Der Wettbewerb im örtlichen Personenbeförderungswesen: Möglichkeiten und Notwendigkeiten im Bereich straßengebundener Beförderung [1 ed.] 9783428487745, 9783428087747

Untersucht wird, ob die bestehenden Wettbewerbsschranken im Bereich örtlicher Personenbeförderung interessengerecht sind

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Der Wettbewerb im örtlichen Personenbeförderungswesen: Möglichkeiten und Notwendigkeiten im Bereich straßengebundener Beförderung [1 ed.]
 9783428487745, 9783428087747

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Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht

Band 39

Der Wettbewerb im örtlichen Personenbeförderungswesen Möglichkeiten und Notwendigkeiten im Bereich straßengebundener Beförderung Von

Roland Maaß

Duncker & Humblot · Berlin

ROLAND MAASS

Der Wettbewerb im örtlichen Personenbeförderungswesen

Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht lIerausgegeben von Wolfgang Graf Vitzthum in Gemeinschaft mit Martin lIeckel, Ferdinand Kirchhof lIans von Mangoldt, Thomas Oppermann Günter Püttner, Michael Ronellenfitsch sämtlich in Tübingen

Band 39

Der Wettbewerb im örtlichen Personenbeförderungswesen Möglichkeiten und Notwendigkeiten im Bereich straßengebundener Beförderung

Von Roland Maaß

DUßcker & Humblot · Berliß

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Maaß, Roland: Der Wettbewerb im örtlichen Personenbeförderungswesen : Möglichkeiten und Notwendigkeiten im Bereich straßengebundener Beförderung / von Roland Maaß. - Berlin : Duncker und Humblot, 1998 (Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht ; Bd. 39) Zug!.: Tübingen, Univ., Diss., 1995/96 ISBN 3-428-08774-7

D 21

Alle Rechte vorbehalten © 1998 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Gennany ISSN 0935-6061 ISBN 3-428-08774-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 9

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Frühjahr 1994 begonnen und im Winter 1995 abgeschlossen. Sie wurde Ende des Wintersemesters 1995/96 von der Juristischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen als Dissertation angenommen. Die Anregung zu einer Beschäftigung mit dem komplexen Thema der gewerblichen Personenbeförderung erhielt ich von Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch im Zuge seiner Auseinandersetzung mit Fragen der Gewährleistung von Mobilität im Staat des Grundgesetzes. Er hat die Arbeit in steter Gesprächsbereitschaft betreut und ihre rasche Entstehung mit Rat und kritischer Bewertung begleitet. Für seine Bereitschaft zur Unterstützung meiner Promotion und für alle übrige Förderung gilt ihm mein besonderer herzlicher Dank. Prof. Dr. Günter Püttner hat die Aufgabe des Zweitgutachters übernommen und das Gutachten in kurzer Zeit erstellt, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Besonderen Dank schulde ich des weiteren Prof. Dr. Wolfgang Graf Vitzthum für die Aufnahme dieser Arbeit in die "Tübinger Schriften zum Staats- und Verwal tungsrecht". Meinem Cousin Holger Fröhlich danke ich für die kritische Durchsicht des Manuskripts sowie für seine geduldige Unterstützung vor allem in computertechnischen Fragen. Literatur und Rechtsprechung sind von mir bis zum Frühjahr 1995 berücksichtigt worden.

Berlin, im November 1997

Roland Maaß

Inhaltsverzeichnis A. Einführung

25

§ 1 Die Problematik........... ...... ...... ...... ................ ...................... ............. ................

25

§ 2 Grundsätzliche Überlegungen.........................................................................

26

Wettbewerbsgedanke und Wirtschaftsordnung............................................

27

1. Ursprung und Bedeutung des Wettbewerbs...........................................

27

2. Das allgemeine Wettbewerbsmodell.....................................................

28

a) Definition von Wettbewerb .............................................................

28

b) Wettbewerbsfunktionen.. .... .... ................... ................ ................... ...

29

aa) Wirtschaftspolitische Funktion................................................

29

bb) Gesellschaftspolitische Funktion .... ...... ...... ............... ....... .......

30

c) Wettbewerb als Prozeß....................................................................

30

d) Relationen und Mittel des Wettbewerbs .........................................

31

e) Wettbewerbstheorie.........................................................................

31

Notwendigkeit einer Wettbewerbssteuerung...................................

32

g) Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland....................

33

h) Resümee ..........................................................................................

33

3. Personennahverkehrsbereich und Wettbewerb......................................

34

a) Begrenzungen des Wettbewerbs.......................................... ............

34

b) Folgerungen.....................................................................................

35

4. Verfassungsrechtliche Implikationen.....................................................

35

a) Wirtschaftsverfassung des Grundgesetzes ......................................

35

aa) Einzelne Ansichten ............................... ...................................

36

bb) Herrschende Interpretation von BVerfG und Literatur............

36

I.

f)

10

Inhaltsverzeichnis cc) Staatsvertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion..........................................................

37

dd) Marktwirtschaftlicher Einschlag der Grundrechte...................

38

ee) Resümee...................................................................................

39

b) Subsidiarität staatlicher Eingriffe ....................................................

39

5. Zusammenfassung .................................................................................

41

II. Das Mobilitätsbedürfnis der Bevölkerung ............ ........ ............ .............. .....

42

1. Verkehrsmobilität als Grundbedürfnis ..................................................

42

2. Verkehrsmobilität als Grund- und Menschenrecht................................

43

a) Begründung des Grundrechts auf Mobilität ....................................

44

aa) Grundrechtliche Einzelverbürgungen von Verkehrsmobilität ...... ........ ........ ...... .... .... .... ........ ........ ...... ............... ......

45

bb) Historische Argumentation ..... ...... ........ ........ .................... .......

46

b) Schranken des Grundrechts auf Verkehrsmobilität.........................

48

c) Menschenrechtsgehalt der (Verkehrs-)Mobilität.............................

49

d) Verwaltungsrechtliche Folgen der Verkehrsmobilität.....................

50

3. Zusammenfassung .................................................................................

50

ill. Daseinsvorsorge des Staates und Personennahverkehr ....... ........ .............. ...

50

1. Sozialstaatsprinzip ...... .... ...... ...... .......... ........ .......... ............ .... ............ ...

51

2. Daseinsvorsorge als verwaltungsrechtliche Folge des Sozialstaatsprinzips ......... ........ ...... ................ ...... ................ ...... ............ .... ...............

52

a) Arten der Daseinsvorsorge ..............................................................

54

b) Entwicklung des Daseinsvorsorgebegriffs ... ........ ...... .....................

54

c) Rechtsfolgen ..... .... .... ............ ...... ........ .... .......... .... .... .... ....... ............

56

3. Zusammenfassung .................................................................................

57

IV. Personenbeförderung im Nahverkehr als wirtschaftliches Gewerbe ...........

58

1. Gewerbliche Organisation der Personen beförderung ......................... ...

59

2. Gemeinwirtschaftliche Zielsetzung .......................................................

61

a) Definition von Gemeinwirtschaftlichkeit........................................

61

Inhaltsverzeichnis

11

b) Bedeutung von Gemeinwirtschaftlichkeit für den Wettbewerb .. ....

62

3. Grundsatz der Gewerbefreiheit..............................................................

63

V. Zusammenfassung........................................................................................

63

§ 3 Historische Entwicklung des Personenbeförderungswesens im örtlichen Verkehrsbereich ...............................................................................................

64

Die Anfange gewerblicher Personenbeförderung ............. ........................ ...

64

1. Beförderung durch die Post ............................................................ .......

65

2. Schienengebundene örtliche Beförderung ............ ........... ......... ........ .....

66

11. Personenbeförderung auf der Straße ............................................................

67

1. Allgemeines ...........................................................................................

67

2. Die ersten Kraftverkehre........................................................................

68

3. Rechtliche Situation des Kraftfahrwesens bis 1934..............................

69

4. Personenbeförderungsgesetz 1934.........................................................

71

a) Genehmigungsvoraussetzungen nach dem PBG 1934....................

71

b) Auswirkungen des PBG 1934 .........................................................

74

5. Entwicklung nach dem zweiten Weltkrieg ............................................

74

a) Verwaltungsrechtsprechung ............................................................

75

b) Änderungen des PBG im Jahr 1955 ................................................

76

c) Beschluß des Bundesverfassungsgerichts 1961 ..............................

77

d) Weitere Entwicklungen ...................................................................

77

6. Personenbeförderungsgesetz von 1961..................................................

78

ill. Schlußbetrachtung. .. ...... ........ ...... .... ............ .... .......... ........ ................ ...........

79

§ 4 Gang der Darstellung ...... ........ ...... .... ...... ...... ............ ............ ...................... .....

79

I.

B. Die bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

81

§ 1 Rechtslage im Bereich des Personenbef6rderungsgesetzes ..........................

82

Anwendungsbereich des PBefG...................................................................

82

1. ErfaBte Arten der Beförderung............................. .... ......... ............. .......

82

I.

12

Inhaltsverzeichnis 2. Genehmigungserfordernis......................................................................

83

3. "Numerus clausus" der Beförderungsformen ........................................

84

11. Subjektive und objektive Zulassungsvoraussetzungen................................

85

1. Intention der Reglementierungen im PBefG..........................................

85

2. Subjektive Genehmigungsvoraussetzungen ............... ...........................

86

3. Objektive Genehmigungsvoraussetzungen................... .. .......................

86

a) Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen .......................................... .......

87

aa) § 13 11 Nr. 2a: Befriedigende Verkehrsbedienung mit vorhandenen Verkehrsmitteln .......................................................

88

bb) § 13 11 Nr. 2b: Fehlen wesentlicher Verkehrsverbesserung .....

88

cc) § 13 11 Nr. 2c: Ausgestaltungsrecht..........................................

89

dd) Unbenannte Beeinträchtigungen der Verkehrsinteressen ........

89

ee) Verkehrspolitische Bedeutung des Linienverkehrs........ ....... ...

89

ff) Besitzstandsschutz nach § 13 III PBefG ..................................

90

gg) Auswirkungen auf den Wettbewerb im Linienverkehr............

91

b) Zulassungsbeschränkungen im Gelegenheitsverkehr......................

92

aa) Beschränkungen des § 13 IV, V PBefG...................................

92

bb) Auswirkungen auf den Wettbewerb im Taxiverkehr...............

93

4. Genehmigungsdauer ..............................................................................

94

III. Grenzüberschreitender Verkehr ...................................................................

94

IV. Pflichten der Verkehrsunternehmen.............................................................

95

1. Betriebs- und Beförderungspflicht.........................................................

95

2. Tarifpflicht.............................................................................................

96

V. Kooperation von Verkehrsträgern und -unternehmen..................................

97

§ 2 Wettbewerbsrechtlicher Rahmen für die Personenbefdrderung.................

98

Nationales Wettbewerbsrecht ......................................................................

98

1. Verkehr als wettbewerblicher Ausnahmebereich ..................................

99

a) Preisabsprachen .. ...................................................................... .......

99

aa) Gelegenheitsverkehre...............................................................

99

I.

Inhaltsverzeichnis

13

bb) Linienverkehre.. ............ ............................. ...... ........................

100

b) Demarkationsverträge......................................................................

101

c) Andere Wettbewerbsbeschränkungen .............................................

102

d) Zusammenfassung ...........................................................................

102

2. Exkurs: Funk-Taxi-Genossenschaften.....................................................

102

II. Europäisches Wettbewerbsrecht ..................................................................

103

§ 3 Kritik an der Rechtslage und Deregulierungsdiskussion ........ .....................

104

Nahverkehrsentwicklung und Kritik am System des PBefG .......................

105

1. Entwicklung im Nahverkehrsbereich.....................................................

105

2. Kritik an Auswirkungen des Personenbeförderungsgesetzes ................

106

a) Unflexibilität des Systems...............................................................

106

b) Folgen der Marktabschottung ..... .......... .................... .......... .......... ...

107

c) Kritik bezüglich Verkehrskoordination ...........................................

108

d) Zusammenfassung ...................................... ................ ........ .............

108

3. Anpassungsversuche und -probleme der Verkehrsuntemehmen...........

108

a) Arten differenzierter Bedienungsweisen .........................................

109

aa) Linientaxen ..............................................................................

110

bb) Anruf-Sammel-Taxen und bedarfsorientierte Kleinbusse .......

110

b) Verhältnis der neuen Verkehrsforrnen zu vorhandenen Relationen...............................................................................................

111

aa) Konfliktsituation und Lösungsmaßstäbe..................................

111

bb) Stellungnahme .........................................................................

113

c) Exkurs: Flughafen-Transfer-Dienste ...............................................

114

d) Zusammenfassung ...........................................................................

115

II. Deregulierungsdiskussion ............. .... ..... ..... ........................ .... .... ...... ...........

116

1. Deregulierung als umfassendes Anliegen... ... ....... .......................... .... ...

116

a) Begriff und Ziel der Deregulierung .................................................

116

b) Das Aufkommen von Deregulierungsprogrammen.........................

118

I.

14

Inhaltsverzeichnis aa) Bisherige Umsetzung von Deregulierungsvorhaben in der Praxis .......................................................................................

119

bb) Bisherige Deregulierungsbestrebungen in Deutschland ..........

120

c) Begründung der Forderung nach Deregulierung .............................

121

aa) Regulierungsgrund Marktversagen..........................................

121

(1) Lehre von den ökonomischen "Besonderheiten" .............

122

(2) Kritik der "Besonderheitenlehre" .....................................

122

bb) Andere Regulierungsargumente...............................................

123

cc) Gegenargumente gegen die Regulierungen .............................

123

dd) Konkrete Deregulierungsvorschläge........................................

125

ee) Hemmnisse der Umsetzung von Deregulierungsforderungen............................................................................................

126

2. Rechtliche Bewertung der (De)Regulierungsdiskussion .......................

128

a) Wirtschaftsverfassungsrechtliche Deregulierungsmaßstäbe ...........

129

aa) Verfassungsrechtliche Verortung des Deregulierungsanliegens ..................... .................. ........ ........ ...... .................. .... ...

130

bb) Regulierungskompetenz des Staates ..... ...... .......... .... ...... .........

130

cc) Verhältnismäßigkeitsprinzip als Regulierungsschranke ..... .....

131

b) Zusammenfassung und Schlußfolgerungen.....................................

132

lll. Privatisierungsdiskussion.............................................................................

133

1. Relevanz für den Nahverkehr ................................................................

134

2. Argumente und Stellungnahme .............................................................

134

N. Erfahrungen im Ausland ..............................................................................

135

1. Großbritanien.........................................................................................

136

2. Frankreich..............................................................................................

137

3. Taxi- und Luftverkehr in den USA........................................................

137

a) Deregulierung des Taxiverkehrs......................................................

137

b) Deregulierung des U.S.-amerikanischen Linienluftverkehrs...........

138

4. Bewertung der ausländischen Erfahrungen ...........................................

140

Inhaltsverzeichnis

15

V. Zusammenfassung........................................................................................

141

c. Wettbewerbsimpulse durch Europäisches Gemeinschaftsrecht

143

§ 1 Primäres Europäisches Gemeinschaftsrecht im Verkehr.............................

143

Ziele der EU im Verkehrsbereich ..... .......... .... ............ ... ...... ......... ......... ......

144

1. Impulse durch die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit............

144

2. Gemeinsame Verkehrspolitik der EU ....................................................

145

a) Ziele der Gemeinsamen Verkehrspolitik.........................................

145

b) Wirtschaftsverfassung derEU .................... ~....................................

147

c) Stand der Gemeinsamen Verkehrspolitik........................................

148

11. Bewertung ....................................................................................................

149

§ 2 Liberalisierungen im Busverkehr ...................................................................

150

Verordnung (EWG) 684192 .........................................................................

150

1. Inhalt......................................................................................................

150

2. Bewertung..............................................................................................

151

11. Verordnung (EWG) 2454/92 .......................................................................

151

1. Inhalt......................................................................................................

151

2. Bewertung..............................................................................................

152

I.

I.

§ 3 Wettbewerbsimpulse durch die Verordnung (EWG) 1191/69 i.d.F.

der VO (EWG) 1893/91....................................................................................

153

1

Generelle Zielsetzung der VO 1191/69 nF ..................................................

153

1. Meinungsstand.......................................................................................

153

2. Stellungnahme .......................................................................................

154

11. Werdegang der VO 1191/69 nF ...................................................................

155

m

Inhalt und Auslegung der VO 1191/69 nF ...................................................

156

1. Grundsatz und Geltungsbereich.............................................................

156

a) Anwendungsbereich in Deutschland ...............................................

157

aa) Die Tarifpflicht ........................................................................

157

bb) Weitere Ausnahmen.................................................................

157

16

Inhaltsverzeichnis cc) Auswirkung für den Gelegenheitsverkehr ...............................

158

b) Auswirkungen der Aufhebungsanordnung in Deutschland.............

158

2. Leistungskauf und Auferlegung neuer Verpflichtungen........................

159

a) Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen....................

159

b) Vertraglicher Leistungseinkauf .. ...... .................................... ... ........

160

c) Verbot des sog. steuerlichen Querverbundes ........... .... .............. .....

161

aa) Wesen von Querverbünden......................................................

161

bb) Argumente gegen ein Verbot der Quersubvention kommunaler Verkehrsunternehmen durch Querverbünde ...................

162

cc) Argumente für ein Verbot der Quersubventionierung .............

163

dd) Stellungnahme .........................................................................

164

N. Gesamtbewertung der VO 1191/69 nF unter Wettbewerbsaspekten ...........

166

D. Änderung der Wettbewerbssituation im Nahverkehr durch die Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes

169

§ 1 Werdegang der Novelle des PBef'G...... .... ...... .... ...... ........ ........ ........ ...............

169

Ältere Novellierungsversuche......................................................................

170

11. Ziele im Gesetzgebungsverfahren 1993...... ........ .......... ........ ........ ...... .... .....

171

§ 2 Die Änderungen im Personenbeförderungsgesetz.. ...... ........ .......... .......... .....

172

Überblick...... ... ...... .... ...... ...... ........ .... .... ...... .......... ........ ................ ... ......... ...

172

11. Die Neuregelungen im einzelnen .................................................................

173

1. Allgemeines .......... ............ ...... .... .... ...... ................ ........ ........ ...... ... ... .....

173

2. Kompetenzen des Aufgabenträgers .......................................................

174

3. Änderungen im Genehmigungsverfahren..............................................

175

a) Der Begriff der Eigenwirtschaftlichkeit ..........................................

175

b) Gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistungen.....................................

175

4. Neue Aufgaben der Genehmigungsbehörden ................................... .....

177

5. Rechte der Verkehrsunternehmen..........................................................

177

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle .............................................

178

I.

I.

Inhaltsverzeichnis I.

2 Maaß

17

Veränderung der Wettbewerbssituation im Linienverkehr ..........................

179

1. Eigenwirtschaftlichkeit von Verkehrsleistungen ...................................

179

a) Gesetzesverständnis des PBefG von Eigenwirtschaftlichkeit .........

180

aa) Gesetzliche Ausgleichs- und Erstattungsregelungen ...............

181

bb) Sonstige Unternehmenserträge im handelsrechtlichen Sinne ........................................................................................

182

(1) Kritik an den Auswirkungen eines weiten Begriffsverständnisses...................................................................

183

(2) Wettbewerbsauswirkungen bei einern restriktiven Begriffsverständnis .............. .... ...... ........ .......... ...... .......... .....

185

b) Zulässigkeit des extensiven Eigenwirtschaftlichkeitsbegriffs.........

185

aa) Verhältnis zu anderen Anliegen der PBefG-Novelle...............

186

bb) Verstoß des § 8 IV 2 gegen Gemeinschaftsrecht .... .......... .......

187

(1) Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts................

188

(2) Stellungnahme..................................................................

189

c) Resümee und Wettbewerbsaspekte .................................................

190

2. Der Rahmen ausreichender Verkehrsbedienung....................................

191

a) Bestimmung "ausreichender" Verkehrsbedienung..........................

191

b) Situation im Fall eines Überangebots im Nahverkehr.....................

192

aa) Eigenwirtschaftliche "Luxusverkehre" ....................................

192

bb) Gemeinwirtschaftliche ,,Luxusverkehre...................................

193

c) Zusammenfassung und Wettbewerbsaspekte ..................................

193

3. Bedeutung des Nahverkehrsplans..........................................................

194

a) Wettbewerbsausrichtung der Nahverkehrspläne .............................

194

b) Zustandekommen des Nahverkehrsplans ........................................

196

aa) Berücksichtigung vorhandener Verkehrsstrukturen.................

196

bb) Mitwirkung vorhandener Unternehmer und Gleichbehandlungsgebot................................................................................

197

(1) Interessen vorhandener Unternehmer .... ...........................

197

(2) Interessen von Neubewerbern ..........................................

198

18

Inhaltsverzeichnis c) Bewertung der Wettbewerbsimpulse von Nahverkehrsplänen........

200

4. Wettbewerbliche Impulse durch Aufspaltung des Genehmigungsrechts......................................................................................................

200

a) Situation im Bereich eigenwirtschaftlicher Verkehre nach § 13.....

201

aa) Ausschreibung eigenwirtschaftlicher Verkehre .......................

201

bb) Geänderte Auslegung der objektiven Schranken des § 13 II Nr. 2.........................................................................................

202

cc) Folgen der Bezugnahme auf den Nahverkehrsplan .................

203

dd) Relativierung des Besitzstandsschutzes...................................

204

ee) Verdrängung von Altunternehmern im Rahmen des § 13 .......

205

ff) Bewertung der neuen Situation im Rahmen des § 13 unter Wettbewerbsaspekten ..............................................................

206

b) Gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistungen nach § Ba ..................

207

aa) Verfahren bei vertraglicher Vereinbarung von Verkehrsdiensten ... ...... ........ ...... ...... ...... ...... ........ .... ........ ............ ........ ...

208

(1) Positive Effekte einer Ausschreibung ..............................

208

(a) Funktionen einer Ausschreibung ..............................

208

(b) Verfahren der Ausschreibung ...................................

210

(2) Nachteile und Gefahren einer Ausschreibung ..................

211

(3) Bewertung der Ausschreibungsmöglichkeiten im Nahverkehr..............................................................................

212

(a) EU-rechtliche Zulässigkeit der Auswahlkriterien des § 13a ...................................................................

213

(b) Eignung des Ausschreibungsverfahrens zur Umsetzung der Anliegen des PBefG .. ....... ............ ...... ...

213

0.) Erzielung der geringsten Kosten für die Allge-

meinheit..............................................................

214

Ruinöse Konkurrenz...........................................

214

"() Ausschreibungskartelle.......................................

215

0) Kosten des Verfahrens........................................

215

E) Qualitätsstandards ..............................................

216

ß)

Inhaltsverzeichnis

19

~) Grundsatz der Gleichbehandlung ........ ............ ...

217

11) Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der Anbieter ...................................................................

218

e) Funktion der Genehmigungsbehörde. .. ...............

218

(c) Zusammenfassende Bewertung unter Wettbewerbsaspekten...........................................................

219

bb) Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Leistungen.....................

220

(1) Auswahl des geeigneten Unternehmers............................

220

(2) Vorteil der Leistungsauferlegung .....................................

221

(3) Wettbewerbliche Bewertung des Auferlegungsverfahrens ..............................................................................

221

cc) Vergleich beider Möglichkeiten nach Wettbewerbsgesichtspunkten.. .. .............. .............. ........ ....... ......... .... ........ ............ .....

222

dd) Bewertung der künftigen Wettbewerbssituation im Rahmen des § 13a ..................................................................................

224

5. Probleme mit Kooperationen im Nahverkehrsbereich...........................

224

a) Problemdarstellung..........................................................................

224

b) Wertungswidersprüche. .............. .... .......... ...... .... ............ .............. ...

225

c) Lösungsansätze................................................................................

226

6. Künftige Rolle und Bedeutung von Taxen und Mietwagen. ...... ...... .....

227

a) Umsetzung der aufgestellten Forderungen ......................................

227

b) Einordnung nach § 2 VI, Vll PBefG und Erweiterung des ,,numerus clausus" ........ .............. .............. ...... ...... ............ ............ ...

228

ll. Gesamtbewertung der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes.............

229

§ 4 Weitergehende Überlegungen zum Linienverkehr .......................................

232

Objektive Zugangsbeschränkungen im Linienverkehr.. .................... ...... .....

232

1. Folgen eines Wegfalls der objektiven Beschränkungen des § 13 II ......

232

2. Stellungnahme .......................................................................................

233

ll. Subjektive Zulassungs schranken im Linienverkehr.....................................

234

1. Betriebliche Leistungsfähigkeit und fachliche Eignung ..... ............ .......

235

I.

2*

20

Inhaltsverzeichnis 2. Zusammenfassung .................................................................................

236

"Numerus clausus" der Linienverkehrsarten ........................................ .......

236

1. Sonderformen des Linienverkehrs.........................................................

236

2. Ergebnis............................................................ .....................................

238

IV. Berufsausübungsregeln im Linienverkehr .......................... .........................

238

1. Betriebs- und Beförderungspflicht.... .................................. ...... ...... .......

238

2. Tarifpflicht.............................................................................................

238

a) Höchstpreisbindung.........................................................................

239

b) Erforderlichkeit einer Mindestpreisbegrenzung ..............................

239

aa) Argumente für eine Mindestpreisfixierung..............................

239

bb) Konsequenzen eines Preiswettbewerbs im Linienverkehr.......

240

cc) Stellungnahme.... ............................ .......... ......... ......................

240

V. Zusammenfassung........................................................................................

241

m.

E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr § 1 Auswirkungen der Novelle auf den Gelegenheitsverkehr ............................

§ 2 Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage im örtlichen Gelegen-

242 242

heitsverkehrswesen. ..... ...... ... ..... ...... ................ .... ........ .... ............ .............. .......

244

1

Objektive Zugangsbeschränkungen im Taxigewerbe ..................................

245

1. Ausgangspunkt der Untersuchung .........................................................

245

2. Verhältnismäßigkeit des § 13 IV, V PBefG...........................................

246

a) Bestimmung der ,,Funktionsfahigkeit" des Gewerbes.....................

247

aa) Existenzbedrohung...................................................................

248

bb) Funktionsbedrohung ................................................................

249

b) Auslegung der Verfassungsrechtsprechung zu Berufszulassungsschranken im Hinblick auf das Taxigewerbe ..................................

249

c) Gefahren für die Funktionsfahigkeit ...............................................

251

aa) Bedrohung von Verkehrskontinuität und Gewerbeexistenz ....

251

(1) Ruinöse Konkurrenz als Folge eines Überangebots.........

252

Inhaltsverzeichnis

21

(2) Der wirtschaftliche Ausleseprozeß...................................

253

(3) Fehlen von Marktaustrittsschranken ................................

254

(4) Zwischenergebnis.............................................................

254

bb) Mängel in der Verkehrsbedienung...........................................

255

(1) Ausmaß des Überangebots ...............................................

256

(2) Berufsausübungsregelungen und Kontrollen ...................

257

(a) Effiziente Überwachung ...........................................

257

(b) Zusammenfassung..... ............ .................. .... ...... .......

258

(3) Art des öffentlichen Interesses am Taxiverkehr...............

260

(4) Genehmigungspraxis ....... ............ ........ ...... .......... ...... .... ...

261

cc) Abschließende Stellungnahme.................................................

263

dd) Wirkungserwartungen..............................................................

264

11. Verhältnismäßigkeit der subjektiven Zulassungsschranken für Taxiunternehmer .... ...... ...... .... .......... ...... ........ .............. ........ ... ......... .... ........ .... ...

266

III. Berufsausübungsregelungen im Taxiverkehr...............................................

268

1. Betriebspflicht........................................................................................

268

2. Beförderungspflicht .. ...... ............ .............................. .......... ............ .......

269

3. Tarifpflicht des Taxigewerbes ...............................................................

270

a) Grundlagen der Tarifgestaltung im Taxiverkehr .............................

270

b) Besondere Situation auf dem Markt für Taxileistungen. .. ...... ...... ...

271

c) Rechtfertigung einer Höchstpreisbindung.......................................

272

d) Mindestpreise ......... ...... .... ...................... ... ....... ........ ........ ...... ... ......

272

aa) Möglichkeiten eines Verdrängungs-Preiswettbewerbs im Taximarkt.................................................................................

273

bb) Stellungnahme zur Erforderlichkeit von Mindestpreisen ........

273

e) Zusammenfassung ...........................................................................

275

IV. Unterscheidung der örtlichen Gelegenheitsverkehrsarten............................

275

1. Argumente für eine Gleichstellung von Taxen und Mietwagen............

276

a) Abgrenzungsprobleme.....................................................................

277

22

Inhaltsverzeichnis b) Funktionsbedrohung des Taxigewerbes ..........................................

277

2. Folgenbetrachtung und Stellungnahme .................................................

278

V. Zusammenfassung der Ergebnisse ...............................................................

279

F. Gesamtergebnis Anlage

281

[Auszug aus VO(EWG) 1191/69 neue Fassung]

283

Literaturverzeichnis

290

Sachregister

307

Abkürzungsverzeichnis* AST

Anruf-Sammel-Taxi

BayÖPNVG

Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern

BDO

Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer

BZP

Bundes-Zentralverband Personenverkehr - Taxi und Mietwagen e.V.

DVWG

Deutsche Verwaltungs wissenschaftliche Gesellschaft

endg.

endgültig

ENeuOG

Eisenbahnneuordnungsgesetz

EU

Europäische Union

FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung

HdbStR

Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland

HessÖPNVG

Hessisches Gesetz über den öffentlichen Nahverkehr

Jh.

Jahrhundert

KlBG

Kleinbahngesetz (Preußen)

MSV

Ministerium für Stadtentwicklung und Verkehr in NordrheinWestfalen

nF

neue Fassung

ÖPNV

Öffentlicher Personennahverkehr

OR

Omnibus-Revue

VkBI

Verkehrsblatt

* Im Text verwendete Abkürzungen, die hier nicht aufgeftihrt sind, entsprechen den Vorschlägen, von Hildebert Kirchner: Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 4. Aufl., Berlin-New York 1993.

A. Einführung § 1 Die Problematik Seit es die Beförderung von Personen durch private und staatliche Beförderungsunternehmen im örtlichen Bereich gibt, hat sich immer wieder die Frage gestellt, ob und inwieweit in diesem Verkehrsbereich ein Wettbewerb der Beförderer möglich und erwünscht ist, in welchem rechtlichen Rahmen er sich abspielen sollte und wo seine Grenzen zu ziehen sind. Für die einzelnen Verkehrs arten reichten die Ansichten in Politik, Wirtschafts- und Rechtswissenschaft dabei von völliger Ablehnung bis zur Forderung eines freien Wettbewerbs der Personenbeförderer. Und auch im Fall grundsätzlicher Befürwortung eines Wettbewerbs gehen die Meinungen darüber auseinander, welches Maß an Wettbewerbsintensität als optimal zu betrachten und daher anzustreben ist und wie die rechtliche Realisation dieser Maximen im einzelnen bewerkstelligt und von welchen Maßnahmen sie begleitet werden sollte. Etliche Frage sind daher nach wie vor stark umstritten und werden immer wieder diskutiert, ohne daß sich bislang eine klare Antwort finden ließe. Dies ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, daß es sich bei der gewerblichen Personenbeförderung um einen hochpolitischen Bereich handelt, der von vielfachen Interessengegensätzen beherrscht wird und der daher mannigfaltigen Einflußnahmen aller möglichen Gruppierungen ausgesetzt ist. Hinzu kommt, daß die zunehmende Internationalisierung des Verkehrs zu einer Verkomplizierung der Lage beiträgt. Einer monographischen Bearbeitung des Themas "Wettbewerb im Personenbeförderungswesen" ist daher grundsätzlich ein bestimmtes Maß an Kritik sicher, egal welche Lösung auch immer favorisiert wird. Da gerade der Personentransport im Nahverkehrsbereich sehr vitale Interessen berührt und die verschiedenen Positionen und Bedürfnisse hier in besonders enger Weise miteinander "verzahnt" sind, soll im Mittelpunkt dieser Arbeit die straßengebundene Personenbeförderung im örtlichen (städtischen) Verkehrsbereich und der sog. Fläche l stehen. Überörtliche FernstreckenbeförI Diesen Begriff verwendet die Bundesregierung im Bericht über den ÖPNV in der Fläche, BT-Drucks. 11/5746 S. 4 für das "Gebiet außerhalb der [... ] Verkehrsballungsräume". Hier soll darunter der Bereich bis einschließlich 50 km außerhalb von Ortschaften verstanden werden.

26

A. Einführung

derung sowie Probleme im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der Bahn bleiben ebenso unberücksichtigt wie die Beförderung auf der Schiene, zu Wasser und in der Luft. Europäische Entwicklungen werden primär hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den deutschen örtlichen Verkehrsbereich untersucht. Vor einer eingehenderen Auseinandersetzung mit der umfassenden Problematik des Wettbewerbs im örtlichen Verkehrsbereich empfiehlt es sich, die dafür entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte herauszustellen.

§ 2 Grundsätzliche Überlegungen Wettbewerb ist kein Selbstzweck und auch kein Dogma2 • Er kann immer nur ein Mittel sein, um ein bestimmtes Ziel oder Resultat zu erreichen. Im Nahverkehrsbereich und innerhalb des Personenbeförderungssektors selber kumulieren verschiedene und oftmals konträre Bedürfnisse und Positionen, die es zu ordnen und zu harmonisieren gilt. Es gibt die Interessen der Bevölkerung an Transporten, die Interessen der Beförderungsuntemehmen an Gewinnerzielung und die des Staates an einem funktionierenden Verkehrswesen. An den Nahverkehr werden daher von allen Seiten verschiedene, gerade auch öffentliche Aufgaben 3 herangetragen. Die rechtliche Tragweite dieser Ziele und Positionen muß bestimmt und diese Faktoren müssen zueinander in Beziehung gesetzt werden, um den Rahmen zu verdeutlichen, in dem sich Überlegungen zu Veränderungen im Personenbeförderungswesen zu bewegen haben. Um beurteilen zu können, ob Wettbewerb ein geeignetes Mittel ist, um einen Ausgleich der z.T. grundverschiedenen Ausgangspositionen im Bereich der Personenbeförderung im Interesse aller Beteiligten und Betroffenen4 herzustel2 BaumbachlHefermehl: Wettbewerbsrecht, 17. Aufl., Allg. Grundlagen, Rn. 25; Koenig: Die öffentlich-rechtliche Verteilungslenkung, S. 37; Grill in: C.O. Lenz (Hg.): EG-Vertrag - Kommentar, Vorb. Art. 85-90 Rn. 16 für den Bereich des EG-Vertrags; von Kunowski: Ordnung des Wettbewerbs und Wirtschaftslenkung in der verkehrspolitischen Gesetzgebung, Diss., S. 84f. 3 Allgemein soll der Verkehr die materiellen Lebensgrundlagen der Menschen (zu diesen allgemein Püttner: Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 230) schaffen und das allgemeine Wohl, den Wohlstand fördern; vgl. Seidenfus: Die Prinzipien einer optimalen Koordination im Verkehrswesen, in: Wettbewerb und Zusammenarbeit der Verkehrsträger in der EG, S. 117 [118f.]; von Stackelberg: Die bestehende Marktordnung im Verkehrssektor der Bundesrepublik Deutschland - ein Überblick, in: Der Verkehr in der Phase der Anpassung an den vollendeten Binnenmarkt der EG, S. 9 [10]. 4 Zurecht wird betont, daß diese Frage nach einer solchen sinnvollen Ordnung des Verkehrsmarktes schwer zu beantworten ist; vgl. z.B. Aengenendt: Wettbewerbsprobleme der mittelständischen Verkehrswirtschaft, S. 51: ..... da der Verkehrsablauf offensichtlich weder rein marktwirtschaftlich noch rein plan wirtschaftlich eine ökonomisch zureichende Ordnung erfahren kann ......

§ 2 Grundsätzliche Überlegungen

27

len, bevor man sich also der Frage nach Wettbewerb im Personennahverkehr zuwendet, ist zu klären, was unter Wettbewerb zu verstehen ist, welches komplexe Beziehungssystem sich hinter dem Wettbewerbsgedanken verbirgt und wie weitreichend und intensiv seine Ordnungsfunktionen sind. I. Wettbewerbsgedanke und Wirtschaftsordnung

Die Frage nach Zweck und Wesen des Wettbewerbs hat in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur weite Beachtung gefunden. Vorwegzuschicken ist aber, daß sie noch keineswegs befriedigend gelöst ist5, und auch nur bedingte Aussagekraft für (verfassungs-)rechtliche Bewertungen hat6 . Dennoch ist ein wettbewerbstheoretisches Vorverständnis von Bedeutung für die rechtliche Bewertung des vorliegenden Bereichs staatlicher Dienstleistungslenkung und ordnung. 1. Ursprung und Bedeutung des Wettbewerbs

Ausgangspunkt jeder Überlegung zum Wettbewerb ist die Tatsache, daß Menschen qualitativ und quantitativ unterschiedliche Bedürfnisse haben. Gerade im Bereich des Personenverkehrs ist dies besonders deutlich. Alle wollen sich fortbewegen können. Aber der eine bevorzugt eine individuellere, bequeme Beförderung, während andere Transportmöglichkeiten suchen, die zwar unkomfortabler, dafür aber günstig sind. Folge dieser Wünsche ist, daß es eine unübersehbare Zahl von Begehrensvorstellungen gibt, jedoch die für diese Bedürfnisbefriedigung benötigten Dienstleistungen niemals in ausreichendem Maße verfügbar sind und sein können7• Somit wird eine soziale und wirtschaftliche Organisations struktur benötigt, die auf einem Ordnungsprinzip basiert, das effektive Entscheidungen über Verteilung und Lenkung dieses Mangels an begehrten Dienstleistungen ermöglicht und gewährleistet. Ein solches Strukturprinzip und Arbeitsmodell der Gesellschaft stellt der Wettbewerb dar. Er wird bezeichnet als "Lösung, für die sich die Gesellschaft empirisch entschieden hat, als Mittel der modernen Gesellschaft, durch das sie allenthalben das beste zu leisten hofft',s. Manche halten es sogar für einen ursprünglichen menschlichen Trieb, sich um die Wette zu bewerben und sehen im Wettbewerb

Emmerich: Kartellrecht, 8. Aufl., S. 2. So Koenig: Die öffentlich-rechtliche Verteilungs lenkung, S. 33f. 7 Bodo Klein: Konkurrenz auf dem Markt geistiger Freiheiten, S. 29f. 8 Krüger: Allgemeine Staatslehre, S. 455. 5

6

28

A. Einführung

ein natürliches Phänomen, eine "Urkraft menschlichen Handelns,,9. Jedenfalls hat es wirtschaftlichen Wettbewerb, seit wirtschaftlicher Verkehr besteht, zu allen Zeiten gegeben. Er ist keine Erfindung der Neuzeit lO • Seine beherrschende Stellung als Lenkungsprinzip verdankt er vor allem der Tatsache, daß seine äußeren Vorbedingungen einfach sind. Denn sie sind "immer da schon gegeben, wo auf einer von bei den Seiten mehr als ein Tauschwilliger vorhanden ist. Wer aber die Wahl hat, wird geneigt sein, sich mit demjenigen einzulassen, dessen Tauschleistung ihm am besten zusagt. Aus diesem Grund besteht daher für die Mehreren ein Anlaß, sich um die Gunst ihres Gegenüber zu bemühen; jeder wird bestrebt sein, derjenige zu sein, mit dem der Tausch zustande kommt" 11. Daher ist der Wettbewerb heute allgemein anerkannt und wird grundsätzlich positiv bewertet. Gestritten wird mehr über seine Wirkungen und Bedingungen als um seine grundSätzliche Akzeptanz. 2. Das allgemeine Wettbewerbsmodell

a) Definition von Wettbewerb

Diese Anerkennung des Wettbewerbs liefert aber noch keine brauchbare Definition desselben. Zwar hat jeder eine ungefähre Vorstellung von dem, was Wettbewerb ist. Daß sich daraus jedoch eine kategoriale Definition des Wettbewerbs ableiten läßt, wird angesichts der unübersehbaren Vielgestaltigkeit von Wettbewerbsprozessen oft bezweifele 2. Dennoch gibt es eine Fülle von Definitionsversuchen, denen meist gemein ist, daß von einer Mehrheit von Bewerbern ausgegangen wird, die das gleiche Ziel verfolgen 13 . Schwäche dieser Versuche 9 Vgl. BaumbachIHefermehl, GWB, Allg. Grundlagen, Rn. 1; Hoppmann: Wirtschaftsordnung und Wettbewerb, S.240. Zweifelnd aber z.B. CoxJHübener in: CoxlJenslMarkert (Hg.): Handbuch des Wettbewerbs, S. 6; Bodo Klein, S. 33; Krüger, Staatslehre, S. 467-469. 10 Böhm: Wettbewerb und Monopolkarnpf - Eine Untersuchung zur Frage des wirtschaftlichen Karnpfrechts und zur Frage der rechtlichen Struktur der geltenden Wirtschaftsordnung, S. 93; Bodo Klein, S. 33: "So alt wie die menschliche Kultur selbst". 11 Vgl. Böhm, S. 93. 12 Vgl. Emmerich, KartelIR, S. 16; zweifelnd ferner CoxlHübener, S.5f; BaumbachIHefermehl, GWB, Allg. Grundlagen, Rn. 7; RinckJSchwark: Wirtschaftsrecht, 6. Aufl., Rn. 195; Herdzina: Wettbewerbspolitik, 2. Aufl., S. 10; Himmler: Öffentlichrechtliche Wettbewerbsbeschränkungen, S. 19f. mit dem zutreffenden Hinweis, daß eine Definition stark vom Gesichtspunkt des Betrachters abhängt. 13 Vgl. Nachweise bei BaumbachIHefermehl, GWB, Allg. Grundlagen, Rn. 1, 6 und RinckiSchwark, Rn. 195: "Das Streben mehrerer nach einem Ziel, das nicht alle erreichen können"; BGH GR 52, 582: "Objektiv ein Verhalten, das auf Abschluß von Geschäften mit Kunden gerichtet und äußerlich geeignet ist, den Absatz eines Wettbewer-

§ 2 Grundsätzliche Überlegungen

29

ist aber, daß sie nicht sämtliche Aspekte und Funktionen des Wettbewerbs erfassen können. Daher kann es nur zu einer Umschreibung dessen, was unter wirtschaftlichem Wettbewerb zu verstehen ist, kommen. Eine solche nähere Bestimmung ist möglich mit Hilfe der Funktionen, die Wettbewerb zu erfüllen hat. Denn bezüglich seiner Wirkungen und Merkmale herrscht im Grundsatz Übereinstimmung l4 . b) Wettbewerbsfunktionen

Im wesentlichen werden zwei Funktionen unterschieden: aa) Wirtschaftspolitische Funktion Wettbewerb soll zum einen die Zusammensetzung und Verteilung des laufenden Angebots an Waren und Dienstleistungen nach den Präferenzen der Nachfrager steuern (Steuerungs- und Ordnungsfunktion). Denn die sich je nach Angebots- und Nachfragelage ändernden Preise zwingen die Unternehmer zu einer Anpassung ihrer Leistungen an die ständig wechselnden Marktdaten. So bringt er die Unternehmer dazu, sich um den wirtschaftlichsten Einsatz ihrer Leistungsmittel zwecks Kostensenkung zu bemühen (optimale Faktorallokation)15. Nach volkswirtschaftlicher Sicht ist daher Wettbewerb im Verkehr z.B. ein Mittel, die diversen Verkehrsmittel in die Lage zu versetzen, arbeitsteilig mit geringstem volkswirtschaftlichen Aufwand das Verkehrsbedürfnis so zu bers zuungunsten desjenigen eines Mitbewerbers zu fördern"; BorchardtlFikentscher: Wettbewerb, Wettbewerbsbeschränkung, Marktbeherrschung, S. 15: "Das selbständige Streben zweier sich gegenseitig im Wirtschaftserfolg beeinflussender Anbieter oder Nachfrager nach Geschäftsverbindung mit Dritten durch Inaussichtstellen möglichst günstiger Geschäftsbedingungen"; ebenso Fikentscher: Wirtschaftsrecht II, S. 194f.; Schmidt: Wettbewerbspolitik und Kartellrecht - Eine Einführung, S. 2; Krüger, Staatslehre, S. 458; Himmler, S. 20f.; CoxIHübener, S. 4. Sehr ausführlich auch unter Abstellen auf verschiedene Blickwinkel Knöpfte: Der Rechtsbegriff "Wettbewerb" und die Realität des Wirtschaftslebens, S. 97-144. Mehr den verfassungsrechtlichen Aspekt hebt Liesegang: Die verfassungsrechtliche Ordnung der Wirtschaft - Zentralfragen und Strukturprinzipien, S. 149 hervor, der Wettbewerb als "die Summe miteinander wetteifernder Grundrechtsausübung" aus Art. 12, 14 GG bezeichnet; ähnlich auch Koenig, Verteilungslenkung, S. 355, 369: ,,Die Zusammenfassung des interagierenden und kollidierenden Grundrechtsgebrauchs einer Konkurrenten- und Verbrauchervielzahl". 14 Vgl. Herdzina, S. 10, 31ff.; RinckiSchwark, Rn. 195; CoxIHübener, S. 5; Schmidt, S.30. 15 Sog. "statische" Ziele des Wettbewerbs, vgl. Kantzenbach: Die Funktions-fähigkeit des Wettbewerbs, 2. Aufl., S. 16f.; Emmerich, KartelIR, S. 2f.; RinckiSchwark, Rn. 198; Schmidt, S.30f.; CoxIHübener, S.4; Lange, Verkehr und öffentliches Recht, S.79; Badura: Das Verwaltungsmonopol, S. 12f.

30

A. Einführung

befriedigen, daß jedes Verkehrsmittel diejenigen Transporte übernimmt, zu deren Durchführung es technisch und wirtschaftlich am besten geeignet ist l6 . (Dabei wird unter diesem Verkehrsbedürfnis meist der Bedarf an Transportleistungen verstanden, der erforderlich ist, um die Personen zu befördern, die zur planmäßigen Unterhaltsfürsorge notwendig sind 17 .) Ferner soll der Wettbewerb für leistungs gerechte Einkommensverteilung sorgen, indem derjenige die höchsten Gewinne erzielt, der die am Markt erfolgreichste Leistung anbietet. Und er soll zu ständigem Bemühen um technischen Fortschritt und Innovation Anreiz geben (Verteilungs- und Leistungsjunktion) 18. bb) Gesellschaftspolitische Funktion Wettbewerb hat zum anderen weiter die Funktion, den Aufbau ständiger Machtpositionen (z.B. Monopole) zu verhindern und zu einer einigermaßen gleichmäßigen Machtverteilung in der Wirtschaft zu führen l9 . c) Wettbewerb als Prozeß Allen diesen Funktionen ist zu eigen, daß sie einen Prozeß darstellen oder aus einem solchen entstehen. Deshalb begreift man Wettbewerb heute als einen in der Zeit ablaufenden dynamischen Prozeß. Er besteht aus dem Zusammenspiel wechselseitiger Aktionen der Beteiligten, und er kommt nie zum Stillstand, solange er frei ist, d.h., solange der Zugang zu den Märkten (möglichst) allen offensteht2o . Dieser Prozeß wird bewirkt durch den Vorstoß eines Unternehmers und die dann einsetzende Verfolgung durch andere Marktteilnehmer. Wettbewerb ist damit ein Verfahren des Leistungsvergleichs mit Auslesecharakter. Diese Vorteile dieses Wettbewerbsprozesses kommen allerdings nur dann voll zum tragen, wenn die Grundvoraussetzungen freier Zugang zum Markt

16 Vgl. von Bissing: Verkehrspolitik - eine Einführung, Einleitung S. 1; von Stacke/berg, S. 10; Lange, Verkehr, S. 103 spricht vom "optimalen Einsatz der vorhandenen Produktionsfaktoren". 17 Vgl. von Bissing, S. 9. 18 RinckiSchwark, Rn. 199; Kantzenbach, S. 16f; Emmerich, KarteIIR, S. 4; Herdzina, S. 18-31; BaumbachIHefermehl, GWB, Allg. Grundlagen, Rn. 16a. 19 Emmerich, KartelIR, S. 5; Bodo Klein, S. 36f., 40; CoxIHübener, S. 4; Lange, Verkehr, S. 79. 20 Vgl. Emmerich, KartelIR, S. 10; BaumbachIHefermehl, GWB, Allg. Grundlagen, Rn. 18f.; CoxIHübener, S.5ff.; Kantzenbach, S.32ff. Liesegang, S. 149 sieht in der Wettbewerbsfreiheit vom Einzelnen aus gesehen nichts anderes als die individuelle Realisierung grundrechtlicher Freiheit aus Art. 12, 14 GG.

§ 2 Grundsätzliche Überlegungen

31

und Möglichkeitfreier wirtschaftlicher Betätigung gegeben sind21 • Nur so wird der größtmögliche Nutzen für die Allgemeinheit erzielt. d) Relationen und Mittel des Wettbewerbs

Im Nahverkehrsbereich kann Wettbewerb zwischen einzelnen Verkehrsträgern 22 untereinander (z.B. Bahnen - Busse - Taxen) oder innerhalb eines Verkehrsträgers entstehen. Dabei kann er mit verschiedenen Mitteln geführt werden und an unterschiedlichen Bereichen ansetzen. Typischer Aktionsparameter ist hier v.a. der Preis. Aber auch die Qualität der Dienstleistungen, Service, Werbung und übrige Konditionen können dazu dienen, einen Vorsprung vor Mitbewerbern zu erlangen 23 • e) Wettbewerbstheorie

Strittig ist bis heute, ob und unter welchen Bedingungen Wettbewerb überhaupt in der Lage ist, die aufgezählten Aufgaben und Merkmale zumindest partiell zu erfüllen. Die Beantwortung dieser Frage ist Thema der Wettbewerbstheorie, deren Darstellung jedoch nicht Aufgabe dieser Arbeit ise4 . Daher wird nur ein kurzer Überblick gegeben, um Komplexität und Problematik von Eingriffen in die Freiheit des Wettbewerbs zu verdeutlichen. Im wesentlichen stehen sich zwei Ansätze gegenüber: Die eine Richtung (Neoliberalismus) propagiert, ein ideales Ziel, den Zustand vollkommener Konkurrenz möglichst vieler Marktteilnehmer, anzustreben und durch wettbewerbspolitische Maßnahmen zu verfolgen. Andere verzichten auf normative Leitbilder und begreifen Wettbewerb als nicht vorhersehbaren Prozeß, als Entdeckungsverfahren. Sie postulieren, auf seine positiven Effekte vertrauend, daher vor allem die Herstellung von Wettbewerbsfreiheit

21 Vgl. Basedow: Von der deutschen zur europäischen Wirtschaftsverfassung, Nr. 137 der Vorträge und Aufsätze des Walter Eucken Instituts, S. 13, 16; BaumbachIHefermehl, GWB, Allg. Grundlagen, Rn. 3f., 19; Krüger, Staatslehre, S.459; Lange, Verkehr, S. 47f. Siehe auch die Kommission der EG, Stichwort Europa: Wettbewerbspolitik, S. 2. 22 Unter Verkehrsträger wird dabei die ,,Zusammenfassung der Unternehmer des öffentlichen Verkehrs einer Verkehrsart" verstanden. Vgl. Fromm: Personenbeförderungsgesetz (Erläuterungen), in: Das Deutsche Bundesrecht, Bd. VI C 50, Std. April 94, S.62. 23 Vgl. die Aufzählungen bei Schmidt, S. 59ff.; BaumbachIHefermehl, GWB, Allg. Grundlagen, Rn. 5; Himmler, S. 20; Emmerich, KartelIR, S. 15; Seidenfus, S. 64ff. 24 Daß sie aber Einfluß auf die Bewertung staatlicher Marktlenkung hat, wurde bereits angesprochen; s.o., Kap. A § 2 I.

32

A. Einführung

ohne Beschränkungen25 • Letztgenanntem Konzept steht auch die EU nahe, wo in Art. 3g EGV ein unverfälschter und wirksamer Wettbewerb gefordert wird26 . f) Notwendigkeit einer Wettbewerbssteuerung

Wettbewerb hängt von vielen Komponenten ab, die Lenkung und Steuerung benötigen. Nach marktwirtschaftlicher Konzeption soll diese vom Kunden, im Verkehrsbereich also vom Verkehrsnutzer, ausgehen27 . Dennoch meint man, daß das Wettbewerbsmodell allein nicht unbedingt Sicherheit seines Arbeitens und Richtigkeit seiner Ergebnisse gewährleistet. Das folgt schon daraus, daß der Kunde bei seinen Entscheidungen nicht immer das Allgemeinwohl im Auge hat und daß die Unternehmer dem Wettbewerbsdruck durch Absprachen ausweichen wollen. Daher bedarf der Wettbewerb nach allgemeiner Auffassung ständiger Überwachung und benötigt oft auch Eingriffe des Staates28 • Die Existenz von GWB und UWG sind Beweis dafür, und gerade der Verkehrsbereich gibt ein plastisches Beispiel ab 29 • Die Gemeinschaft wird also nicht ausschließlich dem Wettbewerb überantwortet3o• Die spezifischen Eigenarten der zu ordnenden Wirtschaftsbereiche bringen es dabei mit sich, daß das Wettbewerbsmodell dort jeweils eine eigenständige Ausformung erfahren hae 1• Unbedenklich sind staatliche Eingriffe grundSätzlich dann, wenn sie allein dazu dienen, den Wettbewerb zu verbessern und seine Funktionsfähigkeit zu erhalten. Da jedoch in einem Sozialstaat wie der Bundesrepublik (Art. 20 I, 28 I, 79 III GG, s.u.) gerade im Verkehr auch eine sozialgerechte Steuerung des Marktes verlangt wird, welche ein reiner Wettbewerb nicht immer zu liefern vermag, können auch nicht-markt- und wettbewerbskonforme Maßnahmen erforderlich sein32 .

25 Zu den verschiedenen Theorien vgl. i.e.: BaumbachIHefermehl, GWB, Allg. Grundlagen, Rn. 14-16c; Schmidt, S. 2-25; Rinck/Schwark, Rn. 202f.; Badura, Verwaltungsmonopol, S. 14f., 17f.; Emmerich, KartellR, S.6-20, der dem Konzept der Wettbewerbsfreiheit zuneigt. 26 Dolfen: Der Verkehr im europäischen Wettbewerbsrecht, S. 11. 27 Vgl. Krüger, Staatsrecht, S. 47Off.; Klein, S. 38f. 28 Vgl. statt vieler Badura, Verwaltungsmonopol, S.290 m.w.N.: "Das herstellbare Maß von Marktautomatismus macht staatliche Intervention nicht überflüssig". 29 Aengenendt, S. 51 weist darauf hin, daß staatliche Interventionen im Bereich der Verkehrswirtschaft allgemein üblich sind. 30 Vgl. Krüger, Staatsrecht, S.473; BaumbachIHefermehl, GWB, Allg. Grundlagen, Rn. 30-33; CoxlHübener, S. 20-22; Basedow, Dt. zur europ. Wirtschaftsverf., S. 14. 31 Vgl. Bodo Klein, S. 42. 32 BaumbachIHefermehl, GWB, Allg. Grundlagen, Rn. 72, 75; Basedow, Dt. zur europ. Wirtschaftsverf., S. 14; Stober: Wirtschaftsverwaltungsrecht, 9. Aufl., § 4 m 1

§ 2 Grundsätzliche Überlegungen

33

g) Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland

Letztgenannte Konzeption liegt auch der Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik zugrunde, die meist als "Soziale Marktwirtschaft" bezeichnet wird 33 • Sie basiert auf einem marktwirtschaftlichen System mit den Charakteristika Privatautonomie, Eigenverantwortung, Dezentralisierung, als dessen Hauptmotor und Strukturprinzip der freie Wettbewerb gilt34 • Der Staat garantiert dabei die prinzipielle Freiheit der wirtschaftenden Menschen. Er greift nur insoweit in den Wirtschaftsablauf ein, als der Gedanke sozialer Gerechtigkeit und Steuerung dies erforderlich macht. Es gilt die Devise: So viel Freiheit wie möglich, so viel Zwang wie unbedingt nötig 35 • Das schließt in Ausnahmebereichen allerdings auch die Existenz von rein staatlich geregelten Marktordnungen nicht aus. Dies ändert jedoch nichts daran, daß grundsätzlich der Wettbewerb als wichtiger Faktor der Gewährleistung optimaler Produktion und Verteilung anerkannt und bis heute nicht widerlegt ise6 und daß es sich auf Dauer kein Staat leisten kann, auf wirtschaftlichen Wettbewerb seiner Bürger völlig zu verzichten 37 • h) Resümee

Zugrunde zulegen ist, daß unsere Rechts- und Wirtschaftsordnung den Wettbewerb prinzipiell als Ordnungsprinzip und Grundlage der Steuerung jeglichen Marktgeschehens will und positiv beurteilt. Im Regelfall fungieren das Offenhalten der Märkte und so wenig Regulierung wie möglich als ordnungspolitische Leitbilder, um Einzel- und Gemeinwohlinteressen gleichermaßen be(S.43), der hier beispielhaft den Personenverkehrsmarkt in strukturschwachen Wirtschaftsregionen als Eingriffsfeld anführt. 33 Zur Präzisierung des Begriffs vgl. Art. 1 m2 des Vertrags über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion (BGBl. 1990 II S. 537ff.): "Sie wird insbesondere bestimmt durch Privateigentum, Leistungswettbewerb, freie Preisbildung und grds. volle Freizügigkeit von Kapital, Gütern und Dienstleistungen; ... ". 34 Stober, WiVerwR, § 4 I (S. 40); WeimarlSchimikowski: Grundzüge des Wirtschaftsrechts, 2. Aufl., Rn. 25-27; Knöpfte, S.97; Herdzina, S. 19; BaumbachIHefermehl, GWB, Allg. Grundlagen, Rn. 70; Badura, Verwaltungsmonopol, S. 291. 35 Vgl. Stober, WiVerwR, § 4 m 1 (S. 43); Basedow, Dt. zur europ. Wirtschaftsverf., S. 14f. und die Deregulierungskommission: Unabhängige Expertenkommission zum Abbau marktwidriger Regulierungen: Marktöffnung und Wettbewerb (Berichte 1990/91), Tz. 42. Vergleichbares fordert Predöhl, S. 276. Badura, Verwaltungsmonopol, S. 29lf. bezeichnet daher die Soziale Marktwirtschaft als "Denomination der gelenkten Wirtschaft", welcher der staatliche Interventionismus nicht fremd ist. 36 Christian Heinze: Autonome und heteronome Verteilung, S. 19. 37 BaumbachIHefermehl, GWB, Allg. Grundlagen, Rn. 31; ähnlich Christian Heinze, Verteilung, S. 25, der darauf verweist, daß zuviel staatliche Einflußnahme die grds. positive Verteilungsautomatik, die dem Wettbewerb zu eigen ist, außer Kraft setzt. 3 Maaß

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A. Einführung

rücksichtigen zu können 38 • Die Streitfrage lautet immer nur: Wieviel Marktwirtschaft ist nützlich? 3. Personennahverkehrsbereich und Wettbewerb

Entgegen dieser Grundregel ist der örtliche Personenbeförderungsbereich sehr starker staatlicher Einflußnahme ausgesetzt. Tendenziell lassen sich diese Lenkungseingriffe dort eher als Schließung denn als Offenhalten des Marktes begreifen. Und auch wettbewerbsrechtlich wird das Personenbeförderungswesen teilweise als Ausnahrnebereich behandelt (§ 99 GWB). Die freie Verkehrsmittelwahl ist stark eingeschränkt. Und zudem fehlt im PBefG, im Gegensatz zu anderen Verkehrsgesetzen (vgl. § 1 11 AEG; § 7 GüKG), eine Basisregelung, die sich explizit mit dem Wettbewerb befaßt. Das Personenbeförderungswesen ist also alles andere als wettbewerblich orientiert. Das führt vorab zu der Frage, ob überhaupt im Bereich gewerblicher Personennahverkehrsbeförderung ein irgendwie gearteter Wettbewerb möglich ist. a) Begrenzungen des Wettbewerbs

Die genannten gesetzlichen Regelungen deuten an, daß im Bereich der Personenbeförderung ein völlig freier Wettbewerb der Beförderungsunternehmen nicht möglich ist und auch nicht sein wird39 • Dem läßt sich jedoch nicht entnehmen, daß überhaupt kein Wettbewerb entstehen kann oder soll. Aufgrund der besonderen Situation und Interessenlage im Nahverkehrsbereich sind die Voraussetzungen für wettbewerbliches Verhalten der Unternehmer dort jedoch andere als in weniger grundversorgungsorientierten Wirtschaftsbereichen. Dem Wettbewerb ist dort ein engerer Rahmen vorgegeben. Daher muß das Prinzip eines möglichst unbeschränkten Wettbewerbs im Nahverkehrsbereich Einschränkungen erfahren. Prinzipiell ist aber auch in wettbewerblichen Ausnah-

38 Vgl. Aengenendt, S. 51; ähnlich auch Basedow, Dt. zur europ. Wirtschaftsverf., S.14. 39 Davon wird übereinstimmend ausgegangen, vgl. statt vieler Immenga: Wettbewerbsbeschränkungen auf staatlich gelenkten Märkten, S. 100; von Kunowski, S. 20, 24. Ein rein wettbewerblicher Verkehrsmarkt, der alle Probleme löst, wird von Kloten: Gemeinwirtschaftlichkeit im Verkehr, in: ORDO-Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft, Bd. 3 (1962), S. 221 als "Extremfall und Idealtyp" bezeichnet, der real nicht vorkommen kann.

§ 2 Grundsätzliche Überlegungen

35

mebereichen Wettbewerb möglich40 - fraglich ist immer nur, ob er dort gewollt ist. Grundsätzlich besteht also auch im örtlichen Personenbeförderungswesen die Möglichkeit von Wettbewerb der Beförderungsunternehmen, sowohl generell als auch konkret innerhalb des derzeitigen Rechtsrahmens41 • Denn immerhin sind auch dort mehrere Anbieter zugelassen, womit bereits die Grundbedingung für wettbewerbliches Verhalten erfüllt ist. b) Folgerungen

Die grundsätzlich positive Bewertung des Phänomens Wettbewerb und seiner Funktionen und Prozesse, gibt eine Auslegungstendenz bei den Fragen vor, wieviel Wettbewerb innerhalb des aufgezeigten Spielraums möglich und nützlich ist und ob die regulativen Eingriffe in den Nahverkehrsmarkt und die flankierenden Maßnahmen in ihrer jetzigen Form erforderlich sind. Im Zweifel ist daher eine Wettbewerbszunahme auch im Nahverkehr positiv zu bewerten. Des weiteren ist dort bei der Beurteilung von Beschränkungen des Wettbewerbs eher eine wettbewerbsfreundliche Auslegung indiziert. 4. Verfassungsrechtliche Implikationen

Eine Präjudizierung in Richtung Wettbewerb ergäbe sich für die Beantwortung dieser Fragen jedoch, wenn sich dem Grundgesetz selber ein verfassungsrechtliches Postulat zur Verwirklichung von Wettbewerb entnehmen läßt. Denn damit würde ein Datum für die ökonomische Interessenauseinandersetzung gesetzt, welches zu einer Bindung aller im Wirtschaftsleben agierenden Parteien führte und eine Auslegungsregel vorgegeben, die den Staat zu einer grundsätzlich wettbewerbsfreundlichen Rechtspolitik und -anwendung verpflichtete. a) Wirtschaftsverfassung des Grundgesetzes

Ein ausdrücklicher Verfassungsauftrag zur Förderung des Wettbewerbs läßt sich jedoch dem GG nicht ohne weiteres entnehmen. Der Begriff "Wettbewerb" wird nirgends verwendet. Daher ist die Fragestellung dahingehend zu 40 Vgl. Emmerich: Die Problematik der Ausnahmebereiche des GWB, in: H. Heimrich (Hg.): Wettbewerbspolitik und Wettbewerbsrecht, S.236 [239]; Mäschel: Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rn. 948. 41 Auf die ersteres anzweifelnde "Besonderheitenlehre" wird unten im Rahmen der Regulierungsdebatte eingegangen.

3"

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A. Einführung

präzisieren, ob sich dem GG die Forderung nach einer bestimmten Wirtschaftsordnung( -verfassung)42 entnehmen läßt, deren systemformendes Element der Wettbewerb ist und die hauptsächlich auf ihm basiert. aa) Einzelne Ansichten Im Gegensatz zur Weimarer Reichsverfassung (Art. 151-165 WRV) enthält das GG keinen besonderen Abschnitt für die Wirtschaft. Dafür finden sich einige Einzelverbürgungen, die evtl. den Schluß auf eine bestimmte Wirtschaftsverfassung und damit auf eine Betonung des Wettbewerbs zulassen könnten (Art. 2 I, 12, 14,20 I GG). Ein solcher Schluß ist in der Tat gezogen worden. So meinte Nipperdey43, das GG habe die soziale Marktwirtschaft verankert, da die Anerkennung der Wettbewerbs freiheit in Art. 2 I GG zugleich die institutionelle Garantie der marktwirtschaftlichen Verfassung mit sozialem Impetus darstelle. Nach anderer Meinung soll zumindest eine Wirtschaftsordnung garantiert sein, die vom Prinzip des Privateigentums ausgeht und den Wirtschaftsablauf damit den Strukturgesetzen von Privatautonomie, Wettbewerb und Selbstregulation überantworte44 • Noch anderer Ansicht nach ergibt sich aus dem GG eine bewußte verfassungsrechtliche Nichtentscheidung für irgendeine Wirtschaftsordnung mit der Folge weitgehender Nichteinmischung des Staates45 . bb) Herrschende Interpretation von BVerfG und Literatur Zurückhaltender interpretieren das Bundesverfassungsgericht und die h.M. in der Literatur die Verfassung. Danach ist das GG normativ offen und somit wirtschaftspolitisch neutral. Der Verfassungs geber hat weder ein bestimmtes Wirtschaftskonzept (auch nicht die Soziale Marktwirtschaft) noch bestimmte Systemelemente als Regelfall normiert. Es besteht jedoch auch kein freier Raum für die Wirtschaft. Das GG steckt die Grenzen der Befugnisse des Staates bei der Wirtschaftsgestaltung ab, indem es im Grundrechtskatalog wirtschaftliche Freiheit gewährleistet und staatliche Intervention im Wirtschaftsbe42 Ausführlich zum diesem Streit um die "Wirtschaftsverfassung" des Grund-gesetzes Badura, Verwaltungsmonopol, S.313-323. Gute Gesamtdarstellungen des aktuellen Meinungsstandes ferner bei Stober: Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, § 7 11 1; Karpen: Wirtschaftsordnung und Grundgesetz, Jura 1985, 188 [l90f.]; RinckiSchwark, Rn. 61-63. 43 Nipperdey: Soziale Marktwirtschaft und Grundgesetz, 3. Aufl., S. 2lff., 64f.; Darstellung bei Weimar/Schimikowski, Rn. 40f. 44 So wohl Scholz: Paritätische Mitbestimmung und Grundgesetz, S. 31-40. 45 Krüger: Staats verfassung und Wirtschaftsverfassung, DVBl. 1951,368.

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reich an die Beachtung der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze bindet46 . Allerdings ist dieser Rahmen relativ weit. Nur wirtschaftliche Extremformen sind damit per se ausgeschlossen47 . Begründet wird diese Auffassung damit, daß die Normen der Verfassung keinen sicheren Schluß auf ein bestimmtes System zulassen und mit der Notwendigkeit, gesellschaftlichem Wandel besonders im Wirtschaftsbereich Rechnung tragen zu müssen, was durch starre Vorgaben nicht möglich wäre. Auch eine Gegenüberstellung der gegensätzlichen Positionen im GG stützt diese Auslegung. Denn es gibt Vorschriften mit liberalistischem (Art. 2 I, 12) und mit zentralistischem Inhalt (Art. 15 i.V.m. 74 Nr. 15). Verwiesen wird ferner auf die historischen Verfassungsmaterialien48 • Danach ist die derzeitige Wirtschaftsordnung der sozialen Marktwirtschaft nur eine der nach dem GG möglichen Ordnungen. Diese rechtliche Regelungs- und Gestaltungsoffenheit hindert den Staat demnach nicht, Gesetze mit wirtschaftsordnender und -lenkender Zielsetzung zu erlassen. Solche staatlichen Eingriffe in den Wirtschafts ablauf sind zulässig, sofern sie die Grundrechte nicht mehr einschränken, als es das GG erlaubt49 . cc) Staatsvertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozial union Diese wirtschaftspolitische Gestaltungsfreiheit könnte jedoch durch den "Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik" vom 18.5.199050 in Frage gestellt worden sein. Denn in diesem Verfassungsvertrag 51 wird als Grundlage der Währungsunion und gemeinsamen Wirtschaftsordnung in Art. 1 III 1 StV die "Soziale Marktwirtschaft" genannt, als deren Kernelement man u.a. den Leistungswettbewerb (Art. 1 III 2

46 So das BVerfG in ständiger Rechtsprechung, z.B. BVerfGE 4, 7 [18]; 7, 377 [400]; 30,292 [315]; 50, 290 [338]; dem zustimmend z.B. Fratscher: Wirtschaftsverfassungsund WirtschaftsverwaItungsrecht, 2. Aufl., Rn. 26ff.; Jarass: Wirtschaftsverwaltungsrecht und Wirtschaftsverfassungsrecht, 2. Aufl., § 4 Rn. 8; Basedow. Dt. zur europ. Wirtschaftsverf., S. 2Of.; RinckiSchwark, Rn. 64ff.; WeimarlSchimikowski, Rn. 46; Karen, Jura 85, 19lf.; Staber, Handbuch, § 7 II 2; Kaenig, Verteilungslenkung, S. 356. 4 RinckiSchwark, Rn. 66; Jarass, WiVerwR, § 4 Rn. 8. 48 Vgl. Staber, Handbuch, § 7 II 2 (S. 146); ders., WiVerwR, § 5 II (S.54); ferner WeimariSchimikowski, Rn. 47. 49 Karpen, Jura 85, 191; Staber, Handbuch, § 7 m 1 (S. 149); Kaenig, Verteilungslenkung, S. 356. 50 BGBI. 1990 H, S. 537ff. 51 Als solchen bezeichnet ihn z.B. Staber, WiVerwR, § 5 H (S. 54f.).

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StV) aufführt. Bei diesem Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft handelt es sich jedoch nicht um eine Verfassungs änderung des GG 52 • Vielmehr wurden damit nur die für eine Wirtschaftsunion als notwendig erachteten Vorgaben umschrieben und die gegenwärtig praktizierte Wirtschaftsordnung aus gedrückt53 • dd) Marktwirtschaftlicher Einschlag der Grundrechte Es ist aber dennoch deutlich, daß strukturelle Zusanunenhänge zwischen den Grundrechten (v.a. Art. 2 I, 12, 14 GG) und den wirtschaftlichen Aussagen des Grundgesetzes bestehen. Das GG ist eine Verfassung der Industriegesellschaft54 • Es läßt sich eine Affinität der Grundrechte zur Marktwirtschaft55 und damit auch zum Wettbewerb nicht leugnen. Die Grundrechte halten den Wettbewerb offen und Kernbestandteile einer freiheitlichen Wettbewerbsordnung sind in ihnen verankert 56 • Der Gehalt der Grundrechte läuft damit auf eine Gewährleistung des Wettbewerbs als allgemeines Prinzip und Institution hinaus 57 • 52 Das wäre auch gar nicht möglich gewesen, da das in Art. 79 I 1 GG normierte Erfordernis ausdrücklicher Verfassungstextänderung eine solche stillschweigende Verfassungsänderung per Staatsvertrag nicht zuläßt. 53 Vgl. Tettinger: Öffentliche Wirtschaft in den neuen Bundesländern, BB 1992,2 [3]; Schmidt-Preuß: Soziale Marktwirtschaft und Grundgesetz vor dem Hintergrund des Staatsvertrages zur Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion, DVBl. 1993, 236 [237f.]; Stober: Die Entwicklung des Gewerberechts in den Jahren 1990/91, NJW 1992, 2128 [2129]; ders., WiVerwR, § 5 n (S. 55); Frotscher, WiVerwR, Rn. 30. 54 V gl. Ronellenfitsch: Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Vorbemerkungen zur Mobilität mit dem Auto, DAR 1994,7 [10]. 55 So auch Ronellenfitsch: Wirtschaftliche Betätigung des Staates, in: J. IsenseelP. Kirchhof (Hg.): HdbStR m, § 84 Rn. 32; ähnlich Jarass, WiVerwR, § 4 Rn. 6, der vom "Bezug der Freiheitsrechte zur Marktwirtschaft" spricht. 56 So Ronellenfitsch: Selbstverantwortung und Deregulierung im Ordnungs- und Umweltrecht, S.23: "Unternehmerische Entscheidungsfreiheit ist Wesensmerkmal der Wirtschaftsordnung der Industriegesellschaft. Diese Wirtschaftsordnung ist in zahlreichen Einzelbestimmungen des GG verankert, die auch deIjenige zu beachten hat, der am Dogma von der wirtschaftspolitischen Neutralität des GG festhält"; Karpen, Jura 85, 190-192; Schmidt-Preuß, DVBl. 93, 239f.; ähnlich auch RinckiSchwark, Rn. 62; Koenig, Verteilungslenkung, S. 53ff. Basedow, Dt. zur europ. Wirtschaftsverf., S. 23 spricht davon, daß das Prinzip der Öffnung und Offenhaltung der Märkte in Art. 12 GG rechtliche Gestalt erhalten hat. 57 So Liesegang, S. 185, 237ff. (allerdings mit der Einschränkung, daß er nur so lange verbürgt sei, wie er allein tatsächlich eine freiheitliche Ordnung des betreffenden Lebensbereichs gewährleistet); ähnlich unter Bezugnahme auf Art. 2 I GG: Weimar/Schimikowski, Rn. 78. Zurückhaltender jedoch Jarass, WiVerwR, § 4 Rn. 14, der lediglich einräumt, daß die Grundrechte im Ergebnis häufig eine Stärkung des Wettbewerbs sowie dezentrale Strukturen "begünstigen" - jedoch sei dieser "Effekt für den Wettbewerb" kein verfassungsrechtlicher Maßstab. Etwas enger auch Koenig, Vertei-

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Noch etwas weiter will Schmidt-Preuß gehen58 • Er meint, daß das GG nicht bloß eine Negativaussage hinsichtlich einer Marktform treffe, sondern daß es positiv bestimmte Grundbedingungen einer freiheitlich-sozialen Wirtschaftsordnung verlange. Folge davon solle zwar keine Verfassungsgarantie der sozialen Marktwirtschaft als solcher sein, aber doch eine Stärkung der Bedeutung der Einzelgrundrechte in wirtschaftlichen Konfliktlagen dergestalt, daß ihnen bei Auslegung einfachen Rechts "erhöhte Effektivität" zukommen müsse. Das führe u.a. im Bereich regulierter Märkte zu grundsätzlicher Stärkung eines (Leistungs-)Wettbewerbs 59 • Dieses Ergebnis ergibt sich jedoch bereits aus der dargestellten grundsätzlichen Favorisierung des Wettbewerbs als Lenkungsprinzip, die im Fall einer Kollision von Wirtschaftsbeschränkungen mit grundrechtlichen Freiheitspositionen tendenziell eine Abwägung zu Gunsten größtmöglicher Verwirklichung gewerblicher Freiheit indiziert. ee)Resümee Zwar gibt es kein Verfassungsgebot zu einer wettbewerblichen Marktform, aber staatlichen Einflußnahmen sind doch deutliche Grenzen gesetzt. Wettbewerbszunahme ist grundsätzlich zulässig und trägt der Bedeutung der grundrechtlichen Wirtschaftsfreiheiten Rechnung60 • Die von der Verfassungsrechtsprechung herausgearbeiteten Schranken dieser Grundrechte stellen daher nicht nur Argumente gegen eine Zunahme von Wettbewerb dar, sondern deuten auch in die entgegengesetzte Richtung, da sie zugleich Mindestvoraussetzungen festlegen, die erfüllt sein müssen, damit überhaupt staatlich in den Wettbewerb eingegriffen werden darf!. b) Subsidiarität staatlicher Eingriffe

Zu klären ist noch, ob es neben den Grundrechten sonstige (Verfassungs-) Prinzipien gibt, denen sich eine Tendenz gegen staatliche Einflußnahme und lungslenkung, S.54: ,,Die Grundrechte schützen nicht unmittelbar den Wettbewerb, sondern nur seine freiheitlichen Grundlagen". 58 Schmidt-Preuß, DVBl. 93, 240-243 unter Bezugnahme auf den Staatsvertrag. 59 Schmidt-Preuß, DVBl. 93, 243 unter Hinweis auf § 13 IV, V PBefG. 60 Koenig, Verteilungs lenkung, S. 95 betont allerdings zurecht, daß verfassungsrechtlich der Ordnungsrahmen des Wettbewerbs das Ergebnis eines komplexen Zuordnungsund Abwägungsverfahrens zw. kollidierenden Freiheiten und Schützgütern sein muß. Die grundrechtlichen Freiheiten der Verkehrsunternehmer kollidieren nämlich im Nahverkehrsbereich mit den Grundrechten der Verkehrsnutzer, vgl. dazu eingehender unten § 2 11. 6\ Allerdings ist dem Staat bei dieser Beurteilung ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt; vgl. BVerfGE 25, 1 [19f.].

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damit pro Wettbewerb entnehmen läßt. Oft wird hier das sog. Subsidiaritätsprinzip angeführt. Zwar wird es meist im Zusammenhang mit wirtschaftlicher Eigenbetätigung der öffentlichen Hand thematisiert, um eine Begrenzung derselben zu begründen62 • Aber es wird auch dahingehend verstanden, daß Staatseingriffe in die Wirtschaftsfreiheit nur dann gerechtfertigt sind, wenn und soweit überragende Forderungen des Gemeinwohls durch die wettbewerbswirtschaftliche Selbstregulierung des Marktes nicht erfüllt werden können63 • Auch sollen staatliche Aushilfemaßnahmen, wenn sie sich dennoch als notwendig erweisen64 , die marktwirtschaftlichen Grundsätze nach Möglichkeit unbehelligt lassen65 • Enge Zusammenhänge mit dem Konzept der sozialen Marktwirtschaft sind hier deutlich. Staatseingriffe in die Unternehmensfreiheit sollen also Ausnahmefalle sein66 • Einige leiten dies schon aus den grundrechtlichen Gewährleistungen ab. Andere sehen darin systembedingte Notwendigkeiten. Überwiegend wird jedoch (auch) ein so verstandenes Prinzip der Subsidiarität abgelehnt, da es sich nicht der Verfassung entnehmen läßt. Wenn im wirtschaftlichen Tätigkeitsbereich der Grundsatz wirtschaftspolitischer Offenheit des GG gilt, ist damit die gleichzeitige Bejahung der Subsidiaritätsidee zwingend ausgeschlossen. Auch aus einer Gesamtschau der Verfassung ergibt sie sich nicht. Eine Herleitung aus der sozialen Marktwirtschaft scheidet aus, da diese selbst nicht verfassungsrechtlich garantiert ist67 • Allerdings kann sich die jeweils betriebene Wirtschaftspolitik für die Geltung des Subsidiaritätsgrundsatzes entscheiden, was beim Konzept der sozialen Marktwirtschaft der Fall ist, da es auf dem Individual- und Wettbewerbsprinzip beruht68 . Zwar geht Jarass davon aus, daß Nicht-Intervention und Intervention in gleichem Maße verfassungsrechtlich geschützt sind und folglich das Nichteingreifen in die Unternehmerfreiheit nicht als verfassungsrechtlicher NormalVgl. z.B. Rinck/Schwark, Rn. 170; Jarass, WiVerwR, § 16 Rn. 23. So v.a.: Huber: Der Streit um das Wirtschaftsverfassungsrecht, DÖV 1956, 97ff., 105ff., 172ff., 200ff. [205]; Ronellenfitsch, HdbStR Ill, § 84 Rn. 33; ähnlich auch WeimarlSchimikowski, Rn. 110; Koenig, Verteilungslenkung, S. 245 (in strikter Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips); Karpen, Jura 85, 193: "Staatliche Planung ist getenüber der Autonomie der Wirtschaft grundsätzlich subsidiär". Daß der Staat oft ordnend und lenkend in die Wirtschaft eingreifen muß, hebt Karpen, Jura 85, 190 hervor. Er meint, daß ,,keine Marktwirtschaft ohne gemeinrechtliche und gemeinwirtschaftliche Grundlagen existieren kann". 65 Huber, DÖV 56, 206; Immenga, Wettbewerbsbeschränkungen, S.73. Nachweise auch bei Isensee, S. 139. 66 So Huber, DÖV 56, 207; Ronellenfitsch, HdbStR Ill, § 84 Rn. 32; Deregulierungskommission, Tz. 5. 67 Vgl. statt vieler Stober, Handbuch, § 15 I (S.288); ablehnend auch Jarass, WiVerwR, § 4 Rn. 12; Badura, Verwaltungs monopol, S. 315. 68 So auch Stober, Handbuch, § 15 III (S.289); ders., WiVerwR, § 11 (S.96f.); Koenig, Verteilungslenkung, S. 249. 62

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zustand angesehen werden kann. Aber er konzediert, daß auf der "Be gründungsebene" von einem (formellen) Regel-Ausnahme-Verhältnis gesprochen werden kann. Jede Einschränkung von Freiheiten müsse begründbar sein, während die Nicht-Intervention generell keinem Begründungszwang unterliege69 . Es läßt sich also, wenn auch nicht von einem Verfassungsprinzip gesprochen werden kann, eine immanente Tendenz zu staatlicher Zurückhaltung bei Beschränkungen der Wirtschafts- und Wettbewerbsfreiheit bejahen, auch wenn eine so verstandene Subsidiarität in ihrer Ausrichtung sehr breit angelegt ist und allein nicht zur Begründung rechtlicher Forderungen ausreicht7o . Es kann jedoch zur Unterstützung einer wettbewerbsfreundlichen Auslegung auf sie zurückgegriffen werden. 5.Zusanunenfassung Grundsätzlich gehen vom wirtschaftlichen Wettbewerb positive Impulse aus. Daher ist er von unserer Rechtsordnung gemeinhin als Mittel zur Koordination und Versorgungs sicherung gewollt und als Prinzip individueller Freiheitsausübung oft auch grundrechtlich geschützt. Als Folge davon ist so weit wie möglich von staatlicher Beeinflussung und Reglementierung des Wettbewerbs in allen Wirtschaftsbereichen abzusehen. Im Nahverkehrsbereich allerdings steht nicht allein das wirtschaftliche Interesse der gewerblich-tätigen Unternehmer im Vordergrund. Dort geht es vor allem auch um die fundamentalen Interessen der Bevölkerung und die Verwirklichung verkehrspolitischer71 Anliegen des Staates. Eine Debatte über eine weitergehende Verwirklichung des Wettbewerbsprinzips im Personenbeförderungswesen setzt Kenntnis davon voraus, welche Bedeutung dem Nahverkehr und der Personenbeförderung in unserer Gesellschaft und unserer Verfas-

69 Jarass, WiVerwR, § 4 Rn. 12, 14. Ähnlich auch Ronellenfitsch, DAR 94, 10, der aus dem Freiheitsgehalt der Grundrechte herleitet, daß "die Beschränkung [der Freiheit] jeweils der Legitimation bedarf". Vgl. ferner die Deregulierungskommission, Tz. 5. 70 hnmerhin verweist lsensee, S. 139-148 darauf, daß aufgrund des Erfolgs der sozialen Marktwirtschaft überwiegend die freiheitlichen Momente in der Verfassung betont wurden und damit eine Richtung auf die Subsidiarität der Staatsgewalt aufgezeigt werden kann (S. 142). Auch die historischen Verfassungsmaterialien lassen durchaus eine subsidiaritätsfreundliche Grundstimmung bei Verfassungsentstehung erkennen (S. 143ff.). Dies sei keine Rechtfertigung des Subsidiaritätsprinzips, aber immerhin ein Ar~ument für dessen mögliche Rechtfertigung (S. 148). 1 Unter Verkehrspolitik versteht man die Gestaltung und Ausrichtung des Verkehrs auf ein bestimmtes Ziel der Volkswirtschaft hin durch öffentliche Körperschaften und Verbände; vgl. Predöhl, Einleitung S. 9.

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sungsordnung zukommen. Auszugehen ist dabei von den Bedürfnissen derjenigen, die im örtlichen Bereich auf Transporte angewiesen sind. Auf diese Angewiesenheit haben rechtliche Überlegungen zuerst einzugehen. 11. Das Mobilitätsbedürfnis der Bevölkerung 1. Verkehrsmobilität als Grundbedürfnis

Jedem Verkehr im Sinne kurzfristiger Ortsveränderung liegt das menschliche Grundbedürfnis nach Mobilität zugrunde. Mobilität ist heute eine der wesentlichen Voraussetzungen, ohne die es die gegenwärtigen Lebensbedingungen in allen Regionen und die hohe Lebensqualität in unserer modernen Industriegesellschaft nicht geben kanon. Das Auseinanderfallen von Aktivitätsorten bringt das Bedürfnis nach Raumüberwindung durch Verkehr mit sich73 • Es geht um die Möglichkeit, sich kurzfristig fortbewegen zu können, Entfernungen zurückzulegen, Orte und Einrichtungen zu erreichen um dort Tätigkeiten auszuüben oder darum, Personen zu transportieren74 • Eine so verstandene Mobilität läßt sich als "Verkehrsmobilität" (zirkuläre Mobilität) definieren75 • Diese Verkehrsrnobilität umfaßt verschiedene Aspekte. Man muß sich ihr von unterschiedlichen Seiten nähern: Es geht zum einen um das Ziel, dessen Erreichung die Mobilität ermöglichen soll. So besteht z.B. die Notwendigkeit, sich zum Arbeitsplatz hinbe72 Ronellenfitsch bezeichnet die Verkehrsrnobilität als "Grundbedürfnis jeder zivilisierten Gesellschaft", in: Mobilität: Vom Grundbedürfnis zum Grundrecht, DAR 1992, 321 [322]; ders.: Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Vorbemerkungen zur Mobilität mit dem Auto, DAR 1994, 13. Für Grabbe: Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung kommunaler Aufgaben, S. 166 gehört die Teilhabe an der Mobilität zum "sozialen Mindeststandard". Krause wertet die Mobilität als eine "Grundlage der freiheitlichen Gesellschaft" in seinem Vortrag auf dem 2. Bamberger automobilwissenschaftlichen Symposium: Markt für Mobilität, (Quelle: FAZ Nr. 146 v. 27.6.95, Art.: Auto, Bahn oder Flugzeug?, S. 18). 73 Behn: Öffentliche Verkehrsbedienung in nachfrageschwachen Zeiten, S. 10. 74 Andere Formen oder Ausprägungen der allgmeinen Beweglichkeit (mobilitas), z.B. die längerfristige oder geographische Mobilität, sind hier nicht von Interesse. V gl. dazu bspw. Hackt: Pendler - Räumliche Bindung und der Zwang zur Mobilität. Die Trennung von Wohnort und Arbeitsort von Wochenendpendlern im Bayerischen Wald, Diss. 1992, passim. 75 So Ronellenfitsch: ,,Menschenrecht" auf Mobilität - kann, darf gegengesteuert werden? Juristische Perspektiven (The ,,Human Right" to Mobility - are Countermeasures Possible and Permissible? Legal Aspects), in: Herbert Quandt-Stiftung (Hg.): Dokumentation Nr. 11 der Fachtagung in Brüssel vom 12./13. Januar 1995: Europäische Verkehrspolitik zwischen Integration, Wachstum und Umweltschutz - European Transport Policy amid Integration, Growth and Environmental Protection, S. 49 [51]; ders., DAR 92,322.

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wegen zu können. Mobilität ist Grundvoraussetzung für eine normale Erwerbstätigkeit und damit ein Motor der Wirtschaft. Andererseits ermöglicht sie oft erst eine individuelle Freizeitbeschäftigung und -gestaltung76 . Damit enthält sie auch eine Komponente der Lebensqualität. Ferner kann man zwischen der Fortbewegung über kurze oder lange Strecken unterscheiden. Weil sich vorliegend auf die Personenbeförderung im örtlichen Bereich konzentriert wird, soll das Hauptaugenmerk auf der Mobilität im Bereich kürzerer Entfernungen liegen. Ein weiterer Aspekt ist, auf welche Weise und mit welchen Mitteln das Bedürfnis nach Mobilität befriedigt wird. Es läßt sich nach der Art der Beförderung (Individualverkehr77 - öffentlich-gewerbliche Beförderung) oder nach der Beförderungsform (schienen- oder straßengebundene Beförderung) differenzieren. Hier soll die Rolle, welche die gewerbliche straßengebundene Personenbeförderung78 für die Gewährleistung der Mobilität der Verkehrsnutzer spielt, im Vordergrund stehen. Der (wichtige) motorisierte Individualverkehr wird hintangestellt. Schließlich kann man bei der Untersuchung der Mobilität auf ihre Bedeutung für die Verkehrsnutzer und für die Verkehrsunternehmen, welche sie sicherstellen, abstellen. Alle diese Facetten veranschaulichen die zentrale Bedeutung, die der Verkehrsmobilität in etlichen Lebensbereichen beizumessen ist. 2. Verkehrsmobilität als Grund- und Menschenrecht

Es ist zugrundezulegen, daß eine umfassende Mobilität die Grundvoraussetzung fast jeden menschlichen Handeins darstellt. Heutzutage ist der Mensch 76 Auch diese Form der Mobilität stellt ein Grundbedürfnis der zivilisierten Gesellschaft dar; vgL Ronellenfitsch, DAR 92, 322. Gerade der freizeitorientierte Verkehr nimmt einen sehr großen Raum ein (60 % des Individualverkehrs); vgl. Nachweis bei Ronellenfitsch, DAR 94, 8. 77 Zum motorisierten Individualverkehr unter Mobilitätsaspekten eingehender Ronellen/1tsch, DAR 94, 8ff. 8 Zumal nur die Straßen im vollem Umfang netzbildungsjähig sind. VgL Ronellenfitsch, DAR 94, 8, FN. 14 unter Hinweis auf Erreichbarkeit der deutschen Unternehmen über die Schiene oder die Straße. - Die Verkehrsrnobilität hängt also entscheidend vorn Straßenverkehr ab. Eingehender zum spezifischen Zusammenhang von Mobilität und Straßenverkehr ders. auch in: Verfassungs- und verwaltungsgerichtliche Betrachtungen zur Mobilität mit dem Auto, Antrittsvorlesung am 11. Januar 1994, Tübinger Universitätsreden, Neue Folge Band 13, S. 13 [23] m.w.N. VgL auch Willeke: Motorisierung und Volkswirtschaft, in: Hans PohllWilhelm Treue (Hg.): Die Einflüsse der Motorisierung auf das Verkehrswesen von 1886 bis 1986, Zeitschrift für Unternehmensgeschichte, Bd. 52, S. 17 [17]: ,,1986 wurden 78% der Personenverkehrsleistung in der Bundesrepublik mit Kraftfahrzeugen abgewickelt".

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auf Mobilität in allen Ausformungen angewiesen. Dies zeigt sich auch daran, daß eine Vielzahl von Grundrechten in irgendeiner Form Mobilität des Grundrechtsträgers voraussetzt79 • Vielen Grundrechten liegt ein bestimmtes Maß an Mobilität zugrunde. Dieser Zusammenhang muß seinen Niederschlag in der Verfassungsordnung finden, um der Bedeutung der Mobilität für die Rechtswirklichkeit gerecht zu werden. Ausgehend von diesen Überlegungen hat Ronellenfitsch nachgewiesen, daß sich ein Grundrecht auf Mobilität im Grundgesetz verankern läßt, obwohl es nicht ausdrücklich im Grundrechtskatalog aufgeführt wird8o • a) Begründung des Grundrechts auf Mobilität

Weil der Katalog der Grundrechte nicht abschließend ist und deshalb aus den positivierten Grundrechten weitere ungeschriebene Grundrechte ableitbar sind81 , läßt sich, wenn die Mobilität als Voraussetzung individueller Freiheitsausübung in den Schutzbereich zahlreicher grundrechtlicher Einzelverbürgungen fallt, ein neues Grundrecht auf Mobilität begründen. Es ist eine Abstraktion aus der Gesamtschau der grundrechtlichen Mobilitätsgehalte82 , eine Zusam79 Ronellenfitsch, DAR 92, 322. Das räumt bei aller Kritik auch Sendler: Wundersame Vermehrung von Grundrechten - insbesondere zum Grundrecht auf Mobilität und Autofahren (Kommentar), NJW 1995, 1468 [1469] ein. 80 Grundlegend Ronellenfitsch, DAR 92, 321-323; weiterentwickelt zum "Grundrecht auf Mobilität auch mit dem Auto" in DAR 94, 9ff. und in: Betrachtungen zur Mobilität mit dem Auto, S. 21-23; vgl. ferner ders.: Die Zulassung von Automobilveranstaltungen, DAR 1995, 241 [241] und in: "Menschenrecht" auf Mobilität, S. 50ff. - In der juristischen Fachliteratur ist bislang kaum ernsthaft auf diese Thematik eingegangen worden, sieht man einmal von dem eher humoristisch geprägten Kommentar von Sendler, NJW 1995, 1468f. ab. Dort bezeichnet er das Grundrecht auf Mobilität als einen "Wildwuchs" der Grundrechte. Er meint, daß damit "etwas zum Inhalt eines Grundrechts gemacht würde, was nur Voraussetzung für seine Inanspruchnahme ist" und daß "das Wünschenswerte noch nicht (deshalb) verfassungsrechtlich geboten" ist (S. 1469). Auch die Tagespresse hat gegen dieses Grundrecht, allerdings unjuristisch und unter Verkennung der rechtlichen Aussagekraft dieser Einordnung von Mobilität, polemisiert; vgl. z.B. Adam: Grundrecht: Autofahren. Krumme Beine, FAZ Nr. 290 v. 14.12.1994, S. N5. 81 So die Vorgehensweise des BVerfG bei Schaffung des Grundrechts auf ,,Informationelle Selbstbestimmung", das auf Art. 2 I GG gestützt wird; vgl. BVerfGE 65, 1 [41-43]; 80, 367 [373]. 82 Ronellenfitsch, DAR 92, 323; ders., DAR 94, 9. - Dieser Herleitung wirft Sendler, NJW 95, 1469 "Beliebigkeit" der Argumentation und ,,Abwegigkeit" vor, findet sich aber - inkonsequenterweise - mit der Herleitung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung durch das BVerfG ab. Immerhin erkennt er jedoch an, daß im Interesse einer Grundrechtsausübung zumindest eine Abwägung des Gesetzgebers stattfinden muß, wie viel Mobilität im Hinblick auf den Schutz anderer Rechtsgüter zuzulassen ist. Mit dieser Konsequenz aber ist Sendler vom Grundsatz her nicht mehr weit entfernt von Folgerungen, die auch Ronellenfitsch aus der Einordnung der Mobilität als Grundrecht

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menfassung der mobilitätsrelevanten Gemeinsamkeiten der wichtigsten Grundrechte. Bedeutung kommt diesem Grundrecht sowohl bei der Frage der Abwehr von Mobilitätseingriffen des Staates als auch im Zusammenhang mit dem bei der Personenbeförderung primär relevanten Aspekt der Teilhabe an Mobilitätsgewährleistungen ZU83. Fraglich ist aber, ob dieses Grundrecht auf Mobilität auch die Mobilität, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln sichergestellt wird, urnfaßt. Denn hier soll es primär um diese Form der Verkehrsrnobilität gehen. aa) Grundrechtliche Einzelverbürgungen von Verkehrsrnobilität Zum Nachweis, daß das Grundrecht auf Mobilität (auch) Verkehrsrnobilität in dieser Ausprägung miturnfaßt, müssen die wichtigsten Freiheitsrechte daraufhin untersucht werden, ob zu ihrer Verwirklichung auch Verkehrsrnobilität mit öffentlichen Verkehrsmitteln verbürgt sein muß. Sollte dies der Fall sein, läßt sich begründen, daß das Grundrecht auf Mobilität auch den Aspekt der Verkehrsrnobilität mittels gewerblicher Personenbeförderung urnfaßt. Hierfür relevant sind im Nahverkehrsbereich v.a. die Grundrechte aus Art. 12, 14 und 2 I GG 84 : Ohne eine funktionierende gewerbliche Nahverkehrsbeförderung, die nicht vom eigenen Auto abhängt, ist vielen Menschen eine vernünftige Ausübung einer Erwerbstätigkeit i.S.d. Art. 12 I GG unmöglich. Gleiches gilt für die Wahl eines Berufes (man denke an diejenigen, welche in Stadtnähe wohnen und zur Arbeit in die Stadt gelangen müssen). Aber auch jene, die selbst gewerbliche Beförderung betreiben, benötigen Verkehrsmobilität85 • Ihre Verdienstchancen sind tendenziell um so größer, je mehr Mobilität ihnen staatlicherseits einge-

ziehen will (und die Lü. aus jedem Grundrecht zu ziehen sind): Bei Grundrechtskollisionen sind die einzelnen grundrechtlich geschützten Positionen als Abwägungsbelange miteinander in Einklang zu bringen, die durch Freiheitsrechte gewährten Verhältnisse sind anderen Lebensverhältnissen zuzuordnen; so Hesse: Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 19. Aufl., Rn. 72, 317ff. zum Prinzip der "praktischen Konkordanz". 83 Zu diesen Gesichtspunkten vgl. Ronellenfitsch, DAR 92, 321f. In der heutigen Industriegesellschaft ist allerdings der Teilhabeaspekt meist wichtiger; so ders., "Menschenrecht" auf Mobilität, S. 55. Kritisch ist er jedoch zu der Frage, ob auch ein Leistungsanspruch auf Schaffung von Mobilität gegen den Staat besteht. 84 Zum Mobilitätsgehalt der Grundrechte der Art. 1 I, 2 TI 1, 4, 5, 8, 11, 16a GG, die in dem hier aufgezeigten Zusammenhang nicht primär interessieren, vgl. Ronellenfitsch, DAR 92, 322f. und DAR 94, 10-12 (zur Frage, ob auch Mobilität mit dem Auto grundrechtlich geschützt ist). 85 V gl. Ronellenfitsch, "Menschenrecht" auf Mobilität, S. 52: "Die wirtschaftlichen Grundrechte laufen ohne Mobilität leer".

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räumt wird. Bei allen gewerblichen Personenbeförderern hängt die Ausübung ihres Berufes essentiell auch von der Gewährleistung der Verkehrsrnobilität mit dem gewerblich genutzten KFZ ab 86• Des weiteren ist auch Berufszugangsschranken eine Mobilitätskomponente immanent. Denn bei Nichtgewährung des Marktzutritts wird einem Marktaußenseiter die Nutzung des eigenen KFZ zur gewerblichen Nutzung und damit auch die Verkehrsrnobilität beschnitten. Schließlich ist bei Verkehrsunternehmen der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb (Art. 14 GG) ohne Mobilität nicht denkbar. Und zur umfassenden Nutzung seines Eigentums (z.B. am eigenen Haus) ist auch der Bürger oftmals auf eine Verkehrsanbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln angewiesen. Nicht zuletzt wohnt auch der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 I GG eine Mobilitätskomponente inne, sofern es darum geht, zwecks Freizeitgestaltung Zugang und Beförderung in die Natur zu finden 87 . Die Beispiele zeigen, daß auch die Verkehrsrnobilität mit öffentlichen Verkehrsmitteln vielfach grundrechtlich erforderlich, vorausgesetzt und damit ebenfalls einzelverbürgt ist. Aus dieser Gesamtheit der Verbürgungen folgt, daß das allgemeine Grundrecht auf Mobilität auch den Aspekt der Verkehrsrnobilität durch Beförderung mit allgemeinen Verkehrsmitteln umfaßt. Die Verkehrsrnobilität von und durch gewerblichen Personennahverkehr ist daher gleichfalls in bestimmtem Maße grundrechtlich garantiert. Die Bedeutung dieses Aspekts der Vekehrsmobilität für die Grundrechtsverwirklichung wird auch von der historischen Entwicklung unterstrichen. Diese liefert zudem den zum Verständnis und zur Auslegung aller Grundrechte notwendigen Zeitbezug88 . bb) Historische Argumentation Die ständig zunehmende Ökonomisierung und Technisierung der Gesellschaft ab dem 19. Jahrhundert hatte zur Folge, daß die Anforderungen an die Gewährleistungen von Mobilität für den Handel und v.a. die Arbeitnehmer immer mehr an Bedeutung zunahmen. Bedingt durch den technischen Fort-

86 Z.B. wird die Verkehrsrnobilität von Mietwagenuntemehmen im Zusammenhang mit Art. 12 GG tangiert, indem man ihnen die Berufsausübung dadurch beschränkt, daß bestimmte Formen der Beförderung untersagt werden (vgl. § 49 IV PBefG). 87 Denn Art. 2 I GG schützt die Handlungsfreiheit im umfassenden Sinne und "ohne Rücksicht darauf, welches Gewicht der Betätigung für die Persönlichkeitsentfaltung zukommt" (BVerfGE 80, 137 [152f.]). Geschützt ist jedes menschliche Tun oder Unterlassen, das nicht vom Schutzbereich eines anderen Freiheitsrechts erfaßt wird; vgl. Jarass in: H.D. JarasslB. Pieroth: GG. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 3. Aufl., § 2 Rn. 3, 7a. Folglich muß auch der Zugang zur Ausübung solcher Betätigungen geschützt sein. Vgl. auch Ronellenfitsch, DAR 92,323 und ähnlich in DAR 94,12. 88 Ronellenfitsch, DAR 94, 9.

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schritt89 (Motorisierung90 ; Erfindung von Eisenbahn und Automobil) wurde das Bedürfnis nach Geschwindigkeit und schneller Raumüberwindung91 immer wichtiger'l2. Das zunehmende Auseinanderfallen von Arbeits- und Wohnort, von Aktivorten überhaupt, führte zu immer größerer Abhängigkeit vom Zugang auch zu öffentlichen Verkehrsmitteln (oder von eigenen Kraftwagen 93 ). Gerade einkommensschwächere Bevölkerungsteile und mobilitätsbehinderte Menschen wurden immer angewiesener auf einen flexiblen öffentlichen Linienoder Droschkenverkehr. Diese Entwicklung liefert auch historisch eine Begründung für das Grundrecht auf Mobilität in Bezug auf den öffentlichen Personentransport. Dem zeitlichen Kontext, in dem eine solches Grundrecht zu würdigen ist, läßt sich ferner entnehmen, daß dem Wirtschafts- und Freizeitbedürfnis der Menschen durch zeitgemäße Mobilitäts/armen des öffentlichen Verkehrs entsprochen werden muß 94 . Die technisch möglichen Beförderungsformen auf dem Land und speziell auf der Straße geben dem Grundrecht auf Verkehrsrnobilität seine aktuellen Konturen95 . Jedoch gilt es nicht ohne Beschränkungen.

89 Diesen sieht Forsthoff: Der Staat der Industriegesellschaft, S. 33 als konstitutiv für den Staat der Industriegesellschaft an. Er weist nach, daß die Technik dort nicht nur der Bedürfnisbefriedigung dient, sondern daß sie bestimmte Bedürfnisse erst weckt (S. 34f.). Ähnlich auch Burscheid: Auto und Massenverkehr, in: Pohl!freue (Hg.): Die Einflüsse der Motorisierung auf das Verkehrswesen von 1886 bis 1986, S. 117 [133, 135]: ,,Das Auto animiert zur Mobilität, es läßt seine Besitzer nicht mehr ruhig zu Hause sitzen. Das Auto ist eine Prothese unserer Beweglichkeit". 90 Die Motorisierung wird von Willeke in: Pohlffreue, Einflüsse Motorisierung, S. 17 als "ein unser Jahrhundert prägender Entwicklungssprung" bezeichnet. Sie setze ,,Akzente [... ] in Richtung auf eine durch Mobilitätsgewinn geprägte neuartige Lebensund Konsumgestaltung". 91 Vgl. Pohl: Die Entwicklung des Verkehrswesens in den vergangenen 100 Jahren, in: Pohl!freue (Hg.): Die Einflüsse der Motorisierung auf das Verkehrswesen von 1886 bis 1986, S. 1 [10]. Burscheid, ebda., S. 117f., spricht ab Beginn des 19. Jh. von der "Kinetischen Revolution", deren Hauptcharakteristika Geschwindigkeit und schnelle Raumüberwindung und -durchdringung sind. Sie basiert maßgeblich darauf, daß Geschwindigkeit künstlich hergestellt werden konnte. 92 Lt. Willeke in: Pohl!freue, Einflüsse Motorisierung, S. 23 kam es so auch zu einer Veränderung der "Mobilitätsstruktur". So betrug z.B. ab 1950 die Zeitersparnis durch die Möglichkeit der Nutzung von KFZ 1-1,5 Std. pro Tag. 93 Zu dieser historischen Entwicklung ausführlicher Pohl in: Pohlffreue, Einflüsse Motorisierung, S. 8ff. und Ronellenfitsch, DAR 94, 9f. 94 Man kann hier von einem "Anspruch auf die Leistungen des Zeitalters der technischen Industriegesellschaft" sprechen; so Ronellenfitsch, DAR 94, 10. 95 Ronellenfitsch, DAR 94, 12. In Bezug auf den privaten Autoverkehr spricht er hier von der "normativen Kraft des Machbaren", die der Stand von Wissenschaft und Tech-

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b) Schranken des Grundrechts aufVerkehrsmobilität Diese Schranken ergeben sich v.a. aus kollidierenden Grundrechten Dritter und anderen Rechtsgütern von Verfassungsrang96 . Die Intensität der Einschränkbarkeit wird dabei maßgeblich vom jeweiligen Sachzusammenhang mit benannten Grundrechten bestimmt, in welchem das Grundrecht auf Verkehrsrnobilität steht. Eingriffe in den Mobilitätsgehalt von Art. 2 I GG sind daher leichter möglich als in die Mobilität, die für Art. 12 GG nötig ist. Grundsätzlich haben allerdings gleichheits widrige Mobilitätsbeschränkungen auszuscheiden 97 , da es bei der Verkehrsrnobilität in Bezug auf den öffent-lichen Personennahverkehr (aus Nutzersicht) primär um Teilnahme an Mobi-litätseinrichtungen geht. Andererseits stellt aber Z.B. die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Gemeinwesens gerade im öffentlichen Personennahverkehr eine Schranke des Grundrechts auf Verkehrsrnobilität dar. Wenn es um solche Einschränkungen der Verkehrsmobilität geht, hat eine - und das ist eine Hauptkonsequenz der Einordnung der Mobilität als Grundrecht - an den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit orientierte Abwägung des Mobilitätsgrundrechts mit kollidierenden Rechtspositionen stattzufinden.

Abwägungsgebot Bei dieser Abwägung ist wichtig, daß die den anderen Rechtsgütern gegenläufige Verkehrs mobilität nicht von vornherein nachrangig ist98 • Denn auch das einfache Recht, welches Schranken des Grundrechts auf Mobilität errichtet, muß im Lichte der prinzipiell umfassenden Gewährleistung von Mobilität interpretiert werden99 • So sind z.B. die Interessen der Verkehrsnutzer an niedrigen Beförderungstarifen, Bedienungshäufigkeit, freier Verkehrsmittelwahl, Schnelligkeit

nik als Maßstab für die Grundrechte vorgibt. Dagegen (wegen angeblich mangelnder "ethischer Rechtfertigung") aber Sendler, NJW 95, 1468. 96 Allgemein dazu PierothlSchlink: Grundrechte - Staatsrecht 11, 8. Auf!. Rn. 359ff. 97 Vgl. Ronellenfitsch, DAR 92, 324. - Ohne sachlichen Differenzierungsgrund sind Mobilitätsbeschränkungen in Bezug auf den ÖPNV unzulässig. Z.B. darf bei der Beförderungspflicht der Taxen nicht zwischen kürzeren (= weniger lukrativen) und längeren Beförderungen unterschieden werden, aber zwischen der Beförderung von normalen Fahrgästen und Betrunkenen (vgl. § 22 .PBefG). 98 Vgl. Ronellenfitsch, ,,Menschenrecht" auf Mobilität, S. 56. 99 So Ronellenfitsch, DAR 94, 11 (zum Grundrecht auf Mobilität mit dem Auto). Diese Forderung stellt kein "Umwickeln des Normgebers mit Stricken (von Verfassungsgeboten)" bei der Abwägung der Grundrechtspositionen dar, wie Sendler, NJW 95, 1469 meint, sondern rückt nur einen (ansich selbstverständlichen) Abwägungsaspekt ins Rampenlicht, der bisher oft stiefmütterlich behandelt wird.

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und Bequemlichkeit des Transports 100, Verkehrssicherheit, möglichst individuellem Zuschnitt der Beförderung lOl sowie einem möglichst großen Angebot an Verkehrsleistungen mit den Interessen der Verkehrsunternehmen nach möglichst wenig Konkurrenz, hohen Gewinnen und Erhaltung der eigenen Marktposition bei so wenig Wettbewerb wie möglich lO2 in Einklang zu bringen. Auch ist aus Mobilitätsgründen bei Marktordnungsmaßnahmen (Art. 12 GG) neben verkehrspolitischen Zielen das Bestreben von Marktaußenseitern nach Marktöffnung oder das vorhandener Unternehmen nach Lockerung ihrer Beförderungsbeschränkungen zu beachten 103. Und vor einer Einschränkung des ÖPNV -Angebots aus Kostengründen sind alle anderen Möglichkeiten der Wirtschaftlichkeitssteigerung und Finanzierung zu prüfen. Die Beispiele ließen sich fortsetzen. c) Menschenrechtsgehalt der (Verkehrs-)Mobilität

Im Zusammenhang mit grundrechtlichen Abwägungsentscheidungen läßt sich aber noch ein anderer Gedanke fruchtbar machen. Als menschlichem Grundbedürfnis kommt der Mobilität nämlich nicht nur grundrechtliche, sondern darüber hinaus auch menschenrechtliche Relevanz lO4 zu. Denn in den westlichen Industrienationen ist eine ausreichende Verkehrsrnobilität für eine menschenwürdige Lebensgestaltung unverzichtbar - und gerade das macht den Kern eines Menschenrechts aus 105. Der internationalen Menschenrechtskonvention läßt sich abstrahierend daher ein überpositives Menschenrecht auf Verkehrsmobilität entnehmen, welches ihr implizit zugrunde liegt lO6 • Dieses Menschenrecht auf Mobilität betont und verstärkt die Bedeutung des Mobilitätsgehalts der Grundrechte noch und läßt sich zusätzlich für eine mobilitätsfreundliche Abwägung bei Grundrechtskollisionen oder bei der Auslegung und Anwendung des Verwaltungsrechts anführen. Zu diesen Punkten vgl. Lange, Verkehr, S. 58, 65 und 68. Dazu Ronellenfitsch, DAR 94, 12, FN. 62 unter Betonung des Aspekts ,,selbstbestimmter Mobilität", der mit einem Privat-PKW verbunden ist. - Diesen Vorzug gewähren aber auch TaxenlMietwagen im öffentlichen Personennahverkehr. 102 Vgl. die Kommission der EG in: Stichwort Europa (Mitteilungsblatt): Wettbewerbspolitik in der EG, Juli 1992, S. I. 103 Bereits diese Aufzählung zeigt, daß die Aufgaben und Anforderungen im Personenbeförderungssektor oft widersprüchlich sind und sich bis zu einem gewissen Grade so~ar ausschließen; vgl. Seidenfus, S. 118. . 04 Dazu eingehender Ronellenfitsch, "Menschenrecht" auf Mobilität, S. 56; ders., DAR 95, 241. 105 Ronellenfitsch, ,,Menschenrecht" auf Mobilität, S. 51 f., 54. 106 Vgl. Ronellenfitsch, "Menschenrecht" auf Mobilität, S.54. - Folge ist auch hier z.B., ähnlich wie bei dem Grundrecht auf Verkehrsrnobilität, ein Menschenrecht auf Teilhabe an dem gegenwärtigen Verkehrsmitteln (a.a.O., S. 56). 100

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d) Verwaltungsrechtliche Folgen der Verkehrsmobilität

Bei aller Einschränkbarkeit der Verkehrs mobilität muß sich also ihr hoher rechtlicher Gehalt im Verwaltungsrecht, speziell dem Personenbeförderungsrecht, das den straßengebundenen öffentlichen Personenverkehr regelt, niederschlagen. Dem Grund- und Menschenrecht auf Verkehrs mobilität muß dort genügend Rechnung getragen werden 107. Eine mobilitätsfeindliche Gestaltung des Verwaltungsrechts (für Verkehrsnutzer und -unternehmen) und seiner Anwendung ist aus vorgenannten Gründen verfassungsrechtlich mehr als bedenklieh 108. 3. Zusammenfassung Aufgrund des Grund- und Menschenrechts auf Mobilität kommt der Sicherung der Verkehrs mobilität mit öffentlichen Verkehrsmitteln ein hoher Stellenwert bei der Beurteilung der Situation und eventueller Veränderungen auf dem Verkehrs markt zu. Auch wenn die staatlich zu verfolgende Ordnung des Verkehrs letztlich auf ein bestimmtes (politisches) Urteil, einen objektiv schwer beweisbaren Ausgangspunkt, zurückgeht lO9 , hat eine hoheitliche Verkehrspolitik dieser Bedeutung der Mobilität weitestgehend Rechnung zu tragen. Insofern hat im Nahverkehrsbereich schon aus Gründen der Daseinsvorsorge ein Wettbewerb im Personenbeförderungswesen auch und gerade der Verwirklichung einer so verstandenen Mobilität zu dienen. III. Daseinsvorsorge des Staates und Personennahverkehr Kehrseite dieses grundrechtlich fundierten Bedürfnisses nach Mobilität ist nach heutigem Verständnis die damit einhergehende Aufgabe des Staates, diese durch entsprechende Maßnahmen sicherzustellen und zu gewährleisten. Denn der heutige Staat der Industriegesellschaft hat, im Gegensatz zum "liberalen Rechtsstaat", dessen alleiniges Anliegen die Abgrenzung eines gesellschaft-

So auch Ronellenfitsch, DAR 94, 12. Vgl. Ronellenfitsch, "Menschenrecht" auf Mobilität, S. 56; ders., DAR 94, 12 und in DAR 92, 324f. (zum Zusammenhang von Genehmigungspraxis und Mobilität im Luftverkehr, der aber genauso auch beim Straßenpersonenbeförderungsverkehr hergestellt werden kann). 109 Auch wenn man als verkehrspolitisches Ziel die "maximale Versorgung mit Verkehrsleistungen" umschreibt, so Predöhl. S. 266, wird eingeräumt, daß die Frage nach einer sinnvollen Ordnung des Verkehrsmarktes (für Unternehmen und Publikum) schwer zu beantworten ist; vgl. Aengenendt, S. 51. 107 108

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lichen Freiraums im Verhältnis zum Staat war IlO , heute auch die Aufgabe, sich sozial gestaltend und wohlfahrts fördernd der Freiheitssicherung der Individuen anzunehmen lIl • Dies hat in der Sozialstaatsklausel des Art. 20 I GG Ausdruck gefunden 112.

