Der Rückgriff in der Lieferkette gemäß der §§ 478, 479 BGB nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz [1 ed.] 9783428513697, 9783428113699

Der Verfasser analysiert in seinem Werk das ins deutsche Zivilrecht neu eingeführte Rückgriffsinstrumentarium. Im Mittel

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Der Rückgriff in der Lieferkette gemäß der §§ 478, 479 BGB nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz [1 ed.]
 9783428513697, 9783428113699

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Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 296

Der Rückgriff in der Lieferkette gemäß der §§ 478, 479 BGB nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz

Von Jens Böhle

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

JENS BÖHLE

Der Rückgriff in der Lieferkette gemäß der §§ 478, 479 BGB nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 296

Der Rückgriff in der Lieferkette gemäß der §§ 478, 479 BGB nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz Von Jens Böhle

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat diese Arbeit im Jahre 2003 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-11369-1 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2002 / 2003 von der Juristichen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen. Für die Drucklegung konnten Änderungen bis Oktober 2003 berücksichtigt werden. Ganz herzlich möchte ich mich bei meiner Doktormutter, Frau Professor Dr. Barbara Grunewald, für die hervorragende und vorbildhafte Betreuung und Förderung meiner Arbeit danken. Sie hat nicht nur die Bearbeitung zu diesem Thema angeregt, sondern stand mir jederzeit mit Rat und Tat zur Seite. Weiter verdient die überaus zügige Durchsicht und Bewertung meiner Arbeit separate Erwähnung. Für die gleichfalls zügige Erstellung des Zweitgutachtens gilt mein Dank Herrn Professor Dr. Klaus Peter Berger. Ich möchte mich weiter für die großzügige Förderung meines Promotionsvorhabens im Rahmen des Sonderprogrammes „Arbeitskreis Wirtschaft und Recht“ des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft ganz herzlich bedanken. Im Rahmen dieses Promotionsstipendiums erhielt ich neben der finanziellen Unterstützung auch Betreuung und Beistand aus der Praxis. Hierfür möchte ich Herrn Dr. Bernt Graf zu Dohna und seiner Mitarbeiterin Frau Dr. Gabriela Gutt danken. Ebenso gilt mein Dank Rechtsanwalt Matthias Scherer vom Zentralverband Elektrotechnik- und Elektroindustrie (ZVEI) e. V. für die Ratschläge aus der Praxis. Gleichsam möchte ich für die fruchtbaren Gespräche über die praktische Ausgestaltung entsprechender Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Herrn Herbert Kromberg von der Kaufhof Warenhaus AG herzlich danken. Die Veröffentlichung dieser Dissertation wird mit einem Druckkostenzuschuss der ESC – Esche Schümann Commichau Stiftung, Hamburg sowie des Dekanats der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln gefördert. Hierfür möchte ich mich ebenso herzlich bedanken. Meinen Eltern danke ich für ihre fortwährende und unverzichtbare Unterstützung, Förderung und Begleitung meines Lebensweges. Abschließend möchte ich von ganzem Herzen meiner Frau für ihre fortwährende Geduld, ihr Verständnis und ihre Unterstützung sowie die Hintenanstellung ihrer eigenen persönlichen Interessen Danke sagen. Köln, im Oktober 2003

Jens Böhle

Inhaltsübersicht A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

B. Vorstellung der §§ 478, 479 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

I. Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

II. Die Regelung der §§ 478, 479 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

C. Die Regelung des § 478 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

I. Von § 478 Abs. 2 erfasste Nachbesserungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

II. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

I. Ansichten in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

II. Minderung, Rücktritt und großer Schadensersatz mitsamt den Rechtsfolgen . . .

68

III. Kleiner Schadensersatz und die Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

IV. Schadensersatz neben der Leistung und die Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 V. Nachlieferung und die Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 VI. Nachbesserung und die Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 E. Problematik des Erfordernisses eines gerichtlichen Urteiles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 I. Vorlage eines entsprechenden Urteiles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

10

Inhaltsübersicht II. Bewertung des Erfordernisses eines gerichtlichen Urteiles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 III. Begründete und beweisbar erscheinende Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

F. Die Regelung des § 478 Abs. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 I. Bindung des § 478 Abs. 3 an einen bestimmten Weiterverkaufszeitraum . . . . . . 126 II. Teleologische Reduktion bei Fehlverhalten bezüglich der Nacherfüllung . . . . . . 131 III. AGB-Regelung und Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 G. Die Regelung des § 478 Abs. 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 I. Erforderlichkeit eines Schutzes vor Abbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 II. Aushebelung der Regressvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 III. Abbedingung mittels gleichwertigen Ausgleiches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 IV. AGB-Regelungen zur Klarstellung der gesetzlichen Lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 V. AGB-Regelungen zur Ausgestaltung des Rückgriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 VI. Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 H. Die Regelung des § 478 Abs. 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 I. Zulieferer und der Rückgriff nach §§ 478, 479 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 II. AGB-Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 I. Die Regelung des § 478 Abs. 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 J. Die Regelung des § 479 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 I. Einschränkung der Ablaufhemmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 II. Teleologische Reduktion bei Kulanzmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 III. Begrenzung der Wirkungen des § 479 Abs. 2 auf das Regressinteresse . . . . . . . . 184

Inhaltsübersicht

11

IV. AGB-Klauseln bezüglich § 479 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 K. Analoge Anwendung der §§ 478, 479 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 I. Unternehmer als letzter Abnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 II. Unterbrochene Lieferkette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 III. Lieferung gebrauchter Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 IV. Anwendung auf andere Vertragstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 V. § 438 Abs. 3 analog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 L. Schlussbetrachtung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

B. Vorstellung der §§ 478, 479 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

I. Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

1. VerbrGKaufRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

2. Die Umsetzung von Art. 4 VerbrGKaufRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

II. Die Regelung der §§ 478, 479 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

1. Allgemeines zu den §§ 478, 479 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

2. Modifizierung der Rechte aus § 437 über § 478 Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

3. Kostenerstattungsanspruch des § 478 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

4. Beweislasterleichterung durch § 478 Abs. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

5. Beschränkung der Abdingbarkeit durch § 478 Abs. 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

6. Erweiterung des Anwendungsbereiches durch § 478 Abs. 5 . . . . . . . . . . . . . . . .

37

7. Untersuchungs- und Rügeobliegenheit nach § 478 Abs. 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

8. Modifikationen durch § 479 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

a) Verjährung nach § 479 Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

b) Ablaufhemmung nach § 479 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

C. Die Regelung des § 478 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

I. Von § 478 Abs. 2 erfasste Nachbesserungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

1. Ansichten in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

2. Auslegung der §§ 478 Abs. 2, 439 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

a) Auslegung nach dem Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

b) Entstehungsgeschichtliche Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

c) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

d) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

14

Inhaltsverzeichnis e) Ergebnis der Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

3. Ersatzfähigkeit einzelner Kostenarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

a) Kosten für Kulanzhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

b) Kosten im Bereich des Verweigerungsrechtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

c) Nicht zur Nacherfüllung erforderliche Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

d) Kosten der Nacherfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

aa) Selbstvornahme und Fremdbeschaffung der Nacherfüllung gegenüber Einbindungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

(1) Keine generelle Einbindungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

(2) Selbstvornahme contra Einbindungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

(3) Fremdbeschaffung contra Einbindungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

(4) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

bb) Eingrenzung der erstattbaren Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

II. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

I. Ansichten in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

1. Tatbestandsseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

a) Erfassung von Minderung, Rücktritt, Nachlieferung, großem Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

b) Nichterfassung der Nachlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

c) Erfassung des kleinen Schadensersatzes mittels Analogie . . . . . . . . . . . . . . .

63

d) Erfassung der Nachbesserung mittels Analogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

e) Zusammenfassung der Literaturansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

2. Rechtsfolgenseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

a) Alle Rechte des § 437 oder nur fristbewährte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

b) Beschränkung der erfassten Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

aa) Fristverzicht als gänzlich unangebracht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

bb) Nichterfassung des Schadensersatzanspruches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

cc) Überschießende Privilegierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

dd) Schuldhafte Nichterfüllung der Nacherfüllungspflicht . . . . . . . . . . . . .

67

3. Zusammenfassung des Meinungsbildes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

Inhaltsverzeichnis

15

II. Minderung, Rücktritt und großer Schadensersatz mitsamt den Rechtsfolgen . . .

68

1. Tatbestandliche Erfassung von Minderung, Rücktritt und großem Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

2. Die Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

a) Auslegung nach dem Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

b) Auslegung nach der Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

c) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

d) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

aa) Sachlage ohne Geltung von § 478 Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

bb) Schutz vor Regressfallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

cc) Einschränkung des Schutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

(1) Unangemessenheit des Fristverzichtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Verkürzung der Sachlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Belastung der Letztverkäufer durch Regressfallen . . . . . . . . (c) Sachgemäße Verschiebung des allgemeinen Gewährleistungssystemes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Schnelligkeit des Handelsverkehres und Verbraucherschutz (e) Ablehnung einer generellen Einschränkung des § 478 Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76 77 78

80

(2) Nichterfassung des Schadensersatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

(3) Überschießende Privilegierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Sachlage nach einer Minderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Rückgriff mit einer Minderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Rückgriff mit einem Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Rückgriff mit einem Anspruch auf großen Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Rückgriff mit einem Anspruch auf kleinen Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (ee) Rückgriff mit einem Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (ff) Rückgriff mit einem Nachlieferungsanspruch . . . . . . . (b) Sachlage nach einem Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Sachlage nach einem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83 84 84 85

87

(4) Schuldhafte Nichterfüllung der Pflicht zur Nacherfüllung . . . . . (a) Fehlverhalten bei Erfüllung der Nacherfüllung . . . . . . . . . . . . (b) Auswirkungen des Fehlverhaltens auf die Regressfalle . . . .

93 93 94

79 80

85

88 89 90 91 93

16

Inhaltsverzeichnis (c) Art und Weise der Einschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Auslegung des Tatbestandsmerkmales „musste“ . . . . . (bb) Teleologische Reduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Anwendung des § 242 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Entscheid für eine teleologische Reduktion . . . . . . . . . . (d) Zusammenfassung zur schuldhaften Nichterfüllung der Nacherfüllungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95 96 97 97 98

e) Ergebnis der Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

3. Ergebnis zu den Rechtsfolgen von Minderung, Rücktritt und Schadensersatz statt der ganzen Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

III. Kleiner Schadensersatz und die Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

98

1. Auslegung nach dem Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 2. Analoge Anwendung von § 478 Abs. 1 auf den kleinen Schadensersatz . . . . 100 a) Planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 b) Vergleichbare Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 IV. Schadensersatz neben der Leistung und die Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 1. Auslegung nach dem Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 2. Analoge Anwendung von § 478 Abs. 1 auf Schadensersatz neben der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 a) Planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 b) Vergleichbare Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 V. Nachlieferung und die Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 1. Auslegung nach dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . 104 2. Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 3. Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 a) Exklusivitätsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 b) Alternativität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 c) Nachlieferung und der Tatbestand des § 478 Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 aa) Sachlage ohne Geltung von § 478 Abs. 1 und 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 (1) Vergleichbarkeit der Nachlieferung mit den drei Verbraucherrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 (2) Einbindung des Lieferanten in die Nachlieferung . . . . . . . . . . . . . 110 (3) Scheitern der Einbindung des Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

Inhaltsverzeichnis

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bb) Sachlage bei Exklusivität des § 478 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 (1) Beseitigung des Rechtes zur zweiten Andienung . . . . . . . . . . . . . . 111 (2) Schicksal der mangelhaften Kaufsache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 cc) Sachlage bei alternativer Anwendung von Abs. 1 und 2 . . . . . . . . . . . . 113 (1) Vermeidung von Regressfallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 (2) Keine sachwidrige Belastung der Kettenglieder . . . . . . . . . . . . . . . 113 (3) Erhalt des Rechtes auf zweite Andienung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (4) Wahlrecht und die Bedürfnisse des Handelsverkehres . . . . . . . . . 117 (5) Zusammenfassung der Sachlage bei alternativer Anwendung . . 117 d) Ergebnis der teleologischen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 4. Ergebnis zur Nachlieferung und den Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 VI. Nachbesserung und die Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 1. Auslegung nach dem Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 2. Analoge Anwendung von § 478 Abs. 1 auf die Nachbesserung . . . . . . . . . . . . . 119 a) Planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 b) Vergleichbare Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 E. Problematik des Erfordernisses eines gerichtlichen Urteiles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 I. Vorlage eines entsprechenden Urteiles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 II. Bewertung des Erfordernisses eines gerichtlichen Urteiles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 III. Begründete und beweisbar erscheinende Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 F. Die Regelung des § 478 Abs. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 I. Bindung des § 478 Abs. 3 an einen bestimmten Weiterverkaufszeitraum . . . . . . 126 1. Sachlage ohne Geltung des § 478 Abs. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 2. Sachlage bei Bindung der Beweislastumkehr an einen Weiterverkauf innerhalb von sechs Monaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 3. Sachlage bei Geltung des § 478 Abs. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 4. Ablehnung einer zeitlichen Beschränkung der Beweislastumkehr . . . . . . . . . . 130 II. Teleologische Reduktion bei Fehlverhalten bezüglich der Nacherfüllung . . . . . . 131 III. AGB-Regelung und Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 2 Böhle

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Inhaltsverzeichnis

G. Die Regelung des § 478 Abs. 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 I. Erforderlichkeit eines Schutzes vor Abbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 1. Argumente gegen eine Erfassung von Individualvereinbarungen . . . . . . . . . . . 132 2. Bewertung der Argumente gegen eine Erfassung von Individualvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 3. Erforderlichkeit der Erfassung von Individualvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . 135 II. Aushebelung der Regressvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 1. Umgehung deutschen Rechtes mittels ausländischer Kettenglieder . . . . . . . . . 135 2. Ausschluss eines Verbrauchsgüterkaufes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 3. Herstellergarantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 4. Bindungsklausel in Bezug auf autorisierte Werkstätten bzw. Servicestellen . 139 a) Auswirkung dieser Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 aa) Beeinträchtigung des Rechtes zur Selbstvornahme . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 bb) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 b) Zulässigkeit der Bindungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 aa) Beschränkung der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 bb) Teleologische Reduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 cc) § 307 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 c) Beispiel einer Bindungsklausel aus der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 5. Hersteller als Nachlieferer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 III. Abbedingung mittels gleichwertigen Ausgleiches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 1. Pauschales Abrechnungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 a) Zulässigkeit eines pauschalen Abrechnungssystemes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 aa) Bedenken gegen ein pauschales Abrechnungssystem . . . . . . . . . . . . . . 147 bb) Bewertung der Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 (1) Voller Kostenausgleich durch pauschales Abrechnungssystem . 148 (2) Wille des Gesetzgebers und Sinn und Zweck der Norm . . . . . . . . 148 b) Allgemeine Rabattgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 aa) Problematik hinsichtlich Bestimmung eines angemessenen Rabattes

150

bb) Prozessrisiko und Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 cc) Lange Bewertungszeiträume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

Inhaltsverzeichnis

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c) Gewährleistungspauschalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 d) Verzicht auf Preiserhöhungen oder Vornahme von Preissenkungen . . . . . . 152 2. Anspruch auf Kostenausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 3. Kombination des Rechtes zur Nachlieferung mit Kostenerstattungsanspruch 153 4. Beschränkung auf die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers . . . . . . . . . . . . 154 5. Warengutschrift statt Barzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 a) Warengutschrift statt Barausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 b) Ablehnung des Vorschlages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 c) Modifikation des Vorschlages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 6. Beweiserleichterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 7. Reduzierung des Prozessrisikos / Kulanzmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 IV. AGB-Regelungen zur Klarstellung der gesetzlichen Lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 1. Unverhältnismäßigkeit von Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 2. Verpflichtung zur Weiterleitung des Nacherfüllungsverlangens . . . . . . . . . . . . . 160 3. Einzureichende Unterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 V. AGB-Regelungen zur Ausgestaltung des Rückgriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 1. Begrenzung auf das Regressinteresse und Begrenzung des Schadensersatzes 162 2. Wertmäßige Beschränkung der Minderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 3. Eigentum hinsichtlich ersetzter Teile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 4. Verwendung von Originalteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 VI. Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 H. Die Regelung des § 478 Abs. 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 I. Zulieferer und der Rückgriff nach §§ 478, 479 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 1. Auslegung nach dem Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 2. Analoge Anwendung der §§ 478, 479 auf Zulieferer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 a) Planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 b) Vergleichbare Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 II. AGB-Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 2*

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Inhaltsverzeichnis

I. Die Regelung des § 478 Abs. 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 J. Die Regelung des § 479 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 I. Einschränkung der Ablaufhemmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 1. Gesetzliche Regelung des § 479 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 2. Befürworter einer teleologischen Reduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 3. Befürworter eines Rechtes zur Einrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 a) Weiterverkauf innerhalb von zwei Jahren ab Ablieferung . . . . . . . . . . . . . . . 179 b) Weiterverkauf nach zwei Jahren ab Ablieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 4. Entscheid der Kontroverse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 a) Bewertung des Rechtes auf Einrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 b) Bewertung der teleologischen Reduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 5. Formulierungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 II. Teleologische Reduktion bei Kulanzmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 III. Begrenzung der Wirkungen des § 479 Abs. 2 auf das Regressinteresse . . . . . . . . 184 IV. AGB-Klauseln bezüglich § 479 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 1. Bindung der Ablaufhemmung an einen schnellen Weiterverkauf . . . . . . . . . . . 185 2. Keine Kulanzmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 3. Beschränkung auf das Regressinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 4. Bindung der Ablaufhemmung an die Erfüllung der Verbraucherrechte . . . . . 186 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 K. Analoge Anwendung der §§ 478, 479 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 I. Unternehmer als letzter Abnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 1. Analoge Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 2. Ablehnung einer analogen Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 3. Entscheid über eine analoge Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 II. Unterbrochene Lieferkette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 1. Analoge Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191

Inhaltsverzeichnis

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2. Ablehnung einer analogen Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 3. Entscheid über eine analoge Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 III. Lieferung gebrauchter Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 IV. Anwendung auf andere Vertragstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 V. § 438 Abs. 3 analog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 L. Schlussbetrachtung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210

Abkürzungsverzeichnis a.A. Abs. a.F. AGB(s) BB Begr. BFH BGBl BGH BGHZ BStBl bzw. CISG DB ders. d. h. dies. DStR Einl. etc. EuZW Fn. FS Hrsg. i. S. d. i.V.m. jew. JuS JZ Kap. MDR NJW NotBZ ÖJZ PHI

andere Ansicht Absatz alte Fassung Allgemeine Geschäftsbedingungen Der Betriebs-Berater Begründer Bundesfinanzhof Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundessteuerblatt beziehungsweise Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenverkauf Der Betrieb derselbe dass heißt dieselben Deutsches Steuerecht Einleitung et cetera Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Fußnote(n) Festschrift Herausgeber im Sinne des / der in Verbindung mit jeweils Juristische Schulung Juristenzeitung Kapitel Monatsschrift für Deutsches Recht Neue Juristische Wochenschrift Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis Österreichische Juristen-Zeitung Haftpflicht international – Recht & Versicherung

Abkürzungsverzeichnis RIW Rn. S. VerbrGKaufRL v. vgl. VuR WRP z. B. ZGS ZIP zit. ZRP

Recht der internationalen Wirtschaft Randnummer Seite(n) Verbrauchsgüterkaufrichtlinie vor vergleiche Verbraucher und Recht Wettbewerb in Recht und Praxis zum Beispiel Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert Zeitschrift für Rechtspolitik

23

A. Einleitung Durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechtes1 wurde der Rückgriff in der Lieferkette gemäß der §§ 478, 479 BGB2 in das deutsche Recht eingeführt. Hierdurch wurde ein im deutschen Zivilrecht bislang nicht existierendes Rückgriffsinstrumentarium geschaffen.3 Folglich sind die Regelungen der §§ 478, 479 eingehend zu analysieren. Die vorliegende Arbeit hat sich die Analyse der §§ 478, 479 zum Ziel gesetzt. Im Rahmen der Untersuchung verdient die Fragestellung, ob die Normen einschränkend oder extensiv anzuwenden sind, besondere Beachtung, da bereits Stimmen für eine erweiternde als auch für eine einschränkende Anwendung existieren.4 Mit der Analyse der §§ 478, 479 soll die Arbeit einen Beitrag zum besseren Verständnis der Rückgriffsregelungen leisten und die Umsetzung und Ausgestaltung des Rückgriffes in der Praxis fördern. Dazu wird im Folgenden zunächst allgemein auf die §§ 478, 479 mitsamt ihrer Entstehungsgeschichte eingegangen und der Normgehalt kurz erläutert. Anschließend werden die Vorschriften eingehender analysiert. Das volle Ausmaß der mit der Einführung der §§ 478, 479 verbundenen Probleme ist gegenwärtig noch nicht abschätzbar. Deshalb kann und will diese Arbeit keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.

Gesetz vom 26. 11. 2001, in Kraft seit 01. 01. 2002; BGBl. I, S. 3138. Im Folgenden nicht näher klassifizierte Paragraphen entstammen dem BGB. 3 Haas in Schuldrecht, § 5 Rn. 476; Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1393); Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721; Hassemer, ZGS 2002, S. 95 (100). 4 Vgl. AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 12 ff., 49; Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 5, 11, 12; Oetker / Maultzsch, S. 191 f.; Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXII f.; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1173). 1 2

B. Vorstellung der §§ 478, 479 Die §§ 478, 479 haben das Rechtsinstitut des Rückgriffes in der Lieferkette zum Gegenstand. Die Einführung eines Regressanspruches innerhalb der Lieferkette hat mittels der Richtlinie 1999 / 44 / EG (VerbrGKaufRL)5, insbesondere Art. 4, europarechtlichen Ursprung.

I. Historie 1. VerbrGKaufRL Die VerbrGKaufRL dient dazu, eine Rechtsangleichung des Verbraucherschutzes durch Schaffung von Mindeststandards in den einzelnen Mitgliedsstaaten zu erreichen.6 Der Gedanke des Verbraucherschutzes sollte als eigenständiger Gedanke in das Zivilrecht eingeführt werden.7 Dies erfolgte unter anderem durch eine Verlängerung der Gewährleistungsfrist auf zwei Jahre. Somit droht den letzten Händlern, die den Verbrauchern die Sachen verkauft haben (Letztverkäufer), mangels Abdingbarkeit eine Inanspruchnahme auf Gewährleistung bis zu zwei Jahre nach dem Verkauf der Ware. Der Zeitraum, in dem die Händler ihre Lieferanten auf Gewährleistung in Anspruch nehmen konnten, war im alten BGB demgegenüber erheblich kürzer. Ein Regress des Letztverkäufers wäre mithin zumeist entfallen. Daher wäre die Erweiterung der Verbraucherprivilegien zulasten der Letztverkäufer gegangen, die sich folglich in einer Regressfalle befunden8 und so die Lasten des Verbraucherprivileges zu tragen hätten.9 Das soll Art. 4 VerbrGKaufRL 5 Richtlinie 1999 / 44 / EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantie für Verbrauchsgüter, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Nr. L 171 vom 07. 07. 1999, S. 12 – 16. 6 Amtsblatt Nr. L 171 / 12; Oetker / Maultzsch, S. 175; Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82; Lehmann, JZ 2000, S. 280 (281); Reich, NJW 1999, S. 2397 (2398); Tonner, BB 1999, S. 1769. 7 Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (722); Reich, NJW 1999, S. 2397 (2398). 8 Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (727 f.); Schimmel / Buhlmann / Winkelmann, E. I. Rn. 242; Schimmel / Buhlmann, Fehlerquellen, S. 159; Lorenz / Riehm, Schuldrecht, Rn. 588; Westermann, NJW 2002, S. 241 (252); ders., JZ 2001, S. 530 (540); Gruber, NJW 2002, S. 1180 (1181); Jud, ÖJZ 2000, S. 661 f. 9 Schmidt-Räntsch / Maifeld / Meier-Göring / Röcken, S. 563; Schimmel / Buhlmann / Winkelmann, E. I. Rn. 242; Oetker / Maultzsch, S. 187; Palandt / Putzo, § 478 Rn. 2; Brox / Wal-

I. Historie

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verhindern, der deshalb im Zusammenhang mit den umfangreichen Gewährleistungsrechten der Verbraucher zu sehen ist, welche Art. 3 i.V.m. Art. 2 VerbrGKaufRL diesen gewähren.10 Art. 4 VerbrGKaufRL regelt, dass es einen Rückgriff des Letztverkäufers, der von einem Verbraucher auf Sachmängelgewähr in Anspruch genommen wurde, gegen die in der Vertriebskette ihm vorgelagerten Beteiligten geben muss.

2. Die Umsetzung von Art. 4 VerbrGKaufRL Die konkrete Ausgestaltung hinsichtlich der Person des Haftenden, das Vorgehen und die Modalitäten des Regresses werden von der Richtlinie nicht vorgeschrieben11 und obliegen gemäß Art. 4 Satz 2 VerbrGKaufRL dem nationalen Gesetzgeber.12 Art. 4 VerbrGKaufRL ist im Zusammenhang mit Art. 12 VerbrGKaufRL zu sehen, durch den die Kommission bis zum 07. 07. 2006 die Anwendung der Richtlinie zu überprüfen hat.13 Bei der anstehenden Überprüfung wird gleichfalls untersucht werden, ob Veranlassung zur Einführung einer unmittelbaren Haftung des Herstellers besteht. Falls sich die nationalen Rückgriffsinstitute als nicht ausreichend erweisen, droht somit ein Direktanspruch. Ein solcher ist auch mit Problemen hinsichtlich Ausgestaltung, Einführung und praktischer Umsetzung verbunden.14 Vor allem müsste das bestehende deutsche System des Rückgriffes in der Lieferkette nach den §§ 478, 479 wieder modifiziert und geändert werden. Eine solche erneute Umstellung dürfte für alle Beteiligten weitere Mühen, Aufwendungen und Kosten über die §§ 478, 479 hinaus verursachen.15 ker, Schuldrecht, § 7 Rn. 13; Ernst, MDR 2003, S. 4 (5); Matusche-Beckmann, BB 2002, S. 2561; Gruber, NJW 2002, S. 1180 (1181); Knoche, DB 2002, S. 1699 (1700); Jud, ÖJZ 2000, S. 661 f. 10 Prinz von Sachsen Gessaphe, 2001, S. 721 (725). 11 Jud, ÖJZ 2000, S. 661 (663); Ziegler / Rieder, ZIP 2001, S. 1789 (1797, Fn. 59). 12 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247; Bridge in Grundmann / Bianca, Art. 4 Rn. 28 ff.; Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427; Ernst / Gsell, ZIP 2000, S. 1410 (1422); Lehmann, JZ 2000, S. 280 (289). 13 Schon Reich, NJW 1999, S. 2397 (2399) zu dieser bemerkenswerten Ankündigung. 14 Eine Herstellerhaftung kann das allgemeine Gewährleistungsrecht nicht beseitigen, sodass beide Systeme nebeneinander existieren müssten, da ein Mangel eines Produktes infolge eines Verhaltens des Zwischenhändlers nicht zur Haftung des Herstellers, sondern des verantwortlichen Händlers führen muss. Eine parallele Anwendung der beiden Systeme wird keinesfalls leichter für die Praxis oder kundenfreundlicher sein, da ein Nebeneinander von gesetzlichem Direktanspruch und vertraglichen bzw. gesetzlichen Regressregelungen in der Lieferkette zu schwer lösbaren Konkurrenzproblemen führen kann. Vgl. Ball, ZGS 2002, S. 49 (52); ähnlich Ernst / Gsell, ZIP 2000, S. 1410 (1423 ff.); Haas, BB 2001, S. 1313 (1320); zusätzlich wären bei einer Herstellerhaftung kaum vertragliche Vereinbarungen hinsichtlich der Modifikation und Ausgestaltung des Regresses möglich. Daher würde ein Direktanspruch die Flexibilität und die Individualität des Handelsverkehres ebenso wie jede andere Regelung einschränken.

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B. Vorstellung der §§ 478, 479

In Anlehnung an den von Art. 4 VerbrGKaufRL eingeräumten Spielraum standen bzw. stehen dem nationalen Gesetzgeber für die genaue Ausgestaltung und Systematik der Rückgriffsregelungen diverse Möglichkeiten zur Verfügung. Es ist ein Direktanspruch des Verbrauchers oder des zuletzt an den Verbraucher verkaufenden Unternehmers gegen einen Beteiligten in der Lieferkette – zumeist den Hersteller – vorstellbar. Ebenso kann an einen Ersatzanspruch für jegliche Gewährleistungsaufwendungen in der Lieferkette oder an eine Kombination von Ersatzanspruch und Modifikationen der Gewährleistungsrechte gedacht werden.16 Jede dieser Ausgestaltungen ist mit Vor- und Nachteilen verbunden, sodass sich über die Systeme streiten17 lässt.18 Daher ist nicht verwunderlich, dass über die konkrete Ausgestaltung der Rückgriffsregelungen lebhaft diskutiert wurde. Die Meinungen über den dem nationalen Gesetzgeber von der Richtlinie eingeräumten Spielraum differierten ebenfalls.19 Teilweise wurde angenommen, dass es lediglich eine Rückgriffsmöglichkeit geben müsse, ohne dass ein Mehr an Rechten über die sich bereits aus dem alten Recht ergebenden (aus den bestehenden vertraglichen Beziehungen zwischen den einzelnen Gliedern der Verkaufsketten) hinaus eingeräumt werden müsse.20 Zum Teil hielt man einen entsprechenden Umsetzungsbedarf für gegeben.21 Nach dem Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechtes sollten die schon bestehenden vertraglichen Ansprüche der einzelnen Glieder der Vertriebskette zur Ausgestaltung des Rückgriffes genügen.22 Die konsoli15 Daher ist entscheidend, dass der Rückgriff nach den §§ 478, 479 Anwendung in der Praxis findet, um einer erneuten Umstellung entgegen wirken zu können. Hierzu soll diese Arbeit durch Erläuterung der §§ 478, 479 gleichfalls einen Beitrag leisten. 16 Vgl. Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (433); Schwab / Witt, Einführung, S. 16 f. und Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (729 ff.), der die unterschiedlichen Möglichkeiten hinsichtlich der Umsetzung von Art. 4 VerbrGKaufRL darstellt und Position für eine Abwicklung innerhalb der Vertragskette bezieht. 17 Die vorliegende Arbeit möchte zum besseren Verständnis der §§ 478, 479 beitragen, sodass Ausführungen zu den anderen möglichen Systemen der Rückgriffsregelungen grundsätzlich unterbleiben werden. 18 Vgl. hierzu Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1395 ff.); dies., ZIP 2000, S. 1410 (1421 f.); Schmidt-Räntsch, ZIP 2000, S. 1639 (1644 f.). 19 Vgl. Bridge in Grundmann / Bianca, Art. 4 Rn. 28 ff.; Ernst / Gsell, ZIP 2000, S. 1410 (1422); Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (726); Hoffmann, ZRP 2001, S. 347 (350); Lehmann, JZ 2000, S. 280 (289); Graf von Westphalen, DB 1999, S. 2553. 20 Graf von Westphalen, DB 1999, S. 2553 (2557); Staudemayer, NJW 1999, S. 2393 (2396); Rieger, VuR 1999, S. 287 (291) abgesehen von einer Synchronisation der Verjährungsvorschriften; Tonner, BB 1999, S. 1769 (1772 f., 1774). 21 Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (727); Ernst / Gsell, ZIP 2000, S. 1410 (1423); Gsell, JZ 2001, S. 65 (73); Hoffmann, ZRP 2001, S. 347 (350); Schmidt-Räntsch, ZIP 2000, S. 1639; Lehmann, JZ 2000, S. 280 (290); Jud, ÖJZ 2000, S. 661 (662); Reich, NJW 1999, S. 2397 (2400); Graf von Westphalen, DB 1999, S. 2553 (2553 ff., 2557); Lehmann, JZ 2000, S. 280 (290). 22 DiskE, S. 621 f.; siehe auch Pick, ZIP 2001, S. 1173 (1176).

II. Die Regelung der §§ 478, 479

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dierte Fassung sah allerdings in § 476 ein eigenständiges, aber beschränktes Rückgriffsinstrumentarium des Letztverkäufers gegen seine Vormänner vor.23 Der Regierungsentwurf schuf mit § 478, der in seinem Abs. 1 auf ein Fristsetzungserfordernis nach § 323 Abs. 1 verzichtet, nach § 478 Abs. 2 dem Letztverkäufer einen Aufwendungsersatzanspruch gegen seinen Vormann gewährte und über § 478 Abs. 3 die Ansprüche auf die vorgelagerten Glieder der Verkaufskette ausdehnte, eine umfassende und zeitlich weitreichende (nach § 479 bis zu 5 Jahre), effektive Rückgriffsmöglichkeit.24 Von Umformulierungen abgesehen wurde diese Fassung am 11. 10. 2001 vom Bundestag verabschiedet, passierte am 09. 11. 2001 den Bundesrat und trat am 01. 01. 2002 in Kraft. Folglich hat sich der nationale Gesetzgeber mit §§ 478, 479 dem Grundsatz nach für eine effektivere Regressmöglichkeit als ursprünglich geplant entschieden,25 auf die nun einzugehen ist.

II. Die Regelung der §§ 478, 479 1. Allgemeines zu den §§ 478, 479 Die §§ 478, 479 regeln den Rückgriff in der Lieferkette, nachdem der Letztverkäufer von einem Verbraucher wegen der mangelbehafteten Kaufsache auf Gewährleistung in Anspruch genommen wurde. Erforderlich für die Anwendbarkeit von §§ 478, 479 ist das Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufes.26 Ein solcher ist nach der Legaldefinition des § 474 Abs. 1 Satz 1 gegeben, wenn ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache gekauft hat.27 Im Gegensatz zu der Einschränkung des § 474 Abs. 1 Satz 2 werden von § 478 Abs. 1 und 2 nur neu hergestellte Sachen erfasst, sodass für §§ 478, 479 ein Verbrauchsgüterkauf über eine neu hergestellte Sache vorliegen muss.28 § 478 Abs. 5 dehnt den Rückgriff 23 Konsolidierte Fassung des DiskE, S. 45 f.; vgl. Westermann, JZ 2001, S. 530 (540 f.) und Pick, ZIP 2001, S. 1173 (1176). 24 RegE, S. 65 f., 581 ff.; Hoffmann, ZRP 2001, S. 347 (350). 25 Hoffmann, ZRP 2001, S. 347 (350). 26 Es existieren in der Literatur Stimmen, nach denen die §§ 478, 479 entsprechend auf Fälle anzuwenden seien, in denen der Letztkäufer anstatt eines Verbrauchers ein Unternehmer ist bzw. in denen die Kaufsache wegen ihrer Mangelhaftigkeit bei einem Unternehmer in der Lieferkette „hängen geblieben“ ist (unterbrochene Lieferkette). Vgl. hierzu K. I. und K. II., sowie AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 49; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 100; ders. in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 100; Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXII f.; ders., Umsetzung der Richtlinie, S. 13. 27 Zu den Begriffen Verbraucher und Unternehmer siehe §§ 13, 14. 28 Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 479 f.; Huber in Huber / Faust, § 15 Rn. 26; Bereska, ZGS 2002, S. 59; hingegen äußern KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 8; Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXII; ders., Umsetzung der Richtlinie, S. 13 und Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1402) Bedenken gegen die Ausklammerung gebrauchter Sachen, da die VerbrGKaufRL in Art. 1 Abs. 2 Buchstabe b, Abs. 3, Art. 7 Abs. 1 Unterabschnitt 2 sich auch

30

B. Vorstellung der §§ 478, 479

entsprechend auf die dem Letztverkäufer vorgelagerten Kettenglieder aus. Mit Hilfe der folgenden Skizze kann die den §§ 478, 479 zugrundeliegende Materie verdeutlicht werden.

Z1

Z2 Rohstoffe

Rohstoffe

Regress?

H Waren L1

Regress

Waren L2

Regress

Waren LVK

Regress

Ware V

Regress

Die beiden Zulieferer Z1 und Z2 beliefern den Hersteller H. Dieser stellt ein neues Produkt her, das er an seinen Abnehmer L1 – erster Lieferant – veräußert. L1 verkauft seinerseits die Ware an L2. Der Letztverkäufer LVK erwirbt die Produkte von L2. Alle bisher beteiligten Personen sind Unternehmer i. S. d. § 14. Der Verbraucher V (§ 13) kauft zu guter Letzt die Sache von LVK. Bei V stellt sich heraus, dass die Kaufsache mangelhaft i. S. d. § 434 ist. Nun wird LVK von V auf Gewährleistung in Anspruch genommen. Über §§ 478, 479 können die einzelnen unternehmerischen Kettenglieder gegen ihren Vormann vorgehen. Der Regress nach den §§ 478, 479 steht dem Letztverkäufer bzw. über Absatz 5 dem Lieferanten gegen die vorgelagerten Kettenglieder nur zu, wenn die Voraussetzungen der §§ 434 ff. für die Gewährleistung in der jeweiligen Vertragsbezieauf gebrauchte Güter erstrecke und Art. 4 keine Anhaltspunkte dafür enthalte, dass die Pflicht zur Schaffung eines effektiven Rückgriffes nur den Verkauf neuer Sachen beträfe.

II. Die Regelung der §§ 478, 479

31

hung gegeben sind.29 Insbesondere muss der Mangel der verkauften Sache schon zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges auf den entsprechenden Anspruchsteller vorhanden gewesen sein. Des Weiteren darf der Anspruchsteller nicht alleine für die Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit verantwortlich sein.30 Zur Verdeutlichung wird ein Beispielsfall behandelt, der – wie alle folgenden Fälle auch – auf der eben dargestellten Skizze beruht. Beispielsfall 1: Die Ware wird beim Verbringen in die Lagerräume des L2 durch einige erhebliche Kratzer beschädigt. Daher veräußert L2 diese Produkte unter Hinweis auf die Kratzer als Geräte zweiter Wahl an LVK. Hierbei wird ein entsprechend angemessener Preisnachlass zwischen den beiden Parteien vereinbart. LVK verkauft die Sache, ohne auf die Kratzer zu verweisen, an V. Der Preis entspricht dem sonst von LVK für Ware erster Wahl geforderten, durch Aushang bekannt gemachten Preis.

Wird von LVK beschädigte Ware als solche gekauft, diese aber dem Verbraucher als unbeschädigte weiter verkauft, liegt im Vertragsverhältnis zwischen LVK und V ein Mangel nach § 434 Abs. 1 Nr. 2 vor. Im Verhältnis zwischen L2 und LVK liegt infolge des ausdrücklichen Verweises auf die Kratzer und der Vereinbarung eines Kaufes von Ware zweiter Wahl kein Mangel vor. Daher kann hier der Letztverkäufer keine Regressrechte nach § 478 gegenüber seinem Lieferanten (L2) begehren.31 Gleiches gilt selbstverständlich, wenn der Mangel der Kaufsache durch den Letztverkäufer verursacht wurde. Dann stehen dem Letztverkäufer die allgemeinen Gewährleistungsrechte nicht zur Seite. Hiermit wird deutlich, dass § 478 erst greifen kann, wenn, wie eben erwähnt, die Voraussetzungen der Mängelgewährleistung gemäß §§ 434 ff. in den jeweiligen Vertragsbeziehungen einschlägig sind. Die Vorlage der Voraussetzungen hat der Anspruchsteller darzulegen.32 Es ist somit zu beweisen, dass ein Verbrauchsgüterkauf über eine neu hergestellte Sache vorgelegen hat, die zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges mit einem Mangel behaftet war.33 Jener Beweis wird zumeist die Einbindung des Verbrauchers in Form einer Erklärung desselben möglicherweise mittels Unterzeichnung eines Reklamationsvordruckes erfordern.34 Darüber hinaus können Kopien der dem Verbraucher ausgestellten Rechnung oder des Lieferscheines notwendig sein.

29 Hk-BGB / Saenger, §§ 478, 479 Rn. 1 f.; AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 9, 34; Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 4 ff., 14; Weber / Dospil / Hanhörster, S. 148; Huber in Huber / Faust, § 15 Rn. 25 ff.; Medicus, Schuldrecht BT, Rn. 80 f.; Matusche-Beckmann, BB 2002, S. 2561; Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (731). 30 Siehe auch AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 9. 31 Vgl. ein ähnliches Beispiel bei Oetker / Maultzsch, S. 190 und Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1172); siehe auch Westermann, NJW 2002, S. 241 (253). 32 Palandt / Putzo, § 478 Rn. 5. 33 Palandt / Putzo, § 478 Rn. 5; Hk-BGB / Saenger, §§ 478, 479 Rn. 1 f., 6. 34 Vgl. Heussen, MDR 2002, S. 12 (13).

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B. Vorstellung der §§ 478, 479

2. Modifizierung der Rechte aus § 437 über § 478 Abs. 1 § 478 Abs. 1 gewährt keinen eigenen Regressanspruch.35 Er modifiziert die gegen den Vormann (Lieferanten) bestehenden Rechte aus § 437.36 Eine ansonsten nach §§ 437 Nr. 2, 440 Satz 1, 323 Abs. 1, 281 Abs. 1 erforderliche Fristsetzung gegenüber dem Lieferanten des Letztverkäufers ist entbehrlich, wenn der Letztverkäufer wegen eines Mangels der Kaufsache – „als Folge ihrer Mangelhaftigkeit“ – diese vom Verbraucher zurücknehmen musste oder vom Verbraucher auf Minderung in Anspruch genommen worden ist.37 Hierdurch wird das Recht des Lieferanten auf zweite Andienung38 beseitigt.39 Die Norm des § 478 Abs. 1 greift nach dem Wortlaut sowohl bei einer Minderung des Verbrauchers als auch dann ein, wenn der Letztverkäufer die mangelhafte Kaufsache zurücknehmen musste. Dementsprechend wird eindeutig nur die Minderung angesprochen. Welche anderen Gewährleistungsrechte (Rücktritt, Schadensersatz statt der (ganzen) Leistung40, Schadensersatz neben der Leistung, Nachlieferung oder Nachbesserung) vom Tatbestand des § 478 Abs. 1 erfasst sind, bedarf der Klärung.41 § 478 Abs. 1 verweist auf die in § 437 bezeichneten kaufrechtlichen Rechte des Letztverkäufers gegen seinen Lieferanten. Dieser Verweis bezieht alle Nummern des § 437 mit ein. Jedoch ist die Rechtsfolge des § 478 Abs. 1, dass es bei den in § 437 bezeichneten Rechten einer sonst erforderlichen Fristsetzung nicht bedarf. Daher könnte sich der Verweis in § 478 Abs. 1 auch nur auf ebensolche Rechte, die grundsätzlich eine Fristsetzung erfordern, beziehen. Auf diese Problematik ist ebenfalls näher einzugehen.42 35 KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 4; Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, 1. Auflage, § 478 Rn. 12; Hk-BGB / Saenger, §§ 478, 479 Rn. 1; Weber / Dospil / Hanhörster, S. 148; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 87; Brox / Walker, Schuldrecht, § 7 Rn. 14; Lorenz / Riehm, Schuldrecht, Rn. 588; Westermann, NJW 2002, S. 241 (252); a.A. jetzt Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 14, die jedoch wegen des Wortlautes und der Systematik der Norm sowie infolge des eindeutigen Willens des Gesetzgebers abzulehnen ist. 36 Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 14; Hk-BGB / Saenger, §§ 478, 479 Rn. 1; Lorenz / Riehm, Schuldrecht, Rn. 588; Jauernig / Chr. Berger, § 478 Rn. 3; Schubel, JZ 2001, S. 1113 (1116). 37 Oechsler, Schuldrecht BT, § 2 Rn. 322 ff. 38 Das Recht zur zweiten Andienung bzw. das Recht zur Nacherfüllung ist mittelbar in §§ 437 Nr. 1, 439 verankert. Vgl. Palandt / Putzo, § 439 Rn. 1; AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 437 Rn. 4, § 439 Rn. 1; Hk-BGB / Saenger, § 437 Rn. 2 f., § 439 Rn. 1; Büdenbender, DStR 2002, S. 312 (315); Huber, NJW 2002, S. 1004 (1005); dieses Recht steht daher jedem Verkäufer, folglich auch dem Lieferanten des Letztverkäufers, zu. 39 Hassemer, ZGS 2002, S. 95 (101). 40 Beim großen Schadensersatz werden die ausgetauschten Leistungen zurückgewährt und darüber hinaus der entstandene Schaden ausgeglichen. Beim kleinen Schadensersatz hingegen werden die angefallenen Schäden ersetzt, ohne dass die ausgetauschten Leistungen zurückgewährt werden. 41 Siehe hierzu unter D. 42 Siehe unter D.

II. Die Regelung der §§ 478, 479

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Es sei nochmals ausdrücklich darauf verwiesen, dass § 478 Abs. 1 die bestehenden Gewährleistungsrechte des Letztverkäufers gegen seinen Lieferanten nur modifiziert. Damit ist für die Norm nur Raum, wenn dem Letztverkäufer gegen seinen Lieferanten Sachmängelgewährleistungsansprüche infolge des Kaufvertrages zustehen.43 Hierbei findet die Beweislastumkehr des § 476 nach § 478 Abs. 3 Anwendung, sodass die sechsmonatige Frist erst mit dem Gefahrübergang auf den Verbraucher für den Letztverkäufer zu laufen beginnt.44 Falls die Beweislastumkehr nicht greift, hat der Anspruchsteller – der Letztverkäufer – zu beweisen, dass der Mangel der Kaufsache schon zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges auf ihn vorhanden war. Darüber hinaus hat er ebenso zu beweisen, dass er vom Verbraucher auf Gewährleistung wegen der mangelhaften Kaufsache in Anspruch genommen wurde, und diesem deswegen seine Ansprüche erfüllen musste. Da eine Verpflichtung zur Gewährleistung vorliegen muss, sind Kulanzmaßnahmen über §§ 478, 479 nicht regressfähig.45

3. Kostenerstattungsanspruch des § 478 Abs. 2 Im Gegensatz zu Abs. 1 normiert § 478 Abs. 2 einen eigenen Anspruch46 des letztverkaufenden Unternehmers gegen seinen Lieferanten. Ist der Letztverkäufer von dem Verbraucher wegen des Verkaufes einer neu hergestellten, aber mangelhaften Sache auf Nacherfüllung in Form der Nachbesserung oder Nachlieferung gemäß § 439 Abs. 1 in Anspruch genommen worden, kann der Unternehmer die Nacherfüllungsaufwendungen i. S. d. § 439 Abs. 2 von seinen Lieferanten ersetzt verlangen, ohne sich seinerseits eine Nacherfüllung (das Recht zur zweiten Andienung) entgegenhalten lassen zu müssen.47 Das Vorhandensein des Sachmangels bei Gefahrübergang auf den Letztverkäufer bzw. auf das anspruchstellende vorgelagerte Kettenglied ist gleichfalls wie bei § 478 Abs. 1 Voraussetzung für den Anspruch nach § 478 Abs. 2. Ebenso findet nach § 478 Abs. 2 über Abs. 3 die Norm des § 476 mit der Maßgabe Anwendung, dass die sechsmonatige Frist für die Beweislastumkehr erst mit dem Gefahrübergang auf den Verbraucher beginnt.

43 Hiervon geht auch Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 14 aus, obwohl er Abs. 1 als eigenständige Anspruchsgrundlage verstehen möchte. 44 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 40. 45 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 248 f.; Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 7; AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 8, 32; Weber / Dospil / Hanhörster, S. 148; Bereska, ZGS 2002, S. 59. 46 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 248; KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 4; Hk-BGB / Saenger, §§ 478, 479 Rn. 1, 14; Weber / Dospil / Hanhörster, S. 148; Büdenbender in DaunerLieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 89; Schmidt-Räntsch, Praxis, Rn. 957; Medicus, Schuldrecht BT, Rn. 80 f.; Gursky, Schuldrecht BT, S. 51; Schubel, ZIP 2002, S. 2061 (2062). 47 Schubel, ZIP 2002, S. 2061 (2062).

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B. Vorstellung der §§ 478, 479

Ohne die Regelung des § 478 Abs. 2 wären die Nacherfüllungskosten allein vom Letztverkäufer zu tragen, sofern sich nicht aus dem Bestehen einer Herstellergarantie oder eines Vertragshändlervertrages ein Anspruch des Letztverkäufers auf Ersatz der Nachbesserungs- oder Ersatzlieferungskosten gegen seinen Lieferanten nach den Grundsätzen der Geschäftsbesorgung gemäß § 675 Abs. 1 i.V.m. § 670 ergäbe,48 was jedoch nur selten der Fall sein wird. Den Nacherfüllungsaufwand des § 439 Abs. 2 ebenfalls hierüber zu verlangen, wäre kaum begründbar. Damit bliebe nur die Möglichkeit, den Nacherfüllungsaufwand im Rahmen eines verschuldensabhängigen und damit selten vorliegenden Schadensersatzanspruches gegen den Lieferanten geltend zu machen.49 Um das Problem der eingeschränkten Weiterreichung der Nacherfüllungsaufwendungen zu beheben, gewährt § 478 Abs. 2 zur Sicherung des Letztverkäufers diesem einen verschuldensunabhängigen50 Ersatzanspruch gegen seinen Vorlieferanten auf Ersatz des erbrachten Nacherfüllungsaufwandes.51 Der Begriff der Aufwendungen i. S. d. § 478 Abs. 2 unterscheidet sich von dem in §§ 256, 670 verwendeten insoweit, als in diesen Tatbeständen Aufwendungen als freiwillige Vermögensopfer52 aufgefasst werden.53 Der Letztverkäufer übernimmt die Kosten der Nachbesserung gegenüber seinem Käufer gerade nicht freiwillig, denn es besteht eine Verpflichtung aus §§ 437 Nr. 1, 439. Sofern der Letztverkäufer bzw. ein vorgelagertes Kettenglied über § 478 Abs. 5 die Nachbesserung vornimmt, ohne dass er dazu verpflichtet ist, besteht gerade kein Anspruch gegen den Vormann nach § 478 Abs. 2. Kulanzmaßnahmen sind nicht regressfähig.54 Daher wäre der Begriff „Kostenerstattungsanspruch“ treffender als „Aufwendungsersatzanspruch“.55 48 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 248; Graf von Westphalen, 1999, S. 2553 (2555 ff.); SchmidtRäntsch / Maifeld / Meier-Göring / Röcken, S. 566; Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (728). 49 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 248; Huber in Huber / Faust, § 15 Rn. 32; Schmidt-Räntsch / Maifeld / Meier-Göring / Röcken, S. 566; Gursky, Schuldrecht BT, S. 51; Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXII; Bereska, ZGS 2002, S. 59 (60); Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (731); Roloff, NotBZ 2001, Beilage Schuldrechtsreform, S. 3 (8). 50 Jauernig / Chr. Berger, § 478 Rn. 4, 8; Gursky, Schuldrecht BT, S. 51; § 478 Abs. 2 steht zudem einem darüber hinausgehenden verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch aus §§ 280 ff. nicht entgegen. 51 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 248 f.; Schmidt-Räntsch / Maifeld / Meier-Göring / Röcken, S. 566. 52 MünchKomm BGB / Krüger, § 256 Rn. 2 ff.; Palandt / Heinrichs, § 256 Rn. 1; ders. / Sprau, § 670 Rn. 2; Hk-BGB / Schulze, §§ 256, 257 Rn. 2, § 670 Rn. 3. 53 AnwKomm-BGB / Büdenbender § 478 Rn. 11; Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (435). 54 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 249; Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 16; Weber / Dospil / Hanhörster, S. 148; Schimmel / Buhlmann / Winkelmann, E. I. Rn. 249; Brox / Walker, Schuldrecht, § 7 Rn. 17; Schubel, ZIP 2002, S. 2061 (2063). 55 Vgl. Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (435) zu der missverständlichen Definition der Sachlage durch „Aufwendungen“ im Rahmen des § 478 Abs. 2.

II. Die Regelung der §§ 478, 479

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4. Beweislasterleichterung durch § 478 Abs. 3 Wie schon erwähnt,56 findet nach § 478 Abs. 3 die Beweiserleichterung des § 476 auf die Absätze 1 und 2 Anwendung. Dies hat zur Folge, dass die sechsmonatige Beweisfiktion auch für vorgelagerte Kettenglieder erst mit dem Gefahrübergang auf den Verbraucher beginnt.57 In dem Maße, wie dem Verbraucher § 476 zur Seite steht, gilt die Beweislastumkehr für die unternehmerischen Kettenglieder über § 478 Abs. 1 oder 2, (5) i.V.m. Abs. 3. Dies soll an einem Beispiel verdeutlicht werden. Beispielsfall 2: Die Lagerzeiten der Ware vor dem Weiterverkauf betragen auf den jeweiligen Handelsstufen bei L1 L2 LVK

8 Monate, 15 Monate und 3 Monate.

V nimmt LVK zwei Monate nach Gefahrübergang wegen eines Mangels der Kaufsache auf Sachmängelgewährleistung in Anspruch.

Hierbei steht V die Beweislastumkehr des § 476 zur Seite. Danach gilt die Vermutung, dass der Mangel der Kaufsache bereits zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges auf ihn vorhanden war. Nachdem LVK die Ansprüche von V befriedigt hat, wendet er sich über § 478 Abs. 1 oder 2 i.V.m. Abs. 3, § 476 an L2. L2 kann gegen L1 mit den Vorschriften nach § 478 Abs. 5 i.V.m. §§ 478 Abs. 1 und 3 oder 2 und 3, 476 vorgehen. L1 geht dementsprechend gegen H vor. Die Regressansprüche laufen somit die Kette hinauf. Durch § 478 Abs. 3 gilt die Beweislasterleichterung ebenfalls für LVK, L2 und L1. Sie beginnt erst ab dem Gefahrübergang auf den Verbraucher zu laufen. Daher wird auf den einzelnen Ebenen der Lieferkette fingiert, dass der Sachmangel ebenfalls bei dem jeweiligen Gefahrübergang auf die einzelnen Kettenglieder vorhanden war. Wird zu den zwei Monaten, nach denen sich der Mangel bei V zeigte, die jeweilige Lagerzeit addiert, ergibt sich die tatsächlich verstrichene Zeit bis zur Anspruchsstellung auf der jeweiligen Ebene der Lieferkette. Im Verhältnis zwischen LVK und L2 sind nach Lieferung bis zur Inanspruchnahme des L2 durch LVK fünf Monate vergangen. Bei L2 lagerte das Produkt 15 Monate, sodass er L1 20 Monate nach Gefahrübergang in Anspruch nimmt. H wird von L1 28 Monate nach Belieferung in Anspruch genommen. Die Beweislastumkehr beginnt für die jeweiligen Stufen der Lieferkette erst nach Gefahrübergang auf den Verbraucher. Folglich wirkt sich die Beweisfiktion ebenfalls zugunsten von LVK, L2 und L1 aus, obwohl tatsächlich mehr als sechs Monate vergangen sind. Selbst nach 28 Monaten, wie im Verhältnis zwischen L1 und H, Siehe S. 9 ff. Palandt / Putzo, § 478 Rn. 5, 12; Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 17; AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 40; Oetker / Maultzsch, S. 190; Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 486; Brox / Walker, Schuldrecht, § 7 Rn. 19; Zerres, VuR 2002, S. 3 (14). 56 57

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B. Vorstellung der §§ 478, 479

steht dem Anspruchssteller noch die Beweislastumkehr zur Seite. Folglich kann es praktisch zu einer erheblich über sechs Monaten verlängerten Beweislastumkehr kommen. Daher wird es in der Praxis durch lange Lieferketten und – auch kurze – Lagerzeiten dazu kommen, dass die vorgelagerten Kettenglieder nach weit mehr als sechs Monaten noch mit der Beweisfiktion der §§ 478 Abs. 3, 476 und ihrer Inanspruchnahme konfrontiert werden. Je länger demnach die Lieferkette ist und je weiter der Anspruchsteller am Anfang der Lieferkette steht, desto länger wird die Zeitspanne für die Beweislastumkehr. Wegen der bereits verstrichenen Zeit, der Länge der Lieferkette und der anderen Herrschaftssphären wird es kaum möglich sein, die Beweisfiktion durch entsprechenden Beweisantritt zu entkräftigen. 5. Beschränkung der Abdingbarkeit durch § 478 Abs. 4 § 478 Abs. 4 regelt eine Beschränkung der Abdingbarkeit der Regelungen gemäß §§ 478, 479. Mittels § 478 Abs. 4 lässt sich daher der Umkehrschluss ziehen, dass die §§ 478, 479 grundsätzlich, wenn auch nicht in vollem Umfang, dispositiv sind.58 Durch die Dispositionsmöglichkeit sollen im unternehmerischen Bereich vertragliche Vereinbarungen möglich bleiben, um eine den Besonderheiten des Einzelfalles angemessene Lösung durch die Beteiligten zu ermöglichen.59 Zum Schutz des letzten Gliedes in der Lieferkette, dem meist schwächeren Händler, vor einem vollständigen Anspruchsverlust ist die Abdingbarkeit von § 478 vor Mitteilung des Mangels60 eingeschränkt.61 Eine Dispositionsmöglichkeit besteht nur, soweit dem geschützten Vertragspartner gleichwertige Ausgleichsansprüche eingeräumt worden sind.62 Solch ein gleichwertiger Ausgleich kann theoretisch, wie schon der Gesetzesbegründung zu entnehmen ist,63 auch durch ein pauschales Abrechnungssystem, in dem zwar Einzelansprüche des Händlers ausgeschlossen werden, das insgesamt jedoch den berechtigten Interessen des Händlers Rechnung trägt, erfolgen.64 Wird kein solcher Ausgleich gewährt, so wird dem Klauselverwender die Berufung auf die getroffene Regelung versagt.65 58 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 249; Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 491; Schmidt in DaunerLieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (442); Schmidt-Räntsch, Praxis, Rn. 961; Bereska, ZGS 2002, S. 59 (61); Roloff, NotBZ 2001, Beilage Schuldrechtsreform, S. 3 (9). 59 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 249; Hk-BGB / Saenger, §§ 478, 479 Rn. 1; Weber / Dospil / Hanhörster, S. 148. 60 Ebenso wie § 475 Abs. 1 Satz 1 ist § 478 Abs. 4 Satz 1 somit nicht auf im Nachhinein getroffene Vereinbarungen – wie einen Vergleich oder einen Verzicht – anzuwenden. Siehe Hk-BGB / Saenger, §§ 478, 479 Rn. 10. 61 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 249; Hk-BGB / Saenger, §§ 478, 479 Rn. 8 ff. 62 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 42; Jauernig / Chr. Berger, § 478 Rn. 10. 63 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 249. 64 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 249; Hk-BGB / Saenger, §§ 478, 479 Rn. 11; AnwKommBGB / Büdenbender, § 478 Rn. 43. 65 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 44; Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 24 f.

II. Die Regelung der §§ 478, 479

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§ 478 Abs. 4 Satz 2 stellt klar, dass Satz 1 nicht für den Ausschluss oder die Beschränkung eines Anspruches auf Schadensersatz gilt. Damit kann der Anspruch auf Schadensersatz vertraglich schon vor Mitteilung des Mangels ausgeschlossen werden. Beim Einsatz von AGBs kommt § 307 entsprechend § 478 Abs. 4 Satz 2 zur Anwendung.66 Die Unabdingbarkeit gemäß § 478 Abs. 4 bezieht sich jedoch nicht nur auf AGBs, sondern geht darüber hinaus und erfasst auch Individualvereinbarungen.67 Die Norm ist damit eine Ergänzung und Erweiterung zu § 307.68 § 478 Abs. 4 stellt zudem strengere Anforderungen an eine Abbedingung als § 307, da es nicht ausreichend ist, wie bei § 307 eine unangemessene Benachteiligung zu vermeiden, sondern es einer gleichwertigen Ersatzbestimmung bedarf.69 Die vereinbarten Abbedingungsklauseln sind mithin nicht nur an den für AGBs geltenden Grundsätzen zu messen, sondern primär an § 478 Abs. 4 und zwar in der Weise, dass dem Rückgriffsgläubiger schlechthin ein gleichwertiger Ausgleich einzuräumen ist.70 Gemäß des dritten Satzes von § 478 Abs. 4 findet Satz 1 ebenfalls Anwendung, wenn durch andere Gestaltung eine Umgehung versucht wird. § 478 Abs. 4 Satz 3 normiert ein ausdrückliches Umgehungsverbot.71

6. Erweiterung des Anwendungsbereiches durch § 478 Abs. 5 § 478 Abs. 5 erstreckt sowohl die Modifikationen des Absatzes 1 als auch den Regressanspruch für die Nacherfüllungskosten nach § 478 Abs. 2 entsprechend auf die vorgelagerten einzelnen Glieder der Produktions- und Lieferketten.72 Voraussetzung ist, dass es sich jeweils um Unternehmer handelt, ein Verbrauchsgüterkauf einer neuen und mangelhaften Sache zugrunde liegt und der entsprechende Anspruchsteller von seinem Vormann auf Gewährleistung beruhend auf den Rechten des Verbrauchers in Anspruch genommen worden ist.73 So wird gewährleistet, dass der Lieferant des Letztverkäufers nicht auf den Kosten seiner Inanspruchnahme 66 Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rn. 95; Huber in Huber / Faust, § 15 Rn. 40; Gursky, Schuldrecht BT, S. 51; Lorenz / Riehm, Schuldrecht, Rn. 596; Schwab / Witt, Einführung, S. 48. 67 Huber in Huber / Faust, § 15 Rn. 38. 68 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 249; KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 24; Palandt / Putzo, § 478 Rn. 16; Schmidt-Räntsch, Praxis, Rn. 961; Schubel, JZ 2001, S. 1113 (1118). 69 Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 491; KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 24; Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 27. 70 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 249. 71 Oetker / Maultzsch, S. 193; Jauernig / Chr. Berger, § 478 Rn. 10; Bereska, ZGS 2002, S. 59 (62). 72 Vgl. hierzu auch Beispielsfall 2 auf S. 11. 73 Siehe Fn. 26, 28.

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B. Vorstellung der §§ 478, 479

sitzen bleibt, ihm mithin nicht die Regressfalle droht. Im Rahmen der jeweiligen Ansprüche in der Lieferkette ist darüber hinaus erforderlich, dass der Sachmangel schon bei Gefahrübergang auf den entsprechenden Anspruchsteller vorgelegen hat. Auch hier gilt die Regelung der Beweislastumkehr des § 476 entsprechend.74 § 478 Abs. 4 findet gleichfalls im Rahmen von § 478 Abs. 5 Anwendung. Die jeweiligen Regressansprüche können nur gegen den entsprechenden Vertragspartner innerhalb der Kette geltend gemacht werden, mit der Folge, dass die Regelung des § 478 Abs. 5 die Relativität der Schuldverhältnisse wahrt.75 Ein Überspringen eines Kettengliedes oder die direkte Inanspruchnahme des Herstellers ist somit nicht möglich. Hintergrund dieser Regelung ist, dass jeder Anspruchsteller die Zuverlässigkeit und Solvenz seines gewählten Vertragspartners selbst tragen soll.76 7. Untersuchungs- und Rügeobliegenheit nach § 478 Abs. 6 § 478 Abs. 6 normiert, dass § 377 HGB von der Vorschrift des § 478 unberührt bleibt. Demnach ist § 377 HGB anwendbar. Dies gilt auch für die Anwendung auf Produktions- und Lieferketten, die den §§ 478 f. zugrunde liegen. Daher bleibt der Kaufmann verpflichtet, die Sache nach Lieferung zu untersuchen und gegebenenfalls entdeckte Sachmängel zu rügen, um die Gewährleistungsrechte gegen seinen Lieferanten nicht zu verlieren.77 Die Genehmigungsfiktion des § 377 Abs. 2 HGB tritt ein, sofern ein erkennbarer Mangel vor dem Weiterverkauf nicht gerügt wird.78 8. Modifikationen durch § 479 Die Rückgriffsansprüche nach § 478 verjähren nach der besonderen Vorschrift des § 479. Die Ansprüche aus § 478 Abs. 2 verjähren gemäß § 479 Abs. 1 grundsätzlich zwei Jahre ab Ablieferung der Sache an den jeweiligen Anspruchsteller.79 § 479 Abs. 2 bezieht sich dagegen auf den Kostenerstattungsanspruch aus § 478 Abs. 2 sowie auf die infolge § 478 Abs. 1 modifizierten Rechte aus § 437.80 Absatz Siehe B. II. 4. Ziegler / Rieder, ZIP 2001, S. 1789 (1797). 76 Dies entspricht den Grundgedanken zu §§ 812 ff.; siehe MünchKomm BGB / Lieb, § 812 Rn. 32a; Bereska, ZGS 2002, S. 59. 77 BT-Drucks. 14 / 7052, S. 199; Hk-BGB / Saenger, §§ 478, 479 Rn. 7. 78 Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 35; Huber in Huber / Faust, § 15 Rn. 37; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 93. 79 Jauernig / Chr. Berger, § 479 Rn. 2; Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 179; Oetker / Maultzsch, S. 193. 80 Oetker / Maultzsch, S. 194; Huber in Huber / Faust, § 15 Rn. 41, 43; Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 182; Schwab / Witt, Einführung, S. 16; Bereska, ZGS 2002, 74 75

II. Die Regelung der §§ 478, 479

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3 von § 479 dehnt die Anwendbarkeit der ersten beiden Absätze auf die gesamte Lieferkette aus, sofern die Schuldner Unternehmer sind. a) Verjährung nach § 479 Abs. 1 Die von § 479 Abs. 1 normierte Verjährung des Kostenerstattungsanspruches nach § 478 Abs. 2 (zwei Jahre ab Ablieferung der Sache) entspricht der Verjährungsregelung des § 438 Abs. 1 Nr. 3.81 § 438 Abs. 1 bezieht sich jedoch nur auf die Rechte aus § 437 und nicht auf § 478 Abs. 2. Daher ist eine gesonderte Verjährungsregelung für § 478 Abs. 2 erforderlich.82 Damit verjähren die Kostenersatzansprüche aus § 478 Abs. 2 für alle Beteiligten der Lieferkette innerhalb von zwei Jahren ab Ablieferung der Sache. b) Ablaufhemmung nach § 479 Abs. 2 § 479 Abs. 2 normiert darüber hinaus eine Ablaufhemmung für die Verjährung der Ansprüche innerhalb der Lieferkette. Hierbei wird die Verjährungsvorschrift des § 438 oder des § 479 Abs. 1 modifiziert.83 Die Modifikation erfolgt jedoch einheitlich, da sich § 479 Abs. 1 und § 438 Abs. 1 Nr. 3 entsprechen. Die Verjährung der Ansprüche des Letztverkäufers tritt nach § 479 Abs. 2 Satz 1 frühestens zwei Monate nach Erfüllung der Ansprüche des Verbrauchers ein. Für die vorgelagerten Ebenen der Lieferkette modifiziert § 479 Abs. 3 die Person desjenigen, dessen Ansprüche erfüllt werden müssen. Folglich hängt das Ende der Ablaufhemmung von der Erfüllung der Regressansprüche des in der Lieferkette nachfolgenden Unternehmers, d. h. des jeweils zum Regress Berechtigten, ab. Die Ablaufhemmung beugt der Gefahr vor, dass die Rückgriffsansprüche des Unternehmers bereits verjährt sind, obwohl dieser bislang keine Kenntnis vom Mangel und damit von bestehenden Gewährleistungsrechten des Verbrauchers hatte. § 479 Abs. 2 Satz 1 schützt folglich den in Anspruch genommenen Unternehmer. Die vorgelagerten Kettenglieder können den Zeitpunkt des Weiterverkaufes an den VerbrauS. 59 (61); über § 218 (i.V.m. § 438 Abs. 4, 5) greift die Regelung des § 479 Abs. 2 auch für Rücktritt und Minderung, weil diese unwirksam sind, wenn der Nacherfüllungsanspruch verjährt ist. Vgl. Schwab / Witt, Einführung, S. 39 f.; Bereska, ZGS 2002, S. 59 (61); Büdenbender, DStR 2002, S. 312 (317); Haas, BB 2001, S. 1313 (1319). 81 KompaktKom-BGB / Tonner, § 479 Rn. 2; Palandt / Putzo, § 479 Rn. 1; Oetker / Maultzsch, S. 193; Mansel in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, Rn. 159; Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 180; Schwab / Witt, Einführung, S. 41; Bereska, ZGS 2002, S. 59 (61); Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1394). 82 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 249 f.; Huber in Huber / Faust, § 15 Rn. 42; Mansel in DaunerLieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, Rn. 159; Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 180; Schwab / Witt, Einführung, S. 41. 83 Hk-BGB / Saenger, §§ 478, 479 Rn. 12; Mansel in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, Rn. 159; Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 182.

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cher weder beeinflussen, noch können sie erkennen, ob der Verbraucher Gewährleistungsrechte geltend machen wird. Deshalb wäre eine Kalkulation, ob und vor allem bis wann mit Rückgriffsansprüchen zu rechnen ist, kaum möglich. Dem versucht § 479 Abs. 2 Satz 2 abzuhelfen, indem ein Ende der Ablaufhemmung spätestens fünf Jahre nach Ablieferung vorgeschrieben wird. Nach fünf Jahren ab Ablieferung tritt Verjährung unabhängig davon ein, ob bzw. wann im Verhältnis Verbraucher und Letztverkäufer noch Gewährleistungsrechte geltend gemacht werden. Zur Verdeutlichung der praktischen Auswirkungen durch die Regelung des § 479 wird folgender Fall angeführt. Beispielsfall 3: Die Lagerzeiten der Ware vor dem Weiterverkauf betragen auf den jeweiligen Handelsstufen bei L1 L2 LVK

5 Monate, 7 Monate und 50 Monate.

Der Mangel des Produktes könnte auch auf der teilweise falschen Lagerung bei LVK beruhen. Es lässt sich im Nachhinein jedoch nicht mehr klären, bei wem genau der Mangel entstanden ist. Bis zur Inanspruchnahme von LVK durch V sind seit dem Gefahrübergang zwei Monate vergangen.

Die Ware lagerte vor dem Weiterverkauf an V 50 Monate bei LVK. Im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des LVK durch V sind 52 Monate seit der Lieferung von L2 an LVK vergangen. Ohne die Ablaufhemmung wären die Ansprüche von LVK gegen L2 schon zwei Jahre ab Ablieferung verjährt. Aufgrund der Ablaufhemmung nach § 479 Abs. 2 Satz 1 hat LVK nach Erfüllung der Ansprüche des V noch zwei Monate Zeit, um sich mit seinen Ansprüchen an L2 zu wenden. Damit sind die Ansprüche von LVK gegen L2 infolge der Ablaufhemmung noch nicht verjährt. Zudem greift § 476 über § 478 Abs. 3 zugunsten von LVK ein. Auch L2 kann noch gegen L1 vorgehen, da seit der Ablieferung der Ware an L2 „erst“ 57 Monate – noch keine fünf Jahre – vergangen sind. Den Ansprüchen des L1 gegen H steht § 479 Abs. 2 Satz 2 entgegen. Nach der Lieferung von H an L1 sind bis zum Zeitpunkt einer Inanspruchnahme des H durch L1 bereits 62 Monate vergangen. Mithin ist Verjährung eingetreten. Zu § 479 Abs. 2 bleibt festzuhalten, dass sich jeder Unternehmer im Rahmen der Lieferkette, auch der Hersteller, auf eine bis zu fünfjährige Inanspruchnahme nach Ablieferung durch seinen unternehmerischen Käufer einstellen muss.84

84 So auch Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (439); Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 184; Wagner / Neuenhahn, ZGS 2003, S. 64 (66); MatuscheBeckmann, BB 2002, S. 2561 (2562); Ziegler / Rieder, ZIP 2001, S. 1789 (1797).

