zum Prof. der Theologie ernannt. Er strebte nach Realisierung einer bibelbezogenen und praxisorientierten Theologenausbildung, wie sie Spener in seinen Pia Desideria ( 1675) konzipiert hatte. F. verfaßte eine Reihe von Schriften zur Einführung in das Theologiestudium. Neben seine exegetischen und hermeneutischen Vorlesungen traten als Besonderheit die auf die Lebensführung und die künftige pfarramtliche Praxis der Studenten ausgerichteten „paränetischen" Vorlesungen (7 Bde., 1726-36; 12 Bde. handschriftlich im Archiv der Franckeschen Stiftungen). Sein Lebenswerk schuf F. als Begründer der später so genannten „Franckeschen Stiftungen". Ausgehend von der Sorge für verwahrloste Kinder seiner Gemeinde, gründete F. eine Armenschule und ein Waisenhaus (1695), aus denen im Verlauf der folgenden Jahrzehnte eine umfassende Schulstadt mit Schulen für Kinder aller Stände entstand. Mit einer auf „Gottseligkeit und christliche Klugheit" abzielenden Konzeption, in die er Ansätze der Reformpädagogik (Wolfgang —> Ratke, Johann A m o s —> Comenius) a u f n a h m , verfolgte F. das Ziel einer Gesellschaftsreform im christlichen Sinne. Die Schulen gewannen schnell internationales Ansehen und zogen Schüler aus vielen Ländern Europas nach Halle.

Indem er die Versorgung armer Studenten durch „Freitische" mit Lehrtätigkeit in den Anstaltsschulen verband, schuf F. eine praxisbezogene pädagogische Ausbildung, die in der Errichtung spezieller Lehrerseminare ihre Institutionalisierung fand und am A n f a n g der geordneten Lehrerausbildung in Deutschland stand (1699: Seminarium Praeceptorum; 1707: Seminarium Selectum Praeceptorum). Durch die Einbeziehung von Medizinstudenten in die Krankenversorgung der Stiftungen realisierten F. und die ihm freundschaftlich verbundenen Mediziner Georg Ernst - > Stahl und Friedrich —> H o f f m a n n eine frühe F o r m von „Unterricht am Krankenbett". Mit der Errichtung eines eigenen Waisen- und Schulhauses (1698-1700), das auf den Erfahrungen der vorbildlichen niederländischen Waisenpflege basierte, begann eine über 50 Jahre sich erstreckende rege Bautätigkeit zur Deckung des stets steigenden Raumbedarfs der Anstalten. Zunächst wurden diese durch Spenden aus dem Kreis pietistischer Freunde getragen, die durch gezielte Publizistik eingeworben wurden (Fußstapfen des noch lebenden und waltenden liebreichen und getreuen Gottes, 1701 ff.). Durch kurfürstliches Privileg (1698) erhielten sie dann eigene erwerbende Betriebe (Waisenhaus-Buchdruckerei und Verlag; Apotheke), die zeitweise beträchtliche Einkünfte erwirtschaften konnten. F. gelang es, eine Reihe hochqualifizierter, sich selbstlos einsetzender Mitarbeiter f ü r seine Anstalten zu gewinnen. Wichtigster Verbindungsmann zum Berliner Hof wurde nach Speners Tod ( 1705) der Freiherr Carl Hildebrand von —> Canstein, der zur Intensivierung der Bibelverbreitung mit F. gemeinsam 1710 die später so genannte „von Cansteinsche Bibelanstalt" gründete. Über die Arbeit in Halle hinaus wurden F.s Anstalten ein Zentrum der pietistischen Bewegung. In großangelegten „Projekten" (Project zu einem Seminario Universali, 1701) verstand F. selbst sein Unternehmen schon bald nach den ersten Anfangen als Ausgangspunkt einer überregionalen, j a weltweiten „Generalreformation" (Großer Aufsatz, 1704). F.s Unternehmungen weiteten sich auf Skandinavien, das Baltikum, besonders auch auf Ost- und Südosteuropa aus; enge Beziehungen bestanden nach England (besonders zur „Society for Promoting Christian Knowledge"). Halle wurde Mittelpunkt eines weitgespannten Kommunikationsnetzes und Zentrum von Übersetzungen der Bibel und pietistischer Literatur in zahlreiche europäische und außereuropäische Sprachen. Weltweite Dimensionen gewann der hallische Pietismus durch seine Beteiligung an den dänischen Bestrebungen zur Mission in den indischen Kolonialgebieten, aus denen die Dänisch-Hallische Mission hervorging (seit 1706), und durch die Betreuung deutscher Lutheraner in Nordamerika (Georgia, Pennsylvania). In F.s Nachfolge teilten sich sein Schwiegersohn Johann Anastasius —>Freylinghausen und sein einziger Sohn Gotthilf August —>F. WEITERE WERKE: Sammlungen: Oeffentliches Zeugniß vom W e r c k / W o r t und Dienst Gottes. 3 Tie., Halle 1 7 0 2 / 0 3 . Sonn- Fest- und Aposteltagspredigten. 3 Tie., Halle 1704. Predigten und Tractätlein. 4 Tie., Halle 1724ff. - Neuere Ausgaben: Werke in Auswahl. Hrsg. v. Erhard Peschke. Berlin [1969]. - Schriften und Predigten. Hrsg. v. Erhard Peschke. Berlin / N e w York 1981 ff. (10 Bde. geplant, davon 4 erschienen). LITERATUR: A. H. F. 1663-1727. Bibliographie seiner Schriften. Bearb. v. Paul Raabe und Almut Pfeiffer. Halle u . a . 2001. - Gustav Kramer: A. H. F. Ein Lebensbild. 2 Bde., H a l l e / S a a l e 1880-82. - Erich Beyreuther: A. H. F. 1663-1727. Z e u g e des lebendigen Gottes. Stuttgart 1956 (Neudr. Marburg 1987). - Ders.: A. H. F. und die A n f ä n g e der ökumenischen Bewegung. Hamburg-Bargstedt 1957. Erhard Peschke: Studien zur Theologie A. H. F.s. 2 Bde.,

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Francke Berlin 1964-66. - Ders.: Bekehrung und R e f o r m . Ansatz und Wurzeln der Theologie A. H. F.s. Bielefeld 1975. - Friedrich d e Boor: F., Α. H. In: T R E , Bd. 10, 1982, S. 312-320. Erhard Peschke: Die frühen Katechismuspredigten A. H. F.s 1693-1695. Göttingen 1992. - Johannes Wallmann: A. H. F. und der hallische Pietismus. In: Ders.: Der Pietismus. Göttingen 1990, S. 59-79. - Martin Brecht: A. H. F. und der Hallische Pietismus. In: Geschichte des Pietismus. Hrsg. v. Martin Brecht. Bd. 1. Göttingen 1993, S. 439-539. Udo Sträter

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August Wilhelm, Bürgermeister, Landrat von Magdeburg, * 14.3. 1785 Sarsow bei Genthin, t 2 3 . 5 . 1 8 5 1 Magdeburg. F. studierte seit 1803 Rechtswissenschaften in Halle. 1807 wurde er Referendar bei der Kriegs- und D o m ä n e n k a m mer in Magdeburg, 1808 Sekretär der dortigen Unterpräfektur, 1809 Präfekturrat in Göttingen und Generalsekretär der Präfektur des Elbedepartements zu Magdeburg und 1813 Notarpräfekt in Osterode. Seit N o v e m b e r 1813 Rat beim vorläufig f ü r die Länder zwischen Elbe und Weser eingesetzten Gouvernement in Halberstadt, wurde F. Anfang 1817 z u m Zivilbevollmächtigten für die Ü b e r n a h m e Magdeburgs ernannt, verblieb dort als Gouvernementskommissar, nahm im April desselben Jahres die Stelle eines Regierungrats zu Erfurt an und war 1817-48 Oberbürgermeister und Landrat zu Magdeburg. Im Herbst 1849 wurde F. zum Abgeordneten f ü r den Landkreis Genthin gewählt, mußte jedoch dieses A m t bald wegen Krankheit niederlegen. t u ADB

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Ernst (Moritz August Martin), Sozialpolitiker, * 10. 11. 1852 Coburg, t 23. 12. 1921 Freiburg/Breisgau. Der Sohn Karl —»F.s brach das Hochschulstudium ab und war Hauslehrer in St. Petersburg, bevor er sich 1877 d e m Journalismus zuwandte. Als Chefredakteur der „Münchener Neuesten Nachrichten" (seit 1881) machte er das Blatt zu einer der führenden süddeutschen Tageszeitungen. Daneben nahm er seine Studien wieder auf, wurde von L u j o - » Brentano, bei dem er 1893 promoviert wurde, f ü r die Sozialpolitik gewonnen und gab seit 1897 die Zeitschrift „Soziale Praxis" heraus. Gemeinsam mit Hans Hermann von —»Berlepsch gründete F. 1901 die „Gesellschaft für soziale R e f o r m " (1918 etwa viereinhalb Millionen Mitglieder) und wurde deren Generalsekretär. Daneben setzte er sich publizistisch für die Außenpolitik —»Bülows und die deutsche Flottenpolitik ein. In der Weimarer Republik übernahm F. Funktionen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Er schrieb u . a . Der internationale Arbeiterschutz (1903). CD N D B

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Georg Samuel, evang. Theologe, * 7 . 9 . 1 7 6 3 Hörnerkirchen (Grafschaft Ranzau), t 2 8 . 3 . 1840. Nach der Ausbildung in Hamburg wurde F. Collaborator und Rektor in H u s u m , 1806 Hauptpastor in Sonderburg und war seit 1810 Prof. der historischen Theologie an der Univ. sowie Kirchenrat in Kiel. Er veröffentlichte populärphilosophische und theologische Schriften, darunter den Entwurf einer Apologetik der christlichen Religion gegen ihre deistischen Gegner (1817). F. war der Vater von Johann Valentin - » F . CO A D B

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Gotthilf August, evang. Theologe, * 2 1 . 3 . 1696 Glaucha (heute zu Halle/Saale), t 2 . 9 . 1769 Glaucha. F. war der Sohn August Hermann —»F.s, an dessen Paedagogium Regium er 1709-14 Schüler und 1716-19 als Theologiestudent (seit 1714) Informator war. 1 7 1 9 / 2 0 studierte er in Jena (u.a. bei Johann Franz - » B u d d e u s ) . 1720 wurde er Zuchthausprediger in Halle, 1723 A d j u n k t an der dortigen Marienkirche und an der Theologischen Fakultät, 1726 a. o. Prof. und 1727 gemeinsam mit Johann Anastasius —»Freylinghausen Nachfolger seines Vaters in der Leitung des Waisenhauses und des Paedagogium Regium, zugleich

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o. Prof. der Theologie. Seit 1730 war er Inspektor des Saalkreises, seit 1738 Diaconus und seit 1740 Archidaconus an der Marienkirche in Halle. 1739 wurde er zum Dr. theol. promoviert. F. unterstützte die luth. Kirche in Pennsylvanien sowie die Betreuung und Erweiterung der Missionsarbeit in Indien. Durch den preuß. König —»Friedrich Wilhelm I. gefördert, erlebte F. die größte Entfaltung, jedoch auch den beginnenden Niedergang des hallischen Anstaltspietismus. Während der Notzeiten unter - » F r i e d r i c h II. löste er einen großen Teil der Stiftungsrücklagen auf und unterstützte Tausende von Schülern und Kranken. 1767 wurde F. zum Konsistorialrat ernannt. Er gab die Schriften seines Vaters heraus. m

RGG

Francke,

Gregor(ius), auch Francus, evang. Theologe, * 10.12. 1585 Taucha bei Leipzig, t 2. 1.1651 F r a n k f u r t / Oder. Nach der Erlangung des theologischen Magistergrades an der Univ. Leipzig 1606 und einer Erziehertätigkeit in Berlin setzte F. 1608 seine Studien an der Univ. Wittenberg fort und wurde anschließend in Berlin erneut Erzieher. 1615 folgte er einer Berufung als Prof. der griechischen Sprache an die Univ. F r a n k f u r t / O d e r und wurde dort später auch Doktor und Prof. der Theologie. Neben praktisch-theologischen und dogmatischen Disputationen schrieb F. ein Wörterbuch der hebräischen Eigennamen des Alten und Neuen Testaments (Lexicon sanctum [...] cui adjuncta est onomatoseepsia, 1634). m ADB

Francke,

Heinrich Gottlieb, Jurist, * 1 0 . 8 . 1 7 0 5 Teichwitz bei Weida (Sachsen-Weimar), f 1 4 . 9 . 1 7 8 1 Leipzig. Seit 1724 Student an der Univ. Leipzig, erlangte F. 1727 den philosophischen Magistergrad und wurde 1732 Aktuar an der Philosophischen Fakultät, 1737 Advokat. 1748 kam er als a. o . P r o f . des deutschen Staatsrechts nach Leipzig und wurde im folgenden Jahr kaiserlicher Hofpfalzgraf, 1762 o . P r o f . der Moral und Politik. Neben eigenen Werken wie der Sammlung der Reichs-Hof-Raths-Conclusorum vom Jahre 1760-61 (2 Bde., 1762) gab er u . a . das Corpus iuris publici academicum (1774) des Johann Jakob —»Schmauß heraus. CD A D B

Francke,

Johann Michael, Bibliothekar, * 6. 1. 1717 Niederebersbach (heute zu Ebersbach), t 19.6. 1775 Dresden. Der Pfarrerssohn studierte seit 1737 an der Univ. Leipzig und stand in Kontakt u. a. mit —> Geliert und —» Gottsched. 1740 berief ihn Heinrich Graf von —»Bünau zum Bibliothekar seiner von Dresden nach Nöthnitz überführten Bibliothek, deren Bestand F. später in seinem Hauptwerk Catalogus bibliothecae Bunavianae (7 Bde., 1750-56) dokumentierte. F., einer der bedeutendsten Bibliothekare seiner Zeit, wurde 1764 mit BUnaus Bibliothek als Bibliothekar an die Kurfürstliche Bibliothek in Dresden ü b e r n o m m e n und ordnete dort den gemeinsamen Bestand nach regionalem Prinzip sowie systematisch untergliedert neu. Seine Systematik wirkte als klassische F o r m für Landes- oder Privatbibliotheken sowie als Ansatzpunkt für die Systematisierungsdebatte des 19. Jh. fort. CD L G B

Francke,

Johann Valentin, Philologe, * 3 1 . 3 . 1 7 9 2 H u s u m , t 6 . 1 0 . 1 8 3 0 Dorpat. Der Sohn Georg Samuel - > F . s studierte seit 1810 an der Univ. Kiel, habilitierte sich 1816 und wechselte 1819 als Subrektor an das G y m n a s i u m in Flensburg. Seit 1821 war er Prof. der Philologie an der Univ. Dorpat. F. publizierte vor allem Studien zu Juvenal, darunter Quaestio altera de vita D. Junii Juvenalis (1827). CD A D B

Francke,

Karl (Philipp), Politiker, * 17.1. 1805 Schleswig, t 2 3 . 2 . 1870 Kiel. Nach d e m Jurastudium in Göttingen, Heidelberg und Kiel trat F., Sohn eines Obergerichts- und Etatsrats, 1827 in

Franckenstein dänische Dienste und war seit 1840 leitender Beamter der deutschen Herzogtümer für Zoll-, Schiffahrts-, Handels- und Gewerbesachen. 1848 zunächst ins Märzministerium berufen, verließ er gemeinsam mit den meisten schleswigholsteinischen Beamten die Hauptstadt und stellte sich der in Kiel gebildeten Provisorischen Regierung zur Verfügung, die ihn zum Regierungspräsidenten in Schleswig ernannte. Später Abgeordneter der Nationalversammlung in Frankfurt/Main, leitete er nach seiner Rückkehr nach SchleswigHolstein das Finanz-, später das Auswärtige Departement der Statthalterschaft, mit deren Ende 1851 auch F.s Entlassung und Vertreibung einherging. Anschließend als Regierungspräsident nach Coburg berufen, übernahm er 1863 Funktionen im Kabinett Herzog —> Friedrichs von Schleswig-Holstein und wurde 1867 liberaler Abgeordneter im Norddeutschen Reichstag. Seine Übernahme eines Mandats im preuß. Abgeordnetenhaus 1867 führte zum Bruch mit dem Herzog. F. war der Vater von Ernst —» F. • P SHBL, Bd 9 Francke, Kuno, Germanist, * 27.9. 1855 Kiel, t 25.6.1930 Cambridge (Massachusetts, USA). Der Sohn eines Gerichtsrats und Senatspräsidenten und Bruder Alexander —>F.s studierte seit 1873 Philologie an den Universitäten Kiel, Berlin, Jena und München (Promotion 1878, Zur Geschichte der lateinischen Schulpoesie des 12. und 13. Jahrhunderts, veröffentlicht 1879, Nachdr. 1968), lebte ein Jahr als bayerischer Stipendiat in Italien, war 1880-82 Gymnasiallehrer in Kiel und wurde Mitarbeiter Georg ->Waitz' an den Monumenta Germaniae Histórica. F. folgte 1884 einer Berufung als Instructor of German Languages and Literature an die Harvard University, wurde dort 1888 Assistant Professor, 1896 Professor of the History of German Culture und richtete 1897 das Germanistische Seminar ein. 1896 veröffentlichte er sein Hauptwerk Social Forces in German Literature (ab 41901 unter dem Titel A History of German Literature as Determined by Social Forces, Nachdr. 1931). Er gründete 1902 das Harvard Germanic Museum, als dessen Kurator er bis zur Niederlegung seines Amts wegen des Kriegseintritts der USA 1917 wirkte. F. war seit 1891 US-amerikanischer Bürger. Neben Gedichten (u.a. Deutsches Schicksat. Tagebuch eines Ausgewanderten, 1923) veröffentlichte F. 1930 die Autobiographie Deutsche Arbeit in Amerika. c d IGL Francke, Wilhelm Franz Gottfried, Jurist, * 26.7.1803 Lüneburg, t 12.4. 1873. F. studierte seil 1821 Rechtswissenschaften in Göttingen (Promotion 1824), habilitierte sich 1825 und war seit 1828 a. o. Prof. sowie Assessor am Spruchkollegium. 1831 wurde er Oberappellationsgerichtsrat und o.Prof. des römischen Rechts an der Univ. Jena, 1844 in Göttingen. F. war seit 1837 Mitherausgeber des „Archivs für civilistische Praxis" und schrieb u. a. Das Recht der Notherben und Pflichttheilsberechtigten (1831). DP ADB Franckel, Adolf, österr. Schriftsteller, Regisseur, * 20.10. 1821 Brünn (Mähren), t 28.4. 1896 Wien. F. studierte Mathematik und Mechanik an den Universitäten Jena und Wien, wurde 1851 zum Dr. phil. promoviert, nahm an der Revolution 1848 teil und mußte aus Wien fliehen. Die Veröffentlichung seiner Gedichte Wiener Gräber im folgenden Jahr in Leipzig zog neuerliche Verfolgung nach sich. F. stand mit Karl —» Gutzkow in Kontakt, wurde 1855 in Dresden verhaftet und an Österreich ausgeliefert. Nach kurzer Haft ließ er sich in Brünn nieder und wurde 1866 Direktor des Stadttheaters. 1876-79 an mehreren deutschen Theatern tätig, kehrte er anschließend als Generalsekretär des Wiener Stadttheaters nach Österreich zurück und übernahm 1887

das Sekretariat des Vereins Deutsches Volkstheater in Wien. F. pflegte auf der Bühne vor allem das klassische Drama. DD Lex dt-jüd Autoren Franckenstein, Christian Friedrich, Philologe, Historiker, * 20.8.1621 Leipzig, t 1.11. 1679 Leipzig. F. konnte nach dem Tod der Eltern neben der Univ. Leipzig keine weiteren Hochschulen besuchen, erlangte hier 1640 den Magistergrad, habilitierte sich 1643 und wurde im selben Jahr Lehrer sowie Konrektor an der Nicolaischule. Seit 1645 Sonntagsprediger an der Leipziger Thomaskirche, war er 1650-52 Rektor des Stadtgymnasiums, danach Prof. des Lateinischen an der Univ. seiner Heimatstadt, 1661 deren Rektor. F. verfaßte philologische, theologische und historische Abhandlungen, darunter Gruteri discursus politici in Taciturn (1679). m ADB Franckenstein, Clemens (Erwein Georg Heinrich Karl Bonaventura) Frh. von und zu, Dirigent, Komponist, * 14.7. 1875 Wiesentheid (Unterfranken), t 22. 8.1942 Hechendorf (Oberbayern). Der Sohn eines k. u. k. Gesandten und Bruder George —>F.s erhielt in Wien ersten musikalischen Unterricht und war seit seiner Jugend mit Arthur —> Schnitzler und Hugo von —> Hofmannsthal befreundet. Seit 1894 studierte er zunächst bei Ludwig ->ThuiIle in München, später bei Iwan —>Knorr am Hochschen Konservatorium in Frankfurt/Main und Schloß dort Freundschaft mit Engelbert —> Humperdinck sowie mit Stefan —> George, dessen Lyrik er als erster vertonte. 1901 unternahm er eine Tournee als Dirigent durch Nordamerika, wurde 1902 Opernkapellmeister in London und folgte 1907 der Berufung als Bühnenleiter an das Wiesbadener Hoftheater, 1908 an die Berliner Hofoper. F. übernahm 1912 die Leitung der Münchner Hofoper und war 1914-18 und wiederum 1924-34 Generalintendant der nunmehrigen Bayerischen Staatsoper. Er komponierte Lieder, Kammermusik, Orchesterwerke und Bühnenstücke, darunter die Oper Des Kaisers Dichter oder Li-Tai-Pe (1920). m

MGG

Franckenstein, Georg (Eugen Heinrich Arbogast) Frh. von und zu, Politiker, * 2.7. 1825 Würzburg, t 22. 1.1890 Berlin. Nach kurzem Jurastudium in München trat F., Sohn eines Offiziers in österr. Diensten, 1845 sein Erbe an und wurde 1847 als erblicher Reichsrat der Krone Bayern Mitglied der bayerischen Ersten Kammer. 1867 lehnte er die Zollverträge, 1870 die Reichsgründung und die Versailler Verträge, 1875 ein Angebot König —> Ludwigs II. von Bayern ab, ein Kabinett zu bilden. Er wurde zum Präsidenten der Ersten Kammer und 1879 zum Großkanzler des Hausordens vom Hl. Georg ernannt. Nach der Regierungsübernahme durch Prinzregent —»Luitpold 1886 zog er sich aus der bayerischen Politik zurück. Seit 1872 war F. Mitglied des Reichstags, seit 1875 Vorsitzender der Zentrumsfraktion und führend am Kulturkampf beteiligt. F. verhandelte mit —>Bismarck über die Zoll- und Finanzreform, setzte die Annahme einer nach ihm benannten Klausel im Kompromiß zwischen seiner Partei und dem Kanzler durch und hatte entscheidend Anteil an der Ausarbeitung der Sozialgesetze. Er war der Vater Moritz von —>F.s; Clemens und George von —>F. waren seine Neffen. m NDB Franckenstein, Sir George, eigentl. Georg (Albert) Frh. von F., Diplomat, * 18.3. 1878 Dresden, t 14. 10.1953 Kelsterbach bei Frankfurt/Main. Der Bruder Clemens von und zu —»F.s trat nach dem Studium in Wien in den österr. diplomatischen Dienst ein und war in Washington, St. Petersburg und Rom tätig. Einer kurzen Tätigkeit im Außenministerium in Wien folgten Aufenthalte in Japan, Indien, im Kaukasus, in London und Brüssel.

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Franckenstein F. gehörte 1919 der österr. Friedensdelegation in St. Germain an und wurde 1920 österr. Gesandter in London. Unmittelbar nach d e m „Anschluß" Österreichs trat er von seinem A m t zurück, erwarb die britische Staatsbürgerschaft und wurde nobilitiert. Er stand im Zentrum kultureller Aktivitäten exilierter Österreicher in London, gab gemeinsam mit Otto Erich —» Deutsch „The World of M u s i c " heraus und schrieb u.a. Facts and Features of My Life (1939). Gemeinsam mit seiner Frau kam F. bei einem Flugzeugunglück ums Leben. DP BHdE, Bd 1

Franckenstein,

Jakob August, Jurist, * 27. 12. 1689 Leipzig, t 1 0 . 5 . 1 7 3 3 Leipzig. F. studierte seit 1705 an der Univ. Leipzig, erlangte 1713 an der Philosophischen Fakultät den Magistergrad und wurde 1719 an der Univ. Erfurt zum Dr. jur. promoviert. Seit 1721 o. Prof. des Natur- und Völkerrechts an der Univ. seiner Heimatstadt, ging er 1 7 2 2 / 2 3 als Hofrat nach Zerbst und lehrte anschließend bis zu seiner Pensionierung 1732 in Leipzig. Neben juristischen Studien schrieb F. u. a. Historisch Theatrum von Franckreich - Portugall - Engeland - der Schweitz (4 Bde., 1723-25). DP A D B

Franckenstein,

Moritz Frh. von und zu, Politiker, * 1 8 . 3 . 1 8 6 9 Schloß Ulistadt (Unterfranken), f 24. 1.1931 Schloß Grambschütz (Schlesien). Der Sohn Georg von - » F.s trat nach Abschluß seiner juristischen Studien 1886-89 in Würzburg, Leipzig und München in den bayerischen Staatsdienst ein und wurde 1905 Regierungsassessor in Regensburg, 1908 Bezirksamtmann in Vilshofen. 1914 übernahm er die Verwaltung der Familiengüter. F. war als Mitglied der Zentrumspartei 1905-14 Abgeordneter im Bayerischen Landtag, seit 1913 Reichsrat der Krone Bayern und 1914-18 Reichstagsabgeordneter. 1 9 1 8 / 1 9 zählte er zu den Mitbegründern der Bayerischen Volkspartei. CD Leb Franken, Bd 6

Franckh,

(Johann) Friedrich, Verleger, * 1 1 . 1 2 . 1 7 9 5 Stuttgart, t 2 . 1 . 1 8 6 5 Stuttgart. Nach einer kaufmännischen Ausbildung in den Niederlanden gründete F., Sohn eines Oberumgelters, 1822 in Stuttgart eine Verlagsbuchhandlung, in die er seinen Bruder Gottlob —>F. als Teilhaber a u f n a h m . Als 1830 Teile des Unternehmens durch Verkauf u. a. an die Friedrich Brodhagsche Buchhandlung gingen, wurde er Teilhaber dieser Firma. F. führte nach d e m Tod des Bruders 1845 die „Franckh'sche Verlagshandlung" weiter und begann die Edition einer Neuen Encyclopädie der Wissenschaften und Künste in Lieferungen, die das Unternehmen an den Rand des Ruins brachte. OD L G B

Franckh,

(Friedrich) Gottlob, Verleger, * 26. 1. 1802 Stuttgart, t 2 3 . 9 . 1 8 4 5 Winnental (Württemberg). F. war Teilhaber der 1822 gegründeten Verlagsbuchhandlung seines Bruders Friedrich —>F. Das Unternehmen brachte zunächst wenig erfolgreich Periodika, später j u n g e schwäbische Autoren und schließlich billige Massenauflagen von deutschsprachigen Heftausgaben internationaler Autoren heraus, darunter 1827-29 drei Millionen Exemplare mit Werken Walter Scotts. F. siedelte 1830 nach M ü n c h e n Uber, verlegte dort vier Tageszeitungen und ging 1831 nach Paris. In revolutionärer Begeisterung beteiligte er sich 1833 an der Koseritzschen Verschwörung in Ludwigsburg und wurde wegen Hochverrats zu neun Jahren Festungshaft verurteilt. Noch auf der Feste Hohenasperg rief er 1836 den „Verlag der Classiker" mit Adolf Krabbe als Geschäftsführer ins Leben, der vor allem illustrierte Prachtausgaben von Werken Cervantes', Le Sages und Swifts herausgab. 1842 amnestiert, begründete F. die „Verlagshandlung Gebrüder Franckh" in Stuttgart neu und gab unter dem Titel „Das belletristische

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A u s l a n d " für den Preis von 20 Pfennigen pro Heft eine Art Vorläufer von Reclams Universalbibliothek heraus.

133 LGB F r a n c o von Köln, auch Franko von Köln, Musiktheoretiker, Mitte 13. Jh. F. lebte Mitte des 13. Jh. in Köln und schrieb zwischen 1250 und 1260 die musiktheoretische Abhandlung Ars cantus mensurabilis. Über sein Leben und Wirken liegen keine gesicherten Nachrichten vor, sämtliche biographischen Angaben sind Vermutungen. Als wahrscheinlich gilt inzwischen die Identität zwischen F. von Köln und F. von Paris. F.s Werk stellte erstmals in der Musikgeschichte systematisch die Mensuraltheorie dar und wurde über Jahrhunderte hindurch als vorbildlich zitiert. cd MGG F r a n c o von Lüttich, Scholaster, Schriftsteller, t nach 1083. F. wird erstmals 1047 als Lehrer, dann 1066, 1068 und 1078 als Leiter der Domschule in Lüttich genannt, 1057 als Kanzler von Lüttich erwähnt. Zu seinen Schülern zählte u. a. Cosmas von Prag. Sein sechs Bücher umfassendes Werk De quadratura circuii ist laut Sigebert von Gembloux d e m Kölner Erzbischof —» Hermann II. gewidmet und daher vor dessen Tod 1056 entstanden. • • VL

Franco

von Meschede, Scholaster, Schriftsteller, * 14. Jh. F. erscheint erstmals 1 3 1 9 / 2 0 als Scholaster und Prokurator des mit 15 Kanonikern besetzten Stiftes Meschede. Er war mindestens seit 1319 f ü r mehrere Jahre Leiter der aufblühenden Stiftsschule. Seine beiden erhaltenen Schriften Altercatio de utroque Johanne Baptista et Evangelista (1330) und Aurea fabrica (um 1330) widmete er Papst Johannes XXII., der das neue Stift besonders protegierte. 1332 anscheinend noch in Meschede tätig, war F. wohl seit 1327 Kanzler des Erzbischofs Burchhard Grelle von Bremen. c d VL

François,

H e r m a n n von, Militär, * 31. 1.1856 L u x e m burg, t 15.5. 1933 Berlin. Der Sohn eines preuß. Generalmajors und Bruder von Kurt von —> F. besuchte die Kadettenkorps in Wahlstatt und Berlin, war zunächst Leibpage —> Wilhelms I., später Leutnant im Ersten Garderegiment. F. wurde Generalstabs-Chef des IV. Korps, Regimentskommandeur, schließlich K o m m a n d i e render General des I. Armeekorps. A m Ersten Weltkrieg nahm er als K o m m a n d e u r u . a . des VII. Armeekorps und Oberbefehlshaber der 8. A r m e e teil. F. veröffentlichte u . a . Zusammenbruch großer Heere (1919). m Reichshandbuch

François,

Kurt (Karl Bruno) von, Afrikaforscher, * 2 . 1 0 . 1852 Luxemburg, t 30. 12. 1931 Königswusterhausen bei Berlin. Der Bruder von Hermann von —>F. erhielt seine Ausbildung auf den Kadettenanstalten Wahlstatt und Berlin und nahm als Freiwilliger am Krieg 1870/71 teil, in dem sein Vater fiel, und wurde danach Offizier. 1883 war er als Geograph Teilnehmer der Kassai-Expedition von Hermann von —» Wissmann. 1885 erforschte er mit dem britischen Missionar George Grenfell das Gebiet der Kongozuflüsse Tschuapa und Lulongo. 1888 zum Hauptmann befördert, leitete F. die erste Reichsexpedition in Togo. 1889 wurde er K o m m a n d e u r der Schutztruppe in Deutsch-Südwest-Afrika, 1891 Reichskommissar und 1893 erster Landeshauptmann. B e i m Angriff auf den Hottentottenhäuptling Hendrik Witbooi 1893 schätzte er die Kräfteverhältnisse falsch ein und konnte ihn nicht entscheidend schlagen. Erst sein Nachfolger beendete die lang andauernden Auseinandersetzungen. 1895 nahm F. als M a j o r seinen Abschied. Von seinen Schriften wurde u. a. Staat und Gesellschaft in unseren Kolonien (1901) veröffentlicht. c d Henze

Frank François, (Marie) Louise von, Schriftstellerin, * 27.6. 1817 Herzberg (Sachsen), t 25.9. 1893 Weißenfels. F., Tochter eines Majors, wuchs in Weißenfels auf und blieb unverheiratet, nachdem sie, durch den Konkurs ihres Vormundes mittellos geworden, 1837 eine Verlobung löste. Auf Anregung Fanny —»Tarnows begann sie zu schreiben, um durch eigene Einkünfte die Versorgung der Familie sichern zu können, und veröffentlichte seit 1855 Erzählungen im „Morgenblatt für gebildete Leser" und im „Deutschen Museum". Die überaus positive Kritik ihres Romans Die letzte Reckenburgerin (in: „Deutsche Romanzeitung", 1870; 2 Bde., 1871) durch Gustav —»Freytag brachte ihr den literarischen Durchbruch ein. Seit 1880/81 mit Marie von -> Ebner-Eschenbach und Conrad Ferdinand -> Meyer befreundet, zählte F. zuletzt zu den führenden Literaten ihrer Zeit. Ihre Werke, vor allem Novellen und Romane (Frau Erdmuthens Zwillingssöhne, 1872), weisen meist eine zentrale, starke Frauengestalt auf, die ihr Leben, oft entgegen lebensuntüchtiger männlicher Mitmenschen, meistert. OD Killy Frangenheim, Paul, Chirurg, * 4.7.1876 Bochum, t 28.10. 1930 Köln. F. studierte an den Universitäten Bonn und Berlin, wo er 1903 zum Dr. med. promoviert wurde (Über stieltorquierte Ovarialtumoren). 1908 habilitierte er sich in Königsberg für Chirurgie. 1911 ging F. nach Leipzig und wurde 1913 Prof. der Chirurgie an der Akademie für praktische Medizin in Köln, 1919 o.Prof. der Chirurgie und Direktor der dortigen Universitätsklinik im Augusta-Hospital. Er veröffentlichte u.a. Die chirurgisch wichtigen Lokalisationen der tierischen Parasiten mit Ausnahme des Echinokokkus (1906), Die Krankheiten des Knochensystems im Kindesalter (1913) und Die Erkrankungen der Brustdrüse (mit Albert Dietrich, 1926). DD Reichshandbuch Frank, Adolph, Chemiker, Unternehmer, * 20. 1. 1834 Klötze (Altmark), t 30.5.1916 Charlottenburg (heute zu Berlin). Einer Kaufmannsfamilie entstammend, durchlief F. seit 1848 eine Apothekerlehre und war dann mehrere Jahre in einer Apotheke tätig. 1854 nahm er in Berlin ein Chemie- und Technologiestudium auf, arbeitete nach der Staatsexamensprüfung zum Apotheker 1857 bei der Staßfurter Rübenzuckerfabrik Bennecke, Hecker & Co., reichte 1858 das erste seiner zahlreichen Patente ein und wurde 1862 mit der Arbeit Ueber die Fabrication des Rohrzuckers und die dabei stattfindenden Verluste in Göttingen promoviert. F. beschäftigte sich mit künstlicher Düngung, insbesondere der Verwendung von Kalisalzen, errichtete 1861 die erste deutsche Kalifabrik in Staßfurt und führte die Kalidüngung in der Landwirtschaft ein. 1865 bewirkte er den Einsatz einer neuen großtechnischen Methode zur Gewinnung von Brom aus der Mutterlauge der Chlorkaliumfabrikation. Nach seiner Tätigkeit als Generaldirektor der Vereinigten Chemischen (Kali-)Fabriken in Leopoldshall leitete er 1876-85 die Charlottenburger Glashütte, führte dort u. a. braune Flaschen zum Lichtschutz sowie die Pasteurisierung des Bieres ein, wirkte anschließend als Berater vor allem in der Acetylenchemie und begründete die Zelluloseindustrie in Ostpreußen. Trotz zahlreicher anderer Tätigkeiten blieb F. Zeit seines Lebens der Entwicklung der Kaliindustrie in Deutschland verpflichtet. Seine verstärkte Beschäftigung mit Calciumcarbid führte 1895 in Zusammenarbeit mit Nikodem ->Caro zum Frank-Caro-Patent, das sich mit der Bindung des Stickstoffs der Luft an die Carbide der Erdalkalien befaßte. Die auf diesem Patent beruhenden Verfahren bildeten die Grundlage zur Herstellung von (Calcium-)Cyanamid und somit der Kalkstickstoffdüngerindustrie. Zur ökonomischen Verwertung und weiteren Erforschung dieser Verfahren gründete

F. 1899 u.a. zusammen mit Caro, der Deutschen Bank, Siemens & Halske und der Deutschen Gold- und SilberScheideanstalt vormals Roessler (Degussa) die Cyanidgesellschaft mbH. Dieser Gesellschaft gehörte die Bayerische Stickstoff-Werke AG an, die 1908 die Produktion von Kalkstickstoff in Trostberg/Alz aufnahm. F. arbeitete auch mit Carl von —> Linde an Verfahren zur Gewinnung von Wasserstoff für die Luftschiffahrt, an der Schwefelsäuregewinnung und an der Ammoniakherstellung. Darüber hinaus war er jahrzehntelang in führender Stellung in verschiedenen wissenschaftlichen Institutionen und Vereinen tätig. F. erhielt die Titel Professor, Geheimer Regierungsrat und Dr.-Ing. e. h. der TH Dresden. Er veröffentlichte u. a. Stassfurter Kali-Industrie und Kalidüngmittel (1875) und Die Nutzbarmachung des freien Stickstoffes der Luft für Landwirtschaft und Industrie (1903). F. war der Vater von Albert Rudolf —»F. e n Matschoß: Tech Frank, Albert Bernhard, Biologe, * 17.1. 1839 Dresden, t 27.9. 1900 Berlin. F., Sohn eines Kastellans, studierte 1861-65 in Leipzig Naturwissenschaften, war nach der Promotion 1865 Kustos am Herbar der Univ. und habilitierte sich 1866 für Botanik (Uber die Entstehung der Intercellularräume der Pflanzen). Seit 1878 a.o.Prof. in Leipzig, wurde er 1881 o.Prof. und Direktor des Pflanzenphysiologischen Instituts (seit 1894 Institut für Pflanzenphysiologie und Pflanzenschutz) der neugegründeten Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin. 1880 erfolgte die Wahl in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1899 wurde F. Leiter der neuerrichteten Biologischen Abteilung für Land- und Forstwirtschaft am Kaiserlichen Gesundheitsamt. Er veröffentlichte u. a. Beiträge zur Pflanzenphysiologie (1868), Die Krankheiten der Pflanzen ( 1880), Lehrbuch der Pflanzenphysiologie (1890, 2 1896) und Lehrbuch der Botanik (2 Bde., 1892/93). •Π Männer Nahrung Frank, Albert Rudolf, Chemiker, Unternehmer, * 25.8.1872 Staßfurt, t 18.3. 1965 New York. Der Sohn Adolph —>F.s studierte Chemie in München und an der TH Charlottenburg, wo er 1900 mit der Arbeit Uber die Darstellung des Natrium- und Calciumsalzes der hydroschwefligen Säure durch Elektrolyse zum Dr. phil. promoviert wurde. Seit 1895 war er als Chemiker in verschiedenen deutschen und schweizer. Firmen tätig und gehörte 1899-1908 der Geschäftsleitung der Cyanidgesellschaft mbH, Berlin, an. 1901 schlug F. vor, das neu entdeckte Calciumcyanamid unter dem Namen Kalkstickstoff als Düngemittel zu verwenden. Seit Gründung der Bayerischen Stickstoff-Werke AG, Trostberg, 1908 war er in deren Zentralverwaltung tätig. Nach dem Tod seines Vaters 1916 übernahm F. bis 1938 als Vorstandsmitglied zusammen mit Nikodem —>Caro die Leitung. Er war am Bau der beiden Kalkstickstoffwerke Piesteritz und Chorzów beteiligt. Maßgeblich war sein Anteil an der Entwicklung und Verbesserung von Verfahren zur Erzeugung und Veredelung von Kalkstickstoff, wofür ihm und seinen Mitarbeitern mehr als 100 Patente erteilt wurden. F. war Mitglied des Aufsichtsrats der G. Sauerbrey AG, Staßfurt, der G. Frowein & Co. AG, Bergerhof, und der Donauwerke AG, Saal. Er wurde von zahlreichen deutschen, amerikanischen und japanischen Firmen als Berater konsultiert. F. emigrierte 1938 in die USA, wo er 1942-45 als Berater für das Office of War Information und von 1945 bis zu seinem Tod für die American Cyanamide Co., New York, tätig war. DP BHdE, Bd 1 Frank, Alois Ritter von, Beamter, * 19.10. 1859 Weiden (Oberpfalz), f 31.8. 1940 München. F. trat nach rechtswissenschaftlichen Studien an der Univ. München 1886 in den höheren Dienst der Bayerischen

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Frank Staatseisenbahnen und wurde 1918 Präsident der Eisenbahndirektion München, mit dem Übergang der Staatseisenbahnen auf das Reich 1921 Staatssekretär der Zweigstelle Bayern des Reichsministeriums. Nach der Bildung der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft 1924 war er deren Vorstandsmitglied und oberster Leiter der Gruppenverwaltung Bayern. F. gehörte 1899-1919 als Zentrumsabgeordneter dem Bayerischen Landtag an. c n Munzinger F r a n k , A m y , eigentl. Emilie Frank, auch E m m y Frank, verh. Rosenthal, Schauspielerin, * 15. 12.1896 Susice (Böhmen), | 6 . 5 . 1 9 8 0 Berlin. Nach privatem Schauspiel- und Musikunterricht debütierte F. 1919 am Stadttheater Bielitz und erhielt dann Engagements in Brünn, Prag, Breslau und Düsseldorf, wo sie mit ihrem M a n n Friedrich —» Richter am sozialistischen Schauspielerkollektiv „Truppe im Westen" mitwirkte. 1933 wegen ihrer KPD-Mitgliedschaft verhaftet und als Ausländerin ausgewiesen, gastierte sie am Theater in Prag und arbeitete beim R u n d f u n k . E n d e 1935 ging sie mit ihrem M a n n in die UdSSR, wo sie seit 1936 am Staatstheater in Engels spielte und bei einigen Stücken Regie führte. Im S o m m e r 1937 in die C S R zurückgekehrt, gingen F. und Richter 1939 nach Großbritannien, w o F. an Theatern, in Kabaretts und Filmen auftrat und Rundfunksprecherin bei der B B C war. 1948 kehrte sie nach Deutschland zurück und hatte bis 1963 ein Engagement am Deutschen Theater und den Kammerspielen Ostberlin. CD Exiltheater F r a n k , Anne, eigentl. Annelies Marie F., Verfasserin eines Tagebuchs, * 1 2 . 6 . 1 9 2 9 F r a n k f u r t / M a i n , t Ende F e b r u a r / A n f a n g März 1945 Konzentrationslager BergenBelsen. In eine wohlhabende, gebildete jüdische K a u f m a n n s - und Bankiersfamilie hineingeboren, folgte F. 1934 gemeinsam mit der Mutter und der Schwester dem bereits Mitte 1933 nach Amsterdam emigrierten Vater Otto F., der inzwischen Direktor bei einer Amsterdamer Firma war. Sie besuchte bis 1941 die Montessori-Schule und anschließend das jüdische Lyzeum. Nach dem Einfall deutscher Truppen versteckte sich die Familie 1942 vor der drohenden Deportation im Hinterhaus des väterlichen Geschäfts, wurde jedoch 1944 verraten und nach Auschwitz und Bergen-Belsen verschleppt. F. starb an den Folgen einer Typhusepidemie; bis auf den Vater überlebte keines der Familienmitglieder. Das Tagebuch, das F. während der Zeit im Versteck in holländischer Sprache führte, schildert die Schicksalsgemeinschaft der acht Menschen und die politischen Ereignisse v o m 1 4 . 6 . 1 9 4 2 bis z u m 1 . 8 . 1 9 4 4 . Es wurde nach der vom Vater mitbearbeiteten Erstausgabe (Het Achterhuis, 1947; textkritische Ausg. mit Kommentar, hrsg. von David Barnouw, 1986) in zahlreiche Sprachen Ubersetzt, 1956 f ü r die B ü h n e bearbeitet und 1958 verfilmt. Seit 1986 liegt eine textkritische A u s g a b e vor, die Zweifel an der Authentizität der Tagebücher ausschließen läßt. CD Lex dt-jüd Autoren F r a n k , Bartholomäus (Götfrid), Komponist, * vor 1479, t nach August 1522 Bern. F. ist seit 1479 in Innsbruck nachweisbar, war seit 1482 Kantor am Berner Vinzenzmünster und seit 1494 dort Chorherr. Seit 1502 war er aus unbekannten Gründen nicht mehr als Kantor tätig, um 1517-19 aber als Succentor. F. scheint in Bern u. a. als Stiftsbibliothekar, Buchbinder, Schreiber liturgischer Bücher und Gesangslehrer tätig gewesen zu sein. Er schuf mehrere konventionelle Wappenmotetten mit weltlichen Texten. Auch ein musiktheoretischer Traktat aus d e m Jahr 1491 geht wohl auf ihn zurück. CD M G G

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F r a n k , B e n n o D., urspr. B e n n o Fraenkel, Regisseur, Schauspieler, * 2 3 . 1 2 . 1905 Mannheim, t 2 5 . 3 . 1 9 8 0 Jerusalem. F. Schloß sein Studium an der Univ. Marburg mit der Promotion zum Dr. phil. ab, ließ sich am Staatstheater Wiesbaden ausbilden und war 1929-33 als Regisseur und Schauspieler am Stadttheater Harburg-Wilhelmsburg und am Schillertheater in Altona tätig. 1933 emigrierte er nach Palästina und wurde Leiter der Palestine Opera Corporation sowie der jährlichen Opernfestspiele in Jerusalem, Tel Aviv und Haifa. Auf der N e w Yorker Weltausstellung 1939 leitete er die A u f f ü h r u n g des Stücks Trial von Schulamit Bat Doris. Er blieb danach in N e w York und leitete das Hebräische Theater, die American League for Opera N e w York und war Regisseur an der Academy for Vocal Arts Philadelphia. 1943-45 diente er in der U S - A r m e e als Rundfunkleiter in der Abteilung für psychologische Kriegsführung und war danach in Berlin Kulturbeauftragter im Alliierten Kontrollrat. 1948-68 war er Regisseur am Cleveland Playhouse und leitete außerdem verschiedene kulturelle Einrichtungen. Nach seiner Emeritierung ging F. nach Jerusalem. CP Ex il theater F r a n k , Bruno (Sebald), Schriftsteller, * 1 3 . 6 . 1 8 8 7 Stuttgart, t 2 0 . 6 . 1945 Beverly Hills (Kalifornien, USA). Der Sohn eines Bankiers studierte zunächst Jura, später Philosophie in Tübingen, München, Straßburg, Heidelberg, Leipzig und Freiburg/Breisgau (Promotion 1911). Er unternahm ausgedehnte Reisen in die Mittelmeerländer und nahm freiwillig am Ersten Weltkrieg teil. Später ließ er sich in Oberbayern, 1924 als freier Schriftsteller in München nieder, wo er Nachbar des mit ihm befreundeten T h o m a s —»Mann war. 1933 emigrierte er mit seiner Frau und deren Mutter, der Sängerin Fritzi —> Massary, in die Schweiz, lebte in Frankreich, London und im Land Salzburg; 1937 ließ er sich in den U S A nieder. F. schrieb als Jugendlicher Gedichte, nach d e m Ersten Weltkrieg zunächst historische, später politische Erzählungen (Tage des Königs, 1924), Novellen (Politische Novelle, 1928) und Schauspiele (Sturm im Wasserglas, 1930); er nahm eine entschieden antifaschistische Position ein. 1934 erschien sein R o m a n Cervantes. In der Emigration bearbeitete er historische, aber auch zeitgenössische Themen. F. schrieb u. a. das Drehbuch zum Film Der Glöckner von Notre Dame (1939). c n Killy F r a n k , Christian, kath. Theologe, Volks- und Landeskundler, * 2 8 . 5 . 1 8 6 7 Günzburg, t 8 . 7 . 1942 Kaufbeuren. F. war der Sohn eines Glasermeisters, der früh starb. Er studierte Philosophie und Theologie in Dillingen und München, hörte aber auch Vorlesungen in Soziologie und Kulturgeschichte. Nach der Priesterweihe 1891 wurde er Kaplan in Kettershausen, dann Vikar in Niederraunau und 1894 Hausgeistlicher an den Heilanstalten Kaufbeuren und Irsee. 1899 gründete F. in Kaufbeuren den Verein „Heimat" zur Pflege regionaler „Kunde, Kunst und Sitte". Er betrieb den Aufbau eines Heimatarchivs und einer regionalhistorischen Bibliothek und organisierte Ausstellungen mit landeskundlichem Hintergrund. Seit 1899 gab er die Zeitschrift „Deutsche G a u e " heraus. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern des „Deutschen Bundes Heimatschutz" (Dresden). Bei seinen archäologischen Exkursionen entdeckte F. den nördlichen Teil der Via Claudia sowie fränkische Königshöfe. Er wurde korrespondierendes Mitglied des Archäologischen Instituts in F r a n k f u r t / M a i n . CD Leb Bayer Schwaben, Bd 13 F r a n k , Christoph, evang. Theologe, * 26. 10.1624 Nürnberg, t 11.2. 1704. F. studierte an den Universitäten Altdorf, Rinteln und Helmstedt. 1665 wurde er Prof. der Logik und Metaphysik an

Frank der neugegründeten Univ. Kiel, 1666 a. o . P r o f . der Theologie, nach Peter —>Musäus' Tod Ordinarius, später Professor primarius. Zuletzt war er Prokanzler der Univ., Vorstand der Universitätsbibliothek und schleswig-holsteinischer Kirchenrat. Er verfaßte dogmatische Schriften, darunter eine postum erschienene Brevis et liquida demonstratio deitatis Christi (1705). t n ADB F r a n k , Edmund, Schauspieler, * 1 4 . 1 2 . 1 8 5 4 Troppau, t 2 3 . 4 . 1 9 1 2 Stuttgart. F. spielte nach seinem Debüt 1871 in Brünn an verschiedenen Provinztheatern, war sechs Jahre in Teplitz engagiert, kam an das Friedrichstädter Theater in Berlin und schließlich nach Wien, wo er 1889 als Gesangs- und Charakterkomiker ins Ensemble des Josefstädter Theaters aufgenommen wurde. 1895 wechselte er ans Wiener Carltheater, wurde 1899 Regisseur und Darsteller am Brünner Stadttheater und war seit 1903 Hofschauspieler am kgl. Hoftheater in Stuttgart. Zu seinen wichtigsten Rollen zählten der Valentin, der Rappelkopf und der Kampl. F r a n k , Erich, Philosoph, * 6 . 6 . 1883 Prag, f 2 2 . 6 . 1949 Amsterdam. F. studierte in Freiburg/Breisgau, Berlin, Wien und Heidelberg, wurde 1911 promoviert (Das Prinzip der dialektischen Synthesis und die Kantische Philosophie) und war danach Gymnasiallehrer in Mannheim und Heidelberg. Seit 1923 Privatdozent, seit 1927 api. Prof. an der Univ. Heidelberg, lehrte er 1928-36 als o.Prof. der Philosophie an der Univ. Marburg (als Nachfolger von Martin —»Heidegger). 1936 wegen seiner jüdischen Herkunft zwangsemeritiert, emigrierte F. 1939 in die USA, wurde Research Associate und 1945 Prof. am Bryn M a w r College in Pennsylvania. 1 9 4 8 / 4 9 war er Prof. an der University of Pennsylvania. F. beschäftigte sich mit der Geschichte der Philosophie, der Geschichts- und Religionsphilosophie und der Metaphysik. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Plato und die sogenannten Pythagoreer (1923, Nachdr. 1962), St. Augustine and Greek Thought (1942), Philosophical Understanding and Religious Truth (1945; dt.: Philosophische Erkenntnis und religiose Wahrheit, 1950) und Wissen, Wollen, Glauben. Gesammelte Aufsätze zur Philosophiegeschichte und Existenzphilosophie (postum 1955, hrsg. von Ludwig —»Edelstein). DO BHdE, Bd 2 F r a n k , (Alfred) Erich, Mediziner, * 2 8 . 6 . 1884 Berlin, t 1 3 . 2 . 1 9 5 7 Istanbul. Nach dem Studium der Medizin an der Univ. Breslau wurde F. 1908 in Straßburg zum Dr. med. promoviert ( Ü b e r den genuinen orthostatischen Typhus). Er arbeitete als Assistent in München und Wiesbaden sowie als Oberarzt an der Universitätsklinik Breslau, wo er sich 1913 für Innere Medizin habilitierte. 1918 erhielt er den Titel Prof. mit dem Lehrauftrag für pathologische Physiologie und allgemeine Therapie. Seit 1921 a . o . P r o f . , blieb er bis zu seiner Emigration 1933 in die Türkei Mitglied der Medizinischen Fakultät der Univ. Breslau. 1933-57 war er o. Prof. für Innere Medizin und Direktor der II. Medizinischen Klinik der Univ. Istanbul. 1926 gelang F. die Entdeckung des Synthalins, des ersten synthetischen peroralen Antidiabetikums. Er veröffentlichte u . a . Erkrankungen der Milz und Milzfunktionen (1916/ 17). • D Ärzte Schlesien F r a n k , Ernst, Dirigent, Komponist, * 7 . 2 . 1 8 4 7 München, t 17.8. 1889 Oberdöbling (heute zu Wien). F. studierte in München Klavier und Komposition, wurde 1866 Hoforganist, Theaterrepetitor und zweiter Dirigent des Akademischen Gesangvereins in München, ging 1868 als Theaterkapellmeister nach Würzburg und wurde im folgenden Jahr Korrepetitor und zweiter Chordirigent an der Wiener Oper. Hier stand er in enger Verbindung zu Johannes

—>Brahms und war 1870/71 Chormeister des Singvereins der Gesellschaft der Musikfreunde. Als Hofkapellmeister in Mannheim (1872-77) führte er u . a . Der Widerspenstigen Zähmung erstmals auf und trat 1878 eine Stelle am Frankfurter Stadttheater an, die er im folgenden Jahr wieder aufgab. Ende 1879 wurde er Nachfolger Hans von —>Bülows als Hofkapellmeister in Hannover, betreute die Oper, die Abonnementskonzerte sowie den Musikverein und trat als Pianist bei kammermusikalischen Konzerten auf. F. komponierte u.a. die Oper Hero (1884). DP M G G F r a n k , Felix, österr. Diplomat, Politiker, * 31. 10. 1876 Wien, t 2 . 3 . 1 9 5 7 Innsbruck. F. trat nach rechts- und staatswissenschaftlichen Studien an der Univ. Wien in den österr. Staatsdienst und stieg bis zum Generalstaatsanwalt auf. 1920 wurde er als Mitglied der Großdeutschen Partei Abgeordneter im österr. Nationalrat, 1922 Vizekanzler im Kabinett —» Seipel, später auch Innen- und Justizminister und trat 1924 gemeinsam mit Seipel zurück. F. ging in den diplomatischen Dienst, lebte 1925-32 als österr. Gesandter in Berlin, war anschließend vorübergehend in der Wirtschaft tätig und zog sich 1933 zurück. Er veröffentlichte rechtswissenschaftliche Schriften, darunter Normen über die internationalen Rechtsbeziehungen und Uber den Rechtshilfeverkehr (1910). DD Munzinger F r a n k , Franz Hermann Reinhold von, evang. Theologe, * 2 5 . 3 . 1827 Altenburg, t 7 . 2 . 1894 Erlangen. F., Sohn eines gemäßigt rationalistischen Pfarrers, studierte seit 1845 Theologie an der Univ. Leipzig, u. a. bei Adolf von —>Harleß, wurde 1850 zum Dr. phil., im folgenden Jahr zum Lizentiaten der Theologie promoviert und befaßte sich vor allem mit dem Studium der neueren Philosophie sowie der altlutherischen Dogmatik. Seit 1851 Subrektor der Gelehrtenschule in Ratzeburg, wechselte er 1853 als Religionslehrer an das Gymnasium in Altenburg, wo er - wie in Ratzeburg - auch Klassische und Deutsche Philologie lehrte. F. wurde 1857 a.o., 1858 o.Prof. der Kirchengeschichte und der systematischen Theologie an der Univ. Erlangen. Er gilt als der eigentliche Systematiker der sogenannten Erlanger Schule und entwickelte ein dreigliedriges System der Erfahrungstheologie, das er in den Bänden System der christlichen Gewißheit (2 Bde., 1 8 7 0 / 7 1 , 2 1 8 8 1 -84), System der christlichen Wahrheit (2 Bde., 1878-80, ' 1 8 9 3 / 9 4 ) und System der christlichen Sittlichkeit (2 Bde., 1884-87) darlegte. F. trat als Gegner der Union der evang. Kirche auf und bekämpfte die Theologie Albrecht —> Ritschis. 1890 gründete er die „Neue kirchliche Zeitschrift". F. veröffentlichte ferner Altenburger Schulreden (1856) und Die Theologie der Concordienformel (4 Bde., 1858-65). Cd T R E F r a n k , Franz Philipp, Kanonist, * 2 9 . 9 . 1 7 4 9 Aschaffenburg, t 2 2 . 4 . 1 8 1 0 Aschaffenburg. Der Bruder Peter Anton von —> F.s studierte in Aschaffenburg, Mainz und Trier. Seit 1777 Prof. des geistlichen Rechts an der Univ. und Präbendar am Stift Unserer Lieben Frau in Erfurt, leitete er seit dem folgenden Jahr das dortige Schulwesen und war Beisitzer des Synodalexamens. 1779 wurde er zum Dr. theol. promoviert ( S y n o p s i s juris ecclesiastici publica et privati). 1781 folgte F. einem Ruf als Ordinarius für geistliches Recht an die Univ. Mainz und wurde Stiftsherr an St. Peter. Er publizierte u. a. De combinatione primatus Petri cum episcopatu uno in ecclesia (1784). CD A D B F r a n k , Fritz, Chemiker, * 2 7 . 9 . 1868 Klötze (Altmark), t 2 6 . 1 2 . 1949 Großbritannien. F., Neffe Adolf —>F.s, durchlief eine Ausbildung zum Apotheker (Staatsexamen 1892), praktizierte im Labor der Univ. Berlin und wurde 1897 in Basel mit der Arbeit Abbau

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Frank des Theobromins promoviert. Danach Leiter des wissenschaftlichen Labors der Aktiengesellschaft für Teer- und Erdölindustrie-Fabrikation Erkner in Berlin, trat er 1901 in das Labor fur Handel und Industrie Dr. Henriques Nachfahren in Berlin ein; er befaßte sich vor allem mit der Verwendung und Verarbeitung von Benzol- und Teerprodukten, Kohle, Mineralöl, Asphalt und Kautschuk. F. leitete 1908-14 die Kautschukzentrale für die Kolonien, war 1916-20 Vorstand des Wissenschaftlichen Beirats für die Schmierölversorgung und gründete das Labor mit Versuchsanlage der Mineralölversorgungsgesellschaft, das 1922 als Institut der Gesellschaft für Braunkohlen- und Mineralölforschung unter seiner Leitung der T H Berlin eingegliedert wurde, an der er 1922-33 als Prof. lehrte. F. veröffentlichte u . a . Kautschuk-Isolierte Leitungen (1915) und Untersuchungen zur Frage der Braunkohlenvergasung bei Gewinnung von Urteer (1921). t u Munzinger F r a n k , Gustav Ritter von, Pseud. Dr. Franck, G. F. Rank, österr. Schriftsteller, * 2 2 . 3 . 1807 Wien, t 8. 1. 1860 London. F. studierte in Wien und Padua Rechtswissenschaften und war nach der Promotion 1828 Rechtsanwalt, später Offizier. Wegen seiner Teilnahme an einem Duell wurde er zu Festungshaft verurteilt. 1835 verließ F. das Militär, unternahm ausgedehnte Reisen und leitete 1841-43 das Theater in Pest. 1845-47 Redakteur der „Wiener Zeitschrift f ü r Kunst, Literatur und Mode", wurde er 1848 Schriftleiter des „Wiener Bürgerblatts" (später „Wiener Demokratisches Bürgerblatt"). F. mußte als Mitglied der Akademischen Legion nach der Niederwerfung der Revolution 1848 über Leipzig nach London fliehen, w o er in A r m u t seinem Leben ein E n d e setzte. Er verfaßte Dramen und Gedichte, darunter Die Patrizier (1846). CD Ö B L F r a n k , Gustav (Wilhelm), evang. Theologe, * 2 5 . 9 . 1 8 3 2 Schleiz (Thüringen), t 2 4 . 9 . 1 9 0 4 Hinterbrühl (Niederösterreich). F. wurde als Student an der Univ. Jena besonders von Karl —»Hase, mit dem er später befreundet war, beeinflußt, habilitierte sich 1859 und wurde 1864 a. o. Professor. 1867 folgte er einem Ruf als o. Prof. der systematischen Theologie an die Univ. Wien und wurde im selben Jahr Mitglied des österr. evang. Oberkirchenrats. F. befaßte sich neben philosophischen vor allem mit dogmenhistorischen Fragen. Als sein Hauptwerk gilt eine Geschichte der protestantischen Theologie (4 Tie., 1862-1905). CD Ö B L F r a n k , Hans, österr. Graphiker, Maler, * 1 3 . 5 . 1 8 8 4 Wien, t 19.12. 1948 Salzburg. F. studierte 1903-07 gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Leo —>F. bei Anton Josef von Kenner an der Wiener Kunstgewerbeschule und 1907-11 bei Franz —> Rumpier an der Kunstakademie Wien. Er bereiste mit d e m Bruder Europa, nahm am Ersten Weltkrieg teil und ließ sich 1920 in St. Marein im Mürztal nieder. Seit 1921 Mitglied des Wiener Künstlerhauses, wurde er bis an sein Lebensende mehrfach u. a. mit d e m Professorentitel - ausgezeichnet. Seit 1939 war er kommissarischer Leiter der österr. Ex-Libris-Gesellschaft. Nach 1945 zog er sich nach Salzburg zurück. F. schuf vor allem Farbholzschnitte (sog. „Aquarellfarbendruck"), Holzstiche und Radierungen (mit Tiermotiven) sowie Landschaften und Porträts in Öl. CD A K L F r a n k , Hans (Michael), Jurist, Politiker, * 2 3 . 5 . 1900 Karlsruhe, t 16. 10. 1946 Nürnberg. F., Sohn eines Rechtsanwalts, war 1919 Mitglied eines Freikorps und trat in die völkische Thüle-Gesellschaft sowie in die Deutsche Arbeiterpartei ein. 1919-24 studierte er Rechtswissenschaften in München, Wien und Kiel, nahm 1923 als Mitglied der S A am Münchner Putsch teil und ließ sich 1927

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als Rechtsanwalt in M ü n c h e n nieder. F. vertrat mehrmals Mitglieder der N S D A P , darunter auch —> Hitler, vor Gericht, baute die Rechtsabteilung der Partei sowie den Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen auf und war seit 1930 Reichstagsabgeordneter. Seit 1933 bayerischer Staatsminister der Justiz und Reichskommissar für die Gleichschaltung der Justiz in den Ländern, gründete er im selben Jahr die „Akademie für Deutsches Recht", deren Präsident er wurde. F. gilt als der f ü h r e n d e Rechtspolitiker des Nationalsozialismus, schrieb u. a. Rechtsgrundlegung des nationalsozialistischen Fuhrerstaates (1938) und wurde 1934 Reichsminister ohne Geschäftsbereich. Erst als Generalgouverneur für die besetzten polnischen Gebiete 1939-45 hatte er Zugang zum inneren Machtzirkel, geriet jedoch 1942 in parteiinterne Auseinandersetzungen u. a. mit —> H i m m l e r und wurde daraufhin seiner juristischen Ämter enthoben. 1946 wurde F. vom Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg als Hauptkriegsverbrecher zum Tod verurteilt und hingerichtet. CD Lilla, Statisten F r a n k , Horst (Bernhard Wilhelm), Schauspieler, * 2 8 . 5 . 1 9 2 9 Lübeck, t 2 5 . 5 . 1 9 9 9 Heidelberg. Der Sohn eines Porzellanmalers wurde zum K a u f m a n n ausgebildet und nahm 1947-49 Schauspielunterricht an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. 1950 an den Bühnen der Hansestadt Lübeck engagiert, debütierte er als Dauphin in George Bernard Shaws Die heilige Johanna und wurde dann u. a. nach Bonn, Basel, Baden-Baden, w o er als Mitglied des Südwestfunk-Ensembles auch für das Fernsehen arbeitete, und Wuppertal verpflichtet. Seit 1 9 5 6 / 5 7 (Kriegsfilm Der Stern von Afrika) war F. in zahlreichen Charakterrollen vor allem f ü r Film und Fernsehen tätig. 1961-63 hielt er sich als Gemüse- und Kaffeepflanzer in Tanganjika (Tansania) auf. In den sechziger Jahren zunehmend auf die Rolle des Schurken festgelegt, spielte er in Abenteuer- und Actionfilmen, Germano- und Italo-Western (u. a. Django und die Bande der Gehenkten, 1967) mit und gab den Teufel in der Fernsehserie „Timm Thaler" ( 1 9 7 8 / 7 9 ) . F. veröffentlichte die Erinnerungen Leben heißt leben (1981) und den Gedichtband Wenn ich im Spiegel mich beschau... (1989). CD Cinegraph F r a n k , Ignaz, auch Franck, Jesuit, Theologe, * 10.8. 1725 Offenburg, t 25. 1.1795 München. F. war Mitglied der Gesellschaft Jesu und gewann als Hofpfarrer, Beichtvater und Geistlicher Rat des Kurfürsten —> Karl Theodor nach dessen Regierungsübernahme in Bayern 1777 weitreichenden politischen Einfluß. Er führte den Kampf gegen die Aufklärung an und suchte die zunächst reichlich fließende finanzielle Unterstützung Karl Theodors für die Bayerische Akademie der Wissenschaften zu schmälern. F. stand d e m Inquisitionsgericht über den Illuminatenorden vor. Er hatte vermutlich Anteil an verschiedenen polemischen Schriften, veröffentlichte jedoch einzig eine Trauerrede auf den tödtlichen Hintritt der [...] Herzogin in Ober- und Niederbayern (1790). CD A D B F r a n k , Ignaz, österr. Apotheker, * 1816 Pest (heute zu Budapest), t 10. 12. 1874 Wien. Seit 1837 Magister der Pharmazie, arbeitete F. bis 1841 in Pest, 1841-61 als angestellter Apotheker in Wien und erhielt anschließend die Konzession für eine neueingerichtete Apotheke in der Leopoldstadt. Er setzte das Wiener Apotheker-Hauptgremium zum Erben seines nicht unbeträchtlichen Vermögens ein, dessen Erträge wissenschaftlichen Zwecken und der Unterstützung notleidender Standesgenossen zugeführt werden sollten. Die Inflation nach dem Ersten Weltkrieg machte das Stiftungsvermögen wertlos.

Frank Frank, Jakub Lejbowicz, auch Jacob Leib F., jüdischer Sektenführer, * 1726 Korólówka (Galizien), t 10.12.1791 Offenbach/Main. Aus ärmlichen Verhältnissen stammend, kam F. auf Reisen nach Bukarest und Saloniki mit dem türkischen Sabbatianismus und der Kabbala in Verbindung, kehrte 1755 nach Polen zurück und ernannte sich zum Messias und Nachfolger Sabbatai Zwis. 1756 der Häresie angeklagt und mit Bann belegt, nahm er nach 1758 unter kgl. Schutz seine öffentliche Tätigkeit wieder auf. 1757 und 1759 fanden Dispute zwischen Talmudisten und Frankisten statt, die zugunsten der Anhänger F.s endeten. F. trat 1759 mit 7000 Anhängern zum (kath.) Christentum über, wurde jedoch, weil er sich weiter als Messias verehren ließ, verhaftet und in Tschenstochau interniert. Nach seiner Freilassung 1772 kam er über Brünn nach Offenbach, wo er sich als Baron von F. mit großer Hofhaltung niederließ. Nach dem Tod seiner Tochter Eva, die die Frankisten nach dem Tod des Vaters anführte, verlor die Sekte an Einfluß. CD TRE Frank, Johann (Peter), Mediziner, * 19.3.1745 Rodalben (Baden), t 24.4.1821 Wien. F. war das elfte von vierzehn Kindern eines Kaufmanns. Seine schulische Ausbildung erhielt er in Eußertal bei Landau, auf der Lateinschule der Piaristen in Rastatt und in der Jesuitenschule von Boucquenon (Lothringen). Er begann ein Studium der Rhetorik in Baden-Baden, das er 1761 in Metz und nach einem Jahr an der Jesuitenuniversität in Pontà-Mousson fortsetzte. Hier wurde er zum Dr. phil. promoviert (De cunis infantium). 1763 nahm er das Studium der Medizin - „Arzneikunde als Tochter der Philosophie" in Heidelberg auf, vermißte aber die praktische Ausbildung an Kranken. Diese erwarb er sich in den Hospitälern Straßburgs, wo er seit 1765 studierte (Promotion 1766 in Heidelberg). F. ließ sich als praktischer Arzt in Bitsch nieder, heiratete und verlor seine Frau im ersten Kindbett, sechs Monate später das Kind an Pocken. 1769 wurde er Hofmedikus in Rastatt. Er entwickelte hier einen Plan für den Unterricht für Hebammen und Wundärzte. 1722 wechselte er als Stadtund Landphysikus, dann als Hofmedikus zum Fürstbischof nach Speyer, der 1777 mit F.s Ruf ein modernes Krankenhaus für 64 Kranke in Bruchsal errichtete. 1784 erreichten ihn drei Berufungen: nach Mainz für „Physiologische Medizin und medizinische Polizei", nach Pavia und Göttingen für „Medizinische Praxis". Göttingen verließ er nach zwei Semestern, weil ihm der Unterricht zu praxisfern war. Diese Möglichkeit praktischer Ausbildung zog ihn 1785 nach Pavia; dort folgte er Simon-André Tissot nach, einem Klassiker medizinischer Volksaufklärung als Mittel zur Hebung des Gesundheitszustandes der Bevölkerung (Avis au peuple sur sa santé, 1761). 1795 wurde F. Direktor des 1784 von Kaiser —»Joseph II. als Reformwerk gedachten Allgemeinen Krankenhauses in Wien und Prof. der praktischen Medizin. Wo auch immer F. wirkte, er suchte zwei Quellen der Erfahrung: Krankenbett und Bibliothek. Enttäuscht von Widerständen gegen seine vielfältigen Reformideen, nahm F. 1804 eine Berufung Zar Alexanders II. nach Wilna und St. Petersburg (1805) für „Spezielle Therapie und ärztliche Klinik" an. Auch hier war er Direktor des Krankenhauses. 1811 kehrte F. nach Wien zurück. Für all diese Wirkungsstätten entwarf er nach französischem Vorbild praxisnahe Programme ärztlicher Ausbildung. Was wir heute Hygiene und Sozialmedizin, neuerdings auch Gesundheitswissenschaften nennen, hat in F. seinen ersten

überragenden Systematiker gefunden. Die Ideen lagen seit der Frühaufklärung bereit (Gottfried Wilhelm —»Leibniz, Christian —> Wolff). Handlungsleitend war der Gedanke einer wechselseitigen Bedingtheit von öffentlicher Wohlfahrt und persönlichem Wohlergehen, von dem Nutzen gesunder Bürger für den Staat, von der Verantwortung der Staatsführung - „Vorsteher menschlicher Gesellschaften" für gesunderhaltende Lebensbedingungen, für den Zusammenhang von Sittlichkeit und Gesundheit. Das Programm einer Krankheiten vorbeugenden Lebensordnung war in der antiken Diätetik vorgeformt. Seine Spuren durchziehen F.s Hauptwerk System einer vollständigen medizinischen Polizey (6 Bde., 1779-1819; 3 Supplementbände 1812-27, hrsg. von G. C. G. Voigt). Die antike Diätetik hatte in der Verantwortung der einzelnen Bürger gelegen; Ärzte waren deren Berater. F. bevorzugte den Weg einer „obrigkeitlichen Vorsorge" mit Hilfe „gemeinnütziger Gesundheitsanstalten": „Polizey" ist zu verstehen als Pflicht der Regierenden. F.s Werk richtet sich aber auch an den verständigen, zur Selbstverantwortung fähigen, zumindest zu solcher erziehbaren Bürger. In gleichem Sinne wirkte F.s Studienfreund Franz Anton —»May in Mannheim. An allen Wirkungsstätten hat F. im Sinne aufgeklärter und aufklärender Medizin als Reformer gewirkt. Dabei vertraute er - vorläufig - mehr einer vernunftgeleiteten Obrigkeit als der natürlichen Vernunft der Menschen - im Unterschied zu Rousseau. F.s Glaubwürdigkeit gründete in seiner umfangreichen Erfahrung als Arzt und als Erzieher von Ärzten. Der akademische Lehrer F. führte die Studenten ans Krankenbett, richtete Famulaturen ein und schrieb für sie ein bedeutendes, ganz aufs Praktische gerichtete Lehrbuch De curandis hominum morbis Epitome, praelectionibus academicis dictata (6 Bde., 1792-1821; dt. Grundsätze über Behandlung der Krankheiten des Menschen, 10 Bde., 1830-34). Bereits in Pavia hatte er 1785 einen zwölfbändigen Delectus opusculorum medicorum begonnen. F. galt als strenger Prüfer. Schönstes Zeugnis seines pädagogischen Ernstes, den er mit der tätigen Sorge um die Gesundheit der Bürger verband, ist seine Akademische Rede vom Volkselend als der Mutter der Krankheiten, mit der er 1790 seine Studenten nach Studienende in die ärztliche Praxis entlassen hat: „Der größte Teil der Leiden, die uns bedrücken, kommt vom Menschen selbst"; und „Ein Sklavenvolk ist ein kachektisches Volk". WEITERES W E R K : B i o g r a p h i e d e s J. P. F. . . . v o n i h m s e l b s t

geschrieben. Wien 1802. LITERATUR: Heinrich Rohlfs: J. P. F., der Gründer der Medicinalpolizei. In: Die Medicinischen Klassiker Deutschlands. 2. Abt., Stuttgart 1880, S. 127-211. - Karl Doll: J. P. F. 1745-1821. Der Begründer der Medizinalpolizei und der Hygiene. Ein Lebensbild. Karlsruhe 1909. - Erna Lesky: J. P. F. als Organisator des Medizinischen Unterrichts. In: Sudhoffs Archiv 39 (1955) S. 1-29. - Erna Lesky (Hrsg.): J. P. F. Akademische Rede vom Volkselend als Mutter der Krankheiten (Pavia 1790). Sudhoffs Klassiker der Medizin, Bd. 34. Leipzig 1960. - Eduard Seidler: J. P. F. In: Klassiker der Medizin. Hrsg. v. Dietrich von Engelhardt/Fritz Hartmann. Bd. 1, München 1991, S. 291-308. - Alois Dauenhauer/ Hermann Matheis (Hrsg.): J. P. F. (1745-1821) gegen Armut und Krankheit. Leben und Wirken eines großen Arztes. Dokumentation aus Texten, Urkunden und Bildern. Rodalben 2004. Fritz Hartmann Frank, Johann Georg, evang. Theologe, * 11.2.1705 Rodalben (Pfalz), t 20. 1. 1784 Hohnstedt bei Calenberg. F. wurde mit Studien zur biblischen Chronologie bekannt (u.a. Novum systema chronologiae fundamentalis, 1778), die zu seiner Zeit besonders bei Johann Christoph -»Gatterer auf Zustimmung stießen. Sein neuaufgestell-

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Frank tes astronomisch-chronologisches System basierte auf einer neunundvierzigjährigen Dauer des alttestamentlichen JobelZyklus. F. starb als Superintendent im Fürstentum Calenberg. OD A D B F r a n k , Josef, Physiker, * 3 0 . 6 . 1 8 8 1 Regensburg, t 2 7 . 1 . 1 9 5 3 Freising. F. studierte 1901-05 in München und 1908-10 in Erlangen, wurde Assistent am Physikalischen Institut der Univ. Erlangen und habilitierte sich 1920 mit der Arbeit Geschichte des Astrolabs. 1922 kam er als a. o . P r o f . der Experimentalphysik an die Bayerische Hochschule für Landwirtschaft und Brauerei in Weihenstephan bei Freising und war dort seit 1927 o. Prof.; 1930 wurde die Hochschule der T H München unterstellt. F. lehrte Experimentalphysik und Geschichte der Physik. Er veröffentlichte u. a. Ein Astroiab aus dem indischen Mogulreiche (1925) und Elektrische Spitzenenergie aus Fluß-Wasserkraftwerken mit Hilfe von Durchlaufspeicherung (1953). • • Poggendorff 5-6 F r a n k , Josef, österr. Architekt, Designer, * 1 5 . 7 . 1 8 8 5 Baden (Niederösterreich), t 8 . 1 . 1 9 6 7 Stockholm. F. studierte bis 1908 an der T H Wien Architektur, wurde 1910 mit einer Arbeit über Leon Battista Alberti promoviert, errichtete 1912 gemeinsam mit Oskar —»Wlach und Oskar —»Strnad den Erweiterungsbau für das M u s e u m für Ostasiatische Kunst in Köln und war 1919-25 Prof. der Baukonstruktionslehre an der Wiener Kunstgewerbeschule. 1925 gründete er gemeinsam mit Wlach das Einrichtungsgeschäft „Haus und Garten" zur Produktion der für die Ausstattung ihrer Bauten benötigten Möbel. F. arbeitete in der österr. „Siedlerbewegung" und errichtete Einfamilienhäuser und Wiener Gemeindebauten. Er war Vizepräsident des Österreichischen Werkbundes und leitete 1930-32 den Bau der „Internationalen Werkbundsiedlung". Er beteiligte sich führend an der Architektur-Diskussion der Zwischenkriegszeit, wandte sich gegen den vom Bauhaus vertretenen Funktionalismus und veröffentlichte u. a. Die Großstadtwohnung unserer Zeit (1927) und Architektur als Symbol (1931). F. emigrierte nach den Februar-Ereignissen 1934 nach Schweden, war bis 1966 als Designer für die Firma „Svenskt T e n n " tätig und lehrte 1942-44 an der N e w School of Social Research in N e w York. CD A KL F r a n k , Josef Maria, Schriftsteller, * 3 . 6 . 1895 M a y e n / Eifel, t 9 . 4 . 1 9 7 5 Kufstein. F., Sohn eines Mühlenbesitzers, studierte an der Univ. Bonn, n a h m am Ersten Weltkrieg teil und war anschließend als Reporter, seit 1919 als freier Schriftsteller tätig. 1918-21 war F. Mitglied der S P D und gehörte 1919-21 d e m preuß. Landtag an. Er unternahm 1933-45 zahlreiche Reisen durch Mittelamerika und auf die Westindischen Inseln; nach Kriegsende ließ er sich in Kufstein (Tirol) nieder. F. schrieb zahlreiche Theaterstücke und R o m a n e (u. a. Per und Petra, 1935) sowie Drehbücher, darunter zu Menschen - Tiere Sensationen. OD D L L F r a n k , Joseph, Mediziner, * 2 3 . 1 2 . 1 7 7 1 Rastatt, t 18.12. 1842 C o m e r See. Der Sohn Johann —> F.s studierte in Pavia und Mailand M e dizin und wurde 1791 in Paris promoviert. Seit 1794 Repetitor und Assistent seines Vaters an der Medizinischen Klinik in Pavia, leitete er diese nach dessen A b b e r u f u n g bis 1796 und wurde anschließend Primararzt im Wiener Allgemeinen Krankenhaus. Nach einer Studienreise 1803, die ihn nach Frankreich, England und Schottland führte, folgte F. 1804 einem Ruf als Prof. der Pathologie an die MedizinischChirurgische Schule nach Wilna und wurde 1805 Prof. der Klinischen Medizin sowie Direktor des Krankenhauses. Seit 1824 im Ruhestand, lebte er am C o m e r See. F. veröffentlich-

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te u . a . Erläuterungen der Brownischen Arzneylehre (1798), Handbuch der Toxikologie ( 1800) und Praxeos medicae universae praecepta (11 Bde., 1811-43). CD Ärzte 1 F r a n k , Julius, Maler, * 1 1 . 4 . 1 8 2 6 M ü n c h e n , t 3 0 . 4 . 1 9 0 8 München. F. wurde zunächst von seinem Vater Siegmund —» F. künstlerisch ausgebildet, studierte später bei Johann - > Schraudolph an der Kunstakademie M ü n c h e n und reiste mit einem Stipendium der A k a d e m i e nach Italien. Anstelle des erkrankten Josef Anton Fischer malte er gemeinsam mit Franz W u r m einen Freskenzyklus im Jesuitenkolleg im nordenglischen Stonyhurst. Später entstanden Wand- und Ölgemälde mit sakraler oder historischer Thematik (darunter sechs der 143 großen historischen Wandfresken im alten Bayerischen Nationalmuseum München, 1860-64) sowie Kartons und Risse als Vorlagen u. a. für Glasgemälde (Fenster der ResidenzKapelle in München). F. war langjähriger Vorsitzender des Vereins zur Pflege der christlichen Kunst. Er kam bei einem Autounfall ums Leben. cri A K L F r a n k , Julius Karl, Hüttenmann, Unternehmer, * 8 . 7 . 1 8 6 5 Fachbach, t 2 0 . 2 . 1 9 4 0 Dillenburg. Der Sohn des Bergwerks- und Hüttenbesitzers Fritz F. studierte 1887-92 an der T H Charlottenburg und der Bergakademie Berlin Berg- und Hüttenkunde. Anschließend war er als Ingenieur und seit 1895 als Prokurist beim Nieverner Bergwerks- und Hüttenverein bei Bad E m s tätig. 1897-1933 leitete er die Frankschen Eisenwerke in Niederscheld. 1908 gehörte er zu den Begründern der Gewerkschaft Wittelsbach in H o l l f e l d / B a y e r n . F. wurde zum Ehrenbürger von Niederscheld ernannt; die T H München verlieh ihm 1921 den Titel eines Dr.-Ing. e. h. F r a n k , Karl (Borromäus), Pseud. Paul Haym, Willi Müller, Publizist, Politiker, * 3 1 . 5 . 1893 Wien, t 1969 N e w York. Als Student der Psychologie, Philosophie und Biologie an der Univ. Wien verweigerte F., Sohn eines Fabrikanten, nach dem Fronteinsatz 1914-16 den Wehrdienst, vertrat 1918 die Univ. im linksradikalen Flügel des Wiener Arbeiterrats und trat 1919 in die K P Ö ein. 1920-24 lebte er als KPD-Mitglied und Redakteur in Berlin; er wurde nach seiner Ausweisung Mitglied des Parteivorstandes der K P Ö und erneut nach Berlin entsandt. Hier trat er in die KPD-Opposition, später in die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD) und die Leninistische Organisation (LO) Walter —> Löwenheims ein, wurde aus der S A P D ausgeschlossen und kam zur SPD. Seit 1933 illegaler Organisator der L O im Ausland, erreichte er die internationale Anerkennung der L O und ihrer Zeitschrift „Neu Beginnen". Er wurde neben Richard —» Löwenthal führender Funktionär der Organisation und übernahm ihre Auslandsleitung unter der Bezeichnung „Gruppe Neu Beginn e n " (NB). F. war Mitverfasser der Schrift Der kommende Weltkrieg [.../, verlegte 1939 den Sitz der N B nach London, gab die „Deutschen Inlandsberichte" („Reports f r o m Inside G e r m a n y " ) heraus und beteiligte sich - seit 1939 in den U S A lebend - an der Gründung des Council for a Democratic Germany. Noch 1944 äußerte er in Germany after Hitler die H o f f n u n g auf eine Distanzierung des deutschen Volks vom Nationalsozialismus. CD Spalek 3,5 F r a n k , Karl Friedrich, österr. Genealoge, * 6 . 7 . 1 8 9 4 Wien, t 1 8 . 7 . 1 9 7 5 Schloß Senftenegg (Niederösterreich). Der Sohn einer Südtiroler Freibauernfamilie war im Ersten Weltkrieg Feldpilot. 1919-29 hatte er leitende Stellungen in der Industrie inne, seit 1932 widmete er sich der Landwirtschaft. Sein besonderes Interesse galt genealogischheraldischen Fragen. Er trug eine umfangreiche Quellensammlung und eine rund 2 0 0 0 0 Bände umfassende Biblio-

Frank thek zusammen. F. veröffentlichte ein Altösterreichisches Adelslexikon (1928) und Standeserhebungen [...] (5 Bde., 1967-73). Frank, Karl Hermann, Politiker, * 24.1.1898 Karlsbad, t 22.5.1946 Prag. Nach dem Ersten Weltkrieg versuchte sich F. zunächst als Beamter in der Stadtverwaltung von Witkowitz (Mähren), dann als Buchhändler in seiner Geburtsstadt und wurde Mitglied der mehrfach umbenannten sudetendeutschen NSDAP unter Konrad -»Henlein. Seit 1935 war er Propagandachef der Sudetendeutschen Partei, für die er auch als Abgeordneter im tschechoslowakischen Parlament saß, 1936 wurde er Stellvertreter Henleins und nach dem Münchener Abkommen 1938 stellvertretender Gauleiter im Sudetenland. Nach der Besetzung der restlichen Tschechoslowakei im März 1939 war er Staatssekretär in der Regierung des „Protektorats Böhmen und Mähren". Unter anderem die Vernichtung des Dorfes Lidice und seiner Bevölkerung nach dem Attentat auf Reinhard —»Heydrich 1942 geht auf F. zurück. Seit August 1943 war er als Deutscher Staatsminister für Böhmen und Mähren unter Wilhelm —>Frick faktisch der alleinige Machthaber im Protektorat. Nach 1945 wurde F. von den amerikanischen Behörden ausgeliefert, von einem tschechoslowakischen Gericht zum Tod verurteilt und öffentlich hingerichtet. Cd Lilla, Statisten Frank, Karl Suso, Franziskaner, Theologe, * 27.1.1933 Ulm, t 4. 1.2006 Freiburg/Breisgau. F. trat 1952 in den Franziskanerorden ein, durchlief eine philosophisch-theologische Ausbildung an den Hochschulen der Fuldaer Franziskanerprovinz und studierte nach der Priesterweihe 1958 Theologie an der Univ. Münster. 1963 mit einer Arbeit über die frühchristliche Askese zum Dr. theol. promoviert, lehrte er nach Studienaufenthalten in Lyon, Rom und Göttingen an den Ordenshochschulen in Münster und Fulda. Nach der Habilitation 1968 wurde er o.Prof. an der Univ. Mainz und folgte 1974 einem Ruf als o.Prof. für Alte Kirchengeschichte und Patrologie an das Institut für Biblische und Historische Theologie der Univ. Freiburg/Breisgau, dem er bis zu seiner Emeritierung 2000 als Direktor vorstand. Er gehörte der Kommission zur Erforschung des altkirchlichen Mönchtums bei der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen an und war a. o. Mitglied der Bayerischen Benediktinerakademie München. Sein Hauptinteresse galt der Erforschung der Freiburger Diözesangeschichte, der Geschichte des altkirchlichen Mönchtums und der Suche nach den Ursprüngen der christlichen Askese. F.s Grundzüge der Geschichte des christlichen Mönchtums (1975, 5 1993 unter dem Titel Geschichte des christlichen Mönchtums) und das Lehrbuch der Geschichte der Alten Kirche (1996, 3 2002) wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Frank, Kathi, eigentl. Katharina Frankl, österr. Schauspielerin, * 11. 10.1852 Bösing bei Preßburg, t 1.1.1918 Wien. F. besuchte nach ihrem Debüt bei einer heimatlichen Schauspielertruppe die Wiener Theaterschule Dorr, kam über das Berliner Viktoria-Theater (1871) nach Potsdam und Bremen und wurde, durch Alexander Sakosch empfohlen, von Heinrich —> Laube an das Wiener Stadttheater engagiert, wo sie als Hero und Maria Stuart große Erfolge errang. Nach einem Gastspiel 1875 in das Burgtheater-Ensemble aufgenommen, kehrte F. wegen der Rivalität mit Charlotte —» Wolter an das Stadttheater zurück, spielte nach dessen Brand in Hamburg, Riga und Stuttgart und war 1887-99 Mitglied der Vereinigten Stadttheater in Frankfurt/Main. Danach ohne festes Engagement, spielte sie 1900 am Wiener Volkstheater, 1901 am New Yorker Irving Place Theater. c d ÖBL

Frank, Leo, österr. Maler, * 13.5. 1884 Wien, t 26.5.1959 Perchtoldsdorf (Niederösterreich). F. studierte mit seinem Zwillingsbruder Hans —»F. 1902-06 an der Kunstgewerbeschule, 1907-11 bei Franz —> Rumpier an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Nach der Lehramtsprüfung als Freihandzeichner (1911), der Teilnahme am Ersten Weltkrieg und ausgedehnten Studienreisen war er 1920-32 Dozent, seit 1933 Prof. an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt; 1921 wurde er Mitglied des Künstlerhauses. Nach 1945 lebte er vorwiegend in Mondsee und Perchtoldsdorf. F. malte überwiegend Landschaften, Stilleben sowie Porträts und illustrierte u.a. Der schwermütige Musikant von Heinrich —> Leuthold in der von Carl Seelig besorgten Auswahl (1922). Seit 1906 widmete er sich überwiegend dem Farb-Holzschnitt und entwickelte mit dem Bruder den sog. „Aquarellfarbendruck" (Herbstnachmittag, 1908). OD A KL Frank, Leonhard, Schriftsteller, * 4.9.1882 Würzburg, t 18.8. 1961 München. F., Sohn eines Schreiners, wurde Schlosser, arbeitete in verschiedenen Berufen und war nach einem Kunststudium seit 1904 in München, seit 1910 in Berlin als Graphiker tätig; daneben veröffentlichte er Erzählungen. Mit seinem autobiographischen Erstlingsroman Die Räuberbande (1914), der ihm 1914 den Fontane-Preis einbrachte, schaffte er den Durchbruch, floh als erklärter Kriegsgegner 1915 in die Schweiz und Schloß sich dem Kreis um René —»Schickele an. 1918 kehrte F. nach Deutschland zurück, wurde Mitglied des Münchner Revolutionsrats und lebte seit 1920 als freischaffender Schrifteller in Berlin und München. Seit 1923 war er Vizepräsident des PEN-Clubs. 1917 erschien der Novellenzyklus Der Mensch ist gut, 1926 die Erzählung Karl und Anna und 1927 der Roman Das Ochsenfurter Männerquartett. F. emigrierte 1933 über die Schweiz und London nach Paris, war nach 1939 mehrfach interniert und floh vor den deutschen Truppen nach Marseille, von wo er über Portugal in die USA ausreiste. 1950 kehrte er nach Deutschland zurück, bereiste 1955 die Sowjetunion und wurde von beiden deutschen Staaten wie auch von der Sowjetunion ausgezeichnet. 1952 erschien seine als Roman bezeichnete Autobiographie Links, wo das Herz ist. 1918 erhielt F. mit Paul —> Zech den Kleistpreis. Seine Gesammelten Werke erschienen 1957-59 in sechs Bänden. CD Killy

Frank, Ludwig, Militärarzt, * 1761 Lauterburg, t 20.5.1825 Parma. F., Neffe Johann -»F.s, studierte in Göttingen und Pavia, ließ sich 1789 in Mailand nieder und wurde Sekundararzt am dortigen Krankenhaus sowie Redaktionsmitglied des „Nuovo Giornale della più recente letteratura" (12 Bde., 1791-96). Später kam er über Florenz, Malta und Rhodos nach Ägypten, wurde dort Arzt bei der französischen Orient-Armee und Mitglied des Gesundheitsrats in Kairo. 1802 besuchte er Karthago, wurde 1804 Arzt im französischen Militärkrankenhaus in Alessandria sowie Inspekteur der Quellen von Acqui und 1805 Leibarzt des Paschas Ali von Janina. 1810 in Paris zum Chefarzt des Militärkrankenhauses von Korfu ernannt, wurde F. Mitglied, später Vizepräsident der Ionischen Akademie. Bei der Flucht von der Insel verlor er einen Großteil seines Vermögens und seiner Aufzeichnungen. F. lebte danach bei seinem Onkel in Wien und wurde 1816 Leibarzt der Herzogin von Parma, 1821 Inspektor der Medizinisch-Chirurgischen Fakultät. Er schrieb u. a. De peste, dysenteria et ophthalmia Aegyptiaca (1820). • • Ärzte 1

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Frank F r a n k , Ludwig, Politiker, * 2 3 . 5 . 1 8 7 4 Nonnenweier (Baden), t 3 . 9 . 1914 Nossoncourt bei Baccarat (Lothringen). F., Sohn eines Kaufmanns, ließ sich nach rechtswissenschaftlichen und volkswirtschaftlichen Studien in Freiburg/ Breisgau und Berlin, die er 1899 in Freiburg mit der Promotion zum Dr. jur. abschloß ( Ü b e r die Entwicklung der Innungen in Baden), 1900 als Anwalt in M a n n h e i m nieder, rief nach d e m Amsterdamer Sozialistenkongreß 1904 die sozialistische Arbeiterjugendbewegung ins Leben und redigierte bis 1908 deren von ihm gegründetes Organ „Junge Garde". Seit 1905 Mitglied des badischen Landtags, gehörte er bald neben Wilhelm —> Kolb zu den Führern der badischen SPD, war seit 1907 auch Reichstagsabgeordneter und verfocht eine „Politik der Tat", die er der „Politik der Phrase" entgegensetzte. Unmittelbar nach Bewilligung der Kriegskredite im August 1914 meldete sich F. als Kriegsfreiwilliger; er fiel im ersten Gefecht. Er schrieb u. a. Die bürgerlichen Parteien des deutschen Reichstags (1911). m Bad Bio N.F., Bd 2 F r a n k , Marco, eigentl. Markus Fränkl, Pseud. Ratzes, österr. Komponist, Musikpädagoge, * 2 4 . 4 . 1 8 8 1 Wien, t 2 9 . 4 . 1 9 6 1 Wien. F., ältestes von zehn Kindern eines Kaufmanns, übersiedelte im Alter von zehn Jahren mit seinen Eltern nach Neapel, wo er bis 1897 am Konservatorium als Schüler von Eusebio Dzworzak und Enrico Bossi unterrichtet wurde. Eine Teilaufführung seiner Erstlingsoper Die drei Musketiere erregte die A u f m e r k s a m k e i t Jules Massenets, der ihn in Paris in Instrumentation und dramatischer Komposition unterrichtete; eine persönliche Begegnung mit Claude Debussy vermittelte F. weitere Impulse. 1900 gründete er ein Streichquartett, mit d e m er Tourneen durch Italien, Frankreich, Spanien und den Vorderen Orient unternahm. Nach Engagements als Konzertmeister an verschiedenen italienischen Theatern wirkte F. 1904-34 als Bratscher des Volksopernorchesters in Wien. Den Höhepunkt seines kompositorischen Schaffens, in dessen Mittelpunkt die Oper stand, erreichte F. mit Die fremde Frau, die nach der Wiener Uraufführung 1937 sogleich von den Opernhäusern in Graz, Triest, Warschau und Riga übern o m m e n wurde. 1939 emigrierte er in die U S A und betätigte sich als Musiklehrer. 1948 kehrte F. nach Österreich zurück und lehrte drei Jahre lang als Bratschenlehrer am Wiener Konservatorium. Anschließend lebte er als freischaffender Privatmusiklehrer und Komponist in Wien. DP M G G F r a n k , Othmar, Orientalist, * 8 . 5 . 1770 Bamberg, t 1 6 . 9 . 1 8 4 0 Wien. F. trat im Stift Banz in den Benediktinerorden ein und lehrte dort sowie am G y m n a s i u m Bamberg Mathematik und Philosophie. Nach der Säkularisierung des Klosters studierte er orientalische Sprachen in Paris und London. 1821 übernahm er die Professur für indische und persische Sprache an der Univ. Würzburg, wechselte 1826 als Prof. des Sanskrit nach M ü n c h e n und wurde Mitglied der dortigen A k a d e m i e der Wissenschaften. F. veröffentlichte u. a. Chrestomathia Sanskrita (2 Bde., 1820/21). OP Kosch: Kath F r a n k , Otto, österr. Geodät, Militär, * 1 3 . 3 . 1 8 5 4 Nimb u r g / E l b e (Böhmen), t 17. 12.1916 Wien. F., Sohn eines k. k. Regimentsfeldarztes, besuchte die Technische Militärakademie und wurde - seit 1876 Leutnant der Artillerie - zum Generalstab beordert. 1887 erfolgte seine Versetzung an das Militärgeographische Institut. 1891-95 Lehrer an der Kriegsschule, 1895-99 im Truppendienst, war er seit 1901 K o m m a n d a n t des Militärgeographischen Instituts und wurde Feldzeugmeister. F. forderte wie vor ihm Johann Jakob —> Baeyer die Schaffung einer Einheitskarte, aus der sämtliche verschiedenen Kartenwerke abgeleitet werden

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können, und führte stereographische A u f n a h m e n des Hochgebirges sowie erste L u f t a u f n a h m e n durch. Er veröffentlichte u . a . Landesaufnahme und Kartographie (1905). DD N D B F r a n k , (Friedrich Wilhelm Ferdinand) Otto, Physiologe, * 2 1 . 6 . 1865 Groß-Umstadt, t 12.11. 1944 München. F., Sohn eines Arztes und Vetter Reinhard —>F.s, bildete sich nach Abschluß seiner Studien an den Universitäten München und Kiel in Heidelberg, Glasgow, München und Straßburg weiter, wurde nach der Promotion 1892 Assistent Carl - > Ludwigs in Leipzig und wechselte 1894 als Assistent Karl von —>Voits nach München. 1895 habilitierte er sich an der Univ. München für Physiologie (Zur Dynamik des Herzmuskels), wurde dort 1902 a. o . P r o f . und war 1905-08 o . P r o f . an der Univ. Gießen. Anschließend übernahm er als Nachfolger Voits den Münchner Lehrstuhl, den er bis zur zwangsweisen Pensionierung 1934 innehatte. 1925 wurde F. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. F. widmete sich der Bestimmung der physikalischen Komponenten der Tätigkeit der Organe und entwickelte neue Apparaturen zu ihrer Messung, darunter das nach ihm benannte Federmanometer. CP N D B F r a n k , Paul, bis 1909 Frankl, Schriftsteller, * 14.4. 1885 Wien, t 2 0 . 3 . 1 9 7 6 Los Angeles (Kalifornien, USA). F., Sohn eines Versicherungsdirektors, war nach d e m Studium an der Handelsakademie und an der Univ. Wien freier Schriftsteller sowie Theaterreferent in Wien, seit 1930 Drehbuchautor für die U f a in Berlin. Er schrieb zudem u. a. für die Zeitschriften „Die Schaubühne", „Simplicissimus" und „Der Merker". 1938 emigrierte er nach Paris, floh später über Spanien nach Marokko, gelangte 1941 in die U S A und lebte zuletzt in Hollywood. F. veröffentlichte Übersetzungen aus dem Englischen und dem Französischen; neben R o m a nen (u. a. Das Mangobaumwunder, mit Leo —>Perutz, 1916) schrieb er Operettenlibretti, Lustspiele und Filmdrehbücher. • P Lex dt-jüd Autoren F r a n k , Peter Anton Frh. von, Jurist, * 7 . 4 . 1746 Aschaffenburg, t 12.11. 1818 Wien. Der Bruder Franz Philipp —>F.s studierte seit 1764 Rechtswissenschaften in Mainz, Würzburg, Göttingen und Wetzlar, wurde 1770 a. o. Prof. der Rechte in Mainz und kam im folgenden Jahr als kurfürstlicher Hofrat und Prof. des deutschen Staats- und Lehnsrechts sowie der Geschichte nach Trier. 1775 wurde er Oberbibliothekar, 1780 Prof. der deutschen Reichsgeschichte und des Staatsrechts in Mainz, 1784 kurfürstlicher Hof- und Regierungsrat. Während seiner Zeit als Trierer Diplomat kam F. in Kontakt mit dem österr. Kaiser, der ihn 1791 als Reichsreferendar in die deutsche Abteilung nach Wien berief. Seit 1806 war er mit staatswissenschaftlichen Studien befaßt. F. veröffentlichte u. a. Einzelne Betrachtungen aus der Geschichte von Deutschland [...] (1800). m ÖBL F r a n k , Philipp, österr. Physiker, Philosoph, * 2 0 . 3 . 1884 Wien, t 2 1 . 7 . 1966 Cambridge (Massachusetts, USA). F. studierte an der Univ. Wien, habilitierte sich 1909 und wurde 1912 Nachfolger Albert —> Einsteins als Prof. der theoretischen Physik an der Deutschen Univ. in Prag. 1917-38 war er dort o. Prof. und Institutsdirektor, mußte aber 1938 als Jude emigrieren. 1939-53 Prof. an der Harvard University, las F. über Physik und Mathematik und gründete 1948 das „Institute of the Unity of Sciences", d e m er als Präsident bis 1965 vorstand. Seit 1953 leitete er Forschungsprojekte der National Science Foundation und der American Academy of Arts and Sciences. F., der d e m Wiener Kreis des Logischen Positivismus nahestand, befaßte sich mit d e m

Frank Grenzgebiet zwischen Philosophie und Naturwissenschaften. Er schrieb u . a . Das Kausalgesetz und seine Grenzen (1932) und Einstein. His life and times (1949). t u B H d E , Bd 2

Frank,

Rafael, Lehrer, Typograph, * 11.3. 1867 T h e n hausen bei Augsburg, t 9 . 3 . 1920 Leipzig. Der Sohn eines Antiquitätenhändlers studierte Musik in München und Düsseldorf und besuchte ein jüdisches Lehrerseminar in Köln. 1903 ging er nach Leipzig, wo er Kantor und Lehrer in der Sonntags-Religionsschule der jüdischen Gemeinde wurde. Auf der Grundlage der von F. gemeinsam mit Israel Wiesen herausgegebenen Hauptgebete mit einer dem Worte gegenüberstehenden Übersetzung [...] ( 7 1912) erteilte F. auch in seinem Haus Privatunterricht. 1909 entwickelte er gemeinsam mit der Schriftgießerei C. F. Rühl in Leipzig die hebräische Frank-Rühl-Type. Trotz stilistischer Anleihen beim Jugendstil stellte diese Type einen modernen und für maschinelle Druckverfahren gut geeigneten Entwurf dar, der sich bald durchsetzen konnte und bis heute die hebräische Standarddruckschrift ist.