1. Sozialstaatsprinzip

Mit der Formel vom "Sozialen Rechtsstaat" nimmt Art. 20 I GG ("Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat") die Gegebenheiten der heutigen modemen, technischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in sich auf und normiert Aufgaben, die sich angesichts dessen ergeben 113. Die Bedeutung des Staates für das wirtschaftliche und soziale Leben hat sich erhöht. Immer weitergehende Intervention, Lenkung und planende Gestaltung des Staates wurden notwendig. Damit hat sich der Staat auch in Bereiche ausgedehnt, die bislang der nicht-staatlichen Selbstregulierung (etwa durch Wettbewerb) überlassen waren 114. Beim Sozialstaatsprinzip handelt es sich um eine Staatszielbestimmung , die den Gesetzgeber und die Verwaltung verpflichtet und sie legitimiert, sozialstaatliche Aufgaben wahrzunehmen ll5 • Es kann ein legitimierender Grund für Eingriffe durch gesetzliche Regelungen sein, aber auch eine Verpflichtung und Schranke für den Gesetzgeber l16 . Gerade im Bereich der Wirtschaftslenkung ll7 , wo für gesetzgeberische Eingriffsakte bei Verhältnismäßigkeitsabwägungen von Eingriffszielen mit Belangen Betroffener eine Rechtfertigung aus öffentlichen Interessen erforderlich ist (vgl. z.B. § 13 II Nr. 2 PBefG), kann das Sozialstaatsprinzip die Legitimation von Eingriffen begründen und ihr rechtlich 110 Vgl. Degenhart: Staatsrecht I - Staatszielbestimmungen, Staatsorgane, Staatsfunktionen, 7. Aufl., Rn. 353 und Badura, Verwaltungsmonopol, S. 187,285. 111 Vgl. Badura: Die Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck der Leistungsverwaltung und der soziale Rechtsstaat, DÖV 1966, 624 [624f.]; ders., Verwaltungsmonopol, S. 187f. 112 Vgl. ferner den "Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik" vom 18.5.1990, BGBL 11 S. 537ff. 113 Vgl. Hesse, Rn. 209 - er sieht den Staat des GO als "planenden, lenkenden, leistenden, verteilenden, individuelles und soziales Leben erst ermöglichenden Staat an", dem dies alles mit Art. 20 I GO von Verfassungs wegen als Aufgabe gestellt ist (Rn. 212). 114 Hesse, Rn. 210. 115 Degenhart, Rn. 354, 1358; Hesse, Rn. 213; Badura, Verwaltungsmonopol, S. 332. Stern: Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl., § 21 TI 3 spricht von "positiver Entfaltung durch den Gesetzgeber". 116 Vgl. Degenhart, Rn. 358. 117 Diese zählt zur Leistungsverwaltung und beruht damit auf dem sozialen Rechtsstaat; vgl. Badura, DÖV 66, 629.

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relevantes Gewicht verstärken 118 • Seine Grenze findet das Sozialstaatsprinzip in den Geboten der materiellen Rechtsstaatlichkeit (Art. 20 I GG). Eine umfassende Fürsorge, welche die selbstverantwortliche Freiheit des Einzelnen aufhebt und zu einer Umwandlung des Staates in einen reinen Wohlfahrts- und Versorgungsstaat führt, entspricht nicht mehr dem Prinzip des sozialen Rechtsstaats l19 • In unserer derzeitigen Wirtschaftsordnung (s.o.) wird dieses Gebot der Sozialstaatlichkeit nicht zuletzt durch Gewährleistung des Wettbewerbs erfüllt l20 . Erst soweit dieser versagt und die Privaten ihr Dasein nicht mehr allein mit Marktmitteln sichern können, kommt der Staat intervenierend zum Zuge l21 . Wettbewerb und staatliche Intervention im Bereich der Daseinsvorsorge gehören damit beide zur faktischen Realisation des Sozialstaats 122 • Diese sozialstaatlichen Ziele und Mittel werden von der Verwaltung umgesetzt. 2. Daseinsvorsorge als verwaltungsrechtliche Folge des Sozialstaatsprinzips

Neben der Ordnungsverantwortung hat die Verwaltung heute auch die Verantwortung für soziale Sicherheit und Konjunktur übernommen. Sie ist mit dieser Sozialgestaltungsfunktion zum unentbehrlichen Steuerungselement der 118 Vgl. Degenhart, Rn. 363. Er warnt aber davor, das Sozialstaatsprinzip als "undifferenzierte Billigkeitsformel" einzusetzen. V gl. ferner Schnapp in: von MünchlKunig (Hg.): Grundgesetz-Kommentar, Bd. 1 (Präambel bis Art. 20),4. Aufl., Art. 20 Rn. 17. 119 So Hesse, Rn. 215. Er räumt jedoch ein, daß diese Grenze oft nicht scharf zu ziehen ist und zudem einen weiten Raum für Gestaltungen offenläßt. Art. 20 I GO enthält zwar einen verbindlichen Auftrag an Gesetzgeber und Verwaltung, aber keine verbindlichen Richtlinien für seine Erfüllung. Zacher: Das soziale Staatsziel, in: lsensee/Kirchhof (Hg.): Handbuch des Staatsrechts I: Grundlagen von Staat und Verfassung, § 25 Rn. 98 betont in diesem Zusammenhang die Schlüsselfunktion der Grundrechte bei jeder Einschränkung von Grundrechten "um des Sozialen willen", sind deren Schutzfunktionen zu beachten. Zurecht formuliert Badura, DÖV 66, 625, daß Wohlfahrtsstaat nicht "Wohlfahrt statt Freiheit, sondern Freiheit durch Wohlfahrt" bedeutet; ähnlich ders. auch in: Verwaltungsmonopol, S. 331: ,,Das Sozialstaatsprinzip ermächtigt nicht zu beliebiger Sozialgestaltung, sondern nur zu einer solchen i.R.d. verfassungsrechtlichen Positivierungen des Rechtsstaats". 120 Vgl. dazu Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S. 15, 24, der eine Verbindung zwischen der Einführung der Gewerbefreiheit (1810) und der Erfüllung des Staatszwecks der Wohlfahrtspflege zieht: ,,Der Staat betrieb [... ] Wohlfahrtspflege, indem er die Gewerbefreiheit [... ] förderte". 121 Vgl. Fischerhof ,,Daseinsvorsorge" und wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden, DÖV 1960,41 [43]; Badura, DÖV 66, 625. Vgl. auch Zacher, HdbStR I, § 25 Rn. 54: "Das "Soziale" in der "Sozialen Marktwirtschaft" liegt zunächst in der Effizienz der Marktwirtschaft". 122 Schnapp in: v. MünchlKunig, Art. 20 Rn. 17; Degenhart, Rn. 255. Die Nähe von Daseinsvorsorge und Sozialstaat liegt für Zacher, HdbStR I, § 25 Rn. 57 "auf der Hand".

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Gesellschaft und der Daseinsordnung des einzelnen geworden I23 . Ein Teil staatlicher Wohlfahrtspflege, die zu den Errungenschaften des Sozialstaats zählt l24 , ist die Daseinsvorsorge 125 . Bei ihr stellt der Staat dem einzelnen durch die Verwaltung die daseins notwendigen Leistungen zur Verfügung l26 • Solche staatliche Leistungsverwaltung wird durch den in ihr wirksamen Verwaltungszweck der Daseinsvorsorge charakterisiert. Daseinsvorsorge kann daher als Verwaltungszweck der leistenden Verwaltung 127 beschrieben werden. Damit zieht die Daseinsvorsorge die verwaltungsrechtliche Konsequenz aus dem sozialen Rechtsstaat. Sie ist im Sozialstaatsprinzip des Art. 20 I GG als Verpflichtung des Staates, die Bedürfnisse der Bevölkerung in ausreichendem Maße zu befriedigen, verankert l28 • Zugleich haftet ihr aber eine "antiliberale Tendenz" an, da sie das Ungenügen und Nichtfunktionieren der gesellschaftlichen Selbststeuerung und des autonomen Marktmechanismus (auch des Wett123 Badura, DÖV 66, 625. Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S. 14f., 24 weist anhand des Polizeibegriffs historisch nach, daß seit Geltung des Allgemeinen Preußischen Landrechts (1794) neben dem umfassenden (Verwaltungs-) Zweck der Gefahrenabwehr gerade auch die Wohlfahrtspflege und Daseinssicherung immer eine Hauptaufgabe des durch die Polizei verkörperten Staates darstellte [die von der Verwaltung umzusetzen war]. 124 VgL Rüfner: Daseinsvorsorge und soziale Sicherheit, in: lsenseelKirchhof (Hg.): Handbuch des Staatsrechts ill: Das Handeln des Staates, § 80 Rn. 1. Schon Art. 151 I 1 WRV legte als Ziel die "Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins für alle" fest. 125 VgL zu diesem Begriff erstmals (1938) Forsthoff: Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 7,42. Ferner Isensee, S. 121; Grabbe, S. 166; ChristianHeinze: Autonome und heteronome Verteilung, S. 127; Aberle: Öffentlicher Personennahverkehr in der Fläche organisatorische und finanzpolitische Reformvorschläge, S. 71; Mombaur: Daseinsvorsorge in Gemeinden und Kreisen, in: von Mutius (Hg.): Selbstverwaltung im Staat der Industriegesellschaft, S. 503; Bundesministeriumfür Verkehr (= BMV) (Hg.): Forschung Stadtverkehr, Reihe: Auswertungen - Kooperationen im ÖPNV, Heft 8, S. 98 und Rümer, HdbStR ill, § 80 Rn. 19. .. 6 VgL Rüfner, HdbStR ill, § 80 Rn. 3; Zacher, HdbStR I, § 25 Rn. 21; Badura, DOV 66,630; ders., Verwaltungsmonopol, S. 187. 127 VgL Badura, Verwaltungsmonopol, S. 189; ders. eingehender in DÖV 66, 627 [630]. Daseinsvorsorge gibt damit keinen Gegenstand des Verhaltens des Staates an, sondern beschreibt den Zweck des Handelns, falls die öffentliche Hand, egal wie, handelt. 128 VgL Stern, § 21 ß 3e und Rüfner, HdbStR ill, § 80 Rn. 29,45: ,,Daseinsvorsorge ist eine Rechtspflicht des Sozialstaats, egal ob einfach gesetzlich normiert oder nicht". Ferner Badura, DÖV 66, 628; Bull, S. 170f.; Degenhart, Rn. 355. - Differenzierend Zacher, HdbStR I, § 25 Rn. 58-60: Er weist darauf hin, daß Daseinsvorsorge und Sozialpolitik nicht identisch sind. Daseinsvorsorge heißt Bereitstellen von Diensten, die notwendig für jedermann sind. Sie bedeutet Sicherheit und Allgemeinheit der Versorge, doch sie entschärft nicht unbedingt das soziale Gefälle. Damit hat sie eine andere Priorität als die Sozialpolitik, die Unterschiede im Zugang zu Diensten ausgleichen will. Jedoch erkennt Zacher an, daß diese beiden Aspekte des Sozialstaatsprinzips zu einern großen Teil deckungsgleich sind.

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A. Einführung

bewerbs) voraussetzt und der Verwaltung bestimmte, ursprünglich privatwirtschaftliche Aufgaben aufgibt l29 . a) Arten der Daseinsvorsorge

Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck der Lenkung und Leistung l30 kann auf zweierlei Arten erfüllt werden: Der "lenkende Staat" wird seiner Daseinsvorsorgeverantwortung gerecht, indem er nur die normativen Rahmenbedingungen gestaltet, es sonst aber bei privatwirtschaftlicher Versorgung beläßt l3l . Der "leistende Staat" verstaatlicht die Bedürfnisbefriedigung und erfüllt Versorgungsaufgaben selber 132• b) Entwicklung des Daseinsvorsorgebegriffs

Ursprünglich wurde der Begriff der Daseinsvorsorge von Forsthoff entwickelt, um die Erscheinungsformen leistender Verwaltung auszudrücken 133. Darunter sollten alle Leistungen fallen, auf die der Mensch zur Befriedigung seines Appropriationsbedürfnisses l34 lebensnotwendig unter irgendwe1chen Umständen angewiesen ist 135 • In Erweiterung dieser Definition und unter Abkehr vom Aspekt der Befriedigung eines reinen Versorgungsbedürfnisses wird heute unter Daseinsvorsorge alles verstanden, was von Seiten der Verwaltung geschieht, um die Allgemeinheit oder bestimmte Personenkreise in den Genuß nützlicher Leistungen zu versetzen l36 • Ein anderer Ansatz sieht in der DaseinsSo zutreffend Badura, Verwaltungsmonopol, S. 188 und DÖV 66, 628. So Badura, DÖV 66, 625. 131 Rüfner, HdbStR m, § 80 Rn. 6; Badura, DÖV 66, 630. Dies wird zumindest überall dort geschehen, wo es sich um ,,marktgängige" (Dienst-)Leistungen handelt. 132 Vgl. Rüfner, HdbStR m, § 80 Rn. 6, der diese Form der Daseinsvorsorge ,,Daseinsvorsorge im engeren Sinne" nennt und Badura, DÖV 66, 630; ders., Verwaltunf:smonopol, S. 188. 1 3 Forsthoff. Verwaltung als Leistungsträger (1938), S. 5ff. 134 Zum Begriff vgl. ForsthoJ!, a.a.O. S. 5f. 135 Vgl. Forsthoff, Verwaltung als Leistungsträger, S. 6f.; Ronellenfitsch, HdbStR m, § 84 Rn. 48; Christian Heinze, Verteilung, S. 29. Zur historischen Entstehung aus verwaltungsrechtsdogmatischer Sicht vgl. Badura, DÖV 66, 625f.; ähnlich ders., Verwaltungsmonopol, S. 188. Ausführlich, v.a. unter historischen und soziologischen Gesichtspunkten zum Ansatz Forsthoffs siehe Scheidemann: Der Begriff Daseinsvorsorge, S. 617 und passim. Vgl. ferner zu den historischen Bezügen Huber: Vorsorge für das Dasein. Ein Grundbegriff der Staatslehre Hegels und Lorenz v. Steins, in: FS für Ernst Forsthoff zum 70. Geburtstag (1972), hg. von Schnur, S. 139 [142ff.]. 136 Vgl. Forsthoff. Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Band 1, Allgemeiner Teil, 10. Auflage, S. 370f.; ferner Mombaur in: v. Mutius, SelbstVw, S. 504f., der die Metamorphose des Begriffs darstellt. 129 130

§ 2 Grundsätzliche Überlegungen

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vorsorge den Ausdruck einer Garantiepflicht des Staates für die angemessene Bedürfnisbefriedigung der Bevölkerung, die sich allerdings erst aktualisieren soll, sobald die Befriedigung durch die Gesellschaft selbst nicht erfolgt 137 • Historisch resultiert die Aufgabe des Staates, für das Dasein des Einzelnen die Vorsorge zu tragen, daher, daß der Einzelne wegen Trennung der Lebensfunktionen Wohnen und Arbeit nicht mehr in der Lage war, alle seine Lebensbedürfnisse selbst zu befriedigen. Der effektive Lebensraum war gewachsen, der beherrschte Lebensraum hingegen geschrumpft 138 Er wurde immer angewiesener auf jene Leistungen der Allgemeinheit, auf die er allein keinen Einfluß mehr hatte 139 • So wuchs dem Staat eine Wohlfahrtsfunktion zu, die, früher noch als Ausnahme betrachtet, heute zu seinen Hauptaufgaben zähle 40 . Bereits bei den historischen Betrachtungen zur grundrechtlichen Relevanz der Verkehrsmobilität mit öffentlichen Verkehrsmitteln (s.o.) wurde die ab dem 19. Jh. zunehmende Angewiesenheit der Bürger auf schnelle, allgemein zugängliche Personenbeförderung herausgestellt. Dieselben Entwicklungen verdeutlichen den engen Zusammenhang von Verkehrsmobilität und Daseinsvorsorgepflicht des Staates. Er bedeutet, daß sich die öffentliche Hand im Sozialstaat der Sorge für die Fahrt zur Arbeit oder in der Freizeit nicht entziehen kann. Es folgt heute aus dieser Daseinsvorsorgeverantwortung eine Pflicht des Staates, u.a. eine flächendeckende Verkehrsanbindung sicherzustellen l41 • Auch der Personenverkehr zählt zu den daseinsnotwendigen Leistungen. Daher wird gerade die Versorgung der Bevölkerung mit örtlichen Verkehrseinrichtungen der staatlichen Daseinsvorsorge zugerechnet 142 und der öffentliche Personennahverkehr 143 als öffentliche oder gemeinwohlbezogene Aufgabe angesehen l44 • 137 Ossenbühl: Daseinsvorsorge und Verwaltungsprivatrecht, DÖV 1971,513 [516f.]; ähnlich Hans H. Klein: Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, S.17f. 138 Forsthoff, Verwaltung als Leistungsträger, S. 5; Ronellenfitsch, HdbStR m, § 84 Rn. 48. 139 Vgl. Mombaur in: v. Mutius, SelbstVw, S. 503; Isensee, S. 116f., 120f.; ForsthoJf, Verwaltung als Leistungsträger, S. 5f.; Rüfner, HdbStR III, § 80 Rn. 20. 140 Christian Heinze, Verteilung, S.32; Grabbe, S.36. Vgl. ferner Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S. 14f., 23 zur Entwicklung der Wohlfahrtsfunktion des (Polizei-)Staates. Badura, Verwaltungsmonopol, S. 187 spricht von Entwicklung der staatlichen "Leistungsfunktion". 141 Grabbe, S. 36f., 166. 142 Vgl. Badura, DÖV 66, 630. 143 Gesetzliche Definition in § 8 I PBefG (neu). Dort wird zwar nur auf den Linienverkehr Bezug genommen. Aber auch Gelegenheitsverkehrsarten leisten ihren Beitrag zur Daseinsvorsorge. 144 Darunter versteht man eine Aufgabe, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt und an weIcher der Staat maßgeblich interessiert ist, ohne daß er sie zwangsläufig selbst wahrnehmen muß. Vgl. statt vieler Grafberger: Der öffentliche Personennahver-

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Der Qualiflkation von Versorgungsaufgaben als solche der Daseinsvorsorge läßt sich aber allein noch keine unmittelbare rechtliche Folge entnehmen. c) Rechts/olgen

Meist gibt der Daseinsvorsorgebegriff keine Konkreten rechtlichen Schritte vor 145 • Er postuliert und rechtfertigt nicht aus sich heraus konkrete Eingriffe und begründet oder legitimiert nicht neue wirtschaftliche Leistungsfunktionen und Regelungen des Staates 146. Trotz seiner inhaltlichen Unbestimmtheit und beliebigen Verwendbarkeit ist aber der Terminus der Daseinsvorsorge nicht bloß ein soziologischer Begriff, der Leistungen der öffentlichen Hand beschreibt 147 • Auch dient er nicht nur als Umschreibung einer Grundtendenz staatlicher Eingriffe im Verkehr oder hat nur "problemverdeutlichende Funktion" 148. An die Zuordnung eines bestimmten Bereichs zur Daseinsvorsorge knüpfen etliche Rechtsfolgen an 149 • Daher ist der Daseinsvorsorgebegriff als Rechtsbegriff geeignet: Zwar folgt aus dem Auftrag zur Daseinsvorsorge nicht, wer die Leistung im öffentlichen Nahverkehr zu erbringen hat. Da es sich beim Verkehr jedoch um einen Bereich des Daseinsvorsorge handelt, trägt der Staat die Verantwortung dafür, daß sie erbracht werden 150. Damit stellt der Daseinsvorsorgeauftrag Anforderungen organisatorischer Art. Der Staat muß zumindest einen rechtlichen

kehr - Aufgabe, Organisation und verkehrsgewerblicher Rahmen, Diss., S. 49; Grabbe, S. 165f., 33. 145 Vgl. Ossenbühl, DÖV 71, 517; Mombaur in: v. Mutius, SelbstVw, S.505; Christian Heinze, Verteilung, S. 29; alle m.w.N. 146 Vgl. Badura, DÖV 66, 628; ähnlich auch Ronellenfitsch, HdbStR m, § 84 Rn. 48: "Daseinsvorsorge setzt Legitimation voraus". 147 So aber z.B. Ossenbühl, DÖV 71, 516f.; Mombaur in: v. Mutius, SelbstVw, S. 505 und Christian Heinze, Verteilung, S. 29; ähnlich Scheidemann, S.228, 233ff. Fischerhof, DÖV 60, 41-43 hält den Daseinsvorsorgebegriff nur für ein "politisches Leitbild" und sogar soziologisch für unscharf. 1960 äußerte er die Erwartung, daß der Begriff "eines Tages in der Rechtssprache nicht mehr angewendet wird, da wissenschaftlich nicht haltbar". - Diese Prognose hat sich jedoch nicht bestätigt. Der Daseinsvorsorgebegriff ist gerade in bezug auf den ÖPNV fast täglich Teil der juristischen Diskussion. 148 So aber Mombaur in: v. Mutius, SelbstVw, S. 505 und Ossenbühl, DÖV 71,517. 149 Vgl. Ronellenfitsch, HdbStR m, § 84 Rn. 48 und SternlPüttner: Die öffentliche Gemeindewirtschaft - Recht und Realität, S.56, die den Begriff als "Terminus der juristischen Begriffswelt" verstehen. Des weiteren Badura, DÖV 66, 627f.: "Mit Reduktion des Begriffs auf einen rein soziologischen Befund verkennt man seine verwaltungsrechtliche Funktion, die Interpretation der leistenden Verwaltungs-tätigkeit"; ders., Verwaltungsmonopol, s. 189: "Juristischer Begriff der Verwaltungs-lehre"; sowie Hans H. Klein, S. 17 und Rüfner, HdbStR m, § 80 Rn. 51. 150 So Rüfner, HdbStR m, § 80 Rn. 28.

§ 2 Grundsätzliche Überlegungen

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Rahmen schaffen, der gewährleistet, daß eine ausreichende Verkehrsbedienung sichergestellt ist I5I • Weil die Gewährleistung von Marktfreiheit nicht immer für eine bestmögliche Versorgung zu angemessenen Preisen ausreicht, können dabei auch Regelungen, welche die Marktfreiheit beschränken I52 , nötig sein. Hingegen wird nicht grundsätzlich postuliert, daß der Staat selbst eingreifen muß 153 . Nur, falls die Herstellung von Rahmenbedingungen nicht ausreicht, um die Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen, muß er selber die notwendigen Dienste und Leistungen anbieten I54 , indem er Verkehrseinrichtungen (z.B. kommunale Verkehrsbetriebe) zur Verfügung stellt. Sofern der Staat allerdings selbst solche Leistungen übernimmt, erfüllt er notwendigerweise eine öffentliche Aufgabe und erweitert seinen Machtbereich. Damit unterliegt er sowohl bei der Rahmengestaltung als auch bei der Selbstvornahme den Bindungen des öffentlichen Rechts, v.a. denen der Grundrechte 155. U.a. folgt daraus grundsätzlich ein Anspruch der Bürger auf Teilhabe, auch dann, wenn Leistungen privatrechtlich erbracht werden I56 . 3.Zusanunenfassung Das Grundrecht auf (Verkehrs-)Mobilität findet seinen Niederschlag in der Daseinsvorsorgeverpflichtung des Staates, eine ausreichende öffentliche Verkehrsbedienung (ÖPNV) zu gewährleisten. Daruber hinaus kommt es auch in Art. 87e GG zum Ausdruck. Grundsätzlich werden in der Marktwirtschaft und einer von Freiheitsgrundrechten getragenen Wirtschaftsordnung Dienstleistun-

151 VgL Aberle, S. 71; Rüfner, HdbStR m, § 80 Rn. 6, 10; BMV, Forschung Stadtverkehr, S. 98. 152 Rüfner, HdbStR m, § 80 Rn. 10 bzgL des ÖPNV. Als Beispiel ist hier § 13 11 Nr. 2, IV PBefG zu nennen. 153 Rüfner, HdbStR m, § 80 Rn. 16; Badura, DÖV 66, 631. 154 VgL Hans H. Klein, S. 16, 18; Schnapp in: v. Münch/Kunig, Art. 20 Rn. 18; Rüfner, HdbStR m, § 80 Rn. 17, 29, 46, speziell auch zum ÖPNV in Rn. 10, 33 und Badura, Verwaltungsmonopol, S. 189f., 193ff. bzgl. der Verkehrsanstalten für das gesamte nationale Wirtschaftsgebiet. - Viele wollen nur diese spezielle Ausprägung der Daseinsvorsorge als "Daseinsvorsorge" begreifen. Dazu besteht aber keine Veranlassung. Denn auch wenn sich der Staat ,,nur" auf Sicherung der Versorgung mit Verkehrsleistungen durch Formulierung und Anwendung eines speziellen Rechtsrahmens (z.B. des PBefG) beschränkt, ist der Zweck, auf welchen es hierbei ankommt, derjenige der Daseinsvorsorge. 155 Diese - allgemein anerkannte - Rechtsfolge betonen Ronellenfitsch, HdbStR m, § 84 Rn. 48; Rüfner, ebda., § 80 Rn. 51: "Es gelten die Regeln des jeweiligen Sachbereichs"; Hans H. Klein, S. 19 und Badura, Verwaltungsmonopol, S. 189. 156 Badura, DÖV 66, 626; ders., Verwaltungsmonopol, S. 189; Ronellenfitsch, HdbStR III, § 84 Rn. 48 und Rüfner, ebda., § 80 Rn. 52.

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A. Einführung

gen nicht vom Staat angeboten, sondern sie obliegen privaten Unternehmern 157 • Eingriffe in den Marktmechanismus des Personenverkehrs im Fall des Ungenügens seiner Selbststeuerung benötigen trotz ihrer Motivation durch den Daseinsvorsorgeauftrag schon wegen der davon betroffenen Grundrechte der Verkehrsunternehmen einer besonderen Legitimation i58 • Damit ist bei Änderungen des rechtlichen Rahmens der Personenbeförderung (pBefG) die Tatsache, daß es sich dabei um Daseinsvorsorge handelt, nur ein Abwägungsbelang neben dem Mobilitätsbedürfnis der Verkehrsnutzer und den Freiheitsgrundrechten von Verkehrsunternehmern und solchen, die es werden wollen. Daseinsvorsorge ist allein keine Rechtfertigung für den Rechtsrahmen und von Eingriffen im ÖPNV I59 , obwohl sie dazu politisch und rechtlich oft als pauschales Schlagwort einsetzt wird l6O • Ferner ist Daseinsvorsorge und Wettbewerb kein Widerspruch, sondern Zweck und mögliches Mittel zu seiner Erreichung. Aus Gründen größtmöglicher gewerblicher Freiheit und der Subsidiarität 161 ist auch im daseinsnotwendigen Bereich des ÖPNV eine weitestgehende Zurückhaltung mit staatlichen Interventionen zu begrüßen, sofern dadurch nicht die Mobilität der Bevölkerung leidet. Denn auch bei der gewerblichen Personenbeförderung im Daseinsvorsorgebereich handelt es sich um Grundrechtsausübung, die möglichst frei von Beschränkungen sein muß.

IV. Personenbeförderung im Nahverkehr als wirtschaftliches Gewerbe In der bisherigen Untersuchung standen bei der Querverbindung Mobilität Daseinsvorsorge - Personennahverkehr die Interessen und Bedürfnisse der

So Bull, S. 230; Hans H. Klein, S. 18; Rüfner, HdbStR III, § 80 Rn. 7f. Ähnlich auch Ronellenfitsch, HdbStR III, § 84 Rn. 48 a.E.: ,,Daseinsvorsorge setzt Legitimation voraus und erweitert so den Individualschutz. Diese rechtliche Konzeption der Daseinsvorsorge entschärft wohlfahrtsstaatliche Tendenzen, ohne sie zu fördern". 159 Vgl. allgemeiner Hans H. Klein, S. 19: " ... kein Blankettbegriff, des es rechtfertigen könnte, das gesamte private Wirtschaftsleben in staatliche Regie zu nehmen". 160 Die Ungenauigkeit des Begriffs der Daseinsvorsorge ist Ursache dafür, daß er oft als Argument von unterschiedlichsten Interessengruppen angeführt wird, um konkrete Maßnahmen im Verkehr zu fordern oder zu rechtfertigen, ohne daß eine genauere Begründung gegeben wird. Oft wird auch gesagt, daß er ein ,,Allerweltsbegriff' sei oder werden könnte, mit dem man "alles und deshalb nichts" beweisen kann; so Ernst Forsthoffim Vorwort zu den: Rechtsfragen der leistenden Verwaltung; Ossenbühl, DÖV 71, 515 oder Scheidemann, S.235: ,,Deskriptives Schlagwort. - Wie hier aber FrommlSellmann: Die Entwicklung des öffentlichen Verkehrsrechts, NVwZ 1994, 547 [552, FN. 76]: ,,Mit dem Hinweis auf Daseinsvorsorge allein ist es jedenfalls nicht getan" (zum Problem der Schaffung neuer öffentlicher Aufgaben). 161 Siehe dazu schon oben Kap. A § 2 I 4b. Im Zusammenhang mit der Daseinsvorsorge und dem Sozialstaatsprinzip hebt auch Zacher, HdbStR I, § 25 Rn. 28 die Subsidiarität der Verantwortung des Gemeinwesens hervor. 157 158

§ 2 Grundsätzliche Überlegungen

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Verkehrsnutzer, die auf den Transport angewiesen sind, im Vordergrund. Diese werden von eventuellen Veränderungen des Personenbeförderungsrechts jedoch nur mittelbar betroffen. Unmittelbare wirtschaftliche Auswirkungen hat der Wettbewerb hingegen für die im Personennahverkehr tätigen Verkehrsunternehmen, gleichgültig ob sie in öffentlicher oder privater Hand sind. Gewerbliche Beförderungstätigkeit ist meist Grundrechtsausübung. Än-derungen der Bedingungen, die darauf von Einfluß sind, wie Regelungen von Berufszugang oder -ausübung, haben dem neben der Daseinsvorsorge Rech-nung zu tragen. Auch die wirtschaftliche Strukturierung des Personenbeförde-rungsverkehrs und die unterschiedliche Orientierung der Verkehrsunterneh-men sind in solche Überlegungen miteinzubeziehen. 1. GewerbUche Organisation der Personenbeförderung

Auch wenn er heutzutage manchmal nicht den Eindruck macht: Der Verkehr ist Teil der gewerblichen Wirtschaft l62 . Die Gesetzgebung hat die Personenbeförderung mit Kraftfahrzeugen grundSätzlich der Privatwirtschaft überlassen l63 . Dabei wurde davon ausgegangen, daß sich für die Verkehrsbedienung immer genügend Anbieter finden, zwischen denen die Genehmigungsbehörde wählen kann l64 • Es ist auf den "gewerblichen Unternehmer" als den im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) zugrundegelegten Typ Verkehrsunternehmer abzustellen, der nach erwerbswirtschaftlichem Prinzip primär einen maximalen Gewinn anstrebt. Dies verdeutlicht auch die Geschichte. Früher wurde die Tätigkeit entgeltlicher Personenbeförderung im örtlichen Bereich als Gewerbe i.S.d. Gewerbeordnung behandelt. Darunter fällt jede erlaubte, auf Gewinnerzielung gerichtete, selbständige Tätigkeit, die fortgesetzt und nicht nur gelegentlich ausgeübt wird ( ... )165. Die Aufsichtsmittel des PBefG sollten ursprünglich nur eine Mißbrauchsaufsicht darstellen, um zu verhindern, daß die Unternehmer überzogene Gewinne erwirtschaften l66 .

162 Jarass, WiVerwR, § 18 Rn. 1; DengIer: Die preisrechtlichen Eingriffsbefugnisse in die Tarifgestaltung kommunaler Verkehrsunternehmen und die Verantwortlichkeit für die Finanzierung ihrer Defizite, VerwArch 73 (1983), 292 [295]. 163 BVerfGE 3, 21 [23]; vgl. auch BMV, Forschung Stadtverkehr, S. 98. 164 Vgl. Fromm: Der ÖPNV als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe der Landkreise?, ZögU 1986,73 [78]. 165 BVerfG NJW 1977, 772; Stober, WiVerwR, § 45 m 1 (S.246); Weimar/ Schimikowski, Rn. 733. 166 Fromm, ZögU 86, 78; vgl. auch Sigl: Personenbeförderungsgesetz - Handkommentar, Einleitung S.2: ,,Der Ursprung des neuen Personenbeförderungsrechts war nicht verkehrswirtschaftlicher, sondern polizeilicher Natur".

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A. Einführung

Eine solche rein privatwirtschaftliehe Gewerbeausrichtung, bei der nur größtmöglicher Gewinn angestrebt wird l67 , ist aber nur schwer mit dem Leitziel einer wohlfahrtsorientierten Nahverkehrspolitik vereinbar l68 . Es ergeben sich Unstimmigkeiten, die ihren Ursprung in der dargestellten Funktion und Bedeutung sowie der spezifischen Situation des Personennahverkehrs haben. Denn als Ausdruck seiner Daseinsvorsorgeverpflichtung trägt der Staat auch eine entgegengesetzte, "gemeinwirtschaftliche" Zielsetzung an den Verkehr und seine Ausübung durch die Unternehmen heran. Der Erfolg eines gemeinwirtschaftlichen Unternehmens soll in erster Linie seine Leistung im öffentlichen Interesse und nicht sein finanzielles Ergebnis sein l69 . Im Personenbeförderungssektor findet man deshalb neben dem Bereich gewerblicher Wirtschaft auch einen großen Bereich sog. Gemeinwirtschaft vor l7O • Dort gibt es kommunale Verkehrsbetriebel?l. Sie sind meist "chronisch unrentabel". Denn sie handeln nicht als Wirtschaftsunternehmen 172 , da sie wegen ihrer Versorgungsfunktion vornehmlich wirtschafts- und sozialpolitische Aufgaben zu erfüllen haben, notfalls auch unter Verlust 173 • Die Notwendigkeit von Gemeinwirtschaft ist somit neben der im Grundsatz gewerblichen Ausrichtung des PBefG ein Faktor, der Situation und Wettbewerb im Personenbeförderungswesen entscheidend mitbeeinflußt. Dies ist bei Veränderungen des rechtlichen Rahmens zu beachten.

167 Vgl. oben Anm. 103. 168 So schon Napp-Zinn: Die Prinzipien der Gemeinwirtschaftlichkeit in ihrer Anwen-

dung auf die Verkehrsträger, in: Handbuch der öffentlichen Wirtschaft, Bd. 1, S.21O. Kritisch gegenüber dem Idealtyp eines rein wettbewerblichen Verkehrs-marktes bei dieser Zielsetzung Kloten, Gemeinwirtschaftlichkeit im Verkehr, S. 221,230. 169 So Walter Heinze: Der öffentliche Personennahverkehr, in: Handbuch der öffentlichen Wirtschaft, Bd. 1, S. 599 [628], der diese gemeinwirtschaftliche Zielsetzung sogar als ,,klassisch" bezeichnet. 170 Allgemein zur Unterscheidung von Eigen- und Gemeinwirtschaft vgl. Jarass, WiVerwR, § 18 Rn. 5, § 1 Rn. 34. 171 Denn der Staat ist wegen der Pflicht zur Erfüllung seines Daseinsvorsorgeauftrags im örtlichen Bereich oft auch gezwungen, selbst Verkehrsbetriebe zur Verfügung zu stellen; s.o. 172 Vgl. Dengier, VerwArch 73, 302. 173 Vgl. Urteil des BayVGH, Amtl. Slg. 1957, 113 [122, 124]; Dengier, VerwArch 73, 300f. - Daher ist bei ihnen auch eine Gewinnerzielungsabsicht regelmäßig zu verneinen. Zwar ist für sie nicht nötig, daß das Unternehmen tatsächlich einen Gewinn erwirtschaftet. Gewinnerzielungsabsicht wird sogar noch bejaht, wenn mit Verlust gearbeitet wird; vgl. BVerwG NVwZ 1986, 296; Stober, WiVerwR, § 45 m 2b (S. 247). Von ihr wäre aber erst dann auszugehen, wenn sie völlig im Vordergrund stände; vgl. Jarass, WiVerwR, § 18 Rn. 10; Fröhler/Kormann: Kommentar zur Gewerbeordnung, § 1 Rn. 12. Das ist hier nie der Fall.

§ 2 Grundsätzliche Überlegungen

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2. Gemeinwirtschaftliehe Zielsetzung

Da Maßnahmen der Daseinsvorsorge zur Mobilitätsverbesserung im Nahverkehr sich meist im Begriff der Gemeinwirtschaftlichkeit im Personenbeförderungswesen niederschlagen und damit auch unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbs etliche Streitfragen zusammenhängen, bedarf es einer Definition von Gemeinwirtschaft. Diese ist problematisch und umstritten. Denn ihr Wesen und ihre inhaltliche Ausprägung hängen trotz des Bezugs zur Daseinsvorsorge von der temporär gültigen verkehrsrechtlichen Konzeption ab I74 . a) Definition von Gemeinwirtschaftlichkeit

Weit gefaßt wird unter Gemeinwirtschaftlichkeit "alles, was dem Gemeinwohl in irgendeiner Form dient" verstanden. Es geht um Erfüllung wirtschaftlicher und außerwirtschaftlicher Ziele, von Aufgaben, die der Allgemeinheit dienen. Dazu zählen z.B. die Bedienung verkehrs armer Gegenden, soziale Gestaltung der Beförderungstarife, Raumordnungs- und Kulturpolitik, Umweltschutz, regionale Wirtschafts förderung, usw. 175 Diesen Zielen sollen im Rahmen des Möglichen alle Verkehrsmittel dienen. Gemeinwirtschaftliehe Maßnahmen laufen damit oft auf die Umsetzung gerade von MobilitätsbedÜffnissen der Verkehrsnutzer, auf ihre Begünstigung 176 hinaus. Nach einem anderen Ansatz werden als gemeinwirtschaftlieh Maßnahmen begriffen, "die in besonderer Weise volkswirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen Rechnung tragen, insofern es sich um Leistungen handelt, die ein Verkehrsunternehmen bei kaufmännischer Geschäftsführung ohne entsprechenden Ausgleich nicht übernehmen könnte und würde"J77. Kennzeich174 So Klaten, Gemeinwirtschaftlichkeit, S. 199f. Auch Napp-Zinn, Hdb öff. Wirtschaft, S. 208 betont, daß die konkreten gemein wirtschaftlichen Ziele nicht unverrückbar festliegen, sondern wandelbar sind, weil sie von den jeweiligen Gesamtumständen und dergolitischen Willensbildung des Volkes abhängen. 1 VgI. Aufzählung bei Dengier, VerwArch 73,301, dort insb. FN. 41; ferner die Begründung des Regierungsentwurfs zum PBefG 1961, BT-Drucks. llI/2450 S. 27; Lange, Verkehr, S. 265; Napp-Zinn, Hdb öff. Wirtschaft, S. 208f., 21Of. 176 Napp-Zinn, Hdb öff. Wirtschaft, S. 211. 177 Angelehnt an Art. 50 des Schweizer Eisenbahngesetzes vom 20.12.1957; vgI. Lange: Ausgleichsansprüche für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Verkehrswesen, DVBI. 1971, 775 [775]; Klaten, Gemeinwirtschaftlichkeit, S. 211, 219; siehe auch Christian Heinze: Der Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen und Aspekte künftiger Regulierung des ÖPNV, Bd. 79 Schriftenreihe VuT, S. 17. Von einem solchen Verständnis geht auch die Europäische Gemeinschaft in Art. 2 I der va (EWG) 1191/69 des Rates vom 26.6.69 über das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs (ABI. L 156, S. 1) aus.

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A. Einführung

nend sind danach Pflichten der Daseinsvorsorge, die ein Opfer für denjenigen darstellen, der die Leistung erbringt. Was gemeinwirtschaftlich ist, kann nicht zugleich eigenwirtschaftlich sein. Es wird jedoch darauf hingewiesen, daß Gemeinwirtschaftlichkeit nicht allein deswegen zu verneinen ist, weil eine Leistung zugleich auch dem betriebswirtschaftlichen Interesse des Verkehrs unternehmers entspricht l78 Anderenfalls würden fast nur öffentliche Verkehrs unternehmen, die von ihrem öffentlichen Eigentümer unterstützt werden, gemeinwirtschaftliche Daseinsvorsorgeleistungen erbringen, rentabel fahrende Privatunternehmen hingegen nicht, womit deren Bedeutung gerade für die Mobilität der Bevölkerung verkannt würde. Insofern lassen sich beide Definitionsansätze bei einer rechtlichen Untersuchung des Nahverkehrs heranziehen. b) Bedeutung von Gemeinwirtschaftlichkeitfür den Wettbewerb

Die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten (hier werden Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflichten genannt) ist aus Gründen der Daseinsvorsorge unumgänglich. In gemeinwirtschaftlichen Bereichen sind aber die Grundbedingungen für einen Wettbewerb der Verkehrsunternehmen deutlich anders als in Bereichen, die einen Gewinn versprechen. Das Interesse rein gewerblich orientierter Unternehmen an gemeinwirtschaftlicher Verkehrsbedienung ist naturgemäß schwach. Kommunale Verkehrsbetriebe hingegen sind meist nur darauf aus, allenfalls kostendeckend zu arbeiten. Daher herrschen in Bereichen mit starkem gemeinwirtschaftlichen Einschlag bislang öffentliche Unternehmen vor (s.o.). Wenn aber privaten Unternehmern für den Fall der Erbringung verlustträchtiger, gemeinwirtschaftlicher Verkehrsleistungen von der öffentlichen Hand ein Verlustausgleich gewährt wird 179, wächst ihr Interesse an solchen Dienstleistungen. Dann kann grundsätzlich Wettbewerb auch im Bereich gemeinwirtschaftlicher Leistungen entstehen, sofern eine Gleichbehandlung privater und öffentlicher Unternehmen gewährleistet ist. Gemeinwirtschaftliche Verkehrsbedienung aus Gründen der Daseinsvorsorge, Wettbewerb privater Unternehmer untereinander oder mit öffentlichen Verkehrsbetrieben und gewerbliche Ausrichtung des Beförderungsgewerbes, schließen sich daher nicht aus, sondern sind nur an bestimmte Vorbedingungen gebunden. Dieser Zusammenhang von Mobilität, Daseinsvorsorge und Gemeinwirtschaftlichkeit im Nahverkehr hat des weiteren Auswirkungen auf das Ausmaß der Gewerbefreiheit im Personenbeförderungswesen.

178 Klaten, Gemeinwirtschaftlichkeit, S. 212. Auch Napp-Zinn, Hdb öff. Wirtschaft, S. 211f. ist der Meinung, daß nur ein Teil der gemeinwirtschaftlichen Maßnahmen ein Opfer des Verkehrsbetriebs bedingen. 179 Dies geschieht z.B. bei der Beförderung Behinderter gern. § 45a I, 11 PBefG.

§ 2 Grundsätzliche Überlegungen

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3. Grundsatz der Gewerbefreiheit

Gewerbefreiheit bedeutet, daß jedermann der Betrieb eines Gewerbes ohne besondere Genehmigung gestattet ist, soweit nicht aus besonderen Gründen Ausnahmen bestehen (§ 1 GewO). Grundsätzlich ist sie, auch im Personenbeförderungswesen, vor allem durch Art. 12 GG geschützt l80 • Aufgrund des genannten besonderen Bedeutung öffentlicher Personenbeförderung stellen die Vorschriften des Personenbeförderungsrechts eine Zusammenstellung solcher Ausnahmen vom Grundsatz der Gewerbefreiheit im Verkehr dar. Damit soll auf eine rein erwerbswirtschaftliche Betätigung der Verkehrsuntemehmen eingewirkt und eine bestmögliche Befriedigung des öffentlichen Interesses der Allgemeinheit am Verkehr sichergestellt werden. Das Beförderungsrecht dient damit hauptsächlich der Wirtschaftslenkung (vgl. § 8 PBefG) und hat folglich eine andere Zielsetzung als das übrige Gewerberecht l81 • Damit ist jedoch die Prämisse gewerblicher Freiheit dort nicht grundsätzlich aufgegeben. Das PBefG stellt mit seinen Vorschriften nur eng fixierte Ausnahmen davon dar. Im Regelfall hat auch im Personenbeförderungswesen soweit wie möglich Gewerbefreiheit zu herrschen. Fraglich ist allerdings, ob bei derzeitiger Regelungsdichte und Anwendung der Normen in Verwaltung und Rechtsprechung im Nahverkehr überhaupt noch von Gewerbe-"Freiheit" gesprochen werden kann. Deshalb bedarf es schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit und der Vereinbarkeit der Reglementierungen mit Art. 12 GG, einer strengen und regelmäßigen Überprüfung der beschränkenden Regelungen darauf hin, ob nicht eine zu starke Einschränkung gewerblicher Freiheit der Personenbeförderer vorliegt, die nicht mehr mit den Versorgungszielen des Nahverkehrs zu rechtfertigen ist oder diesen widerspricht. Marktwirtschaft und Wettbewerb setzen ein gewisses Maß gewerblicher Handlungsfreiheit voraus 182 • Mit Zulassung von mehr Wettbewerb würde dem Grundsatz der Gewerbefreiheit im Nahverkehr größere Geltung verschafft. Dies ist trotz der öffentlichen Funktion des Personenverkehrs bei Überlegungen zur Veränderung der Situation auf dem Beförderungsmarkt mit zu bedenken.

V. Zusammenfassung

Im Nahverkehrsbereich kumulieren verschiedene Bedürfnisse und Interessen. Dabei läßt sich eine Querverbindung ziehen zwischen dem Grundrecht der 180 BVerfGE 41, 205 [228], 50, 290 [362]; Weimar/Schimikowski, Rn. 730; Grajberger, S. 139; RinckJSchwark, Rn. 96. Allgemein auch Fröhler/Karmann, GewO, § 1 Rn. 21. 181 Vgl. Staber, WiVerwR, § 45 III 2b (S. 245). 182 Vgl. statt vieler Weimar/Schimikowski, Rn. 730 m.w.N.

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A. Einführung

Bevölkerung auf Mobilität, der Daseinsvorsorgeverantwortung des Staates und der Organisation eines funktionierenden öffentlichen Personennahverkehrs. Dort treffen damit verschiedene, mitunter gegensätzliche Grundrechtspositionen aufeinander. Um diese miteinander in Einklang zu bringen, steht neben dem Mittel staatlicher Reglementierung und eigener Bereitstellung von Verkehrsdienstleistungen vor allem der Wettbewerb als Steuerungsprinzip, der in unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung grundsätzlich als positiv bewertet wird, zur Verfügung. Obwohl als alleiniges Regulativ im Nahverkehr nicht ausreichend, um die geforderte Verkehrsbedienung zu garantieren, könnte jedoch eine stärkere Zulassung von Wettbewerb bei grundsätzlicher Gleichbehandlung aller Anbieter im Nahverkehr ein Mittel sein, um die genannten Interessenblöcke unter gröBerer Beachtung grundrechtlicher Freiheiten auch der Beförderer zu harmonisieren. Die Komplexität dieser Thematik wird von einem Blick in die Geschichte der Personenbeförderung auf Schiene und Straße verdeutlicht. Er zeigt, daß sie fast von Anfang an von der Abwägung zwischen Wettbewerb der Verkehrsträger oder staatlicher Beschränkung desselben als Mittel zur Herstellung bestmöglicher Nahverkehrsbedienung dominiert worden ist. Dabei gehen regulierende Staatseingriffe in den örtlichen Verkehrsmarkt zum Teil auf Zeiten zurück, in denen andere Dienstleistungsmärkte (noch) rein wettbewerblich verfaßt waren.

§ 3 Historische Entwicklung des Personenberdrderungswesens

im örtlichen Verkehrs bereich

I. Die Anfänge gewerblicher Personenbeförderung Geschäftsmäßige Personenbeförderung gab es bereits im Altertum l83 • Eine geregelte Personenbeförderung durch ein öffentliches System existierte jedoch bis zum Spätmittelalter nicht l84 •

183 Vgl. dazu Überblick bei Sigl, PBefG, Einleitung S. 1. Bereits aus Babylonien, Ägypten und China sind Nachrichten über einen staatlichen Botendienst übermittelt, der als Veranstaltung der öffentlichen Hand angesehen werden kann. Später waren im römischen Reich im "cursus publicus" die vorhandenen Beförderungsmittel zu einer Art Verkehrsanstalt u.a. für Personenbeförderung zusarnmengefaßt. 184 Allerdings gab es ,,Botendienste", die neben Nachrichtenübermittlung auch Personenbeförderung betrieben. Zu nennen sind hier etwa Universitätsbotenanstalten, Kloster-, Kaufmanns- und Metzgerboten sowie in den Städten sog. Städteboten, die diesen Zweck miterfüllten; vgl. Schilly: Verkehr und Nachrichtenwesen, in: JeserichIPohl/von Unruh (Hg.): Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. I, S.449 [449-451]; Sigl, PBefG,

§ 3 Historische Entwicklung des Personenbeförderungswesens

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1. BefOrderung durch die Post

Ab 1500 etwa wurde die Personenbeförderung bis zum Aufkommen der Eisenbahnen auch im örtlichen Bereich hauptsächlich von der Post durchgeführt l85 , der ab 1597 ein staatliches Regal l86 (aus Daseinsvorsorgegründen) ein Beförderungsmonopol sicherte. Dies änderte sich im Laufe des 19. Jh. zusehends l87 , als nach Erfindung der Dampfmaschine l88 die ersten örtlichen Eisenbahnstrecken in deutschen Staaten eröffnet wurden l89 • Von da an trat die schienengebundene Personenbeförderung ihren Siegeszug an. Die Post verlor ihr Ausschließlichkeitsrecht für die linienmäßige Personenbeförderung sofern Bahnstrecken vorhanden waren l90 , und Eisenbahnen übernahmen einen Groß-

Einleitung S. lf. Badura, Verwaltungsmonopol, S. 193 sieht diese Botendienste als Vorläufer der Post an. 185 Eingehendere Darstellungen der Entwicklung der Personenbeförderung mit der Post finden sich bei: Schilly, Dt. VwGeschichte I, S.449ff.; Röhl: Das Recht der Personenbeförderung, S. 39f.; Ziegler: Die Entwicklung des staatsrechtlichen Aufbaus des deutschen Postwesens, S. lff.; Eichenmüller: Grundlagen der Verwaltung und Leitung der Post - 500 Jahre Post und Politik, S. 15-58. Speziell zur Taxis-Post vgl. Piendl: Thurn & Taxis 1517-1867, in: Archiv für deutsche Postgeschichte, Heft 1/1967 und Badura, Verwaltungsmonopol, S. 193-196. Speziell zur Preußischen Post vgl. die ausführliche Darstellung bei von StephanlSautter: Geschichte der preußischen Post, Teil 1. 186 Regalien i.S.d. mittelalterlichen Rechts waren die dem König ursprünglich und ausschließlich zustehenden, aber lehensweise vergebbaren Rechte, die sich auf bestimmte Gegenstände bezogen und Teil seiner Herrschaftsgewalt bildeten. Ausführlicher zum Begriff des ,,Regals" und seiner jeweiligen zeithistorischen und verwaltungsrechtlichen Bedeutung Badura, Verwaltungsmonopol, S. 39-57, dort auch speziell zum ,,Postregal" (S. 196-201). 187 StephaniSautter, S. 489; Ziegler, S. 54. 188 Mit der Nutzung der Dampfkraft begann der Übergang zum gegenwärtigen Zeitalter der Industriegesellschaft. Sie bewirkte den allgemeinen Durchbruch zur industriellen Umwälzung - und legte damit auch den Grundstein für den Wunsch nach immer schnellerer Fortbewegungsmöglichkeit (Verkehrsrnobilität, s.o.) sowie zu seiner Befriedigung; vgl. Ronellenfitsch, DAR 94, 9. 189 Nachdem in England bereits am 27.9.1825 die erste lokomotivbetriebene Eisenbahn von George Stevenson auf der Strecke Stockton - Darlington eingesetzt worden war, wurde am 3.11.1838 auf der Strecke Nürnberg - Fürth die erste Eisenbahnlinie in Deutschland eröffnet. Es folgten Teilstücke der Strecken Leipzig Dresden und im Nahverkehrsbereich Berlin - Zehlendorf. Vgl. dazu i.e.: Voigt: Verkehr, Bd. 1111, S.448, 501, 509f., 515; Kech: Geschichte der deutschen Eisenbahnpolitik, S.28f., 35; Badura, Verwaltungsmonopol, S.209; Klomfass: Die Entwicklung des Staatsbahnsystems in Preußen, S. XX, XXI; Pohl in: PohllTreue, Einflüsse Motorisierung, S. 4 und Michael Ronellenfitsch: Die Wiederinbetriebnahme von Eisenbahnstrecken, VerwArch 1993,537 [539]. 190 Vgl. z.B. §§ 36-39 des Preußischen Gesetzes über Eisenbahnuntemehmungen vom 3.11.1838 (PrGS S. 505). 5 Maaß

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A. Einführung

teil ihrer Beförderungen 191 • Nach Gründung des Deutschen Reiches 1871 brachte das Reichspostgesetz 192 schließlich die endgültige Aufhebung des Postregals für die Personenbeförderung. Die gewerbliche Personenbeförderung war von da an ohne jede Einschränkung genehmigungsfrei 193 • Schnell begannen private Pferdefuhrwerke die Personenposten zu verdrängen. Wettbewerb mit der Post entfaltete sich aber fast nur auf profitablen Hauptstrecken. Auf weniger ertragreichen Nebenstrecken, die auch bedient werden mußten, blieben die Posten mangels Interesse privater Beförderer noch bestehen. 2. Schienengebundene örtliche BefOrderung

Die für die Personenbeförderung insgesamt sehr wichtige Entwicklung der Beförderung mit der Eisenbahn soll hier nur am Rande erwähnt werden, da das Hauptaugenmerk der straßengebundenen Beförderung gilt. Sie spielte sich je nach Territorialstaat unterschiedlich ab 194 • Dabei dienten dem örtlichen Nahverkehr überwiegend sog. Klein- oder Lokalbahnen 195 , für die, im Gegensatz zu den Fernbahnen 196 , erst recht spät eine gesetzliche Regelung geschaffen wurde. Zu ihnen zählten (etwa ab 1860) Pferdeomnibusse auf Schienen (Vorläufer heutiger Straßenbahnen, die zunehmend von Kraftfahrzeugen verdrängt wurden und 1928 ihren Betrieb einstellten 197 ), städtische Ringbahnen (heutige S-Bahnen), Untergrundbahnen sowie Hoch- und Schwebebahnen 198 • Erst 1892 wurde

Stephan/Sautter, S. 489; Ziegler, S. 54. Vom 28.10.1871 (RGBl. I S. 347). \93 AschbomlSchneider: Das Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reiches, S.67. \94 Wobei vor allem Preußen eine Vorreiterrolle dabei übernahm, die Eisenbahn als allgemeines Verkehrsmittel einzubürgern. Denn dort wurde neben ihrer Transportfunktion der wirtschaftliche und politische ("gemeinwirtschaftliche") Charakter der Bahn schnell erkannt. Vgl. Seidenfus in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 11, S.227f.; Kech, S. l3f., 24; Klomfass, S. 8; Lange, Verkehr, S. 8. - Zum zentralen Streitthema der (Fern-)Eisenbahnentwicklung, ob der Staat selbst aus Gründen der Daseinsvorsorge Eisenbahnunternehmer sein sollte ("Staatsbahnsystem"), vgl. z.B. Badura, Verwaltun~smonopol, S. 209ff. und Ronellenfitsch, VerwAreh 93, 539f. \ 5 Cahn in: Giese/NeuwiernlCahn (Hg.): Deutsches Verwaitungsrecht, S.301; Seidenfus, Dt. VwGeschichte 11, S. 228; Röhl, PBefR, S. 26, 28. Definition bei Haustein: Die Eisenbahnen im deutschen öffentlichen Recht, S. 18. \96 Vgl. das "Preußische Gesetz über die Eisenbahnunternehmungen" v. 28.5.1838 (PIGS S. 505). - Einen allgemeinen Überblick zur Fernbahnentwicklung gibt Ronellenfitsch, VerwArch 93,537 [538-541]. \97 Vgl. Röhl, PBefR, S. 28f. \98 Diese galten ebenfalls als Straßenbahnen; vgl. Voigt, Verkehr 1112, S.672 und Röhl, PBefR, S. 32f. \9\

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für sie ein polizeiliches Genehmigungsverfahren eingeführt l99 . Bis dahin konnte sich ihr Wettbewerb relativ frei entwickeln. Und obwohl die Bedeutung der Kleinbahnen für die Personenbeförderung stetig zunahm2OO , wurde erst im Jahr 1934 in ihren Wettbewerb durch eine reichseinheitliche Regelung stärker eingegriffen. V.a. für Straßenbahnen wurde in diesem Gesetz über die Beförderung von Personen zu Lande2ol , dem Vorläufer des heutigen PBefG, eine Genehmigungspflicht normiert. Dabei blieb es auch nach 1945. Tendenziell nahm aber in den Städten die Bedeutung von Straßenbahnen zugunsten von Omnibussen und Individualverkehr ab; die Beförderung durch U- und S-Bahnen hingegen nahm ZU202. In der Zwischenzeit war den Eisenbahnen zudem mit den Kraftfahrzeugen ein neuer Konkurrent entstanden, der ab 1900 zu ihren Lasten immer mehr an Bedeutung gewann. Daher ging man dazu über, zumindest die Fembahnen (Reichsbahn) durch Einführung von Genehmigungspflichten für bestimmte KFZ-Personenbeförderungen zu protegieren203 • 11. PersonenbefOrderung auf der Straße 1. Allgemeines

Die Personenbeförderung auf der Straße stand bis Ende des 19. Jh. ganz im Schatten der Eisenbahnen. Das lag zum einen an deren verkehrstechnischer Überlegenheit vor Pferdefuhrwerken, zum anderen aber auch am meist schlechten Zustand der Straßen204, von deren Beschaffenheit die Beförderungsleistung gerade im Überlandverkehr wesentlich abhing. Im örtlichen Bereich sah dies anders aus, da dort der Straßenzustand etwas besser war und es aufgrund der kürzeren Beförderungsstrecken auf die Güte der Straßen nicht so ankam. Personenbeförderung mit Pferdewagen hatte hier bereits länger eine große Bedeutung. V.a. in Preußen205 gab es schon früh ein pri199 § 2 Preußisches Kleinbahngesetz v. 28.1.1892 (PrOs S.225); vgl. Cahn in: GieselNeuwiernlCahn, S. 304 (FN. 24); Röhl, PßefR, S. 27ff. 200 1928 betrug die Zahl der mit Straßenbahnen beförderten Personen jährlich 4,556 Mrd.; vgl. Baumann: Deutsches Verkehrsbuch, Tabelle S. 378 und Voigt, Verkehr II12, S.681. 201 Vom 4.12.1934 (RGßl. I S. 1217). 202 Voigt, Verkehr II12, S. 679-682. 203 Salzwedel in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, ßd. IV, S. 268f. 204 Die Entwicklung und Erneuerung der Landstraßen wurde zudem zugunsten des Eisenbahnbaus vernachlässigt; vgl. Voigt, Verkehr II11, S. 400, 441; von Bissing, S. 85; Pohl in: Dt. Verwaltungsgeschichte, ßd. m, S. 37; ders. in: Pohlffreue, Einflüsse Motorisierung, S. 4. 205 Und in Städten, in denen das Postmonopol nicht galt.

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vates Pferdemietkutschenwesen (Fiaker). Bereits 1742 existierte in Berlin eine Fiakerstation. Auch Pferdedroschken (Lohnfuhrwagen mit nicht mehr als 8 Sitzplätzen), die an bestimmten Plätzen stationiert waren, gab es, staatlich konzessioniert, ab 1814 in beträchtlicher Anzahf06 . Mit Verbesserung der städtischen Straßen wurden bald als ,,Massenverkehrsmittel" auch Pferde-omnibusse eingesetzt, die sich rasch in größeren Städten durchsetzten 207 und bald als Liniendienste verkehrten. Große Veränderungen brachte die Erfindung des Explosionsmotors und die Konstruktion des ersten modernen Kraftwagens mit Benzinmotor mit sich208 • Damit setzte die Modernisierung der Straßenverkehrs mittel ein. Folge war eine zunehmende Verbesserung der Straßen, wodurch wiederum der KFZ-Verkehr örtlich wie überörtlich zunahm209 • Denn Kraftwagen waren der Eisenbahn durch die engmaschigere Flächenausnutzung und die Möglichkeit des Verkehrs von Haus zu Haus überlegen. Auch ermöglichten sie "selbst-bestimmte Mobilität", nämlich die Entscheidung wann, wo, wohin und v.a. mit wem man fährt; das Ausgeliefertsein an Fahrpläne und unerwünschte Gesellschaft entfietl lO • 2. Die ersten Kraftverkehre

Man erkannte bald die große Bedeutung motorisierter Omnibusse für den Ortsverkehr. Stadtomnibuslinien entstanden 211 • Parallel dazu setze man inner206 Hofmann in: Dt. VeIWaltungsgeschichte, Bd. m, S. 595; Kubisch: Taxi - das mobilste Gewerbe der Welt, S. 14-17; Voigt, Verkehr II/2, S. 663f., 665. 207 Die ersten dieser Art gab es ab 1825 in Berlin; vgl. Voigt, Verkehr II/2, S.666; Pohl, Dt. VwGeschichte m, S. 37. 208 Die Erfindung des Motors 1876 gelang Nicolaus Otto. Die Konstruktion des ersten KFZ 1883/1886 verdankt man G. Daimler und C. Benz. Vgl. Rehbein: Zur Frühgeschichte des Kraftfahrzeugverkehrs, S.263f.; Voigt, Verkehr II/1, S.446f.; Pohl, Dt. VwGeschichte m, S. 37 und ders. in PohllTreue, Einflüsse Motorisierung, S. 2, auch zu den vorausgegangenen Versuchen der Erfindung eines "Kraftwagens" ab ca. 1770. Nach Ronellenfitsch, DAR 94, 9 ist die Motorisierung als "der das 20. Jh. prägende Entwicklungssprung" anzusehen. - Die Auswirkungen der damit möglichen künstlichen Herstellung von Geschwindigkeit auf die Bedeutung der Verkehrs-mobilität der Bevölkerung wurden bereits angedeutet (s.o.). 209 Kubisch, S. 8, 13; Voigt, Verkehr II/1, S.448; Salzwedel, Dt. VwGeschichte N, S. 267; Pohl, Dt. VwGeschichte III, S. 37 und Rehbein, S. 265-269. 210 Vgl. dazu Ronellenfitsch, DAR 94, 12, dort v.a. FN. 62; ebenso Pohl in: PohllTreue, Einflüsse Motorisierung, S. 16. 211 Die erste Stadtomnibuslinie Deutschlands wurde 1905 in Berlin eingerichtet; vgl. Rehbein, S. 268; Voigt, Verkehr II/2, S. 673f. und II/1, S. 453. Als Massenverkehrsmittel setzten sich Omnibusse in Deutschland jedoch gegenüber den meisten anderen westeuropäischen Ländern nur zögernd durch; zudem verfügten sie nur über eine geringe

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örtlich ab 1910 neu entwickelte gleislose elektrische Oberleitungsfahrzeuge (Obusse) linienmäßig ein212 . Die antiquierten Pferdedroschken konnten sich der neuen Konkurrenz der Kraftwagen, die ihnen an Geschwindigkeit und Komfort bald überlegen waren, nicht lange erwehren. So vollzog sich allmählich der Übergang von Pferdedroschken hin zum Kraftwagen-Taxi, welches die Pferdefuhrwerke schließlich ganz verdrängte2l3 . Eine größere Anzahl privater Kraftfuhrunternehmer entwickelte sich dennoch erst ab 1920. Auch im Fernverkehr entstand mit dem Aufkommen von Omnibus-Linienverkehren langsam ein neues Wettbewerbs feld, vor allem nach dem 1. Weltkrieg. Gesetzgeberisch protektioniert, avancierte gerade die Post zum größten nationalen Kraftfahr1inienunternehmen. Ansonsten betrieben v.a. öffentlichrechtliche Körperschaften Kraftfahrlinien, und ab 1924 sogar die Reichsbahn, deren bis dahin noch bestehendes faktisches Beförderungsmonopol gerade im Nahverkehrsbereich durch die Zunahme des Kraftverkehrs 214 erheblich ausgehöhlt worden war2l5 . 3. Rechtliche Situation des Kraftfahrwesens bis 1934

Diese verhältnismäßig freie Entwicklung der gewerblichen Personenbeförderung auf der Straße ab der zweiten Hälfte des 19. Jh. wurde dadurch begünstigt, daß eine spezielle rechtliche Grundlage zur Behandlung des Personenverkehrs fehlte. Der Wettbewerb der Beförderer konnte sich mit seinen Vorzügen zumindest bis 1919 relativ frei entfalten. Auf die gewerbliche Personenbeförderung auf der Straße fanden nur die

§§ 37, 40, 76 der Reichsgewerbeordnuni 16 vom 21.6.1869 Anwendung. Da-

nach unterstand der innerörtliche öffentliche gewerbliche Personenverkehr mit Wagen aller Art (Droschken, Omnibusse) nur der Regelung durch die Ortspolizeibehörden. Diese erteilten die Genehmigungen ausschließlich nach verkehrsund sicherheitspolizeilichen Gesichtspunkten, nicht aber nach verkehrs wirtTransportkapazität; vgl. Burscheid in: Pohlffreue, Einflüsse Motorisierung, S. 117 [121]. 212 Voigt, Verkehr llJ2, S. 674 und Pohl in: Pohlffreue, Einflüsse Motorisierung, S. 6. 213 So ging von 1900 bis 1918 die Zahl der Pferdedroschken von 8114 auf 1301 zurück, während im selben Zeitraum die Anzahl der Kraftdroschken von 1 auf 2487 anstieg; vgl. Tabelle bei Kubisch, S. 35. 214 Die Zahl privater Kraftfahrzeuge stieg von 27026 KFZ in 1907 auf 1499724 KFZ in 1932 an; vgl. Lange, Verkehr, S. 11. 215 Vgl. Dittebrand: Eisenbahn und Kraftwagen in Deutschland, Diss., S. 138-141; Sigl, PBefG, Einleitung S. 2; Salzwedel, Dt. VwGeschichte IV, S. 268. Allerdings waren diese Bemühungen der Reichsbahn recht erfolglos. 216 RGBI. S. 245.

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schaftlichen Aspekten217 . Dazu erließen sie Droschkenordnungen, die sich auf den linienmäßig und nicht-linienmäßig betriebenen Verkehr bezogen. Eine Unterscheidung wurde nicht gemacht. Zwar wurden nach h.M. auch gewerbsmäßige KFZ-Linien davon erfaßt, die über die Grenzen eines Gemeindebezirks hinausgingen. Jedoch fehlte vorerst noch jegliche Regelung für den gewerblichen Überlandverkehr2I8 . Der Betrieb dieser Gewerbe und damit auch der Wettbewerb unter diesen war also frei, sofern die Ortspolizeibehörde nicht einschränkende Regelungen getroffen hatte219 • Obwohl in den folgenden Jahren die überörtliche KFZ-Linienbeförderung zunehmend reguliert wurde22o , um Reichsbahn und -post vor ungewollter Konkurrenz durch linienmäßigen KFZ-Verkehr zu schützen221 , blieb es für den innerörtlichen Nahverkehr weiterhin bei den o.g. Bestimmungen der GewO. Dies war um so erstaunlicher, als gerade der Nahverkehr das Hauptbetätigungsfeld des Personenkraftverkehrs darstellte222 • Auch nicht-linienmäßig betriebener Verkehr außerhalb des Ortsbereichs war nach wie vor genehmigungsfrei. Und ab 1931 war sogar Linienverkehr mit kleinen Personenkraftwagen (weniger als 8 Personen) nicht mehr genehmigungspflichtig, sondern nur noch der Omnibusverkehr223 • Das zeigt, daß der Staat gelegenheitsmäßigen Gewerbskraftverkehr und Verkehr mit Kleinwagen nicht als Konkurrent des Buslinien217 Vgl. Hein: Gesetz über die Beförderung von Personen zu Lande vom 4. Dezember 1934, § 9 Anm. la (S. 63f.). 218 Vgl. Dittebrand, S. 172f.; Lange, Verkehr, S. 11; Greif. Kommentar zum PBefG, Vorb. 1 vor § 1; Hoffirumn in: von Brauchitsch (Hg.): Die preußischen Verwaltungsgesetze, Bd. 2, Anm. 2 zu § 37 (S. 125f.); Röhl, PBefR, S. 45f., 56. 219 Hoffinann in: v. Brauchitsch, Anm. 1 zu § 37 (S. 125); Röhl, PBefR, S. 46. Vor allem die Reichspost profitierte davon, weil sie kein Gewerbebetrieb war. 220 Vgl. die aufeinanderfolgende Verkündung der" Verordnung betreffend Kraftfahrzeuglinien" vom 24.1.1919 (RGBl. S.97), des "Gesetz über Kraftfahrzeuglinien" vom 26.8.1925 (RGBl. I S. 319) und den 5. Teil Kap. V der ,,Notverordnung zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen" vom 6.10.1931 (sog. ÜberlandVO, RGBl. I S. 537). 221 Denn diese waren dem Eisenbahnverkehr mit festen Fahrplänen am ehesten vergleichbar und wurden deshalb als ernster Konkurrent angesehen. Daher unterwarf man die überörtliche KFZ-Linienbeförderung einem reichsrechtlichen Genehmigungszwang. Dabei war die Genehmigungserteilung u.a. an den "öffentlichen Interessen" orientiert, zu denen auch der Schutz bereits bestehender Verkehrsunternehmen vor unbilligem Wettbewerb durch KFZ-Linien gezählt wurde. Vgl. Dittebrand, S. 173f.; Röhl, PBefR, S. 46f.; Salzwedel, Dt. VwGeschichte IV, S. 269; Greif, PBefG, Vorb. 3 vor § 1; Lange, Verkehr, S. 13 und RautenberglFrantzioch: Das Personenbeförderungsrecht, S.37: ,,zweck der NotVO war es, den unbilligen Wettbewerb im Straßenpersonenverkehr zu unterbinden". - Ab 1928 waren auch Betriebspflicht und Tarifzwang möglich. Vorhandene öffentliche Verkehrsunternehmen erhielten ab 1931 ein Widerspruchsrecht gegen neue Genehmigungen, welche zudem befristet werden konnten. 222 Voigt, Verkehr 11/2, S. 1296 und Dittebrand, S. 140. 223 Röhl, PBefR, S.47; Voigt, Verkehr 11/1, S.455; Lange, Verkehr, S. 14f.; Sigl, PBefG, Einleitung S. 3; Greif, PBefG, Vorb. 3 vor § 1.

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verkehrs einschätzte - eine Sicht, die heute noch vorherrscht. Wegen dieser Wettbewerbseinschränkungen entwickelte sich ein rein privates Kraftfahrgewerbe fast nur im örtlichen Bereich oder als Ausflugs- und Rundfahrtbetrieb. Überörtliche private Liniendienste blieben selten. 4. Personenbeförderungsgesetz 1934

Aufgrund dieser Rechtslage nahm jedoch der Personen(kraft)verkehr gerade im Nahverkehrsbereich so stark zu 224, daß auch dort eine einheitliche gesetzliche Koordinierung der beiden Verkehrsträger KFZ - Bahn unumgänglich wurde. Diese verkehrswirtschaftliche Regelung erfolgte am 4.12.1934 durch das Gesetz über die Beförderung von Personen zu Lande (pBG 1934)225. Sein Verdienst war eine (Neu-)Regelung des Wettbewerbs der Personenbeförderer durch Vereinheitlichung der für sie gültigen Vorschriften. Denn es behandelte alle Landverkehrsmittel außer Ferneisenbahnen für jede gewerbsmäßige Form der Personenbeförderung226 . Ihm unterfielen alle Fahrzeugarten (Omnibusse, Straßenbahnen, Droschken, Pferdefuhrwerke). Die gesamte Personenbeförderung, örtlich und überörtlich, linienmäßig oder nicht, wurde genehmigungspflichtig (§ 2), mit Ausnahme von Reichsbahn und -post (§§ 14, 27)227. Dabei unterschied man erstmals zwischen Linienverkehr (öffentlicher Verkehr mit Kraftomnibussen; regel- und planmäßige Beförderung zwischen bestimmten Punkten 228 , überörtlich und lokal) und Gelegenheitsverkehr (gesamte sonstige gewerbsmäßige Personenbeförderung; örtlich und überörtlich; mit Droschken, Miet-, Ausflugs- und Überlandwagen)229. a) Genehmigungsvoraussetzungen nach dem PBG 1934

Nach § 9 PBG 1934 durfte eine Genehmigung nur erteilt werden, wenn (neben Zuverlässigkeit und Gewährleistung von Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebs) das Unternehmen den Interessen des öffentlichen Verkehrs nicht zuwiderlief (§ 9 I). Darüber hinaus war die Genehmigung zu ver-

224 1938 wurden im Deutschen Reich 6,2 Mrd. Menschen befördert; vgl. Voigt, Verkehr 1I/2, S. 1296. 225 RGBI. I S. 1217. 226 Vgl. Seidenfus, Dt. VwGeschichte IV, S.914; Lange, Verkehr, S. 16; Greif, PBefG, Vorb. 4 vor § 1. 227 Seidenfus, Dt. VwGeschichte IV, S. 914; Röhl, PBefR, S. 44; Voigt, Verkehr 1I/1, S. 456; Lange, Verkehr, S. 16. 228 Vgl. zu den Einzelheiten vgl. Hein: Das Gesetz über die Beförderung von Personen zu Lande, DAR 1935, 3 [4] und Röhl, PBefR, S. 47-50. 229 Einzelheiten bei Röhl, PBefR, S. 56-61 und Hein, DAR 35, 4.

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sagen, wenn kein Bedürfnis vorlag (§ 9 11). Ergänzend gaben §§ lOf. Durchführungsverordnung vom 26.3.1935 230 Hinweise darauf, welche Umstände bei der Anwendung des § 9 PBO zu würdigen waren. Nach § 11 I DVIPBO sollte unter "Interessen des öffentlichen Verkehrs" hauptsächlich das Verkehrs bedürfnis verstanden werden. Und von einem Zuwiderlaufen war insbesondere dann auszugehen, wenn das beantragende Unternehmen bereits vorhandenen (Linien-) Unternehmen unbilligen Wettbewerb bereitete (§ 11 11 Nr. 2 DVIPBO)231. Ein Anspruch auf Oenehmigungserteilung bestand nicht, auch wenn die Voraussetzungen des § 9 PBO erfüllt waren (§ 12 DVIPBO)232. Diese verschärften Vorschriften des PBG 1934 sind vor dem Hintergrund einer rigorosen Planwirtschaft im Verkehrswesen zu sehen, die mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 in Deutschland Einzug gehalten hatte233 • Es sollte ein volkswirtschaftlich "ungesunder Wettbewerb" der öffentlichen Verkehrsunternehmen untereinander verhindert werden234 • Hinter den "Interessen des öffentlichen Verkehrs" (SichersteIlung des Verkehrsbedürfnisses) stand das Interesse der Allgemeinheit an einem geordneten Verkehrswesen235 • Es ging um das öffentliche verkehrsbezogene Bedürfnis der Allgemeinheit, nicht um das wirtschaftliche, sich aus den Interessen der vorhandenen Unternehmer ergebende. Daher durfte das geplante Verkehrsunternehmen nicht isoliert bewertet werden, sondern war zu den bereits vorhandenen Unternehmen in Beziehung zu setzen. Nicht Wettbewerb generell sollte verhindert werden, sondern nur der Wettbewerb, der den Verkehr von einem vorhanRGBl. I S. 473 - im folgenden "DVIPBG" genannt. Das Vorliegen unbilligen Wettbewerbs war h.M. nach beim örtlichen Gelegenheitsverkehr nicht zu prüfen. Dort kam es allein auf das Verkehrsbedürfnis an; vgl. Ziff. 13 der ,,Richtlinien für die Auslegungsgrundsätze des § 11 n DV" des RVM v. 13.7.1935 (RVkBl. B S. 100); ferner Oppelt: Das Personenbeförderungsrecht, 3. Aufl., Anm. 4 zu § 11 DV (S. 57); Müller: Straßenverkehrsrecht, 14. Aufl., S. 1068 und Hein, PBG, § 9 Anm. 5 (S. 70). - Denn dem Eisenbahnverkehr konnte unbilliger Wettbewerb nur durch planmäßigen Verkehr bereitet werden. 232 Vgl. Greif, PBefG, Vorb. 4 vor § 1; Sigl, PBefG, Einleitung S. 3; Lange, Verkehr, S.53, 61; Seidenfus, Dt. VwGeschichte IV, S. 914f. Damit wollte man der Genehmigungsbehörde die Möglichkeit geben (Ermessen), bei mehreren Anträgen mit gleichen Voraussetzungen demjenigen die Genehmigung zu erteilen, der die Verkehrsbedürfnisse am besten befriedigt; vgl. Oppelt, PBefR, Anm. 1 zu § 12 DV (S. 57). 233 Vgl. die Präambel des PBG 1934: "Im nationalsozialistischen Staat [... ] müssen jedem Beförderungszweige die Aufgabe zugewiesen werden, die er im Rahmen des Gesamtverkehrs und der Wirtschaft am besten zu lösen vermag"; zur Grundtendenz des PBG 1934 ähnlich auch BVerfG E 11, 168 [184], Hein, PBG 1934, § 9 Anm. Ib (S. 64), Anm. 4b (S. 67). 234 So Lange, Verkehr, S. 16; Oppelt, PBefR, Anm. zu § 9 PBG (S.23) und Greif, PBefG, Vorb. 4 vor § 1. 235 So BVerwGE 1,92 [95f.] (zu § 9 PBG 1955, der inhaltsgleich mit § 9 I PBG 1934 war); vgl. auch Müller: Straßenverkehrsrecht, 20. Aufl., Anm. 3b zu § 9 PBG (S. 1017). 230 231

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denen Unternehmen ab- und einem neuen Unternehmen zulenkt, ohne dem Verkehrsbedürfnis in vollkommenerer Weise gerecht zu werden 236 . Der Schutz von Konkurrenzinteressen gegen freien Wettbewerb war nicht bezweckt237 • Ziel des § 9 I PBG war darüber hinaus jedoch auch, ein "gedeihliches Zusammenarbeiten aller öffentlichen Verkehrsmittel durch Eingliederung in den bereits vorhandenen öffentlichen Verkehr zu gewährleisten und zum Nutzen der Allgemeinheit von jedem Verkehrsmittel wirtschaftliche Höchstleistungen zu erzielen,.238. Zusätzlich dazu führte § 9 11 PBG eine wirtschaftliche Bedüifnisprüfung ein 239 • Diese Prüfung eines "Bedürfnisses schlechthin" war von der Berücksichtigung der Interessen des öffentlichen Verkehrs scharf zu trennen. § 9 11 PBG stellte einen selbständigen Tatbestand d~40, der die Prüfung des "volkswirtschaftlichen Bedürfnisses" verlangte, die den "verkehrs-wirtschaftlichen Notwendigkeiten Rechnung" trägt, das notleidende Verkehrsgewerbe auf eine "gesunde Grundlage" stellt und ihm die Möglichkeit gibt, "die zu einer angemessenen Lebenshaltung und wirtschaftlichen Betriebsführung notwendigen Mittel zu erwerben,,241. Damit faßte er nicht die Interessen der Allgemeinheit, nicht die optimale Verkehrsgestaltung, ins Auge, sondern die Wirtschaftlichkeit der Unternehmer. Nicht allein ob eine Nachfrage nach dem Verkehrsangebot des Bewerbers bestand, war entscheidend, sonder vor allem, ob diese Nachfrage so beschaffen war, daß sie das Unternehmen auch trug 242 . § 9 11 be236 Sog. "unbilliger Wettbewerb"; vgl. zu diesem Ziel Müller, StVerkR, 14. Aufl., S. 1068 und ders., StVerkR, 20. Aufl., S. 1017: "Unzulässig ist Wettbewerb nur, soweit er den öffentlichen Verkehr im ganzen gesehen beeinträchtigt"; ferner Oppell, PBefR, Anm. 4 zu § 11 DV (S. 55). 237 So Röhl, PBefR, S. 53; Müller, StVerkR, 20. Aufl., S. 1017 und Hein, PBG, § 9 Anm. 4b bb (S. 69): "Als unbillig wird man einen Wettbewerb nicht schon deshalb ansehen können, weil das neue Unternehmen bestehende Unternehmen wirtschaftlich schädigt, denn dann wäre jede Weiterentwicklung des Verkehrs unmöglich gemacht". 238 So Müller, StVerkR, 14. Aufl., S. 1068 und Hein, PBG, § 9 Anm. 4b bb (S. 69). 239 BVerfGE 11, 168 [179]; Greif, PBefG, Vorb. 4 vor § l. 240 Denn in § 9 II PBG fehlten die Zusätze "öffentlich" und "Verkehrs-", wie sie dem Bedürfnis in § 11 I 1, II Nr. 2 DVIPBG beigegeben waren; vgl. BVerfGE 11, 168 [180]; BVerwGE 1,92 [95] und Müller, StVerkR, 20. Aufl., S. 1014. 241 So wörtlich Ziff. 14 der "Richtlinien" des RVM, RdErl. v. 13.7.1935 (RVkBl. B S. 100); vgl. auch Oppell, PBefR, Anm. 1 zu § 11 DVIPBG (S. 54f.); BVerfGE 11, 168 [180]. Ähnlich ferner die Bundesregierung in der Begründung ihres Entwurfs des PBG 1954, BT-Drucks. II/831 S. 37. 242 So BVerfGE 11, 168 [180]; Oppelt, PBefR, Anm. 1 zu § 11 DVIPBG (S. 54f.): "Die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge muß mit den [... ] wirtschaftlichen Erfordernissen der Verkehrsunternehmen in Einklang gebracht werden"; ähnlich Müller, StVerkR, 20 Aufl., S. 1014 und die Bundesregierung in der Begründung ihres Entwurfs des PBG 1955, BT-Drucks. llIl255 S. 27: "Denn es soll nicht [wie im alten § 9 II PBG] das wirtschaftliche, sich aus den Interessen der vorhandenen Unternehmen ergebende

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A. Einführung

urteilte damit die Zulässigkeit eines weiteren Unternehmens nach den wirtschaftlichen Interessen der schon zugelassenen oder neu zuzulassenden Konkurrenzunternehmen 243 • Damit verschaffte die Genehmigung nach § 9 eine monopolähnliche Rechtsposition. Um deren Mißbrauch zu verhindern, wurde 1939 eine allgemeine Beförderungspflicht angeordnet244 . b) Auswirkungen des PBG 1934

Trotz dieser Beschränkungen nahm vor dem 2. Weltkrieg die Anzahl privater Personenbeförderer ZU 245 • Dagegen wurde ein Hauptanliegen, das hinter den Regulierungen des PBG 1934 stand, die Verdrängung der Reichsbahn durch KFZ-Linien und von Straßenbahnen durch Omnibuslinien zu verhindern246 , zumindest innerstädtisch verfehlt. Denn nach dem Krieg ersetzten dort Omnibusse vielfach die Straßenbahnen247 • 5. Entwicklung nach dem zweiten Weltkrieg

Nach Behebung der Kriegszerstörungen der Infrastruktur erlebte auch das Personenlohnfuhrwesen ab Gründung der Bundesrepublik einen Aufschwung 248 , obwohl der Individualkraftverkehr die öffentliche Beförderung zunehmend zurückdrängte249 • Gerade die schienenfreie Beförderung mit Bussen Bedürfnis geprüft werden." und Hein, DAR 35, 4: ,,Die Unternehmen können auch darauf rechnen, daß der Staat sie [... ] finanziell leistungsfähig erhält". 243 BVerfGE 11, 168 [181]: ,,§ 9 11 PBG schützte mehr vor den wirtschaftlichen Gefahren einer Übersetzung für das Verkehrs gewerbe, während § 9 I das öffentliche Interesse an der Befriedigung des Verkehrsbedürfnisses sichern wollte". 244 Im Verordnungswege (RGBl. I S. 231); vgl. Lange, Verkehr, s. 16. 245 Frank: Der Personenverkehr mit Kraftfahrzeugen, in: Handbuch der öffentlichen Wirtschaft, Bd. 1 (1960), S. 573 [578f.]. 246 Vgl. z.B. Röhl, PBefR, S. 53. 247 Voigt, Verkehr, II/2, S. 679 und Pohl in: Pohlffreue, Einflüsse Motorisierung, S. 8. 248 Vgl. Frank, Hdb öff. Wirtschaft, S. 579f. 249 Bereits 1953 war der PKW-Bestand in der Bundesrepublik auf 1 Mio. angewachsen; vgl. Ronellenfitsch, DAR 94, 10. Damit hatte der motorisierte Individualverkehr ebenfalls den Charakter der Massenhaftigkeit angenommen; so Voigt, Verkehr II/l, S. 461, 463-466, II/2, S. 707 und Burscheid in: Pohl/Willeke, Einflüsse Motorisierung, S. 117 [122]. Da 1955 erstmals der Individualverkehr anteilsmäßig mehr als der öffentliche Verkehr zum Personenverkehr in der Bundesrepublik beitrug, spricht er vom Beginn der Zeit der ,,Massenmobilität" (mit dem Auto); ebenso Willeke: Mobilität als Problem und Aufgabe, Kölner Universitätsreden 54, S. 10. Bereits von 1923 bis 1933 war die Anzahl der PKWs um 409% auf 511000 angestiegen; vgl. Pohl in: Pohlffreue, S. 8 und Ronellenfitsch, ebda. S. 10.

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zeigte eine steigende Tendenz 25o • Dieser Dynamik des sich verändernden Verkehrs, dem Wettbewerb zwischen Schiene und Straße und auch den politischen und staatsrechtlichen Verhältnissen nach 1949 wurde das PBG 1934251 nicht mehr gerecht. Zudem machten zwischenzeitlich ergangene Urteile der Verwaltungsgerichte eine Überarbeitung nötig. a) Verwaltungsrechtsprechung

Gerade die Grundbestimmung des § 9 PBG 1934 sah sich nach 1949 einer verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung gegenüber, die den Art. 12 GG zur justiziellen Beseitigung gewisser Einschränkungen der Wirtschafts- und Gewerbefreiheit zu verwenden ansetzte252 • Weil das Grundrecht auf freie Berufsausübung durch eine Bestimmung, die dazu führen kann, daß der Berufszugang überhaupt versperrt ist, in seinem Wesensgehalt angetastet wird, sah das Bundesverwaltungsgericht 1954 in der Bedürfnisprüfung des § 9 11 PBG 1934 einen Verstoß gegen Art. 12 I 1 i.V.m. 1911 GG 253 • Denn der Nachweis eines volkswirtschaftlichen Bedürfnisses liegt außerhalb der Tatbestände, auf die der Bewerber Einfluß nehmen kann. Und die Wahrung öffentlicher Interessen, welche Grundrechtsbeschränkungen rechtfertigen könnte, wurde schon durch § 9 I PBG 1934 ausreichend gesichert. Daher bedurfte es der zusätzlichen Bedürfnisprüfung, die allein auf Wirtschaftsinteressen der Unternehmen abstellte, nicht254 • § 9 11 PBG wurde folglich als verfassungswidrig nicht mehr angewendet. Gleiches galt für § 12 DVIPBG, der einen Rechtsanspruch auf Genehmigung auch bei Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen ausschloß. Denn

250 1956 wurden mit Kraftomnibussen mehr als 2,1 Mrd. Personen befördert. Der Anteil der Beförderungen im Ortsverkehr von Straßenbahn und Linienbus betrug damit 60,4% der Gesamtpersonenbeförderung in der Bundesrepublik; vgl. Angaben des Statistischen Bundesamtes in: Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1957, Tabelle S. 357, 326. Zum Jahr 1957 vgl. Frank, Hdb. öff. Wirtschaft, S. 580: ,,Der Anteil der mit Omnibussen beförderten Personen am gesamten Personenverkehr ist von 23% 1950 auf über 45% im Jahre 1957 gestiegen." sowie Tabelle S.597 (2,33 Mrd. Beförderungsfälle im Busverkehr in 1958). 251 Das unterdessen am 6.12.1937 per Änderungsgesetz (RGB!. I S. 472) den wirtschaftlichen Verhältnissen angepaßt worden war, ohne etwas an den Genehrnigungsvoraussetzungen des § 9 zu ändern. 252 Sigl, PBefG, Einleitung S. 3. 253 Vgl. BVerwGE 1,92 [93f.]; ebenso Sigl, PBefG, Einleitung S. 4; Müller, StVerkR, 20. Aufl., S. 1014. - Noch 1952 a.A. dazu Oppelt, PBefR, Anm. zu § 9 PBG (S. 24). 254 Nur öffentliche Interessen können Eingriffe in Art. 12 I I GG rechtfertigen. Vgl. BVerwGE 1, 92 [94f.]; Sigl, PBefG, Einleitung S. 4.

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A. Einführung

nach Art. 12 I GG sind Beschränkungen der Berufsausübung nur gesetzlich möglich255 • Wegen des öffentlichen Interesses an Linienverkehren und Gelegenheitsverkehren mit Droschken hielt das BVerwG die Anwendung des § 9 I PBG 1934 auf diese Verkehre für mit dem Grundgesetz vereinbar. Beschränkungen des Mietwagengewerbes aus § 9 I PBG 1934 wurden hingegen mangels überwiegenden Interesses der Öffentlichkeit an dieser Beförderungsform für unzulässig erachtet256 •

b) Änderungen des PBG im Jahr 1955 Nachdem ein von der Bundesregierung eingebrachter neuer Entwurf des PBG 1954 aus Zeitgründen nicht mehr vom Bundestag verabschiedet wurde257 , erhielt § 9 II mit Änderungsgesetz vom 12.9.1955 258 folgende Fassung: ,,Die Genehmigung darf bei allen in § 2 genannten Verkehrsarten nicht erteilt werden, wenn der Verkehr mit den vorhandenen Verkehrsmitteln befriedigend bedient werden kann". Die Rücksichtnahme auf öffentliche Verkehrsinteressen in § 9 I blieb bestehen. Damit war zwar formell keine wirtschaftliche Bedürfnisprüfung nach Art des alten § 9 II PBG 1934 mehr vorhanden. Aber auch hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des neuen § 9 II PBG bestanden Zweife1 259 •

255 So BVerwGE 1, 165 [169]; Sigl, PBefG, Einleitung S.4; zuvor bereits Oppelt, PBefR, Anm. 1 zu § 12 DVIPBG (S. 57). 256 Zum Kraftdroschken- und Linienverkehr vgl. BVerwGE 1,92 [96f.]; zu Mietwagen siehe BVerwGE 1,97 [98]; 1, 165 [167f.]. 257 Vgl. BT-Drucks. 11/831. Der Entwurf sah in § 13 TI, III vor, daß eine Genehmigung zu versagen ist, wenn durch einen neuen Verkehr öffentliche Verkehrsinteressen beeinträchtigt werden. Dies sollte der Fall sein, wenn kein öffentliches Verkehrsbedürfnis für ihn vorliegt, vor allem, wenn der Verkehr mit den vorhandenen Verkehrsmitteln befriedigend bedient werden kann (§ 13 III 2). - Auf die wirtschaftliche Bedürfnisprüfung des alten § 9 11 PBG 1934 wurde ausdrücklich verzichtet; vgl. Begründung ebda. S. 36f. 258 BGBI. I S. 573. 259 Vgl. z.B. Müller, StVerlcR, 20. Aufl., S. 1014: "Allein im Wortlaut der Neufassung des § 9 TI ist keine sachliche Änderung zu sehen; auch jetzt noch bedeutet es eine "Versagung wenn kein Bedürfnis vorliegt (a.F.)", wenn die Genehmigung nicht erteilt werden darf, falls befriedigende Verkehrsbedienung vorliegt. § 9 II rückt zudem den Schutz gegen Wettbewerb durch einen gleichwertigen Unternehmer in den Vordergrund". Ähnlich auch Larbig: Grundfragen des Omnibusverkehrs, in: Handbuch der öffentlichen Wirtschaft, Bd. 1, S. 548 [560]: "Damit wurde die Bedürfnisprüfung wieder eingeführt." und OVG Berlin, DÖV 1956,89 [90].

§ 3 Historische Entwicklung des Personen beförderungs wesens

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c) Beschluß des Bundesverfassungsgerichts 1961

Weil sie die Vereinbarkeit der objektiven Zulassungsvoraussetzungen des neuen § 9 PBG mit Art. 12 GG beim Verkehr mit Kraftdroschken und Mietwagen bezweifelten, riefen mehrere Verwaltungsgerichte zur Klärung das Bundesverfassungsgericht an. Dessen erster Senat entschied per Beschluß vom 8.6.1960, daß § 9 11 PBG 1955 nichtig ist, sofern er auf Droschken- und Mietwagenverkehre Bezug nimmt und daß § 9 I PBG nichtig ist, soweit er sich auf den Mietwagenverkehr bezieht260 • Denn § 9 11 PBG schließt alle weiteren Unternehmen aus, falls befriedigende Verkehrsbedienung vorliegt, obwohl der Zutritt eines weiteren Unternehmers in solch einem Falle nicht deshalb immer auch den Interessen des öffentlichen Verkehrs entgegenstehen muß. Zudem ist ein solcher Ausschluß nur bei einem ganz besonderen Interesse der Öffentlichkeit an einer Verkehrsart zulässig, das an Mietwagen nicht besteht und welches bei Droschken schwächere Beschränkungen verlangt261 • Für den Linienverkehr jedoch schloß das Gericht wegen der Allgemeininteressen daran die Rechtfertigung der strengeren Maßstäbe des § 9 I, 11 nicht aus 262 • d) Weitere Entwicklungen

Inzwischen hatte der hauptsächlich von Privaten betriebene Gelegenheitsverkehr begonnen, überörtlichen Linienverkehren Wettbewerb zu machen. Denn diverse Beförderungsformen, die bislang als Linienverkehr eingestuft wurden, mußten aufgrund höchstrichterlicher Urteile nun als Gelegenheitsverkehr genehmigt werden, weshalb sie nicht mehr zum Schutz vorhandener Linienverkehre beschränkt werden konnten263 • Verschärft wurde der Wettbewerb ferner durch die Eröffnung neuer Verkehrsformen, wie dem Werkverkehr von Unternehmen für ihre Arbeitnehmer mit Mietwagen, Pendelverkehr oder Rundreisen 264 • Die Zahl der Omnibusunternehmen nahm im Nahverkehr erheblich zu. Der Großteil der Beförderungsleistungen wurde dabei von kommunalen Verkehrsbetrieben erbracht265 • Die Beförderung durch Private blieb eher BVerfGE 11, 168 [169]. BVerfGE 11, 168 [182f.]. 262 Vgl. BVerfGE 11, 168 [l84f.]: " .... rechtfertigt damit auch stärkere Eingriffe auch in das Recht der Berufswahl durch die ordnende Hand des Staates. Vorschriften wie § 9 I, II PBG lassen sich daher [... ] für diese Verkehrsart mit guten Gründen rechtfertigen". 263 Zu nennen sind hier z.B. Pendelverkehre oder Linienverkehre mit nichtöffentlichen Mietwagen, die nicht mehr als Linienverkehr i.S.d. PBG galten; vgl. Larbig, Hdb öff. Wirtschaft, S. 557-560 und Voigt, Verkehr II11, S. 466. Kritisch zu dieser NeuEinteilung von Busverkehren auch Frank, Hdb öff. Wirtschaft, S. 58lf. 264 Voigt, Verkehr II11, S. 462. 265 Vgl. zum Jahr 1958 Voigt, Verkehr II11, S.462, 468 und Frank, Hdb öff. Wirtschaft, S. 586f.: ,,55% aller Fahrgäste im Linienverkehr wurden mit kommunalen od. 260

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A. Einführung

gering 266 , zumal Gelegenheitsverkehre verglichen mit Linienverkehren im Ortsbereich nur eine unbedeutende Rolle spielten. 6. Personenbeförderungsgesetz von 1961

Der Verfassungsgerichtsbeschluß sowie die genannten Entwicklungen trieben die erneut notwendige Novellierung des PBG voran. Nach mehr als sechsjähriger Beratung wurde arn 21.3.1961 das neue PBefG 267 verabschiedet. Das Gesetz übernahm die Grundstruktur seiner Vorgänger. Objektive Marktzugangsbeschränkungen formulierte es nur noch für den Linienverkehr, wo neuzuzulassende Unternehmen die öffentlichen Verkehrsinteressen nicht beeinträchtigen durften (§ 13 11 Nr. 2). Auch der Verkehr mit Kraftdroschken wurde in beschränktem Umfang in § 13 III objektiven Zulassungsvoraussetzungen unterworfen. Für alle anderen Verkehrs arten gab es keine objektive Schranken. Ferner wurde das Verhältnis von Kraftfahrlinien zum Schienenverkehr der Bahn im Fernverkehr neu definiert (§ 13 11 Nr. 2c S. 2). Alle Verkehrsträger wurden gleichbehandeIt und die Sonderrechte von Post und Bahn abgeschafft268 • Und auch der Grundsatz eines Ausgleichs der Interessen der Verkehrsträger fand Eingang in das Gesetz (§ 8). Versteckte Leitgedanken des PBefG 1961 waren aber nach wie vor die Monopolisierung des Linienverkehrs und der Schutz der Marktinsider (v.a. der Bahn) gegen Wettbewerb der Außenseiter69 • Verglichen mit den vorausgehenden Personenbeförderungsgesetzen läßt sich daher bei diesem Gesetz allenfalls eine minimale Tendenz in Richtung einer Offenhaltung des örtlichen Nahverkehrsmarktes erkennen.

gemischtwirtschaftlichen Busunternehmen befördert" (das entspricht etwa der dreifachen Menge des Privatbusverkehrs; vg!. Tabelle ebda. S. 597). 266 Lt. Frank, Hdb öff. Wirtschaft, S. 581 hatten Private 1957 nur einen Anteil von 16% an der Gesamtzahl der Beförderungsfälle im Linienverkehr. Im Gelegenheitsverkehr mit Bussen hingegen herrschten Private vor. 267 BGB!. I S. 241. - Diese Gesetzesfassung basiert auf einem Entwurf der Bundesregierung v. 8.3.1958 (BT-Drucks. Ill/255), der anschließend vom Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen (23. Ausschuß) nach den Vorgaben des BVerfG von 1960 überarbeitet wurde; vg!. Bericht des Ausschusses in: BT-Drucks. 11112450 v. 26.1.1961. 268 Greif, PBefG, Vorb. 7 vor § 1; Sigl, PBefG, Einleitung S. 5f. und Lange, Verkehr, S.23f. 269 So Basedow: Wettbewerb auf den Verkehrsmärkten, S. 80 m.w.N. unter Verweis auf § 1311 PBefG.

§ 4 Gang der Darstellung

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III. Schlußbetrachtung Der Konflikt um die Begrenzung des Wettbewerbs im örtlichen Personenbeförderungsbereich hat Tradition. Gerade im Nahverkehr, wo große Vielfalt von Beförderungsmitteln herrscht, ging die Entwicklung meist dahin, den Wettbewerb der Personenbeförderer immer mehr zu reglementieren, zu lenken und damit im Ergebnis einzuschränken. Bestand anfangs für Teilbereiche noch fast keine Regulierung und deshalb ein beinah freier Wettbewerb im Nahverkehr, so hat sich dieser Zustand im Laufe der Zeit aufgrund staatlicher Interventionen deutlich zu Lasten des Wettbewerbs verschoben270 • Auffällig ist, daß diese Lenkungsmaßnahmen nie allein einen geordneten (und freien) Wettbewerb der Unternehmen im Auge hatten, sondern meist die Durchsetzung politischer Ziele271 (v.a. den Schutz der Bahn vor Konkurrenz). Dies hat eine freiere Entfaltung des Beförderungsgewerbes gebremst und zu monopolähnlichen Besitzständen geführt272 • Die tendenzielle Öffnung des örtlichen Straßenbeförderungsmarktes nach 1945, die auf Art. 12 GG zurückging, hat daran letztlich nicht viel geändert. Gerade im Linien- und Taxiverkehr stellt sich auch heute noch die Frage nach größerer Marktöffnung, v.a. im Vorfeld einer Gesetzesnovelle, immer wieder.

§ 4 Gang der Darstellung Auf der Grundlage der angestellten Überlegungen wird in Kapitel 11 zunächst die bestehende Rechtslage nach dem Personenbeförderungsgesetz und nach Wettbewerbsrecht dargestellt. Kritik an diesem rechtlichen Rahmen für die Personenbeförderung sowie Reaktionen der örtlichen Verkehrsunternehmen auf die derzeitige Situation der Nahverkehrsbeförderung schließen sich daran an. Im Rahmen der Diskussion um eine allgemeine Deregulierung des Wirt270 Auch Karpen: Wirtschaftsordnung und Grundgesetz, Jura 1985, 188 [193] weist darauf hin, daß "angesichts des Umfangs und der Vielfalt des Instrumentariums staatlicher Wirtschaftspolitik und -lenkung in der Tat festzustellen ist, daß sich die Balance in der gegenwärtigen realen Wirtschaftsordnung beträchtlich zu Lasten des Wettbewerbsbereichs verschoben" hat. 271 Kaufer: Theoretische Grundlagen der Regulierung, in: Deregulierung als ordnungsund prozeßpolitische Aufgabe, Bericht der Arbeitsgemeinschaft deutscher wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsinstitute e.V., Mitgliederversarnmlung arn 9.110.5.1985, S. 11 [15-18] zeigt historisch auf, daß sich vielfach Interessengruppen mit der staatlichen Willensbildung vereinigt haben (Post; Bahn), um unter dem "Schleier der Gemeinwirtschaftsdoktrin einzelwirtschaftliche Interessen durchzusetzen". Er bezweifelt daher, daß viele öffentliche Beschränkungen des Wettbewerbs der Unternehmer nur zur Wahrung des öffentlichen Interesses geschehen sind. 272 Andererseits hat es aber auch dazu beigetragen, gerade der Bahn ihren Anteil an der Personenbeförderung zu erhalten.

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A. Einführung

schaftsverwaltungsrechts, die auch den Bereich des Nahverkehrs berührt, werden ökonomische Reformvorschläge zum Abbau von Reglementierungen und zur Privatisierung aus jüngerer Zeit behandelt und auf ihren rechtlichen Aussagegehalt untersucht. In diesem Zusammenhang wird auch auf Auslandserfahrungen mit der Öffnung von Verkehrsmärkten eingegangen. Daran anschließend befaßt sich Kapitel III mit der europäischen Rechtsentwicklung im Personenverkehr. Neben der allgemeinen Verkehrspolitik der EU und einigen Liberalisierungen im Busverkehr wird dabei vor allem auf die Verordnung 1191/69 (EWG) in ihrer neuen Fassung, die erhebliche Auswirkungen auf den deutschen Nahverkehrsbereich hat, eingegangen und aufgezeigt, welche Relevanz sie für eine Intensivierung des Wettbewerbs im örtlichen Beförderungsbereich hat. In Kapitel IV stehen die Auswirkungen der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes auf die Verkehrssituation im Linien-Nahverkehr im Mittelpunkt. Die sich ab 1996 ergebenden Änderungen des PBefG werden dargestellt und kritisiert. Bei ihrer Auslegung und Bewertung wird vor allem der Frage Aufmerksamkeit geschenkt, ob die Novelle zu einer Intensivierung des Wettbewerbs im Linienverkehr führt. Geklärt wird, ob der vorgenannten Kritik am PBefG mit der Novelle der Boden entzogen wurde und daher eine Konsolidierung der neuen Situation angebracht erscheint oder ob eine erneute Novellierung des PBefG indiziert ist. Schwerpunkte sind hier die Vereinbarkeit der neuen Bestimmungen des PBefG mit europarechtlichen Vorgaben, die Steigerung der Effizienz der Linienverkehrsbedienung sowie die künftige Ausgestaltung des gemeinwirtschaftlichen Verkehrsbereichs. Abschließend werden noch diejenigen Vorschriften des Gesetzes für den Bereich des Linienverkehrs untersucht, die nicht von der Reform berührt worden sind. Auch hier wird erörtert, ob nicht durch den Abbau von Wettbewerbsbeschränkungen die Situation im Bereich linienmäßiger Beförderung zu verbessern ist. Nach dieser Analyse der künftigen Linienverkehrssituation befaßt sich Kapitel V mit der Konkurrenzsituation im örtlichen Gelegenheitsverkehr. Nach Klärung der Auswirkungen der PBefG-Novelle auf diesen Verkehrsbereich, geht es hier vor allem um die Verhältnismäßigkeit der vielfältigen Reglementierungen des Wettbewerbs im Taxiverkehr. Auf der Grundlage der Verfassungsrechtsprechung zur Berufsfreiheit werden die objektiven und subjektiven Marktzugangsbeschränkungen sowie die Berufsausübungspflichten im Taxigewerbe einer kritischen Prüfung unterzogen und Alternativen aufgezeigt. Auch auf das Verhältnis von Taxen und Mietwagen wird dabei Bezug genommen. In Kapitel VI erfolgt noch einmal eine nach Verkehrsarten getrennte Zusammenfassung sämtlicher Resultate der Untersuchung.

B. Die bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen Die Personenbeförderung im örtlichen Bereich ist umfassend je nach Art der Beförderung im Allgemeinen Eisenbahngesetz 1 und im Personenbeförderungsgesetz von 1961 (pBefG) geregelt, das in seinen wesentlichen Teilen auch heute noch gilt2• Grundsatz dabei ist, daß alle Verkehrsvorgänge gesetzlich erfaßt werden sollen3 . Ausnahmen davon sind daher jeweils einzeln im Gesetz angeführt (v gl. § 1 11 PBefG4 ). Das PBefG regelt dabei die entgeltliche oder geschäftsmäßige Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Oberleitungsbussen (Obusse) und mit Kraftfahrzeugen (§ 1 Ii. Dem AEG (i.V.m. den jeweiligen Landeseisenbahngesetzen) unterfallen alle (Personen-)Beförderungen mit Eisenbahnen6 (§ 1 I AEG). Auf schienengebundene Beförderungen nach dem AEG oder dem PBefG soll jedoch nachfolgend nicht weiter eingegangen werden. Das PBefG ist eigentümer- und verkehrsträgerneutral. Es ist allein an Art. 12 I GG ausgerichtet. Vorrechte für öffentliche Unternehmen von Bund oder Gemeinden bestehen nicht. Jedermann und jeder Verkehrsträger sollen prinzipiell gleichbehandelt werden? Dabei wird grundsätzlich davon ausgegangen, daß AEG vorn 27.12.1993 (BGB!. I S. 2378ff., 2396). Lt. Art. 11 Abs. TI EisenbNeuOG (BGB!. 1993 I S. 2378 [2426]) treten die Änderungen des PBefG erst ab 1.1.1996 in Kraft. Daher besitzt es in dieser Form noch bis zum 31.12.1995 Gültigkeit. 3 Stober: Wirtschaftsverwaltungsrecht, 9. Aufl., § 49 I (S. 290). 4 Alle in diesem Kapitel zitierten §§ ohne nähere Bezeichnung entstammen dem PBefG, sofern nicht anders aufgeführt. 5 Legaldefinitionen der Begriffe "Straßenbahn/Obus/KFZ" befinden sich in § 4 PBefG. 6 Legaldefinitionen im neuen § 2 I, TI AEG. In negativer Abgrenzung des § I I 2 AEG fallen darunter nicht andere Schienenbahnen wie Straßenbahnen und ihnen in Bauweise ähnliche Bahnen, sowie Berg- und sonstige Bahnen besonderer Bauart. 7 Vgl. Fromm: Der öffentliche Personennahverkehr in der kommunalen Verkehrspolitik, in: von Mutius (Hg.): Selbstverwaltung im Staat der Industriegesellschaft, S. 703 [705]; ders.: Hat der ÖPNV juristische handicaps?, in: DVWG-Schriftenreihe, B 117: ÖPNV nach 2000, S. 136 [145]; FrommJSelimann: Die Entwicklung des öffentlichen Verkehrsrechts, NVwZ 1994, 547 [552]; Bidinger: Personenbeförderungsrecht - Kommentar zum PBefG, 2. Aufl., Std. Aug. 1994, § 2 Anm. Ib; Gimau: Der ÖPNV im Spannungsfeld zwischen einzelwirtschaftlicher Effizienz und sozialer Verantwortung, 1

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6 Maaß

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

die Bewältigung der Personenbeförderung eine untemehmerische Aufgabe ist, nicht eine des Staates8 • Das folgt schon aus der obigen Einordnung des PBefG als "Sondergewerbeordnung" für den Verkehr. Dennoch werden v.a. im örtlichen Linienverkehrsbereich die weitaus meisten Unternehmen von der öffentlichen Hand getragen oder sind zumindest gemischtwirtschaftlich verfaßt 9 • Kennzeichnend für die derzeitige Rechtslage im Personenbeförderungswesen ist schließlich, daß das Verkehrs gewerbe intensiver staatlicher Einflußnahme ausgesetzt ist. Die Zugangsbeschränkungen und Pflichtenkataloge steilen sich als massive Intervention in den Wettbewerbsprozeß dar und setzen diesen oft fast außer Kraft lO •

§ 1 Rechtslage im Bereich des Personenbeförderungsgesetzes I. Anwendungsbereich des PBefG 1. Erfaßte Arten der Beförderung

Personenbeförderungen mit o.g. Verkehrsmitteln unterliegen dem PBefG dann, wenn sie entgeltlich i.S.d. § I I sind II und nicht ausdrücklich vom Anwendungsbereich des PBefG in § 1 11 oder durch die auf § 57 I Nr. 8 basiein: Seidenfus (Hg.): Verkehr zwischen wirtschaftlicher und sozialer Verantwortung, S. 154; Bundesministeriumfür Verkehr (BMV): Forschung Stadtverkehr, S. 98; Grafberger: Der öffentliche Personennahverkehr, Diss., S. 129. 8 Christian Heinze: Der Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen und künftiger Regulierung des ÖPNV, Schriftenreihe VuT, Bd. 79, S. 122; Fromm in: v. Mutius, S.705; ders.: ÖPNV als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe der Landkreise?, ZögU 1986, 73 [78]; FrommlSelimann, NVwZ 94, 552; Steiner: Verkehr und Post, in: lsensee/Kirchhof (Hg.): Handbuch des Staatsrechts III, § 81 Rn. 9. Vgl. auch oben Kap. A § 2 IV 1, Anm. 164f. 9 Jarass: Wirtschaftsverwaltungsrecht und Wirtschaftsverfassungsrecht, § 21 Rn. 10 unter Verweis auf BT-Drucks. 8/803 S. 15; Lange: Verkehr und öffentliches Recht, S.35f. 10 Vgl. Ch. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 123; Frotscher: Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht, Rn. 323; RinckiSchwark: Wirtschaftsrecht, Rn. 970; Jarass, WiVerwR, § 21 Rn. 2. Die Deregulierungskommission: Unabhängige Expertenkommission zur Abschaffung marktwidriger Regulierungen, Berichte 1990/91, Tz. 127 spricht von "umfassender" Regulierung. 11 Wegen des weiten Gesetzesverständnisses von Entgeltlichkeit und der Möglichkeit der Einordnung als "geschäftsmäßig" ist dies fast nur bei privater Beförderung der Fall. S. dazu näher Bidinger, PBefR, § 1 Anm. 3. Auch fällt z.B. ein Reisebüro, das Kunden mit privaten. PKW zum Flughafen bringt, nicht darunter, da bei ihm die mittelbaren Vorteile überwiegen; vgl. BGH DÖV 1973,247; Fromm: Rechtsprechung zum PBefG, BB 1976, 113 [113].

§ 1 Rechtslage im Bereich des Personenbeförderungsgesetzes

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rende Freistellungsverordnung 12 ausgenommen wurden. Nicht erfaßt sind danach PKW-Beförderungen gegen Fahrkostenbeteiligung (§ 1 11 Nr. 1 FreistVO)13 und Krankentransporte mit medizinischer Betreuung (§ 1 11 Nr. 2 VO)14. Auch nicht ins Gewicht fallende unentgeltliche Beförderungsfalle, wie z.B. Arbeitnehmerbeförderung mit PKW zur Arbeit oder Schülerfahrten durch Schulträger zur Schule (§ 1 Nr. 4d, f FreistVO)15 sind ausgenommen. Ansonsten gilt das PBefG auch für grenzüberschreitenden und Transitverkehr (§ 52f.). Im Zweifel entscheidet die Landesregierung über seine Anwendbarkeit (§ 10).

2. Genehmigungserfordernis

Grundsätzlich bedarf jede Personenbeförderung mit StrB/ObuslKFZ einer Genehmigung (§ 2 1)16. Auch Genehmigungsübertragungen, ErweiterungenlVeränderungen des Unternehmens sowie Übertragungen der Betriebsführung (Beauftragung, Subunternehmertum) sind genehmigungsbedürftig 17 • Bei Taxen ist die Genehmigungsübertragung erschwert (v gl. §§ 2111, 13 V 3 Nr. 2, 5) und an Unternehmensübertragung geknüpft. Der Genehmigungsumfang ist nach § 9 von der Verkehrs art abhängig.

12 "Verordnung über die Befreiung bestimmter Beförderungsfälle von den Vorschriften des PBefG" v. 30.8.1962 (BGBl. I S. 681), zuletzt geändert durch VO v. 30.6.1989 (BGBl. I S. 1273). 13 Gedacht wurde v.a. an Mitfahrgelegenheiten; vgl. BVerfGE 17,306 [315ff.]. 14 Seit dem 6. Gesetz zur Änderung des PBefG, Art. 1 Nr. 1,3,5 v. 25.7.1989 (BGB!. I S. 1547), ab 1.1.1992 in Landes-Rettungsdienstgesetzen geregelt. Aber hier soll zukünftig auch Wettbewerb privater Krankenkraftwagen-Unternehmen möglich sein, so auch Bidinger, PBefR, § 1 Anm. 3e; Fromm: Personenbeförderungsgesetz (Erläuterungen), in: Das Deutsche Bundesrecht, Bd. VI C 50, Std. April 94, S. 49: ,,Normale" Krankenbeförderung mit TaxenlMietwagen nimmt am Wettbewerb im Bereich des PBefG teil. 15 Kritisch dazu Fromm, PBefG, S. 48, da der befreite Schülerverkehr inzwischen einen so beträchtlichen Umfang erreicht hat, daß zweifelhaft ist, ob die Freistellung noch von der zugrundeliegenden Ermächtigung des § 57 I Nr. 8 gedeckt ist. - Anders aber die Bundesregierung zu einer Anfrage einzelner Abg., in BT-Drucks. 12/5440 S. 5. Sie hält daran fest, daß die aufgrund der FreistVO vom PBefG ausgenommenen Beförderungen keine Reglementierung durch Berufszugangs- und Berufsausübungsregeln rechtfertigen. 16 Einzelne Ausnahmen normiert § 2 IV, V. Auch §§ 52 m, 53 m sehen Ausnahmen vor, sofern im Auslandsverkehr entsprechende Übereinkommen bestehen. 17 Die Übertragbarkeit der Genehmigung soll dem Interesse des Genehmigungsinhabers dienen, da er ohne Möglichkeit der Verwertung seiner Genehmigung benachteiligt würde; vgl. Bericht des Verkehrsausschuß, in: BT-Drucks. 312450 S. 3 und Bidinger, PBefR, § 2 Anm. 8a, b.