C. Die Regelung des § 478 Abs. 2 Nachdem die Regelungen der §§ 478, 479 kurz vorgestellt und allgemein erläutert wurden, kann sich detailliert den einzelnen Absätzen zugewandt werden. § 478 Abs. 2 stellt im Gegensatz zu Abs. 1 eine eigene Anspruchsgrundlage dar.85 Dieser gesetzlich normierte Anspruch ist daher vor den Modifikationen der allgemeinen Gewährleistungsrechte durch § 478 Abs. 1 zu behandeln. Über Abs. 2 kann der Letztverkäufer von seinem Lieferanten Ersatz von nicht freiwillig erbrachten Aufwendungen (Kosten) verlangen, die im Verhältnis zum Verbraucher infolge der Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 2 entstanden sind.86 Die Nacherfüllungskosten müssen somit vom Kettenvorgänger ersetzt werden. Durch die Nacherfüllung in Form der Nachbesserung oder der Nachlieferung können vielfältige Kosten verursacht werden. § 439 Abs. 2 erwähnt als Beispiel Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten. Diese Aufzählung ist, wie dem Zusatz „insbesondere“ zu entnehmen, nicht abschließend.87 Die Vorschrift des § 439 Abs. 2 übernimmt wortgetreu den bisherigen § 476a Satz 1 a.F. und entspricht Art. 3 Abs. 4 der VerbrGKaufRL.88 Satz 2 des § 476a a.F. sah eine Einschränkung der Kostentragungspflicht des Verkäufers bei der Nachbesserung vor. Diese Regelung wurde nicht in den neuen § 439 übernommen, da § 476a Satz 1 a.F. für vertraglich vereinbarte Nachbesserungsrechte konzipiert war.89 § 476a Satz 2 a.F. sprach von einem „bestimmungsgemäßen“, d. h. vertraglichen Gebrauch.90 Das Nachbesserungsrecht wurde durch die Schuldrechtsreform zu einem gesetzlichen Gewährleistungsrecht, sodass Satz 2 des § 476a a.F. nicht übernommen werden konnte. Als Ausgleich für die Nichtübernahme des § 476a Satz 2 a.F. wurde dem Verkäufer ein Verweigerungsrecht bezüglich der Nachbesserung – auch hinsichtlich der Nachlieferung – bei unverhältnismäßigen Kosten durch § 439 Abs. 3 eingeräumt. § 439 Abs. 3 stellt eine besondere Ausprägung des allgemeinen Rechtsgedankens des § 275 Abs. 2 Siehe B. II. 3. Vgl. zu den allgemeinen Voraussetzungen – Vorhandensein des Mangels zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges – die Ausführungen unter B. II. 1. 87 Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 439 Rn. 15. 88 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 231; AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 439 Rn. 3; Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 439 Rn. 1, 13; Schmidt-Räntsch / Maifeld / Meier-Göring / Röcken, S. 501; Haas, BB 2001, S. 1313 (1316); so auch Zerres, VuR 2002, S. 3 (8). 89 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 231; Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 439 Rn. 17; Schmidt-Räntsch / Maifeld / Meier-Göring / Röcken, S. 501. 90 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 231; Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 439 Rn. 17; Schmidt-Räntsch / Maifeld / Meier-Göring / Röcken, S. 501. 85 86

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C. Die Regelung des § 478 Abs. 2

dar, wobei § 439 Abs. 3 eine niedrigere Schwelle manifestiert als § 275 Abs. 2.91 Dies ergibt sich daraus, dass es die Interessenlage des Käufers nicht erfordert, den Nacherfüllungsanspruch bei unverhältnismäßigen Kosten gewährt zu bekommen, da er mittels Minderung und Rücktritt in diesem Fall ausreichend geschützt ist.92 Wann Unverhältnismäßigkeit vorliegt, richtet sich zwar nach dem jeweiligen Einzelfall, aber dennoch sind Faustformeln als grobe Richtschnur zu begrüßen.93 Hierzu existieren einige Vorschläge innerhalb der Literatur.94 Wegen der durch § 439 Abs. 3 gesetzten niedrigeren Schwelle und in Anlehnung an die dem Verkäufer zumutbare Auslegung des § 633 Abs. 2 Satz 3 a.F. sollte mit Huber davon ausgegangen werden, dass dem schuldlosen Verkäufer nur Nacherfüllungskosten bis zu 100% des Wertes der mangelfreien Sache zumutbar sind.95 Der Grund für die Befürwortung der 100 %-Schwelle ergibt sich aus dem Umstand, dass der Verkäufer wertmäßig nicht mehr als die Lieferung einer mangelfreien Sache versprochen hat und eine höhere Schwelle in den Bereich des Schadensersatzes nach §§ 280 ff. eindringen würde. Für eine Unverhältnismäßigkeit der einen Art der Nacherfüllung gegenüber der anderen ist als Richtgröße von einem 10 ïg höheren Aufwand auszugehen.96 Festzuhalten ist, dass der Verkäufer bis zum Bereich des § 439 Abs. 3 jegliche Kosten der Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 2 zu tragen hat.97 Dadurch sind vom Verkäufer neben denen durch die Nachbesserung unmittelbar anfallenden Kosten, wie beispielsweise die von § 439 Abs. 2 erwähnten Kosten für Transport, Arbeit und Material, auch die mittelbar verursachten Kosten98 für Personal, Raum, Miete, Lagerhaltung, Inbetriebhaltung von Verkauf- und Werkräumen und dergleichen (Gemeinkosten) zu tragen. 91 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 232; KompaktKom-BGB / Tonner, § 439 Rn. 14; SchmidtRäntsch / Maifeld / Meier-Göring / Röcken, S. 502; Huber, NJW 2002, S. 1004 (1007). 92 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 232. 93 Vgl. Huber, NJW 2002, S. 1004 (1008); Bitter / Meidt, ZIP 2001, S. 2114 (2121, 2122). 94 Huber, NJW 2002, S. 1004 (1008); Bitter / Meidt, ZIP 2001, S. 2114 (2120 ff.); Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 439 Rn. 22 und KompaktKom-BGB / Tonner, § 439 Rn. 15 in Anlehnung an § 633 Abs. 2 Satz 3 a.F. 95 Huber, NJW 2002, S. 1004 (1008); Bianca in Grundmann / Bianca, Art. 3 Rn. 33; Bitter / Meidt, ZIP 2001, S. 2114 (2121) gehen dagegen davon aus, dass Nacherfüllungskosten in Höhe von 150% des Wertes der Sache noch verhältnismäßig sind. Da der Verkäufer jedoch nur wertmäßig die Lieferung einer mangelfreien Sache versprochen hat, liegt die 100%-Grenze, insbesondere vor dem Hintergrund einer sonst drohenden Vermischung von Schadensersatz nach den §§ 280 ff. und der Nacherfüllung, näher. 96 So auch Huber, NJW 2002, S. 1004 (1008); Bitter / Meidt, ZIP 2001, S. 2114 (2122); Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2507). 97 Palandt / Putzo, § 439 Rn. 10 ff., 16; AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 439 Rn. 12; Roloff, NotBZ 2001, Beilage Schuldrechtsreform; S. 3 (6). 98 Über entsprechende Verursachungs- bzw. Verteilungsschlüssel können die mittelbaren Kosten den einzelnen Vorfällen, beispielsweise einem individuellen Reklamations- und Nachbesserungsvorgang, im Rahmen der Kostenrechnung zugeordnet werden.

I. Von § 478 Abs. 2 erfasste Nachbesserungskosten

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I. Von § 478 Abs. 2 erfasste Nachbesserungskosten Über § 478 Abs. 2 soll der Letztverkäufer die bei der Nachbesserung gemäß § 439 Abs. 2 anfallenden Kosten an seinen Lieferanten weitergeben können. Hierbei stellt sich die Frage, ob § 478 Abs. 2 ein Recht auf Weitergabe sämtlicher bei der Nacherfüllung auftretender bzw. dieser zurechenbarer Kosten normiert oder ob eine Grenze für die Erstattungsfähigkeit der Nacherfüllungskosten existiert.99

1. Ansichten in der Literatur Zur Begrenzung der über § 478 Abs. 2 ersatzfähigen Kosten sind kaum Überlegungen in der Literatur ersichtlich.100 Zumeist wird der Gesetzesbegründung101 folgend, allgemein davon ausgegangen, dass die gegenüber dem Verbraucher nach § 439 Abs. 2 zu tragenden Kosten der Nacherfüllung über § 478 Abs. 2 ersatzfähig sind.102 Eine Grenze wird lediglich – entsprechend der Gesetzesbegründung – für nicht zur Nacherfüllung erforderliche Aufwendungen103 sowie auf Kulanz104 beruhende Kosten gezogen. Allein Marx, Ernst, Schmidt, Büdenbender, Maultzsch und Tröger gehen konkreter auf die ersatzfähigen bzw. nicht ersatzfähigen Kosten ein. Maßgeblich für die Ersatzfähigkeit der Kosten über Siehe auch AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 12. Gerichtliche Entscheidungen zu den §§ 478, 479 sind bislang noch nicht ergangen. 101 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 248 f. 102 Palandt / Putzo, § 478 Rn. 8 f.; Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 15; Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 488; Hk-BGB / Staudinger, § 478 Rn. 13, 15; Oetker / Maultzsch, S. 192; Jauernig / Chr. Berger, § 478 Rn. 7; Schimmel / Buhlmann / Winkelmann, E. I. Rn. 249; Huber / Faust, § 15 Rn. 33; Schmidt-Räntsch / Maifeld / MeierGöring / Röcken, S. 566 f.; ders., Praxis, Rn. 957; Schlechtriem, Schuldrecht BT. Rn. 94; Ehmann / Sutschet, Schuldrecht, S. 234 f.; Schwab / Witt, Einführung, S. 41; Olzen / Wank, Schuldrechtsreform, Rn. 443; Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82 (85); Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1173); Bereska, ZGS 2002, S. 59 (60); Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (731); Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1394); Westermann, JZ 2001, S. 530 (540); Ziegler / Rieder, ZIP 2001, S. 1789 (1796); Haas, BB 2001, S. 1313 (1320); Hoffmann, ZRP 2001, S. 347 (350). 103 Jauernig / Chr. Berger, § 478 Rn. 7; Oetker / Maultzsch, S. 192; Oechsler, Schuldrecht BT, § 2 Rn. 329; Schimmel / Buhlmann / Winkelmann, E. I. Rn. 252; Schwab / Witt, Einführung, S. 41; Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82 (85); Marx, BB 2002, S. 2566 (2569); Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1173). 104 Palandt / Putzo, § 478 Rn. 8 f.; Jauernig / Chr. Berger, § 478 Rn. 7; Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 16; Oetker / Maultzsch, S. 192; Schimmel / Buhlmann / Winkelmann, E. I. Rn. 249; Huber / Faust, § 15 Rn. 33; Hk-BGB / Staudinger, § 478 Rn. 13, 15; Schmidt-Räntsch / Maifeld / Meier-Göring / Röcken, S. 566 f.; ders., Praxis, Rn. 958; Oechsler, Schuldrecht BT, § 2 Rn. 329; Schwab / Witt, Einführung, S. 41; Ernst, MDR 2003, S. 4 (5); Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82 (85); Marx, BB 2002, S. 2566 (2569, 2570). 99

100

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C. Die Regelung des § 478 Abs. 2

§ 478 Abs. 2 soll nach Marx sein, dass die Kosten kausal auf der Nacherfüllung beruhen.105 Die Kosten, die auch ohne die Nacherfüllung angefallen wären (Sowieso-Kosten), seien nicht zu ersetzen, da die kostenträchtige Ressource sowieso genutzt worden wäre.106 Damit seien auch die Kosten für eine Untersuchung der Kaufsache zur Mangelfeststellung, für die Korrespondenz zur Gewährleistungsabwicklung, für das mit diesen Tätigkeiten befasste Personal, für angeschafftes Werkzeug im Rahmen eines zumutbaren Aufwandes i. S. d. § 439 Abs. 3 etc. zu erstatten.107 Büdenbender und Maultzsch sehen eine Einschränkung der über § 478 Abs. 2 zu ersetzenden Nacherfüllungskosten für Kosten einer Fremdbeschaffung vor, auch wenn der Wortlaut der Norm den Eindruck der Ersatzfähigkeit vermittele.108 Die Kosten einer vom Letztverkäufer selbst vorgenommenen109 Nacherfüllung seien hingegen wegen des infolge der Vertragsbeziehung zum Verbraucher bestehenden Rechtes zur zweiten Andienung mittels § 478 Abs. 2 zu ersetzen.110 Zur Begründung der Ansicht wird angeführt, dass einer Fremdbeschaffung das sich aus dem Kaufvertrag zwischen Lieferant und Letztverkäufer ergebende Recht auf zweite Andienung seitens des Lieferanten entgegenstehen würde.111 Die vertragliche Bindung könne der Letztverkäufer nicht durch eine Beschaffung der Sache bzw. der Nachbesserung auf dem Markt unterlaufen.112 Durch § 478 Abs. 2 werMarx, BB 2002, S. 2566 (2567, 2569 f.). Marx, BB 2002, S. 2566 (2569 f.); ebenso Tröger, ZGS 2003, S. 296 f. 107 Marx, BB 2002, S. 2566 (2569); ebenso Tröger, ZGS 2003, S. 296 f. 108 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 12 ff.; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 90; ders. in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 90; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1173); anders Tröger, ZGS 2003, S. 296 (298 f.), nach welchem die Nacherfüllung auch unter Einbeziehung Dritter erfolgen können soll. Das Recht zur Fremdvergabe wird jedoch wieder eingeschränkt, da eine kurze Anfrage beim Lieferanten, ob dieser zu Mitwirkung bei der fristgerechten Nacherfüllung bereit sei, nicht zu viel verlangt sein soll, falls der Letztverkäufer die Nacherfüllung nicht aus eigener Kraft vornehmen können. Eine derartige Handhabung der Problematik ist jedoch nicht geeignet, Sicherheit im Rechtsverkehr zu schaffen, und daher abzulehnen. 109 Mit Selbstvornahme der Nacherfüllung ist hier und im Folgenden gemeint, dass der Letztverkäufer die Nacherfüllung aus eigenen Mitteln und durch Einsatz der eigenen Arbeitskraft vornehmen kann. Eine anderweitige Beschaffung der Nacherfüllungsleistung bei der Nachlieferung durch Beaschaffung einer neuen Wareneinheit, bei der Nachbesserung durch Einkauf der Serviceleistung ist im Rahmen einer Selbstvornahme im Gegensatz zur Fremdvornahme nicht erforderlich. Es können Ersatzteile, Werkzeuge, etc. anderweitig beschafft werden und es liegt dennoch eine Selbstvornahme der Nachbesserung vor. 110 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 15; diese Annahme entspricht den erwähnten Literaturansichten zum Ersatz der Nacherfüllungsaufwendungen i. S. d. § 439 Abs. 2. 111 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 12 ff.; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 90; ders. in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 90. 112 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 12 ff.; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 90; ders. in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 90. 105 106

I. Von § 478 Abs. 2 erfasste Nachbesserungskosten

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de das zwischen dem Letztverkäufer und seinem Vertragspartner bestehende Mängelgewährleistungssystem nicht völlig außer Kraft gesetzt. Dies zeige der Umstand, dass Haftungsausschlüsse nach § 442 und § 377 HGB, auch wenn die Normen von § 478 Abs. 2 nicht ausdrücklich erwähnt würden, den Regress des Letztverkäufers gegen seinen Lieferanten ausschlössen.113 Darüber hinaus würde bei einem Ersatz der Fremdbeschaffungskosten der Lieferant mit der Handelsspanne eines Konkurrenten belastet, der dem Letztverkäufer die Ware geliefert habe.114 Daher habe der Letztverkäufer seinen Vertragspartner in die Nacherfüllung einzubinden. Die grundsätzliche Bindung des Letztverkäufers an seine vertraglichen Pflichten im Verhältnis zum Lieferanten gelte nur soweit, wie die Einhaltung der Bindung mit den im Verhältnis zwischen Letztverkäufer und Verbraucher geltenden Normen nicht in Konflikt gerate.115 Eine Einbindung des Lieferanten in die Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher komme nur in Betracht, wenn der zeitliche Rahmen infolge der Nacherfüllungsfrist im Verhältnis zwischen Verbraucher und Letztverkäufer diese auch zulasse.116 Erst wenn feststehe, dass die Wahrnehmung des Nacherfüllungsrechtes seitens des Lieferanten nicht in der vom Verbraucher dem Letztverkäufer gesetzten Frist möglich sei, könne eine Fremdbeschaffung mit anschließendem Kostenersatz über § 478 Abs. 2 vorgenommen werden.117 Gleiches habe zu gelten, falls die dem Lieferanten gesetzte Nacherfüllungsfrist erfolglos abgelaufen bzw. eine Nachbesserung von vornherein, beispielsweise wegen Erfüllungsverweigerung oder Unmöglichkeit, entbehrlich sei.118 Ernst möchte bezüglich der Frage, welche Kosten über §§ 478 Abs. 2, 439 Abs. 2 zu ersetzen sind, auf § 256 sowie auf die Rechtsprechung zu § 476a a.F. zurückgreifen. Daher seien mit § 476a Satz 2 a.F. die Transport- und Fahrtkosten, die durch die Verbringung an einen anderen Ort als dem Erfüllungsorte entstanden sind, nicht zu ersetzen, es sei denn, das Verbringen entspräche dem bestimmungsgemäßen Gebrauch.119 Die bloße Absicht des Händlers, die Sache weiter zu verkaufen, reiche nicht aus, da es nicht auf die Bestimmung durch die Parteien, sondern auf den objektiven Verwendungszweck der Kaufsache ankomme.120 Deswegen sei die Weiterveräußerung und demnach auch die in ihrem Zusammenhang erfolgte örtliche Veränderung irrelevant. Weiter führt Ernst an, dass sich der Ersatz der Arbeitskraft nicht an dem Betrag orientiere, den ein gewerblicher Unternehmer AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 12. Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 91; ders. in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 91. 115 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 14. 116 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 14. 117 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 14. 118 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 13. 119 Ernst, MDR 2003, S. 4 (6). 120 Ernst, MDR 2003, S. 4 (6) mit Verweis auf BGH, NJW-RR 1999, S. 813 f.; MDR 1991, S. 596; NJW 1991, S. 1604 (1606 f.). 113 114

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C. Die Regelung des § 478 Abs. 2

in Rechnung gestellt hätte, sondern vielmehr seien Gewinn und Gemeinkosten außen vor zu lassen.121 Schmidt führt an, dass § 478 den Letztverkäufer und etwaige Zwischenhändler nur von demjenigen Aufwand entlasten will, den im Fall des Direktverkaufes der Hersteller selbst zu tragen hätte.122 § 478 Abs. 2 solle den Händler vor mangelbedingten Einbußen bewahren, ihm aber nicht mangelbedingten Gewinne verschaffen.123 Der Hersteller bzw. Vorlieferant solle durch § 478 Abs. 2 weder besser noch schlechter gestellt werden, als er bei der Selbstabwicklung des Gewährleistungsfalles gestanden hätte.124 Folglich sind nach dieser Ansicht die unmittelbaren Kosten und die Gemeinkosten über § 478 Abs. 2 zu ersetzen, welche auch bei direkter Abwicklung durch den Hersteller angefallen wären. Festzuhalten ist, dass in der Literatur für die über § 478 Abs. 2 zu ersetzenden Nacherfüllungskosten eine Grenze bei Kulanzhandlungen, Fremdbeschaffungen, sowie bei unverhältnismäßigen Kosten gemäß § 439 Abs. 3, in diesem Fall sind die Aufwendungen nicht zur Nacherfüllung erforderlich, gezogen wird. Eine genaue Differenzierung hinsichtlich der einer Nacherfüllung zurechenbaren Kosten wird, abgesehen von Marx und Schmidt, nicht vorgenommen. Folglich ist vor dem Hintergrund der §§ 478 Abs. 2, 439 Abs. 2 zu untersuchen, welche Nacherfüllungskosten unter Berücksichtigung der in der Literatur vorgenommenen Einschränkungen im einzelnen ersetzt werden können. Hierzu sind zunächst allgemeine Kriterien aus den gesetzlichen Vorschriften abzuleiten, bevor auf die Ersatzfähigkeit der einzelnen Kostenarten eingegangen werden kann. 2. Auslegung der §§ 478 Abs. 2, 439 Abs. 2 Die Kriterien zur Ersetzbarkeit sind mittels einer Auslegung der §§ 478 Abs. 2, 439 Abs. 2 zu ermitteln. Eine Auslegung erfolgt anhand des Wortlautes, der Entstehungsgeschichte, der Systematik und des Sinnes und Zweckes der Norm.125 a) Auslegung nach dem Wortlaut Nach dem Wortlaut des § 478 Abs. 2 kann der Letztverkäufer von seinem Lieferanten alle Aufwendungen ersetzt verlangen, die er im Verhältnis zum VerbrauErnst, MDR 2003, S. 4 (6 f.). Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (436 f., 443). 123 Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (436 f., 443); ähnlich Tröger, ZGS 2003, S. 296 (297), der dem reparierenden Handel ohne eine besondere Abrede mit seinem Lieferanten keine Vergütung für die Nachbesserung zuspricht. 124 Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (436 f.). 125 Vgl. zu den allgemein anerkannten Regeln der juristischen Methodenlehre Pawlowski, Methodenlehre, Rn. 360 ff.; Bydlinski, Methodenlehre, S. 436 ff.; Larenz, Methodenlehre, S. 320 ff.; Horn, Rechtswissenschaft, Rn. 176 ff. 121 122

I. Von § 478 Abs. 2 erfasste Nachbesserungskosten

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cher nach § 439 Abs. 2 zu tragen hatte.126 Es wird hinsichtlich der Erstattbarkeit weder nach der Art der Nachbesserungskosten, noch hinsichtlich einer Selbstvornahme oder Fremdbeschaffung der Nacherfüllung differenziert. In § 439 Abs. 2 wird ebenfalls nicht nach einzelnen Kosten unterschieden. Die Kosten müssen alleine zur Nacherfüllung erforderlich sein. Mithin sind alle im Verhältnis zum Verbraucher nach § 439 Abs. 2 entstehenden und erforderlichen Kosten der Nacherfüllung zu ersetzen, solange eine Verpflichtung („zu tragen hatte“) zur Kostenübernahme bestand. Zur Vornahme von Kulanzhandlungen besteht keine Verpflichtung, sodass die Kosten für solche Handlungen nicht zu ersetzen sind. Der Wortlaut der §§ 478 Abs. 2, 439 Abs. 2 erklärt damit alle Kosten bis auf die zur Nacherfüllung nicht erforderlichen Kosten bzw. Kosten für Kulanzmaßnahmen als ersatzfähig.

b) Entstehungsgeschichtliche Auslegung Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte Art. 3 Abs. 3 und 4 VerbrGKaufRL genüge getan und in § 439 Abs. 2 die Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung bis zum Verweigerungsrecht nach § 439 Abs. 3 normiert werden.127 Damit hat der Verkäufer sämtliche Kosten der Nacherfüllung zu tragen. § 478 Abs. 2 soll entsprechend dem Willen des Gesetzgebers die Weitergabe der Aufwendungen für die Nacherfüllung an das höhere Kettenglied ermöglichen. Der Gesetzgeber wollte lediglich solche Kosten, die aus Kulanz vom Letztverkäufer übernommen werden und an sich zur Verweigerung der Nacherfüllung nach § 439 Abs. 3 berechtigten würden, vom Aufwendungsregress ausnehmen.128 Die entstehungsgeschichtliche Auslegung ergibt somit ebenso wie die Auslegung nach dem Wortlaut, dass alle nach § 439 Abs. 2 erforderlichen Kosten der Nacherfüllung mit Ausnahme der Kosten für Kulanzhandlungen zu ersetzen sind, solange eine Kostentragungspflicht vorliegt.

c) Systematische Auslegung Die Erstattungsfähigkeit der Kosten im Rahmen der Lieferkette wird in keinen anderen Normen als §§ 478 Abs. 2, 439 Abs. 2 geregelt. Daher sind nach der Systematik sämtliche vom Letztverkäufer zu tragende Nacherfüllungskosten ersatzfähig. 126 Sofern der geltend gemachte Mangel bereits beim Gefahrübergang auf den Letztverkäufer vorhanden war. Von der Vorlage dieser und der sonstigen Voraussetzungen der Gewährleistung wird im Folgenden ausgegangen, um nur die Problemstellung beleuchten zu können. 127 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 231. 128 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 249.

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C. Die Regelung des § 478 Abs. 2

d) Teleologische Auslegung Möglicherweise vermag die teleologische Auslegung eine weitere Einschränkung der Ersatzfähigkeit von Nacherfüllungskosten zu begründen. Sinn und Zweck des § 439 Abs. 2 ist, dass der Verkäufer sämtliche Kosten der Nacherfüllung bis zur Grenze der Unverhältnismäßigkeit nach § 439 Abs. 3 zu tragen hat.129 § 478 Abs. 2 bezweckt die Einräumung eines Anspruches zugunsten des Letztverkäufers gegen seinen Lieferanten auf Ersatz der Nacherfüllungskosten, weil der Letztverkäufer ansonsten mangels anderer ausreichender Regelung130 die Kosten der Nacherfüllung i. S. d. § 439 Abs. 2 allein zu tragen hätte.131 Durch die §§ 478, 479, damit auch über § 478 Abs. 2, soll ein Schutz vor einer Regressfalle durch die Nachteile des verbesserten Verbraucherschutzes erreicht werden, wenn der Mangel nicht im Bereich des Letztverkäufers, sondern wie in der Praxis üblich im Bereich des Herstellers entstanden ist.132 Zudem dient § 478 dem Zweck einer schnellen Weitergabe der Kosten an das vorgelagerte Kettenglied.133 § 478 Abs. 2 stellt eine Erweiterung der allgemeinen Gewährleistungsrechte dar.134 Die Kosten der Nacherfüllung i. S. d. §§ 478 Abs. 2, 439 beruhen auf dem Recht des Verbrauchers auf Nacherfüllung. Dieses Recht ergibt sich aus dem allgemeinen Gewährleistungsrecht, sodass es an einem Bezug zu einem verbesserten Verbraucherrecht fehlen könnte. Das allgemeinen Gewährleistungsrecht wurde jedoch durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts nach Vorgaben der VerbrGKaufRL angepasst, um ein separates Verbraucherschutzrecht vermeiden und ein allgemeingültiges Gewährleistungsrecht schaffen zu können.135 Damit wird der verbesserte Verbraucherschutz zum Teil durch die allgemeinen Gewährleistungsrechte (Verjährungsverlängerung, Nacherfüllungsrecht) umgesetzt. Die Abbedingung des allgemeinen Gewährleistungsrechtes bei einem Verbrauchsgüterkauf wird nach § 475 Abs. 1 verhindert und zudem eine Beweislastumkehr für die ersten sechs Monate nach Gefahrübergang gemäß § 476 geregelt.136 Festzuhalten ist, dass sich der verbesserte Verbraucherschutz ebenso im allgemeinen Gewährleistungsrecht manifestiert, sodass das allgemeine Recht und damit auch das Nacherfüllungsrecht des Verbrauchers Element eines verbesserten Verbraucherschutzes ist.

BT-Drucks. 14 / 6040, S. 231 f. Siehe B. II. 3. 131 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 248. 132 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247; Weber / Dospil / Hanhörster, S. 147 f.; Ball, ZGS 2002, S. 49 (52); Gursky, Schuldrecht BT, S. 50; Lehmann, JZ 2000, S. 280 (290). 133 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247 f. 134 Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 248 f. 135 Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 211 bis 239, wo bezüglich der Änderung des allgemeinen Gewährleistungsrechtes jeweils auf die Vorgaben der VerbrGKaufRL Bezug genommen wird. 136 Vgl. Oechsler, Schuldrecht BT, § 2 Rn. 321. 137 Vgl. Fn. 104. 129 130

I. Von § 478 Abs. 2 erfasste Nachbesserungskosten

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Folglich ist Ergebnis der teleologischen Auslegung, dass Ersatz sämtlicher verhältnismäßiger und erforderlicher Kosten der Nacherfüllung verlangt werden kann, solange der Schutz vor einer Regressfalle durch die verbesserten Rechte der Verbraucher den Ersatz gebietet. Ausschlaggebend für die Ersatzfähigkeit ist nach der teleologischen Auslegung somit, dass der Kostenersatz zum Schutz vor einer Regressfalle infolge der verbesserten Verbraucherrechte (Nacherfüllung) erforderlich ist. e) Ergebnis der Auslegung Die Auslegung kommt nach allen Auslegungskriterien einheitlich zu dem Schluss, dass eine Grenze für die Erstattungsfähigkeit bei der Unverhältnismäßigkeit der Kosten gemäß § 439 Abs. 3 gezogen wird und eine Kostentragungspflicht seitens des Letztverkäufers gegenüber dem Verbraucher vorliegen muss. Die teleologische Auslegung schließt weiter solche Nacherfüllungskosten aus, die nicht nach dem Sinn und Zweck zum Schutz vor einer Regressfalle ersetzt werden müssen. 3. Ersatzfähigkeit einzelner Kostenarten Nachdem allgemeine Kriterien aus den gesetzlichen Vorschriften zum Nacherfüllungskostenersatz abgeleitet wurden, kann sich der Ersatzfähigkeit der Unkosten einzelner kostenverursachender Nacherfüllungsmaßnahmen gewidmet werden. a) Kosten für Kulanzhandlungen Kulanzmaßnahmen der Verkäufer sind zwar aus Gesichtspunkten der Kundenfreundlichkeit zu begrüßen, gehen aber über das gesetzlich erforderliche Maß hinaus. Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung den Käufern aus Kulanz entgegen zu kommen, sodass die Verkäufer demnach nicht verpflichtet sind, die Kosten von Kulanzhandlungen zu tragen. Zudem übernehmen die Verkäufer die Nacherfüllung freiwillig, sodass die hierbei entstehenden Kosten nicht aus dem verbesserten Verbraucherschutz resultieren, d. h. keine Regressfalle durch die verbesserten Verbraucherrechte vorliegt. Kosten für Kulanzmaßnahmen im Rahmen der Nacherfüllung sind dementsprechend nicht über § 478 Abs. 2 vom Vorgänger innerhalb der Lieferkette zu ersetzen.137 b) Kosten im Bereich des Verweigerungsrechtes Gleiches gilt für Kosten, die unverhältnismäßig i. S. d. § 439 Abs. 3 sind, da dem Verkäufer nach dieser Vorschrift ein Verweigerungsrecht zustand, er also nicht

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C. Die Regelung des § 478 Abs. 2

zur Nacherfüllung in der gewählten Art und Weise gesetzlich verpflichtet gewesen wäre. Allerdings ist zu beachten, dass trotz der unverhältnismäßigen Kosten eine Verpflichtung des Verkäufers zur Nacherfüllung bestanden haben kann, sodass lediglich die gewählte Art und Weise der Nacherfüllung den Bereich des § 439 Abs. 3 erreicht. Für den sich innerhalb der Vorgaben der §§ 478 Abs. 2, 439 Abs. 2 und 3 haltenden Teil der Nacherfüllung besteht nach diesen Vorschriften ein Kostenerstattungsanspruch.138 Andernfalls würde der Letztverkäufer infolge der bestehenden Verpflichtung zur Nacherfüllung infolge der Verbraucherschutzrechte in eine Regressfalle getrieben. Vor einer solchen ist er mittels § 478 Abs. 2 zu schützen. Der Schutz gebührt ihm für den Kostenanteil allerdings nicht, den er durch Ausübung seines Verweigerungsrechtes hätte vermeiden können.

c) Nicht zur Nacherfüllung erforderliche Kosten Weiter ist es vorstellbar, dass der Letztverkäufer Nacherfüllungshandlungen über das erforderliche und gebotene Maß hinaus vornimmt, beispielsweise verwendet er erheblich höherwertige und leistungsfähigere Ersatzteile.139 Erreichen die Kosten dieser Sondermaßnahmen nicht den Bereich des § 439 Abs. 3, kann die Norm nicht dem Letztverkäufer entgegen gehalten werden. Solche Sondermaßnahmen können je nach Lage des Einzelfalles entweder als nicht mehr erforderlich i. S. d. § 439 Abs. 2 oder als Kulanzmaßnahme eingestuft140 und damit ein Kostenersatz für den überschießenden Teil vermieden werden. Steigen die Nacherfüllungskosten infolge Nachlässigkeiten des Letztverkäufers über das notwendige Maß, ist der überschießende Kostenanteil nicht mehr i. S. d. § 439 Abs. 2 zur Nacherfüllung erforderlich, sodass nur ein Ersatz der an sich erforderlichen Nacherfüllungskosten in Betracht kommt.141 d) Kosten der Nacherfüllung Nachdem ein Ersatz von Kosten verursacht durch Kulanzmaßnahmen, von Kosten im Bereich des § 439 Abs. 3 und nicht mehr erforderlichen Kosten ausgeschlossen wurde, kann sich mit der Problematik befasst werden, welche anderen beim Letztverkäufer möglicherweise anfallenden Kosten einer Nacherfüllung über § 478 Abs. 2 ausgleichbar sind. Durch eine Nacherfüllung können vielfältige Arten 138 Vgl. Schubel, ZIP 2002, S. 2061 (2065 ff., 2071); gleiches kann entsprechend für Kulanzhandlungen gelten. 139 Vgl. Westermann, NJW 2002, S. 241 (252). 140 Vgl. Tröger, ZGS 2003, S. 296 (299 f.). 141 Westermann, NJW 2002, S. 241 (252) möchte in diesen Konstellationen eine Kürzung des Anspruches entsprechend § 254 vornehmen. Dieses Ergebnis lässt sich gleichfalls mit der vorgeschlagenen Anwendung von § 439 Abs. 2 erzielen, sodass § 254 nicht bemüht werden muss. Vgl. hierzu Schubel, ZIP 2002, S. 2061 (2066).

I. Von § 478 Abs. 2 erfasste Nachbesserungskosten

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von Kosten verursacht werden.142 Denkbar sind nicht nur unmittelbar durch die Nacherfüllung entstehende Kosten, wie Arbeits- und Materialaufwand, sondern auch mittelbare Kosten, beispielsweise für die Bereithaltung der Verkaufsräumen und der Werkstatt (Gemeinkosten). Die Kosten einer Nacherfüllung können auf einer vom Letztverkäufer gegenüber dem Verbraucher selbst vorgenommenen Nacherfüllung beruhen. Gleichfalls könnte der Letztverkäufer zur Vornahme der Nacherfüllung die Vertragskette, seinen Lieferanten, oder einen kettenfremden Dritten einsetzen, wodurch Kosten anfallen können. Nach § 439 Abs. 2 ist der Letztverkäufer gegenüber dem Verbraucher verpflichtet, alle zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Kosten zu tragen. Daher hat der Letztverkäufer gegenüber dem Verbraucher alle denkbaren Kosten der Nacherfüllung, solange sie nur zu dieser erforderlich sind, zu übernehmen. § 478 Abs. 2 regelt die Kostenerstattung für die nach § 439 Abs. 2 zu tragenden Kosten, sodass nach dem Wortlaut alle Kosten143 ersatzfähig sind. Dadurch wären unmittelbare und mittelbare Kosten ersatzfähig. Der Wortlaut des § 478 Abs. 2 differenziert ebenso nicht nach der Entstehungsart der Nacherfüllungskosten durch Selbstvornahme oder Fremdbeschaffung.144 Fraglich ist, ob es nach dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479, zum Schutz vor einer Regressfalle, erforderlich ist, dass der Letztverkäufer sämtliche der angeführten Kosten von seinem Kettenvorgänger nach § 478 Abs. 2 ersetzt verlangen können muss. Bevor auf die Ersatzfähigkeit von unmittelbaren und mittelbaren Kosten eingegangen werden kann, ist zu untersuchen, ob der Letztverkäufer zur Selbstvornahme der Nacherfüllung bzw. zum Einsatz kettenfremder Dritter berechtigt ist bzw. ob eine Verpflichtung zur Einbindung der Kettenvorgänger in die Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher besteht.

aa) Selbstvornahme und Fremdbeschaffung der Nacherfüllung gegenüber Einbindungsverpflichtung Liegen die Gewährleistungsvoraussetzungen nach den §§ 434 ff. im Verhältnis zwischen Letztverkäufer und Verbraucher vor, kann der Verbraucher vorrangig Nacherfüllung fordern. Gemäß § 439 Abs. 1 obliegt dem Verbraucher das Recht, die Art der Nacherfüllung (Nachlieferung oder Nachbesserung) zu wählen. Dem Letztverkäufer gebührt gegenüber seinem Vertragspartner, dem Lieferanten, nach §§ 439 Abs. 1, 437 Nr. 1 seinerseits das Recht Nacherfüllung verlangen zu können. Der Letztverkäufer hat ein Recht auf Nacherfüllung. Ihm steht jedoch aus §§ 437 Nr. 1, 439 auch das Recht zur zweiten Andienung, d. h. ein Recht zur Nacherfül142 Als Beispiele für die unterschiedlichen Kostenarten und Kostenbegriffe können unmittelbare und mittelbare Kosten, Allgemein-, Einzel- und Gesamtkosten, Gemein- und Handlingkosten oder Sowieso-Kosten genannt werden. 143 Es sind alle Nacherfüllungskosten bis auf die Kosten für Kulanzhandlungen sowie die unverhältnismäßigen und nicht erforderlichen Kosten zu ersetzen. 144 Siehe unter C. I. 2. a) und vgl. AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 12.

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C. Die Regelung des § 478 Abs. 2

lung zu.145 Entsprechend verhält es sich mit dem Lieferanten. Auch diesem steht ein Recht auf Nacherfüllung und zur Nacherfüllung zur Seite. Nimmt der Letztverkäufer die Nacherfüllung selbst vor und verlangt nach § 478 Abs. 2 von seinem Lieferanten Kostenersatz, wird das Recht des Lieferanten zur Nacherfüllung, zur zweiten Andienung, beseitigt.146 Genauso verhält es sich, wenn der Letztverkäufer mangels der Fähigkeit zur Selbstvornahme der Nacherfüllung einen kettenfremden Dritten einschaltet und nach § 478 Abs. 2 Kostenersatz von seinem Lieferanten fordert. Damit kommt es zu einer Kollision der Rechte zur zweiten Andienung und Beseitigung dieses Rechtes beim Lieferanten. Entscheidend ist, ob die Beseitigung des Lieferantenrechtes auf zweite Andienung nach dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 geboten ist. (1) Keine generelle Einbindungspflicht Bestände eine Verpflichtung des Letztverkäufers unabhängig davon, ob er selbst zur Vornahme der Nacherfüllung in der Lage ist, seinen Kettenvorgänger in die Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher einzubinden, würde dem Recht zur zweiten Andienung des vorgelagerten Kettengliedes der Vorrang eingeräumt. Dies würde aber zum einen, worauf Büdenbender bereits hingewiesen hat, das eigene vertragliche Recht des Letztverkäufers auf zweite Andienung entwerten.147 Zum anderen ist der Letztverkäufer, wie alle anderen Kettenglieder zumeist auch, daran interessiert, selbst nachzuerfüllen, um z. B. seinen Lagerbestand abzubauen. Würde die Entwertung des Andienungsrechtes der unteren Kettenglieder konsequent bis zum Urheber des Mangels – vielfach der Hersteller148 – durchgeführt, so könnte dieser eine weitere Einheit seines Produktes absetzen und in den Verkehr bringen. Die unteren Kettenglieder könnten ihren Bestand nicht reduzieren. Folglich würde der Verursacher des Mangels durch die stärkere Berücksichtigung des Rechtes auf zweite Andienung bevorzugt, und die nachgelagerten, an sich zu schützenden Kettenglieder benachteiligt. Infolge der Vornahme der Nacherfüllung durch vorgelagerte Kettenglieder würden beim Letztverkäufer keine Nacherfüllungskosten, abgesehen von eventuellen Kosten für Transport, Wege, Versicherung und Entgegennahme der Reklamation, die über § 478 Abs. 2 ersetzt werden könnten, anfallen. Folglich wäre eine Schutz vor einer Regressfalle erreichbar. Dieser Schutz würde jedoch wegen der generellen Verpflichtung zur Einbindung des vorgelagerten Kettengliedes in die Nacherfüllung unabhängig davon, ob der Verpflichtete die Nacherfüllung selbst vornehmen konnte oder nicht, zu einer Einschränkung des Rechtes zur zweiten Andienung der nachgelagerten Kettenglieder führen. Folge wäre eine Einschränkung der allgemeinen Gewährleistungsrechte der nachgelagerVgl. Fn. 38. Siehe zum Recht auf zweite Andienung unter B. II. 2. und zur Beseitigung des Rechtes auf zweite Andienung durch § 478 Abs. 2 unter B. II. 3. 147 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 15. 148 Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247. 145 146

I. Von § 478 Abs. 2 erfasste Nachbesserungskosten

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ten Kettenglieder. § 478 Abs. 2 soll hingegen als Erweiterung der allgemeinen Gewährleistungsrechte fungieren.149 Damit steht eine generelle Einbindungspflicht der vorgelagerten Kettenglieder im Widerspruch zur Funktion des § 478 Abs. 2, sodass eine solche Verpflichtung zur generellen Einbindung in die Nacherfüllung nicht zu einer dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 gerecht werdenden Lösung führt. (2) Selbstvornahme contra Einbindungspflicht Durch § 478 Abs. 2 wird dem Letztverkäufer das Recht zur Selbstvornahme, Recht zur zweiten Andienung, erhalten und ein Kostenerstattungsanspruch eingeräumt. Die allgemeinen Gewährleistungsrechte werden folglich erweitert. Weiter wird durch den Anspruch auf Kostenersatz eine Regressfalle vermieden, da der Letztverkäufer die Kosten150 der selbst vorgenommenen Nacherfüllung auf den Lieferanten überwälzen kann, sodass mit Hilfe des Kostenerstattungsanspruches nach § 478 Abs. 2 die Nachteile einer Nacherfüllung vollständig ausgeglichen werden können, sofern die Mangelhaftigkeit der Kaufsache nicht auf einem Verhalten oder der Sphäre des Letztverkäufers beruht. Ein vollständiger Nachteilsausgleich hätte auch durch eine Kombination eines „kleinen“ Kostenerstattungsanspruches mit dem Erhalt des Rechtes zur zweiten Andienung des Lieferanten erreicht werden können. Hat der Verbraucher vom Letztverkäufer Nachlieferung verlangt, könnten die durch die Nachlieferung anfallenden Nachteile (Kosten für das nachgelieferte Produkt, für Transport, Versicherung und dergleichen) durch eine Nachlieferung seitens des Lieferanten gegenüber dem Letztverkäufer (Ausgleich der Kosten für das nachgelieferte Produkt) und dem Ersatz der neben den Kosten für das nachgelieferte Produkt angefallenen Kosten erzielt werden. Ein derartiger kombinierter Anspruch ist nach dem Sinn und Zweck als zulässig anzusehen, da eine Regressfalle vermieden und eine Erweiterung zum allgemeinen Gewährleistungsrecht geschaffen wird, bei der das Recht zur zweiten Andienung erhalten bleibt. Der kombinierte Anspruch führt jedoch nur in dieser Konstellation zu einem vollständigen Nachteilsausgleich. Eine Nachbesserung durch den Lieferanten führt nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einem Ausgleich der Kosten für das nachgelieferte Produkt. Diese belaufen sich auf die Kosten einer neuwertigen und mangelfreien Sache. Durch eine Nachbesserung der mangelbehafteten Kaufsache erhält der Letztverkäufer keine neuwertig Sache, weil diese zuvor durch den bis zu zweijährigen Gebrauch beim Verbraucher die Eigenschaft Siehe Fn. 134. Liefert der Letztverkäufer entsprechend des Wunsches des Verbrauchers oder bessert er in seiner Werkstatt nach, werden Kosten, beispielsweise in Höhe des Einkaufspreises für die nachgelieferte Ware oder durch den Arbeits- und Materialeinsatz bei der Nachbesserung, verursacht. Es werden Kapazitäten gebunden, Ressourcen verbraucht und eventuell die Gewinnspanne belastet. Dementsprechend ist die Nacherfüllung, zu welcher der Letztverkäufer auch dann verpflichtet ist, wenn er den Mangel der Kaufsache nicht hervorgerufen hat, mit gewichtigen Nachteilen verbunden. 149 150

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der Neuwertigkeit verloren und an Wert eingebüßt hat. Die Sache bleibt trotz der Nachbesserung mit dem Makel belastet, schon benutzt und fehlerhaft gewesen zu sein, sodass ein Absatz der nachgebesserte Sache nicht unterstellt werden kann. Sollte ein solcher dennoch gelingen, wird der erzielbare Kaufpreis unter dem regulären Kaufpreis bzw. dem Einkaufspreis für neuwertige Sachen liegen. Folglich ist unsicher, ob und in welchem Umfang die Nachteile beim Letztverkäufer infolge der Nachlieferung durch die Nachbesserung der mangelhaften Kaufsache seitens seines Lieferanten ausgeglichen werden. Letztlich bietet eine Nachbesserung durch den Lieferanten kombiniert mit einem „kleinen“ Kostenerstattungsanspruch nach zuvor erfolgter Nachlieferung des Letztverkäufers an den Verbraucher keinen dem Kostenerstattungsanspruch nach § 478 Abs. 2 vergleichbaren verlässlichen Weg des Nachteilsausgleiches. Ebenso verhält es sich mit einer Nachlieferung des Lieferanten an den Letztverkäufer nach erfolgter Nachbesserung seitens des Letztverkäufers gegenüber dem Verbraucher.151 Hier ist unsicher, ob die angefallenen Nachbesserungskosten durch Eigentum und Besitz an der nachgelieferten Sache ausgeglichen werden können und welche Kosten über den „kleinen“ Kostenerstattungsanspruch zu erstatten sind. Mithin ist für einen kombinierten Anspruch nur in einer Fallgestaltung Raum, sodass der Kostenerstattungsanspruch nach § 478 Abs. 2 aufgrund der vielgestaltigen Konstellationen vorzugswürdiger ist.152 Festzuhalten ist, dass eine Beschränkung des Rechtes auf zweite Andienung der vorgelagerten Kettenglieder hinzunehmen ist, falls nachgelagerte Glieder selbst nacherfüllen können. Durch die Beseitigung des Nacherfüllungsrechtes des Kettenvorgängers wird dieser nicht belastet, da ihm, sofern er nicht selber für den Mangel der Kaufsache verantwortlich ist,153 ein eigener Regressanspruch nach § 478 Abs. 2, 5 gegen seinen Vormann zusteht. (3) Fremdbeschaffung contra Einbindungspflicht Nachdem dargelegt wurde, dass die Beseitigung des Rechtes zur zweiten Andienung der vorgelagerten Kettenglieder bei selbstvorgenommener Nacherfüllung nachgelagerter Kettenglieder gemäß § 478 Abs. 2 dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 entspricht, ist zu erörtern, ob auch eine Fremdbeschaffung eine Vereitelung des Rechtes zur Nacherfüllung vorgelagerter Glieder der Lieferkette rechtfertigen kann oder ob die Nacherfüllungskosten einer Fremdbeschaffung, wie von Büdenbender gefordert,154 nicht über § 478 Abs. 2 zu ersetzen sind. 151 Eine Nachbesserung durch den Lieferanten kommt nicht in Betracht, weil der Letztverkäufer den Mangel der Kaufsache schon beseitigt hat. 152 Der vorgestellte kombinierte Anspruch könnte durch eine AGB-Regelung umgesetzt werden. Vgl. hierzu unter G. III. 3. 153 Ist der Kettenvorgänger für den Mangel verantwortlich, bestehen gegen seine Haftung auf Gewährleistung keine Bedenken. 154 Vgl. unter C. I. 1. und Fn. 108.

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Wie schon angeführt, differenziert der Wortlaut des § 478 Abs. 2 nicht nach der Entstehungsart der Nacherfüllungskosten durch Selbstvornahme oder Fremdbeschaffung.155 Deswegen und infolge der bestehenden Verpflichtung zur Nacherfüllung seitens des Letztverkäufers scheinen die ermittelten Kriterien erfüllt und ein Ersatz der Fremdbeschaffungskosten demnach möglich zu sein. Im Rahmen der teleologischen Auslegung wurde jedoch erwähnt, dass § 478 Abs. 2 als Erweiterung der allgemeinen Gewährleistungsrechte zu verstehen ist.156 Die Ergänzung der Gewährleistungsrechte ist, wie bei der allgemeinen Vorstellung von § 478 Abs. 2 erwähnt,157 erforderlich, da sich der Letztverkäufer andernfalls mangels anderer entsprechender Rechte in einer Regressfalle hinsichtlich der Nacherfüllungskosten befände. Insoweit, wie sich ansonsten eine Regressfalle infolge der verbesserten Verbraucherrechte ergäbe, ist eine Modifizierung der allgemeinen Gewährleistungsrechte vom Gesetzgeber gewünscht158 und geboten. Entscheidend ist daher für den Ersatz der Nacherfüllungskosten einer Fremdbeschaffung gemäß § 478 Abs. 2, ob die Überlagerung des Rechtes zur zweiten Andienung durch § 478 Abs. 2 aus Schutzgesichtspunkten wegen einer drohenden Regressfalle erforderlich ist. Werden die Kosten einer Nacherfüllung durch Fremdbeschaffung nicht über § 478 Abs. 2 ersetzt, hätte der Letztverkäufer die Kosten der Nacherfüllung allein zu tragen und würde sich in einer Regressfalle durch die verbesserten Rechte der Verbraucher befinden. Damit scheinen auch der Sinn und Zweck für die Erstattungsfähigkeit zu sprechen. Eine solche Argumentation setzt jedoch zum falschen Zeitpunkt an. Das Recht zur zweiten Andienung verlangt eine Einbindung des Vertragspartners in die Nacherfüllung, bevor eine Fremdbeschaffung erfolgt. Relevant ist deswegen der Zeitpunkt vor der Fremdbeschaffung und nicht der nach einer solchen. Nachdem der Verbraucher dem Letztverkäufer eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat und der Letztverkäufer zu einer Selbstvornahme nicht in der Lage ist, kann der Kettenvorgänger des Letztverkäufers in die Nacherfüllung eingebunden werden. Hierdurch erhält der Vorgänger in der Lieferkette die Gelegenheit zur zweiten Andienung. Er liefert entweder an den Letztverkäufer bzw. auf Weisung desselben direkt an den Verbraucher oder bessert nach.159 Wird direkt an den Verbraucher geliefert, so fallen beim Letztverkäufer mangels Beteiligung an der Lieferung keine Transport- und Wegekosten an. Falls Transport- oder Wegekosten bzw. sonstige in der Nacherfüllung aufgehende Kosten (für die Annahme des mangelhaften Produktes) entstanden sind, richtet sich deren Ersatz nach den unter C. I. 2. e), 3. a), b) und c) dargelegten Maßstäben. Je nach Länge der Siehe Fn. 144. Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 248 f.; auch Büdenbender führt an, dass das bestehende Mängelgewährleistungssystem zwischen Letztverkäufer und Lieferant durch § 478 Abs. 2 nicht völlig außer Kraft gesetzt werde. Siehe Fn. 112 ff. 157 Siehe unter B. II. 3. 158 Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 248 f. 159 Vgl. AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 17. 155 156

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C. Die Regelung des § 478 Abs. 2

Nacherfüllungsfrist können sogar die weiter vorgelagerten Kettenglieder integriert werden. Der Kettenvorgänger des Letztverkäufers (Lieferant) erfüllt durch die Nacherfüllung seine vertragliche Verpflichtung gegenüber dem Letztverkäufer und dieser seine gegenüber dem Verbraucher. Die Abwicklung erfolgt nicht über § 478 Abs. 2, sondern nach den allgemeinen Gewährleistungsrechten der §§ 437 ff. mit der Folge, dass dem Letztverkäufer durch die Einbindung seines Lieferanten in die Gewährleistung keine Beschaffungs- oder Nachbesserungskosten entstehen. Es findet eine Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher durch Einsatz der Lieferkette statt. Die Einbindung des Lieferanten in die Nacherfüllung führt im Gegensatz zur Selbstvornahme der Nacherfüllung nicht in den Anwendungsbereich des § 478 Abs. 2.160 Es wird deutlich, dass bei einer Einbindung des Lieferanten in die Nacherfüllung keine Regressfalle zulasten des Letztverkäufers infolge der verbesserten Rechte der Verbraucher besteht. Der Letztverkäufer befindet sich erst in einer derartigen Falle, wenn er sich über das vertragliche Recht seines Lieferanten hinwegsetzt und einen Dritten zur Nacherfüllung einsetzt. Dies zeigt, dass sich der Letztverkäufer bei einer Fremdbeschaffung durch eigenes Handeln der Regressfalle aussetzt. Folglich ist er vor dieser nicht schutzwürdig, da er sie durch ordnungsgemäße und vertragsgetreue Einbindung seines Vertragspartners vermeiden kann. Der Ersatz der Nacherfüllungskosten einer Fremdbeschaffung gemäß § 478 Abs. 2 ist somit nicht aus Schutzgesichtspunkten wegen einer drohenden Regressfalle erforderlich. Für dieses Ergebnis lässt sich darüber hinaus noch anführen, dass eine Fremdbeschaffung mit anschließendem Kostenersatz die vertraglichen Rechte des Vertragspartners aus §§ 437 ff. umgehen und den Vorrang der Vertragsverhältnisse beseitigen würde. Neben der Belastung des Vertragspartners mit der Handelsspanne eines Konkurrenten161 spricht auch der Umstand, dass es dem Letztverkäufer zuzumuten ist, mit dem freiwillig ausgesuchten Vertragspartner gleichfalls die Rückabwicklung vorzunehmen, für den Vorrang der Einbindungspflicht vor einer Fremdbeschaffung. Die systematische Stellung des § 478 Abs. 2 zu den allgemeinen Gewährleistungsrechten der §§ 437 ff.162 und der Sinn und Zweck des § 478 Abs. 2 verlangen vor einer Fremdbeschaffung die Einbindung des Vertragspartners, wie zu Recht von Büdenbender gefordert.163 Die gefundene Lösung hält sich innerhalb der Vorgaben des Wortlautes, sodass wegen des engeren teleologischen Kriteriums die Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion164, ein vom Wortlaut erfasster Anwendungsfall ist aus Gründen der Sachgerechtigkeit gemäß der ratio legis vom 160 Lediglich die eben erwähnten Kosten für Transport, Versicherung, Verpackung, etc. können dem Letztverkäufer entstehen und sind über § 478 Abs. 2 grundsätzlich ersatzfähig. 161 Siehe Fn. 114. 162 Es findet nur eine Modifizierung zum Schutz vor einer Regressfalle statt. 163 Siehe Fn. 111, 113. 164 Vgl. zur teleologischen Reduktion Pawlowski, Methodenlehre, Rn. 493 ff.; Larenz, Methodenlehre, S. 391 ff.; Bydlinski, Methodenlehre, S. 490 f.

I. Von § 478 Abs. 2 erfasste Nachbesserungskosten

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Anwendungsbereich der Norm auszunehmen,165 vorliegen. Daher hat eine teleologische Reduktion des § 478 Abs. 2 bei durch Fremdbeschaffung verursachten Nacherfüllungskosten zu erfolgen. Die Kosten einer Fremdbeschaffung sind dementsprechend grundsätzlich nicht über § 478 Abs. 2 ersatzfähig.166 Ein Ersatz dieser Unkosten kommt neben den von Büdenbender vorgeschlagenen Fällen (erfolgloses Ablaufen der dem Lieferanten gesetzten Nacherfüllungsfrist und Entbehrlichkeit einer Fristsetzung)167 noch in Betracht, wenn der Lieferant freiwillig auf die Nacherfüllung verzichtet.168 (4) Zusammenfassung Es wurde gezeigt, dass die Beseitigung des Rechtes zur zweiten Andienung der vorgelagerten Kettenglieder durch den Kostenerstattungsanspruch gemäß § 478 Abs. 2 dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 angemessen ist, wenn der Letztverkäufer die Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher selbst vornimmt. Daher sind die bei der selbstvorgenommenen Nacherfüllung entstandenen Kosten der Nacherfüllung über § 478 Abs. 2 ersatzfähig. Ist der Letztverkäufer zur Selbstvornahme der Nacherfüllung nicht in der Lage bzw. verzichtet er auf diese und nimmt deswegen eine Fremdbeschaffung der Nacherfüllungsleistung vor, ohne zuvor eine vertragsgetreue Einbindung seines in der Lieferkette vorgelagerten Vertragspartners in die Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher versucht zu haben, sind die Kosten der Fremdbeschaffung infolge einer teleologischen Reduktion des § 478 Abs. 2 nicht zu ersetzen. Der Letztverkäufer muss sich auf eine Nacherfüllung seines Lieferanten verweisen lassen. Nach Behandelung des Verhältnisses von Selbstvornahme und Fremdbeschaffung der Nacherfüllung zum Recht der vorgelagerten Kettenglieder zur Nacherfüllung, kann sich der Frage zugewandt werden, welche bei der Nacherfüllung möglicherweise anfallenden Kosten nach dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 über 165 Pawlowski, Methodenlehre, Rn. 493 ff.; Bydlinski, Methodenlehre, S. 480 f.; Larenz, Methodenlehre, S. 391 ff.; Palandt / Heinrichs, Einleitung Rn. 41. 166 Der Ansatz von Tröger, ZGS 2003, S. 296 (299), eine Nacherfüllung auch von Dritten vornehmen zu lassen und den Kostenersatz wieder teilweise einzuschränken, indem ein vermeidbarer Drittaufwand infolge einer Fremdbeschaffung der Nacherfüllungsleistung als nicht mehr zu Nacherfüllung erforderlicher Aufwand eingestuft wird, trägt ebenso wie die weitere Beschränkung, dass eine kurze Anfrage beim Lieferanten, ob dieser zur Mitwirkung bei der fristgerechten Nacherfüllung bereit sei, wenn der Letztverkäufer zur Selbstvornahme nicht in der Lage sei, hingegen nicht zur Verkehrssicherheit und verbesserten Handhabung der Rückgriffsregelung bei. 167 Siehe Fn. 118. 168 Bei einem freiwilligen Verzicht auf die Einbindung in die Nacherfüllung muss der Lieferant seinerseits das Recht zur zweiten Andienung seines vorgelagerten Vertragspartners berücksichtigen, da unter Umständen auch dieser in die Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher hätte eingebunden werden können. Andernfalls kann der Lieferant durch seinen Verzicht eine Vertragsverletzung gegenüber seinem vorgelagerten Vertragspartner begehen.

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C. Die Regelung des § 478 Abs. 2

§ 478 Abs. 2 zu ersetzen sind bzw. ob eine Eingrenzung der erstattbaren Kosten zu erfolgen hat. bb) Eingrenzung der erstattbaren Kosten Eine Nacherfüllung verursacht vielfältige Arten von Kosten bzw. es können ihr diverse Kosten mit Hilfe entsprechender Schlüssel zugerechnet werden.169 Als Beispiele für die der Nacherfüllung zurechenbaren Gemeinkosten wurden unter C. I. 3. d) schon Kosten für die Bereithaltung der Verkaufsräumen und der Werkstatt genannt. Die Bereithaltungskosten wären aber auch angefallen, wenn keine Nacherfüllung vorgenommen worden wäre. Folglich käme ohne Nacherfüllung eine Erstattung dieser zum Betrieb des Unternehmens und Erhaltung der Leistungsbereitschaft, d. h. das Auftreten am Markt, erforderlichen Ausgaben über § 478 Abs. 2 nicht in Betracht. Eine Freistellung von ohne die Nacherfüllung anfallenden Kosten könnte zu einer Verlagerung des Unternehmensrisikos führen und würde über den Sinn und Zweck der §§ 478, 479 hinausgehen, da lediglich ein interessengerechter Schutz vor einer Regressfalle durch die Verbraucherrechte gewährleistet werden soll. Zum Schutz vor den Folgen einer Nacherfüllung ist die Überbürdung sämtlicher Kosten, die irgendwie in einen Bezug zu der Nacherfüllung gesetzt werden können,170 nicht erforderlich. Daher sind vor dem Hintergrund der §§ 478, 479 geeignete Zuordnungskriterien zur Erstattungsfähigkeit der Nacherfüllungskosten zu bestimmen. Der unter C. I. 1. angeführte Ansicht, dass nur die Kosten über § 478 Abs. 2 zu ersetzen sind, die auch bei einer direkten Abwicklung des Gewährleistungsfalles durch den Hersteller angefallen wären,171 könnte zu folgen sein. Dies hätte allerdings zur Folge, dass ein Teil der Gemeinkosten auf den Vorgänger in der Lieferkette übergebürdet werden könnte. Bei einer direkten Abwicklung des Gewährleistungsfalles wären beim Hersteller beispielsweise die Vorhaltung einer Werkstatt und eines Raumes zum Kundenkontakt erforderlich. Damit lassen sich diese Kosten ebenfalls in Beziehung zur Nacherfüllung setzen und wären beim Hersteller ebenfalls angefallen. Eine Weitergabe von Bereithaltungskosten geht aber über den Schutz vor einer Regressfalle hinaus. Mithin ist diese Ansicht zur Beschränkung der Erstattungsfähigkeit von Nacherfüllungskosten nicht einschränkend genug. Selbst die von dem Vertreter dieser Ansicht zu Recht ausgeschlossene Weitergabe der Gewinnmarge könnte mittels der Argumentation, dass dem Hersteller bei Selbstvornahme der Nacherfüllung auch eine Gewinnmarge verblieben wäre, nach Siehe Fn. 142. Über entsprechende Zurechnungsschlüssel könnte praktisch jede denkbare Kostenart in eine Beziehung zu der vorgenommenen Nacherfüllung gesetzt werden. Als Beispiel soll das elektrische Licht in der Werkstatt herangezogen werden. Ohne Licht wäre die Werkstatt nicht betriebsfähig, aber ohne das Licht könnte gleichfalls nicht nachgebessert werden. Die Kosten für die Beleuchtung ließen sich anteilsmäßig auf die Nacherfüllung überschlagen. 171 Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (436 f., 443). 169 170

I. Von § 478 Abs. 2 erfasste Nachbesserungskosten

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den dargelegten Kriterien zu erreichen sein.172 Je nach Ausgestaltung des Einzelfalles und je nach der entsprechenden Begründung ließe sich mit dieser Ansicht ein Ersatz fast aller Gemeinkosten herleiten. Deswegen ist eine Beschränkung vor dem Hintergrund des Sinnes und Zweckes der §§ 478, 479 auf diesem Weg nicht zu erreichen. Möglicherweise ist dem Vorschlag, dass nur die kausal auf der Nacherfüllung beruhenden Kosten zu ersetzen sind,173 zu folgen. Mit dieser Meinung könnten die Kosten ausgeschlossen werden, die ohne die Nacherfüllung sowieso angefallen wären, wie Kosten für die Bereithaltung der Verkaufsräume etc. Insoweit ist dieser Meinung beizutreten. Allerdings kann die Ansicht auch dazu führen, dass die bei der Nacherfüllung angefallenen Arbeitskosten nicht zu erstatten wären, was sowohl dem Wortlaut als auch dem Sinn und Zweck der Norm widersprechen würde.174 Die Lohnkosten des die Nacherfüllung vornehmenden Angestellten müssen nicht kausal auf der Nacherfüllung beruhen. Wird die Nacherfüllung weggedacht, wären die Löhne und Gehälter dennoch angefallen. Erst wenn es infolge der Nacherfüllung zu Überstunden, die ansonsten auszuführenden Arbeiten blieben unerledigt, kommen würde, wäre die Nacherfüllung für die Überstunden kausal. Damit ist die Kausalität zwischen Nacherfüllung und Kosten nach dem Telos der §§ 478, 479 nicht zur Ermittlung der Erstattungsfähigkeit tauglich. Entscheidend muss sein, ob die kostenverursachende Leistung nach objektiven Gesichtspunkten mit dem primären Zweck der Nacherfüllung in dieser aufgeht, d. h. ob die eingesetzte Ressource primär der Nacherfüllung dient bzw. während dieser „verbraucht“ wird. Die Arbeits-, Material-, Wege-, Transport-, Mangelermittlungskosten dienen objektiv gesehen primär der Nacherfüllung.175 Die Transport- und Fahrtkosten lassen sich entgegen der unter C. I. 1. dargestellten Auffassung nicht durch die Rechtsprechung zum alten § 476a Satz 2 in der von dieser Ansicht dargelegten Weise176 begrenzen.177 Satz 2 des § 476a a.F. sah eine Einschränkung der Kostentragungspflicht des Verkäufers bei der Nachbesserung vor. Diese Regelung wurde, wie bereits unter C. erörtert, nicht in den neuen § 439 integriert, da die alte Regelung für vertraglich vereinbarte Nachbesserungsrechte konzipiert war.178 § 439 Abs. 2 enthält keine Einschränkung i. S. d. § 476a Satz 2 172 Diese Argumentation kann auch Anwendung finden, falls dem Hersteller eine kleinere Gewinnmarge als dem Letztverkäufer verbleiben würde, dann aber nur in Höhe der kleineren Gewinnmarge. 173 Marx, BB 2002, S. 2566 (2567, 2569 f.). 174 Zu Recht Ernst, MDR 2003, S. 4 (7); zudem wäre die Nichtersetzbarkeit der Arbeitskosten nicht im Sinne des Vertreters der Meinung zur Kausalität. Vgl. Marx, BB 2002, S. 2566 ff. 175 Daher sind die Kosten für den Einsatz von Arbeitskraft nicht als Sowieso-Kosten anzusehen. Vgl. hierzu auch Ernst, MDR 2003, S. 4 (6 f.). 176 Ernst, MDR 2003, S. 4 (6). 177 Siehe auch Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2511). 178 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 231; Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 439 Rn. 17; Schmidt-Räntsch / Maifeld / Meier-Göring / Röcken, S. 501.

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C. Die Regelung des § 478 Abs. 2

a.F. Zusätzlich legt § 434 Abs. 1 bei der Bestimmung der Mangelhaftigkeit einen deutlichen Schwerpunkt auf die subjektive Seite, also auf subjektive Maßstäbe.179 Dadurch gebührt den Vorstellung der Parteien das entscheidende Gewicht. Den Gliedern der Lieferkette ist klar, dass die Ware zum Weiterverkauf bestimmt ist. Damit reicht nunmehr die Absicht zum Weiterverkauf aus und es kommt nicht auf den objektiven Verwendungszweck der Kaufsache an. Andernfalls würde der Letztverkäufer vor dem Hintergrund der §§ 478, 479 nicht ausreichend geschützt, wenn die Transportkosten zum Verbraucher trotz des nicht durch ihn verursachten Mangels bei ihm verblieben. Eine Übertragung der Rechtsprechung zu § 476a Satz 2 a.F. ist im Gegensatz zur Rechtsprechung und Kommentierung zu § 476a Satz 1 a.F. auf § 439 Abs. 2 nicht möglich.180 Ebenso wie mit Arbeits-, Material-, Wege-, Transport- und Mangelermittlungskosten, die objektiv gesehen primär der Nacherfüllung dienen, verhält es sich beispielsweise mit dem beim Betrieb eines zur Nachbesserung eingesetzten Werkzeuges verbrauchten Strom. Die Beleuchtung in der Werkstatt dient hingegen hauptsächlich der Erhaltung der Betriebsfähigkeit, sodass die Kosten hierfür nicht weitergegeben werden können.181 Die Kosten für die allgemeine Geschäftsausstattung beruhen objektiv nicht auf dem primären Zweck der Nacherfüllung und sind folglich nicht über § 478 Abs. 2 zu ersetzen. Daher können die Kosten für ein zur Nacherfüllung (Nachbesserung) angeschafftes Werkzeug nicht an den Kettenvorgänger weitergereicht werden, da dieses Werkzeug nicht primär in der Nacherfüllung aufgeht bzw. nicht verbraucht wird. Das neu angeschaffte Werkzeug wird zwar für die Nachbesserung genutzt, es dient aber objektiv gesehen primär dazu, die Betriebs- und Geschäftsausstattung auszubauen, die Möglichkeiten der Werkstatt zu erweitern und zukünftig den Kunden durch die selbst durchführbaren Reparaturen, eventuell in Form von Nachbesserungen, einen besseren Service bieten zu können. Zudem würde eine Ersatzfähigkeit des zur Nacherfüllung erworbenen Werkzeuges, wie von dem Vertreter der Auffassung einer kausalen Verknüpfung gefordert, den Letztverkäufer überprivilegieren, weil er neben dem Ersatz der Kosten durch seinen Kettenvorgänger das Werkzeug abschreiben und seine Geschäftsausstattung somit auf Kosten der höher gelegenen Kettenglieder erweitern könnte. Mithin ist festzuhalten, dass für die Erstattungsfähigkeit der Nacherfüllungskosten über § 478 Abs. 2 nach dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 darauf abzustellen ist, ob die angefallenen Leistungskosten nach objektiven Kriterien mit dem primären Zweck der Nacherfüllung in dieser aufgegangen sind. Für anderweitige Kosten besteht keine Regressfalle infolge des Verbraucherrechtes der Nacherfüllung, sodass keine Erstattungsfähigkeit i. S. d. § 478 Abs. 2 vorliegt. Nach dem Wortlaut können sämtliche irgendwie in Bezug zur Nacherfüllung zu setzende Vgl. Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2511). Vgl. Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 439 Rn. 15; Ernst, MDR 2003, S. 4 (6). 181 Anderes mag gelten, wenn allein aufgrund der Nacherfüllung in der schon geschlossenen Werkstatt weiter gearbeitet werden muss. 179 180

II. Zusammenfassung

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Kosten erstattet werden. Der Sinn und Zweck fordert hingegen eine Begrenzung der Ersatzfähigkeit, sodass die Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion vorliegen. Daher ist § 478 Abs. 2 teleologisch in der Form zu reduzieren, dass nicht alle nach § 439 Abs. 2 erforderlichen Nacherfüllungskosten über § 478 Abs. 2 erstattungsfähig sind, sondern nur die Kosten der mit dem primären Zweck182 der Nacherfüllung in dieser aufgegangenen Leistungen.

II. Zusammenfassung § 478 Abs. 2 gewährt keinen unbegrenzten Kostenerstattungsanspruch. Bei der Erstattungsfähigkeit ist der Sinn und Zweck des § 478 Abs. 2 in Form des Schutzes vor einer Regressfalle durch die verbesserten Rechte der Verbraucher zu berücksichtigen, sodass nur die Nacherfüllungskosten, die nach objektiven Kriterien dem primären Zweck der Nacherfüllung dienen und in dieser aufgegangen sind, erstattungsfähig sind. Darüber hinaus ist zum Ersatz der Kosten erforderlich, dass die Kosten zur Nacherfüllung erforderlich waren, nicht den Bereich des § 439 Abs. 3 erreichen bzw. nicht auf einer Kulanzhandlung beruhen. Unverhältnismäßige Kosten i. S. d. § 439 Abs. 3 bzw. nicht zur Nacherfüllung erforderliche Kosten sind nur bis zur ihrer Verhältnismäßigkeit bzw. Erforderlichkeit zu ersetzen. Kosten infolge von Kulanzmaßnahmen sind nicht ersatzfähig.183 Nacherfüllungskosten, die auf einer Fremdbeschaffung beruhen, sind desgleichen – infolge einer teleologischen Reduktion – nicht über § 478 Abs. 2 zu ersetzen, es sei denn es ist zuvor der Versuch einer vertragsgetreuen Einbindung des Lieferanten in die Nacherfüllung erfolgt184 bzw. eine Einbindung des Lieferanten kam von vornherein nicht in Betracht. Die Beseitigung des zweiten Andienungsrechtes durch § 478 Abs. 2 ist zum Schutz vor einer Regressfalle erforderlich. Darüber hinaus sind Rechtsprechung und Kommentierung zu § 476a Satz 1 a.F. wegen der wortgetreuen Übernahme auf § 439 Abs. 2 anwendbar.185

Der primäre Zweck ist nach objektiven Gesichtspunkten zu ermitteln. Sind in den Kosten der Kulanzmaßnahme erforderliche Kosten einer Nacherfüllung vorhanden, zu deren Vornahme eine Verpflichtung bestand, sind die erforderlichen Kosten, aber nicht der darüber hinausgehende Kulanzbetrag, zu ersetzen. 184 Der Einbindungsversuch könnte scheitern, weil der Lieferant nicht innerhalb der Nacherfüllungsfrist geleistet oder der Lieferant auf die Nacherfüllung seinerseits freiwillig verzichtet hat. 185 Vgl. Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 439 Rn. 15; Ernst, MDR 2003, S. 4 (6). 182 183

D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1 § 478 Abs. 1 modifiziert die bestehenden Gewährleistungsrechte des Letztverkäufers durch Abbedingungen der ansonsten erforderlichen Fristsetzung (§§ 440, 281 Abs. 1, 323 Abs. 1) und stellt anders als § 478 Abs. 2 keine eigene Anspruchsgrundlage dar.186 Wie bei den Ausführungen zu § 478 Abs. 1 (B. II. 2.) erwähnt, ist zu untersuchen, bei welchen Rechten des Verbrauchers (Tatbestandsebene) Abs. 1 Anwendung findet, und ob der Verweis auf § 437 alle dort bezeichneten Rechte bzw. nur die fristbewährten Rechte, Minderung, Rücktritt, Schadensersatz statt der ganzen Leistung187 (Rechtsfolgenseite) erfasst. Vor dem Hintergrund des § 478 Abs. 1 ist zu klären, bei welchen geltend gemachten Rechten des Verbrauchers der Letztverkäufer unter Verwendung welcher Rechte seinerseits nach §§ 478 Abs. 1 und 3, 437 ff. gegen seinen Lieferanten vorgehen kann.

I. Ansichten in der Literatur In der Literatur188 werden zu den aufgeworfenen Fragestellungen hinsichtlich Anwendungsbereich und Reichweite des § 478 Abs. 1 unterschiedliche Auffassungen vertreten.