Frank,

Raoul, österr. Maler, * 1.5. 1867 Linz, t 14.1. 1939 Oberalm (Salzburg). Nach einer militärischen Ausbildung bei der Kriegsmarine studierte F. in Graz, Berlin und London Malerei und war 1891-94 Schüler Gustav Schönlebers in Karlsruhe. Er ließ sich in München nieder, Schloß sich der sogenannten Luitpold-Gruppe an und war 1907-10 mit Ausstattungsarbeiten am Wiener Hofburgtheater befaßt. Nach München zurückgekehrt, wurde er Prof. an der dortigen Kunstakademie. F. malte Küsten- und Seelandschaften (u. a. Cornische Küste, 1906); er betätigte sich auch als Kunstgewerbler, Architekt und Illustrator (Kriegsschiffe im XV///. Jahrhundert, 1902). m AKL

Frank, Reinhard (Karl Albrecht Otto Friedrich) von, Jurist, * 16.8. 1860 Reddighäuser H a m m e r (Hessen), t 21.3.1934 München. F., Sohn eines Hüttenbesitzers und Vetter des Physiologen Otto —»F., studierte an den Universitäten Marburg, München und Kiel, wurde bei Franz von —> Liszt in Marburg promoviert und habilitierte sich 1887. 1890 wurde er o . P r o f . an der Univ. Gießen, 1899 Nachfolger Liszts an der Univ. Halle, wechselte 1902 nach Tübingen und kam 1913 gemeinsam mit Ernst von —>Beling an die Univ. München. F. war 1911-14 Mitglied der Strafrechtskommission in Berlin und wurde 1920 zum Rektor der Univ. München gewählt. Er befaßte sich Uberwiegend mit Strafrecht (u. a. Die Wolff'sehe Strafrechtsphilosophie und ihr Verhältnis zur kriminalpolitischen Aufklärung im 18. Jahrhundert, 1887) und veröffentlichte erstmals 1897 einen später weitverbreiteten K o m m e n tar z u m Reichs-Strafgesetzbuch. m NDB

Frank,

Rudolf, Pseud. Wolfgang Ense, Ulrika von Schönhoff, Frank Ruddy, Keller, R u f u s u . a . , Schriftsteller, Theaterintendant, * 1 6 . 9 . 1 8 8 6 Mainz, t 2 5 . 1 0 . 1979 Basel. F., Sohn eines K a u f m a n n s , studierte Rechts- und Staatswissenschaften in München, Zürich, Berlin, Heidelberg und Gießen, w o er 1908 mit der Arbeit Die Rechts- und Gerichtsfähigkeit in der Geschichte des internationalen Privatrechts zum Dr. jur. promoviert wurde. Nach einer Ausbildung bei M a x —> Reinhardt war er als Schauspieler und Regisseur in Meiningen und F r a n k f u r t / M a i n tätig. 1 9 1 6 / 1 7 war er Theaterleiter in Rumänien, 1 9 1 8 / 1 9 Regisseur und Dramatiker am Landestheater Darmstadt, 1919-21 Regisseur am Neuen Theater und an den Kammerspielen in F r a n k f u r t / Main, anschließend Regisseur und stellvertretender Intendant an den M ü n c h n e r Kammerspielen, 1 9 2 5 / 2 6 Direktor der C o m p a n i a primaria Borelli in Italien und später Gastregisseur u . a . in Wien, Düsseldorf und Berlin. Seit 1933 als Jude von jeglicher öffentlichen Berufsausübung ausgeschlossen, war F. bis 1936 unter P s e u d o n y m tätig und emigrierte 1936 nach Österreich, 1938 in die Schweiz, wo er 1 9 4 2 / 4 3 wegen Verstoßes gegen das Arbeitsverbot interniert war. Seit 1943 arbeitete er in Basel am Theater und war publizistisch tätig. F. übersetzte Belletristik aus dem Englischen und d e m Französischen, schrieb R o m a n e sowie theaterwissenschaftliche Studien und gab Gesamtausgaben Heinrich —> Heines und E. T. A. —>Hoffmanns heraus. Seine Autobiographie Spielzeit meines Lebens erschien 1960. • D Lex dt-jüd Autoren

Frank,

Walter, Historiker, * 1 2 . 2 . 1 9 0 5 Fürth, t 9 . 5 . 1945 Brunsrode bei Braunschweig. F., Sohn eines höheren Beamten, studierte seit 1923 Geschichte und wurde 1927 an der Univ. München mit der Arbeit Hofprediger Adolf Stoecker und die christlichsoziale Bewegung (veröffentlicht 1928, 2 1935) promoviert. Bereits seit seiner Jugend Mitarbeiter des „Völkischen Beobachters", schrieb er nach d e m Studium u . a . f ü r die Monatsschrift „Deutsches Volkstum" und wurde 1934 Referent im Stab von Rudolf —»Heß. Seit 1935 Leiter des Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschland, errichtete F. dort 1936 die Forschungsabteilung Judenfrage, mit der er auch in publizistische Konkurrenz zu Alfred —> Rosenberg trat; 1941 wurde er beurlaubt. Seit 1937 gab F. die jährlichen Forschungen zur Judenfrage heraus und veröffentlichte u. a. Nationalismus und Demokratie im Frankreich der Dritten Republik 1871-1918 (1933), Ritter Franz von Epp. Der Weg eines deutschen Soldaten ( 1934), Deutsche Wissenschaft und Judenfrage (1937), Geist und Macht. Historisch-politische Aufsätze (1938) und Hoere Israel! Harden, Rathenau und die Judenfrage (1939). F. beging Selbstmord. DO Historikerlex

Frank,

Rudolf (Anton), österr. Chirurg, * 2 3 . 6 . 1862 Linz, t 1 3 . 2 . 1 9 1 3 Wien. Der Sohn eines Oberrealschullehrers studierte an der Univ. Wien Medizin, wurde nach der Promotion 1885 (Beiträge zur Anwendung der Dialyse in gerichtlich-chemischen Untersuchungen) Operationszögling, drei Jahre später Assistent Eduard —> Alberts und habilitierte sich 1892 mit einer Arbeit aus dem Grenzgebiet zwischen Embryologie und Chirurgie. Seit 1893 Vorstand der Chirurgischen Abteilung des neugegründeten Wiener Kaiser-Franz-Joseph-Spitals, wechselte er später in gleicher Position an die Krankenanstalt Rudolfstiftung und übernahm schließlich die Leitung einer Chirurgischen Abteilung des Wiener Allgemeinen Krankenhauses. F.s Arbeit Über die Radicaloperation von Leistenhernien (1893) revolutionierte die Chirurgie der Leistenbrüche. 1911 wurde er zum Prof. ernannt. c d NDB

Frank,

Wilhelm, kath. Theologe, * 1 6 . 6 . 1 8 5 8 Zülkowitz (Oberschlesien), t 2 3 . 8 . 1911 Breslau. F. studierte 1878-82 Theologie in Breslau und Regensburg und wurde 1883 zum Priester geweiht. 1 8 8 3 / 8 4 war er Kaplan in Peterwitz bei Frankenstein, anschließend bis 1887 in Ratibor, kam 1888 als Kurat an die St.-Michaels-Kirche in Berlin und wurde im folgenden Jahr Pfarrer der St.-PiusGemeinde. 1899 erfolgte seine Ernennung zum Erzpriester, 1906 zum Geistlichen Rat und 1908 zum Domherrn in Breslau. F. war Vorsitzender des Katholischen Arbeitervereins in Berlin und gehörte als Mitglied der Zentrumspartei seit 1893 dem Reichstag an. Er veranlaßte die Errichtung von kirchlichen Bauten, gründete kath. Arbeitervereine und veröffentlichte Reisebeschreibungen, darunter Kreuz und quer durchs Mittelmeer (1906, 2 1909). m BBKL

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Franke Franke,

(Ludwig) Adolf (Constantin Georg Hermann), Elektrotechniker, * 7. 12.1865 Lingen, | 1 1 . 9 . 1 9 4 0 Berlin. Nach d e m Studium der Physik an den Universitäten Heidelberg und Berlin (Promotion 1891, Die elektrischen Vorgänge in den Fernsprechleitungen und -Apparaten) sowie der Elektrotechnik in Hannover trat F., Sohn eines Gymnasialdirektors, 1889 in die Dienste der Reichspost und entwickelte eine Hochfrequenz-Wechselstrommaschine für Fernsprechmeßzwecke, die als „Franke'sche M a s c h i n e " jahrzehntelang eine Rolle in der Fernmeldetechnik spielte. Später war er bei der Urania-Säulengesellschaft (bzw. Gesellschaft Normalzeit) tätig, zuletzt als deren Direktor, bis er 1896 als Mitarbeiter und Stellvertreter des Berliner Werksleiters August —»Raps zu Siemens & Halske kam. Gemeinsam mit Raps arbeitete F. an der Entwicklung der Ferndrucker und der Schnelltelegraphen und bemühte sich um Kooperation mit der Reichspost, die u . a . zur Gründung der Deutschen Fernkabelgesellschaft 1921 führte. F. befaßte sich mit drahtloser Télégraphié und war entscheidend an der Gründung der Gesellschaft Telefunken 1903 und der Einrichtung der Großfunkstationen Nauen / S a y ville 1914 beteiligt. 1921 rief er den Verein „Fachschule für Feinmechanische Technik" ins Leben, übernahm 1920 die Leitung der Abteilung Schwachstromtechnik bei Siemens und wurde 1921 Vorstandsvorsitzender, 1932 Aufsichtsratsmitglied. CD N D B

Franke,

Adolf (Emil), österr. Chemiker, * 1 9 . 2 . 1 8 7 4 Wien, t 1.1. 1964 Studen. F. studierte 1892-96 an der Univ. Wien, wurde nach der Promotion 1896 Assistent am Zweiten Chemischen Laboratorium der Univ. und habilitierte sich 1904 f ü r Chemie. 1914 zum a. o . P r o f . ernannt, war er seit 1925 o . P r o f . und bis zu seiner Emeritierung 1941 Leiter des Analytischen Laboratoriums der Univ. Wien. F. veröffentlichte in einschlägigen Periodika Beiträge über organische und analytische Chemie, als Monographie einen Leitfaden für die chemischen Übungen der Studierenden der Medizin (1917). CD Poggendorff 4-6

Franke,

Egon, Politiker, * 11.4. 1913 Hannover, t 2 6 . 4 . 1995 Hannover. Der dem Arbeitermilieu entstammende F. trat als Tischlerlehrling dem Deutschen Holzarbeiterverband, 1929 der S P D und später der Sozialistischen Arbeiterjugend bei, deren hannoveraner Vorsitz er 1933 übernahm. Nach 1933 wirkte er im Untergrund für die „Sozialistische Front" und verbüßte nach der Enttarnung 1935 eine mehrjährige Zuchthausstrafe. 1943-45 diente er in einem Strafbataillon. Nach Kriegsende gründete er mit Kurt —> Schumacher in Hannover die neue S P D und wurde Ratsherr und SPD-Bezirkssekretär, 1946 Mitglied des Parteivorstandes. 1950 übernahm er den Bezirksvorsitz Hannover, 1958 den Landesvorsitz in Niedersachsen und gehörte seit 1964 d e m Parteipräsidium an. Als Parlamentarier saß F. bis 1947 im Stadtrat von Hannover, anschließend drei Jahre im niedersächsischen Landtag, 1951-87 war er Mitglied des Deutschen Bundestags und 1969-82 Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen. Er veröffentlichte u . a . Deshalb bin ich Sozialdemokrat (1969) und Beiträge zur Deutschland-Politik (1977). CD M d B

Franke,

Felix (Hermann), Mediziner, * 1 8 . 1 . 1 8 6 0 Großdalzig bei Leipzig, t 10.3. 1937 Braunschweig. F. studierte 1880-84 an der Univ. Leipzig und Greifswald (Promotion 1885, Ein Fall der Entfernung eines Fremdkörpers durch Oesophagotomie) und war seit 1885 Assistenzarzt am Herzoglichen Krankenhaus in Braunschweig, 1889-1924 Chefarzt des Diakonissenhauses Marienstift in Braunschweig; 1901 wurde er zum Prof. ernannt. Er entwickelte eine Reihe neuer Untersuchungs-,

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Behandlungs- und Operationsmethoden in der Inneren Medizin, der Chirurgie und der Gynäkologie; er trat als einer der ersten für eine operative Behandlung der Cholelithiasis ein. F. war Mitarbeiter an der Enzyklopädie der gesamten Chirurgie (1901-03) und veröffentlichte u . a . Die chirurgische Behandlung des Magengeschwürs (1900) und Die chronische Influenza (1928). m Ärzte 2, 3

Franke,

Friedrich Wilhelm, Musiker, Musikwissenschaftler, * 2 1 . 6 . 1862 Barmen, t 3 . 4 . 1 9 3 2 Köln. F. studierte seit 1879 an der Berliner Hochschule für M u sik Orgel bei Karl August - > Haupt, Klavier bei Heinrich —> Barth, Theorie bei Reinhold Succo und Komposition bei Woldemar —»Bargiel und wurde besonders von Philipp Spitta gefördert. Er war zunächst Organist an St. Jacobi in Stralsund sowie im Stift Preetz in Holstein und wurde 1891 von Franz —»Wüllner als Dozent für Orgel, Harmonielehre und Kontrapunkt an das Konservatorium in Köln berufen. Daneben wirkte F. bei den Gürzenich-Konzerten mit und war Organist an der Kölner Christuskirche, bis er - seit 1900 Prof. - 1924 in den Ruhestand trat. Er komponierte zahlreiche Choräle für Chor und Orgel. F. veröffentlichte u. a. das mehrfach aufgelegte Werk Theorie und Praxis des harmonischen Tonsatzes ( 1898, 3 1918). m MGG

Franke,

Günther, Kunsthändler, * 2 9 . 1 0 . 1900 Berlin, t 5 . 1 0 . 1976 München. F. lernte bereits während seiner Volontärszeit in Berlin Künstler wie M a x —> Beckmann, Emil —>Nolde, Karl - > Schmidt-Rottluff und Erich —> Höckel kennen. Seit 1923 in München ansässig, leitete er zunächst das Graphische Kabinett J. B. N e u m a n n und gründete A n f a n g der dreißiger Jahre eine eigene Galerie, in der er sich besonders f ü r die Verbreitung expressionistischer Kunst einsetzte. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde sein Haus zu einem Sammelpunkt für die als „entartet" diffamierte Kunst. Nach 1945 zeigte F. in insgesamt mehr als 4 0 0 Ausstellungen die Werke von zeitgenössischen Künstlern wie Ernst Wilhelm —>Nay, Fritz Koenig oder Gerhard —»Hoehme, blieb aber auch Beckmann verbunden, dessen Werke er selbst sammelte und dem er zahlreiche weitere Ausstellungen widmete. 1974 übergab F. 29 G e m ä l d e und eine Skulptur B e c k m a n n s an die Bayerischen Gemäldesammlungen. F r a n k e , Hans, Internist, * 2 7 . 1 0 . 1911 Königshütte (Oberschlesien), t 3 0 . 1 . 2 0 0 0 Tutzing. Nach d e m Studium an den Universitäten Freiburg/Breisgau, Heidelberg und München 1933 promoviert (Statistischkritische Zusammenstellung Uber die nach Schädeltraumen tödlich verlaufenden extraduralen Hämatome), wurde F. Praktikant am Pathologischen Institut in Freiburg. Drei Jahre war er als medizinischer Assistent an der Universitätsklinik Breslau tätig. 1 9 3 9 / 4 0 als Unterarzt bei der L u f t w a f f e , wurde er 1941 Assistent, 1943 Privatdozent (Habilitationsschrift: Untersuchungen über die Capillarwanddichte des Menschen in gesunden und kranken Tagen) und 1944 Oberarzt an der Universitätsklinik Innsbruck. Seit 1948 in Würzburg tätig, wurde er 1949 api. Prof. an der Univ. und 1954 Direktor der dortigen Poliklinik. Später lebte er in Gauting. F. war Spezialist auf dem Gebiet der Inneren Medizin, beschäftigte sich mit Herz- und Kreislauferkrankungen und verfaßte mehrfach Beiträge zur Altersforschung (Zur Biologie und Klinik der höchsten menschlichen Altersstufe, 1973; Altersantlitz, 1990; Allgemeine Geriatrie, 1990). Daneben veröffentlichteer Anekdoten, Kurzgeschichten und Essays, u . a . Lügensteine, Klinik-Affe und MarcusSyndrom (1981, 2 1982), Medizin-Thomas, Biologie-Wunder und Hörsaalschlaf (1984) und Auf den Spuren der Langlebigkeit (1985). c d Ärzte Schlesien

Franke Franke, Heinrich, Physiker, * 2 7 . 6 . 1 8 8 7 Kiel,

Franke, Johannes, Bibliothekar, * 2 0 . 1 2 . 1 8 4 8 Berlin,

t 7 . 1 . 1 9 6 6 Erlangen. F. studierte Physik und Chemie an der Univ. Halle sowie angewandte Photographie an der T H Berlin und wurde 1911 promoviert (Die natürliche Drehung der Polarisationsebene in flüssigen Kristallen). 1912/13 machte er die Expedition Max von —» Oppenheims nach Mesopotamien mit und wurde nach der Rückkehr Lehrer sowie wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Photographischen Lehr- und Versuchsanstalt des Lette-Vereins in Berlin. 1914-18 nahm er als Feldröntgeningenieur am Ersten Weltkrieg teil. Anschließend bis 1923 Röntgeningenieur bei Siemens & Halske in Karlsruhe und Hamburg, stand er bis 1934 dem Labor eines Hamburger Röntgenwerks, 1934-51 dem der SiemensReiniger-AG in Berlin und Erlangen vor. F. war seit 1946 SPD-Landtagsabgeordneter in Bayern sowie Vorsitzender des bayerischen Rundfunkrats und wurde 1951 Prof. der Röntgenphysik an der Univ. München. Er entwickelte u. a. einen Belichtungsautomaten. Zu seinen Veröffentlichungen zählt Der Doppelfilm und seine Technik (1927).

t 25.3. 1918 Berlin. F. studierte Medizin an den Universitäten Berlin, Göttingen und Heidelberg (Promotion 1879) und war 1880-1895 an der Universitätsbibliothek Göttingen, seit 1884 als deren Kustos, tätig. 1895 kam er als Oberbibliothekar der Nassauischen Landesbibliothek nach Wiesbaden, reorganisierte sie von Grund auf und wechselte 1899 als Abteilungsdirektor an die Kgl. Bibliothek nach Berlin. Innerhalb dreier Jahre baute er die „Kaiser-Wilhelm-Bibliothek" Posen mit einem Anfangsbestand von 150000 Bänden auf, die er alphabetisch und systematisch katalogisieren ließ. 1902 erfolgte seine Ernennung zum Direktor der Universitätsbibliothek Berlin, die er erweiterte und deren Systematik er verbesserte. F. bildete 1903-05 erstmals an deutschen Bibliotheken Frauen zu Bibliothekarinnen aus. Er schrieb u. a. Der Leihbetrieb der öffentlichen Bibliotheken und das geltende Recht (1905). F. war mit Gertrud —> Franke-Schievelbein verheiratet.

Franke, Heinrich, Politiker, * 2 6 . 1 . 1 9 2 8 Osnabrück, t 2 6 . 6 . 2 0 0 4 Nürnberg. F., Sohn eines Arbeiters, mußte eine 1943 begonnene Ausbildung zum Flugmotorenschlosser wegen eines Unfalls abbrechen, besuchte 1944 die Staatliche Ingenieurschule in Magdeburg und wurde 1945 zum Wehrdienst eingezogen. 1947 aus der Gefangenschaft nach Osnabrück zurückgekehrt, Schloß er seine Ausbildung zum Techniker ab und arbeitete als technischer Zeichner beim Fernmeldebauamt Osnabrück. 1950 wechselte er zur Siemens AG, wo er 1962 Ingenieur für Schwachstromtechnik wurde. Daneben politisch tätig, wurde F. Mitglied der Deutschen Angestelltengewerkschaft, engagierte sich als Diözesanvorsitzender in der Katholischen Arbeitnehmerbewegung, war 1956-58 Landessozialsekretär der niedersächsischen CDU sowie Kreisund Bezirksvorsitzender der CDU-Sozialausschüsse im Bezirk Osnabrück. 1955-65 gehörte F. dem niedersächsischen Landtag, 1965-84 dem Bundestag an. Als Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung ( 1 9 8 2 / 8 3 ) beschäftigte er sich vor allem mit der Koordinierung der Sozial- und Gesundheitspolitik und bemühte sich um eine langfristige Sanierung der Rentenfinanzen. 1984-93 war F. Präsident der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg. t u MdB

Franke, (August) Hermann, evang. Missionar, Sprachforscher, * 5. 11. 1870 Gnadenfrei (Schlesien), t 16.2. 1930 Berlin. Der der Herrnhuter Brüdergemeine angehörende F., Sohn eines Kaufmanns und Inhabers einer Färberei, wurde in Niesky (Oberlausitz) zum Lehrer und Missionar ausgebildet. Anschließend Lehrer im sächsischen Kleinwelka, erlernte er das dort noch gesprochene Wendisch sowie Sanskrit und Altnordisch. Nach weiteren Studien in Fairfield bei Manchester war F. 1896-1910 als Missionar in Leh, Khalatse und Kyelang im westlichen Himalaja tätig. Er übersetzte die Bibel ins klassische Tibetisch, das Markusevangelium in mehrere regionale Sprachen und gab seit 1904 die erste tibetische Zeitung heraus. Daneben unternahm er archäologische Forschungsreisen im Himalaja (Antiquities of Indian Tibet, 1914) und geriet im Ersten Weltkrieg in indische Gefangenschaft. Nach seiner Rückkehr war er Dolmetscher auf dem europäischen Kriegsschauplatz und ließ sich nach erneuter Gefangenschaft 1919 in Gnadenberg nieder. 1922 habilitierte sich F. an der Univ. Berlin für Tibetisch und wurde 1925 a. o. Professor. Er veröffentlichte u. a. Durch Zentralasien In die indische Kriegsgefangenschaft (1921) und Geistesleben in Tibet (1925). DP NDB

CD LGB

Franke, Leopold (August), Fabrikant, Techniker, * 1777 (?) Weddersieben bei Quedlinburg, t 2 4 . 3 . 1 8 5 3 Weddersieben. F. erlernte wie seine Vorfahren die Papiermacherei und erwarb 1793 die Papiermühle Weddersieben von seiner Mutter. Er profilierte sich zeitlebens mit technischen Erfindungen und Verbesserungen; u.a. konstruierte er 1827/28 einen Formstuhl zum Weben der Böden der Papierschöpfformen, den er 1840 nach Rußland verkaufte. 1829 erhielt er ein Patent auf die erste rotierende Kettenreinigungsmaschine, die weite Verbreitung fand und als Vorläufer späterer Knotenfängersysteme gilt. Darüber hinaus befaßte er sich mit der Weiterentwicklung der Technik von Getreide- und Windmühlen. F. schrieb u. a. eine Anleitung zur Anlage und Behandlung der Reinigungsmaschine für die Papiermasse (1830). CD NDB

Franke, (Rudolf) Otto, Indologe, * 2 4 . 6 . 1 8 6 2 Wickerode/Harz, t 5 . 2 . 1928 Königsberg. Nach dem Studium der Klassischen, Deutschen und Indischen Philologie an der Univ. Göttingen (Promotion 1886, Hemacandra's Lmgânuçâsana mit Commentar und Uebersetzung) habilitierte sich F., Sohn eines Mühlenbesitzers, 1890 an der Univ. Berlin und folgte 1896 einer Berufung als a. o.Prof. der Sanskritwissenschaft an die Univ. Königsberg, wo er 1921 Ordinarius wurde. Er befaßte sich mit alt- und mittelindischer Grammatik sowie mit sprachhistorischen Studien, wandte sich später vor allem den in Pâli verfaßten buddhistischen Schriften zu und untersuchte ihre literaturgeschichtlichen Verbindungen. Obgleich einer der besten Kenner des Pâli (u. a. Geschichte und Kritik der einheimischen Päli-Grammatik, 1902), fanden seine Theorien über die Entstehung des Buddhismus und seiner Schriften keine allgemeine Anerkennung. c d NDB

Franke, (Alwin Wilhelm) Otto, Sinologe, Historiker, * 27.9. 1863 Gernrode/Harz, t 5 . 8 . 1 9 4 6 Berlin. F., dessen Vater Bürgermeister und Direktor einer Strafanstalt war, studierte 1882-87 Geschichte, Indologie und Rechtswissenschaft an den Universitäten Freiburg/Breisgau, Berlin, Göttingen und Kiel, wurde 1886 mit einer indologischen Arbeit promoviert und widmete sich anschließend der Sinologie. Als Dolmetscher seit 1888 im diplomatischen Dienst in Peking, Tientsin und Shanghai, unternahm er ausgedehnte Reisen durch China. Nach seinem Ausscheiden habilitierte sich F. 1903 an der Univ. Berlin, übernahm 1909 die neugeschaffene Professur für Sprachen und Geschichte Ostasiens am Hamburger Kolonialinstitut und war 1923-31

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Franke Prof. in Berlin. Als eines seiner Hauptwerke gilt die bis 1368 reichende Geschichte des chinesischen Reiches (5 Bde., 1930-52); postum erschienen seine Erinnerungen aus zwei Welten (1954). D3 B H d A D F r a n k e , Otto, österr. Techniker, * 4 . 6 . 1893 Heidenreichstein (Niederösterreich), t 23. 1 . 1 9 7 3 Wien. Nach d e m Studium an der T H Wien war F. 1920-26 Assistent Johann —»Sahulkas und wurde 1927 zum Dr. techn. promoviert. Bereits 1926 trat er in das Österreichische Bundesamt f ü r Eich- und Vermessungswesen ein, dem er bis 1941 und 1948-52 angehörte, 1951 als Leiter der Gruppe Eichwesen. Nachdem er sich 1949 habilitiert hatte, wurde F. 1952 a. o . P r o f . der Stark- und Schwachstromtechnik an der T H Wien, 1959 o . P r o f e s s o r . F r a n k e , Paul, auch Francke, Baumeister, * 1 5 3 7 / 3 8 Weimar (?), t 10. 11.1615 Wolfenbuttel. F., vermutlich Sohn des weimarischen Hoftischlers Konrad F., war 1564-76 Bauschreiber beim Schloßbau in H e s s e n / B r a u n s c h w e i g , wurde nach d e m Tod des Bauverwalters Cordt M e n t e 1 5 7 5 / 7 6 von Herzog Julius von Braunschweig-Liineburg mit der A u s f ü h r u n g der Erweiterungs- und Neugestaltungspläne von Wolfenbüttel betraut und 1581 zum Bauverwalter bestellt. Bis zu seinem Lebensende beaufsichtigte und organisierte F. anschließend das herzogliche Bauwesen. Unter Julius war er überwiegend mit Befestigungs- und Wasserbauten befaßt, unter dessen Nachfolger Herzog —> Heinrich Julius mit profanen und sakralen kunstvollen Bauten. Künstlerisch beeinflußt durch den zeitweise in Wolfenbüttel lebenden niederländischen Baumeister Johann Vredemann de Vries, schuf F. mit der 1604 begonnenen Wolfenbütteler Marienkirche das erste bedeutende Werk des evang. Kirchenbaus im 17. Jahrhundert. m

A KL

F r a n k e , Paul, Verleger, * 21. 10. 1881 Nauendorf, t 2 5 . 7 . 1984 Bad Tölz. Nach dem Besuch der Handelshochschule wurde F. Redakteur und Verlagsprokurist, dann Direktor im Verlag Otto Beyer in Leipzig. Seit 1918 für die Deutsche Reichsbahn tätig, baute er in deren Auftrag eine Firma f ü r Wirtschaftswerbung auf, deren Generaldirektor er später wurde. F. übernahm leitende Funktionen in Verlagen des Stinnes-Konzerns und verlegte Fachzeitschriften aus verschiedenen Bereichen, darunter die „Zeitschrift für öffentliche Wirtschaft", „AutoR e v u e " und „Film-Kurier". Nach d e m Zweiten Weltkrieg widmete er sich d e m Wiederaufbau seines Unternehmens, das zuletzt als „Verlag F i l m - B ü h n e " firmierte. F r a n k e , Paul-Gerhard, Ingenieur, * 1 4 . 1 . 1 9 1 8 Leipzig, t 18.8. 1996 M ü n c h e n . F. Schloß das Studium 1953 mit der Promotion ( D e r Abfluß unter einer scharfkantigen Planschutze) an der T H München ab und habilitierte sich dort 1954 ( D e r Wechselsprung mit freier Deckwalze). 1956-86 war er öffentlich bestellter Sachverständiger für Hydraulik und Wasserbau, 1 9 5 7 / 5 8 Visiting Professor am College of Engineering Poona (Indien) und U N E S C O - E x p e r t e ; 1960 erhielt er eine Professur an der T U München. F. veröffentlichte u. a. Abriß der Hydraulik (1970-82), Hydraulik für Bauingenieure (1974) und Kurzbiographien Hydraulik und Wasserbau. Persönlichkeiten aus dem deutschsprachigen Raum (mit Adolf Kleinschroth, 1991). F r a n k e , Rudolf (Heinrich August Philipp), Ingenieur, * 2 4 . 6 . 1870 Hannover, t 11. 12. 1962 Bückeburg. F. studierte an den Technischen Hochschulen Hannover und Berlin, war nach der Promotion in Rostock 1896 ( A p p a r a t e und Methoden zur Bestimmung der magnetischen Induktion in Eisensorten) bis 1898 Assistent, seit 1897 Privatdozent für

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Elektrotechnik an d e r T H Braunschweig sowie 1898-1907 an der T H Hannover. Er lehrte elektrische Kraftübertragung und Wechselstrommaschinen, seit 1903 auch technische Physik. 1898-1904 Inhaber einer von ihm gegründeten Fabrik für elektrische Meßgeräte in Hannover, wurde er 1906 technischer Direktor, 1909 Vorstandsvorsitzender einer Berliner Telephon- und Telegraphenfirma. Seit 1907 Privatdozent für Instrumenten- und Apparatebau an der T H Berlin, wurde er dort 1910 zum Prof. ernannt. F. war im Ersten Weltkrieg im Reichsmarineamt tätig, wurde 1920 a.o., 1922 o . P r o f . der Fernmeldetechnik sowie der Feinmechanik und 1937 emeritiert. Er schrieb u. a. Vom Aufbau der Getriebe (1943). F r a n k e , Traugott Samuel, Mathematiker, * 1 4 . 1 0 . 1 8 0 4 Schellenberg/Erzgebirge, t 14.6. 1863 Hannover. Zunächst im väterlichen Beruf eines Leinenwebers tätig, studierte F. später Theologie an der Univ. Leipzig und hörte daneben philosophische sowie mathematische Vorlesungen. 1830 wurde er Rektor der Schule in Roßwein und Sprecher der dortigen Tuchmacherzunft. In dieser Funktion wurde er in Dresden bekannt, erhielt 1836 einen Ruf als Lehrer an die dortige Technische Anstalt und wurde Prof. und Direktor. 1849 wechselte er als Vizedirektor an die Technische Schule in Hannover, wo er vor allem beschreibende Geometrie lehrte. F. verfaßte mehrere Lehrbücher der Geometrie und der höheren Mathematik, u. a. Lehrbuch der descriptiven Geometrie (1849), Lehrbuch der höheren Mathematik (1851) und Die Elemente der ebenen und sphärischen Trigonometrie (\%5A). m ADB F r a n k e , (Erich) Victor (Carl August), Militär, * 2 1 . 7 . 1866 Zuckmantel (Schlesien), t 7 . 9 . 1936 Hamburg. Als Pionierleutnant seit 1896 Mitglied der Schutztruppe in Südwestafrika, übte F., Sohn eines Gutsbesitzers und späteren Rentiers, auch das A m t eines Distriktchefs aus. Während des Hereroaufstandes 1904 gelang ihm der Entsatz von Windhuk. Im Ersten Weltkrieg leitete er den Sturm auf das portugiesische Fort Naulila in Südangola und wurde 1915 Oberstleutnant sowie K o m m a n d e u r der Schutztruppe. Im selben Jahr handelte F. die deutsche Kapitulation unter ehrenvollen Bedingungen aus und wurde nach seiner Rückkehr 1920 als Generalmajor verabschiedet. t u NDB F r a n k e , (Max) Walther, Pseud. Franke-Ruta, FrankeStein, Schriftsteller, * 10.4. 1890 Leipzig, t 8 . 2 . 1958 Basel. F. studierte Neuere Philologie, vor allem Romanistik, an den Universitäten Grenoble und Leipzig (Promotion 1913) und war anschließend K a u f m a n n in Leipzig. Seit 1923 lebte er in Italien, hielt sich in Mailand und Genua, seit 1944 in Basel auf und war als Dramaturg bei „Studio Basel" und Mitarbeiter der „Baseler Nachrichten" tätig. Wegen Kontakten zu Emgiranten und wegen jüdischer Vorfahren wurde F. 1936 aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen, seine Schriften waren seit 1938 verboten. Er schrieb zahlreiche Romane, Hörspiele, Funkbearbeitungen und Hörspielübersetzungen, darunter Pension Miramare (1938). m DLL F r a n k e - S c h i e v e l b e i n , Gertrud, Schriftstellerin, * 2 6 . 2 . 1851 Berlin, t 2 3 . 2 . 1914 Berlin. Die Tochter des Bildhauers Hermann —> Schievelbein studierte Musik und Malerei (u.a. bei Karl - > G u s s o w ) und heiratete 1880 den Bibliothekar Johannes —> Franke. Nach 1890 wandte sie sich überwiegend der Schriftstellerei zu, veröffentlichte 1893 ihren ersten R o m a n Ni, siedelte 1895 von Göttingen nach Wiesbaden über und kehrte 1899 nach Berlin zurück. In ihren zahlreichen Romanen, Erzählungen und Novellen legte sie besonderes Gewicht auf die Gestaltung der Psychologie der Figuren. CD Brinker-Gabler 2

Frankenberg und Ludwigsdorf Frankel, Zacharias, jüdischer Theologe, * 30.9. 1801 Prag, t 13.2.1875 Breslau. F., dessen Vorfahren der Rabbinerfamilie Spira angehörten, besuchte die Jeschiwah in Prag und studierte Theologie, Mathematik, Klassische Philologie und Philosophie an der Univ. Pest, wo er 1830 promoviert wurde. 1832 zum Kreisrabbiner von Leitmeritz ernannt, war er der erste böhmische Rabbiner mit einer neuzeitlichen höheren Bildung und wirkte vor allem für die Hebung des Kultus sowie die Ausbildung der Jugend. Seit 1836 Oberrabbiner in Dresden, bemühte sich F. um die Verbesserung der Rechte der Sachsen jüdischen Glaubens. 1845 trat er demonstrativ aus der Rabbinerversammlung in Frankfurt/Main aus, da er die Gottesdienste weiter in hebräischer Sprache abhalten wollte. 1844-46 gab er die „Zeitschrift für die religiösen Interessen des Judenthums" heraus, gründete 1851 die „Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judenthums" und war seit 1854 Direktor des Jüdisch-Theologischen Seminars in Breslau. F. nahm eine vermittelnde Position zwischen konservativen und liberalen Juden ein. Er veröffentlichte u.a. Vorstudien zur Septuaginta (1841). CD BBKL Franken, Alexander, Jurist, * 7.10. 1848 Düsseldorf, t 5.10.1896. F. ließ sich nach dem Studium an den Universitäten Bonn, Heidelberg und Berlin als Advokat in Berlin nieder, wurde 1874 in Berlin promoviert und habilitierte sich im folgenden Jahr. 1878 folgte er einem Ruf als a. o.Prof. an die Univ. Greifswald und wurde 1881 o. Professor. F. las über deutsche Rechtsgeschichte, Zivilprozeß-, Handels- und Wechselrecht; daneben praktizierte er als Rat am Oberlandesgericht. Er veröffentlichte u. a. eine Geschichte des französischen Pfandrechts. 1. Mittelalter (1879). m ADB Franken, Hermann, Gynäkologe, * 31.7. 1895 Freiburg/ Breisgau, t 28.9.1979 Sölden/Breisgau. Nach Abschluß seiner Studien (Promotion 1922 in Köln, Ein Fall von angeborenem Daumenmangel der linken Hand ohne sonstige Mißbildungen) habilitierte sich F. 1924 an der Univ. Freiburg/Breisgau (Atmung, Kreislauf und Muskulatur während der Narkose), wurde 1934 a. o. Prof. der Gynäkologie sowie der Geburtshilfe und leitete 1945-48 kommissarisch die Freiburger Frauenklinik. 1949 wurde er o.Prof. und Direktor der Universitäts-Frauenklinik in Saarbrücken. F. war u. a. Ehrenmitglied der International Anesthesia Research Society. Franken, Joseph Paul, Politiker, * 3. 1.1900 Mönchengladbach, t 10.1.1980 Bonn. Der Einfluß seines Elternhauses ließ F. in Bonn zunächst kath. Theologie und Kunstgeschichte studieren, ehe er zu den Rechts-, Staats- und Wirtschaftswissenschaften wechselte. Er trat in die preuß. Innenverwaltung ein, kam 1930 ins Reichsarbeitsministerium und war 1932-45 im Reichsfinanzministerium tätig. 1946 wurde F. Landesdirektor im Aufbauministerium von Schleswig-Holstein, leitete 1949-52 als Präsident das Landessiedlungsamt von Nordrhein-Westfalen und war 1952-57 Finanzstaatssekretär, seit 1963 Minister für Landesplanung, Wohnungsbau und öffentliche Arbeiten. F. übernahm den Vorsitz in der „Gesellschaft für übernationale Zusammenarbeit" sowie die Präsidentschaft der „Gesellschaft zur Förderung der inneren Kolonisation" und des „Katholischen Akademikerverbandes". Frankenberg, Abraham von, Pseud. A. Franc, de Monte, Amadeus von Friedeleben, Franciscus Montanus, der AVFgerichtete, Schriftsteller, * 24.6. 1593 Schloß Ludwigsdorf bei Oels (Niederschlesien), t 26.6. 1652 Schloß Ludwigsdorf. Nach Abschluß seiner Universitätsstudien in Leipzig, Wittenberg und Jena zog sich F., Sohn eines münsterbergi-

schen Landhofgerichtsassessors, unter dem Anspruch, ein mystisch-asketisches Leben zu führen, auf das väterliche Schloß zurück. Später verließ er Ludwigsdorf wegen der Kriegswirren und seiner Konflikte mit der luth. Amtskirche und lebte 1641-49 in Danzig als Lehrer im Haus Martin du Prés sowie bei Johannes —»Hevelius. Seit seiner Rückkehr nach Ludwigsdorf verkehrte er vor allem mit —»Angelus Silesius, ferner u.a. mit Johann Theodor von —»Tschesch und Daniel von —»Czepko und Reigersfeld; brieflicher Kontakt verband ihn mit Gelehrten aus ganz Europa. F. vertrat in Abgrenzung zur luth. Orthodoxie ein Frömmigkeit und Weisheit vereinigendes, mystische und naturphilosophische Elemente verarbeitendes Ideal und unterstützte die Drucklegung von Schriften des ihm verbundenen Jacob Böhme. Zu F.s Hauptwerken zählen Mir nach! (1637/39, gedruckt 1675), Via veterum sapientum (1637/39, gedruckt 1675) und Oculus sidereus (gedruckt 1644). Er schrieb ferner geistliche Lieder (Beth-Gesänglin, gedruckt 1633). In Arbeiten wie Jordansteine (1636, gedruckt 1684) setzte er sich mit dem orthodoxen Luthertum auseinander. F., der in Böhmes Theosophie eine Hauptsäule des „wahren Christentums" erkannte, verfaßte auch eine Böhme-Biographie (Zweitfassung 1651). CP Killy Frankenberg und Ludwigsdorf, Alex-Victor von, auch A.-V. von F. und Ludwigsdorff, Pseud. Gustav von Falkenberg, Schriftsteller, * 28. 11. 1892 Darmstadt, t 29.9. 1957 Tübingen. F. u. L. studierte 1910/11 in Oxford und absolvierte 1918-20 ein Ingenieursstudium an der TH Darmstadt. Nach dem Ersten Weltkrieg vorübergehend Feuilletonredakteur der „Hessischen Landeszeitung" in Darmstadt, schied er 1922 als Oberstleutnant aus dem Heer aus, zog sich 1924 als freier Schriftsteller auf das Schloß Kirchberg an der Jagst zurück und siedelte später nach Tübingen über. Neben Schriften zur Luftschiffahrt, darunter der ersten Monographie über den Fallschirm (1912), publizierte F. u. L. patriotischkriegerische Prosa, Lyrik und Dramen (u.a. das Kriegstagebuch Kampfund Sieg an der Westfront, 1916), später Philosophisches, darunter das von den Nationalsozialisten verbotene Werk Das wiedergefundene Paradies. Urschuld und Lösung (1932). m DLL Frankenberg und Ludwigsdorf, Friedrich (Ludwig Ernst) Graf von, Frh. von Schellendorf, auch Fred von F. u. L„ Politiker, * 5.2. 1835 Breslau, t 31.12. 1897 Slawentzitz. Nach Abschluß seiner Studien in Bonn, Breslau und Tharandt unternahm F. u. L. ausgedehnte Reisen, widmete sich später der Bewirtschaftung seines Großguts Tillowitz in Oberschlesien. 1867-81 Reichstagsabgeordneter, wurde er 1884 zum Staatsrat ernannt und war Mitglied der freikonservativen Fraktion des Preußischen Landtags, 1885-97 des Herrenhauses. F. u. L. war vorwiegend wirtschaftspolitisch tätig, wandte sich jedoch 1871 als Gefolgsmann —»Bismarcks mit einem „Mahnwort" an die deutschen Katholiken. Er war der Schwager des freikonservativen Parteiführers Fürst Hohenlohe-Öhringen, Herzog von Ujest. F.s Kriegstagebücher erschienen 1896. Frankenberg und Ludwigsdorf, Gerhard von, Zoologe, Politiker, * 12.10.1892 Braunschweig, t 30.11.1969 Hannover. F. u. L., Sohn eines Juristen und Stadtrats, studierte 1911-15 in Heidelberg und Leipzig, wurde 1915 promoviert (Die Schwimmblasen von Corethra) und war als Assistent am Zoologischen Institut in Frankfurt/Main tätig. Seit 1918 Mitglied der SPD, war er 1920-24 Leiter des Presseamts der Staatsregierung in Braunschweig. 1924 wurde er Inspektor des Naturhistorischen Museums in Braunschweig, 1928

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Frankenberg von Ludwigsdorf dessen Direktor und Privatdozent für Zoologie sowie Direktor der Zoologischen Abteilung an der T H Braunschweig. 1928-33 war er Gauleiter des Reichsbanners Schwarz-RotGold, wurde 1933 entlassen und kam in „Schutzhaft"; 1944 wurde er in ein Konzentrationslager verschleppt. Seit 1945 war F. u. L. a. o . P r o f . der Zoologie und der Allgemeinen Biologie an der T H Braunschweig. 1947 wurde er Ehrenpräsident des Monistenbundes, 1949 Präsident des deutschen Volksbundes für Geistesfreiheit. F. u. L. veröffentlichte zahlreiche naturwissenschaftliche und philosophische Abhandlungen, u . a . Das Wesen des Lebens (1933), Die Natur und wir ( 1941, 4 1948), Entdeckung im Stadtwald ( 1943), Die Schmetterlinge (1946, "1948), Wunder am Wegesrand (1949, 2 1952), Religion und Wissenschaft (1949), Fallende Schleier. Ein Bild der lebendigen Welt ( 1952) und Menschenrassen und Menschentum (1956). c n Schröder

Frankenberg von Ludwigsdorf,

Johann Heinrich (Ferdinand Joseph Johann N e p o m u k ) Graf von, Kardinal, Erzbischof von Mecheln, * 18.9. 1726 Glogau, t 12.6. 1804 Breda. F. v. L., Sohn eines kurböhmischen Komitialgesandten, studierte Philosophie an der Univ. Breslau und Theologie am Germanicum in Rom. 1750 wurde er Koadjutor des Erzbischofs von Görz, 1754 Stiftsdekan in Prag. Seit dem folgenden Jahr Dekan in Bunzlau, war er von 1759 an Erzbischof von Mecheln und Primas der österr. Niederlande; 1778 ernannte ihn Papst Pius VI. zum Kardinal. Als Gegner der kirchlichen R e f o r m p l ä n e Kaiser —»Josephs II. protestierte F. v. L. gegen die Errichtung des staatlichen Generalseminars in Löwen als einzig anerkannter Ausbildungsstätte f ü r den belgischen kath. Klerus; in kaiserlichem Auftrag prüfte er die Lehre am Seminar und erklärte sie öffentlich f ü r nicht orthodox. F. v. L. widersetzte sich der Französischen Revolution, wurde 1797 des Landes verwiesen und lebte bis zur Ausweisung aus Preußen in Emmerich und Borken, später im holländischen Breda. Nach d e m Konkordat zwischen Pius VII. und Napoleon verzichtete er auf das Erzbistum. m NDB

Frankenberg-Ludwigsdorf,

(Wolff Sylvius) Leopold von, Jurist, Politiker, * 1785, f 1878. Der Sohn eines preuß. Generalmajors studierte Rechtswissenschaften, trat 1807 in den preuß. Justizdienst ein, wurde 1816 Rat am Obergericht in Ratibor und 1827 dessen Vizepräsident. Seit 1830 Vizepräsident des Oberlandesgerichts in Breslau, war F.-L. 1832-48 Präsident des Oberappellationsgerichts in Posen und seit 1835 zugleich Präsident des dortigen Oberlandesgerichts. 1840 wurde F.-L. zum Wirklichen Geheimen Rat mit d e m Prädikat Exzellenz ernannt. 1848 wurde er aufgrund seiner offenen Berichterstattung zum polnischen Aufstand zur Disposition gestellt. F.-L. war 1850 Mitglied des Erfurter Unionsparlaments, gehörte 1852-54 der preuß. Ersten K a m m e r an, wurde 1854 in das Herrenhaus berufen und zum Kronsyndikus ernannt. 1871-74 war er Mitglied des Reichtags. CP Unionsparl

Frankenberg und Proschlitz, Egbert von, Parteifunktionär, * 2 0 . 3 . 1 9 0 9 Straßburg, t 1 5 . 3 . 2 0 0 0 . A u s einer Offiziersfamilie stammend, begann F. u. P. 1931 eine Ausbildung zum Flugzeugführer, trat der N S D A P und ein Jahr später der SS bei und nahm 1 9 3 8 / 3 9 mit der Legion Condor am Spanischen Burgerkrieg teil. 1943 k o m m a n dierte er ein Fliegergeschwader der L u f t w a f f e in der U d S S R , geriet in sowjetische Kriegsgefangenschaft und Schloß sich d e m Nationalkomitee Freies Deutschland an. 1948 kehrte F. u. P. als Referent in der Landesregierung Sachsen nach Deutschland zurück. Er trat der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands bei, für die er 1949-51 politischer Geschäftsführer in Thüringen und 1951-54 Abgeordneter der

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Volkskammer war und deren Hauptausschuß er 1951-90 angehörte. Nach der Promotion an der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaften in Potsdam mit einer Arbeit über Massenvernichtungswaffen war F. u. P. 1957-89 als militärpolitischer Kommentator des staatlichen Komitees f ü r R u n d f u n k und bis 1978 als Präsident des Allgemeinen Deutschen Motorsport-Verbandes tätig. 1962-75 Mitglied der Deutschen Liga für die Vereinten Nationen, habilitierte er sich 1989 an der Humboldt-Univ. Berlin mit einer Arbeit über die Vereinten Nationen und die Streitkräfte unter UN-Flagge. m DDR

Frankenberger,

Johann, Maler, Graphiker, * 3 . 4 . 1 8 0 7 Hadamar (Nassau), t 3 0 . 4 . 1 8 7 4 Wien. F. ging nach d e m Studium an der Wiener Kunstakademie bei Joseph —>Redl, Johann —> Ender und Carl Gsellhofer nach Deutschland und lebte in Limburg, Wiesbaden sowie als Hofmaler des Fürsten zu Solms in Braunfels. 1838 kehrte er nach Wien zurück, wo er in Kreisen griechischer und armenischer Einwanderer verkehrte. F. malte Genreund Jagdszenen (Betende Landleute, 1845; Das Treibjagen, 1840) sowie Bildnisse, radierte und lithographierte Porträts, darunter das der Schauspielerin Sophie —> Müller als Kriemhild (1830). m AKL

Frankenburger,

Wolf, Jurist, Politiker, * 2 7 . 3 . 1 8 2 7 Obbach (Unterfranken), t 18.7. 1889 Nürnberg. Nach d e m Jurastudium in Würzburg (1845-48) wurde F. 1861 kgl. Justizrat in Nürnberg. Als Mitglied der Deutschen Fortschrittspartei errang er dort 1869 ein Mandat für den bayerischen Landtag (bis 1889), 1874-78 gehörte er dem Reichstag an. F. setzte sich nachdrücklich für den Eintritt Bayerns in den Deutsch-Französischen Krieg von 1 8 7 0 / 7 1 und den Beitritt Bayerns zum Deutschen Reich ein. Nach 1870 widmete er sich in seiner parlamentarischen Arbeit hauptsächlich Rechtsfragen und erwarb sich den Ruf eines der bedeutendsten jüdischen Politiker in Bayern. OD Haunfelder, Lib A b g F r a n k e n f e l d , Alfred, Journalist, Redakteur, Politiker, * 2 7 . 1 0 . 1898 Kühndorf (Thüringen), t 6. 12.1975 Hamburg. Der Sohn eines Domänenpächters studierte nach Teilnahme am Ersten Weltkrieg Geschichte, Philosophie und Staatswissenschaften in Göttingen, Leipzig und Breslau. 1922 wurde er in Göttingen zum Dr. phil. promoviert (Justus Moser als Staatsmann im Siebenjährigen Kriege und am englischen Hofe). 1921-24 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Auswärtigen Amts, 1 9 2 3 / 2 4 Redaktionsassistent bei der „Deutschen Allgemeinen Zeitung", 1924-39 Korrespondent in Hamburg f ü r das „Berliner Tageblatt" und 1939-45 f ü r die „Deutsche Allgemeine Zeitung". Daneben leitete er als Chefredakteur die Zeitschrift „Recht und Freiheit" der Deutschen Demokratischen Partei. 1945 habilitierte sich F. in Hamburg (Die koloniale Frage im deutsch-französischen Verhältnis ¡890-1914). 1946-53 war er Chefredakteur der „Hamburger Freien Presse", 1953-56 des „Hamburger Anzeigers" und seit 1957 beim Axel Springer Verlag. Seit 1951 lehrte er nebenamtlich Publizistik an der Univ. Hamburg. 1953-70 war F. Mitglied der Hamburger Bürgerschaft, 1961-66 Vorsitzender der FDP-Fraktion und seit 1966 Zweiter Vizepräsident der Bürgerschaft. Er veröffentlichte u. a. Der ideale Journalist. Aufgabe und Sendung (1931), Die Mission des Journalisten ( 1946) und Zum Sehen geboren. Ein Leben für Presse und Parlament (1973). F r a n k e n f e l d , Peter, Unterhaltungskünstler, Entertainer, Conférencier, * 3 1 . 5 . 1913 Berlin, t 4 . 1 . 1979 Hamburg. Nach verschiedenen Tätigkeiten debütierte F. 1938 als Conférencier am Berliner Kabarett der Komiker. Nach Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft zunächst als Entertainer

Frankfurter tätig, führte er 1948 Quizsendungen beim R u n d f u n k ein und hatte mit eigenen Sendereihen Erfolg ( u . a . „Ab acht Uhr wird gelacht", „Funk und Flachs"). Bekannt wurde F., der als Mitbegründer der deutschen Fernsehunterhaltung gilt, seit 1952 durch zahlreiche Fernsehsendungen, vor allem durch „1 : 0 f ü r Sie", „Vergißmeinnicht" und „Musik ist T r u m p f . Er veröffentlichte u . a . 1000 Seiten Albernheiten (1955) und Bekenntnisse eines großkarierten Herren ( 1969). F r a n k e n h e i m , Moritz Ludwig, Physiker, * 2 9 . 6 . 1801 Braunschweig, t 14.1. 1869 Dresden. Nach d e m Studium in Braunschweig und Berlin (Promotion 1823, De theoria gasorum et vaporum meditationes) habilitierte sich F. 1826 in Berlin. 1827 wurde er a. o. Prof. der Physik, Geographie und Mathematik an der Univ. Breslau und war 1850-66 o . P r o f . sowie Direktor des Physikalischen Kabinetts. 1841 wurde F. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. Als erster zeigte er die geometrisch möglichen Raumgitter auf und bewies die Übereinstimmung ihrer Symmetrieverhältnisse mit denen der Kristalle (Die Lehre von der Cohäsion, umfassend die Elasticity der Gase, die Elasticität und Cohärenz der flüssigen und festen Körper und die Krystallkunde, 1835). Seine gegen die Theorie Johann N e p o m u k von - > Fuchs' aufgestellte These, daß amorph erscheinende Körper Aggregate unsichtbar kleiner Kristalle seien, wurde von der modernen Physik weitgehend bestätigt. F.s Erkenntnisse bereiteten die moderne Strukturtheorie der Kristalle vor. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner System der Krystalle (1842) und Zur Krystallkunde (1869). m NDB

Frankenstein, Johann von

Johannes von Franken-

stein F r a n k e n t h a l , Käte, Pseud. Dr. K(äte) Kenta, Medizinerin, Politikerin, * 30. 1.1889 Kiel, f 2 1 . 4 . 1976 N e w York. Die Tochter des Vorstehers der jüdischen G e m e i n d e in Kiel wurde nach Studien in Kiel, Heidelberg, Erlangen, München, Wien und Freiburg 1914 als eine der ersten Frauen in Deutschland zum Dr. med. promoviert (Beitrag zur Lehre von den durch Balantidium coli erzeugten Erkrankungen). Nach kurzer Tätigkeit als Landärztin war sie 1915-18 Militärärztin in Österreich, ging nach Berlin, engagierte sich in der Frauenstimmrechtsbewegung und praktizierte 1920-33 als Stadtärztin von Neukölln. Seit 1918 Mitglied der SPD, war sie 1919-30 SPD-Stadtverordnete, 1930-32 Mitglied des Preußischen Landtags, seit 1931 als Angehörige der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP). Ihr berufliches und politisches Engagement galt besonders der Einrichtung von Sexualberatungsstellen und der Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. 1933 emigrierte F. zunächst nach Prag, w o sie Mitarbeiterin des jüdischen Flüchtlingskomitees wurde, 1936 weiter über die Schweiz und Paris in die USA. Dort begann sie 1943 ein Psychologiestudium und arbeitete seit 1947 neben der Tätigkeit in ihrer Privatpraxis als Familientherapeutin und Psychoanalytikerin beim Jewish Family Service in N e w York. Sie veröffentlichte u . a . Background for tomorrow (1953). F.s Lebenserinnerungen Der dreifache Fluch: Judin, Intellektuelle, Sozialistin erschienen 1981. • 3 D e m o k r Wege F r a n k e n t h a l , Ludwig, Chirurg, * 2 7 . 1 1 . 1 8 8 1 Schwanfeld (Bayern), t 1944 Konzentrationslager Auschwitz. F. studierte Medizin in Berlin und München, wo er 1911 mit der Arbeit Die Tumoren der Niere an der K. chirurgischen Universitätsklinik seit dem Jahre 1902 promoviert wurde. Nach Assistenztätigkeiten in Hamburg und Berlin wurde F. während des Ersten Weltkriegs als Chirurg in einer Sanitäts-Kompanie in Elsaß-Lothringen eingesetzt. Nach d e m Krieg fand er zunächst Anstellung als Oberarzt in der Universitätsklinik Leipzig, bevor er gemeinsam mit Pascal

Deuel 1928 die ärztliche Leitung des von Chaim —»Eitingon gestifteten Israelitischen Krankenhauses im Leipziger Waldstraßenviertel übernahm. Einen festen Platz in der Medizingeschichte erwarb er sich als Erstbeschreiber der damals „Verschüttungssyndrom", heute „Crush-Syndrom" genannten spezifischen Muskelschädigung durch Gewalteinwirkung: Nach Beobachtungen an Verschüttungsopfern im Ersten Weltkrieg veröffentlichte F. verschiedene Arbeiten zu diesem Bereich, die wegweisend f ü r die spätere Forschung wurden. F. wurde 1944 in Auschwitz ermordet. Der F r a n k f u r t e r , auch Frankcforter, Verfasser der „Theologia Deutsch", 15. Jh. Der Verfasser der u m 1400 entstandenen Theologia Deutsch stammte nach Informationen aus dem Prolog der sogenannten Brombacher Handschrift aus d e m Kreis der Gottesfreunde und war als Deutscher Herr Priester und Kustos im Deutschherrenhaus in F r a n k f u r t / M a i n bzw. in der Ordensniederlassung Sachsenhausen. Zunächst nur als „Der Frankfurter (Franckforter)" bekannt, nannte erst —> Luther den Traktat Theologia Deutsch. F. verurteilte darin Freigeister und äußerte sich u . a . zum göttlichen Willen sowie zum menschlichen Eigenwillen in für ein volkssprachliches Werk seiner Zeit theologisch anspruchsvollen Argumenten. Die Wirkungsgeschichte geht vor allem auf die von Luther besorgten Ausgaben von 1516 und 1518 zurück. Seit 1521 folgten Übersetzungen in zahlreiche Sprachen. Die Theologia Deutsch gilt neben den Schriften Meister —> Eckharts als das wichtigste theologische Originalwerk deutscher Sprache des Mittelalters. m VL F r a n k f u r t e r , David, * 1909 Daruvar, t 1 9 - 7 . 1 9 8 2 Tel Aviv. Der Sohn eines kroatischen Rabbiners studierte seit 1929 in Leipzig und Frankfurt Medizin und wechselte 1934 an die Univ. Bern. U m die Weltöffentlichkeit auf den wachsenden Antisemitismus der Nationalsozialisten aufmerksam zu machen, erschoß F. am 4 . 2 . 1936 in Davos den schweizer, nationalsozialistischen Landesgruppenleiter Wilhelm Gustloff und stellte sich der Polizei. Die Tat fand Zustimmung in breiten Kreisen der schweizer. Bevölkerung, führte andererseits jedoch zu einer starken Belastung der deutschschweizerischen Beziehungen. In einem nur unter strafrechtlichen Aspekten geführten Prozeß wurde F. zu 18 Jahren Haft verurteilt. 1945 wurde ihm Straferlaß gewährt und F., aus der Schweiz ausgewiesen, emigrierte nach Palästina. 1969 wurde die Verbannung aufgehoben. Seine Erinnerungen erschienen 1950 in englischer und 1984 in hebräischer Sprache. F r a n k f u r t e r , Naphtali, jüdischer Theologe, * 1 3 . 2 . 1 8 1 0 Oberdorf (Württemberg), t 13.4. 1866 Hamburg. Der Sohn eines Rabbiners studierte seit 1830 Philosophie und Theologie an den Universitäten Heidelberg und Tübingen und wurde 1833 promoviert. Nach einigen Jahren als Hauslehrer und Rabbinatsvorstand in Lehrensteinsfeld ging er 1836 als Rabbiner nach Braunsbach und gab gemeinsam mit Berthold -> Auerbach die Lieferungen 4 und 5 der Gallerie der ausgezeichnetsten lsraeliten aller Jahrhunderte (1836-38) heraus. Seit 1840 Prediger der Hamburger Tempelgemeinde, nahm er 1844 an der Braunschweiger Rabbinerversammlung und 1848 an der Hamburger konstituierenden Versammlung teil. F. befaßte sich besonders mit dem Unterrichts- und Erziehungswesen. Er schrieb u. a. Stillstand und Fortschritt. Zur Würdigung der Partheien im heutigen Judenthum (1841). m Lex dt-jüd Autoren F r a n k f u r t e r , Philipp, Dichter, * um 1450, t 1511 Wien. F., dessen Familie vermutlich aus Frankfurt, möglicherweise auch aus Regensburg stammte, lebte seit 1486 vom Kauf, Wiederaufbau und Verkauf brandzerstörter Häuser.

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Frankfurter B e i m Tod seiner Frau Katharina 1500 war er Vater zweier unmündiger Adoptivkinder. Sein Werk Des pfaffen geschieht und histori vom Kalenberg (1473) entstand um 1470. F. sammelte die umlaufenden Schwanke über die historische Pfarrersfigur des Gundaker von Thernberg, faßte sie selbständig in Reime und brachte sie in die F o r m einer Lebensgeschichte. Die Schwanksammlung, in mehrere Sprachen übertragen sowie von Sebastian —»Brant, Konrad —>Celtis, Martin —> Luther und vielen anderen benutzt, beeinflußte spätere Schwankbücher, darunter den Ulenspiegel. CD V L F r a n k f u r t e r , Richard (Otto), Jurist, Politiker, Schriftsteller, * 12. 12.1873 Bielitz (Schlesien), t 2 . 2 . 1 9 5 3 Montevideo (Uruguay). F., Sohn vun Ulla —» Frankfurter-Wolff, studierte Rechtswissenschaft u . a . an der Univ. Erlangen, wurde 1893 promoviert und ließ sich 1897 als Rechtsanwalt und Notar in Berlin nieder. Er war Mitbegründer der Deutschen D e m o kratischen Partei, seit 1918 Mitglied ihres Geschäftsführenden Ausschusses, dritter Parteivorsitzender und bis 1928 Leiter ihres Organisationsausschusses. Er gehörte dem linken Parteiflügel an und war 1928 vorübergehend Mitglied des Reichstags. Nach der nationalsozialistischen Machtübern a h m e wurde ihm das Notariat entzogen; er mußte die Anwaltskanzlei aufgeben, floh in die Schweiz, lebte bis 1939 in Zürich und emigrierte anschließend nach Uruguay, wo er 1941 Staatsbürger wurde. F. schrieb u . a . den R o m a n Der Eid des Hippokrates (1949). DD B H d E , Bd 1 F r a n k f u r t e r , Salomon (Friedrich), österr. Klassischer Philologe, Bibliothekar, * 9 . 1 1 . 1 8 5 6 Preßburg, t 2 4 . 9 . 1 9 4 1 Wien. F., dessen Vater Kultusbeamter in Wien war, studierte an den Universitäten Wien und Berlin Geschichte, Klassische und Deutsche Philologie; 1882 wurde er promoviert. Seit 1884 als Volontär an der Wiener Universitätsbibliothek, wurde er 1910 Vizedirektor und war 1919-23 deren Direktor. F. wurde 1899 korrespondierendes Mitglied der k. k. Zentralkommission f ü r Kunst- und historische Denkmale, 1900 des Österreichischen Archäologischen Instituts, 1909 Konsulent für Bibliothekswesen und jüdische Kultusangelegenheiten des Kultusministeriums und damit der erste j ü d i s c h e B e a m t e Österreichs, 1920 Direktor des Jüdischen M u s e u m s . Er war Mitarbeiter mehrerer Fachzeitschriften, Vizepräsident der Jüdischen Völkerbundliga für Österreich und Mitbegründer des „Vereins der Freunde des humanistischen G y m n a s i u m s " , dessen Mitteilungen er seit 1906 herausgab. Er veröffentlichte historische, politische und bibliothekarische Schriften, darunter Österreichs Bildungswesen (1920). • 3 Lex dt-jüd Autoren F r a n k f u r t e r - W o l f f , Ulla, geb. Hirschfeld, Pseud. Ulrich Frank, Schriftstellerin, Publizistin, * 2 . 4 . 1848 Wollstein (Posen), t 1 . 6 . 1 9 2 4 Berlin. Die Tochter eines Rabbiners wurde vom Vater unterrichtet, beendete ihre Schulausbildung in Breslau und lebte bis zu ihrer ersten Eheschließung mit einem Rabbiner 1869 in Gleiwitz (Schlesien). Früh verwitwet, ging sie zunächst nach Wien, wo sie im Haus Heinrich —> Laubes erste schriftstellerische Versuche unternahm, und siedelte 1880 nach Berlin über. Hier ging sie ihrer zweite Ehe mit einem Industriellen Ludwig Wolff ein und begann, trotz des Bühnenerfolgs ihres Schauspiels Der Herr Kollege (1877), vornehmlich journalistisch zu arbeiten. Über 15 Jahre leitete F.-W. die Feuilletonredaktionen verschiedener Zeitungen und Zeitschriften, darunter das „Berliner Tageblatt", die „Allgemeine Zeitung des J u d e n t u m s " und die „Deutsche Dichtung". In ihren Novellen und R o m a n e n (u.a. Das Wunderkind, 1884; Frauen von heute, 1908) setzte sie sich vehement für die Gleichberechtigung der Frauen in der Bildung ein, ihre Protagoni-

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stinnen treten durchweg als starke, geistig wie ökonomisch unabhängige Frauen auf. F.-W. war die Mutter von Richard —> Frankfurter. DP Lex dt-jüd Autoren F r a n k l , Adolf, Pseud. Hermann Harter, österr. Schriftsteller, Lehrer, * 6 . 6 . 1 8 6 2 Mürzzuschlag (Steiermark), t 1 9 . 4 . 1 9 5 8 Graz. F. besuchte 1877-81 die Lehrerbildunganstalt Graz, wurde Lehrer in Edelsbach bei Feldbach, später im steirischen Ilz und war seit 1898 Oberlehrer in Söchau. 1917 übernahm er die Direktion der Schule in Fürstenfeld, wurde 1922 pensioniert und kehrte 1943 nach Graz zurück. Er war Mitbegründer des deutsch-österreichischen Preßvereins gegen Schmutz und Schund, redigierte zeitweise dessen Jahrbuch und war später Redakteur der „Deutschen Umschau", zuletzt der „Wechselschau". F. veröffentlichte (überwiegend humoristische) Gedichte, Volksstücke und Romane, darunter den mehrmals aufgelegten Dem Licht entgegen! (1909, 3 1932). m DLL F r a n k l , George, Psychoanalytiker, * 12. 12.1938 Wien, t 2 5 . 1 2 . 2 0 0 4 London. Wegen seines jüdischen Glaubens wurde F. 1938 nach d e m Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich im Konzentrationslager Dachau interniert, konnte aber im folgenden Jahr nach England ausreisen. Während des Krieges war auf der Isle of Man und später in Kanada interniert. Das Schicksal seiner Familie - seine Eltern kamen in Auschwitz um - verstärkte sein Interesse an der Psychoanalyse. Seit 1951 arbeitete er an der Tavistock-Klinik in London, bis er 1954 eine eigene Praxis eröffnete. Sein Buch The Failure of the Sexual Revolution (1974, Neuausg. 2004) erregte großes Aufsehen wegen der These, die Klassengesellschaft basiere auf repressiven psychischen Strukturen. F. widmete seine Forschung vor allem d e m Unterbewußten und entwickelte eine M e t h o d e der Tiefenanalyse (The unknown self, 1990, Neuausg. 2001 und Exploring the Unconscious, 1994, '2001 ). Dabei ging er im Gegensatz zu Freud von grundsätzlich sozialen Instinkten des Menschen aus und untersuchte, wie diese in Aggression umschlagen können, wobei sein Blick vor allem auf gesellschaftliche Probleme fiel (.Blueprint of a sane society, 2004). F r a n k l , Gerhart, österr. Maler, Graphiker, * 1 2 . 5 . 1 9 0 1 Wien, t 2 4 . 6 . 1 9 6 5 Wien. F. studierte kurzzeitig C h e m i e und bildete sich später autodidaktisch als Maler aus. Nach einer siebenjährigen Lehrzeit bei Anton - » Kolig fand er Zugang zum Kreis der Kärntner Künstler, unternahm zahlreiche Studienreisen durch Westeuropa und Nordafrika und versuchte sich 1929-35 als Bildhauer. Nach d e m „Anschluß" emigrierte F. nach London, kehrte 1947 nach Wien zurück und hielt an der Univ. Vorlesungen über Kunsttheorie. 1949 begab er sich wieder nach London. Er war mit Ernst —> Gombrich befreundet. F.s Werk umfaßt neben Landschaften (Landschaft vom Inntal, 1935) Stilleben und Porträts. 1962-65 schuf F. den Zyklus In memoriam, der den Schrecken der nationalsozialistischen Vernichtungslager vergegenwärtigt. 1961 erhielt er den Professorentitel. m A KL F r a n k l Ritter von Hochwart, Lothar (Amadeus), österr. Neurologe, * 12.7. 1862 Wien, t 19. 12. 1914 Wien. Der Sohn von L u d w i g August —> F. Schloß 1886 seine Studien mit der Promotion ab und war anschließend unter Salomon —> Stricker, Samuel —> Bäsch, Theodor —> Meynert und Hermann —> Nothnagel tätig. 1889 übernahm er die Leitung der Neurologischen Ambulanz der Internen Klinik unter Nothnagel (später unter Carl von —» Noorden), habilitierte sich 1891 für Nervenpathologie und wurde 1898 Prof., 1912 wirklicher Extraordinarius; seit 1913 war er Abteilungsvorstand der Wiener Allgemeinen Poliklinik. F. legte mehrere

Frankl g r u n d l e g e n d e S t u d i e n zur N e u r o l o g i e vor, d a r u n t e r ü b e r Tetanie (Die Tetanie, 1891), den M a n i è r e s c h e n S y m p t o m e n k o m p l e x , die P s e u d o s k l e r o s e , die T h o m s e n s c h e K r a n k h e i t , d i e B e s c h ä f t i g u n g s n e u r o s e und d i e D i a g n o s t i k von H i r n t u m o r e n . 1907 g e h ö r t e er zu den G r ü n d e r n der G e s e l l s c h a f t deutscher Nervenärzte. CD N D B F r a n k l , L u d w i g A u g u s t Ritter von H o c h w a r t , österr. Schriftsteller, P h i l a n t h r o p , * 3 . 2 . 1810 C h r a s t ( B ö h m e n ) , t 12.3.1894 Wien. F., S o h n eines T a b a k - und Siegelgefäll-Distriktsverlegers, studierte seit 1828 in P a d u a und W i e n M e d i z i n ( P r o m o tion 1837, De phantasiae influxu), w u r d e 1838 Sekretär der W i e n e r J ü d i s c h e n K u l t u s g e m e i n d e und v e r k e h r t e im Salon der K a r o l i n e —> Pichler. D i e von i h m 1842 b e g r ü n d e t e Kulturzeitschrift „ S o n n t a g s b l ä t t e r " g a b er bis 1848 heraus. Als D e m o k r a t u n d M i t g l i e d der A k a d e m i s c h e n L e g i o n v e r f a ß t e er 1848 d a s erste z e n s u r f r e i e Flugblatt Österreichs Die Universität. 1850 w u r d e er Vorstandsmitglied der W i e ner K u l t u s g e m e i n d e , 1851 D i r e k t o r des M u s i k v e r e i n s u n d Prof. der Ästhetik, 1856 bereiste er Palästina und Ä g y p ten. Später S c h u l r a t und Präses der israelitischen G e m e i n d e Wien, g r ü n d e t e F. 1872 das Israelitische B l i n d e n i n s t i t u t auf d e r H o h e n Warte und berief den ersten B l i n d e n l e h r e r k o n g r e ß ein, zu dessen Präsident er 1873 g e w ä h l t w u r d e . 1876 w u r d e er geadelt. F. v e r ö f f e n t l i c h t e n e b e n R e i s e b e s c h r e i b u n g e n ( N a c h Jerusalem!, 3 Tie., 1858-60, N e u a u s g . 1935) und B i o g r a p h i e n v o r allem G e d i c h t e ; s e i n e Erinnerungen erschienen 1910. Er w a r der Vater von L o t h a r —>F. • D Lex dt-jüd A u t o r e n F r a n k l , Oskar, österr. G y n ä k o l o g e , * 2 6 . 7 . 1873 K r e m s i e r ( M ä h r e n ) , t 1938 W i e n . N a c h der P r o m o t i o n 1897 absolvierte F. zunächst an der M ü n c h n e r U n i v e r s i t ä t s - F r a u e n k l i n i k , später bei Friedrich —»Schauta an der Ersten W i e n e r U n i v e r s i t ä t s - F r a u e n k l i n i k e i n e F a c h a r z t a u s b i l d u n g u n d leitete seit 1908 d e s s e n Labor. 1914 habilitierte er sich in Wien f ü r G e b u r t s h i l f e und G y n ä k o l o g i e und erhielt 1920 d e n Professorentitel. F. b e s c h ä f i t g t e sich b e v o r z u g t mit g y n ä k o l o g i s c h e r Histologie. Er v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Pathologische Anatomie und Histologie der weiblichen Genitalorgane in kurzgefaßter Darstellung (in: Kurzgefaßtes Lehrbuch der gesamten Frauenheilkunde, hrsg. von W i l h e l m —»Liepmann, Bd. 2, 1914), Uterus und Tuben ( 1930) u n d Krankheiten der Brustdrüsen und der Gebärmutterbänder (1933). F r a n k l , Paul, Kunsthistoriker, * 2 2 . 4 . 1878 Prag, t 3 0 . 1 . 1 9 6 2 P r i n c e t o n ( N e w Jersey, U S A ) . D e r K a u f m a n n s s o h n studierte 1 8 9 8 - 1 9 0 4 A r c h i t e k t u r an den T e c h n i s c h e n H o c h s c h u l e n in M ü n c h e n und Berlin, w a r d a n n in s e i n e m B e r u f tätig und Schloß 1 9 0 8 - 1 0 ein S t u d i u m der K u n s t g e s c h i c h t e , P h i l o l o g i e und F r ü h g e s c h i c h t e an. 1910 m i t Beiträgen zur Geschichte der süddeutschen Glasmalerei ( 1 9 1 1 ) in M ü n c h e n p r o m o v i e r t , habilitierte sich F. dort 1914 (Entwicklungsphasen der neueren Baukunst) u n d w u r d e 1920 z u m a. o . P r o f . e r n a n n t . 1921 ging F. als o . P r o f . an d i e U n i v . nach H a l l e / S a a l e , w o er 1933 suspendiert, 1934 e n t l a s s e n w u r d e . N a c h v o r ü b e r g e h e n d e r L e h r t ä t i g k e i t in Istanbul e m i g r i e r t e er 1938 in die U S A und w a r seit 1940 a m Institute f o r A d v a n c e d S t u d y in Princeton tätig. N e b e n A r b e i t e n ü b e r G l a s m a l e r e i ( D e u t s c h e Glasmalerei. Der Meister des Speculumfensters von 1480 in der Münchner Frauenkirche, 1932; Peter Hemmel, Glasmaler von Andlau, 1956) und A r c h i t e k t u r g e s c h i c h t e , i n s b e s o n d e r e die G o t i k (u. a. The Gothic, 1960; Gothic Architecture, 1962) v e r ö f f e n t l i c h t e F., ein A n h ä n g e r H e i n r i c h - > W ö l f f l i n s u n d A l o i s —>Riegls, s e i n e t h e o r e t i s c h e G r u n d l e g u n g Das System der Kunstwissenschaft ( 1 9 3 8 , N a c h d r . 1998). 1988 erschien Zu Fragen des Stils (hrsg. von E r n s t U l l m a n n ) . CD M e t z l e r K u n s t h i s t o r i k e r

F r a n k l , Paul T h e o d o r ( e ) , Innenarchitekt, M ö b e l d e s i g n e r , * 1 4 . 1 0 . 1886 W i e n , t 2 1 . 3 . 1958 L o s A n g e l e s ( U S A ) . N a c h d e m S t u d i u m d e r A r c h i t e k t u r an d e n T e c h n i s c h e n H o c h s c h u l e n Berlin und Wien 1904-13 w a r F. M i t a r b e i ter v e r s c h i e d e n e r A r c h i t e k t u r b ü r o s in Berlin u n d D ä n e m a r k . 1914 reiste er in d i e U S A , betrieb in N e w York 1915-17 ein D e s i g n s t u d i o u n d w a r a n s c h l i e ß e n d bis 1918 in K o n stantinopel B e r a t e r der türkischen R e g i e r u n g . 1921 w a n derte er e n d g ü l t i g in d i e U S A aus u n d e r ö f f n e t e in N e w York das D e s i g n s t u d i o Frankl Galleries. 1926 f ü h r t e er mit der sog. S k y s c r a p e r f u r n i t u r e einen n e u e n M ö b e l s t i l ein, d e r mit seinen F o r m e n B e z u g auf d i e a m e r i k a n i s c h e A r c h i t e k tur n a h m . 1934 verlegte F. d e n Sitz seines S t u d i o s n a c h L o s A n g e l e s , zwei J a h r e später b e g a n n er mit der P r o d u k tion von R a t t a n m ö b e l n , d i e zu seinen b e k a n n t e s t e n A r b e i ten zählen. 1936-38 lehrte er an der University of S o u t h e r n C a l i f o r n i a in L o s A n g e l e s . F. w a r M i t b e g r ü n d e r d e r A m e r i can U n i o n of D e c o r a t i v e Artists and C r a f t s m e n u n d veröff e n t l i c h t e u . a . New dimensions ( 1 9 2 8 ) , Form and Re-Form (1930), Machine-Made Leisure ( 1 9 3 2 ) und American Textiles (1954). CD A K L F r a n k l , P i n k a s Fritz, j ü d i s c h e r T h e o l o g e , * 2 8 . 2 . 1848 U n g a r i s c h - B r o d ( M ä h r e n ) , t 2 2 . 8 . 1887 J o h a n n i s b a d (Böhmen). N a c h d e m S t u d i u m a m J ü d i s c h - T h e o l o g i s c h e n S e m i n a r in B r e s l a u w u r d e F. 1875 Sekretär bei der israelitischen Allia n z in Wien, w o er sich mit S t u d i e n z u m K a r ä e r t u m befaßte. Seit 1877 als N a c h f o l g e r A b r a h a m —» G e i g e r s R a b b i n e r der j ü d i s c h e n G e m e i n d e in Berlin, lehrte er seit 1882 mittelalterliche j ü d i s c h e Literatur und H o m i l e t i k an der H o c h s c h u l e f ü r d i e W i s s e n s c h a f t des J u d e n t u m s . 1 8 8 2 - 8 6 g a b F. g e m e i n s a m mit Heinrich —>Graetz d i e von Z a c h a r i a s —> Frankel b e g r ü n d e t e „ M o n a t s s c h r i f t f ü r G e s c h i c h t e und W i s s e n s c h a f t d e s J u d e n t u m s " heraus. Er v e r f a ß t e u. a. Beiträge zur Literaturgeschichte der Karäer ( 1 8 8 7 ) und v e r ö f f e n t l i c h t e liturgische Gedichte. CD A D B F r a n k l , Viktor E(mil), P s e u d . Gabriel L i o n , österr. P s y c h iater, N e u r o l o g e , * 2 6 . 3 . 1905 W i e n , | 2 . 9 . 1 9 9 7 W i e n . F., S o h n eines M i n i s t e r i a l b e a m t e n , studierte an der U n i v . Wien und w u r d e 1930 z u m Dr. m e d . p r o m o v i e r t . E r w a r M i t b e g r ü n d e r d e s A k a d e m i s c h e n Vereins f ü r M e d i z i n i s c h e P s y c h o l o g i e u n d Initiator von B e r a t u n g s s t e l l e n f ü r mittellose J u g e n d l i c h e in e i n i g e n österr. Städten, arbeitete noch v o r A b s c h l u ß d e s S t u d i u m s an der Universitätsklinik f ü r Psychiatrie, später a m N e u r o l o g i s c h e n K r a n k e n h a u s R o senhügel und a m P s y c h i a t r i s c h e n K r a n k e n h a u s S t e i n h o f , seit 1937 als Facharzt f ü r N e u r o l o g i e und Psychiatrie, und w a r 1940-42 Vorstand d e r N e r v e n s t a t i o n d e s Rothschildspitals. 1942 w u r d e er verhaftet und drei J a h r e lang u . a . in A u s c h w i t z interniert. 1946-70 w a r F. Vorstand der N e u r o l o g i s c h e n A b t e i l u n g der A l l g e m e i n e n Poliklinik in Wien, habilitierte sich 1948, w u r d e 1949 a u c h z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t ( D e r unbewußte Gott,21949) und w a r seit 1955 o. Prof. d e r P s y c h iatrie und N e u r o l o g i e an der U n i v . Wien, seit 1970 auch P r o f . der L o g o t h e r a p i e an der U n i t e d States International U n i v e r sity in San D i e g o ( K a l i f o r n i e n ) . F., der d i e a n t h r o p o l o g i sche R i c h t u n g d e r m o d e r n e n P s y c h i a t r i e vertrat, b e g r ü n d e t e d i e E x i s t e n z a n a l y s e und die L o g o t h e r a p i e . Seit 1950 w a r er Präsident der Ö s t e r r e i c h i s c h e n Ä r z t e g e s e l l s c h a f t f ü r P s y c h o therapie. Zu seinen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n g e h ö r e n . . . trotzdem ja zum Leben sagen (1946), Logos und Existenz (1951), Theorie und Therapie der Neurosen ( 1 9 5 6 , 8 1 9 9 9 ) , Man's Search for Meaning (1956; dt. Der Mensch auf der Suche nach dem Sinn, 1972), Der Wille zum Sinn ( 1 9 7 2 ) und Logotherapie und Existenzanalyse ( 1 9 8 7 , erw. 1994). Z u s a m m e n mit Victor-Emil von —>Gebsattel und J o h a n n e s —»Schultz g a b F. d a s Handbuch der Neurosenlehre und Psychiatrie (5 B d e . , 1959-61) heraus. CD L e x d t - j ü d A u t o r e n

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Frankl F r a n k l , Wilhelm Maria, österr. Philosoph, * 2 5 . 3 . 1878 Graz, t 6 . 2 . 1 9 3 3 Mährisch-Trübau. F. studierte Philosophie und Klassische Philologie in Graz und wurde 1903 bei Alexius —»Meinong aufgrund der Dissertation Das sogenannte Prinzip der Oekonomie des Denkens soll nach seiner vermeintlichen und nach seiner wirklichen Bedeutung gewürdigt werden promoviert. 1904 wurde er Supplent am k. k. Staatsgymnasium in Görz, 1905 am Stiftsgymnasium in St. Paul im Lavanttal (Kärnten) und 1906 provisorischer Lehrer am k. k. Staatsgymnasium in Mährisch-Trübau. 1925 dem deutschen Staatsgymnasium in Leitmeritz zugewiesen, wurde er 1927 nach MährischTrübau zurückversetzt, jedoch wegen Krankheit beurlaubt und 1929 in den Ruhestand versetzt. F.s philosophisches Interesse galt der Gegenstandstheorie und der auf ihr beruhenden Logik. Er veröffentlichte u . a . Grundzüge einer allgemeinen Wirklichkeitstheorie (1905).

Frankl-Griin,

Adolf, österr. jüdischer Theologe, * 21. 1. 1847 Ungarisch-Brod (Mähren), t 16.2. 1916 Wien. F.-G. studierte am Jüdisch-Theologischen Seminar in Breslau sowie an den Universitäten Breslau und Jena. Nach der Promotion 1877 wurde er Rabbiner der jüdischen G e m e i n d e in Kremsier (bis 1911) und lebte danach in Wien. Neben theologischen und zeitgeschichtlichen Studien sowie Reden veröffentlichte F. eine Geschichte der Juden in Kremsier und den Nachbargemeinden (3 Bde., 1896-1901). • • Wininger F r a n k o w s k i , Hans, österr. Komponist, * 3. 11. 1888 Graz, t 15. 1.1945 Wien. F. besuchte das Konservatorium in Wien und fand früh Anschluß an die Wiener Volkssänger, schrieb seit 1910 eigene Kompositionen und war als Kapellmeister tätig. Mit Liedern wie Herrgott, wie schön bist du, Erst wann's aus sein wird und Ja, das sind halt Wiener G'schichten wurde er zu einem der wichtigsten Komponisten des spezifischen Wienerlieds. c n ÖML

Franqué,

Johann Baptist (Friedrich Anton) von, Kurarzt, * 1 0 . 8 . 1 7 9 6 Mainz, t 14. 1. 1865 Wiesbaden. F. studierte 1814-17 an den Universitäten Würzburg und Tübingen, war nach der Promotion (De serpentium quorundam genitalibus ovisque incubitis) Medizinalassistent in Idstein sowie Lehrer der Physik, C h e m i e und Tierarzneikunde am dort neugegründeten Landwirtschaftlichen Institut. 1821 Medizinalrat des Bezirks Usingen, kehrte er im folgenden Jahr nach Idstein zurück und wirkte seit 1835 während der Saison als Bade- und Kurarzt in Ems. Daneben war er seit 1836 Obermedizinalrat und als Referent für Medizinalangelegenheiten Mitglied der Landesregierung. 1841 erfolgte die A u f n a h m e in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. F. redigierte seit 1843 die von ihm begründeten „Medizinischen Jahrbücher für das Herzogthum Nassau" (Erscheinungsende 1864) und wurde 1845 Dirigent der ständigen Prüfungskommission für Human- und Tiermediziner sowie Apotheker. F. veröffentlichte epidemiologische, balneologische und tierärztliche Arbeiten, darunter Die Lehre von dem Körperbaue, den Krankheiten und der Heilung der Hausthiere (1825) und Beiträge zur Geschichte der Epidemien (1859).

Franqué,

Otto (Friedrich Wilhelm Paul) von, Gynäkologe, * 1 1 . 9 . 1 8 6 7 Würzburg, t Π . 4 . 1937 Schloß Kalkum bei Düsseldorf. F., Sohn eines Bezirks- und Brunnenarztes in Bad Kissingen und Enkel Johann Baptist von —>F.s, studierte an den Universitäten Würzburg, München und Berlin und war nach der Promotion 1890 (Beiträge zur Kenntnis der Muskelknospen)

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Assistent Eduard von —> Rindfleische am Pathologischen Institut sowie M a x Hofmeiers an der Frauenklinik. 1894 habilitierte er sich an der Univ. Würzburg für Gynäkologie und Geburtshilfe (Anatomische und klinische Beobachtungen über Placentaerkrankungen). Seit 1901 a. o . P r o f . , folgte er 1903 einem Ruf als o. Prof. an die Deutsche Univ. in Prag und wechselte in gleicher Position 1907 nach Gießen, 1912 nach Bonn. F., der 1926 in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt wurde, veröffentlichte u. a. Der Vorfall der Gebärmutter. In anatomischer und klinischer Beziehung (1860) und Beitrag zu den Unglücksfällen bei geburtshilflichen Operationen und ihrer gerichtsärztlichen Begutachtung (1909). t u Ärzte 2, 3

Franquemont,

Friedrich Graf von, Militär, * 5 . 3 . 1770 Ludwigsburg, t 2 . 1 . 1842 Stuttgart. Der illegitime Sohn Herzog —> Karls von Württemberg und der Tänzerin Regina Monti wurde Leutnant in einem holländischen Regiment am Kap und in Ostindien. Seit 1800 war er an allen Feldzügen mit württembergischen Truppen beteiligt und wurde 1812 Befehlshaber einer Division, 1815 General der Infanterie. F. nahm am Wiener Kongreß teil und war unter König —> Wilhelm I. 1816-29 Kriegsminister. 1819-42 gehörte er d e m württembergischen Landtag an.

• 3 Raberg

Fransecky,

Eduard (Friedrich Karl) von, Militär, * 16.11. 1807 G e d e r n / W e t t e r a u , t 2 1 . 5 . 1890 Wiesbaden. Der einer ungarischen Adelsfamilie entstammende F., Sohn eines Dragonerkapitäns, trat 1818 als Kadett in die preuß. A r m e e ein und wurde 1825 Offizier, Mitarbeiter militärischer Zeitschriften und kam 1849 in den Großen Generalstab. Seit 1860 in oldenburgisch-hanseatischen Diensten, kehrte er 1864 in die preuß. A r m e e zurück, übernahm den Befehl über eine Division und hatte wesentlichen Anteil am Sieg bei Königgrätz 1866. 1870/71 nahm er als General der Infanterie am Deutsch-Französischen Krieg teil, wurde 1879 Gouverneur von Berlin und lebte seit 1882 im Ruhestand. Seine Denkwürdigkeiten wurden postum (1901) veröffentlicht. m MBL F r a n t z , Alexander von, Anthropologe, Zoologe, * 10.6. 1821 Danzig, t 18.7. 1877 Freiburg/Breisgau. Der Enkel von Christian von —»Frantzius wurde in Danzig zunächst von Karl Theodor Ernst von - » Siebold ausgebildet, studierte seit 1842 an den Universitäten Heidelberg und Berlin und wurde 1847 promoviert (Observationes quaedam de gregarinis). 1849 habilitierte sich F. an der Univ. Breslau (Analecta ad ophridii versatilis historiam naturalem), ließ sich 1853 als Arzt und Naturwissenschaftler in Paris nieder und kehrte 1868 nach Deutschland zurück. F. lebte zunächst in Heidelberg, seit 1875 in Frei b ü r g / B r e i s g a u und war von 1871 an Generalsekretär der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft. Er veröffentlichte zoologische, zootomische und anthropologische Studien, darunter Über die Eingeborenen Costa-Ricas (in: Archiv f ü r Anthropologie, Bd. 4, 1870), und gab 1853 Aristoteles' vier Bücher Uber die Theile der Thiere mit Anmerkungen heraus. CD Ärzte 1 F r a n t z , (Gustav Adolph) Constantin, Philosoph, Publizist, * 1 2 . 9 . 1 8 1 7 Börnecke bei Halberstadt, t 2 . 5 . 1891 Blasewitz (heute zu Dresden). F., Sohn eines Pfarrers, studierte 1836-40 Mathematik, Physik, Philosophie und Geschichte in Halle und Berlin. Zunächst als Lehrer tätig, widmete er sich in der Nachfolge —»Hegels und —>Schellings privat dem Studium philosophischer Fragen. 1842 veröffentlichte er Die Philosophie der Mathematik und gab 1843 zusammen mit A. Hillert das Werk Hegels Philosophie in wörtlichen Auszügen heraus. F. entwickelte sich später zu einem Gegner von Hegels

Franul von Weißenthurn Staats- und Rechtsphilosophie. 1843-48 war er referierender Literat im preuß. Kultusministerium, unternahm zahlreiche Auslandsreisen und wurde nach der Revolution 1848 mit seinem in Wort und Schrift geäußerten Bekenntnis zum europäischen Föderalismus bekannt. F. war später Sekretär im Außenministerium, arbeitete 1852-56 im preuß. Generalkonsulat für Spanien in Barcelona und nahm auf eigenen Wunsch seinen Abschied. Seit 1873 lebte er als politischer und philosophischer Publizist bei Dresden (u. a. Die Weltpolitik, 3 Bde., 1882/83, Neudr. 1966). Die Rezeption seiner Werke, die von den Zeitgenossen wenig beachtet wurden, setzte verstärkt nach dem Ersten Weltkrieg ein. Als Antisemit, Pangermanist und —»Bismarck-Kritiker gilt F. als einer der Vordenker des „Dritten Reiches". Sein philosophisches Hauptwerk ist Schelling's positive Philosophie (3 Bde., 1879/80). Zu seinen staatsphilosophischen Arbeiten zählen Vorschule zur Physiologie des Staates (1857), Kritik aller Parteien (1862) und Die Naturlehre des Staates als Grundlage aller Staatswissenschaft (1870, Neudr. 1960). CD NDB Frantz, Erich, Kunsthistoriker, * 19.7.1842 Liegnitz, t 27.12. 1903 Pasing bei München. F. widmete sich zunächst in Weimar der Malerei, studierte später Philosophie und Theologie an der Univ. Breslau und wurde 1871 zum Priester geweiht, 1879 zum Dr. theol. promoviert. Seit 1887 o. Prof. der christlichen Archäologie und der Kunstgeschichte an der Akademie in Münster, wechselte er im folgenden Jahr an die Univ. Breslau. F. veröffentlichte u.a. eine Geschichte der christlichen Malerei (2 Bde., 1887-94). CD Biogr Jahrb, Bd 8 Frantz, Ferdinand, eigentl. Johann Ferdinand Franz, Sänger, * 8.2. 1906 Kassel, t 25.5. 1959 München. F., der mit 17 Jahren Gesangsunterricht nahm, war zunächst acht Jahre lang als Drucker tätig. 1927 debütierte er als Hermann Ortel in Die Meistersinger von Nürnberg in Kassel, wo er daraufhin als Eleve engagiert wurde. 1929 trat er in Görlitz als Boxer Ochsenschwanz in —> Kreneks Schwergewicht auf. Nach Auftritten am Stadttheater in Halle bekam er seinen ersten Fachvertrag 1932 in Chemnitz, kam 1937 an die Hamburger Staatsoper und wurde 1940 durch sein Auftreten bei den Zoppoter Wagner-Festspielen international bekannt. 1942 spielte F. den Daland zum ersten Mal in München, wo er 1943 Nachfolger von Paul -»Bender wurde. Seinen Ruf als Heldenbariton festigte er durch seine Interpretation des Wotan in Die Walküre. In dieser Rolle gastierte F. 1947 in Wien, 1949 an der Mailänder Scala und an der Metropolitan Opera in New York. 1948 sang er den Pizarro (Fidelio) bei den Salzburger Festspielen und stand in New York 1950 erstmals als Hans Sachs (Die Meistersinger von Nürnberg) auf der Bühne. Als Titelheld in —»Wagners Fliegendem Holländer und als Telramund in Lohengrin galt F. als unübertrefflich. CD MGG Frantz, Franz Klamer Wilhelm, evang. Theologe, Schriftsteller, * 2. 12. 1773 Halberstadt, f 23.9. 1857 Halberstadt. F. erhielt eine musikalische Ausbildung, bewarb sich 1790 vergeblich als Hoforganist in Dessau und studierte 1793-96 Theologie in Halle. Nach mehreren Jahren als Hauslehrer war er 1801-05 „Collaborator" in Halberstadt und zuletzt bis 1853 Pfarrer in Oberbörnecke. F. schrieb neben historischen und theologischen Abhandlungen vor allem über die Rolle des Gesangs im Gottesdienst und die Geschichte des protestantischen Kirchenlieds, so in Ueber die ältern Kirchenchoräle (1818) und Ueber Verbesserung der musikalischen Liturgie in den evangelischen Kirchen (1819). F.'s Choralbuchfür Organisten (1848) wollte zu einer Vereinheitlichung des protestantischen Gemeindegesangs in Deutschland beitragen. DD MGG

Frantzen, Martin, auch Frantz, Marten, Architekt, * Anfang März (?) 1679 Reval, begraben 6. 11. 1742 Liegnitz. Der Sohn eines 1684 verstorbenen Stadtmaurermeisters war seit 1691 Lehrling seines Stiefvaters Georg Winkler, eines Stadtbaumeisters, und kam auf seiner Wanderschaft als Geselle (seit 1697) vermutlich u.a. nach Stockholm. 1705 ließ er sich als Bürger und Meister in Liegnitz nieder und war bald ein anerkannter Architekt. Er errichtete Sakralbauten beider Konfessionen, darunter die beiden Gnadenkirchen in Hirschberg (1709-15), sowie öffentliche und private Profanbauten (u.a. Schloß Klein-Kotzenau, 1728-32). In der Verbindung nordischer Stilelemente mit böhmischen Bautraditionen entwickelte F. einen spezifisch schlesischen Stil. m

A KL

Frantzius, (Theodosius) Christian von, Kaufmann, Reeder, getauft 2.3. 1735 Lübeck, t 18.6. 1802 Köslin. F., Sohn eines Kaufmanns, kam, mit geringer Schulbildung und unbemittelt, als Handelsangestellter in ein Danziger Handelskontor. Später begründete er eine eigene Holzhandelsfirma, die sich bald zu einem umfangreichen Unternehmen entwickelte. 1765 wurde er in die Rolle der Danziger Kaufmannschaft aufgenommen, baute eine eigene Handelsflotte für seine Holzexporte nach England auf und besaß zuletzt siebzehn Schiffe. Mit der Ernennung zum Geheimen Kommerzienrat und der Erhebung in den polnischen Adelsstand 1790 war er am Höhepunkt seines Erfolgs angekommen. Unter seinen Söhnen mußte die Firma 1818 Konkurs anmelden. CD NDB Frantzke, Georg, auch Franzke, Pseud. Christian Philometer, Staatsmann, Jurist, * 15. /25.4. 1594 Leobschütz, t 15.1. 1659 Gotha. Der Kaufmannssohn studierte Philosophie in Frankfurt/ Oder, seit 1613 Theologie, später Rechtswissenschaft in Königsberg, wurde 1622 in Jena zum Dr. jur. promoviert und war seit 1626 Advokat am dortigen Hofgericht. 1629 trat er als Rat in die Dienste Graf Karl Günthers von Schwarzburg-Rudolstadt und wurde 1633 Hof- und Kammerrat der Herzöge von Sachsen-Weimar. Als Vertrauensmann Herzog —»Emsts des Frommen hatte er Anteil an den ernestinischen Teilungen 1638-41. Seit 1641 war F. in Gotha als Geheimer Rat, Kanzler und Konsistorialratspräsident Vorsitzender der Gothaer Regierung, seit 1651 einziges ordentliches Mitglied des neuen Geheimen Rats. Daneben befaßte er sich mit rechtswissenschaftlichen Arbeiten, betrieb historisch-philologische Quellenforschungen und veröffentlichte u.a. Kommentare zu den Pandekten (1644) sowie den Institutionen (1658). Unter seinem Pseudonym veröffentlichte er 1656 die geistlichen Gedichte Libri duo sacrorum carminum. CD NDB Franul von Weißenthurn, Johanna (Rachel Theresia), geb. Grünberg, Schauspielerin, Dramatikerin, * 16.2.1772 Koblenz, f 17.5. 1847 Wien. Als Kind einer Wanderschauspielerfamilie stand F. v. W. früh auf der Bühne und erhielt 1786 ihr erstes Engagement am Münchner Hoftheater. 1789 ging sie an das Theater von Baden bei Wien, wo bereits ihr Bruder engagiert war und wo sie noch im selben Jahr von Johann Franz Hieronymus —»Brockmann für das Wiener Burgtheater entdeckt wurde, dessen Ensemble sie 1789-1842 angehörte. F. spielte zunächst Liebhaberinnen-, später Mütterrollen und beeindruckte mit ihrer Interpretation der Phädra u.a. Napoleon. Seit 1796 als Dramatikerin tätig, schrieb sie etwa 60 Lustspiele, Familienstücke und romantische, historisierende Spektakelstücke, die lange Zeit u. a. im Repertoire des Burgtheaters blieben. CD NDB

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Franz F r a n z I., Kaiser, * 8. 12.1708 Nancy, t 18.8.1765 Innsbruck. Der Sohn Herzog Leopold Josephs von Lothringen, Bruder —»Karl Alexanders von Lothringen und Enkel der -»Elisabeth Charlotte, Herzogin von Orléans, kam 1723 als wahrscheinlicher späterer Bräutigam —»Maria Theresias zur Erziehung an den Wiener Hof. Seit 1729 Herzog von Lothringen, ernannte ihn —»Karl VI. 1732 zum Statthalter von Ungarn. 1736 wurde er mit Maria Theresia unter der Voraussetzung vermählt, daß er die Pragmatische Sanktion anerkenne und auf seine Stammlande verzichte, wofür er vertragsgemäß 1737 die Toskana erhielt. Nach Maria Theresias Regierungsantritt 1740 zum Mitregenten ernannt und zu den Geheimen Konferenzen zugelassen, gewann F. jedoch keinen Einfluß auf die Staatsgeschäfte und blieb - auch nach seiner Krönung zum Kaiser 1745 - faktisch nur Prinzregent. Er widmete sich der Staatsökonomie und der Pflege französisch beeinflußter Kultur, legte umfangreiche Naturaliensammlungen an und entwickelte sich zum Finanzexperten; 1763 wurde ihm offiziell die Sanierung der Staatsfinanzen übertragen, die er erfolgreich bis an sein Lebensende betrieb. m NDB

F r a n z IV. Joseph Carl Ambros Stanislaus, Erzherzog von Österreich, Herzog von Modena, * 6.10. 1779 Mailand, t 21.1.1846 Modena. F. übernahm nach dem Sturz Napoleons und der Heirat mit Maria Beatrix von Savoyen die Herrschaft über das wiederhergestellte Herzogtum und ersetzte den Code Napoléon durch den Codice Estense. 1829 erbte er von seiner Mutter die Herzogtümer Massa und Carrara. 1831 mußte er nach einer Erhebung auf österr. Gebiet fliehen, kehrte mit Hilfe österr. Truppen zurück und erwarb 1844 Guastalla. F., dessen gleichnamiger Sohn das Herzogtum 1859 verlor, schuf kulturelle und soziale Einrichtungen in Modena sowie bedeutende Bauten. DP ÖBL

F r a n z II., Kaiser, als Franz I. Kaiser von Österreich, * 12.2.1768 Florenz, t 2.3.1835 Wien. Im Türkenkrieg 1789 Oberbefehlshaber der Armee, folgte F. 1792 seinem Vater, Kaiser —»Leopold II., auf dem Thron; sein Bruder war Großherzog —»Ferdinand von Würzburg. Er blieb in den Koalitionskriegen gegen Frankreich ohne politischen oder militärischen Einfluß, quittierte Napoleons Selbsternennung zum Kaiser mit der Errichtung des österr. Kaisertums 1804 und legte nach der Bildung des Rheinbundes unter französischem Protektorat 1806 die römische Kaiserkrone nieder und erklärte das Reich als aufgelöst, um eine Übernahme des Heiligen Römischen Reiches durch Napoleon zu verhindern. Nach einer Reihe von für Österreich ungünstigen Friedensschlüssen (zuletzt Schönbrunn 1809) sank die Macht Österreichs; - » Metternich leitete als Staatskanzler die österr. Politik und vermittelte u.a. die Vermählung der Tochter F.', —»Marie Luise, mit Napoleon 1810. 1813 trat Österreich der antifranzösischen Koalition bei. Während des Wiener Kongresses 1814/15 war Wien politisches und gesellschaftliches Zentrum Europas. Der kulturellen Blüte standen in der Biedermeierzeit Zensur, soziale Spannungen und politische Bevormundung gegenüber. F. gab sich als patriarchalischer und volkstümlicher Regent. Er war der Vater von —» Ferdinand I., der ihm auf dem Thron folgte; sein zweiter Sohn, Erzherzog —» Franz Karl, verzichtete 1848 auf die Krone. m NDB

F r a n z J o s e p h I., Kaiser von Österreich, * 18.8.1830 Wien, ΐ 21. 11. 1916 Wien. Kaiser F. J., der Sohn des Erzherzogs —»Franz Karl, war väterlicherseits Enkel von Kaiser —»Franz I. und mütterlicherseits Enkel von König —»Maximilian I. Joseph von Bayern. Seiner Ehe mit -» Elisabeth, Herzogin von Bayern, entstammten vier Kinder, darunter ein Sohn, —»Rudolf, der sich 1889 in Mayerling das Leben nahm, so daß F. J.s Neffe —» Franz Ferdinand Thronfolger wurde. Als Kaiser —»Ferdinand I. mitten in den revolutionären Wirren des Jahres 1848 abdankte und Erzherzog Franz Karl auf den Thron verzichtete, wurde der erst achtzehnjährige F. J. Kaiser der 1804 gegründeten österr. Monarchie. Niemand ahnte damals, daß er 68 Jahre regieren und daß 1918, nur zwei Jahre nach seinem Tod, die Habsburgermonarchie untergehen würde. F. J.s Leben und seine lange Regierungszeit zerfallen in verschiedene Abschnitte. In den ersten Regierungsjahren gelang es dem pflichtbewußten jungen Kaiser, der mit Hilfe der Armee die Revolution niedergeworfen hatte, die Autorität der Krone wieder zu festigen. In den fünfziger Jahren förderte er außerdem den wirtschaftlichen Aufschwung der Donaumonarchie. Er unterstützte die Wissenschaften ebenso wie die Neugestaltung der Hauptstadt Wien, die durch den großzügigen Ausbau der Ringstraße damals das architektonische Gesicht erhielt, das sie auch heute noch bestimmt. Mit den Niederlagen des Jahres 1859 gingen nicht nur wichtige Territorien in Norditalien verloren. Vielmehr geriet das Reich des jungen Monarchen erneut in schwere innenpolitische Turbulenzen. 1859/60 mußte er die Mitregierung des Parlaments und die Umwandlung seiner Herrschaft in eine konstitutionelle Monarchie konzedieren. 1864 engagierte er sich auf der Seite Preußens im Krieg des Deutschen Bundes gegen Dänemark. 1866 wurde seine Armee von den Preußen in Königgrätz entscheidend geschlagen und Wien von Berlin aus der Neugestaltung der europäischen Mitte herausgedrängt. 1867 mußte sich F. J. ungarischem Druck beugen und der Aufgliederung seines Reiches in zwei Teile zustimmen. Neben der Armee repräsentierte er

F r a n z J o s e p h II., Fürst von und zu Liechtenstein, * 16.8.1906 Frauenthal (Steiermark), t 13.11.1989 Grabs (Kt. St. Gallen). F. J. studierte an der Hochschule für Bodenkultur und der Forstakademie Wien, trat am 25.7. 1938 die Thronfolge an, verhinderte durch persönliche Intervention bei —» Hitler und -» Ribbentrop den „Anschluß" des Fürstentums an das Deutsche Reich und konnte im Zweiten Weltkrieg die wertvolle und umfangreiche Gemäldesammlung des Fürstenhauses vor einer Plünderung retten. Als erster Landesfürst nahm F. J. nach dem Verlust der in Polen und der Tschechoslowakei gelegenen Besitzungen seinen Wohnsitz in Vaduz. Das Land Liechtenstein lebte unter der konstitutionellen Monarchie F. J.s überwiegend vom Fremdenverkehr, dem Steueraufkommen sogenannter „Briefkastenfirmen" und der Philatelie. c n Munzinger

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F r a n z K a r l Joseph, Erzherzog von Österreich, * 7. 12.1802 Wien, t 8.3.1878 Wien. Der zweite Sohn Kaiser —» Franz' II. (I.) spielte politisch eine untergeordnete Rolle. 1824 ehelichte er die bayerische Prinzessin - » Sophie, 1848 verzichtete er nach dem Rücktritt Kaiser —»Ferdinands I. zugunsten seines aus dieser Verbindung hervorgegangenen Sohnes —» Franz Joseph auf Thron und Titel. F. K. wurde 1848 Ehrenmitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Er war auch der Vater von Erzherzog -»Karl Ludwig.