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen 3. "Numerus clausus" der BefOrderungsformen

Das PBefG läßt Personenbeförderungen mit KFZ nicht in beliebig vielgestaltigen, sondern nur in bestimmten, gesetzlich abschließend definierten und vorgeschriebenen Formen zu. Im Grundsatz geht es von einem geschlossenen Kreis zulässiger Formen entgeltlicher Personenbeförderung aus. Allein zulässig und damit genehmigungsfähig (Aufzählung in § 2 I Nr. 1-4, präzisiert im III. Abschnitt mit Sonderbestimmungen für die Verkehrsarten) sind danach nur zwei Beförderungsformen: Linien- und Gelegenheitsverkehr: - Von einem Linienverkehr spricht man, wenn eine zwischen bestimmten Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsbedienung besteht, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können (vgl. § 42 für Linienverkehre mit KFZ). § 43 erweitert diesen Begriff und läßt bestimmte Abweichungen von seinen Merkmalen bei wirtschaftlich bedeutenden Verkehrsformen 18 zu. Streckenbindung und Fahrgastfreiheit sind demnach i.d.R. für Linienverkehre charakteristisch 19 • - Negativ abgegrenzt liegt Gelegenheitsverkehr vor, wenn es sich nicht um Linienverkehr handelt (§ 46). Diese Unterscheidung wird nur für Kraftfahrzeugverkehre relevant20 • Nach § 6 kommt es dabei auf tatsächliche Verhältnisse, nicht auf Scheintatbestände an. Aus diesem "numerus c1ausus" zulässiger Beförderungsformen folgt ein grundsätzliches Verbot aller übrigen denkbaren Formen entgeltlicher oder geschäftsmäßiger Personenbeförderung mit KFZ21 • Da aber dennoch wirtschaftlich sinnvolle Verkehrsformen auftauchen können, die zwar nicht bei den erlaubten Verkehren einzuordnen sind, an denen aber trotzdem ein öffentliches Interesse besteht, wird durch § 2 VI der Grundsatz abschließender Aufzählung der Verkehre durchbrochen22 • Danach können in Einzelfällen Beförderungen, die nicht alle Merkmale der Verkehrs arten des PBefG erfüllen (sog. graue Verkehre), in Anlehnung an die ihnen am meisten ähnlichen Verkehre genehmigt werden. Da dort jedoch ausdrücklich auf besonders gelagerte Einzelfälle abgeSo die amtliche Begründung zum Entwurf des PBefG, BT-Drucks. 3/255 S. 31. Ehlers: Wirtschaftsaufsicht, in: AchterbergIPüttner (Hg.): Besonderes Verwaltungsrecht I, Kap. 1/2, Rn. 634; Fromm, PBefG, S. 51; Labs: Personennahverkehr in Stadt und Region, 2. Aufl., S. 17. 20 An diesen sind auch die gesetzlichen Definitionen der §§ 42f.146 auch ausgerichtet. 21 FielitzlMaierIMontigel/Müller: Personenbeförderungsgesetz - Kommentar, Std. Dez. 94, § 1 Rn. 9, § 2 Rn. 25, 27; Bidinger, PBefR, § 46 Anm. 1; Fromm, PBefG, S.48; Greif. Kommentar zum PBefG, § 46 Rn. 2; RautenberglFrantzioch: Das Personenbeförderungsrecht, § 46 Anm. lf.; von Kunowski: Ordnung des Wettbewerbs und Wirtschaftslenkung in der verkehrspolitischen Gesetzgebung, Diss., S. 164. 22 Sonst läge auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit vor; vgl. BVerfGE 17,306 [312ff.]; NJW 1964, 1219 [1220f.]. 18

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§ 1 Rechtslage im Bereich des Personenbeförderungsgesetzes

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hoben wird, werden Gruppenfalle neuer Beförderungsformen nicht von § 2 VI erfaßt. Um das PBefG Innovationen nicht zu verschließen, sind solche jedoch zur praktischen Erprobung im Einzelfall mit Abweichungen von den Normen des PBefG nach § 2 VII genehmigungsfähig23 . Auf dieser Grundlage haben sich in den letzten Jahren etliche neue Bedienungsweisen oder Mischformen der Verkehrsarten herausgebildet, die strukturell zwischen Linien- und Gelegenheitsverkehr angesiedelt sind24 • Der "numerus c1ausus" bleibt dadurch jedoch aufrechterhalten. Da in § 2 VI ausdrücklich auf Einzelfälle abgestellt wird, kommt die Schaffung und Genehmigung neuer allgemeiner Verkehrsarten nicht in Betracht. 11. Subjektive und objektive Zulassungsvoraussetzungen 1. Intention der Reglementierungen im PBefG

Die Zulassung der Wettbewerber zu den jeweiligen Teilmärkten der Verkehrsarten hängt grundsätzlich von subjektiven und beim Linienverkehr und Gelegenheitsverkehr mit Taxen auch noch von objektiven Voraussetzungen, auf welche die Bewerber keinen Einfluß haben, ab. Dies verdeutlicht, daß das PBefG nicht nur ordnungsrechtlich vor Gefahren des Beförderungsgewerbes schützen will, sondern auch Wirtschafts- und Wettbewerbslenkung bezweckt25 • Gemäß § 8 I, III Nr. 1 dienen diese Reglementierungen der befriedigenden Verkehrsbedienung in Konkretisierung öffentlicher Interessen und der besten Förderung des Verkehrs 26• Zusätzlich haben Bundesverkehrsministerium und Landesregierungen darauf hinzuwirken, daß die Interessen der Verkehrsträger im Personenverkehr ausgeglichen werden und eine Abstimmung ihrer Beförderungsleistungen erfolgt (§ 8 I 1). Da diese Interessen divergieren und zueinander im Konflikt stehen, soll durch die Reglementierungen ein Ausgleich zwischen marktwirtschaftlichen Zielen und Wirtschafts- und Wettbewerbserfordernissen geschaffen werden27 •

23 Fielitz/Maier/Montigel/Müller, § 2 Rn. 26, 28; Bidinger, PBefR, § 2 Anm. 17-19. I.e. wirft dieser Komplex einige Streitfragen auf; vgl. Fromm, PBefG, S. 48f. 24 Vgl. Bericht der Bundesregierung über den ÖPNV in der Fläche, in: BT-Drucks. 11/5746 S. 5 Tz. 26; Fromm: Die Entwicklung des öffentlichen Verkehrsrechts, NVwZ 1992,536 [540]; Labs, S. 24; Bidinger, PBefR, § 42 Anm. 8d, 8f, 8g. Eingehender dazu unten (Kap. C § 3 I). 25 Stober: Handbuch des Wirtschafts- und Umweltrechts, § 107 I a (S. 1173); ders., WiVerwR, § 49 I (S. 290); RinckiSchwark, Rn. 970. 26 In anderen Verkehrsgesetzen finden sich ähnliche Vorschriften: Vgl. § 1 n AEG; § 7 GüKG; § 23 BinSchVerkG. 27 So auch BVerfGE 40, 196 [205ff.].

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

Anzumerken ist jedoch, daß § 8 im Gegensatz zu den Basisparagraphen des übrigen Verkehrsgewerberechts (§ 1 11 AEG; § 7 GüKG; § 23 BinSchVerkG) inhaltlich abweichend formuliert ist und als Ziel nicht ausdrücklich auch lauteren Wettbewerb der Verkehrsträger sowie Angleichung der Wettbewerbsbedingungen nennt28 • 2. Subjektive Genehmigungsvoraussetzungen

§ 13 regelt die Voraussetzungen für die Erteilung einer Personenbeförderungsgenehrnigung. Die subjektiven Anforderungen sind in erster Linie in § 13 I enthalten, der für alle Verkehrs arten gilt. Erforderlich sind danach Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebs, Zuverlässigkeit des Unternehmers sowie fachliche Eignung. Diese Bedingungen gelten bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts als gegeben (§ 13 VI). Präzisiert werden diese unbestimmten Rechtsbegriffe je nach Verkehrsmittel und Art des Verkehrs durch die §§ 13 BerujszugangsVd9 , die aufgrund § 57 I Nr. 4 erlassen wurde.

3. Objektive Genehmigungsvoraussetzungen

Intensivere Zulassungsschranken sind in § 13 11 und § 13 IV normiert, wonach die Genehmigungserteilung an das Vorliegen objektiver Voraussetzungen geknüpft wird: Da diese Beschränkungen in das Grundrecht aus Art. 12 I GG eingreifen3o , sind sie nach den Grundsätzen der vorn Bundesverfassungsgericht entwickelten ,,Drei-Stufen-Theorie,,3! nur zulässig, sofern zum Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsguts zwingend geboten. Da dies für jede

28 Die einfache Erklärung von Kübler: Die öffentlich-rechtlichen Grundlagen des öffentlichen PNV, S. 19 Anm. 4.11, wonach sich die Abweichung der Bestimmungen damit erklären läßt, "daß sich das PBefG - im Gegensatz zu den anderen Gesetzen - auf die Problematik des Personenverkehrs beschränken konnte, während AEG/GüKG sich auch mit den verkehrswirtschaftlich bedeutsamen Fragen des Güterverkehrs befassen mußten", reicht dafür jedenfalls allein nicht aus.

29 "Verordnung über den Zugang zum Beruf des Straßenpersonenverkehrsuntemehmers" v. 9.4.1991 (BGBI. I S. 896), die eine Umsetzung der Richtlinie 89/438 EWG des

Rats der Europäischen Gemeinschaften v. 21.6.1989 (ABI. L 212 S. 101) darstellt. Zu den einzelnen subj. Voraussetzungen und ihrer Auslegung vgl. Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 5ff. m.w.N. Knapp und übersichtlich auch Holger Zuck: Auswahl- und Verteilungsentscheidungen beim Bewerberüberhang, Diss., S. 84-88. Bzgl. des Begriffs Sicherheit vgl. auch die" va über den Betrieb von Kraftfahruntemehmen im Personenverkehr" v. 21.6.1975 (BO-Kraft; BGBI. I S. 1579), die "va über den Bau und Betrieb von Straßenbahnen" (BO-Strab) sowie die §§ 15d - 15k StVZO. 30 BVerfGE 11, 168 [183]. 31 Grundlegend BVerfGE 7,377 [408f.] ("Apothekerurteil").

§ 1 Rechtslage im Bereich des Personenbeförderungsgesetzes

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Beförderungsart gesondert geprüft werden muß 32 , differenziert § 13 genau zwischen den Verkehrs arten. Straßenbahn-, Obus- und Linienverkehr mit KFZ sind an § 13 11 zu messen, Gelegenheitsverkehr mit Taxen an § 13 IV. Für alle anderen Formen des Gelegenheitsverkehrs, v.a. für den im Nahverkehrsbereich verbreiteten Mietwagenverkehr (§ 49 IV), bestehen hingegen keine objektiven Zulassungsvoraussetzungen33 . a) Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen

Die Genehmigung für Linienverkehre ist nach § 13 11 zu versagen, wenn Gründe der Straßen sicherheit oder des Straßenzustandes (§ 13 11 Nr. 1) bzw. öffentliche Verkehrs interessen (§ 13 11 Nr. 2) entgegenstehen. Während § 13 11 Nr. 1 in der Praxis keine nennenswerte Rolle spielt, kommt entscheidende Bedeutung der Vereinbarkeit des beantragten Linienverkehrs mit den öffentlichen Verkehrsinteressen zu 34 • Hinter diesem unbestimmten Rechtsbegriff steht das Verkehrsbedürfuis der Allgemeinheit, ihr Interesse an Durchführung bestimmter Verkehre und am funktions- und leistungsfähigen Bestand eines adäquaten Verkehrssystems 35 . Bei seiner Auslegung hat die Genehmigungsbehörde einen gerichtlich nur eingeschränkt überprütbaren Beurteilungs spielraum, da er "planerischen Einschlag" hae6 . Der beispielhaften, nicht abschließenden Aufzählung objektiver Versagungsgründe ("insbesondere") liegt die Vorstellung zugrunde, daß die Verkehrsbedienung auf einer Strecke möglichst in der Hand eines Unternehmers liegen so1l37. Das PBefG geht vom Grundsatz der Einzelgenehmigung für jeweils eine Linie aus. Es wird linienbezogen entschieden38 . § 13 11 Nr. 2 verlangt eine Bedarfsprüfung. Es muß eine Lücke im Verkehrs-

32 So BVerfGE 11, 168 [183ff.] unter Ablehnung der Zu1ässigkeit einer verkehrs-einheitlichen Bewertung. 33 Zur Unvereinbarkeit objektiver Schranken beim Mietwagenverkehr mit Art. 12 I GG vgl. BVerfGE 11, 168 [179ff., 19Of.] und BVerwGE 1,97 [98] zu § 9 I PBG 1955 (s.o., Kap. A § 3 11 5a). 34 Ehlers in: AchterbergIPüttner, Kap. 1/2 Rn. 638; Fielitz/MaierlMontigel/Müller, PBefG, § 13 Rn. 11; Fromm, PBefG, S. 57. 35 BVerfGE 11, 168 [179ff., 190]; BVerwGE 55, 159 [166f.]; Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 36; FielitzIMaierlMntigel/Müller, PBefG, § 13 Rn. 13. 36 BVerwGE 82, 260 [265]; DVBl. 1990, 44; zustimmend Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 36f.; FielitzIMaierlMontigel/Müller, PBefG, § 13 Rn. 11. 37 BVerwGE 30, 257 [259ff.]; 31, 133 [136ff.]; GewArch 1964, 169; Fromm: Zur Konkurrentenklage im Personenbeförderungs- und Güterkraftverkehrsrecht, WiVerw 1989, 26 [27]; ders., PBefG, S. 57 (wg. § 13 11 Nr. 2c, dem Ausgestaltungsvorrecht des Altuntemehmers). Vgl. auch die Begründung dieses Ergebnisses aus Wettbewerbssicht bei Immenga: Wettbewerbsbeschränkungen auf staatlich gelenkten Märkten, S. 104. 38 Kübler, S. 24.

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

angebot bestehen, sonst ist die Genehmigung zu versagen 39 • Eine solche Beeinträchtigung öffentlicher Verkehrsinteressen ist nach § 13 11 Nr. 2a-c40 hauptsächlich in drei Fällen gegeben: aa) § 13 11 Nr. 2a: Befriedigende Verkehrsbedienung mit vorhandenen Verkehrsmitteln Nach § 13 11 Nr. 2a scheidet eine Neugenehmigung aus, wenn der Verkehr mit den bereits vorhandenen Verkehrsmitteln befriedigend bedient werden kann. Dies ist aus Sicht der Allgemeinheit der Fahrgäste zu beurteilen41 • Zu den dabei zu bewertenden, im Zeitpunkt der AntragsteIlung vorhandenen Verkehrsmitteln zählen alle im Nahverkehrsbereich tätigen Verkehrsträger, mithin auch Eisenbahnen und Sonderlinienverkehre. Befriedigend ist die Bedienung, wenn die Verkehrsnachfrage gedeckt wird und wesentliche Merkmale der Verkehrsbedienung (wie Verkehrsdichte, Tarifgestaltung, Abfahrts- und Ankunftszeiten, Beförderungsdauer und Art und Weise ihrer Durchführung, Anschlüsse, Umsteigenotwendigkeiten, u.s.w.) als angemessen zu betrachten sind42 • Das ist z.B. bei Nachfrageüberhang, langen Wartezeiten oder hohen Beförderungspreisen zu verneinen. Bessere Verkehrsangebote müssen sich aber andererseits auch wirtschaftlich rechnen (v gl. § 39 11). Ein besseres Angebot ohne Rücksicht auf Finanzierbarkeit, also Verdrängungsweubewerb, ist nicht statthaft. bb) § 13 11 Nr. 2b: Fehlen wesentlicher Verkehrs verbesserung § 13 11 Nr. 2b räumt den vorhandenen Verkehrs unternehmen einen Besitzstandsschutz ein, da der beantragte neue Verkehr zu versagen ist, wenn er keine wesentliche Verbesserung der Verkehrsbedienung bringt. Bloß geringfügige Änderungen in Fahrplan und Linienführung durch neue Verkehre rechtfertigen keine Beeinträchtigung der Position der am Markt vorhandenen Unternehmer. § 13 11 Nr. 2a, b laufen damit auf ein Verbot der Doppelbedienung einer Linie hinaus 43 •

39 Vgl. Fromm, PBefG, S. 57; Ehlers in: AchterbergIPüttner, Kap. 1/2 Rn. 638; Labs, S.34. 40 Die Versagungsgründe sind in der gesetzlichen Reihenfolge zu untersuchen; vgl. BVerfGE 30, 251 [253]; 55, 159 [161]. 41 Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 38,40. 42 Vgl. FielitzIMaierlMontigellMüller, PBefG, § 13 Rn. 13; Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 40, 42. 43 Vgl. BVerwGE 30, 251 [254f.], wo als Grund angeführt wird, daß im Fall befriedigender Bedienung durch einen Verkehrsunternehmer das Hinzutreten eines weiteren zu

§ 1 Rechtslage im Bereich des Personenbeförderungsgesetzes

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cc) § 13 11 Nr. 2c: Ausgestaltungsrecht Auch aus § 13 11 Nr. 2c folgt in hohem Maße ein Schutz des Besitzstandes vorhandener Unternehmer. Denn selbst bei Bestehen einer Lücke im Angebot muß die Genehmigung für einen Neubewerber versagt werden, wenn das vorhandene Linienunternehmen bereit ist, die nötige Ausgestaltung seiner Verkehre durchzuführen. Ausgestaltung im Sinne einer Verbesserung des bestehenden Verkehrs ist dabei aber nicht gleich Umgestaltung, also Schaffung eines neuen Verkehrs44 • Denn Verkehrsbedürfnisse gehen dem Besitzstandsschutz der Altunternehmer vor. Und das Ausgestaltungsrecht ist kein allgemeiner Konkurrenzschutz45 • dd) Unbenannte Beeinträchtigungen der Verkehrs interessen Schließlich kommt eine Genehmigungsversagung auch noch wegen Beeinträchtigung gesetzlich nicht aufgezählter Interessen in Frage. So kann z.B. die geplante Verwirklichung eines öffentlichen Nahverkehrsprogramms objektiv eine Genehmigungsablehnung rechtfertigen46 . ee) Verkehrspolitische Bedeutung des Linienverkehrs Diese erheblichen Eingriffe in den Wettbewerb und die Beschränkung des Grundrechts von Neubewerbern aus Art. 12 I GG werden mit der überragend wichtigen Bedeutung des Linienverkehrs für die Allgemeinheit gerechtfertigt. Denn große Bevölkerungsgruppen sind auf Bestehen und verläßliches Funktionieren dieser Massenverkehre angewiesen. Die Linienverkehre ergänzen einander und man geht davon aus, daß sie zueinander in Konkurrenz treten. Es wird unterstellt, daß ohne objektive Zulassungsschranken die wirtschaftliche Lage und damit die Leistungsfähigkeit dieser Verkehrsträger so nachhaltig beeinträchtigt würden, daß das im Allgemeininteresse aufgebaute öffentliche Verkehrsnetz eingeschränkt wäre. Ein solch geordneter und reibungslos ablauruinöser Konkurrenz und damit zum Zusammenbruch der zu gewährleistenden Ordnung im Personenbeförderungswesen führte; so auch Kübler, S. 35f. 44 Fromm, PBefG, S. 58f.; Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 45; FielitzIMaier/Montigel/ Müller, PBefG, § 13 Rn. 13, 16. 45 Vgl. FielitzIMaier/Montigel/Müller, PBefG, § 13 Rn. 16. BVerfGE 11, 168 [188] betont, daß ein solcher Schutz im Interesse eines gesunden Wettbewerbs zum Vorteil der Verkehrsnutzer auch nicht wünschenswert wäre. 46 Vgl. BVerwG NZV 1992, 165 [165f.]. Besprechung bei BidingerlBidinger: Überblick über neue Entscheidungen im Personenbeförderungsrecht im Jahre 1991, NZV 1992,346 [346f.]. Auch Fromm, PBefG, S. 57, 64 weist darauf hin, daß zu den öffentlichen Verkehrsinteressen auch die Ziele der Landesplanung (§ 8 N) zählen.

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

fender Linienverkehr stellt aber aus o.g. Gründen ein überragend wichtiges Gemeingut dar47 • Diese Bedeutung des Linienverkehrs wird nun auch in der gesetzlichen Definition des "ÖPNV" betont. Darunter versteht der neue § 8 I PBefG die "allgemein zugängliche Beförderung im Linienverkehr" im Stadt-, Vorort- und Regionalbereich48 . Auch daß Linienbussen in StVG und StVO (§§ 6 Nr. 18 StVG; 20 11 2, 37 11 Nr. 4 StVO) Sonderrechte vor anderen Verkehrsteilnehmern eingeräumt werden, wie Sonderfahrstreifen oder Abfahrtvorrangregelungen49 , liegt darin begründet. ff) Besitzstandsschutz nach § 13 III PBefG

In Ergänzung der objektiven Schranken stellt § 13 III, die Besitzstandsklausel, eine weitere Beschränkung des Marktzugangs neuer Verkehrsunternehmen dar. Denn in Fällen des § 13 11 Nr. 2c und bei eigener Neubewerbung des Altunternehmers nach Ablauf der Genehmigung ist der Umstand angemessen zu berücksichtigen, daß ein Verkehr vom Unternehmer jahrelang in einer den öffentlichen Interessen entsprechenden Weise betrieben wurde. Zwar normiert die Vorschrift keine Pflicht zur Erteilung 5o • Aber da die Genehmigungsbehörde schon gewichtige Gründe haben muß, um den Schutz des § 13 III zu versagen51 , verleiht er dem vorhandenen Unternehmer regelmäßig eine so starke Stellung, daß ihm eine einmal erteilte Genehmigung für einen Linienverkehr 47 So hat BVerfGE 11, 168 [184] die Zulässigkeit strengerer Maßstäbe bei der Zulassung zum Linienverkehr begründet. Dem Gelegenheitsverkehr kommt solche Bedeutung nur unter Bezugnahme auf Linienverkehre zu. Ebenso Fromm: Zur Neuordnung des Personenbeförderungsrechts, DVBI. 1960, 792 [792]; Ehlers in: AchterberglPüttner, K~. 1/2 Rn. 641; Labs, Personennahverkehr, S. 32f. und Kübler, S. 3Of. eh. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 122 betont, daß ÖPNV nur massenhaft, d.h. linienmäßig betrieben werden kann. Ähnlich auch Kübler, S. 10-14 für die Zeit vor Einführung dieser Legaldefinition. 49 So soll schnelleres Vorwärtskommen gewährleistet und ein Aufgehaltenwerden des Massenverkehrsmittels Linienbus durch Individualverkehr (zu dem auch gewerbliche Gelegenheitsbeförderung gerechnet wird) verhindert werden; vgl. Antwort der Bundesregierung auf Anfrage einzelner Abgeordneter, in: BT-Drucks. 12/5440 S. 2. Einzelheiten bei Kübler, S. 61-64. - Zur aus Mobilitätsgründen unzureichenden KlagenlÖglichkeit von Autofahrern dagegen vgl. Ronellenfitsch: Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Betrachtungen zur Mobilität mit dem Auto, S. 13 [58f.]. 50 Fromm, PBefG, S. 60 (unter Verweis auf BVerfGE 31, 184 [188]) meint, es handelt sich bei Anwendung des § 13 m um eine gerichtlich voll nachprüfbare Tat- und Rechtsfrage, wenn er auch angesichts jüngerer Rspr. des BVerwG eher dahin tendiert, einen Beurteilungsspielraum der Behörde anzunehmen. FielitzlMaierlMontigeVMüller, § 13 Rn. 19 gehen eher von einer Ermessensvorschrift aus. 51 Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 72; Fromm, PBefG, S. 60.

§ 1 Rechtslage im Bereich des Personenbeförderungsgesetzes

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wieder zu erteilen ist52 • Grenze des Besitzstandsschutzes ist jedoch das öffentliche Verkehrsinteresse. Gegenüber diesem Interesse an Befriedigung des Verkehrsbedürfnisses tritt er zurück53 • Sinn und Zweck des Besitzstandsschutzes ist, daß der Altunternehmer grundsätzlich davon ausgehen dürfen soll, daß seine von der Genehmigung abhängige wirtschaftliche Existenz gesichert und der wirtschaftliche Wert seines Betriebes erhalten bleibt, sofern er den Verkehr in einer den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Weise durchgeführt hat54 • gg) Auswirkungen auf den Wettbewerb im Linienverkehr Zwar darf Konkurrenzschutz niemals Zweck einer Zulassungsregelung sein55 • Und auch als Nebenwirkung muß er vermieden werden, wo er nicht unvermeidlich ist. Es ist jedoch offensichtlich, daß die objektiven Zulassungsschranken beim örtlichen Linienverkehr den dort tätigen Unternehmern Wettbewerbsschutz bieten sollen56, auch wenn dieser Schutz um der öffentlichen Verkehrsinteressen willen und nicht zum Schutz des bestehenden Gewerbes vor Konkurrenz besteht. In diesem Fall decken sich ausnahmsweise das öffentliche Interesse und das wirtschaftliche Interesse des Altunternehmers 57 am Schutz vor existenz gefährdender Konkurrenz. Infolgedessen wird dem vorhandenen Linienunternehmer auch eine Klagebefugnis bei Klagen gegen Zulassung neuer Linienunternehmer zugestanden58 . Oft existieren daher im Nahverkehrsbereich Monopole der Linienverkehre59 •

52 Auch der Bericht der Bundesregierung über den ÖPNV in der Fläche, BT-Drucks. 11/5746 Tz. 42, vermerkt, daß der Besitzstandsschutz in der Verwaltungspraxis "umfassend" angewendet wird. Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 71 spricht von einem "Übergewicht", das ihm insbesondere durch die Rechtsprechung zuerkannt worden ist. 53 Vgl. BVerwGE 55, 159 [168]; Grafberger, S. 136; FielirzIMaierlMonrigellMüller, § 13 Rn. 13. 54 Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 74; Labs, S. 34. 55 So schon BVeifGE 7,377 [408]; 11,168 [188f.]. 56 Labs, S. 38; Koenig: Die öffentlich-rechtliche Verteilungslenkung, S. 212; Püttner: Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 198 meint, daß es bei den öffentlichen Interessen des § 13 m "letztlich (Wertung) um Schonung der bereits vorhandenen Verkehrsmittel geht", was gleichfalls in Richtung Wettbewerbsschutz deutet. 57 Vgl. BVerwGE 9,340 [342]; Buhren: Zur materiell geschützten Rechtsposition des Dritten im Wirtschaftsverwaltungsrecht, DVBl. 1975, 328 [329]; Frers: Die Klagebefugnis des Dritten im Gewerberecht, S. 187; - a.A. Greif, PBefG, § 15 Rn. 8.

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

b) Zulassungsbeschränkungen im Gelegenheitsverkehr

Auch für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen (§ 47 I) bestehen in § 13 IV objektive Zugangsbeschränkungen. Jedoch unterscheiden sich diese Versagungsgründe von denjenigen für Linienverkehre. Trotz grundsätzlicher Unzu lässigkeit objektiver Zugangsschranken beim Gelegenheitsverkehr wegen geringer Bedeutung für die Verkehrsinteressen der Allgemeinheit6O , soll für Taxen nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts etwas anderes gelten, da diese "die wichtigsten Träger individueller Verkehrsbedienung" sind. Sie stellen ein unverzichtbare Ergänzung des Linienverkehrs dar, weshalb die Allgemeinheit ein erhebliches Interesse an Existenz- und Funktionsfähigkeit dieser Verkehre hat. Daher zählen Taxen zu den "öffentlichen" Verkehrs mitteln61 und werden stärker reglementiert. aa) Beschränkungen des § 13 IV, V PBefG Nach § 13 IV ist Taxen die Genehmigung zu versagen, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt werden, daß durch Ausübung des beantragten Verkehrs das örtliche Taxigewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird62 • Zwar ist der Begriff Funktionsfähigkeit weiter63 als derjenige

58 H.M.; vgl. BVerwGE 30, 347 [348]; DVBI. 1971, 185; Fromm, WiVerw 89, 26 [28]; Forster: Die Klagebefugnis Dritter gegenüber begünstigenden Maßnahmen im Wirtschaftsverwaltungsrecht, Diss., S. 204ff., 209; Frers, S. 185, 187 m.w.N. 59 Laaser: Regulierung der Verkehrsmärkte, in: Soltwedel (Hg.): Deregulierungspotentiale in der Bundesrepublik, S. 192ff., Tz. 437,447. Auch diese Monopolisierung sieht Jürgen Basedow: Wettbewerb auf den Verkehrsmärkten, S. 80 als von der Marktordnung bezweckt an. Lange, Verkehr, S.229ff. geht soweit, die privaten Linienverkehrsunternehmer wegen des Monopolcharakters dieser Verkehre als ,,quasi-staatliche Verkehrsunternehmer" zu bezeichnen, da sie aus Nutzersicht eine den Staatsunternehmen vergleichbare Stellung hätten. 60 Vgl. BVerfGE 11, 168 [185f.]. 61 BVeifGE 11, 168 [186f.]; Ehlers in: AchterberglPüttner, Kap. 1/2 Rn. 647; Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 84. 62 Das differenzierte Auswahl- und Zulassungssystem des § 13 IV, V geht auf das Fünfte Gesetz zu Änderung des PBefG v. 25.2.1983 (BGBI. I S. 196) zurück (sog. Taxinovelle), das eine Reaktion auf die Rspr. des BVerwG (z.B. BVerwGE 64, 238ff.) darstellte. - Zur Kritik daran, v.a. aufgrund des großen Einflusses des organisierten Taxigewerbes siehe Fromm: Die Entwicklung des öffentlichen Verkehrsrechts, NVwZ 1984, 348 [350]; ders., PBefG, S. 42f.; Basedow, Wettbewerb, S. 82f. - Zur Entstehungsgeschichte siehe Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 85f. 63 Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 86 (S. 43): Schon das ordnungsgemäße Funktionieren des Taxigewerbes soll ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut sein (nicht erst die

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der Existenz64 • Zwischen beiden soll aber kein wesentlicher Unterschied bestehen, da in beiden Fällen (Funktions- und Existenzbedrohung des gesamten Gewerbes) eine gleich schwere Gefahr für das geschützte Gemeingut besteht: Es ist mit dem Zusammenbruch der individuellen Verkehrsversorgung zu rechnen 65 . Es muß die Gefahr vorliegen, daß die Erteilung weiterer Genehmigungen zu schwerwiegenden Mängeln in der Taxi -Verkehrs bedienung führt66 . § 13 IV 2 Nr. 1-4 enthalten genauere Indizien, die eine solche Bedrohung anzeigen, stellen aber für sich allein noch keine Versagungsgründe dar67 • Nur wenn Anhaltspunkte für eine solche Bedrohung bestehen, kann ein Beobachtungs zeitraum nach § 13 IV 3, 4 eingeschaltet werden, in dem die Auswirkungen der letzten erteilten Genehmigungen auf das Taxigewerbe festgestellt werden68 . § 13 V normiert wesentliche Kriterien für die Genehmigungsvergabe bei Bewerberüberhang69 • Trotz der systematischen Stellung vor § 13 IV gilt der Besitzstandsschutz des § 13 III in seinen aufgezeigten Grenzen auch für TaxiAltuntemehmer70 •

bb) Auswirkungen auf den Wettbewerb im Taxiverkehr Auch diese objektiven Marktzugangsbeschränkungen bestehen nicht zum Schutz des bestehenden Gewerbes vor Konkurrenz, sondern allein um der öffentlichen Verkehrsinteressen willen71. Sie haben auch nicht das Ziel, allen

Existenz). Ebenso Zeiselmair: Die Taxinovelle, VD 1983, 95 [98]. Diesen "weiteren" Begriff deuten Fromm, NVwZ 84, 348 [350] und Zeiselmair, a.a.O., S. 98 so, daß ein Versagungsgrund nun schneller erreicht ist - dagegen aber dezidiert BVerwGE 79, 208 [212]. 64 So zuvor noch der alte § 1311I PBefG von 1961. 65 So Frotscher, WiVerwR, Rn. 342 FN. 55; FrotscherlBecht: Übungsklausur Öffentliches Recht, Jura 1984, 608 [612]. Auch der VGH München BayVBI. 1987, 594 [595] nimmt keine wesentliche Änderung an und setzt Bedrohung von Funktionsfähigkeit und Existenzfähigkeit gleich. 66 BVerwGE 82, 295 [302]. 67 So BVerwGE 79, 208 [212]; 82, 295 [302] zu § 13 N 2 Nr. 3. 68 Auf diese engen Grenzen weist BVerwGE 79, 208 [216f.] hin. Vgl. ferner BVerwGE 82, 295 [302f.]; Fromm, NVwZ 84, 351; ders.: Kommt eine Novelle zum PBefG?, Omnibus-Revue 1982,90 [93]; Ehlers in: AchterberglPüttner, Kap. 1/2 Rn. 644; Stober, Handbuch, § 107 1lI 1 (S. 1178). 69 Zu Einzelheiten vgl. Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 91; Holger Zuck, S. 95-99. 70 H.M.; vgl. Haselau: Fünftes Gesetz zur Änderung des PBefG - Taxinovelle, GewArch 1983, 113 [117]; FielitzIMaier/MontigellMüller, § 13 Rn. 19; Jarass, WiVerwR, § 21 Rn. 19. Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 79 weist aber darauf hin, daß eine Abwägung des § 1311I mit den Gesichtspunkten des § 13 N, Verfolgen muß.

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am Ort tätigen Taxiunternehmern eine angemessene wirtschaftliche Existenz zu sichern. Wegen ihrer Bedeutung für die Daseinsvorsorge werden Taxen aber vor Konkurrenz durch Mietwagen geschützt, die keinen objektiven Beschränkungen unterliegen und daher eine Gefahr für das regulierte Taxigewerbe darstellen können. Für sie sind deshalb in § 49 IV sehr enge Beförderungsvoraussetzungen normiert, damit es nicht zu Tätigkeitsüberschneidungen beider Verkehrs arten kommt72 • Im Gegensatz zu ihnen können Taxen ferner Sonderrechte im Straßenverkehr zugewiesen werden (vgl. § 6 Nr. 18 StVG: "Sonderspur,,73; § 12 IV 3 StVO: "Halterecht"). 4. Genehmigungsdauer

Wettbewerbsauswirkungen hat auch die jeweilige Dauer der Genehmigung, die in § 16 festgelegt ist. Sie reicht von bis zu 4 Jahren für Taxen (§ 16 III) bis hin zu 8 Jahren für Linienverkehre mit KFZ (§ 16 11), was sich v.a. mit Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Interessen der Verkehrsunternehmer erklären läßt74 .

III. Grenzüberschreitender Verkehr Grundsätzlich gelten die Zulassungsvorschriften des PBefG auch für grenzüberschreitende Personenbeförderungen (§ 52 I), und zwar für sämtliche Verkehrs arten ohne Rücksicht auf den Betriebssitz. Dadurch werden ausländische Unternehmen gleich inländischen behandelt75 . Allerdings wird die Geltung des

71 BVerwGE 79, 298 [21Off.: keine Bedürfnisprüfung des einzelnen Taxiunternehmens]; FielitzIMaierlMontigel/Müller, § 13 Rn. 23; Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 86 (S.42f.); Ehlers in: AchterberglPüttner, Kap. 1/2 Rn. 661; Fromm, OR 82, 92 - alle unter Verweis darauf, daß durch diese Konkurrenz möglicherweise auch einzelne Unternehmer ruiniert werden können. 72 Bidinger/Bidinger: Personenbeförderungsrecht und BVerfG: Eine kritische Bestandsaufnahme, NVwZ 1992, 1138 [1142]; FielitzIMaierlMontigel/Müller, § 49 Rn. 18f. - Basedow, Wettbewerb, S.86 meint, daß diese Regelungen als Instrument des Wettbewerbsschutzes für das regulierte Taxigewerbe konzipiert seien. 73 Gegen eine generelle Freigabe dieser Bus-Sonderspuren für Taxen spricht sich aber die Bundesregierung aus; in: BT-Drucks. 12/5440 S. 2. 74 Vgl. i.e. Bidinger, PBefR, § 16 Anm. 4a, 6f. sowie BT-Drucks. 10/3425 S. 6: "Eine angemessene Nutzung der Innovationen muß grds. gewährleistet sein". eh. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 121, 131, weist darauf hin, daß nach der Rspr. im Linienverkehr mit KFZ kein Anspruch auf eine ausreichende Geltungsdauer besteht. 75 Dies bringt häufig eine gewisse Benachteiligung deutscher Unternehmen mit sich, da sie im Ausland nach ausländischem Recht behandelt werden und dort oft strengere Zulassungsbedingungen als hier herrschen; so Bidinger, PBefR, § 52 Anm. 1.

§ 1 Rechtslage im Bereich des Personenbeförderungsgesetzes

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PBefG in der Praxis durch etliche v.a. europarechtliche Regelungen verdrängt (v gl. § 52 I a.E.: " ... soweit nichts anderes bestimmt ist."). Dies ist gerade in grenznahen Gebieten von Bedeutung. IV. Pflichten der Verkehrsunternehmen Aus dem Recht zur Verkehrsbedienung, das die Genehmigung verleiht, folgen für Linienverkehrs- und Taxiunternehmer auch Pflichten76 : 1. Betriebs- und Bef6rderungspflicht

Gemäß § 21 I müssen Linienverkehrsunternehmen den Betrieb einrichten77 und während der Dauer der Genehmigung entsprechend den öffentlichen Interessen aufrechterhalten 78 . Beim Gelegenheitsverkehr besteht diese Pflicht nur für Taxen (andere Verkehre werden ausgenommen; vgl. §§ 48 IV, 49 III, IV 7). Entbindung von der Betriebspflicht kommt nur bei Unzumutbarkeit in Frage (§ 21 IV 1). Ihre inhaltliche Ausprägung ist je nach Verkehrsart verschieden: Im Taxiverkehr muß der Unternehmer sein Fahrzeug an behördlich zugelassenen Stellen bereithalten (§ 47 I, 11). Dabei muß erkennbar die Bereitschaft bestehen, jederzeit Aufträge zur Beförderung mit dem aufgestellten Wagen durchzuführen79 . Die Möglichkeit des Bereithaltens (die auf die Gemeinde beschränkt ist, in welcher der Sitz des Unternehmens ist), bildet das Hauptunterscheidungsmerkma1 zum Mietwagenverkehr nach § 49 IV 1 a.E. Des weiteren besteht im Linien- und Taxiverkehr unter den Voraussetzungen des § 22 Nr. 1-3 grundsätzlich eine Beförderungspflicht, die einen Kontrahierungszwang für die Unternehmen begründet. Für Taxen besteht sie nur bei Fahrten innerhalb des sog. Pflichtfahrbereichs (§ 47 IV). Bei allen anderen Verkehren herrscht Abschlußfreiheit (§§ 48 IV, 49 I1I, IV 7).

76 Diese werden oft als ,,gemeinwirtschaJtliche" Pflichten bezeichnet (s.o., Kap. A § 2 IV 2b). 77 Nach § 3 11 im eigenen Namen, unter eigener Verantwortung und für eigene Rechnung. 78 Konkretisierungen dieser Pflichten für KFZ enthalten §§ 2 ff. BO-Kraft. 79 BVerwGE 61, 9 [11f.]; Bidinger, PBefR, § 47 Anm. 15f. Auch während der Fahrt können Beförderungsaufträge durch Herbeiwinken angenommen werden (vgl. § 47 I 2); vgl. Fromm, PBefG, S. 52. Einzelheiten der Betriebspflicht können durch RVO auf der Grundlage des § 47 11 1 geregelt werden.

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

Diese Pflichten sollen sicherstellen, daß die genehmigten Verkehre dem örtlichen Publikum auch tatsächlich zur Verfügung stehenso. Sie ergänzen die objektiven Zulassungsbeschränkungen und relativieren die durch die Genehmigung gewährte Marktposition der Unternehmen.

2. Tarifpflicht

Große Bedeutung kommt ferner der Tarifpflicht des § 39 ZU 81 • Allgemeiner Grundsatz der Preisbildung nach dem PBefG ist, daß die Beförderungsentgelte nicht nur die Kosten der Unternehmen decken, sondern darüber hinaus auch eine angemessene Gewinnspanne enthalten müssen (§ 39 11: Grundsatz der Eigenwi rtschajtlichkeit) S2. Denn das PBefG geht davon aus, "daß bei aller Besonderheit und Struktur des Personenbeförderungsverkehrs und der jeweiligen Wettbewerbs- und Marktverhältnisse die Wirtschaftlichkeit des Beförderungsvorgangs für den Unternehmer tendenziell am besten geeignet ist, Betriebssicherheit, Fähigkeit und Bereitschaft zu den vom Gesetz gewünschten Beförderungsleistungen unter angemessener Beachtung der öffentlichen Verkehrsinteressen und des Gemeinwohls zu gewährleisten"s3. Die finanzielle Leistungsfähigkeit muß also auch im öffentlichen Interesse erhalten bleiben. Daraus folgt eine Pflicht des Staates, auferlegte Kostenunterdeckungen angemessen auszugleichen 84 • Als Ausdruck des den öffentlichen Verkehr beherrschenden Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 I GG), sind die Verkehrsunternehmen gern. § 39 III verpflichtet, die Tarife gleichmäßig auf die Nutzer anzuwenden. Sie stellen Festpreise dar (§ 39 III 1 HS 1). Diese Grundsätze gelten für den Linienverkehr direkt und für den mit Taxen gern. § 51 III, V entsprechend. Linienverkehrsuntemehmen können ihre Beförderungsentgelte selbst festlegen, bedürfen aber behördlicher Zustimmung nach § 39 I. Die Beförderungsentgelte der Taxen können im Gegensatz dazu nach § 51 I 1 per RVO behörd-

80 Fielitz/MaierlMontigel/Müller, § 47 Rn. 13; Jarass, WiVerwR, § 21 Rn. 12f.; Ch. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 17. Ähnlich auch Labs, S. 40. 81 Die Fahrplanpflicht des § 40 ist unter Wettbewerbsgesichtspunkten bedeutungslos. 82 H.M.; vgl. BVerfGE 42, 191 [204]; Fromm, BB 76, 115; ders., PBefG, S.71; Bidinger, PBefR, § 39 Anm. 7; Kübler, S. 44. - Art und Weise der Berechnung ist in Einzelheiten jedoch umstritten. 83 BVerfG DVBl. 1977, 820 [821] mit zust. Anm. von Fromm, DVBl. 1977, 822 [822]; vgl. auch Kübler, S. 44. 84 Wegen Vereinbarkeit mit Art. 12, 14 GG (vgl. z.B. § 45a für den Ausbildungsverkehr). I.e. vgl. Bidinger: Aktuelle Änderungen im Personenbeförderungsrecht, NZV 1989,338 [340f.]; ders., PBefR, § 45a Anm. 1; Fromm, PBefG, S. 72-75; Ch. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 19.

§ 1 Rechtslage im Bereich des Personenbeförderungsgesetzes

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lich festgesetzt werden 85 . Für sie ist die Vertragsfreiheit in ihrer Gestalt als Abschluß- und Preisfreiheit aber nur für Fahrten innerhalb des Pflichtfahrbereichs (§§ 47 IV; 51 1,11) ausgeschlossen. Bei Beförderungen über die Grenzen dieses Gebiets hinaus sind ihre Preise frei vereinbar86 . Im übrigen Gelegenheitsverkehr bestimmen sich die Preise nach den Grundsätzen von Vertragsfreiheit und Marktmechanismus87 •

V. Kooperation von Verkehrsträgern und -unternehmen Die Genehmigungsbehörden haben schließlich die Aufgabe, für Abstimmung der Beförderungsleistungen der Unternehmen zu sorgen (§ 8 11) und auf ihre Zusammenarbeit hinzuwirken (§ 8 III 2). Damit sollen Verkehrsverbünde gefördert oder zumindest nicht entmutigt werden, weil ihre Bildung im Interesse der Verkehrsnutzer liegt88 . § 8 enthält aber bloß Programmsätze. Es fehlt an rechtlichen Möglichkeiten, diese Ziele durchzusetzen. Z.B. darf eine Genehmigung nicht allein deshalb versagt werden, weil sonst die Bemühungen um Bildung eines Verkehrsverbundes am Widerstand des Unternehmers scheitern würden 89 • Wegen der unternehmensbezogenen Regelungen des PBefG sind Koordinationen daher nur auf freiwilliger Basis bei gegenseitiger Absprache der Unternehmer über das Verhalten in genehmigungsrechtlichen Fragen möglich 90 • Zwar steht den Behörden mit § 8 III 2, der auf § 21 III verweist, das Zwangsmittel der Auferlegung einer Verkehrsänderung zur Verfügung. Da jedoch auch dort auf Eigenwirtschaftlichkeit und Besitzschutz der Unternehmer zu achten sind, bleiben die Eingriffsmöglichkeiten sehr begrenzt91 • Die Auswirkungen des § 8 auf Pflichtenstellung und Genehmigungssituation der Unternehmer und damit auf ihre Marktsituation sind daher gering92 •

85 Dies ist weithin geschehen. Insbesondere örtliche Festpreise sind für den Taxiverkehr normiert worden; vgl. Ehlers in: AchterbergIPüttner, Kap. 1/2 Rn. 653. 86 Basedow, Wettbewerb, S. 85. 87 Hilfsweise ist beim Mietwagenverkehr auf §§ 40 I, 30 I BO-Kraft zurückzugreifen (Berechnung nach zurückgelegter Strecke). 88 So eh. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 79, 52. Dies steht im Gegensatz zur linienbezogenen Betrachtungsweise, die im PBefG herrscht; vgl. Lange, Verkehr, S. 102f. - Historisch ist § 8 aus dem Versuch hervorgegangen, die Möglichkeit einer Gebietsgenehmigung ins PBefG einzuführen; vgl. ausführlich dazu HeinzelHerbstl Schühle: Verkehr im ländlichen Raum, S. 347-350; Bidinger, PBefR, § 8 Anm. Ib. 89 BVerwGE 55, 159 [166f.]; Fromm, PBefG, S. 63; Bidinger, PBefR, § 8 Anm. 7. 90 So das BMV, Forschung Stadtverkehr, S. 53,98. 91 BMV, Forschung Stadtverkehr, S. 98; Fromm, PBefG, S. 53; Bidinger, PBefR, § 8 Anm.9. 92 Die fehlende praktische Bedeutung des § 8 hebt Fromm, PBefG, S. 62f.; ders., BB 76, 113 [114] hervor. Kritisch auch Lange, Verkehr, S. 102f., der bemerkt, daß § 8 mit

7 Maaß

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

§ 2 Wettbewerbsrechtlicher Rahmen rtir die Personenbeförderung Neben dem gewerberechtlichen Rahmen des PBefG sind für das Wettbewerbsverhalten der Unternehmen auch die Einschränkungen relevant, die ihnen das Wettbewerbsrecht setzt. Je nach Dichte staatlicher Verkehrsreglementierung verbleibt den Unternehmen meist noch ein gewisser Bereich, in dem sie selbst ihren Wettbewerb untereinander beschränken und verfälschen können. Daher sind die Grenzen, die für solche privat initiierten Wettbewerbs eingriffe im örtlichen Bereich gelten, aufzuzeigen und das Verhältnis von PBefG und GWB 93 zu erläutern. Zumal die Bedeutung des Wettbewerbsrechts um so mehr zunimmt, je freier die Marktordnung im Nahverkehr gestaltet wird. I. Nationales Wettbewerbsrecht

Gemäß § I GWB sind Verträge von Unternehmen grundsätzlich verboten und unwirksam, die zu dem Zweck geschlossen werden, die Marktverhältnisse für den Verkehr mit gewerblichen Leistungen durch Wettbewerbsbeschränkungen zu beeinflussen. § 25 I GWB erweitert dieses Verbot auf aufeinander abgestimmtes (nicht vertragliches) Verhalten. Und nach § 38 I Nr. 11 GWB sind auch Umgehungen dieser Verbote sanktioniert. Das GWB findet gern. § 98 I GWB auch auf öffentliche Unternehmen94 Anwendung. Typische verbotene Wettbewerbs beschränkungen dieser Art sind Absprachen über den Preis und das zu bedienende Verkehrsgebiet95 • Auch das mißbräuchliche Ausnutzen einer marktbeherrschenden Stellung (z.B. durch überhöhte Entgelte) ist gern. § 22 IV 1 GWB untersagt96 • Dennoch spielt das GWB im Verkehrs sektor nur eine

seinem Interessenausgleich ,,in merkwürdigem Gegensatz zu stärkerer marktwirtschaftlicher Orientierung" steht. 93 "Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen" i.d.F. der Neu-Bekanntmachung v. 20.2.1990 (BGBI. I S. 235). 94 Nach dem weiten Untemehmensbegriff des GWB kommt es v.a. darauf an, ob der Staat dabei als Anbieter gewerblicher Leistungen auftritt; vgl. zuletzt BGH NJW 93, 2680 und Emmerich: Kartellrecht, 7. Aufl., S. 47. 95 Eine umfassende Aufzählung möglicher Absprachen gibt Immenga in: Immenga/Mestmäcker (Hg.): GWB - Kommentar (11M), 2. Aufl., § 1 Rn. 240-282. Daß gerade Preisabsprachen von Verkehrsunternehmen grundsätzlich den Tatbestand des § 1 GWB erfüllen, weist das. in: Die Wettbewerbsordnung im Personenbeförderungswesen, WuW 1965, 180 [187ff.] nach. 96 Gerade im Nahverkehr sind die Linienverkehrsuntemehmen aufgrund der ihnen durch die Genehmigung eingeräumten Position oft marktbeherrschend; vgl. GleisslHootz in: Müller-HenneberglSchwartz (Hg.): Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und Europäisches Kartellrecht - Gemeinschaftskommentar, 8. Lfg., § 99 Rn. 22.

§ 2 Wettbewerbsrechtlicher Rahmen für die Personenbeförderung

99

marginale Rolle. Denn wichtige Bereiche wettbewerbsbeeinflussenden Verhaltens der Verkehrsunternehmer sind derzeit durch § 99 GWB vom Anwendungsbereich dieser Kartellverbote freigestellt.

1. Verkehr als wettbewerblicher Ausnahmebereich

a) Preisabsprachen

Verträge im Personenbeförderungsbereich bzgl. Preisabsprache und -koordination sind dem § I GWB soweit entzogen, wie die auf diesen Verträgen beruhenden Entgelte staatlich festgesetzt oder genehmigt werden97 • Denn öffentlich-rechtliche Regelungen verdrängen für ihren Anwendungsbereich das GWB. Dadurch werden die Aufsichtsbereiche der Verkehrs- und Kartellbehörden voneinander abgegrenzt. Was nach speziellen Gesetzen der Verkehrsaufsicht untersteht, soll um der Einheit der Verwaltung willen nicht einer zusätzlichen kartellrechtlichen Kontrolle unterliegen98 • Das heißt jedoch nicht, daß den Verkehrsuntemehmen private Wettbewerbsbeschränkungen dort grundsätzlich gestattet sind. Die Einschränkung "soweit" zeigt an, daß materielles Kartellrecht überall da anzuwenden ist, wo im Verkehrsrecht begründete staatliche Wettbewerbsbeschränkungen fehlen 99 • aa) Gelegenheitsverkehre Im Gelegenheitsverkehr mit Mietwagen, wo es nach dem PBefG keine Tarifkontrolle und damit freien Preiswettbewerb der Unternehmer gibt, kommt

97 So § 99 I GWB a.F. in der Bekanntmachung v. 27.7.1957 (BGBl. I S. 1081). Diese Vorschrift wurde mit Wirkung vom 1.1.1990 durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des GWB als "überflüssig da nur deklaratorisch" gestrichen, weil das GWB stets dort unanwendbar ist, wo der Staat die Einhaltung bestimmter Preise und Bedingungen vorschreibt. Denn insoweit besteht kein Platz für wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen und Verhaltensweisen; vgl. Begründung zum Regierungsentwurj zum 5. Änderungsgesetz GWB 1989, in: BT-Drucks. 11/4610 S. 28; lmmenga in: 11M, GWB, § 99 Rn. 2-4; Monopolkommission: 8. Hauptgutachten 1988/89, in: BT-Drucks. 1117582 Tz. 175 (S. 42), Tz. 735, 737 (S. 305). - An dieser Rechtslage hat sich durch Streichung des alten § 99 I GWB nichts geändert. 98 Mäschel: Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rn. 957; Basedow, Wettbewerb, S.7; Emmerich, KartellR, S.448. - Private Wettbewerbsvereinbarungen stellen sich insoweit nur als Vorbereitungshandlung für einen Akt dar, dessen Verantwortung bei einem Träger von Hoheitsgewalt liegt. 99 Basedow, Wettbewerb, S. 7f.; Immenga, Wettbewerbsbeschränkungen, S. 11; ders. in: 11M, GWB, § 99 Rn. 16.

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

folglich das Wettbewerbsrecht voll zur Anwendung 1OO • Wettbewerbsbeschränkende Absprachen müssen sich dort bereits jetzt arn GWB messen lassen. Genau umgekehrt sieht es im Taxigewerbe aus. Dort werden im Pflichtfahrbereich (§§ 47 IV, 51 I PBefG) die Beförderungsentgelte behördlich festgesetzt. Damit ist dort jeder Preiswettbewerb ausgeschlossen. Es besteht mithin kein Raum für wettbewerbswidrige Absprachen 101. Preiswettbewerb herrscht jedoch auch bei Taxen für Fahrten über die Grenzen des Pflichtfahrbereichs hinaus, wo keine hoheitliche Preisfestlegung besteht. Dort wiederum ist das GWB auf Taxen anwendbar lO2 • bb) Linienverkehre Anders ist die Situation im Bereich des Linienverkehrs. Dort ist die Tarifgestaltung den Unternehmen überlassen. Grundsätzlich ist Preiswettbewerb zugelassen und gewollt, er wird nur durch die erforderliche Zustimmung nach § 39 I PBefG begrenze OJ • Diese stellt bloß eine behördliche Mißbrauchsaufsicht dar. Da die Rücksichtnahme auf öffentlich-rechtliche Regelungen aber nur der Abgrenzung der Aufsichtskompetenzen dient, ist es trotz Preisaufsicht nicht erforderlich, den Linienverkehr auch vom materiellen Wettbewerbsrecht freizustellen. Seine Durchsetzung ist vielmehr den Genehmigungsbehörden aufgetragen. Grundsätzlich hat daher die Behörde im Rahmen des Zustimmungsverfahrens zu den Entgelten der Linienunternehmen nach § 39 I, II PBefG auf Einhaltung des Wettbewerbsrechts zu achten. Da sie dabei jedoch auch spezifisch verkehrspolitischen und z.T. entgegengesetzten Zwecken verpflichtet ist (§ 39 II: öff. VerkehrsinteressenlGemeinwohl), reduziert sich die Bedeutung des Kartellrechts dort zu der unbestimmten Aufgabe, den Gesichtspunkt des Wettbewerbs im Genehrnigungsverfahren mitzuberücksichtigen. Materielles Wettbewerbsrecht dient nur zur Ausfüllung der weiten Beurteilungsmaßstäbe, die der Behörde i.R.d. § 39 II eingeräumt sind lO4 • Unstreitig wird eine Pflicht

Rüdiger Zuck: Kooperationen im Gelegenheitsverkehr, WRP 1971, 158 [159]. Immenga, Wettbewerbsbeschränkungen, s. 91. 102 BGHNJW-RR 1988,50; Basedow, Wettbewerb, S. 16. \03 Immenga, Wettbewerbsbeschränkungen, S. 91, 94f.; ders. in: 11M, GWB, § 99 Rn. 10. 104 So ist z.B. bei Tarifabsprachen der Verkehrsunternehmen denkbar, daß die so abgestimmten Preise zwar dem Eigenwirtschaftlichkeitsprinzip des § 39 II Rechnung tragen und zugleich noch mit öffentlichen Verkehrsinteressen im Einklang stehen, aber dennoch den im PBefG nicht geregelten Wettbewerb beschränken. Dann soll nach Immenga, WuW 65, 180 [189f.] die Freistellung vom GWB nicht greifen und § 1 GWB Anwendung finden. Ähnlich auch Fromm, PBefG, S. 78, der meint, daß heute die Preisaufsicht des § 39 PBefG dazu dient, Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. - Die h.M. 100 \01

§ 2 Wettbewerbsrechtlicher Rahmen für die Personenbeförderung

101

zur Wettbewerbsaufsicht nur in Fällen behördlicher Festlegung von Höchstpreisen bejaht (die es im PBefG bisher nicht gibt). Da Preisabsprachen auch zur Erreichung der Ziele des § 8 III PBefG gern. § 99 I Nr. 2 GWB vom GWB ausgenommen sind, ist die Bedeutung des Wettbewerbsrechts bei Preisabsprachen klein. Das würde sich im Fall einer Liberalisierung der staatlichen Preisreglementierung jedoch ändern.

b) Demarkationsverträge

Betreffen Absprachen der Verkehrsunternehmen hingegen Markt- und Gebietsaufteilungen, kommt grundsätzlich das GWB zum Zuge lO5 • Eine Ausnahme ergibt sich aus § 99 I Nr. 2 GWB, wonach Demarkationsabsprachen erlaubt sind, soweit sie der Verwirklichung der in § 8 III PBefG gesetzten Ziele dienen. Diese Freistellung reicht gerade so weit, wie dort eine Zusammenarbeit der Unternehmer erwünscht ist. Greift sie ein, dann unterliegen die Absprachen nur der Aufsicht nach § 104 I Nr. 1 GWB, um zu prüfen, ob sie oder die Art ihrer Durchführung einen Mißbrauch der durch die Freistellung erlangten MarktsteIlung darstellen. Absprachen, die ihrem Sinn nach nicht den Zielen des PBefG dienen, sind bereits tatbestandlich nicht durch § 99 I Nr. 2 GWB vom Wettbewerbsrecht freigestellt und ungeachtet einer Anmeldung (§ 99 I Nr. 2 S. 2 GWB) nach § 1 GWB materiell unwirksam 106• Dies gilt für Linien- und Gelegenheitsverkehre gleichermaßen 107.

lehnt aber diese Differenzierungen ab und entzieht Absprachen, die zur Vorbereitung von Tarifanträgen dienen, pauschal der Wettbewerbsaufsicht; vgl. Emmerich, KartellR, S. 448; Fromm: Öffentlicher Personennahverkehr und Kartellgesetz, NZV 1989, 294 [295]; Mäschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rn. 957; von Gamm: Kartellrecht, § 99 Rn. 2. Auch Basedow, Wettbewerb, S. 8, 10, 14 ist sehr skeptisch, ob das Wettbewerbsrecht im Aufsichtsverfahren überhaupt eine Rolle spielt. \05 Die Genehmigung von Linienverkehren enthält z.B. keine das GWB verdrängende hoheitliche Stellungnahme zu möglichen Absprachen von Unternehmen, nur solche Genehmigungen zu beantragen, die nicht miteinander in Konkurrenz stehen; vgl. Basedow, Wettbewerb, S. 14,29. l06/mmenga in: IIM, GWB, § 99 Rn. 44; Basedow, Wettbewerb, S.29; ferner Begründung der Bundesregierung zum ÄnderungsG GWB, in: BT-Drucks. 11/4610 S. 27. Kritisch Fromm, NZV 89, 296; ders., PBefG, S. 64. \07 Denn auch letztere können in Kooperationen nach § 8 III PBefG einbezogen werden; vgl./mmenga in: IIM, GWB, § 99 Rn. 47 und Rüdiger Zuck, WRP 71, 158 [158f.].

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

c) Andere Wettbewerbsbeschränkungen

Da § 99 GWB von anderen Normen als §§ 1,38 GWB nicht befreit, unterliegen alle Verkehrs arten ferner den Verboten der §§ 22, 25 GWB I08 . Diese spielen jedoch im Nahverkehr kaum eine Rolle. d) Zusammenfassung Die Auswirkungen des Wettbewerbsrechts im Nahverkehrsbereich sind derzeit gering. Wenn staatliche Eingriffe in den Verkehrsmarkt zurückgenommen würden, nähme die Bedeutung des kartellrechtlichen Instrumentariums zur Freihaltung des Wettbewerbs jedoch ZU I09 • Einer Änderung des § 99 GWB bedürfte es dazu nicht. 2. Exkurs: Funk-Taxi-Genossenschaften

Wegen ihrer praktischen Bedeutung im örtlichen Personen beförderungs bereich sei noch kurz auf Funk-Taxi-Genossenschaften hingewiesen. Sie existieren in fast jeder größeren Stadt zur Koordination und Verteilung von Beförderungsaufträgen llO • Sofern sie mit ihren Mitgliedern Gebietsabsprachen treffen, ihnen Preise empfehlen oder Mitgliedschaften in anderen Genossenschaften verbieten, greifen sie in die Wettbewerbs freiheit ein. Trotz früherer Versuche, sie vom Kartellrecht auszunehmen, ist heute anerkannt, daß auch Taxi-Genossenschaften dem GWB unterliegen 111. Wettbewerbsbeschränkungen durch Taxi-Genossenschaften sind heute nur noch zulässig, wenn und soweit sie genossenschaftsimmanent, d.h. zur Sicherung von Zweck und Funktionsfähigkeit der Genossenschaft erforderlich, sind. Da sämtliche darüber hinausgehenden Beschränkungen der Mitglieder im Wettbewerb unter den Voraussetzungen des § 1 GWB gegen das Kartellverbot verstoßen, stellen Funk-Taxi-Genossen-

108 Wobei die Ausnutzung marktbeherrschender Stellungen aufgrund der staatlichen Preisaufsicht im Linienverkehr meist fast ausgeschlossen sein dürfte; so auch Hootz in: Müller-Henneberg/Schwartz, GWB, § 99 Rn. 21. 109 So auch Donges: Deregulierung und wirtschaftliche Dynamik, Kieler Vorträge, Neue Folge 120, S. 15. 110 Vgl. § 1 I GenG v. 1.5.1889 (RGBl. S.55), zuletzt geändert durch Gesetz v. 9.10.1973 (BGBl. I S. 1451): Zweck einer Genossenschaft ist die "Förderung des Erwerbs und der Wirtschaft der Mitglieder". Sie dient der kooperativen Selbsthilfe; vgl. Klaus Müller: Kommentar zum Gesetz betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, 1. Bd., § 1 Rn. 76 und lmmenga in: 11M, GWB, § 1 Rn. 411. 111 H.M.; vgl. statt vieler Klaus Müller, GenG, § 1 Rn. 24a-24f; lmmenga in: 11M, GWB, § 1 Rn. 418; Emmerich, KartellR, S. 86; BGH NJW-RR 1986, 1298; NJW-RR 1988,50.

§ 2 Wettbewerbsrechtlicher Rahmen für die Personenbeförderung

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schaften heute kein Hindernis für eine Wettbewerbszunahme im Taxigewerbe dar1l2 ,113. Sie wären auch keines im Fall einer Marktöffnung. 11. Europäisches Wettbewerbsrecht

Das deutsche Kartellrecht wird vielfältig durch europäisches Wettbewerbsrecht ergänzt und überlagert, welches in Art. 3g, 85-90 EGV und in Ausführungsverordnungen normiert ist. Sein Ziel ist, den grundsätzlich wettbewerblich organisierten Binnenmarkt gegen private Beschränkungen zu schützen 114. Dabei kennt es, anders als das GWB, keinen Ausnahmebereich für Verkehrsunternehmen ll5 . Obwohl der Verkehr ein stark durch die öffentliche Hand beeinflusster Bereich ist und Art. 75 I EGV eine Berücksichtigung der Besonderheiten des Verkehrs verlangt, gelten die Wettbewerbsregeln des EGV auch für den Verkehrsbereich 116. Dem Gemeinschaftsrechts kommt der Vorrang vor nationalem Wettbewerbsrecht zu. Europäisches Kartellrecht setzt sich gegen jede nationale

112 Siehe auch die umfangreiche Rspr. zu Wettbewerbsverstößen von Taxi-Genossenschaften: BGH NJW-RR 88, 50 (Preisempfehlung); WuWIE BGH 2341; WuWIE BGH 2271; OLG Frankfurt WuWIE OLG 4495 (Doppelmitgliedschaft) sowie die Aufzählung bei Basedow, Wettbewerb, S. 34 (FN. 109). - Eingehender zu Taxizentralen auch Bidinger, PBefR, § 47 Anm. 34-46 sowie Bidinger/Bidinger: Überblick über neue Entscheidungen zum Personenbeförderungsrecht im Jahre 1992, NZV 1993, 335 [341] zum Verbot einer Doppelmitgliedschaft. 113 A.A. (aus Genossenschaftssicht): Rosewick: Taxigenossenschaften im Spannungsfeld des Kartellrechts, in: BZP-Schriftenreihe, Bd. 2: Zur Lage des deutschen Taxi- und Mietwagengewerbes (1991), S. 66 [72], der meint, daß durch das Kartellrecht der Sinn und Zweck von Taxi-Genossenschaften bestandsbedroht sei und daß Wettbewerb so weit wie möglich eingeschränkt bleiben muß. Taxiunternehmer, die Wettbewerb wollen, sollen ihn außerhalb von Genossenschaften suchen, da sonst ein "unlösbarer Widerspruch" bestehe. 114 Emmerich, KartellR, S.502; Dolfen: Der Verkehr im europäischen Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, S. 11. Gegen staatliche Wettbewerbsbeschränkungen wendet sich Europäisches Kartellrecht nicht. Aber lt. EuGH dürfen die Mitgliedstaaten keine Tarife genehmigen, die das Ergebnis von kartellrechtlich verbotenen Abreden sind; vgl. Deregulierungskommission, Tz. 29, 141. 115 Dies ist ein Grund, warum vielfach gefordert wird, den Ausnahmebereich für den Verkehr im GWB zu streichen. 116 Früher str.; seit EuGHE 1974, 359ff.; 1986, 1425 Tz. 42 jedoch h.M.; vgl. Oppermann: Europarecht, § 14 Rn. 932 m.w.N. Darstellung bei Dolfen, S. 18-20; Geiger: EGVertrag - Kommentar, Art. 85 Rn. 4; Grill in: Lenz (Hg.): EG-Vertrag - Kommentar, Art. 85-90 Rn. 26. - Die Anwendung der Wettbewerbsregeln wird in der VO (EWG) 1017/68 v. 23.7.68 (ABI. L 175, lff.) geregelt. Die dort in Art. 3,4 getroffenen Anwendungsausnahmen haben für den Personenbeförderungsverkehr keine Relevanz.

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

Kartellerlaubnis durch ll7 . Zudem sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, keine Maßnahmen zu treffen, welche die praktische Wirksamkeit der Art. 85f. EGV ausschalten könnten 118. Daher könnte z.B. die Bundesrepublik gegen ihre Verpflichtung aus Art. 5 11, 85 EGV verstoßen, wenn Tarife von Linienunternehmen nach § 39 I PBefG genehmigt würden, die auf einer vorherigen Absprache beruhen. Dies gälte selbst dann, wenn diese Absprache unter die Freistellung des § 99 GWB fiele. Nach Art. 85 I EGV sind Verkehrs unternehmern gemeinsame Maßnahmen verboten, die geeignet sind, den zwischenstaatlichen Handel zu beeinträchtigen und deshalb eine Wettbewerbsverfalschung, -einschränkung oder -behinderung bewirken. Maßnahmen, die sich nur auf den innerstaatlichen Wettbewerb eines Mitgliedstaates auswirken, fallen nicht in den Anwendungsbereich der Norm 119 . Zudem muß die Wettbewerbsbeschränkung spürbar sein, was von der Kommission erst ab einem Umsatzanteil der Beteiligten an der betreffenden Dienstleistung im Gemeinsamen Markt von 5% oder jährlichem Gesamtumsatz von 50 Mio. ECU bejaht wird l2o. Aufgrund dieser Voraussetzungen kommen auch bei extensiver Auslegung Verstöße örtlicher Personenbeförderer gegen Art. 85 EGV durch Abreden kaum in Betracht. Denn die Auswirkungen solcher Abreden sind meist auf den innerstaatlichen Verkehrsbereich begrenzt. Es fehlt an der Eignung zur zwischenstaatlichen Wirkung. Auch ist Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkungen örtlicher Unternehmer kaum zu erwarten, selbst wenn dieses Merkmal bisher selten verneint wurde. Europäisches Kartellrecht hat also für die Beurteilung privater Wettbewerbsabsprachen im Ortsbereich keine oder allenfalls minimale Relevanz.

§ 3 Kritik an der Rechtslage und Deregulierungsdiskussion Die Entwicklung des örtlichen Personenbeförderungswesens seit 1961 ist oft kritisiert worden. Rechtliche Rahmenbedingungen und tatsächliche Situation werden auch heute vielfach von Verkehrsunternehmen und Verkehrsnutzern,

117 So EuGH Sig. 1969, I [13ff.]; EuZW 1992,671; inzwischen allgemeine Ansicht; vgl. Emmerich, KartelIR, S. 510 und Dolfen, S. 113 m.w.N. 118 Vorschriften des EGV sind so auszulegen, daß sie "volle Wirksamkeit" entfalten (sog. "effet utile"; gefestigte Rspr. des EuGH; vgl. Sig. 1977, 1225 [2145f.]; Sig. 1985, 391; Sig. 1986, 1425). 119 Geiger, EGV, Art. 85 Rn. 14 und Grill in: Lenz, EGV, Vorb. Art. 85-90 Rn. 19. 120 Lt. "Bagatellbekanntmachung" v. 19.7.77 (ABI. 1986, C 231 S.2). Vgl. dazu Geiger, EGV, Art. 85 Rn. 16.

§ 3 Kritik an der Rechtslage und Deregulierungsdiskussion

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öffentlicher Hand sowie Verkehrs- und Wirtschaftswissenschaft negativ beurteilt. Daher empfiehlt es sich, auf die rechtliche und ökonomische Kritik, die unterschiedlichen Anpassungsreaktionen der Unternehmer sowie die Diskussion um Veränderung und Liberalisierung, die gerade im Vorfeld der PBefGNovelle stattfand, einzugehen. I. Nahverkehrsentwicklung und Kritik am System des PBefG 1. Entwicklung im Nahverkehrsbereich

In den letzten Jahrzehnten läßt sich gerade im Bereich des Liniennahverkehrs eine starke Fahrgastabwanderung feststellen. Der Anteil des ÖPNV am gesamten Personenverkehr ist deutlich zurückgegangen l21 , während der Individualverkehr mit privaten PKW auf der Straße stark zunahm und nun vier Fünftel au smacht 122. Im Nahverkehr wurden öffentliche Verkehrsmittel von privaten Kraftwagen verdrängt 123 . Die Kosten des ÖPNV sind rapide angestiegen, was sich in gesteigertem Zuschußbedarf äußert. Vielfach wird Eigenwirtschaftlichkeit des öffentlichen Verkehrs verneint 124 (vergleichbare Angaben zum Taxi- und Mietwagenverkehr existieren nicht). Diese negative Entwicklung wird von Fachleuten teilweise auf Schwächen des PBefG zurückgeführt. 121 Vgl. eh. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 116: "Von 40,6 von 87,7 Mrd. Personenkilometern im Jahr 1950 auf 50,1 von 723,2 Pkm in 1990". Ferner das Statistische Bundesamt (Hg.): Statistisches Jahrbuch 1994 für die Bundesrepublik Deutschland, S. 327f.: ,,714,13 Mrd. Personenkilometern im Individualverkehr stehen 1992 nur ca. 53,2 Mrd. Pkm im öffentlichen Linienverkehr gegenüber" (S. 336 Tab. 13.10.3). Lt. Pohl: Die Entwicklung des Verkehrswesens in den vergangenen 100 Jahren, in: Pohlffreue (Hg.): Die Einflüsse der Motorisierung auf das Verkehrswesen von 1886 bis 1986, S. 1 [14f.] betrug 1986 der Anteil des öffentlichen Straßenverkehrs am Gesamtpersonenverkehr nur noch 9,7%, während er 1960 noch 71,1 % ausmachte. Bereits 1982 jedoch war er auf 19,1 % gesunken (S. 15f.). Vgl. ferner Angaben der Deregulierungskommission, Tz. 126; Basedow, Wettbewerb, S. 110f. und die Bundesregierung, BT-Drucks. 11/5746 Tz. 26: "Starker Fahrgastrückgang". 122 Lt. Angaben des Statistischen Bundesamtes, Jahrbuch 1994, S. 327, wurden 1992 ca. 41,0 Mrd. Personen im Individualverkehr befördert und nur 7,379 Mrd. im öffentlichen Linienverkehr (S. 336 Tab. 13.10.3). Lt. Pohl in: Pohlffreue, Einflüsse Motorisierung, S. 14 betrug 1986 der Anteil des Individualverkehrs (inkl. TaxenlMietwagen) an der Gesamtverkehrsleistung 81,5%. - Zur Begründung hebt eh. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 116 auf die Mobilitätsvorteile privater PKW und gestiegene Einkommen ab. - Und schon 1963 meinte Hamm: Die Zulassung zum Markt als Problem der deutschen und europäischen Verkehrspolitik, in: JürgensenIPredöhl u.a. (Hg.): Jahrbuch der Socialwissenschaft, Bd. 14 (1963), Heft 3, S. 254 [259], daß "der Staat diese Eiyenversorgung indirekt und ungewollt außerordentlich angeregt hat". 23 So Pohl in: Pohlffreue, Einflüsse Motorisierung, S. 16. 124 Fromm, ZögU 86, 78; eh. Heinze, Ausgleich gemeinwirtseh. Leistungen, S. 124. Auch die BReg, BT-Drucks. 11/5746 Tz. 42, 127 geht von zuviel Zuschußbedarf aus.

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen 2. Kritik an Auswirkungen des Personenbefdrderungsgesetzes

Oft wird gegen die Verkehrsrechtsordnung des PBefG vorgebracht, daß sie übertrieben interventionistisch sei, daher Risiko und Chance der Verkehrsunternehmen zu sehr einschränke und das Marktsystem gerade im ÖPNV außer Kraft gesetzt habe 125 • Aufgrund der genannten Entwicklung sei das Regelungskonzept des PBefG mit seinen Grundannahmen nicht mehr aktuell!26 und die Bedarfsdeckung im ÖPNV zu unterschiedlich. Selbst bei gutem Beförderungsangebot bleibe die konkret angebotene Beförderungsleistung in Ballungsräumen oft hinter der Nachfrage zurück, während in Randgebieten meist unausgelastete Fahrzeuge verkehrten 127 • Konkret wird folgendes kritisiert: a) Unflexibilität des Systems

Wegen der objektiven Beschränkungen im Linien- und Taxiverkehr werde den Kunden zu wenig Raum für eine Qualitätsauswahl der Beförderungsmittel gelassen und geboten. Ein diversifiziertes Leistungsangebot auf Seiten der Unternehmen könne kaum entstehen 128. Gerade das uniforme Angebot der Taxen wird beanstandet. Die Rechtsordnung für Taxen lasse wenig Raum für Leistungswettbewerb 129 • Auch sei die Unterscheidung zwischen Taxen und Mietwagen künstlich!3o. Darüber hinaus hätten Regulierung und Festsetzung von Tarifen im Linien- und Taxiverkehr zu "falschen Preisen" geführt, die entweder zu hoch!3! oder deshalb verfalscht sein sollen, weil sie nicht mehr die relative Knappheit der Dienstleistung "Beförderung" indizieren \32. Betriebskostenunterschiede der Taxiunternehmen schlügen nicht auf die Preise 125 So Z.B. Ch. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 123f. Dies kritisierte 1962 bereits Kloten: Gemeinwirtschaftlichkeit im Verkehr, in: ORDO-Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft, Bd. 13 (1962), S. 199 [227]. 126 So ähnlich Fromm, ZögU 86, 78f. 127 Ch. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 117. 128 Allgemein Ch. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 256. In Bezug auf Taxen die Deregulierungskommission, Tz. 206; Gries: Mehr Chancen für Gewerbe und Kunden, in: Schriftenreihe des Bundes-Zentralverbandes der Deutschen Personenverkehrsunternehmer mit PKW (BZP), Bd. 2 (1991): Zur Lage des deutschen Taxi- und Mietwagengewerbes, S. 108 [110]. In Bezug auf Busse vgL Monopolkommission, BTDrucks. 11/7582 Tz. 764. 129 V gL Püttner, WirtschaftsverwaltungsR, S. 200. 130 So z.B. Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 110. 131 Für den Taxiverkehr wird dies aus der Höhe der Preise geschlossen, die für TaxiGenehmigungen gezahlt werden. Direkte Preisvergleiche z.B. mit den unregulierten Mietwagenmärkten sind mangels Erfassung nicht möglich; vgl. Deregulierungskommission, Tz. 206; Basedow, Wettbewerb, S. 110; Laaser, Regulierung, Tz. 432. Für Busse vgl. Monopolkommission, BT-Drucks. 11/7582 Tz. 764. 132 Ch. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 385.

§ 3 Kritik an der Rechtslage und Deregulierungsdiskussion

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durch 133. Und das behördliche Preissystem sei zu unflexibel, um den Verkehrsunternehmen durch preislich differenzierte Zusatzangebote bessere Gewinnmöglichkeiten zu bieten. Insgesamt fehle deshalb ein Preiswettbewerb l34 . Schließlich verhindere die im ÖPNV übliche Kostendeckung durch die öffentliche Hand bei Ausfällen von Linienunternehmen wirtschaftlichere Entscheidungen der Betreiber, denn bessere Einnahrneleistungen lohnen sich aufgrund des damit verbundenen Rückgangs der Kostenausfalldeckung nicht 135 • Und den Behörden ließe der Grundsatz der Eigenwirtschaftlichkeit wenig Raum für Gestaltung l36 . b) Folgen der Marktabschottung

Die durch das Genehmigungsrecht bewirkte Marktschließung für Linienverkehre und Taxen soll auch für die Kunden nachteilig sein. Denn ihre Wünsche würden bei Prüfung des öffentlichen Verkehrsinteresses oft übergangen 137. Man behindere Angebotssteigerungen und Innovationen, weil zu viele neue Anbieter vom Markt ferngehalten würden 138 . Des weiteren sei der Besitzstandsschutz von Alt-Unternehmern zu stark. Da diese praktisch nicht zu verdrängen sind, werde die Suche nach billigeren Anbietern verhindert 139 • Ferner sind nach Ansicht der Kritiker die Vergabespielräume der Genehmigungsbehörden zu groß I40 mit der Folge einer uneinheitlichen Anwendung der Bestimmungen des PBefG durch die Behörden 141. Auch der Einfluß der öffentlichen Hand sei zu groß. Denn der Berufszugang zum Linienverkehr hänge meist von der staatlichen Zusage einer Verlustübernahme ab 142. Die Verwaltungs- und Überwachungskosten aufgrund des Vergabesystems hält man ebenfalls für zu

V gl. Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 110; Deregulierungskommission, Tz. 209. Laaser, Regulierung, Tz. 432 und Immenga: Wettbewerbsbeschränkungen, S. 100. 135 Vgl. eh. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 124, 126. 136 Fromm, NVwZ 92,541 und Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 110. 137 Hamm, S. 251,257. 138 Vgl. Koenig, Verteilungslenkung, S. 385; Hamm, S. 251; ähnlich auch die BReg, BT-Drucks. 11/5746 Tz. 42. 139 Monopolkommission, BT-Drucks. 11/7582 Tz. 171; Girnau: Deregulierung und Privatisierung - Instrumente zur Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs?, in: DVWG-Schriftenreihe, B 145: Privatisierung im Verkehr (1991), S. 50 [59]; Laaser, Regulierung, Tz. 431. Implizit auch die BReg, BT-Drucks. 11/5746 Tz. 42. 140 Basedow, Wettbewerb, S. 126. 141 Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 109 (zu § 13 IV PBefG). 142 eh. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 133f. Wegen dieser Verlustübemahmen sind auch die Wettbewerbsbedingungen nicht gleich; vgl. Aberle: ÖPNV in der Fläche, S. 88. 133

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

hoch l43 . Und allgemein verhindere eine unnötige Normenflut progressive Veränderungen 144. c) Kritik bezüglich Verkehrskoordination

Kritisiert werden ferner die fehlenden Möglichkeiten des § 8 PBefG zur verkehrsnutzerorientierten Koordination der Verkehrsleistungen. Es fehle am nötigen rechtlichen Instrumentarium für die Behörden. Diese seien nur noch als "Notare" tätig, welche die abgestimmten Genehrnigungsanträge der Verkehrsunternehmen abzeichnen l45 . Die Unternehmerseite kritisiert, daß die nach § 8 PBefG geschaffenen Verkehrsverbünde zu mehr Kosten und Einnah-meverlusten und damit erhöhtem Zuschußbedarf geführt hätten l46 . d) Zusammenfassung

Kernpunkt dieser hauptsächlich ökonomisch orientierten Kritik ist die Annahme, daß durch die Reglementierungen des PBefG und die staatliche Einflußnahme die wirtschaftliche Freiheit und die unternehmerische Innovation der Verkehrsbetriebe zu sehr beschränkt würden, um den Mobilitätsbedürfnissen der Verkehrsnutzer grundSätzlich optimal entsprechen zu können. 3. Anpassungsversuche und -probleme der Verkehrsunternehmen

Daß die Kritikpunkte zumindest teilweise zutreffen, zeigt die Reaktion vieler Verkehrsunternehmen, die in verkehrsschwachen Zeiten und Räumen agieren. Um flexibler auf die unterschiedliche Verkehrsnachfrage reagieren zu können, die zu befriedigen sie unter dem Aspekt der Daseinsvorsorge gehalten sind, haben sie im letzten Jahrzehnt neue Angebotsstrategien mit differenzierten Bedienungsformen entwickelt. Vielfach kam es zu Kooperationen der Linienunternehmen mit dem Taxi- und Mietwagengewerbe 147 oder zum Einsatz Basedow, Wettbewerb, S. 113f.; Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 109. Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 111 unter Hinweis auf die vielfältigen Beschränkun§en der Werbungsmöglichkeiten an Taxifahrzeugen. 14 So Fromm, ZögU 86, 79; BMV, Forschung Stadtverkehr, S. 53f., 98; unter Kritik am Linien-Konzessionssystem auch Aberle, S. 82. - A.A. die BReg, BT-Drucks. 11/5746 Tz. 39, die meint, daß nur noch nicht alle Möglichkeiten zur Zusammenarbeit ausgesChött sind. 14 BMV, Forschung Stadtverkehr, S.96; Fromm, in: DVWG-Schriftenreihe, B 117, S. 136 [146f.]. 147 Thomas: Taxi-Einsatz im öffentlichen Personennahverkehr, in: BZP-Schriftenreihe, Bd. 2: Zur Lage des dt. Taxi- und Mietwagengewerbes (1991), S. 52 [52f., 55]; 143

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§ 3 Kritik an der Rechtslage und Deregulierungsdiskussion

109

von Kleinbussen l48 , um im Rahmen des geltenden PBefG die eigene Wirtschaftlichkeit durch Kostensenkung erhöhen und den Mobilitäts- und Kundenwünschen nach höherem Beförderungskomfort, der sich dem Privat-PKW annähert, Rechnung tragen zu können. Neben der Zusammenarbeit mit dem Linienverkehr traten auch selbständige neue Typen der Bedarfs-Verkehrsbedienung hervor.

a) Arten differenzierter Bedienungsweisen Aus dem Mangel heraus, daß Busse als Linienverkehr nicht auch die "letzten Winkel" bedienen können und ab einer bestimmten Nachfragedichte zu unwirtschaftlich sind, entstanden (im Einzelfall nach §§ 2 VI, VII i.V.m. 42, 49 IV PBefG I49 ) etliche neue Fonnen differenzierter Verkehrs bedienung, die vom Fahrgastaufkommen abhängig als Linien- oder Bedarfsverkehre operieren. Mit ihnen lassen sich auch minimale Mobilitätsbedürfnisse (z.B. zu unüblichen Betriebszeiten/in entlegenen Regionen) durch öffentliche Verkehrsmittel befriedigen. Möglich sind Verkehre, die parallel (angebotsüberlagernd) zu vorhandenen Linienverkehren verlaufen, so daß der Kunde wählen kann. Dies führt zu einem sehr intensiven Wettbewerb mit dem Linienverkehrsunternehmen. Ferner sind Verkehre einsetzbar, die das bestehende Linienangebot mit kleineren Fahrzeugen ergänzen oder verdichten, z.B. zu Zeiten, in denen kein Linienunternehmen mehr verkehrt. Oder das vorhandene Linienverkehrsangebot kann von einer neuen Fonn völlig ersetzt werden, wenn vorhandene Linienverkehre sonst aus Wirtschaftlichkeitsgründen eingestellt werden müßten l50 • Erprobte Systeme dieser Art sind v.a. Linientaxen und Amuf-Sammel-Taxen (AST)l5l.

Wirsching: Beitrag zur Frage der Funktionserweiterung der Taxis i.R.d. ÖPNV, Diss., S. 13; BReg, BT-Drucks. 11/5746 Tz. 26; Verband öffentlicher Verkehrsbetriebe (VÖV) (Hg.), Arbeitsgruppe "Taxi-Einsatz im ÖPNV", bearb. von Braun u.a.: Handbuch: TaxiEinsatz im öffentlichen Personennahverkehr (1989), S. 3, 6f., 8f. 148 HeinzelHerbstlSchühle, S. 415ff.; VÖV, Handbuch, S. 6. 149 Bidinger, PBefR, § 2 Anm. 26; Conrad: Genehmigungsrechtliche Fragen bei der Einrichtung von Verkehren mit "Anruf-Sammeltaxen", VuT 1984, 258 [258, 260]; HeinzelHerbstlSchühle, S. 416ff., 435; FielitzIMaier/Montigel/Müller,§ 46 Rn. 7; VÖV, Handbuch, S. 24. 150 Ausführlicher zu diesen Grundformen VÖV, Handbuch, S. 11, 14; Wirsching, S. 16f.; HeinzelHerbstlSchühle, S. 434f.; BMV, Forschung Stadtverkehr, S.49ff. sowie die BReg, BT-Drucks. 11/5746 in Anhang 1. 151 Auf weitere Mischformen dieser Grundsysteme, wie Taxi-Ruf Service, Veranstaltungs-Sammeltaxen oder Theater- Taxen etc., kann nicht weiter eingegangen werden. Der Katalog möglicher differenzierter Bedienungsweisen ist nicht abschließend (Zusammenstellung bei Bidinger, PBefR, § 42 Anm. 8a - i).

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

aa) Linientaxen Linientaxen (od. -mietwagen) verkehren anstelle von Bussen wie Linienverkehre zu festgelegten Fahrplanzeiten auf deren Routen. Sie fahren (meist) im Auftrag und unter der Genehmigung des Linienunternehmers. Auf § 2 VI PBefG ist nicht zurückzugreifen 152 • Sie stellen selbst Linienverkehr nach § 42 dar und unterliegen dessen Pflichten 153. Solche Einsätze zu Linientarifen sind zwar nicht kostendeckend, aber für das beauftragende Linienunternehmen immer noch günstiger als der Einsatz eigener Busse l54 . Es ist aber auch selbständig genehmigter Linienverkehr mit (Linien-)Taxen möglich. bb) Anruf-Sammel-Taxen und bedarfs orientierte Kleinbusse Anruf-Samme1-Taxen verkehren ergänzend zum Linienverkehr, aber nicht im Auftrag des Linienunternehmens, sondern selbständig. Ihre konkreten Einsatzformen variieren. Charakteristisch für sie ist jedoch meist, daß Fahrten zu festgelegten Zeiten nach Fahrplan und nur nach vorheriger Anmeldung erfolgen. Sie haben feste Abfahrtsstellen, der Ausstieg erfolgt aber an jedem beliebigen Zielpunkt. Fahrpreise liegen vor der Fahrt fest. Ihre Höhe liegt über dem Tarif der Linienverkehre, doch unter dem von Taxen 155. Nach ähnlichem System verkehren bedarfsorientierte Kleinbusse in abgelegeneren Gebieten als Zubringer zu Anschlußstrecken des Linienverkehrs. Sie fahren grundsätzlich linienmäßig, bei Voranrneldung ist jedoch auch eine Beförderung ab Haustür möglich 156• Beiden Beförderungsformen ist gemein, daß sie genehmigungsrechtliche Mischsysteme darstellen, die sowohl Merkmale des Linien- als auch des Gelegenheitsverkehrs mit TaxenlMietwagen aufweisen. Daher lassen sie sich nur

152 Dies ist mit dem PBefG vereinbar; vgl. Thomas: Konzessionsfragen beim linienungebundenen Taxieinsatz, in: DVWG-Schriftenreihe, B 53: Taxen als Ergänzung des öffentlichen Linienverkehrs (1981), S. 50 [52]. 153 VÖV, Handbuch, S. 17ff.; Thomas, BZP-Schriftenreihe 2, S.52; HeinzelHerbstl Schühle, S. 437; BMV, Forschung Stadtverkehr, Tz. 51; FielitzIMaier/Montigel/Müller, § 42 Rn. 6. 154 Zumindest wenn ein Taxi einen Bus ersetzt; vgl. VÖV, Handbuch, S. 7, 52. 155 Ausführlich dazu HeinzelHerbstlSchühle, S. 438; Conrad, VuT 84, 261 (auch zu den anderen Charakteristika der AST); VÖV, Handbuch, S.22ff., 52; Thomas, BZPSchriftenreihe 2, S. 56. Auch die BReg, BT-Drucks. 11/5746 Anl. 1 meint, daß es ein "wesentliches Merkmal des Anruf-Sammeltaxenmodells ist, daß ein besonders günstiges Kostenverhältnis entsteht, wenn keine oder eine sehr geringe Nachfrage vorliegt. Daher können AST ein öffentliches Verkehrsangebot aufrechterhalten, wenn andere Bedienungsformen völlig unwirtschaftlich geworden sind". 156 Eingehender dazu HeinzelHerbstlSchühle, S. 415-419.

§ 3 Kritik an der Rechtslage und Deregulierungsdiskussion

111

über § 2 VI einer Verkehrsart zuordnen, wobei je nach Betrachtungsweise praktisch alle denkbaren Qualifikationen möglich sind 157 • b) Verhältnis der neuen Verkehrsformen zu vorhandenen Relationen

Bereits dieser Überblick über die aufgrund der Unzulänglichkeit vorhandener Verkehrsbedienungen im verkehrsschwachen (v.a. ländlichen) Raum entstandenen Zusatzverkehre läßt ein erhebliches Wettbewerbspotential erkennen. Selbständige Parallelverkehre konkurrenzieren vorhandene Linienunter-nehmen unmittelbar. Und auch Wettbewerb der selbständigen Mischbedienungsunternehmen untereinander ist möglich. In diesem Randbereich der Personenbeförderung, was das Fahrgastpotential anbelangt, ist damit grundsätzlich dieselbe Wettbewerbssituation gegeben wie im "normalen" Verkehrsbereich herkömmlicher Verkehrsarten. Allerdings besteht hier zusätzliches Konfliktpotential: aa) Konfliktsituation und Lösungsmaßstäbe Aufgrund der geringen Nachfrage in diesen Bedienungsgebieten und -zeiten ist der Raum für Wettbewerb begrenzter und die Wettbewerbs situation damit dichter. Auch spielt das Moment der Rechtsunsicherheit l58 hinsichtlich der rechtlichen Zuordnung der Mischverkehre zu einer der Beförderungsformen nach § 2 VI, VII eine wichtige Rolle. Denn für die eine Mischbedienung planenden Unternehmer ist schwer vorauszusehen, als was ihr Verkehr behördlich qualifiziert wird und nach welchen Voraussetzungen sie sich bei der Genehmigungserteilung richten müssen l59 . Dies kann sich innovationshemmend auswirken.

157 VÖV, Handbuch, S.24; Heinze/Herbst/Schühle, S.4l9. Conrad, VuT 84, 260 nimmt Mietwagenverkehr an. FielitdMaier/Montige/JMüller,§ 46 Rn. 7 wollen auf die Umstände des Einzelfalls abheben. - Bereits darin liegt genügend Konfliktpotential: Die Interessenvertretungen öffentlicher Linienverkehrsunternehmen plädieren für eine Einordnung nach § 42 PBefG, um die Interessen vorhandener Linienunternehmen zu schützen - die Unternehmer selbst wollen regelmäßig als Gelegenheitsverkehre eingestuft werden, da sie dann weniger reglementiert werden. § 2 VII PBefG, der besagt, daß "zur Erprobung neuer Verkehrsarten und -mittel Abweichungen von den Normen des PBefG möglich sind", hat diesen Konflikt allenfalls entschärfen, jedoch nicht lösen können, da die Interessengegensätze fortbestehen. 158 So auch das VÖV, Handbuch, S. 24. FielitdMaierlMontige/JMüller, § 2 Rn. 27 heben hervor, daß eine "einheitliche Beurteilung und Zuordnung nicht zu erwarten sei". 159 Zurecht weist Fromm, PBefG, S. 48f. darauf hin, daß "damit letztlich der Streit um die rechtliche Einordnung eines neuen Verkehres den Verwaltungs gerichten überlassen wird". Mangels Fachkompetenz und fehlender Sachnähe kann dies nicht als ideal gelten.

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

Vielfach ist daher die (vor allem von Seiten der etablierten Verkehrsbetriebe vorgetragene) Prämisse zu finden, daß durch neuartige Verkehrsformen der bestehende Linienverkehr nicht ausgehöhlt werden dürfe, sondern nur eine Abrundung des vorhandenen Linienangebots in Frage kommen SOlll60. Es wird auf den erheblichen Widerstand genehmigter Verkehrsunternehmen und der Verbände hingewiesen, sofern, wie im Fall von Parallelbedienungen, ein vorhandenes ÖPNV-Angebot berührt wird l61 . Ferner äußert man die Befürchtung, daß es beim parallelen Verkehr von Bussen und (teureren) Linientaxen zu einem "Zwei-Klassen-Verkehrs system" komme - wer es sich leisten könne fährt Sammeltaxi, für die einkommensschwächeren Schichten werde ein "immer weiter degenerierender" öffentlicher Linienverkehr vorgehalten 162. Stellenweise wird sogar behauptet, daß bei einer (so geringen) Nachfrage, die von Taxen bewältigt werden kann, kein "öffentliches" Interesse mehr an einem Verkehrsangebot bestehe und daß die wenigen Nachfrager auf andere Beförderungsmittel zurückzugreifen hätten 163.

Es führt zur Verzögerung der Verbesserung der Verkehrsbedienung und liegt damit nicht im Interesse der Verkehrsnutzer. Auch FielitzIMaier/Montigel/Müller, § 43 Rn. 5 a.E. kritisieren, daß § 2 VI die verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung gleicher Beförderungsfälle erschwert. Zu den weitreichenden Konsequenzen, die mit der ZuordnunJi zu einer Verkehrsform verbunden sind, vgl. auch Conrad, VuT 84, 258. 1 So das BMV, Forschung Stadtverkehr, S. 49; VÖV, Handbuch, S. 9, 14; Wirsching, S. 15. - HeinzelHerbstlSchühle, S. 419 sprechen von der "erkennbaren Abneigung auf politischer Seite, gerade im nachfrageschwachen, ländlichen Raum Möglichkeiten zu fördern, die zu einern weiteren Nachfragerückgang im allgemeinen Linienverkehr führen könnten" (obwohl sie selbst aus Gründen der Mobilitätserweiterung durch differenzierte neue Bedienungen zu deren grds. Unterstützung auch auf Kosten der Linienverkehre tendieren). 161 HeinzelHerbstlSchühle, S. 417-419. 162 So Wirsching, S.22, der deshalb Linientaxen in Deutschland ablehnt. - Er übersieht aber, daß auch sonst eine ,,zwei-Klassen-Beförderung" möglich und üblich ist. Denn da auch Taxen die Sonderspuren des Linienverkehrs befahren dürfen, kann man sich schon jetzt mit dem höheren Taxifahrpreis eine bequemere und schnellere Beförderung als mit dem Linienverkehr an den Individualverkehrsstaus vorbei "erkaufen"; so zurecht Daubertshäuser: Das Taxi in der Verkehrspolitik, in: BZP-Schriftenreihe, Bd. 2, S. 102 [107]. Und auch sonst ist nichts gegen die Möglichkeit, sich mit größerem finanziellen Aufwand eine komfortablere Beförderung zu leisten, einzuwenden. Öffentlicher Verkehr hat nicht der "Nivellierung von Beförderungswünschen" zu dienen. 163 Zitat bei HeinzelHerbstlSchühle, S. 436. - Diese Ansicht beruht jedoch auf der Fehleinschätzung, daß nur die Mobilitätsbedürfnisse einer Majorität ein öffentliches Verkehrsbedürfnis begründen können. Das verkennt aber den Daseinsvorsorgeauftrag des Sozialstaates (s.o.). Gerade die Mobilitätswünsche von Minderheiten, die besonders auf Verkehrsanbindung angewiesen sind und nur unter extremen Schwierigkeiten Zugang zu normalen Beförderungsmitteln haben, führen dazu, ihr Bedürfnis nach Mobilität als besonders wichtig und damit auch als "öffentlich" anzusehen. Grenze ist hierbei nur die wirtschaftliche Zumutbarkeit.

§ 3 Kritik an der Rechtslage und Deregulierungsdiskussion

113

bb) Stellungnahme Auch im nachfrageschwachen ländlichen Bereich müssen die Wettbewerbsinteressen der einzelnen Beförderungsunternehmen gegeneinander und mit den Verkehrsnutzerinteressen abgewogen werden und bedürfen eines Ausgleichs. Es ist dort jedoch zu bedenken, daß - anders als zu Hauptverkehrszeiten oder in Ballungsräumen - tendenziell das grundrechtlich geschützte Mobilitätsbedürfnis der Bevölkerung bei dieser Abwägung größeres Gewicht haben muß. Denn ein problemloses Ausweichen auf andere Beförderungsmittel wird dort meist nicht möglich sein l64 • Deshalb ist eine mobilitätsfreundlichere Auslegung der öffentlichen Verkehrsinteressen in diesen Einsatzgebieten indiziert. Gerade bei geringer Nachfrage muß im Fall der Verfügbarkeit einer den Beförderungsengpass teilweise behebenden differenzierten Verkehrsbedienung ein öffentliches Interesse an diesem neuen Angebot bejaht werden. Auch der sozialstaatliche Aspekt der Daseinsvorsorge, der sonst meist zur Begründung objektiver Einschränkungen des Wettbewerbs bemüht wird, spricht hier für eine Zulassung differenzierter Bedienungsweisen notfalls auch gegen die Interessen etablierter Linienunternehmen l65 • Denn Kern der Daseinsvorsorge ist, für eine möglichst umfassende Mobilität der Bevölkerung gerade in Verkehrsrandbereichen zu sorgen. Daher sollte bei Bedarfl66 auch eine über die bloße "Abrundung" des bestehenden Linienangebots hinausgehende differenzierte Bedienung zugelassen werden. Die meisten der differenzierten Beförderungsformen zielen ohnehin auf Beachtung und Schonung bestehender Verkehrsbedienungen und Wettbewerbsvermeidung ab, was solange rechtlich vertretbar ist, wie dabei die Wünsche der Verkehrsnutzer beachtet werden. Besonders deutlich zeigen sich viele der hier angesprochenen Probleme am Beispiel der in den letzten Jahren vermehrt entstandenen Flughafen-Transferdienste.

164 So auch die BReg, BT-Drucks. 11/5746 Tz. 64, die gerade in dünnbesiedelten Räumen und verkehrsschwachen Zeiten die Mobilität derer hervorhebt, die nicht über einen PKW verfügen. Dort wird eine zunehmende Ergänzung und Ersetzung bestehender Linienverkehre gefordert. 165 Schließlich wurde der Daseinsvorsorgeaspekt auch bemüht, als es darum ging, überhaupt die Notwendigkeit der Entwicklung differenzierter Bedienungsweisen darzulegen (s.o., Kap. B § 3 I 3). 166 Die Forderung nach größerer Bedarfsorientierung kommt jetzt auch in Art. 4 I des "Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern" v. 24.12.1993 (Bay. Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 33/93 S. 1052) zum Ausdruck. Dort wird auch verlangt, den Erfordernissen des ländlichen Raumes mit "abgestuften Bedienungskonzepten" Rechnung zu tragen. - Ähnlich 1977 bereits Willeke: Mobilität als Problem und Aufgabe, Kölner Universitätsreden 54, S. 21, der forderte, die "Verkehrsordnung nachfrageorientiert auszurichten".

8 Maaß

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

c) Exkurs: Flughafen-Transfer-Dienste

Flughafen-Transfers bedienen meist außerhalb von Städten liegende Flughäfen, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln umständlich oder nur per TaxiJMietwagen erreichbar sind und füllen damit eine Marktlücke aus. Oft arbeiten sie mit Reisebüros zusammen und verwenden PKW von bis zu 9 Sitzplätzen. Beförderungen dieser Art sind nach § 1 11 immer genehmigungspflichtig, selbst wenn sie von Reisebüros unentgeltlich angeboten werden 167. Ihre rechtliche Behandlung ist streitig, weil solche Unternehmungen sowohl als Mietwagen- als auch als Sonderlinienverkehr qualifiziert werden können: Mehrfach haben Verkehrsminister auf Grundlage von § 10 PBefG diese Dienste restriktiv gern. §§ 2 VI, 43 als Sonderlinienverkehre eingeordnet, um sie objektiven Zugangs beschränkungen zu unterwerfen und an der Beeinträchtigung vorhandener Linienunternehmen messen zu können l68 . Begründet wurde dies damit, daß Flughafen-Zubringerdienste entgegen § 49 IV praktisch einzelne Fahrgastsitze vermieteten, von sich aus Beförderungen anböten, dementsprechend Fahrtrouten festlegten und feste Fahrpreise nach Preislisten verlangten. Dies führe zu einer Konkurrenzierung vorhandener Linienverkehre, denen keine Fahrgäste entzogen werden dürften. Andererseits besteht aber offensichtlich eine Nachfrage nach solchen Diensten. Und auch die Merkmale des § 43 werden nicht vollständig erfüllt. Dennoch wird das Einordnungsproblem zuungunsten des Wettbewerbs gelöst und so ein Ausfüllen der Marktlücke, das mehr an Publikurnswünschen orientiert wäre, verhindert. Infolgedessen begannen einige Flughafen-Transferdienste, sich vertraglich an ein flughafenzentrales "Verbundsystem", eine Zentrale zu binden, die selbst Kundenaufträge annimmt, ordnet und bündelt und daraufhin einen Beförderungsvertrag mit den angeschlossenen Unternehmen abschließt. Auf diese Weise wird eine koordinierte Verteilung der Fahrtaufträge unter Einhaltung der rechtlichen Grenzen des § 49 IV ermöglicht l69 . Einordnungsprobleme nach § 2 VI vermeidet man. Und eine fast individuelle Beförderung der Flughafengäste zu vertretbaren Preisen wird trotz Gesamtanmietung des Fahrzeugs gewährleistet, ohne Wettbewerbsbeschränkungen objektiver Art zu unterliegen. Auch die Nachteile des § 49 IV 3 lassen sich so weitgehend egalisieren.

So zuletzt OLG München, GewArch 1994, 113. Z.B. Entscheidung des Ministers für Wirtschaft, Technik und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein v. Dezember 1993 zur genehmigungsrechtlichen Einordnung von Flu~hafenzubringerverkehren nach dem PBefG (n.v.). 1 9 So bspw. die Arbeitsweise der bundesweit operierenden "Flughafen-Transfer Verbundsystem GmbH" (Lt. Information der Niederlassung am Flughafen Stuttgart). 167

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§ 3 Kritik an der Rechtslage und Deregulierungsdiskussion

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Rechtlich stellt diese Art der Beförderungsorganisation eine Umgehung der Beschränkungen des PBefG dar. Ein Verstoß gegen § 6 PBefG (Umgehungsverbot) ist darin aber nicht zu sehen. Denn nicht jede Gestaltung der Rechtsverhältnisse, die nach den Vorschriften des PBefG zulässig und für den Unternehmer arn günstigsten ist, stellt zugleich einen Mißbrauch dar l7O • Spielen wirtschaftliche Gründe für die Wahl gerade dieser Organisationsform wie hier eine Rolle, ist kein Indiz für einen Scheintatbestand des § 6 gegeben 171. Trotz Konkurrenzierung öffentlicher Verkehre und dem damit verbundenen Fahrgastentzug werden diese Beförderungen jedoch bislang nicht hoheitlich beschränkt. Das läßt Zweifel an der Begründung für die Einordnung von flughafen-Transfers nach § 43 und der damit verbundenen Wettbewerbsbeschränkung zugunsten etablierter Verkehrsunternehmen aufkommen. Es scheint nicht primär um Verbesserung der Verkehrsanbindung, sondern um Wettbewerbsschutz für vorhandene Bedienungen zu gehen. Dies ist aus Verkehrsnutzersieht eine falsche Gewichtung und steht auch einer unzulässigen Bedürfnisprüfung gefährlich nahe. Daher ist im Hinblick auf Flughafen-Transferdienste entweder eine mobilitätsfreundlichere Auslegung der Beschränkungen des PBefG oder die grundsätzliche Qualifikation dieser Dienste als Mietwagenverkehr geboten, um sich mehr arn Verkehrsbedarf des Publikums zu orientieren. d) Zusammenfassung Nach dem PBefG können und müssen die Reaktionen von Verkehrsunternehmen auf die Nachfragesituation je nach örtlichen Verhältnissen unterschiedlich bewertet werden. Um zu vermeiden, daß die Entdeckung einer Marktlücke (oft als "unternehmerische Innovation" gepriesen) an der stark regulierten Verkehrsordnung scheitert, indern Angebotsstrukturen der Vergangenheit konserviert werden 172 , ist eine differenziertere, mobilitätsfreundlichere Auslegung öffentlicher Verkehrsinteressen bei Versuchen untemehmerischer Reaktion auf Negativentwicklungen im abgelegenen Nahverkehrsbereich erforderlich und wegen der positiven Effekte für die Verkehrsnutzer indiziert. Dies kann stellenweise zu einern verschärften Wettbewerb konventioneller und neuer Anbieter führen, was aber aus Gründen einer möglichst umfassenden Mobilitätsvorsorge unvermeidlich ist. Eine solche grundsätzliche Förderung des Wettbewerbs durch stärkere Marktöffnung entspricht auch den Zielen, die in der aktuellen Diskussion um Bidinger, PBefR, § 6 Anm. 2a. So Bidinger, PBefR, § 6 Anm. 2a m.w.N. 172 So Basedow: Deregulierungspolitik und Deregulierungspflicht - Vom Zwang zur Marktöffnung in der EG, in: Sozialwissenschaften und Sozialpraxis (2) 1991, 151 [155]. 170 171



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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

eine generelle Deregulierung im Wirtschaftsverwaltungsrecht l73 genannt werden. 11. Deregulierungsdiskussion Seit es staatlich verfaßte Marktordnungen für die einzelnen Wirtschaftszweige gibt, hat es immer wieder programmatische Diskussionen um die Notwendigkeit einer Deregulierung dieser öffentlichen Eingriffe in den Wirtschaftsablauf gegeben. Der Verkehrs markt macht da keine Ausnahme l74 • Gerade ab Anfang der 80er Jahre haben solche Diskussionen in Deutschland Aufschwung erhalten. Möglicherweise lassen sich aus dieser Auseinandersetzung Folgerungen oder Präjudizien für die Beantwortung der Frage nach Wettbewerbszunahme im Personenbeförderungssektor ableiten. 1. Deregulierung als umfassendes Anliegen

a) Begriff und Ziel der Deregulierung

Deregulierung ist kein Rechtsbegriff, sondern ein Schlagwort für ein rechtspolitisches Prog ramm 175. Es ist ein Sammelbegriff für Liberalisierung, Entstaatlichung, Aufgabenkritik, Dezentralisierung, Eigenverantwortung, Vereinfachung oder Entbürokratisierung l76 • Ökonomisch versteht man darunter den Abbau staatlicher Eingriffe in einzelne Märkte 177. In Hinsicht auf den Perso-

173 Vgl. zu diesen Zielen Ronellenfitsch: Selbstverantwortung und Deregulierung im Ordnungs- und Umweltrecht, Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht, Bd. 29, S. 45; Stober: Deregulierung im Wirtschaftsverwaltungsrecht - Die Wirtschaftsverwaltung zwischen Staat und Privatfunktion, DÖV 1995, 124 [126]; ders.: Die Entwicklung im Gewerberecht in den Jahren 1990/91, NJW 1992, 2128 [2132]; ders., WiVerwR, § 2 VIII 2 (S. 22) und Donges, S. 15: ,,Deregulierung bedeutet Öffnung der Märkte und damit mehr Wettbewerb". 174 Zur Diskussion auf den Verkehrsmärkten vgl. z.B. Basedow, Wettbewerb, S. 42. 175 Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S. 40; Donges, S. 3. Kruse: Ordnungstheoretische Grundlagen der Deregulierung, in: Seidenfus (Hg.): Deregulierung - eine Herausforderung an die Wirtschafts- und Sozialpolitik in der Marktwirtschaft, Schriften des Vereins für Socialpolitik, Neue Folge Bd. 184, S. 9 [9], hält Deregulierung für "die vorrangige ordnungspolitische Aufgabe". WimmerlMederer: Regulierung und Deregulierung zur Herstellung eines offenen und funktionsfähigen Marktes (Gutachten), Verhandlungen des zwölften österreichischen Juristentages Wien 1994, Bd. II111, S. 7 sprechen von einern "wirtschaftlichen Kategorisierungsversuch". 176 Stober: Dimensionen der Deregulierung, in: R. Stober (Hg.): Deregulierung im Wirtschafts- und Umweltrecht, S. 1 [I). 177 Möschel: Privatisierung, Deregulierung und Wettbewerbsordnung, JZ 1988, 885 [888]; Koenig, Verteilungslenkung, S. 289; WimmerlMederer, S. 7; Grossekettler: Dere-

§ 3 Kritik an der Rechtslage und Deregulierungsdiskussion

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nenbeförderungsmarkt geht es um Erleichterung der Zulassungsvoraussetzungen zum Markt, Abschaffung des Besitzschutzes der Genehmigungsinhaber und aller Regularien einschließlich der im PBefG enthaltenen Pflichten 178 • Die von der Bundesregierung 1990 eingesetzte Deregulierungskommission formulierte eingangs ihres Berichts vom März 1991 als Ziel der Deregulierung "mehr wirtschaftliche Freiheit, mehr Markt, mehr Wettbewerb, mehr Wohlstand" und betonte, daß Deregulierung nicht bloß den Abbau von Rechtsnormen meint, sondern ,jede wohlbegründete Veränderung der Spielregeln, die der wirtschaftlichen Freiheit dient,,179. Ziel und umfassendes Anliegen der Deregulierung ist damit letztlich die Förderung des Wettbewerbs durch Abbau marktwidriger Regulierungen l80 . Hier soll von einem ökonomisch orientierten, materiellen Verständnis von Deregulierung als "Abbau staatlicher Wettbewerbsbeschränkungen zur Ausweitung wirtschaftlicher Frei-heitsräume konkurrierender Marktteilnehmer zwecks Verbesserung der Allo-kationseffizienz, Anpassungsflexibilität oder Konsumentensouveränität,,181 ausgegangen werden. Unter einer Regulierung ist danach ein zielorientiertes staatliches Markteinwirken, das den Wettbewerb einschränkt oder ausschaltet l82 , zu verstehen.

gulierung aus ökonomischer Sicht, in: Stober (Hg.): Deregulierung im Wirtschafts- und Umweltrecht, S. 27 [27]. 178 Gimau, Deregulierung u. Privatisierung, S. 53. Ähnlich Grossekettler in: Stober, Deregulierung, S. 27 bezogen auf die Ausnahmebereiche des GWB. 179 Deregulierungskommission, Tz. 1: ,,Der Wert dieser Ziele liegt in ihnen selbst und in besseren wirtschaftlichen Ergebnissen für alle". Ähnlich auch WimmerlMederer, S. 9: ,,Deregulierung muß mehr sein als platter Staatsabbau". 180 lahn: Deregulierung im Wirtschafts- und Umweltrecht, in: Stober (Hg.): Deregulierung im Wirtschafts- und Umweltrecht, S. 11 [12] weist auf den hohen Stellenwert der Deregulierung im Konzept sozialer Marktwirtschaft hin. Schon Bundeskanzler Kohl hat in der Regierungserklärung vom 4.5.1983 erklärt: "Wir wollen nicht mehr Staat, sondern weniger, wir wollen nicht weniger, sondern mehr persönliche Freiheit. Eigeninitiative und Wettbewerb haben Vorrang vor staatlicher Reglementierung". Diesem Ziel des Abbaus wettbewerbsbeschränkender Regulierungen hat sich die Bundesregierung verschrieben, s. FAZ v. 11.2.1993: Die Bundesregierung will den Markt und den Wettbewerb stärken, S. 14. Rexrodt: Deregulierung im Wirtschaftsverwaltungsrecht, GewAreh 1993, 393 [393] bezeichnet es als Politik der Bundesregierung, ,,Markt und Wettbewerb einen breiteren Raum als Mechanismus der Entscheidungsfindung und als Preis- bzw. Qualitätsregulativ einzuräumen". Vgl. auch Basedow, Deregulierungspolitik, S. 151. 181 Möschel, JZ 88, 888; Koenig, Verteilungslenkung, S.329; Basedow, Deregulierungspolitik, S. 151f.; Stober, WiVerwR, § 2 VIII 2; Rexrodt, GewAreh 93, 393. Emmerich, KartellR, S. 19, 21 sieht dies als logische Folge des Konzepts der Wettbewerbsfreiheit an und hält Deregulierung daher für das "Gebot der Stunde". 182 Deregulierungskommission, Tz. 2; Koenig, Verteilungslenkung, S. 290f.; Kruse in: Seidenfus, Deregulierung, S. 9 und Kurz: Entwicklung und gegenwärtiger Stand der Deregulierungsdiskussion, in: Deregulierung als ordnungs- und prozeßpolitische Auf-

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

Die wichtigsten Regulierungsinstrumente lassen sich grob in die drei Gruppen, Preis-, Qualitäts- und Marktzugangsregulierungen183, einteilen. Preisregulierungen kommen meist in monopolistischen Wirtschaftssektoren vor, um ein überhöhtes Preisniveau zu verhindern. Qualitätsregulierungen sind Interventionen bezüglich inhaltlicher Merkmale und Folgen einer Dienstleistungserbringung (z.B. Kontrahierungszwang l84 ). Und Marktzugangsregulierungen errichten für potentielle ,,Newcomer" institutionelle Markteintrittsbarrieren (z.B. Genehmigungserfordernisse), um die Wirkung von aktueller und potentieller Konkurrenz einzudämmen oder auszuschalten. Sie sind das meist praktizierteste und problematischste Regulierungsinstrument 185 • b) Das Aufkommen von Deregulierungsprogrammen

Die gegenwärtige Deregulierungsdiskussion ist Teil einer breiteren Strömung in Wissenschaft und Politik, die sich gegen eine fortschreitende "Verstaatlichung" der Gesellschaft wendet und der Eigeninitiative des einzelnen wieder verstärkte Geltung verschaffen möchte 186 • Nachdem im Verlauf der 70er Jahre das Vertrauen in die Möglichkeiten staatlicher Interventionen abgenommen hatte, weil der Wirtschaftspolitik praktische Erfolge versagt blieben, kam es auf der Suche nach Alternativen zu einer Renaissance marktwirtschaftlichen Denkens 187 • Man begann (erneut) stärker über das Mittel einer größeren ,,Entfesselung" der Marktkräfte nachzudenken. Solche Diskussionen um Deregulierung lassen sich jedoch nachweisen, seit es umfangreiche Kodiftkationen staatlicher Reglementierungen von Wirtschaft

gabe, Arbeitsgemeinschaft deutscher wirtschafts wissenschaftlicher Forschungsinstitute e.V., Tagungsbericht 9.110.5.1985, S. 41 [42]. 183 So Kruse in: Seidenfus, Deregulierung, S. 10; Kurz, S. 48; Rexrodt, GewArch 93, 393; Basedow, Deregulierungspolitik, S. 153 und Knieps: Deregulierung im Luftverkehr, Vorträge und Aufsätze 111 im Walter Eucken Institut, S. 27-30. 184 Kruse in: Seidenfus, Deregulierung, S. 11. 185 VgL Kruse in: Seidenfus, Deregulierung, S. 11; WimmerlMederer, S. 1Of. 186 So Kurz, S. 41. - Im Zusammenhang mit dem Ziel der Stärkung der Eigeninitiative ist auch das Prinzip der Selbststeuerung und Selbstverantwortung gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Kräfte für die Erfüllung von Aufgaben der (staatlichen) Daseins- und Wohlfahrtsvorsorge zu sehen; vgL dazu eingehender Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S.25ff., 28, 44-47, der nachweist, daß Deregulierung und gleichzeitiger Ausbau privater Selbstverantwortung sich gegenseitig bedingen. Ähnlich auch Stober, DÖV 95, 126, der unter Deregulierung primär auch ,,Zuwachs bzw. Rückgewinnung von Privatautonomie" verstehen will; und Rexrodt, GewArch 93,393. 187 So Kurz, S. 41 und Rexrodt, GewArch 93,393.