1. Tatbestandsseite a) Erfassung von Minderung, Rücktritt, Nachlieferung, großem Schadensersatz Der größte Teil in der Literatur nimmt der Gesetzesbegründung189 folgend bzw. den Wortlaut des § 478 Abs. 1 wiedergebend an, dass § 478 Abs. 1 auf der Tatbestandsseite die Rechte der Verbraucher auf Minderung, Rücktritt, Nachlieferung und großen Schadensersatz erfasst.190 Vgl. die allgemeinen Ausführungen unter B. II. 2. Für Schadensersatz statt der ganzen Leistung wird im Folgenden auch der Begriff des großen Schadensersatzes verwendet. Der Begriff kleiner Schadensersatz wird synonym für den Schadensersatz statt der Leistung (nicht der ganzen Leistung) benutzt. 188 Eine Rechtsprechung existiert infolge der kürzlich eingeführten Normen der §§ 478, 479 auch zu § 478 Abs. 1 bislang noch nicht. 189 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247 f. 186 187

I. Ansichten in der Literatur

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b) Nichterfassung der Nachlieferung Entgegen der obigen Ansicht sieht Büdenbender die Nachlieferung seitens des Verbrauchers trotz der eindeutigen Gesetzesbegründung nicht als Tatbestandsmerkmal des § 478 Abs. 1 an.191 Er ist der Meinung, dass Abs. 1 und Abs. 2 in einem Exklusivitätsverhältnis zueinander ständen.192 Mithin greife § 478 Abs. 1 alleine bei Minderung, Rücktritt und großem Schadensersatz und § 478 Abs. 2 hingegen bei der Nacherfüllung in Form der Nachlieferung und Nachbesserung.193 c) Erfassung des kleinen Schadensersatzes mittels Analogie194 Als Ergänzung zu der unter a) dargestellten Ansicht wird vertreten, der kleine Schadensersatz müsse ebenso als Tatbestandsmerkmal zu verstehen sein.195 Der kleine Schadensersatz werde weder von § 478 Abs. 1, noch von Abs. 2 erfasst, 190 KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 9; Hk-BGB / Saenger, § 478 Rn. 5; Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 482 erwähnt die Nachlieferung nicht ausdrücklich; Oechsler, Schuldrecht BT, § 2 Rn. 322 f.; Oetker / Maultzsch, S. 189; Huber / Faust, § 15 Rn. 27; SchmidtRäntsch / Maifeld / Meier-Göring / Röcken, S. 564; ders., Praxis, Rn. 952; Schimmel / Buhlmann, Fehlerquellen, S. 160; Lorenz / Riehm, Schuldrecht, Rn. 589; Brox / Walker, Schuldrecht, § 7 Rn. 14; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rn. 94; Ehmann / Sutschet, Schuldrecht, S. 233; Matusche-Beckmann, BB 2002, S. 2561; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1172); Bereska, ZGS 2002, S. 59 f.; Zerres, VuR 2002, S. 3 (14); Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (731); Canaris, Umsetzung der Richtlinie, S. 1 (11); Haas, BB 2001, S. 1313 (1320); Ziegler / Rieder, ZIP 2001, S. 1789 (1796); Westermann, JZ 2001, S. 530 (540) spricht statt Nachlieferung von dem Oberbegriff Nacherfüllung; Palandt / Putzo, § 478 Rn. 7 spricht zwar nur von Rücktritt und Minderung als Tatbestandsmerkmal, nimmt aber weder die Nachlieferung, noch den großen Schadensersatz ausdrücklich aus. 191 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 21, 23 ff.; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel, Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 87; ders. in Dauner-Lieb / Heidel, Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 87; so auch Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1172). 192 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 21, 23; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 87, 90; ders. in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 87. 193 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 21 f., 23 ff.; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 87, 90; ders. in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 87, 90; ähnlich jetzt auch Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 4, der die Nachlieferung ebenso nicht von § 478 Abs. 1 erfasst ansieht. 194 Bydlinski, Methodenlehre, S. 472 ff.; Larenz, Methodenlehre, S. 381 ff.; Horn, Rechtswissenschaft, Rn. 184 ff.; Palandt / Heinrichs, Einl. Rn. 40. 195 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 30; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 87; ders. in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 87; Lorenz / Riehm, Schuldrecht, Rn. 589; Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXI; ders., Umsetzung der Richtlinie, S. 11; Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1398); ähnlich Oetker / Maultzsch, S. 189, obwohl nicht direkt von einer analogen Anwendung gesprochen wird; sowie Westermann, NJW 2002, S. 241 (253); KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 9 sieht den kleinen Schadensersatz als nicht von § 478 Abs. 1 erfasst. Es werden jedoch keine Ausführungen für oder gegen eine entsprechende Anwendung getroffen.

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

sodass eine planwidrige Regelungslücke vorliege.196 Zusätzlich seien Minderung und kleiner Schadensersatz als funktionales Äquivalent wirtschaftlich vergleichbar.197 Dementsprechend sei § 478 Abs. 1 auf den kleinen Schadensersatz analog anzuwenden.198

d) Erfassung der Nachbesserung mittels Analogie Zu der Tatbestandsqualität der Nachbesserung finden sich in der Literatur kaum Ausführungen. Es finden sich einige Autoren, die explizit darauf eingehen, dass die Nachbesserung nicht vom Wortlaut des § 478 Abs. 1 umfasst sei.199 Alleine Canaris befürwortet eine entsprechende Anwendung von § 478 Abs. 1 auf die Nachbesserung.200 Zur Begründung führt er an, auch bei einer Nachbesserung müsse sich der Letztverkäufer ebenso wie bei Minderung und beim Rücktritt von seinem Lieferanten keine mangelfreie Sache (infolge Nachlieferung) aufdrängen lassen, weil der Letztverkäufer wegen der gegenüber dem Verbraucher schon erfolgten Nachbesserung für die nachgelieferte Sache einen neuen Käufer finden müsse.201 Damit liege eine vergleichbare Interessenlage vor.202

e) Zusammenfassung der Literaturansichten Mithin bestehen zu den auf der Tatbestandsseite des § 478 Abs. 1 erfassten Gewährleistungsrechten unterschiedliche Auffassungen in der Literatur, die sich teilweise ausschließen (Exklusivitätsverhältnis contra Erfassung der Nachlieferung von § 478 Abs. 1) bzw. ergänzen (analoge Anwendung des § 478 Abs. 1). Zu einer tatbestandlichen Erfassung des Schadensersatzes neben der Leistung von § 478 Abs. 1 sind keine Ausführungen ersichtlich.

AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 29. AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 30; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 87; ders. in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 87; Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXI; ders., Umsetzung der Richtlinie, S. 11. 198 Siehe Fn. 195. 199 KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 9; Oetker / Maultzsch, S. 189; Westermann, NJW 2002, 241 (253); Canaris, Umsetzung der Richtlinie, S. 11. 200 Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXI; ders., Umsetzung der Richtlinie, S. 11; Westermann, NJW 2002, 241 (253) spricht das Problem der Nichterfassung der Nachbesserung vom Wortlaut an, ohne jedoch eine Analogie zu fordern; ebenso Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1398). 201 Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXI; ders., Umsetzung der Richtlinie, S. 11. 202 Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXI; ders., Umsetzung der Richtlinie, S. 11. 196 197

I. Ansichten in der Literatur

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2. Rechtsfolgenseite Auf der Rechtsfolgenseite des § 478 Abs. 1 zeichnet sich hinsichtlich der vom Verweis auf § 437 erfassten Rechte des § 437 ein vergleichbares uneinheitliches Bild ab. a) Alle Rechte des § 437 oder nur fristbewährte? Auch hier gibt der größte Teil in der Literatur die Ausführungen der Gesetzesbegründung203 bzw. den Wortlaut von § 478 Abs. 1 wieder, ohne dass auf die oben aufgeworfene Fragestellung, ob alle Rechte des § 437 oder nur die fristbewährten vom Verweis in § 478 Abs. 1 erfasst sind, ausdrücklich eingegangen wird.204 Teilweise wird allgemein von der Erfassung aller Rechte des § 437 ausgegangen, wobei die fristbewährten Rechte aus § 437 als Beispiel zur Verdeutlichung der Fristersparnis herangezogen werden.205 Ein andere Teil bezieht den Verweis in § 478 Abs. 1 nur auf die fristbewährten Rechte nach § 437 Nr. 2 und 3.206 Wegen der fehlenden Ausführungen zur Mehrdeutigkeit des Verweises ist nicht ersichtlich, ob die Ausklammerung von § 437 Nr. 1 bewusst oder unbewusst erfolgt. Ein kleiner Teil der Literatur führt explizit aus, dass der Letztverkäufer vor dem Hintergrund des § 478 Abs. 1 sowohl ohne die sonst erforderliche Frist zurücktreten oder mindern als auch einen Nacherfüllungsanspruch geltend machen kann.207 Der Grund für die Erfassung aller Rechte des § 437 ergebe sich daraus, dass § 478 Abs. 1 keine eigenen Ansprüche gewähre, sondern sich auf die Ansprüche aus dem KaufBT-Drucks. 14 / 6040, S. 247 f. Palandt / Putzo, § 478 Rn. 7; AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 20 f.; HkBGB / Saenger, § 478 Rn. 1, 3, 6; Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 482; Oetker / Maultzsch, S. 189 f.; Huber in Huber / Faust, § 15 Rn. 25; Jauernig / Chr. Berger, § 478 Rn. 6; Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427; Schmidt-Räntsch / Maifeld / Meier-Göring / Röcken, S. 564 f.; ders., Praxis, Rn. 951 f.; Olzen / Wank, Schuldrechtsreform, Rn. 442; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1172); Bereska, ZGS 2002, S. 59; Zerres, VuR 2002, S. 3 (14); Hassemer, ZGS 2002, S. 95 (101); Haas, BB 2001, S. 1313 (1320); Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (731); Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXI; ders., Umsetzung der Richtlinie, S. 11; Westermann, JZ 2001, S. 530 (540). 205 Palandt / Putzo, § 478 Rn. 7; Hk-BGB / Saenger, § 478 Rn. 1, 3, 6; Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 482; Oetker / Maultzsch, S. 189 f.; Huber in Huber / Faust, § 15 Rn. 25; Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427; Schmidt-Räntsch / Maifeld / Meier-Göring / Röcken, S. 564 f.; ders., Praxis, Rn. 951 f.; Olzen / Wank, Schuldrechtsreform, Rn. 442; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1172); Bereska, ZGS 2002, S. 59; Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (731); Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXI; ders., Umsetzung der Richtlinie, S. 11; Westermann, JZ 2001, S. 530 (540). 206 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 20 f.; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel, Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 87; ders. in Dauner-Lieb / Heidel, Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 87; Zerres, VuR 2002, S. 3 (14); Hassemer, ZGS 2002, S. 95 (101); Haas, BB 2001, S. 1313 (1320); Ziegler / Rieder, ZIP 2001, S. 1789 (1796). 207 KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 12. 203 204

5 Böhle

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

vertrag des Letztverkäufers mit seinem Lieferanten und damit auf sämtliche Rechte des § 437 beziehe.208 b) Beschränkung der erfassten Rechte Daneben existiert eine weitere Meinungsgruppe, die explizit eine Beschränkung der Rechtsfolgen von § 478 Abs. 1 vornehmen möchte.209 Innerhalb dieser Gruppe finden sich unterschiedliche Gründe und Ansätze für eine Beschränkung.

aa) Fristverzicht als gänzlich unangebracht Ernst / Gsell fordern die weiteste Einschränkung. Sie halten den durch § 478 Abs. 1 angeordneten Fristverzicht für gänzlich unangemessen.210

bb) Nichterfassung des Schadensersatzanspruches Nicht ganz so weit geht die Auffassung von Graf von Westphalen.211 Er geht davon aus, dass der als Folge des Mangels möglicherweise vom Letztverkäufer gegenüber dem Lieferanten einzufordernde Schadensersatz sowohl nach § 280 als auch nach § 281212 nicht Gegenstand des Regresses sei, sodass es bei der nach § 437 Nr. 3 i.V.m. § 281 Abs. 1 erforderlichen Fristsetzung bleibe.213 Gleiches habe zu gelten, wenn der Letztverkäufer seinerseits dem Verbraucher auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung (Tatbestandsseite) einstehen musste.214 Mithin bezieht Graf von Westphalen den Verweis in § 478 Abs. 1 nur auf § 437 Nr. 2.

cc) Überschießende Privilegierung In eine der Meinung von Graf von Westphalen vergleichbare Richtung zielt die Ansicht von Oetker und Maultzsch. Sie möchten eine überschießende PrivilegieKompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 11. Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Nr. 5, 11, 12; AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 33; Oetker / Maultzsch, S. 191 f.; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1173); Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1398). 210 Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1394, 1397 f.). 211 Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 5, 11. 212 Da alleiniger Schadensersatzanspruch § 280 Abs. 1 ist, müsste es § 280 oder §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 lauten. 213 Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 5; ähnlich aber nicht in dieser Schärfe Oetker / Maultzsch, S. 191. 214 Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 11. 208 209

I. Ansichten in der Literatur

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rung durch § 478 Abs. 1 verhindern.215 Die Norm beziehe die Modifikation der Fristersparnis auf alle Ansprüche und Rechte des § 437 mit der Folge, dass der Letztverkäufer unabhängig von dem seitens des Verbrauchers ausgeübten Gewährleistungsrecht seinerseits zwischen seinen Rechten nach § 437 wählen könnte, d. h. nicht an das ausgeübte Verbraucherrecht gebunden sei.216 Dadurch würde ihm ermöglicht, nach einer Minderung seitens des Verbrauchers direkt vom Vertrag mit dem Lieferanten zurückzutreten.217 Nach dem Sinn und Zweck der Regressvorschriften der §§ 478, 479 seien die gewährten Privilegierungen auf die Geltendmachung von Ansprüchen und Rechten beschränkt, die das reine Regressinteresse des Unternehmers nicht überschreiten.218 Deshalb könne sich der Letztverkäufer nach einer Minderung nicht auf einen Rücktritt über §§ 478 Abs. 1 und 3, 437 Nr. 2, 440, 323 gegenüber seinem Lieferanten berufen.219 Ebenfalls erscheine die Regelung des § 478 Abs. 1 als nicht sachgerecht, wenn der Letztverkäufer nach Minderung bzw. Rücktritt des Verbrauchers seinerseits Schadensersatz gegenüber dem Lieferanten geltend mache.220 Daher sei eine teleologische Reduktion des § 478 Abs. 1 vorzunehmen, um eine überschießende Privilegierung des Letztverkäufers durch § 478 Abs. 1, 3 zu verhindern.221 Die teleologische Reduktion beziehe sich ausschließlich auf die Modifikationen durch § 478 Abs. 1 und nicht auf die nicht modifizierten Rechte des Letztverkäufers aus § 437, sodass der Letztverkäufer, sofern ihm ohne die Modifikationen der §§ 478, 479 das Recht zum Rücktritt nach den §§ 437 ff. zustehe, sein Rücktrittsrecht ohne §§ 478, 479 ausüben könne.222

dd) Schuldhafte Nichterfüllung der Nacherfüllungspflicht Des Weiteren soll es zu einer Beschränkung der Rechtsfolgen, d. h. der dem Letztverkäufer zustehenden Rechten nach §§ 478 Abs. 1, 437 ff., kommen, wenn die Nichterfüllung der Nacherfüllungspflicht auf einem schuldhaften Verhalten des Letztverkäufers beruht.223 Während Büdenbender in diesen Fällen eine teleologiOetker / Maultzsch, S. 191 f.; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1173). Oetker / Maultzsch, S. 191; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1173); Bernreuther, WRP 2002, S. 368 (380, 382); so auch KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 12. 217 Oetker / Maultzsch, S. 191; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1173); Bernreuther, WRP 2002, S. 368 (380, 382). 218 Oetker / Maultzsch, S. 191; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1173); Bernreuther, WRP 2002, S. 368 (380, 382) möchte dies mit einer entsprechenden AGB-Klausel erreichen. 219 Oetker / Maultzsch, S. 191; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1173); Bernreuther, WRP 2002, S. 368 (380, 382) möchte dies mit einer entsprechenden AGB-Klausel erreichen. 220 Oetker / Maultzsch, S. 191; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1173). 221 Oetker / Maultzsch, S. 191 f.; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1173). 222 Oetker / Maultzsch, S. 191 f.; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1173). 223 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 33; Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 12; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 90; ders. in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 90; Oechsler, Schuld215 216

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

sche Reduktion des § 478 Abs. 1 in der Form befürwortet, dass die Privilegierung durch den Fristverzicht dem Letztverkäufer nicht zur Seite stehe, d. h. eine Nacherfüllung seitens des Lieferanten hinzunehmen sei,224 möchte Graf von Westphalen über ein Verweigerungsrecht des Lieferanten nach § 242 den Regress gemäß §§ 478 Abs. 1, 437 ff. wegen des treuwidrigen Verhaltens des Letztverkäufers ausschließen.225 3. Zusammenfassung des Meinungsbildes Es wird deutlich, dass zu den aufgeworfenen Fragen, welche Rechte auf Tatbestandsseite des § 478 Abs. 1 erfasst sind und mit welchen Rechten auf der Rechtsfolgenseite ein Regress die Lieferkette entlang vorgenommen werden kann, ein diffiziles und sich teilweise widersprechendes Meinungsbild in der Literatur vorherrscht. Folglich sind die Tatbestands- und die Rechtsfolgenseite, mithin der gesamte Regelungskomplex des § 478 Abs. 1, zu beleuchten, um den genauen Anwendungsbereich und die Reichweite der Norm feststellen zu können. Hierbei ist darauf einzugehen, ob die den Verbrauchern gebührenden Gewährleistungsrechte jeweils die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 478 Abs. 1 erfüllen und welche Rechtsfolgen bei Bejahung der Fragestellung vor dem Hintergrund der Norm angebracht sind.

II. Minderung, Rücktritt und großer Schadensersatz mitsamt den Rechtsfolgen Die Einordnung der Minderung, des Rücktrittes und des Schadensersatzes statt der Leistung als den Tatbestand des § 478 Abs. 1 erfüllend wird von der Literatur nicht in Zweifel gezogen. Allerdings ist eine ausdrückliche Begründung für diese Ansicht nicht ersichtlich. Daher ist mittels einer Analyse vor dem Hintergrund der Norm (Auslegung) zu ermitteln, ob die drei Rechte tatsächlich den Tatbestand verwirklichen.

recht BT, § 2 Rn. 327; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1172); Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1397 f.) und Oetker / Maultzsch, S. 190 halten die Fristsetzung für rechtspolitisch fragwürdig, wenn der Verbraucher nur deshalb zurücktreten oder mindern konnte, weil der Letztverkäufer seiner Nacherfüllungspflicht grundlos nicht nachgekommen ist. 224 Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 90; ders. in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 90; ähnlich AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 33, wo jedoch nicht ausdrücklich von einer teleologischen Reduktion gesprochen wird. 225 Graf von Westphalen in Henssler / Westphalen, § 478 Rn. 12.

II. Minderung, Rücktritt und großer Schadensersatz mitsamt den Rechtsfolgen

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1. Tatbestandliche Erfassung von Minderung, Rücktritt und großem Schadensersatz Nach dem Wortlaut des § 478 Abs. 1 wird eine Minderung durch den Verbraucher von dem Tatbestandsmerkmal „gemindert hat“ erfasst. Der Rücktritt und der Schadensersatz statt der ganzen Leistung könnten unter das Tatbestandsmerkmal „zurücknehmen musste“ zu subsumieren sein. Beim Rücktritt wird die Kaufsache gegen Erstattung des Kaufpreises gemäß §§ 346, 437 Nr. 2 zurückgenommen. Hat der Verbraucher nach § 346 Abs. 2 Wertersatz zu leisten, kommen gleichfalls die Vorschriften des Rücktrittes für die Zurücknahme der Kaufsache zur Anwendung, sodass keine andere Beurteilung des Rücktrittes unter Leistung von Wertersatz zu erfolgen hat. Ebenso erfolgt beim Schadensersatz statt der ganzen Leistung eine Rücknahme226 der Kaufsache nach §§ 346, 281 Abs. 5, 437 Nr. 3. Daher können Rücktritt und großer Schadensersatz unter das Tatbestandsmerkmal „zurücknehmen musste“ gefasst werden. Der Gesetzgeber geht, wie an der Begründung zu § 478 Abs. 1 zu erkennen ist,227 davon aus, dass der Schadensersatz statt der ganzen Leistung und der Rücktritt unter § 478 Abs. 1 über das Tatbestandsmerkmal „zurücknehmen musste“ bzw. die Minderung über „gemindert hat“ zu subsumieren sind. § 478 Abs. 1 ist anwendbar, wenn der Letztverkäufer die Kaufsache wegen ihres Mangels vom Verbraucher zurücknehmen oder sich die Minderung gefallen lassen musste. Damit werden die Rechte des Verbrauchers bei Mängeln der Kaufsache, zu denen die drei betrachteten Rechte gehören, angesprochen. Damit erfüllen Minderung, Rücktritt und großer Schadensersatz nach der systematischen Auslegung den Tatbestand des § 478 Abs. 1. Zusätzlich kann nur ein dem Sinn und Zweck der Norm228 entsprechender Schutz vor einer Regressfalle aufgrund der verbesserten Rechte der Verbraucher erreicht werden, wenn die Gewährleistungsrechte der Verbraucher, mit denen die Inanspruchnahme des Letztverkäufers erfolgt, als tatbestandserfüllend qualifiziert werden können. Die Rechte der Verbraucher auf Minderung, Rücktritt und großen Schadensersatz beruhen zwar auf dem allgemeinen Gewährleistungsrecht, aber dieses enthält auch Elemente eines verbesserten Verbraucherschutzes, wie bereits unter C. I. 2. d) dargelegt wurde. Die Rechte des Verbrauchers auf Minderung, Rücktritt und Schadensersatz statt der ganzen Leistung, die zweijährige Gewährleistungsfrist, innerhalb derer die Rechte ausgeübt werden können, und die Regelungen der §§ 474 ff. dienen dem Verbraucherschutz. Folglich sind die drei relevanten Rechte des Verbrauchers, auch wenn sie sich nicht nur nach den §§ 474 ff., sondern auch nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht richten, nach der teleologischen Auslegung ebenfalls unter den Tatbestand des § 478 Abs. 1 zu subsumieren. 226 227 228

Möglicherweise unter Leistung von Wertersatz nach § 346 Abs. 2. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247. Vgl. hierzu die Ausführungen unter C. I. 2. d).

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

Nachdem gezeigt wurde, dass die Minderung, der Rücktritt und der Schadensersatz statt der ganzen Leistung die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 478 Abs. 1 nach allen Auslegungskriterien erfüllen, kann sich den Rechtsfolgen zugewandt werden. 2. Die Rechtsfolgen Zur Ermittelung der Rechtsfolgen hat ebenso eine Auslegung des § 478 Abs. 1 zu erfolgen. a) Auslegung nach dem Wortlaut Im Rahmen der allgemeinen Ausführungen zu § 478 Abs. 1 wurde bereits dargelegt,229 dass der Verweis sowohl auf alle Rechte des § 437 über den Begriff „die in § 437 bezeichneten Rechte“ oder nur die fristbewährten Rechte (Minderung, Rücktritt, Schadensersatz statt der ganzen Leistung) durch die Rechtsfolge der Fristersparnis verstanden werden kann. Die Rechtsfolge hat nur unmittelbar Auswirkung auf die fristbewährten Rechte des § 437, weil die nicht fristgebundenen Rechte ohnehin nicht das Setzen einer Frist erfordern. Alleine hieraus kann aber nicht geschlossen werden, dass über § 478 Abs. 1 alleine die fristbewährten Rechte ohne die sonst erforderliche Frist und nicht auch die nicht fristgebundenen Rechte geltend gemacht werden können, da alle Rechte des § 437 (auch die nicht fristgebundenen) angesprochen werden. Eine Regelung in der Form, dass dem Unternehmer (Letztverkäufer) gegen seinen Lieferanten nur die fristbewährten Rechte allerdings ohne die sonst erforderliche Frist zuständen, wäre eindeutig. Dem Wortlaut kann infolgedessen nicht eindeutig entnommen werden, ob nur die fristbewährten oder alle Rechte des § 437 im Rahmen des Regresses nach § 478 Abs. 1 geltend gemacht werden können. b) Auslegung nach der Entstehungsgeschichte Die entstehungsgeschichtliche Auslegung könnte zu einem eindeutigen Ergebnis führen. Die Gesetzesbegründung führt an, dass sich der „Rückgriff“ des Letztverkäufers in erster Linie nach seinen eigenen kaufrechtlichen Rechten und Ansprüchen richtet.230 Demgemäß werden sämtliche Rechte aus § 437 angesprochen. § 478 Abs. 1 soll eine Ergänzung der allgemeinen Gewährleistungsrechte darstellen und der erleichterten Geltendmachung der Rechte des Letztverkäufers dienen.231 Zur Erleichterung durch problemlose Weitergabe der mangelhaften Sache sollen die 229 230 231

Siehe B. II. 2. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247 f.

II. Minderung, Rücktritt und großer Schadensersatz mitsamt den Rechtsfolgen

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kaufrechtlichen Rechte des Letztverkäufers ohne eine sonst erforderliche Fristsetzung ausgeübt werden können.232 Mit dieser Modifikation wird hauptsächlich auf die fristgebundenen Gewährleistungsrechte verwiesen. Aber auch eine Nachlieferung ermöglicht gleichfalls ein Durchreichen der mangelhaften Kaufsache. Darüber hinaus ist den Gegebenheiten, dass die Regelung des § 478 Abs. 1 keine eigene Anspruchsgrundlage darstellt,233 die Rechte aus § 437 von § 478 Abs. 1 – auch von Abs. 3 – nur modifiziert werden und der Gesetzgeber die allgemeinen Gewährleistungsrechte nur ergänzen wollte, zu entnehmen, dass, auch wenn die Modifikation der Fristersparnis für die fristfreien Rechte des § 437 ohne Auswirkung ist, neben der fristlosen Geltendmachung der fristbewährten Rechte weiterhin die fristlose Geltendmachung der fristfreien Rechte möglich sein soll. Eine Beschränkung nur auf die fristlose Geltendmachung der fristbewährten Rechte würde dem Charakter des § 478 Abs. 1 als Ergänzungsvorschrift entgegenstehen. Zudem stellt die Beweislastumkehr, die Regelungsmaterie des § 478 Abs. 3, im Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts eine weitere Modifikation des § 478 Abs. 1 dar.234 Durch diese Modifikation soll dem Letztverkäufer die Beweiserleichterung des § 476 bei der Geltendmachung seiner Rechte aus § 437 über § 478 Abs. 1 in dem Maße zustehen, wie der Verbraucher von der Beweislastumkehr profitiert.235 Dem Verbraucher steht die Beweislastumkehr bei seinen sämtlichen Rechten aus § 437 offen. § 478 Abs. 1 bezieht sich auf die Rechte aus dem Kaufvertrag des Letztverkäufers mit dem Lieferanten.236 Aus diesem Kaufvertrag können dem Letztverkäufer alle Rechte des § 437 zustehen, sodass sich § 478 Abs. 1 und 3 auf alle Rechte des Letztverkäufers aus § 437, die fristfreien und fristbewährten, beziehen. Damit steht dem Letztverkäufer die Beweislastumkehr des § 476 im selben Maße zu, wie dem Verbraucher. Durch die Ausgliederung der Beweislastumkehr von § 478 Abs. 1 Satz 2 des Regierungsentwurfes in Abs. 3 sollte eine Verkürzung des Gesetzestextes und eine Verbesserung der Regelungstechnik erreicht werden.237 Hierdurch wurde thematisch zusammengehörende Regelungsmaterie auseinander gerissen. Dies vermag jedoch den hinter der Regelung der § 478 Abs. 1 und 3 stehenden Willen des Gesetzgebers nicht zu BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247 f. BT-Drucks, 14 / 6040, S. 247, S. 248 Ausführungen zu Abs. 2 Satz 1. 234 Die Regelungsmaterie des § 478 Abs. 3 befand sich im Regierungsentwurf als Satz 2 in § 478 Abs. 1. Sie wurde in Abs. 3 zur Verkürzung des Gesetzestextes und zur Verbesserung der Regelungstechnik nach einem Einwand des Bundesrates (BR-Drucks. 338 / 01, S. 61) ausgegliedert, da eine entsprechende Vorschrift ebenso in Abs. 2 Satz 2 vorhanden war. Thematisch stellt die Materie des Abs. 3 eine weitere Modifikation des Abs. 1 dar, weil an den Fall des Abs. 1 angeknüpft wird. § 478 Abs. 3 ist damit für die Vorschrift des § 478 Abs. 1 (aber auch des Abs. 2) von Bedeutung, sodass die Ausgliederung der Regelungsmaterie in Abs. 3 zwar den Gesetzestext verkürzt, aber eine räumliche Trennung von thematisch zusammengehörenden Materien vornimmt. 235 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 248. 236 Vgl. KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 11. 237 Vgl. S. 49. 232 233

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

ändern. Dementsprechend kann der Letztverkäufer nach dem Wille des Gesetzgebers sämtliche Rechte aus § 437, die fristgebundenen und die nicht an eine Frist gebundenen, über einen Regress nach § 478 Abs. 1 (und 3) gegen seinen Lieferanten geltend machen. Die entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt zu dem eindeutigen Ergebnis, dass sämtliche Rechte aus § 437 von der Rechtsfolge des § 478 Abs. 1, auch wenn die lediglich in Abs. 1 verbliebene Modifikation der Fristersparnis für die nicht fristgebundenen Rechte an sich ohne Auswirkung ist, erfasst sind. c) Systematische Auslegung Möglicherweise kann mit der systematischen Auslegung gleichfalls ein klares Ergebnis erzielt werden. Die Privilegierung nach § 478 Abs. 1 durch den Verzicht auf die ansonsten erforderliche Fristsetzung ist für nicht fristgebundenen Rechte ohne Auswirkung. Daher ist eine Erfassung dieser Rechte an sich nicht notwendig. Hieraus kann aber nicht hergeleitet werden, dass die fristfreien Rechte nicht geltend gemacht werden können. § 478 Abs. 1 stellt auf die kaufvertraglichen Rechte des Letztverkäufers nach § 437 ab, und erfasst damit sämtliche Rechte der Norm.238 Des Weiteren ermöglicht § 478 Abs. 1 die Geltendmachung der fristbewährten Rechte ohne die sonst erforderliche Frist und verbessert daher die Rechtsstellung des Letztverkäufers. Wenn schon die fristgebundenen Rechte ohne die sonst erforderliche Frist ausgeübt werden können, müssen die ohnehin nicht fristgebundenen Rechte erst recht ausübbar sein und ausübbar bleiben. Dies wird besonders bei der Geltendmachung von großem und kleinen Schadensersatz deutlich. Wenn über § 478 Abs. 1 der große Schadensersatz ohne die sonst erforderliche Frist und mit der Beweislastumkehr der §§ 478 Abs. 3, 476 geltend gemacht werden kann, muss der zumeist nicht so weitreichende und nicht fristbewährte kleine Schadensersatz erst recht von § 478 Abs. 1 (und 3) erfasst sein. Darüber hinaus kommt es bei tatbestandlicher Einschlägigkeit des § 478 Abs. 1 neben der Fristersparnis zu der erwähnten weiteren Modifikation der allgemeinen Gewährleistungsrechte über §§ 478 Abs. 1, 3, 476. Die Beweislastumkehr hat gleichfalls Auswirkungen auf die nicht fristgebundenen Rechte. Zudem legen die Verweise in §§ 478 Abs. 1, 479 Abs. 2 Satz 1 die vollständige Einbeziehung der Rechte aus § 437 nah. Mithin sprechen systematische Gründe für eine Erfassung der nicht fristbewährten und fristgebundenen Rechte des § 437 durch § 478 Abs. 1. d) Teleologische Auslegung Ebenso könnte die teleologischen Auslegung zu dem Ergebnis führen, dass § 478 Abs. 1 bei sämtlichen Rechten des Letztverkäufers aus § 437 gilt. Wäre dies Resultat der teleologischen Auslegung, ergäbe sich infolge der nicht entgegenstehenden 238

Vgl. KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 11.

II. Minderung, Rücktritt und großer Schadensersatz mitsamt den Rechtsfolgen

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wortgetreuen Auslegung als Rechtsfolge des § 478 Abs. 1, dass sämtliche dem Letztverkäufer zustehenden Gewährleistungsrechte im Rahmen des Regresses nach einer Inanspruchnahme auf Minderung, Rücktritt oder großem Schadensersatz geltend gemacht werden können. Folglich ist die teleologische Auslegung entscheidend. Der Sinn und Zweck, die Zielsetzung, der §§ 478, 479 ist eine problemlose Weitergabe der mangelhaften Kaufsache und den Schutz vor einer Regressfalle hervorgerufen durch die verbesserten Rechte der Verbraucher zu ermöglichen.239 Es ist somit zu klären, ob der Sinn und Zweck der §§ 478, 479 eine Ausübung der fristgebundenen Rechte ohne die ansonsten erforderliche Frist sowie eine Ausübung der ohnehin nicht fristgebundenen Rechte des § 437 erfordert. Die Geltendmachung der fristbewährten Rechte (Minderung, Rücktritt, Schadensersatz statt der ganzen Leistung) ohne die ansonsten erforderliche Nacherfüllungsfrist nach §§ 440, 281 Abs. 1, 323 Abs. 1 und der nicht fristbewährten Rechte (Nachlieferung, Nachbesserung, kleiner Schadensersatz, Schadensersatz neben der Leistung) des § 437 ist erforderlich, wenn ansonsten kein ausreichender Schutz des Letztverkäufers entsprechend der Zielsetzung der §§ 478, 479 zu erzielen wäre. Dementsprechend ist zuerst die Situation ohne § 478 Abs. 1 zu betrachten und zu ermitteln, ob in diesem Fall generell eine Regressfalle bestehen würde. Anschließend ist bei Bejahung dieser Fragestellung zu untersuchen, ob die Regelung des § 478 Abs. 1 den Schutz vor der Regressfalle bieten kann und ob der gewährte Schutz generell oder nur unter Einschränkungen zu erfolgen hat. Hierbei sind die in der Literatur vertretenden Ansichten zur Beschränkung der Rechtsfolgen240 zu berücksichtigen. aa) Sachlage ohne Geltung von § 478 Abs. 1 Ohne § 478 Abs. 1 hätte der Letztverkäufer nach Minderung, Rücktritt bzw. Schadensersatzanspruch statt der ganzen Leistung241 des Verbrauchers seinem Lieferanten eine Frist zur Nacherfüllung242 zu setzen. Es bestände gemäß dem allgemeinen Gewährleistungsrecht das Recht zur zweiten Andienung zugunsten des Lieferanten weiter. Entscheidend ist, ob nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht die beim Letztverkäufer infolge dieser drei Verbraucherrechte (Minderung, Rücktritt bzw. Anspruch auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung) entstandenen Nachteile ausgeglichen werden können. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247 ff.; siehe auch unter C. I. 2. d). Vgl. D. I. 2. 241 Im Folgenden wird anstelle der Minderung, des Rücktrittes und des Anspruches auf Schadensersatz statt der Leistung seitens des Verbrauchers auch der Begriff „die drei Verbraucherrechte“ verwendet. 242 Ist der Verbraucher zurückgetreten, kommen beide Arten der Nacherfüllung in Betracht. Nach einer Minderung des Verbrauchers kann nur eine Nachlieferung über Wertersatz nach §§ 439 Abs. 4, 346 Abs. 2 Nr. 2 erfolgen, da sich der Verbraucher gegen eine finanzielle Entschädigung mit der mangelhaften Kaufsache abgefunden und sie behalten hat. 239 240

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

Bei einer Geltendmachung der drei Verbraucherrechte fließen liquide Mittel auf Seiten des Letztverkäufers ab. Nimmt der Lieferant anschließend gegenüber dem Letztverkäufer eine Nacherfüllung vor, kann der Letztverkäufer die nachgelieferte oder nachgebesserte Sache dem Verbraucher nicht mehr anbieten.243 Der Letztverkäufer müsste sie daher auf Lager nehmen und nach einer neuen Veräußerungsmöglichkeit suchen. Ein weiterer Absatz der Ware kann keineswegs grundsätzlich unterstellt werden,244 denn es könnte sich z. B. um ein Auslaufmodell, einen „Ladenhüter“, einen engen Markt oder eine vorangegangene Sonderbestellung des Verbrauchers handeln. Auch kann eine Umstellung des Warensortimentes, ein volles Warenlager oder die Abstandnahme von dem mangelhaften und mittlerweile imageschädigenden Produkt den Interessen des Letztverkäufers entgegenstehen. Zudem dürfte sich der Weiterverkauf einer nachgebesserten und dadurch mit diesem Makel belasteten Kaufsache ohne erhebliche Preisreduktion als eher unwahrscheinlich darstellen.245 Eine nicht direkt an den Verbraucher weiterzugebende nachgelieferte oder nachgebesserte Sache vermag die finanziellen Folgen der drei Verbraucherrechte für den Letztverkäufer nicht auszugleichen.246 Es würde zwar das Lager aufgestockt, aber ein ausgleichender Liquiditätszufluss könnte nicht erzielt werden. Erst ein anderweitiger Verkauf würde die Liquiditätseinbuße wieder egalisieren können. Aufgrund der Ungewissheit, ob und wann ein erneuter Verkauf erfolgt, wäre der Letztverkäufer belastet. Zusätzlich hätte der Letztverkäufer nach einer Minderung seitens des Verbrauchers bei einer Nachlieferung durch seinen Lieferanten Wertersatz über §§ 346 Abs. 2 Nr. 2, 439 Abs. 4 für die nicht rückzugewährende Ware zu leisten. Dies würde den Liquiditätsabfluss verstärken. Zudem könnte ohne eröffneten Anwendungsbereich des § 478 Abs. 1 die Beweislastumkehr gemäß §§ 476, 478 Abs. 1 und 3 nicht zugunsten des Letztverkäufers angewendet werden. Kann der Verbraucher seine Rechte gegen den Letztverkäufer mit der Beweiserleichterung des § 476 ausüben, ohne dass diese auch dem Letztverkäufer über § 478 Abs. 1 und 3 offen stände, müsste der Letztverkäufer gegenüber seinem Lieferanten gemäß der allgemeinen Gewährleistungsrechte beweisen, dass die Kaufsache zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges bereits mit dem Mangel belastet war. Der Beweis wird dem Letztverkäufer kaum gelingen, da er gegenüber dem Verbraucher die Beweisfiktion des § 476 nicht entkräften konnte.247 Folge wäre eine Regressfalle zulasten des Letztverkäufers. Canaris, Umsetzung der Richtlinie, S. 11. Es sind Konstellationen denkbar, in denen ein Weiterverkauf – es existiert bereits ein potentieller Abnehmer – erfolgen wird. Hier trägt eine Nacherfüllung, zumeist eine Nachlieferung, mittelbar zum Nachteilsausgleich bei. Aber letztlich bleibt es dabei, dass ein Weiterverkauf allgemein nicht unterstellt werden kann. 245 Vgl. die Ausführungen zu dieser Problematik unter C. I. 3. d) aa) (2). 246 Ähnlich Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 482, der von einem nicht ausgleichbaren Schaden spricht. 247 Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 248 und unter F. I. 1. 243 244

II. Minderung, Rücktritt und großer Schadensersatz mitsamt den Rechtsfolgen

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Der Letztverkäufer befände sich ohne die Fristersparnis des § 478 Abs. 1 in dem Dilemma einer doppelten Belastung. Zum einen wäre er mit dem Recht des Verbrauchers auf Minderung, Rücktritt oder Schadensersatz statt der ganzen Leistung konfrontiert und zum anderen träfe ihn das Recht des Lieferanten auf zweite Andienung.248 Die Rechte der beiden Parteien korrelieren, wie gerade dargelegt, nicht miteinander. Der Letztverkäufer könnte die finanziellen Folgen der Verbraucherrechte, die auch seine Handelsspanne und damit seinen Ertrag belasten würden, nicht weitergeben. Folge wäre die Benachteiligung des Letztverkäufers durch eine Regressfalle. bb) Schutz vor Regressfallen Nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht würde sich der Letztverkäufer somit in einer Regressfalle infolge der Verbraucherrechte befinden. Eine solche könnte durch eine fristlose Ausübung der fristbewährten Rechte und eine Ausübung der ohnehin nicht fristgebundenen Rechte über §§ 478 Abs. 1, 437 zu verhindern sein. Durch eine nicht fristgebundene Ausübung von Minderung, Rücktritt oder Schadensersatz statt der ganzen Leistung gegenüber dem Lieferanten nach Geltendmachung der drei Verbraucherrechte erhält der Letztverkäufer unmittelbar vom Lieferanten den Minderungsbetrag oder den gezahlten Kaufpreis abzüglich eines eventuell zu leistenden Wertersatzes (§§ 437 Nr. 2, 323, 346, 478 Abs. 1) bzw. beim Schadensersatz statt der ganzen Leistung zuzüglich, im Vergleich zum Rücktritt, den verursachten Schaden ersetzt. Ohne vorgeschaltete Nacherfüllung kann dadurch ein finanzieller Ausgleich für den Liquiditätsabfluss beim Letztverkäufer erfolgen und eine Regressfalle vermieden werden. Zusätzlich kann die mangelhafte Sache beim Schadensersatz statt der ganzen Leistung und dem Rücktritt problemlos an den Lieferanten „durchgereicht“ werden. Durch eine Ausübung des nicht fristgebundenen kleinen Schadensersatzes gemäß §§ 280 Abs. 1, 437 Nr. 3 kann ein mit der Minderung vergleichbarer finanzieller Ausgleich vorgenommen werden,249 sodass ein Liquiditätsausgleich mit dem kleinen Schadensersatz erzielt werden kann. Schließlich ist noch zu erörtern, ob mit den nicht fristgebundenen Rechten der Nacherfüllung, für die daher die Modifikation der Fristersparnis ebenso wie beim kleinen Schadensersatz ohne Auswirkung ist, die Regressfalle vermieden werden kann. Wie oben unter D. II. 2. d) aa) gerade gezeigt, kann mit einer Nachlieferung bzw. Nachbesserung nach erfolgter Ausübung der drei Verbraucherrechte wegen der unsicheren Veräußerungsmöglichkeit kein direkter Nachteilsausgleich vorÄhnlich Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 482. Minderung und kleiner Schadensersatz sind hinsichtlich ihrer praktischen Auswirkungen vergleichbar. So auch AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 30; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 87; Canaris, Umsetzung der Richtlinie, S. 11. 248 249

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

genommen werden. Deswegen kann mit der Geltendmachung der Nacherfüllungsrechte grundsätzlich die Regressfalle nicht vermieden werden. Die Sachlage stellt sich jedoch anders dar,250 wenn eine Veräußerungsmöglichkeit besteht. Der Letztverkäufer kann die nachgelieferte oder nachgebesserte Ware in diesem Fall unmittelbar an einen neuen Kunden absetzen und somit einen finanziellen Ausgleich der Nachteile erzielen. Die Regressfalle infolge der Verbraucherschutzrechte kann demzufolge auch mittels der nicht fristgebundenen Nacherfüllungsrechte in bestimmten Fällen vermieden werden. Zusätzlich kann die Beweiserleichterung nach §§ 476, 478 Abs. 1 und 3 auf sämtliche Rechte des Letztverkäufers aus § 437 Anwendung finden, sodass sich Regressfallen durch die Beweislastumkehr des Verbrauchers gemäß § 476 vermeiden lassen. Die Regelung des § 478 Abs. 1 ermöglicht durch fristlose Ausübung der fristbewährten und Geltendmachung der ohnehin nicht fristgebundenen Rechte des § 437 folglich die Entstehung von Regressfallen durch die drei Verbraucherrechte zu verhindern. Fraglich ist nun, ob die Beseitigung der Regressfalle einschränkungslos erfolgen und der Letztverkäufer in jeglicher Hinsicht vor den Regressfallen geschützt werden muss.251 cc) Einschränkung des Schutzes Eine Beschränkung des Schutzes vor Regressfallen könnte vor dem Hintergrund der §§ 478, 479 in den vorgetragenen Sachlagen252 erforderlich sein. Möglicherweise könnte der von § 478 Abs. 1 angeordnete Fristverzicht, wie von Ernst / Gsell angeführt,253 gänzlich unangemessen sein. (1) Unangemessenheit des Fristverzichtes Folge der Unangemessenheit des Fristverzichtes wäre eine grundsätzliche Einschränkung des § 478 Abs. 1. Gegen die generelle Fristersparnis wird angeführt, dass innerhalb der Kette das vorgeschaltete Fristerfordernis gerade sinnvoll sei, weil im Regelfall das mangelhafte Gut bis zum Hersteller zurücklaufen könne, der in der Mehrzahl der Fälle problemlos in der Lage sei, ein Ersatzstück zu liefern oder nachzubessern.254 Auch Zwischenhändler würden in der Lage sein, binnen kurzer Zeit ein Ersatzstück an ihren Käufer zu liefern, das dann in der Kette bis an den Verbraucher als letztes Glied weitergereicht werden könne.255 Weiter soll es 250 251 252 253 254 255

Vgl. Fn. 244. Die §§ 478, 479 bezwecken keine vollkommene Freistellung der Letztverkäufer. Siehe die Darstellung der Literaturansichten unter D. I. 2. b). Siehe Fn. 210. Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1398). Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1397 f.).

II. Minderung, Rücktritt und großer Schadensersatz mitsamt den Rechtsfolgen

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eine Reihe von Fallkonstellationen geben, in denen die Rückgriffssituation zwischen Letztverkäufer und seinem Vormann keinerlei sachlichen Anhaltspunkt dafür böte, den Nacherfüllungsvorrang für sinnlos oder wenigstens für den Letztverkäufer unzumutbar zu erachten.256 Daher gehe die Erleichterung durch § 478 Abs. 1 in Form der Fristersparnis über das Ziel eines effektiven Rückgriffes hinaus und sei sachlich unangemessen.257 Es komme zu einer ungerechtfertigten Verschiebung des allgemeinen Gewährleistungssystemes zulasten der Rückgriffsschuldner, insbesondere der Hersteller.258 Fraglich ist, ob den vorgebrachten Argumenten gefolgt werden kann und somit die generelle Fristersparnis des § 478 Abs. 1 sachwidrig und dementsprechend einzuschränken ist. Den obigen Argumenten ist zuzugeben, dass die Zwischenhändler oder die Hersteller zumeist über Ersatzstücke verfügen, die den Verbrauchern im Rahmen der Nacherfüllung angedient werden können. Auch wird der Hersteller zur Nachbesserung der von ihm produzierten Ware in der Lage sein. Weiterhin vermag eine Einbindung der vorgelagerten Kettenglieder in die Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher den Regress nach §§ 478, 479 zu verhindern, da jeder Vertragspartner durch die Nacherfüllung seine Verpflichtung zur Beschaffung einer sach- und rechtsmängelfreien Kaufsache nach §§ 433 Abs. 1 Satz 1 und 2 erfüllt. Auch mag es Konstellationen geben, in denen die Fristersparnis nicht angebracht sein könnte, aber mangels Darlegung solcher eindeutiger Fälle, kann diesem pauschalen Argument nicht stattgegeben werden. (a) Verkürzung der Sachlage Die Argumentation ist jedoch zu oberflächlich und ungenau und verkürzt die Sachlage, da nur ein kleines Spektrum der möglichen Fallkonstellationen erfasst und zu Argumentationszwecken herangezogen wird. Die Befürworter der Ansicht über die Unangemessenheit der Fristersparnis übersehen, dass dem Letztverkäufer ein eigenes vertragliches Recht zur zweiten Andienung zusteht.259 Er kann selbst einen anderen Kaufgegenstand auf Lager haben oder über eine eigene Servicewerkstatt zur Reparatur verfügen. Die Lieferkette muss demzufolge keineswegs jederzeit bemüht werden. Die obige Ansicht setzt sich nicht nur über das Nacherfüllungsrecht des Letztverkäufers durch die Fixierung einer Nacherfüllungsverpflichtung hinweg, sondern entwertet dieses auch vollständig. Zudem bleibt undeutlich, wann die Zwischenhändler und wann der Hersteller von ihrem Recht zur zweiten Andienung Gebrauch machen dürfen, wenn allen die Nacherfüllung möglich ist. 256 257 258 259

Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1398). Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1394). Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1394). Siehe die Ausführungen unter C. I. 3. d) aa).

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

Ferner gehen die Vertreter der Ansicht kommentarlos davon aus, dass eine Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher jederzeit unter Einbindung der Kettenglieder erfolgen kann. Es wird angenommen, dass innerhalb der vom Verbraucher dem Letztverkäufer zu setzenden angemessenen Nacherfüllungsfrist eine Nachlieferung durch die vorgelagerten Kettenglieder erfolgen bzw. die mangelhafte Sache problemlos die Kette hochlaufen kann, dort nachgebessert wird und rechtzeitig wieder beim Letztverkäufer eintrifft. Die angemessene Nacherfüllungsfrist muss keineswegs immer hierfür ausreichend sein. Die angemessene Frist kann, besonders im Massengeschäft hinsichtlich nicht kostenintensiver Produkte, sehr kurz sein (beispielsweise einige Tage, einige Stunden oder Minuten). Folglich ist der für die Nacherfüllung zur Verfügung stehende Zeitrahmen keineswegs ständig zur Einbindung der Kettenglieder geeignet. Nebenbei kann der Einbindung auch die Länge der Lieferkette entgegen stehen. Darüber hinaus sind Fälle möglich, in denen der Verbraucher keine Nacherfüllungsfrist zu setzen hat (siehe §§ 323 Abs. 2 Nr. 3, 440 Satz 1) bzw. beide Arten der Nacherfüllung wegen Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1), Unzumutbarkeit (§ 440 Satz 1) oder einem Verweigerungsrecht nach §§ 439 Abs. 3, 275 Abs. 2 und 3 bzw. einer Kombination dieser Gründe nicht in Betracht kommen. Letztlich ziehen die Anhänger der Ansicht Schlüsse von einem Teil der Fälle auf die Allgemeinheit (vom Kleinen aufs Ganze). Eine solche Vorgehensweise ist bei der Vielzahl und der Vielschichtigkeit möglicher Konstellationen von vornherein zur Begründung einer allgemeingültigen These untauglich. (b) Belastung der Letztverkäufer durch Regressfallen Zusätzlich könnte gegen das Argument, die Erleichterung durch § 478 Abs. 1 in Form der Fristersparnis würden über das Ziel eines effektiven Rückgriffes hinausgehen, die Belastung der Letztverkäufer durch Regressfallen angeführt werden,260 wenn die Letztverkäufer die Regressfallen nicht selbst hervorgerufen haben. Es besteht, wie soeben erwähnt, eine Vielzahl von Fallkonstellationen, in denen sich der Letztverkäufer ordnungsgemäß verhalten hat, es aber dennoch nicht zu einer Nacherfüllung gekommen ist. Für ein Scheitern der Nacherfüllung könnte beispielshalber der Mangel des Produktes ursächlich sein. Die nachgelieferte andere Sache kann ebenfalls mit dem gleichen oder einem anderen Mangel behaftet sein, dessen Ursache im Produktionsprozess zu suchen ist. Der Grund für das Scheitern der Nachlieferung liegt in diesem Fall in der Sphäre des Herstellers,261 da sowohl das gekaufte als auch das nachgelieferte Produkt mit einem Mangel infolge des Herstellungsprozesses belastet sind. Auch könnte die Nachbesserung gegebenenfalls über die Vermutung des Satzes 2 infolge des schwerwiegenden Mangels der Vgl. zu den Regressfallen die Ausführungen unter D. II. 2. d). Der Mangel kann auch in einer anderen Sphäre, beispielsweise beim Lieferanten durch unsachgemäße Lagerung, entstanden sein. 260 261

II. Minderung, Rücktritt und großer Schadensersatz mitsamt den Rechtsfolgen

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Kaufsache nicht erfolgreich sein, obwohl der Letztverkäufer alles technisch mögliche unternommen hat. Ebenso kann es sich mit einer nicht innerhalb der gesetzten Frist (§ 323 Abs. 2 Nr. 2) wegen Lieferschwierigkeiten eines anderen Kettengliedes, der Insolvenz des Herstellers oder sonstigen Gründen erfolgten Nachlieferung verhalten. Wird in diesen Situationen dem sich ordnungsgemäß verhaltenden Letztverkäufer die fristlose Geltendmachung seiner Rechte nach §§ 478 Abs. 1, 437 ff. verweigert, entstehen die dargestellten Regressfallen und belasten folglich den Letztverkäufer.262 Hier erweist sich der Vorrang der Nacherfüllung als nicht sinnvoll und belastet den Letztverkäufer über Gebühr. (c) Sachgemäße Verschiebung des allgemeinen Gewährleistungssystemes Weiterhin könnte es durch § 478 Abs. 1 zu einer sachgemäßen und nicht, wie vorgebracht, zu einer unangemessenen Verschiebung des allgemeinen Gewährleistungssystemes kommen. Die Verschiebung der Gewährleistungshaftung auf die vorgelagerten Kettenglieder ist sachgemäß, wenn keine Belastung von Kettenglieder erfolgt, die nicht ursächlich für den Gewährleistungsfall waren, d. h. den Sachmangel nicht verursacht haben. § 478 Abs. 1 modifiziert nur die bestehenden Gewährleistungsrechte. Notwendig ist demnach, dass der Mangel der Sache schon bei Gefahrübergang gemäß § 434 Abs. 1 gegebenenfalls i.V.m. §§ 476, 478 Abs. 3 auf den jeweiligen Käufer vorhanden war. Sofern dies zutrifft, hat der jeweilige Verkäufer in der Lieferkette für den Sachmangel einzustehen und ist nicht zu Unrecht belastet. Beruht der Sachmangel jedoch auf einem Verhalten eines Käufers in der Lieferkette, stehen dem Käufer keine Gewährleistungsrechte gegen seinen Verkäufer zu und die Regresskette bricht zu Recht bei dem Verursacher des Mangels ab.263 Alle höheren Kettenglieder, einschließlich des Herstellers, bleiben in einem solchen Fall von der Gewährleistung verschont. § 478 Abs. 1 verschiebt die Gewährleistung über § 478 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 auf den Verursacher des Mangels. Es ist gerechtfertigt, den Verursacher für den Fehler Gewähr leisten zu lassen und ihm keine Rechte gegen vorgelagerte Kettenglieder einzuräumen. Die Mangelfolgen treffen den Urheber des Mangels und belasten nicht immer den Hersteller des Produktes. In der Praxis wird der Sachmangel häufig vom Hersteller beim Produktionsprozess hervorgerufen.264 Trifft dies zu, hat der Hersteller als Urheber des Mangels auch für seinen Fehler einzustehen, und wird nicht unangemessen belastet. Die anderen Kettenglieder würden vielmehr belastet, wenn ihnen der Regress bei von ihnen nicht verursachten Fehlers der Kaufsache verweigert würde. Ansonsten würden die nach262 Vgl. ebenso das zur Sachlage ohne Geltung von § 478 Abs. 1 unter D. II. 2. d) aa) Dargelegte. 263 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 248. 264 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247.

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

gelagerten Kettenglieder durch Regressfallen, wie für den Letztverkäufer bereits dargestellt, bedroht. § 478 Abs. 1 führt somit letztlich zu einer gerechten Verteilung des Risikos, da grundsätzlich der Verursacher des Mangels für diesen zu haften hat. Mithin kann nicht davon gesprochen werden, dass § 478 Abs. 1 zu einer unangemessenen Verschiebung des allgemeinen Gewährleistungssystemes zulasten der Hersteller führt. Ganz im Gegenteil wird vor dem Hintergrund der §§ 478, 479 eine sachgemäße Verschiebung des allgemeinen Gewährleistungssystemes auf den Mangelverursacher erreicht. (d) Schnelligkeit des Handelsverkehres und Verbraucherschutz Überdies wäre ohne die Fristersparnis des § 478 Abs. 1 die Schnelligkeit des Handelsverkehres beeinträchtigt, da jedes Glied der Lieferkette seinem Vormann zuvor eine Frist zur Nacherfüllung zu setzen hätte. Die Abwicklung der Gewährleistung würde unnötig in die Länge gezogen. Zusätzlich könnte die von den Vertretern der Unangemessenheit der Fristersparnis geforderte Einbindung der vorgelagerten Kettenglieder in die Nacherfüllung265 gegenüber dem Verbraucher auch zu einer Verlängerung der Gewährleistungsabwicklung zulasten des Verbrauchers führen, was dem Verbraucherschutz und daher dem Schutzzweck des Schuldrechtsmodernisierungsgesetz und der VerbrGKaufRL widersprechen würde. (e) Ablehnung einer generellen Einschränkung des § 478 Abs. 1 Mithin wurde gezeigt, dass den von den Vertretern der Meinung zur Einschränkung des § 478 Abs. 1 wegen der generellen Unangemessenheit der Fristersparnis angeführten Argumenten nicht gefolgt werden kann.266 Deswegen ist diese Ansicht abzulehnen. Die Fristersparnis ist weder generell sachwidrig, noch ist sie grundsätzlich einzuschränken.

(2) Nichterfassung des Schadensersatzes Eine Einschränkung des § 478 Abs. 1 könnte jedoch entsprechend der Ansicht zur Nichterfassung des Schadensersatzes267 dadurch erfolgen, dass der Schadensersatz nach §§ 280, 281 nicht über den Regress nach § 478 Abs. 1 geltend zu machen sei, sich der Verweis in § 478 Abs. 1 demnach nur auf § 437 Nr. 2 beziehe. Von dem Anhänger dieser Auffassung wird bei Vorstellung der Meinung kein Argument angeführt.268 Lediglich für den Fall, dass der Letztverkäufer nach einem 265 266 267

Siehe Fn. 254 f. Ebenso Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (434, Fn. 33). Vgl. zu der Ansicht die Ausführungen unter D. I. 2. b) bb).

II. Minderung, Rücktritt und großer Schadensersatz mitsamt den Rechtsfolgen

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großen Schadensersatzanspruch des Verbrauchers Rückgriff gegenüber dem Lieferanten nehmen möchte, wird die Nichterfassung des Schadensersatzes damit begründet, dass der zwischen dem Verbraucher und dem Letztverkäufer ausgelöste Schadensersatzanspruch gegenüber dem Lieferanten nicht regressfähig sei, weil der Lieferant nicht für ein Vertretenmüssen seines Abkäufers im Verhältnis zum Endverbraucher hafte.269 In diesen Konstellationen beschränke sich der Regress auf die Rücknahme der Sache.270 Der Ansicht zur Nichterfassung des Schadensersatzes ist darin zuzustimmen, dass der Lieferant grundsätzlich nicht für ein Verhalten seines Abkäufers haftet. Weiter trifft zu, dass sich der Rückgriff des Letztverkäufers gegen den Lieferanten, nachdem der Letztverkäufer vom Verbraucher auf großen Schadensersatz in Anspruch genommen worden ist, auf die Rücknahme der Sache beschränken kann. Dies ergibt sich schon nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht, wenn dem Lieferanten im Verhältnis zum Letztverkäufer kein Verschulden angelastet werden kann. Mangels Verschulden liegen zwischen Letztverkäufer und Lieferant nicht die Voraussetzungen eines Anspruches auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung nach den §§ 280 Abs. 1, 3, 281, 437 Nr. 2 vor. Die Vorlage der allgemeinen Voraussetzungen nach den §§ 434 ff. ist jedoch, wie schon mehrfach dargelegt,271 erforderlich für einen Regress nach §§ 478 Abs. 1, 437 ff. Allerdings ist nicht einzusehen, warum sich nach der Inanspruchnahme des Letztverkäufers auf großen Schadensersatz der Rückgriff grundsätzlich auf die Rücknahme der Sache beschränken soll, wenn die Schadensersatzhaftung des Letztverkäufers auf einem Verhalten seines Lieferanten beruht. Hat z. B. der Lieferant, er ist gleichfalls auch Hersteller, über Werbung eine bestimmte Eigenschaft der Kaufsache zugesichert und sich der Letztverkäufer eventuell gegenüber dem Verbraucher auf die Werbung berufen, würde eine Verweigerung der Weitergabe des Schadensersatzanspruches statt der ganzen Leistung den Letztverkäufer in einer Regressfalle belassen und den Lieferanten durch die im Rahmen der allgemeinen Gewährleistungsrechte nicht anwendbare Beweislastumkehr der §§ 478 Abs. 1 und 3, 476 von der Schadenshaftung freistellen können. Zusätzlich könnten Wertungswidersprüche durch die Herausnahme des Anspruches auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung aus einem Rückgriff nach § 478 Abs. 1 entstehen. Der Vertreter der Ansicht weist nur darauf hin, dass sich nach 268 Vgl. Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 4 f., hier scheint der Ausschluss des Schadensersatzes auf einer Vermischung der Tatbestands- und Rechtsfolgenseite zu beruhen. Zuerst wird klargestellt, dass die Mangelhaftigkeit der Sache zur Rücknahme oder Minderung geführt haben muss. Es wird folglich die Tatbestandsseite des § 478 Abs. 1 angesprochen. Danach wird erläutert, dass es beim Schadensersatz nach § 281 trotz § 478 Abs. 1 noch der Fristsetzung bedürfe, und dieser nicht Gegenstand des Regresses sei. Dies betrifft die Rechtsfolgenseite. 269 Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 11. 270 Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 11. 271 Vgl. nur B. II. 1.

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

einem Anspruch des Verbrauchers auf großen Schadensersatz der Rückgriff auf die Rücknahme der Sache beziehe.272 Auf die Frage, welche Auswirkungen ein Verschulden des Lieferanten gegenüber dem Letztverkäufer in dieser Konstellation hat, wird nicht eingegangen.273 Dadurch müsste der Letztverkäufer nach der Meinung zur Nichterfassung des Schadensersatzes zwischen dem fristlosen Rücktritt (Minderung) nach §§ 478 Abs. 1, 437 ff. und einem Anspruch auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung gemäß dem allgemeinen Gewährleistungsrecht wählen. Infolge der Ausklammerung eines Schadensersatzanspruches aus dem Rückgriff über § 478 Abs. 1, müsste der Letztverkäufer beim Schadensersatz statt der ganzen Leistung wieder seinem Lieferanten vor der Geltendmachung des Schadensersatzes eine Frist setzen. Der Rücktritt oder die Minderung sind aber nach § 478 Abs. 1 fristlos möglich. Das Recht des Anspruchsgegners auf zweite Andienung wäre damit beseitigt. Stände dem anspruchstellenden Letztverkäufer jedoch auch ein Anspruch auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung zu, müsste er nach der dargestellten Ansicht zuvor eine Frist setzen. Dadurch würde dem Anspruchsgegner beim großen Schadensersatz noch das Recht zur zweiten Andienung gebühren, obwohl ihm dieses Recht bei Minderung oder Rücktritt nicht zur Seite stände. Folglich müsste der Anspruchsteller entscheiden, ob er direkt Minderung bzw. Rücktritt274 verlangt oder versucht, Schadensersatz statt der ganzen Leistung unter Setzung einer angemessenen Frist geltend zu machen. Hierbei bestände das Risiko, dass der Anspruchsgegner innerhalb der Frist leistet. Dann wäre der große Schadensersatzanspruch vereitelt. Es könnte zwar noch ein kleiner Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 in Betracht kommen, aber durch die seitens des Lieferanten erfolgte Nacherfüllung muss der Letztverkäufer gegenüber einer fristlosen Minderung bzw. Rücktritt zur Erzielung eines vollständigen Nachteilsausgleiches einen weiteren Absatz der nachgelieferten oder nachgebesserten Sache vornehmen. Ob ein solcher erfolgt, ist ungewiss und kann nicht unterstellt werden.275 Die in dieser Form dargelegte und begründete Ansicht zur Nichterfassung der Schadensersatzansprüche bietet keinen gänzlichen Schutz vor Regressfallen durch die verbesserten Verbraucherrechte. Mithin kann der Ansicht zur Nichterfassung der Schadensersatzansprüche nicht gefolgt werden. Eine Einschränkung in der vorgeschlagenen Art und Weise kann daher so nicht vorgenommen werden.

Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 11. Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 11; es könnte die Hinzuziehung eines Anspruches auf kleinen Schadensersatz nach §§ 280 Abs. 1, 437 Nr. 3 neben einem fristlosen Rücktritt über § 478 Abs. 1 in Frage kommen. 274 Eventuell unter Hinzuziehung eines kleinen Schadensersatzanspruches nach § 280 Abs. 1, worauf vom Vertreter der Ansicht jedoch nicht hingewiesen wird. Vgl. Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 11. 275 Vgl. zu dieser Problematik auch C. I. 3. d) aa) (2) und D. II. 2. d) aa). 272 273

II. Minderung, Rücktritt und großer Schadensersatz mitsamt den Rechtsfolgen

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(3) Überschießende Privilegierung Möglicherweise ist § 478 Abs. 1 mit der Ansicht zur überschießenden Privilegierung einzuschränken. Eine überschießende Privilegierung des Letztverkäufers könnte dadurch vorliegen, dass der Letztverkäufer seine Gewährleistungsrechte gegenüber dem Lieferanten unabhängig von den durch den Verbraucher ausgeübten Rechten frei wählen und dadurch folglich mehr als das reine Regressinteresse276 ersetzt bekommen kann.277 Für den das Regressinteresse übersteigenden Betrag könnte es an einer Regressfalle, wie von Oetker und Maultzsch angemerkt,278 fehlen. Neben dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 wird für die teleologische Reduktion ein systematischer Vergleich mit § 478 Abs. 2 angeführt.279 Der Kostenerstattungsanspruch decke lediglich das Regressinteresse ab und erstrecke sich nur auf die Nacherfüllung und eben nicht auf den gesamten § 437.280 Der Meinung zur teleologischen Reduktion wegen überschießender Privilegierung ist zuzugeben, dass eine Minderung pauschal gesehen für den Anspruchsgegner zumeist vorteilhafter ist als ein Rücktritt oder ein Schadensersatzverlangen. Allerdings nähert sich, worauf von den Vertretern der Ansicht nicht hingewiesen wird, die vom Lieferant beim Rücktritt bzw. Schadensersatz zu erstattende Summe dem Minderungsbetrag an, weil der Letztverkäufer nach einer Minderung des Verbrauchers die Kaufsache nicht zurückgewähren kann und daher nach § 346 Abs. 2 Nr. 2 Wertersatz zu leisten hat. Dennoch bleibt es dabei, dass eine Minderung zumeist günstiger ist als ein Rücktritt oder ein Schadensersatzanspruch. Hingegen kann dem angeführten systematischen Vergleich so nicht gefolgt werden. Abs. 1 nimmt eine Modifikation der allgemeinen Gewährleistungsrechte vor, Abs. 2 hingegen normiert einen eigenen Anspruch. Bei § 478 Abs. 1 geht es letztlich um den Regress durch die Geltendmachung der modifizierten Rechte des Letztverkäufers nach § 437 und nicht um die direkte Weiterleitung der Inanspruchnahme wie bei § 478 Abs. 2. Zudem gilt der in § 478 Abs. 2 normierte Kostenerstattungsanspruch allein für die Nacherfüllung, weil hierfür neben den Modifikationen der allgemeinen Gewährleistungsrechte Bedarf ist.281 Damit ist der Umstand, 276 Nach einer Minderung durch den Verkäufer möchte der Letztverkäufer vom Vertrag mit dem Lieferanten nach §§ 478 Abs. 1, 437 Nr. 2, 440, 323 zurücktreten. Vgl. im Übrigen die Darstellung unter D. I. 2. b) cc). 277 Oetker / Maultzsch, S. 191; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1173). 278 Oetker / Maultzsch, S. 191 f.; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1173). 279 Oetker / Maultzsch, S. 191; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1173). 280 Oetker / Maultzsch, S. 191; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1173). 281 Es wäre auch eine Regelung möglich gewesen, nach der dem Letztverkäufer ein selbständiger Rückgriffsanspruch als zusätzliches Gewährleistungsrecht für die Überwälzung jeglichen Gewährleistungsaufwandes – auch hinsichtlich der Minderung – eingeräumt würde. Dann könnte der Letztverkäufer nach erfolgter Minderung durch den Verbraucher den aufgewendeten Betrag ersetzt verlangen. Vgl. Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1394); dieselben, ZIP 2000, S. 1812 (1815); Bereska, ZGS 2002, S. 59; Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (729); Lehmann, JZ 2000, S. 280 (290 f.); Jud, ÖJZ 2000, S. 661 (664 ff.) trifft

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

dass sich § 478 Abs. 2 allein auf die Kosten der Nacherfüllung erstreckt, für den Verweis in § 478 Abs. 1 auf § 437 unerheblich. Festzuhalten ist somit, dass einige Argumente der Ansicht zur überschießenden Privilegierung nicht überzeugen können. Es trifft aber zu, dass eine Minderung im Vergleich zum Rücktritt und Schadensersatzanspruch für den Regressschuldner vorteilhafter ist. Damit könnte es für den überschießenden Betrag in der Tat an einer Regressfalle fehlen, sodass der Sinn und Zweck der §§ 478, 479 einer unbeschränkten Ausübung der Gewährleistungsrechte der §§ 478, 437 ff. entgegen stehen könnte. Da aber keine weitergehende Analyse hinsichtlich aller Verbraucherrechte und der möglicherweise geltend zu machenden Rechte nach den §§ 437 ff. von den Vertretern der Ansicht vorgenommen wurde, bedarf es einer solchen unter Berücksichtigung des Sinnes und Zweckes der §§ 478, 479. Fraglich ist daher jeweils, wie der Regress zum Schutz vor einer Regressfalle vor den verbesserten Verbraucherschutzrechten und zur Weitergabe der mangelhaften Sache nach einer Minderung, einem Rücktritt und einem Anspruch auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung zu erfolgen hat. (a) Sachlage nach einer Minderung Durch eine Minderung des Verbrauchers wird der Letztverkäufer mit dem entsprechenden Minderungsbetrag belastet. (aa) Rückgriff mit einer Minderung Nimmt er seinerseits eine Minderung gegenüber seinem Lieferanten vor, könnte er seine Inanspruchnahme ausgleichen. Allerdings muss sich der Minderungsbetrag zwischen Letztverkäufer und Verbraucher und der Betrag im Verhältnis zwischen Letztverkäufer und Lieferanten nicht entsprechen, da sich der Minderungsbetrag gemäß § 441 Abs. 3 an den jeweiligen Vertragsverhältnissen orientiert.282 Daher wird der Letztverkäufer zumeist weniger erlösen als er selbst gegenüber dem Verbraucher für die Minderung aufwenden musste, d. h. es wird zu einem teilweisen Verlust der Handelsspanne kommen.283 Hierdurch kann zwar eine Belastung entstehen, aber diese rechtfertigt sich durch die Relativität der Vertragsverhältnisse, sodass vor- und nachgelagerte Vertragsverhältnisse nicht auf das eigene ausstrahlen können.284 Weiterhin bestand diese Belastung auch schon unter Gelauch Ausführungen zu einem unmittelbaren Anspruch der Verbraucher gegen den entsprechenden Hersteller. Ein solcher ist aber aus Verbraucherschutzgründen – der Verbraucher müsste sich unter Umständen an einen ihm unbekannten und von ihm nicht gewählten Vertragspartner wenden – eine unattraktive Möglichkeit zur Regelung eines Ersatzanspruches. 282 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 36. 283 Es sind auch Fälle denkbar, bei denen der Letztverkäufer mehr erlösen kann, als er selbst gezahlt hat. Wegen der Relativität der Vertragsverhältnisse ist dies hinzunehmen. Vgl. bezüglich einer AGB-Regelung bei diesen Fällen unter G. V. 2. 284 Ähnlich AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 36.