Franz selbst d i e wichtigste K l a m m e r z w i s c h e n der u n g a r i s c h e n u n d der österr. R e i c h s h ä l f t e . M i t d e m A b s c h l u ß des Z w e i b u n des 1879 näherte er sich außenpolitisch w i e d e r d e m 1871 g e g r ü n d e t e n D e u t s c h e n R e i c h und b a n d d a m i t d i e D o p p e l m o n a r c h i e ein in j e n e Koalition, d i e d e r e n innen- und a u ß e n p o l i t i s c h e L a g e z u n ä c h s t stabilisierte, d i e sich f ü r den a u ß e n p o l i t i s c h e n B e w e g u n g s s p i e l r a u m seines Reiches insb e s o n d e r e in d e m J a h r z e h n t vor 1914 aber nicht nur von Vorteil e r w e i s e n sollte. I n n e n p o l i t i s c h m u ß t e F. J. seit den achtziger J a h r e n miterleben, w i e n a t i o n a l e und nationalistische K r ä f t e d e n Z u s a m m e n h a l t der cisleithanischen R e i c h s h ä l f t e i m m e r stärker g e f ä h r d e t e n . D e n n e u e n t s t e h e n d e n Parteien, den Christlichsozialen, den D e u t s c h n a t i o n a l e n und den Sozialisten, g e l a n g es nicht, die innen- und v e r f a s s u n g s p o l i t i s c h e E n t w i c k l u n g auf e i n e f ü r d a s g a n z e Reich g e d e i h l i c h e B a h n zu lenken. F. J. setzte v e r s c h i e d e n e R e f o r m r e g i e r u n g e n ein und billigte m e h r e r e R e f o r m v e r s u c h e . Gleichzeitig m u ß t e er sich aber i m m e r m e h r auf d i e B ü r o k r a t i e stützen. S e i n e n U n t e r t a n e n erschien er nicht als H e r r s c h e r , d e r d i e Politik seines Reic h e s zu lenken verstand, s o n d e r n als Vorbild unprätentiöser Selbstdisziplin und treuer P f l i c h t e r f ü l l u n g . Dazu paßt, d a ß er eine s p a r s a m e H o f h a l t u n g f ü h r t e und sich a m liebsten in U n i f o r m zeigte. E i n z i g e s Vergnügen d e s im A l t e r i m m e r einsamer werdenden Monarchen war die Jagd. Zu anderen e u r o p ä i s c h e n H e r r s c h e r n hatte er k e i n e n ä h e r e n B e z i e h u n gen. I m e n g s t e n Kreis w a r F. J. l i e b e n s w ü r d i g , h u m o r v o l l , g r o ß z ü g i g . A l s er starb, steckte die D o p p e l m o n a r c h i e in einer s c h w e r e n politischen und militärischen Krise, die sein N a c h f o l g e r , Kaiser —» Karl I., nicht m e h r b e w ä l t i g e n k o n n t e . So sehr F. J. von m a n c h e n Z e i t g e n o s s e n kritisiert w u r d e , weil e s ihm nicht g e l a n g , d i e inneren P r o b l e m e der D o p p e l m o n a r c h i e zu lösen, so sehr w u r d e sein Bild von d e r N a c h welt verklärt als d a s e i n e s Herrschers, der b e s s e r als alle a n d e r e n politischen K r ä f t e n o c h f ä h i g war, die das H a b s b u r gerreich b e d r o h e n d e n z e n t r i f u g a l e n K r ä f t e zu neutralisieren. LITERATUR: E g o n C a e s a r C o n t e Corti: Vom Kind z u m Kaiser. M ü n c h e n 2 1 9 5 1 . - Ders.: M e n s c h und Herrscher. G r a z / W i e n / A l t ö t t i n g 1952. - D e r s . / H a n s S o k o l : D e r alte Kaiser. G r a z / W i e n / K ö l n 3 1 9 5 6 . - A l e x a n d e r N o v o t n y : F. J. I. G ö t t i n g e n / F r a n k f u r t / Z ü r i c h 1968. - Ders.: D e r M o n a r c h und seine Ratgeber. In: D i e H a b s b u r g e r m o n a r c h i e 1848-1918. B d . 2: Verwaltung und R e c h t s w e s e n . W i e n 1975, S. 57-95. - A l a n P a l m e r : F. J. I. K a i s e r v o n Österreich und K ö n i g von U n g a r n . M ü n c h e n 1995. - G e o r g M a r k u s : D e r K a i s e r F. J. I. B i l d e r und D o k u m e n t e . W i e n 2 0 0 5 . Silke

Lehmann

Franz Ferdinand, Erzherzog von Österreich, * 18. 12. 1863 G r a z , t 2 8 . 6 . 1 9 1 4 S a r a j e v o . D e r N e f f e K a i s e r —» F r a n z J o s e p h s w u r d e nach d e m Tod des K r o n p r i n z e n —» R u d o l f (1889) und seines Vaters, des E r z h e r z o g s —»Karl L u d w i g (1896), T h r o n f o l g e r d e r D o n a u m o n a r c h i e . S e i n e u m f a s s e n d e m i l i t ä r i s c h e A u s b i l d u n g erhielt er bei den o b e r ö s t e r r e i c h i s c h e n D r a g o n e r n , der b ö h m i schen I n f a n t e r i e und bei den u n g a r i s c h e n H u s a r e n . B e v o r F. F. 1898 Stellvertreter des Kaisers im O b e r k o m m a n d o der Streitkräfte w u r d e , u n t e r n a h m er 1 8 9 2 / 9 3 e i n e Weltreise, d e r e n E i n d r ü c k e er im Tagebuch meiner Reise um die Erde (2 B d e . , 1 8 9 5 / 9 6 ) beschrieb. In F r a n z —»Conrad von H ö t z e n d o r f f a n d er einen k o m p e t e n t e n Berater, o h n e dessen P r ä v e n t i v k r i e g s p l ä n e zu teilen. D a sein politischer E i n f l u ß g e r i n g blieb, e n t w a r f F. F. im B e l v e d e r e k r e i s , einer G r u p p e j ü n g e r e r österr. Politiker, P l ä n e f ü r die Zeit seiner R e g i e r u n g s ü b e r n a h m e . D e r b u n d e s s t a a t l i c h e U m b a u der M o n a r c h i e (Trialismus), die A u f g l i e d e r u n g nach e t h n i s c h e n G r u p pen und in der A u ß e n p o l i t i k d i e N e i g u n g zu e i n e m Dreik a i s e r b ü n d n i s spielten in diesen Ü b e r l e g u n g e n e i n e zentrale Rolle. In seiner E i g e n s c h a f t als G e n e r a l i n s p e k t o r der g e s a m ten b e w a f f n e t e n M a c h t (seit A u g u s t 1913) b e s u c h t e F. F., der

als B e f ü r w o r t e r einer f r i e d l i c h e n L ö s u n g der s ü d s l a w i s c h e n F r a g e galt, im Juni 1914 M a n ö v e r in B o s n i e n ; z u s a m m e n mit seiner i h m seit 1900 m o r g a n a t i s c h angetrauten G e m a h lin S o p h i e von —»Chotek fiel er in S a r a j e v o e i n e m Attentat serbischer Nationalisten z u m O p f e r . S e i n e E r m o r d u n g w a r d e r u n m i t t e l b a r e A n l a ß f ü r d e n A u s b r u c h des Ersten Weltkriegs. OD N Ö B , B d 3 F r a n z I., H e r z o g von Pommern-Stettin, * 2 4 . 3 . 1577, t 2 7 . 1 1 . 1620. D e r ritterlichen L e b e n s w e i s e m e h r als d e r B i l d u n g zugeneigt, w u r d e F. 1592 K o a d j u t o r d e s B i s c h o f s von C a m m i n , 1602 dessen N a c h f o l g e r , residierte in Köslin und u n t e r n a h m w e i t e R e i s e n durch E u r o p a . 1618 f o l g t e er s e i n e m kinderlos g e b l i e b e n e n B r u d e r als H e r z o g von P o m m e r n - S t e t t i n , überg a b e i n e m weiteren B r u d e r das B i s t u m und b e w a h r t e d a n k der E i n f l u ß n a h m e der S t ä n d e in den f o l g e n d e n Konflikten d i e Neutralität P o m m e r n s . F. f ü h r t e g e g e n S i d o n i a von B o r c k e , ein a c h t z i g j ä h r i g e s Klosterfräulein, einen H e x e n p r o z e ß , in d e m er ihr den f r ü h e n Tod z w e i e r B r ü d e r s o w i e d i e K i n d e r losigkeit s ä m t l i c h e r m ä n n l i c h e n F a m i l i e n m i t g l i e d e r zur Last legte u n d ließ sie i m A u g u s t 1620 hinrichten. en ADB F r a n z Friedrich A n t o n , H e r z o g von Sachsen-CoburgSaalfeld, * 1 5 . 7 . 1750 C o b u r g , t 9. 1 2 . 1 8 0 6 C o b u r g . F. ü b e r n a h m n a c h d e m Tod seines Vaters H e r z o g E r n s t Friedrich von S a c h s e n - C o b u r g - S a a l f e l d 1800 d i e R e g i e r u n g und f ü h r t e w e i t r e i c h e n d e R e f o r m e n im H e r z o g t u m d u r c h . Er gewährte den Beamten erstmals eine regelmäßige Besold u n g , vereinigte 1802 R e g i e r u n g , K o n s i s t o r i u m und K a m m e r k o l l e g i u m unter der B e z e i c h n u n g L a n d e s r e g i e r u n g . 1805 r e g e l t e er in e i n e m Vertrag m i t S a c h s e n - G o t h a den A u s tausch von L ä n d e r e i e n . D i e b e d e u t e n d e K u p f e r s t i c h s a m m lung auf der Veste C o b u r g g e h t auf F. zurück. Er w a r der Vater von H e r z o g —»Ernst von S a c h s e n - C o b u r g - G o t h a , Prinz —»Ferdinand von S a c h s e n - C o b u r g - S a a l f e l d u n d —»Leopold, d e m späteren K ö n i g der Belgier. CD A D B

Franz Albrecht, Herzog von Sachsen-Lauenburg, H e e r f ü h r e r , * 1 0 . 1 1 . 1 5 9 8 , t 1 0 . 6 . 1642 S c h w e i d n i t z . In b ö h m i s c h e n D i e n s t e n stehend, geriet F. Α., S o h n von H e r z o g F r a n z II., 1620 in Karl von —»Bucquois G e f a n g e n s c h a f t und trat in kaiserliche D i e n s t e über. 1621-25 f ü h r t e er ein K ü r a s s i e r r e g i m e n t , 1 6 2 5 / 2 6 zwei Reiter- u n d ein I n f a n t e r i e r e g i m e n t unter —»Wallenstein. 1631 von Kaiser —»Ferdinand II. z u m G e n e r a l w a c h t m e i s t e r e r n a n n t , verließ er j e d o c h i m selben J a h r d a s kaiserliche Heer, d a er sich von Wallenstein z u r ü c k g e s e t z t fühlte. I m s c h w e d i schen H e e r n u r als B e o b a c h t e r z u g e l a s s e n , trat F. A . nach d e m Tod d e s s c h w e d i s c h e n K ö n i g s G u s t a v Adolf 1632 in k u r s ä c h s i s c h e D i e n s t e und w u r d e im selben J a h r z u m F e l d marschall ernannt. 1 6 3 4 / 3 5 geriet er in kaiserliche G e f a n g e n s c h a f t , n a h m als B e v o l l m ä c h t i g t e r H a n s G e o r g von —»Arnim-Boitzenburgs a m R e g e n s b u r g e r R e i c h s t a g 1640 teil und e r o b e r t e 1641 / 4 2 als kaiserlicher F e l d m a r s c h a l l fast g a n z Schlesien. Bald darauf w u r d e er von Torstenson vern i c h t e n d g e s c h l a g e n u n d starb in s c h w e d i s c h e r G e f a n g e n schaft. c d NDB F r a n z L u d w i g , P f a l z g r a f von N e u b u r g , K u r f ü r s t und E r z b i s c h o f von Trier und M a i n z —» N e u b u r g , F r a n z Ludwig F r a n z von L a u t e r n , M i n o r i t , * Kaiserslautern (?), t u m 1326 R e g e n s b u r g . F. w a r M i t g l i e d d e s M i n o r i t e n k o n v e n t s in Speyer, später der B e n e d i k t i n e r a b t e i in A v i g n o n . Von s e i n e m K u s t o s w e g e n sektiererischer N e i g u n g e n bei der K u r i e der H ä r e s i e angeklagt, suchte er Z u f l u c h t bei B i s c h o f E m c h i d o von S p e y e r , w u r d e von i h m ausgeliefert, k o n n t e j e d o c h fliehen. In s e i n e m P r o z e ß ging es u m d i e z e i t g e n ö s s i s c h e A u s e i n a n d e r s e t z u n g

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Franz über Bettelmönche und die Armutsfrage; zu seiner Anklage führte seine „Offenbarung" (Sede cito), die in der Klageschrift des Kustos Mengotus überliefert ist. DP N D B F r a n z von Retz, Dominikaner, Theologe, * um 1343 Retz (Niederösterreich), t 8.9. 1427. In seinem Heimatort trat der aus einer reichen Retzer Gutsbesitzerfamilie stammende F. in den Dominikanerorden ein, studierte um 1365-71 an der Univ. Wien und wurde bei der Gründung der Theologischen Fakultät durch Herzog —> Albrecht III. von Osterreich zum Dozenten berufen. Gemeinsam u. a. mit —> Heinrich von Langenstein und —> Heinrich Totting von Oyta baute er die Fakultät auf, lehrte zunächst als Sententiarius und nach der Promotion zum Magister als Magister actu regens. Zu seinen Schülern zählte - » Johannes Nider. F. war 1399-1416 mehrmals Dekan, darüber hinaus Verhandlungsführer der Univ. gegenüber den Landesfürsten, vertrat 1409 die Univ. auf dem Konzil in Pisa und war an der Vorbereitung des Konstanzer Konzils beteiligt. In seinem Konvent in Retz wirkte er für Reformen im Sinne Raimunds von Capua und war Provinzial-, zeitweise Generalvikar von Österreich und Ungarn. F. verfaßte u. a. ein Defensorium inviolatae virginitatis beatae Mariae. DP VL F r a n z , Adolf, kath. Theologe, Politiker, * 2 1 . 1 2 . 1 8 4 2 Langenbielau bei Reichenbach, t 6 . 1 1 . 1 9 1 6 Baden-Baden. F., Sohn eines Fabrikanten, Schloß das Studium der Theologie in Breslau und Münster 1867 mit der Promotion zum Dr. theol. ab, empfing im selben Jahr die Priesterweihe und war Kaplan in Sprottau, 1871-76 Repetent am Theologischen Konvikt in Breslau. Seit 1872 redigierte er die „Schlesische Volkszeitung", 1873-77 das „Schlesische Kirchenblatt" und 1878-81 die Zeitschrift „Germania". F. war 1875-82 Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses, 1876-92 des Reichstags. A m Kulturkampf nahm er an exponierter Stelle teil und wurde in diesem Zusammenhang zu Geld- und Gefängnisstrafen verurteilt. 1882 vom Fürstbischof in das Breslauer Domkapitel berufen, leitete F. nach dessen Tod die Reorganisation der Diözese, war kirchenpolitischer Berater Kardinal Georg —> Kopps und wurde päpstlicher Hausprälat sowie Apostolischer Protonotar. Seit 1893 überwiegend wissenschaftlich tätig, publizierte er kirchengeschichtliche und -politische sowie liturgische Studien (u.a. Die Messe im deutschen Mittelalter, 1902). 1907 wurde er zum Prof. der Liturgie in München ernannt. CD NDB F r a n z , Agnes, eigentl. (Louise Antoinette Eleonore Konstanze) Agnes Franzky, Schriftstellerin, * 8.2. 1794 Militsch (Schlesien), t 13.5. 1843 Breslau. F., Tochter eines Regierungs- und Hofrats, war nach einem Unfall 1807 durch eine Rückgratverkrümmung körperlich behindert. 1821 lernte sie in Dresden Friedrich —>Kind und Theodor Hell kennen, der einige ihrer Arbeiten in seiner „Dresdener Abendzeitung" veröffentlichte. F. lebte seit 1822 bei einer ihrer Schwestern in Wesel, wo sie eine Arbeitsschule für arme Mädchen gründete. 1830-37 in Brandenburg, danach in Breslau ansässig, erzog sie nach dem Tod einer weiteren Schwester 1840 deren vier Kinder und wurde Vorsteherin der Breslauer Armenschule. F. schrieb religiös empfindsame dramatische Szenen, Kurzprosa und Lyrik, sie veröffentlichte Volkssagen (1830), pädagogisch orientierte Kinderbücher und den Briefroman Angela (4 Bde., 1831 ). DP Westf Autoren, Bd 1 F r a n z , Carl, Militärarzt, * 27.9. 1870 Königsberg, t 1946. Nach der Promotion in Königsberg 1895 trat F. in militärische Dienste ein, wurde Assistent an der Königsberger Chirurgischen Universitätsklinik sowie am Anatomischen Institut und folgte später seiner Kommandierung an die Berliner Chirurgische Universitätsklinik. 1904-07 beratender Chirurg

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in Südwestafrika, war er seit 1914 Prof. der Kriegschirurgie an der Kaiser-Wilhelms-Akademie in Berlin im Rang eines Oberstabsarztes. Neben eigenen Veröffentlichungen bearbeitete F. die 2. Auflage des zuerst 1918 erschienenen Standardwerkes Ärztliche Behelfstechnik (1923). 1936 gab er die zweite Auflage des Lehrbuchs der Kriegschirurgie ( 4 1944) heraus. CP Ärzte 2 F r a n z Freifrau von Heldburg, Ellen, eigentl. Herminie Helena Marie Auguste F., Schauspielerin, * 30.5. 1839 Naumburg/Saale, t 2 6 . 3 . 1 9 2 3 Meiningen. Die Tochter eines Lehrers studierte Musik bei Hans von —>Bülow, Schauspiel bei Heinrich —>Marr und kam durch Vermittlung Franz —> Liszts 1860 an das Coburger Hoftheater. 1862-64 spielte sie in Oldenburg, 1864-67 in Mannheim und folgte 1867 einem Ruf Friedrich von —»Bodenstedts an das Hoftheater Meiningen, wo sie u.a. in ihrer Debütrolle als Shakespeares Julia große Erfolge feierte. 1873 heiratete sie in morganatischer Ehe Herzog —» Georg II. von SachsenMeiningen, wurde in den Freifrauenstand erhoben und gab die Schauspielerei auf. F. engagierte sich für das Meininger Theater und für soziale Reformen im Herzogtum. Ihre Aufzeichnungen Fünfzig Jahre Glück und Leid gab Johannes Werner postum 1926 heraus. CD NDB F r a n z , Eugen, Politiker, * 2 9 . 4 . 1 8 8 1 Zalenze bei Kattowitz, t 2 6 . 4 . 1 9 3 7 Zalenze. F. absolvierte eine technische Ausbildung, war zunächst im Kreis Kattowitz, seit 1906 als Revisor einer Bergwerksgesellschaft in Breslau, später in Kattowitz tätig. Er engagierte sich früh für eine Arbeitnehmervertretung der Angestellten und war seit 1920 Aufsichtsratsmitglied der Gewerkschaft der Angestellten in Berlin. Nach der Teilung Oberschlesiens zog ihn die deutsche Regierung 1921 als Sachverständigen zu den deutsch-polnischen Verhandlungen hinzu. Seit 1922 war F. Kandidat der Deutschen Katholischen Volkspartei für das polnische Parlament, den Sejm, dem er bis in die dreißiger Jahre als Abgeordneter angehörte, und wirkte seit 1928 als zweiter Vorsitzender der Kommission für Arbeiterschutz und soziale Fürsorge. Er war Stadtrat von Kattowitz, seit 1929 Vizepräsident des Verwaltungsrats des Deutschen Volksbundes für Polnisch-Schlesien. CD Kosch: Kath F r a n z , Gottfried, evang. Theologe, * 2 9 . 9 . 1 8 0 3 Eutingen (Nassau), t 10.6. 1873 Wien. F. studierte seit 1824 Philosophie und Theologie in Göttingen und Tübingen, besuchte das Predigerseminar in Herborn und war 1827 Kandidat im Nassauischen. 1829 kam er als Pfarrer an die evang. Gemeinde Helvetischen Bekenntnisses (H.B.) in Wien und war 1835-67 Geistlicher Rat des k . k . evang. Konsistoriums H . B . in Wien. 1838 wurde F. Niederösterreichischer Superintendent, 1867 außerordentliches Mitglied des Evang. Oberkirchenrats. Er beteiligte sich 1848 an der Schaffung der evang. Kirchenverfassung Österreichs. Zeitweise war er Präsident der Superintendentenund Vertrauensmännerkonferenz, 1864 Präsident der ersten evang. Generalsynode H. B. und hatte starken Anteil an der Erhebung der Wiener Theologischen Lehranstalt zur Evangelisch-Theologischen Fakultät. CD Ö B L F r a n z , Günther, Historiker, * 2 3 . 5 . 1 9 0 2 Hamburg, t 2 2 . 7 . 1 9 9 2 Stuttgart. F., Sohn eines Fabrikdirektors, studierte 1921-25 Geschichte, Deutsch und Geographie in Marburg, München und Göttingen, wo er 1925 promoviert wurde, und habilitierte sich 1930 in Marburg. Seit 1933 Mitglied der N S D A P und 1934/35 Lehrstuhlvertreter in Rostock, wurde er 1935 auf den Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte in Heidelberg berufen, ging 1937 nach Jena und 1941 an die Univ. Straßburg. Aus politischen Gründen außer Dienst gestellt, war F. seit 1945

Franz als freier Schriftsteller in Bad Sooden-Allendorf und Marburg ansässig. 1957 wurde er Ordinarius für neuere Geschichte an der Landwirtschaftlichen Hochschule StuttgartHohenheim, deren Rektor er 1963-65 war. F. veröffentlichte u . a . Der Deutsche Bauernkrieg (2 Bde., 1933-35, Bd. 1 " 1 9 7 7 , Bd. 2 5 1980), Der Dreißigjährige Krieg und das deutsche Volk (1940, 5 1961) und war Mitherausgeber der Deutschen Agrargeschichte (5 Bde., 1962 ff.). Z u s a m m e n mit Hellmuth - » R ö ß l e r gab er das Biographische Wörterbuch zur deutschen Geschichte ( 1952, 2 1973-75 in 3 Bänden) und das Sachwörterbuch zur deutschen Geschichte (1958, Reprint 1978) heraus. F. war bis 1945 Mitglied der thüringischen wie der sächsischen Historischen Kommission. • 3 Almanach Öst Akad, Jg. 143

Franz,

Herbert, österr. Zoologe, * 23. 1. 1908 Ödenburg (Sopron), f 8. 1.2002 Wien. F., Sohn eines Grundbesitzers, studierte seit 1926 an der Univ. Wien Zoologie und Geologie und wurde 1930 promoviert. Zugleich war er an der Hochschule f ü r Bodenkultur eingeschrieben und legte dort - ebenfalls 1930 - die dritte landwirtschaftliche Staatsprüfung ab. Bis 1936 verwaltete er das elterliche Gut, trat dann eine Stelle beim Naturhistorischen M u s e u m in Wien an und leitete seit 1939 im „Reichsnährstand" die Landbauaußenstelle. Nach seinem Wechsel als Oberassistent zur Reichsforschungsanstalt für Alpine Landwirtschaft in A d m o n t (Steiermark) war F. dort zunächst verantwortlich für die Boden- und Standortsforschung, bis er 1942 die Leitung der Gesamtanstalt übernahm. 1944 an der Univ. Graz habilitiert, lehrte er seit 1952 an der Univ. Wien als a. o . P r o f . , hatte schließlich eine o. Professur inne und stand der Lehrkanzel für Geologie und B o d e n k u n d e bis zu seiner Emeritierung 1975 vor. 1 9 7 1 / 7 2 und 1 9 7 4 / 7 5 war F. Prorektor, 1 9 7 2 / 7 3 Rektor der Univ. Wien. In seinen wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigte er sich insbesondere mit bodenkundlichen Themen (u. a. Feldbodenkunde als Grundlage der Standortsbeurteilung und Bodenwirtschaft, 1960) und mit den Lebenswelten von Bodenkleintieren in unterschiedlichen geographischen R ä u m e n (u. a. Ostalpen, Galapagos-Inseln). Weitere Schwerpunkte seiner Forschungen bildeten ökologische und tiergeographische Untersuchungen in Hochgebirgen, die Eingang fanden in sein grundlegendes Werk Ökologie der Hochgebirge (1979), sowie die Käferkunde. Als Koordinator war F. viele Jahr tätig innerhalb des Österreicheichischen Programms „Man and Biosphere". Er gehörte seit 1971 der Österreichischen A k a d e m i e der Wissenschaften als Mitglied an (seit 1975 wirkliches Mitglied) und wurde von der Landwirtschaftlichen Hochschule in Gödöllo (Ungarn) mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Bodenzoologie als Grundlage der Bodenpflege (1950), Die Bodenfauna der Erde in biozönotischer Betrachtung (2 Bde., 1975), Der geistige Weg in die Zukunft. Überlegungen eines Ökologen (1982), Auf dem Weg zu einem ganzheitlichen Weltbild ( 1990) und Die ökologische Bedeutung des Wassers und sein Schutz (1992). CD Almanach Öst Akad, Jg. 152

Franz,

Ignaz, kath. Theologe, Dichter, * 12. 10.1719 Protzan (Schlesien), t 19.8. 1790 Breslau. F. studierte Philosophie und Theologie an der Univ. Breslau und wurde nach der Priesterweihe 1742 Kaplan in Groß-Glogau, 1753 Erzpriester in Schlawa, 1766 Rektor des Alumnats in Breslau sowie Assessor des Apostolischen Vikariats in geistlichen Sachen. Er verfaßte eine Reihe von Gesang- und Gebetbüchern (u. a. Allgemeines und vollständiges Catholisches Gesangbuch [.. J , 1774), die mit ihren zeitgemäßen, einfachen Texten und Melodien in stark lehrhafter Intention grundlegend für den gottesdienstlichen Gebrauch des deutschen kath. Kirchenliedes in Schlesien

wurden. 1768 übertrug F. das Te Deum in die gereimte Fassung, die als Großer Gott, wir loben dich noch heute in den Gesang- und Liederbüchern enthalten ist. DP M G G

Franz,

Johann Christian, Sänger, * 19.6. 1762 Havelberg, t 2 8 . 2 . 1 8 1 4 Berlin. F., Sohn eines Kantors, Organisten und Komponisten, brach das Theologiestudium ab, trat 1780 in die Dienste des preuß. Ministers Graf Schwerin ein und wurde dessen Bibliothekar. 1787 ermöglichte ihm dieser ein Debüt als Bassist bei der italienischen Operngesellschaft in Potsdam. Später sang er, teilweise gemeinsam mit der preuß. Prinzessin Friederike, Oratorien und Passionswerke u. a. Carl Heinrich —» Grauns. 1791 wurde er erster Bassist und Schauspieler an der Berliner Hofoper, der er bis an sein Lebensende angehörte. Zu seinen bedeutendsten Leistungen zählte die Interpretation des Publio in —> Mozarts La clemenza di Tito. F. komponierte Lieder sowie die Operette Edelmut und Liebe. Er war der Vater der Schauspielerin und Sängerin Wilhelmine —> Unzelmann-Werner. OD Kutsch F r a n z , Johann Georg Friedrich, Pseud. Baron von Ehrenhausen, Orbilius Anthroposcopus, Ferdinand Anton Philiater, Mediziner, Schriftsteller, * 8 . 5 . 1 7 3 7 Leipzig, t 1 4 . 4 . 1 7 8 9 Leipzig. F. studierte Theologie und Philosophie (1761 Dr. phil.) sowie Medizin (1778 Dr. med., De asparago ex scriptis medicorum veterum) und wurde 1781 a . o . P r o f . der Medizin an der Univ. Leipzig. 1788 erfolgte die A u f n a h m e in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. F. veröffentlichte neben Übersetzungen aus d e m Französischen theologische, philosophische, medizinische und historische Schriften, zum Beispiel über die Schädlichkeit der Bettfedern, die Leibeserziehung der Kinder, Gesundheitsregeln für Prediger und Reiseführer (u. a. Vermischte Aufsätze über die körperliche Erziehung der Kinder, 1773; Der Arzt des Reisenden, 1774; Versuch einer Geschichte der Physiognomik und der damit verbundenen Wissenschaften, 1784). CD D L L

Franz,

Johann Michael, Geograph, Verleger, * 1 4 . 9 . 1 7 0 0 Öhringen (Hohenlohe), t 1 1 . 9 . 1 7 6 1 Göttingen. Umfassend gebildet, übernahm F. 1730 die wissenschaftliche Leitung des Karten-Verlags der Homännischen Erben in Nürnberg. Er führte die Nennung von Autor, Datum und Nullmeridian auf den Karten ein und gewann zahlreiche gelehrte Zeitgenossen als Mitarbeiter und Autoren. 1748 gründete er die „Kosmographische Gesellschaft", baute eine (wirtschaftlich erfolglose) „Weltkugel-Fabrik" auf und erhielt 1754 den damals einzigen deutschen Lehrstuhl f ü r Geographie an der Univ. Göttingen. F. wird ein bedeutender Anteil an der Entwicklung der Geographie zu einer eigenständigen Disziplin zugeschrieben. Er veröffentlichte u. a. eine Aèhandlung von den Gränzen der bekannten und unbekannten Welt alter und neuer Zeit (1762). CD L G B

Franz,

Johann Michael, Maler, * 11. 12.1715 Dirlewang bei Mindelheim, f 5 . 4 . 1 7 9 3 Eichstätt. F., Sohn eines Zimmermeisters, Schloß seine Ausbildung vermutlich im Umkreis der Augsburger Schule nach eigenen Angaben 1733 ab, lebte etwa seit 1739 in der Region Eichstätt und wurde 1751 H o f m a l e r der Bischöfe von Eichstätt. Als Hauptvertreter des Eichstätter R o k o k o schuf er Fresken (u.a. Schloß Hirschberg, 1764-66) und Altarbilder (u. a. Pfarrkirche Beilngries), Landschaftsgemälde sowie Porträts (u. a. der Kaiserfamilie, 1760). CD A K L

Franz,

Johannes, Klassischer Philologe, * 3 . 7 . 1 8 0 4 Nürnberg, t 1. 12. 1851 Berlin. Nach Abschluß alt- und neugriechischer Studien an der Univ. M ü n c h e n (Promotion 1828) habilitierte sich F. dort 1830 (De locis quibusdam Lysiae arte critica persanandis)

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Franz und wurde 1832 von König —> Ludwig I. von Bayern zum Dolmetscher und Begleiter des j u n g e n Königs - > O t t o von Griechenland ernannt. 1833 m u ß t e er nach einem Komplott Griechenland verlassen, lebte fünf Jahre in Italien, überwiegend in R o m , und ließ sich 1839 in Berlin nieder. 1840 wurde er a. o., 1846 o . P r o f . an der Univ. Berlin; er las über alt- und neugriechische Grammatik, griechische Paläographie und Epigraphik. 1844 reiste er im Auftrag König —» Friedrich Wilhelms IV. nach Florenz und Venedig, um Handschriften der Orestie des Aischylos für das deutsche Theater zu bearbeiten. F. veröffentlichte u . a . eine altgriechische Grammatik Hellenismos (1835). t u ADB

die Berliner Charité, wurde dort Direktor der Gynäkologischen Poliklinik und der Hebammenschule und war 1904-10 Ordinarius an der Univ. Jena. Anschließend kurzzeitig in Kiel tätig, wurde er Ende 1910 Nachfolger B u m m s an der Frauenklinik der Charité. F. beschäftigte sich u. a. mit operativer Gynäkologie und entwickelte die nach ihm benannte M e t h o d e der Einpflanzung des Urethers in die Blase. Er war Mitherausgeber der .Jahresberichte über die Fortschritte auf d e m Gebiete der Geburtshilfe und der Gynäkologie" sowie des „Archivs f ü r Gynäkologie" und schrieb u . a . Gynäkologische Operationen (1925). 1913 veröffentlichte er mit Hermann Fehling ein Lehrbuch der Frauenkrankheiten in vierter Auflage. CD N D B

Franz,

Joseph, Jesuit, Naturforscher, * 2 3 . 2 . 1 7 0 4 Linz, t 1 2 . 4 . 1 7 7 6 Wien. Seit 1719 Jesuit, wurde F. 1734 Prof. der Mathematik, Experimentalphysik und Astronomie in Wien und errichtete dort das Observatorium der Universität. Er war Philosophielehrer —» Josephs II., reiste 1740 nach Konstantinopel und übernahm später die Leitung des von —» Maria Theresia zur Ausbildung der Diplomaten errichteten Orientalischen Kollegs. In seinen Studien befaßte sich F. mit der Gesetzmäßigkeit der Mondfinsternis, der Bahnen des M o n d s und des Merkurs sowie der Elektrizität. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Observationes cometae ab eo factae ( 1743), Dissertatici de natura electri (1751) und Lusus foliorum geographica (1759). CD Kosch: Kath

Franz,

Julius (Heinrich Georg), Astronom, * 2 8 . 6 . 1847 R u m m e l s b u r g (Hinterpommern), f 2 8 . 1 . 1913 Breslau. F., Sohn eines Sanitätsrats und Kreisphysikus, studierte an den Universitäten Greifswald, Halle und Berlin Astronomie und Mathematik (Promotion 1872, Ueber das Foucault'sehe Pendel), wurde 1874 Astronom an der Sternwarte in Neuchâtel und habilitierte sich dort 1875. Seit 1877 Observator an der Königsberger Sternwarte, leitete er 1882 die deutsche Expedition nach Aiken in South Carolina zur Beobachtung der Venus, habilitierte sich 1889 an der Univ. Königsberg und war dort seit 1893 a. o. Professor. 1897 wurde er o . P r o f . an der Univ. Breslau und Direktor der dortigen Sternwarte. Seit 1885 war F. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er befaßte sich vor allem mit der Topographie des M o n d e s und lieferte u . a . wertvolle Beschreibungen zahlreicher Mondkrater. F. veröffentlichte u . a . Die Konstanten der physischen Libration des Mondes (1889), Die Figur des Mondes (1899), Der Mond (1912) und Die Randlandschaften des Mondes (1913). Er war der Vater von Victor —> F. ED N D B

Franz,

Karl, Musiker, * 1738 Langenbielau bei Reichenbach, t 1802 München. Als Virtuose auf dem Waldhorn und d e m Baryton stand F. 1758 in Diensten des Fürsterzbischofs von Olmütz, Leopold Friedrich Graf von Egkh und Hungersbach, seit 1763 in denen Fürst Esterházys in Eisenstadt, der —> Haydn mehrere Kompositionen für F. komponieren ließ, darunter die Kantate Deutschlands Klage auf den Tod Friedrichs des Großen mit Baryton-Begleitung. Seit 1776 Musiker des Fürsten Bathianyi in Preßburg, war er von 1787 bis an sein Lebensende K a m m e r m u s i k e r in München. CD A D B

Franz,

Karl (Veit), Gynäkologe, * 6 . 4 . 1870 Arnstein bei Würzburg, t 2 4 . 9 . 1926 Berlin. F., Sohn eines Spitalverwalters, Schloß das Studium an der Univ. Würzburg 1894 mit der Promotion ab (Ein Beitrag zur Aetiologie der Eiterung) und war Assistent am Anatomischen Institut in Zürich. Seit 1899 Assistent Ernst - > B u m m s an der Frauenklinik in Halle (Habilitation 1900, Bakteriologische und klinische Untersuchungen über leichte Fiebersteigerungen im Wochenbett), wechselte er 1904 mit ihm an

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Franz,

Leonhard, österr. Historiker, * 25. 10. 1895 Wien, t 9 . 7 . 1974 Innsbruck. F. habilitierte sich nach Studien in Wien und Göteborg 1926 an der Univ. Wien und wurde 1929 Prof. an der Deutschen Univ. in Prag. 1939-42 lehrte er an der Univ. Leipzig und war danach Prof. der Vor- und Frühgeschichte an der Univ. Innsbruck. F. veröffentlichte u. a. Vorgeschichtliches Leben in den Alpen (1929).

F r a n z , Marie-Louise von, Psychoanalytikerin, * 4.1. 1915 München, t 17.2. 1998 Küsnacht bei Zürich. F., Tochter eines österr. Offiziers, lebte seit 1918 in der Schweiz und wurde 1939 eingebürgert. 1933 begegnete sie Carl Gustav - > J u n g , begann 1934 ihre Lehranalyse und arbeitete mit Jung auch auf d e m Gebiet der Alchemie zusammen; sein Mysterium coniunctionis ergänzte sie 1957 mit einer Interpretation der Aurora consurgens, eines christlichalchemistischen Textes. 1943 wurde sie in Zürich promoviert (Die aesthetischen Anschauungen der Jliasscholien im Codex Ven. Β und Townleianus) und erhielt eine Stelle als Dozentin und Lehranalytikerin am C. G. Jung-Institut in Zürich. 1974 richtete sie mit einigen ihrer Schüler die Stiftung für Jungsche Psychologie in Zürich ein, die die Zeitschrift „Jungiana" herausgab. 1994 wurde das Forschungsund Ausbildungszentrum für Tiefenpsychologie gegründet, dessen Ehrenpräsidentin F. bis zu ihrem Tod war. Ihre Forschungen galten der psychologischen Bedeutung alchemistischer Texte sowie den Märchen, in denen die Archetypen noch besser als in Mythen zu erfassen seien. Zu ihren zahlreichen, meist in mehrere Sprachen übersetzten Werken gehören u . a . Symbolik des Märchens (3 Bde., 1952-57), A psychological interpretation of the golden Afs of Apuleius (1970, unter d e m Titel Die Erlösung des Weiblichen im Manne. Der goldene Esel von Apuleius in tiefenpsychologischer Sicht, 1980, 3 1986, Neuaufl. 1997, unter dem Titel Der Goldene Esel. Der Roman des Apuleius in tiefenpsychologischer Sicht, 2002, erneut 2004), Interpretation of fairytales (1970, auch 1987, dt. Psychologische Märcheninterpretation, 1986, 2 1989), Zahl und Zeit. Psychologische Übertragungen zu einer Annäherung von Tiefenpsychologie und Physik (1970, Neuausg. 1990), Spiegelungen der Seele 3 (1978, 2005), Traum und Tod - was uns die Träume Sterbender sagen (1984, Neuaufl. 2001) und Archetypische Dimensionen der Seele (1994, 2 2005).

Franz,

Robert, eigentl. R. F. Knauth, Komponist, Dirigent, * 2 8 . 6 . 1 8 1 5 H a l l e / S a a l e , t 2 4 . 1 0 . 1 8 9 2 Halle/Saale. O h n e höheren Schulabschluß ging F., Sohn eines Spediteurs, 1835 nach Dessau, u m Kompositionsschüler des dortigen Hofkapellmeisters Friedrich —¥ Schneider zu werden, kehrte 1837 nach Halle zurück und trat in den Kreis um Rudolf —>Haym, Friedrich —>Hinrichs und Wilhelm Osterwald ein. 1841 wurde er Substitut und 1844 Organist an der Halleschen Ulrichskirche, 1842 Dirigent der 1814 gegründeten Halleschen Singakademie, die sich unter seiner Lei-

Franzen tung zu einem wichtigen Faktor im Kulturleben der Stadt entwickelte. 1859 wurde F. zum Universitätsmusikdirektor in Halle ernannt. 1867 mußte er seine Amter wegen Schwerhörigkeit aufgeben und wurde 1873 durch eine private Ehrengabe der materiellen Not enthoben. F. komponierte überwiegend Lieder für Soli und Chöre, 1843 brachte er erstmals Zwölf Gesänge für Sopran oder Tenor mit Pianoforte (op. 1) heraus. CD MGG Franz, Rudolf, österr. Jurist, * 28.1.1842 Wien, t 20.3.1909 Wien. F. Schloß das Studium an der Univ. Wien 1868 mit der Promotion zum Dr. jur. ab. Seit 1865 in der niederösterreichischen Finanzprokuratur tätig, wechselte er 1870 ins Ministerium für Kultus und Unterricht. Als Präsident des Evangelischen Oberkirchenrats (seit 1884) war er an der Ausarbeitung der gemeinsamen Kirchenverfassung für beide evang. Kirchen beteiligt. 1887 wurde F. Mitglied des Herrenhauses, 1889 Sektionschef und 1903 Geheimer Rat. CD ÖBL F r a n z , (Johann Carl) Rudolph, Physiker, * 16.12.1826 Berlin, t 31.12. 1902 Berlin. Der Kaufmannssohn studierte Mathematik und Naturwissenschaften an der Univ. Bonn (Promotion 1850, De lapidimi duritate eamque metiendi nova methodo) und war anschließend bis 1892 Lehrer am Grauen Kloster in Berlin. 1857 habilitierte er sich und hielt neben seinem Schulunterricht an der Univ. Berlin Vorlesungen vor allem über Wärmelehre. Seine mit Gustav Heinrich —» Wiedemann angestellten Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen Wärmeleitfähigkeit und elektrischer Leitfähigkeit gingen als Wiedemann-Franzsches Gesetz in die Wissenschaft ein. F. veröffentlichte u.a. Über die diamagnetische Polarität (1878). CD NDB Franz, Rupert, österr. Gynäkologe, * 5.2. 1882 Salzburg, t I960. Nach Abschluß der Studien an den Universitäten München und Wien (Promotion 1906) war F. an verschiedenen gynäkologischen und allgemein-chirurgischen Kliniken tätig; 1914 habilitierte er sich in Wien für Gynäkologie. Am Ersten Weltkrieg nahm er als Bataillons-Chefarzt und Kommandant einer Chirurgengruppe teil. 1923 wurde F. Primararzt und Direktor des Maria-Theresia-Frauenhospitals, 1939 Vorstand der Gynäkologischen Abteilung im KaiserinElisabeth-Spital in Wien. 1932/33 und wieder seit 1938 war er Mitglied der NSDAP. Er veröffentlichte u. a. das Lehrbuch Die Gonorrhoe des Weibes (1927). CD Ärzte 2, 3 Franz, Victor (Julius), Zoologe, * 5.4.1883 Königsberg, t 16.2.1950 Jena. Der Sohn von Julius —»F. studierte seit 1902 Zoologie an den Universitäten Breslau (Promotion 1905, Zur Anatomie, Histologie und funktionellen Gestaltung des Selachierauges) und Zürich; seit 1906 war er Mitarbeiter der Biologischen Station auf Helgoland. 1910-13 als Abteilungsleiter am Neurologischen Institut Frankfurt/Main tätig, wurde er anschließend Mitarbeiter des Bibliographischen Instituts in Leipzig, 1919 a. o.Prof. der Phylogenetischen Zoologie an der Univ. Jena, 1936 o.Prof. und leitete 1935-45 das dortige Ernst-Haeckel-Haus, das er zu einem Institut für Zoologiegeschichte ausbaute. F. widmete -»Goethe und Ernst —»Haeckel historische Untersuchungen, arbeitete über die Abstammungslehre, veröffentlichte u.a. Die Vervollkommnung in der lebenden Natur (1920), Probiologie und Organisationsstufen ( 1920), Der biologische Fortschritt. Die Theorie der organismengeschichtlichen Vervollkommnung (1935) und gab u.a. eine Geschichte der Organismen (1924) heraus. DP NDB

Franz, Wolfgang, luth. Theologe, * Oktober 1564 Plauen, t 26.10.1628 Wittenberg. F. studierte an den Universitäten Frankfurt/Oder und Wittenberg, erwarb 1587 den Magistergrad und wurde 1591 zum Lic. theol. promoviert. Seit 1598 war er in Wittenberg Prof. der Geschichte. Seit 1601 Propst in Kemberg, wechselte er 1605 als Prof. in die Theologische Fakultät und wurde Propst an der Schloßkirche. F., ein Vertreter der luth. Orthodoxie, veröffentlichte Streitschriften gegen Katholiken, Calvinisten und Sozinianer, ferner exegetische Werke (Tractatum ... de interpretatione Sacrarum Scripturarum, 1619) und eine (schöpfungstheologisch motivierte) Anleitung zur Einbeziehung der Tiere in Predigten (Animalium historia sacra, 1612). m RGG Franzel, Emil, Journalist, Schriftsteller, * 29.5.1901 Haan, t 3.7. 1976 München. F., Sohn eines Oberlehrers, studierte Geschichte und Germanistik in München, Wien und Prag, wo er 1929 zum Dr. phil. promoviert wurde (König Heinrich VII. von Hohenstaufen. Studien zur Geschichte des „Staates" in Deutschland) und das Bibliothekarsexamen ablegte. Zunächst als Journalist tätig, wurde er Direktor des Volksbildungsinstituts „Urania". Seit 1939 war er Mitarbeiter der sudetendeutschen Zeitung „Die Zeit", dann Schriftleiter des „Vorposten". Nach 1945 lebte F. als Bibliothekar und Journalist in München. Er schrieb überwiegend für kath. Blätter und die Vertriebenenpresse sowie als Mitglied der CSU Leitartikel für den „Bayerischen Staatsanzeiger". F. veröffentlichte u. a. Der Donauraum im Zeitalter des Nationalitätenprinzips (1789-1918) (1958), Sudetendeutsche Geschichte (1958, "1962) und Franz Ferdinand d'Esté. Leitbild einer konservativen Revolution (1964). Er schrieb auch Unterhaltungsliteratur wie Cherubin und der Leutnant. Eine Prager Novelle (1941, 2 1943) oder Unter dem Hradschin (1961). Franzelin, Johann Baptist, Jesuit, Theologe, Kardinal, * 15.4. 1816 Aldein (Südtirol), t 11.12.1886 Rom. Seit 1834 Mitglied der Gesellschaft Jesu, studierte F. Philosophie, lehrte einige Jahre in Tarnopol und Lemberg und kam 1845 zum Theologiestudium an das Collegium Romanum. Während des Aufstandes gegen die Jesuiten 1848 nach England und Löwen entsandt, beendete er dort seine theologischen Studien, lehrte anschließend im französischen Vals orientalische Sprachen und wurde zum Priester geweiht. Nach Rom zurückgekehrt, unterrichtete er seit 1850 am Collegium Romanum orientalische Sprachen und war 1857-76 Lehrstuhlinhaber der Dogmatik sowie Konsultor verschiedener Kongregationen. F. hatte als päpstlicher Theologe Anteil an der Vorbereitung und Durchführung des Ersten Vatikanischen Konzils, verfaßte den (weitgehend übernommenen) Entwurf der Konstitution De fide catholica und wurde 1876 zum Kardinal ernannt. Er schrieb u.a. einen Tractatus de verbo incarnato ( 1870, Ί 903). m LThK Franzen, August, kath. Theologe, Kirchenhistoriker, * 12.2. 1912 Barmen (heute zu Wuppertal), t 30.3.1972 Freiburg/Breisgau. Nach dem Studium der kath. Theologie wurde der Sohn eines Bäckermeisters 1937 zum Priester geweiht und 1939 in Bonn zum Dr. theol. promoviert (Der Wiederaufbau des kirchlichen Lebens im Erzbistum Köln unter Ferdinand von Bayern, Erzbischof von Köln 1612-1650). Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete F. als Repetent am Erzbischöflichen Konvikt in Bonn, seit 1949 als Oberassistent an der Univ. Bonn, wo er sich 1951 habilitierte (Die Kölner Archidiakonate in vor- und nachtridentinischer Zeit). 1960 wurde er Prof. für Kirchengeschichte und religiöse Volkskunde in Freiburg. Seit 1940 war F. Vorstandsmitglied und seit 1966 Vorsitzender der Gesellschaft zur Herausgabe des Corpus Catholicorum. Er beschäftigte sich vor allem mit der Geschichte

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Franzen der Reformation und der kath. R e f o r m im Erzbistum Köln. Er verfaßte eine weitverbreitete Kleine Kirchengeschichte (1965, zahlreiche Neuauflagen) und eine Papstgeschichte (1974). CO Bad Bio N.F., Bd 2 F r a n z e n , Erich, Journalist, Schriftsteller, * 12. 12.1892 Bad Ems, t 2. 11. 1961 München. F. studierte Rechts- und Literaturwissenschaften sowie Sozialpsychologie (Dr. jur., Dr. rer. pol.), war nach der Teiln a h m e am Ersten Weltkrieg Syndikus und ließ sich 1926 in Berlin nieder. Vorwiegend als Literaturkritiker, Übersetzer und Hörspielautor tätig, veröffentlichtete er Beiträge in der „Frankfurter Zeitung", der „Vossischen Zeitung", der „Literarischen Welt" und der „Weltbühne". Er war führendes Mitglied des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller (SDS). Nach der Emigration in die U S A 1936 lehrte er als Prof. der Soziologie und Sozialpsychologie u . a . an mehreren amerikanischen Universitäten und kehrte 1951 nach Deutschland zurück. F. ließ sich zunächst in Darmstadt nieder und war später Prof. an der Hochschule für Gestaltung in Ulm, daneben Übersetzer sowie Theaterkritiker der „Neuen Zeitung". Er schrieb u. a. Formen des modernen Dramas (1961, 3 1974). m Munzinger F r a n z e n , Hans, Sänger, * 5 . 2 . 1935 Verl bei Bielefeld, t 1 7 . 9 . 1 9 9 3 Küsnacht bei Zürich. Ursprünglich Textilkaufmann, wechselte F. nach d e m Studium an der Musikhochschule in Köln nach Kiel und M a n n heim, ehe er 1975 am Opernhaus Zürich fest engagiert wurde. Seit 1982 sang der Bassist als ständiger Gast an der Komischen Oper Berlin, so als Osmin in —»Mozarts Entführung aus dem Serail, als Veit Pogner in —> Wagners Meistersingern und als Sparafucile in Verdis Rigoletto. Gastspiele führten ihn nach Brüssel, Paris, Bordeaux, Amsterdam und Triest. F. war auch als Konzert- und Oratoriensänger erfolgreich. DD Kutsch F r a n z e n , Hartwig, Chemiker, * 2 1 . 3 . 1878 Nortorf (Holstein), t 1 4 . 2 . 1 9 2 3 Karlsruhe. Seit der Schulzeit Mitarbeiter des Vaters in dessen Pflanzenmargarine-Fabrik, studierte F. 1 8 9 7 / 9 8 an der Univ. Kopenhagen Botanik, war am Institut für Gärungsphysiologie tätig und wechselte 1898 an die Univ. Heidelberg, wo er 1901 als Schüler von Theodor —»Curtius mit der Dissertation Ueber 2,4,5 Trimethyldibenzylamin und 2,4,5 Trimethyldibenzylhydrazin promoviert wurde. Danach Assistent von Curtius, habilitierte er sich 1904 in Heidelberg mit der Arbeit Uber den Ersatz der Hydroxylgruppe durch die Hydrazinogruppe für Chemie, hielt Vorlesungen über Gasanalyse und wurde 1913 a. o . P r o f . der organischen C h e m i e in Karlsruhe. F. entdeckte u. a. den α,β-Hexylenaldehyd, einen ungesättigten Aldehyd, über den es möglich ist, die Fettsäuren der Pflanzen zu erschließen. Er veröffentlichte u . a . Gasanalytische Übungen (1907), Über die Abscheidung der in grünen Pflanzen vorkommenden und der mit diesen verwandten Aldehyde und Ketone aus verdünnter wässriger Lösung ( 1914) und Zum Nachweis des Formaldehyds in den Pflanzen ( 1915). CD DBJ, Bd 5 F r a n z i ß , Franz, Historiker, * 1 4 . 4 . 1 8 4 8 Ödwies, t 2 8 . 7 . 1 9 1 2 München. F. studierte an der Univ. München Klassische Philologie, Geschichte und Archäologie (Promotion 1873). Nach Tätigkeiten als Gymnasiallehrer in Regensburg und M ü n c h e n war er seit 1886 Gymnasialprofessor am dortigen Kadettenkorps. Er gab 1901-09 die kath. Zeitschrift „Die Wahrheit" heraus, war Mitarbeiter der „Blätter für Gymnasial-Schulwesen", der „Historisch-politischen Blätter" sowie des „Bayerlandes" und schrieb u . a . Bayern zur Römerzeit (1904). • 3 Biogr Jahrb, Bd 17

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F r a n z i u s , Ludwig, Wasserbauingenieur, * 1.3. 1832 Wittmund (Ostfriesland), t 2 3 . 6 . 1 9 0 3 Bremen. F., Sohn eines Oberamtmanns, studierte Architektur und Ingenieurwesen, später Wasserbau am Polytechnikum Hannover, war seit 1853 in Harburg, P a p e n b u r g / E m s und N e u h a u s / O s t e tätig und wurde Leiter der Wasserbauinspektion Osnabrück, 1865 Hilfsreferent in der WasserbauGeneraldirektion Hannover. 1867 kam er an das Ministerium für Handel, G e w e r b e und Öffentliche Arbeiten in Berlin, w o er 1873 zum Regierungs- und Baurat ernannt wurde. Daneben lehrte F. seit 1866 Wasserbau an der Berliner Bauakademie und reiste u. a. zur Weltausstellung nach Paris, zur Eröffnung des Suezkanals, nach Österreich, England und Schottland. 1876 übernahm er die neugeschaffene Stelle eines Bremer Oberbaudirektors. Z u m Anschluß Bremens an das Zollsystem des Deutschen Reiches wurde unter F.' Planungsund Bauleitung seit 1888 die Unterweser korrigiert und der Hafen ausgebaut, später die Korrektur der Außenweser unterhalb Bremerhavens durchgeführt. Er gab mit Eduard Heinrich Christian Sonn Der Wasserbau (= Handbuch der Ingenieurwissenschaften, Bd. 3, 1879, 5 1914) heraus und veröffentlichte Korrektion der Unterwesen (1882) und Aus meinem Leben. Erinnerungen und Meinungen ( 1896). m Ostfriesland, Bd 1 F r a n z i u s , Otto, Wasserbauingenieur, * 3 0 . 5 . 1 8 7 7 Bremen, t 2 9 . 3 . 1936 Hannover. Der Sohn eines K a u f m a n n s und N e f f e von L u d w i g —>F. studierte Bauingenieurwesen an den Technischen Hochschulen Charlottenburg, München und Dresden. Seit 1904 Preußischer Regierungsbaumeister, trat er 1906 in die Kaiserliche Werft in Kiel ein und wurde MarineHafenbaumeister. Seit 1909 Assistent f ü r Schleusen- und Kanalbau an der T H Charlottenburg, seit 1913 Staatsbaurat in Bremen, wurde F. im selben Jahr Prof. für Wasserbau an der T H Hannover und leitete seit 1916 die von ihm begründete Versuchsanstalt f ü r Grundbau und Wasserbau, von 1921 an die Wasserwirtschaftliche Gesellschaft in Hannover. 1 9 2 9 / 3 0 hielt sich F. als Regierungsberater in China auf. Er veröffentlichte u . a . Der Verkehrswasserbau (1927). F r a n z i u s , Thomas, auch Ferenz, Franz, Jurist, ostfriesischer Kanzler, * 1 7 . 1 2 . 1 5 6 3 Magdeburg, t 10.6. 1614 Magdeburg. F. studierte in Helmstedt und Wittenberg; seit 1591 war er Prof. der Rechte an der Univ. Wittenberg, 1597 deren Rektor. Assessor am Konsistorium, am Hofgericht und am Schöffenstuhl, wirkte er als Berater Graf —» Edzards II. von Ostfriesland in dessen Auseinandersetzungen mit den Ständen. 1599 wurde er von Edzards Nachfolger —>Enno III. als Kanzler nach Emden berufen und war 1600 am Abschluß des Berumer Vertrags beteiligt. Die von ihm verfaßten geheimen Denkschriften zur Ausschaltung der Stände fielen bei der Plünderung des Auricher Archivs 1609 in die Hände des Emdener Magistrats, der sie von Ubbo —» E m m i u s kommentieren und herausgeben ließ (Des ostfriesischen Cantzelars Thomae Frantzii Getreuwer Rath, wie eine beständige, feste Regierung in Ostfriesland einzuführen sey, 1610) und damit die Entlassung des verhaßten, weil landfremden F. erzwang. F. kehrte als Stadtsyndikus in seine Geburtsstadt zurück. m NDB F r a n z o s , Karl Emil, Pseud. O. Härtung, Schriftsteller, Publizist, * 2 5 . 1 0 . 1848 Czortków (Galizien), t 28. 1.1904 Berlin. Aufgewachsen in einer deutsch-jüdischen, bildungsbürgerlichen Familie, studierte F., Sohn eines k. k. Bezirksarztes, seit 1866 Rechtswissenschaften in Wien und Graz, erhielt wegen seiner Mitgliedschaft in einer deutsch-nationalen Verbindung keine Stelle und wandte sich dem Journalismus

Frauendienst zu. Er war Mitarbeiter u. a. der Zeitschrift „Über Land und Meer", seit 1872 der Wiener „Neuen Freien Presse", für die er vor allem die östlichen Gebiete der Donaumonarchie bereiste (Aus Halb-Asien. Culturbilder aus Galizien, der Bukowina, SUdrußland und Rumänien, 2 Bde., 1876). 1884-86 gab er die Wiener „Neue Illustrierte Zeitung" heraus. 1886 ließ sich F. in Berlin nieder und redigierte die von ihm gegründete antinaturalistische literarische Zeitschrift „Deutsche Dichtung". Neben Reiseberichten und Novellensammlungen schrieb er überwiegend Erzählungen und Romane, darunter das 1893 vollendete, teilweise autobiographische Werk Der Pojaz• Eine Geschichte aus dem Osten (1905, Neuausg. 1979). F. gab Georg —»Büchners Gesamtwerk zusammen mit dem handschriftlichen Nachlaß heraus (1879, Neuausg. 1949, 5 1957) und publizierte darin unter dem Titel Wozzeck erstmals das von ihm entzifferte Woyzeck-Manuskript. DP Killy F r a n z o s , Marie (Mizi), Pseud. Francis Maro, österr. Übersetzerin, * 17.9. 1870 Wien, t 6.8.1941 Wien. F., Tochter eines Advokaten, legte die französische Staatsprüfung an der Damen-Akademie in Wien ab und erlernte als Autodidaktin das Italienische, Spanische, Dänische und Schwedische. Sie war eine bedeutende Übersetzerin aus skandinavischen Sprachen, darunter von Werken Selma Lagerlöfs, Per Hallströms, Gustaf af Geijerstams. 1905 wurde F. vom schwedischen König mit der Goldmedaille „Litteris et Artibus" ausgezeichnet. DP Lex dt-jüd Autoren F r a p a n , Ilse, geb. Levien, (seit 1901) auch FrapanAkunian, Schriftstellerin, * 3.2.1849 Hamburg, t 2.2.1908 Genf. Zunächst Volksschullehrerin, ging F., Tochter eines Instrumentenmachers, 1883 gemeinsam mit Emma Mandelbaum nach Stuttgart und besuchte die Literaturvorlesungen Friedrich Theodor —»Vischers. Seit 1887 in München ansässig, trat sie als Autorin volkstümlicher Prosa und Schauspiele an die Öffentlichkeit, ging 1892 nach Zürich und war neben dem dort begonnenen Studium der Naturwissenschaften freie Mitarbeiterin verschiedener Zeitschriften. F. lebte seit 1901 mit dem armenischen Schriftsteller Akunian in Genf, bereiste mit ihm den Kaukasus und setzte sich öffentlich für das unterdrückte armenische Volk ein. Neben Novellen und Romanen über die Emanzipation der Frauen (Wir Frauen haben kein Vaterland. Monologe einer Fledermaus, 1899) veröffentlichte sie bis zu ihrem zusammen mit Emma Mandelbaum vollzogenen Freitod populäre Unterhaltungsliteratur. m Killy F r a s c h , Hermann, Chemiker, Technologe, * 25.12. 1851 Oberrot bei Gaildorf (Württemberg), f 1.5. 1914 Paris. F., Sohn eines Stadtschultheißen, wanderte 1868 in die USA aus, arbeitete bei seinem Onkel, einem Apotheker in Philadelphia, und bildete sich in Abendkursen zum Chemiker aus. Später Assistent am Philadelphia College of Pharmacy, gründete er 1874 ein eigenes Labor, entwickelte 1876 ein Verfahren zur Raffination von Paraffin und befaßte sich auf Anregung der Standard Oil Co. überwiegend mit Petrochemie. 1885 rief F. in London (Ontario) die Empire Oil Company ins Leben, erfand u.a. ein Erdöl-Entschwefelungsverfahren, das 1888 die Standard Oil Co. erwarb, und entwickelte als deren Mitarbeiter u.a. das nach ihm benannte Verfahren, tief lagernden Schwefel mittels heißen Wassers zu schmelzen und an die Oberfläche zu pumpen. F. unternahm zahlreiche Reisen nach Europa und war Präsident der Union Sulphur Co. of New York and Hamburg sowie der International Sulphur Refineries of Marseilles. DP Leb Schwaben, Bd 7

Frass, Rudolf, österr. Architekt, * 17.4. 1880 St. Pölten, t 7.7. 1934 Wien. Nach dem Besuch der Spezialklasse Otto —> Wagners an der Wiener Akademie der bildenden Künste richtete F. mit seinem Bruder Wilhelm —> F. ein Atelier ein. Vor dem Ersten Weltkrieg erbaute er zahlreiche Wohn- und Geschäftshäuser in der Umgebung von St. Pölten, das Jagdschloß Julius —>Meinls bei Mariazell und das des Grafen Szechenyi in der Tatra. In den zwanziger Jahren errichtete er städtische Wohnhäuser in Wien (Villa Graarud, 1928/29), wobei er sich von der konservativen Wagner-Schule löste und dem Stil Le Corbusiers folgte. Er schuf Landhäuser (Landhaus Flesch, Mariazell, 1919-21), aber auch moderne Alpinbauten (Tal- und Bergstation Seilbahn Bürgeralpe, 1927). Seit 1922 war F. Mitglied des Künstlerhauses; 1927/28 hielt er sich kurze Zeit in Amerika auf. Ein Gehirnschlag beendete 1932 seine Laufbahn. OP AKL Frass, Wilhelm, österr. Bildhauer, * 29.5. 1886 St. Pölten, t 1. 11. 1968 Wien. F. studierte 1901-03 an der Staatsgewerbeschule und war 1904-18, unterbrochen durch den Kriegsdienst, Schüler u.a. Hans —> Bitterlichs und Edmund —> Hell mers an der Wiener Kunstakademie. Gemeinsam mit seinem Bruder Rudolf -»F. bezog er 1919 ein Atelier und wurde Mitglied der Wiener Secession, 1939 des Künstlerhauses. Seit 1927 Prof., stand F. 1934-38 dem Künstlerverband österr. Bildhauer vor, leitete 1938-45 die Hochschulklasse der Kunstund Modeschule Wien und war Sachberater für Bildhauerei im Kulturamt. 1945 wurde er als NSDAP-Mitglied entlassen. In seinen Werken widmete sich F. fast ausschließlich dem menschlichen Körper. Er schuf Bauplastiken für städtische Wohnhausanlagen, darunter den Schreitenden für den Karl-Seitz-Hof (1951) sowie Plastiken für das Wiener Heldendenkmal (u.a. Marmor-Liegefigur eines toten Soldaten, 1934). CP AKL F r a u c h i g e r , Ernst, schweizer. Neurologe, * 21.4. 1903 Langenthal, t 15.4. 1975 Walenstadt. F. studierte Humanmedizin an den Universitäten Genf, Paris, Rom, Wien und Zürich (Promotion 1930 in Bern, Die Endresultate der Behandlung der Kniegelenkstuberkulose in der chirurgischen Klinik in Bern 1918-1928), habilitierte sich 1933 an der Tierärztlichen Fakultät der Univ. Zürich (Über den Dummkoller des Pferdes) und eröffnete in Langenthal eine allgemeinmedizinische Praxis. 1934 habilitierte er sich für Neurologie und Tierpsychologie an der Univ. Bern, wurde dort 1944 Extraordinarius und gründete 1948 in Bern eine neurologische Praxis. F. wurde entscheidend von dem mit ihm befreundeten Ludwig —> Klages beeinflußt. Gemeinsam mit W. Hofmann und R. Fankhauser baute er das Institut für Tierneurologie auf. Er veröffentlichte zahlreiche Studien über vergleichende Neurologie, Psychologie und Psychopathologie, darunter Seelische Erkrankungen bei Mensch und Tier ( 1945) und Die Bedeutung der Seelenkunde von Klages für Biologie und Medizin (1947). • P Biogr Verstarb Schweiz, Bd 8 F r a u e n d i e n s t , Werner, Historiker, * 5.2.1901 Berlin, t 24.8.1966 Mainz. Der Lehrersohn studierte 1920-25 in Berlin Geschichte, Germanistik und Geographie, wurde 1926 promoviert (Christian Wolff als Staatsdenker, 1927, Nachdr. 1965), habilitierte sich 1932 und war Privatdozent an der Univ. Greifswald, seit 1935 an der Univ. Berlin. 1926 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in den Auswärtigen Dienst eingetreten, leitete F., seit 1933 Mitglied der NSDAP, als Legationssekretär 1937/38 das Politische Archiv und Historische Referat. 1938 wurde er o.Prof. für Mittlere und Neuere Geschichte an der Univ. Halle-Wittenberg, 1942 an der Univ.

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Frauendorfer Berlin. 1945-52 in Buchenwald in sowjetischer Haft, wurde F. 1954 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Europäische Geschichte in Mainz. Er veröffentlichte u . a . Versailles und die Kriegsschuld (1936), Jugoslawiens Weg zum Abgrund (1941), Pax Britannica. Eine Darstellung der Friedensschlüsse von I919-Ì923 und ihrer Auswirkungen (1942) und Zur Problematik des Erkennens und Verstehens der jüngsten deutschen Vergangenheit (1961). CD B H d A D

Frauendorfer,

Heinrich von, Beamter, * 2 7 . 9 . 1855 Holl bei Waldmünchen, t 2 3 . 7 . 1921 Geiselgasteig bei München. F. studierte Rechtswissenschaften in München, gehörte bis 1899 der Generaldirektion der Bayerischen Staatseisenbahnen an und wurde Oberregierungsrat in der Verkehrsabteilung des Außenministeriums. 1904-12 bayerischer Staatsminister für Verkehrsangelegenheiten, war er 1918-20 erneut als Minister im Amt. 1920 war er als Staatssekretär und Vorstand der Abteilung Bayern im Reichsverkehrsministerium tätig. F. gab die „Europäische Staats- und Wirtschaftszeitung" heraus und schrieb Die Wohnungsfrage, eine Verkehrsfrage (1918). Er war auch als Numismatiker bekannt. F. beging Selbstmord.

Frauenfeld,

Alfred Eduard, Politiker, * 1 8 . 5 . 1 8 9 8 Wien, t 10.5. 1977 Hamburg. Der Sohn eines Oberlandgerichtsrats studierte nach der Teiln a h m e am Ersten Weltkrieg an der T H Wien, machte eine Maurerlehre und war dann als Konstrukteur, 1923-29 als Bankbeamter tätig. Seit 1929 Mitglied der österr. N S D A P und seit 1930 Gauleiter von Wien, war er dort 1 9 3 2 / 3 3 Gemeinde- und Stadtrat, wurde nach dem Verbot der N S D A P 1933 verhaftet und floh 1934 nach Deutschland. Seit 1934 Geschäftsführer der Reichstheaterkammer, wurde F. 1936 Mitglied des Reichstags, trat in den Dienst des Auswärtigen A m t e s und war nach diplomatischer Tätigkeit Stabsoffizier und seit 1942 Generalkommissar für Taurien (Krim). 1945 interniert, wurde er in Österreich in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt, in Deutschland als „minderbelastet" entlassen und war zunächst in Herford, seit 1949 in Hamburg ansässig. F. veröffentlichte u . a . das Schauspiel Dämmerung (1925) und Der Weg zur Bühne (1940, 2 1941). 1978 erschienen seine Erinnerungen unter d e m Titel Und trage keine Reu'. Vom Wiener Gauleiter zum Generalkommissar der Krim. OD Lilla, Statisten

Frauenfeld,

Georg von, österr. Zoologe, * 3 . 6 . 1 8 0 7 Wien, t 8. 10. 1873 Wien. Aus einfachen Verhältnissen stammend, war F. in verschiedenen Berufen, 1847 als Erzieher, danach als Güterverwalter bei Fürst Laudon tätig. 1852 wurde er Kustosadjunkt, später Kustos des Naturhistorischen M u s e u m s in Wien. 1851 gehörte er zu den Begründern der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft, war bis 1873 deren Sekretär und redigierte die „Verhandlungen" der Gesellschaft. F. nahm 1857-59 an der Expedition der „Novara" teil und wurde 1859 nobilitiert. 1868 erfolgte die A u f n a h m e in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. Er veröffentlichte u . a . Die Algen der dalmatischen Küste (1855), Die Gallen. Versuch der durch Insecten an den Pflanzen verursachten Auswüchse nach ihren Haupttypen und Wachsthumsverhältnissen naturgemäss zu gruppieren (1855), Das Vorkommen des Parasitismus im Thier- und Pflanzenreiche (1864) und Mollusken (= Reise der Fregatte Novara um die Erde. Zoologischer Theil, 2. Bd., 3. Abteilung, 1867). m ÖBL

Kristallglashändler etabliert war. In den zwanziger Jahren war er an Filialen in dieser Hafenstadt (Hiecke, Zincke & Co), in Madrid, in Hamburg (Scheinen & Co) und in der Hauptstadt des eben unabhängig gewordenen Mexiko beteiligt. Der Hauptsitz des Unternehmens war im nordböhmischen Haida. In diesem damals wichtigsten Zentrum der protoindustriellen Glasherstellung und -bearbeitung hatte F. Immobilienbesitz erworben und war zugleich an produzierenden Unternehmen beteiligt. Die kleinen bis mittelständischen Betriebe und Handelsfilialen waren über wechselseitige Besitzanteile und familiäre Verbindungen kompliziert ineinander verschachtelt. Wie seine übrigen in Cádiz etablierten Landsleute reiste er häufig nach Haida zurück, wo die Eigner der Firmen gemeinsam Bilanzen zogen. Gegen 1830 übernahm F. die Leitung der auf den Landsmann Augustin —> Rautenstrauch zurückgehenden mexikanischen Filiale (Hiecke, Zincke, Frauenfeld & Co).

Frauenholz,

Eugen von, Historiker, * 1 7 . 8 . 1 8 8 2 München, t 5. 1. 1949 Landshut. Als Offizier in bayerischen Diensten kam F. 1913 an die Kriegsakademie, war im Ersten Weltkrieg zuletzt Hauptmann im Generalstab und verließ nach Kriegsende die Armee. 1921 an der Univ. München zum Dr. phil. promoviert, habilitierte er sich dort 1924 für Kriegs- und Heeresgeschichte, wurde 1928 Syndikus der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und war seit 1929 Prof. an der Universität. F. gab die Reihe „Kriegs- und Heeresgeschichte" der „Münchener Historischen Abhandlungen" heraus und schrieb u. a. Die Entwicklung des Gedankens der allgemeinen Wehrpflicht im ¡9. Jahrhundert (1925). • P Kosch: Kath

Frauenholz,

Johann Friedrich, Kunsthändler, Verleger, * 1758 Brunst/Weißenkirchenberg, t nach 1822. Als Kunsthändler wurde F. Bürger von Nürnberg, heiratete 1791 und war 1792 Mitbegründer des Nürnberger Vereins f ü r Künstler und Kunstfreunde, aus d e m später der Albrecht-Dürer-Verein hervorging. Der zu seiner Zeit weitum bekannte Kunstverlag vertrieb eine große Zahl von Kupferstichen berühmter Meister.

Frauenlob, auch Meister Heinrich Frauenlob, eigentl. Heinrich von Meißen, Dichter, * um 1 2 6 0 / 6 5 , t 2 9 . 1 1 . 1 3 1 8 Mainz. F., der Sprache nach mitteldeutscher Herkunft, trat als j u n g e r Mann u m 1290 mit ersten Dichtungen an die Öffentlichkeit und stand später in den Diensten Herzog —» Heinrichs von Kärnten, der ihm 1299 eine größere S u m m e Geldes zum Kauf eines Pferdes übergeben ließ. Weitere Lebensstationen lassen sich nur über Erwähnungen in seinen Werken erschließen; so war er u. a. für König —> Rudolf von Habsburg, König —> Wenzel II. von B ö h m e n , den dänischen König, Fürst —> Wizlav von Rügen und Erzbischof —> Giselbert von Bremen tätig. 1311 nahm er am Ritterfest in Rostock teil und lebte zuletzt in Mainz. In besonderer Beziehung scheint er zu —> Peter von Aspelt gestanden zu haben, der ihn wahrscheinlich bereits aus seiner Prager Zeit kannte und der als Erzbischof von Mainz vermutlich seine Beisetzung im Kreuzgang des Mainzer D o m s ermöglichte. F. stand in Beziehung zu —> Hermann der Damen und galt als theologisch außergewöhnlich gebildet. Er schrieb drei Leiche (Marienieich, Minneleich und Kreuz/eich), ein strophisches Streitgespräch, Sangsprüche und Minnelieder. ED V L Frauenpreis,

Frauenfeld,

Josef, K a u f m a n n , * um 1770 Aubenbach (Böhmen), t 1831 Mexiko-Stadt. F. ging gegen 1810, möglicherweise auch schon wesentlich früher, nach d e m spanischen Atlantikhafen Cádiz, wo seit Mitte des 18. Jh. eine bedeutende Kolonie böhmischer

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Matthäus d.J., Plattner, * u m 1530 Augsburg, t nach 1574. Mit Desiderius —» Helmschmied und Anton —> Pfeffenhauser zählte F., Sohn eines Plattners, zu den bedeutendsten Augsburger Plattnern seiner Zeit. Er erscheint 1555-74 in den Steuerregistern der Stadt, verlor mit dem Niedergang seines

Fraunhofer Handwerks im 16. Jh. die Lebensgrundlage und mußte zuletzt sogar seine Werkstatt aufgeben. Von ihm stammt u . a . der Fußturnierharnisch Erzherzog —»Maximilians, des späteren Kaisers, von 1 5 4 9 / 5 0 . CD N D B

mit Reformationsproblemen, d e m päpstlichen Zugeständnis des Laienkelchs und d e m Vordringen des Calvinismus in der Oberpfalz auseinandersetzen. CD Gatz 2

Fraungruber, F r a u e n s t ä d t , (Christian Martin) Julius, Philosoph, Publizist, * 1 7 . 4 . 1 8 1 3 B o j a n o w o (Prov. Posen), t 13. 1. 1879 Berlin. Nach Abschluß des Theologie- und Philosophiestudiums an der Univ. Berlin (1833-37) war F., Sohn eines Kaufmanns, Mitarbeiter u . a . der „Hallischen Jahrbücher", der „Vossischen Zeitung" und der „Blätter für literarische Unterhaltung". 1841-51 als Hauslehrer in Adelsfamilien tätig, führte er während der Revolutionszeit ein „Lesecabinet nach Pariser Muster" in Berlin. Nach ersten Einflüssen von —> Kant und —> Hegel war er Schüler und Vertrauter Arthur —> Schopenhauers, der ihn zum Erben u. a. seiner Manuskripte und Verlagsrechte einsetzte. F. besorgte die erste Gesamtausgabe der Werke Schopenhauers (6 Bde., 1873/74). Er veröffentlichte u. a. Die Freiheit des Menschen und die Persönlichkeit Gottes. Ein Beitrag zu den Grundfragen der gegenwärtigen Speculation (1838), Studien und Kritiken zur Theologie und Philosophie (1840), Schelling's Vorlesungen in Berlin. Darstellung und Kritik der Hauptpunkte derselben ( 1842), Über das wahre Verhältnis der Vernunft zur Offenbarung. Prolegomena zu jeder künftigen Philosophie des Christenthums (1848), Der Materialismus. Seine Wahrheit und sein Irrthum (1856) und Schopenhauer-Lexikon. Ein philosophisches Wörterbuch nach Arthur Schopenhauer's sämmtlichen Schriften und handschriftlichem Nachlaß (2 Bde., 1871). CD Killy

Fraunberg,

Josef Maria Johann N e p o m u k von und zu, Bischof von Augsburg, Erzbischof von Bamberg, * 14.10. 1768 Fraunberg bei Erding, t 1 7 . 1 . 1 8 4 2 Bamberg. Zunächst Regensburger Domherr, war F. 1798-1801 Pfarrer und Erzdekan im oberpfälzischen C h a m und trat 1801 in den bayerischen Schuldienst ein. 1802-07 wirkte er als General-Schul- und Studiendirektor unter Maximilian Joseph von —>Montgelas, initiierte die Einführung der allgemeinen Schulpflicht (1802) und das erste Lehrerbildungsgesetz (1803), reorganisierte die Schulaufsicht, rief Industrie- und Feiertagsschulen ins Leben und gilt als Begründer der bayerischen Volks- und Berufsschulen. F. wurde 1819 Bischof von Augsburg und 1824 Erzbischof von Bamberg; er war Reichsrat der Krone Bayern. m Gatz 4

Fraunberg,

Ladislaus (Laßla) von, Reichsgraf von Haag, * um 1505(7), f 3 1 . 8 . 1566. Der Sohn des Reichsgrafen Leonhard von F. war seit 1525 kaiserlicher Soldat. 1529 der Reichsacht anheimgefallen, erlangte er um 1531 die Lösung vom Bann und übernahm mit seinem Bruder die Herrschaft über die Grafschaft des Vaters; seit 1536 regierte F. allein. In den folgenden Jahren eskalierte der Konflikt zwischen F. und seinen Lehensherren. 1552 wurde die Grafschaft durch Bayern abgesperrt; 1555 schlossen Herzog —> Albrecht und der Kaiser einen Expektanzvertrag über das Gebiet. 1556 wandte sich F. d e m Protestantismus zu. 1557 wurde er verhaftet. Nach seinem Tod fiel die Grafschaft Haag an Bayern.

Fraunberg,

Vitus (Veit) von, Bischof von Regensburg, t 2 1 . 1 . 1 5 6 7 Schloß Wörth. F. stammte aus einer Familie niederbayerischer Landsassen. Sein Vater war der herzogliche Vizedom Wilhelm von F. auf Poxau. F. wurde 1536 Domherr in Freising, 1547 in Augsburg, 1548 in Regensburg, 1553 in Passau und 1554 in Salzburg. Seit 1553 war er Dompropst in Freising, seit 1561 in Passau. 1563 zum Bischof von Regensburg gewählt, erhielt er 1564 die Bischofsweihe. F. m u ß t e sich besonders

Hans, österr. Schriftsteller, * 2 6 . 1 . 1 8 6 3 Obersdorf bei Bad Aussee (Steiermark), f 7. 8 . 1 9 3 3 Wien. F. absolvierte die Lehrerbildungsanstalt in Salzburg und war seit 1882 Lehrer im österr. Schuldienst, zuletzt Rektor an Wiener Volksschulen. 1899 Mitbegründer, seit 1917 Redakteur der Zeitschrift „Das deutsche Volkslied", war er auch Mitarbeiter der Monatsschrift „Für die Jugend des Volkes" und gab „Gerlachs Jugendbücherei" heraus. Nach dem Vorbild des mit ihm befreundeten Peter —> Rosegger verfaßte er, zum Teil in steirischer Mundart, Gedichte, Erzählungen und Schauspiele (u.a. Meine Bergbauern, 1930) und gab zahlreiche Werke der Jugendliteratur sowie Anthologien und Lesebücher heraus. CD D L L F r a u n h o f e n , Georg Theser von, Reichshofrat, t um 1600. Der aus einem Geschlecht bayerischer Freiherren stammende F. studierte seit 1555 in Bologna, seit 1557 in Ingolstadt und seit 1558 in Padua. Zunächst als Jurist tätig, war er 1569-83 Präsident am Reichskammergericht, anschließend bis 1586 Präsident des bayerischen Hofrats. 1588 wurde er zum Reichshofrat ernannt. F. besaß die Herrschaft Alt- und Neufraunhofen sowie die H o f m a r k e n Winden, Obertäsing, Wörth, Triftlfing, Langenerling, Illkofen.

Fraunhofer,

Joseph von, Optiker, Instrumentenbauer, * 6 . 3 . 1787 Straubing, t 7 . 6 . 1 8 2 6 München. Der aus einer Glaserfamilie stammende F. war zunächst bei seinem Vater in Straubing tätig. Mit elf Jahren Vollwaise, k a m F. 1799 bei einem Spiegelmacher in München in die Lehre. Bei dem Einsturz zweier Wohnhäuser in M ü n chen wurde der vierzehnjährige F. verschüttet und in einer aufsehenerregenden Aktion gerettet. Unter denjenigen, die sich f ü r den Geretteten interessierten, war nicht nur der Kurfürst, der sich wie ein Vater um F. zu k ü m m e r n versprach, sondern auch der Unternehmer Joseph von —> Utzschneider, der den wissensdurstigen Jungen mit geeigneter Literatur zum Selbststudium versorgte, sowie ein Optikermeister, der F. in das Schleifen von Linsen einwies. Utzschneider nahm F. 1807 als dritten Optiker in das zusammen mit d e m Ingenieur Georg —> Reichenbach 1804 gegründete „Mathematisch-mechanische Institut" zur Herstellung geodätischer und astronomischer Instrumente auf, dessen optischer Betrieb im selben Jahr in das säkularisierte Kloster Benediktbeuern verlegt wurde. A u f g r u n d der von ihm eingeführten Verbesserungen stieg F. bis 1809 zum Leiter des optischen und 1813 des Gesamtinstituts auf, dessen Teilhaber er 1814 nach d e m Ausscheiden Reichenbachs wurde. Seit 1824 war F. Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. Die von F. durchgesetzten Verbesserungen betrafen u. a. die Herstellung weitgehend gleichmäßiger und von Verunreinigungen freier Glasschmelzen für Flint- und Kronglas, wodurch jedes Stück der etwa 100 kg Glas aus einem Schmelztiegel denselben Brechungsindex aufwies, sowie ein von persönlichen Eigenheiten des bearbeitenden Optikers weitgehend unabhängiges Polierverfahren. Dazu hatte er die Reichenbachsche Pendelschleifmaschine zu einer Maschine für das Schleifen und Polieren von nichtkugeligen Flächen ausgebaut und ein Prüfverfahren zur Einhaltung der gewünsch-

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Fraus-Wagner ten Linsenform mit einer damals von niemand sonst erreichten Genauigkeit von 1 0 4 m m entwickelt. Außerdem lernte F. durch geeignete Zuschläge Brechung und Dispersion der Gläser zu beeinflussen. Voraussetzung dafür war ein genaueres Meßverfahren zur Bestimmung dieser Größen. Auf der Suche nach einer möglichst genau bestimmten monochromatischen Lichtquelle betrachtete er mit einem PrismenSpektral apparat das Licht einer Kerzen-, Öl- und Weingeistflamme und entdeckte bei allen drei Flammenspektren an derselben Stelle eine orange-gelbe Doppellinie, die später als Natrium-Doppellinie identifiziert wurde. Für F. war die gef u n d e n e Doppellinie eine Markierungsmarke für seine Messungen; er dehnte diese mit demselben Apparat auf das Sonnenlicht aus, wobei er eine Vielzahl von offenbar f ü r das Sonnenlicht charakteristischen dunklen Linien entdeckte, die später nach F. benannt wurden und als Absorptionslinien gedeutet werden konnten. Er wies die 524 von ihm katalogisierten dunklen Linien auch im Spektrum von anderen Fixsternen nach. Seine Entdeckung, die u. a. die Grundlage zur spektralanalytischen Untersuchung der Fixsterne lieferte, hat er in einer von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften veröffentlichten Arbeit über die Bestimmung des Brechungsund Farbenzerstreuungsvermögens verschiedener Glasarten bekannt gemacht. Der Durchmesser der von F. gebauten achromatischen Fernrohrobjektive konnte zwischen 1812 und 1819 auf das Dreifache vergrößert werden, wodurch die F.schen Refraktoren damals zu den leistungsfähigsten der Welt wurden. Seit 1817 befaßte er sich mit Beugungserscheinungen zunächst an ein e m Spalt, später an einem von ihm hergestellten Glasgitter. Damit konnte er die Wellenlängen der dunklen Linien mit einer für die nächsten vierzig Jahre unübertroffenen Genauigkeit bestimmen. Unter anderem aufgrund dieser Arbeiten wurde F. 1817 korrespondierendes Mitglied der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften. Dazu kamen weitere Ehrungen im In- und Ausland sowie die 1824 erfolgte Erhebung in den persönlichen Adelsstand. 1826 starb F. an Tuberkulose. WERKE: J. v. F.s gesammelte Schriften. Hrsg. v. Eugen C. J. Lommel. München 1888. LITERATUR: Joseph von Utzschneider: Kurzer Umriß der Lebensgeschichte des Herrn Dr. J. v. F. In: Polytechnisches Journal 2 1 ( 1 8 2 6 ) S. 1 6 1 - 1 8 1 . - Philipp von Jolly: F., J. In: A D B , Bd. 7, 1877, S. 323-325. - Adolf Seitz: J. F. und sein optisches Institut. Berlin 1926. - Moritz von Rohr: J. F.s Leben, Leistungen und Wirksamkeit. Leipzig 1929. - Adolf Wißner: F., J. v. In: N D B , Bd. 5, 1961, S. 382-384. - Reese V. Jenkins: F., J. In: DSB, Bd. 5, 1972, S. 142-144. - Günter D. Roth: J. v. F. Handwerker, Forscher, Akademiemitglied 1787-1826. Stuttgart 1976. - Hans-Peter Sang: J. v. F. Forscher, Erfinder, Unternehmer. M ü n c h e n 1987. Ivo Schneider

Fraus-Wagner,

Arrigo Ritter von, österr. Jurist, Genealoge, * 1 6 . 1 2 . 1 8 6 1 Triest, t 1 . 9 . 1 9 4 4 Wien. Nach dem Studium an der Univ. Graz war F.-W. Richter und Staatsanwalt in Triest, später Richter und zuletzt Gerichtspräsident des gemischten österr. und ungarischen Konsularobergerichts in Konstantinopel. Als Senatspräsident des Obersten Gerichts- und Kassationshofs trat er in den Ruhestand. F. befaßte sich mit genealogischen Studien und erarbeitete etwa 300 Stammtafeln von Wiener Familien für das 17. bis 20. Jh., die 1945 verlorengingen. Er war Vorstandsmitglied der Wiener heraldisch-genealogischen Gesellschaft „Adler" und veröffentlichte u. a. Österreich-Ungarn und der Suez-Kanal (1916).

Frauscher,

Erika, Sängerin, * 5 . 9 . 1 9 0 0 Wien, t 2 2 . 1 1 . 1995 Dornach (Schweiz). F., Nichte von Moritz —»F., studierte 1920-26 am Wiener Konservatorium bei Rosa —» Papier-Paumgartner Ge-

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sang und war 1926-51 während ihrer gesamten Bühnenlaufbahn Mitglied des Stadttheaters Basel. Dort erarbeitete sie sich ein umfangreiches Bühnenrepertoire und hatte Anteil an Uraufführungen von Opern des Komponisten Hans - > H a u g ( T a r t u f f e 1937; Don Juan in der Fremde, 1930) sowie an zahlreichen schweizer. Erstaufführungen (u.a. Hin und zurück von Paul —> Hindemith und Dame Kobold von Felix —» Weingartner). 1942 sang sie außerdem die Solopartie in der Uraufführung von Weingartners 7. Sinfonie. Als Gesangspädagogin lehrte F. f ü n f z e h n Jahre lang an der Basler Musikakademie. CD Kutsch

Frauscher,

Moritz, österr. Sänger, * 1 3 . 8 . 1 8 5 9 Mattighofen (Oberösterreich), f 1 . 2 . 1 9 1 6 Wien. F. studierte zunächst Rechtswissenschaften an den Universitäten Wien und Graz, wandte sich jedoch bald der Musik zu, studierte Gesang bei Johannes —>Ress und debütierte 1889 in Nürnberg als Bassist. Später sang er in Genf, Bremen, Breslau, Zürich und Prag; 1896-99 war er Mitglied des Stuttgarter Hofoperntheaters, seit 1899 der Wiener Hofoper. Zu seinen Hauptrollen zählte der Eremit im Freischütz. F. trat auch als Oratoriensänger auf. Zuletzt war er Prof. an der A k a d e m i e f ü r Musik und darstellende Kunst in Wien. m

Kutsch

F r a u s t ä d t e r , Werner, Jurist, * 7 . 6 . 1 8 9 4 Leipzig, t 29. 1. 1962 Tel Aviv. F. war 1 9 1 9 / 2 0 Leiter der Jüdischen Arbeiterfürsorgestelle in Duisburg, seit 1923 verantwortlicher Redakteur verschiedener Zeitschriften, 1927-33 Syndikus der Reichsgewerkschaft deutscher Kommunalbeamter und Leiter der juristischen Sprechstunde des Arbeiterfürsorgeamtes in Berlin. Seine praktischen Erfahrungen legte er in zahlreichen Aufsätzen zum Ausländerrecht dar. 1935 emigrierte F. nach Palästina und wurde 1942 Regierungsbeamter, zunächst der Mandatsregierung, später des Staates Israel.

Frauwallner,

Erich, österr. Indologe, * 1 8 . 1 1 . 1 8 9 8 Wien, t 5 . 7 . 1 9 7 4 Wien. Nach d e m Studium der Klassische Philologie, Indologie und Iranistik wurde F. 1921 an der Univ. Wien promoviert und war in Wien als Mittelschulprofessor tätig. 1928 habilitierte er sich für Indische Philologie und wurde 1939 a. o., 1955 o . P r o f . sowie Leiter des Indologischen Instituts der Univ. Wien. F. gründete in der Österreichischen A k a d e m i e der Wissenschaften, zu deren wirklichen Mitgliedern er seit 1956 zählte, eine Kommission für Sprachen und Kulturen Süd- und Ostasiens. Er veröffentlichte eine Geschichte der indischen Philosophie (2 Bde., 1953-56). m Almanach Öst Akad, Jg. 124 F r e c h , Fritz (Friedrich Daniel), Geologe, * 17.3. 1861 Berlin, f 2 8 . 9 . 1917 Aleppo (Syrien). F., Sohn eines Senatspräsidenten am Berliner Kammergericht, studierte Geologie und Paläontologie in Leipzig, Bonn und Berlin. Dort 1885 mit der Dissertation Die Korallenfauna des Oberdevons in Deutschland promoviert, habilitierte er sich 1887 in Halle mit der Arbeit Geologie der Umgegend von Haiger bei Dillenburg (Nassau), wurde 1893 a. o. Prof. am Geologischen Institut der Univ. Breslau, 1897 o. Prof. und übernahm auch eine Professur für Geologie an der dortigen T H . Als Präsident der internationalen K o m mission für die Paläontologia universalis und Vizepräsident der Paläontologischen Gesellschaft übte er großen Einfluß auf die Weiterentwicklung dieses Wissenschaftszweiges aus. Z u s a m m e n mit seiner Frau und Mitarbeiterin Vera F. unternahm er zahlreiche Forschungsreisen durch Europa und nach Amerika. Er veröffentlichte u . a . Aus der Vorzeit der Erde (6 Bde., 1911-17), Steinkohle, Wüsten und Klima der Vorzeit (1911), Deutschlands Steinkohlenfelder und Steinkohlenvorräte (1912) und Die Kohlenvorräte der Welt (1917).

Fredersdorf Während des Ersten Weltkriegs war F. leitender Geologe des A r m e e k o m m a n d o s an der syrischen Front; er sollte Hilfe leisten beim Aufspüren von Bodenschätzen, starb aber schon zwei M o n a t e nach seiner A n k u n f t in Syrien an Malaria. C D NDB

war er o . P r o f . für Kulturtechnik an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Kartoffelbau auf Moorboden (1919), Die Kultur der Niedermoore (1930) und Die Wildgäsung in Wald und Feld, ihre Vermehrung und Verbesserung (1938). CD B ö h m

F r e c h t , Martin, auch Frächt, Frech(t)us, Phrecht, luth. Theologe, Reformator, * 1494 Ulm, f 1 4 . 9 . 1 5 5 6 Tübingen. Der Handwerkersohn studierte seit 1514 in Heidelberg die Artes und Theologie, befreundete sich u. a. mit Johannes —»Oekolampad und Martin —»Bucer, nahm an der Heidelberger Disputation Luthers teil und stand im Abendmahlsstreit auf der Seite Bucers und Oekolampads. Seit 1517 Magister und Dozent, 1524 und 1 5 2 5 / 2 6 Dekan der Artistenfakultät, wurde F. 1529 zum Lic. theol. promoviert. 1529-31 war er theologischer Lektor, 1530/31 Rektor der Universität und spielte in der Heidelberger Reformationsbewegung eine wichtige Rolle. Seit 1531 in Ulm, wurde F. 1533 als Nachfolger Konrad —>Sams Vorsteher der Ulmer Kirche, die er sowohl gegen schroffen Zwinglianismus als auch gegen T ä u f e r sowie spiritualistische Einzelgänger wie Sebastian —> Franck und Kaspar von —» Schwenckfeld abzuschirmen suchte. Es gelang F., die von ihm mitunterzeichnete Wittenberger Konkordie auch in Ulm durchzusetzen. Er nahm an mehreren Schmalkaldischen Bundestagen und an den Religionsgesprächen in Hagenau, Worms und Regensburg ( 1 5 4 0 / 4 1 und 1 5 4 5 / 4 6 ) teil, stellte sich entschieden gegen das Augsburger Interim und die Annäherung an kath. Lehren, wurde deswegen 1548 verhaftet und verbrachte mehrere Monate unter demütigenden Haftbedingungen in der Festung K i r c h h e i m / T e c k . Nach seiner Entlassung aus Ulm verbannt, hielt sich F. 1 5 4 9 / 5 0 als Exulant in Nürnberg und Blaubeuren auf. 1550 wurde er Vorsteher des Tübinger Stifts und erhielt 1552 eine Professur an der Universität. 1 5 5 5 / 5 6 war er deren Rektor und wirkte an der Neugestaltung der Kirche Württembergs mit. F. hinterließ eine umfangreiche Korrespondenz, Tagebücher und Aufzeichnungen sowie große Predigtsammlungen; von seinen Werken gelangte nur die Quellenedition Witichindi Saxonis Rerum ... zum Druck (1532). c d TRE

Frede,

Frechulf,

auch Frechulfus, Freculfus, Frechulphus, Bischof von Lisieux, Chronist, t 2. Drittel 9. Jh. Über F.s Herkunft, vermutlich aus Süddeutschland, ist wenig bekannt. Er wurde etwa 823 Bischof von Lisieux und Vertrauter —> Ludwigs des F r o m m e n , in dessen Auftrag er 824 nach R o m reiste, um wegen des Bilderstreits zu vermitteln. F. war Verfasser der ersten karolingischen Weltchronik (12 Bände), die den Zeitraum von der Erschaffung der Welt bis zu Papst Gregor dem Großen (um 600) umfaßt. Sein Anliegen war das Sammeln und Ordnen eines möglichst umfangreichen Wissens, das er in lesbare F o r m gebracht hat. CD L e x M A

Freckmann,

Wilhelm, Landwirt, * 2 0 . 7 . 1878 Hildesheim, t 3 1 . 1 0 . 1 9 6 3 Detmold. F. studierte Landwirtschaft in Göttingen, wurde 1902 Assistent am Landwirtschaftlichen Institut und übernahm 1904 die Leitung der Moor-Versuchstation Neuhammerstein (Hinterpommern). Einer der wichtigsten Experten auf dem Gebiet der Moorkultur, wurde er 1921 Direktor am neugegründeten Institut für Meliorationswesen und Moorkultur an den Preußischen Landwirtschaftlichen Versuchs- und Forschungsanstalten L a n d s b e r g / W a r t h e . In dieser Position widmete sich F. insbesondere der Erforschung des Wasserhaushalts der Böden sowie der Untersuchung von Gründlandpflanzen; er hatte Anteil an der Entwicklung der Saatgutmischung „Landsberger Gemenges", die ihm Winterzwischenbau angewendet wurde. 1923 gründete er die Ostdeutsche Saatveredlung G m b H in Landsberg/Warthe. 1927-45

Hermann Josef, kath. Theologe, * 1 2 . 9 . 1 9 2 2 Elberfeld (heute zu Wuppertal), t 2 9 . 5 . 1998 Tuttlingen. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg erhielt F. im erzbischöflichen Priesterseminar in Köln seine theologische Ausbildung. 1951 zum Priester geweiht, war er zunächst Kaplan in Leverkusen-Wiesdorf und studierte seit 1953 Theologie in Bonn, w o er 1958 zum Dr. theol. promoviert wurde (Untersuchungen zur Geschichte der lateinischen Übersetzung des Epheserbriefes). Anschließend ging F. an das Vetus-Latina-Institut in Beuron, das er seit 1972 leitete. Er wirkte an mehreren Editionen des Instituts mit, so an den Paulusbriefen und den Gefangenschaftsbriefen der Vulgata. 1981 erhielt er in Tübingen eine Honorarprofessur f ü r Neutestamentliche Textgeschichte. Er war Mitherausgeber der Biblia sacra iuxta vulgatam versionem der Deutschen Bibelgesellschaft und Mitglied im Beirat der Association Internationale d ' E t u d e s Patristiques. F., der sich auch f ü r Waisen und sozial benachteiligte Jugendliche engagierte, wurde 1993 Päpstlicher Ehrenprälat. CD B B K L

Fredenhagen,

T h o m a s , auch Friedenhagen, K a u f m a n n , * 2 5 . 1 0 . 1627 Lübeck, t 2 0 . 4 . 1709 Lübeck. Der zu seiner Zeit reichste Bürger Lübecks gab seiner Heimatstadt nach dem Dreißigjährigen Krieg wichtige Impulse auf wirtschaftlicher Ebene. Die im Mittelalter übliche Risikostreuung im kaufmännischen Bereich durch Partenreederei und Verteilung der Frachten auf zahlreiche Ladungen ersetzte F. durch Eigenreederei und geschlossene, umfangreiche Schiffsladungen. Geschützt wurden seine Schiffe durch starke Armierung und große Besatzung. Er erneuerte den Außenhandel und vermittelte den Warenaustausch zwischen den baltischen Ländern und Frankreich sowie Spanien und Portugal. Er war auch an der „Grönlandfahrt", also d e m Walfang, beteiligt. 1692 in den Rat der Reichsstadt gewählt, k ä m p f t e F. f ü r die A u f h e b u n g der zünftigen Bindungen durch die städtischen Handelsgesetze. Weitere Anerkennung erwarb sich F. durch die Stiftung des prunkvollen Barockaltars in der Lübecker Marienkirche. CD N D B F r e d e r , Johannes, auch Freter, Frether, Fretther, luth. Theologe, * 2 9 . 8 . 1510 Köslin (Pommern), t 2 5 . 1 . 1562 Wismar. Seit 1524 in Wittenberg immatrikuliert, wurde F., Sohn eines Ratsherrn und Bürgermeisters, 1533 Magister und Dozent. Später wechselte er nach Hamburg und war 1537 Konrektor der Johannisschule, 1539 Prediger, seit 1540 Pastor am D o m . Daß er dort die Ordination von dem noch kath. Kapitel nicht erhalten hatte, wurde für seinen weiteren Lebensweg bedeutsam. Sowohl in Stralsund als auch in Greifswald (seit 1549) und auf Rügen (seit 1550), wohin er jeweils als Superintendent berufen wurde, sorgte die fehlende Ordination als kirchenpolitischer Streitpunkt f ü r heftige Auseinandersetzungen grundsätzlicher Art. Schließlich ließ sich F. in Kopenhagen ordinieren, worauf er seine Professur und 1556 das Rügener Superintendentenamt verlor. Seit 1556 Superintendent in Wismar, war F. 1557-59 Visitator in Mecklenburg. Er übersetzte —> Luthers Werke und schrieb niederdeutsche Kirchenlieder. CD N D B

Fredersdorf,

Michael Gabriel, Kämmerer, * 1708 G a r t z / Oder bei S c h w e d t / O d e r , t 12. 1. 1758 Potsdam. Zunächst Kammerdiener des preuß. Kronprinzen Friedrich, des späteren Königs - » Friedrich II., wurde F. nach 1740 Ge-

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Freeden heimer Kammerdiener. Er verwaltete Friedrichs Privatkasse und hatte als sein engster Vertrauter großen Einfluß, wie aus den 1926 von J. Richter herausgegebenen Briefen Friedrichs an F. ersichtlich ist.

Freeden,

Herbert

Friedenthal,

Herbert

Freeden,

Wilhelm (Ihno Adolf) von, Ozeanograph, * 1 2 . 5 . 1 8 2 2 Norden (Ostfriesland), t 11. 1.1894 Bonn. F., Sohn eines Kapitäns, Reeders und Ratsherrn, studierte 1841-44 in Bonn und Göttingen Mathematik, Astronomie, Naturwissenschaften und Neuere Sprachen. Seit 1845 in Jever als Gymnasialoberlehrer tätig, wurde er 1856 Rektor der Seefahrtsschule in Elsfleth (Oldenburg). 1867 gründete F. die Norddeutsche Seewarte in Hamburg, als deren Direktor er bis 1876 tätig war. Seit 1877 lebte er als Privatier in Bonn. Zu F.s Verdiensten zählt, daß neue naturwissenschaftliche, geographische und ozeanographische Erkenntnisse für die Schiffahrt nutzbar gemacht wurden. Er bereicherte die nautische Literatur durch Lehrbücher und Rechentafeln (u. a. Handbuch der Nautik und ihrer Hilfswissenschaften, 2 Bde., 1864), gab die Zeitschrift „Hansa" heraus und übersetzte geographische Literatur aus dem Englischen. 1888 veröffentlichte er Reise- und Jagdbilder aus Afrika. 1848-50 Mitherausgeber der liberalen „Freien Blätter für das freie Volk" in Jever, war F. 1871-77 Mitglied des Reichstags für die Nationalliberale Partei und vertrat dort vorwiegend die Interessen der Seefahrt. CD Haunfelder, Lib Abg F r e e r k s e n , Enno, Mediziner, * 1 1 . 9 . 1 9 1 0 Emden (Ostfriesland), t 4. 10.2001 Mölln. F., Sohn eines Sparkassendirektors, studierte 1929-34 Medizin und Naturwissenschaften in Rostock, wurde 1933 in Rostock zum Dr. phil. (Ein neuer Beweis für das rhythmische Wachstum der Kerne durch vergleichende volumetrische Untersuchungen an den Zellkernen von Meerschweinchen und Kaninchen), 1935 zum Dr. med. (Selbstregulierung des Gebisses) promoviert und war 1 9 3 5 / 3 6 Assistent am Anatomischen Institut der Univ. Rostock. 1936 wechselte er als Oberassistent an das Anatomische Institut der Univ. Gießen, an dem er sich 1938 habilitierte (Die Venen des menschlichen Handrückens) und 1939 eine Dozentur erhielt. 1939 außerdem Gastdozent in Zürich, war F. seit 1940 Erster Prosektor in Kiel, wo er 1941 zum planmäßigen a. o. Prof. für Anatomie und 1945 zum o. Prof. für Anatomie und Geschichte der Medizin ernannt wurde. 1 9 3 8 / 3 9 war er Dozentenbundführer und Leiter der Dozentenschaft an der Univ. Gießen und Gaudozentenbundführer von HessenNassau, 1941-44 Gaudozentenbundführer von SchleswigHolstein und 1941 Dozentenbundführer an der Univ. Kiel. 1950-78 war F. Direktor des Forschungsinstituts Borstel und seit 1967 o.Prof. für Experimentelle Biologie und Medizin an der Univ. Kiel. Er veröffentlichte u . a . Grundlagen und Organisationsformen medizischer Forschung ( 1966) und Lepra-Tuberkulose Eradikation (mit Magdalena Rosenfeld, 1980). m Grüttner F r e e s e , Hans (Dietrich Georg), Architekt, * 2 . 7 . 1889 Oldenburg, t 13. 1. 1953 Berlin. Der aus einer Handwerker- und Bauernfamilie stammende F. studierte an den Technischen Hochschulen München, Dresden und Berlin. Seit 1918 Regierungsbaumeister in München, kam er im folgenden Jahr an das Stadterweiterungsamt Stuttgart und war 1919-21 Stadtbaumeister in Berlin-Neukölln. 1921-26 war er Stadtbaurat in Düsseldorf, wo er am Bau der Gesolei-Ausstellung mitwirkte. Seit 1926 lehrte er an der T H Karlsruhe, 1929-41 in Dresden und seit 1941 in Berlin. Seine wichtigsten Bauten sind das KaiserWilhelm-Institut in Heidelberg (1930) und das Auswärtige A m t in Bonn (1953). Ferner nahm er erfolgreich an den Wettbewerben für die Rathäuser in Bochum und Düsseldorf

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sowie für den Bibliotheksbau des Deutschen M u s e u m s in München teil. F. war Gründer des Internationalen Instituts für Krankenhausbau und Mitglied der Künstler-Vereinigung Dresden. CD A KL F r e e s e , (Johannes Carl) Heinrich, Industrieller, Sozialpolitiker, * 13.5. 1853 Hamburg, t 29.9. 1944 Strausberg (Mark). F. trat mit 16 Jahren als Lehrling in die Jalousienfabrik seines Vaters ein, die er 1879 übernahm. Unter seiner Leitung kam es bald zu umfangreichen Erweiterungen, so daß der Betrieb mit bis zu 700 Arbeitnehmern als führend im Bereich des Rolladenbaus und der Holzpflasterung galt. Auf sozialpolitischem Gebiet wirkte F. insofern bahnbrechend, als in seinem Unternehmen erstmals Tarifverträge ausgearbeitet und beratende Arbeiterausschüsse eingerichtet wurden. 1892 führte er den Achtstundentag ein, der in Deutschland erst 1918 gesetzlich festgelegt wurde. Es gab eine betriebseigene Kranken- und Rentenversorgung sowie eine Gewinnbeteiligung der Arbeiter. F. verstand sein Betriebsmodell als „konstitutionelle Werkmonarchie" und verfaßte zahlreiche Berichte darüber, die auch in Regierungskreisen für Aufsehen sorgten. —»Bismarck und Kaiser —»Wilhelm II. persönlich interessierten sich für diese sozialpolitischen Neuerungen; F. wurde 1890 als Sachverständiger in den preuß. Staatsrat berufen. Seine Ideen faßte er in dem Buch Die konstitutionelle Fabrik (1909, 4 1922) zusammen. Der Sozialreformer war führend an der Bodenreformbewegung beteiligt und förderte den genossenschaftlichen Wohnungsbau. Die Univ. Tübingen verlieh F. 1923 die Ehrendoktorwürde. CP N D B

Frege,

(Christian) Gottlob, Bankier, Kaufmann, * 2 1 . 1 1 . 1 7 1 5 Lampertswalde (Sachsen), t 2 0 . 5 . 1 7 8 1 Leipzig. Der Sohn eines Predigers trat nach einer Lehre bei einem Gewürzhändler in Leipzig in ein Wechselgeschäft ein und gründet 1739 ein eigenes Unternehmen. Als Bankier erfolgreich, erhielt F. wiederholt das Angebot, die Leipziger Münze zu pachten, und wurde auch bei finanziellen Schwierigkeiten des sächsischen Hofs zugezogen. Nach dem Siebenjährigen Krieg dehnte er seine Geschäftstätigkeit auf die Weberei und Spitzenmanufaktur aus. F. wurde zum Kammerrat ernannt und gehörte dem Rat der Stadt Leipzig an. EP Leb Sachsen, Bd I F r e g e , Gottlob (Friedrich Ludwig), Mathematiker, Philosoph, * 8 . 1 1 . 1 8 4 8 Wismar, f 2 6 . 7 . 1925 Bad Kleinen. F., dessen Vater eine von ihm gegründete Mädchenschule leitete, studierte bis 1871 in Jena Mathematik bei Ernst Abbe, Physik bei Karl —»Snell und Philosophie bei Kuno —»Fischer, wechselte dann nach Göttingen, wo er auch Vorlesungen Rudolf Hermann —» Lotzes hörte, beschäftigte sich vor allem mit der Theorie komplexer mathematischer Funktionen und wurde 1873 mit der Arbeit Über eine geometrische Darstellung der imaginären Gebilde in der Ebene promoviert. 1874 habilitierte er sich in Jena für Mathematik (Rechnungsmethoden, die sich auf eine Erweiterung des Größenbegriffs gründen) und war Privatdozent in der Mathematischen Fakultät. 1879 wurde er zum a. o. Professor, 1896 zum ordentlichen Honorarprofessor ernannt und 1918 emeritiert. Seit 1899 war er Codirektor des Mathematischen Instituts und trug den Titel Hofrat.