§ 3 Kritik an der Rechtslage und Deregulierungsdiskussion

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und Gesellschaft gibt l88 • In der wirtschaftswissenschaftlichen Debatte kann man dabei vier Entwicklungsphasen der Deregulierungsdiskussion unterscheiden, die eng mit der jeweiligen wettbewerbstheoretischen Auffassung zusammenhängen. Die klassische Nationalökonomie (Adam Smith, 1776) wollte freien Wettbewerb durch radikale Deregulierung herstellen. Moderater plädierten die Neoklassiker für gezielte Eingriffe eines "wohlinformierten staatlichen Regulators" I 89. Später ging es primär darum, ob staatliche Regulierungen eine höhere Effizienz sicherstellen können als der Markt l90 • Und gegenwärtig steht der Zusammenhang zwischen Innovation und Regulierung im Mittelpunkt der Debatte. Entscheidend für die Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Kosten der Regulierung sollen deren Wirkungen auf die Innovationsaktivitäten sein l91 • Allerdings fehlt bislang noch eine ökonomische, theoretisch und empirisch gesicherte Basis zur Bestimmung von Wirkungen regulierender Eingriffe l92 . Bisher kann man nur Wirkungserwartungen l93 äußern. aa) Bisherige Umsetzung von Deregulierungsvorhaben in der Praxis Die neuere Deregulierungsdiskussion in Deutschland ist stark vom Einfluß der US-Entwicklung geprägt. Die USA nahmen bei der Umsetzung von Deregulierungsprogrammen eine Vorreiterrolle ein l94 • Dort setzten bereits Mitte der 70er Jahre unter den Regierungen Ford und Carter erste Bemühungen um eine Lockerung in den traditionellen Regulierungsbereichen, v.a. dem Transportwesen, ein l95 • Exemplarisch zu nennen ist hier das Flugwesen, das besonders drastisch dereguliert wurde l96 • Die Regierung Reagan forcierte diesen

188 Vgl. z.B. Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S. 40f. unter Verweis auf die umfassenden und detaillierten Regulierungen, die im Entwurf des Pretf,ischen Allgemeinen Landrechts 1785 enthalten waren. 18 Kurz, S. 43. 190 Kurz, S. 44. 191 Vgl. Rexrodt, GewArch 93,393 und Kurz, S. 44f. 192 So Kurz, S. 45 m.w.N. 193 Vgl. Donges, S. 16 (Wettbewerb als ,,Entdeckungsverfahren"). 194 Vgl. Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S. 41; Pascher: Die U.S.-amerikanische Deregulation Policy im Luftverkehrs- und Bankenbereich, S. 147ff.; Donges, S. 16; Deregulierungskommission, Tz. 30; Mäschel, JZ 88, 888; Rexrodt, GewArch 93, 393 und Kurz, S. 47. 195 Vgl. Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S.41; Kurz, S.47 und Pascher, S. 147-152. 196 Die Deregulierung des US-Luftverkehrs kam besonders im ,,Airline Deregulation Act of 1978" zum Ausdruck und gipfelte 1984 in der Auflösung der unabhängigen staatlichen Regulierungsbehörde, dem "Civil Aeronautics BoanI'. Vgl. eingehender zum gesamten Verlauf Elisabeth Bailey/GrahamlKaplan: Deregulating the Airlines, passim;

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

Deregulierungsprozeß zu Beginn der 80er Jahre noch und dehnte ihn auf die sog. "soziale Regulierung" (z.B. Arbeitsplatz- und Umweltschutz) aus 197 • bb) Bisherige Deregulierungsbestrebungen in Deutschland Während im Ausland die ordnungspolitischen Weichen derart gestellt wurden, daß die Deregulierung der Märkte zu einem festen Bestandteil staatlicher Wirtschaftspolitik geworden ist, waren die deutschen Bestrebungen bislang verhaltener. Hier erstreckte sich die Deregulierungsdiskussion hauptsächlich auf die wettbewerbsrechtlichen Ausnahmebereiche (§ 99 GWB), das Gesundheitswesen und die freien Berufe l98 . Neben Abgabe unkonkreter politischer Absichtserklärungen l99 wurden von Bund und Ländern verschiedene Expertenkommissionen eingesetzt, so v.a. die Deregulierungskommission beim Bundesministerium für Wirtschaft2OO , die klären sollte, ob und wo gegebenenfalls marktwidrige Regulierungen in den einzelnen Wirtschaftsbereichen bestehen. Obwohl deren wirtschaftliche Analysen einen ökonomischen Deregulierungsbedaif in der Bundesrepublik aufgezeigt haben, ist bislang zumindest im Personenbeförderungsbereich kaum eine Umsetzung von gesetzgeberischer Seite erfolgt2ol . Die hiesigen Erfahrungen zeigen, daß die Deregulierungsbemühungen in der praktischen Um- und Durchsetzung wenig von Erfolg gekrönt sind.

Knieps, Deregulierung im Luftverkehr, S. 26-46; Ranellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S. 4lf. sowie unten Kap. B § 3 IV 2b. 197 Vgl. Kurz, S.47. Staber in: Stober, Deregulierung, S. 1 spricht von sog. "Reaganomics". 198 Kurz, S. 42 (FN. 3 a.E.). 199 Zurecht hebt Ranellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S. 45 hervor, daß auf nationaler Ebene keine Veranstaltung zum Standort Deutschland geführt wird, ohne daß es aus allen Lagern zu "Lippenbekenntnissen" zur [... ] Deregulierung käme. 200 Staber, DÖV 95, 126; ders. in: Stober, Deregulierung, S.4; lahn, ebda., S. 12. Danges, S.4 führt ferner die Fernmeldekommission (1987), die Kohle-Kommission (1989) und die Bahn-Kommission (1991) an. - Die diversen Bemühungen zur Rechtsund Verwaltungsvereinfachung sind im dem hier relevanten Zusammenhang nicht von Bedeutung; vgl. dazu Staber, ebda., S. 4; ders., NJW 92, 2132, FN. 83 m.w.N. 201 Allenfalls in der Einführung der Experimentierklausel des § 2 vn PBefG läßt sich eine "bescheidene autonomieöffnende Deregulierung" sehen, so Staber, DÖV 95, 127. In anderen Wirtschaftsbereichen hingegen wurden inzwischen einige der von der Deregulierungskommission vorgeschlagenen Maßnahmen aufgrund europäischer oder nationaler Gesetzgebungsvorhaben umgesetzt. Im Verkehrs bereich betraf dies v.a. den Straßengütertranspart und die Reform des Eisenbahnrechts; vgl. Rexradt, GewArch 93, 396. - Und bereits 1988 wurde der Flugverkehr geöffnet. Seither werden neben der Lufthansa auch weitere Luftverkehrsunternehmen zugelassen, ahne daß dadurch der Flugverkehr einen Schaden genommen hätte; vgl. Danges, S. 21.

§ 3 Kritik an der Rechtslage und Deregulierungsdiskussion

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Zwischen politischen Absichtserklärungen und den Deregulierungskatalogen klafft eine "Umsetzungs- und Realisationslücke,,202. c) Begründung der Forderung nach Deregulierung

Eine Begründung für Deregulierung aus Prinzip gibt es nicht203 . Ausgangspunkt für die Befürworter einer Deregulierung ist, daß staatliche Regulierungseingriffe in der westlichen wettbewerblich-organisierten Ökonomie Ausnahmesituationen darstellen, die deshalb einer besonderen Rechtfertigung bedürfen204 . Die Ordnung eines Marktes, die den Wettbewerb durch Marktzutrittsbeschränkungen und Monopolhinnahme, Kapazitäts- und Preiskontrollen zu unterdrücken sucht, steht im Widerspruch dazu, daß die staatliche Ordnungspolitik den Konkurrenzkampf zum wirtschaftspolitischen Ideal erhebt und private Versuche, ihn zu unterdrücken, mit dem Kartellrecht bekärnpft205 . Da in einer Marktwirtschaft immer die Vermutung für Marktoffenheit und Wettbewerb streitet, besteht überall dort ein Deregulierungspotential, wo sich die bestehende Regulierung nicht rechtfertigen läßt und für sie kein Bedarf bestehe06 . Deregulierung ist damit ein nicht weg zudenkender Teil der sozialen Marktwirtschaft207 . Die Deregulierungsbefürworter stützen ihr Anliegen darauf, daß die ökonomischen Rechtfertigungen für staatliche Regulierungen nicht stichhaltig sind und verweisen auf die Nachteile und Ineffizienzen, welche diese Regulierungen zeitigen. Die Vorteile, die man sich von einer Deregulierung des entsprechenden Wirtschaftszweiges verspricht, folgen aus der Vermeidung dieser Nachteile. aa) Regulierungsgrund Marktversagen Ökonomisch werden öffentlich-rechtliche Eingriffe in den Markt einer Dienstleistung regelmäßig mit einem Markt- oder Wettbewerbsversagen ge-

202 So Stober in: Stober, Deregulierung, S.6f.; ders., WiVerwR, § 2 VIII 2; ders., NJW 92, 2132; Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S. 45 und Kurz, S.48: "Deregulierungsbedarf wird zwar im Prinzip gesehen, praktische Konsequenzen sind aber bislang weitgehend ausgeblieben". 203 Vgl. die Deregulierungskommission, Tz. 1; Donges, S. 7. 204 Knieps, Deregulierung im Luftverkehr, S. 3, 5; Deregulierungskommission, Tz. 5; Kruse in: Seidenfus, Deregulierung, S. 12. 205 So Rexrodt, GewArch 93,393 und Basedow, Wettbewerb, S. 5. 206 Vgl. Donges, S. 5 und Kruse in: Seidenfus, Deregulierung, S. 12f. 207 lahn in: Stober, Deregulierung, S. 11.

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

rechtfertigt208 • Davon spricht man, wenn Wettbewerbsvorgänge die gesetzten Ziele verfehlen oder wenn Störungen auftreten, die darauf beruhen, daß für eine bestimmte Dienstleistung kein Markt entsteht oder ein solcher ungenügend genutzt wird209 • (1) Lehre von den ökonomischen " Besonderheiten "

Hinsichtlich des Verkehrsmarkts wird vorgebracht, daß er wirtschaftliche Besonderheiten aufweise, die der Durchsetzung wettbewerblicher Ordnungsprinzipien im Wege stehen und daher staatliche Regulierungen gebieten 2lO • Angeführt wird hier, daß der Verkehrs markt (1) wegen hoher Fixkosten zur Entwicklung natürlicher Monopole neige; (2) wegen großer Marktaustrittsschranken zu ruinöser Konkurrenz tendiere211 ; (3) hohe externe Kosten (v.a. Umwelteinwirkungen) verursache; daß (4) Verkehrsleistungen nicht speicherbar seien; (5) Ungleichgewichte in der Verhandlungsposition zwischen Anbietern und Nachfragern beständen; (6) Ressourcen im Bereich der Infrastruktur knapp seien und (7) Linienverkehre vor "Rosinenpicken" der Gelegenheitsverkehre geschützt werden müßten212 • (2) Kritik der " Besonderheitenlehre "

Diese Lehre von den Besonderheiten des Verkehrs zur Rechtfertigung hoheitlicher Regulierungen ist jedoch nicht mehr herrschentf l3 • Man kritisiert daran, daß die aufgezählten Charakteristika nicht allein auf die Verkehrsmärkte zutreffen oder dort nur von geringer Relevanz sind. Zumindest sind die meisten 208 So die ,,Normative Theorie" der Regulierung; vgl. Basedow, Wettbewerb, S. 43; Mäschel, JZ 88, 890; Donges, S. 3, 17f. 209 Koenig, Verteilungslenkung, S. 293. 210 Zurückgehend auf Sax: Die Verkehrsmittel in Volks- und Staatswirtschaft, Bd. 11: Land- und Wasserstraßen, Post, Telegraph, Telefon (1920), S.83; Lange, Verkehr, S. 71; Basedow, Wettbewerb, S. 41ff.; Deregulierungskommission, Tz. 127. Übersichtliche Darstellung auch bei von Kunowski, S. 27-29. 211 Diese Vorstellung liegt bspw. § 13 IV PBefG zugrunde. Vgl. allgemein dazu Donrs, S. 18. 21 Ein nähere Darstellung würde den hier gesetzten Rahmen sprengen. Ausführlicher dazu bspw. Basedow, Wettbewerb, S. 41-50; Lange, Verkehr, S. 7lf.; Deregulierungskommission, Tz. 1Off., 127, 130; Laaser, Regulierung, Tz. 435ff. (S. 209ff.); Koenig, Verteilungslenkung, S. 293 und Donges, S. 17f. 213 Vgl. die ablehnende Kritik bei Basedow, Wettbewerb, S.48f.; Lange, Verkehr, S. 71f.; Deregulierungskommission, Tz. 10-14, 127, 130; Laaser, Regulierung, Tz. 515; Aengenendt: Wettbewerbsprobleme der mittelständischen Verkehrswirtschaft, S.62f.; Rexrodt, GewArch 93, 394f.; Pascher, S. 160-164; Donges, Deregulierung, S. 18-21; Hamm, S. 256f., 265f. und Klaten, Gemeinwirtschaftlichkeit, S. 228.

§ 3 Kritik an der Rechtslage und Deregulierungsdiskussion

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dieser ,,Besonderheiten" nicht typisch für den örtlichen Personennahverkehrsmarkt, wo der Schienenverkehr, auf den sie sich hauptsächlich beziehen, innerstädtisch keine so große Rolle mehr spielt. Die ökonomisch fragwürdige Behauptung eines Marktversagens im Verkehr wegen Besonderheiten reicht daher allein nicht aus, um hoheitliche Regulierungen im örtlichen Personenbeförderungsmarkt zu rechtfertigen. Insoweit ist der Kritik der Deregulierungsbefürworter zuzustimmen 214 . Heute stehen deshalb andere Argumente für eine Regulierung im Vordergrund: bb) Andere Regulierungsargumente Es geht um die Erfüllung höherrangiger, verteilungspolitisch-motivierter Ziele215 • Dabei wird auf die (gerade im Personenbeförderungsverkehr) bestehenden Zielkonflikte im Verkehr verwiesen und behauptet, daß nur das jetzige Regulierungswerk den Ausgleich dieser Konflikte herstellen könne. Im Vordergrund stehen hier gemeinwirtschaftliche Verkehrsbedienung, Verkehrssicherheit, Erhaltung eines gesunden Mittelstandes und pauschal die Sozialpolitik216 • Regulierungen sind heute überwiegend politisch motiviert217 • cc) Gegenargumente gegen die Regulierungen Die Deregulierungsbefürworter hingegen halten eine Deregulierung auch im Falle der Beibehaltung der genannten Verteilungs ziele aus Gründen der Effizienz für möglich und nötig. Sie zweifeln die positiven Wirkungen staatlicher Regulierung an, da die Ergebnisse der Regulierungspraxis Zweifel genährt hätten, ob staatliche Interventionen zu besseren Zielerreichungsgraden führen218 • Ihrer Ansicht nach führen Regulierungen zu einer Vielzahl allokativer, technischer und qualitativer Ineffizienzen 219 • Sie sind der Überzeugung, daß die 214 Oft wird angedeutet, daß das sog. Marktversagen eigentlich mehr ein Staats- und Politikversagen ist, da der Staat die individuellen Verfügungsrechte in bezug auf knappe Dienstleistungen nicht angemessen defmiert; so Z.B. die Deregulierungskommission, Tz. 5; Koenig, Verteilungslenkung, S.294f. und Kurz, S.48. Er hält die meisten Regulierun~en allenfalls teilweise für ökonomisch begründet. 25 Vgl. Z.B. Donges, S. 3: ,,In der Bundesrepublik ist die herrschende Meinung, [... ] daß der Staat, wenn er reguliert, dies nur deshalb tue, weil übergeordnete Ziele, von der Daseinsvorsorge bis zum Umweltschutz, nur so zu verwirklichen seien". 216 Vgl. Deregulierungskommission, Tz. 127, I 32ff.; Basedow, Wettbewerb, S.47f. Ähnlich auch Kurz, S. 48: "Es geht in irgendeiner Form um Interessen des Allgemeinwohls" und Donges, S. 3. 211 Kurz, S. 48. 218 So Kurz, S. 48. 219 Vgl. Kruse in: Seidenfus, Deregulierung, S. 11,29.

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

Regulierungen - v.a. Beschränkungen des Marktzugangs, Preis- und Ausübungsregulierungen - zur Verkrustung der Verkehrs wirtschaft, einem Verlust an Flexibilität und allgemeinen volkswirtschaftlichen Nachteilen wie hohen Preisen und Kosten, geringem Angebot und zu wenig Innovation geführt haben 220 • Die Aussage der Preise als Indikator für die relative Knappheit von Dienstleistungen werde verfälscht221 • Und zugleich würden Rationalisierungsanreize minimiert, da wirtschaftlicheren Unternehmen doch keine Wettbewerbsvorteile erwachsen könnten 222 . Ferner verursache die Regulierung erhebliche Kontrollkosten223 • Darüber hinaus kritisiert man im Zusammenhang mit staatlicher Regulierung auch die Beschränkung der gesellschaftlichen (und wirtschaftlichen) Selbststeuerung224 , die gerade im Wettbewerbsprinzip ihren Ausdruck findet. Denn je mehr in den (Selbst-)Steuerungsprozeß des Wettbewerbs durch Regulierungen eingegriffen wird, desto weniger können die Bürger, vermögen Angebot und Nachfrage das Wirtschaftsverhalten der Unternehmen zu leiten225 und desto weniger sind Unternehmer in der Lage, ihr Verhalten in privater Selbstverantwortung nach den Erfordernissen der Bevölkerung frei ausrichten. Im Hinblick auf den örtlichen Personenbeförderungsbereich bemängelt man konkret an der Regulierung des Buslinienverkehrs, daß sie ein überhöhtes 220 Zu diesen allgemeinen Folgen vgl. die Deregulierungskommission, Tz. 1, 22; Cassel: Schattenwirtschaft und Deregulierung, in: Seidenfus (Hg.): Deregulierung, S. 37 [38f.]; Knieps, Deregulierung im Luftverkehr, S. 3ff.; Monopolkommission, BT-Drucks. 11/7582 Tz. 764-766; Basedow, Wettbewerb, S. 107, 138, 140, 153; ders., Deregulierungspolitik, S. 154; Donges, S. 8f. und Rexrodt, GewAreh 93, 393f.: "Waren und Dienste auf hochregulierten Märkten sind - überspitzt ausgedrückt - teuer und schlecht". 221 Basedow, Deregulierungspolitik, S. 154; Koenig, Verteilungslenkung, S. 293. 222 Basedow, Wettbewerb, S. 143; Donges, S. 9. Ähnlich auch Rexrodt, GewAreh 93, 393. 223 Basedow, Wettbewerb, S. 153; Koenig, Verteilungslenkung, S. 296; Donges, S. 10 und Knieps, Deregulierung im Luftverkehr, S. 3. 224 Diesen Zusammenhang hat Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S. 45-48, wenn auch in Hinsicht auf den Abbau der Regelungsdichte und die administrativen und gerichtlichen Kontrollmöglichkeiten im Ordnungs- und Umweltrecht, herausgestellt. Der Gedanke beansprucht jedoch über diesen Bereich hinaus Geltung. Deregulierung und private Selbstverantwortung sind nur "zwei Seiten derselben Medaille". Vgl. dazu auch schon oben Anm. 185. - Auf Zusammenhänge von Deregulierung und Privatautonomie verweist auch Stober, DÖV 95, 126. In dieselbe Richtung deuten ferner Knieps, Deregulierung im Luftverkehr,S: 4: "Markt-abschottung verhindert, daß Wettbewerb als Entdeckungsverfahren zum Zuge kommt"; und Rexrodt, GewAreh 93, 394: "Im Wettbewerb gelingt die notwendige Anpassung der Wirtschaft am veränderte Bedingungen, an neue Zukunftsanforderungen, am besten". 225 Kruse in: Seidenfus, Deregulierung, S. 29 meint z.B., daß insbesondere Marktzugangsbarrieren deshalb für viele Ineffizienzen verantwortlich sind, weil sie nicht nur aktuellen Wettbewerb, sondern v.a. auch die disziplinierende Wirkung potentieller Konkurrenzen verhindern und beschränken.

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Preis- und Kostenniveau bewirke und es (wg. § 43 PBefG) zu unnötigen Leerfahrten komme226 • An der Taxiregulierung werden falsche Preise, Unifonnität des Leistungsangebots und Wachstumsbehinderung erfolgreicher Unternehmen kritisiert227 . Vielfach deckt sich also die ökonomische Kritik mit derjenigen, die allgemein gegen das PBefG 228 vorgebracht wird. dd) Konkrete Deregulierungsvorschläge Davon ausgehend, daß ein ständiger Revisionsbedarf der Regulierungen besteht229 , werden von den Deregulierungsbefürwortern Vorschläge gemacht, die alle auf eine Stärkung des Wettbewerbs im Personenbeförderungswesen hinauslaufen. Dahinter steht die ökonomisch begründete Überzeugung, daß die Ziele230 im Nahverkehrsbereich besser oder zumindest gleich gut verwirklicht werden können, wenn Wettbewerbs beschränkungen abgebaut werden 231 . Grundsätzlich sollen dabei spezielle Regulierungen abgeschafft werden, sofern sie überflüssig und nicht durch übergeordnete Interessen außerökonomischer Art begründet sind. Gleiches gilt, wenn der Regulierungszweck die Kosten offensichtlich nicht rechtfertigt. Bei der Möglichkeit ebenso guter Erfüllung des Zwecks sind weniger beschränkende Regulierungen den schärferen vorzuziehen. Und die Erledigung wirtschafts- und sozialpolitischer Aufgaben soll "entzerrt" werden232 • Da durch die Deregulierung mehr Wettbewerb entsteht und mehr wirtschaftliche Aktivität staatlicher Kontrolle entzogen werden soll, verlangt man gleichzeitig eine konsequente Anwendung des KartellVgl. Monopolkommission, BT-Drucks. 11/7582 Tz. 766f. Deregulierungskommission, Tz. 206, 208; Laaser, Regulierung, Tz. 432; Basedow, Wettbewerb, S. 110f. 228 Siehe oben Kap. B § 3 I 2. 229 Deregulierungskommission, Tz. 15; Kurz, S. 55; Donges, S. 5. 230 Koenig, Verteilungslenkung, S.297 weist aber zurecht darauf hin, daß nur selten eine Zielkritik, nämlich der Einwand einer unzulässigen (oder unerwünschten) Zielsetzung, in die Deregulierungsdebatte eingebracht wird. 231 Z.B. soll eine gemeinwirtschaftliche Verkehrsbedienung von Randgebieten auch im Wettbewerb möglich sein; vgl. Laaser, Regulierung, Tz. 478ff.; Knieps: Möglichkeiten und Grenzen einer Privatisierung im Verkehr, in: DVWG-Schriftenreihe, B 145: Privatisierung im Verkehr (1991), S.7 [14]; Deregulierungskommission, Tz. 132-135. Noch anders eh. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 6: "Der freie, in einem marktwirtschaftlichen System operierende Unternehmer dient dem Gemeinwohl Ld.R. sogar besser als Gemeinwirtschaft". 232 Einer Deregulierung stehen daher regelmäßig sozial- und regionalpolitische oder sonstige ökonomische Ziele nicht entgegen. Denn Regulierungen sind ,,nicht der richtige Ort, um solche Aufgaben zu erfüllen". Dafür gibt es andere Instrumente; vgl. die Deregulierungskommission, Tz. 34 (auch zu den vier genannten Leitvorstellungen für eine Deregulierung) und Donges, S. 7,14. 226

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

rechts 233 , um dem Staat Kontrollmechanismen zu erhalten. Für den Nahverkehrsbereich werden folgende Vorschläge gemacht: - Im Busverkehr sollen Besitzstandsprivilegien und Tarifpflicht abgeschafft und die Liniengenehmigungen nach Ausschreibung an die billigsten Betreiber versteigert werden234 . Soweit ersichtlich wird eine komplette Abschaffung objektiver Zugangsbeschränkungen jedoch nur von der Monopolkommission und auch dort nur für die überörtliche Nahverkehrsbedienung gefordert235 . - Im Taxiverkehr hingegen wird eine vollständige Abschaffung der objektiven Zugangsbeschränkungen des § 13 IV PBefG verlangt, weil die Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes auch so nicht gefährdet wäre236 . Des weiteren fordert man eine Lockerung der Tariffestlegung und eine Abschwächung der Beförderungspflicht237 , um differenziertere Angebote zu fördern. ee) Hemmnisse der Umsetzung von Deregulierungsforderungen

Daß diese Vorschläge und Argumente bisher ohne nennenswerte praktische Auswirkungen geblieben sind, hat abgesehen von ihrer oft zurückhaltenden Rezeption durch staatliche Stellen noch weitere Ursachen. Neben der "Tendenz des Staates zur Beharrung,,238 und zur Überbewertung der Regulierungsgründe239 , ist hier v.a. der Widerstand der von der Deregulierung Betroffenen

233 So Kurz, S. 54; WimmerlMederer, S. 42; Donges, S. 15 sowie die Deregulierungskommission, Tz. 33. 234 Vgl. Laaser, Regulierung, Tz. 533f.; Deregulierungskommission, Tz. 203 (Vorschlag 29); ähnlich auch Wacker-Theodorakopoulos: Regulierung des Verkehrssektors, in: Krakowski (Hg.): Regulierung in der Bundesrepublik Deutschland - Die Ausnahmebereiche des GWB, S.287 [342] und Immenga, Wettbewerbsbeschränkungen, s. 104107 (zur Tarifpflicht). 235 Monopolkommission, BT-Drucks. 11/7582 Tz. 793. Denn meist wird darauf verwiesen, daß freier Wettbewerb nur auf profitablen Teilstrecken möglich ist; vgl. Basedow, Wettbewerb, S. 267; Deregulierungskommission, Berichte 90/91, Tz. 194. 236 Vgl. Deregulierungskommission, Tz. 208 (Vorschlag 30); Laaser, Regulierung, Tz. 53Of.; Wacker-Theodorakopoulos in: Krakowski, Regulierung, S. 342; Basedow, Wettbewerb, S. 267; Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 109. 237 Vgl. Deregulierungskommission, Tz. 209 (Vorschlag 31); Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 11Of.; Laaser, Regulierung, Tz. 53Of. 238 So WimmerlMederer, S. 7 und Rexrodt, GewAreh 93,394, der meint, daß Regulierungen oft mit staatlichen Aufsichts- und Kontrollbefugnissen verbunden sind, die das Gefühl geben, Macht und Einfluß ausüben zu können, was ebenfalls zu bürokratischer Beharrung führe. Daher könne man Anstöße zur Beseitigung von Regulierungen von Re§ulierungsbehörden kaum erwarten. Ebenso die Deregulierungskommission, Tz. 2l. 29 Donges, S. 17.

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gegen die Aufgabe von Besitzständen zu nennen 240 • Oft versuchen Interessengruppen die allgemeinen Prinzipien, die einen Eingriff des Staates in die Freiheitsrechte der Bürger rechtfertigen oder erfordern, für ihre Gruppeninteressen zu instrumentalisieren. Sie schützen gesamtwirtschaftliche, übergeordnete Zwecke vor, um staatliche Wettbewerbsbeschränkungen zu ihren Gunsten zu rechtfertigen241 • Gerade berufs ständische Interessenverbände betonen oft die Gefahren einer Deregulierung und plädieren vehement für eine Erhaltung der Regulierungen242 • So wird z.B. im Personenbeförderungsverkehr vorgebracht, daß die Daseinsvorsorgeaufgabe des Personennahverkehrs sonst nicht mehr gewährleistet werden könne, Sicherheit und Ordnung der Beförderung litten und eine schlechtere Verkehrsbedienung die Folge wäre 243 • Hinzu kommt, daß sich Berufsstandsinteressen leichter organisieren lassen als Konsumenteninter-

240 Dies wird von vielen als Haupthinderungsgrund angesehen. Vgl. Stober, NJW 92, 2132; ders., WiVerwR, § 2 VIII 2; Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S. 45; Kurz, S. 52; Rexrodt, GewArch 93,394,396,398. Wimmer/Mederer, S. 7f. sprechen von ,,Bestrebungen von Interessengruppen, Regelungen und Institutionen, die ihnen wichtige Einflußmöglichkeiten sichern, zu erhalten". Grossekettler in: Stober, Deregulierung, S. 36 betont, daß "große Teile der Regulierungstätigkeit von den Interessenten gewünscht sind und protektionistisch wirken". 241 So Rexrodt, GewArch 93, 394 unter Verweis auf ein Zitat von Ludwig Erhard: ,,Die Privilegierten, die drinnen sitzen, wollen allen anderen, die herein wollen, das Leben sauer machen. Frage ich nach dem Geist, der hinter all diesen Bemühungen steht, dann bin ich zu harter Antwort genötigt: Es ist der pure Egoismus und nichts anderes, der versucht, solche Forderungen mit gesellschafts wissenschaftlichen Idealen und ethischen Prinzipien zu verbrämen". 242 Es wird angedeutet, daß viele (auch übermäßige) Regulierungen auf die Interessendurchsetzung von Gruppen und Verbänden, die durch Wettbewerbsbeschränkungen leistungsfremde Einkommen erzielen wollen, zurückgehen. Denn: "Staat und Politik neigen als Adressat diverser Verbandsvorstöße zur umfassenden Berücksichtigung von Regulierungsgründen, welche aus Verbands- und Gruppeninteressen oder politischem Kuhhandel hervorgehen"; vgl. Kau/er: Deregulierung als ordnungs- und prozeßpolitische Aufgabe. Theoretische Grundlagen der Regulierung, S. 9, 15ff.; Kruse in: Seidenfus, Deregulierung, S. 12; Mäschel, JZ 88, 890; Deregulierungskommission, Tz. 17,21; lahn in: Stober, Deregulierung, S. 14f. Donges, S. 22 spricht in diesem Zusammenhang von der "Tyrannei des status quo". - Dieses Phänomen ist nicht neu. Bereits im Vorfeld des PBG 1934 forderte das Kraftfahrgewerbe mit Nachdruck eine weitere Regulierung des Verkehrs, damit "die Motorisierung des Verkehrs nicht Schaden leidet"; vgl. amtl. Begründung des Gesetzes von 1934, zit. bei Hein: Gesetz über die Beförderung von Personen zu Lande vom 4. Dezember 1934, S. 2f. 243 Vgl. Stellungnahme des Bundes-Zentralverbands der Deutschen Personenverkehrsunternehmen mit PKW e. V. (BZP), in: BZP-Schriftenreihe, Bd. 2: Zur Lage des deutschen Taxi- und Mietwagengewerbes, S. I [6f.] für das Taxigewerbe; Bundesverband Deutscher Omnibusuntemehmer (BDO): Ein verträgliches Miteinander schaffen 10 Thesen zur Verbesserung der Situation im ÖPNV (Broschüre), S. 16 (These 9) für das Busgewerbe; Rudolf: Privatisierungserfolge und -defizite im Omnibusverkehr, in: DVWG-Schriftenreihe, B 145: Privatisierung im Verkehr, S. 68 [70).

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

essen, die in der Regel breit gestreut sind244 • Und schließlich fehlt dem Markt die "Faszination des Unmittelbaren", die von staatlichem Interventionismus und Aktionismus ausgeht und die oft Ursache für den Ruf nach dirigistischen staatlichen Problemlösungen ist. Unmittelbare Staatseingriffe vermitteln leichter den Eindruck fürsorglicher und aktiv gestaltender Politik als bewußte Zurückhaltung mit solchen Maßnahmen245 • Es gibt allerdings auch etliche sachadäquate Grenzen der Deregulierung246 , die sich aus einer rechtlichen Abwägung aller betroffenen Interessen und Ziele ergeben. 2. Rechtliche Bewertung der (De)Regulierungsdiskussion

Die dargestellte Diskussion mit ihren Vorschlägen basiert auf einer volksund betriebswirtschaftlichen Analyse der Auswirkungen, die Regulierung und Deregulierung im Personenbeförderungsmarkt haben oder haben könnten. Eine rein ökonomische Bewertung von Kosten und Nutzen einer Deregulierung kann aber die juristische Frage nach der Notwendigkeit einer Marktöffnung allein nicht beantworten. Dazu bedarf es (verfassungs-) rechtlicher Maßstäbe247 • Der juristische Bedarf an konkreten Abwägungsmaßstäben zur Analyse marktordnender Maßnahmen wird durch eine eindimensionale Ökonomisierung der Wechselbeziehungen zwischen den am Markt vorhandenen und Marktzugang erstrebenden Verkehrsunternehmen und den Verkehrsnutzern verkürzt248 • Hinzu kommt, daß die Deregulierungsdebatte ursprünglich in den USA aufkam und in der Bundesrepublik vielfach argumentativ einfach übernommen wurde, obwohl die gesellschaftlichen und verfassungsrechtlichen 244 So Donges, S. 17. - Gleiches gilt auch für die fehlende Bündelung der Wünsche derjenigen Unternehmer, die aufgrund der Regulierungen keinen Marktzugang erhalten. lahn in: Stober, Deregulierung, S. 14 betont zurecht, daß "diejenigen, die von unnötigen Regulierungen belastet werden, den gut organisierten Regulierungsinteressen meist nur wenig oder gar nichts entgegenzusetzen haben". - Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S. 45 spricht davon, daß "die Beharrungskräfte allem Anschein nach immer noch stärker als der Leidensdruck sind". Donges, S. 17, meint, daß "die Öffentlichkeit, der Macht der Gewohnheit erlegen, im Zweifel mit dem status quo sympathisiert". 245 Vgl. Rexrodt, GewArch 93, 394. Daher ist oft die Meinung vorherrschend, daß Preis- und Marktzutrittsregulierungen dem Allgemeininteresse und letztlich den Verbrauchern am besten dienen. Ähnlich auch die Deregulierungskommission, Tz. 21, die zudem bemerkt, daß dem Wettbewerb allgemein "zu wenig zugetraut wird", ebda., Tz. 17. 246 So Wimmer/Mederer, S. 8. 247 Zudem betont Basedow, Wettbewerb, S. 153, daß auch rein ökonomisch gegenüber Versuchen Skepsis angebracht ist, die optimale Marktordnung gleichsam "auszurechnen". Denn man kann nicht alle Folgen einer (De)Regulierung quantifizieren. Vgl. auch Donges, Deregulierung, S. 16. 248 Koenig, Verteilungslenkung, S. 292.

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Rahmenbedingungen hier andere sind und insofern eine Übertragung der Prämissen der amerikanischen Diskussion nicht ohne weiteres möglich ist249 • Zu bedenken ist auch, daß alle Bemühungen, gültige abstrakte Maßstäbe für ein Deregulierungskonzept zu gewinnen, vor dem praktischen Problem stehen, daß sie stets auf einer Fülle normativer Aussagen beruhen, über deren Geltung letztlich politisch entschieden werden muß 250 • Dennoch bedarf es aus juristischer Sicht Rechtsregeln, die zur Deregulierung verpflichten. Solche könnten dem Verfassungsrecht entstammen. a) Wirtschaftsverfassungsrechtliche Deregulierungsmaßstäbe

Eine intensivere Diskussion über solche wirtschaftsverfassungsrechtlichen Deregulierungsmaßstäbe steht in Deutschland erst ganz am Anfang 251 • Meist wird nur marginal auf Bezüge zu Verhältnismäßigkeitsgeboten hingedeutet252 • Die Beantwortung der Frage nach Deregulierung und damit auch nach einem optimalen wettbewerb lichen Ordnungsrahmen kann aber nur aus einem möglichst umfassenden Zuordnungs- und Abwägungsverfahren zwischen kollidierenden Freiheiten der Unternehmer und sonstigen verfassungsrechtlichen Schutzgütern resultieren 253 • Um Herausarbeitung solcher verfassungsrechtlicher Abwägungsmaßstäbe zur Bewertung der Deregulierungsforderungen hat sich in jüngster Zeit Koenig bemüht254 •

249 So aber z.B. die Deregulierungskommission, Tz. 31, 33, die ohne nähere Begründung von der Übertragbarkeit der "positiven Erfahrungen" in den USA auf die Bundesrepublik ausgeht - Hiergegen zurecht Koenig, Verteilungslenkung, S. 298, der auf den besonderen wirtschaftsverfassungsrechtlichen Handlungsrahmen in Deutschland hinweist, welcher v.a. durch das Sozialstaatsprinzip und grundrechtliche Schutzpflichten des Staates gekennzeichnet ist. Kritisch auch Basedow, Wettbewerb, S. 153. 250 Vgl. WimmerlMederer, S. 11. 251 Koenig, Verteilungslenkung, S. 292. 252 Vgl. z.B. Basedow, Deregulierungspolitik, S. 156; ders., Wettbewerb, S. 105; Grossekettler in: Stober, Deregulierung, S. 28, 32. Stober in: Stober, Deregulierung, S. 8 benennt das "Übermaßverbot, das den Erlaß überflüssiger Normen verbiete". WimmerlMederer, S. 9 sehen die Zielpunkte einer Deregulierung durch das ,,Dreieck von Freiheit, Schutz von Gemeinschaftsgütem und Effektivität bestimmt". Etwas konkreter Rexrodt, GewArch 93,395. 253 Scholz: Entflechtung und Verfassung, S. 97. - Eine Rechtfertigung der Deregulierung mit dem Hinweis auf die positiven Wirkungserwartungen (Wirtschaftlichkeit, Preisvorteile) - so die Deregulierungskommission, Tz. 38 - genügt diesem Gebot jedenfalls nicht. 254 Vgl. Koenig, Verteilungslenkung. Siehe auch Basedow: Von der deutschen zur europäischen Wirtschaftsverfassung, S. 23f.

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aa) Verfassungsrechtliche Verortung des Deregulierungsanliegens Die freiheitlichen Entfaltungsbedingungen für Markt und Wettbewerb fußen v.a. auf den Gewährleistungen der Art. 12 I, 14, 2 I GG. Staatliche Deregulierung oder Regulierung muß (wg. Art. 1 III GG) dem Schutz dieser Gewährleistungen in konkreter Anwendungssituation dienen. Bewertungsmaßstäbe folgen dabei aus dem grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsprinzip255. Danach sind wettbewerbliche Freiheitsbeschränkungen nur zulässig, wenn sie (im Rahmen des tatsächlich Möglichen) geeignet und erforderlich sind, um einen (Wettbewerbs-)Zustand zu verwirklichen, der mit dem angestrebten Zustand in einem durch bewährte Hypothesen über die Wirkungszusanunenhänge vermittelten Zusanunenhang steht256 • Die sich aus den konkreten Marktsachverhalten ergebenden Alternativen einer RegulierunglDeregulierung werden nach Maßstäben der Geeignetheit und Erforderlichkeit mit den Freiheitsgewährleistungen der Grundrechte verglichen, um so ein rechtlich gebotenes Optimum der Marktordnung herzustellen. Orientiert werden muß sich dabei allerdings an O.g. ökonomischen Bezugsmaßstäben257 • Wichtig ist hierbei, inwiefern aus den Anforderungen an die Ausgestaltung des Personenverkehrs eine Regulierungskompetenz des Staates folgt. bb) Regulierungskompetenz des Staates Der Staat hat jedenfalls keine Allkompetenz zur Regulierung aufgrund der ihm zufallenden Aufgaben im Verkehr. Aus Grundrechten und kompetenzrechtlichen Zuweisungen folgen vielmehr punktuelle, einzelfallbedingte Grenzen und Verbote bestimmter Steuerungsmodalitäten, die das Handlungs- und Regulierungsspektrum des Staates beschränken. Grundsätzlich stehen daher staatliche Aufgaben aus sich heraus einer Deregulierung nicht entgegen258 • Auch das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 11 GG begründet nur einen Gestaltungsauftrag des Staates259 • Unmittelbare Grundrechtseingriffe durch Regulie-

255 Dies wurde schon zur Frage der Beschränkbarkeit des Grundrechts auf Mobilität bei Ronellenfitsch: Verfassungs- und velWaltungsrechtliche Vorbemerkungen zur Mobilität mit dem Auto, DAR 1994, 7 [12] und ders.: Mobilität - vorn Grundbedürfnis zum Grundrecht, DAR 1992,321 [324] betont; s.o., Kap. A § 2 II 2b aa. 256 Vgl. PierothlSchlink: Grundrechte. Staatsrecht II, 8. Aufl., Rn. 322, 324. 257 Koenig, Verteilungs lenkung, S. 314f., 349. Auf diesen wichtigen Zusammenhang velWeist auch Basedow, Dt. zur europ. Wirtschaftsverf., S. 23f. 258 Koenig, Verteilungslenkung, S. 319. 259 Ausführlicher zum Sozialstaatsprinzip mit seinen Implikationen s.o. Kap. A § 2 m 1. Vgl. ferner Bull: Die Staatsaufgaben nach dem GG, 2. Aufl., S. 177ff. und Degenhart: Staatsrecht I - Staatszielbestimmungen, Staatsorgane, Staatsfunktionen, 7. Aufl., Rn. 358,363.

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rung rechtfertigt es selbst nicht und kann daher im Grundsatz einer Deregulierungsmaßnahme nicht entgegengesetzt werden260 . Es entfaltet weder Direktiven in Richtung bestimmter Regulierungs- noch in Richtung bestimmter Deregulierungsmaßnahmen, sondern verhält sich insoweit indifferent. cc) Verhältnismäßigkeitsprinzip als Regulierungsschranke Die Ermittlung staatlicher Regulierungs- oder Deregulierungsbefugnisse ist also ohne konkrete Analyse grundrechtlicher Bindungen nicht möglich. Vor allem lassen sich keine Aussagen über die verfassungsrechtliche Legitimität einer staatlichen Regulierungsmaßnahme treffen, ohne zuvor eine Prüfung ihrer Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit und ihrer Umsetzung im Einzelfall vorgenommen zu haben. Auch eine Deregulierung hat sich an diesen Verhältnismäßigkeitsgeboten auszurichten261 • Die Grundsätze der Geeignetheit und Erforderlichkeit können daher als Bausteine grundrechtlicher Optimierungsgebote relativ zu den tatsächlichen Möglichkeiten verstanden werden262 • Eine "überregulierte" Marktlenkung ist dann unverhältnismäßig, wenn sie - gemessen an den bezweckten Versorgungswirkungen - die Möglichkeiten von zumindest ebenso geeigneten, die Wettbewerber weniger beschränkenden Regulierungen nicht nutze63 • Im Personenbeförderungsverkehr steht einer solchen Deregulierung auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht entgegen. Sie bezeichnet zwar Regulierungen im Verkehrsbereich grundsätzlich als zulässig. Darin ist aber noch keine Aussage zur konkreten Notwendigkeit der jetzigen Beschränkungen des PBefG zu erblicken264 • Ganz im Gegenteil, aus Gründen der Verhältnis-

260 Koenig, Verteilungslenkung, S. 32lf. Degenhart, Rn. 363 weist aber darauf hin, daß es im Rahmen von Verhältnismäßigkeitsabwägung gesetzgeberisch verfolgte Ziele legitimieren kann. Demgegenüber hebt die Deregulierungskommission, Tz. 34 hervor, daß Marktregulierungen regelmäßig nicht der Ort sind, sozialpolitische Aufgaben des Staates zu erfüllen. 261 Da nach heute vorherrschendem Verständnis das Verhältnismäßigkeitsgebot auch Vorgänge der planenden Staatstätigkeit erfaßt; vgL Schmidt: Öffentliches Wirtschaftsrecht. Allgemeiner Teil (1990), S. 180. 262 Koenig, Verteilungslenkung, S. 326. 263 VgL Grabitz: Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, AöR 98 (1973),568 [586]. 264 Deshalb fordert z.B. Basedow, Deregulierungspolitik, S. 157 und ders., Dt. zur europ. Wirtschaftsverf., S. 23, daß das BVerfG seine "frühere freiheitliche Kraft", die es mit seiner Rspr. zur Berufsfreiheit als Beitrag zur Deregulierung bewiesen hat, wieder zurückgewinnt, indem es "die Frage der Verhältnismäßigkeit [staatlicher Regulierungen] wieder in aller Radikalität stellt" und sua sponte Alternativen zur jeweils bestehenden Marktordnung erwägt. 9*

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

mäßigkeit ist prinzipiell jede weniger einschneidende Regulierung verfassungsmäßig vorzuziehen. b) Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

Trotz des Ziels genereller Wettbewerbsförderung muß es auch weiterhin hoheitliche Beschränkungen des Wirtschaftsverhaltens geben. Für die individuelle Bedürfnisbefriedigung und die Berechenbarkeit des untemehmerischen Umfeldes, der für das Funktionieren des Marktes besondere Bedeutung zukommt, ist die Verrechtlichung allgemeiner konsensflihiger Rahmenbedingungen für die Wirtschaft unverzichtbar265 • Dabei besteht in manchen Bereichen, auch dem Personenbeförderungssektor, oft auch ein spezieller Regulierungsbedarf266 • Dieser muß jedoch auf das erforderliche Minimum reduziert werden 267 • Die aus der ökonomisch orientierten Regulierungsdiskussion hervorgegangenen Deregulierungsvorschläge sind hierzu verfassungsrechtlich über das Verhältnismäßigkeitsprinzip urnzuschalten 268 • Dreh- und Angelpunkt eines verfassungsrechtlichen Deregulierungsanliegens sind die konsequent auf die Marktlenkung angewandten Verhältnismäßigkeitsgebote269 • Gerade die Freiheitsrechte entfalten dort Deregulierungsimpulse, die durchaus zu Quantitäts- und Qualitätssteigerungen der Leistungen, nutzerfreundlicheren Preisen270 und wieder stärkerer Selbststeuerung und -verantwortung der Wirtschaft führen können. Allerdings müssen diese Folgen einer Deregulierung relativ gewiß sein. Denn eine einmal vorgenommene Deregulierung bestimmter Bereiche läßt sich

Vgl. Wimmer/Mederer, S. 63. Allerdings ist der ,,harte Kern", in dem wirkliches Markt- oder Wettbewerbsversagen vermutet werden darf, spezielle Regulierungen also ökonomisch sinnvoll sind und Deregulierung nicht in Betracht kommt, sehr klein; vgl. Donges, Deregulierung, S. 21f. 267 So Grossekettler in: Stober, Deregulierung, S. 32. Eine wohlüberlegte Deregulierun~ schließt aber z.B. auch Umregulierung nicht aus; vgl. Donges, S. 14. 2 8 Vor allem im Bereich des Art. 12 I GG ist dabei auf die grundrechtsschonendste Regulierungsform zu achten. Denn als Beschränkungen des Art. 12 gelten nicht allein Gebote und Verbote wie objektive Marktzugangsbeschränkungen. Sondern eine - zu rechtfertigende - Freiheitsbeschränkung liegt It. BVerfGE 82, 209 [223f.] bereits dann vor, wenn durch staatliche Maßnahmen der Wettbewerb beeinflußt und die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit dadurch behindert wird (so zur Bedürfnisprüfung nach § 36 GewO bei öffentlicher Bestellung eines Sachverständigen). Vgl. auch Rexrodt, GewArch 93,395f. 269 Vgl. auch Basedow, Deregulierungspolitik, S. 156f. und Rexrodt, GewArch 93, 395f. 270 So auch Koenig, Verteilungslenkung, S. 319f. 265

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im Fall einer Fehlentwicklung nur unter erheblichen rechtlichen und politischen Schwierigkeiten wieder ,,re-regulieren,,271. Grundsätzlich kommt den ökonomischen, wettbewerbs- und wirtschaftspolitischen Bezugsrnaßstäben (wie Angebot, Kosten, etc.) Indikntionsfunktion für einen verfassungsrechtlichen Deregulierungsbedarf zu. Vor allem darin liegt die Bedeutung der dargestellten Deregulierungsdiskussion für die Frage nach Wettbewerb im Personenbeförderungssektor272 • Solche wirtschaftlichen Indikatoren für die Notwendigkeit einer Deregulierung lassen sich, wie gesehen, für mehrere Teilbereiche der Nahverkehrsbeförderung finden. Geklärt werden muß im Einzelfall, ob dies bei einer Abwägung aller Interessen zur rechtlichen Begründung des Abbaus der Reglementierungen ausreicht. Parallel zu dieser Diskussion über eine Deregulierung kam auch ein Diskurs über Vor- und Nachteile einer Privatisierung öffentlicher Unternehmen im Verkehrsbereich auf, dem sich eventuell ähnliche Impulse für eine Wettbewerbszunahme im Nahverkehr entnehmen lassen. III. Privatisierungsdiskussion Oft wird Privatisierung in einem Atemzug mit Deregulierung genarmt273 , obwohl damit ein anderes Anliegen bezeichnet wird, nämlich die Überführung öffentlicher Unternehmen einschließlich aller Genehmigungen in Privateigentum274 ,275. Dennoch markieren Privatisierung und Deregulierung zwei Dimen271 Vgl. Koenig, Verteilungslenkung, S. 325ff. (unter Hinweis auf Erfahrungen in den USA). 272 Eine noch stärkere Einbeziehung volkswirtschaftlicher Indikatoren und Auswirkungen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprufung verlangt Basedow, Dt. zur europ. Wirtschaftsverf., S. 23f. Er moquiert, daß oft im Verfahren der Verhältnismäßigkeitsprufung des BVerfG bei marktschließenden Maßnahmen die Untersuchung volkswirtschaftlicher Kosten sowie ökonomische und rechtsvergleichende Recherchen zu kurz komme oder daß sich einfach auf die Darstellungen der Ministerien verlassen werde, welche naturgemäß ein Interesse daran haben, die von ihnen selbst vorbereiteten Gesetze zu erhalten. Stattdessen soll seiner Ansicht nach in stärkerem Maße als bisher ökonomischer Sachverstand bei der Verhältnismäßigkeitsprufung berucksichtigt werden. Dies ist die Quintessenz der dargestellten Deregulierungsdebatte. 273 Vgl. Stober in: Stober, Deregulierung, S. 1 und Kurz, S. 42. 274 Vgl. Möschel, JZ 88, 888; Knieps, Möglichkeiten u. Grenzen einer Privatisierung, S. 7; Gimau, Deregulierung u. Privatisierung, S. 53f.; Grossekettler in: Stober, Deregulierung, S. 27; WimmerlMederer, S. 43. 275 Möschel, JZ 88, 888 meint allerdings, daß Deregulierung und Privatisierung einem einheitlichen Ziel dienen und insofern ein Konnex mit der Deregulierung bestehe, da unmittelbare staatliche Wahrnehmung sich als eine intensive Form der Regulierung darstelle. Privatisierung ist danach nur ein Unterfalls des umfassenden Phänomens "Deregulierung". Ebenso Kurz, S. 42 und WimmerlMederer, S. 20.

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

sionen des Wunsches, dem Subsidiaritätsprinzip und dem Übermaßverbot zu mehr faktischer Geltung zu verhelfen276 • Fraglich ist aber, ob überhaupt von einer Privatisierung im Nahverkehr Auswirkungen auf den Wettbewerb der Beförderungsunternehmen und die Verkehrssituation zu erwarten sind. 1. Relevanz für den Nahverkehr

Im örtlichen Verkehrsbereich ist die Mehrzahl der Linienverkehrsunternehmen in öffentlicher Hand277 • Zwar führt eine Änderung der Eigentumsverhältnisse noch nicht zu größerer unternehmerischer Freiheit278 , solange sie nicht von einer Deregulierung flankiert wird. Da aber zu erwarten ist, daß sich bei einer Privatisierung der öffentlichen Monopolunternehmen mehrere private Betreiber, die oft kleiner sind279 , des öffentlichen Betriebs annehmen, ist mit einem Anstieg der Konkurrenz auf dem vormals öffentlich beherrschten Markt zu rechnen. Auch können sich bei der Privatisierung leistungsstärkere Privatunternehmen durchsetzen, was sich positiv auf die Verkehrsbedienung auswirken könnte. Daher soll kurz auf das Für und Wider einer Privatisierung eingegangen werden. 2. Argumente und Stellungnahme

Für eine Privatisierung spricht, daß Private wegen ihrer Kosten- und Lohnstruktur erwiesenermaßen kostengünstiger als öffentliche Verkehrsunternehmen arbeiten280 • Die Tatsache, daß diese Fahrleistungen in erheblichem Umfang per Auftragsverfahren VOn privaten Unternehmen erbringen lassen, zeigt, daß Private die Aufgaben im ÖPNV (flächendeckendes Verkehrsangebot, Qualität der Leistungen, Innovation, etc.) genauso gut wie kommunale UnterSo Grossekettler in: Stober, Deregulierung, S. 28. Vgl. Rudolf, Privatisierungserfolge, S. 73. - Öffentliche Unternehmen im örtlichen Gelegenheitsverkehr kommen dagegen fast nie vor. 278 Klaus König: Entwicklung der Privatisierung in der Bundesrepublik Deutschland Probleme, Stand, Ausblick, VerwArch 79 (1988), 241 [245] und Koenig, Verteilungslenkung, S. 290. 279 So Rudolf, S. 72 (unter Bezugnahme auf Statistiken). 280 So der BDO: Mehr ÖPNV für's Geld - warum private Busunternehmen die bessere Alternative im ÖPNV sind (Broschüre), S.9, 22f.; Christian Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 126, 137; Rudolf, S. 69, 72 und Fey: Quer zum Querverbund, Omnibus-Revue 12/1992, S.6 [6]. Vgl. auch die Freie Demokratische Partei Deutschlands (FDP) in ihrem Parteiprogramm zur Bundestagswahl 1994, S.68, 71: "Der Staat ist kein Transportunternehmer. Ziel ist die vollständige und materielle Privatisierung von staatlichen und kommunalen Verkehrsunternehmen auf kommunaler Ebene innerhalb der nächsten 10 Jahre". 276 277

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nehmen281 erfüllen können. Auch wird auf die Subsidiarität staatlicher Eigenbetätigung im Wirtschaftsbereich verwiesen. Demgegenüber wird von Privatisierungsgegnern wegen des primären Gewinnstrebens privater Unternehmer eine vergleichbare Aufgabenerfüllung durch diese bezweifelt282 . Da einer Betätigung der öffentlichen Hand im Nahverkehr kein rechtliches Verbot entgegensteht, handelt es sich bei der Frage nach Privatisierung letztlich um eine Wertungsfrage. Unter der Prämisse, daß Privaten tatsächlich ein vergleichbares Verkehrsangebot möglich ist, spricht wegen des Kostenaspekts dabei einiges für eine positive Bewertung der Privatisierung. Auffällig ist nur, daß noch keine Großstadt eine solche versucht hat. Sie fand bisher nur in Klein- und Mittelstädten statt283 . Dennoch sind die Auswirkungen einer Privatisierung auf den Nahverkehr gering. Denn sie betrifft nur den für einen Wettbewerb weniger geeigneten Linienverkehr. Auch aus Verkehrsnutzersicht ändert eine Privatisierung bei Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Bedienungsstandards nichts. Die Kostenvorteile Privater kämen damit hauptsächlich den öffentlichen Kassen zugute284 • Daher soll im folgenden der Aspekt der Privatisierung vernachlässigt werden. IV. Erfahrungen im Ausland

Wie schon angedeutet, sind im Ausland bereits Erfahrungen mit einer Deregulierung vonnals regulierter Verkehrs märkte gemacht worden. Sowohl im Bereich des Linienverkehrs und des Gelegenheitsverkehrs mit Taxen als auch im Luftverkehrsbereich existieren Erfahrungen mit dem Abbau von Marktzutrittsschranken. Eventuell lassen sich einige dieser Ergebnisse auf den deutschen Nahverkehr übertragen.

Vgl. BDO, Mehr ÖPNV (Broschüre), S. 23ff. und Rudolf, S. 7lf. So l.B. Gimau, Deregulierung u. Privatisierung, S. 50-53. Er bemängelt bei Privaten l.B. schlechtere Busse, wenig Innovation, schlechtere Koordination, u.s.w. Seiner Ansicht nach beruhen die Kostenvorteile Privater hauptsächlich auf einer schlechteren Erfüllung der Aufgaben des ÖPNV. 283 RudolJ, S.72f. schiebt das darauf, daß Verkehrsunternehmen dort ,,mangels einschlägiger politischer Entscheidungen" noch eigenwirtschaftlich arbeiten müssen, was den Vorteilen Privater entgegenkommt. 284 Mit Tarifsenkungen seitens privater Unternehmer ist auch im Falle einer Privatisierung nicht ohne weiteres lU rechnen. 281

282

136

B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

1. Großbritanien

Ein Beispiel für radikale Deregulierung und Wettbewerbs freigabe im Personenbeförderungsverkehr bietet England. Dort wurde 1985 der Busliniennahverkehr per Gesetz vollkommen dereguliert. Es kann nun jedermann bei freier Wahl von Fahrstrecke, Fahrplan, Wagenfolge und Fahrpreis Linienverkehre eröffnen, sofern er subjektive Voraussetzungen erfüllt und den Verkehr registrieren läßt. Bei Änderung oder Einstellung der Linie ist eine 42-tägige Ankündigungsfrist einzuhalten285 . Zur hinreichenden Versorgung verkehrsschwacher Gebiete, wo wegen Verlustträchtigkeit keine Registrierung erfolgt, kann die öffentliche Hand nach Ausschreibung mit dem kostengünstigsten Bewerber einen Verlustdeckungsvertrag abschließen 286 • Eingriffe in das Preisrecht sind nicht möglich. Sonstigen Pflichten unterliegen die Linienunternehmen nicht. Beim Taxiverkehr wurden lizensierte Linientaxen ermöglicht und Kontingentierungen der Anzahl zugelassener Taxen gelockert287 • Einher mit dieser Deregulierung ging eine Privatisierung staatlicher Verkehrsbetriebe. Der Londoner Verkehrsbereich wird allerdings nicht vom Gesetz urnfaßt288 • Soweit bis jetzt ersichtlich, ist Folge dieser Maßnahmen auf gewinnversprechenden Strecken ein verstärkter Wettbewerb mit Preisunterbietungen, Angebotszunahme und besserer Wirtschaftlichkeit bei Kürzung des Zuschußbedarfs. Die Zahl von Minibussen hat stark zugenommen 289 • Jedoch können nur 20% der Linien auf diese Weise kommerziell betrieben werden, bei 80% erfolgt Linienausschreibung und Defizitabdeckung29o • Hingegen ist in Verkehrsrandgebieten das Angebot zurückgegangen. Die Qualität der Leistungen hat nachgelassen, Innovationen unterblieben, Fahrpreise stiegen, das Fahrgastaufkommen nahm ab und die Verkehrsintegration und -koordination verschlech-

285 Vgl. Gutknecht: Deregulation und Privatisierung - Freie Marktwirtschaft im britischen ÖPNV, VuT 1987, 119 [119f.]; Fromm: Privatisierung, Liberalisierung und Deregulierung beim öffentlichen Personennahverkehr, ZögU 1988, 180 [183]; Deregulierungskommission, Tz. 199; BMV, Forschung Stadtverkehr, S. 152. 286 Gutknecht, VuT 87,120; Fromm: Gemeinsamer Markt und ÖPNV, VuT 1990, 271 [273f.]; ders., ZögU 88, 183. 287 Gutknecht, VuT 87, 120. 288 Dort gilt aber per Spezialgesetz seit 1984 eine Ausschreibungspflicht für geeignete Verkehre und eine Präferenz für Privatisierung. 289 Vgl. BMV, Forschung Stadtverkehr, S. 152; Fromm, ZögU 88, 183; ders., VuT 90, 274; Gutknecht, VuT 87, 124 und die Deregulierungskommission, Tz. 32, 199. 290 Gert Wolfgang Heinze/Kill/ProksikJOlbrich/Wengler-Reeh: Große und kleine ÖPNV-Konzepte für die Regionalisierung und die Fläche. Ausländische Erfahrungen und Kenntnisse, Der Nahverkehr 3/94, 8 [9].

§ 3 Kritik an der Rechtslage und Deregulierungsdiskussion

137

terte sich 291 . Immernoch wird der ÖPNV zum Großteil von Monopolisten bestimmt292 • Diese unterschiedlichen Auswirkungen machen eine Bewertung schwierig293 • Den finanziellen Vorteilen stehen erhebliche Nachteile gegenüber. Es ist daher fraglich, ob die Gewinne an gewerblicher Freiheit den Verlust an Fahrgästen und die Verringerung der Mobilität für größere Teile der Bevölkerung insgesamt aufwiegen. 2. Frankreich

In Frankreich ist der Liniennahverkehr nach einer Regionalisierung öffentliche Aufgabe der Kommunen. Diese planen ihn (Linienführung, Verkehrsmittel, Tarife, etc.) und lassen die Verkehrsleistungen hauptsächlich von privaten Unternehmen erbringen, die man vertraglich verpflichtet. Meist erfolgt die Auftragsvergabe (oft für ganze Netze) per Ausschreibung. Die Unternehmen genießen Ausschließlichkeitsrechte für die Dauer des Vertrags. Besitzstandsschutz gibt es jedoch nicht294. Auch hier fährt der Nahverkehr nicht kostendeekend. Es findet aber regelmäßig Wettbewerb bei Neuausschreibung von Linien und Netzen statt, wo allerdings meist große Verkehrsunternehmen obsiegen. Kleinere Unternehmen kommen nur auf kleinen Relationen zum Zuge. Beklagt werden auch hier fehlende Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, Reglementierungen haben eher zugenommen295 . 3. Taxi- und Luftverkehr in den USA

a) Deregulierung des Taxiverkehrs

Erfahrungen mit einer Deregulierung des Taxiverkehrs haben die USA. Dort wurden ab 1960 in einigen Städten und Staaten Marktzugangsbeschränkungen 291 Vgl. Issac: Deregulierung und Privatisierung des ÖPNY, Der Nahverkehr 5/94, S.6 [7f.]; Girnau, Deregulierung u. Privatisierung, S. 55f.; BMV, Forschung Stadtverkehr, S. 152; Gutknecht, VuT 87, 124; Deregulierungskommission, Tz. 32; Fromm, Zö~U 88, 183; ders., VuT 90,274. 2 2 Girnau, Deregulierung u. Privatisierung, S. 55. 293 Symptomatisch bemerkt Issac, Der NY 5/94, 7, daß die britische Regierung die Deregulierung als herausragenden Erfolg bezeichnet, während die meisten Gemeinden von einer Katastrophe sprechen. Fromm, VuT 90, 274 spricht von einem etwas "schizophrenen Bild". 294 Vgl. i.e.: Bührer/Nickel/Quidort/Schmidt: Organisation und Finanzierung des ÖPNY in Frankreich, Der Nahverkehr 5/94,51 [53-56]. 295 BührerlNickellQuidortiSchmidt, Der NY 5/94, 55 [60]; HeinzelKilllProksiki Olbrich/Wengler-Reeh, Der NY 3/94, 9.

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

für Taxen (Konzessionierung) und der Tariffixierungen bei gleichzeitiger Verschärfung subjektiver Voraussetzungen aufgehoben. Folge war meist ein Ansteigen der Fahrzeuganzahl und der Unternehmen. Allerdings verschlechterte sich auch oft der Service und Preisanstiege waren zu beobachten. Etliche Städte nahmen die Deregulierung daraufhin wieder zurück296 . b) Deregulierung des U.S.-amerikanischen Linienluftverkehrs

Licht und Schatten zeigt auch die bereits angesprochene umfassende Deregulierung des US-Luftverkehrs. Dort wurde die vormals restriktive Politik von Marktzugangsbeschränkungen, Preis- und Rentabilitätsregulierungen 297 ab Mitte der 70er Jahre zunehmend gelockert und eine Politik freien Markzutritts und -austritts verfolgt298 • Mit dem ,,Airline Deregulation Act" wurde 1978 dann gesetzlich die Erteilung von Betriebs- und Strecken genehmigungen und damit der Zugang zum Markt fast vollständig liberalisiert299 • 1983 endete auch die Tarifregulierung3OO • Tarife und Marktzutritt sind seitdem vollständig dereguliert. Die Folgen dieser Maßnahmen sind vielfältig. Die Zahl der Liniengesellschaften hat erheblich zugenommen 301 , wenn auch viele Unternehmen schon bald in Konkurs gehen mußten 302 • Es kam zu Monopolbildungen 303 • Die Preise 296 Vgl. Peter: Die negativen Auswirkungen der Deregulierung in den Vereinigten Staaten, in: BZP-Schriftenreihe, Bd. 2: Zur Lage des deutschen Taxi- und Mietwagengewerbes, S. 19-24 unter Bezugnahme auf Berichte für das US-Verkehrsministerium. 297 Vgl. eingehender zu den gesamten Regulierungseingriffen im zivilen US-Luftverkehr seit etwa 1938: PickrelI: The regulation and deregulation of US airlines, in: Button (Hg.): Airline Deregulation, S. 5 [5f.]; Pascher, S. 90-114 und Knieps, Deregulierung im Luftverkehr, S. 27-33 m.w.N. 298 Vgl. Pickrell in: Button, Airline Deregulation, S.8f.; Knieps, Deregulierung im Luftverkehr, S. 33; Pascher, S. 167-169. 299 Vgl. Überblick bei Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S. 41f., auch zu den verschärften Anstrengungen der USA, dem Gedanken ihrer Deregulierungspolitik auch international Geltung zu verschaffen. Ferner Knieps, Deregulierung im Luftverkehr, S. 33; Pickrell in: Button, Airline deregulation, S. 9f. und Pascher, S. 169172. 300 Vgl. Pascher, S. 177-179 und Knieps, Deregulierung im Luftverkehr, S. 34. 301 So Knieps, Deregulierung im Luftverkehr, S. 34 (FN. 58); und Pascher, S. 192. 302 Lt. Knieps, ebda., S. 35 meldeten bis 1987 insg. 34 amerikanische Gesellschaften Konkurs an, v.a. solche, welche die Löhne nicht drastisch gesenkt hatten. Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S. 42 bezeichnet dies als ,,ruinösen Wettbewerb". - Dem widerspricht Knieps jedoch (ebda., S.36), da ruinöse Konkurrenz nicht mit dem Ausscheiden ineffizienter Unternehmen im Wettbewerbsprozeß verwechselt werden dürfe. Immerhin seien die ausscheidenden Fluggesellschaften jederzeit in der Lage gewesen, ihre Flugzeuge zu verkaufen bzw. nach Re-Organisation erneut in den Markt einzutreten.

§ 3 Kritik: an der Rechtslage und Deregulierungsdiskussion

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fielen auf verkehrsreichen Strecken teilweise bis auf ein Drittel des ursprünglichen Tarifs. Einher damit gingen in der Regel Qualitätsverschlechterungen. Auf wenig beflogenen Linien stiegen die Preise oft an 304 • Die Angebotspalette wurde erweitert (vennehrte Preis-Qualitäts-Optionen), und die Zahl der Flüge insgesamt erhöhte sich deutlich 305 . Zur Aufrechterhaltung der Verkehrsbedienung in weniger dicht besiedelten Gebieten, die nur unter Verlust bedient werden können, mußte der Kongreß ein Subventionierungsprogramm einführen. Bestimmte Flugleistungen werden danach bezuschußt und Konzessionen für die entsprechenden Strecken zwei-jährlich an den Unternehmer mit dem geringsten Subventionsbedarf versteigert306 • Dennoch war die Anzahl der Flüge, v.a. der Direktflüge, zu abgelegeneren Kommunen sowie die Zahl ihrer Jet-Anschlüsse meist rückläufig 307 , wenn auch der Subventionsbedarf gesenkt werden konnte. Entgegen ursprünglicher Planung mußte das Subventions-programm 1987 nach 10 Jahren um eine weitere Dekade verlängert werden 308 . Wegen der teilweise hohen Verluste der Flugunternehmen wurden die staatlichen Sicherheitsvorkehrungen oft auf das vorgeschriebene Mini-mum reduziert oder unterschritten. Auch die Wartung und Ersatzbeschaffung der Maschinen war mehrfach unzureichend 309 • 303 Vgl. Kark: Die Liberalisierung der europäischen Zivilluftfahrt und das Wettbewerbsrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 57-62, 39-41, 52-56 und Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S. 42. 304 Vgl. Kark, S.62f.; Knieps, Deregulierung im Luftverkehr, S.37; Pickrell in: Button, Airline deregulation, S. 28; Pascher, S. 184-188, 198f., 20lf. 305 So Pickrell in: Button, Airline deregulation, S. 32f.; Knieps, Deregulierung im Luftverkehr, S. 40,46; Pascher, S. 188f. 306 Zu diesem ,,Essential Air Service"-Programm vgl. BaileyIGrahamIKaplan, S. 111, 116ff.; Knieps, Deregulierung im Luftverkehr, S. 42; Kark, S. 35f. und Pascher, S. 179181. 307 Vgl. Pascher, S. 198, 202 - er hält deshalb kleinere und entlegenere Kommunen für die "Verlierer der Deregulierung"; ähnlich Pickrell in: Button, Airline deregulation, S.34. Auch Bailey/GrahamIKaplan, S. 120-123 räumen einen leichten Rückgang der Klein-Stadt-Bedienung ein. Insgesamt beurteilen sie die Flugverkehrsbedienung kleiner Gemeinden aber positiv. - Noch weiter geht Knieps, Deregulierung im Luftverkehr, S. 42, der anhand der Daten von 1983 (!) davon ausgeht, daß sich die Qualität des Luftverkehrs in dünn besiedelten Gebieten insgesamt nicht verschlechtert habe. Ähnlich auch die Deregulierungskommission, Tz. 31 a.E., allerdings ohne Beleg ihrer Einschätzun§ durch Zahlenmaterial. 30 So Kark, S. 65. 309 Kark, S.69 spricht von einer "besorgniserregenden Zahl der Verstöße gegen Sicherheitsbestimmungen und von weniger gründlichen Wartungen". Ähnlich auch Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S. 42, der deshalb ein "Verantwortungsbewußtsein der Fluggesellschaften" [für die Belange der Verkehrsbedienung und des Gemeinwohls] bezweifelt. - Vgl. ferner Knieps, Deregulierung im Luftverkehr, S. 44, der in den aufgetretenen Mängeln jedoch keinen Grund für eine Ablehnung der Deregulierung sieht, sondern für eine Verschärfung der Sicherheitsvorschriften

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

Diese Folgen sind denen der britischen Deregulierung des Busverkehrs insgesamt vergleichbar. Dennoch werden überwiegend die Erfahrungen mit der US-Airline Deregulation als "insgesamt positiv" bewertee lO • Es gibt jedoch, gerade wegen der hohen Verluste und der Veralterung der Luftflotte, auch skeptischere Einschätzungen 3ll . Stellt man auf die (gerade bei den großen Entfernungen in den USA) auf den Flugverkehr angewiesenen Bürger ab, so läßt sich auch hier (wieder) feststellen, daß Mobilitäts- und Kostenvorteile für die Reisenden auf Hauptstrecken zumindest zu einern gewissen Anteil mit Verlusten der Mobilität für die Bewohner von Verkehrsschwachgebieten "erkauft" wurden. Dies kann aus Gründen einer möglichst umfassenden Verkehrsbedienung nicht nur positiv bewertet werden. Allerdings ist zu bedenken, daß die Flugverkehrsbedienung auch nicht derart vitalen Mobilitätsbedürfnissen der Bevölkerung dient wie der straßengebundene Nahverkehr. 4. Bewertung der ausländischen Erfahrungen

Die ausländischen Probleme und Lösungsansätze gleichen denjenigen, die auch in der hiesigen Deregulierungsdiskussion zur Sprache kamen. Die vielfältigen Folgen der Deregulierungsmaßnahmen im Ausland machen eine eindeutige Bewertung unmöglich. Sie lassen keine sicheren Schlüsse zu und können je nach Perspektive unterschiedlich bewertet werden. Im Hinblick auf die Benutzer von Verkehrseinrichtungen hängt die Beurteilung stark davon ab, ob diese auf Hauptstrecken zurückgreifen können oder auf Nebenstrecken angewiesen sind. Bei den Unternehmen gewinnt man den Eindruck, daß bei starkem Wettbewerbsdruck (wie gerade in den USA) neben der reinen Orientierung auf den Verbleib am Markt andere Aspekte wie Mitverantwortung für die Sicherstellung einer adäquaten Verkehrsbedienung schnell nebensächlich werden. Gerade die Erfahrungen aus England und den USA machen deutlich, daß auch bei größerer Marktöffnung und Wettbewerb die Verkehrsbedienung in abgelegeneren Gebieten nur mit finanzieller staatlicher Unterstützung gewährleistet

und deren Kontrolle. Diese Einschätzung teilt auch Kark, S.69. - Pickrell in: Button, Airline deregulation, S. 35f. stellt sogar trotz der Deregulierung keine Sicherheitsmängel fest. 310 So Pascher, S. 20lf.; Pickrell in: Button, Airline deregulation, S. 36ff.: "The USexperience appears on ballance to have been quite successful"; Knieps, Deregulierung im Luftverkehr, S. 46: ,,Insgesamt wirkt sich die Deregulierung auf die Konsumenten [... ] positiv aus"; die Deregulierungskommission, Tz. 31 a.E.: " ... insgesamt positiv"; Kark, S.69-71: " ... insgesamt positive Zwischenbilanz" und Bailey/GrahamIKaplan, S. 195-202 (allerdings mehr aus der Sicht der Unternehmen): "Deregulation is leading to a substantially more efficient airline system". 311 So z.B. Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S. 42 unter Hinweis darauf, daß mehr als 60% der US-Luftflotte älter als 15 Jahre sind.

§ 3 Kritik an der Rechtslage und Deregulierungsdiskussion

141

werden kann. Wettbewerb allein vermag demnach ohne staatliche Hilfe eine umfassende Verkehrsanbindung nicht sicherzustellen. Schließlich scheint eine bloße Deregulierung ohne weitere Unterstützungs maßnahmen unzureichend zu sein. Um Folgeproblemen wie etwa Qualitätsmängeln begegnen zu können, sind neben der Marktöffnung zugleich auch verschärfte Kontrollen o.ä. notwendig. Eine reibungslose Übertragbarkeit dieser Auslandserfahrungen auf die deutschen Verhältnisse im Nahverkehrsbereich ist zu bezweifeln. Dazu wurden die Erfahrungen unter zu unterschiedlichen institutionellen Rahmenbedingungen gemacht312 • Die Wirtschafts- und Sozialstruktur in der Bundesrepublik ist zumindest in einzelnen Ausprägungen - zu erwähnen ist v.a. das bei uns verfassungsrechtlich festgeschriebene Sozialstaatsprinzip mit seinen verwaltungsrechtlichen Konsequenzen im Verkehr (s.o.) - nicht ohne weiteres mit derjenigen in den dargestellten Staaten vergleichbar3l3 • Auch ist die Ausgangslage von Flug- und Buslinienverkehr nur bedingt miteinander vergleichbar. Dennoch zeigen die ausländischen Erfahrungen mit einer Deregulierung und Marktöffnung im Verkehr aber mögliche Systemtrends auf314 • Zugleich verdeutlichen sie die Gefahr, daß gerade im Linienverkehr insgesamt gesehen mit einer starken Wettbewerbs zunahme auch erhebliche Mobilitätsverluste einhergehen können. V. Zusammenfassung Der relativ starre und beschränkende Rechtsrahmen des PBefG läßt bislang wenig Raum für untemehmerische Gestaltung und Wettbewerb. Gerade in Verkehrs bereichen, wo die Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung besonders wichtig und daher flexiblere Bedienungskonzepte nötig sind (verkehrs-schwache Gebiete), ergeben sich Probleme mit dem dafür nur begrenzt geeigneten Instrumentarium des Gesetzes. Folglich ist dort bereits jetzt eine wettbewerbsfreundlichere Auslegung der Regelungen des PBefG angezeigt, um den Verkehrsbelangen der Anwohner besser entsprechen zu können. Gestützt wird dieser rechtliche Befund durch die Ergebnisse der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung und Analysen. Ökonomisch ergeben sich

Das räumt auch die Deregulierungskommission, Tz. 33, ein. Auch wenn in England gewohnheitsrechtlich eine Grundrechtsordnung besteht, sich die französische Verfassung auf die Grund- und Menschenrechte beruft und in den USA zumindest Grundrechte geWährleistet sind, die mit der hiesigen allgemeinen Handlungsfreiheit korrespondieren. 314 Donges, S. 17 meint, daß sich eine Politik der Deregulierung in Deutschland von dem ausländischen Erfahrungswissen ,,inspirieren" lassen kann. 312

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B. Bisherige Rechtslage im örtlichen Personenbeförderungswesen

vielfach Zweifel an Zweckmäßigkeit und Berechtigung der Regulierungen des PBefG in ihrer jetzigen Form. Diese Kritik kommt gerade in der kontrovers geführten Diskussion um Deregulierung der deutschen Wirtschaft zum Ausdruck, wo zur Verbesserung der Effizienz eine stärkere Öffnung des Marktes auch für den Bereich des Nahverkehrs favorisiert wird. Des weiteren deuten nicht zuletzt ausländische Erfahrungen auf mögliche positive Effekte einer Marktöffnung hin. Verfassungsrechtlich lassen sich diese Vorschläge anhand von Verhältnismäßigkeitsabwägungen überprüfen, in welche diese ökonomischen Indikatoren einfließen können und müssen. Die Frage nach Marktöffnung und Wettbewerb im deutschen Verkehr weist allerdings auch eine supranationale Komponente, eine europäische Dimension315 auf. Denn seit Jahresbeginn 1993 ist die Reduzierung nationaler Marktregulierungen, die sich als Schranken bei der Herstellung eines einheitlichen europäischen Binnenmarktes erweisen, auch ein Ziel des EG-Vertrages 316 • Etliche Vertragsbestimmungen, v.a. die sog. Grundfreiheiten317 , schränken die Möglichkeiten einseitiger nationaler Beschränkungsmaßnahmen zunehmend ein. Möglicherweise gibt damit auch das Europarecht Impulse für eine Marktöffnung im deutschen Personennahverkehr.

So Kurz, S. 49f. Vgl. Basedow, Deregulierungspolitik, S. 151 [157ff.]; ebenso Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S. 42-44; die Deregulierungskommission, Tz. 26: "Schon die strikte Anwendung des EWG-Vertrages wird die Bundesrepublik nötigen, vielfältige Regulierungen zu überprüfen, abzuschaffen oder zu mildem" und WimmerlMederer, S. 14: "Offensichtlich ist, daß der EG-Vertrag [... ] den Nukleus eines gigantischen Deregulierungsprogramms enthält". - Kritischer bzgl. der europäischen Bemühungen lahn in: Stober, Deregulierung, S. 15. m Vgl. Donges, S. 6; WimmerlMederer, S. 13f.; Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung, S. 44 und die Deregulierungskommission, Tz. 27f. 315

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c. Wettbewerbsimpulse durch Europäisches Gemeinschaftsrecht Internationale Regelungen der Fragen von Marktzutritt, Preisregulierung sowie Ordnung und Bedingungen des Wettbewerbs sind selten!. Dennoch wird nationales Recht zunehmend durch europäisches Gemeinschaftsrecht überlagert und verdrängt, das außer für den Wettbewerb auch Relevanz für den Yerkehrsbereich hat2 • Inzwischen gibt es einige europäische Regelungen, die Einfluß auf die Tätigkeit deutscher (Nah-)Yerkehrsunternehmen haben. Es ist daher zu klären, ob primäres und sekundäres Gemeinschaftsrecht Yorgaben für eine Wettbewerbszunahme oder Marktöffnung im deutschen Nahverkehr enthält und inwiefern es die Rahmenbedingungen für das Wirtschaftsverhalten der Yerkehrsunternehmen bestimmt. Ferner stellt sich die Frage, ob künftig vermehrt mit dem Auftreten ausländischer Anbieter im deutschen Nahverkehr zu rechnen ist.

§ 1 Primäres Europäisches Gemeinschaftsrecht im Verkehr Auch aus europäischer Sicht kommt der Yerkehrswirtschaft und dem Beförderungsgewerbe erhebliche Bedeutung für die Mobilität der Bürger der Gemeinschaften zu 3 , zumal prognostiziert wird, daß sich die Nachfrage im Personenverkehr nahezu verdoppeln wird4 . Formal trägt der EGy 5 dieser Wertschät1 Basedow: Verkehrsrecht und Verkehrspolitik als europäische Aufgabe (Einleitung), in: J. Basedow (Hg.): Europäische Verkehrspolitik (1987) S. 1 [14]. 2 Vgl. z.B. die vielfältigen Liberalisierungen betreffend den europäischen Luftverkehr seit 1987; statt vieler Ronellenfitsch: Selbstverantwortung und Deregulierung im Ordnungs- und Umweltrecht, Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht, Bd. 29, S. 43 und Kark: Die Liberalisierung der europäischen Zivilluftfahrt, passim. 3 So die Europäische Kommission in ihrem Weißbuch: Die künftige Entwicklung der Gemeinsamen Verkehrspolitik. Globalkonzept einer Gemeinschaftsstrategie für eine auf Dauer tragbare Mobilität (Dok. KOM (92) 494 endg.), Bulletin der Europäischen Gemeinschaften, Beilage 3/93, Tz. 34 (S. 13) und Erdmenger in: von der GroebenlThiersinglEhlermann (Hg.): Kommentar zum EWG-Vertrag, Bd. 1: Artikel 184,4. Aufl., Art. 74 Rn. lf. 4 Vgl. Kommission, Künftige Entwicklung d. Gern. Verkehrspolitik, Tz. 28 (S. 12). 5 "Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft" (EWG-Vertrag) vom 25.3.1957 (BGBl. 11 S. 766), zuletzt geändert am 7.2.1992 durch den "Vertrag über

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C. Wettbewerbsimpulse durch Europäisches Gemeinschaftsrecht

zung dadurch Rechnung, daß er als Ziel in Art. 2, 3f eine "gemeinsame Verkehrspolitik" aufführt und einen eigenen Titel IV für den Verkehr enthält. Vorauszuschicken ist aber, daß dennoch materielle europäische Regelungen für den Verkehr oft noch fehlen. I. Ziele der EU im Verkehrsbereich Die Ziele der EU im Bereich des Verkehrs benennen Art. 2, 3f EGV. Danach soll der Gemeinsame (Binnen-)Markt durch Beseitigung von Hindernissen für den freien Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten und durch eine gemeinsame Verkehrspolitik errichtet werden. Relevanz für den deutschen Nahverkehr könnten hier die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der Art. 52ff., 59ff., sowie die speziellen Vorschriften zum Verkehr der Art. 74ff.. EGV haben. 1. Impulse durch die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit

Niederlassungsfreiheit im Verkehr bedeutet, daß ausländische selbständige Verkehrsunternehmen ihre Wirtschaftstätigkeit in anderen Mitgliedstaaten dauerhaft ausüben dürfen6 . Unter Dienstleistungsfreiheit versteht man die Möglichkeit vorübergehender Ausübung dieser Tätigkeit im Fall grenzüberschreitender Beförderung7 . Diese Freiheiten sind aber darauf beschränkt, EUAngehörige mit Inländern gleichzustellen8 . Die so begünstigten Unternehmer sollen unter gleichen Voraussetzungen wie Inländer ihr Recht auf freie Niederlassung ausüben und ihre Dienstleistung erbringen dürfen. Damit verhindert man zwar Marktabschottung und Wettbewerbseinschränkung auf nationalen Verkehrs märkten dadurch, daß notwendige Genehmigungen nur dort ansässigen Unternehmen erteilt werden9 • Aber die Dienstleistungsfreiheit gebietet keine Ordnung der Dienstleistungsmärkte nach marktwirtschaftlichen Prinzipien (auch wenn eine solche Ordnung ihre Verwirklichung begünstigt). Gefordie Europäische Union" (EUV; BGBl. II S. 1253/1256). - Mit seinem Inkrafttreten am 1.11.1993 wurde der ,,EWG-Vertrag" durch Art. G (1) umbenannt in "EG-Vertrag" (EGV). 6 Oppermann: Europarecht, Rn. 1482; Erhard in: Lenz (Hg.): EG-Vertrag - Kommentar, Art. 52 Rn. 2. - Da die allgemeinen Regeln des Vertrags auch für den Verkehr gelten, finden die Art. 52ff. EGV unmittelbare Anwendung. 7 Hakenberg in: Lenz, Art. 60 Rn. 17f.; Oppermann, Europarecht, Rn. 1482. 8 Geiger: EG-Vertrag - Kommentar, Art. 52 Rn. 8; Oppermann, Europarecht, Rn. 1484, 1492, 1496; Erhard in: Lenz, Art. 52 Rn. 4f.; Basedow: Wettbewerb auf den Verkehrsmärkten, S. 194; Ausschußfür Verkehr, in: BT-Drucks. 1111016 S. 6. 9 Europäische Kommission: Stichwort Europa - Die europäische Verkehrspolitik in der Perspektive 1992, S. 3-5.

§ 1 Primäres Europäisches Gemeinschaftsrecht im Verkehr

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dert ist bloß der Abbau solcher Anforderungen nationalen Rechts, die grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr stärker erschweren als innerstaatlichen lO • Nach Art. 61 I EGV gelten zudem für Dienstleistungen im Verkehr die spezielleren Art. 74 ff. EGV, die zur Herstellung der Dienstleistungsfreiheit gesonderte Regelungen vorsehen 11. Von den Art. 52ff. und 59ff. EGV gehen daher keine Impulse für eine Liberalisierung des deutschen Nahverkehrsmarktes aus.

2. Gemeinsame Verkehrspolitik der EU

Möglicherweise haben jedoch die Art. 74ff. EGV stärkere Auswirkungen.

a) Ziele der Gemeinsamen Verkehrspolitik

In den Art. 74ff. EGV wird nur festgelegt, daß die Mitgliedstaaten die Ziele des Vertrags, welche in der Präambel und in Art. 2 EGV festgelegt sind und in Art. 3 eine Ausgestaltung erfahren haben 12 , im Rahmen einer gemeinsamen Verkehrspolitik verfolgen. Es sind jedoch im Verkehrs titel des Vertrags kaum klare Direktiven und Zielbestimmungen enthalten und auch keine bestimmten ordnungspolitischen Prinzipien festgelegt. Selbst der konkretere Art. 75 I a, b EGV, der auf eine Integration nationaler Verkehrsmärkte abzielt, macht keine näheren Angaben dazu, welche Maßnahmen zulässig sind und welche nicht 13 . Daher divergierten von Anfang an die Aussagen über die Ziele der Gemeinsamen Verkehrspolitik. Seit Gründung der Gemeinschaft haben sich diese Zielbestimmungen zudem gewandelt: In der ersten Phase (1958-1972) ging es der Kommission primär darum, auch für den Verkehrssektor einen gemeinsamen Markt für Verkehrsleistungen nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen einzuführen. Dazu sollte Wettbewerb 10 Basedow: Von der deutschen zur europäischen Wirtschaftsverfassung, S.43 und ders., Wettbewerb, S. 194 stellt zur Niederlassungsfreiheit fest, daß deren marktöffnende

Wirkung begrenzt ist, weil viele Regulierungen die betreffenden Tätigkeiten ohne Unterschied Inländern wie Ausländern verbieten. 11 Art. 59, 60 m EGV sind also nicht direkt anwendbar, vgl. EuGH Slg. 1985, 1505 [1513]; Hakenberg in: Lenz, Art. 61 Rn. 1. 12 So Erdmenger, in: GroebenfThiersinglEhlermann, Art. 74 Rn. 8. 13 Dies kritisieren Basedow, Wettbewerb, S. 158f.; ders., Verkehrsrecht u. -politik, S. 8, 11; Oppermann, Europarecht, Rn. 1304; die Deregulierungskommission: Unabhängige Expertenkommission zum Abbau marktwidriger Regulierungen (Berichte 1990/91), Tz. 137. Auch der EuGH (Slg. 1985, 1505 [1515], Erwägungen NI. 47-53) spricht in seinem "Untätigkeitsurteil" davon, daß "die Pflicht zur Erfüllung einer Gern. Verkehrspolitik als solche nicht hinreichend konkret" sei. 10 Maaß

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C. Wettbewerbsimpulse durch Europäisches Gemeinschaftsrecht

zwischen den Verkehrsunternehmen und -trägem hergestellt und gewährleistet werden l4 • Ab 1973 wurde dieses Ziel umdefiniert. Nun sollte es um Herstellung eines ,,reibungslosen, leistungsfahigen und kostengünstigen Ablaufs der Raumüberwindung von Personen [... ] im vergrößerten Wirtschaftsraum der Gemeinschaft" gehen. Wettbewerb sollte nur noch Mittel der Verkehrspolitik zur Verwirklichung dieses Ziels eines gemeinschaftlichen Verkehrssysterns sein 15. Seit 1985 schließlich stehen die Vollendung des Binnenmarktes und Herstellung der Dienstleistungsfreiheit im Vordergrund l6 . Allerdings soll diese Integration der Verkehrsmärkte wettbewerbsorientiert auszurichten sein 17. Dabei nennt die Kommission auch Liberalisierung und Harmonisierung wieder als Ziel und propagiert ungehinderten Zugang zu nationalen Märkten sowie möglichst freien Wettbewerb l8 • Die Unbestimmtheit der Vorgaben der Art. 74ff. EGV steht aber dennoch einer stärkeren Auswirkung auf den Wettbewerb im nationalen Nahverkehrsbereich entgegen. Hinzu kommt, daß der europäische Rat bei Umsetzung dieser Vertragsbestimmungen ein weites Ermessen hat l9 . Denn der EGV trägt auch dem Umstand Rechnung, daß wegen der besonders starken Gemeinwohlfunktion des Verkehrs ordnende Eingriffe der öffentlichen Hand auf Gemeinschaftsebene nicht anders als im nationalen Recht der Mitgliedstaaten öfter nötig sind als andererwärts 2o • Diesem Ermessen sind zwar Grenzen gesetzt, weil diese Berücksichtigung der Besonderheiten des Verkehrs (Art. 75 I EGV) Ausnahmen darstellen und nicht beliebig zur Ausschaltung marktwirtschaftlicher oder wettbewerblicher Verkehrsregeln verwendet werden können21 • Erlaubt sind nur

14 Vgl. Erdmenger in: GroebenfThiersinglEhlermann, Art. 74 Rn. 9; Frohnmeyer in: GrabitzIHilf (Hg.): Kommentar zur Europäischen Union, Bd. I: EUV, EGV, Art. 1-102 EGV, Std. 9/94, Art. 74 Rn. 9, 18,42. 15 Erdmenger in: GroebenfThiersinglEhlermann, Art. 74 Rn. 15f.; Frohnmeyer in: GrabitzlHilf, EU-Kommentar, Art. 74 Rn. 75. 16 Vgl. Erdmenger in: GroebenfThiersinglEhlermann, Art. 74 Rn. 20, 22, 24; Frohnmeyer in: GrabitzlHilf, Art. 74 Rn. 75. 17 So Frohnmeyer in: GrabitzlHilf, Art. 74 Rn. 12, 12a: "Wettbewerbsorientierte Ausrichtung der Gemeinsamen Verkehrspolitik". Ebenso Pieper: Der Verkehr, in: Bleckmann: Europarecht, 5. Aufl., § 24 Rn. 1728: ,.Integration der Verkehrsmärkte ist marktwirtschaftlieh auszurichten". 18 Kommission: Generaldirektion Verkehr: Verkehrsmarkt Europa (Broschüre Juni 1991) S. 6f. - Entgegen dieser Entwicklung sieht eine Mindermeinung Wettbewerb sogar immernoch als Hauptziel der Art. 74ff. EGV an; vgl. etwa Baltes/Bayer/Hojmann: Unausweichlicher Wettbewerb, Der Nahverkehr 11/94, 18 [18]. 19 Oppermann, Europarecht, Rn. 1304. 20 Geiger, Art. 74 Rn. 4 unter Hinweis auf das Beispiel der Bedienung unrentabler Strecken; Oppermann, Europarecht, Rn. 1304. 21 Erdmenger in: GroebenfThiersinglEhlermann, Art. 75 Rn. 23; Oppermann, Europarecht, Rn. 1309.

§ 1 Primäres Europäisches Gemeinschaftsrecht im Verkehr

147

nicht-diskriminierende, aus öffentlichen Interessen gerechtfertigte Beschränkungen. Dennoch haben die unkonkreten Aussagen des primären Gemeinschaftsrechts (und die meist fehlende Bereitschaft der Mitgliedstaaten, ihre nationalen Verkehrsmärkte zu öffnen22 ), 1985 dazu geführt, daß der Rat vom EuGH wegen Untätigkeit zu stärkerem Handeln im EG-Verkehrsbereich verurteilt wurde. Und auch der Vertrag von Maastriche3 hat weder die Bestimmungen des Verkehrs titels verändert noch die Aufgaben der EU auf dem Gebiet des Verkehrs deutlicher bestimmt24 • Die Bestimmungen über die "Gemeinsame Verkehrspolitik" selbst tragen daher kaum zu einer Liberalisierung im nationalen Nahverkehr bei. b) Wirtschaftsverfassung der EU

Bei aller Gestaltungsfreiheit des Rates ist aber zu bedenken, daß auch die Bestimmungen über die Verkehrspolitik Teil der allgemeinen Wirtschaftspolitik der EU sind. Das wirtschaftsrechtliche Leitbild der Gemeinschaft beruht auf einer grundsätzlichen Entscheidung für eine marktwirtschaftliche Gesamtordnung (vgl. das Ziel in Art. 2 a.F.: Gemeinsamer Markt). Es ist eine Mischung aus marktwirtschaftlich-freiheitlichen und interventionistischen Elementen. Damit ist die EU nicht lediglich offen oder neutral, sondern bleibt programmatisch auf Herstellung eines grundsätzlich freien, dem Wettbewerbsprinzip verpflichteten Binnenmarktes ausgerichtet. Sie beruht damit letztlich auf marktwirtschaftlicher Grundlage25 • Ein ordnungspolitisch überwachter Wettbewerb ist also die Reget26 . Diese Grundausrichtung muß auch bei Gestal-

Beispielhafte Übersicht bei Basedow, Verkehrsrecht u. -politik, S. 12-17. "Vertrag über die Europäische Union v. 7.2.1992 (BGBL 11 S. 1253/1256). Vgl. dazu näher Oppermann/Classen: Die EG vor der Europäischen Union, NJW 1993, 5 [7ff.]. 24 So Rogge: Verkehr, in: Lenz (Hg.): EG-Handbuch Recht im Binnenmarkt, 2. Aufl., Teil 11, S. 727 [729]. 25 Mittlerweile verpflichtet Art. 3a I EGV ausdrücklich zu einer "Wirtschaft des offenen Marktes und freiem Wettbewerb". 26 So Oppermann, Europarecht, Rn. 806f., 809; Schmidt-Preuß: Soziale Marktwirtschaft und Grundgesetz vor dem Hintergrund des Vertrages zur Währungs-, Wirtschaftsund Sozialunion, OVBl. 1993, 236 [244f.]. Basedow, Ot. zur europ. Wirtschaftsverf., S. 26, 32 spricht von einer "Systementscheidung für ein marktwirtschaftliches Modell" und sieht eine Verpflichtung der EU, von ihren Kompetenzen in einem "wettbewerbsfördernden Sinne" Gebrauch zu machen. 22

23

10*

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C. Weubewerbsimpulse durch Europäisches Gemeinschaftsrecht

tung des Verkehrsbereichs bedacht werden und ist zur Auslegung von Sekundärrecht im Verkehrsbereich heranzuziehen 27 • c) Stand der Gemeinsamen Verkehrspolitik

Die Gemeinsame Verkehrspolitik der EU ist bislang nicht sehr intensiv ausgestaltet worden. Wegen der divergierenden Interessen der Mitgliedstaaten28 kam es bisher nur zu punktuellen Einzelregelungen, die noch kein Gesamtkonzept erkennen lassen29 • Immerhin haben sich 1992 im Busverkehr einige Liberalisierungen ergeben (s.u. § 2). Im Gelegenheitsverkehr jedoch fehlen sie bislang. Für Taxen und Mietwagen stellt sich daher die europarechtliche Situation wie folgt dar: Ausländische Taxen benötigen für grenzüberschreitende Beförderungen von Deutschland aus ins Ausland eine an § 13 IV PBefG geknüpfte Genehmigung, werden also streng beschränkt. Mietwagen hingegen stehen bei Erfüllung subjektiver Anforderungen solche Beförderungen frei. Jedoch ist in diesem grenznahen deutschen Nahverkehrsbereich kaum mit nennenswerter Konkurrenz von in- und ausländischen Mietwagen zu rechnen, da dieses Betätigungsfeld sehr unbedeutend ist. Bei der Kabotagebeförderung (reine Inlandsbeförderung durch ausländische Unternehmen, die keinen Sitz in Deutschland haben), ist die Situation entsprechend. Taxen benötigen auch dazu eine Genehmigung nach § 13 IV PBefG. Ausländische Mietwagen sind nur subjektiv beschränkt. Daß es europäischen Mietwagenunternehmen vergleichsweise frei steht, hiesige Unternehmen im deutschen Nahverkehr zu konkurrenzieren, liegt aber an der deutschen Regelung und geht nicht auf europäisches Recht zurück. Da jedoch auch im Kabotagebereich dem Wettbewerb wegen der bestehenden Restriktionen für Mietwagen (§ 49 IV PBefG) starke Grenzen gesetzt sind, wird dieser Bereich für ausländische Unternehmen wenig interessant sein. Vermehrtes Auftreten aus-

27 Auch Basedow, Dt. zur europ. Wirtschaftsverf., S. 12 sieht den Nutzen einer Festlegung der Wirtschaftsverfassung darin, daß sie einen ,,Maßstab zur Überprüfung des sekundären Gemeinschaftsrechts und des Rechts der Mitgliedstaaten" setzt. 28 Mückenhausen in: Lenz, Vorb. zu Art. 74-84 Rn. 11 spricht von "grundlegenden Gegensätzen zwischen Mitgliedstaaten, in denen traditionell der Verkehr stark reglementiert ist (Deutschland, Frankreich, Italien) und solchen mit liberaler Verkehrspolitik". Oppermann, Europarecht, Rn. 1332 hebt die geringe Bereitschaft der Staaten hervor, ,,ihre Verkehrssysteme in einem umfassenden Sinne zu vergemeinschaften". 29 Basedow, Verkehrsrecht u. -politik, S. 19; Oppermann, Europarecht, Rn. 1305, 1321.

§ 1 Primäres Europäisches Gemeinschaftsrecht im Verkehr

149

ländischer Gelegenheitsverkehrsunternehmen im deutschen Nahverkehr mit der Folge einer Wettbewerbszunahme ist daher in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. 11. Bewertung

Primäres Gemeinschaftsrecht enthält trotz seiner generell marktwirtschaftlichen Ausrichtung auch im Verkehrsbereich nur schwache Liberalisierungsimpulse für den deutschen Nahverkehr. Es zwingt gerade nicht zum globalen Umbau der nationalen Marktordnung3o • Immernoch ist es möglich, daß Mitgliedstaaten für ihren nationalen Markt eine eigene Marktordnung handhaben. Dennoch steht der Binnenmarkt mit seiner Dienstleistungsfreiheit in einem gewissen Spannungs feld zum streng regulierten deutschen Verkehrsmarkt, was langfristig gerade im Taxibereich zu einer Anpassung führen kann 31 • Auch bedeutet die Berücksichtigung der Verkehrsbesonderheiten in Art. 75 I EGV nicht, daß die Organe der EU gehalten sind, die traditionellen Strukturen auf Dauer zu erhalten. Die Notwendigkeit der Umwandlung nationaler Ordnungssysteme wird durch Existenz von Art. 75 III HS 2 EGV sogar unterstrichen 32 . Kurzfristig aber sind die Auswirkungen primären Gemeinschaftsrechts auf den Nahverkehr gering. Daß die EU jedoch wegen des in Art. 3b 11 EGV normierten Subsidiaritätsprinzips gemeinschaftlichen Handeins überhaupt nicht berechtigt ist, für den deutschen Nahverkehr Maßnahmen zu treffen und auch innerstaatlichen Wettbewerb mitzuregeln 33 , ist unzutreffend. Denn nach der Zielsetzung der EU im Verkehr besteht grundSätzlich ein Regelungsbedürfnis auch für diese Mate-

Koenig: Die öffentlich-rechtliche Verteilungslenkung, S. 300. Vgl. die Kommission, Künftige Entwicklung d. Gern. Verkehrspolitik, Tz. 56 (S. 18): "Die Verkehrsmärkte werden sich in naher Zukunft zunehmend einem stärkeren Wettbewerb zwischen Anbietem öffnen, auch innerhalb der oft abgeschotteten nationalen Märkte". Gerade für Taxen schlägt die Kommission (ebda., Tz. 340f., S.68) als "Aktionsprogramm" vor, generell in Grenzregionen Kabotage freizugeben, um z.B. unnötige Leerfahrten trotz bestehenden Bedarfs bei Rückfahrten zu vermeiden. 32 So Erdmenger in: GroebenffhiersinglEhlermann, Art. 75 Rn. 23. 33 So z.B. Fey: Zwingt die Änderung der VO (EWG) 1191169 zur Umgestaltung des Personenbeförderungsgesetzes?, NZV 1992, 476 [477]; lpsen: Drei Verordnungen für einen Markt, Omnibus-Revue 11192, 14 [18]. - Ausführlicher zum Subsidiaritätsprinzip des EGV und seiner Auslegung z.B. SchmidthuberlHitzler: Die Verankerung des Subsidiaritätsprinzips im EWG-Vertrag - ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer föderalen Verfassung der Europäischen Gemeinschaft, NVwZ 1992, 720ff. 30 31

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C. Wettbewerbsimpulse durch Europäisches Gemeinschaftsrecht

rie. Und das Subsidiaritätsprinzip ist in seiner konkreten rechtlichen Bedeutung sowie der Auslegung seiner Voraussetzungen unklar34 •

§ 2 Liberalisierungen im Busverkehr Sekundäres Gemeinschaftsrecht mit möglicher Relevanz für den Nahverkehr ist bislang hauptsächlich für den Bereich des Busverkehrs auf Grundlage des Art. 75 I a, b EGV ergangen. I. Verordnung (EWG) 684/92 Die va (EWG) 684/9235 führt gemeinsame Regeln für die grenzüberschreitende Personenbeförderung mit Kraftomnibussen ein. 1. Inhalt

Relevant für den Wettbewerb ist hier, daß nach Art. 3 I, 4 IV ausländische Buslinienunternehmer, die in ihrem Niederlassungsstaat eine Genehmigung zur Personenbeförderung haben, für grenzüberschreitende Linien nur noch eine allein nach Gemeinschaftsrechtsgesichtspunkten zu vergebende Genehmigung benötigen. Deren Ablehnung ist deutlich erschwert. V.a. ist eine Versagung der Genehmigung allein wegen Preisunterbietung oder Konkurrenzierung vorhandener Verkehrsunternehmen nicht zulässig (Art. 7 IV b iii)36. Ferner sind nach

34 Vgl. Beutler/Bieber/Pipkorn/Streil: Die Europäische Union - Rechtsordnung und Politik, 4. Aufl., S. 85. Auch Oppermann/Classen, NJW 93, 8 räumen ein, daß dem Subsidiaritätsprinzip wegen seiner generalklauselartigen Formulierung wohl - ähnlich wie der alten Bedürfnisprüfung des Art. 72 11 GG durch das BVerfG vor der Änderung dieser Bestimmung - deutliche Grenzen bei der Einklagbarkeit gesetzt sind. Und auch SchmidthuberlHitzler, NVwZ 92, 725 gehen davon aus, daß wegen der vielen wertenden Elemente, die Art. 3 IIb EGV enthält, Kommission und Rat bei Anwendung des Subsidiaritätsprinzips ein erheblicher Ermessensspielraum einzuräumen ist. 35 Vom 16.3.1992 (ABI. L 74 S. 1). 36 Bidinger: Die neuen Vorschriften für den grenzüberschreitenden Personenverkehr mit Omnibussen in der EG, NZV 1993,289 [291]; ebenso Ipsen, OR 11192, 15, der betont, daß es künftig ,,kaum noch eine Möglichkeit gibt, Anträge auf neue Linienverkehre abzulehnen". - Allerdings sind die zuständigen Genehmigungsbehörden Landesbehörden und daher trotz EU-Recht in ihrer Entscheidung frei.

§ 2 Liberalisierungen im Busverkehr

151

Art. 4 11 Sonderformen des Linienverkehrs, auch die im Nahverkehr im Grenzgebiet (Art. 2 Nr. 1.2 d), dann nicht genehmigungspflichtig, wenn diese Verkehre zwischen Veranstalter und Verkehrs unternehmen vertraglich geregelt sind3? Ab 1997 kann gegebenenfalls die Genehmigungspflicht ganz aufgehoben werden (Art. 20).

2. Bewertung

Im grenznah gelegenen Nahverkehrsbereich hat diese Verordnung durchaus wettbewerbsfördernde Wirkung, da der Geltungsbereich des PBefG mit seinem Schutz für deutsche Buslinienunternehmen eingeschränkt wird und mehr Konkurrenz entstehen kann. Da die Zahl der grenzüberschreitenden, von ausländischen Unternehmen durchzuführenden Beförderungen im Nahverkehr jedoch vergleichsweise gering ist, bleiben die Auswirkungen dieser Liberalisierung für den Gesamtnahverkehrsmarkt in Deutschland sehr begrenzt.

n. Verordnung (EWG) 2454/92 Die va (EWG) 2454/92 38 legt die Zulassungsbedingungen für Personenbeförderung mit Bussen für Unternehmen innerhalb eines Staates fest, in dem sie nicht ansässig sind (Kabotage). 1. Inhalt

Danach sind ausländische Busunternehmen, die in ihrem Mitgliedstaat niedergelassen sind und dort eine Genehmigung zur grenzüberschreitenden Beförderung haben, zur zeitweiligen innerstaatlichen Personenbeförderung in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen, ohne dort einen Unternehmenssitz zu haben (Art. 1 I). Deutschem Recht unterliegen sie dann nur in Bezug auf Preise und Beförderungsbedingungen (Art. 4 I). Die Wirkung dieser Liberalisierung ist beschränkt auf Gelegenheitsverkehre und Sonderlinienverkehre für Arbeitnehmer und Schüler/Studenten, sofern das Unternehmen im Grenzgebiet ansässig

37 Hierzu gehören bspw. Beförderungen von Arbeitnehmern zu und von der Arbeitsstelle und Beförderungen von Studenten und Schülern zur und von der Lehranstalt; vgI. Rogge in: Lenz: EG-Handbuch, S. 752. 38 ABI. L 251 S. 1 v. 23.7.92. Diese Verordnung wurde vom EuGH per Urteil v. 1.6.94 (Rechtssache C-388/92) wegen Verletzung der Rechte des Europaparlaments für nichtig erklärt, aber in ihren Wirkungen gern. Art. 174 n EGV bis Neuerlaß aufrechterhalten.

152

C. Wettbewerbsimpulse durch Europäisches Gemeinschaftsrecht

ist und die Beförderungen in der Grenzzone durchführt (Art. 3 I, 11). Normale Linienverkehre sind ausdrücklich ausgenommen (Art. 2 I, 11) und können frühestens ab 1996 miteinbezogen werden (Art. 12)39.

2. Bewertung

Auch die Auswirkungen dieser Verordnung auf den deutschen Nahverkehr sind sehr begrenzt. Allenfalls im Bereich der Sonderlinienverkehre kann in Grenzgebieten Wettbewerb deutscher und ausländischer Beförderer entstehen. Mit zukünftiger Einbeziehung des regulären Linienverkehrs in den Geltungsbereich der VO ist nicht zu rechnen, da der kurzfristige und zufällige Charakter von Kabotagefahrten ("zeitweilig") nicht mit der nötigen langfristigen Berechenbarkeit und Zuverlässigkeit im örtlichen Linienverkehr vereinbar ist. Zudem ist für die kurzfristige Verfügbarkeit von Ersatzfahrzeugen die räumliche Nähe der Niederlassung erforderlich, was bei ausländischen Verkehrsunternehmen außer in Grenzregionen nicht der Fall ist40 . Wettbewerbszunahme durch vermehrtes Auftreten ausländischer Linienverkehrsunternehmen auf dem deutschen Nahverkehrsmarkt ist auch aufgrund der VO (EWG) 2454/92 daher kaum zu erwarten41 •

39 Obwohl im ursprünglichen Vorschlag der Kommission zu dieser VO (ABI. (1987) C 77 S. 13) die Linienverkehre noch miteinbezogen worden waren. - Nach Ansicht von Rogge in: Lenz: EG-Handbuch, S. 753 wird aber die Gemeinschaft ,,nicht umhin können, in weiteren Schritten zur Vollendung des Binnenmarktes auch dieses Marktsegment für Kabotageverkehre zu öffnen". 40 Bei den Beratungen der VO bestand weitgehend Übereinstimmung der Mitgliedstaaten, den ÖPNV von der Kabotage dauerhaft auszuklammern; vgI. Ipsen, OR 11/92, 18 und die ablehnende Beschlußempfehlung des Ausschuß für Verkehr zum VO-Vorschlag des Rates bzgI. Kabotagefreigabe, in: BT-Drucks. 1111016 S. 2. Zobel: Liberalisierung in der Verkehrspolitik in Richtung 1992 - Fluch oder Segen? (Vorträge, Reden und Berichte aus dem Europa-Institut der Uni Saarland, Nr. 177), S. 20 verweist darauf, daß die Defizite im deutschen ÖPNV ausländische Unternehmen kaum anziehen dürften. - Anders Fromm: Gemeinsamer Markt und ÖPNV, VuT 1990, 271 [272], der im grenznahen Gebiet das Auftreten neuer ausländischer Anbieter auch im Linienverkehr durchaus für möglich hält - allerdings sieht er ,,Zeitweiligkeit" auch noch bei einern Zeitraum von 6 Monaten und mehr als gegeben an. 41 Allenfalls könnten ausländische Verkehrsunternehmen versucht sein, in grenznahen Regionen saisonale Linien zu errichten, was nicht zu verhindern wäre; so Fromm: Privatisierung, Liberalisierung und Deregulierung beim öffentlichen Personennahverkehr, ZögU 1988, 180 [182].