II. Minderung, Rücktritt und großer Schadensersatz mitsamt den Rechtsfolgen

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tung des alten Schuldrechtes. Sie entstammt nicht den verbesserten Rechten der Verbraucher mit der Folge, dass vor dem Hintergrund der §§ 478, 479 kein Schutz vor dieser Belastung erfolgen muss. Mithin wird der Letztverkäufer durch die Möglichkeit einer fristlosen Weitergabe der Minderung ausreichend vor einer Regressfalle geschützt. (bb) Rückgriff mit einem Rücktritt Wird dem Verbraucher jedoch nach einer Minderung das Recht eingeräumt gegen seinen Vertragspartner mittels eines fristlosen Rücktrittes vorzugehen, kann er, wie von Oetker und Maultzsch zu Recht angemerkt, mehr erlösen, als er bei der Minderung aufgewandt hat. Damit würde er überprivilegiert, da er mehr als zur Beseitigung der Regressfalle notwendig, erhalten würde. Dies ist vor dem Hintergrund des Sinnes und Zweckes der §§ 478, 479 nicht geboten. Folglich steht dem Letztverkäufer nach einer Minderung durch den Verbraucher nicht der fristfreie Rücktritt über § 478 Abs. 1 zu. Die Modifizierung ist in dieser Konstellation für den Rücktritt durch eine teleologische Reduktion nicht anzuwenden. (cc) Rückgriff mit einem Anspruch auf großen Schadensersatz Fraglich ist, ob sich die Sachlage bei einem Rückgriff mittels eines Schadensersatzanspruches statt der ganzen Leistung ebenso wie beim Rücktritt darstellt. Im Unterschied zu einem Rücktritt kann beim großen Schadensersatz dem Lieferanten ein Verschulden vorgeworfen werden. Würde der große Schadensersatz, wie unter D. II. 2. d) cc) (2) dargestellt, einer Frist bedürfen, käme es zu einem Wertungswiderspruch, da der Lieferant diesen Anspruch mittels einer Nachlieferung abwehren und den Letztverkäufer im Gegensatz zum Regress mittels einer fristlosen Minderung in eine Regressfalle bringen könnte. Dies kann vor dem Hintergrund der §§ 478, 479 nicht sein. Es kann jedoch auch nach dem Telos nicht zutreffen, dass ein Rückgriff mittels eines fristlosen Anspruch auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung, aber ein fristfreier Rücktritt nicht in Betracht kommt. Dies wird deutlich, da der große Schadensersatz eine Kombination von Rücktritt und dem Ersatz von darüber hinaus angefallenen Schäden darstellt. Zusätzlich würde dem Anspruchsteller bei einem Regress mit einem großen Schadensersatzanspruch die Regelung des § 479 Abs. 2 hinsichtlich der fünfjährigen Höchstfrist zugute kommen. Wurde der zum Rückgriff Berechtigte seinerseits nur auf Minderung in Anspruch genommen und wären ohne § 479 Abs. 2 seine Gewährleistungsansprüche gegen seinen unternehmerischen Vormann an sich verjährt, kann er weit mehr liquidieren, als zum Ausgleich des Gewährleistungsaufwandes, d. h. zur Vermeidung der Haftungsfalle, erforderlich wäre.285 Die eingetretene Verjährung des großen Schadensersatzanspruches würde durch die Inan285

Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1400).

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

spruchnahme auf Minderung wieder beseitigt. Die Reaktivierung eines Schadensersatzanspruches statt der ganzen Leistung ist jedoch nicht erforderlich, sodass schon verjährte Gewährleistungsrechte über das gebotene Maß hinaus reaktiviert werden könnten.286 Erforderlich ist zum Schutz vor einer Regressfalle lediglich, dass eine fristlose Minderung dem Letztverkäufer gewehrt wird. Dies kann dadurch erreicht werden, dass der große Schadensersatzanspruch in eine Minderung und einen Ersatzanspruch in Höhe der verbleibenden Schäden aufgespalten wird, d. h. eine Trennung in Minderung und eine Art „kleinen Schadensersatzanspruch“ vollzogen wird. Sind über die Minderung hinaus keine weiteren Schäden entstanden entsprechen sich der Minderungsbetrag und der beim Schadensersatz statt der ganzen Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes zu ersetzende Schadensbetrag.287 Folglich bedarf es keiner Aufspaltung bzw. eine solche ist nicht vornehmbar. Hier bestehen keine Bedenken, dem Letztverkäufer den der Minderung entsprechenden Schadensersatzanspruch unter den Modifikationen der §§ 478 Abs. 1 und 3, 479 Abs. 2 Satz 1 zu gewähren, da nur ein Ausgleich in Höhe des Regressinteresses in dieser Konstellation vorgenommen wird. Ansonsten hat eine Aufspaltung des Schadensersatzanspruches zu erfolgen. Die Minderung kann über § 478 Abs. 1 fristlos geltend gemacht und so ein Schutz des Letztverkäufers vor einer Regressfalle erreicht werden. Ebenso finden die §§ 478 Abs. 3 und 479 Abs. 2 auf die Minderung Anwendung. Die Geltendmachung des verbleibenden „kleinen Schadensersatzanspruches“ erfolgt nach den Regelungen des allgemeinen Gewährleistungsrechtes gemäß §§ 280 Abs. 1 und 3, 281, 437 Nr. 3. Der verbliebene „kleinen Schadensersatzanspruch“ war vor der Aufspaltung Bestandteil eines Anspruches auf Schadensersatzanspruch statt der ganzen Leistung. Daher hat der nach der Abspaltung übriggebliebene „kleine Schadensersatzanspruch“ auch dem Recht nach § 281 zu unterfallen. Zudem steht dieser verbleibende Schadensersatzanspruch weiterhin im Zusammenhang mit der Mangelhaftigkeit der Kaufsache, damit auch zur Leistung, sodass § 281 und nicht § 280 Abs. 1 einschlägig sein muss. Im Rahmen der §§ 281, 280, 437 Nr. 3 stellt sich jedoch das Problem, dass der Letztverkäufer den verbleibenden „kleinen Schadensersatzanspruch“ erst nach Setzen einer Nacherfüllungsfrist und deren erfolglosem Ablauf gegen seien Lieferanten geltend machen kann. Hierdurch sähe sich der Lieferant zum einen der modifizierten Minderung und zum anderen der Nacherfüllung über § 281 Abs. 1 ausgesetzt. Folglich wäre der Lieferant gezwungen, um den abgespaltenen Schadensersatzanspruch abzuwehren, eine Nacherfüllung gegenüber dem Letztverkäufer vorzunehmen, obwohl er seinerseits schon auf mo286 Sind noch keine zwei Jahre ab Ablieferung verstrichen, so bestehen keine Bedenken, dass ein bestehender Schadensersatzanspruch nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht geltend gemacht wird. 287 An sich bedarf es dann keines weiteren Anspruches auf Schadensersatz statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes, weil nicht mehr als bei der Minderung erlöst werden kann. Wegen der geringeren Anspruchsvoraussetzungen bei der Minderung empfiehlt es sich in einem solchen Fall, nur die Minderung geltend zu machen.

II. Minderung, Rücktritt und großer Schadensersatz mitsamt den Rechtsfolgen

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difizierte Minderung zum Ausgleich der Regressfalle in Anspruch genommen wird. Dies könnte zu einer Belastung des Lieferanten führen, wenn die Kosten, die bei ihm infolge der Nacherfüllung entstehen, höher sind als der Ausgleich des verbleibenden „kleinen Schadensersatzanspruches“. Eine solche Belastung kann der Lieferant allerdings dadurch umgehen, dass er die Nacherfüllung verweigert oder nicht innerhalb der gesetzten Frist vornimmt, sodass der Letztverkäufer mit dem in diesem Fall für den Lieferanten „günstigeren“ Schadensersatzanspruch gegen den Lieferanten vorgehen kann. Da § 479 Abs. 2 Satz 1 und § 478 Abs. 3 nur auf die Minderung und nicht auf den verbleibenden „kleinen Schadensersatzanspruch“ Anwendung finden, erfolgt eine Reaktivierung der bereits verjährten Gewährleistungsansprüche nur in dem vor dem Hintergrund der §§ 478, 479 gebotenen Maß. Der Letztverkäufer hat ohne §§ 478 Abs. 1 und 3, 476 im Rahmen der §§ 280, 281, 437 Nr. 3 die Pflichtverletzung – die Mangelhaftigkeit der Kaufsache im Zeitpunkt des Gefahrüberganges – zu beweisen. Durch die Aufspaltung wird eine Regressfalle vermieden, das Verschulden entsprechend berücksichtigt und keine Überprivilegierung des Letztverkäufers vorgenommen. Festzuhalten ist, dass entsprechend dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 (teleologische Reduktion) der Rückgriff mit einem Schadensersatzanspruch statt der ganzen Leistung nach zuvor erfolgter Minderung durch den Verbraucher in einen Rückgriff mit einer fristlosen Minderung nach §§ 478 Abs. 1, 437 Nr. 2, 441 und das allgemeine Gewährleistungsrecht eines kleinen Schadensersatzanspruches nach §§ 280 Abs. 1, 437 Nr. 3 aufgespalten wird. (dd) Rückgriff mit einem Anspruch auf kleinen Schadensersatz Die Sachlage beim Rückgriff mit einem Schadensersatzanspruch statt der Leistung gestaltet sich ähnlich wie die beim Schadensersatzanspruch statt der ganzen Leistung.288 Der kleine Schadensersatzanspruch setzt sich aus einer Minderung und den darüber hinaus entstandenen Schäden zusammen. Daher ist der kleine Schadensersatz in die Minderung und den verbleibenden Ersatzanspruch zu trennen. Die Minderung kann nach §§ 478 Abs. 1, 437 Nr. 2, 441 mit der Fristersparnis und der Beweiserleichterung der §§ 476, 478 Abs. 1 und 3 geltend gemacht werden, während die Modifikationen der §§ 478, 479 für den verbleibenden restlichen Schadensersatzanspruch nicht zur Anwendung kommen. Der verbleibende Schadensersatzanspruch war zuvor Bestandteil eines kleinen Schadenseratzanspruches, der ohne eine entsprechende Fristsetzung geltend gemacht werden 288 Der kleine Schadensersatz bedarf zwar ohnehin keine Fristersetzung, sodass die Rechtsfolge des § 478 Abs. 1 in Form der Fristersparnis keine Auswirkung entfaltet. Die Modifikation des § 478 Abs. 1 und 3 kann jedoch Anwendung auf den kleinen Schadensersatzanspruch finden. Zudem ist für den großen Schadensersatzanspruch – unter Aufspaltung – der Bereich des § 478 Abs. 1 und 3 eröffnet, sodass dies erst recht für den nicht so weitreichenden kleinen Schadensersatz, der gleichfalls aus einer Minderung und einem Schadensersatzanspruch zusammengesetzt ist, gelten muss. Vgl. die Ausführungen unter D. II. 2. c).

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

konnte, sodass auch der nach der Aufspaltung des Schadensersatzanspruches statt der Leistung verbleibende Schadensersatzanspruch fristlos geltend gemacht werden kann.289 (ee) Rückgriff mit einem Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung Gebührt dem Letztverkäufer gegen seinen Lieferanten ein Schadensersatzanspruch neben der Leistung nach § 280 Abs. 1, steht dieser neben der Haftung auf Nacherfüllung, Minderung, Rücktritt und Schadensersatz statt der Leistung. Um eine Anwendung der §§ 478, 479 auf den Schadensersatz neben der Leistung gemäß § 280 Abs. 1 überhaupt rechtfertigen zu können, muss der entstandene Schaden eine Beziehung zur Mangelhaftigkeit der Kaufsache aufweisen, da es ansonsten an dem Tatbestandsmerkmal „als Folge ihrer Mangelhaftigkeit“ mangelt. Beruht der Schadensersatzanspruch beispielsweise auf einer Verletzung einer Nebenpflicht durch den Lieferanten, kann dieser Anspruch unabhängig von einem Mangel der Kaufsache geltend gemacht werden. Die unabhängige Geltendmachung des Schadensersatzanspruches hat der Letztverkäufer auch vorzunehmen. Versäumt er dies, kann sich der Letztverkäufer nicht darauf berufen, dass ihm wegen des Gewährleistungsrechtes des Verbrauchers sein Schadensersatzanspruch neben der Leistung wieder offen stehen müsse. § 479 Abs. 2 Satz 1 oder § 478 Abs. 1 und 3 können keine Anwendung finden. Anwendungsvoraussetzung ist für diese Normen eine mangelhafte neu hergestellte Kaufsache (§ 478 Abs. 1). Ein Gewährleistungsrecht des Letztverkäufers, das in keinem Bezug zu dem Mangel steht, also auf einer anderen Pflichtverletzung des Lieferanten beruht, kann nicht von den §§ 478, 479 erfasst sein. Die verbesserten Rechte der Verbraucher sind hier ohne Belang. Dadurch könnte alleine ein Anspruch wegen Mangelfolgeschäden gemäß § 280 Abs. 1 von den Privilegierungen der §§ 478, 479 profitieren. Zur Verdeutlichung wird folgender Beispielsfall290 herangezogen: Beispielsfall 4: V kauft einen (den letzten) exklusiven und für erhebliche Minusgrade geeigneten Daunenschlafsack bei LVK und stellt den baldigen Kauf eines Zeltes und diverser weiterer Outdoor-Gegenstände für seinen bevorstehenden Trekkingurlaub auf Island in Aussicht. Bei der Durchführung einer „Probenacht“ auf der heimischen Terrasse stellt sich heraus, dass durch eine Verklumpung der Daunen der Schlafsack selbst für geringe Plusgrade ungeeignet ist. Der Nachlieferungswunsch des V kann mangels entsprechender Schlafsäcke nicht erfüllt werden. Daher erklärt V die Minderung und die Abstandnahme von den weiteren Geschäften, da die Qualität in diesem Laden nicht zu Hause sei. LVK 289 Sind über die Minderung hinaus keine weiteren Schäden entstanden, entsprechen sich die Minderung und der Schadensersatzanspruch statt der Leistung mit der Folge, dass in diesem Fall keine Aufspaltung stattzufinden braucht, da nur ein Ausgleich für die Regressfalle erreicht wird. 290 Der Beispielsfall beruht auf dem bei Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1398) erwähnten Fall.

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möchte von L2 die Minderung und den entgangenen Gewinn ersetzt haben. Es lässt sich nicht ermitteln, ob die Daunen wegen eines Produktionsfehlers oder infolge falscher Lagerung bei LVK klumpten.

Für die Minderung finden §§ 478 Abs. 1 und 3, 479 Abs. 2 Satz 1 Anwendung. Daher kann LVK fristlose Minderung von L2 verlangen. Würden diese Vorschriften auch ihm Rahmen des § 280 Abs. 1 Anwendung finden, könnte LVK auch entgangenen Gewinn verlangen. Dieser entgangene Gewinn beruht jedoch nicht auf den verbesserten Verbraucherrechten. Die Gefahr, dass von zukünftigen Geschäften Abstand genommen wird, bestand auch bereits unter Geltung des alten Rechtes. Zudem ist diese Gefahr von der Länge der Gewährleistungsfrist unabhängig, sodass kein Bezug zu den verbesserten Verbraucherrechten zu konstatieren ist. Deswegen würde der Letztverkäufer überprivilegiert, wenn die Modifikationen im Rahmen des § 280 Abs. 1 einschlägig wären, sofern der Letztverkäufer nur auf Minderung und nicht seinerseits auch auf Schadensersatz neben der Leistung in Anspruch genommen wurde. Er könnte ansonsten fast immer, wenn er auf Minderung unter Geltung des § 476 vom Verbraucher haftbar gemacht wurde, seinerseits entgangenen Gewinn unter Anwendung der §§ 478 Abs. 1 und 3, 476 von seinem Lieferanten verlangen. Dadurch kann der Letztverkäufer nach einer Minderung seitens des Verbrauchers seinerseits eine fristlose Minderung modifiziert durch §§ 478 Abs. 1 und 3, 479 Abs. 2 Satz 1 und den Schadensersatz neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 nur ohne die Modifikationen der §§ 478, 479 gegen seinen Lieferanten geltend machen. (ff) Rückgriff mit einem Nachlieferungsanspruch Als letzte Konstellation verbleibt noch der Rückgriff mit einem Anspruch auf Nachlieferung.291 Bei der Nachlieferung kann der Letztverkäufer eine neue Wareneinheit von seinem Lieferanten fordern. Hierdurch kann, muss aber nicht, da ein Weiterverkauf der nachgelieferten Ware nicht unterstellt werden kann,292 die Regressfalle beseitigt werden. Fraglich ist, ob durch eine Nachlieferung im Vergleich zu einer Minderung eine Überprivilegierung stattfinden würde. Die Nachlieferung hat gegen Wertersatz nach §§ 439 Abs. 4, 346 Abs. 2 zu erfolgen, weil der Letztverkäufer infolge der Minderung durch den Verbraucher die mangelhafte Kaufsache nicht zurückgewähren kann. Weiterhin wird eine Nachlieferung für den Lieferanten grundsätzlich günstiger sein als ein wegen Überprivilegierung nach einer Minderung ausgeschlossener Rücktritt. Beim Rücktritt ist der Verkaufspreis zu erstatten, bei der Nachlieferung fallen jedoch hauptsächlich Kosten in Höhe des niedrigeren Einkaufspreises an. Zusätzlich wird der Lieferant durch § 439 Abs. 3 291 Nach einer Minderung seitens des Verbrauchers ist eine Nachbesserung durch den Lieferanten unmöglich. 292 Siehe Fn. 275.

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vor einer unverhältnismäßigen Nachlieferung geschützt. Eine Nachlieferung liegt zumeist auch im Interesse des Lieferanten (Erhalt des Rechtes zur zweiten Andienung, Leerung des Lagers), sodass vieles gegen eine Überprivilegierung durch einen Nachlieferungsanspruch spricht. Auch wenn sich abstrakt nicht mit hinreichender Sicherheit ermitteln lässt, ob eine Nachlieferung im Vergleich zur Minderung vorteilhafter ist oder nicht, sind die Abweichungen zwischen beiden Alternativen nicht so erheblich, dass eine Überprivilegierung festgestellt werden kann. Eine Nachlieferung bedarf zwar auch ohne die Rechtsfolge der Fristersparnis gemäß § 478 Abs. 1 wie der kleine Schadensersatz keine Fristsetzung. Aber die thematisch zu Abs. 1 gehörende Beweislastumkehr des Abs. 3, die entgegen dem inhaltlichen Zusammenhang durch den Einwand des Bundesrates aus Abs. 1 ausgegliedert wurde, kann für die Nachlieferung Wirkung entfalten.293 Wenn schon die fristbewährten Rechte vom Anwendungsbereich des § 478 Abs. 1 erfasst sind, muss dies gleichfalls für die fristfreien Rechte gelten.294 Zudem wird durch eine Erfassung der Nachlieferung von § 478 Abs. 1 der Rückgriffsgegner nicht belastet, sondern eher begünstigt, da im Vergleich zur fristlosen Ausübung der Minderung über § 478 Abs. 1 bei einer Nachlieferung über § 478 Abs. 1 das Recht zur zweiten Andienung des Rückgriffsverpflichteten erhalten werden kann. Wäre die Nachlieferung nicht von § 478 Abs. 1 (und 3) erfasst,295 würde eine solche wegen des Fehlens der Beweislastumkehr im Vergleich zu einer fristlosen Minderung unter Geltung der Beweiserleichterung kaum ausgeübt. Folglich kann der Letztverkäufer nach einer Minderung durch den Verbraucher vom Lieferanten ebenso eine Nachlieferung nach §§ 478 Abs. 1, 3, 437 Nr. 1, 439 verlangen. Mithin hat eine eingehende Analyse gezeigt, dass nach einer Minderung durch den Verbraucher dem Letztverkäufer vor dem Hintergrund der §§ 478, 479 nur ein Rückgriff nach §§ 478 Abs. 1, 437 mittels Nachlieferung und fristloser Minderung zuzustehen braucht. Die Rechtsfolgenseite ist daher auf diese Rechte teleologisch zu reduzieren. Weitergehende Rechte richten sich, eventuell im Anschluss an eine Aufspaltung, nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht. (b) Sachlage nach einem Rücktritt Nachdem die Sachlage nach einer Minderung dargestellt wurde, ist auf die Sachlage nach einem Rücktritt durch den Verbraucher einzugehen. Wie gerade gezeigt wurde, ist eine Minderung weniger belastend als ein Rücktritt. Daher kann der Letztverkäufer nach einem Rücktritt mit einer fristlosen MinVgl. D. und D. II. 2. b). Vgl. D. II. 2. c). 295 Die Anwendungsbereiche von § 478 Abs. 1 und 2 decken sich hinsichtlich der erfassten Rechte des § 437. 293 294

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derung nach §§ 478 Abs. 1, 437 Nr. 2, 441 gegen den Lieferanten vorgehen, wobei es sein kann bzw. wahrscheinlich ist, dass der Letztverkäufer durch eine Minderung die Regressfalle nicht vollständig beseitigen kann. Die Beseitigung der Regressfalle ist ihm durch die Geltendmachung eines fristlosen Rücktrittes gemäß §§ 478 Abs. 1, 437 Nr. 2, 323 möglich. Hier findet entsprechend zur Sachlage beim Rückgriff mit einer Minderung nach erfolgter Minderung ein Ausgleich der Regressfalle statt. Für einen Rückgriff mit einem großen bzw. einem kleinen Schadensersatzanspruch gilt das eben unter D. II. 2. d) cc) (3) (a) (cc) und (dd) Dargestellte. Folglich werden die Schadensersatzansprüche in einen fristlosen Rücktritt bzw. Minderung nach §§ 478 Abs. 1, 437 Nr. 2, 323 und einen Anspruch nach §§ 280 Abs. 1, 437 Nr. 3 aufgespalten. Ein Schadensersatzanspruch neben der Leistung ist, wie unter D. II. 2. d) cc) (3) (a) (ee) dargestellt, nicht von den Modifikationen der §§ 478, 479 umfasst. Nach einem Rücktritt durch den Verbraucher kann der Letztverkäufer entsprechend D. II. 2. d) cc) (3) (a) (ff) auch Nachlieferung von seinem Lieferanten verlangen. Im Unterschied zu einer Minderung seitens des Verbrauchers kommt nach einem Rücktritt auch ein Anspruch auf Nachbesserung gegenüber dem Lieferanten in Erwägung. Für die beiden Arten der Nacherfüllung lässt sich das zur Nachlieferung im Anschluss an eine Minderung Ausgeführte entsprechend übertragen. Daher kann der Letztverkäufer nach einem Rücktritt durch den Verbraucher die fristlose Minderung und den fristlosen Rücktritt bzw. Nacherfüllung verlangen. Auf daneben bestehende Schadensersatzansprüche finden die Modifikationen der §§ 478, 479 – gegebenenfalls nach Aufspaltung – in Anlehnung an den Sinn und Zweck der Normen keine Anwendung.

(c) Sachlage nach einem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung Schließlich bedarf es noch der Betrachtung der Sachlage, nachdem der Verbraucher mit einem Schadensersatzanspruch statt der ganzen Leistung gegen den Letztverkäufer vorgegangen ist. Der große Schadensersatz steht dem Verbraucher im Unterschied zu Minderung und Rücktritt nur zu, wenn den Letztverkäufer ein Verschulden trifft. Der Lieferant haftet hingegen nicht für ein Verschulden des Letztverkäufers. Kann dem Lieferanten kein Verschulden vorgeworfen werden, können dem Letztverkäufer nur die Gewährleistungsrechte der Minderung, des Rücktrittes und der Nacherfüllung gegenüber dem Lieferanten zustehen. Da sich der große Schadensersatz aus einem Rücktritt und dem Ersatz der darüber hinaus entstandenen Schäden zusammensetzt, beruht der enthaltene Rücktritt auf der Mangelhaftigkeit der Kaufsache und der Ersatz der weiteren Schäden auf dem schuldhaften Verhalten des Letztverkäufers. Deswegen ist der Letztverkäufer nur vor dem im gro-

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

ßen Schadensersatzanspruch enthaltenen Rücktritt zu schützen. Folglich kann der Letztverkäufer nach seiner Inanspruchnahme auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung, sofern seinen Lieferanten kein Verschulden trifft, nur bezüglich des Rücktrittes Regress nehmen. Dies erfolgt wie zuvor unter D. II. 2. d) cc) (3) (b) gezeigt. Fraglich ist, wie der Regress vorzunehmen ist, wenn dem Lieferanten ein schuldhaftes Verhalten gegenüber dem Letztverkäufer vorgeworfen werden kann. Beruht die Schadensersatzhaftung des Letztverkäufers gegenüber dem Verbraucher auf einem dem Lieferanten vorwerfbaren Verhalten, bestehen keine Bedenken dem Letztverkäufer den Regress gegen seinen Lieferanten mit einem fristlosen großen Schadensersatzanspruch nach §§ 478 Abs. 1, 437 Nr. 3, 280, 281 zu gestatten. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass das über den Rücktritt hinausgehende Verschulden auf einem Verhalten des Lieferanten fußt und deswegen eine Verweigerung der Weitergabe des Schadensersatzanspruches den Letztverkäufer in einer Regressfalle belassen würde. Durch den Regress mit einem Anspruch auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung lässt sich vor dem Hintergrund der §§ 478, 479 eine angemessene Verteilung der Verschuldensbeiträge erreichen. Beruht das Verschulden des Letztverkäufers hingegen nicht auf einem vorwerfbaren Verhalten des Lieferanten, liegt seitens des Letztverkäufers ein vom Verschulden des Lieferanten unabhängiges, eigenes schuldhaftes Verhalten vor. Die Übertragung des Verschuldens durch einen Rückgriff mit einem großen Schadenseratzanspruch auf den Lieferanten würde den Letztverkäufer im Vergleich zum zuvor dargestellten Sachverhalt überprivilegieren, weil der Letztverkäufer ansonsten die Folgen seines vom Lieferanten unabhängigen Verschuldens auf diesen überwälzen könnte. Daher ist der Rückgriff gegen den Lieferanten in dieser Konstellation auf die Rücknahme der Sache zu beschränken. Es gelten die Ausführungen unter D. II. 2. d) cc) (3) (b) mit der Folge entsprechend, dass der Letztverkäufer vor einer Regressfalle durch den im Schadensersatz statt der ganzen Leistung enthaltenen Rücktritt bzw. Minderung geschützt wird, seinen darüber hinaus bestehenden Schadensersatzanspruch jedoch ohne die Modifikationen nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht geltend zu machen hat. Hier erfolgt der Rückgriff des Letztverkäufers gegen seinen Lieferanten nach einem großen Schadensersatzanspruch des Verbrauchers gegen den Letztverkäufer durch Aufspaltung des großen Schadensersatzanspruches in einen fristlosen Rücktritt oder eine fristlose Minderung bzw. einen Anspruch auf Nacherfüllung jeweils modifiziert durch die §§ 478, 479 und einen sich nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht richtenden „kleinen“ Schadensersatzanspruch. Ein Regress mit einem großen Schadensersatzanspruch steht dem Letztverkäufer seinerseits gegen seinen Lieferanten nach §§ 478 Abs. 1 und 3, 437 Nr. 3, 280, 281 nur zu, wenn das Verschulden des Letztverkäufers gegenüber dem Verbraucher durch ein Verschulden des Lieferanten gegenüber dem Letztverkäufer bedingt ist.

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(d) Zusammenfassung Mithin hat sich gezeigt, dass der Rückgriff des Letztverkäufers in Anlehnung an den Vorschlag von Oetker und Maultzsch gemäß dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 beschränkt wird. Daher kommen die Modifikationen des § 478 Abs. 1 und 3 dem Letztverkäufer für einen das Regressinteresse übersteigenden Betrag mittels einer teleologischen Reduktion des § 478 Abs. 1 nicht zugute. Die den Regress übersteigenden Gewährleistungsansprüche des Letztverkäufers gegen den Lieferanten richten sich nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht. (4) Schuldhafte Nichterfüllung der Pflicht zur Nacherfüllung Des Weiteren könnte eine Einschränkung des Schutzes durch § 478 Abs. 1 bei einer schuldhaften Nichterfüllung der Nacherfüllungspflicht seitens des Letztverkäufers erfolgen.296 Für eine solche Beschränkung wird angeführt, dass der Verzicht auf das Fristsetzungserfordernis seine sachliche Rechtfertigung verliere, wenn das Fehlschlagen der Mangelbeseitigung auf einer vom Letztverkäufer zu vertretenden Verletzung der Nacherfüllungspflicht beruhe.297 Um beurteilen zu können, ob ein Fehlverhalten des Letztverkäufers bei der Nacherfüllung eine Einschränkung des Schutzes durch § 478 Abs. 1 erfordert, muss zunächst ermittelt werden, wann und warum eine Nacherfüllung infolge dem Letztverkäufer zurechenbarer Umstände gescheitert bzw. nicht in Betracht gekommen ist.298 Anschließend kann ermittelt werden, ob das Fehlverhalten des Letztverkäufers eine Einschränkung seiner Rechte aus §§ 478 Abs. 1, 437 ff. gebietet und wie eine gebotene Einschränkung zu erfolgen hat. (a) Fehlverhalten bei Erfüllung der Nacherfüllung Die Nichterfüllung der Nacherfüllungspflicht kann darauf beruhen, dass eine Nacherfüllung von vornherein nicht in Erwägung kommt bzw. die Nacherfüllung scheitert (vgl. §§ 439 Abs. 3, 440).299 Als Fehlverhalten des Letztverkäufers, das Vgl. hierzu die unter D. I. 2. b) dd) vorgestellte Meinung. AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 33; Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 12; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 90; ders. in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 90. 298 Dadurch kommt eine Ausübung der fristgebundenen Gewährleistungsrechte seitens des Verbrauchers in Betracht. 299 Zu beachten ist, dass dem Verbraucher gemäß § 439 Abs. 1 ein Wahlrecht hinsichtlich der Art der Nacherfüllung zusteht. Damit kann er bestimmen, wie die Nacherfüllung zu erfolgen hat, es sei denn, der Letztverkäufer kann über § 439 Abs. 3 die gewählte Art der Nacherfüllung wegen unverhältnismäßiger Kosten oder Unmöglichkeit (§ 275) verweigern. Dann beschränkt sich der Anspruch des Verbrauchers auf die andere Art der Nacherfüllung. Je nach Lage des konkreten Einzelfalles kann ein Fehlverhalten bezüglich beider Arten der Nacherfüllung bzw. einer Art der Nacherfüllung vorliegen, sofern die andere aus dem Letztverkäufer nicht anzulastenden Gründen in Betracht kommt. 296 297

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zu einem Ausschluss der Nacherfüllung von vornherein führt, ist die grundlose, ernsthafte und endgültige Verweigerung der Nacherfüllung (§§ 281 Abs. 2, 323 Abs. 2 Nr. 1, 440) zu nennen. Eine Nacherfüllung scheitert infolge eines Fehlverhaltens des Letztverkäufers, wenn er der Nacherfüllung aus ihm zurechenbaren Gründen nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist nachgekommen ist, wobei bezüglich des Fehlverhaltens unterschiedlichen Ausprägungen denkbar sind. Die Nacherfüllung könnte beispielsweise dadurch scheitern, dass der Letztverkäufer die Nacherfüllung nicht vornehmen wollte oder sie nicht mit entsprechender Geschwindigkeit betrieben hat. Es ist ebenso denkbar, dass die vom Letztverkäufer akzeptierte Nacherfüllungsfrist erheblich kürzer als angemessen und dem Letztverkäufer dies sowie der Umstand bewusst ist, dass eine Nacherfüllung innerhalb der zu kurzen Frist nicht vorgenommen werden kann. Darüber hinaus könnte die Nachbesserung vom Letztverkäufer nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden sein,300 sodass der Mangel nicht behoben wurde oder die Nachbesserung über § 440 Satz 2 nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen gilt. Auch könnte die Nachlieferung fehlgeschlagen sein, weil der Letztverkäufer eine mangelhafte Sache nachlieferte, wobei der Mangel auf einem Verhalten des Letztverkäufers fußt, z. B. resultiert die Fehlerhaftigkeit der Kaufsache auf einer unsachgemäßen Lagerung. Diesen Konstellationen ist gemein, dass die Nichterfüllung der Nacherfüllungspflicht allein auf einem Verhalten bzw. der Sphäre des Letztverkäufers beruht, ohne dass der Mangel des Produktes oder das einem anderen Kettenglied zurechenbares Verhalten zur Nichterfüllung beigetragen hat. (b) Auswirkungen des Fehlverhaltens auf die Regressfalle Durch das Fehlverhalten des Letztverkäufers bei der Erfüllung der Nacherfüllungspflicht wird dem Verbraucher die Minderung, der Rücktritt bzw. der Schadensersatz statt der ganzen Leistung ermöglicht. Diese Gegebenheit könnte über das Vertragsverhältnis zwischen Verbraucher und Letztverkäufer auf die vertragliche Beziehung zwischen Letztverkäufer und Lieferant bei Anwendung des § 478 Abs. 1 ausstrahlen. Bei ordnungsgemäßer Nacherfüllung seitens des Letztverkäufers hätte der Lieferant unter Umständen in die Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher eingebunden und ein Regress über § 478 Abs. 1 vermieden werden können.301 Folglich wird durch das Fehlverhalten des Letztverkäufers bei uneinge300 Der Letztverkäufer vermag die Reparatur der Sache alleine aus ihm anzulastenden Gründen nicht zu gewährleisten. Scheitert die Reparatur infolge des erheblichen Mangels der Kaufsache, so kann dies dem Letztverkäufer nicht vorgeworfen werden, da nicht er, sondern ein vorgelagertes Kettenglied, für den Mangel und damit das Scheitern der Nachbesserung verantwortlich ist. 301 Bei ausreichendem zeitlichen Umfang der dem Letztverkäufer vom Verbraucher gesetzten Nacherfüllungsfrist und fehlenden Möglichkeiten des Letztverkäufers zur eigenen Nacherfüllung.

II. Minderung, Rücktritt und großer Schadensersatz mitsamt den Rechtsfolgen

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schränkter Anwendung des § 478 Abs. 1 das nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht grundsätzlich bestehende Recht des Lieferanten zur zweiten Andienung beseitigt.302 Es käme zu einer Entwertung des Rechtes auf zweite Andienung, wodurch die höheren Kettenglieder belastet würden, da eine Nacherfüllung ihrerseits durch Absatz einer weiteren Wareneinheit bzw. Auslastung der eigenen Servicewerkstatt im Vergleich zu einer Inanspruchnahme auf Rücktritt, Minderung oder großen Schadensersatz vorteilhafter sein kann.303 Dadurch könnte der Letztverkäufer sein Fehlverhalten auf vorgelagerte Kettenglieder abwälzen. Sinn und Zweck des § 478 Abs. 1 ist jedoch, den Letztverkäufern die Nachteile durch den verbesserten Verbraucherschutz zu ersparen, und die Letztverkäufer nicht für Ursachen außerhalb ihrer Bereiche haften zu lassen.304 Eine Freistellung von sämtlichen Risiken, insbesondere von eigenem Fehlverhalten, ist nicht bezweckt. Auch soll das Recht der vorgelagerten Kettenglieder auf zweite Andienung keinesfalls grundsätzlich beseitigt werden. Zusätzlich entsteht die unter D. II. 2. d) beschriebene Regressfalle durch die drei Verbraucherrechte beim Letztverkäufer nur aufgrund des Fehlverhaltens. Denn bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Nacherfüllungspflicht hätte er die Rechte abwehren und einen Regress nach § 478 Abs. 2, wenn es nicht zur Einbindung des Lieferanten in die Nacherfüllung gekommen wäre, vornehmen können. Der Letztverkäufer hat es demgemäß selbst in der Hand, die Regressfalle durch rechtskonformes Verhalten zu vermeiden. Aus den dargelegten Gründen ist der Letztverkäufer nicht vor der Regressfalle durch die verbesserten Rechte der Verbraucher zu schützen. Es hat somit eine Einschränkung des Schutzes vor einer Regressfalle zu erfolgen.305 (c) Art und Weise der Einschränkung Es wurde gezeigt, dass bei einem Fehlverhalten des Letztverkäufers bezüglich der Erfüllung seiner Pflicht zur Nacherfüllung eine Einschränkung des Schutzes vor einer Regressfalle zu erfolgen hat. Im Folgenden ist daher zu klären, auf welche Art und Weise diese Einschränkung vorzunehmen ist. 302 Es sei denn, der Letztverkäufer verlangt von seinem Lieferanten Nacherfüllung gemäß §§ 478 Abs. 1 und 3, 437 Nr. 1, 439. 303 Gegen eine „ungünstige“ Nacherfüllung werden die Kettenglieder als Verkäufer über § 275 sowie über das Verweigerungsrecht nach § 439 Abs. 3 geschützt. Siehe auch unter D. II. 2. d) cc) (3) (a) (ff) und D. II. 2. d) cc) (3) (b). 304 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247. 305 Ehmann / Sutschet, Schuldrecht, S. 233 möchten den Lieferanten nach einem Fehlverhalten des Letztverkäufers bei der Erfüllung seiner Nacherfüllungspflicht nur gegen einen Schadensersatzanspruch mit § 254 schützen. Dieser Schutz ist nach dem bislang unter D. II. 2. d) cc) (3) und (4) Dargelegten vor dem Hintergrund des Sinnes und Zweckes der Rückgriffsregelungen nicht weitreichend genug, da auch bei einem Verlangen auf fristlose Minderung oder Rücktritt nach einem Fehlverhalten des Letztverkäufers ein Schutz des Lieferanten vor dem Verlust seines Rechtes zur zweiten Andienung durch § 478 angebracht sein kann.

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

Der Letztverkäufer beeinträchtigt durch sein zurechenbares Verhalten das Recht seines Lieferanten auf zweite Andienung. Deswegen muss die Einschränkung des § 478 Abs. 1 darauf abzielen, dieses Recht zu erhalten. § 478 Abs. 1 hebt das Recht zur zweiten Andienung auf, indem der Letztverkäufer seine an sich fristgebundenen Rechte des § 437 (Rücktritt, Minderung und Schadensersatz statt der ganzen Leistung) ohne die ansonsten erforderliche Nacherfüllungsfrist ausüben kann. Die Fristersparnis beseitigt das Recht zur zweiten Andienung, sodass an dieser Modifikation anzusetzen ist. Das Nacherfüllungsrecht des Lieferanten kann erhalten werden, sofern dem Letztverkäufer die Berufung auf die Fristersparnis des § 478 Abs. 1 verwehrt wird. Mithin hat die Einschränkung des § 478 Abs. 1 dadurch zu erfolgen, dass bei einem Fehlverhalten des Letztverkäufers hinsichtlich der Erfüllung seiner Pflicht zur Nacherfüllung diesem die Modifikation des § 478 Abs. 1 durch die Fristersparnis nicht offen steht. Die Vornahme dieser Einschränkung könnte neben der vorgeschlagenen teleologischen Reduktion306 oder der Anwendung des § 242307 über eine Auslegung des Tatbestandsmerkmales „musste“308 umgesetzt werden, wenn mit den jeweiligen Arten eine Einschränkung zu erzielen ist. (aa) Auslegung des Tatbestandsmerkmales „musste“ Die Einschränkung des Anwendungsbereiches von § 478 Abs. 1 bei Fehlverhalten des Letztverkäufers ist über eine Auslegung des Tatbestandsmerkmales „musste“309 möglich, falls der Wortlaut einer solchen Auslegung nicht entgegensteht. Das Tatbestandsmerkmal „zurücknehmen musste“ drückt aus, dass eine Verpflichtung des Letztverkäufers zur Rücknahme bzw. Minderung der mangelhaften Kaufsache erforderlich ist.310 Die Ursache für die Minderung oder den Rücktritt liegt bei einem Fehlverhalten des Letztverkäufers in Bezug auf seine NacherfülSiehe Fn. 224. Siehe Fn. 225. 308 Die Ausführungen von Büdenbender in AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 33 lassen sich gleichfalls als Plädoyer für eine Vornahme der Einschränkung mittels einer Auslegung des Tatbestandsmerkmales „musste“ verstehen. Es wird nicht von einer teleologischen Reduktion gesprochen. Die zeitliche Nähe der Veröffentlichungen und der fehlende Hinweis auf eine Meinungsänderung deuten daraufhin, dass auch in diesem Beitrag eine teleologische Reduktion wie in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 90 und in DaunerLieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 90 befürwortet wird. 309 Für die Minderung wird zwar kein „musste“, sondern ein „gemindert hat“ verwendet, aber eine Minderung kommt gleichfalls nur in Betracht, wenn dem Verbraucher hierauf ein Recht zusteht. Es besteht zwar kein sprachlicher Gleichlauf, welcher durch eine Umformulierung in „die Minderung hinnehmen musste“ hätte erreicht werden können, aber der fehlende Gleichlauf führt nicht zu einer inhaltlichen Differenzierung hinsichtlich der Verpflichtung des Letztverkäufers zur Rücknahme bzw. zur Hinnahme der Minderung. Vgl. AnwKommBGB / Büdenbender, § 478 Rn. 32 in Fn. 20. 310 Dies gilt für einen Anspruch auf Schadensersatz gleichermaßen. 306 307

II. Minderung, Rücktritt und großer Schadensersatz mitsamt den Rechtsfolgen

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lungspflicht ebenfalls in der Mangelhaftigkeit der Kaufsache, auch wenn durch das Fehlverhalten ein weiterer Grund für die Geltendmachung von Rücktritt und Minderung hinzutritt. Dies wird bei einem Vergleich mit einer Gewährleistung aus Kulanz besonders deutlich.311 Kommt der Letztverkäufer dem Minderungs- bzw. Rücktrittsverlangen des Verbrauchers aus Kulanz nach, ist der Letztverkäufer in der gewählten Art der Kulanz-Gewährleistung nicht wegen des Mangels der Kaufsache zur Duldung der Rechte verpflichtet, „musste“ seine Inanspruchnahme auf Gewährleistung demnach nicht hinnehmen. Bei einem Fehlverhalten des Letztverkäufers bezüglich der Nacherfüllungspflicht hingegen, muss der Letztverkäufer die Gewährleistung hinnehmen. Durch sein Fehlverhalten kann er lediglich auf das geltend gemachte Gewährleistungsrecht Einfluss nehmen, aber nicht seine bestehende Verpflichtung zur Gewährleistung gänzlich beseitigen. Der Wortlaut des § 478 Abs. 1 erfasst dementsprechend den Rücktritt bzw. die Minderung bei einem Fehlverhalten des Letztverkäufers hinsichtlich der Nacherfüllungspflicht. Somit ist die Einschränkung des Anwendungsbereiches nicht durch eine wortgetreue Auslegung umzusetzen. Mithin kommt eine Einschränkung des § 478 Abs. 1 nicht über die Auslegung des Tatbestandsmerkmales „musste“ bzw. „gemindert hat“ in Betracht. (bb) Teleologische Reduktion Mittels einer teleologischen Reduktion kann die gewünschte Einschränkung erzielt werden. Der Wortlaut des § 478 Abs. 1 erfasst die Fälle, in denen es zu einer Minderung, einem Rücktritt bzw. einem Anspruch auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung seitens des Verbrauchers augrund der Mangelhaftigkeit der Kaufsache und dem Fehlverhalten des Letztverkäufers bei seiner Nacherfüllungspflicht gekommen ist, obwohl nach der ratio legis der §§ 478, 479 ein Schutz des Letztverkäufers in diesen Konstellationen nicht notwendig ist. Daher sind die Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion erfüllt. (cc) Anwendung des § 242 Ebenso lässt sich die Einschränkung des § 478 Abs. 1 über eine Anwendung des § 242 erreichen. Das nicht ordnungsgemäße Verhalten des Letztverkäufers bei der Nacherfüllung vermag das vertragliche Recht des Lieferanten auf zweite Andienung zu beseitigen und kann daher als Treuwidrigkeit i. S. d. § 242 gewertet werden. Der Lieferant kann daher der fristlosen Geltendmachung von Rücktritt, Minderung und großem Schadensersatz durch den Letztverkäufer § 242 entgegen halten. 311 Fälschlicherweise werden die Auswirkungen der Kulanz mit denen bei einem Fehlverhalten hinsichtlich der Nacherfüllungspflicht von AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 33; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 90, ders. in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 90 gleichgesetzt.

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

(dd) Entscheid für eine teleologische Reduktion Damit kann eine Einschränkung sowohl über eine teleologische Reduktion, als auch über die Anwendung von § 242 erreicht werden. Eine teleologische Reduktion ist sachnäher als die Bemühung der Gedanken von § 242. Zudem könnte der Letztverkäufer dem Verweis des Lieferanten auf § 242 entgegenhalten, dass er die Nacherfüllung aus eigenen Mitteln vornehmen und so das Recht zur zweiten Andienung des Lieferanten – über § 478 Abs. 2 – ohnehin beseitigen hätte können.312 Eine teleologische Reduktion bei einem vorwerfbaren Fehlverhalten des Letztverkäufers bezüglich der Nichterfüllung seiner Pflicht zur Nacherfüllung wird von einem derartigen Verweis nicht tangiert, da allein das Fehlverhalten und nicht zusätzlich noch die anderen Umstände, wie bei § 242, Berücksichtigung finden. Deswegen hat die Einschränkung des § 478 Abs. 1 über eine teleologische Reduktion zu erfolgen. (d) Zusammenfassung zur schuldhaften Nichterfüllung der Nacherfüllungspflicht Der Letztverkäufer wird bei einer schuldhaften Nichterfüllung seiner Nacherfüllungspflicht nicht in eine Regressfalle wegen der verbesserten Verbraucherrechte gedrängt, sondern hat sich selbst in eine solche hineinbegeben. Daher bedarf es keines Schutzes zugunsten des Letztverkäufers vor dem Recht zur zweiten Andienung seines Vertragspartners. Dem Letztverkäufer ist die Berufung auf die Modifikation der Fristersparnis gemäß § 478 Abs. 1 zu versagen. Somit sind die Rechtsfolgen des § 478 Abs. 1 über eine teleologische Reduktion bei einem dem Letztverkäufer vorwerfbaren Fehlverhalten in Bezug auf seine Nacherfüllungspflicht in der Weise einzuschränken, dass dem Letztverkäufer die Rechtswohltat der Fristersparnis nicht zum Vorteil gereicht, d. h. das Fristerfordernis der §§ 440, 323 Abs. 1, 441 bestehen bleibt. e) Ergebnis der Auslegung Die teleologische Auslegung des § 478 Abs. 1 hat ergeben, dass die fristlose Ausübung der fristbewährten und die Geltendmachung der ohnehin nicht fristgebundenen Rechte des § 437 die Entstehung von Regressfallen durch die drei Verbraucherrechte (Minderung, Rücktritt bzw. Anspruch auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung) verhindern kann. Eine Einschränkung des Schutzes vor Regressfallen mittels einer teleologischen Reduktion hat zu erfolgen, wenn den Letztverkäufer ein vorwerfbares Fehlverhalten bei der Erfüllung seiner Nacherfüllungspflicht trifft und bei den das Regressinteresse des Letztverkäufers übersteigenden Rückgriffsrechten. 312

Vgl. Ehmann / Sutschet, Schuldrecht, S. 233.

III. Kleiner Schadensersatz und die Rechtsfolgen

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Die teleologische Auslegung gelangt somit wie die entstehungsgeschichtliche und die systematische Auslegung zu dem Ergebnis, dass alle Rechte des § 437 vom Verweis in § 478 Abs. 1 erfasst sind. Der Wortlaut der Norm steht dem gefundenen Ergebnis nicht entgegen. 3. Ergebnis zu den Rechtsfolgen von Minderung, Rücktritt und Schadensersatz statt der ganzen Leistung Daher können nach einer Minderung, einem Rücktritt oder einem Anspruch auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung seitens des Verbrauchers sämtliche dem Letztverkäufer zustehenden Gewährleistungsrechte beschränkt auf das Regressinteresse von diesem gegen seinen Lieferanten nach §§ 478 Abs. 1, 437 ff. geltend gemacht werden, wobei der Rücktritt, die Minderung und der Anspruch auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung grundsätzlich ohne die ansonsten erforderliche Fristsetzung ausgeübt werden können. Die Geltendmachung von kleinem Schadensersatz, Nachlieferung und Nachbesserung ist ohnehin nicht an das Setzen einer Frist gebunden. Diese Rechte stehen dem Letztverkäufer ebenso zu,313 sodass der Letztverkäufer zwischen seinen Rechten über §§ 478 Abs. 1, 437 ff. beschränkt durch das Regressinteresse wählen kann.314 Falls dem Letztverkäufer eine schuldhafte Nichterfüllung seiner Nacherfüllungsfrist vorgeworfen werden kann, ist eine teleologische Reduktion des § 478 Abs. 1 in der Weise vorzunehmen, dass die fristbewährten Rechte des § 437 Nr. 2 und 3 grundsätzlich315 weiterhin das Setzen einer Frist bedürfen.316

III. Kleiner Schadensersatz und die Rechtsfolgen Nachdem festgestellt worden ist, dass die Minderung, der Rücktritt und auch der Schadensersatz statt der ganzen Leistung unter den Tatbestand des § 478 Abs. 1 zu subsumieren sind, ist zu ermitteln, ob auch die Geltendmachung des Schadensersatzes statt der Leistung durch den Verbraucher den Tatbestand des § 478 Abs. 1 erfüllt und welche Rechtsfolgen dies bedingt. Bei entsprechender Vorlage der Vorraussetzungen. Ein Schadensersatzanspruch neben der Leistung gemäß § 280 Abs. 1 nach einer Minderung, einem Rücktritt oder einem Anspruch auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung seitens des Verbrauchers kann vom Letztverkäufer über §§ 478, 479, 437, 280 Abs. 1 mangels Regressinteresses nicht geltend gemacht werden. Dieser Anspruch richtet sich allein nach § 280 Abs. 1. 315 Sofern eine Fristsetzung nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht ausnahmsweise entbehrlich sein sollte, hat die teleologische Reduktion keine Auswirkungen. 316 Für die nicht fristgebundenen Rechte des Letztverkäufers ist die teleologische Reduktion des § 478 Abs. 1 ohne Auswirkung. Ob bei einem Fehlverhalten des Letztverkäufers bei der Erfüllung der Nacherfüllungspflicht bei den fristfreien Rechten ebenfalls eine teleologische Reduktion des § 478 Abs. 3 in Frage kommt, wird unter D. III. 2. b) (kleiner Schadensersatz) und unter F. II. untersucht. 313 314

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

1. Auslegung nach dem Wortlaut Nach dem Wortlaut wird der kleine Schadensersatz nicht ausdrücklich erwähnt. Beim kleinen Schadensersatz wird die mangelhafte Kaufsache vom Letztverkäufer nicht zurückgenommen. Daher kann der kleine Schadensersatz nicht unter das Tatbestandsmerkmal „zurücknehmen musste“ subsumiert werden. Der Verbraucher findet sich beim kleinen Schadensersatz gegen einen finanziellen Ausgleich mit dem Fehler ab. Dies trifft auch auf die Minderung zu. Aber bei der Minderung ist im Gegensatz zum kleinen Schadensersatz kein Verschulden des Anspruchsgegners nach §§ 276 ff., 280 Abs. 1 Satz 2 erforderlich. Zusätzlich kann der kleine Schadensersatz nicht vom Tatbestandsmerkmal „gemindert hat“ als umfasst angesehen werden. Mithin bietet die Auslegung des § 478 Abs. 1 nach dem Wortlaut keine Anhaltspunkte dafür, dass der kleine Schadensersatzanspruch erfasst sein könnte.317 Als Recht des Verbrauchers könnte die systematische Auslegung zwar für ein Erfassen des kleinen Schadensersatzes sprechen,318 dies würde indes über den Wortlaut der Norm hinausgehen. Damit erfüllt der kleine Schadensersatz wegen des engen Wortlautes von § 478 Abs. 1 nicht den Tatbestand.

2. Analoge Anwendung von § 478 Abs. 1 auf den kleinen Schadensersatz Möglicherweise kann § 478 Abs. 1 auf den kleinen Schadensersatz entsprechend angewendet werden. Eine Analogie erfordert eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage.319

a) Planwidrige Regelungslücke Der Gesetzgeber hat den Rücktritt, die Minderung, die Nachlieferung und den großen Schadensersatz von § 478 Abs. 1 als umfasst angesehen.320 Die Nachlieferung und die Nachbesserung werden in § 478 Abs. 2 geregelt.321 Damit hat der Gesetzgeber alle Gewährleistungsrechte des Käufers (Verbrauchers) gemäß § 437 bis auf den kleinen Schadensersatz bewusst berücksichtigt. Die Erfassung des kleinen Schadensersatzes wurde übersehen. Für eine absichtliche NichtberücksichtiKompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 10; Westermann, NJW 2002, S. 241 (253). Vgl. hierzu die systematische Auslegung unter D. II. 2. c) zum Schadensersatz statt der Leistung. 319 Bydlinski, Methodenlehre, S. 472 ff.; Larenz, Methodenlehre, S. 381 ff.; Horn, Rechtswissenschaft, Rn. 184 ff.; Palandt / Heinrichs, Einl. Rn. 40. 320 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247 f. 321 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 248 f. 317 318

III. Kleiner Schadensersatz und die Rechtsfolgen

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gung sind keine Anhaltspunkte zu finden. Aus diesem Grunde besteht bezüglich der Nichtberücksichtigung des kleinen Schadensersatzes in § 478 Abs. 1322 eine planwidrige Regelungslücke.323

b) Vergleichbare Interessenlage Neben der planwidrigen Regelungslücke bedarf es zur analogen Anwendung einer vergleichbaren Interessenlage. Zu klären bleibt, ob die Interessenlage beim kleinen Schadensersatz mit der bei den anderen von § 478 Abs. 1 umfassten Gewährleistungsrechten vergleichbar ist. Wie zuvor festgestellt, findet sich der Käufer bei der Minderung und beim kleinen Schadensersatz gegen einen finanziellen Ausgleich mit dem Mangel der Kaufsache ab. Der Letztverkäufer kann eine von seinem Lieferanten nachgelieferte Sache nach Minderung oder kleinem Schadensersatz seitens des Verbrauchers diesem nicht mehr anbieten,324 sodass beide Rechtsinstitute wirtschaftlich vergleichbar sind.325 Das Verschulden steht der Vergleichbarkeit nicht entgegen, da ein solches auch beim erfassten Schadensersatz statt der ganzen Leistung vorliegt. Zudem könnte das Verschulden des Letztverkäufers gegenüber dem Verbraucher wie beim großen Schadensersatz durch ein Verschulden des Lieferanten gegenüber dem Letztverkäufer bedingt sein. Der große Schadensersatz erfüllt die Tatbestandvoraussetzungen des § 478 Abs. 1 und ist zumeist weiter als der kleine Schadensersatz. Daher kann ebenfalls ein Erst-RechtSchluss angeführt werden. Als Rechtsfolgen kommen beim kleinen Schadensersatz ebenso wie nach Rücktritt, Minderung und großem Schadensersatz gemäß §§ 478 Abs. 1, 437 ff. die Ausübung der nicht fristbewährten und die fristlose Geltendmachung der an sich fristgebundenen Rechte des § 437 in Erwägung. Durch die Erfüllung eines kleinen Schadensersatzanspruches fließt gleichfalls wie bei den drei anderen Verbraucherrechten Liquidität ab, sodass dem Letztverkäufer, wie unter D. II. 2. d) dargestellt, eine Regressfalle droht, vor der wie auch bei den drei Verbraucherrechten ein Schutz sachgerecht ist. Trifft den Lieferanten kein Verschulden bzw. beruht das Verschulden des Letztverkäufers nicht auf dem des Lieferanten kann der kleine Schadensersatz in eine Minderung und einen Anspruch auf Ersatz der restlichen Schäden getrennt werden. Eine Überprivilegierung kann entsprechend dem unter D. II. 2. d) cc) (3) Angeführten vermieden werden. Damit liegt ferner hinsichtlich der Rechtsfolgen eine vergleichbare Interessenlage vor. Folglich ist eine vergleichbare Interessenlage für den kleinen Schadensersatz und seine Rechtfolgen gegeben. 322 Wegen der Nähe zu den anderen Gewährleistungsrechten (Minderung, Rücktritt und großer Schadensersatz) hätte eine Erfassung in Absatz 1 und nicht in Absatz 2 bei der Nacherfüllung erfolgen müssen. 323 Siehe Fn. 196. 324 Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXI; ders., Umsetzung der Richtlinie, S. 11. 325 Siehe Fn. 197.

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

Demgemäß ist § 478 Abs. 1 auf den kleinen Schadensersatz analog anzuwenden.326 Der Rückgriffsanspruch wird nach dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 durch das Regressinteresse begrenzt.327

IV. Schadensersatz neben der Leistung und die Rechtsfolgen Nachdem die Schadensersatzansprüche statt der Leistung behandelt wurden, ist zu klären, ob auch der Schadensersatz neben der Leistung gemäß § 280 Abs. 1 als Tatbestandsmerkmal von § 478 Abs. 1 erfasst ist, und welche Rechtsfolgen zu konstatieren sind.

1. Auslegung nach dem Wortlaut Nach dem Wortlaut wird der Schadensersatz neben der Leistung – wie der kleine Schadensersatz – nicht ausdrücklich erwähnt. Die Erfassung des Schadensersatzanspruches neben der Leistung wurde gleichfalls übersehen, da sich diese Art des Schadensersatzes nicht unter „zurücknehmen musste“ und „gemindert hat“ subsumieren lässt.

2. Analoge Anwendung von § 478 Abs. 1 auf Schadensersatz neben der Leistung Möglicherweise lässt sich § 478 Abs. 1 auch auf den Schadensersatz neben der Leistung gemäß § 280 Abs. 1 entsprechend anwenden.

a) Planwidrige Regelungslücke Wie auch beim kleinen Schadensersatz hat der Gesetzgeber übersehen, den Schadensersatz neben der Leistung in den Abs. 1 und 2 des § 478 zu regeln, obwohl alle anderen Gewährleistungsrechte bewusst berücksichtigt wurden. Somit besteht bezüglich der Nichtberücksichtigung des Schadensersatzes neben der Leistung in § 478 Abs. 1328 eine planwidrige Regelungslücke. Siehe Fn. 198. Vgl. unter D. II. 2. d) cc) (3). 328 Wegen der Nähe zu den anderen Gewährleistungsrechten (Minderung, Rücktritt und Schadensersatz statt der Leistung) hätte eine Erfassung in Absatz 1 und nicht in Absatz 2 bei der Nacherfüllung erfolgen müssen. 326 327

IV. Schadensersatz neben der Leistung und die Rechtsfolgen

103

b) Vergleichbare Interessenlage Für eine analoge Anwendung bedarf es noch einer vergleichbaren Interessenlage. Ein Schadensersatzanspruch neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 tritt zwar neben eine Haftung auf Nacherfüllung, Minderung, Rücktritt und Schadensersatz statt der Leistung, aber der Anspruch nach § 280 Abs. 1 – beispielsweise in Form der pVV (Mangelfolgeschäden) – kann auf der Mangelhaftigkeit der Kaufsache fußen. Hier hat der Letztverkäufer neben der Haftung auf Nacherfüllung, Minderung und Rücktritt auch für die daneben eingetretenen Schäden zu haften. Sollte er die Haftung auf Schadensersatz neben der Leistung grundsätzlich nicht über § 478 Abs. 1 weitergeben können, befände er sich in einer Regressfalle. Somit liegt beim Schadensersatz neben der Leistung bei einer Haftung wegen Mangelhaftigkeit der Kaufsache eine vergleichbare Interessenlage wie bei der Haftung auf Rücktritt, Minderung und Schadensersatz statt der Leistung vor. Allerdings wird durch das Tatbestandsmerkmal in § 478 Abs. 1 „als Folge ihrer Mangelhaftigkeit“ deutlich, dass § 478 Abs. 1 nur greifen soll, wenn sich der Letztverkäufer infolge der Mangelhaftigkeit der Kaufsache den Gewährleistungsrechten des Verbrauchers ausgesetzt sieht. Folglich liegt nur eine vergleichbare Interessenlage vor, sofern die Inanspruchnahme des Letztverkäufers auf Schadensersatz neben der Leistung durch den Verbraucher auf der Mangelhaftigkeit der Kaufsache fußt. Dies ist nicht bei jeder Art des Schadensersatzes neben der Leistung gegeben, da die Haftung auf Schadensersatz neben der Leistung auch auf der Verletzung von Nebenpflichten, die unabhängig von der Mangelhaftigkeit der Kaufsache sind, beruhen kann. Mithin liegt eine mit den anderen erfassten Gewährleistungsrechten vergleichbare Interessenlage beim Schadensersatz neben der Leistung gemäß § 280 Abs. 1 nur bei einer Haftung wegen der Mangelhaftigkeit der Kaufsache – also bei Mangelfolgeschäden – mit der Folge vor, dass § 478 Abs. 1 auf den Schadensersatz neben der Leistung gemäß § 280 Abs. 1 entsprechend anzuwenden ist, wenn die Haftung ihren Ursprung in der Mangelhaftigkeit der Kaufsache hat. Die soeben getroffenen Ausführungen zum Schadensersatzanspruch statt der Leistung bezüglich des Verhältnisses der Verschuldensbeiträge lassen sich daher entsprechend auf die Sachlage nach Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches gemäß § 280 Abs. 1 durch den Verbraucher übertragen. Bei § 280 Abs. 1 kann es nur um die Haftung bzw. die Weitergabe eines Schadens gehen, der in Beziehung zum Mangel steht. Daher kann der Letztverkäufer seinerseits gegen seinen Lieferanten mit einem Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, 437 Nr. 3, 478 ff. vorgehen, wenn das Verschulden bzw. das Verhalten des Lieferanten eine Beziehung zur Entstehung des Schadens beim Verbraucher infolge der Mangelhaftigkeit der Kaufsache aufweist.329 Um den Unterschied dieser Konstellation zu der Sachlage unter D. II. 2. d) cc) (3) (ee) bildlicher machen zu können, wird folgender Beispielsfall herangezogen: 329 Beachte gemäß § 478 Abs. 4 Satz 2 die Möglichkeit zum Ausschluss eines Schadensersatzanspruches.

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

Beispielsfall 5: Der Verbraucher kauft beim Letztverkäufer ein 16:9 Farbfernsehgerät. Infolge einer Unachtsamkeit bei der Produktion weist die Bildröhre eine kleine, kaum zu erkennende, erheblich zu dünne Stelle auf. Bei Inbetriebnahme des Gerätes implodiert die Bildröhre. Der Verbraucher wird hierbei am Arm verletzt. Deswegen nimmt er den Letztverkäufer auf Nachlieferung und Schadensersatz neben der Leistung gemäß §§ 280 Abs. 1, 437 Nr. 3 in Anspruch. Der Letztverkäufer möchte nun gegen seinen Lieferanten, der Hersteller des Gerätes ist, vorgehen.

Hier folgt die Haftung des Letztverkäufers auf Schadensersatz neben der Leistung aus der Mangelhaftigkeit der Kaufsache. Die Regressfalle des Letztverkäufers bildet sich durch die Inanspruchnahme auf Nachlieferung und den Schadensersatz nach § 280 Abs. 1. Bei dem Beispielsfall 4 unter D. II. 2. d) cc) (3) (ee) wurde der Letztverkäufer hingegen nur auf Minderung und nicht auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Um einen Schutz vor den verbesserten Verbraucherrechten erzielen zu können, ist der Letztverkäufer vorliegend von der Haftung wegen der Mangelhaftigkeit der Kaufsache zu befreien. Mithin sind die Modifikationen der §§ 478 Abs. 1 und 3, 479 Abs. 2 Satz 1 auf den Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 437 Nr. 3 anwendbar. Trifft den Lieferanten kein Verschulden bzw. fehlt es am Bezug zur Mangelhaftigkeit der Kaufsache oder an einem Bezug der Verschuldensbeiträge kann der Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 nicht weitergegeben werden.

V. Nachlieferung und die Rechtsfolgen Vorangehend wurde die Tatbestandsqualität von Minderung, Rücktritt Schadensersatz neben und statt der Leistung330 behandelt. Daher kann sich im Folgenden mit den Fragen beschäftigt werden, ob eine Nachlieferung zwischen Letztverkäufer und Verbraucher den Tatbestand des § 478 Abs. 1 erfüllt und welche Rechtsfolgen sich aus der Tatbestandserfüllung ergeben.

1. Auslegung nach dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte Im Wortlaut des § 478 Abs. 1 wird die Nachlieferung nicht ausdrücklich erwähnt, sondern es wird lediglich von „zurücknehmen“ gesprochen. Auch bei einer Nachlieferung gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 hat der Letztverkäufer über §§ 346 Abs. 1, 439 Abs. 4 die mangelhafte Kaufsache, wie beim großen Schadensersatz und Rücktritt, tatsächlich (eventuell unter Wertersatz) zurückzunehmen. Wie diese Rechte331 kann die Nachlieferung unter das Tatbestandsmerkmal „zurücknehmen 330 Auf den kleinen Schadensersatz und den Schadensersatz neben der Leistung wird § 478 Abs. 1 entsprechend angewendet.

V. Nachlieferung und die Rechtsfolgen

105

musste“ subsumiert werden. Der Gesetzgeber sieht die Nachlieferung über das Tatbestandsmerkmal „zurücknehmen musste“ als erfasst an,332 sodass nach der entstehungsgeschichtlichen Auslegung die Nachlieferung als tatbestandserfüllend qualifiziert werden kann. Bei der Auslegung nach dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte hinsichtlich der Rechtsfolgen ergeben sich keine Unterschiede zu dem unter D. II. 2. a) und b) Ausgeführten. Im Gegensatz zu der entstehungsgeschichtlichen Auslegung, die zu dem Resultat gelangt, dass sämtliche Rechte des § 437 von § 478 Abs. 1 erfasst sind, gelangt die Auslegung nach dem Wortlaut zu keinem einheitlichen Ergebnis hinsichtlich der Erfassung sämtlicher oder nur der fristbewährten Rechte des § 437.

2. Systematische Auslegung Möglicherweise ist die Nachlieferung auch nach der systematischen Auslegung tatbestandserfüllend. § 478 Abs. 1 spricht die Rechte des Verbrauchers bei Mängeln der Kaufsache an. Zu diesen gehört nach §§ 437 Nr. 1, 439 das Recht auf Nachlieferung, sodass es nach der systematischen Auslegung erfasst sein könnte. Jedoch gewährt § 478 Abs. 2 dem Letztverkäufer einen Anspruch auf Erstattung der Nachlieferungskosten.333 Somit greift Absatz 2, wenn der Verbraucher den Letztverkäufer wegen des Mangels der Kaufsache auf Nachlieferung in Anspruch genommen hat. Damit könnte eine Spezialregelung vorliegen, sodass die Nachlieferung nur von § 478 Abs. 2 und nicht von Abs. 1 erfasst wird. Die systematische Auslegung führt bezüglich der Tatbestandsqualität der Nachlieferung nicht zu einem eindeutigen Resultat. Die Modifikationen der § 478 Abs. 1 und 3 sowie die Verweise in §§ 478 Abs. 1, 479 Abs. 2 Satz 1 legen die vollständige Einbeziehung der Rechte aus § 437 nah. Der in § 478 Abs. 1 angeordnete Fristverzicht entfaltet zwar nur Wirkung für die fristgebundenen Rechte, aber aus diesem Umstand alleine kann nicht geschlossen werden, dass die fristfreien Rechte nicht erfasst werden. Zusätzlich sprechen ein Erst-Recht-Schluss und die thematisch mit § 478 Abs. 1 zusammengehörende Regelung des Abs. 3 für eine Erfassung der nicht fristbewährten und fristgebundenen Rechte des § 437 durch § 478 Abs. 1.334

331 332 333 334

Siehe unter D. II. 1. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247. Siehe B. II. 3. Vgl. hierzu die systematische Auslegung unter D. II. 2. c).

106

D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

3. Teleologische Auslegung Die Nachlieferung kann nach allen bisher angeführten Auslegungskriterien den Tatbestand des § 478 Abs. 1 erfüllen, wohingegen für die Rechtsfolgenseite die Auslegung nach dem Wortlaut zu keinem eindeutigen Ergebnis gelangt, während die anderen Auslegungskriterien jedoch zu Erfassung sämtlicher Rechte des § 437 sprechen. Daher ist entscheidend, ob die Nachlieferung nach der teleologischen Auslegung als tatbestandserfüllend angesehen werden kann und welche Rechtsfolgen daraus abzuleiten sind. § 478 Abs. 1 soll einen Schutz vor einer Regressfalle durch die verbesserten Rechte der Verbraucher bieten. Der Anspruch auf Nachlieferung wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechtes gesetzlich fixiert. Der Verbraucher hat das Recht, eine Nachlieferung zu verlangen, wenn sich die Kaufsache als mangelhaft darstellt. Die Nachlieferung ist demgemäß ein Gewährleistungsrecht des Verbrauchers.335 Daher scheint es zum Schutz vor einer Regressfalle erforderlich zu sein, die Nachlieferung als den Tatbestand des § 478 Abs. 1 erfüllend zu betrachten. Im Unterschied zu den Gewährleistungsrechten Minderung, Rücktritt und Schadensersatz wird die Nachlieferung von § 478 Abs. 2 erfasst.

a) Exklusivitätsverhältnis Bei der Berücksichtigung der Nachlieferung in § 478 Abs. 2 setzt der Vertreter des Exklusivitätsverhältnisses336 an und führt aus, für die Erfassung der Nachlieferung von § 478 Abs. 1 sei vor dem Hintergrund der §§ 478, 479 kein Raum, da Abs. 1 und Abs. 2 in einem Exklusivitätsverhältnis zueinander ständen und deswegen nur Abs. 2 bei der Nachlieferung greifen würde.337 Zur Begründung wird dargelegt, dass für die Rechtswohltat des § 478 Abs. 1 bei einer Nachlieferung aus dem Zweck der Norm keine Veranlassung bestehe,338 da die Interessenlage bei der Nachlieferung eine andere sei als bei einer Minderung, einem Rücktritt oder bei einem Verlangen nach Schadensersatz statt der ganzen Leistung durch den Verbraucher.339 Voraussetzung für die Ausübung dieser Rechte sei das Scheitern der Nacherfüllung bzw. ihr Ausschluss von vornherein. Daher könne, nachdem der 335 Beachte die Aussagen zur teilweisen Verwirklichung des Verbraucherschutzes durch das allgemeine Gewährleistungsrecht unter C. I. 2. d) und unter D. II. 1. 336 Siehe D. I. 1. b). 337 Siehe Fn. 191, 192. 338 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 27; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 90; ders. in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 90. 339 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 24 ff.; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 90; ders. in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 90.

V. Nachlieferung und die Rechtsfolgen

107

Verbraucher eines dieser Rechte geltend gemacht habe, auch der Lieferant des Letztverkäufers die Leistungsstörung im Vertrag zwischen Letztverkäufer und Verbraucher nicht mehr durch eine Nacherfüllung beseitigen.340 Bestehe jedoch im Verhältnis zwischen Letztverkäufer und Verbraucher noch die Nacherfüllungsfrist zugunsten des Letztverkäufers, könne die Nacherfüllung noch vom Letztverkäufer durch eigene Mittel mit der Folge der §§ 346 Abs. 1, 439 Abs. 4 erfolgreich genutzt werden. Dann mangele es an der Veranlassung, den Letztverkäufer von der Einhaltung der Nachlieferungsfrist zu dispensieren.341 Dies soll im Besonderen gelten, sofern der Letztverkäufer nicht über eigene Ressourcen zur Erfüllung des Nachlieferungsrechtes verfüge, er auf eine Fremdbeschaffung über seinen Lieferanten342 angewiesen sei.343 Daher sei der Letztverkäufer bei der Nachlieferung im Gegensatz zur Minderung, zum Rücktritt oder zum Schadensersatz statt der ganzen Leistung nicht vor dem Fortbestand des Nachlieferungsrechtes seines Lieferanten zu schützen.344 Darüber hinaus wird angeführt, dass die Rückgabepflicht des Endverbrauchers nach § 439 Abs. 4 keine eigenständige, dem Rücktritt vergleichbare Regelung, sondern schlichtweg die Folge der Erfüllung des Nachlieferungsanspruches zur Verhinderung der Bereicherung des Endverbrauchers sei.345 Es wird vorgebracht, dass allein § 478 Abs. 2 einen ausreichenden, dem Sinn und Zweck des § 478 angemessenen Schutz des Letztverkäufers mit der Folge der Exklusivität des § 478 Abs. 2 gewährleisten soll.346

b) Alternativität Dagegen geht der größte Teil der Literaturstimmen teilweise ohne nähere Begründung entsprechend der Gesetzesbegründung davon aus, dass die Nachlieferung neben § 478 Abs. 2 auch den Tatbestand des Abs. 1 erfülle.347 Mithin gelangen die beiden Ansichten zu unterschiedlichen Ergebnissen bezüglich der tatbestandlichen Erfassung der Nachlieferung von § 478 Abs. 1, sodass unter Berücksichtigung der angeführten Argumente zu entscheiden ist, ob der Sinn 340 Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 90; ders. in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 90. 341 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 27. 342 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 12 ff.; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 90; ders. in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 90. 343 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 27. 344 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 26. 345 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 23. 346 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 23, 26 f.; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 87, 90; ders. in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 87, 90. 347 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247 f.; siehe auch Fn. 190.