Frei Im Zuge seiner mathematischen Grundlagenforschung begründete F. die moderne formale Logik, die er weitgehend ohne historische Vorbilder 1879 in der Begriffsschrift. Eine der arithmetischen nachgebildete Formelsprache des reinen Denkens (Nachdr. 1 9 6 4 , 5 1 9 9 8 ) vorlegte. Sie enthält den ersten vollständigen Kalkül der Logik der Junktoren („wenn", „nicht") und der Quantoren („alle"). Daß der Begriff der Zahl ausschließlich mit Hilfe logischer Begriffe definierbar sei, wollte F. in seinem zweiten Buch Die Grundlagen der Arithmetik. Eine logisch-mathematische Untersuchung über den Begriff der Zahl, 1884; kritische A u s g . 1986) zeigen. 1891 erschien die logisch-sprachphilosophische Studie Function und Begriff\ 1892 der semantische Aufsatz Über Sinn und Bedeutung, (in: Zeitschrift für Philosophie und Kritik 101). In seinen Grundgesetzen der Arithmetik. Begriffsgeschichtlich abgeleitet (2 Bde., 1893-1903, Nachdr. 1962) unternahm er den Versuch, auch die Gesetze der Arithmetik auf rein logische zu reduzieren, scheiterte jedoch an der Ableitung eines Widerspruchs. Bertrand Russell, mit dem er in regem Briefwechsel stand, machte F. 1902, kurz bevor dieser den zweiten Band in Druck gab, auf eine Antinomie im ersten Band der Grundgesetze aufmerksam. Folgenreiche wahrheits- und sprechakttheoretische Gedanken formulierte F. in seinem Aufsatz Der Gedanke. Eine logische Untersuchung (in: Beiträge zur Philosophie des deutschen Idealismus, Bd. 2, 1918). F., seit 1895 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, gilt als einer der großen Vordenker der analytischen Philosophie. Zu seiner Zeit wenig beachtet, kam es nach seinem Tod mit der Ausarbeitung der mathematischen Logik zu einer „Frege-Renaissance", besonders im angelsächsischen Raum. Die erste umfangreiche Würdigung F.s brachte Russell, der selbst wesentliche Erkenntnisse aus dessen Lehre gewann, in einem Anhang zu The principles of mathematics. Ebenso betonten die Philosophen Edmund —»Husserl, Rudolf —»Carnap und Ludwig —»Wittgenstein ausdrücklich die Bedeutung F.s für ihre Forschungen. Auch die Entwicklung der Sprachphilosophie und Linguistik ist durch F.s sprachanalytische Untersuchungen nachhaltig beeinflußt worden. WEITERE WERKE: Über die Zahlen des Herrn H. Schubert. Jena 1899. - Funktion, Begriff, Bedeutung. Hrsg. v. Gunther Patzig. Göttingen 1962, 7 1 9 9 4 . - Begriffsschrift und andere Aufsätze. Hrsg. v. Ignacio Angelelli. Hildesheim 1964, "Ί998. - L o g i s c h e Untersuchungen. Hrsg. v. Günther Patzig. Göttingen 1 9 6 6 , 4 1 9 9 3 . - Kleine Schriften. Hrsg. v. Ignacio Angelelli. Hildesheim 1 9 6 7 , 2 1 9 9 0 . - Nachgelassene Schriften und wissenschaftlicher Briefwechsel. Bd. 1 : Nachgelassene Schriften. Hrsg. v. Hans Hermes, Friedrich Kambartel und Friedrich Kaulbach. Hamburg 1969. 2., rev. Aufl., Hamburg 1983. Bd. 2: Wissenschaftlicher Briefwechsel. Hrsg. v. Gottfried Gabriel, Hans Hermes, Friedrich Kambartel, Christian Thiel u.a. Hamburg 1976. - Schriften zur Logik und Sprachphilosophie. A u s d e m Nachlaß hrsg. v. Gottfried Gabriel. Hamburg 1971, 4 2 0 0 1 . - G. F.s Briefwechsel mit D. Hilbert, E. Husserl, Β. Russell, s o w i e ausgewählte Einzelbriefe F.s. Hrsg. v. Gottfried Gabriel, Friedrich Kambartel und Christian Thiel. Hamburg 1980. - Briefe an L u d w i g Wittgenstein. Hrsg. von Allan Janik. In; Grazer Philosophische Studien 3 3 / 3 4 ( 1 9 8 9 ) S. 5-33. - G. F.s politisches Tagebuch. Hrsg. v. Gottfried Gabriel und Wolfgang Kienzier. In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 4 2 ( 1994) S. 1057-1066. LITERATUR: Matthias Schirn (Hrsg.): Studien zu F. 3 Bde., Stuttgart 1976. - Hans D. Sluga: G. F. London 1980. - Michael Dummett: T h e interpretation of F.'s philosophy. London 1981. - Pavel Tichy: The foundations of F.'s logic. Berlin 1988. - Franz von Kutschera: G. F. Eine Einführung in sein Werk. B e r l i n / N e w York 1989. - Michael Dummett: F.: philosophy of mathematics. Cambridge (Mass.) 1991. - Phi-

losophie und Logik. F.-Kolloquien Jena 1 9 8 9 / 1 9 9 1 . Hrsg. v. Werner Stelzner. Berlin u.a. 1993. - Hans D. Sluga: T h e philosophy of F. 4 Bde., N e w York 1993. - Bernhard Janßen: „Kants wahre Meinung". F.s realistischer Objektivismus und seine Kritik am erkenntnistheoretischen Idealismus. Münster 1996. - Verena Mayer: G. F. München 1996. - Ulrike Kleemeier: G. F. Kontext-Prinzip und Ontologie. Freiburg/Breisgau 1997. - Gabriel Falkenberg: Sinn, Bedeutung, Intensionalität. Der Fregesche Weg. Tübingen 1998. - Gottfried G a b r i e l / U w e Dathe (Hrsg.): G. F. Werk und Wirkung. Paderborn 2 0 0 0 . - Lothar Kreiser: G. F. Leben - Werk - Zeit. Hamburg 2 0 0 1 . Bruno Jahn F r e g e , Livia, geb. Gerhard, Sängerin, * 13.6. 1818 Gera, t 2 2 . 8 . 1 8 9 1 Leipzig. Die Sopranistin hatte ihr Debüt 1832 im Leipziger Gewandhaus bei e i n e m Konzert von Clara Wieck (—»Schumann), der späteren Frau Robert —> Schumanns. 1835 wurde sie an die Kgl. Oper Berlin engagiert, ging jedoch nach ihrer Heirat 1836 mit d e m Juristen Woldemar F. zurück nach Leipzig. Dort führte sie ein offenes Haus, in d e m vor allem Musiker (u.a. Felix —»Mendelssohn Bartholdy) verkehrten und in d e m sie einen Chor mit 5 0 Mitgliedern zu regelmäßigen Übungen versammelte. c n Kutsch

Frege,

Ludwig, Jurist, * 2 8 . 8 . 1884 Potsdam, t 2 5 . 3 . 1 9 6 4 Überlingen. Der Sohn eines Justizrats studierte seit 1903 Rechts- und Staatswissenschaften in Heidelberg, Berlin und Breslau; 1908 wurde er zum Dr. jur. promoviert. Seine Assessorenzeit in Berlin wurde durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen. Danach wirkte F. fast ein Jahrzehnt als Landes- und Obergerichtsrat in verschiedenen westpreußischen Städten, bevor er 1932 ans Oberverwaltungsgericht Berlin kam. 1942 wurde er z w a n g s w e i s e in den Ruhestand versetzt. 1945 holte ihn die amerikanische Besatzungsmacht an das Bezirksverwaltungsgericht in Berlin, 1951 wurde er dort Präsident des Verwaltungsgerichts und war 1953-55 Präsident des neueingerichteten Bundesverwaltungsgerichts. CD Munzinger F r e h e r , Dionysius Andreas, evang. Theologe, * 1 2 . 9 . 1 6 4 9 Nürnberg, f 5. 12. 1728 London. F. studierte evang. T h e o l o g i e in Altdorf und Tübingen. 1677 reiste er von Amsterdam nach Archangelsk und Moskau, w o er sich bis 1684 aufhielt. Im Jahr darauf reiste er über Nürnberg und Holland nach London, w o er als Privatgelehrter lebte, in pietistischen Kreisen verkehrte und Kommentare zu den Werken Jacob —» B ö h m e s schrieb, u. a. Serial Elucidations of the Principles of Philosophy and Theology of Bohemius (1699-1712). CD Killy F r e h e r , Marquard, Jurist, Philologe, * 2 6 . 7 . 1565 A u g s burg, t 1 3 . 5 . 1 6 1 4 Heidelberg. Nach d e m Studium in Altdorf, Basel und Bourges wurde F., Sohn des 1588 von Pfalzgraf —»Johann Kasimir geadelten Kanzlers des Fürstentums Neumarkt, Marquard F., 1596 Prof. der Rechte in Heidelberg. 1598 trat er in kurpfälzische Dienste. Er wurde Geheimer Rat und Vizepräsident des H o f gerichts und war in zahlreichen diplomatischen Missionen unterwegs. Später widmete er sich der deutschen Literatur des Mittelalters und machte sich als Herausgeber von Quellen ( O r i g i n e s Palatinae, 2 Bde., 1599; Germanicarum rerum scriptores aliquot insignes, 3 Bde., 1 6 0 0 - 1 1 , 2 1 6 2 4 - 3 7 , 1 1 7 1 7 hrsg. von Burkhard Gotthelf —» Struve) um die mittelalterliche und die pfälzische Geschichtsforschung verdient. CD N D B

Frei,

Adolf, schweizer. Industrieller, * 12.3. 1872 Weisslingen (Kt. Zürich), t 23. 11. 1946 Zürich. Der Sohn eines Bauern und Gastwirts machte eine Lehre als Maschinenbauzeichner und bildete sich gleichzeitig in

481

Frei Abend- und Sonntagskursen weiter. In einer Brünner Maschinenfabrik zunächst als Konstruktionszeichner eingestellt, wurde F. als Dampfmaschinenspezialist rasch Ingenieur und 1914 Direktor der Briinn-Königsfelder Maschinenfabrik A G . 1919-36 war er Generaldirektor der Simmeringer Maschinen- und Waggonfabrik. F. gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Schweizer Handelskammer in Wien, deren Präsident er 1929 wurde. CD N D B F r e i , Bruno, eigentl. Benedikt Freistadt, weiteres Pseud. Karl Franz, österr. Schriftsteller, Publizist, * 11.6. 1897 Preßburg, t 2 1 . 5 . 1 9 8 8 Klosterneuburg (Niederösterreich). F., Sohn eines K a u f m a n n s , stammte aus kleinbürgerlichen jüdischen Verhältnissen. Schon während seines Philosophiestudiums in Wien (1915-20) schrieb er f ü r die Wiener Zeitung „Der A b e n d " sozialkritische Reportagen und wurde nach der Promotion 1920 als Korrespondent nach Berlin geschickt. 1929-33 war F. Chefredakteur der Tageszeitung „Berlin am Morgen". Nach dem Reichstagsbrand 1933 flüchtete er zunächst nach Prag, 1936 nach Paris, wo er die Zeitung „Der Gegen-Angriff" mitbegründete und das Volksfrontbulletin „Deutsche Information" redigierte. Nach Kriegsausbruch wurde F. 1939 in das Pyrenäen-Lager „Le Vernet" verbracht, über das er 1950 einen autobiographischen Bericht verfaßte (Die Männer von Vernet). 1941 emigrierte er nach Mexiko, 1946 kehrte er nach Österreich zurück. 1948-56 war F. Chefredakteur der KPÖ-nahen Wiener Zeitung „Der A b e n d " und gab zusammen mit Ernst - » F i s c h e r und Viktor —»Matejka das „Österreichische Tag e b u c h " heraus. 1 9 5 7 / 5 8 lebte er als Korrespondent der „Volksstimme" in China. Danach war F. als freier Schriftsteller tätig und veröffentlichte u . a . 1972 seine Autobiographie Der Papiersäbel. DP Lex dt-jüd Autoren F r e i , Hans, eigentl. Johannes F., schweizer. Bildhauer, Medailleur, * 3 0 . 4 . 1868 Basel, t 1 4 . 3 . 1 9 4 7 Riehen bei Basel. Nach einer Lehre als Graveur in Basel arbeitete F. u . a . in Wien, Berlin, Hamburg und Bremen und wechselte 1893 nach Genf, um an der École des Arts industriels weiterführende Studien zu betreiben. 1894-96 vervollkommnete er seine Ausbildung in Paris, wo er bis 1898 ein eigenes Atelier hatte. Danach kehrte er nach Basel zurück und eröffnete 1918 ein Atelier in Riehen. F. schuf über 4 5 0 Medaillen und Plaketten, für die er zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhielt. Nach 1905 entwickelte er ein eigenes Gußverfahren. Zu seinen Hauptwerken zählen Metallreliefs für das Grabmal Albert —»Ankers in Ins (1912) und für den ConradFerdinand-Meyer-Brunnen in Engelberg (1929). ED A K L F r e i , Hans, auch Frei-Bodmer, schweizer. Industrieller, * 2 8 . 4 . 1904 Ludwigshafen, t 1 7 . 2 . 1 9 5 6 B e r n ( ? ) . Der Sohn eines Chemikers studierte 1924 zunächst zwei Semester an einer amerikanischen Hochschule und vollendete seine Studien in Zürich an der Ε Τ Η , w o er 1933 im Fachbereich Technische Wissenschaften promoviert wurde (Elektroakustische Untersuchungen in Hallräumen). Danach war F. als Ingenieur in der Forschung tätig, machte sich jedoch 1938 mit einer eigenen F i r m a auf d e m Gebiet der Luft- und Wärmetechnik selbständig. Seine Arbeitsbereiche weiteten sich auf Industrie-Brandschutz sowie auf Klimatisierung und Kältetechnik aus. Während des Zweiten Weltkriegs spezialisierte er sich auf die Herstellung von Flammenwerfern, um danach wieder im Bereich der Ventilation und Klimatisierung vor allem für Auftraggeber aus d e m Nahen Osten tätig zu sein. CD Biogr Verstarb Schweiz, Bd 5 F r e i , Hans Wilhelm, kath. Theologe, * 2 9 . 4 . 1922 Breslau, t 1 2 . 9 . 1 9 8 8 N e w Haven (Connecticut, USA). F., Sohn eines Mediziners aus einer Familie säkularisierter Juden, emigrierte 1935 nach England und 1938 in die U S A ,

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wo er bis 1942 am North Carolina State College und bis 1945 an der Yale University studierte. Anschließend war er als „Minister" an der First Baptist Church in North Stratford (New Hampshire) tätig. 1947 kehrte er zum Theologiestudium an die Yale University zurück. 1950 wurde F. Assistant Professor für Religionskunde am Wabash College (Indiana) und 1953 Associate Professor für Theologie am Episcopal Theological Seminary of the Southwest, 1954 vorübergehend Visiting Lecturer an der Southern Methodist University. Nach der Promotion 1956 an der Yale University kehrte er als Prof. für Theologie an das Episcopal Theological Seminary zurück. Im folgenden Jahr wurde er Assistant Prof. an der Universität Yale. 1 9 5 9 / 6 0 folgte im R a h m e n einer Morse Fellowship und eines Fulbright Awards ein Forschungsaufenthalt an der Univ. Göttingen. Seit 1963 war F. Associate Prof., 1974-88 Prof. für Religionskunde an der Yale University. 1 9 7 0 / 7 1 war F. daneben Acting Master am Silliman College, 1972-80 Master am Ezra Stiles College und 1 9 7 5 / 7 6 Chairman des Council of Masters von Yale. 1983-86 leitete er das Department of Religious Studies an der Yale Divinity School. F. beschäftigte sich vor allem mit Karl —»Barth und verfaßte u . a . The eclipse of Biblical narrative (1974) und Types of Christian theology (1992). DD R G G F r e i , Joseph, schweizer. Musiker, Komponist, * 16.3. 1872 Schötz (Kt. Luzern), t 29. 10.1945. F. studierte in der Organistenschule Franz Joseph —» Breitenbachs in Luzern und am Konservatorium Köln, bevor er 1894 zum städtischen Musikdirektor in Sursee (Kt. Luzern) gewählt wurde. Der Orgel- und Glockenexperte schrieb vorwiegend Kompositionen für liturgische Zwecke. Als Musikund Gesanglehrer schrieb er zahlreiche Lieder für Kirchenchöre. e n Refardt F r e i , Walter, schweizer. Veterinärmediziner, * 21. 11. 1882 Rietheim (Kt. Aargau), t 2 9 . 9 . 1 9 7 2 Zürich. Der Sohn eines Landwirts studierte an den Universitäten Zürich und München Veterinärmedizin (Promotion 1907, Zur Theorie der Hämolyse). 1911 wurde er nach mehrjährigen Auslandsaufenthalten an die Univ. Zürich als Leiter des Pathologischen und Bakteriologischen Instituts berufen. F. verfaßte grundlegende Publikationen auf veterinärpathologischem Gebiet (u. a. Tierseuchen, 1950) und beeinflußte durch seine Lehr- und Handbücher (Allgemeine Pathologie für Tierärzte und Studierende der Tiermedizin, 1942, K 1990; Aligemeine Pathophysiologie der Infektionskrankheiten, 1966) die Veterinärmedizin in der ersten Hälfte des 20. Jh. nachhaltig. c a C H 91 F r e i b e r g , Gottfried Rudolf, österr. Musiker, * 1 1 . 4 . 1 9 0 8 Wien, t 2 . 2 . 1 9 6 2 Wien. F. studierte Horn an der Wiener Hochschule für Musik und ging 1927 als Solohornist an das Badische Landestheater Karlsruhe. Seit 1928 Mitglied der Wiener Philharmoniker, wurde er 1932 Prof. an der Staatsakademie für Musik in Wien. 1936 war er Solohornist im Symphonie-Orchester Boston, 1946-47 Vorstand der Wiener Philharmoniker. F. schrieb Kompositionen für Horn und Arrangements für Bläserensembles. c d Czeike F r e i b e r g , Siegfried, österr. Schriftsteller, Bibliothekar, * 18.5. 1901 Wien, t 5 . 6 . 1 9 8 5 Veghel (Niederlande). Der Sohn eines Beamten studierte Germanistik, Geschichte und Kunstgeschichte in Wien, wo er 1925 zum Dr. phil. promoviert wurde. 1926-47 war er Bibliothekar an der Hochschule für Welthandel in Wien. Kurz vor d e m Zweiten Weltkrieg richtete er zusammen mit einer Gruppe österr. Schriftsteller eine Huldigung an —»Hitler. 1947 wechselte F. an die Akademie der bildenden Künste und war dort 1950-64 Bibliotheksdirektor. F. schrieb Dramen, Hörspiele, Essays

Freigius und Reisebücher. Seine Gedichte (u. a. Die vierte Tafel. Sonette an die Eltern, 1928) sind von —> Rilke beeinflußt. F.s realistische, sozialkritische und entwicklungspsychologische R o m a n e (u.a. Salz und Brot, 1935) haben die Zeit zwischen 1870 und 1930 z u m T h e m a . 1948 erschien sein zum Teil autobiographischer R o m a n Wo der Engel stehen sollte. CD Killy

Betreuung schwieriger und verwahrloster Kinder. 1958 initiierte sie gemeinsam mit R o m a n —> Haubenstock-Ramati die Stiftung Testimonium. F. wurde 1975 mit der Ehrendoktorwürde der Univ. Jerusalem, 1981 mit d e m Israelischen Staatspreis ausgezeichnet. Sie veröffentlichte die Gedichtbände Auf der Treppe (1976) und Fensterläden (1979). m Dick

Freiberger,

Freiesleben,

Heinrich, Ingenieur, Unternehmer, * 2 1 . 8 . 1 9 0 0 München, t 9 . 9 . 1990 M ü n c h e n . Der Sohn eines K a u f m a n n s studierte seit 1920 Elektrotechnik in M ü n c h e n . Seit 1923 Konstrukteur und Patentbearbeiter in M ü n c h e n und Stuttgart, trat er 1925 als Prüfer und Entwickler in die Firma B r o w n , Boveri & Cie. in M a n n h e i m ein und ging 1928 als Laborleiter und Leiter des Meßwesens zur Bewag nach Berlin. 1933 wurde er mit der Arbeit Der elektrische Widerstand des menschlichen Körpers gegen technischen Gleich- und Wechselstrom promoviert. Seit 1936 arbeitete er als Chefkonstrukteur bei der Voigt & Haeffner AG, F r a n k f u r t / M a i n . Im Zweiten Weltkrieg mit der Reorganisierung der europäischen Lampenindustrie beauftragt, war er 1947-56 Gründungsgeschäftsführer und Vorsitzender der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke. Seit 1957 Geschäftsleiter der Osram G m b H Berlin, übernahm er 1968 die Geschäftsführung der P. Gossen G m b H Erlangen. 1962-73 war F. Vorsitzender des Verbands der Bayerischen Metallindustrie, 1964-73 Präsident der Vereinigung der Arbeitgeberverbände in Bayern. Er hatte den stellvertretenden Vorsitz des Gesamtverbands der Metallindustriellen Arbeitgeberverbände inne und gehörte d e m Präsidium der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände an. 1970-75 war F. Mitglied des Bayerischen Senats. Dd Bayer Senat

Freidank,

auch Fridanc, Vridanc, F n g e d a n c , Dichter, t 1233 (?) Abtei Kaisheim bei Donauwörth (?). F. stammte vermutlich aus Schwaben und war bürgerlicher fahrender Dichter. 1 2 2 8 / 2 9 nahm er am Kreuzzug —> Friedrichs II. teil und hielt sich zeitweise in R o m auf. Bekannt wurde er durch seine mittelhochdeutsche Spruchs a m m l u n g Bescheidenheit, die in zahlreichen Handschriften bis weit ins 16. Jh. verbreitet war. Die umfangreichste S a m m l u n g enthält über 4000 Verse der vorwiegend paarweise gereimten Doppelviertakter. In sprichworthaft knapper und einprägsamer F o r m beschäftigte sich F. mit T h e m e n wie Gott und die Welt, A r m u t und Reichtum, M a n n und Frau, Leben und Tod, Tugend und Laster. Seine Verse erfreuten sich im Mittelalter großer Beliebtheit, weil sie Sinnsprüche für j e d e Gelegenheit boten. Sie waren oft in den sogenannten Hausbüchern zu finden, aber ebenso auf Gebrauchsgegenständen und zum Beispiel auf den Fenstern des Erfurter Rathauses. 1508 erschien eine von Sebastian —>Brant überarbeitete Fassung im Druck („Der Freydanck"). CD Killy F r e i e r , Recha, Sozialarbeiterin, Schriftstellerin, * 2 9 . 1 0 . 1892 Norden (Ostfriesland), f 2 . 4 . 1984 Jerusalem. F., Tochter eines Volksschullehrers, übersiedelte 1896 mit ihren Eltern nach Schlesien, studierte Neue Sprachen an der Univ. Breslau und war als Pianistin und Lehrerin tätig. 1919 heiratete sie einen Rabbiner, mit d e m sie 1926 nach Sofia ging. Seit 1932 unterstützte F. Kinder und Jugendliche bei der Emigration nach Palästina, gründete 1933 die Jüdische Jugendhilfe in Berlin, eine Arbeitsgemeinschaft für Kinderund Jugend-Alijah, und arbeitete daneben im Palästina-Amt der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland, gegen deren Widerstand sie auch illegale Aktionen zur Rettung jüdischer Kinder durchführte. 1 9 4 0 / 4 1 über Wien, Jugoslawien und Griechenland nach Palästina emigriert, wurde ihr dort die Mitarbeit in der Jugend-Alijah verwehrt. F. gründete daraufhin ein landwirtschaftliches Ausbildungszentrum zur

Christian Heinrich, auch Freisleben, Freyesleben, Jurist, * 6 . 6 . 1 6 9 6 Glaucha, t 2 3 . 6 . 1741 Ansbach. Nach dem Studium 1713-16 in Leipzig ging F. nach Altenburg, wo er 1717 Regierungsadvokat wurde. 1722 erlangte er den philosophischen Magistergrad, wurde zum Dr. jur. promoviert und hielt philosophische sowie juristische Vorlesungen in Leipzig. 1730 wurde er als o . P r o f . der Rechte nach Altdorf berufen, 1741 zum Regierungsrat und Hofgerichtsassessor ernannt. F. veröffentlichte u. a. eine Einleitung zur bürgerlichen deutschen Rechtsgelehrtheit (1726). m A DB

Freiesleben,

Johann Karl, Bergmann, * 1 4 . 6 . 1 7 7 4 Freiberg, t 2 0 . 3 . 1 8 4 6 Nieder-Auerbach (Voigtland). F., Sohn eines Markscheiders und späteren Professors an der Bergakademie, entstammte einer angesehenen Bergmannsfamilie und studierte 1790-92 an der Bergakademie Freiberg. Dort lernte er Alexander von —> H u m b o l d t kennen, den er bei seinen bergmännischen Streifzügen begleitete, woraus sich eine lebenslange Freundschaft ergab. 1792-95 studierte F. in Leipzig die Rechte und wirkte seit 1800 als Bergkommissionsrat in Eisleben, w o er eine rege, innovative Tätigkeit im Bergwesen entfaltete. Seit 1808 wieder in Freiberg, wurde er Mitglied der Gewerkschaftsdeputation, war u. a. als Kommissar f ü r die technische Leitung der Meißener Porzellanmanufaktur tätig und betreute die Mineraliensammlung der dortigen Bergakademie. 1838 wurde er zum Berghauptmann befördert. F. zu Ehren bekam das stark silberhaltige Schilfglaserz den Namen „Freieslebenit". Zu F.s Veröffentlichungen, in denen er vor allem die Ansichten seines Lehrers Abraham Gottlob —» Werner vertrat, zählen Geognostische Arbeiten (6 Bde., 1807-16) und Die sächsischen Erzgänge in einer vorläufigen Aufstellung ihrer Formation (3 Bde., 1843-45) sowie eine Systematische Übersicht der Literatur in Mineralogie, Berg- und Hüttenkunde seit 1800 ( 1822). CD N D B

Freifeldt,

Conrad (Raimund), evang. Theologe, * 2 5 . 3 . 1 8 4 7 Dorpat, t 3 1 . 5 . 1 9 2 3 Leningrad. Als Sohn eines Lehrers aus bescheidenen Verhältnissen stammend, Schloß F. an der Univ. Dorpat 1870 die theologischen Studien ab, um anschließend als Rektor eines deutschen Privatgymnasiums in St. Petersburg zu wirken. Seit 1875 Pfarrer in Dorpat, kehrte er 1877 nach St. Petersburg zurück, zunächst an die estnische Johannisgemeinde, dann an die deutsch-evangelische Gemeinde zu St. Annen, an der er bis zu seinem Lebensende wirkte. Er hatte diplomatische Kontakte bis in höchste zaristische Kreise. Seit 1887 Mitglied, seit 1902 Präses des Generalkonsistoriums der evangelisch-lutherischen Kirche Rußlands, war er auch nach der Revolution 1917 in führender Position tätig. F. wurde 1920 als Bischof erster Vorsitzender des Bischofsrats einer dem Rätesystem angepaßten evang. Kirche. Ihm ist es zu verdanken, daß die Einheitlichkeit und Selbstverwaltung der luth. Kirche Rußlands bis in die dreißiger Jahre hinein erhalten blieb. CD DBJ, Bd 5

Freigius,

Johann Thomas, auch Frei, Philosoph, * 1543 Freiburg/Breisgau, t 16. 1. 1583 Basel. Der Sohn eines Juristen wurde 1554 in Freiburg/Breisgau immatrikuliert und erlangte 1559 den Magistergrad. Seit 1562 hielt F. Vorlesungen an der Univ. in Dialektik und

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Freiligrath lateinischer Grammatik. Reibereien mit der Universitätsleitung veranlaßten ihn 1567 zu seinem Wechsel nach Basel, wo er 1568 zum Dr. jur. promoviert wurde. 1570 kehrte F. an die Univ. Freiburg zurück und wurde 1571 Prof. der Ethik, 1573 des Organon. Weitere Streitigkeiten vorwiegend religiöser Art (F. war Anhänger von Petrus Ramus) führten 1575 zu seiner Entlassung. F. fand 1576 eine Stellung als Rektor des G y m n a s i u m s in Altdorf, wo er bis 1582 tätig war. Danach bemühte er sich um eine Professur in Basel. Dort brach die Pest aus, der schon 1564 seine Mutter und zwei Schwestern zum Opfer gefallen waren. Die Seuche kostete zunächst seine drei Kinder, dann auch ihn selbst das Leben. DP H L S

Freiligrath,

(Hermann) Ferdinand, Lyriker, Übersetzer, * 1 7 . 6 . 1 8 1 0 Detmold, t 1 8 . 3 . 1 8 7 6 Cannstatt (heute zu Stuttgart). F., Sohn eines Lehrers, genoß eine kaufmännische Ausbildung und war 1832-36 in einem Amsterdamer Handelskontor tätig. Durch die internationalen Handelsverbindungen erhielt er Einblick in f r e m d e Welten, die sich in seinen ersten Gedichten niederschlugen ( u . a . Der Mohrenfürst, Löwenritt). Gleichzeitig machte sich F. einen N a m e n als Übersetzer Victor Hugos. Nach d e m Erscheinen seiner ersten Gedichtsammlung 1838 war er als freier Schriftsteller tätig. 1842 erhielt er vom preuß. König —»Friedrich Wilhelm IV. eine Pension, auf die er jedoch drei Jahre später verzichtete. Mittlerweile hatte sich F., der zuerst f ü r eine strikte Trennung von Dichtung und politischem Engagement eingetreten war, immer mehr einer kritisch-realistischen Thematik zugewandt. In der Gedichtsammlung Ein Glaubensbekenntnis (1844) vertrat er die Ideale der Freiheit und des sozialen Ausgleichs. 1844 emigrierte er über Brüssel, wo er sich mit Karl —»Marx befreundete, in die Schweiz. Dort kam 1846 sein revolutionärer Gedichtzyklus Ça ira! heraus, der ihn z u m „Trompeter der Revolution" werden ließ. Nach einem kurzen Aufenthalt in London kehrte F. bei Ausbruch der Unruhen 1848 nach Deutschland zurück. Sein in zahlreichen Flugblättern verbreitetes Gedicht Die Toten an die Lebenden brachte ihm eine Anklage wegen A u f r u f s zum Umsturz ein, die jedoch fallengelassen wurde. Auf Einladung von Marx wurde F. in die Redaktion der „Neuen Rheinischen Zeitung" a u f g e n o m m e n . Z u m ersten Jahrestag der Märzrevolution dichtete er seine Reveille („Frischauf zur Weise von Marseille [ . . . ] " ) , die bald zu einer H y m n e der deutschen Arbeiterbewegung wurde. Wegen seiner Neueren politischen und sozialen Gedichte (2 Bde., 1849-51) mußte F. 1851 erneut fliehen und ging nach London, wo er 17 Jahre lang vorwiegend als K a u f m a n n lebte, aber auch englische Lyrik übersetzte. 1865 stellungslos geworden, ermöglichten ihm Freunde durch einen Aufruf in der „Gartenlaube" mit ein e m Sammelergebnis von fast 6 0 0 0 0 Talern einen sorglosen Lebensabend. Bei seiner Rückkehr nach Deutschland 1868 wurde ihm ein triumphaler E m p f a n g bereitet. Der DeutschFranzösische Krieg und die Reichsgründung 1870/71 veranlaßten F. noch einmal zu patriotisch-politischer Lyrik (u. a. Hurra, Germania!). DD Westf Autoren, Bd 2

Freimann,

Aron, Historiker, Bibliothekar, Bibliograph, * 5 . 8 . 1 8 7 1 Filehne (Prov. Posen), t 6 . 6 . 1 9 4 8 New York. Der aus einer Rabbinerfamilie stammende F. studierte an den Rabbinerseminaren in Berlin und Erlangen Geschichte und Orientalistik. 1897 wurde er zum Dr. phil. promoviert und betreute seit 1898 die Judaica- und HebraicaAbteilung der Stadt- und Universitätsbibliothek F r a n k f u r t / Main, deren Leiter er 1904 wurde. 1900-21 gab er die „Zeitschrift für hebräische Bibliographie" heraus. Unter F.s Leitung wurde der Frankfurter Judaica-Katalog einer wissenschaftlichen Revision unterzogen. Er sammelte Tausende

484

von Beschreibungen hebräischer Manuskripte in anderen europäischen Bibliotheken, die er 1924-31 als Thesaurus typographiae Hebraicae saeculi XV herausgab. F., der 1919 den Professorentitel erhielt, m u ß t e 1933 seine Stelle aufgeben und arbeitete anschließend mit Unterbrechungen bis 1938 in der Handschriftenabteilung der Vatikan-Bibliothek. 1938 emigrierte er in die USA, wo er als Dozent für jüdische Geschichte und Literatur in N e w York tätig war. CD L G B

Freimann,

Jakob, jüdischer Theologe, Schriftsteller, * 8 . 1 0 . 1 8 6 6 Krakau, t 2 3 . 1 2 . 1937 Spindlermühle. Nach dem Besuch des Rabbinerseminars in Berlin kam F. als Rabbiner 1893 nach Holleschau (Mähren), 1913 als Oberrabbiner nach Posen. Unter den deutschen Rabbinern war er an führender Stelle tätig und galt als bester Kenner mittelalterlicher hebräischer Literatur. Seit 1928 wirkte F. im Vorsitz des Rabbinatskollegiums Berlin und war auch Lehrer am Rabbinerseminar. F. gab mittelalterliche hebräische Kommentare heraus und veröffentlichte verschiedene Beiträge zur Geschichte der Juden.

Freinademetz,

Joseph, kath. Missionar, * 15.4. 1852 Abtei (Südtirol), t 2 8 . 1 . 1 9 0 8 Taikia (Prov. Schantung). Aus bäuerlicher Familie stammend, empfing F. nach dem Studium in Brixen 1875 die Priesterweihe und wurde Kaplan im Gadertal (Südtirol). 1878 trat er in die Missionsgesellschaft des Göttlichen Wortes ein, die ihn 1879 zusammen mit Johann Baptist von —> Anzer als erste Missionare nach China sandte. In Südschantung wirkte er fast 30 Jahre lang in der China-Mission mit. Bei seiner A n k u n f t 1879 gab es dort 158 Christen, bei seinem Tod war die G e m e i n d e auf rund 4 6 0 0 0 Mitglieder angewachsen. F., der die chinesische Sprache in Wort und Schrift beherrschte, legte großen Wert auf die Ausbildung eines einheimischen Klerus. Er fand den Tod bei der Pflege von Typhuskranken. 1951 wurde sein Seligsprechungsprozeß eingeleitet. m ÖBL

Freinsheim,

Johannes Caspar, auch Freinshemius, Freinsheimer, Historiograph, Philologe, Bibliothekar, * 16.11. 1608 Ulm, | 3 1 . 8 . 1 6 6 0 . Schon als Fünfzehnjähriger besuchte F. die Univ. Marburg und wechselte später nach Straßburg, wo er Schüler und Schwiegersohn von Matthias —»Bernegger wurde. Dort betrieb er vor allem historische und humanistische Studien. Nach einem Aufenthalt in Frankreich (1633-35) wieder in Straßburg ansässig, erhielt F. 1642 einen Ruf an die schwedische Univ. Uppsala. 1647 wurde er Historiograph und Bibliothekar am Hof Königin Christines, deren Lehrer er auch war. 1652 kehrte F. nach Deutschland zurück und war seit 1656 als Honorarprofessor an der Univ. Heidelberg tätig. Neben bibliothekarischen Arbeiten befaßte er sich besonders mit den römischen Geschichtsschreibern (u. a. Tacitus, Livius). CD Killy F r e i s e , Helmut, Jurist, Diplomat, * 2 7 . 5 . 1 9 1 1 Hannover, t 12.7. 1992 Hannover. F., Sohn eines Justizsekretärs, wurde 1930 Mitglied der N S D A P , studierte bis 1934 Rechtswissenschaften und trat dann in den Justizdienst ein. Seit 1937 Mitglied der SS, wechselte er in den Auswärtigen Dienst und arbeitete nach einer Tätigkeit am Generalkonsulat 1 9 3 8 / 3 9 am Auswärtigen A m t (seit 1941 im Rang eines Legationssekretärs). 1944 lehrte er kurzzeitig an der SS-Junkerschule in Bad Tölz, dann an der Panzergrenadierschule in Kienschberg (Böhmen). Seit 1945 war F. als Rechtsanwalt tätig. Er veröffentlichte Die Enteignung der privaten deutschen Auslandsguthaben im Spiegel des Völkerrechts (1950). DD B H d A D

Freisen,

Joseph, kath. Theologe, Jurist, * 1 4 . 9 . 1 8 5 3 Warstein (Westfalen), t 5 . 2 . 1932 Würzburg. Der Sohn eines Landwirts studierte in Münster, Tübingen, München und Eichstätt Theologie und Rechtswissenschaf-

Freiwirth-Liitzow ten. 1878 empfing F. die Priesterweihe und wurde 1881 zum Dr. jur. utr., 1884 zum Dr. theol. promoviert. 1885 habilitierte er sich für Kirchenrecht in Freiburg/Breisgau, verzichtete jedoch auf die Dozentenstelle. Zunächst als Kooperator in Hoinkhausen, dann in Hellefeld tätig, war er seit 1892 Prof. für Kirchenrecht in Paderborn. Nach seiner Kritik an der Paderborner Bischofswahl 1900 legte er 1905 das Lehramt nieder und wechselte nach erneuter Habilitation als Privatdozent an die Juristische Fakultät Wiirzburg, wo ihm 1910 eine Honorarprofessur verliehen wurde. F. beschäftigte sich vor allem mit der Geschichte des kanonischen Eherechts, dem deutschen Staatskirchenrecht und der Geschichte Paderborns. Er veröffentlichte u. a. Staat und katholische Kirche in den deutschen Bundesstaaten (2 Bde., 1906, Neudr. 1964), Verfassungsgeschichte der katholischen Kirche Deutschlands in der Neuzeit (1916) und Das Eheschließungsrecht in Spanien, Großbritannien, Irland und Skandinavien (2 Bde., 1918/19). In der zweiten Auflage seiner Geschichte des kanonischen Eherechts bis zum Verfall der Glossenliteratur (1893, erste Aufl. 1888) widerrief F. die Kopulatheorie. m NDB F r e i s l e r , Roland, Jurist, Politiker, * 3 0 . 1 0 . 1893 Celle, t 3 . 2 . 1 9 4 5 Berlin. F. studierte in Jena Rechtswissenschaften, wurde 1914 Soldat und geriet ein Jahr später in russische Gefangenschaft. Er wurde Kommunist und trat 1917 auf die Seite der Bolschewisten. 1920 kehrte er nach Deutschland zurück, Schloß 1921 in Jena das Studium mit der Promotion ab und eröffnete 1924 in Kassel eine Anwaltskanzlei. Seit demselben Jahr war er f ü r den völkisch-sozialen Block Stadtverordneter, Schloß sich 1925 der N S D A P an und übernahm die Verteidigung straffällig gewordener Nationalsozialisten. Seit 1932 als nationalsozialistischer Abgeordneter im Preußischen Landtag, wurde F. 1933 auch Mitglied des Reichstags. 1 9 3 3 / 3 4 war er Staatssekretär im preuß. Justizministerium, 1934-42 im Reichsjustizministerium. F. hatte Einfluß auf die Ausbildung des juristischen Nachwuchses und trug mit seinen Veröffentlichungen dazu bei, nationalsozialistische Vorstellungen in die Justiz hineinzutragen. Er war Abteilungsleiter in der „Akademie für Deutsches Recht". 1942-45 Präsident des Volksgerichtshofs, wurde er zur Verkörperung des nationalsozialistischen Justizterrors. Mit besonderer Roheit behandelte er die Verschwörer des 2 0 . 7 . 1 9 4 4 . Er kam bei einem Bombenangriff ums Leben. DD Lilla, Statisten F r e i s l i c h , Johann Balthasar Christian, auch Fraisslich, Freißlich, Musiker, Kapellmeister, Komponist, getauft 3 0 . 3 . 1 6 8 7 Immelborn (Thüringen), t 17.4. 1764 Danzig. Der Pfarrerssohn wurde 1709 an der der Univ. Jena immatrikuliert und vermutlich spätestens 1716 zum FürstlichSchwarzburgischen Hofkapellmeister in Sondershausen ernannt, wo er u . a . Kantaten und eine Matthäus-Passion (1720) komponierte. 1731 trat er die Nachfolge seines Halbbruders Maximilian Dietrich —> F. an als Kapellmeister und Direktor des Opernorchesters sowie als Kapellmeister zu St. Marien in Danzig. Er schrieb zahlreiche Kirchenkompositionen und Gelegenheitswerke. OD M G G F r e i s l i c h , Maximilian Dietrich, auch M. Theodor F., Fraißlich, Freißlich, Komponist, Kapellmeister, getauft 6 . 2 . 1673 Immelborn (Thüringen), t 10.4. 1731 Danzig. Der aus einer Pfarrersfamilie stammende F. kam vermutlich als Sängerknabe nach Danzig an St. Marien, erhielt bei Johann Valentin —>Meder seine musikalische Ausbildung und wurde 1699 als dessen Nachfolger Kapellmeister; sein Halbbruder Johann Balthasar Christian —>F. wurde später sein Nachfolger. F. war für die Figuralmusik an St. Marien zuständig, m u ß t e aber auch bei festlichen Anlässen der Stadt für die Musik sorgen. Seine Kompositionen waren zumeist

Gelegenheitswerke (u. a. zu Hochzeiten und Begräbnissen); sie sind mit einer A u s n a h m e (Dixit Dominus, 1726) nicht erhalten. m MGG F r e i t a g , Anton, kath. Missionswissenschaftler, * 4. 1. 1882 Altenbeken (Paderborn), t 3 . 4 . 1968 Steyl. Der Sohn eines Weichenstellers studierte seit 1901 Philosophie in Mödling bei Wien, nach dem Eintritt in die Gesellschaft des Göttlichen Wortes auch Theologie. 1908 zum Priester geweiht, wechselte F. 1910 an die Univ. Münster und wurde 1915 promoviert (Historisch-kritische Untersuchung über den Vorkämpfer der indianischen Freiheit Don Fray Bartolomé de Las Casas). 1920-24 war er Schriftleiter der von ihm begründeten Zeitschrift „Der Jesusknabe", 1922-26 Dozent für Missionswissenschaft an der Bischöflichen Akademie in Paderborn und 1924-28 Generalsekretär des Katholischen Akademischen Missionsbunds in Deutschland, dessen Organ „Akademische Missionsblätter" er herausgab. 1938 ging F. als Dozent f ü r Missionswissenschaft an das Priesterseminar R o e r m o n d (Niederlande), wo er bis 1952 lehrte. F. veröffentlichte u . a . eine Katholische Missionskunde im Grundriß (1926), Das Missionswerk von heute. Ein Überblick (1928) und Mission und Missionswissenschaft (1962). Sein Missionsspiel Mata Hari. Das Opfer der Zauberpriesterin erschien 1918. m BBKL F r e i t a g , Rudolf, auch R o d o l f o F., Bildhauer, * 2 6 . 2 . 1 8 0 5 Breslau, t 1 9 . 5 . 1 8 9 0 Danzig. F. ging 1821 nach Wien, um wie sein Vater eine Ausbildung als Stempelschneider zu erlangen, wurde aber von seinen Lehrern überzeugt, Bildhauerei zu studieren. 1825 kam er als Gehilfe Bertel Thorvaldsens nach R o m , wo er aufgrund eines deutschen Stipendiums auch als selbständiger Bildhauer bleiben konnte. Dort schuf er Amor, die Tauben tränkend (1828), eine der häufigsten Darstellungsformen der Unschuld. 1832-38 arbeitete er an den Ausgrabungen in P o m peji mit, danach war er wieder in R o m tätig. 1844 erhielt F. einen Ruf an die Kunstschule Danzig. Neben Porträtbüsten (u. a. Friedrich Wilhelm IV.) und Grabdenkmälern schuf er zahlreiche aus Holz geschnitzte Galionsfiguren für Danziger Schiffe. F. war auch als Restaurator tätig. Seinen antiquarischen Interessen und B e m ü h u n g e n ist die Gründung des K u n s t m u s e u m s Danzig 1848 zu verdanken. CD A KL F r e i t a g , Walter, Politiker, Gewerkschafter, * 1 4 . 8 . 1 8 8 9 Remscheid, t 7 . 6 . 1 9 5 8 Herdecke. Der Sohn eines Schlossers machte eine Ausbildung zum Werkzeugdreher und Schloß sich 1907 dem Deutschen Metallarbeiterverband, 1908 der S P D an. Nach d e m Ersten Weltkrieg, den er als Soldat erlebte, war er an leitender Stelle in der Metallarbeiter-Gewerkschaft des Ruhrgebiets tätig. 1932 wurde er für die S P D in den Preußischen Landtag gewählt, bei der M a c h t ü b e r n a h m e der Nationalsozialisten 1933 jedoch sofort verhaftet und in verschiedene Konzentrationslager verbracht. 1935 aus der Haft entlassen, blieb F. unter Aufsicht der Gestapo. 1942 fand er Arbeit als Wachmann und Feuerwehrmann in Dortmund. 1948-52 war F. Vorsitzender der IG Metall, 1952-56 Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes und Vizepräsident des Internationalen Bundes Freier Gewerkschaften. 1948-49 gehörte er den Landtag Nordrhein-Westfalen und 1949-53 d e m Deutschen Bundestag an. F. setzte sich vor allem f ü r das Mitbestimmungsrecht im Betriebsverfassungsgesetz ein. tu

D e m o k r Wege

F r e i w i r t h - L ü t z o w , Oskar, Maler, * 1 2 . 5 . 1 8 6 2 Moskau, t 3 . 5 . 1925 Füssen. Nach dem Kunststudium in Genf und Düsseldorf lebte F.-L. als Maler in Paris (1882-85) und München ( 1 8 8 6 / 8 7 ) , bevor er 1889-99 in St. Petersburg tätig war. Er schuf Genrebilder, mit denen er auf zahlreichen nationalen und internationalen

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Freksa Ausstellungen vertreten war (u. a. Prozession im Wallis). Der Zar von Rußland erwarb zwei seiner Gemälde (Alchemist, Alchemist mit Schülern). 1899 kehrte F.-L. nach Deutschland zurück und hielt sich zunächst in München, seit 1914 im Allgäu auf. CD AKL

in München kehrte F., der sich immer mehr auf Medaillen und Münzen spezialisierte, 1850 nach Luzern zurück. 1854 erhielt er von der Regierung von Guatemala einen zehnjährigen Arbeitsvertrag als Münzmedailleur und wurde dort 1879 Direktor der Münzstätte. CD AKL

Freksa, Friedrich, Schriftsteller, * 11.4.1882 Berlin, t 18.7. 1955 Berlin. Der Sohn eines Großkaufmanns studierte in Berlin, Paris und München. Er lebte zeitweise als freier Schriftsteller in München, später wieder in Berlin. 1919/20 war F. Mitherausgeber der satirischen Zeitschrift „Phosphor". Er war mit der Schriftstellerin Margarete —» Friedrich-Freksa verheiratet. 1907 hatte F. seinen ersten großen Bühnenerfolg mit der Aufführung des Stückes Ninon de Lenclos. Zu seinen zahlreichen Romanen gehört Erwin Bernsteins theatralische Sendung (2 Bde., 1913). ED Munzinger

Frenkel, Stefan, Musiker, Komponist, * 21. 11.1902 Warschau, t 1.3. 1979 New York. Der aus einer jüdischen Kaufmannsfamilie stammende Geigenvirtuose studierte zunächst in Warschau, dann in Berlin Musik. 1924-27 war er Konzertmeister des Philharmonischen Orchesters Dresden, 1929-35 arbeitete er mit dem Rundfunk-Orchester Königsberg. Seit 1925 auf Konzertreisen unterwegs, war F. ein Vorkämpfer der modernen Musik (u.a. Kurt —» Weill, Artur —> Schnabel). 1935 emigrierte er in die Schweiz und wirkte beim Orchestre de la Suisse Romande in Genf. Ein Jahr später ging er in die USA, wo er 1936-40 Konzertmeister der Metropolitan Opera in New York war. 1964-68 wirkte er als Geigenlehrer an der Princeton University. F. komponierte u.a. mehrere Stücke für Violine, ein Streichquartett sowie Klavierwerke. • a BHdE, Bd 2

Frels, Wilhelm (Gustav Adolf), Bibliothekar, Bibliograph, * 12.6.1886 Schwerin, f 11.3. 1942 Leipzig. Der Sohn eines Bankdirektors studierte 1906-10 in München, Berlin und Rostock Deutsch, Geschichte und Philosophie. 1912 wurde F. zum Dr. phil. promoviert (Bettina von Arnims Königsbuch) und war nach einer kurzen Volontärszeit von 1914 bis zu seinem Tod an der Deutschen Bücherei in Leipzig tätig, zunächst als Bibliothekar, seit 1938 als Abteilungsdirektor. F. setzte sich besonders für eine einheitliche Buchkatalogisierung von Buchhandlungen und Bibliotheken ein (u. a. Einheits-Katalogisierung, Einheitsbibliographie und Deutsche Bücherei, 1921) und war ständiger bibliographischer Bearbeiter des Goetheschrifttums für das „Goethe-Jahrbuch". Sein Hauptwerk ist das 1934 erschienene Verzeichnis Deutsche Dichterhandschriften von 1400 bis 1900, das die eigenhändigen Handschriften deutscher Dichter in deutschen, österr., schweizer, und tschechischen Archiven und Bibliotheken dokumentiert. OP NDB Fremery, Max, Chemiker, Industrieller, * 29.3. 1859 Köln, t 1 3 . 1932 Baden-Baden. F. stammte aus einer hugenottischen Kaufmannsfamilie und Schloß das Studium der Chemie in Berlin und Freiburg/Breisgau 1884 mit der Promotion ab (Über ArsenWolframsäure und ihre Salze). Zusammen mit Johann Urban entwickelte er einen Glühfaden und gründete 1891 eine Glühlampenfabrik. Später beschäftigten sich die beiden Techniker mit der Entwicklung von Kunstfasern. 1897 wurde das Fremery-Urban-Verfahren zur Herstellung von Kunstseide patentiert, womit die Produktion von Kunstfasern im großen Maßstab eingeleitet wurde. Nach der Erfindung der Viskosefasern durch deutsche und britische Chemiker erwarb F. die entsprechenden Patente und stellte sein Unternehmen auf die wesentlich billigere Produktion von Viskosestoffen um. 1912 schied F. aus gesundheitlichen Gründen aus dem Vorstand der Vereinigten Glanzstoff-Fabriken AG aus und war nur noch im Aufsichtsrat tätig. • • NDB Frenckel, Ulrich, Buchbinder, * Hirschau, f um 1480. F. studierte seit 1455 in Erfurt (1456 Bakkalaureat) und war dort bis 1480 als Buchbinder tätig. Er gehörte zu den ersten deutschen Buchbindern, die einen eigenen Namenstempel hatten. Seine soliden, eher nüchternen Einbände sind häufig durch schützende Metallschienen verstärkt. CD NDB Frener, Johann Baptist, schweizer. Medailleur, Bildhauer, * 10.12. 1821 Luzern, f 30.4. oder 1.5. 1892 Guatemala. Schon als Achtzehnjähriger modellierte F. Büstenporträts berühmter Dichter und Komponisten für die Fassade des Luzerner Stadttheaters. 1842 und 1845 ermöglichten Stipendien weitere Studien in Wien, Paris und Florenz. In Italien befreundete er sich mit Giuseppe Verdi, von dem er eine Bildnismedaille anfertigte. Nach einem kurzen Aufenthalt

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Frenkel-Brunswik, Else, geb. Frenkel, Psychologin, * 18.8.1908 Lemberg, t 31.3.1958 Berkeley (Kalifornien, USA). F.-B., Tochter eines Warenhausbesitzers, übersiedelte 1914 mit ihren Eltern nach Vöslau (Niederösterreich), 1919 nach Wien, studierte 1926/27 Mathematik und Physik, wechselte zur Psychologie und wurde 1930 promoviert (Das Assoziationsprinzip in der Psychologie). 1930-38 war sie Assistentin Charlotte —>Bühlers an der Abteilung für biographische Studien am Wiener Psychologischen Institut. 1938 emigrierte sie in die USA, heiratete Egon —»Brunswik und wurde Research Associate am Institute of Child Welfare an der University of California in Berkeley. 1943-50 arbeitete sie in der „Berkeley Public Opinion Study Group" mit. 1954/55 war sie Fellow am Center for Advanced Studies in the Behavioral Sciences in Stanford. F.-B. beschäftigte sich mit dem Verhältnis von Ethnozentrizität und autoritären Systemen und versuchte, den Zusammenhang von Motivation und Verhalten darzustellen. Sie schrieb u. a. Wunsch und Pflicht im Aufbau des menschlichen Lebens. Psychologische Forschungen Uber den Lebenslauf (1937, mit Edith Weisskopf), Motivation and Behavior ( 1942) und wirkte auch an der Studie The Authoritarian Personality (1950, mit Theodor W. -»Adorno u.a.) mit. c n BHdE, Bd 2 Frenken, Joseph, Politiker, * 27.9. 1854 Loeken bei Heinsberg/Rhein, t 10.9. 1943 Köln. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften trat F. in den preuß. Justizdienst ein und war u. a. als Staatsanwalt in Köln tätig. 1899 wechselte er in das preuß. Justizministerium und wurde 1913 Ministerialdirektor in der Abteilung für Strafsachen und Gefängniswesen. 1914-16 im Ministerium für Elsaß-Lothringen als Unterstaalssekretär tätig, kehrte er als Oberlandesgerichtspräsident nach Köln zurück. Seit 1922 im Ruhestand, trat der parteilose, überzeugte Katholik 1922 als Reichsjustizminister in das Kabinett —> Luther ein, das er jedoch im selben Jahr wieder verließ, weil er mit den Verträgen von Locarno nicht einverstanden war. c d Munzinger Frensdorff, Ferdinand, Jurist, Historiker, * 17.6. 1833 Hannover, t 31.5.1931 Göttingen. Der aus einer Kaufmanns- und Rabbinerfamilie stammende F., Vetter von Salomon -> F., studierte in Heidelberg, Göttingen, Berlin und Leipzig Rechts- und Staatswissenschaften. 1860 habilitierte er sich in Göttingen und wurde 1866 a. o. Prof., 1873 o. Professor. F. arbeitete, in der Tradition der

Frenzel Historischen Rechtsschule stehend, vorwiegend über Probleme der niedersächsischen und hanseatischen Rechtsgeschichte und verfaßte biographische Studien zur Geschichte der Rechtswissenschaften (u. a. Von und Uber Schlözer, 1909), der Göttinger Univ. und Akademie. DD N D B

Frensdorff,

Salomon, jüdischer Theologe, Pädagoge, Orientalist, * 2 4 . 2 . 1803 Hamburg, t 2 3 . 3 . 1880 Hannover. Der Sohn eines Rabbiners und Vetter von Ferdinand —»F. studierte 1830-34 in Bonn Philosophie, Philologie und Naturwissenschaften. 1834 kam F. als Rabbinatskandidat nach F r a n k f u r t / M a i n , wurde 1837 Oberlehrer an der jüdischen Religionsschule in Hannover und war von 1848 bis zu seinem Tod Oberlehrer an der dortigen Bildungsanstalt f ü r jüdische Lehrer. 1846 wurde er an der Univ. Kiel mit einer philosophischen Arbeit promoviert. F. machte sich vorwiegend als Massoraforscher einen Namen. DP Wininger

Frenssen,

Gustav, evang. Theologe, Schriftsteller, * 19. 10. 1863 Barlt (Dithmarschen), t 11.4. 1945 Barlt (Dithmarschen). F., Sohn eines Tischlermeisters, studierte in Tübingen, Berlin und Kiel Theologie und war seit 1890 als Diakon in Hennestadt, seit 1892 als Pastor in H e m m e tätig. Nach ersten literarischen Erfolgen ( D o r f p r e d i g t e n , 3 Bde., 1899-1902, 10 1 4 1928; Jörn Uhi, 1901, Neuausg. 1982) legte F. 1902 sein A m t nieder und war als freier Autor tätig. Der Heimatdichter, der sich vorwiegend mit Schilderungen von Land und Leuten in Norddeutschland beschäftigte, gehörte zu den erfolgreichsten Schriftstellern seiner Zeit mit einer Gesamtauflage in Millionenhöhe. 1905 erschien der R o m a n Hilligenlei (Neuausg. 1940), 1906 Peter Moors Fahrt nach Südwest. Ein Feldzugsbericht und 1909 der R o m a n Klaus Hinrich Baas. 1912 wurde er für den Nobelpreis vorgeschlagen. F., der zunächst als Nationalliberaler die Weimarer Republik begrüßte, Schloß sich 1932 den Nationalsozialisten an und verbreitete in seinen Werken germanischvölkisches Gedankengut ( D e r Glaube der Nordmark, 1936). Seine 1940 erschienene Autobiographie Lebensbericht ist bestimmt von Großstadtfeindlichkeit, Antiintellektualismus und Kulturantisemitismus; seine Kampfschrift Recht oder Unrecht - mein Land! (1940) wurde zum agitatorischen Höhepunkt seines Schaffens F. ließ sich zunächst in Meldorf, später in Blankenese nieder und blieb von 1920 bis zu seinem Lebensende in seinem Heimatdorf Barlt ansässig. F.s Gesammelte Werke erschienen 1943 in sechs Bänden. m Killy F r e n t z , Walter, Photograph, Kameramann, * 2 1 . 8 . 1907 Heilbronn, f 6 . 7 . 2 0 0 4 Überlingen. F., Sohn eines Kochs, studierte seit 1927 Elektrotechnik an der T H München, seit 1930 an der T H Berlin, wurde über Albert —» Speer mit Leni —» Riefenstahl bekannt und drehte 1931 seinen ersten Dokumentarfilm (Wasser-Fahrt durch die Schwarzen Berge). Danach als Kameramann bei Riefenstahls Filmen Sieg des Glaubens (1933) und Triumph des Willens (1934) tätig, drehte er 1935 den NS-Auftragsfilm Hände am Werk. 1936 wurde er C h e f k a m e r a m a n n bei Riefenstahls Olympia-Filmen, mit Kriegsbeginn Berichterstatter bei der L u f t w a f f e . Seit 1941 war er ständiger Begleiter Adolf —» Hitlers und drehte nahezu 600 Filme privat in Hitlers U m g e b u n g auf dem Obersalzberg und im Führerhauptquartier Wolfschanze, meist in Farbe. Bis zum 2 5 . 4 . 1 9 4 5 hielt sich F. in unmittelbarer N ä h e Hitlers auf, wurde nach Kriegsende verhaftet und war mehrere Monate im Gefangenenlager Hammelburg interniert. Später drehte er wieder Dokumentarfilme, u . a . bei den Olympischen Spielen 1952, und war als Dozent in der Erwachsenenbildung tätig. 1952 veröffentlichte er In den Schluchten Europas. Erstbefahrungen und Erlebnisse der Faltbootpioniere (Neuaufl. 1995). Der

Dokumentarfilm Das Auge des Kameramannes von Jürgen Stumpfhaus (1992) hat das Leben F.' zum Inhalt. OD A KL

Frentzel,

Carl Heinrich, Schriftsteller, * 18.4. 1758 Bernau bei Berlin, t 14.5. 1824. F. war preuß. Kriegsrat, Sekretär des Auswärtigen Amtes und Archivarius der Berliner A k a d e m i e der Wissenschaften. Seine historiographischen und kulturhistorischen Schriften zeichnen sich vor allem durch aufklärerischen Fortschrittsoptimismus und preuß. Patriotismus aus. Der rückhaltlose Bewunderer —»Friedrichs II. arbeitete auch über die italienische Renaissance und schrieb einen Unterhaltungsroman mit pädagogisch-didaktischen Absichten (Elminni oder die Perle des Morgenlandes, 1784). CD Killy

Frentzel,

Johann, Dichter, * 8 . 5 . 1609 Annaberg, t 2 4 . 4 . 1 6 7 4 Leipzig. F. studierte in Leipzig und wurde dort Prof. der Dichtkunst. 1659 wechselte er zunächst als Vikar an das Domstift nach Magdeburg, später als Kanonikus an das Stift nach Zeitz. Er wurde bekannt als Verfasser von Gelegenheitsgedichten in deutscher und lateinischer Sprache, die häufig als illustrierte Widmungsblätter zirkulierten. In vielen Fällen stattete er die Gedichte mit Wort- und Buchstabenspielen (Anagrammen) aus. Seine Auftraggeber fanden sich beim Adel, bei der kath. und evang. Geistlichkeit und bei der Leipziger Obrigkeit. CD Killy

Frentzel,

Michael, auch Michael F., Brancl, Frencel, evang. Theologe, * 2 . 2 . 1 6 2 8 Pietzschwitz bei Bautzen, t 2 9 . 6 . 1706 Großpostwitz (Oberlausitz). Die Studien der alten Sprachen und der Theologie Schloß F., dessen Vater Erbrichter von Pietzschwitz und Schosser des Domstifts Bautzen war, 1651 an der Univ. Leipzig ab (Dissertatio de Baptismo). Nach seiner Ordination als Prediger war er zunächst in Kosel (Oberlausitz) tätig und wurde 1662 Pfarrer in Großpostwitz, w o er bis zu seinem Tod blieb. F. gilt als Wegbereiter der obersorbischen Schriftsprache und bekannte sich als erster Sorbe zu gemeinsamen slawischen Wurzeln. Der Übersetzer des Matthäus- und Markus-Evangeliums und Herausgeber einer Gesamtausgabe des Neuen Testaments in sorbischer Schriftsprache war zeit seines Lebens u m die Hebung der sorbischen Volksbildung bemüht. CD N D B

Frenzel,

Alfred, Politiker, * 18.9. 1899 Josefsthal (Böhmen), t 2 3 . 7 . 1968 Reichenberg (Böhmen). F., Sohn eines Glasarbeiters, erlernte den Bäckerberuf und arbeitete seit 1922 als Glasschmelzer, seit 1925 als Handelsvertreter. 1921 trat er in die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei ein und war seit 1930 Filialleiter des Konsumvereins „Vorwärts" in Karlsbad. Wegen Unregelmäßigkeiten entlassen und aus der K S C ausgeschlossen, trat F. in die Deutsche Sozialdemokratische Arbeiterpartei (DSAP) ein, deren Reichenberger Bezirksvorsitzender er war. B e i m Einmarsch —> Hitlers in das Sudetenland emigrierte F. 1938 nach Großbritannien, war als Sanitäter in der tschechoslowakischen Auslandsarmee am Zweiten Weltkrieg beteiligt, kehrte 1945 in die C S R zurück und übersiedelte 1946 nach Bayern, w o er sich der S P D anschloß. Als stellvertretender Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Südbayern war er 1950-54 Mitglied des bayerischen Landtags, seit 1953 auch des Bundestags. 1956 wurde er vom tschechischen Geheimdienst angeworben, an den er Erkenntnisse seiner Arbeit im Verteidigungsausschuß weitergab, die das gesamte Verteidigungskonzept der Bundesrepublik betrafen. 1960 verhaftet und aus der S P D ausgeschlossen, wurde F. 1961 wegen

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Frenzel des Verrats von Staatsgeheimnissen zur Höchststrafe von 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. 1966 wurde er im Austausch gegen D D R - H ä f t l i n g e in die C S S R abgeschoben, wo er als Staatspensionär lebte. CD M d B F r e n z e l , Curt, Journalist, Verleger, * 2 4 . 1 2 . 1900 Dresden, t 30. 1 . 1 9 7 0 Augsburg. Der Sohn eines Postbeamten wurde 1928 als SPD-Mitglied politischer Redakteur der Chemnitzer „Volksstimme", 1931 deren stellvertretender Chefredakteur. Durch einen im Februar 1933 erschienenen Leitartikel gegen —> Goebbels und die Bezeichnung des R u n d f u n k s als „ R u n d f u n k oder Parteig r a m m o p h o n " hatte sich F. mißliebig gemacht und wurde einige M o n a t e inhaftiert. Danach bekam er Schreibverbot und wurde für zehn Jahre unter Polizeiaufsicht gestellt. Bis 1938 arbeitslos, arbeitete er anschließend in der freien Wirtschaft. Nach 1945 war F. am Wiederaufbau der deutschen Presse beteiligt und wurde gleichzeitig Mitherausgeber sowie Chefredakteur der „Schwäbischen Landeszeitung" in Augsburg (später „Augsburger Allgemeine"). Er hatte Anteil am Aufbau des Nachrichtendienstes der deutschen Presse, der als Deutsche Presse-Agentur (dpa) bekannt wurde und deren Aufsichtsrat er angehörte. Verdienste erwarb er sich auch durch die Förderung des Eissports und des Kunsteisstadions in Augsburg. CD Munzinger F r e n z e l , Hans, österr. Politiker, * 7 . 9 . 1895 Herzogenburg (Niederösterreich), t 2 5 . 8 . 1966 Linz. F. Schloß sein Studium in Innsbruck, Graz und Wien mit der Promotion zum Dr. jur. ab und arbeitete 1919-38 als Magistratsbeamter in Linz. 1938 wurde er aus politischen Gründen entlassen und inhaftiert. Seit 1945 Mitglied der Landesregierung von Oberösterreich und 1945-47 Bundesminister für Volksernährung, war F. seit 1947 zunächst Vizepräsident, 1953-64 Präsident des Rechnungshofs. 1947 gründete er die österr. Arbeitsgemeinschaft für Volksgesundheit und beteiligte sich an der Neufassung des österr. Lebensmittelgesetzes. CD Biogr Lex Oberöst F r e n z e l , Herbert Alfred, Journalist, Skandinavist, Theaterwissenschaftler, Übersetzer, * 20. 12. 1908 Berlin, t 25.5.1995. Nach einem literatur- und theaterwissenschaftlichem Studium an den Universitäten Königsberg und Berlin war F. 1 9 3 3 / 3 4 Verlagslektor, 1934-39 Redakteur und Leiter des Ressorts Kulturpolitik der 1927 von —> Goebbels gegründeten Zeitschrift „Der A n g r i f f , arbeitete 1939-42 als Dramaturg und wurde 1942 mit der Arbeit Ibsens „Puppenheim" in Deutschland. Die Geschichte einer literarischen Sensation in Berlin promoviert. Im selben Jahr erschien sein Deutschnorwegisches Wörterbuch. Über 2300 Wörter für das tägliche Leben auch für Besatzungszwecke. 1943 z u m Kriegsdienst herangezogen, war F. nach der Entlassung aus der Gefangenschaft seit 1950 als Herausgeber, Publizist, Dolmetscher und Übersetzer, u . a . von Saul Bellow, Eugenio Montale und Kurt —> Lewin sowie von pädagogischer und skandinavischer Literatur, tätig. 1951 wurde er Schriftleiter der Gesellschaft für Theatergeschichte e. V. Zu seinen Werken zählen Flaggt Freude und Frohsinn. Eine Sammlung heiterer Kurzgeschichten (1935, '1942), eine Biographie über Eberhard Wolfgang —»Möller (1938) und theaterhistorische Arbeiten, darunter Geschichte des Theaters. Daten und Dokumente 1470-1890 ( 1 9 7 9 , 2 1 9 8 4 ) . Mit seiner Frau Elisabeth F. veröffentlichte er u. a. das Standardwerk Daten deutscher Dichtung. Chronologischer Abriß der deutschen Literaturgeschichte (1954, M 2004). F r e n z e l , Johann Gottfried Abraham, Kupferstecher, Schriftsteller, * 1 . 1 . 1 7 8 2 , t 6 . 1 1 . 1855 Dresden. Seit 1796 an der Dresdner Kunstakademie, erlernte F. vor allem den Landschaftskupferstich. 1814 wurde er Inspektor,

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1844 Direktor des kgl. Kupferstichkabinetts im Zwinger. Er war auch Lehrer für Gravieren und Kupferstechen an der Technischen Bildungsanstalt in Dresden. Neben zahlreichen Kupferstichen existieren einige Radierungen und Zeichnungen von F., der ebenso als Autor von Auktionskatalogen und Sachverständiger bekannt wurde. Auch als Kunstschriftsteller machte er sich einen Namen, vorwiegend durch M o n o graphien (u.a. König Friedrich August (von Sachsen) als Kunstfreund und Kunstsammler, 1854). CD A K L F r e n z e l , Karl (Wilhelm Theodor), auch Carl F., Frentzel, Theaterkritiker, Schriftsteller, * 6 . 1 2 . 1 8 2 7 Berlin, t 1 0 . 6 . 1 9 1 4 Berlin. F., Sohn eines Restaurateurs, studierte in Berlin Geschichte und Philosophie, 1853 wurde er promoviert. Zunächst einige Jahre als Lehrer tätig, holte ihn Karl —> Gutzkow 1853 als Redakteur zu seiner Familienzeitschrift „Unterhaltungen am häuslichen Herd". 1862 übernahm F. das Feuilleton der Berliner „National-Zeitung", 1874 wechselte er als Literaturund Theaterkritiker zur „Deutschen Rundschau". Er schrieb R o m a n e ( u . a . Papst Ganganelli, 3 Bde., 1864), Novellen und Essays (Dichter und Frauen, 3 Bde., 1857-66). 1897 wurde F. zum Prof. ernannt. c n Killy F r e r i c h s , Friedrich T h e o d o r von, Mediziner, * 2 4 . 3 . 1819 Aurich, t 14.3. 1885 Berlin. Der Sohn eines Gutsbesitzers studierte in Göttingen und Berlin Medizin, wurde 1843 promoviert (De polyporum structura penitiore) und war als praktischer Arzt tätig. 1846 kehrte er an die Univ. Göttingen zurück, habilitierte sich, ging 1849 als Direktor der Poliklinik nach Kiel und folgte 1852 einem Ruf als o. Prof. und Direktor der Medizinischen Klinik nach Breslau. F. war dort auch o. Prof. der Pathologie und Therapie und führte u. a. ein, daß die Vorträge statt wie bislang in lateinischer in deutscher Sprache gehalten wurden und daß der klinische Unterricht eine stärkere naturwissenschaftliche Basis erhielt. 1853 wurde F. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. 1859 wechselte er nach Berlin und festigte dort seinen Ruf als einer der bedeutendsten Pathologen seiner Zeit. 1884 wurde er vom Kaiser in den erblichen Adel erhoben. F. veröffentlichte u. a. Die Bright'sche Nierenkrankheit und deren Behandlung ( 1851 ), Pathologisch-Anatomischer Atlas zur Klinik der Leberkrankheiten (2 Hefte, 1858-61) und Ueber den Diabetes (1884). DP Ostfriesland, Bd 2 F r e r k , Julius Friedrich Willy, Redakteur, Schriftsteller, * 18.12. 1886 Hannover, f 2 8 . 1 . 1960 London. F. studierte 1907-10 an den Universitäten Göttingen, München, Kiel, Freiburg/Breisgau und Greifswald. Er begab sich auf Reisen, die ihn durch ganz Europa und Nordafrika führten, und schrieb darüber Berichte wie Kriegsgefangen in Nordafrika (1918). Später spezialisierte sich F. auf Veröffentlichungen im Photo-, Radio- und Filmbereich. Er war u . a . Herausgeber der Berliner Zeitschriften „Photofreund" und „Photowoche". 1937 emigrierte F. in die C S R , 1939 nach Großbritannien, w o er als Schriftsteller tätig war. DP B H d E , Bd 2 F r e s e , Daniel, auch Freese, Friesze, Friese Dietmarsiensis, Maler, Kartograph, * um 1540 Dithmarschen, bestattet 14.4. 1611 Lüneburg. F. erhielt seine Ausbildung vermutlich in Dithmarschen, erneuerte 1565 die Altar-Tafel der Kirche in Seester bei Uetersen (Elmshorn) und arbeitete bis spätestens 1572 als Kirchenmaler in Hamburg, bevor er nach Lüneburg wechselte (1586 Bürgerrecht). Dort war er vor allem für den Rat der Stadt als Maler, Restaurator, Kartograph und Architekturzeichner tätig. Die künstlerische Ausgestaltung des Lüneburger Rathauses ist sein Hauptwerk, darunter eine Reihe von allegorischen Gemälden in der Ratsstube, die 1573-78

Fresenius entstanden. F. war auch für die Lüneburger Kirchen tätig; für die Johanniskirche entstanden zwei noch heute zur Passionsund Osterzeit gezeigte Predellen. OD AKL

(1832/33). Sein Schwerpunkt lag im Bereich der niedrigen Pflanzen wie Algen und fossilen Pilzen (u.a. Beiträge zur Mykologie, 1850-63). DP ADB

Frese, Helmut, Landwirt, * 13.9. 1907 Leopoldshall (Anhalt), t 14.3.1972 Freiburg/Breisgau. F. studierte Landwirtschaft an der Univ. Halle und Schloß seine Ausbildung 1937 mit der Dissertation Zeit- und Werkstoffbedarf bei Stellmacherarbeiten für Ackerwagen im Süden der Provinz Sachsen ab. Anschließend forschte er insbesondere auf dem Gebiet der Bodenbearbeitung. 1949-70 war er Direktor des Instituts für Bodenbearbeitung der Forschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig-Völkenrode und untersuchte u. a. die Auswirkungen der Mechanisierung auf die Bodenfruchtbarkeit. F. veröffentlichte u.a. Bodenbearbeitung im Zeichen der Technik (1955). • 3 Böhm

Fresenius, (Remigius) Heinrich, Chemiker, * 14. 11.1847 Wiesbaden, t 14.2.1920 Wiesbaden. F. trat 1866 als Student in das Laboratorium seines Vaters Remigius —>F. ein. 1867 wechselte er an die Univ. Berlin, wo er 1872 mit der Arbeit Ueber das Corallin promoviert wurde. Danach als Dozent im väterlichen Betrieb tätig, folgte F. seinem Vater als Institutsleiter und gab die „Zeitschrift für analytische Chemie" heraus. Zusammen mit seinem Bruder Wilhelm —>F. führte er bis 1920 das Laboratorium weiter, das anschließend an beider Söhne übergeben wurde. Seit 1885 Prof., wirkte F. 1897-1919 als nationalliberaler Stadtverordneter an der Kommunalpolitik seiner Heimatstadt mit. Er veröffentlichte u.a. Geschichte des chemischen Laboratoriums zu Wiesbaden während der zweiten 25 Jahre seines Bestehens. Zur Feier des 50jährigen Bestehens der Anstalt (1898) und Chemische und physikalisch-chemische Untersuchung des Gertrudis-Sprudels zu Biskirchen im Lahntale, sowie Untersuchung desselben auf Radioaktivität (1908).

Frese, Hermann, Kaufmann, Politiker, * 26.3. 1843 Bremen, f 16. 1. 1909 Bremen. Der Sohn eines Tabakarbeiters wandte sich nach dem Besuch der Handelsschule dem Bremer Tabakhandel zu, wurde 1864 Mitinhaber der Firma Frese, Ritter & Hillmann und unternahm ausgedehnte Geschäftsreisen. 1893-1903 saß F. als Abgeordneter der Freisinnigen Vereinigung im Reichstag. Als Anhänger des Handelsliberalismus bewies er große Sachkenntnis in Handels- und Schiffahrtsangelegenheiten. 1903 wurde F. Senator in Bremen, später Präsident der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. m Haunfelder, Lib Abg F r e s e n i u s , August, Schriftsteller, * 25.4.1789 Friedberg (Hessen), t 8. 12. 1813 Homburg v . d . H . F., Sohn eines Hofbeamten und Dramatikers, studierte seit 1811 Theologie in Gießen sowie Klassische Philologie und die schönen Künste in Heidelberg und wurde 1813 Schulrektor in Homburg, wo er im gleichen Jahr an einem „Nervenfieber" starb. Er verfaßte eine Tragödie über Thomas Aniello, besser bekannt als Masaniello, die Hauptfigur des neapolitanischen Volksaufstand von 1647; das Werk wurde 1818 von Friedrich de la Motte —> Fouqué postum herausgegeben. Außerdem veröffentlichte F. einen Band Gedichte (1812). DO Killy F r e s e n i u s , August, Schriftsteller, * 5.3. 1834 Frankfurt/ Main, t 3.7. 1911 München. F. erlernte den kaufmännischen Beruf, wandte sich aber 1859 dem Studium der deutschen und französischen Literatur in München und Heidelberg zu. 1860-67 lebte er in Paris, wo er sich vor allem mit den Werken Molières beschäftigte, danach in München. F. wurde besonders als Übersetzer französischer Lustspiele und Possen bekannt. —> Ludwig II. von Bayern nahm ihn in die Reihe seiner „Hofdichter" auf, die dem König ihre Werke in Separatvorstellungen vorlasen. Später war F. Dramaturg am Münchner Volkstheater. • P Biogr Jahrb, Bd 16 F r e s e n i u s , Georg (Johann Baptist Wolfgang), Mediziner, Botaniker, * 25.9.1808 Frankfurt/Main, t 1.12. 1866 Frankfurt/Main. Der Enkel von Johann Philipp —»F. studierte in Heidelberg, Würzburg und Gießen Medizin, wurde 1829 promoviert ( Ueber die traumatische Amblyopie und Amaurose) und ließ sich als praktischer Arzt in Frankfurt/Main nieder. Obgleich er diesen Beruf bis an sein Lebensende ausübte, wurde F. vor allem als Botaniker bekannt. Seit 1831 war er als Lehrer der Botanik, später als Direktor des Botanischen Gartens tätig, was ihm 1863 den Professorentitel eintrug. F. gab ein zweibändiges Taschenbuch zum Gebrauch auf botanischen Excursionen in der Umgegend von Frankfurt a. M. heraus

m

Leb Nassau, Bd 1

Fresenius, Johann Philipp, evang. Theologe, * 22.10.1705 Niederwiesen bei Kreuznach, t 4.7.1761 Frankfurt/Main. Der Pfarrerssohn wurde nach dem Studium in Straßburg 1727 Nachfolger seines Vaters und 1734 Burgprediger in Gießen. Seit 1736 Hofdiakonus in Darmstadt, gründete F. dort eine Proselytenanstalt, in der Juden für den evang. Glauben gewonnen werden sollten. Als a. o. Prof. kehrte er 1742 nach Gießen zurück und wechselte ein Jahr später nach Frankfurt/Main, wo er bis zu seinem Tod blieb. 1748 wurde F. Hauptprediger und Konsistorialrat an der Barfüßerkirche; er war Anhänger einer gemäßigten Orthodoxie. F. taufte —> Goethe, hatte zuvor dessen Eltern getraut und wurde von ihm als „guter Kanzelredner" bezeichnet. Er verfaßte u. a. ein Beicht- und Kommunionbuch (1746, 10 1885). m

RGG

Fresenius, Ludwig (Remigius), Chemiker, * 2.2.1886 Wiesbaden, t 4.7. 1936 Wiesbaden. Der Sohn von Wilhelm —>F. studierte in München und Berlin Chemie, wurde 1911 mit der Arbeit Die Bestimmung kleiner Wasserstoff-Ionen-Konzentrationen aus der Intensität des Reststroms promoviert und war 1912-19 - unterbrochen durch seine Teilnahme am Ersten Weltkrieg - wissenschaftlicher Mitarbeiter im Gesundheitsamt Berlin. 1920 übernahm er zusammen mit seinem Vetter Remigius —» F. die Leitung des Laboratoriums Fresenius. Er führte eine Neuordnung der Bibliothek und der „Zeitschrift für analytische Chemie", deren Mitherausgeber er war, durch und verlagerte den Ausbildungsschweipunkt auf Chemotechniker, besonders auf Chemotechnikerinnen, denen sich mit fortschreitender Industrialisierung ein großer Arbeitsmarkt bot. F. veröffentlichte u. a. eine Geschichte des chemischen Laboratoriums Fresenius zu Wiesbaden in den Jahren 1898-1923 (1923) und Was ist ein Mineralwasser? (1933). Er war 15 Jahre lang als Abgeordneter der Deutschnationalen Volkspartei in der Kommunalpolitik Wiesbadens tätig. F. war der Vater von Wilhelm (Nils) - > F . m Leb Nassau, Bd 1 Fresenius, (Carl) Remigius, Chemiker, * 28.12.1818 Frankfurt/Main, t 11-6. 1897 Wiesbaden. F. stammte aus einer Juristenfamilie und erhielt eine vierjährige pharmazeutische Ausbildung an einer Frankfurter Apotheke. Zugleich hörte er Vorlesungen über Chemie und Physik am dortigen Senckenbergschen Institut und wechselte 1840 an die Univ. Bonn, wo er Pharmazie und Naturwissenschaft studierte. 1841 wurde er Assistent bei Justus

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Fresenius von —> Liebig in Gießen, 1842 erfolgte die Promotion. Seine Dissertation war die 2. Auflage eines grundlegenden chemischen Lehrbuches (Anleitung zur qualitativen chemischen Analyse, 1841, 6 1903-05). 1843 habilitierte er sich mit der Arbeit Ueber einen unter allen Umständen sichern Gang, Arsen bei gerichtlich-chemischen Untersuchungen zu ermitteln und quantitativ zu bestimmen und erhielt zwei Jahre später einen Ruf als Prof. nach Wiesbaden. Da es in seinem Institut an praktischer Ausrüstung fehlte, gründete F. 1848 ein eigenes Chemisches Laboratorium, das als Lehrstätte und Wegbereiter der angewandten Chemie international berühmt wurde und der bislang zu wenig beachteten Wissenschaft zum Durchbruch verhalf. F. organisierte u. a. die Ausbildung von Nahrungsmittelchemikern und gab ein Lehrbuch der Chemie für Landwirthe, Forstmänner und Cameralisten (1847) heraus. Seine konsequente Anwendung der analytischen Chemie auf praktische Bereiche wurde besonders für den Handel und die Industrie fruchtbar. Viele seiner Abhandlungen wurden in der von ihm 1862 begründeten „Zeitschrift für analytische Chemie" veröffentlicht. 1881 gab er die Leitung seines Laboratoriums an seine beiden Söhne Heinrich und Wilhelm - > F . weiter. Seit 1852 war F. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. • 3 Hess Bio, Bd 2

Fresenius, Remigius (Carl Wilhelm Achim), Chemiker, * 4 . 7 . 1878 Wiesbaden, f 25.4. 1949 Wiesbaden. Wie sein Großvater Remigius —»F. und sein Vater Heinrich - » F. wurde F. Chemiker. Nach dem Studium in Berlin und Bonn (Promotion 1902, Über Abkömmlinge der Acetylsalicylsäure) trat er in das Familienunternehmen ein, wo er sich vor allem mit balneologischen Untersuchungen zur Analyse von Heilquellen beschäftigte. Den Ersten Weltkrieg erlebte F. als Rittmeister im Felde. 1920 übernahm er zusammen mit seinem Vetter Ludwig —>F. die Leitung des Fresenius-Laboratoriums. Er veröffentlichte u.a. ein Anleitung zur qualitativen chemischen Analyse (1919) und eine Einführung in die qualitative chemische Analyse (1942). DO Reichshandbuch

Fresenius, (Theodor) Wilhelm, Chemiker, * 1.7. 1856 Wiesbaden, t 2 . 4 . 1936 Wiesbaden. Der Sohn des älteren Remigius —>F. studierte zunächst in Straßburg, wo er 1878 mit der Arbeit Über den Phillipsit und seine Beziehungen zum Harmotom und Desmin promoviert wurde. 1880 erfolgte der Eintritt ins väterliche chemische Laboratorium. F. spezialisierte sich vor allem auf die Weinanalyse, worüber er ein grundlegendes Werk schrieb (Anleitung zur chemischen Analyse des Weines, 1922). Weiterhin wurde er durch zahlreiche Fachartikel und als Mitherausgeber der „Zeitschrift für analytische Chemie" bekannt; außerdem gab er dem Klassiker seines Vaters Anleitung zur qualitativen chemischen Analyse eine völlig neu bearbeitete und aktualisierte Fassung. 1920 übergab er gemeinsam mit seinem Bruder die Leitung des Laboratoriums, die er 1897 mitübernommen hatte, der nachfolgenden FreseniusGeneration. Auf gesellschaftlicher Ebene engagierte sich F. vorwiegend im kirchlichen Bereich und bekleidete einige Ehrenämter seiner Heimatstadt. Durch seine Lehrtätigkeit hatte er sich zusätzlich den Professorentitel erworben. 1888 wurde F. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. Er veröffentlichte u. a. Welche Grundsätze sollen bei der chemischen Untersuchung des Weines allgemein als Richtschnur dienen ? (1890). F. war der Vater von Ludwig —> F. DP Leb Nassau, Bd 1

Fresenius, Wilhelm (Nils), Chemiker, * 17.7. 1913 Berlin, t 3 1 . 7 . 2 0 0 4 Wiesbaden. Der Sohn von Ludwig —»F. Schloß das Studium der Chemie an den Universitäten Frankfurt/Main, München, Heidelberg und Göttingen 1939 mit der Promotion ab (Das

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Ultrarotspektrum und die Normalschwingungen des Hydrazins), war anschließend fünf Jahre Assistent bei Willibald Diemair an der Univ. Frankfurt/Main und trat 1945 in das von seinem Urgroßvater (Carl) Remigius —>F. gegründete Chemische Institut Fresenius in Wiesbaden ein, dessen alleinige Leitung er 1949 übernahm und das er zu einem der größten deutschen Unternehmen für Labordienstleistungen entwickelte. Neben seiner Tätigkeit als Institutsleiter machte sich F. auch als Wissenschaftler einen Namen und gehörte u. a. zu den Herausgebern des Handbuchs der analytischen Chemie. Er veröffentlichte zahlreiche Fachbeiträge, war Honorarprofessor an der Univ. Mainz und 1971-98 Rektor der Europa Fachhochschule Fresenius in Idstein. 1990 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Eurolab Deutschland, deren stellvertretenden Vorsitz er bis 2003 innehatte. Daneben engagierte sich F. u. a. als Mitglied der Synode und der Kirchenleitung Hessen-Nassaus, als Vorsitzender des Diakonischen Werkes und als Stadtverordneter in Wiesbaden.

Freud, Alexander, österr. Tariffachmann, * 19.4.1866 Wien, t 22.4. 1943 Toronto (Kanada). Der Bruder Sigmund —>F.s machte sich in der Redaktion des „Allgemeinen Tarif-Anzeigers" mit dem Eisenbahntarifwesen vertraut, wurde 1889 der erste gerichtliche Sachverständige für Tarifwesen in der k. u. k. Monarchie und hielt 1890-1910 an der Exportakademie Wien Vorlesungen zum Tarif- und Transportwesen. Sein 1904 zusammen mit Ernst Schreiber veröffentlichtes Werk Die Eisenbahntarife in ihren Beziehungen zur Handelspolitik erhielt den Ehrenpreis der Deutschen Bahnen. 1930 initiierte F. in Wien den 1. Internationalen Tarifeurkongreß. 1938 emigrierte er über die Schweiz und Großbritannien nach Kanada. OD Czeike F r e u d , Anna, Psychoanalytikerin, * 3.12. 1895 Wien, t 8 . 1 0 . 1 9 8 2 London. In dem Jahr geboren, in das ihr Vater Sigmund - » F . die Entdeckung der Bedeutung der Träume datierte, bestand F., das jüngste der sechs Kinder, 1911 die Matura am privaten „Cottage Lyzeum" in Wien; 1917-20 unterrichtete sie nach der Ausbildung als Lehrerin an dessen Volksschule. Sie besuchte die Vorlesungen ihres Vaters, bei dem sie sich 1918-21 einer (wegen des Verwandtschaftsverhältnisses umstrittenen) Lehranalyse unterzog; eine Nachtragsanalyse folgte 1924. Nach ihrem Vortrag Schlagephantasie und Tagtraum wurde sie 1922 in die Wiener Psychoanalytische Vereinigung aufgenommen, an dessen 1925 gegründetem Lehrinstitut sie, seit 1923 selbst als Psychoanalytikerin praktizerend, als Lehr- und Kontrollanalytikerin tätig war. F. vertrat mehr und mehr ihren kranken Vater, sprach seine Vorträge für ihn, reiste für ihn zu Kongressen und griff dessen wissenschaftliche Arbeit auf. In der aus Vorlesungen hervorgegangen Einführung in die Technik der Kinderanalyse (1927; 2., verm. Aufl. 1929; engl. 1928; frz. 1930-32) wird deutlich, daß die Kinderanalyse auf das engste mit der Pädagogik verbunden ist. In der Auseinandersetzung mit Melanie —> Klein ging es vor allem um die Frage, wann sich das Über-Ich eines Kindes entwickle, aber auch um die Mittel der Kinderanalyse. 1927 wurde F. Sekretärin der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung. 1935 übernahm sie nach der Emigration von Helene —> Deutsch die Leitung des Wiener Lehrinstituts. Aus Vorträgen vor Erziehern entstand eine Einführung in die Psychoanalyse für Pädagogen (1930). In dem 1936 erschienenen Buch Das Ich und die Abwehrmechanismen (engl. 1937, frz. 1949) zeigte F. die

Freud unbewußten Mechanismen (u. a. Verleugnung) auf, die das Ich zur A b w e h r von Konflikten wählt. 1937 eröffnete sie mit Dorothy Burlingham und Edith Jackson eine Kindertageskrippe („Jackson-Nursery") in Wien, die im folgenden Jahr geschlossen wurde. Nach dem „Anschluß" Österreichs 1938 zunächst anstelle ihres Vaters von der Geheimen Staatspolizei vernommen, emigrierte F. mit ihren Eltern zu Pfingsten desselben Jahres nach Großbritannien. Nach dem Tod ihres Vaters 1939 veranlaßte sie die Herausgabe seiner Gesammelten Werke. 1941 eröffnete F. mit Dorothy Burlingham das Kriegskinderheim „Hampstead War Nurseries", das 1945 aufgelöst wurde, und veröffentlichte mit ihr Young children in war-time. A year's work in a residential nursery' (1942, dt. 1949) und Infants without families. The case for and against residential nurseries (1943, span. 1947, 1961, frz. 1949, dt. 1950). 1947 gründete sie mit den „Hampstead Child Therapy Courses" eine Ausbildungsstätte für Kinderpsychoanalytiker und 1952 eine daran angeschlossene psychosomatische Kinderklinik („Hampstead Clinic"), die sie bis zu ihrem Tod leitete. Deutlicher als in früheren Arbeiten sind in dem Spätwerk Normality and pathology in childhood (1965, dt. Wege und Irrwege in der Kinderentwicklung, 1968; frz. 1968) die psychischen Entwicklungslinien von Kindern herausgearbeitet. WERKE: T h e writings of A. F. 8 Bde., N e w Y o r k / L o n don 1969-81; dt. 10 Bde., München 1980. F r a n k f u r t / M a i n 1987 (Publikationsgeschichte der Schriften F.s in Bd. 10, S. 2943-2979). - Briefe an Eva Rosenfeld. Hrsg. v. Peter Heller. Basel, F r a n k f u r t / M a i n 1994. - A. F . / L o u AndreasSalomé: „ . . . als käm ich heim zu Vater und Schwester". Briefwechsel 1919-1937. 2 Bde., Göttingen 2001. - Sigmund F r e u d / A . F.: Briefwechsel 1904-1938. Hrsg. v. Ingeborg Meyer-Palmedo. F r a n k f u r t / M a i n 2006. LITERATUR: Gerald H. J. Pearson (Hrsg.): Handbuch der Kinder-Psychoanalyse. Einführung in die Psychoanalyse von Kindern und Jugendlichen nach den Grundsätzen der AnnaFreud-Schule. München 1968. - U w e Henrik Peters: A. F. Ein Leben f ü r das Kind. M ü n c h e n 1979. - Raymond Dyer: Her father's daughter. T h e work of A. F. N e w Y o r k / L o n don 1983. - Wilhelm Salber: A. F. mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg 1985, ''2003. - Elisabeth Young-Bruehl: A. F. A biography. N e w York u . a . 1988; dt. Wien 1995. - A d a m Limentai: Between F. and Klein. T h e psychoanalytic quest for knowledge and truth. London 1989; dt. 2 Bde., Stuttgart 1993. - Barbara R. Peltzman: A. F. A Guide to research. N e w Y o r k / L o n d o n 1990. Robert Coles: A. F. T h e dream of psychoanalysis. Reading (Massachusetts) u . a . 1992. - Rolf Denker: Α. F. zur Einführung. Hamburg 1995. Bruno Jahn

Freud,

Sigmund, österr. Nervenarzt, Begründer der Psychoanalyse, * 6 . 5 . 1 8 5 6 Freiberg (heute Pribor), t 2 3 . 9 . 1 9 3 9 London. „Ich bin am 6. Mai 1856 zu Freiberg in Mähren geboren, einem kleinen Städtchen der heutigen Tschechoslowakai. Meine Eltern waren Juden, auch ich bin Jude geblieben. Von meiner väterlichen Familie glaube ich zu wissen, daß sie lange Zeit am Rhein (in Köln) gelebt hat, aus Anlaß einer Judenverfolgung im vierzehnten oder fünfzehnten Jahrhundert nach dem Osten floh und im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts die Rückwanderung von Litauen über Galizien nach d e m deutschen Osterreich antrat. Als Kind von vier Jahren kam ich nach Wien, wo ich alle Schulen durchmachte. Auf d e m G y m n a s i u m war ich durch sieben Jahre Primus,

hatte eine bevorzugte Stellung, wurde kaum j e geprüft. Obwohl wir in sehr beengten Verhältnissen lebten, verlangte mein Vater, daß ich in der Berufswahl nur meinen Neigungen folgen sollte. Eine besondere Vorliebe f ü r die Stellung und Tätigkeit des Arztes habe ich in jenen Jugendjahren nicht verspürt, übrigens auch später nicht. Eher bewegte mich eine Art von Wißbegierde, die sich aber mehr auf menschliche Verhältnisse als auf natürliche Objekte bezog und auch den Wert der Beobachtung als eines Hauptmittels zu ihrer Befriedigung nicht erkannt hatte. Indes, die damals aktuelle Lehre Darwins zog mich mächtig an, weil sie eine außerordentliche Förderung des Weltverständnisses versprach, und ich weiß, daß der Vortrag von Goethes schönem Aufsatz ,Die Natur' in einer populären Vorlesung kurz vor der Reifeprüfung die Entscheidung gab, daß ich Medizin inskribierte." So beschreibt F. in einer 1925 publizierten Selbstdarstellung seinen Werdegang. F. immatrikulierte sich 1873 an der Medizinischen Fakultät der Wiener Univ., trat 1877 in das Physiologische Institut von Ernst —» Brücke ein und wurde 1881 promoviert. Er wurde in dieser Zeit von d e m mit ihm befreundeten Wiener Arzt Josef —> Breuer (auch finanziell) unterstützt. 1882 verlobte sich F. mit Martha Bernays (1861-1951), seiner späteren Frau, und war als Arzt im Allgemeinen Krankenhaus in Wien tätig, u. a. auch bei Theodor —» Meynert in der Psychiatrie. 1 8 8 5 / 8 6 unternahm er eine Studienreise nach Paris, um bei dem Neurologen Jean Martin Charcot an der Salpetrière zu lernen, der vor allem durch seine Hypnoseversuche an Hysterikerinnen zahlreiche Forscher faszinierte. 1886 eröffnete F. eine eigene Praxis in Wien und heiratete seine langjährige Braut. 1887 wurde Mathilde als erstes von sechs Kindern geboren. F. begann seine Korrespondenz mit dem Berliner Hals-Nasen-Ohren-Arzt Wilhelm —> Fließ, d e m entscheidenden Gesprächspartner während der späteren Selbstanalyse. 1889 reiste er zu dem französischen Internisten Hippolyte Bernheim nach Nancy, d e m Begründer der medizinischen Suggestionslehre und Wegbereiter der Psychotherapie. F. entlehnte vor allem von Bernheim das psychodynamische Modell von Widerstand und Übertragung. Dieser begriff die Krankheit als eine neurophysiologische Fehlregulation, wonach pathogene Autosuggestionen einen unheilvollen Widerstand gegen Suggestionen von außen aufbauen und eine Korrektur der Fehleinstellung verhindern. Bernheim definierte den Übertragungsweg der Suggestion analog zum neurophysiologischen Reflexmodell: die (Wort-)Suggestion verläuft zentripetal zum Gehirn, dort wird sie - sofern der E m p f ä n g e r seine Kritik ausgeschaltet hat, d. h. die Suggestion „glaubt" automatisch zentrifugal in eine Körperbewegung umgesetzt, wobei auch vegetative Funktionen, wie Herzschlag, Verdauung oder Monatsblutung therapeutisch beeinflußt werden können. Somit wurde erstmals das gesprochene Wort zum Hauptinstrument der Psychotherapie erklärt: „das Wort allein genügt" (Bernheim). F. wandte nun in seiner nervenärztlichen Praxis die (hypnotische bzw. kathartische) Suggestivtherapie an. 1891 zog er in die Wohnung Berggasse 19 in Wien ein, in der er bis zu seiner Emigration 1938 lebte und arbeitete. 1895 erschienen, nach einer Reihe bedeutender neurologischer und psychologischer Schriften, die mit Josef Breuer verfaßten Studien über Hysterie. Erstmals gelang ihm in diesem Jahr die umfassende Analyse eines eigenen Traumes („Irma-Traum"), auch wurde A n n a —» F., die später das Werk ihres Vaters fortsetzen und die Kinderpsychoanalyse begründen sollte, als sechstes Kind geboren. 1896 starb F.s Vater; als „Reaktion" darauf wandte er sich - von schweren (vermutlich) psychosomatischen Störungen heimgesucht der selbstanalytischen Traumdeutung zu. Ein Ergebnis davon war, daß F. 1897 die „Verführungstheorie" (Lehre v o m pa-

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Freud t h o g e n e n T r a u m a ) bei den A b w e h r n e u r o s e n d u r c h d e n „ Ö d i p u s k o m p l e x " ( L e h r e von der p a t h o g e n e n W u n s c h e r f ü l l u n g ) ersetzte. 1900 erschien F.s H a u p t w e r k Die Traumdeutung. D i e F r e u n d s c h a f t mit F l i e ß , s e i n e m „Alter e g o " w ä h r e n d d e r Selbstanalyse, zerbrach ein J a h r später. In s e i n e m H a u p t w e r k stellt F. d i e R e s u l t a t e seines selbstanalytischen P r o z e s s e s dar und b e g r ü n d e t d a m i t d i e P s y c h o analyse. Schritt f ü r Schritt e n t w i c k e l t er hier a m L e i t f a d e n seiner e i g e n e n T r ä u m e seine L e h r e mit einer e i g e n t ü m l i c h e n L o g i k , d i e in seiner „ T r a u m p s y c h o l o g i e " gipfelt. Dort w e r d e n e r s t m a l s d i e g r u n d l e g e n d e n B e g r i f f e der f r ü h e n P s y c h o a n a l y s e und ihrer „ M e t a p s y c h o l o g i e " definiert: „psychischer A p p a r a t " , „ R e g r e s s i o n " , „ P r i m ä r - und S e k u n d ä r v o r g a n g " , „infantiler W u n s c h " , „ Ö d i p u s ( - H a m l e t ) " , d a s „ U n b e w u ß t e " als p s y c h i s c h e Realität. Seit 1902 tagte d i e „ P s y c h o l o g i s c h e M i t t w o c h - V e r e i n i g u n g " in F.s W o h n u n g , u m d i e n e u e D e u t u n g s k u n s t zu diskutieren und an v e r s c h i e d e n e n G e g e n s t a n d s b e r e i c h e n zu e r p r o b e n . 1908 f a n d der erste I n t e r n a t i o n a l e P s y c h o a n a l y t i s c h e K o n g r e ß in Salzburg statt. 1909 reiste F. m i t seinen S c h ü l e r n Carl G u s t a v —»Jung und S á n d o r —»Ferenczi in d i e U S A , w o er an der C l a r k University Vorlesungen ü b e r d i e P s y c h o a n a l y s e hielt. 1910 w u r d e d a s „Zentralblatt f ü r P s y c h o a n a l y s e " s o w i e die I n t e r n a t i o n a l e P s y c h o a n a l y t i s c h e Vereinig u n g (= I P V , Präsident C. G . J u n g ) g e g r ü n d e t , 1912 die Zeitschrift „ I m a g o " . Es k a m nun zu ersten „ A b f a l l b e w e g u n g e n " unter F.s A n h ä n g e r n ( A l f r e d —» Adler, W i l h e l m —»Stekel). J u n g , der Z ü r c h e r P s y c h i a t e r , trat 1914 als Präsident der I P V zurück. Z u m letzten M a l hielt F. seine „Vorlesungen zur E i n f ü h r u n g in die P s y c h o a n a l y s e " in den W i n t e r s e m e stern 1 9 1 5 / 1 6 u n d 1 9 1 6 / 1 7 . 1919 e r f o l g t e d i e G r ü n d u n g des Internationalen P s y c h o a n a l y t i s c h e n Verlags. F. f ü h r t e d e n „ T o d e s t r i e b " in seiner S c h r i f t Jenseits des Lustprinzips (1920) ein, revidierte d a m i t die W u n s c h e r f ü l l u n g s theorie und g e l a n g t e s o m i t zu d e m T r i e b d u a l i s m u s von E r o s u n d Todestrieb. 1923 w u r d e ein K r e b s a m harten G a u m e n diagnostiziert; F. m u ß t e sich einer radikalen O p e r a t i o n unterziehen, d i e N a s e n - und R a c h e n r a u m m i t e i n a n d e r v e r b a n d und d a s T r a g e n einer P r o t h e s e n o t w e n d i g machte. (Bis zu s e i n e m L e b e n s e n d e w u r d e er d r e i u n d d r e i ß i g m a l operiert.) In dieser Zeit m o d i f i z i e r t e F r e u d d i e Struktur des „ p s y c h i s c h e n A p p a r a t e s " d u r c h d i e B e g r i f f e d e s Ich, E s und Über-Ich. 1930 erhielt er den G o e t h e p r e i s der Stadt F r a n k f u r t , seine höchste Auszeichnung. 1933 w u r d e n auch B ü c h e r F.s von den Nationalsozialisten in Berlin v e r b r a n n t . D i e D e u t s c h e n P s y c h o a n a l y t i s c h e n Vere i n i g u n g e n m u ß t e n sich w ä h r e n d der nationalsozialistischen H e r r s c h a f t a u f l ö s e n . F. arbeitete in d e n f o l g e n d e n Jahren u. a. am Moses-Thema. Nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten a m 1 1 . 3 . 1938 in Österreich e m i g r i e r t e er mit seiner Frau und seiner Tochter A n n a nach L o n d o n . 1939 v e r s c h l i m m e r t e sich d i e K r a n k h e i t ; er schreibt an seine G ö n n e r i n M a rie B o n a p a r t e : „ D a s R a d i u m hat wieder e t w a s a u f z u f r e s s e n b e g o n n e n , unter S c h m e r z e n und V e r g i f t u n g s e r s c h e i n u n g e n , und m e i n e Welt ist w i e d e r w a s sie f r ü h e r war, e i n e kleine Insel S c h m e r z s c h w i m m e n d auf e i n e m O z e a n von I n d i f f e r e n z . " E r bat schließlich seinen „ L e i b a r z t " M a x S c h u r , sein L e b e n mit einer M o r p h i u m - I n j e k t i o n zu b e e n d e n . A u f d e m F e l d der P s y c h o t h e r a p i e hatte d i e ( „ o r t h o d o x e " ) F . s c h e V e r e i n s p s y c h o a n a l y s e von j e h e r mit a n d e r e n „ S c h u l e n " zu k o n k u r r i e r e n , die sich m e h r oder w e n i g e r stark von ihr absetzten. S o beschränkt die R e i c h w e i t e der von F. initiierten „ p s y c h o a n a l y t i s c h e n B e w e g u n g " auch blieb, so sehr infiltrierte ihr I m p e t u s d i e M e d i z i n i n s g e s a m t : die Idee der P s y c h o s o m a t i k tauchte auf, der U m g a n g mit d e m Patienten schien r e f o r m b e d ü r f t i g , d i e B e d e u t u n g seiner subj e k t i v e n L e b e n s g e s c h i c h t e f ü r den P r o z e ß der K r a n k h e i t und der G e s u n d u n g w u r d e thematisiert. B e i s p i e l h a f t sei hier n u r auf G e o r g —»Groddeck, W i l h e l m —» Reich u n d Viktor

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von —> W e i z s ä c k e r v e r w i e s e n , w e l c h e in der Pionierzeit der P s y c h o s o m a t i k d i e unterschiedlichsten K o n z e p t e v e r f o c h t e n und sich dabei alle auf F r e u d beriefen. F. (in m e h r oder w e n i g e r verkürzt-popularisierter F o r m ) scheint h e u t e j e d o c h weit ü b e r M e d i z i n und P s y c h o l o g i e h i n a u s a l l g e g e n w ä r t i g zu sein, i n s b e s o n d e r e in unserer alltäglichen Vorstellungswelt, u n s e r e m kollektiven B e w u ß t s e i n . WEITERE WERKE: Ausgaben: T h e S t a n d a r d E d i t i o n of the C o m p l e t e P s y c h o l o g i c a l W o r k s of S. F. 2 4 Bde., L o n don 1953-74. - G e s a m m e l t e Werke. Hrsg. v. A n n a F r e u d / E d w a r d B i b r i n g / W i l h e l m H o f f e r / E r n s t K r i s / O t t o Isakower; unter M i t w i r k u n g von M a r i e B o n a p a r t e / G e o r g von G r i e c h e n l a n d . B d . 1-18, F r a n k f u r t / M a i n 4 " s 1976-83. - Stud i e n a u s g a b e . 10 B d e . Hrsg. v. A l e x a n d e r M i t s c h e r l i c h u . a . 3.-9. korr. Aufl. F r a n k f u r t / M a i n 1 9 8 0 / 8 1 . M i t e i n e m E r g ä n z u n g s b a n d : S c h r i f t e n zur B e h a n d l u n g s t e c h n i k . 1975. Wichtige Schriften, die nicht in den Werkausgaben enthalten sind: Beitrag zur K e n n t n i s d e r C o c a w i r k u n g . In: W i e n e r M e d i z i n i s c h e W o c h e n s c h r i f t 3 5 (1885) S. 129-133. A u c h in: S. F.: Schriften ü b e r K o k a i n . A u f g r u n d d e r Vorarbeiten von Paul Vogel hrsg. und eingeleitet von A l b r e c h t H i r s c h m ü l l e r . F r a n k f u r t / M a i n 1996. - Z u r A u f f a s s u n g der A p h a s i e n . E i n e kritische Studie. W i e n 1891. N e u a u s g . F r a n k f u r t / M a i n 1992. - D i e Infantile C e r e b r a l l ä h m u n g . In: H e r m a n n N o t h nagel (Hrsg.): S p e c i e l l e P a t h o l o g i e und T h e r a p i e . 9. B d . , 3. Tl., 2. Abt. W i e n 1897. - Briefausgaben: S. F . / A r n o l d Z w e i g : B r i e f w e c h s e l . Hrsg. v. E r n s t L. Freud. F r a n k f u r t / M a i n 1969. - S. F . / C . G . J u n g , B r i e f w e c h s e l . Hrsg. v. W i l l i a m M c G u i r e / W o l f g a n g Sauerländer. F r a n k f u r t / M a i n 1974. - S. F., B r i e f e 1873-1939. A u s g e w ä h l t u n d hrsg. v. E r n s t F r e u d / L u c i e Freud. 3. korr. Aufl. F r a n k f u r t / M a i n 1980. - G e o r g G r o d d e c k / S . F.: B r i e f w e c h s e l . W i e s b a d e n / M ü n c h e n 1985. - S. F., B r i e f e an W i l h e l m F l i e ß 1887-1904. U n g e k ü r z t e A u s g a b e . H r s g . v. J e f f r e y M o u s s a i e f f M a s s o n . F r a n k f u r t / M a i n 1986. - S. F . / L u d w i g B i n s w a n g e r : B r i e f wechsel 1908-1938. Hrsg. v. G e r h a r d Fichtner. F r a n k f u r t / M a i n 1992. - S. F . / M a x E i t i n g o n . B r i e f w e c h s e l 1906-1939. H r s g . v. M i c h a e l Schröter. 2 Bde., T ü b i n g e n 2 0 0 4 . - S. F . / S á n d o r Ferenczi; B r i e f w e c h s e l . H r s g . v. E v a B r a b a n t , E r n s t Falzeder, Patrizia G i a m p i e r i - D e u t s c h , unter der w i s s e n schaftlichen L e i t u n g von A n d r é H a y n a l . Transkription von I n g e b o r g M e y e r - P a l m e d o . B d . 1-3. W i e n u . a . 1993-2005. T h e C o m p l e t e C o r r e s p o n d e n c e of S. F. and E r n e s t J o n e s , 1908-1939. H r s g . v. R. A n d r e w P a s k a u s k a s . C a m b r i d g e ( M a s s . ) / L o n d o n 1993 [Bd. 1]. D e r O r i g i n a l w o r t l a u t der in D e u t s c h v e r f a ß t e n B r i e f e F.s findet sich in: B r i e f w e c h s e l S. F . / E r n s t J o n e s 1908-1939. Transkription und editorische B e a r b e i t u n g von I n g e b o r g M e y e r - P a l m e d o . F r a n k f u r t / M a i n 1993 [Bd. 2], - S. F . / A n n a F r e u d : B r i e f w e c h s e l 1904-1938. H r s g . v. I n g e b o r g M e y e r - P a l m e d o . F r a n k f u r t / M a i n 2 0 0 6 . LITERATUR: Bibliographien: A l e x a n d e r Grinstein: T h e Index of P s y c h o a n a l y t i c a l Writings. Vol. 1-14, N e w York 1956-75. - Ders.: S. F . ' s Writings. A C o m p r e h e n sive B i b l i o g r a p h y . N e w York 1977. - S . - F . - K o n k o r d a n z und - G e s a m t b i b l i o g r a p h i e . Z u s a m m e n g e s t e l l t v. I n g e b o r g M e y e r - P a l m e d o . 3. korr. A u f l . F r a n k f u r t / M a i n 1980. F . - B i b l i o g r a p h i e mit W e r k k o n k o r d a n z . B e a r b . v. I n g e b o r g M e y e r - P a l m e d o und G e r h a r d Fichtner. 2., verb, u n d v e r m . Aufl. F r a n k f u r t / M a i n 1999. - Biographien: M a x Schur: S. F. L e b e n und Sterben. A u s d e m A m e r i k a n i s c h e n v. Gert M ü l l e r . F r a n k f u r t / M a i n 1973. - S. F. Sein L e b e n in Bild e r n und Texten. Hrsg. v. E r n s t F r e u d / L u c i e F r e u d / I l s e G r u b r i c h - S i m i t i s . M i t einer b i o g r a p h i s c h e n S k i z z e von Kurt R. Eissler. F r a n k f u r t / M a i n 1976. - R o n a l d W . Clark: S. F. A u s d e m E n g l i s c h e n von J o a c h i m A . Frank. F r a n k f u r t / M a i n 1981. - E r n e s t J o n e s : D a s L e b e n von S. F. A u s d e m E n g lischen v. G . M e i l i - D w o r e t z k i , unter Mitarbeit v. K a t h e rine J o n e s . 3 B d e . , B e r n / S t u t t g a r t 3 1 9 8 2 . - Zur Geschichte und Interpretation der Psychoanalyse: Henri F. Ellenberger:

Freudenberg Die Entdeckung des Unbewußten. Ins Deutsche übertragen v. Gudrun Theusner-Stampa. 2 Bde., B e r n / S t u t t g a r t / W i e n 1973. - Jean Laplanche/Jean-Bertrand Pontalis: Das Vokabular der Psychoanalyse. 2 Bde. Aus dem Französischen v. E m m a Moersch. F r a n k f u r t / M a i n 1973. - Paul Ricoeur: Die Interpretation. Ein Versuch über F. Aus dem Französischen v. Eva Moldenhauer. F r a n k f u r t / M a i n 1974. - Didier Anzieu: L'auto-analyse de F. et la découverte de la psychoanalyse. 2 Bde. Nouv. éd. Paris 1975. - Paul Roazen: S. F. und sein Kreis. Eine biographische Geschichte der Psychoanalyse. Bergisch Gladbach 1976. - Protokolle der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung. Hrsg. v. Herman N u n b e r g / E r n s t Federn. 4 Bde., F r a n k f u r t / M a i n 1976-81. - Frank J. Sulloway: F., Biologe der Seele. Jenseits der psychoanalytischen Legende. Köln-Lövenich 1982. - Heinz Schott: Zauberspiegel der Seele. S. F. und die Geschichte der Selbstanalyse. Göttingen 1985. - Peter Gay: F. Eine Biographie für unsere Zeit. F r a n k f u r t / M a i n 1989. - Alfred Schöpf: S. F. und die Philosophie der Gegenwart. Würzburg 1998. Heinz Schott

Freudenberg,

Adolf, evang. Theologe, * 4 . 4 . 1 8 9 4 Weinheim, t 7. 1.1977 Bad Vilbel. Der Sohn des Lederfabrikanten Ernst F. erhielt seit 1912 eine kaufmännische Ausbildung und war dann in der väterlichen F i r m a tätig. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg studierte F. 1919-22 Rechtswissenschaft in Freiburg, wo er zum Dr. jur. promoviert wurde (Die völkerrechtliche Stellung der Freien Stadt Danzig unter Hervorhebung ihres Verhältnisses zum Völkerbund), und trat anschließend in den Auswärtigen Dienst ein. 1935 wurde er wegen seiner jüdischen Ehefrau entlassen. 1935-38 studierte er in Bethel, Berlin und Basel Theologie, war 1939 Koordinator der ökumenischen Flüchtlingshilfe in London und 1939-45 Sekretär des Flüchtlingsdienstes des Ökumenischen Rats der Kirchen (ORK) in Genf. 1943 zählte er zu den Autoren eines vom Jüdischen Weltkongreß und d e m O R K publizierten M e m o randums, das die Alliierten und den Vatikan über den Holocaust aufklären sollte. Nach dem Krieg lebte F. 1947-59 als Pfarrer in Bad Vilbel. Er war 1949 Mitbegründer und 1950-65 Vorstandsmitglied des Deutschen Koordinierungsrats der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit, 1952-66 Vorsitzender des hessisch-nassauischen Verbands des Evangelischen Arbeitskreises Kirche und Israel sowie 1961 Mitbegründer der Arbeitsgemeinschaft Juden und Christen beim Evangelischen Kirchentag. F. bemühte sich zeitlebens um die Verbesserung des Verhältnisses von Juden und Christen. 1945 forderte er die Evangelische Kirche in Deutschland auf, sich zur Mitschuld am Holocaust zu bekennen. 1963 veröffentlichte er Antisemitismus und Judentum, Staat Israel (mit Eugen —> Kogon u. a.). CD B H d A D F r e u d e n b e r g , Carl Johann, Fabrikant, * 9 . 5 . 1819 Hachenburg/Westerwald, f 6 . 8 . 1898 W e i n h e i m / B e r g straße. Der als Sohn eines Land- und Gastwirts geborene F. kam 1828 mit seiner Familie nach W e i l b u r g / L a h n . Als der Vater noch im selben Jahr verstarb, zog die Mutter mit ihren Kindern nach N e u w i e d / R h e i n . Hier besuchte F. die höhere Bürgerschule und duchlief seit 1833 eine Lehre in der Lederhandlung eines M a n n h e i m e r Onkels. Von 1849 an lebte F. in Weinheim, w o er im selben Jahr Mitbegründer eines Gerbereibetriebs wurde. Seit 1875 baute F. ihn zu einer der bedeutendsten Lederfabriken Deutschlands aus.