§ 3 Wettbewerbsimpulse durch die VO 1191/69 i.d.F. der VO 1893/91

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§ 3 Wettbewerbsimpulse durch die Verordnung (EWG) 1191/69 i.d.F. der VO (EWG) 1893/91 Stärkere Auswirkungen hat die Verordnung (EWG) 1191/69 in ihrer seit dem 1.7.1992 geltenden Fassung42 , die kontrovers diskutiert wird, seit sie auch auf den Nahverkehr der Mitgliedstaaten Anwendung findet. Grund dafür sind Unklarheiten über ihre Zielsetzung und Auslegungsprobleme, die sich daraus ergeben, daß die VO von ihrem Wortlaut her oft widersprüchlich ist, Zweifelsfragen aufwirft und sehr unterschiedlich interpretiert werden kann43 . I. Generelle Zielsetzung der VO 1191/69 nF 1. Meinungsstand

Bereits bei der Bestimmung des Ziels der VO gehen die Ansichten auseinander. Weitgehend Einigkeit besteht noch darüber, daß sie eine Beseitigung der Verfälschung von Wettbewerbsbedingungen der Verkehrsträger anstrebt, die durch Auferlegung öffentlich-rechtlicher Pflichten entsteht44 . Auch soll die Stellung der Verkehrsunternehmen gegenüber der öffentlichen Hand gestärkt werden (Eigenwirtschaftlichkeit), indem sie dadurch gleichgeordnet45 werden, daß man eine finanzielle Ausgleichsregelung für ihre öffentlichen Belastungen schafft. Darüber hinaus wird aber auch vertreten, daß die VO 1191/69 nF

42 VO 1191/69 des Rates v. 26.6.69 über das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr (ABI. L 156 S. 1) in der Fassung der VO 1893/91 des Rates v. 20.6.91 zur Änderung der VO 1191/69 (ABI. L 169 S. 1) - im folgenden va 1191/69 nF genannt. - Die aktuelle Fassung der VO ist der Arbeit als Anlage beiyefügt. 4 So Fromm: Die Bedeutung der Verordnung (EWG) Nr. 1893/91 für den Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen in Deutschland, TranspR 1992, 256 [256]; Vogt: Müssen Fahrpreise jetzt kostendeckend sein? EG-Verordnung 1893/91 - Bedrohung oder Chance für den ÖPNV?, Der Nahverkehr 4/93,9 [9]. 44 VgL Gründe der VO 1191/69 (ABI. L 156 S. lf.); Begründung zum Gesetzesentwurf zur Festlegung des Anwendungsbereichs der VO 1893/91, in: BT-Drucks. 12/2573 S. 4; Fey, NZV 92, 477; Fromm: PBefG-Novelle und EG-Recht, Omnibus-Revue 5/94, 8 [10]; Fromm/Sellmann: Die Entwicklung des öffentlichen Verkehrsrechts, NVwZ 1994, 547 [553]; von Kunowski: Ordnung des Wettbewerbs und Wirtschaftslenkung in der verkehrspolitischen Gesetzgebung, Diss., S. 450ff.: ,,Beseitigung wettbewerbsverfalsehender Unterschiede". 45 von Ameln: Auswirkungen des europäischen Binnenmarktes auf Kommunalpolitik und Kommunalrecht der EG-Mitgliedstaaten - am Beispiel der Bundesrepublik Deul~chland, DVBL 1992,477 [483].

154

C. Wettbewerbsimpulse durch Europäisches Gemeinschaftsrecht

grundsätzlich Wettbewerb der Verkehrsanbieter zum Ziel hat46 • Andere sehen in ihr hauptsächlich eine Subventionsregelung47 • 2. Stellungnahme

Trotz grundsätzlicher Ausrichtung des Gemeinschaftsrechts auf Wettbewerb hin, kann als Ziel der va nicht reiner Wettbewerb der Verkehrsunternehmen angenommen werden. Dafür enthält der Wortlaut der va zu wenig Hinweise48 , und dafür liegt der Schwerpunkt der Regelungen zu sehr beim Aspekt der Aufhebung öffentlicher Verpflichtungen und finanzieller Ausgleichsmodalitäten. Allerdings ist bei Auslegung von Quellen des EU-Rechts zu beachten, daß dort schon wegen ihrer Herkunft und Entstehung wirtschaftlichen Erwägungen größeres Gewicht beizumessen ist als sonst üblich. Daher sind auch indirekte, mittelbare Folgen von EU-Maßnahmen wichtig und mehr als sonst als beabsichtigt anzusehen. Bedenkt man, daß die va 1191/69 nF im Zusammenhang mit Art. 77 EGV steht, der grundsätzlich wettbewerbsverzerrende Beihilfen im Verkehr untersagt, kann man daher schon eine Tendenz der va auch in Richtung eines Wettbewerbsimpulses für den Nahverkehr der Mitgliedstaaten bejahen. Dieser resultiert daraus, daß die va mit ihrer Entzerrung wirtschaftlicher Rahmenbedingungen für die Unternehmen zu einer besseren Vergleichbarkeit ihrer Leistungen beiträgt und insofern eine Grundvoraussetzung für wettbewerbliches Verhalten schafft. Gleiches gilt für das Ziel eines Abbaus von Wettbewerbsverfälschungen. Zudem enthält die va Normen, die zu einem wettbewerblichen Vergleich der Unternehmen auffordern, wie z.B. Art. I IV I, der die Möglichkeit von Verträgen über Verkehrsdienste zwischen öffentlicher Hand und einem Unternehmen eröffnet. Festzuhalten ist daher, daß mit der va 1191/69 nF zwar nicht vornehmlich, aber auch der Wettbewerb der Verkehrsuntemehmen gefördert werden soll. Dies ist mit ein Grund dafür, daß die Erstreckung der va auf den Nahverkehr lange Zeit streitig war. Zu besserer Interpretation und besserem Verständnis der

So BalteslBayerniofmann, Der NY 11194, 18. So Zeiselmair: Das neue PBefG, Omnibus-Revue 4/94,8 [10]. - Dem widerspricht jedoch Fromm, OR 5/94, 8. 48 Darauf kann zurückgegriffen werden, selbst wenn man bedenkt, daß der Wortlaut des Rechts der EU wegen Zugehörigkeit seiner Autoren und Redakteure zu verschiedenen Rechtskulturen, wegen der in den Mitgliedstaaten unterschiedlichen rechtlichen Gegebenheiten, auf die EU-Vorschriften sich beziehen und wirken sollen, aber auch wegen der kumulativen Maßgeblichkeit verschiedener Sprachfassungen nicht dieselbe stringente Bedeutung entfalten kann wie der Wortlaut nationalen Rechts. 46 47

§ 3 Wettbewerbsimpulse durch die VO 1191/69 Ld.F. der VO 1893/91

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jetzigen Fassung der va auch aus ihrer historischen Entwicklung heraus, empfiehlt es sich deshalb, kurz auf ihre Entstehungsgeschichte einzugehen49 • 11. Werdegang der VO 1191/69 nF Die va 1191/69 nF geht zurück auf Art. 5, 6 der Entscheidung des Rates (EWG) 65/271 vom 13.5.65 über die Harmonisierung bestimmter Vorschriften, die den Wettbewerb im Eisenbahn-, Straßenbahn- und Binnenschiffsverkehr beeinflussen50 • Diese hatte das Ziel, die den Verkehrsunternehmen auferlegten "Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes,,51 nur noch soweit aufrechtzuerhalten, als sie für die Sicherstellung ausreichender Verkehrsbedienung unerläßlich sind und Belastungen, die den Unternehmen daraus entstehen, auszugleichen52 . Infolge kontroverser Diskussionen galt die va 1191/69 zunächst nur für Staatseisenbahnen53 . Für Straßenverkehrsunternehmen, die vornehmlich Beförderungen mit örtlichem oder regionalem Charakter durchführen, galt sie nicht, obwohl gerade dadurch Wettbewerbsverzerrungen zugunsten der Bahnen heraufbeschworen wurden 54 • Alle Versuche, den Anwendungsbereich der va 1191/69 zumindest partiell auch auf Nahverkehrsbeförderungen zu erstrecken55 , blieben erfolglos. Auch der ursprüngliche Änderungsvorschlag der Kommission für die neue va 1893/91, der Einführung einer vertraglichen Vereinbarung gemeinwirtschaftlicher Leistungen vorsah, schlug nur eine Ausdehnung auf sämtliche Eisenbahnen vor, nicht aber auf Nahverkehrsunternehmen 56 . Noch 30 Tage vor Beschlußfassung durch den Ministerrat ging der 49 Ausführlicher dazu z.B. Fromm: Bedeutung und Auswirkungen der EG-Verordnung 1893/91 für die Omnibusunternehmen, die ÖPNV betreiben, in: Personenverkehr im Spannnungsfeid zwischen EG-Recht und Verkehrspolitik, Heft 9 der Schriftenreihe Bildungswerk der Omnibusunternehmer e.V. (1992), S. 15 [15f.]; das., TranspR 92, 256258. 50 Sog. Harmonisierungsentscheidung, ABI. (1965) Nr. 88 S. 1500. 51 Dies ist das supranationale Synonym für den deutschen Begriff der "gemein-wirtschaftlichen Leistungen" (siehe dazu schon oben Kap. A § 2 IV 2a); vgl. Fromm, TranspR 92, 256. 52 So auch schon Art. 8, 9 des Vorschlags der Kommission v. 10.5.63 (VII Kom (63) 167). 53 Obwohl die Harmonisierungsentscheidung einen uneingeschränkten Ausgleich vorsah. 54 Vgl. Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses der EG, ABI. (1968) C 49 S. 14 [16] und Fromm, VuT 90,271. Stattdessen wurden mit der VO (EWG) 1107/70 v. 4.7.70 (ABI. L 130 S. 1) Beihilfen des Staates an Straßenverkehrsunternehmen zum Ausgleich auferlegter gemeinwirtschaftlicher Leistungen zugelassen (Art. 3 II der VO). 55 So z.B. der Vorschlag der Kommission v. 7.12.72 (Kom (72) 1516 endg. = BRatDrucks. 13/73). 56 Mitteilung der Kommission über eine Eisenbahnpolitik der Gemeinschaft v. 25.1.90, Kom (89) 564 endg. (Rn. 23, 33ff.). Vgl. auch BRat-Drucks. 106/90.

156

C. Wettbewerbsimpulse durch Europäisches Gemeinschaftsrecht

Bundestag von einer Fassung aus, die sich nicht auf den Nahverkehr bezog 57 . Dennoch wurde die neue VO 1893/91 dann überraschenderweise auch auf Nahverkehrsunternehmen erstreckt, ohne daß feststellbar ist, wie es zu dieser Ausweitung kam58 • Dieser Werdegang der VO 1893/91 verdeutlicht, warum die Auslegung der VO 1191/69 nF in Bezug auf den Nahverkehr so umstritten ist. Hinweise für eine historische Auslegung der VO lassen sich ihm kaum entnehmen. In ihm spiegelt sich aber noch einmal ein Grundanliegen der EU wider, auch im Verkehr Wettbewerbsverzerrungen weitestgehend zu vermeiden.

IH. Inhalt und Auslegung der VO 1191/69 nF 1. Grundsatz und Geltungsbereich

Nach Art. 1 III sind grundsätzlich alle den Verkehrsunternehmen auferlegten

gemeinwirtschaftlichen Leistungen59 aufzuheben. Diese sind in Art. 2 I defi-

niert als Verpflichtungen, die das Verkehrs unternehmen im eigenen wirtschaftlichen Interesse nicht oder nicht in gleichem Umfang und nicht unter den gleichen Bedingungen übernehmen würde. Gemeint sind damit v.a. Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflichten (Art. 2 11), sofern damit wirtschaftliche Nachteile für die Unternehmen verbunden sind6O • Gemäß Art. 1 I VA 1 gilt die VO für alle Verkehrs unternehmen, folglich auch für Straßenverkehrsunternehmen im Personennahverkehr. Erfaßt werden also Linien- und Gelegenheitsverkehre und sowohl öffentliche als auch private Unternehmen. Jedoch können nach Art. 1 I UA 2 Unternehmen, die ausschließlich Nahverkehr betreiben, vom Anwendungsbereich der VO ausgenommen werden, was in Deutschland bis zum 31.12.1995 geschehen ist61 •

57 Vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschuß für Verkehr, in: BT-Drucks. 121701 S. 34 [36]. 58 So auch Fromm, Bedeutung u. Auswirkungen der EG-VO 1893/91, S. 16; ders., TranspR 92, 258. 59 Im Original wortlaut umständlich: "Verpflichtungen die mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbunden sind" genannt. 60 Nicht gemeint sind danach Sicherheits- und Ordnungspflichten. Denn diese sind keine Verpflichtungen, die zur Verfälschung des Wettbewerbs geeignet sind; vgl. Christian Heinze: Der Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen und Aspekte künftiger Regulierung des ÖPNV unter Berücksichtigung der EG-Verordnung 1893/91, VuTSchriftenreihe, Bd. 79, S. 24. 61 Durch RVO des BMV zur Änderung der VO zur Festlegung des Anwendungsbereichs der VO (EWG) 1191/69 i.d.F. der VO (EWG) 1893/91 im Straßenpersonenverkehr v. 29.12.1994 (BGBI. I S. 3630) auf Grundlage des § 57 I Nr. 7, V PBefG.

§ 3 Wettbewerbsimpulse durch die VO 1191/69 i.d.F. der VO 1893/91

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a) Anwendungsbereich in Deutschland Vorab ist zu klären, welche der o.g. Verpflichtungen im deutschen Nahverkehr nach der Definition der VO von ihrer Aufhebungsanordnung und ihren übrigen Regelungen erfaßt werden und für welche Verkehrsformen die VO Relevanz hat. aa) Die Tarifpflicht Tarifpflichten i.S.d. Art. 2 V UA 1 sind nur Pflichten zur Erhebung solcher Tarife, die mit kaufmännischen Interessen nicht vereinbar sind. Nationale Genehmigungsvorbehalte oder Tariffestsetzungen sind damit nicht gemeint, weil sie nicht die Rentabilität des Unternehmens beeinträchtigen62 . Gleiches gilt für die Pflicht, Tarife gleichmäßig anzuwenden (§ 39 III PBefG). Erfaßt sind nur Pflichten zur Gewährung ermäßigter Tarife o.ä. bb) Weitere Ausnahmen Nach Art. 2 V UA 2 sind auch solche Verpflichtungen vom Anwendungsbereich der VO ausgenommen, die im Hinblick auf die Organisation des Verkehrsmarktes getroffen werden. Diese gibt es hauptsächlich im Bereich des Linienverkehrs. Zu ihnen zählen Pflichten, die Folge der aus der Natur der Sache heraus monopolähnlichen Stellung des Inhabers einer Linienverkehrsgenehmigung nach dem PBefG sind. Denn sie widersprechen nicht dem Zweck der VO 1191/69 nF. Nicht erfaßt sind danach Genehmigungsvorbehalte, die es nur deshalb gibt, um die Verpflichtung zu begründen oder zu sichern, jedermann fahrplanmäßig zu transportieren und so einen Mißbrauch der Rechtsstellung des Unternehmers zu vermeiden63 • Der Zweck einer Vermeidung von WeubewerbsverfaIschungen durch nachteilige Pflichten der Unternehmen gebietet es, diese Einschränkung des Art. 2 V UA 2 trotz ihrer systematischen Stellung bei Abs. V64 auch auf die Betriebsund Beförderungspflicht des Art. 2 III, IV zu erstrecken. Damit werden auch Bedienungspflichten im öffentlichen Verkehrsinteresse oder zum Schutz gegen 62 Dies folgt für die Bundesrepublik schon daraus, daß bei Tarifgenehmigungen und festsetzungen der Grundsatz der Eigenwirtschaftlichkeit (§ 39 II PBefG) gilt. Vgl. auch EuGH-Urteil v. 27.11.73 - 36/73 S. 20; Ch. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 28. 63 Ch. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 24f. 64 Zumal aus der systematischen Stellung von Einzelvorschriften eines EU-Rechtsakts aufgrund der schon angedeuteten Auslegungsunsicherheit nicht mit ähnlicher Gewißheit wie im nationalen Recht Auslegungsschlüsse gezogen werden können.

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C. Wettbewerbsimpulse durch Europäisches Gemeinschaftsrecht

Diskriminierungen durch Linienunternehmen nicht erfaßt, solange sie nicht zu Beeinträchtigungen der Rentabilität des Unternehmens führen 65 • cc) Auswirkung für den Gelegenheitsverkehr Für den deutschen Gelegenheitsverkehr sind keine Verpflichtungen dieser Art ersichtlich. Für Mietwagen bestehen keine Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflichten. Und die Pflichten, denen Taxen unterliegen, erschöpfen sich in der Bereitstellung zur sofortigen Beförderung an dafür zugelassenen Stellen66 , wobei auch nur insoweit eine Beförderungspflicht besteht. Damit unterscheiden sie sich wesentlich von den Pflichten, denen der Linienverkehr unterliegt und von denen, die Art. 2 III, IV speziell für die Zwecke der va legaldefiniert. Denn im Linienverkehr ist die ungenehmigte Einstellung einer Linie selbst bei Verlusten verboten67 • Bei Taxen führen diese Pflichten mithin nicht zu wirtschaftlichen Nachteilen und damit auch nicht zu Weubewerbsverfälschungen. Nur auf Beseitigung derartiger Pflichten zielt aber die va ab. Daher kommt der va im Gelegenheitsverkehr kaum Bedeutung zu. Der Kreis gemeinwirtschaftlicher Pflichten, den die va 1191/69 nF zu regeln anstrebt, ist also begrenzt. Erfaßt sind (fast) nur Pflichten des Linienverkehrs. b) Auswirkungen der Aufhebungsanordnung in Deutschland Die Aufhebungsanordnung des Art. 1 III gilt nur für per Verwaltungsakt oder Gesetz auferlegte Verpflichtungen. Freiwillig übernommene fallen nicht darunter68 • Da die Grundpflichten des PBefG als solche für die Verkehrs unternehmen nicht nachteilig sind69 und den Unternehmen, die dem PBefG unterliegen, bislang solche nachteiligen Pflichten auch nicht auferlegt wurden 7o , hat

eh. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 25. (§ 47 I 1 PBefG); vgl. BVerwG NJW 1977,449; Meyer: Personenbeförderungsrecht (Personenbeförderungsgesetz mit Erläuterungen), § 21 Anm. 3. 67 Meyer, PBefR, § 21 Anm. 2b. 68 Vgl. eh. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S.25f. und Batzill: Der steuerliche Querverbund bleibt unberührt erhalten, Der Nahverkehr 7-8/94, 12 [13]. 69 Fromm, OR 5/94, 9. 70 Batzill, Der NV 7-8/94, 13. Es fehlt in Deutschland schon eine gesetzliche ErmächPBefG, wonach Behörden die tigung zur Auferlegung nachteiliger Pflichten. Der § 21 ÄnderungIErweiterung eines Verkehrs auferlegen können, scheidet hier aus, da dadurch die Eigenwirtschaftlichkeit des Unternehmens nicht tangiert werden darf (s.o. Kap. B § 1 V, Anm. 91). 65

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diese Vorschrift hier kaum praktische Bedeutung. Sie gibt damit keinen Impuls für eine Wettbewerbszunahme.

2. Leistungskauf und Auferlegung neuer Verpflichtungen

Ab 1996 sollen die (Linien-) Verkehrsunternehmen zwar grundsätzlich ohne wirtschaftlich nachteilige Verpflichtungen fahren. Künftig können die Behörden aber zur Bereitstellung ausreichender Verkehrsbedienung oder im Interesse bestimmter sozialer Gruppen in Ausnahmefalien gem. Art. 1 V UA 1 gemeinwirtschaftliche Pflichten gegen Ausgleich auferlegen oder vertraglich mit den Unternehmen vereinbaren (Art. 1 IV). Die Vertragslösung wird dabei von der va 1191/69 nF favorisiert?l. Diesem Regelungsbereich kommt die Hauptbedeutung im Hinblick auf einen Wettbewerb der Unternehmen im Nahverkehr zu. a) Au/erlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen

Wird von der Behörde die Möglichkeit der Auferlegung einer Verpflichtung gewählt, ist das "ob" und "wie" eines Ausgleichs für damit verbundene wirtschaftliche Nachteile nach Art. 5 zu bestimmen. Die Nachteile sind gem. Art. 5 I UA 3 bezogen auf den von der Verpflichtung betroffenen Teil des Unternehmens zu berechnen, nicht auf dessen Gesamttätigkeit. Damit entfallt für Verkehrs unternehmen, die sowohl Fern- als auch Nahverkehr oder sowohl Linienals auch Gelegenheitsverkehr betreiben, die Möglichkeit oder Pflicht, die sich ergebenden Lasten durch Gewinne im anderen Verkehrsbereich ihrer "Gesamttätigkeit" auszugleichen (Verbot "interner Subventionierung,,)72. Daß Art. 5 I UA 5 dennoch von "Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Gesamttätigkeit des Unternehmens" spricht, steht dem nur scheinbar entgegen. Denn interne Subventionierung verfalscht den Wettbewerb. Und gerade das will die va 1191/69 nF vermeiden. Diesem Zweck widerspricht es, auf die Gesamttätigkeit der Unternehmen abzustellen. Hervorzuheben ist, daß diesem Ergebnis die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegensteht. Danach wird kein Anspruch des Unternehmens auf Genehmigung höherer Entgelte bei gemeinwirtschaftlicher

?I VgI. die Gründe zur VO (EWG) 1893/91 (ABI. (1991) L 169 S. 1); Fromm, TranspR 92, 259f.; ferner BT-Drucks. 121701 S. 3, 13 sowie Antwort des Staatssekretärs von Würzen auf Anfrage des Abg. Conradi, in: BT-Drucks. 12/4080 S. 25 Tz. 46. 72 VgI. Fromm, TranspR 92, 262; ders., Bedeutung u. Auswirkungen der EG-VO 1893/91, S. 19. Ebenso mit ausführlicher Begründung Ch. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 28f.

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Leistungserbringung unter Verlust anerkannt, solange Kostendeckung durch interne Subventionierung bei Beibehaltung der Rentabilität des Gesamtunternehmens möglich bleibt73 • Da Gemeinschaftsrecht jedoch deutschem Recht vorgeht, wird sich diese Rechtsprechung ändern müssen. Durch dieses Verbot interner Subvention unterfällt auch eine Vielzahl größerer Verkehrsunternehmen, die in mehreren Verkehrsbereichen tätig sind, der va 1191/69 nF. Beließe man ihnen die Möglichkeit internen Ausgleichs, entständen ihnen im Falle einer Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Pflichten kaum je Nachteile. Daher sorgt die va für eine größere Angleichung der Wettbewerbsbedingungen. Art. 3 I ordnet an, bei mehreren Lösungen für die Auferlegung einer solchen nachteiligen Verpflichtung diejenige zu wählen, welche die geringsten Kosten für die Allgemeinheit mit sich bringt. Weil dabei nach Art. 3 11 b auch die Möglichkeit "andere Verkehrsmittel" einzusetzen, zu prüfen ist, sollen offenbar mehrere Anbieter in die Auswahl der Behörde einbezogen werden und nicht bloß mehrere Lösungen eines Unternehmens 74 . Mit dieser Auslegung wird auch bei Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Pflichten eine kosten- und leistungsorientierte Wahl eines Unternehmens ermöglicht, was dem Ziel einer Wettbewerbsintensi vierung entspricht.

b) Vertraglicher Leistungseinkauf Falls die Möglichkeit vertraglicher Vereinbarung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen gewählt wird (Art. 1 IV)75, um der Allgemeinheit ausreichende Verkehrsdienste zu bieten (Art. 14 I UA 1), ist für Einzelheiten dieses Vertrags Art. 1411 zu beachten. Danach ist u.a. der Preis zu regeln. Hierbei ist zu prüfen, ob auch andere Möglichkeiten der Leistungserbringung bestehen76. Das zeigt, daß künftig Wettbewerb der Verkehrs unternehmen um den Vertragsschluß über die Verkehrsleistung (mittels Ausschreibungen, etc.) herrschen soll77.

73

Vgl. z.B. BVerwGE 69, 104 [107].

74 So aber Batzill, Der NY 7-8/94, 16. Er meint, daß auferlegte Leistungen generell

"nicht dem Wettbewerb" unterliegen. 75 Dies war nach dem PBefG bereits bisher nicht ausgeschlossen; vgl. 48. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Gemeinschaft, in: BT-Drucks. 12/1201. 76 Lt. Mitteilung über die Eisenbahnpolitik der Gemeinschaft, BT-Drucks. 121701 S.13. 77 So auch Fromm, Bedeutung u. Auswirkungen der EG-VO 1893/91, S. 21. - Anders Batzill, Der NY 7-8/94, 16, der vertritt, daß erst durch die EG-Dienstleistungs-Richtlinie (Richtlinie 93/38 (EWG) v. 14.6.93 zur Koordination der Auftragsvergabe im Bereich

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c) Verbot des sog. steuerlichen Querverbundes

Zu den strittigsten Fragen der VO 1191/69 nF zählt, ob sie den im deutschen Nahverkehr oft praktizierten "Spartenausgleich" in Querverbünden kommunaler Versorgungs- und Verkehrs unternehmen untersagt. Der Streit entzündet sich hauptsächlich an Art. 1 V UA 2b, der besagt, daß bei "Verkehrsun-ternehmen, die außer auf dem Gebiet gemeinwirtschaftlich-umentabler Verkehrsdienste noch in anderen Bereichen tätig sind, diese gemeinwirtschaftlichen Dienste in einem gesonderten Unternehmensbereich zu erbringen sind, der mindestens die Anforderung erfüllt, daß die Ausgaben durch Betriebseinnahmen und Zahlungen der öffentlichen Hand ohne die Möglichkeit von Transfers von oder zu anderen Unternehmensteilen" ausgeglichen werden. Während kommunale Spitzenverbände der Norm kein Verbot des Querverbundes entnehmen, sind Vertreter des privaten Verkehrsgewerbes meist gegenteiliger Ansicht78 • aa) Wesen von Querverbünden Zuvor ist zu klären, was sich hinter der Figur des Querverbundes verbirgt. Ein Querverbund ist die Zusammenfassung mehrerer kommunaler Unternehmen zu einer unternehmerischen Einheit zum Zweck der Nutzung von Synergieeffekten, zur Rationalisierung und Leistungssteigerung79 • Er wird vor allem bei spartenverwandten Betrieben, wie solchen, die der Versorgung und dem Nahverkehr dienen, praktiziert. So können Strom-, Gas-, Fernwärme-, Wasserund Nahverkehrsunternehmen eine Einheit bilden80 . Vorteil dieses Zusammenschlusses ist neben organisatorischer Vereinfachung, daß ein sog. Spartenausgleich ermöglicht wird, indem die Überschüsse eines Zweiges (meist der Versorgungswirtschaft) unmittelbar und ohne Umweg über den Gemeindehaushalt zur Subventionierung eines anderen Zweiges (meist des Nahverkehrs) einge-

Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung [... ], ABI. L 199 S. 84) Wettbewerb bei Vereinbarungen eingeführt wird. - Dem ist zu widersprechen. Denn diese RiLi gilt gern. ihrem Art. 2 I nur für ,,Auftraggeber, die staatliche Behörden oder öffentliche Unternehmen sind und die eine Tätigkeit i.S.d. Art. 2 11 ausüben". Zu diesen Tätigkeiten zählt nur das eigene Betreiben von Verkehrseinrichtungen (Nr. 2c), wie das genehmigte Betreiben eines Linienverkehrs (Abs. VI). Die Behörde, die mit einem Verkehrsunternehmen eine Vereinbarung schließt, ist jedoch selbst kein solcher Betreiber. Daher findet die Dienstleistungsrichtlinie keine Anwendung. 78 Gegenüberstellung der Positionen bei FrommiSellmann, NVwZ 94, 553 m.w.N. 79 Püttner: Kommunalrecht Baden-Württemberg, Rn. 312; Schmid in: FlaißIFlaiß/ Giebler/Schmid (Hg.): Kommunales Wirtschaftsrecht in Baden-Württemberg - Systematische Darstellung, 5. Aufl., Rn. 983; Sander/Weiblen: Kommunale Wirtschaftsunternehmen (Bd. 35 der Schriftenreihe Fortschrittliche Kommunalverwaltung, 1982) S. 14,64. 80 Sander/Weiblen, S. 64. 11 Maaß

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setzt werden 81 • Dies bewirkt eine Steuerersparnis, weil Gewinne bei dieser Form ihrer Verwendung 82 nicht versteuert werden müssen. Die Finanzgerichte erkennen dies an 83 . Gerade in Großstädten wird diese Form horizontaler betrieblicher Konzentration praktiziert84 •

bb) Argumente gegen ein Verbot der Quersubvention kommunaler Verkehrsunternehmen durch Querverbünde Gegen eine Auslegung die zur Vnzulässigkeit des Spartenausgleichs im Querverbund führt, wird vorgebracht, daß Verbindungen zwischen Verkehrsbetrieben und Betrieben, die sich in anderen Wirtschaftsbereichen betätigen, nicht Regelungsgegenstand der va 1191/69 nF seien. Die Anweisung des Art. 1 V VA 2 beziehe sich nur auf Verkehrsunternehmen i.S.d. Art. 1 I VA 185 und nicht auch auf Energieversorgungsunternehmen o.ä., die neben den Verkehrsunternehmen Teil der Querverbünde sind86• Erfaßt würden nur Verkehrs unternehmen, die sich noch in anderen Verkehrsbereichen, z.B. im Fern- oder Güterverkehr betätigen, egal, ob sie Teil eines Querverbundes sind oder nicht. Art. 1 V VA 2b schließe nur Transfers vom Fern- und Güterverkehr zum Nahverkehr aus. Wegen Sinnzusammenhangs mit Art. 1 V VA 1 gelte das Transferverbot des Art. 1 V VA 2b ferner nur, wenn gemeinwirtschaftliche Pflichten nach Art. 1 V

81 Schmid in: FlaißIFlaißlGieblerlSchmid, Rn. 985; Sander/Weiblen, S. 65; Püttner, Kommunalrecht B.W., Rn. 313. 82 Auch sie stellt eine Form von interner Subventionierung dar. Denn durch Zusammenfassung der Unternehmen werden die Verhältnisse zwischen Versorgungs- und Verkehrsbetrieb zum Internum; so Ch.Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S.26 und Püttner, Kommunalrecht B.W., Rn. 313. 83 Vgl. BFH in: BB 1990,617; Schmid: Der Querverbund kommunaler Unternehmen, ZKF 1980,34 [36]; Ch. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 114. 84 Auf wettbewerbsrechtliche Probleme, die mit der Arbeitsweise des Querverbundes verbunden sind, soll nicht weiter eingegangen werden. Näher dazu Emmerich: Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, S. 360,363,332 m.w.N. 85 Also "Verkehrsdienste auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs". 86 Batzill, Der NY 7-8/94, 14; Vogt, Der NY 4/93, 10 unter Hinweis darauf, daß die VO 1191/69 nF auf Art. 75 ff. EGV gestützt ist und schon daher keine anderen als Verkehrsuntemehmen im Sinn haben kann. Noch enger faßt die Bundesregierung Art. 1 V UA 2 b auf und meint, daß er nur den Ausgleich von Verlusten zwischen eigenwirtschaftlich betriebenen und gemeinwirtschaftlichen Verkehrsbereichen eines Verkehrsbetriebes verbietet; vgl. Antwort des Staatssekretärs von Würzen auf Anfrage des Abg. Conradi, in: BT-Drucks. 12/4080 S.25f. Tz. 46 und Antwort des Staatssekretärs Carstens auf Anfrage des Abg. Hiller, in: BT-Drucks. 12/4713 S. 23 Tz. 32.

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VA 1 "auferlegt" oder "beibehalten" werden 87 • Vnd "auferlegt" seien den Verkehrsunternehmen nicht solche gemeinwirtschaftlichen Leistungen, die eine Kommune allein kraft ihrer Eigentümerstellung, ohne Einsatz hoheitlicher Mittel, auf andere Weise als durch Anordnung bewirke88 • Daher betreffe das Transferverbot des Art. 1 V VA 2b nicht Kostenunterdeckungen, die auf diese Weise veranlaßt und dann durch Querverbund ausgeglichen werden, und damit auch nicht den Querverbund selbst89 • Im übrigen habe die VO 1191/69 nF nicht die Qualität eines generellen Beihilfeverbots 9o• Folgenorientiert wird des weiteren angeführt, daß es im Fall des Verbots der Querverbundsubvention zur wirtschaftlichen Aushöhlung des ÖPNV komme91 •

cc) Argumente für ein Verbot der Quersubventionierung Argument derjenigen, die Art. 1 V VA 2b ein Verbot des Spartenausgleichs im Querverbund entnehmen, ist, daß Querverbünde extreme Wettbewerbsverzerrungen bewirken, die nach ratio legis der VO 1191/69 nF gerade aufzuheben und abzubauen sind92 • Denn die mit dem Spartenausgleich erfolgende Subventionierung führe dazu, daß Querverbund-Verkehrsunternehmen einen immensen Wettbewerbsvorsprung vor anderen Unternehmen haben, die nicht auf diese Finanzierungsmöglichkeiten zurückgreifen können. Folge des Kostenausgleichs wäre, daß jene fast nie gemeinwirtschaftliche Leistungen i.S.d. Art. 2 I, also solche, die zu einem Verlust führen, erbrächten. Ihre Leistungen wären stets ,,kostendeckend" , weshalb Querverbundunternehmen fast nie in den An-

87 Batzill, Der NY 7-8/94, 14; Ch. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S.28. 88 So Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 26; ebenso Batzill, Der NY 78/94, 13, der sich auf die französische und englische Fassung des Art. 1 III VO stützt, wo die Begriffe "im pose" und "imposed" verwendet werden. 89 Batzill, Der NY 7-8/94, 14. Ebenso unter Bezugnahme auf die Aufhebungsanordnung des Art. 1 III VO Ch. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 26. 90 Vogt, Der NY 4/93, 1l. 91 Gimau: Die Perspektiven des regionalisierten ÖPNY, Der Nahverkehr 1-2194 S. 8 [14]. Ähnlich Vogt, Der NY 4/93, 10, der meint, daß dann "gerade in den großen Ballungsräumen eine bisherige Säule der Finanzierung des ÖPNY einsturzgeflihrdet

wäre".

92 Fromm, OR 5/94, 10; FrommlSellmann, NYwZ 94, 553; Zeiselmair, OR 4/94, 10. Auf das Problem der Wettbewerbsverzerrungen durch Querverbünde v.a. zu Lasten des privaten Busgewerbes weist aus Sicht des BDO auch Fey: Quer zum Querverbund, in: Omnibus-Revue 12/92,6 [6] hin. Püttner, Kommunalrecht B.W., Rn. 313 räumt ein, daß die durch Querverbünde bewirkte interne Subventionierung "aus wettbewerbstheoretischer Sicht auf Kritik stoßen mag".

11*

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wendungsbereich der VO 1191/69 nF fielen und damit fast nie dem Wettbewerb anderer Unternehmen um Verträge oder Auflagen ausgesetzt wären93 • Gegen das Argument, daß Art. 1 V UA 2b sich nur auf Verkehrsunternehmen beziehe und daher den Querverbund überhaupt nicht im Sinn hat, wird angeführt, daß ad minus a maiore genau das Umgekehrte gelten müsse: Wenn im Rahmen des Unternehmensbereichs, in dem gemeinwirtschaftliche Pflichten erbracht werden, nicht einmal Gewinne aus Gelegenheits- oder Fernverkehren untergebracht werden dürfen, muß dies erst recht für Gewinne z.B. aus dem Bereich der Energieversorgung, die ungleich höher sind, gelten94 • Des weiteren sei es eines der Hauptanliegen der VO 1191/69 nF, bei gemeinwirtschaftlichen Leistungen den Unternehmer mit dem geringsten Subventionsbedarf zum Zuge kommen zu lassen. Deshalb sei fairer Wettbewerb zu gleichen Bedingungen gefordert95 , was eine Querverbundfinanzierung verhindere. dd) Stellungnahme Der Auslegung des Art. 1 V UA 2b VO 1191/69 nF ist zugrundezulegen, daß im Nahverkehr grundsätzlich keine wirtschaftlich nachteiligen Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes i.S.d. Art. 2 I mehr bestehen sollen. Nur in Ausnahmefallen und nur nach Vertragsschluß oder Auferlegung sollen nach Intention der VO noch gemeinwirtschaftliche Leistungen erbracht werden. Denn dann kann mit dem in diesen Fällen zu zahlenden Ausgleich die solchermaßen bewirkte Verzerrung des Wettbewerbs der Unternehmen egalisiert werden. Diese Kernaussage und Systematik lassen die Befürworter einer Beibehaltung des Querverbunds außer acht. Läßt man den Spartenausgleich durch Querverbund weiterhin zu, sind verlustbringende Leistungen auch weiterhin die Regel. Dennoch fielen sie nicht unter die Ausnahmebestimmungen des Art. 1 IV, V, weil sie durch Verlustübernahmen künstlich im Bereich der Eigenwirtschaftlicbkeit gehalten würden. Von der VO 1191/69 nF bezweckt ist aber, sol93 Vgl. Zeiselmair, OR 4/94, 12. Fromm, Bedeutung u. Auswirkungen der EG-VO 1893/91, S. 10 meint sogar, daß die Chancen anderer Verkehrsunternehmen, als Wettbewerber von Querverbundunternehmen auftreten zu können, wg. deren Wettbewerbsvorsprung "gleich Null" wären. Nach Fey, OR 12192, 7 ist davon auszugehen, daß aufgrund der Intention der VO 1191/69 nF Überschüsse, die bei anderen Aktivitäten erwirtschaftet werden, nicht freiwillig zur Kostendeckung eigentlich nicht kostendeckender Verkehrsleistungen verwendet werden können. 94 Fromm, OR 5194, 10. Er hebt hervor, daß Einnahmen aus dem Querverbund weder "Betriebseinnahmen" noch ,,Zahlungen der öffentlichen Hand" LS.d. Art. 1 V UA 2b sind. 95 Zeiselmair, OR 4/94, 12.

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che Leistungen dem Art. 1 IV und damit dem System von Vertrag/Auferlegung und offizieller Ausgleichszahlung zu unterwerfen. Der Querverbund hingegen bewirkt, daß die als Regelfall gedachte Anwendung der VO 1191/69 nF für die meisten öffentlichen Unternehmen zur verschwindenen Ausnahme würde. Schon deshalb ist von der Unzulässigkeit künftiger Querverbundfinanzierung auszugehen. Für diese Deutung spricht vor allem daß dadurch ein Gleichklang mit Art. 5 I UA 3 erzielt wird, der ebenfalls ein Verbot interner Subventionierung 96 anordnet. Des weiteren ist schwer verständlich, weshalb in einer Verordnung, die hauptsächlich Personenverkehr zum Inhalt hat und die in ihrem Art. 1 V UA 1 ausdrücklich nur auf den Nahverkehrsbereich abstellt, mit Art. 1 V UA 2b eine Bestimmung vorhanden sein soll, die nur eine Abgrenzung zum Fern- oder Güterverkehr trifft97. Aus der systematischen Stellung europarechtlicher Normen wie der des Art. 1 V UA 2b bei Art. 1 V UA 1 lassen sich zudem keine sicheren Schlüsse ziehen (s.o. Anm. 64). Und die teleologische Auslegung der VO dahingehend, daß bei der Frage der wirtschaftlichen Nachteile eines Verkehres Einnahmen aus dem Querverbund nicht miteingerechnet werden dürfen 98 , um Wettbewerbsverfälschungen zu vermeiden, ist genauso vom Wortlaut gedeckt. Schließlich kann auch der Hinweis auf die wirtschaftlichen Folgen eines Verbots der Quersubvention nicht überzeugen. Organisatorisch können Querveründe bestehen bleiben. Sie gehen nur ihres Steuervorteils verlustig. Der Staat kann aber den Gemeinden das eingenommene Steuergeld wieder rückerstatten (etwa in Form des Finanzausgleichs99 ). Auch so würde dem NahverAuch die Quersubvention ist eine Form interner Subvention; s.o., Anm. 82. Auch wäre das Transferverbot des Art. 1 V VA 2 b im Falle der Zulässigkeit von Quersubvention nur von überaus beschränkter Bedeutung, da es dann nur für Verkehrsunternehmen gilt, die (1) sowohl Nah- als auch Fernverkehr/Güterverkehr betreiben und (2) die gemeinwirtschaftliche, verlustbringende Leistungen erbringen (was nur bei nicht vollständiger Kostendeckung durch den Querverbund gegeben wäre). Solche Gestaltungen wären ganz seltene Ausnahmefälle. Das räumt auch Batzill, Der NV 7-8/94, 12 ein. 98 Interessant ist, daß bei nationaler Preisbemessung durch die Genehmigungsbehörden nach § 39 II PBefG auch nur auf den Verkehrsbereich des Verbundunternehmens abgestellt werden darf und nicht auf das gesamte Verbundunternehmen. Gewinne aus anderen Bereichen müssen dabei auch außer acht bleiben; vgl. Bidinger: Personenbeförderungsrecht - Kommentar zum PBefG, 2. Aufl., Std. Aug. 94, § 39 Anm. 4. Dies erwähnt auch Fromm, OR 5/94, 10. - Da die Zielrichtung des § 39 II PBefG und der VO l191/69 nF - Stärkung der Eigenwirtschaftlichkeit der Verkehrsunternehmen - vergleichbar ist, ergibt sich auch hieraus ein Argument gegen die Beibehaltung der Querverbundfinanzierung i.R.d. Art. 2 I VO. 99 Das deutet Püttner, Kommunalrecht B.W., Rn. 313 an. Er äußert aber die Befürchtung, daß die Mittel "irgendwo hängenbleiben" und nicht den Gemeinden zufließen, welche die Gewinne erzielt hätten. - Dies ist aber eine Organisationsfrage, welche die 96 97

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kehr kein Geld entzogen. Bezüglich des finanziellen Bedarfs kommunaler Verkehrsunternehmen aber herrschte größere Transparenz 1OO• Der Wettbewerb, der ohne Quersubvention um gemeinwirtschaftliche Leistungen entstehen kann, kann evtl. sogar zu Kosteneinsparungen führen und die wirtschaftliche Situation des ÖPNV verbessern lO1 • Daher ist der Auslegung der va (EWG) 1191/69 nF der Vorzug zu geben, wonach die Finanzierung kommunaler Verkehrsunternehmen durch Spartenausgleich im Querverbund unzulässig ist lO2 • IV. Gesamtbewertung der VO 1191/69 nF unter Wettbewerbsaspekten Für den deutschen Gelegenheitsverkehr hat die va 1191/69 nF kaum Auswirkungen. Mietwagen und Taxen werden nur insoweit erfaßt, als ihnen von öffentlicher Hand rentabilitätsmindernde gemeinwirtschaftliche Pflichten auferlegt oder solche mit ihnen vereinbart werden. Dies kann nur geschehen, wenn sie nicht im herkömmlichen Gelegenheitsverkehr, sondern als selbstän-

rechtliche Interpretation der Querverbundproblematik aus europarechtlicher Sicht nicht präjudizieren kann. Zurecht weist Fey, OR 12/92, 7 darauf hin, daß überhaupt keine Steuern hätten gezahlt werden müssen, wenn keine Gewinne erwirtschaftet worden wären. 100 Vgl. Fey, OR 12/92,7. 101 Fromm, OR 5/94, 10 verweist darüberhinaus auch noch auf Probleme, welche die Querverbundfinanzierung unter energiewirtschaftsrechtlichen Gesichtspunkten aufwirft. Denn wenn ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen in der Lage ist, mit seinen Preisen Gewinne zu erzielen, die es ermöglichen, die Verluste der Verkehrssparte des Querverbundes ganz oder teilweise auszugleichen, werden kaum noch die Genehmigungsvoraussetzungen des § 12 11 Bundestarifordnung Elektrizität vorliegen. Dort ist bestimmt, daß Preisgenehmigungen nur zu erteilen sind, wenn das EVU nachweist, daß die Preise in Anbetracht der gesamten Kosten- und Erlöslage bei elektrizitätswirtschaftlich rationeller Betriebsführung erforderlich sind. Und § 1 12 BTO Elt schreibt vor, daß die Preise sich an den Kosten der Elektrizitätsversorgung zu orientieren haben. Dies muß im Fall von Gewinnerzielung wohl verneint werden. Auch Donges: Deregulierung und wirtschaftliche Dynamik, S. 9 hebt hervor, daß ,,internationale Vergleiche mit weniger regulierten Märkten zeigen, daß in der Bundesrepublik die Strompreise hoch sind". - Nähere Einzelheiten zu diesen §§ der BTO Elt bei Klinger in: Tegethoff/Büdenbender/Klinger (Hg.): Das Recht der öffentlichen Energieversorgung - Kommentar, Bd. 2, Std.: 13. Ertl.Lfg. 10/93, Anm. III B § I Rn. 27, § 12 S. 2f. 02 Der steuerliche Querverbund wäre also nur beizubehalten, wenn die Bereichsausnahme nach Art. 1 I UA 2 über 1995 hinaus unbefristet verlängert würde. Davon ist aber abzuraten. Denn dann blieben die vorhandenen Wettbewerbsverfälschungen bestehen. Dies gilt auch im Verhältnis zur Deutschen Bahn AG, welche die Vorzüge eines Querverbundes ebensowenig für sich in Anspruch nehmen kann wie die wohl überwiegende Anzahl deutscher Unternehmen.

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dige differenzierte Bedienungsweisen (z.B. als LinientaxenlAST) unterhalb der Kostendeckung fahren. Der Hauptanwendungsbereich der va 1191/69 nF liegt daher beim Linienverkehr, wo oft unrentable Beförderungen zu erbringen sind. Hier garantiert die va angemessenen Ausgleich und fördert so die Wettbewerbsfähigkeit und Eigenwirtschaftlichkeit der Unternehmen. Wettbewerbliche Hauptimpulse gehen hier von der Favorisierung der vertraglichen Vereinbarung gemeinwirtschaftlicher Verkehrsbedienung und vom Verbot des steuerlichen Querverbundes aus. Denn dort kann es zum Wettbewerb um den Abschluß dieser Verträge kommen, der zur Auswahl des leistungsfähigsten und billigsten Unternehmers führt. Dies kann positive Auswirkungen auf die Verkehrsbedienung und damit auf die Mobilität der Verkehrsnutzer haben. Auch sind so Verringerung oder bessere Verwendung der Subventionen im Nahverkehr möglich. Zu erwarten ist ferner, daß mehr private Linienunternehmen als bisher die Möglichkeit erhalten, sich am Wettbewerb um gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistungen zu beteiligen. Aufgrund ihrer vergleichsweise günstigen Kostenstrukturen dürften sie künftig bessere Chancen haben, sich auf dem Markt für Linienverkehrsleistungen zu etablieren 103. Des weiteren sind Besitzstände von Altunternehmern mit den Zielen der va nicht vereinbar. Denn eine Bevorrechtigung vorhandener Betreiber ist mit einem wettbewerblichen Vergabeverfahren, das Chancengleichheit voraussetzt, nicht vereinbar. Auch dadurch erfährt der Linienverkehrsmarkt eine Öffnung. Von der va 1191/69 nF gehen also einige Wettbewerbsimpulse aus lO4 , wenn sie auch einen Verkehrsbereich betreffen, der aufgrund seiner Struktur kein so großes Wettbewerbspotential aufweist wie der Gelegenheitsverkehr. Mit ihrer ausdrücklichen Anerkennung der Notwendigkeit gemeinwirtschaftlicher Verkehrsbedienung stellt die va 1191/69 nF für diese Verkehrsbereiche klar, daß dort nicht, wie oft behauptet, Wettbewerb ausgeschlossen, sondern gerade gefordert ist. In Bereichen, die auch künftig eigenwirtschajtlich betrieben werden, ändert sich durch die va hingegen nichts. Als Finanzierungs- und Wettbewerbsregelung stellt die va 1191/69 nF das als Marktzugangsregelung konzipierte PBefG nicht in Frage. Beide Regelungswerke stehen nebeneinander. Aufgrund der Genehmigungspflicht des PBefG kommt es aber zu Überschneidungen und Unstimmigkeiten, die ab 1996

103 Vermehrte Beteiligung Privater und Kostenminimierung prognostiziert auch Fey, OR 12/92, 6f. 104 So auch Baltes/Bayer/Hojmann, Der NY 11/94, 18. Ähnlich auch Fromm, TranspR 92,260, der meint, daß es künftig mehr auf das Wettbewerbsrecht des GWB ankommt, um Verfälschungen zu bekämpfen.

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C. Wettbewerbsimpulse durch Europäisches Gemeinschaftsrecht

zu harmonisieren sind \05 und die eine Novelle des nationalen Personenbeförderungsrechts, zumindest was die Behandlung und die Finanzierung des Linienverkehrs bei der Sicherstellung der Verkehrsbedienung auf verlustreichen Strecken angeht, notwendig machten.

105

Fromm, OR 5/94, 8; Vogt, Der NV 4/93, 10.

D. Änderung der Wettbewerbssituation im Nahverkehr durch die Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes Die dargestellte Kritik an der bisherigen Situation im öffentlichen Personennahverkehr sowie die Erstreckung der va 1191/69 nF auch auf den mitgliedstaatlichen Nahverkehrsbereich mit ihren Folgen für den Wettbewerb der Linienverkehrsunternehmen haben sowohl formell als auch materiell Anlaß für eine Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes gegeben. Zu klären ist daher, ob durch die Novelle des PBefG, die im Dezember 1993 im Zuge der Bahnreform erfolgt ist l , den genannten Kritikpunkten ab dem 1.1.19962 die Grundlage entzogen wird, ob das neue Recht die dargestellten europäischen Wettbewerbsimpulse umsetzt und ob es eine Verbesserung der Situation für Verkehrsnutzer und -unternehmer ermöglicht. Bereits in früheren legislativen Bemühungen zur Änderung des PBefG, die der jetzigen Novelle vorausgingen, kamen diese Fragestellungen teilweise zum Ausdruck. Daher soll vor einer näheren Auseinandersetzung mit diesen Fragen kurz auf den Werdegang der Novelle sowie die in diesem früheren Gesetzgebungsverfahren geäußerten Ziele eingegangen werden.

§ 1 Werdegang der Novelle des PBefG Die nun erfolgte Novellierung, die mitunter widersprüchlich und überraschend verlaufen ise, geht auf eine Initiative des Bundesrats zurück. Dieser schlug vor, im Rahmen der Eisenbahnumstrukturierung auch das PBefG zu ändern4 .

Vgl. Art. 6 Abs. 116 ENeuOG vom 30.12.1993, BGBl. I S. 2378 [2418 ff.]. Gern. Art. 11 Abs. 2 a.E. ENeuOG treten die wichtigsten Änderungen des PBefG erst zu diesem Termin in Kraft. 3 So FrommlSelimann: Die Entwicklung des öffentlichen Verkehrsrechts, NVwZ 1994,547 [551]. 4 Vorschlag Art. 6 Abs. 112a ENeuOG der Stellungnahme des Bundesrats zum Entwurf des ENeuOG der BReg, in: BT-Drucks. 12/5014 S. 31 Tz. 91. Zu einer Novelle sah die Bundesregierung in der Äußerung zu dieser Stellungnahme (ebda. S.52) mangels unmittelbaren Zusammenhangs mit der Bahnreform keine Ursache, sperrte sich aber nicht gegen die Änderung. 1

2

170

D. Änderung der Wettbewerbs situation durch die PBefG-Novelle

I. Ältere Novellierungsversuche Schon 1985 haben die Länder versucht, daß PBefG ähnlich wie jetzt geschehen zu novellieren 5 . Dabei ging es ihnen vornehmlich um eine Relativierung der Besitzstände des PBefG und eine Stärkung der Befugnisse der Genehmigungsbehörden. In Fällen der Verlustabdeckung durch die öffentliche Hand sollte eine wirtschaftlichere Verkehrsbedienung erreicht werden, weil die bestehenden öffentlichen Ausgleichszahlungen die bestmögliche Erfüllung des Verkehrsbedürfnisses verhinderten. Man verlangte im Fall öffentlicher Unterstützung die Möglichkeit einer Angemessenheitsprüfung nach Marktlage6 . Auch sollte den Behörden die Prüfung angemessener Angebote anderer Unternehmer ermöglicht werden für die Fälle, daß Genehmigungsinhaber Auftragsunternehmen mit Durchführung der Verkehrsdienste beauftragen - Vorschläge, die Wettbewerb in diesem Bereich eröffnen sollten. Ferner wollte man befreiten Schulbusverkehren zur Verbesserung der Verkehrssituation im ländlichen Raum die Möglichkeit einräumen, in Einzelfällen genehmigungsfrei auch andere Fahrgäste befördern zu können 7• Damals stießen diese Forderungen jedoch durchweg auf Ablehnung 8 • Negative Auswirkungen für die Verfolgung der Zielsetzungen im ÖPNV wurden befürchtet, und man hielt die Erfüllung der Pflichten der Linienverkehrsunternehmer für nicht sichergestellt9 • Zwar wurde eingeräumt, daß die Möglichkeit zu stärkerem Wettbewerb potentieller Anbieter günstige Auswirkungen auf die Tarifgestaltung haben könne. Zugleich wurde aber betont, daß der Preis nicht allein entscheidend sei und die gegenteilige Befürchtung geäußert, daß sich die Produktionsleistung für eine große Zahl von Linienverkehren verteuern würde 10, II .

5 V gl. den Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes des Bundesrats v. 30.5.1985, BI-Drucks. 10/3425. 6 Vgl. Art. 1 Nr. 3 b des Entwurfs samt Begründung, BI/Drucks. 10/3425 S. 4f., 7, 9. Laut Fromm/Sellmann, NVwZ 94, 552 hat dabei vorübergehend auch der Gedanke einer Ausschreibung von Genehmigungen durch die Genehmigungsbehörde eine Rolle gespielt. 7 Vgl. Art. 1 Nr. Ib des Entwurfs samt Begründung, BI-Drucks. 10/3425 S. 4, 8. 8 So Fromm: Die Entwicklung des öffentlichen Verkehrsrechts, NVwZ 1986, 890 [893]. 9 Vgl. ablehnende Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetzesentwurf des BRat zum Sechsten Gesetz zur Änderung des PBefG, in: BI-Drucks. 10/3425 S. 12 [14]. 10 Vgl. die Bundesregierung, BI-Drucks. 10/3425 S. 14f. 11 Dennoch sollten It. BReg (BI-Drucks. 10/3425 S. 15) Möglichkeiten, das Verfahren für die Erteilung von Genehmigungen für den Buslinienverkehr stärker nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten zu gestalten, weiter geprüft werden. Und 1989 betonte die BReg (Bericht über den ÖPNV in der Räche, BI-Drucks. 11/5746 Iz. 42), daß sich mit

§ 1 Werdegang der Novelle des PBefG

171

11. Ziele im Gesetzgebungsverfahren 1993

Bei den Verhandlungen zum ENeuOG kam es den Ländern primär darauf an, die für den Eisenbahnverkehr vorgesehene Regionalisierung l2 auch für den ÖPNV auf der Straße durchzusetzen 13 • Vom anfänglichen Vorhaben, dem Aufgaben träger eine entscheidende Rolle im Genehmigungsverfahren einzuräumen, mußte allerdings im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zunehmend abgerückt werden l4 • Weitere Ziele der Reform waren, das PBefG an den Regelungsrahmen der VO (EWG) 1191/69 nF anzupassen und es den Behörden (nun doch) zu ermöglichen, mit Aufnahme neuer oder Änderung bestehender Linienverkehre flexibler auf Wandlungen der Verkehrsbedürfnisse vor Ort reagieren zu können. Dem Wettbewerb zwischen Verkehrsanbietern sollte dabei ein "angemessener Spielraum" eingeräumt werden l5 . Am Institut der Genehmigung wollte man jedoch aus ordnungspolitischen Gründen und im Interesse eines geregelten Bestandes öffentlicher Verkehrseinrichtungen festhalten l6 • Ein zusätzlicher Aspekt war schließlich, Taxen und Mietwagen mehr in

Aufweichung des Grundsatzes der Eigenwirtschaftlichkeit durch zunehmende Zuschußzahlungen der Gemeinden die Rechtfertigung des Besitzstandsschutzes der Unternehmen relativiert hat und daher auch neuen Anbietern ein Markteintritt möglich sein muß, wenn sie niedrigere Zuschüsse fordern oder bei gleichen Zuschüssen ein besseres Verkehrsangebot ermöglichen. Ferner werden auch Trennung der gemeinwirtschaftlichen von den eigenwirtschaftlichen Bereichen gefordert (ebda. Tz. 62) sowie Minimierung der Zuschußgewährung als Ziel und Abwägungsbelang im Genehmigungsverfahren genannt (ebda. Tz. 127). 12 Darunter wird die Zusammenführung der Zuständigkeiten für Planung, Organisation und Finanzierung des gesamten ÖPNV in der Hand eines regionalen öffentlichen Aufgabenträgers verstanden; vgl. Gimau: Die Perspektiven des regionalisierten ÖPNV, Der Nahverkehr 1-2/1994,8 [13] und FrommiSellmann, NVwZ 94,552. 13 So Bidinger: Änderungen des Personenbeförderungsrechts durch das Planvereinfachungsgesetz und das Eisenbahn-Neuordnungsgesetz, NZV 1994, 209 [211]. Lt. Meichsner: Die Verantwortung der Landkreise für den Schienenpersonennahverkehr in der Region, DVWG-Schriftenreihe, B 113: Möglichkeiten des Schienennahverkehrs in der Region (1991), S. 133 ist es das Ziel, "den ÖPNV endlich aus dem Dickicht ungeklärter Aufgaben- und Finanzverantwortung herauszuführen". 14 Vgl. Art. 6 Abs. 1I2a Nr. 1 (2) des ursprünglichen Entwurfs des Bundesrats zur Änderung des PBefG, BT-Drucks. 12/5014 S. 31 Tz. 91, in dem es noch heißt, daß bei der Genehmigung ein vom Aufgabenträger beschlossener Nahverkehrsplan "zugrunde zu legen" ist (= Verbindlichkeit) - während es beim Ausschuß für Verkehr (Beschlußempfehlung u. Bericht), BT-Drucks. 12/6269 S. 143 nur noch heißt, daß ein solcher Plan von der Genehmigungsbehörde "zu berücksichtigen" ist. 15 So der BRat, BT-Drucks. 12/5014 S. 32. Ebenso die BReg, ebda. S. 52 in gewissem Widerspruch zu ihren Aussagen vom Jahr 1985 (s.o., Anm. 9). 16 Vgl. BRat, BT-Drucks. 12/5014 S. 32. - Gerade daraus folgt die Notwendigkeit, das PBefG mit der VO (EWG) 1191/69 nF zu harmonisieren (s.o., Kap. C § 3 N a.E., Anm. 105).

172

D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

den ÖPNV zu integrieren l ? und eine weitere Abwanderung der Verkehrsnutzer zum motorisierten Individualverkehr zu verhindern l8 . Die Änderung der va (EWG) 1191/69 war damit der eigentliche formelle Anlaß, eine Reform des Personenbeförderungsrechts erneut zu bedenken. Mehr als zuvor fand bei dieser Diskussion der Aspekt der Förderung des Wettbewerbs im Nahverkehr auch bei seinen Kritikern Beachtung, ohne allerdings den aus der Deregulierungsdebaue hervorgegangenen Forderungen zu entsprechen.

§ 2 Die Änderungen im Personenbeförderungsgesetz I. Überblick

Neben einigen Änderungen, die der Verfahrensbeschleunigung und -verbesserung dienen l9 und die hier nicht weiter von Interesse sind, enthält die Novelle folgende Schwerpunkte: Der früher in § 8 PBefG 20 umschriebene Gestaltungsauftrag der Genehmigungsbehörde, wurde erweitert und neu festgelegt. Ihr obliegt auch künftig die konkrete Ausgestaltung des Nahverkehrs. Es ist aber zusätzlich als weitere Verkehrsbehörde der "Aufgabenträger des ÖPNV" in das PBefG eingeführt worden, der für die (politische) Rahmenplanung des ÖPNV zuständig ist. Künftig wird schärfer zwischen eigenwirtschaftlichen und gemeinwirtschaftlichen Verkehrsdienstleistungen unterschieden. Dazu definierte man den Begriff der Eigenwirtschaftlichkeit neu 2l . Die Voraussetzungen der Genehmigungserteilung wurden in zwei Bestimmungen unterschiedlichen Inhalts für eigen- und gemeinwirtschaftliche Verkehre aufgespalten. Für den gemeinwirtschaftlichen Bereich fand dabei eine Anpassung an die va (EWG) 1191/69 nF

Bidinger, NZV 94,212. So auch schon die BReg, BT-Drucks. 11/5746 Tz. 64. Gimau, Der NV 1-2/94, 13. 19 Vgl. § 11 m 3 HS 2 PBefG (Nichtbeteiligung von Genehmigungsbehörden eines Transitbezirks); § 14 I 2 PBefG (Erweitertes Anhörungsverfahren zur Verkehrssicherheitsverbesserung); § 15 S. 2-5 PBefG (Frist zur Genehmigungserteilung). Dazu und zu den Änderungen des PBefG durch das PlanvereinfachungsG v. 17.12.1993 (BGBI. I S. 2123), die das Verkehrswegeplanungsverfahren vereinfachen und beschleunigen, vgl. Bidinger, NZV 94,209-212 und Zeiselmair: Das neue PBefG, Omnibus-Revue 4/1994, 8 [8]. 20 Alle in diesem Kapitel nachfolgend aufgeführten §§ sind solche des PBefG, soweit nicht anders angezeigt. 21 Obwohl er bereits im Rahmen des § 39 11 hinreichend klar definiert war; vgl. Baltes/Bayer/Hofmann: Unausweichlicher Wettbewerb, Der Nahverkehr 1111994, 18 [19]. 17

18

§ 2 Die Änderungen im Personen beförderungs gesetz

173

statt. Ausgestaltungs- und Besitzstandsrechte der Unternehmer wurden teilweise eingeschränkt. Die Novelle führt eine Vielzahl neuer unbestimmter Rechtsbegriffe in das Gesetz ein 22 . Sie bezieht sich nur auf den Linienverkehr und diesem verwandte Verkehre. Der Gelegenheitsverkehr wird von ihr nicht unmittelbar betroffen. Festgehalten wurde am Erfordernis der staatlichen Genehmigung für die Personenbeförderung. Die unternehmerische Eigenverantwortung des Unternehmers für Ausgestaltung und Betrieb der einzelnen Linien wurde aber nicht angetastet23 • 11. Die Neuregelungen im einzelnen 1. Allgemeines

Durch die Novelle verliert das PBefG seinen abschließenden und bundeseinheitlichen Charakter. In mehreren Teilbereichen sind die Länder gehalten, ergänzende Bestimmungen zum ÖPNV, was Zuständigkeiten und Rahmenplanungen betrifft (§ 8 III 4), in eigenen Gesetzen zu erlassen. Insofern gibt das PBefG nur einen Rahmen vor. Mit der Reform wird in § 8 I erstmalig eine Definition des öffentlichen Personennahverkehrs in das Gesetz eingeführt. Darunter wird die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Linienverkehrsmitteln gefaßt, die überwiegend dazu bestimmt ist, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen. In Zweifelsfällen ist dies der Fall, wenn die Mehrzahl der Beförderungen eines Verkehrsmittels eine Gesamtreiseweite von 50 km oder eine Reisezeit von 1 Stunde nicht übersteigt. Neu ist vor allem, daß nach § 8 11 nun auch Taxen und Mietwagen dem ÖPNV zugerechnet werden, falls sie Linienverkehre ersetzen, ergänzen oder verdichten. Dies ist Folge des zunehmenden Bedarfs an differenzierten Bedienungsweisen in Räumen und Zeiten schwacher Verkehrsnachfrage (s.o.) und soll der begrenzten Flexibilität des Linienverkehrsangebots Rechnung tragen 24 . Diese Definition des ÖPNV 22 FrommiSellmann, NVwZ 94, 552. Sie weisen auf damit einhergehende Auslegungsprobleme und Abgrenzungsschwierigkeiten hin. 23 Vgl. Begründung der Beschlußempfehlung u. des Berichts des Ausschusses für Verkehr (16. Ausschuß) v. 30.11.93 zum Gesetzentwurf der Abg. Fischer und Gries (BTDrucks. 12/4609) zum Gesetzentwurf der BReg (BT-Drucks. 12/5014) zu Art. 6 Abs. 112a ENeuOG (dem späteren Abs. 116), in: BT-Drucks. 12/6269 S. 142-145 [143]; Zeiselmair, OR 4/94, 8 [8]. 24 Ausschuß für Verkehr (Begründung), BT-Drucks. 12/6269 S. 142f. Dieser Gesetzesentwurf ist identisch mit dem später vom Bundestag beschlossenen Gesetzestext. Vgl. auch Bidinger, NZV 94, 212, der hier beispielhaft AST, Linien- oder Nachttaxen nennt.

174

D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

bezeichnet den Geltungsbereich der Neuerungen im PBefG und dient der Abgrenzung der Aufgabenbereiche und -verantwortung im Nahverkehr25 . 2. Kompetenzen des Aufgabenträgers

Zentrale Vorschrift der Novelle ist § 8 III, IV 26 • Dort wird die Befugnis des neugeschaffenen Aufgabenträgers 27 anerkannt, den Rahmen des ÖPNV zu planen, indem er einen Nahverkehrsplan aufstellt, dessen Einzelheiten in Landesgesetzen festzulegen sind (§ 8 III 3, 4). Als Rahmen der ÖPNV-Entwicklung gibt der Nahverkehrsplan die zu bedienenden Relationen vor und nimmt Einfluß auf die Wahl des Verkehrsträgers 28 • Er hat sich dabei an inhaltliche Vorgaben zu halten. So muß er unter Mitwirkung vorhandener Unternehmer zustandekommen, bestehende Verkehrs strukturen beachten und darf keine Verkehrsunternehmen diskriminieren (§ 8 III 2). Gemäß §§ 8 III 1, 1311 Nr. 2c ist der Nahverkehrsplan auch für die Genehmigungsbehörde von Relevanz, weil sie ihn bei der Nahverkehrsgestaltung und bei der Frage der Ausgestaltung einer Linie durch den Unternehmer zu berücksichtigen hat. Des weiteren kann nach § 13 IIa eine Genehmigung versagt werden, falls der beantragte Verkehr nicht mit dem Nahverkehrsplan in Einklang steht. "Berücksichtigen" bedeutet dabei jedoch nicht, daß der Plan für die Genehmigungsbehörde bindend wäre29 • Mit ihm finden die politischen Vorstellungen des Aufgabenträgers nur Eingang in das Genehmigungsverfahren.

25 Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 1216269 S. 142; Bidinger, NZV 94, 212; Zeiselmair, OR 4/94, 8. 26 So auch Bidinger, NZV 94, 212. 27 Der Aufgabenträger ist von seiner Funktion her nicht mit den Genehmigungsbehörden identisch und von ihnen zu trennen. Er soll grds., um dem Grundgedanken der Regionalisierung Rechnung zu tragen, auf Kreisebene (Landkreiselkreisfreie Städte) angesiedelt sein; vgl. Forderung des Verbandes Deutscher Verkehrsuntemehmen (VVV) im Jahresbericht '93: Änderung des PBefG schafft neuen rechtlichen Rahmen für den ÖPNV, S. 16. - So haben sich auch die Länder Hessen und Bayern in ihren 1993 erlassenen Landes-ÖPNV-Gesetzen (§ 3 HessÖPNVG; Art. 8 BayÖPNVG) entschieden. 28 Ausschuß für Verkehr (Begründung), BT-Drucks. 12/6269 S. 143; Batzill: Der steuerliche Querverbund bleibt unberührt erhalten, in: Der Nahverkehr 7-8/94, 12 [18]; VDV, Jahresbericht '93, S. 16. - Wegen des Prinzips der unternehmerischen Eigenverantwortung kann er aber keine einzelnen Linien oder Details vorgeben. 29 So übereinstimmend Zeiselmair, OR 4/94, 8 [9]; Bidinger, NZV 94, 213 und Batzill, Der NV 7-8/94, 18.

§ 2 Die Änderungen im Personenbeförderungsgesetz

175

3. Änderungen im Genehmigungsverfahren Geändert wurden aus Gründen der Anpassung des PBefG an die va (EWG) 1191/69 nF auch die Vorschriften über die Erteilung der Linienverkehrsgenehmigung. Unterschieden wird jetzt zwischen Anträgen auf Genehmigung für eigenwirtschaftliche (§ 13) und gemeinwirtschaftliche (§ 13a) Verkehrsleistungen. Der Verkehrsuntemehmer muß sich künftig entscheiden, nach welcher Vorschrift er eine Genehmigung beantrageo. Wegen der unterschiedlichen Rechtsfolgen kommt dabei dem Begriff der Eigenwirtschaftlichkeit maßgebliche Bedeutung zu.

a) Der Begriff der Eigenwirtschaftlichkeit Gemäß § 8 IV I, 3 sind Verkehrsleistungen im ÖPNV im Rahmen einer ausreichenden Verkehrsbedienung grundsätzlich eigenwirtschaftlich zu erbringen31 • Das ist ein Hauptpostulat der Novelle32 • § 8 IV 2 gibt eine neue Definition davon, was unter Eigenwirtschaftlichkeit im deutschen Nahverkehr zu verstehen ise 3 . Genehmigungserteilungen für Linien, die vom Unternehmer eigenwirtschaftlich im Sinne dieser Definition betrieben werden können, richten sich auch weiterhin nach dem leicht modifizierten § 13 34 , dessen objektive Zulassungsschranken fast unverändert weitergelten. Nur mit § 13 Ha wurde ein neuer Versagungsgrund für den Fall eingeführt, daß ein eigenwirtschaftlicher Verkehr nicht mit dem Nahverkehrsplan in Einklang steht.

b) Gemeinwirtschaftliehe Verkehrsleistungen Für Verkehrsleistungen, die nicht eigenwirtschaftlich gern. § 8 IV 2 zu betreiben sind, gilt per Verweisung in § 8 IV 3 die va (EWG) 1191/69 nF. Das

30 Vgl. Ausschuß für Verkehr (Begrundung), BT-Drucks. 12/6269 S. 144 zum neuen § 13a; Batzill, Der NV 7-8/94, 13f. 31 Dieser Grundsatz liegt auch der VO (EWG) 1191/69 nF zugrunde. 32 Zeiselmair, OR 4/94, 9. 33 Lt Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 143, bedurfte es einer solchen Definition, "um Rechtsunklarheiten zu vermeiden". Nach BalteslBayerlHofmann, Der NY 11194, 20 ist das Ziel der umfassenden Formulierung, "die traditionellen Erträge der ÖPNY-Untemehmen zu erfassen". - Dies überrascht zumindest deshalb, weil die (EWG) 1191/69 nF selbst in ihrem Art. 2 festlegt, was Gemeinwirtschaftlichkeit ist und damit zugleich klarstellt, daß alles, was nicht gemeinwirtschaftlich ist, als eigenwirtschaftlich gilt. Vgl. auch oben Anm. 21. 34 Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 144; Bidinger, NZV 94, 213; Batzill, Der NY 7-8/94, 14.

va

176

D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

heißt, daß die zur Durchführung der EG-Verordnung zuständige Behörde35 zur Sicherstellung ausreichender Verkehrsbedienung künftig dem Unternehmen entweder gemein wirtschaftliche Verkehrsleistungen auflegen oder vertraglich mit ihm vereinbaren kann. § 8 IV 3 enthält mit dem Verweis auf EU-Recht die zu solcher Auferlegung nach deutschem Recht nötige Ermächtigung 36 . Damit werden der Behörde nur Handlungsalternativen eingeräumt. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Wahl einer der beiden Möglichkeiten besteht niehe 7 . Auch gemeinwirtschaftliche Verkehrs leistungen unterliegen der Genehmigungspflicht. In § l3a sind die Voraussetzungen der Genehmigungserteilung nach vorheriger Auferlegung oder Vereinbarung solcher Leistungen festgelegt. Danach ist eine Genehmigung nur zu versagen, wenn von der Behörde für die Umsetzung der gemeinschaftlichen Leistung nicht die Lösung gewählt wurde, welche die geringsten Kosten für die Allgemeinheit mit sieh bringt oder wenn bei Auferlegung oder Vereinbarung solcher Leistungen der Gleichheitsgrundsatz verletzt wurde (§ l3a 11). Ansonsten muß die Genehmigung erteilt werden. Mit dieser Regelung geht das PBefG über die Anforderungen der VO (EWG) 1191/69 nF hinaus, wonach nur im Fall der Auferlegung solcher Verkehrsdienste auf minimale Kostenbelastung des öffentlichen Haushalts zu achten ise s. Eine Rechtsverordnung soll festlegen, nach welchen Kriterien die geringsten Kosten zu ermitteln sind. Jedenfalls soll aber regelmäßig dann die Auswahl des Unternehmers mit geringstem Subventionsbedarf gewährleistet sein, wenn sie das Ergebnis einer Ausschreibung ist39 • Auch im Verfahren nach § 13a sind die subjektiven Zulassungsschranken des § 13 I, 11 Nr. 1 zu beachten (§ l3a 12). 35 Diese ist gern. § 8 IV 4 landesrechtlich zu bestimmen. Grds. soll sie mit dem Aufgabenträger des ÖPNV nach § 8 m identisch sein. Das stellt It. Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 143, sicher, daß Planungsrecht und Finanzverantwortung im ÖPNV in einer Hand liegen (Regionalisierung). 36 Batzill, Der NV 7-8/94, 13; BalteslBayerniofmann, Der NV 11/94,20. 37 Das betont ausdrücklich Batzill, Der NV 7-8/94, 16. - Es wurde aber bereits bei Auslegung der VO 1191/69 nF herausgestellt, daß die VO selber die Vertragslösung favorisiert und als Regelfall betrachtet (s.o. Kap. C § 3 III 2, Anm. 71). 38 Das dient It. Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 1216269 S. 144, dazu, die Genehmigungsbehörde auch im konkreten Einzelfall zu verpflichten darauf hinzu wirken, daß für eine wirtschaftliche Gestaltung des ÖPNV gesorgt wird und die öffentlichen Haushalte möglichst wenig belastet werden. Zu den strengeren Anforderungen des PBefG, was den Rahmen vertraglicher Vereinbarung gemeinwirtschaftlicher Dienste angeht, vgl. auch Zeiselmair, OR 4/94, 10. 39 So der Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 1216269 S. 144 in der Begründung zu § 13a sowie Zeiselmair, OR 4/94, 10 und BalteslBayerniofmann, Der NV 11/94,20, die meinen, daß § l3a indirekt zur Ausschreibung auffordere. Bidinger, NZV 94, 209 [212f.1 sieht schon durch Verweis auf die VO (EWG) 1191/69 nF den Einstieg in die Ausschreibungspraxis eröffnet.

§ 2 Die Änderungen im Personenbeförderungsgesetz

177

4. Neue Aufgaben der Genehmigungsbehörden

Neben diesen neuen Abwägungsbelangen im Genehmigungsverfahren, die das Ennessen der Genehmigungsbehörde z.T. stark einschränken, kommen ihr auch nach § 8 III 1 neue Gestaltungsaufgaben zu. Sie soll für Integration der Nahverkehrsbedienung, Kooperation und Verbund der Beförderungsentgelte sorgen. Dabei hat sie mit Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen zusammenzuarbeiten und auf wirtschaftliche Verkehrsgestaltung zu achten. Dieser Auftrag soll über eine Förderung der freiwilligen Zusammenarbeit der Unternehmen hinausgehen40 • Nach § 9 11 kann sie daher, soweit für die Zielsetzung des § 8 erforderlich, Liniengenehmigungen auch gebündelt erteilen41 ,42. 5. Rechte der Verkehrsunternehmen

Große Auswirkungen hat die PBefG-Novelle ferner auf die Situation der Linienverkehrsunternehmen. Neben dem künftigen Wahlrecht bei Genehmigungsbeantragung und der obligaten Mitwirkung vorhandener Unternehmen an der Aufstellung der Nahverkehrspläne, relativiert die Refonn vor allem die Besitzstandsrechte etablierter Linienunternehmer. Bei Wiedererteilung von Genehmigungen für eigenwirtschaftlich zu betreibende Verkehre nach § 13 ist nach dem neuen § 13 III ein Besitzstandsschutz nur möglich, wenn der Verkehr den Zielen einer integrierten Nahverkehrsgestaltung und den Vorgaben des Nahverkehrsplans entspricht. Gleiche Einschränkungen gelten für die Ausgestaltungsrechte in § 13 11 Nr. 2C43 . Und bei gemeinwirtschaftlichen Verkehrsleistungen sieht § 13 a überhaupt keinen Besitzstandsschutz vor. Ferner kann nach § 1611 2 die Genehmigungsdauer auf unter 8 Jahre verkürzt werden, falls der Nahverkehrsplan dies erfordert44 • Hinzu kommt, daß sie künftig zumindest Vgl. Ausschuß für Verkehr (Begründung), BT-Drucks. 12/6269 S. 143. Das soll die Integration der Nahverkehrsgestaltung erleichtern, indem verbundene Verkehrsleistungen auch genehmigungsrechtlich zusammengeführt werden können; vgl. Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 143. Damit wird der Grundsatz der Liniengenehmigung nicht aufgegeben. Eine Netz- oder Gebietsgenehmigung wird mit § 9 II nicht eingeführt. Denn die Bündelungsmöglichkeit bezieht sich nur auf mehrere Linien eines Unternehmers; vgl. Zeiselmair, OR 4/94, 12. 42 Dennoch meint Bidinger, NZV 94, 214, daß die Position der Genehmigungsbehörde wegen ihrer Bindung an den vom Aufgabenträger beschlossenen Nahverkehrsplan (§ 8 m 2) geschwächt wurde. - Zeiselmair, OR 4/94, 8f. geht dagegen von mehr Rechten für die Genehmigungsbehörde aus. 43 Bidinger, NZV 94, 213f. schließt dadurch in Einzelfällen auch eine vollkommene Beseitigung des Besitzstandsschutzes (und Probleme mit Art. 14, 12 GG) nicht aus. 44 Mit dieser Konkretisierung der öffentlichen Verkehrsinteressen in § 16 II 1 relativiert sich bei der Bemessung der Genehmigungsdauer das Interesse des Unternehmers an langfristiger Disposition. Denn Nahverkehrspläne gehen dem regelmäßig vor. So der Ausschußfür Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 145; Bidinger, NZV 94, 214. 40

41

12 Maaß

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D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelie

bei gemeinwirtschaftlichen Verkehrsleistungen mehr mit den (auch nicht am Markt) vorhandenen Unternehmen konkurrieren müssen.

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle Hinsichtlich der Bahnreform haben Fromm und Seil mann vertreten, daß die Eisenbahnen des Bundes, da sie nun als Wirtschaftsunternehmen in privatrechtlicher Form zu führen sind (Art. 87e III 1 GG), "aus der Pflicht zur Daseinsvorsorge, was man auch immer darunter verstehen mag, entlassen sind,,45. Daß dies nicht richtig ist, folgt schon daraus, daß weiterhin für die Bahnen Beförderungs- und Tarifpflichten bestehen (§§ 10, 12 AEG)46. Auch die Reform des PBefG läßt für die Personenbeförderung im Nahverkehr eine solche Folgerung nicht ZU47 . Sollte aber gemeint sein, daß für die Bahnen nun die ,'pflicht zur Kostenunterdeckung" aufgehoben ist, da sie gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistungen nur noch gegen Verlustausgleich zu erbringen haben (§ 15 I AEG), so ist dem zuzustimmen. Diese Entlassung aus der Gemeinwirtschaftlichkeit im herkömmlichen Sinne hat die Bahnreform mit der Reform des (Straßen-)Nahverkehrs im PBefG gemein. Eine Entlassung aus der ,,Pflicht zur Daseinsvorsorge" ist damit aber gerade nicht verbunden. Im Gegenteil, die Daseinsvorsorgeaufgabe des ÖPNV wurde mit der Reform bekräftigt. Innerhalb dieses Rahmens haben sich jedoch einige Veränderungen ergeben, die von Einfluß auf Marktverhalten und Wettbewerbssituation der Verkehrsunternehmer sind. Diese sollen im folgenden aufgezeigt und bewertet werden. Dazu werden die neu eingeführten unbestimmten Rechtsbegriffe48 , die den

Fromm/Sellmann, NVwZ 94, 548. Die Daseinsvorsorgefunktion der Bahnen wurde sogar noch betont, indem z.B. das Verfahren der Planung für Bau und Veränderung von Schienenwegen vereinfacht und beschleunigt wurde, um eine flächendeckende Verkehrsbedienung schneller herstellen zu können (vgl. § 18 11, m AEG, wo Planfeststellungsbeschlüsse durch Plangenehmigungen im Falle von Nichtbeeinträchtigung von Rechten anderer ersetzt werden oder solche förmlichen Akte im Falle unwesentlicher Vorhaben ganz entfallen können). 47 Denn die Novelle des PBefG läßt § 28 Ia Nr. 1 PBefG unberührt, wo für den Bereich des Nahverkehrs der Daseinsvorsorgeaspekt der Personenbeförderung sogar noch deutlicher als bei den Eisenbahnen hervortritt. Danach ist bei Planung von Verkehrsanlagen für Straßen- und V-Bahnen anstelle einer Planfeststellung eine Plangenehmigung bereits dann möglich, wenn Rechte anderer "nicht wesentlich beeinträchtigt werden". - Das zeigt, welche Bedeutung der Gesetzgeber dem Ausbau des Nahverkehrs für die Mobilität der Bevölkerung nach wie vor beim ißt. 48 Kritisch zu gesetzgeberischen Versuchen, die große Anzahl unbestimmter Rechtsbegriffe noch durch weitere neue (z.T. betriebswirtschaftliche, vgl. § 8 IV 2) zu definieren, äußern sich z.B. Fromm/Sellmann, NVwZ 94, 552. 45

46

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

179

Rahmen für kompetitives Verhalten markieren, einer kritischen Würdigung unterzogen und die aus den jeweils möglichen Interpretationen resultierenden Folgen für Wettbewerb und Verkehrssituation im Nahverkehr dargestellt. Da sich die Reform auf den ÖPNV, also nur auf den Linienverkehr und nicht alle Verkehrs formen des PBefG bezieht und zudem auch etliche wettbewerbsrelevante Gesetzesbestimmungen unverändert fortbestehen, wie das Genehmigungserfordernis nach § 2, die subjektiven Zulassungsschranken des § 13 I oder die Pflichten der Unternehmen, sind die Auswirkungen der Novelle auf den Wettbewerb der Nahverkehrsunternehmen allerdings von vornherein begrenzt. Auf die Wettbewerbs situation im Gelegenheitsverkehr wirkt sich die Reform nicht aus. Daß es auch zu keiner umfassenden Veränderung der Wettbewerbssituation für Linienverkehrsunternehmer gekommen ist, zeigt schon die Tatsache, daß die Bedeutung des Linienverkehrs für die Allgemeinheit mit der gesetzlichen Definition des ÖPNV in § 8 I, 11 noch betont wurde49 und auch kein Basisparagraph für den Wettbewerb, wie z.B. § 1 11 AEG, der Angleichung der Wettbewerbsbedingungen und lauteren Wettbewerb der Verkehrsträger fordert, Eingang in das PBefG fand.

I. Veränderung der Wettbewerbssituation im Linienverkehr Wie bereits angedeutet, hängt die Veränderung der wettbewerblichen Situation der vorhandenen und Marktzugang begehrenden Linienverkehrsunternehmer stark von der Auslegung der Zentralbegriffe der Novelle, wie Eigenwirtschaftlichkeit, ausreichende Verkehrsbedienung, Nahverkehrsplan und unterschiedliche Arten der Genehmigung, ab. Die Reform berührt vier mögliche Wettbewerbs felder: Wettbewerb von ÖPNV und Individualverkehr; Wettbewerb von Linien- mit Gelegenheitsverkehr; Wettbewerb der Linienverkehrsunternehmer im Bereich eigenwirtschaftlicher und im Bereich gemeinwirtschaftlicher Leistungen. 1. Eigenwirtschaftlichkeit von Verkehrsleistungen

Die zentrale Bedeutung des neu definierten Begriffs der Eigenwirtschaftlichkeit in § 8 IV 2 für künftigen Wettbewerb im Linienverkehr wurde bereits betont. Sie liegt sowohl in seiner Maßgeblichkeit für das Genehmigungsrecht

49 Dies spricht, wenn man die Rechtsprechung zu § 13 II a.F. ansieht, eher gegen als für eine größere Öffnung des Linienverkehrsmarktes, da die Bedeutung des Linienverkehrs in bisheriger Tendenz der Rspr. bislang eher zur Rechtfertigung als zum Abbau von Marktzulassungsbeschränkungen betont wurde.

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D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

(v gl. § 13a)50 als auch darin begründet, daß gern. § 8 IV 1 Verkehrsleistungen im ÖPNV grundsätzlich eigenwirtschaftlich zu erbringen sind. Da erst Eigenwirtschaftlichkeit unternehmerische Eigenverantwortung ermöglicht51 , die dem PBefG zugrunde liegt, ist unternehmerisches und mithin wettbewerbliches Verhalten entscheidend davon abhängig, welchen finanziellen Spielraum der Begriff der Eigenwirtschaftlichkeit eröffnet. a) Gesetzesverständnis des PBefG von Eigenwirtschaftlichkeit

Nach der neuen Definition des § 8 IV 2 sind Verkehrsleistungen dann eigenwirtschaftlich, wenn ihr Aufwand gedeckt wird durch Beförderungserlöse, Erträge aus gesetzlichen Ausgleichs- und Erstattungsregelungen im Tarif- und Fahrplanbereich sowie sonstige Unternehmenserträge im handelsrechtlichen Sinne52 . Auch im Rahmen dieser Definition ist davon auszugehen, weil § 39 11 und damit die gefestigte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zur Eigenwirtschaftlichkeit weitergilt53 , daß also die Betriebseinnahmen eines Unternehmers dessen Kosten nicht nur decken, sondern auch eine angemessene Gewinnspanne enthalten müssen 54 • Fraglich ist aber, was nach der neuen Definition neben Fahrgeldeinnahmen noch zu diesen Betriebseinnahmen zählt.

50 Vgl. Zeiselmair, OR 4/94, 9; Bidinger, NZV 94,214; VDV, Jahresbericht '93, S. 16 [17]. - Da § 13a nur dann relevant ist, wenn gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistungen erbracht werden müssen, gibt der Begriff der Eigenwirtschaftlichkeit zugleich eine neue negative Definition von Gemeinwirtschaftlichkeit LS.d. PBefG vor: Gemeinwirtschaftlich sind alle Leistungen, die nicht eigenwirtschaftlich LS.d. § 8 IV 2 sind. 51 Denn ohne Eigenwirtschaftlichkeit der Verkehrsleistungen eines Unternehmers ist dieser, um den Verkehr anbieten zu können, auf Verlustdeckung durch die öffentliche Hand angewiesen, was ihn in finanzielle Abhängigkeit bringt und seine Gestaltungsfreiheit beschränkt; vgl. Christian Heinze: Der Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen und Aspekte künftiger Regulierung des ÖPNY unter Berücksichtigung der EG-Verordnung 1893/91, VuT-Schriftenreihe 79, S. 130 und Helmuth Bidinger: Personenbeförderungsrecht - Kommentar zum PBefG, 2. Aufl., Std. Aug. '94, § 39 Anm. 1. - Vorteil des Prinzips der Eigenwirtschaftlichkeit ist, daß Zwang zu Kostendeckung, Rationalisierung und Erfolg ausübt wird. Eigenwirtschaftlichkeit ist eine Bedingung, um Wirtschaftlichkeit zu erreichen. 52 § 8 IV stellt dabei nicht auf das Verkehrsunternehmen, sondern auf jede einzelne Linie ab. Das PBefG kennt keine "Gebietskonzession"; vgl. Batzill, Der NY 7-8/94, 13. 53 Bidinger, NZV 94, 213 und Fromm: PBefG-Novelle und EG-Recht, OmnibusRevue 5/94, 8 [9]. 54 Um dem Unternehmer zu ermöglichen, mit der notwendigen technischen Entwicklung Schritt zu halten; vgl. BVeifGE 42, 191 [204]. ,,Eigenwirtschaft" soll dann gegeben sein, wenn Kostendeckung vorliegt, also ein Verkehrsunternehmen weder Zuschüsse benötigt noch Gewinne abwirft. Siehe auch Bidinger, PBefR, § 39 Anm. 1.

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

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In der Begründung zu § 8 IV 2 heißt es nur vage, daß "alle herkömmlichen Einnahmeformen" der Unternehmen umfaßt sein sollen55 • aa) Gesetzliche Ausgleichs- und Erstattungsregelungen Gesetzliche Ausgleichs- und Erstattungsregelungen im Taritbereich sind z.B. die Erstattung von Fahrgeldausfällen wegen Beförderung von Auszubildenden gern. § 45a oder Schwerbehinderten gern. § 62 SchwbG56 • Diese Regelungen werden durch § 8 IV 2 zu Einnahmen umdeklariert57 ,58, was eine beträchtliche Erweiterung des § 39 11 darstellt59 . Auf ihnen beruhende Zahlungen an die Unternehmer heben somit die Eigenwirtschaftlichkeit im Sinne des Gesetzes nicht auf. Aus wettbewerblicher Sicht ist dieses Erfassen der Einnahmen aus den Surrogaten für Fahrgeldeinnahmen aber unbedenklich, da sich diese Fiktion auf alle Linienunternehmen erstreckt, die derartige Beförderungen durchführen. Es entsteht dadurch keine unberechtigte Wettbewerbsverzerrung, weil grundsätzlich alle Unternehmen Beförderungen dieser Art vornehmen können und die noch nicht auf dem Linienverkehrsmarkt vorhandenen Unternehmen solche Zahlungen in die Kalkulation für die Berechnung ihrer Eigenwirtschaftlichkeit miteinbeziehen können. Was unter gesetzliche Ausgleichs- und Erstattungsregelungen im Fahrplanbereich fallen soll, ist schwer auszumachen60 • Man könnte daran denken,

darunter nach Art. 6 III 2 Einnahmen aus Ausgleichszahlungen für Auferle-

Vgl. Ausschußfür Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 143. Vgl. Baltes/BayerlHofmann, Der NY 11/94,20 und Bidinger, NZV 94, 213. 57 Kritisch dazu Fromm, OR 5/94, 9, der von einer ,,Nonchalance die ihresgleichen sucht" spricht und meint, daß so Schwierigkeiten mit dem Begriff der gemeinwirtschaftlichen Leistung entstehen. Denn der Terminus "Gemein wirtschaftlichkeit" ist dann nach neuem Recht (vgl. die Überschrift des § 13a, die ihn wie oben in Anm. 50 dargestellt verwendet) ein anderer als z.B. derjenige, welcher der Verordnung über den Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Straßenpersonenverkehr (PBefAusglVO) v. 2.8.77 (BGBL I S. 1460) entspricht. 58 Auf steuerliche Probleme, die sich hinsichtlich der Umsatzsteuerpflicht mit der Verwandlung von Ersatzleistungen nach § 45a in Fahrgeldeinnahmen ergeben (auch solche Erstattungen von Fahrgeldausfällen an öffentliche Verkehrsuntemehmen sind als "zusätzliches Entgelt" i.S.d. § 10 I 3 UStG dann wohl umsatzsteuerpflichtig), kann hier nicht näher eingegangen werden. Nähere Hinweise dazu bei Bidinger, NZV 94, 213 und Fromm, OR 5/94, 9f. 59 So Bidinger, NZV 94, 213, der im Hinblick auf § 39 n Auslegungsschwierigkeiten befürchtet. 60 Fromm, OR 5/94, 9; Zeiselmair, OR 4/94, 10. Sie betonen, daß sie keine derartigen Vorschriften kennen. 55

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D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

gung oder Beibehaltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen i.S.d. va (EWG) 1191/69 nF zu fassen. Dies ist jedoch abzulehnen, weil sonst die zuständige Behörde61 allein durch Wahl des Verfahrens nach Art. 1 V va jede gemeinwirtschaftliehe Leistung i.S.d. EU-Rechts in eine eigenwirtschaftliche nach dem PBefG umwandeln und so den Wettbewerb verzerren könnte62 . bb) Sonstige Unternehmenserträge im handelsrechtlichen Sinne Fraglich ist ferner, was zu den "sonstigen Unternehmenserträgen im handeisrechtlichen Sinne" zählt. Diejenigen, die grundsätzlich alle möglichen Einnahmeformen gerade öffentlicher Verkehrsunternehmen bei Berechnung der Eigenwirtschaftlichkeit eines Unternehmens miteinbeziehen wollen 63 , fassen hierunter Umsatzerlöse (z.B. Werbeeinnahmen, aktivierte Eigenleistungen, Erträge aus Beteiligungen und Wertpapieren, Zinserträge) und sonstige betrieblichen Erlöse (z.B. ertragswirksame Zuschüsse der öffentlichen Hand, Erträge aus Verlustübernahmeverträgen oder vertraglichen Vereinbarungen zur Tarifsubventionierung oder Fahrplanverdichtung mit der öffentlichen Hand, steuerfreie Gewinne im Versorgungsbereich bei verbundenen kommunalen Unternehmen - Querverbundfinanzierung)64. Ihrer Meinung nach soll es bei § 8 IV 2 gerade nicht darauf ankommen, ob ein Verkehrsunternehmen im betriebswirtschaftlichen Sinne eigenwirtschaftlich ist, sondern ob es handelsrechtlieh als solches gilt65 • Anderer Ansicht nach sollen diese zuletzt aufgeführten "sonstigen betrieblichen

61 Zuständige Behörde zur Umsetzung der VO (EWG) 1191/69 nF wird i.d.R. der Aufgabenträger des ÖPNY (§ 8 II1) sein (s.o., Kap. D § 211 3b, Anm. 35). 62 Das stellte auch das Genehmigungssystem der §§ 13, Ba auf den Kopf. Denn die Genehmigung einer Linie hat sich im Fall der Auferlegung einer gemeinwirtschaftlichen Leistung nach § Ba zu richten, der aber nicht anwendbar ist, falls es sich um eine eigenwirtschaftliche Leistung handelt. Ausgleichszahlungen wg. Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Leistungen und Eigenwirtschaftlichkeit schließen sich daher nach der Gesetzessystematik aus. Vgl. auch BalteslBayerlHofmann, Der NY 11194, 20. 63 Z.B. der Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 143; Batzill, Der NY 7-8/ 94, 13; VDV, Jahresbericht '93, S. 17. 64 Aufzählung bei Batzill, Der NY 7-8/94, 13; VDV, Jahresbericht '93, S. 17. Auch Zeiselmair, OR 4/94, 9f. räumt ein, daß bei philologischer Auslegung des § 8 IV 2 alle diese Posten miteinbezogen werden können. - Bezeichnenderweise befürworten alle diejenigen, die der VO (EWG) 1191/69 nF kein Verbot des kommunales Querverbundes entnehmen wollen (s.o., Kap. C § 3 m 2c bb, Anm. 86-91), diese weite Auslegung des § 8 IV 2. 65 Batzill, Der NY 7-8/94, 13.

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

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Erlöse" nicht mehr unter den Begriff der Eigenwirtschaftlichkeit zu fassen sein66 • Die Folgen, die sich aus den verschiedenen Auffassungen vom Inhalt der Eigenwirtschaftlichkeit für den Wettbewerb im Nahverkehrsbereich ergeben, sind sehr weitreichend und unterschiedlich. Bereits hier hat eine Kritik anzusetzen. Ziel dieser umfassenden Formulierung des § 8 IV 2 ist es, den Bereich der Eigenwirtschaftlichkeit möglichst groß zu lassen. Der Gesetzgeber neigt offenbar einer extensiven Interpretation des § 8 IV 2 zu. Das deckt sich mit dem Interesse vieler Verkehrsunternehmen67 • Sie wollen möglichst viele ihrer Verkehrs leistungen als (noch-) eigenwirtschaftlich deklarieren können, da sie dann nicht unter den für gemein wirtschaftliche Leistungen vorgesehenen Wettbewerbsdruck geraten 68 . ( 1) Kritik an den Auswirkungen eines weiten Begriffsverständnisses

Je ausgedehnter der Begriff der Eigenwirtschaftlichkeit gefaßt wird, desto kleiner ist der Bereich gemeinwirtschaftlicher Leistungen, die nach den Regeln der VO (EWG) 1191/69 nF auferlegt oder mit den Unternehmen vereinbart werden müssen. Bei wenigen Fällen von Gemeinwirtschaftlichkeit kommt also die VO (EWG) 1191/69 nF nur selten zur Anwendung69 - mithin findet auch nur wenig Wettbewerb der Linienunternehmen um die Erbringung solcher Leistungen statt. Zugleich wird den Unternehmen, die vom Querverbund profitieren, ein gesetzlich festgelegter Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistungen verwehrt70 • Ein weites Verständnis von Eigenwirtschaftlichkeit bewirkt ferner, daß die meisten öffentlichen Verkehrsunternehmen als eigenwirtschaftlich gelten, obwohl sie stark bezuschußt werden oder ihre Leistungen tatsächlich bei Kostenunterdeckung erbringen71 • Ihre bisherigen Einnahmeformen72 blieben ihnen 66 Vgl. z.B. Fromm, OR 5/94, 9f.; Bidinger, NZV 94, 213; BalteslBayerlHojmann, Der NY 11194, 20. - Aber auch sie gehen davon aus, daß nach der Gesetzesintention das weitere Verständnis von Eigenwirtschaftlichkeit gewollt ist. 67 Gemeint sind v.a. solche Unternehmen, die auf eine Finanzierung aus Querverbund und Zuschüsse ihres öffentlichen Eigentümers zurückgreifen können, also öffentliche (kommunale) Unternehmen. 68 BalteslBayerlHojmann, Der NY 11194, 18,20. 69 Vgl. auch Fromm, OR 5/94, 9f., der meint, daß der Rückgriff auf Gemeinschaftsrecht bei dem umfassenden Begriff der Eigenwirtschaftlichkeit zur verschwindend geringen Ausnahme wird. Ähnlich auch Zeiselmair, OR 4/94, 9f. 70 Zeiselmair, OR 4/94, 10. 71 Bidinger, NZV 94, 213 meint, daß mit Hilfe des § 8 IV 2 viele "hochdefizitäre" Kommunalbetriebe vom wesentlichen Teil "exakter" Eigenwirtschaftlichkeit ausgenommen werden. Fromm, OR 5/94, 10 sieht damit den Begriff der Eigenwirtschaftlich-

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komplett erhalten. Demgegenüber gelten viele kleinere, vor allem private Unternehmen, die nicht auf zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten zurückgreifen können, nicht als eigen-, sondern als gemeinwirtschaftlich und müssen sich dem Wettbewerb anderer Unternehmer mit ähnlicher Kostenstruktur stellen. Dies karm im Fall von Ausschreibungen zu ihrer Verdrängung und Existenzvernichtung führen 73 • Der weite Begriff des § 8 IV 2 bewirkt so Wettbewerbsverjälschungen74 . Verglichen mit privaten hätten öffentliche Verkehrsunternehmen evidente Wettbewerbsvorteile75 , da sie grundsätzlich als eigenwirtschaftlich nach § 13 zu genehmigen wären. Des weiteren führt ein extensives Verständnis von Eigenwirtschaftlichkeit dazu, daß die Angebote der Verkehrsunternehmen wegen der unterschiedlichen Einnahmemöglichkeiten nur schwer oder gar nicht wirtschaftlich vergleichbar sind und auch nicht miteinander verglichen werden. Denn wegen des aufgeteilten Genehrnigungsverfahrens des PBefG werden nur eigen wirtschaftliche und gemeinwirtschaftliche Leistungsangebote untereinander, aber nicht miteinander verglichen. Zudem rückt mit dem Erhalt aller bestehenden Finanzierungsformen i.R.d. § 8 IV 2 der Aspekt der Wirtschaftlichkeit in den Hintergrund. Denn wenn ein Unternehmen auch ohne Kostensenkung eigenwirtschaftlich bleiben und seine Position halten kann, ist der Anreiz, sich um Einsparung zu bemühen, gering76 •

keit "auf den Kopf gestellt", weil nun im Nahverkehrsbereich, der seit Jahrzehnten unter gemeinwirtschaftlichen Lasten ächzt, solche Lasten plötzlich nicht mehr existieren sollen. n Vgl. dazu Vogt: Müssen Fahrpreise jetzt kostendeckend sein?, Der Nahverkehr 4/1993, 9 [10]. Er bezeichnet das hiesige Finanzierungssystem im ÖPNV als eine "Kombination von § 45a, Querverbund mit Stadtwerken und beliebigen freiwilligen Zuschüssen aus verschiedenen staatlichen Kassen außerhalb vertraglicher Lösungen oder Auferlegungen". 73 So schon Fey: Quer zum Querverbund, Omnibus-Revue 12/1992,6 [7] für den Fall von Ausschreibungen trotz gleichzeitiger Zulässigkeit von Querverbundfinanzierung kommunaler Verkehrsunternehmen. 74 So Zeiselmair, OR 4/94, 8 [9]. Fey, OR 12/92, 6 [6] spricht im Hinblick auf die Zulässigkeit von Querverbundfinanzierung von "extremer Wettbewerbsverzenung". Auch Aberle: Öffentlicher Personennahverkehr in der Fläche - organisatorische und finanzpolitische Reformvorschläge, S. 85 hält Zuschuß- oder Ausgleichszahlungen außerhalb vorher verfahrensmäßig festgelegter Zahlungsmodalitäten (wie z.B. nach der VO 1191/69 nF) für wettbewerbsverzerrend. 75 Vgl. Bidinger, NZV 94, 213. Fromm, OR 5194, 10 hält die Wettbewerbschancen von Unternehmen, die nicht auf "sonstige Erträge im handelsrechtlichen Sinne" zurückgreifen können, für "gleich Null". 76 Vgl. zu diesem Zusammenhang schon vor Erlaß des § 8lV 2 eh. Heinze, Ausgleich gemeinwirtsch. Leistungen, S. 126. Auch Fey, OR 12/92, 6 meint, daß zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten gerade nicht dazu führen, daß über spürbare Kostensenkungen nachgedacht wird.

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

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(2) Wettbewerbsauswirkungen bei einem restriktiven Begriffsverständnis

Legt man den Begriff der "sonstigen Unternehmenserträge im handelsrechtlichen Sinne" bei der Bestimmung der Eigenwirtschaftlichkeit des § 8 IV 2 hingegen eng aus und faßt darunter weder Querverbundeinnahmen noch vertragliche Verlustzuschüsse öffentlicher Eigentümer, so gelten weniger Verkehre als eigenwirtschaftlich und der Bereich gemeinwirtschaftlicher Verkehrsleistungen ist erheblich größer77 . Damit kommt die va (EWG) 1191/69 nF vermehrt zur Anwendung, was die Möglichkeit von Wettbewerb z.B. durch Ausschreibungen eröffnet. Etliche kommunale Unternehmen könnten nicht mehr auf ihre bisherigen Finanzierungsmöglichkeiten zurückgreifen und wären in der Regel auf dieselben Einnahmemöglichkeiten angewiesen wie private. Damit würde die Auswahl der kostengünstigsten Anbieter erleichtert und eine größere Gleichbehandlung öffentlicher und privater Verkehrsunternehmen ermöglicht78 . Öffentliche Unternehmen würden zu größerer Rentabilität ihres Betriebs angehalten. Und die Unternehmen könnten hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit ihrer Angebote besser miteinander verglichen werden. Wettbewerbsverzerrungen und vorteile allein durch zusätzliche Einnahmequellen entfielen folglich weitgehend. b) Zulässigkeit des extensiven Eigenwirtschaftlichkeitsbegriffs

Bereits die negativen Auswirkungen eines weiten Verständnisses sonstiger Erträge bei der Berechnung von Eigenwirtschaftlichkeit, das mit dem Wortlaut des § 8 IV 2 eröffnet wird, läßt Zweifel an der Sachgerechtigkeit dieser gesetzlichen Definition aufkommen. Von einer solchen Kritik der Folgen ist aber die Frage zu trennen, ob das vom Gesetz zugelassene extensive Verständnis von Eigenwirtschaftlichkeit der Verkehrsunternehmen überhaupt rechtlich zulässig ist. Dabei ist die Erweiterung des herkömmlichen Verständnisses von Eigenwirtschaftlichkeit, welche die Einbeziehung von gesetzlichen Ausgleichs- und Erstattungsregelungen im Taritbereich in § 8 IV 2 darstellt, nicht zu beanstanden (s.o.). Zu klären ist aber, ob die (nach dem Wortlaut mögliche) weite Auslegung "sonstiger Unternehmenserträge im handelsrechtlichen Sinne" gegen anderweitige Vorschriften verstößt. In Frage kommt hier eine Kollision mit den

77 So auch Baltes/Bayer/Hojmann, Der NY 11/94, 20 für den Fall der Zugrundelegung eines "exakten" (d.h. engen) Eigenwirtschaftlichkeitsbegriffs. 78 Ernste Zweifel daran, daß bei Zulässigkeit interner "Finanzierungs hilfen" noch das Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 GG) beachtet wird, äußert z.B. Bidinger, NZV 94, 213.

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übrigen Normen des PBefG oder mit Prinzipien des europäischen Gemeinschaftsrechts. aa) Verhältnis zu anderen Anliegen der PBefG-Novelle Die neue Definition des Begriffs der Eigenwirtschaftlichkeit kam im Gesetzgebungsverfahren erst relativ spät in die Novelle hinein 79 • Dabei steht sie nicht bezugslos neben den anderen Neuerungen und Postulaten der Novelle, sondern ist in diese eingebettet. So wird in § 8 III 1 wirtschaftliche Verkehrsgestaltung gefordert80 und betont, daß die multiple Zielsetzung im ÖPNV vielfach Veränderungen im Liniennetz bedingt und zu größerem Leistungsumfang im ÖPNV und einer generell verbesserten Marktlage für die Verkehrsunternehmen führen so1l81. Es ist damit eine Hauptintention der Novelle, die Wirtschaftlichkeit im Nahverkehr82 zu verbessern. Dies stellt den Rahmen dar, in den sich der neue Begriff der Eigenwirtschaftlichkeit einfügen muß. Zu diesem Hauptziel der PBefG-Novelle steht er aber mit seinem weiten Verständnis, das

79 Noch der Bundesrat ging in seinen Änderungsvorschlägen zum Gesetzesentwurf zum ENeuOG der BReg v. 25.5.1993 (BT-Drucks. 12/5014 S. 31,33) vom herkömmlichen Begriff der Eigenwirtschaftlichkeit, wie er § 39 11 zugrundeliegt, aus: Sobald die Grenze des § 39 11 überschritten wird, sollte eine gemeinwirtschaftliche Leistung vorliegen, auf welche die VO (EWG) 1191/69 nF anzuwenden ist. Trotz EU-Rechts hielt man also ursprünglich eine Neu-Definierung nicht für notwendig. So damals auch die Bundesregierung in der Stellungnahme zu diesen Änderungsvorschlägen (BT-Drucks. 1215014 S.52). Daher nennt Fromm, OR 5/94, 9 die Neubestimmung des § 8 IV 2 "überraschend". - Lt. Zeiselmair, OR 4/94, 10 kam es zur neuen Begriffsbestimmung erst "nach intensiven Beratungen zwischen den Verkehrsverbänden und den Abgeordneten des Bundestages". Erst auf Intervention der Interessenvertretung öffentlicher Verkehrsuntemehmen hin ist es also im Gesetzgebungsverfahren zur Ausweitung des Eigenwirtschaftlichkeitsbegriffs gekommen. Da sich die Interessenvertretung der privaten Verkehrsunternehmen bereits gegen die Zulässigkeit kommunaler Querverbundfinanzierung ausgesprochen hatte, die nun von § 8 IV 2 erfaßt wird, ist davon auszugehen, daß sie gerade nicht für eine solche Ausweitung plädiert hat. Zum Standpunkt des privaten Busgewerbes vgl. auch Fey, OR 12192,6 [6f.]. 80 Lt. Ausschußfür Verkehr, BT-Drucks. 1216269 S. 143, ist hier darauf zu achten, daß die Kosten der Unternehmen möglichst durch deren ,,Erträge" gedeckt und "die öffentlichen Haushalte nicht belastet werden". Die Unternehmen sollen ,,ihr Angebot in erster Linien unter wirtschaftlichen Aspekten festlegen", wie unter Hinweis auf § 8 IV 1, der Eigenwirtschaftlich der Verkehrsleistungen im ÖPNV fordert, erklärt wird. Eine wirtschaftliche Verkehrsgestaltung soll auch bei der Genehmigung nach § 13 ein wichtiger Abwägungsbelang sein (a.a.O. S. 144). 81 Vgl. Ausschußfür Verkehr, BT-Drucks. 1216269 S. 144 zum neuen § 13 IIa. 82 Das Postulat "wirtschaftlicher Verkehrsgestaltung" im ÖPNV wurde mit Rücksicht auf die öffentlichen Haushalte eingeführt. Es ist dann erfüllt, wenn die Kosten des ÖPNV durch die Erträge gedeckt werden; vgl. Zeiselmair, OR 4/94, 8f.

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

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sich, wie gezeigt, eher wettbewerbs hemmend auswirkt und Kostensenkung und größere Wirtschaftlichkeit kaum antreibt, in gewissem Widerspruch 83 . Bedenken verfassungsrechtlicher84 oder wettbewerbsrechtlicher Art8S gegen die weite Fassung des § 8 IV 2 sollen hier nur angedeutet werden. Aufgrund des engen Zusammenhangs von § 8 IV 2 mit EU-Recht ist aber näher auf einen möglichen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht einzugehen. bb) Verstoß des § 8 IV 2 gegen Gemeinschaftsrecht Fraglich ist hier vor allem, ob die weite gesetzliche Fassung des Eigenwirtschaftlichkeitsbegriffs, zumindest seine extensive Interpretation, nicht einen Verstoß gegen die va (EWG) 1191/69 nF darstellt. Denn Folge der Ausweitung der Eigenwirtschaftlichkeit ist, wie dargelegt, daß der Mechanismus der 83 Zumindest gegen Einbeziehung von vertraglich vereinbartem Kostenausgleich zwischen öffentlichem Eigentümer und Verkehrsuntemehmen, der diesen ohne vorgeschaltetes Verfahren, wie es § Ba indirekt bei Vereinbarung gemeinwirtschaftlicher Leistungen zw. Aufgabenträger und Unternehmen vorsieht, gewährt wird, in den Begriff der Eigenwirtschaftlichkeit spricht auch die Systematik der PBefG-Novelle. Denn es ist widersprüchlich, in § Ba indirekt ein Verfahren vorzuschreiben, bei dem nur derjenige eine Genehmigung für eine gemeinschaftliche Verkehrsleistung bei vertraglich vereinbarter Verlustabdeckung erhält, der die Allgemeinheit mit den geringsten Kosten belastet, welches dadurch umgangen werden kann, indem man einen Vertrag über den Kostenausgleich mit der Folge schließt, daß die Verkehrsleistung dann nicht mehr gemein-, sondern eigenwirtschaftlich ist. Dann müßte man nämlich sagen, daß "eine gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistung dadurch zur eigenwirtschaftlichen Leistung wird, indem man einen Vertrag darüber schließt", so Zeiselmair, OR 4/94, 10. - Wenn dieser Widerspruch schon bei vertraglicher Vereinbarung eines Kostenausgleichs besteht, dann kann nichts anderes für Fälle der Zuschußgewährung gelten, die noch nicht einmal auf vertraglicher Grundlage beruhen, sondern bloße Zuwendungen der öffentlichen Hand sind. Diese lassen sich nämlich mit den gleichfalls in § Ba geregelten Fällen hoheitlicher Au/erlegung gemein wirtschaftlicher Leistungen vergleichen, die ebenfalls zur Ausgleichsgewährung durch die öffentliche Hand (bei geringster Kostenbelastung) verpflichten. Auch Bidinger, NZV 94, 213 hält daher zumindest die Einbeziehung von "Erträgen aus vertraglichen Vereinbarungen" für problematisch. BalteslBayerlHofmann, Der NY 11/94, 18 bezeichnen die Subsumtion von Ausgleichszahlungen der Unternehmenseigentümer unter "sonstige Erträge" sogar als "nicht haltbar". 84 Fromm, OR 5/94, 10 sieht z.B. in der Ausdehnung des Begriffs der Eigenwirtschaftlichkeit einen (nicht näher bezeichneten) Grundgesetzverstoß, weil die rechtlichen Grenzen für Fiktionen mit Einbeziehung von "sonstigen Erträgen im handelsrechtlichen Sinn" in § 8 N 2 überschritten würden. Denn so würden Vorgänge und Verhältnisse gleichgestellt, ohne daß sie durch eine höhere Gemeinsamkeit verbunden sind. 8S Bidinger, NZV 94,213 erwähnt Bedenken, die sich wg. der enormen Wettbewerbsvorteile öffentlicher Unternehmen aus § 1 UWG und § 26 II GWB ergeben könnten. Fromm, OR 5/94, 12 verweist auf eventuelle Klagemöglichkeiten gegen § 8 IV 2 aufgrund dieser Normen.

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D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

VO 1191/69 nF nur selten im deutschen Nahverkehr zur Anwendung kommt, da etliche Verkehrsleistungen, die nach dem Verständnis der VO als gemeinwirtschaftlich anzusehen sind, weil sie ein Unternehmer (ohne die zusätzlichen Finanzhilfen der Kommunen) nicht im eigenen wirtschaftlichen Interesse erbringen würde, wegen der Definition des § 8 IV 2 noch als eigenwirtschaftlich gelten. Damit wird das Anliegen der VO 1191/69 nF - Stärkung wirtschaftlicher Eigenständigkeit der Unternehmen, Abbau von wettbewerbsverfaIschenden Eingriffen in den Nahverkehr und Wettbewerbs förderung - ins Gegenteil verkehrt 86 . Der Rückgriff auf die VO 1191/69 nF, der bei der wirtschaftlichen Lage des Nahverkehrs gerade der Regelfall sein müßte, wird so zur Ausnahme degradiert87 . Rechtliche Folgen hat diese Zurückdrängung von Gemeinschaftsrecht durch nationales Recht88 allerdings nur dann, wenn sie sanktioniert ist.

( 1) Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts Sekundäres Gemeinschaftsrecht ist unmittelbar in den EU-Mitgliedstaaten geltendes Recht. Diese unmittelbare Geltung v.a. von EU-Verordnungen ist in Art. 189 11 EGV ausdrücklich bestimmt. Es bedarf zur Bindung der Mitgliedstaaten an die Verordnung keiner legislativen Umsetzung mehr in nationales Recht89 • Daraus folgt zugleich die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, alle Maßnahmen zu unterlassen, welche die unmittelbare Geltung der VO in Frage stellen oder auch nur diesen Anschein erwecken90 • Will sich ein Mitgliedstaat gegen die Geltung einer Verordnung wehren, bleibt ihm nur eine Klage vor dem EuGH. Nach allgemeiner Ansicht kommt dabei den Verordnungen Anwendungsvorrang vor nationalem Recht ZU 91 . Falls nationales Recht dem Gemeinschaftsrecht widerspricht, bleibt es zwar wirksam, darf aber nicht

86 Vgl. ZeiselTTUlir, OR 4/94, 10 und Fromm, OR 5/94,10. BalteslBayerlHofmann, Der NY 11/94, 20 sprechen von einem "Unterlaufen der EG VO". Bidinger, NZV 94, 214 äußert ernste Zweifel an der Vereinbarkeit des § 8 IV 2 mit Gemeinschaftsrecht. 87 Fromm, OR 5/94, 10. 88 So Fromm, OR 5/94, 10. 89 Ennuschat: Von Paris über Rom nach Maastricht - Grundstrukturen der EG, des Binnenmarktes und des Maastrichter Vertrages, JuS 1995, 24 [26]; Rabe: Europäische Gesetzgebung - das unbekannte Wesen, NJW 1993, 1 [3]. 90 Streinz: Europarecht, 2. Aufl., Rn. 382. Falls eine VO Regelungen enthält, die noch nationaler Durchführungsakte bedürfen, so ist den Mitgliedstaaten nach Art. 5 I 1 EGV auch verboten, Maßnahmen zu ergreifen, die eine Änderung der Tragweite der VO zum Gegenstand haben. 91 Vgl. EuGH NJW 1964, 2371 [2372]. Dem hat das BVerfG (E 73, 339 [387]; 75, 223 [244]) zugestimmt und im Grundsatz auch einen Vorrang des EU-Rechts vor deutschem Verfassungsrecht bejaht. Vgl. auch Bleckmann: Europarecht, 5. Auf!., Rn. 752.