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

und Zweck der §§ 478, 479 neben der tatbestandlichen Erfassung der Nachlieferung von Abs. 2 auch eine solche von Abs. 1 erfordert.

c) Nachlieferung und der Tatbestand des § 478 Abs. 1 Hierfür ist zuerst die Sachlage ohne Geltung der Abs. 1 und 2 des § 478 zu betrachten, um die dem Letztverkäufer nach einer Nachlieferung drohende Regressfalle ermitteln zu können. Im Anschluss ist zu ergründen, welchen Schutz die exklusive Erfassung der Nachlieferung von § 478 Abs. 2 und die alternative Anwendung von Abs. 1 und 2 bieten können und ob jeweils ein dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 entsprechender Schutz gewährt werden kann.

aa) Sachlage ohne Geltung von § 478 Abs. 1 und 2 Ohne die Abs. 1 und 2 des § 478 müsste der Letztverkäufer gegen seinen Lieferanten mit den allgemeinen – unmodifizierten – Gewährleistungsrechten nach §§ 434 ff. vorgehen. (1) Vergleichbarkeit der Nachlieferung mit den drei Verbraucherrechten348 Bei einer Nachlieferung aus dem eigenen Bestand erhält der Letztverkäufer die mangelhafte Kaufsache vom Verbraucher gegen Lieferung einer neuen (§§ 439 Abs. 1, 4, 346, 437 Nr. 1) zurück. Die dabei entstehenden Kosten, beispielsweise für das nachgelieferte Produkt, den Transport etc., hat der Letztverkäufer gemäß § 439 Abs. 2 zu tragen, sofern nicht der Bereich des § 439 Abs. 3 erreicht wird. Mit der Nachlieferung einer mangelfreien Sache erfüllt der Letztverkäufer seine Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag mit dem Verbraucher nach § 433 Abs. 1 Satz 1 und 2, sodass der Letztverkäufer eine durch den Lieferanten nachgelieferte oder nachgebesserte Ware nicht mehr dem Verbraucher andienen kann.349 Daher müsste der Letztverkäufer ebenso wie bei Minderung, beim Rücktritt und Schadensersatz statt der ganzen Leistung seitens des Verbrauchers ohne Geltung des § 478 Abs. 1350 für die von seinem Lieferanten im Rahmen der Nacherfüllung Minderung, Rücktritt und Schadensersatz statt der Leistung, vgl. Fn. 241. Folglich kann der Lieferant nach einer durch den Letztverkäufer gegenüber dem Verbraucher erfolgten Nachlieferung die Leistungsstörung im Vertrag zwischen Letztverkäufer und Verbraucher nicht mehr durch eine Nacherfüllung beseitigen. Hiervon scheint die Ansicht zum Exklusivitätsverhältnis jedoch auszugehen, da gerade die fehlende Beseitigungsmöglichkeit nach Ausübung der drei Verbraucherrechte als Argument für die Unterschiedlichkeit von diesen und der Nachlieferung angeführt wird. Vgl. Fn. 340. 350 Siehe unter D. II. 2. d) aa). 348 349

V. Nachlieferung und die Rechtsfolgen

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erhaltene Ware einen neuen Abnehmer finden. Ein weiterer Absatz ist hier, insbesondere bei einer nachgebesserten Sache, ebenso fraglich wie bei der Sachlage ohne Geltung von § 478 Abs. 1 unter D. II. 2. d) aa). Ein Unterschied zu der dargestellten Sachlage351 könnte jedoch darin bestehen, dass durch eine Nachlieferung des Lieferanten beim Letztverkäufer der Zustand wiederhergestellt wird, der vor der Nachlieferung durch den Letztverkäufer bei diesem bestand. Vor der Nachlieferung an den Verbraucher verfügte der Letztverkäufer über einen bestimmten Warenbestand, der infolge der Nachlieferung an den Verbraucher um eine Wareneinheit vermindert wird. Mit der Nachlieferung durch den Lieferanten wird eine Einheit wieder zugeführt, sodass ein Ausgleich vollzogen wird. Allerdings vernachlässigt diese Betrachtungsweise, dass über den bloßen Warenabgang hinaus andere Kosten beim Letztverkäufer verursacht worden sein können. Diese Kosten werden durch eine Nachlieferung des Lieferanten nicht ausgeglichen. Ohne Geltung von § 478 Abs. 1 und 2 bei der Nachlieferung könnten die über den bloßen Warenabgang hinausgehenden Kosten nur mit einem Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 ausgeglichen werden. Ein solcher Anspruch setzt ein Verschulden des Lieferanten voraus, das nicht jederzeit vorliegen wird. Somit wird durch eine Nachlieferung seitens des Lieferanten gemäß dem allgemeinen Gewährleistungsrecht kein Ausgleich der beim Letztverkäufer durch die Nachlieferung an den Verbraucher entstandenen Kosten erreicht. Zusätzlich hat eine Nachlieferung bis zum Wert des Kaufgegenstandes im mangelfreien Zustand zu erfolgen.352 Der Wert der Kaufsache differiert aber auf den unterschiedlichen Handelsstufen, weil die Sache im Verhältnis zwischen Verbraucher und Letztverkäufer zumeist mehr wert bzw. höher bewertet (einfach teurer) ist als im Verhältnis zwischen Letztverkäufer und Lieferant.353 Dadurch können die vom Letztverkäufer gegenüber dem Verbraucher zu tragenden Kosten über dem Wert der Kaufsache im Verhältnis zwischen Letztverkäufer und Lieferant liegen. Es wird somit deutlich, dass die Nachlieferung durch den Lieferanten die Kosten der Nachlieferung des Letztverkäufers nicht decken muss. Folglich wird der Letztverkäufer durch eine Nachlieferung seines Lieferanten nach einer dem Verbraucher gegenüber erfolgten Nachlieferung belastet. Diese Regressfalle würde, wie unter D. II. 2. d) aa) dargestellt, erst durch einen späteren, aber fraglichen Weiterverkauf der nachgelieferten Ware hinreichend ausgeglichen. Weiterhin wäre die Beweislastumkehr nach §§ 478 Abs. 1 oder 2 i.V.m. Abs. 3, 476 nicht anwendbar, wodurch sich eine weitere Regressfalle für den Letztverkäufer ergeben kann, wenn sich der Verbraucher auf § 476 berufen konnte. Mithin sind auch die Sachlagen bei Geltendmachung von Minderung, Rücktritt, Schadensersatz statt der ganzen Leistung und bei Geltendmachung der Nachlieferung (jeweils durch den Verbraucher) vergleichbar. Dementsprechend wurde das ArguSiehe D. II. 2. d) aa). Siehe hierzu C. 353 Dieser Umstand wirkt sich darin aus, dass der Verkaufspreis einer Ware grundsätzlich über dem entsprechenden Einkaufspreis liegt. 351 352

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

ment für das Exklusivitätsverhältnis, dass die Interessenlage bei der Nachlieferung eine andere sei als bei einer Minderung, einem Rücktritt oder bei einem Verlangen nach großem Schadensersatz durch den Verbraucher,354 widerlegt. (2) Einbindung des Lieferanten in die Nachlieferung Sofern der Letztverkäufer im Unterschied zur vorigen Konstellationen nicht über einen ausreichenden Warenvorrat zur Nachlieferung verfügt, muss er vor einer Fremdbeschaffung der Nacherfüllungsleistung versuchen, seinen Lieferanten in die Nachlieferung einzubinden.355 Wird eine solche Einbindung vorgenommen, liegt weder ein Fall des § 478 Abs. 1 noch des Abs. 2 vor, da beide sowohl Letztverkäufer als auch Lieferant durch die zweite Andienung ihre vertraglichen Pflichten nach § 433 Abs. 1 Satz 1 und 2 erfüllen.356 Daher ergibt sich bei dieser Sachlage keine Regressfalle beim Letztverkäufer. (3) Scheitern der Einbindung des Lieferanten Falls aber der Letztverkäufer gezwungen ist, eine Fremdbeschaffung vorzunehmen, weil der Lieferant z. B. die Nachlieferung verweigert oder dazu nicht in der Lage ist, entstehen dem Letztverkäufer Kosten für die Fremdbeschaffung. Es findet ein Liquiditätsabfluss, wie bei den drei Verbraucherrechten unter D. II. 2. d) aa) gezeigt, statt. Durch eine Nacherfüllung seitens des Lieferanten nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht, ohne Geltung von § 478 Abs. 1 und 2, erfolgt kein finanzieller Ausgleich. Er ist erst mittels eines Warenabsatzes zu erzielen, sodass der Letztverkäufer wegen des fraglichen Weiterverkaufes einer Regressfalle ausgeliefert ist. Es wurde veranschaulicht, dass ohne Geltung der Abs. 1 und 2 des § 478 dem Letztverkäufer nach einem Nachlieferungsverlangen des Verbrauchers und Erfüllung desselben Regressfallen drohen. Nun kann unter Berücksichtigung der für das Exklusivitätsverhältnisses vorgebrachten Argumente untersucht werden, ob die exklusive Anwendung des § 478 Abs. 2 auf die Nachlieferung einen den §§ 478, 479 entsprechenden Schutz ermöglicht. bb) Sachlage bei Exklusivität des § 478 Abs. 2 Mittels § 478 Abs. 2 kann der Letztverkäufer die bei ihm durch die Nachlieferung angefallenen Kosten von seinem Lieferanten ersetzt verlangen, ohne dass ein Recht zur zweiten Andienung seitens seines Lieferanten besteht. Folglich ist der Letztverkäufer nicht auf den unsicheren Weiterverkauf der nachgelieferten oder 354 355 356

Siehe Fn. 339. Vgl. unter C. I. 3. d) aa) (3). Vgl. hierzu die Ausführungen unter D. II .2. d) cc) (1).

V. Nachlieferung und die Rechtsfolgen

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nachgebesserten Ware angewiesen und kann direkt über § 478 Abs. 2, in dessen Rahmen auch die Beweislastumkehr gemäß §§ 476, 478 Abs. 3 gilt, einen völligen finanziellen Ausgleich erzielen. Demnach scheint die exklusive Erfassung der Nachlieferung durch § 478 Abs. 2 die Regressfallen vermeiden zu können. (1) Beseitigung des Rechtes zur zweiten Andienung Das Exklusivitätsverhältnis widerspricht jedoch einem von dem Vertreter dieser Ansicht als zentral gesetzten Axiom. Nach der Argumentationsstruktur der unter D. I. 1. b) und D. V. 3. a) vorgestellten Meinung wird ersichtlich, dass es primär um den Erhalt des Rechtes zur zweiten Andienung geht, da es bei der Nachlieferung des Letztverkäufers gegenüber dem Verbraucher nicht gerechtfertigt sei, den Letztverkäufer von der Einhaltung der Nacherfüllungsfrist gegenüber seinem Lieferanten durch fristlose Geltendmachung von Minderung, Rücktritt oder Schadensersatz statt der ganzen Leistung gemäß § 478 Abs. 1 zu dispensieren.357 Wird die Nachlieferung des Letztverkäufers gegenüber dem Verbraucher von § 478 Abs. 2 exklusiv erfasst, kann der Letztverkäufer nach einer solchen mit dem Kostenerstattungsanspruch gemäß § 478 Abs. 2 gegen seinen Lieferanten vorgehen. Falls der Letztverkäufer allerdings eine Nacherfüllung seines Lieferanten dem Ersatz der Kosten vorziehen würde,358 müsste der Letztverkäufer nach den allgemeinen Gewährleistungsrechten eine Nacherfüllung von seinem Lieferanten verlangen. Im Rahmen der allgemeinen Gewährleistungsrechte steht dem Letztverkäufer die Beweiserleichterung der §§ 476, 478 Abs. 1 und 3 nicht offen. Konnte der Letztverkäufer die Beweisfiktion des § 476 gegenüber dem Verbraucher nicht entkräften, so wird es dem Letztverkäufer kaum gelingen, ohne §§ 476, 478 Abs. 3 seinem Lieferanten zu beweisen, dass die Kaufsache bereits zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges auf ihn mit dem Mangel belastet war. Folglich würde die Inanspruchnahme des Lieferanten auf Nacherfüllung mangels Anwendbarkeit der Beweislastumkehr scheitern. Dies bedingt, dass die Letztverkäufer, nachdem sie gegenüber dem Verbraucher nachgeliefert haben, grundsätzlich den sicheren Rückgriffsweg über § 478 Abs. 2, die Beweislastumkehr gilt im Rahmen des § 478 Abs. 2 über Abs. 3, wählen werden. Durch § 478 Abs. 2 wird das Recht des Lieferanten zur zweiten Andienung beseitigt. Mithin käme es bei einer exklusiven Erfassung der Nachlieferung von § 478 Abs. 2 grundsätzlich zu einer Beseitigung des Rechtes zur Nacherfüllung, welche der Vertreter der Exklusivitätsverhältnisses durch die Nichtanwendbarkeit des § 478 Abs. 1 auf die Nachlieferung an sich vermeiden wollte. Wenn die Nachlieferung allerdings alternativ von Abs. 1 und Abs. 2 erfasst wird, besteht für den Letztverkäufer die Möglichkeit seinerseits von seinem Vertragspartner Nacherfüllung unter Geltung der Beweislastumkehr nach §§ 478 Abs. 1 und 3, 476 zu verlangen. Daher vermag gerade die alternative Anwendung im Gegensatz zu einer exklusiven Anwendung das Recht zur zweiten Andienung 357 358

Siehe Fn. 341. Vgl. D. II. 2. d) bb).

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

des Lieferanten zu erhalten und diesem somit die Vorteile des Rechtes zur Nacherfüllung zu sichern. (2) Schicksal der mangelhaften Kaufsache Ferner ist anzumerken, dass bei der Begründung des Exklusivitätsverhältnisses keine Aussagen zum Schicksal der mangelhaften Sache getroffen werden.359 Es wird lediglich angeführt, dass § 439 Abs. 4 keine eigenständige, dem Rücktritt vergleichbare Regelung treffe, sondern schlicht die Folge der Erfüllung des Nachlieferungsanspruches sei, um eine Bereicherung des Verbrauchers vermeiden zu können.360 Über § 478 Abs. 1 ließe sich die mangelhafte Kaufsache im Anschluss an ein Nachlieferungsverlangen des Verbrauchers über die Lieferkette mittels einer Nachlieferung, einem Rücktritt oder einem Anspruch auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung durchreichen.361 Im Rahmen des § 478 Abs. 2 findet eine Kostenerstattung, aber mangels Normierung eines Herausgabeanspruches kein Weiterreichen der mangelhaften Sache statt.362 Daher wäre der Letztverkäufer hinsichtlich Besitz und Eigentum an der mangelhaften Sache bereichert, sodass Abhilfe über eine vertragliche Nebenpflicht bzw. über § 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 oder § 812 Abs. 1 Satz 2 zu schaffen wäre, weil eine Kürzung des Kostenerstattungsanspruches wegen des entgegenstehenden Wortlautes von § 478 Abs. 2 nicht in Betracht kommt. Ein Recht zur Weitergabe der mangelhaften Sache ist darüber hinaus nach dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479, die mangelhaften Sachen möglichst schnell und problemlos weiter reichen zu können363, angebracht.364 Zudem muss der Besitz und das Eigentum an einer mangelhaften Sache nicht unbedingt einen Vorteil darstellen, da wegen des unsicheren Verkaufes der mangelhaften bzw. nachgebesserten, aber mit dem Makel der Nachbesserung belasteten Sache eine Inanspruchnahme der Lagerkapazitäten einhergeht. Der Letztverkäufer könnte natürlich freiwillig vertraglich oder mittels AGB365 den fehlerhaften Gegenstand an seinen Lieferanten abgeben. Das hilft aber nicht über den Umstand hinweg, dass von dem Anhänger des Exklusivitätsverhältnisses keine gesetzliche Regelung für die Rückgabe-Problematik angeführt wird. Mithin hat sich gezeigt, dass eine exklusive Anwendung des § 478 Abs. 2 auf die Nachlieferung zwar die Regressfallen zu vermeiden vermag, aber die Argumentationskette, die zur Begründung des Exklusivitätsverhältnisses entwickelt 359 360 361 362 363 364 365

Siehe auch KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 19. Vgl. D. V. 3. a) mitsamt Fn. 345. Vgl. KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 19. KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 19. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247. Vgl. auch KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 19. Siehe unter G. V. 3.

V. Nachlieferung und die Rechtsfolgen

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wird, angreifbar ist. Zusätzlich steht das Exklusivitätsverhältnis im direkten Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers.366 Sofern eine alternative Anwendung von § 478 Abs. 1 und 2 auf die Nachlieferung ebenfalls sämtliche Regressfallen zu vermeiden vermag, zu keiner Überprivilegierung des Letztverkäufers führt und die Argumentationskette nicht angreifbar ist, gebührt der alternativen Anwendung der Vorzug gegenüber dem Exklusivitätsverhältnis.

cc) Sachlage bei alternativer Anwendung von Abs. 1 und 2 Sind die Regelungen der Abs. 1 und 2 alternativ auf die Nachlieferung anwendbar, kann der Letztverkäufer wählen, ob er die entstandenen Kosten über § 478 Abs. 2 ersetzt verlangen oder über § 478 Abs. 1 einen Rückgriff mittels der modifizierten Rechte des § 437 vornehmen möchte. (1) Vermeidung von Regressfallen Durch eine Erfüllung des Nachlieferungsverlangens werden beim Letztverkäufer Kosten, bei einer zulässigen Fremdbeschaffung ein Liquiditätsabfluss, hervorgerufen. Wird § 478 Abs. 2 gewählt, erfolgt eine unmittelbare Erstattung der angefallenen Kosten. Bei einem Regress mittels der §§ 478 Abs. 1, 437 ff. fließen dem Letztverkäufer bei einer Minderung, einem Rücktritt und einem Schadensersatzanspruch liquide Mittel zu, sodass ein Ausgleich der entstandenen Kosten und damit die Vermeidung der Regressfalle möglich ist. Folglich kann bei fristloser Geltendmachung von Minderung, Rücktritt und Schadensersatz eine Regressfalle vermieden werden. Ein Anspruch auf Nacherfüllung nach §§ 478 Abs. 1, 437 Nr. 1, 439 führt zwar zu keinem direkten noch einem betraglich entsprechenden Ausgleich der angefallenen Kosten.367 Falls der Letztverkäufer aber einen neuen Abkäufer akquiriert hat, kann ebenso wie nach Geltendmachung der drei Verbraucherrechte368 eine Regressfalle durch eine Nacherfüllung verhindert werden. (2) Keine sachwidrige Belastung der Kettenglieder Wenn ein alternatives Vorgehen im Vergleich zum Exklusivitätsverhältnis zu keinen sachwidrigen Belastungen der höher gelegenen Kettenglieder führt, wird eine alternative Anwendung dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 gerecht. Um beurteilen zu können, ob die exklusive oder die alternative Anwendung zu einer geringeren Belastung der Kettenglieder führt, bedarf es einer Gegenüberstellung der beiden Systeme. 366 367 368

Siehe BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247; AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 23. Vgl. hierzu D. V. 3. c) aa). Siehe D. II. 2. d) bb).

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

Bei einer Nachlieferung werden die Kosten hauptsächlich von dem Einkaufspreis der nachzuliefernden Ware bestimmt.369 Daher kann der Letztverkäufer den Lieferanten bei einem Kostenerstattungsanspruch nach § 478 Abs. 2 mindestens in Höhe seines Einkaufspreises, dem Verkaufspreis zwischen Letztverkäufer und Lieferant, in Anspruch nehmen.370 Der Minderungsbetrag bei einem Vorgehen über § 478 Abs. 1 wird vielfach unter dem Einkaufspreis liegen. Beim Rücktritt kann der Letztverkäufer den Kaufpreis (seinen Einkaufspreis) zurückverlangen, sodass die Folgen eines Rücktrittes über den mittels § 478 Abs. 2 zu ersetzenden Betrag liegen kann.371 Ein Rücktritt ist für den Anspruchsgegner daher zumeist ungünstiger als eine Nachlieferung, da bei einem Rücktritt der gezahlte Kaufpreis zu erstatten ist, der über den bei der Nachlieferung entstehenden Kosten in Höhe des Einkaufspreises seitens des Anspruchsgegners liegen wird,372 sodass ein Rücktritt anstelle eines Nachlieferungsverlangen grundsätzlich zu einer Überprivilegierung führen würde. Die Kosten des Nacherfüllungsverlangens können sich höchstens auf den Wert einer mangelfreien Kaufsache im Verhältnis zwischen Letztverkäufer und Lieferant belaufen, sodass die Kosten nur über den Einkaufspreis des Letztverkäufers – den Verkaufspreis des Lieferanten – hinausgehen können, wenn der Wert einer mangelfreien Sache über dem Einkaufspreis liegt. In einem derartigen Fall beruht die ungünstige Abweichung auf einem zu niedrigen Verkaufspreis seitens des Lieferanten, sodass er hierfür selbst verantwortlich ist. Für die vorgelagerten Kettenglieder wird ein Kostenerstattungsanspruch zumeist ungünstiger sein als ein Vorgehen nach § 478 Abs. 1 auf Minderung, Rücktritt oder Nacherfüllung.373 Die nach § 478 Abs. 2 von den jeweiligen Kettengliedern zu ersetzenden Kosten richten sich nach denen beim Letztverkäufer angefallenen Kosten, die hauptsächlich auf dem Einkaufspreis der Ware beruhen. Werden diese über § 478 Abs. 2, 3, 5 die Kette weitergegeben, werden die höheren Kettenglieder, beispielsweise der Hersteller, mit den beim Letztverkäufer angefallenen Kosten belastet. Die vom Hersteller zu ersetzenden Kosten werden regelmäßig seinen durch den Verkauf an seinen Abnehmer erzielten Erlös übersteigen. Folglich strahlt die im Verhältnis zwischen Verbraucher und Letztverkäufer vorgenommene Nachlieferung auf die vorgelagerten Vertragsverhältnisse aus.374 Wird hingegen über 369 Die zu erstattenden Kosten können sich höchstens auf den Wert der Kaufsache im Vertragsverhältnis zwischen Letztverkäufer und Verbraucher belaufen. Zumeist wird sich der Wert der Kaufsache in der Nähe des Verkaufspreises bewegen bzw. diesem entsprechen. 370 Es können noch Kosten für Transport etc. hinzukommen. 371 Vgl. Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rn. 94; nur wenn die derzeitigen Einkaufspreise der Ware unter den damaligen Verkaufspreis zwischen Letztverkäufer und Lieferant, der über einen Rücktritt zurückzugewähren ist, gesunken sind, könnte der Anspruch nach § 478 Abs. 2 kostengünstiger sein. 372 Wurde vom Anspruchsgegner unter Einstandspreis verkauft, wäre ein Rücktritt des Anspruchsstellers für ihn günstiger als eine Nachlieferung. Der Verkauf unter Einstandspreis geht zulasten des jeweiligen Verkäufers. Daher kann der Anspruchsgegner den Anspruchsteller in dieser Konstellation nicht auf einen Rücktritt anstelle einer Minderung verweisen. 373 Vgl. auch Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rn. 94.

V. Nachlieferung und die Rechtsfolgen

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§ 478 Abs. 1 gegen den Hersteller vorgegangen, sind die vom Hersteller zu erstattenden Beträge bei der Minderung und dem Rücktritt auf den von ihm erzielten Verkaufspreis beschränkt. Im Rahmen einer Nacherfüllung ist bis zum Wert einer mangelfreien Sache Ersatz zu leisten. Mit der Höhe der Vertragsverhältnisse innerhalb der Lieferkette nimmt der Wert der Kaufsache grundsätzlich ab, sodass auch ein Nacherfüllungsanspruch kostenmäßig unter der über § 478 Abs. 2 zu ersetzenden Summe liegen wird. Die Inanspruchnahme über § 478 Abs. 1 wahrt folglich die Relativität der Vertragsverhältnisse und kann kostengünstiger sein als ein Kostenerstattungsanspruch. Weiterhin kann ein Nacherfüllungsverlangen nach §§ 478 Abs. 1, 437 Nr. 1, 439 den vorgelagerten Kettenglieder infolge der Möglichkeit eines weiteren Warenabsatzes, der Räumung des Lagers und einer besseren Auslastung der eignen Werkstatt vielfach entgegen kommen. Ein Schutz vor einer sachwidrigen Belastung der vorgelagerten Kettenglieder wird durch § 439 Abs. 3 gewährleistet. Die dargelegten Gründe zeigen folglich, dass durch eine alternative Anwendung der Abs. 1 und 2 im Vergleich zur exklusiven des Abs. 2 nach einer Nachlieferung keine sachwidrige Belastung der höher gelegenen Kettenglieder durch den Rückgriff, sondern zumeist eine Besserstellung erfolgt. Zur Verdeutlichung wird ein Beispielsfall herangezogen. Beispielsfall 6: H verkauft DVD-Player (Produktionskosten 60 A) für 100 A an L1, der seinerseits von L2 125 A erlösen kann. LVK kauft diese DVD-Player für 150 A bei L2. Eins dieser Geräte verkauft LVK für 200 A an V. V nimmt LVK wegen der Mangelhaftigkeit des Gerätes auf Nacherfüllung in Form der Nachlieferung in Anspruch. Hätte V Minderung verlangt, wäre ein Minderungsbetrag von 100 A angebracht. Der DVD-Player ist infolge des Mangels auf den jeweiligen Kettenstufen ebenfalls nur die Hälfte des vereinbarten Preises wert. Die Nachlieferungskosten werden nur von dem Einkaufspreis bei LVK bestimmt (es entstehen für Transport, Versicherung, Entgegennahme der Reklamation etc. weitere Kosten in Höhe von 40 A). Wie erfolgt ein Regress nach Abs. 2 bzw. Abs. 1 des § 478?

LVK kann über § 478 Abs. 2 von L2 150 A (190 A) verlangen. Hierdurch behält LVK seine Handelsspanne von 50 A. Erfolgt der Regress nach Abs. 2 bis zum Hersteller, hat dieser L1 150 A (190 A) zu ersetzen, obwohl H seinerseits nur 100 A pro Gerät erzielt hat. Dadurch wird H wegen der Mangelhaftigkeit der Sache mit zusätzlichen 50 A (90 A) belastet, während die anderen unternehmerischen Kettenglieder ihre Handelsspannen behalten. Bei einer Minderung hat LVK einen Betrag in Höhe von 100 A zu erstatten. Seinerseits kann er von L2 75 A mit der Folge verlangen, dass er seine Handelsspanne zumindest teilweise in Höhe von 25 A verliert. Ähnlich gestaltet sich die Sachlage bei L2. Er kann 62,50 A von L1 verlangen. H wird mit einem Minderungsbetrag von 50 A belastet. Auf den jeweiligen Stufen wird die Handelsspan374 Gegen die Regelung bestehen insoweit keine Bedenken, da bei einer Beschränkung der weitergebbaren Kosten ansonsten Regressfallen entstehen würden. Damit lassen sich Regressfallen nur durch eine umfassende Weitergabe der Nachlieferungskosten vermeiden.

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

ne eingeschränkt, aber die Belastung, insbesondere für den Hersteller, ist erheblich (um 100 A bzw. 140 A) geringer. Selbst ein Rücktritt die Kette entlang wäre für den Hersteller günstiger. Er würde, wie alle anderen Kettenglieder, seine Handelsspanne einbüßen,375 wäre aber nicht mit zusätzlich 50 A (90 A) belastet. Es würde sich der Zustand einstellen, als ob nie ein Verkauf erfolgt wäre. Kann LVK Nacherfüllung, beispielsweise in Form der Nachlieferung, von L2 verlangen und den DVD-Player an einen neuen Kunden absetzen, kann er durch diesen Verkauf erneut die Handelsspanne erzielen. Wird im Weiteren jeweils ebenso Nachlieferung von dem Kettenvorgänger verlangt, können L2 und L1 ihre Handelsspanne gleichfalls behalten. H muss seinerseits nachliefern und wendet daher zwei Geräte zur Erzielung des Verkaufspreises von 100 A auf. Damit wird er zusätzlich mit 20 A (2x60 – 100) belastet. Folglich ist diese Vorgehensweise ebenso günstiger für ihn wie ein Kostenerstattungsanspruch nach § 478 Abs. 2 (Belastung mit 50 A bzw. 90 A).376 Durch ein Nebeneinander von § 478 Abs. 1 und 2 können die Kosten für die Kettenglieder, insbesondere für das erste Kettenglied der Lieferkette, gesenkt werden. Zusätzlich lässt sich bei der alternativen Anwendung bei einem Verschulden des Lieferanten durch die vorgenommene Aufspaltung des Schadensersatzanspruches in ein modifiziertes Rücktritts- oder Minderungsrecht bzw. in ein Nacherfüllungsrecht und einen nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht geltend zu machenden Restschadensersatzanspruch sowohl die Regressfalle als auch eine Überprivilegierung vermeiden.377 Letztlich werden der Lieferant und die vorgelagerten Kettenglieder durch eine alternative Anwendung von § 478 Abs. 1 und 2 gegenüber einer exklusiven nicht sachwidrig belastet. Zusätzlich wird mit einer Anwendung von § 478 Abs. 1 oder Abs. 2 bei der Nachlieferung der Sinn und Zweck des § 478 Abs. 1, die mangelhaften Sachen möglichst schnell und problemlos weiter reichen zu können,378 besser verwirklicht.379 Infolge einer alternativen Anwendung von § 478 Abs. 1 und 2 auf die Nachlieferung werden die vorgelagerten Kettenglieder nicht sachwidrig benachteiligt, der Letztverkäufer wird nicht überprivilegiert.

Vgl. ein ähnliches Beispiel bei Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rn. 93 f. Lägen die Produktionskosten über 75 A (85 A), würde sich H bei einer Nachlieferung zumindest kostenmäßig schlechter stehen als nach einer Inanspruchnahme über § 478 Abs. 2. Allerdings könnte der weitere Absatz des DVD-Player wegen Räumung des Lagers und Umschlag eines weiteren Players für ihn dennoch vorteilhaft sein (Neuentwicklung eines DVDRPlayers ist in Produktion). 377 Siehe unter D. II. 2. d) cc) (3). 378 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247. 379 Vgl. auch unter D. V. 3. c) bb) (2). 375 376

V. Nachlieferung und die Rechtsfolgen

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(3) Erhalt des Rechtes auf zweite Andienung Des Weiteren lässt sich für die Alternativität im Gegensatz zum Exklusivitätsverhältnis anführen, dass allein eine alternative Anwendung von § 478 Abs. 1 und 2 eine gänzliche Entwertung des Rechtes auf zweite Andienung zu verhindern vermag. Über §§ 478 Abs. 1 und 3, 437 Nr. 1, 439 ist die Geltendmachung eines Rechtes auf Nacherfüllung möglich und wahrscheinlicher, als wenn anstelle von § 478 Abs. 2 über die allgemeinen Gewährleistungsrechte, d. h. ohne die Beweislastumkehr, auf Nacherfüllung vorgegangen werden müsste.380 (4) Wahlrecht und die Bedürfnisse des Handelsverkehres Nebenbei bemerkt ist ein Wahlrecht seitens des Letztverkäufers zwischen § 478 Abs. 1 und 2 – die alternative Anwendung – flexibler, individueller und kann den aktuellen Gegebenheiten besser angepasst werden. Ein Wahlrecht wird deswegen den Anforderungen einer modernen Wirtschaft gerecht und trägt den Bedürfnissen des Handelsverkehres Rechnung. (5) Zusammenfassung der Sachlage bei alternativer Anwendung Es hat sich gezeigt, dass eine alternative Anwendung der Abs. 1 und 2 des § 478 den Letztverkäufer ebenfalls vor Regressfallen bedingt durch das Verbraucherrecht der Nachlieferung schützen kann. Durch eine alternative Anwendung wird der Letztverkäufer nicht überprivilegiert. Eine alternative Anwendung ist im Gegensatz zu einer exklusiven für die vorgelagerten Kettenglieder zumeist kostengünstiger. Aufgrund eines wahlweisen Vorgehens der Letztverkäufer nach Abs. 1 oder 2 erfolgt keine sachwidrige Belastung der Kettenvorgänger. Darüber hinaus ist die Begründung eines alternativen Verhältnisses im Vergleich zur Argumentationskette des Exklusivitätsverhältnisses keinen Bedenken ausgesetzt.

d) Ergebnis der teleologischen Auslegung Somit hat entsprechend dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 eine alternative Anwendung von Abs. 1 und 2 auf die Nachlieferung zu erfolgen. Ein Exklusivitätsverhältnis ist abzulehnen.381

380 381

Vgl. unter D. V. 3. c) bb) (1). Vgl. auch Oechsler, Schuldrecht BT, § 2 Rn. 323.

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D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

4. Ergebnis zur Nachlieferung und den Rechtsfolgen Die Nachlieferung erfüllt nach allen Auslegungskriterien den Tatbestand des § 478 Abs. 1. Sie kann unter das Tatbestandmerkmal „zurücknehmen musste“ subsumiert werden, sodass im Anschluss an eine Nachlieferung dem Letztverkäufer neben den Rechten aus § 478 Abs. 2 auch über § 478 Abs. 1 die auf das Regressinteresse382 beschränkten Gewährleistungsrechte der §§ 437 ff. zustehen. Dies ergibt sich aufgrund der vergleichbaren Interessenlage nach Geltendmachung der Nachlieferung einerseits und Geltendmachung der drei Verbraucherrechte383 andererseits. Damit kann in Anlehnung an die unter D. II. 2. d) cc) (3) getroffenen Ausführungen statt eines Anspruches nach § 478 Abs. 2 mit einer Nacherfüllung oder einer Minderung (gegebenenfalls nach Aufspaltung eines Schadensersatzanspruches) gemäß §§ 478 Abs. 1, 437 ff. gegen den Lieferanten vorgegangen werden. Eine Einschränkung wegen vorwerfbaren Fehlverhaltens bei der Erfüllung der Nacherfüllungspflicht kommt, da eine Nachlieferung – eine Nacherfüllung – gegenüber dem Verbraucher vorgenommen wurde, nicht in Erwägung. In Anlehnung an die Ausführungen zur Fremdbeschaffung im Rahmen des § 478 Abs. 2 unter C. I. 3. d) ist auch § 478 Abs. 1 teleologische zu reduzieren, wenn der Letztverkäufer eine Fremdbeschaffung am Markt vorgenommen hat, ohne zuvor einen Versuch zur vertragsgetreuen Einbindung seines Lieferanten zu unternehmen. Den Letztverkäufer trifft in einem solchen Fall ein vorwerfbares Fehlverhalten bezüglich der Fremdbeschaffung.

VI. Nachbesserung und die Rechtsfolgen Nachdem bewiesen worden ist, dass die Nachlieferung und alle anderen Gewährleistungsrechte des Verbrauchers von § 478 Abs. 1 umfasst werden, ist klärungsbedürftig, ob die Nachbesserung den Tatbestand des § 478 Abs. 1 erfüllt und welche Rechtsfolgen sich aus einer Tatbestandserfüllung ergeben können. Hierfür ist gleichermaßen wie bei den zuvor behandelten Rechten des Verbrauchers eine Auslegung des § 478 Abs. 1 vorzunehmen.

1. Auslegung nach dem Wortlaut Der Wortlaut des § 478 Abs. 1 enthält nicht den Begriff „Nachbesserung“. Bei der Nachbesserung repariert der Letztverkäufer die mangelhafte Kaufsache. Die Nachbesserung erfolgt entweder direkt beim Verbraucher oder in einer ServiceVgl. unter D. II. 2. d) cc) (3). Siehe daher die Ausführungen unter D. II. 2. d), insbesondere zur Einschränkung des § 478 Abs. 1. 382 383

VI. Nachbesserung und die Rechtsfolgen

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werkstatt, sodass eine kurzfristige „Rücknahme“ der Sache erfolgen kann. Diese „Rücknahme“ könnte unter „zurücknehmen musste“ zu subsumieren sein. Allerdings steht bei der Nachbesserung nicht die Rücknahme, da zu Nachbesserungszwecken keine solche erfolgen muss, sondern die Mangelbeseitigung im Vordergrund. Außerdem erfolgt eine Inbesitznahme lediglich zur Ermöglichung der Nachbesserung. Zudem findet keine endgültige Rücknahme statt, wie es beim Rücktritt, der Nachlieferung und dem Schadensersatz statt der ganzen Leistung der Fall ist. Folglich liegt bei der Nachbesserung keine Rücknahme i. S. d. §§ 478 Abs. 1, 437, 439 Abs. 4, 281 Abs. 5, 346 vor. Daher kann die Nachbesserung nicht unter dem Tatbestandsmerkmal „zurücknehmen musste“ subsumiert werden. Mithin bietet die Auslegung des § 478 Abs. 1 nach dem Wortlaut keinen Anhaltspunkt dafür, die Nachbesserung als erfasst anzusehen.384 Eine Erfassung der Nachbesserung durch § 478 Abs. 1 geht über den Wortlaut hinaus, sodass § 478 Abs. 1 nicht direkt auf die Nachbesserung angewendet werden kann.385

2. Analoge Anwendung von § 478 Abs. 1 auf die Nachbesserung Es könnte jedoch eine analoge Anwendung des § 478 Abs. 1 auf die Nachbesserung in Betracht kommen, wenn eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage gegeben ist.

a) Planwidrige Regelungslücke Die Nachlieferung, die Minderung, der Rücktritt und der Schadensersatz statt der ganzen Leistung sind Tatbestandsmerkmale des § 478 Abs. 1. Mit der Nachlieferung ist die eine Art der Nacherfüllung von Absatz 1 umfasst. Die Nachbesserung wird ebenso wie der kleine Schadensersatz und der Schadensersatz neben der Leistung nicht angesprochen. Folglich spricht das Dargelegte wie beim kleinen Schadensersatz dafür, dass der Gesetzgeber übersehen hat, die Nachbesserung in § 478 Abs. 1 zu regeln. Allerdings ist die Nachbesserung wie die Nachlieferung in § 478 Abs. 2 geregelt. Der Gesetzgeber hat die Nachbesserung daher nicht gänzlich, wie den kleinen Schadensersatz und den Schadensersatz neben der Leistung, unberücksichtigt gelassen. Demgemäß ließe sich an einer planwidrigen Regelungslücke zweifeln. Wie aber bereits gezeigt worden ist, trifft Absatz 2 für die Nachlieferung keine exklusive Regelung. Eine exklusive Regelung allein für die Nachbesserung kommt nicht in Betracht, da Nachbesserung und Nachlieferung als Elemente der Nacherfüllung 384 385

Westermann, NJW 2002, S. 241 (253). Oetker / Maultzsch, S. 189; Westermann, NJW 2002, S. 241 (253).

120

D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

austauschbar bzw. vom Verbraucher frei wählbar sind. Für eine exklusive Erfassung der Nachbesserung von Abs. 2 lassen sich dem Willen des Gesetzgebers keine Anhaltspunkte entnehmen. Folglich steht die Erfassung der Nachbesserung durch § 478 Abs. 2 nicht entgegen. Es besteht eine planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Nichterfassung der Nachbesserung in § 478 Abs. 1. b) Vergleichbare Interessenlage Für eine analoge Anwendung des § 478 Abs. 1 auf die Nachbesserung bedarf es einer vergleichbaren Interessenlage. Durch die Nachbesserung erfüllt der Letztverkäufer gegenüber dem Verbraucher seine kaufvertragliche Verpflichtung. Sähe sich der Letztverkäufer nun einem Recht des Lieferanten auf zweite Andienung in Form der Nachlieferung386 ausgesetzt, könnte er die neue Wareneinheit nicht mehr an den reklamierenden Verbraucher absetzen.387 Folglich wäre der Letztverkäufer gezwungen einen neuen Käufer zu finden, um einen Ausgleich für die aufgewendeten Kosten zu erzielen. Die Situation ist mit der bei der Minderung, dem Rücktritt, dem Schadensersatz statt der ganzen Leistung und der Nachlieferung vergleichbar.388 Zusätzlich sind die Nachlieferung und die Nachbesserung als Elemente der Nacherfüllung austausch- und vergleichbar. Daher lassen sich die Ausführung zur Nachlieferung, auch hinsichtlich der alternativen Anwendung von § 478 Abs. 1 und 2 auf die Nachbesserung übertragen. Eine alternative Anwendung der Absätze 1 und 2 des § 478 vermag die Regressfallen und eine Überprivilegierung des Letztverkäufers zu vermeiden. Zusätzlich kann der Erhalt des Rechtes zur zweiten Andienung durch Anwendung des § 478 Abs. 1 auf die Nachbesserung erreicht werden. Weiter werden die vorgelagerten Kettenglieder durch die Eröffnung des Regresses über § 478 Abs. 1 zumeist kostengünstiger gestellt. Mithin besteht durch die Erfassung der Nachlieferung von § 478 Abs. 1 und 2 eine vergleichbare Interessenlage für die Nachbesserung. Es besteht hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der Nachbesserung in § 478 Abs. 1 eine planwidrige Regelungslücke und bezüglich der Situation nach Ausübung des Nachbesserungsrechtes durch den Verbraucher eine vergleichbare Interessenlage mit der nach Geltendmachung von Minderung, Rücktritt, großem Schadensersatz und insbesondere der Nachlieferung. 386 Eine Nachbesserung kann nicht in Betracht kommen, da der Letztverkäufer schon nachgebessert hat und sich die nachgebesserte Kaufsache wieder beim Verbraucher befindet. Eine Verpflichtung zur Einbindung des Lieferanten in die Nacherfüllung, sofern der Letztverkäufer die Nacherfüllung aus eigenen Mitteln selbst vornehmen kann, wurde schon unter C. I. 3. d) aa) (2) abgelehnt. 387 Ähnlich Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 86; ders. in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 86. 388 Siehe Fn. 202.

VII. Zusammenfassung

121

Auf die Nachbesserung findet § 478 Abs. 1 deswegen entsprechend Anwendung,389 sodass nach einer Nachbesserung dem Letztverkäufer alternativ seine modifizierten Gewährleistungsrechte beschränkt auf das Regressinteresse gemäß §§ 478 Abs. 1, 437 ff. und das Recht auf Kostenersatz nach § 478 Abs. 2 zustehen. Wie zuvor bei der Nachlieferung ausgeführt,390 hat eine teleologische Reduktion des entsprechend angewendeten § 478 Abs. 1 zu erfolgen, sofern der Letztverkäufer die Nachbesserung von einem Fremdbetrieb hat vornehmen lassen, ohne zuvor seinen Lieferanten die Gelegenheit zur vertragskonformen Einbindung in die Nacherfüllung eingeräumt zu haben.

VII. Zusammenfassung § 478 Abs. 1 findet auf alle Gewährleistungsrechte des Verbrauchers, wenn auch teilweise analog,391 Anwendung. Durch die Modifizierung der aus § 437 bestehenden Gewährleistungsrechte infolge § 478 Abs. 1 wird erreicht, dass eine ansonsten gemäß der §§ 437 Nr. 2, 440 Satz 1, 323 Abs. 1 erforderliche Fristsetzung entbehrlich ist.392 Es sind alle in § 437 genannten Rechte von dem Verweis in § 478 Abs. 1 erfasst, sodass der Letztverkäufer die geltend zu machenden Gewährleistungsrechte im Rahmen der entsprechenden Voraussetzungen und vor dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 (teleologische Reduktion) beschränkt auf das Regressinteresse393 frei wählen kann. Durch § 478 Abs. 1 wird eine Modifikation der allgemeinen Gewährleistungsrechte und eine angemessene Verschiebung des allgemeinen Gewährleistungssystemes auf den Verursacher des Mangels erreicht.394 Bei einem vorwerfbaren Fehlverhalten des Letztverkäufers, das zur Vereitelung der Nacherfüllung bzw. zu einer vertragswidrigen Fremdbeschaffung führt, ist eine teleologische Reduktion des § 478 Abs. 1 durch Nichteingreifen der Fristersparnis vorzunehmen. Die geforderten Einschränkungen des § 478 Abs. 1 mittels teleologischer Reduktionen und die entsprechenden Anwendungen des § 478 Abs. 1 auf die Nachbesserung, den kleinen Schadensersatz und den Schadensersatz neben der Leistung bei Mangelfolgeschäden lassen sich gleichfalls über eine Neufassung der Norm umsetzen. Es bietet sich folgende Formulierung an: „Wenn der Unternehmer dem Verbraucher für die verkaufte neu hergestellte Sache als Folge ihrer Mangelhaftigkeit Gewähr leisten musste, stehen ihm seinerseits die in § 437 beSiehe Fn. 200. Siehe D. V. 4. 391 Beim kleinen Schadensersatz und der Nachbesserung. 392 Siehe B. II. 2. 393 Vgl. hierzu die Ausführungen, insbesondere zur Aufspaltung der Schadensersatzansprüche, unter D. II. 2. d) cc) (3). 394 Vgl. die obigen Ausführungen unter D. II. 2. d) cc) (1). 389 390

122

D. Die Regelungen des § 478 Abs. 1

zeichneten Rechte auch ohne eine gegebenenfalls erforderliche Fristsetzung gegen den Unternehmer, der ihm die Sache verkauft hat (Lieferant), beschränkt auf das Rückgriffsinteresse zu. Sofern sich der Verbraucher auf die Beweislastumkehr des § 476 berufen konnte, findet § 476 zugunsten des Unternehmers mit der Maßgabe Anwendung, dass die Frist mit dem Übergang der Gefahr auf den Verbraucher zu laufen beginnt.395 Hat der Unternehmer durch ein vorwerfbares Fehlverhalten bezüglich der Erfüllung seiner Nacherfüllungspflicht den Verbraucher zu der Ausübung seiner fristgebundenen Rechte veranlasst, steht dem Unternehmer die Privilegierung der Fristersparnis des Satzes 1 nicht zu.“

395 Durch die Wiedereingliederung der Anwendbarkeit von § 476 im Rahmen des Rückgriffes wird die inhaltliche Trennung von thematisch zusammengehörender Materie wieder aufgehoben. In § 478 Abs. 2 müsste die Anwendbarkeit der Beweislastumkehr als Satz 2 folgendermaßen wieder eingeführt werden: „Satz 2 des Absatzes 1 gilt entsprechend.“

E. Problematik des Erfordernisses eines gerichtlichen Urteiles Nachdem die Regelungen der Absätze 1 und 2 des § 478 einzeln erläutert wurden, kann auf ein beide Absätze gleichermaßen tangierendes Problem eingegangen werden. Wie schon erläutert,396 greifen § 478 Abs. 1 und 2 nur, wenn der Letztverkäufer zur Gewährleistung verpflichtet war.397 Entscheidend ist damit, wann von einer solchen Verpflichtung zur Gewährleistung gesprochen werden kann.

I. Vorlage eines entsprechenden Urteiles Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung sollen bei einem Streit zwischen Verbraucher und Letztverkäufer über die Frage der Mangelhaftigkeit der Kaufsache die Voraussetzungen von § 478 Abs. 1 – gleiches muss dann auch für § 478 Abs. 2 gelten – regelmäßig nur dann als gegeben angesehen werden dürfen, falls ein entsprechendes rechtskräftiges Urteil zwischen dem Letztverkäufer und dem Verbraucher vorliege.398 Erst ab diesem Zeitpunkt stehe fest, dass der Verbraucher seine Rechte wegen der Mangelhaftigkeit der Kaufsache zutreffend ausgeübt habe und der Letztverkäufer zur Gewährleistung verpflichtet gewesen sei.399

II. Bewertung des Erfordernisses eines gerichtlichen Urteiles Zuzugeben ist, dass ein rechtskräftiges Urteil ein eindeutiges Indiz für die Mangelhaftigkeit der Kaufsache und damit für die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 478, 437 ff. liefert. Weiterhin kann der Letztverkäufer durch ein gerichtliches Urteil die Gefahr minimieren, zu Unrecht, d. h. ohne gesetzliche Verpflichtung, Gewähr geleistet zu haben. Allerdings bedeutet eine gerichtliche Verurteilung des Letztverkäufers zur Gewährleistung keineswegs, dass die Kaufsache tatsächlich eiVgl. B. II. 1. – 3.; BT-Drucks. 14 / 6040 S. 248 f. Handelt er aus Gründen der Kulanz mangelt es an seiner Verpflichtung, sodass er dann nicht mit den Modifikationen des § 478 Abs. 1 oder mit seinem Kostenerstattungsanspruch nach Abs. 2 gegen seinen Lieferanten vorgehen kann. 398 Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 9. 399 Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 9. 396 397

124

E. Problematik des Erfordernisses eines gerichtlichen Urteiles

nen Mangel aufgewiesen hat. Die Verpflichtung ergibt sich allein aus der tatbestandlichen Erfüllung der entsprechenden Norm und nicht aus einem gerichtlichen Urteil, das die bestehende Verpflichtung feststellt bzw. zur Durchsetzung von Rechten dient. Zudem ist eine gesetzliche Verpflichtung nicht von einer gerichtlichen Klärung abhängig. Es kommt alleine auf die tatsächlich bestehende Verpflichtung und nicht auf ein gerichtliches Urteil an. Wenn für die Rechte nach §§ 478 Abs. 1, 437 ff. und § 478 Abs. 2 ein gerichtliches Urteil Voraussetzung sein sollte, müsste dies bei konsequenter Anwendung der Ansicht für alle gesetzlichen Rechte und Ansprüche gelten, was das gesamte gesetzliche Regelungssystem ad absurdum führen würde. Des Weiteren droht durch das Erfordernis eines rechtskräftigen Urteiles eine Flut von Prozessen. Bei Geschäften mit Verbrauchern wird hauptsächlich Massenware abgesetzt. Die einzelnen Geschäfte haben zumeist einen sehr geringen Streitwert mit der Folge,400 dass eine nach der Ansicht erforderliche gerichtliche Klärung eine höhere Belastung verursacht als die einfache Gewährleistung. Darüber hinaus wird eine zwingende gerichtliche Vorgehensweise bei Streitfällen bezüglich der Mangelhaftigkeit der Kaufsache zwischen dem Letztverkäufer und dem Verbraucher nicht im Interesse der am Wirtschaftsleben Beteiligten liegen. Die einzelnen Glieder der Liefer- und Regresskette sind auf den Konsum der Verbraucher elementar angewiesen. Eine rigorose Haltung der Letztverkäufer zur Erhaltung des Rückgriffes kann erhebliche Verstimmungen der Käufer hervorrufen. Dies könnte die Kundenzufriedenheit und das Vertrauen in die Wirtschaft stören. Die Kettenglieder sind nicht ohne Grund auf eine unauffällige und kundenfreundliche Abwicklung der Reklamationen angewiesen. Das Erfordernis eines entsprechenden gerichtlichen Urteiles verhält sich diametral zu einer Demonstration der Kundenfreundlichkeit und Servicebereitschaft sowie zu einer stärkeren Bindung der Kunden an das Unternehmen und die Produktpalette. Die Auswirkungen einer rigorosen Reklamationsabwicklung treffen zumeist das letzte Kettenglied, da allein dieses in unmittelbarem Kontakt mit den Verbrauchern steht. Daher können der Umsatz und das Standing des Letztverkäufers durch eine grundsätzliche Verweigerung der Gewährleistung bis zur gerichtlichen Klärung zwecks Erhalt des Regresses erheblich beeinträchtigt werden, sodass der Letztverkäufer zum Verzicht auf eine gerichtliche Klärung gezwungen sein könnte. Dies würde bei konsequenter Umsetzung der Ansicht eine Regressfalle hervorrufen, weil mangels eines Urteiles dem Letztverkäufer keine Ansprüche gegen die Kettenglieder zustehen würden. Die Regressfalle wäre nicht direkt Ausfluss des verbesserten Verbraucherschutzes, sondern eine Folge der überspitzten Anforderungen der Regressregeln. Es ist mithin nicht im Sinne der Kettenglieder den Bestand eines entsprechenden Urteiles als Gewährleistungsvoraussetzung zu instrumentalisieren. Zudem ist der Letztverkäufer verpflichtet, Mängelhaftungsansprüche des Verbrauchers zügig zu befriedi400 Durch die Quantität der Verbrauchsgüterkäufe wird jedoch gesamtwirtschaftlich eine sehr hohe Summe erreicht.

III. Begründete und beweisbar erscheinende Verpflichtung

125

gen.401 Ansonsten ist er der Gefahr, auf Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung haften zu müssen, ausgesetzt.402 Dies und der bei der Gewährleistung auftretende Zeitdruck belastet den Letztverkäufer, sodass ihm ein gewisser Beurteilungsspielraum bei der Anerkennung des Mangels gebühren muss.403 Ansonsten, insbesondere durch das Erfordernis eines gerichtlichen Urteiles, würde dem Letztverkäufer eine Regressfalle drohen, was dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 widerspricht. Ferner steht die Forderung, der Regress stehe nur bei einem entsprechenden rechtskräftigen Urteil dem Letztverkäufer zu, im Widerspruch zum eigentlichen Sinn und Zweck des verbesserten Verbraucherschutzes, da bei jeder Streitigkeit über die Mangelhaftigkeit der Sache zu führende Prozesse eine Belastung der Verbraucher darstellen und im Vergleich zum alten Recht ein Rückschritt wären. Somit kann der Ansicht, die ein entsprechendes gerichtliches Urteil als Voraussetzung für § 478 Abs. 1 und 2 versteht, nicht gefolgt werden.404

III. Begründete und beweisbar erscheinende Verpflichtung Mithin ist eine Verurteilung des Letztverkäufers zur Mängelgewährleistung keine Voraussetzung für den Rückgriff nach §§ 478, 479.405 Die Verpflichtung des Letztverkäufers zur Gewährleistung besteht unabhängig von seiner Verurteilung. Ausreichend und entscheidend für die Gewährleistungsverpflichtung des Letztverkäufers ist ein begründetes und beweisbar erscheinendes Verlangen des Verbrauchers.406 Mangelt es hieran, besteht keine Verpflichtung zur Gewährleistung, sodass die §§ 478, 479 den Letztverkäufern ebenfalls nicht zustehen können.407 Schubel, ZIP 2002, S. 2061 (2064). Schubel, ZIP 2002, S. 2061 (2064). 403 Schubel, ZIP 2002, S. 2061 (2064). 404 Vgl. auch Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (441); Schubel, ZIP 2002, S. 2061 (2064). 405 So auch Palandt / Putzo, § 478 Rn. 6. 406 Ebenfalls Palandt / Putzo, § 478 Rn. 6; Schubel, ZIP 2002, S. 2061 (2064); Bridge in Grundmann / Bianca, Art. 4 Rn. 24 geht sogar soweit, dass bei einem Disput zwischen Letztverkäufer und Verbraucher hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit einer prozessualen Verurteilung zur Gewährleistung kein allzu kritischer Maßstab anzulegen sei, da der Vorverkäufer – also der Lieferant – den Letztverkäufer durch die Lieferung der mangelhaften Sache erst in die missliche Lage gebracht habe. Diese Ansicht ist Ausfluss des Schutzcharakters von §§ 478, 479 und zeigt, dass ein gerichtliches Urteil als Tatbestandvoraussetzung des § 478 Abs. 1 und 2 dem Sinn und Zweck der Norm zuwider laufen würde. 407 Um den Verbrauchern bei Streitigkeiten über den Bestand der Mangelhaftigkeit entgegen kommen und einen Rückgriff erhalten zu können, sind Vereinbarungen bzw. Absprachen mit den vorgelagerten Kettengliedern erforderlich. Vgl. hierzu unter G. III. 7. 401 402

F. Die Regelung des § 478 Abs. 3 Im Anschluss an die Erläuterung der Absätze 1408 und 2 des § 478 kann die Regelung des § 478 Abs. 3 erörtert werden. Wie unter B. II. 4. schon gezeigt, kann durch die Regelung der §§ 478 Abs. 3, 476 die 6-Monats-Fiktionsfrist bereits für den Letztverkäufer und insbesondere für vorgelagerte Kettenglieder auf mehrere Jahre anwachsen. Selbst der Verkauf eines „Ladenhüters“ nach vier Jahren kann noch von dieser Frist mit der Folge erfasst sein, dass die Anspruchsgegner zur Abwehr ihrer Inanspruchnahme den Beweis der Mangelfreiheit der Kaufsache zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges auf den Anspruchsteller zu führen haben. Dieser Beweis wird, insbesondere je mehr Zeit bis zur Inanspruchnahme durch die Transport- oder Lagerzeiten oder einfach durch die Länge der Kette vergangen ist, nur sehr schwer zu führen sein.409

I. Bindung des § 478 Abs. 3 an einen bestimmten Weiterverkaufszeitraum Daher wird gegen § 478 Abs. 3 eingewendet, dass durch die Beweisfiktion auch mögliche Verschlechterungen infolge langer Transport- oder Lagerzeiten auf den Vordermann abgewälzt werden können, wenn die Verschlechterungen nicht zu klären sind, d. h. vom Anspruchsgegner nicht bewiesen werden können.410 Es wird vorgeschlagen, § 478 Abs. 3 durch eine Bindung der Beweislastumkehr an einen Weiterverkauf der Ware innerhalb von sechs Monaten einzuschränken.411 Zur Begründung des Vorschlages wird angeführt, dass zum einen eine so weitgehende Beweislastumkehr im professionellen Handelsverkehr nicht zu rechtfertigen sei. Zum anderen hätten es die Händler durch einen zügigen Weiterverkauf selbst in der Hand, ihr Beweisrisiko zu verringern.412 Zudem könnten Mängel der Kaufsachen durch zu lange Lagerzeiten entstehen, sodass durch die Beweislastumkehr die Verschlechterungsgefahren einer langen Lagerung zumindest teilweise auf den 408 In diesem Rahmen wurde schon teilweise auf die Modifikationen des § 478 Abs. 3 wegen der thematischen Zusammengehörigkeit eingegangen. Vgl. insbesondere unter D. II. 2. b)-d). 409 Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 248, 249. 410 Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1397 f.); Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2510). 411 Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1397, 1402). 412 Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1397).

I. Bindung des § 478 Abs. 3 an einen bestimmten Weiterverkaufszeitraum

127

Kettenvorgänger abgewälzt werden könnten.413 Anstelle des Mangelurhebers würden die vorgelagerten Kettenglieder zum Haftungsadressaten.414 Fraglich ist somit, ob die Beweislastumkehr des § 478 Abs. 3 vor dem Hintergrund der §§ 478, 479 einen sachgerechten Ausgleich der beteiligten Interessen vornimmt bzw. ob eine Bindung der Beweislastumkehr an einen Weiterverkauf innerhalb von sechs Monten hierzu besser geeignet ist. Zur Beurteilung dieser Fragen ist zunächst die Sachlage ohne die Geltung von § 478 Abs. 3 zu beleuchten. Anschließend kann unter Berücksichtigung der vorgebrachten Argumente erörtert werden, ob die vorgeschlagene Bindung der Beweislastumkehr oder die gesetzliche Regelung dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 gerecht wird.

1. Sachlage ohne Geltung des § 478 Abs. 3 Ohne § 478 Abs. 3 stände dem Letztverkäufer im Rahmen des Rückgriffes nicht die Beweislasterleichterung des § 476 zur Seite. Durch § 476 werden die Rechte der Verbraucher verbessert, indem ihnen eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Bestehens des Mangels zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges zugute kommt, wenn sich der Mangel innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang zeigt. Dadurch hat der Letztverkäufer, um seine Inanspruchnahme auf Gewährleistung verhindern zu können, in diesem Zeitraum zu beweisen, dass die Kaufsache beim Gefahrübergang nicht mangelhaft war. Die Führung eines solchen Beweises wird dem Letztverkäufer kaum möglich sein,415 sodass der Letztverkäufer für den Mangel der Kaufsache Gewähr zu leisten hätte. Zum Erhalt seines Rückgriffsanspruches gegen den Lieferanten hätte er aber seinerseits darzulegen, dass der Mangel der Kaufsache schon beim Gefahrübergang auf ihn vorhanden war. Da der Letztverkäufer die Beweisvermutung gegenüber dem Verbraucher nicht entkräften konnte, d. h. nicht zeigen konnte, dass der Mangel zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges nicht vorlag, wird dem Letztverkäufer gleichfalls kaum der Beweis gegenüber seinem Lieferanten gelingen, dass die Kaufsache bereits zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges auf ihn mit dem Mangel belastet war.416 Daher stände dem Letztverkäufer kein Regressanspruch gegen seinen Vormann zu. Folglich sähe sich der Letztverkäufer einer Inanspruchnahme des Verbrauchers ausgesetzt, ohne seinerseits wegen des nicht auf seinem Verhalten beruhenden Mangels seinen Vormann in Regress nehmen zu können. Der Letztverkäufer befände sich in einer Regressfalle hervorgerufen durch die verbesserten Verbraucherschutzrechte.

413 414 415 416

Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1397). Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1397). BT-Drucks. 14 / 6040, S. 248, 249. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 248, 249; Ehmann / Sutschet, Schuldrecht, S. 234.

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F. Die Regelung des § 478 Abs. 3

2. Sachlage bei Bindung der Beweislastumkehr an einen Weiterverkauf innerhalb von sechs Monaten Steht die Beweislastumkehr des § 476 dem Letztverkäufer entsprechend § 478 Abs. 3 zu, wenn er die Ware innerhalb von sechs Monaten nach Erhalt an den Verbraucher weiterverkauft hat, kann er unterstützt durch die Beweisfiktion bei seinem Lieferanten Regress nehmen. Der Lieferant hätte zur Abwehr seiner Inanspruchnahme zu beweisen, dass die Kaufsache zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges auf den Letztverkäufer nicht mangelbehaftet war. Weil die Beweisvermutung dem Letztverkäufer innerhalb von sechs Monaten ab dem Kauf der Ware beim Lieferanten in dem gleichen Maß wie dem Verbraucher zusteht, lässt sich die zuvor beschriebene Regressfalle vermeiden. Dies trifft jedoch nicht mehr zu, wenn die Ware vor ihrem Verkauf an den Verbraucher länger als sechs Monate beim Letztverkäufer lagert. Mithin droht dem Letztverkäufer bei einer sechs Monate überschreitenden Lagerung weiterhin die Regressfalle. Damit können durch eine Bindung der Beweislastumkehr an einen Weiterverkauf innerhalb von sechs Monaten die Regressfallen nicht gänzlich verhindert werden. 3. Sachlage bei Geltung des § 478 Abs. 3 Sofern dem Letztverkäufer die Regelung des § 478 Abs. 3 in seiner jetzigen Form zur Seite steht, gebührt ihm in dem Maße, wie dem Verbraucher die Beweislastumkehr nach § 476 zusteht, diese ebenfalls. Die Beweisfiktion des § 478 Abs. 3 ist unabhängig von dem zeitlichen Ausmaß einer Lagerung, sodass sich die beschriebenen Regressfallen durch das Verbraucherrecht des § 476 gänzlich vermeiden lassen. Demgemäß vermag die gesetzliche Regelung im Vergleich zur vorgeschlagenen die Vermeidung von Regressfallen besser zu erzielen. Fraglich bleibt, ob aus denen gegen die gesetzliche Regelung vorgebrachten Argumente eine andere Beurteilung resultieren muss. Es ist zuzugeben, dass durch die Beweisfiktion die Gefahr einer Weitergabe von Transport- und Lagerrisiken auf höher gelegene Kettenglieder, insbesondere den Hersteller, besteht. Die vorgelagerten Kettenglieder werden ebenso wenig wie der Letztverkäufer die Beweisvermutung entkräften können, sodass ihnen eine Haftung für Mängel der Kaufsache, die beim Verkauf nicht vorlagen, droht. Weiter können die Händler durch entsprechende unternehmerische Entscheidungen einen schnellen Absatz der Ware forcieren. Die Gefahr einer Weitergabe von Transport- und Lagerrisiken besteht jedoch, sobald eine Beweisfiktion eingeräumt wird. Daher kann sie auch von der unter F. I. 2. behandelten Regelung nicht vermieden, sondern lediglich verringert werden. Darüber hinaus können die Lagerzeiten auch im professionellen Handelsverkehr sechs Monate überschreiten. Es existieren Wirtschaftszweige, bei denen ei-

I. Bindung des § 478 Abs. 3 an einen bestimmten Weiterverkaufszeitraum

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ne Lagerung über sechs Monate zum normalen Geschäftsgang gehört. So werden beispielsweise saisonale Waren weit vor einem möglichen Verkaufstermin auf Lager genommen. Müssen exklusive Waren von einem Importeur417 beschafft werden, ist ein Vorlauf von einem Jahr nicht selten. Die „Sommer- und Winterschlussverkäufe“ dienen hauptsächlich dazu, Raum für die neuen Waren und Kollektionen zu schaffen. Die neuen Waren befinden sich zum Zeitpunkt der Schlussverkäufe schon seit einiger Zeit in den Lagern der Verkäufer. In der Modebranche herrscht ein Vorlauf von weit mehr als sechs Monaten. Dieser und andere Industriezweige mit vergleichbar langen Lagerzeiten wären durch eine Koppelung der Beweislastumkehr an einen Weiterverkauf innerhalb von sechs Monaten und die dann entstehende Regressfalle belastet. Des Weiteren beläuft sich die Länge des Planungszeitraumes der Unternehmer häufig auf weit mehr als sechs Monate, vielfach wird eine Jahresplanung vorgenommen. Hierbei wird nicht nur festgelegt, welche Art und Menge von bestimmten Waren zu welchem Zeitpunkt erworben werden, sondern es wird gleichzeitig eine Abstimmung mit dem Marketingkonzept und der Personalplanung vorgenommen. Teilweise bedingt auch der Einkauf bei bestimmten Lieferanten oder Herstellern, dass die Produkte mehr als sechs Monate vor Verkauf auf Lager genommen werden müssen. Sollten Blockorder418 nicht möglich sein, muss schon zu einem frühen Zeitpunkt die gesamte benötigte Menge festgelegt und auf Lager genommen werden. Lange Lagerzeiten können zudem für die vorgelagerten Kettenglieder, insbesondere für den Hersteller, von Vorteil sein. Müssen ihre Abnehmer frühzeitig die Bestellmengen festlegen und die Waren abnehmen, können die Hersteller in ihrer Produktionsplanung mit fixen Absatzmengen kalkulieren. Die Gefahr einer nicht am Markt absetzbaren Überproduktion wird dadurch verringert. Durch die frühzeitige Planung wird eine Produktion an den Bedürfnissen des Marktes vorbei vermieden und zusätzlich eine Kostenminimierung erreicht. Weiterhin könnte durch eine Bindung der Beweislastumkehr an einen Weiterverkauf innerhalb von sechs Monaten besonders kleine Fachhändler, die nach den §§ 478, 479 im Besonderen geschützt werden sollen, belastet werden. Im Fachhändlerbereich gehört es zum Geschäftszweck, eine Vielzahl unterschiedlicher Markenwaren in der Produktpalette zu führen. Bei diversifizierten Produktpaletten sind längere Lagerzeiten kaum vermeidbar. Insbesondere diese Händler wären durch eine Beschränkung der Beweislastumkehr und die deswegen weiter drohen417 Handelt es sich um einen Importeur mit Sitz in Deutschland gilt deutsches Recht. Wendet sich der Unternehmer selbst an einen ausländischen Lieferanten, so kann bei entsprechender Vereinbarung ebenso deutsches Recht zur Anwendung kommen. Folglich kommt dann ein Regress nach §§ 478 f. in Frage. 418 Bei Blockordern wird beim Hersteller bzw. Lieferanten eine bestimmte Gesamtmenge gekauft. Die Abnahme erfolgt in Blöcken nach Bedarf. Es liegt damit ein Rahmenlieferungsvertrag (echter Sukzessivlieferungsvertrag) vor; vgl. hierzu Palandt / Heinrichs, Überblick v. § 311 Rn. 27.

9 Böhle

130

F. Die Regelung des § 478 Abs. 3

den Regressfallen hart getroffen, sodass sie entweder die Preise erhöhen419 oder eine Änderung der Geschäftsausrichtung vornehmen müssten.420 Es hat sich gezeigt, dass gegen die Bindung der Beweislastumkehr an einen Weiterverkauf innerhalb von sechs Monaten neben dem Hauptargument der teilweise weiter bestehenden Regressfalle auch wirtschaftliche Argumente angeführt werden können. Mithin ist eine derartige Beschränkung der Beweislastumkehr abzulehnen. Gegen eine Beschränkung mittels einer anderen Frist, beispielsweise Weiterverkauf nach einem Jahr, lässt sich gleichfalls die weiter bestehende Regressfalle anführen. Zusätzlich macht eine Erhöhung der zeitlichen Beschränkung auch nur begrenzt Sinn, da die Schnittmenge des Regresses mit zeitlicher Beschränkung und des Regresses nach der gesetzlichen Lage, d. h. mit einer fünfjährigen Höchstfrist (§ 479 Abs. 2 Satz 2), mit der Größe der zeitlichen Beschränkung immer mehr zunimmt. Folglich würde eine Annäherung stattfinden, die nur noch marginale Unterschiede zur Folge hätte. Letztlich vermag es die gesetzliche Regelung die drohenden Regressfallen durch § 476 zu verhindern. Der Gefahr einer Belastung durch Transport- und Lagerrisiken bleibt zwar bestehen, ist aber im Vergleich zu der drohenden Regressfalle insbesondere deshalb als gering einzustufen, weil die Kaufsache während der Lagerzeit nicht benutzt wird und folglich keine Verschleiß- oder Gebrauchsmängel weitergegeben werden können.421 Zudem kann die Beweisvermutung bei offensichtlichen Transport- oder Lagerschäden, z. B. Wasserschäden, entkräftet und die Gefahr einer Weitergabe von Transport- und Lagerrisiken mittels entsprechender Preisgestaltung kompensiert werden.422

4. Ablehnung einer zeitlichen Beschränkung der Beweislastumkehr Eine zeitliche Beschränkung der Beweislastumkehr mittels einer Frist, innerhalb derer der Weiterverkauf stattgefunden haben muss, ist abzulehnen. Infolge der drohenden Regressfalle ist es erforderlich, den Kettengliedern die Beweislastumkehr nach §§ 476, 478 Abs. 1, 2 und 3 einzuräumen, sofern sie dem Verbraucher gemäß § 476 zugute kommt.

419 Hierdurch wäre ihr Überleben in Konkurrenz zu den Elektronikketten noch mehr gefährdet. 420 Auch dies würde die Existenz des Wirtschaftszweiges gefährden. 421 Vgl. KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 22. 422 KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 22.

III. AGB-Regelung und Zusammenfassung

131

II. Teleologische Reduktion bei Fehlverhalten bezüglich der Nacherfüllung Möglicherweise bietet sich in Anlehnung an die vorgenommene teleologische Reduktion der Absätze 1 und 2 des § 478 bei dem Letztverkäufer vorwerfbaren Fehlverhalten in Bezug auf die Nichterfüllung der Nacherfüllungspflicht 423 bzw. die Vornahme einer vertragswidrigen Fremdbeschaffung424 ebenso eine teleologische Reduktion des § 478 Abs. 3 an. Durch das jeweilige Fehlverhalten des Letztverkäufers wurde das Recht zur zweiten Andienung seitens des Lieferanten vereitelt. Das Fehlverhalten hinsichtlich der Nichterfüllung der Nacherfüllungspflicht hat nur Auswirkungen auf die Art und Weise der Gewährleistung und bedingt bzw. tangiert nicht die Verpflichtung zur Gewährleistung. Die Verpflichtung zur Gewährleistung folgt aus der Mangelhaftigkeit der Kaufsache, sodass der Letztverkäufer unabhängig von dem gegen ihn geltend gemachten Recht Gewähr zu leisten hat. Die Beweislastumkehr der §§ 476, 478 Abs. 3 steht weder in einer Beziehung zu den durch den Verbraucher ausgeübten Gewährleistungsrechten noch zu dem Recht auf zweite Andienung des Lieferanten, sondern allein zu dem sich innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang auf den Verbraucher bei diesem zeigenden Mangel. Somit wird die Beweislastumkehr nicht von einem Fehlverhalten des Letztverkäufers im Rahmen der Nacherfüllung berührt. Ebenso verhält es sich bei einer vertragswidriger Fremdbeschaffung. Eine teleologische Reduktion des § 478 Abs. 3 wegen vorwerfbaren Fehlverhaltens im Rahmen der Nacherfüllung hat folglich nicht zu erfolgen.

III. AGB-Regelung und Zusammenfassung Wie gerade gesehen ist die Regelung des § 478 Abs. 3 nicht teleologisch zu reduzieren oder an eine bestimmte Weiterverkaufsfrist zu binden. Dessen ungeachtet könnte durch eine AGB-Regelung eine Beschränkung erfolgen.425 Nach § 478 Abs. 4 kann eine Abweichung von Abs. 3 zum Nachteil des Rückgriffsgläubigers, ein solcher wäre die Verkürzung der Frist für die Beweislastumkehr bzw. eine Knüpfung an einen Weiterverkauf innerhalb einer bestimmten Frist, nur vorgenommen werden, wenn ihm ein gleichwertiger Ausgleich hierfür eingeräumt wird. Zum gleichwertigen Ausgleich i. S. d. § 478 Abs. 4 wird folgend Stellung genommen.