Freudenberg,

Ernst, Pädiater, * 2 4 . 6 . 1884 Weinheim/ Bergstraße, t 7 . 6 . 1967 Basel. F., Sohn eines Lederfabrikanten, Enkel von Carl Johann —»F. und Bruder von Richard —»F., studierte 1903 Philosophie und Psychologie in Leipzig, wechselte 1904 zur Medizin in München und wurde 1911 promoviert (Versuche

mit Diureticis an chlorarm gemachten Tieren). 1914 als Sanitätsoffizier einberufen, konnte er sich 1917 während eines Fronturlaubes bei Ernst —>Moro in Heidelberg, w o er seit 1913 Oberarzt an der Kinderklinik war, habilitieren (Über die Enteiweissung durch Tierkohle). Nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft 1919 setzte er dort seine Tätigkeit fort. 1922 folgte er einem Ruf als o . P r o f . der Kinderheilkunde an die Univ. Marburg, leitete den Bau der neuen Kinderklinik und betrieb zusammen mit Paul György grundlegende Forschungen auf dem Gebiet der Rachtitis und der Tetanie, wurde jedoch 1937 zwangsemeritiert. 1938 ging er als Nachfolger von Emil —> Wieland nach Basel, w o er bis zu seiner Emeritierung 1954 lehrte. F. übernahm 1938 die Redaktion des von Adalbert - » C z e r n y begründeten „Jahrbuchs der Kinderheilkunde", das er in „Annales Paediatrici" umbenannte. F.s Forschungsinteresse galt besonders Fragen der Säuglingsernährung und des kindlichen Stoffwechsels (Physiologie und Pathologie der Verdauung im Säuglingsalter, 1929). Seine Beschäftigung mit der Milch als d e m wichtigsten Nahrungsmittel des Säuglings führte ihn zur Frauenmilchlipase und zur Entdeckung der Lipokinase (Die Frauenmilch-Lipase, 1953). F. wurde 1929 in die American Academy of Pediatrics und 1933 in die Deutsche A k d e m i e der Naturforscher Leopoldina a u f g e n o m m e n . m

Bad Bio N.F., Bd 3

F r e u d e n b e r g , Ika, eigentl. Friederike F., Frauenrechtlerin, * 1858 im Rheinland, t 9 . 1 . 1912 München. Die aus einer Industriellenfamilie stammende Schwester von Wilhelm, Philipp und Walther —>F. erhielt eine Ausbildung als Pianistin. U m 1893 zog sie nach München zu Sophie Goudstikker, die zusammen mit Anita —»Augspurg das damals berühmte Photostudio „Hofatelier Elvira" begründet hatte. 1894 gründete F. den „Verein f ü r Fraueninteressen", der sich vor allem um die vernachlässigte geistige und berufliche Bildung von Mädchen und Frauen kümmerte und auch in der Berufs- und Rechtsberatung sowie bei der Arbeitsvermittlung von Frauen tätig war. 1899 initiierte F. den „Allgemeinen Bayerischen Frauentag" und rief 1909 den „Hauptverband bayerischer Frauenvereine" ins Leben. DP Weiland F r e u d e n b e r g , Karl Gottlieb (F.), Musiker, * 15.1. 1777 Sipta (Schlesien), t 13.4. 1869 Breslau. F. nahm 1 8 1 4 / 1 5 als Freiwilliger am Krieg gegen Frankreich teil und erlernte danach in Schmiedeberg und Breslau das Orgelspiel. Nach einem Studienjahr in Berlin kehrte er 1823 nach Breslau zurück, wo er als Orgellehrer tätig war. 1829 wurde er zum Oberorganisten an der dortigen Kirche Maria Magdalena ernannt. F. komponierte u. a. Lieder, Psalmen und eine Trauermusik für Orgel. CD A D B

Freudenberg,

Karl Johann, Chemiker, * 29. 1. 1886 Weinheim/Bergstraße, t 3 . 4 . 1983 Weinheim/Bergstraße. F., Enkel von Carl Johann —>F. und Vetter von Ernst —>F., absolvierte in Bonn und Berlin ein Chemiestudium, das er 1910 mit der Promotion abschloß (Ueber Depside, Esteranhydride der Phenolcarbonsäuren). Nach der Habilitation 1914 in Kiel (Die Chemie der natürlichen Gerbstoffe) nahm er am Ersten Weltkrieg teil und erhielt nach kurzen Zwischenstationen in M ü n c h e n und Freiburg 1922 in Karlsruhe den Lehrstuhl f ü r Chemie. 1926 wechselte er an die Univ. Heidelberg, wo er Ordinarius sowie Direktor des Chemischen Instituts wurde und 1 9 4 9 / 5 0 Rektor war; 1956 erfolgte die Emeritierung. 1940 wurde F. zum Mitglied und 1965 zum Ehrenmitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. 1951-56 war er Stadtrat in Heidelberg. F. arbeitete vorwiegend auf dem Gebiet der polymeren Naturstoffe wie Cellulose, Stärke, Gerbstoffe und Lignin. Er veröffentlichte u . a . Die Konfiguration der Halogen-propionsäuren und des Alanins (mit Werner Kuhn

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Freudenberg und Ilse Bumann, 1930), Tannin, Cellulose, Lignin (1933) und Organische Chemie (1938, 1 4 1984). Lebenserinnerungen F.s erschienen 1999 unter d e m Titel Rückblicke auf ein langes Leben. CD Munzinger F r e u d e n b e r g , (Johann) Philipp, Industrieller, Bankier, * 1 8 . 2 . 1 8 4 3 Raubacher Hütte bei Neuwied, t 2 . 2 . 1911 Colombo. Der Sohn eines Eisenhüttenbesitzers und Bruder von Wilhelm, Walther und Ika —>F. war zunächst in leitender Stellung in Holland, England und Frankreich tätig. 1873 gründete er auf Ceylon (Sri Lanka) eine eigene Kaffeehandelsfirma. Durch Ausnutzung des kürzeren Seewegs über den erst wenige Jahre zuvor eröffneten Suezkanal sowie den Einsatz moderner Nachrichtenmittel war das Unternehmen bald sehr erfolgreich. Als Ende der siebziger Jahre eine Pilzkrankheit die ceylonesischen Kaffeeplantagen vernichtete, engagierte sich F. in anderen Ein- und Ausfuhrgeschäften. Seit 1876 deutscher Konsul in Colombo, förderte er nicht nur den Ceylonhandel, sondern half auch mit Rat und Tat bei der Modernisierung des Landes mit. Daneben übersetzte F. zahlreiche Abhandlungen, die sich mit Ceylon beschäftigen, aus d e m Holländischen und Deutschen ins Englische. CD

NDB

F r e u d e n b e r g , Richard, Unternehmer, Politiker, * 9 . 2 . 1 8 9 2 Weinheim/Bergstraße, t 21. 11. 1975 Reutte (Tirol). Der aus einer Industriellenfamilie stammende F., Bruder von Ernst —>F., studierte Agrarwissenschaften, insbesondere Pflanzenkunde und Pflanzenzucht. 1914 übernahm er die väterlichen Lederwerke in Weinheim, erweiterte die Produktion u m die Herstellung von Kunstleder und wurde nach der Ü b e r n a h m e mehrerer Schuhfabriken zu einem der bedeutendsten Lederindustriellen Deutschlands. Als Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei, deren Landesvorsitzender er 1924-33 war, gehörte er 1918-23 dem Gemeinderat seiner Heimatstadt und 1919-24 dem Badischen Landtag an. Nach 1945 wurde F. u . a . Vorsitzender des Verbandes der Deutschen Lederindustrie und Vorstandsmitglied des Industrie- und Handelstags. Er war vorübergehend Bürgermeister, später Stadtrat in Weinheim. 1949-53 gehörte er d e m Deutschen Bundestag an, bis 1952 als Gast der F D P Fraktion. CD M d B

Freudenberg,

(Ernst) Walther (Herbert), K a u f m a n n , * 4 . 7 . 1 8 5 2 Raubacher Hütte bei Neuwied, t 2 9 . 1 1 . 1932 Weinheim. Der Bruder von Wilhelm, Philipp und Ika —»F. machte eine kaufmännische Lehre (1869-71), bevor er nach verschiedenen Anstellungen in London 1873 im Geschäft seines Bruders auf Ceylon (Sri Lanka) arbeitete. Drei Jahre später kehrte er nach Europa zurück, um 1883-1906 erneut als Teilhaber der Firma Freudenberg & Co. sowie als stellvertretender Konsul in C o l o m b o tätig zu sein. Nach seiner endgültigen Rückkehr nach Deutschland war F. vorwiegend als Hauptvertreter des Unternehmens seines Bruders in ganz Europa unterwegs. Er verfaßte zahlreiche Aufsätze über Kautschuk und über Ceylon (Von deutscher Arbeit auf Ceylon. Erinnerungen der Firma Freudenberg & Co., Colombo, seit 1873, 1926). CD Brem Bio 2

Freudenberg,

Wilhelm, Dirigent, Komponist, * 1 1 . 3 . 1 8 3 8 Raubacher Hütte bei Neuwied, t 2 2 . 5 . 1 9 2 8 Schweidnitz. Der Bruder von Philipp, Walther und Ika —> F. studierte nach einem abgebrochenen Theologiestudium seit 1858 am Leipziger Konservatorium Musik. Wegen einer Handverletzung wechselte er vom Klavier- zum Kapellmeisterfach über. 1861 erhielt er eine Anstellung als Chordirigent in Würzburg und wurde 1865 als Dirigent nach Wiesbaden berufen, wo

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er 1870 ein nach ihm benanntes Konservatorium gründete. Etwa gleichzeitig erhielt er den Professorentitel. 1886 eröffnete F. in Berlin zusammen mit einem Schüler eine eigene Musikschule und übernahm dort 1895 die Leitung des Chores an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche, nachdem er sich zuvor in Augsburg und Regensburg als Theaterdirektor versucht hatte. Der Verehrer —> Mozarts schrieb neben zahlreichen Liedern Opern (Marino Faliero, 1890) sowie Orchester- und Klavierstücke. Später trat er auch als Verfasser vorwiegend musiktheoretischer Abhandlungen hervor. DQ M G G

Freudenberger,

Franz Friedrich, schweizer. Zeichner, Schriftsteller, * 8 . 1 1 . 1804 Bern, t 1 . 3 . 1 8 6 2 Bern. Der Sohn eines Bäckermeisters studierte in Zürich und München Malerei, war als Haus- und Zeichenlehrer in Bern tätig, arbeitete als Zeichner in einem Juweliergeschäft in Genf und entwarf Blumenmuster für Stoffe in Lyon. Anschließend begab er sich auf ausgedehnte Wanderungen, die ihn durch Italien, Griechenland, die Türkei und Ägypten führten. Freunde ermöglichten dem verarmten und kranken F. 1860 die Rückkehr nach Bern, wo er kurze Zeit später starb. In Gedichten schilderte er seine Reiseerlebnisse und berichtete über ägyptische Bräuche und Sitten. CD A K L

Freudenberger,

Sigmund, auch Freudeberger, schweizer. Maler, Radierer, * 1 6 . 6 . 1 7 4 5 Bern, t 15. 11. 1801 Bern. F., Sohn eines Advokaten, erlernte 1761-64 gegen den Willen des Vaters die Malerei und ging 1765 nach Paris, wo er in Kontakt mit Johann Georg —> Wille kam und bald mit Zeichnungen und Radierungen von Szenen des ländlichen und städtischen Lebens Erfolg hatte. 1768-72 entstand die berühmte Stichfolge Scènes d'Intérieur et de Moeurs. Seit 1773 wieder in Bern, verlegte er sich vorwiegend auf die Darstellung bäuerlichen Lebens aus d e m Berner Oberland. Er unterhielt ein Atelier mit mehreren Angestellten und gründete eine eigene Akademie. CD A K L

Freudenreich,

Eduard (Alfred Friedrich Theodor Ernst) von, schweizer. Bakteriologe, * 1 6 . 8 . 1 8 5 1 Gerzensee (Kt. Bern), t 2 3 . 8 . 1906 Ermatingen (Kt. Thurgau). Nach d e m Jurastudium in Zürich, München und Heidelberg 1876 zum Dr. jur. promoviert, war F., Sohn eines Gutsbesitzers, bis 1879 in Berlin in der schweizer. Botschaft und in der Berner Bundesverwaltung tätig. Danach studierte er Bakteriologie in Paris und widmete sich hauptberuflich bakteriologischen Arbeiten. 1889 wurde er Vorsteher des bakteriologischen Laboratoriums der Molkereischule Rutti (zu Zollikofen), seit 1899 leitete er die bakteriologische Abteilung der Schweizerischen landwirtschaftlichen Versuchsanstalt. Bekannt wurde er vor allem durch seine Untersuchungen über Milch- und Käsebakterien, (Die Bakteriologie in der Milchwirthschaft, 1893, 1 1906, auch engl, und frz.). C D HLS

Freudensprung,

Sebastian, kath. Theologe, Historiker, Lehrer, * 14. 1. 1796 Straubing, t 14.7. 1866 Straubing. Der Sohn eines Chorregenlen studierte 1814-18 Jura und Theologie in Landshut. Nach der Priesterweihe wurde er 1818 Oberprogymnasiallehrer in München. Später war er als Prof. an Gymnasien in Würzburg, N e u b u r g / D o n a u und München, 1834-57 am Lyzeum in Freising tätig, dessen Rektor er 1838 wurde. 1849 wurde er Mitglied der Abgeordnetenkammer. F. schrieb eine Geschichte des Königreiches Bayern (1856).

Freudenthal,

Berthold, Jurist, * 2 3 . 8 . 1872 Breslau, f 13.7. 1929 F r a n k f u r t / M a i n . Der Sohn Jacob —>F.s studierte in Breslau, Tübingen und Berlin Jura und wurde 1895 mit der Arbeit Die Wahlbestechung (1896) promoviert. E r a r b e i t e t e seit 1898 als Gerichts-

Freund assessor und habilitierte sich 1899 für Straf- und Völkerrecht. 1901 an die A k a d e m i e für Handels- und Sozialwissenschaften nach F r a n k f u r t / M a i n berufen, deren Rektor er 1909-11 war, trugen seine Anstrengungen wesentlich dazu bei, daß die A k a d e m i e in eine Univ. umgewandelt wurde. Bei deren Gründung 1914 wurde er o.Prof. und Dekan der Juristischen Fakultät. Eine Reise 1905 in die U S A brachte F. zur Strafrechts-Reformbewegung. Er wurde innovativ auf dem Gebiet der Jugendgerichtsbarkeit tätig und regte u. a. die Schaffung des ersten deutschen Jugendgerichts (1908) und des ersten deutschen Jugendgefängnisses (1912) an. Seine Forschungen und rechtsdogmatischen Studien veröffentlichte F. in zahlreichen Vorträgen, Aufsätzen und Lehrbüchern ( u . a . Strafrecht und Strafvollzug im Rechtsstaat, 1918; Wider die Auslieferung, 1921). CO N D B F r e u d e n t h a l , (Heinrich) Friedrich, Schriftsteller, * 9 . 5 . 1849 Fallingbostel, t 12.3. 1929 Fintel. Der Sohn eines Landwirts war zunächst als Gerichtsschreiber tätig, bevor er als Freiwilliger am Deutsch-Französischen Krieg teilnahm und 1871 als Vollinvalide entlassen wurde. 1875 reiste er nach Amerika und war nach seiner Rückkehr im kaufmännischen Bereich tätig. 1883-87 Bürgermeister von Soltau, übernahm F. 1891 den väterlichen Bauernhof. Bekannt wurde er als volkstümlicher Erzähler vorwiegend plattdeutscher Geschichten aus seiner Heimat (u. a. In de Fierabendstied, 1889, 2 1901). F r e u d e n t h a l , Jacob, auch Jakob, Philosoph, Schriftsteller, * 2 0 . 6 . 1839 B o d e n f e l d e / W e s e r , t 1 . 6 . 1 9 0 7 Schreiberhau. Aus einer jüdischen K a u f m a n n s f a m i l i e stammend, studierte F. seit 1858 in Breslau Theologie, später in Göttingen Philosophie und Philologie. 1863 wurde er aufgrund der Arbeit Uber den Begriff des Wortes φ α ν τ α σ ί α bei Aristoteles zum Dr. phil. promoviert und 1864 als Lehrer für klassische Sprachen und Religionsphilosophie an das Jüdisch-Theologische Seminar in Breslau berufen. 1875 habilitierte sich F. an der dortigen Univ. f ü r Philosophie und erhielt 1879 eine außerordentliche, 1888 eine ordentliche Professur. Im Auftrag der Preußischen A k a d e m i e der Wissenschaften reiste er 1888 nach England, um ältere englische Philosophie zu studieren. 1898 hielt er sich zu Spinoza-Studien in den Niederlanden auf. F. wurde zum Geheimen Regierungsrat ernannt. Er schrieb u. a. Spinoza. Sein Leben und seine Lehre (Bd. 1: Das Leben Spinozas, 1904; 2 1927) und gab Die Lebensgeschichte Spinoza's in Quellenschriften, Urkunden und nichtamtlichen Nachrichten, 1899) heraus. F. war der Vater von Berthold —>F. CD Lex dt-jüd Autoren

Freudenthal,

Max, Rabbiner, Historiker, * 12.6. 1868 Neuhaus (Unterfranken), f 1 1 . 7 . 1 9 3 7 München. F., Sohn eines Volksschullehrers, besuchte seit 1886 das Jüdisch-Theologische Seminar in Breslau und studierte an der dortigen Univ. Geschichte, Orientalistik und Philosophie; 1891 wurde er in Greifswald zum Dr. phil. promoviert (Die Erkenntnislehre Philos von Alexandria). Seine theologischen Studien setzte er unter dem Rabbiner Ferdinand Rosenthal fort. 1893 wurde F. Rabbiner in Dessau; er übte auch das A m t des Landesrabbiners von Anhalt aus. Seit 1900 wirkte er als Rabbiner in Danzig, 1907-35 in der israelitischen Kultusgemeinde von Nürnberg, wo er 1921 die Jakob HerzL o g e gründete. F. war Mitbegründer der „Vereinigung für das liberale Judentum in Deutschland", Präsidiumsmitglied des Verbands bayerischer israelitischer Gemeinden und seit 1922 Vorsitzender der Freien Conferenz Bayerischer Rabbiner. Er war Mitherausgeber der „Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland" und veröffentlichte u. a. Aus der Heimat Moses Mendelssohns (1900) und Die israelitische Kultusgemeinde Nürnberg 1874-1924 (1925). CD Lex dt-jüd Autoren

Freudweiler,

Heinrich, schweizer. Maler, Radierer, * 16.10. 1755 Zürich, t 1 . 1 2 . 1 7 9 5 Zürich. Seine Studien der Malerei in Zürich vervollkommnete F., Sohn eines Pfarrers, 1 7 7 7 / 7 8 in Düsseldorf und M a n n h e i m und malte fortan vorwiegend Landschaften mit Figuren und kleine Bildnisse. 1784 unternahm er mit Johann Konrad —>Gessner Studienreisen nach Dresden und Berlin (zu Daniel Nikolaus —>Chodowiecki), bevor er sich 1785 in Zürich niederließ. Danach verlegte sich F. zunehmend auf Szenen aus dem städtisch-bürgerlichen Leben und Gesellschaftsbilder. Nach einer Auftragsarbeit über die verstorbene Frau seines Lehrers kamen zunehmend auch T h e m e n wie Tod und Auferstehung in seinen Bildern vor („Trostbilder"). F. gründete eine Zeichenschule für mittellose Handwerker und gehörte zu den Gründern der Zürcher Kunstgesellschaft. m

A KL

Freuler,

Kaspar, schweizer. Schriftsteller, * 2 9 . 9 . 1887 Glarus, t 6 . 6 . 1967 Zürich. Nach dem Pädagogikstudium war F. als Lehrer tätig, 1908-11 in Hagenbuch bei Zürich, 1911-53 in Glarus, w o er auch das Fremdenverkehrsbüro leitete. Neben diesen Tätigkeiten schrieb F. zahlreiche Humoresken und Lustspiele, oft als Dialektstücke für die Volksbühne, aber auch Hörspiele und Romane. Als sein Hauptwerk gilt der R o m a n Anna Göldi (1945), die 1782 als letzte Hexe in Glarus hingerichtet worden war. t u HLS

Freumbichler,

Johannes, österr. Schriftsteller, * 2 2 . 1 0 . 1881 H e n n d o r f / W a l l e r s e e (Salzburg), t 11.2. 1949 Salzburg. Der einer im Salzburgischen ansässigen Familie von Bauern und Kaufleuten entstammende F. distanzierte sich früh von seiner bäuerlichen Herkunft durch den Versuch, sich als freier Schriftsteller zu etablieren (u.a. in Bozen, München, Wien und Seekirchen). Trotz einiger Achtungserfolge gelang d e m Österreichischen Staatspreisträger kein Durchbruch, so daß er zeitlebens von der Unterstützung der Familie abhängig blieb. F. schrieb R o m a n e (u. a. Philomena Ellenhub, 1937; Auszug und Heimkehr des Jodok Fink, 1942) und Novellen; er behandelte vorwiegend T h e m e n aus der bäuerlichen Welt, jedoch jenseits von romantischer Verklärung und idyllischen Klischees. Sein Einfluß auf seinen Enkel Thomas —> Bernhard wird in dessen autobiographischen Schriften deutlich. CD Killy F r e u n d , Erich, Verleger, Redakteur, Schriftsteller, * 13.8. 1866 Breslau, t 6 . 6 . 1 9 4 0 Berlin. Der Sohn eines Bankiers studierte in Breslau, Leipzig und Berlin Staatswissenschaften und wurde 1889 zum Dr. phil. promoviert. 1891-94 widmete sich F. dem Gesangstudium in Padua und Mailand und war 1896-1908 als Konzertsänger tätig. Gleichzeitig arbeitete er als Theaterkritiker und Feuilletonist, nachdem er 1899 die Leitung der von seinem Großonkel Leopold F. gegründeten „Breslauer MorgenZeitung" übernommen hatte. F. schrieb auch Novellen, historische Skizzen und Libretti. CD Reichshandbuch F r e u n d , Erich, Schauspieler, Regisseur, * 4 . 4 . 1 9 0 2 Berlin, t 12.5. 1958 Berlin (Ost). Nach dem Studium der Innenarchitektur wechselte F. ins Schauspielfach über und hatte seit 1922 verschiedene Theaterengagements, war aber auch für S t u m m - und Tonfilm sowie den Hörfunk tätig. Als Jude und aktiver Antifaschist emigrierte er 1933 zunächst nach Prag, w o er weiterhin gegen den Nationalsozialismus kämpfte. Nach d e m Einmarsch deutscher Truppen in die Tschechoslowakei flüchtete er über Polen nach London. Hier war F. Vorstandsmitglied des Freien Deutschen Kulturbundes und arbeitete sowohl als Radiosprecher als auch als Schauspieler im Theater und beim Film. Seit 1946 wieder in Deutschland, war er vor allem als

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Freund Regisseur bei der DEFA in Ostberlin tätig. Die Geschichte seiner Flucht erschien 1940 in dem Sammelband I was lucky to escape unter dem Titel Refugee from Nazi Oppression. e n Exiltheater F r e u n d , Ernst, Mediziner, Chemiker, * 1 5 . 1 2 . 1 8 6 3 Wien, t 2 . 6 . 1946 London. F. studierte in Wien Medizin, wurde 1888 promoviert und wandte sich der Biochemie zu. 1891 wurde er Vorstand des Chemischen Laboratoriums am Rudolfinum in Wien und 1914 ohne Habilitation zum a. o . P r o f . ernannt. Seit 1933 im Ruhestand, setzte F. seine Forschungen in Linz an der Pearson-Stiftung fort. Als die Stiftung 1938 nach London verlegt wurde, emigrierten F. und einige seiner Mitarbeiter nach Großbritannien. Große Verdienste erwarb sich F. durch seine Arbeiten über die Blutgerinnung und später vor allem als Pionier der Krebsforschung. Er veröffentlichte u. a. Biochemische Grundlagen der Disposition für Karzinom (mit Gisa Kaminer, 1925), Gelenkerkrankungen. Einführung in die Pathologie und Therapie (1929) und Differentialdiagnostik der inneren Krankheiten des Bewegungsapparates (1929). CD Ärzte 2, 3 F r e u n d , Friedrich (Theodor), Staatsbeamter, * 2 9 . 1 1 . 1861 Breslau, t 2 3 . 2 . 1924 Berlin. Als Sohn eines Medizinprofessors studierte F. seit 1879 in Straßburg, Bonn und Berlin die Rechte und wurde 1882 zum Dr. jur. promoviert. 1887 trat er als Regierungsassessor in die Verwaltung Elsaß-Lothringens ein, wurde 1893 in Koblenz Regierungsrat und wechselte 1898 in das Innenministerium nach Berlin; 1911 wurde er Ministerialdirektor und noch vor der Revolution 1918 Staatssekretär. Wegen seiner republiktreuen Haltung und der Zugehörigkeit zur Deutschen Demokratischen Partei wurde F. von rechten Kreisen angefeindet. Aber sozialdemokratische Politiker, vor allem der mit ihm seit Breslauer Jugendtagen bekannte Wolfgang —> Heine und Carl —> Severing hielten an F. fest. F r e u n d , Gerhard, österr. Journalist, * 5 . 9 . 1 9 2 5 Wien, t 2 9 . 5 . 1 9 7 9 Wien. Nach der Schauspielprüfung erhielt F. ein Engagement in Baden bei Wien und arbeitete zugleich als literarischer Übersetzer. Von einem Auslandsstudium an der Harvard University zurückgekehrt, wurde er Mitarbeiter beim R u n d f u n k sender Rot-Weiß-Rot und erwarb sich 1957-67 als Direktor des Osterreichischen Fernsehens Verdienste um dessen A u f bau und Entwicklung. 1967 ging F. als Geschäftsführer zur M ü n c h n e r Fernsehgesellschaft „Intertel", wurde 1974 Direktor der Wiener Stadthalle und übernahm 1976 gleichzeitig die Leitung der Wiener Festwochen. F r e u n d , Gisèle, Pseud. John Anderson, Photographin, Soziologin, * 1 9 . 1 2 . 1 9 0 8 ( 1 9 1 2 ? ) Berlin, t 3 1 . 3 . 2 0 0 0 Paris. F., die Uber ihren Vater, den Unternehmer und Kunstsammler Julius F., als Kind M a x —> Liebermann und Käthe - » K o l l w i t z kennengelernt hatte, studierte seit 1931 Soziologie und Kunstgeschichte in Freiburg/Breisgau und F r a n k f u r t / M a i n bei Max —» Horkheimer und Theodor W. —> Adorno. Im sozialistischen Studentenbund engagierte sie sich gegen den Nationalsozialismus und emigrierte 1933 nach Paris. 1936 promoviert (La photographie en France au XIXe siècle), fand sie Arbeit als Photojournalistin f ü r Magazine wie „LIFE", „Vu" und „Paris Match". Sie machte sich besonders mit Künstler- und Intellektuellen-Porträts einen Namen, etwa von Walter —> Benjamin, Jean Cocteau, James Joyce und Virginia Woolf. 1940 floh F. nach Südfrankreich, 1942 nach Argentinien, wo sie als Reporterin und Regieassistentin tätig war. Nach d e m Zweiten Weltkrieg nach Frankreich zurückgekehrt, gehörte sie 1947-54 der Photographen-Agentur M a g n u m an. F. gilt als Erneuerin

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der Porträtphotographie; ihre blaßfarbigen A u f n a h m e n zeigen die ungekünstelte, persönliche Begegnung mit ihren M o dellen. Sie nahm auch zahlreiche Reportagen in Südamerika auf, u . a . 1950 über Evita Perón. Daneben leistete F. mit ihrem Buch Photographie und Gesellschaft (1974, zuletzt 1997) einen wichtigen Beitrag zur Sozialgeschichte der Photographie. 1970 erschien ihre Autobiographie Le monde et ma caméra; 1977 Mémoires de l'oeil. F. erhielt zahlreiche Auszeichnungen, so 1978 den Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Photographie und 1980 den Grand Prix National des Arts. CD A K L F r e u n d , (Joachim) Hellmut, Lektor, Journalist, * 1 2 . 9 . 1 9 1 9 Berlin, t 2 9 . 2 . 2 0 0 4 F r a n k f u r t / M a i n . Der Sohn eines Redakteurs emigrierte 1939 mit seiner Familie nach Montevideo, studierte Musikwissenschaft, war Sekretär des Dirigenten Fritz —» Busch, Programmdirektor und Kommentator bei Radio Ariel sowie Kritiker und Kulturredakteur bei der Zeitung „Acción". 1960 kehrte er nach Deutschland zurück und wurde Lektor im S. Fischer Verlag (Frankfurt), w o er neben Rudolf —> Hirsch und Günther —> Busch das Profil des Verlags entscheidend mitprägte. F. gab u. a. die Anthologie Der goldene Schnitt. Große Erzähler im S. Fischer Verlag (1964), die Z w e i g - S a m m l u n g Eine Auslese (1968) und den Bildband Bilder aus dem S.-FischerVerlag 1915-1934 (1970) heraus. F r e u n d , Ismar, Jurist, Historiker, Politiker, * 11.8. 1876 Breslau, t 2 1 . 2 . 1 9 5 6 Jerusalem. Der aus einer K a u f m a n n s f a m i l i e stammende F. studierte in Breslau Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft (Promotion 1899), am Jüdisch-Theologischen Seminar Religionsgeschichte und Philosophie. 1902 trat er in den Dienst der jüdischen G e m e i n d e in Berlin, deren hauptamtliches Vorstandsmitglied er 1920 wurde, und unterrichtete seit 1905 zudem Staatskirchenrecht und Rechtsgeschichte an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums. 1922 gründete er den Engeren Rat des Preußischen Landesverbandes jüdischer Gemeinden und war seit 1927 Mitglied der Jewish Agency und Berater f ü r jüdische Angelegenheiten im Preußischen Kultusministerium. F. setzte sich früh für eine einheitliche Organisation der deutschen Juden ein. Seine Publikationen beschäftigen sich vor allem mit rechtsgeschichtlichen Themen (u. a. Die Emanzipation der Juden in Preußen, 2 Bde., 1912). Im N o v e m b e r 1938 kam er in das Konzentrationslager Buchenwald, konnte jedoch 1939 nach Palästina emigrieren, w o er nach Gründung des Staates Israel als Berater des Justizministeriums tätig war. DP Lex dt-jüd Autoren F r e u n d , Julius, Schriftsteller, Librettist, * 8. 12. 1862 Breslau, t 6. 1.1914 Partenkirchen (heute zu GarmischPartenkirchen). Der Lehrerssohn absolvierte das Wiener Konservatorium und bekam ein Engagement am Burgtheater. Er wechselte bald darauf nach Berlin, wo er neben der Schauspielerei auch journalistisch tätig war. Als Hausdichter des Berliner Metropoltheaters schuf er die „Berliner Revue". Bekannt wurde er mit Revuen wie Neuestes, Allerneuestes (1904), Auf ins Metropol (1905) und Der Teufel lacht dazu (1906). Ferner wirkte F. an mehreren Operetten mit. CD Wininger F r e u n d , Julius Conrad, Maschinenbauer, Industrieller, * 11.6. 1801 Uthlede/Weser, t 18.7. 1877 Berlin. F., dessen Vater als Schmied, später als Tierarzt tätig war, trat 1816 als Lehrling in die Dampfmaschinenfabrik seines Bruders Georg Christian ein. Nach dessen f r ü h e m Tod 1819 übernahm er die Leitung des Betriebs, den er dank seiner technischen und kaufmännischen Fähigkeiten bald ausweiten konnte. F. verbesserte die Konstruktion der D a m p f m a s c h i nen, die dadurch erheblich wirtschaftlicher arbeiteten. 1838 kam eine eigene Kesselschmiede und Eisengießerei hinzu.

Freund 1871 w u r d e das e r f o l g r e i c h e U n t e r n e h m e n in e i n e A k t i e n g e s e l l s c h a f t u m g e w a n d e l t , und F. schied aus der L e i t u n g aus. CD N D B F r e u n d , Leopold, Radiologe, * 4 . 4 . 1 8 6 8 Miskowitz ( B ö h m e n ) , f 7. 1 . 1 9 4 3 Brüssel. F., S o h n e i n e s F a b r i k d i r e k t o r s , studierte in W i e n M e d i z i n und w u r d e 1895 p r o m o v i e r t . 1 8 9 9 - 1 9 1 3 w a r er Assistent, 1913-20 L a b o r a t o r i u m s l e i t e r einer W i e n e r H a u t k l i n i k . 1904 m i t einer Arbeit ü b e r m e d i z i n i s c h e R a d i o l o g i e habilitiert, w u r d e er 1914 a. o. P r o f e s s o r . F. b e g r ü n d e t e d i e t h e r a p e u tische A n w e n d u n g von R ö n t g e n s t r a h l e n u n d arbeitete dam i t z u n ä c h s t i m B e r e i c h von h a r t n ä c k i g e n H a u t k r a n k h e i ten, später u. a. a u c h bei K n o c h e n - und H o d e n t u b e r k u l o s e s o w i e bei der chirurgischen V o r b e h a n d l u n g . Er e n t d e c k t e die k u m u l a t i v e W i r k u n g der Strahlen und e m p f a h l als erster d i e s o g e n a n n t e harte R ö n t g e n r ö h r e . S e i n e U n t e r s u c h u n gen liegen in rund 3 5 0 P u b l i k a t i o n e n vor (u. a. Grundriß der gesamten Radiotherapie für praktische Arzte, 1903; Die radiologische Fremdkörperlokalisation bei Kriegsverwundeten, 1916). 1937 z u m H o f r a t e r n a n n t , e m i g r i e r t e F. im folg e n d e n J a h r nach Brüssel. DP Ä r z t e 2, 3

Freund, Ludwig, Politikwissenschaftler, * 22.5. 1898 M ü l h e i m / R u h r , f 1.9. 1970 H a n n o v e r . D e r aus einer K a u f m a n n s f a m i l i e s t a m m e n d e F. studierte n a c h d e r T e i l n a h m e a m Ersten Weltkrieg 1919-21 P h i l o s o p h i e in G ö t t i n g e n , H e i d e l b e r g , M ü n c h e n und Leipzig, w u r d e 1922 p r o m o v i e r t ( D a s Anrecht des psychologistischen sowie des antipsychologistischen Standpunktes in Erkenntnistheorie und Logik) und w a r seit 1924 S y n d i k u s des C e n t r a i Vereins d e u t s c h e r S t a a t s b ü r g e r j ü d i s c h e n G l a u b e n s , z u n ä c h s t i m L a n d e s v e r b a n d B a d e n in Karlsruhe, seit 1930 i m L a n d e s v e r b a n d B a y e r n in M ü n c h e n . 1930-34 arbeitete er als B u n d e s g e s c h ä f t s f ü h r e r f ü r den R e i c h s b u n d J ü d i s c h e r F r o n t s o l d a ten u n d w a r gleichzeitig C h e f r e d a k t e u r der V e r b a n d s z e i t u n g „ D e r S c h i l d " . Seit 1933 Vorstandsmitglied d e s K u l t u r b u n d e s D e u t s c h e r J u d e n , w a n d t e sich F. zunächst mit illegalen A k t i o n e n g e g e n das nationalsozialistische R e g i m e und emigrierte 1934 in d i e U S A . 1936 w u r d e er A s s i s t e n t a m Institut f ü r W i r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t e n der C o l u m b i a University in N e w York, 1937 P r o f . f ü r S o z i o l o g i e und p o l i t i s c h e W i s s e n s c h a f t a m R i p o n C o l l e g e ( R i p o n , W i s c o n s i n ) . 1942 in die U S - A r m y eingetreten, w u r d e F. 1944 S o n d e r b e r a t e r im N a c h r i c h t e n d i e n s t . 1945 k e h r t e er z u n ä c h s t auf seinen L e h r stuhl a m R i p o n C o l l e g e zurück, hatte 1947-59 d i e P r o f e s s u r f ü r politische W i s s e n s c h a f t an der R o o s e v e l t University C h i c a g o inne u n d lehrte seit 1951 als G a s t p r o f e s s o r u . a . an der U n i v . E r l a n g e n u n d der H o c h s c h u l e f ü r politische W i s s e n s c h a f t in M ü n c h e n . Seit 1959 lebte er in H a n n o v e r . F. verö f f e n t l i c h t e u. a. Am Ende der Philosophie. Ein kritisches Wort an die Zeit und ihre Philosophen (1930), Politik und Ethik. Möglichkeiten und Grenzen ihrer Synthese (1955) und Politische Waffen. Grundkonzeption der westlichen Verteidigungsstrategie (1966). • • L e x dt-jUd A u t o r e n F r e u n d , M a r t i n , C h e m i k e r , * 1 8 . 3 . 1863 N e i s s e (Schlesien), t 1 3 . 3 . 1 9 2 0 F r a n k f u r t / M a i n . N a c h d e m S t u d i u m der C h e m i e in Breslau und Berlin w u r d e F. 1884 mit der Arbeit Beitrag zur Kenntniss der Malonsäure p r o m o v i e r t und arbeitete 1888-93 als A s s i s t e n t a m P h a r m a k o l o g i s c h e n Institut Berlin. Gleichzeitig n a h m er e i n e Priv a t d o z e n t u r w a h r . Seit 1896 als D o z e n t und D i r e k t o r eines c h e m i s c h e n Instituts in F r a n k f u r t / M a i n tätig, w a r F. M i t b e g r ü n d e r der dortigen Univ., mit deren E r ö f f n u n g 1914 er o . P r o f . und D i r e k t o r d e s C h e m i s c h e n Universitätsinstituts w u r d e . Sein L e b e n s w e r k w a r die E r f o r s c h u n g der A l k a loide. F. v e r ö f f e n t l i c h t e u. a. Stypticin, ein neues Hämostaticum ( 1 8 9 9 ) und Über das Berberin (1912). DP W i n i n g e r

F r e u n d , M a r y a , S ä n g e r i n , * 1 2 . 1 2 . 1876 B r e s l a u , t 2 1 . 5 . 1 9 6 6 Paris. Ihren u r s p r ü n g l i c h e n W u n s c h , Violinistin zu w e r d e n , g a b F. bald z u g u n s t e n einer G e s a n g s a u s b i l d u n g bei Julius - » S t o c k h a u s e n und R a i m u n d von —>Zur M ü h l e n auf. 1909 debütierte sie u n d e n t w i c k e l t e sich zu einer h e r a u s r a g e n d e n Interpretin des z e i t g e n ö s s i s c h e n Liedes. W i e k a u m e i n e a n d e r e S ä n g e r i n war sie m i t den K o m p o s i t i o n e n A r n o l d —> S c h ö n b e r g s vertraut, sie trug 1912 den Pierrot lunaire und 1913 seine Gurre-Lieder vor. F e r n e r sang F. K o m p o s i t i o n e n von D a r i u s M i l h a u d , Sergej P r o k o f j e w und G e o r g e s A u r i c . D i e Sopranistin hielt l a n g e J a h r e G e s a n g s k u r s e in Paris a b und leitete z e i t w e i s e e i n e M e i s t e r k l a s s e a m K o n s e r v a t o r i u m in L a u s a n n e . EP K u t s c h F r e u n d , M i c h a e l , Historiker, Politologe, * 18. 1 . 1 9 0 2 W e i l h e i m ( O b e r b a y e r n ) , t 1 5 . 6 . 1972 Kiel. N a c h d e m S t u d i u m d e r G e s c h i c h t e , das er mit der P r o m o tion a b s c h l o ß , w a r F. an der D e u t s c h e n H o c h s c h u l e f ü r Politik in Berlin tätig. 1938 habilitierte er sich in Freiburg f ü r w e s t e u r o p ä i s c h e G e s c h i c h t e , w u r d e j e d o c h bald d a n a c h a u s politischen G r ü n d e n entlassen. 1945 k o n n t e er seine H o c h s c h u l l a u f b a h n fortsetzen, w a r 1951-58 M i t h e r a u s g e b e r der Z e i t s c h r i f t „ D i e G e g e n w a r t " und erhielt 1951 in Kiel einen Lehrstuhl f ü r W i s s e n s c h a f t und G e s c h i c h t e der Politik. F. w a r M i t h e r a u s g e b e r der R e i h e „ W e l t g e s c h i c h t e der G e g e n wart in D o k u m e n t e n " und g a b e i n e Geschichte des Zweiten Weltkrieges in Dokumenten (3 Bde., 1953-56) heraus. DP M u n z i n g e r F r e u n d , Richard, Jurist, * 30. 1. 1859 Gleiwitz, t 2 . 7 . 1941 Berlin. F. studierte in B r e s l a u u n d L e i p z i g J u r a und w u r d e 1880 p r o m o v i e r t . 1883 z u n ä c h s t in der K o m m u n a l v e r w a l t u n g von L ü b e c k tätig, seit 1884 in Berlin, war er 1 8 9 2 - 1 9 2 3 Vorsitz e n d e r der L a n d e s v e r s i c h e r u n g s a n s t a l t Berlin. D e r G e h e i m e R e g i e r u n g s r a t v e r f a ß t e einige A u f s ä t z e und A b h a n d l u n g e n ü b e r d a s Sozialrecht ( u . a . Armenpflege und Arbeiterversicherung, 1895). DP R e i c h s h a n d b u c h F r e u n d , R u d o l f Ernst, N a t i o n a l ö k o n o m , * 2 1 . 5 . 1901 P f o r z h e i m , t 1955 R a l e i g h (North Carolina, U S A ) . F. Schloß das S t u d i u m d e r N a t i o n a l ö k o n o m i e 1924 in Heid e l b e r g mit der P r o m o t i o n bei E d g a r —» Salin a b (Die Genfer Protokolle) u n d w u r d e 1926 Assistent a m Institut f ü r Weltw i r t s c h a f t ( I f W ) in Kiel. 1 9 2 9 / 3 0 a m B u r e a u of Agricultural E c o n o m i c s in W a s h i n g t o n , D . C . , tätig, k e h r t e er an d a s I f W n a c h Kiel z u r ü c k und w u r d e dort 1932 R e p e t e n t . 1933 weg e n seiner j ü d i s c h e n H e r k u n f t beurlaubt, emigrierte E. 1934 nach S c h w e d e n und n a c h einer F o r s c h u n g s t ä t i g k e i t an d e r H a n d e l s h o c h s c h u l e S t o c k h o l m 1939 in die U S A . Er w u r d e Prof. an der University of Virginia und g i n g 1946 als P r o f e s sor of Agricultural E c o n o m i c s an d a s N o r t h C a r o l i n a State C o l l e g e (später N o r t h C a r o l i n a State University) in R a l e i g h . F. b e s c h ä f t i g t e sich u. a. mit d e m S t r u k t u r w a n d e l der Weiz e n w i r t s c h a f t , mit A g r a r g e s c h i c h t e und -politik s o w i e mit finanziellen A s p e k t e n der A g r a r w i r t s c h a f t . CD H a g e m a n n F r e u n d , Walther, Pädiater, * 2 8 . 2 . 1874 Breslau, t 11.5.1952 Freiburg/Breisgau. N a c h M e d i z i n s t u d i u m u . a . in F r e i b u r g / B r e i s g a u und B r e s lau ( P r o m o t i o n 1898, Chlor und Stickstoff im Säuglingsorganismus) u n d praktischer A u s b i l d u n g an der Universitäts-Kinderklinik B r e s l a u s o w i e v e r m u t l i c h bei Heinrich —> Finkelstein a m Städtischen Kinderasyl und W a i s e n h a u s in Berlin w a r F. 1 9 0 2 - 3 4 als leitender A r z t a m Städtischen S ä u g l i n g s h e i m und K i n d e r o b d a c h Breslau tätig. D a n e b e n n a h m er einen L e h r a u f t r a g f ü r K i n d e r h e i l k u n d e an der O s t d e u t s c h e n S o z i a l h y g i e n i s c h e n A k a d e m i e w a h r . 1932 w u r d e F. Vorsitzender, 1933 stellvertretender Vorsitzender der D e u t s c h e n G e s e l l s c h a f t f ü r K i n d e r h e i l k u n d e ( D G f K ) .

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Freund 1933 zum Rücktritt aus d e m Vorstand der D G f K gezwungen und 1934 zwangspensioniert, praktizierte F. in einer Breslauer Privatpraxis und ging 1936 nach Freiburg/Breisgau. 1940 in das Lager Gurs (Südfrankreich), später in die Internierungslager C a m p Les Milles bei Aix und Rivesaltes verbracht, gelang ihm 1943 die Flucht in die Schweiz. Seit 1949 in Chicago, kehrte F. 1950 nach Freiburg zurück. Cd Seidler F r e u n d , Wilhelm, Klassischer Philologe, * 2 7 . 1 . 1 8 0 6 Kempen (Posen), t 4 . 6 . 1 8 9 4 Breslau. F., Sohn eines Krankenpflegers, studierte Klassische Philologie in Berlin, Breslau und Halle und wurde 1827 promoviert. Seit 1828 war er vorwiegend als Lehrer tätig, zunächst in Breslau, 1845-51 im schlesischen Hirschberg, nach ausgedehnten Reisen 1855-70 in Gleiwitz. Seine Wörterbücher der lateinischen und griechischen Sprache waren verbreitet. F. veröffentlichte ferner Werke zur Judenfrage in Deutschland, besonders in Preußen. Er übersetzte griechische und lateinische Klassiker, die er unter dem Titel Wanderungen auf klassischem Boden in fünf Heften (1889-91) herausgab. CO Lex dt-jüd Autoren F r e u n d , Wilhelm Alexander, Gynäkologe, * 2 6 . 8 . 1 8 3 3 Krappitz (Oberschlesien), + 2 4 . 1 2 . 1917 Berlin. Der Sohn eines Arztes studierte in Breslau Medizin, wurde 1855 promoviert (De indicationibus venaesectionis rationalibus) und ließ sich dort als Privatdozent nieder. Gleichzeitig eröffnete er eine Praxis als Frauenarzt. Seit 1860 habilitiert, wurde F. 1873 a. o . P r o f . in Breslau, 1878 o . P r o f . und Direktor der Frauenklinik in Straßburg. Er spezialisierte sich auf die Geburtshilfe, worüber er zahlreiche Abhandlungen verfaßte. Seine Operationsmethode bei Gebärmutterkrebs wurde als „Freundsche Operation" bekannt. Nach seiner Emeritierung 1901 ließ er sich in Berlin nieder, wo er auch mit schöngeistiger Literatur in Erscheinung trat. F. veröffentlichte u . a . Blicke in's Culturleben (1879), Gynäkologische Klinik (1885) und Über Akromegalie (1888); seine Autobiographie Leben und Arbeit erschien 1913. OD Ärzte Schlesien F r e u n d l i c h , Elisabeth, Pseud. Elisabeth Lanzer, österr. Schriftstellerin, Journalistin, * 2 1 . 7 . 1 9 0 6 Wien, t 2 5 . 1 . 2 0 0 1 Wien. F., jüdischer Herkunft und Tochter eines Juristen und aktiven Sozialdemokraten, studierte seit 1927 in Wien und Paris Germanistik, Romanistik, Theaterwissenschaften und Kunstgeschichte und wurde 1931 mit der Arbeit Die Bühnenidee bei Clemens von Brentano promoviert. Anschließend arbeitete sie als Dramaturgin und Regisseurin in Wien und Berlin (u.a. bei Georg Wilhelm —>Pabst) und schrieb u . a . für „Die Wiener Weltbühne". 1938 emigrierte F. über Zürich nach Paris, wo sie zu den Gründern der Liga für das geistige Österreich (Ligue de l'Autriche Vivante) gehörte. 1940 floh sie Uber Spanien und Portugal in die U S A , studierte Bibliothekswissenschaft an der Columbia University in N e w York, war als Bibliothekarin und Lektorin f ü r Deutsch tätig, u. a. an der Princeton University, und kehrte 1950 nach der Heirat mit Günther —> Anders nach Wien zurück. Als Journalistin war sie in den folgenden Jahrzehnten u. a. für die „Frankfurter Hefte", in denen sie Beiträge über NS-Prozesse in Deutschland und Österreich veröffentlichte, für den „Mannheimer M o r g e n " und verschiedene Rundfunkanstalten tätig. Als Übersetzerin galt ihr besonderes Interesse den Werken von Joseph Conrad, Sean O ' C a s e y und John A. Williams. F.s eigene schriftstellerischen Arbeiten, die zum größten Teil in der Zeit ihres Exils entstanden waren und die NS-Zeit, Exil und Widerstand zum T h e m a haben, wurden vielfach erst seit den achtziger Jahren publiziert (u. a. Die Ermordung einer Stadt namens Stanislau, Der Seelenvogel und Finstere

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Zeiten, alle 1986). Der Band Die fahrenden Jahre. Erinnerungen (1992) enthält eine autobiographische Beschreibung ihrer Exilzeit. t u Spalek 3,1 F r e u n d l i c h , E m m y , geb. Kögler, Politikerin, * 2 5 . 6 . 1 8 7 8 Aussig (Böhmen), f 17.3. 1948 Riverside Chapel (New York, USA). F., deren Vater Bürgermeister von Aussig war, Schloß sich 1911 der Genossenschaftsbewegung und der Sozialdemokratischen Partei in Wien an. Sie war Mitbegründerin der genossenschaftlichen Frauenorganisation und gehörte seit 1919 dem österr. Nationalrat und d e m Wiener Gemeinderat an. 1919-34 war F. im Bundesministerium für Volksernährung tätig. 1921 wurde sie Präsidentin der Internationalen Genossenschaftlichen Frauengilde. Als Vorkämpferin der Frauenbewegung verfaßte sie zahlreiche Artikel und Bücher (u. a. Die Frau in der Genossenschaftsbewegung, 1926). 1934 wurde F. aus politischen Gründen verhaftet, aufgrund ausländischer Intervention jedoch wieder freigelassen. 1939 emgirierte sie nach London, 1947 nach N e w York. Ein Jahr zuvor war sie in ihrem A m t als Präsidentin der Internationalen Genossenschaftlichen Frauengilde bestätigt worden. m

B H d E , Bd 1

F r e u n d l i c h , Erwin Finlay, Astrophysiker, * 2 9 . 5 . 1 8 8 5 B i e b r i c h / R h e i n , t 2 5 . 7 . 1964 Wiesbaden. F., Sohn eines Fabrikdirektors und Bruder Herbert M a x Finlay - » F.s, studierte Mathematik, Physik und Astronomie in Leipzig und Göttingen, wo er 1910 mit der Arbeit Analytische Funktionen mit beliebig vorgeschriebenem unendlichblättrigem Existenzbereiche promoviert wurde. 1910-17 arbeitete er als Assistent an der Universitäts-Sternwarte Berlin und wechselte 1920 an das Astrophysikalische Observatorium in Potsdam, dessen Direktor er 1921-33 war. Seine Untersuchungen galten vorwiegend der experimentellen Überprüfung der Einsteinschen Theorie von der Ablenkung des Lichts durch die Schwerkraft, teilweise in Z u s a m menarbeit mit Albert —»Einstein. 1933 wurde F. entlassen. Er emigrierte zunächst in die Türkei, 1937 in die C S R und 1939 nach Großbritannien. Zwanzig Jahre später kehrte er nach Deutschland zurück. F. veröffentlichte u . a . Die Grundlagen der Einsteinschen Gravitationstheorie (1917), Relativitätstheorie (1920), Das Turmteleskop der Einstein-Stiftung (1927), Cosmology (1951) und Über die Rotverschiebung der Spektrallinien (1953). F r e u n d l i c h , Herbert Max Finlay, Chemiker, * 2 8 . 1 . 1880 Berlin, t 3 1 . 3 . 1941 Minneapolis (Minnesota, USA). Der ältere Bruder Erwin Finlay - » F.s studierte in München und Leipzig, wo er 1903 mit der Dissertation Über das Ausfällen kolloidaler Lösungen durch Elektrolyte promoviert wurde. Als Schüler des Chemikers Wilhelm —» Ostwald habilitierte er sich 1906 mit der Arbeit Über die Adsorption in Lösungen und wurde 1911 als Prof. der physikalischen Chemie und der anorganischen Technologie an die T H Braunschweig berufen. 1916 wechselte er an das KaiserWilhelm-Institut für physikalische C h e m i e nach Berlin, dessen stellvertretender Direktor er 1919 wurde. Seit 1923 war F. Prof. an der Univ. Berlin sowie seit 1925 an der T H Berlin-Charlottenburg (bis 1933). 1932 wurde F. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. Er emigrierte zunächst nach London, w o er eine Gastprofessur innehatte, und ging 1938 als Prof. an die Univ. von Minnesota. Seine Verdienste liegen vor allem auf d e m Gebiet der Kapillarchemie (Kapillarchemie und Physiologie, 1907). F. befaßte sich ferner u. a. mit der Adsorption (Freundlichsche Adsorptionsisotherme) und mit elektrokinetischen Untersuchungen. F. war seit 1938 Ehrenmitglied der Chemical Society und seit 1939 Mitglied der Royal Society. Zu sei-

Frey nen Veröffentlichungen gehören ferner Kolloidchemie und Biologie (1924), Grundzüge der Kolloidlehre (1924) und Thixotropy (1935). DD B H d E , Bd 2

Freundlich,

Otto, Maler, Bildhauer, * 1 0 . 7 . 1 8 7 8 Stolp (Pommern), t 9 . 3 . 1 9 4 3 Majdanek. F., jüdischer A b s t a m m u n g , wurde von den Pflegeeltern im protestantischen Glauben erzogen, erhielt eine kaufmännische Ausbildung und studierte kurzzeitig Zahnmedizin, dann Kunstgeschichte in München. Als Klavierspieler beschäftigte er sich auch mit Musiktheorie. 1907 hielt er sich in Florenz auf, wandte sich der Malerei und Plastik zu und kam 1 9 0 8 / 0 9 in Paris mit der Avantgarde um Pablo Picasso und Georges Braque in Kontakt. Bis 1914 arbeitete er in Paris, w o seine ersten abstrakten Konstruktionen entstanden. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg war er bis 1924 in Köln ansässig, arbeitete für die Dada-Zeitschriften „Der Ventilator" und „Bulletin D " und lebte danach wieder in Frankreich. Dort wurden 1932-35 seine Werke in verschiedenen Ausstellungen gezeigt. 1 9 3 9 / 4 0 war F. in verschiedenen französischen Lagern interniert, konnte in die Pyrenäen entfliehen, wurde aber drei Jahre später gefaßt und in das Konzentrationslager M a j d a n e k bei Lublin verschleppt, w o er am Tag der Einlieferung starb. Seine Bilder bestehen vorwiegend aus geometrischen, farblich differenzierten Feldern, seine Plastiken sind meist monumental und abstrakt gehalten. m AKL

Freundorfer,

Joseph, auch Josef F., kath. Theologe, Bischof von Augsburg, * 3 1 . 8 . 1 8 9 4 B i s c h o f s m a i s / B a y e r i scher Wald, t Π . 4 . 1963 Augsburg. F. studierte Theologie in Passau, München und am Päpstlichen Bibelinstitut in R o m . 1920 zum Priester geweiht, wurde er 1926 promoviert; zwei Jahre später habilitierte er sich. 1928-30 war er als Privatdozent f ü r neutestamentliche Exegese an der Univ. München tätig, bevor er 1930 als Prof. an die Philosophisch-Theologische Hochschule Passau wechselte, deren Rektor er seit 1947 war. 1949 zum Päpstlichen Hausprälaten ernannt, wurde F. im selben Jahr Bischof von Augsburg. Er unterstützte vor allem den Ausbau des sozialen Wohnbaus. Seit 1930 war F. Herausgeber der „Biblischen Zeitschrift". Er veröffentlichte u . a . Erbsünde und Erbtod beim Apostel Paulus (1929). DP Gatz 5

Freundt,

Cornelius, auch Freund, Pseud. Bonamicus, Kantor, Komponist, * um 1535 Plauen, begraben 2 6 . 8 . 1 5 9 1 Zwickau. Zunächst als Kantor im sächsischen Borna tätig, wurde F. 1565 nach Zwickau berufen, wo er sowohl als Kantor an St. Marien wie auch als Lehrer der ehemals berühmten Zwickauer Ratsschule wirkte. Als Komponist vorwiegend geistlicher Lieder erlangte F. nur lokale Bedeutung, während er als Sammler und Mitverfasser von Texten und Sätzen seines Weihnachtsliederbuches (neu hrsg. von Diethard Hellmann, 1954) bis heute geschätzt wird. DD M G G

Freundt,

Leopold, auch Freund, Frynd, Orgelbauer, * um 1640 Passau, t 1727 Passau. Der aus einer angesehenen Passauer Orgelbauerfamilie stamm e n d e F. erlernte in der Familienwerkstatt sein Handwerk. 1678 übernahm er den florierenden Betrieb und leitete ihn bis zu seinem Tod. Vom Stil her dem Hochbarock verpflichtet, zählt die 1688 fertiggestellte Domorgel von Passau zu F.s Meisterwerken. CD M G G

Frey,

(Gustav) Adolf, schweizer. Schriftsteller, Germanist, * 1 8 . 2 . 1 8 5 5 R o m b a c h bei Aarau, t 12.2. 1920 Zürich. Der Sohn des Schriftstellers Jakob —>F. und Bruder von Alfred und Emil (geb. 1856) - » F . studierte 1875-78 Germanistik und Kunstgeschichte in Bern und Zürich, nach der

Promotion mit einer Arbeit über Albrecht von Hallers poetische Sprache (1878) seit 1879 in Leipzig und Berlin. 1882 in Zürich habilitiert, wurde er Deutschlehrer an der Kantonsschule in Aarau und war von 1898 bis zu seinem Tod Ordinarius für deutsche Literaturgeschichte an der Univ. Zürich. F. gab die Werke seines Vaters heraus; er schrieb einige Malerbiographien (u.a. über Arnold —>Böcklin und Ferdinand —>Hodler) sowie Biographien der mit ihm befreundeten Gottfried —> Keller und Conrad Ferdinand —» Meyer, mehrere Lyrikbände und Mundartdichtungen sowie zwei historische R o m a n e (u.a. Die Jungfer von Wattenwyl, 1912, 3 1912, Nachdr. 1944). Im Stil d e m psychologischen Realismus verhaftet, gab sich F. häufig betont vaterländisch in seiner Verherrlichung schweizer. Heldentums. CP I G L

Frey,

Alexander Moritz, Schriftsteller, * 2 9 . 3 . 1881 München, t 24. 1.1957 Zürich. F., Sohn des Malers, Galeriedirektors und Professors Wilhelm F., studierte in Heidelberg, Freiburg/Breisgau und München Jura und Philosophie, ohne seine Studien abzuschließen. Seit 1918 war er als freier Schriftsteller in M ü n c h e n ansässig. Während des Ersten Weltkriegs diente er im selben Regiment wie —> Hitler, der ihm später eine Stelle als Feuilletonchef des „Völkischen Beobachters" anbot, was F. jedoch ablehnte. 1933 wurden seine Bücher verboten, er emigrierte zunächst nach Österreich, 1938 in die Schweiz, wo der Freund T h o m a s —> Manns lange Zeit unter ärmlichen Umständen als Rezensent lebte. Erst nach 1945 besserte sich seine Lage, nachdem einige seiner im Exil entstandenen Werke erschienen waren. F. schrieb R o m a n e (Hölle und Himmel, 1945, Neuausg. 1984), Novellen, Märchen und Utopien. Als bizarr, skurril und phantastisch werden viele seiner Geschichten charakterisiert, die häufig mit parodistischen Elementen und hintergründigem H u m o r angereichert sind. Sein dokumentarisch-autobiographischer R o m a n Die Pflasterkästen (1929, Neuaufl. 1984) zählt zu den bedeutenden Antikriegsromanen der Weimarer Republik. CD Killy

Frey,

Alfred, schweizer. Politiker, * 24. 8 . 1 8 5 9 Bern, t 2 2 . 9 . 1924 Zürich. Der Sohn Jakob —> F.s und Bruder von Adolf und Emil (geb. 1856) —> F. absolvierte eine kaufmännische Lehre, bevor er sich seit 1870 in Zürich, Berlin, Leipzig und Paris d e m Studium von Jura und Geschichte zuwandte. 1882 wurde er 1. Sekretär des Schweizerischen Handels- und Industrievereins, 1917 dessen Präsident. Seit 1900 Mitglied des Nationalrats, galt F. als Experte in handels- und zollpolitischen Angelegenheiten. An zahlreichen außenpolitischen Handelsverträgen war er als Unterhändler des schweizer. Bundesrats beteiligt. CD Biogr Lex Aargau

Frey,

Bernhard, Jesuit, Theologe, * 3 0 . 1 1 . 1 6 0 9 oder 1610 Oberstdorf, t 22. 10.1685 München. F. trat 1626 in die Gesellschaft Jesu ein, studierte Philosophie und Theologie, war zunächst als Prof. in Ingolstadt tätig und wurde 1646 Rektor des Kollegs in Luzern. Seit 1652 Prediger in Sulzbach, bewirkte er 1656 die Konversion des Pfalzgrafen Christian August zum kath. Glauben und war dessen Hofbeichtvater und Berater. Er verfaßte zahlreiche Gutachten in kirchenrechtlichen Angelegenheiten. CD L M U

Frey,

Dagobert, Kunsthistoriker, * 2 3 . 4 . 1883 Wien, t 1 3 . 5 . 1 9 6 2 Stuttgart. Der einer Beamtenfamilie entstammende F. studierte an der T H Wien Architektur und wurde 1909 promoviert; 1913 erfolgte die Habilitation. Im selben Jahr bekam er eine Dozentur für Ästhetik an der T H Wien, begann das Studium der Kunstgeschichte, das er 1916 mit einer zweiten Promotion abschloß. Seit 1925 Leiter des Kunsthistorischen Instituts des Bundesdenkmalamtes, war F. mit der Inventari-

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Frey sierung der österr. Kunstdenkmäler und der Herausgabe der „Zeitschrift für Denkmalpflege" beschäftigt. 1921 wurde er a. o. Prof. an der T H Wien, 1931 Ordinarius und Direktor des Kunsthistorischen Instituts an der Univ. Breslau, wo er bis 1945 blieb. Danach kehrte er nach Österreich zurück, war am A u f b a u des Instituts für österr. Kunstforschung des Bundesdenkmalamtes in Wien beteiligt und hatte 1951-53 eine Professur für Kunstgeschichte an der T H Stuttgart inne. F. veröffentlichte u . a . Gotik und Renaissance als Grundlagen der modernen Weltanschauung (1929). DP Metzler Kunsthistoriker

Frey,

Emil, schweizer. Politiker, * 2 4 . 1 0 . 1 8 3 8 Arlesheim (Kt. Basel-Land), f 2 4 . 1 2 . 1922 Arlesheim. F., Sohn Emil Remigius —>F.s, besuchte das Pädagogium Basel ohne Abschluß, studierte seit 1855 Landwirtschaft in Jena und ging 1860 als Siedler nach Nordamerika, w o er sich 1861 als Freiwilliger den Truppen der Nordstaaten anschloß. 1865 kehrte er in die Schweiz zurück, wurde Landschreiber von Baselland, 1866 Regierungsrat und setzte sich als Vertreter der radikalen Linken f ü r Arbeiterschutzgesetze ein. 1872-82 Redakteur und Mitbesitzer der „Basler Nachrichten", war er gleichzeitig Mitglied des Nationalrats (1876 Präsident), trat f ü r eine Revision der B u n desverfassung ein und war seit 1878 erster Präsident der radikal-demokratischen Fraktion in der Bundesversammlung. 1882 wurde F. erster schweizer. Gesandter in den U S A . 1888 kehrte er nach Basel zurück und war Chefredakteur der freisinnig-demokratischen „National-Zeitung". Er wurde 1890 erneut in den Nationalrat und den Bundesrat gewählt. 1891-97 war er Vorsteher des Militärdepartements, 1894 Bundespräsident der Schweiz. Nach seinem Rücktritt hatte er bis 1921 die Direktion der Internationalen TelegraphenUnion in Bern inne. F. veröffentlichte u . a . Die Kriegstaten der Schweizer, dem Volk erzählt (1905). CP Schweiz Bundesräte F r e y , Emil, schweizer. Redakteur, Versicherungsfachmann, * 2 3 . 5 . 1856 Aarau, t 10.2. 1895 Zürich. Der Sohn Jakob —> F.s und Bruder Adolf und Alfred —> F.s war als Kanzlist bei der eidgenössischen Kriegsmaterialverwaltung tätig, bevor er 1877 Mitarbeiter und 1885 Redakteur und administrativer Leiter der „Neuen Zürcher Zeitung" wurde. Als Vizedirektor (seit 1890) und Direktor (seit 1892) der Schweizerischen Rentenanstalt schuf er die Volksversicherung. 1893-95 gehörte F. als Liberaler dem Zürcher Kantonsrat an. DP H L S

Frey,

Emil, schweizer. Musiker, Musikpädagoge, K o m p o nist, * 8 . 4 . 1 8 8 9 Baden (Kt. Aargau), t 2 0 . 5 . 1946 Zürich. Der Sohn eines Klavierlehrers wurde früh als Wunderkind bekannt. Er trat 1902 in das Konservatorium in Genf ein und wechselte zwei Jahre später an das Pariser Konservatorium, wo er das Lehr- und Virtuositätsdiplom erwarb. 1907 siedelte der Pianist nach Berlin über und unternahm Konzertreisen, u . a . nach Rumänien, wo F. zum königlich-rumänischen Hofpianisten ernannt wurde. 1910 gewann er in einem internationalen Wettstreit (Rubinsteinpreis) den großen Kompositionspreis und wurde 1912 zum Prof. am kaiserlich russischen Konservatorium in Moskau ernannt. Dort wirkte er bis zum Ausbruch der Revolution 1917 und kehrte danach in die Schweiz zurück, wo er von 1922 bis zu seinem Lebensende am Zürcher Konservatorium als Leiter der Meisterklasse für Klavier tätig war. Konzertreisen führten ihn bis nach Südamerika. F. veröffentlichte Bewußt gewordenes Klavierspiel und seine technischen Grundlagen (1933). Neben Kompositionen für Klavier entstanden Orchester- und Chorwerke, K a m m e r m u s i k sowie zahlreiche vorwiegend religiöse Lieder. DP M G G

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F r e y , Emil, Versicherungsfachmann, * 6 . 4 . 1904 Kiel, t 2 3 . 3 . 1 9 8 0 Mannheim. F. studierte 1922-25 in Kiel und München Rechtswissenschaften. Seit 1928 bei der Schleswig-Holsteinischen Landesbrandkasse in Kiel tätig, wurde er 1932 Syndikus, 1937 Direktor. Seit 1946 war er freier Wirtschaftsberater, von 1949 an Vorstandsmitglied mehrerer Mannheimer Versicherungsgesellschaften. Ferner hatte er den Vorsitz des Kuratoriums des Max-Planck-Instituts f ü r ausländisches und internationales Privatrecht inne. Seit 1954 war F. Dozent für Versicherungswirtschaft, zunächst an der Wirtschaftshochschule in Mannheim, die ihn 1962 zum Honorarprofessor ernannte, seit 1968 auch an der Univ. F r a n k f u r t / M a i n . F. wurde als Sammler moderner Graphik bekannt. CD Munzinger

Frey,

Emil Karl, Chirurg, * 2 7 . 7 . 1 8 8 8 Kaufbeuren, t 6 . 8 . 1977 G m u n d / T e g e r n s e e . Der aus einer Bankiersfamilie s t a m m e n d e F. studierte in München und Kiel Medizin. Nach der Promotion 1914 (Zur Frage der Entstehung und Behandlung der Fistula ani) wandte er sich der Pathologie und der Inneren Medizin, 1918 der Chirurgie zu; sein Spezialgebiet war zunächst die Behandlung chirurgischer Krankheiten des Brustkorbs. 1924 habilitierte sich der Schüler Ferdinand —> Sauerbruchs in M ü n c h e n und ging 1927 nach Berlin an die Charité. Drei Jahre später erhielt er einen Ruf als o . P r o f . nach Düsseldorf und wurde zu einer Kapazität bei doppelseitigen Eingriffen an den Lungen. 1939 wurde F. Mitlied der N S D A P , nachdem die A u f n a h m e 1933 abgelehnt worden war, weil er sich f ü r das Verbleiben jüdischer Professoren im A m t eingesetzt hatte. 1943 kehrte er als Ordinarius für Chirurgie und Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik nach München zurück, w o er bis zu seiner Emeritierung 1958 tätig war. Große Verdienste erwarb er sich beim Wiederaufbau der im Zweiten Weltkrieg zerstörten M ü n c h n e r Klinik. F. war Entdecker des aus der Bauchspeicheldrüse gewonnenen Wirkstoffs Kallikrein, der zur Behandlung von Bluthochdruck wichtig wurde. Er veröffentlichte u . a . Die Chirurgie des Herzens (1939, 2 1956), Vom Sinn der Wissenschaft aus der Sicht eines Chirurgen (1958), Leistungen und Ergebnisse der neuzeitlichen Chirurgie (1958) und AutoBiographie. Die Geschichte meines Lebens (1988). • P Ärzte 2, 3

Frey,

Emil Remigius, schweizer. Politiker, * 9. 10. 1803 Basel, t 1 7 . 2 . 1 8 8 9 Arlesheim (Kt. Basel-Landschaft). Der Sohn eines Militärs Schloß das Studium der Rechtswissenschaften in Basel, Heidelberg, Göttingen und Paris 1825 mit der Promotion ab und war 1826-31 als Privatdozent an der Univ. Basel tätig. 1831 Mitglied der provisorischen Baselbieter Regierung, zog F. nach Münchenstein. Er war einer der Gründer und Vizepräsident des ersten Verfassungsrats des Kantons Basel-Landschaft. Seit 1835 redigierte er das oppositionelle „Baselbieter Volksblatt". 1832-35, 1841-54 und 1857-62 gehörte F. d e m Obergericht an, war bis 1863 Mitglied aller Verfassungsräte und vertrat zwischen 1833 und 1848 den Kanton mehrfach bei der Tagsatzung. Nach dem Sonderbundskrieg 1 8 4 7 / 4 8 Repräsentant im Wallis, war er 1848-51 Nationalrat, 1854-57 Mitglied der Kantonsregierung und 1864-67 Ständerat. 1878-81 stand er der Basellandschaftlichen Kantonalbank vor. F. war der Vater von Emil —»F. (geb. 1838). OP H L S

Frey,

Erich (Maximilian), Jurist, Schriftsteller, * 16.10. 1882 Breslau, t 3 0 . 3 . 1964 Santiago de Chile. F. studierte Jura und Nationalökonomie in Lausanne, München und Berlin. 1906 wurde er in Berlin zum Dr. jur., 1908 in Heidelberg zum Dr. phil. promoviert. Nach der Referendarzeit ließ er sich in Berlin nieder und wurde einer

Frey der bekanntesten Strafverteidiger der zwanziger Jahre. 1933 emigrierte der aus einer jüdischen Kaufmannsfamilie stammende F. nach Paris, war kurz als Prof. an der Univ. Shanghai tätig und ließ sich 1939 in Chile nieder. Neben juristischen Veröffentlichungen hatte er einige Theaterstücke und Hörspiele geschrieben; er konnte deshalb im Exil für das chilenische Radio arbeiten. Seine Erinnerungen wurden 1959 veröffentlicht unter dem Titel Ich beantrage Freispruch. CD BHdE, Bd 2 Frey, Erik, auch Eric F., österr. Schauspieler, * 1.3.1908 Wien, t 2.9. 1988 Wien. Am Burgtheater in Wien zum Schauspieler ausgebildet, nahm F. zunächst Engagements an Theatern in Bremen, Hamburg, Berlin und Prag an, bevor er 1935 von Max —> Reinhardt an das Theater in der Josefstadt geholt wurde. Dort blieb er bis zu seinem Tod tätig und wurde mit seiner kantigen Art und der unverwechselbaren nasalknarrenden Stimme ein beliebter Kammerschauspieler. Nach 1936 wirkte er auch in zahlreichen Filmen mit. m Czeike Frey, Franz Andreas, kath. Theologe, * 20.7. 1763 Bamberg, t 24.6.1820 Bamberg. Nach dem Studium der Theologie empfing F., Sohn eines fürstbischöflichen Marstallbediensteten, 1787 die Priesterweihe und wurde 1788 zum Lic. theol. und 1798 zum Dr. jur. utr. promoviert. Zunächst als Hofmeister zweier Grafen von Horneck tätig, studierte er gleichzeitig in Bamberg und Würzburg Jura, um sich für das kirchenrechtliche Lehramt vorzubereiten. Seit 1795 hielt er Vorlesungen an der Univ. Bamberg, bis diese 1803 aufgelöst wurde. Danach setzte er seine Lehrtätigkeit für Kirchenrecht, Kirchengeschichte und Dogmatik am dortigen Lyzeum fort. Wegen seines umfangreichen Wissens war er auch ein begehrter Mitarbeiter der Bistumsverwaltung; er wirkte u.a. bei der Vorbereitung des bayerischen Konkordats 1817 mit. F. veröffentlichte u. a. Allgemeines Religions-, Kirchen- und Kirchenstaatsrecht, aus Grundbegriffen entwickelt (1809, 2 1822) und Kritischer Commentar über das Kirchenrecht... für Katholiken und Protestanten (5 Bde., 1812-33). •O NDB Frey, Gottfried (Julius Ottokar), Pseud. Ernst Wolfhart, Mediziner, Beamter, Schriftsteller, * 23.7. 1871 Schwetz/ Weichsel, t 17.9.1952 Garmisch-Partenkirchen. Das Medizinstudium in Freiburg/Breisgau und Berlin Schloß F., Sohn eines Pfarrers, 1893 mit der Promotion ab (Das Angiokeratom) und arbeitete seit 1894 als Assistenzarzt in Westpreußen, seit 1901 als Kreisassistenzarzt in Oberschlesien und war 1906-12 Kreisarzt in Lublinitz (Oberschlesien), 1912-14 in Tarnowitz. Während des Ersten Weltkriegs leitete er in Warschau die Medizinalverwaltung in den besetzten polnischen Gebieten und baute dort einen Grenzseuchenschutz auf. Nach dem Krieg wurde er Medizinalrat in Frankfurt/Oder, 1920 Direktor der Medizinischen Abteilung des Reichsgesundheitsamtes in Berlin und war 1933-37 Leiter der Medizinischen Abteilung im preuß. Ministerium des Innern. Als Experte für Infektionskrankheiten und Gewerbehygiene veröffentlichte er u.a. Gedanken über hygienische Volksbelehrung, ihre Wege und Hilfsmittel (1927, 5 1940 unter dem Titel Hygienische Erziehung im Volksgesundheitsdienst)·, er ist auch als Verfasser von Romanen, Novellen und Gedichten hervorgetreten (Deutschherren, 1936). m

Altpreuß Biogr, Bd 4

Frey, Hedwig, schweizer. Anatomin, Pathologin, * 21. 10. 1877 Zürich, t 24.12. 1938 Braunwald (Kt. Glarus). F., Tochter eines Kaufmanns, erhielt eine Ausbildung als Lehrerin in Zürich, gab danach Privatunterricht und studierte gleichzeitig Anatomie und Anthropologie. 1912 wurde sie

promoviert (Der musculus triceps surae in der Primatenreihe) und Assistentin am Anatomischen Institut der Univ. Zürich. Ihr Lehrer Georg —>Ruge förderte ihre Habilitation (Beitrag zum Umbildungsprozeß des Brustkorbes, 1918), 1924 erhielt F. als erste Frau in der Schweiz eine Professur für Anatomie. Ihr Spezialgebiet lag in der vergleichenden Anatomie der Rumpf- und Extremitätenmuskulatur. Besondere Aufmerksamkeit wandte F. der Vorlesung und den Kursen zu (Über den Unterricht in Anatomie, in: Schweizerische Medizinische Wochenschrift, 1921). t u HLS Frey, (Johann Friedrich) Heinrich (Konrad), Anatom, Zoologe, * 15.6.1822 Frankfurt/Main, t 17.1. 1890 Oberstrass (heute zu Zürich). Als Sechzehnjähriger begann F., Sohn eines Handelsmannes, ein Medizinstudium in Bonn, Berlin und Göttingen, wo er 1846 promoviert wurde (De mysidis flexuosae anatome)·, 1847 folgte dort die Habilitation. Ein Jahr später erhielt er einen Ruf an die Medizinische Fakultät Zürich, wo er 1851 o.Prof. wurde. F. machte sich vor allem als Verfasser erfolgreicher Lehrbücher einen Namen, die in mehreren Sprachen erschienen und zahlreiche Auflagen erlebten (u. a. Das Mikroskop und die mikroskopische Technik, 1863, "1886). Bekannt wurde er auch als Entomologe, insbesondere als Schmetterlingsforscher. Verdienste erwarb er sich zudem durch sein starkes Eintreten für das Frauenstudium. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Lehrbuch der Anatomie der wirbellosen Thiere (mit Rudolph Leuchart, 1847), Die Tineen und Pterophoren der Schweiz (1856), Handbuch der Histologie und Histochemie des Menschen (1866, 5 1876), Grundzüge der Histologie. Zur Einleitung in das Studium derselben (1875, 3 1885) und Die Lepidopteren der Schweiz (1880). DP HLS Frey, Hermann, Verleger, Zeitungswissenschaftler, * 14.3. 1906 Eggingen bei Ulm, t 11. 12.1984 Düsseldorf. F. durchlief einer Schriftsetzerlehre und besuchte die Meisterschule für Buchdrucker in München. Er wurde Druckereifaktor beim „Straubinger Tagblatt", beschäftigte sich neben dem Studium der Volks- und Betriebswirtschaft mit Zeitungswissenschaft und wurde mit der Arbeit Die Anzeige. Entwicklung des Zeitungsinserats in München bis 1807 (1936) promoviert. Nach einer Tätigkeit in einem Berliner Pressebüro trat F. 1937 in das Druck- und Verlagshaus Schwann in Düsseldorf ein, dessen Geschäftsführer er 1948-71 war. Frey, Hugo, Ohrenarzt, * 30.12.1873 Wien, t 1.3. 1951 London. Der aus einer jüdischen Arztfamilie stammende F. studierte in Wien Medizin, wurde 1898 promoviert und habilitierte sich 1906 für Ohrenheilkunde. 1909 wurde er Abeilungsleiter am Kaiser-Franz-Joseph-Ambulatorium. 1911 wurde er als Spezialist für Ohrenleiden auf eine ausgedehnte Vortragsreise in die USA eingeladen, wo er vor allem über die Chirurgie der Erkrankungen des Ohrlabyrinths berichtete. Seit 1921 a.o.Prof. machte F. seine grundlegenden Untersuchungen nicht nur durch seine Lehrtätigkeit publik, sondern auch durch zahlreiche wissenschaftliche Abhandlungen. 1938 emigrierte er nach London. CD Ärzte 2, 3 Frey, Jacob, auch Scharwechter genannt (seit 1553), Dramatiker, * um 1520 Straßburg, t um 29.4. 1562 Maursmünster (Elsaß). F. war 1545-62 als Notar und Stadtschreiber im elsässischen Maursmünster tätig. Berühmt wurde F. durch seine Schwanksammlung Garten Gesellschaft (1557), in der er 129 von ihm stark überarbeitete Schwanke aus anderen Sammlungen veröffentlicht hat. Diese humorvollen, oft pi-

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Frey kanten Genrebilder beschäftigen sich vorwiegend mit d e m rollenwidrigen Verhalten von Geistlichen und Laien, Frauen und Männern; häufig stellen sie auch die sozialen und ideologischen N o r m e n jener Zeit in Frage. CD Killy F r e y , (Johann) Jakob d. Ä „ auch Jacobus F., Giacomo F., schweizer. Kupferstecher, getauft 1 7 . 2 . 1 6 8 1 Hochdorf (Kt. Luzern), t 11. 1.1752 R o m . Durch seinen Vater, einen Bildschnitzer und Wagner, kam F. sowohl zur bildenden Kunst als auch zum Wagnerhandwerk, das er aus Gründen der Existenzsicherung erlernen mußte. Nach 1699 wandte er sich der Stecherkunst zu, reiste 1702 nach R o m und machte sich als Kupferstecher und Radierer bald einen Namen. Seine Spezialität wurde das malerische Radieren. U m 1717 gründete er einen Verlag, in dem er sich erfolgreich auf großformatige Stiche sakraler Kunst spezialisierte. Seine Werke, meistens Kupferstichkopien nach berühmten italienischen Meistern, genossen in Italien und Frankreich einen hohen Ruf. F. betätigte sich auch als Zeichner (Stichvorlagen, zwei Selbstporträts). m AKL F r e y , Jakob, Pseud. J. Reif, F. Kuhn, F. Imhoof, J. Α., schweizer. Schriftsteller, * 1 3 . 5 . 1 8 2 4 Gontenschwil (Kt. Aargau), t 3 0 . 1 2 . 1875 Bern. F. stammte aus einer kinderreichen Bergbauernfamilie und studierte Geschichte, Philosophie und Literatur in Tübingen, M ü n c h e n und Zürich. Nach der Promotion 1849 war er Redakteur bei der Zeitschrift „Der aufrichtige und wohlerfahrene Schweizerbote" in Aarau (1851-56), der „Berner Zeitung" (1856-61), der „Schweizerischen Illustrirten Zeitung" bzw. d e m „Illustrirten Volks-Novellisten" (1861-65) und der Zeitschrift „Die Schweiz" (1865-68). Gleichzeitig verfaßte F. als freier Schriftsteller zahlreiche Novellen und Erzählungen mit ländlicher oder historischer Thematik, in denen es häufig auch um soziale Benachteiligung ging (u. a. Die Waise von Holligen, 1863). Z u s a m m e n mit Eduard —> Dössekel versuchte er die Schweizer Schriftsteller zu einer Vereinigung zu bewegen, was aber 1858 mißlang. F. war der Vater von Adolf, Alfred und Emil - > F . (geb. 1856). m Killy F r e y , Janus Cäcilius (Johannes), Pseud. Samon Failyona, Philosoph, Mediziner, Schriftsteller, * um 1580 Kaiserstuhl (Kt. Aargau), t 1.8. 1631 Paris. Nach dem Studium an der Univ. Paris erhielt F. 1618 am Collegium Montaigu in Paris eine Professur f ü r Philosophie. Durch seine glänzenden Vorträge und sein reiches Wissen erwarb er sich hohes Ansehen. Nachdem F. zudem ein medizinisches Studium 1622 mit der Promotion abschloß, hielt er auch medizinische Vorlesungen. Allerdings gibt es keine Hinweise darauf, daß er als Mediziner praktisch tätig war. F. hat nicht nur zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten (Opera, 1645; Opuscula varia, 1646) abgefaßt, sondern ist auch als Dichter von A n a g r a m m e n u . a . poetischen Spielereien bekannt geworden. Die griechische Philosophie erklärte er als eine Ableitung der Philosophie der Druiden (Philosophia Druidarum). In Via ad divas selenitas artesque, linguarum notitiam, extemporáneos sermones nova et expedita (1628) entwickelt F. eine Art Pädagogik nach den Grundsätzen des Raimundus Lullus. 1631 wurde er Opfer einer Pestepidemie. m

H LS

F r e y , Jean, schweizer. Verleger, * 1 0 . 6 . 1 8 6 1 Huggenberg (Gem. Hofstetten, Kt. Zürich), t 2 6 . 8 . 1 9 5 1 Zürich. Der Sohn eines Kleinbauern erlernte das Druckerhandwerk in Wald (Zürich) und Richterswil, kaufte 1882-84 Druckereien in Aarburg, Zofingen und Thun und gab die „Schweizerische Allgemeine Volks-Zeitung" heraus. 1889 gründete er in Zürich ein Druckerei- und Verlagsunternehmen (seit 1919 Jean Frey AG), in dem u . a . die Zeitschriften „Schweizer Wochen-Zeitung" und „Der Nebelspalter" erschienen. F., der früh auf m o d e r n e Drucktechnologie und Finanzierung

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durch Inserate setzte, gehörte d e m Vorstand des Zeitungsverlegerverbands der Schweiz, dem Vorstand des Zürcher Verkehrsvereins und dem Vorstand des Zürcher Pressevereins an. Sein Enkel M a x —>F. baute die Jean-Frey-Gruppe zu einem der größten Medienunternehmen der Schweiz aus. DD H L S F r e y , Johann Baptist, Fabrikant, * 1 7 . 1 1 . 1 8 5 2 München, t 2 . 8 . 1921 München. Der aus einer alten schweizer. Tuchmacherfamilie stammende F., dessen Vater Johann Georg F. 1842 die Firma Lodenfrey, die älteste Lodenfabrik in Deutschland, gründete, erlernte in Augsburg und München (in der Fabrik seines Vaters) das Tuchmacherhandwerk. U m 1875 übernahm er die Leitung des Familienbetriebs, den er zur führenden Fabrikationsstätte für Loden in Deutschland machte. F. erfand die Herstellung des Strichlodens, dessen hohe Wasserdichtheit noch durch eine spezielle Imprägnierung verbessert wurde. m NDB F r e y , Johann Gottfried, Beamter, * 2 8 . 3 . 1762 Königsberg, t 2 5 . 4 . 1 8 3 1 Königsberg. F., Sohn eines Oberstrommeisters, begann als Sechzehnjähriger ein Studium der Rechtswissenschaft in Königsberg und trat 1785 in die Stadtverwaltung ein, f ü r die er über zwanzig Jahre lang tätig blieb. Als Stadtrat und Polizeidirektor erwarb er sich seit 1806 große Verdienste bei der R e f o r m der Kommunalverwaltung. Er war maßgeblich beteiligt an der Ausarbeitung der v o m Freiherrn vom —> Stein durchgesetzten Preußischen Städteordnung von 1808. F. versuchte die k o m m u n a l e Selbstverwaltung zu stärken, um dadurch den Gemeinsinn der Bürger zu wecken. 1809-26 war F. als Regierungsdirektor in verschiedenen Abteilungen der Ostpreußischen Regierung tätig. CD N D B F r e y , Johann Jakob, auch Johannes, Maler, * 27. 1. 1813 Basel, t 3 0 . 9 . 1 8 6 5 Frascati. F. erhielt seinen ersten Unterricht als Maler bei seinem Vater, bevor er sich nach Paris begab, w o er sich durch Kopieren niederländischer Landschaften weiterbildete und durch Restaurierung von Gemälden seinen Unterhalt verdiente. 1834 kehrte er in seine Heimatstadt Basel zurück, ein Jahr später wechselte er mit Hilfe der M ü n c h n e r Mäzenatin Emilie —> Linder nach R o m . Vor 1840 übersiedelte F. nach Neapel, bereiste Sizilien und Tunesien und Schloß sich 1842 der von Richard - > L e p s i u s geleiteten preuß. Expedition nach Ägypten an, die er jedoch aus gesundheitlichen Gründen ein Jahr später wieder verlassen mußte. Danach nahm er seinen ständigen Wohnsitz in R o m und führte dort eine gutgehende Malwerkstatt. Die Spezialität des seinerzeit auch in höchsten adeligen Kreisen geschätzten Malers waren italienische Landschaften und Orientgemälde. F. starb an den Folgen einer Typhuserkrankung. c n AKL F r e y , Johann Ludwig, schweizer, reformierter Theologe, * 16.11. 1682 Basel, t 2 8 . 2 . 1759 Basel. F., Sohn eines K a u f m a n n s und Ratsherrn, studierte in seiner Vaterstadt Theologie und Orientalistik; 1699 erwarb er den Grad eines Magisters. In Zürich, Genf und Paris setzte er insbesondere seine orientalischen Studien fort, bevor er 1705 nach Basel zurückkehrte. Im folgenden Jahr habilitierte er sich dort f ü r Katechetik und Orientalistik, wurde 1711 o . P r o f . der Geschichte und a. o . P r o f . der Theologie; 1737 übernahm er den Lehrstuhl für alttestamentliche Wissenschaft, den er bis zu seinem Tod innehatte. Als Schüler von Samuel —> Werenfels war F. ein Vertreter der „Vernünftigen Orthodoxie" (dargelegt in De officio doctoris Christiani). Im Andenken an Johannes —> Grynaeus gründete er 1747 das Frey-Grynaeische Institut zur Förderung des theologischen Studiums. c n NDB

Frey Frey,

Johann Michael, kath. Theologe, Historiker, * 2 1 . 9 . 1788 Schweighofen, t 8. 1.1854. F. stammte aus einer Bauernfamilie und studierte in Straßburg Philosophie und Theologie; 1812 wurde er dort zum Priester geweiht. Danach war er als Kaplan, später als Pfarrer in verschiedenen Orten im Elsaß tätig, bevor er 1822 zum Distriktschulinspektor für die kath. Volksschulen des Bezirksamtes Germersheim ernannt wurde. 1826 übernahm er die Pfarrei Hatzenbühl, in der er bis zu seinem Tod seelsorgerisch wirkte. F. gehört zu den bedeutenden pfälzischen Geschichtsschreibern des 19. Jahrhunderts. Er veröffentlichte u. a. einen Versuch einer geographisch-historischstatistischen Beschreibung des königlich baierischen Rheinkreises (4 Bde., 1836/37). m ADB F r e y , Julius, schweizer. Bankier, * 22. 11.1855 Möhlin (Kt. Aargau), t 3 - 5 . 1 9 2 5 Zürich. Der aus bäuerlichen Verhältnissen stammende F. absolvierte nach 1874 in Lausanne, München und Heidelberg ein Jurastudium, das er mit der Promotion abschloß. Er ließ sich zunächst als Fürsprech in seiner Heimatstadt Möhlin nieder, bevor er 1878 zur Aargauischen B a n k nach Aarau wechselte und seit 1881 Vizedirektor der Hypothekarabteilung war. 1889 wurde er Vizedirektor der Schweizerischen Kreditanstalt in Zürich, w o er bis 1911 blieb. Danach war er bis zu seinem Tod im Präsidium des Verwaltungsrats tätig. F. setzte sich besonders für die Gründung der Bank für Orientalische Eisenbahnen und der Bank für Elektrische Unternehmungen ein und war bei mehreren schweizer. Bahngesellschaften geschäftlich tätig. e n Biogr Lex Aargau

Frey,

(Jeanne) Marguerite, verh. Surbek, schweizer. Malerin, * 2 3 . 2 . 1 8 8 6 Delsberg (Kt. Bern), t 1 7 . 5 . 1 9 8 1 Bern. F. besuchte die Kunstgewerbeschule in Bern und wurde Schülerin von Paul —»Klee. 1906-11 hielt sie sich mit Unterbrechungen in Paris auf, wo sie ihre Malstudien fortsetzte. Danach ließ sie sich in Bern nieder und gründete eine eigene Malschule, die sie zusammen mit ihrem Malerkollegen und Ehemann Victor —»Surbek betreute. Sie engagierte sich auf sozialem Gebiet, gründete den ersten Kinderhort in Bern und bot Flüchtlingslagern im Zweiten Weltkrieg Hilfe an. Die Künstlerin, die sich vorwiegend der Porträt-, Figuren- und Landschaftsmalerei widmete und auf nationalen und internationalen Ausstellungen erfolgreich vertreten war, machte sich auch durch einige Novellen als Schriftstellerin einen N a m e n (Literarische Skizzen, 1976). CD A K L

Frey,

Martin (Alfred), Komponist, Klavierlehrer, * 2 3 . 1 . 1 8 7 2 Crossen/Elster, t 1 8 . 1 . 1 9 4 6 Halle. F. machte zunächst eine Ausbildung als Volksschullehrer, bevor er sich der Musik zuwandte. 1893-99 studierte er in Leipzig Musikwissenschaft und Klavier und lebte danach als Musikkritiker in Halle. Große Verdienste erwarb er sich auf dem Gebiet der Klavierpädagogik, deren Entwicklung er maßgeblich beeinflußt hat, besonders auf d e m Gebiet der Elementarerziehung. Als Komponist wurde er vor allem für seine frischen Kinderlieder bekannt. F. schrieb aber auch Stücke für Klavier und Chor sowie eine Oper. OD M G G

Frey,

M a x (Ruppert Franz) von, eigentl. Maximilian F., Physiologe, * 16. 11. 1852 Salzburg, t 25. 1. 1932 Würzburg. Der aus einem oberösterreichischen Adelsgeschlecht stamm e n d e F., Sohn eines Kaufmanns, studierte in Wien, Leipzig, Freiburg/Breisgau und München Medizin. Sein Leipziger Lehrer Carl —»Ludwig holte ihn 1880 als Assistent zu sich; ihm blieb F. bis zu dessen Tod 1895 auch als Privatdozent und a. o . P r o f . verbunden. Zunächst spezialisierte er sich auf d e m Gebiet der Kreislauf- und Muskelphysiologie, später wurde er vor allem für seine Arbeiten im Bereich

der Sinnesphysiologie, insbesondere der Hautsensibilität bekannt (u. a. Die Gefühle und ihr Verhältnis zu den Empfindungen, 1894). 1898 wechselte F. als o . P r o f . nach Zürich, im folgenden Jahr nach Würzburg, w o er bis zu seinem Tod blieb. In seiner Würzburger Zeit gelangte er mit seinen Forschungen über die Haut- und Tiefensensibilität zu Weltruhm. 1908 wurde F. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Untersuchungen über die Sinnesfunctionen der menschlichen Haut (1896), Vorlesungen über Physiologie (1904, Ί 9 2 0 ) und Physiologie der Haut (1924). DP N D B

Frey,

Max, schweizer. Dirigent, * 8 . 4 . 1 8 9 8 Wangen bei Zürich, t 19.11. 1963 Zürich. Z u m Volksschullehrer ausgebildet, studierte F. in Zürich am Konservatorium sowie an der Univ. Musikwissenschaft und Philosophie; 1921 wurde er mit der Arbeit Georg Philipp Telemanns Singe-, Spiel- und Generalbaß-Ubungen. Ein Beitrag zur Geschichte des begleiteten Kunstliedes promoviert. Danach war er als Dirigent tätig, zunächst in Zürich für das Akademische Orchester und den Orchesterverein, seit 1923 unterrichtete F. auch an der Kantonsschule Frauenfeld M u sik und Chorgesang. Als beliebter Gastdirigent absolvierte F. erfolgreiche Konzertreisen im In- und Ausland. ••

Biogr Verstorb Schweiz, Bd 6

Frey,

Oscar, schweizer. Unternehmer, * 2 . 8 . 1879 Schaffhausen, t 2 4 . 9 . 1951 Schaffhausen. Der Großneffe von Hermann —> Frey-Jezler absolvierte eine Banklehre und arbeitete danach im Privatbankgeschäft seines Vaters, ehe er die Leitung eines deutschen Betriebs des Solvay-Konzerns übernahm. 1909 trat er als Sekretär und Assistent des späteren Verwaltungsratsvorsitzenden Robert —»Neher in die Schweizerische Industrie-Gesellschaft ein, deren kaufmännischer Direktor er 1911-41 war. Danach in den Verwaltungsrat gewählt, war er von 1942 bis zu seinem Tod dessen Präsident. Daneben saß F. im Vorstand des Vereins Schweizerischer Maschinen-Industrieller und des Arbeitgeberverbands der Schweizer Maschinenindustrie sowie 1933-45 im geschäftsleitenden Ausschuß des Zentralverbandes schweizerischer Arbeitgeber-Organisationen. Auf seine Initiative wurde eine Vereinigung Schaffhauser Industrieller gegründet, der er 27 Jahre lang vorstand.

Frey,

Rudolf, Anästhesist, * 22. 8 . 1 9 1 7 Heidelberg, t 2 3 . 1 2 . 1 9 8 1 Mainz. F. studierte Medizin u . a . in Heidelberg, wo er nach der Promotion 1943 ( H a u t s c h ä d e n bei Arsenvergiftung) lehrend tätig war und sich 1952 habilitierte (Vergleichende Untersuchung der muskelerschlaffenden Mittel). 1960 wurde er a . o . P r o f . an der Univ. Mainz. Der Anästhesiologe wandte sich nun immer stärker den Bereichen der Katastrophen- und Notfallmedizin sowie der Schmerzforschung zu. 1967 bekam F. den ersten deutschen Lehrstuhl für Anästhesiologie in Mainz und wurde 1972 dort Leiter der Schmerzklinik, die er mitinitiiert hatte. Er veröffentlichte u. a. ein Lehrbuch der Anaesthesiologie (1955, 3. Aufl. unter dem Titel Lehrbuch der Anaesthesiologie, Reanimation und Intensivtherapie, 1972), war Mitherausgeber diverser medizinischer Zeitschriften und produzierte Lehrfilme über T h e m e n aus d e m Bereich der Anästhesie. F., der für eine aktive Sterbehilfe bei Eintritt des Hirntods war und als Vizepräsident der „Deutschen Gesellschaft für humanes Sterben" für einen legalisierten Freitod eintrat, beging 1981 Selbstmord. m

Munzinger

F r e y , Siegfried, schweizer. Zeitungswissenschaftler, * 13.7. 1901 Luzern, t 6 . 3 . 1 9 6 7 Bern. F., Sohn eines Lokomotivführers, studierte Geschichte in Zürich, wo er 1928 zum Dr. phil. promoviert wurde (Das öffentlich-rechtliche Schiedsgericht in Oberitalien im

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Frey XII. und XIII. Jahrhundert). Nach einer rechtsgeschichtlichen Forschungstätigkeit in Oberitalien war er 1933-43 Redakteur beim liberalen „Luzerner Tagblatt", seit 1935 im Inlandsressort. 1935-43 gehörte er als Vertreter der Freisinnigen dem Luzerner Großrat und 1941-43 der Geschäftsleitung der schweizer. FDP an. 1943-67 war F. Direktor der Schweizerischen Depeschenagentur, 1953-67 a. o.Prof. für wissenschaftliche Zeitungskunde an der Univ. Bern, an der er sich mit der Arbeit Wahrheit und Objektivierung in der Information habilitiert hatte. DP HLS Frey, Walter, schweizer. Mediziner, * 10.1.1884 Bern, t 2.9. 1972 Oberhofen/Thuner See. F., Sohn eines Gymnasiallehrers, studierte in Bern, München und Würzburg Medizin, wurde 1908 in Bern promoviert (Studien über Serum-Uberempfindlichkeit, im besonderen das Theobald Smith'sehe Phänomen) und war anschließend als Assistenzarzt in Bern, Basel, Straßburg und Königsberg tätig, wo er sich 1912 habilitierte und Oberarzt wurde. Nach dem Militärdienst 1914/15 wurde er 1915 stellvertretender Chefarzt der Medizinischen Universitätsklinik in Königsberg. 1916 wechselte er als Titularprofessor nach Kiel, wo er 1921 a.o.Prof. und 1926 Direktorder Städtischen Krankenanstalten wurde. Seit 1928 war er Chefarzt der Inneren Abteilung des städtischen Katharinenhospitals in Stuttgart, seit 1929 o.Prof. für Innere Medizin der Univ. Bern und Direktor der Medizinischen Klinik des Inselspitals und 1940/41 Rektor der Univ. (Chemotherapie bakterieller Infektionen, Rektoratsrede, 1940). 1941 wurde er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und 1950 Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin. F. war internistisch und klinisch-experimentell tätig, förderte die Sportmedizin und war mit der Chinindinbehandlung des Vorhofflimmerns ein Pionier auf dem Feld der Kardiologie. Er veröffentlichte u.a. Interne Diagnostik am Krankenbett (1921), Herz und Schwangerschaft (1923), Die Herz- und Gefäßkrankheiten (1936) und Nieren und ableitende Harnwege (mit Friedrich Suter, = Handbuch der Inneren Medizin, Bd. 8, "1951, span. 1953). m HLS Frey, Wilhelm, österr. lournalist, Schriftsteller, * 7.12.1833 Hohenems (Vorarlberg), f 16.4.1909 Wien. Zum Mittelschullehrer ausgebildet, wechselte F. in die Verwaltung einer Eisenbahngesellschaft. Seit 1873 war er nur noch journalistisch tätig, nachdem er schon von 1858-67 als Musikkritiker der Wiener „Morgenpost", später als Schriftleiter und Musikkritiker des „Neuen Wiener Tagblatts" gearbeitet hatte. Außerdem schrieb er auch Volkserzählungen und Romane (u.a. Irrlicht, 1858). m ÖBL Frey, Willy, schweizer. Sänger, * 4. 11. 1901 Zürich, t 23. 10. 1986 Bern. Nach einer Gesangsausbildung in Zürich übernahm F. seit 1925 erste Rollen am Stadttheater Bern. Nach der Heirat mit der Schauspielerin Käthe —>Gold machte er in Deutschland an den Staatsopern von Hamburg und Dresden Karriere, ehe er wegen der politischen Entwicklung nach Bern zurückkehrte und 1939-55 als erster Tenor am Stadttheater vornehmlich in Verdi-, Puccini- und Gounod-Opern auftrat. Die Titelrolle in Hans —»Pfitzners Palestrina bildete einen Höhepunkt in der Laufbahn des Tenors, der auch als Konzertsänger gefragt war. Gegen Ende seiner Karriere betätigte sich F. als Opernregisseur und übernahm Aufgaben am Konservatorium in Bern und bei Radio Bern. t u Kutsch F r e y - H e r o s é , Friedrich, schweizer. Politiker, * 12.10. 1801 Lindau/Bodensee, t 22.9. 1873 Bern. Nach dem Studium der Chemie in Paris übernahm F. die Leitung der väterlichen chemischen Fabrik in Aarau. 1834

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wurde er in den Großen, 1837 in den Kleinen Rat des Kantons Aargau gewählt und übernahm das Amt des Landammanns (1839, 1842 und 1845) und des Landstatthalters (1840, 1841, 1846). Daneben begann er eine Offiziersausbildung und wurde 1847 Chef des Generalstabs. Im folgenden lahr in den Nationalrat und den ersten Bundesrat gewählt, arbeitete F. als Vorsteher des Handels- und Zolldepartements zunächst ein 1850 in Kraft tretendes Zollgesetz aus, das Zollschranken im Landesinneren beseitigte und schweizer. Produzenten schützte. 1854 übernahm er als Bundespräsident zunächst das Politische Departement, später das Militärdepartement. Im Verlauf des royalistischen Staatsstreichs am 3.9. 1856 in Neuenburg wurde F. erneut zum Chef des Generalstabes bestellt und konnte ein größeres Blutvergießen verhindern. Als Gegner des politischen Katholizismus bewahrte er die Schweiz nach seiner erneuten Wahl zum Bundespräsidenten 1860 in der Auseinandersetzung um Hochsavoyen vor einem Krieg gegen Frankreich. Des weiteren legte F. die Grundlagen für eine universale Handelspolitik und knüpfte erste Handelskontakte nach Japan. 1866 zog sich F. aus dem Bundesrat zurück, 1872 gab er auch sein Mandat im Nationalrat auf. OD Schweiz Bundesräte Frey-Jezler, Hermann, schweizer. Bankkaufmann, Industrieller, * 30. 12. 1844 Schaffhausen, t 18.8.1928 Schaffhausen. F.-J. arbeitete nach einer Ausbildung als Bankkaufmann zunächst in mehreren Banken und betätigte sich dann im Baumwollhandel und der Baumwollindustrie in Frankreich, England und Ägypten. Zusammen mit seinem späteren Schwager Bernhard Peyer-Frey gründete er in Schaffhausen eine Baumwollzwirnerei. 1887-1927 war er Mitglied des Verwaltungsrats der Schweizerischen Industriegesellschaft, seit 1898 als Präsident. In diese Zeit fiel die Erweiterung der Produktionspalette der Gesellschaft, die bis dahin Eisenbahnwaggons und Handfeuerwaffen hergestellt hatte, durch einen dritten Betriebszweig, die maschinelle Herstellung von Verpackungsmaterial (1905/06). Er war auch Mitglied und Präsident des Verwaltungsrats der Internationalen Verbandstoff-Fabrik und förderte die Naturforschende Gesellschaft von Schaffhausen, deren Vorstand er 1881-1918 angehörte. txi Schaffhauser Biogr, Bd 2 F r e y - W y s s l i n g , Albert, schweizer. Botaniker, * 8.11.1900 Küsnacht, f 30. 8.1988 Meilen bei Zürich. Nach dem Studium der Naturwissenschaften seit 1919 an der ΕΤΗ Zürich, das er 1924 mit der Promotion abschloß (Calciumoxalat-Monohydrat und -Trihydrat in der Pflanze), habilitierte sich F.-W. dort 1928 mit der Arbeit Das Wesen der Chlorzinkjod-Reaktion und das Problem des Faserdichroismus. Anschließend war er bis 1932 in einer Kautschukversuchsstation auf Sumatra tätig. 1938-70 wirkte er als Prof. der allgemeinen Botanik an der TH Zürich und wurde als Pionier für die Erforschung der Feinstruktur der Pflanzenzellen zu einer anerkannten Kapazität. Nach der Einführung des Elektronenmikroskops beschäftigte F.-W. sich wegweisend mit der Ultrastruktur der Pflanzenzelle. 1941 wurde F.-W. zum Mitglied und 1977 zum Ehrenmitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. Er veröffentlichte u.a. Die Stoffausscheidung der höheren Pflanzen (1935), Die pflanzliche Zellwand (1959), Naturschutz und Technik (1959), Über den Ursprung des Lebens auf der Erde ( 1960) und Lehre und Forschung. Autobiographische Erinnerungen (1984). CD HLS F r e y b e , Otto, Meteorologe, * 25.9. 1865 Nordhausen, t 17.9.1923 Berlin. F., Sohn eines Buchbinders, studierte in Halle und Berlin Naturwissenschaften. Seit 1892 war er als Oberlehrer am Gymnasium in Rudolstadt tätig, bevor er vier Jahre

Freydank später nach W e i l b u r g / L a h n an die Landwirtschaftsschule wechselte. Seit 1900 stellte er Wetterkarten her, um Wettervorhersagen machen zu können, und bereitete damit den Öffentlichen Wetterdienst vor, der 1906 vom preuß. Ministerium für Landwirtschaft begründet wurde. Wegen seiner zahlreichen Vorträge und Kurse über praktische Wetterkunde, die F. u . a . an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin hielt, bekam er 1910 den Professorentitel; 1921 erfolgte die Promotion mit der Studie Das Marburger Klima im Vergleich zu dem der umliegenden Berglandschaft. 1923 wurde das Berliner Wetterbüro vom Preußischen Meteorologischen Institut ü b e r n o m m e n und F. die Leitung dieser Abteilung übertragen. Er veröffentlichte u. a. Klima- und Witterungskunde (1908), Methodik des wetterkundlichen Unterrichts (1914), Praktische Wetterkunde (1922) und Schulwetterkunde (1922). CD N D B F r e y b e r g , (Bruno Erich) Alfred, Politiker, * 12.7. 1892 Harsleben bei Halberstadt, t 18.4. 1945 Leipzig. F. unterbrach das Studium der Rechte in Genf, München, Königsberg und Halle, um am Ersten Weltkrieg teilzunehmen. Wegen einer Erkrankung ausgeschieden, nahm er 1917 sein Studium wieder auf. 1924 wurde F. Regierungsrat in Quedlinburg, 1926 ließ er sich dort als Rechtsanwalt nieder. 1925 trat er in die N S D A P ein, für die er seit 1929 als Stadtverordneter tätig war. 1932 wurde er Ministerpräsident, 1933 alleiniger Staatsminister in Anhalt. F. war SS-Gruppenführer im Sicherheitsdienst und seit 1940 Oberbürgermeister von Leipzig. F. verübte Selbstmord. DP Lilla, Statisten F r e y b e r g , Karl (Leopold Maria) Frh. von, Landwirt, Politiker, * 15. 11. 1866 Jetzendorf (Oberbayern), t 10. 1. 1940 Jetzendorf. Der d e m schwäbisch-bayerischem Uradel entstammende F. studierte 1884-87 in M ü n c h e n Rechtswissenschaften und übernahm 1889 die väterliche Herrschaft Jetzendorf. Seit 1893 Mitglied der bayerischen Landwirtschaftskammer, machte sich F. als Agrarpolitiker einen Namen. Er war 1907-11 Mitglied des Deutschen Reichstags; 1908-24 saß er als Abgeordneter der Zentrumspartei, später der Bayerischen Volkspartei im Bayerischen Landtag und war 1 9 1 9 / 2 0 bayerischer Landwirtschaftsminister. F. veröffentlichte u . a . Die landwirtschaftliche Verschuldungsfrage in Theorie und Praxis (1894) und Die bäuerliche Erbfolge im rechtsrheinischen Bayern (1895). CD N D B F r e y b e r g , Pankraz von, Politiker, Unternehmer, * 2 8 . 1 1 . 1508 Hohenaschau (Oberbayern), t 24. 12. 1565 Hohenaschau. Seit 1544 Alleinherr der Herrschaft Hohenaschau in Oberbayern, wurde F. vom bayerischen Herzog —> Albrecht V. 1550 zum Geheimen Kammerrat und 1553 zum H o f m a r schall ernannt. Er übte großen Einfluß auf die Landespolitik aus, war an der Revision der bayerischen Landes- und Polizeiordnung beteiligt, trat für religiöse Toleranz ein und verteidigte die ständischen Rechte. Als sich F. offen zum Luthertum bekannte, verlor er bis 1561 alle seine Amter, war zwei Jahre später an der sog. Ortenburger Adelsverschwörung beteiligt und wurde dafür zu Kerkerhaft verurteilt. F. begründete 1552 eine Eisenhütte und sorgte durch planmäßige Ansiedlung von Handwerkern und Gründung von Märkten in seinem Herrschaftsgebiet f ü r wirtschaftlichen A u f s c h w u n g und Wohlstand. CD N D B F r e y b e r g - A l l m e n d i n g e n , Johann Christoph Reichsritter (seit 1644 Reichsfreiherr) von, Bischof von Augsburg, * 2 8 . 9 . 1 6 1 6 A l t h e i m / K o n s t a n z , t 1-4. 1690 Schloß Dillingen. F.-A. studierte seit 1626 in Dillingen und seit 1635 in Ingolstadt. 1629 wurde er Domizellar der Propstei Ellwangen, 1630 des Domkapitels von Augsburg. 1642 erhielt er die

Priesterweihe. N a c h d e m F.-A. 1644 Reichsfreiherr geworden war, betraute man ihn 1646 mit der Präsidentschaft des Hofrats der Dillinger Hochstift-Regierung. Seit 1655 Dekan, war er 1660-74 Fürstpropst von Ellwangen, 1661-66 auch Administrator und seit 1666 Fürstbischof von Augsburg. 1667 zum Bischof geweiht, setzte sich F.-A. für die Umsetzung der Konzilsdekrete von Trient ein. Er betrieb liturgische R e f o r m e n , ging gegen den Priestermangel vor und führte eine Generalvisitation aller Pfarreien in seinem Bistum durch. Er ließ den D o m von Augsburg barockisieren. m

Gatz 3

F r e y b e r g - E i s e n b e r g , (Maria) Electrina Freifrau von, geb. Stuntz, Malerin, Lithographin, Radiererin, * 2 4 . 3 . 1 7 9 7 Straßburg, t 1.1. 1847 M ü n c h e n . Die Tochter und Schülerin des Malers Johann Baptist Stuntz besuchte die Akademie in München und machte Studienreisen nach Frankreich und Italien (u. a. R o m 1821/22). 1823 heiratete sie in München den Freiherrn Wilhelm von F.-E., war aber weiterhin künstlerisch tätig. Die von ihr teilweise ausgemalte Familienvilla wurde zu einem Treffpunkt M ü n c h n e r Künstler und Kunstfreunde. F.-E. malte Landschaften, Porträts, Genre- und Historienbilder, später widmete sie sich vor allem der religiösen Malerei (Die drei Marien am Grabe Christi, 1820). Viele ihrer Werke befinden sich heute noch im Besitz ihrer N a c h k o m m e n , einige wenige wurden der M ü n c h n e r Neuen Pinakothek als Geschenk der Familie vermacht. CD A K L F r e y b e r g - E i s e n b e r g , Max(imilian) P r o k o p Frh. von, Politiker, Archivar, * 3. 1.1789 Freising, t 21. 1. 1851 München. Der Sohn eines fürstbischöflichen Oberjägermeisters wurde im Wiener Theresianum und in der Münchner Pagerie erzogen, studierte seit 1807 in Landshut und bereiste Italien und Frankreich, ehe er 1816 als Legationsrat in den bayerischen Staatsdienst eintrat. 1825 wurde er Reichsarchivdirektor, 1835 Landtagsabgeordneter und 1842 Vorsitzender der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften. Als Stellvertreter des beurlaubten Ministers Carl August von Abel war F.-E. zeitweilig mit der Leitung des Innenministeriums betraut. 1847 wurde er aller seiner Ämter enthoben. Als Historiker legte er eine Sammlung historischer Schriften und Urkunden (5 Bde., 1827-36) an. Er schrieb auch Werke, die der Volksbildung dienen sollten (u. a. Die Stauffer von Ehrenfels, 3 Bde., 1827). CD N D B F r e y b e r g e r , Joseph, Bürgermeister von Füssen, * 1587 Füssen, t 8 . 1 2 . 1 6 3 3 Schloß Vellenberg bei Innsbruck. F. stammte aus einer alten Füssener Familie und unterhielt als Krämer und Tuchhändler rege Verbindungen mit den schwäbischen Reichsstädten. Als Haupt des Gemeindeausschusses und geheimer Anhänger der Reformation betrieb er die Loslösung der Reichsstadt aus d e m Hochstift und suchte nach d e m Eindringen der Schweden in Schwaben 1632 nach Möglichkeiten einer friedlichen Ö f f n u n g der Stadt, u m ihr die Besatzung und Plünderung zu ersparen. Als er erfolglos blieb, Schloß er sich in Augsburg den Schweden an und wurde nach der gewaltsamen Eroberung der Stadt Bürgermeister. Nach der Rückeroberung durch kaiserliche Truppen wurde F. als Hoch- und Landesverräter hingerichtet. CD Leb Schwaben, Bd 6 F r e y d a n k , Hanns, Schriftsteller, * 2 6 . 1 2 . 1 8 9 2 Starkow bei Rummelsburg, t 2 2 . 9 . 1 9 7 1 Halle/Saale. Nach d e m Studium in Halle und München, das er mit der Promotion zum Dr. phil. abschloß, arbeitete F. 1922-30 als Bibliothekar am Numismatischen Institut der Univ. Halle.