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

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angewendet werden 92 • Auch später erlassenes Nationalrecht, das mit dem Inhalt der va nicht vereinbar ist, bleibt von der Anwendung ausgeschlossen93 • In der praktischen Anwendung steht diese Rechtsfolge meist einer Nichtigkeit der widersprechenden nationalen Norm gleich 94 • Ergänzend gilt im Europarecht die teleologische Auslegungsmaxime der nützlichen Wirksamkeit ("effet utile"). Europäische Normen und Rechtsakte sind danach grundsätzlich so auszulegen, daß ihre volle Sinnentfaltung erzielt wird9s • (2) Stellungnahme Zwar verbleibt dem Regelungswerk der Verordnung trotz der Fassung des § 8 IV 2 nach der Novelle des PBefG, die ja hauptsächlich aus Gründen der Anpassung nationalen Rechts an die va (EWG) 1191/69 nF notwendig war, noch ein Anwendungsbereich. Eine weite Interpretation des § 8 IV 2 führt auch nicht zur völligen Unanwendbarkeit des EU-Rechts. Jedoch kann mit dieser extensiven Auslegung von Eigenwirtschaftlichkeit, welche die deutsche Definition eröffnet, der Anwendungsvorrang der Verordnung faktisch unterlaufen und die Verwirklichung der Hauptanliegen der va 1191/69 nF verhindert werden96 . Wettbewerbsverzerrungen können so aufrechterhalten werden. Es ist davon auszugehen, daß gerade auch bei einer erforderlichen Anpassung nationalen Rechts an europäische Rechtsakte der Grundsatz zu beachten ist, daß dadurch die Geltung des EU-Rechts nicht eingeschränkt oder die Tragweite einer va verändert werden darf. Die Situation bei Anpassung nationaler Teilrechtsordnungen aufgrund von europäischen Rechtsakten ist mit derjenigen 92 Die Rechtsprechung des EuGH erklärt in solchen Fällen die gemeinschaftsrechtswidrige Norm für "ohne weiteres unanwendbar": Vgl. EuGHE 1978, 629ff. Siehe auch BVerfGE 75, 223 [244]; Schweitzer/Hummer: Europarecht, 4. Aufl., S. 80; Oppermann: Europarecht, Rn. 540; Streinz, Rn. 200; Ennuschat, JuS 95, 26; Rabe, NJW 93, 3. - Nach a.A. besteht sogar ein Geltungsvorrang des Gemeinschaftsrechts. Entgegenstehendes nationales Recht ist danach nichtig. - Dem steht jedoch entgegen, daß der EuGH nicht die Kompetenz hat, bei Normenkollision verbindlich mit Nichtigkeitsfolge für das nationale Recht zu entscheiden. Auch reicht schon bloße Nichtanwendung widersprechenden nationalen Rechts aus, um der umfassenden Geltung des EU-Rechts Rechnung zu tragen. 93 SchweitzerlHummer, S. 80 und Oppermann, Europarecht, Rn. 553. 94 Oppermann, Europarecht, Rn. 540. 9S Oppermann, Europarecht, Rn. 439-441, 583 und Streinz, Rn. 498. 96 Es ist auch auf den Widerspruch hinzuweisen, daß § 15 AEG nF eine dem § 8 IV 2 entsprechende Begriffsbestimmung für die Eigenwirtschaftlichkeit nicht enthält, obwohl auch diese Norm zur Anpassung des deutschen AEG an die VO (EWG) 1191/69 nF geschaffen wurde. Dort werden Eisenbahnuntemehmen bloß verpflichtet, daß EU-Recht anzuwenden. - Warum aber Beförderungen mit Eisenbahnen und im Straßenverkehr unterschiedlich behandelt werden sollten, ist nicht einsichtig.

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D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

vergleichbar, die besteht, wenn später nationale Maßnahmen im Wirkungsbereich des EU-Rechts erlassen werden sollen oder wenn es zur Durchführung der va noch nationaler Akte bedarf. Dort darf die Wirkung des EU-Rechts nicht beschränkt werden. Also muß dies gerade auch für den Fall der Anpassung nationalen Rechts an Verordnungen der EU gelten. Eine Anwendung dieses Grundsatzes ist - auch aus teleologischen Gründen der vollen Effektivität europäischer Akte - mithin auf den Fall der Rechtsanpassung nationalen Rechts geboten. Da von der Definition des § 8 IV 2 faktisch eine solche Beschränkung des Anwendungsbereichs der va ermöglicht wird, verstößt sie in ihrer weiten Auslegung gegen europäisches Gemeinschaftsrecht97 mit der Folge, daß § 8 IV 2 nur mit einer engen Interpretation der "sonstigen Erträge im handelsrechtlichen Sinne" anwendbar ist. Zudem ergab die Auslegung der va (EWG) 1191/69 nF, daß bereits danach die Zusatzfinanzierung öffentlicher Verkehrsunternehmen durch kommunalen Querverbund unzulässig ist. Da eine weite Auslegung des § 8 IV 2 offensichtlich auch diese Form der Bezuschussung bei Berechnung der Eigenwirtschaftlichkeit miteinbeziehen will, liegt auch darin ein Verstoß gegen supranationales Recht98 • c) Resümee und Wettbewerbsaspekte

Von diesem wegen drohendem Verstosses gegen EU-Recht indizierten restriktiven Verständnis der Eigenwirtschaftlichkeit von Nahverkehrsunternehmen des § 8 IV 2 geht ein Impuls für den Wettbewerb im Nahverkehr aus. Mehr Unternehmen werden im gemeinwirtschaftlichen Bereich arbeiten, wo Wettbewerb (Ausschreibungen) um die Vergabe gemeinwirtschaftlicher Leistungen durch die zuständigen Behörden stattfinden kann. Private Unternehmen mit ihren Kostenvorteilen99 werden dort bessere Chancen haben, mit öffentlichen Anbietern zu konkurrieren. Kommunale Unternehmen müssen sich wettbewerbsfähiger machen 100 und ihre Effektivität steigern. Der Wirtschaftlichkeit des ÖPNV kann bei vermehrter Anwendung des Verfahrens nach § 13a besser Rechnung getragen werden. Da jedoch Kosten nach dem neuen PBefG nicht der einzig relevante Faktor im Nahverkehr sind - es ist auch auf Service, 97 Ebenso Fromm, OR 5/94, 10. Auch BaltesIBayerlHofmann, Der NY 11194, 20 sind der Ansicht, daß das nationale Recht (§ 8 IV 2) nicht mit dem EU-Recht übereinstimmt. Bidinger, NZV 94, 214 hat wegen des Zusammenhangs von § 13a mit § 8 IV 2 Zweifel und hält eine "eingehendere Überprüfung" für sinnvoll. 98 Vgl. Fromm, OR 5/94, 10. Bidinger, NZV 94, 213 hält einen solchen Verstoß zumindest für sehr wahrscheinlich. 99 Zu diesen Kostenvorteilen s.o., Kap. B § 3 III 2, Anm. 280. 100 BalteslBayerlHofmann, Der NY 11194, 22.

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

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Qualität, Innovation lOl sowie die übrigen Ziele des § 8 III I, wie Integration und Kooperation zu achten - werden auch künftig öffentliche Unternehmen gute Chancen haben, im Wettbewerb um die Vergabe gemeinwirtschaftlicher Verkehrs leistungen zu bestehen 102 • 2. Der Rahmen ausreichender Verkehrs bedienung

Dieses Verständnis der Begriffe Eigenwirtschaftlichkeit und Gemeinwirtschaftlichkeit wirkt sich gemäß § 8 IV 3 nur für den Bereich "ausreichender Verkehrsbedienung" aus. Denn nur ein ausreichendes Angebot an Verkehrsleistungen soll nach § 8 IV I, 3 eigenwirtschaftlich, und falls dies nicht möglich ist, gemeinwirtschaftlich nach Maßgabe der va (EWG) 1191/69 nF sichergestellt werden. Die Vorgabe ausreichender Verkehrsbedienung stellt damit den Rahmen dar, in dem sich Wettbewerb der Beförderer bei eigen- oder gemeinwirtschaftlichen Leistungen hauptsächlich bewegen soll. Daher ist zu klären, was unter "ausreichender" Verkehrsbedienung zu verstehen ist.

a) Bestimmung "ausreichender" Verkehrsbedienung Nach der Begründung zu § 8 IV bedeutet ausreichend "dem Verkehrsbedürfnis entsprechend,,103. Dabei ist nachfrage- und nicht angebots orientiert zu urteilen. Denn nach der ursprünglichen Formulierung in § 1 11 va (EWG) 1191/69 alte Fassung durften gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistungen nur insoweit aufrechterhalten werden, als für die Sicherstellung ausreichender Verkehrsbedienung unerläßlich. Und Unerläßlichkeit stellt auf Nachfrager-, nicht auf Anbietersicht ab 104. Der Konnex zum "öffentlichen Verkehrsinteresse" in § 13 11 ist hier offensichtlich. Auch bei Auslegung des § 13 11 wird daher künftig eine noch stärkere Beachtung des Bedarfs der Verkehrsnutzer im Vordergrund zu stehen haben 105 .

101

Gimau: Der regionalisierte Verkehrsrnarkt, Der Nahverkehr 7-8/1993,8 [13].

I.ü. besteht für die zuständige Behörde i.S.d. va 1191/69 nF keine Pflicht zur Ausschreibung gerneinwirtschaftlicher Verkehrsleistungen; vgl. Batzill, Der NY 7-8/94, 16. 103 Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 143; Zeiselmair, aR 4/94, 9. Der Terminus ..ausreichend" wird auch in Art. 3 I, 11 der va (EWG) 1191/69 nF als Rahrnenvorgabe für Auferlegung gerneinwirtschaftlicher Leistungen verwendet und konkretisiert. 104 Vgl. auch Batzill, Der NY 7-8/94, 14. 105 Dies gilt nur für eigenwirtschaftliche Verkehre. Bei vertraglicher Vereinbarung gerneinwirtschaftlicher Leistungen hat die zuständige Behörde gern. Art. 1 IV 1 va (EWG) 1191/69 nF die Möglichkeit weiterer Auslegung des Begriffs ausreichender Ver102

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D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

Die Betonung des Nachfrageaspekts hat vor allem in Verkehrsrandbereichen und zu Schwachverkehrszeiten Auswirkungen. Denn wegen der weniger gebündelten und gleichmäßigen Bedürfnisse der Verkehrsnutzer führt Nachfrageorientierung dort zu größerer Bedaifsorientierung des Angebots, was auf stärkere Marktöffnung bei Genehmigungserteilung und vermehrten Einsatz flexiblerer Bedienungsweisen lO6 hinausläuft. Damit ermöglicht die Novelle die Umsetzung der oben erhobenen Forderung nach wettbewerbs freundlicherer Auslegung der Beschränkungen des PBefG in Randgebieten 107 . Weitere Folge des § 8 IV 3 ist, daß künftig zwischen ausreichender und darüber hinausgehender Verkehrsbedienung strikt zu unterscheiden ist.

b) Situation im Fall eines Überangebots im Nahverkehr Verkehrsangebote, die über eine ausreichende Bedienung hinausgehen (man kann sie ,,Luxus-Verkehre,,108 nennen), unterliegen aufgrund der ausdrücklichen Beschränkung in § 8 IV auf ausreichende Verkehre anderen Bedingungen als Verkehre, die unerläßlich zur Befriedigung des Verkehrsbedürfnisses sind. Denn die va (EWG) 1191/69 nF ist auf sie nicht anwendbar lO9 • Daher sind bei diesen Verkehren die bisherigen Finanzierungsmöglichkeiten öffentlicher Unternehmen weiterhin zulässig. aa) Eigenwirtschaftliche ,,Luxusverkehre" Können solche ,,Luxusverkehre" eigenwirtschaftlich angeboten werden (was im Linienverkehrsbereich nur ausnahmsweise der Fall sein wird), treten sie in Konkurrenz zu solchen Diensten, die für eine ausreichende Verkehrsbedienung unerläßlich sind. Da jedoch an ausreichender Verkehrsbedienung ein großes

kehrsbedienung. Denn dort ist neben der Nachfrage auch die Berücksichtigung "sozialer, umweltpolitischer und landesplanerischer Faktoren" zulässig. 106 Eine Zunahme differenzierter Bedienungen wird auch im Zusammenhang mit § 8 II, der stärkere Einbeziehung von TaxenlMietwagen (differenzierte Bedienungsweisen) in den ÖPNY bezweckt, durch die neue Gesetzesfassung gestützt. - Des weiteren verlangt auch Art. 4 I des Bayrischen ÖPNV-Gesetzes ein "am Bedarf orientiertes Bedienungsangebot" und fordert, den ,,Bedürfnissen der ländlichen Räume mit abgestuften Bedienungskonzepten Rechnung zu tragen". Bei der Frage, ob eine Verkehrsbedienung ausreichend ist, ordnet ferner Art. 3 II b VO (EWG) 1191/69 nF die Prüfung der Möglichkeit an, "andere Verkehrsmittel einzusetzen", wobei maßgeblich auf deren "Eignung, die betreffenden Verkehrsbedürfnisse zu befriedigen" abzustellen ist. 107 S.o., Kap. B § 3 I 3b bb. 108 Batzill, Der NY 7-8/94, 14 spricht von nicht nur ausreichender, sondern "guter bis sehr guter" Verkehrsbedienung. 109 Zeiselmair, OR 4/94, 10.

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

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öffentliches Interesse besteht und daher auch sie ein schützens wertes Gemeingut darstellt 11O , das wichtiger ist als Luxusbeförderung, muß eine Genehmigung solcher Verkehre immer dann versagt werden, wenn ein zur ausreichenden Bedienung notwendiger Verkehr durch solche Zusatzverkehre mehr als nur unbedeutend konkurrenziert wird. Denn wenn schon (nach Rspr. zum alten § l3 11 Nr. 2) zur Vermeidung der Beeinträchtigung öffentlicher Verkehrsinteressen weitgehend eine Konkurrenz der Linienverkehre untereinander auszuscheiden hat, muß eine solche Konkurrenz erst recht vermieden werden, wenn objektiv nicht benötigte Zusatzverkehre den essentiellen Linien Fahrgäste streitig machen können. Daher ist selbst dann mit sehr restriktiver Zulassung solcher Zusatzverkehre zu rechnen, wenn sie eigenwirtschaftlich zu betreiben sind, so daß in diesem Bereich des § 13 kaum Wettbewerb entstehen wird. bb) Gemeinwirtschaftliche ,,Luxusverkehre" Sollen solche Zusatzverkehre bezuschußt, also gemeinwirtschaftlichen Verkehren vergleichbar, betrieben werden, bestehen weitere Bedenken gegen ihre Zulassung. Denn ihre Genehmigung richtete sich nicht nach § Ba, sondern auch für sie wäre § 13 relevant 1l1 • Durch die Bezuschussung entstünde den eigenwirtschaftlichen Verkehren eine noch stärkere Konkurrenz, die noch eher zur Gefährdung des Gemeinguts "ausreichende Verkehrsbedienung" führen und den Wettbewerb verfälschen könnte. Mit Zulassung solcher subventionierter ,,Luxusverkehre" ist daher nicht zu rechnen. Des weiteren läge ein Verstoß gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz vor, da finanzielle Stützung nicht notwendiger Verkehre kaum zu rechtfertigen ist. c) Zusammenfassung und Wettbewerbsaspekte

Selbst wenn im Linienverkehr manchmal eine Nachfrage nach derartigen Luxusverkehren vorhanden sein mag 112, ist kaum mit dem Auftreten solcher "über-ausreichenden" Verkehre zu rechnen. Wettbewerb "unerläßlicher" Ver110 Man wird die Rechtsprechung des BVerfG zur Bedeutung des Linienverkehrs als "überragend wichtiges Allgemeingut" (vgl. BVerfGE 11, 168 [184]; s.o., Kap. B § 1 11 3 a ee) auch auf die Bedeutung einer ausreichenden (eigenwirtschaftlichen) Verkehrsbedienung erstrecken können. 111 A.A. Batzill, Der NY 7-8/94, 14, der meint, daß die zuständige Behörde auch Leistungen auferlegen und nach § l3a genehmigen lassen kann, die über eine ausreichende Verkehrsbedienung hinausgehen. - Dem steht aber der Wortlaut von § 8 N 3 entgegen, wonach die VO 1191/69 nF und damit § l3a nur im Rahmen ausreichender Verkehrsbedienung maßgeblich sind. 112 Zu denken wäre z.B. an qualitativ bessere Linien mit komfortableren Fahrzeugen, usw.

13 Maaß

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D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

kehre mit diesen kann nur selten entstehen. Zudem fallen luxuriösere Beförderungen eher in den Bereich des mehr auf Individualbedürfnisse zugeschnittenen Gelegenheitsverkehrs, so daß mit der Ablehnung solcher Bedienungen kein Verkehrsbedürfnis unbefriedigt bleiben muß. Bei der damit wichtigen Konkretisierung dessen, was als ausreichende Verkehrsbedienung gilt, kommt v.a. dem Nahverkehrsplan (§ 8 III 3) entscheidende Bedeutung zu. 3. Bedeutung des Nahverkehrsplans

Obwohl die rechtliche Bindungswirkung eines Nahverkehrsplans für die Genehmigungsbehörde nicht groß ist, hat ein solcher Plan doch erhebliche Auswirkungen auf die Wettbewerbs lage im ÖPNV \13. Denn er ist bei fast jeder Entscheidung der Genehmigungsbehörde zumindest in ihre Ermessensabwägung miteinzubeziehen. Und als planerischer Rahmen legt er das Feld fest, in dem sich Wettbewerb im Linienverkehr entwickeln kann und soll. Gerade eventuelle Veränderungen im Liniennetz und ein größerer Leistungsumfang im ÖPNV werden vom Nahverkehrsplan bestimmt und vorgegeben 1l4 . Dabei kommt dem Verfahren seiner Aufstellung besondere Bedeutung zu. Denn vorhandenen Verkehrs unternehmern soll die Möglichkeit eingeräumt werden, ihre Interessen zu vertreten und gleichzeitig ist darauf zu achten, daß ausreichender Wettbewerb der Verkehrsanbieter stattfinden kann 115 . In Verkehrsrandgebieten kann der Nahverkehrsplan ferner durch Formulierung von Präferenzen zur Klärung des Verhältnisses von differenzierten Bedienungsweisen und herkömmlichen Linienverkehren beitragen und so die Entscheidung der Genehmigungsbehörde beeinflussen. Aus Wettbewerbs sicht ist damit gerade die Grundtendenz solcher Pläne von entscheidender Wichtigkeit. a) Wettbewerbsausrichtung der Nahverkehrspläne

Sofern ein Landes-ÖPNV-Gesetz bestimmt, daß ein Nahverkehrsplan aufzustellen ist 1l6 und dieser festschreibt, daß künftig mehr ÖPNV-Leistungen Bidinger, NZV 94, 213 spricht von "erheblicher Bedeutung". Lt. Batzill, Der NY 7-8/94, 18 ist es die Funktion des Nahverkehrsplans, das politisch gewollte Gesamtangebot zu beschreiben. Dieses besteht aus dem Grundangebot, daß die Verkehrsuntemehmen eigenwirtschaftlich nach § 13 erbringen und den politisch gewollten gemeinwirtschaftlichen Leistungen, die von der zuständigen Behörde nach Maßgabe der VO (EWG) 1191/69 nF umzusetzen sind. - Veränderungen der Verkehrsstruktur hält auch der Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 144 oft für erforderlich. 115 So der Ausschußfür Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 143 zum neuen § 8 m. 116 § 8 m 4 normiert keine bundesrechtliche Pflicht zur Aufstellung von Nahverkehrsplänen. Es ist aber zu erwarten, daß die meisten Länder landesgesetzlich eine solche 113

114

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

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erbracht werden und gleichzeitig ausreichender Wettbewerb und Chancengleichheit aller interessierten Verkehrsanbieter herrschen soll, hat dies weitreichende Konsequenzen. Da die Genehmigungsbehörde den Nahverkehrsplan zu berücksichtigen hat, wird sie damit im Bereich eigenwirtschaftlicher Verkehre indirekt auf eine grundsätzlich wettbewerbsfreundliche Entscheidungslinie festgelegt 117. Auch bestimmt ein solcher Plan das Maß der Relativierung des Besitzstandsschutzes der Altunternehmen nach § 13 m lls . Je mehr Wettbewerb und Marktöffnung gefordert werden, um so weniger Gewicht kommt den hergebrachten Rechten der Genehmigungsinhaber bei Neubeantragung eines Verkehrs zu. Ein auf Angebotserweiterung und Wettbewerb ausgerichteter Nahverkehrsplan stellt damit eine Chance für die noch nicht auf dem Nahverkehrsmarkt etablierten Unternehmer dar, dort Fuß zu fassen und zugleich einen Antrieb für Altunternehmer, ihre Leistungen und damit ihre Wettbewerbs fähigkeit zu verbessern. Hält der Nahverkehrsplan jedoch mehr oder weniger an der bestehenden Struktur und dem vorhandenen Angebot fest, so werden sich im Bereich eigenwirtschaftlicher Verkehrsbedienung kaum Änderungen der Wettbewerbssituation ergeben. Vor allem Neuanbieter bekämen dann fast nur im Bereich gemeinwirtschaftlicher Leistungen nach § 13a eine Chance, mit vorhandenen Unternehmen zu konkurrieren. Zu klären ist daher, ob das PBefG eine bestimmte Ausrichtung der Nahverkehrspläne favorisiert. Aufgrund des Diskriminierungsverbots im Nahverkehrsplan in § 8 III 2 119 , der Betonung wirtschaftlicher Verkehrsgestaltung durch § 8 III 1, IV 1120 so-

anordnen werden, um Entwicklung und Finanzbedarf des ÖPNY besser prognostizieren zu können; vgl. nur Art. 13 lIdes bayrischen ÖPNV-Gesetzes, der eine solche Pflicht statuiert. 117 Dem steht nicht entgegen, daß die Genehmigungsbehörde auch vom Nahverkehrsplan abweichende oder diesem widersprechende Entscheidungen treffen kann, etwa wenn sie der Überzeugung ist, daß der Plan nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht; so Zeiselmair, OR 4/94, 9. Denn Konformität der Entscheidungen der Genehmigungsbehörde mit einem wirksamen Nahverkehrsplan ist vom PBefG als Regel gedacht, von der nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden soll. Dafür spricht auch die Möglichkeit der Genehmigungsversagung nach § 13 IIa im Fall von Nichtübereinstimmung des beantragten Verkehrs mit dem Nahverkehrsplan. 118 Zwar kann ein Landesgesetz und damit ein Nahverkehrsplan wg. Vorrangs des Bundesrechts (Art. 31 00) nicht in die sich aus dem (bundesgesetzlichen) PBefG ergebenden Rechte der Unternehmer eingreifen; so Batzill, Der NY 7-8/94, 18. Da aber das PBefG nach Modifikation des § 13 m durch die Novelle selber in bestimmten Fällen eine Einschränkung der Rechte der Unternehmer anordnet, sind solche Eingriffe nun doch möglich. 119 Mit der Vorgabe des § 8 m 2, wonach der Nahverkehrsplan nicht zur Ungleichbehandlung von Unternehmern führen darf, soll laut Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 13'

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D. Änderung der Wettbewerbs situation durch die PBefG-Novelie

wie der im Begriff ausreichender Verkehrsbedienung enthaltenen Forderung nach einern möglichst bedarfsorientierten Verkehrsangebot, spricht einiges dafür, dem PBefG eine Präferenz für eine möglichst wettbewerbsfreundliche Ausrichtung der Nahverkehrspläne zu entnehmen l2l . Denn auch die Genehmigungsbehörde soll dem Wettbewerb der Verkehrsanbieter einen angemessenen Spielraum einräumen 122 , was ihr nur unter Mißachtung des Nahverkehrsplan möglich wäre, sofern dieser in seiner Ausrichtung eher wettbewerbsbehindernd oder -feindlich ist. Allerdings ist diese Vorgabe sehr vage und läßt einen weiten Spielraum zu. Vielleicht tragen aber die Bestimmungen über die Planaufstellung zu einer Konkretisierung bei. b) Zustandekommen des Nahverkehrsplans

Die Bedeutung des Aufstellungsverfahrens für die spätere Ausrichtung des Nahverkehrsplans wurde bereits betont. Für die Verankerung einer möglichst wettbewerbs freundlichen Tendenz im Nahverkehrsplan ist zu untersuchen, welche Vorgaben das PBefG für das Verfahren seiner Aufstellung macht 123 und inwiefern diese Vorgaben zu einer Wettbewerbs intensivierung beitragen können. aa) Berücksichtigung vorhandener Verkehrsstrukturen Gemäß § 8 III 2 müssen bei Aufstellung des Nahverkehrsplans vorhandene Verkehrsstrukturen beachtet werden. Planungen des Aufgabenträgers sollen nicht losgelöst von gewachsenen Strukturen durchgeführt werden l24 • Diese Maßgabe stellt sicher, daß weitgehend die vorhandene Linienführung, die sich

12/6269 S. 143, sichergestellt werden, daß ausreichender Wettbewerb der Unternehmen stattfinden kann. 120 Diese Forderung wird auch in den Landes-ÖPNV-Gesetzen aufgegriffen; vgl. z.B. Art. 13 II 1 BayÖPNVG, wo verlangt wird, daß der Nahverkehrsplan "mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit übereinstimmen" muß. 121 Gerade hier rückt die Kostenreduzierungs- und Leistungsfunktion des Wettbewerbs (s.o., Kap. A § 2 I 2b aa, 3b) in den Vordergrund. Wettbewerb ist auch nach Ansicht der Verfasser der PBefG-Novelie das bevorzugte Mittel, wenn es um Kostensenkung und Leistungssteigerung geht. Sonst würde man nicht "ausreichenden Wettbewerb zwischen den Verkehrsanbietern" fordern; vgl. Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 143. 122 Ausschußfür Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 143, Begründung zu § 8 m. 123 Obwohl sich das Aufstellungsverfahren gern. § 8 m 4 nach Landesrecht richtet, gibt das PBefG in § 8 III 2 einen verbindlichen bundesrechtlichen Rahmen vor, der dabei zu beachten ist. 124 Vgl. Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 143 zu § 8 m 2 und Zeiselmair, OR 4/94, 9.

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

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bewährt hat, beibehalten wird. Die Planung von Ergänzung oder Erweiterung des Liniennetzes wird damit jedoch nicht ausgeschlossen. Nur eine völlige Veränderung des Gesamtangebots ist unzulässig. Eine Aussage darüber, von wem und wie diese Linien zu bedienen sind, ist darin nicht enthalten. Insofern ist die Relevanz dieser Vorgabe für den Wettbewerb gering. bb) Mitwirkung vorhandener Unternehmer und Gleichbehandlungsgebot Am Zustandekommen des Plans sind nach § 8 III 2 ferner die vorhandenen Unternehmer zu beteiligen. Dieser Vorgabe kommt erhebliche Bedeutung im Hinblick auf die Wettbewerbsausrichtung des späteren Nahverkehrsplanes zu. Denn damit soll vorhandenen Unternehmern angemessene Gelegenheit gegeben werden, ihre genehmigungsrechtlich geschützten Interessen zu vertreten 125 • ( i) interessen vorhandener Unternehmer Vorhandenen Unternehmen ist daran gelegen, möglichst wenig Konkurrenz zu bekommen und ihre bestehenden monopolartigen Rechte zu erhalten l26 • Da im Grundsatz daran festgehalten wird, daß nur ein Unternehmer auf einer Linie verkehren sol1 127 , ist diese Vorgabe der Beteiligung von Altunternehmern eher zur Beeinflussung der Planung in Richtung einer Konservierung bestehender Verhältnisse als zu einer Marktöffnung im Nahverkehr angetan l28 . Auch wenn ein größerer Leistungsumfang im ÖPNV vorgesehen ist, werden die Altunter125 Vgl. Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 143; Zeiselmair, OR 4/94, 9. Zugleich sollen Sachverstand, Erfahrung und Know-how der Verkehrsunternehmen für die Planung genutzt werden. 126 Vgl. BalteslBayer/Hofmann, Der NY 11/94,22. Sie verweisen auch auf gewerkschaftliche Forderungen nach umfänglichen und verbindlich festgelegten Standards im ÖPNY, um Markteintrittsbarrieren für potentielle Anbieter von Verkehrsleistungen zu erhöhen. Vgl. zu solchen Hemmnissen einer Wettbewerbszunahme auch schon oben Ka~. B § 3 I 1c dd. 1 7 Daran hat die Novelle des PBefG nichts geändert. Denn nach wie vor bestehen Ausgestaltungsvorrechte vorhandener Unternehmer, so daß bei notwendiger Erweiterung einer Linie immer zuerst zu prüfen ist, ob nicht der bereits tätige Unternehmer sein Angebot ausweiten kann, bevor ein neuer Unternehmer die Genehmigung für die Fortsetzung der Linie erhält. - Zur Rechtslage vor der Novelle vgl. BVerwGE 30, 257 [259ff.]; 31, 133 [136ff.] und Fromm: Personenbeförderungsgesetz (Erläuterungen), in: Das Deutsche Bundesrecht, Bd. VI C 50, Std. 4/94, S. 57. 128 Zudem haben die vorhandenen Unternehmer im späteren Genehmigungsverfahren erneut Gelegenheit, i.R.d. Anhärungsverfahrens nach § 14, das von der Novelle nicht berührt wurde, ihre genehmigungsrechtlichen Interessen zu artikulieren. Sie werden also doppelt am Verfahren der Gestaltung des Nahverkehrs (Planung und konkrete Ausführung) beteiligt.

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D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

nehmer eine Konkurrenzierung durch neue Linien und Betreiber zu venneiden suchen. Besonders öffentlichen Unternehmen mit ihrem großen Anteil an Leistungen im ÖPNV gibt § 8 III 2 eine nicht unbedeutende Möglichkeit der Einflußnahme, die Private in der Fonn meist nicht haben l29 • Da auch Wiedererteilung einer Genehmigung und Besitzstandsschutz an die Vorgaben des Nahverkehrsplans geknüpft sind (s.u.), besteht ein weiterer Nachteil für diejenigen Unternehmen, die nicht so stark auf die Planaufstellung einwirken können 130. Andererseits ist aber auch sichergestellt, daß Belange und Vorteile von Taxen und Mietwagen, die als differenzierte Bedienungsweisen verkehren, Beachtung finden. (2) Interessen von Neubewerbern

Interessen von Anbietern, die Marktzugang begehren, werden dadurch berücksichtigt, daß der Nahverkehrsplan nicht zur Ungleichbehandlung von Unternehmern führen darf (§ 8 III 2 a.E.). Damit ist nicht nur Gleichbehandlung vorhandener Unternehmer gemeint, sondern Gleichbehandlung vorhandener und nicht vorhandener (potentieller) Anbieter 131 • Auch das Beförderungspotential von Unternehmen, die ihr Interesse an zukünftigem Einsatz im ÖPNV zeigen 132 , ist also in die Planung miteinzubeziehen. Das ist gerade dann wich129 Dies gilt v.a. bei Identität von Aufgabenträger und Unternehmenseigentümer; vgl. Bidinger, NZV 94, 213f. Er hält die Position kommunaler Unternehmen (auch wg. der Bindung der Genehmigungsbehörde an den Nahverkehrsplan bei Genehmigungsanträgen nach § 13) ,,fast für unantastbar" und spricht von "bei weitem nicht so effektiven Einwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten" privater Unternehmen. - Etwas anders gilt, falls Landes-ÖPNV -Gesetze, wie z.B. Art. 8 I 3 BayÖPNVG, vorsehen, daß sich Aufgabenträger für die Planung besonders privater Verkehrsunternehmen bedienen sollen. Allerdings werden wg. des hier vertretenen engen Begriffs von Eigenwirtschaftlichkeit viele kommunale Unternehmen künftig ihre Leistungen nur nach § Ba genehmigen lassen können, wo der Nahverkehrsplan eine andere Rolle spielt als bei § 13. 130 Bidinger, NZV 94, 213f. sieht darin v.a. eine Gefahr für private Ornnibusunternehmen und eine Stärkung der Position öffentlicher Verkehrsunternehmen. 131 Lt. Ausschuß für Verkehr (Begründung), BT-Drucks. 12/6269 S. 143, sind "allen interessierten Unternehmern" gleiche Chancen einzuräumen. - Dem ist zu entnehmen, daß auch die noch nicht auf dem Linienverkehrsmarkt etablierten Anbieter angemessen in Weubewerbsüberlegungen miteinzubeziehen sind. Diese Beachtung nicht-vorhandener Unternehmer mit Hilfe des Gleichbehandlungsgebots ist notwendig, weil diese sonst nicht am Verfahren der Planaufstellung beteiligt werden könnten. Der so ermöglichte Vergleich von Verkehrsleistungen entspricht auch dem Bemühen um Angebotsverbesserun~. 1 2

Bereits vor Aufstellung des Nahverkehrsplans ist damit unternehmerisches Engagement gefordert; vgL Zeiselmair, OR 4/94, 9. Denn Marktaußenseiter müssen auf den Aufgabenträger zugehen und ihre möglichen Leistungen anbieten, um im Aufstellungsverfahren beachtet zu werden.

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

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tig, wenn Aufgabenträger im ÖPNV und Eigentümer eines Verkehrsbetriebes identisch sind, wenn z.B. eine Gemeinde sowohl Aufgabenträger als auch Verkehrsunternehmer ist. Denn dort ist die Gefahr groß, daß bei Aufstellung des Nahverkehrsplan nicht wettbewerbsneutral entschieden, sondern das kommunale Unternehmen bevorzugt wird 133 • Zwar soll nach der Intention des PBefG ein solcher Plan für die Genehmigungsbehörde unbeachtlich sein l34 • Problematisch ist daran aber, daß damit der Genehmigungsbehörde eine Prüferrolle für die politische Planung des Aufgabenträgers zukommt l35 und daß bei solcher Prüfung nur offensichtliche Ungleichbehandlungen im Aufstellungsverfahren auffallen können. Maßstäbe für zulässige Differenzierungen von Unternehmen sind schwer festzulegen. Und trotz formeller Chancengleichheit im Wettbewerb können durch Bedingungen, die zwar alle Unternehmen gleichermaßen betreffen, aber hauptsächlich von bestimmten Unternehmen erfüllt werden können, auch versteckte Ungleichbehandlungen Eingang in den Nahverkehrsplan finden l36 • Daher sind Zweifel angebracht, daß das Diskriminierungsverbot im Aufstellungsverfahren des Nahverkehrsplans nach § 8 III 2 a.E. immer Chancengleichheit aller Verkehrsunternehmen im Wettbewerb garantieren wird l37 •

133 BalteslBayerlHofmann, Der NY 11/94, 22 sehen diese Gefahr erst im Zusammenhang mit Auftragsvergaben an Unternehmen für gemeinwirtschaftliche Leistungen. Sie ist aber schon beim Verfahren der Planaufstellung gegeben. Ähnlich auch Zeiselmair, OR 4/94,8 [9], der betont, daß ein Nahverkehrsplan nicht die Interessen eines Verkehrsunternehmens widerspiegeln darf, das dem Aufgabenträger gehört oder an dem er beteiligt ist. 134 Zeiselmair, OR 4/94, 9. 135 In der spärlichen Literatur zum Nahverkehrsplan gehen die Autoren, die auf Beachtlichkeit des Nahverkehrsplans für die Genehmigungsbehörde abheben, implizit von einem Recht und einer Pflicht zur Überprüfung des Plans aus; vgl. Zeiselmair, OR 4/94, 9 und Batzill, Der NV 7-8/94, 18. 136 Auch solche abstrakt-formalen Gleichbehandlungen stellen Ungleichbehandlungen dar. Denn es reicht nicht aus, daß ein Gesetz von seinem abstrakt-generellen Wortlaut her eine Ungleichbehandlung vermeidet, falls sich aus seiner praktischen Auswirkung eine Ungleichbehandlung ergibt und diese Ungleichbehandlung gerade auf die rechtliche Gestaltung zurückzuführen ist. Dann liegt ein Verstoß gegen Art. 3 I GG vor. Nicht die äußere Form, sondern der materielle Gehalt ist entscheidend; vgl. BVerfGE 8, 58 [64]; Klein in: Schmidt-BleibtreulKlein (Hg.): Kommentar zum Grundgesetz, 7. Aufl., Art. 3 Rn. 15. - Diese für Gesetze entwickelten Maßstäbe müssen auch für Nahverkehrspläne gelten. Allerdings werden solche Formen der Ungleichbehandlung bei der Prüfung des Nahverkehrsplans nicht immer sofort auffallen. 137 Optimistischer beurteilt dies Zeiselmair, OR 4/94, 9, der diese Bedenken nicht erwähnt, sondern dem Recht der (privaten) Unternehmen, "aktiv am Zustandekommen des Nahverkehrsplans mitzuwirken", große Bedeutung beimißt.

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D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

c) Bewertung der Wettbewerbsimpulse von Nahverkehrsplänen

Zu kritisieren ist, daß die in den Bestimmungen zum Nahverkehrsplan enthaltene grundsätzliche Präferenz für eine wettbewerbs freundliche Ausrichtung des Nahverkehrsplans durch das Verfahren bei seiner Aufstellung nur bedingt umgesetzt wird. Es bestehen Möglichkeiten, marktöffnenden Tendenzen des Plans entgegenzuwirken, denen private und potentielle Anbieter nicht sehr viel entgegensetzen können. Es ist jedoch zu bedenken, daß auch bei Aufstellung des Nahverkehrsplans die Interessenwahrung der Altunternehmer unter dem Vorbehalt der Sicherstellung ausreichender Verkehrsbedienung und der Wirtschaftlichkeit steht. Mitwirkung oder Bevorzugung können nicht so weit gehen, daß nötige Vergrößerungen des Leistungsurnfangs im ÖPNV, Veränderungen des Liniennetzes oder Kostensenkungen durch vermehrten Einsatz billigerer (neuer) Anbieter dauerhaft verhindert werden 138 • Insofern kann auch von Nahverkehrsplänen ein Anstoß zur Marktöffnung im ÖPNV ausgehen, wenn dies auch wegen der dargestellten Ausgestaltungsmöglichkeiten in § 8 III nicht grundsätzlich zu erwarten ist. Konkretere Auswirkungen verspricht dagegen die zur Einarbeitung der va (EWG) 1191/69 nF in das PBefG erfolgte Spezifizierung des Genehmigungsverfahrens nach § 13 und § Ba. 4. Wettbewerbliche Impulse durch AufspaItung des Genehmigungsrechts

Wegen der Aufspaltung des Genehmigungsverfahrens bestehen künftig für die Verkehrsunternehmen formell zwei Möglichkeiten: Sie können aufgrund ihrer wirtschaftlichen Kalkulation entscheiden, ob sie die Genehmigung ihrer Verkehrsleistung nach § 13 oder § 13a beantragen. Fraglich ist, welche Auswirkung diese Zweiteilung der Genehmigung für eigen- und gemeinwirtschaftliehe Verkehre auf Wettbewerb und Verkehrs situation im jeweiligen Bereich hat. Dies ist getrennt für Leistungen nach § 13 und solche nach § Ba zu untersuchen. Miteinzubeziehen sind dabei die Ziel vorgaben für die Genehmigungs-

138 Der Vorbehalt des BVerwG hinsichtlich der Tragweite des Besitzstandsschutzes des alten § 13 m, daß Veränderungen des Verkehrsbedürfnisses bei Neuerteilung oder Ablehnung der Verlängerung einer Genehmigung Rechnung getragen werden können muß, läßt sich aus denselben Gründen auch auf das Maß der Rücksichtnahme auf vorhandene Unternehmen beim Verfahren der Aufstellung eines Nahverkehrsplans übertragen. Zum alten § 13 m vgl. BVerwGE 55, 159 [168f.]; FielitzlMaier/Montigel/Müller: Personenbeförderungsgesetz - Kommentar, Std. 12/94, § 13 Rn. 13 und Gra-fberger: Der öffentliche Personennahverkehr - Aufgabe, Organisation und verkehrsgewerblicher Rahmen, Diss., S. 136.

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

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behörde des § 8 III 1, wonach für Integration, Kooperation und Abstimmung der Fahrpreise bei gleichzeitigem Bemühen um wirtschaftliche Verkehrsgestaltung zu sorgen ist. a) Situation im Bereich eigenwirtschaftlicher Verkehre nach § 13

Für eigenwirtschaftlich zu betreibende Verkehre bleibt die bisherige Situation grundsätzlich bestehen: Die objektiven Zulassungsschranken des § 13 11 gelten fort. Und Altunternehmer haben Ausgestaltungs- und Besitzstandsrechte nach § 13 11 Nr. 2c, III. Es wurde nur eine stärkere Bindung an die Ziele des § 8 III eingeführt. Allein daraus könnten sich Änderungen der Wettbewerbslage ergeben. aa) Ausschreibung eigenwirtschaftlicher Verkehre Eine Wettbewerbszunahme wäre zu erwarten, wenn nun auch im Bereich des § 13 Ausschreibungen von Verkehrsleistungen l39 nach Ablauf der für sie erteilten Genehmigungen zulässig wären. Im Gegensatz zum Verfahren bei Vergabe gemeinwirtschaftlicher Leistungen ist dies jedoch nicht möglich, wenn das Unternehmen erneut eine Genehmigung nach § 13 beantragt l40 . Das folgt daraus, daß dem Wirtschaftlichkeits- und Kostensenkungsaspekt bereits damit genüge getan ist, daß im Rahmen des § 13 nur Genehmigungen für Verkehre vergeben werden, die sich selbst tragen. Eine Ausschreibung als Verfahren zur Ermittlung des kostengünstigsten Anbieters l41 ist dort unnötig und ließe sich auch nicht mit einem Besitzstandsschutz der Altunternehmer (§ 13 III) in Ein-

139 Ausschreiben kann man nur Verkehrsleistungen, nicht Genehmigungen (oder "Konzessionen", wie sie meist fälschlich genannt werden), wie oft zu lesen ist; vgl. Fromm: Hat der ÖPNY juristische handicaps?, in: DVWG-Schriftenreihe B 117 (1989): ÖPNY nach 2000, S. 136 [152]. 140 Sonst hätten die Verkehrsunternehmen kein "Wahlrecht", da dann das Verfahren nach § 13 und § Ba für sie gleich wäre - beidesmal stellten sie sich und ihre Verkehrsleistung zur Disposition; vgl. Batzill, Der NY 7-8/94, 16. Ablehnend auch der VDV, Jahresbericht '93, S. 17. 141 Zu diesem Aspekt der Ausschreibung vgl. Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 144, der das Kriterium der "geringsten Kosten für die Allgemeinheit" in § Ba I regelmäßig dann für erfüllt hält, wenn die Auswahl eines Unternehmers das Ergebnis einer Ausschreibung ist. Laut Bundesrat, BT-Drucks. 12/4609 S. 100 und Aberle, S. 85 ist die Ausschreibung ein Verfahren, das zur Kostenminimierung führt. Koenig: Die öffentlich-rechtliche Verteilungslenkung, S.265f. sieht in der Anhebung der Wirtschaftlichkeit einen Hauptvorteil der Ausschreibung.

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D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

klang bringen l42 • Ferner besteht das Problem, daß das Genehmigungsprinzip von § 13 nicht mit gleichzeitiger Leistungsvergabe durch Zuschlag im Ausschreibungsverfahren vereinbar ist. Und eine Pflicht der Genehmigungsbehörde zur Genehmigung eines Verkehrs nach erfolgter Ausschreibung durch den Aufgabenträger (wie z.B. nach § 13a) verstieße gegen die ausdrücklich in § 13 11 Nr. 2 angeordnete Abwägung mit den öffentlichen Verkehrsinteressen, die ein Ermessen der Genehrnigungsbehörde voraussetzt l43 . bb) Geänderte Auslegung der objektiven Schranken des § 13 11 Nr. 2 Fraglich ist weiter, ob sich an der Auslegung der Schranken des § 13 11 etwas geändert hat und dadurch eine Öffnung des Marktes bewirkt wird. Zwar hat die Genehmigungsbehörde schon jetzt auf Abstimmung der Beförderungsentgelte und Zusammenarbeit der Unternehmen zu achten (§ 8 lI-IV) und dies in die Abwägung nach § 13 11 Nr. 2 miteinzubeziehen l44 • Eine ausdrückliche Bezugnahme in § 13 11 Nr. 2 auf Verkehrsintegration und politische Planung eines Aufgabenträgers aber fehlte im PBefG I45 • Dennoch haben sich für die Abwägung der Genehmigungsbehörde im Verfahren nach § 13 11 dadurch keine grundlegenden Änderungen ergeben, obwohl diese künftig in jedem Einzelfall sowohl den Ausgleich zwischen Planungsrecht und Interessen der vorhandenen Verkehrsunternehmer ermöglichen, als auch dem Wettbewerb zwischen den Verkehrsanbietern einen angemessenen Spielraum einräumen S011 146 • Denn dem Wirtschaftlichkeitsgebot kommt im Rahmen eigenwirtschaftlicher Verkehre keine zusätzliche Bedeutung zu. Und eine Genehmigung von Verkehren, die zur Konkurrenz zweier Unternehmen auf einer Linie oder zu direktem Wettbewerb zweier Linien im eigenwirt-

142 Die Beachtung von Vorrechten ist mit einern freien Auswahlverfahren, bei dem alle Bewerber gleichen Bedingungen unterliegen, nicht vereinbar. - Bezeichnenderweise enthält § 13a keine Bestimmung zum Schutz der Besitzstände von Altunternehmern. 143 Auch verstieße man gegen die Grundsätze von Subsidiarität und untemehmerischer Selbstverantwortung, wenn trotz Eigenwirtschaftlichkeit eines Verkehres staatliche Behörden tätig werden dürften, um die Bedienung einer Linie sicherzustellen; vgl. Batzill, Der NY 7-8/94, 16. 144 FielitzIMaier/Montigel/Müller, § 13 Rn. 11, § 8 Rn. 2: ,,§ 13 konkretisiert § 8"; Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 7 und Fromm, PBefG, S. 62ff. - Diese Bindung an § 8 n führte beim Verfahren nach § 13 n zu keiner großen Einschränkung der Genehmigungsansp.rüche der Verkehrsuntemehmen. 1 5 Wenn auch schon nach bisherigem PBefG Planungen politischer Instanzen als abwägungsrelevant i.R.d. öffentlichen Verkehrsinteresses galten; vgl. BVerwG NZV 1992, 165 [165f.]. 146 Vgl. Ausschußfür Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 143, zum neuen § 8 m (auf den § 13 n Nr. 2c nun Bezug nimmt).

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schaftlichen Bereich führt, liegt nicht im öffentlichen Interesse an ausreichender und befriedigender Verkehrsbedienung. Denn die Kalkulation der beantragenden Unternehmen läßt sich bei Konkurrenzierung auf derselben Linie, die zu Fahrgastabzug, Einnahmeverlust und eventuell notwendigem Preiswettbewerb durch Tarifsenkung führt, nicht halten, womit der Bereich der Eigenwirtschaftlichkeit, für den § 13 bestimmt ist, wieder verlassen und die Unternehmen in den Gemeinwirtschaftsbereich des Verlustes gedrängt würden. cc) Folgen der Bezugnahme auf den Nahverkehrsplan Durch die Bezugnahmen auf den Nahverkehrsplan in § 13 11 Nr. 2c, IIa kommt den Vorstellungen des Aufgabenträgers vom künftigen Verkehrsangebot auch im Genehmigungsverfahren nach § 13 größeres Gewicht zu. Wichtig ist, welche Folgen dies für die Verkehrs- und Wettbewerbssituation hat. Sofern der Nahverkehrsplan Veränderungen im Liniennetz oder ein größeres Angebot im ÖPNV vorsieht, erhöht sich der Bedarf an Linienverkehren und es sind mehr Verkehre im Rahmen des öffentlichen Verkehrsinteresses, welches der Plan konkretisiert, zu genehmigen. Es besteht in diesem Fall eine bessere Genehrnigungschance für Marktaußenseiter, weil vorhandene Unternehmen dabei keine Vorrechte genießen l47 • Jedoch ist auch darm direkte Konkurrenz von Verkehren zu vermeiden. Des weiteren entsteht für Alt-Unternehmer, die Wiedererteilung der Genehmigung beantragen, wegen der Versagungsmöglichkeit des § 13 IIa der Zwang, ihren bestehenden Verkehr den neuen Anforderungen anzupassen l48 , falls er nicht mit dem Nahverkehrskonzept verträglich ist. Anderenfalls können Konkurrenten zum Zuge kommen l49 . Diese Situation wird aber nur selten eintreten, da Nahverkehrspläne auf vorhandene

147 Denn Besitzstandsschutz gilt nur für die Wiedergenehmigung eines bestehenden Verkehrs. Und das Recht zur Ausgestaltung solcher Verkehre gern. § 13 II Nr. 2c berechtigt bloß zur Verbesserung oder Vervollständigung vorhandener Verkehrsverbindungen, ohne diese wesentlich umzugestalten; vgl. Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 45 und Fromm, PBefG, S. 58f. - Daher kommt Ausgestaltung bei neuen Relationen nicht in Betracht. Ein solcher "Konkurrenzschutz" wäre im Interesse eines Wettbewerbs zum Vorteil der Verkehrsnutzer auch nicht wünschenswert; so FielitllMaier/Montigel/ Müller, § 13 Rn. 16. 148 Bidinger, NZV 94, 213f. und Zeiselmair, OR 4/94, 9. 149 Wichtig ist, daß keine Pflicht der Genehmigungsbehörde besteht, in solchen Fällen die Genehmigung zu versagen. Sie kann auch gegen den Nahverkehrsplan entscheiden; vgl. Zeiselmair, OR 4/94, 8; Batzill, Der NY 7-8/94, 18. - Dies dürfte jedoch die Ausnahme darstellen (etwa, wenn der Nahverkehrsplan nicht gültig ist). Grundsätzlich kommt eine völlige Nichtbeachtung durch die Genehmigungsbehörde trotz Ermessen nicht in Betracht.

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Verkehrs strukturen Rücksicht nehmen müssen l50 • Und obwohl schließlich Nahverkehrskonzepte auch der Ausgestaltung bestehender Linien nach § 13 11 Nr. 2c entgegenstehen können, ändert sich für die vorhandenen Unternehmer nicht viel. Denn eigenwirtschaftliche Ausgestaltung eines bestehenden Verkehrs ist nur in engem Rahmen möglich. Sieht der Nahverkehrsplan keine Änderung des Angebots vor, führt die Bezugnahme auf ihn zu gar keiner Marktöffnung. Insgesamt gehen also von einer Bezugnahme auf den Nahverkehrsplan in § 13 nur dann Wettbewerbswirkungen aus, wenn dieser eine Angebotserweiterung vorsieht. Vielleicht hat aber die Bindung des Besitzstandsschutzes des § 13 III an § 8 III stärkere Auswirkungen. dd) Relativierung des Besitzstandsschutzes Mit der Einschränkung des Besitzstandsschutzes der §§ 13 III, 16 11 derart, daß Wiedererteilung und Dauer einer Liniengenehmigung ihre Grenzen an Zielvorgaben und Voraussetzungen des § 8 III finden, soll nur verhindert werden, daß eine geplante Veränderung des Liniennetzes nicht möglich ist, weil Besitzstandsrechte vorhandener Betreiber entgegenstehen 151. Ansonsten tastet die Verweisung auf § 8 III den Besitzschutz nicht an. Da es selten zur völligen Änderung bestehender Liniennetze kommen wird und die vorhandenen Unternehmen beim Aufstellen des Nahverkehrsplans Einwirkungsmöglichkeiten haben, sind Einschränkungen der Vorrechte von Altunternehmern, falls diese eigenwirtschaftlich verkehren können (auch aufgrund des Verweises auf den Nahverkehrsplan) deshalb kaum zu erwarten. Und für neue Linien galt § 13 III ohnehin noch nie. Wegen Bezugnahme auf den gesamten § 8 III stellt nun auch die fehlende Bereitschaft von Altunternehmern, im Rahmen von Nahverkehrsplänen mit anderen Unternehmen zu kooperieren, einen Versagungsgrund bei Wiederbeantragung eines Verkehrs dar 152. Damit erhält die Genehmigungsbehörde mehr Möglichkeiten als bisher, auf Verkehrskooperation hinzuwirken. Da aber auch dies i.R.d. § 13 nicht zu Verlusten der Altunternehmer führen darf153 , sind die daraus folgenden Einschränkungen des Besitzstands gleichfalls begrenzt.

150 Im übrigen ist Versagung der Wiedererteilung einer Genehmigung im Fall notwendiger Änderung der Verkehre schon jetzt i.R.d. § 1311 Nr. 2 zulässig. 151 Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 144f. zu § 13 mund § 1611; Bundesrat in: BT-Drucks. 12/5014 S. 33 und die Bundesregierung, ebda., S. 53. 152 Dies ist für Zeiselmair, OR 4/94, 9 die wesentliche Einschränkung des § 13 m. 153 Auch wenn Kooperationen zu einer ausreichenden Verkehrsbedienung i.S.d. § 8 m dazugehören, geht die Verpflichtung zur Kooperation i.R.d. § 13 immer nur soweit, wie

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Die Relativierung des Besitzstandsschutzes der etablierten Verkehrsunternehmen ist also bei § 13 nicht sehr erheblich l54 • Altunternehmer, die auch künftig eigenwirtschaftlich verkehren können, werden ihre Linien fast nie verlieren. Allein in Verkehrsrandgebieten, in denen Taxen und Mietwagen, die linienverkehrsersetzend fahren, eher eigenwirtschaftlich zu betreiben sind als herkömmliche Linienverkehre l55 , können mehr dieser differenzierten Bedienungsweisen nach §§ 2 VI, 13 11 genehmigt werden als bisher. Auch werden sich etliche kommunale Unternehmen künftig nicht mehr auf § 13 III berufen können. Dies liegt aber nicht an der Einschränkung ihrer Besitzstände, sondern an der notwendigen engen Auslegung von Eigenwirtschaftlichkeit für § 13. ee) Verdrängung von Altunternehmern im Rahmen des § 13 Eine Möglichkeit eines Wechsels in der Verkehrsbedienung folgt jedoch aus der Änderung des Genehmigungsrechts und der Präferenz für eigenwirtschaftliche Verkehrsbedienung in § 8 IV 1. Wenn die genehmigte Linie eines AltUnternehmers nicht mehr eigenwirtschaftlich im hier vertretenen Sinne zu betreiben ist, muß der Unternehmer für sie künftig nach Ablauf der Genehmigung eine neue Genehmigung gemäß § 13a beantragen, nachdem er sich zuvor an die zuständige Behörde gewandt hat l56 . Wenn es aber in solchen Fällen ein anderes Unternehmen gibt, das aufgrund von Kostenvorteilen in der Lage ist, dieselbe Verkehrsbedienung nicht gemein- sondern eigenwirtschaftlich zu erbringen, so ist diesem wegen der Wertung des § 8 IV 1 immer die Genehmigung nach § 13 für diesen Verkehr zu erteilen I57 . Die Genehmigungsbehörde hätte sogar wegen des Grundsatzes der Eigenwirtschaftlichkeit des ÖPNV und ihrer Verpflich-

sie die Eigenwirtschaftlichkeit des Verkehrs nicht tangiert. Zur vergleichbaren Frage der Pflicht zu einheitlichen Tarifen vgl. Batzill, Der NV 7-8/94, 18. 154 Skeptischer Bidinger, NZV 94, 213f., der bei § 13 eine starke Relativierung und Aufweichung des Besitzstandsschutzes der vorhandenen, gerade privaten Unternehmer annimmt. Bedenken hat er auch aus verfassungsrechtlicher Sicht wg. möglichen Verstoßes von § 13 rn gegen Art. 14, 12 GG (S. 213, FN. 39). - Eine nähere Auseinandersetzung damit kann aber im Rahmen dieser Untersuchung nicht erfolgen. Die genannten Einwände sprechen m.E. jedoch eher gegen einen solchen Verstoß. 155 Aber auch sie werden im Regelfall nicht kostendeckend, also eigenwirtschaftlich fahren können und daher dem Verfahren nach § 13a unterliegen. Zu den Kosten differenzierter Bedienungsweisen s.o. Kap. B § 3 I 3a bb, Anm. 155. 156 Lt. Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 144, Begründung zu § 13a, ist für den Unternehmer, der seinen Verkehr gemeinwirtschaftlich "betreiben möchte, § 13a maßrblich". 15 Von einem ähnlichen Gedanken geht wohl Batzill, Der NY 7-8/94, 14 aus, wenn er meint, daß eine Auferlegung von Verkehrsleistungen für einen Unternehmer nicht zulässig ist, wenn das Unternehmen eine ausreichende Verkehrsbedienung eigenwirtschaftlich sicherstellt.

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tung, auf Wirtschaftlichkeit zu achten, nach solchen Unternehmen zu suchen. In solchen Fällen wird der Altunternehmer verdrängt. Oder er muß sich um Kostensenkung bemühen oder sein altes Angebot so verändern, daß ihm eine eigenwirtschaftliche Bedienung nach wie vor möglich ist. Vor allem private Verkehrsanbieter mit ihren Kostenvorteilen dürften davon profitieren. Denn wenn künftig Teile der bisherigen Finanzierung kommunaler Unternehmen im Rahmen eigenwirtschaftlicher Verkehrsbedienung nicht mehr zulässig sind, werden etliche dieser Anbieter ihre Leistungen nach § 13a genehmigen lassen müssen. Diese ,,Lücke" könnten dann billigere, private Beförderer ausfüllen. Es wird aber selten vorkommen, daß ein Anbieter noch eigenwirtschaftlich verkehren kann, wenn das bisherige Unternehmen, und sei es ein öffentliches, dazu nicht mehr in der Lage ist. Das Wahlrecht zwischen § 13 und § 13a kann damit für die Unternehmer auch gefährlich sein. Das ist aber im Interesse der Wirtschaftlichkeit im ÖPNV 158 hinzunehmen. ff) Bewertung der neuen Situation im Rahmen des § 13 unter Wettbewerbsaspekten Von der geänderten Genehmigungssituation des § 13 sind Veränderungen der Verkehrs- und Konkurrenzsituation auf dem Markt für eigenwirtschaftliche Verkehrsleistungen nur dann zu erwarten, wenn der Aufgabenträger im Nahverkehrsplan eine Abgebotsvergrößerung oder -veränderung im ÖPNV festlegt. Nur dann ist mit einer "generell verbesserten Marktlage für die Verkehrs unternehmer"159 zu rechnen. Ansonsten ist im eigenwirtschaftlichen Bereich kaum von Wettbewerbszunahme und Verdrängung von Anbietern auszugehen. Immerhin dürfte es in EinzelfaIlen Marktaußenseitern, die in der Lage sind, ihre Verkehre eigenwirtschaftlich zu erbringen, leichter möglich sein, sich auf dem Linienverkehrsmarkt zu etablieren. Das Interesse der Unternehmen, möglichst eine Genehmigung nach § 13 zu beantragen l6O , ist nach alledem verständlich. Aufgrund dieser gesicherten Position im Bereich des § 13 dürfte dort aber unter den etablierten Betreibern mangels Notwendigkeit und Interesse Wettbewerb um die Verkehrsnutzer fast aus158 Die so erzielten Einsparungen stehen dann an anderer Stelle zur Verbesserung des Leistungsangebots zur Verfügung. 159 So die Erwartung vom Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 144. - Zweifel sind jedoch angebracht, weil ein größerer Leistungsumfang im Regelfall mit einem Zunehmen gemeinwirtschaftlicher Verkehre und daher mit höheren Kosten des ÖPNY einhergeht, die zu tragen die Gebietskörperschaften meist nicht bereit sein werden. 160 Zumindest wenn sie meinen, die variablen Kosten und zusätzlich einen Deckungsbeitrag zu den Fixkosten erwirtschaften zu können; vgl. Batzill, Der NY 7-8/94, 14; Baltes/Bayer/Hojmann, Der NY 11/94, 18.

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geschlossen sein. Veränderungen aufgrund der Steuerungskräfte des Marktes sind daher im Rahmen des § l3 nicht zu erwarten. Dies könnte bei gemeinwirtschaftlichen Leistungen eventuell anders sein. b) Gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistungen nach § l3a

Falls ein Verkehrsunternehmen nicht mehr in der Lage ist, seinen genehmigten Verkehr eigenwirtschaftlich im dargelegten Sinne zu erbringen 161 oder ihm dies nach Genehmigungsablauf künftig nur noch mit öffentlicher Unterstützung möglich ist, hat es sich an die zuständige Behörde i.S.d. VO (EWG) 1191/69 nF, in der Regel also an den Aufgabenträger, zu wenden und sich mit dieser abzustimmen l62 . Gleiches gilt für Unternehmen, die erst Marktzugang begehren, aber nicht kostendeckend fahren können. Dann kann der Aufgabenträger, wenn er die Verkehrsleistung für erforderlich zur ausreichenden Verkehrsbedienung hält, mit ihm einen Vertrag über die künftige Erbringung der Leistung unter Vereinbarung eines Kostenausgleichs schließen oder ihn gegen Ausgleich hoheitlich verpflichten, künftig diesen Verkehr zu erbringen l63 • Erst nach dieser Abstimmung und wenn nicht nach § 21 IV 2 vorgegangen wird, greift das eigentliche Genehmigungsverfahren nach § l3a, das mit dem nach § l3 nicht vergleichbar ist. Zu klären ist, ob mit diesem Verfahren eine Verbesserung der Verkehrs- und Wettbewerbssituation im gemeinwirtschaftlichen Verkehrsbereich herbeizuführen ist.

161 Nach bisheriger Rechtslage kann er sich dann nach § 21 N wg. wirtschaftlicher Unzumutbarkeit von seiner Pflicht zur Aufrechterhaltung des Betriebs befreien lassen, sofern öffentliche Interessen nicht entgegenstehen. Unzumutbarkeit liegt vor, wenn der Verkehr so defIzitär ist, daß er auch bei rationellster Betriebsweise nicht kostendekkend betrieben werden kann und absehbar ist, daß sich daran bis zum Ende der Genehmigung nichts ändern wird. Vgl. dazu Le. Bidinger, PBefR, § 21 Anm. 20f. 162 Daher besteht eigentlich kein echtes "Wahlrecht" des Unternehmers zwischen Genehmigungen nach § 13 und § 13a. Denn meist ist die Entscheidung, sich wg. Ausgleichs der Kostenunterdeckung bei einem Verkehr an den Aufgabenträger zu wenden, eine wirtschaftliche Notwendigkeit, die mit der Freiwilligkeit einer Wahl nur bedingt etwas zu tun hat. 163 Diese Möglichkeiten hat der Aufgabenträger bei Neu- und Wiedergenehmigung eines Verkehrs (§ 13a); so Batzill, Der NY 7-8/94, 16. Gemäß § 21 N 2 (neu) hat er sie auch dann, wenn der Unternehmer eines genehmigten Verkehrs aus wirtschaftlichen Gründen die Entbindung von der Betriebspflicht verlangt (wenn er also bei einer Neugenehmigung einen Antrag nach § 13a stellen müßte). Bei Unrentabilität eines genehmigten Verkehrs ist damit die Einstellung des Verkehrs nicht geboten. Der Ausfall kann dem Unternehmer nach § 21 IV 2 auch erstattet werden; vgl. Bidinger, NZV 94, 214 und Ausschußfür Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 145 zum neuen § 21 IV.

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aa) Verfahren bei vertraglicher Vereinbarung von Verkehrsdiensten Falls der Aufgabenträger einen Vertrag mit einem Verkehrsuntemehmen über eine gemeinwirtschaftliche Leistung schließen will, muß der Anbieter mit geringstem Subventionsbedarf ausgewählt und bei der Auswahl der Gleichbehandlungsgrundsatzes gewahrt werden (§ 13a I, 11). Sonst hat die Genehmigungsbehörde die Genehmigung dieses Verkehrs gemäß § 13a 11 zu versagen. Unabhängig von der nach § 57 I Nr. 7 zu konkretisierenden Berechnungsmodalität dieser "geringsten" Kostenbelastung soll grundsätzlich ein nach festgelegten Standards und Maßgabe der Verdingungsordnung für Leistungen (VOLlA)I64 durchgeführtes Ausschreibungsverfahren darüber Aufschluß geben l65 . Da ein solches Verfahren erhebliche wettbewerbliehe Relevanz hat, sollen die Eigenarten und Voraussetzungen einer Ausschreibung nachfolgend im Mittelpunkt stehen. Zu klären ist dabei, ob Ausschreibungen im Nahverkehrsbereich geeignet sind, die Vorgaben der VO (EWG) 1191/69 nF und des PBefG zu berücksichtigen und welche Auswirkungen solche Verfahren auf Wettbewerb und Verkehrssituation haben. ( 1) Positive Effekte einer Ausschreibung

(a) Funktionen einer Ausschreibung Die (öffentliche) Ausschreibung (SubmissionNerdingung) ist ein förmliches Verfahren organisierter Konkurrenz zur Vergabe öffentlicher Leistungsaufträge an Untemehmen l66 • Historisch entstand sie aus der Forderung aufstrebender 164 "Verdingungsordnung für Leistungen - ausgenommen Bauleistungen - Teil A: Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen" (VOUA), Ausgabe 1991 (BAnz. Nr. 215a v. 19.11.91 S. 57ff.). Sie ist eine Ausgestaltung des Vergabeverfahrens bei öffentlichen Aufträgen. 165 Vgl. die oben in Kap. D § 2 n 3b, Anm. 39 Genannten sowie Fromm, OR 5/94, 12. Siehe auch Aussage des Ministerium für Stadtentwicklung und Verkehr von NordrheinWestfalen (MSV) in: MSV-Dokumentation 3/94: Umsetzung der Bahnreform in NRW, S. 15. - In § 15 n AEG (neu) wird die Möglichkeit der Ausschreibung gemeinwirtschaftlicher Verkehrsleistungen sogar ausdrücklich erwähnt. - Für Kruse: Ordnungstheoretische Grundlagen der Deregulierung, in: Seidenfus (Hg.): Deregulierung - eine Herausforderung an die Wirtschafts- und Sozialpolitik in der Marktwirtschaft, S. 9 [32f.] sind Ausschreibungsverfahren mögliche Alternativen zur ,,konventionellen Regulierun!'. I Vgl. die Umschreibungen bei Pietzcker: Der Staatsauftrag als Instrument des Verwaltungshandelns - Recht und Praxis der Beschaffungsverträge in den Vereinigten Staaten von Amerika und der Bundesrepublik Deutschland, S. 250, 252 und Gandenberger: Die Ausschreibung. Organisierte Konkurrenz um öffentliche Aufträge, S. 35f. (mit Übersicht diverser Defmitionsversuche auf S. 35, FN. 1). Siehe auch Müller in:

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Unternehmer nach offenem und freiem Wettbewerb sowie gleichen Startchancen auch bei Vergabe öffentlicher Aufträge 167. Eine Ausschreibung gewährleistet wirtschaftliche und sparsame Haushaltsführung der öffentlichen Hand 168 und gleichmäßige Behandlung aller Anbieter l69 • Sie verschafft dem Staat bessere Marktübersicht 170 und verhindert, daß sachfremde Erwägungen und Einflüsse die Vergabeentscheidung bestimmen l7l . Die Nachfragemacht der öffentlichen Hand wird eingedämmt 172 • Ferner wirkt sie einer Erstarrung des Marktes entgegen, gibt neuen Unternehmen eine Chance zur Leistungserbringung und intensiviert den Wettbewerb der Bieter 173 • Diese werden zu ständigen Kosten-

DaublHermann Eberstein (Hg.): Kommentar zur VOUA, 3. Aufl., § 3 Rn. 16 zur Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 1 I VOUA. 167 Eingehender zur historischen Entwicklung Gandenberger, S. 22ff. 168 Vgl. Stober: Handbuch des Wirtschafts- und Umweltrechts, § 55 I 4 (S.718); Pietzcker: Rechtsbindungen der Vergabe öffentlicher Aufträge, AöR 107 (1982), 61 [80]; NeubauerlUnterhuber: Ausschreibungen von Versorgungsaufträgen als Instrument zum Abbau von Überkapazitäten im Gesundheitswesen (Forschungsbericht 176 i.A. des Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung), S. 10. Gandenberger, S.57-60 nennt dies die ,,fiskalische Funktion" der Ausschreibung. Diesen Vorteil effektivster Verwendung öffentlicher Finanzmittel erwähnt auch der Bundesrat, in: BT-Drucks. 12/4609 S.100. 169 Das ist aus grundrechtlicher Sicht bei öffentlichen Aufträgen gefordert; vgl. Pietzcker, AöR 107,61 [63, 80]; ders., Der Staatsauftrag, S. 251f.; Stober, Handbuch, § 55 14 (S. 718f.). Lt. Peter-Michael Huber: Konkurrenzschutz im Verwaltungsverfahren. Schutzanspruch und Rechtsschutz bei Lenkungs- und Verteilungsentscheidungen der öffentlichen Verwaltung, S. 545 geht es bei der Vergabe öffentlicher Aufträge "im wesentlichen um Gewährleistungen des Gleichheitssatzes". 170 NeubauerlUnterhuber, S. 10, 12; S. 50, 217. 171 Vgl. Pietzcker, Der Staatsauftrag, S. 257, 379; ders., AöR 107,61 [80]. - Gandenberger, S. 6lf. nennt die Sicherung der Objektivität des öffentlichen Einkaufs und die Bekämpfung wettbewerbshemmender Einflüsse (S. 218) die "politische Funktion" der Ausschreibung. 172 So Gandenberger, S. 62ff., 236 unter Hinweis darauf, daß öffentliche Stellen für den Leistungseinkauf meist über eine monopolähnliche Stellung verfügen, die zur Ausnutzung verleiten kann. Monopolistisches Verhalten hält er aber wegen des förmlichen Verfahrens für ausgeschlossen. Vgl. auch Koenig, Verteilungslenkung, S.266. Laut Pietzcker, Der Staats auftrag , S. 252 unterwirft gerade die Stellung als Nachfragemonopolist den Staat der Pflicht zu wettbewerbsfreundlichem Verhalten; ähnlich Stober, Handbuch, § 55 14 (S. 719). - Eine solche Machtposition kommt auch dem Aufgabenträger des ÖPNV zu. 173 Dies ist nach Gandenberger, S. 62f., 50, 217,226, 267f. die "wirtschafts-politische Funktion" der Ausschreibung. Vgl. auch Pietzcker, Der Staatsauftrag, S. 310; ders., AöR 107,80; NeubauerlUnterhuber, S. 10 und Kruse in: Seidenfus, Deregulierung, S. 33, der hier von "Wettbewerb um den Markt" spricht. Er meint ferner, daß "allein die Möglichkeit der Ablösung Disziplinierungswirkung auf die Effizienz des temporären Monopolisten hat". - Auch die Einführenden Hinweise zur neuen VOUA heben die Bedeutung eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens hervor; ebenso § 2 Nr. 1 I VOUA. Müller in: 14 Maaß

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senkungen und Leistungssteigerungen gezwungen, wollen sie zum Zuge kommen 174 • Da bei der Ausschreibung weder frühere Erfahrungen noch die Aussicht auf künftige regelmäßige Belieferung berücksichtigt werden, muß sich jeder Bieter bei jedem einzelnen Auftrag neu dem Wettbewerb stellen, ohne daß sein Angebot dabei Präferenzen genießt 175 • (b) Verfahren der Ausschreibung Diese Ziele werden durch ein Verfahren erreicht, das die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit aller interessierten und leistungsfähigen Unternehmer vorschreibt 176• Dazu bedarf es einer Leistungsbeschreibung, welche die zu vergebende Leistung möglichst objektiv, genau und umfassend definiert 177 • Denn die Ausschreibung bezieht ihre objektivierende Wirkung im wesentlichen daraus, daß nur der Preis der Angebote über den Zuschlag entscheidet, was nur möglich ist, wenn die angebotenen Leistungen nahezu identisch sind 178. Eine genaue Leistungsbeschreibung führt dazu, daß die Angebote ohne Abwägung von Qualität und Preis und ohne Qualitätsvergleich bewertet werden können 179 • Bei der Wertung der Angebote ist daher hauptsächlich auf den Preis zu achten und das wirtschaftlichste Angebot auszuwählen 180. Daneben können auch andere Kriterien berücksichtigt werden 181 • DaublEberstein, VOUA, § 2 Rn. 9 bezeichnet Wettbewerb als "tragendes Prinzip" der VOUA. 174 Aberle, S. 84; ebenso Kruse in: Seidenfus, Deregulierung, S. 32. 175 Gandenberger, S. 39. 176 Nach Koenig, Verteilungslenkung, S. 266 sollen alle interessierten Unternehmen in den Stand versetzt werden, sich tatsächlich bewerben zu können; ebenso Pietzeker, Der Staatsauftrag, S. 253,262 und Gandenberger, S. 217, 219. - Dafür ist die öffentliche Bekanntmachung des Vorhabens sehr wichtig. Ein ,,Höchstmaß an freiem Zugang zu öffentlichen Aufträgen wird nur erzielt, wenn alle potentiellen Anbieter Kenntnis vom bestehenden Bedarf erhalten"; vgl. Müller in: DaublEberstein, VOUA, § 2 Rn. 14. 177 Eingehender dazu Gandenberger, S. 92, 95ff., 241, 245, der die Wichtigkeit einer in jeder Hinsicht genauen Leistungsbeschreibung betont; Pietzeker, Der Staatsauftrag, S. 243f.; ders., AöR 107, 82 und NeubauerlUnterhuber, S. 12f. 178 Pietzeker, AöR 107, 82. Gandenberger, S. 245 spricht von der notwendigen ,,Homogenisierung" der Angebote nur durch die Leistungsbeschreibung. 179 Die Bewertung der Qualität einer Leistung ist als Ermessensfrage nicht immer eindeutig und schwer überprüfbar. Qualitative Entscheidungen würden die Objektivität des Auswahlverfahrens weitgehend aufheben; so Gandenberger, S. 96, lOlf. Die Leistungsbeschreibung aber reduziert das staatliche Ermessen weitgehend und ermöglicht eine grundSätzliche Bestimmung der Qualität einer Leistung nur durch die öffentliche Hand; so Pietzeker, Der Staatsauftrag, S. 253. 180 Vgl. Gandenberger, S. 39: Den Zuschlag erhält das "günstigste" Angebot; ebenso Pietzeker, Der Staatsauftrag, S.253. Die Einführenden Hinweise zur neuen VOUA heben hervor, daß "nach wie vor der Zuschlag unter Beachtung des Grundsatzes der

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

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Das in der VOLtA vorgesehene Verfahren trägt diesen Anforderungen Rechnung. Es werden detaillierte Vorgaben für die Leistungsbeschreibung gegeben (§ 8 Nr. 1), "öffentliche Aufforderung einer unbeschränkten Anzahl von Unternehmen zur Einreichung von Angeboten" angeordnet (§ 3 Nr. 1 I), ausreichende Veröffentlichung des Ausschreibungsvorhabens verlangt (§ 17 Nr. 1 I) und betont, daß Auswahl und Bewertung der Angebote nach der Wirtschaftlichkeit zu erfolgen hat (§§ 2 Nr. 2, 25 Nr. 3). (2) Nachteile und Gefahren einer Ausschreibung

Mögliche Negativaspekte der Ausschreibung sind, daß ein solch formales Vergabeverfahren Kosten mit sich bringt, die nur schwer zu beziffern sind und die im Verhältnis zu den Vorteilen einer Ausschreibung stehen müssen l82 . Auch mit der großen Bedeutung der Leistungsbeschreibung für das Ausschreibungsverfahren gehen Probleme einher. Denn die Qualität der gekauften Leistung hängt entscheidend davon ab, daß die Leistungsbeschreibung gut ausgearbeitet ist und ausreichende Kontrollen stattfinden. Ungenügende und unvollständige Leistungsbeschreibungen und schlechte Kontrollen können zu mangelhaften Leistungen führen l83 . Und der objektivierende Effekt einer Ausschreibung (Vergleichbarkeit, Gleichbehandlung) vermindert sich um so mehr, je ungenauer und grober die Leistungen beschrieben und die Formstrenge der Ausschreibung aufgelöst werden l84 . Umgekehrt werden Anbieter mit qualitativ Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auf das wirtschaftlichste Gebot zu erteilen ist". So aus Gründen der Gleichbehandlung auch P. M. Huber, Konlcurrenzschutz, S. 505. 181 Pietzcker, Der Staatsauftrag, S. 262; ders., AöR 107,85; Gandenberger, S. 129ff. So ist bspw. auch auf Zuverlässigkeit und Fachkunde der Anbieter zu achten. - Einschränkend auch die Einführenden Hinweise zur neuen VOUA, wonach das wirtschaftlichste Angebot dasjenige ist, bei dem "das günstigste Verhältnis zwischen der gewünschten Leistung und dem angebotenen Preis erzielt wird". Dafür maßgebend sind "alle auftragsbezogenen Umstände", die bei der "Wertung der Angebote zu berücksichtigen sind". Auch nach § 25 Nr. 3 S. 2 VOUA ist "der niedrigste Angebotspreis allein nicht entscheidend". 182 So auch Gandenberger, S. 251 und Pietzcker, Der Staatsauftrag, S. 256f. 183 Vgl. Gandenberger, S. 122f. - Auch die Gleichbehandlung der Unternehmer hängt entscheidend von der möglichst genauen Angabe der Vergabekriterien ab; siehe Pietzcker, AöR 107,84. 184 Gandenberger, S. 96 hält öffentliche Ausschreibungen sogar für sinnlos, wenn die Leistung nicht ausreichend beschrieben wird. Nach Pietzcker, Der Staatsauftrag, S. 254ff. führt eine ungenauere Spezifikation der Leistung dazu, daß auch das qualitative Angebot des Unternehmers (und nicht nur der Preis) dem Wettbewerb unterstellt wird mit der Folge, daß die Leistungen differieren und nicht mehr miteinander vergleichbar sind. NeubauerlUnterhuber, S. 11 sehen in der "Definition und Beschreibung des Bedarfs" den Haupt-Problembereich der Ausschreibung. 14'

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D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

gleichwertiger Leistung ausgeschlossen, falls die Leistungsbeschreibung zu eng und detailliert ist oder nur auf bestimmte Anbieter Bezug nimmt 185. Solche Risiken trägt auch die VOLlA in sich. Denn in § 17 Nr. 3 V S. 1 steht es der öffentlichen Hand offen, auch Änderungsvorschläge und Nebenangebote der Anbieter zuzulassen, die bei der Wertung der Angebote berücksichtigt werden können 186. Ferner sind ruinöse Kostenunterbietungl 87 oder Bildung von Ausschreibungskartellen möglich, die Preisabsprachen für einzelne Ausschreibungen treffen und so den Wettbewerb verfälschen l88 . Anhand dieser Fakten soll im folgenden untersucht werden, ob das Verfahren der Ausschreibung vor Vereinbarung gemeinwirtschaftlicher Verkehrsleistungen geeignet ist, die Anforderungen des PBefG - geringste Allgemeinkosten, Gleichbehandlung der Unternehmer und Herstellung ausreichender Verkehrsbedienung - zu erfüllen. Dabei ist auch die Verschränkung von Aufgabenträger und Genehmigungsbehörde zu bedenken. (3) Bewertung der Ausschreibungsmöglichkeiten im Nahverkehr Vorab ist zu klären, ob die im PBefG vorgeschriebene Beachtung geringster Kosten für die Allgemeinheit in Fällen vertraglicher Vereinbarung von Verkehrsleistungen überhaupt zulässig ist. Denn nach der VO (EWG) 1191/69 nF ist das Erfordernis der Auswahl des Unternehmers mit geringstem Subventionsbedarf auf den Fall beschränkt, daß die Behörde mittels Auflage tätig wird (vgl. Art. 3 I). Das Gemeinschaftsrecht könnte damit diese Materie ab-

185 Pietzcker, Der Staatsauftrag, S. 311f. Gandenberger, S. 97 hebt hervor, daß die Leistung so beschrieben sein muß, daß keinem Anbieter ein unnötiger Vorsprung gewährt und niemand benachteiligt wird. Niemandem darf eine Präferenz eingeräumt werden. 186 Zu dieser "mangelnden Konsequenz und Schwäche in der Ausgestaltung des formalisierten Verfahrens" wie es die VOUA vorsieht vgl. Pietzcker, Der Staatsauftrag, S. 260f. (mit dem Vorschlag, die formalen Elemente stärker auszubauen). 187 Dazu Gandenberger, S. 136ff. Er hält aber solche ruinöse Konkurrenz zurecht für wenig wahrscheinlich, weil sie über kurz oder lang zur Existenzvemichtung des ausgewählten Unternehmers führt, der nach Erledigung des öffentlichen Auftrags kein Recht auf Neu-Erteilung hat. 188 Gandenberger, S. 221ff., der jedoch meint, daß gerade Ausschreibungen wg. ihres möglichst offenen Wettbewerbs und der nicht immer absehbaren Zahl der Anbieter, "vorzügliche Mittel zur Kartellbekämpfung" sind (S. 224).

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

213

schließend geregelt haben, so daß für die Erweiterung des PBefG kein Platz mehr bliebe 189 • (a) EU-rechtliche Zulässigkeit der Auswahlkriterien des § Ba Es widerspricht jedoch nicht dem Zweck der va 1191/69 nF, generell eine Minderung der Kostenbelastung öffentlicher Haushalte zu fördern, zumal gerade durch diese Pflicht zum Kostenvergleich der Unternehmen Wettbewerb entsteht. Vielmehr soll mit der va 1191/69 nF bloß sichergestellt werden, daß jedenfalls in Fällen hoheitlicher Anordnung gemeinwirtschaftlicher Verkehre auf Kostenminimierung zu achten ist, was sonst nicht gewährleistet wäre. Ein Verbot der Anwendung dieses Prinzips auf Fälle vertraglicher Vereinbarung folgt daraus nicht. Nationales Recht darf über Anforderungen des EU-Rechts hinausgehen, sofern damit keine Diskriminierung ausländischer Anbieter verbunden ist. Da diese Vermeidung von Benachteiligungen ein europarechtliches Hauptanliegen darstellt, ist auch das Diskriminierungsverbot des § Ba 11 zulässig, obwohl es ebenfalls nicht in der va 1191/69 nF enthalten ist. (b) Eignung des Ausschreibungsverfahrens zur Umsetzung der Anliegen des PBefG Die Situation bei Vergabe von Verkehrsdienstleistungen durch die öffentliche Hand ist grundsätzlich dieselbe wie die bei Vergabe sonstiger Staatsaufträge an Unternehmen. Daß es bei der Ausschreibung gemeinwirtschaftlicher Leistungen primär darum geht, den Unternehmer auszuwählen, der mit minimalem Verlust fahren kann, ändert daran nichts. Deshalb ist auch bei Ausschreibungen im ÖPNV grundsätzlich von den dargestellten positiven Auswirkungen auszugehen l90 , sofern sie den besonderen Anforderungen, die sich aus den Forderungen des PBefG ergeben, entsprechend angepaßt werden:

189 Dieser Interpretation scheint Fromm, OR 5/94, 12 zuzuneigen wenn er meint, daß einem Leistungseinkauf, wie von der VO 1191/69 nF gefordert, ohnehin ein Vergabeverfahren vorausgehen müsse, "welches eigenen Kriterien folgt", so daß für das Kriterium der "geringsten Kosten" dort kein Platz sein dürfte. 190 So ähnlich Kruse in: Seidenfus, Deregulierung, S. 33: "Relativ problemlos würde eine Organisation durch Ausschreibungen zum Beispiel bei [... ] Buslinien funktionie-

ren".

214

D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

a) Erzielung der geringsten Kosten für die Allgemeinheit

Die Ausschreibung zwingt die sich bewerbenden Verkehrsunternehmer, die eine Verkehrsleistung unter Verlustabdeckung erbringen wollen, ihre Angebote sehr scharf zu kalkulieren, um den Zuschlag zu erhalten. So entsteht Preiswettbewerb, der noch dadurch gefördert wird, daß die Bieter die Angebote anderer Anbieter nicht kennen19I. Billigstmöglicher Einkauf der Leistung, also Auswahl desjenigen Unternehmers, der den Verkehr nach Vorstellungen des Aufgabenträgers mit geringstem Zuschußbedarf erbringen kann, wird ermöglicht. Da gemäß § 13a kein Besitzstandsschutz bei der Bewerbung gewährt wird\92, kann so auch der Wettbewerb neuer Anbieter gefördert werden. Dies rechtfertigt es, die Genehmigungsbehörde nach erfolgter Ausschreibung gern. § 13a 11 nur noch prüfen l93 zu lassen, ob ein ordnungsgemäßes Verfahren durchgeführt wurde. Eine zusätzliche Beachtung von Wirtschaftlichkeit und Wettbewerb, wie sie § 8 III 1 verlangt, ist nach vorausgegangener Ausschreibung unnötig, "geringste Kosten für die Allgemeinheit" lassen sich auch so erzielen.

ß) Ruinöse Konkurrenz Ruinöse Konkurrenz durch zu niedrige Angebote um die Vergabe der ausgeschriebenen gemeinwirtschaftlichen Leistung l94 läßt sich bei Ausschreibungen 191 Pietzcker, Der Staatsauftrag, S. 253. Auch Gandenberger, S. 226 meint, daß die Ausschreibung das Marktverhalten der Anbieter beeinflußt und Preiswettbewerb intensiviert. 192 So bzgl. der Ausschreibung Gandenberger, S. 39, 97. - Auch der fehlende Besitzstandsschutz bei Vergabe gemeinwirtschaftlicher Leistungen spricht dafür, daß das PBefG eine Ausschreibung favorisiert. 193 Daran kritisiert Zeiselmair, OR 4/94, 10, daß damit der Aufgabenträger gezwungen wird, der Genehmigungsbehörde nachzuweisen, daß er den Unternehmer mit geringstem Subventionsbedarf ausgewählt hat, obwohl diese Prüfungsaufgabe ebensogut (wenn nicht besser) der kommunalen Rechnungsprüfung überlassen werden könnte, die über sparsame Verwaltung kommunaler Haushalte zu wachen hat. Speziell für den Verkehrsbereich dazu eine neue staatliche Instanz in Form der Genehmigungsbehörde zu schaffen, leuchte nicht ohne weiteres ein". - Diese Konstruktion ist jedoch Folge davon, daß das PBefG auch im Fall gemeinwirtschaftlicher Verkehrsbedienung am Genehmigungerfordernis festhält. Die Rolle der Genehmigungsbehörde kann in solchen Fällen nur auf eine Prüfung beschränkt werden. Sonst machte die Trennung von zuständiger Behörde (Aufgabenträger) und Genehmigungsbehörde keinen Sinn. Gewisse Friktionen sind unvermeidbar. 194 Sie könnte entstehen, wenn die Leistung eines Unternehmers nach Genehmigungsablauf ausgeschrieben wird und dieser im Falle der Nicht-Wiedererteilung des Verkehrs in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht ist. Dann könnte er geneigt sein, ein unterhalb Kostendeckung kalkuliertes Gebot abzugeben, um so wirtschaftlichere Konkurrenten zu schlagen und am Markt zu bleiben. Damit wird der Wettbewerb verzerrt und es besteht längerfristig die Gefahr, daß dieser Unternehmer nicht mehr in der Lage ist, seine

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

215

durch genaue Prüfungen der jeweils geringsten Angebote weitgehend vermeiden l95 . "() Ausschreibungskartelle Ausschreibungskartelle können durch stärkere Anwendung der §§ 1, 25 I GWB verhindert werden, denen ohnehin mit Wettbewerbs zunahme ein größerer Anwendungsbereich im Verkehr zukommt l96 . Ö) Kosten des Verfahrens

Die Kosten der Durchführung einer Ausschreibung dürfen nicht erheblich über den Einsparungen beim Zuschußbedarf liegen, die mit ihr zu erzielen sind. Grundsätzlich verlieren bei wachsender Größe des zu vergebenden Fahrauftrags die Kosten einer Ausschreibung an Bedeutung und die Vorzüge des Verfahrens fallen stärker ins Gewicht 197 • Es gibt also eine bestimmte Größe von Verkehrsaufträgen, bei denen eine Ausschreibung nicht mehr rentabel ist. In Fällen geringer Verkehrsleistungen könnte man aber mehrere solcher Leistungen zusammen ausschreiben, um ein besseres Verhältnis zwischen Kosten und Vorzügen des Verfahrens herzustellen l98 •

angebotene Leistung zu erbringen. Dann müßte entweder seine Subvention erhöht (was das Ergebnis der Ausschreibung zunichte machte) oder ein neuer Unternehmer gefunden werden, der die Leistung erbringt. Zeitweilige Lücken in der Verkehrsbedienung drohten. Deshalb ist ruinöse Konkurrenz im Nahverkehrsbereich zu vermeiden; so auch Aberle, S. 85. 195 Gandenberger, S. 136. Aberle, S. 85 befürwortet permanente Kontrollen der vereinbarten Leistungsqualität und "Verhinderung wettbewerbsverzerrender Zuschuß- oder Ausgleichszahlungen außerhalb der durch die Ausschreibungen festgelegten Zahlungen" (was bereits mit dem engen Begriff von Eigenwirtschaftlichkeit vermieden wird). 196 Dazu vgl. bereits oben Kap. B § 2 12d. 197 Vgl. Gandenberger, S. 252f. Er hält jedoch "die höheren Verfahrenskosten einer Ausschreibung gesamtwirtschaftlich keineswegs für unproduktiv", sondern sieht sie als ,,Preis für die produktive Leistung der Ausschreibung, nämlich Sicherung von Wettbewerb und Gleichbehandlung" (S. 251). - Zu einseitig wäre es jedenfalls, allein auf den (Kosten-)Vergleich zw. Verfahren und Einsparung an Zuschüssen abzuheben. Denn eine genaue Gegenüberstellung von Kostenaufwand und gesamtwirtschaftlichem Vorteil einer Ausschreibung ist unmöglich. Und das Kostenproblem stellt auch einen Ansporn für den Aufgabenträger dar, die Kosten der Ausschreibung so klein wie möglich zu halten. 198 Auch § 9 11 sieht vor, daß die Genehmigung für mehrere Linien gebündelt erteilt werden kann, falls mit den Zielen des § 8 m konform. Da in § 8 m auch Wirtschaftlichkeit des ÖPNV genannt ist, muß es folglich auch dem Aufgabenträger möglich sein, ein ,,Bündel gemeinwirtschaftlicher Verkehrsleistungen" auszuschreiben, solange dabei die

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D. Änderung der Wettbewerbs situation durch die PBefG-Novelle

E) Qualitätsstandards

Die Beachtung von Qualitätsstandards des ÖPNV I99 und der Ziele des § 8 I1I, wie Verkehrs integration oder Abstimmung der Beförderungsentgelte2°O, hängt bei der Ausschreibung primär von der Leistungsbeschreibung und den Vergabekriterien des Aufgabenträgers ab. Diese Einschränkung des Prinzips der unternehmerischen Eigenverantwortung für Ausgestaltung der Verkehre ist hinzunehmen, da diese bei Angewiesenheit auf öffentliche Verlusterstattung ohnehin reduziert ist2ol • Daher ist eine möglichst detaillierte Leistungsbeschreibung nötig, denn sie konkretisiert die Forderungen, die sich aus dem Erfordernis ausreichender Verkehrsbedienung ergeben. Ihr kommt erhebliches Gewicht zu. Ein Qualitätsverlust in der Nahverkehrsbedienung wegen fehlender Kompetenz des Aufgabenträgers ist deswegen aber nicht zu befürchten, da Leistungsbeschreibungen letztlich auf dem Nahverkehrsplan beruhen, bei dessen Erstellung der Sachverstand der Verkehrsunternehmen miteinzubeziehen ist202 . Zudem kann auch Art. 14 11 VO (EWG) 1191/69 nF für inhaltliche Vorgaben einer Leistungsbeschreibung herangezogen werden. In der Auswahlentscheidung nach der VOLlA kann um so mehr allein auf die geringsten Kosten abge-

Grenze zur ,,kalten" Einführung einer Gebietsgenehmigung nicht überschritten wird. Denn diese ist nach dem PBefG unzulässig. Zu letzterem vgl. oben Kap. C § 2 ß 4, Anm.41. 199 Dazu eingehend Gimau: ÖPNV - quo vadis?, Der Nahverkehr 411993, 6 [8], der eine genaue Definition von Fahrzeugstandards und Service, Reservevorhaltungspflichten, Angebotseinheit und die Beachtung von Umweltgesichtspunkten verlangt. Er betont zurecht, daß der ÖPNV ohne exakte Festlegung solcher Beurteilungskriterien für den Wettbewerb unter den Betreibern ,,nicht unerheblichen Schaden nehmen" kann (ders. dazu in: Der NV 7-8/93, 13). Für BalteslBayerlHofmann, Der NV 11194, 23f. ist Betonung des Kriteriums Qualität im Wettbewerb um die Vergabe von ÖPNV-Leistungen ein "gangbarer Weg, um ungehemmten Zugang von Wettbewerbern zum Verkehrsmarkt aufzuhalten". 200 Kritisch hierzu Fromm: Privatisierung, Liberalisierung und Deregulierung beim öffentlichen Personennahverkehr, ZögU 1988, 180 [180f.]. Er meint, daß die Vergabe von Einzelleistungen per Ausschreibung zu einem "Flickwerk" führt, in dem die Bildung einheitlicher Tarife nicht möglich ist. Als Beispiel nennt er England. - Dem ist entgegenzuhalten, daß das Verfahren der Ausschreibung eine Tarifabstimmung zwar nicht erleichtert. Dies läßt sich aber über die Ausgestaltung des Verfahrens und seiner Anforderungen an die Bieter lösen. Daraus ergeben sich keine grundlegenden Einwände ge~en eine Ausschreibung. 01 Siehe oben Kap. D § 3 11, Anm. 51. 202 Dies ist Befürchtungen entgegenzuhalten, die unter Verweis auf die in diesem Punkt negative Entwicklung in England (s.o., Kap. B § 3 N 1, Anm. 291) gegen die Zulassung von Ausschreibungen im ÖPNV vorgebracht werden (z.B. vom Bundesverband Deutscher Omnibusuntemehmer (BDO): Ein verträgliches Miteinander schaffen 10 Thesen zur Verbesserung der Situation im ÖPNV (Broschüre), S. 16).

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

217

stellt werden, je exaktere Vorgaben für das Leistungsangebot gemacht werden203 •

~)

Grundsatz der Gleichbehandlung

Fraglich ist ferner, welche besonderen Anforderungen sich aus dem Diskriminierungsverbot des § 13a 11 für die Ausgestaltung des Ausschreibungsverfahrens ergeben. Es soll sicherstellen, daß bei der Vergabe der Verkehrsleistung nicht einzelne Verkehrsanbieter oder bestimmte Unternehmerkategorien sachlich ungerechtfertigt benachteiligt werden204 • Obwohl der Gleichheitssatz wegen Art. 20 III, 3 I GG schon verfassungsrechtlich die Vergabeentscheidungen der Verwaltung beherrscht, kann daraus nicht entnommen werden, daß nun bei einer Ausschreibung besondere Rücksicht auf einzelne Anbieter oder Gruppen von Bewerbern zu nehmen ist205 • Vielmehr ist darin eine Betonung der Auswah!- und Wettbewerbsneutralität des ausschreibenden Aufgabenträgers zu sehen 206 und damit eine inhaltliche Anforderung an die Leistungsbeschreibung. Diese darf mit ihren Vorgaben nicht zu unsachgemäßer Ungleichbehandlung führen, indem Z.B. Standards festgelegt werden, die öffentliche Unternehmen bevorzugen oder die so eng formuliert sind, daß sich von vornherein eine Vielzahl von Unternehmen nicht an der Ausschreibung beteiligen kann. Da aber nur sachlich ungerechtfertigte Unterscheidungen verboten sind und das Primat ausreichender Verkehrsbedienung im Vordergrund steht, muß es der ausschreibenden Behörde auch möglich sein, Bedienungsvorgaben aufzustellen, die im Einzelfall nur von einer begrenzten Anzahl von Anbietern erfüllt werden können. Wegen des sachlichen Grundes ist dies kein Gleichheitsverstoß. Die Leistungsbeschreibung hat damit große grundrechtliche Relevanz. Bei Beachtung der genannten Vorgaben kann mit ihr im Ausschreibungsverfahren dem Grund203 Dabei kommt es nicht allein darauf an, daß ein Angebot billig ist. Die "Qualität des Leistungsangebots im ganzen", die letztlich für den Zuschlag entscheidend sein soll (vgl. Kulanz in: DaublEberstein (Hg.): Kommentar zur VOUA, § 25 Rn. 39), kann aber mittels der Leistungsbeschreibung schon im vorhinein so bestimmt werden, daß allein der Preis noch entscheidungsrelevant ist. 204 So der Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 144, in der Begründung zu § 13a. 205 So aber Fromm, OR 5/94, 12. Er meint, daß der Gesetzgeber im konkreten Fall noch "etwas Zusätzliches" zum Ausdruck bringen wollte. - Solche Rücksichtnahme ist aber mit dem Verfahren der offenen Ausschreibung nicht vereinbar. Sie paßte allenfalls zum Verfahren der beschränkten Ausschreibung (§ 3 Nr. 1 11 VOUA: Leistungsvergabe nach Aufforderung nur einer von vornherein beschränkten Zahl von Unternehmen - ein Verfahren, bei dem der Bewerberkreis vom Aufgabenträger selbst festgelegt und begrenzt wird; vgl. Gandenberger, S. 44, 79). Diese widerspricht aber dem Gleichheitsgebot und ist nur schwer mit der Forderung nach geringster Kostenbelastung vereinbar. 206 Zeiselmair, OR 4/94, 10.

218

D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

satz der Gleichbehandlung Rechnung getragen werden. Hinzu kommt, daß im Nahverkehr Vergabeentscheidungen legitimerweise nicht nur unter wirtschaftlichen, sondern auch unter politischen Gesichtspunkten getroffen werden. Hier ist die Förmlichkeit des Verfahrens einer Ausschreibung eher geeignet, politisch motivierte Bevorzugungen bestimmter Anbieter und Ungleichbehandlungen auszuschließen 207 • Tl) Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der Anbieter Da §§ 2 Nr. 2,25 Nr. 2 I VOL/A ausdrücklich vorschreiben, daß bei Auswahl der Angebote nur Bieter zu berücksichtigen sind, welche die für die Erfüllung der vertraglichen Pflichten erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen, ist mit einer Ausschreibung auch kein Sicherheitsrisiko verbunden208 • Zusätzlich ordnet § 13a I 2 an, daß § 13 I, 11 Nr. 1 anzuwenden sind. Auch die Genehmigungsbehörde hat danach die subjektive Eignung des Ausschreibungsgewinners zu prüfen. Hierbei gewinnt die Anhörungspflicht nach §§ l3a I 2, 14 Bedeutung, weil damit Erkenntnisse der Gewerbeaufsichtsbehörden über den Unternehme?09 mit in die Beurteilung seiner Eignung einfließen können. Wegen dieser doppelten Prüfung bietet eine Ausschreibung sogar besondere Gewähr für die Eignung des Bewerbers. 6) Funktion der Genehmigungsbehörde Die Genehmigungsbehörde ist bei einer Ausschreibung gemeinwirtschaftlicher Verkehrs leistungen darauf beschränkt, die Einhaltung aller dieser Vorgaben, gerade was die Leistungsbeschreibung des Aufgabenträgers angeht, zu kontrollieren. Damit kommt ihr im Ausschreibungsverfahren eine wichtige Funktion für Verkehrsbedienung und Wettbewerb zu. Ohne diese Kontrollinstanz wären wettbewerbswidrige Gestaltungen der Auftragsvergabe eher möglich21O •

Ähnlich auch Pietzcker, Der Staatsauftrag, S. 25l. A.A. der BDO, Ein verträgliches Miteinander schaffen (Broschüre), S. 16. Skeptisch auch Gimau, Der NY 7-8/93, 13. Zur Notwendigkeit individueller Anbieterprüfung (um so genauer ist, je unbekannter der Anbieter ist) vgl. auch Gandenberger, S. 130. 209 Vgl. § 14 I Nr. 2 (neu), wonach im Anhörungsverfahren Stellungnahmen der Gewerbeaufsichtsbehörden einzuholen sind. Das soll dazu beitragen, die Verkehrssicherheit zu erhöhen; vgl. Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 12/6269 S. 144. 210 Daher bestehen gerade keine Einwände gegen die Pflicht des Aufgabenträgers, sich von der Genehmigungsbehörde kontrollieren zu lassen. Diese Prüfung ist sogar besonders wichtig. - A.A. Fromm, OR 5/94, 12. 207 208

§ 3 Auslegung, Kritik: und Bewertung der Novelle

219

(c) Zusammenfassende Bewertung unter Wettbewerbsaspekten Ausschreibungen sind bei Beachtung der dargelegten Vorgaben also geeignet, die Forderungen des PBefG bei Auswahl der Vertragspartner des Aufgabenträgers zu erfüllen. Auch wenn eine Gleichsetzung von öffentlicher Ausschreibung und Wettbewerb verfehlt ist211 : Durch Ausschreibung gemeinwirtschaftlicher Verkehrsleistungen kann man in vielen Fällen einen wirksamen Wettbewerb schaffen, wo vorher solcher nicht bestand212 • Auf diese Weise ist im Vorfeld des § 13a ein wesentlich freierer Wettbewerb der Verkehrsunternehmen möglich als im Bereich des § 13. Dabei ist von Vorteil, daß etablierte und neue Unternehmen meist gleiche Chancen erhalten, sich zu behaupten 213 • Wegen der Gleichbehandlungspflicht von privaten und öffentliche Anbietern haben v.a. private Unternehmen gute Chancen, mit ihren günstigen Kostenstrukturen den Zuschlag zu erhalten 214 • Auch besteht für private Unternehmer, die sich nicht direkt am Vergabeverfahren beteiligen wollen oder dies aufgrund ihrer betrieblichen Voraussetzungen nicht können, die Möglichkeit, vertragliche Vereinbarungen als Subunternehmer mit solchen Unternehmen zu schließen, die bei einer Ausschreibung Leistungsaufträge erlangen können oder erlangt haben215 • Öffentliche Unternehmen sind zu Kostensenkung und Leistungssteigerung gezwungen und müssen sich wettbewerbsfähiger machen. Andererseits haben sie mit ihrer Struktur den Vorteil, im Fall hoher Qualitätsanforderungen der Leistungsbeschreibung diesen eher zu entsprechen als die (meist kleinen) privaten Anbieter. Taxen und Mietwagen, die wegen § 8 11 an Ausschreibungen zu beteiligen sind216 , werden gerade in Verkehrsrandgebieten öfter den Zuschlag erhalten können.

Pietzcker, Der Staatsauftrag, S. 310. Ähnlich auch Gandenberger, S. 50 und Kruse in: Seidenfus, Deregulierung, S. 32f. 213 Wenn auch Pietzcker, AöR 107, 85 nicht ganz damit unrecht hat, daß neu am Markt auftretende Unternehmen durch die Kriterien ,,Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit" etwas benachteiligt werden, da sie sich im Gegensatz zu Altunternehmern noch nicht bewähren konnten. Ähnlich Kruse in: Seidenfus, Deregulierung, S. 33: "Generell dürften Ausschreibungsverfahren in der Praxis einen gewissen Bias zugunsten der etablierten Unternehmen aufweisen". 214 Aberle, S. 85 meint, daß generell Unternehmen mit hohen Betriebs- und Verwaltungskosten oder niedrigen Leistungsqualitäten kaum Fahrleistungsaufträge erhalten werden und aus dem betreffenden Marktsegment ausscheiden müssen. Diese Gefahr wird seiner Ansicht nach "möglicherweise" öffentliche Anbieter mit begrenzter Leistungs- und Kostenflexibilität stärker treffen als private Anbieter. Noch drastischer hinsichtlich der Folgen für kommunale Verkehrsunternehmen BalteslBayerlHofmann, Der NY 11/94, 24. 215 Vgl. Aberle, S. 84. - Solches Subunternehmertum privater Unternehmer für öffentliche Anbieter existiert bereits vielfach im ÖPNY. 216 Vgl. Bidinger, NZV 94,212. 211

212

220

D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

Da schrittweise der Anteil gemeinwirtschaftlicher Leistungen im ÖPNV zunehmen wird217 , sind vermehrte Ausschreibungen218 und damit langfristig Veränderungen der Verkehrs struktur zu erwarten. Damit kann eine Verbesserung der Verkehrsbedienung einhergehen, weil bei einer Ausschreibung der nach Ansicht des Aufgabenträgers jeweils beste Unternehmer den Zuschlag erhält. Zu klären ist weiter, ob auch von der Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Leistungen ein solcher Wettbewerbsimpuls ausgeht. bb) Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Leistungen Macht die zuständige Behörde nach Genehmigungsablauf von der Möglichkeit der Auferlegung einer gemeinwirtschaftlichen Verkehrsleistung Gebrauch, so hat sie ebenfalls auf geringste Kostenbelastung für die Allgemeinheit und Gleichbehandlung zu achten. Das unterstreicht die oben aufgestellte These2l9 , daß auch bei hoheitlicher Auferlegung von Leistungen möglichst eine Auswahl zwischen mehreren Verkehrsanbietern zu treffen ist. Denn das Erfordernis der Gleichbehandlung machte keinen Sinn, wenn nur auf die billigste Lösung eines Anbieters zu achten wäre220 • ( 1) Auswahl des geeigneten Unternehmers

Allerdings ist eine solche Auswahl nur möglich, wenn auch tatsächlich andere Unternehmen zur Verfügung stehen, die unter gleichartigen Bedingungen eine ebenso ausreichende Verkehrsbedienung sicherstellen können, etwa weil sie bereits Genehmigungsanträge nach § 13a gestellt oder ihr Interesse an der Erbringung der entsprechenden Verkehrsleistung bekundet haben. Um den nötigen Überblick zu haben, muß sich die zuständige Behörde sonst selbst um Vergleichsdaten bemühen, indem sie z.B. den Subventionsbedarf vergleichbarer Unternehmen, die gemeinwirtschaftliche Verkehre betreiben, heranzieht.

217 Das ist die Folge des eng verstandenen Begriffs der Eigenwirtschaftlichkeit. Vgl. auch die ähnliche Prognose von BalteslBayerlHofmann, Der NY 11194, 23. 218 Zur Bevorzugung der Leistungsvergabe im Wege vertraglicher Vereinbarung (und damit letztlich per Ausschreibung) vgl. oben Kap. C § 3 III 2, Anm. 71; Kap. D § 211 3b, Anm.37. 219 Vgl. oben Kap. C § 3 III 2a a.E. 220 Auch Fromm, OR 5/94, 8 [12] meint, daß bei Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Leistungen auf die Kosten abzustellen ist, die sich beim Einsatz kostengünstig arbeitender Unternehmen ergeben. Hierzu sollen mindestens drei nach Art und Umfang vergleichbare Verkehrsleistungen verschiedener Unternehmer zu berücksichtigen sein.

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

221

(2) Vorteil der Leistungsauferlegung

Die Auferlegung einer gemeinwirtschaftlichen Leistung für einen Unternehmer wird die Behörde dann wählen, wenn es ihr gerade darauf ankommt, daß dieser bestimmte Unternehmer den Verkehr auch weiterhin, wenn auch bezuschußt, bedient oder wenn eine Ausschreibung sich wegen zu hoher Verfahrenskosten nicht lohnt221 • Dadurch, daß der Aufgabenträger der Genehmigungsbehörde im Falle einer Auferlegung nachweisen muß, daß er ohne Diskriminierung den Unternehmer mit geringstem Subventionsbedarf ausgewählt hat222 , kann verhindert werden, daß der Aufgabenträger einseitig das bisher die Linie bedienende Unternehmen bevorzugt und so einen bestehenden Zustand ohne sachliche Rechtfertigung manifestiert223 • (3) Wettbewerbliehe Bewertung des Auferlegungsverfahrens

Falls die zuständige Behörde dieses Verfahren wählt, ist jedoch nur mit verhältnismäßig wenig Wettbewerb der Unternehmen im Vorfeld der Auferlegung zu rechnen 224 • Das folgt schon aus der geringen Zahl der abzuwägenden Alternativvorschläge und aus dem Fehlen eines verbindlichen Vergleichsverfahrens vor der Auferlegung. Marktaußenseiter haben eine geringere Chance, von der Behörde in ihre Kalkulation miteinbezogen zu werden. Und trotz Kontrolle durch die Genehmigungsbehörde ermöglicht es das Auferlegungsverfahren der Behörde eher, primär eigene kommunale Verkehrsunternehmen auszuwählen225 • 221 Die Ansicht Batzills, Der NY 7-8/94, 16, daß die zuständige Behörde die Auferlegung immer dann wählt, wenn sie ,,keinen Wettbewerb will", verkürzt den Sachverhalt. Zwar mag auch dies ein Aspekt sein. Aber allein von ihrem Wollen hängt die Entscheidung wegen der anderen Wertungen des PBefG nicht ab. Denn nachher überprüft die Genehmigungsbehörde die Wirtschaftlichkeit der Wahl der Behörde. Das Erfordernis der "geringsten Kosten für die Allgemeinheit" in § Ba ist nämlich, lt. Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 1216269 S. 144, eine Konkretisierung dieser Aufgabe der Genehmigungsbehörde aus § 8 III 1. 222 Zeiselmair, OR 4/94, 10. 223 Damit ist die Prüfung der Genehmigungsbehörde bei Auferlegung noch wichtiger als bei Vereinbarung gemeinwirtschaftlicher Leistungen, da dort ein förmliches Verfahren als Korrektiv des Aufgabenträgers fehlt. Diese Kontrolle wird durch die Anhörungspflicht nach §§ Ba I 2, 14 I Nr. 1 erleichtert. Denn die übrigen Unternehmer, die im Einzugsbereich des auferlegten und noch zu genehmigenden Verkehrs liegen, bekommen dabei die Möglichkeit, auf eigene Bedienungsmöglichkeiten für den gemein wirtschaftlichen Verkehr, die billiger als der auferlegte Verkehr sind, hinzuweisen. - Allg. zur Funktion der Anhörung vgl. Bidinger, PBefR, § 14 Anm. 2f. 224 Noch enger Batzill, Der NY 7-8/94, 16, der meint, daß auferlegte Leistungen gar nicht dem Wettbewerb unterliegen. 225 Bei Auflagen stellt auch Batzill, Der NV 7-8/94, 16 beispielhaft auf diese ab.

222

D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelie

Wechsel der Betreiber einer Linie oder Veränderungen der Verkehrssituation sind daher in Fällen der Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Leistungen kaum zu erwarten. Eher wird so der bisherige Standard bei möglicher Subventionsverminderung aufrechterhalten. Gleiches gilt, falls nach § 21 IV 2 vorgegangen und dem bedienenden Unternehmer gegen Ausgleich die Entbindung von der Betriebspflicht für seinen genehmigten Verkehr versagt wird226 • Denn die Subventionierung dieses Unternehmers bis Ablauf seiner Genehmigung wird nur dann nicht im öffentlichen Verkehrsinteresse liegen, wenn billigere Anbieter schnell und ohne Unterbrechung in der Verkehrsbedienung in der Lage sind, eine gleichgute Bedienung desselben Verkehrs nach § 13a sicherzustellen227 • cc) Vergleich beider Möglichkeiten nach Wettbewerbsgesichtspunkten Die Impulse für den Wettbewerb der Verkehrsunternehmer sind also, falls sich die zuständige Behörde i.S.d. va (EWG) 1191/69 nF zur Auferlegung einer gemeinwirtschaftlichen Verkehrs leistung entschließt, wesentlich geringer als wenn sie sich für die vertragliche Vereinbarung eines solchen Verkehrs entscheidet. Da es ihr nach dem PBefG letztlich freisteht, ob sie Auferlegung oder vertragliche Vereinbarung wählt, ob solche Leistungen also mit oder fast ohne Wettbewerb vergeben werden, eröffnet das neue Recht eine Möglichkeit, auch im Bereich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im ÖPNV den Wettbewerb der Unternehmen künftig sehr zu beschränken. §§ 13a i.V.m. der va 1191/69 nF führt somit keineswegs zur generellen Einführung von Wettbewerb im ÖPNV228 . ZU bedenken ist aber, daß dem Grundsatz wirtschaftlicher Eigenständigkeit der Verkehrs unternehmen die Vertragslösung eher gerecht wird, weil bei einem

226 FielitVMaier/Montigel/Müller, § 21 Rn. 15 prognostizIeren, daß es nach dem neuen Recht zu vermehrten Anträgen nach § 21 IV kommt. 227 Auch Pietzcker, Der Staatsauftrag, S. 256 räumt ein, daß die Eilbedürftigkeit einer Entscheidung ein Hinderungsgrund für die Durchführung einer Ausschreibung sein kann. 228 Insofern zutreffend Batzill, Der NY 7-8/94, 16. Dies gilt auch, wenn von einem engen Verständnis des Eigenwirtschaftlichkeitsbegriffs des § 8 IV 2 und damit von einer erheblich größeren Anzahl gemeinwirtschaftlicher Leistungen mit der Folge zahlreicher Verfahren nach § l3a ausgegangen wird. - A.A. BalteslBayerlHofrruJnn, Der NY 11/94, 18, die meinen, daß immer mehr Verkehrsleistungen dem Wettbewerb unterfallen werden, weil immer mehr von ihnen dem gemeinwirtschaftlichen Teil zuzuordnen sind. Diese Gleichsetzung von gemein wirtschaftlichem Verkehr und Wettbewerb ist aber zu optimistisch.