423 424 425

9*

Siehe hierzu unter D. II. 2. d) cc) (4) und D. VII. Vgl. C. I. 3. d) aa) (3), D. V. 4 und D. VII. Vgl. Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2509 f.).

G. Die Regelung des § 478 Abs. 4 Es ist nicht nur klärungsbedürftig, wann von einem gleichwertigen Ausgleich i. S. d. § 478 Abs. 4426 Satz 1 gesprochen werden kann, sondern auch welche Regelungen zur Ausgestaltung des Rückgriffes überhaupt vorgenommen werden können. Zusätzlich könnte es trotz § 478 Abs. 4 Satz 3 möglich sein, die Normen der §§ 478, 479 auszuschalten. Bevor auf diese Fragestellungen eingegangen werden kann, muss sich dem Einwand, die Erfassung von Individualvereinbarungen durch § 478 Abs. 4 sei eine systemwidrige dem Schutzzweck der Norm widersprechende Beschneidung der Privatautonomie,427 gewidmet werden. Denn träfe der Einwand zu, müsste § 478 Abs. 4 mit der Folge korrigiert werden, dass ein Änderungsvorschlag entwickelt und dieser anhand der obigen Fragestellungen untersucht werden müsste.

I. Erforderlichkeit eines Schutzes vor Abbedingung Fraglich ist daher, ob auch Individualvereinbarungen nach dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 dem Schutz des § 478 Abs. 4 unterworfen werden müssen. 1. Argumente gegen eine Erfassung von Individualvereinbarungen Nach der erwähnten Ansicht in der Literatur sollten Individualvereinbarungen im rein unternehmerischen Verkehr nicht der Kontrolle und dem Unwirksamkeitsverdikt des Abs. 4 unterfallen.428 Zudem solle der Einzelhändler vor einer Reduzierung bzw. einem Ausschluss seiner Rückgriffsansprüche geschützt werden,429 426 Vgl. B. II. 5.; bei den Ausführungen zu § 478 Abs. 5 und 6 sowie § 479 finden sich entsprechend dieser Normen gleichfalls Ausführungen zur möglichen Gestaltung von AGBRegelungen. Vgl. hierzu H. II., I. und J. IV. 427 Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1401 f.); Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (733); Roloff, NotBZ 2001, Beilage Schuldrechtsreform, S. 3 (9); Hk-BGB / Saenger, §§ 478, 479 Rn. 8 belässt es bei grundsätzlichen Bedenken wegen des beispielslosen Einschnittes in den Grundsatz der Vertragsfreiheit. 428 Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1401 f.); Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (733); Roloff, NotBZ 2001, Beilage Schuldrechtsreform, S. 3 (9). 429 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 249.

I. Erforderlichkeit eines Schutzes vor Abbedingung

133

sodass sich die Erstreckung der Regelung auf den Rückgriff in der Vertragskette – also auch auf Großhändler – schlecht mit dem Schutzzweck vertrage.430 Des Weiteren würde das gesetzliche Leitbild des § 307 Abs. 2 Nr. 1 durch die Rückgriffsrechte nach § 478 f. geprägt werden, sodass eine Entscheidung auf Grund der widerstreitenden Interessen durch § 307 besser möglich sei als durch die starre Regelung des § 478 Abs. 4.431 2. Bewertung der Argumente gegen eine Erfassung von Individualvereinbarungen Die vorgebrachten Argumente sind vor dem Hintergrund der §§ 478, 479 auf ihre Stichhaltigkeit zu untersuchen, wobei dem Sinn und Zweck der Normen, der Schutz vor einer Regressfalle, ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Es trifft zu, dass die Einzelhändler vor unangemessenen Beeinträchtigungen durch AGBs mit § 307 geschützt werden könnten. Allerdings geht § 478 Abs. 4 weiter, da er nicht nur eine unangemessene Benachteiligung verhindert, sondern dafür sorgt, dass dem Rückgriffsgläubiger ein gleichwertiger Ausgleich eingeräumt werden muss.432 Daher könnte allein § 307 die Regelungsmaterie des § 478 Abs. 4 nicht umsetzen. Außerdem wären Individualvereinbarungen nicht von der AGB-Kontrolle erfasst. Durch individuelle Vereinbarung könnte, wenn auch umständlich, die Regelung des § 307 umgangen werden. Die Rückgriffsrechte der Letztverkäufer oder anderer Kettenglieder könnten durch Individualvereinbarungen beschränkt werden, sodass sich die Betroffenen in einer Regressfalle befänden, vor der gerade die §§ 478, 479 sie schützen sollen. Sofern Individualvereinbarungen nicht erfasst wären, bestände kein umfassender Schutz vor einer Regressfalle durch § 307. Dementsprechend bietet eine Kontrolle nur anhand des § 307 keinen umfassenden Schutz vor Regressfallen hervorgerufen durch die verbesserten Rechte der Verbraucher und ist damit nicht ausreichend. Der Umstand, dass der Privatautonomie im Handelsrecht ein weitreichender Spielraum als im allgemeinen Schuldrecht zukommt, trifft zwar zu. Damit geht jedoch nicht einher, dass der Privatautonomie im Handelsrecht keine Grenzen gezogen werden können.433 Infolgedessen kann alleine aus dem angeführten Grund keine Systemwidrigkeit vorliegen. Weiterhin stellt die Einräumung von Rückgriffsrechten innerhalb der Lieferkette ein Mittel dar, die Rechte der Verbraucher zu erfüllen. Durch § 478 Abs. 4 wird eine nachteilige Abweichung von den Regressrechten im Vorhinein für den Rückgriffsberechtigten vermieden, sodass die gesetzlich einPrinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (733). Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (733); ähnlich Ernst / Gsell, ZIP 2000, S. 1410 (1425). 432 Vgl. die Ausführungen unter B. II. 5. 433 Vgl. die ähnlichen Ausführungen von Reich, NJW 1999, S. 2397 (2399) zum Anwendungsbereich der VerbrGKaufRL. 430 431

134

G. Die Regelung des § 478 Abs. 4

geräumten Rückgriffsrechte nicht nachhaltig beeinträchtigt werden können. Folglich wird das Mittel zur Erfüllung der Verbraucherrechte erhalten. Demgemäß sichert § 478 Abs. 4 den Schutz der Verbraucher und entspricht den Zielen der VerbrGKaufRL und des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes.434 Eine effizient verteilte Verantwortung hinsichtlich der Mangelhaftigkeit der Kaufsache auf den Verantwortlichen innerhalb der Lieferkette sorgt grundsätzlich für eine Beflügelung des Verbraucherschutzes,435 sodass infolge dieses Zusammenhanges die Regelung ihren Platz im BGB436 und eine Beschränkung auch der unternehmerischen Privatautonomie erfordert. Somit ist die Beschneidung der Privatautonomie keine Rechtfertigung zur Ablehnung einer Erfassung von Individualvereinbarungen. Ohne Erfassung solcher Vereinbarungen wäre kein ausreichender Schutz vor Regressfallen erreichbar. Der Schutzzweck der Norm spricht daher besonders für die Erfassung auch von Individualvereinbarungen. Zudem verträgt sich die Erstreckung des Rückgriffes auch auf vorgelagerte Kettenglieder mit dem Schutzzweck der Norm. Nach der Gesetzesbegründung sollen zwar die kleinen Einzelhändler437 vor den „mächtigen“ Herstellern oder Großhändlern geschützt werden, aber die Erfassung auch dieser starken Kettenglieder ist Ausfluss und nicht alleiniger Zweck der Regelung. Weiterhin verfängt sich das angeführte Argument, die Erstreckung der Regelung auch auf Großhändler vertrage sich schlecht mit dem Schutzzweck,438 da in der Praxis jede Schutzregelung zugleich den Schutz an sich nicht schutzbedürftiger Personen zur Folge haben kann. Würde es sich um ein taugliches Argument handeln, könnte mit diesem jede zwingende generell-abstrakte Schutzregelung und folglich auch das ganze Rechtssystem angegriffen werden. Die Erfassung der Mächtigen in der Lieferkette steht dem Schutzzweck nicht entgegen. Darüber hinaus muss sich das schutzbedürftige Kettenglied nicht am Ende der Lieferkette befinden. Es können auch kleine Zwischenhändler einem marktstarken Hersteller gegenüber stehen, sodass diese gleichfalls – genauso wie die kleinen Einzelhändler – vor einer Abbedingung des Regresses durch AGBs und Individualvereinbarungen zu bewahren sind. In einem solchen Fall entspricht die Erstreckung des Regresses auf vorgelagerte Kettenglieder gerade dem Sinn und Zweck der Norm. Wenn überhaupt könnte eine dem Schutzzweck widersprechende Erstreckung der Privilegierung durch den Rückgriff auf dem Umstand fußen, dass vielfach am Ende der Lieferkette Discounter oder große Warenhausketten stehen, die infolge ihrer Marktstärke an sich nicht des Schutzes bedürfen.439 Allerdings lässt sich dieser Einwand desgleichen mit dem eben angeführten Reflex der Norm erklären und beseitigen. Vgl. Bridge in Grundmann / Bianca, Art. 4 Rn. 7. So auch Bridge in Grundmann / Bianca, Art. 4 Rn. 7; Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82. 436 Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXX. 437 Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 249. 438 Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (733). 439 Ähnlich Schmidt-Kessel, ÖJZ 2000, S. 668 (669). 434 435

II. Aushebelung der Regressvorschriften

135

3. Erforderlichkeit der Erfassung von Individualvereinbarungen Alle Argumente gegen eine Erfassung von Individualvereinbarungen konnten somit entkräftet werden. Mit dem Sinn und Zweck der Norm steht die Erfassung von Individualvereinbarungen im Einklang. Die Erstreckung der eingeschränkten Abdingbarkeit auch auf Individualvereinbarungen und damit die Beschneidung der Privatautonomie ist notwendig, da allein die AGB-Regelungen keinen ausreichenden Schutz gewähren würden. Aus dem Dargelegten ergibt sich ebenso, dass eine Vermeidung der Abbedingungen der §§ 478, 479 durch AGB-Klauseln aus Schutzgesichtspunkten erforderlich ist.

II. Aushebelung der Regressvorschriften Nachdem gezeigt wurde, dass die Erfassung von Individualvereinbarungen durch § 478 Abs. 4 nach dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 notwendig ist, kann untersucht werden, ob sich die Vorschriften zum Rückgriff innerhalb der Lieferkette möglicherweise aushebeln lassen. § 478 Abs. 4 Satz 3 soll eine Umgehung von § 478 Abs. 4 Satz 1 verhindern, sodass eine Aushebelung der §§ 478, 479 nicht möglich erscheint. Allerdings könnte durch entsprechende Gestaltung versucht werden, deutsches Recht durch Rechtswahl ausländischen Rechtes gänzlich oder zumindest die Anwendbarkeit der Gewährleistungsrechte und damit auch den Regress nach §§ 478, 479 zu vermeiden. Hierdurch könnte versucht werden, sich dem Zwang zu entziehen, einen Rückgriff in der Lieferkette hinnehmen und einen solchen ausgestalten zu müssen. 1. Umgehung deutschen Rechtes mittels ausländischer Kettenglieder Die Umgehung des gesamten Kaufrechtes und damit auch des Rückgriffes in der Lieferkette könnte durch einen Verkauf der Ware über ein im Ausland ansässiges Unternehmen bzw. Niederlassung versucht werden.440 Hierbei würde je nach zwischengeschaltetem Staat und entsprechender Vereinbarung CISG441 oder die nationale Regelung eines anderen EU-Staates zur Anwendung kommen.442 Das 440 Gruber, NJW 2002, S. 1180 (1181); Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82 (88); Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2508); Staudinger, ZGS 2002, S. 63 f.; Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (734) zu Spannungen mit dem CISG bei grenzüberschreitenden Verkäufen; vgl. auch Palandt / Putzo, § 478 Rn. 3. 441 Sofern es sich bei dem Staat um einen Mitgliedsstaat der Wiener Konvention über das auf Kaufverträge anwendbare Recht handelt. 442 Vgl. Gruber, NJW 2002, S. 1180 (1181); Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2508); Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82 (88).

136

G. Die Regelung des § 478 Abs. 4

CISG geht von der Ebenbürtigkeit der Vertragspartner aus und enthält anders als das deutsche Recht in §§ 478, 479 oder die VerbrGKaufRL in Art. 4 keine Schutzvorschriften zugunsten von Zwischenhändlern und Letztverkäufern.443 Damit könnten in Deutschland ansässige Hersteller oder Großhändler durch Einschaltung ausländischer Zwischenhändler oder eigener ausländischer Niederlassungen die §§ 478, 479 vermeiden. Ähnliches könnte durch einen Verkauf über ein anderes EU-Land, das über eine im Vergleich zur deutschen Regelung verkäuferfreundliche Norm verfügt,444 erfolgen.445 Das deutsche Recht wird von vornherein bei der Anwendung von CISG verdrängt,446 sodass zum Teil davon ausgegangen wird, dass an sich keine Umgehung der §§ 478, 479 nach § 478 Abs. 4 Satz 3 vorliege.447 Allerdings birgt eine solche Vorgehensweise dennoch das Risiko, wenn keine einleuchtenden Gründe für die Vereinbarung von CISG dargelegt werden können, dass die Vereinbarung von CISG als eine Umgehung i. S. d. § 478 Abs. 4 Satz 3 gedeutet werden könnte. Vereinbaren beispielsweise zwei in Deutschland niedergelassene Händler CISG, liegt der Schluss auf einen Umgehungsversuch nah.448 Ebenso verhält es sich, wenn ein deutscher Hersteller oder Großhändler eine eigene ausländische Niederlassung zum Zweck des Ausschlusses der §§ 478, 479 bei einem von vornherein beabsichtigten Weiterverkauf der Ware nach Deutschland einsetzt.449 Eine solche Vorgehensweise ist mit dem Makel einer möglichen Umgehung der Rückgriffsregelungen der §§ 478, 479 i. S. d. § 478 Abs. 4 Satz 3 behaftet.450 Auch wenn ein ausländischer Zwischenhändler in die „nationale Lieferkette“ eingeschaltet wird, ohne dass die Ware Deutschland verlässt, d. h. keine Lieferung ins Ausland mit anschließender Wiedereinführung nach Deutschland stattfindet, bleibt trotz Geltung von CISG zwischen Hersteller bzw. Händler und ausländischem Zwischenhändler das Vorgehen makelbehaftet.451 Dem „Importeur“ droht bei diesen Verfahrensweisen eine Regressfalle, weil er seinerseits seine Inanspruchnahme infolge der Verbraucherrechte an seinen ausländischen Lieferanten nicht weiter geben kann. Es ist schwer zu prognostizieren, wie die Gerichte auf eine derartige Vorgehensweise reagieren werden. Dementsprechend kann nicht zum Einsatz ausländischer Niederlassungen bzw. Zwischenhändler zur Aushebelung der §§ 478, 479 geraten werden. 443 Bridge in Grundmann / Bianca, Art. 4 Rn. 50; Gruber, NJW 2002, S. 1180 (1181); Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2508). 444 Die Richtlinie lässt den Mitgliedsstaaten einen weiten Umsetzungsspielraum. 445 Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2508). 446 Gruber, NJW 2002, S. 1180 (1181). 447 Gruber, NJW 2002, S. 1180 (1181); Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2508). 448 Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2508). 449 So auch KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 31. 450 Vgl. Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 33, der von einer unzulässigen Umgehung ausgeht, sofern nicht Art. 27 Abs. 3 EGBGB eingreife. 451 Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 33.

II. Aushebelung der Regressvorschriften

137

2. Ausschluss eines Verbrauchsgüterkaufes Neben der Aushebelung der §§ 478, 479 durch Umgehung deutschen Rechtes wird eine AGB-Regelung vorgeschlagen, mit deren Hilfe ein Ausschluss des § 478 vorgenommen werden könnte.452 Nach dieser Ansicht soll ein Ausschluss des § 478 in solchen Fällen erwägenswert sein, in denen für Hersteller und Händler gemäß ihren bisherigen Beziehungen und der in Rede stehenden Produkte übereinstimmend offensichtlich ist, dass ein Verkauf an einen Verbraucher nicht erfolgen soll.453 In diesen Konstellationen soll mittels AGBs klargestellt werden, dass der Abnehmer die gekaufte Ware nicht an Verbraucher und ebenso nicht an Händler, die an Verbraucher verkaufen, weiterveräußern dürfe.454 Hierdurch fände zwar zunächst kein direkter Ausschluss der §§ 478, 479 statt, aber, sofern es doch zu einem Regress kommen sollte, ergäbe sich über den Umweg einer Pflichtverletzung bzw. Schadensersatzforderung ein Ausschluss des Regresses.455 Formal sei der Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 478 Abs. 2 gegeben.456 Diesem stehe jedoch die Einrede des „dolo agit“ nach § 242 entgegen, da ein unzulässiger Weiterverkauf entgegen der AGB-Regelung erfolgt sei.457 Die Ausführungen treffen vor dem Hintergrund des § 478 Abs. 4 nicht zu. Auf eine vertragliche Vereinbarung kann sich nach § 478 Abs. 4 Satz 1 nicht berufen werden, wenn kein gleichwertiger Ausgleich für die Beschränkung der Rechte aus §§ 478, 479 vorhanden ist. Durch die vorgeschlagene Klausel werden die Rechte aus §§ 478, 479, wenn auch mittelbar, beschränkt. Zudem wird durch das Verbot an Verbraucher oder Händler, die ihrerseits die Ware an Verbraucher absetzen, verkaufen zu dürfen, eine Umgehung i. S. d. § 478 Abs. 4 Satz 3 versucht. Der Idee eines gänzlichen Ausschlusses von § 478, ohne dass ein entsprechender Ausgleich eingeräumt wird, steht § 478 Abs. 4 Satz 1 entgegen. Damit kann sich der Klauselverwender nicht auf die Klausel berufen, wenn doch eine Weitergabe der Produkte an Verbraucher oder an Händler, die an Verbraucher verkaufen, stattfindet. Deswegen lässt sich über eine solche Klausel auch keine Pflichtverletzung herleiten. Für die „dolo agit Einrede“ ist mithin kein Raum, sodass der Vorschlag, den § 478 durch eine entsprechende Klausel auszuschließen, vor dem Hintergrund des Regelungsgehaltes von § 478 Abs. 4 Satz 1 abzulehnen ist.

452 453 454 455 456 457

Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82 (88); Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2508). Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82 (88); Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2508). Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2508). Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82 (88); Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2508). Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2508). Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2508).

138

G. Die Regelung des § 478 Abs. 4

3. Herstellergarantien Eine andere Möglichkeit zur Aushebelung der §§ 478, 479 könnte der Einsatz von Herstellergarantien (§§ 443, 477) bieten.458 Herstellergarantien ermöglichen dem Verbraucher direkt gegen den Hersteller bei einem Mangel des Produktes vorzugehen. Mit diesen Garantien könnte der Hersteller zwar die Situation des Rückgriffes nach §§ 478, 479, aber nicht die Haftung für Produktfehler vermeiden. Obwohl der Hersteller dem Verbraucher haften muss, können Herstellergarantien im Vergleich zu einer Haftung nach §§ 478, 479 für die Hersteller von Vorteil sein. Neben einer möglichen Kostenreduktion, der Handel muss nicht in die Reklamationsabwicklung und die Gewährleistungsmaßnahmen eingebunden werden, kann mit Herstellergarantien eine bessere Bindung der Kunden an die Produkte des Herstellers und ein Imagegewinn infolge guten Kundenservices erzielt werden.459 In vielen Bereichen, beispielsweise bei Haushaltsgeräten, sind die Hersteller bestrebt, durch flächendeckenden Kundenservice die Gewährleistungsabwicklung, bzw. die Garantieabwicklung, selbst in die Hände zu nehmen.460 Eine Herstellergarantie besteht allerdings neben den kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüchen. Eine Garantie kann den Verbraucher nicht von der Geltendmachung seiner Gewährleistungsrechte abhalten, sodass durch Herstellergarantien letztlich die Rückgriffsproblematik der §§ 478, 479 nicht gelöst, sondern allenfalls gemildert werden kann. Darüber hinaus erfordert die Vermeidung des Regresses nach §§ 478, 479 durch Herstellergarantien ein verändertes Verbraucherbewusstsein, da bislang eine Unterscheidung zwischen Gewährleistung durch den Händler einerseits und etwaiger Garantien durch den Hersteller andererseits vom Verbraucher in aller Regel nicht vorgenommen wird.461 Zudem bedarf es einer attraktiven Ausgestaltung der Garantien, damit die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Verbraucher anstelle ihrer Gewährleistungsrechte die Garantieschiene wählen. Ob dies zur Vermeidung des Rückgriffes gemäß §§ 478, 479 im Verhältnis steht, ist Frage des konkreten Einzelfalles. Letztlich können die Gewährleistungsrechte und damit auch der Rückgriff in der Lieferkette durch Herstellergarantien nicht beseitigt werden. Zusätzlich verursacht ein flächendeckendes Kundenservicenetz und die attraktive Ausgestaltung der Garantien Mehrkosten. Bei Einbindung der Letztverkäufer in den Kundenservice werden diese einen finanziellen Ausgleich hierfür verlangen. Es ist fraglich, ob die Kosten der Herstellergarantien unter den Regresskosten nach §§ 478, 479 bleiben. Durch einen direkten Kontakt zwischen Verbraucher und Hersteller werden im Vergleich zu langen Lieferketten die variablen Kosten zwar geringer ausfallen, dem Hersteller verbleiben jedoch höhere Fixkosten. 458 459 460 461

Vgl. Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (449). Vgl. Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (430). Vgl. Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (430). Vgl. BGH DB 1981, S. 1130 (1131); Graf von Westphalen, DB 1999, S. 2553 (2556 f.).

II. Aushebelung der Regressvorschriften

139

Festzuhalten ist, dass durch Herstellergarantien keine vollständige Vermeidung der Rückgriffsproblematik erzielt werden kann, aber Herstellergarantien einen wirtschaftlich gangbaren und auch sinnvollen Weg zur Reduktion der Regressfälle gemäß §§ 478, 479 bieten können.

4. Bindungsklausel in Bezug auf autorisierte Werkstätten bzw. Servicestellen Möglicherweise lässt sich ein Ausschluss des Rückgriffes nach § 478 Abs. 2, 5 für Nachbesserungsaufwendungen durch eine Bindung der Kettenglieder an vom Hersteller autorisierte Werkstätten und Servicestellen erreichen.462 Das könnte in der Form erfolgen, dass eine Nachbesserung des mangelhaften Kaufgegenstandes nur in einer vom Verwender der AGB autorisierten Fachwerkstatt bzw. Servicestelle durchgeführt werden darf.463

a) Auswirkung dieser Klausel aa) Beeinträchtigung des Rechtes zur Selbstvornahme Durch die Verpflichtung zur Einschaltung einer autorisierten Servicestelle wird dem Letztverkäufer und den anderen Kettengliedern letztlich das Recht zur Selbstvornahme der Nachbesserung genommen.464 Sie sind dazu angehalten, die Nachbesserung von einer der vorgeschriebenen Werkstätten vornehmen zu lassen. Die Kosten für die Nachbesserung werden je nach Vertragsgestaltung entweder dem Letztverkäufer oder direkt dem Hersteller in Rechnung gestellt. Ist letzteres der Fall, entstehen den Letztverkäufern keine Kosten i. S. d. § 439 Abs. 2,465 sodass kein Grund für einen Regress nach §§ 478, 479 besteht. Trägt der Letztverkäufer die Kosten, erfolgt wegen der Kostentragungspflicht ein Regress nach § 478 Abs. 2 oder §§ 478 Abs. 1, 437 ff. mit der Folge, dass keine Aushebelung der §§ 478, 479 in dieser Konstellation zu erreichen ist. Interessant kann zur Vermeidung eines Rückgriffes in der Lieferkette für die Hersteller nur eine Bindungsklausel ohne Kostentragungspflicht beim Letztverkäufer sein.466 Ähnlich KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 26; Schubel, JZ 2001, S. 1113 (1118). Eine ähnliche Regelung ist gleichfalls in der Form möglich, dass nicht eine autorisierte Servicestelle, sondern der Hersteller selbst die Nachbesserung vornimmt. 464 Vgl. Schubel, JZ 2001, S. 1113 (1118). 465 In Betracht kommen Kosten für den Transport oder solche für die Entgegennahme der Reklamation. Hinsichtlich dieser Kosten kann § 478 Abs. 2 einschlägig sein. Die Versendung an die Servicestelle kann aber auf Kosten derselben erfolgen, sodass beim Letztverkäufer keine Unkosten hierfür entstehen müssen. 466 Für eine Bindungsklausel mit Kostentragungspflicht gelten hinsichtlich des Rechtes auf Selbstvornahme die folgenden Ausführungen ebenfalls. 462 463

140

G. Die Regelung des § 478 Abs. 4

bb) Anwendungsbereich Eine solche Klausel entfaltet nur Wirkung für die Nachbesserung. Verlangt der Verbraucher Nachlieferung, muss der Letztverkäufer ein neues Produkt liefern und es findet ein regulärer Regress über §§ 478, 479 statt. Weiter rentiert sich eine derartige Regelung nur, wenn eine Nachbesserung nicht als unverhältnismäßige Art der Nacherfüllung ausscheidet. Im breiten Massengeschäft mit nicht kostenintensiven Produkten wird regelmäßig eine Nachlieferung erheblich günstiger sein als eine Nachbesserung, deren Kosten vielfach über dem Preis des Produktes selbst liegen dürften. Daher sind vom Anwendungsbereich hauptsächlich nicht alltägliche Güter erfasst. Für den Hersteller elektronischer Großgeräte, wie Waschmaschinen, Trockner, Küchen- oder Fernsehgeräte, von Möbeln, Neuwagen und vergleichbaren Produkten kommt dagegen die Bindung der anderen Kettenglieder an ein vorhandenes Werkstatt- und Servicestellennetz in Betracht. Vielfach räumen die Hersteller auch die oben erwähnten Herstellergarantien ein. Als Ergänzung hierzu fungiert die Bindungsklausel, da somit erreicht werden kann, dass, selbst wenn der Verbraucher seiner Gewährleistungsrechte in Form der Nachbesserung ausübt, ein Regress nach §§ 478 Abs. 2, 5, 479 durch den Einsatz der Servicestellen, die gesondert mit dem Hersteller abrechnen, ausscheidet. Mithin vermag eine solche Werkstattklausel den Regress nach den §§ 478, 479 zu vermeiden.

b) Zulässigkeit der Bindungsklausel Fraglich ist, ob die Verwendung einer solchen Bindungsklausel vor dem Hintergrund der §§ 478, 479 zulässig ist. Die Verpflichtung, zur Nachbesserung die vom Hersteller autorisierten Werkstätten oder Servicestellen einzuschalten, tangiert das Recht zur Selbstvornahme. Der Letztverkäufer lässt das mangelhafte Produkt der Servicewerkstatt zukommen. Er nimmt keine Arbeiten an der Kaufsache vor, sodass bei ihm keine Kosten anfallen.467 Folglich liegen die Voraussetzungen der § 478 Abs. 1 und 2, abgesehen von möglichen Kosten für den Transport und die Entgegennahme der Reklamation, nicht vor. Der Regress nach §§ 478, 479 wird mangels Vorlage nicht berührt, sodass eine solche Bindungsklausel zulässig sein müsste. Allerdings trifft § 478 Abs. 4 Satz 1 eine dem § 475 Abs. 1 Satz 1 vergleichbare Regelung, nach der vom Recht der Unternehmer – auch der Letztverkäufer – nach §§ 437, 439 nicht zu deren Nachteil im Vorhinein ohne gleichwertigen Ausgleich abgewichen werden darf.468 Nach §§ 437, 439 gebührt den kaufenden bzw. verkauDer Transport in die Servicewerkstatt kann auf Kosten dieser vorgenommen werden. Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (442); Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 21; Oechsler, Schuldrecht BT, § 2 Rn. 332. 467 468

II. Aushebelung der Regressvorschriften

141

fenden Unternehmern das Recht auf Nachbesserung und das Recht zur zweiten Andienung (Recht zur Nachbesserung).469 Von diesen Rechten darf somit im Vorhinein nicht ohne gleichwertigen Ausgleich abgewichen werden. Eine Abweichung von dem Recht der Unternehmer – des Letztverkäufers – auf Nachbesserung erfolgt durch die Bindungsklausel nicht, da durch die Servicewerkstätten des Herstellers eine Nachbesserung vorgenommen wird. Neben dieser Komponente steht jedem Verkäufer, damit auch dem Letztverkäufer, nach §§ 437 Nr. 1, 439 auch das Recht zur zweiten Andienung, d. h. zur Selbstvornahme der Nachbesserung, zu. Durch die Bindungsklausel wird der Letztverkäufer verpflichtet, zur Nachbesserung die Servicestelle des Herstellers einzuschalten. Daher beschränkt die Bindungsklausel den Letztverkäufer im Vorhinein in seinem Recht auf zweite Andienung aus §§ 437, 439. Deswegen ist dem Letztverkäufer nach dem eindeutigen Wortlaut des § 478 Abs. 4 Satz 1 ein gleichwertiger Ausgleich für die Einschränkung seines Rechtes zur Nacherfüllung einzuräumen. Für den Verzicht auf das Recht zur zweiten Andienung an sich wird in den Bindungsklauseln zumeist kein Ausgleich gewährt, da ansonsten die Wirtschaftlichkeit der Klauseln eingeschränkt wäre. Folglich steht den Bindungsklauseln wegen Beseitigung des Rechtes zur Nacherfüllung im Vorhinein § 478 Abs. 4 Satz 1 entgegen. § 478 Abs. 4 Satz 1 geht hiermit jedoch über den Schutz vor einer Regressfalle hinaus, da bei einer Nachbesserung durch die Servicewerkstatt beim Letztverkäufer mangels anfallender Nachbesserungskosten keine Regressfalle entstehen kann. Durch den Gleichlauf von § 478 Abs. 4 Satz 1 und § 475 Abs. 1 Satz 1 werden die unternehmerischen Kettengliedern vor einer Abbedingung ihrer Rechte mehr geschützt als die Verbraucher, weil den Kettengliedern neben dem auch den Verbrauchern zustehenden Recht auf Nacherfüllung aus §§ 437 Nr. 1, 439 noch das Recht zur Nacherfüllung zusteht. Den Unternehmern sollen durch §§ 478, 479 keine über die Verbraucherschutzrechte hinausgehenden Rechte eingeräumt werden, was jedoch durch den Wortlaut des § 478 Abs. 4 Satz 1 erfolgt. Die Vorschriften der §§ 478, 479, 433 ff. müssen nach dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 ohne gleichwertigen Ausgleich abdingbar sein, wenn keine nachteiligen finanziellen Auswirkungen durch die Inanspruchnahme mittels der Verbraucherrechte beim Letztverkäufer verbleiben. Wie gerade gezeigt, würde eine Bindungsklausel die Unternehmer mit Servicewerkstatt durch Wegfall des Rechtes zur Selbstvornahme der Nachbesserung zwar benachteiligen, aber ihnen würde keine Regressfalle drohen, da keine Kosten für die Nachbesserung entstehen und zusätzlich an sich kein Regress nach §§ 478, 479 vorliegen würde.470 Gleiches gilt für eine Bindungsklausel mit Kostentragungspflicht des Letztverkäufers. Hätte der Letztverkäufer bei Zulässigkeit dieser Klausel die Kosten der Nachbesserung in der Fremdwerkstatt zu tragen und könnte er diese über §§ 478, 479 weitergeben, so wäre dem Sinn und Dem Verbraucher gebührt nach den §§ 437, 439 nur das Recht auf Nacherfüllung. Fallen dennoch Transportkosten an, können die Letztverkäufer diese über § 478 Abs. 2 ersetzt verlangen. 469 470

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G. Die Regelung des § 478 Abs. 4

Zweck der §§ 478, 479 genüge getan. Ein finanzieller Ausgleich für die Kosten der Nachbesserung findet statt. Folglich wird der Schutz der unternehmerischen Kettenglieder vor einer Regressfalle durch die verbesserten Rechte der Verbraucher auch bei einer Beschränkung des Rechtes zur Nachbesserung gewahrt. Die Regelungen der §§ 305 ff. wären zum Schutz der entsprechenden Kettenglieder ausreichend, weil ohnehin bei vollständiger Abbedingung des gesamten Nacherfüllungsrechtes ein gleichwertiger Alternativrechtsbehelf einzuräumen ist.471 § 478 Abs. 4 Satz 1 verhindert mithin auch vertragliche Regelungen, die keine Beschränkung des Rückgriffes nach §§ 478, 479 zum Gegenstand haben, sodass die Norm über den Sinn und Zweck der §§ 478, 479 hinaus geht und daher zu korrigieren ist. aa) Beschränkung der Norm Diese Überprivilegierung wurde vom Gesetzgeber übersehen. Dies zeigt sich innerhalb der Gesetzesbegründung daran, dass § 478 Abs. 4 Satz 1 die zumeist schwachen Händler vor den Nachteilen einer Abbedingung der § 478 Abs. 1 bis 3 und § 479 schützen sollte.472 Ein solcher Schutz ist, wie unter G. I. 3. bereits ausgeführt, an sich erforderlich. Aber durch die Erfassung von §§ 433 bis 435, 437, 439 bis 443, und dem daraus resultierenden Gleichlauf mit § 475 Abs. 1 Satz 1, werden Abbedingungen dieser Vorschriften auch über den Sinn und Zweck der §§ 478, 479, dem Schutz vor Regressfallen wegen der verbesserten Verbraucherrechte, hinaus vereitelt. Die Disposivität der §§ 433 ff., 478, 479 im unternehmerischen Verkehr wird weiterreichend als zur Erfüllung des Sinnes und Zweckes und damit weiter als vom Gesetzgeber gewünscht eingeschränkt. Deswegen werden vertragliche Vereinbarungen erschwert. Folglich sollte § 478 Abs. 4 Satz 1 geändert und seine unglückliche Formulierung entsprechend dem Sinn und Zweck wie folgt angepasst werden: „Auf eine vor Mitteilung eines Mangels an den Lieferanten getroffene Vereinbarung, die zum Nachteil des Unternehmers seinen Rückgriff nach den §§ 478, 479 einschränkt und ihm dadurch die berechtigte Weitergabe seiner Inanspruchnahme auf Gewährleistung durch den Verbraucher, sei es auch nur teilweise, verweigert, kann sich der Lieferant nicht berufen, wenn dem Rückgriffsgläubiger kein gleichwertiger Ausgleich eingeräumt wird.“

bb) Teleologische Reduktion Eine derartige Änderung ist bislang nicht in Sicht. Daher hat bis zu der geforderten Modifizierung der Norm eine entsprechende teleologische Reduktion des § 478 471 472

BT-Drucks. 14 / 6040, S. 231; Ziegler / Rieder, ZIP 2001, S. 1789 (1795). BT-Drucks. 14 / 6040, S. 249.

II. Aushebelung der Regressvorschriften

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Abs. 4 Satz 1 in der Art zu erfolgen, dass es bei einer Abbedingung im Vorhinein nur eines gleichwertigen Ausgleiches bedarf, wenn zum Nachteil des Unternehmers die berechtigte Weitergabe der Inanspruchnahme auf Gewährleistung über die §§ 478, 479 eingeschränkt wird.473 Es liegt letztlich an den Gerichten, eine entsprechende Einschränkung des § 478 Abs. 4 Satz 1 in Anlehnung an den Sinn und Zweck der §§ 478, 479 mittels einer teleologischen Reduktion durchzusetzen, um dem unternehmerischen Verkehr die Möglichkeiten einer vertraglichen Gestaltung, wie ursprünglich auch vom Gesetzgeber gewollt, offen zu halten. Es bleibt festzuhalten, dass § 478 Abs. 4 Satz 1 wegen der geforderten teleologischen Reduktion der Bindungsklausel nicht entgegen steht. Als AGB-Regelung richtet sich die Zulässigkeit einer solchen Klausel nach den §§ 305 ff.

cc) § 307 Entscheidend ist somit, ob in der Bindung an die Servicestellen eine unangemessene Benachteiligung i. S. d. § 307 zu sehen ist. Eine solche liegt vor, sofern der Verwender der AGB durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich die eigenen Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren.474 Zur Beurteilung einer unangemessenen Benachteiligung bedarf es einer umfassenden Würdigung der Interessenlagen der Parteien, der Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise und der sich aus der Gesamtheit der Rechtsordnung – insbesondere der ohne die Klausel geltenden dispositiven gesetzlichen Vorschriften475 – ergebenden Bewertungskriterien.476 Verfügen die Letztverkäufer bzw. die anderen vorgelagerten Kettenglieder selbst nicht über geeignete Servicewerkstätten werden sie nicht durch eine Bindung an die vom Hersteller autorisierten Werkstätten eingeschränkt. Sie werden im Gegenteil sogar besser gestellt. Der Letztverkäufer muss die Kosten einer Nachbesserung nicht tragen, da die Nacherfüllung von der Servicestelle vorgenommen wird. Beim Letztverkäufer erfolgt kein Liquiditätsabfluss und keine Bindung personeller und materieller Ressourcen. Auch die genaue Kontrolle und Überprüfung, ob ein Gewährleistungsmangel vorliegt, kann von der Servicestelle des Herstellers übernommen werden. Zudem kann der Letztverkäufer dem Verbraucher eine fachgerechte Reparatur des mangelhaften Kaufgegenstandes vom Spezialisten anbieten, wo473 Hierbei sind die geforderten teleologischen Reduktionen zu berücksichtigen. Werden diese durch AGBs umgesetzt, wird vor ihrem Hintergrund der Rückgriff nach den §§ 478, 479 nicht zum Nachteil des Unternehmers eingeschränkt. 474 BGH NJW 2000, S. 1110 (1112); BGHZ 120, S. 108 (118); BGHZ 90, S. 280 (284); MünchKomm BGB / Basedow, § 307 Rn. 31 ff.; Palandt / Heinrichs, § 307 Rn. 8. 475 BGH NJW 1994, S. 1069 (1070); MünchKomm BGB / Basedow, § 307 Rn. 21; Palandt / Heinrichs, § 307 Rn. 8. 476 MünchKomm BGB / Basedow, § 307 Rn. 31 ff.; Palandt / Heinrich, § 307 Rn. 8.

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G. Die Regelung des § 478 Abs. 4

durch Kundenfreundlichkeit demonstriert wird und gleichzeitig eine stärkere Kundenbindung erreicht werden kann. In derartigen Konstellationen liegt mithin keine unangemessene Benachteiligung i. S. d. § 307 vor. Gleiches gilt, sofern der Letztverkäufer zu einer Nachbesserung in seiner eigenen Werkstatt nicht in der Lage ist oder sie nicht wünscht.477 Verfügen die Letztverkäufer hingegen über eigene Werkstätten zur Nachbesserung, wird durch die Bindungsklausel ihr Recht zur Selbstvornahme der Nachbesserung beschränkt. Der Beschränkung stehen jedoch Vorteile gegenüber. Es fallen gleichfalls keine Kosten für die Nachbesserung an. Darüber hinaus können eigene Ressourcen geschont werden. Allerdings könnte die Selbstvornahme der Nachbesserung zur besseren Auslastung der eigenen Werkstatt gewünscht sein. Dies wird jedoch von der Freistellung der Kostentragungspflicht aufgewogen. Zusätzlich kann dem jeweiligen Letztverkäufer das Recht eingeräumt werden, sich als Servicestelle des Herstellers autorisieren zu lassen. Es werden die Interessen der Letztverkäufer im Rahmen einer solchen Bindungsklausel berücksichtigt, sodass keine unangemessene Benachteiligung i. S. d. § 307 Abs. 1 vorliegt. Damit ist eine Klausel zulässig, mit der die Letztverkäufer verpflichtet werden, die Nachbesserung von durch den Hersteller autorisierten Servicestellen oder Werkstätten vornehmen zu lassen.478

c) Beispiel einer Bindungsklausel aus der Praxis Im Anschluss an die obigen Ausführungen zu der Zulässigkeit einer Bindungsklausel wird ein Beispiel aus der Praxis für eine derartige Klausel angeführt und kurz analysiert. Nach den unverbindlichen Empfehlungen des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V. (ZDK), des Verbandes der Automobilindustrie e.V. (VDA) und des Verbandes der Importeure von Kraftfahrzeugen (VDIK) wird für die Neuwagen-Verkaufsbedingungen hinsichtlich der Abwicklung einer Mängelbeseitigung vorgeschlagen: „a) Ansprüche auf Mängelbeseitigung kann der Käufer beim Verkäufer oder bei einem anderen, vom Hersteller / Importeur für die Betreuung des Kaufgegenstandes anerkannten Betrieben geltend machen; im letzteren Fall hat der Käufer den Verkäufer hiervon zu unterrichten.“479 Durch diese Klausel wird dem Verbraucher die Geltendmachung von Mängelansprüchen beim Verkäufer480 oder bei anderen vom Hersteller für die Betreuung 477 Dies könnte beispielsweise auf einem Personalengpass, fehlenden notwendigen Maschinen oder auf der Komplexität und Dauer der Nachbesserung beruhen. 478 Vgl. Schubel, ZIP 2002, S. 2061 (2066 ff.). 479 Unverbindliche Empfehlungen für AGB des ZDK, VDA und VDIK zum Verkauf von fabrikneuen Kraftfahrzeugen und Anhängern in ZGS 2002, S. 150 (151 f.). 480 Dieser ist dann gleichfalls autorisierte Servicestelle.

II. Aushebelung der Regressvorschriften

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des Kaufgegenstandes anerkannten Betrieben ermöglicht. Damit kann sich der Verbraucher direkt an andere autorisierte Vertragswerkstätten wenden, d. h. in der AGB-Regelung wird eine teilweise Bindungsklausel getroffen. Bei der in Rede stehenden Ware, einem Kraftfahrzeug, bietet sich eine solche Klausel an, da je nach Mangel die Fahrtauglichkeit eingeschränkt oder gänzlich aufgehoben sein kann. Durch die Klausel wird die Rechtsstellung des Verbrauchers verbessert, da er neben dem Letztverkäufer auch auf andere Betriebe zwecks Nachbesserung zurückgreifen kann.

d) Zusammenfassung Mithin ist eine AGB-Regelung zulässig, welche die Kettenglieder, insbesondere den Letztverkäufer dazu verpflichtet, die Nachbesserung von mangelhaften Kaufgegenständen aus einem Verbrauchsgüterkauf durch vom Hersteller autorisierte Werkstätten bzw. Servicestellen vornehmen zu lassen. Hiermit kann der Regress nach § 478 Abs. 2 (i.V.m. Abs. 5) ausgehebelt werden. Nebenbei bietet eine solche Klausel auch den Vorteil, dass der Hersteller Gewissheit über die fachgerechte und ordnungsgemäße Nachbesserung unter Einhaltung der sicherheitsrelevanten Produktvorschriften hat. Dies wahrt das Standing des Herstellers und kann zusätzlich einen Imagegewinn zur Folge haben. Des Weiteren wird der Einsatz von Originalersatzteilen gewährleistet, was den Interessen des Herstellers entsprechen wird. Die Norm des § 478 Abs. 4 Satz 1 ist zu beschränken, da sie über den Sinn und Zweck der §§ 478, 479, dem Schutz vor Regressfallen durch die Verbraucherrechte, hinausgeht. Daher ist bis zur Umsetzung des Formulierungsvorschlages eine teleologische Reduktion des § 478 Abs. 4 Satz 1 in der Form vorzunehmen, dass eine Abbedingung des Rückgriffes in der Lieferkette im Vorhinein nur einen gleichwertigen Ausgleich erfordert, sofern zum Nachteil des Unternehmers der Rückgriff nach den §§ 478, 479 über die berechtigte Weitergabe der Inanspruchnahme auf Gewährleistung eingeschränkt wird.

5. Hersteller als Nachlieferer Es wurde gezeigt, dass sich für die Hersteller eine Klausel anbieten kann, nach der die Letztverkäufer die Nachbesserung von einer autorisierten Servicewerkstatt vornehmen lassen müssen. Eine solche Regelung könnte sich für die andere Art der Nacherfüllung gleichfalls anbieten. Die Hersteller könnten zur Vermeidung des Regresses nach §§ 478, 479 in ihren AGBs vorschreiben, dass eine vom Verbraucher geforderte Nachlieferung durch den Hersteller selbst oder einen von ihm autorisierten Zwischenhändler vorzunehmen ist. Folge wäre ein gänzlicher Ausschluss des Nacherfüllungsrechtes. Dies würde zwar zu einer Beeinträchtigung des Rechtes zur Selbstvornahme und entsprechend zu einer Tangierung von § 478 Abs. 4 10 Böhle

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G. Die Regelung des § 478 Abs. 4

Satz 1 führen, aber vor dem Hintergrund der eben geforderten Einschränkung des § 478 Abs. 4 Satz würde die Vorschrift wie bei der Nachbesserung keine Wirkung entfalten. Allerdings könnte § 307 einer solchen Klausel entgegenstehen. Im Vergleich zur Nachbesserungsklausel verfügen die Kettenglieder zumeist über entsprechende Lagerbestände und können sowie möchten daher zwecks Lagerräumung und Optimierung der Umschlagsrate die Nachlieferung vielfach selbst vornehmen. Dürfte statt ihrer der Hersteller nachliefern, würden dessen Lager geräumt und es bestände die Gefahr, dass die Letztverkäufer ihre Warenbestände nicht mehr absetzen könnten. Bei einer Nachlieferung fallen zwar Kosten für das nachgelieferte Produkt an, aber weitere Ressourcen werden regelmäßig kaum gebunden. Die Selbstvornahme einer Nachlieferung ist für die Mehrzahl der Letztverkäufer daher günstiger und vorteilhafter als die Vornahme einer Nachbesserung. Darüber hinaus lässt sich an der Gesetzesbegründung erkennen, dass bei einem gänzlichen Ausschluss des Nacherfüllungsrechtes ein gleichwertiger Alternativrechtsbehelf einzuräumen ist.481 Folglich dürfte ein Ausschluss des Nachlieferungsrechtes die Letztverkäufer grundsätzlich unangemessen benachteiligen, sodass den Herstellern im Allgemeinen nicht zu einer Abbedingung dieses Rechtes geraten werden kann.482

III. Abbedingung mittels gleichwertigen Ausgleiches Fraglich ist daher, wie ein gleichwertiger Ausgleich i. S. d. § 478 Abs. 4 Satz 1 erfolgen kann. Die Beurteilung, ob ein gleichwertiger Ausgleich vorgenommen wurde, kann nur anhand der konkreten Ausgestaltung einer Regelung beurteilt werden.483 Folglich ist letztlich der konkrete Einzelfall entscheidend.484 Dennoch können abstrakte Überlegungen und allgemeine Ausführungen über die möglichen Elemente eines gleichwertigen Ausgleiches getroffen werden. Hierbei können die folgenden Erwägungen zu einem im Einzelfall zutreffenden gleichwertigen Ausgleich kombiniert werden. Zu beachten ist, dass, wenn eine weitere Erleichterung BT-Drucks. 14 / 6040, S. 231. Es bleiben Einzelfälle denkbar, in denen auch die Abbedingung des Rechtes zur Nachlieferung keine unangemessene Benachteiligung i. S. d. § 307 darstellen würde (geräumige bzw. nur nach bestimmten sowie umfangreichen Sicherheitsvorschriften zu lagernde Waren). 483 Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 491. 484 Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 491; vgl. auch Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 199; bei der gerichtlichen Überprüfung über die Vornahme eines gleichwertigen Ausgleiches sind die teleologischen Reduktionen der §§ 478, 479 zu beachten, da in diesen Fällen für eine Abbedingung kein gleichwertiger Ausgleich eingeräumt werden muss. Folglich wird vor allem den Gerichten die Initialisierung der teleologischen Reduktionen und damit die Korrektur der in diesen Sachlagen zu weitreichenden gesetzlichen Regelung obliegen. 481 482

III. Abbedingung mittels gleichwertigen Ausgleiches

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für den Anspruchsgegner des Rückgriffes vereinbart wird, hierfür ebenfalls ein gleichwertiger Ausgleich zugunsten des Anspruchstellers zu gewähren ist. Den Umstand, dass bei einer vertraglichen Bestimmung, die von der gesetzlichen Regelung abweicht, ein gleichwertiger Ausgleich vorliegt, hat entsprechend der Gesetzesfassung der Anspruchsgegner darzulegen und zu beweisen.485

1. Pauschales Abrechnungssystem Ein gleichwertiger Ausgleich für den Verzicht des Abnehmers auf den ganzen Rückgriff oder Teile desselben, beispielsweise § 478 Abs. 2, könnte mittels eines pauschalen Abrechnungssystemes vorgenommen werden, das aber insgesamt den berechtigten Interessen des Handels Rechnung trägt.486 Ein solches Abrechnungssystem ist in Form einer allgemeinen Rabattgewährung oder durch Gewährleistungspauschalen denkbar.487 Auch könnte durch einen Verzicht auf Preiserhöhungen oder entsprechende Preisgestaltung die Vornahme eines solchen Ausgleiches versucht werden.488 a) Zulässigkeit eines pauschalen Abrechnungssystemes aa) Bedenken gegen ein pauschales Abrechnungssystem Obwohl sich nach dem Willen des Gesetzgebers die Zulässigkeit eines pauschalen Abrechnungssystemes zur Erreichung eines gleichwertigen Ausgleiches ergibt, wird eingewandt, dass der Lieferant – der Anspruchsgegner des Rückgriffsanspruches – stets vollen Kostenausgleich schulde.489 Gegen ein pauschales Abrechnungssystem für den Verzicht auf den Kostenerstattungsanspruch des § 478 Abs. 2 sollen zwar vor dem Hintergrund des § 307 Abs. 2 Nr. 1 keine durchgreifenden Bedenken bestehen,490 doch habe § 478 Abs. 4 vor § 307 Vorrang.491 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 249; Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 491. Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 249; Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 491; AnwKommBGB / Büdenbender, § 478 Rn. 43; Oetker / Maultzsch, S. 193; Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (442 f.); Schmidt-Räntsch, Praxis, Rn. 961. 487 Palandt / Putzo, § 478 Rn. 17; Schimmel / Buhlmann / Winkelmann, E. I. Rn. 243; Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 491; Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (442 f.); Marx, BB 2002, S. 2566 (2567); Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2507); Ziegler / Rieder, ZIP 2001, S. 1789 (1797) halten hingegen Gewährleistungspauschalen als gleichwertigen Ausgleich für fraglich. 488 Vgl. Palandt / Putzo, § 478 Rn. 17; Schimmel / Buhlmann / Winkelmann, E. I. Rn. 243; Brox / Walker, Schuldrecht, § 7 Rn. 20; Bernreuther, WRP 2002, S. 368 (385); Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 199; Ziegler / Rieder, ZIP 2001, S. 1789 (1797) halten hingegen Preisgestaltungen zur Erzielung eines gleichwertigen Ausgleiches für fraglich. 489 Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 27, 29. 490 Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 27, 29. 485 486

10*

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G. Die Regelung des § 478 Abs. 4

§ 478 Abs. 4 gehe über § 307 hinaus, weil nicht nur eine unangemessene Benachteiligung zu verhindern, sondern darüber hinaus ein gleichwertiger Ausgleich vorzunehmen sei.492 Für § 478 Abs. 4 sei das kommerzielle Äquivalent zielführend, sodass stets voller Kostenausgleich im Rahmen der Mängelbeseitigungsaufwendungen geschuldet sei, und zwar auch dann, wenn eine Pauschalierung vorgenommen wurde.493 Nach dieser Ansicht wäre ein pauschales Abrechnungssystem folglich kein taugliches Mittel zur Erreichung eines gleichwertigen Ausgleiches. Fraglich ist, ob diese Bedenken haltbar sind.

bb) Bewertung der Bedenken Es trifft zu, dass der Anspruchsteller vom Anspruchsgegner mittels eines kommerziellen Äquivalentes für die gegenüber dem Endverbraucher bzw. einem anderen Kettenglied erfüllten Gewährleistungsansprüche zu entschädigen ist.494 Auch wird die Regressfalle nur vermieden, wenn der Verzicht auf den Regress vollständig aufgewogen wird.495 (1) Voller Kostenausgleich durch pauschales Abrechnungssystem Das kann jedoch auch durch ein pauschales Abrechnungssystem erfolgen. Es wird übersehen, dass die vereinbarte Abrechungspauschale in der Vielzahl der Fälle über den tatsächlich angefallenen Gewährleistungsaufwendungen liegen wird. Damit können summa summarum die Konstellationen ausgeglichen werden, bei denen die tatsächlichen Kosten den Ausgleich durch die Pauschale übersteigen. Wird das pauschale Abrechungssystem derart ausgestaltet, bleibt es, wie vom Vertreter der Ansicht selbst gefordert,496 insgesamt beim vollen Kostenausgleich. Letztlich kann durch ein richtig bestimmtes pauschales Abrechnungssystem ein kommerzielles Äquivalent, d. h. ein voller Kostenausgleich, erreicht werden. (2) Wille des Gesetzgebers und Sinn und Zweck der Norm Weiterhin spricht der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers für die Zulässigkeit eines solchen Abrechnungssystemes.

Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 27, 29. Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 27, 29; vgl. auch B. II. 5. und Fn. 69. 493 Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 27, 29. 494 Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 27, 29. 495 Vgl. Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 27, 29. 496 Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 27, 29. 491 492

III. Abbedingung mittels gleichwertigen Ausgleiches

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Des Weiteren ist ein derartiges System auch mit dem Sinn und Zweck der Norm vereinbar. Durch ein entsprechend eingestelltes Abrechungssystem kann ein gleichwertiger Ausgleich erreicht werden, sodass der Regresssteller, der Letztverkäufer, vor einer Regressfalle geschützt wird. Dies entspricht dem Sinn und Zweck.497 Zusätzlich bleiben zum unternehmerischen Verkehr gehörende vertragliche Vereinbarungen möglich. Mit ihnen können individuelle, flexible und den Bedingungen des jeweiligen unternehmerischen Verkehres angepasste Lösungen erzielt werden. Mithin ist die Vereinbarung eines pauschalen Abrechnungssystemes, sei es durch AGBs oder Individualvertrag, zur Erzielung eines gleichwertigen Ausgleiches zulässig. Es stellt sich nunmehr die Frage, welches pauschale Abrechnungssystem, wie vom Gesetzgeber gewünscht und unterstellt,498 ein praktikables und taugliches Mittel hierzu darstellt.

b) Allgemeine Rabattgewährung Als ein solches pauschales Abrechnungssystem bietet sich eine allgemeine Rabattgewährung an. Bei einer allgemeinen Rabattgewährung wird für den Verzicht des Abnehmers auf den Regress ein bestimmter prozentualer Betrag von dem an sich verlangten bzw. vereinbarten Entgelt für die Warenlieferung in Abzug gebracht.499 Kalkulatorisch muss dieser Prozentsatz in etwa mit der statistisch erwartbaren Ausfall- oder Mängelquote des konkreten Produktes und den zu erwartenden Aufwendungen wertmäßig übereinstimmen, um als gleichwertig gelten zu können.500 Zur Sicherheit kann eine etwas über dem erwarteten angemessenen Prozentsatz liegende Quote gewählt werden. Auf den ersten Blick scheint ein solches System praktikabel und leicht durchführbar zu sein.

497 Es erfolgt zwar eine Einschränkung des dem Letztverkäufer zustehenden Wahlrechtes bezüglich der geltend zu machenden Gewährleistungsrechte, aber infolge der unter G. II. 4. b) bb) geforderten teleologischen Reduktion hat die Einschränkung keine Auswirkungen. 498 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 249. 499 Palandt / Putzo, § 478 Rn. 17; AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 43; Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2507). 500 Nach Schimmel / Buhlmann / Winkelmann, E. I. Rn. 243 stellt § 478 Abs. 4 Satz 1 seinem Wortlaut nach unmissverständlich auf das konkret-individuelle Vertragsverhältnis ab, sodass statistischen Betrachtungen von vornherein keinerlei Bedeutung zukommen können. Würde dies im Ergebnis zutreffen, wären pauschale Abrechnungssysteme praktisch nicht möglich, da für jedes Produkt und jeden Abnehmer separat zuvor eine individuelle Ausfallquote ermittelt werden müsste. Dies entspräche nicht dem Sinn und Zweck des Gesetzes, sodass der Ansicht von Schimmel / Buhlmann / Winkelmann nicht gefolgt werden kann. Ihr Einwand, dass es letztlich auf das konkret-individuelle Vertragsverhältnis ankomme, ist jedoch letztlich für die Gleichwertigkeit des Ausgleiches von Bedeutung.

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G. Die Regelung des § 478 Abs. 4

aa) Problematik hinsichtlich Bestimmung eines angemessenen Rabattes Allerdings ist die angemessene Ausgestaltung des Ausgleiches durch den pauschalen Rabatt nicht einfach.501 Pauschale Rabatte lassen sich sinnvoll nur auf breiter Erfahrungsbasis ermitteln.502 Eine solche besteht nur für schon länger am Markt eingeführte Produkte des Massengeschäftes.503 Für sämtliche neuen und innovativen Artikel kommt nur eine grobe prozentuale Schätzung der Pauschale in Betracht. Hier besteht besonders die Gefahr, vermindert aber auch bei auf breiter Erfahrungsbasis ermittelten Pauschalen im Massengeschäft, einer gerichtlichen Verwerfung der Klauseln, falls sich im Nachhinein kein gleichwertiger Ausgleich einstellt.504 Die Ursache dafür könnte darin liegen, dass die für die breite Masse der Handelsbeziehungen ermittelten Pauschalen gerade für dieses Handelsunternehmen nicht passen505 oder aber die neuen Produkte erheblich fehleranfälliger sind als gedacht. Zusätzlich hängt die Ausgestaltung des gleichwertigen Ausgleiches davon ab, ob am Ende der Lieferkette ein Verbraucher oder ein Unternehmer steht, da die §§ 478, 479 nur bei einem Verbrauchsgüterkauf am Ende der Kette direkt einschlägig sind.506 Je weiter die entsprechenden Parteien von der letzten Kettenstufe entfernt sind, desto schwerer wird die Bestimmung der zum gleichwertigen Ausgleich erforderlichen Pauschale.507 Dies erschwert auch die Entscheidung der Gerichte über die Vornahme eines gleichwertigen Ausgleiches.508 Mithin steigt nicht nur das Risiko einer gerichtlichen Verwerfung, sondern der Umfang des Risikos ist zusätzlich sehr schwer zu prognostizieren. Neben der Gefahr die prozentuale Rabattquote als zu niedrig eingestuft zu haben, kann eine zu hohen Festlegung erfolgt sein. Der Anspruchsgegner wendet im letzteren Fall mehr auf, als für die einzelnen Regressabwicklungen insgesamt nötig gewesen wäre. bb) Prozessrisiko und Dokumentation Infolge der Verwerfungsgefahr muss bei der Kalkulation der Rabattquote das bestehende Prozessrisiko mit berücksichtigt werden. Nach der in § 478 Abs. 4 Satz 1 getroffenen Beweislastverteilung hat der Anspruchsgegner des Rückgriffes die Gleichwertigkeit darzulegen und zu bewei501 502 503 504 505 506 507 508

So auch Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2507). Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82 (86); Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2507). So auch Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82 (86). Ebenso Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82 (86). Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2507). Hassemer, ZGS 2002, S. 95 (101). Hassemer, ZGS 2002, S. 95 (101). Hassemer, ZGS 2002, S. 95 (101).

III. Abbedingung mittels gleichwertigen Ausgleiches

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sen.509 Aus diesem Grund hat eine sorgsame und vollständige Dokumentation der Rabattgewährung zwecks Verzichtes auf den Rückgriff nach §§ 478, 479 zu erfolgen. Hierfür ist zum einen die gesonderte und ausdrückliche Ausweisung des Rabattes mit genauer Bezeichnung seines Sinnes und Zweckes in jeder Rechnung vorzunehmen.510 Die Ausweisung kann einen höheren Aufwand verursachen, der regelmäßig aber nur marginal höher sein dürfte. Zum anderen muss belegbar und nachprüfbar festgehalten werden, dass die Besserstellung, also der gleichwertige Ausgleich nicht wieder durch gegenläufige Maßnahmen vereitelt wurde. So haften Preiserhöhungen511 im Vorfeld und während der Laufzeit der prozentualen Rabattgewährung der Makel einer Gegenmaßnahme und deswegen der Beseitigung des gleichwertigen Ausgleiches an. Um dies ausräumen zu können, müsste vor Gericht genau dargelegt werden, warum diese Erhöhungen erfolgt sind. Vor allem bedarf es auch eines Vergleiches mit den anderen Wettbewerbern des Anspruchstellers eingeräumten Preisen, Rabatten und bei diesen erfolgten Preiserhöhungen, um eine Umgehung des gleichwertigen Ausgleiches entkräften zu können. Der Nachweis lässt sich nur mit Hilfe sensibler unternehmensinterner Daten führen. Die Beweislast erschwert die Vornahme und die Ausgestaltung des pauschalen Rabattsystemes.

cc) Lange Bewertungszeiträume Um eine Verwerfung des Systemes wegen einzelner Gewährleistungskosten, die über den Rabattbeträgen liegen, besser verhindern zu können, ist ein langer Bewertungszeitraum zu vereinbaren. Ist der Prozentsatz entsprechend einer breiten Erfahrungsbasis ermittelt und der Bewertungszeitraum lang genug gewählt worden, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sich die insgesamt tatsächlich angefallenen Gewährleistungsaufwendungen den gezahlten Rabattvergünstigungen annähern. Damit sich der gerade erwähnte Effekt einstellen kann, ist neben einem langen Zeitraum – zumindest ein Jahr – auch eine entsprechend hohe Zahl an Warenlieferungen erforderlich. Festzuhalten bleibt, dass die praktische Bemessung und Ausgestaltung eines pauschalen Rabattsystemes einige ernstzunehmende Schwierigkeiten bereiten können. Zudem wird eine finanzielle Besserstellung des Anspruchsgegners im Ergebnis kaum eintreten. Allenfalls für schon länger am Markt eingeführte Massenprodukte kann nach Kosten-Nutzen-Erwägungen ein positives Fazit gezogen werden, wobei die Belastung durch das Beweisrisiko im Prozess bleibt.512 Vgl. Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82 (87). Ähnlich Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 199; damit geht die Rabattvereinbarung eben nicht, wie von Schimmel / Buhlmann / Winkelmann, E. I. Rn. 243 angeführt, unter. 511 Vgl. hierzu die Bedenken bei Schimmel / Buhlmann, Fehlerquellen, S. 161. 512 Schimmel / Buhlmann / Winkelmann, E. I. Rn. 243 möchten hingegen Preis-, Rabattoder Kommissionsvereinbarungen wegen der entstehenden Gemengelage gänzlich ablehnen. 509 510

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G. Die Regelung des § 478 Abs. 4

c) Gewährleistungspauschalen Ein gleichwertiger Ausgleich könnte weiter mittels Gewährleistungspauschalen erreicht werden.513 Solche Pauschalen gab es schon unter der Geltung des alten Rechtes. Gestützt auf eine statistische Ermittlung wird ein bestimmter Betrag festgelegt, der pro auftretenden Gewährleistungsfall dem Abnehmer gutgeschrieben wird,514 ohne dass es auf den Nachweis eines tatsächlichen Aufwandes ankommt. Nachzuweisen ist vom Abnehmer, dass es sich um einen echten Gewährleistungsfall handelt, also beispielsweise eine Handelsbeziehung bezüglich des konkreten mangelhaften Produktes bestand. Die Angemessenheit von Gewährleistungspauschalen ist ebenso wie die der Rabattpauschalen nicht unproblematisch.515 Des Weiteren lassen sich die gerade dargelegten Bedenken (Bemessung der Pauschale, Beweisrisiko) entsprechend auf Gewährleistungspauschalen übertragen, sodass zu ihrer Vereinbarung nicht in jedem Fall und keineswegs ohne eingehende Analyse geraten werden kann.

d) Verzicht auf Preiserhöhungen oder Vornahme von Preissenkungen Die gleichen Probleme bezüglich Bewertung, Dokumentation und Beweisbarkeit sprechen ebenso gegen einen Verzicht auf Preiserhöhungen bzw. die Vornahme von Preissenkungen. Bei der Ausgestaltung eines Preissystemes ist insbesondere auf die gesonderte Festlegung und Dokumentation der hinter den entsprechenden Preismodifikationen stehenden wirtschaftlichen Erwägungen zu achten,516 weil der gleichwertigen Ausgleich jederzeit mittels vorgelagerten oder später erfolgten Preiserhöhungen aufgehoben worden sein könnte. Die Vornahme eines gleichwertigen Ausgleiches über Preismodifikationen ist, besonders weil es im Vergleich zu einem pauschalen Rabattsystem weitaus schwieriger wird, die hinter den einzelnen Preismodifikationen stehenden wirtschaftlichen Erwägungen zu dokumentieren und beweisbar zu machen, daher kaum praktikabel und somit nicht zu empfehlen.517 Abgesehen von Preismodifikationssystemen können die anderen vorgestellten pauschalen Abrechnungssysteme zur Erzielung eines gleichwertigen Ausgleiches gemäß § 478 Abs. 4 Satz 1 in der Praxis mit der gebotene Sorgfalt eingesetzt werDer „Gemengelage“ kann jedoch durch ein geeignetes Dokumentationssystem entgegen gewirkt werden, sodass diese Ansicht einem pauschalen Rabattsystem nicht entgegen stehen kann. 513 Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 491; Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2507). 514 Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 491. 515 Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2507). 516 So auch Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 199. 517 Vgl. die Bedenken bei Graf von Westphalen in Henssler / Westphalen, § 478 Rn. 29.

III. Abbedingung mittels gleichwertigen Ausgleiches

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den. Für jeden Einzelfall muss gesondert ermittelt werden, ob die Nachteile des ins Auge gefassten pauschalen Abrechnungssystemes insgesamt nicht schwerer wiegen als das „Übel“ der Rückgriffsansprüche nach §§ 478, 479, 437 ff.

2. Anspruch auf Kostenausgleich Neben den pauschalen Abrechnungssystemen könnte ein gleichwertiger Ausgleich durch einen Kostenausgleichsanspruch vorgenommen werden. Durch eine entsprechende AGB-Klausel wird dem zum Rückgriff Berechtigten das Recht eingeräumt, die bei der Gewährleistung – auch bei Minderung und Rücktritt – entstandenen Kosten weiterzugeben. Hierdurch wird ein gleichwertiger Ausgleich erzielt. Es wird durch eine derartige Klausel zwar das Wahlrecht des Letztverkäufers, welche Gewährleistungsrechte nach §§ 437 ff. er gegen seinen Lieferanten geltend macht, eingeschränkt, aber gemäß dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 kann ein Schutz vor der Regressfalle durch die verbesserten Rechte der Verbraucher mittels des Kostenerstattungsanspruches gewährt werden. Infolge der unter G. II. 4. b) bb) geforderten teleologischen Reduktion des § 478 Abs. 4 Satz 1 steht die Einschränkung des Wahlrechtes einem vereinbarten Kostenausgleichsanspruch nicht entgegen. Als Ergänzung kann die Regelung mit einer Vorschrift kombiniert werden, wonach der zum Rückgriff Berechtigte das mangelhafte Produkt bzw. die ausgetauschten Teile dem Verwender zu übergeben bzw. zu übereignen hat.518 Bei einem solchen gänzlichen Kostenausgleichsanspruch muss beachtet werden, dass ein Vorgehen mittels einer Minderung nach Minderung des Verbrauchers wegen der Relativität der Vertragsverhältnisse zumeist günstiger ist als die Weitergabe des Minderungsbetrages.519 Deswegen könnte eine solche Klausel für die vorgelagerten Kettenglieder kostenunfreundlicher sein als der Regress nach §§ 478, 479. Ob dies durch eine bessere Handhabung oder als Teil eines weiteren gleichwertigen Ausgleiches in Kauf genommen werden soll, ist eine wirtschaftliche Entscheidung im Rahmen der jeweiligen Vertragsverhältnisse.

3. Kombination des Rechtes zur Nachlieferung mit Kostenerstattungsanspruch Darüber hinaus kommt eine Modifizierung des Kostenerstattungsanspruches i. S. d. § 478 Abs. 2 durch eine Kombination aus Nachlieferung und „kleinen“ Kostenerstattungsanspruch, wie bereits unter C. I. 3. d) aa) (2) angeführt, in Betracht. Daher kann eine AGB-Klausel vereinbart werden, nach der anstelle einer Kostenerstattung i. S. d. § 478 Abs. 2 eine Nachlieferung mit Ersatz der über die Kosten für das nachgelieferte Produkt beim Berechtigten angefallenen Unkosten 518 519

Siehe unter G. V. 3. Vgl. unter D. II. 2. d) cc) (3) (aa) und D. V. 3. c) cc) (2).

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G. Die Regelung des § 478 Abs. 4

vorgenommen werden kann. Es obliegt dadurch dem nach § 478 Abs. 2 Verpflichteten die bei dem aus der Norm Berechtigten angefallenen Kosten für das nachgelieferte Produkt seinerseits durch eine Nachlieferung auszugleichen. Ein solcher aus Nachlieferung und Kostenersatz kombinierter Anspruch beseitigt die Nachteile, die dem aus § 478 Abs. 2 berechtigten Kettenglied infolge der seinerseits vorgenommenen Nachlieferung entstanden sind, vollständig, sodass ein gleichwertiger Ausgleich vorgenommen wird. Der Vorteil einer derartigen AGB-Regelung liegt für den Verpflichteten in dem Erhalt seines Rechtes zur zweiten Andienung.

4. Beschränkung auf die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers Statt eines Kostenerstattungsanspruches könnte sich als gleichwertiger Ausgleich i. S. d. § 478 Abs. 4 Satz 1 eine von Bernreuther vorgeschlagene Beschränkung der im Rahmen des Regresses ausübbaren Gewährleistungsrechte auf das vom Verbraucher ausgeübte Gewährleistungsrecht anbieten.520 Bernreuther führt an, dass die grundsätzliche Verweisung auf denselben Gewährleistungsanspruch ein Vorzeigebeispiel für einen gleichwertigen Ausgleich sei.521 Diese Überlegung macht nach dem Telos der §§ 478, 479 Sinn, weil dem zum Rückgriff Berechtigten die finanziellen Folgen seiner Inanspruchnahme durch die Einräumung des auf das Gewährleistungsrecht des Verbrauchers beschränkten Rechtes vollständig ausgeglichen werden können. Dadurch kann ein Schutz vor einer Regressfalle erreicht werden. Durch eine solche AGB-Klausel wird lediglich Einfluss auf die Ausübung der allgemeinen Gewährleistungsrechte genommen. Unter D. II. 2. d) cc) (3) wurde eine Beschränkung der Regressrechte nach §§ 478 Abs. 1, 437 ff. auf das Regressinteresse mittels einer teleologischen Reduktion des § 478 Abs. 1 vorgenommen, sodass eine Umsetzung des Vorschlages von Bernreuther, wenn auch auf eine andere Art und Weise, bereits vollzogen wurde. Allerdings fehlen in dem Klauselvorschlag von Bernreuther Ausführungen, wie und ob die Weiterleitung eines Schadensersatzanspruches zu erfolgen hat. Zusätzlich trifft es nicht zu, dass die vorgeschlagene Klausel nach der gegenwärtigen Form des § 478 Abs. 4 Satz 1 als gleichwertiger Ausgleich gewertet werden kann. Wie unter G. II. 4. b) gezeigt, verhindert § 478 Abs. 4 Satz 1 eine Abbedingung der §§ 433 bis 435, 437, 439 bis 443 zum Nachteil des Letztverkäufers, ohne darauf abzustellen, ob das Regressinteresse des Letztverkäufers durch die Abbedingung beeinträchtigt wird. Daher ist die Norm zu weit formuliert. Nach dem Wortlaut des § 478 Abs. 4 Satz 1 wäre für die vorgeschlagene Beschränkungsklausel entgegen Bernreuther522 ein gleichwertiger Ausgleich nach § 478 Abs. 4 Satz 1 520 521 522

Bernreuther, WRP 2002, S. 368 (382). Bernreuther, WRP 2002, S. 368 (382). Bernreuther, WRP 2002, S. 368 (382).