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Freydorf 1933-44 war er Schriftwart der „Blätter für Münzfreunde". F. hat sich in zahlreichen Werken vorwiegend mit der Geschichte Halles und der Salzgewinnung beschäftigt (u. a. Das Salz und seine Gewinnung in der Kulturgeschichte, 1929). F r e y d o r f , Rudolf von, Jurist, Politiker, * 28.2. 1819 Karlsruhe, t 16. 11. 1882 Karlsruhe. Der Sohn eines Generals studierte in Heidelberg Jura und trat in den Staatsdienst ein. Aus Protest gegen die nach seiner Meinung zu nachgiebige Haltung der badischen Regierung bei den revolutionären Unruhen 1848 nahm er seinen Abschied, kehrte jedoch 1849 zurück, war seit 1857 Staatsanwalt in Mannheim und wurde 1866 Minister für Auswärtige Angelegenheiten. F. trat für die nationale Einheit unter preuß. Führung ein, nahm 1870 an den Reichsgründungsverhandlungen und 1871 an den Friedensverhandlungen in Versailles teil. Bis 1876 war er Präsident eines Ministeriums, das durch die Vereinigung des Justizministeriums mit dem Ministerium des Großherzoglichen Hauses und dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten geschaffen worden war. Freye, Hans-Albrecht, Biologe, * 28. 1.1923 Aschersleben, t 24.5.1994 Halle. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg studierte F. Biologie und Chemie, wurde in Halle 1954 mit der Arbeit Beiträge zur funktionellen Anatomie des Biberskeletts promoviert, habilitierte sich 1958 und war 1959-88 Prof. und Direktor des Instituts für Medizinische Biologie an der Univ. Halle-Wittenberg. Seit 1971 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, war er 1980-93 deren Generalsekretär. Nach der Neugründung von SachsenAnhalt war F. als Staatssekretär im Wissenschafts- und Forschungsministerium in Magdeburg tätig. Er veröffentlichte u.a. Das Tierreich (1960), Humanökologie (1986), Humangenetik (1986) und Einführung in die Humanökologie für Mediziner und Biologen (1986). Sein Repetitorium der Zoologie von 1963 erschien als Kompendium der Zoologie in 6. Auflage 1977 und als Zoologie in 8. Auflage 1984. CD DDR F r e y e , (Georg) Hermann, Maler, * 14.10. 1844 Dresden, t 11.9.1921 Liegau bei Dresden. Nach dem Studium an der Dresdner Kunstakademie, u. a. bei Friedrich —> Gonne, begab sich F. auf Reisen, um sich vor allem in Antwerpen und Paris weiterzubilden. Nach einem kurzen Abstecher in die Genremalerei (1875-77 Beteiligung an Gonnnes Ausmalung des zweiten Semperschen Hoftheaters) widmete er sich der religiösen Historienmalerei (u.a. Die Reue, 1883). Als sein Hauptwerk gelten die Zeichnungen zu den Glasmalereien Der triumphierende Christus in der Stadtkirche im sächsischen Dahlen. F. war seit 1891 als Lehrer an der Dresdner Akademie beschäftigt, erhielt 1893 den Professorentitel und trat 1904 in den Ruhestand. CD A KL Freyeisen, Johann Christoph, Publizist, Musikschriftsteller, * 1.3.1803 Frankfurt/Main, t 24.4. 1849 Frankfurt/Main. Nach einem abgebrochenen Studium der Medizin in Heidelberg wurde F. 1830 Musikkritiker für verschiedene Zeitungen und gab in Hanau die Zeitschrift „Proteus" heraus. Seine radikale Einstellung gegen Fürsten und Regierungen verbreitete er 1832 in einer Schrift über „Die Republik", wurde deshalb 1833 verhaftet, aber bald wieder freigelassen und beteiligte sich danach weiter an den revolutionären Aktivitäten. Als steckbrieflich Verfolgter flüchtete er 1834 in die Schweiz, wo er seinen Lebensunterhalt als Musiklehrer verdiente. Erst 1848 konnte er wieder in die Heimat zurückkehren, wo er ein Jahr später starb.

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Freyer, Erwin, Politiker, * 27. 12. 1914 Charlottenburg (heute zu Berlin), t 22.9. 1992 Berlin. F., Sohn eines Gärtners und einer Floristin, engagierte sich seit 1933 im Kommunistischen Jugendverband. Er studierte 1935-40 Maschinen- und Flugzeugbau an der TH Berlin und wurde dann Entwurfsingenieur für ferngelenkte Bomben bei den Henschel-FIugzeugwerken in Berlin-Schönefeld. Aufgrund seiner Verbindungen zur Widerstandsgruppe um Anton —» Saefkow wurde er im Juli 1944 verhaftet und zum Tod verurteilt, die Vollstreckung des Urteils jedoch wegen seiner Fachkenntnisse aufgeschoben. 1945 durch sowjetische Truppen befreit, wurde er Mitglied der KPD, später der SED und war Referatsleiter in der Deutschen Zentralverwaltung für Industrie und Mitglied des Büro für Wirtschaftsfragen beim Ministerpräsidenten der DDR. 1953 wechselte er in das Ministerium für Maschinenbau und Schwerindustrie und wurde 1956 zum stellvertretenden Minister für Nationale Verteidigung ernannt. 1958-60 war F. stellvertretender Vorsitzender der Staatlichen Plankommission, seit 1964 Leiter einer ihrer Hauptabteilungen und übernahm später die Leitung der Hauptverwaltung Zivile Luftfahrt. c o DDR Freyer, Hans, Soziologe, Philosoph, * 31.7. 1887 Leipzig, t 18.1. 1969 Wiesbaden. F., Sohn eines Postdirektors, studierte in Greifswald und Leipzig Theologie, Philosophie, Geschichte und Nationalökonomie und wurde 1911 promoviert. Durch seine von der Lebensphilosophie beeinflußten frühen Schriften wirkte er auf die deutsche Jugendbewegung ein. 1920 habilitierte er sich und erhielt zwei Jahre später eine Professur für Philosophie in Kiel. 1925 kehrte er in seine Heimatstadt Leipzig zurück, wo er den ersten Lehrstuhl für Soziologie in Deutschland übernahm, den er bis 1948 innehatte, und begründete eine stark historische soziologische Schule. 1938-44 war er zugleich Gastprofessor und Leiter des Deutschen Kulturinstituts in Budapest. F. ließ sich 1948 in Wiesbaden als Mitarbeiter des Brockhaus-Verlags nieder und lehrte 1953-55 in Münster, wo er auch emeritiert wurde. Schon 1954 als Gastprofessor in Ankara, war er nach seiner Emeritierung wiederholt dort tätig und half beim Aufbau eines soziologischen Instituts. F. stand in den Traditionen von —» Hegel und —»Dilthey. In dem 1930 erschienenen Buch Soziologie als Wirklichkeitswissenschaft. Logische Grundlegung des Systems der Soziologie ( 2 1964) unternahm er den Versuch einer philosophischen Grundlegung der Soziologie durch eine Historisierung ihrer Kategorien, um sie zu einer „vollwertigen Wissenschaft" zu machen. Die soziologische „Wirklichkeitswissenschaft" mit dem Status einer „Ethoswissenschaft" sah er als „Nachkommin, vielfach Erbin der Geschichtsphilosophie". Die Notwendigkeit eines führergelenktes Staates, der einen „Stufenbau aus Über- und Unterordnungen" herstellt, begründete F. in seinem Buch Der Staat (1925, 2 1926) beinahe ausschließlich mit metaphysischen Argumenten. Einen kollektiven Freiheitsbegriff, nach dem der Mensch nur frei ist, „wenn er in einem konkreten Gemeinwillen steht" und die individuelle Freiheit zum Schutze der „Volksgemeinschaft" eingeschränkt wird, propagierte er auch in der Schrift Die Revolution von rechts (1931). In den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg übte er mit seinen weit ausgreifenden und sprachmächtig vorgetragenen zivilisationskritischen Zeitanalysen (Weltgeschichte Europas, 2 Bde., 1948, 2 1954; Theorie des gegenwärtigen Zeitalters, 1955, 3 1961 ) nachhaltigen Einfluß auf die intellektuelle Diskussion in Deutschland aus. CD Enz Phil Wiss Freyer, Hieronymus, Pädagoge, * 22.7.1675 Gantkau bei Kyritz/Priegnitz, t 15.6. 1747 Halle. Der Sohn eines Predigers studierte seit 1697 an der Univ. Halle Theologie und gab seit 1698 Unterricht in den

Freys Franckeschen Erziehungsanstalten zu Halle, an denen er f ü n f z i g Jahre lang wirkte. 1705 übernahm er das Inspektorenamt und widmete sich vor allem der Ausbildung der Junglehrer. 1707 erhielt F. zusätzlich die Leitung der beiden höheren Schulen des Waisenhauses. Als Pädagoge entfaltete er starken Einfluß aus durch die Überarbeitung und Neufassung von Schulbüchern oder grundlegenden Handbüchern für den Unterricht, die oft zahlreiche Auflagen erlebten (u. a. 8 Vorbereitung zur Universalhistorie, 1783). CD A D B F r e y e r , Paul Herbert, Schriftsteller, * 4. 11. 1920 Crimmitschau, t 1 3 . 8 . 1 9 8 3 Berlin. F. schrieb während des Zweiten Weltkriegs unterhaltende Texte für verschiedene Zeitungen, wurde 1947 Dramaturg am Theater von Crimmitschau, 1953 Chefdramaturg am Gorki-Theater in Berlin und 1956 Generalintendant am Städtischen Theater von Karl-Marx-Stadt (Chemnitz). Er verfaßte Theaterstücke mit propagandistischem Inhalt (u.a. Auf verlorenem Posten, 1953; Kornblumen, 1954), zwei historische R o m a n e in dokumentarischem Stil ( D e r Tod auf allen Meeren, 1970; Sturmvögel. Rote Matrosen 1918/19, 1975) und eine Biographie von Albert Schweitzer (1978). DP Killy

Freylinghausen,

Gottlob Anastasius, evang. Theologe, * 12.10. 1719 Halle, t 1 8 . 2 . 1 7 8 5 Halle. Der Sohn Johann Anastasius —>F.s wurde im elterlichen Hause unterrichtet und ging als Sechzehnjähriger an die Univ. Halle, w o er sich vor allem gründliche philologische Kenntnisse erwarb. Nach dem Abschluß seiner Studien unterrichtete er zunächst an einer Lateinschule, später an der Univ. Halle. 1753 wurde er a. o . P r o f . , 1771 o . P r o f . der Theologie. Im selben Jahr erfolgte seine Promotion sowie seine Ernennung zum Direktor des Waisenhauses und Pädagogiums. Unter F.s Leitung verlor diese renommierte Institution jedoch erheblich an Bedeutung, so daß auch die SchUlerzahlen und die Spendenbereitschaft abnahmen. m

ADB

Freylinghausen,

Johann Anastasius, evang. Theologe, Liederdichter, Komponist, * 2. 12. 1670 Gandersheim, t 12.2. 1739 Halle. Nach dem Studium der Theologie in Jena, das ihn in Berührung mit d e m Pietismus brachte, wurde F., Sohn eines K a u f m a n n s , Hauslehrer in Erfurt. Dort machte er die Bekanntschaft von August Hermann —»Francke, dessen langjähriger Mitarbeiter und Schwiegersohn F. wurde. Seit 1696 half er ihm 20 Jahre lang unentgeltlich zunächst als Pfarradjunkt in Glaucha, dann bei der Betreuung und Organisation des Waisenhauses und Pädagogiums, dessen Mitinitiator er war, in Halle. 1727, nach Franckes Tod, wurde er Oberpfarrer von St. Ulrich und gemeinsam mit Franckes Sohn Gotthilf August —>Francke Nachfolger als Direktor beider Anstalten in Halle. F. wurde vor allem als Herausgeber zweier Sammlungen pietistischer Kirchenlieder bekannt (Geist-reiches Gesang-Buch, 1704; Neues Geist-reiches Gesang-Buch, 1714), die weite Verbreitung fanden und auch eigene Liedkompositionen enthielten. Die umfangreichen Liedersammlungen trugen zur pietistischen Durchdringung des Luthertums im 18. Jahrhundert maßgeblich bei. F. veröffentlichte ferner eine Grundlegung der Theologie (1703, 1 4 1744). Er war der Vater von Gottlob Anastasius —>F. OD M G G

Freymon von Randeck,

Johann Wolfgang, auch Freymonius, Jurist, Politiker, * 14.3. 1546 Ingolstadt, t 10. 11. 1610 Schloß Randeck bei Kelheim. Das Studium der Rechtswissenschaften Schloß F. v. R., Sohn eines Juristen und bayerischen Rats, 1571 mit der Promotion ab. Danach war er am herzoglichen Obergericht in Straubing und Burghausen tätig, bevor er 1576 Mitglied

des Reichskammergerichts, 1581 Mitglied des Reichshofrats, 1589 Mitglied des kaiserlichen Geheimen Rats und 1594-97 Reichshofvizekanzler wurde. Seit 1596 Hofpfalzgraf, war F. v. R. wichtigster Ratgeber Kaiser —> Rudolfs II. und Verfasser einer Reihe von rechtswissenschaftlichen Schriften; sein Hauptwerk ist die Symphonia juris utriusque cronologica (1574). DP N D B

Freymuth,

Arnold, Jurist, * 2 8 . 1 1 . 1872 Mehlauken (Ostpreußen), t 1 8 . 7 . 1 9 3 3 Paris. F., Sohn eines Arztes, studierte 1890-93 Rechtwissenschaft in Leipzig und Danzig und arbeitete als Amts- und Landrichter in Vandsburg und Koniz, ehe er 1911 in H a m m Oberlandesgerichtsrat wurde. Seit 1918 Mitglied der SPD, wurde er 1919 parlamentarischer Staatssekretär im preuß. Justizministerium und war 1923-25 Senatspräsident beim Kammergericht in Berlin. Seit 1926 als Rechtsanwalt und Notar sowie als freier Schriftsteller tätig, engagierte sich F. bei verschiedenen republikanischen und pazifistischen Organisationen und gehörte u . a . dem Bundesvorstand der Deutschen Liga f ü r Menschenrechte und dem Reichsausschuß des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold an. 1933 emigrierte er nach Paris, wo er wenig später zusammen mit seiner Frau Selbstmord beging. CD D e m o k r Wege

Freyn,

Josef, Botaniker, Ingenieur, * 7 . 1 2 . 1 8 4 5 Prag, t 16.1. 1903 S m i c h o w bei Prag. Nach d e m Studium an den Technischen Hochschulen Wien und Prag wandte sich F., Sohn eines Forstmeisters, dem Eisenbahnbau zu. Nach Tätigkeiten u . a . in Siebenbürgen und Istrien eröffnete er 1881 in Prag eine erfolgreiche Baukanzlei und arbeitete bei verschiedenen Standesorganisationen der Techniker mit, u . a . als Vizepräsident der Ingenieurkammer in B ö h m e n . F., der sich seit seiner Studienzeit mit Botanik befaßte, war als Autodidakt Experte für die Flora von Süd-Istrien und des Orients und hat SpezialStudien über einzelne Pflanzengattungen verfaßt. Zu seinen Veröffentlichungen zählen u . a . Die Flora von Süd-Istrien (1877) und Zur Flora des Monte Maggiore in ¡Strien (1879). • • ÖBL

Freyreiß,

Georg Wilhelm, Naturforscher, * 12.7. 1789 F r a n k f u r t / M a i n , t 1.4. 1825 Leopoldina (Brasilien). F., Sohn eines Schuhmachers, begann eine kaufmännische Lehre und beschäftigte sich daneben mit Ornithologie und dem Präparieren von Tieren. 1809 engagierte ihn der russische Generalkonsul Georg Heinrich von —> Langsdorf? als Gehilfen für eine zoologische Expedition. F. kam bis St. Petersburg, begleitete Langsdorff 1812 nach Brasilien und unternahm 1814 eine Forschungsreise ins Landesinnere. 1815 zum Prof. für Zoologie ernannt, widmete sich F. der Erforschung der brasilianischen Fauna und sandte Tierpräparate nach Europa. Er veröffentlichte u. a. Beiträge zur nähern Kenntniss des Kaiserthums Brasilien [...] (1824). CD Frankf Biogr F r e y s , Ernst, Bibliothekar, * 3 0 . 8 . 1863 Fulda, t 1 6 . 1 1 . 1 9 5 6 Berg bei Donauwörth. F. Schloß das 1882 begonnene Jurastudium in Würzburg 1888 mit der Promotion ab (Die Unteilbarkeit der Servituten). Seit 1886 an der Würzburger Universitätsbibliothek tätig, kam er 1898 an die Hof- und Staatsbibliothek München, wo er bald f ü r die Ausbildung des bibliothekarischen Nachwuchses zuständig war. 1919 wurde er Direktor der Katalogabteilung, 1923 Direktor in der Staatsbibliothek. F. beschäftigte sich vor allem mit der Geschichte der Buchdruckerkunst, insbesondere der Inkunabelforschung. Seit 1912 war er Mitherausgeber der Seltenheiten aus süddeutschen Bibliotheken. Unter Verleihung des Titels Geheimer Rat wurde F. 1928 in den Ruhestand versetzt. m NDB

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Freyschlag von Freyenstein Freyschlag von Freyenstein,

Ignaz von, Militär, Beamter, * 1 2 . 7 . 1 8 2 7 L a n d a u / I s a r , t 1 1 . 1 1 . 1 8 9 1 München. F., Sohn eines Assessors am Landgericht, studierte in M ü n c h e n Rechtswissenschaften. Seit 1848 Unterleutnant, wurde er 1865 Brigadeadjutant, 1868 Hauptmann I. Klasse bei der Generalinspektion der A r m e e und Adjutant von Prinz -> Luitpold, 1873 M a j o r und persönlicher Adjutant Luitpolds, 1882 Oberst. 1886-91 war er Generalmajor und Generaladjutant sowie Leiter von Luitpolds Geheimkanzlei.

Freysleben,

Johannes, auch Eleutherobius, evang. Theologe, * 1490 Marktredwitz (Oberfranken), f um 1550 Wilchenreuth bei Neustadt/Waldnaab. F., Sohn eines Notars, studierte die Artes in Leipzig und wurde 1519 Kaplan in Elbogen. Dort war er an der Abfassung einer der ersten evang. Kirchenordnungen beteiligt, in der u. a. die deutsche Sprache bei der Taufe eingeführt wurde (1522). Im selben Jahr wurde er Prediger in Weiden, von wo er jedoch 1524 als evang. ausgewiesen wurde. In den folgenden Jahrzehnten bis zu seinem Tod ist er an zahlreichen Orten im sächsisch-thüringischen, fränkischen und bayerischen R a u m als Prediger und Pfarrer bezeugt. e n NDB

Freystädtler,

Franz Jakob, auch Freystädter, Freystadler, österr. Komponist, * 1 3 . 9 . 1 7 6 1 Salzburg, t 1.12. 1841 Wien. Der Sohn eines Komponisten und Chormeisters wurde mit sieben Jahren erzbischöflicher Sängerknabe und erhielt Orgelunterricht. Seit 1782 als Klavierlehrer in München tätig, ging er 1786 nach Wien und wurde Schüler von —> Mozart, in dessen Briefwechsel er als „Gaulimauli" auftaucht. Später war er als Musiklehrer tätig. F., der als Komponist der Wiener Liederschule zugeordnet wurde, starb verarmt in einem Wiener Versorgungshaus. DP M G G

Freystein,

Johanna Marianne, auch Freistein, Malerin, * 1.5. 1760 Leipzig, t 2 1 . 7 . 1807 Leipzig. Die Tochter eines Oberpostkommissars wurde zunächst von A d a m Friedrich —> Oeser unterrichtet, der ein Freund des Hauses war. Nach dem Tod ihres Vaters 1796 ging sie nach Dresden und bildete sich vorwiegend in den dortigen Galerien weiter; seit 1799 studierte sie an der A k a d e m i e der Bildenden Künste. Seit 1800 war sie auf der Dresdner akademischen Kunstausstellung vertreten. 1807 kehrte sie nach Leipzig zurück. F. malte fast ausschließlich Landschaften in Öl mit sächsischen Motiven. CD A K L

Freytag,

A d a m , Mathematiker, Festungsbauer, Militärschriftsteller, * 1608 Thorn, t 1650 Kiejdany. Der Sohn eines Gymnasialprofessors studierte vermutlich zunächst in Leipzig, seit 1625 an der Univ. F r a n k f u r t / O d e r , wurde z u m Magister promoviert und trat in die militärischen Dienste des niederländischen Statthalters Friedrich Heinrich von Oranien. 1629-32 studierte F. Medizin in Leiden und verfaßte daneben seine berühmt gewordene Darstellung des niederländischen Festungsbaus (Architectura militaris nova et aucta, 3 Tie., 1630, 4 1665). Danach trat er als Ingenieur in den Dienst von Fürst Janusz Radziwill, nahm mit diesem u . a . am Feldzug nach Smolensk teil und kam 1634 nach T h o r n , wo er Mathematik und Astronomie lehrte und am Ausbau der Festungsanlagen beteiligt war. Anschließend begleitete er Fürst Radziwill als Leibarzt und Militäringenieur nach Litauen und wurde Prof. für Mathematik am G y m n a sium Kiejdany. CD Altpreuß Biogr, Bd 4

Freytag,

Albert, Maler, Zeichner, * 12. 1.1851 Nürnberg, t 18.3. 1927 Wollishofen bei Zürich. Der Sohn eines Malers und Photographen studierte 1865-72 an der Nürnberger Kunstgewerbeschule und bildete sich in M ü n c h e n und Italien weiter, bevor er sich zunächst in Nürnberg als Bildnismaler und Diplomzeichner niederließ. 1882

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ging er als Lehrer an die Kunstgewerbeschule in Zürich, w o ihm zehn Jahre später der Professorentitel verliehen wurde. F. hat sich an verschiedenen schweizer. Kunstausstellungen vorwiegend mit dekorativer Malerei beteiligt und ist mit Wand- und Deckenmalereien in privaten und öffentlichen schweizer. Gebäuden bekannt geworden (u.a. Postgebäude von St. Gallen und Luzern). CD A K L

Freytag,

Conrad, Unternehmer, * 7 . 8 . 1 8 4 6 Lachen (Rheinpfalz), t 2 . 7 . 1 9 2 1 Wiesbaden. Der aus einer bäuerlichen Familie s t a m m e n d e F. begann mit d e m Vertrieb von Baumaterialien und gründete 1875 zusammen mit einem K o m p a g n o n seine erste Firma für Baustoffhandel, Zement- und Betonarbeiten. Als er 1884 erstmals die A n w e n d u n g des Systems Monier (Eisengerippe mit Zementumhüllung) vorgeführt bekam, war er vom Erfolg dieses Verfahrens überzeugt und kaufte die Ausführungsrechte für Süddeutschland. 1893 gründete er zusammen mit Gustav Adolf —>Wayss eine neue Firma, die sich zu einem Weltunternehmen entwickelte und deren Generaldirektor F. bis 1912 war. Dort wurden auf seine Veranlassung hin auch wissenschaftliche Versuche durchgeführt und eine Theorie für die Bemessung der Bauteile erarbeitet, die mit d e m neuen Verfahren ausgeführt worden waren. CD N D B

Freytag,

Georg Wilhelm, Orientalist, * 1 9 . 9 . 1 7 8 8 Lüneburg, t 16. 11.1861 Dottendorf bei Bonn. Der Sohn eines Buchbinders studierte in Göttingen Theologie und Philologie. 1815 verschlug es ihn als Feldprediger mit preußischen Truppen nach Paris, w o er das Studium orientalischer Sprachen fortsetzte, für die er 1819 eine Professur an der Univ. B o n n bekam. F. hat wichtige arabische Texte herausgegeben und übersetzt, sein Lexicon ArabicoLatinum (4 Bde., 1830-37) stellt bis heute das wichtigste Nachschlagewerk für den Wortschatz des klassischen Arabisch dar. CD N D B

Freytag,

Gustav, Schriftsteller, Kulturhistoriker, Journalist, * 1 3 . 7 . 1 8 1 6 Kreuzburg (Schlesien), t 3 0 . 4 . 1 8 9 5 Wiesbaden. Der Sohn aus einer kleinstädtischen Honoratiorenfamilie (der Vater war Arzt und Bürgermeister) studierte Deutsche Philologie zunächst 1835 in Breslau bei August Heinrich —> H o f f m a n n von Fallersleben, seit 1836 in Berlin bei Karl —» Lachmann, bei dem er 1838 promoviert wurde. In Breslau lehrte er nach der Habilitation 1839 als Privatdozent; seit 1847 lebte er als freier Schriftsteller in Leipzig und Dresden. In d e m von ihm skeptisch verfolgten Revolutionsjahr 1848 übernahm F. die Schriftleitung der 1841 gegründeten Zeitschrift „Die Grenzboten", d e m bis zur Reichsgründung führenden Organ des nationalen liberalen Bürgertums. 1867-70 gehörte F. f ü r die neue nationalliberale Partei d e m Norddeutschen Reichstag an, zog sich dann, enttäuscht von —> Bismarcks Politik, aus dem Parlamentsbetrieb zurück. Mit Alfred —»Dove redigierte F. 1871-73 die Zeitschrift „Im neuen Reich", mit der er nach englischem Vorbild das liberale Bürgertum staatspolitisch zu erziehen suchte. Bekannt als Schriftsteller wurde F. 1852 mit d e m Lustspiel Die Journalisten, berühmt 1855 mit d e m Entwicklungsroman Soll und Haben, der eine aufstrebende, sittlicharbeitsame Kleinbürgerwelt mit einem dekadenten Agraradel und einem skrupellosen Handelsjudentum kontrastierte. Trotz scharf gezeichneter Stereotype verwahrte sich F. später

Freytag g e g e n d e n Vorwurf, ein W e g b e r e i t e r d e s A n t i s e m i t i s m u s zu sein. Weite Verbreitung i m d e u t s c h e n B ü r g e r t u m f a n d e n s e i n e w e g e n ihres Q u e l l e n r e i c h t u m s geschätzten u n d bis zur G e g e n w a r t i m m e r wieder a u f g e l e g t e n f ü n f t e i l i g e n kulturhistorischen Bilder aus der deutschen Vergangenheit ( 1 8 5 9 - 6 7 ) s o w i e der sechsteilige R o m a n z y k l u s Die Ahnen ( 1 8 7 2 - 8 0 ) . 1887 e r s c h i e n e n F.s Erinnerungen aus meinem Leben. Als Historiker u n d R o m a n c i e r begleitete u n d f ö r d e r t e F. in liberalem Geist, g e m e i n s a m mit d e m b e f r e u n d e t e n Herzog —» E r n s t II. von S a c h s e n - C o b u r g und G o t h a , e i n e kleind e u t s c h e politische E i n i g u n g ; z u g l e i c h b e e i n f l u ß t e er abseits v o m politischen T a g e s g e s c h ä f t den literarischen R e a l i s m u s . WEITERE WERKE: Graf W a l d e m a r . L e i p z i g 1850. - D i e v e r l o r e n e H a n d s c h r i f t . Leipzig 1864. - G e s a m m e l t e Werke. 2 2 B d e . , Leipzig 1886-88. - V e r m i s c h t e A u f s ä t z e aus den J a h r e n 1848-94. H r s g . v. E r n s t Elster. 2 B d e . , L e i p z i g 1901-03. - G. F. u n d Heinrich von T r e i t s c h k e im B r i e f w e c h sel. Hrsg. v. A l f r e d D o v e . L e i p z i g 1900. - G. F.s B r i e f e an die Verlegerfamilie Hirzel. Hrsg. v. M a r g r e t Galler. H e i d e l berg 2 0 0 0 . LITERATUR: M i c h a e l Kienzle: Der d e u t s c h e E r f o l g s r o m a n . Z u r Kritik seiner poetischen Ö k o n o m i e bei G . F. u n d E u g e n i e Marlitt. Stuttgart 1975. - H a r t m u t Steinecke: Soll und H a b e n (1855). Weltbild u n d W i r k u n g eines d e u t s c h e n B e s t sellers. In: H o r s t D e n k l e r (Hrsg): R o m a n e des bürgerlichen R e a l i s m u s . Stuttgart 1980, S. 138-152. - E d a Sagarra: J e w i s h E m a n c i p a t i o n and t h e S t e r e o t y p i n g of the J e w in G . F.s N o v e l Soll und H a b e n (1855). In: T o m D u n n e (Hrsg.): T h e writer a n d history. C o r e 1987, S. 160-176. - P e t e r - O t t o Uhr: G . F.: T h e s h a p i n g of p u b l i c o p i n i o n in 19th century G e r m a n y . Gainesville, U n i v . of Florida, Diss. 1999 ( M i k r o f i c h e A u s g . A n n A r b o r 2 0 0 0 ) . - A l y s s a A n n L o n n e r : History, progress a n d continuity: G . F. and the construction of national identity in unification-era G e r m a n y ( 1 8 4 8 - 1 8 7 1 ) . St. Louis, M i s s o u r i , W a s h i n g t o n Univ., Diss. 2 0 0 3 ( M i k r o f i c h e - A u s g . Ann Arbor 2004). Rüdiger vom Bruch F r e y t a g , G u s t a v , K a r t o g r a p h , * 23. 1. 1852 N e u h a l d e n s leben bei M a g d e b u r g , t 19. 12. 1938 B a d Ischl (Oberösterreich). N a c h d e m er in der Druckerei seines O n k e l s in W i e n das L i t h o g r a p h e n - H a n d w e r k erlernt hatte, g i n g F., S o h n eines S t e l l m a c h e r m e i s t e r s , z u n ä c h s t als K a r t o g r a p h z u m B r o c k h a u s - V e r l a g nach L e i p z i g und d a n a c h als T o p o g r a p h f ü r den G r o ß e n G e n e r a l s t a b nach Berlin. 1878 k e h r t e er n a c h W i e n zurück, w o er sich alsbald selbständig m a c h t e . D u r c h die H e r a u s g a b e von Schulatlanten und Touristenkarten, d i e sich d u r c h g e n a u e W e g m a r k i e r u n g e n a u s z e i c h n e t e n , g e l a n g t e seine Verlagsanstalt zu W e l t r u h m . F., der ein g u t e r K e n n e r der A l p e n war, ü b e r p r ü f t e seine W a n d e r k a r t e n h ä u f i g durch eigene Begehungen des Geländes. Außerdem entwarf er e i n e F a r b s k a l a zur optischen D a r s t e l l u n g g e o g r a p h i s c h e r U n t e r s c h i e d e , die bis h e u t e Gültigkeit hat ( D i e Wirkung der Farben in der Geländedarstellung auf Landkarten, 1911). m

ÖBL

F r e y t a g , Heinrich W i l h e l m von, Militär, * 1 7 . 3 . 1720 Estorf bei S t o l z e n a u , t 2 . 1 . 1798 H a n n o v e r . 1737 in d e n h a n n o v e r s c h e n militärischen D i e n s t eingetreten, n a h m F. a m Ö s t e r r e i c h i s c h e n E r b f o l g e k r i e g u n d a m Sieb e n j ä h r i g e n Krieg teil. N a c h B e e n d i g u n g d e r kriegerischen A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n oblag i h m v o r w i e g e n d die A u s b i l d u n g d e r T r u p p e n . 1764-83 lebte F. als militärischer Vertreter H a n n o v e r s in E n g l a n d . 1792 erhielt der n u n m e h r i g e F e l d m a r s c h a l l das O b e r k o m m a n d o Uber die h a n n o v e r s c h e n T r u p p e n , d i e er i m f o l g e n d e n J a h r g e g e n F r a n k r e i c h f ü h r t e . V e r w u n d e t , ü b e r n a h m er d e s h a l b das K o m m a n d o der T r u p pen im L a n d . CD A D B

Freytag,

H e r m a n n , Politiker, * 9 . 7 . 1 9 0 0 H a m m , t 1 0 . 1 . 1 9 6 2 Duisburg. M i t 17 Jahren trat F. in d a s H e e r ein u n d w a r d a n a c h in v e r s c h i e d e n e n F r e i k o r p s - V e r b ä n d e n an der N i e d e r s c h l a g u n g k o m m u n i s t i s c h e r U n r u h e n beteiligt. 1 9 2 0 - 2 4 studierte er als W e r k s t u d e n t an d e n Universitäten M ü n s t e r und K ö l n N a t i o n a l ö k o n o m i e und w a r nach v e r s c h i e d e n e n S t e l l u n g e n seit 1927 bei der Fried. K r u p p A G in Essen tätig. S c h o n f r ü h völkisch-national gesinnt, trat F. 1930 d e r N S D A P bei und w u r d e 1933 Mitglied des P r e u ß i s c h e n L a n d t a g s und des R e i c h s t a g s . Seit 1933 war er z u d e m O b e r b ü r g e r m e i s t e r d e r Stadt D u i s b u r g . N a c h 1945 z u n ä c h s t untergetaucht, w u r d e F. 1950 v o m S c h w u r g e r i c h t Essen zu 15 M o n a t e n G e f ä n g n i s verurteilt. N a c h der E n t l a s s u n g lebte er in als A n g e s t e l l t e r in D u i s b u r g . m Lilla, Statisten

Freytag,

Otto, P s e u d . F r e y t a g - B e s s e r , S ä n g e r , M u s i k p ä d a g o g e , * 5 . 5 . 1 8 7 1 G o t h a , t 20. 8. 1917 vor Verdun. U r s p r ü n g l i c h w o l l t e F. w i e sein Vater M a l e r w e r d e n u n d b e s u c h t e d e s h a l b in K a r l s r u h e 1890 d i e A k a d e m i e , w e c h s e l t e aber ein J a h r später in das G e s a n g s f a c h über. 1895 ging er n a c h Berlin, u m s e i n e S t u d i e n f o r t z u s e t z e n , und w u r d e anschließend ein b e g e h r t e r K o n z e r t s ä n g e r , dessen R e i s e n ihn d u r c h g a n z D e u t s c h l a n d , die S c h w e i z , H o l l a n d und E n g l a n d f ü h r t e n . 1899 w u r d e er an d a s Kgl. K o n s e r v a t o r i u m Stuttgart b e r u f e n , w o er seit 1900 als Prof. unterrichtete. W ä h r e n d d e s Ersten Weltkriegs als S o l d a t e i n b e r u f e n , fiel F. v o r Verdun.

Freytag,

T h e o d o r , Ingenieur, * 1 0 . 8 . 1865 S c h w e i n f u r t , t 3 0 . 1 0 . 1933 M ü n c h e n . D e r aus einer K a u f m a n n s f a m i l i e s t a m m e n d e F. studierte an der T H M ü n c h e n u n d bestand 1892 d i e S t a a t s p r ü f u n g f ü r d e n ö f f e n t l i c h e n B a u d i e n s t . D a n a c h arbeitete er an verschied e n e n bayerischen Straßen- und F l u ß b a u ä m t e r n und m a c h t e sich v o r a l l e m b e i m A u s b a u des W a l c h e n s e e - K r a f t w e r k s , d a s f ü r d i e E l e k t r i z i t ä t s v e r s o r g u n g B a y e r n s von g r o ß e r W i c h tigkeit w a r , einen N a m e n . 1918 w u r d e er Vorstand d e r A b t e i l u n g f ü r W a s s e r k r a f t a u s n u t z u n g u n d Elektrizitätsvers o r g u n g i m S t a a t s m i n i s t e r i u m des I n n e r e n und a v a n c i e r t e 1929 als M i n i s t e r i a l d i r e k t o r z u m Vorstand d e r O b e r s t e n B a u b e h ö r d e a m selben M i n i s t e r i u m . F. hat d u r c h e i n g e h e n d e w a s s e r w i r t s c h a f t l i c h e U n t e r s u c h u n g e n viel beigetragen z u m z w e c k m ä ß i g e n A u s b a u der bayerischen W a s s e r k r ä f t e . 1932 g i n g er in d e n R u h e s t a n d , ein J a h r später schied er d u r c h S e l b s t m o r d aus d e m L e b e n . Z u seinen Veröffentlichung e n zählen u . a . Das Walchensee-Werk ( 1 9 2 2 ) und Wasserkraftausnutzung in Bayern (1926). CD N D B

Freytag,

Walter (Oskar), luth. T h e o l o g e , M i s s i o n s w i s s e n s c h a f t l e r , * 2 8 . 5 . 1899 N e u d i e t e n d o r f bei E r f u r t , t 2 4 . 1 0 . 1959 Heidelberg. F. studierte in T ü b i n g e n , M a r b u r g und H a l l e T h e o l o g i e und w u r d e 1925 in H a m b u r g z u m Dr. phil. p r o m o v i e r t (Die Grundformen religiöser Beeinflussung und Erziehung in Tholucks .Sündenbuch'). Seit 1928 D i r e k t o r d e r D e u t schen E v a n g e l i s c h e n M i s s i o n s h i l f e in Berlin, m a c h t e er sich bald als M i s s i o n s w i s s e n s c h a f t l e r einen N a m e n . Sein b e s o n deres Interesse galt den n e u e n K i r c h e n im F e r n e n O s t e n ( u . a . Kirchen im neuen Asien, 1958). Seit 1929 als D o z e n t f ü r M i s s i o n s w i s s e n s c h a f t in H a m b u r g und Kiel tätig, w u r d e F. im selben J a h r a u c h M i s s i o n s d i r e k t o r der h a n s e s t ä d t i s c h e n K i r c h e n . 1943 erhielt er aus politischen G r ü n d e n L e h r v e r b o t . 1953 w u r d e er auf einen Lehrstuhl f ü r M i s s i o n s w i s s e n s c h a f t und ö k u m e n i s c h e B e z i e h u n g e n der Kirchen an der U n i v . H a m b u r g b e r u f e n und g r ü n d e t e 1954 dort die M i s s i o n s a k a d e m i e . F. w a r an der Vereinigung von I n t e r n a t i o n a l e m M i s sionsrat und Ö k u m e n i s c h e m Rat der Kirchen beteiligt und auf zahlreichen R e i s e n d u r c h die g a n z e Welt im D i e n s t d e r internationalen M i s s i o n s a r b e i t der protestantischen Kirchen tätig. CD H a m b u r g B i o g r , B d 2

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Freytag Löringhoff F r e y t a g L ö r i n g h o f f , Bruno Baron von, Philosoph, * 1 1 . 6 . 1 9 1 2 Bilderlingshof bei Riga, t 2 8 . 2 . 1 9 9 6 Tübingen. F. L. studierte an den Universitäten Greifswald und München Mathematik, Physik, Chemie, Musikwissenschaft und Philosophie, war Schüler von Günther —>Jacoby und wurde 1936 in Greifswald zum Dr. phil. promoviert ( Z u m Problem der „mathematischen Existenz", veröffentlicht unter d e m Titel Die ontologischen Grundlagen der Mathematik, 1937). 1944 habilitierte er sich in Freiburg/Breisgau (Die Leistungen der Logik und die logischen Leistungen der Logistik), wurde 1948 Dozent, 1955 api. Prof. der Philosophie und war 1985 Prof. an der Univ. Tübingen. F.-L. beschäftigte sich vor allem mit Logik, der Philosophie der Mathematik und Sprachphilosophie. Die auf der klassischen aristotelischen Logik basierende Begriffslogik stellte für ihn die grundlegende Logik dar. Eine weiterentwickelte aristotelische Logik hielt er für den Einsatz bei C o m p u t e r n geeigneter als algebraartige Kalküle. 1957 rekonstruierte er aus Skizzen Wilhelm —> Schickhardts Tübinger Rechenmaschine von 1623 und wies damit nach, daß dieser schon vor Pascal und -> Leibniz die erste funktionierende Rechenmaschine gebaut hat. F. L. veröffentlichte u . a . Gedanken zur Philosophie der Mathematik (1948), Logik. Ihr System und ihr Verhältnis zur Logistik (1955, 972), Logik (Bd. 2: Definitionstheorie und Methodologie des Kalkülwechsels, 1967), Neues System der Logik. Symbolisch-symmetrische Rekonstruktion und operative Anwendung des aristotelischen Ansatzes (1985) und Zur Gegenwart und Zukunft der Tübinger Logik (1990). F r e y t a g - L o r i n g h o v e n , Mathilde Freiin von, Malerin, Radiererin, * 30. 10. 1860 Kopenhagen, t 3 0 . 8 . 1941 Weimar. F.-L. stammte aus einem alten livländischen Adelsgeschlecht und studierte Kunst in Danzig und Weimar, u. a. bei L u d w i g von —> Gleichen-Rußwurm und Leopold von —> Kalckreuth. Anschließend war sie vor allem in Weimar tätig. Sie widmete sich vorwiegend der Landschaftsmalerei (u. a. Livländischer Wald), schuf aber auch Porträts, Stilleben (Küchenstilleben, 1893) und Radierungen. Seit 1887 war sie auf vielen Ausstellungen in ganz Deutschland vertreten, so etwa in Berlin, Dresden, Düsseldorf und M ü n c h e n . DP A K L F r e y t a g h - L o r i n g h o v e n , Axel (August Gustav Johann) Frh. von, eigentl. Alexander, Jurist, Politiker, * 1.12. 1878 Arensburg (Insel Ösel), t 29. 10.1942 Breslau. Der Sohn eines Rittergutsbesitzers aus d e m Baltikum studierte Rechtswissenschaften in Dorpat und München, wurde 1908 Privatdozent in St. Petersburg, 1911 a. o.Prof. und 1915 o.Prof. in Dorpat. 1917 ging F.-L. nach Deutschland und erhielt 1918 eine Professur in Breslau, wandte sich jedoch immer mehr der Politik zu. Er war Mitbegründer der Deutschnationalen Volkspartei, für die er seit 1924 als Abgeordneter im Reichstag saß. Er gehörte d e m rechten Flügel um —» Hugenberg an und war ausgeprägter Nationalist und Gegner des parlamentarischen Systems. Trotz seiner völkischen Einstellung war er nie Mitglied der N S D A P , weshalb er sich im „Dritten R e i c h " auch als Mitglied des Reichstags und des Staatsrats politisch nicht mehr wirksam betätigen konnte. F.-L. veröffentlichte zahlreiche Aufsätze und Bücher über völkerrechtliche und außenpolitische Themen (Deutschlands Außenpolitik 1933-39, 1939, " 1 9 4 3 ; Ritterlichkeit im Kriegsrecht, 1941) und zu Verfassungsfragen (u.a. Die Weimarer Verfassung in Lehre und Wirklichkeit, 1924). CD Lilla, Statisten F r i b e r t h , (Franz) Karl, auch Friebert, Frieberth, österr. Sänger, Komponist, * 7 . 6 . 1736 Wullersdorf (Niederösterreich), t 6 . 8 . 1816 Wien. F., Sohn eines Schuldirektors und Bruder von Joseph - » Friebert, erhielt seine Gesangsausbildung bei Josef

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—>Bonno und Florian Leopold —> G a ß m a n n in Wien, k a m 1759 als Tenor in die Fürstlich Esterházysche Kapelle und trat auf Schloß Esterházy sowie in Eisenstadt auf. 1773 sang er in der Uraufführung von Joseph —>Haydns Oper L'infedeltà delusa die Partie des Filippo. F. schrieb das Libretto zu Haydns Oper L'incontro improvviso, an deren Uraufführung 1775 er als Sänger mitwirkte. 1776 übersiedelte er nach Wien, war als Dirigent an der Jesuiten- sowie an der Minoritenkirche tätig, wurde 1779 Universitätskapellmeister und brachte mehrere seiner kirchenmusikalischen Werke zur Aufführung. DP Kutsch F r i c c i , Antonietta, eigentl. Antonia Frietsche, österr. Sängerin, * 8. 1.1840 Wien, t 7 . 9 . 1 9 1 2 Turin. F. wurde bei Mathilde - » Marchesi de Castrone in Wien zur Sopranistin ausgebildet. Sie setzte ihr Studium in Italien fort und debütierte 1848 als Violetta in Verdis La Traviata am Opernhaus von Pisa. 1862 trat F. erstmals an der Covent Garden Opera in London auf, sang dort 1867 die Eboli in der englischen Erstaufführung von Verdis Don Carlos und feierte 1865-73 große Erfolge an der Mailänder Scala. In den sechziger und siebziger Jahren war F. auf allen großen italienischen Bühnen zu hören und erreichte mit dramatischen Partien des klassischen italienischen Repertoires (u.a. Lady Macbeth in Verdis Macbeth) ihren künstlerischen Höhepunkt. 1878 nahm sie ihren Abschied von der B ü h n e und wirkte als Pädagogin in Florenz und Turin. F. war mit d e m Tenor Pietro Neri-Baraldi verheiratet. CD Kutsch F r i c k , Burkhard von, Schreiber, t nach 1314. Der Kleriker F., der an einer Univ. den Magistergrad erlangt hatte, wird erstmals 1293 erwähnt. 1303-08 leitete er die A u f n a h m e des habsburgischen Urbars unter König - » Albrecht I. Es ist jedoch nur das Konzept des Elsässer Rodels von ihm gezeichnet, so daß er nicht der Schreiber des Urbars war. Nach der E r m o r d u n g Albrechts ist F. im Kanzleidienst Herzog —> Leopolds I. zu finden. Er hielt sich wahrscheinlich 1312 in Wien auf. Zuletzt wird F. 1314 erwähnt, m NDB F r i c k , (Friedrich Emil Heinrich) Constantin, evang. Theologe, * 5 . 3 . 1877 Magdeburg, t 19.2. 1949 Bremen. F., Sohn eines Pastors, studierte an den Universitäten Halle und Greifswald Theologie und wurde 1902 ordiniert. Nach einem Ausbildungsjahr am Domkandidatenstift in Berlin erhielt er 1904 sein erstes A m t als Vereinsgeistlicher der Inneren Mission in Godesberg und übersiedelte 1905 nach Bremen, wo er bis 1916 Inspektor der Inneren Mission war. Danach wirkte F. als Pastor an der dortigen Liebfrauenkirche, zugleich als Vorsteher der evang. Diakonissenanstalt und wurde 1934 unter Beibehaltung seiner Ämter in Bremen zum Präsidenten des Zentralausschusses für die Innere Mission berufen, den er bis 1946 leitete. 1931-33 gehörte er für die Deutsche Volkspartei der Bremer Bürgerschaft an. F. trug wesentlich zur Entstehung der „Deutschen Liga der freien Wohlfahrtspflege" (1925) bei. CD Brem Bio 2 F r i c k , Emilie, Sängerin, * 1884, t 2 . 4 . 1 9 3 1 Cobh (Irland). Ihre B ü h n e n l a u f b a h n als Sopranistin begann F. 1910 mit einem Engagement am Kieler Stadttheater, ging 1912 an das Hoftheater nach Wiesbaden und stand seit 1916 am C h e m nitzer Stadttheater auf der Bühne, zu dessen Ensemble sie bis 1921 gehörte. Anschließend trat sie für zwei Spielzeiten erneut in Wiesbaden auf und sang dann bis 1926 am Nationaltheater in Weimar. Später gastierte sie von Wiesbaden aus an den größeren deutschen Bühnen. F. entwickelte sich von lyrischen Partien wie der der Pamina in der Zauberflöte zunehmend ins jugendlich dramatische und mit den Partien der Sieglinde, der Isolde und der Aida schließlich ins hoch-

Frick dramtische Fach. 1 9 3 0 / 3 1 nahm sie an der USA-Tournee der G e r m a n Opera teil, auf deren Rückreise sie plötzlich starb. • • Kutsch F r i c k , Georg (Friedrich Christoph), Unternehmer, * 3 0 . 1 . 1 7 8 1 Berlin, t 4 . 7 . 1 8 4 8 Berlin. Der Sohn eines Berliner Münzdirektors war zunächst Münzeleve, trat jedoch 1797 als Assistent des Arcano in die Kgl. Porzellanmanufaktur seiner Heimatstadt ein und wurde dort Arkanist. Seit 1821 leitete F. das Unternehmen zusammen mit Friedrich Wilhelm Rosenstiel, von 1832 bis zu seinem Tod als alleiniger Direktor. 1834 erweiterte er die Porzellanmanufaktur, errichtete u . a . ein neues Brenngebäude und unternahm kostspielige technische Versuche, mit denen ihm schließlich die Herstellung von Gefäßen großen Ausmaßes gelang. F. geriet jedoch zunehmend in wirtschaftliche Schwierigkeiten, konnte die vermehrte Porzellanproduktion bald nur noch durch öffentliche Versteigerungen zu herabgesetzten Preisen verkaufen und beging schließlich Selbstmord. CD N D B F r i c k , Gottlob, Sänger, * 2 8 . 7 . 1 9 0 6 Olbronn (Enzkreis), t 1 8 . 8 . 1 9 9 4 Mühlacker. F., Sohn eines Försters, war seit 1927 Chorsänger an der Stuttgarter Staatsoper und debütierte 1934 in Coburg als Daland im Fliegenden Holländer. Nach Auftritten in Freiburg und Königsberg ging er an die Dresdner Staatsoper, wo er bis 1950 blieb. Nach dreijähiger Tätigkeit an der Städtischen Oper Berlin wurde er 1953 Mitglied der Bayerischen Staatsoper in München. In der Nachkriegszeit sang F., der eine voluminöse, tiefe B a ß s t i m m e besaß, an allen großen Bühnen, darunter Wien, Mailand, London und N e w York. Als Landgraf im Tannhäuser oder als Hagen in der Gölterdämmerung gehörte er zu den führenden - > Wagner-Interpreten und war regelmäßig bei den Bayreuther Festspielen zu hören. Wegen seiner Auftritte als Kaspar in —» Webers Freischütz nannte ihn Wilhelm —> Furtwängler den „schwärzesten aller Bässe". F. nahm 1970 offiziell Abschied von der Bühne, gastierte jedoch weiterhin an den Staatsopern von Wien, München und Stuttgart. Ca Kutsch F r i c k , Hans (Joe), Schriftsteller, * 3. 8 . 1 9 3 0 F r a n k f u r t / Main, t 3 . 2 . 2 0 0 3 Huelva (Spanien). F. begann 1944 eine kaufmännische Lehre und war in verschiedenen Berufen tätig. Seit 1964 freier Schriftsteller, verfaßte er vor allem R o m a n e und Erzählungen. Von Franz —> K a f k a und dem Gedankengut der Frankfurter Schule beeinflußt, schildert er in einer Mischung aus surrealistischen und realistischen Passagen zumeist Figuren in existentiellen oder sozialen Ausnahmesituationen, deren Leiden an ihrem als falsch e m p f u n d e n e n Leben auf die Gesellschaftsordnung im Nachkriegsdeutschland zurückzuführen ist (u. a. Breinitzer oder Die andere Schuld, 1965, Neufassung 1979 unter d e m Titel Breinitzer, Mulligans Rückkehr, 1972, 1978 von Helmut —> Käutner mit Helmut —> Qualtinger in der Hauptrolle verfilmt). Stark autobiographisch sind die literarische M o n t a g e über den Tod eines Kindes (Henri, 1970), das Tagebuch einer Entziehung (1973) und Die blaue Stunde (1977), in d e m F. Kindheitserinnerungen mit der Biographie seiner Mutter verschränkt. Nach der Veröffentlichung von Die Flucht nach Casablanca (1980) lebte er überwiegend in Portugal. DP K L G F r i c k , Heinrich, evang. Theologe, * 2 . 1 1 . 1893 D a r m stadt, 1 - 3 1 . 1 2 . 1 9 5 2 M a r b u r g / L a h n . F. studierte an den Universitäten Gießen und Tübingen Theologie, wurde 1918 promoviert, war 1917-19 Pfarrassistent an der Darmstädter Pauluskirche und habilitierte sich dort 1919 für allgemeine Religionswissenschaft und Missionskunde. Er war Privatdozent in Darmstadt, seit 1921

an der Univ. Gießen, wo er 1924 a. o. und noch im selben Jahr o . P r o f . für praktische Theologie wurde. Seit 1926 o . P r o f . f ü r systematische Theologie und allgemeine Religionsgeschichte, siedelte F. 1929 als Prof. der systematischen Theologie und Religionswissenschaft an die Univ. Marburg über. Zu seinen Werken zählt die 1928 erschienene Abhandlung Vergleichende Religionswissenschaft. tu

Marburg

F r i c k , Karl, Jesuit, Philosoph, * 4. 11.1856 Levis (Vorarlberg), t 1 . 7 . 1 9 3 1 Feldkirch (Vorarlberg). F. trat 1872 in Gorheim in die Gesellschaft Jesu ein, setzte das Noviziat in Exaten fort und absolvierte die Ordensstudien der Philosophie in Wijnandsrade und Blyenbeck, die der Theologie in Ditton Hall (Großbritannien). Seit 1879 nahm er verschiedene Aufgaben innerhalb seines Ordens wahr, wirkte 1890-1904 als Prof. der Philosophie, 1897-1903 als Rektor des Ignatiuskollegs in Valkenburg und amtierte sechs Jahre lang als Oberer in Luxemburg sowie als Direktor der kath. Missionen. 1909 zog sich F. aus Krankheitsgründen nach Feldkirch zurück, war dann bis 1918 schriftstellerisch in Valkenburg tätig und lehrte bis 1928 als Prof. der Philosophie in Valkenburg, Feldkirch und Pullach. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Logica (1893, 7 1931) und Ontologia sive Metaphysica generalis (1894, 7 1934). F r i c k , Otto (Paul Martin), Pädagoge, * 3 1 . 3 . 1 8 3 2 Schmitzdorf (Kr. Jerichow II), t 19. 1. 1892 Halle. Der Pastorensohn studierte an den Universitäten Berlin und Halle vorwiegend Klassische Philologie und Geschichte; 1855 wurde er in Halle zum Dr. phil. promoviert. Zunächst als Hauslehrer, später als Gymnasiallehrer u. a. in Berlin tätig, erhielt er 1864 den Auftrag, die Realschule in Burg bei Magdeburg zu einem G y m n a s i u m auszubauen. 1878 wurde F. Rektor der Latina an den Franckeschen Stiftungen in Halle, wo er bald die Gesamtleitung der Anstalt übernahm. Zur Hebung des didaktischen und methodischen Niveaus erneuerte er 1881 - » F r a n c k e s Seminarium praeceptorum (Das Seminarium praeceptorum an den Franckeschen Stiftungen, 1883), nach dessen Vorbild die preuß. Unterrichtsverwaltung 1890 ihre pädagogischen Seminare einrichtete. 1893 erschienen F.s Pädagogische und didaktische Abhandlungen (hrsg. von Georg Frick) in zwei Bänden. CD N D B F r i c k , Philipp Joseph, Musiker, * 2 7 . 5 . 1 7 4 0 Willanzheim bei K i t z i n g e n / M a i n , f 15.6. 1798 London. F. war zunächst als Organist am Hof des Markgrafen August Georg in Baden-Baden tätig und gilt als erster deutscher Virtuose auf der 1762 von B e n j a m i n Franklin erbauten Glasharmonika. 1769 unternahm er eine Konzertreise durch Deutschland mit einer von ihm selbst erbauten Harmonika. Später reiste F. nach Rußland, wo er sich einige Jahre in St. Petersburg aufhielt, und trat 1778 erstmals in London auf. F. ließ sich dort nieder, mußte jedoch seine Musikerkarriere 1786 aus gesundheitlichen Gründen beenden und gab bis zu seinem Tod Klavier- und Harmonikaunterricht. CD

MGG

F r i c k , Wilhelm, Politiker, * 1 2 . 3 . 1 8 7 7 A l s e n z / P f a l z , t 16. 10. 1946 Nürnberg. Der Sohn eines Lehrers studierte 1896-1900 Rechtswissenschaften an den Universitäten München, Göttingen und Berlin und wurde 1901 ohne Einreichen einer Dissertation an der Univ. Heidelberg promoviert. 1900 in den bayerischen Staatsdienst eingetreten, wurde er 1907 Bezirksamtsassessor in Pirmasens und leitete seit 1919 in der Polizeidirektion M ü n c h e n die Politische Polizei, seit 1923 die Kriminalpolizei. Wegen seiner Unterstützung des Hitlerputsches 1923 wurde er zu einer fünfzehnmonatigen Festungshaft verurteilt, kam jedoch nach seiner Wahl in den Reichstag 1924 vorzeitig frei. F. gehörte zunächst der Nationalsozialistischen

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Fricke Freiheitspartei an, seit 1925 der wiedergegründeten N S D A P , deren Fraktionsführer im Reichstag er 1928 wurde. 1930/31 war er thüringischer Innen- und Volksbildungsminister. Als Reichsinnenminister (1933-43, seit 1934 zugleich preuß. Innenminister) und bis zur Ü b e r n a h m e des A m t e s 1936 durch —» Himmler auch als Chef der Polizei hatte er großen Anteil am Aufbau des nationalsozialistischen Herrschaftssystems; er zeichnete u . a . für das Vorläufige Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich (1933), das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums (1933) und die sog. Nürnberger Gesetze verantwortlich. Seit 1939 Generalbevollmächtigter für die Reichsverwaltung, übernahm er während des Zweiten Weltkriegs die Leitung der nichtmilitärischen Verwaltung und war nach seiner von —»Goebbels betriebenen Entlassung 1943 Reichsminister ohne Geschäftsbereich. 1943-45 amtierte er als Reichsprotektor von B ö h m e n und Mähren. 1946 wurde F. im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß zum Tod verurteilt und hingerichtet. CD Lilla, Statisten F r i c k e , August Ludwig, Sänger, * 24. 3. 1829 Braunschweig, t 2 7 . 6 . 1894 Berlin. F. erhielt seine Gesangsausbildung bei dem Bariton Hermann Meinhardt in Braunschweig und begann seine Laufbahn als Bassist 1852 am dortigen Hoftheater. Noch im selben Jahr trat er am Stadttheater in Bremen auf, war 1853 / 5 4 in Königsberg, 1 8 5 5 / 5 6 in Stettin engagiert, w o der Liederund Balladenkomponist Carl —» Loewe seine weitere künstlerische Entwicklung entscheidend beeinflußte, und gehörte 1856-86 der Berliner Hofoper an. F. sang zahlreiche Partien aus dem seriösen wie dem Buffo-Fach, darunter den Sarastro in der Zauberflöte und den Falstaff in den Lustigen Weibern von Windsor. Er gab zahlreiche Gastspiele an deutschen Bühnen und war im Ausland vor allem in London erfolgreich. CD Kutsch F r i c k e , (Paul) Gerhard, Germanist, * 2 0 . 8 . 1901 Waschke (Kr. Rawitsch, Bez. Posen), t 18.4. 1980 Köln. Der Pfarrerssohn studierte seit 1920 Theologie an der Univ. Greifswald, wurde 1925 bei Paul —» Althaus in Rostock zum Dr. theol. promoviert (Der religiöse Sinn der Klassik Schillers. Zum Verhältnis von Idealismus und Christentum, 1927, Nachdr. 1968), wandte sich germanistischen Studien zu und wurde 1929 in Göttingen bei Rudolf —> Unger zum Dr. phil. promoviert ( G e f ü h l und Schicksal bei Heinrich von Kleist. Studien Uber den inneren Vorgang im Leben und Schaffen des Dichters, 1929, Nachdr. 1975). 1931 habilitierte er sich in Göttingen (Die Bildlichkeit in der Dichtung des Andreas Gryphius, 1933, Nachdr. 1967), wirkte dort als Privatdozent für deutsche Sprache und Literatur und ging 1933 als a. o . P r o f . nach Berlin. F., der noch in Göttingen eine R e d e zur Bücherverbrennung gehalten hatte, trat 1933 in die N S D A P ein und war 1934-44 Mitglied der Wissenschaftlichen Akademie des NS-Dozentenbundes. 1934 erfolgte seine Berufung als o . P r o f . nach Kiel, 1941 nach Straßburg. 1934-43 gehörte F. zu den Mitherausgebern der „Zeitschrift für Deutschkunde"; 1943 wurde er als Nachfolger von Julius —» Petersen Herausgeber der Schiller-Nationalausgabe. Seit 1944 Lehrbeauftragter in Tübingen, wurde F. 1948 als „Mitläufer" und 1950 auf eigenen Antrag von der Spruchk a m m e r der Univ. Tübingen als „entlastet" eingestuft. 1950 folgte er einem Ruf an die Univ. Istanbul, lehrte seit 1957 an der Wirtschaftshochschule in M a n n h e i m und war 1960-66 o. Prof. für deutsche Sprache und Literatur in Köln. 1949 veröffentlichte er seine Geschichte der deutschen Dichtung ( 2 0 1988 mit Matthias Schreiber unter dem Titel Geschichte der deutschen Literatur). CD I G L

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F r i c k e , H e r m a n n , Journalist, Beamter, Literaturhistoriker, * 19.2. 1895 Elferfeld (heute zu Wuppertal), f 18.1. 1982 Badenweiler. F., Sohn eines Architekten, Schloß das Studium der Anglistik, Germanistik und Philosophie an der Univ. Freiburg 1922 mit der Promotion ab. Zunächst als Journalist tätig, wurde er 1932 Leiter der Landesbücherei und des Schrifttumsarchivs innerhalb der Brandenburgischen Provinzialverwaltung, 1938 Landesverwaltungsrat und stellvertretender Leiter der Abteilung Wissenschaft, Kunst und Volksbildung. 1 9 3 5 / 3 6 gelang ihm der Ankauf des Rest-Nachlasses Theodor —»Fontanes, mit dem er die Grundlage für den A u f b a u eines Theodor-Fontane-Archivs als Einrichtung der Provinzialverwaltung schuf. Nach d e m Zweiten Weltkrieg widmete sich F., der seit 1950 in der Bundesrepublik lebte und f ü r verschiedene Bundesdienststellen arbeitete, d e m Wiederaufbau des Fontane-Archivs. 1970 wurde er Ehrenmitglied der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg. Zu F.s Veröffentlichungen zählen Theodor Fontane. Chronik seines Lebens (1960) und K. W. F. Solger. Ein brandenburgisch-berlinisches Gelehrtenleben an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert (1972). CD B B L F r i c k e , Johann Heinrich Gottlieb, Mediziner, Naturforscher, * 11. 12.1763 Braunschweig, t 1 4 . 9 . 1 8 2 3 Braunschweig. Neben d e m Studium der Medizin und Chirurgie an der Univ. Göttingen (1784-87), das er 1792 mit der Promotion zum Dr. med. (De contusionibus pectoris) abschloß, betrieb F. naturkundliche Studien. Nach Reisen durch Holland, Frankreich, Nord- und Südamerika praktizierte er als Arzt in Braunschweig und hielt Privatvorlesungen über seine chemisch-physikalischen Versuche. Seit 1803 Prof. am Physikalisch-Medizinischen Institut des Collegium Carolinum in Braunschweig, wurde F. 1809 Prof. der Naturwissenschaften an der dortigen Militärschule und lehrte später bis zu seinem Tod als Prof. der C h e m i e und Physik erneut am Collegium Carolinum. Er veröffentlichte u. a. Grundlinien der Anatomie und Chirurgie für angehende Wundärzte (1794) und Entwurf eines praktischen Handbuchs für angehende Wundärzte (1795). F. war der Vater von Johann Karl Georg - > F . F r i c k e , Johann Karl Georg, Chirurg, * 28. 1. 1790 Braunschweig, t 4. 12.1841 Italien. Der Sohn Johann Heinrich Gottlieb - > F . s studierte Medizin an der Univ. Göttingen, wurde 1810 promoviert und ging zur weiteren wissenschaftlichen Ausbildung nach Berlin. Seit 1813 als Bataillonsarzt in Hamburg tätig, trat er als Oberstabsarzt in braunschweigische Dienste und kehrte bald als Wundarzt nach Hamburg zurück. 1817 wurde F. Arzt an der dortigen Armenanstalt sowie Armenchirurg bei der israelitischen Gemeinde, im folgenden Jahr Mitglied des neuerrichteten Gesundheitsrats, 1823 dirigierender Wundarzt am Allgemeinen Krankenhaus. 1828 wurde F. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. 1831 erfolgte auf seinen Wunsch hin die Gründung einer Anatomisch-Chirurgischen Lehranstalt. Im selben Jahr erschien seine Geschichtliche Darstellung des Ausbruchs der Asiatischen Cholera in Hamburg. F. veröffentlichte u. a. Annalen der chirurgischen Abtheilung des allgemeinen Krankenhauses in Hamburg (2 Bde., 1828-33). CD A D B F r i c k e , Otto, Unternehmer, Politiker, * 1 0 . 3 . 1 9 0 2 Lengde bei Goslar, t 3 . 9 . 1 9 7 2 Bad Harzburg. Das Studium der Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten Göttingen und München Schloß F. 1925 in Göttingen mit der Promotion zum Dr. phil. ab und war in den folgenden Jahren vorwiegend in der Baustoffindustrie tätig.

Frickenhaus Mitte der dreißiger Jahre wurde er Vorsitzender von Reichsverbänden sowie Präsidialmitglied der Industrie- und Handelskammer. Nach d e m Zweiten Weltkrieg trat F. der C D U bei und war 1947-51 Landtagsabgeordneter, 1948-50 Minister für Wirtschaft und Verkehr in Niedersachsen. Er war Vorsitzender des Landesverbandes Braunschweig und wurde 1960 zum präsidierenden Landesvorsitzenden der C D U in Niedersachsen gewählt. CD Christi Demokr F r i c k e , Richard, Kantor, Musikpädagoge, Komponist, * 2 1 . 4 . 1 8 7 7 Groß-Oschersleben, t 2 0 . 8 . 1957 Dresden. Der Sohn eines Photographen besuchte die Berliner Akademie f ü r Kirchen- und Schulmusik (u. a. als Schüler Engelbert —> Humperdincks) und setzte sein Studium 1903 als Stipendiat der Mendelssohn-Stiftung fort. 1904 wurde er Vereinsdirigent, Schulgesangslehrer und Organist in Insterburg, 1913 kgl. preuß. Musikdirektor und übernahm 1914 die Kantorenstelle an der Martin-Luther-Kirche in Dresden. Seit 1924 unterrichtete F. zudem an der Orchesterschule der dortigen Staatskapelle. Neben kirchenmusikalischen Werken zählen Lieder, Steichquartette und die Operette Das Bad im Kaukasus (1918) zu seinen Kompositionen. F r i c k e , (Karl Emanuel) Robert, Mathematiker, * 2 4 . 9 . 1 8 6 1 Helmstedt, f 18.7. 1930 Bad Harzburg. Nach d e m Studium an den Universitäten Göttingen, Berlin, Straßburg und Leipzig wurde F., Sohn eines Landesökonomiegeometers, 1885 als Schüler Felix —> Kleins in Leipzig promoviert ( Ü b e r Systeme elliptischer Modulfunctionen von niederer Stufenzahl) und war seit 1887 als Lehrer am Hof des Prinzen Albrecht von Preußen tätig, seit 1890 Gymnasiallehrer in Braunschweig. 1891 habilitierte er sich in Kiel für Mathematik, lehrte als Privatdozent in Göttingen und wurde 1894 Prof. der Mathematik an der T H Braunschweig, 1906 deren Rektor. F., seit 1900 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, befaßte sich in seinen wissenschaftlichen Untersuchungen vorwiegend mit Funktionstheorie und Algebra und trat vor allem mit Arbeiten über amorphe Funktionen und Substitutionsgruppen hervor. Er veröffentlichte u . a . ein Lehrbuch der Differentialund Integralrechnung und ihrer Anwendungen (1918), Die elliptischen Funktionen und ihre Anwendungen (1922), Analytische Geometrie (1922), Hauptsätze der Differentialund Integral-Rechnung (1923) und ein Lehrbuch der Algebra, 3 Bde., 1924-28) und war Mitherausgeber der Gesammelten mathematischen Abhandlungen (3 Bde., 1921-23) Felix Kleins und der Gesammelten mathematischen Werke (3 Bde., 1930-32) Richard - » D e d e k i n d s . c u NDB F r i c k e , (Otto) Robert, Chemiker, * 6 . 9 . 1 8 9 5 MönchenGladbach, t 21. 10. 1950 Lugano. Der Sohn eines Augenarztes wurde nach d e m Studium an den Universitäten Münster, Bonn, Marburg und Gießen 1919 in Münster zum Dr. phil. ( U e b e r die hydrolytische Spaltung der Alkalialuminate und über Methoden zur Hydroxylionenbestimmung von konzentrierten Alkalilaugen), 1922 in Gießen zum Dr. med. (Ueber die analytische Erfassung und Differenzierung von Acetaldehyd, Aldol und Glyoxylsäure, sowie deren Vorkommen im Diabetikerharn) promoviert. 1922 habilitierte er sich in MUnster für Chemie. Zunächst als Privatdozent tätig, wurde F. 1928 zum a. o. Prof. ernannt und folgte 1930 einem Ruf als o. Prof. der C h e m i e und Vorstand der Anorganischen Abteilung des Chemischen Instituts an die Univ. Greifswald. 1935 ging er als o . P r o f . und Direktor des Laboratoriums für anorganische C h e m i e sowie für anorganisch-chemische Technologie an die T H Stuttgart. Seine Experimentalarbeiten über die Hydroxide und Oxidhydrate, mit denen er 1920 begann, faßte F. in seinem 1937 erschienenen Werk Hydroxyde und Oxydhydrate (mit Gustav Franz Hüttig) zusammen. Seit 1932 widmete

er sich dem Studium der aktiven Zustände bei Hydroxiden. Zu seinen Veröffentlichungen gehören ferner Über das Wesen der Chemie und ihre Bedeutung für Volk und Volkswirtschaft (1936) und Primär-, Sekundär- und Real-Struktur fester Stoffe (1949). CD N D B F r i c k e , Walter Ernst, Astronom, * 1 . 4 . 1 9 1 5 L e i m b a c h / Mansfeld, t 2 1 . 3 . 1988 Heidelberg. F. studierte Astronomie, Mathematik und Physik an den Universitäten Berlin und Göttingen, wurde 1940 in Berlin promoviert (Der Einfluß eines widerstehenden Mittels in der Dynamik dichter Sternsysteme) und war seit 1942 Assistent an der Hamburger Sternwarte. 1951 habilitierte er sich an der dortigen Univ. und ging nach einem Forschungsaufenthalt in den U S A 1955 als Direktor des Astronomischen Recheninstituts nach Heidelberg. Seit 1961 war er dort o . P r o f . der theoretischen Astronomie. Neben der Dynamik und Kinematik von Sternsystemen und der Flächenphotometrie extragalaktischer Objekte beschäftigte sich F. vor allem mit Fundamentalastronomie und veröffentlichte u. a. Struktur und Kinematik der Milchstraße (1961), den vierten Fundamentalkatalog FK 4 (1963, mit August - > K o p f f ) , Probleme der fundamentalen Asimmetrie und deren Beziehung zur Himmelsmechanik und Radioastrometrie (1977) und The basic fundamental stars (1988). Seit 1960 Mitglied der Heidelberger A k a d e m i e der Wissenschaften, gehörte F. seit 1973 der Österreichischen A k a d e m i e der Wissenschaften, seit 1974 der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina und seit 1982 der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften an. DD J b H A W 1989 F r i c k e , Wilhelm, Schauspieler, Theaterleiter, Schriftsteller, * 2 . 2 . 1 8 0 9 Bremen, t 30. 10. 1887 Bremen. F. schlug mit siebzehn Jahren die Theaterlaufbahn ein und begann nach vier Jahren das Medizinstudium in München. Nach längerer Krankheit bereiste er Tirol, Italien und die Schweiz, wo er sich einige Zeit in Genf aufhielt. Zurückgekehrt, redigierte F. seit 1837 das „Bremische Unterhaltungsblatt", das er 1840 mit dem „Bremischen Volksblatt" vereinte, und übernahm 1844 die Stelle des Geschäftsführers des Stadttheaters in Riga. Es folgten Reisen nach Kopenhagen und Stockholm, später nach England, Paris und R o m . Zuletzt lebte F. als freier Schriftsteller in seiner Heimatstadt. Er veröffentlichte u . a . die Posse Peter und Paul (1834). F r i c k e , Wilhelm, Sänger, * 2 3 . 1 . 1860 Braunschweig, t 3 0 . 1 1 . 1 9 3 5 Stuttgart. F., der bereits in Kinderrollen aufgetreten war, erhielt eine Gesangsausbildung als Bariton bei Otto L u d w i g Wolters in Braunschweig. 1885 / 86 war er am Dortmunder Stadttheater, 1887-93 am Stadttheater von Bremen engagiert und stand seit 1893 am Opernhaus von Köln auf der Bühne. Seit 1899 gehörte er der Stuttgarter Hofoper an und trat 1887-94 in den S o m m e r m o n a t e n an der Berliner Kroll-Oper auf. Zu seinen erfolgreichsten Rollen zählten der Hans Sachs in den Meistersingern, der Titelheld in Rossinis Wilhelm Teil sowie der Jago im Othello. CD Kutsch F r i c k e n h a u s , August, Klassischer Archäologe, * 1 0 . 1 1 . 1 8 8 2 Elberfeld (heute zu Wuppertal), t 18.5. 1925 Mendrisio (Kt. Tessin). F., der in Bonn Altertumswissenschaften studierte und dort 1905 mit einer Dissertation über Athens Mauern im 4. Jh. promoviert wurde, nahm an Ausgrabungen in Tiryns (1906) und unter Theodor —> Wiegand in Milet teil und veröffentlichte Arbeiten zu den Terrakotten des Hera-Heiligtums in Tiryns (1912) sowie zu Griechischen Banketthäusern (1913). Er war Privatdozent in Berlin und wurde 1913 als Nachfolger von Franz - » W i n t e r an die Univ. Straßburg berufen. 1919

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Fricker wechselte F. an die Univ. Kiel. Zu den Schwerpunkten seiner Forschungen zählte die griechische Plastik, eine archäologische Landeskunde zur Argolis konnte er nicht mehr fertig stellen. F. war mit einer Tochter Georg —> Dehios verheiratet. F r i c k e r , Hans, schweizer. Jurist, Politiker, * 2 1 . 2 . 1879 Aarau, t 4. 12.1956 Aarau. Der Sohn eines Postbeamten studierte 1899-1902 Rechtswissenschaften an den Universitäten Bern, M ü n c h e n und Berlin, praktizierte als Rechtsanwalt und wurde 1905 Gerichtspräsdident in Laufenburg, 1930 Oberrichter. 1909-30 war F. Mitglied des Großen Rats von Aarau, 1 9 1 7 / 1 8 dessen Präsident und gehörte 1925-32 dem Nationalrat, seit 1933 d e m Ständerat an, dem er 1 9 4 1 / 4 2 präsidierte. F. war Präsident der Katholisch-Konservativen Volkspartei des Kantons Aarau. CD Biogr Lex Aargau F r i c k e r , Johann Ludwig, evang. Theologe, Musiktheoretiker, * 14.6. 1729 Stuttgart, t 13.9. 1766 Dettingen unter Urach. Der Sohn eines Barbiers wurde 1747 in das Tübinger Stift a u f g e n o m m e n , wo er sich zunächst philosophischen und naturwissenschaftlichen Studien widmete und 1749-52 Theologie studierte. Er Schloß sich der pietistischen Erweckungsbewegung u m Johann Albrecht —> Bengel und Friedrich Christoph —>Oetinger an. 1752 veröffentlichte er eine Brevissima theoriae musicete analysis. Durch Oetinger, der ihn in das Studium der Mathematik und Physik einführte, kam er als Mitarbeiter an einer Planetenmaschine bis an den Wiener Hof. F. unternahm naturwissenschaftliche Studienreisen nach Mähren und Ungarn, wo er seine astronomischen Kenntnisse erweiterte. Danach war er Hofmeister in Stuttgart und seit 1755 bei einer mennonitischen K a u f m a n n s f a m i l i e in Amsterdam, deren Sohn er für ein Jahr nach London begleitete. Nach seiner Rückkehr trat F. mit dem niederrheinischen Kreis um Gerhard —»Tersteegen und Samuel - » C o l l e n b u s c h in Briefverkehr. 1761 wurde er Amtsverweser in Kirchheim unter Teck, dann Vikar in Uhingen, 1762 zunächst Helfer, zwei Jahre später Pfarrer in Dettingen unter Urach. F. verfaßte erbauliche, theosophisch-spekulative und ethische Werke, darunter Weisheit im Staube (Neuausg. 1820, Nachdr. 1963), schrieb geistliche Lieder und beschäftigte sich u . a . mit den Schwingungsverhältnissen der Intervalle. Er erkannte, daß sich alle musikalisch gebräuchlichen Werte auf die ersten drei Primzahlen zurückführen lassen. m MGG F r i c k h i n g e r , (Hans) Walter, Zoologe, * 18.9. 1889 Nördlingen, t 2 5 . 1 . 1 9 5 5 Irschenhausen/Isartal. Der Sohn eines Medizinalrats studierte 1908-14 Naturwissenschaften mit d e m Schwerpunkt Zoologie an den Universitäten M ü n c h e n und Freiburg/Breisgau und war als Assistent am Hygienischen Institut in Würzburg sowie am Institut für angewandte Zoologie der Forstlichen Versuchsanstalt in M ü n c h e n tätig (Promotion 1923, Japanische Polychaeteri). 1920-31 arbeitete er als Fachberater für Schädlingsbekämpfung und Pflanzenschutz in der chemischen Industrie. Später gab er Fachzeitschriften heraus und verfaßte zahlreiche Arbeiten über Schädlingskunde. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Ein Beitrag zur Beseitigung der Läuseplage (1915), Die Mehlmotte (1918), Gase in der Schädlingsbekämpfung ( 1933) und Leitfaden der Schädlingsbekämpfung für Apotheker, Drogisten, Biologen und Chemiker (1939). 1948 leitete F. das Organ der Deutschen Gesellschaft f ü r angewandte Entomologie, den „Anzeiger für Schädlingskunde", rief gleichzeitig die „Naturwissenschaftliche R u n d s c h a u " ins Leben und machte sich vor allem als Begründer sowie Herausgeber der Reihe Große Naturforscher einen N a m e n . Seit 1945 amtierte F. zudem als B u n desleiter des Bundes Naturschutz in Bayern. DP N D B

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F r i c k h o e f f e r , Otto (Karl Friedrich), Dirigent, Komponist, * 2 9 . 3 . 1 8 9 2 Bad Schwalbach, t 9 . 4 . 1 9 6 8 Bad Schwalbach. F. studierte seit 1911 zunächst Medizin an den Universitäten München und Heidelberg, wechselte 1913 jedoch zur Musik über und erhielt eine musikalische Ausbildung am Hochschen Konservatorium in F r a n k f u r t / M a i n , an der Mannheimer Hochschule und an der Akademie in Berlin. Nach dem Ersten Weltkrieg studierte er bis 1920 erneut in Berlin. Er wurde dort ständiger Konzertbegleiter der Altistin Agnes Leydhecker und war als Kompositionslehrer, seit 1933 als Dirigent des Reichssenders Berlin tätig. 1936-45 lebte F. in F r a n k f u r t / M a i n . Er komponierte eine Reihe von Lieder-, Orgel-, Klavier- und Orchesterwerken; seine symphonische Improvisation über ein eigenes T h e m a für großes Orchester wurde 1925 bei dem Wettbewerb der Stadt Trier preisgekrönt. F r i d e l i , Xaver Ernbert, auch Fridelli, Friedel, Jesuit, Missionar, * 11.3. 1673 Linz, t 4 . 6 . 1743 Peking. F. trat 1688 in die Gesellschaft Jesu ein, machte die ChinaMission zu seiner Lebensaufgabe und reiste 1704 nach Tschenkiang, wo er Chinesisch lernte. Seine umfassenden mathematischen Kenntnisse hatten bald seine B e r u f u n g in das „Mathematische Gericht" am kaiserlichen Hof in Peking zur Folge, wo er 1708 mit anderen Jesuitenpatres den Auftrag erhielt, das chinesische Reich zu vermessen, um eine neue Reichskarte herzustellen. 1717 waren die Kartenaufnahmen abgeschlossen, im folgenden Jahr erhielt der Kaiser den neuen China-Atlas in 120 Blättern, der 1737 als Nouvel Atlas de la Chine, de la Tartarie chinoise et Tibet in Den Haag und 1747-56 in deutscher Übersetzung veröffentlicht wurde. F.s missionarisches Wirken fiel in die Zeit der Christenverfolgungen unter Kaiser Yum Tsching; er konnte jedoch die Aufgaben seiner Missionsbrüder durch seine wissenschaftliche Tätigkeit am Kaiserhof erleichtern. 1720 gründete F. eine Schule, im folgenden Jahr die Josephskirche in Peking und wirkte einige Jahre als Rektor des dortigen portugiesischen Jesuitenkollegs. m NDB F r i d e r i c h , Frantz, Medailleur, Holzschneider, Kupferstecher, * u m 1520 Ostdeutschland, t 1584 F r a n k f u r t / O d e r . Ursprünglich Goldschmied, kam F., der wahrscheinlich bei dem Konterfetter Hans —» Schenck die Medailleurskunst erlernt hatte, 1548 als Graphiker aus d e m Werkstattkreis der —>Cranachs in Wittenberg nach F r a n k f u r t / O d e r . Er war bald ein beliebter Porträtist in den Hof-, Adels- und Universitätskreisen Brandenburgs und kam an zahlreiche Fürstenhöfe, u. a. an den polnischen Königshof nach Krakau sowie an die geistlichen H ö f e nach Mainz und Halberstadt. F. gestaltete seine Porträts als Schaumünzen, Holzschnitte und Kupferstiche. Bekannt wurde er auch durch seine häufig in Büchern erscheinenden Bildnisse u . a . von Andreas - ^ M u s c u l u s und Ludolph Schräder. Als Hauptgraphiker der Frankfurter Offizin Johann —> Eichorns schuf er zahlreiche Buchwerke, Zieralphabete, Titelumrahmungen und Bildnisse. m AKL F r i d e r i c h , Johann, Pädagoge, Bibliothekar, * 7 . 1 0 . 1 5 6 3 Wolfshausen bei Würzburg, t 8. 12. 1629 Leipzig. Nach seinem Studium habilitierte sich F. in Leipzig, war Konrektor der Thomasschule und übersiedelte später als Rektor nach Annaberg. 1595 übernahm er eine Professur der Beredsamkeit, später der Physik, seit 1608 der Philologie und der Geschichte; 1607 amtierte er als Rektor der Nikolaischule. Daneben war F. seit 1616 Bibliothekar der Paulinerbibliothek in Leipzig. F r i d e r i c h , Karl (Hans Reinhold), Dirigent, * 1 4 . 4 . 1 8 9 9 Nürnberg, t 2 0 . 4 . 1978. F. studierte Psychologie, Kunst- und Literaturgeschichte an der Univ. M ü n c h e n und absolvierte das Musikstudium

Fridrich 1912-17 am Konservatorium seiner Heimatstadt, 1918-21 an der M ü n c h n e r A k a d e m i e der Tonkunst. 1921 ging F. als zweiter Kapellmeister an das Stadttheater Basel, übersiedelte 1924 als erster Kapellmeister an die Wiener Volksoper und wirkte seit 1926 als Operndirektor am Oberschlesischen Landestheater in Beuthen. Seit 1928 Kapellmeister am Dortmunder Stadttheater, war F. 1932 am Landestheater Coburg tätig und wurde 1933 zum Generalmusikdirektor des Hessischen Landestheaters in Darmstadt ernannt, w o er die Symphoniekonzerte sowie die Chorkonzerte des Musikvereins dirigierte. 1937 wurde F. Chefdirigent des Deutschen Kurzwellensenders Berlin, übernahm 1939-43 die Stelle des Generalmusikdirektors des Pfalzorchesters in Ludwigshafen und gastierte anschließend als Dirigent in Holland sowie bei süddeutschen Orchestern. 1950 war er Chefdirigent des Symphonieorchesters der Stadt Hof, wo er auch die musikalische Oberleitung des Städtebundtheaters innehatte. F r i d e r i c h , Mattheus, luth. Theologe, Schriftsteller, * um 1510 Görlitz, t 1559 Schönberg bei Görlitz. Der Sohn eines Metzgers studierte an der Univ. Leipzig und war seit spätestens 1545 Pfarrer in Görenz, von etwa 1556 an in Schönberg bei Görlitz. F. war auch schriftstellerisch tätig; überliefert sind der in deutscher Prosa verfaßte und in der zweiten Hälfte des 16. Jh. über das gesamte deutsche Sprachgebiet verbreitete Traktat Wider den Sauffteuffel [...], einem frühen Beispiel der didaktisch-satirischen Teufelsliteratur seiner Zeit, sein Sendbrieff An die vollen Brüder in Deutschem Lande (1555) und zwei geistliche Lieder als mehrfach aufgelegter Flugblattdruck. 1557 gab F. Johannes von Schwarzenbergs Sendbrief des Hellischen Sathans an die Zutrincker (1512) heraus. DD N D B F r i d e r i c h , Melchior, auch Friedrich, Jesuit, Theologe, * 9 . 1 2 . 1 6 5 4 Landsberg, t 2 8 . 7 . 1 7 0 9 . F. trat 1671 in die Gesellschaft Jesu ein und wurde 1687 Prof. der Ethik an der Univ. Ingolstadt, w o er seit 1700 Kirchenrecht lehrte. 1693-1700 war er Prof. des Kirchenrechts an der Univ. Dillingen. Zu seinen Werken zählen u. a. Quaestiones canonicae de decimis (1709). Cd L M U F r i d e r i c i , Christoph (Konrad) Wilhelm, Jurist, * 2 2 . 9 . 1726 Hildesheim, t 1. 1. 1769 Greifswald. F. studierte seit 1742 an den Universitäten Helmstedt und Jena Rechtswissenschaften, war 1750-52 als Erzieher, danach als Gouverneur eines Grafen von Rantzau tätig, den er an die Univ. Leipzig begleitete, und wurde 1754 in Jena zum Dr. jur. promoviert. Nach Studienreisen durch Deutschland, England und die Niederlande ließ er sich in Leipzig nieder und hielt Vorlesungen. 1764 folgte F. einem Ruf als o . P r o f . der Rechte an die Univ. Greifswald. Er veröffentlichte u . a . die Gründliche Abhandlung von der Freiheit der deutschen Kirche (1760). F r i d e r i c i , Daniel, auch Friederich, Friedrich, Komponist, Musiktheoretiker, * 1584 Klein-Eichstedt bei Querfurt, t 2 3 . 9 . 1 6 3 8 Rostock. Der aus ärmlichen Verhältnissen s t a m m e n d e F. war Kurrendenschüler in Querfurt, bevor er die Schulen von Eisleben und Gerbstedt besuchte. Seine weitere musikalische Ausbildung erhielt F. bei dem Magdeburger Kantor Friedrich —> Weißensee, später in Meißen, an der Schola Martina in Braunschweig sowie in Westfalen und den Niederlanden. 1612 begann er ein Studium an der Univ. Rostock, wo 1614 seine ersten Kompositionen Sertum musicale I (II, 1619) im Druck erschienen, mehrstimmige geistliche Gesänge nach Psalmtexten, denen noch im selben Jahr eine S a m m l u n g weltlicher Lieder (Serva musicalis) folgte. Später kamen zahlreiche ähnliche S a m m l u n g e n heraus, die Chormusik für Kirche und Schule nach Orlando di —»Lassos Vorbild enthielten. 1614-18 wirkte F. als Leiter des Chorus musicus

und Kantor an der Oldenburger Lateinschule; anschließend wurde er Kantor an der Rats- und Universitätskirche St. Marien sowie Lehrer der Großen Stadtschule in Rostock, w o er sein Studium fortsetzte, das er 1619 als Magister der Theologie abschloß. 1623 wurde F. Kapellmeister aller Rostocker Kirchen. CD M G G F r i d e r i c u s Gerhart, Benediktiner, Theologe, Mathematiker, Astronom, Geograph, * um 1400, t 1463. Der Benediktinermönch des Klosters St. E m m e r a m bekundet in zahlreichen Handschriften von 1445 bis 1464 sein großes Interesse an astronomischen, geographischen und insbesondere mathematischen Fragen, wobei sich sein eigener Anteil daran nur schwer feststellen läßt. 1 4 5 2 / 5 3 wurde F. von Abt Härtung Pfersfelder nach Kastl geschickt, um die Formen des dortigen klösterlichen Lebens zu studieren. Daß er selbst in Klosterneuburg astronomische Beobachtungen angestellt hat, läßt sich nicht nachweisen, da seine Abhandlungen nur das Wiener Wissen bis 1442 einbeziehen. F. verfaßte in Regensburg mit seinem Algorismus Ratisbonensis das erste kaufmännische Rechenbuch auf deutschem Boden, das er vor allem aus Texten des Johannes Sacroboso und Johannes de Lineriis zusammenstellte und d e m er eine umfangreiche A u f g a b e n s a m m l u n g („Practica") aus d e m Wirkungsbereich des Kaufmanns, Münzmeisters u . ä . anfügte. Ein weiteres Interessenfeld von F. war die Geographie. Seit 1445 entstanden zahlreiche Abschriften F.' von Werken über Mathematik, Astronomie und Geographie. F. starb an der Pest. m

LexMA

F r i d l , Marcus, kath. Theologe, Schriftsteller, * 1675 B u r g s t a l l / M e r i n g , t 20. 11. 1754 Burgstall/Mering. Der Bauernsohn studierte in Dillingen und Ingolstadt kirchliches und weltliches Recht sowie Theologie. Z u m Priester geweiht, übernahm F. 1711 die Pfarrstelle Moorenwies bei Fürstenfeldbruck, deren Kirche er erbaute und teilweise selbst finanzierte. 1744-53 war er Bauherr und Regens des Priesterseminars in P f a f f e n h o f e n bei Mindelheim. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in seiner Heimat. F. verfaßte neben einigen Predigt- und Erbauungsschriften eine Biographie Mary —» Wards unter d e m Titel Englische Tugend-Schul (2 Tie., 1732). DP Killy F r i d o l i n , Stephan, Franziskaner, * u m 1430 Winnenden (Württemberg), t 1 7 . 8 . 1 4 9 8 Nürnberg. Der in den Franziskanerorden eingetretene F. ist seit 1460 als Prediger, seit 1475 als Konventsprediger in Bamberg nachweisbar. 1 4 7 7 / 7 8 war er in Mainz tätig, unternahm 1479 eine Reise nach R o m , während der er von Seeräubern nach Korsika verschleppt wurde, und kam 1480 nach Nürnberg. Hier war er, abgesehen von einem Aufenthalt in Basel 1487-89, bis zu seinem Tod Prediger bei den Klarissen. In seinen religiösen Schriften, die größtenteils anonym erschienen, befaßte sich F., der Kontakte zu den Nürnberger Humanisten pflegte, mit der religiösen Unterweisung und der geistlichen Führung der Frauen von St. Klara. B e r ü h m t wurde seine Schrift Der Schatzbehalter oder schrein der waren reichtuemer des heils und der ewigen Seligkeit (1491), eine Art Lebens- und Leidensgeschichte Jesu, die Michael —> Wolgemut mit 9 6 Holzschnitten versah. • • VL F r i d r i c h , Karl Julius, Lyriker, * 1756 Sagan (Schlesien), t 2 8 . 1 . 1837 Wien. F. lebte in Berlin und kam A n f a n g der achtziger Jahre nach Wien, w o er in Beziehung zu den Autoren u m den „Wiener Musenalmanach", u . a . Alois —>Blumauer und Joseph Franz —> Ratschky, trat. Er wurde Mitglied der Freimaurerloge „Zur wahren Eintracht". Bis zu seiner Pensionierung 1804 war F. als Sekretär des Protestantischen Konsistoriums in Wien tätig. 1782 wurde er mit seinen von der aufklärerischen Popularphilosophie beeinflußten lehrgedichtähnlichen

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Frieb Hochstilmonologen Situationen oder Versuche in philosophischen Gedichten bekannt. 1787 erschienen seine empfindsamen Lieder der Liebe und Freude im Stil des „Wiener Musenalmanachs". DD Killy F r i e b , Hermann, K a u f m a n n , Widerstandskämpfer, * 11. 12. 1909 Mauerkirchen, t 12. 8 . 1 9 4 3 München. F. wuchs in der Familie eines M ü n c h n e r Wirtschaftsprüfers auf. Er studierte Volkswirtschaft und Schloß sich einer sozialistischen Studentengruppe an. Seit 1933 baute er Kontakte zur Exilleitung der S P D in Prag auf. Weitere Verbindungen bestanden zur Widerstandsgruppe „Neu Beginnen" und zum Kreis um Waldemar von —> Knoeringen. 1941 wurde F. zum Wehrdienst eingezogen. Er war zu dieser Zeit Mitglied der „Revolutionären Sozialisten", der 1942 von der Gestapo gesprengt wurde. An der Ostfront verhaftet, wurde F. 1943 zum Tod verurteilt und hingerichtet. • • Widerstand F r i e b , Lina, eigentl. Karoline F., Sängerin, * 26. 11.1845 Wien, t 17.8. 1876 Leipzig. Die Tochter der Schauspielerin Minona —> Frieb-Blumauer machte seit 1864 als Soubrette am Hoftheater von Braunschweig auf sich aufmerksam. Seit 1866 war sie Ensemblemitglied der Berliner H o f o p e r und hatte u. a. mit den Sopranpartien der Susanna in der Hochzeit des Figaro, der Zeline im Don Giovanni und der Rosina im Barbier von Sevilla ihre größten Erfolge. F. setzte ihre Sängerlaufbahn am Leipziger Opernhaus fort und war seit 1872 mit d e m Kapellmeister Wilhelm Carl Mühldorfer verheiratet. DD Kutsch F r i e b - B l u m a u e r , (Johanna) Minona, eigentl. Johanna Wilhelmine Bernhard, Schauspielerin, Sängerin, * 11.5. 1816 Stuttgart, t 3 1 . 7 . 1 8 8 6 Berlin. F.-B. erhielt von ihrem Vater, dem Schauspieler und Jugendschriftsteller Karl Blumauer (eigentl. Johann Gottfried Bernhard), eine Ausbildung zur Schauspielerin und studierte Gesang am Prager Konservatorium unter Dionys —» Weber. 1827 debütierte sie als Brautjungfrau im Freischütz am Neustrelitzer Hoftheater. 1832 als Sopranistin am Hoftheater in Darmstadt engagiert, folgte F.-B. nach kurzer Tätigkeit in Aachen und Köln 1834 einem Ruf —» I m m e r m a n n s an das Schauspielhaus nach Düsseldorf, wo sie wegen des zunehmenden Verlustes ihrer Singstimme als muntere Liebhaberin zum Schauspielfach übertrat. Es folgten BUhnenauftritte in Brünn, Laibach und Olmütz, bevor sie 1841 nach Wien ging und am Theater an der Wien sowie am Carl-Theater vorwiegend ältere komische Frauenrollen spielte. 1854 trat F.-B. in den Verband der Kgl. Schauspiele in Berlin ein, dem sie bis zu ihrem Tod angehörte. Sie war die Mutter von Lina -> Frieb. DD N D B F r i e b e r g e r , Kurt, Pseud. Karl Gustav Ger, österr. Schriftsteller, * 4 . 4 . 1 8 8 3 Wien, t 1 9 . 1 1 . 1 9 7 0 Wien. Der Sohn eines Schriftstellers und Journalisten trat nach d e m Studium der Rechtswissenschaften in Wien, das er 1910 mit der Promotion zum Dr. jur. abschloß, in den österr. Staatsdienst ein. Nach dem Ersten Weltkrieg war F. bis 1929 im Bundeskanzleramt tätig, arbeitete an der Verfassungsgesetzgebung mit und wirkte anschließend bis 1938 als Presse- und Kulturattache in Rom, w o er u . a . den Bau des österr. Kulturinstituts veranlaßte. Als entschiedener Gegner des Nationalsozialismus wurde F. nach d e m „Anschluß" Österreichs 1938 aus d e m Staatsdienst entlassen, erhielt als Schriftsteller Schreibverbot und arbeitete als Übersetzer. 1945 kehrte er in den Staatsdienst zurück und amtierte 1947-53 als Senatspräsident des Verwaltungsgerichtshofs. Seit seiner Studienzeit war F. schriftstellerisch tätig. Neben Gedichten, Dramen (u.a. der K o m ö d i e Die Braut und das scharlachrote Tier, 1924) schrieb er eine Reihe von Romanen (u. a. Der Fischer Simon Petrus, 1953). 1963 wurde F. mit d e m Österreichi-

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schen Staatspreis für Literatur ausgezeichnet. F. war mit der Pianistin und Graphikerin Maria Vera Brunner verheiratet. m Killy F r i e b e r t , (Johann) Joseph, auch Fribert, Friberth, Frieberth, Dirigent, Sänger, Komponist, * 4. 12.1724 Gnadendorf (Niederösterreich), t 6 . 8 . 1 7 9 9 Passau. F., Bruder von Karl —» Friberth, begann seine musikalische Ausbildung wahrscheinlich als Sängerknabe im Benediktinerstift Melk und erhielt Unterricht bei d e m Hofkapellmeister Josef —> Bonno in Wien. Zunächst bei dem Feldmarschall —>Joseph Friedrich von Sachsen-Hildburghausen tätig, gehörte er seit 1755 als Tenor d e m Ensemble des Wiener Hoftheaters an; er sang u. a. 1754 und 1755 bei der Uraufführung von Christoph Willibald —> Glucks Einaktern Le Cinesi und La Danza. 1763-96 war F. Hofkapellmeister und Hofkammerrat in Passau, w o er 1764 die Hofsängerin Theresia Kern heiratete. Seit 1770 komponierte er Singspiele, Oratorien und vokalmusikalische Akzidenzien; die ernste Oper Das Serail (1765?) gilt als sein bedeutendstes Werk. F. schrieb auch die Gesangsstimmen zu Joseph —» Haydns Die sieben Worte Jesu am Kreuz und führte das Werk in dieser F o r m wahrscheinlich 1792 auf. OP M G G F r i e b o e s , Walter (Martin Egon Oswald), Dermatologe, * 2 2 . 1 2 . 1880 Gotha, f 2 . 5 . 1945 Berlin. Der Sohn eines Bankdirektors studierte an den Universitäten Rostock, Würzburg und Berlin, wurde 1907 in Rostock zum Dr. med. promoviert (Beiträge zur Kenntnis der Jute), praktizierte anschließend und erhielt 1909 eine dermatologische Ausbildung an den Kliniken in Berlin, Rostock und Bonn, wo er sich 1912 habilitierte. 1914 wurde F. a.o., 1919 o. Prof. der Haut- und Geschlechtskrankheiten in Rostock und folgte 1932 einem Ruf als o . P r o f . der Dermatologie nach Berlin. 1933 wurde F. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. Zu seinen Veröffentlichungen zählen ein Grundriß der Histopathologie der Hautkrankheiten (1920, 2 1924) und ein Lehrbuch der Haut- und Geschlechtskrankheiten (1930). 1945 meldete sich F. als Freiwilliger zum Volkssturm; er kam bei der Verteidigung der Charité u m s Leben. c n Ärzte 2, 3 F r i e d , Alfred (Hermann), Pseud. M a n n f r e d Herald Frei, Leo Karrassowitsch, österr. Pazifist, * 1 1 . 1 1 . 1 8 6 4 Wien, t 4 . 5 . 1921 Wien. Seit 1883 als Buchhändler und Verleger in Berlin tätig, widmete sich F., Sohn eines Privatbeamten, seit 1891 auf Anregung Bertha von —>Suttners der Friedensbewegung und war 1892 Mitgründer der Deutschen Friedensgesellschaft. Seit 1899 g a b er zusammen mit Suttner in Berlin die Zeitschrift „Die Friedens-Warte" heraus, nahm an zahlreichen internationalen Friedenskongressen teil und setzte sich in seinen Veröffentlichungen (u.a. Handbuch der Friedensbewegung, 1905, 2 Bde., 2 1911-13; Die Grundlagen des revolutionären Pazifismus, 1 9 0 8 , 2 1 9 1 6 ) für die Schaffung internationaler Organisationen zur Friedenssicherung ein. 1911 erhielt F., Mitglied des Internationalen Friedensinstituts, Sekretär für Mitteleuropa der Conciliation Internationale und Generalsekretär der Union Internationale de la Presse pour la Paix, mit Tobias Michael Carel Asser den Friedensnobelpreis. Während des Ersten Weltkriegs kritisierte er von der Schweiz aus die politischen Ereignisse (Mein Kriegstagebuch, 4 Bde., 1918-20) und trat für einen Völkerbund ein. In seinen letzten Lebensjahren näherte sich F. der internationalen sozialistischen B e w e g u n g an und trat u . a . für den bayerischen Ministerpräsidenten Kurt —» Eisner ein. Seine Jugenderinnerungen erschienen 1925 (hrsg. von Rudolf Goldscheid). c n Lex dt-jüd Autoren

Friedberg F r i e d , Carl, Radiologe, * 2 2 . 7 . 1889 Bamberg, t 2 . 6 . 1958 Säo Paulo. F. studierte 1909-14 an den Universitäten München, Kiel und Berlin Medizin, nahm als Arzt am Ersten Weltkrieg teil und wurde 1919 in Berlin zum Dr. med. promoviert. Er wirkte als Assistenzarzt an verschiedenen Kliniken in München, Worms und im Rheinland und war 1920-28 am Stadtkrankenhaus in Worms tätig, w o er seit 1923 die Röntgenabteilung leitete. 1928 übersiedelte F. als Direktor des NathanLitauer-Röntgen-Instituts des Jüdischen Krankenhauses nach Breslau, d e m er bis zu seiner Internierung im Konzentrationslager Buchenwald 1938 vorstand. 1939 konnte F. in die U S A emigrieren. 1940 war er Radiologe an der N e w York University und ging noch im selben Jahr als Direktor des Säo Francisco d e Assis Radium and Radiological Institute nach Säo Paulo (Brasilien), das er bis 1958 leitete. F. war Mitverfasser der Monographie Die Strahlenbehandlung gutund bösartiger Geschwülste (1928). F r i e d , Erich, Schriftsteller, * 6 . 5 . 1 9 2 1 Wien, t 2 2 . 1 1 . 1988 Baden-Baden. Der Sohn einer Graphikerin und eines jüdischen Spediteurs, der im Mai 1938 an den Folgen eines Gestapoverhörs starb, emigrierte im August 1939 nach Großbritannien, nachdem er in Wien einer Widerstandsgruppe angehört hatte. In London arbeitete F. 1 9 3 9 / 4 0 als Bürogehilfe beim Jewish R e f u g e e Committee, verdiente dann seinen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsarbeiten und wurde später Bibliothekar beim Austrian Centre. Daneben betätigte er sich bis 1944 politisch in verschiedenen kommunistisch dominierten Flüchtlingsorganisationen, u . a . im Freien Deutschen Kulturbund. Nach ersten Gedichten und Prosatexten, die seit 1940 in Exilzeitschriften und -anthologien gedruckt wurden, erschien 1944 in London sein erster Lyrikband Deutschland. Seit 1952 politischer Kommentator des „German Soviet Z o n e P r o g r a m m e " der B B C , war F. in den fünfziger Jahren vorwiegend als Übersetzer tätig (er übertrug bis 1988 neben Dylan T h o m a s , T. S. Eliot und Syvia Plath 21 Dramen Shakespeaeres ins Deutsche) und wurde 1963 Mitglied der „Gruppe 47". Mit seiner Anti-Vietnamkriegs-Lyrik und Vietnam und( 1966) gelang F. der Durchbruch als politischer Lyriker. 1968 gab er seine Stellung bei der B B C auf und lebte als freier Schriftsteller; er veröffentlichte neben seiner Lyrik zahlreiche Essays und Reden. Mit seiner Kritik an der israelischen Politik in dem Gedicht Höre Israel (1967) und seinen Stellungnahmen zur Terrorismusproblematik in der Bundesrepublik Deutschland entfachte F. heftige öffentliche Diskussionen. Er erhielt u . a . den Georg-Büchner-Preis (1988). OD K L G F r i e d , Heinrich Jakob, Maler, Dichter, * 1 1 . 3 . 1 8 0 2 Queichheim bei L a n d a u / P f a l z , γ 2 . 1 1 . 1 8 7 0 München. F. erhielt eine Lehre als Schildermaler, arbeitete seit 1820 in einer Kunstanstalt in Stuttgart und besuchte seit 1822 die M ü n c h n e r Akademie der bildenden Künste, wo er sich vor allem der Historienmalerei zuwandte. 1824 und 1829 unternahm er ausgedehnte Wanderungen zu Burgen in der Pfalz, die er als Motiv entdeckte. Auch in seinem lithographischen Werk Erinnerung an die Vorzeit. Die Rheinpfalz [• •.] schuf er zahlreiche Ansichten alter rheinpfälzischer Schlösser. 1834-37 hielt sich F. in Italien auf und lebte seil 1843 in München, wo er 1845 die Stelle eines Konservators im Kunstverein erhielt. Zu seinen bekanntesten Werken zählt eine Ansicht der blauen Grotte auf Capri. F. war auch als Illustrator (Cervantes' Don Quijote) tätig und veröffentlichte 1840 eine zweibändige Gedichtsammlung Epheuranken. t u AKL F r i e d , Jakob, österr. kath. Theologe, * 2 5 . 7 . 1885 Eibesthal (Niederösterreich), t 18.5. 1967 Wien. F. studierte an der Univ. Wien Theologie, wurde 1909 zum Priester geweiht und war seelsorgerisch tätig. 1914-38 wirkte

er in der Zentralstelle des kath. Volksbundes für Österreich, wo er lange Zeit die Stelle des Generaldirektors innehatte und die Katholikentage in Österreich organisierte. F. arbeitete seit 1915 führend in der kath. Jugendbewegung und war nach dem Ersten Weltkrieg Vorsitzender der kath. Union. Seit 1925 päpstlicher Geheimkämmerer, wurde er 1934 zum päpstlichen Hausprälaten und noch im selben Jahr zum D o m kapitular von St. Stephan in Wien ernannt. 1948 veröffentlichte F. sein Werk Nationalsozialismus und katholische Kirche in Österreich. F r i e d , Johann Jakob, Geburtshelfer, * 2 1 . 4 . 1689 Straßburg, t 3 . 9 . 1 7 6 9 Straßburg. Der Sohn eines Advokaten studierte in seiner Heimatstadt Medizin und wurde 1710 mit seiner Dissertation De cordis palpitatione zum Dr. med. promoviert. 1728 erfolgte seine Ernennung zum Leiter der vom Prätor Franz Josef von Klinglin gegründeten städtischen Hebammenschule. Zugleich wurde F. als geschworener Hebammenmeister der Stadt Straßburg Berater der Hebammen. Sein Unterricht, zu dem auch Medizinstudenten Zutritt hatten, hatte einen großen Zulauf auswärtiger A k a d e m i k e r zur Folge. F. war später Hochfürstlich Hessisch-Darmstädtischer Rat und Leibarzt. 1736 erfolgte die Wahl in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. CD N D B F r i e d , Oskar, Komponist, Dirigent, * 1 0 . 8 . 1 8 7 1 Berlin, t 5 . 7 . 1941 Moskau. Der Kaufmannssohn verließ vorzeitig das G y m n a s i u m , nahm Violinunterricht bei seinem Bruder und wurde in der Stadtpfeiferei von N o w a w e s bei Potsdam zum Musiker ausgebildet. F. wirkte als Hornist in mehreren deutschen und russischen Orchestern, unternahm zahlreiche Konzertreisen durch Europa, gehörte drei Jahre lang d e m Ensemble des Palmengarten-Orchester in F r a n k f u r t / M a i n an, wo er auch Mitglied des Opernorchesters war, und studierte dort Komposition bei Engelbert —> Humperdinck. Den Durchbruch als Komponist erreichte F. 1904 mit seinem Trunkenen Lied, dem weitere Werke f ü r Chor bzw. Sprechstimmen mit Orchester, darunter das Erntelied und Die Auswanderer, folgten. Anschließend übernahm er in Berlin die Leitung der Neuen Konzerte sowie mehrerer Chor- und Orchestervereinigungen und war ein erfolgreicher Interpret zeitgenössischer Komponisten wie Gustav —> Mahler, Richard Strauss und Arnold - » Schönberg. 1934 emigrierte F. als Theaterkapellmeister nach Tiflis, wurde sowjetischer Staatsbürger und dirigierte das Sinfonie-Orchester des Allunion-RadioKomitees in Moskau. DP M G G F r i e d b e r g , Carl, Musiker, * 18.9. 1872 B i n g e n / R h e i n , t 8 . 9 . 1955 Meran. F. studierte bis 1893 u. a. als Schüler Clara —» Schumanns am Hochschen Konservatorium in F r a n k f u r t / M a i n sowie an der Heidelberger Univ. und konzertierte bereits erfolgreich als Pianist und Kammermusiker. Nach d e m Studium unterrichtete er zunächst am Hochschen Konservatorium, übersiedelte 1904 als Meisterschullehrer für Klavier an das Kölner Konservatorium und ging 1914 als Musiker in die USA. 1918 kehrte F. nach Deutschland zurück und ließ sich in M ü n c h e n nieder. 1924 wurde er Lehrer an der Juillard School of M u sic in N e w York und leitete seit 1928 die Klavierabteilung am Insitute of Musical Art. CP N G r o v e D F r i e d b e r g , Emil (Albrecht) von, Jurist, * 2 0 . 1 2 . 1 8 3 7 Könitz (Westpreußen), t 7 . 9 . 1 9 1 0 Leipzig. Der Sohn eines Land- und Stadtrichters und N e f f e Heinrich von —>F.s studierte seit 1856 Rechtswissenschaften an den Universitäten Berlin und Heidelberg, wurde 1861 in Berlin promoviert (De finium inter ecclesiam et civitatem regundorum judicio [...]) und habilitierte sich dort im folgenden Jahr für Kirchenrecht. Seit 1865 a. o . P r o f . in Halle,

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Friedberg ging F. 1868 als o . P r o f . nach Freiburg/Breisgau und folgte 1869 einem Ruf nach Leipzig, wo er Kirchen-, Handels- und Deutsches Recht sowie Staats- und Völkerrecht lehrte. Der Hegeischen Staatsidee verpflichtet, war er ein entschiedener Verfechter der Rechte des Staates gegenüber der Kirche; als Berater —> Bismarcks und durch seine Schriften beeinflußte er den Kulturkampf und insbesondere die Kirchengesetze von 1872. F. veröffentlichte u. a. Die preußischen Gesetze über die Stellung der Kirche im Staat (1873) und ein Lehrbuch des katholischen und evangelischen Kirchenrechts (1879, l , 1909). Seine A u s g a b e des Corpus iuris Canonici (2 Bde., 1879-81), die erste m o d e r n e historisch-kritische Edition, ist bis heute trotz ihrer Mängel unentbehrlich. • • Heinrichs

Friedberg,

Heinrich von, Jurist, Staatsmann, * 2 7 . 1 . 1813 Märkisch-Friedland, t 2 . 6 . 1895 Berlin. Der Sohn eines Bankiers und Gutsbesitzers studierte in Berlin Rechtswissenschaften, wurde 1841 Assessor am dortigen Kammergericht und kam 1845 an das neugegründete Oberzensurgericht. 1848 wurde er zweiter Staatsanwalt am Kammergericht und entwarf die Gesetze über die Neuordnung der Staatsanwaltschaften, die Schaffung von Anwaltskammern sowie die Neuordnung des Strafverfahrens vor d e m Kammergericht. Seit 1850 Oberstaatsanwalt am Appellationsgericht Greifswald, wurde er 1854 Geheimer Justizrat und Vortragender Rat im Justizministerium, 1870 Präsident der Justizprüfungskommission, 1872 Wirklicher Geheimer Oberjustizrat und Mitglied des Herrenhauses, 1875 Kronsyndikus, 1876 Staatssekretär im Reichsjustizamt, 1879-89 preuß. Justizminister. F. war maßgeblich am Zustandekommen des Strafgesetzbuches (1870), der Strafprozeßordnung und des Militärstrafgesetzbuches des Reiches beteiligt. Die Univ. Tübingen verlieh ihm 1886 die Ehrendoktorwürde; 1888 wurde F. in den Adelsstand erhoben. c n Altpreuß Biogr, Bd 4

Friedberg,

Hermann, Chirurg, Gerichtsmediziner, * 5 . 7 . 1817 Rosenberg (Schlesien), t 2 . 3 . 1 8 8 4 Breslau. F. studierte in Breslau, Berlin, Prag, Wien und Paris und wurde 1840 in Breslau promoviert (Circuitus sanguinis in hominibus cyanopathia affectis cum circuitu sanguinis amphibiorum comparatus). Seit 1849 Assistent der chirurgischen Universitätsklinik in Berlin, habilitierte er sich 1852 f ü r Chirurgie und Staatsarzneikunde und übernahm die Leitung einer chirurgischen und augenärztlichen Privatklinik in Berlin. Seit 1866 war F. als Prof. der Staatsarzneikunde und Kreisarzt in Breslau tätig. Er veröffentlichte u. a. Histologie des Blutes, mit besonderer Rücksicht auf die forensische Diagnostik (1852), Chirurgische Klinik (1855), Pathologie und Therapie der Muskellähmung (1858, 2 1862), Klinische und forensische Beiträge zu der Lehre von den Kopfverletzungen (1861), Die Lehre von den Venerischen Krankheiten in dem Alterthume und Mittelalter (1865) und Gerichtsärztliche Praxis. Vierzig gerichtsärztliche Gutachten (1881).