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

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solchen öffentlich-rechtlichen Vertrag229 Behörde und Unternehmen eine einvernehmliche Regelung treffen und den Unternehmen damit mehr Einwirkungsmöglichkeiten auf die Behörde eingeräumt werden23o • Dies ist auch bei der Ausschreibung der Fall, wo der Unternehmer über sein Angebot Einfluß nehmen kann. Daher kann mit der vertraglichen Vereinbarung dieses Anliegen der VO (EWG) 1191/69 nF im ÖPNV besser umgesetzt werden als durch Auferlegung von Diensten. Ferner entspricht eine Ausschreibung mit abschließendem Vertragsschluß mehr dem Gebot der Verhältnismäßigkeit, an dem staatliche Regulierungen zu messen sind231 • Denn die hoheitliche Auferlegung von Leistungspflichten stellt auch im Fall der Ausgleichsgewährung einen stärkeren Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 I GG dar als eine vertragliche Vereinbarung derselben232 • Und auch die mit dem Kriterium der Gleichbehandlung in §§ 8 III 2, 13a 11 verbundene Forderung

229 Ein Vertrag über eine gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistung ist nach den Kategorien des Verwaltungsrechts ein "verwaltungsrechtlicher Vertrag" i.S.d. § 54 VwVfG, der über die Erbringung einer Verkehrsleistung mit dem Unternehmer auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts abgeschlossen wird. Denn die Verpflichtung zum Betreiben des Verkehrs gegen Ausgleich der damit verbundenen Verluste findet im Vorfeld der hoheitlichen Genehmigung des Verkehrs nach § 13a statt und ist als Voraussetzung der Genehmigungserteilung ebenfalls öffentlich-rechtlicher Natur. Da die Behörde die Pflicht zur Bedienung eines Verkehrs auch per Verwaltungsakt begründen kann, ist dieser Vertrag subordinationsrechtlich und ersetzt einen VA. - Zu diesen Voraus-setzungen vgl. i.e. Maurer: Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl., § 14 Rn. 5-14 und Kopp: Verwaltungsverfahrensgesetz, 5. Aufl., § 54 Rn. 7f., 20. 230 Denn laut Maurer, VerwaltungsR, § 14 Rn. 24 wird der Bürger beim subordinationsrechtlichen Verwaltungsvertrag als "selbständiges Rechtssubjekt und Partner der Verwaltung" gesehen und "in das Verwaltungsgeschehen mitverantwortlich einbezogen". Nach Kopp, Vorb. § 54 Rn. 5 erübrigt der Verwaltungsvertrag ein einseitiges Eingreifen der Behörde und ist eine "bessere Möglichkeit für eine erwünschte Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten als dies mit den Gestaltungsformen des Verwaltungsaktes erreichbar wäre". A.A. hins. letzterem Maurer: Der Verwaltungsvertrag - Probleme und Möglichkeiten, DVBI. 1989, 798 [805f.], da mittlerweile die Möglichkeiten des Verwaltungsvertrags auch mit Ausgestaltungsformen des VA erreicht werden könnten. 231 Vgl. dazu oben Kap. B § 311 2a cc, b bei der rechtlichen Analyse der DeregulierunIisdiskussion. 22 Ähnlich auch BVerwGE 42, 331 [335] (im Zusammenhang mit der Frage des Erfordernisses einer gesetzlichen Grundlage für Eingriffe in Art. 2, 12, 14 GG durch Verwaltungsvertrag, wie sie für Eingriffe per VA verlangt wird), wo feststellt wird, daß es sich "angesichts der einverständlichen Mitwirkung der am Vertrag Beteiligten nicht um Eingriffe in die (grundrechtliche) Freiheit in dem Sinne handelt, wie dies in Art. 20 m vorausgesetzt wird". Vgl. auch Kopp, Vorb. § 54 Rn. 8. Auch Kruse in: Seidenfus, Deregulierung, S. 32f. zieht z.B. Ausschreibungen einer anderen Form der Regulierung vor.

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D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

nach Einräumung eines angemessenen Wettbewerbsspielraums kann im Vertragsverfahren eher berücksichtigt werden233 • Insofern ist (auch) dem PBefG eine Präferenz für die vertragliche Vereinbarung gemeinwirtschaftlicher Verkehrsleistungen zu entnehmen. Damit lassen sich die unterschiedlichen Anforderungen des Gesetzes in diesem Verkehrsbereich am besten harmonisieren. dd) Bewertung der künftigen Wettbewerbssituation im Rahmen des § 13a Wenn auch mit dem neuen § 13a nicht generell Wettbewerb um gemeinwirtschaftliche Verkehrs leistungen eingeführt wird, so eröffnet er doch Möglichkeiten, mehr Wettbewerb zuzulassen. Eine Marktöffnung ist aber nicht immer zu erwarten, da sie von der Vorgehensweise der zuständigen Behörde i.S.d. va (EWG) 1191/69 nF abhängt. Immerhin gibt aber das neue PBefG mit seiner Präferenz für das Vertragsverfahren einen deutlichen Impuls für Wettbewerb und Veränderung im ÖPNV, so daß insgesamt von einer wettbewerbsfreundlichen Tendenz des Gesetzes im Bereich des § 13a gesprochen werden kann, die grundsätzlich bei hoheitlichen Entscheidungen zu beachten ist. Die allgemein damit einhergehende Gefahr der Verdrängung von Unternehmern vom Markt führt als ökonomische Gesetzmäßigkeit nicht zu einer negativen Beurteilung. Es entstehen so allerdings Abstimmungsschwierigkeiten mit weiteren Anliegen der Novelle. 5. Probleme mit Kooperationen im Nahverkehrsbereich

a) Problemdarstellung

Es stellt sich die Frage, wie sich die in § 8 III 1 erhobene Forderung nach Verkehrskooperation und integrierter Nahverkehrsbedienung in das dargestellte System einfügt. Denn im Rahmen des § 13a könnte es künftig indiziert sein, um geringste Kosten für die Allgemeinheit zu erzielen, die oft mühsam ausgehandelten und zustande gekommenen Kooperationsverträge zu kündigen, die Verkehrsleistungen auszuschreiben und mit dem günstigsten Anbieter neue Kooperationsverhandlungen zu führen 234 • Gerade in Ballungsräumen wäre dies

233 Zu Zusammenhängen von Verträgen LS.d. § 54 VwVfG (dessen allgemeiner Rechtsgedanke analog auch für Verträge gilt, die nicht unter das VwVfG fallen und für die ausdrückliche Bestimmungen fehlen) mit dem Gleichbehandlungsgebot vgl. auch Kogp, § 54 Rn. 29. 34 Dieses Problem sehen auch Zeiselmair, OR 4/94, 10 und Fromm, OR 5194, 12.

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

225

problematisch235 , zumal die Feststellung, ob ein Verbundunternehmen eigenwirtschaftlich flihrt, nahezu unmöglich ist236 •

b) Wertungswidersprüche

Bei der Lösung dieses Problems ist vom hohen Stellenwert auszugehen, der Verkehrskooperationen nach dem PBefG zukommt. Die Genehmigungsbehörde hat im Rahmen des § 13 auf Integration der Verkehrsbedienung und verbundene Beförderungsentgelte zu achten237 • Und der Nahverkehrsplan muß vorhandene Verkehrsstukturen berücksichtigen, zu denen auch Verkehrsverbünde zählen. Dies wäre erheblich erschwert, wenn damit gleichzeitig ein faktisches Gebot zur Auflösung bestehender Kooperationen einherginge, weil fast sämtliche Verbundunternehmen im gemeinwirtschaftlichen Bereich fahren und damit dem § l3a unterliegen238 • Andererseits ist es auch nicht möglich, alle Verkehrskooperationen pauschal dem Anwendungsbereich des § l3a zu entziehen, will man dessen Verfahren in Ballungsräumen nicht zur seltenen Ausnahme degradieren. Und schließlich wird neben der Forderung nach Kooperation ebenso Wirtschaftlichkeit der Verkehrsgestaltung betont. Zudem erhielten neue, wirtschaftlichere Unternehmen keine Möglichkeit, sich an Kooperationen zu beteiligen.

235 In Verkehrsrandgebieten spielen Verkehrsverbünde bei der straßengebundenen Personenbeförderung keine große Rolle. Differenzierte Bedienungsweisen sind schon allein wegen ihrer bedarfsorientierten Beförderung selten an Verkehrskooperationen beteiligt. 236 Dazu Zeiselmair, OR 4/94, 10. Die Berechnung ist deshalb schwer, weil die Unternehmer in Kooperationen meist pauschalisierte Entgelte auf der Basis von Einnahmeaufteilungsverträgen erhalten. Diese Entgelte beruhen nicht auf der tatsächlichen Inanspruchnahme eines bestimmten Verkehrsmittels durch die Verkehrsnutzer und spiegeln nicht die Einnahmen wieder, die der betreffende Unternehmer erzielen könnte, wenn er seine eigenen Fahrscheine zu einem allein von ihm kalkulierten Preis ohne Durchtarifierungs- und Harmonisierungsverluste verkaufen könnte. Um solche Angaben, die zur Berechnung der Eigenwirtschaftlichkeit LS.d. § 8 N benötigt werden, zu bekommen, müßten genaue und teure Zählungen durchgeführt werden, deren Kosten leicht die Vorteile, die mit der nachfolgenden Auswahl des kostengünstigsten Anbieters im Vorfeld des § 13a einhergehen, wieder zunichte machen können. 237 Auch der Besitzstandsschutz der Altunternehmer ist an die Bereitschaft zur Kooperation gekoppelt, vgl. § 13 II Nr. 2c, m und oben Kap. D § 3 I 4a dd, Anm. 152. Auch kann die Genehmigungsbehörde nach § 9 II Genehmigungen gebündelt erteilen, was ebenfalls die Bildung eines einheitlichen Liniennetzes erleichtern soll. 238 Verkehrsverbünde und damit die in ihnen zusammengeschlossenen Unternehmen erbringen meist "gemeinwirtschaftliche" Leistungen LS.d. PBefG, da sie lt. Fromm, OR 5194, 12 in ihrer heutigen Gestalt "zum Verlust verurteilt" sind. Zum Kostenaspekt vgl. schon oben Kap. B § 3 I 2c, Anm. 146. - Somit unterfielenJast alle Kooperationsunternehmen nach Ablauf ihrer Genehmigungen dem § 13a und dessen Mechanismus.

15 Maaß

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D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelie

c) Lösungsansätze

Trotz der Bedeutung der Kooperationen läßt die neue Gesetzeslage kaum andere Möglichkeiten zu, als schrittweise bei Auslaufen der Einzelgenehmigungen von Kooperations-Unternehmen für deren Verkehrs leistungen nach der VO (EWG) 1191/69 nF vorzugehen. Kooperationsverträge müssen aber nur dann gekündigt werden, wenn es auch tatsächlich im Rahmen dieses Verfahrens zu einem Wechsel in der Verkehrsbedienung kommt239 • Dabei ist zu bedenken, daß an vielen Verkehrskooperationen auch U- und Straßenbahnen beteiligt sind240 , um deren Verkehrsleistungen kein Wettbewerb stattfindet. Viele Vertragspartner werden daher trotz Vorgehens nach § 13a dieselben bleiben. Es kann also, muß aber nicht zu Änderungen in der Zusammensetzung von Kooperationen kommen. Bei Kooperationen im sog. ,,3-Ebenen-ModeU", bei denen es als Bindeglied zwischen Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen einen zwischengeschalteten Zusammenschluß der Unternehmen, die Verbundgesellschaft241 gibt, kommen vertragliche Vereinbarungen über gemeinwirtschaftliche Leistungen nicht zwischen Unternehmen und Aufgabenträger zustande, sondern nur mit der Verbundgesellschaft. Da diese aber nicht Unternehmer i.S.d. § 2 I 2 ist, fände dort § 13a keine Anwendung, so daß nicht der Unternehmer mit geringstem Subventionsbedarf ausgewählt werden müßte. Es könnte dort bei bestehenden Verbundvereinbarungen bleiben242 •

239 Darauf gehen Fromm und Zeiselmair (Anm. 234, a.a.O.) nicht ein. - Auch nach bisheriger Rechtslage war ein solcher Wechsel nicht unmöglich (wenn auch selten zu erwarten, da die Genehmigungsbehörde meist nur in der Lage ist, die nach Absprachen der kooperierenden Unternehmen gestellten Genehmigungsanträge "abzuzeichnen"; vg!. dazu oben Kap. B § 3 I 2c, Anm. 145). 240 Lt. Bidinger, PBefR, § 8 Anm. 3 sind große Kooperationen, wie Verkehrsverbünde, sachlich nur gerechtfertigt sind, wenn U-Bahnen und Straßenbahnen dort ,,Rückgratfunktion" haben. In Kooperationen sind heute meist sämtliche Leistungen integriert, gerade auch schienengebundene; vg!. Bundesregierung, BT-Drucks. 11/5746, An!. 2. 241 Dieser "Unternehmensverbund" ist meist privatrechtlicher Natur und wird fast ausschließlich von Verkehrsunternehmen getragen. Vg!. dazu die BReg, BT-Drucks. 11/5746, An!. 2; Bidinger, PBefR, § 8 Anm. If; Zeiselmair, OR 4/94,12. 242 Dazu vg!. Zeiselmair, OR 4/94, 12. Dies stellt eine Umgehung der Regelungen des novellierten PBefG dar. Denn der Mechanismus der VO (EWG) 1191/69 nF, der über § 13a Einzug in das PBefG finden soll, wird vermieden. Die Folge wäre fehlende Kostenminimierung. Innerhalb dieser Verbünde bliebe dafür aber die bisherige Rechtslage und -praxis bestehen und es fänden keine tiefschürfenden Veränderungen im Bereich solcher Kooperationen statt. Damit könnte dem Bedürfnis nach möglichst weitreichender Zusammenarbeit der Unternehmen Rechnung getragen werden. - Wegen der damit verbundenen Aufrechterhaltung bestehender Wettbewerbsverzerrungen und dem Verzicht auf Steigerung der Wirtschaftlichkeit ist aber Skepsis angebracht. Langfristig

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

227

Insofern müssen die Auswirkungen des § 13a auf die Kooperationen nicht immer gravierend sein. Dennoch ist der dargelegte Widerspruch nach dem neuen PBefG nicht ohne Friktionen lösbar. Daher wird hier langfristig eine gesetzliche Klarstellung nicht ausbleiben können 243 . 6. Künftige Rolle und Bedeutung von Taxen und Mietwagen

Zu klären ist schließlich noch, ob sich durch die partielle Einbeziehung von Taxen und Mietwagen in den ÖPNV durch § 811 Veränderungen bei der Behandlung differenzierter Bedienungsweisen ergeben haben, vor allem in ihrem Verhältnis zu herkömmlichen Linienverkehren.

a) Umsetzung der aufgestellten Forderungen Die gesetzliche Anerkennung differenzierter Bedienungsweisen als Teil des ÖPNV, falls sie Linienverkehrsbezug haben, entspricht den oben erhobenen Forderungen 244 nach stärkerer Beachtung der Mobilitätsinteressen der Bevölkerung in verkehrsschwachen Regionen, nach wettbewerbsfreundlicher Auslegung der Marktzugangsschranken und Erleichterung der Zulassung neuer Verkehre und Unternehmer. Denn die meisten differenzierten Bedienungsweisen werden als gemeinwirtschaftliche Verkehre nach § 13a zu genehmigen sein und sich oft gegenüber herkömmlichen Verkehren bei vorherige~5 etc. als kostengünstigere Anbieter durchsetzen können. Aber auch ihr Wettbewerb untereinander kann zunehmen. Die Zahl der Neuanbieter wird wachsen, ebenso die Zahl der unter eigener Genehmigung fahrenden Unternehmen verglichen mit Auftragsunternehmen. Wegen § 8 11 ist daher mit tendenzieller Zunahme differenzierter Bedienungsweisen im ÖPNV zu rechnen und deshalb in Verkehrs-

wird am grundsätzlichen Umbau des Kooperationssystems im ÖPNV nicht vorbeizukommen sein. Auch Zeiselmair, a.a.O., sieht bei Kooperationen im sog. ,,2-EbenenModell", wo die Zwischenschaltung einer Verbund gesellschaft der Unternehmen fehlt, keine Lösung, die zum Ausgleich der Kooperations- und der Wirtschaftlichkeitsinteressen im ÖPNV führt. 243 Ähnlich auch Fromm, OR 5/94, 12 a.E., für den "vieles dafür spricht, die Novelle zum PBefG noch vor ihrem Inkrafttreten am 1.1.1996 in dem einen oder anderen Punkt zu novellieren". 244 V gl. oben Kap. B § 3 I 3b bb. 245 Zur Beteiligung von TaxenlMietwagen an Ausschreibungen vgl. Bidinger, NZV 94,212 (siehe auch oben Anm. 216). 15'

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D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelie

randgebieten mit einem verbesserten (und für den Aufgabenträger günstigeren) Verkehrsangebot246 . Diese Neuerung hat aber noch weitere positive Folgen.

b) Einordnung nach § 2 VI, VII PBefG und Erweiterung des "numerus clausus" Die Novelle mindert die Rechtsunsicherheit, die mit einer Einordnung nach § 2 VI einhergeht, da nach Vereinbarung oder Auferlegung einer Verkehrsleistung eine Genehmigungspjlicht der Genehmigungsbehörde besteht, falls die Vorgaben des § 13a 11 beachtet wurden. Als was der Verkehr dann konkret genehmigt wird, ist sekundär. Der Genehmigungsinhalt richtet sich zudem maßgeblich nach den Vorgaben, die im Falle einer Ausschreibung in der Leistungsbeschreibung enthalten waren. Zumindest liegt in den Fällen des § 13a (fast) immer ein Linienverkehr vor. Eine Erweiterung des "numerus c1ausus" zulässiger Verkehrsarten wurde hingegen nicht vorgenommen. Nach wie vor stellt § 2 VI auf besonders gelagerte Einzelfälle ab. Es ist jeweils nur Legalisierung eines einzelnen Verkehrsvorhabens erlaubt247 • Denn er dient heute neben § 2 VII dazu, Modellversuche und neue Technologien in das System der Verkehrsarten und -formen des PBefG einzufügen 248 und praktisch zu erproben. Zumindest im Fall von AnrufSammeltaxen entspricht diese Sicht nicht mehr den tatsächlichen Gegebenheiten. Denn diese sind seit Einführung des (alten) § 59a im Jahr 1965 249 , dem jetzigen § 2 VI, in vielen Verkehrsgebieten keineswegs mehr eine Ausnahme. Man kann bei ihnen fast schon von einer etablierten Verkehrs art sprechen, die durch einzelne Charakteristika genau definierbar ist. Nicht zuletzt verdeutlicht § 8 11, daß inzwischen von einer allgemeinen wirtschaftlichen Notwendigkeit und einem allgemeinen Interesse an diesen Verkehren in Schwachnachfragegebieten gesprochen werden kann. Der Einsatz von AST geht damit inzwischen 246 Durch Einbeziehung der vorhandenen Kapazitäten des Taxi- und Mietwagenverkehrs in die Linienverkehre wird ohne viel Aufwand größere Flexibilität des Linienverkehrs ermöglicht, was dem Mobilitätsbedürfnis der Bevölkerung in Räumen und Zeiten schwacher Verkehrsnachfrage mehr entspricht; vg!. Bidinger, NZV 94, 212; Ausschuß für Verkehr, BT-Drucks. 1216269 S. 142f. Auch sind vorhandene differenziert-bedienende Taxen und Mietwagen bei Aufstellung des Nahverkehrsplans zu beteiligen und können Einfluß darauf nehmen, daß das Gesamtangebot an flexiblen Verkehren im ÖPNV erhöht wird. 247 Fielitz!Maier/MontigellMüller, § 2 Rn. 26. Vg!. auch oben Kap. B § 1 13 a.E. 248 Bidinger, PBefR, § 2 Anm. 18. 249 § 59a a.F. wurde durch die 1. Novelle zum PBefG v. 24.8.1965, BGB!. I S. 906, eingeführt, um "vorn Gesetz nicht erfaßte Verkehrsformen im Einzelfall genehmigungsfähig zu machen"; vg!. Fielitz!MaierIMontigellMüller,§ 2 Rn. 25; Bidinger, PBefR, § 2 Anm. 17.

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

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über eine bloße ,,Erprobung" hinaus. Insofern ist zu fragen, ob hier nicht der "numerus clausus" des PBefG eine Erweiterung erfahren sollte. So würde Rechtsunsicherheit abgebaut und die Voraussetzungen des § 8 11, die Begriffe "Ersetzung, Ergänzung, Verdichtung des Linienverkehrs", konkretisiert. Eine Möglichkeit dazu böte § 57 I Nr. 8. Danach können per Rechtsverordnung bestimmte Beförderungsfälle allgemein von Vorschriften des PBefG freigestellt werden, soweit sie im Rahmen des Gesamtverkehrs nicht besonders ins Gewicht fallen 25o • Durch Befreiung von bestimmten Pflichten des Linienverkehrs ließe sich damit ohne Gesetzesänderung eine neue Verkehrs art etablieren. Gleichzeitig ginge vom diesem Abbau der Unsicherheit ein positiver Impuls für den Wettbewerb dieser Verkehre aus. Trotz der grundsätzlich begrüßenswerten Aufwertung, die differenzierte Bedienungsweisen durch § 8 11 erfahren haben, bleiben also noch Möglichkeiten zur Verbesserung der Verkehrssituation im Bereich des bedarfsorientierten Nahverkehrs ungenutzt.

11. Gesamtbewertung der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes Insgesamt enthält die ab 1996 vollständig in Kraft tretende Novelle des PBefG für den Bereich des Linienverkehrs einige gute Ansätze. Sie greift etliche der Kritikpunkte, die hinsichtlich der Situation im Bereich der im ÖPNV vorherrschenden gemeinwirtschaftlichen Leistungen geäußert wurden, auf und eröffnet Verbesserungsmöglichkeiten. Positiv sind dabei die hauptsächlich auf EU-Recht zurückgehenden Ansätze zu einer Wettbewerbsintensivierung zu bewerten. Zu kritisieren ist allerdings, daß ihre tatsächliche Realisierung sehr stark von der Planung auf regionaler Ebene und der Ausformung des ÖPNV durch Landesgesetze abhängt. Hier fehlen oft nähere rechtliche Möglichkeiten und eindeutigere Vorgaben, von Tendenzen abgesehen, um künftigen Beschränkungen des Wettbewerbs im Nahverkehr zum Wohle von Marktöffnung und Wirtschaftlichkeit wirksam entgegentreten zu können. Letztlich werden viele möglichen Veränderungen in der Verkehrs- und Konkurrenzsituation in das politische Ermessen gerade des "Aufgabenträgers im ÖPNV" gestellt, dem vom neuen PBefG nur einen teilweise sehr vager Rahmen vorgegeben ist. Hier wären klarere gesetzliche Präferenzen und Verpflichtungen in Richtung auf eine generelle Intensivierung des Wettbewerbs auch für diese politische Ebene wünschenswert gewesen, zumal die Erfüllung der unterschiedlichen Aufgaben des Nahverkehrs, wie dargelegt, zumindest im gemeinwirtschaftlichen Bereich, auch bei einer Wettbewerbs zunahme zu gewährleisten ist.

250

Vgl. dazu auch FielitzIMaieriMontigeI/Müller,§ 2 Rn. 26 a.E.

230

D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

Dennoch geht von der Novelle ein nicht unerheblicher Impuls zur Förderung des Wettbewerbs aus. Er beruht hauptsächlich darauf, daß die Novelle des PBefG in einem entscheidenden Punkt einer Einschränkung zu unterwerfen ist251 • Denn ein Teil der zentralen Definition der Eigenwirtschaftlichkeit muß, was die Erfassung "sonstiger Unternehmenserträge" angeht, wegen der Gefahr europarechtswidriger Einschränkung des Anwendungsbereichs der va (EWG) 1191/69 nF252 , äußerst restriktiv ausgelegt werden. Dadurch können die Wettbewerbsimpulse des EU-Rechts künftig auch im deutschen Linien-Nahverkehr vermehrt ihre Wirkung entfalten, was sich zusammen mit den übrigen Änderungen wettbewerbs intensivierend auswirken und zu einer Umsetzung der Verbesserungsvorschlägen der Kritiker des PBefG 253 führen karm. Denn unter dem Vorbehalt des politisch Gewollten ermöglicht die Novelle künftig mit ihrer, bei restriktiver Auslegung des Begriffs der Eigenwirtschaftlichkeit im Grundsatz wettbewerbsfreundlichen Tendenz, Kostensenkungen und Wirtschaftlichkeitssteigerung. Wettbewerbsverzerrende Finanzierung öffentlicher Unternehmen ist künftig unzulässig. Ausschreibungen sind vorgesehen. Die Besitzstände werden sachgerecht eingeschränkt. Und der vom Unternehmer kalkulierte Preis seiner Leistung karm zumindest im Fall von Ausschreibungen gemein wirtschaftlicher Dienste mehr in den Mittelpunkt rücken. So können Rationalisierungsanreize gegeben werden, da die Linienunternehmer bemüht sein müssen, ihre Leistung möglichst eigenwirtschaftlich anzubieten oder den geringsten Zuschußbedarf anzumelden. Zudem wird durch die implizite Förderung differenzierter Bedienungen ein flexibleres Angebot im Linienverkehrssektor ermöglicht, was den Mobilitätsbedürfnissen der Bevölkerung entspricht. Etlichen Kritikpunkten im Linienverkehr karm also, sofern der (politische) Aufgabenträger sich zur vertraglichen Vereinbarung gemeinwirtschaftlicher Leistungen mit den Unternehmen entschließt, mit dem Instrumentarium des neuen Rechts die Grundlage entzogen werden. Dabei müssen weder Sicherheits- oder Qualitätsverluste einhergehen, noch braucht eine gemeinwirtschaftliche Verkehrsbedienung zu leiden, wie es v.a. die Gegner einer Deregulierung im Linienverkehr befürchten254 • Auch den Befürwortern einer Privati251 Fromm, OR 5/94, 12 geht hier sogar von der Notwendigkeit einer erneuten Novellierung des PBefG vor 1996 aus. - Eine solche ist jedoch im Fall der hier favorisierten ein~eschränkten Interpretation des § 8 IV 2 nicht notwendig. 2 2 Zurecht halten es Baltes/Bayer/Hojmann, Der NY 11/94, 20 nur für eine Frage der Zeit, daß "die weitgehende und eigenwillige Begriffsauslegung nach einer gerichtlichen Überprüfung hinfällig wird". 253 Zu deren Kritik an Situation und Rechtsrahmen des ÖPNY sowie deren Änderungsvorschlägen vgl. oben Kap. D § 3 II lc cc, dd, Anm. 224, 232f. Gefordert wurden hauptsächlich Einschränkung der Besitzstände, Erleichterung des Marktzugangs und Ausschreibung von Genehmigungen. 254 Vgl. oben Kap. D § 3 II lc ee, Anm. 241.

§ 3 Auslegung, Kritik und Bewertung der Novelle

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sierung im ÖPNV255 kommt dieser Teil der Novelle aufgrund der Betonung niedriger Kosten entgegen, weil sich einige öffentliche Verkehrsunternehmen nicht mit dem Kostenniveau privater Anbieter werden messen können. Folge kann daher auch eine Zunahme von Privatisierungen sein. Zu einem vollständigen Umbau des Marktlenkungssystems wird es dabei insgesamt aber nicht kommen256 • Denn im eigenwirtschaftlichen Bereich führt die Novelle so gut wie keine Änderungen herbei. Und im gemeinwirtschaftlichen Bereich werden den Verantwortlichen viele Möglichkeiten eingeräumt, auch künftig den Wettbewerb der Betreiber auf ein Minimum zu reduzieren. Aus wettbewerblicher Sicht ist dies der Hauptanlaß zur Kritik. Trotz des in der Novelle zum Ausdruck kommenden "guten Willens" zur Intensivierung der Konkurrenz im Bereich gemeinwirtschaftlicher Verkehrsleistungen, stellt das Gesetz mit der dem Aufgabenträger eingeräumten Wahlmöglichkeit zwischen vertraglicher Vereinbarung solcher Leistungen (= Wettbewerb) und deren hoheitlicher Auferlegung es letztlich frei, wie der ÖPNV künftig organisiert wird (auch wenn aus dem Zusammenspiel der Vorschriften folgt, daß grundsätzlich der Vertragslösung Priorität zukommt). Da aufgrund der künftig eingeschränkten Finanzierungsmöglichkeiten der kommunalen Verkehrsunternehmen (Verbot der Querverbünde) jedoch auch den regionalen Entscheidungsträgern schon aus Wirtschaftlichkeitsgründen an einem Wettbewerb im Linienverkehr gelegen sein wird, welcher nicht zu einer Verschlechterung der Verkehrssituation, aber zu Kosteneinsparungen führen kann, ist davon auszugehen, daß sich faktisch die Vertragslösung längerfristig durchsetzen wird. Denn diese ermöglicht einer Verbesserung der Gesamtsituation im Linienverkehr, indem sie die Selbststeuerungskräfte des Marktes weitgehend nutzt. Aufgrund dieser Erwägungen erscheint es angebracht, von der Notwendigkeit einer restriktiven Auslegung des § 8 IV 2 abgesehen, eine Konsolidierung der neuen Situation im öffentlichen Liniennahverkehr abzuwarten. Zumal die Ablaufdauer alter Genehmigungen noch bis zu 10 Jahre dauern kann und daher ohnehin von einem mittelfristig angelegten Umbruchprozeß auszugehen ist257 • Trotz dieser insgesamt positiven Beurteilung der Novelle des PBefG hinsichtlich der Situation im Linienverkehr, ist damit aber noch nicht geklärt, ob noch weitere Änderungen der Rechtslage nötig und möglich sind, um die Situation im Bereich linienmäßiger Beförderung zu verbessern und die Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen. Denn die Reform hat fast nur Vgl. oben Kap. D § 3 III 2, Anm. 278. Ein solcher wurde jedoch auch im Vorfeld der Novelle nicht propagiert. 257 Ähnlich BalteslBayerlHofmann, Der NY 11194, 20-22, 24. - AA Girnau, Der NY 7-8/93, 8, der eine ,,Revolution im Verkehrswesen" kommen sieht und wohl von einem abrupten Umbruch der Marktverhältnisse zum 1.1.1996 im ÖPNY ausgeht. 255

256

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D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

Auswirkungen auf die Wettbewerbs situation im Bereich gemeinwirtschaftlicher Verkehrsbedienung. Die Lage im eigenwirtschaftlichen Verkehrsbereich hat sie, wie gesehen, kaum verändert. Daher ist noch darauf einzugehen, ob nicht auch eine Liberalisierung des Marktes für eigenwirtschaftliche Liniendienste positive Effekte auf die Verkehrssituation im Nahverkehr haben kann.

§ 4 Weitergehende Überlegungen zum Linienverkehr Auch nach der Novelle wird am "numerus clausus" der Linienverkehre, an objektiven und subjektiven Zulassungsschranken und den Berufsausübungsregeln der Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflicht festgehalten. Unter Zugrundelegung der Änderungen der Rechtslage ab 1996 ist zu klären, ob diese Eingriffe in die Berufsfreiheit der Linienverkehrsunternehmer erforderlich sind, um eine ordnungsgemäße Linienverkehrsbedienung sicherzustellen. I. Objektive Zugangsbeschränkungen im Linienverkehr Nach neuem Recht bestehen objektive Marktzugangsschranken im Linienverkehr nur noch für den Bereich eigenwirtschaftlicher Verkehrsbedienung nach 13, nicht aber bei gemeinwirtschaftlichen Leistungen nach § Ba. Dort sind sie überflüssig. Denn § Ba greift nur, falls eine ausreichende eigenwirtschaftliche Verkehrsbedienung nicht möglich ist, also die objektiven Schranken des § 13 11 nicht zur Anwendung kamen. 1. Folgen eines Wegfalls der objektiven Beschränkungen des § 13 II

Objektive Zugangsschranken für Linienverkehrsneubewerber dienen dem Schutz zugelassener eigenwirtschaftlicher Unternehmen, obwohl § 13 11 auf "öffentliche" Verkehrsinteressen abstellt258 • Ohne objektive Schranken bestände scharfe Konkurrenz der Betriebe auf derselben Linie oder auf Parallellinien, die zu Verlusten an Kunden und Einnahmen führte und die wirtschaftliche Lage des vorhandenen Unternehmers nachhaltig verschlechterte259 • Dadurch könnte das Unternehmen seine i.d.R. knapp kalkulierte Eigenwirtschaftlichkeit nicht mehr halten und müßte entweder Preise erhöhen (was nicht im

258 BVerwGE 9, 340 [342]; Frers: Die Klagebefugnis des Dritten im Gewerberecht, S. 186f.; Fromm: Zur Neuordnung des Personenbeförderungsrechts, DVBI. 1960, 792 [792]. 259 Fromm, DVBI. 60, 792 und Frers, S. 187.

§ 4 Weitergehende Überlegungen zum Linienverkehr

233

Interesse der Kunden und einheitlicher Tarife ist), Verlustausgleich verlangen (was die öffentliche Hand belastet) oder wegen Existenzgefährdung aus dem Markt ausscheiden (was zu Lücken in der Verkehrsbedienung führen und die Kontinuität des öffentlichen Liniennetzes gefährden kann260). Eine solche Wettbewerbs zunahme im eigenwirtschaftlichen Bereich kann im Linienverkehr aber auch zu einer Art "ruinöser Konkurrenz" führen. Denn es bestehen auf dem Markt für Liniendienste relativ hohe Marktaustrittsschranken, weil ein Bus (StrB/Obus) wesentlich schwerer weiterzuverkaufen ist als ein PKW, v.a. wegen der im Linienverkehr üblichen Spezialausrüstung. Daher ist bei einem schärferem Wettbewerb die Versuchung der Betreiber sehr groß, sich trotz Verlusten und entgegen wirtschaftlicher Vernunft auf Kosten der Betriebssicherheit auf dem Markt zu halten, anstatt, wie sonst üblich, aus dem Markt für die Dienstleistung auszuscheiden und in ein anderes Gewerbe zu wechseln 261 • Ein solcher Wettbewerb, der dadurch geführt wird, daß die Betriebskosten mittels Absenkung der Betriebs- und Sicherheitsstandards verringert werden, stellt eine Gefahr für eine geordnete und reibungslose Linienverkehrsbedienung dar. Auch das spricht gegen eine Lockerung der Schranken des § 13 11. Zudem basiert das neue Recht des Linienverkehrs mit der Unterscheidung zwischen eigen- und gemeinwirtschaftlichen Leistungen künftig darauf, daß die Unternehmen die Eigenwirtschaftlichkeit ihrer Linie im vorhinein kalkulieren können. Dies ist aber nur möglich, wenn sie grundsätzlich nur von einem Unternehmen auf einer Strecke auszugehen haben. Schließlich gefährdet auch ein häufiger, konkurrenzbedingter Betreiberwechsel auf einer Linie das Entstehen eines abgestimmten Liniennetzes, das auf gewisser Kontinuität der Linienverkehrsbedienung beruht, über GebümZ62 • 2. Stellungnahme

Aufgrund dieser negativen Auswirkungen im Fall einer Aufhebung des § 13 11 ist die Erforderlichkeit objektiver Zulassungsschranken im Linienverkehr

260 Zu letzterem vgl. Immenga: Wettbewerbsbeschränkungen auf staatlich gelenkten Märkten, S. 104f. 261 Lange: Verkehr und öffentliches Recht, S.69ff. sieht die Verhinderung solcher ,,ruinöser Konkurrenz" als Rechtfertigung für objektive Schranken im Linienverkehr an. - Eingehender zu diesem ansonsten grundsätzlich ablaufenden Auslesewettbewerb, der schwächere Unternehmer dazu bringt, in andere Branchen abzuwandern und so dem stärkeren Konkurrenten Platz zu machen, vgl. unten Kap. E § 1 Ir 2c bbb (1). 262 Für Fromm, DVBl. 60, 792 ist ein Hauptgrund für objektive Schranken die Verhinderung der Beeinträchtigung des "im Interesse der Allgemeinheit aufgebauten öffentlichen Verkehrsnetzes".

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D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

auch weiterhin zu bejahen. Ihre Bedeutung hat im Bereich eigenwirtschaftlicher Leistungen eher noch zugenommen. Diese strengen Zulassungsmaßstäbe und starken Eingriffe in Art. 12 GG sind im Hinblick auf die besondere Bedeutung des Linienverkehrs eher zu rechtfertigen als bei anderen Verkehrsarten 263 , deren öffentliche Bedeutung vielfach nur in der Ergänzung der Linien-Massenbeförderung liegt. Da die Beschränkungen des § 13 11 nicht verhindern, sondern gerade gewährleisten, daß eine ausreichende Linienverkehrsbedienung angeboten wird, dienen sie auch den Mobilitätsinteressen der Verkehrsnutzer. Eine Wettbewerbszunahme im eigenwirtschaftlichen Linienverkehr durch Zulassung weiterer Anbieter würde zu einem insgesamt schlechteren Gesamtangebot führen und die Anzahl gemeinwirtschaftlicher Linien nur erhöhen. Im übrigen ist ohnehin mit einem größeren (eigenwirtschaftlichen) Angebot bei Zulassung von Konkurrenz auf derselben oder parallelen Linien mangels Rentabilität nicht zu rechnen ist. Vielleicht stellen aber die subjektiven Zugangsschranken im Linienverkehr unverhältnismäßige Beschränkungen der Linienunternehmer dar. 11. Subjektive Zulassungsschranken im Linienverkehr § 13 I Nr. 1-3 gibt den Zugang zum Beruf des Linienverkehrsunternehmers nur in bestimmter Weise qualifizierten und ausgestatteten Bewerbern frei. So sollen unsachgemäße Berufsausübung und Gefahren für die Allgemeinheit und die Linienverkehrsbedienung verhindert werden. Deshalb legitimieren sich subjektive Zulassungsschranken meist schon aus der Sache heraus264 • Da es beim Linienverkehr gerade auf die Verläßlichkeit der Unternehmer zur Befriedigung von Massenmobilitätsbedürfnissen ankommt, stellen die meisten der in § 13 I genannten Punkte nur Voraussetzungen auf, die der Einzelne der Sache nach ohnehin auf sich nehmen müßte, wenn er den Beruf ordnungsgemäß ausüben will265 • § 13 I sichert also die nötige Qualifikation der Wettbewerber, auf die es bei einern freieren Markt im gemeinwirtschaftlichen Linienverkehr verstärkt ankomme66 • Allerdings dürfen subjektive Anforderungen nicht versteckte Zulassungsschranken zum Beruf des Linienverkehrsunternehmers sein 267 , indem sie schärfere Voraussetzungen aufstellen, als erforderlich sind.

Vgl. BVerfGE 11, 168 [184]. BVerfGE 7,377 [406f.]. 265 Dazu vgl. allgemein Hamm: Die Zulassung zum Markt als Problem der deutschen und europäischen Verkehrspolitik, in: JürgensenlPredöhl u.a. (Hg.): Jahrbuch der Sozialwissenschaft, Bd. 14 (1963), S. 255 [260]; BVerfGE 7,377 [407]. 266 Laaser, Regulierung, Tz. 462 (S. 225, FN. 5). 267 Fromm, PBefG, S. 56 und Greif. Kommentar zum PBefG, § 13 Rn. 3. 263

264

§ 4 Weitergehende Überlegungen zum Linienverkehr

235

Auch danach bestehen gegen § 13 I Nr. 2 (Zuverlässigkeit des Bewerbers) und Nr. 1 (Sicherheit des Betriebs) keine Bedenken268 • Kritischer ist jedoch dem Erfordernis betrieblicher Leistungsfähigkeit (§ 13 I Nr. 1) zu begegnen.

1. Betriebliche Leistungsfahigkeit und fachliche Eignung

Andere Wirtschaftszweige sind ohne Erfüllung vergleichbarer finanzieller Voraussetzungen zugänglich. Und auch im Linienverkehrsgewerbe könnten eventuelle Sicherheitsverluste durch entsprechende Kontrollen und nicht über Anforderungen an die finanzielle Ausstattung vermeidbar sein 269 • Da sich jedoch sowohl bei der Genehmigung eigenwirtschaftlicher Verkehre als auch bei einer Leistungsvergabe im Ausschreibungsverfahren tendenziell die Gefahr erhöht, daß sich Unternehmer beteiligen, die ihr billigeres Angebot z.B. durch Einsatz schlechter Fahrzeuge oder den Verzicht auf einen ausreichenden Ersatzfuhrpark gründen, und zudem wegen der Pflicht zur Erfüllung öffentlicher Auflagen eine gewisse finanzielle Ausstattung bei Verkehrsunternehmen mehr als in anderen Wirtschaftszweigen notwendig ist, sind diese Anforderungen an die Leistungsfähigkeit im Linienverkehr erforderlich und zu rechtfertigen 27o • Da mit einer Erhöhung der Leistungsfähigkeit größere Betriebssicherheit schon auf einer Stufe vor polizeilicher Kontrolle gesichert werden kann, ist § 13 I Nr. 1 auch wegen der Interessen der Verkehrsnutzer begründet. Das Erfordernis fachlicher Eignung der Linienunternehmer in § 13 I Nr. 3 beruht auf der Umsetzung einer EG-Richtlinie271 , welche diese Eignung für den Zugang zum Beruf des Busunternehmers verlangte. Auch diese Forderung ist im Hinblick auf die Verantwortung und Schwierigkeiten, die das Führen eines Busses mit sich bringen, im Interesse der Passagiere gerechtfertigt272 •

268 Vgl. Bidinger/Bidinger: Personenbeförderungsrecht und BVerfG: Eine kritische Bestandsaufnahme, NVwZ 1992, 1138 [1139]. Ehlers: Wirtschaftsaufsicht, in: AchterberglPüttner (Hg.): Besonderes Verwaltungsrecht I, Kap. 1/2 Rn. 632 und Greif, PBefG, § 13 Rn. 3 halten pauschal alle subjektiven Beschränkungen des § 13 I für erforderlich und verfassungsgemäß. 269 So v.a. lAnge, Verkehr, S. 184f., 186, der in § 13 I Nr. 1 einen Verstoß gegen Art. 14 GG erblickt; ferner die Deregulierungskommission, Tz. 208. 270 Wie hier Bidinger/Bidinger, NVwZ 92, 1139 unter Verweis auf ähnliche Tendenzen des BVerfG. 271 "Richtlinie (EWG) 74/562 über den Zugang zum Beruf des Personenkraftverkehrsunternehmers im innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr" v. 12.11.1974 (ABl. L 308 S. 23). 272 Auch Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 27b; Bidinger/Bidinger, NVwZ 92, 1139 und Fielitz/Maier/MontigeIJMüller, § 13 Rn. 1 sehen keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von § 13 I Nr. 3.

236

D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

2.Zusanunenfassung

Aus Gründen der Sicherheit und Zuverlässigkeit der Linienverkehrsbedienung ist damit die Verhältnismäßigkeit sämtlicher Beschränkungen des § 13 I zu bejahen. Subjektive Anforderungen an die Unternehmer haben mit der leichten Marktöffnung im Linienverkehr sogar noch an Bedeutung gewonnen. III. "Numerus c1ausus" der Linienverkehrsarten Neben dem allgemeinen Linienverkehr (§ 42) läßt das PBefG nur abschließend bestimmte273 Sonderformen des Linienverkehrs (§ 43), die nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich sind274 und differenzierte Linienverkehrsbedienungen (§ 2 VI, VII) zu. Das BVerfG hat diese Typisierung nach Einfügung von § 2 VI, VII, die vereinzelte Aufweichungen des "numerus clausus" erlauben, nie mehr beanstandet. Denn ohne eine solche Typisierung der Verkehrs formen wäre ein differenziertes und verzahntes gesetzliches Linienverkehrssystem kaum möglich 275 • Daher kann nur fraglich sein, ob die bestehende Form der Typisierung optimal ist und die Interessen der Verkehrsnutzer bestmöglich berücksichtigt. Kritik kann sich also nur gegen die Kategorisierung der Sonderformen in § 43 richten 276 • 1. Sonderformen des Linienverkehrs

In § 43 werden einige regelmäßige Verkehrsbedienungen, die für einen bestimmten Nutzerkreis eingerichtet werden, trotz dieser Beschränkung dem allgemein zugänglichen Linienverkehr gleichgestellt. Denn auch sie können Massenverkehre und damit eine bedrohliche Konkurrenz für den "normalen" Linienverkehr sein277 , wenn sie nicht denselben Restriktionen wie dieser unterliegen. Das dem § 43 immanente Verbot der Mitnahme Dritter schützt den allgemeinen Linienverkehr. Dieser Konkurrenzschutz des allgemeinen Linienverkehrs ist grundsätzlich gerechtfertigt278 , egal ob es sich um eigen- oder gemeinwirtschaftliche Linienbedienung handelt. Als besonderen Pflichten unter-

Fromm, PBefG, S. 50f. und FielitzIMaierlMontigel/Müller, § 43 Rn. 5. Bidinger, PBefR, § 43 Anm. la; FielitzIMaierlMontigel/Müller, § 43 Rn. l. 275 Greif, PBefG, § 2 Rn. 3. 276 Z.B. hat Greif, PBefG, § 46 Rn. 2, Zweifel, ob die gewählte Konstruktion der Typisierung "glücklich" ist. Auch FielitzIMaierlMontigel/Müller, § 43 Rn. 3, 5 und Fromm, PBefG, S. 51 kritisieren § 43. 277 Fromm, PBefG, S. 51; Fielitv'MaierlMontigel/Müller,§ 43 Rn. 1; Bidinger, PBefR, § 43 Anm. 4. 278 Vgl. Rechtfertigung des § 1311 oben Kap. D § 4 I l. 273

274

§ 4 Weitergehende Überlegungen zum Linienverkehr

237

worfene Beförderungsart muß er vor dem Abzug von Fahrgästen durch unreglementierte Verkehrsmittel protegiert werden. In Einzelfallen kann aber gerade im ländlichen oder verkehrsschwachen Raum mit kleinem Linienverkehrsangebot die Ermöglichung der Mitnahme Dritter zweckmäßig und im Interesse der Verkehrsnutzer sein279 • Dies ist jedoch inzwischen rechtlich möglich, ohne daß die Unternehmer im Bereich des § 43 eine Zusatzgenehmigung nach § 42 280 benötigen. Gemäß § 2 IV kann in solchen Fällen Befreiung vom Verbot der Mitnahme anderer Fahrgäste erteilt werden, sofern dies im öffentlichen Interesse erforderlich und für bestehende (allgemeine) Linienverkehre wirtschaftlich zumutbar ist (wenn ihnen keine Fahrgäste abgezogen werden)28I. Daß § 2 IV keine nennenswerte praktische Bedeutung erlangt hat282 , spricht nicht gegen die Vorschrift, sondern gegen ein großes Bedürfnis nach vermehrter Öffnung der Sonderformen des Linienverkehrs (und damit gegen die Notwendigkeit, den § 42 zu erweitern und alle regelmäßigen Beförderungen pauschal als Linienverkehr zu behandeln283 ). Auch mit den Beschränkungen in § 43 kann daher den Mobilitätserfordernissen der Bevölkerung Rechnung getragen werden. Zweifelhaft ist aber noch, ob mit der abschließenden Aufzählung in § 43 S. 1 Nr. 1-4 eine lückenlose Erfassung aller regelmäßigen Beförderungen bestimmter Personengruppen gelingen kann284 • Denn eine solche Erfassung ist zur Verhinderung unbilligen Wettbewerbs durch regelmäßige Beförderungen, die § 43 nicht kategorisiert, zum Schutz des allgemeinen Linienverkehrs nötig. Dieser Gefahr läßt sich aber auch ohne Aufzählung sämtlicher möglicher linienmäßigen Beförderungen regelmäßig mit deren Einordnung als Linienverkehr nach §§ 2 VI i.V.m. 43 begegnen. Oder solche Verkehre können durch weite Auslegung der Merkmale des § 43 erfaßt werden. Daher begegnet die Aufzählung in § 43, auch aus Publikumssicht, keinen Bedenken.

279 Vgl. Bundesrat im Gesetzesentwurf zum 6. Gesetz zur Änderung des PBefG, in: BT-Drucks. 10/3425 S. 8; Bidinger, PBefR, § 43 Anm. la a.E. 280 Auf diese hebt Bidinger, PBefR, § 43 Anm. la a.E., 4 ("kombinierte Genehmigung") ab. 281 Begründung des Bundesrates zum 6. Gesetz zur Änderung des PBefG, in: BTDrucks. 10/3425 S. 8. 282 Fromm, PBefG, S. 50. 283 Vgl. Vorschlag von FielitzIMaierlMontigeVMüller, § 43 Rn. 5. 284 Zweifelnd Fromm, PBefG, S. 51 und Fielitz/Maier/MontigeVMüller, § 43 Rn. 3 a.E., 5.

238

D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

2. Ergebnis

Auch der ,,numerus clausus" der Linienverkehre ist aus Mobilitäts- und Wettbewerbs sicht nicht zu beanstanden. Er engt die Möglichkeiten der Anpassung linienmäßiger Beförderungen an den aktuellen Beförderungsbedarf vor Ort nicht übermäßig ein und trägt dazu bei, die Funktionsfähigkeit des allgemeinen Linienverkehrs zu erhalten. Abschließend ist noch auf die Beschränkungen der Unternehmer bei der Verkehrsleistungserbringung einzugehen. IV. Berufsausübungsregeln im Linienverkehr

Zu klären bleibt, ob die bestehenden Berufsausübungspflichten im Linienverkehr auch künftig noch erforderlich sind oder ob die Linienverkehrsbedienung auch mit weniger starken Beschränkungen sicherzustellen ist. 1. Betriebs- und BefOrderungspflicht

Da den Linienunternehmen sowohl bei Genehmigungen nach § 13 als auch nach § 13a für die Dauer der Genehmigung eine monopolähnliche Stellung auf ihrer Strecke eingeräumt wird und die Verkehrsnutzer daher nicht auf andere Unternehmen ausweichen können, ist eine Betriebspflicht eine notwendige und aus Mobilitätsgründen erforderliche Folge285 • Gleiches spricht für eine Beförderungspflicht286 • Die Beschränkungen der §§ 2lf. sind daher gerechtfertigt. Fraglich ist, ob dies auch für die Eingriffe in die Tariffreiheit der Unternehmen gilt. 2. Tarifpflicht

Konkret ist der Frage nachzugehen, ob nicht das bestehende Tarifrecht des

§ 39 I, III den Preiswettbewerb der Linienunternehmen übermäßig stark ein-

schränkt und daher eine Lockerung rechtlich geboten ist. Derzeit werden den Unternehmen die von ihnen beantragten Beförderungsentgelte nach § 39 I, III 1 als Festpreise genehmigt. Ohne vorherige Genehmigung dürfen diese Preise auch nicht kurzzeitig über- oder unterschritten werden.

285 So schon zur alten Rechtslage von Kunowski: Ordnung des Wettbewerbs und verkehrspolitische Gesetzgebung, S. 292. 286 Vgl. statt vieler von Kunowski, S. 328f.

§ 4 Weitergehende Überlegungen zum Linienverkehr

239

a) Höchstpreisbindung

Eine staatliche Preisbegrenzung nach oben (Höchstpreise) ist aus Gründen des Verkehrsnutzerschutzes zu fordern, wenn Verkehrsunternehmen in einem für die Allgemeinheit wichtigen Bereich eine monopolähnliche Stellung innehaben 287 • Da dies aufgrund des Zulassungsverfahrens im Linienverkehr der Fall ist, sind Höchstpreisbindungen zum Schutz des Publikums vor Ausnutzung durch die Unternehmen durch überhöhte Preise notwendig288 • b) Erforderlichkeit einer Mindestpreisbegrenzung

Dies begründet aber nicht, warum Linienunternehmen in EinzeWillen Unterschreitungen des genehmigten Höchsttarifs verboten sein sollen. Immerhin galten noch bis 1952 Fahrpreise für Personenbeförderungen nur als Höchstpreise und konnten unterschritten werden289 • Tarifwettbewerb war damals möglich. aa) Argumente für eine Mindestpreisfixierung Als Grund für die Festschreibung von Mindestentgelten wird im Linienverkehr der Schutz vor ruinöser Konkurrenz angeführt290 • Es soll verhindert werden, daß durch tarifliche Wettbewerbsmaßnahrnen konkrete Gefahren für den Bestand konkurrierender Linien entstehen291 • Denn schon relativ geringe EinnahrneausfaIle bei einer Linie, die durch Abwanderung der Kunden zu anderen Linien hervorgerufen werden, können wegen der knappen Kalkulation der Unternehmen bei Berechnung ihrer Eigenwirtschaftlichkeit zu Problemen führen (s.o.). Einnahmebedingte Vernachlässigungen der Sicherheit o.ä. können aufgrund der Pflicht zum ordnungsgemäßen Betrieb (§ 21 I) zum Widerruf der Genehmigung nach § 25 führen oder das Unternehmen zu einem Antrag nach § 21 IV treiben, der auf Bezuschussung durch die öffentliche Hand gerichtet ist. Dies widerspräche öffentlichen Verkehrsinteressen, da weder eine GefahrLange, Verkehr, S. 203. H.M.; vgl. statt vieler Dengier: Zur Prüfung der Verkehrstarife im Personenverkehr nach § 39 Abs. 2 Personenbeförderungsgesetz, DÖV 1979,662 [663f.]; Lange, Verkehr, S. 203 und Bidinger, PBefR, § 39 Anm. 1. 289 Lt. ,,Anordnung über Preisbildung und Preisüberwachung nach der Währungsreform" v. 15.6.1948 (WiGBl. S. 61), die erst durch die "Verordnung PR Nr. 45152" v. 16.6.1952 abgeändert wurde; vgl. RautenberglFrantzioch: Das Personenbeförderungsrecht, § 39 Anm. 3. - Auch im Eisenbahnverkehr gibt es keine Festpreise (vgl. § 12 AEG). 290 Lange, Verkehr, S. 211 und Bidinger, PBefR, § 39 Anm. 13. 291 Immenga, Wettbewerbsbeschränkungen, S. 105. 287 288

240

D. Änderung der Wettbewerbssituation durch die PBefG-Novelle

dung der Verkehrsbedienung noch ein Verlust der Eigenwirtschaftlichkeit von Unternehmern der Allgemeinheit dienen. Im übrigen lassen sich mit einem Preiswettbewerb auch kaum positive Veränderungen erzielen.

bb) Konsequenzen eines Preiswettbewerbs im Linienverkehr Die Vorteile, die ein Tarifwettbewerb durch Preissenkungen den Linienunternehmen verspricht, sind gering. Mit einer Niedrigtarifpolitik wird ein Linienunternehmer nur eine sehr begrenzte Anzahl von Nutzern anderer Linien abziehen können. Denn im ÖPNV herrscht eine geringe PreislNachfrageelastizität292 • Und eine große Zahl von Verkehrsnutzern ist in der Regel schon zeitlich gar nicht in der Lage (z.B. im Berufsverkehr), ein günstigeres Beförderungsangebot eines konkurrierenden Linienunternehmers zu nutzen, falls er eine andere Strecke bedient oder zu anderen Zeiten fährt293 • Auch wäre ein Tarifwettbewerb durch Preis senkungen nur im Bereich eigenwirtschajtlicher Verkehre möglich. Denn bei einer gemeinwirtschaftlich betriebenen Linie, der Kostenausgleich gewährt wird, kommen Preissenkungen, welche die Verluste noch erhöhen, nicht in Betracht. Zudem wäre im Fall der Zulässigkeit flexibler Preis senkungen die Tarifeinheit in Verkehrskooperationen (§ 8 III) nur schwer zu verwirklichen.

cc) Stellungnahme Insgesamt ist ein Bedürfnis nach größerer Flexibilität und mehr Spielraum für tarifliche Tagesgeschäfte 294 kaum zu erkennen. Der Wettbewerb wäre nur unbedeutend zu intensivieren und brächte auch den Nutzern kaum Vorteile. Zu bedenken ist dabei, daß künftig ohnehin ein gewisses Maß an Tarifwettbewerb der Linienunternehmen stattfinden wird. Denn eine der Konsequenzen

292 Dengier, DÖV 79, 665. Daher ist zu bezweifeln, daß es mit einer zeitlich begrenzten Niedrigpreispolitik möglich ist, eine ,,Aufbruchstirnmung" in der Bevölkerung weg vorn Individualverkehr hin zum Linienverkehr zu erzeugen, wie BalteslBayerlHofmo.nn, Der NY 11l94, 23 meinen. Denn die Kosten für den motorisierten Individualverkehr sind großteils fix, d.h., sie fließen nicht in die Entscheidung über die Benutzung des eigenen PKW anstelle des öffentlichen Linienverkehrs ein. - Niedrige Preis locken daher die Inhaber privater PKW i.d.R. nicht, statt des eigenen Autos den Linienverkehr zu benutzen. 293 Vgl. Immenga, Wettbewerbsbeschränkungen, S. 104. 294 Vgl. Bidinger, PBefR, § 39 Anm. 2a, der behauptet, daß heute vereinzelt nur noch Rahrnengenehmigungen bei bestimmten tariflichen Sonderangeboten erteilt werden und darin ein Indiz sieht, daß die Praxis "zunehmend mehr Spielraum für tarifliche Tagesgeschäfte und mehr Flexibilität" braucht.

§ 4 Weitergehende Überlegungen zum Linienverkehr

241

der Trennung der Genehmigungen für eigen- und gemeinwirtschaftliehe Verkehrsleistungen durch die PBefG-Novelle ist das Entstehen von Preiswettbewerb gerade in Fällen vertraglicher Leistungsvergabe. Denn im Vorfeld der Genehmigung einer Linie nach § 13 oder § Ba müssen die Unternehmen versuchen, mit niedrigeren Preisen als ihre Mitbewerber zum Zuge zu kommen. Durch die Reform des PBefG wird also ein Tarifwettbewerb der Unternehmen, der gerade im gemein wirtschaftlichen Bereich wegen der Bezuschussung ab Genehmigungserteilung nicht mehr möglich wäre, vorverlagert. Er findet nicht nach Genehmigungserteilung statt, sondern bereits davor. Damit kann dem Publikumsinteresse an einem Preiswettbewerb, der Tarifsenkungen ermöglicht, in bedingtem Maße entsprochen werden. Im übrigen sind den Unternehmen künftig zeitweilige Preis senkungen möglich, wenn auch nur nach Genehmigung gemäß § 39 I. Daher ist auch die Mindestpreisbindung im Linienverkehr nach § 39 I, III nicht zu beanstanden295 • V. Zusammenfassung

Die Möglichkeiten, über die Veränderungen durch die PBefG-Novelle hinaus durch weitere Deregulierung mehr Wettbewerb im Linienverkehr zu erzielen, sind gering. Sowohl an objektiven und subjektiven Zulassungsschranken als auch an den bestehenden Berufsausübungspflichten der Unternehmen ist im Interesse einer befriedigenden Linienverkehrsbedienung festzuhalten. Daher sind über die Konsolidierung der dargestellten neuen Situation im Linienverkehr hinaus keine weiteren Änderungen des Rechtsrahmens zu befürworten. Neben der Massenmobilität, die der Linienverkehr auf dieser Basis gewährleisten kann, kommt im Nahverkehrsbereich auch der individuellen Mobilität, die der Gelegenheitsverkehr sicherstellt, große Bedeutung zu. Möglicherweise sind auch hier Veränderungen des rechtlichen Rahmens zur Verbesserung der Beförderungssituation geboten.

295

So im Ergebnis Bidinger, PBefR, § 39 Anm. 13 und von Kunowski, S. 322f., 326.

16 Maaß

E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr In der bisherigen Untersuchung wurde der Bereich des Gelegenheitsverkehrs weitgehend ausgespart. Nachfolgend soll daher die rechtliche Situation gelegenheitsmäßiger Beförderung im örtlichen Bereich einer kritischen Würdigung unterzogen werden. In Anknüpfung an die obigen Ausführungen zur Novelle des PBefG geht es dabei zum einen um die Auswirkungen, welche die Reform auf den Gelegenheitsverkehrsbereich hat. Vor allem ist hier aber die große Zahl sonstiger hoheitlicher Lenkungseingriffe bei der Gelegenheitsbeförderung, die davon unberührt bleiben, von Interesse. Fraglich ist zunächst, ob die PBefG-Novelle über den Bereich der differenzierten Bedienungsweisen hinaus etwas an der rechtlichen Situation der Taxen und Mietwagen geändert hat.

§ 1 Auswirkungen der Novelle auf den Gelegenheitsverkehr Da die PBefG-Novelle den Gelegenheitsverkehr nur am Rande in § 8 11 PBefG I und auch nur in direktem Zusammenhang mit dem Linienverkehr behandelt, sind ihre Auswirkungen auf das örtliche Gelegenheitsverkehrswesen von vornherein sehr begrenzt. Durch § 8 11 wird den Taxi- und Mietwagenunternehmern künftig eine zusätzliche Einnahmemöglichkeit eröffnet. Sie können sich mit ihren Fahrzeugen in Randgebieten ohne große Umstellung ihres Betriebes2 gleichberechtigt neben dem herkömmlichen Linienverkehr auch an Ausschreibungen für Verkehrs leistungen des ÖPNV beteiligen. Umgekehrt jedoch ist der Tätigkeitswechsel vom linienverkehrsergänzenden Verkehr zum Gelegenheitsverkehr weniger leicht möglich, da dort nach wie vor objektive Zulassungsschranken bestehen und kein ,,Einfallstor" für Neuanbieter wie dasjenige des § 13a vorhanden ist.

1 Alle in diesem Kapitel nachfolgend aufgeführten §§ entstammen dem PBefG, soweit nicht anders aufgeführt. 2 Wegen Art. 1 V VA 2b der VO (EWG) 1191/69 nF müssen sie dann nur die Betriebsbereiche des Gelegenheits- und des Linienverkehrs organisatorisch trennen.

§ 1 Auswirkungen der Novelle auf den Gelegenheitsverkehr

243

Ferner werden durch § 8 11 Taxen und Mietwagen gleichberechtigt als öffentliche Verkehrsmittel im Bereich des ÖPNV anerkannt. Zu überlegen ist, ob dies Auswirkungen auf das sonstige Verhältnis dieser BefOrderungsarten hat. Denn im linienverkehrsergänzenden Verkehr unterliegen sie nun gleichen Regeln. Dort wird nicht zwischen ihnen differenziert und Taxen wird kein Konkurrenzschutz gegenüber Mietwagen eingeräumt. Entgegen den Hoffnungen der Vertreter des Taxigewerbes kam es im Zuge der Novelle auch nicht zu einer weiteren Regulierung des Taximarktes. Zudem sind Taxen nicht generell als Bestandteil des ÖPNV anerkannt worden3 . Dies zeigt, daß der Schwerpunkt des Taxiverkehrs nach wie vor der Gelegenheitsverkehr ist und man ihm nicht die Bedeutung eines solch wichtigen Gemeinguts beimißt, die einen Schutz, wie ihn der Linienverkehr genießt, rechtfertigen könnte4 . Ein Indiz für die Gleichstellung von Taxen und Mietwagen auch im Gelegenheitsverkehr läßt sich dem § 8 11 jedoch nicht entnehmen5 . Wenn diese Norm auch implizit zum Ausdruck bringt, daß die Beförderungsleistungen von Taxen und Mietwagen, zumindest was ihre Einsetzbarkeit im Linienverkehr angeht, vom Gesetz als gleich angesehen werden, so sind doch ihre Wirkungen ausdrücklich auf den Linienverkehr beschränkt ("sofem"). Und dessen Situation und Bedeutung als Massenverkehr ist grundSätzlich anders als die gelegenheitsmäßiger Beförderung. Insofern fehlt die für eine Gleichbehandlung erforderliche Vergleichbarkeit der Tatbestände. Damit hat die PBefG-Novelle bis auf die künftig erweiterten Möglichkeiten, sich in Ergänzung des Linienverkehrs als Mischbedienung am ÖPNV zu beteiligen und dadurch besser als bisher mit den herkömmlichen Linienverkehren konkurrieren zu können, keine Auswirkungen auf die Gelegenheitsverkehrsunternehmen im Nahverkehrsbereich. Weder ihr sonstiges Verhältnis zuein-

3 Bidinger: Änderungen des Personenbeförderungsrechts durch das Planvereinfachungsgesetz und das Eisenbahn-Neuordnungsgesetz , NZV 1994, 209 [212] bedauert dies, da "das Taxi seiner verkehrspolitischen Zuordnung wegen wesentlich mehr mit dem Linienverkehr gemeinsam habe als mit dem Gelegenheitsverkehr". - Folge wäre u.a. eine stärkere Betonung des öffentlichen Interesses an Taxen gegenüber demjenigen am sonstigen Gelegenheitsverkehr gewesen. 4 Vgl. auch Antwort der Bundesregierung, BT-Drucks. 12/5440 S. 1, auf die Frage der Abg. Wetzel u.a., welche Bedenken es gegen eine generelle Einbeziehung von Taxen in die Defmition des ÖPNV gibt. Dort wird "die Einbeziehung des Taxiverkehrs weder von der Bundesregierung noch den Landesregierungen befürwortet, weil ihm als Gelegenheitsverkehr nicht die gleiche Bedeutung beizumessen ist wie dem Linienverkehr". 5 Tendenziell anders wohl FrommlSellmann: Die Entwicklung des öffentlichen Verkehrsrechts, NVwZ 1994, 547 [554], die z.B. meinen, daß künftig wegen § 8 TI die umsatzsteuerliche Begünstigung von Taxen gegenüber Mietwagen nicht mehr aufrechterhalten werden könne.

16'

244

E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr

ander noch der rechtliche Rahmen, der ihren Wettbewerb definiert, wurden von der Reform berührt. Andererseits ist es aber auch zu keiner weiteren Marktschließung im Taxiverkehr gekommen. Und der Verkehr mit Mietwagen wurde keinen weiteren Beschränkungen unterworfen. Der rechtliche Rahmen für die Personenbeförderung mit Taxen und Mietwagen im örtlichen Bereich gilt damit seit 1961 im wesentlichen unverändert6 fort. Daher stellt sich die Frage, ob in diesem Verkehrsbereich nicht rechtliche Veränderungen notwendig und möglich sind, die zu einer Steigerung des Wettbewerbs und einer Verbesserung der Situation für Verkehrsunternehmen und nutzer führen können.

§ 2 Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehrswesen Wie bereits dargelegt, bestehen für Taxen objektive und subjektive Berufszugangsbeschränkungen sowie Berufsausübungsregeln. Mietwagen unterliegen nur subjektiven Beschränkungen. Beide Verkehrsformen werden streng voneinander abgegrenzt. Daher ist die einleitende Fragestellung dahingehend zu konkretisieren, ob diese objektiven Beschränkungen des Marktzugangs im Taxigewerbe der Verkehrssituation nach erforderlich und ob die subjektiven Zugangsbeschränkungen und besonderen Pflichten der Taxen gerechtfertigt sind. Auch bedarf es einer Erörterung, ob die derzeitige strikte Unterscheidung von Taxen und Mietwagen sinnvoll ist. Bei möglichen Veränderungen soll nicht allein auf den Nutzen für die Betreiber geachtet werden, sondern vor allem auch darauf, ob damit den Kundeninteressen entsprochen wird7• Die weitreichendsten Eingriffe in den Wettbewerb und die Marktstruktur im Gelegenheitsverkehr stellen die objektiven Beschränkungen des Marktzugangs für Marktaußenseiterzum Taxigewerbe dar. Daher sind sie von grundlegendem Interesse für wettbewerbliche Belange.

6 Auch die sog. "Taxinovelle" von 1983 hat an den grundsätzlichen Vorschriften für Taxen und Mietwagen nicht viel geändert. - Dort wurden nur die bestehenden Beschränkungen im Taxigewerbe und die Abgrenzungen zum Mietwagenverkehr detaillierter gestaltet und tendenziell verschärft. 7 So auch Gries: Mehr Chancen für Gewerbe und Kunden, in: BZP-Schriftenreihe, Bd. 2: Zur Lage des deutschen Taxi- und Mietwagengewerbes. Schwerpunkte der aktuellen gewerbepolitischen Diskussion (1991), S. 108 [108].

§ 2 Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage

245

I. Objektive Zugangsbeschränkungen im Taxigewerbe Bei der Beurteilung und Analyse dieser Marktzugangsregelungen geht es rechtlich um Verhältnismäßigkeitsabwägungen im Lichte der Berufsfreiheit8 • Aus diesem Grunde ist eine periodisch wiederkehrende Revision solcher Regelungen notwendig9 •

1. Ausgangspunkt der Untersuchung

Ausgangspunkt der Überprüfung der objektiven Zugangsbeschränkungen zum Taxigewerbe ist Art. 12 I GG, der auf möglichst unreglementierte berufliche Betätigung lO abzielt und Zulassung möglichst vieler neuer Verkehrs unternehmen verlangt 1I. Das System des GG verlangt, daß auch "innerhalb eines im großen geordneten Verkehrswesens noch so viel an Freiheit des einzelnen aufrechterhalten wird und werden muß, als mit den Interessen der Allgemeinheit vereinbar ist,,12. Grundsätzlich sind beim Gelegenheitsverkehr objektive Marktzugangsschranken nicht mit Art. 12 I GG zu vereinen, weil individuelle Verkehrsinteressen heutzutage primär durch den privaten Kraftverkehr befriedigt werden 13. Freiheitsrechte der Unternehmer müssen daher den Allgemeininteressen beim Gelegenheitsverkehr in einer Abwägung prinzipiell vorgehen l4 . Eine Ausnahme davon liegt in der (auch heute noch) großen Bedeutung des Taxiverkehrs zumindest in größeren Städten l5 begründet. Aufgrund seiner individuellen Ergänzungsfunktion zum Linienverkehr gilt das Taxi als öffentliches Verkehrsmittel 16, an dessen Vorhandensein die Allgemeinheit ein großes

Vgl. oben Kap. B § 3 11 2a aa, b. Vgl. die Deregulierungskommission - Unabhängige Expertenkommission zum Abbau marktwidriger Regulierungen: Marktöffnung und Wettbewerb (Berichte 1990/91), Tz. 15 und Koenig: Die öffentlich-rechtliche Verteilungslenkung, S. 246f. 10 BVerfGE 54, 301 [313]; NJW 1990 1349 [1349]. 11 Bidinger: Personenbeförderungsrecht - Kommentar zum PBefG, 2. Aufl., Std. 8/94, § 13 Anm. 91c; Fielitz/Maier/MontigellMüller: Personenbeförderungsgesetz - Kommentar, Std. 12/94, § 13 Rn. 24. 12 So explizit BVerfGE 11, 168 [184]. 13 Ehlers: Wirtschaftsaufsicht, in: AchterbergIPüttner (Hg.): Besonderes Verwaltungsrecht I, Kap. 112, Rn. 642; ähnlich Frotscher: Wirtschaftsverwaltungsrecht, 2. Aufl., Rn. 342. - Vgl. auch BVerfGE 11, 168 [183f.]: "Objektive Schranken sind nicht für alle Arten der Personen beförderung zulässig, wenn sie sich auch nur für eine Art als gerechtfertigt und notwendig erweisen". 14 Vgl. Menger: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Verwaltungsrecht, VerwArch 52 (1961), 92 [94]. 15 Diese Einschränkung macht Frotscher, WiVerwR, Rn. 342. 16 So schon BVerfGE 11, 168 [186f.]; zuletzt NJW 90, 1349 [1350] und BVerwG NJW 90, 1376 [1377]. 8

9

246

E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr

Interesse hat. Infolgedessen werden Existenz und Funktionieren des Taxigewerbes verfassungsrechtlich als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut eingestuft 17 • Zum Schutz solcher Güter sind generell auch objektive Eingriffe in die Berufswahl, wie objektive Marktzugangsbeschränkungen, zulässig 18 • Hervorzuheben ist dabei aber die wichtige Einschränkung des Bundesverfassungsgerichts, daß nicht allgemein am Taxi als einzelnem Verkehrsmittel, sondern nur an ,,Existenz und Funktionieren des gesamten Gewerbezweiges" ein überragendes Interesse der Allgemeinheit besteht 19 • Daraus folgt, daß eine ernste Gefahr für das Taxigewerbe, die mittels objektiver Zugangsbeschränkungen zu verhindern ist, nur dann besteht, wenn im Fall unkontrollierten Eindringens in das Gewerbe Übersetzung hervorgerufen wird und deshalb ruinöser Wettbewerb droht. Gegenüber Art. 12 I GG kann bloß eine Vorschrift, die gerade nur solche aus einer Übersetzung des Taxigewerbes drohenden Gefahren bekämpfen will, Bestand haben 2o . 2. Verhältnismäßigkeit des § 13 IV, V PBefG

Die Zugangsbeschränkung des § 13 IV darf damit allein der Vermeidung dieser Gefahren dienen. Ein darüber hinausgehender Konkurrenzschutz ist un-

zulässig und liefe auf eine wirtschaftliche Bedürfnisprüfung hinaus, die vom Bundesverwaltungsgericht verboten worden ist21 • Daher darf der Schutz vor Konkurrenz nie Zweck einer Zulassungsregelung sein und muß auch als

17 Vgl. BVerfGE 11, 168 [187] und Lange: Verkehr und öffentliches Recht, S. 194. Dieser Einordnung als "überragend wichtig" läßt sich nicht entgegenhalten, daß individuelle Verkehrsbedienung durch Taxen letztlich nur der Bequemlichkeit und dem Vorteil Einzelner, von bestimmten Fahrzeiten und Routen unabhängig zu sein, dient, und daß in Notfällen Feuerwehr und Krankenwagen bereitstehen oder individuelle Beförderung überwiegend durch privateigene PKW geleistet wird; so bei Werner Frotscher/ Ernst Becht: Übungsklausur öffentliches Recht, Jura 1984, 608 [612]. Denn nicht jeder Bürger besitzt ein Auto. Und gerade für mobilitätsbehinderte Menschen oder solche, die keinen optimalen Linienverkehrsanschluß haben, sind Taxen oft die einzige Möglichkeit, Entfernungen zu überbrücken oder soziale Kontakte zu pflegen. Feuerwehr und Krankenwagen können diese Mobilitätsfunktion nicht übernehmen. Daher überzeugt die verfassungsrechtliche Einordnung als "überragend wichtig" im Ergebnis. Vgl. auch BVerfG NJW 90, 1349 [1350]. 18 Ständige Rspr. seit BVerfGE 7,377 [405] (,,Apothekerurteil"). 19 Vgl. ausdrücklich BVerfGE 11, 168 [187,191] und Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 84. 20 BVerfGE 11, 168 [189, 191]; BVerwGE 23,314 [317]; E 64, 238 [242]; Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 84; Fromm: Die Entwicklung des öffentlichen Verkehrsrechts, NVwZ 1984, 348 [350] und Haselau: Fünftes Gesetz zur Änderung des PBefG - Taxinovelle, GewArch 1983, 113 [116]. 21 Vgl. näher dazu oben Kap. A § 3 11 4a, b, 5a (zu § 9 11 PBG 1934) sowie BVerwGE 1,92 [93f.] (zum Verbot der Bedürfnisprüfung im Taxiverkehr).

§ 2 Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage

247

Nebenwirkung, sofern nicht unvenneidlich, vennieden werden22 . Derzeit ist aber ein gewisser Schutz der Genehmigungsinhaber vor einem Wettbewerb durch Neubewerber, der auf der Kontingentierung der Taxianzahl durch § 13 IV beruht, festzustellen 23 • Zumindest vom Wortlaut her wird dort stellenweise vom wirtschaftlichen Bedürfnis der Unternehmer ausgegangen24 • Zu fragen ist daher, ob dies unumgänglich ist. a) Bestimmung der "Funktionsfähigkeit" des Gewerbes

Gemäß § 13 IV 1 ist das öffentliche Verkehrsinteresse dann beeinträchtigt, wenn die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxigewerbes bedroht ist. Problematisch ist es aber zu bestimmen, was unter Funktionsfähigkeit i.S.d. § 13 IV zu verstehen ist und ab wann generell von ihrer Bedrohung auszugehen ist. Diese Bestimmung ist vom öffentlichen Verkehrsinteresse am Taxiverkehr her vorzunehmen25 • Aufgrund seiner Ergänzungsfunktion zum Linienverkehr und seiner Bedeutung für die individuelle Verkehrsrnobilität ist das Allgemeininteresse am Taxiverkehr dahingehend zu konkretisieren, daß es um das Funktionieren eines gut geordneten Taxisystems rund um die Uhr26 und um bestmögliche Befriedigung des öffentlichen Bedürfnisses nach individueller Verkehrsbedienung27 gehen muß. Auch wird die Gewährleistung eines qualitativ und quantitativ differenzierten Leistungsangebots bei marktgerechten Preisen betont28 • Der Begriff der Funktionsfähigkeit ist damit auf ein Taxiangebot bezogen, das den Mobilitätserfordernissen und -wünschen des Publikums weitestgehend möglich

BVeifGE 7, 377 [408]; E 11, 168 [189f.]. Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 108 spricht vom "Schutzraum der Marktordnung für Taxen". Für Frotscher, WiVerwR, Rn. 342 FN. 54 ist Folge des § 13 IV, daß die Unternehmer "entgegen marktwirtschaftlichen Prinzipien vor einem harten Wettbewerb geschützt werden". 24 Vgl. § 13 IV 2 Nr. 3, wo bei der Frage, ob noch weitere Marktaußenseiter zugelassen werden sollen, auf die ,,Ertragslage" der vorhandenen Unternehmen abgestellt wird. Auch Fromm, NVwZ 84, 350f. hält dies für "bedenklich". Denn " ... damit werden die wirtschaftlichen Interessen der Taxiunternehmen zum Ausgangspunkt der Betrachtungsweise gemacht, was auf eine unzulässige Bedürfnisprüfung hinausläuft". - Dem gegenüber betont aber z.B. BVerwGE 79,208 [21Off.], daß es auch bei Prüfung der Ertragslage nur um den Schutz des öffentlichen Verkehrsinteresses am Taxigewerbe gehen soll. 2S SO BVerwG NJW 90, 1376 [1377]. 26 Bidinger: Die sogenannte "Taxi-Novelle", DAR 1983, 369 [37lf.] und Menger, VerwArch 52, 96. 27 BVerwG NJW 90, 1376 [1377]; FielitzIMaierlMontigellMüller, § 13 Rn. 23 (S. 61). 28 Deregulierungskommission, Tz. 205. 22 23

248

E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr

entgegenzukommen vennag 29 . Vor einer Bewertung der Schranke des § 13 IV ist festzulegen, wann nach derzeitiger Fassung des PBefG eine Bedrohung dieses Angebots vorliegen soll. aa) Existenzbedrohung

Da Funktionsfähigkeit von der Reichweite her die Existenzfähigkeit miteinschließt, kann für die Frage, wann sie bedroht ist, auf die herausgearbeiteten Kriterien zur alten Rechtslage vor 1983 zurückgegriffen werden, wo noch allein auf die Existenz des Taxigewerbes abgestellt wurde. Denn zumindest wenn eine Existenzbedrohung vorliegt, ist immer auch eine Funktionsbedrohung gegeben. Insofern zeigt das alte Recht die äußeren Grenzen auf, ab wann spätestens von Funktionsbedrohung auszugehen ist. Der alte § 13 III sollte davor schützen, daß wegen ruinösen Wettbewerbs das Taxigewerbe ganz oder teilweise zum Erliegen kommt, weil dann nicht mehr genügend Taxen für die Personenbeförderung zur Verfügung stehen30 . Das sollte der Fall sein, wenn die Erwerbsbasis für das gesamte örtliche Taxigewerbe so geschmälert ist, daß ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten aller unmittelbar bevorstehen3l . Als Maßstab dafür galt, ob im Laufe der letzten Jahre der Grad des Konkurrenzkampfes soweit gelangt war, daß er bereits zum Ruin einer nicht ganz unerheblichen Zahl von Taxiunternehmen geführt hatte (Ruingrenze)32. Allerdings ging man nicht bereits dann von Existenzbedrohung aus, wenn einzelne Verkehrsunternehmen aus dem Markt ausgeschieden waren 33 .

29 Vgl. dazu bereits oben zur "selbstbestimmten Mobilität", die das Auto (und damit auch das Taxi) bieten kann Kap. A § 3 nl a.E., Anm. 217. 30 Vgl. Friehe: Überlegungen zu einer Neufassung des § 13 Abs. 3 PBefG, GewArch 1982, 218 [219]. - Es ging also damals hauptsächlich darum, Lücken in der Verkehrsbedienung mit Taxen zu vermeiden. 31 Full in: Müller (Hg.): Straßenverkehrsrecht, Bd. n, 22. Aufl., § 13 Rn. 15; Samper: Existenzbedrohung d. örtlichen Kraftdroschkengewerbes als Grund zur Genehmigungsversagung, BayVBl 1963, 144 [145]; Jarass: Wirtschaftsverwaltungsrecht und Wirtschaftsverfassungsrecht, 2. Aufl., § 21 Rn. 18; FielitliMaierlMontigellMüller, § 13 Rn. 20 (S. 46); BVerwG DVBl. 1961,742. 32 BVerwGE 23, 314 [318]; Friehe, GewArch 82, 218 [218f.]. 33 Full in: Müller, StraßenverkehrsR II, § 13 Rn. 15. - Sonst wäre § 13 m auch eine reine Konkurrenzschutznorm gewesen.

§ 2 Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage

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bb)Funktionsbedrohung Die Funktionsfähigkeit soll aber nicht erst bedroht sein, wenn die Gefahr eines Zusammenbruchs des gesamten örtlichen Taxigewerbes besteht34• Sondern wegen des Ziels möglichst guter Ergänzung zum Linienverkehr soll schon die Gefahr genügen, daß die Erteilung weiterer Genehmigungen zu schwerwiegenden Mängeln in der Verkehrsbedienung durch Taxen führen kann 35 • Beispielhaft für solche Mängel werden aufgeführt, daß etwa die Existenzfähigkeit von Betrieben allgemein nur unter übermäßiger, die Verkehrssicherheit gefährdender Einsatzzeit der Fahrer oder nur unter Einsatz unterbezahlter Gelegenheitsfahrer mit ähnlichen Gefahren für die Verkehrssicherheit oder die ansonsten zuverlässige Verkehrsbedienung gesichert werden kann 36 • Es bedarf damit der Klärung, ob der Schutz der Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes durch eine objektive Marktzugangsschranke dieses Inhalts mit der Verfassungsrechtsprechung zu Art. 12 GG im Personenbeförderungsverkehr konform ist. b) Auslegung der Verfassungsrechtsprechung zu Berujszulassungsschranken im Hinblick auf das Taxigewerbe Die dargestellte Gesetzgebung zu § 13 IV (= § 13 III alt) beruht maßgeblich auf dem schon erwähnten Beschluß des Bundesverfassungsgerichts von 1961 (E 11, 168ff.), wo die äußersten Grenzen für Beschränkungen des Art. 12 GG im Taxigewerbe aufgezeigt worden sind. Die Indizien des § 13 IV 2 Nr. 1-4 gehen auf die zwischen 1961 und 1982 ergangene Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur Festlegung der "Ruingrenze" des alten § 13 III zurück. Das BVerfG selbst hat jedoch nie konkret die objektiven Zulassungs schranken des § 13 IV an Art. 12 I GG gemessen. Dazu bestand kein Anlaß. Da die Schranken des § 13 IV eine Umsetzung des genannten Beschlusses sind, gingen die Instanzgerichte nicht von ihrer Verfassungswidrigkeit aus. Es kam zu keiner Vorlage nach Art. 100 I GG. Man nahm an, daß mit der Begrenzung des Eingriffszwecks des § 13 IV auf den Schutz nur vor Existenz- und Funktionsbedrohung des Taxigewerbes den Anforderungen des Art. 12 GG genügt werde 37 • 34 BVerwG NJW 90, 1376 [1378]; Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 86a; FielitVMaier/MontigellMüller, § 13 Rn. 23 (S.60f.). Vgl. auch Begründung zum Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des PBefG 1982 ("Taxinovelle"), BTDrucks. 9/2128 S.7f. Dort ging man anfangs allerdings noch vom Nebeneinander von Existenz und Funktionsfähigkeit aus (a.a.O., S. 3, 8). 35 BVerwG NJW 90, 1376 [1378]; FielitVMaier/MontigellMüller, § 13 Rn. 23 (S. 61); Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 86a, b; ders.: Überblick über neue Entscheidungen im Personenbeförderungsrecht im Jahre 1989, NZV 1990,337 [339]. 36 So wörtlich in BVerwG NJW 90, 1376 [1378]; BVerwGE 82, 295 [302]. Vgl. auch FlM/M/M, PBefG, § 13 Rn. 23 (S. 61). 37 Beispielhaft BVerwGE 64, 238 [242]; 23, 314 [317]; NJW 90, 1376 [1377].

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E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr

Allein diese Zielsetzung rechtfertige schon die objektive Beschränkung des Zugangs zum Beruf des Taxiunternehmers. Gerichtlich gestritten wurde daher nur über konkrete Reichweite und Grenzen des § 13 IV, nicht aber darüber, ob eine derartige objektive Zulassungsbeschränkung überhaupt zur Erreichung des angestrebten Zieles erforderlich ist. Eine solche Prüfung ist jedoch verfassungsrechtlich indiziert. Denn nach der Rechtsprechung zu Art. 12 GG sind Eingriffe in die Berufswahlfreiheit nur unter Wahrung größtmöglicher Freiheit des Einzelnen möglich, also nur, soweit für das gemeine Wohl unerläßlich 38 . Und das BVerfG hebt auch 1961 in seinem Beschluß hervor, daß für die Personenbeförderung mit Taxen "die schutzwürdigen Interessen der Allgemeinheit und das Maß der zu ihrem Schutz unerläßlichen Vorkehrungen je gesondert bestimmt und gegen den Anspruch des Einzelnen auf freie Berufswahl abgewogen werden müssen,,39. Auf dieser Grundlage muß dann die Gültigkeit der Norm des § 13 IV beurteilt werden. Laut BVerfG sind die objektiven Berufswahlschranken, wie sie § 13 IV aufstellt, nur dann mit Art. 12 GG vereinbar sind, wenn sie sich zur Erhaltung eines funktionsfähigen Taxigewerbes als unerläßlich notwendig erweisen40 , zwingend erforderlich sind und wenn der akuten Gefährdung öffentlicher Verkehrsinteressen durch Funktionsbedrohung des Gewerbes wegen Übersetzung nicht anders begegnet werden kann41 • Diese Ausführungen zur Existenz- und Funktionsfähigkeit stellen nur ein "obiter dictum" in einer Entscheidung zur Frage der Zulässigkeit offener Bedürfnisprüfungen im damaligen Personenbeförderungsrecht (§ 9 11 PBG 1955) dar42 • Sie sind mithin kaum als abschließende Stellungnahme zu verstehen. Die Bewertung der verfassungsgerichtlichen Erwägungen hängt also davon ab, ob tatsächlich davon auszugehen ist, daß Übersetzung im örtlichen Taxigewerbe zu ruinöser Konkurrenz führt und daß diese tatsächlich schwere Mängel in der Verkehrsbedienung nach sich zieht. Selbst wenn dem so ist, muß dann noch geklärt werden, ob nicht dieser Gefahr ebenso wirksam allein durch subjektive Zulassungsschranken und Berufsausübungsregeln begegnet werden kann. Denn Regelungen der Berufsfreiheit müssen jeweils auf der "Stufe" vorgenommen werden, die den geringsten Eingriff in die Berufswahlfreiheit mit sich bringt43 • Vgl. BVerfGE 7,377 [405]. BVerfGE 11, 168 [185]. 40 BVerfGE 11, 168 [188]. 41 BVerfGE 11, 168 [190]. Ähnlich auch Stober: Dimensionen der Deregulierung, in: R. Stober (Hg.): Deregulierung im Wirtschafts- und Umweltrecht, S. 1 [8]: ,,Ist es nicht Aufgabe der sichtbaren Hand des Staates, sich jeder nicht zwingend notwendigen Regulierung zu enthalten?". 42 Basedow: Wettbewerb auf den Verkehrsmärkten, S. 83. 43 BVerfGE 7,377 [408]. 38

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§ 2 Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage

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Es ist also zu prüfen, ob der angestrebte Schutz nicht mit Eingriffen auf einer vorausgehenden Stufe erreicht werden kann44 • Konkret stellen sich damit die Fragen, ob die Annahme stimmt, daß es ohne objektive Marktzugangsbeschränkungen (oder zumindest ohne ihre aktuelle Ausformung) zu einer Übersetzung im Taxigewerbe kommt, die zu schweren Funktionsbeeinträchtigungen führt und ob nicht Berufsausübungsregeln wie die bestehenden Pflichten der Taxiunternehmen und subjektive Schranken zur Sicherung dieser Funktionsfähigkeit ausreichen. Immerhin wird auch im letzten Beschluß des Verfassungsgerichts zum Gelegenheitsverkehr die Möglichkeit der Verfassungswidrigkeit des § 13 IV jedenfalls nicht ausgeschlossen45 . c) Gefahren für die Funktionsfähigkeit Wie dargelegt geht man davon aus, daß es ohne objektive Zulassungsbeschränkungen zur Überbesetzung des örtlichen Taxigewerbes kommt, die zu ruinöser Konkurrenz und damit zu einer Gefahr für das ordentliche Funktionieren der Taxiverkehrsbedienung führt. Danach stellt Übersetzung allein, also das Vorhandensein von mehr Taxen als zur Befriedigung des Verkehrsbedürfnisses erforderlich46 und damit ein gewisser Wettbewerb und Konkurrenzdruck, nicht unbedingt schon eine Gefährdung des öffentlichen Verkehrsinteresses am Taxiverkehr dar. Dies wäre ein unzulässiger Konkurrenzschutz der vorhandenen Unternehmer. Eine Gefährdung liegt vielmehr nur dann vor, wenn tatsächlich aus dieser Übersetzung ruinöser Wettbewerb oder ähnliche Gefahren entstehen47 • aa) Bedrohung von Verkehrskontinuität und Gewerbeexistenz Fraglich ist zunächst, ob davon auszugehen ist, daß es im Fall einer Übersetzung des Gewerbes zur Existenzbedrohung des gesamten Taxigewerbes wegen ruinöser Konkurrenz und damit zur Gefährdung der Verkehrskontinuität kommt, wie bei § 13 III (alt) angenommen. Denn dann wäre zumindest diese alte objektive Schranke, die in der ,,Funktionsbedrohung" des § 13 IV aufgegangen ist, gerechtfertigt.

BVerfGE 7,377 [409]. Vgl. BVerfG NJW 90, 1349 [1350]: " ... sollte die Neuregelung des § 13 IV PBefG den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügen.... ". Es karn jedoch auch dort nicht auf eine Entscheidung dieser Frage an. 46 VG Münster VRS 77 (1989), 158 [158]. 47 So auch VG Münster VRS 77,158 [158]. 44 45

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E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr

(1) Ruinöse Konkurrenz als Folge eines Überangebots

Ruinöse Konkurrenz in der Form, daß Unternehmen in Zeiten schwacher Nachfrage wegen Überangebots durch Preisunterbietungen die Konkurrenz vom Markt zu drängen versuchen, um selbst am Markt zu verbleiben und ihre Investitionen nicht zu verlieren,48 ist im Taximarkt wegen der dortigen Tariffestsetzung nicht möglich. Auch dort bleibt wie beim Linienverkehr als Wettbewerbsmittel nur der Versuch übrig, die Betriebskosten durch Absenkung der Betriebs- und Sicherheitsstandards zu verringern, um so trotz gesunkener Nachfrage auf dem Markt verbleiben zu können, aus welchem sie unter Beibehaltung ihres Bedienungsniveaus wegen hoher Verluste ausgeschieden wären. Ruinös für die Unternehmen ist solches Verhalten nicht. Es kann jedoch Auswirkungen auf die Verkehrsbedienung haben. Da diese Folgen auf einem Überangebot an Taxen beruhten, ist es grundsätzlich richtig, darin die Anfangsursache einer Existenz- und Funktionsgefährdung des Taxigewerbes zu sehen. Jedoch liegt diese Bedrohung des Funktionierens des Gewerbes nicht schon vor, wenn infolge Überangebots und damit hoher Wettbewerbs intensität einzelne betroffene Unternehmer aus dem Markt ausscheiden oder kurzfristig ihre Kosten nicht decken können49 . In solchen Fällen ist noch nicht mit einem vermehrten Angebot an schlechten Taxileistungen zu rechnen. Und da ein Überangebot an Taxen besteht, führt das Ausscheiden einzelner Unternehmer aus dem Markt auch nicht zu Lücken im Taxiangebot. Es müßte also ein erhebliches Überangebot an Taxen die Folge unbeschränkter Zulassung sein. Denn nur dann ist mit den genannten Folgen zu rechnen, weil sich nur dann die Taxiunternehmen auf eine länger andauernde schlechte Einnahmesituation und damit die Notwendigkeit, einem drohenden Ruin durch Absenkung des Bedienungsstandards zu begegnen, einrichten müssen. Der mögliche Ruin einzelner aufgrund wirtschaftlich spürbarer harter Konkurrenz wird auch vom Bundesverwaltungsgericht als Risiko des Berufs und nicht als Gefahr für die Allgemeinheit eingestuft5o. Ein solches übermäßiges oder chronisches Überangebot an Taxileistungen, das nicht regelmäßig durch vermehrten Marktaustritt schwächerer Unternehmen abgebaut wird, ist aber auf Märkten mit polypolistischer Marktstruktur wie

48 Umschreibung der Deregulierungskommission, Tz. 11 (S.4). - Solches Verhalten kommt nur dann in Betracht, wenn die Produktionsfaktoren der Unternehmen, in die sie investiert haben, schwer anderweitig verwendbar sind. 49 Vgl. Laaser: Regulierung der Verkehrsmärkte, in: Soltwedel (Hg.): Deregulierunllspotentiale in der Bundesrepublik, S. 192ff., Tz. 449 (S. 217). 5 Vgl. BVerwG DÖV 88, 923 [923].

§ 2 Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage

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dem Taximarkt51 nur dann zu erwarten, wenn dort große Marktaustrittsschwierigkeiten bestehen52 • Denn nur dann wird eine Vielzahl von Unternehmern trotz sinkender Nachfrage versucht sein, anstatt aus dem Markt auszuscheiden, mit genannten Mitteln ein Verbleiben auf dem örtlichen Markt mit dargestellten Auswirkungen auf die Verkehrsbedienung mit Taxen zu erreichen. Liegen solche Marktaustrittsschranken nicht vor, findet im Fall zunehmender Übersetzung des Gewerbes ein normaler wirtschaftlicher Ausleseprozeß statt, der auf der unterschiedlichen Rentabilität der Unternehmen beruht. (2) Der wirtschaftliche Ausleseprozeß Niemals werden durch ein Überangebot alle Unternehmen gleichzeitig und in gleicher Weise bedroht53 . Wegen der sehr unterschiedlichen Betriebsverhältnisse bei den Unternehmen des Taxigewerbes 54 wird sich der Ruin einer Vielzahl von Taxiunternehmen nie abzeichnen. Unternehmer, die ihr Marktverhalten nicht den geänderten Anforderungen anpassen können oder die wegen sinkender Einnahrnemöglichkeiten lustlos werden, wandern grundsätzlich in besser verdienende Gewerbezweige ab, und eine genügende Zahl muß auch Konkurs eröffnen55 . Dadurch erhöhen sich die Chancen der am Markt verbleibenden Unternehmen, im weiteren Wettbewerb bestehen zu können. Aufgrund der o.g. Betriebsfaktoren sind damit für eine gewisse Zahl von Betrieben stets optimale, für eine größere Zahl noch befriedigende und für eine noch größere Zahl immerhin noch ausreichende Existenzmöglichkeiten vorhanden, so daß nach Beendigung dieses Anpassungsprozesses keine Verdrän51 Vgl. Laaser, Regulierung, Tz. 460 (S. 223). - Diese polypolistische Struktur beruht darauf, daß bereits mit einer Betriebsgröße von einem Wagen Marktzutritt möglich ist. 1976 entfielen bspw. bundesweit nur 1,3 Wagen auf ein Unternehmen. Dieses Polypol belegen auch neuere Statistiken: 1991 kamen auf ca. 32500 Taxiunternehmen im gesamten Bundesgebiet 52560 Fahrzeuge - dies entspricht 1,6 Taxen pro Unternehmen (Zahlen entnommen aus dem BZP, Geschäftsbericht 1993, Taxi & Mietwagen, S. 54, 57). Vgl. auch die Statistik bei FielitzIMaier/Montigel/Müller, § 47 S. 31 (unter Bezugnahme auf den Bericht des BMV vom 1.3.1988 über die Entwicklung des Taxen- und Mietwagenverkehrs in der Bundesrepublik Deutschland, VKBl. 1989, 641) sowie die Übersicht in BT-Drucks. 9/2128 S. 6. 52 So Laaser, Regulierung, Tz. 450 (S. 268); Kruse: Ordnungstheoretische Grundlagen der Deregulierung, in: Seidenfus (Hg.): Deregulierung - eine Herausforderung an die Wirtschafts- und Sozialpolitik in der Marktwirtschaft, S. 9 [21f.]. 53 Samper, BayVBI63, 145. 54 Aufzählung dieser Unterschiede bei Samper, BayVBI 63, 145f.: Er unterscheidet zwischen Einmann- oder Mehrpersonenbetrieb, Pacht oder Eigenbetrieb und verweist auf schuldenfreie Fahrzeuge, unterschiedliche Möglichkeiten der Rationalisierung und innerbetriebliche Ausgleichsmöglichkeiten. Vgl. ferner Friehe, GewAreh 82, 219. 55 Sauerwein: Zur Zulassungspraxis im Droschkengewerbe, BayVBI 1963, 312 [312] und Friehe, GewAreh 82, 219.

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E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr

gung mehr stattfindet und somit stets eine hinreichende Anzahl von Taxen zur Erfüllung des Verkehrsbedürfnisses vor Ort vorhanden is~6. (3 ) Fehlen von Marktaustrittsschranken

Hohe Marktaustrittsschranken für Taxiunternehmer, die infolge Überangebots und aufgrund ihrer Betriebsstruktur trotz Rationalisierung nicht mehr wettbewerbsfähig sind und mit Verlust fahren, gibt es im Taxigewerbe nicht. Denn im Gegensatz zu Bussen mit ihrer Spezialausrüstung für den Linienverkehr lassen sich Taxen leicht an andere Unternehmer (auch in anderen Städten) verkaufen, und auch ein Gebrauchtwagenmarkt für solche Autos existiert57 . Daher ist den Unternehmen bei temporären Überkapazitäten ein Marktaustritt leicht möglich. Rein ökonomisch gesehen besteht daher für sie keine Notwendigkeit, länger als wirtschaftlich sinnvoll unter Vernachlässigung von Sicherheitsvorschriften und Bedienungsstandards auf dem örtlichen Taximarkt zu verbleiben.

(4) Zwischenergebnis Lücken im Verkehrsangebot durch Taxen beziehungsweise eine Bedrohung von Existenz und Kontinuität des gesamten Taxiverkehrs sind somit bei unbeschränktem Zugang zum Taximarkt nicht zu erwarten58 . Zur Vermeidung dieser Gefahren sind deshalb objektive Schranken nicht erforderlich und unverhältnismäßig. Mittlerweile hat auch das BVerwG eingeräumt, daß es zur Vermeidung eines "gänzlichen Zusammenbruchs (Existenz) des örtlichen Taxigewerbes nicht der objektiven Schranken des § 13 IV bedürfte, sondern daß es dafür ausreichte, den Zugang zum Taxigewerbe den marktwirtschaftlichen Gesetzen von Angebot und Nachfrage zu überlassen,,59. Dies gilt trotz der Ergänzungsfunktion der Taxen bezüglich des öffentlichen Linienverkehrs. Eine (seltene) Ausnahme davon ist aber zu nennen: Der dargestellte Ausleseprozeß im Fall eines Überangebots, der v.a. darauf basiert, daß unzufriedene Unternehmer in bessere Branchen abwandern und so die Überkapazitäten abbauen, funktioniert dann nicht mehr, wenn eine Notstandslage wie z.B. eine Sauerwein, BayVBI63, 312. Laaser, Regulierung, Tz. 462 (S. 225); Basedow, Wettbewerb, S. 83; Deregulierungskommission, Tz. 205. Dies gilt trotz der vorgeschriebenen Umrüstungen der Taxifahrzeuge nach §§ 25-29, 41 BO-Kraft. Denn diese ist minimal. 58 So schon zur Rechtslage nach der "alten" Schranke des § 13 Ill: Samper, BayVBI 63, 145f.; Sauerwein, BayVBI 63, 312; Friehe, GewArch 82, 219f. und Lange, Verkehr, S.75. 59 Vgl. BVerwG NJW 90,1376 [1378]; FielitzIMaier/Montigel/Müller, § 13 Rn. 23. 56

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§ 2 Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage

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gesamtwirtschaftliche Depression vorliegt. Denn dann stellt ein Abwandern in andere Branchen für schwächere Taxiunternehmen keine Handlungsalternative mehr dar. Unter solchen Bedingungen wären zum Schutz der Verkehrskontinuität auch objektive Zulassungsschranken erforderlich und mit Art. 12 GG vereinbar60 • Denn sonst käme es anstelle von Marktaustritten zum geschilderten Abbau der Leistungsfahigkeit der Taxiunternehmen. Und das Taxigewerbe wäre kein verläßlicher Partner mehr bei der Erfüllung öffentlicher Verkehrsaufgaben.

Unter normalen Marktverhältnissen aber, zu denen auch ein gewisses Überangebot gehört, kommt bei dieser Auslegung objektiven Zugangsschranken allein zur Verhinderung einer Existenzvernichtung des Gewerbes und von Kontinuitätsstörungen keine Bedeutung ZU61 . bb) Mängel in der Verkehrsbedienung Läßt sich somit der Gefahr einer Bedrohung der Kontinuität der Taxiverkehrsbedienung durch Lücken im Verkehrsangebot prinzipiell auch ohne objektive Beschränkungen begegnen, so ist damit noch nicht dargetan, daß auch andere Bedienungsmängel, die eine Übersetzung des Taxigewerbes hervorrufen kann, ein "ungesunder Ausleseprozeß,,62, ohne objektive Zugangsbeschränkungen zu verhindern sind. Denn es ist nicht auszuschließen, daß etliche Unternehmen, obwohl geringe Marktaustrittsschranken bestehen, dennoch versuchen, im Fall eines Überangebots durch Einsparungen auf Kosten der Beförderungsleistung den Abbau der Überkapazität ohne Marktaustritt zu überstehen, um sich keine neue Existenz aufbauen zu müssen. Auch dies stände dem Ziel möglichst guter individueller Verkehrsbedienung in Ergänzung zum Linienverkehr entgegen.

60 Hinsichtlich der objektiven Schranke des alten § 13 rn (,,Existenzbedrohung") favorisierten eine ,,notstandsähnliche" Auslegung auch Friehe, GewArch 82, 220 und Czermak: Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit. Bemerkungen zu § 13 Abs. 3 PBefG, NJW 1963,526 [527]: ,,Notstandsähnliche Vorsorgebestimmung". 61 So zur Beschränkung des alten § 13 rn auch Full in: Müller, StraßenverkehrsR n, § 13 Rn. 15; Lange, Verkehr, S. 195; Czermak, NJW 63, 527 und Friehe, GewArch 82, 220. 62 Sauerwein, BayVBI 63, 312. Er sieht die Gefahr, daß gerade Taxiunternehmer, die vernünftige Arbeitszeiten einhalten und die für die Aufrechterhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheit des Fahrbetriebs nötigen Reparaturen jeweils unverzüglich durchführen lassen, am ehesten die Unrentabilität ihres Unternehmens zu beklagen haben. Während sich diejenigen am ehesten und längsten über Wasser halten können, die solche Ausgaben möglichst lange aufschieben und durch entsprechende Zusatzbelastungen ihre regulären Einnahmen verbessern.

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E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr

Dabei muß auch hier wieder auf den Fall abgestellt werden, daß "allgemein" und nicht nur in Einzelfalien mit solcher mangelhaften Leistungserbringung zu rechnen ist63 • Denn nur eine Vielzahl solcher Fälle stellt eine ordentliche Verkehrs bedienung in Frage. Eine solche Vielzahl von Bedienungsmängeln ist nur zu befürchten, wenn das Überangebot an Taxen im jeweiligen örtlichen Bereich ein gewisses Maß erreicht. Sonst kann man allenfalls von "Unzulänglichkeiten" in der Verkehrsbedienung reden, nicht aber von "schwerwiegenden Mängeln,,64. Fraglich ist jedoch, ob überhaupt je mit einem derartigen Überangebot auf dem örtlichen Taximarkt zu rechnen ist. ( 1) Ausmaß des Überangebots

Auch im Taxigewerbe beruht das Interesse an der Neugründung von gewerblichen Betrieben regelmäßig auf einer richtigen Beurteilung der Marktlage und nicht etwa auf Wirtschaftsblindheit der Bewerber65 • Wenn aber von einem Markt wie dem für Taxidienstleistungen Signale ausgehen, die geringe Gewinne oder gar Verlust oder Konkurs befürchten lassen, ist dieser Markt alles andere als attraktiv für Marktaußenseiter66 • In solchen Fällen ist nicht zu unterstellen, daß sich viele Interessenten über alle wirtschaftliche Vorsicht und Vernunft hinwegsetzen und die Chancen einer Geschäftsgründung im Taxigewerbe dennoch als positiv beurteilen werden67 • Daher ist bei einem Überangebot damit zu rechnen, daß die Zahl der Neubewerber (und gerade die Zahl der von

63 So auch BVerwG NJW 90, 1376 [1378]; FielitlfMaierlMontigeVMüller, § 13 Rn. 13 (S. 61). 64 Insofern ist Fromm: Rechtsprechung zum Personenbeförderungsgesetz, BB 1987, 1338 [1341] und NVwZ 84, 351 zu widersprechen, der meint, daß bereits bei Auftreten vereinzelter Unzulänglichkeiten in der Verkehrsabwicklung die Funktionsfähigkeit in Frage gestellt sei. Ein solcher Grad der Funktionsbeeinträchtigung des Taxiverkehrs soll für die objektive Beschränkung des Marktzugangs eben nicht genügen. 65 Diesen wichtigen Aspekt hat schon BVerfGE 7,377 [419] im ,,Apothekerurteil" der Annahme einer übertriebenen Neugründungsfreudigkeit im Apothekerwesen im Fall der Aufhebung objektiver Zulassungsschranken in diesem Gewerbezweig entgegengehalten. Diese Entwicklungsvoraussage hat sich mittlerweile bestätigt. Auf diesen Aspekt heben auch der BayVGH GewArch 87, 227 [229]; Czermak, NJW 63, 526; Basedow, Wettbewerb, S. 83 und Laaser, Regulierung, Tz. 464 (S. 222f.) ab. - Vgl. ferner VG Münster VRS 77, 158 [159] zum umgekehrten Fall, daß viele Neukonzessionsanträge gestellt werden: Dann ist wegen des wirtschaftlichen Sachverstands der Unternehmer (Indiz) von gewinnversprechender guter Ertragschance und -lage im Taxigewerbe auszugehen. 66 Basedow, Wettbewerb, S. 83. 67 Czermak, NJW 63, 526. - Oft wird demgegenüber in Regulierungsbegründungen (stillschweigend) davon ausgegangen, daß ein solches rationales Verhalten der Marktteilnehmer nicht gegeben ist; vgl. Kruse in: Seidenfus, Deregulierung, S. 22f., der daraus ein Argument gegen Marktzugangsschranken mittels staatlicher Regulierungen zieht.

§ 2 Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage

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erfahrenen Altunternehmern gestellten Genehmigungsanträge68 ) sehr schnell von allein wieder zurückgehen wird und daß schon deshalb grundsätzlich das Ausmaß einer Übersetzung des örtlichen Taxigewerbes begrenzt ist. Insofern ist bereits die Annahme, welche den objektiven Schranken des § 13 IV zugrunde liegt, daß es ohne Zugangsbeschränkungen zu einem großen Überangebot und damit zu allgemeinen Bedienungsmängeln kommt, zumindest fraglich. Doch selbst wenn man den Selbstregulierungseffekten des Marktes und dem unternehmerischen Sachverstand nicht aus sich heraus die Verhinderung schwerwiegender Bedienungsmängel zutraut69 , ist immer noch klärungsbedürftig, ob dann nicht Berufsausübungsregeln und subjektive Beschränkungen genügen, um die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxigewerbes aufrechtzuerhalten. (2) BerLifsausübungsregelungen und Kontrollen

Schon 1961 hat das BVerfG hervorgehoben, daß etliche Mängel in der Verkehrs bedienung durch Taxen, die bei einem Überangebot auftreten können, von vornherein aus dem Kreis der mittels objektiver Schranken zu bekämpfenden Bedrohungen öffentlicher Verkehrsinteressen auszuscheiden haben. Denn aus der Vielzahl von Gefahren, die das ordnungsgemäße Funktionieren des Taxibetriebes bedrohen können, werden die meisten bereits durch verkehrspolizeiliehe (z.B. § 15d-k StVZO) oder sonstige gewerbepolizeilichen Vorschriften (z.B. § 25 PBefG) abgedeckt7o • (a) Effiziente Überwachung Den meisten Gefahren für die Verkehrssicherheit, wie etwa der Vernachlässigung von Sicherheitsvorschriften durch einen stark konkurrenzbedrohten Unternehmer, muß laut BVerfG durch entsprechende Überwachung begegnet werden71 • So können z.B. Verstöße gegen das Arbeitszeitrecht die Zurücknahme einer Genehmigung rechtfertigen, nicht aber einen objektiven Zulassungsstopp72. Andere Gefahren als die des Darniederliegens des örtlichen Ge68 Zur Bedeutung der besonderen Urteilskraft erfahrener Altunternehmer vgl. auch BVerwG DÖV 88,923 [924] und VG Münster VRS 77, 158 [159]. 69 Hier ist wieder auf den bereits angedeuteten Zusammenhang zwischen dem Abbau von Beschränkungen und dem "Prinzip der unternehmerischen Selbstverantwortung" hinzuweisen, der auch im Bereich von Daseinsvorsorgeaufgaben gilt. Vgl. dazu oben Ka~. B § 3 II lc cc, Anm. 224. Friehe, GewArch 82, 218 [220]. 71 BVerfGE 11, 168 [189]. Vgl. dazu ebenso BVerwGE 1,92 [94]; 1, 165 [166]. 72 So Fromm: Kommt eine Novelle zum PBefG?, Omnibus-Revue 1982,90 [93].

17 Maaß

258

E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr

werbes oder die von Angebotslücken und Kontinuitätsstörungen können nach Ansicht des BVerfG mit Ausübungsregeln bekämpft werden 73 . Dies gilt insbesondere für die häufig genannte Gefahr74 , daß öffentliche Halteplätze für die Taxizahl nicht ausreichen 75 • Dem Problem, daß unqualifizierte Unternehmer auftreten, wird durch die subjektiven Zulassungshemmnisse des § 13 I und die in §§ 15d I Ne. 2, 15e I 1 Ne. 2 StVZO vorgeschriebene Pflicht der "Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung" für den Fahrer des PKW begegnet. Und auch die Verhinderung einer möglichen Schwarzmarktkonkurrenz durch nicht registrierte Beförderungen mit Privatwagen erfordert nur eine polizeiliche Mißbrauchsaufsicht, nicht aber eine objektive Beschränkung der Zahl regulärer Taxen76 • Neben der Befürchtung von Sicherheits- und Ordnungsmängeln wird vor allem von berufsständischen Interessenvertretern weiter gegen eine Aufhebung objektiver Schranken vorgebracht, daß die daraus resultierende höhere Zahl von Taxifahrzeugen zu einer zusätzlichen Belastung des innerstädtischen Verkehrsraumes führe; daß zu erwartende längere Leerfahrten der Taxen ein Umweltschutzproblem darstellten; daß die geringere Auslastung der Wagen eine volkswirtschaftliche Verschwendung sei; daß es zu fortschreitender Konzentration auf Großbetriebe komme und die Verkehrsordnung durch Konkurrenzkämpfe der Fahrer untereinander massiv gestört werde77 • Doch auch diese Punkte, die genauso bei Überangebot in anderen Wirtschaftsbereichen auftreten, ohne daß dort mittels objektiver Schranken reagiert wird, stellen Probleme der Überwachung des Taxiverkehrs dar78 • Objektive Beschränkungen erfordern sie nicht. (b) Zusammenfassung Die diversen Berufsausübungsregelungen, denen das Taxigewerbe unterliegt, erscheinen damit zusammen mit subjektiven Marktzutrittsbegrenzungen BVerfGE 11, 168 [191]. Vgl. Fromm, NVwZ 84, 350; NVwZ 86,890 [894] und BB 87, 1338 [1340). 75 BVerfGE 11, 168 [191] - hier muß zuerst die Verkehrspolizei ihre Möglichkeiten ausschöpfen. Ebenso Fromm (siehe Anm. 74, ebda.) und RautenberglFrantzioch: Das Personenbeförderungsrecht, § 39 Anm. 15 a.E. 76 Laaser, Regulierung, Tz. 462 (S. 225, FN. 5 a.E.). 77 Vgl. Le. die Stellungnahme des BZP zum Ersten Bericht der Deregulierungskommission, in: BZP-Schriftenreihe, Bd. 2 (1991), S. 1 [6f.]. 78 Dies räumt auch der BZP in: BZP-Schriftenreihe 2, S. 6 ein. Er meint aber, daß eine Überwachung wegen Personalengpässen der Behörden nicht greift. - Eine solche Argumentation kann jedoch rechtlich keinen Bestand haben, da sie das rechtliche Problem der Beschränkung grundrechtlicher Freiheiten mit dem einer effizienten Behördenorganisation vermischt. 73

74

§ 2 Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage

259

prinzipiell geeignet und ausreichend, um bei entsprechender Überwachung eine ordnungsgemäße Taxiverkehrsbedienung auch im Fall eines temporären Überangebots von Taxen zu gewährleisten. Dies spricht zugleich dagegen, daß grundsätzlich objektive Zugangsbeschränkungen, wie sie § 13 IV aufstellt, "unumgänglich notwendig" und damit erforderlich sind, um Funktionsmängel wesentlicher Art zu vermeiden. Andere Mängel größeren Ausmaßes, welche eine Ergänzung des Linienverkehrsangebots durch Taxen wegen Übersetzung des örtlichen Marktes in Frage stellen oder ernsthaft gefährden könnten und denen nicht mit Ausübungsregeln und Kontrollen zu begegnen ist, sind nicht ersichtlich. Dem gegenüber läßt sich für die Verhältnismäßigkeit der bestehenden Schranken auch nicht anführen, daß dem Gesetzgeber bei wirtschaftsordnenden Maßnahmen, die den Freiheitsraum der wirtschaftlich tätigen Individuen einengen, hinsichtlich Auswahl und Ausgestaltung ein weiter Bereich des Ermessens zusteht und daß daher nicht jeder einzelne Vorzug einer anderen Lösung gegenüber der vom Gesetzgeber gewählten schon zu deren Verfassungswidrigkeit führen muß 79 . Denn wenn die sachliche Gleichwertigkeit zur Zweckerreichung bei dem vorgeschlagenen geringeren Eingriff in jeder Hinsicht feststeht80, folgt aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, daß die Erforderlichkeit zur Zweckerreichung nur bei dem die Unternehmen weniger belastenden Eingriff in Art. 12 GG zu bejahen ist. Insofern ist das Ermessen gebunden. Des weiteren kann auch nicht gegen eine Lockerung des Marktzugangs angeführt werden, daß eine (eventuell nötige) strengere Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des PBefG durch die Taxibetreiber bei Fehlen objektiver Zugangsbeschränkungen einen Aufwand erfordern würde, den der Gesetzgeber als unzumutbar ansehen darrs l . Denn mit Aufhebung der Prüfung nach § 13 IV fällt Verwaltungsaufwand82 fort. Und hinzu kommt, daß auch auf die Kontrolle durch die Verkehrsnutzer vertraut werden kann. Da jedes Taxi registriert und gekennzeichnet ist, können Verstöße gegen Sicherheit und Bedienungsanforderungen sowie gegen die Beförderungspflicht gemeldet werden und sind justiziabel 83 , was ebenfalls die Überwachung erleichtert. Es lassen noch weitere Argumente Zweifel an der Erforderlichkeit objektiver Schranken aufkommen:

So BVerfG NJW 90,1349 [1351]. BVerfGE 30, 292 [319]. 81 Dieses Kriterium entnommen bei BVerfG NJW 90, 1349 [1351]. 82 Vgl. Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 109, der von "großer Überwachungsbürokratie", die durch die objektiven Zugangsschranken hervorgerufen wird, spricht. 83 Ebenso Laaser, Regulierung, Tz. 462 (S. 225, FN. 5). 79

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17*

260

E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr

(3) Art des öffentlichen Interesses am Taxiverkehr

Herkömmliche Rechtfertigung für Zugangsbeschränkungen im Taxi- wie auch im Linienverkehr ist das öffentliche Interesse an diesen Verkehrs formen. Doch kommt dem Linienverkehr eine viel höhere "Verkehrswertigkeit" als dem Gelegenheitsverkehr mit Taxen zu. Denn letzteren kennzeichnet eine größere Individualbezogenheit. Als Massenverkehr berührt der Linienverkehr Allgemeininteressen stärker als der Gelegenheitsverkehr84 • Trotzdem existieren für beide Verkehrsarten objektive Schranken, die zu einer Kontingentierung führen. Des weiteren haben vorhandene Taxiunternehmer kein Klagerecht gegenüber Neuzulassungen in ihrem Gewerbegebiet85 • Altunternehmern im Linienverkehr aber wird gegen die Vergabe neuer Genehmigungen ein subjektivöffentliches Klagerecht zugestanden86 , und dies, obwohl beide Verkehrsformen besonderen Pflichten unterworfen sind, die sie daran hindern, im Wege freien Wettbewerbs auf Konkurrenz zu reagieren 87 . Daß dennoch aus dem öffentlichen Interesse, das an der Sicherstellung geordneter Verkehrsverhältnisse besteht, nur für Linienverkehrsunternehmen eine besondere prozessuale Rechtsstellung folgt, und man dem öffentlichen Verkehrsinteresse in § 13 IV bloß eine Reflexwirkung für die Taxiunternehmer ohne Klagemöglichkeit88 entnimmt, belegt, daß der Taxiverkehr ein unwichtigeres Gemeingut ist. Dem läßt sich zwar entgegnen, daß die objektiven Schranken des § 13 IV deshalb auch andere sind als die für den Linienverkehr. Dennoch tragen diese Erwägungen zumindest zu den Zweifeln an der Rechtfertigung objektiver Zulassungsschranken im Taxigewerbe bei.