III. Abbedingung mittels gleichwertigen Ausgleiches

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erforderlich, da zum Nachteil des Unternehmers sein Wahlrecht nach den §§ 478 Abs. 1, 437 ff. eingeschränkt wird. Die Überprivilegierung des zum Regress Berechtigten zeigt sich hier erneut, indem der Wortlaut des § 478 Abs. 4 Satz 1 Abbedingungen trotz eines vollen finanziellen Ausgleiches, d. h. Beseitigung der Regressfalle, verhindert. Deswegen ist § 478 Abs. 4 Satz 1 entsprechend G. II. 4. b) bb) und dem unter D. II. d) cc) (3) Ausgeführten teleologisch zu reduzieren. Vor dem Hintergrund des Sinnes und Zweckes der §§ 478, 479 ist zur Vorwegnahme der teleologischen Reduktion eine Beschränkung der Gewährleistungsrechte mittels der vorgeschlagenen Klausel zulässig, wobei die Weiterleitung eines Schadensersatzanspruches von einem Verschulden abhängig gemacht werden sollte.523 Bei der Beschränkung der zu wählenden Rechte muss nebenbei beachtet werden, dass nicht Rechte ausgeschlossen werden, die eher im Sinne des Rückgriffsgegners sind.524 5. Warengutschrift statt Barzahlung Möglicherweise könnte im Rahmen eines gleichwertigen Ausgleiches zum betriebswirtschaftlichen Vorteil der Hersteller bzw. Zwischenlieferanten nach einem Vorschlag aus der Literatur eine Klausel vereinbart werden, nach welcher der Aufwendungsersatz gemäß § 478 Abs. 2 in Form von Warengutschriften und nicht mittels Barausgleiches vom Rückgriffsgegner zu leisten sei.525

a) Warengutschrift statt Barausgleich Aus einer solchen Klausel könnten sich erhebliche Vorteile zugunsten des Anspruchsgegners ergeben. Warengutschriften belasten nicht die Liquiditätsausstattung der Unternehmer, führen zu einer stärkeren und längeren Bindung der Abnehmer und forcieren den Warenabsatz.526 Es wird angeführt, dass § 478 Abs. 4 einer solchen Modifikation selbst dann nicht entgegenstehe, sofern der Ausschluss einer Barzahlung als Abweichung von 478 Abs. 2 verstanden würde, da die Warengutschrift gerade ein gleichwertiger Ausgleich i. S. d. Abs. 4 sei. Wertmäßig erhalte der zum Regress berechtigte Händler genau das Gleiche wie bei einer Barzahlung.527 Es gehe letztlich um einen reinen Buchungsausgleich für die Kosten der 523 Es ist zu wünschen, dass in der Praxis solche Regelungen vorgenommen werden, damit letztlich die Gerichte die Möglichkeit erhalten, diese Klausel und dadurch auch die teleologische Reduktion zu bestätigen. 524 Beispielsweise könnte der Rückgriffsgegner eine Nachlieferung der Minderung vorziehen. 525 Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82 (87); Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2509). 526 Vgl. Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82 (87); Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2509). 527 Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82 (87); Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2509).

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G. Die Regelung des § 478 Abs. 4

Mängelbeseitigung.528 Zudem bekomme der zum Regress berechtigte Händler genau dasjenige Interesse erfüllt, das er schon mit dem ursprünglichen Kaufvertrag verfolgte; nämlich fehlerfreie Ware vom Hersteller zum Zweck des Weiterverkaufes zu erhalten.529

b) Ablehnung des Vorschlages Wie schon mehrfach gezeigt,530 kann sich das Interesse des Abnehmers nach Erfüllung der Gewährleistungsrechte des Verbrauchers wandeln. Aus diversen schon erläuterten Gründen kann ein weiterer Erhalt von derartigen Waren zum Absatz nicht mehr erwünscht sein. Vielfach geht es letztlich um einen Ersatz für den Abfluss der liquiden Mittel.531 Ein solcher wird nicht durch eine Warengutschrift vorgenommen, da hier noch ein Absatz der Waren zum Ausgleich des Liquiditätsabflusses erfolgen müsste. Folglich ergäbe sich eine Regressfalle, vor welcher die §§ 478, 479 an sich schützen sollen. Damit findet durch eine Warengutschrift kein gleichwertiger Ausgleich i. S. d. § 478 Abs. 4 statt. Die Gewährleistungsaufwendungen werden über eine Warengutschrift gerade nicht weitergegeben. Der fehlende gleichwertige Ausgleich ergibt sich daher aus den vom Vertreter der Auffassung selbst angeführten betrieblichen Vorteilen zugunsten der Rückgriffsgegner durch Nichtbelastung ihrer Liquiditätsausstattung. Die Besserstellung des Herstellers durch Warengutscheine wird noch dadurch verstärkt, dass infolge des Aufwandes für Transport- und Arbeitsleistungen sowie deren Weitergabe an höhere Kettenstufen der Wert des Rückgriffsanspruches den Verkaufspreis auf den vorgelagerten Kettenstufen, beispielsweise den Verkaufspreis des Herstellers, für eine Wareneinheit übersteigen kann. Dann wäre der Händler bei einer Warengutschrift gezwungen mehr als eine Einheit zum Ausgleich seiner Kosten abzunehmen. Dies fördert den Absatz beim Hersteller, kann aber den Händler, durch den Zwang noch mehr Wareneinheiten abnehmen und absetzen zu müssen, erheblich belasten. Weiter würden die Lager der Händler mit mittlerweile möglicherweise veralteten Produkten gefüllt, wodurch Kosten verursacht und die Dispositionsmöglichkeiten eingeschränkt werden. Damit stellen Warengutschriften anstelle eines Barausgleiches keinen gleichwertigen Ausgleich i. S. d. § 478 Abs. 4 dar. Es hat, wie von Haas und Graf von Westphalen zu Recht gefordert, ein Ausgleich in Geld zum Schutz vor einer Regressfalle zu erfolgen.532 Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2509). Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2509). 530 Siehe D. II. 2. d) aa) und D. V. 3. c) aa) (1). 531 So auch Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 488. 532 Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 27, 29; Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 488. 528 529

III. Abbedingung mittels gleichwertigen Ausgleiches

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c) Modifikation des Vorschlages Es bleibt jedoch eine AGB-Klausel möglich, in der dem Abnehmer das Recht eingeräumt wird, anstelle eines geldwerten Ausgleiches für die bei ihm entstandenen Kosten der Gewährleistung, eine Warengutschrift oder die Lieferung anderer Produkte vom Lieferanten oder Hersteller verlangen zu dürfen. Zur Wirksamkeit der Klausel muss die Entscheidung dem zum Regress berechtigten Unternehmer obliegen.

6. Beweiserleichterung Als Bestandteil eines gleichwertigen Ausgleiches könnten ferner Beweiserleichterungen zugunsten der zum Regress berechtigten Händler getroffen werden. Wie schon dargelegt,533 trägt der Anspruchsteller des Regressanspruches die Beweislast hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen. Zur Darlegung dieser Voraussetzungen bedarf es einer umfassenden Dokumentation und zumeist einer Erklärung des Verbrauchers. Weiterhin muss der zum Rückgriff Berechtigte zeigen, dass das mangelhafte Produkt unzweifelhaft aus der Handelsbeziehung mit dem Regressgegner stammt. Hierfür ist eine entsprechende detaillierte und demgemäß kostenintensive Aufschlüsselung der einzelnen Lagerbestände nach ihren Anbietern nötig. Diese muss für jedes verkaufte Produkt nachvollziehbar bleiben. Die Beweislast belastet, wie es dieses Wort schon ausdrückt, den Anspruchsteller. Daher könnte der Lieferant seinem Abnehmer durch Abmilderung der gesetzlichen Anforderungen entgegenkommen. Es könnte auf den Nachweis eines entsprechenden Lagerbestandes oder eine Erklärung des Verbrauchers verzichtet werden, indem sich der Regressgegner mit einer einseitigen Erklärung seines Abnehmers, die Voraussetzungen des Rückgriffsanspruches lägen vor, oder ähnlichen Beweiserleichterungen begnügt. Zur Ergänzung bietet sich die Vereinbarung von stichprobenmäßigen Kontrollen an. Vor falschen Erklärungen und Manipulationen seitens des Abnehmers zum Nachteil des Lieferanten wird in der Mehrzahl der Fälle durch eine zum Schadensersatz verpflichtende Vertragsverletzung bzw. über § 823 Abs. 2 i.V.m. § 263 StGB ein ausreichender Schutz erzielt. Trotz dieser Tatsachen ist eine derartige Abmilderung der Beweislast nur mit bekannten und zuverlässigen Abnehmern zu empfehlen. Weiter ist zu beachten, dass in einem Streit über die Vornahme eines gleichwertigen Ausgleiches die Beweislast den Anspruchsgegner trifft. Liegt aber eine solche Beweiserleichterung in Bezug auf die Rückgriffsvoraussetzungen zugunsten des Anspruchstellers vor, erhält der Anspruchsgegner keine Nachweise, mittels derer er die Gleichwertigkeit belegen könnte. Folglich könnte in einer Beweislasterleichterungsklausel zusätzlich vereinbart werden, dass das Nichtbestehen der Gleichwertigkeit vom Anspruchsteller 533

Siehe B. II. 1.

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G. Die Regelung des § 478 Abs. 4

zu beweisen ist.534 Wird eine derartige ergänzende Regelung nicht vorgenommen, kann insbesondere die vollständige Freistellung des Anspruchsstellers von der Beweislast Bestandteil eines gleichwertigen Ausgleiches sein. Damit können Beweiserleichterungen entgegen anderslautenden Stimmen535 als Ansatzpunkt für einen gleichwertigen Ausgleich dienen.

7. Reduzierung des Prozessrisikos / Kulanzmaßnahmen Ferner könnte eine Rücksprache- und Genehmigungsklausel zur Reduzierung des Prozessrisikos auf Seiten der Abnehmer vereinbart werden. Besteht über die Berechtigung der Mängelrüge eines Verbrauchers Streit und droht eine gerichtliche Auseinandersetzung mit ihm, befindet sich der Letztverkäufer in einer schwierigen Entscheidungssituation.536 Leistet er trotz Bedenken aus Gesichtspunkten der Kundenfreundlichkeit Gewähr, aber im Nachhinein erweist sich die Mängelrüge als unbegründet, können die Gewährleistungskosten nicht über §§ 478, 479 weitergereicht werden. Verweigert der Letztverkäufer die Nacherfüllung, besteht das Risiko, im Falle des Unterliegens bei der gerichtlichen Auseinandersetzung zwar die Nacherfüllungskosten, nicht aber die von ihm zu tragenden Rechtsverfolgungskosten ersetzt zu bekommen.537 Durch eine entsprechende Vereinbarung könnte die Entscheidung über die Vornahme der Gewährleistung bzw. die Folgen dieser Entscheidung im Rahmen eines gleichwertigen Ausgleiches mit einer entsprechenden AGB-Vereinbarung auf den Lieferanten Die Dokumentationslast bliebe dann jedoch zumindest zum Teil weiter bestehen. Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2509). 536 Vgl. unter E. II.; Schubel möchte die Entscheidungssituation durch die Einräumung eines gewissen Beurteilungsspielraumes bei der Anerkennung eines Gewährleistungsfalles zugunsten des Letztverkäufers mildern. Vgl. Schubel, ZIP 2002, S. 2061 (2064, 2071); damit sich der Letztverkäufer nicht entgegenhalten lassen kann, er habe den Beurteilungsspielraum überschritten und die Interessen des Lieferanten bzw. des Herstellers nicht ausreichend berücksichtigt, ist eine Konkretisierung des Beurteilungsspielraumes durch die beteiligten Parteien, wie folgend gefordert, erforderlich. Ohne eine solche Konkretisierung wird die Entscheidungssituation nicht nachhaltig entschärft. Zudem ist ein im Rahmen der §§ 478, 479 nach der gesetzlichen Regelung bestehender Ermessensspielraum des Letztverkäufers nicht allgemein anerkannt. Folglich ist die Ausschöpfung und Berufung auf einen solchen nicht allgemein anerkannten Spielraum, ohne dass eine konkrete entsprechende Vereinbarung mit dem Vertragspartner getroffen wurde, gleichfalls mit dem Risiko belastet, eine Kulanzmaßnahme vorgenommen zu haben und dadurch mangels Einschlägigkeit der §§ 478, 479 auf den Kosten der Gewährleistung „sitzen zu bleiben“. Demgemäß ist eine entsprechende AGB-Regelung anzuraten. 537 Siehe auch Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2509); auch bei einem von Schubel geforderten Beurteilungsspielraum – Schubel, ZIP 2002, S. 2061 (2064, 2071) – kann sich die Sachlage einstellen, dass nach Ansicht des Letztverkäufers kein Gewährleistungsfall vorliege, es aber entgegen der Einschätzung des Letztverkäufers zu einer Verurteilung zur Gewährleistung kommt. 534 535

III. Abbedingung mittels gleichwertigen Ausgleiches

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übertragen werden. Dem Letztverkäufer könnte das Recht eingeräumt werden, bei Streitigkeiten mit dem Verbraucher über die Berechtigung der Mängelrüge, seinen vorgelagerten Vertragspartner in die Entscheidung einzubinden,538 wobei der Vertragspartner verpflichtet ist, die durch seine getroffene Entscheidung beim Letztverkäufer anfallenden Kosten – zumindest teilweise – zu übernehmen. Folge dieser Klausel wäre, dass der Letztverkäufer, wenn sich der Lieferant für die Vornahme der Gewährleistung entscheidet, unabhängig von tatsächlichen Begründetheit der Mängelrüge zwischen Verbraucher und Letztverkäufer die Gewährleistungskosten über §§ 478, 479 ersetzt verlangen kann. Entscheidet sich der Lieferant gegen eine Vornahme der Gewährleistung und kommt es dadurch zu einem Prozess zwischen Verbraucher und Letztverkäufer, könnte der Lieferant durch die AGB-Klausel verpflichtet sein, mittels Streitverkündigung dem Prozess beitreten539 bzw. die Prozesskosten bei einer prozessualen Niederlage gegenüber dem Letztverkäufer zur Hälfte übernehmen zu müssen. Die eben dargestellte Entscheidungsproblematik könnte durch derartige Klauseln die Lieferkette hinauf zum vermeintlichen Urheber des Mangels – den Hersteller – verlagert und eine weitere Aufteilung des Prozessrisikos erreicht werden. Eine solche Klausel geht vor dem Hintergrund der teilweisen Übernahme des Prozessrisikos sehr weit und rentiert sich nur bei kostenintensiven Produkten. Daher kann sich, insbesondere für die vorgelagerten Kettenglieder, eine AGB-Regelung anbieten, nach der dem Letztverkäufer ein Spielraum zur Beurteilung und Vornahme von Gewährleistungen trotz Bedenken gegen die Berechtigung der Mängelrüge eingeräumt wird, wobei die Kosten der Gewährleistung unabhängig von der tatsächlichen Begründetheit der Mängelrüge über §§ 478, 479 zu ersetzen sind. Der dem Letztverkäufer eingeräumte Beurteilungsspielraum ist zur sicheren Anwendung und Umsetzung mit entsprechenden Verhaltensrichtlinien zu konkretisieren und durch ein Recht zur Hinzuziehung der vorgelagerten Kettenglieder bei kostenmäßig erheblichen und problematischen Fällen zu ergänzen.540 Mit einer derartigen AGB-Vorschrift können zwar die Kosten von Kulanzmaßnahmen teilweise ersetzt werden. Aus Gründen der Kundenfreundlichkeit und Kundenzufriedenheit sowie zur besseren Bindung der Kunden ist dies zu begrüßen. Kulanzmaßnahmen kommen nicht nur den Letztverkäufern, sondern auch den entsprechenden Herstellern und dem Ansehen der gesamten Wirtschaft zugute. Klauseln, nach denen Kulanzmaßnahmen im gewissen Rahmen über §§ 478, 479 ersatzfähig sind, Vgl. Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (441). Wurde eine derartige AGB-Regelung nicht vereinbart, tritt der Lieferant dem Streit folglich nicht bei, empfiehlt es sich für den Letztverkäufer bei einer Auseinandersetzung mit dem Verbraucher (wegen seines möglichen Rückgriffsrechtes nach §§ 478, 479) seinem Lieferanten den Streit zu verkünden. Dies kann auch zur Erzielung der Hemmungswirkung nach § 204 Nr. 6 vor dem Hintergrund der fünfjährigen Höchstfrist des § 479 Abs. 2 angebracht sein. Vgl. Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 20; Bereska, ZGS 2002, S. 59 (60, 61); Jud, ÖJZ 2000, S. 661 (667). 540 Vgl. Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 483. 538 539

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G. Die Regelung des § 478 Abs. 4

können somit das Prozessrisiko beim Letztverkäufer mindern und als Element eines gleichwertigen Ausgleiches Berücksichtigung finden. Festzuhalten bleibt, dass sich zur Ausgestaltung eines gleichwertigen Ausgleiches neben pauschalen Abrechnungssystemen, Rücksprache- und Genehmigungsklauseln oder Beweislasterleichterungen anbieten können. Es kann auch ein Kostenausgleichsanspruch – eventuell in Kombination mit einem Recht zur Nachlieferung – vereinbart werden.

IV. AGB-Regelungen zur Klarstellung der gesetzlichen Lage Darüber hinaus sind AGB-Regelungen zur Klarstellung der gesetzlichen Lage vorstellbar. 1. Unverhältnismäßigkeit von Aufwendungen Nach der gesetzlichen Regelung der §§ 478 Abs. 2, 5, 439 Abs. 2 sind nur solche Kosten ersatzfähig, die der jeweilige Regressberechtigte gegenüber seinem Käufer zwingend tragen musste.541 Gleichermaßen müssen die Nacherfüllungskosten, auch ohne eine entsprechende vertragliche Regelung, nicht ersetzt werden, die nach dem Maßstab des § 439 Abs. 3 unverhältnismäßig sind. Trotz der gesetzlichen Regelung bezüglich der zu ersetzenden Aufwendungen bietet sich eine klarstellende Bestimmung in der Form an,542 dass Rückgriffsansprüche des Bestellers gegen den Lieferanten gemäß § 478, hier insbesondere Abs. 2, nur insoweit bestehen, als der Besteller mit seinem Abnehmer keine über die gesetzlichen Mängelansprüche hinausgehenden Vereinbarungen getroffen hat. Des Weiteren könnten die Parteien den unbestimmten Rechtsbegriff der „unverhältnismäßigen Kosten“ i. S. d. § 439 Abs. 3 für ihre konkrete Geschäftsbeziehung durch eine entsprechende Regelung näher konkretisieren. Wertmäßigen Festschreibungen der zu ersetzenden Nacherfüllungskosten erleichtern die Abwicklung des Rückgriffes und bieten dem Letztverkäufer Anhaltspunkte bei der Vornahme der Nacherfüllung. 2. Verpflichtung zur Weiterleitung des Nacherfüllungsverlangens Eine Klarstellung lässt sich darüber hinaus hinsichtlich der Verpflichtung zur Weiterleitung des Nacherfüllungsverlangens treffen. Es ergibt sich aus den kaufVgl. B. II. 3. und C. I. 2. d) und e), C. I. 3. c); Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2507). Entgegen Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2509), der eine ausdrückliche Begrenzung für gänzlich überflüssig hält. 541 542

V. AGB-Regelungen zur Ausgestaltung des Rückgriffes

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vertraglichen Regelungen, dass jedes Kettenglied, insbesondere der Letztverkäufer, seinen Vormann in die Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher einzubinden hat, sofern er diese nicht aus eigenen Mitteln, d. h. ohne Einbindung Dritter, vornehmen kann. Dennoch sollte in den AGBs die Verpflichtung zur Weiterleitung des Nacherfüllungsverlangens aufgenommen werden, um die Pflicht dem Vertragspartner vor Augen zu führen und bei einer Verletzung dieser Pflicht neben der gesetzlichen Regelung auch auf die AGBs verweisen zu können. Verstößt der Vertragspartner gegen die Einbindungspflicht (beispielsweise durch eine Fremdbeschaffung), vereitelt er das Recht seines Vormannes zur zweiten Andienung und begeht damit eine Vertragsverletzung. Durch eine solche Klausel lässt sich auch die geforderte teleologische Reduktion bei einer vertragswidrigen Fremdbeschaffung543 vorweg nehmen. Die Einbindungsklausel sollte allerdings durch eine zusätzliche Ausnahmeregelung ergänzt werden, wonach der Vertragspartner in dringenden Fällen der Gefährdung der Betriebssicherheit oder zur Abwehr unverhältnismäßig großer Schäden das Recht eingeräumt wird, den Mangel durch Dritte beseitigen zu lassen und anschließend vom Lieferanten Ersatz der angefallenen Kosten zu verlangen, wobei der Verwender sofort von der Fremdbeschaffung zu verständigen ist.544

3. Einzureichende Unterlagen Des Weiteren kann eine AGB-Regelung getroffen werden, mit der eine genaue Festlegung der zum Regress einzureichenden Unterlagen erfolgt. Den Anspruchsteller trifft die Darlegungs- und Beweislast.545 Eine genaue Bestimmung wie dieser nachgekommen werden kann, erleichtert beiden Vertragsparteien die Rückgriffsabwicklung. So sind Klauseln denkbar, in denen die Einreichung einer Kopie des Kaufbeleges oder des Liefernachweises, eines durch den Verbraucher abgezeichneten Leistungsnachweises inklusive Fehlerbeschreibung und Gerätedaten zuzüglich eines Nachweises über die erforderlichen Aufwendungen verlangt wird.

V. AGB-Regelungen zur Ausgestaltung des Rückgriffes Als Ergänzung zu den bisher angesprochenen ABG-Regelungen sind Klauseln zur Ausfüllung und Gestaltung des Rückgriffes in der Lieferkette nach §§ 478, 479, 437 ff. denkbar. Siehe zur vertragswidrigen Fremdbeschaffung unter C. I. 3. d) aa) (3) und (4). Vgl. die AGB-Empfehlungen vom VDMA, VDW, Bekanntmachung Nr. 94 / 02, im Amtlichen Teil des Bundesanzeiger 2002 / Nr. 70, S. 7944, VI. Mängelansprüche Nr. 2 Satz 2. 545 Siehe B. II. 1. 543 544

11 Böhle

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G. Die Regelung des § 478 Abs. 4

1. Begrenzung auf das Regressinteresse und Begrenzung des Schadensersatzes Wie sich aus § 478 Abs. 4 Satz 2 eindeutig ergibt, kann eine allein an § 307 zu messende Beschränkung bzw. ein Ausschluss des Anspruches auf Schadensersatz vorgenommen werden. Es wurde gezeigt, dass ein Rückgriff nach §§ 478, 479 ebenfalls mittels eines Schadensersatzanspruches erfolgen kann, wobei dem Anspruchsteller die Erleichterungen der §§ 478 Abs. 1, 3, 476 zur Seite stehen.546 Mithin ist es für den Lieferanten empfehlenswert, mittels AGBs einen Ausschluss für leichte und mittlere Fahrlässigkeit vorzunehmen.547 Zusätzlich sollte die unter D. II. d) cc) (3) geforderte Beschränkung der Regressansprüche des § 478 Abs. 1 mittels einer teleologischen Reduktion auf das Regressinteresse als Klausel in die AGBs aufgenommen werden, um im Vorgriff auf die hoffentlich von den Gerichten bestätigte Reduktion eine Beschränkung der Rückgriffsregelung der §§ 478, 479 vornehmen zu können. Eine solche Klausel würde zwar über den Wortlaut des § 478 Abs. 4 Satz 1 hinausgehen, sich aber innerhalb des Sinnes und Zweckes der §§ 478, 479 halten. Daher muss sie als zulässig angesehen werden. § 478 Abs. 4 Satz 1 ist nach dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479, wie zuvor bereits gefordert, teleologisch zu reduzieren, sodass ein gleichwertiger Ausgleich nur für eine Abbedingung der Rechte aus §§ 478, 479 erforderlich wird, wenn das Regressinteresse eingeschränkt wird.548 Darüber hinaus kann sich je nach konkreter Lage des Einzelfalles ein Regress im Anschluss an eine gegenüber dem Verbraucher vom Letztverkäufer vorgenommene Nacherfüllung über § 478 Abs. 1 als günstiger erweisen als ein Regress nach § 478 Abs. 2. Auch umgekehrt kann ein Regress nach § 478 Abs. 2 günstiger sein als nach Abs. 1. Daher bietet sich eine AGB-Regelung an, mit der das Wahlrecht des Letztverkäufers an das Regressinteresse gebunden wird, sodass die jeweils kostenminimale und das Regressinteresse ausgleichende Variante zu wählen ist. Durch eine solche Klausel wird der Letztverkäufer nicht in eine Regressfalle getrieben, da er Ersatz für seine Inanspruchnahme erhält. Es wird ihm lediglich die Weiterleitung des das Regressinteresse im Einzelfall übersteigenden Betrages verwehrt. Damit entspricht eine solche Regelung dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 und muss daher als zulässig angesehen werden.549 Bei der Beschränkung der zu wählenden Rechte muss nebenbei beachtet werden, dass nicht Rechte ausgeschlossen werden, die eher im Sinne des Rückgriffsgegners sind.550 Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2510). Ähnlich Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 32; Roloff, NotBZ 2001, Beilage Schuldrechtsreform, S. 3 (11). 548 Ähnlich aber nicht mit derselben Deutlichkeit Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1173). 549 Beachte die geforderte teleologische Reduktion des § 478 Abs. 4 Satz 1 unter G. II. 4. b) bb). 550 Beispielsweise könnte der Rückgriffsgegner eine Nachlieferung der Minderung vorziehen. 546 547

V. AGB-Regelungen zur Ausgestaltung des Rückgriffes

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2. Wertmäßige Beschränkung der Minderung In ähnlicher Weise kann eine Klausel, nach der die vom Unternehmer geltend gemachte Minderung nicht über den dem Vorgänger zuvor gezahlten Minderungsbetrag hinausgehen darf, Wirkung entfalten.551 Es sind Konstellationen denkbar, in denen der geltend gemachte Minderungsbetrag über dem verauslagten Betrag liegt, beispielsweise weil es dem Letztverkäufer gelungen ist, nur einen erheblich unter dem angebrachten Minderungsbetrag liegenden Betrag dem Verbraucher zahlen zu müssen. Durch die vorgeschlagene AGB-Regelung wird eine Belastung der höher gelegenen Kettenglieder über die Belastung des Letztverkäufers hinaus vermieden. Der zum Regress nach §§ 478, 479 Berechtigte erhält den verauslagten Minderungsbetrag ersetzt, sodass dem Sinn und Zweck dieser Normen genüge getan ist.552 An sich steht auch hier der Wortlaut des § 478 Abs. 4 Satz 1, wie bereits unter G. II. 4. erläutert, der Klausel entgegen, da zum Nachteil des jeweiligen Unternehmers auf das Minderungsrecht und die Bestimmung des Minderungsbetrages nach § 441 Abs. 3 Einfluss genommen wird. Infolge der geforderten teleologischen Reduktion des § 478 Abs. 4 Satz 1 wird für eine Klausel zur wertmäßigen Beschränkung der Minderung kein gleichwertiger Ausgleich erforderlich, da keine Beeinträchtigung des Regressinteresses erfolgt.

3. Eigentum hinsichtlich ersetzter Teile Neben den bislang vorgeschlagenen AGB-Regelungen bietet sich eine Verpflichtung zur Weitergabe der im Rahmen der Nachbesserung ersetzten Teile an. Es könnte eine Klausel vereinbart werden, nach der die ersetzten Teile, sofern Kostenersatz gewährt wird, Eigentum des zum Ersatz verpflichteten Vertragspartners werden.553 Gleichfalls kann vereinbart werden, dass das Eigentum an der ausgetauschten Ware bei Erfüllung des Kostenersatzanspruches dem Rückgriffsschuldner zu übertragen ist.

4. Verwendung von Originalteilen Nimmt der Letztverkäufer oder ein anderes Kettenglied, nachdem die mangelhafte Kaufsache ihm zur Nachbesserung hochgereicht wurde, die Nachbesserung vor, liegt die Verwendung von Originalteilen im Interesse des Herstellers. Bislang existieren zum alten Schuldrecht AGB-Klauseln, die den Aufwendungsersatz von Bernreuther, WRP 2002, S. 368 (380, 382). Zudem wird die Erzielung eines Rückabwicklungsgewinnes nicht von §§ 478, 479 bezweckt. 553 Vgl. AGB-Empfehlungen vom VDMA, VDW, Bekanntmachung Nr. 94 / 02, im Amtlichen Teil des Bundesanzeiger 2002 / Nr. 70, S. 7944, VI. Mängelansprüche Nr. 1. 551 552

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G. Die Regelung des § 478 Abs. 4

der Verwendung von Originalteilen abhängig machen. Vor dem Hintergrund der §§ 478, 479 könnte eine solche Klausel, die den Kostenersatz von der Verwendung von Originalteilen abhängig macht, Bedenken ausgesetzt sein, da der Regressanspruch nach der gesetzlichen Lage auch dann besteht, wenn der Letztverkäufer bei der Selbstvornahme andere Ersatzteile verwendet hat. §§ 478, 479 bzw. die §§ 433 ff. regeln jedoch nicht, welche Ersatzteile im Rahmen einer Nachbesserung einzubauen sind. Dem Letztverkäufer gebührt folglich nicht das unabdingbare Recht eigene Ersatzteile einzubauen. Zudem sind die bei der Nachbesserung verwendeten Ersatzteile für den Kostenersatz gemäß § 478 Abs. 2 unerheblich. Es kommt alleine darauf an, dass Kostenersatz zu gewähren ist. Mithin hat § 478 Abs. 4 Satz 1 keinen Einfluss auf eine Klausel, die bei der Nachbesserung den Einsatz von Originalteilen verlangt, und steht dieser Klausel daher nicht entgegen. Die Verpflichtung zur Verwendung von Originalteilen kann daher ebenso wie im alten Recht unter Beachtung der §§ 305 ff. festgeschrieben werden, nur sollte der Kostenersatz infolge des § 478 Abs. 4 Satz 3 nicht von der Verwendung von Originalteilen abhängig gemacht werden. Falls die Nachbesserung nicht unter Einhaltung von bestimmten den Verbraucher schützenden Sicherheitsvorschriften bezüglich des Produktes erfolgt, wird ein Ausschluss der Kostenerstattung nach §§ 478 Abs. 2, 5, 439 Abs. 2 als zulässig anzusehen sein, da in derartigen Konstellationen nicht ordnungsgemäß nachgebessert wurde, die Kosten somit nicht zur Nacherfüllung erforderlich waren. Eine Klausel, nach der nur die Kosten einer ordnungsgemäßen Nacherfüllung über §§ 478, 489 ersetzt werden, muss somit möglich sein.

VI. Zusammenfassung und Ausblick Es wurde gezeigt, dass bei einer AGB-Klausel, die den Letztverkäufer dazu verpflichtet, die Nachbesserung gegenüber dem Verbraucher von autorisierten Werkstätten oder Servicestellen bzw. vom Klausel-Verwenders selbst vornehmen zu lassen, für die Rückgriffsregelung der §§ 478, 479 kein Raum ist. Daher kann sich eine solche Einbindungsklausel zur Aushebelung der §§ 478, 479 anbieten. Weiter bietet sich an, die Folgen eines Verstoßes gegen die Einbindungspflicht durch eine Fremdbeschaffung in Form des Erhaltes des Rechtes zur zweiten Andienung und eine Begrenzung der Rückgriffsrechte auf das Regressinteresse durch entsprechende Klauseln in die AGB zu integrieren. Herstellergarantien können zu einer teilweisen Verdrängung der §§ 478, 479 führen und die Bindungsklausel hinsichtlich autorisierter Werkstätten bzw. Servicestellen ergänzen. Schlussendlich gestaltet sich die Abbedingung des Rückgriffes im Ganzen oder zum Teil über einen gleichwertigen Ausgleich gemäß § 478 Abs. 4 Satz 1 als

VI. Zusammenfassung und Ausblick

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schwierig. Die genaue Bestimmung und Einstellung eines pauschalen Abrechnungssystemes erfordert statistisches Material und birgt dennoch das Risiko einer gerichtlichen Verwerfung. Ebenso verhält es sich mit den anderen Möglichkeiten in Form von Beweiserleichterungen und Minimierung des Prozessrisikos. Folglich schwebt über der Abbedingung oder Einschränkung der Rechte aus §§ 478, 479 gegen einen vermeintlich gleichwertigen Ausgleich das Damoklesschwert der Beweislast und einer gerichtlichen Verwerfung. Daher ist anhand einer Kosten-Nutzen-Erwägung zu ermitteln, ob dieses Risiko eingegangen werden soll. Die Abbedingung wird darüber hinaus durch die zu weit gehende Regelung des § 478 Abs. 4 Satz 1 erschwert, da vom Wortlaut auch Klauseln erfasst sind, die keine finanzielle Beschränkung des Rückgriffsanspruches vornehmen. Das geht über den Sinn und Zweck der §§ 478, 479 hinaus. Aus diesem Grund hat eine teleologische Reduktion dieser Norm zu erfolgen, sofern keine entsprechende Umformulierung stattfindet. Neben den vorgeschlagenen AGB-Regelungen kommt die Bildung entsprechender Rückstellungen i. S. d. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB für ungewisse Verbindlichkeiten in Betracht.554 Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten sind für sicher oder wahrscheinlich be- oder entstehende Verpflichtungen gegenüber außerhalb des Unternehmens stehenden Personen zu bilden, wenn die Verpflichtungen wirtschaftlich verursacht sind, mit einer tatsächlichen Inanspruchnahme ernsthaft zu rechnen ist und kein Passivierungsverbot besteht.555 Rückstellungen für Gewährleistungen aufgrund der §§ 437 ff., 478 f. genügen diesen Voraussetzungen.556 Die neuen Regelungen der §§ 478, 479 manifestieren eine über das alte Recht hinausgehende Rückgriffsmöglichkeit für mangelbedingte Gewährleistungen, sodass hierdurch die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme auf Regress für die Kettenglieder steigt. Damit wird die Bildung von Gewährleistungsrückstellungen einen noch weiteren Anwendungsbereich als im alten Recht erhalten. Die Bildung, Bestimmung und Bewertung (§ 253 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 HGB) der Rückstellung richtet sich nach denselben Grundsätzen wie zum alten Recht.557 Falls infolge von Erfahrungen der Vergangenheit die statistische Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme bestimmt werden kann, sind Pauschalrückstellungen zu bilden.558 Siehe auch Westermann, NJW 2002, S. 241 (252). BFH DB 2002, S. 2351 f.; Clemm / Erle in Beck Bil-Komm., § 249 HGB Rn. 24 ff.; Kusterer in HK-HGB, § 249 HGB Rn. 3. 556 Für die alte Rechtslage, aber übertragbar BFH in BStBl II 1993, S. 437 ff.; Clemm / Erle in Beck Bil-Komm., § 249 HGB Rn. 100, Stichwort Gewährleistung; Kusterer in HKHGB, § 249 HGB Rn. 7, Stichwort Gewährleistung an sich schon für die neue Rechtslage, aber ohne auf den erhöhten Umfang durch §§ 478, 479 einzugehen; Korth, Rückstellungen in FS Claussen, S. 639 (641). 557 Vgl. hierzu Clemm / Erle in Beck Bil-Komm., § 249 HGB Rn. 100, Stichwort Gewährleistung; Kusterer in HK-HGB, § 249 HGB Rn. 7, Stichwort Gewährleistung. 558 Clemm / Erle in Beck Bil-Komm., § 249 HGB Rn. 100, Stichwort Gewährleistung; Kusterer in HK-HGB, § 253 HGB Rn. 59. 554 555

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G. Die Regelung des § 478 Abs. 4

Hierbei ist aber darauf zu achten, dass wegen §§ 478, 479 und der verlängerten Gewährleistungsfrist mit einem erheblichen Anstieg der Gewährleistungsfälle zu rechnen sein wird. Infolgedessen sind die Rückstellungen, wenn kein geeignetes Datenmaterial zur Bestimmung der Rückstellungen vorhanden ist, mittels einer vorsichtigen kaufmännischen Schätzung zu bestimmen.559 Als Bemessungsgrundlage können die für die einzelnen Produkte erzielten Umsatzerlöse oder der gesamte Umsatz infolge Warenabsatzes herangezogen werden.560 Die Rückstellungen sollten gemäß der nach § 479 Abs. 2 Satz 2 möglichen 5-jährigen Inanspruchnahme auf eben diesen Zeitraum bezogen erfolgen. Mit fortschreitendem Zeitablauf könnte eine teilweise Auflösung entsprechend der sinkenden Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme vorgenommen werden.

Kusterer in HK-HGB, § 249 HGB Rn. 4, § 253 HGB Rn. 58, 59a. Vgl. BFH in BStBl II 1992, S. 519 ff.; Clemm / Erle in Beck Bil-Komm., § 249 HGB Rn. 100, Stichwort Gewährleistung. 559 560

H. Die Regelung des § 478 Abs. 5 Die Regelung des § 478 Abs. 5 erstreckt die Anwendung der Vorschriften der Absätze 1 bis 4 auch auf die übrigen, höhergelagerten, unternehmerischen Käufer und Verkäufer der Lieferkette.561 Daher wird ermöglicht, dass ein Regress die Kette hinauf bis zum Urheber des Mangels stattfinden kann. Es treten beim Rückgriff innerhalb der Lieferkette die entsprechenden Probleme wie beim Regress des Letztverkäufers auf. Diese Probleme wurden jedoch schon oben vorgestellt und gelöst, sodass die dortigen Ausführungen entsprechend zu übertragen sind. Problematisch ist allerdings, wie weit der Regress die Kette hinauf vorgenommen werden kann. Der Regress läuft unstrittig zumindest bis zum Hersteller, da dieser ein Unternehmer i. S. d. §§ 14, 478 Abs. 5 ist und seinem Abnehmer die später an den Verbraucher abgesetzte Kaufsache verkauft hat. Zudem ist, worauf schon die Gesetzesbegründung562 hinweist, der Hersteller zumeist für den Mangel der Kaufsache verantwortlich, weshalb seine Haftung angebracht ist. Fraglich ist aber, ob der Regress beim Hersteller endet oder § 478 Abs. 5 einen Regress des Herstellers gegen seine Zulieferer nach §§ 478, 479 ermöglicht.563

I. Zulieferer und der Rückgriff nach §§ 478, 479 Um den Endpunkt des Rückgriffes nach den §§ 478, 479 bestimmen zu können, bedarf es einer Auslegung des § 478 Abs. 5.

1. Auslegung nach dem Wortlaut § 478 Abs. 5 regelt nicht ausdrücklich, wie weit der Regress vorgenommen werden kann. Er verweist auf eine entsprechende Anwendung der Absätze 1 bis 4, sofern die Schuldner Unternehmer sind.564 Abs. 1 spricht eindeutig von der „neu Vgl. B. II. 6. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247. 563 Siehe den Ansatz bei Schubel, JZ 2001, S. 1113 (1116). 564 Die Erfassung von unternehmerischen Kettengliedern dient Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 3, 34 als Argument dafür, dass der Rückgriff nach § 478 Abs. 1 und 5 bzw. Abs. 2 und 5 auch die Zulieferer des Herstellers erfasse. Weiterhin werden AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 46; Ball, ZGS 2002, S. 49 (52) und Heß, NJW 2002, S. 253 (259) als Vertreter eben dieser Ansicht (Erfassung von Zuliefern durch 561 562

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H. Die Regelung des § 478 Abs. 5

hergestellten Sache“ und definiert den Lieferanten als denjenigen Unternehmer, der „die Sache“ verkauft hat565. Die verkaufte Sache („neu hergestellte Sache“) insgesamt ist gemeint und nicht deren Elemente oder Bestandteile,566 was deutlich durch die Verwendung von „hergestellte“ hervorgehoben wird. Wird dies entsprechend auf § 478 Abs. 5 übertragen, sind nach dem Wortlaut Teilzulieferer des Herstellers nicht mehr vom Regress erfasst, da diese nur Bestandteile der „Sache“ liefern, d. h. die “ Sache“ nicht verkaufen.567 Die Kaufsache wird erst beim Hersteller und nicht beim Zulieferer hergestellt. Zusätzlich ist ein Zulieferer kein Lieferant i. S. d. § 478 Abs. 1,568 da ein Lieferant dieselbe später weiterverkaufte Sache seinem Abnehmer liefert, d. h. sie so weitergereicht hat, wie er sie selber bekommen hat.569 Ein Zulieferer hingegen liefert eine bloße Zutat, die im Herstellungsprozess aufgeht, Teil eines neuen Ganzen wird.570 Das neue Produkt gehört einer anderen Kategorie als die zugelieferte Sache an.571 Somit ergibt sich nach dem Wortlaut eindeutig, dass ein Regress gegen Zulieferer nicht über §§ 478, 479 möglich ist.572 2. Analoge Anwendung der §§ 478, 479 auf Zulieferer Die Vorschriften zum Rückgriff in der Lieferkette könnten auf Zulieferer entsprechend angewendet werden, wenn eine planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Nichterfassung der Zulieferer bei vergleichbarer Interessenlage gegeben ist. den Wortlaut) angeführt. In AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 46 wird lediglich von den Vorlieferanten des Letztverkäufers und nicht von den Zuliefern des Herstellers gesprochen, sodass der angeführte Verweis nicht zutrifft. Ebenso verhält es sich mit dem Verweis auf Heß, weil Heß keine Angaben zur Erfassung von Zulieferern über § 478 trifft. Er prüft lediglich anhand eines Beispielfalles unter anderem auch die Haftung eines Zulieferers über §§ 651, 631 ff. Ball erläutert, dass der Rückgriff in der Lieferkette wohl auch auf Zulieferer erstreckt werden könnte, trifft jedoch keineswegs die behaupteten Ausführungen hinsichtlich der Erfassung durch den Wortlaut. Im Übrigen wird bei der von Graf von Westphalen dargelegten Argumentation für die Erfassung der Zulieferer vom Wortlaut des § 478 Abs. 5 nur der Begriff „Unternehmer“ herangezogen. Eine gesamte Betrachtung und Analyse des § 478 Abs. 5 und des § 478 Abs. 1, auf den Abs. 5 verweist, erfolgt nicht. 565 Damit gilt die Legaldefinition des Lieferanten auch für Abs. 2 und dessen Auslegung. 566 Ernst, MDR 2003, S. 4 (5); Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2506). 567 Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2506); Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1172); Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82 (84). 568 Mankowski, DB 2002, S. 2419 (2421). 569 Wagner / Neuenhahn, ZGS 2002, S. 395 (397 f.); Mankowski, DB 2002, S. 2419; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1172). 570 Mankowski, DB 2002, S. 2419; Wagner / Neuenhahn, ZGS 2002, S. 395 (397 f.); Ernst, MDR 2003, S. 4 (5). 571 Mankowski, DB 2002, S. 2419; Ernst, MDR 2003, S. 4 (5). 572 Matusche-Beckmann, BB 2002, S. 2561 (2565); Wagner / Neuenhahn, ZGS 2002, S. 395 (397 f.); Ernst, MDR 2003, S. 4 (5); Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82 (84).

I. Zulieferer und der Rückgriff nach §§ 478, 479

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a) Planwidrige Regelungslücke Möglicherweise besteht in Bezug auf die Nichtberücksichtigung der Zulieferer als mögliche Regressverpflichtete gemäß §§ 478, 479 eine planwidrige Regelungslücke. Der deutsche Gesetzgeber möchte mit den Normen die Kosten einer Mängelbeseitigung bzw. einer Nachlieferung demjenigen auferlegen, der den Mangel letztlich zu verantworten hat.573 Nach den Ausführungen des Gesetzgebers wird zumeist der Hersteller der verkauften Sache der Mangelverursacher sein.574 In der Gesetzesbegründung wird nicht von Zulieferern, sondern nur von Herstellern gesprochen. Darüber hinaus wurden die §§ 478, 479 in den Untertitel 3 – Vorschriften zum Verbrauchsgüterkauf – eingefügt. Bei einem Verbrauchsgüterkauf geht es um den Verkauf neu hergestellter Sachen an einen Verbraucher. In § 478 wird der Regress innerhalb der Lieferkette für Mängel der Kaufsache geregelt, die der Verbraucher gegenüber dem Letztverkäufer geltend gemacht hat. Somit ist Regelungsgegenstand die komplette Kaufsache, auch wenn ihr Fehler nur einen Teilbereich der Sache in Mitleidenschaft zieht. Deswegen spricht der vom Gesetzgeber gewählte Standort der Regelung ebenso dafür, dass der Regress gemäß §§ 478, 479 nur bis zum Hersteller erfolgen sollte. Festzuhalten ist, dass der Gesetzgeber den Rückgriff nach den §§ 478, 479 nur bis zu den Herstellern vornehmen wollte.575 Dieses Ergebnis wird durch eine telefonische Anfrage576 beim BMJ unterstützt, weil ausgeführt wurde, dass eine Erstreckung des Regresses auf Zulieferer bei Erlass des Gesetzes nicht zur Diskussion577 stand.578 Daher läge an sich keine planwidrige Regelungslücke vor. Falls Art. 4 VerbrGKaufRL, auf dem die Regelungen der §§ 478, 479 beruhen,579 jedoch die Zulieferer zwingend erfasst, könnte dem deutschen Gesetzgeber bei der Umsetzung der Richtlinie ein Fehler unterlaufen sein, sodass trotz des eindeutig entgegenstehenden Willens des deutschen Gesetzgebers eine planwidrige Regelungslücke vorliegen könnte. Nach Art. 4 VerbrGKaufRL kann der Letztverkäufer den Hersteller, einen früheren Verkäufer innerhalb der Vertragskette oder eine andere Zwischenperson in ReBT-Drucks. 14 / 6040, S. 247. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247. 575 So auch Matusche-Beckmann, BB 2002, S. 2561 (2565); Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2506). 576 Eine schriftliche Aushändigung zu der aufgeworfenen Frage wurde angekündigt und steht bislang noch aus. 577 Auch im französischen Recht findet, soweit ersichtlich, keine Diskussion über die Erstreckung des Direktanspruches auf die einzelnen Zulieferer statt. Die „action directe“ endet spätestens beim Hersteller. Vgl. hierzu Terré / Simler / Lequette, Droit Civil, Rn. 1090 ff.; Ferid / Sonnenberger, Französisches Zivilrecht, Rn. 2 G 651 ff.; Bridge in Grundmann / Bianca, Art. 4 Rn. 43 f.; Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (729). 578 Ähnlich auch Grosjean, FAZ 20. 02. 2002, S. 26, der sich darauf beruft, dass das zuständige Referat im BMJ zu der Einschätzung tendiere, die §§ 478, 479 regelten nicht den Rückgriff gegen Zulieferer. 579 Vgl. B. I. 573 574

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H. Die Regelung des § 478 Abs. 5

gress nehmen.580 Ein Zulieferer könnte unter eine dieser Personengruppen zu fassen sein. Als Hersteller sollen neben dem Hersteller des Endproduktes als geeigneter Verursacher auch der Hersteller eines Grundstoffes oder eines Teilproduktes in Erwägung kommen,581 sodass ein Zulieferer hierunter fassbar wäre. Ebenso verhält es sich mit einem „früheren Verkäufer“, da Verkäufer in der Vertragskette derjenige sein soll, der das Verbrauchsgut oder zu dessen Herstellung erforderliche Stoffe in Richtung auf den Letztverkäufer geliefert hat.582 Ein Teilzulieferer könnte daher durch die VerbrGKaufRL erfasst sein. Allerdings lässt die Richtlinie dem nationalen Gesetzgeber gemäß Art. 4 Satz 2 VerbrGKaufRL auch hinsichtlich der Haftenden einen sehr weiten Spielraum,583 sodass letztlich die Erwägungen des nationalen Gesetzgebers, solange sie sich innerhalb der durch die Richtlinie gezogenen Grenzen halten, den Ausschlag geben. Der nationale Gesetzgeber wollte den Rückgriff gemäß §§ 478, 479 nur bis zum Hersteller vornehmen. Dies widerspricht nicht Art. 4 VerbrGKaufRL, weil die Hersteller gegen die Zulieferer nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht vorgehen können, d. h. nicht schutzlos sind. Folglich liegt aufgrund des entgegenstehenden gesetzgeberischen Willens und der Möglichkeit, mit dem allgemeinen Gewährleistungsrecht gegen die Zulieferer vorgehen zu können, keine planwidrige Regelungslücke in Bezug auf die Nichterfassung der Zulieferer vom Rückgriff nach §§ 478, 479 vor. Zusätzlich könnte eine fehlende vergleichbare Interessenlage gleichfalls gegen eine analoge Anwendung der §§ 478, 479 auf Zulieferer sprechen.

b) Vergleichbare Interessenlage Für eine vergleichbare Interessenlage könnte sprechen, dass die Mangelhaftigkeit der Kaufsache auf einem fehlerhaften Zuliefererteil beruhen könnte. In einer solchen Konstellation könnte der Bereich des Zulieferers als Entstehungsbereich des Mangels zu werten sein. Allerdings findet im Bereich des Herstellers die eigentliche Fertigstellung der Kaufsache statt. Durch den Hersteller wird die Kaufsache aus diversen einzelnen Teilen – eventuell auch fehlerhaften – zusammengesetzt. Der später an den Verbraucher verkaufte Gegenstand entsteht erst mit Abschluss der Produktion. Erst ab Wagner / Neuenhahn, ZGS 2002, S. 395 (397). Schmidt-Kessel, ÖJZ, 2000, S. 668 (670); Micklitz, EuZW 1999, S. 485; der Herstellerbegriff nach Art. 1 Abs. 2 Buchstabe d und Art 4 Satz 1 VerbrGKaufRL entspricht dem in Art. 3 ProdHaftRL. 582 Schmidt-Kessel, ÖJZ, 2000, S. 668 (670). 583 Bridge in Grundmann / Bianca, Art. 4 Rn. 28 ff.; Oetker / Maultzsch, S. 187; Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 477; Wagner / Neuenhahn, ZGS 2002, S. 395 (397); Prinz von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, S. 721 (729); Jud, ÖJZ 2000, S. 661 (662); Schmidt-Kessel, ÖJZ 2000, S. 668 (671 f.); Ehmann / Rust, JZ 1999, S. 853 (862); Knoche, DB 2002, S. 1699 (1701); Pfeiffer, ZGS 2002, S. 17. 580 581

II. AGB-Regelungen

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diesem Zeitpunkt kann die Kaufsache einen Mangel bedingt durch einen fehlerhaften Ausgangsstoff aufweisen.584 Daher ist die Sphäre des Herstellers, obwohl das Zuliefererteil fehlerhaft war, als Entstehungsort des Mangels anzusehen. Zusätzlich ist der Hersteller für die Produktion und damit auch für den Einsatz der verwendeten Ausgangsstoffe verantwortlich. Ihm obliegt die Kontrolle und die Auswahl der zur Herstellung der Kaufsache eingesetzten Stoffe.585 Darüber hinaus verkauft der Hersteller ein fertiges, selbst hergestelltes Produkt zumeist unter eigenem Namen. Der Verbraucher kauft letztendlich den vom Hersteller produzierten Gegenstand und nicht das Teil des Zulieferers.586 Nebenbei ist eine Haftung für ein fehlerhaftes Teil qualitativ und quantitativ etwas anderes als die Haftung, der Regress, für die Gesamtsache.587 Auch trifft den Hersteller das Produktionsrisiko.588 Durch einen Regress nach den §§ 478, 479 gegen seine Zulieferer könnte der Hersteller das Produktionsrisiko hinsichtlich Kontrolle und Auswahl der eingesetzten Ausgangsstoffe gänzlich auf seine Zulieferer verlagern. Dies ist aus dem Grund, dass die eigentliche Wertschöpfung beim Hersteller durch die Produktion und den Verkauf der Sache erfolgt, nicht angebracht. Bei einer Anwendung der §§ 478, 479 auf die Zulieferer würde den Herstellern ein umfänglicher Rückgriff, d. h. die Überwälzung des Produktionsrisikos, ermöglicht und gleichzeitig die Vorteile aus der Produktion der Kaufsache belassen. Dadurch würde er privilegiert und die Zulieferer belastet. Mithin wurde gezeigt, dass keine vergleichbare Interessenlage gegeben ist. Es mangelt ebenso an dieser Voraussetzung für eine entsprechende Anwendung der §§ 478, 479 auf Zulieferer. Der Rückgriff in der Lieferkette gemäß §§ 478, 479 kann mangels planwidriger Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage nicht entsprechend auf Zulieferer erstreckt werden und endet daher spätestens beim Hersteller.589

II. AGB-Regelungen Wie gerade dargelegt, sind die Regelungen der §§ 478, 479 weder direkt noch entsprechend auf das Verhältnis zwischen Hersteller und seinen Zulieferern anSo auch Matusche-Beckmann, BB 2002, S. 2561 (2565). Ebenso Matusche-Beckmann, BB 2002, S. 2561 (2565); ähnlich Wagner / Neuenhahn, ZGS 2002, S. 395 (398 ff.), weil dem Hersteller die Gesamtverantwortung infolge seiner Konstruktions- und Produktionshoheit zuzuschreiben ist. 586 Mankowski, DB 2002, S. 2419 f. 587 Mankowski, DB 2002, S. 2419. 588 Vgl. Wagner / Neuenhahn, ZGS 2002, S. 395 (398 ff.). 589 Vgl. Palandt / Putzo, § 478 Rn. 10; KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 32; Mankowski, DB 2002, S. 2419 (2421); Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (452) Wagner / Neuenhahn, ZGS 2002, S. 395 (398 ff.). 584 585

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H. Die Regelung des § 478 Abs. 5

wendbar. Der Regress endet nach diesen Vorschriften folglich spätestens beim Hersteller als letzten möglichen Rückgriffsschuldner. Dem Hersteller stehen gegen seine Zulieferer nur die allgemeinen Gewährleistungsrechte zu, die bereits verjährt sein bzw. mangels der Beweislastumkehr scheitern können. Mithin könnten die Hersteller in den gegenüber den Zulieferern verwendeten AGBs versuchen, mit Hilfe einer entsprechenden Regelung sich den Rückgriff gegen ihre Zulieferer zu eröffnen.590 Dies könnte mit einer Klausel erreicht werden, nach welcher der Rückgriff des Herstellers gegen seinem Zulieferer nicht nur nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht, sondern auch über §§ 478, 479 erfolgen kann. Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass keine unangemessene Benachteiligung der zumeist vom Hersteller abhängigen Zulieferer i. S. d. § 307 erfolgt. Auch könnte anstelle der Anwendung der §§ 478, 479 durch eine entsprechende Verjährungsverlängerung bezüglich der allgemeinen Gewährleistungsrechte, beispielsweise in Anlehnung an die fünf Jahre des § 479 Abs. 2 Satz 2, eine verbesserte Rückgriffsituation zugunsten des Herstellers erreicht werden.591

590 Vgl. Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (453); Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82 (87); Mankowski, DB 2002, S. 2419 (2420 f.); Matusche-Beckmann, BB 2002, S. 2561 (2566); Wagner / Neuenhahn, ZGS 2003, S. 64 ff. 591 Vgl. zu Bedenken hinsichtlich einer Erstreckung der Regelungen der §§ 478, 479 durch AGB auf Zulieferer Wagner / Neuenhahn, ZGS 2003, S. 64 ff.

I. Die Regelung des § 478 Abs. 6 § 478 Abs. 6 erklärt die Norm des § 377 HGB für anwendbar.592 Folglich hat der jeweilige Unternehmer die Waren gemäß § 377 HGB zu untersuchen und entdeckte Mängel zu rügen, um die Genehmigungsfiktion zu vermeiden.593 Gleiches gilt nach § 377 Abs. 3 HGB auch für erst später entdeckte Mängel. Dementsprechend hat der Unternehmer unverzüglich Mitteilung an seinen Vormann zu machen, auch wenn der Mangel bei ihm nicht zu entdecken war, er jedoch durch seine Inanspruchnahme auf Gewährleistung Kenntnis von einem solchen erhalten hat. Andernfalls kann der Unternehmer seine Rückgriffsansprüche durch die Genehmigungsfiktion verlieren. § 377 HGB gilt somit nicht nur für den Lieferweg, sondern auch für den Regressweg der Ware.594 Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde jedoch erwogen, die Rügeobliegenheit durch eine Änderung des § 378 HGB-RE nicht auf den Rückweg zu erstrecken.595 Dies sollte gleichfalls gelten, wenn der Unternehmer die Sache im normalen Geschäftsgang weiterverkauft habe, ohne den Mangel zu rügen.596 Hiergegen wandte sich zu Recht der Bundesrat,597 da eine solche Regelung eine ungerechtfertige Privilegierung des Letztverkäufers und eine Hintenanstellung der schutzwürdigen Interessen des Vormannes innerhalb der Lieferkette bedeuten würde.598 Art. 4 VerbrGKaufRL solle keine Regelung i. S. d. Regierungsentwurfes erfordern, weil zum einen die Ausgestaltung des Rückgriffes dem nationalen Gesetzgeber obliege und zum anderen der primäre Zweck der Richtlinie der Schutz der Verbraucher und nicht der Letztverkäufer sei.599 Ansonsten würde zusätzlich den Besonderheiten des Handelsverkehres und der zügigen Abwicklung der Verträge nicht ausreichend Rechnung getragen. ZuVgl. zu § 478 Abs. 6 die Ausführungen unter B. II. 7. Palandt / Putzo, § 478 Rn. 14; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rn. 96; Ehmann / Sutschet, Schuldrecht, S. 235; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1174). 594 Vgl. Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 92 ff.; Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (435, 437 f.); Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2508); Huber in Huber / Faust, § 15 Rn. 37; Marx, BB 2002, S. 2566 (2567 mit Fn. 12); Palandt / Putzo, § 478 Rn. 14 möchte die Untersuchungs- und Rügeobliegenheit hingegen nur auf den Lieferweg erstrecken. Wegen der folgenden Ausführungen kann dieser Ansicht nicht gefolgt werden; siehe Fn. 602. 595 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 249, 281. 596 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 249, 281. 597 Vgl. auch Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 93; ders. in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Praxis, § 8 Rn. 93. 598 BR-Drucks 338 / 01, S. 85 f.; BT-Drucks. 14 / 6857, S. 41. 599 BR-Drucks 338 / 01, S. 86; BT-Drucks. 14 / 6857, S. 41. 592 593

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I. Die Regelung des § 478 Abs. 6

dem haben die vorgelagerten Kettenglieder, insbesondere der Hersteller, ein vitales Interesse, möglichst frühzeitig über bestehende Mängel der Kaufsache informiert zu werden, um umgehend eine Kontrolle der Warenbestände oder bei Häufung sicherheitsrelevanter Fehler eine Rückrufaktion einleiten zu können. Auch zur Vorbeugung eines möglichen Verjährungseintrittes nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 ist eine sofortige Information über den kommenden Rückgriff für den Hersteller entscheidend. Dem Hersteller stehen, wie gerade gezeigt, nicht die Rechte aus §§ 478, 479 gegen seine Zulieferer mit der Folge zu, dass er auf die allgemeinen Gewährleistungsrechte nach §§ 437 ff. verwiesen ist. Die Ansprüche des Herstellers verjähren daher ohne die Ablaufhemmung des § 479 Abs. 2. Die Rechte des Herstellers gegen seine Zulieferer nach §§ 437 ff. entstehen mit der Lieferung eines mangelhaften Teiles, folglich sind diese nicht, wie die Rückgriffsrechte nach §§ 478, 479, 437 ff., von der Geltendmachung durch den Abnehmer abhängig. Dementsprechend reicht die Kenntnis von der Mangelhaftigkeit eines Zulieferteiles beim Hersteller aus, um seinen Gewährleistungsanspruch beim Zulieferer anzukündigen und geltend zu machen.600 Für den Hersteller vergrößert sich insbesondere bei nicht rechtzeitiger Information über den Mangel die Gefahr, dass seine allgemeinen Gewährleistungsansprüche gegen seine Zulieferer bereits verjährt sind, bevor er von der Mangelhaftigkeit Kenntnis erhält.601 Dieser Umstand wird durch die sofortige Rügeobliegenheit nach § 377 HGB i.V.m. § 478 Abs. 6 – auch auf dem Rückweg – entscheidend entschärft und trägt damit zur Sicherung der Hersteller bei. Nebenbei werden die Letztverkäufer bzw. die anderen Anspruchsteller innerhalb der Lieferkette durch eine Geltung von § 377 HGB nicht benachteiligt, da sie im Wege der Regressnahme ihren Vormann früher oder später über die Mangelhaftigkeit der Kaufsache, z. B. durch Geltendmachung des Anspruches, informieren müssen. Die unverzügliche Anzeige stellt somit keine Belastung dar. Schließlich besteht kein Unterschied, ob der Unternehmer von dem Mangel durch den Verbraucher Kenntnis erhält oder den Mangel vor einem Weiterverkauf selbst entdeckt.602 Demzufolge trifft den jeweilig anspruchstellenden Unternehmer sowohl auf dem Hinweg als auch auf dem Rückweg die Obliegenheit des § 377 HGB i.V.m. § 478 Abs. 6. Diese Regelungen sind angemessen. An sich bedarf es wegen der eindeutigen gesetzlichen Regelung keiner AGB-Klausel zur Fixierung einer Anzeigever600 Der Hersteller wird zwar zum Beweis des Fehlers zumeist auf die mangelhafte Kaufsache angewiesen sein, aber der Anspruch auf Gewährleistung besteht und verjährt unabhängig von dem Besitz an der Sache. Deswegen ist es für den Hersteller von großer Bedeutung, seinen Anspruch so schnell wie möglich – innerhalb von zwei Jahren ab Ablieferung des Zulieferteiles an ihn (§ 438 Abs. 2) – bei seinem Zulieferer anmelden zu können. 601 Vgl. Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2509). 602 Mit diesen Ausführungen zeigt sich, das die gegenteilige Auffassung von Palandt / Putzo, § 478 Rn. 14, die Rüge- und Untersuchungspflicht erstrecke sich nicht auf den Regress, abzulehnen ist.

I. Die Regelung des § 478 Abs. 6

175

pflichtung. Aus Klarstellungs- und Vereinfachungsgesichtspunkten könnte jedoch eine AGB-Regelung angeraten sein.603 Hierdurch könnte der unbestimmte Rechtsbegriff „unverzüglich“ durch Fixierung eines bestimmten Zeitraumes, beispielsweise innerhalb von fünf Werktagen, konkretisiert werden. Es sollte darauf geachtet werden, dass sich die Anzeigepflicht nicht nur auf den Lieferweg der Ware, sondern auch auf den Rückweg im Rahmen des Regresses erstreckt. Weiter ist, da § 377 HGB hierzu keine Vorgaben macht,604 eine schriftliche Anzeige605 und bei sicherheitsrelevanten Mängeln vorweg eine Mitteilung per Telefon, Telefax oder E-Mail bis spätestens des auf die Kenntnis hinsichtlich des Mangels folgenden Werktages zu fordern.

Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2508 f.). Stuhlfelner in HK-HGB, § 377 HGB Rn. 8; Wagner in Röhricht / Graf von Westphalen, § 377 HGB Rn. 26. 605 Vgl. AGB-Empfehlungen vom ZVEI, Bekanntmachung Nr. 25 / 02, im Amtlichen Teil des Bundesanzeiger 2002 / Nr. 21, S. 1729, VIII. Sachmängel Nr. 3. 603 604

J. Die Regelung des § 479 Nachdem die Absätze des § 478 eingehend behandelt wurden, kann sich der Regelung des § 479 gewidmet werden. Bei der kurzen Vorstellung des § 479 unter B. II. 8. wurde deutlich, dass jedes Kettenglied fünf Jahre lang ab Ablieferung mit seiner Inanspruchnahme auf Regress durch seinen Abnehmer wegen eines Sachmangels nach §§ 478, 479, 437 ff. rechnen muss. Dadurch wird die Verjährungsfrist im unternehmerischen Bereich praktisch auf fünf Jahre prolongiert.606 § 479 Abs. 1 trifft für den Anspruch eine erforderliche, weil ansonsten fehlende, mit § 438 Abs. 1 Nr. 3 vergleichbare Verjährungsregelung. Gegen die Anpassung der Verjährungsfrist an die nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht geltende Verjährungsfrist bestehen keine Bedenken. Allerdings könnte die Regelung des § 479 Abs. 2, wie von Stimmen aus der Literatur angemerkt, zu weit gehen und daher einzuschränken sein.607

I. Einschränkung der Ablaufhemmung Um beurteilen zu können ob und wie eine Einschränkung von § 479 Abs. 2 zu erfolgen hat, ist die gesetzliche Regelung eingehender darzustellen.

1. Gesetzliche Regelung des § 479 Abs. 2 Nach dem Wortlaut des § 479 Abs. 2 Satz 1 tritt die Verjährung frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt ein, in dem der Unternehmer (Letztverkäufer) die Ansprüche des Verbrauchers auf Sachmängelgewährleistung erfüllt hat.608 Damit endet die Ablaufhemmung frühestens zwei Monate nach der Erfüllung der Ansprüche des Verbrauchers oder aber nach Ablauf von fünf Jahren ab der Ablieferung der Ware an den Unternehmer gemäß § 479 Abs. 2 Satz 2. Demgemäß gilt die Ablaufhemmung auch dann, wenn Gewährleistungsrechte des Verbrauchers bestehen, die606 Vgl. auch Schimmel / Buhlmann, Winkelmann, E. I. Rn. 246; Büdenbender, DStR 2002, S. 361 (365); Ziegler / Rieder, ZIP 2001, S. 1789 (1797); Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1397). 607 Mansel / Budzikiewicz, § 5 Rn. 190 ff.; Mansel, NJW 2002, S. 89 (95); Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1400); Schwab / Witt, Einführung, S. 56 f.; ähnlich, aber nicht mit derselben Deutlichkeit Oetker / Maultzsch, S. 194. 608 Ehmann / Sutschet, Schuldrecht, S. 234.

I. Einschränkung der Ablaufhemmung

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se aber noch nicht vom Letztverkäufer erfüllt wurden.609 Der Zeitpunkt, in dem der Unternehmer die Ansprüche des Verbrauchers „erfüllt hat“, steht dann noch aus. Damit ist der Zeitpunkt, in dem frühestens Verjährung eintreten kann, bis zur Anspruchserfüllung noch nicht eingetreten.610 Der Zeitpunkt des Verjährungseintrittes, aber nicht das Einsetzen der Ablaufhemmung, ist gemäß § 479 Abs. 2 Satz 1 von der Erfüllung der Verbraucheransprüche abhängig. Für das Eingreifen der Ablaufhemmung reicht hingegen der Bestand von Gewährleistungsrechten aus. Folglich ist der Ablauf der zweijährigen Gewährleistungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 über § 479 Abs. 2 Satz 1 im Verhältnis des Letztverkäufers zu seinem Lieferanten beeinträchtigt, sobald dem Verbraucher gegen den Letztverkäufer Gewährleistungsrechte zustehen,611 da dann die Erfüllung der Verbraucheransprüche noch aussteht. Deswegen kann der Letztverkäufer beim Weiterverkauf der Sache an einen Verbraucher in den Genuss der Ablaufhemmung kommen,612 nicht jedoch wenn sich die Sache noch in seinem Lager befindet.613 Im letzteren Fall steht ihm lediglich die zweijährige Frist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 zur Verfügung, wohingegen er sich beim Weiterverkauf grundsätzlich auf eine Frist von maximal fünf Jahren gemäß § 479 Abs. 2 Satz 2 berufen kann.614 Verkauft der Unternehmer schon über zwei Jahre in seinem Lager befindende Waren weiter, kann § 479 Abs. 2 Anwendung finden. Dies hat zur Konsequenz, dass die bereits verjährten und damit nicht durchsetzbaren Gewährleistungsansprüche des Unternehmers gegen seinen Lieferanten ab dem Zeitpunkt des Weiterverkaufes wieder durchsetzbar werden,615 sofern dem Verbraucher seinerseits gegen den Letztverkäufer Mängelansprüche zustehen. Festzuhalten ist, dass die Befriedigung der Rechte des Verbrauchers nicht Voraussetzung für das Eingreifen der Ablaufhemmung ist.616 Es ist nach dem Wortlaut ausreichend, dass seitens des Verbrauchers Gewährleistungsrechte bestehen. Gegen diese Ausgestaltung der Ablaufhemmung nach § 479 Abs. 2 Satz 1 wenden sich einige Stimmen in der Literatur.

2. Befürworter einer teleologischen Reduktion Nach Ernst / Gsell geht die Ablaufhemmung zu weit und soll daher teleologisch reduziert werden,617 weil sich der Rückgriffsgläubiger, d. h. der Letztverkäufer, 609 Mansel / Budzikiewicz, § 5 Rn. 186; Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1400); Bereska, ZGS 2002, S. 59 (61). 610 Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1400); Mansel / Budzikiewicz, § 5 Rn. 186. 611 Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1400). 612 Es könnten Gewährleistungsrechte seitens des Verbrauchers bestehen. 613 Vgl. Mansel / Budzikiewicz, § 5 Rn. 187. 614 Vgl. Mansel / Budzikiewicz, § 5 Rn. 187. 615 Vgl. Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1400); Mansel / Budzikiewicz, § 5 Rn. 189. 616 Die Befriedigung der Rechte des Verbrauchers ist für die Bestimmung des Endzeitpunktes der Ablaufhemmung von Bedeutung.

12 Böhle

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J. Die Regelung des § 479

nur in einer Rückgriffssituation befände, wenn er die Gewährleistungsrechte seines Käufers, des Verbrauchers, erfüllt habe.618 Die Ablaufhemmung und damit die Hemmung der zweijährigen Gewährleistungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 trete jedoch nach der Vorschrift des § 479 Abs. 2 Satz 1 schon dann ein, wenn dem Verbraucher gegenüber dem Letztverkäufer Gewährleistungsrechte zustünden.619 Zur Verdeutlichung ihrer Argumentationsstruktur führen Ernst / Gesell folgendes Beispiel an.620 In einem Badeort habe ein Kioskbesitzer im Laufe des Sommers einen Posten Wasserbälle, die vom vorigen Jahr noch übrig geblieben seien, an Urlauber abgesetzt. Im darauf folgenden Jahr würden einige der Urlauber die Wasserbälle zurückbringen, da diese infolge eines Materialfehlers – der den gesamten Bestand beträfe – porös seien. Nach Ernst / Gsell sei nicht einsehbar, dass der Kioskinhaber für den ganzen abgesetzten Posten in den Genuss der Verjährungshemmung des § 479 Abs. 2 Satz 1 komme, obwohl er nur von wenigen Gästen in Anspruch genommen worden sei. Daher würde die zweijährige Gewährleistungsfrist in eine fünfjährige Frist umgewandelt, wenn am Ende der Kette nur ein einziger reklamierender Verbraucher stünde. Erforderlich sei deshalb eine teleologische Reduktion dahingehend, dass die Ablaufhemmung des § 479 Abs. 2 Satz 1 erst dann eingreifen solle, falls der Unternehmer als Rückgriffsgläubiger von seinem Käufer tatsächlich auf Gewährleistung in Anspruch genommen wurde und der Unternehmer diese Ansprüche erfüllt habe.621 Der Unterschied zu der oben dargestellten gesetzlichen Regelung besteht darin, dass das Eingreifen der Ablaufhemmung von der Vorlage einer Rückgriffssituation, d. h. der Befriedigung der Ansprüche der Verbraucher, abhängig gemacht werden soll.

3. Befürworter eines Rechtes zur Einrede Mansel und Budzikiewicz befürworten dagegen eine andere Lösung.622 Sie möchten das Eingreifen der Ablaufhemmung nach § 479 Abs. 2 Satz 1 von einem Weiterverkauf der Waren innerhalb von zwei Jahren seit Ablieferung623 abhängig machen.624

617 Ähnlich, aber nicht mit derselben Deutlichkeit Oetker / Maultzsch, S. 194; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1174). 618 Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1400). 619 Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1400). 620 Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1400). 621 Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1400). 622 Mansel / Budzikiewicz, § 5 Rn. 190 ff.; Mansel, NJW 2002, S. 89 (95). 623 Gemeint ist die Ablieferung der Waren an den weiterverkaufenden Unternehmer bzw. Verbraucher. 624 Vgl. Mansel / Budzikiewicz, § 5 Rn. 190 ff.