Friedberg,

Robert, Nationalökonom, Politiker, * 2 8 . 6 . 1851 Berlin, t 2 0 . 6 . 1 9 2 0 Berlin. Der Sohn eines Fabrikbesitzers studierte 1871-74 Rechtsund Staatswissenschaften an den Universitäten Berlin, Heidelberg und Leipzig, wurde 1875 zum Dr. phil. promoviert und nach der Habilitation 1877 Privatdozent f ü r Staatswissenschaften in Leipzig. Seit 1885 a. o.Prof. für Staatswissenschaften, folgte er 1894 einem Ruf als o . P r o f . nach Halle. F. gehörte 1886-1918 als Abgeordneter der Nationalliberalen Partei d e m preuß. Landtag, 1893-98 auch d e m Reichstag an und war seit 1904 Vorsitzender des Geschäftsausschusses der Nationalliberalen Partei, seit 1913 Vorsitzender seiner Fraktion im Abgeordnetenhaus. 1917 erhielt er als Vizepräsident des preuß. Staatsministeriums den Auftrag, eine

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R e f o r m des Dreiklassenwahlrechts vorzubereiten, die jedoch erst unter dem Eindruck der Niederlage im Oktober 1918 durchgeführt wurde. F. wirkte an der Gründung der Deutschen Demokratischen Partei mit, die er 1919 in der Nationalversammlung und der Preußischen Landesversammlung vertrat. Als Mitglied des Alldeutschen Verbandes stand F. für eine von Großmachtinteressen geprägte imperialistische Politik. Er veröffentlichte u . a . Die Börsensteuer (1875), Die Besteuerung der Gemeinden (1877), Vorschläge zur technischen Durchführung einer prozentualen Börsensteuer ( 1882) und Die Neuorientierung in Preußen (1917). CD Haunfelder, LibAbg

Friedberger,

Ernst, Immunologe, Hygieniker, Pharmakologe, * 1 7 . 5 . 1 8 7 5 Gießen, f 2 5 . 1 . 1 9 3 2 Berlin. F. Schloß das Studium der Medizin an den Universitäten Berlin, Gießen, München und Würzburg 1899 in seiner Heimatstadt mit der Promotion zum Dr. med. ab ( Ü b e r den Säuregrad und Pepsingehalt des Harns bei Erkrankungen des Magens) und arbeitete anschließend u. a. als Assistent an der Charité in Berlin. 1901-08 war er Assistent am Hygienischen Institut in Königsberg, habilitierte sich dort 1903 für Hygiene und wurde 1908 Titularprofessor. Noch im selben Jahr ging F. an das Pharmakologische Institut der Univ. Berlin, wo er die Abteilung für experimentelle Therapie und Immunitätsforschung leitete, deren Abteilungsvorsteher er 1913 wurde. 1915 folgte F. einem Ruf als Ordinarius f ü r Hygiene an die Univ. Greifswald und kehrte 1926 als Direktor des Preußischen Forschungsinstituts f ü r Hygiene und Immunitätslehre nach Berlin-Dahlem zurück. Er veröffentlichte u . a . Fleckfieberepidemien in Pommern (1918), Lehrbuch der Mikrobiologie ( 1919, mit Richard Pfeiffer) und Untersuchungen über Wohnungsverhältnisse (1923). F. war Mitherausgeber der „Zeitschrift für Immunitätsforschung und experimentelle Therapie". F r i e d e , Aline, Sängerin, * 5 . 7 . 1856 Litauen, t 2 4 . 3 . 1946 Schwerin. Ihre Gesangsausbildung erhielt F., Tochter eines kurländischen Gutsbesitzers, in Berlin, trat zunächst als Mezzosopran und Konzertsolistin auf und begann 1882 ihre Bühnenkarriere. Bis 1883 sang sie am Leipziger Opernhaus, bis 1885 am Stadttheater von Danzig, bis 1889 am Opernhaus in Köln, 1890/91 am Opernhaus von Breslau. Es folgten Engagements in Magdeburg, Königsberg, M a i n z und Nürnberg. Von 1887 bis zu ihrem Bühnenabschied 1911 war sie Ensemblemitglied am Schweriner Hoftheater und gab eine Reihe von Gastspielen in deutschen Städten. F. war vorwiegend als dramatische —> Wagner-Sopranistin bekannt und hatte ihre größten Erfolge als Elisabeth im Tannhäuser und als Elsa im Lohengrin. Neben ihrer Opernkarriere stand gleichberechtigt ihr Wirken als Konzertsolistin, u . a . bei den Mecklenburgischen Musikfesten. F. war auch nach ihrem Rücktritt von der B ü h n e als Konzert- und Oratoriensängerin zu hören und gab bis 1922 Gesangsunterricht. DP Kutsch F r i e d e , Dieter, Journalist, * 1907, t 6. 1.1967 Berlin. F. arbeitete seit 1930 als Journalist; 1 9 4 5 / 4 6 war er Chefredakteur des „Berliner", dann Reporter für das Berliner Blatt „Der Abend". Im N o v e m b e r 1947 wurde er in die Sowjetische Besatzungszone gelockt, vom sowjetischen Geheimdienst in die U d S S R entführt, dort der Spionage angeklagt und bis 1955 in Arbeitslagern interniert. Nach seiner Freilassung kehrte F. in die Bundesrepublik zurück. Er veröffentlichte u . a . England. Geschichte einer Demokratie (1948) und Der verheimlichte Bismarck (I960).

Friedeberger,

Walter Alexander, Mediziner, Politiker, * 2 5 . 9 . 1 8 9 8 Breslau, t 19.5. 1967 Berlin. Das Studium der Medizin und Volkswirtschaft an den Universitäten Berlin Schloß F. 1923 mit der Promotion zum

Friedemann Dr. med. ab (Der Einfluss der spezifischen Behandlung auf die Wassermannsche Reaktion bei der congenitalen Lues). 1922-33 arbeitete er am Diagnostischen Institut des Verbandes der Krankenkassen in Berlin, 1923-33 war er stellvertretender Chefarzt und Geschäftsführer bei der Geschäftsstelle der Ambulatorien des Verbandes. 1930 wurde er DiplomVolkswirt. F., der seit 1921 der S P D angehörte, wurde 1933 aus politischen Gründen fristlos entlassen und inhaftiert: 1935 emigrierte er nach Frankreich. 1939-41 war er in Marokko interniert, ging anschließend in die U S A und kehrte 1947 nach Berlin zurück, wo er bis 1949 leitender Mitarbeiter der Deutschen Zentralverwaltung für Gesundheitswesen war, anschließend im Ministerium für Gesundheitswesen der D D R . 1951 -58 wirkte F. als Direktor des Deutschen Hygien e m u s e u m s in Dresden, war 1959-67 stellvertretender Minister für Gesundheitswesen und gehörte 1963-67 als Abgeordneter der SED-Fraktion der Volkskammer an. DP D D R F r i e d e b u r g , Hans-Georg von, Militär, * 1 5 . 7 . 1 8 9 5 Straßburg, t 2 3 . 5 . 1945 Flensburg. F. trat 1914 als Seekadett in die deutsche Kriegsmarine ein und war 1918 U-Boot-Kommandant. Seit 1929 Verbindungsoffizier der Reichsmarine beim Wehrkreis I, wurde er 1933 Adjutant des Reichswehrministers, 1939 Kapitän zur See und Leiter der Organisationsabteilung beim Befehlshaber der U-Boote. Seit 1943 Kommandierender Admiral der U-Boote, wurde F. - inzwischen Generaladmiral - im Mai 1945 letzter Oberbefehlshaber der Kriegsmarine und führte die Kapitulationsverhandlungen mit den Engländern und Amerikanern. A m 7 . 5 . und am 9 . 5 . 1945 unterzeichnete er die Gesamtkapitulation der Wehrmacht in Reims und Berlin-Karlshorst. Nach der Absetzung der Regierung Dönitz in Flensburg beging F. Selbstmord. m Rößler/Franz F r i e d e l , Ernst (August), Jurist, Museologe, * 2 3 . 6 . 1837 Berlin, f 2 0 . 3 . 1918 Berlin. Nach d e m Studium der Rechtswissenschaft und Kameralia an der Univ. Berlin war F., Sohn eines Theologen und Pädagogen, am Stadt- und Kammergericht Berlin tätig. 1972 wurde er besoldeter Stadtrat in seiner Heimatstadt, später Geheimer Regierungsrat. 1875 gründete er als Dezernent für Archiv-, Bibliotheks- und Museumsangelegenheiten das Märkische Provinzial-Museum, 1892 die Brandenburgia, Gesellschaft für Heimatkunde der Provinz Brandenburg zu Berlin. Er war Mitglied der Provinzialkommission für die Denkmalpflege in der Provinz Brandenburg und gehörte 1887 der Direktion des Märkischen Provinzial-Museums an. F., der dem Verein f ü r die Geschichte Berlins und d e m Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine vorstand, gilt als Wegbereiter der brandenburgischen Heimatkunde. Neben zahlreichen Aufsätzen zu zoologischen, historischen und prähistorischen Fragestellungen veröffentlichte er u . a . Die Gründung preußisch-deutscher Colonien im Indischen und Großen Ocean mit besonderer Rücksicht auf das östliche Asien (1867) und Vorgeschichtliche Funde aus Berlin und Umgegend (1880). Mit Robert —>Mielke gab er die Landeskunde der Provinz Brandenburg (4 Bde., 1909-16) heraus. m BBL F r i e d e l , Johann, österr. Theaterdirektor, Schriftsteller, * wahrscheinlich 2 0 . 5 . 1 7 5 1 Temesvar, t 3 1 . 3 . 1 7 8 9 Klagenfurt. Der Sohn eines Offiziers arbeitete nach seinem Abschied von der A r m e e 1778 zunächst als Buchhändler, brachte eine Wochenschrift heraus und schrieb einige Dramen. Seit 1779 war F. auch als Schauspieler tätig, gehörte wahrscheinlich 1783-85 der Schauspielertruppe Emanuel —> Schikaneders an und lebte zunächst als Theaterdirektor in Wien, wo er 1789 das Theater an der Wieden leitete. Während eines Aufenthalts in Berlin veröffentlichte F. Eleonore, kein Roman, eine

wahre Geschichte in Briefen ( 1 7 8 0 / 8 1 , r, 1791), ein Werk, in d e m er die Merkmale des emfindsamen R o m a n s mit kirchenkritischem Engagement im Sinn des Josephinismus verband. 1783 und 1785 verfaßte er die satirischen Broschüren Briefe aus Wien und Briefe aus dem Monde. Zu seinen Dramen zählt das 1789 entstandene Lustspiel Gutherzigkeit und Eigensinn. DP Killy F r i e d e l l , Egon, urspr. Friedmann, österr. Schriftsteller, Theaterkritiker, Schauspieler, Kulturhistoriker, * 2 1 . 1 . 1 8 7 8 Wien, t 16.3. 1938 Wien. Der Sohn eines Wiener Tuchfabrikanten wuchs bei seiner Tante in F r a n k f u r t / M a i n auf und trat 1897 vom Judentum zum Protestantismus über. Nach d e m Studium der Philosophie, Literatur, Kunst- und Kulturwissenschaften in Heidelberg und Wien, das er 1904 bei K u n o —» Fischer mit der Promotion zum Dr. phil. (Novalis als Philosoph) abschloß, lebte F. - als Erbe beträchtlicher finanzieller Mittel unabhängig - als freier Schriftsteller, Kritiker und Schauspieler in Wien und bewegte sich vorwiegend in den Kreisen der dortigen Boheme. 1 9 0 5 / 0 6 veröffentlichte er erste satirische Skizzen in der „Fackel", trat in verschiedenen Kabaretts auf und war 1 9 0 8 / 0 9 künstlerischer Leiter des „Cabaret Fledermaus". Seit 1913 spielte F. unter Max —»Reinhardt in Wien sowie am Deutschen Theater in Berlin, arbeitete 1919-24 als Theaterkritiker u . a . f ü r die Wiener Boulevardzeitung „Die Stunde" und wurde 1924 von Reinhardt an das Theater in der Josefstadt engagiert. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung, deren Tragweite er früh erkannte, beging F. bei der Festnahme durch die S A durch einen Sprung aus d e m Fenster seiner Wohnung Selbstmord. F. schrieb neben Schwänken und Parodien (u. a. Goethe. Eine Szene, mit Alfred —» Polgar, 1908) zahlreiche Essays und Aphorismen. Sein essayistisches Werk erreicht mit der Kulturgeschichte der Neuzeit. Die Krisis der euorpäischen Seele von der Schwarzen Pest bis zum Weltkrieg (3 Bde., 1927-31) und der Kulturgeschichte des Altertums. Leben und Legende der vorchristlichen Seele (Bd. 1 1936, Bd. 2 postum 1949) seinen Höhepunkt. c n Killy F r i e d e m a n n , Adolf, eigentl. Adolph Walther F., Pseud. Eli Samgar, Jurist, Politiker, * 1 1 . 4 . 1 8 7 1 Berlin, t 2 2 . 1 2 . 1 9 3 2 Amsterdam. F., Sohn des Schatzmeisters des jüdischen Vereins Esra, engagierte sich bereits während des Jurastudiums in der zionistischen Bewegung, war u. a. 1896 Mitbegründer der Nationaljüdischen Vereinigung für Deutschland und arbeitete nach seiner Promotion zum Dr. jur. 1898 mehrere Jahre als Amtsrichter im Rheinland, brach die juristische L a u f b a h n jedoch ab und wurde freier Schriftsteller. 1914 veröffentlichte er die erste Biographie über Theodor —> Herzl (Das Leben Theodor Herzls), dessen Zionistischer Organisation er als Mitglied des Großen Aktions-Comités seit 1903 angehörte. Während des Ersten Weltkriegs war F. Regierungsbeauftragter für Judenfragen im Generalgouvernement Warschau und gehörte zu den Gründern und Leitern des Comités für den Osten. Nach Kriegsende wurde er als Referent für jüdische Angelegenheiten in das Auswärtige A m t berufen. 1919 ging er nach Amsterdam, wo er zum Attaché des Deutschen Generalkonsulats aufstieg und sich seit 1921 für die Gründung einer jüdischen Heimstätte in Palästina einsetzte. F. veröffentlichte u . a . Was will der Zionismus? (1903). • Π Lex dt-jüd Autoren F r i e d e m a n n , E d m u n d , Jurist, * 1. 12.1847 Zehdenick, t 1922/23. Der Sohn eines K a u f m a n n s und Fabrikbesitzers studierte Geschichte und Rechtswissenschaften an den Universitäten Bonn, Heidelberg und Berlin. Er wurde Assessor am Berliner Stadtgericht, später Kreisgerichtskommissar in Beelitz. 1879

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Friedemann trat F. zur Berliner Rechtsanwaltschaft über, führte zudem seit 1884 das Syndikat des von Abgeordneten der Freisinnigen Partei gebildeten Komitees für unentgeltliche Ratserteilung an freie Hilfskassen und wurde 1885 Stadtverordneter. 1886 habilitierte er sich für Geschichte und Rechtswissenschaften an der Humboldtakademie und war dort Dozent. 1888 wurde er Notar, 1897 Justizrat. F. veröffentlichte Jüdische Moral und christlicher Staat (1894). Er war der Vater von Ulrich —»F. F r i e d e m a n n , Friedrich Traugott, Pädagoge, Archivar, * 2 9 . 3 . 1 7 9 3 Stolpen bei Dresden, t 2 . 5 . 1853 Idstein. F. studierte seit 1810 Theologie, Philosophie, Geschichte und Sprachwissenschaften an der Univ. Wittenberg, w u r d e 1812 zum Dr. phil. promoviert und ging im folgenden Jahr als Konrektor an das Zwickauer Gymnasium. Seit 1820 Rektor am G y m n a s i u m Wittenberg, wurde er 1823 Direktor des Catharineums in Braunschweig. 1830-39 war F. in gleicher Stellung am Weilburger Landesgymnasim tätig und wirkte als Oberschulrat des Landes Nassau. 1840 wurde er Direktor des Nassauer Zentralarchivs in Idstein und gab 1846-53 die „Zeitschrift für die Archive Deutschlands" (2 Bde.) heraus. F r i e d e m a n n , Ulrich, Bakteriologe, Serologe, * 7 . 5 . 1 8 7 7 Berlin, t 1 6 . 1 1 . 1 9 4 9 N e w York. F., Sohn von E d m u n d —> F., studierte Medizin an den Universitäten Freiburg/Breisgau, Berlin und Heidelberg, wurde 1900 zum Dr. med. promoviert ( Ü b e r die Veränderungen der kleinen Arterien bei Nierenerkrankungen) und erhielt seine klinische Ausbildung in Stettin, Straßburg und Berlin. Als Assistent war er an den Instituten von Paul —> Ehrlich ( 1 9 0 3 / 0 4 ) sowie von Max —»Rubner und Carl - » Flügge (1905-10) tätig. Seit 1911 Leiter der Bakteriologischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses Moabit, war F. während des Ersten Weltkriegs leitender Arzt des Seuchenlazaretts im Virchow-Krankenhaus. Er übernahm die Seuchenabteilung dieser Klinik, war Mitglied des RobertKoch-Instituts und habilitierte sich 1908 in Berlin für Hygiene. Seit 1920 a. o . P r o f . für Infektionskrankheiten, wurde ihm 1933 wegen seiner jüdischen Herkunft die Lehrerlaubnis entzogen. F. emigrierte im selben Jahr nach Großbritannien, wo er bis 1936 am National Institute for Medical Research in London arbeitete. Danach leitete er die Bakteriologische Abteilung des Brooklyn Jewish Hospital in N e w York. F. veröffentlichte u . a . ein Taschenbuch der Immunitätslehre (1910) und Erfahrungen aus der Berliner Pockenepidemie des Jahres 1917 (1920). m Ärzte 2, 3

tion im Flußgebiet des Mittellaufs der Glatzer Neiße) und war seit 1914 als Bergassessor an der Berliner Bergakademie tätig. Bei Beginn des Ersten Weltkriegs wurde F. in Gibraltar interniert und wegen einer bei einem Fluchtversuch zugezogenen Beinverletzung in die Schweiz entlassen. Seit 1920 stellvertretender Geschäftsführer des Deutschen Bauernbundes in Berlin, wirkte er 1921-25 als Landrat des westpreußischen Kreises Rosenberg, wurde 1925 Vizepräsident der Berliner Polizei und war von 1927 bis zu seiner Amtsenthebung 1933 als Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei Regierungspräsident in Kassel. 1935 wurde er mehrere M o n a t e inhaftiert. Er wirkte in der Bekennenden Kirche mit, veröffentlichte zahlreiche wirtschaftspolitische Schriften und brachte bis 1941 die Zeitschrift „Ol und Kohle" heraus. 1939-44 war er auswärtiger Mitarbeiter des Deutschen Instituts für Konjunkturforschung (des späteren Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, das er 1945-68 leitete). Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte F. zu den Mitbegründern der C D U in Berlin, war 1 9 4 5 / 4 6 Präsident der deutschen Zentralverwaltung für Brennstoffindustrie in der SBZ, 1 9 4 7 / 4 8 Vizepräsident des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands. Seit 1946 hatte er das A m t des ersten stellvertretenden Oberbürgermeisters, 1948 des Oberbürgermeisters, bis 1952 des zweiten stellvertretenden Oberbürgermeisters von Berlin inne und übernahm bis 1948 einen Lehrauftrag an der Humboldt-Universität. 1950-52 gehörte er dem Berliner Abgeordnetenhaus, 1952-65 als Vertreter Berlins d e m Bundestag, 1954-65 dem Europaparlament an. Daneben hielt F. Vorlesungen an der Berliner Hochschule für Politik und war seit 1952 Honorarprof. für Bergwissenschaften an der T U Berlin-Charlottenburg. Seine Lebenserinnerungen erschienen 1969. t u MdB F r i e d e n t h a l , Albert, Musiker, Schriftsteller, * 2 5 . 9 . 1 8 6 2 Bromberg, f 17. 1. 1921 Batavia. F., der seine musikalische Ausbildung u. a. als Schüler Theodor —> Kullaks in Berlin erhielt, begann früh seine Laufbahn als Pianist und konzertierte seit 1882 erfolgreich in Europa, Nord- und Südamerika, Afrika, Australien und Ostasien. Daneben wirkte er als M u s i k p ä d a g o g e und veröffentlichte eine Reihe von musikwissenschaftlichen Schriften (u. a. Stimmen der Völker, 5 Hefte). 1911 erschien sein zweibändiges ethnographisches Werk Das Weib im Leben der Völker ( 3 1922).

F r i e d e n s b u r g , Ferdinand, Jurist, Numismatiker, * 1 1 . 2 . 1 8 5 8 Liegnitz, t 5 . 2 . 1930 Hirschberg (Schlesien). Der Sohn des Breslauer Oberbürgermeisters studierte seit 1875 Rechtswissenschaften in seiner Heimatstadt. Zunächst in Schweidnitz tätig, kam er 1887 als Hilfsrichter nach Breslau und übersiedelte 1889 als Landrichter nach Gleiwitz. Seit 1891 im Reichsversicherungsamt tätig, wurde F. 1900 zum Geheimen Regierungsrat und zum Senatspräsidenten ernannt. Seit 1909 im Ruhestand, widmete er sich numismatischen Studien, habilitierte sich an der Breslauer Univ. für Numismatik und wirkte als Privatdozent. F. war 1894-1906 Leiter der Berliner Numismatischen Gesellschaft. Er veröffentlichte u . a . Symbolik der Mittelaltermünzen (1913). F. war der Vater des Politikers Ferdinand —> F.

F r i e d e n t h a l , Hans, Mediziner, Anthropologe, * 9 . 7 . 1870 Scheitnig bei Breslau, t 1942 Berlin. F., N e f f e von Rudolf —»F., studierte seit 1890 Medizin an den Universitäten Kiel, Heidelberg, München, Berlin und Bonn, wurde 1894 promoviert (Die Hülfsmittel des Geburtshelfers nebst Beschreibung eines neuen Perforatoriums) und setzte seine Ausbildung in Physiologie in München, 1896-98 als Assistent Isidor —> Rosenthals in Erlangen fort. 1902 habilitierte er sich an der Univ. Berlin für Anthropologie und ließ sich als praktischer Arzt in Nikolassee (Berlin) nieder, wo er ein Säuglingsheim leitete. 1916 wurde er Titularprofessor. F. wies die Blutsverwandtschaft zwischen M e n schenaffen und Menschen nach und veröffentlichte u. a. eine Allgemeine und spezielle Physiologie des Menschenwachstums (1914), Die Sonderstellung des Menschen in der Natur (1920) und eine Menschheitskunde (1927). 1933 wurde F. von den Nationalsozialisten entlassen. Vor der Deportation verübte er Selbstmord. F. war der Vater von Richard —>F.

DP Leb Schlesien 1, Bd 4

CD Ärzte 2, 3

F r i e d e n s b u r g , Ferdinand, Politiker, Wirtschaftswissenschaftler, * 17. 11. 1886 Schweidnitz (Schlesien), t 11.3. 1972 Berlin. Das Studium der Rechts- und Bergbauwissenschaften absolvierte der Sohn des Senatspräsidenten Ferdinand —»F. 1906-10 in Marburg und Berlin, wurde 1911 in Breslau zum Dr. phil. promoviert (Die subsudetische Braunkohlenforma-

F r i e d e n t h a l , Herbert, seit 1939 Herbert Freeden, Journalist, Schriftsteller, * 22. 1.1909 Posen, f 13. 11.2003 Oxford. Der Sohn eines Eisenwarenhändlers studierte seit 1927 Rechtswissenschaften in Göttingen, Berlin und München und wechselte 1930 an die Univ. Leipzig, die er fünf Jahre später ohne Abschluß verließ. Bereits während des Stu-

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Friederich diums schrieb F. u. a. für die „Jugend", den „Vorwärts" und „Die Weltbiihne". 1936 unternahm er eine Informationsreise nach Palästina, arbeitete als Dramaturg und Regieassistent bei Fritz —»Wisten am Kulturbundtheater Berlin und wurde Programmberater im Reichsverband der Jüdischen Kulturbünde in Deutschland, dessen „Mitteilungen" er herausgab. 1939 nach Großbritannien emigriert, wurde F. Mitglied des Freien Deutschen Kulturbundes sowie der von Kurt —» Hiller gegründeten Gruppe Unabhängiger Deutscher Autoren, trat nach kurzzeitiger Internierung 1940 in die britische A r m e e ein und übernahm die Leitung der Informationsabteilung des Vereinigten Zionistischen Fonds in London. Seit 1950 lebte er in Jerusalem, leitete dort den Jüdischen Nationalfonds und war daneben bis 1988 Mitarbeiter des Deutschlandfunks sowie Israelkorrespondent verschiedener deutscher Zeitungen, darunter der „Frankfurter R u n d s c h a u " und der „Stuttgarter Nachrichten". F. verfaßte u. a. Die unsichtbare Kette. Roman eines Juden (1936), Jüdisches Theater in Nazideutschland (1964) und Die jüdische Presse im Dritten Reich (1987); seine Autobiographie Leben zur falschen Zeit e r s c h i e n l 9 9 1 . CD Lex dt-jüd Autoren F r i e d e n t h a l , Isidor, Textilindustrieller, * 2 4 . 3 . 1812 Breslau, t 19. 10.1886. F., Sohn von Markus Bär - » F . , war Mitinhaber der Firma Handlungshaus Gebr. Friedenthal. Als Textilindustrieller wurde er Vorsitzender des Aufsichtsrats der Oberschlesischen Eisenbahn und der Aktiengesellschaft f ü r schlesische Leinenindustrie Kramsta. Als Geheimer Kommerzienrat hatte er daneben seit 1867 den stellvertretenden Vorsitz bzw. die Präsidentschaft in der Breslauer Handelskammer inne und war 1855-66 Stadtverordneter, 1866-78 Stadtrat in Breslau. Von 1863 bis zu seinem Tod war er Vorsitzender der Synagogengemeinde Breslau. F. war der Onkel von Rudolf - > F . F r i e d e n t h a l , Markus Bär, K a u f m a n n , Gutsbesitzer, Schriftsteller, * 2 3 . 6 . 1 7 8 0 oder 1781 Groß Glogau, t 8 . 1 2 . 1 8 5 9 Breslau. F. kam 1812 nach Breslau, wo er zu Ansehen und Wohlstand gelangte. Als Mitglied des Vorstandskollegiums der Breslauer jüdischen Gemeinde verfaßte er eine Reihe von theologischen und philosophischen Abhandlungen, die er auf eigene Kosten aus dem Hebräischen ins Deutsche übertragen ließ. Er war er Vater von Isidor - » F. und Großvater von Rudolf - » F. F r i e d e n t h a l , Richard (Paul Kaspar), Schriftsteller, * 9 . 6 . 1896 München, t 19.10. 1979 Kiel. Nach seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg studierte der Sohn Hans —»F.s seit 1917 Literaturwissenschaften, Kunstgeschichte und Philosophie an den Universitäten München, Berlin und Jena; 1922 wurde er zum Dr. phil. promoviert. F. lebte als freier Schriftsteller in Berlin, wo bereits 1918 sein erster Lyrikband Tanz und Tod erschienen war, dem u . a . ein Band mit Sonetten und eine Reihe von Novellen folgten. Seinen ersten großen Erfolg erzielte er 1929 mit d e m Cortez-Roman Der Eroberer. Seit 1928 war F. als Verlagslektor tätig, trat 1929 in den Berliner Knaur-Verlag ein, dessen Cheflektor er bis 1936 war, und schuf als Herausgeber von Knaurs Konversationslexikon (1932) ein lexikographisches Standardwerk. 1933 erhielt F. als Autor jüdischer Herkunft Schreibverbot, emigrierte 1938 nach London, wurde dort kurzzeitig interniert und arbeitete 1943-50 als Journalist und Übersetzer für die deutsche Abteilung der B B C , 1942-50 als Sekretär des PEN-Clubs deutscher Autoren im Ausland. 1945-50 war er Mitherausgeber der Kulturzeitschrift „Neue Rundschau". Seit 1950 wieder in Deutschland, wirkte er bis 1954 als Verlagsleiter der Droemerschen Verlagsanstalt in München und übersiedelte 1956 als freier Schriftsteller nach

London. F. schrieb Biographien u . a . über —»Händel (1959), —> Goethe (Goethe, sein Leben und seine Zeit, 1963) und —»Luther (1967). Er war Mitglied der Deutschen A k a d e m i e für Sprache und Dichtung und Verwalter des Nachlasses von Stefan —»Zweig. 1976 erschien seine A u t o b i o g r a p h i e . . . und unversehens ist es Abend. OD Lex dt-jüd Autoren F r i e d e n t h a l , (Karl) Rudolf, Jurist, Politiker, * 15.9. 1827 Breslau, t 7 . 3 . 1 8 9 0 Gießmannsdorf bei Neiße. Nach d e m Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Breslau, Heidelberg und Berlin, das er mit der Promotion zum Dr. jur. abschloß, trat F., Sohn eines Kaufmanns und Bankiers und Enkel von Markus Bär —»F., in den Staatsdienst ein, schied jedoch nach d e m Tod seines Vaters 1854 aus, u m den Besitz im Kreis Neiße zu bewirtschaften. 1856 wurde er dort zum Kreisdeputierten gewählt und war 1857-64 Landrat des Grottkauer Kreises. Seit dem Studium in der Altliberalen Partei tätig, gehörte F. 1867 zu den Begründern der Freikonservativen Partei und war 1867-71 Abgeordneter des Norddeutschen Reichstags sowie des Zollparlaments, 1870-79 Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses, 1870-81 des Reichstags. Als preuß. Landwirtschaftsminister (1874-79) erreichte er die Übertragung der Verwaltung der preuß. Forsten und Domänen vom Finanzauf das Landwirtschaftsministerium. Als —» Bismarck sich in der Wirtschafts- und Innenpolitik von den Liberalen trennte, nahm F. 1879 seinen Abschied und wurde im selben Jahr Mitglied des Herrenhauses (bis 1881). m NDB F r i e d e r i c h , Ernst (Otto Heinrich), Physikochemiker, * 2 . 6 . 1883 B i e b e s h e i m / R h e i n , t 13.1. 1951 Oxnard (Kalifornien, USA). Der Sohn eines Landwirts absolvierte das Studium der Chemie seit 1901 an der T H Darmstadt sowie an der Univ. Heidelberg und wurde 1905 bei Theodor —»Curtius mit der Arbeit Beitrag zum Benzolproblem promoviert. F. arbeitete als Assistent in Heidelberg, später als Chemiker in Nürnberg und trat 1901 in die A E G Glühlampenfabrik (seit 1919 Osram) ein, wo er, zuletzt als Direktor, bis 1945 tätig war. 1947 ging er nach Oxnard (Kalifornien). F. befaßte sich mit allen technologischen, verfahrenstechnischen und theoretischen Fragen der sich in der Entwicklung befindlichen Glühlampe und widmete sich später unter Synthese physikalischer und chemischer Erfahrungen dem Gebiet der Festkörperphysik. Er stellte erstmalig höchstschmelzende chemische Verbindungen her und legte die Gesetzmäßigkeiten zwischen Schmelzpunkt, chemischem A u f b a u , Leitfähigkeit und Härte dar. F. veröffentlichte u . a . Über die Härte anorganischer Verbindungen und die der Elemente (1926). c a NDB F r i e d e r i c h , Johann Konrad, Pseud. Karl Strahlheim, K. F. Fröhlich, Schriftsteller, * 5. 12. 1789 F r a n k f u r t / M a i n , t 1.5. 1858 L e Havre. Ursprünglich in der Familientradition für den K a u f m a n n s beruf bestimmt, trat F., der Schauspieler werden wollte, 1805 als Soldat in den französischen Militärdienst ein. 1809 überbrachte er Napoleon nach Schönbrunn die Nachricht von der Verhaftung Papst Pius' VII. durch sein Regiment. Sich seinen musikalischen und schauspielerischen Talenten widmend, inszenierte F. —»Mozarts Don Giovanni. Nach d e m Sturz Napoleons wurde er preuß. Offizier in Kolberg, nahm 1819 seinen Abschied und war journalistisch tätig. Er gab u . a . 1 8 2 1 / 2 2 den politisch-satirischen „Beobachter am Rhein und M a i n " heraus und arbeitete für zahlreiche weitere Zeitschriften in Köln und Mainz, 1825 als Redakteur des „Phönix" in M a n n h e i m und Stuttgart. Seit 1831 lebte er in Rödelheim bei Frankfurt, 1842-47 in Paris, später in Le Havre. 1 8 4 8 / 4 9 erschienen seine Memoiren Vierzig Jahre aus dem Leben eines Toten. Hinterlassene Papiere eines

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Friederichsen französisch-deutschen Offiziers (3 Bde.), 1854 Noch fünfzehn Jahre aus dem Leben eines Toten. Daneben entstanden populärwissenschaftliche historische und geographische Sammelwerke. CD Killy F r i e d e r i c h s e n , Max, Geograph, * 2 1 . 6 . 1 8 7 4 Hamburg, t 2 2 . 8 . 1 9 4 1 Hamburg. F.s Vater war der Kartograph Ludwig F., der 1868 in Hamburg eine Land- und Seekartenhandlung und geographische und nautische Verlagshandlung gründete. Während des Studiums der Geographie, das wesentlich von seinen Lehrern Theobald —> Fischer und Ferdinand von —> Richthofen beeinflußt worden war, wandte sich F. vorwiegend der Morphologie zu und reiste im Anschluß an zwei Geologenkongresse 1897 in den Ural, den Kaukasus und nach RussischArmenien. 1898 wurde er mit der Arbeit Morphologie des Tiën-Schan promoviert. 1900 hielt er sich in Frankreich auf. Nach seiner 1902 mit d e m Botaniker Saposchnikow durchgeführten Expedition in den zentralen Tien-schan und den dsungarischen Ala-tau habilitierte sich F. 1903 in Göttingen f ü r Geographie und wurde 1906 in Rostock zum a. o . P r o f . ernannt. 1907 folgte er einem Ruf als Ordinarius nach Bern, ging 1909 an die Univ. Greifswald, 1917 nach Königsberg und lehrte seit 1923 in Breslau. Seit 1926 war F. Mitglied der Deutschen A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina. Sein wichtigstes Arbeitsgebiet sah F. in der methodisch ausgewogenen länderkundlichen Darstellung. Er veröffentlichte u. a. Forschungsreise in den zentralen Tien-Schan und Dsungarischen Ala-tau (1904), Finnland, Estland und Lettland, Litauen (1924), Beiträge zur schlesischen Landeskunde (1925) und Oberschlesiens Zerreissung (1927). CD N D B F r i e d e r i c i , Christian Ernst, Instrumentenbauer, * 7 . 3 . 1709 Meerane (Sachsen), t 4 . 5 . 1780 Gera. Nach einer Tätigkeit als Orgelbaugehilfe in Altenburg gründete F., Sohn eines Stadtschreibers und Orgelmachers, u m 1737 eine Klavier- und Orgelbauanstalt in Gera, in die 1744 sein Bruder Christian Gottfried eintrat und die sich zu einer der bedeutendsten deutschen InstrumentenbauWerkstätten im 18. Jh. entwickelte. Insbesondere im Bereich des Klavierbaus fanden hier wichtige Neuerungen statt, so 1745 die Erfindung des aufrechtstehenden Hammerflügels, Pyramide genannt, als Vorbild des später üblichen vertikalen Flügels, aus dem sich das Pianino entwickelte. Seit etwa 1758 baute F. die Fortbien als Vorgänger der Tafelklaviere. CD M G G F r i e d e r i c i , Georg, Ethnologe, * 28. 1. 1866 Stettin, t 1 5 . 4 . 1 9 4 7 Altenburg. Der aus einer wohlhabenden K a u f m a n n s f a m i l i e stammende F. trat in den Militärdienst ein, widmete sich als Militarattaché seit 1894 in Washington aber auch der Geschichte und Ethnologie der amerikanischen Ureinwohner und bereiste Nordafrika und Nordamerika (u.a. Indianer und Anglo-Amerikaner, 1900). 1900 nahm er am Feldzug in China teil und studierte nach seiner Rückkehr an den Universitäten Tübingen, Göttingen und Leipzig Völkerkunde, Geschichte und Geographie. 1906 promoviert (Skalpieren und ähnliche Kriegsbräuche in Amerika), bereiste er 1908-10 im Auftrag des Reichskolonialamtes große Teile der Südsee und arbeitete anschließend mehrere Jahre an der Auswertung der Ergebnisse seiner ethnographischen, linguistischen und historischen Forschungen. 1914 trat er wieder in den Militärdienst ein. 1925-36 entstand sein dreibändiges Hauptwerk Charakter der Entdeckung und Eroberung Amerikas durch die Europäer. Wissenschaftlich bedeutsam ist auch sein auf Quellenstudium und Vergleich von Eingeborenensprachen beruhendes Amerikanistisches Wörterbuch (1947, 2 1960). CD N D B

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Friederike Luise, Königin von Griechenland, * 1 8 . 4 . 1 9 1 7 B l a n k e n b u r g / H a r z , t 6 . 2 . 1 9 8 1 Madrid. Die Enkelin Kaiser —»Wilhelms II. und Tochter Herzog —» Ernst Augusts von Braunschweig und Lüneburg verbrachte einige Jahre in England und besuchte anschließend die Landwirtschaftliche Schule in Obernkirchen bei Hannover. 1938 heiratete sie den griechischen Thronfolger Prinz Paul und mußte 1941 mit ihrer Familie nach Ägypten fliehen; danach lebte sie in der englischen Emigration in London, konnte 1946 nach Athen zurückkehren und wurde nach der Thronbesteigung Prinz Pauls 1947 Königin. Nach dem Tod König Pauls 1964 lebte sie bei Athen, mußte nach dem Sturz der Monarchie 1967 das Land verlassen und ging nach R o m . 1971 erschienen ihre Memoiren Measure of Understanding. F. L.s Tochter Sofia ist mit d e m spanischen König Juan Carlos I. verheiratet. DP Munzinger F r i e d h e i m , Carl, schweizer. Chemiker, * 18.4. 1858 Berlin, t 5 . 8 . 1909 Boenigen (Kt. Bern). F. studierte 1877-81 an der Gewerbe-Akademie in Berlin und war nach der Promotion 1882 (Über die Constitution der Metawolframsäure und ihrer Salze) 1883-91 Assistent am chemischen Institut. Seit 1888 Privatdozent, folgte er 1897 einem Ruf als o . P r o f . für anorganische, analytische und technische C h e m i e an die Univ. Bern. F. veröffentlichte u. a. eine Einführung in das Studium der qualitativen Analyse ( 1894) so wie einen Leitfaden der quantitativen Analyse (1897, 2 1905) und besorgte die Neuausgabe des Handbuchs der anorganischen Chemie (1906) von Leopold —>Gmelin. F r i e d h e i m , Ernst, schweizer. Mediziner, Chemiker, * 17.10. 1899 Zürich, f 2 7 . 5 . 1989 N e w York. Das Studium der Medizin absolvierte F. an den Universitäten Zürich, Genf, Paris, München und Wien (Promotion 1924, Ueber den Erfolg interner Behandlung bei Ulcus ventricidi mit röntgenologischer Nische), erwarb in Paris das Diplom für Mikrobiologie, in Hamburg das f ü r Tropenmedizin und ging zur weiteren Ausbildung in Pathologie, Zellbiologie, Spektroskopie und physikalische C h e m i e nach Genf, an das Max-Planck-Institut nach Berlin, an das Institut d ' O p t i q u e nach Paris sowie an das Rockefeller Institute nach N e w York. 1931 folgte er einem Ruf als o . P r o f . an die Medizinische Fakultät der Univ. Genf, wurde 1939 mit der chemischen Arbeit Etude sur quelques acides arsenico-sulfoniques trypanocides promoviert und widmete sich 1945-69 in einem eigenen Labor in N e w York seinen wissenschaftlichen Forschungen. Daneben war er als Gastprofessor an der dortigen Rockefeller University tätig. F. gilt als Pionier auf d e m Gebiet der Chemotherapie von Parasitenkrankheiten; er betrieb auf der ganzen Welt Feldstudien. In seinen Publikationen befaßte er sich u. a. mit der Entwicklung von Melasoprol als Mittel gegen die Schlafkrankheit. F r i e d h o f e n , Peter, Ordensgründer, * 2 5 . 2 . 1 8 1 9 Weitersburg (Kr. Neuwied), t 2 1 . 1 2 . 1860 Koblenz. Der Sohn eines Landwirts und Kaminkehrers verlor früh seinen Vater und wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Er erlernte denselben Beruf wie sein Vater, war seit 1834 Kaminkehrer in Vallendar/Rhein und Schloß bereits während seiner Gesellenjahre an vielen Orten der Trierer Diözesen die Jugend zu Aloysiusgemeinschaften zusammen. 1850 gründete F. in Weitersburg eine Genossenschaft von Laienbrüdern zur Haus- und Hospitalpflege männlicher Kranker; 1851 verlegte er sein Werk nach Koblenz. Im folgenden Jahr legte F. die Gelübde ab. Seit 1853 breitete sich die Kongregation aus, für die ihm der damalige Trierer Bischof die Augustinusregel und die Statuten der Alexianer vorschrieb. Die Kongregation, die erst nach F.s Tod eigene Ideale in den Statuten verwirklichen konnte, erhielt 1905 die päpstliche Bestätigung und darf seit 1946 den N a m e n „Barmherzige Brüder von Maria H i l f führen. CD N D B

Friedl-Meyer F r i e d h o f f , Franz, kath. Theologe, * 2 2 . 3 . 1821 Appelhülsen (Westfalen), t 2 8 . 3 . 1878 Münster. F. wurde nach dem Studium der kath. Theologie 1848 Privatdozent und 1859 a. o. Prof. für Dogmatik und Moraltheologie an der Univ. Münster (bis 1874). Er trat für das D o g m a von der päpstlichen Unfehlbarkeit ein und publizierte umfassende Handbücher, u. a. Grundriss der Katholischen Apologetik (1854), Allgemeine Moral-Theologie (1860), Spezielle Moral-Theologie (1865) und Katholische Dogmatik ( 2 1871). en

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F r i e d i n g e r , Carl, österr. Pädiater, * 1. 11. 1821 Strengberg (Niederösterreich), t 18. 11.1892 Wien. F. studierte 1842-47 an der Univ. Wien Medizin, wurde 1848 zum Dr. med. (Über Cretinismus), im folgenden Jahr zum Dr. chir. promoviert, war Magister der Geburtshilfe und erhielt seine weitere Ausbildung am Allgemeinen Krankenhaus in Wien. 1853 trat er in die staatliche Findelanstalt ein, beschäftigte sich intensiv mit d e m Impfschutzwesen und habilitierte sich 1857 für Pockenschutzimpfung, 1866 für Säuglings- und Armenkrankheiten. Seit 1866 Direktionsleiter der Findelanstalt, wurde F. 1868 in dieser Stellung vom Land Niederösterreich ü b e r n o m m e n und wirkte in der nunmehr Niederösterreichischen Landes-Gebär- und Findelanstalt bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand 1888. Besondere Verdienste erwarb sich F. um die Einführung der K u h p o c k e n i m p f u n g in Osterreich. Er veröffentlichte u. a. Die Kuhpocken-Impfung (1857). F r i e d i n g e r - P r a n t e r , Robert, österr. Diplomat, * 10.10. 1894 Wiener Neustadt (Niederösterreich), t 3 . 1 2 . 1967. F.-P. studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Wien und Innsbruck, wurde 1920 zum Dr. jur. promoviert und arbeitete als Sekretär des Industriellenverbandes in Graz, seit 1923 beim Abrechnungsamt in Wien. 1930 kam er ins Auswärtige Amt, wurde 1934 Legationssekretär in Paris und war 1936-38 in der Wiener Präsidentschaftskanzlei, 1938-40 in der Reichsstatthalterei tätig und ging nach der Besetzung Polens als Vertreter der Reichsregierung nach Warschau. 1948 wurde er Gesandter in Den Haag, 1950 in Kairo, 1956 Botschafter in Athen. F r i e d j u n g , Heinrich, österr. Historiker, Publizist, Politiker, * 18. 1.1851 Roschtin (Mähren), t 14.7. 1920 Wien. Der einer K a u f m a n n s f a m i l i e entstammende F. Schloß das Studium der Geschichte, Philosophie und Germanistik an den Universitäten Prag, Wien und Berlin 1873 mit der Promotion zum Dr. phil. ab, arbeitete 1871-73 am Institut für österreichische Geschichtsforschung und lehrte bis 1879 Geschichte und Deutsch an der Wiener Handelsakademie. Aus politischen Gründen entlassen, war er danach als Journalist und politischer Schriftsteller tätig. Als Historiker und Politiker vertrat er entschieden liberale und gesamtdeutsche Auffassungen. F. Schloß sich Georg von —»Schönerer an und verfaßte gemeinsam mit ihm und Victor —>Adler u . a . 1882 das „Linzer P r o g r a m m " . 1883-86 war er Herausgeber der „Deutschen Wochenschrift" und redigierte 1 8 8 6 / 8 7 die „Deutsche Zeitung" als offizielles Organ der Deutschnationalen Partei. Z u n e h m e n d in Gegensatz zu Schönerer, dessen Antisemitismus er ablehnte, wurde F. schließlich wegen seiner jüdischen A b s t a m m u n g aus der Partei ausgeschlossen. 1891-95 gehörte er d e m Wiener Gemeinderat an. F. war seit 1919 Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Er veröffentlichte u . a . Der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland 1859 bis 1866 (2 Bde., 1897, ' " 1 9 1 6 / 1 7 ) und Österreich von 1848-1860 (2 Bde., 1908-12). DP N D B

F r i e d j u n g , Josef (Karl), österr. Pädiater, Politiker, * 6 . 5 . 1871 Nedwieditz (Mähren), t 2 5 . 3 . 1946 Haifa (Palästina). F., Sohn eines K a u f m a n n s , studierte zunächst Klavier und Komposition am Wiener Konservatorium, wandte sich dann der Medizin zu und wurde 1895 in Wien zum Dr. med. promoviert. 1895-97 erhielt er eine Facharztausbildung f ü r Kinderheilkunde in Wien, Laibach und Berlin, arbeitete als Assistent an der Kinderklinik der Wiener Allgemeinen Poliklinik, trat 1904 in das „Erste öffentliche Kinder-Krankeninstitut" ein, wurde 1911 Abteilungsleiter und 1923 stellvertretender Direktor. Seit 1905 stand F. in engem Kontakt mit Sigmund —> Freud, gehörte seit 1909 der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung an und versuchte, die Erkenntnisse der Pädagogik und Psychoanalyse für die Kinderheilkunde nutzbar zu machen. 1920 habilitierte er sich für Kinderheilkunde und wirkte 1921-36 als Dozent an der Univ. Wien. F., der seit 1899 der Sozialdemokratischen Partei angehörte, war seit 1918 Vorsitzender der Gesundheitskommission im Wiener Arbeiterrat, 1919-22 Mitglied des niederösterreichischen Landtags, 1924-34 Gemeinderat. 1921 gründete er die Wiener Sozialdemokratische Ärztevereinigung. 1934 verlor er seine Ämter, wurde kurze Zeit im Lager Wollersdorf interniert und konnte 1938 nach Israel emigrieren, w o er seit 1940 als medizinischer und psychologischer Berater bei der Youth Immigration der Jewish Agency tätig war und später eine psychoanalytische Praxis in Haifa betrieb. F. veröffentlichte u . a . Erlebte Kinderheilkunde (1919), Die kindliche Sexualität und ihre Bedeutung für Erziehung und ärztliche Praxis ( 1923) und Die Fehlerziehung in der Pathologie des Kindes (1931). CD Mühlleitner F r i e d l , Hermann, österr. Neurologe, Schriftsteller, * 2 1 . 1 . 1920 Linz, t 4 . 1 2 . 1988 Steyr (Oberösterreich). Nach dem Studium der Medizin praktizierte F. als Gemeindearzt im Mühlviertel, siedelte 1967 als Facharzt f ü r Psychiatrie und Neurologie nach Erlangen über und wirkte zuletzt als Lehrbeauftragter am Universitätskrankenhaus in Ulm. Auch schriftstellerisch tätig, veröffentlichte er 1953 in der Zeitschrift „Stimmen der Gegenwart" seinen ersten R o m a n Nach dem Krieg, 1962 folgte Der Landarzt. 1966 erschienen seine Oberösterreichischen Essays sowie der Bildband Oberösterreich mit seinem Salzkammergut. CD Killy F r i e d l , Theodor, österr. Bildhauer, * 1 3 . 2 . 1 8 4 2 Wien, t 5 . 9 . 1900 Kirchau (Niederösterreich). F. studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien als Schüler Anton —> Fernkorns. Er schuf zahlreiche dekorative Plastiken, u. a. an der Wiener Börse (1876) sowie an den Arkadenhäusern der Reichsratsstraße (1880-83), hauptsächlich jedoch f ü r die Theaterbauten Ferdinand —> Fellners und Hermann —» Helmers in ganz Europa, so etwa 1893 f ü r das Berliner Metropoltheater. In seinem Stil Schloß sich F. eng an die Barockskulptur an. Für die beiden Rossebändiger am Maria-Theresia-Platz in Wien (1893) schuf F. die Modelle (ausgeführt 1 8 9 2 / 9 3 von Gustav - ^ J a h n ) . c d AKL F r i e d l - M e y e r , Martha, geb. Meyer, schweizer. Chirurgin, * 1 2 . 6 . 1 8 9 1 Moskau, t 2 2 . 6 . 1962 Zürich. Nach d e m Besuch der Deutsche-Töchterschule in Moskau absolvierte F.-M. 1909-15 das Medizinstudium an der dortigen Frauenuniversität, das sie mit dem russischen Staatsexamen abschloß. Bis 1921 war sie als Assistentin an einer chirurgischen Universitätsklinik in Moskau tätig, seit 1922 in Zürich. 1933 wurde sie in Zürich promoviert (Über die Magensyphilis), wirkte danach als Assistentin an der Gynäkologischen Abteilung der Schweizerischen Pflegerinnenschule und war seit 1935 leitende Ärztin der Chirurgischen Abteilung. 1945 wurde F.-M. Chefärztin der Schweizer Pflegerin-

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Friedländer nenschule mit Krankenhaus in Zürich sowie leitende Ärztin der Chirurgischen und der Gynäkologischen Abteilung. 1943 erschien ihr Lehrbuch der Chirurgie für das Pflegepersonal ( 5 1964). Friedländer, Adolf Albrecht, Psychiater, * 8.8.1870 Wien, t 19.1. 1949 Bad Aussee (Steiermark). F. war nach internistischer und psychiatrischer Ausbildung seit 1897 als Assistent an der Psychiatrischen Klinik in Jena, seit 1900 als Assistenzarzt der Frankfurter Irrenanstalt und Leiter in der Abteilung Scheidswaldstraße tätig. 1902-04 errichtete er in Oberursel/Taunus die Privatklinik Hohe Mark für Nervenkranke, besonders aus dem internationalen Hochadel. 1904 wurde F. zum Hofrat und 1910 zum Prof. ernannt. Im Ersten Weltkrieg als Sanitätsarzt, Leiter des Reservelazaretts Oberursel und auf verschiedenen Kriegsschauplätzen tätig, verkaufte F. 1918 seine Nervenheilanstalt und ließ sich als Nervenarzt in Frankfurt/Main nieder. Seit 1919 war er am Sanatorium Haus Sonnenblick in Littenweiler bei Freiburg/Breisgau tätig, 1925 wieder in Frankfurt und seit 1926 erneut in Littenweiler, 1927 wurde er zum Delegierten der badischen Ärzteschaft in allen die Kurpfuscherei betreffenden Fragen gewählt. 1937 emigrierte F. wegen seiner jüdischen Herkunft nach Bad Aussee. Zu seinen zahlreichen Veröffentlichungen gehören Ueber den Einfluß des Typhus abdominalis auf das Nervensystem. Klinische Mitteilungen und kritische Besprechung der einschlägigen Literatur von 1813 bis Anfang des Jahres 1900 (1901), Der Morphinismus, Kokainismus, Alkoholismus und Saturnismus (1913), Die Bedeutung der Suggestion im Völkerleben (1913), Nerven- und Geisteskrankheiten im Felde und im Lazarett (1914), Medizin und Krieg (1916), Wilhelm II. Versuche einer psychologischen Analyse (1919), Die Hypnose und Hypno-Narkose. Für Medizin-Studierende, praktische und Fachärzte. Mit einem Anhang: Die Stellung der medizinischen Psychologie (Psychotherapie) in der Medizin ( 1920) und Der Wille zur Macht und die Macht des Willens (1931). Friedländer, Benedikt, Naturwissenschaftler, Nationalökonom, Soziologe, * 8.7. 1866 Berlin, f 21.6. 1908 Berlin. F. studierte an den Universitäten Heidelberg, Jena und Berlin Naturwissenschaften, wurde 1888 mit der Arbeit Beiträge zur Kenntnis des Centrainervensystems von Lumbricus promoviert und unternahm Studienreisen (Nordamerika, Hawaii, Samoa, Fidschi-Inseln, Neuseeland, Ceylon, Vorderindien). Neben naturwissenschaftlichen Arbeiten (Der Vulkan Kilanea auf Hawai, 1896) veröffentlichte er zahlreiche Abhandlungen über soziale Fragen und die Geschichte des Sozialismus, u.a. Der freiheitliche Sozialismus (1892) und Die vier Hauptrichtungen der modernen sozialen Bewegung (1901), die unter dem Einfluß der sozial-ökonomischen Anschauungen Eugen —>Dührings stehen. Friedländer, David (Joachim), Schriftsteller, Fabrikant, * 6.12. 1750 Königsberg (Preußen), f 25.12.1834 Berlin. Der Sohn eines jüdischen Silberhändlers kam 1771 nach Berlin, wo er zunächst bei seinem späteren Schwiegervater, dem Bankier Daniel —> Itzig, tätig war und 1776 eine Seidenfabrik gründete, die ihn bald zu einem der wohlhabendsten Berliner Kaufleute machte. Als Schüler und Freund Moses —> Mendelssohns und Jugendfreund von Markus —> Herz trat F. publizistisch für die Emanzipation der Juden ein, u. a. in seinen 1793 anonym erschienenen Akten-Stiicken, die Reform der jüdischen Kolonieen in den preußischen Staaten betreffend. Er strebte eine radikale Erneuerung des Judentums an, um durch eine weitgehende Assimilation eine bürgerliche Gleichstellung seiner Glaubensbrüder zu erreichen. 1778 gehörte F. zu den Begründern einer jüdischen Freischule, erregte jedoch selbst in den Kreisen des liberalen Juden-

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tums Widerstand, als er die Existenz einer jüdischen Nation negierte, für die Aufhebung der Zeremonialgesetze eintrat und in seinem Sendschreiben an Seine Hochwürden, Herrn Oberconsistorialrath und Propst Teller zu Berlin, von einigen Hausvätern jüdischer Religion (1799) sogar den Übertritt zum Christentum anbot, was auch von kirchlicher und staatlicher Seite heftig abgelehnt wurde. 1799 von den Berliner Stadtverordneten als erster Jude zum unbesoldeten Stadtrat gewählt, war F. 1806-12 als Ältester der Judenschaft in Berlin tätig und erwirkte für sie 1812 das Bürgerrecht. Als Assessor am kgl. Manufakturkollegium setzte er sich für die Interessen der Unternehmer gegenüber dem Staat ein. m Altpreuß Biogr, Bd 3 Friedlaender, Ernst (Kurt Hermann), Publizist, Schriftsteller, * 4.2.1895 Wiesbaden, t 13.1.1973 Siena. F. studierte an den Universitäten Tübingen, Leipzig, Berlin, Bonn und Köln Philosophie, mußte jedoch sein Studium nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg aus finanziellen Gründen abbrechen. Zunächst arbeitete er bei einer Berliner Bank und wechselte später zu der IG-Farben AG, als deren Direktor und Filialleiter er seit 1929 in den USA tätig war. 1931 ging F. wegen der politischen Entwicklung in Deutschland zuerst nach Lugano, später nach Liechtenstein und wandte sich dort einer schriftstellerischen Tätigkeit zu. In Vaduz erschienen u. a. seine Werke Frieden und Abendland (1940) und Das Wesen des Friedens (1945). 1946 kehrte F. nach Deutschland zurück, war bis 1950 stellvertretender Chefredakteur und Teilhaber der Wochenzeitung „Die Zeit" in Hamburg, schrieb danach politische Leitartikel für das „Hamburger Abendblatt" und die „Berliner Morgenpost" und wurde Rundfunkkommentator beim Norddeutschen Rundfunk. Er gehörte zu den Verfechtern des Gedankens der europäischen Einigung, wurde 1954 Vizepräsident des Deutschen Rats der europäischen Bewegung und war 1954-58 Präsident der Europa-Union Deutschland. Nach 1960 lebte F. als freier Schriftsteller in Siena; 1965 veröffentlichte er die Dokumentation Pius XII. und das Dritte Reich. CD Hamburger Biogr, Bd 2 Friedländer, (Gottfried) Immanuel, Geologe, * 9.2. 1871 Berlin, t 1948 Neapel. Der Sohn eines Nationalökonomen studierte an den Universitäten Berlin und Kiel sowie an der TH Zürich und unternahm seit 1893 zahlreiche Forschungsreisen, u.a. nach Nordamerika, Polynesien und Japan. Seit 1901 lebte er in Neapel, wo er sich vorwiegend mit Untersuchungen des Vesuvs beschäftigte und 1913 ein privates Vulkaninstitut gründete. F. veröffentlichte u. a. Beiträge zur Geologie der Samoainseln (1910), Beiträge zur Kenntnis der Kapverdischen Inseln (1913), Die Azoren (1929) und Die Geschichte des Vesuv (1929). Friedlaender, Johnny, eigentl. Gotthard F., Graphiker, Maler, * 21.6. 1912 Pleß (Oberschlesien), t 18.6.1992 Paris. F., Sohn eines Apothekers, ging nach dem Studium an der Kunstakademie in Breslau bei Otto —> Müller zunächst nach Dresden, wurde Mitglied der Assoziation revolutionärer bildender Künstler und hielt sich dann in Berlin auf. 1933 verhaftet und in einem Konzentrationslager gefangen, emigrierte er nach der Freilassung im Dezember desselben Jahres nach Frankreich, floh 1935 nach Den Haag und Schloß sich 1937 der Résistance in Südfrankreich an. 1939 erneut interniert, verpflichtete sich F. 1940-44 zur britischen Armee. 1945 kehrte er nach Paris zurück, wo er dem Umkreis der Ecole de Paris angehörte. F. schuf Aquarelle, Ölgemälde, Radierungen und Zeichnungen sowie Mappenwerke (u. a. zu Gedichten von Paul Eluard). Der Schwerpunkt seines Werks liegt auf der Druckgraphik, besonders der Farbradierung. Bekannt geworden ist F. auch mit dem von ihm entwickelten

Friedländer Verfahren für die großformatige vielfarbige Radierung von nur drei Platten. Er veröffentlichte u. a. Ein Skizzenbuch. Zeichnungen und Konzepte ( 1974). DP A K L

Friedländer,

(Eduard) Julius (Theodor), Numismatiker, * 2 6 . 8 . 1 8 1 3 Berlin, t 1 4 . 4 . 1 8 8 4 Berlin. Der Enkel David —>F.s sollte ursprünglich Mediziner werden, zog sich jedoch 1838 einen Gehörschaden zu, der in späteren Jahren zur völligen Taubheit führte. Vorgebildet durch die große Münzsammlung seines Vaters, begann F. 1840 als Hilfsarbeiter an der Antikenabteilung des kgl. Münzkabinetts. Im selben Jahr bei Johann Gustav —>Droysen in Kiel promoviert, übernahm er 1858 die Leitung der Abteilung, wurde 1868 der erste Direktor des gesamten Münzkabinetts. F. vermehrte die Ausstellungsstücke durch den Ankauf einer Reihe von Privatsammlungen. Er veröffentlichte u. a. Die italischen Schaumünzen des 15. Jahrhunderts (1430-1530) (1882). m NDB

Friedländer,

Julius, Mathematiker, Buchhändler, * 2 7 . 4 . 1 8 2 7 Berlin, t 4. 11. 1882 Berlin. Der Sohn eines Antiquars und Buchhändlers studierte in Berlin Mathematik und Physik und wurde 1851 mit einer Arbeit über die Konvergenz trigonometrischer Reihen promoviert. Er ging in die USA, um dort an einer Univ. zu lehren, kehrte aber wegen der Krankheit seines Vaters 1853 nach Berlin zurück und übernahm nach dessen Tod das Antiquariat und die Buchhandlung. Für das Antiquariat erwarb er bedeutende Bibliotheken, u . a . die der Germanisten Karl - > L a c h m a n n und Friedrich Heinrich von der —» Hagen, sowie den Nachlaß von Alexander von —> Humboldt. Später konzentrierte sich F. auf den Vertrieb von naturwissenschaftlicher Literatur, f ü r die er ein großes Lager einrichtete. Seit Mitte der siebziger Jahre widmete er sich auch wieder selbst wissenschaftlichen Forschungen und beschäftigte sich u.a. mit den Möglichkeiten der Photographie zur Reproduktion älterer Drucke. 1860-80 war F. auch Inhaber des C. F. Peters Musikverlags, seit 1863 mit Max —> Abraham als Teilhaber. Seine Firma übernahmen nach seinem Tod sein Neffe Wilhelm —>Junk, Ernst Buschbeck und Kurt Budy.

Friedländer,

Karl, Pathologe, * 19. 11.1847 Brieg, t 1 3 . 5 . 1 8 8 7 Meran. Das Medizinstudium schloß F., Bruder des Sängers Max —>F„ 1868 mit der Promotion ab (Über die Verstopfung der Lungenarterie), war 1874-79 als Assistent Friedrich von —> Recklinghausens in Straßburg tätig und übernahm danach die Stelle eines pathologischen Anatoms am Städtischen Krankenhaus Friedrichshain in Berlin. 1879 habilitierte er sich, wirkte als Privatdozent und starb kurz nach seiner Ernennung zum Prof. an Tuberkulose. 1883 entdeckte F. den nach ihm benannten Pneumokokkus und begründete im selben Jahr die Fachzeitschrift „Fortschritte der Medizin", die er bis zu seinem Tod leitete. Er veröffentlichte zahlreiche anatomische, pathologische und histologische Arbeiten, u . a . Ueber locale Tuberculose (1874) und Mikrokokken der Pneumonie (1883). CD Ärzte 2

Friedländer,

Ludwig (Heinrich), Klassischer Philologe, * 1 6 . 7 . 1 8 2 4 Königsberg, t 1 6 . 1 2 . 1 9 0 9 Straßburg. Der aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie stammende F., N e f f e von Samuel (Ludwig Hermann) —>F., studierte 1841-45 an den Universitäten Königsberg, Leipzig und Berlin und habilitierte sich 1847 in seiner Heimatstadt für Klassische Philologie. Nach einem Italienaufenthalt 1 8 5 3 / 5 4 wurde er 1856 a. ο., 1858 o. Prof. der Klassischen Philologie an der Univ. Königsberg und lehrte dort als erster Philologe gleichzeitig Archäologie. 1892 übersiedelte F. nach Straßburg, wo er Vorlesungen an der Univ. hielt. 1862-71 erschien sein Hauptwerk Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms in der Zeit von August bis zum Ausgang der

Antonine (2 Bde., 1862-64; '"1921-23 in 4 Bänden, besorgt von Georg - > W i s s o w a ) . 1905 erschienen seine Erinnerungen, Reden und Studien in zwei Bänden. F. war der Vater des Chemikers Paul —»F. Ed Altpreuß Biogr, Bd 3

Friedländer,

Max, Publizist, Verleger, * 1 8 . 6 . 1 8 2 9 Pleß (Oberschlesien), f 20.4. 1872 Nizza. Der Sohn eines Fabrikanten und Vetter Ferdinand Lassalles studierte Philosophe, Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten Breslau, Heidelberg und Berlin, wurde zum Dr. jur. promoviert und trat in Breslau als Gerichtsassessor in den preuß. Staatsdienst ein. F., der bereits 1848 als Korrespondent verschiedener Zeitungen hervorgetreten war, wandte sich zunehmend einer publizistischen Tätigkeit zu und siedelte 1857 nach Wien über, wo er Mitarbeiter der von August —>Zang begründeten Tageszeitung „Die Presse" wurde. 1864 gründete er mit Michael —» Etienne und Adolf Werthner die „Neue Freie Presse" als deutsch-konstitutionell ausgerichtete Zeitung, die sich bald zum populärsten Blatt der Monarchie entwickelte. Dem volkswirtschaftlichen Teil fügte er eine neugeschaffene Rubrik „Der Economist" bei. Seit 1869 war F. Präsident der Deutschen Journalistentage in Wien, Breslau und Mainz, 1865-67 Vizepräsident des Presseklubs Concordia. CD Lex dt-jüd Autoren

Friedländer,

Max, Sänger, Musikhistoriker, * 1 2 . 1 0 . 1 8 5 2 Brieg (Schlesien), t 2 . 5 . 1934 Berlin. F., Sohn eines Kaufmanns und Stadtrats in Brieg und Bruder des Pathologen Karl —>F., widmete sich nach einer kurzen kaufmännischen Tätigkeit einer Gesangsausbildung als Schüler Manuel Garcías in London und Julius —» Stockhausens in F r a n k f u r t / M a i n . 1880 debütierte er in den Londoner Monday Popular Concerts und wurde bald ein erfolgreicher Lieder-, Balladen- und Oratoriensänger. Nach einem Aufenthalt in F r a n k f u r t / M a i n 1881-83 siedelte er nach Berlin über und wandte sich als Schüler Philipp —»Spittas musikwissenschaftlichen Studien zu. Ohne Abitur wurde F. 1887 in Rostock mit der Arbeit Beiträge zur Biographie Franz Schubert's zum Dr. phil. promoviert. Er spezialisierte sich zunehmend auf die Erforschung des deutschen Volks- und Kunstliedes. 1895 habilitierte sich F. in Berlin mit einer Arbeit über die Plica für Musikwissenschaft, wurde dort 1904 akademischer Musikdirektor und Leiter der Kommission f ü r das Volksliederbuch und 1918 o.Prof. für Musikgeschichte. 1932 emeritiert, wurde er, seit 1908 Geheimrat, Präsident der Brahmsgesellschaft und übernahm die Leitung des Universitätschors Berlin. F. veröffentlichte u. a. Das deutsche Lied im 18. Jahrhundert (2 Bde., 1902).

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MGG

Friedlaender,

Max, Fabrikbesitzer, Großdestillator, * 16.12. 1859 Oppeln (Oberschlesien), t n . e . F., Sohn eines Stadtrats und Stadtältesten, erhielt seine Ausbildung 1875-79 bei einer Breslauer Spirituosenfabrik und trat nach einer Reise in die USA in die von seinem Großvater gegründete Schloßbrauerei und Likörfabrik Marcus Friedländer ein, war Inhaber der Schloßbrauerei KG Max Friedländer und Besitzer einer Likörfabrik, Brennerei und Fruchtsaftpresserei in Oppeln. 1883 gehörte er zu den Begründern des Oberschlesischen Brauerbunds und des Arbeitgeberverbands für Handel, Gewerbe und Industrie in Oppeln. 1902-23 war F. Stadtverordneter, danach bis 1933 Stadtrat in Oppeln.

Friedländer,

Max Jacob, Kunsthistoriker, * 5 . 6 . 1867 Berlin, t 11. 10. 1958 Amsterdam. F., Sohn eines Bankiers, studierte seit 1891 Kunstgeschichte an den Universitäten München, Florenz und Leipzig, wo er 1891 mit einer Arbeit über Albrecht Altdoifer, der Maler von Regensburg zum Dr. phil. promoviert wurde, und war als

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Friedländer Volontär am Berliner Kupferstichkabinett sowie als Hilfsarbeiter am Wallraf-Richartz-Museum in Köln tätig. Seit 1896 wirkte er, zunächst als Assistent, unter Wilhelm von —»Bode an der Berliner Gemäldegalerie, wurde 1905 zweiter, 1929 erster Direktor und war 1908-30 auch Leiter des Berliner Kupferstichkabinetts, dessen Bestände er systematisch erweiterte. Seit 1908 leitete er auch das Dresdner Kupferstichkabinett. 1933 zwangsweise pensioniert, war er als international anerkannter Experte und Kenner vor allem der altdeutschen und altniederländischen Malerei bis zu seiner Emigration 1939 nach Amsterdam als Kunstberater tätig, u.a. auch für Hermann Göring. F. veröffentlichte u. a. Der Kupferstich und der Holzschnitt Albrecht Dürers (1922), Die altniederländische Malerei (14 Bde., 1924-37) und On art and connoisseurship (1942; dt. 1946 Von Kunst und Kennerschaft, Nachdr. 1992). m Metzler Kunsthistoriker F r i e d l ä n d e r , Otto, österr. Jurist, Schriftsteller, * 31.3. 1889 Wien, f 2 0 . 7 . 1963 Waidhofen (Niederösterreich). F. studierte Rechtswissenschaften, Nationalökonomie und Kunstgeschichte an der Univ. Wien, wurde zum Dr. jur. promoviert und betrieb Sprachstudien in Frankreich und Großbritannien. Nach einer Tätigkeit in Berliner und Londoner Banken erwarb er sich 1913-17 Gerichtspraxis und trat 1918 in die Wiener Handelskammer ein, wo er bis 1938 als Leitender Sekretär der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien wirkte und sich zu einem Spezialisten für Transithandel entwickelte. F. gehörte zu den Begründern der österr. Völkerbundsliga und war Wiederbegründer der österr. Friedensgesellschaft. Seit 1946 als Hofrat im Ruhestand, lebte er als freier Schriftsteller in Waidhofen. F. schrieb u. a. Letzter Glanz der Märchenstadt. Bilder aus dem Wiener Leben um die Jahrhundertwende 1890-1914 (1948) und den Roman Maturajahrgang 1907 ( 1963). F r i e d l ä n d e r , Otto, Pseud. Friedén, Otto Friedrich, Schriftsteller, * 5 . 5 . 1 8 9 7 Berlin, t 3.2. 1954 Stockholm. Das rechts- und staatswissenschaftliche Studium schloß F. mit der Promotion zum Dr. jur. ab und war zunächst Wirtschaftsjournalist, dann bis 1933 Redakteur der „Deutschen Textilzeitung". Er Schloß sich früh der Arbeiterbewegung an, war 1924-29 Vorsitzender des Sozialistischen Studentenverbandes und emigrierte Anfang 1933 wegen eines Hochverratsverfahrens nach Prag, wo er bei der Sozialdemokratischen Partei im Exil (Sopade) tätig war. F. wurde 1934 Mitarbeiter der „Neuen Weltbühne", 1936 Mitglied des „Deutschen Volksfrontausschusses" und flüchtete 1938 nach Oslo, 1940 nach Schweden, wo er neben einer publizistischen Tätigkeit seit 1943 mit Archivarbeiten an der Stockholmer Univ. betraut war. 1946 wurde er beratendes Mitglied des dortigen Sopade-Landesvorstandes und wirkte anschließend bis 1954 als Vorsitzender der Vereinigung deutscher Sozialdemokraten in Schweden, seit 1946 u.a. als Dozent beim schwedischen Arbeiterbildungsverein. F. veröffentlichte zahlreiche Werke zu politischen und soziologischen Themen, u.a. Grundformen der Gesellschaft (1949). F r i e d l ä n d e r , Paul, Chemiker, * 29.8. 1857 Königsberg, t 4 . 9 . 1 9 2 3 Darmstadt. Der Sohn des Historikers Ludwig F. studierte an den Universitäten Straßburg und München, wurde 1878 mit der Arbeit Ueber die Diphenylenglycolsäure zum Dr. phil. promoviert, arbeitete als Assistent in München und habilitierte sich 1883 an der dortigen Universität. 1884-87 war er als Chemiker in Offenbach tätig, lehrte seit 1888 an der T H Karlsruhe und übersiedelte 1895 als Vorstand der Chemischen Abteilung des Technologischen Gewerbemuseums nach Wien. 1911 folgte F. einem Ruf als Prof. der organischen Chemie und der organischen Technologie an die TH Darmstadt, 1916-18

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leitete er das Referat Chemie im Kriegsministerium. Er erforschte die Gruppe der Indigoide und galt bald als führender Fachmann auf dem Gebiet der Farbstoffchemie. F. klärte die Konstitution des Farbstoffes der Purpurschnecke auf und entdeckte das Thionaphthen. Seit 1888 erschien die von ihm begründete Reihe Fortschritte der Theerfarbenfabrikation und verwandter Industriezweige (25 Tie.; bis Teil 13, 1923, von F., danach bis Teil 25, 1938, von Hans Eduard —> FierzDavid fortgeführt). CD Altpreuß Biogr, Bd 3 F r i e d l ä n d e r , Paul, Klassischer Philologe, * 2 1 . 3 . 1 8 8 2 Berlin, t 10. 12. 1968 Los Angeles. Das Studium der Klassischen Philologie und Archäologie absolvierte F., Sohn eines Kaufmanns, an den Universitäten Berlin und Bonn, wurde 1905 zum Dr. phil. promoviert und unternahm im Auftrag des Deutschen Archäologischen Instituts Studienreisen nach Kleinasien, Großbritannien und Italien. Später Gymnasiallehrer in Berlin, habilitierte er sich dort 1911, wurde 1914 a. o.Prof. und ging 1920 als o.Prof. der Klassischen Philologie an die Univ. Marburg, 1932 nach Halle/Saale; 1935 wurde er entlassen. 1938 im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert, emigrierte F. 1939 in die USA. Dort lehrte er zunächst an der Johns Hopkins University in Baltimore und 1940-49 an der University of California in Los Angeles. In seinen wissenschaftlichen Arbeiten widmete sich F. vorwiegend der Philosophie Piatons (u.a. Platon, 2 Bde., 1928-30). Seit 1953 war er ordentliches Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts. • 3 Marburg F r i e d l ä n d e r , Salomo, Pseud. Mynona, Schriftsteller, Philosoph, * 4 . 5 . 1871 Gollantsch (Posen), t 9 . 9 . 1946 Paris. Der einer Arztfamilie entstammende F. studierte seit 1894 Medizin an der Univ. München, anschließend Zahnmedizin in Berlin, wo er sich 1896 der spekulativen Philosophie zuwandte. 1897 ging er an die Univ. Jena, um Medizin, Philosophie, Germanistik, Geschichte, Archäologie und Kunstgeschichte zu studieren. 1902 wurde er dort zum Dr. phil. promoviert (Versuch einer Kritik der Stellung Schopenhauer's zu den erkenntnistheoretischen Grundlagen der „Kritik der reinen Vernunft") und lebte seit 1906 als freier Schriftsteller in Berlin; er war u.a. mit Samuel —>Lublinski, Else —> Lasker-Schüler und Herwarth —> Waiden befreundet. F., der auch als Wegbereiter des literarischen Dadaismus gilt, veröffentlichte seine Werke vor allem in den expressionistischen Zeitschriften „Der Sturm" und „Die Aktion" sowie in den „Weissen Blättern" in Zürich. 1919 gab er zusammen mit Anselm —» Ruest die Zeitschrift „Der Einzige" als Organ des von ihm mitbegründeten Stirnerbundes heraus. Nach Groteskensammlungen (u. a. Die Bank der Spötter. Ein Unroman, 1919, verbindet 19 Grotesken durch eine Rahmenhandlung) und einer Biographie von Friedrich —> Nietzsche (1911) erschien 1918 F.s philosophisches Hauptwerk Schöpferische Indifferenz ( 2 1926), in dem er seine Polaritätsphilosophie darlegte, die er als absolute Freiheitslehre und immoralistische Ethik betrieb. 1933 emigrierte F. nach Paris und arbeitete u. a. für die Exilzeitschriften „Die Sammlung" und „Pariser Tagblatt". OD Killy F r i e d l ä n d e r , Samuel (Ludwig Hermann), Mediziner, Medizinhistoriker, * 2 0 . 4 . 1 7 9 0 Königsberg, t 10. 12.1851 Halle/Saale. Das bereits 1804 begonnene Studium der Philosophie und Philologie, später der Medizin an der Univ. Königsberg schloß F. mit der Promotion zum Dr. med. ab und übersiedelte 1812 zur weiteren Ausbildung nach Berlin. Im folgenden Jahr trat er als Arzt in die preuß. A r m e e ein, machte den Feldzug nach Frankreich mit, nahm 1814 seinen Abschied und ging zunächst nach Karlsruhe, später nach Wien. 1815 kam F. in Begleitung des Malers Philipp Veit nach Italien,

Friedli w o er vorwiegend in Künstlerkreisen verkehrte, und legte die Eindrücke dieses Aufenthalts in seinen Ansichten von Italien (2 Bde., 1818-20) dar. 1817 kehrte er nach Deutschland zurück, habilitierte sich an der Univ. Halle mit einer historischen Studie über die Augenheilkunde De medicina oculorum apud Celsum commentarius und wurde dort 1819 a. o., 1823 o . P r o f . der theoretischen Medizin. F., seit seiner Jugend befreundet mit Max von —> Schenkendorf, später auch mit -H> Jung-Stilling und Friedrich Schlegel, veröffentlichte u. a. De institutione ad medicinam ( 1823) und Vorlesungen über die Geschichte der Heilkunde (1839). m

Altpreuß Biogr, Bd 3

F r i e d l ä n d e r , Thekla, Sozialreformerin, * 6 . 4 . 1849 Brieg (Schlesien), t n . e . F. lebte seit 1889 in Berlin, wo sie sich vor allem der Gefangenenfürsorge widmete und insbesondere für die Ref o r m des Frauengefängniswesens sowie des Strafvollzugs in Preußen einsetzte. Ihrer Initiative ist die R e f o r m des Strafvollzugs im Berliner Barnim-Gefängnis und der Neubau des großen Frauengefängnisses zu verdanken. F. propagierte ihre Ideen in zahlreichen Vorträgen. B e i m Deutschen Lyzeumsklub in Berlin begründete sie eine Abteilung, die sich mit der Übertragung fachwissenschaftlicher Werke in Blindenschrift beschäftigte. F r i e d l ä n d e r , Walter (Ferdinand), Kunsthistoriker, * 10.3. 1873 Groß-Glogau (Schlesien), t 3 . 9 . 1 9 6 6 N e w York. F., Sohn eines Kaufmanns, wuchs nach d e m frühen Tod seiner Eltern bei einer Schwester in Berlin auf, studierte seit 1898 dort und in Genf Indologie (Promotion 1900, Der mähavrata-Abschnitt des Cänkhäyana-Aranyaka), 1903-06 Kunstgeschichte an der Univ. Berlin und war 1907-11 am Preußischen Historischen Institut in R o m tätig. Nach einem Studienaufenthalt in Paris habilitierte er sich 1914 mit der Arbeit Nicolas Poussin. Die Entwicklung seiner Kunst an der Univ. Freiburg/Breisgau f ü r Kunstgeschichte, lehrte dort zunächst als Privatdozent und von 1921 bis zu seiner Entlassung 1933 als a . o . P r o f . der Kunstgeschichte. 1 9 3 2 / 3 3 war er Direktor des Freiburger Kunstinstituts. F. emigrierte 1933 über Rumänien und die Sowjetunion nach Skandinavien, 1935 in die USA, wo er seit demselben Jahr am Institute of Fine Art der N e w York University wirkte. F. befaßte er sich vor allem mit Poussin, Claude Lorrain und Caravaggio (u. a. Claude Lorrain, 1921 ; Caravaggio studies, 1955; Nachdr. 1974) sowie mit der Entwicklung von Manierismus und Barock (Die Entstehung des antiklassischen Stiles in der italienischen Malerei um 1520, 1925; Mannerism and Anti-Mannerism in Italian Painting, 1965). ••

Metzler Kunsthistoriker

F r i e d l a e n d e r - F u l d , Friedrich Viktor von, auch Fritz von F.-F., Industrieller, * 3 0 . 8 . 1858 Gleiwitz, t 1 6 . 7 . 1 9 1 7 Schloß Lanke bei Bernau. Der Sohn eines Kohlengroßhändlers übernahm nach d e m Tod seines Vaters das Unternehmen, verlegte seinen Sitz 1890 nach Berlin und rief zusammen mit anderen Investoren die Oberschlesischen Kokswerke und Chemischen Fabriken in Zabrze (Hindenburg) ins Leben. 1891 erfolgte der Bau der ersten Oberschlesischen Benzolfabrik auf Julienhütte. 1903 Schloß F.-F. den eigenen Kohlengrubenbesitz zur Rybniker-Steinkohlen-Gewerkschaft zusammen. 1905 begründete er zusammen mit Rudolf —> Hegenscheidt die Interessengemeinschaft oberschlesischer Steingruben und beteiligte sich noch kurz vor seinem Tod an den Vorbereitungen zur Gründung der Oberschlesischen Karbid- und Stickstoffwerke in Chorzow. F.-F. machte sich um die E i n f ü h r u n g der Koksindustrie im oberschlesischen Revier mit Gewinnung der Nebenprodukte sowie um den A u f b a u einer eigenen großen Kohlenproduktion verdient. CD N D B

F r i e d l ä n d e r - M a l h e i m , Friedrich Ritter von, österr. Maler, * 1 0 . 1 . 1 8 2 5 Kohljanowitz (Böhmen), t 1 3 . 6 . 1 9 0 1 Wien. Der aus ärmlichen Verhältnissen stammende F.-M. besuchte seit 1844 die A k a d e m i e der bildenden Künste in Wien, bevor er in das Atelier Ferdinand Georg —> Waldmüllers eintrat. 1850 unternahm er eine Studienreise nach Italien, ging 1851 nach Düsseldorf (Mitglied des Malkasten), 1854 nach Paris und lebte seit 1856 in Wien, wo er 1866 Mitglied der Akademie, 1871 akademischer Rat wurde. F.-M. ist einer der Hauptbegründer der Wiener Künstlergenossenschaft (1869) und wurde 1889 in den Adelsstand erhoben. Von der Historienmalerei zur Genremalerei übergehend, schuf er vorwiegend Schilderungen des Wiener Volkslebens. Bekannt wurden vor allem seine Bilder aus d e m Familienleben der Kriegspensionäre und Invaliden, u. a. Invaliden in der Kantine (1875). F.-M. war der Vater von Hedwig von —>F.-M.

m A KL F r i e d l ä n d e r - M a l h e i m , Hedwig Edle von, österr. Malerin, * 1 3 . 2 . 1 8 6 3 Wien, t 4 . 1 2 . 1 9 4 5 Wien. F.-M. erhielt als Schülerin ihres Vaters Friedrich von —> F.M. ihre erste künstlerische Ausbildung, die sie an der Kunstgewerbeschule des Österreichischen M u s e u m s in Wien fortsetzte. 1 8 8 9 / 9 0 hielt sie sich in München auf, wo sie von Karl Frithjof Smith unterrichtet wurde. Ursprünglich Genreund Stillebenmalerin, wandte sich F. seit ihrem M ü n c h n e r Aufenthalt fast ausschließlich dem Pastell-Porträt zu und malte vorwiegend D a m e n und Kinder der Wiener Gesellschaft. Bekannt wurde u . a . ein Porträt ihres Vaters sowie ihrer Schwester Camilla. CD A K L F r i e d l a n d , Martin, Musikschriftsteller, * 9. 12.1881 Stargard (Pommern), t 1944 Rotterdam. Der Sohn eines Fabrikanten studierte seit 1902 Musiktheorie und Komposition am Sternschen Konservatorium, 1903-05 an der Kgl. Hochschule in Berlin und war 1908-22 Theorielehrer a m Hagener Konservatorium. Danach Musikreferent der „Allgemeinen Musik-Zeitung" in Berlin, ging F. 1926 als Musikkritiker und Redakteur zum „Kölner Tageblatt" und war bis 1933 Musikkorrespondent der „Frankfurter Zeitung" sowie des „Berliner Tageblatts". Daneben widmete er sich Studien an den Universitäten Berlin und Köln; 1930 wurde er mit der Arbeit Zeitstil und Persönlichkeitsstil in den Variationenwerken der musikalischen Romantik zum Dr. phil. promoviert. F. komponierte auch Lieder, Chöre und Orchesterwerke. Daß er später in die Niederlande emigrierte und bei einem Bombenangriff auf Rotterdam unkam, ist nicht eindeutig zu belegen. F r i e d l a n d e r , Kate, geb. Frankl, österr. Psychotherapeutin, * 1 4 . 9 . 1 9 0 2 Innsbruck, t 2 0 . 2 . 1 9 4 9 London. Das Medizinstudium Schloß F. 1926 an der Univ. Innsbruck mit der Promotion zum Dr. med. ab und war bis 1929 als Assistentin an der Psychiatrischen Klinik der Univ. Berlin tätig. 1929 wurde sie Psychiaterin am Berliner Jugendgericht, 1933 Mitglied des dortigen Psychoanalytischen Instituts und emigrierte nach ihrem Berufsverbot noch im selben Jahr nach Großbritannien. Dort praktizierte F. seit 1935 als Psychoanalytikerin in London und wirkte von 1943 bis zu ihrem Tod am dortigen Kriminologischen Institut. 1947 erschien ihr Werk The Psycho-Analytic Approach to Juvenile Delinquency. F r i e d l i , Emanuel, schweizer. Sprachforscher, Volkskundler, * 14. 12.1846 Lützelflüh (Kt. Bern), t 5 . 4 . 1939 Saanen (Kt. Bern). Der Sohn eines Webers wurde nach der Ausbildung seit 1864 im Lehrerseminar Münchenbuchsee Dorfschulmeister, studierte 1874-80 Theologie an der Univ. Bern und war seit

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Friedman 1881 seelsorgerisch tätig. 1896-1901 Volontär am Schweizerdeutschen Wörterbuch in Zürich, widmete sich F. danach der Erforschung und Beschreibung der bernerdeutschen Mundart in ihrem lebensweltlichen Zusammenhang. 1905 erschien der erste, 1927 der siebte und letzte von F. fertiggestellte Band des regional gegliederten Werks Bärndütsch als Spiegel bernischen Volkstums. CP HLS Friedman, Ignacy (Ignaz), auch Freudmann, Musiker, Komponist, * 14.2. 1882 Podgórze bei Krakau, t 26.1. 1948 Sydney. Zunächst von seinem Vater im Klavierspiel unterrichtet, erhielt F. seine weitere Ausbildung seit 1900 bei Hugo Riemann in Leipzig, später an der Wiener Univ. bei Guido —» Adler und wurde als Schüler Theodor —>Leschetizkys ein bekannter Pianist, vor allem als Chopin-Interpret. Seit 1904 unternahm er zahlreiche Tourneen durch Europa, Nord- und Südamerika und Australien. F., der mit einer Reihe von Klavierkompositionen hervortrat, lebte später in Berlin, Kopenhagen und in den USA. c n NGroveD Friedmann, Alfred, Schriftsteller, * 26. 10.1845 Frankfurt/Main, t 13.2.1923 Berlin. Zunächst Kaufmann in einem Hanauer Juweliergeschäft, bildete sich F. in Paris und London autodidaktisch weiter, studierte seit 1868 an den Universitäten Heidelberg und Zürich und wurde 1870 zum Dr. phil. promoviert. Er war in Wien, seit 1886 in Berlin als Schriftsteller und Übersetzer tätig. F. veröffentlichte neben Gedichtsammlungen, darunter Feuerprobe der Liebe (1876), zahlreiche Novellen und Romane (u.a. Die Heckenrose, 1893) sowie Theaterstücke. Friedmann, Aron, Kantor, * 22.8.1855 Schaken (Litauen), t 9.6. 1936 Berlin. F. ging 1877 nach Deutschland, begann im folgenden Jahr sein Studium an der jüdischen Lehrerbildungsanstalt in Berlin, das er 1883 mit dem Staatsexamen beendete, und erhielt 1882 die Stelle des Zweiten Kantors an der dortigen Neuen Synagoge. Er besuchte Vorlesungen an der Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums, an der er 1883 einen Akademischen Verein für jüdische Geschichte und Literatur gründete. 1883-92 betrieb F. Studien am Sternschen Konservatorium, anschließend an der Akademie der Künste und gehörte der Berliner Singakademie an. 1884 wurde er als Chasan seinen älteren Kollegen gleichgesetzt, 1907 zum Kgl. Musikdirektor ernannt und war seit 1914 Oberkantor. CD MGG Friedmann, Friedrich Franz, Lungenarzt, * 26.10. 1876 Berlin, t 20.2. 1953 Monte Carlo. F. studierte 1895-99 an den Universitäten Berlin und Freiburg/Breisgau Medizin, arbeitete bereits als Student an entwicklungsgeschichtlichen Problemen und wurde 1900 in Berlin promoviert (Untersuchungen über die Bedeutung der Gaumentonsillen von jungen Kindern als Eingangspforte für die tuberkulöse Infection). Anschließend folgte eine mehrjährige praktische Tätigkeit in verschiedenen Universitätskliniken. 1902 gelangen F. erste Entdeckungen auf dem Gebiet der Tuberkuloseforschung, darunter die Lungentuberkulose der Kaltblüter sowie die Reinzüchtung der Schildkrötentuberkelbazillen. 1912 trat er mit einer Methode der Heil- und Schutzimpfung der Tuberkulose beim Menschen hervor. Seit 1919 a. o. Prof. der Tuberkuloseforschung und -bekämpfung, wirkte er bis 1933 an einem Spezialinstitut der Univ. Berlin. Persönlich, fachlich und politisch umstritten, wurde F. 1934 nach einem Dienststrafverfahren entlassen, 1937 rehabilitiert und ging anschließend nach Monaco. 1952 erschien die Studie Warum noch immer Tuberkulose? CD Ärzte 2, 3

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Friedmann, (Adolph) Hermann, Jurist, Philosoph, * 11.4. 1873 Bialystok (Polen), t 25.5. 1957 Heidelberg. Der einer deutsch-baltischen Familie entstammende F., Sohn eines Finanzfachmannes, studierte zunächst Rechtswissenschaften und Rechtsgeschichte in Dorpat und Heidelberg, dann Naturwissenschaften und Philosophie an der Univ. Berlin, wo er zum Friedrichshagener Kreis um Rudolf —> Steiner u. a. gehörte. 1897 in Heidelberg zum Dr. jur. promoviert, wirkte F. 1898-1902 als Rechtsanwalt in Basel, lebte 1906-34 in Helsinki, hatte dort 1931-34 einen Lehrauftrag für Philosophiegeschichte und war Rechtsberater des russischen Generalgouverneurs in Finnland sowie von Industrieunternehmen. Seit 1934 lebte F. in Großbritannien, war nach dem Zweiten Weltkrieg in der internationalen Schriftstellergemeinschaft (PEN) tätig, übernahm 1946 den Vorsitz der deutschen PEN-Gruppe in London und wurde 1951 Ehrenpräsident des deutschen PEN-Zentrums in der Bundesrepublik Deutschland. Seit 1950 hielt er als Honorarprofessor Vorlesungen über Naturphilosophie und Völkerrecht an der Univ. Heidelberg. F. entwarf ein philosophisches System, das Wissenschaft und Gesellschaft in einen normativen Wechselbezug bringen soll. 1925 erschien sein grundlegendes Werk Die Welt der Formen. System eines morphologischen Idealismus ( 2 1930), 1950 seine Autobiographie Sinnvolle Odyssee. Geschichte eines Lebens und einer Zeit, 1873-1950. e n NDB Friedmann, Laura, Sängerin, * 8.4. 1862 Berlin, t n.e. Nach ihrer Gesangsausbildung bei Pauline Viardot-Garcia begann F. ihre Laufbahn als Sopranistin am Stadttheater von Bremen und hatte 1880-82 ein Engagement am Kölner Opernhaus. Zunächst Koloratursängerin, übernahm sie zunehmend dramatische Partien und erreichte den Höhepunkt ihrer Bühnenkarriere an der Dresdner Hofoper, wo sie 1883-93 u. a. als Susanna in der Hochzeit des Figaro, als Rosina im Barbier von Sevilla und als Titelheldin in —> Flotows Martha große Erfolge hatte. Daneben war F. eine bekannte Konzertsolistin und gastierte an der Wiener Hofoper sowie an der Berliner Kroll-Oper. CD Kutsch Friedmann, Meir, genannt Isch Shalom, jüdischer Theologe, * 1.5. 1831 Kraszna bei Kaschau, t 23. 11. 1908 Wien. Der Sohn eines Schankpächters wirkte nach seiner theologischen Ausbildung (u.a. an der Jeschiwah in Ungvár) als Prediger und Talmudlehrer in Miskolcz, bevor er 1858 nach Wien kam, wo er zunächst als Privatgelehrter tätig war. 1864 wurde er Lektor am neuerrichteten Wiener Beth ha-Midrasch, 1893 Lektor für jüdische Literatur an der Israelitisch-Theologischen Lehranstalt in Wien. F. war 1881-86 Mitherausgeber der Monatsschrift „Beth Talmud" und bearbeitete als Kommentator des jüdischen Schrifttums vorwiegend alte jüdische Midraschim. Er veröffentlichte u. a. Das Festbuch Haggadah nach den Quellen (1895). Friedmann, Oskar, österr. Schriftsteller, Theaterdirektor, Verleger, * 13.7. 1872 Wien, t 3. 11. 1929 Wien. Der Bruder Egon —>Friedells war zunächst als Regisseur tätig. Später gründete er den Wiener Verlag und zusammen mit Felix Fischer das Intime Theater, dessen Direktion er für einige Zeit übernahm. Bekannt wurde F. vor allem als Verfasser von Opernlibretti und Lustspielen, darunter Drahtlose Télégraphié (1908) und Das Dreieck (1913). CD ÖML Friedmann, Otto, österr. Jurist, * 11.3. 1860 Wien, t 4.12. 1901 Prag. Der Sohn Otto Bernhard —>F.s studierte Rechtswissenschaften an der Univ. Wien, wurde 1882 zum Dr. jur. promo-

Friedreich viert und habilitierte sich 1887 f ü r Strafrecht und Strafprozeß. Zugleich als Gerichtsadjunkt beim Kreisgericht Korneuburg tätig, wurde er 1891 a. o . P r o f . des Strafrechts und des Strafprozesses an der Univ. Wien, war seit 1893 Prof. des Zivilprozeß-, Handels- und Wechselrechts an der Wiener Konsularakademie und folgte 1900 einem Ruf als o. Prof. des Strafrechts und des Strafprozesses an die Deutsche Univ. in Prag, wo er auch Zivilprozeß-, Handels- und Wechselrecht lehrte. Er veröffentlichte u . a . Zur Reform des österreichischen Straf rechts (1891).

Friedmann,

Otto Bernhard, österr. Publizist, * 1 3 . 3 . 1 8 2 4 Wien, t 1 4 . 6 . 1 8 8 0 Salmannsdorf bei Wien. Durch die Revolution von 1848 wurde der Sohn eines Spiritusfabrikanten zu journalistischer Tätigkeit motiviert und gründete das radikale Blatt „Gerad' heraus". Im Oktober 1848 m u ß t e er nach Deutschland fliehen, wo er bei mehreren Wochenblättern und Zeitschriften tätig war, und rief nach seiner Rückkehr nach Österreich 1858 das „Wiener Wochenblatt" ins Leben, das bis 1860 erschien. F. arbeitete als politischer Redakteur bei der „Ostdeutschen Post", gründete 1859 die „Neuesten Nachrichten", die später unter dem Titel „Wiener L l o y d " bis 1864 erschienen, und entwickelte darin sein Programm von der Reorganisierung Österreichs. Schon vor 1860 trat er für den Dualismus als Staatsform ein. 1862 und 1863 wurde er wiederholt in Presseprozesse verwickelt und zu mehrmonatigen Gefängnisstrafen verurteilt. Später war F. Chefredakteur des „Fremdenblatts", E n d e der siebziger Jahre Generaldirektor der Allgemeinen Österreichischen Baugesellschaft. Zuletzt arbeitete er als Journalist bei der „Presse". F. war der Vater von Otto —> F.

Friedmann,

Siegwart, Schauspieler, * 2 5 . 4 . 1842 Pest (heute zu Budapest), f 2 2 . 4 . 1 9 1 6 Dresden. Der Sohn eines Kaufmanns war f ü r den Beruf seines Vaters bestimmt, wandte sich jedoch, von Adolf —> Sonnenthal und Bogumil —>Dawison ermutigt, der B ü h n e zu und erhielt eine schauspielerische Ausbildung in Dresden. 1863 debütierte F. als Ferdinand im Egmont am Breslauer Stadttheater, war 1864-71 am Kgl. Schauspielhaus in Berlin tätig, danach vorübergehend am Hoftheater von Schwerin. 1872 wurde er von Heinrich —» Laube an das Wiener Stadttheater engagiert, blieb dort bis 1876 und spielte bis 1879 am Stadttheater in Hamburg. Er kehrte an das Wiener Stadttheater zurück, trat dort bis 1881 auf und gab zahlreiche Gastspiele in Deutschland, Österreich und Rußland, bis er 1893 aus gesundheitlichen Gründen seinen Abschied von der B ü h n e nahm. F. war Mitbegründer und 1882-93 Sozietär des Deutschen Theaters in Berlin. Zu seinen Hauptrollen gehörten Clavigo, Hamlet, Richard III. und Mephisto.

vardzeitung der amerikanischen Z o n e die „Tageszeitung", aus der die „Abendzeitung" hervorging, deren Mitgesellschafter er wurde. Nach einem Aufenthalt in den U S A rief F. 1949 das „Werner-Friedmann-Institut", die heutige Deutsche Journalistenschule in München, ins Leben. Seit 1961 wandte sich F. als Herausgeber der Erweiterung der „Abendzeitung" zu. Er veröffentlichte u. a. Presse und. öffentliche Meinung ( 1951 ). CD Hachmeister

Friedmann-Frederich,

Fritz, eigentl. Friedmann, Theaterdirektor, Schriftsteller, * 13.3. 1883 Berlin, t 1 6 . 3 . 1 9 3 4 Prag. Der Sohn eines Brauereidirektors studierte an den Universitäten Berlin und Zürich, wurde z u m Dr. phil. promoviert und wandte sich dem Theater zu. Zunächst Regisseur am Berliner Schillertheater, hatte F.-F. seine ersten Erfolge mit Lustspielaufführungen und wirkte 1911-15 als Dramaturg im Theaterverlag Ensch (Eduard Bloch) in Berlin, anschließend bis 1919 als Oberregisseur am dortigen Kleinen Theater. Er war Direktor der M ü n c h n e r Festspiele sowie des PalastTheaters in Berlin, 1919-27 künstlerischer Leiter am dortigen Metropoltheater, wo er u . a . mit Ciaire —>Dux, Fritzi —>Massary und Walter Kirchhoff zusammenarbeitete. 1928 übernahm F.-F. das Metropoltheater von den Brüdern Rotter, die ihn als künstlerischen Leiter und Oberregisseur verpflichteten, und führte das Kleine Theater. Er schrieb zahlreiche Bühnenstücke, Operettenlibretti und Drehbücher, darunter die Stücke Die Vergnügungsreise (1912) und Mein Vetter Eduard (1923). 1933 entlassen, emigrierte F.-F. in die C S R , wo er u. a. Gastspiele am Deutschen Theater in Prag organisierte.

Friedmann-Otten,

Marie-Rosalia, auch Mitzi, Mizi F.-O., österr. Kunstgewerblerin, * 28. 11.1884 Wien, t 5 . 5 . 1955 N e w York. F.-O. erhielt ihre Ausbildung, u. a. als Schülerin von Oskar —» Strnad, an der Wiener Kunstgewerbeschule. 1910-13 hielt sie sich in der Künstlerkolonie Dachau auf. Als vielseitige Künstlerin entwarf sie zunächst Gebrauchsgraphik, Metallarbeiten, Schmuck, Mode; seit 1920 schuf sie vorwiegend Emailarbeiten und großformatige Emailbilder. Sie nahm an zahlreichen Ausstellungen teil, darunter an der Ausstellung der Neukunstgruppe 1909 und der Werkbundausstellung 1930. Sie schuf auch Illustrationen, u . a . f ü r die Zeitschriften „Erdgeist" und „Die Aktion". 1938 flüchtete F.-O. vor den Nationalsozialisten in die U S A und lebte in N e w York. Sie war mit dem Schriftsteller Karl —>Otten verheiratet. CO A K L

Friedreich, Friedmann,

Werner, Publizist, Verleger, * 1 2 . 5 . 1 9 0 9 Berlin, f 2 3 . 4 . 1969 München. Der Arztsohn studierte Zeitungswissenschaften an der Univ. München, arbeitete bei der „Münchner Telegrammzeitung", später als Reporter der „Süddeutschen Sonntagspost" und war dann bis 1933 Redakteur der „Münchner Neuesten Nachrichten". Nach der M a c h t ü b e r n a h m e der Nationalsozialisten erhielt F. Berufsverbot, wurde mehrmals von der Gestapo verhaftet, verbrachte anderthalb Jahre im Gefängnis und wurde schließlich aus Bayern ausgewiesen. Bis zur Einberufung zur Wehrmacht war er als Übersetzer tätig. 1945 geriet er vorübergehend in britische Kriegsgefangenschaft. 1945 war F. Lokalredakteur, 1946-60 Chefredakteur der „Süddeutschen Zeitung"; 1946 wurde er nachträglich als vierter Lizenzträger zugelassen und dadurch Gesellschafter des Süddeutschen Verlags. 1948 gründete er als erste Boule-

Johann Baptist, Gerichtsmediziner, * 1 9 . 4 . 1 7 9 6 Würzburg, t 2 9 . 1 . 1 8 6 2 Würzburg. Der Sohn Nikolaus Anton —»F.s studierte Medizin in seiner Heimatstadt (Promotion 1818, De nisu formativo), wo er seit 1820 a . o . , seit 1830 o . P r o f . der Physiologie war. 1830 wurde F. in die Deutsche A k a d e m i e der Naturforscher Leopoldina gewählt. 1832 aus politischen Gründen seines Amtes enthoben, übersiedelte F. als Gerichtsarzt nach Weißenburg, 1838 nach Straubing, 1843 nach Ansbach und war 1850-55 als Gerichtsarzt sowie Honorarprofessor der Staatsarzneikunde in Erlangen. Seine Vorle-

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Friedreich sungen über „Staatsphysik" fanden bei Juristen und Medizinern große Resonanz. In seinen letzten Lebensjahren lebte F. wieder in Würzburg. Er veröffentlichte u. a. ein Handbuch der allgemeinen Pathologie der psychischen Krankheiten (1839) sowie die medizinhistorischen Studien Versuch einer Literärgeschichte der Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten (1830) und Historisch-kritische Darstellung der Theorien Uber das Wesen und den Sitz der psychischen Krankheiten ( 1836). Seelische Erkrankung ist nach F. immer auch Erkrankung des Körpers: „Jeder psychisch Kranke ist auch zugleich körperlich krank." F. arbeitete auch als Redakteur der „Blätter für gerichtliche Anthropologie". Er war der Vater von Nikolaus ->F. WEITERE WERKE: Analekten zur Natur- und Heilkunde. 2 Bde., Würzburg 1831. - Systematisches Handbuch der gerichtlichen Psychologie. Leipzig 1835, 3 1852. - Die Symbolik und Mythologie der Natur. Würzburg 1859. Nachdr. Vaduz 1984. LITERATUR: Godehard Rutz: J. B. F. Sein Leben und sein Einfluß auf die Gerichtsmedizin seiner Zeit. Med. Diss. WUrzburg 1975. - Kenneth Clifford Kirkby: Proving the somatistic position. J. B. F. on the nature and seat of mental disease. In: History of Psychiatry 3 (1992) S. 237-251. Dietrich von Engelhardt Friedreich, Nikolaus, Internist, Pathologe, * 31.7.1825 Würzburg, t 6.7. 1882 Heidelberg. Der Sohn Johann Baptist ->F.s studierte 1844-50 an den Universitäten Würzburg und Heidelberg Medizin, u. a. als Schüler von Rudolf —»Virchow. Nach der Promotion zum Dr. med. 1850 war er an der Medizinischen Klinik im Würzburger Juliusspital tätig und habilitierte sich dort 1853 für spezielle Pathologie und Therapie (Beiträge zur Lehre von den Geschwülsten innerhalb der Schädelhöhle). Seit 1856 Nachfolger Virchows am Lehrstuhl für pathologische Anatomie in Würzburg, wurde F. im folgenden Jahr a. o. Prof. und folgte 1858 einem Ruf als o. Prof. der Pathologie und Therapie an die Univ. Heidelberg, wo er auch Direktor der Medizinischen Klinik war. Er initiierte die Errichtung des Akademischen Krankenhauses in Heidelberg 1876. F. veröffentlichte u. a. Lieber progressive Muskelatrophie, Uber wahre und falsche Muskelatrophie ( 1873). 1880 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. m NDB

Friedrich I. (Barbarossa), Kaiser, * 1122, t 10.6.1190 ertrunken im Fluß Saleph in Kleinasien. Als Sohn des Herzogs —» Friedrich II. von Schwaben und der Weifin —> Judith wohl noch 1122 geboren, hielt sich der junge F. längere Zeit am Hof seines Onkels, König —> Konrads II., auf. Er übernahm 1146 das schwäbische Herzogtum für seinen erkrankten Vater und beteiligte sich am zweiten Kreuzzug (1147-49). Nachdem Konrad III. vor seinem Tod seinen Neffen statt seines minderjährigen Sohnes zum Nachfolger empfohlen hatte, wählten am 5.3. 1152 die deutschen Fürsten F. in Frankfurt zum König. Am 9. März erfolgte die feierliche Krönung in Aachen. Nach Ansicht seines Onkels, des Bischofs —> Otto von Freising, verdankte F. seine Königserhebung vor allem der Tatsache, daß er sowohl weifisches als auch staufisches Blut besaß und als versöhnendes Element zwischen den verfeindeten Staufern und Weifen wirken konnte. Im Zuge des Reichsumritts wurde zu Pfingsten 1152 ein Hoftag in Merseburg abgehalten, wo der junge König neben der weifischen Frage auch das Verhältnis zur Römischen Kirche neu konzipierte. Er begann Verhandlungen mit Papst Eugen III., der sich durch die Politik des byzantinischen Kaisers Manuel Komnenos und des Normannenkönigs Roger von Sizilien bedrängt fühlte. Im Konstanzer Vertrag wurden daher 1153 mit dem Papst die Bedingungen des Romzugs und der Kaiserkrönung festgelegt. In der wel fischen Frage befriedigte F. Ende 1152 auf dem Würzburger Hoftag —> Heinrichs des Löwen Ansprüche auf das Herzogtum Sachsen, wobei er einen Ausgleich zwischen dem Weifenherzog und -»Albrecht dem Bär vermittelte. Ein Fürstenspruch zu Goslar sprach Heinrich dem Löwen schließlich auch das Herzogtum Bayern unter Zurücksetzung des bisherigen Herzogs —> Heinrich zu. Der König verpflichtete sich den weifischen Vetter ferner dadurch, daß er ihm und seinen Nachfolgern für die zu gründenden Bistümer Oldenburg, Mecklenburg und Ratzeburg das Recht verlieh, den Bischöfen die Regalien zu verleihen. Der Babenberger Heinrich wurde 1156 im „Privilegium minus" mit dem zum Herzogtum erhobenen Österreich entschädigt und mit besonderen Vorrechten ausgestattet, so daß eine dauerhafte Lösung der Herrschaftsprobleme im bayerischen Stammesraum gefunden war.