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342.

Zu diesem Einwand vgl. Menger, VerwArch 52, 93f. und Frotscher, WiVerwR, Rn.

85 H.M. in Rspr. und Lit.; vgl. BVerwGE 16, 186 [187f.]; OVG Münster NJW 80, 2323; Meyer: Personenbeförderungsgesetz, § 15 Rn. 4; Forster: Die Klagebefugnis Dritter gegenüber begünstigenden Maßnahmen im Wirtschaftsverwaltungsrecht, Diss., S.216; P. M. Huber: Konkurrenzschutz im Verwaltungsverfahren, S. 124; Bidinger, PBefR, § 14 Anm. 13; Fielitv'Maier/Montigel/Müller, § 14 Rn. 3; Sauerwein, BayVBI 63, 312. - A.A.: Rüdiger Zuck: Personenbeförderungsgesetz, § 13 Anm. 6 noch zum alten § 13 m (Ruingrenze ), der meint, daß es verfassungsrechtlich bedenklich sei, dem einzelnen kein Klagerecht zu geben und ihm damit zuzumuten, bis zur Grenze des Ruins wirtschaftlich Tätig zu sein. - Bei einem freien Marktzugang werden aber diese Bedenken hinfällig, da es dann jedem Unternehmer zusteht, jederzeit aus dem Markt auszuscheiden. 86 H.M.; vgl. BVerwG DVBI. 71, 185; Frers: Die Klagebefugnis des Dritten im Verwaltungsverfahren, S. 185-190; Forster, S. 204ff. und Meyer, PBefR, § 15 Rn. 4. 87 So Frers, S. 187,197. 88 Vgl. P. M. Huber, S. 125.

§ 2 Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage

261

Das schwächere öffentliche Interesse an Taxen zeigt sich schließlich auch daran, daß die Bedeutung des Gelegenheitsverkehrsmittels Taxi verglichen mit anderen Formen örtlich-individueller Personenbeförderung (Mietwagen) je nach Einsatzgebiet schwankt. So besteht für Kunden im ländlichen und verkehrsschwachen Raum zwischen dem Taxi- und dem Mietwagenverkehr kein Unterschied. Denn beide Verkehrsmittel befördern dort nur auf vorherigen Anruf und bieten die gleiche Beförderungsleistung an 89 • Aus Kundensicht sind Taxen dort durch Mietwagen ersetzbar. Eine Ersetzung des Linienverkehrs aber ist nicht möglich. Auch diese schwankende Bedeutung des Taxiverkehrs 90 läßt sich gegen die Rechtfertigung objektiver Zugangsbeschränkungen zum Taxigewerbe anführen. Der Erforderlichkeit objektiver Marktzugangsbeschränkungen zum Taxigewerbe stehen weiter praktische Erfahrungen entgegen, die belegen, daß auch ohne objektive Schranken im Taxigewerbe eine funktionierende Taxiverkehrsbedienung sicherzustellen ist: (4) Genehmigungspraxis

Bereits jetzt wird in vielen Städten trotz dieser Schranken grundsätzlich jedem Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für den Taxiverkehr bei Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen stattgegeben91 • Die gleiche Situation galt bis zum 31.12.1992 auch für das Gebiet der neuen Bundesländer, wo auf objektive Zulassungsbeschränkungen ganz verzichtet wurde92 • Und auch in Holland bestehen keine objektiven Schranken für den Taxiverkehr93 • Dennoch ist es dort überall nicht zur Existenzkrise des Gewerbes oder zu schwerwiegenden Funktionsmängeln gekommen94 . Dies zeigt, daß eine Aufhebung objektiver 89 Sogar mit Kostenvorteilen auf Seiten des Mietwagenverkehrs, denn der ist im allgemeinen billiger. Vgl. auch Auffassung des LG Karlsruhe in BVerwGE 81, 70 [76]. 90 Frotscher, WiVerwR, Rn. 342 will z.B. das gesteigerte Interesse am Taxiverkehr eher auf "größere Städte" beschränken. Vorsichtig bemerkt er ferner, daß sich hins. der geringen Bedeutung des Gelegenheitsverkehrs ,,für Taxen ein anderer Standpunkt vertreten läßt als für den Mietwagenverkehr" - auch dies läßt Vorbehalte, was die Wichtigkeit der Taxen anbelangt, erkennen. 91 Vgl. Fromm: Die Entwicklung des öffentlichen Verkehrsrechts, NVwZ 1992, 536 [541]; Frotscher, WiVerwR, Rn. 342 (FN. 56 a.E.); Koenig, Verteilungslenkung, S. 129; Laaser, Regulierung, Tz. 463 (S. 226); Fischer/Stamm: Das Taxi in der Verkehrspolitik, in: BZP-Schriftenreihe, Bd. 2, S. 96 [99] für Hamburg und Berlin. Diese Praxis bestand auch schon 1963; vgl. Sauerwein, BayVBI63, 312. 92 Vgl. Einigungsvertrag, Anl. I, Kapitel I, Sachgeb. B, Abschn. Nr. 15 (BGBL II 1990, S. 1105). 93 Vgl. Alex: Das Taxi in Europa im Vergleich, in: BZP-Schriftenreihe 2, S. 91 [93f.]. 94 Vgl. die in Anm. 91 Genannten. - A.A. für das Gebiet der ehemaligen DDR der BZP in: BZP-Schriftenreihe 2, S. 13, ohne dies jedoch konkret zu belegen.

m

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E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr

Zugangs schranken im Taxigewerbe praktisch möglich ist und nicht "unweigerlich zum Chaos" führt, wie von Interessenvertretern des Taxigewerbes behauptet95 • Zu verweisen ist schließlich auch darauf, daß im Apothekerwesen nach Aufhebung objektiver Zugangsschranken (1958) die im vorhinein prognostizierte Existenzkrise ebenfalls nicht eingetreten ist. Gleiches gilt für das Mietwagengewerbe, nachdem dort 1961 objektive Schranken für unzulässig erklärt worden waren96• Somit sprechen auch die vorhandenen praktischen Erfahrungen für eine Aufhebung oder Lockerung der Schranken des § 13 IV. Weil damit die Folgen eines Abbaus von Marktzugangsbeschränkungen in diesem Bereich relativ klar prognostizierbar sind, ist auch die nötige Sicherheit, was die Auswirkungen einer Deregulierung angeht97 , gegeben. Schließlich läßt sich auch die Uneinheitlichkeit der Genehmigungspraxis derzeit schwankt die Zahl der Taxen pro Einwohner um mehr als das Dreifache98 - die auf Schwierigkeiten mit Anwendung des § 13 IV99 zurückgeht, noch gegen eine Beibehaltung der bestehenden Beschränkung anführen. Oft wird durch zu enge Auslegung der Schranken des § 13 IV das Angebot an Fahrleistungen künstlich verknappt. Gerade der florierende Erfolg vieler MiniCar-Untemehmen (= Funkmietwagen)IOO spricht dafür, daß die Nachfrage nach individuellen Beförderungsleistungen infolge zu enger Anwendung des § 13 IV oft nicht von Taxen befriedigt werden kann\Ol. Ein Wegfall objektiver Schranken trüge damit auch zu einer bundesweit einheitlicheren Berufszulassung zum Taxigewerbe bei und verhinderte rechtsanwendungsbedingte Unterkapazitäten im örtlichen Bereich.

So z.B. vorn BZP in: BZP-Schriftenreihe 2, S. 1, 9 und von Alex, ebda. S. 95. Menger, VerwArch 52, 95, FN. 17; Laaser, Regulierung, Tz. 531 (S. 265f.). 97 Vgl. dazu oben Kap. B § 3 11 2b, Anm. 271. 98 Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 109. 99 Dies ist v.a. auf den Beurteilungsspielraum der Genehmigungsbehörden zurückzuführen. - Diesen hält Schulze-Fielitz: Neue Kriterien für die verwaltungsgerichtliche Kontrolldichte bei Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, JZ 1993,772 [776f.] mangels angemessener gesetzlicher Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens bei Genehmiguno§svergabe bei § 13 IV für zu weit. 1 Aengenendt: Wettbewerbsprobleme der mittelständischen Verkehrswirtschaft, S. 65; Lange, Verkehr, S. 194; Laaser, Regulierung, Tz. 464 (S. 227). 101 Auch der BZP in: BZP-Schriftenreihe 2, S. 5, 8 räumt Probleme mit der praktischen Handhabung des § 13 IV durch die Verwaltung ein. Er will diese Probleme aber über die zusätzliche Einsetzung von "Vergabekommissionen" lösen, was zu einer noch größeren Verkomplizierung führte. 95

96

§ 2 Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage

263

cc) Abschließende Stellungnahme Aufgrund der vorgenannten Zweifel und Argumente ist davon auszugehen, daß sich das Ziel der Vermeidung sowohl einer Existenz- und Kontinuitätsgefahrdung des örtlichen Taxigewerbes als auch schwerwiegender Mängel der Taxiverkehrsbedienung in Ergänzung zum Linienverkehr als Folge einer Übersetzung ohne die bestehenden objektiven Marktzugangsbeschränkungen erreichen läßt lO2 • Grundsätzlich sind dazu subjektive Zulassungsschranken und Berufsausübungsregeln ausreichend. Bei Abwägung der Freiheitsrechte der Unternehmer mit dem öffentlichen Interesse am Gemeingut "Taxiverkehrsbedienung" überwiegt letzteres nicht derart, daß objektive Berufszulassungsschranken zu diesem Markt generell geboten sind. Die Verhältnismäßigkeit der Schranke des § 13 IV in ihrer jetzigen Reichweite ist damit in Bezug auf Art. 12 I GG zU verneinen.

Verfassungskonforme Auslegung des § 13 N Allein im Falle einer gesamtwirtschaftlichen Krise, in welcher der dargestellte Marktanpassungsmechanismus im Taxigewerbe nicht mehr regulierend wirkt, bedarf es einer einem Notstandsgesetz ähnlichen Vorsorgebestimmung, um Gefahren aus einer Übersetzung des örtlichen Marktes bekämpfen zu können. In einem solchen Fall können sich auch objektive Zugangsbeschränkungen als notwendig erweisen, um ein funktionsfähiges Taxigewerbe zu erhalten lO3 • Da wegen der Bedeutung der Taxiverkehrsbedienung auch dieser möglichen Situation Rechnung zu tragen ist, sollte das Merkmal der "Beeinträchtigung öffentlicher Verkehrsinteressen" in § 13 IV künftig verfassungskonform dahin102 So im Ergebnis auch Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 109 und Friehe, GewArch 82, 220. Für Ehlers in: AchterberglPüttner, Kap. 1/2 Rn. 642 a.E. spricht "vieles dafür, daß die Existenz- und Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes auch gesichert wäre, wenn der Gesetzgeber sich mit Berufsausübungsregeln und subjektiven Zulassungsschranken zufrieden gegeben hätte". Frotscher, WiVerwR. Rn. 342 (FN. 55) hat zumindest "erhebliche Zweifel, ob das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen örtlichen Taxigewerbe nur durch einen Eingriff in das Grundrecht aus Art. 12 GO auf der 3. Stufe geschützt werden kann". ,,Ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 13 N" bekundet auch Basedow, Wettbewerb, S. 82f. RinckJSchwark: Wirtschaftsrecht, 6. Aufl., Rn. 980 sehen in § 13 N eine ,,fragwürdige Norm". Fromm, NVwZ 92, 541 meint, daß es "wohl an der Zeit sei darüber nachzudenken, ob objektive Zulassungsbeschränkungen im Taxigewerbe überhaupt obsolet sind"; ders. hatte bereits früher NVwZ 84, 350; BB 87, 1340 "verfassungsrechtliche Bedenken" an § 13 IV geäußert. Auch Zeiselmair: Die Taxinovelle, VD 1983, 95 [100], der die Regelung des § 13 IV grundSätzlich begrüßt, äußert ,,Zweifel an ihrem verfassungsrechtlichen Bestand". 103 Ähnlich Friehe, GewArch 82, 220, der betont, daß "das Taxigewerbe wegen seiner Bedeutung für den öffentlichen Verkehr seine wirtschaftliche Stabilität auch in der gesamtwirtschaftlichen Krise behalten soll".

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E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr

gehend ausgelegt werden, daß nur in einer solchen Notstandslage die Anwendung des § 13 IV 1 gerechtfertigt ist lO4 • Unter normalen Marktverhältnissen, also im Regelfall, karm danach eine Genehmigung für den Taxiverkehr nicht unter Berufung auf Funktionsbedrohung des Taxigewerbes versagt werden. Die Indizien des § 13 IV 2 Nr. 1-4 sowie die Einschaltung eines Beobachtungszeitraum nach § 13 IV 3, 4 sind nur noch in Extremsituationen von Bedeutung. Sie können zur Feststellung einer solchen Gefahrenlage herangezogen werden \05. Wegen dieses Ausnahrnecharakters des § 13 IV spricht grundsätzlich eine Vermutung gegen seine Anwendung. Damit lassen sich künftige Auslegungsprobleme eindämmen lO6 • Darzulegen ist noch, welche weiteren Folgen bei dieser Interpretation der Schranken des § 13 IV für Verkehrsunternehmen und Verkehrsnutzer zu erwarten sind. dd) Wirkungserwartungen Veränderungen, die mit dieser Auslegung des § 13 IV einhergehen, betreffen v.a. die Situation der Taxiunternehmer. Dem Besitzstandsschutz von TaxiAltunternehmern bei Wiederbeantragung abgelaufener Genehmigungen nach § 13 III kommt künftig eine andere Bedeutung zu. Der "uneingeschränkte Schutz" dieser Unternehmer ist nicht mehr notwendig, da sie, wie jeder andere Bewerber auch, grundsätzlich eine Genehmigung erhalten \07. Sie genießen

104 Diese Auslegung hält die Grenzen verfassungskonformer Auslegung von Gesetzen ein: Es werden "Wortlaut und Sinn" und "das gesetzgeberische Ziel" der Erhaltung eines funktionsfähigen Taxigewerbes beachtet. Denn das Abstellen auf eine Bedrohung der Funktionsfähigkeit läßt vom Wortsinn her auch eine notstandsähnliche Deutung zu. Vgl. zu diesen Voraussetzungen Hesse: Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Rn. 80 m.w.N.; Degenhart: Staatsrecht I, Rn. 506. Die Notwendigkeit einer sehr engen Auslegung des § 13 N betont auch Ehlers in: Achterbergl Püttner, Kap. 1/2 Rn. 643. \05 Schon nach jetziger Rechtslage verlangt Schulze-Fielitz, JZ 93, 777 bei Prüfung der Bedrohung der Funktionsfähigkeit des örtlichen Gewerbes eine Pflicht zum Vergleich der Lage in anderen Städten und eine Analyse der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung. 106 Diese Auslegung der Schranken des § 13 N steht in Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfGE 11, 168 [190], wo auch unter Zugrundelegung einer sehr engen und restriktiven Auffassung von der Bedrohung öffentlicher Verkehrsinteressen am Taxiverkehr davon ausgegangen wird, daß es "jedenfalls prinzipiell möglich ist", daß die Zulassung eines neuen Unternehmers den Interessen des öffentlichen Verkehrs zuwiderläuft, nämlich dann, wenn eine "akute Gefährdung" vorliegt. \07 Zeiselmair, VD 83, 98 deutet an, daß die gesetzliche Konstruktion des Besitzschutzes - § 13 m steht vor den Marktzugangsregeln zum Taxigewerbe - "auch die Auslegung zuläßt, daß der Altunternehmerschutz nicht mehr im bisherigen Umfang gewährt werden

§ 2 Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage

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dann keine Vorrechte mehr 108 , die nur wegen der Beschränkung des § 13 IV nötig waren '09 , und müssen sich einem härteren Wettbewerb stellen. Sollte es jedoch zur genannten Notstandslage kommen, wäre ein Besitzstandsschutz vertretbar, weil die Erneuerung einer Genehmigung keine zusätzlichen Kapazitäten auf den Markt bringt'lO und somit die Funktionsfahigkeit nicht weiter beeinträchtigt. Tendenziell müssen sich die Unternehmen mehr um Kunden bemühen, weil sie stärkerem Wettbewerbsdruck ausgesetzt sein werden. Denn neue Unternehmer werden auf den Markt drängen und die Anzahl der Taxibetriebe wird sich erhöhen. Zudem müssen sich die Taxiunternehmen dann nicht nur dem Wettbewerb der auf dem Markt befindlichen Unternehmen, sondern auch dem potentiellen Wettbewerb durch Unternehmen, die am Markt tätig werden könnten, stellen. Dadurch werden die aktiven Verkehrsunternehmen im Markt diszipliniert'" und zur Leistungsverbesserung angehalten. Wegen der hier favorisierten Auslegung des § 13 IV, die in aller Regel auf ein Fehlen objektiver Marktzugangsbeschränkungen hinausläuft, ist mit einem generellen Anstieg der Zahl der Taxen und einem quantitativ größeren Angebot an Taxileistungen für die Verkehrsnutzer zu rechnen. Eine Beibehaltung gewisser Pflichten und Anforderungen an die Unternehmer (siehe dazu unten) vorausgesetzt, kann damit den Mobilitätsbedürfnissen des Publikums entsprochen und der Pflicht zur Daseinsvorsorgeerfüllung bei größerer staatlicher Zurückhaltung nachgekommen werden. Die Kundenfreundlichkeit der dargestellten Konzeption wäre bei entsprechenden Kontrollen zumindest mit derjenigen nach

soll". - Man müßte also § 13 m nur so lesen, wie es seine gesetzliche Stellung vor § 13 IV verlangt und ihn nicht auf § 13 IV beziehen. 108 Die Aufhebung dieses Besitzstandsschutzes verstößt nicht gegen Art. 1400. Vgl. dazu eingehender Grajberger: Der öffentliche Personennahverkehr, Diss., S. 146-151. 109 Vgl. Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 81f. Denn wenn derzeit Altunternehmer nach § 13 IV (und nicht nach § 13 ill) behandelt würden, verlören sie von heute auf morgen ihr Unternehmen, weil bei § 13 IV der Beobachtungszeitraum und die Gruppenbehandlung der Anträge keine sofortige Zulassung des Alt-Bewerbers zulassen. Daher richtet sich die Wiederzulassung von Altunternehmern zur Zeit nur nach § 13 ill. 110 Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 81f. 111 Zur Disziplinierungs- und Deregulierungswirkung des potentiellen Wettbewerbs und zu seinen Voraussetzungen (es muß ein "angreifbarer Markt" vorliegen, was bei freiem Marktzutritt und Marktaustritt gegeben ist) vgl. Knieps: Deregulierung im Luftverkehr, S. 5-7. Er hält daher potentiellen Wettbewerb für einen grundsätzlich geeigneten Ersatz für staatliche Beschränkungen. Zur potentiellen Konkurrenz vgl. ferner Kruse in: Seidenfus, Deregulierung, S. 14.

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E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr

bisheriger Rechtslage vergleichbar ll2 , wenn sie sich nicht sogar verbessern wird. Insgesamt gehen damit von der Möglichkeit eines grundsätzlich unbeschränkten Marktzugangs positive Wirkungserwartungen aus, die hauptsächlich auf dem Steuerungsmechanismus des Wettbewerbs basieren. Zugleich rücken damit subjektive Anforderungen an die Verkehrsunternehmer zwangsläufig mehr in den Mittelpunkt. 11. Verhältnismäßigkeit der subjektiven Zulassungsschranken für Taxiunternehmer Ebenso wie beim Linienverkehr sind neben der Frage objektiver Zulassungsschranken auch die Berufszugangsbeschränkungen des § 13 I Nr. 1-3 im Hinblick auf die Berufsfreiheit der Unternehmer und das öffentliche Interesse am Taxiverkehr einer Würdigung zu unterziehen. Wegen des engen Zusammenhangs subjektiver Schranken mit der Lockerung des § 13 IV kann es dabei nicht um eine völlige Aufhebung subjektiver Beschränkungen gehen. Zu klären ist nur, ob nicht weniger belastende Regelungen zum Erhalt eines funktionsfahigen Taxigewerbes ausreichen. Grundsätzlich gilt dabei hinsichtlich der subjektiven Zulassungsschranken des § 13 I für den Taxiverkehr (und den Mietwagenverkehr l13 ) sinngemäß dasselbe wie für den Linienverkehr 114 , zumal es gerade beim Taxiverkehr auf die Verläßlichkeit der Unternehmer als Partner des Linienverkehrs ankommt. § 13 I sichert die nötige Qualifikation der Wettbewerber, auf die bei einem freieren Markt verstärkt zu achten ist115 • Zweifelhaft könnte allenfalls sein, ob das Erfordernis fachlicher Eignung der Taxiunternehmer vor Art. 12 GG Bestand hat. Denn die EG-Richtlinie 74/562, auf welcher § 13 I Nr. 3 beruht (s.o.), verlangte diese Eignung lediglich für den 112 Denn infolge des Wettbewerbsdrucks werden etliche Unternehmen dazu übergehen, differenziertere Gelegenheitsverkehrsbedienungen, die mehr arn aktuellen Bedarf orientiert sind als die herkömmlichen Gelegenheitsverkehre, anzubieten, um sich ein neues Publikum zu erschließen. Auch ist aufgrund des erweiterten Angebots an Taxen vielleicht sogar mit verbesserten Chancen dafür zu rechnen, daß man auch durch Herbeiwinken künftig eine Beförderungsgelegenheit erhält. Denn die Unternehmen werden es sich nicht mehr erlauben können, fast nur telefonisch angeforderte Fahraufträge durchzuführen, da sie sich einer schärferen Konkurrenz stellen und insofern jede Einnahmemöglichkeit nutzen müssen. Auch bringt es eine größere Zahl von Taxen mit sich, daß nicht alle nur auf telefonische Bestellung fahren können. 113 Die nachfolgenden Ausführungen gelten ebenso für den Gelegenheitsverkehr mit Mietwagen. 114 Vgl. dazu schon oben Kap. D § 411. Dort wurde die Erforderlichkeit sämtlicher subiektiver Schranken des § 13 I bejaht. 1 5 Laaser, Regulierung, Tz. 462 (S. 225, FN. 5).

§ 2 Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage

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Zugang zum Beruf des Busunternehmers. Erst die Transformation in deutsches Recht erstreckte diese Anforderung auch auf Taxi- und Mietwagenunternehmer l16 . Damit sollte "die Leistungsfähigkeit und Verkehrssicherheit des Gewerbes insgesamt zum Vorteil aller Verkehrsteilnehmer gehoben werden ll7 ". Die für das Publikum entscheidende Frage nach Fachkunde des Taxifahrers, gerade was Ortskenntnisse anbelangt, ist jedoch schon in §§ 15d I Nr. 2; 15h StVZO ausreichend geregelt l18 . Da es aber dem reibungslosen Ablauf und ordnungsgemäßen Funktionieren des Taxiverkehrs zugute kommt, wenn auch der Taxiunternehmer selber, der vielleicht persönlich den Einsatz seiner Fahrer organisiert und koordiniert, fachlich geeignet ist, greift dieser Einwand verfassungsrechtlich nicht durch ll9 . Zudem trägt § 13 I Nr. 3 auch dazu bei, völlig unerfahrene Bewerber vor einem vor-schnellen Marktzugang zu bewahren und abzuhalten. Da sich außerdem bei einem fast freien Marktzugang im Taxigewerbe tendenziell die Gefahr erhöht, daß unsolide Unternehmer auf den Markt drängen, sind des weiteren auch die Anforderungen an die betriebliche Leistungsfähigkeit im Taxiverkehr erforderlich und zu rechtfertigen 120. Im übrigen ist es mit § 13 I Nr. I möglich, eine übermäßige Fluktuation von Unternehmen, die wegen fehlender finanzieller Reserven den Markt sehr schnell wieder verlassen müssen, zu vermeiden. Die bestehenden subjektiven Zugangsschranken zum Taxi- und Mietwagengewerbe sind daher verhältnismäßig und im Falle einer Lockerung der Schranken des § 13 IV im Interesse von Sicherheit und Zuverlässigkeit der Verkehrsbedienung sowie dem Interesse der Kunden noch wichtiger l21 . Ein ähnlicher Zusammenhang besteht auch zwischen einer stärkeren Marktöffnung im Gelegenheitsverkehr und den für diesen bestehenden Berufsausübungsbestimmungen.

116 Obwohl vor der Einführung durch das Vierte Gesetz zur Änderung des PBefG v. 7.5.1978 (BGBI. I S. 665f.) noch die LandesverkehrsministerkonJerenz mehrheitlich der Auffassung war, daß eine Fachkundeprüfung für Taxiuntemehmer nicht erforderlich sei. Ebenso der erste Entwurf der Bundesregierung, in: BT-Drucks. 8/1455 S. H.,4. 117 Vgl. Ausschußfür Verkehr, BT-Drucks. 8/1455 S. 7. 118 So auch Fromm: Personenbeförderungsgesetz (Erläuterungen), in: Das Deutsche Bundesrecht, Bd. VI C 50, Std. 4/94, S. 56, der deshalb die Verhältnismäßigkeit des § 13 I Nr. 3 bezweifelt. 119 Von Verfassungsmäßigkeit des § 13 I Nr. 3 gehen auch Bidinger, PBefR, § 13 Anm. 27b; FielitzIMaier/MontigeIJMüller, § 13 Rn. 1 aus. 120 Wie hier Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 109. 121 Ebenso Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 109.

268

E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr

III. Berufsausübungsregelungen im Taxiverkehr

Oft hat man den Eindruck, daß gerade aus der Tatsache, daß Taxen besonderen Berufsausübungsregeln unterworfen sind, hergeleitet wird, daß sie deshalb des Schutzes durch objektive Zugangs schranken bedürfen. Diese Sicht verwechselt jedoch Ursache und Wirkung. Gerade das Bestehen strenger Berufsausübungspflichten spricht gegen die Notwendigkeit objektiver Marktzugangsbeschränkungen. Denn ihr Vorhandensein reicht grundsätzlich aus, um Erfüllung der an das Gewerbe herangetragenen Aufgaben zu gewährleisten. Die Notwendigkeit eines Schutzes kommt nur gegenüber Verkehrsarten in Betracht, die keinerlei Pflichten unterliegen, aber eine ähnliche Beförderungsleistung anbieten, wie dem Mietwagenverkehr 122 . Die Tatsache, daß ein "legitimes Bedürfnis danach besteht, der Allgemeinheit mit dem Taxiverkehr ein Verkehrsmittel für individuelle Bedürfnisse zu einem festgelegten Tarif zur Verfügung zu stellen,,123, bedeutet aber noch nicht, daß alle Pflichten des Taxigewerbes im Fall grundsätzlicher Aufhebung objektiver Schranken in der jetzigen Form auch erforderlich sind, um eine funktionierende Verkehrsbedienung mit Taxen sicherzustellen. Daher sind im folgenden die Betriebspflicht (§ 21), die Beförderungspflicht (§§ 22, 47 IV) und die Tarifpflicht (§ 51 I) der Taxen auf ihre Verhältnismäßigkeit hin zu überprüfen. 1. Betriebspflicht

Die Betriebspflicht sowie das Verbot des Bereithaltens außerhalb der Betriebssitzgemeinde (§ 47 11) sollen sicherstellen, daß am jeweiligen Ort ein dem Verkehrsbedürfnis zeitlich und räumlich entsprechendes Angebot an Fahrleistungen zur Verfügung steht 124 . Bislang wurde sie v.a. damit gerechtfertigt, daß Taxen objektiven Beschränkungen unterworfen und somit zahlenmäßig begrenzt sind 125. Um trotz dieser Angebotsbegrenzung eine adäquate Verkehrs-

122 Vgl. BVerfG NJW 90, 1349 [1350]. Dort wird es grundsätzlich für zulässig erklärt, Verkehrsunternehmen mit Betriebs-, Beförderungs- und Tarifbindungspflicht im öffentlichen Interesse "anders zu stellen" als solche ohne derartige Verpflichtungen. Ein Schutz vor Konkurrenz durch diese anderen Verkehrsunternehmen, indern ihnen eine gleiche Verkehrsbedienungen verboten wird, ist zulässig. Vgl. auch BidingerlBidinger: Personenbeförderungsrecht und BVerfG: Eine kritische Bestandsaufnahme, NVwZ 1992, 1138 [1141]. 123 BVerfG NJW 90, 1349 [1350] = E 81, 70 [86f.]; Fielitz!MaierlMontigellMüller, § 49 Rn. 20 (S. 47). 124 Bidinger, PBefR, § 47 Anm. 4; Fielitl!MaierlMontigellMüller, § 13 Rn. 13, § 47 Rn. 13. 125 Vgl. Fielitz!MaierlMontigellMüller, § 47 Rn. 13.

§ 2 Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage

269

bedienung mit Taxen sicherzustellen, müsse daher jeder Unternehmer seinen Betrieb aufnehmen und aufrechterhalten. Bei einem grundsätzlichen Fortfall dieser Kontingentierung nimmt aber das Angebot an Taxen, wie dargelegt, zahlenmäßig zu. In diesem Fall wird das wirtschaftliche Eigeninteresse die Taxiunternehmen von selbst dazu anhalten, ihre Fahrzeuge möglichst umfassend anzubieten 126. Daher ist auch ohne hoheitliche Verpflichtung der Unternehmen zum Betrieb grundsätzlich von einem ausreichenden Angebot an Taxen auszugehen 127 • Eine Betriebspflicht ist damit überflüssig und zur Aufrechterhaltung einer bedürfnisgerechten Taxibedienung nicht erforderlich. Die Beschränkung des § 47 II jedoch hat auch im Fall einer Modifizierung des § 13 IV und einem Verzicht auf eine Betriebspflicht noch ihre Berechtigung. Denn mit ihr kann verhindert werden, daß Taxen in einem nicht tolerabelen Maße Fernfahrten ausführen und dem örtlichen Publikum nicht zur Beförderung innerhalb der Gemeinde zur Verfügung stehen 128 • Fraglich ist weiter, ob künftig auch ein Verzicht auf die Beförderungspflicht in Betracht kommt. 2. Beförderungspflicht

Die Beförderungspflicht des § 22 soll dem Publikum ein leistungsfähiges Angebot an Taxen gewährleisten und die grundsätzliche Benutzbarkeit der am Ort vorhandenen Verkehrsmittel garantieren 129. Der mit ihr angeordnete Kontrahierungszwang für jegliche Art der Beförderung 130 begründet oftmals erst den Hauptvorzug des Taxi, seine Disponibilität.

126

Ähnlich Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 110, der auch auf fehlende Kontrolle des

§ 21 hinweist.

127 Auch hier ist dem wirtschaftlichen Geschäftssinn der Unternehmer, ähnlich wie bei der Frage der Beurteilung von Gewinnchancen bei Neugrundungen, zu vertrauen. Wenn es um die nötige Disponibilität genehmigter Taxiunternehmen geht, wird dies bereits seit längerem getan: Denn nach BVerwGE 51, 164 [168] kann von einem Taxiunternehmer nicht verlangt werden, daß er sich, um der Allgemeinheit besser zur Verfügung zu stehen, in einer Großstadt einer Funk-Taxizentrale anschließt. Zu so einem "gravierenden Eingriff in die Ordnung des Verkehrsgewerbes" sieht man keine Veranlassung. Denn man meint u.a., daß dies die meisten Unternehmen ohnehin aus Rentabilitätsgrunden freiwillig machen werden. Dabei wird auch dem Geschäftssinn der Unternehmen vertraut und auf Berufsausübungsregelungen verzichtet. 128 Dazu vgl. FielitVMaierlMontigellMüller, § 47 Rn. 13 und Bidinger, PBefR, § 47 Anm.26ff. 129 von Kunowski: Ordnung des Wettbewerbs und Wirtschaftslenkung in der verkehrspolitischen Gesetzgebung, Diss., S. 327f. und FielitVMaierlMontigellMüller, § 47 Rn. 13 (S. 12). 130 Z.B. auch für Kurzfahrten; vgl. OLG DüsseldorfGewArch 90,39 [40].

270

E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr

Taxen könnten sich ohne diese grundsätzliche Pflicht zur Ausführung von Beförderungsaufträgen ungünstiger, lästiger oder wenig lukrativer Beförderungen entziehen. Diese liegen aber wegen des Mobilitätsbedürfnisses der auf Taxen Angewiesenen (z.B. Behinderte; Leute in Schwachverkehrsgebieten und -zeiten) im allgemeinen Interesse l31 • Daher ergibt sich die Erforderlichkeit des § 22 auch bei einer Liberalisierung des § 13 IV aus der Funktion des Taxigewerbes. Gerade ein freierer örtlicher Taximarkt kann auf diese Verpflichtung nicht verzichten. Denn das wirtschaftliche Eigeninteresse der Unternehmer steht diesen für einige Fahrgäste besonders wichtigen Transporten eher entgegen. Das aber macht einen Zwang erforderlich 132 • Zu klären ist schließlich, ob die Tariffestsetzung für Taxen nach § 51 I erforderlich ist oder ob ein weniger einschneidendes Preisrecht ausreicht. 3. Tarifpßicht des Taxigewerbes

a) Grundlagen der Tarifgestaltung im Taxiverkehr

Das Taxi soll wie ein Bus im Vertrauen auf einen angemessenen Fahrpreis benutzt werden können 133 , Und wegen der Ergänzungsfunktion des Taxiverkehrs muß eine Koordinierung der Beförderungsentgelte der Verkehrsträger erreicht werden l34 , Auch ist zu verhindern, daß Taxen in Mangellagen oder Extremsituationen (bei plötzlichem Regen; zu Nachtzeiten; bei Ortsunkundigkeit; in verkehrs armer Gegend; u.s.w.) ihre Position zum Nachteil der Kunden ausnutzen und sie mit überhöhten Preisen übervorteilen 135, Denn auch das wäre

131 Lange, Verkehr, S. 201; von Kunowski, S. 328. - Ronellenfitsch: Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Vorbemerkungen zur Mobilität mit dem Auto, DAR 1994, 7 [10] verweist auf den Zusammenhang zwischen den Mobilitätschancen deIjenigen, deren Mobilität ohnehin eingeschränkt ist (Behinderte) und der Menschenwürde: Art. 1 I GG ist tangiert, wenn solchen Personen Mobilitätsmöglichkeiten mit dem Auto vorenthalten werden [oder in die Beliebigkeit von Taxiunternehmern gestellt werden]. 132 Etwas restriktiver Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 110. Er meint, die Beförderungspflicht könne auf die Fälle des Anbietens an öffentlichen Standplätzen und die Auftragszusage durch Funkzentralen beschränkt bleiben. In allen anderen Fällen (Heranwinken) sei die Beförderungspflicht ,,sachlich nicht notwendig", weil das wirtschaftliche Eigeninteresse der Betriebe dort eine ausgleichende Rolle spiele. - Das ist aber mit dem Grundrecht auf Verkehrsmobilität gerade der auf Individualbeförderung besonders Angewiesenen nicht zu vereinbaren und widerspräche auch dem Daseinsvorsor~eauftrag des Staates. 1 3 Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 110. 134 Full in: Müller, StraßenverkehrsR 11, § 39 Rn. 4; Bidinger, PBefR, § 39 Anm. 13. Schon in dieser Koordinationspflicht sehen beide die Rechtfertigung für den Festpreischarakter von Taxitarifen. 135 Laaser, Regulierung, Tz. 530 (S. 265) und Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 110.

§ 2 Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage

271

eine Gefährdung öffentlicher Verkehrsinteressen. Schließlich gilt es zu vermeiden, daß mit Wucherpreisen die Beförderungspflicht der Taxen unterlaufen wird l36 . Andererseits ist aber mit dem Preisrecht auch den wirtschaftlichen Interessen der Unternehmer Rechnung zu tragen. Klärungsbedürftig ist, ob die derzeit flächendeckend vorgeschriebenen Festentgelte des § 51 I diesen Anforderungen genügen. Sie stellen zugleich Höchst- und Mindestpreise für die Taxiunternehmen dar l37 , die weder über- noch unterschritten werden dürfen. Verbindliche Höchstpreise dienen primär dem Schutz der Verbraucher vor Ausnutzung 138 • Mindestpreise bezwecken den Schutz von Unternehmen, die von Konkurrenten durch Preisunterbietungen angegriffen werden und nicht in der Lage sind, die gleiche Leistung ebenso billig anzubieten. Sie halten Verkehrs unternehmen, die diese Mindestgrenze unterschreiten wollen, vom Wettbewerb ab, weil auf die Leistung der so möglicherweise vom Markt vertriebenen Anbieter im Interesse der auf sie Angewiesenen nicht verzichtet werden kann. Damit sollen Mindestentgelte letztlich ruinöse Konkurrenz verhindern l39 . Neben diesen Schutzfunktionen der Tarife ist aber auch zu bedenken, daß den Preisen und ihrer möglichst freien Bildung eine große Bedeutung für den Marktausleseprozeß und damit den Wettbewerb zukommt l40 • Dieser Prozeß basiert im Fall eines Überangebots normalerweise auf der Möglichkeit, sich mittels variabler Preise und Tarifunterbietungen am Markt behaupten zu können. Zweifelhaft ist nur, ob die Bedingungen im Taxiverkehr ein solches Verhalten zulassen. Denn die tatsächlichen Verhältnisse auf dem Taximarkt sind anders als auf sonstigen Dienstleistungsmärkten. b) Besondere Situation auf dem Markt für Taxileistungen Die Situation auf dem Taximarkt ist nicht zuletzt wegen der besonderen öffentlichen Bedeutung dieses Gewerbes von derjenigen auf anderen Wirtschaftsmärkten verschieden. Im Taxiverkehr kann der Wettbewerb seine preisbeeinflussende Funktion bloß ganz begrenzt entfalten, da der Taximarkt nur eine sehr mangelhafte Transparenz aufweist l41 • Taxitarife können vom Kunden nicht ohne weiteres miteinander verglichen und abgewogen werden, bevor er Vgl. dazu die Deregulierungskommission, Tz. 205 a.E. Lange, Verkehr, S. 203. 138 Dengier: Zur Prüfung der Verkehrstarife im Personenverkehr nach § 39 Abs. 2 Personenbeförderungsgesetz, DÖV 1979, 662 [663f.] und von Kunowski, S. 322. 139 Von Kunowski, S. 324-326; Lange, Verkehr, S. 203, 211. 140 Vgl. dazu schon oben Kap. A § 1 I 2b aa, 2c, 2d. 141 V gl. BZP in: BZP-Schriftenreihe 2, S. 11; Gries, ebda. S. 110; Lange, Verkehr, S. 181, 183f., 203f. und von Kunowski, S. 323. 136

137

272

E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr

sich für ein Taxi entscheidet. Dies kann an der Situation, in der er ein Taxi benötigt (Eile; schlechte Witterungsverhältnisse; kein Taxistand) oder am Kunden selber (Behinderte; Ortsfremde) liegen l42 • Und gerade die Mobilität der Verkehrsnutzer erfordert es, daß man ein Taxi benutzen kann, ohne erst eine wirtschaftliche Auswahlentscheidung treffen zu müssen l43 • Auch liegt nur selten eine Situation vor, in der ein Taxikunde den Beförderungspreis wirklich frei aushandeln kann. Die dazu notwendige Verhandlungsfähigkeit und -position hat er wegen der gerade genannten "Mangellagen" eigentlich nur an öffentlichen Halteplätzen, wo mehrere Fahrzeuge bereitstehen (und auch dort sind Zweifel angebracht)I44. Schon aus diesen Gründen hat ein völlig freies Tarifverhalten der Unternehmen auszuscheiden. c) Rechtfertigung einer Höchstpreisbindung

Aus diesen Erwägungen folgt zugleich die Notwendigkeit eines Publikumsschutzes, die zumindest bei völliger Preisfreigabe nach oben nicht gewährleistet wäre. Daher ist auch auf einem freieren Taximarkt eine Höchstpreisbindung der Unternehmen erforderlich und verhältnismäßig l45 , will man nicht Mobilitätseinbußen hinnehmen. Diese kann wie bisher per Verordnung nach § 51 I begründet werden. Nach unten starre Tarife lassen sich damit jedoch noch nicht rechtfertigen 146. d) Mindestpreise Weil davon auszugehen ist, daß sich die Zahl der Taxen bei freierem Marktzugang von selbst auf ein vernünftiges Maß reduziert, ohne daß es dabei zu schwerwiegenden Funktionsmängeln kommt (s.o.), ist grundsätzlich keine Gefahr eines ruinösen Wettbewerbs im Taxigewerbe gegeben 147. Das Argument, daß Mindestpreise (und damit ein unflexibles Tarifsystem) nötig sind, um BZP in: BZP-Schriftenreihe 2, S. IOf. Ebenso Lange, Verkehr, S. 103f. 144 Vgl. BZP in: BZP-Schriftenreihe 2, S. 1Of. Auch die Gefahr von Preisabsprachen auf dem Halteplatz wird dort gegen eine Aushandelbarkeit der Preise angeführt. 145 So auch Lange, Verkehr, S. 204; Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 110; von Kunowski, S. 323 und die Deregulierungskommission, Tz. 209. Ähnlich ferner WackerTheodorakopoulos: Regulierung des Verkehrssektors, in: Krakowski (Hg.): Regulierung in der Bundesrepublik Deutschland, S. 287 [342] und Laaser, Regulierung, Tz. 530 (S. 265), der meint, daß der Aspekt des Verbraucherschutzes "bestenfalls für Höchstpreise spricht". 146 Laaser, Regulierung, Tz. 530 (S. 265). 147 Vgl. Lange, Verkehr, S. 211, der deshalb eine Mindestpreisbindung für nicht gerechtfertigt hält. 142

143

§ 2 Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage

273

ruinöse Konkurrenz zu verhindern, läßt sich daher nur dann halten, wenn es gerade diese Preisfixierung nach unten ist, die ein übermäßiges Preisunterbieten mit Negativauswirkungen für den Taxiverkehr verhindert. Sollte es dafür mildere Mittel geben, greift eine Mindestpreisbindung unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit der Unternehmen ein. Vorab ist dafür festzustellen, ob überhaupt von Unternehmerseite ein Verdrängungs-Wettbewerbsverhalten mit Tarifunterbietungen im Taxiverkehr zu erwarten ist. aa) Möglichkeiten eines Verdrängungs-Preiswettbewerbs im Taximarkt Die Möglichkeit eines Preiswettbewerbs durch niedrigere Tarife ist auch bei Fehlen einer Mindestpreisbindung sehr begrenzt. Denn ein forcierter Preiskampf (evtl. unter Verlusten) lohnt sich für ein Unternehmen nur, wenn es nach Verdrängung von Konkurrenten eine gestärkte Marktposition erlangt, die es dann für längere Zeit durch höhere Preise nutzen kann 148 • Davon wäre aber in einem Taxigewerbe, wo verbindliche Höchstpreise und (ohne objektive Schranken) geringe Marktzutrittshindernisse für Neubewerber beständen, nicht auszugehen. Schon aus wirtschaftlichem Eigeninteresse werden die Unternehmer daher die Preise kaum übermäßig verbilligen, um andere Unternehmer zu verdrängen. Des weiteren eröffnet die meist fehlende Möglichkeit der Kunden zum Tarifvergleich nur einen sehr kleinen Bereich, in dem mit niedrigeren Preisen auch ein Wettbewerbsvorteil durch eine Zunahme der Beförderungen zu erzielen ist. Denn wenn der Kunde die Preise nicht vergleichen kann, entscheidet er sich nicht für das billigste Taxi, sondern nimmt dasjenige, das er bekommen kann. Außerdem dürfte der Kreis derer, die tatsächlich ihre Taxiauswahl vom Preis abhängig machen, nicht groß sein l49 • bb) Stellungnahme zur Erforderlichkeit von Mindestpreisen Aufgrund dieser Einschränkungen ist bei einer Tariffreigabe nach unten kaum mit übermäßigen Preisunterbietungen der Taxiunternehmen und negativen Auswirkungen auf die Bef6rderungssituation im örtlichen Bereich zu rechnen. Mindestpreise sind daher auch bei größerer Marktöffnung nicht erforderlich und unverhältnismäßig. Zudem stellt eine Höchstpreispflicht ohne MinDeregulierungskommission, Tz. 11 (S. 5). Lt. Dengler, DÖV 79, 665 herrscht im öffentlichen Personennahverkehr (zu dem auch der Taxiverkehr zu rechnen ist) eine geringe PreisINachfrageelastizität. D.h., daß die Kunden auf eine Preissenkung der Taxen nur mit einer geringen Steigerung der Nachfrage nach Taxibeförderungen reagieren. 148

149

18 Maaß

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E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr

destpreisbindung einen geringeren Eingriff in den Ausleseprozeß des Marktes dar und entspricht damit dem Subsidiaritätsgrundsatz in Fällen staatlicher Einflußnahme. Andererseits bietet die Aufhebung der Mindestpreisbindung den Unternehmen (wenn auch in begrenztem Rahmen) die Möglichkeit, durch Einsatz kostengünstigerer Fahrzeuge Kostenvorteile an die Kunden weiterzugeben und damit unterschiedliche Leistungen auch zu unterschiedlichen Preisen anzubieten l50 . Gerade Marktneulinge könnten mit (zeitlich begrenzten) Billigangeboten auf ihre neue Marktpräsenz aufmerksam machen und Kunden gewinnen. Der Vorteil für die Verkehrsnutzer wäre neben dem preislichen Aspekt ein teilweise variableres Angebot. Zumindest würde die Verkehrsbedienung mit Taxen nicht leiden. Und zur Koordination der Beförderungsentgelte der Taxen mit denjenigen des Linienverkehrs genügt eine Höchstpreisfixierung. Selbst wenn es trotz Aufhebung der Mindestpreispflicht nicht zu einem (wie auch immer gearteten) Preiswettbewerb kommt, ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine solche Aufhebung vorzuziehen, weil sie bei gleicher Eignung zur Zweckerreichung das mildere Mittel ist. Dem Einwand, daß ein solches Abweichen vom Mindestpreis bereits nach § 51 11 Nr. 1-4 möglich sei l51 , ist entgegenzuhalten, daß die dort vorgeschriebene Genehmigungspflicht für Entgelte und die Festlegung der Geltungsdauer der Preisänderung ein spontanes und flexibles Reagieren der Taxiuntemehmer kaum zuläßt. Im Zusammenhang mit der Aufhebung der Mindestpreisbindung wäre dann auch darüber nachzudenken, ob nicht großzügiger als bisher Werbung auf Taxen zuzulassen ist, ähnlich wie auf Fahrzeugen des Linienverkehrs. Denn damit erhielten Taxiunternehmen zusätzliche Einnahmemöglichkeiten, die es ihnen z.B. ermöglichten, einen im Fahrgastinteresse liegenden billigeren Kilometerpreis anzubieten l52 .

ISO V gl. die Deregulierungskommission, Tz. 209; Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 110. - Kritisch zur Möglichkeit billigerer Fahrten mit kleineren Fahrzeugen aber der BZP, ebda. S. 3, der von einem Preisvorteil von "schätzungsweise höchstens 5%" gegenüber normalen Fahrzeugen spricht und auch hier wieder die Gefahr reduzierter Sicherheit heraufbeschwört - freilich ohne diese Behauptungen näher zu belegen. ISI SO der BZP, ebda. S. 12. IS2 Eigenwerbung auf PKW-Außenflächen ist Taxen zur Zeit gänzlich verboten (§ 26 m BO-Kraft). Fremdwerbung ist nur auf seitlichen Fahrzeugtüren erlaubt (§ 26 N 1 BO-Kraft). BVerwG VRS 67 (1984), 306 [307f.] hat dieses Verbot der Eigenwerbung zwar für "verfassungsrechtlich unbedenklich" gehalten. Aber solange ein Taxi trotz Werbung noch deutlich als solches erkennbar ist - und daran ist wegen der Pflicht zum normierten Taxischild auf dem Dach kaum zu zweifeln - spricht wenig gegen eine größere Freigabe von Außenwerbung. Gleiches gilt für die Zulassung von Werbung auf

§ 2 Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage

275

e) Zusammenfassung

Insgesamt ist auch auf einem freieren Taximarkt nach wie vor die hoheitliche Festsetzung von Höchstpreisen l53 für Taxibeförderungen im Pflichtfahrbereich zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Taxiverkehrsbedienung erforderlich und gerechtfertigt. Hingegen ist eine Bindung an Mindestentgelte bei freierem Marktzugang nicht zu verlangen. Die Bedeutung der Wettbewerbsaufsicht nach dem GWB für den Bereich der Taxitarife nähme bei einem solchen Gestaltung des Preisrechts tendenziell zu 154. Diese gesamten Veränderungen und Liberalisierungen im Taxiverkehr lassen jedoch den Mietwagenverkehr weitgehend unberührt, der seit 1961 weder objektiven Schranken noch den thematisierten Berufsausübungspflichten unterliegt. Auch auf das grundsätzliche Verhältnis von Taxen und Mietwagen haben weder die gemachten Wettbewerbsvorschläge noch die Novelle des PBefG (s.o.) wegen der strengen Trennung beider Beförderungsarten unmittelbaren Einfluß. Die dargestellten Veränderungen im Taxiverkehr bieten jedoch Anlaß zu diskutieren, ob diese Unterscheidung der beiden Gelegenheitsverkehrsarten auch weiterhin sinnvoll und sachgerecht ist. IV. Unterscheidung der örtlichen Gelegenheitsverkehrsarten

Der Schutz des Taxiverkehrs vor Konkurrenz durch das andere individuelle Gelegenheitsverkehrsmittel "Mietwagen" ist deshalb gerechtfertigt, weil er öffentlichen Pflichten unterliegt, die für Mietwagen nicht bestehen. Geht man künftig davon aus, daß auch für Taxen keine objektiven Zulassungsbeschränkungen mehr zulässig sind, bleibt damit diese öffentliche PflichtensteIlung als einziger Grund für die aufwendige Differenzierung von Taxen und Mietwagen in § 49 IV übrig. Die in § 49 IV aufgeführten detaillierten Berufsausübungsregelungen sollen v.a. den Funk-Mietwagen eine taxiähnliche Beförderung unmöglich machen 155 • Denn die alte Unterscheidung von Taxen und Mietwagen, die hauptsächlich an Mietwagen, für welche dieselben Beschränkungen gelten. Vgl. auch Fromm, BB 87, 1345 und Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 111. 153 Die Höhe dieser Preise hat sich dabei nach unten hin an § 39 II zu orientieren und sollte das bestehende Tarifniveau möglichst nicht überschreiten. - A.A. ist der BZP in: BZP-Schriftenreihe 2, S. 10, der meint, daß "die Höchtspreisverordnung wohl bei 50% über den derzeitig geltenden Tarifen die Grenze ziehen dürfte". - Dies wäre jedoch nur schwer mit dem öffentlichen Verkehrsinteresse an Taxitarifen vereinbar. 154 So schon oben Kap. B § 2 I 2a bb a.E. für den Fall einer Liberalisierung des Tarifrechts im Linienverkehr. 155 BVerfG NJW 90,1349 [1350]; Bidinger, PBefR, § 49 Anm. 33; Bidinger/Bidinger, NVwZ 92, 1142; FielitVMaier/Montigel/Müller, § 49 Rn. 3, § 47 Rn. 17. 18"

276

E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr

die Taxen vorbehaltene Bereithaltung auf öffentlichen Halteplätzen anknüpfte, hatte ihre Bedeutung vor Einfügung weiterer Abgrenzungsmerkmale in § 49 IV schon fast verloren, seit beide Verkehrsmittel Beförderungsaufträge auch per Funk entgegennehmen konnten 156 • Jedoch wurde bereits früher hervorgehoben, daß Taxen und Mietwagen eine grundsätzlich gleiche AufgabensteIlung und ein gleiches Betätigungsfeld haben I57 • Und ebensowenig ändert heute die Zuordnung der Funk-Mietwagen zum Mietwagenverkehr nach §§ 4611 Nr. 3,49 IV etwas daran, daß die erbrachte Beförderungsleistung beider Verkehrsmittel grundsätzlich identisch ist l58 . Auch wurde bereits erwähnt, daß es v.a. im ländlichen Raum, wo für die Verkehrsnutzer ohnehin nur die Möglichkeit telefonischer Bestellung einer Beförderungsgelegenheit besteht, keinen Unterschied macht, ob ein Taxi oder ein Mietwagen gerufen wird l59 . Fraglich ist daher, ob die Unterscheidung von Taxen und Funk-Mietwagen angesichts dieser ,,Fast-Gleichheit" beider Beförderungsarten nicht besser dahingehend aufzuheben ist, auch Funk-Mietwagen als "Taxen" anzusehen (also vom Mietwagenbegriff des § 49 IV auszunehmen) und damit denselben Pflichten wie diese zu unterwerfen (anstatt nur Taxen diese Pflichten aufzuerlegen und sie deshalb vor Konkurrenz durch Funk-Mietwagen zu schützen). Dieser Gedanke einer Gleichstellung ist nicht neu. Bereits 1960 wurde in Anpassung an die technische Entwicklung (Funkverkehr) eine ,,Erweiterung" des Begriffs der Kraftdroschke dahingehend verlangt, daß Taxiverkehr jede Personenbeförderung mit PKW sein solle, die auf Abruf erfolgt l6O • 1. Argumente für eine Gleichstellung von Taxen und Mietwagen

Im europäischen Ausland wird seit längerem eine solche Gleichbehandlung von Taxen und Mietwagen praktiziert, die sich bewährt hat. So gibt es z.B. in der Schweiz und in Holland nur ein Verkehrsmittel "Taxi" 161. Abgesehen von diesen Auslandserfahrungen und der weitgehenden Identität der BeförderungsVgl. Fromm, OR 82, 90-92. Vgl. Begründung zum Entwurf eines 5. Gesetzes zur Änderung des PBefG, in: BTDrucks. 9/2128 S.9; Bidinger, PBefR, § 49 Anm. 16; FielitzlMaier/Montigel/Müller, § 49 Rn. 9,17; Fromm, PBefG, S. 54f.; ders., NVwZ 84, 351 sowie Greif Kommentar zum Personenbeförderungsgesetz, § 49 Rn. 18. 158 Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 108. 159 Insofern ist das Interesse des dort lebenden Bevölkerungsteils an Taxen und Mietwagen gleich. Eine Differenzierung derart, daß nur das Interesse an Taxibenutzung ein öffentliches ist, nicht aber das an Benutzung von Mietwagen, ist dort kaum geboten und betlründbar. Ähnlich auch Lange, Verkehr, S. 216. 60 Fromm: Zur Neuordnung des Personenbeförderungsrechts, DVBI. 1960,792 [794]. 161 Vgl. Art. 6 der schweizer Automobilkonzessionsverordnung. - Zur Situation in Holland vgl. Bidinger, DAR 83, 373, FN. 71 und Alex, BZP-Schriftenreihe 2, S. 93f. 156 157

§ 2 Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage

277

leistung von Taxen und Mietwagen sprechen hierzulande aber auch rein praktische Erwägungen und Wirkungserwartungen für eine Gleichstellung beider Beförderungsarten. a) Abgrenzungsprobleme

Denn auch nach der "Taxinovelle" von 1983 bestehen die Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen den beiden Verkehrsmitteln fort l62 , die gerade auf der zulässigen Verwendung des Funkdienstes in Mietwagen basieren l63 . Selbst der "neue" § 49 IV vermochte ein Eindringen der Mietwagen in das Taxigewerbe nicht zu verhindem l64 • Auch können Mietwagenunternehmen durch gute Organisation von Funk-Mietwagen-Zentralen oder eine Vermehrung ihrer Betriebssitze die Nachteile, die ihnen § 49 IV gegenüber Taxen bereitet (wie z.B. Mehrkosten wegen der Rückkehrpflicht und damit verbundene Leerfahrten I65 ), oft auffangen 166. Diese Abgrenzungsschwierigkeiten entfielen im Falle einer Gleichstellung von Taxen und Funk-Mietwagen weitgehend. Vor allem die große Zahl der Prozesse 167 von Taxi- gegen Mietwagenunternehmer wegen angenommener Verstöße gegen § 49 IV würde deutlich zurückgehen. Aber auch eine Verschlechterung der Gelegenheitsverkehrsbedienung ist nicht zu befürchten. b) Funktionsbedrohung des Taxigewerbes

Denn von einer Bedrohung der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxigewerbes ist auch im Falle einer Einbeziehung der Funk-Mietwagen in den Taxibegriff (oder dem Verbot einer Benutzung von Funkanlagen im Mietwagenver-

162 In der Begründung zur "Taxinovelle" (BT-Drucks. 9/2128 S.9) wird eingeräumt, daß die durch § 49 N (neu) verbesserte Abgrenzung von Taxi- und Mietwagenverkehr die Abgrenzungsschwierigkeiten nur "verringern" kann. Vgl. auch FielitVMaierl MontigellMüller, § 49 Rn. 9 a.E. (S. 18). 163 So FielitVMaierlMontigellMüller, § 49 Rn. 13 trotz der Beweisanforderungen in § 49 IV an den Mietwagenunternehmer hinsichtlich seiner Rückkehrpflicht. 164 Vgl. FielitVMaierlMontigellMüller, § 47 Rn. 3. Sie führen den Rückgang von Mietwagengenehmigungen in Städten und damit die Normalisierung des Verhältnisses Taxi - Mietwagen nicht auf § 49 N, sondern auf die Ergänzung des § 15d I Nr. 2 StVZO zurück, der auch Mietwagenfahrern eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung abver-

lan~t.

1 5 Dazu siehe Basedow, Wettbewerb, S. 86 und Fromm, BB 87, 1345. Auch BVerfG NJW 90, 1351 räumt eine ,,fühlbare wirtschaftliche Belastung für Funk-Mietwagen durch § 49 N 3" ein. 166 Vgl. Frers, S. 200. 167 Übersicht bei FielitVMaierIMontigel/Müller, § 49 Rn. 13a-20.

278

E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr

kehr) nicht auszugehen. Zwar werden dann etliche Funk-Mietwagenunternehmer eine Taxigenehmigung beantragen. Aber wegen der Ähnlichkeit beider Beförderungen 168 ist dann auch mit einer größeren Nachfrage nach dieser Taxibeförderung zu rechnen. Denn bislang konnten die Funk-Mietwagen neben Taxiunternehmen bestehen - es ist also bereits jetzt eine Nachfrage nach dieser der Taxibeförderung fast gleichen Dienstleistung vorhanden. Sie wäre dann der Nachfrage nach derzeitiger Taxibeförderung hinzuzurechnen. Im übrigen ist auch hier vom wirtschaftlichen Sachverstand der Neubewerber um solche Genehmigungen auszugehen, der diese bei Gewerbeübersetzung mangels Gewinnchancen vom Marktzutritt abhält. Daher ist auch bei der Behandlung von Funk-Mietwagen als Taxen nicht mit schwerwiegenden Mängeln in der individuellen Verkehrsbedienung zu rechnen 169. Es wäre sogar eine graduelle Verbesserung der Beförderungssituation möglich. 2. Folgenbetrachtung und Stellungnahme

Bei einer Unterwerfung der Funk-Mietwagen unter die Vorschriften des Taxiverkehrs und ihrer Herausnahme aus dem Mietwagenbegriff des § 49 IV, wären Taxen und Funk-Mietwagen auch in den Städten gleichgestellt (außerhalb des Pflichtfahrbereichs sind sie dies wegen der dort fehlenden Pflichten der Taxen bereits nach bisherigem Recht) und könnten sowohl bereitgehalten als auch telefonisch bestellt werden. Ihre tendenziell billigeren Tarife könnten die ehemaligen Funk-Mietwagenunternehmer beibehalten, da sie dann nur einer Höchstpreisbindung unterlägen. Das Haupteinsatzfeld dieser Taxen bliebe die Beförderung über kürzere Strecken. Mietwagenverkehr wäre nur noch solcher ohne Funkausrüstung. Er stände damit nur zur Anmietung eines ganzen Wagens samt Fahrer für eine längere Zeit oder für längere Strecken zur Verfügung, da sich sonst der Betrieb bei den bestehenden Ausübungsschranken (kein Bereithalten; Fahrtauftragsannahme und -übennittlung nur am Betriebssitz) kaum rentiert. Diese Beschränkungen müßten zum Schutz des pflichtengebundenen (erweiterten) Taxigewerbes bestehen bleiben 170 • 168 Zutreffend bemerkt Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 111, daß es "vom Zufall, von der Werbung, vom Weihnachtsgeschenk, den persönlichen Beziehungen oder einfach von der einprägsameren Telefonnummer abhängt, ob ein Taxi oder ein Mietwagen gerufen wird". 169 Deshalb ist die Annahme von Fromm, NVwZ 84, 351, daß es bei einer Ausweitung des Taxibegriffs "ununmgänglich wäre, zahlreichen Mietwagenunternehmern (im Wege einer Übergangsregelung) uno actu eine Taxigenehmigung zu erteilen", kein Gegenargument. 170 Vgl. auch BVerfG NJW 90, 1349 [1350]: ,,Die Freigabe des BereitsteIlens von Mietwagen, die nicht an festgelegte Tarife gebunden sind wie Taxen und keinem Kontrahierungszwang unterliegen, würde [... ] auf längere Sicht dazu führen, daß ein großer

§ 2 Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage

279

Für die Verkehrsnutzer bliebe fast alles unverändert. Bei entsprechender Kontrolle der Unternehmen könnte jedoch der verschärfte Wettbewerb dieser Taxen den Kunden eher zugute kommen können, anstatt, wie jetzt, unproduktiv vor Gerichten ausgetragen zu werden 171 • Ein Vorteil wäre vor allem, daß dann jedes per Telefon bestellte Kurzstreckenbeförderungsmittel der Beförderungsund Tarifpflicht unterläge, sich also auch Funk-Mietwagen einer unangenehmen Beförderung nicht mehr entziehen könnten. Damit würde gerade den Bedürfnissen mobilitätsbehinderter Personen mehr entsprochen. Eine Gleichstellung liegt daher auch im Interesse der Verkehrsnutzer. Dieser Vorteil einer Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten bei möglicher Verbesserung der Beförderungssituation spricht dafür, den "unbefriedigenden Zustand,,172, daß zwei weitgehend ähnliche Beförderungsleistungen nicht gleichen Pflichten unterliegen, statt durch strenge Abgrenzung nach § 49 IV durch eine Ausweitung dieser Pflichten auch auf Funk-Mietwagen durch Ausdehnung des Taxibegriffs in § 47 I, 11 173 zu lösen. Daher ist gerade unter der Voraussetzung einer Liberalisierung des Marktzugangs zum Taxigewerbe denjenigen zuzustimmen, die auch in jüngerer Zeit eine Einbeziehung von Funk-Mietwagen in den Taxibegriffbefürwortet haben l74 • V. Zusammenfassung der Ergebnisse Neben dem Bereich des Linienverkehrs besteht auch im örtlichen Gelegenheitsverkehrsbereich Handlungsbedarf. Denn die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxigewerbes kann auch ohne die bestehenden objektiven Zulassungsschranken für Taxiunternehmer nur mit subjektiven Schranken und Berufsausübungsregelungen gewährleistet werden. Zur Vermeidung von Gefahren für die Teil der Taxiunternehmen zum Mietwagengewerbe übergeht, um nicht mehr an Tarife und Pflichten gebunden zu sein. Dies läge nicht im öffentlichen Interesse, das daran besteht, der Allgemeinheit ein Verkehrsmittel zur Verfügung zu stellen, daß solchen Pflichten unterliegt". 171 Auf dieses faktische Problem weist auch die Deregulierungskommission, Tz. 206 a.E., hin. 172 So Fromm, PBefG, S. 54. 173 Oder durch eine Beschränkung des Mietwagenverkehrs dahingehend, daß die Auftragsannahme per Funk untersagt ist. Damit blieb den jetzigen Funk-Mietwagen de lege lata nur übrig, eine Taxigenehmigung zu beantragen. 174 Vgl. Fromm, OR 82, 92 und NVwZ 84, 351; Gries, BZP-Schriftenreihe 2, S. 111; Laaser, Regulierung, Tz. 531 (S.265). Implizit ferner die Deregulierungskommission, Tz. 206 a.E. - Laut Bidinger, PBefR, § 49 Anm. 30 hat auch der Gesetzgeber Überlegungen angestellt, "zum Zwecke der Herbeiführung besserer Ordnung zwischen Taxis und Mietwagen die vorhandenen Funk-Mietwagen in den Taxiverkehr zu überführen und danach keine weiteren Funk-Mietwagen mehr zuzulassen" - was auf dasselbe Resultat wie die hier vorgeschlagene Lösung hinausliefe.

280

E. Die Rechtslage im örtlichen Gelegenheitsverkehr

Gelegenheitsverkehrsbedienung reicht eine notstandsähnliche Auslegung des § 13 IV aus. Subjektive Schranken sowie Beforderungs- und Tarifpflicht des Taxigewerbes müssen im Interesse der Mobilität des Publikums bestehen bleiben. Jedoch genügt bei den Tarifen eine Höchstpreisbindung. Zu empfehlen ist weiter, die Unterscheidung von Taxen und Funk-Mietwagen dahingehend aufzuheben, daß es nur noch ein einheitliches Beförderungsmittel "Taxi" mit gleicher Pflichtenstellung für alle Fahrten auf Abruf gibt. Mit diesen Vorschlägen wird weitgehend der Kritik am PBefG und an der Nahverkehrssituation die Grundlage entzogen und den aus der Deregulierungsdebatte hervorgegangenen Forderungen entsprochen. Auch wird die Tendenz zur Subsidiarität staatlicher Wettbewerbs beeinflussung beachtet. Gleichzeitig ist aber wegen der immernoch starken Ptlichtenstellung der Taxen das wettbewerbliche Verhalten der Unternehmer nach wie vor stark eingegrenzt. Deshalb ist kaum mit einer Zunahme wettbewerbswidrigen Verhaltens, der durch eine vermehrte Anwendung des GWB 175 zu begegnen wäre, zu rechnen. Diese Veränderungen liegen im Interesse der Verkehrsnutzer. Im Bereich der Individualpersonenbeförderung kann ihrem Grundrecht auf Verkehrsmobilität verstärkt Geltung verschafft werden. Zugleich wird den Unternehmen die Möglichkeit eines differenzierteren BefOrderungsangebots eröffnet. Mit den vorgeschlagenen Veränderungen des PBefG könnte daher auch der Staat seiner sozialstaatlichen Daseinsvorsorgeverpflichtung effizienter nachkommen. Insgesamt gesehen kann damit, auch unter Einbeziehung der differenzierten Bedienungsformen, ein marktwirtschaftlicheres, mehr an Kundenwünschen orientiertes Gelegenheitsverkehrssystem etabliert werden, daß zur optimalen Ergänzung des öffentlichen Linienverkehrs im örtlichen Bereich in der Lage wäre, die positiven Kräfte des Leistungswettbewerbs besser nutzte und die Situation im Bereich der individuellen Personenbeforderung tendenziell verbesserte.

175

Entgegen der oben in Kap. B § 2 I 2d und Kap. E, Anm. 154 geäußerten Er-

wartung.

F. Gesamtergebnis Auf den Nahverkehrsbereich, der bisher starker staatlicher Reglementierung unterworfen ist und wo ein Wettbewerb der Verkehrsunternehmen auf ein Minimum beschränkt wird, kommen künftig einige Veränderungen zu, die zu einer grundsätzlichen Verbesserung der Beförderungssituation führen können. Im Bereich des Linienverkehrs ist eine Erfüllung der ihm obliegenden öffentlichen Aufgaben auch bei einer Zunahme des Wettbewerbs der Beförderungsunternehmen möglich. Die ab 1996 in Kraft tretende Novelle des PBefG eröffnet dabei mit ihren Hauptanliegen der Wirtschaftlichkeitssteigerung und Regionalisierung etliche Möglichkeiten, den Wettbewerb der Linienunternehmer zu intensivieren und damit die Verluste im gemeinwirtschaftlichen Bereich des ÖPNV zu reduzieren. Zwar hängt eine Wettbewerbszunahme weitgehend vom Realisierungswillen der regionalen politischen Planungsinstanzen ab. Jedoch sind künftig aufgrund europäischen Gemeinschaftsrechts einige Finanzierungspraktiken öffentlicher Verkehrsunternehmen nicht mehr zulässig. Und der Begriff der Eigenwirtschaftlichkeit von Linienverkehrsleistungen des PBefG muß wegen europarechtlicher Vorgaben restriktiv ausgelegt werden. Dadurch bleibt der Bereich eigenwirtschaftlicher Verkehre, in dem auch weiterhin so gut wie kein Wettbewerb stattfinden wird, relativ klein und der Bereich gemeinwirtschaftlicher Beförderungen, der mehr Wettbewerbspotential enthält, vergrößert sich. Das eröffnet den Steuerungskräften des Markes mehr Spielraum. Gerade von dem Verfahren vertraglicher Vereinbarung gemeinwirtschaftlicher Linienverkehrsleistungen und der Möglichkeit ihrer Ausschreibung gehen hierbei entscheidende Impulse aus, von denen vor allem private Betreiber profitieren können. Wenn damit dem PBefG in seiner künftigen Gestalt auch keine Verpflichtung zur Einführung eines grundsätzlich freieren Wettbewerbs im Liniennahverkehr zu entnehmen ist, so ist trotzdem von einem mittelfristigen Umbruchsprozeß auszugehen, der zu einer Urnstrukturierung des Linienverkehrs und einer besseren Wirtschaftlichkeit im ÖPNV führen wird. Den Mobilitätsinteressen der Bevölkerung kommt die neue Situation vor allem dadurch entgegen, daß zukünftig flexiblere Bedienungsformen erleichtert in das öffentliche Linienverkehrssystem einbezogen werden können und der Linienverkehr so bedarfsorientierter zu gestalten ist. Abgesehen von der Notwendigkeit, den Eigenwirtschaftlichkeitsbegriff des PBefG restriktiv auszulegen, bestehen jedoch keine Möglichkeiten oder Notwendigkeiten einer Ände-

282

F. Gesamtergebnis

rung des rechtlichen Rahmens im Linienverkehr, um den Wettbewerb zu intensivieren. Daher ist eine Konsolidierung der neuen rechtlichen Lage im Linienverkehr zu befürworten. Etwas anderes gilt für den Bereich des Gelegenheitsverkehrs, der von der PBefG-Novelle nicht berührt wurde und der nach wie vor starker Reglementierung unterworfen ist. Dort wird im Taxiverkehr bei der Frage des Marktzugangs die Berufswahlfreiheit der Unternehmer unverhältnismäßig beschränkt. Denn eine funktionierende Taxiverkehrsbedienung läßt sich in aller Regel auch ohne objektive Beschränkungen gewährleisten. Nur in einer gesamtwirtschaftlichen Notlage ist auch eine objektive Versagung des Zutritts zum Markt im Taxigewerbe indiziert. Grundsätzlich aber sind die bestehenden subjektiven Anforderungen an die Unternehmer sowie eine allgemeine Beförderungspflicht ausreichend, um einen zufriedenstelIenden Taxiverkehr sicherzustellen. Bei größerer Öffnung des Marktes ist auch ein Zwang zur Aufrechterhaltung des Betriebes unnötig. Was die Taxitarife angeht, so bedarf es nur einer hoheitlichen Festsetzung von Höchstpreisen. Weder der Schutz der Verkehrsnutzer noch wettbewerbliehe Gründe erfordern ein Verbot auch des Unterschreitens dieser tariflichen Obergrenze. Des weiteren soUten künftig Funk-Mietwagen aus dem Mietwagenbegriff des § 49 IV ausgenommen und in den Taxibegriff des PBefG einbezogen werden. Dadurch könnten unnötige Abgrenzungsschwierigkeiten vermieden und auch diese Individualbeförderungen im Interesse der Verkehrsnutzer den Pflichten des Taxiverkehrs unterworfen werden. Da aufgrund dieser Änderungen ein größeres und differenzierteres Angebot an Taxen zu erwarten ist und die Qualität der Gelegenheitsverkehrsbedienung bei entsprechenden staatlichen Kontrollen nicht leiden muß, können sich diese Veränderungen auch positiv für das Publikum auswirken. Der Notwendigkeit einer weitgehenden Marktöffnung läßt sich dabei mit einer verfassungskonformen Auslegung der Marktzugangsbeschränkungen zum Taxigewerbe begegnen. Zur Umsetzung der übrigen Vorschläge aber ist eine Novellierung der Vorschriften des PBefG für den Gelegenheitsverkehr notwendig. Insgesamt eröffnen die Änderung des PBefG und die hier vorgeschlagenen teilweisen Lockerungen der "Administrierung und Steuerung des Marktprinzips" im straßengebundenen örtlichen Personenbeförderungswesen eine Chance zur Intensivierung des Wettbewerbs der Verkehrsunternehmer und zur Verbesserung der Gesamt-Verkehrs situation. Auf diese Weise kann auch das grundrechtlieh anerkannte Bedürfnis der Verkehrsnutzer nach Mobilität umfassender als bisher im Nahverkehrsbereich befriedigt werden.

Anlage VERORDNUNG (EWG) Nr.1191169 DES RATES (Auszug) vom 26. Juni 1969 über das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei mit dem BegritT des ötTentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und BinnenschitTsverkehrs in der Fassung der

VERORDNUNG (EWG) Nr. 1893/91 DES RATES vom 20. Juni 1991 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 über das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei mit dem BegritT des ötTentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und BinnenschitTsverkehrs DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFIEN - [...] in Erwägung nachstehender Gründe (zur VO (EWG) Nr.1191/69): Ein Ziel der gemeinsamen Verkehrspolitik ist die Beseitigung der Unterschiede, die sich dadurch ergeben, daß die Mitgliedstaaten den Verkehrsunternehmen mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundene Verpflichtungen auferlegen; diese Unterschiede führen zu einer erheblichen Verfälschung der Wettbewerbsbedingungen.

Es ist also notwendig, die in dieser Verordnung definierten Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes aufzuheben; in gewissen Fällen müssen sie jedoch aufrechterhalten werden, um eine ausreichende Verkehrsbedienung sicherzustellen; eine solche Verkehrsbedienung ist nach Angebot und Nachfrage im Verkehr und den Bedürfnissen der Allgemeinheit zu beurteilen. Die Maßnahmen zur Aufhebung der Verpflichtungen erstrecken sich nicht auf die Beförderungsentgelte und -bedingungen, die den Unternehmen im Personenverkehr zugunsten bestimmter Bevölkerungsgruppen auferlegt sind.

284

Anlage: VO (EWG) 1191/69 nF

Für die Anwendung dieser Maßnahmen ist festzustellen, welche Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes unter diese Verordnung fallen; diese Verpflichtungen umfassen die Betriebspflicht, die Beförderungspflicht und die Tarifpflicht. [... ] Auf Grund von Artikel 5 der Entscheidung des Rates vom 13. Mai 1965 über die Harmonisierung bestimmter Vorschriften, die den Wettbewerb im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr beeinflussen, ist eine von den zuständigen Behörden angeordnete Aufrechterhaltung einer in dieser Verordnung genannten Verpflichtung des öffentlichen Dienstes mit der Auflage verbunden, die den Verkehrsunternehmen daraus entstehenden Belastungen auszugleichen. [... ] Diese Verordnung gilt zunächst für den Eisenbahnverkehr der sechs staatlichen Eisenbahnunternehmen der Mitgliedstaaten und bei den Unternehmen der übrigen Verkehrsarten für die Unternehmen, die nicht hauptsächlich Beförderungen mit örtlichem oder regionalem Charakter durchführen; daher wird der Rat innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten dieser Verordnung über die Maßnahmen entscheiden müssen, die im Bereich der Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes in bezug auf die nicht unter diese Verordnung fallenden Verkehrsleistungen zu treffen sind (aus den Erwägungen zur VO (EWG) Nr. 1893/91: [... ] Wenn auch die Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes grundsätzlich aufgehoben sind, so kann das spezifische öffentliche Interesse an Verkehrsdienstleistungen es dennoch rechtfertigen, daß der

Begriff des öffentlichen Dienstes für diesen Bereich gilt. Um dem Grundsatz der Eigenständigkeit der Verkehrsunternehmen gerecht zu werden, empfiehlt es sich, im Rahmen eines Vertrages zwischen den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaates und dem Unternehmen die Einzelheiten für die Erbringung dieser Dienstleistungen festzulegen. Es ist angebracht, daß den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Bereitstellung bestimmter Verkehrsdienste oder im Interesse bestimmter sozialer Gruppen von Reisenden die Möglichkeit belassen wird, bestimmte Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes beizubehalten bzw. aufzuerlegen. Daher ist es erforderlich, die Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 [... ] zu ändern, um ihren Anwendungsbereich anzupassen und allgemeine Regeln für Verträge über Verkehrsdienste aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes aufzustellen) HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

ABSCHNITT I Allgemeine Vorschriften Artikel 1 (1) Die Verordnung gilt für Verkehrsunternehmen, die Verkehrsdienste auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs betreiben.

285

Anlage: VO (EWG) 1191/69 nF Die Mitgliedstaaten können die Unternehmen, deren Tätigkeit ausschließlich auf den Betrieb von Stadt-, Vorort- und Regionalverkehrsdiensten beschränkt ist, vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausnehmen. (2) Im Sinne dieser Verordnung bedeutet: -"Stadt- und Vorortverkehrsdienste" der Betrieb von Verkehrsdiensten, die die Verkehrsbedürfnisse sowohl in einem Stadtgebiet oder einem Ballungsraum als auch zwischen einem Stadtgebiet oder einem Ballungsraum und seinem Umland befriedigen; [ ... ]

(3) Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten heben die auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs auferlegten, in dieser Verordnung definierten Verpflichtungen auf, die mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbunden sind. (4) Um insbesondere unter Berücksichtigung sozialer, umweltpolitischer und landesplanerischer Faktoren eine ausreichende Verkehrsbedienung sicherzustellen oder um Sondertarife für bestimmte Gruppen von Reisenden anzubieten, können die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten mit einem Verkehrsunternehmen Verträge über Verkehrsdienste aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes abschließen. Die Bedingungen und Einzelheiten sind in Abschnitt V festgelegt. (5) Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten können jedoch im Stadt-,

Vorort- und Regionalpersonenverkehr Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes im Sinne des Artikels 2 beibehalten oder auferlegen. Die diesbezüglichen Bedingungen und Einzelheiten einschließlich der Ausgleichsmethoden sind in den Abschnitten TI, In und IV festegelegt. Ist ein Verkehrsunternehmen außer auf dem Gebiet der Verkehrsdienste, für die Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes gelten, noch in anderen Bereichen tätig, so sind die Verkehrsdienste aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes in einem gesonderten Unternehmensbereich zu erbringen, der mindestens folgende Anforderungen erfüllt: a) getrennte Rechnungsführung für jeden dieser Tätigkeitsbereiche und entsprechende Zuordnung der Aktiva nach den geltenden Buchungsregeln; b) Ausgleich der Ausgaben durch die Betriebseinnahmen und durch die Zahlungen der öffentlichen Hand ohne die Möglichkeit von Transfers von oder zu anderen Unternehmensbereichen. [ ... ]

Artikel 2 (1) Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes sind die Verpflichtungen, die das Verkehrsunternehmen im eigenen wirtschaftlichen Interesse nicht oder nicht im gleichen Umfang und nicht unter den gleichen Bedingungen übernehmen würde.

(2) Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes im Sinne des Absatzes 1 sind die

286

Anlage: VO (EWG) 1191/69 nF

Betriebspflicht, die Beförderungspflicht und die Tarifpflicht. (3) Betriebspflicht im Sinne dieser Verordnung ist die Verpflichtung der Verkehrsunternehmen, für die Strecken oder die Einrichtungen, deren Betrieb ihnen durch Konzession oder gleichwertige Genehmigung übertragen ist, alle Maßnahmen zu treffen, um eine Verkehrsbedienung sicherzustellen, welche festgesetzten Normen für die Kontinuität, die Regelmäßigkeit und die Kapazität entspricht. Eingeschlossen ist auch die Verpflichtung, zusätzliche Betriebseinrichtungen zu unterhalten, sowie die Verpflichtung, die Strecken, das Material - soweit es auf dem gesamten Streckennetz überzählig ist und die Anlagen nach der Einstellung von Verkehrsdiensten in gutem Zustand zu erhalten.

(4) Beförderungspflicht im Sinne dieser Verordnung ist die Verpflichtung der Verkehrsunternehmen, alle Personen- und Güterbef6rderungen zu bestimmten Beförderungsentgelten und -bedingungen anzunehmen und auszuführen. (5) Tarifpflicht im Sinne dieser Verordnung ist die Verpflichtung der Verkehrsunternehmen, zur Anwendung von behördlich festgesetzten oder genehmigten, mit dem kaufmännischen Interesse des Unternehmens nicht zu vereinbarenden Entgelten, die sich insbesondere bei bestimmten Gruppen von Reisenden, bestimmten Güterarten oder bestimmten Verkehrswegen aus der Auferlegung oder verweigerten Änderung von besonderen Tarifrnaßnahmen ergeben. Unterabsatz 1 gilt weder für Verpflichtungen, die sich für alle Wirtschafts tätig-

keiten aus allgemeinen preispolitischen Maßnahmen ergeben, noch für Verpflichtungen aus Maßnahmen, die auf dem Gebiet der allgemeinen Beförderungsentgelte und -bedingungen im Hinblick auf die Organisation des Verkehrsmarktes oder eines Teils des Verkehrsmarktes beschlossen werden. ABSCHNITTll

Gemeinsame Grundsätze für die Aufhebung oder die Aufrechterhaltung von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes

Artikel 3 (1) Wenn die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten die völlige oder teilweise Aufrechterhaltung einer Verpflichtung des öffentlichen Dienstes anordnen und mehrere Lösungen unter gleichartigen Bedingungen eine ausreichende Verkehrsbedienung sicherstellen würden, so wählen die zuständigen Behörder diejenige Lösung, welche die geringsten Kosten für die Allgemeinheit mit sich bringt.

(2) Die ausreichende Verkehrsbedienung ist nach folgenden Merkmalen zu beurteilen: a) dem öffentlichen Interesse; b) der Möglichkeit, andere Verkehrsmittel einzusetzen, sowie der Feststellung, ob diese Verkehrsmittel geeignet sind, die betreffenden Verkehrsbedürfnisse zu befriedigen;

Anlage:

va (EWG) 1191/69 nF

c) den Beförderungsentgelten und -bedingungen, welche den Verkehrsnutzern angeboten werden können. Artikel 4

wie der Marktlage bei kaufmännischer Geschäftsführung ergeben würden. [ ... ]

Artikel 7

(1) Es ist Sache der Verkehrsunterneh-

men, bei den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten die völlige oder teilweise Aufhebung einer Verpflichtung des öffentlichen Dienstes zu beantragen, wenn ihnen aus dieser Verpflichtung wirtschaftliche Nachteile erwachsen. [ ... ]

Artikel 5

(1) Aus einer Betriebs- oder Beförderungspflicht erwachsen wirtschaftliche Nachteile, wenn die Verringerung der Belastungen, die durch die völlige oder teilweise Aufhebung der Verpflichtung zu einer Leistung oder zu einer Gesamtheit von dieser Verpflichtung unterliegenden Leistungen erreicht werden kann, stärker ist als der Rückgang der sich aus dieser Aufhebung ergebenden Einnahmen. [ ... ]

(UAS) Die wirtschaftlichen Nachteile werden unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Verpflichtung auf die Gesamttätigkeit des Unternehmens ermittelt. (2) Aus einer Tarifpflicht erwachsen wirtschaftliche Nachteile, wenn der Unterschied zwischen den Einnahmen und den Belastungen des der Verpflichtung unterliegenden Verkehrs, die sich unter Berücksichtigung der Kosten der der Verpflichtung unterliegenden Leistungen so-

287

(1) Die Entscheidung über die Aufrechterhaltung kann mit Auflagen verbunden werden, die dazu bestimmt sind, den Ertrag der der Verpflichtung unterliegenden Leistungen zu verbessern. (2) Die Entscheidung über die Aufrechterhaltung kann vorsehen, daß ein Ersatzverkehr einzurichten ist. In diesem Fall wird die Aufhebung frühestens zu dem Zeitpunkt wirksam, zu dem der Ersatzverkehr aufgenommen ist. [... ]

ABSCHNITT ßI Anwendung von Befdrderungsentgelten und -bedingungen im Personenverkehr, die im Interesse bestimmter Bevölkerungsgruppen auferlegt werden Artikel 9 [ ... ]

ABSCHNITT IV Gemeinsame Ausgleichsmethoden Artikel 10 - 13 [ ... ]

288

Anlage:

va (EWG) 119l/69 nF

ABSCHNITIV Verträge über Verkehrsdienste aufgrund von Verfpflichtungen des öffentlichen Dienstes Artikel 14

(1) Ein Vertrag über Verkehrsdienste aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes ist ein Vertrag, der zwischen den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats und einem Verkehrsunternehmen abgeschlossen wird, um der Allgemeinheit ausreichende Verkehrsdienste zu bieten. Ein Vertrag über Verkehrsdienste aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes kann insbesondere folgendes umfassen: - Verkehrsdienste, die bestimmten Anforderungen an die Kontinuität, Regelmäßigkeit, Leistungsfähigkeit und Qualität genügen; - zusätzliche Verkehrsdienste; - Verkehrsdienste zu besonderen Tarifen und Bedingungen, vor allem für bestimmte Personengruppen oder auf bestimmten Verkehrsverbindungen; - eine Anpassung der Dienste an den tatsächlichen Bedarf. (2) In einem Vertrag über Verkehrsdienste aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes werden unter anderem folgende Punkte geregelt:

a) die Einzelheiten des Verkehrsdienstes, vor allem die Anforderungen an die Kontinuität, Regelmäßigkeit, Leistungsfähigkeit und Qualität; b) dei Preis für die vertraglich vereinbarten Dienstleistungen, der die Tarifeinnahmen ergänzt oder die Einnahmen miteinschließt, sowie die Einzelheiten der finanziellen Beziehungen zwischen den beiden Parteien; c) Vertragszusätze und Vertragsänderungen, um insbesondere unvorhersehbare Veränderungen zu berücksichtigen; d) die Geltungsdauer des Vertrages; e) die Sanktionen bei Nichterfüllung des Vertrages. (3) Das Sachanlagevermögen, das für die Erbringung von Verkehrsdiensten eingesetzt wird, die Gegenstand eines Vertrages über Verkehrsdienste aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes sind, kann sich im Besitz des Unternehmens befinden oder ihm zur Verfügung gestellt werden. (4) Ein Unternehmen, das einen Verkehrsdienst, den es der Allgemeinheit kontinuierlich und regelmäßig bietet und der nicht unter die Vertragsregelung oder das System der Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes fällt, einstellen oder wesentlich ändern möchte, teilt dies den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von mindestens drei Monaten mit. [ ... ]

289

Anlage: VO (EWG) 1191/69 nF Durch diese Bestimmungen bleiben die einschlägigen anderen einzelstaatlichen Verfahren betreffend das Recht auf Einstellung oder Änderung von Verkehrsdiensten unberührt. (5) Nach Eingang der Mitteilung nach Absatz 4 können die zuständigen' Behörden vorschreiben, daß der betreffende Verkehrsdienst noch höchstens ein Jahr lang, gerechnet von dem Zeitpunkt der Kündigung an, aufrechterhalten wird; sie teilen diese Entscheidung dem Unternehmen mindestens einen Monat vor Ablauf der Kündigungsfrist mit. Die Behörden können ferner von sich aus die Einrichtung oder die Änderung eines solchen Verkehrsdienstes aushandeln. (6) Für die Kosten,die den Verkehrsunternehmen aus den Verpflichtungen im Sinne des Absatzes 5 erwachsen, erhalten diese einen Ausgleich nach den in den Abschnitten II, mund N genannten gemeinsamen Methoden.

19 Maaß

ABSCHNITT VI Schlußbestimmungen

Artikel 15, 16, 17, 18 [ ... ]

Artikel 20 Diese Verordnung tritt am 1. Juli 1992 in Kraft. Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Geschehen zu Luxemburg am 20. Juli 1991. Im Namen des Rates Der Präsident R.GOEBBELS

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20 Maaß

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Sachregister Airline Deregulation Act 138 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) 86, 179f. Allokationseffizienz 119, 124 Alt-Unternehmer 89f., 92, 108, 167, 195, 201,203,205,261 Anhörung 219 Anruf-Sammel-Taxen (AST) 11 Off., 167, 229f. - Rechtliche Einordnung 11Of., 230 Auferlegung gemein wirtschaftlicher Leistungen 97, 156, 159-161, 163, 177, 182f., 207, 22Of., 223f., 232

- Kosten 211, 215f., 221 - Leistungsbeschreibung 21Of., 216, 220,229 - Nachteile 211f. - Qualitätsverlust 211, 216f., 220 - Ruinöse Konkurrenz 212, 215 - Positive Auswirkungen 208f., 215 - Preiswettbewerb 214 - Sicherung der Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der Anbieter 218f.,232 - und öffentliche Unternehmen 220f. - und private Unternehmen 220f. - Verfahren 208, 21Of., 218 - VOUA 208f., 21lf.

Aufgabenträger des ÖPNV 171f., 175, 177,197,199, 202f., 206f., 214ff., 228 - Kompetenzen 174f.., 206f.

Ausschreibungskartelle 212,215

Ausdehnung des Taxibegriffs 278, 28Of., 284

Bahnreform 169

Ausgestaltung von Linienverkehren 89, 173f., 178, 203 Ausleseprozeß, wirtschaftlicher 254ff., 272,275 - "ungesunder" Ausleseprozeß 256

Bedarfsorientierung 109, 114, 192, 196, 230,284 Bedarfsprüfung 87 Bedarfsverkehr 108f. Bedürfnisprüfung 73, 75f., 115,247,251

Ausreichende Verkehrsbedienung 56, 155, 176f., 179, 193-196, 200, 207, 212,217,221,233

Beförderungspflicht 61, 74, 95f., 127, 158f., 179, 233, 239, 260, 269f., 284

Ausschreibung 136-138, 161, 177, 184f., 191, 200ff., 208-221, 224, 229-231, 241,243,282 - eigenwirtschaftlicher Verkehre 201 - Funktionen 208 - Gleichbehandlung der Anbieter 208, 21lf., 217f., 224 - Kontrollfunktion der Genehmigungsbehörde 214, 218f.

Bereithaltung von Taxen 96, 269, 277, 280

20'

Beihilfen im Verkehr 155, 163

Berufsausübungsregelungen 257f., 269, 277,281 - im Linienverkehr 235, 239ff., 242 - im Taxiverkehr 246, 257ff., 269ff. Berufsverkehr 241 Berufszugangsverordnung 85

308

Sachregister

Besitzstandsschutz 88-91, 93, 97, 108, 116, 137, 167, 173, 178, 195, 198, 20lf., 203f., 214, 265f. - Relativierung durch PBefG-Novelle 170, 177f., 195, 204f., 232 Betriebspflicht 95, 157f., 221, 233, 239, 269f. Betriebssicherheit 234 Beurteilungsspielraum 86 Bewerberüberhang 9lf. Binnenmarkt, 147f., 150

europäischer

103,

143,

Bundesverfassungsgericht 35, 77, 86, 92, 132,178,247,250,257 - Rechtsprechung zu Art. 12 GG im Hinblick auf das Taxigewerbe 75f., 247 ff., 250ff. Bundesverwaltungsgericht 75, 160, 247, 253 Daseinsvorsorge 49, 51-63, 94, 109, 114, 128, 178f., 266, 282 - als verwaltungsrechtliche Folge des Sozialstaatsprinzips 5lf., 141 - Sozialgestaltungsfunktion der Verwaltung 52 - Leistungsverwaltung 52-55 - als Verwaltungszweck 52f. - Begriff 53 - Forsthoff 53 - Garantiepflicht des Staates 53f. - historische Entwicklung 53f. - Rechtsbegriff 55 - öffentlicher Personennahverkehr 55, 113 - Rechtsfolgen 55-57 - Schaffung von Rahmenbedingungen 56 - Teilhabe 57 - und Subsidiarität 58 - Verkehrsmobilität 54f., 58, 113f. Demarkationsverträge 101 Deregulierung 116f., 119, 233, 264

- Auslandserfahrungen 136ff., 142 - Bewertung 137, 140-142 - Frankreich 137f. - Großbritannien 136f. - Luftverkehr in den USA 120, 138ff. - Taxiverkehr in den USA 138 - Begriff 117f. - Hemmnisse 127f. - Sozialstaatsprinzip 131 - US-Entwicklung 120, 129, 138ff. - Verhältnismäßigkeitsprinzip 130, 133, 142 Deregulierungsbedarf 121,142 Deregulierungsdiskussion 116, 122ff., 133, 14lf., 282 - Entwicklungsphasen 119f.

119,

Deregulierungsforderungen 121-123, 125, 130, 173, 282 Deregulierungskommission 117, 120f. Deregulierungsmaßstäbe 129ff., 142 - ökonomische 12lf., 129, 131, 133, 142 - verfassungsrechtliche 129ff. Dienstleistungsfreiheit 145-147, 150 Differenzierte Bedienungsweisen 84, 109f., 113-115, 167, 173, 192, 194, 198, 204f., 228-233, 237,244 Diskriminierungsverbot 158, 174, 196, 200,213,217 Doppelbedienung 87f. "Drei-Stufen-Theorie" 86, 251 Droschkenverkehr 76f.

Effet utile 190 EGV 31, 103f., 142, 144ff., 150ff. Eigeninteresse, wirtschaftliches 270f., 274 Eigenwirtschaftlichkeit 61, 96-98, 106f., 154,165, 167f., 172, 176, 179ff., 202, 204f.,231, 233f., 241 - Definition des PBefG 179f., 183, 186, 189

Sachregister - Gesetzliche Ausgleichs- und Erstattungsregelungen 180-182, 186 - Sonstige Unternehmenserträge im handelsrechtlichen Sinne 180, 182, 185f., 190, 192f. - Verstoß des § 8 IV 1 PBefG gegen Gemeinschaftsrecht 188-190, 231 - Folgen eines restriktiven Begriffsverständnisses 185ff., 190 - Folgen eines weiten Begriffsverständnisses 183ff., 189 Eisenbahnneuordnungsgesetz 169 Energieversorgung 164 Ergänzungsfunktion von Taxen 92, 235, 244, 246, 248, 255f., 260 EuGH 148, 188 Fachliche Eignung 86 Faktorallokation 29f. Festentgelte 96, 116, 240, 274 Finanzausgleich 165 Fixkosten 123 Flughafen-Transferdienste 115f. Freistellungsverordnung 83, 231 Funk-Mietwagen 264, 278-280 Funk-Taxi 102 Funk-Taxi-Genossenschaften 102ff. Gelegenheitsverkehr 71,75-77,79, 84f., 87,91,95,99,101,123,128,149,152, 157, 159f., 167f., 175, 180, 197, 243247,253,263,269,277,279,282,284 Gemeinsame Verkehrspolitik der EU 144ff., 146ff., 150 - im Busverkehr 149, 151ff. - im Gelegenheitsverkehr 149, 153 - Untätigkeitsurteil des EuGH 148 Gemeinschaftsrecht, europäisches 143, 170,188,214 - Anwendungsvorrang 102, 160, 189ff.

Gemeinwirtschaft(lichkeit) 58-61, 162, 164, 168 - Definition 60

309 123,

Gemeinwirtschaftliche Leistungen 156f., 160,163,177,178,182,192,221 Genehmigungsbehörde 57, 88, 90, 96, 107,171,173,175,178,195-197,200, 219f., 222f., 227, 230 - Aufgaben 98, 108, 175, 178, 200f., 201,206,208,215 Genehmigungsdauer 94, 179 Genehmigungspflicht 84, 115, 152f., 169, 177,180,230,276 Genehmigungsübertragung 83 Genehmigungsverfahren 93, 100, 173176,186 - Aufspaltung 176, 20lff. - eigenwirtschafliche Verkehre 173f., 176,20lff. - Bezugnahme auf Nahverkehrsplan 203f.,207 - Verdrängung von Altunternehmern 206f. - gemeinwirtschafliche Verkehre 174, 176f., 179, 208ff. Genehmigungswiedererteilung 90, 178f., 199,204f. Geringste Kosten für die Allgemeinheit 161,177,215,226 Gesamtwirtsschaftliche Depression 256f., 265f.,284 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) 32, 34, 98ff., 103, 121, 216,277,282 Gesetz über die Beförderung von Personen zu Lande (PBG 1934) 66, 71 Gewerbefreiheit 58f., 62 - Gewinnerzielung 59, 136 - Mißbrauchsaufsicht 59 - und Verkehr 58 - und Wirtschaftslenkung 58ff., 62f. - Verhältnis zum PBefG 57-59, 61

310

Sachregister

Gleichheitsgrundsatz 48, 62, 177, 186, 218-220,222f. "Graue Verkehre" 86 Grenzüberschreitender Verkehr 84, 96, 146, 150, 152 Grundrechte 36-39, 44-48, 50,131 - marktwirtschaftlicher Einschlag 37 Höchstpreise 100, 240f., 274-276, 280, 282,285 - Publikumsschutz 274f. Indikationsfunktion ökonomischer Bezugsmaßstäbe 124, 132, 143 Individualverkehr 44, 180,247 Inländergleichbehandlung 146 Interessenverbände 128f., 260 Kabotagebeförderung 150, 153 Kartellrecht 98-104,122,127 Kartellverbote 98, 102 - Freistellungen 121 Klagerecht 92, 262 Kleinbusse 109, IIIf. Konkurrenzschutz 71, 73f., 79, 89, 9lf., 94,119,204,238,245,248,253,273 Konsolidierung der Situation im Nahverkehr 233, 243, 284 Kontrahierungszwang 96, 119 Kooperationen im Verkehr 97f., 108f., 186, 192,201, 205f., 226ff., 242 - Pflicht zur Auflösung 226f. - ,,3-Ebenen-Modell" 228 Koordination der Beförderungsentgelte 99,102,107,138,178,273 Kostenunterdeckung 96, 107f., 164, 184f. Liberalisierung im EU-Busverkehr 152ff. Linientaxen 110, 113, 168

Linienverkehr 70-72, 77-79, 80, 82, 84f., 87-92, 94f., 97, 100, 108-111, 113, 115, 124, 126, 135, 137, 142f., 152154, 159f., 168-172, 174-176, 178, 180, 182, 194f., 204, 206, 208, 229245, 247, 249, 251, 253, 256f., 261f., 263-265, 268, 276, 282ff. - Bedeutung 90, 180, 235f., 262 Lücke im Verkehrsangebot 88, 90, 115ff., 206, 235, 254, 256f., 259 ,,Luxusverkehre" 193ff. Marktabschottung 108 Marktaußenseiter 46, 50, 108, 119, 203, 207,223,246,258 Marktaustrittsschranken 123, 235, 255, 257 Marktversagen 122f. Marktwirtschaft, soziale 33, 36f., 38-41, 123 Marktzugangsbeschränkungl -schranke 78, 80, 90, 119, 125, 139, 229, 235, 247f., 251, 263f., 270, 284 Mietwagen(verkehr) 76f., 80, 87, 93, 96, 100, 106f., 109-111, 115f., 150, 159, 168, 173f., 199, 205, 221, 229, 244246, 263f., 268f., 270, 277-282, 285 - Abgrenzungsschwierigkeiten 107, 277-279 - Begriff 277f. - Gleichstellung mit Taxen 174, 244f., 277ff. Mindestpreise 241, 243, 273, 275, 277 Mini-Car-Untemehmen 264 Mißbrauchsaufsicht, polizeiliche 60, 260 Mobilität 41-50, 54, 57f., 60-64, 68, 109f., 114, 116f., 138, 141-143, 145, 168, 230, 232, 234, 236, 239f., 243, 249,272,274,281-285 - Grundrecht auf Mobilität 44ff., 50, 58,285 - Abwägungsgebot 48, 58, 114f.

311

Sachregister

-

- Art. 12 GG 42, 45, 48, 80 - Art. 14 GG 44f. - Historische Entwicklung 46 - Schranken 47f. Interessen der Verkehrsnutzer 48, 23Of., 236, 284 Interessen der Verkehrsunternehmen 48 Menschenrechtsgehalt 43, 49f. mit öffentlichen Verkehrsmitteln 45, 47,55, 113f. mobilitätsbehinderte Personen 47, 272,274,281 mobilitätsfeindliche Gestaltung des Verwaltungsrechts 49f. mobilitätsfreundliche Auslegung 114, 116f. sbedürfnis 41, 58, 60, 109f., 142f., 233,267,272,285 selbstbestimmte Mobilität 68 straßengebundene Personenbeförderung 42f. - Art der Beförderung 42 Verkehrsmobilität 41, 43, 45f., 48, 55, 58, 114, 249 - Aspekte 42, 45

Monopol 30, 65, 70, 75, 79, 91, 122f., 138,159,240 Monopolkommission 125ff. Nahverkehrsplan 175f., 179, 195ff. - Aufstellungsverfahren 195, 197 - Berücksichtigung vorhandener Verkehrsstrukturen 175, 198 - Gleichbehandlungsgebot 175, 198200 - Mitwirkung vorhandener Unternehmer 175, 198 - Rolle der Genehmigungsbehörde 178, 195f., 2oof. - Bedeutung 195 - wettbewerbsfreundliche Ausrichtung 195-198,201 - Wettbewerbsimpulse 201 Nationalökonomie 120

Niederlassungsfreiheit 146f. Niedrigpreise 241ff. ,,Numerus clausus" der Beförderungsformen 85f., 230, 234, 238ff. - Erweiterung 23Of., 239 Objektive Zugangsbeschränkungen 78, 80, 86, 90ff., 107, 176, 234, 246, 257, 260f.,265,270 - im Apothekerwesen 86, 264f. - im Linienverkehr 86, 87, 90f., 115, 127, 202ff., 234ff., 243ff. - Folgen eines Wegfalls 234, 267, 275 - im Taxiverkehr 86, 87, 93, 128f., 246f., 25lff., 256ff., 264f., 270, 277, 282,285 - Verhältnismäßigkeit 246, 256, 259, 261f.,285 Ökonomische "Besonderheiten" 123f. - Kritik 124 Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) 49, 58, 90, 105-107, 113, 136, 138 164, 167, 171-176, 180f., 187, 192, 195f., 199-202, 203, 206f., 214, 217, 221, 224-226, 229-231, 233, 242, 244f., 284 - Definition 90, 174, 180 - und differenzierte Bedienungsweisen 174 Öffentliche 77f.,87

Verkehrsinteressen

72-74,

Öffentliche/kommunale Verkehrsunternehmen 57, 60, 62, 81, 99, 135, 162, 185f., 19lf., 200, 206, 219, 222, 233 Parallelverkehr 110, 112f., 234 Personenbeförderungsgesetz 77f., 252

von

1955

Personenbeförderungsgesetz von (PBefG) 79, 81, 83ff. - Kritik 105ff., 170 - Novellierung 105, 170, 284

1961

312

Sachregister - Werdegang der Novelle 170ff. - Änderungen im PBefG durch die Novelle 173ff.

Personenbeförderungswesen 33f., 41, 50, 61,63,81 - Historische Entwicklung 64f. - Dampfmaschine 65 - Gesetz über die Beförderung von Personen zu Lande (PBG 1934) 67, 72 - Interessen des öffentlichen Verkehrs 71-73, 75-78 - Unbilliger Wettbewerb 73 - Bedürfnisprüfung 74, 76f. - Verfassungswidrigkeit von § 9 n PBG 193476 - Kraftfahrlinien 70f., 79 - Kraftwagen 67, 69 - Pferdedroschken 68f., 72 - Pferdeomnisbusse 67f. - Post 65, 79 - Schienengebundenen Beförderung 66 - Spätmittela1ter 65 - Straßengebundene Beförderung 68ff. - Unternehmerische Aufgabe 59ff., 81 Pflichtfahrbereich 96f., 100, 280 Preis/Nachfrageelastizität 242 Preiswettbewerb 97,100, 107, 240ff., 276 Primäres europäisches Gemeinschaftsrecht im Verkehr 145ff., 151 Privatisierung 134ff., 233 - Relevanz im Nahverkehr 135f. Privatisierungsdiskussion 134f. Querverbund 107, 162ff., 184, 191,233 - Argumente für ein Verbot der Quersubvention 165f. - Argumente gegen ein Verbot der Quersubvention 163f. - Definition 162f. - und kommunale Verkehrsunternehmen 162,233

- und Verordnung (EWG) 1191/69 idF der VO 1893/91 163f., 165ff. Regionalisierung 138, 172 Regulierung 80, 118, 120 - Revisionsbedarf 126, 247f. - skompetenz des Staates 50f., 132 Reichsgewerbeordnung 70ff. "Rosinenpicken" 123 Rückkehrpflicht 279 Ruinöse Konkurrenz 123, 213, 235, 241, 250, 252f., 273, 275 Schulbusverkehr 171 Schwachverkehrszeiten 109, 173, 193 Sekundäres Gemeinschaftsrecht 150f., 189

145,

Selbstregulierung des Marktes 35, 39, 125,134,233,258 Selbststeuerung 5lf., 54, 58, 125, 134, 233,284 Sicherheitsvorschriften 129,254,257,259 Sonderlinienverkehr 89, 115, 153f. - Verbot der Mitnahme Dritter 238f. Sozialstaatsprinzip 32, 51-53,142 - als Legitimation staatlicher Eingriffe 5lf., 132 - Grenze 51 - Staatszielbestimmung 51 - und Wettbewerb 42, 114, 132 - Wirtschaftslenkung 51,132 Spartenausgleich 162, 164f. Staatsvertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion 37f. StVO 90, 94 - Sonderrechte 90f., 94 StVZO 260f., 269 Subjektive Zugangsbeschränkungen 236f., 251,258ff.

Sachregister - (Betriebliche) Leistungsfähigkeit 45, 72,87,90, 96f., 198, 220f., 237, 257, 269 - Fachliche Eignung 237, 268f. - Fachkunde des Taxifahrers 269 - im Linienverkehr 236-238, 283 - im Taxiverkehr 251,258-260, 268ff., 282,285 - Verläßlichkeit der Unternehmer 236, 268 Subsidiaritätsprinzip 39f., 134f., 150f., 275,282 Subventionsbedarf 209,214,222 Tarifeinheit 242 Tariffestsetzung 100, 107, 128, 139f., 158,254,272,284

313

- Disponibilität 272 - Genehmigungspraxis 263f. - Identität mit Beförderungsleistungen des Mietwagenverkehrs 107, 245, 262f.,278-280 - Kontrolle durch Verkehrsnutzer 261 - Überwachung 108, 259f., 267 Transitverkehr 83 Transparenz von Taxitarifen 273, 275

Überangebot im Nahverkehr 248 Umgehungsverbot 116 Unternehmerische Eigenverantwortung 174,181,218,224

Tarifgestaltung 171, 272

Verdrängungswettbewerb 89, 275

Tarifpflicht 62, 96, 127, 158, 179, 234, 240, 270, 272ff., 282

Vereinbarung gemeinwirtschaftlicher Leistungen 177,208, 213f., 228, 230, 233

Taxigewerbe 81, 93f., 100, 128, 245-260, 262-266, 268-270, 272, 274f., 279, 281f.,284 - Existenzbedrohung 250, 253, 256 - Existenzfähigkeit 93f., 248, 251, 256 - Funktionsbedrohung 250, 279f. - Funktionsfähigkeit 93, 103, 249, 252ff.,267 - Lücken im Taxiangebot 89f., 254, 256f.,259 - Polypolistische Marktstruktur 254f. - Rechtsprechung des BVerfG 248ff., 251ff. - Ruingrenze 250f. - Sachverstand, unternehmerischer 257f. - Überangebot an Taxen 248, 252ff., 254, 256ff., 261 Taxiverkehr 80f., 95, 96, 107, 127, 137, 139, 245, 247, 252, 256f., 260-266, 268-270, 272f., 275, 277f., 280, 285 - Bedeutung 92f., 245, 247, 249, 261f., 265 - Besitzstandsschutz 94, 266f.

Verfassungswidrigkeit des § 13 IV PBefG 264f. - Verfassungskonforme Auslegung 263f., 282, 285 Verhältnismäßigkeit 48, 51, 62, 81, 131, 133f., 143, 225, 245f., 261, 265, 268, 270,276 Verhältnismäßigkeitsprinzip 132f. - als Regulierungsschranke 48, 51, 63, 260ff., 264f. - Ermessen des Gesetzgebers 261 Verkehrsbedürfnis 29, 72f., 89f., 91, 171f., 192f., 195, 253, 256, 270 Verkehrspolitik 46, 49f., 101, 124, 147 Verkehrsrand-/Schwachverkehrsgebiet 106, 109, 112ff., 138, 141, 143, 193, 206,221, 230f., 239, 244 Verkehrsträger 79, 87, 89, 91, 154, 175, 180,272 Verkehrsverbund 97f., 178,227 Verlustausgleich 62, 167f., 171

314

Sachregister

Verordnung (EWG) 1191/69 idF der VO 1893/91 155ff., 170, 173f., 176, 182, 184, 186, 189-192,202,207,209,214, 218,228,232 - Anwendungsbereich 156f., 158f., 164 - Ausnahmen 157, 159, 165 - Gelegenheitsverkehr 159, 167 - Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Pflichten 156, 159-161 - Geringste Kosten für die Allgemeinheit 161 - Interne Subventionierung 160f., 165 - Leistungs(ein)kauf 160f. - Steuerlicher Querverbund 162ff. - Unzulässigkeit 162, 165-167, 191 - Tarifpflicht 158 - Transferverbot 160, 162ff. - und private Linienunternehmen 157, 164f. - Werdegang 156f. - Wettbewerbsimpulse 155, 167ff. - Zielsetzung 154f., 159 Verordnung (EWG) 2454/92 15lf. Verordnung (EWG) 684/92 15Of. Verpflichtung des öffentlichen Dienstes 156f., 165 Versteckte Zulassungsschranken 236 von

Wettbewerbsbeschränkungen 31, 38f., 41, 57, 81, 87, 98, 100, 103f., 114, 116, 119, 126, 128, 134, 14Of. wettbewerbsfreundliche Auslegung 34, 197,226,230,232 Wettbewerbsrecht 31, 98ff., 188 - Ausnahmebereiche 33f., 99-101, 103, 121 - europäisches 103-105 - Gelegenheitsverkehre 99f. - Linienverkehre l00f. - nationales 98ff., 102, 104 - Preisabsprachen 99-101, 213 Wettbewerbstheorie 30f. Wettbewerbsverzerrung 104, 125, 156159,164-166, 182, 190

Vertrag von Maastricht 149 Vertragliche Vereinbarung kehrsdiensten 156

239, 242f., 245f., 248-250, 253, 255, 262, 267f., 273f., 280, 283f. - Definition 27 - Dynamischer Prozeß 29f., 126 - Entdeckungsverfahren 31 - Freier Wettbewerb 29ff., 32ff., 38f., 41, 57, 72f., 79,220,246 - Funktionen 28f. - wirtschaftspolitische 28, 39, 125f. - gesellschaftspolitische 29, 125f. - Leistungswettbewerb 36, 38, 107, 282

Ver-

Wettbewerbsvorteile 125, 185

VOUA 208f., 212f.

Wirtschaftlichkeitsgebot 109, 187f., 192, 204,207

Weimarer Reichsverfassung 35

Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland 52, 58

Werbung auf Taxen 276 Wettbewerb 25-41, 48, 50-52, 53, 58f., 61-64, 66f., 70-74, 76, 78-81, 83, 86f., 90f., 92, 94-96, 98,101-105,110,112, 114f., 117-120, 122, 126f., 131, 134f., 137-139, 142f., 145, 148f., 150-152, 154, 156f., 160f., 164-166, 168, 170173, 180, 183-186, 191f., 194-198, 200-202, 204, 207, 209-211, 213-215, 220, 223f., 226, 228, 230-233, 235,

Wirtschaftsverfassung der Bundesrepublik 35 - bewußte Nichtentscheidung 36f. - Neutralität/Offenheit 36 - Nipperdey 36 Wirtschaftsverfassung der EU 147f. Zuverlässigkeit 72,87, 156,219, 237f. "Zwei -Klassen-Verkehrssystem " 113