I. Einschränkung der Ablaufhemmung

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a) Weiterverkauf innerhalb von zwei Jahren ab Ablieferung Habe der Rückgriffsgläubiger die Sache innerhalb von zwei Jahren ab Ablieferung an einen Verbraucher weiterverkauft, seien die Fristen der §§ 438 Abs. 1 Nr. 3, 479 Abs. 1 noch nicht abgelaufen.625 Daher trete mit dem Weiterverkauf die in § 479 Abs. 2 vorgesehene Ablaufhemmung mit einer Maximalfrist von fünf Jahren ein.626 Werde der Rückgriffsgläubiger in dieser Zeit selbst nicht in Anspruch genommen, erleide er infolge der mangelhaften Waren keinen finanziellen Verlust und es entstehe keine Haftungsfalle.627 Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 479 Abs. 2 könne sich der Lieferant – der Rückgriffsgegner – zwar nicht auf die Verjährung der gegen ihn gerichteten Ansprüche berufen, aber angesichts des Umstandes, dass ein Abnehmer durch die Ablaufhemmung lediglich vor dem Eintritt einer Haftungsfalle bewahrt werden solle, wäre es unbillig, den Rückgriffsschuldner über die Frist der §§ 438 Abs. 1 Nr. 3, 479 Abs. 2628 hinaus haften zu lassen.629 Dem Rückgriffsschuldner, dem Lieferanten, sei nach Ablauf der zweijährigen Gewährleistungsfrist das Recht zuzusprechen, seinem Käufer als Rückgriffsgläubiger bei Geltendmachung von Mängelansprüchen eine auf § 242 gestützte Einrede dergestalt entgegenzuhalten, dass er die Erfüllung der Ansprüche solang verweigern könne, bis der Käufer seinerseits die Mängelansprüche seines Abnehmers erfüllt habe.630 b) Weiterverkauf nach zwei Jahren ab Ablieferung Lagerten die Waren vor dem Weiterverkauf jedoch länger als zwei Jahre ab Ablieferung beim Unternehmer, seien die Mängelansprüche zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 bzw. § 479 Abs. 1631 verjährt. Der spätere Absatz aber könne nicht dazu führen, dass die Gewährleistungsrechte wieder Mansel / Budzikiewicz, § 5 Rn. 190; Mansel, NJW 2002, S. 89 (95). Mansel / Budzikiewicz, § 5 Rn. 190; Mansel, NJW 2002, S. 89 (95). 627 Mansel / Budzikiewicz, § 5 Rn. 191. 628 Hier meinen Mansel und Budzikiewicz wohl die Zwei-Jahres-Frist des § 479 Abs. 1 für den Kostenerstattungsanspruch. Ansonsten würde sich ihre Aussage, wie dem Folgenden zu entnehmen ist, widersprechen und keinen Sinn ergeben. Nach dem Wortlaut des § 479 Abs. 2 soll sich der Lieferant nicht auf die Verjährung nach zwei Jahren berufen können – Verjährung tritt erst nach fünf Jahren gemäß § 479 Abs. 2 Satz 2 ein – , es soll aber unbillig sein, den Lieferanten über die Frist des § 479 Abs. 2 – nämlich fünf Jahre – haften zu lassen. 629 Mansel / Budzikiewicz, § 5 Rn. 191; ähnlich Mansel, NJW 2002, S. 89 (95). 630 Mansel / Budzikiewicz, § 5 Rn. 192. 631 Der Anspruch des § 478 Abs. 2 sei zwar zu diesem Zeitpunkt noch nicht entstanden, es sei jedoch von einem hypothetischen Verjährungsbeginn ab Ablieferung der Sache mit der Folge auszugehen, dass der Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen zum Zeitpunkt seiner Entstehung bereits verjährt sei. Vgl. Mansel / Budzikiewicz, § 5 Rn. 193, Fn. 163 und Rn. 136. 625 626

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J. Die Regelung des § 479

durchsetzbar würden.632 Folglich bleibe es bei dem Eintritt der Verjährung, sodass der Rückgriffsgläubiger nur dann in den Genuss der durch § 479 Abs. 2 verlängerten Verjährungsfrist komme, sofern die neu hergestellte Sache innerhalb von zwei Jahren an einen Verbraucher weiterveräußert werde und der Unternehmer dessen Mängelansprüche erfüllt habe.633 Befänden sich die Waren immer noch zwei Jahre seit der Ablieferung im Lager des Unternehmers, so stehe nicht einmal fest, ob diese jemals an den Verbraucher weitergegeben werden können.634 Unter diesen Bedingungen könne nicht präventiv eine Verjährungshemmung einsetzen, die für den Fall, dass ein Verkauf an einen Verbraucher (zumindest innerhalb der Maximalfrist des § 479 Abs. 2 Satz 2) niemals stattfindet, rückwirkend wieder aufzuheben sei.635 Vielmehr solle dem Händler das Risiko der Zwischenlagerung mit der Konsequenz aufgebürdet werden, dass die Ablaufhemmung des § 479 Abs. 2 Satz 1 erst gar nicht eingreife.636 Mithin kommt nach Mansel und Budzikiewicz die Ablaufhemmung des § 479 Abs. 2 Satz 1 mitsamt ihrer zeitmäßigen Beschränkung nach Satz 2 nur zur Anwendung, wenn ein Weiterverkauf der Ware innerhalb von zwei Jahren nach Belieferung erfolgt ist. Hierbei ist für die Anwendbarkeit der Ablaufhemmung ausreichend, dass gegen den Weiterverkäufer Sachmängelrechte bestehen. Ist der Weiterverkäufer jedoch noch nicht auf Gewährleistung in Anspruch genommen worden, steht seinem Lieferanten bis zur tatsächlichen Erfüllung der Gewährleistungsrechte eine Einrede nach § 242 zu. 4. Entscheid der Kontroverse Die beiden Ansichten möchten die gesetzliche Regelung des § 479 Abs. 2 hinsichtlich Anwendbarkeit und Reichweite der Ablaufhemmung auf unterschiedliche Weise einschränken. Folglich ist zu entscheiden, ob für eine Einschränkung der Norm Raum ist und welcher der vorgebrachten Literaturansichten der Vorzug gebührt. a) Bewertung des Rechtes auf Einrede Mansel und Budzikiewicz ist beizupflichten, dass die Ablaufhemmung des § 479 Abs. 2 Satz 1 wie die gesamten Normen der §§ 478, 479 dem Sinn und Zweck dient, den Unternehmer vor einer Haftungsfalle infolge der verbesserten Rechte der Verbraucher zu bewahren.637 Ein Rückgriff nach §§ 478, 479 ist entsprechend 632 633 634 635 636 637

Mansel / Budzikiewicz, § 5 Rn. 193; Mansel, NJW 2002, S. 89 (95). Mansel / Budzikiewicz, § 5 Rn. 193; Mansel, NJW 2002, S. 89 (95). Mansel / Budzikiewicz, § 5 Rn. 193. Mansel / Budzikiewicz, § 5 Rn. 193. Mansel / Budzikiewicz, § 5 Rn. 193. Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247 ff.

I. Einschränkung der Ablaufhemmung

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des Telos der Normen nur erforderlich, wenn der Unternehmer tatsächlich auf Gewährleistung in Anspruch genommen worden ist.638 § 479 Abs. 2 Satz 1 macht das Eingreifen der Ablaufhemmung jedoch nicht von der Erfüllung der Gewährleistungsrechte, d. h. einer möglichen Regressfalle, sondern allein vom Bestand der Gewährleistungsrechte abhängig, sodass § 479 Abs. 2 Satz 1 vom Wortlaut zu weitreichend und wegen des engeren Sinnes einzuschränken ist. Die Befürworter eines Rechtes zur Einrede versagen aber demjenigen Händler einen Rückgriff, der die Ware nicht innerhalb von zwei Jahren seit seiner Belieferung wieder abgesetzt hat. Dadurch werden die Händler in eine Regressfalle getrieben, da ihnen bei einem noch erfolgenden Absatz der Ware infolge der nach dieser Ansicht nicht beseitigten Verjährung ein Rückgriff nicht mehr zustehen kann. Aus dem Umstand einer Lagerung von mehr als zwei Jahren kann nicht geschlossen werden, dass ein Verkauf an einen Verbraucher bzw. an ein anderes Kettenglied nicht mehr erfolgen wird, obwohl zuzugeben ist, dass mit der Länge der Lagerung auch die Gefahr einer lagerungsbedingten Verschlechterung steigt. Jedoch spiegelt eine solche Annahme die Realität nicht umfassend wieder. Es existieren Fälle, in denen eine längere Lagerung – auch über zwei Jahre hinaus – mit anschließendem Verkauf möglich und wahrscheinlich ist. Zu denken ist beispielsweise nur an alterungsfähige Spitzenweine, bei denen ein großer Bestand einzukaufen ist. Hier sind Lagerzeiten von über zwei Jahren keine Seltenheit. Die Benachteiligung von Kettengliedern durch die ihnen drohende Haftungsfalle bei längerer Lagerung spricht gegen die Ansicht, die ein Recht zur Einrede nach § 242 befürwortet. Nebenbei spricht die Konstellation eines zu weitreichenden Wortlautes bei einem engeren Sinn und Zweck der Norm nicht für die Anwendung des § 242, sondern für eine teleologische Reduktion, die sachnäher und damit einer Vorgehensweise über § 242 vorzuziehen wäre. Dementsprechend ist die Auffassung, dass die Ablaufhemmung des § 479 Abs. 2 Satz 1 mitsamt ihrer zeitmäßigen Beschränkung nach Satz 2 nur zur Anwendung komme, wenn ein Weiterverkauf der Ware innerhalb von zwei Jahren nach Belieferung erfolgt sei, wegen Verstoßes gegen den Sinn und Zweck der §§ 478, 479 – Schutz vor einer Haftungsfalle – abzulehnen.

b) Bewertung der teleologischen Reduktion Von Mansel und Budzikiewicz wird gegen die Ansicht von Ernst / Gsell und auch gegen die Regelung des § 479 Abs. 2 vorgebracht, dass die durch den Weiterverkauf verursachte Wiederdurchsetzbarkeit von bereits verjährten und bis dato undurchsetzbaren Ansprüchen sowohl dem alten als auch dem neuen Recht fremd sei.639 Hierbei wird aber übersehen, dass gerade die neue Norm des § 479 Abs. 2 638 Hierbei ist unerheblich, ob der Unternehmer unmittelbar die Rechte des Verbrauchers erfüllt hat oder mittelbar über zwischengeschaltete andere Unternehmer. 639 Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 189.

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J. Die Regelung des § 479

Satz 1 eine solche Wiederdurchsetzbarkeit zum Schutz vor einer Regressfalle anordnet. Dem neuen Recht ist eine „Beseitigung“ der Verjährung nicht fremd. Der Auffassung von Ernst / Gsell ist zuzustimmen, dass es eines Schutzes des Unternehmers vor den verbesserten Rechten des Verbrauchers nur bedarf, wenn er vom Verbraucher oder einem anderen Kettenglied in Anspruch genommen worden ist. Dies entspricht dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479, den Schutz vor einer Haftungsfalle zu gewährleisten.640 Jedes Kettenglied ist nur schutzwürdig, wenn es sich tatsächlich in einer Rückgriffssituation befindet, sodass der Regress nach §§ 478, 479 in einer derartigen Situation grundsätzlich offen stehen muss. Auch trifft vor dem Hintergrund der gesetzlichen Lage zu, dass die Ablaufhemmung nach § 479 Abs. 2 Satz 1 infolge des Wortlautes bereits greift, sobald dem Verbraucher gegenüber dem Letztverkäufer Gewährleistungsrechte zustehen, obwohl tatsächlich noch keine Rückgriffssituation eingetreten ist. Die Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion liegen vor. Mit Ernst / Gsell ist daher eine teleologische Reduktion des § 479 Abs. 2 Satz 1 in der Art vorzunehmen, dass das Eingreifen der Ablaufhemmung von dem Bestand einer Regressfalle, d. h. die Erfüllung der Verbraucherrechte abhängt. Mithin ist § 479 Abs. 2 zu weit gefasst und daher durch eine teleologische Reduktion einzuschränken. 5. Formulierungsvorschlag Die vorgeschlagene Einschränkung des § 479 Abs. 2 mittels einer teleologischen Reduktion lässt sich ebenso durch eine kleine Umformulierung des § 479 Abs. 2 Satz 1 erreichen. Es bedarf lediglich einer Ergänzung des Verweises in § 479 Abs. 2 auf § 437 durch „§ 478 Abs. 1“, damit § 479 Abs. 2 Satz 1 lautet: „Die Verjährung der in den §§ 437, 478 Abs. 1 und § 478 Abs. 2 bestimmten Rechte des Unternehmers . . .“.

Hierdurch wird offensichtlich, dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 oder Absatzes 2 von § 478 erfüllt sein müssen. Da ein Rückgriff nach § 478 Abs. 1 und 2 nur in Betracht kommt, wenn der Unternehmer tatsächlich die Ansprüche des Verbrauchers erfüllt hat, würde die Erfüllung der Gewährleistungsansprüche für die Ablaufhemmung zur Voraussetzung.

II. Teleologische Reduktion bei Kulanzmaßnahmen Neben der soeben geforderten Einschränkung des § 479 Abs. 2 hinsichtlich des Eingreifens der Ablaufhemmung könnte, wie von Mansel und Budzikiewicz gefor640

Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247 ff.; siehe auch unter C. I. 2. d) und D. II. 2. d).

II. Teleologische Reduktion bei Kulanzmaßnahmen

183

dert, eine weitere erforderlich sein.641 Mansel und Budzikiewicz nehmen eine ungeschriebene Einschränkung des § 479 Abs. 2 an, wenn Ansprüche des Verbrauchers trotz bereits eingetretener Verjährung (§ 438 Abs. 1 Nr. 3, 479 Abs. 1) vom Letztverkäufer aus Kulanzgründen beglichen werden.642 Das sei notwendig, da in Kulanzfällen die Voraussetzungen des § 479 Abs. 2 grundsätzlich vorlägen.643 Zudem erfülle der Letztverkäufer die Ansprüche des Verbrauchers ausschließlich aus eigennützigen Motiven, sodass eine Überwälzung der Folgen der unternehmerischen Entscheidung auf den Lieferanten nicht gerechtfertigt erscheine.644 Den Ausführungen kann nicht gänzlich zugestimmt werden. Wie schon mehrfach gezeigt,645 besteht ein Regress nach § 478 Abs. 1, 2 und 5 nur, sofern der Letztverkäufer die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers erfüllen musste. Kulanzhandlungen lösen dagegen gerade keinen Regress aus. § 479 Abs. 2 Satz 1 nimmt auf § 478 Abs. 2 Bezug. Damit kommt die Ablaufhemmung für den Kostenerstattungsanspruch nur in Betracht, wenn ein solcher auch tatsächlich besteht. Da § 478 Abs. 2 bei Kulanzmaßnahmen nicht einschlägig ist, kann die Ablaufhemmung gleichfalls nicht greifen. In Bezug auf die Regressrechte nach §§ 478 Abs. 1, 437 ff. hingegen ist Mansel und Budzikiewicz zuzustimmen. § 478 Abs. 1 erfasst zwar ebenfalls wie § 478 Abs. 2 keine Kulanzmaßnahmen, sodass zunächst nicht einsichtig erscheint, warum nun dennoch Kulanzmaßnahmen ersatzfähig sein können. Dies ergibt sich aus der zuvor bereits kritisierten Formulierung des § 479 Abs. 2 Satz 1. Hier wird lediglich auf § 437 und nicht auf §§ 437, 478 Abs. 1 verwiesen. Daher wird für die Ablaufhemmung bezüglich der Rückgriffsansprüche nach §§ 437 ff., 478 Abs. 1 nicht auf die Voraussetzungen des § 478 Abs. 1 – keine Erfassung von Kulanzmaßnahmen – verwiesen. Folglich sind alleine §§ 434 ff. ausschlaggebend. Auch wenn § 478 Abs. 1 nach seinen Voraussetzungen nicht vorliegt, entfaltet § 479 Abs. 2 Satz 1 nach seinem Wortlaut Wirkung für die §§ 437 ff., damit auch für die Verjährungsvorschrift des § 438. Es ist denkbar, dass der bestehende Mangel in der Sphäre des Herstellers seine Ursache hat, dieser Mangel aber beim Verbraucher erst nach zwei Jahren ab Gefahrübergang auf ihn aufgetreten ist. Im Verhältnis zwischen Letztverkäufer und seinem Lieferanten liegen durch die Lieferung der mangelhaften Sache die Gewährleistungsvoraussetzungen nach den §§ 434 ff. vor. Die Ablaufhemmung tritt, wie eben gezeigt, dann ein, wenn Ansprüche des Verbrauchers gegen den Letztverkäufer bestehen. Solche Ansprüche des Verbrauchers 641 Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, del / Lepa / Ring, Praxis, § 1 Rn. 162. 642 Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, del / Lepa / Ring, Praxis, § 1 Rn. 162. 643 Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, del / Lepa / Ring, Praxis, § 1 Rn. 162. 644 Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, del / Lepa / Ring, Praxis, § 1 Rn. 162. 645 Siehe B. II. 2. und 3. sowie Fn. 541.

§ 5 Rn. 194; Mansel in Dauner-Lieb / Hei§ 5 Rn. 194; Mansel in Dauner-Lieb / Hei§ 5 Rn. 194; Mansel in Dauner-Lieb / Hei§ 5 Rn. 195; Mansel in Dauner-Lieb / Hei-

184

J. Die Regelung des § 479

bestehen, auch wenn diese bereits verjährt sind. Die Ablaufhemmung kann auch nach dem Ablauf von zwei Jahren ab Belieferung durch den Lieferanten eingreifen. Somit kann die Ablaufhemmung hier zugunsten des Letztverkäufers wegen der bestehenden und aus Kulanzgründen erfüllten verjährten Gewährleistungsrechte des Verbrauchers eintreten. Durch die „Hintertür“, der nicht geglückten Formulierung des § 479 Abs. 2 Satz 1, werden mithin Kulanzmaßnahmen teilweise646 wieder entgegen dem ausdrücklichen Willen und dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 ersatzfähig. Wie von Mansel und Budzikiewicz zu Recht angemerkt, könnte der Letztverkäufer in diesen Konstellationen die Folgen seiner unternehmerischen Entscheidung bezüglich der Kulanzmaßnahme auf seinen Lieferanten abwälzen. Nach dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 ist hier kein Raum für einen Regress, da dem Letztverkäufer infolge der Verjährung keine Haftungsfalle mehr droht. Der Letztverkäufer hat seine Inanspruchnahme bewusst veranlasst, sodass er nicht schutzwürdig ist. Die Nachlässigkeit des Gesetzgebers ist zu korrigieren.647 Daher ist wie von Mansel und Budzikiewicz vorgeschlagen, für den Regress nach §§ 478 Abs. 1 (5), 479, 437 eine teleologische Reduktion in der Form vorzunehmen, dass die Ablaufhemmung gemäß § 479 Abs. 2 Satz 1 nach Kulanzmaßnahmen bei schon eingetretener Verjährung nicht greifen kann. Die gleichfalls vorgeschlagene teleologische Reduktion bezüglich Kulanzmaßnahmen bei schon eingetretener Verjährung im Rahmen der §§ 478 Abs. 2 (5), 479 ist, wie zuvor gezeigt, nicht erforderlich, da durch den Verweis in § 479 Abs. 2 auf § 478 Abs. 2 nach der gesetzlichen Lage Kulanzmaßnahmen nach erfolgter Verjährung nicht über § 478 Abs. 2 geltend gemacht werden können. Der Gesetzgeber ist insoweit zu der Einfügung von § 478 Abs. 1 in § 479 Abs. 2 Satz 1 aufzufordern.648 Somit ist § 479 Abs. 2 Satz 1 mit einer teleologischen Reduktion, dass die Ablaufhemmung gemäß § 479 Abs. 2 Satz 1 nach Kulanzmaßnahmen im Rahmen des § 478 Abs. 1 bei bereits eingetretener Verjährung nicht greift, weiter einzuschränken.

III. Begrenzung der Wirkungen des § 479 Abs. 2 auf das Regressinteresse Eine weitere Einschränkung des § 479 Abs. 2 hat in Anlehnung an die unter D. II. d) cc) (3) geforderte Beschränkung der über § 478 Abs. 1 geltend zu machenden Rückgriffsrechte auf das Regressinteresse zu erfolgen. Die Höchstfrist des 646 Nur Kulanzmaßnahmen bezüglich der Erfüllung bereits verjährter Gewährleistungsansprüche sind erfasst. 647 Diese Nachlässigkeit wird dem Gesetzgeber wahrscheinlich deshalb unterlaufen sein, weil § 478 Abs. 1 keine eigene Anspruchsgrundlage darstellt, sondern lediglich Modifikationen der allgemeinen Gewährleistungsrechte vornimmt und deshalb in § 479 Abs. 2 Satz 1 nicht erwähnt wurde. 648 Siehe J. I. 5.

IV. AGB-Klauseln bezüglich § 479

185

§ 479 Abs. 2 Satz 2 und die Ablaufhemmung nach § 479 Abs. 2 Satz 1 dürfen dem zum Regress Berechtigten nach dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 nur zugute kommen, wenn die Reaktivierung der bereits verjährten Gewährleistungsansprüche nach dem Regressinteresse erforderlich ist.649 Wie unter D. II. 2. d) cc) (3) (cc) gezeigt, würden ansonsten sämtliche bereits verjährte Gewährleistungsrechte (auch ein Schadensersatzanspruch) des zum Rückgriff Berechtigten, der seinerseits nur auf Minderung in Anspruch genommen wurde, durch § 479 Abs. 2 wieder reaktiviert. Dadurch könnte der zum Regress Berechtigte weit mehr liquidieren als zum Ausgleich des gegenüber dem Verbraucher erbrachten Gewährleistungsaufwandes, d. h. zur Vermeidung der Haftungsfalle, erforderlich wäre.650 Vom Vormann könnte mehr verlangt werden, als nach dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 zur Vermeidung der Haftungsfalle notwendig wäre.651 Deswegen hat hier ebenfalls eine teleologische Reduktion des § 479 Abs. 2 in der Form zu erfolgen, dass sich nach an sich eingetretener Verjährung der Gewährleistungsrechte die Ablaufhemmung und die fünfjährige Höchstfrist nur auf die zur Weitergabe der Inanspruchnahme, zur Beseitigung der Regressfalle, erforderlichen Gewährleistungsrechte erstreckt. Die Modifizierungen des § 479 Abs. 2 sind auf das Regressinteresse zu beschränken. Durch den unter D. VII. angeführten Formulierungsvorschlag für § 478 Abs. 1 und die unter J. I. 5. vorgenommene Ergänzung des § 479 Abs. 2 Satz 1 durch den Verweis auch auf § 478 Abs. 1 wird die Beschränkung der Ablaufhemmung auf das Regressinteresse umgesetzt.

IV. AGB-Klauseln bezüglich § 479 Nachdem die Regelung des § 479 eingehender behandelt wurde, können AGBRegelungen bezüglich § 479 vorgeschlagen werden.

1. Bindung der Ablaufhemmung an einen schnellen Weiterverkauf Möglicherweise lässt sich die Ablaufhemmung an einen schnellen Weiterverkauf der Ware binden. Es wurde vorgeschlagen, dass eine Vereinbarung im unternehmerischen Verkehr getroffen werden könnte, wonach die Ablaufhemmung des § 479 Abs. 2 Satz 1 mittels AGBs schon vor dem Ablauf von fünf Jahren nach Ablieferung ende, sofern der Verkäufer die Sache eine gewisse Zeit gelagert habe.652 Hierdurch soll eine bessere Berücksichtigung des Lagerrisikos auf Seiten 649 650 651 652

Vgl. Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1400). Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1400). Dies bemerkten bereits Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1400). Roloff, NotBZ 2001, Beilage Schuldrechtsreform S. 3 (10).

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J. Die Regelung des § 479

des Käufers erreicht werden können.653 Zutreffend ist, dass eine solche Kürzung möglich ist und zu einer besseren Berücksichtigung des Lagerrisikos führen kann. Nach der eindeutigen Vorschrift des § 478 Abs. 4 Satz 1 (auch nach der geforderten teleologischen Reduktion) i.V.m. § 479 Abs. 3 ist hierfür ein gleichwertiger Ausgleich erforderlich.654 Insoweit ist auf die obigen Ausführungen zur Abbedingung mittels gleichwertigen Ausgleiches655 zu verweisen.

2. Keine Kulanzmaßnahmen Weiterhin kommt eine AGB-Regelung in Betracht, nach der die Ablaufhemmung des § 479 Abs. 2 Satz 1 nicht zur Anwendung bzw. kein Rückgriff nach §§ 478, 479 in Erwägung kommt, wenn der Abnehmer der Waren Gewährleistungsrechte seines Käufers aus Kulanzgründen erfüllt hat. Hierdurch lässt sich die unter J. II. geforderte teleologische Reduktion mittels AGBs vorwegnehmen.

3. Beschränkung auf das Regressinteresse Ebenso verhält es sich mit der Beschränkung der über § 479 Abs. 2 zu reaktivierenden bereits verjährten Gewährleistungsrechte. Hier sollte eine AGB-Klausel die unter J. III. geforderten teleologischen Reduktion umsetzen, indem die Modifikationen des § 479 Abs. 2 hinsichtlich des Eingreifens der Ablaufhemmung und der fünfjährigen Höchstfrist auf die zum Ausgleich des Regressinteresses notwendigen Rückgriffsrechte beschränkt werden.656

4. Bindung der Ablaufhemmung an die Erfüllung der Verbraucherrechte Auch empfiehlt es sich die unter J. I. 4. b) geforderte Bindung des Eingreifens der Ablaufhemmung an die Erfüllung der Verbraucherrechte durch eine entsprechende AGB-Regelung zu verwirklichen, nach der die Ablaufhemmung erst eingreift, wenn der zum Regress Berechtigte wegen des Mangels der Kaufsache auf Gewährleistung einstehen musste.

Roloff, NotBZ 2001, Beilage Schuldrechtsreform S. 3 (10). Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 479 Rn. 5; Palandt / Putzo, § 479 Rn. 3; Hk-BGB / Saenger, §§ 478, 479 Rn. 12; Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 199. 655 Siehe G. III. 656 Ähnlich Roloff, NotBZ 2001, Beilage Schuldrechtsreform, S. 3 (11). 653 654

V. Zusammenfassung

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V. Zusammenfassung Die Formulierung des § 479 Abs. 2 Satz 1 ist nicht geglückt. Es fehlt ein Verweis auf § 478 Abs. 1. Das Eingreifen der Ablaufhemmung ist nicht von der Erfüllung der Ansprüche des Verbrauchers bzw. des zum Regress berechtigten Kettengliedes abhängig. Somit ist eine Modifizierung von § 479 Abs. 2 Satz 1 bzw. mit Ernst / Gsell eine teleologische Reduktion zu fordern. Ebenso ist § 479 Abs. 2 auf das Regressinteresse teleologisch zu reduzieren und Kulanzmaßnahmen nach bereits eingetretener Verjährung sind vom Anwendungsbereich der §§ 479 Abs. 2, 478 Abs. 1 mit einer teleologischen Reduktion auszuschließen.

K. Analoge Anwendung der §§ 478, 479 Bei der Erörterung der Vorschriften der §§ 478, 479 wurde gezeigt, dass eine entsprechende Anwendung der §§ 478, 479 möglich und teilweise geboten ist (§ 478 Abs. 1 analog auf kleinen Schadensersatz657, den Schadensersatz neben der Leistung658 und die Nachbesserung659). Darüber hinaus könnten die §§ 478, 479 auf andere Sachlagen entsprechend anzuwenden sein.

I. Unternehmer als letzter Abnehmer Möglicherweise lassen sich die Rückgriffsvorschriften der §§ 478, 479 auf solche Fälle analog anwenden, in denen am Ende der Lieferkette kein Verbraucher, sonder ein Unternehmer steht. 1. Analoge Anwendung Eine Auffassung möchte die Sonderregelungen der §§ 478, 479 durch analoge Anwendung auf Konstellationen ausdehnen, in denen der letzte Käufer kein Verbraucher, sondern ein Unternehmer ist.660 Das Erfordernis hierzu ergebe sich daraus, dass sich die Probleme des Rückgriffes in ganz ähnlicher Weise stellen würden, wenn der letzte Käufer ebenfalls ein Unternehmer sei.661 Habe der Verkäufer die Gewährleistungsrechte des unternehmerischen Käufers erfüllt, habe er auch hier kein Interesse an einer Nachlieferung, da er sich ebenso von neuem um den Absatz der Sache bemühen müsse.662 Zudem bestehe für den Verkäufer nicht nur die Gefahr, in die Verjährungsfalle zu geraten, wenn der Käufer ein Verbraucher sei, sondern auch dann, wenn er ein Unternehmer sei.663 Des Weiteren sei es die Aufgabe des dispositiven Rechtes, den Parteien bei praktisch häufigen und tatSiehe D. III. Siehe D. IV. 659 Siehe D. VI. 660 Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXII f.; ders., Umsetzung der Richtlinie, S. 13 f.; Westermann, NJW 2002, S. 241 (251) führt an, dass über eine entsprechende Anwendbarkeit der §§ 478, 479 in derartigen Fallgestaltungen nachzudenken sein wird. 661 Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXII f.; ders., Umsetzung der Richtlinie, S. 13. 662 Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXII f.; ders., Umsetzung der Richtlinie, S. 13. 663 Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXII f.; ders., Umsetzung der Richtlinie, S. 13. 657 658

I. Unternehmer als letzter Abnehmer

189

bestandlich typisierbaren Problemen der vorliegenden Art die Notwendigkeit einer vertraglichen Vereinbarung664 zu ersparen und ihnen von sich aus eine angemessene Regelung zu gewähren.665 2. Ablehnung einer analogen Anwendung Eine andere Ansicht lehnt eine analoge Anwendung der §§ 478, 479 auf Konstellationen ab, bei denen ein Unternehmer am Ende der Lieferkette steht.666 Der eindeutige Wortlaut667 und der Wille des Gesetzgebers sollen einer planwidrigen Regelungslücke entgegenstehen.668 Zudem bestehe eine vergleichbare Interessenlage mangels Einschlägigkeit der verbesserten Rechte des Verbrauchers ebenso wenig.669 Darüber hinaus würde eine analoge Anwendbarkeit dem Prinzip der Vertragsfreiheit, kontrolliert anhand der Überprüfung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf sachgemäße Einbeziehung und inhaltliche Vertretbarkeit, widersprechen.670 3. Entscheid über eine analoge Anwendung Die beiden Meinungen gelangen zu unterschiedlichen Ergebnissen hinsichtlich der Zulässigkeit einer entsprechenden Anwendung der §§ 478, 479 auf Lieferketten, bei denen der letzte Abnehmer ein unternehmerischer Käufer ist. Daher ist eine Entscheidung über eine analoge Anwendung zu treffen. Für eine analoge Anwendung wird zu Recht angeführt, dass sich auch Regressfallen ergeben können, wenn letztlich ein Unternehmer die Kaufsache erwirbt. Auch hier sieht sich der Verkäufer nach Erfüllung der unternehmerischen Gewährleistungsrechte einer Nacherfüllung seines Lieferanten ausgesetzt, an der er mangels Absetzbarkeit an den unternehmerischen Käufer zumeist kein Interesse mehr 664 Eine solche könnte wegen der Nichtanwendbarkeit des § 475 Abs. 2 hinsichtlich der Verjährung getroffen werden. Vgl. Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXII f.; ders., Umsetzung der Richtlinie, S. 13. 665 Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXII f.; ders., Umsetzung der Richtlinie, S. 13; auch schon Ernst / Gsell, ZIP 2000, S. 1410 (1422) für eine Erfassung von unternehmerischen Letztverkäufern im Rahmen der gesetzlichen Regelung. 666 Palandt / Putzo, § 478 Rn. 3; Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 197; Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 494; Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (453); Matusche-Beckmann, BB 2002, S. 2561 (2563); Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1172). 667 Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 494; Matusche-Beckmann, BB 2002, S. 2561 (2563). 668 Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 197; Palandt / Putzo, § 478 Rn. 3; Schmidt in Dauner-Lieb / Konzen / Schmidt, S. 427 (453); Matusche-Beckmann, BB 2002, S. 2561 (2563). 669 Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 494. 670 Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 494; ähnlich auch Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 198.

190

K. Analoge Anwendung der §§ 478, 479

hat. Zusätzlich wurden nicht nur spezielle Verbraucherrechte durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechtes gesondert eingeführt, sondern ein Teil der durch die VerbrGKaufRL geforderten Verbraucherrechte werden über das allgemeine Gewährleistungsrecht eingeräumt.671 In den allgemeinen Regelungen befinden sich die zweijährige Verjährungsfrist und das Recht auf Nacherfüllung. Die teilweise Umsetzung der Verbraucherrechte über das allgemeine Gewährleistungsrecht berührt daher auch den Verkauf an Unternehmer. Daher ist das Argument, es sei die Aufgabe des dispositiven Rechtes, den Parteien bei praktisch häufigen und tatbestandlich typisierbaren Problemen der vorliegenden Art die Notwendigkeit einer vertraglichen Vereinbarung zu ersparen und ihnen von sich aus eine angemessene Regelung zu gewähren,672 nachvollziehbar. Gegen eine analoge Anwendung der §§ 478, 479 auf Konstellationen, in denen die Kaufsache letztlich von einem Unternehmer gekauft wird, spricht jedoch, wie von den Gegnern einer analogen Anwendung angeführt,673 der eindeutige Wortlaut der Normen und der einer planwidrigen Regelunglücke entgegenstehende Wille des Gesetzgebers. Zudem wurden Teile des verbesserten Verbraucherschutzes (Verhinderung der Abbedingung des allgemeinen Gewährleistungsrechtes, Beweislastumkehr) gesondert für Verbrauchsgüterkäufe in den §§ 474 ff. geregelt.674 Diese Regelungen sind im Besonderen für die Entstehung von Regressfallen verantwortlich, da eine Abweichung vom allgemeinen Gewährleistungsrecht verhindert wird. Im Rahmen unternehmerischer Käufe kann erheblich mehr Einfluss auf die §§ 434 ff. genommen werden, sodass die Entstehung von Regressfallen durch die Parteien selbst verhindert werden kann. Daher besteht keine umfassende Schutzwürdigkeit. Zusätzlich stehen dem an einen Unternehmer verkaufenden Verkäufer seine eigenen Gewährleistungsrechte nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht zur Seite. Zusätzlich würde eine analoge Anwendbarkeit der §§ 478, 479, wie angeführt,675 dem Prinzip der Vertragsfreiheit widersprechen. Zugleich käme es über die ohnehin zu weit geratene Regelung des § 478 Abs. 4 Satz 1 zu einer erheblichen Einschränkung von vertraglichen Vereinbarungen und der Flexibilität des Handelsverkehres. Weiterhin würde den Herstellern bei einer analogen Anwendung der §§ 478, 479 in ihrer gesamten Handelsbeziehung eine fünfjährige Gewährleistungsfrist drohen. Mithin ist eine analoge Anwendung der §§ 478, 479 auf Lieferketten, bei denen am Ende kein Verbraucher, sondern ein Unternehmer steht, mangels planwidriger Regelungslücke und vergleichbarer Interessenlage abzulehnen. Vgl. die Ausführungen unter C. I. 2. d) und D. II. 1. Siehe Fn. 665. 673 Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 197; Palandt / Putzo, § 478 Rn. 3; Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 494. 674 Vgl. Oechsler, Schuldrecht BT, § 2 Rn. 321. 675 Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 494; ähnlich auch Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 198. 671 672

II. Unterbrochene Lieferkette

191

II. Unterbrochene Lieferkette Es könnte aber eine analoge Anwendung der §§ 478, 479 auf unterbrochene Lieferketten, bei denen die Ware wegen ihrer Mangelhaftigkeit bei einem Unternehmer in der Lieferkette „hängen geblieben“ ist, bevor es zu einem Weiterverkauf kommen konnte, in Betracht kommen. 1. Analoge Anwendung Nach einem Vorschlag in der Literatur soll § 478 auf unterbrochene Lieferketten analog angewendet werden,676 weil § 478 Ausdruck einer Regresslogik sei.677 Dies soll auch dann gelten, wenn es nicht zu einem endgültigen Verkauf an einen Verbraucher gekommen sei, sich der Mangel also innerhalb der Lieferkette zeigte.678 Hier sei zwar noch nicht einmal mittelbar der Verbraucherschutz betroffen, aber die Regresslogik erfordere eine analoge Anwendung.679 Die Regresslogik regele gleichfalls die Konsequenzen einer Käuferentscheidung nach §§ 437 ff. auf vorgelagerte Handelsstufen.680 Weiter wird für eine analoge Anwendung angeführt, dass die spezifische Situation des jeweiligen Käufers gegenüber seinem Verkäufer aufgrund der Wahrnehmung der Rechte des nächsten Käufers in der Lieferkette aus § 437 Nr. 2, 3 zum Schutz des Erstkäufers berücksichtigt werden müsse.681 Daher passe § 478 für unterbrochene Lieferketten gleichfalls und müsse somit analog angewendet werden.682 676 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 49; Büdenbender in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Lehrbuch, § 8 Rn. 100; Bereska, ZGS 2002, S. 59 (61) wird von Matthes, NJW 2002, S. 2505 – wenn auch als ungenau bezeichnet – als Befürworter einer analogen Anwendung der §§ 478, 479 auf unterbrochene Lieferketten angeführt. Dies trifft jedoch nicht zu. Bereska erläutert lediglich die durch § 478 Abs. 5 bestehende gesetzliche Lage. Die Abs. 1 bis 4 des § 478 sollen entsprechend innerhalb der Lieferketten gelten, wenn die Schuldner Unternehmer seien und am Ende der Lieferkette ein Verbraucher stehe. Damit bringt Bereska eindeutig zum Ausdruck, dass der Verkauf an einen Verbraucher für die Anwendung von § 478 auf die Lieferkette erforderlich ist. Er trifft keine Aussagen hinsichtlich einer analogen Anwendung auf unterbrochene Lieferketten, da hier gerade kein Verkauf an einen Verbraucher stattfindet. Insoweit plädiert allein Büdenbender für eine analoge Anwendung auf unterbrochene Lieferketten. 677 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 49; Canaris, Umsetzung der Richtlinie, S. 14 befürwortet eine Umsetzung der VerbrGKaufRL und ihrer Grundsätze nicht nur für den Verbrauchsgüterkauf, sondern für jeden Kauf als allgemeine Regelung. Er möchte §§ 478, 479 auch dann anwenden, sofern ein Unternehmer der letzte Käufer ist. Da nach Canaris die §§ 478, 479 anwendbar sein sollten, gleichgültig wer letztes Glied der Kette ist, müsste Canaris bei konsequenter Argumentation zu einer analogen Anwendung dieser Normen auf unterbrochene Lieferketten gelangen. 678 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 49. 679 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 49. 680 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 49. 681 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 49. 682 AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 49.

192

K. Analoge Anwendung der §§ 478, 479

2. Ablehnung einer analogen Anwendung Andere Literaturstimmen lehnen eine analoge Anwendung von §§ 478, 479 auf unterbrochene Lieferketten ab,683 weil § 478 ausschließlich dem Verbraucherschutz diene.684 Auch eine differenzierte Betrachtung, die nur in bestimmten Fällen eine analoge Anwendung des § 478 zulasse, beispielsweise abgegrenzt nach den verkauften Sachen (Großmaschinen oder Spezialprodukte) oder der typischen Kundschaft des Händlers, sei nur in wenigen Fällen verlässlich möglich.685 Die überwiegende Bandbreite von Produkten könne sowohl von Verbrauchern als auch von Unternehmen sinnvoll gekauft und genutzt werden, sodass auch bei einer differenzierten Betrachtung keine analoge Anwendung von § 478, 479 in Betracht komme.686 Zudem wäre eine differenzierte Analogie unpraktikabel, da die Zwischenhändler prognostizieren müssten, an wen die Waren weiterverkauft werden.687 Zudem entbehre eine analoge Anwendung nur auf der letzten Lieferstufe jeder Argumentationsgrundlage.688 3. Entscheid über eine analoge Anwendung Aufgrund der differierenden Ergebnisse hinsichtlich einer entsprechenden Anwendung der §§ 478, 479 auf unterbrochene Lieferketten hat ein Entscheid zwischen den Ansichten zu erfolgen. Den Gegnern einer analogen Anwendung der §§ 478, 479, ist beizupflichten, dass es bei unterbrochenen Lieferketten an einer Beziehung zum Verbraucherschutz mangelt. Darüber hinaus besteht weder eine planwidrige Regelungslücke689 noch eine vergleichbare Interessenlage. Der Gesetzgeber hat in der Begründung eindeutig zum Ausdruck gebracht,690 dass die §§ 478, 479 die Händler vor den verbesserten Rechten der Verbraucher schützen sollen und daher für § 478 Abs. 1 – und auch für Abs. 2 – der Verkauf an einen Verbraucher Anwendungsvoraussetzung ist.691 Durch Abs. 5 sind die vorstehenden Grundsätze auf die übrigen Verträ683 Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 7, KompaktKomBGB / Tonner, § 478 Rn. 8; Palandt / Putzo, § 478 Rn. 3; Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 494; Mansel / Budzikiewicz, § 5 Rn. 197; Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82 (84 f.); Matusche-Beckmann, BB 2002, S. 2561 (2564); Matthes, NJW 2002, S. 2505 f.; Maultzsch, JuS 2002, S. 1171 (1172); Oechsler, Schuldrecht BT, § 2 Rn. 337 schließt eine entsprechende Anwendung der §§ 478 Abs. 3, 476 und § 478 Abs. 4 aus. 684 Matusche-Beckmann, BB 2002, S. 2561 (2564); Matthes, NJW 2002, S. 2505. 685 Matthes, NJW 2002, S. 2505. 686 Matthes, NJW 2002, S. 2505 f. 687 Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2506). 688 Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2506). 689 So auch Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 197. 690 So etwa auch Sester / Schultze-Melling, PHI 2003, S. 82 (84.); Matthes, NJW 2002, S. 2505. 691 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 247.

III. Lieferung gebrauchter Sachen

193

ge innerhalb der Lieferkette anwendbar.692 Dem Gesetzgeber ging es um eine Umsetzung von Art. 4 VerbrGKaufRL und den Schutz der Kettenglieder vor den Rechten der Verbraucher. Es sollte folglich keine Regelung für ein „Hängenbleiben“ der mangelhaften Kaufsache innerhalb der Lieferkette durch §§ 478, 479 getroffen werden. Bei einer solchen Konstellation sind allein die allgemeinen Gewährleistungsrechte der §§ 437 ff. einschlägig und ausreichend, sodass es einer Anwendung der Modifikationen oder Ansprüche des § 478 nicht bedarf.693 Folglich sind die §§ 478, 479 nicht Ausdruck einer allgemeinen Regresslogik. Mithin besteht weder eine Regelungslücke, noch ist diese planwidrig.694 Darüber hinaus ist keine vergleichbare Interessenlage gegeben. Nach dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 sollen die Kettenglieder vor einer durch die verbesserten Rechte der Verbraucher sich verstärkenden Regressfalle geschützt werden. Findet jedoch kein Verkauf an einen Verbraucher statt, liegt kein Verbrauchsgüterkauf i. S. d. §§ 474 ff. vor.695 Demzufolge können nicht die nach diesen Normen verbesserten Rechte der Verbraucher, sondern nur das allgemeine Gewährleistungsrecht,696 gegenüber den Kettengliedern zur Anwendung gelangen.697 Die Interessenlagen sind nicht vergleichbar. Somit kommt keine analoge Anwendung der §§ 478, 479 auf unterbrochene Lieferketten in Betracht.

III. Lieferung gebrauchter Sachen Über die bereits erwähnten analogen Anwendungen der §§ 478, 479 wird eine Analogie bezüglich der Lieferung gebrauchter Sachen (an Verbraucher) gefordert,698 da die Beschränkung der §§ 478, 479 auf neu hergestellte Sachen im Hinblick auf die VerbrGKaufRL zu kaum legitimierbaren Wertungswidersprüchen führe.699 Es wird angeführt, dass die VerbrGKaufRL in Art. 1 Abs. 2 Buchstabe b, Abs. 3, Art. 7 Abs. 1 Unterabschnitt 2 auch gebrauchte Güter erfasse.700 Zusätzlich BT-Drucks. 14 / 6040, S. 249. So auch Matthes, NJW 2002,S. 2505. 694 Ähnlich Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 197. 695 Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 243. 696 Damit kann die obige Argumentation unter K. I. 3. zur Ablehnung einer entsprechenden Anwendung der §§ 478, 479 auf Ketten, in denen letztlich ein Unternehmer die Kaufsache erwirbt, auf das „Hängenbleiben“ der Ware in der Lieferkette übertragen werden. 697 So auch Matthes, NJW 2002, S. 2505 (2506). 698 Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1402); Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXII; ders., Umsetzung der Richtlinie, S. 12; Palandt / Putzo, § 478 Rn. 6 äußert Bedenken gegen die Nichterfassung gebrauchter Sachen. 699 Canaris , Schuldrechtsreform, S. XXXII; ders., Umsetzung der Richtlinie, S. 13 und Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1402). 700 Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1402). 692 693

13 Böhle

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K. Analoge Anwendung der §§ 478, 479

dürfte die Ausklammerung gebrauchter Sachen durch §§ 478, 479 gegen Art. 4 VerbrGKaufRL verstoßen, weil Art. 4 keine Unterscheidung zwischen gebrauchten und neu hergestellten Sachen kenne.701 Es trifft zu, dass die VerbrGKaufRL in Art. 1 Abs. 2 Buchstabe b, Abs. 3, Art. 7 Abs. 1 Unterabschnitt 2 gebrauchte Güter behandelt. Auch steht Art. 4 VerbrGKaufRL einem Rückgriff innerhalb der Lieferkette nach §§ 478, 479 bei gebrauchten Gütern bzw. einer entsprechenden Anwendung der Vorschriften auf gebrauchte Güter nicht entgegen. Aber der nationale Gesetzgeber hat sich ausdrücklich nur für einen Regress nach §§ 478, 479 bezüglich neuwertiger Güter ausgesprochen.702 Dadurch liegt keine planwidrige Regelunglücke vor. Weiter kann nach den allgemeinen Gewährleistungsregelungen der §§ 434 ff. ein Rückgriff bei mangelhaften gebrauchten Sachen vorgenommen werden.703 Daher existiert eine Rückgriffsregelung für den Kauf gebrauchter Sachen, sodass die Nichterfassung von gebrauchten Gütern im Rahmen der §§ 478, 479 nicht gegen die VerbrGKaufRL verstößt, auch wenn eine Einbeziehung dieser Güter in §§ 478, 479 konsequenter und übersichtlicher gewesen wäre.704 Mangels planwidriger Regelunglücke kommt keine entsprechende Anwendung der Rückgriffsvorschriften auf gebrauchte Sachen in Frage.705

IV. Anwendung auf andere Vertragstypen Es könnte jedoch eine entsprechende Anwendung der §§ 478, 479 auf andere Vertragstypen in Betracht kommen. Nach einer Ansicht sind die §§ 478, 479 nicht auf andere Vertragstypen analog anwendbar.706 Gegen eine Analogie wird angeführt, dass sich die Striktheit des Regelungssystemes der §§ 478, 479 nur vor dem Hintergrund der strengen Haftung des Verkäufers beim Verbrauchsgüterkauf erklären lasse.707 Zudem habe der Gesetzgeber ausdrücklich davon Abstand genommen, den Anwendungsbereich der 701 KompaktKom-BGB / Tonner, § 478 Rn. 8; Canaris , Schuldrechtsreform, S. XXXII; ders., Umsetzung der Richtlinie, S. 13 und Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1402). 702 Vgl. neben dem Wortlaut von § 478 Abs. 1 und 2 auch BT-Drucks. 14 / 6040, S. 248. 703 Vgl. Graf von Westphalen in Henssler / Graf von Westphalen, § 478 Rn. 2. 704 Dem Gesetzgeber ist zwar zustimmen, dass bei gebrauchten Gütern zumeist keine Vertriebskette vorliegt, die Erleichterungen beim Rückgriff rechtfertigt. Dennoch bleiben mit §§ 478, 479 vergleichbare Lieferketten bei gebrauchten Sachen (Gebrauchtwagenhandel) denkbar, sodass eine vergleichbare Interessenlage bestehen kann. Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 248; Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXII; ders., Umsetzung der Richtlinie, S. 13 und Ernst / Gsell, ZIP 2001, S. 1389 (1402). 705 Ähnlich AnwKomm-BGB / Büdenbender, § 478 Rn. 3. 706 Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 494; Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 197 f. 707 Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 494.

IV. Anwendung auf andere Vertragstypen

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§§ 478 f., auf Verträge außerhalb eines Verbrauchsgüterkaufes auszudehnen.708 Daher würde es für eine Analogie zumeist an der erforderlichen planwidrigen Regelungslücke fehlen.709 Grundsätzlich ist diesen Ausführungen zuzustimmen, da es bei anderen Vertragstypen an den Voraussetzungen für eine Analogie mangelt. Aber in Bezug auf Leasingverträge könnte wegen einer planwidrigen Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage eine entsprechende Anwendung der §§ 478, 479 geboten sein, wenn auf der letzten Stufe, d. h. zwischen Verbraucher und Letztverkäufer, kein Kaufvertrag, sondern ein Leasingvertrag geschlossen wurde und der Leasinggeber seine gegen den Lieferanten der Leasingsache bestehenden kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte dem Leasingnehmer (Verbraucher) als Ausgleich für die Abbedingung der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften abtritt.710 Bei dieser Fallgestaltung ständen dem Leasingnehmer die unternehmerischen Gewährleistungsrechte nach den §§ 434 ff. zu. Die speziellen Verbraucherschutzvorschriften der §§ 474 ff. könnten keine Geltung entfalten, da diese Normen für den unternehmerischen Leasinggeber nicht einschlägig sind. Möchte der Verbraucher als Leasingnehmer wegen der Mangelhaftigkeit der Kaufsache gegen den Lieferanten des Leasinggebers vorgehen, könnte eine entsprechende Anwendung der §§ 474 ff. erwogen werden. Dies könnte für den Lieferanten nach Erfüllung der Gewährleistungsrechte zu einer Regressfalle infolge der verbesserten Verbraucherrechte führen, vor der die §§ 478, 479 an sich Schutz gewähren sollten. Demgemäß könnte an eine analoge Anwendung der §§ 478, 479 zugunsten des Lieferanten gedacht werden. Zur Verdeutlichung der Fallgestaltung soll folgendes Beispiel dienen: Beispielsfall 7: Zwischen V und LVK liegt kein Kaufvertrag, sondern ein Leasingvertrag vor. LVK hat seine kaufvertraglichen Ansprüche gegen L2 an V abgetreten. Hierfür wurden Ansprüche von V gegen LVK ausgeschlossen. Es stellt sich vier Monate nach Gefahrübergang auf V heraus, dass das geleaste Fahrzeug einen Mangel (Probleme mit der Elektronik) aufweist. Der Wagen befand sich bei L2 18 Monate auf Lager. Es lässt sich nicht klären, in welcher Sphäre der Mangel entstanden ist. V möchte Nachbesserung von L2. L2 überlegt seinerseits, ob er gegen seinen Lieferanten (L1) nach einer eventuellen Gewährleistung vorgehen könnte.

Läge zwischen V und LVK ein Verbrauchsgüterkauf vor, könnte V unter Inanspruchnahme der Beweiserleichterung nach § 476 gegen LVK auf Mängelgewährleistung und LVK anschließend nach §§ 478, Abs. 1 und 3 oder Abs. 2 und 3, 476 gegen L2 vorgehen. Infolge des Leasings stehen V jedoch nur die kaufrechtlichen Rechte von LVK gegen L2 zu. In diesem Verhältnis liegt kein Verbrauchsgüterkauf vor, sodass die Beweiserleichterung nicht zugunsten von V Anwendung finden kann. Hätte V den Wagen auf Kredit gekauft, so stünden ihm die kaufrechtlichen Ansprüche einschließlich des § 476 zu. Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 197 f. Mansel / Budzikiewicz, Verjährungsrecht, § 5 Rn. 197 f. 710 Vgl. insbesondere zu der Problematik bezüglich der Verwendung von „alten“ Lieferanten-AGB Graf von Westphalen, ZGS 2002, S. 64 ff. 708 709

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K. Analoge Anwendung der §§ 478, 479

Gegen eine Benachteiligung des Verbrauchers bei Finanzierungsleasingverträgen hinsichtlich seiner Gewährleistungsrechte gegenüber Verbrauchsgüterkaufverträgen könnten Bedenken bestehen, weil die Positionen des Verbrauchers sich in beiden Fällen ähneln könnten. Im Vergleich zu einem Kauf auf Kredit besteht ein Unterschied hinsichtlich der Finanzierung und der Ungewissheit eines Kaufes der geleasten Sache durch den Verbraucher. Ob die geleaste Sache durch den Verbraucher gekauft wird oder nicht, ist aber für die Vorlage eines Verbrauchsgüterkaufes entscheidend. Besteht ein Leasingvertrag mit Kaufoption, d. h. ohne Kaufverpflichtung,711 steht nicht fest, ob der Verbraucher letztlich die Ware kaufen oder zurückgeben wird. Eine analoge Anwendung der §§ 474 ff. im Nachhinein, im Anschluss an einen Kauf, wird selten Sinn machen. Zudem werden die Rechte aus einem Verbrauchsgüterkauf nicht umgangen, wenn der Verbraucher das Produkt nicht kauft, da dann nie ein Verbrauchsgüterkauf vorgelegen hat. Nebenbei wird die Kaufentscheidung zumeist erst gegen Ende der Vertragslaufzeit getroffen, sodass eine analoge Anwendung der §§ 474 ff. während der Vertragslaufzeit des Leasingvertrages die unternehmerischen Kettenglieder über Gebühr belastet, wenn der Verbraucher letztendlich die geleaste Ware doch nicht kauft. Wird die geleaste Ware gekauft, so liegt der Kauf einer gebrauchten Sache vor, der gerade nicht von §§ 478, 479 – auch nicht analog712 – erfasst wird.713 Folglich liegt unabhängig von der Vorlage einer planwidrigen Regelungslücke bei Leasingverträgen mit Kaufoption keine vergleichbare Interessenlage vor, da die Entscheidung über einen Kauf beim Verbraucher bleibt und im Vorhinein nicht feststeht.714 Damit kommt keine analoge Anwendung der §§ 474 ff. und daher der §§ 478, 479 im Anschluss in Betracht. Fraglich ist, ob sich für einen Leasingvertrag mit Kaufverpflichtung715 eine andere Betrachtung ergibt. Bei einem solchen Vertrag obliegt die Entscheidung über 711 Vgl. hierzu Graf von Westphalen, Leasingvertrag Rn. 10 f.; Engel, Leasing, Rn. 30; Sannwald, Finanzierungsleasingvertrag, S. 64, 67 f.; Holdefer, Finanzierungsleasing, S. 10. 712 Siehe K. III. 713 Es handelt sich jedoch um einen Verbrauchsgüterkauf über eine gebrauchte Sache, sodass § 476 nicht abbedungen und die Verjährungsfrist nur auf ein Jahr verkürzt werden darf. Daher kann die Haftung des Leasinggebers nach dem Verkauf der Leasingsache nicht mehr vollständig ausgeschlossen werden. Siehe Pick, ZIP 2001, S. 1173 (1180); allerdings ist, wie Pick auch anführt, die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme des Leasinggebers auf kaufrechtliche Gewährleistung recht gering, da der Verbraucher die Leasingsache selbst genutzt hat und daher die Mängel (§ 442) der Sache kennen müsste. Folglich kommt mangels vergleichbarer Interessenlage keine analoge Anwendung der §§ 478, 479 im Verhältnis zwischen Leasinggeber und Lieferant in Betracht. Vgl. auch Roloff, NotBZ 2001, Beilage Schuldrechtsreform, S. 3 (7, Fn. 31). 714 Legt der Verbraucher entscheidenden Wert auf die Rechte nach den §§ 474 ff., so ist ihm der Erwerb der Sache mittels eines Kaufes auf Kredit zu raten. Dies stellt eine andere Art der Finanzierung dar, die keineswegs kostenunfreundlicher als ein Finanzierungsleasing sein muss. 715 Eine solche Kaufverpflichtung bzw. ein Andienungsrecht des Leasinggebers wird teilweise in Teilamortisationsverträgen vereinbart. Hiernach wird der Leasinggeber berechtigt

IV. Anwendung auf andere Vertragstypen

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den Kauf nicht dem Verbraucher, er kann sich einem Kauf nicht verwehren. Wenn der Verbraucher den Leasinggegenstand nach Ablauf des Leasingvertrages kauft, liegt an sich ein Kauf einer gebrauchten Sache vor. Im Unterschied zu einem Leasingvertrag mit Kaufoption liegt es bei einem Leasingvertrag mit Kaufverpflichtung nicht im Ermessen des Verbrauchers den Kauf der Leasingsache zu verweigern, er hat den Kauf hinzunehmen. Wenn der Leasingnehmer, der Verbraucher, nach Ablauf des Leasingvertrages den Leasinggegenstand mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kaufen muss, liegt praktisch bereits beim Abschluss des Leasingvertrages ein Verbrauchsgüterkauf – über eine neu hergestellte Sache – vor. Die kaufvertraglichen Verpflichtungen des Leasinggebers nach § 433 Abs. 1 zur Eigentumsverschaffung an einer von Sach- und Rechtsmängel freien Kaufsache ist lediglich bis zum Ablauf des Leasingvertrages hinausgeschoben. Der kaufvertraglichen Pflicht des Leasingnehmers nach § 433 Abs. 2 zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises kommt der Leasingnehmer durch die Zahlung der Leasingraten praktisch schon teilweise nach. Diese Sachlage entspricht der bei einem Kauf auf Kredit. Weiter wird bei einem Kauf auf Kredit die gekaufte Sache zumeist an den Kreditgeber zur Sicherheit zurück übereignet, sodass ebenso bei Beendigung des Kreditvertrages eine Eigentumsübertragung – auch bezüglich einer gebrauchten Sache – auf den Kreditnehmer, den Verbraucher, erfolgt. Ein Leasingvertrag mit Kaufverpflichtung entspricht damit einem Kauf auf Kredit. Während der Laufzeit des Kreditvertrages stehen dem Verbraucher seine Rechte aus den §§ 474 ff. zu. Durch die Vereinbarung eines Leasingvertrages mit Kaufverpflichtung und die Abtretung „nur“ der unternehmerischen kaufrechtlichen Sachmängelgewährleistungsrechte werden folglich die Regelungen der §§ 474 ff. während der Laufzeit des Leasingvertrages und damit die Schutzvorschriften zugunsten der Verbraucher, die Striktheit des Regelungssystemes, umgangen.716 Einer Umgehung der Schutzvorschriften zum Verbrauchsgüterkauf steht § 475 Abs. 2 Satz 1 entgegen. Daher müssen bei einem „Verbraucher-Leasingvertrag“ mit Kaufverpflichtung dem Verbraucher trotz Abtretung nur der unternehmerischen Gewährleistungsrechte die Verbraucherrechte nach §§ 474 ff., 434 ff. während der Laufzeit des Leasingvertrages bereits direkt zustehen. Der Lieferant des Leasinggebers wird dementsprechend direkt mit den verbesserten Gewährleistungsrechten der Verbraucher konfrontiert, sodass ihm auch direkt die §§ 478, 479 zum Schutz vor der Regressfalle zu Seite stehen. Die anderweitige Vertraggestaltung – Leasingvertrag mit Kaufverpflichtung statt Kaufvertrag – auf der tieferliegenden Kettenstufe ist für den Rückgriff i. S. d. §§ 478, 479 ohne Auswirkung.717 vom Leasingnehmer nach Bedarf den Abschluss eines Kaufvertrages über das Leasinggut verlangen zu können, falls die vorausgegangenen Verhandlungen über eine Verlängerung des Leasingvertrages gescheitert sind. Vgl. hierzu Graf von Westphalen, Leasingvertrag Rn. 10 f.; Engel, Leasing, Rn. 30; Sannwald, Finanzierungsleasingvertrag, S. 64, 67 f.; Holdefer, Finanzierungsleasing, S. 10. 716 Hinzuweisen ist auf die Ausführungen von Pick, ZIP 2001, S. 1173 (1180) zu einer möglichen doppelten Gewährleistung beim Leasing; so auch Roloff, NotBZ 2001, Beilage Schuldrechtsreform, S. 3 (7, Fn. 31).

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K. Analoge Anwendung der §§ 478, 479

Festzuhalten ist, dass die §§ 478, 479 nicht analog angewendet werden müssen, wenn zwischen Verbraucher und „Letztverkäufer“ statt einem Kaufvertrag ein Leasingvertrag mit Kaufverpflichtung vereinbart wird, da die Normen direkt gelten. Damit bleibt es dabei, dass mangels planwidriger Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage eine entsprechende Anwendung der §§ 478, 479 auf andere Vertragstypen als Kaufverträge nicht in Betracht kommt.

V. § 438 Abs. 3 analog Neben einer analogen Anwendung der §§ 478, 479 könnte eine entsprechende Anwendung von § 438 Abs. 3 auf §§ 478 Abs. 2, 479 Abs. 1 in Betracht kommen. Die Verjährung des Kostenerstattungsanspruches gemäß § 478 Abs. 2 richtet sich nach § 479 Abs. 1. Diese Sonderregelung außerhalb des § 438 ist notwendig, da der Anspruch nach § 478 Abs. 2 von der allgemeinen Verjährungsvorschrift des § 438 Abs. 1 Nr. 1 nicht erfasst wird.718 In § 479 Abs. 1 fehlt jedoch eine dem § 438 Abs. 3 vergleichbare Regelung für den Fall, dass ein unternehmerisches Kettenglied seinem Abnehmer den Mangel arglistig verschwiegen hat.719 Eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage liegt mit der Folge vor, dass § 438 Abs. 3 auf den Kostenerstattungsanspruch nach § 478 Abs. 2 analog anzuwenden ist.720

VI. Zusammenfassung Die §§ 478, 479 stellen eine Sonderregelung zur Vermeidung von Regressfallen hervorgerufen durch Verbrauchsgüterkaufverträge auf der letzten Stufe einer Lieferkette dar. Die Normen sind mangels planwidriger Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage auf andere Vertragstypen, auf den Kauf gebrauchter Sachen, auf unterbrochene Lieferketten, auf Zulieferer721 des Herstellers und auf Unternehmer als letzte Abnehmer der Ware in der Lieferkette nicht analog anzuwenden. 717 Die Inanspruchnahme des Lieferanten mit den Rechten aus einem Verbrauchsgüterkaufvertrag belasten ihn nicht. Ihm stehen zum einen die Rechte aus §§ 478, 479 offen. Zum anderen hat der Lieferant die Sache an den Letztverkäufer verkauft. Infolge der §§ 478, 479 muss ein unternehmerischer Verkäufer – auch der Hersteller – damit rechnen, dass er mit den Rechten aus einem Verbrauchsgüterkauf, sei es direkt durch einen Verbraucher oder mittelbar durch die nach §§ 478, 479 weitergeleiteten Rechte der Verbraucher, konfrontiert wird. 718 Siehe BT-Drucks. 14 / 6040, S. 249 f., ebenso unter B. II. 8. 719 So auch Oetker / Maultzsch, Schuldverhältnisse, S. 193; Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 496. 720 Ebenso Oetker / Maultzsch, Schuldverhältnisse, S. 193; Haas in Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 496. 721 Siehe unter K. I. – III.

VI. Zusammenfassung

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§ 478 Abs. 1 ist hingegen analog anwendbar, wenn der Verbraucher bzw. ein zum Regress berechtigtes Kettenglied mit einem Anspruch auf kleinen Schadensersatz oder Nachbesserung gegen den zum Rückgriff Berechtigten vorgegangen ist. Zudem ist § 438 Abs. 3 auf §§ 478 Abs. 2, 479 Abs. 1 entsprechend anzuwenden.

L. Schlussbetrachtung und Ausblick Eine Analyse der Rückgriffsregelungen i. S. d. §§ 478, 479 hat gezeigt, dass die von diesen Normen getroffenen Regelungen in einigen Teilbereichen über den Sinn und Zweck der Vorschriften hinausgehen. Die getroffenen Regelungen und deren Auswirkungen überschreiten teilweise das zur Vermeidung von Regressfallen durch die verbesserten Verbraucherrechte erforderliche Maß. Hier ist der Gesetzgeber zur Korrektur der §§ 478, 479 aufgerufen.722 Bis zu einer Modifizierung der Normen sind in folgenden Fällen teleologische Reduktion vorzunehmen: – Die Modifikationen von § 478 Abs. 1 und 3 beschränken sich auf die zum Ausgleich des Regressinteresses erforderlichen Gewährleistungsrechte. – Bei einem schuldhaften Fehlverhalten des zum Regress Berechtigten, das durch Nichterfüllung seiner Nacherfüllungspflicht den Verbraucher723 zu einer Ausübung der fristgebundenen Gewährleistungsrechte veranlasst, findet die Fristersparnis des § 478 Abs. 1 keine Anwendung (Recht zur zweiten Andienung des Kettenvorgängers bleibt daher bestehen). – Nach einer vertragswidrigen Fremdbeschaffung der Nacherfüllung kann der zum Regress Berechtigte nicht mit der Fristersparnis des § 478 Abs. 1 gegen seinen Kettenvorgänger vorgehen (Recht zur zweiten Andienung des Kettenvorgängers bleibt erhalten). – Kosten einer vertragswidrigen Fremdbeschaffung sind nicht über § 478 Abs. 2 zu ersetzen.724 – Der Ersatz der Nacherfüllungskosten über § 478 Abs. 2 ist auf die Kosten der Leistungen beschränkt, die nach objektiven Kriterien primär dem Zweck der Nacherfüllung dienen und in dieser aufgegangen sind. – Nach § 478 Abs. 4 Satz 1 ist nur für solche vor der Mitteilung des Mangels an den Kettenvorgänger getroffenen Vereinbarungen ein gleichwertiger Ausgleich notwendig, wenn zum Nachteil des Regressberechtigten eine Einschränkung der §§ 478, 479 über das Regressinteresse hinaus vorgenommen wird. 722 Beachte die Vorschläge zur Neufassung der §§ 478, 479 unter D. VII., G. II. 4. b) aa) und J. I. 5. 723 Oder vor dem Hintergrund des § 478 Abs. 5 einem unternehmerischen Abkäufer, der einem Verbraucher im Rahmen der Regresskette einstehen musste. 724 Beachte die Möglichkeit einer AGB-Regelung zur Bindung des Letztverkäufers oder anderer Kettenglieder an vom Hersteller autorisierte Werkstätten oder Servicestellen. Siehe hierzu G. II. 4.

L. Schlussbetrachtung und Ausblick

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– Die Ablaufhemmung des § 479 Abs. 2 Satz 1 steht dem zum Regress Berechtigten nur für die gegenüber einem Verbraucher725 erfüllten Gewährleistungsrechte zu. – Die Modifikationen des § 479 Abs. 2 finden beschränkt auf die zur Befriedigung des Regressinteresses notwendigen Rückgriffsrechte Anwendung.

Festzuhalten ist weiterhin, dass § 478 Abs. 1 dem Regressberechtigten nach sämtlichen Gewährleistungsrechten des Verbrauchers726, beim kleinen Schadensersatz, dem Schadensersatz neben der Leistung bei Mangelfolgeschäden und der Nachbesserung entsprechend, offen stehen kann. Nicht zur Nacherfüllung erforderliche Kosten, unverhältnismäßige Kosten i. S. d. § 439 Abs. 3 bzw. Kosten von Kulanzmaßnahmen sind nur bis zu ihrer Erforderlichkeit bzw. Verhältnismäßigkeit erstattungsfähig. Der zum Regress Berechtigte kann nach vorgenommener Nacherfüllung zwischen einem Vorgehen über §§ 478 Abs. 1 und 3 (5), 437 ff. oder über § 478 Abs. 2 und 3 (5) wählen. § 377 HGB findet sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg der Kaufsache in den unternehmerischen Vertragsbeziehungen Anwendung. Die Abbedingung des Rückgriffes im Ganzen oder zum Teil über einen gleichwertigen Ausgleich gemäß § 478 Abs. 4 Satz 1 gestaltet sich trotz der dargelegten Möglichkeiten als nicht unproblematisch. Es bestehen Schwierigkeiten hinsichtlich Bestimmung, Ausgestaltung und Dokumentation der entsprechenden AGB-Regelungen. Zusätzlich bleibt das Risiko einer gerichtlichen Verwerfung. Mit den angeführten möglichen AGB-Klauseln können unter anderem die geforderten teleologischen Reduktionen umgesetzt und vorweggenommen werden. Darüber hinaus wurden Klauseln zur Ausgestaltung und Regelung des Rückgriffes in der Lieferkette und die Möglichkeit einer Rückstellungsbildung nach §§ 249 ff. HGB aufgezeigt. Eine entsprechende Anwendung der §§ 478, 479 auf andere Vertragstypen, auf den Kauf gebrauchter Sachen, auf unterbrochene Lieferketten, auf Zulieferer des Herstellers und auf Unternehmer als „Letztkäufer“ kommt nicht in Betracht. Werden die Ausführungen zu den §§ 478, 479 beachtet und wird den gefundenen Ergebnissen gefolgt, sollte der Praxis der Umgang und die Ausgestaltung des Rückgriffes in der Lieferkette gemäß §§ 478, 479 erheblich leichter fallen und die Ungewissheit über die Folgen der Einführung der §§ 478, 479 weiter schwinden. Die angeführten Vorschläge zur Ausgestaltung von vertraglichen Vereinbarungen, insbesondere von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sollten auf die konkrete Übertragbarkeit überprüft und an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden. Regelmäßig wird eine Kosten-Nutzen-Analyse vorzunehmen sein. 725 726

Siehe Fn. 723. Siehe Fn. 723.

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L. Schlussbetrachtung und Ausblick

Darüber hinaus bleibt zu hoffen, dass die hier vorgeschlagenen und befürworteten teleologischen Reduktionen sowie die entsprechende Anwendung des § 478 Abs. 1 auf den kleinen Schadensersatz, den Schadenersatz neben der Leistung (bei Mangelfolgeschäden) und die Nachbesserung Anklang finden und sich in der gerichtlichen Praxis durchsetzen werden.

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14 Böhle

Sachregister Abdingbarkeit 36 – 37 Ablaufhemmung 39 – 40, 176, 201 AGB-Klausel 153, 154, 157, 158, 160, 161, 163, 171, 174, 185, 186 Alternativität 113 – 117 Analogie 100, 102, 119, 168, 188, 191, 193, 194, 198, 201 Aufwendungsersatzanspruch siehe Kostenerstattungsanspruch Auslegung 46, 68, 70, 104, 118

– unverhältnismäßig 41, 49, 61 Kostenausgleichsanspruch 153 Kostenerstattungsanspruch 33 – 34, 50, 53, 57, 83, 114, 153 Kulanzmaßnahmen 33, 43, 49, 61, 159, 183 Kundenservice 138

Beispielsfall 31, 35, 40, 88, 104, 115, 195 Beweislastumkehr 33, 36, 71, 74, 81, 90, 126 – 130 – Einschränkung 126 Bindungsklausel 139 – 145

Modifizierung 32

CISG 136 Dokumentation

151, 152, 157

Exklusivitätsverhältnis

106, 110 – 113

Formulierungsvorschlag 121, 142, 182 Fremdbeschaffung 44, 51, 54 – 57, 200 Fristersparnis 32, 75 Genehmigungsfiktion 38, 173 Gewährleistungspauschale 147, 152 gleichwertiger Ausgleich 137, 140, 146, 164, 200 Herstellergarantie

Lagerrisiko siehe Transportrisiko Leasingvertrag 195 – 198

Nacherfüllungskosten 34, 41, 200 – erforderlich 61, 201 – erstattungsfähig 43, 61 – nicht erforderlich 50, 58, 201 – nicht erstattungsfähig 43 pauschales Abrechnungssystem 147 – 153 Rabattgewährung 147, 149 Recht zur zweiten Andienung 32 – 33, 51, 53, 77, 82, 95, 117, 141, 200 Regressfalle 26, 53, 56, 75 – 76, 78, 108 – 110, 200 Regressinteresse 67, 83, 86, 93, 99, 102, 121, 162, 184, 186, 200 Relativität der Schuldverhältnisse 38, 84 Rückstellungen 165 Rügeobliegenheit siehe Genehmigungsfiktion

34, 139 – 140

Individualvereinbarungen 132 – 135 Kauf auf Kredit 196 Kosten – mittelbar 42, 51, 58 – 61 – unmittelbar 42, 51, 58 – 61

Selbstvornahme 51, 53, 140 Sonderregelung 198 Sowieso-Kosten 44, 59 teleologische Reduktion 57, 61, 87, 93, 102, 121, 142, 181, 185, 200 Transportrisiko 128 – 130, 186

Sachregister Überprivilegierung 87, 89, 101, 113, 120, 142 Umgehung deutschen Rechtes 135 unangemessene Benachteiligung 37, 133, 144, 146, 172 Untersuchungsobliegenheit siehe Genehmigungsfiktion Verbraucherrechte 49, 58, 73, 89 Verbraucherschutz 48, 69, 95, 127 Verbrauchsgüterkauf 29, 145, 150, 169

14*

211

– Ausschluss 137 VerbrGKaufRL 26 – 29, 41, 48, 136, 169, 194 Verjährungsregelung 39 – 40, 176 Verwendung von Originalteilen 163 Warengutschrift 155 Werkstatt- und Servicestellennetz 143, 145 Zulieferer

167

140,