Friedreich, Nikolaus Anton, Mediziner, * 24.2. 1761 Würzburg, t 5.9. 1836 WUrzburg. Nach dem Studium der Medizin an den Universitäten Würzburg, Erlangen und Göttingen war F. als ärztlicher Fürsorger am Waisen- und Findelhaus sowie am adligen Seminar in Würzburg tätig und habilitierte sich 1795 mit der Schrift De paralysi musculorum faciei rheumatica. Im selben Jahr wurde er a. o.Prof. der allgemeinen Therapie, 1796 o.Prof. der praktischen Heilkunde und trat 1798 als Generalstabsarzt der fürstlich würzburgischen Truppen in die Armee ein; kurze Zeit war er Direktor des Hauptlazaretts in München. Nach der Rückkehr wurde F. zweiter Arzt und Prof. an der Medizinischen Klinik im Juliusspital (bis 1824). Er veröffentlichte u.a. Über den Typhus und die entzündungswidrige Methode dagegen (1814) und Vorzüge des Bauchstiches in der Bauchwassersucht (1817). 1824 erschienen seine gesammelten Arbeiten unter dem Titel Medicinische Programme. F. war der Vater von Johann Baptist F.

Die Kaiserkrönung fand am 18.6. 1155 in Rom statt. Eine Begegnung F.s mit Gesandten des byzantinischen Kaisers bei Ancona einen Monat später machte das geplante Bündnis mit Byzanz gegenstandslos, da Byzanz das Normannenreich im Alleingang bekämpfen wollte. Der Papst aber Schloß mit König Wilhelm von Sizilien einen Vertrag, welcher dem Normannenherrscher die volle päpstliche Anerkennung seines Königtums in Sizilien gewährte. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland arbeitete F. zielstrebig auf eine Heirat mit —> Beatrix, der Erbin der Grafschaft Burgund hin, nachdem seine kinderlose Ehe mit Adela von Vohburg annulliert worden war. Die glänzende Hochzeit wurde im Juni 1156 in WUrzburg gefeiert. Im Herbst 1157 fand im burgundischen Besançon der berühmte Hoftag statt, auf dem die Auseinandersetzungen zwischen Papst und Kaiser von neuem eskalierten. Der Reichskanzler Rainald von Dassel heizte die antipäpstliche Stimmung der zum Hoftag versammelten Fürsten dadurch an, daß er das im päpstlichen Schreiben vorkommende Wort beneficia im Hinblick auf das Kaisertum mit dem verfänglichen Wort „Lehen" Ubersetzte. Der

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Friedrich im Juni 1158 unternommene zweite Italienzug leitete eine neue Phase der Italienpolitik ein. Bis 1178 verweilte er auf seinen insgesamt fünf Italienfahrten jahrelang im Süden. Zur Feststellung der Regalien wurde im November 1158 auf den Feldern von Roncaglia ein Reichstag abgehalten, auf dem ein Reichslandfrieden verkündet und neue Lehnsgesetze erlassen wurden. Zu den Regalien zählte man alle nutzbaren kaiserlichen Hoheitsrechte, wie Reichsabgaben von öffentlichen Straßen sowie Einnahmen aus Zoll, Geleit und Münze. Als F. die Respektierung dieser Regalien verlangte, stellten sich ihm die Lombardenstädte unter der Führung Mailands entgegen. Der Kaiser wandte sich daraufhin gegen Mailand und ließ die selbstbewußte Handelsstadt 1162 in einer brutalen Aktion zerstören. Die oberitalienischen Städte leisteten jedoch im Veroneser Bund (1163/64) und später im Lombardischen Städtebund (1168) weiterhin heftigen Widerstand. In Mittelitalien konnte F. die Byzantiner zwar aus der Ancona vertreiben und Rom einnehmen, aber die schwere Seuche vor Rom (1167), die das kaiserliche Heer dezimierte, machte alle größeren Pläne zunichte. Die Absicht, auf der fünften Italienfahrt (1174-78) den Städtebund zu zersprengen, erwies sich als undurchführbar, da der Kaiser 1178 bei Legnano eine schwere Niederlage erlitt. Sein Versuch, das seit 1159 bestehende Papstschisma zugunsten Viktors IV., des kaiserlichen Papstes, zu bereinigen, scheiterte an der Hartnäckigkeit Papst Alexanders III. und an der Unterstützung, die dieser in den westeuropäischen Ländern fand. Zähe Verhandlungen mit Alexander III. und den Lombardenstädten führten schließlich 1177 zum Frieden von Venedig, wodurch sowohl eine Aussöhnung mit dem Papst als auch eine Beendigung der Kampfhandlungen mit dem Lombardenbund erreicht wurden. Der Konstanzer Vertrag von 1183 regelte endgültig die Beziehungen zwischen dem Kaiser und den oberitalienischen Städten: Der Lombardenbund wurde von F. anerkannt und die Rechte der Städte innerhalb des Mauerbereichs in wesentlichen Teilen gebilligt. Schon in den siebziger Jahren hatte der Kaiser sich stärker den Vorgängen in Deutschland zugewandt und eine intensive Territorialpolitik begonnen. In den sich bildenden „Reichsländern" erstreckten sich die königlichen Einflußzonen besonders vom Oberrheingebiet bis nach Aachen, bildeten Schwerpunkte wie Frankfurt und Friedberg in der Wetterau oder konzentrierten sich in Oberschwaben und in Franken. Im Osten entstanden königliche Territorialgebiete im Vogtland und besonders im Pleißenland mit seinem Zentrum Altenburg. Zusammen mit Reichsgütern, Reichsburgen und Reichsdienstmannen war der königliche Einflußbereich in Thüringen und im Harzraum zwar weniger dicht, konzentrierte sich aber in Städten wie Goslar und Nordhausen. Der Unterhalt und der Bau von Pfalzen gehörten zu den Hauptaufgaben des Königs bei der räumlichen Durchdringung des Reiches, da er bei seiner Reiseherrschaft und infolge der fehlenden Hauptstadt auf feste Stützpunkte angewiesen war. Die alten Pfalzen in Nimwegen und Ingelheim stellte F. wieder her, während er in Hagenau eine neue Pfalz errichtete. In Kaiserslautern baute er inmitten eines großen Königsforstes die Pfalz weiter aus und schmückte sie mit einem Tiergehege. In seiner Reichslandpolitik konkurrierte der König mit den Fürsten, die in ihren Gebieten ebenfalls eine intensive Territorialpolitik betrieben. Unter den weltlichen Fürsten war es vor allem Heinrich der Löwe, der seine Herrschaftsgebiete im norddeutschen Raum mit dem Zentrum in Braunschweig stärker ausbaute und so zu einem mächtigen Rivalen des Stauferkönigs wurde. In den Jahren von 1175 bis 1181 vollzog sich in einer Reihe von Hoftagen, Prozessen und Kriegszügen die Entmachtung des Weifenher-

zogs. Nachdem Heinrich der Löwe mehrere Ladungen zu landrechtlichen Prozessen mißachtet hatte, leitete der Kaiser schließlich ein Verfahren nach Lehnrecht ein, dessen Ziel der totale Lehnsverlust war. Dies führte im Januar 1180 auf dem Hoftag zu Würzburg dazu, daß Heinrich dem Löwen alle Reichslehen aberkannt wurden. Während F. in Bayern seinen alten Kampfgefährten —>Otto von Wittelsbach als Herzog einsetzte, zerschlug er das Stammesherzogtum Sachsen. Dessen westliche Teile erhielt die Kölner Bischofskirche, während im östlichen Sachsen -> Bernhard von Anhalt als Herzog eingesetzt wurde. Dem Prozeß folgte der Reichskrieg gegen den Weifenherzog, der im August 1181 mit Lübeck seine letzte Stütze verlor und ins Exil nach England gehen mußte. Das Mainzer Hoffest von 1184 war eine großartige Selbstdarstellung von Kaisertum und staufischer Ritterkultur, intensivierte aber auch die Beziehungen des deutschen Königshofs mit dem Ausland. F. intendierte zuerst ein gegen den König von Frankreich errichtetes Bündnis mit Heinrich II. von England; dadurch sollte der Heirat des Königssohnes Heinrich mit —> Konstanze, der eventuellen Erbin des Normannenreiches in Sizilien, der Weg geebnet werden. Die Heirat —> Heinrichs VI. mit Konstanze fand 1186 in Mailand statt und führte einige Jahre später zur Übernahme Siziliens durch Heinrich. Das Bündnis mit England zerschlug sich, und auch die Annäherung der Staufer an den König von Frankreich blieb weitgehend wirkungslos. Als Sultan Saladin von Ägypten 1187 Jerusalem eroberte, folgte F. als Kaiser des Abendlandes einem Hilferuf der orientalischen Christen; im April 1188 hielt er deswegen in Mainz einen Hoftag ab und nahm selbst das Kreuz. Das auf dem Landweg vorstoßende Kreuzfahrerheer wurde vom Kaiser angeführt, der aber persönlich das Heilige Land nicht erreichte: F. ertrank im Saleph in Kleinasien. Die Wiederherstellung des Reiches in seiner alten Größe war ein Hauptziel des Stauferkaisers. F. erstrebte vor allem eine dauerhafte Präsenz des Reiches in Burgund und in Italien sowie die Stabilisierung der königlichen Autorität in Deutschland. Imperium und Sacerdotium betrachtete er dabei als gleichwertige Mächte. In der Person des Kaisers mischten sich Altes und Neues, Fortschrittliches und Reaktionäres. F. verkannte aber offenbar das Neue der italienischen Stadtkultur und fand keinen angemessenen Zugang zu den zukunftweisenden Elementen in Wirtschaft und Gesellschaft, wie sie sich in Italien entwickelten. In dem gegenüber Italien noch weitgehend rückständigen Deutschland hielt F. an vielen alten Grundsätzen in Kirche und Staat fest. Durch sein langes Leben, sein rasches Aufnahmevermögen und seine persönliche Größe wurde der erste Stauferkaiser für sein Jahrhundert zu einer bestimmenden Gestalt, die im Gedächtnis des Volkes noch lang haften blieb. QUELLEN: Ottonis episcopi Frisingensis et Rahewini Gesta Frederici seu rectius Cronica. Hrsg. v. Franz-Josef Schmale. Darmstadt 1974. - Monumenta Germaniae Histórica DD FI. 4 Bde. Hrsg. v. Heinrich Appelt u.a. Hannover 1975-80. Italienische Quellen über die Taten F.s in Italien. Übersetzt v. Franz-Josef Schmale. Darmstadt 1986. LITERATUR: Karl Jordan: F. Barbarossa. Göttingen 1959. Hermann Heimpel. F. I. In: NDB, Bd. 5, 1961, S. 459-478. Alfred Haverkamp: Herrschaftsformen der Frühslaufer in Reichsitalien. 2 Bde., Stuttgart 1970/71. - Odilo Engels: Die Staufer. Stuttgart 1972. - Gunther Wolf (Hrsg.): F. Barbarossa. Darmstadt 1975. - Franco Cardini: F. I. Barbarossa. Graz u.a. 1990. - Ferdinand Opll: F. Barbarossa. Darmstadt 1990. - Alfred Haverkamp (Hrsg.): F. Barbarossa. Handlungsräume und Wirkungsweisen des staufischen Kaisers. Sigmaringen 1992. Werner Rösener

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Friedrich F r i e d r i c h I I . , Kaiser, * 26. 12.1194 Iesi (Prov. Ancona), t 13.12. 1250 Castel Fiorentino (Prov. Toggio). Als Sohn des Stauferkaisers —»Heinrich VI. und der —> Konstanze, der Erbin des Königreiches von Sizilien, geboren, verbrachte F. die ersten Lebensjahre in Foligno. Konstanze war bei der Geburt ihres Sohnes bereits vierzig Jahre, somit mehr als zehn Jahre älter als Heinrich VI. Die Geburt des Stammhalters bildete eine wichtige Voraussetzung f ü r Heinrichs Plan, das römisch-deutsche Imperium mit der Krone von Sizilien zu vereinen. Heinrich VI. benutzte daher die Jahre nach der Geburt des Sohnes, um in Verhandlungen mit den deutschen Fürsten und d e m Papst die Umwandlung des Imperiums zu erreichen. Obgleich sich dies nicht durchsetzen ließ, gelang es d e m Kaiser, die Fürsten zur Wahl seines Sohnes z u m König zu veranlassen. Dies geschah im Dezember 1196 in Frankfurt. Als Heinrich VI. am 2 8 . 9 . 1 1 9 7 plötzlich im Alter von 32 Jahren starb, entstand eine neue Situation. Die Nachricht vom Tod des Bruders ereilte —> Philipp von Schwaben, als er den j u n g e n F. aus Italien zur Krönung nach Aachen holen wollte. Philipp kehrte ohne F. nach Deutschland zurück, während Konstanze ihr Kind nach Palermo bringen ließ, wo es am 1 7 . 5 . 1 1 9 8 zum König von Sizilien gekrönt wurde. Bald darauf starb auch Konstanze. In Deutschland trat jetzt sein Oheim Philipp von Schwaben an seine Stelle, da er von einem großen Teil der Fürsten als Gegenkandidat zu —»Otto IV. zum König gewählt worden war. In Sizilien aber hatte Konstanze testamentarisch Papst Innozenz III. als Vormund des j u n g e n Königs eingesetzt; ein Familienkolleg wurde mit den Regierungsgeschäften betraut, an deren Spitze der Kanzler Walter von Pagliara stand. In den Wirren der nächsten Jahre stritten verschiedene Gruppen um Macht und Einfluß im Königreich Sizilien; in Palermo behauptete sich zunächst der Kanzler, doch fiel die Stadt E n d e 1201 in die Hand des Reichstruchsessen —> Markward von Annweiler. Nach Markwards Tod (1202) übernahm Wilhelm Capparone für einige Jahre die Herrschaft; erst im N o v e m b e r 1206 gelang es d e m Kanzler, erneut die Oberhand zu gewinnen und die Regierung im Namen F.s auszuüben. Diese schwierigen Jahre bestimmten den Charakter des j u n g e n Königs; Härte, Mißtrauen und Rücksichtslosigkeit späterer Jahre, aber auch seine frühe Reife und wache Intelligenz gehen auf diese Jugendzeit zurück. O b F. während dieser Lebensphase einen kontinuierlichen Unterricht genossen hat, läßt sich zwar nicht nachweisen, doch dürften arabische, jüdische und normannische Lehrer auf ihn eingewirkt und seine ausgeprägte Sprachenkenntnis und universale Bildung grundgelegt haben. A m 1 6 . 1 2 . 1 2 0 8 wurde F. mit 14 Jahren für mündig erklärt und übernahm selbst die Regierung in seinem Erbreich Sizilien. 1209 heiratete F. auf Veranlassung des Papstes Konstanze von Aragon. Im S o m m e r desselben Jahres unterwarf er unruhige Teile der Insel und suchte seine Herrschaft zu konsolidieren, indem er entfremdete Krongüter zurückgewann. Eine ernste Bedrohung seiner Herrschaftsstellung entstand, als Kaiser Otto IV. im N o v e m b e r 1210, von aufständischen Baronen gerufen, in das Königreich einfiel und in Kalabrien bereitstand, nach Sizilien überzusetzen. Zur A b w e h r der drohenden U m k l a m m e r u n g durch Otto IV. aktivierte Papst Innozenz III. jetzt antiwelfische Kräfte im Reich, die im Herbst 1211 in Nürnberg F. zum Gegenkönig wählten, woraufhin sich der Weifenkaiser aus Italien zurückzog. Im März 1212 brach F. gegen den Rat seiner Barone mit nur geringer Begleitung nach Norden auf. Auf Wunsch des Papstes hatte er

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zuvor seinen einjährigen Sohn —»Heinrich zum König von Sizilien krönen lassen, um damit zu zeigen, daß er keine Vereinigung von Imperium und R e g n u m beabsichtigte. In Rom, wo er von Papst und Volk ehrenvoll empfangen wurde, fügte er den bereits gemachten Zugeständnissen weitere hinzu. Zu Schiff erreichte er Genua und gelangte von dort im September 1212 kurz vor Otto IV. nach Konstanz. Dank der treuen Unterstützung staufischer Parteigänger und mit Hilfe französischer Geldmittel brachte er bald den süddeutschen R a u m unter seine Herrschaft. A m 5 . 1 2 . 1 2 1 2 wurde F. in Frankfurt nochmals zum König gewählt und einige Tage später in Mainz gekrönt. In der Goldenen Bulle von Eger (1213) wiederholte er die Zugeständnisse an die Kirche, die Otto IV. bereits 1209 gemacht hatte (Verzicht auf das Spolien- und Regalienrecht usw.) und erfüllte territoriale W ü n s c h e des Papstes in Mittelitalien. Die Entscheidung im deutschen Thronstreit fiel schließlich durch den Sieg Philipps II. August, des Königs von Frankreich, über Otto IV. und das englisch-weifische Heer in der Schlacht von Bouvines ( 2 7 . 6 . 1 2 1 4 ) . A m 2 5 . 7 . 1 2 1 5 ließ sich F. in Aachen erneut vom Mainzer Erzbischof krönen und verpflichtete sich zugleich zum Kreuzzug. Im April 1220 ließ er, entgegen früheren Versprechungen, seinen Sohn Heinrich (VII.) zum deutschen König wählen und übertrug ihm auch das Herzogtum Schwaben. Als Zugeständnis an die geistlichen Reichsfürsten gewährte er ihnen das Privileg „Confoederatio c u m principibus ecclesiasticis", in welchem er auf die Ausübung wichtiger königlicher Rechte in den geistlichen Territorien verzichtete. Nachdem er den Kölner Erzbischof als Reichsverweser eingesetzt hatte, brach F. im August 1220 nach Italien auf und wurde am 22. N o v e m b e r in der Peterskirche zu R o m von Papst Honorius III. zum Kaiser gekrönt, wobei er erneut die staatsrechtliche Trennung Siziliens v o m Imperium bestätigte. Nach der R ü c k k e h r unternahm er energische M a ß n a h m e n zur Stärkung der königlichen Herrschaft in Süditalien und Sizilien. Auf einem Hoftag in Capua (Dezember 1220) wurden neue Gesetze (Assisen) erlassen und die Macht des Adels beschränkt. Im Innern Siziliens wurden die aufständischen Sarazenen endgültig besiegt und nach Lucera im Norden Apuliens umgesiedelt. Gleichzeitig begann man mit d e m Bau einer Kriegs- und Handelsflotte und drängte den Einfluß der Seemächte Pisa und Genua zurück. Die 1224 in Neapel vom Kaiser gegründete Univ. sollte vor allem der Ausbildung guter Juristen und Staatsbeamter dienen. In Oberitalien suchte F. die alten Reichsrechte wieder zur Geltung zu bringen. 1226 bestätigte er die Reichsfreiheit Lübecks und gewährte d e m Deutschen Orden in der Goldenen Bulle von Rimini wichtige Privilegien. Inzwischen wurde das abgelegte Kreuzzugsgelübde zu einer drückenden Last. Auf päpstlichen Wunsch hatte sich F. 1225 mit Isabella von Brienne vermählt und damit einen Anspruch auf das Königreich Jerusalem erworben. Nach mehrmaligem A u f s c h u b stach er am 8 . 9 . 1227 endlich in See, mußte aber wegen einer Seuche nach drei Tagen zurückkehren. Wegen dieser Kreuzzugsversäumnisse bannte der neue Papst Gregor IX. den Kaiser, der aber nicht von seinem Vorhaben abließ. Im S o m m e r 1228 landete F. schließlich in Palästina, wo er von christlicher Seite nur wenig Unterstützung fand. In Verhandlungen mit dem Sultan von Ägypten erreichte er ohne Blutvergießen die Abtretung von Jerusalem, Bethlehem, Nazareth sowie eines schmalen Küstenstreifens an die Christen; am 1 8 . 3 . 1 2 2 9 setzte sich der gebannte Kaiser selbst die Krone von Jerusalem aufs Haupt. Da inzwischen das päpstliche Heer nach Apulien eingefallen war, kehrte er rasch nach Italien zurück. Im August 1231 gab der Kaiser mit der „Konstitution von Melfi" ein Gesetzbuch für das Königreich Sizilien heraus (Liber Augustalis).

Friedrich In Deutschland war der seit 1228 selbständig regierende Heinrich (VII.) mit seiner Politik in Gegensatz zu den Fürsten geraten; er mußte ihnen daher 1231 im „Statutum in favorem principum" wichtige Rechte konzedieren. Schwere Differenzen zwischen dem Kaiser und seinem Sohn führten schließlich dazu, daß sich F. im Mai 1235 nach Deutschland begab, wo er Heinrich unterwarf. Der 1235 verkündete Mainzer Reichslandfrieden diente einerseits der Friedenssicherung und andererseits der Neuordnung der Reichsverfassung. Die Auseinandersetzungen mit den oberitalienischen Städten führten Ende November 1237 zum Sieg des Kaisers bei Cortenuova; F. verlangte jedoch die volle Unterwerfung der lombardischen Städte und lehnte in Überschätzung seiner Kräfte ein Friedensangebot ab. In dieser Situation belegte ihn Papst Gregor IX., der eine Umklammerung des Kirchenstaats befürchtete, erneut mit dem Bann (20.3.1239). Der Endkampf zwischen Kaiser und Papst setzte ein, der erst mit dem Tod F.s abgeschlossen werden sollte. Die Auseinandersetzungen wurden auf beiden Seiten mit großem propagandistischem Aufwand geführt, wobei F. die Mißstände an der Kurie anprangerte, der Papst den Kaiser als Antichrist hinstellte. Auf den Bann reagierte F. zunächst mit verstärkter militärischer Tätigkeit in Oberitalien und einer Reorganisation der Verwaltung im Königreich Sizilien, um mehr Mittel für die Kriegsführung zu gewinnen. Auch in Mittelitalien ging er zum Angriff über und besetzte große Teile des Kirchenstaates. Als der Papst für Ostern 1241 ein Konzil nach Rom berief, fing die kaiserliche Flotte eine große Zahl von Konzilsteilnehmern ab und verschleppte sie nach Süditalien. Verhandlungen mit dem neuen Papst Innozenz IV. schienen 1244 zunächst erfolgreich zu verlaufen, scheiterten dann aber, woraufhin der Papst für Juni 1245 ein Konzil nach Lyon berief. Hier verkündete Innozenz IV. die Absetzung des Kaisers und leitete neue Kampfmaßnahmen ein. In Deutschland wählte die päpstliche Partei 1246 den Landgrafen —> Heinrich Raspe zum Gegenkönig, nach dessen Tod den Grafen —»Wilhelm von Holland; die staufische Position in Deutschland wurde dadurch aber nicht wesentlich geschwächt. Eine von päpstlicher Seite unterstützte Verschwörung gegen F. wurde 1246 grausam niedergeschlagen, auch andere Anschläge auf das Leben des Kaisers hatten keinen Erfolg. Die Niederlage bei Parma (1247) und die Gefangennahme seines Sohnes —>Enzio durch die Bolognesen (1249) erschwerten die Situation des Kaisers. Als sich 1250 die militärische Lage wieder zu bessern schien, starb F. plötzlich an einer ruhrähnlichen Krankheit in Castel Fiorentino bei Lucera. Schon zu Lebzeiten hat die Person F.s große Faszination ausgeübt. Das Herrschaftsverständnis des Stauferkaisers war bestimmt von einer hohen Kaiseridee und einer strengen monarchischen Auffassung, die sich im Königreich Sizilien unter den Normannenherrschern gebildet hatte. In der Weltoffenheit Siziliens herangewachsen, wo sich arabische, jüdische und christliche Kulturelemente begegneten, stand F. den neuen Wissenschaften und Künsten seiner Zeit aufgeschlossen gegenüber und vermochte sie für seine Herrschaft nutzbar zu machen. In einer Welt des Umbruchs verband er traditionelle Herrschaftsformen mit zukunftsweisenden Ideen und schuf ein Staatswesen, das erstaunlich moderne Züge aufwies. Die Ausstrahlung, die von seiner vielseitigen, aber auch zwiespältigen Persönlichkeit ausging, schlug sich nieder in zeitgenössischen Bezeichnungen wie „mutator saeculi" oder „Stupor mundi". QUELLEN: Jean Louis Alphonse Huillard-Bréholles (Hrsg.): Historia diplomatica Friderici Secundi. 6 Bde., Paris 1852-61. - Wolfram von den Steinen: Das Kaisertum F.s II. nach den Anschauungen seiner Staatsbriefe. Berlin u.a. 1922. - Carl A. Willemsen (Hrsg.): Friderici imperatoris secundi Romanorum: De arte venandi cum avibus. 2 Bde.,

Leipzig 1942. - Klaus J. Heinisch (Hrsg.): Kaiser F. II. in Briefen und Berichten seiner Zeit. Darmstadt ú 1978. LITERATUR: Ernst Kantorowicz: Kaiser F. II. Berlin 1927. Hans Martin Schaller: Kaiser F. II., Verwandter der Welt. Göttingen u. a. 1964. - Gunther Wolf (Hrsg.): Stupor Mundi. Zur Geschichte F.s II. von Hohenstaufen. Darmstadt 1966. Josef Fleckenstein (Hrsg.): Probleme um F. II. Sigmaringen 1974. - Gerhard Dilcher: Die sizilianische Gesetzgebung Kaiser F.s II. Quellen der Constitutionen von Melfi und ihrer Novellen. Köln 1975. - Walter Koch/Hans Martin Schaller: F. II. In: LMA, Bd. 4, 1989, Sp. 931-939. - David Abulafia: Herrscher zwischen den Kulturen: F. II. von Hohenstaufen. Berlin 1991. - Wolfgang Stürner: F. II. Teil 1: Die Königsherrschaft in Sizilien und Deutschland 1194-1220. Darmstadt 1992. Werner Rösener Friedrich der Schöne, deutscher (Gegen-)König, Herzog von Österreich und Steiermark, * 1289, t 13.1. 1330 Burg Gutenstein (Niederösterreich). Der zweite Sohn König —» Albrechts I. und der Königin —» Elisabeth übernahm 1306 die Verwaltung der habsburgisch-österreichischen Gebiete und versuchte nach der Ermordung seines Vaters 1308 vergeblich, die deutsche (römische) Königswürde zu erlangen, verständigte sich jedoch mit dem neuen König —> Heinrich VII. 1309 und erhielt mit seinen Brüdern neben seinem Reichslehen für fünf Jahre Mähren als Pfand. Nach dem Tod Heinrichs wurde F. 1314 von vier Kurfürsten in Sachsenhausen zum König gewählt, die Gegenpartei entschied sich jedoch für seinen Vetter -> Ludwig den Bayern, dem er nach jahrelangem Thronstreit 1322 bei Mühldorf/Inn unterlag. F. wurde gefangengenommen und konnte sich erst 1325 durch die im Vertrag von München gegebene Einwilligung in die Gemeinschaftlichkeit des Königtums befreien. Formell als Mitkönig anerkannt, trat er jedoch nach dem Tod seines Bruders —> Leopold 1326 kaum mehr hervor. F.s Nachfolger wurde sein Bruder —» Albrecht II. CD LexMA Friedrich III., deutscher König und Kaiser, * 21.9. 1415 Innsbruck, t 19.8. 1493 Linz. Der Sohn Herzog —> Emsts des Eisernen von Österreich wurde 1440 als Nachfolger seines Vetters —> Albrecht II. und Haupt des Hauses Habsburg zum deutschen (römischen) König gewählt. Seine ersten Bemühungen galten der Kirchenreform; er stellte sich gegen das Basler Konzil und vereinbarte 1448 mit Papst Nikolaus V. das Wiener Konkordat, mit dem bis 1806 die Beziehungen der deutschen kath. Kirche zum Vatikan geregelt wurden. 1452 wurde F. als letzter deutscher König in Rom zum Kaiser gekrönt. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich F. bereits weitgehend aus der Reichspolitik zurückgezogen, 1445-71 blieb er allen Reichstagen fern und trat allen Versuchen einer Reichsreform entgegen. In seinen Erblanden behauptete er sich jedoch gegen alle Anstrengungen, ihn abzusetzen oder einen Gegenkönig einzusetzen. Sein Versuch, den schweizer. Aargau zurückzugewinnen, scheiterte im Krieg der Armagnaken, Böhmen ging an Georg von Podiebrad, Ungarn wurde an Matthias Corvinus verloren. Erst die als Bedrohung des Reiches im Westen empfundene Belagerung von Neuss (1475) zwang F. zum Eingreifen gegen Karl den Kühnen von Burgund, mit dem er seit 1473 zunächst vergeblich über eine Heirat seines Sohnes —»Maximilian mit dessen Tochter —>Maria verhandelt hatte. Nach dem Tod Karls kam die Ehe 1477 doch zustande, der damit verbundene Gewinn Burgunds für Habsburg war einer der größten Erfolge des Kaisers. 1485 durch den Ungarnkönig Matthias Corvinus aus Wien vertrieben, kehrte er nach dessen Tod 1490 zurück und vereinigte nach dem Verzicht seines Vetters —> Sigmund von Tirol erst-

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Friedrich mais seit 1308 wieder den gesamten habsburgischen Besitz, der geschlossen an seinen Sohn überging. Trotz seiner weitgehenden Passivität hatte F. damit den Grundstein für den weiteren Erfolg des Hauses Habsburg gelegt, e n L e x M A F r i e d r i c h III., (als Kronprinz Friedrich Wilhelm), deutscher Kaiser, König von Preußen, * 1 8 . 1 0 . 1 8 3 1 Potsdam, t 15.6. 1888 Potsdam. Der Sohn des späteren Kaisers —»Wilhelm I. näherte sich nach der militärischen Ausbildung und d e m Studium in Bonn (1849-52) unter dem Einfluß seiner Mutter —> Augusta von Sachsen-Weimar sowie, seit 1858, seiner englischen Gemahlin Viktoria liberalen Ansichten, mit denen er in Distanz zur Politik seines Vaters und Bismarcks stand. Ursprünglich ein Gegner des Deutschen Kriegs von 1866, war F. mit der von ihm geführten 2. A r m e e maßgeblich an der siegreichen Schlacht von Königgrätz beteiligt; bei den Waffenstillstandsverhandlungen von Nikolsburg unterstützte er die den Gegner schonende Politik Bismarcks. Im DeutschFranzösischen Krieg 1 8 7 0 / 7 1 befehligte F. die in der 3. Armee zusammengefaßten süddeutschen Truppen, wobei er, 1870 zum Generalfeldmarschall ernannt, in den militärischen Entscheidungen weitgehend von seinem Generalstabschef Leonhart von —> Blumenthal abhängig blieb. Nach 1871 o h n e großen politischen Einfluß, nahm er in erster Linie RepräsentationsVerpflichtungen wahr, so etwa als Protektor der Kgl. Museen in Berlin, und vertrat 1879 seinen bei einem Attentat schwerverletzten Vater kurzzeitig im Amt. Trotz seiner liberalen Neigungen setzte sich F. mit unitarischem Enthusiasmus und preußisch-monarchischem Selbstbewußtsein f ü r die Sache der Reichsgründung ein. Erst spät und bereits von einer tödlichen Kehlkopferkrankung gezeichnet, kam er am 9 . 3 . 1 8 8 8 an die Regierung, die nur 99 Tage dauerte. Er entließ zwar den konservativen Innenminister Robert von —»Puttkamer, behielt j e d o c h Bismarck als Kanzler. Liberalen Weggenossen wie Gustav - » F r e y t a g , Albrecht von - » Stosch oder Franz von —» Roggenbach konnten in dieser kurzen Zeit keinen Einfluß auf die Reichspolitik gewinnen. O b F. bei längerer Regierung wirklich einen liberalen Kurs in der Innenpolitik eingeschlagen hätte, ist eine offene Frage; in der Außenpolitik hätte er zweifellos ein engeres Verhältnis mit England angestrebt. e n NDB F r i e d r i c h I., Späth von Faimingen, Bischof von Augsburg, t 1 4 . 3 . 1 3 3 1 Dillingen (?). Der aus einem edelfreien Geschlecht stammende F. wurde um 1291 Domherr in Augsburg und studierte seit demselben Jahr in Bologna, wo er 1295 Prokurator der Univ. wurde. 1299 Domherr in Würzburg, war er dort auch Dompfarrer, Pönitentiar und 1303-09 Dekan. 1309 empfing F. in Donauwörth die Priesterweihe und folgte Degenhard von Hellenstein als Bischof von Augsburg nach. 1310 nahm er an der Provinzialsynode in Mainz teil. Im Z u s a m m e n h a n g mit der Königswahl von 1314 Schloß sich F. zunächst der Habsburgerpartei an, um an die Vogtei Füssen zu gelangen. Er erwirkte von —» Leopold I. und —» Friedrich d e m Schönen Schutz für seine Gebiete. Letzterer bestätigte nach der Wahl von 1314 die Zusicherungen und überließ F. die Vogtei. 1322 wechselte F. auf die Seite —» Ludwigs IV., scheint aber während der Auseinandersetzungen zwischen Ludwig und Papst Johannes XXII. eine eher neutrale Position eingenommen zu haben. Als Bischof erweiterte er den Grundbesitz des Bistums, förderte besonders die Klöster und soll u m 1310 in Dillingen ein Dominikanerinnenkloster gegründet haben. QP Gatz 1 F r i e d r i c h , Graf von Zollern, Bischof von Augsburg, * 1451, t 8 . 3 . 1505 Dillingen. In jungen Jahren wurde F., Sohn des Grafen Joseph Niklas von Zollern und Bruder —» Eitel Friedrichs II. von Hohenzollern, für den geistlichen Stand bestimmt. 1 4 6 7 / 6 8 bezog er

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ein Kanonikat am Straßburger Münster, weitere Pfründen erhielt er am Konstanzer D o m , in Offenburg und im oberösterreichischen Rußbach. 1 4 6 8 / 6 9 studierte er in Erfurt und Freiburg/Breisgau, wo er Johannes —» Geiler von Kaysersberg kennenlernte, der seine Entwicklung stark beeinflußte. 1486 wurde F. einstimmig zum Bischof von Augsburg gewählt. Er ließ liturgische Bücher drucken (Obsequíale, 1487), förderte die Reformbestrebungen des Benediktinerordens, errichtete 1490 eine Pönitentiarie und gründete 1498 in Dillingen ein Kollegiatstift; besonders dort und in Füssen entfaltete F. eine rege Bautätigkeit. Zur Sicherung des Hochstifts war er bereits 1488 dem Schwäbischen Bund beigetreten. CD Gatz 2 F r i e d r i c h I., Großherzog von Baden, * 9 . 9 . 1826 Karlsruhe, t 2 8 . 9 . 1907 Insel Mainau. Der zweite Sohn Großherzog —» Leopolds übernahm nach d e m Tod des Vaters für seinen geisteskranken Bruder Ludwig II. die Regierungsgeschäfte, 1856 endgültig die Regierung, die er in liberalem Sinne führte. Nachdem er das im Badischen Kirchenstreit gestörte Verhältnis zwischen kath. Kirche und Staat geregelt und umfangreiche Verwaltungsreformen in Gang gesetzt hatte, unterstützte er die Bestrebungen zur Einigung Deutschlands unter der Führung Preußens, zumal er durch die Heirat mit —» Luise Marie Elisabeth, der Tochter König —> Wilhelms I., auch persönlich d e m preuß. Herrscherhaus verbunden war. Dennoch zwang ihn die öffentliche Meinung in Baden, auf der Seite Österreichs in den Deutschen Krieg 1866 einzutreten, den F. als Teil des Oppositionskreises um Königin —> Augusta und Gegner der —»Bismarckschen Politik ablehnte. Nach der Niederlage Schloß F. ein Schutzbündnis mit Preußen, reorganisierte das badische Heer nach preuß. Vorbild, trat zu Beginn des Deutsch-Französischen Kriegs 1 8 7 0 / 7 1 d e m Norddeutschen Bund bei und gehörte zu den entschiedenen Befürwortern der Gründung des Kaiserreiches. 1888 wurde F. preuß. Generalfeldmarschall. In den letzten Jahren seiner Regierung wandte sich F. verstärkt der Wissenschaft und Kultur zu, förderte den Ausbau der Universitäten und Hochschulen und gründete die Badische Historische K o m m i s sion. Mit der Wahlreform von 1904 näherte sich Baden d e m parlamentarischen System. F.s Jugenderinnerungen wurden 1921 von Karl —»Obser herausgegeben. Er war der Vater von Großherzog Friedrich II. und Onkel von —> Max von Baden. CD N D B F r i e d r i c h II., Großherzog von Baden, * 9 . 7 . 1857 Karlsruhe, t 9 . 8 . 1928 Badenweiler. Der Sohn Großherzog —»Friedrichs I. studierte in Heidelberg, Bonn, Leipzig und Freiburg, trat 1880 in das preuß. Heer ein und übernahm 1897 als General das K o m m a n d o über das VIII. A r m e e k o r p s mit —»Hindenburg als Generalstabschef. Nach der Entlassung aus dem aktiven Dienst 1902 unterstützte er den Vater bei den Regierungsgeschäften und führte sie nach dessen Tod 1907 bis zur A b d a n k u n g 1918 in der liberalen Tradition seines Hauses weiter. Fast völlig erblindet, verbrachte er die letzten Jahre auf verschiedenen Besitztümern, die ihm von der badischen Regierung überlassen worden waren. F r i e d r i c h V . , Markgraf von Baden-Durlach, * 6.7.1594, t 1 8 . 9 . 1 6 5 9 Durlach. F. war der älteste Sohn Markgraf Georg Friedrichs von Baden-Durlach, der mit Ernst von —»Mansfeld gegen die kath. Liga kämpfte, nachdem er zuvor die Regierung an F. abgetreten hatte. Trotzdem mußte F. 1622 die Markgrafschaft Baden-Baden an —»Eduard Fortunatus abgeben und die Ämter Stein und Remchingen verpfänden, um die geforderten Entschädigungen aufbringen zu können. Nach d e m Restitutionsedikt (1629) machte er g e m e i n s a m e Sache mit

Friedrich den Schweden und besetzte 1633 den ihm vom Heilbronner Bund zuerkannten Breisgau und Baden-Baden. Nach der schwedischen Niederlage in der Schlacht von Nördlingen 1634 wurde Baden besetzt und F. aus der Amnestie des Prager Friedens von 1635 ausgeschlossen. Er hielt trotzdem am Bündnis mit Schweden und Frankreich fest, wurde im Westfälischen Frieden 1648 in den Besitzstand des Jahres 1618 mit A u s n a h m e Baden-Badens wiedereingesetzt und bemühte sich danach um den Wiederaufbau des durch den Dreißigjährigen Krieg verwüsteten Landes, u . a . durch den Erlaß eines neuen Landrechts (1654). F. war der Vater des Markgrafen Bernhard Gustav. F r i e d r i c h V I . , Markgraf von Baden-Durlach, * 16. 11. 1617 Durlach, f 2 1 . 1 . 1677 Durlach. Der älteste Sohn —» Friedrichs V. k ä m p f t e nach dem Studium in Straßburg und Paris unter —» Bernhard von SachsenWeimar, vertrat in den Verhandlungen u m den Frieden von Osnabrück die Ansprüche seines Vaters und k ä m p f t e später unter seinem Schwager Karl X. von Schweden in Polen. In der Nachfolge seines Vaters betrieb er seit 1659 besonders die militärische Sicherung seines Landes. F. nahm 1664 am Türkenkrieg teil, im Krieg gegen König Ludwig X I V . von Frankreich eroberte er 1676 als Generalfeldmarschall der Reichstruppen Philippsburg. F r i e d r i c h , Herzog von Bavern(-Landshut), * u m 1339, t 4 . 1 2 . 1 3 9 3 Budweis. Nach dem Tod seines Vaters —» Stephan II. übernahm F. mit seinen Brüdern —»Stephan III. und —»Johann II. die Regierung in Ober- und Niederbayern mit A u s n a h m e Straubings. Im selben Jahr Schloß sich —» Otto V. der gemeinsamen Regierung an; bei der verwaltungsmäßigen Trennung behielt sich F. Niederbayern mit Landshut vor; eine endgültige Teilung des Landes erfolgte 1392. Außenpolitisch übernahmen die Herzöge unter F.s Führung im Städtekrieg zunächst eine vermittelnde Rolle, Auseinandersetzungen mit Regensburg und Berchtesgaden ließen sie jedoch zu eifrigen Vorkämpfern der Fürsten gegen die städtischen Unabhängigkeitsbestrebungen werden. Der 1387 ausgebrochene Krieg gegen die Städte blieb ohne nennenswerten Erfolg für die Wittelsbacher, erst F.s Einfluß am Hof König —» Wenzels in Prag führte zur Auflösung der Städtebünde und zum Reichslandfrieden von Eger (1389). • • NDB F r i e d r i c h I., Kurfürst von Brandenburg, als Friedrich VI. Burggraf von Nürnberg, * um 1371, t 2 0 . 9 . 1440 Cadolzburg. F., Sohn von Burggraf —» Friedrich V. von Nürnberg, war 1385 durch Erbteilung Ansbach zugefallen; gemeinsam mit seinem Bruder —»Johann III. verwaltete er die Burg Nürnberg und das kaiserliche Landgericht. 1396 nahm er am Türkenfeldzug König —»Sigismunds von Ungarn teil und diente anschließend bei König —»Wenzel, an dessen Absetzung er sich 1400 beteiligte. 1401 machte er den Italienfeldzug seines Schwagers König —»Ruprecht von der Pfalz mit und stand seit 1409 in Diensten König Sigismunds, dessen Wahl zum deutschen König (1410) er unterstützte, so daß dieser ihn zum erblichen obersten Hauptmann und Verweser der Markgrafschaft Brandenburg ernannte. Gegen die dortige ständische Opposition und Angriffe der P o m m e r n und Mecklenburger konnte sich F. bis 1420 durchsetzen; auf dem Konzil von Konstanz belehnte ihn Sigismund mit Brandenburg, d e m Erzkämmereramt und d e m Kurfürstenrang. Damit wurde F. zum Begründer der HohenzollernDynastie in Brandenburg. 1418 führte F. in seiner Eigenschaft als Reichsvikar eine neue Münzordnung ein. Seine Pläne, nach dem Aussterben der Askanier das Herzogtum Sachsen zu gewinnen, ließen sich nicht verwirklichen. Nach dem Verlust der Uckermark (1425) übertrug F. die Amtsgeschäfte auf seinen Sohn Johann und verließ die Mark für

immer. 1427-31 trug er als Reichsfeldherr gegen die Hussiten zur Beilegung des Konflikts in den Prager Kompaktaten bei. Nachdem er die Mark seinem Sohn —»Friedrich II. übertragen hatte, zog er sich auf seine fränkischen Besitztümer zurück. Sein Wunsch, fur sich oder einen seiner Söhne die Königskrone zu gewinnen, blieb unerfüllt. CD N D B F r i e d r i c h II. der Eiserne, Kurfürst und Markgraf von Brandenburg, * 19.11. 1413 Tangermünde, t 1 0 . 2 . 1 4 7 1 Neustadt/Aisch. F. verbrachte seine Jugendjahre am polnischen Hof. 1437 übertrug ihm sein Vater —» Friedrich I. die Kurmark Brandenburg. Nach dem Tod des Vaters wurde F. 1440 Kurfürst. Er bemühte sich um eine Konsolidierung des von Adelsfehden und ständischer Opposition erschütterten Landes und drängte die Bündnisbestrebungen der märkischen Städte sowie der Hanse zurück. Nachdem F. 1442 Streitereien zwischen den Städten Berlin und Cölln beigelegt hatte, kam es erneut zu Differenzen, in dessen Verlauf F. die beiden Städte rechtlich trennte. Ein erneuter Aufstand der Bürgerschaft („Berliner Unwille") blieb 1447 ohne Erfolg. Gleichzeitig erreichte F., u . a . über sein Recht zur Ernennung der Landesbischöfe, die Unterordnung der geistlichen Gewalten in der Mark und damit die weitere Festigung der landesherrschaftlichen Macht. Mit dem Erwerb der Herrschaften Cottbus, Teupitz und Peitz (1445) und d e m Rückkauf der Neumark (1455) gelang ihm eine wichtige Arrondierung seines Territoriums. Er bestimmte mit dem ersten Schloßbau an der Spree (1442-50) den Residenzort der Hohenzollern in Brandenburg und legte mit der Zurückdrängung des adligen Fehdewesens, der geistlichen Gerichtsbarkeit und der Macht der Städte den Grundstein f ü r ein frühmodernes Staatswesen. Die in den folgenden Jahren mehrfach unternommenen Versuche, einen Zugang zur Ostsee zu gewinnen und das Herzogtum P o m m e r n zu erwerben, waren allerdings nicht erfolgreich. Nach dem Tod seiner Söhne übergab F., der auch als Gründer des Domstifts Cölln und Stifter in Erscheinung trat, 1470 die Regierungsgeschäfte an seinen Bruder —»Albrecht Achilles und zog sich auf die fränkischen Besitztümer zurück. DO N D B

Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg, * 1 6 . 2 . 1 6 2 0 Kölln an der Spree (heute zu Berlin), t 9 . 5 . 1688 Potsdam. Als Sohn des eher unbedeutenden Kurfürsten —» Georg Wilhelm und der Pfälzerin —» Elisabeth Charlotte geboren, wuchs F. W. in den unruhigen Zeiten des Dreißigjährigen Kriegs auf. Der Aufenthalt des j u n g e n Prinzen u. a. in der Festung Küstrin war stets von Sicherheitsrücksichten bestimmt, bis er seit 1634 für vier Jahre in den Vereinigten Niederlanden weilte, eine für die spätere Regierungspraxis vor allem hinsichtlich Verwaltung und Wirtschaft bedeutsame Erfahrung. Nach 1640, als er von Königsberg aus die Regierung recht unvorbereitet übernahm, trieb er zunächst eine ständefreundliche Politik. Bald sah er sich jedoch durch den Machtdruck der europäischen Staatenwelt zur Anspannung aller inneren Kräfte genötigt. Von seinen 48 Regierungsjahren waren 19 von Kriegen bestimmt, die nicht von Brandenburg ausgingen. Im Westfälischen Frieden erwarb er 1648 Hinterpommern ohne Stettin, ferner die Herzogtümer Halberstadt und Minden sowie die 1680 realisierte Anwartschaft auf das Erzstift bzw. Herzogtum Magdeburg.

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Friedrich Es war nicht ein grundsätzlicher, eher ein aus der Staatspraxis erwachsener „Absolutismus", den dieser Kurfürst praktizierte; nur da, wo er auf offenen Widerstand stieß, ist er gegen die Stände seiner Landschaften aggressiv vorgegangen. Sonst war die Normalität der inneren Verhältnisse von Kooperation mit den alten Eliten bestimmt, deutlich im brandenburgischen Landtagsrezeß von 1653 und vergleichbaren Abschlüssen in Kleve-Mark und Preußen, bei langsamem weiteren Ausbau der modernen Kommissariatsverwaltung. Nach d e m ersten Nordischen Krieg 1655-60 mit der Schlacht bei Warschau (1656) hatte F. W. die (nicht unbeschränkte) Souveränität in (Ost-)Preußen inne. Seit diesem Krieg blieb endgültig ein stehendes Heer unter den Fahnen und zugleich ein Generalkriegskommissariat bestehen - Spitze einer neuen, stärker monarchisch verpflichteten Behördenschicht. Die Regierung führte der Herrscher teils in seinem „Kabinett", teils aus dem 1651 reorganisierten Geheimen Rat, an dessen Sitzungen F. W . in der Regel teilnahm. Die Förderung der Reformierten war ihm ein persönliches Anliegen, deutlich in den Auseinandersetzungen der sechziger Jahre des 17. Jh. und auch bei der Einwanderungspolitik, zuerst bei der Niederländersiedlung, zuletzt beim Edikt von Potsdam 1685 und den Hugenotten, zugleich ein wirtschaftlicher Gewinn. Trotz des inneren Ausbaus des aus sehr verschiedenen Regionen bestehenden Gesamtstaats, der 1640-88 aber schon von der monarchischen Personal- zur institutionellen Realunion vorankam, war der 1688 etwa 1,5 Millionen Einwohner zählende Staat für eine eigenständige Außenpolitik nicht stark genug; sie war durch vielfache Bündniswechsel gekennzeichnet, diese waren auch von Subsidienzahlungen bestimmt. Nach der Schlacht von Fehrbellin 1675 und d e m Frieden von St. Germain, in d e m F. W. Pommern wieder an die Schweden verlor, war er mit Frankreich verbündet, seit 1686 mit Österreich - Vorspiel der Kronpolitik seines Sohnes. Die vielfältigen Projekte, nach denen seine nachgeborenen Söhne Teile seiner Länder erben sollten, zeigen aber beispielhaft die Grenzen der Modernität dieses europäischen Dynasten. LITERATUR: Bernhard Erdmannsdörffer u . a . (Hrsg.): Urkunden und Aktenstücke zur Geschichte des Kurfürsten F. W . 23 Bde., B e r l i n / L e i p z i g 1864-1930. - Kurt Breysig u.a.: Urkunden und Aktenstücke zur Geschichte der inneren Politik . . . 3 Bde., Leipzig 1895-1915. - Otto Meinardus: Protokolle und Relationen. 7 Bde., Leipzig 1889-1919. Ernst Opgenoorth: F. W. 2 Bde., Göttingen u . a . 1971-78. Gerhard Oestreich: F. W „ der große Kurfürst. Göttingen 1971. - Wolfgang Neugebauer: Brandenburg im absolutistischen Staat. In: Ingo M a t e r n a / W o l f g a n g Ribbe (Hrsg.): Brandenburgische Geschichte. Berlin 1995, S. 291-394. Ders.: Die Hohenzollern. Bd. 1: Anfange, Landesstaat und monarchische Autokratie bis 1740. Stuttgart u . a . 1996. Wolfgang Neugebauer F r i e d r i c h II., Markgraf von Brandenburg-Ansbach, * 1.5. 1616 Ansbach, t 6 . 9 . 1 6 3 4 bei Nördlingen. F. war der Sohn des Markgrafen —»Joachim Ernst und Bruder von —» Albrecht V. Nach d e m frühen Tod seines Vaters erhielt er als Vormunde die Markgräfin —» Sophia und ihren Bruder Graf Friedrich von Solms, 1621 Markgraf —» Christian von Kulmbach. Seit 1625 Markgraf und Erbprinz, unternahm F. 1 6 3 2 / 3 3 eine Reise durch Frankreich. Als er 1634 volljährig wurde, trat er in die Dienste Herzog —»Bernhards von Sachsen-Weimar und nahm an der Schlacht bei Nördlingen teil, aus der er nicht zurückkehrte. F r i e d r i c h V . , Markgraf von Brandenburg-AnsbachBayreuth, * 5 . 5 . 1460 Ansbach, t 4 . 4 . 1 5 3 6 Ansbach. F. war der Sohn von —»Albrecht Achilles und der A n n a von Sachsen. 1479 heiratete er Sophie, eine Tochter des pol-

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nischen Königs Kasimir. Nach d e m Tod seines Vaters 1486 übernahm er zusammen mit seinem Bruder Sigmund die Regentschaft und wurde nach dessen Tod 1495 Alleinregent. 1499 war er kaiserlicher Befehlshaber gegen die Schweizer, 1 5 0 8 / 0 9 gegen Venedig. Zeitweise verwaltete er im Auftrag —»Maximilians Verona. Während des Landshuter Erbfolgekriegs verbündete sich F. 1504 mit Herzog —»Albrecht IV. Nach politischen Auseinandersetzungen von seinem Sohn - » Kasimir unter Zustimmung seiner weiteren Söhne (u. a. —»Albrecht und —»Georg) und der Stände zur A b d a n k u n g gezwungen, wurde F. erst nach Kasimirs Tod 1527 von seinem Sohn Georg aus der Haft entlassen und verbrachte seine letzten Lebensjahre in Ansbach. Kurz vor seinem Tod trat er zum Protestantismus über. CD L e x M A F r i e d r i c h , Markgraf von Brandenburg-Bayreuth, * 10.5. 1711 Weferlingen bei Helmstedt, f 2 6 . 2 . 1763 Bayreuth. Der Sohn des Markgrafen - » G e o r g Friedrich Karl wurde bereits 1 7 1 7 / 1 8 an der Univ. Altdorf unterrichtet. Nach ein e m Aufenthalt in Rothenburg setzte er seit 1722 seine Ausbildung fort, 1726-30 in Genf. Eine Kavalierstour 1 7 3 0 / 3 1 führte ihn durch Frankreich, Belgien und Holland. 1735 trat F. die Regierung an. 1742 wurde er Generalfeldmarschall des Fränkischen Kreises. Die Verlegung der Erlanger Ritterakademie als Friedrichs-Akademie im selben Jahr nach Bayreuth machte er 1743 rückgängig und erhob die Ritterakademie zur Universität. 1756 richtete er in Bayreuth eine A k a d e m i e der Freien Künste und Wissenschaften ein. Neben der Förderung von Kunst und Wissenschaft ist F.s Regierungszeit geprägt von einer regen Bautätigkeit in Bayreuth - er gab u. a. Opernhaus, Neues Schloß, Eremitage und Sanspareil in Auftrag - sowie durch B e m ü h u n g e n um Kodifizierung der Landesgesetze. Unter seiner Regierung erlebte Bayreuth eine Glanzzeit, die allerdings auch zu einer spürbaren Landesverschuldung führte.

Friedrich Wilhelm, Markgraf von BrandenburgSchwedt, * 27. 12.1700 Oranienbaum (Anhalt), t 4 . 3 . 1771 Wildenbruch (Pommern). Der älteste Sohn Markgraf Philipp Wilhelms von Brandenburg-Schwedt stand nach d e m Tod des Vaters 1711 unter der Vormundschaft König —»Friedrichs I. und König —» Friedrich Wilhelms I. (seit 1713). 1715-17 und 1719-21 führten ihn ausgedehnte Reisen nach Italien und in das Rheinland. Durch die Vermählung mit seiner Tochter Sophie versuchte Friedrich Wilhelm I. F. stärker an sein Haus zu binden, was jedoch mißlang. Wegen wiederholter Unbotmäßigkeit wurde F. schließlich vom Berliner Hof und aus d e m Militär entfernt und erhielt den Status eines Vasallen. Dennoch gelang es F., seine Herrschaft durch den Zukauf von Gütern auszudehnen. Seit 1719 baute er Schloß und Stadt Schwedt zur Residenz aus. Nach F.s Tod erbte sein Bruder, Markgraf Heinrich Friedrich, die Herrschaft Schwedt, mit dessen Tod 1788 erlosch die Linie Brandenburg-Schwedt. CD B B L F r i e d r i c h , Herzog von Braunschweig-Lüneburg, * u m 1357, t 5 . 6 . 1 4 0 0 Klein Englis bei Fritzlar. Nach jahrzehntelangem Kampf zwischen dem Weifenhaus und den Herzögen von Sachsen-Wittenberg um die Nachfolgeregelung im Fürstentum Lüneburg und dem Tod von F.s Vater, Herzog —»Magnus' II., 1373 Schloß dessen Witwe Katharina einen Vertrag mit den Herzögen —» Wenzel und —> Albrecht von Sachsen-Wittenberg über die Alternativnachfolge. Die Brüder —»Bernhard I. und —»Heinrich II. übertrugen dem erstgeborenen F. das Stammland BraunschweigWolfenbüttel und entließen ihn somit aus dem Streit um Lüneburg. Es gelang ihm jedoch erst 1384, seinen O h e i m Herzog —»Otto den Quaden aus Braunschweig zu vertreiben. 1386 griff F. in den andauernden Erbfolgestreit ein und

Friedrich trug wesentlich zum Erfolg der Weifen in der Schlacht bei Winsen (1388) bei. Mehrere Städte, die Dompropstei Hildesheim und das Stift Gandersheim begaben sich unter den Schutz des Herzogs, der mit Geschick und Klugheit eine Reihe politischer Erfolge errang. Bei den Verhandlungen u m die Königswahl (1400), für die F. nominiert worden war, kam es zu Zwistigkeiten mit Erzbischof —»Johann II. von Mainz; der Verdacht, daß dieser hinter d e m Mordanschlag steckte, d e m F. auf d e m H e i m w e g zum Opfer fiel, konnte nicht bewiesen werden. DO N D B F r i e d r i c h U l r i c h , Herzog von Braunschweig-LiineburgWolfenbüttel, * 1 5 . 4 . 1 5 9 1 Wolfenbüttel, t 2 1 . 8 . 1 6 3 4 Braunschweig. F. U., Bruder von —»Christian d.J., folgte auf seinen geistig bedeutenden Vater —»Heinrich Julius. Unter dem Einfluß seiner Mutter Elisabeth und deren Bruder, König —»Christian IV. von Dänemark, und beherrscht von einer Clique u m den Oberhofmeister Anton von der Streithorst, erwies sich F. U. als schwach und brachte das Land an den Rand des Bankrotts. Seine Ehe mit A n n a Sophia von Braunschweig blieb kinderlos, so daß mit F. U. die Linie Wolfenbüttel des mittleren Hauses Braunschweig ausstarb. m

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F r i e d r i c h W i l h e l m , Herzog von Braunschweig-Oels, der „Schwarze Herzog", * 9. 10. 1771 Braunschweig, t 1 6 . 6 . 1 8 1 5 Quatrebas (Belgien). Da F. W . als jüngster von vier Söhnen Herzog —»Karl Wilhelm Ferdinands von Braunschweig-Lüneburg(-Wolfenbüttel) ohne Aussicht auf die Nachfolge in der Regierung war, trat er 1788 in das preuß. Heer ein, zeichnete sich in den Feldzügen 1792-94 aus und stieg bis zum Generalmajor auf (1801). 1805 erbte er von seinem Onkel Friedrich August die Herzogtümer Oels und Bernstadt. Im Feldzug 1806 k ä m p f t e er unter —»Blücher und quittierte nach der Kapitulation von Ratkau die preuß. Dienste. Da seine Länder im Frieden von Tilsit (1807) d e m Königreich Westphalen zugeschlagen wurden, zog sich F. W. nach Schlesien zurück und stellte 1809 ein Freikorps auf, mit dem er sich nach der österr. Niederlage bei Wagram in einem bravourösen Z u g bis an die Wesermündung durchschlug. Dort wurde seine Truppe, die nach ihren U n i f o r m e n die „schwarze Schar" genannt wurde, der Deutsch-Englischen Legion einverleibt. Nach der Rückkehr aus England (1813) trat F. W . im befreiten Herzogtum Braunschweig die Regierung an. In den politischen Entscheidungen und bei der Wahl seiner Ratgeber hatte er keine glückliche Hand. Nach der Rückkehr Napoleons von Elba nahm er mit einem Korps am Feldzug von 1815 teil und fiel in den belgischen Wäldern. F r i e d r i c h I., Erzbischof von Bremen-Hamburg, t 2 9 . 1 . 1 1 2 3 , begraben in Bremen. Von unbekannter Herkunft, wurde F. 1104 Erzbischof von Bremen-Hamburg, erhielt jedoch nie das Pallium. Während seiner Amtszeit bemühte er sich um territoriale Z u g e w i n n e durch die Entwässerung der Elb- und Wesermarschen. F. begann damit möglicherweise u m 1113; das Projekt wurde von seinen Nachfolgern weitergeführt. DP L e x M A F r i e d r i c h II., Herzog von Schleswig-Holstein, Erzbischof von Bremen, Friedrich III. als König von Dänemark, * 1 8 . 3 . 1 6 0 9 Haderslevhus, t 9 . 2 . 1670 Kopenhagen. Im R a h m e n der Territorialpolitik seines Vaters —»Christian IV. von Dänemark wurde F. Koadjutor in den säkularisierten Bistümern Bremen (1621), Verden (1622) und Halberstadt (1624). Die Niederlage im Niedersächsisch-Dänischen Krieg brachte die Expansionsbestrebungen zum Stillstand. 1634 wurde F. mit Unterstützung Schwedens Erzbischof in Bremen und 1635 Bischof in Verden; beide Stifte

verlor er jedoch 1645 im Frieden von Brömsebro an Schweden. 1647 wurde er kgl. Statthalter in Schleswig-Holstein und nach dem Tod seines Bruders Christian und seines Vaters 1648 gegen erhebliche Widerstände zum König von Dänemark gewählt. Der von ihm angezettelte Krieg von 1657 endete im verlustreichen Frieden von Roskilde. 1660 setzte F. die Erblichkeit des Königtums und im „Königsgesetz" von 1665 den Absolutismus durch. Er war der Vater von König —»Christian V. von Dänemark. CD N D B F r i e d r i c h , Landgraf von Hessen-Darmstadt, Bischof von Breslau, Kardinal, * 2 8 . 2 . 1616 Homburg, t 19.2. 1682 Breslau. Als jüngster Sohn des regierenden Landgrafen —»Ludwig V. von Hessen-Darmstadt studierte F., Bruder des Landgrafen —» Georg II. von Hessen-Darmstadt, in Marburg sowie Siena und weilte seit 1635 in Rom, w o er 1637 zum Katholizismus konvertierte. Als Admiral der Malteserflotte errang er 1640 den Sieg bei Goletta. Nach Kriegsdienst in den Niederlanden wurde er 1648 Großprior der Johanniter in Ober- und Niederdeutschland. Nach der Ernennung zum Kardinal (1652) ging er als kaiserlicher Vertrauensmann wieder nach R o m und verschaffte sich seit 1666 als Kardinalprotektor von Aragonien, Deutschland und Savoyen sowie Gesandter Kaiser —» Leopolds I. das Vertrauen der Päpste Alexander VII. und Clemens IX. Seit 1671 Fürstbischof von Breslau, verließ er R o m 1674 nach Auseinandersetzungen mit Clemens X. und begab sich 1676 endgültig in sein Bistum, w o er glanzvoll Hof hielt, nachdem der Kaiser ihn kurz zuvor noch zum Landeshauptmann von Ober- und Niederschlesien ernannt hatte. m Gatz 3 F r i e d r i c h , Herzog von Sachsen, Hochmeister des Deutschen Ordens, * 26. 10. 1473 Meißen, t 14. 12. 1510 Rochlitz. Der Sohn —»Albrechts von Sachsen und der Sidonie von B ö h m e n und Bruder Herzog —»Georgs von Sachsen wurde nach d e m Studium an der Univ. Siena zum Geistlichen bestimmt und 1498 in den Deutschen Orden a u f g e n o m m e n , der ihn sogleich zum Hochmeister wählte. Durch seine Verweigerung der im 2. Thorner Frieden 1466 vereinbarten Leistung eines persönlichen Treueides gegenüber dem polnischen König gelang F. die Lösung des Ordensstaates aus der polnischen Oberhoheit ohne kriegerische Auseinandersetzung. Er bemühte sich um eine Verstärkung der Bindungen zum Reich und bereitete die U m w a n d l u n g in ein weltliches Fürstentum vor. Seit 1505 war F. Koadjutor des Erzbischofs von Magdeburg und zog sich 1507 in seine Erblande zurück. DP L e x M A F r i e d r i c h II., Landgraf von Hessen-Homburg, * 3 0 . 3 . 1633 Homburg v . d . H . , t 24. 1.1708 H o m b u r g v.d.H. F., Sohn des früh verstorbenen Landgrafen Friedrich I. von Hessen-Homburg, wuchs bei seinem O h e i m Landgraf —»Georg I. von Hessen-Darmstadt auf, studierte seit 1645 in Marburg, besuchte die Genfer A k a d e m i e und bereiste Frankreich und Italien, ehe er 1654 in schwedische Dienste eintrat, wo er sich 1656-59 in den Feldzügen gegen Polen und Dänemark auszeichnete. Bei der Belagerung von Kopenhagen verlor er das linke Bein und trug seitdem eine Prothese („der Landgraf mit dem silbernen Bein"). Mit d e m Vermögen seiner ersten Frau erwarb F. in Sachsen und Brandenburg Land und Güter und heiratete Luise, die Tochter Herzog —»Jakob Kettlers von Kurland und Nichte des Großen Kurfürsten —» Friedrich Wilhelm von Brandenburg. Als General war F. 1675 entscheidend an der Schlacht bei Fehrbellin beteiligt. Nach seinem Abschied übernahm er 1681 die Regierung in der Landgrafschaft Homburg. Er ermöglichte die Ansiedlung

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Friedrich von Hugenotten und förderte Handel und Gewerbe. Die historische Gestalt F.s tritt hinter der literarischen Figur des „Prinzen von H o m b u r g " (—»Kleist) zurück, die mit starker sittlicher Überhöhung dargestellt ist. Cd N D B F r i e d r i c h V . L u d w i g Wilhelm Christian, Landgraf von Hessen-Homburg, * 30. 1. 1748 H o m b u r g v . d . H . , t 2 0 . 1 . 1 8 2 0 Homburg v . d . H . Der früh verwaiste Sohn des Landgrafen Friedrich Carl von Hessen-Homburg und Enkel —» Friedrichs II. von HessenHomburg erhielt seine Ausbildung bei Alexander von Sinclair, dem Vater von Isaak von —> Sinclair, und übernahm aus den Händen seiner Mutter Ulrike von Solms-Braunfels die Regierung des Landes, das er zu einem geistigen Zentrum seiner Zeit machte. Seit 1774 pflegte F. L. freundschaftlichen U m g a n g mit Johann Caspar —»Lavater und Friedrich Gottlieb —> Klopstock, wurde 1786-94 von Hofrat F. W . —»Jung beraten und machte 1804 den bereits umnachteten - » Hölderlin zum Hofbibliothekar. 1816 erhielt HessenHomburg aufgrund der Wiener Kongreßakte erstmals die volle Souveränität und gehörte dem Deutschen Bund an. CD N D B F r i e d r i c h I., Landgraf von Hessen-Kassel, König von Schweden, * 8 . 5 . 1 6 7 6 Kassel, t 5 . 4 . 1 7 5 1 Stockholm. Der Sohn des Landgrafen - » K a r l von Hessen-Kassel trat nach Studien an der Univ. Utrecht unter Wilhelm III. von Oranien in holländische Militärdienste und befehligte im Spanischen Erbfolgekrieg ein in Süddeutschland stehendes Hilfskorps. 1715 heiratete er in zweiter Ehe Ulrike Eleonore, eine Schwester des schwedischen Königs Karl XII. Nach dessen Tod 1718 und der A b d a n k u n g seiner Frau erfolgte F.s Wahl zum König von Schweden, die mit großen Zugeständnissen an Adel und Reichstag verbunden war. Sein Einfluß auf die schwedische Politik blieb gering; während seiner Regierung endete die Großmachtpolitik des Landes; u . a . mußten Bremen und Verden, Stettin, Usedom, Livland und Estland aufgegeben werden, der unzureichend vorbereitete Revanchekrieg gegen Rußland führte 1741 zum Verlust von Südfinnland und zur Einsetzung des Herzogs —» Adolf Friedrich von Holstein-Gottorf als Thronfolger. 1730 hatte F. die Herrschaft in der Landgrafschaft Hessen-Kassel angetreten, w o seither sein Bruder —» Wilhelm VIII. als Statthalter regierte. DD N D B F r i e d r i c h II., Landgraf von Hessen-Kassel, * 14.8.1720 Kassel, t 31. 10.1785 Kassel-Wilhelmshöhe. F. studierte 1732-37 an der Univ. Genf. Als er 1749 heimlich zum kath. Glauben konvertierte, traf sein streng calvinistischer Vater —» Wilhelm VIII. in der Assekurationsakte von 1754 Vorsichtsmaßregeln gegen eine Änderung der Religionsverhältnisse des Landes, an die sich F. hielt. Die ersten Jahre des Siebenjährigen Kriegs sahen F. in preuß. Diensten, zuletzt als Militärgouverneur von Magdeburg, ehe er 1760 seinem Vater in die Regierung folgte. Er betrieb den Ausbau der Hauptstadt Kassel und förderte Wissenschaft, Schulwesen und Handel. Seit 1755 hatte F. Subsidienverträge mit England geschlossen, die seit 1762 zu den berüchtigten hessischen Soldatenaushebungen und -Verkäufen führten. Mit den so gewonnenen Mitteln unterstützte F. die verbündeten Preußen gegen Frankreich und bestritt ein aufwendiges höfisches Leben. Politisch eher oberflächlich und leicht zu beeinflussen, blieb F. den kulturellen und geistigen Strömungen seiner Zeit gegenüber aufgeschlossen. Unter seinem Sohn —» Wilhelm I. erlangte Hessen die von F. angestrebte Kurwürde. • • NDB

Friedrich Wilhelm I., Kurfürst von

Hessen-Kassel,

* 2 0 . 8 . 1 8 0 2 Hanau, t 6. 1. 1875 Prag. Als Kurprinz und Mitregent führte F. W. für seinen Vater —»Wilhelm II., der sich aus Protest gegen die in der

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Julirevolution 1830 aufgezwungene Verfassung zurückgezogen hatte, faktisch die Regierung und folgte ihm 1847 nach. Obgleich durch eine morganatische E h e belastet, war seine Regentschaft durch den Anschluß an den preuß. Zollverein und die gesetzgeberische Tätigkeit des Ministers L u d w i g —»Hassenpflug (1832-37) zunächst erfolgreich. Streit mit den Ständen, finanzpolitische Fehlentscheidungen und kirchliche Streitereien führten zu zunehmender Unzufriedenheit im Lande. Sie entlud sich 1848 in Aufständen und zwangen F. W. zum Nachgeben gegenüber den Revolutionären. Die erneute Berufung des reaktionären Hassenpflug führte zur Steuerverweigerung der Stände, zur Verhängung des Kriegsrechts und zum Rücktritt fast des gesamten Offizierskorps. Die durch eine Bundesexekution durchgesetzte Verfassung von 1852 mußte F. W . auf Druck Preußens und des Deutschen Bundes wieder auf den Stand von 1831 zurückführen. Im Krieg 1866 auf Seiten Österreichs stehend, wurde sein Land von preuß. Truppen besetzt und F. W . gefangengenommen. Auf seine böhmischen Güter entlassen, protestierte F. W . vergeblich gegen die erzwungene Abdankung. Mit ihm endete die kurfürstliche Linie des Hauses Hessen. CD Leb Kurhessen, Bd 4 F r i e d r i c h , Prinz von Hohenzollern-Hechingen, österr. Militär, * 3 1 . 5 . 1757 Schloß Gheule bei Maastricht, t 6 . 4 . 1844 Wien. F. zeichnete sich im österr. Militärdienst in den Kriegen 1 7 9 3 / 9 4 und 1796 gegen die Franzosen und in Italien aus, übernahm 1801 ein K o m m a n d o in Krakau und 1805 die Militärkommandantur in Westgalizien. Als Befehlshaber in Böhmen nahm er 1809 an den Schlachten von Aspern und Wagram teil; 1810 wurde er Kommandierender General in Innerösterreich und Tirol. Seit 1825 Präsident des Hofkriegsrats, zog sich F. 1830 aus dem aktiven Dienst zurück. F r i e d r i c h , Graf von Isenberg, * vor 1190, t 14. 11.1226 Köln. Erstmals erscheint F. 1205 in den Quellen als Domkanoniker zu Köln; nach dem Tod seines Bruders Eberhard verließ er 1207 den geistlichen Stand und hielt es in den Konflikten Erzbischof —»Engelberts I. von Köln mit Limburg mit der kölnischen Seite. Seit 1220 verschwindet er jedoch fast vollständig aus den Zeugenlisten der erzbischöflichen Urkunden. Das Bemühen Engelberts, Kirchen und Klöster gegen die Interessen ihrer Vögte zu schützen, zwangen ihn im Falle des Stiftes Essen, gegen F. einzuschreiten, weil dieser dort nicht auf die Landeshoheit verzichten wollte. Daraufhin plante F. mit anderen unzufriedenen Dynasten die G e f a n g e n n a h m e des Erzbischofs; die Disziplinlosigkeit seiner Gefolgsleute führte jedoch zur E r m o r d u n g Engelberts. Geächtet und gebannt, folgte F. seinen Brüdern —»Dietrich von Münster und Engelbert von Osnabrück, die der Mitwisserschaft verdächtig waren, nach R o m ; bei der Rückkehr ins Reich wurde er verhaftet, an Köln ausgeliefert und hingerichtet. m NDB F r i e d r i c h von Haseldorf, Bischof von Karelien und Dorpat, * um 1220, t 4 . 1 2 . bald nach 1284. F. stammte aus einem Rittergeschlecht und stand um 1252 selbst als Ritter im Dienst der Grafen von Holstein. 1255 wurde er Kleriker und spätestens 1258 Kanonikus in Hamburg. 1267 zum Bischof von Karelien geweiht, konnte F. unter der Herrschaft Alexander Newskijs in seinem Bistum kaum tätig sein. 1268 wurde er auch Bischof von Dorpat. Er residierte in Livland und zog 1270 von dort in die Schlacht bei Karusen, 1 2 8 1 / 8 2 auf den Feldzug nach Doblen. • D Gatz 1

Friedrich F r i e d r i c h I. von Schwarzenburg, Erzbischof von Köln, * um 1075, t 25. 10. 1131 Burg Wolkenburg. Der Sohn des bayerischen Grafen Berthold von Schwarzenburg war Kanoniker in Bamberg und Speyer, ehe ihn Kaiser - » H e i n r i c h IV. 1100 zum Erzbischof von Köln erhob. Als Verfechter der Metropolitanrechte und R e f o r m e r entwickelte sich sein Verhältnis zu Päpsten, Königen und der Stadt Köln ausgesprochen wechselhaft, zeitweise war er suspendiert. Anläßlich der Kaiserkrönung 1111 soll F. in den römischen Straßenkämpfen die Entscheidung zugunsten —»Heinrichs V. herbeigeführt haben. 1114 hingegen entfachte er den Aufstand des Niederrheins gegen den Kaiser und blieb bis 1120 auf Seiten seiner Gegner. Bei der Königswahl 1125 trat er für die Wahl des Grafen Karl von Flandern ein. F. baute im Süden des Erzstiftes die Burgen Rolandseck und Wolkenburg, in Westfalen die Burg Volmarstein, außerhalb der Diözese stieß er mit dem Erwerb der Burg Padberg bis an die Weser vor. 1125 übertrug ihm der Pfalzgraf das Kloster Maria Laach. Den neuen Orden zugewandt, förderte er vor allem die Abtei Siegburg und verbreitete deren Ordnung. 1122 stiftete F. in Altenkamp die erste Zisterzienserabtei in Deutschland und beteiligte sich an der Gründung der Prämonstratenserabtei Knechtsteden. Unter F. hat das Erzstift Köln erstmals seit —»Anno II. wieder eine Rolle in der Reichspolitik gespielt. Die Kölner Erzbischöfe —» Friedrich II. und —» Bruno III. waren seine Neffen. OD L e x M A F r i e d r i c h II., Erzbischof von Köln, * um 1120, t 15. 12. 1158 Pavia. F. war ein Sohn von Graf Adolf II. von Berg, N e f f e des Erzbischofs —» Friedrich I. von Köln und Bruder von Bruno III. von Köln. Er wurde um 1135 Propst von St. Georg in Köln und 1150 Elekt von Utrecht. 1156 wurde er mit Zustimmung Kaiser - > Friedrichs I. zum Erzbischof von Köln gewählt. F. unterstützte den Kaiser politisch und nahm an dessen zweitem Italienfeldzug teil, auf d e m er starb. CP L e x M A F r i e d r i c h III., Graf von Saarwerden, Kurfürst und Erzbischof von Köln, * 1348, t 9 . 4 . 1414 Poppelsdorf (heute zu Bonn). F., Sohn des Grafen Johann von Saarwerden, studierte in Bologna, war Domherr und Stiftspropst an Mariengraden in Köln und wurde mit der Unterstützung seines Oheims —»Kuno von Falkenstein, des Erzbischofs von Trier, 1370 zum Kölner Erzbischof gewählt. Zähe Verhandlungen mit der Kurie und Schwierigkeiten mit der Stadt Köln verzögerten seine Inthronisierung bis Mitte 1372. F. unterhielt gute Beziehungen zu Kaiser —»Karl IV., dessen Sohn —»Wenzel er 1376 in Aachen zum König krönte; als sich dessen Unfähigkeit herausstellte, beteiligte sich F. seit 1394 an Plänen zu seiner Absetzung und krönte 1401 —»Ruprecht I. im Kölner D o m zum Gegenkönig. Nach dessen Tod (1410) stimmte F. mit der Mehrheit der Kurfürsten zunächst für —»Jobst von Mähren als neuen König. Nach dessen f r ü h e m Tod fand —» Sigismund, der Bruder Wenzels, seine Anerkennung. Im Erzbistum sorgte F. für die Sanierung der zerrütteten Finanzen, ließ auf einer Reihe von Synoden wichtige Reformen verabschieden und bemühte sich um die Hebung des Klerus. DP Gatz 1 F r i e d r i c h I V . , Graf von Wied, Kurfürst und Erzbischof von Köln —» W i e d , Friedrich Graf von F r i e d r i c h Kettler, Herzog von Kurland und Semgallen, * 2 5 . 1 1 . 1569 Riga, t 1 6 . 8 . 1 6 4 2 Mitau. Nach dem Tod seines Vaters, Herzog —»Gotthards, erhielt F. Semgallen mit Mitau, sein jüngerer Bruder Wilhelm das westliche, eigentliche Kurland. Beide gerieten in heftige Auseinandersetzungen mit d e m sich auf die Oberlehnsmacht Polen stützenden Adel, so daß 1615 Herzog Wilhelm die

Führer der Ständepartei in Mitau umbringen ließ. Er mußte infolgedessen ins Ausland fliehen, und F. war 1617 gezwungen, die Formula Regiminis anzuerkennen, die die Gewalt im Herzogtum faktisch den Ständen überließ, w o f ü r er im Gegenzug auch die Regierung des Gebietes Kurland erhielt. Da F. ohne Erben war, nahm er 1638 seinen Neffen —»Jakob als Mitregenten an. CD N D B F r i e d r i c h K a s i m i r Kettler, Herzog von Kurland und Semgallen, * 6 . 7 . 1650, t 2 2 . 1 . 1 6 9 8 . Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften und einer Studienreise nach Paris trat F. K., Sohn Herzog —»Jakobs, zunächst in holländische Dienste und kehrte 1676 in seine Heimat zurück, ohne sich jedoch an den politischen und wirtschaftlichen Unternehmungen seines Vaters zu beteiligen. Während seiner Regierungszeit entfaltete er eine prunkvolle Hofhaltung, zu der u . a . eine italienische Oper gehörte. Wegen finanzieller Schwierigkeiten konnte F. K. die von seinem Vater verfochtene Politik der Stärkung der herzoglichen Macht gegenüber dem Adel nicht fortführen und hinterließ seinem Erben ein Land mit zerrütteten Finanzen und einer immer stärker werdenden Ritterschaft. Nach F. K.s Tod übernahm sein Bruder —» Ferdinand die kurländische Herrschaft. c p NDB F r i e d r i c h Sesselmann, Bischof von Lebus, brandenburgischer Kanzler, * um 1410 Kulmbach (Franken), t 2 1 . 9 . 1483 Kamenz. F. Schloß das Studium der Theologie in Leipzig (1429-35) mit dem Magister artium ab, erhielt ein Kanonikat in Würzburg und studierte 1439-44 weltliches Recht in Bologna. Nach der Promotion wurde er zunächst Rat, 1445 Kanzler Kurfürst —»Friedrichs II. 1447 reiste er im R a h m e n einer kgl. Gesandtschaft nach R o m , wo er Pönitentiarieschreiber wurde und noch im selben Jahr das Lizentiatsexamen für kanonisches Recht sowie 1451 das Examen zum Doctor decretorum bestand. Seit 1450 wieder als brandenburgischer Kanzler bezeugt, wurde F. mit wichtigen diplomatischen Missionen, teilweise sogar mit der Ü b e r n a h m e der Regierungsgeschäfte betraut und gehörte zu den einflußreichsten Politikern in Brandenburg. 1453 wurde er auf Veranlassung Friedrichs II. Dompropst, 1455 einstimmig gewählter Bischof von Lebus. Trotz seiner engen Bindung an die Landesherrschaft setzte sich F. immer wieder f ü r seine Stiftsuntertanen ein, erreichte u. a. günstige Regelungen in der Gerichtsbarkeit und machte sich in seiner Diözese als Bauherr einen Namen. • D Gatz 2 F r i e d r i c h II., Herzog von Liegnitz, * 1 2 . 2 . 1 4 8 0 Liegnitz, t 17.9. 1547 Liegnitz. Nach dem frühen Tod des Vaters, Herzogs Friedrichs I., wuchs F. unter der Regentschaft der Mutter Ludmilla, Tochter von Georg von Podiebrad, heran, bildete sich am Prager Hof und übernahm 1499 gemeinsam mit seinem Bruder Georg, der bis zu seinem Tod 1521 über den Brieger Anteil verfügte, die Regierung. F. erweiterte seinen Besitz mit d e m Kauf des Fürstentums Wohlau (1523), später kamen pfandweise Glogau, Münsterberg und Frankenstein hinzu. Durch seine erste Ehe nahe mit den Jagellonen verwandt, durch die zweite mit den Hohenzollern, vermittelte F. zwischen seinen Schwägern —» Albrecht von Preußen und dem Polenkönig Sigismund 1521 die T h o r n e r Waffenruhe und 1525 den Krakauer Frieden. Seit 1523 der Reformation zugewandt, gründete er 1526 in Liegnitz die erste protestantische Univ. auf deutschem Boden, die sich jedoch infolge der Wirren um den S c h w ä r m e r Kaspar von —» Schwenckfeld nur bis 1530 halten konnte. Die Erbverbrüderung mit Kurfürst —»Joachim II. von Brandenburg, die 1537 mit einer Doppelhochzeit ihrer Kinder unterstrichen wurde, fand den Beifall weder der böhmischen Stände noch des habsburgischen

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Friedrich Oberherrn —» Ferdinand I., der einen Machtzuwachs Brandenburgs und die Ausbreitung des Protestantismus verhindern wollte. Auf dem Breslauer Fürstentag 1546 konnte F. die Annullierung des Vertrags nicht verhindern. Nach seinem Tod teilten sich seine Söhne —» Friedrich III. und - » Georg II. von Brieg die Herrschaft. CD NDB Friedrich I., Graf von Wettin, Erzbischof von Magdeburg, 15.1.1152 begraben in Magdeburg. F. ist 1121 als Domherr in Magdeburg, seit 1129 als Propst des Stifts Bibra und seit 1140 als Kustos nachzuweisen. Im Mai 1142 wurde er zum Erzbischof erwählt, 1143 erhielt er das Pallium. 1144 ließ er sich von —» Konrad III. Jerichow und eine Reihe anderer Güter bestätigen, die er von den Erben der Grafen von Stade im Tausch für das Erzstift Magdeburg erworben hatte. 1147 beteiligte sich F. am Kreuzzug gegen die Wenden. Dessen Verlauf war wenig glücklich, hatte jedoch zur Folge, daß die Domkapitel der Suffraganbistümer Havelberg und Brandenburg an ihre Bischofssitze zurückkehren konnten. m NDB Friedrich III., Graf von Beichlingen, Erzbischof von Magdeburg, t 11-11- 1464 Calbe/Saale. Bereits als Hofmeister unter Erzbischof Günther erwarb sich F., Sohn des Grafen Friedrich von Beichlingen, Verdienste um die Verwaltung des Erzstifts Magdeburg. Obgleich ihm als Laien eine fundierte theologische Ausbildung fehlte, erwählte ihn das Domkapitel 1445 zum Nachfolger Günthers. In kurzer Zeit erwarb er die erforderlichen Weihen, bemühte sich um die Reorganisation von Verwaltung und Finanzen und führte die Reformierung der Klöster seiner Diözese gegen den Widerstand besonders der Bettelorden durch. Als Mann eines friedlichen Ausgleichs unterhielt er gute Beziehungen zu den Nachbarn des Erzbistums, lediglich mit Braunschweig-Lüneburg kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen. DP NDB Friedrich, Erzbischof von Mainz, t 25. 10.954 Mainz. Der Hildesheimer Domherr wurde 937 als Nachfolger Hildeberts zum Erzbischof von Mainz ernannt, sein erster Eintritt in die Reichspolitik war der gescheiterte Vermittlungsversuch zwischen dem Frankenherzog —» Eberhard und —»Otto I. F. schlug sich auf die Seite der Empörer, geriet nach der Schlacht von Andernach 939 in Haft, kehrte jedoch in sein Amt zurück. 951 verhandelte er an der Spitze einer kgl. Gesandtschaft in Rom über die Kaiserkrönung; nach erneuten Spannungen mit Otto entzog dieser ihm wegen seiner Verbindungen zu den Abweichlern um —» Liudolf von Schwaben 953 in Fritzlar die Würde des Erzkapellans und das damit verbundene Erzkanzleramt. Auf dem Reichstag von Langenzenn 954 söhnte sich F. mit Otto aus. Mit seinem Gegensatz zur ottonischen Kirchen- und Reichspolitik verschaffte sich F. starken Rückhalt in Rom, forderte von dort mit Erfolg die Stellung eines apostolischen Vikars und Legaten für Germanien. t u LexMA F r i e d r i c h F r a n z I., Großherzog von MecklenburgSchwerin,, * 10.12. 1756 Schwerin, t 1.2.1837 Ludwigslust. F.F. übernahm 1785 die Regierungsgeschäfte und trat 1786 dem Deutschen Fürstenbund bei. 1787 bereinigte er durch die Auslösung der letzten seit 1731 verpfändeten mecklenburgischen Ämter die Beziehungen zu Preußen und erreichte 1788 die Unterwerfung der Stadt Rostock unter die Landeshoheit. 1803 erwarb er beim Reichsdeputationshauptschluß die Lübecker Hospitaldörfer und kaufte das seit 1648 zu Schweden gehörende Wismar zurück. Nachdem er lange Zeit eine strikte Neutralitätspolitik verfolgt hatte, konnte er 1806 die preuß. Niederlage die Besetzung seines Landes durch Frankreich nicht mehr verhindern. F. F. begab sich unter dänischen Schutz nach Altona, im Frieden von Tilsit wurde

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er 1807 restituiert. 1808 trat er dem Rheinbund bei, den er als erster deutscher Fürst 1813 wieder verließ. Auf dem Wiener Kongreß wurde er zum Großherzog erhoben und trat dem Deutschen Bund bei. In den letzten Jahren widmete er sich verstärkt den inneren Angelegenheiten. Friedrich F r a n z II., Großherzog von MecklenburgSchwerin, * 28.2. 1823 Ludwigslust, t 15.4.1883 Schwerin. Am Hof seines Urgroßvaters -»Friedrich Franz I. erzogen, mußte F. F. seine 1840 begonnenen Studien an der Univ. Bonn 1842 abbrechen, um die Nachfolge seines Vaters Paul Friedrich anzutreten. Nach dauernden Auseinandersetzungen zwischen den Ständen verkündete er 1849 eine konstitutionelle Verfassung als Staatsgrundgesetz, die jedoch 1850 nach dem Einspruch der Großherzöge von MecklenburgStrelitz, der Ritterschaft und der Städte Rostock und Wismar im Schiedsspruch von Freienwalde für nichtig erklärt wurde; lediglich die Kirchenorganisation und die Trennung des Hausgutes von der staatlichen Verwaltung wurden beibehalten. F. F. Schloß sich in der Folge eng an Preußen an. 1866 trat er dem Norddeutschen Bund, 1868 dem Deutschen Zollverein bei. Während der Belagerung von Paris 1870 kommandierte er das XIII. Armeekorps. F.F. machte sich besonders um den Eisenbahnbau und die Entwicklung des Schulwesens verdient. CD Mecklenburg, Bd 4 Friedrich I. der Freidige, Markgraf von Meißen, Landgraf von Thüringen, * 1257, t 16. 11. 1323 Wartburg. Der Sohn des Landgrafen —»Albrecht des Entarteten von Thüringen und Enkel Kaiser —»Friedrichs II. sollte nach dem Tod -»Konradins die Nachfolge seines Großvaters in Italien übernehmen. Als diese Pläne scheiterten, sicherten sich F. und sein Bruder - » Diezmann Anteile an der väterlichen Herrschaft. Nach dem Tod seines Vetters —»Friedrich Tuta erhielt F. die Markgrafschaft Meißen, die jedoch von König —» Adolf von Nassau beansprucht und erobert wurde; 1295 holte er sich nach Adolfs Tod Teile des Landes zurück. In der Schlacht bei Lucka 1307 behielten F. und Diezmann die Oberhand über die kgl. Truppen von Adolfs Nachfolger —»Albrecht und gewannen die 1294 verkaufte Landgrafschaft Thüringen zurück; 1310 verzichtete König —» Heinrich VII. im Vertrag von Prag endgültig auf die Ansprüche des Reiches an Thüringen. Danach suchte F. die durch seinen Vater dem Hause Wettin entfremdeten Gebiete zurückzuerwerben. Zäh und geschickt vermochte er seine Länder gegen Ansprüche des Reiches, Böhmens und Brandenburgs zu behaupten, so daß er als der zweite Begründer der wettinischen Macht angesehen werden kann, CD NDB Friedrich II. der Ernsthafte, Markgraf von Meißen, Landgraf von Thüringen, * vermutlich 30.11. 1310 Gotha, t 18.11.1349 Wartburg. Bis 1328 stand der Sohn —»Friedrichs I., des Freidigen, unter der Vormundschaft seiner Mutter Elisabeth und des Grafen Heinrich von Schwarzburg. In dieser Zeit wurden die an Böhmen verpfändeten Städte Zwickau, Altenburg und Chemnitz ausgelöst. Nach der Heirat mit Mechthild, der Tochter Kaiser —»Ludwigs IV., überließ ihm der Schwiegervater u. a. die Vogtei über Mühlhausen und Nordhausen sowie das Burggraftum Altenburg. F. baute die wettinische Herrschaft in Thüringen aus, vor allem in der Grafenfehde 1342-46 gegen Mainz und Weimar-Orlamünde und sicherte mit dem Rückkauf der Markgrafschaft Landsberg und der Pfalzgrafschaft Sachsen alten wettinischen Besitz. Die ihm nach dem Tod Ludwigs von den Wittelsbachern angebotene Kaiserkrone lehnte F. in realistischer Einschätzung der Machtverhältnisse ab. Seinen Beinamen verdankte er der Ausdauer und Rücksichtslosigkeit, mit der er seine Pläne durchzusetzen wußte. c n NDB

Friedrich F r i e d r i c h I I I . der Strenge, Markgraf von Meißen, Landgraf von Thüringen, * 1 4 . 1 0 . 1 3 3 2 Dresden, t 2 6 . 5 . 1 3 8 1 Amberg. Der älteste Sohn —»Friedrichs II. des Ernsthaften regierte gemeinsam mit seinen Brüdern —» Wilhelm und Balthasar. Als Mitgift seiner Frau Katharina von Henneburg sicherte er sich Coburg und ließ sich 1360 die Niederlausitz verpfänden. Im Vogtländischen Krieg 1354-58 fielen ihm große Teile von Gera, Plauen und Weida zu. 1364 löste —» Karl IV. die Niederlausitz wieder aus. 1373 schlossen die wettinischen Brüder eine Erbverbrüderung mit den Landgrafen von Hessen. Die von Kaiser und Papst betriebene Aufstellung ihres Bruders —»Ludwig als Gegenkandidaten —»Adolfs von Nassau verwickelte die Grafen in den langjährigen Mainzer Bistumsstreit (1373-81). 1379 lösten die Brüder die gemeins a m e Regierung; den drei Hauptgebieten Thüringen, Meißen und Osterland verblieben die wichtigsten Hoheitsrechte gemeinsam. F. betrieb zielbewußt die Mehrung des wettinischen Besitzes und den Ausbau der Verwaltung; Zeugnisse der landesherrlichen Kanzlei sind vor allem das große Lehnbuch von 1 3 4 9 / 5 0 und das Einkünfteverzeichnis von 1378. Er war der Vater des Kurfürsten —» Friedrich des Streitbaren von Sachsen. CD N D B F r i e d r i c h T u t a , Markgraf von Meißen und Landsberg, * 1269, t 1 6 . 8 . 1 2 9 1 Meißen. Nach dem Tod seines Vaters —» Dietrich von Landsberg erhielt F. T . 1285 die Markgrafschaft Landsberg mit d e m Osterland, von seinem Großvater —» Heinrich dem Erlauchten erbte er 1288 die Markgrafschaft Meißen. Kurz nachdem er durch Verträge das gesamte Meißener Land in einer Hand vereinigt hatte, verstarb er. U m sein Erbe brachen erbitterte Fehden zwischen seinem Vetter - ^ F r i e d r i c h d e m Freidigen und d e m Reich aus. m NDB

Friedrich Wilhelm, Fürst von Nassau-Weilburg, * 2 5 . 1 0 . 1768 Den Haag, t 9 . 1 . 1 8 1 6 W e i l b u r g / L a h n . In den Niederlanden, der Heimat seiner Mutter Karoline, erzogen, stand F. W. bis 1784 im militärischen Dienst der Oranier, studierte anschließend an der Univ. Leipzig und übernahm nach d e m Tod seines Vaters Karl Christian von Nassau-Weilburg 1789 die Regierungsgeschäfte. Während der französischen Revolutionskriege und den Verhandlungen mit Napoleon wurde er von seinem Leipziger Studienfreund Hans von —» Gagern beraten. 1792 war F. W . gezwungen, seine linksrheinische Residenz Kirchheimbolanden, 1795 auch Weilburg zu verlassen und begab sich nach Bayreuth. 1800 kehrte er nach Weilburg zurück und erhielt im Frieden von Lunéville vor allem kurtrierische Gebiete an der Lahn und im Westerwald als Entschädigung für seine linksrheinischen Gebietsverluste. 1806 trat F. W . d e m Rheinbund bei und gründete zusammen mit Fürst Friedrich August von Nassau-Usingen das Herzogtum Nassau, das bis 1816 gemeinschaftlich regiert wurde. CD N D B F r i e d r i c h I. (III.), Graf von Zollern, Burggraf von Nürnberg, * vor 1139, t um 1200. Der Sohn von Friedrich II., Graf von Zollern, übernahm nach Tod seiner jüngeren Brüder die Ländereien der Familie. Er stand seit etwa 1171 in den Diensten von Kaiser —»Friedrich I., Herzog —»Friedrich I. von Schwaben, Kaiser - » H e i n r i c h VI. und König - » P h i l i p p . 1 1 9 0 / 9 2 wurde ihm von Heinrich VI. die Burggrafschaft Nürnberg verliehen. F. vereinigte den schwäbischen mit dem fränkischen Teil des Familienbesitzes, den er durch Heirat stark erweitern konnte. F r i e d r i c h III., Burggraf von Nürnberg, * um 1225, t 1 5 . 8 . 1 2 9 7 Cadolzburg bei Nürnberg. Durch seine Heirat mit Elisabeth von Andechs-Meranien fügte F., Sohn des Burggrafen Konrad I. von Nürnberg,

seinem ererbten Besitz Bayreuth hinzu. Mit dem Gewinn weiterer Orte am Obermain und im Fichtelgebirge legte er den Grundstein für das fränkische Doppelterritorium seiner N a c h k o m m e n . 1273 erhielt er von den rheinischen Kurfürsten den Auftrag, - » Rudolf von Habsburg die Königskrone anzutragen. F. blieb Rudolf, der ihn mit der Burggrafschaft in Nürnberg belehnte, zeitlebens eng verbunden und wurde einer seiner engsten Ratgeber; er nahm am Krieg gegen —»Otakar von B ö h m e n und an den Feldzügen in Burgund, im Elsaß und in Württemberg teil. D e m Verhandlungsgeschick F.s hatte Rudolf es zu verdanken, daß die Kurfürsten 1282 in die Belehnung seiner Söhne mit den von Otakar eroberten Gebieten einwilligten. 1285 gelang es F., die wegen der Steuerpolitik des Königs in den Reichsstädten aufflammenden Unruhen mit der Entlarvung von - » Dietrich Holzschuh, der sich wie andere als wiederkehrender Stauferkaiser ausgab, im Keim zu ersticken. Mit F. begann der Aufstieg des Hauses Hohenzollern. m LexMA F r i e d r i c h I V . , Burggraf von Nürnberg, * 1287, t 19.5. 1332. Der Sohn des Burggrafen —»Friedrich III. trat nach d e m Tod seines älteren Bruders Johann im Alter von zwölf Jahren die Regierung an. Sein Versuch, die Markgrafen —»Friedrich I. den Freidigen und —» Diezmann aus der von —» Albrecht I. beanspruchten Markgrafschaft Meißen zu vertreiben, scheiterte. 1310 setzte F. die Investitur —»Johanns von B ö h m e n in Prag gegen —»Heinrich von Kärnten durch und trat 1315 als Geheimer Rat in die Dienste Ludwigs des Bayern, dessen Politik er maßgeblich beeinflußte. In der Schlacht bei Mühldorf führte er den entscheidenden Angriff gegen Ludwigs Widersacher —»Friedrich den Schönen von Österreich. Nach 1327 zog sich F. mit zahlreichen Pfandschaften und d e m Bergregal als Belohnung aus der Reichspolitik zurück; mit einer klugen Erwerbungspolitik (Ansbach 1331), der Förderung von Handel und G e w e r b e und der Einbeziehung der Juden in den Kleinhandel förderte er die gedeihliche Entwicklung der Burggrafschaft. Er war der Vater des Burggrafen —» Johann II. von Nürnberg und des Bischofs —» Berthold von Eichstätt. CD L e x M A F r i e d r i c h V . , Burggraf von Nürnberg, * vor 1332, t 2 2 . 1 . 1398 Plassenburg bei Kulmbach. Nach dem Tod seines Vaters —»Johann II. regierte F. die Burggrafschaft zunächst gemeinsam mit seinem Oheim Albrecht d e m Schönen, nach dessen Tod 1361 bis 1397 allein. Ähnlich wie seine Vorgänger widmete er sich dem Reichsdienst. 1362 stand er an der Spitze des Landfriedensbundes in Franken, später war er als Reichslandvogt im Elsaß (1363) und in Oberschwaben (1371) tätig. Die im Städtekrieg 1388 aufgebrochenen Streitereien mit Nürnberg konnte er 1389 beilegen. Mit seinem Wirken als Friedensstifter und seiner Finanzpolitik konnte F. sein Territorium vergrößern und sichern. Er war der Vater —» Friedrichs I. von Brandenburg. DP N D B

Friedrich VI., Burggraf von Nürnberg - » F r i e d r i c h I., Kurfürst von

Brandenburg

F r i e d r i c h I., Herzog von Österreich, * u m 1175, t 1 6 . 4 . 1 1 9 8 im Hl. Land. Durch eine Verfügung seines Vaters —»Leopold V. von Österreich wurde F., Bruder von —»Leopold VI., 1195 mit d e m Herzogtum Österreich beliehen. Nachdem die Entschädigungswünsche Englands wie die Rückerstattung des Lösegelds für Richard Löwenherz erfüllt worden waren, geriet F. zunehmend unter den Einfluß Kaiser —» Heinrichs VI. Im Frühjahr 1197 trat er eine Kreuzfahrt an, die ihn ins Heilige Land führte, wo er kurz vor der Rückreise verstarb. F. war ein Gönner —» Walthers von der Vogelweide. •P

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Friedrich F r i e d r i c h II. der Streitbare, Herzog von Österreich und Steiermark, Herr in Krain, * um 1210, t 15.6.1246, begraben im Stift Heiligenkreuz. Der Sohn Herzog —» Leopolds VI. war dauerhaft in kriegerische Auseinandersetzungen sowohl im Inneren wie auch mit Kaiser —» Friedrich II., Böhmen und Ungarn verwickelt. Die Ächtung durch den Kaiser unter öffentlicher Bekanntgabe eines Sündenregisters (1236) und die Einnahme Wiens durch ein Reichsheer konnte seinen Trotz nicht brechen; nach dem Abzug des Kaisers aus Österreich kam es jedoch seit 1239 zu einer Annäherung der beiden. F.s Persönlichkeit und seine prunkvolle Hofhaltung übten starke Anziehung auf Dichter und Sänger aus. Seine Beziehungen zu Kaiser und Papst besserten sich; die von Friedrich geplante Erhebung der österr. Länder zu einem Erbkönigreich scheiterte jedoch ebenso wie der Wunsch Innozenz' IV. auf Verwirklichung des Wiener Bistumsplans. Der Mongolensturm veranlaßte F. 1242 zum Eingreifen in Ungarn, im darauffolgenden Konflikt fand er in der Schlacht an der Leitha den Tod, ohne einen Erben zu hinterlassen. DP NDB Friedrich IV., Herzog von Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain, Graf in Tirol, * 1382 oder 1383, t 24.6.1439 Innsbruck. Der jüngste Sohn Herzog —»Leopolds III. wurde zunächst mit der Verwaltung der österr. Vorlande betraut und erhielt durch einen Ausgleich mit seinem Bruder —» Ernst dem Eisernen 1406 und 1411 Tirol sowie die vorderösterreichischen Lande, wo er sich gegen den Adel und die Eidgenossen durchsetzen mußte. Infolge seiner Fluchthilfe für Papst Johannes XXIII. vom Konstanzer Konzil 1415 wurde F. von König —» Sigismund geächtet und gefangengenommen. 1416 floh er nach Tirol, konnte sich jedoch 1418 und endgültig 1425 mit Sigismund versöhnen. Durch Handel und die Erträge aus dem Tiroler Bergbau wurde F. in seinen letzten Lebensjahren zum reichsten Habsburger. Nach dem Tod Herzog Emsts übernahm er die Vormundschaft für dessen Söhne —» Friedrich III. und —» Albrecht VI. CD LexMA Friedrich, Erzherzog von Österreich, Militär, * 4 . 6 . 1 8 5 6 Groß-Seelowitz (Mähren), t 30.12.1936 Ungarisch Altenburg. Der Sohn Erzherzog Karl Ferdinands und Bruder Erzherzog —» Eugens schlug eine militärische Laufbahn ein. 1882 ging er als Generalmajor und Brigadier nach Preßburg und wurde 1889 Kommandierender General. Seit 1905 Generaltruppeninspektor, wurde F. 1907 mit dem Oberkommando der k. u. k. Landwehr betraut und 1910 Armeeinspektor. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs erhielt er das Armeeoberkommando; er wurde Feldmarschall und bei Regierungsantritt Kaiser —» Karls I. dessen Stellvertreter im Armeeoberkommando. 1917 trat F. zurück. CD NDB F r i e d r i c h I., Herzog von Österreich und Steiermark, Markgraf von Baden, * 1249, t 29. 10. 1268 Neapel. Der Sohn aus der Ehe —» Hermanns des Kleinen von Baden mit Gertrud, der Nichte des letzten Babenbergers und Witwe Herzog —» Leopolds von Österreich, erbte von seiner Mutter den Anspruch auf das Herzogtum Österreich, aus dem er 1250 von König —»Otakar II. von Böhmen vertrieben wurde. Er floh nach Bayern, wo er freundschaftliche Bande zu —» Konradin knüpfte. 1267 zog er mit diesem zur Rückeroberung Siziliens nach Italien, wurde nach der Schlacht von Tagliacozzo gefangengenommen und auf Betreiben Otakars zusammen mit Konradin durch Karl von Anjou enthauptet. F r i e d r i c h I. der Siegreiche, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Bayern, Kurfürst von der Pfalz, * 1.8. 1425 Heidelberg, t 12. 12.1476 Heidelberg. Der Sohn des Kurfürsten —»Ludwig III. von der Pfalz und Bruder des Erzbischofs —» Ruprecht von Köln über-

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nahm nach dem Tod seines Bruders, des Pfalzgrafen —» Ludwig IV., 1449 als Vormund für seinen Neffen —» Philipp die Regentschaft, die er sich durch Adoption Philipps auf Lebenszeit zu sichern suchte, dafür jedoch nicht die Anerkennung des Kaisers fand. In den Jahren seiner Regentschaft vergrößerte F. das pfälzische Territorium vor allem zu Lasten von Kurmainz und konnte in zahlreichen Fehden sowie durch geschickte Bündnispolitik eine Vormachtstellung am Oberrhein begründen. 1452 reformierte F. die Heidelberger Univ. und sorgte für die Rezeption des römischen Rechts. Mit seiner restriktiven Finanzpolitik konnte er das Entstehen von Landständen verhindern. CD NDB Friedrich II. der Weise, Kurfürst von der Pfalz, * 9.12. 1482 Burg Winzingen bei Neustadt/Weinstraße, t 26.2. 1556 Alzey. Seine Erziehung erhielt der vierte Sohn des Kurfürsten —» Philipp des Aufrichtigen durch Johann —»Reuchlin und verbrachte einen Großteil seiner Jugend am burgundischen Herzogshof in den Niederlanden. 1529 und 1532 führte F. das Reichsheer gegen die Türken, war 1531 für die Königswahl —» Ferdinands tätig und präsidierte neben Granvelle dem kaiserlichen Religionsgespräch auf dem Regensburger Reichstag von 1541. 1544 trat er entgegen der Bestimmungen der Goldenen Bulle und statt seines Neffen —» Otto Heinrich die Nachfolge seines kinderlosen Bruders, des Kurfürsten -» Ludwig V., an, führte mit einigem Zögern die luth. Reformation ein und erließ 1546 eine evang. Kirchenordnung. Nach seiner Niederlage im Schmalkaldischen Krieg 1547 bemühte sich F. um eine politisch neutrale Haltung. CD NDB Friedrich III. der Fromme, Kurfürst von der Pfalz, * 14.2. 1515 Simmern, t 26. 10. 1576 Heidelberg. Der Sohn —» Johanns II. von Pfalz-Simmern wurde am Hof des Bischofs von Lüttich und Kaiser —» Karls V. streng kath. erzogen, trat jedoch nach seiner Heirat mit der protestantischen Maria von Brandenburg 1537 zum Luthertum über. 1557 übernahm F. die Regierung in Simmern, 1559 nach dem Tod —»Otto Heinrichs auch in der Kurpfalz, wo er seit einem Religionsgespräch in Heidelberg 1560 durch ein vermittelndes Gutachten —» Melanchthons den Calvinismus einführte. 1561/62 wurde in seinem Auftrag der Heidelberger Katechismus erarbeitet, der zusammen mit der Kirchenordnung von 1564 die Grundlage für die Festigung des Calvinismus in der Kurpfalz schuf. 1571 veranlaßte F. das Frankenthaler Religionsgespräch und versuchte, die protestantischen Reichsstände zu einem gegen das Haus Habsburg gerichteten Bündnis zu vereinen. Unter seiner Schirmherrschaft entwickelte sich die Univ. Heidelberg zu einer Lehrstätte europäischen Ranges. Nach F.s Tod trat sein Sohn —» Ludwig VI. seine Nachfolge an. F. war auch der Vater des Pfalzgrafen —»Johann Casimir. CD NDB Friedrich I V . der Aufrichtige, Kurfürst von der Pfalz, * 5.3.1574 Amberg, t 19.9.1610 Heidelberg. F.s Onkel Pfalzgraf -»Johann Casimir führte seit 1583 die Regierung für den noch unmündigen Sohn des Kurfürsten —»Ludwig VI. von der Pfalz und setzte die endgültige Calvinisierung des Landes durch. Nach dessen Tod übernahm F. 1592 nominell die Regierung, wobei er u.a. unter dem Einfluß von Ludwig —» Camerarius, Georg Ludwig von Hutten und —»Christian I. von Anhalt-Bernburg stand, die die Pfalz zu einem Zentrum der antihabsburgischen reichsfürstlichen Bestrebungen machten und die Bildung der Union sowie die protestantische Haltung im Jülich-Klevischen Erbfolgestreit beeinflußten. Er ließ den Friedrichsbau des Heidelberger Schlosses errichten und gründete 1606 die Stadt Mannheim mit der Feste Friedrichsruhe. F. war der Vater der Kurfürstin —» Elisabeth Charlotte von Brandenburg. CD NDB

Friedrich Friedrich V., Kurfürst von der Pfalz, Friedrich I. als König von Böhmen, * 26.8.1596 Amberg, t 29. 11.1632 Mainz. Der Sohn Kurfürst —»Friedrichs IV. lebte längere Zeit am Hof Herzog Henris von Bouillon in Sedan und wurde an der dortigen Ritterakademie ausgebildet. Nach der Vormundschaft Herzog —»Johanns II. von Zweibrücken trat F. 1614, ein Jahr nach seiner Heirat mit —»Elisabeth Stuart, der Tochter König Jakobs I. von England, die Regierung der Pfalz als Haupt der protestantischen Union an, hierbei entscheidend beeinflußt von seinen Ratgebern, darunter —»Christian I. von Anhalt-Bernburg, Ludwig —»Camerarius und Johann Joachim von —»Rusdorf. 1619 wurde er von den protestantischen Ständen in Böhmen zum Nachfolger des abgesetzten Königs —»Ferdinand II. gewählt und noch im selben Jahr in Prag gekrönt. Nach seiner Niederlage am Weißen Berg 1620 gegen die kaiserlichen Truppen floh F. nach Den Haag, wurde 1621 geächtet und verlor seine Kurwürde, die 1623 —> Maximilian I. von Bayern Ubertragen wurde. Wenige Tage nach der Befreiung der Pfalz 1632 durch die protestantischen Verbündeten starb F. an Fieber. Sein Sohn —> Karl Ludwig von der Pfalz erhielt 1648 die neugeschaffene achte Kurwürde sowie einen Teil des Besitzes zurück. CD NDB Friedrich Karl, Herzog von Schleswig-HolsteinSonderburg-P/ö«, * 4. 8.1706 Sonderburg, t 18.10.1761 Plön. Noch nicht einjährig, verlor F. K. seinen Vater, Herzog Christian Karl